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German Pages 397 Year 2009
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1143
U.S.-Cross-Border-LeasingTransaktionen deutscher Kommunen Ein Beitrag zum Recht der öffentlichen Sachen
Von
Petra Luksch
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
PETRA LUKSCH
U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktionen deutscher Kommunen
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1143
U.S.-Cross-Border-LeasingTransaktionen deutscher Kommunen Ein Beitrag zum Recht der öffentlichen Sachen
Von
Petra Luksch
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
Die Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg hat diese Arbeit im Jahre 2008 / 2009 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten # 2009 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Werksatz, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 978-3-428-13081-8 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Für Marc
Vorwort Die vorliegende Schrift wurde im Wintersemester 2008/2009 von der Rechtsund Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg als Dissertation angenommen. Sie befindet sich im wesentlichen auf dem Stand von August 2008. Mein erster und aufrichtiger Dank gilt meinem akademischen Lehrer, Herrn Professor Dr. iur. Karl Albrecht Schachtschneider. Ihm verdanke ich nicht nur die Anregung, mich mit den U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktionen deutscher Kommunen zu beschäftigen, sondern auch das Interesse an der Rechtswissenschaft. Seine Freiheits-, Rechts- und Staatslehre hat mich fachlich wie persönlich geprägt und in der vorliegenden Schrift ihre Spuren hinterlassen. In Professor Schachtschneider hatte ich jederzeit einen geduldigen und interessierten Gesprächspartner. Herrn Professor Dr. iur. Wolfram Reiß danke ich für seine freundliche Bereitschaft, das Zweitgutachten zu verfassen. Bei Frau Else Enhuber bedanke ich mich für ihre großartige Unterstützung und stete Hilfsbereitschaft. Zu danken habe ich auch den Herausgebern der Schriften zum Öffentlichen Recht, Herrn Professor Dr. Norbert Simon und Herrn Dr. Florian R. Simon, für die Aufnahme der Arbeit in diese Reihe. Von Herzen Dank sage ich meinen Eltern und Geschwistern. Sie haben mich in vielerlei Hinsicht unterstützt und es gerade in schwierigen Zeiten immer wieder verstanden, mich aufzumuntern. Mein ganz besonderer Dank gilt meinem Mann, der die Entstehung dieser Arbeit mit viel Geduld und Verständnis begleitet hat; ohne seinen Rückhalt hätte ich diese Schrift weder beginnen noch fertigstellen können. In Dankbarkeit widme ich ihm diese Arbeit. Flandersbach, im März 2009
Petra Luksch
Inhaltsverzeichnis 1. Teil Einführung
13
2. Teil Struktur einer U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion
17
1. Kapitel Grundstruktur I. Ablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. An der Transaktion beteiligte Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Transaktionsgegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17 17 22 26
2. Kapitel Finanzierungsstruktur I.
Bei Abschluß der Verträge und während der Vertragslaufzeit . . . . . . . . . . . . 1. Mietvorauszahlung des U.S.-Trusts nach dem Hauptmietvertrag . . . . . . . . 2. Zahlungsverpflichtungen der Kommune nach dem Rückmietvertrag . . . . . 3. Finanzierungskreislauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Nettobarwertvorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bei Beendigung der Transaktion durch Ausübung der Kaufoption . . . . . . . . . III. Bei vorzeitiger Beendigung der Transaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Hintergründe der Leasingfinanzierungen aus U.S.-amerikanischer Sicht . . . . 1. Vorteile der U.S.-amerikanischen Eigenkapitalinvestoren . . . . . . . . . . . . . 2. Gesetzesänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28 28 28 29 32 37 44 45 49 50 52
3. Kapitel Vertragsstruktur I. Participation agreement / Rahmenvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Head lease / Hauptmietvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Sub lease / lease agreement / Rückmietvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56 56 65 66
10
Inhaltsverzeichnis
IV. Service contract / Dienstleistungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Payment undertaking agreements / Zahlungsübernahmevereinbarungen . . . . . VI. Loan agreements / Darlehensverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Tax indemnity agreement / Steuerfreistellungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . VIII. Trust agreement / Treuhandvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
76 78 80 80 82
3. Teil Risiken
85
1. Kapitel Mangelnde Vertrautheit mit den rechtlichen Rahmenbedingungen und Angewiesensein auf Berater
86
2. Kapitel Transaktionskosten
92
3. Kapitel
I. II.
Flexibilität
96
Organisatorische Flexibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Operative Flexibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
96 99
4. Kapitel Vorzeitige Beendigung der Transaktion und Zahlung des Kündigungswertes
102
5. Kapitel Insolvenz der Zahlungsübernahmebanken
108
4. Teil Öffentlich-rechtliche Fragen
114
1. Kapitel Vergaberechtliche Einordnung der Arrangeurleistung I. II.
114
Öffentlicher Auftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 Arrangeurleistung als finanzielle Dienstleistung i. S.v. § 100 Abs. 2 lit. m GWB a. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 III. Vergabeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
Inhaltsverzeichnis
11
2. Kapitel Verwendung des Nettobarwertvorteils aus gebührenrechtlicher Sicht I. II.
Gesetzlicher Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zur Ansatzfähigkeit von Einnahmen, Erlösen und Erträgen . . . . . . . . . . . . . . 1. Kriterium des Kausalzusammenhangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ableitung eines Kausalzusammenhangs aus der Betriebspflicht . . . . . . . . 3. Ausschließliche Gebührenfähigkeit von Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Kalkulatorische Kapitalkosten in der Gebührenkalkulation . . . . . . . . . . . . III. Leistung und Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Urteil des OVG Münster vom 15. 12. 1994 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Spezielle Kostendeckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kalkulatorische Abschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Kompensationsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Subventionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Sächsische Verwaltungsvorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
136 137 142 142 146 150 154 161 161 163 167 170 172 173
5. Teil Öffentliche Sachen
175
1. Kapitel Die öffentlichen Sachen in Gesetzgebung, Rechtsprechung und Lehre I. II.
Wesen der öffentlichen Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begriff und Arten der öffentlichen Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Sachbegriff bei öffentlichen Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Arten der öffentlichen Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Lehre vom modifizierten Privateigentum – dualistische Konstruktion . . . . . . IV. Entstehung einer öffentlichen Sache (im Rechtssinne) – die Widmung . . . . . V. Lehre vom öffentlichen Eigentum nach Otto Mayer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
176 176 178 179 181 192 200 216
2. Kapitel
I.
II.
Eigentum
222
Exkurs: Das Eigentum Privater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Eigenes und Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eigentum und Grundgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigentum bürgerlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
222 222 229 246
12
Inhaltsverzeichnis 3. Kapitel
I. II. III. IV. V.
Der Staat
258
Gesetzlichkeit durch Staatlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Staatszweck und Gemeinwohl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Staatlichkeit und Privatheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Handeln des Staates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kritik der Fiskusdoktrin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
258 264 272 277 284
4. Kapitel Notwendigkeit der Neubestimmung des Rechtsstatus der öffentlichen Sachen
290
I. II.
Fiskuslehre als Ursache der Zuerkennung von „staatlichem Privateigentum“ 290 Der Rechtsstatus öffentlicher Sachen in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 III. Die öffentliche Sache als sächliche Verwaltungsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . 298 5. Kapitel Die öffentliche Sache als Gegenstand von Cross-Border-Leasing-Transaktionen
310
6. Teil Cross-Border-Leasing-Transaktionen als kommunale Aufgabe?
313
Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386
1. Teil
Einführung a) Die schwierige Finanzlage vieler Kommunen hat ihr Interesse an neuartigen Finanzinstrumenten zur Erschließung zusätzlicher Einnahmequellen und Verbesserung der Haushaltssituation geweckt. Die Aufmerksamkeit richtet und richtete sich insbesondere auf die stärkere Nutzbarmachung kommunalen Vermögens. Dabei war Mitte der neunziger Jahre eine Finanztransaktion aus den U.S.A. in das Blickfeld der Kommunen gerückt, das sogenannte U.S.-Cross-Border-Leasing. Ihre Grundlage hatten diese grenzüberschreitenden Transaktionen in den U.S.-amerikanischen Steuervorschriften. Abgeschlossen wurden sie mit einem in den U.S.A. ansässigen Eigenkapitalinvestor. Die Gemeinden brachten langlebige Wirtschaftsgüter wie Müllverbrennungsanlagen, Klärwerke, Kanalnetze, Messehallen oder Schienenfahrzeuge in die Transaktion ein, die auf einem aus einer Vielzahl von Einzelverträgen bestehenden Vertragswerk basiert. Im Zentrum der Vertragskonstruktion stehen ein Haupt- und ein Rückmietvertrag, auf deren Grundlage die Gemeinde den Vermögensgegenstand langfristig an den Investor vermietet und von diesem für einen deutlich kürzeren Zeitraum wieder zurückmietet. Für die U.S.-amerikanische Vertragspartei ergab sich aus der Transaktion, die regelmäßig für eine Dauer von 20 bis 35 Jahren angelegt ist, die Möglichkeit, Steuerstundungseffekte nach U.S.-amerikanischem Recht zu erzielen. Als Gegenleistung für das Eingehen der Transaktion erhielt die Kommune unmittelbar nach Vertragsschluß den sogenannten Nettobarwertvorteil, der zwar nur einen Bruchteil der errechneten Steuervorteile ausmachte, aber dennoch nicht selten in zweistelligen Millionenbeträgen bestand. Daraus erklärt sich die hohe Attraktivität des Finanzierungsmodells für deutsche Gemeinden, weshalb zwischen 1999 und 2003 auch mehr als 150 U.S.-Lease-Transaktionen abgeschlossen wurden. Während die ersten Cross-Border-Leasing-Transaktionen nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit auf den Weg gebracht wurden, gelangte diese Sonderform des Leasings mit wachsender Bedeutung zunehmend in die öffentliche Diskussion und hat dabei heftige Kritik erfahren. Diese rührte zum einen daher, daß die Gemeinden nur sehr spärlich Auskunft über geplante oder bereits bestehende Transaktionen erteilten und detaillierte Informationen dazu, wenn überhaupt, häufig erst über Umwege ans Licht kamen. Auch Fachaufsätze gab es in der Anfangsphase der U.S.-Lease-Transaktionen kaum. Das hat sich inzwischen ge-
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1. Teil: Einführung
ändert, wenngleich die Mehrzahl der Autoren einschlägiger Beiträge beruflich mit der Transaktionsanbahnung und -durchführung befaßt war. Daneben richtete sich die Kritik vor allem gegen die jahrzehntelange Laufzeit und die mit der Transaktion verbundenen Risiken. Nicht zuletzt deshalb wurde die Praxis der Cross-Border-Lease-Transaktionen zunehmend in Frage gestellt: Darf eine Gemeinde Steuervorteile für private Dritte zu Lasten des U.S.-amerikanischen Staates ermöglichen, um selbst finanziell zu profitieren? Darf eine Gemeinde ihre Einrichtungen und Anlagen für derartige Transaktionen zur Verfügung stellen? Diesen Fragestellungen nachzugehen, ist Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit (5. / 6. Teil). Im Oktober 2004 hat der U.S.-Gesetzgeber der Transaktion die steuerliche Anerkennung untersagt. Neue Verträge wurden seitdem nicht mehr abgeschlossen. Die bereits abgeschlossenen Transaktionen bleiben – sofern sich die Parteien nicht zu einer Auflösung entschließen oder für den Fall der Steuerrechtsänderung spezielle Vereinbarungen getroffen haben – mit allen Rechten und Pflichten bis zum offiziellen Vertragsende bestehen. b) Die U.S.-Lease-Transaktionen werden im folgenden 2. Teil dieser Arbeit näher vorgestellt: Ausgehend von einer Darstellung der Grundstruktur, den an der Transaktion beteiligten Parteien und den einbezogenen Vermögensgegenständen (1. Kap.), werden im 2. Kapitel die Finanzierungsstruktur und die daraus resultierenden Zahlungsströme erläutert. Das 3. Kapitel befaßt sich mit den wesentlichen Vertragsbestandteilen. Dargestellt wird die Transaktion in der zuletzt praktizierten Ausgestaltung, der Lease-to-service-contract-Struktur. Auf dieser Grundlage widmet sich der 3. Teil der Arbeit den mit der Transaktion verbundenen Risiken. Der 4. Teil geht zum einen der Frage nach, ob die Leistung des Arrangeurs, des Vermittlers einer Cross-Border-Leasing-Transaktion, E.U.-weit auszuschreiben war, inwieweit also Kartellvergaberecht zur Anwendung kommen mußte (1. Kap.). Zum anderen wird untersucht, ob der Nettobarwertvorteil gebührenmindernd in der Gebührenkalkulation berücksichtigt werden muß, wenn Einrichtungen und Anlagen für deren Benutzung eine Gebühr erhoben wird, Gegenstand der Transaktion sind (2. Kap.). Der 5. Teil befaßt sich schließlich mit der Frage, ob eine Gemeinde vorhandene kommunale Vermögensgegenstände auch dazu nutzen darf, mit U.S.amerikanischen Unternehmen Verträge über Cross-Border-Leasing-Transaktionen abzuschließen. Dazu gilt es zunächst zu klären, nach welchen Vorschriften sich der Rechtsverkehr mit staatlichen und kommunalen Gütern bestimmt und über welche Befugnisse Staat und Kommune dementsprechend verfügen. Den Ausgangspunkt der Untersuchung bilden daher die öffentlichen Sachen und das Recht der öffentlichen Sachen, wie es sich in Gesetzgebung, Rechtsprechung und Lehre derzeit darstellt (1. Kap.). Zunächst wird von den traditionellen Bestimmungskriterien öffentlicher Sachen (I.), der Diskussion über den maßgeblichen
1. Teil: Einführung
15
Sachbegriff (II.1.) und von der Untergliederung der öffentlichen Sachen nach Sacharten (II.2.) berichtet. Dabei wird sich zeigen, daß die herrschende Meinung nicht alle Sachen in der Hand des Staates zu den öffentlichen Sachen rechnet. Während für die öffentlichen Sachen ein besonderer öffentlicher Rechtsstatus kennzeichnend sein soll, sollen die nichtöffentlichen Sachen allein im privatrechtlichen Eigentum des Staates stehen. Der Sonderstatus öffentlicher Sachen findet sich im deutschen Verwaltungsrecht in zwei konkreten Ausgestaltungen wieder: Nach der vorherrschenden Lehre vom modifizierten Privateigentum unterstehen auch die öffentlichen Sachen der Eigentumsordnung des Bürgerlichen Gesetzbuches (III.). Aufgrund der Widmung (IV.) für den öffentlichen Zweck soll jedoch, soweit die öffentliche Zweckbestimmung dies erfordert, öffentliches Recht gelten. Hingegen entzieht die Lehre vom öffentlichen Eigentum die öffentliche Sache zur Sicherung ihres öffentlichen Zwecks der Privatrechtsordnung und unterstellt sie einer hoheitlichen Sachherrschaft (V.). Wenn die herrschende Lehre die Sachherrschaft des Staates und der Kommune im Grundsatz durch dieselben Normen bestimmt sieht, die auch Inhalt und Umfang des Sacheigentums Privater bestimmen, dann muß dieser Begriff geklärt werden. Bevor der das Eigentum bürgerlichen Rechts definierende § 903 BGB vorgestellt wird (2. Kap. II.), wird in einem Exkurs die Verbindung zwischen Eigenem und Eigentum sowie dem Eigentumsgrundrecht als Menschenrecht herausgearbeitet (2. Kap. I.). Im 3. Kapitel steht der Staat im Mittelpunkt der Untersuchung. Der durch das Grundgesetz verfaßte Staat ist die Einrichtung des Volkes zur Verwirklichung der allgemeinen Freiheit durch die allgemeine Gesetzlichkeit (I.). Er hat dem Gemeinwohl, das das Volk in den Gesetzen materialisiert, ausnahmslos zu dienen (II.). Sein Handeln ist deshalb untrennbar mit dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit verbunden (IV.). Privatheit, die ein freiheitliches Gemeinwesen bestmöglich zuteilen muß, um den Menschen die Verwirklichung ihres eigenen, besonderen Glücks zu ermöglichen (III.), kommt für den Staat wesensgemäß nicht in Betracht (V.). Im 4. Kapitel werden die Konsequenzen aus den Überlegungen der beiden vorangegangenen Kapitel gezogen: Es wird zu zeigen sein, daß § 903 BGB mit seinen wesentlichen Merkmalen, dem Recht zur Beliebigkeit und dem Ausschlußrecht, nicht geeignet ist, die inhaberschaftliche Stellung des Staates sachgerecht zu erfassen. Die Ausübung staatlicher Sachwalterschaft ist nur im Rahmen der durch Gesetz übertragenen Befugnisse, nur in den Grenzen der vom Volk getragenen Ermächtigungen zulässig. Dementsprechend darf eine Gemeinde kommunale Vermögensgegenstände auch nur zur Durchführung von CrossBorder-Leasing-Transaktionen verwenden, wenn ihr eine solche Aufgabe durch Gesetz oder Satzung übertragen ist (5. Kap.). Dies setzt jedoch voraus, daß der Abschluß von U.S.-Leasing-Transaktionen zu den Aufgaben gehört, die eine Gemeinde für sich beanspruchen darf. Im 6. Teil soll nachgewiesen werden, daß die für das Streben Privater typische Gewinnmaxime, die reine Einnahmeerzie-
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1. Teil: Einführung
lungsabsicht, wie sie im Cross-Border-Leasing zweifellos zum Ausdruck kommt, der Gesetzlichkeit nicht fähig ist. Die der Sachwalterschaft des Staates unterstehenden Güter sind nicht durch ihre Ertragskraft legitimiert, sondern Mittel zur Verwirklichung des Gemeinwohls in der staatlichen Gemeinschaft.
2. Teil
Struktur einer U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion Ablauf, Finanzierungsstruktur und Vertragsgestaltung einer Cross-Border-Leasing-Transaktion sind in hohem Maße von den Gegebenheiten und Umständen im Einzelfall, wie den Bedingungen des Investors, Art und Eigenschaften des Transaktionsgegenstandes sowie den Anforderungen der Kommune, abhängig. Insofern wurde für jede Transaktion ein individuelles Vertragswerk ausgearbeitet. Gleichwohl haben sich bestimmte typische Strukturen herausgebildet, die bei einer Vielzahl von Transaktionen angewandt wurden. Diese sollen im folgenden vorgestellt werden, ohne daß damit gesagt sein soll, daß im Einzelfall nicht auch andere Konstruktionen möglich waren.
1. Kapitel
Grundstruktur I. Ablauf a) Der kommunale Anlageneigentümer überträgt zunächst in einem Hauptmietvertrag (head lease) das Nutzungsrecht am jeweiligen Transaktionsgegenstand an einen in den Vereinigten Staaten von Amerika beheimateten Trust, eine Art Treuhandgesellschaft. 1 Wirtschaftlich aus dem Trust Berechtigte sind ein oder mehrere U.S.-amerikanische Eigenkapitalinvestoren 2, die den Trust ausschließlich zum Zwecke der Durchführung dieser einen Transaktion begründen (single purpose trust). 3 Zeitgleich zum Abschluß des Hauptmietvertrages überträgt der U.S.-Trust im Rahmen eines Rückmietvertrages (lease oder sub lease) 1
Ausführlich zum Rechtsinstitut des Trusts: 2. Teil, 3. Kap. VIII. Nachstehend einheitlich U.S.-Eigenkapitalinvestor genannt. 3 K.-T. Stopp / M. Korsten / G. Bieniek, Gewinne aus Cross-Border-Leasing-Transaktionen dürfen in den allgemeinen Gemeindehaushalt eingestellt werden, in: LKV 12/2004, S. 540 – 544, 540; F. P. Thomas / J. Wanner, Steuer-, aufsichts- und gebührenrechtliche Be2
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2. Teil: Struktur einer U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion
das Nutzungsrecht an der Anlage wieder an die Kommune zurück. 4 Während sich der Hauptmietvertrag in der Regel durch eine sehr lange Laufzeit, oftmals bis zu 99 Jahren auszeichnet, 5 wird das Rückmietverhältnis für einen deutlich kürzeren Zeitraum von ca. 20 bis 35 Jahren abgeschlossen. 6 Berechnungsgrundlage der Vertragslaufzeiten ist die nach U.S.-amerikanischem Recht zu beurteihandlung von US-Cross-Border Leasingfinanzierungen. Zugleich eine Erwiderung zu Schacht, KStZ 2001, Seite 229 ff., in: KStZ 4/2002, S. 64 –73, 65; F. Kuchler, Haushaltskonsolidierung durch US Lease Transaktionen oder steht der Nettobarwertvorteil aus US Lease Transaktionen dem Gebührenzahler zu?, in: KStZ 4/2003, S. 61 –69, 62; A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen. Grundstrukturen einer grenzüberschreitenden Sonderfinanzierung. Chancen und Risiken für kommunale Anlageneigentümer, in: DB 6/2001, S. 315 – 318, 316; Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband, Cross-Border-Leasing. Struktur und Risiken eines modernen Finanzierungsinstruments, RdNr. 1, in: BKPVMitteilungen 1/2002, S. 4 – 12, 5; Clifford Chance Pünder / Daimler Chrysler Services Structured Finance GmbH / Dexia Global Structured Finance LLC, Transaktionsbeschreibung. US Cross Border Lease Transaktion für das Kanalnetz der Stadt Recklinghausen (Transaktionsbeschreibung Recklinghausen), 15. November 2002, S. 4. 4 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, in: M. Kroll (Hrsg.), Leasing-Handbuch für die öffentliche Hand. Nachschlagewerk für die tägliche Praxis, 9. Aufl. 2003, S. 104 ff., 107; H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing. Ein Weg mit Risiken, in: DStGB Dokumentation, Nr. 34, 12/2003, S. 2; F. P. Thomas / J. Wanner, Steuer-, aufsichts- und gebührenrechtliche Behandlung von US-Cross-Border Leasingfinanzierungen, S. 65; F. Kuchler, Haushaltskonsolidierung durch US Lease Transaktionen, S. 62; A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 316. 5 Gemeinsame Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums des Innern und des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen zur kommunalwirtschaftlichen und rechtsaufsichtlichen Beurteilung von Cross-Border-Leasing-Transaktionen (Sächs. VwV CBL) vom 26. August 2003 (Az. 23b-2252.60/17, Sächs. ABl. 2003, S. 874 ff.) S. 14; Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, Informationen zu Cross-Border-Leasing-Geschäften von Kommunen, 24. Januar 2003, S. 1, unter: http: //www.bergischgladbach.de/downloads/CBLStellungnNRW24012003.pdf (23. 01. 2004); P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, in: NVwZ 9/2003, S. 1061 – 1070, 1067; F. Laudenklos / C. Pegatzky, USLeasingfinanzierungen – innovative Finanzierungsformen oder zweifelhafte Geschäfte, in: NVwZ 11/2002, S. 1299 – 1306, 1300; P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 107; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 4; o.V., Transaktionsbeschreibung. US Cross-Border Lease Transaktion. Stadt Frankfurt am Main / Stadtwerke Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main mbH (Transaktionsbeschreibung Frankfurt), 5. November 2002, S. 4, unter: http://www.stvv.frankfurt.de/parlisobj/M_74 _2003_AN1.pdf (15. 12. 2003). 6 W. Bausback, Der Bayerische Gesetzesentwurf im Lichte der Reform des kommunalen Wirtschaftsrechts, in: Bayerischer Städtetag / Ernst & Young, US-Cross-Border-Leasing in Bayern. Colloquium zur genehmigungsrechtlichen Behandlung einer grenzüberschreitenden Sonderfinanzierung. Tagungs-CD, 15. Oktober 2003, S. 1; F. Laudenklos / C. Pegatzky, US-Leasingfinanzierungen, S. 1300; Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband, Cross-Border-Leasing, S. 5; P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 107; P. Sester, US-Cross-Border-Leasing. Eine Risikoanalyse – unter besonderer Berücksichtigung der Risiken aus einer Insolvenz des US-Trusts und aus deliktsrechtlichen Klagen in den USA, in: WM 38/2003, S. 1833 – 1842, 1835.
1. Kap.: Grundstruktur
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lende betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der in die Transaktion eingebrachten Wirtschaftsgüter. 7 b) Die Kommune ist somit gleichzeitig Vermieter nach dem Hauptmietvertrag und Mieter nach dem Rückmietvertrag. Während der Laufzeit des Rückmietvertrages behält sie daher das Nutzungsrecht an der Anlage. 8 Für den Zeitpunkt des Ablaufs des Rückmietvertrages ist der Kommune ein Optionsrecht auf Erwerb der beim U.S.-Trust noch bestehenden Nutzungsrechte eingeräumt. 9 Bei Ausübung der Option kauft die Kommune die dem U.S.-Trust nach dem Hauptmietvertrag zustehende Rechtsposition gegen Zahlung eines bereits bei Vertragsschluß vereinbarten Optionspreises. 10 Infolgedessen fallen Gläubiger- und Schuldnerposition hinsichtlich der durch den Hauptmietvertrag geschuldeten Besitzüberlassung in der Hand der Kommune zusammen, der Hauptmietvertrag erlischt und die Transaktion wird insgesamt beendet. 11 Weil die Kommune die Rechtsposition des U.S.-Trusts kauft, wird in der Literatur von einer (Rück-) Kaufoption (purchase option oder early-buyout option) zugunsten der Kommune gesprochen. 12 c) Macht die Kommune von der Kaufoption keinen Gebrauch, kann der U.S.Trust den unmittelbaren Besitz an der Anlage für die restliche Laufzeit des Hauptmietvertrages herausverlangen (return option) 13 und es schließt sich in der Regel 14 ein sogenannter service contract (Dienstleistungsvertrag) an, dessen Struktur und Bedingungen bereits bei Transaktionsbeginn festgelegt werden. 15 7
P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 107. P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, in: ZBB 2/2003, S. 94 – 106, 96; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 4. 9 Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband, Cross-Border-Leasing, S. 5. 10 F. P. Thomas / J. Wanner, Steuer-, aufsichts- und gebührenrechtliche Behandlung von US-Cross-Border Leasingfinanzierungen, S. 64 f.; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 4; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 4. 11 H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 3; W. Melzer, Rechtliche Fragen der Vertragsgestaltung von US-Cross-Border-Leasinggeschäften, in: Deutsches Institut für Urbanistik, Cross-Border-Leasing auf dem Prüfstand. Seminarunterlagen, 2. bis 3. Juni 2003, S. 2; in der Literatur ist z. T. zu lesen, der Hauptmietvertrag erlösche durch „Konfusion“ (bspw. A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 316; F. Kuchler, Haushaltskonsolidierung durch US Lease Transaktionen, S. 62; P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 96). Sofern damit auf den Rechtsgedanken der §§ 425 Abs. 2 und 429 Abs. 2 BGB verwiesen werden soll, ist darauf hinzuweisen, daß die Transaktionsverträge U.S.-Recht unterliegen und es sich insofern nur um eine Parallelwertung unter deutschem Recht handeln kann (F. Laudenklos / C. Pegatzky, USLeasingfinanzierungen, S. 1300). 12 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 107; P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 96; F. Kuchler, Haushaltskonsolidierung durch US Lease Transaktionen, S. 62; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 4. 13 F. Laudenklos / C. Pegatzky, US-Leasingfinanzierungen, S. 1300 f. 8
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2. Teil: Struktur einer U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion
Danach ist der U.S.-Trust verpflichtet, die Anlage selbst zu betreiben oder von einem qualifizierten Dritten betreiben zu lassen und der Stadt die dadurch erwirtschaftete Leistung zur Verfügung zu stellen. 16 Die Stadt hingegen ist verpflichtet, diese Dienstleistungen gegen Zahlung eines ebenfalls im voraus vereinbarten Entgeltes in Anspruch zu nehmen 17 oder einen alternativen Dienstleistungsempfänger zu benennen. 18 Je nach Ausgestaltung der Transaktion wird der Kommune für den Ablauf des Dienstleistungsvertrages, dessen Laufzeit geringer ist als die Differenz der Laufzeiten zwischen Haupt- und Rückmietvertrag und regelmäßig zwischen 10 und 30 Jahren beträgt, 19 ein weiteres Mal das Recht eingeräumt, durch Ausübung der Kaufoption die Nutzungsrechte des Trusts zu erwerben und die Transaktion zu beenden. 20 Gegen Zahlung eines marktüblichen Entgeltes ist zumeist auch eine Verlängerung des Dienstleistungsvertrages möglich. 21 d) Neben dem Abschluß eines service contract bestehen folgende Möglichkeiten, die Transaktion bei Nichtausübung der Kaufoption fortzuführen: Der Trust kann das Wirtschaftsgut behalten 22 und selbst nutzen, es an Dritte vermieten und die hierdurch erzielten Erträge vereinnahmen, eine Verlängerung des Rück14 Sächs. VwV CBL, S. 5: „nicht alle CBL-Transaktionen enthalten solche ServiceContract-Regelungen“; E. Roser, US-Cross-Border-Leasing. Struktur und Hintergründe eines internationalen Finanzinstruments für deutsche Kommunen, 2003, S. 20: „meistens“; P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1835. 15 P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1835; W. Melzer, Rechtliche Fragen der Vertragsgestaltung von US-Cross-Border-Leasinggeschäften, S. 2; R. Brune, US Cross-Border Lease. Ein modernes Finanzinstrument mit Risiken, in: SGK-Argumente, Nr. 17, 2003, S. 11; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 4. 16 F.-W. Schulte / H. Wiesemann, Kommentierung des § 6 KAG NRW, in: H.-J. Driehaus (Hrsg.), Kommunalabgabenrecht. Kommentar, dargestellt auf der Grundlage des KAG NRW unter Berücksichtigung der Besonderheiten in den übrigen KAG, Stand: März 2004, Rdn. 64; H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 3; P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1067; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 4 f. 17 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 107; E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 23; P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1067; T. Link, US-Cross Border Lease Transaktionen. Eine Einführung, in: Fraktion der SPD im Deutschen Bundestag (Hrsg.), Werkstattgespräch der SPD-Fraktion, Cross Border Leasing – Risiken und Chancen einer transnationalen Finanzierungsform für Kommunen, dokumente 03/2004, S. 9 – 18, 12. 18 Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 5; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 6. 19 T. Link, US-Cross Border Lease Transaktionen, S. 11 f.; z. B. Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 7. 20 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 108; E. Müller / H. Mayer, US-Cross-Border-Lease – Ein Sonderfinanzierungsmodell, in: LWSchriftenreihe 2001, S. 10 – 17; z. B. Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 5. 21 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 107; T. Link, US-Cross Border Lease Transaktionen, S. 12.
1. Kap.: Grundstruktur
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mietvertrages verlangen oder seine Rechtsposition aus dem Hauptmietvertrag an Dritte veräußern. 23 Wie der Literatur zu entnehmen ist, gehen die beteiligten Parteien bei Transaktionsabschluß davon aus, daß die Kommune nach Ablauf des Rückmietvertrages die Kaufoption ausüben und die Transaktion beenden wird. 24 Andernfalls und sofern kein weiteres Optionsrecht zu einem späteren Zeitpunkt eingeräumt ist, besteht das Nutzungsrecht des Trusts an der Anlage bis zum Ende des Hauptmietvertrages. 25
22 In der Transaktionsbeschreibung Frankfurt ist für den Fall, daß die Stadt die Kaufoption am Ende der Laufzeit des Rückmietvertrages nicht ausübt, ein Wahlrecht zugunsten des Trusts vorgesehen, nach dem er die Anlage selbst behalten oder den Abschluß eines Dienstleistungsvertrages verlangen kann (S. 6 f.). 23 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 108; A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 316; E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 20; T. Link, US-Cross Border Lease Transaktionen, S. 12; F. Laudenklos / C. Pegatzky, US-Leasingfinanzierungen, S. 1301; F. Kuchler, Haushaltskonsolidierung durch US Lease Transaktionen, S. 62; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 5: „Der Trust kann seine Rechte an der Anlage auch an einen Dritten verkaufen, der dann verpflichtet ist, mit der STADT (Hervorhebung im Original) einen Dienstleistungsvertrag zu den vorgenannten Bedingungen abzuschließen“. 24 R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 11; H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 3; P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 100. Dafür spricht auch die Finanzierungsstruktur, insbesondere die wirtschaftliche Vorwegnahme des von der Kommune zu erbringenden Kaufoptionspreises; siehe dazu ausführlich: Finanzierungsstruktur, 2. Kap. „Ohne ein echtes Wahlrecht der Kommune würde die US-Steuerbehörde die Transaktion für Steuerzwecke nicht anerkennen“, P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1067; siehe auch Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 15: „Eine wesentliche Zusicherung, die vom Mieter in dem Steuerfreistellungsvertrag abgegeben werden muss, ist, dass am Tag des Closing eine Entscheidung des Mieters, die Kaufoption nach dem Mietvertrag auszuüben, nicht gefallen ist“. 25 F. Kuchler, Haushaltskonsolidierung durch US Lease Transaktionen, S. 62; Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, Informationen zu Cross-Border-LeasingGeschäften von Kommunen, S. 3. Berichtet wird auch von einer Cross-Border-Leasing-Variante in Form eines sogenannten Doppelstockmodells, bei dem neben dem U.S.-Trust eine Zwischenmietgesellschaft eingeschaltet wird, die ihren Sitz in solchen Ländern hat, die garantieren, daß über die Laufzeit der Verträge keine Quellensteuer erhoben wird (z. B. Cayman Islands). Als weiteres Argument für solche zweistufigen Modelle wird vorgetragen, daß im Falle einer Änderung des deutschen oder U.S.-amerikanischen Rechts eine Umstrukturierung der Transaktion mit geringerem Aufwand verbunden sei; A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 316; dazu auch: W. Melzer, Rechtliche Fragen der Vertragsgestaltung von US-Cross-Border-Leasinggeschäften, S. 1 ff.; T. Pschera / M. Hödl-Adick, Netto-Barwertvorteil und Gebühren. Müssen Einnahmen aus US-Leasingtransaktionen dem Gebührenzahler zugute kommen?, in: ZKF 3/2002, S. 50 –55, 50; J. Wanner, US-CrossBorder-Leasingtransaktionen, in: DAJV-NL 2/2002, S. 46 ff.
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2. Teil: Struktur einer U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion
e) Um die beschriebene Transaktionsstruktur mit Leben zu füllen, werden im folgenden Auszüge aus dem Abschlußbericht der Stadt Königswinter dargestellt: 26 „Am 23. 07. 03 hat der Erste Beigeordnete für die Stadt Königswinter die Verträge unterzeichnet, die nach beinahe zweijährigen Verhandlungen zum Abschluß der USCross-Border-Leasing-Transaktion geführt haben. Gegenstand der Transaktion sind die Abwasseranlagen der Stadt Königswinter im Talbereich. Hierzu zählen die Kanäle, Sonderbauwerke und nicht zuletzt die Kläranlage. Diese wurden im Rahmen eines Hauptmietvertrages an den sog. ‚Königswinter 20031 Statutory Trust‘ für die Dauer von 99 Jahren vermietet und im Rahmen eines zeitgleich abgeschlossenen Rückmietvertrages für die Dauer von 26 Jahren zurück gemietet. Der Rückmietvertrag endet mit Ablauf des 31. 12. 2029. Die Stadt bleibt während der gesamten Vertragsdauer Eigentümerin der Abwasseranlagen. Als Investor steht die PNC Capital Leasing (Pittsburg National Corporation) hinter dem Trust, eine Tochtergesellschaft der regional tätigen PNC Bank. Der Trust wird verwaltet von der Wells Fargo Bank Northwest, einer Gesellschaft, die auch zahlreiche andere Trusts verwaltet und gesellschaftsrechtlich nicht mit der PNC verbunden ist. Mit Ablauf des Rückmietvertrages hat die Stadt Königswinter die Option, die Transaktion durch Ausübung eines Optionsrechts und Zahlung eines bereits jetzt bei einer Bank angelegten und auskömmlichen Betrages zu beenden. Wird diese Option nicht ausgeübt, wird der Trust entweder unmittelbar mit der Stadt einen Dienstleistungsvertrag zur Sammlung, Transport und Behandlung des anfallenden Abwassers abschließen, oder die Rechte des Trusts an den Anlagen werden einem Dritten übertragen, der dann seinerseits mit der Stadt einen Dienstleistungsvertrag abschließt. [...] Nach Abschluss der Verträge ist der Nettobarwertvorteil in Höhe von 2.802.428,29 € bei der Stadtkasse eingegangen. [...] Insgesamt beträgt das Transaktionsvolumen und damit der vom Trust überwiesene Betrag rd. 93.414.000 €“.
II. An der Transaktion beteiligte Parteien a) Die Kernbeteiligten einer U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion sind typischerweise ein U.S.-amerikanischer Eigenkapitalinvestor, ein für diesen agierender Trust sowie ein deutscher Anlageneigentümer. Bei den U.S.-Investoren handelt es sich regelmäßig um U.S.-amerikanische Finanzinstitute, Versicherungsunternehmen und Industrieunternehmen (z. B. Automobilhersteller), 27 die über im Rahmen von U.S.-Leasingfinanzierungen ein26 Sitzungsvorlage VB/1526/99, unter: www.koenigswinter.de (26. 11. 2007); vom Stadtrat zur Kenntnis genommen (Beschluß 671/03; siehe Niederschrift zur Sitzung am 14. 10. 2003).
1. Kap.: Grundstruktur
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setzbare steuerpflichtige und damit unmittelbar ergebniswirksame Einkünfte verfügen. 28 Zur Durchführung der Transaktion errichtete der Investor einen Trust. Dessen einziger Zweck ist der Abschluß der Cross-Border-Leasing-Transaktion, d. h. er darf nur die Transaktion eingehen, für die er gegründet worden ist und daneben keine weiteren Aktivitäten entfalten (single purpose trust / special purpose vehicle; Einzweckgesellschaft). 29 In Höhe der Eigenkapitaleinlage, mit der sich der Investor an der Transaktion beteiligt, stattete er den Trust mit Kapital aus. 30 Mit der Zwischenschaltung des Trusts wird die Absicht verfolgt, die Rechte aus der Transaktion von dem Vermögen des Investors möglichst weit zu separieren, um das im Trust befindliche Vermögen vor Gläubigern des Investors, insbesondere im Falle eines Konkurses, zu schützen. Gleichzeitig sollte jedoch auch ein Rechtssubjekt geschaffen werden, das steuerlich neutral Abschreibungsmöglichkeiten hinsichtlich des betreffenden Transaktionsgegenstandes auf die Eigenkapitalinvestitionen überleitet. 31 b) Transaktionspartner auf deutscher Seite sind Kommunen, kommunale Zweckverbände und kommunale Unternehmen. 32 Die Einbindung von Kommunen war deshalb besonders interessant, weil sie zum einen über die geeigneten Güter verfügen, 33 zum anderen aber, weil sie nicht insolvenzfähig sind und insofern eine gute Bonität vorweisen können. 34 Letzteres sei, wie Arnd Bühner und Caroline Sheldon ausführen, Grundvoraussetzung für die Bereitschaft des 27
J. Wanner, US-Cross-Border-Leasingtransaktionen, S. 46; P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1062; E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 17; T. Flatten / W. Melzer, US-Cross-Border-Leasing. Möglichkeiten zur Linderung der Finanznot von Nahverkehrsbetrieben, in: Nahverkehrspraxis 1 – 2/2003, S. 29 – 31, 29. 28 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1062; zur Motivation und den Vorteilen des Investors, siehe: 2. Teil, 2. Kap. IV.1. 29 R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 10; T. Lingemann, U.S. Lease als Mittel der Finanzierungsoptimierung, in: Kommunalwirtschaft, Sonderausgabe 2001, S. 86 –89, 88; P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 109. 30 J. Wanner, US-Cross-Border-Leasingtransaktionen, S. 46. 31 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 109; J. Wanner, US-Cross-Border-Leasingtransaktionen, S. 46; R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 10; T. Lingemann, U.S. Lease als Mittel der Finanzierungsoptimierung, S. 88; P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1834; zum Rechtsinstitut des Trusts, siehe: 2. Teil, 3. Kap. VIII. 32 C. Pegatzky, Cross-Border-Leasing-Transaktionen und staatliche Zuwendungen, in: NJW 6/2004, S. 324 – 327, 324; J. Wanner, US-Cross-Border-Leasingtransaktionen, S. 46, Anm. 1; K. Schubert, Cross-Border-Leasing, in: Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages (Hrsg.), Der aktuelle Begriff, Nr. 19/03 vom 12. Juni 2003, S. 1. 33 Siehe dazu Abschnitt III. in diesem Kapitel. 34 Sächs. VwV CBL, S. 16; T. Flatten / W. Melzer, US-Cross-Border-Leasing, S. 29; E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 41.
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2. Teil: Struktur einer U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion
Eigenkapitalinvestors gewesen, über eine lange Laufzeit Mietverträge mit einem deutschen Anlageneigentümer abzuschließen und an diesen als Vorausleistung einen Nettobarwertvorteil auszuzahlen. 35 Gleichzeitig erhöhte eine gute Bonität die Wertschöpfung der Transaktion. 36 Aus diesem Grund ist die Transaktion in den Fällen, in denen die zu vermietenden Anlagen sowie der dazugehörige Grund und Boden im Eigentum einer kommunalen GmbH oder AG stehen, typischerweise so angelegt, daß die kommunale Gesellschaft den Transaktionsgegenstand zunächst an die jeweilige Kommune vermietet, die die Objekte ihrerseits an den Trust weitervermietet und von diesem zurückmietet. 37 c) Abgesehen von diesen Kernbeteiligten sind mehrere Banken in die Transaktion involviert, die verschiedene Funktionen erfüllen. Dazu gehören die Finanzierung des Fremdkapitalanteils der Transaktion, die wirtschaftliche Übernahme der Zahlungsverpflichtungen der Kommune und die Bereitstellung verschiedener Sicherungsinstrumente wie Swaps und Akkreditive. Hierbei handelt es sich häufig um deutsche Landesbanken oder andere bonitätsstarke Banken. 38 d) Neben den direkt am Vertragswerk beteiligten Parteien kamen noch verschiedene weitere Akteure hinzu, die im Vorfeld, im Rahmen der Vorbereitung, Anbahnung und Umsetzung einer Transaktion tätig wurden. 39 Darunter kam dem 35
US-Leasingtransaktionen, S. 315. P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 94; siehe auch Anm. 37. 37 Sächs. VwV CBL, S. 16; wäre die Kommune nicht mit in die Leasingstruktur einbezogen worden, hätte sich der Nettobarwertvorteil durch die Notwendigkeit einer Bankgarantie und erhöhte Kreditkosten stark reduziert. Darüber hinaus wäre das Unternehmen verpflichtet gewesen, Zusatzsicherheiten zu stellen, U. Eder, Vertrags-Transparenz bleibt das oberste Gebot beim US-Lease: Für eine Handvoll Kohle, in: Entsorga-Magazin 3/ 2003, S. 20 f.; sofern sich aus der Einbindung von Zweckverbänden und kommunalen Unternehmen weitere, besondere Fragestellungen ergeben, bleiben diese im folgenden außen vor. 38 Siehe dazu: 2. Teil, 2. Kap. I. sowie 2. Teil, 3. Kap. I. e). 39 Eine Zusammenschau der dabei eingebundenen Parteien liefert der Erfahrungsbericht der Stadtentwässerung Mannheim (M. Stahl, US Cross Border Lease-Transaktion für Kanalnetz und Klärwerk der Stadtentwässerung Mannheim, in: Hessischer Städtetag / Ernst & Young, US-Cross-Border-Leasing in Hessen. Informations- und Diskussionsforum. Seminarunterlagen, 18. 09. 2003, S. 6; Transaktionsgegenstand: Klärwerk, Kanalnetz, Sonderbauwerke): 1. Unabhängiger Berater: Ernst & Young, Nürnberg 2. Arrangeur: Babcock & Brown, München / London 3. Anwalt (dt. Recht): Freshfields Bruckhaus Deringer, Frankfurt 4. Anwalt (U.S.-Recht): Simpson Thatcher & Bartlett, New York 5. Wertgutachter: Deloitte & Touche, New York 6. Technik-Gutachter: Framatome ANP DE & S, Melville 7. Umweltgutachter: Tauw Engineering, Deventer 8. Berater der Verwaltung: Shearman & Sterling, Mannheim / München 9. der Investor, Banken und Versicherer jeweils mit ihren Anwälten und Beratern. 36
1. Kap.: Grundstruktur
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Arrangeur (wirtschaftlicher Berater) eine Schlüsselfunktion zu. Er übernahm das „Projektmanagement“ und war insofern mit der Gesamtabwicklung der Transaktion betraut. Zu seinen Aufgaben zählte insbesondere die Plazierung der Transaktion im U.S.-Investorenmarkt, die Unterstützung der Kommune bei der Auswahl des Investors, der zu involvierenden Banken sowie geeigneter Anwälte, Sachverständiger und Berater (ggf. im Rahmen formaler Ausschreibungsprozesse), die Erstellung einer Machbarkeitsstudie, die Koordinierung der Prüfungs- und Vorbereitungsarbeiten sowie die Vertragsverhandlung mit dem Investor. Nach Vertragsschluß erstellte der Arrangeur in der Regel ein Pflichtenheft (Transaktionshandbuch), das der Kommune die Verwaltung der Transaktion erleichtern soll. 40 Als Arrangeure boten sich meist Spezialfinanzdienstleister, Landesbanken, Großbanken und deren Leasing-Tochtergesellschaften an. 41 e) Daneben wurden verschiedene Rechtsanwälte und Steuerberater in die Transaktionsvorbereitungen eingebunden. 42 Nachdem die Verträge New Yorker Recht unterliegen, 43 war auch die Einschaltung U.S.-amerikanischer Fachanwälte notwendig. Zusammen mit einer deutschen Anwaltskanzlei und dem Arrangeur führten sie die Vertragsverhandlungen mit den Anwälten der Investorenseite und den der beteiligten Banken und arbeiteten die Transaktionsverträge aus. 44 Sie berieten die Kommune in finanz-, steuer- und öffentlich-rechtlichen Fragen und stimmten die Transaktion mit den betroffenen Behörden in Deutschland ab. 45 f) Am Markt agierten außerdem einige sogenannte unabhängige Berater, die sich anboten, die Kommune bei der Auswahl der anderen Parteien zu unterstützen und die Transaktion zu begleiten. 46 Wie Rolf Brune ausführt, war die 40 J. M. Fritz, Die Bedeutung des wirtschaftlichen Beraters („Arrangeurs“) bei USCross Border Lease-Transaktionen, in: M. Kroll (Hrsg.), Leasing-Handbuch für die öffentliche Hand. Nachschlagewerk für die tägliche Praxis, 9. Aufl. 2003, S. 124 ff.; R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 17 f.; E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 31 ff., 35 f. 41 E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 32; A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 317; T. Flatten / W. Melzer, US-Cross-Border-Leasing, S. 29; z. B. DaimlerChrysler Capital Services, Deutsche Bank, EastMerchant GmbH (eine Tochtergesellschaft der SachsenLB). 42 A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 317. 43 F. P. Thomas / J. Wanner, Steuer-, aufsichts- und gebührenrechtliche Behandlung von US-Cross-Border Leasingfinanzierungen, S. 64; P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1834. 44 R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 20. 45 R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 20; dazu auch: T. Link, Ohne Anwalt ist kein Geschäft zu machen. Aufgaben des deutschen Rechtsberaters bei US-Cross-Border-LeaseTransaktionen, in: DEMO 4/2003, S. 19. 46 Frank P. Thomas und Jens Wanner, Steuer-, aufsichts- und gebührenrechtliche Behandlung von US-Cross-Border Leasingfinanzierungen, S. 64, bezeichnen sich selbst als unabhängige Berater von Kommunen und kommunalen Unternehmen; ebenso: Arnd Bühner, Vertragsstruktur und Risikomanagement, in: Hessischer Städtetag / Ernst & Young,
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2. Teil: Struktur einer U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion
Verpflichtung eines solchen zusätzlichen Beraters nicht zwingend erforderlich. 47 Von verschiedenen Kommunen wurde er dennoch hinzugezogen. 48 g) Darüber hinaus wurden verschiedene Gutachter tätig, die sich mit dem Marktwert der Transaktionsgegenstände (Wertgutachter), dem technischen Standard (Technikgutachter) und mit der Umweltsituation (Umweltgutachter) auseinandersetzten. 49
III. Transaktionsgegenstände Nachdem der finanzielle Vorteil der Transaktion vor allem in der Begründung von Abschreibungsmöglichkeiten bestand und die damit verbundenen Steuerstundungseffekte um so größer waren, je höher das Abschreibungsvolumen war, wurden in eine Cross-Border-Leasing-Transaktion typischerweise nur solche Gegenstände eingebracht, die einen erheblichen wirtschaftlichen Wert verkörperten. 50 Überdies waren kleine Transaktionsvolumina 51 in Anbetracht der hohen Transaktionskosten 52 nicht wirtschaftlich: 53 Die in der Praxis übliche Einbindung einer großen Anzahl von Anwälten, Gutachtern und Beratern verursachte einen hohen Gebühren- und Provisionsaufwand. Ein nicht unerheblicher Teil davon waren Fixkosten, so daß ihr Anteil mit zunehmendem Gesamtvolumen der Transaktion geringer wurde. 54 Als minimaler Grenzwert galt daher ein Transaktionsvolumen
US-Cross-Border-Leasing in Hessen. Informations- und Diskussionsforum. Seminarunterlagen, 18. 09. 2003, S. 6 f. 47 US Cross-Border Lease, S. 20. 48 Zum Beispiel von der Stadtentwässerung Mannheim; siehe Anm. 39. 49 R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 21; A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 317. 50 P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1833; T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing. Eine finanzwissenschaftliche Analyse, Arbeitspapier Nr. 31, Universität Leipzig / Institut für Finanzen, Finanzwissenschaft, September 2004, S. 4. 51 Das Transaktionsvolumen besteht im (nach U.S.-amerikanischen Bewertungsgrundsätzen ermittelten) Wert der in die Transaktion einbezogenen Vermögensgegenstände; F. Kuchler, Haushaltskonsolidierung durch US Lease Transaktionen, S. 61; H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 4. 52 Rolf Brune, US Cross-Border Lease, S. 21, rechnet bei einem Transaktionsvolumen von 250 Mio. U.S.-Dollar mit Transaktionskosten in Höhe von 7,5 Mio. U.S.-Dollar. 53 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 106; T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 4; T. Günther / M. Niepel, Aufbau und Risiken des kommunalen US-Lease-in / Lease-out in Deutschland. Beratungsbedarf durch rechts- und steuerberatende Berufe, in: DStR 14/2002, S. 601 –608, 601. 54 S. Ginsbach, Cross-Border-Leasing als Instrument der Kommunalfinanzierung. Eine finanzwirtschaftliche Analyse unter besonderer Berücksichtigung der Risiken, Diss. 2007, S. 53, 87; T. Link, US-Cross Border Lease Transaktionen, S. 9.
1. Kap.: Grundstruktur
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von 100 Mio. U.S.-Dollar. 55 Bewertet wurden die Wirtschaftsgüter nach U.S.steuerrechtlichen Grundsätzen. 56 Gegenstand in den vergangenen Jahren abgeschlossener Cross-Border-Leasing-Transaktionen und damit geeignete Wirtschaftsgüter waren insoweit Großmobilien (z. B. Straßenbahnen, 57 Züge, Waggons), technische Anlagen (z. B. Kraftwerke, 58 Müllverbrennungsanlagen, Kläranlagen, 59 Kanalnetze, Wasserversorgungsanlagen, 60 Wasserversorgungsnetze, Schienenanlagen) sowie Immobilien (z. B. Messehallen, 61 Krankenhäuser, 62 Verwaltungsgebäude, Schulgebäude). 63 Ob die Transaktionsobjekte neu oder gebraucht waren, war dabei unerheblich. Entscheidend war deren Fertigstellung und Nutzung 64 und, wie auch aus der Auflistung hervorgeht, daß es sich um ein langlebiges Wirtschaftsgut handelte. 65
55 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 106; P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1061, Anm. 6; T. Flatten / W. Melzer, US-Cross-Border-Leasing, S. 29 (100 bis 150 Mio. U.S.-Dollar); T. Link, US-Cross Border Lease Transaktionen, S. 9 (100 Mio. Euro); erreichten kleinere Anlagen für sich allein das notwendige Transaktionsvolumen nicht, konnten sie in sogenannten Poollösungen gebündelt in Leasing-Transaktionen einbezogen werden, A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 315. 56 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 106. 57 Z. B. Chemnitzer Verkehrsbetriebe AG, Städtische Verkehrsbetriebe Zwickau GmbH, Dresdner Verkehrsbetriebe AG (LT-Drs. Sachsen 3/7806, Anlage 1 und 2). 58 Z. B. DREWAG-Stadtwerke Dresden GmbH / Gasturbinenheizkraftwerk (LT-Drs. Sachsen 3/7806, Anlage 2). 59 Z. B. Kommunale Wasserwerke Leipzig GmbH (LT-Drs. Sachsen 3/7806, Anlage 3). 60 Z. B. Trinkwasserversorgungsanlagen der Kommunalen Wasserwerke Leipzig GmbH (LT-Drs. Sachsen 3/7806). 61 Z. B. Leipziger Messe GmbH (LT-Drs. Sachsen 3/7806, Anlage 3). 62 Z. B. Klinikum Chemnitz gGmbH (LT-Drs. Sachsen 3/7806, Anlage 1). 63 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 104; A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 315; F. Laudenklos / C. Pegatzky, USLeasingfinanzierungen, S. 1299; M. Thormann, Zur aktuellen Diskussion um das USCross-Border-Lease: Risiken, Verwendung des Barwertvorteils und Möglichkeiten eines Verbots, in: BayVBl. 14/2004, S. 424 – 429, 425; siehe auch: Referenzliste der EastMerchant im Bereich Arrangierung, unter: http://www.eastmerchant.de/artikel/?rubrik =9e808e94-31d6-4587-b2b0-d8e995a74420 (12. 10. 2005). 64 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 106; T. Flatten / W. Melzer, US-Cross-Border-Leasing, S. 29; T. Link, US-Cross Border Lease Transaktionen, S. 9. 65 A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 315; T. Pschera / B. Enderle, US-Leasing-Transaktionen und Vergaberecht. Erwiderung zu dem Beitrag von RA Arnd Bühner, DB 2002 S. 1036 ff., in: DB 45/2002, S. 2363 –2365, 2363; P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierun-
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2. Teil: Struktur einer U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion
Darüber hinaus wurde vorausgesetzt, daß das einzubeziehende Transaktionsobjekt eine selbständige Wertschöpfungseinheit darstellt, d. h. das betreffende Objekt mußte rechtlich und wirtschaftlich isolierbar sein, um zum einen die Voraussetzungen für eine Abschreibung zu schaffen und zum anderen, um die Risiken bezüglich der Anlage und ihrem Betrieb besser kalkulieren zu können. 66
2. Kapitel
Finanzierungsstruktur Die Transaktionsstruktur geht mit einer komplexen Finanzierungsstruktur einher. Diese und die daraus resultierenden Zahlungsströme sollen im folgenden näher beleuchtet werden. 67
I. Bei Abschluß der Verträge und während der Vertragslaufzeit 1. Mietvorauszahlung des U.S.-Trusts nach dem Hauptmietvertrag Der U.S.-Trust erbringt die nach dem Hauptmietvertrag geschuldeten, im Grunde periodisch an die deutsche Kommune zu leistenden Mietraten als Einmalzahlung im voraus, und zwar im Zeitpunkt des Vertragsschlusses. 68 Die Höhe dieser Zahlung entspricht dem Verkehrswert der in die Transaktion eingebrachten Anlage, dem Transaktionsvolumen, das durch ein U.S.-Bewertungsunternehmen bestimmt wird. 69 Die zur Erbringung der Mietvorauszahlung erforderlichen finanziellen Mittel werden dem U.S.-Trust zu etwa 15% in Form von Eigen- und zu etwa 85 % in gen, S. 1061, Anm. 6; T. Flatten / W. Melzer, US-Cross-Border-Leasing, S. 29, sprechen von einer Restnutzungsdauer von mindestens 30 Jahren. 66 P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1833. 67 Eine graphische Darstellung der Finanzierungsstruktur und Zahlungsströme findet sich vor Abschnitt 4 in diesem Kapitel. 68 J. Wanner, US-Cross-Border-Leasingtransaktionen, S. 46; P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1834; H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 4. 69 F. Kuchler, Haushaltskonsolidierung durch US Lease Transaktionen, S. 52; H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 4; E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 28; F. P. Thomas / J. Wanner, Steuer-, aufsichts- und gebührenrechtliche Behandlung von USCross-Border Leasingfinanzierungen, S. 65; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 5.
2. Kap.: Finanzierungsstruktur
29
Form von Fremdkapital zugeführt. 70 Der Eigenkapitalanteil stammt aus Einlagen des U.S.-Eigenkapitalinvestors. 71 Die Fremdfinanzierung, die der Differenz zwischen Anlagenwert und Eigenkapitaleinlage entspricht, ist regelmäßig zweigeteilt: Im Rahmen eines Kredit- und Sicherungsvertrages (loan agreement) 72 werden dem U.S.-Trust ca. 10% des Fremdkapitalanteils durch einen Kreditgeber A (Darlehen A 73) und ca. 90% des Fremdkapitalanteils durch einen Kreditgeber B (Darlehen B 74) zur Verfügung gestellt. 75 Als Sicherheit für die Rückzahlung der Darlehen tritt der Trust seine Zahlungsansprüche gegen die Kommune aus dem Rückmietvertrag an die Kreditgeber ab. 76 2. Zahlungsverpflichtungen der Kommune nach dem Rückmietvertrag a) Mit der Mietvorauszahlung nach dem Hauptmietvertrag erhält die Kommune die erforderlichen finanziellen Mittel, um sämtliche Mietraten aus dem Rückmietvertrag und gegebenenfalls den Kaufoptionspreis zu entrichten. 77 Wirtschaftlich betrachtet handelt es sich bei der Mietvorauszahlung demnach um eine Art Darlehensgewährung des U.S.-Trusts an den deutschen Vertragspartner. Die Tilgung dieses Darlehens erfolgt quasi im Rahmen des Rückmietvertrages. 78 70
Das Verhältnis von Eigen- zu Fremdkapital schwankt je nach Transaktion. In der Regel werden 80 % bis 90 % des Finanzbedarfs des U.S.-Trusts durch Darlehen finanziert, zwischen 10 % und 20 % durch Eigenkapital des Investors; P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 96; ders., US-Cross-Border-Leasing, S. 1834; R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 22; H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 4; P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei USLeasingfinanzierungen, S. 1063; A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 316; P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 108; T. Günther / M. Niepel, Aufbau und Risiken des kommunalen US-Lease-in / Lease-out, S. 603; in der Transaktionsbeschreibung zur U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion der Stadt Frankfurt am Main heißt es dazu: „Der Eigenmittelanteil des Investors wurde aktuell mit 14% angesetzt, dieser kann je nach Präferenz des Investors bei Abschluß der Transaktion zwischen 13 % und 20 % des Transaktionsvolumens betragen“ (S. 23); zum Verhältnis von Eigen- zu Fremdkapital, siehe außerdem: 2. Teil, 2. Kap. IV.1. a). Dieser Arbeit wird einheitlich ein Verhältnis von 15 % zu 85 % zugrunde gelegt. 71 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1063. 72 Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 7. 73 A-loan; 10 % der Kreditsumme. 74 B-loan; 90 % der Kreditsumme. 75 R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 23; P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 108; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 7; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 6. 76 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 107; J. Wanner, US-Cross-Border-Leasingtransaktionen, S. 46 f. 77 Sächs. VwV CBL, S. 18.
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2. Teil: Struktur einer U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion
Die Mietzahlungen nach dem Rückmietvertrag sind im Unterschied zu denen des Hauptmietvertrages sukzessiv 79 über die gesamte Vertragslaufzeit hinweg zu leisten. 80 Typischerweise werden diese Zahlungen jedoch nicht von der Kommune selbst, sondern durch Finanzinstitute erbracht. 81 Im Rahmen sogenannter Zahlungsübernahmevereinbarungen (payment undertaking agreement) legt die Kommune einen bestimmten Betrag, der dem Barwert ihrer Verbindlichkeiten entspricht 82 und ca. 95% bis 96% der Mietvorauszahlung ausmacht, bei entsprechenden Finanzinstituten zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses an. 83 Im Gegenzug verpflichten sich diese, die angelegten Beträge sowie die anfallenden Zinsen dazu zu verwenden, die von der Kommune geschuldeten Mietzahlungen und bei Ausübung der Kaufoption die erforderliche Summe zu entrichten. 84 Für die Zahlungsübernahme kommen nicht nur deutsche Landesbanken oder andere Finanzinstitute mit sehr hoher Kreditwürdigkeit 85 in Betracht, sondern auch Versicherungsinstitute und Industrieunternehmen mit entsprechendem Rating. 86 Die Zahlungsübernahmevereinbarungen haben jedoch keine schuldbefreiende Wirkung. 87 Die Finanzinstitute übernehmen nur die technische und wirtschaftliche Abwicklung der planmäßigen Zahlungen; 88 allenfalls besteht eine Gesamtschuldnerschaft. Insofern schuldet die Kommune weiterhin die Mietraten an den 78 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Lease-in / Lease-out Transaktionen, in: DB 20/ 1998, Beilage Nr. 6/1998, S. 7 ff., 8. 79 Z. B. auf jährlicher oder halbjährlicher Basis, P. Biagosch / K. Weinand-Härer, USCross Border Lease-Transaktionen, S. 107; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 6. 80 P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1835; T. Link, US-Cross Border Lease Transaktionen, S. 10; SachsenLB, Special: Cross Border Leasing, unter: http://www.sachsenlb .de/content/produkte/cross_border_leasing/index.html (01. 03. 2004). 81 Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 7; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 6 f. 82 T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 8; P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Lease-in / Lease-out Transaktionen, S. 8; E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 28; F. Kuchler, Haushaltskonsolidierung durch US Lease Transaktionen, S. 62; SachsenLB, Special: Cross Border Leasing. 83 R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 22 ff.; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 7. 84 Sächs. VwV CBL, S. 18; F. Laudenklos / C. Pegatzky, US-Leasingfinanzierungen, S. 1300; P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei USLeasingfinanzierungen, S. 1066; P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1835: Nur in wenigen Fällen fehlt das Transaktionselement der Zahlungsübernahme und die Kommune behält die Zahlung der periodisch anfallenden Mietzinsen in ihrer ausschließlichen Verantwortung. 85 Zu den mit der Kreditwürdigkeit verbundenen Risiken, siehe: 3. Teil, 5. Kap. 86 F. Laudenklos / C. Pegatzky, US-Leasingfinanzierungen, S. 1300; J. Wanner, USCross-Border-Leasingtransaktionen, S. 46; zum Instrument des Rating: 2. Teil, 2. Kap. 4. d). 87 Je nach Ausgestaltung im einzelnen entsprechen die Vereinbarungen einer Erfüllungsübernahme oder einem Schuldbeitritt; dazu ausführlich: 2. Teil, 3. Kap. V.
2. Kap.: Finanzierungsstruktur
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Trust und haftet bei einem Ausfall der Banken. 89 Wenngleich die Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Trust rechtlich bestehen bleibt, ist unter der Annahme eines planmäßigen Transaktionsverlaufes mit Ausübung der Kaufoption 90 die Finanzierung der Transaktion zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses für die Kommune wirtschaftlich abgeschlossen. 91 b) Eine derartige Finanzierungsstruktur, welche die Ablösung von Verbindlichkeiten vor Ablauf ihrer normalen, vertraglich festgelegten Tilgungszeitpunkte bewirkt, wird mit dem Begriff „in-substance-defeasance“ 92 beschrieben. 93 Es handelt sich dabei um ein in den U.S.A. in den 80er Jahren entwickeltes und im Bereich der Bilanz- und Finanzpolitik bekannt gewordenes Instrument. 94 Dieses sieht im Grundsatz die unwiderrufliche Übertragung von Verbindlichkeiten auf Dritte, zumeist Banken, vor, die als Gegenleistung in der Regel Wertpapiere erhalten, die in Höhe und Fälligkeit gerade die Zins- und Tilgungszahlungen der Verbindlichkeiten decken. 95 Obwohl der originäre Schuldner dadurch nicht rechtlich von seiner Verpflichtung befreit wird und dem Gläubiger nach wie vor für die Rückzahlung der Verbindlichkeiten haftet, wird die Schuldnerposition zumindest wirtschaftlich auf einen Dritten übertragen. 96 Im Ergebnis erreicht der ursprüngliche Schuldner damit eine vorzeitige Rückzahlung seiner Verbindlichkeiten sowie die Möglichkeit, die in der defeasance-Transaktion übertragenen Verbindlichkeiten vorzeitig aus seiner Bilanz zu eliminieren. 97 Auf diese Weise können einzelne Bilanzposten und damit auch bestimmte Bilanzkennzahlen wie Eigenkapitalquote oder Verschuldungsgrad des Unternehmens positiv beeinflußt werden. 98 Dementsprechend sind die Zahlungsübernahmevereinbarungen 88 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1066. 89 P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1835; S. Bubeck, Finanzierungsstruktur / Rolle der Bankenpartner, in: Hessischer Städtetag / Ernst & Young, US-Cross-Border-Leasing in Hessen. Informations- und Diskussionsforum. Seminarunterlagen, 18. 09. 2003, S. 7; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 14; dazu ausführlich: 3. Teil, 5. Kap.; siehe außerdem: 2. Teil, 3. Kap. V. 90 Siehe dazu: 2. Teil, 2. Kap. II., zum außerplanmäßigen Transaktionsverlauf, siehe III. 91 A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 317; P. Biagosch / K. WeinandHärer, US-Lease-in / Lease-out Transaktionen, S. 8; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 9. 92 Kurz: defeasance (steht für Annullierung, Aufhebung). 93 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 109. 94 K. Küting / J. Pfuhl, „In-substance defeasance“ – Vorzeitige Eliminierung von Verbindlichkeiten über einen derivativen Schuldner als neues Instrument der Bilanzpolitik?, in: DB 25/1989, S. 1245 f. 95 K. Küting / J. Pfuhl, „In-substance defeasance“, S. 1245. 96 J. Baetge / J. Schlösser, In-substance defeasance, in: Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung, 1997, Bd. I, B 701, S. 1 ff. 97 K. Küting / J. Pfuhl, „In-substance defeasance“, S. 1245.
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2. Teil: Struktur einer U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion
im Kontext einer Cross-Border-Leasing-Transaktion bei der Kommune nicht zu bilanzieren. 99 c) Die Zahlungsströme im Rahmen der Zahlungsübernahmevereinbarungen sind spiegelbildlich zur Finanzierungsstruktur des Trusts und damit der Mietvorauszahlung unter dem Hauptmietvertrag angelegt: Die Finanzierung des Trusts aus Einlagen (etwa 15%) und Darlehen (zusammen etwa 85 %) bildet das Gerüst, auf dem die verschiedenen Zahlungsübernahmevereinbarungen der Kommune in Art und Höhe aufbauen. Gleichzeitig wird dadurch eine weitere Verknüpfung der Finanzierungssphären der beiden Transaktionspartner bewirkt. 100 3. Finanzierungskreislauf a) In Höhe der Fremdfinanzierungsquote des U.S.-Trusts (etwa 85 % des Transaktionsvolumens) beauftragt die Kommune die Banken C und D 101 mit der Zahlungsübernahme und stellt dafür die vom Trust überwiesenen Mietzahlungen aus Mitteln des Fremdkapitals vollständig zur Verfügung. 102 Dabei übernimmt Bank C, die im Konzernverbund mit Bank B steht, ca. 90 % der Darlehenssumme (Zahlungsübernahme C); Bank D, die von den Kreditgebern des Trusts unabhängig ist, übernimmt ca. 10% (Zahlungsübernahme D). 103 Der Trust wird regelmäßig ebenfalls Vertragspartei der Zahlungsübernahme C 104 und tritt seine Ansprüche daraus zur Besicherung des Darlehens B an den Kreditgeber B ab. 105 98 Mit Beispiel: K. Küting / J. Pfuhl, „In-substance defeasance“, S. 1245 f.; allgemein zur in-substance-defeasance: S. Rohlfing / M. Woitok, „Defeasance“ – Perspektiven einer Schuldausgliederungstechnik, in: RIW 1994, S. 389 ff. mit weiteren Nachweisen; zur rechtlichen Qualifikation der defeasance, siehe: 2. Teil, 3. Kap. V. 99 S. Bubeck, Finanzierungsstruktur / Rolle der Bankenpartner, S. 7. 100 Im übrigen werden alle Zahlungsströme einheitlich in U.S.-Dollar vereinbart; P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 111; M. Gindra, Cross-Border-Leasing USA. Grundlagen – Analyse – Praxis, 2004, S. 90. 101 Debt defeasance Banken C und D. 102 T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 8; P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 96; P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 108. 103 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 108 f.; R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 23; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 7; T. Link, US-Cross Border Lease Transaktionen, S. 12: „Die Debt Defeasance Bank ist dabei häufig auch der Darlehensgeber des Darlehens an den US-Trust, dies ist aber nicht zwingend“. 104 Sog. three party payment undertaking agreement, Email-Auskunft von Steffen Bubeck, Landesbank Baden-Württemberg, 22. 01. 2004; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 7; der Vertrag entspricht insofern einem Schuldbeitritt, siehe dazu: 2. Teil, 3. Kap. V. 105 Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 7, 13 f.
2. Kap.: Finanzierungsstruktur
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Im Rahmen der Zahlungsübernahme D haben für gewöhnlich weder der Trust, der Investor, noch die Kreditgeber vertragliche Rechte. 106 Die in Rede stehenden Zahlungsströme sind so abgestimmt, daß die nach dem Rückmietvertrag zu leistenden laufenden Mietverpflichtungen auf den Fremdkapitalanteil regelmäßig den durch den U.S.-Trust zu erbringenden Zinsen und Tilgungsraten zur Rückführung der Kredite entsprechen, so daß die Verpflichtungen aus den Darlehen durch einen Teil 107 der Mietzahlungen von deutscher Seite bedient werden können. 108 Eine Restschuld der Darlehen am Ende der Laufzeit des Rückmietvertrages wird bei Ausübung der Kaufoption durch Zahlung des Fremdkapitalanteils am Optionspreis getilgt. 109 Nachdem sich der Darlehenszins und der Anlagezins im Rahmen der Zahlungsübernahmen ungefähr decken, muß der deutsche Transaktionspartner nominal jenen Betrag, der bei der Mietvorauszahlung auf die Fremdkapitalseite entfällt, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vollständig bei den Zahlungsübernahmeinstituten anlegen. 110 Umgesetzt werden die Zahlungsübernahmevereinbarungen während der Laufzeit des Rückmietvertrages, indem die Finanzinstitute C und D die Ansprüche der Kreditgeber A und B gegen den Trust aus den Darlehen A und B befriedigen. 111 Dabei zahlt Bank D an Bank A und Bank C an die zum selben (Banken-) Konzern gehörende Bank B. 112 Nachdem der Trust seine Rechte unter der Zahlungsübernahme C an den Kreditgeber B abgetreten hat, 113 besteht kein externes Kreditrisiko mehr und die Gelder aus der Zahlungsübernahme C können konzernintern zur Refinanzierung des Darlehens B verwendet werden. 114 Infolgedessen ist eine Refinanzierung am Kapitalmarkt nicht erforderlich, wor106 Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 7; nur in sehr seltenen Fällen wird der Trust noch Vertragspartei, Email-Auskunft von Steffen Bubeck, Landesbank Baden-Württemberg, 22. 01. 2004; dieser Vertrag entspricht einer Erfüllungsübernahme, siehe dazu: 2. Teil, 3. Kap. V. 107 Der andere Teil betrifft den Eigenkapitalanteil an der Mietvorauszahlung. 108 T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 8; P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 109; H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 4; T. Link, US-Cross Border Lease Transaktionen, S. 10. 109 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 109; T. Link, US-Cross Border Lease Transaktionen, S. 11. 110 P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1835; T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 9. 111 R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 23; P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 96; E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 28; H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 4. 112 R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 23; P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 96. 113 Darlehen A gilt daher als „gesichertes Darlehen“ (loop debt); R. Brune, US CrossBorder Lease, S. 23 f.; S. Bubeck, Finanzierungsstruktur / Rolle der Bankenpartner, S. 8. 114 S. Bubeck, Finanzierungsstruktur / Rolle der Bankenpartner, S. 8.
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2. Teil: Struktur einer U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion
aus deutlich geringere Kosten resultieren. 115 Darlehensbank A hat keinen Zugriff auf die Zahlungsübernahme D, 116 so daß in diesem Fall ein echtes Kreditrisiko besteht. 117 Die Kreditkonditionen orientieren sich damit an der Bonität des Leasingnehmers, der Kommune. 118 Etwaige Zinsschwankungen zwischen dem Anlagezins der Kommune und dem Darlehenszins des Trusts, die im Falle des 90%-Darlehens über den Konzernverbund zum Ausgleich kommen, werden hier durch einen Zinsswap 119 zwischen dem Darlehensgeber A und dem Zahlungsübernehmer D eliminiert. 120 b) Ein kritischer Blick auf die zwischen Trust, Kommune und Finanzinstituten fließenden Zahlungsströme wirft die Frage auf, weshalb den fremdfinanzierten Anteil am Transaktionsvolumen nicht eine einzige Bank zur Verfügung stellt. Diese könnte sich anschließend das Depot übertragen lassen, in das zum Zeitpunkt der Auszahlung des Darlehens die Rückzahlungsbeträge der Kommune eingelegt werden.
115 S. Bubeck, Finanzierungsstruktur / Rolle der Bankenpartner, S. 8; R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 23, beziffert die Kosten des Darlehens A mit etwa 0,25% des Transaktionsvolumens und die des Darlehens B mit etwa 0,20% des Transaktionsvolumens. 116 True debt; R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 23 f. 117 S. Bubeck, Finanzierungsstruktur / Rolle der Bankenpartner, S. 9. 118 S. Bubeck, Finanzierungsstruktur / Rolle der Bankenpartner, S. 9. 119 Ein Swap beschreibt den Austausch von Zahlungsforderungen oder –verbindlichkeiten zwischen zwei Parteien. Ziel dieser Transaktion ist die Arbitrage relativer Vorteile, die eine Vertragspartei gegenüber der anderen aufgrund ihrer Stellung an einem bestimmten Finanzmarkt genießt; R. Levedag, Zins- und Währungsswaps. Ein neues internationales Finanzierungsinstrument: Kreativität eines freiheitlichen Marktes wird jetzt erneut unter Beweis gestellt, in: Handelsblatt, Nr. 191 vom 04. 10. 1983, S. 23. Zu den Grundformen der Swap-Finanzierungstechnik gehört der Zinsswap. Dabei vereinbaren die Vertragsparteien, Zinszahlungsströme mit unterschiedlichem Charakter auszutauschen. So werden beispielsweise feste Zinszahlungsströme von Verbindlichkeiten oder Forderungen in variable Zahlungsströme getauscht. Der Kapitalbetrag auf den sich die Zinszahlungen beziehen, wird jedoch nicht getauscht; W. Ochynski, Swapgeschäft, in: W. Gerke / M. Steiner (Hrsg.), Handwörterbuch des Bank- und Finanzwesens, 2. Aufl. 1995, S. 1806 ff., 1806. Zinsswap-Kontrakte erlauben somit die Art der Verzinsung (fest oder variabel) zu ändern, ohne das den Zinszahlungsströmen zugrundeliegende Geschäft zu tangieren. Auf diese Weise kann die Liquiditätskomponente von der Zinskomponente getrennt werden; Commerzbank AG, Zinsswap, unter: https://www.commerzbank.de/firmenk/zins_waehrung /zinsmgt/most_active/Zinsswap.pdf (08. 03. 2004); dazu: T. Kopp, Der Zinsswap. Ein deutsch – U.S.-amerikanischer Rechtsvergleich, 1. Aufl. 1995; J. Peters, Swap-Finanzierung, 1990; G. Sender, Zinsswaps. Instrument zur Senkung der Finanzierungskosten oder zum Zinsrisikomanagement?, 1996; G. Lassak, Zins- und Währungsswaps, 1988. 120 Auf diese Weise kann der Kreditgeber A festgelegte Zinszahlungen, die den Zahlungen im Rahmen des Kredites A entsprechen gegen variable Zinszahlungen austauschen; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 8; P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1836; S. Bubeck, Finanzierungsstruktur / Rolle der Bankenpartner, S. 9.
2. Kap.: Finanzierungsstruktur
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Diese, im Grunde sehr einfache Konstruktion wurde anfangs tatsächlich genutzt. 121 Eine Bank übernahm die gesamte Fremdfinanzierung und fungierte zugleich als zahlungsübernehmendes Kreditinstitut. Zahlungen fanden in diesem System nur buchgeldmäßig statt. 122 Nachdem jedoch bei einer derart in sich geschlossenen Finanzierung wirtschaftliche Risiken der Fremdfinanzierung im Grunde nicht mehr bestanden, hatten die U.S.-Steuerbehörden eine Veränderung der Struktur vorgeschrieben. 123 c) Hinsichtlich des Eigenkapitalanteils, über den der U.S.-Trust ca. 15 % der Mietvorauszahlung aufbringt, schließt die Kommune eine weitere Zahlungsübernahmevereinbarung mit der Bank E ab. 124 Diese verpflichtet sich, den Eigenkapitalanteil an den Mietraten und am Kaufoptionspreis zu zahlen. 125 Anders als auf der Fremdkapitalseite muß die Kommune hierfür jedoch nicht den gesamten Eigenkapitalanteil an der Mietvorauszahlung einsetzen, um der Bank E genügend Geld für die sukzessive 126 Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten aus dem Rückmietvertrag zur Verfügung zu stellen. 127 Das Erfordernis eines im Vergleich zur Fremdfinanzierung geringeren Kapitaleinsatzes ist im wirtschaftlichen Kalkül des U.S.-Investors begründet. Dieser bemißt die Verzinsung seines eingebrachten Eigenkapitals nach Steuern, d. h. er berücksichtigt die aus der Durchführung der Transaktion erwarteten Steuervorteile in seinen Renditeerwartungen. 128 Infolgedessen ist er bereit, das Kapital zu einem Zinssatz bereitzustellen, der vor Steuern deutlich unterhalb des Marktzinses liegt. 129 Die Kommune erzielt hingegen bei der Bank E den marktüblichen Anlagezins für den in das Depot eingebrachten Eigenkapitalanteil an der Mietvorauszahlung. 130 Folglich kann sie einen Teil ihrer Zahlungsverpflichtungen nach dem Rückmietvertrag aus den vereinnahmten Zinsen und Zinseszinsen erfüllen. 131 Die Differenz zwischen dem 121
R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 23. o.V., Die Bonität entscheidet. Banken haben bei der Finanzierung und Absicherung von US-Leasingtransaktionen eine zentrale Rolle, in: R. Neubauer (Hrsg.), Kommunalfinanzierung heute, August 2003, S. 7. 123 R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 23. 124 Equity defeasance-Bank; P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border LeaseTransaktionen, S. 109; T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 8; H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 4. 125 Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 8. 126 Bezüglich der Rückzahlungszeitpunkte wird der Stadt eine vorab definierte Liste von Terminen vorgegeben, die auch die Zahlung des Optionspreises am Ende der Laufzeit enthält; R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 25. 127 P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 96; P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 108. 128 SachsenLB, Special: Cross Border Leasing. 129 P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1836; zu den Gründen: 2. Teil, 2. Kap. IV. 130 P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 96. 131 P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1836. 122
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2. Teil: Struktur einer U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion
Eigenkapitalanteil an der erhaltenen Mietvorauszahlung und dem Betrag, der erforderlich ist, um die Zahlungsübernahmevereinbarung mit der Bank E zu bedienen sowie den Kosten der Transaktion, stellt den Nettobarwertvorteil dar. 132 Das nachstehende Schaubild gibt eine Zusammenfassung der beschriebenen Zahlungsströme.
US-Eigenkapitalinvestor Darlehen A
Bank A
Einlage 0,5 – 1,5% Zins
10% des Fremdkapitalanteils
US-Trust Rückzahlung des Darlehens
ca. 15% Eigenkapital/ 85% Fremdkapital
Rückzahlung des Darlehens Darlehen B
Mietraten und Optionspreis (Eigenkapitalanteil)
Mietvorauszahlung unter dem Hauptmietvertrag
Zahlungsübernahme C
Bank B 90% des Fremdkapitalanteils
Konzernverbund Bank C 90% des Fremdkapitalanteils
Deutsche Kommune Zahlungsübernahme
Marktzins
Bank E
Nettobarwertvorteil Zahlungsübernahme D
Bank D 10% des Fremdkapitalanteils
Eigenkapitalanteil – (Nettobarwertvorteil + Transaktionskosten) Transaktionskosten
Mietraten und Optionspreis (Fremdkapitalanteil)
Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an: P. Biagosch / K. Weinand-Härer, USCross Border Lease-Transaktionen, S. 108. Abbildung 1: Zahlungsströme
132 P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 95 f.; T. Wagner / C. Pegatzky, Regulatorische Aspekte beim US-Cross-Border-Leasing, S. 2, unter: http://www.forumrecht.com/syndikus/briefings/vw/vw_017.htm (26. 03. 2004); H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 4; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 8; ausführlich dazu: 2. Teil, 2. Kap. I.4.
2. Kap.: Finanzierungsstruktur
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4. Nettobarwertvorteil a) Definition des Nettobarwertvorteils in der Betriebswirtschaftslehre Der Begriff „Nettobarwert“ entstammt der entscheidungsorientierten Investitions- und Finanzierungslehre und wird klassischerweise wie folgt definiert: Der Nettobarwert 133 oder Kapitalwert einer Investition ist die Differenz aller auf einen bestimmten Zeitpunkt abgezinsten Einzahlungen und Auszahlungen, die durch diese Investition hervorgerufen werden. 134 Die Berechnung des Nettobarwertes ermöglicht, verschiedene Investitionsprojekte, deren Zahlungsströme im Zeitablauf nach Art, Höhe, Zeitpunkt des Anfalls und Dauer variieren können, vergleichbar zu machen. 135 Der der Berechnung zugrundeliegende Diskontierungszinssatz kann dabei auf Basis der Finanzierungskosten, in Anlehnung an die erwartete Rendite alternativer Anlagemöglichkeiten oder durch Vorgabe einer Zielrendite festgelegt werden. 136 Nachdem der Nettobarwert einer Investition den Maßstab für die Verzinsung des eingesetzten Kapitals und einen erwirtschafteten Überschuß darstellt, muß er mindestens gleich Null, möglichst jedoch größer Null sein, damit die Investition als vorteilhaft beurteilt werden kann. 137 Sollen zwei oder mehr Investitionsprojekte hinsichtlich ihrer Vorteilhaftigkeit miteinander verglichen werden, ist dasjenige zu bevorzugen, das den größten Kapitalwert aufweist. 138 b) Der Nettobarwertvorteil im Rahmen einer U.S.-Leasing-Transaktion Der im Kontext von Cross-Border-Leasing-Transaktionen verwendete Begriff des Nettobarwertvorteils gibt den Betrag an, mit dem der Investor der Kommune ihre Teilnahme an der Transaktion vergütet. 139 Der finanzielle Vorteil der Kommune ist rechnerisch in die Mietvorauszahlung des U.S.-Trusts einkalkuliert; er 133
Net present value (NPV). L. Kruschwitz, Investitionsrechenverfahren, dynamische, in: W. Gerke / M. Steiner (Hrsg.), Handwörterbuch des Bank- und Finanzwesens, 2. Aufl. 1995, S. 980; J.-P. Thommen / A.-K. Achleitner, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 2. Aufl. 1998, S. 545; U. Bestmann, in: ders. (Hrsg.), Kompendium der Betriebswirtschaftslehre, 10. Aufl. 2001, S. 446; W. Gerke / M. Bank, Finanzierung. Grundlagen für die Investitions- und Finanzierungsentscheidungen in Unternehmen, 1998, S. 17. 135 G. Wöhe, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 18. Aufl. 1993, S. 804. 136 J.-P. Thommen / A.-K. Achleitner, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 546; U. Bestmann, in: ders. (Hrsg.), Kompendium der Betriebswirtschaftslehre, S. 447. 137 U. Bestmann, in: ders. (Hrsg.), Kompendium der Betriebswirtschaftslehre, S. 447. 138 K. Olfert, Finanzierung, 11. Aufl. 2001, S. 93; K. Bierle, Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, Bd. I, 7. Aufl. 1997, S. 258. 139 Sächs. VwV CBL, S. 15; T. Wagner / C. Pegatzky, Regulatorische Aspekte beim USCross-Border-Leasing, S. 1. 134
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2. Teil: Struktur einer U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion
stellt den nach Abzug der Zahlungen zur Bedienung der Zahlungsübernahmevereinbarungen und sämtlicher Transaktionskosten verbleibenden Betrag dar. 140 Dementsprechend galt – bei einer rein finanziellen Betrachtung – die Durchführung einer Transaktion immer als vorteilhaft, wenn der Nettobarwert größer Null war. 141 Nachdem die Mietvorauszahlung unmittelbar nach Vertragsabschluß fällig wurde, konnte der Nettobarwertvorteil bereits zu Beginn der Transaktion von der Kommune liquiditätswirksam vereinnahmt werden. 142 Es handelte sich somit um einen einmaligen, sofort fälligen Ertrag. 143 Neben dem U.S.-Trust erbrachte auch die Kommune ihre Zahlungsverpflichtungen unmittelbar nach Vertragsschluß. 144 Infolgedessen war eine Diskontierung der Zahlungsströme zur Bestimmung des Nettobarwertvorteils nicht erforderlich. 145 Entsprechend der oben genannten Formel ist die Höhe des Nettobarwertvorteils zunächst von folgenden drei Faktoren abhängig: der Mietvorauszahlung des U.S.-Trusts, den Zahlungsverpflichtungen der Kommune gegenüber den Zahlungsübernahmebanken und den Transaktionskosten. c) Der nach dem Hauptmietvertrag als Einmalzahlung entrichtete Mietzins entspricht dem Transaktionsvolumen, d. h. dem Verkehrswert der in die Transaktion eingebrachten Wirtschaftsgüter. 146 Festgestellt wurde der Anlagenwert durch U.S.-amerikanische Gutachter, sogenannte appraiser, nach den Bestimmungen des U.S.-Steuerrechts. 147 Grundlage der Wertermittlung waren entweder die historischen Anschaffungskosten oder der Wiederbeschaffungswert. 148 Daneben beeinflußten insbesondere Art, Altersstruktur und Restnutzungsdauer der Anla140
F. Laudenklos / C. Pegatzky, US-Leasingfinanzierungen, S. 1300. P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 95. 142 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 107; SachsenLB, Special: Cross Border Leasing. 143 J. Wanner, US-Cross-Border-Leasingtransaktionen, S. 46; A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 316. 144 M. Müller, Transatlantische Deals mit Risiken. Trendbegriff US-Cross-Border-Leasing, in: Mitbestimmung 5/2002, S. 62 ff., 63. 145 P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 95. 146 F. Kuchler, Haushaltskonsolidierung durch US Lease Transaktionen, S. 62; H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 4; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 5. 147 E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 17, 28; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 5; dazu Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband, Cross-Border-Leasing, S. 7: „Nur am Rande sei vermerkt, daß dieses Wertgutachten zwar von der Kommune in Auftrag gegeben wird, aber ihr regelmäßig nicht zugeht. Denn es dient der Willensbildung beim US-Investor“. 148 F. P. Thomas, in: S. Mohne, „US-Leasing ist nichts Unmoralisches“. Experte Dr. Frank Thomas: Stadt muß sorgfältig planen, um Risiken zu vermeiden, in: Aachener Zeitung vom 24. 08. 2001; siehe auch: R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 21. 141
2. Kap.: Finanzierungsstruktur
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gegüter das Bewertungsergebnis. 149 Das festgestellte Transaktionsvolumen, das als wesentliche Bestimmungsgröße des Nettobarwertvorteils galt, 150 erreichte Größenordnungen von bis zu 1,7 Mrd. Euro, wie die Transaktion über das Schienennetz der Stadt Düsseldorf und der Rheinische Bahngesellschaft AG zeigt. 151 Je höher das Transaktionsvolumen, desto höher war in der Regel der Nettobarwertvorteil. 152 d) Das durch die Finanzierung des Trusts und der seinerseits geschuldeten Mietrate vorgegebene Muster der Unterscheidung nach Eigen- und Fremdkapital, das bei den Mietzahlungen der Kommune sowie den damit einhergehenden Zahlungsübernahmevereinbarungen weitergeführt wird, setzt sich auch in der Betrachtung der Einflußfaktoren des Nettobarwertvorteils fort. Nachdem die Kommune den Fremdmittelanteil an der Mietvorauszahlung vollständig bei den Finanzinstituten C und D anlegen mußte, so daß in Verbindung mit der Rückführung der Darlehen des Trusts zwei in sich geschlossene Finanzierungskreisläufe entstanden, 153 kam eine Einflußnahme auf die Höhe des Nettobarwertvorteils nur über den Eigenkapitalanteil in Frage. 154 Dabei galt: Je höher die über die Laufzeit des Rückmietvertrages erzielbare Verzinsung, desto niedriger war der Betrag, der bei Transaktionsabschluß bei der Depotbank E angelegt werden mußte und desto größer war somit der der Stadt verbleibende finanzielle Vorteil. 155 Die Berater und Arrangeure der Transaktion über das Kanalnetz der Stadt Recklinghausen gingen davon aus, daß eine Veränderung des Anlagezinssatzes um 0,2 % unter der Annahme sonst unveränderter wirtschaftlicher Bedingungen eine Veränderung des Nettobarwertvorteils von etwa 0,4 % (bezogen auf das Transaktionsvolumen) zur Folge hatte. 156 Entscheidend für die Höhe der Verzin149 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 107; M. Müller, Transatlantische Deals mit Risiken, S. 64. 150 Stadt Mannheim, Beschlußvorlage Nr. 320/2001 vom 25. 05. 2001, S. 3, unter: http: //web.mannheim.de/webkosima/webkosima_vorlagen/320_2001.pdf (12. 10. 2005). 151 Referenzliste der EastMerchant im Bereich Arrangierung, unter: http://www.ea stmerchant.de/artikel/?rubrik=9e808e94-31d6-4587-b2b0-d8e995a74420 (12. 10. 2005); Mehrheitsgesellschafter der EastMerchant ist die Landesbank Sachsen; zur Transaktion der Stadt Düsseldorf / Rheinbahn, siehe auch: o.V., Ein historischer Deal. Mit dem Schienennetz der Rheinbahn stieß Düsseldorf in neue Dimensionen des Cross Border Leasing vor, in: R. Neubauer (Hrsg.), Kommunalfinanzierung heute, Mai 2003, S. 3. 152 Gemeinderat der Stadt Wien, 17. WP, 36. Sitzung vom 26. 11. 2003, Wortprotokoll, S. 39, unter: http://www.magwien.gv.at/mdb/gr/2003/gr-036-w-2003-11-26.doc (12. 10. 2005); Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 16. 153 R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 24 f.; siehe dazu: 2. Teil, 2. Kap. I.3. 154 Stadt Mannheim, Beschlußvorlage Nr. 320/2001 vom 25. 05. 2001, S. 22. 155 R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 25; H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 4; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 22. 156 Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 16; siehe R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 25, 29, zur Vergleichbarkeit von Zinssätzen.
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2. Teil: Struktur einer U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion
sung ist die Art der Geldanlage, insbesondere das damit verbundene Risiko. 157 So konnte beispielsweise durch die Auswahl eines Wertpapiers mit spekulativem Charakter oder durch die Einbeziehung eines Finanzinstituts mit geringer Kreditwürdigkeit eine Erhöhung des Anlagezinssatzes erreicht werden. 158 Nachdem letztendlich jedoch die Kommune das Ausfallrisiko der Zahlungsübernahmebanken trägt, kann ihr eine mit hohem Risiko behaftete Anlage auch zum Nachteil geraten. 159 Ein Instrument, das zur Beurteilung der Sicherheit von Geldanlagen und zu deren Vergleichbarmachung herangezogen werden kann, ist das Rating. 160 Es handelt sich dabei um die bonitätsmäßige Einschätzung und Klassifizierung von Wertpapieren und ihren Emittenten durch hierauf spezialisierte Agenturen nach einem einheitlichen und standardisierten Verfahren. 161 Dabei wird durch die Analyse bestimmter qualitativer und quantitativer Faktoren die Fähigkeit und Bereitschaft eines Unternehmens 162 beurteilt, seine finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen, d. h. der Tilgung und Verzinsung seiner Schulden vollständig und termingerecht nachzukommen. 163 Das Ergebnis dieser Bewertung kommt in der Einstufung auf einer Ratingskala zum Ausdruck, deren verschiedene Grade Anhaltspunkte über die Ausfallwahrscheinlichkeit 164 geben. 165 Bei der Bewertung finden unternehmensbezogene Kriterien wie Bilanzkennzahlen oder die Entwicklung der Gewinn- und Verlustrechnung, branchenbezogene Faktoren und Länderrisiken Berücksichtigung. 166 Die international führenden Ratingagenturen sind 157 R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 26. Im Rahmen der Zins-Risiko-Betrachtung sind auch die Wiederanlagemöglichkeiten, d. h. der Anlagezins der Zinserträge und Zinseszinsen, von Bedeutung; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 23; J. Krumnow / L. Gramlich (Hrsg.), Gabler-Bank-Lexikon. Bank – Börse – Finanzierung, 12. Aufl. 1999, Stichwort: Wiederanlagerisiko, S. 1421. 158 U. Eder, Der Barwertvorteil, unter: http://www.uslease.de/cblbarwertvorteil.htm (07. 06. 2005); Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 23; zu den Möglichkeiten der Eigenkapitalanlage, siehe: R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 30 ff.; H.-J. Fricke, Die Aufgaben eines wirtschaftlichen Beraters bei Cross-Border-Leasing-Transaktionen, in: Deutsches Institut für Urbanistik, Cross-Border-Leasing auf dem Prüfstand. Seminarunterlagen, 2. bis 3. Juni 2003, S. 15. 159 Ausführlich zum Ausfallrisiko: 3. Teil, 5. Kap. 160 Der Begriff „Rating“ leitet sich vom englischen Verb „to rate“ = „bewerten“ ab. 161 G. Wierichs / S. Smets, Gabler Kompakt-Lexikon. Bank und Börse, 4. Aufl. 2007, Stichwort: Rating, S. 221. 162 Unternehmen, die sich über Direktemissionen liquide Mittel beschafft haben oder beschaffen möchten, W. Gerke / M. Bank, Finanzierung, S. 286 f. 163 SachsenLB, Ratingerklärungen, unter: http://www.sachsenlb.de/content/informa tion/investor_relations/ratings/erklärungen.html (19. 10. 2005). 164 Ausfallwahrscheinlichkeit meint die Möglichkeit der Zahlungsunfähigkeit und Insolvenz eines Kreditnehmers. 165 G. Wierichs / S. Smets, Gabler Kompakt-Lexikon, Stichwort: Rating, S. 221; siehe auch Anm. 167.
2. Kap.: Finanzierungsstruktur
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Standard & Poor’s, Moody’s Investor Service und Fitch Ratings. 167 Neben Unternehmen oder Kreditinstituten werden auch Ratings für Staaten und Länder erstellt. 168 Hinsichtlich der Ertragskraft gilt: Ein Wertpapier mit erstklassigem Rating bietet regelmäßig eine geringere Rendite als solche mit niedrigerem Rating, bei welchen allerdings die Wahrscheinlichkeit für einen Zahlungsausfall höher ist. 169 Die Auswahl der Eigenkapitalanlage und die Verhandlung der Konditionen mit den Banken erfolgten in Absprache mit dem U.S.-Investor und hatten auch dessen Anforderungen hinsichtlich (Nach-Steuer-) Rendite 170 und Sicherheit zu berücksichtigen. 171 Demnach sollte es sich bei der Eigenkapitaldepotbank um eine Finanzinstitution mit hervorragender Bonität und um ein Finanzinstrument
166
G. Deter, Der Verhaltenskodex für Rating-Agenturen, in: Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages (Hrsg.), Der aktuelle Begriff, Nr. 09/05 vom 17. Februar 2005, S. 1; G. Wierichs / S. Smets, Gabler Kompakt-Lexikon, Stichwort: Rating, S. 221. 167 Deutsche Bank AG, Ratings, unter: http://www.deutsche-bank.de/ir/de/content /ratings.htm (25. 09. 2005); W. Gerke / M. Bank, Finanzierung, S. 286; Gerhard Deter, Der Verhaltenskodex für Rating-Agenturen, S. 1, gibt den Marktanteil der drei Rating-Agenturen mit 95 % an. An dieser Stelle seien beispielhaft die Ratingklassifikationen und ihre inhaltliche Interpretation von Standard & Poor’s (S & P) und Moody’s Investor Service (M) für die Bewertung von langfristigen Schuldverschreibungen dargestellt (absteigend): Gruppe 1: AAA, AA+, AA, AA- (S & P) / Aaa, Aa1, Aa2, Aa3 (M) Zu dieser Gruppe zählen erstklassige Industrie-, Bank- und Staatsadressen bzw. Schuldtitel, die dem Anleger eine risikolose Anlage bieten. Gruppe 2: A+, A, A-, BBB+, BBB, BBB- (S & P) / A1, A2, A3, Baa1, Baa2, Baa3 (M) Hierunter fallen Unternehmen mit einem guten bis durchschnittlichen Marktstanding. Deren Schuldtitel sind bei stabilen wirtschaftlichen Verhältnissen in der Regel als sichere Wertpapieranlage anzusehen. Gruppe 3: BB+, BB, BB-, B+, B, B-, CCC, CC (S & P) / Ba1, Ba2, Ba3, B1, B2, B3, Caa, Ca (M) Hierbei handelt es sich um Papiere mit spekulativem Charakter. Die Emittenten befinden sich in wirtschaftlichen und finanziellen Schwierigkeiten; Zins- und Tilgungsleistungen sind nicht immer gewährleistet. Gruppe 4: C, D (S & P) / C (M) Hierunter fallen notleidende Titel; aus: J. Krumnow / L. Gramlich (Hrsg.), Gabler-Bank-Lexikon, Stichwort: Rating, S. 1075. 168 R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 27; ausführlich zum Rating: H. E. Büschgen / O. Everling (Hrsg.), Handbuch Rating, 1996. 169 R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 26. 170 Zur Rendite des Investors, siehe: 2. Teil, 2. Kap. IV. 171 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 107; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 23; R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 17, 33.
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2. Teil: Struktur einer U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion
mit entsprechender Sicherheit, d. h. höchstem Rating handeln. 172 Angesichts des von der Kommune zu tragenden Ausfallrisikos sind solche Bedingungen für diese nur vorteilhaft. Die (Nach-Steuer-) Renditeerwartungen des Investors bestimmten nicht nur die Auswahl der Geldanlage, sondern auch die Höhe des Anteils der Eigenkapitalvorauszahlung, der angelegt werden mußte, um die Mietzahlungsverpflichtungen nach dem Rückmietvertrag erfüllen zu können. Die Erwartungen des Investors und die Frage, in welcher Höhe er der Kommune ihre Teilnahme an der Transaktion vergütet, wurden insbesondere vom allgemeinen Zinsniveau in den U.S.A. als Maßstab für andere Formen der Eigenkapitalverwendung, den erzielbaren Steuervorteilen sowie dem Nachfragepotential in Bezug auf CrossBorder-Leasing-Transaktionen auf U.S.-amerikanischer und deutscher Seite beeinflußt. 173 Dabei konnte auch das Verhältnis von Eigen- zu Fremdmitteln der Mietvorauszahlung je nach Präferenz des Investors im Verlauf der Transaktionsvorbereitung (bis zum endgültigen Abschluß der Verträge) variieren. 174 e) Die mit der Transaktion einhergehenden Kosten schmälerten den Nettobarwertvorteil. Kosten verursachte vor allem die Tätigkeit der mit der Transaktionsanbahnung und Vorbereitung der Verträge beauftragten Parteien, wozu deutschund U.S.-rechtliche Anwälte, Banken, (Steuer-) Berater, Technik-, Wert- und Umweltgutachter sowie die Arrangeure gehörten. 175 Letztere verlangten für ihre Leistung in der Regel ein Honorar, das sich nach dem Transaktionsvolumen bestimmte. 176 Darüber hinaus korrelierten die Konditionen des Arrangeursvertrages mit den vom Arrangeur übernommenen Risiken, d. h. die Prämie des Arrangeurs stieg mit der Anzahl der übernommenen Risikopositionen. 177 Daneben konnten auch einzelne Vergütungselemente an das Eintreten eines be172 Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 20; R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 25; in der Transaktionsbeschreibung Frankfurt (S. 14) wird eine Mindestbonität der Eigenkapitalerfüllungsübernahmepartei von z. B. AA- / Aa3 verlangt. 173 R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 33; V. Korthäuer / M. Tritsch, US-Cross-Border-Lease. Betriebswirtschaftliche Handlungshilfen. edition der Hans-Böckler-Stiftung, Nr. 77, 2002, S. 13; Stadt Mannheim, Beschlußvorlage Nr. 320/2001 vom 25. 05. 2001, S. 12. 174 Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 23. 175 R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 17 ff.; Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband, Cross-Border-Leasing, S. 7; Stadt Mannheim, Beschlußvorlage Nr. 320/2001 vom 25. 05. 2001, S. 12; M. Stahl, US Cross Border Lease-Transaktion für Kanalnetz und Klärwerk der Stadtentwässerung Mannheim, S. 6, mit Benennung der tätig gewordenen Unternehmen; dazu sowie zu den Aufgaben der einzelnen Parteien, siehe: 2. Teil, 1. Kap. II. 176 R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 19; die Bezahlung des Arrangeurs erfolgte in der Regel erst beim erfolgreichen Abschluß der Transaktion; kam der Vertrag nicht zustande, erhielt der Arrangeur keine Vergütung, T. Pschera / B. Enderle, US-LeasingTransaktionen und Vergaberecht, S. 2364 f. 177 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1063; so war beispielsweise die Frage zu klären, bis zu welcher
2. Kap.: Finanzierungsstruktur
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stimmten wirtschaftlichen Erfolges geknüpft sein. 178 In der Regel fielen für die Tätigkeit des Arrangeurs Beträge zwischen 0,5% und 1 % des Transaktionsvolumens an. Insgesamt rechnete Rolf Brune bei einer Transaktionsgröße von 250 Mio. Euro mit durchschnittlichen Kosten von 7,5 Mio. Euro, entsprechend 3 %. 179 Diesen stand ein Nettobarwertvorteil von etwa 4 – 5 % des Transaktionsvolumens 180 gegenüber, was das Gewicht des Kostenfaktors deutlich macht. In dem Kostenblock enthalten war die Vergütung für die Anwälte der U.S.-Investoren. Gleichzeitig wiesen auch die Anwälte der an der Transaktion beteiligten Banken ihre Kosten als Transaktionskosten aus. 181 Auf der Bankenseite fielen neben der Vergütung der Fremdkapital-defeasance gegebenenfalls noch weitere Kosten an, z. B. für die Absicherung des Nettobarwertvorteils gegen die bis zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehenden Zinsänderungs- und Währungsrisiken: In der Anbahnungs- und Verhandlungsphase, die im allgemeinen zwischen drei und zehn Monaten dauerte, mußten häufig die anfänglich ausgehandelten Zahlungsverpflichtungen und damit letztendlich auch der Nettobarwertvorteil an sich ändernde Marktverhältnisse wie die Änderung der anwendbaren Zinssätze angepaßt werden. Ein Währungsrisiko bestand am Tag der Vertragsunterzeichnung insofern, als der Nettobarwert in U.S.-Dollar ausgezahlt wurde und in heimische Währung getauscht werden mußte. 182 Als Absicherungsinstrumente gegen diese Risiken standen derivative Finanzinstrumente zur Verfügung, deren Inanspruchnahme zusätzliche Kosten verursachte. 183 Nachdem ein nicht unerheblicher Teil dieser Kosten als Fixkosten anfiel, verursachten größere Transaktionsvolumina prozentual niedrigere Kosten. Insofern spielte auch in Bezug auf den Kostenfaktor die Größenordnung der Transaktion und damit der Wert des Transaktionsgegenstandes eine Rolle. 184 Im übrigen wurden die Transaktionskosten nicht direkt von der Kommune bei den Gläubigern
Höhe (mit oder ohne Selbstbeteiligung) und bis zu welchem Zeitpunkt der Vorbereitungsphase der Arrangeur das Transaktionskostenrisiko übernehmen sollte; siehe dazu: 3. Teil, 2. Kap. 178 Z. B. Höhe des letztendlich erzielten Nettobarwertvorteils; A. Bühner, US-LeasingTransaktionen und Vergaberecht. Replik, in: DB 45/2002, S. 2365 –2367, 2365. 179 R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 19 ff., schlüsselt diese Kostenposition entsprechend dem Anteil der einzelnen Parteien auf; siehe auch: Stadt Mannheim, Beschlußvorlage Nr. 320/2001 vom 25. 05. 2001, S. 22. 180 R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 33; K. Schubert, Cross-Border-Leasing, S. 1. 181 R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 20. 182 Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 8 f.; Stadt Mannheim, Beschlußvorlage Nr. 320/2001 vom 25. 05. 2001, S. 16; Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband, CrossBorder-Leasing, S. 7; M. Müller, Transatlantische Deals mit Risiken, S. 64. 183 T. Günther / M. Niepel, Aufbau und Risiken des kommunalen US-Lease-in / Leaseout, S. 606; M. Gindra, Cross-Border-Leasing USA, S. 89 f. 184 R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 33.
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2. Teil: Struktur einer U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion
beglichen. Die Abrechnung der Kosten erfolgte über den U.S.-Investor, der den Aufwand steuermindernd nutzen konnte. 185 In der Literatur wird ferner die Ansicht vertreten, die Höhe des finanziellen Vorteils hänge vom Tag des Vertragsschlusses ab. Demzufolge brachten insbesondere Abschlüsse im vierten Quartal hohe Nettobarwertvorteile. 186
II. Bei Beendigung der Transaktion durch Ausübung der Kaufoption a) Am Ende der Laufzeit des Rückmietvertrages hat die Kommune das Recht, die Nutzungsrechte des Trusts aus dem Hauptmietvertrag durch Ausübung der Kaufoption zu erwerben und dadurch die Transaktion vollständig zu beenden. 187 Die Höhe des zu zahlenden Optionspreises 188 wurde ebenso wie die Bedingungen für die Inanspruchnahme der Option und die Art und Weise der Vertragsabwicklung bereits bei Abschluß der Transaktionsverträge vereinbart. 189 Nachdem der Barwert des Kaufoptionspreises im Rahmen der Hauptmietzahlung des U.S.Trusts vollständig vorausbezahlt und im Zuge der Zahlungsübernahmevereinbarungen gemäß der Finanzierungsstruktur des Trusts getrennt nach Eigen- und Fremdkapitalanteil bei den verschiedenen Finanzinstituten hinterlegt wurde, ist dessen Bezahlung – zumindest aus der Perspektive der Kommune und bei einer rein wirtschaftlichfinanziellen Betrachtungsweise 190 – gleichermaßen vorweggenommen. 191 b) Bei Ausübung der Beendigungsoption überweisen die beteiligten Zahlungsübernahmebanken den fälligen Kaufoptionspreis. 192 Entsprechend der Zahlung 185
R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 23; siehe dazu: 2. Teil, 2. Kap. IV.1. F. Wanzenböck, U.S. Cross-Border Leases as a Tool for Corporate Finance, Master Thesis, 2001, S. 48; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 16. 187 Siehe dazu: 2. Teil, 1. Kap. I. 188 Wenngleich sich die Kaufoption nicht auf den Rückkauf der Anlage, sondern auf den Erwerb der Rechte des Mieters aus dem Hauptmietvertrag bezieht, sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß der zu zahlende Optionspreis unabhängig vom tatsächlichen künftigen Wert des Objekts, allein aufgrund eines Wertgutachtens festgelegt wird; P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 99 f. 189 P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 99; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 6. 190 Zu den rechtlichen Hintergründen der Zahlungsübernahme, siehe: 2. Teil, 3. Kap. V. 191 Bei Vertragsabschluß beinhaltet die Gesamtverbindlichkeit der Kommune gegenüber den Zahlungsübernahmebanken den Barwert der laufenden Mietraten und des Kaufoptionspreises; T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 8; LT-Drs. Baden-Württemberg 13/1885, S. 7; P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-BorderLeasings, S. 99; F. P. Thomas / J. Wanner, Steuer-, aufsichts- und gebührenrechtliche Behandlung von US-Cross-Border Leasingfinanzierungen, S. 64. 186
2. Kap.: Finanzierungsstruktur
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der Mietraten erbringen die Zahlungsübernahmebanken C und D den Fremdkapitalanteil am Optionspreis, Finanzinstitution E erbringt den auf das Eigenkapital entfallenden Anteil. 193 Letzterer wird an den U.S.-Investor entrichtet, der Fremdkapitalanteil geht den Kreditgebern des Trusts zu, um eine Restschuld der Darlehen zu tilgen. 194 Damit ist die Transaktion beendet. 195
III. Bei vorzeitiger Beendigung der Transaktion a) Wenn die Transaktion nicht bis zum Ende der Laufzeit des Rückmietvertrages besteht, verliert der U.S.-Investor einen Teil seines Steuervorteils. 196 Ist die vorzeitige Vertragsbeendigung der Kommune zuzurechnen, kann der Trust sie verpflichten, ihm seine Rechte aus dem Hauptmietvertrag gegen Zahlung des Kündigungswertes (termination value) abzukaufen. Umstände, die ein Kündigungsrecht und damit eine vorzeitige Beendigung der Transaktion auslösen können, sind beispielsweise der Verlust oder wirtschaftliche Totalschaden der Transaktionsgegenstände und Vertragsverletzungen wie Zahlungsverzug oder die Nichtaufrechterhaltung vereinbarter Sicherheiten und Bürgschaften. 197 Der Kündigungswert soll als pauschalisierter Schadensersatz den Steuernachteil des Investors ausgleichen und ihm einen bestimmten Mindestertrag aus der Transaktion sichern; der Investor erhält also den Vorteil, den er ansonsten aufgrund der U.S.Steuereffekte mittelbar von der U.S.-Finanzverwaltung erhalten hätte, unmittelbar von der deutschen Vertragspartei. 198 Neben der auszugleichenden Nachsteu192 LT-Drs. Baden-Württemberg 13/1885, S. 7; A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 317; P. Biagosch / F. Kuchler, Nochmals: Probleme und Risiken der „Cross-Border-Leasinggeschäfte“. Eine Stellungnahme zu Schacht, KStZ 2001, S. 229 ff., in: KStZ 5/2002, S. 85 – 91, 85. 193 T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 9 f.; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 10. 194 E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 30; P. Biagosch / K. Weinand-Härer, USCross Border Lease-Transaktionen, S. 109; T. Günther / M. Niepel, Aufbau und Risiken des kommunalen US-Lease-in / Lease-out, S. 603. 195 P. Biagosch / F. Kuchler, Nochmals: Probleme und Risiken der „Cross-Border-Leasinggeschäfte“, S. 85; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 6. 196 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1066. 197 P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 98; H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 7; F. P. Thomas / J. Wanner, Steuer-, aufsichts- und gebührenrechtliche Behandlung von US-Cross-Border Leasingfinanzierungen, S. 68; E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 78; M. Gindra, Cross-Border-Leasing USA, S. 98; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 12 f.; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 17; siehe dazu auch: 2. Teil, 3. Kap. III. sowie 3. Teil, 4. Kap. In der Literatur werden für den Begriff termination value auch die deutschen Entsprechungen Beendigungswert und Abfindungswert verwendet, z. B. P. Biagosch / K. Weinand-Härer, USCross Border Lease-Transaktionen, S. 114.
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2. Teil: Struktur einer U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion
errendite sind in den Kündigungswert noch weitere Kapitalbeträge einkalkuliert, die eine Rückführung der Darlehen des Trusts und der Eigenmittel des Investors erlauben. 199 Über den Kündigungswert hinaus können je nach Vertragsgestaltung noch weitere Zahlungen durch die Kommune zu erbringen sein, beispielsweise um zusätzliche Kosten, die infolge der vorzeitigen Beendigung entstanden sind, zu ersetzen oder für vom Investor beanspruchte Risikozuschläge. 200 Gegebenenfalls sind auch andere Vertragsparteien berechtigt, Entschädigungsleistungen zu fordern. 201 b) Der termination value wird für jeden Monat der Laufzeit bereits vor Abschluß der Transaktion berechnet und zeitlich gestaffelt in den Verträgen vereinbart, so daß die Renditeerwartungen des Eigenkapitalinvestors in jedem Abbruchzeitpunkt gedeckt sind. 202 Bedingt durch die ungleichmäßige Verteilung der Steuereffekte entwickelt sich die Höhe des termination value nicht linear, sondern steigt zunächst steiler an, flacht dann ab und sinkt nach etwa der Hälfte der Laufzeit des Rückmietvertrages in gleicher Weise wieder ab. Im Zenit dieser gedachten Kurve beträgt der Kündigungswert zwischen 20 % und 25 % des Transaktionsvolumens und übersteigt den erzielten Nettobarwertvorteil damit erheblich. 203 c) Zur Begleichung des vertraglich vereinbarten termination value werden zunächst die in den Depots der zahlungsübernehmenden Banken hinterlegten Beträge eingesetzt. 204 Nachdem die Fremdkapitalseite in zwei in sich geschlossenen Finanzierungskreisläufen besteht, 205 wird es von dorther nicht zu einem 198 R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 41; F. P. Thomas / J. Wanner, Steuer-, aufsichts- und gebührenrechtliche Behandlung von US-Cross-Border Leasingfinanzierungen, S. 68; F. Kuchler, Haushaltskonsolidierung durch US Lease Transaktionen, S. 62; U. Eder, Vertragsbruchrisiken, unter: http://www.uslease.de/cblvertragsbruch.htm (07. 06. 2005). 199 Internal Revenue Service, Coordinated Issue: Losses Claimed and Income to be Reported from Sale In / Lease Out (SILO), UIL 9300.38 – 00 vom 29. 06. 2005, unter: http://www.irs.gov; H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 8. 200 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 114; E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 78. 201 Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 19. 202 P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1837; ders., Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 98; P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 114. 203 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1066; R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 41; F. Kuchler, Haushaltskonsolidierung durch US Lease Transaktionen, S. 62; T. Pschera / M. Hödl-Adick, Netto-Barwertvorteil und Gebühren, S. 51. 204 Internal Revenue Service, Coordinated Issue: Losses Claimed and Income to be Reported from Sale In / Lease Out (SILO), UIL 9300.38 – 00; E. Roser, US-Cross-BorderLeasing, S. 78; T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 19 f. 205 R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 24.
2. Kap.: Finanzierungsstruktur
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Erfüllungsschaden kommen. 206 Das wirtschaftliche Risiko der Gemeinde besteht vielmehr darin, daß ihr Guthaben bei der Bank E (Zahlungsübernahme des Eigenkapitalanteils) im relevanten Zeitpunkt geringer ist, als der Teil des termination value, der für den Eigenkapitalanteil anfällt. 207 Die zum jeweiligen Zeitpunkt der vorzeitigen Vertragsbeendigung verbleibende Differenz zwischen dem Kündigungswert und der verfügbaren Liquidität von der EigenkapitaldepotBank ergibt das strip-Risiko (auch equity strip genannt). 208 Diese Deckungslücke nimmt einen mit der Entwicklung des termination value vergleichbaren kurvenförmigen Verlauf (siehe Abbildung 2). 209 Der Differenz in Höhe des equity strip steht der bei Vertragsabschluß ausgekehrte Nettobarwertvorteil gegenüber. Wird der Barwertvorteil ab Zufluß über die gesamte Laufzeit angelegt, kann er mit seinem jeweiligen Zeitwert zur Abdeckung des strip-Risikos herangezogen werden. 210 Zu verschiedenen Zeitpunkten während der Laufzeit des Rückmietvertrages ist die Deckungslücke allerdings größer als der aufgezinste Nettobarwert. Den darüber hinausgehenden Betrag muß die Kommune aus eigenen Quellen bedienen, so daß es zu einer zusätzlichen Liquiditätsbelastung kommen kann. 211 Insofern liegt in der Pflicht zur Zahlung des Kündigungswertes ein gewisses Risiko. 212 Nachdem die Gelder bei der Eigenkapital-defeasance-Bank Zinsen und Zinseszins erwirtschaften, ist davon auszugehen, daß die Deckungslücke nach etwa zwei Dritteln der Laufzeit des Untermietvertrages gleich dem aufgezinsten Nettobarwertvorteil ist. 213 Dieser Zeitpunkt wird in der Literatur als Gewinnschwel206 Der mit Fremdmitteln finanzierte Teil der Hauptmietzahlung wurde vollständig in die Zahlungsübernahmeverträge mit den Banken C und D eingebracht und die daraus resultierenden Zinsen sowie die Zinsen für die Darlehen des Trusts an Bank A und B sind der Höhe und zeitlichen Struktur nach gleichgestellt, P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 98; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 24. 207 P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 98. 208 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1066; P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 98; E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 78; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 24; Stadt Mannheim, Beschlußvorlage 320/2001 vom 25. 05. 2001, S. 3. 209 Im Anschluß an Abschnitt d); siehe auch: Stadt Mannheim, Beschlußvorlage 320/ 2001 vom 25. 05. 2001, S. 3: Der „Strip-Betrag kann in der Anfangsphase bis zu 18% des Transaktionsvolumens betragen und baut sich gegen Ende der Rücklease-Dauer (ca. 23 Jahre) auf Null ab“. 210 Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 24; T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 20; E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 78. 211 Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 9; E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 78. 212 Siehe dazu: 3. Teil, 4. Kap. 213 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1066.
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2. Teil: Struktur einer U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion
le oder break-even-Punkt 214 der Transaktion bezeichnet. 215 Erst gegen Ende des Rückmietvertrages bleibt der gesamte Nettobarwertvorteil erhalten. 216 Die schrittweise Reduzierung der Deckungslücke ist nicht zuletzt dadurch bedingt, daß der Vorfälligkeitsschaden der Zahlungsübernahmebank E, der den Verzinseffekt mindert, im Verlauf der Transaktion immer geringer wird. 217 d) Die Höhe des gegebenenfalls zu zahlenden equity strip wird unter anderem von der Entwicklung des Zins- und Währungsniveaus an den Geld- und Devisenmärkten beeinflußt. 218 Insofern ist dessen konkrete Quantifizierung erst zum Zeitpunkt der vorzeitigen Beendigung möglich und die im Vorfeld in den Transaktions- und Vertragsunterlagen angestellten Berechnungen können nur einen ungefähren Anhaltspunkt bieten. 219 Die Bedeutung der Währungsentwicklung resultiert daraus, daß sich die Kommune im Euro-Raum finanziert, der Kündigungswert jedoch in U.S.-Dollar zu zahlen ist. 220 214 Die sogenannte break-even-Analyse ist eine Entscheidungshilfe der Erfolgs- und Gewinnplanung, die die mit bestimmten Maßnahmen verbundenen Kosten und Erlöse einer Bezugsgröße, z. B. der Ausbringungsmenge, gegenüberstellt. Der Schnittpunkt von Kosten- und Erlöskurve bestimmt jene Referenzgröße, die erreicht werden muß, um in die Gewinnzone zu gelangen und wird als break-even-point, Nutzen-, Gewinnschwelle oder Kostendeckungspunkt bezeichnet; R. Nieschlag / E. Dichtl / H. Hörschgen, Marketing, 18. Aufl. 1997, S. 923 f., 1037; siehe auch: H. Diller, Risiko- und Break-Even-Analyse, in: ders. (Hrsg.), Marketingplanung, 2. Aufl. 1998, S. 267 ff.; M. Schweitzer / E. Troßmann, Break-even-Analysen. Grundmodell, Varianten, Erweiterungen, 1986. 215 Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 9; E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 78; T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 20. 216 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 114; P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1066, stellen in diesem Zusammenhang fest, daß der gesamte Nettobarwertvorteil erst nach Ablauf des Rückmietvertrages wirklich verdient sei und bei einer vorzeitigen Beendigung der Transaktion infolge vertragswidrigen Verhaltens der Kommune der teilweise oder komplette Verlust des Nettobarwertvorteils angemessen erscheine. 217 P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 98; das Vorfälligkeitsentgelt oder die Vorfälligkeitsentschädigung beschreibt das Entgelt, das von Kreditinstituten bei vorzeitiger Verfügung über Spareinlagen in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes vom Abhebungsbetrag oder als Festbetrag erhoben wird (G. Wierichs / S. Smets, Gabler Kompakt-Lexikon, Stichwort: Vorfälligkeitsentgelt). 218 Siehe dazu: Stadt Siegen, Verwaltungsvorlage 2721/2003 vom 13. 06. 2003, S. 18: „Der Break-even-Point der Verträge (= Kostenneutralität der Stadt bei einer möglichen vorzeitigen Vertragsauflösung) verschiebt sich permanent nach hinten. Lag er etwa noch vor einem Jahr bei ca. 12 bis 15 Jahren, so dürfte er heute aufgrund der US-amerikanischen / internationalen Zinsentwicklung zwischen 21 und 25 Jahren angesiedelt sein. Damit ist eine Risikoausweitung für die Kommunen erfolgt“. 219 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1066 f.; E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 79, 83; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 18. 220 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1067.
2. Kap.: Finanzierungsstruktur
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Alle Angaben in Prozent des Transaktionsvolumens
Quelle: Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 24. Wirtschaftliche Rahmendaten der Transaktion: 221 Transaktionsvolumen: 2,4 Mrd. U.S.-Dollar Nettobarwertvorteil: 4 – 5 % des Transaktionsvolumens Eigenmittelanteil des Investors: 14 % Fremdmittelanteil: 86 % Laufzeit des Rückmietvertrages: 32 Jahre Laufzeit des Hauptmietvertrages: 99 oder 100 Jahre Abbildung 2: Beispielhafter Verlauf der Deckungslücke
IV. Hintergründe der Leasingfinanzierungen aus U.S.-amerikanischer Sicht Nachdem Ablauf und Finanzierungsstruktur der Transaktionen dargestellt wurden, sollen im folgenden die Motive und Überlegungen der Investoren näher beleuchtet werden. Wie bereits erwähnt, hatte sie die Aussicht auf steuerliche Vorteile zum Abschluß dieser Geschäfte veranlaßt. 222 Daran anknüpfend ist im
221
Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 8, 22 f. Unterrichtung durch den Landesrechnungshof. Jahresbericht 2004 über die Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung und der Haushaltsrechnung 2002 sowie der 222
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2. Teil: Struktur einer U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion
weiteren von der Verschärfung der leasingrelevanten Steuervorschriften durch den U.S.-Gesetzgeber im Oktober 2004 zu berichten. 1. Vorteile der U.S.-amerikanischen Eigenkapitalinvestoren a) Durch die Übertragung eines langfristigen Nutzungsrechts über mehr als 130 % der Restnutzungsdauer einer Anlage (Hauptmietvertrag), erlangte der Trust nach den Maßstäben des U.S.-Steuerrechts das wirtschaftliche Eigentum am Transaktionsgegenstand und damit eine Rechtsposition, die ihn berechtigte, hohe Abschreibungen vorzunehmen, soweit dieses Nutzungsrecht an einen in den U.S.A. nicht steuerpflichtigen Vertragspartner (tax-exempt entity) vermietet wurde; 223 d. h., der langfristige Hauptmietvertrag einer Cross-Border-LeasingTransaktion wurde in den U.S.A. steuerrechtlich als Übertragung (conveyance) an den Trust 224 und der kurzfristige Untermietvertrag mit der Kommune als true lease qualifiziert. 225 Vermögensübersicht 2002 des Landes Mecklenburg-Vorpommern, LT-Drs. MecklenburgVorpommern 4/1068, S. 83; P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 94 f.; T. Flatten / W. Melzer, US-Cross-Border-Leasing, S. 29. 223 A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 315; E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 19, 55; T. Pschera / B. Enderle, Ausschreibungspflichten bei US-LeasingTransaktionen, in: RIW 6/2002, S. 463 – 469, 463; R. Güpner, US-Cross-Border-Leasing. Struktur und Risiken eines modernen Finanzierungsmodells, in: Der Gemeindehaushalt 12/2003, S. 277 ff., 278 („hohe Abschreibungen zur Förderung dieser ‚Auslandsinvestition‘“), und S. Ginsbach, Cross-Border-Leasing als Instrument der Kommunalfinanzierung, S. 47, sprechen von 125 % der Restnutzungsdauer, P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 112, von 125 % der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer; C. Kröger / R. Prager, Mögliche inländische Steuerrisiken auf Grund von Abzugssteuern bei US-Cross-Border-Leasing-Modellen mit der öffentlichen Hand, in: KStZ 10/2005, S. 186 – 190, 187, die sich auf die bei Bühner / Sheldon angegebenen 130% beziehen, erklären dazu: Kennzeichen für das Innehaben des wirtschaftlichen Eigentums sei, daß der Substanzverzehr am Gegenstand bis zu seinem vollständigen wirtschaftlichen Verschleiß getragen werde. Der Zuschlag von 30 %-Punkten sei eine Art Sicherheitszuschlag, um im Fall einer gegenüber dem Durchschnitt tatsächlich längeren Nutzungsdauer entsprechend abgesichert zu sein; siehe auch: T. Lenk / H. Köpping, Cross-Border-Leasing, S. 3; P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1834; T. Lingemann, U.S. Lease als Mittel der Finanzierungsoptimierung, S. 87; C. Pegatzky, Cross-Border-Leasing-Transaktionen und staatliche Zuwendungen, S. 325. 224 T. Wagner / C. Pegatzky, Regulatorische Aspekte beim US-Cross-Border-Leasing, S. 1: „Zur Darstellung des Erwerbs des wirtschaftlichen Eigentums für US-Zwecke zahlt der Hauptmieter die Mietraten für den Hauptmietvertrag bei Abschluss der Transaktion im Voraus an den deutschen Hauptvermieter“; R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 22. Der Trust ist steuerrechtlich transparent und wird dem Investor zugerechnet, P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1062; R. Güpner, US-Cross-Border-Leasing, S. 278. 225 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1062; die U.S.-amerikanische Bundessteuerbehörde (Internal Re-
2. Kap.: Finanzierungsstruktur
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Neben der Möglichkeit, Abschreibungen geltend zu machen, waren für den U.S.-Trust die Mietzahlung aus dem Hauptmietvertrag, alle anfallenden Transaktionskosten sowie die Fremdkapitalzinsen abzugsfähiger Aufwand. 226 Diesem Aufwand standen die Einnahmen aus dem Untermietvertrag gegenüber. Nachdem diese anfangs geringer ausfielen, konnten Verlustzuweisungen und somit Steuerstundungseffekte realisiert werden. 227 Der primäre Vorteil des Investors bestand also in einer Verlagerung von steuerpflichtigen Einkünften in spätere Veranlagungszeiträume. 228 Hieraus ergab sich insofern ein finanzieller Vorteil als das U.S.-Unternehmen bis zum Zeitpunkt der (späteren) Steuerzahlung mit dem Kapital noch anderweitig wirtschaften konnte, so daß sich durch die Steuerstundung seine Liquiditätslage und damit seine Fähigkeit, neue Investitionen zu tätigen, insgesamt verbesserten. 229 Die Strukturierung als leverage lease 230 ermöglichte dem Investor zudem, bei einer vergleichsweise geringen Eigenmittelzuführung, die in der Regel zwischen 10% und 20 % des Gesamtfinanzierungsbetrages ausmachte, 231 den gesamten Abschreibungsaufwand und – wie bereits angesprochen – den auf den Fremdmittelanteil der Finanzierung entfallenden Zinsaufwand steuerlich geltend zu machen. 232 venue Service) hatte in ihren Verwaltungsanweisungen (Revenue Procedure 2001 –28, in: Internal Revenue Bulletin 2001 – 19 (07. 05. 2001), S. 1156 ff.; Revenue Procedure 2001 – 29, in: Internal Revenue Bulletin 2001 – 19 (07. 05. 2001), S. 1160 ff.) die Voraussetzungen spezifiziert, nach denen ein Anlagegut für U.S.-Steuerzwecke wirtschaftlich dem Leasinggeber (dem Trust) zuzurechnen und damit von diesem in der Steuerbilanz zu aktivieren ist („the Service will consider the lessor in a leveraged lease transaction to be the owner of the property and the transaction a valid lease if all the guidelines described below are met“, Rev. Proc. 2001 – 28, S. 1157). 226 T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 9, 10; T. Lingemann, U.S. Lease als Mittel der Finanzierungsoptimierung, S. 87; Unterrichtung durch den Landesrechnungshof, LT-Drs. Mecklenburg-Vorpommern 4/1068, S. 83; S. Ginsbach, Cross-BorderLeasing als Instrument der Kommunalfinanzierung, S. 86 f. 227 T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 10; R. Güpner, US-Cross-BorderLeasing, S. 278. 228 Ausführlich: P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1062; Stadt Siegen, Verwaltungsvorlage Nr. 2721/2003 vom 13. 06. 2003, S. 3. 229 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei USLeasingfinanzierungen, S. 1063; Stadt Siegen, Verwaltungsvorlage Nr. 2721/2003 vom 13. 06. 2003, S. 3. 230 Der sogenannte leverage-Effekt beschreibt die Möglichkeit einer Erhöhung der Eigenkapitalrentabilität durch den Einsatz von Fremdkapital. Dabei erhöht sich die Eigenkapitalrentabilität solange die Gesamtkapitalrentabilität den Zinssatz des Fremdkapitals übersteigt. Unter dem Rentabilitätsaspekt ist eine Kreditaufnahme in diesem Fall insofern lohnend. Man spricht deshalb auch von der Hebelwirkung des Fremdkapitals; G. Wierichs / S. Smets, Gabler Kompakt-Lexikon, Stichwort: Hebelwirkung des Fremdkapitals, S. 138 f. 231 Dazu: 2. Teil, 2. Kap. I.1.
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2. Teil: Struktur einer U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion
b) Die deutschen Kommunen partizipierten an diesen Effekten durch die Zahlung des Nettobarwertvorteils, 233 der bei Vertragsschluß fällig wurde. 234 In Zeiten knapper öffentlicher Kassen waren sie daher gerne bereit, sich an diesen Transaktionen zu beteiligen, um zusätzliche Einnahmen (zur Sanierung der Haushalte, der Finanzierung konkreter Projekte oder Konstanthaltung von Gebühren) 235 zu erzielen. Aus diesen Gründen wurden zwischen 1999 und 2003 mehr als 150 solcher Transaktionen abgeschlossen. 236 Ab Dezember 2003 wurde jedoch über ernstzunehmende Bestrebungen im U.S.-Kongreß berichtet, das Steuerrecht zu ändern und derartige Steuervermeidungsmöglichkeiten zu beschränken. 237 Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung wurden 2004 kaum noch neue Transaktionen auf den Weg gebracht. 238 2. Gesetzesänderung a) Am 22. Oktober 2004 wurde der „American Jobs Creation Act of 2004“ 239 in Kraft gesetzt. Dieses Gesetz hat die Förderung von Investitionen und Wachstum in den U.S.A. zum Ziel und beinhaltet deshalb weitreichende Steuererleichterungen für U.S.-amerikanische Unternehmen, vor allem im Hinblick auf die Schaffung von Arbeitsplätzen. Zur Gegenfinanzierung wurden bestehende Steu232
P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1063; P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 97. 233 Dazu: 2. Teil, 2. Kap. I.4. 234 A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 315 f.; P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 94 f.; P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 107. 235 Siehe dazu: 4. Teil, 2. Kap. 236 A. Bühner / M. Oberndörfer, Risikomanagement am Beispiel von US-Cross-BorderLeasing-Transaktionen, in: DB 18/2004, S. 941 – 945, 941. 237 Unterrichtung durch den Landesrechnungshof, LT-Drs. Mecklenburg-Vorpommern 4/1068, S. 86 f.; T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 17; StGB NRW-Mitteilung 156/2004 v. 06. 02. 2004; StGB NRW-Mitteilung 534/2004 v. 06. 07. 2004. Die bei U.S.-Leasingtransaktionen zuletzt praktizierte und dieser Arbeit zugrunde gelegte lease-to-service-contract-Struktur stellt eine Fortentwicklung der bis Anfang 1999 üblichen lease-in / lease-out-Struktur (Lilo) dar. Dieser hatten die U.S.-Bundessteuerbehörden im März 1999 mangels wirtschaftlicher Substanz die steuerliche Anerkennung entzogen. Bereits wenige Monate später wurden jedoch erneut U.S.-Leasingtransaktionen abgeschlossen – in Form der service-contract-Struktur. Sie ist allerdings weniger ertragreich und unterscheidet sich insbesondere durch längere Vertragslaufzeiten von der LiloStruktur; dazu: M. Thormann, Zur aktuellen Diskussion um das US-Cross-Border-Lease, S. 425 f.; A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 315; W. Melzer, Rechtliche Fragen der Vertragsgestaltung von US-Cross-Border-Leasinggeschäften, S. 1 f. 238 M. Thormann, Zur aktuellen Diskussion um das US-Cross-Border-Lease, S. 425. 239 Public Law 108 – 357, Oct. 22, 2004.
2. Kap.: Finanzierungsstruktur
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erbegünstigungen gestrichen. 240 Das betraf auch Cross-Border-Leasing-Transaktionen: Mit diesem Gesetz wurde die steuerliche Begünstigung von Transaktionen, die nach dem 12. März 2004 abgeschlossen wurden, abgeschafft. Damit wurde dem Steuersparmodell die Grundlage entzogen. 241 b) Im Anschluß an eine im Februar 2005 bekannt gemachte „Notice“ 242 nahm der Internal Revenue Service (IRS) 243 im Juni 2005 unter der Überschrift „Coordinated Issue – Losses Claimed and Income to be Reported from Sale In / Lease Out (SILO)“ 244 erneut ausführlich zum Thema „Cross-Border-Leasing“ Stellung. In diesem Dokument stellte die U.S.-Steuerbehörde heraus, daß mit dem vorangegangenen Gesetzgebungsverfahren keine Legitimierung von Transaktionen verbunden sei, die vor dem Stichtag abgeschlossen worden seien. Derartige Alttransaktionen seien nach allgemeinen steuerrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen. Auf der Grundlage einer Darstellung der SILO-Leasingstruktur – wesentliche Abweichungen zu den Strukturen, die deutsche Kommunen zwischen 1999 und 2003 abgeschlossen haben, sind dabei nicht ersichtlich – und einer ausführlichen Analyse der steuerrechtlichen Einordnung der Transaktion, kommt der IRS u. a. zu folgendem Ergebnis: 245 1) Ein Steuerpflichtiger, der eine SILO-Transaktion abgeschlossen hat, ist nicht berechtigt, laufende Abschreibungen nach § 168 (Internal Revenue Code / Einkommensteuergesetz) 246 vorzunehmen und Transaktionskosten aus der Beteiligung an der Transaktion nach § 162 247 abzuschreiben, weil dieser Steuerpflichtige nach U.S.-einkommensteuerlichen Gesichtspunkten die wesentlichen und wahren Merkmale eines herkömmlichen Eigentümers, einschließlich Nutzen und Lasten des Eigentums an den Gegenständen nicht erworben und erhalten hat. 2) Ein Steuerpflichtiger, der eine SILO-Transaktion abgeschlossen hat, ist nicht zur Abschreibung seiner gesamten oder teilweisen Eigenkapitalinvestition berechtigt, nach240 Siehe dazu: T. Swoboda / H. Shlinger, USA: Abschaffung der WTO-widrigen ETIRegelungen durch den American Jobs Creation Act of 2004 (H.R. 4520) und weitreichende Reform des US-Unternehmenssteuerrechts, in: IStR 23/2004, S. 7*f.; EastMerchant GmbH, US Leases, unter: http://www.eastmerchant.de/artikel/?rubrik=76fceb4c9560-4ecc-8a26-863f26b30b2b (21. 01. 2008). 241 StGB NRW-Mitteilung 80/2005 v. 03. 01. 2005. 242 Notice 2005 – 13: Tax-Exempt Leasing Involving Defeasance, in: Internal Revenue Bulletin 2005-9 (28. 02. 2005), S. 630 ff., 630: „This notice alerts taxpayers and their representatives that these transactions are tax avoidance transactions“. 243 U.S.-Bundessteuerbehörde. 244 UIL 9300.38 – 00 vom 29. 06. 2005, unter: http://www.irs.gov. 245 Die nachfolgenden Ergebnisse wurden vom Verf. übersetzt; nachdem die Erörterung des IRS die Hintergründe der Transaktionen sehr gut widerspiegelt, wird sie ausführlicher dargestellt. 246 Sec. 168: Accelerated cost recovery system. 247 Sec. 162: Trade or business expenses.
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2. Teil: Struktur einer U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion dem die SILO-Transaktion eine Finanztransaktion und kein echtes sale-and-lease-backGeschäft darstellt. 3) Ein Steuerpflichtiger, der eine SILO-Transaktion abgeschlossen hat, ist nicht zum Abzug von Zinsaufwand aus seiner Beteiligung an der Transaktion gemäß § 163 248 berechtigt, da kein Betrag für die Verwendung und Stundung von Geld gezahlt wird. 249 An den Beginn seiner Analyse stellt der IRS den Grundsatz, daß die Substanz einer Transaktion und nicht ihre Form für die steuerliche Behandlung maßgeblich sei. Im weiteren arbeitet er heraus, daß der Steuerpflichtige nicht Nutzen und Lasten des Eigentums erwerbe und infolgedessen nicht Steuervorteile als Eigentümer der Gegenstände beanspruchen könne. Das wird vor allem damit begründet, daß 250 1) der Leasingnehmer 251 den Verkaufserlös, d. h. die Zahlung, die er zu Beginn der Transaktion erhalten hat, im Rahmen der defeasance-Struktur fast vollständig zur Seite legt, um seinen Mietzahlungsverpflichtungen nachkommen und den Kaufpreis bezahlen zu können. Bei ihm verbleibt lediglich der Barwertvorteil als Gegenleistung für die Beteiligung an der Transaktion. 2) der Steuerpflichtige aufgrund der wirtschaftlichen Vorauszahlung (defeasance-Struktur) kein echtes Zahlungsausfallrisiko hat. 3) der Steuerpflichtige nicht das Risiko eines Wertverlustes des Leasinggegenstandes trägt und seine finanziellen Vorteile unabhängig von dessen Wertentwicklung sind. 4) die Kombination von Kaufoption (purchase option) und service contract-Option in Verbindung mit der Vorauszahlung und Ansparung des Optionspreises die Wahrscheinlichkeit stark erhöhen, daß die Kaufoption ausgeübt wird, und dies unabhängig von der Wertentwicklung der Leasinggegenstände. Zusammenfassend wird festgestellt, daß es bei diesen Transaktionen allein um die Verschaffung von Abschreibungsmöglichkeiten und Steuervorteilen ginge, und der Steuerpflichtige kein sinnvolles Interesse an den Gegenständen habe und nicht Nutzen und Lasten des Eigentums erwerbe („failure to convey tax ownership“). Insofern habe er auch kein Recht auf die damit einhergehenden Steuervorteile. 252
Damit wird auch Leasing-Transaktionen, die vor dem 12. März 2004 abgeschlossen wurden, die steuerliche Anerkennung grundsätzlich versagt. Nachdem damit zu rechnen ist, daß die U.S.-Steuerbehörden derartige Altverträge einer eingehenden Prüfung unterziehen werden, wird der ursprünglich bezweckte Steu-
248
Sec. 163: Interest. Internal Revenue Service, Coordinated Issue – Losses Claimed and Income to be Reported from Sale In / Lease Out (SILO), UIL 9300.38 – 00, S. 1. 250 Internal Revenue Service, Coordinated Issue – Losses Claimed and Income to be Reported from Sale In / Lease Out (SILO), UIL 9300.38 – 00, S. 5 f. 251 Gemeint ist die Kommune. 252 Internal Revenue Service, Coordinated Issue – Losses Claimed and Income to be Reported from Sale In / Lease Out (SILO), UIL 9300.38 – 00, S. 6 f., 8. 249
2. Kap.: Finanzierungsstruktur
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ervorteil voraussichtlich nicht mehr erzielt werden können. 253 Offen ist, wie sich die Investoren hierzu stellen werden. In den Vertragswerken ist zwar regelmäßig vereinbart, daß der Investor das Risiko nachteiliger Änderungen in der U.S.Steuergesetzgebung und Rechtspraxis – seitens der U.S.-Gerichte und U.S.-Behörden – trägt. 254 Es wird jedoch befürchtet, daß der amerikanische Vertragspartner versuchen wird, der Kommune eine Vertragsverletzung nachzuweisen, 255 um aus dem Vertrag aussteigen und gleichzeitig Schadensersatzforderungen geltend machen zu können, d. h. die Transaktion ohne Verluste beenden zu können. 256 Bekannt geworden sind solche Aktivitäten bislang allerdings nicht. c) Auch in Deutschland haben sich die Landesregierungen und Länderparlamente mit den U.S.-Leasing-Transaktionen beschäftigt. 257 Konkrete Maßnahmen wurden jedoch nur vereinzelt ergriffen. In Sachsen haben das Staatsministerium des Innern und das Staatsministerium der Finanzen eine gemeinsame Verwaltungsvorschrift zur kommunalwirtschaftlichen und rechtsaufsichtlichen Beurteilung von Cross-Border-Leasing-Transaktionen erlassen, die den Gemeinden und Rechtsaufsichtsbehörden Handlungsanweisungen und -empfehlungen gibt. 258 In Bayern wurde durch das Gesetz zur Änderung des Kommunalrechts vom 26. Juli 2004 259 ein – aus dem Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit abgeleitetes – Gebot der Minimierung finanzieller Risiken in die Vorschrift über allgemeine Haushaltsgrundsätze (Art. 61 BayGO) eingefügt (Abs. 3 S. 1). Gemäß Satz 2 liegt ein erhöhtes Risiko vor, „wenn besondere Umstände, vor allem ein grobes Missverhältnis bei der Risikoverteilung zulasten der Gemeinde, die Gefahr eines erheblichen Vermögensschaden begründen“. Wie aus der Begründung zum Gesetzesentwurf hervorgeht, sind damit vor allem U.S.-LeaseTransaktionen gemeint; 260 allerdings wurde das Risikominimierungsgebot zu ei253 o.V., Nochmals Cross-Border-Leasing: Achtung bei Altverträgen, in: Gemeindekasse BW 10/2005, S. 217 f.; o.V., Risikomanagement bei Cross-Border-Leasingverträgen, in: Ernst & Young (Hrsg.), Public Services Newsletter, Nr. 52, April 2005, S. 3. 254 Das umfaßt zum einen das Anerkennungsrisiko, d. h. das Risiko, daß der Hauptmietvertrag nicht als Übertragung und der Untermietvertrag nicht als true lease qualifiziert wird. Zum anderen trägt der Investor das Steuerrechtsänderungsrisiko; P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1065; P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1840; A. Bühner / C. Sheldon, USLeasingtransaktionen, S. 318; R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 37 f.; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 22. 255 Dazu: 3. Teil, 4. Kap. 256 T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 18; o.V., Nochmals Cross-BorderLeasing, S. 217 f.; StGB NRW-Mitteilung 534/2004 v. 06. 07. 2004. 257 Siehe nur: LT-Drs. Baden-Württemberg 13/2703, S. 7 ff.; LT-Drs. Schleswig-Holstein 15/2509; LT-Drs. Nordrhein-Westfalen 13/3896; LT-Drs. Rheinland-Pfalz 14/1950. 258 Sächs. ABl. 2003, S. 874 ff. 259 Bay. GVBl. 2004, S. 272 ff. 260 LT-Drs. Bayern 15/1063, S. 19.
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2. Teil: Struktur einer U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion
nem Zeitpunkt eingeführt, als aufgrund der sich in den U.S.A. abzeichnenden Steuerrechtsänderung ohnehin kaum noch Transaktionen angestrebt wurden. 261
3. Kapitel
Vertragsstruktur Der oben skizzierte Transaktionsaufbau sowie die damit einhergehende Finanzierungsstruktur werden mittels einer Reihe von zeitgleich und in gegenseitiger Abhängigkeit geschlossener Einzelverträge geschaffen. 262 Das durch den Rahmenvertrag, das sogenannte participation agreement, zusammengehaltene Vertragswerk unterliegt U.S.-Recht, in der Regel dem des U.S.-Bundesstaates New York, 263 und regelt die gesamte Transaktion umfassend und abschließend, so daß den beteiligten Parteien grundsätzlich keine anderen als die im Vertragswerk genannten Rechte zustehen. 264 Im folgenden sollen die wesentlichen Verträge der Transaktion vorgestellt werden. 265
I. Participation agreement / Rahmenvertrag a) Das participation agreement ist der grundlegende Vertrag einer Cross-Border-Leasing-Transaktion 266 und wird zwischen allen Transaktionsparteien abgeschlossen. 267 Es bildet den Rahmen für die weiteren bi- und multilateralen 261
Insofern bleibt es bei der Erörterung der Frage, ob Gemeinden kommunale Vermögensgegenstände auch dazu nutzen dürfen, Cross-Border-Leasing-Transaktionen abzuschließen (5. und 6. Teil), außer Betracht. 262 W. Melzer, Rechtliche Fragen der Vertragsgestaltung von US-Cross-Border-Leasinggeschäften, S. 3. 263 W. Bausback, Der Bayerische Gesetzesentwurf im Lichte der Reform des kommunalen Wirtschaftsrechts, S. 1; A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 316; F. Laudenklos / C. Pegatzky, US-Leasingfinanzierungen, S. 1300; o.V., „Umfangreiche Verträge bieten größere Sicherheit“. Experte Sebastian Neufang über die Besonderheiten der amerikanischen Rechtsordnung, in: R. Neubauer (Hrsg.), Kommunalfinanzierung heute, Juni 2003, S. 8. 264 W. Melzer, Rechtliche Fragen der Vertragsgestaltung von US-Cross-Border-Leasinggeschäften, S. 3. 265 Einen Überblick über die verschiedenen Transaktionsverträge geben: S. Ginsbach, Cross-Border-Leasing als Instrument der Kommunalfinanzierung, S. 318; Sächs. VwV CBL, S. 15 f. 266 Sächs. VwV CBL, S. 15.
3. Kap.: Vertragsstruktur
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Verträge, deren Abschluß darin explizit vereinbart ist und welche die Transaktion detaillierter ausgestalten. 268 Durch das participation agreement sind die verschiedenen Parteien der einzelnen Verträge auch im Verhältnis zum jeweils Dritten vertraglich gebunden und es ist festgeschrieben, daß den Verträgen keine isolierte Geltung zukommen soll, sondern sie nur in ihrer Gesamtheit gewollt und im Bestand voneinander abhängig sind. 269 b) In dieser Rahmenvereinbarung sind der Transaktionsgegenstand und der Transaktionsablauf beschrieben, 270 gleichzeitig ist die Rolle jeder Partei innerhalb der Transaktionsstruktur definiert, ebenso die Bedingungen und Voraussetzungen ihrer Beteiligung. 271 Dazu gehören zahlreiche aufschiebende Bedingungen wie eine bestimmte Mindesthöhe des Nettobarwertvorteils, die Wirksamkeit und der Abschluß der Einzelverträge sowie die Vorlage von Rechtsgutachten 272, ohne deren Erfüllung der Vertrag nicht zustande kommt und die Transaktion nicht durchgeführt wird. 273 Typischerweise enthält das participation agreement die allgemeinen Verpflichtungen jeder Vertragspartei, die Zusicherungen und Gewährleistungen sowie die Freistellungsverpflichtungen. 274 Der Pflichtenkatalog, der in den sogenannten covenants 275 geregelt ist, umfaßt solche Pflichten, die für alle und nicht nur für einzelne Transaktionsbeteiligte von Bedeutung sind. 276 Dabei verpflichtet sich die Kommune beispielsweise, das Objekt der Transaktion nur im Einklang mit 267
W. Melzer, Rechtliche Fragen der Vertragsgestaltung von US-Cross-Border-Leasinggeschäften, S. 3; P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1834; F. P. Thomas / J. Wanner, Steuer-, aufsichts- und gebührenrechtliche Behandlung von US-Cross-Border Leasingfinanzierungen, S. 65. 268 Sächs. VwV CBL, S. 15; P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1834. 269 Die bi- und multilateralen Verträge bilden lediglich unselbständige Anlagen zum Rahmenvertrag, W. Melzer, Rechtliche Fragen der Vertragsgestaltung von US-Cross-Border-Leasinggeschäften, S. 3; F. P. Thomas / J. Wanner, Steuer-, aufsichts- und gebührenrechtliche Behandlung von US-Cross-Border Leasingfinanzierungen, S. 65; T. Link, USCross Border Lease Transaktionen, S. 11; T. Pschera / M. Hödl-Adick, Netto-Barwertvorteil und Gebühren, S. 50; P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 106; zum Aufbau des participation agreement, siehe insbesondere: S. Ginsbach, Cross-Border-Leasing als Instrument der Kommunalfinanzierung, S. 319. 270 A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 316; W. Melzer, Rechtliche Fragen der Vertragsgestaltung von US-Cross-Border-Leasinggeschäften, S. 3; J. Wanner, US-Cross-Border-Leasingtransaktionen, S. 46. 271 P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1834; T. Pschera / M. Hödl-Adick, NettoBarwertvorteil und Gebühren, S. 50; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 10. 272 Sogenannte legal opinions. 273 T. Pschera / B. Enderle, Ausschreibungspflichten bei US-Leasing-Transaktionen, S. 464; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 11. 274 Sächs. VwV CBL, S. 15; o.V., Die Cross-Border-Leasing-AKTE der TIWAG – „The Deal of the Year 2001“, S. 2, unter: http://www.dietiwag.at/index.php?id=2160 (28. 10. 2005); Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 10.
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2. Teil: Struktur einer U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion
den einschlägigen gesetzlichen 277 und vertraglichen Bestimmungen zu betreiben, sich gegebenenfalls an einer Umstrukturierung der Transaktion zu beteiligen, 278 den Transaktionsgegenstand nur in Übereinstimmung mit den vertraglichen Vereinbarungen zu belasten oder zu veräußern und die Rechte der anderen Vertragsparteien innerhalb der bi- und multilateralen Verträge zu beachten. 279 Dem Trust obliegt etwa die Verpflichtung, die Anlage während der Mietzeit nicht mit Pfandrechten oder anderen Rechten zu belasten. 280 Die Zusicherungen und Gewährleistungen, d. h. die representations 281 und warranties 282, beziehen sich zum einen auf den rechtlichen Status der Kommune, ihre Befugnis, die Transaktionsverträge abzuschließen und zu erfüllen sowie darauf, daß keine Vertragsverletzungen oder Rechtsstreitigkeiten vorliegen, die die Transaktion beeinflussen könnten. 283 Zum anderen gibt die Kommune verschiedene Zusicherungen und Gewährleistungen ab, die den Zustand des Transaktionsgegenstandes, bestimmte Rechtsverhältnisse in Bezug auf dieses Objekt, insbesondere das Eigentumsrecht an der Anlage, und umweltrechtliche Belange festschreiben. 284 Eingeschlossen in diese Kategorie sind ferner representations 275 H. C. Black (Hrsg.), Black’s Law Dictionary. Definitions of the Terms and Phrases of American and English Jurisprudence. Ancient and Modern, 6. Aufl. 1990, Stichwort: covenant, S. 363: „An agreement, convention, or promise of two or more parties, by deed in writing, signed, and delivered, by which either of the parties pledges himself to the other that something is either done, or shall be done, or shall not be done, or stipulates for the truth of certain facts“. 276 P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1834. 277 Zum Beispiel Umweltrechtsvorschriften. 278 Vertragliche Neuverhandlungspflicht. 279 P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 97; ders., US-Cross-Border-Leasing, S. 1834. 280 E. Müller / H. Mayer, US-Cross-Border-Lease, S. 12; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 11. 281 B. A. Garner (Hrsg.), Black’s Law Dictionary, 8. Aufl. 2004, Stichwort: representation, S. 1327: „A presentation of fact – either by words or by conduct – made to induce someone to act, esp. to enter into a contract; esp., the manifestation to another that a fact, including a state of mind, exists“. 282 B. A. Garner (Hrsg.), Black’s Law Dictionary, Stichwort: warranty, S. 1618: „An express or implied promise that something in furtherance of the contract is guaranteed by one of the contracting parties; esp., a seller’s promise that the thing being sold is as represented or promised. A warranty differs from a representation in four principal ways: (1) a warranty is an essential part of a contract, while a representation is usu. only a collateral inducement, (2) an express warranty is usu. written on the face of the contract, while a representation may be written or oral, (3) a warranty is conclusively presumed to be material, while the burden is on the party claiming breach to show that a representation is material, and (4) a warranty must be strictly complied with, while substantial truth is the only requirement for a representation“. 283 P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 97; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 10.
3. Kap.: Vertragsstruktur
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und warranties über die Anwendung deutschen Rechts auf bestimmte Bereiche der Transaktion sowie die Fähigkeit des Trusts, die Anlage in dem Falle zu betreiben, daß die Kaufoption nicht ausgeübt werden sollte. 285 In Bezug auf die Kaufoption muß die Kommune regelmäßig zusichern, daß keinerlei rechtlich oder wirtschaftlich zwingende Gründe vorliegen, diese auch tatsächlich auszuüben. 286 Nachdem eine unzutreffende oder nicht eingehaltene Zusicherung zu einem Vertragsverletzungsfall führen kann, bei dem das Risiko der U.S.-steuerlichen Anerkennung der Transaktion auf die Kommune übergeht, kommt diesen Zusicherungen besonderes Gewicht zu. 287 c) Im Vertragsabschnitt „Freistellungsverpflichtungen“ (indemnities) 288 ist festgelegt, daß die Kommune den Trust und die übrigen Transaktionsbeteiligten von bestimmten rechtlichen und steuerlichen Nachteilen freistellt. 289 Demnach trägt die Kommune im Rahmen der Transaktion alle Kosten, Abgaben und Risiken, die sich aus dem Eigentum und dem Besitz an der Anlage ergeben, insbesondere alle aus dem Betrieb, der Wartung und Versicherung resultierenden Kosten. 290 Daneben ist die Kommune verpflichtet, alle Transaktionsparteien von möglichen Verlusten, Schäden oder Ansprüchen infolge der Geschäftstätigkeit und des Betriebs der Anlage oder „der Transaktion im Allgemeinen“ freizustellen, sofern diese Verluste, Schäden oder Ansprüche nicht durch vorsätzliches Fehlverhalten oder grobe Fahrlässigkeit der geschädigten Partei entstanden sind. 291 Auch gegenüber Dritten ist die Kommune für durch die Anlage oder ihren Betrieb verursachte Schäden haftbar. 292 284 P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1834; ders., Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 97; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 10. 285 Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 10. 286 Sächs. VwV CBL, S. 17. 287 Sächs. VwV CBL, S. 17; siehe dazu: 2. Teil, 3. Kap. VII. sowie 3. Teil, 4. Kap. 288 B. A. Garner (Hrsg.), Black’s Law Dictionary, Stichwort: indemnity, S. 784: „1. A duty to make good any loss, damage, or liability incurred by another. [...] 2. The right of an injured party to claim reimbursement for its loss, damage, or liability from a person who has such a duty. 3. Reimbursement or compensation for loss, damage, or liability in tort“. 289 P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 97; E. Müller / H. Mayer, US-Cross-Border-Lease, S. 12; A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 316; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 11. 290 Obwohl diese Risiken ohnehin bei der Kommune liegen, werden sie ausdrücklich vertraglich fixiert; P. Biagosch, Vertragliche Pflichten und Risikomanagement / Steuerliche Aspekte, in: Hessischer Städtetag / Ernst & Young, US-Cross-Border-Leasing in Hessen. Informations- und Diskussionsforum. Seminarunterlagen, 18. 09. 2003, S. 11; E. Müller / H. Mayer, US-Cross-Border-Lease, S. 15; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 18; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 19. 291 E. Müller / H. Mayer, US-Cross-Border-Lease, S. 15; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 18; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 19; im Hinblick auf die Freistellung infolge „der Transaktion im Allgemeinen“ ist zwar in beiden Transaktionsbe-
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2. Teil: Struktur einer U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion
Die Verteilung der steuerlichen Lasten wird in den allgemeinen Steuerfreistellungsbestimmungen des participation agreement dergestalt geregelt, daß im Grundsatz die deutsche Transaktionspartei die Steuerrisiken 293 trägt, allerdings mit einer wesentlichen Ausnahme: Das U.S.-Einkommensteuerrisiko, d. h. das Risiko, daß die angestrebten Steuerstundungseffekte nicht oder nicht im erwarteten Umfang erzielt werden können, fällt typischerweise in die Risikosphäre des Investors. 294 Die damit einhergehenden Bestimmungen, insbesondere die dabei wiederum bestehenden Ausnahmeregelungen, sind Gegenstand einer separaten Vereinbarung, des sogenannten tax indemnity agreement. 295 Demgegenüber verpflichtet sich die Kommune in aller Regel das Risiko der Erhebung von Quellensteuern für den Trust und weitere Vertragsbeteiligte zu übernehmen, und zwar unabhängig davon, durch welchen Staat die Steuer erhoben wird. 296 Grundsätzlich fallen darunter Quellensteuern auf die Mietzahlungen im Rahmen des Haupt- und Untermietvertrages und auf die Zahlungen für die Rückführung der Darlehen, sofern in den Zahlungsströmen Zinsanteile enthalten sind (Kapitalertragsteuer). 297 Übernahme des Quellensteuerrisikos bedeutet dabei, daß der Risikoträger als Zahlender im Falle einer Quellenbesteuerung den dadurch beim Zahlungsempfänger in geringerer Höhe eintreffenden Betrag schreibungen von noch näher zu vereinbarenden Ausnahmen die Rede, konkrete Hinweise darauf sind allerdings nicht zu finden. 292 E. Müller / H. Mayer, US-Cross-Border-Lease, S. 15; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 18; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 19. 293 Zum Risikobegriff: 3. Teil. 294 P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1834; P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1065; R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 37 f.; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 9, 21; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 22. 295 W. Melzer, Rechtliche Fragen der Vertragsgestaltung von US-Cross-Border-Leasinggeschäften, S. 4; siehe dazu: 2. Teil, 3. Kap. VII. 296 Sächs. VwV CBL, S. 4; LT-Drs. Schleswig Holstein 15/2509, S. 2; P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 110; A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 318; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 9 f.; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 22; bei der Quellensteuer handelt es sich nicht um eine eigenständige Steuerart, sondern um eine spezielle Erhebungsform. Dabei wird die Steuer durch Abzug an der Einkunftsquelle erhoben (in Deutschland werden im wesentlichen Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer und der Zinsabschlag im Abzugsverfahren erhoben; Abzugsverfahren als Gegenbegriff zum Veranlagungsverfahren), H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 5; siehe auch: W. Scheffler, Besteuerung von Unternehmen, Bd. I: Ertrag-, Substanz- und Verkehrsteuern, 3. Aufl. 1998, S. 6, 26. 297 Sächs. VwV CBL, S. 4, 12; T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 16; P. Biagosch, Vertragliche Pflichten und Risikomanagement, S. 15; A. Bühner / M. Oberndörfer, Risikomanagement am Beispiel von US-Cross-Border-Leasing-Transaktionen, S. 942; ausführlich dazu: P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 110 f.; P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1064.
3. Kap.: Vertragsstruktur
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ausgleichen muß. Falls der Risikoträger Empfänger der Zahlung ist, muß er die hinter dem vertraglich geschuldeten Betrag zurückbleibende Zahlung als Erfüllung akzeptieren. 298 Das Vertragswerk ist jedoch so strukturiert, daß nach der bei Transaktionsabschluß bestehenden Rechtslage für die Dauer der Transaktion keine Quellensteuern anfallen. 299 Es bleibt allerdings das Risiko bestehen, daß mit einer Gesetzesänderung während der Laufzeit der Verträge ein Besteuerungsrecht für die anteiligen Zinsen (wieder) eingeführt wird. 300 Da zusätzliche finanzielle Mittel eingebracht werden müßten, würde dies zu einer Gewinnschmälerung für die Gemeinde führen. 301 Des weiteren verpflichtet sich die Kommune regelmäßig, für das Umsatzsteuerrisiko des U.S.-Trusts und der übrigen Transaktionsbeteiligten einzustehen 302 sowie, mit Ausnahme gewisser Umstände, die sich aus dem deutschen Recht ergebenden Steuern zu übernehmen. 303 Durch die Einholung einer verbindlichen Auskunft bei der zuständigen Finanzbehörde vor Vertragsschluß sollte das deutsche Steuerrisiko begrenzt werden; 304 freilich gewährt auch diese Auskunft keinen Schutz vor zukünftigen Rechtsänderungen. 305 Die Kommune ist auch für eine Gesetzesänderung jeder anderen Jurisdiktion verantwortlich, d. h. für die Erstattung aller daraufhin erhobenen Steuern, die 298
H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 5. Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, Informationen zu Cross-BorderLeasing Geschäften von Kommunen, S. 5; Stadt Königswinter, Sitzungsvorlage Nr. VB/ 1526/99, S. 2; P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1064; H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 5; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 23. 300 Nachdem ein großer Teil der Zahlungen bereits unmittelbar nach Vertragsschluß erbracht wurde (siehe dazu: 2. Teil, 2. Kap. I), wären davon in erster Linie die Zahlungen des Trusts an die darlehensgebenden Banken (die zur Rückführung der Darlehen dienen und einen Zinsanteil enthalten) betroffen; ausführlich dazu: P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 110 f.; P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1064; H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 5 f. 301 W. Melzer, Rechtliche Fragen der Vertragsgestaltung von US-Cross-Border-Leasinggeschäften, S. 11; T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 16; M. Busch, Wenn kaufmännisches Denken in den Hintergrund tritt. Die Kommunen haben ein Kommunikationsproblem, in: R. Neubauer (Hrsg.), Kommunalfinanzierung heute, Mai 2003, S. 4 f., 5; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 9. 302 Sächs. VwV CBL, S. 4; P. Biagosch, Vertragliche Pflichten und Risikomanagement, S. 14; siehe auch Anm. 301. 303 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 111; M. Busch, US-Cross Border-Lease. „Manna vom Himmel“ oder „globaler Steuerbetrug“?, in: Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Landtag NRW (Hrsg.), Cross-Border-Leasing. Chance oder Risiko für die Kommunen. Ergebnisse des Fachgesprächs vom 14. November 2002, Januar 2003, S. 9 – 14, 12; R. Güpner, US-Cross-Border-Leasing, S. 280. 304 Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, Informationen zu Cross-Border-Leasing Geschäften von Kommunen, S. 5; P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 111; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 23. 305 Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 22; siehe auch Anm. 302. 299
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2. Teil: Struktur einer U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion
im Zusammenhang mit der Transaktion stehen; selbst für die, die Transaktionsparteien wie den Kreditgebern oder den defeasance-Banken in Bezug auf die Anlage oder auf die in den Vertragsdokumenten vorgesehenen Rechtsgeschäfte auferlegt werden, sofern die Steuerbelastung nicht auf einem Fehlverhalten der eigentlich zu entschädigenden Partei beruht. 306 d) Daneben enthält der Rahmenvertrag Vorschriften, die die Voraussetzungen festlegen, unter denen der U.S.-Trust berechtigt ist, beschränkte persönliche Dienstbarkeiten an Grundstücken, auf denen sich wesentliche Anlagenbestandteile befinden, zur Eintragung kommen zu lassen. 307 Die beschränkte persönliche Dienstbarkeit ist ein dingliches Nutzungsrecht, das als subjektiv-persönliches Recht Grundstücke oder grundstücksgleiche Rechte belastet. 308 Gemäß § 1090 Abs. 1 i.V. m. § 1018 BGB kann sie ein Grundstück auf drei verschiedene Arten belasten: sie kann das Recht zur Benutzung des Grundstücks in einzelnen Beziehungen begründen; sie kann das Verbot der Vornahme bestimmter Handlungen begründen; sie kann die Ausübung eines Rechts ausschließen, das sich aus dem Eigentum am belasteten Grundstück ergibt. Beschränkte persönliche Dienstbarkeiten werden als Rechte an Grundstücken gemäß § 873 BGB durch Einigung und Eintragung ins Grundbuch bestellt. Nach § 1092 Abs. 1 S. 1 BGB sind sie grundsätzlich nicht übertragbar und gehen nach § 1090 Abs. 2 i.V. m. § 1061 BGB mit Wegfall des Berechtigten durch Tod einer natürlichen und Erlöschen einer juristischen Person unter. Im Falle von Cross-Border-Leasing-Transaktionen wird über beschränkte persönliche Dienstbarkeiten die Nutzung festgeschrieben, die im Hauptmietvertrag definiert ist, d. h. die schuldrechtlich bereits im Wege des Hauptmietvertrages gewährten Nutzungsrechte werden durch dingliche Rechte unterlegt. 309 Auf diese Weise kann das Besitzrecht des Trusts gesichert und verstärkt werden, wenn 306
LT-Drs. Schleswig-Holstein 15/2509, S. 2 f.; T. Geerling, U.S. Lease für kommunale Infrastruktur, in: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Landtag NRW (Hrsg.), CrossBorder-Leasing. Chance oder Risiko für die Kommunen. Ergebnisse des Fachgesprächs vom 14. November 2002, Januar 2003, S. 18 – 21, 19; R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 38; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 9; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 22 f. 307 P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 97; P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 114; H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 9; LT-Drs. Berlin 15/12481, S. 2; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 11. 308 Siehe dazu und zum folgenden: P. Bassenge, Kommentierung der §§ 1090 und 1092 BGB, in: Palandt. Bürgerliches Gesetzbuch. Kommentar, 66. Aufl. 2007; D. Joost, Kommentierung des § 1090 BGB, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 6: Sachenrecht. §§ 854 – 1296, 4. Aufl. 2004, Rdn. 1 ff. 309 P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 102; F. P. Thomas / J. Wanner, Steuer-, aufsichts- und gebührenrechtliche Behandlung von USCross-Border Leasingfinanzierungen, S. 70; U. Eder, Die Struktur des Cross-Border-Lea-
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bestimmte Ereignisse eintreten, die die rechtliche und wirtschaftliche Stabilität seiner Rechtsposition gefährden. Diese war wesentlich für die steuerrechtliche Bewertung der Transaktion in den U.S.A. 310 Als Dienstbarkeitsereignisse gelten typischerweise gravierende Verletzungen des Rückmietvertrages, eine Verschlechterung der Kreditwürdigkeit Deutschlands oder des entsprechenden Bundeslandes 311, die Anwendbarkeit deutscher Mietrechtsnormen (z. B. § 544 BGB) auf U.S.-Mietverträge 312, Gesetzesänderungen, die zur Folge hätten, daß Kommunen insolvenzfähig würden oder nicht mehr die nötigen Mittel zur Ausübung ihrer öffentlichen Verpflichtungen hätten sowie der Verkauf oder die Übertragung der Anlage oder von Teilen der Anlage unter Verletzung der Transaktionsverträge. 313 In vielen Fällen werden die Erklärungen über die Einräumung beschränkt persönlicher Dienstbarkeiten bereits bei Vertragsabschluß von der Stadt abgegeben und einem Treuhänder übergeben, der sie bei Eintritt eines Dienstbarkeitsereignisses auf Anweisung des Trusts beim Grundbuchamt einreicht. 314 Nach Ablauf oder bei vorzeitiger Beendigung des
sing Geschäfts, unter: http://www.uslease.de/cblstruktur.htm (05. 12. 2005); Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 13; siehe auch: Sächs. VwV CBL, S. 7. 310 P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 97, 102. 311 Als kritische Marke nennen W. Melzer, Rechtliche Fragen der Vertragsgestaltung von US-Cross-Border-Leasinggeschäften, S. 9, und R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 39, eine Herabstufung Deutschlands durch Standard & Poor’s auf unter AA-. In der Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 16, ist von Aa2 durch Moody’s und AA durch Standard & Poor’s die Rede. Dazu ist auf den Internetseiten des globalisierungskritischen Netzwerks „Attac“ [unter: http://www.attac.de/dortmund/globdo/cbl/index.php (15. 11. 2005)], dem nicht öffentliche Ratsdokumente der Stadt Dortmund zugespielt wurden (lt. eigenen Angaben), folgendes zu lesen: „2. Im März 2004 sowie im Dezember 2004 haben die Ratingagenturen das Rating des Landes NRW jeweils um eine Stufe zurückgenommen, zuletzt auf ‚AA-‘ durch Standard & Poor’s. Damit ist im Rahmen unserer beiden US-Lease Transaktionen Westfalenhallen (2001) sowie Stadtbahnanlagen (2002) ein auslösendes Dienstbarkeitsereignis eingetreten (‚Servitude Trigger Event‘). Die Stadt und DSW sind vertraglich verpflichtet, den Investor über das Ereignis zu informieren; das ist form- und fristgerecht geschehen. 3. Nachdem das Dienstbarkeitsereignis Ende Dezember 2004 eingetreten ist, sind die amerikanischen Vertragspartner berechtigt, die Dienstbarkeitsurkunden zur Eintragung einzureichen“. 312 P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 97; siehe dazu: P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 114 f. 313 P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 97; LT-Drs. Berlin 15/12481, S. 2; M. Gindra, Cross-Border-Leasing USA, S. 49; W. Melzer, Rechtliche Fragen der Vertragsgestaltung von US-Cross-Border-Leasinggeschäften, S. 9; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 16; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 13; siehe auch: Sächs. VwV CBL, S. 7. 314 C. Kröger / R. Prager, Mögliche inländische Steuerrisiken auf Grund von Abzugssteuern bei US-Cross-Border-Leasing-Modellen mit der öffentlichen Hand, S. 187; Trans-
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Hauptmietvertrages werden eventuell zur Eintragung gelangte Dienstbarkeiten aus dem Grundbuch gelöscht. 315 Je nach Vertragsgestaltung enthält das participation agreement auch Regelungen über die Bestellung eines (aufschiebend bedingten) Nießbrauchs an rechtlich mobilen Teilen des Transaktionsgegenstandes. 316 Der Nießbrauch ist das umfassendste dingliche Nutzungsrecht und gewährt dem Berechtigten, alle Nutzungen des belasteten Gegenstands zu ziehen (§ 1030 Abs. 1 BGB), sofern nicht einzelne Nutzungen ausgeschlossen sind (§ 1030 Abs. 2 BGB). Gegenstand des Nießbrauchs können bewegliche wie unbewegliche Sachen (§§ 1030 – 1067 BGB) und Rechte sein (§§ 1068 –1084 BGB). 317 Die Nutzungen, die der Nießbrauch dem Berechtigten gestattet, umfassen gemäß § 100 BGB die Früchte und die Gebrauchsvorteile einer Sache oder eines Rechtes. Zum Zweck seiner Nutzung hat der Nießbraucher gemäß § 1036 Abs. 1 BGB auch das Recht zum Besitz. 318 e) Im Rahmenvertrag sind ferner die Bestimmungen in Bezug auf die Ersetzung der payment undertaking agreements 319 und die Stellung zusätzlicher, bankmäßiger Sicherheiten durch die Kommune verankert. 320 Letzteres bedeutet regelmäßig die Hinterlegung eines Akkreditivs oder letter of credit, dessen Höhe einen bestimmten Anteil am Kündigungswert abdeckt. 321 Auslösende Ereignisse aktionsbeschreibung Frankfurt, S. 11, 16; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 13. 315 P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 102; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 17. 316 U. Eder, Die Struktur des Cross-Border-Leasing Geschäfts; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 11; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 13; siehe auch: Sächs. VwV CBL, S. 16. 317 §§ 1085 bis 1089 BGB regeln den Nießbrauch am Vermögen und an einer Erbschaft. Dabei stellt § 1085 Abs. 1 BGB klar, daß das Nutzungsrecht an den einzelnen Gegenständen dieser Sach- und Rechtsgesamtheiten zu bestellen ist. 318 Dazu: P. Bassenge, Einführung vor § 1030 BGB und Kommentierung der §§ 1030 ff. BGB, in: Palandt. Bürgerliches Gesetzbuch. Kommentar, 66. Aufl. 2007; P. Pohlmann, Vorbemerkungen zu § 1030 BGB und Kommentierung der §§ 1030 ff. BGB, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 6: Sachenrecht. §§ 854 –1296, 4. Aufl. 2004. 319 Dazu: 2. Teil, 2. Kap. I.2., 2. Teil, 3. Kap. V. sowie 3. Teil, 5. Kap. 320 E. Müller / H. Mayer, US-Cross-Border-Lease, S. 12; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 11. 321 S. Bubeck, Finanzierungsstruktur / Rolle der Bankenpartner, S. 11; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 15; ein Akkreditiv bezeichnet den einer Bank erteilten Auftrag, aus dem Guthaben oder der Kreditlinie des Akkreditivstellers (hier: die Gemeinde), in einer bestimmten Zeitspanne einem Dritten, dem Begünstigten (hier: dem Trust), eine bestimmte Geldsumme unter bestimmten Bedingungen, vor allem der Vorlage genau bezeichneter Dokumente verfügbar zu machen. Es handelt sich dabei um ein vor allem im Außenhandelsgeschäft gebräuchliches, abstraktes Zahlungsversprechen, das der sicheren Zahlungsabwicklung dient. Dem entspricht im angelsächsischen Raum der letter of credit
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für die Verpflichtung zum Stellen eines letter of credit können insbesondere eine verschlechterte Bonitätsbewertung Deutschlands oder des betreffenden Bundeslandes, einschließlich des Verlustes des Status der Kommune als insolvenzunfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts, schwerwiegender Vertragsbruch sowie der Eintritt anderer Dienstbarkeitsereignisse sein. 322 Daneben kann die Kommune je nach Vertragsgestaltung auch verpflichtet sein, das Eigenkapitaldepot zu verpfänden oder eine gleichwertige Sicherheit für ihre Vertragsverpflichtungen zu stellen. 323
II. Head lease / Hauptmietvertrag a) Der Hauptmietvertrag ist ein bilateraler Vertrag zwischen der Kommune und dem Trust und hat die Übertragung der Nutzungsrechte am Transaktionsgegenstand an die U.S.-amerikanische Vertragspartei zur Folge. 324 Maßgeblich ist dabei, daß dem Trust das Recht zur ungestörten Nutzung mit dem Recht zur Weitervermietung zusteht. 325 Die Laufzeit des Hauptmietverhältnisses bestimmt sich anhand der nach U.S.-Recht zu beurteilenden betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer der Wirtschaftsgüter. Sie ist in der Regel mit mindestens 130 % der Restnutzungsdauer der Vermögensgegenstände vereinbart, woraus sich nicht selten Mietzeiten zwischen 75 und 99 Jahren ergeben. 326 b) Der Hauptmietvertrag enthält die grundsätzlichen Regelungen in Bezug auf die Vermietung der Anlage an den Trust. 327 Dazu zählt die Festsetzung der Höhe der einmaligen Mietrate sowie die Verpflichtung des Trusts, diese am (kurz: LC); H. E. Büschgen, Das kleine Bank-Lexikon, 3. Aufl. 2006, Stichwort: Akkreditiv (S. 13 f.), Stichwort: Letter of Credit (S. 621 f.); siehe auch: Unterrichtung durch den Landesrechnungshof, LT-Drs. Mecklenburg-Vorpommern 4/1068, S. 85. 322 Sächs. VwV CBL, S. 4; LT-Drs. Berlin 15/12481, S. 2; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 14 f.; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 13. 323 R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 39; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 15. 324 P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1834; o.V., Die Cross-Border-Leasing-AKTE der TIWAG, S. 2; zum Aufbau des head lease, siehe: S. Ginsbach, Cross-BorderLeasing als Instrument der Kommunalfinanzierung, S. 324. 325 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 112; M. Busch, US-Cross Border-Lease, S. 10. 326 P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1834: mindestens 99 Jahre; A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 316: zwischen 75 und 80 Jahren; T. Link, USCross Border Lease Transaktionen, S. 11: zwischen 30 und 99 Jahren; P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 112: 45 bis zu 99 Jahren; z. B.: Stadt Königswinter, Sitzungsvorlage Nr. VB/1526/99, S. 1: 99 Jahre; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 5, 23: 99 oder 100 Jahre; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 15: 99 Jahre; siehe dazu auch Anm. 223. 327 Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 11.
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Tag des Vertragsschlusses zu erbringen. 328 Neben dieser Zahlungsverpflichtung enthält der Hauptmietvertrag eine Auflistung der als Vertragsverletzung geltenden Handlungen des Trusts und der der Kommune in diesem Fall zustehenden Rechte. Hierbei handelt es sich insbesondere um ein Kündigungsrecht seitens der Kommune, das bei Vorliegen einer Vertragsstörung durch den Trust ausgeübt werden kann. 329 Gleichzeitig verpflichtet sich der U.S.-Trust, seine Rechte so auszuüben, daß die Erfüllung der Pflichten der Stadt, insbesondere die der Daseinsvorsorge nicht beeinträchtigt wird. 330 Der Hauptmietvertrag kann auch vorsehen, daß die Kommune in Situationen, in denen der Hauptmietvertrag, aber nicht mehr der Rückmietvertrag fortbesteht, zusätzliche Zahlungen an den Trust zu erbringen hat. Diese könnten beispielsweise gefordert werden, wenn die Kommune die Kaufoption nicht ausübt oder wenn der Trust den Mietvertrag als Folge eines schweren Vertragsbruch der Kommune kündigt, aber nicht die Zahlung des Kündigungswertes zur Abfindung der Darlehensgeber und zum Ausgleich seiner Verluste verlangt, sondern die Anlagen an sich zieht. Zweck der Zusatzzahlung ist jeweils, dem Trust einen angemessenen Ertrag zu verschaffen. 331 Peter Sester zufolge ist der Hauptmietvertrag im Vergleich zu dem im weiteren darzustellenden Rückmietvertrag sehr knapp gehalten. 332 In der Transaktionsbeschreibung Frankfurt wird dazu erklärt, daß dem Trust aufgrund „der Art der Transaktion“ und des mit der Vermietung verbundenen Vorhabens „keine umfangreichen Verpflichtungen“ in Bezug auf den Mietgegenstand auferlegt würden. 333
III. Sub lease / lease agreement / Rückmietvertrag a) Im Rahmen des sub lease vermietet der U.S.-Trust den Transaktionsgegenstand unmittelbar an die Kommune zurück. Die Laufzeit des sub lease ist deutlich kürzer als die des head lease und beträgt etwa die Hälfte der Restnutzungsdauer des Transaktionsgegenstandes, in der Regel zwischen 20 und 35 Jahren. 334 Wäh328 P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 97; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 11. 329 T. Lingemann, U.S. Lease als Mittel der Finanzierungsoptimierung, S. 88. 330 Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 12. 331 Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 12. 332 Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 97. 333 S. 11. 334 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 107; A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 316; P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1835; zum Aufbau des sub lease, siehe: S. Ginsbach, Cross-Border-Leasing als Instrument der Kommunalfinanzierung, S. 326.
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rend dieser Zeit verbleibt bei normalem Transaktionsverlauf 335 das Nutzungsund Besitzrecht somit bei der deutschen Transaktionspartei. 336 Für den Ablauf der Mietzeit ist im Rückmietvertrag eine Kaufoption (purchase option oder earlybuyout option) vereinbart, wodurch der Kommune das Recht eingeräumt wird, die dem Trust nach dem Hauptmietvertrag noch zustehende Rechtsposition zu erwerben und dadurch die Transaktion insgesamt zu beenden. 337 Die Bedingungen für die Ausübung der Option, insbesondere die Höhe des zu zahlenden Kaufpreises sowie die Art und Weise der Vertragsabwicklung, sind ebenfalls festgelegt. 338 Für den Fall, daß die Kommune von der ihr zustehenden Kaufoption keinen Gebrauch macht, ist im Rückmietvertrag in der Regel der Abschluß eines service contract vereinbart. 339 Je nach Transaktion und ausgewähltem Investor kann der Vertrag statt dessen aber auch eine oder mehrere der folgenden Möglichkeiten zur Fortführung des Mietverhältnisses vorsehen: 340 Der Trust nutzt die Wirtschaftsgüter selbst; er vermietet sie an Dritte und vereinnahmt die hierdurch erzielten Erträge; er verlangt eine Verlängerung des Rückmietvertrages oder er veräußert seine Rechtsposition aus dem Hauptmietvertrag an Dritte. 341 Für jede einzelne dieser Optionen sind detaillierte Regelungen getroffen. 342 b) Der Rückmietvertrag regelt neben dem participation agreement alle weiteren wesentlichen Rechte und Pflichten der Kommune. 343 Unter den Pflichten ist 335
Zu den Vertragsstörungen und deren rechtliche Folgen, siehe den folgenden Abschnitt c) sowie 2. Teil, 2. Kap. III. 336 Sächs. VwV CBL, S. 17; P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1835; M. Busch, US-Cross Border-Lease, S. 10; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 12. 337 Sächs. VwV CBL, S. 17; F. Laudenklos / C. Pegatzky, US-Leasingfinanzierungen, S. 1300; A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 316; P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 107; T. Lingemann, U.S. Lease als Mittel der Finanzierungsoptimierung, S. 89; Stadt Königswinter, Sitzungsvorlage Nr. VB/1526/99, S. 1; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 12; siehe dazu auch: 2. Teil, 1. Kap. I. 338 P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 99; die übrigen Verträge des Cross-Border-Leasing-Vertragswerkes sind ebenfalls rückabzuwickeln, A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 316. 339 P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1835; T. Lingemann, U.S. Lease als Mittel der Finanzierungsoptimierung, S. 89; E. Müller / H. Mayer, US-Cross-Border-Lease, S. 13; dazu ausführlich: 2. Teil, 3. Kap. IV. 340 In der Sächs. VwV CBL, S. 5, ist zu lesen, daß sich für die Ausgestaltung „dieser Konstellation“, womit vermutlich die Phase nach Ende des Rückmietvertrages bei Nichtausübung der Kaufoption gemeint ist, kein einheitlicher Standard herausgebildet habe. 341 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 108; A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 316; F. Laudenklos / C. Pegatzky, USLeasingfinanzierungen, S. 1301; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 6 f.; Thomas Lingemann, U.S. Lease als Mittel der Finanzierungsoptimierung, S. 89, zufolge ist eine Verlängerung des Rückmietvertrages nicht möglich. 342 P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 99.
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an erster Stelle die Verpflichtung zur Mietzahlung zu nennen, wenngleich die Entrichtung der Mietraten ebenso wie die des Kaufoptionspreises im Rahmen der Erfüllungsübernahme- oder Schuldbeitrittsvereinbarungen von Kreditinstituten übernommen wird. 344 Des weiteren ist die Kommune verpflichtet, die Anlage in Übereinstimmung mit den von den Parteien getroffenen Vereinbarungen sowie den anwendbaren deutschen Gesetzen zu betreiben. 345 Dabei obliegen ihr sämtliche Verpflichtungen, die durch die Nutzung und den Betrieb des Transaktionsgegenstandes entstehen; insbesondere sind Reparatur, Wartung sowie die Versicherung des Mietgegenstandes Aufgaben der Kommune und von dieser auf eigene Kosten vorzunehmen. 346 Ihren Wartungspflichten hat die Kommune in der Weise nachzukommen, daß das Mietobjekt gemäß den üblichen Standards und in Übereinstimmung mit den einschlägigen Rechtsvorschriften und Herstellerhinweisen instand gehalten und in einem ordnungsgemäßen Zustand bewahrt wird. Dabei sind alle betriebsnotwendigen, insbesondere gesetzlich oder behördlich vorgeschriebenen Umbau- und Verbesserungsmaßnahmen durchzuführen sowie sämtliche Erfordernisse gegebenenfalls bestehender Versicherungsverträge zu erfüllen, d. h. auch etwaige von der Versicherungsgesellschaft geforderte Änderungen oder Verbesserungen sind vorzunehmen. 347 Was die Versicherungspflichten in Bezug auf die Anlage anbelangt, sind, solange die Anlage mehrheitlich durch die öffentliche Hand betrieben wird, keine besonderen Pflichten zu erfüllen und dem Betreiber wird die Möglichkeit eingeräumt, seine Selbstversicherung 348 oder 343
T. Lingemann, U.S. Lease als Mittel der Finanzierungsoptimierung, S. 89. Dazu ausführlich: 2. Teil, 3. Kap. V. 345 W. Melzer, Rechtliche Fragen der Vertragsgestaltung von US-Cross-Border-Leasinggeschäften, S. 49; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 12; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 13. 346 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 113; P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 97; T. Link, US-Cross Border Lease Transaktionen, S. 15; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 12; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 13. 347 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 113; W. Melzer, Rechtliche Fragen der Vertragsgestaltung von US-Cross-Border-Leasinggeschäften, S. 7; T. Geerling, U.S. Lease für kommunale Infrastruktur, S. 18; T. Link, USCross Border Lease Transaktionen, S. 15; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 12. 348 Nach Nr. 86 der Ersten Anweisung zum Vollzug des Reichshaushaltsrechts in den Ländern vom 05. 05. 1939 gilt für die Länder der Grundsatz der Selbstversicherung in der Form, daß das Land seine Risiken nicht versichert und im Schadensfalle die entstehenden Kosten aus Haushaltsmitteln trägt, sofern kein gesetzlicher Versicherungszwang besteht. Auf seiten des Bundes gilt dieser Grundsatz entsprechend. Nachdem lediglich haushaltsrechtliche Reserven bereitgestellt werden, bedeutet Selbstversicherung nichts anderes als Selbsthaftung und damit Versicherungslosigkeit. Dem Gedanken der Selbstversicherung liegt die Überlegung zugrunde, daß es wirtschaftlicher ist, eintretende Haftungsrisiken aus dem Haushalt auszugleichen, anstatt diesen mit einem hohen Prämienaufwand für den erforderlichen Versicherungsschutz zu belasten. Bei Städten, Gemeinden und Gemeindeverbänden ist das Prinzip der Selbstversicherung in der eben dargestellten Form 344
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Mitgliedschaft in einer Risikoteilungsvereinbarung 349 fortzuführen. Sofern ein gewisses Ratingniveau eingehalten wird, wird auch bei privaten Gesellschaften auf eine Versicherungspflicht verzichtet. 350 Andernfalls sind nach dem Rückmietvertrag der Abschluß und die Aufrechterhaltung einer Versicherung gegen das Risiko eventueller Sachschäden an der Anlage (Sachversicherung) und einer Versicherung zur Abdeckung der Betriebsgefahr (Haftpflichtversicherung) oder ähnlicher Maßnahmen der Haftungsbegrenzung und Sicherung der Mietgegenstände geboten. Dabei hat der deutsche Transaktionspartner nachzuweisen, daß die Versicherung auf keinen Fall eine geringere Versicherungssumme oder für ihn ungünstigere Versicherungsbedingungen im Schadensfall aufweist, als es die bei einer solchen Versicherung übliche Praxis darstellt. Darüber hinaus sollen, soweit zulässig, der Investor und die Banken als Mitversicherte in die Versicherungspolice einbezogen werden. 351 Von den vielfältigen Haftpflichtrisiken, die nach deutschem Recht bestehen, sind im Rückmietvertrag explizit die aus § 823 Abs. 1 BGB folgenden allgemeiebenfalls anzutreffen. Daneben ist als weitere Ausprägung der Selbstversicherung, und zwar im Sinne einer in eigener Regie organisierten Versicherung, der regionale Zusammenschluß zu kommunalen Versicherungsgemeinschaften gängige Praxis. Hintergrund der Schaffung solcher Kommunalversicherungen ist die Tatsache, daß vor allem für kleinere Gemeinden das Haftungsrisiko kaum aus eigenen Haushaltsmitteln zu bewältigen ist und auf diese Weise eine Verteilung des Risikos und damit Minderung für die einzelne Kommune erreicht wird; K.-O. Bergmann / H. Schumacher, Die Kommunalhaftung. Ein Praxishandbuch des Staatshaftungsrechts, 3. Aufl. 2002, S. 725 ff.; C. Rotermund, Haftungsrecht in der kommunalen Praxis. Handbuch mit Musteranweisungen zur Organisation der Haftungsvermeidung, 3. Aufl. 2004, S. 427 f.; J. Taupitz, Versicherungspflichten und Selbstversicherung der öffentlichen Hand, in: VersR 5/1983, S. 100 ff.; B. Weinberger, Kommunale Selbstversicherung. Teil der kommunalen Selbstverwaltung, in: BADKInformation 4/1985, S. 56 ff. 349 Zum Beispiel Haftpflichtverband des Nahverkehrs. 350 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 113; eine ausführliche Schilderung der Bedingungen, unter denen auf eine Versicherungspflicht verzichtet wird, findet sich bei Wolfgang Melzer, Rechtliche Fragen der Vertragsgestaltung von US-Cross-Border-Leasinggeschäften, S. 7: „Solange der Betreiber der Anlage ein Rechtsträger ist, der unter die Definition Governmentally Owned Entity fällt oder mindestens mehrheitlich von einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder von einer deren institutionellen oder politischen Untergliederungen direkt oder indirekt gehalten wird oder ein Gemeinschaftsunternehmen ist, das aus einer oder mehreren der zuvor aufgeführten Einheiten oder einer insolvenzfesten Person, die mehrheitlich durch eine zuvor genannte Einheit kontrolliert wird oder über ein S & P Rating von mindestens A bzw. ein Moody’s Rating von mindestens A2 verfügt, oder eine Person ist, die vernünftigerweise akzeptabel für den Investor und die Banken ist und Abwasserbehandlung oder -entsorgung mit allen erforderlichen Erlaubnissen und Genehmigungen betreibt, braucht er keine besondere Versicherungspflicht hinsichtlich der Anlagen zu erfüllen“. 351 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 113; W. Melzer, Rechtliche Fragen der Vertragsgestaltung von US-Cross-Border-Leasinggeschäften, S. 7 f.; T. Link, US-Cross Border Lease Transaktionen, S. 15.
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nen Verkehrssicherungspflichten 352 benannt und ihr Verbleib im Verantwortungsbereich der Kommune ist festgeschrieben. 353 c) Ein weiterer wesentlicher Bestandteil des Rückmietvertrages sind die im Rahmen der sogenannten events of default 354 festgelegten Handlungen und Ereignisse, die als Vertragsverletzung der Kommune gelten. Diese beziehen sich nicht nur auf die vertraglichen Pflichten, die im Rückmietvertrag selbst enthalten sind, sondern auch auf Verpflichtungen, die aus anderen Transaktionsverträgen, insbesondere dem participation agreement folgen. 355 Kommt es zu einer Vertragsverletzung und ist diese Verletzung als event of default definiert, kann der U.S.-Trust von bestimmten, ebenfalls im Rückmietvertrag verankerten Sanktionen Gebrauch machen. 356 Die Sanktionsmöglichkeiten, die sogenannten default remedies 357 bestehen einmal in dem Recht, den Rückmietvertrag zu kündigen und damit das Besitz- und Nutzungsrecht der Kommune zu beenden; gleichzeitig kann er (1) die Kommune zum Kauf der verbleibenden Rechte unter dem Hauptmietvertrag gegen Zahlung des termination value verpflichten; oder (2) seine Rechtsposition unter dem Hauptmietvertrag veräußern und von der Kommune zusätzlich Schadensersatz in Höhe seiner Verluste – gemessen an der regulären Beendigung des Rückmietvertrages – fordern; oder (3) die Anlage übernehmen und selbst betreiben. 358
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Die Pflicht zur Verkehrssicherung meint im Grundsatz, daß derjenige, der eine Gefahrenquelle schafft oder sie in seinem Verantwortungsbereich andauern läßt, die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen zu treffen hat, damit sich die potentiellen Gefahren nicht zum Schaden anderer auswirken. Der Umfang der Verkehrssicherungspflicht bestimmt sich nach den Sicherheitserwartungen des Verkehrs und nach der wirtschaftlichen Zumutbarkeit für den Verpflichteten; siehe dazu: H. Sprau, Kommentierung des § 823 BGB, in: Palandt. Bürgerliches Gesetzbuch. Kommentar, 66. Aufl. 2007, Rdn. 45 ff.; G. Wagner, Kommentierung des § 823 BGB, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 5: Schuldrecht. Besonderer Teil III. §§ 705 –853, 4. Aufl. 2004, Rdn. 50 ff., 220 ff. 353 T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 11; P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1837; ders., Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 101. 354 B. A. Garner (Hrsg.), Black’s Law Dictionary, Stichwort: default, S. 449: „The omission or failure to perform a legal or contractual duty; esp., the failure to pay a debt when due“. 355 P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1835 f.; T. Lingemann, U.S. Lease als Mittel der Finanzierungsoptimierung, S. 89. 356 P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1836. 357 H. C. Black (Hrsg.), Black’s Law Dictionary, Stichwort: remedy, S. 1294: „The rights given to a party by law or by contract which that party may exercise upon a default by the other contracting party, or upon the commission of a wrong (a tort) by another party“. 358 P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 98, 101; ders., US-Cross-Border-Leasing, S. 1836 f.; T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing,
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Zu unterscheiden ist in diesem Zusammenhang zwischen dem tatsächlichen Umstand, der ein event of default auslösen kann, und dem event of default im Sinne des Vertrages. Letzteres tritt erst dann ein, wenn der Investor die Kommune über die Vertragsverletzung formell benachrichtigt hat und eine vertraglich vereinbarte Frist zur Beseitigung des Umstandes (grace period 359) ergebnislos verstrichen ist. Diese Heilungsfristen sind je nach Art des betreffenden Umstandes unterschiedlich lang und betragen zwischen 30 und 180 Tagen nach Mitteilung der Vertragsverletzung durch den Trust. 360 Zu den events of default zählt in erster Linie der Zahlungsverzug. Hier sind die Heilungsfristen relativ knapp bemessen; außerdem ist Peter Sester zufolge in einem solchen Fall damit zu rechnen, daß aufgrund der Anreizstruktur der Investoren 361 die Ansprüche wegen Vertragsverletzung relativ zeitnah ausgeschöpft werden. 362 Umstände, die ein event of default auslösen können, sind typischerweise auch die Nichtaufrechterhaltung vereinbarter Sicherheiten, die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über die Kommune und die Nichterfüllung vertraglich vereinbarter Pflichten, insbesondere wesentlicher covenants wie die Versicherung und Wartung des Transaktionsgegenstandes oder die Einhaltung der einschlägigen Umweltrechtsvorschriften. Die Gefahr einer Vertragsverletzung besteht gleichermaßen, wenn bestimmte Zusicherungen und Gewährleistungen falsch abgegeben wurden (z. B. Zusicherung über den Zustand des Leasingobjekts bei Vertragsschluß). 363 d) Mit den events of default eng verbunden sind die vertraglichen Regelungen zu den events of loss 364. Als solche definiert der Rückmietvertrag Ereignisse, auf die die Kommune keinen Einfluß hat, wie den Untergang der Anlage aufS. 23; T. Geerling, U.S. Lease für kommunale Infrastruktur, S. 18; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 12; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 18. 359 B. A. Garner (Hrsg.), Black’s Law Dictionary, Stichwort: grace period, S. 717: „A period of extra time allowed for taking some required action (such as making payment) without incurring the usual penalty for being late“. 360 P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 101; ders., US-Cross-Border-Leasing, S. 1836; P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1066; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 18. 361 Zur Anreizstruktur schreibt Peter Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 98: „Die US-Investoren (repräsentiert durch den Trust) ihrerseits verfolgen ausschließlich Kapitalanlegerinteressen und sind als solche risikoavers, d. h. der pünktliche Zufluss des vereinbarten Zahlungsstroms muss möglichst gesichert sein“; ähnl. R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 25. 362 P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 101; H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 8. 363 P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 101; P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1066; T. Geerling, U.S. Lease für kommunale Infrastruktur, S. 18; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 18.
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grund eines Unfalls oder anderer unvorhergesehener Einflüsse, Diebstahl, den wirtschaftlichen Totalschaden einzelner oder aller Mietgegenstände, Beschlagnahme, Besitzbeeinträchtigung oder Entziehung durch staatliche Stellen sowie die Untersagung oder Ungesetzlichkeit des Gebrauchs der Mietgegenstände. 365 Tritt ein derartiges Verlustereignis ein, hat die Kommune das Recht, die verlorenen oder untergegangenen Anlagenteile wieder herzustellen, wodurch die Leasingtransaktion unverändert fortgeführt werden kann. 366 Sofern nicht andere, speziellere Vereinbarungen getroffen wurden, ist es dabei erforderlich, die Anlage grundsätzlich in gleicher Dimensionierung wieder zu errichten wie vor der Zerstörung. 367 Entscheidet sich die Kommune gegen eine Neuanschaffung oder den Wiederaufbau der Transaktionsgegenstände oder ist eine Ersatzbeschaffung unmöglich oder nicht praktikabel, werden die Mietverträge in Bezug auf diese Gegenstände teilweise gekündigt und die deutsche Seite hat für eventuell eintretende steuerliche Nachteile des Trusts aufzukommen; im Falle des Untergangs des gesamten Leasingobjektes wird die Transaktion vorzeitig beendet und die Kommune muß Schadensersatz in Form des Kündigungswertes zahlen. 368 Üblicherweise ist die Kommune verpflichtet, den Eintritt eines event of loss innerhalb von 30 bis 45 Tagen gegenüber dem Investor zur Anzeige zu brin364 B. A. Garner (Hrsg.), Black’s Law Dictionary, Stichwort: loss, S. 963: “1. An undesirable outcome of a risk; the disappearance or diminution of value, usu. in an unexpected or relatively unpredictable way. [...] 4. The failure to maintain possession of a thing“. 365 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 113; P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1066; P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1837; T. Link, USCross Border Lease Transaktionen, S. 16; H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 8; J. Wanner, US-Cross-Border-Leasingtransaktionen, S. 47; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 13, 17. 366 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 113; P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1066. In der Literatur wird in diesem Zusammenhang gerne das Beispiel „Dresden“ aufgegriffen. Dort wurde im August 2002 ein Klärwerk, das im Jahr 2000 in eine CrossBorder-Leasing-Struktur eingebracht worden war, durch „das Elbehochwasser“ großflächig überflutet. Die teilweise Beschädigung des Klärwerks hatte offenbar keine negativen Auswirkungen auf die Transaktion, nachdem die Anlage innerhalb kurzer Zeit repariert und die schadhaften Teile ausgetauscht worden waren; H. Dedy / R. Güpner, Cross-BorderLeasing, S. 8; P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 101; R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 40; o.V., Als Dresden in den Fluten von Elbe und Weißeritz versank. Das Hochwasser überschwemmte auch die vermietete Kläranlage. Die Leasing-Verträge waren trotzdem nicht gefährdet, in: R. Neubauer (Hrsg.), Kommunalfinanzierung heute, März 2003, S. 4 f. 367 H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 9. 368 T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 11; T. Link, US-Cross Border Lease Transaktionen, S. 16; P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 113; T. Geerling, U.S. Lease für kommunale Infrastruktur, S. 18; P. Sester, USCross-Border-Leasing, S. 1837; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 13, 17.
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gen. 369 Um eine Entscheidung über die Instandsetzung zu treffen, stehen der Kommune je nach Vertragsgestaltung und Transaktionsgegenstand zwischen 60 und 180 Tagen nach der Feststellung des Verlustes zu. 370 Bei einer Entscheidung für die Wiederbeschaffung besteht bei mobilen Leasinggegenständen in der Regel eine Frist von bis zu 180 Tagen für die Ersatzanschaffung. 371 Transaktionen mit immobilen Anlagegütern wie Kraftwerken oder Müllverbrennungsanlagen sehen für die Instandsetzung üblicherweise eine großzügigere Frist vor, die mehrere Jahre betragen kann; die Kommune ist in diesem Fall verpflichtet, binnen 180 Tagen eine Entscheidung hinsichtlich des Wiederaufbaus zu treffen und in angemessener Zeit damit zu beginnen. 372 e) Die Regelungen zum burdensome buyout 373 erlauben der Kommune, die Verträge gegen Zahlung des termination value zu beenden, wenn die Anlage technisch und wirtschaftlich überaltert ist oder wenn Umstände eintreten, die eine erhebliche Belastung darstellen. 374 Peter Sester spricht von Belastungen, die mehr als 1,5 % des Transaktionsvolumens betragen. 375 Einen solchen schwerwiegenden Nachteil können beispielsweise Abgaben darstellen, die durch eine Änderung des U.S.-Steuerrechts nach Transaktionsabschluß ausgelöst werden und aufgrund vertraglich bestehender Freistellungsverpflichtungen dann von der Kommune zu tragen wären. 376 Für den Fall der Vertragsbeendigung wegen technischer Überalterung sieht der in der Transaktionsbeschreibung Frankfurt dargestellte Rückmietvertrag vor, daß die Rechtsstellung des Trusts (gemäß dem Hauptmietvertrag) an einen unbeteiligten Dritten veräußert wird und die an den 369 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1066; o.V., Kontrolle ist besser. Nach Abschluß der Transaktion muß ein Vertragsmanagement aufgebaut werden. Der Arbeitsaufwand bleibt begrenzt, in: R. Neubauer (Hrsg.), Kommunalfinanzierung heute, März 2003, S. 7. 370 P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 101; T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 11. P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1066, zufolge wird der Kommune bei mobilen Leasinggegenständen oft eine Frist von bis zu 120 Tagen zugestanden, um ihr Wahlrecht auszuüben. 371 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1066. 372 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1066; P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 101. 373 B. A. Garner (Hrsg.), Black’s Law Dictionary, Stichwort: buyout, S. 213: „The purchase of all or a controlling percentage of the assets or shares of a business“, Stichwort: burden, S. 208: „1. A duty or responsibility [...] 2. Something that hinders or oppresses“. 374 H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 8 f.; T. Geerling, U.S. Lease für kommunale Infrastruktur, S. 18; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 13, 17. 375 Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 98. 376 H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 9; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 23.
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Trust aus dem Verkauf zahlbaren Erlöse auf den Kündigungswert angerechnet werden. 377 Thomas Lenk und Heide Köpping 378 sowie Tobias Geerling 379 führen hingegen aus, daß die Transaktion durch Verkauf der Anlage und Zahlung des termination value sowie der Differenz zwischen Verkaufserlös und termination value beendet werde. Unter Umständen kann bei einer Überalterung des Mietgegenstandes auch eine teilweise Beendigung des Mietvertrages vereinbart werden. 380 f) Bei ordnungsgemäßem Transaktionsverlauf ist dementsprechend davon auszugehen, daß während der Dauer des Rückmietvertrages das Recht zum unmittelbaren Besitz und zur Nutzung bei der Kommune verbleibt. 381 Mit dem sub lease wird der Kommune üblicherweise auch das Recht zur weiteren Untervermietung der Mietgegenstände im Rahmen der gewöhnlichen betrieblichen Nutzung und unter Einhaltung bestimmter Voraussetzungen, insbesondere der, die Untermietverträge dem mit dem U.S.-Trust geschlossenen Rückmietvertrag unterzuordnen, eingeräumt. 382 Daneben ist die deutsche Transaktionspartei berechtigt, Einbauten, Umbauten, Änderungen und Ergänzungen an der Anlage vorzunehmen, 383 sofern diese Maßnahmen nicht den Wert, die Nutzungsart und Nutzungsdauer 377
Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 13, 17. Cross Border Leasing, S. 19. 379 U.S. Lease für kommunale Infrastruktur, S. 18. 380 Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 13. 381 Ausführliche Informationen zu Art und Umfang der übertragenen Nutzungsrechte sind in der derzeit verfügbaren Literatur schwerlich zu finden. Die Rede ist von der Einräumung möglichst weitgehender Nutzungsrechte zum Erreichen einer möglichst uneingeschränkten Nutzbarkeit (T. Link, US-Cross Border Lease Transaktionen, S. 15), von einem grundsätzlich uneingeschränkten Nutzungsrecht (P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 97) und von weitgehenden Nutzungsrechten, die der Kommune zustehen (T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 10). Etwas konkreter werden Wolfgang Melzer, Rechtliche Fragen der Vertragsgestaltung, S. 4, der vom Recht zum Gebrauch spricht, Thomas Pschera / Marcus Hödl-Adick, Netto-Barwertvorteil und Gebühren, S. 50, die das ausschließliche Recht zum Betrieb der Anlage anführen sowie Manfred Busch, US-Cross Border-Lease, S. 10, der die übertragenen Nutzungsrechte als Recht zur Betriebsführung beschreibt. Frank Laudenklos und Claus Pegatzky, US-Leasingfinanzierungen, S. 1301, erklären hierzu: „Ordnungsgemäße Vertragserfüllung seitens der Kommune vorausgesetzt, kann der Trust während der Laufzeit des Rückmietvertrages weder auf das Wirtschaftsgut zugreifen noch darüber verfügen. Folglich ist es nicht etwa der Trust, sondern allein die Gemeinde, die das Wirtschaftsgut weiter nutzen und erwirtschaftete Erträge vereinnahmen kann“. In der Literatur werden ferner speziellere Rechte beschrieben; diese sollen nachfolgend dargestellt werden. 382 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 112; T. Link, US-Cross Border Lease Transaktionen, S. 15; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 13. 383 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 112; T. Link, US-Cross Border Lease Transaktionen, S. 15. 378
3. Kap.: Vertragsstruktur
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des Mietgegenstandes wesentlich verändern. 384 Denn die Realisierung der Steuervorteile in den U.S.A. setzt(e) voraus, daß das Anlagensystem als solches erhalten bleibt und weiterhin als abschreibungsfähiges Wirtschaftsgut existiert. 385 Sollten Modifikationen an der Anlage zu einer anderen, für die Eigenkapitalinvestoren nachteiligen U.S.-steuerrechtlichen Bewertung der Transaktion führen, werden Entschädigungspflichten der Kommune unter dem tax indemnity agreement ausgelöst. 386 Rein betriebsbedingte Änderungen sollen Manfred Busch 387 und Tobias Geerling 388 zufolge allerdings steuerunschädlich und daher gestattet sein. Nachdem die Kommune die Transaktionsgegenstände für die Dauer des Rückmietvertrages im Bestand erhalten muß, 389 ist ein Abriß der Anlagen nicht zulässig. 390 Eine Pflicht zum Betrieb besteht hingegen nicht. 391 Die Kommune kann die Anlage daher ganz oder teilweise stillegen; 392 weiterhin gewährleistet sein muß allerdings die Betriebsbereitschaft des Mietgegenstandes, so daß im Falle der Nichtausübung der Kaufoption ein Weiterbetrieb durch den Trust möglich ist. 393 Die Erhaltung der Betriebsfähigkeit bis zum möglichen Eintritt in eine service-contract-Phase erklärt auch die Verpflichtung, die Anlage zu modernisieren und technisch und rechtlich auf dem aktuellen Stand zu halten. Zur Wahrung seiner Rechte und Belange erhält der U.S.-Trust ein Besichtigungs- und Inspektionsrecht hinsichtlich der Mietgegenstände. 394 384
P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1065; W. Melzer, Rechtliche Fragen der Vertragsgestaltung von USCross-Border-Leasinggeschäften, S. 7; T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 10. 385 H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 8. 386 Sächs. VwV CBL, S. 4 ff.; P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1840; W. Melzer, Rechtliche Fragen der Vertragsgestaltung von US-Cross-Border-Leasinggeschäften, S. 7; H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 8; zum tax indemnity agreement, siehe: 2. Teil, 3. Kap. VII. 387 Wenn kaufmännisches Denken in den Hintergrund tritt, S. 4. 388 U.S. Lease für kommunale Infrastruktur, S. 18. 389 Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, Informationen zu Cross-BorderLeasing Geschäften von Kommunen, S. 4. 390 M. Busch, US-Cross Border-Lease, S. 11. 391 W. Melzer, Rechtliche Fragen der Vertragsgestaltung von US-Cross-Border-Leasinggeschäften, S. 7; T. Geerling, U.S. Lease für kommunale Infrastruktur, S. 18; P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1065; kommen letztendlich zur gleichen Aussage: H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 8 f. 392 H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 9; M. Busch, US-Cross-Border-Lease, S. 11; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 13. 393 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1065; W. Melzer, Rechtliche Fragen der Vertragsgestaltung von USCross-Border-Leasinggeschäften, S. 7; T. Geerling, U.S. Lease für kommunale Infrastruktur, S. 18; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 13.
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IV. Service contract / Dienstleistungsvertrag a) Übt die Kommune am Ende der Laufzeit des Rückmietvertrages die ihr zustehende purchase option nicht aus, kann der U.S.-Trust den unmittelbaren Besitz am Transaktionsgegenstand für die verbleibende Dauer des Hauptmietvertrages herausverlangen und es schließt sich zumeist eine sogenannte servicecontract-Phase an. 395 Die Laufzeit des Dienstleistungsvertrages, der häufig als Bestandteil des participation agreement vereinbart wird, 396 beträgt zwischen 10 und 30 Jahren; 397 oftmals ist eine Verlängerung gegen Zahlung eines marktüblichen Entgeltes möglich. 398 Je nach Vertragsgestaltung wird der Kommune für den Zeitpunkt des Ablaufs des service contract auch ein weiteres Mal das Recht eingeräumt, die Nutzungsrechte des U.S.-Trusts nach dem Hauptmietvertrag zu einem auf dem Verkehrswert der Anlage basierenden Preis zu erwerben. 399 Andernfalls endet die Transaktion erst am Ende der Laufzeit des Hauptmietvertrages. 400 b) Innerhalb der service-contract-Struktur hat der U.S.-Trust die Funktion des Dienstleistungserbringers (service provider) inne, der die wirtschaftliche Leistung der Anlage gegen Entgelt zur Verfügung stellt. Dabei hat er das Recht, die Anlage selbst zu betreiben oder auf der Grundlage eines operating agreement 401 durch einen qualifizierten Dritten (operator) betreiben zu lassen. 402 Als Dienstleistungsempfänger (service recipient) tritt in der Regel die deutsche Transaktionspartei in das Vertragsverhältnis ein; es kann aber auch ein unabhängiger Dritter sein. 403 Die Kommune hat meist auch die Möglichkeit, den Betrieb der 394 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 112; T. Link, US-Cross Border Lease Transaktionen, S. 15. 395 F. Laudenklos / C. Pegatzky, US-Leasingfinanzierungen, S. 1300; P. Sester, USCross-Border-Leasing, S. 1835; T. Lingemann, U.S. Lease als Mittel der Finanzierungsoptimierung, S. 89. 396 T. Link, US-Cross Border Lease Transaktionen, S. 12. 397 T. Link, US-Cross Border Lease Transaktionen, S. 12; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 5. 398 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 107; T. Link, US-Cross Border Lease Transaktionen, S. 12. 399 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 108; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 5. 400 VG Gera, Urt. v. 01. 03. 2004, in: DÖV 21/2004, S. 932. 401 Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 15; E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 23 f.: operating and support agreement. 402 H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 3; T. Link, US-Cross Border Lease Transaktionen, S. 12; T. Lingemann, U.S. Lease als Mittel der Finanzierungsoptimierung, S. 89; E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 23; P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 108; Sächs. VwV CBL, S. 5; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 15; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 4 f.
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Anlage zu übernehmen; 404 sie kann jedoch nicht gleichzeitig als operator und service recipient tätig werden. 405 Durch die Einnahmen aus der Bereitstellung der Leistung des Transaktionsgegenstandes stellt der Dienstleistungsvertrag die Amortisierung der „Anschaffungskosten“ durch den Investor sicher, 406 d. h. als Ersatz für das von der Kommune nicht zurückgeführte, aufgezinste Kapital, den Kaufoptionspreis, erhält der U.S.-Trust die von den Endnutzern vereinnahmten Entgelte und gegebenenfalls Zusatzzahlungen, die ihm eine bestimmte Anlagenrendite sichern. 407 Die Parteien strukturieren den service contract sowie das Preissystem, das nach diesem Vertrag gilt, bereits bei Abschluß der Transaktion. 408 c) Kerngedanke der service-contract-Struktur war es, eine möglichst kurze Leasingdauer (Dauer des Rückmietvertrages) 409 zu vereinbaren, die dann als Grundlage zur Berechnung des Abschreibungszeitraumes diente. Insofern mußte der Dienstleistungsvertrag so konstruiert sein, daß er unter keinen Umständen als Leasing qualifiziert werden konnte und somit auch nicht in die Berechnung der Abschreibungsdauer einging. 410
403 T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 7; E. Müller / H. Mayer, US-CrossBorder-Lease, S. 13; P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 107; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 15. 404 E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 24; T. Lingemann, U.S. Lease als Mittel der Finanzierungsoptimierung, S. 89; hingegen: Sächs. VwV CBL, S. 15: die jeweilige Kommune und mit ihr verbundene Unternehmen scheiden als Anlagenbetreiber aus. 405 E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 24, 59; T. Lingemann, U.S. Lease als Mittel der Finanzierungsoptimierung, S. 89; siehe auch: Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 15. 406 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1062. 407 Unterrichtung durch den Landesrechnungshof, LT-Drs. Mecklenburg-Vorpommern 4/1068, S. 83; Sächs. VwV CBL, S. 5. 408 P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1835. 409 Siehe: 2. Teil, 2. Kap. IV.1. 410 E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 58; Sec. 7701 (e) Internal Revenue Code nennt bestimmte Kriterien anhand derer die Abgrenzung zwischen lease und service contract vorgenommen werden kann, dazu: E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 58 ff.; S. Ginsbach, Cross-Border-Leasing als Instrument der Kommunalfinanzierung, S. 310; P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1062.
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V. Payment undertaking agreements / Zahlungsübernahmevereinbarungen a) Auf der Grundlage der payment undertaking agreements erbringen die defeasance-Banken sukzessive die von der Kommune unter dem Rückmietvertrag geschuldeten Mietraten sowie im Falle der Ausübung der Kaufoption den zu zahlenden Optionspreis. Die dafür erforderlichen finanziellen Mittel, d. h. den Barwert der Verbindlichkeiten, entrichtet die Kommune bei Vertragsschluß an die entsprechenden Kreditinstitute. 411 Die Zwischenschaltung der Banken sowie die Vorausleistung in Form einer einmaligen Zahlung dienen der Sicherung der Zahlungsansprüche des Trusts aus dem Rückmietvertrag und bewirken, daß die Kommune von ihren regulären Zahlungsverpflichtungen wirtschaftlich, d. h. von den Zahlungsströmen ausgehend, bereits zu Beginn der Transaktion befreit wird. 412 Ihre rechtliche Verpflichtung gegenüber dem Trust zur Zahlung der geschuldeten Beträge bleibt davon jedoch unberührt. 413 Deshalb haftet die Kommune auch bei einem Ausfall der Banken. 414 Insofern ist darin aus deutsch-rechtlicher Sicht keine befreiende Schuldübernahme 415 zu sehen. 416 411
Siehe dazu sowie zum Instrument der in-substance defeasance: 2. Teil, 2. Kap. I.2. H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 4; P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 107. 413 F. Laudenklos / C. Pegatzky, US-Leasingfinanzierungen, S. 1300; T. Link, US-Cross Border Lease Transaktionen, S. 12; P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 104; S. Bubeck, Finanzierungsstruktur / Rolle der Bankenpartner, S. 7; Volker Korthäuer und Marius Tritsch, US-Cross-Border-Lease, S. 28, erwähnen, es existiere auch eine Form der legal defeasance, bei der die Kommune nicht haftbar gemacht werden könne und die deshalb im Leasingvertrag habe vereinbart werden sollen; ähnlich auch: T. Günther / M. Niepel, Aufbau und Risiken des kommunalen US-Lease-in / Leaseout, S. 605; konkrete Transaktionen dieser Art sind bisher allerdings nicht bekannt geworden. 414 R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 26; T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 6; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 19; ausführlich zum Risiko einer Insolvenz der Zahlungsübernahmebanken: 3. Teil, 5. Kap. 415 Die befreiende oder privative Schuldübernahme, die in §§ 414 bis 418 BGB geregelt ist, dient dazu, eine Entlastung des bisherigen Schuldners durch den Eintritt eines neuen Schuldners (Übernehmer) bei gleichzeitiger Sicherung des Gläubigers zu ermöglichen. Es wird ein Schuldnerwechsel bewirkt, bei dem der Altschuldner von seiner Schuld befreit wird und der Gläubiger einen Anspruch gegen den Übernehmer erwirbt. Angesichts der Bedeutung der Schuldnerbonität für den Wert einer Forderung ist bei der befreienden Schuldübernahme die Beteiligung des Gläubigers Wirksamkeitsvoraussetzung; W. Möschel, Vorbemerkungen zu § 414 BGB, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 2a: Schuldrecht. Allgemeiner Teil. §§ 241 –432, 4. Aufl. 2003, Rdn. 1 ff.; C. Grüneberg, Kommentierung der §§ 414 f. BGB, in: Palandt. Bürgerliches Gesetzbuch, 66. Aufl. 2007; W. Rosch, Kommentierung der §§ 414 f. BGB, in: M. Junker (Hrsg.), BGB. Juris Praxiskommentar, Bd. 2.1: Schuldrecht. §§ 241 bis 432. Teil 1, 2. Aufl. 2004. 412
3. Kap.: Vertragsstruktur
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b) Vereinbaren die Kommune und das Finanzinstitut, daß dem Trust ein eigenes Forderungsrecht gegenüber dem Finanzinstitut zustehen soll, kommt dies einem Schuldbeitritt in Form eines echten Vertrags zugunsten des Trusts nahe. Ein Schuldbeitritt wäre auch dann anzunehmen, wenn es sich um eine dreiseitige Vereinbarung handelt, der Trust also unmittelbar Partei des Vertrages wird, 417 wie es im Rahmen der Zahlungsübernahme C regelmäßig der Fall ist. 418 Bei einem Schuldbeitritt, auch Schuldmitübernahme oder kumulative Schuldübernahme genannt, tritt ein neuer Schuldner neben den alten in das Schuldverhältnis ein. Es entsteht eine Gesamtschuldnerschaft. Nachdem dem Gläubiger neben dem Vermögen des ursprünglich haftenden Schuldners auch noch dasjenige des Beitretenden haftet, hat ein solcher Beitritt eine Sicherungsfunktion und die Rechtsstellung des Gläubigers wird verstärkt. 419 c) Erwirbt der Trust kein eigenes Forderungsrecht gegen das Finanzinstitut, entspricht der Vertrag einer Erfüllungsübernahme. 420 Gemäß § 329 BGB ist die Erfüllungsübernahme ein Vertrag zwischen Schuldner und Übernehmer, durch den sich der Übernehmer verpflichtet, eine Verbindlichkeit des Schuldners zu erfüllen. Gegenstand der Verpflichtung ist also ein Freistellungsanspruch des Schuldners gegen den Übernehmer. Dem Gläubiger entstehen aus der Vereinbarung keine Rechte. 421 Die Erfüllungsübernahme ist damit ein internes Verpflichtungsgeschäft zwischen dem Schuldner und dem Dritten 422 und in gleicher 416 F. Laudenklos / C. Pegatzky, US-Leasingfinanzierungen, S. 1300; A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 316; P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 110. 417 F. Laudenklos / C. Pegatzky, US-Leasingfinanzierungen, S. 1300. 418 Email-Auskunft von Steffen Bubeck, Landesbank Baden-Württemberg, 22. 01. 2004; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 7; o.V., Die Cross-Border-Leasing-AKTE der TIWAG; siehe dazu: 2. Teil, 2. Kap. I.2. und 3. 419 W. Möschel, Vorbemerkungen zu § 414 BGB, Rdn. 10 ff.; W. Rosch, Kommentierung des § 414 BGB, Rd. 5; C. Grüneberg, Überblick vor § 414 BGB, in: Palandt. Bürgerliches Gesetzbuch. Kommentar, 66. Aufl. 2007, Rdn. 2 ff. Der rechtsgeschäftliche Schuldbeitritt ist im BGB nicht geregelt. Zustande kommt er meist durch Vertrag zwischen dem Beitretenden und dem Gläubiger; möglich ist ebenfalls ein Vertrag zwischen Urschuldner und Beitretendem als echter Vertrag zugunsten Dritter, des Gläubigers, nach § 328 BGB; siehe dazu: P. Gottwald, Kommentierung des § 328 BGB, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 2a: Schuldrecht. Allgemeiner Teil. §§ 241 – 432, 4. Aufl. 2003, Rdn. 70; B. Schinkels, Kommentierung des § 328 BGB, in: M. Junker (Hrsg.), BGB. Juris Praxiskommentar, Bd. 2.1: Schuldrecht. §§ 241 bis 432. Teil 1, 2. Aufl. 2004, Rdn. 1 ff. 420 F. Laudenklos / C. Pegatzky, US-Leasingfinanzierungen, S. 1300. 421 C. Grüneberg, Kommentierung des § 329 BGB, in: Palandt. Bürgerliches Gesetzbuch. Kommentar, 66. Aufl. 2007, Rdn. 1 ff.; B. Schinkels, Kommentierung des § 329 BGB, in: M. Junker (Hrsg.), BGB. Juris Praxiskommentar, Bd. 2.1: Schuldrecht. §§ 241 – 432. Teil 1, 2. Aufl. 2004, Rdn. 1 ff.; P. Gottwald, Kommentierung des § 329 BGB, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 2a: Schuldrecht. Allgemeiner Teil. §§ 241 – 432, 4. Aufl. 2003, Rdn. 1 ff.
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2. Teil: Struktur einer U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion
Weise besteht das payment undertaking agreement dann nur im Innenverhältnis zwischen der Bank und der Kommune. Nachdem der Trust an der Zahlungsübernahme D für gewöhnlich keine vertraglichen Rechte hat, 423 kommt diese Vereinbarung einer Erfüllungsübernahme gleich.
VI. Loan agreements / Darlehensverträge Die Darlehensverträge bestehen zwischen dem Trust und den Kreditgebern A und B; 424 die Kommune ist hier nicht Vertragspartei. 425 Der Betrag, den die Kreditgeber insgesamt zur Verfügung stellen, entspricht der Differenz zwischen Anlagenwert und Eigenkapitaleinlage und macht etwa 85 % der Mietvorauszahlung aus. Um die Rückzahlung der Kredite abzusichern, gewährt der Trust den Kreditgebern ein Sicherungsrecht an seinen Rechten aus dem Hauptmietvertrag, dem Rückmietvertrag und bestimmten anderen Rechten aus den Transaktionsverträgen. Die bestellten Sicherheiten schließen die Zahlungsübernahme C ein, 426 nicht aber die Zahlungsübernahme D und die Zahlungsübernahme E. 427
VII. Tax indemnity agreement / Steuerfreistellungsvereinbarung a) Das tax indemnity agreement ist ein bilateraler Vertrag zwischen der Kommune und dem U.S.-Investor und regelt die Risikoverteilung für den Fall, daß die Transaktion nicht zu den erwarteten Steuervorteilen führt. 428 Nachdem die Attraktivität des Transaktionsmodells gerade in der Möglichkeit bestand, einen Steuerstundungseffekt zu erzielen, dieser also maßgebliche Triebfeder für den Vertragsschluß war, kommt der Risikoverteilung eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung zu; 429 insbesondere in Anbetracht der Gesetzesänderung im Oktober 2004. 430 422 V. Rieble, Kommentierung des § 414 BGB, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, 2. Buch: Recht der Schuldverhältnisse. §§ 397 – 432, 13. Bearb. 1999, Rdn. 27. 423 Email-Auskunft von Steffen Bubeck, Landesbank Baden-Württemberg, 22. 01. 2004; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 7; o.V., Die Cross-Border-Leasing-AKTE der TIWAG; siehe dazu: 2. Teil, 2. Kap. I.2. und 3. 424 Dazu: 2. Teil, 2. Kap. I.1. 425 E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 22; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 13. 426 Dazu: 2. Teil, 2. Kap. I.3. 427 Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 7, 13. 428 W. Melzer, Rechtliche Fragen der Vertragsgestaltung von US-Cross-Border-Leasinggeschäften, S. 4.
3. Kap.: Vertragsstruktur
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In den beiden zentralen Bereichen ist das U.S.-Einkommensteuerrisiko regelmäßig dem Eigenkapitalinvestor zugewiesen. Dazu gehört zum einen das sogenannte Anerkennungsrisiko, d. h. das Risiko, daß der Hauptmietvertrag nicht als Übertragung und der Untermietvertrag nicht als true lease qualifiziert wird. 431 Zum anderen hat der Investor das Steuerrechtsänderungsrisiko zu tragen, also das Risiko, daß der Steuerstundungseffekt aufgrund nachteiliger Änderungen in der U.S.-Steuergesetzgebung während der Laufzeit des Rückmietvertrages nicht oder nicht im erwarteten Umfang erzielt werden kann. 432 In diesem Zusammenhang weisen Peter Smeets et al. ausdrücklich darauf hin, daß die Wirksamkeit der Vertragsbeziehungen zwischen den Parteien unberührt bleibe und der Investor nicht berechtigt sei, die Verträge vorzeitig zu kündigen, wenn eine Transaktion in den Vereinigten Staaten von Amerika nicht anerkannt werde. 433 b) Mit Abschluß des tax indemnity agreements werden auch jene Fälle festgeschrieben, in denen die Kommune verpflichtet ist, den Investor für den Verlust der Steuervergünstigungen zu entschädigen. 434 Die U.S.-ertragsteuerlichen Freistellungsansprüche des Investors erstrecken sich insbesondere auf entgangene Steuervorteile, die aus der falschen Abgabe oder der Verletzung spezifischer Zusicherungen und Gewährleistungen, der Nichterfüllung bestimmter vertraglicher Verpflichtungen sowie nach den Transaktionsverträgen nicht gestatteten Handlungen und Unterlassungen resultieren. 435 Ferner trägt die Kommune das Risiko, daß wesentliche Modifikationen an der Anlage oder deren Privatisierung zu einer anderen, für den Eigenkapitalinvestor nachteiligen Bewertung der Transaktion nach U.S.-Steuerrecht führt. 436 Eine weitere wesentliche Zusicherung, die von 429 P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1840; R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 37 f. 430 Siehe dazu: 2. Teil, 2. Kap. IV.2. 431 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1065; P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1840: „dass der Tatbestand, welcher durch die Transaktion geschaffen wird, auf der Basis des geltenden Steuerrechts tatsächlich von den US-Steuerbehörden und US-Gerichten anerkannt wird, d. h. der US-Trust die betreffende Anlage – wie geplant – abschreiben kann“; siehe dazu: 2. Teil, 2. Kap. IV.1. 432 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1065; R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 37 f.; P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 110; H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 5. 433 Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1065. 434 E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 85; W. Melzer, Rechtliche Fragen der Vertragsgestaltung von US-Cross-Border-Leasinggeschäften, S. 4; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 15. 435 Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, Informationen zu Cross-Border-Leasing Geschäften von Kommunen, S. 5; P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1840; J. Wanner, US-Cross-Border-Leasingtransaktionen, S. 47; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 22; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 21, 15.
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2. Teil: Struktur einer U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion
der Kommune im Steuerfreistellungsvertrag abgegeben werden muß, ist die, daß am Tag des Vertragsschlusses eine Entscheidung, die Kaufoption nach Ablauf des Rückmietvertrages auszuüben, nicht gefallen ist. 437
VIII. Trust agreement / Treuhandvertrag a) Im Rahmen eines Treuhandvertrages (trust agreement; Trustvertrag) errichtet der U.S.-amerikanische Eigenkapitalinvestor den Trust, der als Mieter im Hauptmietvertrag und als Vermieter im Rückmietvertrag auftritt und der damit unmittelbarer Vertragspartner der Kommune ist. 438 b) Ein Trust ist ein treuhänderisches Rechtsverhältnis (fiduciary relationship). Er entsteht, indem der Begründer des Trusts (Treugeber, settlor) das rechtliche Eigentum an Vermögensgegenständen an eine oder mehrere Personen (Treuhänder, trustee(s)) mit der Verpflichtung überträgt, dieses Vermögen (Treuhandvermögen, trust property, res) zugunsten Dritter (Begünstigte, beneficiaries) zu verwalten. 439 Kennzeichnend für das Rechtsinstitut des Trusts ist die Aufspaltung der Eigentumsrechte am Trustvermögen in einen legal title und einen equitable title. 440 Inhaber des legal title ist der Treuhänder, der nach außen hin Eigentümer 436 LT-Drs. Schleswig-Holstein 15/2509, S. 2; P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1840. 437 Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 15. 438 Sächs. VwV CBL, S. 16; P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1064; A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 316; F. Kuchler, Haushaltskonsolidierung durch US Lease Transaktionen, S. 62; E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 18; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 17. 439 S. H. Elsing / M. P. Van Alstine, US-amerikanisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 2. Aufl. 1999, S. 182; P. Hay, US-Amerikanisches Recht. Ein Studienbuch, 3. Aufl. 2005, S. 163; W. Treumann / M. Peltzer / A. M. Kuehn, US business law. A bilingual guide for the German businessman and investor and his advisors, 2. Aufl. 1990, S. 158 ff. (ausführlich zu den einzelnen Parteien); M. Korrodi, Die Verantwortlichkeit des Trustees in der Verwaltung von Trusts und Gesellschaften. Praktische Fragen und Problemkreise, 1997, S. 9. 440 Die Rechtsfigur des Trusts bildete sich im Laufe der Jahrhunderte in der englischen Rechtspraxis heraus. Ihre Entstehung spiegelt die Entwicklung und Funktionsweise des englischen Rechtssystems wider, das im Mittelalter neben dem gemeinen Recht, dem common law, einen weiteren Gerichtszweig mit einem eigenen Normenkomplex, dem Billigkeitsrecht der equity hervorbrachte. Nach dem Gerichtszug des common law stehen dem Treuhänder die unter dem Begriff „legal title“ zusammengefaßten Befugnisse zu; nach den Grundsätzen der equity-Rechtsprechung steht dem Begünstigten der equitable title zu. Diese grundlegende Unterscheidung in common law und equity ebenso wie das Rechtsinstitut des Trusts wurden in das U.S.-amerikanische Rechtsleben (mit Ausnahme des Bundesstaates Louisiana) übernommen, C. Schiemann, Der US-amerikanische Trust als Testamentsersatzgeschäft und Instrument der Nachlassplanung. Dargestellt
3. Kap.: Vertragsstruktur
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des Vermögens in formell rechtlicher Hinsicht ist und somit die Verfügungs- und Verwaltungsmacht hat. Demgegenüber hält der Begünstigte das wirtschaftliche Eigentum am Trustvermögen, den equitable title; der equitable title bezeichnet also denjenigen, dem das Eigentum tatsächlich, billigerweise nach dem Willen des Begründers zustehen soll. 441 Es gibt damit eine klare Trennung zwischen formeller Rechtsposition und wirtschaftlicher Zuordnung der Nutzungen. Insofern erlaubt die Errichtung eines Trusts, die Nutznießung des Vermögens einerseits und seine Verwaltung mitsamt den damit verbundenen Risiken andererseits auf verschiedene Personen zu verteilen. 442 Das Trustrecht in den Vereinigten Staaten von Amerika unterliegt zunächst dem Fallrecht der Einzelstaaten. Daneben haben die Staaten in der Regel besondere Trustgesetze erlassen, in denen die Rechte und Pflichten der trustees, die Anlagevorschriften, Grundsätze der Rechnungslegung und Nachfolgevorschriften im Falle des Ausscheidens eines trustees geregelt sind. Je nachdem ergänzen, ändern oder ersetzen diese Gesetze die im Fallrecht entwickelten Prinzipien. 443 c) Im Rahmen von Cross-Border-Leasing-Transaktionen wurde der Trust in aller Regel nach dem Recht des Bundesstaates Delaware oder Connecticut errichtet und ist rechtlich selbständig sowie auf Dauer angelegt. 444 Errichter und Begünstigter fallen dabei in der Person des Investors zusammen. 445 In Höhe der unter besonderer Berücksichtigung des Rechts des Bundesstaates Florida, 2003, S. 6 ff.; S. H. Elsing, Grundzüge des Rechts- und Regierungssystems, des Gesellschafts- sowie des Trustrechts der Vereinigten Staaten von Amerika, in: J.-D. Kramer (Hrsg.), Grundzüge des US-amerikanischen Steuerrechts, 1990, S. 3 ff., 23; zur historischen Entwicklung des Trusts: F. W. Maitland, Equity, 2. Aufl. 1969, S. 23 ff.; H. Kötz, Trust und Treuhand. Eine rechtsvergleichende Darstellung des anglo-amerikanischen trust und funktionsverwandter Rechtsinstitute, 1963, S. 14 ff.; H. Roth, Der Trust in seinem Entwicklungsgang vom Feoffee to Uses zur amerikanischen Trust Company, 1928, S. 87 ff.; zur historischen Entwicklung des anglo-amerikanischen Rechtssystems: D. Blumenwitz, Einführung in das anglo-amerikanische Recht. Rechtsquellenlehre. Methode der Rechtsfindung. Arbeiten mit praktischen Fällen, 5. Aufl. 1994, S. 6 ff. 441 S. H. Elsing / M. P. Van Alstine, US-amerikanisches Handels- und Wirtschaftsrecht, S. 182 f.; P. Hay, US-amerikanisches Recht, S. 163. 442 S. H. Elsing / M. P. Van Alstine, US-amerikanisches Handels- und Wirtschaftsrecht, S. 183. 443 S. H. Elsing / M. P. Van Alstine, US-amerikanisches Handels- und Wirtschaftsrecht, S. 183; W. Treumann / M. Peltzer / A. M. Kuehn, US business law, S. 158. 444 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei USLeasingfinanzierungen, S. 1064; A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 316; P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1840; P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 107, 109; R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 10: „Bekanntester Anbieter als Verwalter solcher Trusts mit Sitz in Delaware ist die Firma ‚Wilmington Trust Corp‘“. 445 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 107; F. Kuchler, Haushaltskonsolidierung durch US Lease Transaktionen, S. 62; F. P. Thomas /
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2. Teil: Struktur einer U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion
Eigenkapitaleinlage, mit der sich der Investor an der Transaktion beteiligt, stattet er den Trust mit Kapital aus. 446 Der Trust ist als Ein-Zweck-Gesellschaft (single purpose vehicle) errichtet, d. h. er ist ausschließlich für den Abschluß und die Durchführung einer konkreten Transaktion gegründet; die Aufnahme einer weitergehenden Geschäftstätigkeit ist vertraglich ausgeschlossen. 447 Mit der Zwischenschaltung des Trusts wird die Absicht verfolgt, die Rechte aus der Transaktion vom Vermögen des Investors möglichst weit zu separieren, um das im Trust befindliche Vermögen vor Gläubigern des Investors, insbesondere im Falle eines Konkurses zu schützen. 448 Gleichzeitig sollte ein Rechtssubjekt geschaffen werden, das steuerlich neutral Abschreibungsmöglichkeiten hinsichtlich des betreffenden Transaktionsgegenstandes auf die Eigenkapitalinvestitionen überleitet. 449
J. Wanner, Steuer-, aufsichts- und gebührenrechtliche Behandlung von US-Cross-Border Leasingfinanzierungen, S. 65; siehe auch: S. H. Elsing / M. P. Van Alstine, US-amerikanisches Handels- und Wirtschaftsrecht, S. 184. 446 Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband, Cross-Border-Leasing, S. 5; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 7. 447 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1064; R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 10. 448 J. Wanner, US-Cross-Border-Leasingtransaktionen, S. 46; P. Biagosch / K. WeinandHärer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 109; dazu auch: S. H. Elsing, Grundzüge des Rechts- und Regierungssystems, des Gesellschafts- sowie des Trustrechts der Vereinigten Staaten von Amerika, S. 27. 449 P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1834.
3. Teil
Risiken Die Struktur der Transaktion, die öffentliche Diskussion um diese Geschäfte und die dabei zum Ausdruck gebrachte massive Kritik lassen erwarten, daß die mit dem Cross-Border-Leasing verbundenen Risiken vielfältig und komplex sind. 1 Eine Auswahl dieser Risikopositionen ist im folgenden dargestellt. 2 Der Begriff des Risikos wird in der Literatur je nach wissenschaftlicher Disziplin und Zweck der Untersuchung unterschiedlich definiert. 3 In der Betriebswirtschaftslehre wird Risiko zumeist als die Gefahr verstanden, daß ein tatsächlich realisiertes Ergebnis vom erwarteten Ergebnis negativ abweicht. 4 Risiko in diesem Sinne bedeutet die Gefahr von Vermögensverlusten, Kostenerhöhungen, eines Gewinnentgangs oder anderer Schäden. Diese Definition, die als verlustbezogener Ansatz bezeichnet wird, 5 und die wohl auch eine gewisse Nähe zum umgangssprachlichen Begriffsverständnis aufweist, soll den folgenden Ausführungen zugrunde gelegt werden. Die Risiken von U.S.-Cross-Border-Lease-Transaktionen hängen nicht zuletzt von der konkreten Vertragsgestaltung im Einzelfall ab; sie sind also auch Verhandlungssache. 6 Die Hauptrisiken sind jedoch im wesentlichen strukturimmanent. 7 Neben den Risiken, die sich unmittelbar im Einflußbereich der Gemeinde 1
Allerdings: „Belastbare Erfahrungswerte über die Wahrscheinlichkeit und den Zeitpunkt des Eintritts vertraglicher Risiken sowie über die Höhe möglicher finanzieller Belastungen für die Gemeinden liegen bisher nicht vor“, Unterrichtung durch den Landesrechnungshof, LT-Drs. Mecklenburg-Vorpommern 4/1068, S. 84. 2 Dazu auch: P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 109 ff.; P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1063 ff.; P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1836 ff.; T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 13 ff. 3 S. Klose, Asset-Management von Länderrisiken, 1996, S. 24; ausführlich dazu: A. Jonen, Semantische Analyse des Risikobegriffs – Strukturierung der betriebswirtschaftlichen Risikodefinitionen und literaturempirische Auswertung, in: V. Lingnau (Hrsg.), Beiträge zur Controlling-Forschung, Nr. 11, 2. Aufl. 2007. 4 H. E. Büschgen, Bankbetriebslehre. Bankgeschäfte und Bankmanagement, 5. Aufl. 1998, S. 865. 5 T. Günther / M. Niepel, Aufbau und Risiken des kommunalen US-Lease-in / Leaseout, S. 604.
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3. Teil: Risiken
befinden, gibt es auch solche Risikopositionen, die, obwohl sie von der Gemeinde nicht abgewiesen oder vermieden werden können, dennoch von ihr zu tragen sind.
1. Kapitel
Mangelnde Vertrautheit mit den rechtlichen Rahmenbedingungen und Angewiesensein auf Berater a) Cross-Border-Leasing-Transaktionen sind das Ergebnis umfangreicher Vertragsverhandlungen, bei denen jede beteiligte Partei (sei es direkt am Vertragswerk oder indirekt im Rahmen der Anbahnung, Vorbereitung und Durchführung) für sich die besten Konditionen zu erzielen versuchte. 8 Sie sind in vielerlei Hinsicht höchst komplex, 9 was sich unter anderem darin zeigt, daß eine Vielzahl von Einzelverträgen, die durch einen Rahmenvertrag miteinander verbunden sind, abgeschlossen werden mußte. 10 Das gesamte Vertragswerk umfaßt regelmäßig etwa 70 Dokumente mit einem Umfang von etwa 1000 bis 1500 Seiten. 11 Die Verträge sind zudem in englischer Sprache abgefaßt 12 und unterliegen weitgehend dem Recht des Bundesstaates New York; 13 daß die Kommunalverwaltung und die kommunalen Vertreter damit hinreichend vertraut sind, darf wohl kaum 6 LT-Drs. Baden-Württemberg 13/1885, S. 5; A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 318; Hinweise zur Vertragsgestaltung gibt insbesondere die Sächs. VwV CBL. 7 M. Thormann, Zur aktuellen Diskussion um das US-Cross-Border-Lease, S. 426. 8 Jahresbericht 2004 des Landesrechnungshofs Nordrhein-Westfalen über das Ergebnis der Prüfungen im Geschäftsjahr 2003, unter: http://www.lrh.nrw.de, S. 343. 9 LT-Drs. Nordrhein-Westfalen 13/3896, S. 3: „Intransparenz und zu große Komplexität der Verträge“; LT-Drs. Rheinland-Pfalz 14/997, S. 1: „Eine abschließende Auflistung sämtlicher Risiken von Cross-Border-Leasinggeschäften ist wegen der Komplexität solcher Vertragskonstruktionen nicht möglich“; Stadt Siegen, Verwaltungsvorlage Nr. 2721/ 2003 vom 13. 06. 2003, S. 8. 10 Dazu: 2. Teil, 3. Kap. 11 F. Laudenklos / C. Pegatzky, US-Leasingfinanzierungen, S. 1303; Sächs. VwV CBL, S. 14; T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 2; Jahresbericht 2004 des Landesrechnungshofs Nordrhein-Westfalen, unter: http://www.lrh.nrw.de, S. 343. 12 M. Thormann, Zur aktuellen Diskussion um das US-Cross-Border-Lease, S. 427; F. Laudenklos / C. Pegatzky, US-Leasingfinanzierungen, S. 1303; Jahresbericht 2004 des Landesrechnungshofs Nordrhein-Westfalen, unter: http://www.lrh.nrw.de, S. 343. 13 F. Laudenklos / C. Pegatzky, US-Leasingfinanzierungen, S. 1303; W. Melzer, Rechtliche Fragen der Vertragsgestaltung von US-Cross-Border-Leasinggeschäften, S. 11; LTDrs. Rheinland-Pfalz 14/693, S. 1.
1. Kap.: Mangelnde Vertrautheit und Angewiesensein auf Berater
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angenommen werden. Die U.S.-amerikanischen Gesetze und vor allem das dort überwiegende Fallrecht gehören ebensowenig zu den gewohnten Rahmenbedingungen wie die U.S.-amerikanische Gerichtsbarkeit: 14 In den Verträgen ist typischerweise vorgesehen, daß sich alle Vertragsparteien, also auch der Mieter im Rahmen des Rückmietvertrages, der Zuständigkeit eines bestimmten U.S.Gerichts unterwerfen und zwar in Bezug auf alle Streitigkeiten, die im Zusammenhang mit den Vertragsdokumenten oder der Durchführung der Transaktion entstehen können. 15 Der Umfang der Verträge, die englische Sprache und die fremde Rechtslage haben zur Folge, daß es selbst für juristisch ausgebildete Personen außerordentlich schwierig und vor allem zeitaufwendig ist, den Inhalt der Verträge nach einer Lektüre voll zu erfassen und damit die Abläufe und Hintergründe vollständig zu begreifen. 16 Inwieweit eine Übersetzung des Vertragstextes eine Lösung ist, ist fraglich. Zum einen ist es nicht ohne weiteres möglich, Rechtsbegriffe in eine andere Sprache zu übersetzen; ihre Bedeutung kann häufig nur anhand der ihnen zugrundeliegenden Rechtsordnung voll erschlossen werden. 17 Zum anderen ist letztendlich der englische Vertragstext maßgeblich, so daß eine ins Deutsche übersetzte Fassung allenfalls eine unverbindliche Leseversion darstellt. 18 Aller14
Stadt Siegen, Verwaltungsvorlage Nr. 2721/2003 vom 13. 06. 2003, S. 18: „Die Stadt begibt sich mit dem umfangreichen und komplexen CBL-Vertrag in eine andere für sie völlig fremde Rechtsordnung“; LT-Drs. Baden-Württemberg 13/1885, S. 6; LT-Drs. Hessen 16/2190, S. 7; M. Thormann, Zur aktuellen Diskussion um das US-Cross-BorderLease, S. 427; Unterrichtung durch den Landesrechnungshof, LT-Drs. Mecklenburg-Vorpommern 4/1068, S. 85. 15 P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1838; M. Thormann, Zur aktuellen Diskussion um das US-Cross-Border-Lease, S. 427; W. Melzer, Rechtliche Fragen der Vertragsgestaltung von US-Cross-Border-Leasinggeschäften, S. 11; Drs. Bürgerschaft Hamburg 18/943, S. 3; nachdem U.S.-Gerichte bislang den größten Respekt vor Gerichtsstandsklauseln gezeigt hätten, sei es wahrscheinlich, wie Peter Sester (US-Cross-Border-Leasing, S. 1838) ausführt, daß ein U.S.-Gericht seine Zuständigkeit für die meisten Klagen bejahen werde, die von einem Beteiligten der Transaktion gegen den Mieter aus dem Rückmietvertrag erhoben würden. Dies gelte auch in Bezug auf Ansprüche, die nicht vertraglicher Natur seien, solange nur irgendeine Verbindung zur Transaktion bestehe. 16 F. Laudenklos / C. Pegatzky, US-Leasingfinanzierungen, S. 1303; F. P. Thomas / J. Wanner, Steuer-, aufsichts- und gebührenrechtliche Behandlung von US-Cross-Border Leasingfinanzierungen, S. 71: „dass bereits aufgrund sprachlicher Gegebenheiten regelmäßig nicht alle Gemeinderatsmitglieder in der Lage sein werden, den komplexen englischen Vertragstext (der bisweilen auch erfahrenen amerikanischen Anwälten Schwierigkeiten bereitet) in allen Einzelheiten nachzuvollziehen“; LT-Drs. NordrheinWestfalen 13/3896, S. 2 (Die Kommunalaufsichtsbehörden wären schon kapazitätsmäßig nicht in der Lage, das gesamte Vertragswerk vollständig und detailliert zu prüfen); LTDrs. Nordrhein-Westfalen 13/1530, S. 2 („erfordern vertiefte Rechtskenntnisse“). 17 P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 103 („nicht sinnvoll zu übersetzendem – Finanzenglisch“).
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3. Teil: Risiken
dings wäre eine Übersetzung sicherlich ein Anfang, um dem Vertragskonstrukt auf den Grund zu gehen und die daraus hervorgehenden rechtlichen und finanziellen Verflechtungen der Vertragsparteien sowie das Risikopotential einer solchen Transaktion zu verstehen. Ob eine solche regelmäßig vorlag, geht aus der Literatur nicht klar hervor. 19 b) Ungeachtet dessen wird man wohl zu dem Ergebnis kommen, daß eine Kommune außer Stande ist, die Transaktion und die damit einhergehenden Risiken aus eigener Kraft vollständig zu beurteilen. 20 Insofern bestand für die deutsche Seite viel mehr als für den ausländischen Vertragspartner die Gefahr, Fallstricke des Geschäfts zu übersehen. Sie dürfte damit bei den Vertragsverhandlungen insgesamt in der schwächeren Position gewesen sein. 21 Gleichzeitig bedeutete dies, daß sie ganz erheblich auf Berater angewiesen war. 22 Die Hinzuziehung spezialisierter Fachanwälte wurde dann auch allgemein als geeignetes Mittel angesehen, um die Kommune vor unkalkulierbaren Risiken zu schützen. 23 Darüber hinaus gewinnt man bei der Durchsicht diverser Parlamentaria den Eindruck, daß (nur) bei einer entsprechenden rechtlichen Beratung der Abschluß einer solchen Transaktion verantwortet werden konnte. 24 18 F. Laudenklos / C. Pegatzky, US-Leasingfinanzierungen, S. 1303; Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband, Cross-Border-Leasing, S. 6. 19 LT-Drs. Sachsen-Anhalt 3/5393, S. 3: „Der Landesregierung ist nicht bekannt, wo ein vollständig in deutscher Sprache übersetzter Cross-Border-Leasingvertrag im Land Sachsen-Anhalt musterhaft eingesehen werden kann“; siehe auch: Unterrichtung durch den Landesrechnungshof, LT-Drs. Mecklenburg-Vorpommern 4/1068, S. 84: „Der Rechtsaufsichtsbehörde werden nach den Erkenntnissen des Landesrechnungshofes im Zuge des Genehmigungsverfahrens üblicherweise weder die Originalverträge noch eine vollständige beglaubigte Übersetzung der Transaktion, sondern lediglich die Transaktionsbeschreibungen vorgelegt“. 20 Sächs. VwV CBL, S. 2: „nur von einem internationalen Team hochspezialisierter Fachleute beherrscht werden kann“; R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 47: „können nur mit Hilfe von Fachleuten mit Spezialkenntnissen im US Zivil- und Steuerrecht abgeschlossen werden“. 21 Jahresbericht 2004 des Landesrechnungshofs Nordrhein-Westfalen, unter: http:/ /www.lrh.nrw.de, S. 343. 22 M. Thormann, Zur aktuellen Diskussion um das US-Cross-Border-Lease, S. 427; Stadt Siegen, Verwaltungsvorlage Nr. 2721/2003 vom 13. 06. 2003, S. 8. 23 Abgeordnetenhaus Berlin, Drs. 15/11439, S. 1: „dass dieses Geschäft durch unabhängigen Sachverstand im Hinblick auf die Minimierung der Risiken begleitet wird“; LT-Drs. Brandenburg 3/5778, S. 2: „mit dem Risiko von Störungen in einem für die Gemeinde nicht oder nur mit professioneller Unterstützung (spezialisierte Rechtsanwälte) zu überschauenden Vertragsgefüge verbunden ist“; LT-Drs. Rheinland-Pfalz 14/1950, S. 2: „Eine Entscheidung zum Abschluss eines Cross-Border-Leasinggeschäftes erfordert, dass zuvor eine umfassende Beratung durch Hinzuziehung von kompetentem und unabhängigem externen Sachverstand stattgefunden hat“; LT-Drs. Rheinland-Pfalz 14/693, S. 2; Stadt Siegen, Verwaltungsvorlage Nr. 2721/2003 vom 13. 06. 2003, S. 8: „zum Ausschluss entsprechender Risiken nutzen die Kommunen regelmäßig Experten und Fachanwälte“; LT-Drs. Hessen 16/2190, S. 7; LT-Drs. Nordrhein-Westfalen 13/1530, S. 2.
1. Kap.: Mangelnde Vertrautheit und Angewiesensein auf Berater
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Sicherlich leistete die Beratung und Unterstützung durch deutsche und U.S.amerikanische Anwälte sowie die Tätigkeit des Arrangeurs einen ganz wesentlichen Beitrag zur Aufklärung des Sachverhalts. Andererseits führte dies zu einer nahezu uneingeschränkten Abhängigkeit, 25 die letztendlich die notwendige eigenständige und umfassende Beurteilung nicht ersetzen konnte. 26 Und diese ist nach Einschätzung des Kämmerers der Stadt Siegen aufgrund der Detailtiefe der Verträge und des anzuwendenden U.S.-amerikanischen Rechts in dem erforderlichen Ausmaß nicht möglich. 27 Darüber hinaus galt es immer zu bedenken, daß die eingebundenen Rechtsanwälte in nicht unerheblichem Maße von der Transaktion profitierten. 28 Auch die Verpflichtung eines sogenannten unabhängigen Beraters, der die Transaktion neben dem Arrangeur begleitete, 29 konnte keine absolute Sicherheit gewähren und die Kommune nicht von ihrer Verantwortung und der Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten entbinden. Schließlich war auch der geschäftliche Erfolg dieser Berater vom fortbestehenden Interesse an Cross-Border-Leasing-Transaktionen abhängig. 30 Problematisch im Hinblick auf die Unabhängigkeit der einzelnen Parteien war sicherlich auch die Verbindung zwischen dem Arrangeur und fast immer einer Bank, die im späteren Verfahren als Anbieter von Finanzdienstleistungen auftrat. 31 24
Siehe Nachweise in Anm. 23. Stadt Siegen, Verwaltungsvorlage Nr. 2721/2003 vom 13. 06. 2003, S. 18. 26 Sächs. VwV CBL, S. 2; LT-Drs. Nordrhein-Westfalen 13/3896, S. 3; R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 47; Unterrichtung durch den Landesrechnungshof, LT-Drs. Mecklenburg-Vorpommern 4/1068, S. 87. 27 Stadt Siegen, Verwaltungsvorlage Nr. 2721/2003 vom 13. 06. 2003, S. 18; vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung aller weiteren, in der Vorlage dargestellten Erkenntnisse hat der Kämmerer den städtischen Gremien von der Fortsetzung der Arbeiten zum Abschluß einer Cross-Border-Leasing-Transaktion abgeraten. 28 R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 21, beziffert die Kosten für die Anwälte und Berater der Stadt mit 1,1 Mio. U.S.-Dollar (bei einem Transaktionsvolumen von 250 Mio. U.S.-Dollar). 29 Sächs. VwV CBL, S. 6 („Es wird empfohlen, einen unabhängigen Transaktionsberater hinzuzuziehen“). 30 So vermittelt beispielsweise die Ernst & Young AG, die sich selbst als unabhängigen Berater bezeichnet [Arnd Bühner (Leiter Competence Center US-Cross Border Leasing Deutschland), Vertragsstruktur und Risikomanagement, S. 6], den Eindruck, daß sie Kommunen weniger in der Frage, ob eine Transaktion durchgeführt wird, sondern eher darin beraten und beraten haben, wie die Transaktion durchzuführen ist. 31 R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 17; wie aus den im Internet veröffentlichten Referenzen der EastMerchant GmbH [Referenzen US-Leases, unter: http://www .eastmerchant.de/artikel/?rubrik=6b74b0ed-307a-4ebe-badd-d8b7f8a59953 (12.12.2007)] hervorgeht, ist die EastMerchant bei verschiedenen Transaktionen zugleich als Arrangeur und Anbieter von Bankdienstleistungen aufgetreten. Nach einem Bericht des Magistrats der Stadt Frankfurt [B 709 vom 05. 09. 2003, unter: http://www.stvv.frankfurt.de 25
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3. Teil: Risiken
Bezeichnenderweise wird – seitdem der Abschluß von Cross-Border-LeasingTransaktionen infolge der Änderung der U.S.-Steuergesetze nicht mehr lukrativ ist 32 – Beratungsbedarf nunmehr unter dem Aspekt „Risikomanagement“ von geschäftstüchtigen Anwälten und Beratern in die Diskussion gebracht. 33 c) Nachdem es außerordentlich schwierig war, den Inhalt der Verträge anhand der Verträge selbst voll zu erfassen, erfolgten die Erörterung, Beratung und Beschlußfassung zu diesen Rechtsgeschäften durch die Vertretungskörperschaft im Regelfall ausschließlich auf der Grundlage sogenannter Transaktionsbeschreibungen, 34 die der Arrangeur und die beteiligten Anwälte zur Verfügung stellten und die die wesentlichen Inhalte und Risiken des Vertragswerkes in deutscher Sprache zusammenfaßten. 35 Eine solche Vorgehensweise wurde den Kommunen von Anwälten, die bei der Durchführung von Cross-Border-Leasing-Transaktionen beratend tätig wurden, auch regelmäßig nahegelegt. 36 Frank Laudenklos und Claus Pegatzky argumentieren, daß die Fülle an Informationen, die durch die Bereitstellung der vollständigen Unterlagen erreicht werde, so groß sei, daß der Sachverhalt in nicht mehr hinreichend rationaler Weise beurteilt werden könne. Im weiteren erkennen sie zwar an, daß es aus Sicht der Gemeindevertretung keinen Sinn ergebe, einem Vertragswerk zustimmen zu müssen, dessen Inhalt und Tragweite sie /download/B_709_2003.pdf (12. 12. 2007)] sollten bei der beabsichtigten (aber letztendlich nicht durchgeführten) Transaktion über Schienennetzinfrastruktur die Arrangeurleistungen gemeinsam von der Deutschen Bank und der Hessischen Landesbank wahrgenommen werden. 32 Dazu: 2. Teil, 2. Kap. IV. 33 C. Kröger / R. Prager, Mögliche inländische Steuerrisiken auf Grund von Abzugssteuern bei US-Cross-Border-Leasing-Modellen mit der öffentlichen Hand, S. 186; so zum Beispiel: o.V., Cross-Border-Leasing Geschäfte werden vom US-Fiskus steuerlich nicht mehr anerkannt, in: Ernst & Young (Hrsg.), Energiewirtschaft Inside, 10/2004, S. 1 („sollten deutsche Vertragspartner von CBL Transaktionen in jedem Fall ein zweckentsprechendes Pflichten- und Risikomanagement einrichten“); A. Bühner / M. Oberndörfer, Risikomanagement am Beispiel von US-Cross-Border-Leasing-Transaktionen, S. 941 ff. (die Verfasser sind Mitarbeiter von Ernst & Young). 34 LT-Drs. Schleswig-Holstein 15/2509, S. 2; LT-Drs. Bayern 15/1063, S. 19; Unterrichtung durch den Landesrechnungshof, LT-Drs. Mecklenburg-Vorpommern 4/1068, S. 84; E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 63; S. Ginsbach, Cross-Border-Leasing als Instrument der Kommunalfinanzierung, S. 63; Sächs. VwV CBL, S. 9: „muss dem Beschluss fassenden Organ zumindest eine qualifizierte Transaktionsbeschreibung vorliegen“; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 16: „Die Transaktion soll durch Beschluss des Rates der STADT im Dezember 2002 auf Grundlage der vorliegenden Transaktionsbeschreibung grundsätzlich genehmigt werden“. 35 Unterrichtung durch den Landesrechnungshof, LT-Drs. Mecklenburg-Vorpommern 4/1068, S. 84; die Beschreibung der geplanten Transaktion der Stadt Frankfurt (unter Einbringung der Schienennetzinfrastruktur) umfaßt allein 26 Seiten, die der Stadt Recklinghausen (Kanalnetz) 24 Seiten. 36 In den von ihnen veröffentlichten Aufsätzen.
1. Kap.: Mangelnde Vertrautheit und Angewiesensein auf Berater
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aufgrund der übergroßen Fülle und Komplexität der Entscheidungsgrundlagen tatsächlich kaum beurteilen könnten. Daraus ziehen sie jedoch absurderweise die Konsequenz, die Vorlage einer Transaktionsbeschreibung in Verbindung mit den übrigen der Gemeindevertretung im Vorfeld der Abstimmung zur Verfügung gestellten Unterlagen sei genügend. 37 Auch Patrick Biagosch und Klaus WeinandHärer gehen davon aus, daß eine detaillierte Transaktionsbeschreibung dem Informationsbedürfnis besser gerecht werde, „als ein komplexes Vertragswerk, das für den juristischen Laien nur schwer zu verstehen und in seinen Konsequenzen nur schwer zu überblicken“ sei. 38 Ganz in diesem Sinne äußerte sich das baden-württembergische Innenministerium: „Es ist gesetzlich nicht erforderlich, den Gemeinderäten umfangreiche Vertragstexte vorzulegen. Transaktionsbeschreibungen mit ausführlichen Risikobeschreibungen und –bewertungen durch die Verwaltung oder externe Fachleute können als Entscheidungsgrundlage weit aussagekräftiger für die Gemeinderäte bzw. Gremienmitglieder und deren Meinungsbildungsprozess sein“. 39 Zum Zeitpunkt, zu dem sich eine Kommune zum Abschluß einer Transaktion entschloß, lagen die Originalverträge ohnehin noch nicht vor. 40 Nach der sächsischen Verwaltungsvorschrift (VwV CBL), nach der zur Beschlußfassung die Vorlage einer qualifizierten Transaktionsbeschreibung erforderlich ist, haben der amerikanische und deutsche Rechtsberater sowie der Arrangeur der Kommune unmittelbar vor Abschluß der Transaktion schriftlich zu bestätigen, daß das abzuschließende Geschäft im Einklang mit der Transaktionsbeschreibung steht. 41 Sicherlich schaffte ein solches Vorgehen ein Stück weit Sicherheit; es konnte die Kommune jedoch nicht aus der Verantwortung entlassen. Ein Blick in die Transaktionsbeschreibungen zeigt zudem, daß diese zum Teil nur sehr vage Formulierungen enthalten, die viel Spielraum lassen, z. B.: „Die mit der Transaktion für die STADT verbundenen Risiken beinhalten die nachfolgend aufgeführten Punkte“; 42 „Weitere Freistellungsverpflichtungen sind von relativ geringer Bedeutung und sind hier nicht gesondert aufgeführt“; 43 „Nachfolgend werden ausgewählte, regelmäßig als besonders signifikant einge37 US-Leasingfinanzierungen, S. 1303; siehe auch: S. Ginsbach, Cross-Border-Leasing als Instrument der Kommunalfinanzierung, S. 64: „Bereits die Sprachbarrieren verschiedener Ratsmitglieder begründen ein Hindernis, das die Gefahr von Fehlvorstellungen über die Art und den Umfang des Geschäftes beherbergt“. 38 US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 116. 39 LT-Drs. Baden-Württemberg 13/1885, S. 9. 40 Stadt Siegen, Verwaltungsvorlage Nr. 2721/2003 vom 13. 06. 2003, S. 10; A. Bühner, Vertragsstruktur und Risikomanagement, S. 7; S. Ginsbach, Cross-Border-Leasing als Instrument der Kommunalfinanzierung, S. 64. 41 S. 9 f. 42 Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 17. 43 Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 19.
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3. Teil: Risiken
schätzte Risiken aus der Transaktion dargestellt“. 44 Gleichzeitig stellt sich dabei die Frage, wie ein mehr als 1000 Seiten starkes Vertragswerk derart komprimiert werden kann, 45 ohne daß wesentliche Informationen verloren gehen. Auch der Landesrechnungshof Nordrhein-Westfalen hat in seinem Bericht vermerkt, daß in den Transaktionsbeschreibungen oder Memoranden häufig Formulierungen wie „Dieses Risiko ist jedoch deshalb gering einzuschätzen, da...“ oder „Darin sollte kein ernsthaftes Risiko für die Stadt liegen, da...“ gebraucht würden. 46 Nach alledem stellt Martin Thormann völlig zu recht die Frage, ob es zu verantworten sei, wenn eine Kommune einen Vertrag abschließe, den sie, wenn sie ihn überhaupt gelesen habe, nicht verstehen könne, während die Berater, auf deren Arbeit sich die Kommune stütze, zugleich noch eigene geschäftliche Interessen verfolgten. 47
2. Kapitel
Transaktionskosten a) Die Durchführung einer Cross-Border-Leasing-Transaktion verlangte aufgrund des komplexen Transaktionsvorganges und der diesem zugrundeliegenden Vertrags- und Finanzierungsstruktur einerseits eine intensive Beratung durch Arrangeure, Finanzdienstleister, Anwälte und Berater unterschiedlichster Fachrichtungen sowie andererseits die Hinzuziehung verschiedener Sachverständiger zur gutachterlichen Bewertung der einzubeziehenden Wirtschaftsgüter. 48 Insofern entstanden bereits mit der Aufnahme der Vorbereitungen und Verhandlungen zur Anbahnung und Durchführung einer Transaktion erhebliche Kosten für das Tätigwerden dieser Parteien. 49 Kam es zum Vertragsabschluß, wurden diese Kosten vom Bruttobarwertvorteil 50 und damit vom Steuervorteil des U.S.44
Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 17. Siehe Anm. 35. 46 Davon, daß ein Risiko ausgeschlossen sei, oder von einer genaueren Einschätzung der Eintrittswahrscheinlichkeit sei jedoch nie die Rede gewesen, Jahresbericht 2004, unter: http://www.lrh.nrw.de, S. 347 f.; siehe auch: Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 20: „wird die STADT ihr Risiko allerdings weitestgehend minimieren und kontrollieren können“; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 19: „Derartiges wird allgemein nicht als wesentliches Risiko angesehen“. 47 Zur aktuellen Diskussion um das US-Cross-Border-Lease, S. 427, Fn. 26. 48 Siehe dazu: 2. Teil, 1. Kap. II.; 3. Teil, 1. Kap. 49 A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 318. 45
2. Kap.: Transaktionskosten
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Investors gedeckt. 51 Im Falle eines Scheiterns der Vertragsverhandlungen stellte sich jedoch die Frage nach dem Träger der bis zum Zeitpunkt des Abbruchs aufgelaufenen Kosten, die mitunter nicht unerheblich waren. 52 Mögliche Umstände, die zum Nichtzustandekommen des Vertrages führen konnten, waren: Differenzen hinsichtlich wesentlicher Transaktionsbedingungen, technische Probleme mit dem Investitionsgut, eine Veränderung des Zinsniveaus auf den Geld- und Kapitalmärkten, die den Abschluß wirtschaftlich unattraktiv werden ließ, sowie die Änderung der U.S.-amerikanischen Steuergesetze, die die Anerkennung derartiger Transaktionen und damit die Erzielung der gewünschten Steuerstundungseffekte in Frage stellte. Gleichermaßen konnte die Kommune durch die fehlende Zustimmung der Gemeinderäte oder Genehmigungsbehörden am Abschluß des Geschäfts gehindert werden. 53 b) In der Regel legten Kommune und Investor in einem Vorvertrag (Equity Commitment Letter) fest, daß der Investor die entstandenen Kosten in den Fällen trägt, in denen er selbst von weiteren Verhandlungen Abstand nimmt oder einen Vertragsabschluß entgegen Treu und Glauben verhindert. 54 Scheiterte das Zustandekommen der Transaktion aus anderen Gründen, hatte grundsätzlich die Kommune das Kostenrisiko zu tragen. Dieses Risiko ließ sich jedoch insoweit minimieren, als die Kommune mit dem Arrangeur eine vollständige oder teilweise Kostenübernahme für den Fall des Verhandlungsabbruchs vereinbaren konnte. 55 Dabei sank die den Barwertvorteil mindernde Risikoprämie des Arrangeurs in dem Maße wie die von der Kommune übernommenen Risiken und damit Kosten stiegen. Die Einzelheiten hinsichtlich der Umstände, unter welchen 50 Der Bruttobarwertvorteil wird durch die bei der Vertragsanbahnung entstehenden Transaktionskosten vom Nettobarwertvorteil unterschieden, T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 14. 51 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1063; T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 14. 52 Rolf Brune, US Cross-Border Lease, S. 21, rechnet bei einem Transaktionsvolumen von 250 Mio. U.S.-Dollar mit Kosten in Höhe von 7,5 Mio. U.S.-Dollar; siehe auch: Jahresbericht 2004 des Landesrechnungshofs Nordrhein-Westfalen, unter: http://www.lrh .nrw.de, S. 344: „In einem Fall wurden noch während der laufenden Verhandlungen bereits angefallene Kosten von 11 Mio. € für Anwalts- und Steuerberatungskosten, Gutachterkosten, Reiseaufwendungen u. a. beziffert“; dazu auch: LT-Drs. Rheinland-Pfalz 14/693, S. 2; Stadt Siegen, Verwaltungsvorlage Nr. 2721/2003 vom 13. 06. 2003, S. 18; LT-Drs. Bayern 15/1063, S. 19. 53 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1063; S. Ginsbach, Cross-Border-Leasing als Instrument der Kommunalfinanzierung, S. 114; R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 18; T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 14. 54 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1063. 55 A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 318; T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 14.
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3. Teil: Risiken
die Kommune zahlungspflichtig wurde, sowie hinsichtlich des Kostenanteils, den die Kommune zu tragen hatte, hingen jeweils von den konkreten Absprachen im Arrangeurvertrag ab. 56 Grundsätzlich waren drei Möglichkeiten denkbar. c) Zum einen konnte vereinbart werden, daß der Arrangeur für sämtliche Kosten vor Vertragsschluß (closing) aufkommen würde. Während die Vereinbarung einer vollständigen Kostenübernahme auf den ersten Blick sehr komfortabel erscheint, barg sie jedoch die Gefahr, daß der Arrangeur im Rahmen der Verhandlungen die Interessen der Kommune nur mangelhaft vertreten und für diese nachteilige Bedingungen in Kauf nehmen würde, um einen Vertragsabschluß sicherzustellen. 57 Durch die zusätzliche Verpflichtung unabhängiger Berater 58 war jedoch eine gewisse Verringerung dieses Risikopotentials möglich. Daneben weisen P. Smeets, H. Schwarz und D. Sander darauf hin, daß bei einer hundertprozentigen Kostenübernahme durch den Arrangeur schlechter zu prognostizieren sei, ob eine erforderliche Mehrheit der Kommunalvertretung in der abschließenden Abstimmung dem Vertrag zustimme: „Erfahrungsgemäß wird die Identifikation der Entscheidungsträger mit der Transaktion gestärkt, wenn 56 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1063. Die Frage der Kostenübernahme stellte sich in Sankt Augustin, wo das unter Einbringung der Kläranlage und des Kanalnetzes geplante Cross-Border-Leasing-Geschäft nicht zustande kam. Ursprünglich war ein Vertragsabschluß für Februar 2004 vorgesehen. Nachdem sich zu diesem Zeitpunkt bereits die Steuerrechtsänderung in den U.S.A. abzeichnete, verlangte der U.S.-Investor, die Pittsburgh National Cooperation Bank, eine Fristverlängerung für die Vertragsunterzeichnung. Vor dem Hintergrund zunehmenden öffentlichen Widerstandes sowie zunehmender Bedenken im Stadtrat sah die Stadt dies als Gelegenheit, um aus der Transaktion auszusteigen. Damit stellte sich jedoch die Frage, wer das Scheitern der Transaktion letztendlich zu verantworten und dementsprechend die bis dahin angefallenen Kosten zu tragen hatte. Nachdem das Risiko des Scheiterns einer Klage von Seiten der Stadt als sehr hoch bewertet wurde, wurden die Auseinandersetzungen darüber letztlich mit einer Einigung zwischen der Stadt und dem Arrangeur, der Global Capital Finance, beendet. Demzufolge mußten die von der Anwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer, den Beratern der Stadt, in Rechnung gestellten Kosten in Höhe von 272.600 Euro von der Stadt übernommen werden, M. Lehnberg, Das Geschäft mit der Kläranlage ist geplatzt, 17. 02. 2004, unter: http://www.general-anzeiger-bonn .de/index_frameset.html?/news/artikel.php?id=69644 (16. 05. 2005); D. Eckert, Das Ende des Traums vom großen Geld, unter: http://www.taz.de/pt/2005/03/19/a0052.nf/text.ges,1 (16. 05. 2005); o.V., Haushaltsrede der FDP zum Haushalt 2005 vom 20. 04. 2005, unter: http://www.fdp-sankt-augustin.de/?p=news&id=76 (16. 05. 2005). 57 S. Ginsbach, Cross-Border-Leasing als Instrument der Kommunalfinanzierung, S. 115. Die Gefahr eines solchen Interessenskonfliktes war besonders hoch, wenn die Arrangierungstätigkeit von einem Finanzinstitut vorgenommen wurde, das im Rahmen der abzuschließenden Transaktion als Zahlungsübernahmebank aufzutreten beabsichtigte; siehe dazu auch: J. M. Fritz, Rolle und Aufgaben des wirtschaftlichen Beraters („Arrangeurs“) bei US-Cross-Border-Lease-Transaktionen, in: Kommunalwirtschaft 8/2002, S. 485 – 488, 488. 58 Dazu: 2. Teil, 1. Kap. II.
2. Kap.: Transaktionskosten
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auch Kostenfragen im Raum stehen“. 59 Ob eine Kommune mit diesem Hinweis gut beraten war, bleibt zu bezweifeln. d) Was eine teilweise Kostenübernahme durch den Arrangeur anbelangt, so hatte die Kommune zum einen die Möglichkeit, mit dem Arrangeur vorab einen festen Betrag (cap) zu vereinbaren, bis zu dem sie sich bei einem Scheitern der Verhandlungen unabhängig vom Verhandlungsstand an den Kosten beteiligen würde. Zum anderen konnte eine graduell steigende Kostenbeteiligung der Kommune festgelegt werden. Im Rahmen dieses Modells definierten Kommune und Arrangeur verschiedene Meilensteine 60 für die vorvertragliche Phase der Transaktion. Mit Fortschreiten der Vertragsverhandlungen und mit Erreichen des nächsten Meilensteins stieg der Betrag, mit dem sich die Kommune an den entstandenen Kosten beteiligen sollte. 61 Von diesen beiden Varianten ist erstere insofern vorteilhafter, als sich die Kommune auf den von ihr zu tragenden Anteil einstellen konnte und das Risiko somit eindeutig kalkulierbar war. Der Vorzug einer graduell abgestuften Kostenbeteiligung wird in einer geringen Risikoprämie gesehen, so daß ein möglichst hoher Nettobarwertvorteil erreicht werden konnte. 62 e) Es zeigt sich, daß ein Ausschluß des Kostenrisikos für den Fall des Abbruchs der Verhandlungen grundsätzlich möglich war; dies ging jedoch immer mit der Gefahr einher, daß das Interesse des Arrangeurs vor allem einem schnellen Vertragsabschluß galt und die Vereinbarung möglichst vorteilhafter Bedingungen für die Kommune zweitrangig wurde. Vereinbarte die Kommune hingegen eine Kostenbeteiligung, sank womöglich ihre Bereitschaft, die Verhandlungen bei auftretenden Bedenken abzubrechen. Bestand demnach die Absicht, eine Cross-Border-Leasing-Transaktion durchzuführen, mußte die Kommune das Transaktionskostenrisiko in Kauf nehmen. Von den Ausgestaltungsmöglichkeiten der Kostenübernahme erscheint eine vollständige Kostenübernahme durch den Arrangeur mit den Grundsätzen der sparsamen und wirtschaftlichen Hauhaltsführung 63 noch am besten vereinbar.
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Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1063. In Betracht kommen beispielsweise der Beschluß der Kommunalvertretung über die Suche nach einem Investor, die schriftliche Vorabstimmung zwischen Kommune und Investor über die wesentlichen Vertragsinhalte (term sheet) und die Abstimmung über den ausgehandelten Vertrag. 61 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1063; S. Ginsbach, Cross-Border-Leasing als Instrument der Kommunalfinanzierung, S. 115 f. 62 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1064; S. Ginsbach, Cross-Border-Leasing als Instrument der Kommunalfinanzierung, S. 116. 60
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3. Teil: Risiken
3. Kapitel
Flexibilität In Bezug auf die Flexibilität der Gemeinden und die Frage, ob sich diese mit dem Eingehen von U.S.-Leasingfinanzierungen zu starren Verpflichtungen unterwerfen, die ihren Handlungs- und Entscheidungsspielraum unangemessen einschränken, ist zwischen der organisatorischen und der operativen Seite zu unterscheiden. 64
I. Organisatorische Flexibilität a) Die Flexibilität in der Organisation und Struktur betrifft die Rechtsform, in der der Transaktionsgegenstand betrieben wird, sowie die rechtliche Ausgestaltung und Eingliederung in das kommunale Gesamtgefüge. 65 Beispielsweise könnte es der Kommune während der Laufzeit der Transaktion vorteilhaft erscheinen, einen Eigenbetrieb in eine GmbH oder andere privatwirtschaftliche Rechtsform umzuwandeln, in einen kommunalen Zweckverband einzubringen oder anderweitig zu fusionieren. 66 Ob solche Vorhaben möglich sind, hängt davon ab, was im Vertragswerk vereinbart wurde, d. h. jede geplante Umstrukturierungsmaßnahme oder Änderung der Betriebsform ist im Vorfeld auf ihre Vereinbarkeit mit den vertraglichen Transaktionsbestimmungen hin zu überprüfen. 67 Wie dem Schrifttum zu entnehmen ist, wird den Kommunen eine solche Flexibilität in der Regel vertraglich zugestanden. Allerdings ist diese an bestimmte Bedingungen geknüpft: Im Falle einer Umwandlung in eine privatrechtliche Rechtsform muß die Kommune die Erfüllung der Verpflichtungen aus den Ver63 Dazu: R. Stober, Kommunalrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 3. Aufl. 1996, S. 322 f.; K. Grupp, Die „Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“ im Haushaltsrecht. Zugleich eine Stellungnahme zu Bianca Fischers Beitrag „Abschied von der ‚Sparsamkeit‘?“ in JZ 1982, 6 ff., in: JZ 7/1982, S. 231 – 237. 64 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1065; S. Ginsbach, Cross-Border-Leasing als Instrument der Kommunalfinanzierung, S. 124; T. Flatten / W. Melzer, US-Cross-Border-Leasing, S. 30; siehe auch: Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 12 f. 65 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1065. 66 Wie solche Unternehmungen zu beurteilen sind, ist hier nicht zu erörtern. 67 S. Ginsbach, Cross-Border-Leasing als Instrument der Kommunalfinanzierung, S. 126, 129.
3. Kap.: Flexibilität
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tragsdokumenten durch die private Gesellschaft garantieren. 68 Soll die kommunale Einrichtung in einen Zweckverband eingebracht werden, muß sichergestellt werden, daß dadurch der Transaktionsverlauf nicht beeinträchtigt wird. 69 Eine Beteiligung Privater an einer Gesellschaft ist bis zu einem Anteil von weniger als 50 % der Gesellschaftsanteile in der Regel möglich. Eine weitergehende Beteiligung ist – sofern sie nicht völlig ausgeschlossen ist – regelmäßig mit der Stellung zusätzlicher Sicherheiten wie einer Garantie der öffentlichen Körperschaft oder einem letter of credit verbunden. 70 Ähnliches gilt für den Verkauf des Leasingobjekts. Wird ein Verkaufsrecht eingeräumt, muß die Gemeinde im Falle der Ausübung regelmäßig sicherstellen, daß der Käufer und damit neue Vertragspartner der Transaktion eine gewisse Mindestbonität aufweist und daß die sich aus den Verträgen ergebenden Pflichten weiterhin erfüllt werden. Die Haftung der Gemeinde bleibt also bestehen. 71 Dem Investor kommt es dabei letztlich darauf an, die gute Bonität der Kommune als Vertragspartner und die Absicherung der Vertragserfüllung durch die Anlage nicht zu verlieren. 72 Sofern Umstrukturierungen und Änderungen nach den Vertragswerken zulässig sind, sind zumeist die Einholung von Rechtsgutachten (legal opinion) und die Zustimmung des U.S.-Investors erforderlich. Die mit diesen Schritten verbundenen Kosten lasten der Kommune an und lassen sich aufgrund ihrer Abhängigkeit vom Einzelfall und den zukünftig herrschenden Marktbedingungen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses kaum konkret beziffern. 73 In der Literatur 68 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1065; S. Ginsbach, Cross-Border-Leasing als Instrument der Kommunalfinanzierung, S. 128. 69 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1065; S. Ginsbach, Cross-Border-Leasing als Instrument der Kommunalfinanzierung, S. 127. 70 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1065; S. Ginsbach, Cross-Border-Leasing als Instrument der Kommunalfinanzierung, S. 128; W. Melzer, Rechtliche Fragen der Vertragsgestaltung von USCross-Border-Leasinggeschäften, S. 9; T. Flatten / W. Melzer, US-Cross-Border-Leasing, S. 30. 71 T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 20, weisen zudem darauf hin, daß bei Privatisierungen die Gefahr einer Erlösschmälerung bestehe, nachdem die Belastung der Anlage mit dem Cross-Border-Leasing-Geschäft für den neuen Betreiber möglicherweise einen Mangel darstelle; S. Ginsbach, Cross-Border-Leasing als Instrument der Kommunalfinanzierung, S. 128 f.; T. Geerling, U.S. Lease für kommunale Infrastruktur, S. 18. 72 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1065; in der Transaktionsbeschreibung für das Kanalnetz der Stadt Recklinghausen heißt es: „Die Flexibilitätsanforderungen der STADT hinsichtlich der Rechtsform, in der die Abwasserbeseitigung betrieben wird, werden berücksichtigt werden, indem eine Privatisierung, Fusion oder sonstige Reorganisation unter Einhaltung der vertraglich vereinbarten Bestimmungen der Transaktion möglich sein wird“, S. 12; wie diese Bestimmungen im einzelnen aussehen, geht aus der Transaktionsbeschreibung nicht hervor.
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3. Teil: Risiken
wird deshalb vorgeschlagen, vor Eintritt in die Transaktion zu prüfen, „ob und inwieweit zukünftige Veränderungen mit den Bedingungen der Transaktion konkurrieren könnten“ und „eine sorgfältige Auswahl der Objekte“ durchzuführen. 74 b) Wie sich solche Vertragsbestimmungen in der Praxis auswirken, läßt sich am Beispiel der Stadt Königswinter nachvollziehen. 75 Die Stadt hatte im Juli 2003 eine U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion abgeschlossen. Gegenstand der Transaktion sind Teile der städtischen Abwasseranlagen. Dazu zählen Kanäle, Sonderbauwerke und die Kläranlage. 76 Im Juni 2005 beschloß der Rat der Stadt, die beiden Bereiche des Abwasserwerkes und des Baubetriebshofes in ein Kommunalunternehmen in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts gemäß § 114a GO NRW 77 überzuleiten. 78 Die Verwaltung hatte daraufhin das Cross-Border-Leasing-Vertragswerk geprüft und sich dabei von der rechtlichen Zulässigkeit der Übertragung des Eigentums an den Abwasseranlagen von der Stadt Königswinter auf die zu gründende „Stadtbetriebe Königswinter, AöR“ überzeugt. Nachdem das U.S.-amerikanische Rechtssystem das in § 114a GO NRW vorgesehene Institut der Gesamtrechtsnachfolge nicht kennt und es deshalb auch nicht in den Transaktionsverträgen berücksichtigt ist, bedurfte die Eigentumsübertragung einer rechtlichen Übernahmevereinbarung zwischen den Vertragspartnern. Dieses Erfordernis erklärt sich dadurch, daß zukünftig nicht mehr die Stadt Königswinter, sondern die Stadtbetriebe Königswinter, AöR, als Eigentümer der Abwasseranlagen firmieren sollten. Der Umstand, daß die Gemeinde als Gewährträger für die Verbindlichkeiten des Kommunalunternehmens haftet, war aus Sicht des Investors nicht relevant. 79 Mit der Vorbereitung und Erarbeitung dieser Übernahmevereinbarungen waren nach dem Vertragswerk von allen Parteien anerkannte (deutsche und U.S.73
S. Ginsbach, Cross-Border-Leasing als Instrument der Kommunalfinanzierung, S. 129. 74 S. Ginsbach, Cross-Border-Leasing als Instrument der Kommunalfinanzierung, S. 130. 75 Die Erfahrungen der Stadt mit der Cross-Border-Leasing-Transaktion sind durch die im Internet (http://www.koenigswinter.de) veröffentlichten Sitzungsvorlagen und Niederschriften über die Sitzungen des Rates relativ gut belegt. Grundlegende Informationen zur abgeschlossenen Transaktion finden sich in: 2. Teil, 1. Kap. I. 76 Stadt Königswinter, Sitzungsvorlage Nr. VB/1526/99. 77 „(1) Die Gemeinde kann Unternehmen und Einrichtungen in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts errichten oder bestehende Regie- und Eigenbetriebe sowie eigenbetriebsähnliche Einrichtungen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts umwandeln...“. 78 Niederschrift über die 8. Sitzung des Rates der Stadt Königswinter am 13. 06. 2005, S. 8: „Die Verwaltung wird beauftragt, die Voraussetzungen für die Überleitung des Abwasserwerkes von der eigenbetriebsähnlich geführten Einrichtung in die Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts mit Wirkung zum 01. 01. 2006 vorzubereiten“. 79 Stadt Königswinter, Sitzungsvorlage Nr. 396/2005 vom 15. 09. 2005.
3. Kap.: Flexibilität
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amerikanische) Rechtsanwälte zu betrauen. Die Kosten für die juristische Überprüfung waren von der Stadt zu tragen 80 und wurden auf 250.000 Euro geschätzt. 81 Zuzüglich der Reisekosten wurde mit einem Betrag von 275.000 Euro gerechnet. 82 Diesen Kosten standen (mit der Zusammenführung) erzielbare Einsparungen in Höhe von 12.000 Euro gegenüber. 83 Vor diesem Hintergrund wurde auf die Rechtsnachfolge verzichtet und lediglich die Betriebsführung der Abwasserbeseitigung durch die damals in Gründung befindliche Anstalt des öffentlichen Rechts vereinbart. Die Betriebsführung mußte nur angezeigt werden. 84 c) Es zeigt sich, daß eine Umstrukturierung durch die im Zusammenhang mit der Transaktion geforderten Maßnahmen nur mit erheblichem finanziellem Aufwand bewerkstelligt werden kann. Sicherlich wird man einwenden können, daß der erzielte Nettobarwertvorteil in Höhe von 2,8 Mio. Euro 85 die geplanten Einsparungen um ein Vielfaches übersteigt. Es gilt jedoch auch zu bedenken, daß sich die Kommune über einen sehr langen Zeitraum bindet, in diesem Fall 26 Jahre, 86 und daß heute kaum vorherzusagen ist, welche strukturellen und organisatorischen Veränderungen in Zukunft notwendig sein werden. Der Abschluß solcher Verträge erscheint daher allein in Anbetracht dieser Einschränkungen des kommunalen Entscheidungs- und Handlungsspielraums mehr als fragwürdig.
II. Operative Flexibilität a) Das Kriterium der operativen Flexibilität betrifft die Frage, inwieweit Maßnahmen zur Aufrechterhaltung und Verbesserung der Betriebsfähigkeit ergriffen und Anpassungen an zukünftige technische, verwaltungsrechtliche oder wirtschaftliche Anforderungen vorgenommen werden können. 87 Die Gemeinde ist in aller Regel berechtigt, Einbauten, Umbauten, Änderungen oder Ergänzungen am Transaktionsobjekt vorzunehmen, 88 solange sie den Wert 80
Stadt Königswinter, Sitzungsvorlage Nr. 396/2005 vom 15. 09. 2005. Die Überprüfung sollte von insgesamt sechs Fachanwälten in Deutschland und den U.S.A. durchgeführt werden. 82 Stadt Königswinter, Sitzungsvorlage Nr. 303/2006 vom 08. 08. 2006. 83 Stadt Königswinter, Sitzungsvorlage Nr. 303/2006 vom 08. 08. 2006. 84 Niederschrift über die 7. Sitzung des Werksausschusses des Rates der Stadt Königswinter am 24. 08. 2006; Stadt Königswinter, Sitzungsvorlage Nr. 396/2005 vom 15. 09. 2005. 85 Stadt Königswinter, Sitzungsvorlage Nr. VB/1526/99, S. 2. 86 Stadt Königswinter, Sitzungsvorlage Nr. VB/1526/99, S. 1. 87 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1065; S. Ginsbach, Cross-Border-Leasing als Instrument der Kommunalfinanzierung, S. 124. 81
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3. Teil: Risiken
des Mietgegenstandes nicht wesentlich verringern 89 oder einen späteren theoretischen Weiterbetrieb durch den Investor verhindern; 90 dazu könnte es kommen, wenn die Kommune nach Ablauf des Rückmietvertrages die Kaufoption nicht ausübt. 91 Insofern hat die Gemeinde auch das Recht und die Pflicht, den Transaktionsgegenstand zu modernisieren und auf dem technisch und rechtlich aktuellen Stand zu halten; 92 d. h. die Gemeinde muß Reparatur und Wartung nach den in Deutschland üblichen Standards und in Übereinstimmung mit den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und Herstellerhinweisen durchführen. 93 Ob das gesamte Objekt tatsächlich genutzt wird oder nicht, ist für die Transaktion in der Regel bedeutungslos. Sie muß aber funktionstüchtig bleiben. 94 Bei Nichteinhaltung der Pflichten, sofern der Transaktionsgegenstand also nicht entsprechend gewartet und in einem ordnungsgemäßen Zustand bewahrt wird, hat der Trust das Recht, die Transaktion zu beenden. In diesem Falle wäre von der Kommune der Kündigungswert zu bezahlen. 95 b) Bei der Beurteilung dieser Regelungen und damit der Frage, inwieweit möglicherweise eine Einschränkung der Verfügungsgewalt besteht, muß (wieder) die lange Vertragsbindung berücksichtigt werden; d. h. die Gemeinde legt sich über einen sehr langen Zeitraum fest, bestimmte Vermögensgegenstände in einem betriebsbereiten Zustand zu erhalten. Sicherlich wird man einwenden können, daß die zeitliche Bindung durch die Kaufoption auf die Laufzeit des Rück88 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 112; T. Link, US-Cross Border Lease Transaktionen, S. 15; T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 19. 89 Siehe auch: LT-Drs. Schleswig-Holstein 15/2509, S. 2: „Der deutsche Vertragspartner kann darüber hinaus auch verpflichtet sein, den Investor für nachteilige US-Steuerfolgen zu entschädigen, die daraus resultieren, dass unteilbare Einbauten und Umbauten an den Anlagen vorgenommen worden sind“; daneben darf die verbleibende Restnutzungsdauer nicht unterschritten werden, S. Ginsbach, Cross-Border-Leasing als Instrument der Kommunalfinanzierung, S. 125. 90 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1065; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 13: „Die STADT darf den Betrieb der Anlage im Rahmen der vertraglichen Regelungen generell (auch teilweise) einstellen, ohne den Mietvertrag vorzeitig zu beenden. In diesem Fall wäre die STADT jedoch für den Fall der Nichtausübung der Kaufoption am Ende des Mietvertrages verpflichtet, die Anlage in einem Zustand zu erhalten, der eine zukünftige Wiederinbetriebnahme ermöglicht“. 91 Siehe dazu: 2. Teil, 1. Kap. I. c). 92 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1065. 93 T. Link, US-Cross Border Lease Transaktionen, S. 15; P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 113; siehe dazu auch: 2. Teil, 3. Kap. III. b). 94 T. Geerling, U.S. Lease für kommunale Infrastruktur, S. 18; T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 21. 95 T. Geerling, U.S. Lease für kommunale Infrastruktur, S. 18; T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 19.
3. Kap.: Flexibilität
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mietvertrages begrenzt ist. 96 Aber bereits während dieser kürzeren Laufzeit von 20 bis 35 Jahren können gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungen eintreten, die eine Verwendung – wie ursprünglich konzipiert – nicht mehr erfordern und Umgestaltungen notwendig machen. 97 Es können beispielsweise Umstände eintreten, die den Weiterbetrieb von großen Klärwerken wegen der Durchsetzung von Technologien zur dezentralen Abwasserbeseitigung unwirtschaftlich machen; der Bestand an städtischen Schulen und Verwaltungsgebäuden erweist sich aufgrund demographischer Veränderungen als überdimensioniert und könnte verringert werden; eine Messehalle, deren Betrieb hohe Verluste erwirtschaftet, könnte einer anderen Verwendung zugeführt oder verkauft werden. 98 Peter Smeets et al. halten dem entgegen, daß die U.S.-Leasingverträge schließlich nicht den effektiven Weiterbetrieb bis zu Ausübung der Kaufoption forderten, sondern lediglich den Erhalt der Betriebsbereitschaft festlegten. 99 Darüber hinaus läge die Fehlentscheidung nicht im Eingehen der Leasingtransaktion, sondern bereits in der Entscheidung zum Kauf oder Bau des Gegenstandes, wenn dieser bereits vor Ablauf des Rückmietvertrages und damit im Regelfall vor Ablauf des Abschreibungszeitraums nutzlos werde. 100 Peter Sester erklärt zudem, daß die betroffenen Objekte vielfach ohnehin nur schwer umgewidmet werden könnten und schon aus faktischen Gründen langfristig von der Stadt betrieben werden müßten. Angesichts dessen stelle die mietvertragliche Betreiber- und Instandhaltungspflicht keine Belastung für die Stadt dar. 101 Das ändert jedoch nichts an dem Umstand, daß sich die Gemeinde zumindest während der Laufzeit des Rückmietvertrages diesen Vertragsbedingungen unter96 So Peter Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 100. 97 S. Ginsbach, Cross-Border-Leasing als Instrument der Kommunalfinanzierung, S. 126. 98 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1065; S. Ginsbach, Cross-Border-Leasing als Instrument der Kommunalfinanzierung, S. 126; siehe auch: LT-Drs. Rheinland-Pfalz 14/1950, S. 2: „Dabei ist auch zu prüfen, ob eine Instandhaltungs- und Betriebsverpflichtung für Anlagen über mehrere Jahrzehnte den örtlichen Bedürfnissen und Fachplanungen entspricht“; LT-Drs. Nordrhein-Westfalen 13/3896, S. 3: „Instandsetzungsverpflichtungen, wenn die vermietete Anlage z. B. wegen der geringen Auslastung oder aufgrund neuer technischer Standards nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden könne“. 99 Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1065; so auch: T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 21; W. Melzer, Rechtliche Fragen der Vertragsgestaltung von US-Cross-Border-Leasinggeschäften, S. 7; M. Busch, Wenn kaufmännisches Denken in den Hintergrund tritt, S. 4. 100 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1065; siehe auch: T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 21. 101 Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 100.
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3. Teil: Risiken
wirft und Angelegenheiten wie die Aufrechterhaltung der Betriebsfähigkeit oder die Verwendung der Gegenstände nicht allein von den Bedürfnissen ihrer Bürger abhängig machen kann, wie es doch eigentlich sein sollte, sondern von den Anforderungen, die ein U.S.-amerikanisches Unternehmen auf der Grundlage des U.S.-amerikanischen Steuerrechts stellt. 102 Thomas Lenk und Heide Köpping verweisen für den Fall, daß der Transaktionsgegenstand wirtschaftlich oder technisch überholt ist, noch auf die Möglichkeit (der Gemeinde), die Anlage zu verkaufen, die Transaktion zu beenden und den termination value zu bezahlen. 103 Ob darin eine wirkliche Alternative zu sehen ist, bleibt zu bezweifeln.
4. Kapitel
Vorzeitige Beendigung der Transaktion und Zahlung des Kündigungswertes a) In den Transaktionsverträgen sind eine Reihe von Handlungen und Ereignissen (events of default) festgelegt, die als Vertragsverletzung der Kommune gelten. 104 Dazu gehören regelmäßig Zahlungsverzug, 105 die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über die Kommune, die Nichtaufrechterhaltung vereinbarter Sicherheiten und Bürgschaften, die Abgabe falscher Zusicherungen und Gewährleistungen (z. B. Zusicherung über den Zustand des Leasingobjekts) 106 sowie die Nichterfüllung vertraglich vereinbarter Pflichten wie Versicherung und Wartung des Transaktionsgegenstandes, Berichterstattung gegenüber den anderen Transaktionsparteien, 107 Wahrung der Vertraulichkeit, Verweigerung der Auskünfte an die U.S.-Bundessteuerbehörde (IRS). 108 102 Wie die Berliner Zeitung am 26. 10. 2005 berichtete (P. Neumann, Gisela rollt weiter) standen die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) vor der Entscheidung, ob sie die UBahn-Züge der Serie G(isela) I/1 modernisieren oder verschrotten sollten: Die Mechanik sei top, aber die Elektrik entspreche dem Stand der 30er Jahre; das verteuere den Unterhalt der Bahnen und Ersatzteile seien kaum noch zu bekommen. Die Berliner Verkehrsbetriebe hatten jedoch gar keine Wahl. Die Gisela-Züge sind Teil einer Cross-Border-LeasingTransaktion und dürfen daher nicht verschrottet werden. 103 Cross Border Leasing, S. 19 f.; so auch: T. Geerling, U.S. Lease für kommunale Infrastruktur, S. 18; dazu: Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 17; zur Zahlung des Kündigungswertes, siehe im folgenden: 3. Teil, 4. Kap. 104 Siehe dazu auch: 2. Teil, 3. Kap. III. 105 Siehe dazu: 3. Teil, 5. Kap. 106 Siehe dazu: 2. Teil, 3. Kap. I. b). 107 Stadt Königswinter, Sitzungsvorlage Nr. VB/1526/99, S. 2: „Die Stadt hat dem Investor jährlich bestimmte Unterlagen (z. B. Wirtschaftsplan, Jahresergebnis, Bilanz,
4. Kap.: Vorzeitige Beendigung der Transaktion
103
Kommt es zu einer als event of default definierten Vertragsverletzung, 109 hat der Trust – zumeist nach Ablauf einer vertraglich vereinbarten Heilungsfrist – das Recht, den Rückmietvertrag zu kündigen und die Kommune zu verpflichten, ihm seine Rechte aus dem Hauptmietvertrag gegen Zahlung des Kündigungswertes (termination value) abzukaufen. 110 Der Kündigungswert soll als pauschalisierter Schadensersatz den Steuernachteil ausgleichen, der dem Investor durch die vorzeitige Beendigung der Transaktion entsteht. Seine Höhe wird bei Abschluß der Verträge für verschiedene Zeitabschnitte gestaffelt festgelegt, so daß die Renditeerwartungen des Eigenkapitalinvestors in jedem Abbruchzeitpunkt gedeckt sind. 111 Mit fortschreitender Vertragslaufzeit nimmt der von der Kommune zu entschädigende Renditeverlust ab. Zum ungünstigsten Zeitpunkt beträgt er allerdings zwischen 20 % und 25% des Transaktionsvolumens und übersteigt den erzielten Nettobarwertvorteil damit um ein Vielfaches. 112 b) Zur Begleichung des Kündigungswertes werden zunächst die in den Depots der zahlungsübernehmenden Banken angelegten Beträge eingesetzt. Das wirtschaftliche Risiko der Kommune besteht nun darin, daß ihr Guthaben bei der Bank E (Zahlungsübernahme des Eigenkapitalanteils) 113 im Abbruchzeitpunkt trotz Zins- und Zinseszinseffekt geringer ist als der Teil des termination value, der für den Eigenkapitalanteil anfällt. 114 Verbleibt eine Differenz, bildet diese Deckungslücke das sogenannte strip-Risiko (equity strip) der Kommune. 115 Gewinn- und Verlustrechnung, Haushalt, Jahresabschluss) ganz oder auszugsweise zu übersenden“; siehe auch: W. Melzer, Rechtliche Fragen der Vertragsgestaltung von USCross-Border-Leasinggeschäften, S. 5 ff. 108 T. Geerling, U.S. Lease für kommunale Infrastruktur, S. 18; P. Sester, US-CrossBorder-Leasing, S. 1836; P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1066; P. Biagosch, Vertragliche Pflichten und Risikomanagement, S. 5 ff.; Stadt Bochum, Vorlage Nr. 20051947/00, S. 1 f.; Stadt Bochum, Vorlage Nr. 20051039/00, S. 3; Stadt Siegen, Verwaltungsvorlage Nr. 2721/2003 vom 13. 06. 2003, S. 13; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 14, 18; o.V., Kontrolle ist besser, S. 7; U. Eder, Vertragsbruchrisiken. 109 In den Verträgen ist genau definiert, ab wann exakt beispielsweise das Ausbleiben einer Zahlung als Verzug gilt; in der Regel nicht sofort mit dem Ausbleiben, sondern erst einige Tage später nach Zugang einer Art Mahnung, P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 100. 110 P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 101; R. Güpner, US-Cross-Border-Leasing, S. 280; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 24. 111 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1066; P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des CrossBorder-Leasings, S. 98; T. Pschera / M. Hödl-Adick, Netto-Barwertvorteil und Gebühren, S. 51; F. Kuchler, Haushaltskonsolidierung durch US Lease Transaktionen, S. 62. 112 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1066; R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 41; F. Kuchler, Haushaltskonsolidierung durch US Lease Transaktionen, S. 62; zur Entwicklung des Kündigungswertes im Zeitablauf, siehe: 2. Teil, 2. Kap. III. 113 Dazu: 2. Teil, 2. Kap. I.3. c).
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3. Teil: Risiken
Auf der Fremdkapitalseite wird es, wie in erster Linie den Ausführungen von Peter Sester zu entnehmen ist, nicht zu einem Erfüllungsschaden kommen: Nachdem die Zinsen für die Darlehen des Trusts bei den Banken A und B 116 einerseits sowie den Zahlungsübernahmeverträgen der Kommune mit den Banken C und D 117 andererseits der Höhe und zeitlichen Struktur nach gleichgestellt sind, ist der Fremdmittelanteil des Kündigungswerts durch die Zahlungsverpflichtungen der jeweiligen Zahlungsübernahmebanken abgedeckt. 118 Der Differenz in Höhe des equity strip steht der bei Vertragsschluß ausgezahlte Nettobarwertvorteil gegenüber. Wird dieser ab Zufluß über die gesamte Laufzeit hinweg angelegt, könnte er mit seinem jeweiligen Zeitwert zur Abdeckung des strip-Risikos herangezogen werden. 119 Zu verschiedenen Zeitpunkten während der Laufzeit des Rückmietvertrages (zu Beginn und in der Mitte der Transaktion) ist die Deckungslücke allerdings größer als der aufgezinste Nettobarwertvorteil. Diesen Betrag müßte die Kommune im Falle einer vorzeitigen Vertragsbeendigung aus eigenen Mitteln bedienen. 120 Erst nach etwa zwei Dritteln der Laufzeit des Rückmietvertrages entspricht die Deckungslücke dem zu Vertragsbeginn ausbezahlten Nettobarwertvorteil, 121 d. h. erst nach etwa zwei Dritteln der Laufzeit des Rückmietvertrages ist es der Kommune möglich, die Transaktion ohne Verluste zu beenden; 122 und erst einige Jahre vor dem Ende der Laufzeit des Rückmietvertrages bleibt der gesamte Barwertvorteil erhalten. 123 114 P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 98; Rolf Brune, US Cross-Border Lease, S. 25, zufolge beträgt das Anfangsvolumen des Eigenkapitaldepots bei kleineren Transaktionen um die 20 Mio. U.S.-Dollar, bei größeren mehr als 100 Mio. U.S.-Dollar. Am Ende der Laufzeit würden Beträge von 100 Mio. U.S.Dollar bis zu über 600 Mio. U.S.-Dollar erreicht. 115 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1066; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 24 f.; siehe auch: 2. Teil, 2. Kap. III. c). 116 Dazu: 2. Teil, 2. Kap. I.1. 117 Dazu: 2. Teil, 2. Kap. I.2. und 3. 118 Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 98; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 24; P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1066. 119 Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 24. 120 T. Pschera / M. Hödl-Adick, Netto-Barwertvorteil und Gebühren, S. 51: „Verwirklicht sich das Schadensersatzrisiko bereits zu Beginn oder in der Mitte der Transaktion, übersteigt die Höhe des Schadensersatzanspruches die Höhe des erzielten Barwertvorteils erheblich“; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 9; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 17. 121 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1066. 122 E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 78 f.; Abbildung 2 (2. Teil, 2. Kap. III.) stellt die Entwicklung des strip-Risikos sowie des „strip-Risikos abzüglich aufgezinster Nettobarwertvorteil“ im Transaktionsverlauf beispielhaft dar; konkrete Zahlen lassen sich einer
4. Kap.: Vorzeitige Beendigung der Transaktion
105
Über den Kündigungswert hinaus können je nach Vertragsgestaltung noch weitere Zahlungen durch die Kommune zu erbringen sein, beispielsweise um zusätzliche Kosten, die durch die vorzeitige Vertragsbeendigung verursacht werden, zu ersetzen oder für vom Investor beanspruchte Risikozuschläge. 124 c) Alternativ zum Anspruch auf Zahlung des Beendigungswertes stehen der U.S.-Seite im Falle einer Vertragsverletzung der Kommune in der Regel noch zwei weitere Sanktionsmöglichkeiten (default remedies) 125 zur Verfügung. So kann der Trust nach der Kündigung des Rückmietvertrages und damit nach der Beendigung des Besitz- und Nutzungsrechts der Kommune auch die Herausgabe des Transaktionsobjekts verlangen. 126 Anschließend hat er die Möglichkeit, die
Stellungnahme des sächsischen Innenministeriums (LT-Drs. Sachsen 3/7806, Anlage 1 –3) entnehmen: (1) (2) (3) (4) (5) (6) Transakt.Transakt.BarwertMax. TV Max. UnterVertragspartei objekt volumen vorteil deckung Klinikum Krankenhaus 130,7 Mio. $ 8,3 Mio. $ 19,1 Mio. $ 7,8 Mio. $ Chemnitz Straßenbahnen 165 Mio. $ 12 Mio. € 66 Mio. $ 50 Mio. $ Dresdner Verkehrsbetriebe Stadt Straßenbahn- 722 Mio. $ 28,3 Mio. $ 274,9 Mio. $ 106,6 Mio. $ Leipzig schienennetz Stadt Trinkwasser630 Mio. $ 23,3 Mio. $ 148,8 Mio. $ 97,7 Mio. $ Leipzig Versorgung Zu (5): Maximaler Kündigungswert im Transaktionsablauf (termination value / TV). Zu (6): Höhe der maximalen Unterdeckung falls der Barwertvorteil für die Laufzeit des Rückmietvertrages angelegt wurde. Siehe auch: Jahresbericht 2004 des Landesrechnungshofs Nordrhein-Westfalen, unter: http://www.lrh.nrw.de, S. 348. 123 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 114. 124 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 114; E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 78; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 19 („wenn der Mietvertrag (und damit auch die Transaktion) vorzeitig beendet wird und die STADT deshalb verpflichtet ist, den Kündigungswert (ggf. zuzüglich einer Vorfälligkeitsentschädigung) und ggf. Entschädigungsleistungen gegenüber den anderen Parteien und eventuell andere Beträge, die die Akkreditivbank zu fordern berechtigt ist, zu leisten“). 125 Siehe dazu: 2. Teil, 3. Kap. III. c). 126 A. Bühner / M. Oberndörfer, Risikomanagement am Beispiel von US-Cross-BorderLeasing-Transaktionen, S. 942 („Rechtsfolge einer vorzeitigen Beendigung ist entweder die Verpflichtung zur Zahlung des Kündigungswerts [...] oder das Recht des US-Investors, das Transaktionsobjekt in Besitz zu nehmen“); P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 98; ders., US-Cross-Border-Leasing, S. 1836; T. Geerling, U.S. Lease für kommunale Infrastruktur, S. 18; P. Biagosch, Vertragliche Pflichten
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3. Teil: Risiken
Anlage zu übernehmen und selbst zu betreiben, oder aber seine Rechtsposition aus dem Hauptmietvertrag zu veräußern. 127 Liegt der Verkaufserlös (der Nutzungsrechte) unter dem relevanten termination value, ist die Kommune verpflichtet, den Fehlbetrag auszugleichen. 128 Übernimmt der Trust den Betrieb der Anlage, stehen ihm gegebenenfalls die von den Endnutzern zu entrichtenden Gebühren und Entgelte sowie zusätzlich Zahlungen der Kommune, die ihm eine bestimmte Anlagenrendite sichern, zu. 129 Unter Verweis auf die Anreizstruktur der Investoren geht das Schrifttum im übrigen davon aus, daß sich der Trust im Falle einer Vertragsverletzung für die zuerst genannte Option – Verpflichtung der Kommune zum Kauf der verbleibenden Rechte aus dem Hauptmietvertrag gegen Zahlung des entsprechenden termination value zum Ausgleich seiner steuerlichen Nachteile – entscheiden wird. 130 Das Risiko einer vorzeitigen Beendigung der Transaktion und der Verpflichtung zur Zahlung des Kündigungswertes besteht auch im Falle eines event of loss. 131 d) Zur Minimierung des Schadensersatzrisikos trägt sicherlich die vertragliche Vereinbarung von Heilungsfristen (grace periods) bei. 132 Darüber hinaus ist eine sorgfältige Vertrags- und Transaktionsüberwachung während der gesamten Vertragslaufzeit unabdingbar. 133 Dazu wird der Kommune üblicherweise ein sogenanntes compliance memorandum (Pflichtenheft) zur Verfügung gestellt: Es faßt die zukünftig zu erfüllenden Pflichten und dabei einzuhaltenden Fristen zusammen und wird von den an der Transaktion beteiligten Anwälten in Zuund Risikomanagement, S. 8; U. Eder, Vertragsbruchrisiken; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 12, 18. 127 P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1837; P. Biagosch, Vertragliche Pflichten und Risikomanagement, S. 8. 128 T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 23; P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1837; H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 7. 129 Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 12: „Soweit der Trust den Betrieb der Anlage übernimmt, ist er [...] verpflichtet, diese in einer Weise zu betreiben, dass die Verpflichtung der Stadt [...], die Daseinsvorsorge [...] bereitzustellen, dadurch nicht beeinträchtigt wird“. 130 P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 98, 101; ders., US-Cross-Border-Leasing, S. 1836 f.; P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1067; H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 7 f.; T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 24. 131 P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 98; ders., US-Cross-Border-Leasing, S. 1837; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 12 f.; siehe dazu: 2. Teil, 3. Kap. III. d); siehe auch die Ausführungen zum burdensome buyout in: 2. Teil, 3. Kap. III. e). 132 A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 318 („Angestrebt werden muss aber in jedem Fall eine Klausel, wodurch im Falle einer Vertragsverletzung durch den Anlageneigentümer für diesen Heilungsmöglichkeiten bestehen“). 133 Sächs. VwV CBL, S. 10; LT-Drs. Baden-Württemberg 13/1885, S. 5.
4. Kap.: Vorzeitige Beendigung der Transaktion
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sammenarbeit mit dem Arrangeur erstellt. 134 Smeets / Schwarz / Sander heben in diesem Zusammenhang hervor, daß das Risiko des Eintritts eines event of default mit Hilfe der Berater stark verringert werden könne und der erhebliche finanzielle Aufwand für Beratungsleistungen im Rahmen von U.S.-Leasingfinanzierungen insofern gerechtfertigt sei. 135 Allerdings erfaßt das compliance memorandum die Pflichten der Kommune nicht vollständig und kann daher die Verträge nicht ersetzen. 136 Die in den U.S.-Leasingverträgen umfassend geregelten Umstände und Verhaltensweisen, die zu einem Vertragsbruch führen können, sind jedoch „in aller Regel für den deutschen Vertragspartner nur schwer verständlich“. 137 Insofern gilt für das Pflichtenheft und das Risiko einer Vertragsverletzung, was bereits zu den Transaktionsverträgen und der davon abgeleiteten Transaktionsbeschreibung gesagt wurde: 138 Die Kommune bewegt sich auf sehr unsicherem Terrain und macht sich gleichzeitig in hohem Maße von ihren Beratern abhängig. Darüber hinaus gilt es zu bedenken, daß die Überwachung der Transaktion und die Einhaltung der Verpflichtungen über einen sehr langen Zeitraum, d. h. während der gesamten Laufzeit des Rückmietvertrages, gewährleistet sein müssen. Nachdem die personellen Zuständigkeiten in der Verwaltung innerhalb eines solchen Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit mehrmals wechseln, muß damit gerechnet werden, daß das Vertragsmanagement und die Betreuung der laufenden Verpflichtungen von kommunalen Mitarbeitern übernommen wird, die an der Vorbereitung der Transaktion nicht beteiligt waren und daher vom Umfang und der Komplexität der Vertragsgestaltung sowie der Notwendigkeit einer intensiven Einarbeitung keine Vorstellung besitzen. Abgesehen davon und aller im Schrifttum zu findenden Abwiegelungen 139 stellt sich jedoch bereits in Anbetracht der Höhe des Kündigungswerts, die dieser 134
T. Geerling, U.S. Lease für kommunale Infrastruktur, S. 21; o.V., Kontrolle ist besser, S. 7; P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1066, insb. Anm. 47; R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 17. 135 Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1066. 136 o.V., Kontrolle ist besser, S. 7: „Versäumt die Kommune gewisse Pflichten, kann sie sich nicht darauf berufen, dass das Pflichtenheft keine entsprechende Passage enthält“; P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1066: „Darstellung der wesentlichen Handlungs- und Mitteilungspflichten“. 137 A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 318. 138 Siehe: 3. Teil, 1. Kap. 139 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1066: „Die theoretisch bestehenden Risiken von US-Leasingtransaktionen erweisen sich daher für die Praxis als kalkulierbar“; P. Sester, US-Cross-BorderLeasing, S. 1837: „Bei der Bewertung der vertraglichen Leistungsstörungsregeln und der damit verbundenen Haftungsrisiken ist zwischen einer wörtlichen Betrachtung und einer
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3. Teil: Risiken
im ungünstigsten Zeitpunkt annehmen kann, die Frage, ob der Abschluß einer solchen Transaktion tatsächlich verantwortet werden kann. Die von der Kommune im Falle eines Risikoeintritts bereitzustellenden Beträge können – nicht zuletzt in Anbetracht der bereits jetzt sehr angespannten Haushaltslage – ihre finanzielle Leistungsfähigkeit deutlich überschreiten. 140 e) Wird die Transaktion vorzeitig beendet und die Kommune zu zusätzlichen Zahlungen verpflichtet, könnte ihr zudem ein Währungsrisiko entstehen: Die Sonderzahlungen sind in U.S.-Dollar zu leisten, deren Höhe vom jeweiligen Wechselkurs abhängt. Nachdem das Ausmaß des Wechselkursrisikos von der Entwicklung an den Geld- und Währungsmärkten abhängt, kann es erst zum Zeitpunkt der vorzeitigen Vertragsbeendigung konkret beziffert werden. 141 Die Kommune trägt auch dann ein Wechselkursrisiko, wenn sie eine Zahlungsübernahmevereinbarung vorzeitig beenden und durch einen neuen Vertrag ersetzen möchte oder muß. 142
5. Kapitel
Insolvenz der Zahlungsübernahmebanken a) Ein betragsmäßig hohes Kostenrisiko besteht in der Zahlungsunfähigkeit der an der Transaktion beteiligten Finanzinstitute. 143 Es ergibt sich daraus, daß die zwischen der Kommune und den defeasance-Banken abgeschlossenen Erfüllungsübernahme- und Schuldbeitrittsvereinbarungen eben keine schuldbefreiende Wirkung haben, die rechtliche Zahlungsverpflichtung der Kommune gegenüber dem Trust also weiterhin bestehen bleibt. 144 Sie haftet für die Zahlungen und muß im Falle, daß die Banken nicht ordnungsgemäß leisten oder sogar inzweckorientierten Bewertung zu unterscheiden; bei letzterer ist vor allem die Anreizstruktur der Beteiligten in den Blick zu nehmen“. 140 Jahresbericht 2004 des Landesrechnungshofs Nordrhein-Westfalen, unter: http:/ /www.lrh.nrw.de, S. 352 f. 141 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 111; A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 318; E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 83; S. Ginsbach, Cross-Border-Leasing als Instrument der Kommunalfinanzierung, S. 162 f.; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 19; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 18; bei normalem Transaktionsverlauf besteht dieses Risiko nicht. Alle Zahlungsströme sind einheitlich in U.S.-Dollar vereinbart und alle planmäßigen Zahlungen werden aus Sicht der Kommune bei Vertragsunterzeichnung im voraus erbracht (insubstance-defeasance); dazu: 2. Teil, 2. Kap. I.2. 142 Unterrichtung durch den Landesrechnungshof, LT-Drs. Mecklenburg-Vorpommern 4/1068, S. 85; siehe dazu das nachfolgende Kapitel 5. 143 M. Thormann, Zur aktuellen Diskussion um das US-Cross-Border-Lease, S. 426.
5. Kap.: Insolvenz der Zahlungsübernahmebanken
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solvent werden, die noch ausstehenden Mietraten sowie den Kaufoptionspreis letztlich gegebenenfalls selbst aufbringen. 145 Insofern besteht die Gefahr einer Doppelzahlung. 146 Träger des Kredit- und Ausfallrisikos der involvierten Finanzinstitute ist somit die Kommune. 147 Dieses Risiko besteht während der gesamten Vertragslaufzeit 148 und nachdem sich die Beträge des Eigenkapitaldepots im Laufe der Zeit vervielfachen, entsteht zudem ein besonders hohes Risiko weit in der Zukunft. 149 b) Das Risiko ist insofern reduziert, als Banken mit hoher Bonität und damit einem entsprechenden Rating 150 und Finanzinstrumente mit entsprechender Sicherheit ausgewählt werden konnten. 151 Dazu war die Kommune ohnehin meist vertraglich sowie in Absprache mit dem Investor verpflichtet. 152 In Anbetracht 144 Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband, Cross-Border-Leasing, S. 5; ausführlich dazu: 2. Teil, 2. Kap. I.2. und 2. Teil, 3. Kap. V. 145 R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 26; H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 6; M. Thormann, Zur aktuellen Diskussion um das US-Cross-Border-Lease, S. 426. 146 A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 317; M. Gindra, Cross-BorderLeasing USA, S. 94 f.; S. Bubeck, Finanzierungsstruktur / Rolle der Bankenpartner, S. 12; U. Eder, Cross-Border-Leasing wird in USA mit Steuerrecht verhindert: Die Party ist vorbei, in: Entsorga-Magazin 7 – 8/2004, S. 33 ff. 147 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 110; E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 82; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 19; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 20. 148 Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband, Cross-Border-Leasing, S. 10; A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 318; S. Ginsbach, Cross-Border-Leasing als Instrument der Kommunalfinanzierung, S. 172. 149 M. Thormann, Zur aktuellen Diskussion um das US-Cross-Border-Lease, S. 426: „Es kann um einen dreistelligen Mio.-Betrag in US-$ gehen“; R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 25 f.: „Das Anfangsvolumen des Eigenkapitaldepots beträgt bei kleineren Transaktionen eher 20 Mill. US-Dollar, bei größeren werden die 100 Mill. US-Dollar überschritten. Am Ende der Laufzeit werden hier Beträge um 100 Mill. US-Dollar bis zu über 600 Mill. US-Dollar erreicht. Es wird also zu Beginn ein Betrag in das Depot eingelegt, der sich im Laufe der dreißig Jahre vervielfacht. [...] Da sich die Beträge hier im Laufe der Zeit erhöhen, entsteht ein besonders hohes Ausfallrisiko des Depots weit in der Zukunft“. Ulrich Eder, Pflicht zur Erbringung zusätzlicher Zahlungen während der Vertragslaufzeit, unter: http://www.uslease.de/cblnachzahlungen.htm (11. 08. 2005), zufolge beträgt das Verlustrisiko aus den Zahlungsübernahmevereinbarungen je nach der konkreten Funktion des ausgefallenen Bankinstituts typischerweise nominal maximal 8% oder 77 % (FK) oder 200 % bis 300 % (EK) des Transaktionsvolumens. 150 Siehe dazu: 2. Teil, 2. Kap. I.4. d). 151 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 110; A. Bühner / C. Sheldon, US-Leasingtransaktionen, S. 318; S. Ginsbach, Cross-Border-Leasing als Instrument der Kommunalfinanzierung, S. 172 f. 152 H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 6; R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 25; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 14: „Dabei ist eine Mindestbonität der Eigenkapital-EÜV-Partei von z. B. AA- / Aa3 zu wahren“.
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3. Teil: Risiken
der langen Laufzeiten ist jedoch auch die Möglichkeit einer Verschlechterung des Ratings zu berücksichtigen. 153 Vor diesem Hintergrund ist die Kommune regelmäßig berechtigt, die defeasance-Banken im Verlauf der Transaktion zu ersetzen, wenn Bedenken hinsichtlich deren Kreditwürdigkeit bestehen. Sie kann also die Vertragsbeziehung mit ihr beenden und eine andere Bank mit besserer Bonität mit der Erfüllungsübernahme beauftragen. 154 Daneben ist die Kommune bei Eintritt bestimmter Umstände wie dem Unterschreiten eines im Vertragswerk vereinbarten Bonitätsniveaus (Mindestrating) oder der Nichterfüllung im Rahmen der defeasance vereinbarter Leistungen verpflichtet, die betroffenen Banken auszutauschen. 155 Es muß jedoch erst eine geeignete neue Bank zur Verfügung stehen. 156 In Betracht kommen kann je nach Vertragsgestaltung auch die Stellung zusätzlicher Sicherheiten wie die eines Akkreditivs 157 zur Abdeckung des dann offenen Kündigungsbetrages (strip-amount letter of credit). 158 Die daraus jeweils resultierenden Kosten sind von der Kommune zu tragen, 159 sie haftet in jedem Fall für die Bonitätsverschlechterung der Bank. 160 Nachdem die für eine vorzeitige Beendigung der Erfüllungsübernahme- oder Schuldbeitrittsvereinbarung von Seiten der Bank geforderte Vorfälligkeitsentschädigung und damit die Ersetzungskosten umso höher sind, je höher die Finanzierungskosten der ausscheidenden Bank für die Rückzahlung des Betrages sind, den ihr die Stadt bei Vertragsunterzeichnung überwiesen hat, und nachdem die Finanzierungskosten in dem Maße steigen, wie das Rating der betreffenden Bank fällt, 161 wird der Kommune ein rechtzeitiger Austausch einer „angeschlagenen“ Finanzinstitution geraten. 162 Ein unvorteilhafter Wechselkurs sowie ein ungün153
T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 25. P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 110; H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 6; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 19; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 20. 155 P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 110; P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 98; J. Wanner, US-Cross-Border-Leasingtransaktionen, S. 47; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 19; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 20. 156 M. Thormann, Zur aktuellen Diskussion um das US-Cross-Border-Lease, S. 426. 157 Siehe dazu Anm. 321 im 2. Teil. 158 J. Wanner, US-Cross-Border-Leasingtransaktionen, S. 47; Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband, Cross-Border-Leasing, S. 10; W. Melzer, Rechtliche Fragen der Vertragsgestaltung von US-Cross-Border-Leasinggeschäften, S. 8 f.; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 20 f. 159 H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 6 f.; M. Gindra, Cross-Border-Leasing USA, S. 95; J. Wanner, US-Cross-Border-Leasingtransaktionen, S. 47; M. Busch, Wenn kaufmännisches Denken in den Hintergrund tritt, S. 4. 160 T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 25; J. Wanner, US-Cross-BorderLeasingtransaktionen, S. 47. 161 Ein als erstklassig eingestufter Emittent kann ein Wertpapier mit niedrigerer Verzinsung ausstatten als ein Emittent mit schlechter Bonitätseinschätzung. Insofern hat die 154
5. Kap.: Insolvenz der Zahlungsübernahmebanken
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stiges Zinsniveau zum Zeitpunkt des Austausches können die Ersetzungskosten zusätzlich erhöhen. 163 Daß die betreffenden Banken häufig nicht bereit sind, einen Regressanspruch und damit eine Haftungszusage für die Konstanz ihres Ratings zu vereinbaren, ist insofern wirtschaftlich nachvollziehbar, als ein solches Vorgehen „ein beginnendes leichtes Down-Rating der Bank inflationsartig verstärken“ würde. In Einzelfällen wären diese Finanzinstitute wohl aber zur teilweisen Rückzahlung ihres Entgeltes (fees) bereit. 164 c) Sofern das Risiko einer Bankeninsolvenz in der Literatur behandelt wird, wird es überwiegend als gering bewertet oder es wird zumindest davon ausgegangen, daß es durch die Auswahl von renommierten Finanzinstituten gering gehalten und durch die Möglichkeit der Ersetzung noch weiter vermindert werden kann. 165 Doch die Laufzeiten der Verträge sind lang und niemand vermag heute vorauszusagen, wie sich die Bankenlandschaft verändern und in 25 Jahren aussehen wird. 166 Auch die Ratingagenturen sind nicht vor Fehleinschätzungen gefeit. 167 Welches Ausmaß Schwierigkeiten im Banken- und Finanzsektor annehmen können und wie sich ein lokales Problem auf dem U.S.-Immobilienmarkt zu einer weltweiten Bankenkrise entwickelt, ist seit dem Frühsommer 2007 zu beobachten: die U.S.-Hypothekenkrise. 168 Ratingeinstufung direkten Einfluß auf die Höhe der Kapitalbeschaffungskosten; G. Wierichs / S. Smets, Gabler Kompakt-Lexikon, Stichwort: Rating, S. 186 f. 162 So: P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 98; H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 6 f.; siehe auch: M. Gindra, Cross-BorderLeasing USA, S. 95. 163 H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 7. 164 So P. Sester, US-Cross-Border-Leasing, S. 1836. Gleichermaßen muß die Kommune die Kosten für einen Austausch der Akkreditivbank übernehmen, sofern diese ihrerseits das für sie erforderliche Rating nicht mehr erfüllt; Sächs. VwV CBL, S. 4; S. Bubeck, Finanzierungsstruktur / Rolle der Bankenpartner, S. 11; Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 15. 165 T. Link, US-Cross Border Lease Transaktionen, S. 17: „Durch Auswahl von renommierten Finanzinstituten mit hervorragender Bonität und entsprechendem Rating durch [...] kann dieses Risiko aber gering gehalten werden“; H. Dedy / R. Güpner, CrossBorder-Leasing, S. 6: „Das Risiko einer Bankeninsolvenz ist objektiv gering und wird durch die Auswahl der Banken nach strengen internationalen Bonitätskriterien weiter vermindert“; E. Müller / H. Mayer, US-Cross-Border-Lease, S. 16: „nicht als ernsthaftes Risiko betrachtet“; T. Flatten / W. Melzer, US-Cross-Border-Leasing, S. 31: „weitgehend minimiert werden“; T. Geerling, U.S. Lease für kommunale Infrastruktur, S. 20: „sehr stark eingeschränktes Risiko“; Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 20: „nicht als ernsthaftes Risiko betrachtet“; kritischer dazu: T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 25. 166 M. Thormann, Zur aktuellen Diskussion um das US-Cross-Border-Lease, S. 426. 167 R. Güpner, US-Cross-Border-Leasing, S. 279. 168 Eine „Chronik der globalen Finanzkrise“ findet sich in: WirtschaftsWoche 14/2008, S. 24 ff.
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3. Teil: Risiken
Auslöser der Krise war die Praxis, billige Hypothekenkredite auch an einkommensschwache Kunden mit geringer Bonität zu vergeben (subprime mortgages). Mit diesen zinsgünstigen Darlehen kauften Amerikaner in großem Umfang Eigenheime. In der Folge stiegen die Immobilienpreise und die amerikanischen Eigenheimbesitzer konnten immer neue Kredite auf ihre wertvoller werdenden Häuser aufnehmen. Mit solchen Krediten wurde ein großer Teil des amerikanischen Konsums finanziert. Solange der Wert der Immobilien stieg und die Zinsen stabil blieben, konnte sich dieser Markt ungehindert weiterentwickeln. 169 Die Hypothekenbanken indessen bündelten die Kredite und lagerten sie in Zweckgesellschaften aus. Diese verbrieften die Risikokredite, d. h. die Rückzahlungs- und Zinszahlungsansprüche, als Anleihen und veräußerten sie weltweit an Anleger. Vor allem institutionelle Investoren wie Versicherungen, Fonds oder andere Banken kauften die forderungsbesicherten Wertpapiere (asset backed securities). Auf diese Weise wurden die Risiken an andere weitergereicht und bei den Hypothekenbanken wurde Kapital für zusätzliche Geschäfte frei. Als die Immobilienblase platzte, der Höhenflug der Häuserpreise stoppte und gleichzeitig die Hypothekenzinsen wieder stiegen (viele Immobiliendarlehen haben einen flexiblen Zinssatz), wurden immer mehr U.S.-Hausbesitzer zahlungsunfähig. 170 In Schwierigkeiten geraten sind neben den Banken vor allem die Investoren, die mit subprime-Hypotheken besicherte Anleihen gekauft haben. Die asset backed securities schlechter Schuldner werden, wenn überhaupt, nur noch mit enormen Wertabschlägen gehandelt. Dies führte bei U.S.-Banken und seit Ende 2007 auch bei europäischen und asiatischen Banken zu Abschreibungen und Wertberichtigungen in Milliardenhöhe; praktisch alle großen Finanzhäuser mußten hohe Verluste melden. Auf deutscher Seite hatten sich die Deutsche Industriebank IKB und die Sachsen LB durch solche Fehlspekulationen in existenzbedrohende Liquiditätskrisen gebracht. 171 In diesem Zusammenhang gerieten auch die Ratingagenturen in die Kritik. Ihnen wird vorgeworfen, vielen Produkten zu gute Noten gegeben und zu spät auf die Krise reagiert zu haben. Darüber hinaus wird ihre Unabhängigkeit in Frage gestellt.
Das Risiko einer Ratingverschlechterung ist zudem im Kontext der Ersetzung der Anstaltslast 172 und der Abschaffung der Gewährträgerhaftung 173 (bei öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten, die in vielen Fällen an Cross-Border-Lea169 Siehe dazu: o.V., Mit Wohneigentum läßt sich in Amerika viel Geld verdienen, in: FAZ vom 03. 03. 2006, S. 12; C. Tigges, Vor einer sanften Landung, in: FAZ vom 15. 11. 2006, S. 13. 170 Siehe dazu: o.V., Sorgen vor einem Konjunkturknick in Amerika, in: FAZ vom 19. 03. 2007, S. 11. 171 o.V., Amerikanischer Hypothekenmarkt noch mitten in der Krise, in: FAZ vom 26. 06. 2007, S. 22; S. Böll / U. Papendick, Gier trifft Dummheit. Die tiefste Finanzkrise seit Jahrzehnten ruiniert in Deutschland vor allem die öffentlichen Banken. WestLB, IKB & Co. haben damit den letzten Kredit verspielt, in: managermagazin, 4/2008, S. 39 –49, 39: „Vor allem die öffentlich-rechtlichen Geldhäuser, die nach dem Wegfall staatlicher Garantien häufig über kein tragfähiges Geschäftsmodell verfügten, versuchten ihre chronische Ertragsschwäche mit den vermeintlich lukrativen Finanzinnovationen zu übertünchen“; siehe dazu auch im folgenden.
5. Kap.: Insolvenz der Zahlungsübernahmebanken
113
sing-Transaktionen beteiligt sind) zu betrachten. 174 Unmittelbare Folge dieser Instandhaltungs- und Einstandspflichten waren positive Bonitätseinstufungen, insbesondere der Landesbanken. Dies ermöglichte ihnen eine vergleichsweise günstige Refinanzierung am Kapitalmarkt. Mit dem Wegfall der Haftungsgarantien müssen sich diese Banken nun ohne die Reputation ihrer Träger an den Finanzmärkten behaupten und sich ihre Kreditwürdigkeit, die zumeist in den Noten der Ratingagenturen zum Ausdruck kommt, und damit ihre Finanzierungsbedingungen eigenständig erarbeiten. 175 172 Anstaltslast bedeutet die Verpflichtung der Errichtungskörperschaft, „die wirtschaftliche Basis der Anstalt zu sichern, die Anstalt für die gesamte Dauer ihres Bestehens funktionsfähig zu erhalten und etwaige finanzielle Lücken (Unterbilanz) durch Zuschüsse oder auf andere geeignete Weise auszugleichen“, Wettbewerbsenquête, BT-Drs. V/3500, S. 47. 173 Unter Gewährträgerhaftung ist die „auf Gesetz oder Satzung beruhende unmittelbare Haftung einer Gebietskörperschaft oder eines öffentlich-rechtlichen Verbandes gegenüber den Gläubigern eines von der Gebietskörperschaft oder dem Verband getragenen rechtlich selbständigen Kreditinstitutes für dessen sämtliche Verbindlichkeiten“ zu verstehen, Wettbewerbsenquête, BT-Drs. V/3500, S. 48, Anm. 67. 174 J. Wanner, US-Cross-Border-Leasingtransaktionen, S. 46, Anm. 6: „In diesem Falle drohen möglicherweise Ratingverschlechterungen und mithin kostenpflichtige Restrukturierungen“; T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 25; S. Ginsbach, Cross-BorderLeasing als Instrument der Kommunalfinanzierung, S. 172. Um das deutsche System der staatlichen Haftungsgarantien für öffentlich-rechtliche Kreditinstitute mit den beihilferechtlichen Vorschriften des EG-Vertrages in Einklang zu bringen, haben sich die Bundesregierung und die Europäische Kommission im Juli 2001 und im Februar 2002 im wesentlichen auf die folgenden Maßnahmen verständigt: Die Anstaltslast wird zum 19. Juli 2005 durch „normale Beziehungen“ zwischen den öffentlich-rechtlichen Eigentümern und den betreffenden Kreditinstituten ersetzt. Die Gewährträgerhaftung wird mit folgender Ausnahme– / Übergangsregelung abgeschafft: 1. Verbindlichkeiten, die am 18. Juli 2001 bereits bestanden, unterliegen auch künftig und zeitlich unbegrenzt bis zu ihrer Fälligkeit der Gewährträgerhaftung. Dies gilt unabhängig von der Laufzeit. 2. Verbindlichkeiten, die nach dem 18. Juli 2001, aber vor dem 19. Juli 2005 entstehen, werden von der Gewährträgerhaftung in vollem Umfang abgedeckt, sofern ihre Laufzeit spätestens bis zum 31. Dezember 2015 endet. Europäische Kommission, Dok. C (2002) 1286; dazu auch: U. Immenga / J. Rudo, Die Beurteilung von Gewährträgerhaftung und Anstaltslast der Sparkassen und Landesbanken nach dem EU-Beihilferecht, 1997. 175 S. Burgmaier, Erprobter Typ. Die öffentlich-rechtlichen Institute suchen fieberhaft nach rentablen Geschäftsmodellen, in: WirtschaftsWoche 10/2004, S. 54; so erhielt bspw. die BayernLB im September 2005 für langfristige bestandsgeschützte Verbindlichkeiten (begründet bis 18. 07. 2005; fällig bis 31. 12. 2015) ein Standard & Poor’s-Rating von AAA, für langfristige Verbindlichkeiten ohne Bestandsschutz ein Standard & Poor’s-Rating von A; BayernLB, Rating, unter: http://www.bayernlb.de/p/ _de/downloads/offen/0521_Investor_Relations/ir_d1.pdf (28. 09. 2005); ähnlich: WestLB: AA- für langfristige bestandsgeschützte Verbindlichkeiten, A- für nicht geschützte (Standard & Poor’s); WestLB, Aktuelle Ratings – Übersicht, unter: http://www.westlb.de/cms /sitecontent/westlb/ir/de/finanzinformationen/aktuelle_ratings.html (28. 09. 2005).
4. Teil
Öffentlich-rechtliche Fragen Art und Inhalt der Transaktionsverträge sowie die dadurch geschaffene Transaktions- und Finanzierungsstruktur sind ganz überwiegend von den Vorschriften des U.S.-amerikanischen Rechts, insbesondere den des U.S.-Steuerrechts geprägt. Im folgenden soll nun der Blickwinkel geändert werden und das deutsche öffentliche Recht im Vordergrund stehen. Von den vielfältigen Fragestellungen, die sich daraus in Bezug auf Cross-Border-Leasing-Transaktionen ergeben, sollen zwei ausführlicher diskutiert werden. Zum einen geht es um die Verwendung des Nettobarwertvorteils: Sind öffentliche Anlagen, für deren Benutzung eine Gebühr zu entrichten ist, Gegenstand der U.S.-Lease-Transaktion, stellt sich die Frage, ob der vereinnahmte Nettobarwertvorteil in den allgemeinen Haushalt einfließen darf oder ob er gebührenmindernd bei der Gebührenbedarfsberechnung berücksichtigt werden muß (2. Kap.). Im letzteren Fall hätten die Gemeinden ihr Ziel, eine Entlastung der Haushalte zu bewirken, verfehlt. Noch vor der konkreten Anbahnung einer Cross-Border-Leasing-Transaktion war hingegen zu prüfen, inwieweit das Kartellvergaberecht zur Anwendung kommen mußte und welche Aufträge infolgedessen E.U.-weit auszuschreiben waren. Dieser Fragestellung soll am Beispiel der Arrangeurleistung nachgegangen werden (1. Kap.).
1. Kapitel
Vergaberechtliche Einordnung der Arrangeurleistung a) Die maßgeblichen Vorschriften des Vergaberechts finden sich im Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) 1 sowie in der auf 1
Vom 26. 08. 1998 (BGBl. I, S. 2546), m. Änd. vom 02. 09. 2002 (BGBl. I, S. 3448); mit der Einfügung eines neuen Vierten Teils in das GWB hat der deutsche Gesetzgeber
1. Kap.: Vergaberechtliche Einordnung der Arrangeurleistung
115
dieser Grundlage erlassenen Vergabeverordnung (VgV). 2 Diese verweist ihrerseits in den verschiedenen Bereichen auf die jeweiligen Verdingungsordnungen. 3 Rechtsprechung zu den Ausschreibungspflichten im Rahmen einer Cross-BorderLeasing-Transaktion ist – soweit ersichtlich – nicht vorhanden. Als ausschreibungsbedürftige Aufträge der Kommune kamen neben der Leistung des Arrangeurs die der Anwälte sowie die Beteiligung des Investors und die Zahlungsübernahmen der Banken in Betracht. 4 Dabei war jeweils zu erörtern, ob ein öffentlicher Auftrag i. S. d. § 99 GWB a. F. vorlag, dessen Wert gemäß § 100 Abs. 1 GWB a. F. die Schwellenwerte für eine europaweite Vergabe erreichte oder überschritt und der nicht unter einen der Ausnahmetatbestände das Recht der öffentlichen Auftragsvergabe auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt und damit die sog. „haushaltsrechtliche Lösung“ aufgegeben. Eine Überarbeitung des Vergaberechts war nicht zuletzt deshalb erforderlich geworden, nachdem die Europäische Kommission das deutsche Umsetzungsmodell der europäischen Vergaberichtlinien (Baukoordinierungsrichtlinie 93/37/EWG, Lieferkoordinierungsrichtlinie 93/ 36/EWG, Sektorenrichtlinie 93/38/EWG, Dienstleistungskoordinierungsrichtlinie 92/50/ EWG) für unzureichend hielt und 1995 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eröffnete; dazu (mit entsprechenden Nachweisen): O. Otting, Vorbemerkungen zu § 97 GWB, in: R. Bechtold, Kartellgesetz. Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Kommentar, 4. Aufl. 2006, Rdn. 1 ff.; R. Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge. VOB / A – VOL / A – VOF. Nachprüfung von Vergabeverfahren. Vergabestrafrecht – Ordnungswidrigkeiten, 2. Aufl. 2001, S. 1 ff.; R. Noch, Vergaberecht kompakt. Verfahrensablauf und Entscheidungspraxis, 2. Aufl. 2002, S. 1 ff.; J. Byok, Das neue Vergaberecht, in: NJW 38/1998, S. 2774 ff.; S. Hertwig, Praxis der öffentlichen Auftragsvergabe. Systematik, Verfahren, Rechtsschutz, 3. Aufl. 2005, S. 14 ff.; siehe insbesondere Anm. 3. 2 Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge vom 09. 01. 2001 (BGBl. I, S. 110). 3 Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) i. d. F. der Bek. vom 12. 09. 2002, BAnz. Nr. 202a; Verdingungsordnung für Leistungen (VOL), Teil A (VOL / A) i. d. F. der Bek. vom 17. 11. 2002, BAnz. Nr. 216a, Teil B (VOL / B) i. d. F. der Bek. vom 05. 08. 2003, BAnz. Nr. 178a; Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen (VOF) i. d. F. der Bek. vom 26. 08. 2002, BAnz. Nr. 203a. Im Frühjahr 2004 haben der E.U.-Ministerrat und das europäische Parlament neue Vergaberichtlinien erlassen (2004/17/EG und 2004/18/EG, ABl. L Nr. 134 vom 30. 04. 2004, S. 1 ff., 114 ff.), die von den Mitgliedstaaten bis zum 31. 01. 2006 umgesetzt werden mußten. Mit diesem Zeitpunkt wurden die Richtlinien 92/50/EWG, 93/36/EWG und 93/37/EWG aufgehoben. Darüber hinaus sind durch das Gesetz zur Beschleunigung der Umsetzung von Öffentlich Privaten Partnerschaften und zur Verbesserung gesetzlicher Rahmenbedingungen für Öffentlich Private Partnerschaften vom 01. 09. 2005 (BGBl. I, S. 2676) einige vergaberechtsrelevante Änderungen erfolgt; dazu (insgesamt): O. Otting, Vorbemerkungen zu § 97 GWB, Rdn. 18 ff.; nachdem die Cross-Border-Leasing-Transaktionen jedoch überwiegend zwischen 1999 und 2003 abgeschlossen wurden (siehe dazu: 2. Teil, 2. Kap. IV), wird im folgenden auf die alte Fassung der entsprechenden Vorschriften zurückgegriffen (siehe Anm. 1 und 2). 4 Dazu: H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 10 ff.; T. Pschera / B. Enderle, Ausschreibungspflichten bei US-Leasing-Transaktionen, S. 463 ff.; P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 115 ff.
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4. Teil: Öffentlich-rechtliche Fragen
nach § 100 Abs. 2 GWB a. F. fiel. 5 Der Schwellenwert für die Vergabe von Lieferund Dienstleistungsaufträgen im Bereich der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder im Verkehrsbereich beträgt gemäß § 2 Nr. 1 VgV a. F. 400.000 €. Für alle anderen Liefer- und Dienstleistungsaufträge, die von Kommunen erteilt werden, gibt § 2 Nr. 3 VgV a. F. einen Schwellenwert von 200.000 € an. Bei den im Rahmen von Cross-Border-Leasing-Transaktionen zu vergebenden Aufträgen wurden diese Werte für gewöhnlich überschritten. 6 b) Was die Leistung des Arrangeurs anbelangt, so hat die Vergabekammer des Landes Baden-Württemberg mit Beschluß vom 30. November 2001 entschieden, daß die Beauftragung eines entsprechenden Finanzdienstleisters als Arrangeur für die Vermittlung eines U.S.-Leasinggeschäftes unter den Ausnahmetatbestand des § 100 Abs. 2 lit. m GWB a. F. falle, der Arbeitsverträge und Aufträge „über finanzielle Dienstleistungen im Zusammenhang mit Ausgabe, Verkauf, Ankauf oder Übertragung von Wertpapieren oder anderen Finanzinstrumenten sowie Dienstleistungen der Zentralbanken“ vom Vergaberegime des GWB a. F. ausnimmt. 7 Die Kammer begründete ihre Entscheidung mit dem besonderen kapitalmarktbezogenen Vertrauensverhältnis, das in erster Linie aus der vertraglichen Verpflichtung des Arrangeurs resultiere, eine Empfehlung bezüglich eines U.S.Eigenkapitalinvestors auszusprechen, mit dessen Qualität die geplante Transaktion stehe und falle. 8 Hingegen sind nach Ansicht der Europäischen Kommission Verträge über die Vermittlung und Beratung einer Leasingfinanzierung üblicherweise europaweit 5 Dazu ausführlich: M. Dreher, Der Anwendungsbereich des Kartellvergaberechts, in: DB 51/52/1998, S. 2579 ff. 6 H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 10; eine Schätzung der zu erwartenden Kosten findet sich bei R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 17 ff.: für die Kosten der Anwälte und Berater der Stadt gibt er einen Orientierungswert von 1,1 Mio. U.S.-Dollar an, die Vergütung des Arrangeurs (einschließl. Übernahme des Transaktionskostenrisikos) ist mit 3,3 Mio. U.S.-Dollar veranschlagt. Werden die in den EG-Richtlinien festgesetzten und in § 2 VgV a. F. umgesetzten Schwellenwerte nicht erreicht, finden die Vergabevorschriften des GWB a. F. keine Anwendung. Eine europaweite Ausschreibung des Auftrags ist dann nicht erforderlich. Gleichwohl gelten für öffentliche Auftraggeber auch unterhalb der Schwellenwerte die Grundsätze des primären Gemeinschaftsrechts (beispielhaft erwähnt seien an dieser Stelle lediglich das Diskriminierungsverbot und die Grundfreiheiten) sowie die Bestimmungen des deutschen, insbesondere kommunalen Haushaltsrechts; H. Thieme, Kommentierung des § 100 GWB, in: E. Langen / H.-J. Bunte (Hrsg.), Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Bd. 1, 9. Aufl. 2001, Rdn. 3 ff.; R. Bechtold, Kartellgesetz. Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Kommentar, 3. Aufl. 2002, § 100 Rdn. 1 ff.; T. Stickler, Kommentierung des § 100 GWB, in: O. Reidt / ders. / H. Glahs, Vergaberecht. Kommentar, 2. Aufl. 2003, Rdn. 4 ff. 7 1 VK 40/01, in: RIW 6/2002, S. 477 ff. (ebenfalls abgedruckt in: DB 11/2002, S. 579 ff.). 8 1 VK 40/01, in: RIW 6/2002, S. 481.
1. Kap.: Vergaberechtliche Einordnung der Arrangeurleistung
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auszuschreiben. 9 Diese, auch in der Literatur umstrittene Rechtsfrage 10 soll im folgenden einer näheren Analyse unterzogen werden.
I. Öffentlicher Auftrag a) Der Vertrag mit dem Arrangeur müßte, um in den Anwendungsbereich des Vergaberechts zu fallen, zunächst einen öffentlichen Auftrag darstellen, den § 99 Abs. 1 GWB a. F. als einen entgeltlichen Vertrag zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und einem Unternehmen definiert. Beauftragt wurde der Arrangeur von Gemeinden, kommunalen Eigen- oder Regiebetrieben, Zweckverbänden oder kommunalen Unternehmen, 11 die die Durchführung einer CrossBorder-Leasing-Transaktion anstrebten und die unstrittig dem in § 98 GWB a. F. definierten Kreis der möglichen öffentlichen Auftraggeber angehören. 12 Eine unterschiedliche Beurteilung findet jedoch die Frage, ob zwischen dem Arrangeurvertrag und dem Rahmenvertrag des später abzuschließenden Leasinggeschäfts eine vergaberechtlich relevante Verknüpfung besteht. Wäre der Arrangeurvertrag als ein vom Rahmenvertrag und der Gesamttransaktion nicht abtrennbarer Auftragsteil zu qualifizieren und somit kein unabhängiger Vertrag, hätte dies einer eigenständigen Auftragsvergabe in einem eigenen Verfahren entgegen gestanden. 13 9 Schreiben der Europäischen Kommission vom 29. 06. 2004 an Bündnis 90/ Die Grünen, St. Augustin, betreffend „Öffentliches Auftragswesen – Sache 2004/ 4136 – Vergabe von Cross Border Leasing Leistungen durch die Stadt St. Augustin“, S. 1, unter: http://www.gruene-sanktaugustin.de/presse/2004/Schreiben%20EUKommission.htm (05. 04. 2005). 10 Gegen die Anwendung des Vergaberechts: T. Pschera / B. Enderle, Ausschreibungspflichten bei US-Leasing-Transaktionen, S. 467 ff.; P. Biagosch / K. Weinand-Härer, USCross Border Lease-Transaktionen, S. 115; a. A.: A. Bühner, Arrangeurvertrag zur Vermittlung von US-Cross-Border-Leasing-Transaktionen. Risiken des Verzichts auf eine Ausschreibung. Anmerkungen zum Beschluss der Vergabekammer Baden-Württemberg vom 30. 11. 2001 – I VK 40/01, DB 2002 S. 579 ff., in: DB 20/2002, S. 1036 ff. 11 F. Laudenklos / C. Pegatzky, US-Leasingfinanzierungen, S. 1299; T. Pschera / B. Enderle, Ausschreibungspflichten bei US-Leasing-Transaktionen, S. 464; die Einbindung von Kommunen war u. a. deshalb besonders interessant, weil sie nicht insolvenzfähig sind und deshalb eine gute Bonität vorweisen können. 12 Zum Begriff des öffentlichen Auftraggebers: M. Dreher, Kommentierung des § 98 GWB, in: U. Immenga / E.-J. Mestmäcker (Hrsg.), GWB. Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Kommentar, 3. Aufl. 2001, Rdn. 1 ff.; T. Stickler, Kommentierung des § 98 GWB, in: O. Reidt / ders. / H. Glahs, Vergaberecht. Kommentar, 2. Aufl. 2003, Rdn. 1 ff.; A. Boesen, Vergaberecht. Kommentar zum 4. Teil des GWB, 1. Aufl. 2000, § 98 Rdn. 1 ff.; G. Heise, Der Begriff des „öffentlichen Auftraggebers“ im neuen Vergaberecht, in: LKV 6/1999, S. 210 – 213. 13 T. Pschera / B. Enderle, Ausschreibungspflichten bei US-Leasing-Transaktionen, S. 467, sehen im Arrangeurvertrag „rechtlich und wirtschaftlich eine Art ‚Präfix‘ des
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4. Teil: Öffentlich-rechtliche Fragen
b) Unter Zugrundelegung des in Teil 2 [1. Kap. II. d)] aufgezeigten Tätigkeitsspektrums des Arrangeurs erscheint es naheliegend, den zeitlichen Schwerpunkt der Arrangeurleistung in der Phase vor Abschluß der Transaktionsverträge anzusiedeln. Primäre Aufgabe des Arrangeurs war demzufolge, das Zustandekommen einer Cross-Border-Leasing-Transaktion zu organisieren und zu vermitteln. 14 Die Arrangeurleistung war daher weniger mit dem Rahmenvertrag der Transaktion verknüpft, sondern ging diesem vielmehr voraus. 15 Grundlage der Tätigkeit des Arrangeurs waren (und sind) die im Arrangeurvertrag fixierten Pflichten 16 sowie die wirtschaftlichen und strukturellen Zielvorgaben 17 der Kommune. 18 Konnten die vorab definierten Bedingungen nicht realisiert werden, stand es der Kommune frei, sich vom Vertrag zu lösen. 19 Unabhängig davon konnte auch aus anderen Gründen ein Abbruch der Vertragsverhandlungen erforderlich werden, beispielsweise wenn in der Kommunalvertretung keine Mehrheit mehr für die Durchführung des Vorhabens vorhanden war. 20 Die Beauftragung des Arrangeurs hatte demnach nicht zwingend den Abschluß einer Transaktion zur Folge, 21 was um so mehr für eine isolierte Betrachtung von Arrangeurvertrag und Rahmenvertrag spricht. Transaktions-Vertrags“ und sprechen sich daher gegen eine Ausschreibungspflicht aus; T. Pschera / B. Enderle, US-Leasing-Transaktionen und Vergaberecht, S. 2364; a. A.: A. Bühner, US-Leasing-Transaktionen und Vergaberecht, S. 2365 f.; Vergabekammer Baden-Württemberg, 1 VK 40/01, in: RIW 6/2002, S. 479: „den von der eigentlichen USLeasing-Transaktion rechtlich zu unterscheidenden Arrangeurvertrag“. 14 T. Pschera / B. Enderle, Ausschreibungspflichten bei US-Leasing-Transaktionen, S. 467. 15 Zwischen der Mandatierung des Arrangeurs und dem Abschluß der Transaktion lagen je nach Art und Komplexität des Vorhabens zwischen drei und zwölf Monaten, T. Flatten / W. Melzer, US-Cross-Border-Leasing, S. 30. 16 Zum Beispiel bestimmte Nachbetreuungspflichten. 17 Zum Beispiel Mindestbarwertvorteil. 18 H.-J. Fricke, Die Aufgaben eines wirtschaftlichen Beraters bei Cross-Border-Leasing-Transaktionen, Pkt. 3. 19 T. Pschera / B. Enderle, US-Leasing-Transaktionen und Vergaberecht, S. 2364; A. Bühner, US-Leasing-Transaktionen und Vergaberecht, S. 2366; R. Brune, US CrossBorder Lease, S. 18. 20 H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 5; beispielhaft angeführt werden kann an dieser Stelle die geplante Cross-Border-Leasing-Transaktion der Stadt Frankfurt, in die das U-Bahn-Netz eingebracht werden sollte. Eine Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung, die sich gegen die Durchführung der Transaktion ausgesprochen hat, kam zu einem Zeitpunkt zustande, als bereits konkrete Vertragsentwürfe vorlagen und entsprechende Vorleistungen durch den Arrangeur sowie andere Berater und Gutachter erbracht worden waren. Alle bis dahin aufgelaufenen Kosten hatte in diesem Fall die Deutsche Bank als Arrangeur der Transaktion zu tragen; o.V., Leasinggeschäft mit der U-Bahn scheitert, in: FAZ vom 04. 09. 2003; J. Ochs, U-Bahn-Netz. Grünen lassen CBLDeal platzen, in: Frankfurter Rundschau vom 04. 09. 2003; grundsätzlich hängt die Frage der Kostenübernahme von den im Arrangeurvertrag getroffenen Vereinbarungen ab, siehe dazu: 3. Teil, 2. Kap. (Transaktionskostenrisiko).
1. Kap.: Vergaberechtliche Einordnung der Arrangeurleistung
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c) Dem steht auch die im Markt übliche Vereinbarung einer erfolgsabhängigen Vergütung 22 nicht entgegen. 23 War der Vergütungsanspruch des Arrangeurs an die zu einem späteren Zeitpunkt abzuschließende U.S.-Leasingtransaktion geknüpft, hatte dies zwar eine wirtschaftliche Abhängigkeit der Leistung des Arrangeurs zur Folge, vergaberechtlich relevant ist diese jedoch nicht. 24 Ein erfolgsabhängiger Anspruch ist mit der Funktion des Entgeltes aus § 99 Abs. 1 GWB a. F. nicht unvereinbar. Diese besteht darin, Beschaffungen am Markt und somit die wirtschaftliche Ausrichtung der erfaßten Aufträge in Abgrenzung zu beispielsweise gesellschaftsrechtlich bedingten Leistungsverpflichtungen 25 zum Ausdruck zu bringen. 26 Die Erbringung einer marktmäßigen Gegenleistung 27 seitens des öffentlichen Auftraggebers stellt damit klar, daß es sich um ein wirtschaftliches Austauschverhältnis handelt, also ein Vertrag mit gegenseitigen Rechten und Pflichten vorliegt. 28 Entsprechend der wettbewerblichen Zielsetzung des Kartellvergaberechts ist das Kriterium der Entgeltlichkeit weit auszulegen 29 und nicht im wörtlichen Sinne zu verstehen. Erfaßt ist jede Art von Vergütung, die einen Geldwert darstellen kann, 30 unabhängig von ihrer konkreten Ausgestaltung. 31 Eine bloß abstrakte Festlegung des Entgelts reicht ebenfalls aus, so
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Zum Beispiel: Stadt Mannheim, Beschlußvorlage Nr. 320/2001 vom 25. 05. 2001, S. 4: „Durch den Arrangeurvertrag wird die Stadt nicht zum späteren Abschluß eines US-Leasing-Vertrages verpflichtet ... die Fälle, in denen die Stadt berechtigt ist, den Arrangeurvertrag während der Vertragslaufzeit (§ 8) aus wichtigem Grunde vorzeitig zu kündigen“. 22 A. Bühner, US-Leasing-Transaktionen und Vergaberecht, S. 2365. 23 A. A.: T. Pschera / B. Enderle, Ausschreibungspflichten bei US-Leasing-Transaktionen, S. 467 f. 24 A. Bühner, US-Leasing-Transaktionen und Vergaberecht, S. 2366. 25 Zum Beispiel aus Satzungen von Gesellschaften; H. Thieme, Kommentierung des § 99 GWB, in: E. Langen / H.-J. Bunte (Hrsg.), Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Bd. 1, 9. Aufl. 2001, Rdn. 5. 26 M. Dreher, Kommentierung des § 99 GWB, in: U. Immenga / E.-J. Mestmäcker (Hrsg.), GWB. Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Kommentar, 3. Aufl. 2001, Rdn. 8; T. Noelle / J. Rogmans, Öffentliches Auftragswesen. Leitfaden für die Vergabe und Abwicklung von öffentlichen Aufträgen (GWB und VO PR 30/53), 3. Aufl. 2002, S. 53. 27 T. Noelle / J. Rogmans, Öffentliches Auftragswesen, S. 53. 28 Vergabekammer Baden-Württemberg, 1 VK 40/01, in: RIW 6/2002, S. 479; T. Stickler, Kommentierung des § 99 GWB, in: O. Reidt / ders. / H. Glahs, Vergaberecht. Kommentar, 2. Aufl. 2003, Rdn. 5; R. Noch, Vergaberecht kompakt, S. 39. 29 M. Dreher / M. Opitz, Die Vergabe von Bank- und Finanzdienstleistungen, in: WM 9/2002, S. 413 – 427, 416. 30 Europäische Kommission, Öffentliches Auftragswesen in der Europäischen Union. Leitfaden zu den Gemeinschaftsvorschriften über öffentliche Dienstleistungsaufträge. Richtlinie 92/50/EWG, S. 12; R. Bechtold, Kartellgesetz, § 99 Rdn. 2; A. Boesen, Vergaberecht, § 99 Rdn. 57. 31 T. Noelle / J. Rogmans, Öffentliches Auftragswesen, S. 53.
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4. Teil: Öffentlich-rechtliche Fragen
daß im Sinne des deutschen Rechts jede Art von gegenseitig verpflichtendem Vertrag erfaßt ist. 32 Vor diesem Hintergrund kann die Arrangeurleistung auch dann nicht aus dem Anwendungsbereich des § 99 GWB a. F. ausgeschlossen werden, wenn die Zahlung der Arrangeurvergütung durch Abrechnung der Transaktionskosten mit dem U.S.-Investor erfolgte. 33 Zwar wurde das von der Kommune vereinbarte Arrangierungshonorar tatsächlich vom U.S.-Eigenkapitalinvestor erbracht, die Leistung erfolgte jedoch in aller Regel auf die Schuld der Kommune. 34 Zudem folgt aus dem Wortlaut des § 99 Abs. 1 GWB a. F. auch nicht, daß das Entgelt direkt vom öffentlichen Auftraggeber stammen muß. 35 Wird die Vergütung von einem Dritten erbracht, ist daher auch von der Gegenseitigkeit der Leistungen und der Entgeltlichkeit des Vertrages auszugehen. 36 d) Weil Dienstleistungsaufträge in § 99 Abs. 4 GWB a. F. im Sinne eines Auffangtatbestandes durch eine negative Abgrenzung gegenüber den anderen Auftragsarten definiert werden und somit alle Arten von Aufträgen erfassen, die weder Bauaufträge noch Lieferaufträge noch Auslobungsverfahren darstellen, 37 ist der Arrangeurvertrag als Dienstleistungsauftrag zu charakterisieren. 38 Die Vergabe der Arrangeurleistung im Rahmen von Cross-Border-LeasingTransaktionen fällt daher grundsätzlich in den Anwendungsbereich des Vergaberechts, es sei denn, daß aufgrund der vereinbarten Leistung die Ausnahmevorschrift des § 100 Abs. 2 GWB a. F. greift, die verschiedene Kategorien von Aufträgen insgesamt dem Regime des Vergaberechts entzieht. 39 Als Ausnahmetatbestand kommt der von der Vergabekammer angeführte § 100 Abs. 2 lit. m GWB a. F. in Betracht.
32
A. Boesen, Vergaberecht, § 99 Rdn. 57 ff. Vergabekammer Baden-Württemberg, 1 VK 40/01, in: RIW 6/2002, S. 479; A. Bühner, Arrangeurvertrag zur Vermittlung von US-Cross-Border-Leasing-Transaktionen, S. 1036; a. A.: T. Pschera / B. Enderle, Ausschreibungspflichten bei US-Leasing-Transaktionen, S. 467. 34 A. Bühner, Arrangeurvertrag zur Vermittlung von US-Cross-Border-Leasingtransaktionen, S. 1036; R. Brune, US Cross-Border Lease, S. 23. 35 M. Dreher, Kommentierung des § 99 GWB, Rdn. 8; a. A.: T. Stickler, Kommentierung des § 99 GWB, Rdn. 5. 36 Vergabekammer Baden-Württemberg, 1 VK 40/01, in: RIW 6/2002, S. 479. 37 A. Boesen, Vergaberecht, § 99 Rdn. 152 ff.; R. Bechtold, Kartellgesetz, § 99 Rdn. 8; H. Thieme, Kommentierung des § 99 GWB, Rdn. 47. 38 Schreiben der Europäischen Kommission vom 29. 06. 2004 an Bündnis 90/Die Grünen, St. Augustin, S. 1, unter: http://www.gruene-sanktaugustin.de/presse/2004/Schreiben %20EU-Kommission.htm (05. 04. 2005). 39 A. Boesen, Vergaberecht, § 99 Rdn. 1. 33
1. Kap.: Vergaberechtliche Einordnung der Arrangeurleistung
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II. Arrangeurleistung als finanzielle Dienstleistung i. S.v. § 100 Abs. 2 lit. m GWB a. F. a) Ausgeschlossen sind gemäß § 100 Abs. 2 lit. m GWB a. F. Finanzdienstleistungen, die im Zusammenhang mit Ausgabe, Verkauf, Ankauf oder Übertragung von Wertpapieren oder anderen Finanzinstrumenten stehen. 40 Aufgrund des Wortlauts „im Zusammenhang“ können auch beratende, vorbereitende oder begleitende Finanzdienstleistungen, Tätigkeiten also, die über den bloßen Verkauf, Ankauf, die reine Ausgabe oder Übertragung von Wertpapieren oder anderen Finanzinstrumenten hinausgehen, aus dem Anwendungsbereich des Vergaberechts fallen. 41 Dementsprechend könnte die Tätigkeit des Arrangeurs zur Vorbereitung und Vermittlung einer Cross-Border-Leasing-Transaktion von der Ausnahmevorschrift erfaßt sein. Zur Auslegung der Begriffe „Wertpapier“ und „Finanzinstrument“ ist aufgrund ihrer europarechtlichen Herkunft und fehlender Maßstäbe im GWB a. F. zunächst die Heranziehung der EG-Dienstleistungsrichtlinie 42 angezeigt. Nachdem diese jedoch keine konkreten Rückschlüsse zuläßt, 43 ist im Schrifttum wiederholt auf die Legaldefinitionen nach Art. 1 Nr. 4 der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie 44: Wertpapiere sind „Aktien und andere, Aktien gleichzustellende Wertpapiere, Schuldverschreibungen und sonstige verbriefte Schuldtitel, die auf dem Kapitalmarkt gehandelt werden können, und alle anderen üblicherweise gehandelten Titel, die zum Erwerb solcher Wertpapiere durch Zeichnung oder Austausch berechtigen oder zu einer Barzahlung führen, mit Ausnahme von Zahlungsmitteln“.
sowie Art. 2 Abs. 5 der Kapitaladäquanzrichtlinie 45: 40 Diese Vorschrift setzte Art. 1 lit. a Ziff. vii der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. 06. 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (Dienstleistungskoordinierungsrichtlinie, DKR), in: ABl. L Nr. 209 vom 24. 07. 1992, S. 1 ff., i. d. F. der Richtlinie 97/52/EG vom 13. 10. 1997, ABl. L Nr. 328 vom 28. 11. 1997, S. 1 ff., zul. geänd. durch die Richtlinie 2001/78/EG vom 13. 09. 2001, in: ABl. L Nr. 285 vom 29. 10. 2001, S. 1 ff., in deutsches Recht um; danach gelten „Verträge über finanzielle Dienstleistungen im Zusammenhang mit Ausgabe, Verkauf, Ankauf oder Übertragung von Wertpapieren oder anderen Finanzinstrumenten sowie Dienstleistungen der Zentralbanken“ nicht als öffentliche Dienstleistungsaufträge. 41 H.-J. Prieß, Das öffentliche Auftragswesen in der Europäischen Union, 1994, S. 51; R. Bechtold, Kartellgesetz, § 100 Rdn. 18. 42 Siehe Anm. 40. 43 Im 13. Erwägungsgrund der DKR findet sich lediglich folgender Hinweis: „Zu den Finanziellen Dienstleistungen im Sinne dieser Richtlinie gehören nicht Instrumente der Geld-, Wechselkurs-, öffentlichen Kredit- oder Geldreservepolitik sowie andere Politiken, die Geschäfte mit Wertpapieren oder anderen Finanzinstrumenten mit sich bringen; Verträge über Emission, Ankauf, Verkauf oder Übertragung von Wertpapieren oder anderen Finanzinstrumenten sind daher von dieser Richtlinie nicht erfaßt“. 44 Richtlinie 93/22/EWG vom 10. 05. 1993 über Wertpapierdienstleistungen, in: ABl. L Nr. 141 vom 11. 06. 1993, S. 27 ff.
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4. Teil: Öffentlich-rechtliche Fragen
Finanzinstrumente sind Wertpapiere, Anteile an Organismen für gemeinsame Anlagen, Geldmarktinstrumente, Finanzterminkontrakte (Futures) einschließlich gleichwertiger Instrumente mit Barzahlung, Zinsterminkontrakte (FRA), Zins- und Devisenswaps und Swaps auf Aktien- oder Aktienindexbasis (equity swaps) sowie Kauf- oder Verkaufsoptionen auf alle genannten Instrumente einschließlich gleichwertiger Instrumente mit Barzahlung. Zu der letztgenannten Kategorie gehören insbesondere die Devisen- und Zinsoptionen.
verwiesen worden. 46 Unter Zugrundelegung dieser Begriffsbestimmungen gehören beratende und koordinierende Tätigkeiten zur Durchführung von Finanztransaktionen wie die des Cross-Border-Leasing nicht zu denjenigen Dienstleistungen, die vom Anwendungsbereich des Vergaberechts ausdrücklich ausgenommen sind. In der Literatur wird jedoch überwiegend die Ansicht vertreten, daß neben den ausdrücklich erwähnten Geschäften auch solche ausgeschlossen sein sollen, die vor dem Hintergrund des Sinns und Zwecks der Vorschrift, eine Anwendung des Vergaberechts unmöglich oder unpraktikabel erscheinen lassen. 47 Grund für die Herausnahme bestimmter Finanzdienstleistungen aus dem Anwendungsbereich des Vergaberechts ist zum einen, daß eine Beeinträchtigung der Politiken der Mitgliedstaaten, insbesondere der Geld-, Geldreserve-, Wechselkurs- und Kreditpolitik verhindert werden soll. 48 Diesen stand die Mandatierung eines Arrangeurs und der spätere Abschluß einer Cross-Border-Leasing-Transaktion jedoch nicht entgegen. 49 b) Zum anderen ist bei der Beurteilung der Frage, welche Finanzdienstleistungen der Ausschreibungspflicht unterworfen werden sollen, den Eigenarten und Gesetzmäßigkeiten der Kapitalmärkte Rechnung zu tragen. 50 Diese zeichnen sich durch eine hohe Schnellebigkeit und große Volatilität aus, so daß Angebot und Nachfrage sowie die daraus resultierenden Konditionen zum Teil sehr kurzfristigen Änderungen unterliegen. 51 Auf derart schnellebige Marktmechanismen kann 45 Richtlinie 93/6/EWG vom 15. 03. 1993 über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten, in: ABl. L Nr. 141 vom 11. 06. 1993, S. 1 ff. 46 A. Boesen, Vergaberecht, § 100 Rdn. 137; T. Stickler, Kommentierung des § 100 GWB, Rdn. 27; H. Thieme, Kommentierung des § 100 GWB, Rdn. 49; M. Dreher / M. Opitz, Die Vergabe von Bank- und Finanzdienstleistungen, S. 420 f. 47 V. Heegemann, Ausschreibung von Finanzdienstleistungen. EG-Vergaberecht und Bankdienstleistungen (II), in: VergabeRecht 1/1996, S. 38 ff., 39 f.; T. Noelle, Finanzdienstleistungen und Vergaberecht, in: VergabeRecht 3/1998, S. 26 ff.; R. Bechtold, Kartellgesetz, § 100 Rdn. 18. 48 A. Boesen, Vergaberecht, § 100 Rdn. 134. 49 So auch: A. Bühner, Arrangeurvertrag zur Vermittlung von US-Cross-Border-Leasing-Transaktionen, S. 1036. 50 A. Boesen, Vergaberecht, § 100 Rdn. 134. 51 H. Thieme, Kommentierung des § 100 GWB, Rdn. 50.
1. Kap.: Vergaberechtliche Einordnung der Arrangeurleistung
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das eher schwerfällige Instrumentarium des öffentlichen Vergaberechts kaum in geeigneter Weise, insbesondere kaum zeitnah reagieren. 52 So würde beispielsweise das kurzfristige Ausnutzen einer günstigen Zins- oder Kurskonstellation aufgrund des mit der Verpflichtung zur Durchführung einer europaweiten Ausschreibung verbundenen Zeitaufwands verhindert werden. Verschlechtern sich die Zinssätze oder Kurswerte während des Vergabeverfahrens, entstehen dem öffentlichen Auftraggeber daraus finanzielle Nachteile, was das eigentliche Ziel des Vergaberechts, die Haushalte zu entlasten, ins Gegenteil verkehrt. 53 Zwar kommen auch im Rahmen einer Cross-Border-Leasing-Transaktion unterschiedliche Finanzierungsinstrumente zur Anwendung und unstrittig haben die dabei erzielbaren Zinskonditionen wesentlichen Einfluß auf das finanzielle Ergebnis der Transaktion, 54 vor dem Hintergrund einer üblichen Vorbereitungsdauer von drei bis zwölf Monaten bis zum Vertragsabschluß 55 erscheint die Ausschreibung der Arrangeurleistung jedoch nicht als unangemessener Zeitaufwand. 56 Im Gegenteil: Die Durchführung eines Vergabeverfahrens und ein Vergleich der Angebote auf Basis der garantierten Mindestnettobarwertvorteile bot der Kommune wesentlich mehr Transparenz und vor allem verläßlichere Konditionen als dies bei einer kurzfristigen Orientierung am Zinsniveau, das sich ohnehin bis zum Vertragsabschluß noch ändern konnte, der Fall gewesen wäre. 57 c) Zur Abgrenzung der von der Vergabe ausgenommenen und der nicht ausgenommenen Finanzdienstleistungen wird in der Literatur auch das Kriterium des Vertrauenstatbestandes vorgeschlagen. Demnach soll § 100 Abs. 2 lit. m GWB a. F. dem Umstand Rechnung tragen, daß finanzielle Dienstleistungen ein beson52 H. Thieme, Kommentierung des § 100 GWB, Rdn. 50; A. Boesen, Vergaberecht, § 100 Rdn. 134; R. Bechtold, Kartellgesetz, § 100 Rdn. 18; V. Heegemann, Ausschreibung von Finanzdienstleistungen, S. 39; T. Noelle, Finanzdienstleistungen und Vergaberecht, S. 26 f. 53 H. Thieme, Kommentierung des § 100 GWB, Rdn. 50 ff.; A. Boesen, Vergaberecht, § 100 Rdn. 143; S. Brandt, Kreditwirtschaftliche Aspekte des Vergaberechts, in: WM 51/ 52/1999, S. 2529. 54 Siehe dazu: 2. Teil, 2. Kap. I. 55 E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 36 ff.; A. Bühner, US-Leasing-Transaktionen und Vergaberecht, S. 2365; T. Flatten / W. Melzer, US-Cross-Border-Leasing, S. 30. 56 A. A.: T. Pschera / B. Enderle, US-Leasing-Transaktionen und Vergaberecht, S. 2364. 57 „Der Barwertvorteil wird voraussichtlich circa 4 % bis 5% des gesamten Transaktionsvolumens betragen, wobei dieser Betrag allerdings bis zum tatsächlichen Abschluss der Transaktion bestimmten Änderungen unterworfen sein kann (z. B. einer Änderung der anwendbaren Zinssätze)“, aus: Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 8 f. „Die wirtschaftlichen Rahmendaten können sich bis zum Vertragsabschluß u. a. im Rahmen nachprüffähiger Faktoren (,Sensitivitäten‘) durch Änderungen der vorgenannten Parameter (insbesondere der Zinssätze und des Transaktionsvolumens) oder durch Änderungen bei den derzeit sorgfältig geschätzten Transaktionskosten noch positiv wie negativ verändern“, aus: Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 14.
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4. Teil: Öffentlich-rechtliche Fragen
deres Vertrauensverhältnis zwischen den beteiligten Parteien voraussetzen, das der Anwendung des Vergaberechts entgegensteht. 58 Die Vergabekammer Baden-Württemberg stellt in der hier diskutierten Entscheidung auf ein besonderes, kapitalmarktbezogenes Vertrauensverhältnis ab. 59 Dies ergebe sich in erster Linie aus der vertraglichen Verpflichtung des Arrangeurs, eine Empfehlung eines U.S.-Eigenkapitalinvestors auszusprechen, von dessen Qualität der Erfolg der vorgesehenen Transaktion unmittelbar abhänge. Damit in untrennbarem Zusammenhang stehe die vom Arrangeur übernommene Garantie zur Erzielung eines bestimmten Nettobarwertvorteils, dessen Höhe das eigentliche Ziel der Transaktion darstelle. Maßgebend sei ferner ein komplexes Risikovorteilsverhältnis, das von dem notwendigen Vertrauensverhältnis getragen werde und daher für ein Vergabeverfahren nicht geeignet sei. 60 Inwieweit die Tätigkeit des Arrangeurs, d. h. die Eigenart der angestrebten Dienstleistung, ein kapitalmarktbezogenes Vertrauensverhältnis begründete, ist im folgenden zu untersuchen. Dies verlangt eine weitergehende Auseinandersetzung mit den Leistungen des Arrangeurs, so daß eine ausführlichere Darstellung des Tätigkeitsspektrums zweckmäßig erscheint: Kernstück des Arrangeursmandats war die Vermittlung einer Cross-Border-LeasingTransaktion, insbesondere die diesem Zweck dienende Beratung und Betreuung der Kommune während der Vorbereitung und Umsetzung der angestrebten Transaktion. Zu den wesentlichen Aufgaben in der vorbereitenden Phase gehörten dabei die Erfassung und Bewertung der einzubeziehenden Wirtschaftsgüter, die wirtschaftliche, rechtliche und steuerliche Prüfung der geplanten Transaktion sowie die Ausarbeitung einer Machbarkeitsstudie, die die konkreten Transaktionsbedingungen darlegt. Die Erbringung dieser und der weiteren Leistungen erfolgte zumeist in Zusammenarbeit mit deutschen und U.S.-Anwälten sowie Technik-, Wert- und Umweltgutachtern, an deren Auswahl wie auch an der des U.S.-Investors der Arrangeur ebenfalls beteiligt war und die dieser im weiteren Verlauf als Projektleiter in fachlicher und terminlicher Hinsicht koordinierte, um die einzelnen Leistungen zu einem geschlossenen Leistungspaket zusammenzufassen. Entschied sich die Kommune für die Durchführung der Transaktion, unterstützte der Arrangeur in der Umsetzungsphase die Stadt bei der Einholung der erforderlichen behördlichen Genehmigungen sowie bei den Vertragsverhandlungen mit dem Investor und den weiteren, an der Transaktion beteiligten Parteien. In der Phase der Nachbetreuung wurden im wesentlichen die Schlußkalkulation und das Pflichtenheft erstellt sowie das laufende Vertragscontrolling initiiert. Grundlage der Leistungserbringung waren die im Arrangeurvertrag fixierten rechtlichen, wirtschaftlichen und strukturellen Zielvorgaben, die im wesentlichen auf die 58 T. Stickler, Kommentierung des § 100 GWB, Rdn. 27 f.; R. Bechtold, Kartellgesetz, § 100 Rdn. 18. 59 1 VK 40/01, in: RIW 6/2002, S. 480; ebenso: T. Pschera / B. Enderle, Ausschreibungspflichten bei US-Leasing-Transaktionen, S. 468. 60 Vergabekammer Baden-Württemberg, 1 VK 40/01, in: RIW 6/2002, S. 481.
1. Kap.: Vergaberechtliche Einordnung der Arrangeurleistung
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primären Ziele der Kommune zurückzuführen waren: die Risikominimierung sowie die Maximierung des finanziellen Vorteils. Insofern war auch eine Garantie zur Erzielung eines bestimmten Nettobarwertvorteils sowie zur Übernahme der Kosten durch den Arrangeur für den Fall, daß die Transaktion nicht zustande kam, typischerweise Gegenstand des Arrangeurvertrages. 61
Fraglos setzte die Beauftragung des Arrangeurs das Vertrauen in seine Person und in das von ihm vertretende Unternehmen voraus: Die Kommune mußte darauf vertrauen, daß der Arrangeur über das notwendige Wissen und die notwendige Erfahrung verfügt, um die Abwicklung einer solchen Transaktion in allen Belangen und in geeigneter Weise betreuen zu können. Gleichzeitig mußte sie darauf vertrauen, daß er sein Wissen und seine Erfahrung ausschließlich zu ihrem Wohl einsetzen würde und nicht gleichzeitig anderen Zwängen unterliegt, die seine Rechtschaffenheit einschränken. 62 Dies entspricht einem grundlegenden Vertrauen auf ein redliches Geschäftsgebaren und auf die Einhaltung der erforderlichen Sorgfaltspflichten wie es bei jedem Vertragsabschluß im Raum steht. 63 d) Während die Existenz eines Vertrauensverhältnisses unstrittig ist, bestehen an dessen Kapitalmarktbezogenheit jedoch erhebliche Zweifel. Wie vorstehend ausgeführt wurde, gehört die Tätigkeit des Arrangeurs nicht zu den Leistungen, die eine Ausnahme von der Anwendung des Vergaberechts aufgrund einer besonderen Abhängigkeit von den sich rasch ändernden Konditionen am Kapitalmarkt rechtfertigen. 64 Ebensowenig sind es vorrangig die „besondere[n] Kenntnisse der volatilen Bedingungen der Kapitalmärkte“ 65, die den Arrangeur befähigten, die oben aufgeführten Funktionen und Leistungen zu übernehmen. Wenn Thomas Pschera und Bettina Enderle in diesem Zusammenhang auf die vom Arrangeur abgegebenen Garantien, insbesondere auf die Garantie zur Erzielung eines bestimmten Mindestnettobarwertvorteils verweisen, 66 wird verkannt, daß das finanzielle Ergebnis der Transaktion nicht allein von Zinskonditionen, der Verwendbarkeit unterschiedlicher Kapitalmarktinstrumente und dem Wissen dar-
61 Siehe dazu: Vergabekammer Baden-Württemberg, 1 VK 40/01, in: RIW 6/2002, S. 481; H.-J. Fricke, Die Aufgaben eines wirtschaftlichen Beraters bei Cross-Border-Leasing-Transaktionen; J. M. Fritz, Die Bedeutung des wirtschaftlichen Beraters („Arrangeurs“) bei US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 124 ff. 62 Zu den möglichen Interessenskonflikten des Arrangeurs, siehe: 3. Teil, 2. Kap. c). 63 Ebenso: A. Bühner, Arrangeurvertrag zur Vermittlung von US-Cross-Border-Leasing-Transaktionen, S. 1037. 64 So aber T. Pschera / B. Enderle, US-Leasing-Transaktionen und Vergaberecht, S. 2364. 65 T. Pschera / B. Enderle, Ausschreibungspflichten bei US-Leasing-Transaktionen, S. 468. 66 Ausschreibungspflichten bei US-Leasing-Transaktionen, S. 468.
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4. Teil: Öffentlich-rechtliche Fragen
über abhängig war, sondern zusätzlich von einer Reihe weiterer Faktoren. Ein Blick auf die Bildung des Nettobarwertvorteils macht dies deutlich: Der Nettobarwertvorteil ist die Differenz zwischen der Mietvorauszahlung des U.S.-Trusts einerseits und der Summe der Zahlungen zur Bedienung der Zahlungsübernahmevereinbarungen (Mietraten unter dem Rückmietvertrag und Kaufoptionspreis) sowie sämtlicher Transaktionskosten andererseits. Die Höhe der Mietvorauszahlung hing wiederum vom Transaktionsvolumen, d. h. dem Verkehrswert des in die Transaktion eingebrachten Wirtschaftsguts ab, der von U.S.-Gutachtern bestimmt wurde. Das Transaktionsvolumen hatte ferner Auswirkungen auf die Höhe der Kosten, die für die Tätigkeit des Arrangeurs, der Wertgutachter, Rechtsanwälte, Berater in den Vereinigten Staaten von Amerika und Deutschland sowie für die Dienstleistungen der eingebundenen Finanzinstitute entstanden. 67 Rolf Brune zufolge fielen bei einer Transaktion von 250 Mio. Euro Kosten von 2,5 –3% des Transaktionsvolumens an, was bei einem Nettobarwertvorteil von 4 –5% des Transaktionsvolumens nicht unerheblich ist. 68 Die Zahlungen im Rahmen der Zahlungsübernahmevereinbarungen waren nur hinsichtlich des Eigenkapitalanteils, d. h. der Art der Geldanlage und der darauf basierenden Zinssätze zu beeinflussen. 69 Die Anlagemöglichkeiten sowie das damit einhergehende Bestreben, Risiko und Ertrag zu optimieren, bestimmten sich nach den Angeboten der interessierten Finanzinstitute. 70 Die Auswahl des Eigenkapitaldepots hatte dann in Absprache mit dem Investor zu erfolgen. 71 Von dessen Renditeerwartungen war ferner abhängig, wie hoch der Teilbetrag der Mietvorauszahlung war, der angelegt werden mußte, um damit sowie mit den vereinnahmten Anlagezinsen den Verpflichtungen aus dem Rückmietvertrag nachkommen zu können. 72 Ohne an dieser Stelle weiter ins Detail zu gehen, zeigt sich, daß die Bestimmungsfaktoren des Nettobarwertvorteils vielschichtig sind. Wollte der Arrangeur die Erzielung eines bestimmten Nettobarwertvorteils zusichern und die übernommenen Garantien auch einhalten, bedurfte es gleichermaßen vielschichtiger Fähigkeiten und Kenntnisse. Daß „besondere Kenntnisse der volatilen Bedingungen der Kapitalmärkte“ dabei eine Rolle spielten, ist unbestritten. Daß sie jedoch so bedeutend waren, um eine Ausnahme von der Anwendung des Vergaberechts zu rechtfertigen, bleibt zu bezweifeln: Gewiß unterstützte der Arrangeur 67
Siehe dazu: 2. Teil, 2. Kap. I.4. US Cross-Border Lease, S. 21. 69 Der Nettobarwertvorteil realisiert sich ausschließlich im Bereich des Eigenkapitalanteils, H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 4. 70 E. Roser, US-Cross-Border-Leasing, S. 77; H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 4. 71 Transaktionsbeschreibung Frankfurt, S. 23. 72 Dazu: 2. Teil, 2. Kap. I.4. 68
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die Kommune bei der Auswahl des Eigenkapitaldepots und der Verhandlung der Anlagebedingungen, auch wenn seine Einflußmöglichkeiten aufgrund der oben beschriebenen Abhängigkeiten begrenzt waren. 73 Gewiß konnte der Arrangeur den prognostizierten Nettobarwertvorteil, der bis zum Zeitpunkt des Vertragsabschlußes Wechselkurs- und Zinsschwankungen unterlag und an die sich ändernden Marktverhältnisse angepaßt wurde, gegen dieses Risiko durch derivative Finanzinstrumente 74 selbst absichern oder die Kommune bei einer Absicherung beraten. In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen, insbesondere zu den Aufgaben und Tätigkeiten des Arrangeurs, ist ein „besonders auf den Finanzmarkt abgestelltes Geschäftsgebaren, das den Rahmen üblicher Finanzdienstleistungen erheblich überschreitet“ 75 jedoch nicht zu erkennen. e) Neben der Höhe des Nettobarwertvorteils soll nach Ansicht der Vergabekammer ein komplexes Risikovorteilsverhältnis maßgebend sein, das von dem notwendigen Vertrauensverhältnis getragen werde und daher für ein Vergabeverfahren nicht geeignet sei. 76 Daß der Abschluß einer Cross-Border-LeasingTransaktion mit zahlreichen Risiken verbunden ist, wird in Teil 3 deutlich. Ebensowenig besteht ein Zweifel daran, daß die Mandatierung eines Arrangeurs das Vertrauen in seine Person voraussetzte. Nicht ersichtlich ist wiederum ein besonderer Bezug zum Kapitalmarkt, der den Anwendungsbereich des § 100 Abs. 2 lit. m GWB a. F. eröffnen würde: Wie der Risikoanalyse zu entnehmen ist, lagen und liegen potentielle Gefahren vor allem im Scheitern der Vertragsverhandlungen, der Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen, der Insolvenz oder Bonitätsverschlechterung einer der Vertragsparteien, der Verletzung der vertraglichen Leistungspflichten sowie im Untergang oder der physischen Beeinträchtigung des Transaktionsgegenstandes begründet. Realisiert sich eines der mit der Transaktion verbundenen Risiken, entsteht der Kommune in den meisten Fällen letztlich ein finanzieller Schaden, der auf die in den Transaktionsverträgen getroffenen Vereinbarungen zurückzuführen ist. 77 Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht dessen, daß sich die spezifischen Anforderungen und Bedingungen des U.S.-Eigenkapitalinvestors unmittelbar auf die rechtlichen und finanziellen Konditionen der Transaktion auswirkten, er73
Hans-Jürgen Fricke (Die Aufgaben eines wirtschaftlichen Beraters bei Cross-Border-Leasing-Transaktionen, S. 13) zufolge umfaßt die Beratung bei der Auswahl der Bankprodukte die Analyse der wirtschaftlichen und strukturellen Konditionen sowie die Analyse der zugrundeliegenden Bonität. 74 H. E. Büschgen, Internationales Finanzmanagement, 3. Aufl. 1997, S. 310 ff. 75 Vergabekammer Baden-Württemberg, 1 VK 40/01, in: RIW 6/2002, S. 481. 76 1 VK 40/01, in: RIW 6/2002, S. 481. 77 So T. Pschera / B. Enderle, Ausschreibungspflichten bei US-Leasing-Transaktionen, S. 467.
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4. Teil: Öffentlich-rechtliche Fragen
schien es geboten, Vorkehrungen zur Risikobegrenzung bereits bei seiner Auswahl, ebenso wie bei der Auswahl der übrigen an der Transaktion zu beteiligenden Parteien, zu treffen. Während der sich anschließenden Vertragsverhandlung und -gestaltung mußte das Ziel der Risikominimierung ebenfalls im Vordergrund stehen. Hierfür bedurfte es nicht allein finanziellen Sachverstandes, der Arrangeur mußte gleichermaßen Kenntnisse in rechtlichen, vor allem in kommunalund steuerrechtlichen Fragen sowie organisatorische Fähigkeiten besitzen. Gegner der Ausschreibungspflicht werden an dieser Stelle einwenden, daß für die einzelnen Bereiche jeweils spezialisierte Rechts- und Steuerberater verpflichtet wurden. 78 Als Projektleiter, der Koordinations-, Steuerungs- und Integrationsleistungen erbrachte, 79 konnte sich der Arrangeur solchen Fragestellungen jedoch nicht vollkommen entziehen. Joachim M. Fritz führt als kritische Erfolgsfaktoren zudem Strukturierungs-Know-how und Innovationsfähigkeit an. 80 Im Fokus der Tätigkeit des Arrangeurs stand also nicht der Finanz- oder Kapitalmarkt, sondern eine in jeder Hinsicht umfassende Beratung angesichts der Vermittlung und Durchführung einer komplexen Transaktion auf der Grundlage eines vielschichtigen Vertragswerkes. Für die Anwendung des Kartellvergaberechts bei der Auswahl des Arrangeurs sprechen nicht zuletzt die Ausführungen von Arnold Boesen. Demnach ist bei Aufträgen, die aus mehreren, aber einheitlich zu vergebenden Auftragsteilen bestehen, von denen einer von der Ausnahmevorschrift des § 100 Abs. 2 lit. m GWB a. F. erfaßt wird, grundsätzlich zu fragen, ob der Zweck des Ausnahmetatbestandes es zwingend gebietet, den Auftrag insgesamt vom gemeinschaftlichen Vergaberegime auszunehmen. 81 Eine solche (vollständige) Ausnahme der Arrangierungsleistung ist in Anbetracht der vorstehenden Überlegungen nicht angezeigt. Unterstützung findet diese Argumentation in dem Umstand, daß die Ausnahmetatbestände des § 100 Abs. 2 GWB a. F., die den Geltungsbereich der EG-Vergaberichtlinien einschränken und damit der wettbewerblichen Zielsetzung des Vergaberechts praktisch entgegenstehen, grundsätzlich eng auszulegen sind. 82 f) Entgegen der Auffassung der Vergabekammer ist auch nicht „davon auszugehen, dass die schwierig einzuschätzenden Risiken des Transaktionsgeschäftes 78
Siehe dazu: 2. Teil, 1. Kap. II. Vergabekammer Baden-Württemberg, 1 VK 40/01, in: RIW 6/2002, S. 482. 80 Die Bedeutung des wirtschaftlichen Beraters („Arrangeurs“) bei US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 125. 81 A. Boesen, Vergaberecht, § 100 Rdn. 43. 82 M. Dreher, Kommentierung des § 100 GWB, in: U. Immenga / E.-J. Mestmäcker (Hrsg.), GWB. Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Kommentar, 3. Aufl. 2001, Rdn. 12; T. Stickler, Kommentierung des § 100 GWB, Rdn. 12; A. Boesen, Vergaberecht, § 100 Rdn. 39. 79
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wesentlich durch die Auswahl von Banken mit hoher Bonität weitgehend ausgeschlossen werden“. 83 Wie die eben genannten Beispiele sowie insbesondere die Risikoanalyse in Teil 3 zeigen, beeinflußt die Auswahl der Zahlungsübernahmebanken die Eintrittswahrscheinlichkeit nur der wenigsten der mit der Transaktion verbundenen Risiken. Zum anderen ist die Auswahl der Bank für die vergaberechtliche Behandlung des Arrangeurvertrages völlig unerheblich. An dieser Beurteilung ist selbst dann festzuhalten, wenn, wie im Fall der vor der Vergabekammer verhandelt wurde, die Arrangierungsleistung von einer Bank erbracht wurde, die im Rahmen der abzuschließenden Transaktion und der damit einhergehenden Finanzierungsstruktur auch als zahlungsübernehmende Bank aufzutreten beabsichtigte. 84 Denn die Bankdienstleistung ist eine von der Arrangierungsleistung unabhängige Leistung, die als selbständiger Auftrag zu vergeben war. Dafür sprechen im Grundsatz dieselben Argumente, die zur Begründung der Unabhängigkeit des Arrangeurvertrages vom Transaktionsrahmenvertrag herangezogen wurden: 85 So war die Arrangierungsleistung auch der Bankdienstleistung vorgelagert. Ging aus der Arrangierungstätigkeit kein Transaktionsabschluß hervor, war eine Erbringung der Bankdienstleistung nicht mehr erforderlich, schlichtweg nicht mehr möglich; die Funktionen der Arrangierung und der Zahlungsübernahme sind also nicht zwingend miteinander verknüpft, selbst wenn sie letztlich von einem Unternehmen wahrgenommen wurden. Kam es hingegen zum Transaktionsabschluß, wurden die Bedingungen der Zahlungsübernahme in einer eigenen Vereinbarung, der Zahlungsübernahmevereinbarung, 86 zwischen Kommune und „Arrangeurbank“ festgehalten, so daß auch in diesem Fall der Schluß nicht zulässig ist, bereits mit Mandatierung des Arrangeurs werde eine einen kapitalmarktbezogenen Vertrauenstatbestand auslösende Geschäftsbeziehung begründet. Daneben ist zu bedenken, daß die Arrangierungsleistung zwar auch, aber eben nicht notwendigerweise von Banken erbracht wurde. 87 Ebensowenig wendete sie sich speziell an Banken. 88 Tatsache ist, daß am Markt Spezialabteilungen von Banken, Industrieunternehmen und sogenannten Boutiquen 89 tätig waren, die Arrangierungsleistungen für CrossBorder-Leasing-Geschäfte anboten. 90 83
Vergabekammer Baden-Württemberg, 1 VK 40/01, in: RIW 6/2002, S. 481. Als „Arrangeurbank“ tritt beispielsweise die Deutsche Bank auf, E. Roser, US-CrossBorder-Leasing, S. 31. 85 Siehe oben: Abschnitt b). 86 Dazu: 2. Teil, 3. Kap. V. 87 A. Bühner, Arrangeurvertrag zur Vermittlung von US-Cross-Border-Leasing-Transaktionen, S. 1037. 88 A. A.: Vergabekammer Baden-Württemberg, 1 VK 40/01, in: RIW 6/2002, S. 482. 89 Boutiquen sind „Spezialisten, die z. B. früher für Banken oder Anwaltskanzleien gearbeitet haben und sich in relativ kleinen Organisationen selbständig gemacht haben“, H.-J. Fricke, Die Aufgaben eines wirtschaftlichen Beraters bei Cross-Border-LeasingTransaktionen, Pkt. 4, auch: S. 9. 84
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4. Teil: Öffentlich-rechtliche Fragen
Aus diesen Gründen ist die Zahlungsübernahme nicht als Nebenleistung im Rahmen des Arrangeurvertrages zu qualifizieren, sondern als ein davon unabhängiger Auftrag, der, zumindest aus Sicht der Arrangierungsleistung, in einem eigenen Vergabeverfahren vergeben werden mußte. Eine andere Beurteilung des Kriteriums des kapitalmarktbezogenen Vertrauensverhältnisses ist daher nicht angezeigt, der Ausnahmetatbestand des § 100 Abs. 2 lit. m GWB a. F. nicht erfüllt. Inwieweit die Bankdienstleistung auch vom Rahmenvertrag der Transaktion unabhängig ist und ob somit eine eigene Auftragsvergabe tatsächlich möglich und notwendig war, ist hier nicht zu untersuchen. 91 Nachdem eine Subsumption der Arrangeurleistung unter den Ausnahmetatbestand des § 100 Abs. 2 lit. m GWB a. F. nicht in Betracht kommt, war die Dienstleistung des Arrangeurs nach europäischen Vorschriften zu vergeben. Im folgenden gilt es daher zu klären, welches Vergabeverfahren zur Anwendung kommen mußte.
III. Vergabeverfahren a) Die in den europäischen Vergaberichtlinien vorgesehenen Vergabeverfahrensarten sind in § 101 Abs. 1 GWB a. F. aufgeführt und in Abs. 2 bis 4 definiert. 92 Welches der drei Vergabeverfahren im Einzelfall zur Anwendung kommen muß, ist nach § 101 Abs. 5 GWB a. F. in Verbindung mit den §§ 4 ff. VgV a. F. sowie den Verdingungsordnungen VOB / A a. F., VOL / A a. F. und VOF a. F. zu entscheiden. 93 Praktisch bedeutsam für die Auswahl, Anbahnung und Abwicklung des maßgeblichen Vergabeverfahrens sind darunter vor allem die
90 A. Bühner, Arrangeurvertrag zur Vermittlung von US-Cross-Border-Leasing-Transaktionen, S. 1037; ders., US-Leasing-Transaktionen und Vergaberecht, S. 2366; H.J. Fricke, Die Aufgaben eines wirtschaftlichen Beraters bei Cross-Border-Leasing-Transaktionen, Pkt. 4 und S. 9. 91 Dazu: P. Biagosch / K. Weinand-Härer, US-Cross Border Lease-Transaktionen, S. 115; H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 11; T. Pschera / B. Enderle, Ausschreibungspflichten bei US-Leasing-Transaktionen, S. 468. 92 § 101 Abs. 1 GWB a. F. nennt das offene, das nicht offene sowie das Verhandlungsverfahren; dazu: M. Dreher, Kommentierung des § 101 GWB, in: U. Immenga / E.J. Mestmäcker (Hrsg.), GWB. Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Kommentar, 3. Aufl. 2001, Rdn. 3 ff.; R. Bechtold, Kartellgesetz, § 101 Rdn. 1 ff.; S. Hertwig, Praxis der öffentlichen Auftragsvergabe (VOB / VOL / VOF), 2. Aufl. 2001, S. 40 ff.; T. Noelle / J. Rogmans, Öffentliches Auftragswesen, S. 74 ff. 93 M. Dreher, Kommentierung des § 101 GWB, Rdn. 16; gemäß § 101 Abs. 5 GWB a. F. haben öffentliche Auftraggeber grundsätzlich das offene Verfahren anzuwenden. Zulässige Abweichungen von diesem Grundsatz sind in der Vergabeverordnung sowie den Verdingungsordnungen geregelt; dazu: O. Reidt, Kommentierung des § 101 GWB, in: ders. / T. Stickler / H. Glahs, Vergaberecht. Kommentar, 2. Aufl. 2003, Rdn. 4 ff.
1. Kap.: Vergaberechtliche Einordnung der Arrangeurleistung
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Vorschriften der Verdingungsordnungen, die das wesentliche Regelwerk des materiellen Vergaberechts bilden. 94 Grundlage für die Ermittlung der auf den einzelnen Auftrag anzuwendenden Verdingungsordnung sowie des danach zulässigen Vergabeverfahrens ist die Einordnung des zu vergebenden Auftrags unter eine der Auftragsarten aus § 99 GWB a. F. 95 Für die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen kommen gemäß §§ 4, 5 und 7 VgV a. F. sowohl die Anwendung der VOL / A a. F. als auch die der VOF a. F. in Betracht, so daß zunächst eine Abgrenzung der Anwendungsbereiche vorgenommen werden muß, um die für die Vergabe der Arrangeurleistung einschlägige Verdingungsordnung zu bestimmen. 96 b) Grundsätzlich sieht die Vergabeverordnung vor, daß Dienstleistungsaufträge nach VOL / A a. F. zu vergeben sind, es sei denn, daß ausnahmsweise die VOF a. F. greift (§ 4 Abs. 1 und § 5 VgV a. F.). 97 Diese findet gemäß § 5 VgV a. F. und § 1 und § 2 Abs. 2 S. 2 VOF a. F. auf die Vergabe von Dienstleistungen Anwendung, die im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit erbracht oder im Wettbewerb mit freiberuflich Tätigen angeboten werden und deren Gegenstand eine Aufgabe ist, deren Lösung vorab nicht eindeutig und erschöpfend beschrieben werden kann. Zur Bestimmung freiberuflicher Leistungen ist entsprechend der amtlichen Anmerkung zu § 1 VOL / A a. F. auf die steuerrechtliche Definition des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG zurückzugreifen, die eine nicht abschließende Auflistung freiberuflicher Tätigkeiten (sog. Katalogberufe) enthält. 98 Für die Zuordnung der Berufstypen und Tätigkeitsfelder ist entscheidend, ob die betreffende Leistung gewöhnlich durch freiberuflich Tätige erbracht wird, der Anbieter also mit Freiberuflern im Wettbewerb steht. Ob der Erbringer der Dienstleistung tatsächlich den Status eines Freiberuflers hat, darauf kommt es nicht an. 99 Eine Tätigkeit ist auch freiberuflich, wenn sie im Rahmen eines „ähnlichen Berufes“ ausgeübt wird. Ein Beruf ist in diesem Sinne ähnlich, wenn er einem oder 94
R. Noch, Vergaberecht kompakt, S. 34, 45; A. Boesen, Vergaberecht, Einleitung Rdn. 151; so enthalten die Verdingungsordnungen beispielsweise Vorschriften über die erforderliche Publizität, einzuhaltende Fristen, die Zulassung und Wertung von Angeboten, den Zuschlag und die nach Zuschlagserteilung herzustellende Transparenz, während das GWB a. F. nur die wesentlichen Verfahrensunterschiede festlegt, F. Marx, in: T. Jestaedt / K. Kemper / ders. / H.-J. Prieß, Das Recht der Auftragsvergabe. Auftraggeber, ausschreibungspflichtige Aufträge, Vergabeverfahren, Sektoren, Rechtsschutz, 1999, S. 3; R. Bechtold, Kartellgesetz, § 101 Rdn. 1. 95 A. Boesen, Vergaberecht, § 99 Rdn. 5 ff.; R. Noch, Vergaberecht kompakt, S. 41; T. Noelle / J. Rogmans, Öffentliches Auftragswesen, S. 52. 96 A. Boesen, Vergaberecht, § 99 Rdn. 155 ff.; T. Stickler, Kommentierung des § 99 GWB, Rdn. 32. 97 A. Boesen, Vergaberecht, § 99 Rdn. 155, 169; R. Noch, Vergaberecht kompakt, S. 215; M. Dreher, Kommentierung des § 99 GWB, Rdn. 45. 98 H. Hopf, Vergabemanagement bei öffentlichen Aufträgen. Bund – Länder – Gemeinden. Ein Leitfaden für die Ausbildung und Fortbildung in der Praxis, 2002, S. 63.
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mehreren der Katalogberufe in den typischen, wichtigen oder wesentlichen Merkmalen entspricht. 100 Als typische Merkmale freier Berufe gelten der persönliche Einsatz bei der Berufsausübung, 101 das Erfordernis einer qualifizierten Ausbildung und / oder einer schöpferischen Befähigung für die Berufsausübung, ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Freiberufler und Auftraggeber, die Weisungsunabhängigkeit und Selbstverantwortung, das Verbot berufswidriger Werbung sowie die Erwartung altruistischer Berufseinstellung. 102 Nachdem die Leistung des Arrangeurs nicht zu den in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG katalogmäßig aufgeführten Berufsgruppen und Tätigkeitsfeldern gehört, ist zu prüfen, ob diese Tätigkeit nach ihrer Struktur und Funktion einem anerkannten freien Beruf so ähnlich ist, daß es willkürlich wäre, sie nicht gleich zu behandeln. 103 Eine eine Gleichbehandlung rechtfertigende Ähnlichkeit besteht möglicherweise mit dem anerkanntermaßen freien Beruf des beratenden Volksund Betriebswirts. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte ist der Beruf des beratenden Volks- und Betriebswirts grundsätzlich anhand des Lehrinhaltes beim Studium der Volks- und Betriebswirtschaftslehre an einer Hochschule zu bestimmen. Der beratende Volks- und Betriebswirt muß also Kenntnisse in den hauptsächlichen Bereichen der Betriebswirtschaftslehre bzw. Volkwirtschaftslehre erworben haben und seine Beratungstätigkeit muß sich auf eines oder mehrere dieser Hauptgebiete erstrecken. 104 Durch „eine breitgefächerte beratende Tätigkeit erfüllt der beratende Betriebswirt die Merkmale des freien Berufs. Es darf sich nicht nur um eine geringfügige Randtätigkeit handeln“. 105 „Vor allem muß sich die Berufstätigkeit, wenn sie die Qualifikation der Freiberuflichkeit nicht einbüßen soll, auf beratende Funktionen beschränken“. 106 Kennzeichnend für diese Berufsgruppe ist der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zufolge zudem, „daß sie die Beratung ihrer Klienten auf Grund von Verträgen durchfüh99
A. Boesen, Vergaberecht, § 99 Rdn. 157 f.; L. Horn, Die Verdingungsordnung freiberuflicher Leistungen – VOF, in: LKV 6/1999, S. 216; R. Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, S. 213. 100 R. Wacker, Kommentierung des § 18 EStG, in: L. Schmidt (Hrsg.), Einkommensteuergesetz, 25. Aufl. 2006, Rdn. 60. 101 BVerfGE 46, 224 (242). 102 Ausführlich dazu: H. Sodan, Freie Berufe als Leistungserbringer im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung. Ein verfassungs- und verwaltungsrechtlicher Beitrag zum Umbau des Sozialstaates, 1997, S. 63 ff. 103 BVerfGE 46, 224 (242); H.-P. Kulartz, Kommentierung des § 1 VOF, in: M. MüllerWrede (Hrsg.), Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen (VOF). Kommentar zur Auftragsvergabe und zum Rechtsschutzverfahren, 1. Aufl. 1999, Rdn. 12. 104 BVerfGE 46, 224 (244); OLG Celle, B. v. 26. 04. 1996 – 2 Ss (OWi) 95/96, in: BB 43/1996, S. 2219 f.; R. Wacker, Kommentierung des § 18 EStG, Rdn. 107. 105 OLG Celle, B. v. 26. 04. 1996, in: BB 43/1996, S. 2220. 106 BVerfGE 46, 224 (244); dem folgend: OLG Celle, B. v. 26. 04. 1996, in: BB 43/ 1996, S. 2220.
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ren, nach denen die Beratungstätigkeit die geschuldete Hauptleistung ist und das Honorar grundsätzlich nicht nur bei erfolgreicher Beratung geschuldet wird“. 107 Unter Zugrundelegung dieser Charakteristika erscheint eine Übertragung des Berufsbildes des beratenden Volks- und Betriebswirts auf den Arrangeur, dessen Leistung bekanntermaßen erfolgsabhängig vergütet wurde und dessen Tätigkeitsspektrum weit mehr als eine reine Beratung umfaßte, allerdings nicht gerechtfertigt; der Arrangeur hatte sich vielmehr um die Vermittlung und den Abschluß von Geschäften zu bemühen. Nachdem andere, nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG anerkannte freie Berufe offensichtlich eine noch geringere Ähnlichkeit mit der Leistung des Arrangeurs aufweisen, kann das Vorliegen einer freiberuflichen Tätigkeit und infolgedessen auch eine Anwendbarkeit der VOF a. F. ausgeschlossen werden. Die Vergabe der Arrangeurleistung hatte daher nach VOL / A a. F. zu erfolgen. c) Die VOL / A a. F. besteht insgesamt aus vier Abschnitten. Je nach Art des Auftrags (§ 99 GWB a. F.) und Typus des öffentlichen Auftraggebers (§ 98 GWB a. F.) ist gemäß §§ 4 ff. VgV a. F. stets nur einer dieser Abschnitte anwendbar. 108 Im Falle der Arrangeurleistung ist nach § 4 Abs. 1 und 2 i.V. m. § 7 und § 9 Abs. 2 VgV a. F. Abschnitt 2 (VOL / A a. F.) einschlägig. 109 Des weiteren hängen die im Rahmen der Vergabe zu beachtenden Verfahrensregeln davon ab, ob es sich bei der betreffenden Leistung um eine vorrangige Dienstleistung nach Anhang I A VOL / A a. F. oder um eine nachrangige Dienstleistung nach Anhang I B VOL / A a. F. handelt. Während auf vorrangige Dienstleistungen alle Vorschriften des 2. Abschnitts der VOL / A a. F. anzuwenden sind, beanspruchen bei nachrangigen Dienstleistungen nur bestimmte, der Transparenz dienende Vorschriften Geltung (§ 1a Nr. 2 Abs. 1 und 2 VOL / A a. F.). 110 Bei komplexen Dienstleistungsaufträgen können in einem einheitlichen Auftrag sowohl Dienstleistungen, die dem Anhang I A, als auch solche, die dem Anhang I B zuzuordnen sind, enthalten sein. Für solche Fälle sieht § 1a Nr. 2 Abs. 3 VOL / A a. F. vor, daß sie nach den Regelungen für diejenigen Dienstlei107 BVerfGE 46, 224 (243); dem folgend: OLG Celle, B. v. 26. 04. 1996, in: BB 43/ 1996, S. 2220; siehe auch: R. Wacker, Kommentierung des § 18 EStG, Rdn. 61. 108 M. Dreher, Kommentierung des § 98 GWB, Rdn. 6; dazu: R. Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, S. 171 ff.; H. Hopf, Vergabemanagement bei öffentlichen Aufträgen, S. 60 ff. 109 Abschnitt 2 enthält die Basisparagraphen mit zusätzlichen Bestimmungen nach den EG-Vergaberichtlinien (a-Paragraphen). Gemäß § 1a Nr. 1 Abs. 1 S. 2 VOL / A a. F. bleiben die Basisparagraphen unberührt, sofern die Bestimmungen der a-Paragraphen nicht entgegenstehen. 110 A. Boesen, Vergaberecht, § 99 Rdn. 183; T. Müller, Kommentierung des § 1a VOL / A, in: W. Daub / H. H. Eberstein (Hrsg.), Kommentar zur VOL / A. Verdingungsordnung für Leistungen – ausgenommen Bauleistungen. Teil A. Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Leistungen unter Berücksichtigung der Vorschriften des GWB (Vierter Teil) und der VgV. Vergaberecht – Rechtsschutz, 5. Aufl. 2000, Rdn. 103.
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4. Teil: Öffentlich-rechtliche Fragen
stungen vergeben werden sollen, deren Wertanteil überwiegt. Zu diesem Zweck ist der Gesamtauftrag zunächst in seine unterschiedlichen Auftragselemente zu zergliedern. Danach ist jede einzelne der Dienstleistungen, die Gegenstand des Auftrags sind, anhand der Systematik der Anhänge zu kategorisieren, zu bewerten und zu vergleichen. 111 Dabei können die Dienstleistungen nicht gleichzeitig Kategorien beider Listen zugeordnet werden; insofern schließen sich die Anhänge gegenseitig aus. 112 d) Aus den vorangegangenen Überlegungen und der Reduzierung der vom Arrangeur übernommenen Tätigkeiten auf ihren wirtschaftlichen Kern, ergeben sich folgende Hauptleistungspflichten des Arrangeurs: Vermittlung, Beratung, Koordinierung und Risikoübernahme. Auf der Grundlage dieser Qualifizierung sind die Katalogdienstleistungen Nr. 6 „Finanzielle Dienstleistungen“ (Anhang I A), Nr. 11 „Unternehmensberatung und verbundene Tätigkeiten“ (Anhang I A) sowie in Ansätzen Nr. 21 „Rechtsberatung“ (Anhang I B) berührt. Kategorie Nr. 6 erfaßt nach der CPCReferenznummer 113 81332 „Financial consultancy services“, Nr. 11 „General management consultancy services“ (CPC-Ref.-Nr. 86501 und 86509) sowie „Project-management services other than for construction“ (CPC-Ref.-Nr. 86601) und Nr. 21 beinhaltet nach der CPC-Referenznummer 86190 „Legal advisory and information services“. Die Leistungselemente der Vermittlung und Risikoübernahme finden darin jedoch keine Berücksichtigung. Insofern bilden die genannten Katalogdienstleistungen die Arrangierungstätigkeit nur unvollständig ab. Nachdem weitere Spezialkategorien nicht in Betracht kommen, ist zusätzlich auf den Auffangtatbestand des Anhangs I B 114, die Gruppe der „sonstigen Dienstleistungen“ (Nr. 27) zurückzugreifen. Nachdem die Vermittlung und das Zustandekommen einer Cross-Border-Leasing-Transaktion die zentrale Leistung des Arrangeurs darstellt und die Risikoübernahme aus Sicht der Kommune einen nicht unerheblichen Sicherheitsaspekt bedeutet, erscheint der relative Wert 115 der nachrangigen Dienstleistungen zu überwiegen. Bei Wertgleichheit ist im übrigen so zu verfahren, als handele es sich insgesamt um einen Auftrag für nachrangige Dienstleistungen. 116 Demnach 111 GA Fennelly, Schlußanträge in der Rs. C-76/97 „Walter Tögel / Niederösterreichische Gebietskrankenkasse“, Nr. 43 ff.; dem hat sich der EuGH in seinem Urteil vom 24. 09. 1998 (Rs. C-76/97) durch einen Verweis auf die Ausführungen des Generalanwalts angeschlossen (Rdn. 38). 112 GA Fennelly, Schlußanträge in der Rs. C-76/97, Nr. 43. Zur genauen Klassifizierung der Dienstleistungen verweisen die Anhänge auf die zentrale Gütersystematik der Vereinten Nationen (CPC = Central Product Classification), A. Boesen, Vergaberecht, § 99 Rdn. 187. Diese ist unter: http://simap.eu.int/shared/docs/simap/nomenclature/CPC .pdf (12. 05. 2005) in englischer Sprache einsehbar. 113 Siehe dazu: Anm. 112 in diesem Teil. 114 A. Boesen, Vergaberecht, § 99 Rdn. 186.
1. Kap.: Vergaberechtliche Einordnung der Arrangeurleistung
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war die Vergabe der Arrangeurleistung nach den Vorschriften für nachrangige Dienstleistungen durchzuführen. e) Gemäß § 1a Nr. 2 Abs. 2 VOL / A a. F. sind auf Aufträge, deren Gegenstand Dienstleistungen nach Anhang I B sind, die Bestimmungen der Basisparagraphen des Abschnitts 2 und der §§ 8a sowie 28a VOL / A a. F. anzuwenden. Nachdem nicht davon auszugehen ist, daß eine Kommune in der Lage gewesen wäre, die zu vergebende Arrangeurleistung nach Art und Umfang so eindeutig und erschöpfend zu beschreiben, daß hinreichend vergleichbare Angebote erwartet werden konnten, 117 stand ihr die für solche Fälle in § 3 Nr. 4 lit. h VOL / A a. F. vorgesehene Freihändige Vergabe als Vergabeverfahren zur Verfügung. 118 Bei Freihändiger Vergabe werden Leistungen gemäß § 3 Nr. 1 Abs. 3 VOL / A a. F. ohne ein förmliches Verfahren vergeben; 119 nach § 3 Nr. 1 Abs. 4 VOL / A a. F. soll dieser jedoch 115 Zur Wertbestimmung führt GA Fennelly in der Rs. C-76/97 „Walter Tögel / Niederösterreichische Gebietskrankenkasse“ aus: „In Fällen, in denen die vom öffentlichen Auftraggeber vorgenommene Schätzung des relativen Wertes der Dienstleistungskategorien, die Gegenstand eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags sind, in Zweifel gezogen wird, gebietet es die Anerkennung der Probleme, die mit einer solchen im voraus durchgeführten Schätzung verbunden sind, daß die Partei, die diese Schätzung beanstandet, den Gegenbeweis zu führen hat und daß dem Auftraggeber ein gewisser Ermessensspielraum zugestanden wird“ (Rdn. 48). 116 In diesem Fall sind die deutschen Regelungen, welchen sich nicht klar entnehmen läßt, wie zu verfahren ist, wenn die beiden Typen von Dienstleistungen als gleichwertig einzustufen sind, richtlinienkonform auszulegen: Gemäß Art. 10 DKR gelten die Regelungen für vorrangige Dienstleistungen nur, wenn deren Wert größer ist als der der nachrangigen Dienstleistungen; siehe auch: A. Boesen, Vergaberecht, § 99 Rdn. 194. 117 Die Vorschrift bezweckt eine Vereinfachung des Vergabeverfahrens in den Fällen, in denen wegen des Charakters der Leistung eine Leistungsbeschreibung erhebliche Schwierigkeiten für den Auftraggeber mit sich bringen würde. Eine Leistung ist insbesondere dann nicht hinreichend beschreibbar, wenn der Auftraggeber nicht in der Lage ist, sie derartig konkret und erschöpfend in einer Leistungsbeschreibung wiederzugeben, daß alle potentiellen Bewerber ohne Rücksprache und umfangreiche Vorarbeiten ein Angebot abgeben und einen entsprechenden Preis kalkulieren können. Bei einer nicht hinreichend beschreibbaren Leistung mögen zwar einzelne Schritte der Auftragsdurchführung beschreibbar sein, die Lösung der Aufgabe, also das Ergebnis der Auftragsdurchführung kann aber nicht ausreichend konkretisiert werden, jedenfalls nicht ohne einen wesentlichen Teil der Leistung bereits vorwegzunehmen, A. Boesen, Vergaberecht, § 99 Rdn. 160 ff.; Die Begründung der Freihändigen Vergabe mit der Unmöglichkeit, die Leistung eindeutig und erschöpfend beschreiben zu können, überzeugt insbesondere, wenn es sich um eine erstmals zu erstellende Leistung handelt, über die nach Art und Umfang bei der Vergabe noch keine hinreichende Klarheit besteht; T. Müller, Kommentierung des § 3 VOL / A, in: W. Daub / H. H. Eberstein (Hrsg.), Kommentar zur VOL / A. Verdingungsordnung für Leistungen – ausgenommen Bauleistungen. Teil A. Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Leistungen unter Berücksichtigung der Vorschriften des GWB (Vierter Teil) und der VgV. Vergaberecht – Rechtsschutz, 5. Aufl. 2000, Rdn. 39. 118 Ebenso: A. Bühner, Arrangeurvertrag zur Vermittlung von US-Cross-Border-Leasing-Transaktionen, S. 1038. 119 Siehe dazu: T. Müller, Kommentierung des § 3 VOL / A, Rdn. 7 f.
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4. Teil: Öffentlich-rechtliche Fragen
eine öffentliche Aufforderung vorangehen, sich um die Teilnahme zu bewerben. 120 Daneben ist gemäß § 8a VOL / A a. F. zu beachten, daß die technischen Anforderungen bei der Leistungsbeschreibung unter Bezugnahme auf europäische Spezifikationen nach dem Anhang TS zur VOL / A a. F. festgelegt werden. § 28a VOL / A a. F. verlangt die Bekanntmachung über jeden vergebenen Auftrag beim Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften.
2. Kapitel
Verwendung des Nettobarwertvorteils aus gebührenrechtlicher Sicht Gegenstand von Cross-Border-Leasing-Transaktionen sind in vielen Fällen Anlagen und Wirtschaftsgüter, für deren Benutzung eine Gebühr erhoben wird. 121 Der letztlich aus der Einbringung dieser Güter in die Transaktion resultierende und der Kommune zufließende Nettobarwertvorteil, insbesondere dessen Verwendung, ist daher auch aus gebührenrechtlicher Sicht zu thematisieren. Konkret ist zu erörtern, ob der Nettobarwertvorteil in der Gebührenkalkulation Berücksichtigung finden muß oder ob dieser Betrag dem allgemeinen Haushalt zugeführt werden kann. Mit dieser Fragestellung hatte sich auch das VG Gelsenkirchen auseinanderzusetzen (soweit ersichtlich, das erste Gericht, das sich damit befaßt hat). Es kam zu dem Ergebnis, daß die Einnahmen aus einem Cross-Border-Leasing-Geschäft grundsätzlich nicht zugunsten der Gebührenzahler, d. h. gebührenmindernd eingesetzt werden müßten. 122 Die Kläger, gebührenpflichtige Grundstückseigentümer, hatten von der Stadt Recklinghausen in Bezug auf die Entwässerungsgebühren für das Jahr 2003 verlangt, daß der Nettobarwertvorteil in Höhe von 4.843.007,23 € aus der Einbringung des städtischen Kanalnetzes in eine Cross120
Freihändige Vergabe mit Öffentlichem Teilnahmewettbewerb. F. Laudenklos / C. Pegatzky, US-Leasingfinanzierungen, S. 1304; F. Kuchler, Haushaltskonsolidierung durch US Lease Transaktionen, S. 61. 122 Urt. v. 27. 11. 2003 – 13 K 1626/03, in: BayVBl. 9/2004, S. II ff. Im Ergebnis ebenso: F. P. Thomas / J. Wanner, Steuer-, aufsichts- und gebührenrechtliche Behandlung von US-Cross-Border Leasingfinanzierungen, S. 73; F. Laudenklos / C. Pegatzky, US-Leasingfinanzierungen, S. 1305; P. Biagosch / F. Kuchler, Nochmals: Probleme und Risiken der „Cross-Border-Leasinggeschäfte“, S. 90; F. Kuchler, Haushaltskonsolidierung durch US Lease Transaktionen, S. 61 ff.; K.-T. Stopp / M. Korsten / G. Bieniek, Gewinne aus CrossBorder-Leasing-Transaktionen dürfen in den allgemeinen Gemeindehaushalt eingestellt werden, S. 540 ff.; F.-W. Schulte / H. Wiesemann, Kommentierung des § 6 KAG NRW, März 2004, Rdn. 64. 121
2. Kap.: Verwendung des Nettobarwertvorteils aus gebührenrechtlicher Sicht 137
Border-Leasing-Transaktion zur Verminderung dieser Gebühren zu verwenden sei. 123 Auch das Oberverwaltungsgericht Münster hat entschieden, daß der aufgrund eines Cross-Border-Leasing-Geschäfts vereinnahmte Nettobarwertvorteil nicht gebührenmindernd berücksichtigt werden müsse; 124 eine andere Auffassung vertrat hingegen das Verwaltungsgericht Düsseldorf. 125 Diese Entscheidungen sollen im folgenden einer näheren Analyse unterzogen werden. 126
I. Gesetzlicher Hintergrund a) Die Ermächtigungsgrundlage zur Erhebung von Gebühren durch Kommunen sowie die entsprechenden Vorschriften über deren Bemessung ergeben sich in Nordrhein-Westfalen aus dem Kommunalabgabengesetz: 127 Gemäß § 4 Abs. 1 i.V. m. § 1 Abs. 1 KAG NRW können Gemeinden und Gemeindeverbände Gebühren erheben, soweit Bundes- oder Landesgesetze dem nicht entgegenstehen. 128 Der Begriff der Gebühr ist in § 4 Abs. 2 KAG NRW legal definiert. 123
O.V., Barwertvorteil fließt nicht ins Abwasser. Richtungsweisende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen – Kommunen begrüßen das Urteil, in: R. Neubauer (Hrsg.), Kommunalfinanzierung heute, Dezember 2003, S. 7; zum Sachverhalt: Die Stadt Recklinghausen schloß im März 2003 ein Cross-Border-Leasing-Geschäft über das städtische Kanalnetz mit einem U.S.-Trust ab. Den aus der Transaktion zu erwartenden Nettobarwertvorteil hatte der Rat bei den Haushaltsberatungen im Dezember 2002 bereits fest zur Konsolidierung des Haushaltes eingeplant. Bei der ebenfalls im Dezember 2002 für das kommende Jahr 2003 beschlossenen, die Abwasserbeseitigung betreffenden Gebührensatzung wurden diese Einnahmen nicht berücksichtigt; nach Auffassung der Stadt waren diese noch nicht mit der erforderlichen Gewißheit absehbar. Hiergegen wandte sich ein zu Entwässerungsgebühren herangezogener Grundstückseigentümer, der die gebührenmindernde Verwendung des Barwertvorteils forderte. Zur Begründung der Klage führte er u. a. aus, das Cross-Border-Leasing-Geschäft sei illegal und sittenwidrig; VG Gelsenkirchen, Urt. v. 27. 11. 2003, in: BayVBl. 9/2004, S. II f.; zu den Eckdaten der Transaktion siehe: Transaktionsbeschreibung Recklinghausen. 124 Urt. v. 23. 11. 2006 – 9 A 1029/04, in: KStZ 10/2007, S. 194 ff. (ebenfalls abgedruckt in: NWVBl. 3/2007, S. 110 f.). 125 Urt. v. 08. 02. 2006 – 5 K 2466/05, in: KStZ 10/2007, S. 190 ff. 126 Die folgenden Ausführungen nehmen Bezug auf die Gesetzeslage in NordrheinWestfalen. 127 Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG NRW) vom 21. 10. 1969 (GVBl. S. 712), i. d. F. vom 28. 04. 2005 (GVBl. S. 488); in den anderen Flächenstaaten finden sich die gesetzlichen Grundlagen für die Erhebung von Gebühren ebenfalls im jeweiligen Kommunalabgabengesetz. In den Stadtstaaten gibt es begrifflich keine Kommunalabgaben; soweit dort Gebühren erhoben werden, sind die jeweils geltenden Spezialvorschriften heranzuziehen, M. Quaas, Kommunales Abgabenrecht, 1997, S. 3 ff.
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4. Teil: Öffentlich-rechtliche Fragen
Gebühren sind danach solche Geldleistungen, die als Gegenleistung für eine besondere Leistung – Amtshandlung oder sonstige Tätigkeit – der Verwaltung (Verwaltungsgebühren) oder für die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen und Anlagen (Benutzungsgebühren) erhoben werden. 129 Voraussetzung für die Erhebung von Gebühren ebenso wie für die der anderen auf dem KAG NRW beruhenden Kommunalabgaben 130 ist nach § 2 KAG NRW der Erlaß einer Satzung, die den Kreis der Abgabenschuldner, den die Abgabe begründenden
128 Zum Inhalt der Ermächtigung des § 4 Abs. 1 KAG NRW: U. Lichtenfeld, Kommentierung des § 4 KAG NRW, in: H.-J. Driehaus (Hrsg.), Kommunalabgabenrecht. Kommentar, dargestellt auf der Grundlage des KAG NRW unter Berücksichtigung der Besonderheiten in den übrigen KAG, Sept. 1999, Rdn. 3 ff. 129 Zum Begriff der Gebühr im KAG NRW: U. Lichtenfeld, Kommentierung des § 4 KAG NRW, März 1996, § 4 Rdn. 40 ff.; C. Hamacher / F. Stein, Kommentierung des § 4 KAG NRW, in: dies. / E. Lenz / P. Queitsch / O. Schneider / R. Thomas, Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG NRW). Kommentar, Sept. 2003, Rdn. 17 ff. Einen einheitlichen Begriff der Gebühr gibt es nicht, weder bundesrechtlich (BVerwGE 26, 305 (309); BVerwGE 69, 242 (246); siehe auch: M. Kloepfer, Die lenkende Gebühr, in: AöR 16 (1997), S. 232 ff., 239) noch landesrechtlich. Zwar finden sich in den landesrechtlichen Kommunalabgabengesetzen z. T. Legaldefinitionen (vgl. § 4 Abs. 2 KAG NRW; § 4 Abs. 1 KAG SH; § 4 Abs. 2 SaarKAG; §§ 4 Abs. 1 und 5 Abs. 1 NKAG) und auch die anderen Kommunalabgabengesetze gehen von ähnlichen Gebührenbegriffen aus (vgl. Art. 8 BayKAG; §§ 9 Abs. 1 und 10 Abs. 1 HessKAG), deckungsgleiche Definitionen oder Inhalte bestehen jedoch nicht und die jeweiligen Unterschiede liegen nicht immer nur in Kleinigkeiten; U. Lichtenfeld, Kommentierung des § 4 KAG NRW, Sept. 1999, Rdn. 1 ff. Das Bundesverfassungsgericht definiert das Wesen der Gebühr in ständiger Rechtsprechung wie folgt: „Gebühren sind öffentlichrechtliche Geldleistungen, die aus Anlaß individuell zurechenbarer öffentlicher Leistungen dem Gebührenschuldner durch eine öffentlichrechtliche Norm oder sonstige hoheitliche Maßnahmen auferlegt werden und dazu bestimmt sind, in Anknüpfung an diese Leistung deren Kosten ganz oder teilweise zu decken. Ihre besondere Zweckbestimmung, Einnahmen zu erzielen, um die Kosten der individuell zurechenbaren öffentlichen Leistung ganz oder teilweise zu decken, unterscheidet sie von der Steuer. Aus dieser Zweckbestimmung folgt, daß Gebühren für staatliche Leistungen nicht völlig unabhängig von den tatsächlichen Kosten der gebührenpflichtigen Staatsleistung festgesetzt werden dürfen“, BVerfGE 97, 332 (345); vgl. auch: BVerfGE 20, 257 (269); 50, 217 (226); 91, 207 (223); 110, 370 (388); zum Begriff der Gebühr im allgemeinen: K.-H. Hansmeyer / D. Fürst, Die Gebühren. Zur Theorie eines Instrumentariums der Nachfragelenkung bei öffentlichen Leistungen, 1968, S. 18 ff.; M. Richtsteig, Allgemeine Gebührenprinzipien, Diss. 1975, S. 9 ff.; H. Im, Kommunale Gestaltungsspielräume bei der Bemessung von Gebühren, Diss. 2001, S. 20 ff. 130 Zu den Kommunalabgaben zählen neben den Gebühren Steuern und Beiträge (§ 1 Abs. 1 S. 1 KAG NRW); zur Abgrenzung der Gebühr zur Steuer und zum Beitrag: U. Lichtenfeld, Kommentierung des § 4 KAG NRW, Sept. 1999, Rdn. 144 ff.; M. Quaas, Kommunales Abgabenrecht, S. 1 ff.; R. Stober, in: ders. / W. Kluth, Verwaltungsrecht I. Ein Studienbuch, 12. Aufl. 2007, § 42: Verpflichtungen der Zivilpersonen, insbesondere die öffentlich-rechtlichen Lasten und Abgaben, Rdn. 21ff.
2. Kap.: Verwendung des Nettobarwertvorteils aus gebührenrechtlicher Sicht 139
Tatbestand, den Maßstab und den Satz der Abgabe sowie den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit angibt. 131 Die gebührenrechtliche Grundermächtigung des § 4 KAG NRW wird durch die Tatbestände der §§ 5 –7 KAG NRW konkretisiert, insbesondere Erhebung und Bemessung der oben definierten Gebührenarten werden näher bestimmt. Vor dem Hintergrund der hier interessierenden Fragestellung, sind im weiteren die Regelungen zur Benutzungsgebühr aus § 6 KAG NRW maßgeblich. b) Benutzungsgebühren sind nach § 6 Abs. 1 S. 1 KAG NRW zu erheben, wenn eine Einrichtung oder Anlage überwiegend dem Vorteil einzelner Personen oder Personengruppen dient. Anstelle der öffentlich-rechtlichen Gebühr kann auch ein privatrechtliches Entgelt gefordert werden (Satz 1, 2. Halbsatz). Der Vorteil, auf den § 6 Abs. 1 S. 1 KAG NRW abstellt, ist der nach § 4 Abs. 2 KAG NRW durch die tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung realisierte Vorteil. 132 Tatsächliche Inanspruchnahme bedeutet Benutzung 133 und nur die Benutzung der öffentlichen Einrichtung berechtigt zur Gebührenerhebung. Die bloße Möglichkeit der Inanspruchnahme reicht nicht aus. 134 Sind keine Pflichtgebühren nach § 6 Abs. 1 S. 1 KAG NRW festzusetzen, steht die Gebührenerhebung gemäß Satz 2 im Ermessen des Trägers der Einrichtung. 135 Für die Bemessung von Benutzungsgebühren gilt das sog. Kostendeckungsprinzip, ein Grundprinzip der kommunalabgabenrechtlichen Gebührenerhebung, das der Gesetzgeber in § 6 Abs. 1 S. 3 KAG NRW verankert hat. Es besagt, daß das veranschlagte Gebührenaufkommen die voraussichtlichen Kosten der Einrichtung oder Anlage nicht übersteigen und in den Fällen der Pflichtgebühren in der Regel decken soll. 136 Bei der Ermittlung der in die Gebührenrechnung 131
Zur Satzung: 5. Teil, 3. Kap. IV. d). F.-W. Schulte / H. Wiesemann, Kommentierung des § 6 KAG NRW, Sept. 2002, Rdn. 6. 133 A. Gern, Deutsches Kommunalrecht, 2. Aufl. 1997, S. 647 f. 134 M. Quaas, Kommunales Abgabenrecht, S. 22. 135 Diese Vorschrift ist im Zusammenhang mit der in § 77 Abs. 2 GO NRW zu den Grundsätzen der Einnahmebeschaffung vorgesehenen Rangfolge zu sehen. Danach hat die Gemeinde „die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel 1. soweit vertretbar und geboten aus speziellen Entgelten für die von ihr erbrachten Leistungen [zu denen auch Benutzungsgebühren gehören], 2. im Übrigen aus Steuern zu beschaffen“. 136 Das Kostendeckungsprinzip als bürgerschützendes Kostenüberschreitungsverbot (§ 6 Abs. 1 S. 3 1. Alt. KAG NRW: „soll ... nicht übersteigen“) ebenso wie als haushaltsschützendes Kostendeckungsgebot (§ 6 Abs. 1 S. 3 2. Alt. KAG NRW: „soll ... decken“) folgt weder aus dem Verfassungsrecht noch aus dem Wesen der Gebühr, sondern gilt nur nach Maßgabe des einfachen Rechts, BVerfGE 50, 217 (226); 97, 332 (345); BVerwGE 2, 246 (251); 12, 162 (167); 13, 214 (222 f.); BVerwG, Urt. v. 18. 04. 1975 – VII C 41.73, in: KStZ 10/1975, S. 191 ff.; BVerwG, B. v. 19. 09. 1983 – 8 B 117.82, in: KStZ 1/1984, S. 11 f.; F. Weyreuther, Gebühren ohne Gegenleistung? Kosten- und Leistungszurechnung 132
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4. Teil: Öffentlich-rechtliche Fragen
einzustellenden Kostenfaktoren ist gemäß § 6 Abs. 2 S. 1 KAG NRW auf die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten abzustellen. 137 Gemeint ist damit der auf Eugen Schmalenbach zurückgehende wertmäßige Kostenbegriff. 138 Kosten sind danach der durch die Leistungserbringung in einer Periode bedingte Werteverzehr an Gütern und Dienstleistungen. 139 Kennzeichbei Gebührengenerationen, in: UPR 7/1997, S. 261 – 267, 261; ebenso BerlVerfGH, Urt. v. 21. 10. 1999 – VerfGH 42/99, in: NVwZ 7/2000, S. 794 ff., 797; a. A. J. K. Rogosch, Der verfassungsrechtliche Rang des gebührenrechtlichen Kostendeckungsprinzips, in: KStZ 1/1988, S. 1 – 4; zum Kostendeckungsprinzip im KAG NRW: Begründung zum Regierungsentwurf eines Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen, LTDrs. Nordrhein-Westfalen 6/810, S. 33; F.-W. Schulte / H. Wiesemann, Kommentierung des § 6 KAG NRW, Sept. 2002, Rdn. 22 ff.; P. Queitsch, Kommentierung des § 6 KAG NRW, in: C. Hamacher / E. Lenz / ders. / O. Schneider / F. Stein / R. Thomas, Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG NRW). Kommentar, Nov. 2007, Rdn. 5 f.; zum Kostendeckungsprinzip allgemein: H. Im, Kommunale Gestaltungsspielräume bei der Bemessung von Gebühren, S. 88 ff.; D. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz. Ein Beitrag zum allgemeinen Abgabenrecht, 1973, S. 271 ff.; G. Clausen, Das gebührenrechtliche Kostendeckungsprinzip, 1978; J. Raecke, Das Kostendeckungsprinzip. Möglichkeiten und Grenzen seiner Anwendung bei Verwaltungsgebühren, 1971. 137 Zum Begriff der betriebswirtschaftlichen Grundsätze: OVG NRW, Urt. 26. 02. 1982 – 2 A 1667/79, in: GemHH 5/1983, S. 113 – 117, 117; OVG NRW, Urt. v. 27. 10. 1992 – 9 A 835/91, in: NWVBl. 3/1994, S. 99 ff.; OVG NRW, Urt. v. 05. 08. 1994 – 9 A 1248/92, in: NWVBl. 11/1994, S. 428 ff.: das Gericht (wie auch G. Wegge, Zur verfassungsrechtlichen Abgrenzung unbestimmter Rechtsbegriffe von unzulässigen dynamischen Verweisungen am Beispiel der „betriebswirtschaftlichen Grundsätze“ nach § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NW. Zugleich ein Beitrag zu seiner Verfassungsmäßigkeit, in: DVBl. 1997, S. 648 –652) qualifiziert das Tatbestandsmerkmal der „betriebswirtschaftlichen Grundsätze“ als „unbestimmten Rechtsbegriff, der es ermöglichen soll, für die Kostenberechnung zwischen verschiedenen anerkannten betriebswirtschaftlichen Methoden zur Ermittlung der einzelnen Kostenarten und ihrer Berechnung zu wählen“, S. 429; dazu auch: F.-W. Schulte / H. Wiesemann, Kommentierung des § 6 KAG NRW, Sept. 2002, Rdn. 29 ff.; a. A.: A. Dahmen, Kommunale Benutzungsgebühren. Wende hinsichtlich Wirksamkeit und Verständnis der betriebswirtschaftlichen Grundsätze, in: KStZ 1/1994, S. 21 ff.; ders., Betriebswirtschaftlicher Kostenbegriff im Kommunalabgabenrecht der Benutzungsgebühren, in: KStZ 2/1990, S. 25 ff., sieht im Hinweis auf betriebswirtschaftliche Grundsätze eine unzulässige dynamische Fremdverweisung; siehe zum betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff auch: Begründung zum Regierungsentwurf eines Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen, LT-Drs. Nordrhein-Westfalen 6/810, S. 34 f. 138 In der Betriebswirtschaftslehre gibt es keinen einheitlichen Kostenbegriff. Verwandt wird neben dem wertmäßigen auch der pagatorische Kostenbegriff, G. Wöhe, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 1284. 139 Oder ausführlich: Kosten sind der bewertete Verbrauch von Gütern und Dienstleistungen für die Herstellung und den Absatz von betrieblichen Leistungen und die Aufrechterhaltung der dafür erforderlichen Kapazitäten (nach: E. Schmalenbach, Kostenrechnung und Preispolitik, 8. Aufl. 1963, S. 6); OVG NRW, Urt. v. 15. 03. 1988 – 2 A 1988/85, in: DVBl. 1988, S. 907 – 910, 908 f.; OVG NRW, Urt. v. 05. 08. 1994 – 9 A 1248/92, in: NWVBl. 11/1994, S. 428; VGH Mannheim, Urt. v. 31. 08. 1989 – 2 S 2805/ 87, in: VBlBW 3/1990, S. 103 – 111, 105; VG Gelsenkirchen, Urt. v. 13. 05. 1993 – 13 K 3905/92, in: NWVBl. 5/1994, S. 182; W. Kretschmann, Die kalkulatorischen Kosten in
2. Kap.: Verwendung des Nettobarwertvorteils aus gebührenrechtlicher Sicht 141
nend für den so definierten Kostenbegriff sind die Merkmale Bewertung 140, Güterverzehr 141 und Sachzielbezogenheit. 142 Das zuletzt genannte Attribut knüpft den Kostenbegriff an die Leistungserstellung: Kosten können in der Gebührenkalkulation 143 nur angesetzt werden, wenn sie betriebsbedingt sind, d. h. wenn sie durch die Leistungserstellung verursacht werden. Insofern wird ein Güterverzehr nur kostenwirksam, wenn er in einem kausalen Zusammenhang mit der Leistungserstellung und damit den Sachzielen 144 der Einrichtung steht. 145 der betriebswirtschaftlichen Gebührenkalkulation, in: KStZ 10/1972, S. 188; W. Hinsen, Probleme der Kalkulation kommunaler Kanalbenutzungsgebühren in der Rechtsprechung des OVG NW, in: KStZ 12/1989, S. 221 – 226, 222; W. v. Zwehl, Betriebswirtschaftliche Grundsätze zur Konkretisierung der durch Benutzungsgebühren zu deckenden Kosten, in: DB 27/28/1989, S. 1345 ff.; H. Bals / A. Nölke, Volkswirtschaftliche Kosten und kommunale Gebühren. Ansätze für eine ökologische Neuorientierung des Kommunalabgabenrechts, in: KStZ 11/12/1990, S. 213 f.; F.-W. Schulte / H. Wiesemann, Kommentierung des § 6 KAG NRW, Sept. 2002, Rdn. 47 m.w. N. Demgegenüber stellt der pagatorische Kostenbegriff auf Zahlungsvorgänge ab und definiert Kosten über Ausgaben (Auszahlungen), G. Wöhe, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 1284. Ein Hauptvertreter des pagatorischen Kostenbegriffs ist H. Koch, Zur Diskussion über den Kostenbegriff, in: ZfhF 1958, S. 355 –399; ders., Zur Frage des pagatorischen Kostenbegriffs. Bemerkungen zum Beitrag von K. Engelmann: „Einwendungen gegen den pagatorischen Kostenbegriff“, in: ZfB 1/1959, S. 8 –17; ders., Zur Diskussion über die Ableitung von Kostenfunktionen, in: ZfB 4/1981, S. 418 –422; siehe zu den Kostenbegriffen auch: G. Brüning, Elementare Mängel der Gebührenkalkulation kommunaler Einrichtungen, in: KStZ 2/1990, S. 21 ff.; E. Gawel, Gebührenrecht und betriebswirtschaftliche Grundsätze, in: VerwArch 86 (1995), S. 69 –87, 74 ff. 140 Unter Bewertung ist die zielorientierte Zuordnung eines Preises zu einem wirtschaftlichen Sachverhalt zu verstehen. Art- und dimensionsverschiedene Güterverbräuche werden durch die Bewertung in Geldgrößen auf eine einheitliche Maßdimension gebracht und dadurch vergleichbar und rechenbar; M. Schweitzer / H.-U. Küpper, Systeme der Kosten- und Erlösrechnung, 6. Aufl. 1995, S. 22. 141 Güterverzehr meint den vollständigen oder teilweisen Verlust der Fähigkeit von Gütern, zur Bewältigung alternativ realisierbarer Leistungserstellungsprozesse eingesetzt werden zu können; M. Schweitzer / H.-U. Küpper, Systeme der Kosten- und Erlösrechnung, S. 17. Ausgaben, die sich nicht als Wertverzehr darstellen, sind demnach auch keine ansatzfähigen Kosten; W. Hinsen, Probleme der Kalkulation kommunaler Kanalbenutzungsgebühren, S. 222. 142 P. J. Tettinger, Entgelte in der Entsorgungswirtschaft. Benutzungsgebühren und privatrechtliche Entgelte als normativ vorgegebene Grundtypen, in: NWVBl. 3/1996, S. 81 ff., 82 f.; siehe dazu: E. Kosiol, Kritische Analyse der Wesensmerkmale des Kostenbegriffes, in: ders. / F. Schlieper (Hrsg.), Betriebsökonomisierung durch Kostenanalyse, Absatzrationalisierung und Nachwuchserziehung. Festschrift für Rudolf Seÿffert, 1958, S. 11 ff. 143 Das OVG NRW (Urt. v. 15. 03. 1988, in: DVBl. 1988, S. 908) versteht unter der Kalkulation der Benutzungsgebühr alle der Festsetzung des Gebührensatzes in der Satzung vorausgehenden Ermittlungen und Berechnungen. 144 In Abgrenzung zum Formalziel läßt sich in der Betriebswirtschaftslehre unter dem Sachziel einer Unternehmung das geplante Produktionsprogramm als die Art, Menge und zeitliche Verteilung der von der Unternehmung geplanten oder zu produzierenden
142
4. Teil: Öffentlich-rechtliche Fragen
Leistungsfremde Kosten sind in der Gebührenkalkulation auszusondern. 146 Die Grenze der Ansatzfähigkeit von Kosten ergibt sich auch aus dem Wesen der Benutzungsgebühr selbst: Sie ist eine Gegenleistung für die Inanspruchnahme einer öffentlichen Leistung und dementsprechend dürfen die Gebührenpflichtigen nur mit den Kosten belastet werden, die durch die Erbringung der von ihnen in Anspruch genommenen Leistung entstehen. 147
II. Zur Ansatzfähigkeit von Einnahmen, Erlösen und Erträgen 1. Kriterium des Kausalzusammenhangs a) In der Diskussion zur Verwendung des Nettobarwertvorteils stellt sich nunmehr die Frage, inwieweit neben den Kosten in der Gebührenkalkulation auch Einnahmen 148 Berücksichtigung finden müssen. Dazu findet sich im Kommunalabgabengesetz keine Regelung. 149 F.-W. Schulte und H. Wiesemann vertreten im Kommentar von H.-J. Driehaus die Auffassung, in der Gebührenkalkulation seien Erträge, 150 Erlöse 151 und Einnahmen nur dann zu berücksichtigen, wenn ihnen Kosten der Einrichtung zugrunde lägen. 152 Kostenneutrale Erträge, Erlöse und Einnahmen seien damit gebührenrechtlich irrelevant. 153 Wenn sie aber als Entgelt Ausbringungsgüter verstehen, M. Schweitzer / H.-U. Küpper, Systeme der Kosten- und Erlösrechnung, S. 21. 145 OVG NRW, Urt. v. 21. 02. 1990 – 2 A 2476/86, in: ZKF 8/1991, S. 180 f.; VGH Mannheim, B. v. 27. 02. 1996 – 2 S 1407/94, in: NVwZ-RR 10/1996, S. 593 –598, 596; VGH München, Urt. v. 02. 03. 2000 – 4 N 99.69, in: NVwZ-RR 2/2001, S. 120; W. Hinsen, Probleme der Kalkulation kommunaler Kanalbenutzungsgebühren, S. 222 f.; J. Schmidt, Die neuere Rechtsprechung des OVG NW zur Erhebung von Entwässerungsgebühren. Darstellung der Rechtsprechung im Entwässerungs- bzw. Abwassergebührenrecht der letzten 2 Jahre, in: StuGR 8/1991, S. 234 ff., 243. 146 P.-P. Aengenvoort, Allgemeine Grundsätze des Gebührenrechts, in: NWVBl. 11/ 1997, S. 409; F. Weyreuther, Gebühren ohne Gegenleistung, S. 262: Bezogen auf die Zweistufigkeit von Kostenermittlung und Kostenzurechnung betreffe die Frage, ob sich bestimmte Kosten in einem Gebührenhaushalt unterbringen lassen, die Kostenzurechnung, genauer die Zurechnung bestimmter Kosten zu einer bestimmten Leistung. 147 VGH Mannheim, B. v. 27. 02. 1996, in: NVwZ-RR 10/1996, S. 596; W. Hinsen, Probleme der Kalkulation kommunaler Kanalbenutzungsgebühren, S. 222; M. Quaas, Kommunales Abgabenrecht, S. 16; F.-W. Schulte / H. Wiesemann, Kommentierung des § 6 KAG NRW, Sept. 2002, Rdn. 52 f. 148 Jeder Geschäftsvorfall, der zu einer Erhöhung des Geldvermögens (das ist die Summe aus Zahlungsmittelbestand und Bestand an sonstigen Forderungen abzüglich des Bestandes an Verbindlichkeiten) führt, ist eine Einnahme. Dem Begriff der Einnahmen steht der der Ausgaben gegenüber, G. Wöhe, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 1007. 149 H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 12; F. Kuchler, Haushaltskonsolidierung durch US Lease Transaktionen, S. 66.
2. Kap.: Verwendung des Nettobarwertvorteils aus gebührenrechtlicher Sicht 143
für kostenträchtige Leistungen erzielt worden seien, müßten die entsprechenden Kosten als leistungsfremd ausgesondert werden. Gleichermaßen könnten auch die Entgelte von den insgesamt ermittelten Kosten abgezogen werden. Dies setze jedoch voraus, daß die Entgelte kostendeckend seien. 154 Einnahmen aus Cross-Border-Leasing-Transaktionen bräuchten Schulte / Wiesemann zufolge nicht in der Gebührenrechnung berücksichtigt zu werden, nachdem diese ohne einen Wertverzehr im Sinne des Kostenbegriffs erzielt würden. Dem Nettobarwertvorteil, der aus einer für den Investor wirtschaftlich interessanten Steuerstundung resultiere, lägen keine letztlich den Gebührenzahler belastenden Kosten zugrunde. 155 b) Das VG Gelsenkirchen folgt 156 dieser Argumentation und schickt in seiner Urteilsbegründung voraus, daß eine Pflicht zur gebührenmindernden Anrechnung von Einnahmen grundsätzlich nur anzuerkennen sei, wenn diese betriebsbedingt seien, d. h. wenn diese einen Teil des gebührenrechtlichen Leistungsverhältnisses darstellten. 157 Dieses sei in dem zu beurteilenden Fall wie folgt zu charakterisieren: Die Leistung der Stadt bestehe in der unschädlichen 150 Erträge führen zu einer Erhöhung des Eigenkapitalanteils. In der Gewinn- und Verlustrechnung werden sie auch als Erlöse bezeichnet, F.-W. Schulte / H. Wiesemann, Kommentierung des § 6 KAG NRW, März 2004, Rdn. 61; siehe auch: G. Wöhe, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 1011 ff. 151 Siehe Anm. 150 in diesem Teil; zur Abgrenzung von Erträgen, Erlösen und Einnahmen, siehe auch: C.-C. Freidank, Kostenrechnung. Einführung in die begrifflichen, theoretischen, verrechnungstechnischen sowie planungs- und kontrollorientierten Grundlagen des innerbetrieblichen Rechnungswesens, 5. Aufl. 1994, S. 19 ff. 152 Kommentierung des § 6 KAG NRW, März 2004, Rdn. 61; F.-W. Schulte / H. Wiesemann sehen in der Gebührenkalkulation eine Form der betriebswirtschaftlichen Kostenrechnung (§ 6 Rdn. 37 m.w. N.); ebenso: P. Queitsch, Kommentierung des § 6 KAG NRW, Nov. 2007, Rdn. 9; dazu: G. Wöhe, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 1002: „Die Kostenrechnung erfaßt nur den Teil des Wertverbrauchs und Wertzuwachses, der durch die Erfüllung der spezifischen Aufgaben des Betriebes (Erzeugung und Absatz von Gütern und Leistungen) verursacht wird, nicht dagegen betriebsfremde und außerordentliche Aufwendungen und Erträge“. 153 F.-W. Schulte / H. Wiesemann, Kommentierung des § 6 KAG NRW, März 2004, Rdn. 61; so auch: P. Queitsch, Kommentierung des § 6 KAG NRW, Nov. 2007, Rdn. 9; E. David, Gebührenkalkulation beim „Cross-Border-Leasing“, in: KStZ 1/2000, S. 3; F. Kuchler, Haushaltskonsolidierung durch US Lease Transaktionen, S. 69. 154 Sind sie es nicht, müßte der überschießende Kostenaufwand zusätzlich abgesetzt werden. Sind die Entgelte mehr als kostendeckend, müssen die Kosten nur in Höhe des Kostendeckungsgrades reduziert werden; F.-W. Schulte / H. Wiesemann, Kommentierung des § 6 KAG NRW, März 2004, Rdn. 61. 155 Kommentierung des § 6 KAG NRW, März 2004, Rdn. 64 f. 156 Im übrigen war der Bearbeiter des Kommentars, Hermann Wiesemann, Vorsitzender Richter in dem zur Diskussion stehenden Prozeß vor dem VG Gelsenkirchen; o.V., Barwertvorteil fließt nicht ins Abwasser, S. 7. 157 VG Gelsenkirchen, Urt. v. 27. 11. 2003, in: BayVBl. 9/2004, S.III.
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4. Teil: Öffentlich-rechtliche Fragen
Beseitigung der häuslichen und gewerblichen Abwässer aus dem Bereich der Grundstücke. Dazu bediene sie sich des Kanalnetzes, für dessen Abnutzung die Grundstückseigentümer im Sinne einer Gegenleistung Gebühren zu entrichten hätten. 158 Die Einnahmen aus der Cross-Border-Leasing-Transaktion seien jedoch – so das Gericht – nicht Teil des Prozesses von Leistung und Gegenleistung der gebührenfinanzierten Aufgabe. 159 Durch den Nettobarwertvorteil werde nicht die Abwasserbeseitigung, d. h. keine betriebsbedingte Leistung entgolten, sondern die Verschaffung eines Steuervorteils seitens des U.S.-Eigenkapitalinvestors. 160 Das Kanalnetz diene hierbei lediglich als Vehikel zur Erlangung der Steuervergünstigungen und sei somit nur in seiner Existenz, nicht aber in seiner Funktion Gegenstand der Transaktion. 161 Eine Pflicht zur gebührenmindernden Verwendung des Nettobarwertvorteils bestehe daher nicht. 162 c) Die Erwägungen des Gerichts wurden im November 2006 vom Oberverwaltungsgericht Münster bestätigt: „Die Einnahme steht in keinem Zusammenhang mit der städtischen Leistung, die durch die Entwässerungsgebühren abgegolten wird. Gegenstand des CBL-Geschäftes sind keine Funktionen des Kanalnetzes im Bereich der Abwasserentsorgung. Die Stadt erhält den Netto-Barwertvorteil quasi als Gegenleistung für den Abschluss des Vertrages, mit dem sie einem Investor einen Steuervorteil nach U.S.-amerikanischem Recht verschafft“. 163 Im übrigen entsprechen diese Überlegungen einer breiten in der Literatur vertretenen Auffassung, die die Verwendung des Nettobarwertvorteils im allgemeinen Haushalt mit einem fehlenden Sachzusammenhang zwischen den Einnahmen
158 VG Gelsenkirchen, Urt. v. 27. 11. 2003, in: BayVBl. 9/2004, S. III; zur kommunalen Abwasserbeseitigungspflicht: P. Queitsch, Kommentierung des § 6 KAG NRW, Nov. 2005, Rdn. 103 ff.; siehe auch den nachfolgenden Abschnitt 2 „Ableitung eines Kausalzusammenhangs aus der Betriebspflicht“. 159 VG Gelsenkirchen, Urt. v. 27. 11. 2003, in: BayVBl. 9/2004, S. III; so schon früher: F. P. Thomas / J. Wanner, Steuer-, aufsichts- und gebührenrechtliche Behandlung von USCross-Border Leasingfinanzierungen, S. 73; E. David, Gebührenkalkulation beim „CrossBorder-Leasing“, S. 3. 160 VG Gelsenkirchen, Urt. v. 27. 11. 2003, in: BayVBl. 9/2004, S.III. 161 VG Gelsenkirchen, Urt. v. 27. 11. 2003, in: BayVBl. 9/2004, S. III; ebenso: F.W. Schulte / H. Wiesemann, Kommentierung des § 6 KAG NRW, Sep. 2007, Rdn. 64; F. P. Thomas / J. Wanner, Steuer-, aufsichts- und gebührenrechtliche Behandlung von USCross-Border Leasingfinanzierungen, S. 73; T. Pschera / M. Hödl-Adick, Netto-Barwertvorteil und Gebühren, S. 52. 162 VG Gelsenkirchen, Urt. v. 27. 11. 2003, in: BayVBl. 9/2004, S. II ff.; so auch: VG Hamburg, Urt. v. 27. 10. 2004 – 7 K 3176/04, in: NVwZ 1/2005, S. 115 f.: „Der gegenläufigen Ansicht, derzufolge der Barwertvorteil gebührenmindernd in Ansatz zu bringen ist [...] kann nicht gefolgt werden. Es handelt sich bei dem Barwertvorteil nicht um eine Einnahme, die einem leistungsbedingten Werteverzehr des Anlagevermögens der Bekl. [die Stadt] korrespondiert“. 163 Urt. v. 23. 11. 2006, in: KStZ 10/2007, S. 195.
2. Kap.: Verwendung des Nettobarwertvorteils aus gebührenrechtlicher Sicht 145
aus der Transaktion einerseits und dem Betrieb der einbezogenen Anlage andererseits rechtfertigt. 164 Daß Cross-Border-Leasing-Transaktionen für die Leistungserstellung nicht benötigt werden, steht außer Zweifel. Insofern ist es grundsätzlich naheliegend, den mit der Transaktion verbundenen Einnahmen und Kosten die Betriebs- und Leistungsbedingtheit abzusprechen. 165 d) Das Fehlen eines solchen Kausalzusammenhangs kann Ekkehard David, der gleichermaßen befürwortet, allein die betriebsbedingten Einnahmen in der Gebührenkalkulation zu berücksichtigen, hingegen nicht unmittelbar feststellen. 166 Er qualifiziert den Nettobarwertvorteil nur solange als nicht sachbedingt, wie die Kommune die wirtschaftlichen Risiken 167 der Cross-Border-LeasingTransaktion nicht über den Gebührenhaushalt abdecke. Würde die Kommune im Verlauf der Transaktion schadensersatzpflichtig und beabsichtige diese, die damit einhergehenden Kosten den Gebührenzahlern anzulasten, sei die Kausalität zwischen Aufwand und Ertrag hergestellt und der Barwertvorteil nunmehr sachbedingter Ertrag. Dies gelte auch, wenn für die Finanzierung von Rückstellungen oder Versicherungsprämien zur Risikoabsicherung der Gebührenhaushalt beansprucht werde. 168 Ekkehard David zufolge ist die Frage nach der Verwendung des Nettobarwertvorteils also in Abhängigkeit davon zu beantworten, wie die Kommune möglicherweise eintretende Kostenrisiken und Maßnahmen zu deren Absicherung finanziere. Dabei übersieht er jedoch, daß nach dem Kommunalabgabengesetz außerhalb des Widmungszwecks liegende Kosten in der Gebührenkalkulation nicht ansatzfähig sind. 169 Das haftungsrechtliche Risiko der Transaktion sowie eventuell daraus resultierende Entschädigungszahlungen oder die Zahlung des Kündigungswertes hat – weil betriebsfremd – allein die 164 F. P. Thomas / J. Wanner, Steuer-, aufsichts- und gebührenrechtliche Behandlung von US-Cross-Border Leasingfinanzierungen, S. 73: „keine durch den Anlagenbetrieb verursachte Einnahme“; P. Biagosch / F. Kuchler, Nochmals: Probleme und Risiken der „Cross-Border-Leasinggeschäfte“, S. 90; F. Laudenklos / C. Pegatzky, US-Leasingfinanzierungen, S. 1305 f.; K.-T. Stopp / M. Korsten / G. Bieniek, Gewinne aus Cross-Border-Leasing-Transaktionen dürfen in den allgemeinen Gemeindehaushalt eingestellt werden, S. 542. 165 I. d. S. M. Thormann, Zur aktuellen Diskussion um das US-Cross-Border-Lease, S. 428. 166 E. David, Gebührenkalkulation beim „Cross-Border-Leasing“, S. 2 f. 167 Zu den Risiken der Transaktion, siehe: 3. Teil. 168 E. David, Gebührenkalkulation beim „Cross-Border-Leasing“, S. 2 f.; ähnlich F. Laudenklos / C. Pegatzky, US-Leasingfinanzierungen, S. 1306. 169 Siehe dazu oben: 4. Teil, 2. Kap. I. (Gesetzlicher Hintergrund) sowie: OVG Münster, Urt. v. 23. 11. 2006, in: KStZ 10/2007, S. 196: „erscheint nicht sachgerecht“; VGH München, Urt. v. 02. 03. 2000 – 4 N 99.68, in: NVwZ-RR 2/2001, S. 120: „Betriebsbedingte ansatzfähige Kosten sind nur solche, die für die von der öffentlichen Einrichtung der Kommune [...] erbrachten Leistungen anfallen“.
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4. Teil: Öffentlich-rechtliche Fragen
Kommune und nicht der Gebührenzahler zu übernehmen. 170 Der Rückschluß, den David auf die gebührenrechtliche Relevanz des Nettobarwertvorteils zieht, geht daher fehl. 2. Ableitung eines Kausalzusammenhangs aus der Betriebspflicht a) Helmut Dedy und Renate Güpner wiederum sehen einen Kausalzusammenhang zwischen dem Betrieb der Anlage und dem Nettobarwertvorteil in dem Umstand begründet, daß die Kommunen nach den Transaktionsverträgen regelmäßig verpflichtet sind, die Einrichtung entsprechend den gesetzlichen und umwelttechnischen Anforderungen zu betreiben und zu erhalten. 171 Die Aufrechterhaltung des gebührenfinanzierten Betriebes bzw. der Betriebsfähigkeit der Anlage stelle eine essentielle Vertragspflicht der Gemeinde und ihr Fehlen eine schadensersatzauslösende Leistungspflicht dar. So werde die Erlangung des Barwertvorteils, wenn auch nur mittelbar, durch den fortdauernden Anlagenbetrieb bzw. die Betriebsfähigkeit ermöglicht. 172 Eine solche Argumentation verkennt jedoch, daß diese Pflichten nicht erst durch das Cross-Border-Leasing-Geschäft begründet werden, sondern sich bereits aus dem Gesetz ergeben. 173 b) Maßgeblich sind im Bereich der Abwasserbeseitigung und damit in den vom VG Gelsenkirchen, VG Düsseldorf und OVG Münster entschiedenen Fällen das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) 174 sowie das Landeswassergesetz NordrheinWestfalen (LWG NRW) 175. Das Wasserhaushaltsgesetz bestimmt in § 18a Abs. 2 170 F. P. Thomas / J. Wanner, Steuer-, aufsichts- und gebührenrechtliche Behandlung von US-Cross-Border Leasingfinanzierungen, S. 73; H. Dedy / R. Güpner, Cross-BorderLeasing, S. 13; K.-T. Stopp / M. Korsten / G. Bieniek, Gewinne aus Cross-Border-LeasingTransaktionen dürfen in den allgemeinen Gemeindehaushalt eingestellt werden, S. 542; fraglos ist es auch nicht zulässig, andere Kosten der Transaktion, die etwa im Rahmen der Beratung oder Vertragsanbahnung anfallen, in die Gebührenkalkulation einzustellen. 171 Beispielhaft: Transaktionsbeschreibung Recklinghausen, S. 13: „Die STADT (und damit auch eine ggf. von ihr hierfür beauftragte Partei, z. B. Betriebsführer) bleibt dabei verpflichtet, (a) die Anlage im Einklang mit den anwendbaren deutschen Vorschriften zu betreiben, instandzuhalten und ggf. zu reparieren, sowie (b) jedwede nach Maßgabe der anwendbaren Vorschriften geforderten Änderungen vorzunehmen“; dazu: 2. Teil, 3. Kap. III. b) sowie 3. Teil, 3. Kap. II. 172 H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 13. 173 VG Gelsenkirchen, Urt. v. 27. 11. 2003, in: BayVBl. 9/2004, S. III f.; K.-T. Stopp / M. Korsten / G. Bieniek, Gewinne aus Cross-Border-Leasing-Transaktionen, S. 543. 174 Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts i. d. F. vom 19. 08. 2002 (BGBl. I, S. 3245), zul. geänd. am 10. 05. 2007 (BGBl. I, S. 666); gemäß Art. 75 Abs. 1 lit. 4 GG hat der Bund das Recht, Rahmenvorschriften für die Gesetzgebung der Länder über den Wasserhaushalt zu erlassen. Seine Rahmenkompetenz hat der Bundesgesetzgeber u. a. durch den Erlaß des Wasserhaushaltsgesetzes wahrgenommen, F.-W. Schulte / H. Wiesemann, Kommentierung des § 6 KAG NRW, Sept. 2002, Rdn. 346 f.
2. Kap.: Verwendung des Nettobarwertvorteils aus gebührenrechtlicher Sicht 147
zunächst, daß in der Regel nur Körperschaften des öffentlichen Rechts als Träger der Abwasserbeseitigungspflicht in Frage kommen; wer im einzelnen zur Abwasserbeseitigung verpflichtet sein soll, ist der Entscheidung der Länder überlassen. In Nordrhein-Westfalen obliegt es nach § 53 Abs. 1 S. 1 LWG NRW grundsätzlich den Gemeinden, das auf ihrem Gebiet anfallende Abwasser zu beseitigen und die dafür notwendigen Anlagen zu betreiben. Es handelt sich dabei um eine Pflichtaufgabe im Sinne von § 3 Abs. 1 GO NRW 176. 177 Diese grundlegende Zuordnung der Abwasserbeseitigungspflicht dient dem in § 18a Abs. 1 S. 1 WHG vorgegebenen Ziel, Abwasser so zu beseitigen, daß das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird. 178 § 18b Abs. 1 WHG bindet die Errichtung und den Betrieb der Abwasseranlagen an „die Anforderungen an das Einleiten von Abwasser“, wie sie insbesondere in § 7a WHG normiert sind, sowie an die allgemein anerkannten Regeln der Technik. 179 § 7a WHG knüpft die Erlaubnisfähigkeit von Abwassereinleitungen in Gewässer an bestimmte emissionsrelevante Voraussetzungen und trägt damit der besonderen Bedeutung der Abwassereinleitung für die Verunreinigung der Gewässer Rechnung. 180 Die für die Errichtung und den Betrieb von Abwasseranlagen in Betracht kommenden Regeln der Technik werden in § 57 Abs. 1 LWG insoweit konkretisiert, als klargestellt wird, daß insbesondere die technischen Bestimmungen für den Bau, den Betrieb und die Unterhaltung von Abwasseranlagen, die vom Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft durch Bekanntgabe im Ministerialblatt eingeführt werden, anzuwenden sind. 181 Im übrigen verpflichtet § 53 Abs. 1 S. 3 LWG NRW die Gemeinden, die notwen175 Wassergesetz für das Land Nordrhein-Westfalen i. d. F. vom 25. 06. 1995 (GVBl. S. 926), zul. geänd. am 11. 12. 2007 (GVBl. S. 708). 176 Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) i. d. F. vom 14. 07. 1994 (GVBl. S. 666), zul. geänd. am 09. 10. 2007 (GVBl. S. 380); dazu: E. Rehn / U. Cronauge, Kommentierung des § 3 GO NRW, in: dies. / H. G. v. Lennep, Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen. Kommentar, Bd. I, März 2008, S. 1 ff.; R. Wansleben, Kommentierung des § 3 GO NRW, in: F. W. Held / E. Becker / H. Decker / R. Kirchhof / F. Krämer / ders. (Hrsg.), Kommunalverfassungsrecht Nordrhein-Westfalen. Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW). Kommentar, Dez. 2007, S. 1 ff. 177 S. Honert / J. Rüttgers / J. Sanden, Landeswassergesetz Nordrhein-Westfalen. Kommentar, 4. Aufl. 1996, S. 179; M. Czychowski / M. Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz unter Berücksichtigung der Landeswassergesetze. Kommentar, 8. Aufl. 2003, § 18a Rdn. 14. 178 Dazu sowie zum Begriff der Abwasserbeseitigung, den § 18a Abs. 1 S. 3 WHG näher umschreibt: M. Kotulla, Wasserhaushaltsgesetz. Kommentar, 2003, § 18a Rdn. 3 ff.; M. Czychowski / M. Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz, § 18a Rdn. 1 ff.; F. Hofmann (H. Roth), Wasserhaushaltsgesetz. Textausgabe mit Erläuterungen und Ausführungsvorschriften, 4. Aufl. 1999, § 18a Rdn. 1 ff. 179 Zu § 18b WHG: M. Kotulla, Wasserhaushaltsgesetz, § 18b Rdn. 1 ff.; F. Hofmann (H. Roth), Wasserhaushaltsgesetz, § 18b Rdn. 1 ff. 180 Dazu: M. Kotulla, Wasserhaushaltsgesetz, § 7a Rdn. 1 ff.; M. Czychowski / M. Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz, § 7a Rdn. 1 ff.
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4. Teil: Öffentlich-rechtliche Fragen
digen Abwasseranlagen zu errichten, zu erweitern oder den Anforderungen des § 18b WHG und des § 57 LWG NRW anzupassen. 182 c) Aus der vertraglichen Verpflichtung heraus, die Anlage in Einklang mit den gesetzlichen und umwelttechnischen Vorschriften zu betreiben, ist somit schwerlich ein Kausalzusammenhang zwischen dem Betrieb der Anlage und der Vereinnahmung des Nettobarwertvorteils herzustellen. Im Hinblick auf die in der Gebührenkalkulation ansatzfähigen Kosten ist jedoch folgendes zu bedenken: Werden Anlagen oder Teile davon, die nicht mehr zur Leistungserbringung benötigt werden und daher eigentlich verkauft, verschrottet oder zumindest stillgelegt werden müßten, betriebsbereit gehalten, weil die Gemeinde aufgrund eines Cross-Border-Leasing-Vertrages dazu verpflichtet ist, dürfen die dadurch entstehenden Kosten nicht dem Gebührenzahler belastet werden; 183 denn diese Kosten werden durch die Transaktion und nicht durch die gebührenpflichtige Leistung verursacht. Gleiches muß gelten, wenn veraltete, ineffiziente oder unzweckmäßige Anlagen wegen ihrer Bindung in einem CrossBorder-Leasing-Geschäft nicht ersetzt werden dürfen, sondern einer auf lange Sicht unvorteilhaften, in Relation kostspieligeren Erneuerung unterzogen werden müssen. 184 Denn, die Grenze der Ansatzfähigkeit von Kosten ergibt sich nicht allein aus der Kausalitätsprüfung. Art und Umfang der als gebührenfähig anzusehenden Kosten sollen ferner durch den gebührenrechtlichen Grundsatz der Erforderlichkeit begrenzt sein und zwar in der Weise, daß Kosten überflüssiger Maßnahmen sowie überhöhte oder unangemessene Aufwendungen für an sich notwendige Maßnahmen in der Gebührenkalkulation nicht berücksichtigt werden dürfen. 185 Die Gebührenpflichtigen dürfen nicht mit Kosten belastet werden, die jede Beziehung zum Haushaltsgrundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlich181
Dazu: S. Honert / J. Rüttgers / J. Sanden, Landeswassergesetz Nordrhein-Westfalen, S. 216 ff. 182 Dazu: S. Honert / J. Rüttgers / J. Sanden, Landeswassergesetz Nordrhein-Westfalen, S. 180 f.; zur Abwasserbeseitigung in Nordrhein-Westfalen, siehe außerdem: A. Schröder, Die Erhebung von Entwässerungsgebühren in Nordrhein-Westfalen, 2003, S. 5 ff. 183 Siehe: 3. Teil, 3. Kap. II. 184 Von einem solchen Fall berichtet die Berliner Zeitung am 28. 01. 2005 (o.V., „Gisela“ darf weiter durch Berlin rattern. BVG modernisiert U-Bahn aus DDR-Produktion): „Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) geben ihren ‚Gisela‘-Zügen eine Zukunft. Von den U-Bahnen aus DDR-Produktion werden 50 Doppel-Triebwagen erneuert. 2007 soll die ‚Ertüchtigung‘ abgeschlossen sein, teilte die BVG mit. So richtig beliebt sind die Züge vom Typ G I/1, die von 1988 an in Hennigsdorf gebaut worden waren, nicht. Mangelnder Sitzkomfort, nur zwei Türen, ruckartiges Fahren und Bremsen. Trotzdem will die BVG die Fahrzeuge nicht verkaufen – wie die 120 Wagen der Vorgängerserie G I, die bis 2001 bei der Metro im nordkoreanischen Pjöngjang im Einsatz waren. Zum einen, weil sie dem Finanzierungsmodell Cross Border Leasing unterliegen und nicht so einfach verkauft werden dürfen. Außerdem sind sie noch relativ neu. ‚Mechanisch sind diese Züge top‘, sagt BVG-Betriebsvorstand Thomas Necker. Die Elektrik basiere dagegen auf dem Stand der 30er-Jahre“.
2. Kap.: Verwendung des Nettobarwertvorteils aus gebührenrechtlicher Sicht 149
keit vermissen und einen sachlich nicht vertretbaren Verbrauch an öffentlichen Mitteln erkennen lassen. 186 Beim Ansatz der Kosten ist daher zu prüfen, ob auf einen geringstmöglichen Mitteleinsatz geachtet worden ist. 187 An die Gebührenfähigkeit von Kosten sind diese Anforderungen zweifellos zu stellen; ihre Wurzeln werden hier allerdings nicht – wie in Literatur und Rechtsprechung gehandhabt – allein im Grundsatz der Erforderlichkeit gesehen, 188 sondern im umfassenderen, aus dem Prinzip der allgemeinen Freiheit und damit aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit. 189 Das Verhältnismäßigkeitsprinzip verbietet ungeeignete, unnötige und übermäßige Maßnahmen des Staates zur Erreichung seiner Zwecke. 190 Auf dieser Grundlage sowie in Anbetracht des Haushaltsgrundsatzes der stetigen Aufgabenerfüllung 191 hat die Gemeinde überdies sicherzustellen, daß die den Kosten zugrundeliegenden Maßnahmen geeignet sind, die Leistungserbringung 185 OVG Koblenz, Urt. v. 04. 02. 1999 – 12 C 13291/96, in: NVwZ-RR 10/1999, S. 673 – 675, 674; VGH Kassel, B. v. 27. 04. 1999 – 5 N 3909/98, in: NVwZ-RR 4/2000, S. 243 – 247, 244; ähnlich: J. Schmidt, Abfallgebühren. Neue Rechtsprechung des OVG NW, in: StuGR 5/1992, S. 119 – 129, 128 f.; F.-W. Schulte / H. Wiesemann, Kommentierung des § 6 KAG NRW, März 2004, Rdn. 69 f. 186 Das OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 30. 01. 1995, in: DÖV 11/1995, S. 474, lehnte mit Verweis auf das Gebot der wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung den Ansatz von sog. Leerkosten, d. h. Kosten, die allein durch die Überkapazität einer Anlage bedingt sind, in der Gebührenkalkulation ab; der VGH Kassel, B. v. 27. 04. 1999, in: NVwZ-RR 4/2000, S. 244, und H.-M. Dittmann, Die Ansatzfähigkeit von sog. Leerkosten bei der Erhebung von Abfallgebühren nach § 6 KAG NW und § 9 Abs. 2 LAbfG NW, in: NWVBl. 11/1997, S. 413 – 422, 416, sehen den Grundsatz der Erforderlichkeit von Kosten als Ausprägung des allgemeinen abgabenrechtlichen Gebots der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung; dazu auch: BVerwG, B. v. 05. 11. 2001 – 9 B 50/ 01, in: NVwZ-RR 3/2002, S. 217 ff., 219; BVerwG, B. v. 27. 05. 2003 – 9 BN 3.03, unter: http://www.bundesverwaltungsgericht.de, S. 6 des Urteilsabdrucks; P.-P. Aengenvoort, Allgemeine Grundsätze des Gebührenrechts. 2. Teil, in: NWVBl. 12/1997, S. 449 –452, 450 f., siehe zudem: Anm. 191 in diesem Teil. 187 F.-W. Schulte / H. Wiesemann, Kommentierung des § 6 KAG NRW, März 2004, Rdn. 71. 188 Siehe die Hinweise in Anm. 185 und 186 in diesem Teil. 189 Dazu grundlegend: A. Emmerich-Fritsche, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Direktive und Schranke der EG-Rechtsetzung. Mit Beiträgen zu einer gemeineuropäischen Grundrechtslehre sowie zum Lebensmittelrecht, 2000, S. 49 ff., 150 ff.; K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, 2006, S. 342 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 2007, S. 436 ff.; P. Kunig, Das Rechtsstaatsprinzip. Überlegungen zu seiner Bedeutung für das Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland, 1986, S. 350 ff.; P. Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht. Zur Bindung des Gesetzgebers an die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Erforderlichkeit, 1961. 190 Hierzu: BVerfGE 7, 377 (405 f., 410); 21, 150 (155 f.); 67, 157 (173, 176, 178); 78, 77 (85); BVerfGE 55, 159 (165): „Das Gebot der Rechtsstaatlichkeit verlangt, [...] daß der Einzelne vor unnötigen Eingriffen der öffentlichen Gewalt bewahrt bleibt. Ist ein gesetzlicher Eingriff unerläßlich, so müssen die Mittel zur Erreichung der gesetzgeberischen Ziele geeignet sein und dürfen den Einzelnen nicht übermäßig belasten“.
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4. Teil: Öffentlich-rechtliche Fragen
langfristig und im bestmöglichen Interesse des Gebührenschuldners zu gewährleisten. Wird also infolge einer Cross-Border-Leasing-Transaktion die Handlungsfähigkeit der Gemeinde in bezug auf die Einrichtung oder Anlage eingeschränkt, ist zu prüfen, ob und inwieweit sich daraus Konsequenzen für die Kostengestaltung ergeben, so daß dies in der Gebührenkalkulation berücksichtigt werden kann. d) Zusammenfassend kann somit festgehalten werden: Unter Zugrundelegung der Annahme, daß betriebs- oder leistungsfremde Einnahmen in der Gebührenbedarfsrechnung ebensowenig ansatzfähig sind wie betriebs- oder leistungsfremde Kosten, ist eine gebührenmindernde Berücksichtigung des Nettobarwertvorteils nicht geboten. Diese gebührenrechtliche Gleichbehandlung von Kosten- und Einnahmeseite mag sich als plausibel erweisen. In Anbetracht dessen, daß der Gesetzgeber jedoch ausführlich regelt, mit welchen Kosten der Gebührenzahler belastet werden darf, in bezug auf die Behandlung von Einnahmen aber auf jede Regelung verzichtet, können sich auch Bedenken gegen eine solche Vorgehensweise ergeben. 3. Ausschließliche Gebührenfähigkeit von Kosten a) Einen anderen Argumentationsansatz, der im Hinblick auf die Verwendung des Nettobarwertvorteils letztlich jedoch zum selben Endergebnis führt, verfolgt daher Ferdinand Kuchler: Er sieht in dem Umstand, daß die Gesetze keine Vorschrift zur Berücksichtigung von Erträgen, Einnahmen oder ähnlichem bei der Berechnung der Gebühren enthalten, gleichwohl eine klare und eindeutige gesetzliche Regelung, die es zu respektieren gelte. Sie lasse keinen Raum für Interpretationen, „die im Ergebnis zu einer gegenteiligen Regelung – nämlich der Berücksichtigung von Erträgen welcher Art auch immer – bei der Gebührenkalkulation“ führten. 192 Maßgeblich seien allein die Kosten. 193 Insofern sei im Falle eines Ertrages, der mit der Anlage erzielt werde, nicht die Frage nach seiner Erfassung im Rahmen der Gebührenbedarfsrechnung zu stellen; vielmehr 191 Vgl. § 75 Abs. 1 GO NRW; unmittelbar auf die Gebührenkalkulation anwendbar ist der Grundsatz der stetigen Aufgabenerfüllung ebensowenig wie der der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung. Diese Vorschriften können jedoch als Auslegungshilfen für besondere gebührenrechtliche Prinzipien dienen, F.-W. Schulte / H. Wiesemann, Kommentierung des § 6 KAG NRW, März 2004, Rdn. 68 m. N. 192 F. Kuchler, Haushaltskonsolidierung durch US Lease Transaktionen, S. 66; ders., Zur Berücksichtigung des Netto-Barwertvorteils aus einem Cross-Border-Leasing-Geschäft als Nebenertrag bei der Ermittlung der (gebührenrelevanten) Kosten einer (Entwässerungs-) Einrichtung, in: KStZ 10/2007, S. 181 ff., 183 f. 193 F. Kuchler, Haushaltskonsolidierung durch US Lease Transaktionen, S. 68.
2. Kap.: Verwendung des Nettobarwertvorteils aus gebührenrechtlicher Sicht 151
müsse demgegenüber gefragt werden, ob zum Zwecke der Erwirtschaftung dieses Ertrags Kosten aufgewendet wurden. Wurden solche Kosten aufgebracht, handele es sich um leistungsfremde, nicht betriebsbedingte Kosten, die bei der Gebührenkalkulation auszusondern seien. 194 Den finanziellen Vorteil einer Cross-Border-Leasing-Transaktion schreibt Kuchler dem allgemeinen Haushalt zu, nachdem sämtliche Kosten, die durch die Transaktion entstünden, aus den Erlösen der Transaktion getragen würden und die Erfassung solcher Erträge in der Gebührenkalkulation den Verstoß gegen eine gesetzliche Regelung zur Folge hätte, die die Berücksichtigung von Erträgen nicht vorsehe. 195 Wenngleich das Ergebnis Kuchlers nicht neu ist, verdient seine Argumentation dennoch Beachtung; macht er doch deutlich, daß alles Handeln der Verwaltung einer gesetzlichen Grundlage bedarf. b) Exkurs: Die allgemeine Freiheit verwirklicht sich in der Rechtlichkeit der allgemeinen Gesetze. 196 In den allgemeinen Gesetzen, in denen sich der allgemeine Wille, die volonté générale Rousseaus, manifestiert, müssen alle Handlungen der Bürger ihre Grundlage finden. Nur wenn alles Handeln dem allgemeinen Willen entspricht, kann wegen der allgemeinen Wirkung von Handlungen die Nötigung anderer vermieden werden. Nur wenn alle, die durch ein Handeln betroffen sind, in das Handeln eingewilligt haben, ist die allgemeine Freiheit nicht verletzt. Handeln in allgemeiner Gesetzlichkeit heißt Bürgerlichkeit. 197 Weil die Moralität der Menschen allein die Gesetzlichkeit nicht sicherstellt, muß die Einhaltung von Recht und Gesetz erzwungen werden. Denn das Recht ist, um der Freiheit willen mit der Befugnis zu zwingen verbunden. 198 Zwang ist die Verhinderung eines Hindernisses der Freiheit. 199 Zur Durchsetzung der Gesetzlichkeit bedarf es des Staates, der Einrichtung der Menschen zur Verwirklichung der allgemeinen Freiheit. 200 Der Staat im weiteren Sinne ist das Volk als die verfaßte Bürgerschaft. 201 Das Volk ist nach Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG Träger der Staatsgewalt und übt diese selbst 194
F. Kuchler, Haushaltskonsolidierung durch US Lease Transaktionen, S. 69. F. Kuchler, Haushaltskonsolidierung durch US Lease Transaktionen, S. 68. 196 Ausführlich dazu: 5. Teil, 3. Kap. I. a). 197 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi. Grundlegung einer Allgemeinen Republiklehre. Ein Beitrag zur Freiheits-, Rechts- und Staatslehre, 1994, S. 275 ff., 325 ff.; ders., Freiheit in der Republik, S. 49 ff., 274 ff., 311 ff. 198 I. Kant, Metaphysik der Sitten, 1797/1798, in: Werke in zwölf Bänden, hrsg. v. W. Weischedel, Bd. VIII, 1968, S. 303 ff., 338; K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 545 ff., 553 ff.; ders., Freiheit in der Republik, S. 100 ff. 199 I. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 338 f.; K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 557: Der Zwang selbst muß freiheitlich begründet sein, d. h. auf allgemeinen Gesetzen beruhen. 195
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4. Teil: Öffentlich-rechtliche Fragen
oder durch seine Vertreter in den Organen der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung aus (Art. 20 Abs. 2 GG). 202 Diese Organe, d. h. die Einrichtungen zur Verwirklichung der Staatlichkeit, sind der Staat im engeren Sinne. 203 Der Staat im engeren Sinne übt die Staatsgewalt nur aufgrund der Rechte und Befugnisse aus, die ihm das Volk durch die Verfassung und die Gesetze eingeräumt hat. 204 Er darf sich in keiner seiner Verhaltensweisen von der Geltung des Staatsrechts lösen. 205 Das Prinzip der Gesetzlichkeit gebietet die Legalität allen staatlichen Handelns. Begibt sich der Staat 206 seiner Staatlichkeit und beansprucht das Recht zur (freien) Willkür und damit die Privatheit, überschreitet er die Vertretungsmacht, die ihm das Volk gegeben hat und handelt nicht mehr gemeinwohlverpflichtet. Er mißachtet die Willensautonomie und damit den verfassungsmäßigen Konsens der Bürgerschaft. 207 Denn alle Staatsgewalt geht vom Volke aus; der Staat erhält seine Existenz nur durch die Gesetze des Volkes, die seine Existenz zugleich kompetentiell begrenzen. 208 Für die vollziehende Gewalt, die Verwaltung, folgt daraus die ultra-vires-Lehre. 209 Die ultra-vires-Lehre verbietet dem Staat, Aufgaben zu übernehmen, die ihm nicht das Gesetz übertragen hat. 210 Die vollziehende Gewalt darf also nur tätig werden, wenn sie ein formelles Gesetz mit einer Aufgabe betraut. 211 Auch die Befugnisse und Mittel, die erforderlich sind, um die Aufgabe zu erfüllen, 200 Immanuel Kant (Metaphysik der Sitten, S. 431) definiert den Staat als „die Vereinigung einer Menge von Menschen unter Rechtsgesetzen“; K. A. Schachtschneider, Die existentielle Staatlichkeit der Völker Europas und die staatliche Integration der Europäischen Union. Ein Beitrag zur Lehre vom Staat nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Vertrag über die Europäische Union von Maastricht, in: W. Blomeyer / ders. (Hrsg.), Die Europäische Union als Rechtsgemeinschaft, 1995, S. 75 ff., 81 ff.; ders., Res publica res populi, S. 545 ff.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 55 ff. 201 K. A. Schachtschneider, Die existentielle Staatlichkeit der Völker Europas, S. 76 f. 202 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 14 ff., 532 f., 637 ff.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 167 ff. 203 K. A. Schachtschneider, Die existentielle Staatlichkeit der Völker Europas, S. 76. 204 Ausführlich dazu: 5. Teil, 3. Kap. V. 205 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht. Kritik der Fiskustheorie, exemplifiziert an § 1 UWG, 1986, S. 253 ff. 206 Ist im weiteren vom „Staat“ die Rede, ist der Staat im engeren Sinne gemeint. 207 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 5 ff., 261 ff.; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung. Exemplifiziert am Beispiel des staatlichen und kommunalen Vermessungswesens in Bayern, 2005, S. 190 ff., 217 ff. 208 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 261 f. 209 Ausführlich dazu: 5. Teil, 3. Kap. IV. 210 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 22 f. (m. N.), 256, 261 ff.; ders., Res publica res populi, S. 451 f.; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 34, 88, 206 f., 226.
2. Kap.: Verwendung des Nettobarwertvorteils aus gebührenrechtlicher Sicht 153
müssen gesetzlich geregelt sein. Denn aus der Aufgabe selbst lassen sich diese nicht schließen. 212 Um der Demokratie und des Rechtsstaates willen müssen die gesetzlichen Verwaltungsermächtigungen derart bestimmt sein (Bestimmtheitsprinzip), 213 daß der Verwaltung keine Willkürmöglichkeit bleibt und noch von einem Vollzug der Gesetze gesprochen werden kann. 214 Die Verwaltung ist nur Vollzugsgewalt. 215 Wenn die Regierungen verwalten, ohne daß ihre Verwaltung Vollzug von Gesetzen ist, ist dies ein Bruch des Rechtsprinzips. 216 Jede Art der Staatlichkeit muß sich auf ein Gesetz des Volkes gründen; darum ist der umfassende, totale Gesetzesvorbehalt, der wesentlich im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG und im demokratischen Prinzip des Art. 20 Abs. 1 GG verankert ist, 217 geboten. 218 Über die gesetzliche Definition des Staatlichen hinaus
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K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 451 f., 473; ders., Freiheit in der Republik, S. 480; J. Burmeister, Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, in: VVDStRL 52 (1993), S. 190 – 247, 222, 244; E. Grabitz, Freiheit und Verfassungsrecht. Kritische Untersuchungen zur Dogmatik und Theorie der Freiheitsrechte, 1976, S. 198 f. 212 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 111 f. m. N.; ders., Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 253 f. 213 Zum Bestimmtheitsprinzip: BVerfGE 8, 274 (325); 9, 137 (147); 21, 245 (261); 35, 348 (359); 78, 205 (212); 84, 133 (149); 86, 288 (311); 87, 234 (263); 93, 213 (238); 102, 254 (337); K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 273 ff.; P. Kunig, Das Rechtsstaatsprinzip, S. 193 ff., 200 ff., 396 ff.; K. Sobota, Das Prinzip Rechtsstaat. Verfassungs- und verwaltungsrechtliche Aspekte, 1977, S. 132 ff. 214 BVerfGE 20, 150 (157 f.): „Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und das Prinzip der Gewaltenteilung [...] gebietet, daß der Gesetzgeber im Bereich der Grundrechtsausübung die der staatlichen Eingriffsmöglichkeit offenliegende Rechtssphäre selbst abgrenzt und dies nicht dem Ermessen der Verwaltungsbehörde überläßt“; BVerfGE 34, 165 (192 f.); 52, 1 (41); 56, 1 (13): „Insoweit berührt sich das Bestimmtheitsgebot mit dem Verfassungsgrundsatz des Vorbehalts des Gesetzes, der fordert, daß der Gesetzgeber die entscheidenden Grundlagen des zu regelnden Rechtsbereichs [...] selbst festlegt und dies nicht dem Handeln der Verwaltung überläßt“; BVerfGE 62, 169 (182 f.); F. Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: J. Isensee / P. Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III: Das Handeln des Staates, 2. Aufl. 1996, § 62, S. 315 ff., Rdn. 23: Unbestimmtheit in der Gesetzgebung bedeutet der Sache nach eine Verlagerung der Rechtsetzungsmacht auf die vollziehende Gewalt. 215 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 114. 216 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 265 ff.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 110 ff. 217 BVerfGE 33, 125 (158 f.); 40, 237 (248 ff.); dazu: K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I: Grundbegriffe und Grundlagen des Staatsrechts, Strukturprinzipien der Verfassung, 2. Aufl. 1984, S. 801 ff. 218 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 250, 253; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 114, 150; die h. M. ist der Lehre vom Totalvorbehalt nicht gefolgt, z. B.: K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, S. 808; E. Schmidt-Aßmann, Der Rechtsstaat, in: J. Isensee / P. Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des
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4. Teil: Öffentlich-rechtliche Fragen
gibt es keine Vollzugsaufgaben der Exekutive. Der Staat hat keine gesetzesunabhängige Existenz. 219 Die Verwirklichung des Gemeinwohls verlangt also, daß die Verwaltung in ihrem Wirken die gesetzlich zugewiesenen Aufgaben, Mittel, Befugnisse und Verfahrensregelungen strikt beachtet oder wie Hans Heinrich Rupp es sinngemäß ausdrückt: „Was dem Staat nicht übertragen ist, ist ihm verboten“. 220 c) Wenn Ferdinand Kuchler somit die Berücksichtigung von Einnahmen in der Gebührenkalkulation aufgrund fehlender gesetzlicher Regelung grundsätzlich ablehnt, gehorcht seine Argumentation durchaus rechtsstaatlichen Grundsätzen. Gleichzeitig stellt sich jedoch die Frage, weshalb er diesen Anspruch konsequenterweise nicht auch in Bezug auf Cross-Border-Leasing-Transaktionen aufrechterhält? Deren Abschluß und Durchführung ist, soweit ersichtlich, nicht gesetzlich geregelt und damit ebensowenig ausdrücklich erlaubt. 221 Im Sinne der oben dargestellten Argumentation müßte Kuchler sich gleichermaßen gegen derartige Transaktionen aussprechen. Hierzu führt er (zusammen mit Patrick Biagosch) allerdings aus: „US-Lease-Transaktionen können rechtssicher durchgeführt und abgeschlossen werden. Die damit verbundenen öffentlich-rechtlichen und steuerrechtlichen Probleme sind komplex, jedoch gleichwohl beherrschbar. Die [...] geäußerten Bedenken sind nicht gerechtfertigt“. 222 Auf die mit Cross-Border-Leasing-Transaktionen verbundenen Probleme und Risiken wird an dieser Stelle nicht eingegangen; sie sind im 3. Teil ausführlich behandelt. 4. Kalkulatorische Kapitalkosten in der Gebührenkalkulation a) Das Fehlen entsprechender Vorschriften im Gebührenrecht zur Verwendung von Einnahmen lasse nach Ansicht von Helmut Dedy und Renate Güpner auch den Schluß zu, daß der Gesetzgeber hier keinen Grund zu Einschränkungen und daher keinen Regelungsbedarf gesehen habe. 223 In diesem Sinne ist auch Michael Quaas der Auffassung, der „für die Umlagefähigkeit von Kosten geforderte unmittelbare Kausalzusammenhang mit der Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II: Verfassungsstaat, 3. Aufl. 2004, § 26, S. 541 ff., Rdn. 63; F. Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, Rdn. 17 ff. 219 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 149 ff. 220 Die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft, in: J. Isensee / P. Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II: Verfassungsstaat, 3. Aufl. 2004, § 31, S. 879 ff., Rdn. 30. 221 Dazu: 5. Teil, 5. Kap.; 6. Teil. 222 P. Biagosch / F. Kuchler, Nochmals: Probleme und Risiken der „Cross-Border-Leasinggeschäfte“, S. 91. 223 Cross-Border-Leasing, S. 13.
2. Kap.: Verwendung des Nettobarwertvorteils aus gebührenrechtlicher Sicht 155
betrieblichen Leistung besteh[e] auf der Ertrags- oder Gewinnseite nicht“. 224 Er stützt seine Interpretation durch das Urteil des Berliner Verfassungsgerichtshofes vom 21. 10. 1999 zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe. 225 In dieser Entscheidung erklärt das Gericht den Ansatz kalkulatorischer Eigenkapitalzinsen 226 in der Entgeltkalkulation mit der Begründung für sachlich gerechtfertigt, daß die Bindung des Eigenkapitals in dem Betrieb den Betreiber daran hindere, sein Kapital anderweit rentierlich zu verwenden. 227 M. Quaas zufolge müsse 224 Aktuelle Rechtsfragen des Benutzungsgebührenrechts unter besonderer Berücksichtigung der Privatisierung kommunaler Infrastruktureinrichtungen, in: NVwZ 2/2002, S. 144 – 151, 146. 225 BerlVerfGH, Urt. v. 21. 10. 1999 – 42/99, in: NVwZ 7/2000, S. 794 –801; M. Quaas, Aktuelle Rechtsfragen des Benutzungsgebührenrechts, S. 146. Der Entscheidung des Berliner Verfassungsgerichtshofes liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Das Land Berlin hat zur Wahrnehmung der öffentlichen Aufgaben der Wasserversorgung sowie der Ableitung und Reinigung des anfallenden Abwassers in Berlin die Berliner Wasserbetriebe als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts errichtet. Im Juli 1998 beschloß der Berliner Senat, diese Anstalt im Rahmen eines Holding-Modells in einen privatrechtlichen Konzern einzubinden. Dabei war vorgesehen, daß sich das Land sowohl mehrheitlich an dem Unternehmen der Anstalt als auch an einer Holding-Aktiengesellschaft, die die restlichen Anteile an der Anstalt hält, beteiligt. Die zur Verwirklichung dieses Modells erforderlichen rechtlichen Rahmenbedingungen sollte das Gesetz zur Änderung des Berliner Betriebegesetzes, zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe und zur Änderung des Berliner Wassergesetzes vom 17. 05. 1999 schaffen. Art. I und II dieses Gesetzes hatte der Berliner Verfassungsgerichtshof im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle auf ihre Vereinbarkeit mit der Berliner Verfassung hin zu prüfen. Art. I enthält entsprechende Änderungen des Berliner Betriebegesetzes; Art. II mit der Überschrift „Gesetz zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe“ beinhaltet spezielle Regelungen zur Umsetzung des genannten Vorhabens (BerlVerfGH, Urt. v. 21. 10. 1999, S. 794). 226 Zinsen können allgemein als das Entgelt oder der Preis für die Überlassung von Kapital definiert werden. In der Gewinn- und Verlustrechnung (Erfolgsrechnung) werden nur die für das Fremdkapital tatsächlich gezahlten Zinsen als Aufwand (= Ausgaben) erfaßt. In der Kostenrechnung werden jedoch in der Regel Zinsen sowohl für das Fremdals auch für das Eigenkapital angesetzt. Der Markt muß im Verkaufserlös auch eine Verzinsung für das eingesetzte Eigenkapital vergüten; andernfalls wäre es zweckmäßiger, das Eigenkapital anderweitig zinstragend anzulegen. Kalkulatorische Zinsen i. e. S. sind daher Zinsen für das Eigenkapital; kalkulatorische Kosten bezeichnen nicht aufwandsgleiche Kosten. Nachdem die für die Kostenrechnung berechneten Fremdkapitalzinsen nicht mit denen im Jahresabschluß übereinstimmen müssen, bezeichnet man auch die insgesamt in der Kostenrechnung angesetzten Zinsen als kalkulatorische Zinsen (i.w. S.); B. Friedl, Kostenrechnung. Grundlagen, Teilrechnungen und Systeme der Kostenrechnung, 2004, S. 129 ff.; B. Münch, Die Berechnung der kalkulatorischen Zinsen bei kostenrechnenden Einrichtungen, in: GemHH 10/1976, S. 224 ff. 227 Die Rechtfertigung für die Einbeziehung einer angemessenen Verzinsung kann nach Ansicht des Gerichts auch darin gesehen werden, daß den Nutzern der betrieblichen Einrichtung mit deren Zurverfügungstellung eine besondere Leistung gewährt werde, die ihnen einen wirtschaftlichen Vorteil vermittle; BerlVerfGH, Urt. v. 21. 10. 1999, in: NVwZ 7/2000, S. 799.
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4. Teil: Öffentlich-rechtliche Fragen
dann – gewissermaßen im Umkehrschluß – eine rentierliche Verwertung des Anlagekapitals, wie sie im Rahmen des Cross-Border-Leasing stattfinde, dem Gebührenzahler zugute kommen. 228 b) Die Entscheidung des Berliner Verfassungsgerichtshofes greift auch das VG Gelsenkirchen in seiner Urteilsbegründung auf. 229 Es stellt aber fest, daß die darin enthaltenen Ausführungen schon vom Ansatz her nicht auf eine CrossBorder-Leasing-Transaktion übertragen werden könnten. Zur Begründung führt das Gericht an, der Fall der Berliner Wasserbetriebe habe die Einbindung einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts in einen privatrechtlichen Konzern im Rahmen eines Holding-Modells zum Gegenstand, während bei einer U.S.Leasing-Transaktion die öffentliche Einrichtung Abwasserbeseitigung wie bisher ohne Einschränkung bei der Stadt verbleibe; es werde dabei gerade kein neuer Abwasserbeseitigungsbetrieb gegründet. 230 Richtig ist sicherlich, daß zwischen den den Entscheidungen zugrundeliegenden Sachverhalten, zum einen also die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe und zum anderen die Durchführung einer Cross-Border-Leasing-Transaktion, bedeutende Unterschiede bestehen. 231 Die Heranziehung des Berliner Urteils hat jedoch weniger zum Ziel, den Vorgang der Teilprivatisierung mit dem des Cross-Border-Leasing zu vergleichen, vielmehr sollen ihm verallgemeinerungsfähige Rechtsgedanken zur Behandlung von Erträgen im Rahmen der Gebührenkalkulation entnommen werden. c) Hingegen kam das Verwaltungsgericht Düsseldorf zu dem Ergebnis, daß die Nebenerträge aus dem Cross-Border-Leasing-Geschäft, d. h. der Nettobarwertvorteil, anteilig bei der Berechnung des gebührenrelevanten kalkulatorischen Zinssatzes zu berücksichtigen seien. 232 Analog zu Quaas stellte es fest, daß in Höhe derartiger – durch den Einsatz des Anlagekapitals generierter – Nebenerträge ein Belastungsausgleich durch eine kalkulatorische Verzinsung des eingesetzten Kapitals auf Kosten der Gebührenzahler nicht mehr erforderlich sei, weil sich die Gemeinde in einem solchen Fall das in der Anlage gebundene Kapital habe derart zunutze machen können, daß ihre – durch die Kapitalbindung verursachte – finanzielle Belastung in Höhe der anlagenbezogenen Nebenerträge bereits anderweitig gedeckt seien. 233 Nach Auffassung des Gerichts mindern im Zusammenhang mit der Nutzung des in der Einrichtung gebundenen Kapitals erzielte 228
M. Quaas, Aktuelle Rechtsfragen des Benutzungsgebührenrechts, S. 146. VG Gelsenkirchen, Urt. v. 27. 11. 2003, in: BayVBl. 9/2004, S.IV. 230 VG Gelsenkirchen, Urt. v. 27. 11. 2003, in: BayVBl. 9/2004, S.IV. 231 So auch: K.-T. Stopp / M. Korsten / G. Bieniek, Gewinne aus Cross-Border-LeasingTransaktionen dürfen in den allgemeinen Gemeindehaushalt eingestellt werden, S. 542. 232 Urt. v. 08. 02. 2006, in: KStZ 10/2007, S. 190. 233 VG Düsseldorf, Urt. v. 08. 02. 2006, in: KStZ 10/2007, S. 192. 229
2. Kap.: Verwendung des Nettobarwertvorteils aus gebührenrechtlicher Sicht 157
Einnahmen die betriebsbedingten Kosten, wenn eine hinreichend enge Verknüpfung der Einnahmen mit den Kosten der gebührenfinanzierten Leistung besteht, d. h. wenn ein Nebenertrag „mit einer gebührenrelevanten Kostenposition kausal derart verknüpft ist, dass er deren Kostenstruktur verbessert“. 234 Eine solche Verknüpfung sei zwischen den Einnahmen aus dem Cross-Border-Leasing-Geschäft und den als Kosten eingestellten Zinsen festzustellen. Denn zwingende Voraussetzung für das „Finanzierungsgeschäft eigener Art“ sei die langfristige Vermietung der Entwässerungsanlagen an den U.S.-amerikanischen Vertragspartner. Die Verschaffung des Nutzungsrechts, das dementsprechend „kausaler Faktor für die Erzielung“ des Nebenertrags sei, sei allerdings nur möglich, weil die Gemeinde über die Anlage verfügen könne und in der Anlage kostenträchtiges Kapital gebunden habe. Diese rentierliche Verwertung des Anlagekapitals gleiche die Belastung, die die Gemeinde durch die anlagenbezogene Kapitalbindung erfahre, in Höhe des Nebenertrags aus, so daß die Rechtfertigung für die Gebührenwirksamkeit der Kostenposition „kalkulatorische Verzinsung“ in diesem Umfang entfalle. 235 Vor dem Hintergrund der von Michael Quaas angestellten Betrachtung und der vom Düsseldorfer Verwaltungsgericht vorgelegten Begründung, sind im folgenden die gesetzlichen Bestimmungen zum Ansatz von Kapitalkosten in der Gebührenkalkulation sowie die diesen zugrundeliegende Rechtfertigung darzulegen. d) Rechtsgrundlage für den Ansatz von Zinsen in der Gebührenrechnung ist § 6 Abs. 2 S. 4 KAG NRW. Danach gehört zu den nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten auch eine angemessene Verzinsung des aufgewandten Kapitals, wobei der aus Beiträgen und Zuschüssen Dritter aufgebrachte Eigenkapitalanteil bei der Verzinsung außer Betracht bleibt. 236 Dem letztgenannten Teil der Vorschrift läßt sich entnehmen, daß mit der Verzinsung des aufgewandten Kapitals nicht nur die Verzinsung des zur Finanzierung der öffentlichen Einrichtung aufgenommenen Fremdkapitals, sondern auch die des Eigenkapitals gemeint ist. 237 234
VG Düsseldorf, Urt. v. 08. 02. 2006, in: KStZ 10/2007, S. 192. VG Düsseldorf, Urt. v. 08. 02. 2006, in: KStZ 10/2007, S. 192 f. 236 Der Begriff des aufgewandten Kapitals umfaßt das nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen im Leistungserstellungsprozeß eingesetzte oder sonst betriebsbedingte Kapital, F.-W. Schulte / H. Wiesemann, Kommentierung des § 6 KAG NRW, Sept. 2002, Rdn. 148a. Es ist allerdings nicht eindeutig, ob hierunter das tatsächlich aufgewandte Kapital oder das betriebsnotwendige Kapital im Sinne des gegenwärtig aufzuwendenden Kapitals zu verstehen ist; dazu: OVG NRW, Urt. v. 05. 08. 1994 – 9 A 1248/92, in: NWVBl. 11/1994, S. 428 ff., 433 m.w. N.; siehe auch: E. Gawel, Zur kalkulatorischen Verzinsung des Kapitals kommunaler Gebührenhaushalte, in: GemHH 10/1994, S. 222 –232, 226. 237 Begründung zum Regierungsentwurf eines Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen, LT-Drs. Nordrhein-Westfalen 6/810, S. 35 f.; OVG NRW, 235
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4. Teil: Öffentlich-rechtliche Fragen
Die betrieblich veranlaßte Bindung von Kapital und seine zeitliche Nutzung im Leistungsprozeß stellen einen Güterverbrauch dar. Demzufolge ist der Eigenkapitalzins – ebenso wie der Fremdkapitalzins – Wertverzehr zur Leistungserstellung; 238 wenngleich für das eingesetzte Eigenkapital keine zahlungswirksamen Kosten anfallen. 239 Die Eigenkapitalverzinsung rechtfertigt sich aus der Überlegung heraus, daß der Benutzer einer kommunalen Einrichtung, der mit dem allgemeinen Steuerzahler nicht identisch ist, diesem für die völlige oder teilweise Finanzierung der Einrichtung einen Zins zu entrichten hat. 240 In eine ähnliche Richtung zielt die Argumentation des Bundesverwaltungsgerichts im Beschluß vom 19. 09. 1983. 241 Demnach sieht es die Rechtfertigung für die Einbeziehung von Eigenkapitalzinsen in die durch Benutzungsgebühren zu deckenden Kosten in der Erwägung, daß die Bindung von Eigenkapital eines Trägers öffentlicher Verwaltung zugunsten eines bestimmten Personenkreises die Durchführung anderer Vorhaben öffentlicher Bedeutung nicht, zu einem späteren Zeitpunkt oder nur mit Hilfe einer entgeltlichen Fremdfinanzierung zulassen würde. Der auf diese Weise der Allgemeinheit entzogene Nutzen sei über den Ansatz von Eigenkapitalzinsen der öffentlichen Einrichtung und ihren Benutzern anzulasten. 242 Ei-
Urt. v. 05. 08. 1994, in: NWVBl. 11/1994, S. 433; OVG NRW, Urt. v. 27. 10. 1992, in: NWVBl. 3/1994, S. 103; A. Gern, Deutsches Kommunalrecht, S. 653; F.-W. Schulte / H. Wiesemann, Kommentierung des § 6 KAG NRW, Sept. 2002, Rdn. 148c. 238 Begründung zum Regierungsentwurf eines Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen, LT-Drs. Nordrhein-Westfalen 6/810, S. 36; F.-W. Schulte / H. Wiesemann, Kommentierung des § 6 KAG NRW, Sept. 2002, Rdn. 148c; E. Gawel, Zur kalkulatorischen Verzinsung des Kapitals kommunaler Gebührenhaushalte, S. 224; siehe auch: F. Schuster / H. J. Brinkmeier, Kalkulatorische Zinsen im kommunalen Rechnungswesen. Eine Betrachtung aus betriebswirtschaftlicher und kameralistischer Sicht, in: GemHH 6/2000, S. 123 ff. 239 OVG NRW, Urt. v. 05. 08. 1994, in: NWVBl. 11/1994, S. 428 („Die Berücksichtigung von Eigenkapitalzinsen als Kosten wäre aber auf der Grundlage des pagatorischen Kostenbegriffs, der auf Zahlungsvorgänge abstellt nicht möglich. Denn bei ihnen handelt es sich um sogenannte Opportunitätskosten, d. h. fiktive Kosten, denen keine Zahlungsvorgänge zugrunde liegen“; dazu: D. Adam, Produktions-Management, 9. Aufl. 1998, S. 273); U. Lell / H. Schuh, Betrieb kostenrechnender Einrichtungen und Gewinn-Erzielung – Ein Widerspruch in sich?, in: KStZ 1/2004, S. 1 – 10, 2; E. Gawel, Zur kalkulatorischen Verzinsung des Kapitals kommunaler Gebührenhaushalte, S. 223 f. 240 Begründung zum Regierungsentwurf eines Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen, LT-Drs. Nordrhein-Westfalen 6/810, S. 36; OVG Münster, Urt. v. 01. 09. 1999 – 9 A 3342/96, in: NVwZ-RR 6/2000, S. 383 ff., 385; G. Knobloch, Spezielle Fragen bei der Erhebung von Kanalbenutzungsgebühren. Fortsetzung, in: KStZ 11/1975, S. 205 ff., 208; H. Schmid, Kalkulatorische Zinsen bei kostenrechnenden Einrichtungen, in: KKZ 11/2006, S. 229 ff., 229; U. Lell / H. Schuh, Betrieb kostenrechnender Einrichtungen und Gewinn-Erzielung, S. 2. 241 8 B 117.82, in: NVwZ 4/1984, S. 239 f., 240. 242 BVerwG, B. v. 19. 09. 1983, in: NVwZ 4/1984, S. 240; H. Schmid, Kalkulatorische Zinsen bei kostenrechnenden Einrichtungen, S. 229 f.: „Die kalkulatorischen Zinsen bein-
2. Kap.: Verwendung des Nettobarwertvorteils aus gebührenrechtlicher Sicht 159
genkapitalkosten stellen damit letztlich nichts anderes als Opportunitätskosten 243 dar, die den Nutzenentgang wiedergeben. 244 e) Fragwürdig erscheinen hingegen Überlegungen, die in Anlehnung an den privatwirtschaftlichen Unternehmensbereich von der Existenz unterschiedlicher Kapitalverwendungsmöglichkeiten ausgehen und den Ansatz von Eigenkapitalzinsen in der Gebührenkalkulation mit der Begründung rechtfertigen, dem Kapitalgeber entgehe ein Zinsgewinn, wenn er das Kapital in seinem Betrieb binde, anstatt es anderweitig ertragreich zu verwenden. 245 Durch den Verzicht auf eine entsprechend rentierliche Alternativdisposition entstehen einem Unternehmer Kosten im Sinne des Opportunitätsprinzips, deren Bemessung sich am Ertrag der besten entgangenen Verwendungsalternative orientieren soll und die über den Ansatz von Eigenkapitalzinsen in der unternehmerischen Kostenrechnung Berücksichtigung finden sollen. 246 Auf diese Weise wird sichergestellt, daß das im Betrieb gebundene Kapital mindestens eine marktübliche Verzinsung erwirtschaftet. Die diesen Überlegungen zugrundeliegende Dispositionsfreiheit der Kapitalverwendung gilt jedoch gerade im öffentlichen Bereich nicht. Auch geht es bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben nicht um eine rentabilitätsorientierte Steuerung des Kapitaleinsatzes, sondern um die Erstellung von Sach- und Dienstleistungen für öffentliche Zwecke. 247 Denn der Staat darf nicht unternehmerisch und damit willkürlich handeln wie ein privater Unternehmer. 248 Die Privatheit, das halten somit für den entgangenen Zinsanteil für das Eigenkapital eine Ausgleichsfunktion und für den entstandenen Zinsanteil für das Fremdkapital eine Erstattungsfunktion“. 243 Opportunitätskosten beschreiben die beim Verzicht auf alternative Einsatzmöglichkeiten entgehenden Erträge oder – etwas präziser – den entgehenden Nutzen, den man in der besten aller nicht realisierten Verwendungsalternativen hätte erzielen können; S. Hummel / W. Männel, Kostenrechnung 1. Grundlagen, Aufbau und Anwendung, 2. Aufl. 1980, S. 54, 80. 244 OVG NRW, Urt. v. 05. 08. 1994, in: NWVBl. 11/1994, S. 428; D. Budäus, Finanzierungspotential einer kostendeckenden Gebührenpolitik öffentlicher Einrichtungen aufgrund von Spielräumen bei der Kostenerfassung und -bewertung, in: VerwArch 69 (1978), S. 361 – 376, 374. 245 So jedoch: OVG Münster, Urt. v. 31. 08. 1978 – II A 1369/76, in: ZMR 1/1980, S. 31 f., 32; VG Düsseldorf, Urt. v. 08. 02. 2006, in: KStZ 10/2007, S. 193: „als Belastungsausgleich [...] als sie das gleiche Kapital nicht anderweitig ‚zinsbringend‘ verwerten kann“, „rentierliche Verwertung“; E. Gawel, Zur kalkulatorischen Verzinsung des Kapitals kommunaler Gebührenhaushalte, S. 224; siehe auch: G. Knobloch, Spezielle Fragen bei der Erhebung von Kanalbenutzungsgebühren, S. 208. 246 E. Gawel, Zur kalkulatorischen Verzinsung des Kapitals kommunaler Gebührenhaushalte, S. 224; M. Neumann, Theoretische Volkswirtschaftslehre II. Produktion, Nachfrage und Allokation, 4. Aufl. 1995, S. 25; W. Gerke / M. Bank, Finanzierung, S. 23, 309; H. Hungenberg, Strategisches Management in Unternehmen. Ziele. Prozesse. Verfahren, 2. Aufl. 2001, S. 215; A. G. Coenenberg, Kostenrechnung und Kostenanalyse, 5. Aufl. 2003, S. 43 ff.
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4. Teil: Öffentlich-rechtliche Fragen
eigentliche Definiens des Unternehmens, darf der Staat nicht beanspruchen. 249 Im Gegensatz zu privaten Unternehmungen, deren dominierender Zweck die Gewinnerzielung ist, ist ihm die Gewinnmaxime ausnahmslos verwehrt. 250 Aufgabe des Staates ist die Verwirklichung des Gemeinwohls durch den Vollzug der Gesetze. Verwaltung ist Gemeinwohlverwirklichung. 251 Wenn der Staat seiner Aufgabe, das Gemeinwohl zu verwirklichen, genügen will, darf er sich nicht den Marktgesetzlichkeiten ausliefern. Er muß öffentliche Zwecke verfolgen, deren Verwirklichung allein die staatlichen Rechtsgesetze zu beachten hat. 252 f) Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen sind die Argumentation von Quaas und die des Verwaltungsgerichts Düsseldorf (für eine gebührenmindernde Anrechnung des Nettobarwertvorteils) zu überprüfen: Nachdem bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch einen Träger öffentlicher Verwaltung die Erzielung von Gewinnen nicht ausschlaggebend sein kann, ist die Ansatzfähigkeit von Eigenkapitalzinsen in der Gebührenkalkulation nicht mit entgangenen Alternativinvestitionen und anderweitig rentablen Verwendungsmöglichkeiten zu begründen. Sie rechtfertigen sich vielmehr aus der Überlegung heraus, daß kommunales Eigenkapital der allgemeinen Nutzung entzogen und für einen abgegrenzten Benutzerkreis verwendet wird (§ 6 Abs. 1 KAG NRW: „überwiegend dem Vorteil einzelner Personen oder Personen247 D. Budäus, Finanzierungspotential einer kostendeckenden Gebührenpolitik öffentlicher Einrichtungen, S. 373 f.; dazu auch: P. Eichhorn, Kosten und Ausgaben in der öffentlichen Verwaltung. Das neue Kommunalabgabenrecht aus der Sicht der Betriebswirtschaft, in: VerwArch 62 (1971), S. 39 – 47, 47: „Damit wird letztendlich im Umfang der vereinnahmten Eigenkapitalzinsen die Erwirtschaftung von Gewinn gerechtfertigt“. 248 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 283 ff., 291 ff.; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 134 ff., 190 ff., 297 ff.; ders., Fallstudien zum Öffentlichen Wirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2002, S. 65 f. 249 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 261 ff., 281 ff., 357 ff.; ders., Eigentümer globaler Unternehmen, in: B. N. Kumar / M. Osterloh / G. Schreyögg (Hrsg.), Unternehmensethik und die Transformation des Wettbewerbs: Shareholder Value, Globalisierung, Hyper-Wettbewerb. Festschrift für Horst Steinmann zum 65. Geburtstag, 1999, S. 409 – 440, 419 ff.; ders., Res publica res populi, S. 394 ff.; ders., Freiheit in der Republik, S. 487 ff. 250 Vgl. Art. 87 Abs. 1 S. 2 BayGO, § 116 Abs. 1 S. 2 GO LSA; BVerfGE 61, 82 (107); siehe auch: BVerwGE 39, 329 (333 f.); dazu: K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 310 ff.; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 135 ff.; dazu auch: 6. Teil. 251 Der demokratische Staat verliert seine Staatlichkeit, die durch die Aufgabe, das Gemeinwohl zu verwirklichen, charakterisiert ist, wenn er sich in die Privatheit begibt und Privatrechtssubjekt wird; K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 247 ff., 253 ff.; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 217 ff.; ausführlich dazu: 5. Teil, 3. Kap. I. und II. 252 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 316 ff., 357 ff.; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 136 f., 304 f.
2. Kap.: Verwendung des Nettobarwertvorteils aus gebührenrechtlicher Sicht 161
gruppen dient“). Die Umstände, die die Einbeziehung kalkulatorischer Zinsen in die durch Benutzungsgebühren zu deckenden Kosten rechtfertigen, berührt die Cross-Border-Leasing-Transaktion jedoch nicht: Das von der Gemeinde aufgebrachte Kapital bleibt in der Einrichtung gebunden. Die Einrichtung bleibt zum Zwecke der Abwasserbeseitigung bestehen; sie steht dem entsprechenden Benutzerkreis unverändert zur Verfügung und kann von diesem wie bisher in Anspruch genommen werden. 253 Darüber hinaus wäre es gegenüber dem allgemeinen Steuerzahler und potentiellen Nutznießern alternativer, nicht realisierter Einrichtungen nur schwerlich zu rechtfertigen, wenn der aus der Leistungserbringung resultierende Vorteil des Gebührenschuldners noch dadurch erweitert würde, daß er nicht die vollen Kosten für die ihm zukommende Leistung übernehmen müßte. Gleichzeitig wären all diejenigen Gebührenzahler im Nachteil, „deren“ Einrichtung nicht Gegenstand einer Cross-Border-Leasing-Finanzierung oder anderweitigen rentablen Verwertung würde. Insofern ist es gerechtfertigt, daß die Gebührenzahler auch weiterhin in vollem Umfang die mit der Leistungserbringung verbundenen Kosten tragen und der Nettobarwertvorteil nicht den Zinsanspruch der Gemeinde mindert. g) Eine andere Beurteilung des Sachverhalts wäre möglicherweise angezeigt, wenn das in der Anlage gebundene Kapital durch die Gebührenzahlung in einer speziellen Weise allein den Gebührenzahlern zuzuordnen wäre, so daß die damit erwirtschafteten Erträge diese zu entlasten hätten. Es stellt sich also die Frage, welche Rechte der Gebührenzahler in bezug auf die „gebührenfinanzierte“ Anlage hat und welche Konsequenzen sich daraus für die Behandlung von Erträgen im Rahmen der Gebührenkalkulation ergeben. Ist es demnach möglich, daß Benutzer für „ihre“ Anlage Gebühren bezahlen und bezahlt haben, ihnen Erträge, die im Zusammenhang mit „ihrer“ Anlage realisiert werden, aber nicht zugute kommen?
III. Leistung und Gegenleistung 1. Urteil des OVG Münster vom 15. 12. 1994 Vor dem Hintergrund dieser Fragestellung ist die Entscheidung des OVG Münster vom 15. 12. 1994 254, die auch vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen sowie in der Literatur regelmäßig zur Problematik der Verwendung von Einnahmen angeführt wird, von besonderem Interesse. Dieser liegt folgender Sachverhalt zugrunde: 253 VG Gelsenkirchen, Urt. v. 27. 11. 2003, in: BayVBl. 9/2004, S. III, unter Verweis auf T. Pschera / M. Hödl-Adick, Netto-Barwertvorteil und Gebühren, S. 52. 254 OVG NRW, Urt. v. 15. 12. 1994 – 9 A 2251/93, in: NVwZ 12/1995, S. 1238 ff.
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4. Teil: Öffentlich-rechtliche Fragen
Die Stadt Dortmund war Gesellschafterin eines privaten Unternehmens (EDG), das zum Zwecke der Straßenreinigung und Abfallbeseitigung gegründet und mit der Erfüllung dieser Aufgaben beauftragt war. Die gemäß den einschlägigen Satzungen der Stadt festgelegten Gebührensätze beruhten daher auf Gebührenbedarfsberechnungen, in denen Entgeltzahlungen der Stadt an die EDG als Kosten berücksichtigt worden waren. Im Zuge der Gründung der EDG wurde ihr von der Stadt Dortmund, die über 51% der Gesellschaftsanteile verfügt, Anlagevermögen übertragen; die Übertragung des Anlagevermögens erfolgte auf der Basis des Sachzeitwertes, mindestens jedoch 20 % des Wiederbeschaffungszeitwertes (sog. Anhaltewert). Diese Bewertung stützte sich auf ein Gutachten, dem die Überlegung zugrunde lag, daß Gegenstände, die ihre buchmäßige Nutzungsdauer bereits erreicht oder überschritten haben und damit vollständig abgeschrieben sind, häufig noch eine Zeitlang weiter genutzt werden können und daher einen realen Wert (stille Reserve) darstellen. Die Erlöse aus dem Verkauf der Anlagegüter an die EDG hat die Stadt Dortmund in der Gebührenkalkulation nicht berücksichtigt; unter anderem deshalb hat das OVG Münster die Gebührenbedarfsberechnung für fehlerhaft gehalten. Leitsatz 3 der Entscheidung lautet: „Überträgt eine Gemeinde Anlagevermögen, das sie bisher für Aufgaben der Straßenreinigung und Abfallbeseitigung eingesetzt hat, auf eine Gesellschaft privaten Rechts, müssen Veräußerungsgewinne, die den buchmäßigen Restwert des Vermögens übersteigen, dem Gebührenhaushalt gutgebracht werden, und zwar im Jahr des Entstehens.“ 255
Zur Begründung führt das Gericht an, daß infolge der unterbliebenen Berücksichtigung des Veräußerungsgewinns in der Gebührenkalkulation die den Gesamtkosten gegenüberzustellenden Einnahmen zu niedrig angesetzt worden seien, wodurch eine unzulässige Überdeckung erreicht worden sei. Die Veräußerungsgewinne resultierten daraus, daß die übertragenen Anlagegegenstände, die das Ende der Nutzungszeit am Bewertungsstichtag nahezu ganz erreicht oder überschritten hätten, vom Betrieb aber noch voll genutzt würden, mit dem Anhaltewert berücksichtigt worden seien. 256 Dieser Wert wäre bei einem Fortbestand des bisherigen städtischen Regiebetriebs den Gebührenzahlern zugute gekommen: Die Anlagegegenstände hätten der Stadt für die verbleibende Nutzungsdauer zur Verfügung gestanden und die Anschaffung von Ersatzgegenständen für diesen Zeitraum entbehrlich gemacht, ohne daß in der Gebührenbedarfsrechnung Kosten hätten angesetzt werden dürfen. Der Veräußerungsgewinn stelle somit den Gegenwert für die entgangenen kostenlosen Nutzungsmöglichkeiten dar und müsse dem Gebührenhaushalt gutgeschrieben werden. 257 Für eine Verwendung des Veräußerungsgewinns im allgemeinen Haushalt gebe es nach Auffassung 255 256 257
OVG NRW, Urt. v. 15. 12. 1994, in: NVwZ 12/1995, S. 1239. OVG NRW, Urt. v. 15. 12. 1994, in: NVwZ 12/1995, S. 1241. OVG NRW, Urt. v. 15. 12. 1994, in: NVwZ 12/1995, S. 1241.
2. Kap.: Verwendung des Nettobarwertvorteils aus gebührenrechtlicher Sicht 163
des Gerichts keine sachliche Rechtfertigung. Schließlich hätten die Gebührenzahler durch Aufbringung der kalkulatorischen Abschreibung und Verzinsung sämtliche Kosten, die im Zusammenhang mit den vollständig und nahezu vollständig abgeschriebenen Vermögensgegenständen entstanden seien, getragen, so daß auch nur ihnen ein etwaiger Restnutzungswert und ein darauf basierender Übertragungsgewinn zustehe. 258 2. Spezielle Kostendeckung a) Wenn das OVG Münster in seiner Entscheidung vom 15. 12. 1994 argumentiert, dem Gebührenhaushalt stünden aufgrund der Aufbringung der kalkulatorischen Abschreibung 259 und Verzinsung die den Restbuchwert des Anlagevermögens übersteigenden Veräußerungserlöse zu, erweckt dies den Eindruck, das Gericht nehme an, die Gebühren stellten eine Art Ratenzahlung dar, durch die der Gebührenzahler gewissermaßen eine rechtliche Position an der Substanz oder dem Wert des in der kostenrechnenden Einrichtung eingesetzten Anlagevermögens erwerbe. 260 Diese Interpretation erscheint jedoch verfehlt. Gebühren sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dazu bestimmt, in Anknüpfung an eine individuell zurechenbare, öffentliche Leistung deren Kosten ganz oder teilweise zu decken. 261 Sie sollen eine bestimmte Staatstätigkeit entgelten und dienen regelmäßig – mit Ausnahme der seltenen Fälle kostenloser, aber gebührenpflichtiger Leistungen 262 der Kostenerstattung. 263 Die Gebühr ist eine Gegenleistung. 264 Der allen Abgaben eigene Zweck der Einnahmebeschaffung 265 verdichtet sich daher bei der Gebühr zum Zweck spezieller Kostendeckung und 258
OVG NRW, Urt. v. 15. 12. 1994, in: NVwZ 12/1995, S. 1241. Die Abschreibung hat die Aufgabe, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern, die aufgrund ihrer natürlichen, technischen oder rechtlichen Beschaffenheit nicht in einer Periode im Betriebsprozeß verbraucht werden, auf die Jahre der Nutzung zu verteilen. Abschreibungen bezeichnen demnach die Beträge, die aufgrund einer planmäßigen Rechnung zur Erfassung des Wertverzehrs am Anlagevermögen in der Gewinn- und Verlustrechnung als Aufwand und in der Kostenrechnung als Kosten angesetzt werden, G. Wöhe, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 986, 1116 ff. 260 So auch: J. Oebbecke, Zur gebührenrechtlichen Verstrickung von kommunalem Anlagevermögen, in: KStZ 9/1997, S. 161 – 166, 165. 261 BVerfGE 50, 217 (226); 91, 207 (223); 97, 332 (345); 110, 370 (388). 262 Siehe dazu: D. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 56 ff. 263 D. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 100. 264 Vgl. § 4 Abs. 2 KAG NRW; BVerfGE 18, 392 (396): „Die Gebühren stellen die Gegenleistung für bestimmte staatliche Tätigkeiten dar und sollen die Kosten dieser Staatstätigkeit decken“; BVerfGE 20, 257 (269); W. Leisner, Verwaltungspreis – Verwaltungssteuer. Betrachtung zu den Gebührengrundsätzen, in: H. Conrad / H. Jahrreiß / 259
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4. Teil: Öffentlich-rechtliche Fragen
somit zum Zweck der Deckung eines speziellen Finanzbedarfs. 266 Dies kommt auch in den jüngeren Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zum Gebührenbegriff zum Ausdruck: 267 „Ihre besondere Zweckbestimmung, Einnahmen zu erzielen, um speziell die Kosten der individuell zurechenbaren öffentlichen Leistung ganz oder teilweise zu decken, unterscheidet die Gebühr regelmäßig von der Steuer“. Aus dieser Zweckbestimmung sowie insbesondere aus den verfassungsrechtlichen Prinzipien der Gleichheit 268 und der Verhältnismäßigkeit (i. e. S.) 269 folgt, daß Gebühren nicht völlig unabhängig von den Kosten der gebührenpflichtigen Staatsleistung festgesetzt werden dürfen und daß die dem Bürger auferlegte Gebühr nicht außer Verhältnis zu den mit der Gebührenregelung verfolgten Zwecken stehen darf. 270 Entsprechend dem Gedanken des Äquivalenzprinzips, bei dem es sich um „eine gebührenrechtliche Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit“ handelt, 271 müssen Gebühr und öffentliche Leistung in einem richtigen oder angemessenen Verhältnis stehen, 272 nach neuerer FormulieP. Mikat / H. Mosler / H. C. Nipperdey / J. Salzwedel (Hrsg.), Gedächtnisschrift Hans Peters, 1967, S. 730 – 747, 730; R. Stober, in: ders. / W. Kluth, Verwaltungsrecht I, § 42, S. 442; W. Röpke, Finanzwissenschaft, 1929, S. 66 ff.; M. Kloepfer, Die lenkende Gebühr, S. 238, 246; kritisch zum Begriff der Gegenleistung D. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 90 ff.: „Will man den seit langem eingeführten gebührenrechtlichen Sprachgebrauch beibehalten, wonach sämtliche Gebühren Entgelte oder Gegenleistungen für öffentliche Leistungen sind, so muß man sich darüber im klaren sein, daß diese Begriffe einen anderen, weiteren Inhalt haben als im bürgerlichen Recht. Sie besagen lediglich, daß die Gebühr keine isolierte Leistung darstellt, sondern ihre Erhebung eine individuell zurechenbare Staatsleistung voraussetzt“. 265 A. Gern, Deutsches Kommunalrecht, S. 405 ff., 597 ff. 266 BVerfGE 91, 207 (223); BVerwGE 13, 214 (219); H. Bremer, Gebühren „nach Vereinbarung“ bei den Industrie- und Handelskammern?, in: BB 34/1969, S. 1460 f.; D. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 50 f.; siehe auch: A. Dahmen, Kommentierung des § 4 KAG NRW, in: H.-J. Driehaus (Hrsg.), Kommunalabgabenrecht. Kommentar, dargestellt auf der Grundlage des KAG NRW unter Berücksichtigung der Besonderheiten in den übrigen KAG, Sept. 1995, Rdn. 46. 267 BVerfGE 50, 217 (226), darin heißt es weiter: „Desgleichen folgt hieraus verfassungsrechtlich nicht, daß eine Gebührenregelung neben der Erzielung von Einnahmen zum Zwecke der vollständigen oder teilweisen Kostendeckung nicht noch weitere Zwecke verfolgen dürfe“; siehe auch: BVerfGE 20, 257 (269); 91, 207 (223); 97, 332 (345). 268 Grundlegend dazu: K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, S. 405 ff.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 35 ff. 269 Siehe oben: 4. Teil, 2. Kap. II.2. 270 BVerfGE 50, 217 (227); 80, 103 (107); 85, 337 (346); 97, 332 (345). 271 BVerfGE 83, 363 (392); BVerwGE 26, 302 (309); 109, 272 (274); BVerwG, Urt. v. 15. 12. 1972 – I C 58/70, in: NJW 16/1973, S. 725 ff., 726; BVerwG, Urt. v. 06. 05. 1977 – VII C 67.75, in: DÖV 18/1977, S. 676 f., 677; BVerwG, Urt. v. 15. 07. 1988 – 7 C 5.87, in: DVBl. 1989, S. 413 ff., 414; ebenso: A. Dahmen, Kommentierung des § 4 KAG NRW, Sept. 1995, Rdn. 48; F.-W. Schulte / H. Wiesemann, Kommentierung des § 6 KAG NRW, März 2006, Rdn. 49b; F. Zimmermann, Das neue Kommunalabgabengesetz für das Land
2. Kap.: Verwendung des Nettobarwertvorteils aus gebührenrechtlicher Sicht 165
rung dürfen „die Gebühren in keinem Mißverhältnis zu der von der öffentlichen Gewalt gebotenen Leistung stehen“. 273 Die Höhe der Gebühr muß damit grundsätzlich von der konkreten Leistungsinanspruchnahme durch den Nutzer abhängen, so daß der einzelne Gebührenschuldner für die ihm gegenüber erbrachte Einzelleistung und den ihm entstehenden Nutzen zahlt. 274 b) Benutzungsgebühren sind demzufolge der „Preis“ 275 für die tatsächliche Inanspruchnahme öffentlicher Dienste und Einrichtungen. 276 Durch „die Entrichtung der Gebühr [...] [erwirbt der Gebührenzahler gewissermaßen] [...] das Recht, eine hoheitliche Einrichtung zu nutzen“. 277 Weitergehende Ansprüche Nordrhein-Westfalen, in: GemHH 12/1969, S. 265 ff., 267; ders., Aktuelle Fragen des Rechts der kommunalen Gebühren und Beiträge, in: VerwArch. 62 (1971), S. 16 ff., 22; U. Friedl, Zur betriebswirtschaftlichen Problematik kommunaler Leistungsentgelte. Dargestellt am Beispiel der Benutzungsgebühren, 1996, S. 33; a. A. F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr. Grundlagen der Gebührenbemessung, 1981, S. 55 ff., 81; D. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 255. 272 BVerwGE 5, 136 (141); 12, 162 (166). 273 BVerfGE 20, 257 (270): das Äquivalenzprinzip ist dem Begriff der Gebühr immanent (BVerwGE 12, 162 (166); 13, 214 (222) zur Ableitung des Äquivalenzprinzips aus dem Wesen der Gebühr; a. A. M. Kloepfer, Die lenkende Gebühr, S. 252 f.); BVerfGE 83, 363 (392); BVerwGE 26, 302 (308, 310); 109, 272 (274); BVerwG, Urt. v. 18. 04. 1975 – VII C 41.73, in: KStZ 10/1975, S. 191 ff., 192; BVerwG, Urt. v. 15. 07. 1988, in: DVBl. 1989, S. 414. Das Äquivalenzprinzip als solches läßt offen, nach welchen Gesichtspunkten das Verhältnis zwischen der einzelnen Inanspruchnahme der Einrichtung und der dafür zu leistenden Gebühr zu bemessen ist. In Betracht kommen eine Orientierung am Kostenprinzip und am Nutzenprinzip. Im ersteren Fall bildet die Gesamtheit der Kosten, die der Einrichtung entstehen, den Bezugsrahmen. Der einzelne Gebührenschuldner ist dabei in dem Maße am Kostenaufwand zu beteiligen, als er ihn durch seine Inanspruchnahme verursacht. Im zweiten Fall orientiert sich die Gebührenerhebung am Ausmaß des wirtschaftlichen Nutzens oder Vorteils, der dem Benutzer infolge der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung entsteht. J. Salzwedel, Anstaltsnutzung und Nutzung öffentlicher Sachen, in: H.-U. Erichsen (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl. 1995, S. 535 f.; H. Thiem, Die neuen Kommunalabgabengesetze in den Bundesländern, in: DVBl. 4/1972, S. 129 – 136, 135. Das Äquivalenzprinzip ist im nordrhein-westfälischen Kommunalabgabengesetz für die Erhebung von Benutzungsgebühren in § 6 Abs. 3 S. 1/2 verankert; A. Dahmen, Kommentierung des § 4 KAG NRW, Sept. 1995, Rdn. 48; P. Queitsch, Kommentierung des § 6 KAG NRW, Nov. 2007, Rdn. 5; zum Äquivalenzprinzip: P. Bohley, Gebühren und Beiträge. Ihre wirtschaftspolitischen Funktionen und ihr Platz im System der öffentlichen Einnahmen, 1977, S. 103 ff.; K. N. Münch, Kollektive Güter und Gebührenelemente einer Gebührentheorie für Kollektivgüter. Eine theoretische und empirische Analyse, 1976, S. 111 ff. m.w. N.; kritisch zum Äquivalenzprinzip: D. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 244 ff., 301 ff. 274 A. G. Coenenberg, Kostenrechnung und Kostenanalyse, S. 153; K. N. Münch, Kollektive Güter und Gebührenelemente einer Gebührentheorie für Kollektivgüter, S. 107; F. Kuchler, Haushaltskonsolidierung durch US Lease Transaktionen, S. 67. 275 Siehe Anm. 277 in diesem Teil. 276 A. G. Coenenberg, Kostenrechnung und Kostenanalyse, S. 151.
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4. Teil: Öffentlich-rechtliche Fragen
lassen sich aus dem gebührenrechtlichen Leistungsverhältnis nicht herleiten. 278 Die Gebührenpflichtigen werden durch die Gebührenzahlung weder Eigentümer der Anlage, 279 noch erwerben sie dadurch „einen Anteil am Anlagevermögen“; so auch das Oberverwaltungsgericht Münster im Urteil zur gebührenrechtlich korrekten Verwendung des Nettobarwertvorteils. 280 „Bei dem Anlagevermögen handelt es sich nicht um ‚Kapital‘ des Gebührenzahlers, das diesem ‚zusteht‘“; 281 das zur Anschaffung und Errichtung der Anlage aufgewandte Kapital wurde von der Gemeinde aufgebracht. 282 Über den Ansatz von Zinsen und Abschreibungen in der Gebührenkalkulation gleicht der Gebührenzahler nur den Umstand aus, daß die Stadt – aus Mitteln des allgemeinen Haushalts – die Anlage bereitstellt und deren Nutzung einem Werteverzehr unterliegt. 283 Die vermögensmäßige Zuordnung der Anlagegegenstände und ihres Wertes bleibt davon unberührt. 284 In diesem Sinne macht auch die Begründung zum Regierungsentwurf des Kommunalabgabengesetzes deutlich, daß Gebühren nicht dazu bestimmt sind, Investitionen in Anlagen und Einrichtungen zu finanzieren. 285 Darin heißt es, 277 K. N. Münch, Kollektive Güter und Gebührenelemente einer Gebührentheorie für Kollektivgüter, S. 106 f. Dieser Aussage ist grundsätzlich zuzustimmen. Ihre Formulierung erscheint lediglich insoweit etwas mißverständlich, als sie vorgeben mag, der Bürger hätte grundsätzlich ein Wahlrecht, ob er eine öffentliche Leistung in Anspruch nimmt oder nicht, sowie die Möglichkeit, den dafür zu zahlenden „Preis“ zu beeinflussen. Gebührenpflichten werden jedoch durch einseitigen Hoheitsakt begründet und die Höhe der Gebühr wird nicht auf der Basis der Freiwilligkeit und somit nicht in vollem Umfang nach den Grundsätzen von Angebot und Nachfrage vereinbart. Des weiteren ist zu bedenken, daß es Leistungen gibt, die dem Gebührenschuldner ohne sein Einverständnis aufoktroyiert werden und dieser in solchen Fällen keinen Einfluß auf die Verwirklichung des Gebührentatbestandes hat; W. Leisner, Verwaltungspreis – Verwaltungssteuer, S. 733 f.; D. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 36 ff., 79 ff., 92. 278 F. Kuchler, Haushaltskonsolidierung durch US Lease Transaktionen, S. 67. 279 F.-W. Schulte / H. Wiesemann, Kommentierung des § 6 KAG NRW, Sept. 2007, Rdn. 64. 280 OVG NRW, Urt. v. 23. 11. 2006, in: KSTZ 10/2007, S. 197; OVG NRW, Urt. v. 14. 12. 2004 – 9 A 4187/01, in: NWVBl. 6/2005, S. 219 ff., 222; VG Gelsenkirchen, Urt. v. 27. 11. 2003, in: BayVBl. 9/2004, S. IV: „erwerbe durch die Zahlung von Gebühren eine Art Rechtsposition an der fraglichen Anlage. Dies ist jedoch nicht der Fall“; J. Oebbecke, Zur gebührenrechtlichen Verstrickung von kommunalem Anlagevermögen, S. 166; F. Kuchler, Haushaltskonsolidierung durch US Lease Transaktionen, S. 66. 281 OVG NRW, Urt. v. 23. 11. 2006, in: KStZ 10/2007, S. 196; OVG NRW, Urt. v. 14. 12. 2004, in: NWVBl. 6/2005, S. 222. 282 J. Oebbecke, Zur gebührenrechtlichen Verstrickung von kommunalem Anlagevermögen, S. 166. 283 OVG NRW, Urt. v. 14. 12. 2004, in: NWVBl. 6/2005, S. 222. 284 J. Oebbecke, Zur gebührenrechtlichen Verstrickung von kommunalem Anlagevermögen, S. 165. 285 Begründung zum Regierungsentwurf eines Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen, LT-Drs. Nordrhein-Westfalen 6/810, S. 37; ebenso: OVG
2. Kap.: Verwendung des Nettobarwertvorteils aus gebührenrechtlicher Sicht 167
daß nach „der Grundkonzeption des vorliegenden Entwurfs [...] durch Benutzungsgebühren nur die Kosten der Leistungserstellung [...] gedeckt werden können“. Der Gebührenzahler erwirbt daher ebensowenig „ein Anrecht auf den Wert des [in der kostenrechnenden Einrichtung gebundenen] Anlagevermögens [...] wie der Mieter, der eine kostendeckende Miete zahlt, auf den des Mietobjekts“. 286 Würde der Gebührenzahler eine rechtliche Position an dem Wert der Einrichtung erwerben, wäre – wie Ferdinand Kuchler argumentiert – auch die Frage zu klären, was mit dem einzelnen Anspruch zu geschehen hätte, wenn ein Gebührenzahler beispielsweise aufgrund eines Umzuges in eine andere Stadt nicht mehr in der Lage wäre, die fragliche Anlage zu nutzen. 287 Darin zeigt sich, daß solche Überlegungen bereits vom Ansatz her verfehlt sind. Eine rechtliche Position am Anlagenwert läßt sich insbesondere auch damit nicht begründen, daß in den erhobenen Gebühren Beträge für Anlagenabschreibung und Kapitalverzinsung enthalten sind. 288 Bedeutung und Rechtfertigung der kalkulatorischen Verzinsung wurden oben bereits thematisiert; 289 für die Anlagenabschreibungen soll dies im folgenden geschehen. 3. Kalkulatorische Abschreibungen a) Die betriebswirtschaftliche Aufgabe kalkulatorischer Abschreibungen besteht darin, den Wertverzehr von Anlagegütern, die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht in einer Periode im Betriebsprozeß verbraucht und folglich auch nicht in einer Periode in voller Höhe ihrer Anschaffungs- oder Herstellungskosten in der Gebührenkalkulation angesetzt werden, periodengerecht zu erfassen. 290 Nachdem die tatsächliche Wertminderung eines solchen Wirtschaftsgutes für eiNRW, Urt. v. 30. 05. 1989 – 2 A 2920/84, in: NWVBl. 3/1990, S. 99 ff., 102: „würde nämlich die Verwendung des Gebührenaufkommens zur Vorfinanzierung einer künftigen Erweiterung der Anlage einschließen. Das aber ist mit dem Wesen einer Benutzungsgebühr nicht vereinbar“; H. Thiem, Die neuen Kommunalabgabengesetze in den Bundesländern, S. 133; D. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 127; J. Oebbecke, Zur gebührenrechtlichen Verstrickung von kommunalem Anlagevermögen, S. 166. 286 J. Oebbecke, Zur gebührenrechtlichen Verstrickung von kommunalem Anlagevermögen, S. 166; zustimmend: VG Gelsenkirchen, Urt. v. 27. 11. 2003, in: BayVBl. 9/2004, S.IV. 287 Haushaltskonsolidierung durch US Lease Transaktionen, S. 67. 288 So aber: OVG Münster, Urt. v. 15. 12. 1994, in: NVwZ 12/1995, S. 1241: „Denn sämtliche Kosten, die im Zusammenhang mit den vollständig bzw. nahezu vollständig abgeschriebenen Vermögensgegenständen entstanden sind, hat der Gebührenhaushalt (durch Aufbringung der kalkulatorischen Abschreibung und Verzinsung) getragen“. 289 Siehe: 4. Teil, 2. Kap. II.4. d) und e). 290 B. Friedl, Kostenrechnung, S. 107 ff.
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4. Teil: Öffentlich-rechtliche Fragen
ne Periode in der Praxis kaum exakt zu ermitteln ist, ist die Abschreibung letzten Endes eine reine Verteilungsabschreibung, d. h. sie teilt den durch Nutzung und Abnutzung verursachten Substanzverlust 291 mittels planmäßiger Verfahren auf die Jahre der geschätzten Nutzung auf. 292 Die Kosten des Wertverzehrs, der durch die Leistungserstellung und durch die Bereitstellung der Anlagegüter im Leistungserstellungsprozeß ausgelöst wird, sind verursachungsgerecht demjenigen zuzuordnen, der die Leistung in Anspruch nimmt, also dem Benutzer der kommunalen Einrichtung. 293 Insofern gehören gemäß § 6 Abs. 2 S. 4 KAG NRW zu den in der Gebührenrechnung ansatzfähigen Kosten auch „Abschreibungen, die nach der mutmaßlichen Nutzungsdauer oder Leistungsmenge gleichmäßig zu bemessen sind“. 294 Die vermögensmäßige Zuordnung der Anlagengegenstände und ihres Wertes bleibt, wie bereits gesagt, davon unberührt. Dem Gebührenschuldner steht „weder der verkörperte Sachwert noch das Kapital als solches zur Verfügung“. 295 b) Auf dieser Grundlage ist es nur folgerichtig anzunehmen, daß die an die Gemeinde zurückfließenden Abschreibungsbeträge und etwaige Zinsgewinne, die mit diesen Abschreibungserlösen erwirtschaftet werden, dem allgemeinen Haushalt zustehen und nicht bei der Gebührenkalkulation in Ansatz zu bringen sind. Diese Auffassung findet ihre Bestätigung im Beschluß des OVG Münster vom 01. 09. 1999. 296 Danach erschöpfe sich die betriebswirtschaftliche Aufgabe der Abschreibungen in der periodengerechten Verteilung der durch die Leistungserbringung und dem damit verbundenen Wertverzehr entstehenden gegenwärtigen Kosten der Gemeinde; sie seien in ihrer gebührenrechtlichen Wirkung auf eine 291 Zu den Entwertungsursachen oder Abschreibungsgründen: E. Schmalenbach, Kostenrechnung und Preispolitik, S. 234 ff. 292 G. Wöhe, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 1116 f.; dazu allgemein: A. G. Coenenberg, Kostenrechnung und Kostenanalyse, S. 44 f.; W. Ballwieser, Abschreibungen, in: W. Busse von Colbe / B. Pellens (Hrsg.), Lexikon des Rechnungswesens. Handbuch der Bilanzierung und Prüfung, der Erlös-, Finanz-, Investitions- und Kostenrechnung, 4. Aufl. 1998, S. 4 ff. 293 Begründung zum Regierungsentwurf eines Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen, LT-Drs. Nordrhein-Westfalen 6/810, S. 35; U. Friedl, Zur betriebswirtschaftlichen Problematik kommunaler Leistungsentgelte, S. 155 f.; F. Kuchler, Haushaltskonsolidierung durch US Lease Transaktionen, S. 66. 294 Siehe dazu: F.-W. Schulte / H. Wiesemann, Kommentierung des § 6 KAG NRW, März 2007, Rdn. 133 ff.; P. Queitsch, Kommentierung des § 6 KAG NRW, Nov. 2007, Rdn. 20 ff. 295 OVG NRW, Urt. v. 05. 08. 1994 – 9 A 1248/92, in: NWVBl. 11/1994, S. 428 ff., 433. 296 Urt. v. 01. 09. 1999 – 9 A 3342/96, in: NVwZ-RR 6/2000, S. 383 ff.; Gegenstand der Entscheidung war die Frage, ob die im konkreten Fall zur Anwendung gelangte Kalkulationsmethode der Kombination von Abschreibungen auf der Grundlage von Wiederbeschaffungszeitwerten in Verbindung mit einem Nominalzinssatz bei der Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals zulässig ist.
2. Kap.: Verwendung des Nettobarwertvorteils aus gebührenrechtlicher Sicht 169
reine Kostenverteilungsfunktion begrenzt. Insoweit fließe über die Abschreibungen lediglich von der Gemeinde vorverauslagtes Kapital an den Investor zurück, nachdem der Gebührenpflichtige durch die Leistungserbringung in den Genuß seines Vorteils gelangt und damit die Bilanz von Leistung und Gegenleistung innerhalb der Gebührenperiode ausgeglichen sei. 297 Ein sachgerechter Grund, den schon aus der Leistungserbringung an sich resultierenden Vorteil des Gebührenschuldners noch dadurch zu erweitern, daß das Eigenkapital, das vor der jeweiligen Investition dem allgemeinen Haushalt der Gemeinde zur Verfügung gestanden hat, nach dem Durchlauf durch den Gebührenhaushalt nunmehr für alle Zukunft allein diesem zugeordnet und dem allgemeinen Haushalt entzogen wird, ist demnach nicht erkennbar. 298 297
OVG Münster, Urt. v. 01. 09. 1999, in: NVwZ-RR 6/2000, S. 385 f. So auch OVG Münster, Urt. v. 01. 09. 1999, in: NVwZ-RR 6/2000, S. 385 f. Vorgezeichnet ist diese Argumentation durch die Entscheidung des OVG Münster vom 05. 08. 1994 (NWVBl. 11/1994, S. 428 ff.). Darin führt das Gericht aus, daß das Rückflußkapital unabhängig davon, daß es letztlich der Wiederbeschaffung der Anlage dienen solle, rechtlich der Gemeinde zustehe. Sie müsse lediglich am Ende der Nutzungsdauer der Anlage die erforderlichen Mittel für eine Wiederbeschaffung bereitstellen. Über die Verwendung der mit den Gebühreneinnahmen zurückfließenden Abschreibungserlöse und der gegebenenfalls damit erzielten Zinsen besteht jedoch keineswegs Einvernehmen in Literatur und Rechtsprechung. So wird auch eine Art treuhänderische Zweckbindung der Abschreibungserlöse zugunsten der Einrichtung gefordert (F.-W. Schulte / H. Wiesemann, Kommentierung des § 6 KAG NRW, Sept. 2002, Rdn. 137). Diese wird aus der Finanzierungsfunktion der Abschreibungen abgeleitet. Zweck des Ansatzes von Abschreibungen ist danach auch die Substanzerhaltung des Anlagevermögens, d. h. die Bereitstellung finanzieller Mittel für die spätere Erneuerung der Anlagen (siehe dazu: P. J. Tettinger, Entgelte in der Entsorgungswirtschaft, S. 84 f. m.w. N.). Auf der Grundlage dieser Zielsetzung hatte das OVG Schleswig im Urteil vom 30. 01. 1995 (2 L 128/94, in: DÖV 11/1995, S. 474 f.) entschieden, daß der mit den Abschreibungserlösen erzielte Zinsvorteil dem Gebührenhaushalt gutzubringen sei, um so im Ergebnis eine Senkung des Gebührensatzes zu bewirken. Zur Begründung führte das Gericht wie folgt aus: Durch die in der Gebührenkalkulation anzusetzenden Abschreibungen erhalte die Einrichtung kein zusätzliches Kapital; vielmehr finde lediglich eine Vermögensumschichtung statt und zwar in der Weise, daß eine Umwandlung von gebundenem Kapital (Anlagevermögen) in disponierbares Kapital (Zahlungsmittel) erfolge. Solange das disponierbare Kapital nicht zur Substanzerhaltung benötigt werde, könne der Träger der Einrichtung mit dem Kapital wirtschaften. Der daraus resultierende Zinsvorteil müsse jedoch der Einrichtung und damit wieder den Benutzern zugute komme. Daß Abschreibungen eine Finanzierungsfunktion zukommt, steht außer Zweifel (siehe dazu auch: G. Wöhe, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 1117 f.). Diese Funktion darf jedoch nicht so weit ausgelegt werden, als daß daraus Rückschlüsse auf die Vermögenszuordnung gezogen werden. Auch bei Berücksichtigung des Gedankens der Substanzerhaltung dienen Abschreibungen nicht der Vorfinanzierung künftiger Aufwendungen, sondern der Abgeltung gegenwärtiger Kosten, nämlich des auf Abnutzung beruhenden Wertverzehrs in der Kalkulationsperiode (F.-W. Schulte / H. Wiesemann, Kommentierung des § 6 KAG NRW, Sept. 2002, Rdn. 137 m.w. N.; siehe auch: W. Kretschmann, Der Einfluß von Abschreibungen auf die Finanzierung, in: KStZ 6/1988, S. 109 –110). Im übrigen folgt die 298
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4. Teil: Öffentlich-rechtliche Fragen
c) Zusammenfassend kann daher festgestellt werden: Die Annahme, der Gebührenzahler würde – insbesondere weil ein Teil der ihm in Rechnung gestellten Kosten auf Abschreibungen und Zinsen zurückgeht – einen Anteil oder eine Art Rechtsposition an den Vermögensgegenständen erwerben, ist nicht richtig. Ebensowenig besteht eine Pflicht zur Gebührenminderung durch Anrechnung des Nettobarwertvorteils aus Cross-Border-Leasing-Transaktionen. Soweit daher vereinzelt in der Literatur angeführt wird, der Nettobarwertvorteil müsse dem Gebührenhaushalt gutgebracht werden, weil „die Einrichtung selbst mit den Mitteln des Gebühren- und Beitragsrechts refinanziert“ werde, 299 kann dem nicht zugestimmt werden. 300 Der Gebührenpflichtige zahlt mit seiner Gebühr lediglich für die ihm gegenüber erbrachte Leistung, womit wechselseitige Ansprüche erfüllt sind. Er erwirbt durch seine Zahlung weder Eigentum noch andere Rechte am Vermögen der kostenrechnenden Einrichtung. 4. Kompensationsfunktion a) Im Urteil vom 15. 12. 1994 macht das OVG Münster seine Entscheidung an einer weiteren Überlegung fest, der die in Literatur und Rechtsprechung umstrittene Auffassung zugrunde liegt, kalkulatorische Abschreibungen unter Null seien unzulässig. 301 Dies vorausgeschickt, stellt das Gericht fest, daß bei einem Fortbestand des bisherigen städtischen Regiebetriebs die vollständig oder nahezu vollständig abgeschriebenen Vermögensgegenstände der Einrichtung Straßenreinigung für die restliche Nutzungsdauer zur Verfügung gestanden und die Anschaffung von Ersatzgegenständen entbehrlich gemacht hätten, ohne daß insoweit Kosten in der Gebührenkalkulation hätten angesetzt werden dürfen. Aus Pflicht zur Aufrechterhaltung der notwendigen Einrichtungen und Anlagen nicht aus der Finanzierungsfunktion der Abschreibungen, sondern aus dem Gesetz [siehe dazu: 4. Teil, 2. Kap. II.2. b)]. 299 So: M. Quaas, Aktuelle Rechtsfragen des Benutzungsgebührenrechts, S. 146; H. Dedy / R. Güpner, Cross-Border-Leasing, S. 13 f., bleiben eine eindeutige Antwort schuldig, weisen jedoch darauf hin, daß „bei Gewinnerzielung durch ein Geschäft mit einer gebührenrechnenden Anlage der Tatsache Rechnung zu tragen ist, dass die Anlage – zumindest teilweise – bereits durch die Gebührenzahler refinanziert worden ist“. 300 So auch: OVG Münster, Urt. v. 23. 11. 2006, in: KStZ 10/2007, S. 196 f.; VG Gelsenkirchen, Urt. v. 27. 11. 2003, in: BayVBl. 9/2004, S.IV. 301 In: NVwZ 12/1995, S. 1241, mit Verweis auf OVG Münster, Urt. v. 05. 08. 1994, in: NWVBl. 11/1994, S. 428 ff.: Anlagevermögen, das seine prognostizierte Nutzungsdauer erreicht habe und infolgedessen bereits zu 100 % abgeschrieben sei, dürfe, auch wenn es nach Ablauf der angenommenen Nutzungsdauer noch funktionsfähig sei, nicht weiterhin abgeschrieben werden (sogenannte Abschreibung unter Null). Bei einem zu 100% abgeschriebenen Anlagegut sei der in der Anlage verkörperte Wert vollständig aufgezehrt und in Kapitalvermögen umgewandelt. Nach diesem Zeitraum sei nichts mehr gleichmäßig zu verteilen. Zur gegenteiligen Ansicht: F.-W. Schulte / H. Wiesemann, Kommentierung des § 6 KAG NRW, Sept. 2007, Rdn. 135 m.w. N.
2. Kap.: Verwendung des Nettobarwertvorteils aus gebührenrechtlicher Sicht 171
diesem Vergleich heraus schreibt das OVG Münster den Veräußerungsgewinn als Gegenwert für die entgangenen kostenlosen Nutzungsmöglichkeiten dem Gebührenhaushalt zu. 302 Die zusätzlichen Belastungen, die den Gebührenschuldnern aufgrund des Verkaufs des bereits abgeschriebenen, aber noch werthaltigen Anlagevermögens entstehen, sollen durch die Berücksichtigung der Veräußerungsgewinne ausgeglichen werden. Der gebührenrechtlichen Anrechnung der Gewinne kommt damit eine Kompensationsfunktion zu; die Gebührenzahler sollen – von anderen Auswirkungen abgesehen – nach der Veräußerung des Anlagevermögens an die privatrechtliche Gesellschaft nicht schlechter stehen als vorher. 303 b) Diese vergleichende Betrachtungsweise greifen Frank Laudenklos und Claus Pegatzky auf und übertragen sie auf die Umstände einer Cross-Border-Leasing-Transaktion. 304 Sie unterscheiden dabei zwei Konstellationen: zum einen die eines ungestörten Transaktionsverlaufs mit anschließender Ausübung der Kaufoption, zum anderen einen Ablauf mit Leistungsstörungen oder der Nichtausübung der Option. 305 Bei einem ungestörten Verlauf der Transaktion mit Ausübung der Kaufoption verbleibe die Anlage im zivilrechtlichen und wirtschaftlichen Eigentum der Kommune. Diese könne die Anlage in unveränderter Weise abschreiben; der Abschluß der Transaktionsverträge führe nicht zu Kosten, die die Gebührenzahler belasteten. Nachdem den Gebührenzahlern insofern keine Nutzungsmöglichkeiten entgingen, verhielten sich der Abschluß und die Durchführung der Transaktion – anders als die Veräußerung von Anlagevermögen – kosten- und lastenbezogen neutral. Einer kompensatorischen Anrechnung des Nettobarwertvorteils bedürfe es daher nicht. 306 Die gebührenrechtliche Kostenneutralität der Transaktion wäre, wie Laudenklos / Pegatzky im weiteren ausführen, allerdings in Frage gestellt, wenn im Falle einer gravierenden Vertragsverletzung oder der Nichtausübung der Kaufoption der Kommune „der Besitz oder das Eigentum an der Anlage entzogen würde und die Kosten für die Neubeschaffung entsprechender Anlagen wiederum den Gebührenzahlern auferlegt werden würden“. 307 In einem solchen Fall wäre der Gebührenschuldner infolge des Cross-Border-Leasing-Geschäfts tatsächlich schlechter gestellt als ohne dessen Durchführung. Eine Partizipation des 302
Urt. v. 15. 12. 1994, in: NVwZ 12/1995, S. 1241. F. Laudenklos / C. Pegatzky, US-Leasingfinanzierung, S. 1305; siehe auch: F. Kuchler, Haushaltskonsolidierung durch US Lease Transaktionen, S. 67. 304 US-Leasingfinanzierung, S. 1305. 305 Siehe dazu: 2. Teil, 1. Kap. I., 2. Kap. II. und III. sowie 3. Kap. III. 306 F. Laudenklos / C. Pegatzky, US-Leasingfinanzierungen, S. 1305. 307 US-Leasingfinanzierungen, S. 1305; siehe dazu: 2. Teil, 1. Kap. I. und 3. Teil, 4. Kap. 303
172
4. Teil: Öffentlich-rechtliche Fragen
Gebührenzahlers an den geldwerten Vorteilen der Transaktion im Sinne eines wirtschaftlichen Ausgleichs erscheine dann durchaus gerechtfertigt. 308 Laudenklos / Pegatzky ziehen daraus folgenden Schluß: Sofern sichergestellt werde, daß potentielle Risiken nicht dem Gebührenzahler auferlegt würden, spreche unter dem Gesichtspunkt der gebührenrechtlichen Neutralität einiges dafür, den Nettobarwertvorteil nicht in den Gebührenhaushalt einstellen zu müssen. 309 Dieser Argumentation fehlt jedoch insoweit die Grundlage, als in der Gebührenkalkulation nur solche Kosten angesetzt werden dürfen, die in einem kausalen Zusammenhang mit der Leistungserstellung stehen. 310 Ein Kostenausgleich wird daher schon allein deshalb nicht erforderlich werden, weil Kosten, die im Zuge der Realisierung transaktionsbezogener Risiken entstehen, dem Gebührenzahler schlechthin nicht angelastet werden können. c) Im Ergebnis ist somit festzuhalten: Der Gebührenzahler kann mit Kosten, die im Zuge der Anbahnung und Durchführung der Cross-Border-Leasing-Transaktion anfallen, ebensowenig belastet werden wie ihm ein Anspruch auf Berücksichtigung des Nettobarwertvorteils in der Gebührenkalkulation zukommt. Die Benutzer solcher Einrichtungen haben daher ohne Rücksicht auf abgeschlossene Cross-Border-Leasing-Transaktionen weiterhin den gesamten, aus der Nutzung des Abwassernetzes resultierenden Güterverzehr mit ihren Gebühren zu entgelten. 311
IV. Subventionierung Sofern Netze zur Abwasserbeseitigung betroffen sind, wird das oben gefundene Ergebnis auch durch die EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) 312 gestützt, 308
F. Laudenklos / C. Pegatzky, US-Leasingfinanzierungen, S. 1305. US-Leasingfinanzierung, S. 1305 f. 310 Dazu: 4. Teil, 2. Kap. I. b) und II.1. d); Unverständnis rufen die Ausführungen von Laudenklos / Pegatzky auch insofern hervor, als zwar einerseits anerkannt wird, daß zwischen der gebührenpflichtigen Leistung und den in die Gebührenkalkulation einzustellenden Kosten eine kausale Beziehung bestehen muß („können nur diejenigen Kosten in die Gebührenkalkulation eingestellt werden, die durch die gebührenpflichtigen Leistungen ursächlich entstanden sind“, US-Leasingfinanzierungen, S. 1305), an einer späteren Stelle eine Belastung des Gebührenzahlers mit den Kostenrisiken der Transaktion aber weiterhin für möglich erachtet wird („Dies gilt jedenfalls solange, wie die wirtschaftlichen Risiken der Transaktion auf die Gebührenzahler nicht abgewälzt werden“, S. 1306). 311 F.-W. Schulte / H. Wiesemann, Kommentierung des § 6 KAG NRW, Sept. 2007, Rdn. 64. 312 Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. 10. 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik, in: ABl. L Nr. 327 vom 22. 12. 2000, S. 1 ff. 309
2. Kap.: Verwendung des Nettobarwertvorteils aus gebührenrechtlicher Sicht 173
die mit dem Ziel des Gewässerschutzes auch Einfluß auf die Gestaltung der kommunalen Abwassergebühren nimmt. In Art. 9 Abs. 1 WRRL ist der Grundsatz der Kostendeckung für Wasserdienstleistungen einschließlich umwelt- und ressourcenbezogener Kosten im Zusammenhang mit Beeinträchtigungen oder Schädigungen der aquatischen Umwelt verankert. 313 Zu den Wasserdienstleistungen zählen gemäß Art. 2 Nr. 38b WRRL auch Dienstleistungen, die für Haushalte, öffentliche Einrichtungen und wirtschaftliche Tätigkeiten jeder Art Anlagen für die Sammlung und Behandlung von Abwasser zur Verfügung stellen. 314 Entsprechend dem Verursacherprinzip soll demnach jeder Benutzer einen angemessenen Beitrag zur Deckung der Kosten der Wassernutzung 315 leisten. Auf diese Weise sollen wirtschaftliche Anreize für die Benutzer geschaffen werden, die Wasserressourcen effizient und umsichtig zu nutzen und damit zur Erreichung der Ziele der Richtlinie beizutragen. 316 Dazu gehört nach Art. 1 WRRL insbesondere die Förderung einer nachhaltigen Wassernutzung auf der Grundlage eines langfristigen Schutzes der vorhandenen Ressourcen. Wenn also der volle Ressourcenverbrauch vom Nutzer entgolten werden soll, ist eine Subventionierung des Preises für Wasserdienstleistungen zu vermeiden. Eine gebührenmindernde Berücksichtigung des Nettobarwertvorteils, der gerade nicht mit dem leistungsbedingten Wertverzehr zusammenhängt, wäre damit nicht im Sinne der Wasserpolitik der Europäischen Gemeinschaft. 317
V. Sächsische Verwaltungsvorschrift In der Sächsischen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung von Cross-Border-Leasing-Transaktionen 318 wird die Verwendung des Nettobarwertvorteils ebenfalls thematisiert; im Hinblick auf die gebührenrechtliche Problematik lassen sich daraus allerdings keine neuen Erkenntnisse gewinnen. Sie wird lediglich 313
Vgl. auch: 38. Erwägungsgrund der WRRL. Vom Begriff der Wasserdienstleistungen ist weiterhin die Entnahme, Aufstauung, Speicherung, Behandlung und Verteilung von Oberflächen- oder Grundwasser umfaßt (Art. 2 Nr. 38a WRRL). 315 Wassernutzung meint Wasserdienstleistungen (Art. 2 Nr. 39 WRRL). 316 VG Gelsenkirchen, Urt. v. 27. 11. 2003, in: BayVBl. 9/2004, S. IV; F.-W. Schulte / H. Wiesemann, Kommentierung des § 6 KAG NRW, Sept. 2002, Rdn. 345. 317 VG Gelsenkirchen, Urt. v. 27. 11. 2003, in: BayVBl. 9/2004, S. IV; F.-W. Schulte / H. Wiesemann, Kommentierung des § 6 KAG NRW, Sept. 2007, Rdn. 64; K.-T. Stopp / M. Korsten / G. Bieniek, Gewinne aus Cross-Border-Leasing-Transaktionen dürfen in den allgemeinen Gemeindehaushalt eingestellt werden, S. 543. 318 Gemeinsame Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums des Innern und des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen zur kommunalwirtschaftlichen und rechtsaufsichtlichen Beurteilung von Cross-Border-Leasing-Transaktionen (Sächs. VwV CBL) vom 26. 08. 2003 (Az. 23b-2252.60/17, Sächs. ABl. 2003, S. 874 ff.). 314
174
4. Teil: Öffentlich-rechtliche Fragen
insoweit behandelt, als in Nr. 6.3.6 ausgeführt wird, daß eine höchstrichterliche Entscheidung in dieser Rechtsfrage noch aussteht und die Rechtsaufsicht die Kommune auf das Risiko von möglichen Klagen durch Gebührenzahler hinzuweisen hat. Im übrigen ist der Nettobarwertvorteil mindestens zur Hälfte zweckgebunden in eine Rücklage einzustellen oder alternativ zur außerplanmäßigen Schuldentilgung zu verwenden. Der verbleibende Betrag darf nur für Investitionen i. S.v. Nr. 15 der Anlage zur Kommunalen Haushaltsverordnung 319 – das sind Ausgaben für die Veränderung des Anlagevermögens – verwendet werden. Für den Fall der Schuldentilgung bestimmt die Vorschrift im weiteren, daß die Zinsersparnis über den gesamten Zeitraum der Transaktion ebenfalls zweckgebunden einer Rücklage zuzuführen ist (Nr. 6.3.6). 320
319 Verordnung des Sächsischen Staatsministerium des Innern über die kommunale Haushaltswirtschaft (KomHVO) vom 26. 03. 2002 (Sächs. ABl. 2002, S. 142 ff., 176 ff.). 320 Eine finanzwissenschaftliche Beurteilung dieser Zuweisung findet sich bei: T. Lenk / H. Köpping, Cross Border Leasing, S. 27 ff.
5. Teil
Öffentliche Sachen Es wurde erörtert, inwieweit Ausschreibungspflichten bestehen und wie mit dem Nettobarwertvorteil zu verfahren ist. Doch mehr noch als von diesen Themen wurde die öffentliche Diskussion von der Frage beherrscht, ob Kommunen derartige Transaktionen überhaupt durchführen dürfen. Grundsätzlich geht es dabei um die Frage, wie eine Kommune mit „ihren“ Gütern umgehen darf. Wie weit reichen ihre Befugnisse? Welche Rechte und Pflichten hat der Staat als „Eigentümer“? Ist er überhaupt „Eigentümer“? Anders gefragt, nach welchen Vorschriften bestimmt sich der Rechtsverkehr mit staatlichen Gütern? In Anbetracht der Beliebigkeit, mit der Städte und Gemeinden ihre Infrastrukturanlagen für solche Transaktionen zur Verfügung gestellt und Verträge abgeschlossen haben, wird der Anschein erweckt, die Rechtslage gestalte sich nach § 903 BGB. Soll der Staat mit „seinen“ Sachen etwa nach Belieben verfahren dürfen, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen? Sollen also die Vorschriften des bürgerlichen Rechts maßgeblich sein? Nachdem Eisen-, Straßen- und Untergrundbahnen, Krankenhäuser, Versorgungsanlagen für Wasser, Elektrizität und Gas, Kläranlagen, Müllverbrennungsanlagen und Rathäuser, allesamt Objekte von Cross-Border-Leasing-Transaktionen, zum gesicherten oder doch möglichen Bestand öffentlicher Sachen gerechnet werden, 1 erscheint es angezeigt, sich mit den öffentlichen Sachen und dem Recht der öffentlichen Sachen zu beschäftigen.
1 Siehe die Auflistungen bei: D. Haas, Die öffentlichen Sachen, in: DVBl. 18/1962, S. 653 f.; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, 1987, S. 1; H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen, in: H.-U. Erichsen / D. Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Aufl. 2006, §§ 37 – 41, S. 781 ff., 782 f.; den Titel „Recht der öffentlichen Sachen“ trägt auch die Monographie Hans-Jürgen Papiers (3. Aufl. 1998). Aus Gründen der Aktualität wird in dieser Arbeit fast ausschließlich aus dem Beitrag zum „Allgemeinen Verwaltungsrecht“ zitiert; die dazugehörigen Anmerkungen tragen den Zusatz „(AllgVerwR)“.
176
5. Teil: Öffentliche Sachen
1. Kapitel
Die öffentlichen Sachen in Gesetzgebung, Rechtsprechung und Lehre I. Wesen der öffentlichen Sachen a) Die „öffentliche Sache“ ist eine im deutschen Verwaltungsrecht fest verankerte Sammelbezeichnung für einen unterschiedlich weit abgesteckten Kreis höchst inhomogener (Vermögens-) Gegenstände, 2 die aber nach weithin übereinstimmendem Begriffsverständnis insofern Gemeinsamkeiten aufweisen, als sie durch ihren Gebrauch unmittelbar öffentlichen Interessen dienen und zur Sicherung dieser Gemeinwohlfunktion besonderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften unterliegen. Die unmittelbare öffentliche Zweckbestimmung und ein spezifischer öffentlich-rechtlicher Sonderrechtsstatus sind nach herrschender Lehre die Bestimmungskriterien öffentlicher Sachen. 3 Dabei diene die öffentliche Sache nicht, wie Dieter Lorenz betont, der beliebigen Erfüllung von öffentlichen Zwecken, sondern dessen Verfolgung gerade durch den Staat. Sie sei ein Instrument staatlichen Handelns, ein Mittel zur Erfüllung von Staatsaufgaben und insoweit in das Gefüge der öffentlichen Verwaltung einbezogen. 4 In dem Begriffsmerkmal „öffentlich“ kommt nach Edzard Schmidt-Jortzig die Verantwortung der staatlichen Organisation und der Verwaltung für die Bereithaltung und Unterhaltung der Gegenstände ebenso zum Ausdruck wie der Bezug zur Allgemeinheit und der Nutzen dieser Gegenstände für das Gemeinwohl. 5 Wie weit der Kreis der öffentlichen Sachen letztendlich zu fassen ist, welche der Gegenstände, die der Staat in Anspruch nimmt, zu den öffentlichen Sachen zu zählen sind, darüber bestehen unterschiedliche Ansichten. Die Diskussion dreht
2 H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 782; A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, in: H. J. Wolff / O. Bachof / R. Stober, Verwaltungsrecht. Ein Studienbuch, Bd. 2, 6. Aufl. 2000, § 75 – 79, S. 677 ff., 678 f. 3 H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 782; A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 678; E. Pappermann / R.-P Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 1 f.; M. Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht. Eine Einführung für Studium und Praxis, 5. Aufl. 2000, S. 345; W. Höfling, Grundzüge des Öffentlichen Sachenrechts, in: JA 12/1987, S. 605 – 611, 605. 4 Die öffentliche Sache als Instrument des Umweltschutzes, in: NVwZ 9/1989, S. 812 – 820, 813; siehe auch: J. Pietzcker, Stichwort: Sachen, öffentliche, in: Ergänzbares Lexikon des Rechts, Ord. 5, 9/1490, LdR 6 vom 01. 06. 1983, S. 1. 5 Vom öffentlichen Eigentum zur öffentlichen Sache, in: NVwZ 12/1987, S. 1025 – 1031, 1027; siehe dazu auch: P. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen. Zur Identität des Rechts der öffentlichen Sachen als Rechtsgebiet, 1994, S. 28 ff.
1. Kap.: Gesetzgebung, Rechtsprechung und Lehre
177
sich zum einen um diejenigen Sachen, die von den Amtsträgern im Rahmen der Ausübung ihres Amtes benutzt werden, diejenigen sächlichen Hilfsmittel also, die den Amtsträgern überhaupt erst ermöglichen, Aufgaben zu erfüllen und insoweit die staatliche Handlungsfähigkeit sicherstellen. Vor allem aber geht es dabei um solche Sachen, die der Sozialstaat in Erfüllung seiner staatlichen Leistungsaufgaben der Allgemeinheit zur Verfügung stellt, die von den Bürgern benutzt werden und für deren Bestand und Benutzbarkeit die Verwaltungsträger sorgen. 6 b) Neben der Gemeinwohlfunktion kennzeichnet die öffentliche Sache nach herrschender Lehre ein spezieller öffentlich-rechtlicher Rechtsstatus. Die Funktion dieses verwaltungsrechtlichen Sonderregimes wird einhellig darin gesehen, die für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben bestimmten Gegenstände vor Verwendungsmißbrauch und zweckwidriger Nutzung zu schützen, mithin den Gebrauch der Sache im Dienst der öffentlichen Aufgabe sicherzustellen. 7 Was diesen Rechtsstatus im einzelnen ausmacht – über Rechtsnatur und Inhalt des verwaltungsrechtlichen Sonderstatus gibt es allerdings unterschiedliche Ansichten. 8 Einigkeit besteht nur dahingehend, daß derartige Sachen nicht oder nicht ausschließlich der Privatrechtsordnung unterliegen können, d. h. daß die Grundsätze und Regeln des bürgerlichen Sachenrechts nicht oder nicht uneingeschränkt gelten sollen. 9 Ein kodifiziertes Recht der öffentlichen Sachen gibt es 6
A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 678; K. Stern, Die Öffentliche Sache, in: VVDStRL 21 (1964), S. 183 – 228, 211; F.-J. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 2006, S. 314; W. Erbguth, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2005, S. 227; W. Höfling, Grundzüge des Öffentlichen Sachenrechts, S. 605; E. Pappermann, Grundfälle zum öffentlichen Sachenrecht. 1. Teil: Grundlagen des Rechts der öffentlichen Sachen, in: JuS 11/1979, S. 794 – 799, 795; für das Straßenrecht: T. v. Danwitz, Straßen- und Wegerecht, in: E. Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 13. Aufl. 2005, S. 837 ff., 841 („regelt die Erbringung einer von der Allgemeinheit täglich in Anspruch genommenen Verwaltungsleistung und betrifft damit den wohl wichtigsten Teilbereich der staatlichen Daseinsvorsorge“); zur Leistungsfunktion öffentlicher Sachen, siehe: R. Bartlsperger, Verkehrssicherungspflicht und öffentliche Sache, 1970, S. 21 f., 189 f. 7 A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 678, 698; F.-J. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 315; W. Erbguth, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 228; H.J. Papier, Öffentliche Sachen, in: Jura 2/1979, S. 93 – 101, 93; E. Pappermann, Grundfälle zum öffentlichen Sachenrecht. 1. Teil, S. 795; W. Höfling, Grundzüge des Öffentlichen Sachenrechts, S. 606. 8 M. Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 345; vor diesem Hintergrund vergleicht Dirk Ehlers, Das öffentliche Sachenrecht, in: NWVBl. 9/1993, S. 327 –333, die Lage, „in der sich das öffentliche Sachenrecht heute befindet, [...] [mit einem Gebäude], das nur noch zum Teil existiert, im übrigen eingestürzt ist und einem Trümmerhaufen gleicht“, S. 332. 9 K. Stern, Die Öffentliche Sache, S. 183 f.; A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 698; H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 782;
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5. Teil: Öffentliche Sachen
indessen nicht. 10 Nur für einzelne Sachen, etwa die Straßen und Gewässer, hat der Gesetzgeber die Rechtsverhältnisse geregelt. 11 Ansonsten ist das Feld der Wissenschaft und Rechtsprechung überlassen. 12 Als vorherrschend, aber eben nicht unbestritten, muß jene Lehre bezeichnet werden, nach der auch öffentliche Sachen im privatrechtlichen Eigentum stehen, dieses aber zur Sicherung des öffentlichen Zwecks durch öffentliches Recht überlagert wird (Lehre vom modifizierten Privateigentum). 13 Inwieweit die zu den öffentlichen Sachen gezählten Gegenstände dabei gemeinsamen, für sie alle geltenden rechtlichen Prinzipien und Regelungen unterliegen, wird wiederum kontrovers diskutiert. 14 c) Nach einhelliger Ansicht machen Gemeinwohlfunktion und Indienststellung einer Sache für einen öffentlichen Zweck diese noch nicht zu einer öffentlichen Sache. Es müsse vielmehr die gesetzliche, gewohnheitsrechtliche oder administrative Begründung des öffentlich-rechtlichen Rechtsstatus hinzukommen. Dieser Rechtsakt, der die Sache im Umfang der Zweckbestimmung einem öffentlich-rechtlichen Rechtsregime unterstellt, wird gemeinhin als Widmung bezeichnet. 15
II. Begriff und Arten der öffentlichen Sachen Zunächst gilt es, den für öffentliche Sachen maßgeblichen Sachbegriff zu bestimmen.
siehe auch: M. Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 345; W. Höfling, Grundzüge des Öffentlichen Sachenrechts, S. 606. 10 Lediglich im Jahre 1931 wurde mit dem Entwurf einer Verwaltungsrechtsordnung für Württemberg der Versuch einer in sich geschlossenen Regelung des Rechts der öffentlichen Sachen unternommen (Art. 174 – 187). Zwar fand er Beachtung in der Wissenschaft, umgesetzt wurde er jedoch nicht (A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 679; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 1 f., Anm. 7). 11 OVG Münster, Urt. v. 25. 02. 1993, in: NJW 40/1993, S. 2635 –2637, 2635; siehe dazu: 5. Teil, 1. Kap. III. e) sowie 5. Teil, 1. Kap. IV. c) bis e). 12 P. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 23: „Das Recht der öffentlichen Sachen ist genauso wie der Begriff ‚öffentliche Sache‘ eine Zweckschöpfung der Wissenschaft“. 13 Siehe dazu: 5. Teil, 1. Kap. III. 14 Siehe dazu: 5. Teil, 1. Kap. IV. 15 H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 784; A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 687; ausführlich zur Widmung: 5. Teil, 1. Kap. IV.
1. Kap.: Gesetzgebung, Rechtsprechung und Lehre
179
1. Sachbegriff bei öffentlichen Sachen a) Sachen im Sinne des bürgerlichen Rechts sind nur körperliche Gegenstände (§ 90 BGB). Der Begriff der Sache bezeichnet danach im Raum abgrenzbare Gegenstände, 16 die nach natürlicher Anschauung als Einheit erscheinen. 17 Neben der festen Umgrenzung gehört zur Körperlichkeit in diesem Sinne auch, daß die Gegenstände einer sinnlichen Wahrnehmung zugänglich und technisch beherrschbar sind. 18 Dieser bürgerlich-rechtliche Sachbegriff gilt nach überwiegender Auffassung im öffentlichen Recht nicht; der öffentliche Sachbegriff soll weiter gefaßt sein. Das bedeutet, daß auch der Luftraum außerhalb der vom Bodeneigentümer beherrschten Sphäre, die Stratosphäre, das offene Meer sowie der elektrische Strom, denen die in § 90 BGB geforderte Körperlichkeit und damit feste Umgrenzung fehlen, zu den Sachen im öffentlich-rechtlichen Sinne gerechnet werden. 19 Entscheidend für die Einordnung eines Gegenstandes als öffentliche Sache sei vielmehr der Zweck des Gegenstandes. 20 Demgegenüber finden sich in der Literatur auch Stimmen gegen eine Ausdehnung des Sachbegriffes und gegen eine vom bürgerlichen Recht unabhängige Begriffsbestimmung. Hans-Jürgen Papier und Werner Weber zufolge können sinnvollerweise nur solche Gegenstände dem Begriff der öffentlichen Sache zugeordnet werden, die ohne den öffentlich-rechtlichen Status der „privatrechtlichen Herrschafts- und Nutzungsordnung“ unterstünden. Denn die Zuerkennung des Status als öffentliche Sache diene gerade dazu, die Gegenstände aufgrund ihrer öffentlichen Funktion der sachenrechtlichen Privatrechtsordnung zu ent16 Entweder durch eigene körperliche Begrenzung, durch Fassung in einem Behältnis oder durch sonstige künstliche Mittel wie Grenzsteine oder Einzeichnung in Karten oder Pläne. 17 Maßgeblich für die Beurteilung ist in erster Linie die bei Laien vorherrschende Verkehrsanschauung, nicht hingegen der letzte Stand der physikalischen Wissenschaft. 18 J. Jickeli / M. Stieper, Vorbemerkungen zu §§ 90 – 103 BGB, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, 1. Buch: Allgemeiner Teil. §§ 90–133, Bearb. 2004, Rdn. 8 ff.; H. Heinrichs / J. Ellenberger, Kommentierung des § 90 BGB, in: Palandt. Bürgerliches Gesetzbuch. Kommentar, 67. Aufl. 2008, Rdn. 1 f.; G. Holch, Kommentierung des § 90 BGB, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 1: Allgemeiner Teil. §§ 1 –240, 4. Aufl. 2001, Rdn. 7 ff.; H. Hattenhauer, Grundbegriffe des Bürgerlichen Rechts. Historisch-dogmatische Einführung, 2. Aufl. 2000, S. 46 ff., insbesondere S. 59 ff. 19 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. I: Allgemeiner Teil, 10. Aufl. 1973, S. 378; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 4; F.-J. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 316; W. Erbguth, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 227; J. Vahle, Öffentliche Sachen, in: Verwaltungsrundschau 5/1989, S. 176 – 177, 176; U. Häde, Das Recht der öffentlichen Sachen, in: JuS 2/1993, S. 113 – 118, 113. 20 J. Vahle, Öffentliche Sachen, S. 176.
180
5. Teil: Öffentliche Sachen
ziehen und einem öffentlich-rechtlichen Regime zu unterstellen. Dieses bilde eine Gegenordnung zum privaten Sachenrecht und der Begriff der öffentlichen Sache finde auch nur in diesem kontrastierenden und abgrenzenden Sinne seine Berechtigung. Insofern sei es sinnwidrig, Gegenstände, die nicht Objekt privaten Sacheigentums sein könnten, zu den öffentlichen Sachen zu zählen. Öffentliche Sachen könnten daher nur körperliche Gegenstände sein. 21 Ernst Pappermann et al. halten dieser Argumentation entgegen, daß sich der öffentlich-rechtliche Sachbegriff ausschließlich an dem Zweck orientiere, bestimmte Sachen der Ordnung des öffentlichen Sachenrechts zu unterstellen. 22 Nachdem unkörperliche Gegenstände wie der Luftraum ausreichend Ähnlichkeit mit körperlichen Gegenständen wie Straßen und Gewässer hätten, erscheine die Anwendung öffentlichen Sachenrechts gleichermaßen angezeigt. Dies belege auch das geschriebene öffentliche Sachenrecht: § 1 Abs. 4 Nr. 2 FStrG 23 zähle den Luftraum über dem Straßenkörper zu den Bestandteilen des Verkehrsweges und § 1 Abs. 1 LuftVG 24 regle die freie Benutzung des Luftraums durch Luftfahrzeuge. 25 Ausgangspunkt der Überlegungen von Peter Axer, der ebenfalls für eine vom bürgerlichen Recht unabhängige Begriffsbestimmung streitet, ist die Funktion des Rechts der öffentlichen Sachen. 26 Diese bestehe nicht nur in dem Schutz vor Sachentzug durch privatrechtliche Verfügungen, sondern auch in der Regelung der Nutzung öffentlicher Sachen. Die Bedeutung letzterer werde in der Gruppierung öffentlicher Sachen nach der Art ihrer Nutzung 27 und in den Nutzungsregelungen der Straßen- und Wegegesetze offenkundig. 28 Diese Funktion, die Nutzung der öffentlichen Sachen zu regeln, rechtfertige einen anderen Sachbegriff als den des § 90 BGB. 29 21
H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 783; W. Weber, Die Öffentliche Sache, in: VVDStRL 21 (1964), S. 145 – 182, 149, 173; siehe auch: R. Zippelius, Grundfragen des öffentlichen Sachenrechts und das Bayerische Straßen- und Wegegesetz, in: DÖV 32/33/1958, S. 838 – 850, 840. 22 E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 4 f. 23 Bundesfernstraßengesetz i. d. F. vom 28. 06. 2007 (BGBl. I, S. 1206). 24 Luftverkehrsgesetz i. d. F. vom 10. 05. 2007 (BGBl. I, S. 698), zul. geänd. am 01. 06. 2007 (BGBl. I, S. 986). 25 E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 4 f.; kritisch dazu: P. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 27. 26 Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 27. 27 Siehe dazu den nachfolgenden Abschnitt 2. i). 28 Axer verweist dabei auf §§ 14 ff. StrWG NRW [Straßen- und Wegegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen i. d. F. vom 23. 09. 1995 (GVBl. S. 1028), zul. geänd. am 05. 04. 2005 (GVBl. S. 306, 329)]. 29 P. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 27.
1. Kap.: Gesetzgebung, Rechtsprechung und Lehre
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Ähnlich argumentiert Edzard Schmidt-Jortzig 30, der im Recht der öffentlichen Sachen die Thematisierung und rechtliche Einbindung solcher Sachen sieht, die für die Menschen im Gemeinwesen einen existentiellen Nutzen haben und die deshalb in ihrer Benutzbarkeit reglementiert werden sollen. Diese abweichende Ordnungsabsicht vom bürgerlichen Recht, das nur körperliche Gegenstände erfasse, weil nur bei diesen die tatsächlich-praktische Beherrschbarkeit durch ein Rechtssubjekt gegeben erscheine, erfordere andere Bestimmungsansätze. Sache im Sinne des öffentlichen Sachenrechts soll daher jeder Gegenstand sein können, der objektiv einen existentiellen Nutzungswert für den Menschen hat. b) Einigkeit scheint jedoch darüber zu bestehen, daß die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über Sachzusammenhänge (§§ 93 ff. BGB) für öffentliche Sachen nicht maßgeblich sein sollen. 31 Während nach § 93 BGB wesentliche Bestandteile einer Sache nicht Gegenstand besonderer Rechte sein können und das rechtliche Schicksal der Hauptsache teilen, könne sich der öffentlich-rechtliche Sonderstatus durchaus allein auf die Hauptsache oder auf einzelne ihrer Bestandteile beschränken. Wesentliche Bestandteile könnten so eigenständige öffentliche Sachen sein. 32 Auch an den bürgerlich-rechtlichen Zubehörbegriff (§ 97 BGB) soll der einen öffentlich-rechtlichen Sonderstatus begründende Hoheitsträger nicht gebunden sein. 33 Ferner könnten mehrere nach Privatrecht selbständige Sachen oder Sachgesamtheiten eine einheitliche öffentliche Sache bilden. 34 2. Arten der öffentlichen Sachen a) Nicht alle Sachen, die öffentlichen Zwecken dienen und für das Gemeinwesen oder seine Bürger eine bedeutsame Funktion besitzen, werden zu den 30
Vom öffentlichen Eigentum zur öffentlichen Sache, S. 1027. E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 378; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 5; M. Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 346; P. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 28; H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 783 f.; F.J. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 316. 32 Zum Beispiel die auf privatem Grund errichtete Ampelanlage; H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 784; A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 679; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 5; F.-J. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 316. 33 H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 784; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 5; W. Erbguth, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 227; F.-J. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 316. 34 Zum Beispiel der öffentliche Weg, der sich über mehrere Privatgrundstücke erstreckt; H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 784; A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 679; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 5; W. Erbguth, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 227; F.-J. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 316. 31
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5. Teil: Öffentliche Sachen
öffentlichen Sachen gerechnet. Nach überwiegender Auffassung gehören die sogenannten „tatsächlichen öffentlichen Sachen“ – Sachen, die nicht von einem Träger öffentlicher Verwaltung, sondern von Privaten der Öffentlichkeit zugänglich oder öffentlich benutzbar gemacht werden – nicht zu den öffentlichen Sachen. Wie bei allen Sachen, die im Eigentum von Privatpersonen stünden, vollziehe sich der Rechtsverkehr ausschließlich nach bürgerlichem Recht. 35 b) Die herrschende Lehre spricht indessen auch nicht bei allen Sachen der öffentlichen Hand von öffentlichen Sachen: Die Gegenstände des sogenannten Finanzvermögens – das sollen diejenigen Gegenstände sein, die dem Gemeinwesen und den Zwecken der öffentlichen Verwaltung nur mittelbar, nicht durch ihren Gebrauch, sondern durch ihren Vermögenswert oder die Erwirtschaftung von Erträgen dienen – zählt sie nicht zu den öffentlichen Sachen. 36 Das Finanzvermögen bestehe vorwiegend aus bebauten oder unbebauten Grundstücken, die nicht öffentlichen Zwecken gewidmet seien, oder aus Kapitalanlagen, die der Erträge wegen und nicht mit dem Ziel, Einfluß auf die Unternehmensführung zu nehmen, getätigt würden. Dieses Vermögen, dem das Merkmal der unmittelbaren Nutzung für Gemeinwohlzwecke fehle, sei nicht in das Verwaltungsrechtssystem inkorporiert, habe keinen öffentlich-rechtlichen Sonderstatus und unterliege dem Privatrecht. Der Verwaltungsträger könne es nach privatrechtlichen Regeln erwerben, belasten und veräußern. Zwar bestünden mitunter besondere Vorschriften in Bezug auf Bewirtschaftung, Zwangsvollstreckung und Insolvenzverfahren, 37 dies ändere jedoch nichts an dem allgemeinen Grundsatz, daß „die Herrschaftsund Nutzungsrechte des Eigentümers sich ausschließlich nach privatem Recht“ zu richten hätten und „keiner öffentlich-rechtlichen Beschränkung zugunsten der ‚Öffentlichkeit‘“ unterlägen. 38 35 Zum Beispiel der private Waldweg, das private Schwimmbad oder die private Kunstgalerie; A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 680; E. Pappermann, Grundfälle zum öffentlichen Sachenrecht. 1. Teil, S. 795; F.-J. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 314 f.; H. P. Bull, Allgemeines Verwaltungsrecht. Ein Lehrbuch, 6. Aufl. 2000, S. 343; S. Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht mit Verwaltungsprozessrecht, 4. Aufl. 2006, S. 327; H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 784. Private Wege sollen auch dann nicht dem öffentlichen Sachenrecht unterliegen, wenn sie im Sinne des Strafrechts und des Straßenverkehrsrechts öffentliche Wege sind, weil sie tatsächlich vom allgemeinen Verkehr benutzt werden; siehe dazu: OLG Düsseldorf, Urt. v. 27. 02. 1956, in: NJW 44/1956, S. 1651; G. Ganschezian-Finck, Öffentlicher Verkehr auf Privatwegen, in: NJW 40/1963, S. 1808 – 1812. 36 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 376; A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 680 f.; H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 784; M. Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 347; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 3; W. Erbguth, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 228; U. Häde, Das Recht der öffentlichen Sachen, S. 113; H. P. Bull, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 343; siehe auch: P. Laband, Das Staatsrecht des Deutschen Reiches, Bd. 4, 5. Aufl. 1914, S. 345 f. 37 M. Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 347, verweist auf §§ 76 f., 114 GO NRW.
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In der Literatur finden sich überdies einzelne Autoren, die alle Objekte in der Hand des Staates oder eines sonstigen Verwaltungsträgers den öffentlichen Sachen zurechnen, also auch das Finanzvermögen. Nachdem aber auch sie die Gegenstände des Finanzvermögens rechtlich verschieden behandelt wissen wollen und diese ausschließlich dem Privatrecht unterstellen, unterscheiden sie zwischen öffentlichen Sachen im engeren und im weiteren Sinne, wobei das Finanzvermögen nur den öffentlichen Sachen im weiteren Sinne angehören soll. 39 Insofern wurde im Unterschied zur herrschenden Lehre zwar eine andere begriffliche Zuordnung gewählt, Art und Qualität des danach auf das Finanzvermögen anzuwendenden Rechts bleiben gleichwohl unverändert. c) Auf der oben dargestellten Abgrenzung aufbauend, d. h. unter Außerachtlassung des Finanzvermögens, gliedert die herrschende Meinung die öffentlichen Sachen, 40 die demnach dadurch charakterisiert sein sollen, durch ihren Gebrauch unmittelbar dem Gemeinwohl zu dienen (direkte Gemeinwohlfunktion), nach dem Zweck und Umfang ihrer Nutzungsmöglichkeiten in die Sachen im Verwaltungsgebrauch und die im Bürger- oder Zivilgebrauch. Zur Benennung und Unterscheidung dieser beiden Kategorien wird auch das Begriffspaar „Sachen in internem Gebrauch“ und „Sachen in externem Gebrauch“ herangezogen. 41 Letztere, also die öffentlichen Sachen im Bürgergebrauch, untergliedern Rechtsprechung und Literatur wiederum in die Sachen im Gemeingebrauch, im Sondergebrauch und solche im Anstaltsgebrauch. 42 38 So deutlich M. Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 347; i. d. S. aber auch: E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 376; A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 680 f.; H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 784; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 3. 39 F. Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, 3. Neudr. (1995) d. 8. Aufl. 1928, S. 351 ff.; K. E. v. Turegg, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 1950, S. 202, 206 f.; J. Vahle, Öffentliche Sachen, S. 176, zählt neben den Sachen des Finanzvermögens auch die tatsächlich öffentlichen Sachen zu den öffentlichen Sachen im weiteren Sinne; anders K. Obermayer, Grundzüge des Verwaltungsrechts und des Verwaltungsprozeßrechts, 3. Aufl. 1988, S. 135, 136 („Auch die bisher zu den öffentlichen Sachen im weiteren Sinne gezählten Gegenstände des sog. Verwaltungs-, Finanz- und Betriebsvermögens sind wenigstens zum Teil besonderen Rechtsregeln des öffentlichen Rechts unterworfen, die für das Vermögen von Rechtsträgern des Privatrechts nicht gelten“), S. 140 f., diese Sonderbestimmungen sind auf den Seiten 141 ff. aufgeführt. 40 Bei E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 6, und A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 681, ist in diesem Zusammenhang von den öffentlichen Sachen im weiteren Sinne die Rede. 41 F.-J. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 320; W. Erbguth, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 231; K. Stern, Die Öffentliche Sache, S. 195 f.; W. Höfling, Grundzüge des Öffentlichen Sachenrechts, S. 608. 42 F.-J. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 320; W. Erbguth, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 231; W. Höfling, Grundzüge des Öffentlichen Sachenrechts, S. 608; J. Salzwedel, Anstaltsnutzung und Nutzung öffentlicher Sachen, S. 539; S. Detterbeck,
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5. Teil: Öffentliche Sachen
d) Öffentliche Sachen im Verwaltungsgebrauch sind nach herrschender Lehre diejenigen Gegenstände, die „der öffentlichen Verwaltung unmittelbar durch ihre Gebrauchsmöglichkeit zur Erfüllung ihrer Aufgaben dienen und von den Organwalter öffentlicher Verwaltung selbst benutzt werden“; 43 Sachen, „deren öffentliche Zweckbestimmung in der internen Verwaltungsnutzung liegt“. 44 Dazu werden vor allem die von den Trägern staatlicher Gewalt (Exekutive, Judikative, Legislative) genutzten Dienstgebäude einschließlich des Inventars sowie die beweglichen sächlichen Mittel der Amtswalter wie Dienstwagen, Ausrüstung und Waffen von Polizei und Streitkräften oder die Geräte der Feuerwehr gezählt. 45 Für die Benutzung durch den Bürger sei diese Kategorie öffentlicher Sachen nicht bestimmt. Sofern Sachen im Verwaltungsgebrauch Zivilpersonen dennoch zugänglich seien, wie etwa dem Publikumsverkehr zugängliche Dienstgebäude, ergäben sich solche Zugangsberechtigungen aus dem Recht zur Wahrnehmung von Verwaltungsangelegenheiten durch Kontakt mit den zuständigen Amtsträgern und seien deshalb nur ein Annex zu dieser umfassenderen Befugnis, 46 entstammten demnach nicht dem öffentlichen Sachenrecht oder der Rechtsnatur der öffentlichen Sache. 47 Die Zugänglichkeit durch Dritte sei gleichzeitig ein Mittel des nutzungsberechtigten Verwaltungsträgers, seine Verwaltungsaufgaben zu erfüllen und deshalb von der Art der Aufgabenstellung und von der näheren Bestimmung des Verwaltungsträgers abhängig. 48 Eine originäre, eigenständige oder unmittelbare öffentlich-rechtliche Nutzungsbefugnis von Zivilpersonen an Sachen im Verwaltungsgebrauch bestehe jedenfalls nicht. 49 Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 331 ff.; A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 681 f., bezeichnet die von Zivilpersonen benutzten Sachen als öffentliche Sachen im engeren Sinne; siehe auch Anm. 40 in diesem Teil. 43 A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 682; E. Pappermann / R.P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 10; H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 804; U. Häde, Das Recht der öffentlichen Sachen, S. 118; F.-J. Peine, Das Recht der öffentlichen Sachen – neue Gesetze und Rechtsprechung im Überblick, in: JZ 12/2006, S. 593 – 608, 608. 44 H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 804; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 161; M. Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 350; W. Erbguth, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 242; W. Höfling, Grundzüge des Öffentlichen Sachenrechts, S. 611. 45 H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 804; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 11; M. Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 350; S. Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 339. 46 H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 804; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 11, 161; F.-J. Peine, Das Recht der öffentlichen Sachen, 2006, S. 608; S. Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 339. 47 M. Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 350; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 11. 48 H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 804.
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Enger als die Begriffsbildung der herrschenden Auffassung ist die von Richard Bartlsperger: Ausgehend von der „Konstruktion der öffentlichen Sachen als Gegenstände von Verwaltungsleistungen“ 50 rechnet er die lediglich dem internen Gebrauch von Hoheitsorganen dienenden Sachen im Verwaltungsgebrauch nicht zu den öffentlichen Sachen. Öffentliche Sachen seien nur solche Sachen, deren Darbietung unmittelbar selbst den Inhalt einer Verwaltungsaufgabe darstelle und die nicht nur Mittel zu einem anderen Verwaltungszweck seien. 51 e) Sachen im Bürgergebrauch sollen diejenigen Sachen sein, die von der Verwaltung zur externen Nutzung Dritter, also durch Zivilpersonen bereitgestellt werden. 52 Die Berechtigung des Bürgers, diese öffentlichen Sachen zu nutzen, könne entweder ohne vorgeschaltete Zulassung kraft Gesetzes eingeräumt sein oder aber nur kraft besonderer (ausdrücklicher oder stillschweigender) Zulassung des Trägers der öffentlichen Sachherrschaft entstehen. Zur ersten Gruppe werden die Sachen im Gemeingebrauch gerechnet, zur zweiten die Sachen im Sonderund Anstaltsgebrauch. 53 f) Nach herrschender Meinung besteht an einer Sache Gemeingebrauch, wenn sie kraft Hoheitsakts (Widmung) „einer unbeschränkten Öffentlichkeit unmittelbar und ohne besondere Zulassung zur bestimmungsgemäßen Benutzung zur Verfügung steht“. 54 Als Hauptbeispiel für Sachen im Gemeingebrauch werden im Schrifttum die öffentlichen Straßen genannt. 55 In § 7 Abs. 1 S. 1 FStrG 56 wird der Gemeingebrauch als der Gebrauch bezeichnet, der „jedermann im Rahmen der Widmung und der verkehrsbehördlichen Vorschriften zum Verkehr 49 H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 804 f.; A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 682; W. Erbguth, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 242; S. Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 339. 50 Siehe dazu: 5. Teil, 4. Kap. III. 51 Verkehrssicherungspflicht und öffentliche Sache, S. 20 ff., 189 ff.; ihm folgend: B. Keihl, Das staatliche Recht der res sacrae, 1977, S. 129 ff. 52 E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 6. 53 H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 792; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 6; W. Höfling, Grundzüge des Öffentlichen Sachenrechts, S. 608. 54 H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 792; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 6 f.; A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 683, 718 ff.; W. Höfling, Grundzüge des Öffentlichen Sachenrechts, S. 608; F.-J. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 320 f.; W. Erbguth, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 233; S. Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 331. 55 Dazu die Nachweise in Anm. 54 in diesem Teil. 56 Damit inhaltlich übereinstimmend, die Normen der meisten Landesgesetze, z. B.: § 14 Abs. 1 S. 1 StrWG NRW; Art. 14 Abs. 1 S. 1 BayStrWG i. d. F. vom 05. 10. 1981 (GVBl. S. 448), zul. geänd. am 24. 07. 2007 (GVBl. S. 499); § 14 S. 1 HessStrG i. d. F. vom 08. 06. 2003 (GVBl. S. 166); § 14 Abs. 1 S. 1 NdsStrG i. d. F. vom 24. 09. 1980 (GVBl. S. 359), zul. geänd. am 05. 11. 2004 (GVBl. S. 406); § 14 Abs. 1 S. 1 SächsStrG vom 21. 01. 1993 (GVBl. S. 93), zul. geänd. am 28. 05. 2004 (GVBl. S. 200, 225).
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5. Teil: Öffentliche Sachen
gestattet“ ist. Die Verkehrsfunktion der öffentlichen Straßen wird in § 7 Abs. 1 S. 3 FStrG ausdrücklich wiederholt: „Kein Gemeingebrauch liegt vor, wenn jemand die Straße nicht vorwiegend zum Verkehr, sondern zu anderen Zwecken benutzt“. Bei den öffentlichen Straßen ist der erlaubnisfreie Gemeingebrauch nicht die einzige rechtlich mögliche Nutzungsart. Das Schrifttum charakterisiert ihn allerdings als die „regelmäßige und typusbestimmende Nutzungsart“ der öffentlichen Straßen und der öffentlichen Sachen im Gemeingebrauch im allgemeinen. 57 Gemäß § 8 Abs. 1 FStrG ist die Benutzung der Bundesfernstraßen über den Gemeingebrauch hinaus Sondernutzung. Diese bedarf der Erlaubnis der Straßenbaubehörde. 58 Im Unterschied zu den besonderen Nutzungsinteressen, die Gegenstand der Sondernutzung sind und den allgemeinen Verkehrsinteressen, die im Rahmen des Gemeingebrauchs verfolgt werden, sind Straßenanlieger in spezifischer Weise auf die Nutzung der Verkehrsflächen angewiesen: Die kurzfristige Lagerung von Bau- und Heizmaterial auf dem Gehweg, das Aufstellen von Baugerüsten, das Befahren des Gehwegs zur Erreichung des Grundstücks, das Bereitstellen von Müllgefäßen sind Beispiele dieser sich aus der speziellen (Interessen-) Lage des Anliegers ergebenden, über die allgemeinen Verkehrsbedürfnisse hinausgehenden Nutzungen des Straßengrunds.
Der sogenannte Anliegergebrauch, der auch als gesteigerter Gemeingebrauch bezeichnet wird, 59 ist nur in einigen Landesstraßengesetzen normiert. Nach § 14a StrWG NRW dürfen Eigentümer und Besitzer von Grundstücken, die an einer öffentlichen Straße gelegen sind (Straßenanlieger), innerhalb der geschlossenen Ortslage die an die Grundstücke angrenzenden Straßenteile über den Gemeingebrauch hinaus benutzen, soweit diese Benutzung zur Nutzung des Grundstücks erforderlich ist, den Gemeingebrauch nicht dauernd ausschließt oder erheblich beeinträchtigt oder in den Straßenkörper eingreift. 60
57 H.-J. Papier, Öffentliche Sachen, S. 95; W. Höfling, Grundzüge des Öffentlichen Sachenrechts, S. 608. 58 Siehe auch: § 18 Abs. 1 StrWG NRW; § 22 Abs. 1 S. 1 StrWG MV vom 13. 01. 1993 (GVBl. S. 42), zul. geänd. am 10. 07. 2006 (GVBl. S. 539); § 41 Abs. 1 S. 1 LStrG RP i. d. F. vom 01. 08. 1977 (GVBl. S. 273), zul. geänd. am 21. 07. 2003 (GVBl. S. 155); § 21 Abs. 1 S. 1 StrWG SH i. d. F. vom 25. 11. 2003 (GVBl. S. 631), zul. geänd. am 12. 10. 2005 (GVBl. S. 487). 59 H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 844; A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 731; F.-J. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 322; W. Erbguth, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 235; W. Höfling, Grundzüge des Öffentlichen Sachenrechts, S. 609. 60 Im wesentlichen gleichlautend: § 10 Abs. 3 BerlStrG vom 13. 07. 1999 (GVBl. S. 380), zul. geänd. am 24. 06. 2004 (GVBl. S. 253); § 14 Abs. 4, 5 BbgStrG i. d. F. vom 31. 03. 2005 (GVBl. S. 218); § 17 HmbWegeG i. d. F. vom 22. 01. 1974 (GVBl. S. 41), zul. geänd. am 21. 11. 2006 (GVBl. S. 562); § 14 Abs. 4 StrG LSA vom 06. 07. 1993
1. Kap.: Gesetzgebung, Rechtsprechung und Lehre
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Zu den öffentlichen Sachen im Gemeingebrauch zählt die herrschende Lehre auch die öffentlichen Gewässer in ihrer Eigenschaft als Verkehrswege. 61 Grundlage sind §§ 5 und 6 WaStrG, wonach jedermann im Rahmen der Vorschriften des Schiffahrtsrechts die Bundeswasserstraßen mit Wasserfahrzeugen befahren darf. 62 g) Sofern die Gewässer nicht dem Verkehr dienen, sondern Gegenstand wasserwirtschaftlicher Nutzung sind, qualifiziert sie das Schrifttum als öffentliche Sachen im Sondergebrauch. 63 Dabei wird zugrunde gelegt, daß nach § 2 Abs. 1 WHG 64 eine Benutzung der oberirdischen Gewässer, der Küstengewässer und des Grundwassers (§ 1 Abs. 1 WHG) der behördlichen Erlaubnis (§ 7 WHG) oder Bewilligung (§ 8 WHG) bedarf. Was Benutzungen im Sinne dieser Vorschriften sind, bestimmt § 3 WHG; dazu gehören insbesondere das Entnehmen und Ableiten von Wasser, das Aufstauen und Absenken von Gewässern, das Entnehmen fester Stoffe aus Gewässern sowie das Einbringen und Einleiten von Stoffen in Gewässer. Nach dem Gesetz gibt es an den Gewässern in geringem Umfang auch (zulassungsfreien) Gemeingebrauch (auch „erlaubnisfreie Benutzungen“ genannt), der jedoch auf traditionelle, heute weniger bedeutsame (GVBl. S. 334), zul. geänd. am 22. 12. 2004 (GVBl. S. 856); § 14 Abs. 4 ThürStrG vom 07. 05. 1993 (GVBl. S. 273), zul. geänd. am 10. 03. 2005 (GVBl. S. 58); wie weit der Anliegergebrauch konkret reicht, ermittelt die Rechtsprechung unter Berücksichtigung der jeweiligen räumlichen Verhältnisse von Fall zu Fall; siehe dazu: T. v. Danwitz, Straßenund Wegerecht, S. 892 ff.; F. Grote, Der „gesteigerte Gemeingebrauch“ der Anlieger, in: K. Kodal / H. Krämer, Straßenrecht. Systematische Darstellung des Rechts der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze in der Bundesrepublik Deutschland, 6. Aufl. 1999, Kap. 25, S. 641 ff.; A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 734. Inwieweit ein solches Recht auf Anliegergebrauch gewährleistet ist, wenn in den Landesstraßengesetzen eine entsprechende Regelung fehlt, und aus welchen Normen diese Rechtsposition ggf. herzuleiten ist, ist derzeit umstritten; siehe dazu: G. Schnebelt, Die Rechtsstellung des Straßenanliegers, in: VBlBW 6/2001, S. 213 –217; U.Steiner, Das Recht der Verkehrsinfrastruktur, insbesondere der öffentlichen Straßen und Wege, in: ders. (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht. Ein Lehrbuch, 8. Aufl. 2006, Kap. IV, S. 577 –651, 634 ff. 61 H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 794; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 7 f.; W. Höfling, Grundzüge des Öffentlichen Sachenrechts, S. 608; U. Häde, Das Recht der öffentlichen Sachen, S. 116. 62 Bundeswasserstraßengesetz i. d. F. vom 04. 11. 1998 (BGBl. I, S. 3294), zul. geänd. am 25. 11. 2003 (BGBl. I, S. 2304). 63 H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 796 f., 794 („Die schiffbaren Gewässer sind nach dem Gesetz in doppelter Hinsicht öffentlichen Zwecken gewidmet, nämlich zu verkehrlichen als auch zu wasserwirtschaftlichen Zwecken“), ausführlich zu den gesetzlichen Bestimmungen: S. 794 ff.; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 8; A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 686; W. Höfling, Grundzüge des Öffentlichen Sachenrechts, S. 611; U. Häde, Das Recht der öffentlichen Sachen, S. 118. 64 Wasserhaushaltsgesetz i. d. F. vom 19. 08. 2002 (BGBl. I, S. 3245), zul. geänd. am 10. 05. 2007 (BGBl. I, S. 666).
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5. Teil: Öffentliche Sachen
Randbereiche zurückgedrängt und damit „für die öffentlich-rechtliche Zweckbestimmung, also die haushalterische Bewirtschaftung der Gewässer“ (siehe § 1a WHG) nicht bestimmend ist. 65 Zunächst ist der wasserhaushaltsrechtliche Gemeingebrauch durch § 23 WHG allein auf die oberirdischen Gewässer beschränkt. Aufgrund der Ermächtigung des § 23 WHG ist er überdies nur in dem Umfang eröffnet, den das jeweilige Landesrecht gestattet, er ist also auch in sachlicher Hinsicht erheblich eingeschränkt. So ist beispielsweise in Bayern die Benutzung oberirdischer Gewässer zum Waschen, Tränken, Schwemmen, Schöpfen mit Handgefäßen, Baden und Eissport als Gemeingebrauch allgemein erlaubt (Art. 21 Abs. 1 BayWG) 66. Anhand dieses Verhältnisses von Regel- und Sondernutzung unterscheidet das Schrifttum die öffentlichen Sachen im Sondergebrauch von den im Gemeingebrauch stehenden Gegenständen: Während für die öffentlichen Sachen im Gemeingebrauch der Grundsatz der Zulassungsfreiheit bestehe und die zulassungsbedürftige Sondernutzung die Ausnahme darstelle, sei für die Sachen im Sondergebrauch eine besondere Erlaubnispflichtigkeit typusprägend, der zulassungsbedürftige Gebrauch die Regelnutzung. Das Verhältnis von Regel- und Sondernutzung gestalte sich genau umgekehrt. 67 h) Die dritte Kategorie öffentlicher Sachen im Bürgergebrauch bilden nach traditioneller Lehre die Sachen im Anstaltsgebrauch. 68 Das Schrifttum versteht darunter solche Sachen, die „Zivilpersonen nach besonderer, zum Teil auch stillschweigender Zulassung, zur bestimmungsgemäßen Benutzung zur Verfügung gestellt werden“. 69 Dazu werden insbesondere Theater, Krankenhäuser, Kinder65 H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 797 („Beim wasserhaushaltsrechtlichen Gemeingebrauch handelt es sich der Sache nach eher um eine wegen Bagatellität erlaubnisfreie Sonderbenutzung“). 66 Bayerisches Wassergesetz i. d. F. vom 19. 07. 1994 (GVBl. S. 822), zul. geänd. am 10. 04. 2007 (GVBl. S. 271). 67 W. Höfling, Grundzüge des Öffentlichen Sachenrechts, S. 611; A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 686; U. Häde, Das Recht der öffentlichen Sachen, S. 118; M. Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 342; eine Übersicht zur Rechtsprechung betreffend die öffentlichen Sachen im Sondergebrauch findet sich bei F.J. Peine, Das Recht der öffentlichen Sachen, in: JZ 19/1984, S. 869 –876, 874 f.; andere Beispiele für öffentliche Sachen im Sondergebrauch werden in der Literatur – soweit ersichtlich – nicht gegeben. 68 H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 792, 798; A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 681 f.; F.-J. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 320, 324; W. Erbguth, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 239; W. Höfling, Grundzüge des Öffentlichen Sachenrechts, S. 608, 611; U. Häde, Das Recht der öffentlichen Sachen, S. 117. 69 A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 682; E. Pappermann / R.P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 9; W. Erbguth, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 239; S. Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 337; U. Häde, Das Recht der öffentlichen Sachen, S. 117.
1. Kap.: Gesetzgebung, Rechtsprechung und Lehre
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gärten, Schwimmbäder, Sportplätze, Parkanlagen, Bibliotheken, aber auch Wasserleitungen und die Kanalisation, also die der Ver- und Entsorgung dienenden Anlagen, gerechnet. 70 Innerhalb der Gruppe der öffentlichen Sachen im Anstaltsgebrauch nähmen die gemeindlichen öffentlichen Einrichtungen eine besondere Stellung ein, aufgrund ihrer Anzahl und Bedeutung für die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Betätigung und Entfaltung des Einzelnen, wie Peter Axer mit Blick auf § 8 Abs. 1 GO NRW 71 formuliert. 72 Die Bezeichnung „Anstaltsgebrauch“ entspricht zwar der gängigen Praxis, 73 das Schrifttum steht ihr dennoch nicht vorbehaltlos gegenüber: Diese Benennung gehe auf einen weiten, von Otto Mayer geprägten, 74 mittlerweile aber für Wissenschaft und Praxis als unbrauchbar erkannten Anstaltsbegriff zurück. Die heute gebräuchliche Definition des Anstaltsbegriffs bezeichne den zu erfassenden Bereich öffentlicher Sachen hingegen in unzulänglicher Weise; der Terminus „Anstaltsgebrauch“ sei insofern inkorrekt. 75 Die heutige Verwaltungsrechtslehre rechnet zu den öffentlichen Anstalten alle organisierten Subjekte öffentlicher Verwaltung, die keine Körperschaften oder Stiftungen sind; damit werden unter dem Begriff der öffentlichen Anstalt die rechtlich selbständigen Anstalten des öffentlichen Rechts und die organisatorisch verselbständigten Verwaltungseinheiten ohne eigene Rechtspersönlichkeit zusammengefaßt. 76
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Siehe die Auflistungen bei P. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 138; A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 683; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 9; W. Höfling, Grundzüge des Öffentlichen Sachenrechts, S. 611. 71 Die meisten Gemeindeordnungen der übrigen Bundesländer enthalten weitgehend übereinstimmende Regelungen, z. B. § 19 Abs. 1 HessGO; § 2 Abs. 1 SächGO. 72 Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 21, 138; siehe auch: E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 9; W. Höfling, Grundzüge des Öffentlichen Sachenrechts, S. 611. 73 Nachweise in Anm. 68 in diesem Teil. 74 Otto Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 2, unveränd. Nachdr. d. 3. Aufl. 1924 (1969), S. 268, definiert die öffentliche Anstalt als „Bestand von Mitteln, sächlichen wie persönlichen, welche in der Hand eines Trägers öffentlicher Verwaltung einem besonderen öffentlichen Zwecke dauernd zu dienen bestimmt sind“. 75 H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 798 f.; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 128; I. Bartels, Die rechtliche Ordnung der Benutzung öffentlicher Einrichtungen. Kommunalrecht, Anstaltsrecht, Sachenrecht, 2000, S. 129. 76 H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 798 f.; A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 683; D. Ehlers, Verwaltung und Verwaltungsrecht im demokratischen und sozialen Rechtsstaat, in: H.-U. Erichsen / ders. (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Aufl. 2006, §§ 1 – 5, S. 1 –212, 10; F.-J. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 324 f.; ders., Das Recht der öffentlichen Sachen, 2006, S. 607; siehe dazu auch: M. Müller, Grundlagen des öffentlichen Anstaltsrechts, in: H. J. Wolff / O. Bachof / R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 3, 5. Aufl. 2004, § 88, S. 352 ff.; ein Beispiel
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5. Teil: Öffentliche Sachen
In sachenrechtlicher Hinsicht sei jedoch weder die Rechtsfähigkeit noch die eigenständige Organisation erforderlich. 77 Entscheidend für die Einbeziehung in das Regime des öffentlichen Sachenrechts sei vielmehr, daß ein Sachinbegriff in der Hand eines Trägers der öffentlichen Verwaltung für eine zulassungsgebundene Nutzung durch Zivilpersonen gewidmet sei. 78 Vor diesem Hintergrund wird dann auch vorgeschlagen, besser von „öffentlichen Sachen im Einrichtungsgebrauch“ 79 oder schlicht von „öffentlichen Einrichtungen“ 80 zu sprechen. Diejenigen, die an der traditionellen Bezeichnung („Anstaltsgebrauch“) festhalten, weisen darauf hin, daß dieser in einem weiten, untechnischen Sinn zu verstehen sei. 81 i) Die Kategorisierung öffentlicher Sachen nach solchen im Gemeingebrauch, im Sondergebrauch, im Anstaltsgebrauch und im Verwaltungsgebrauch ist nicht ohne Kritik geblieben: Damit würden nicht Sachen, sondern Gebrauchsformen gegliedert. Nicht die Sache stünde im Mittelpunkt, sondern die Art der Nutzung. 82 Insofern müßte, wie Peter Axer ausführt, von einem Recht der öffentlichen Nutzungen oder einem öffentlichen Nutzungsrecht, statt von öffentlichem Sachenrecht gesprochen werden. 83 Im übrigen mißt er dieser Zuordnung nur geringe Aussagekraft bei. Sie bereite vielmehr Abgrenzungsschwierigkeiten und Systematisierungsprobleme, was er u. a. am Beispiel kommunaler Parkanlagen deutlich macht. Diese könne jedermann ohne besondere Zulassung benutzen. Die für organisatorisch verselbständigte, aber nicht rechtsfähige Verwaltungsträger sind Regieoder Eigenbetriebe. 77 H.-J. Papier, Öffentliche Sachen, S. 97; A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 683: dies zeige die Einbeziehung von Sportplätzen und Parks in den Begriff der Sachen im Anstaltsgebrauch; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 128. 78 A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 683; E. Pappermann / R.P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 9, 128. 79 P. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 148, Anm. 59; I. Bartels, Die rechtliche Ordnung der Benutzung öffentlicher Einrichtungen, S. 129; M. Mohl, Die kommunalen öffentlichen Einrichtungen. Begriff und Zulassungsanspruch, Diss. 1988, S. 88, 95. 80 E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 9, 128 f. 81 A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 683; U. Vondung, Recht der öffentlichen Sachen, in: dies. (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 2004, S. 438 ff., 450; F.-J. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 325; siehe auch: H.-J. Papier, Öffentliche Sachen, S. 97; S. Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 337. 82 P. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 24 f.; F. Merli, Von öffentlichen Sachen zu öffentlichen Nutzungsrechten. Mängel und Verbesserungsmöglichkeiten im österreichischen und deutschen Recht der öffentlichen Sachen, in: Die Verwaltung 22 (1989), S. 445 – 472, 456 f.; D. Lorenz, Die öffentliche Sache als Instrument des Umweltschutzes, S. 813; F.-J. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 320. 83 Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 25.
1. Kap.: Gesetzgebung, Rechtsprechung und Lehre
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Zuordnung der gemeindlichen Parkanlagen zu den Sachen im Anstaltsgebrauch, wie sie die ganz überwiegende Meinung vornimmt, erscheint ihm deshalb verfehlt. Die Benutzung erfolge vielmehr gemeingebräuchlich. Die Konstruktion permanent gewährter Konkludentzulassungen sei in solchen Fällen eine bloße Fiktion. 84 Ob Autobahnen und innerstädtische Straßen als öffentliche Sachen im Gemeingebrauch richtig kategorisiert sind, war bereits auf der Staatsrechtslehrertagung 1962 umstritten. Der Gemeingebrauch als „archaische Form der Benutzung öffentlicher Sachen“ sei nicht geeignet, um das „höchst artifizielle[s] Gebilde“ Straße, „zu dessen Funktionsfähigkeit ein ständiger beträchtlicher Einsatz von persönlichen und sächlichen Mitteln nötig“ sei, hinreichend zu charakterisieren und entspreche nicht der Funktion der Straße als Mehrzweckinstitut, so Werner Weber in seinem Referat. Die Autobahnen und die innerstädtischen Straßen und Plätze stünden vielmehr im Anstaltsgebrauch. 85 Nach einem Urteil des OVG Bremen ist das Bremer Rathaus „nicht nur ein lediglich intern genutztes Gebäude im Verwaltungsgebrauch, sondern – jedenfalls in Teilen – auch eine öffentliche Einrichtung“. 86 Schon vorher hatte das Oberverwaltungsgericht Münster einen Rathausbalkon in seiner Funktion als Rednertribüne für Kundgebungen auf dem Rathausvorplatz als öffentliche Einrichtung qualifiziert. 87 j) Mangels Alternativen bleibt diese Unterscheidung Grundlage für die Einteilung der öffentlichen Sachen und für die Bestimmung der Reichweite des Begriffs. Letzteres ist insofern von Bedeutung als sich in den vergangenen Jahren eine neue Lehre herausgebildet hat, deren Vertreter – sofern sie den Sachen im Anstalts- und Verwaltungsgebrauch überhaupt noch einen öffentlich-rechtlichen Sonderstatus zuerkennen – diesen zumindest nach anderen Maßstäben bestimmen als den der Sachen im Gemein- und Sondergebrauch. 88
84 P. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 25; ganz in diesem Sinne: S. Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 337, sowie F. Merli, Von öffentlichen Sachen zu öffentlichen Nutzungsrechten, S. 458: „Wenn ein Gemeindesportplatz der Bevölkerung einfach zur Verfügung steht, dann ist seine Nutzung eben zulassungsfrei [...]. Daran ändert auch nichts, daß die Gemeinde sie später wieder zulassungspflichtig machen kann. Wer solche Fälle zu ‚in Permanenz gewährten Konkludentzulassungen‘ [Verweis auf J. Salzwedel, Anstaltsnutzung und Nutzung öffentlicher Sachen, S. 523 f. (siehe auch S. 529)] erklärt, preßt [...] die Wirklichkeit in ein vorgefaßtes Einteilungsschema“. 85 Die Öffentliche Sache, S. 153, 176 ff., 182; siehe auch die anschließende Diskussion. 86 Urt. v. 21. 11. 1989, in: NJW 14/1990, S. 931 – 933, 932. 87 Urt. v. 21. 08. 1969, in: DVBl. 1971, S. 218 – 219. 88 Siehe dazu: 5. Teil, 1. Kap. IV. f) – j).
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5. Teil: Öffentliche Sachen
III. Lehre vom modifizierten Privateigentum – dualistische Konstruktion a) Der eingangs nur abstrakt umschriebene öffentlich-rechtliche Sonderstatus findet sich im deutschen Verwaltungsrecht in zwei konkreten Ausgestaltungen wieder: Nach der Lehre vom öffentlichen Eigentum ist die Sache zur Sicherung ihres öffentlichen Zwecks der Privatrechtsordnung vollständig entzogen und einer ausschließlich hoheitlichen Sachherrschaft unterstellt, d. h. die Rechtsverhältnisse in Bezug auf die öffentliche Sache werden ausschließlich nach öffentlichem Recht beurteilt. 89 Dagegen steht die öffentliche Sache nach der sogenannten dualistischen Konstruktion auch weiterhin im privatrechtlichen Eigentum; die privatrechtlichen Rechtsverhältnisse würden jedoch von der öffentlichen Zweckbestimmung, die die Sache widmungsgemäß erfahren habe, überlagert. Von dieser gemischt privatrechtlich – öffentlich-rechtlichen Konzeption, die auch als Lehre vom modifizierten Privateigentum bezeichnet wird – Klaus Stern spricht von einer janusköpfigen Konstruktion 90 – wird das deutsche öffentliche Sachenrecht geprägt. Sie hatte sich Ende des vorletzten Jahrhunderts durchgesetzt und entspricht nach wie vor der herrschenden Auffassung. 91
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Siehe dazu: 5. Teil, 1. Kap. V. Die Öffentliche Sache, S. 187 f. Dabei verweist Stern auf Julius Hatschek, Lehrbuch des deutschen und preußischen Verwaltungsrechts, 7. / 8. Aufl. 1931, S. 475, der sich in Bezug auf die im weiteren dargestellte Theorie zu den Rechtsträgern wie folgt äußert: „Man darf nicht vergessen, daß sie [der Staat oder die Gemeinde, wenn sie Eigentümer der öffentlichen Sache sind] gewissermaßen mit einem Januskopf ausgestattet sind: als Hoheitsperson und als Fiskus“. 91 D. Ehlers, Das öffentliche Sachenrecht, S. 329; F. Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, S. 353 ff.; W. Jellinek, Verwaltungsrecht, unveränd. Neudr. d. 3. Aufl. 1931 (1966), S. 508; J. Hatschek, Lehrbuch des deutschen und preußischen Verwaltungsrechts, S. 472 f.; E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 379 f.; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 16 f.; P. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 48 f.; A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 698; H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 787; VG Köln, Urt. v. 20. 03. 1991, in: NJW 40/1991, S. 2584 ff., 2585. Den Unterschied zwischen beiden Ansichten, die historischen Hintergründe dieser Entwicklung und die Bedeutung der gegensätzlichen Positionen für das Recht der öffentlichen Sachen veranschaulicht der in die Rechtsgeschichte eingegangene Streit um die Basler Staatsteilung, der Basler Schanzenstreit. Peter Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 36, beschreibt ihn als den Musterfall des Rechts der öffentlichen Sachen und vergleicht seine Bedeutung dafür mit der des Kreuzberg-Urteils des Preußischen Oberverwaltungsgerichts für das Polizeirecht (PrOVGE 9, 353). Bekannt90
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b) Nach der dualistischen Lehre unterstehen also auch die öffentlichen Sachen der Eigentumsordnung des Bürgerlichen Gesetzbuches. Aufgrund der Widmung für den öffentlichen Zweck gelte jedoch, soweit die Zweckbestimmung reiche, öffentliches Recht. Die öffentlichen Sachen unterlägen gleichzeitig einer besonderen öffentlich-rechtlichen Sachherrschaft, die zu der privatrechtlichen Sachherrschaft des Eigentümers hinzutrete und diese überlagere. 92 Um Art und Inhalt der öffentlichen Sachherrschaft weiter zu präzisieren, bedient sich das Schrifttum zweier Kriterien: Zum einen wird der verwaltungsrechtliche Sonderstatus als ein „dingliche[s] öffentliche[s] Recht an der Sache“ verstanden. 93 Mit dieser Kennzeichnung wird an die aus dem bürgerlichen Recht bekannte Unterscheidung subjektiver Rechte in absolute und relative Rechte angeknüpft. 94 Dingliche Rechte 95 gehören danach in den Bereich der absoluten Rechte, die gegenüber jedermann wirken, in dem Sinne, daß sie von jederheit erlangte der Prozeß vor allem durch den damit einhergehenden „Gutachterkrieg“, der das wissenschaftliche Interesse auf die Rechtsnatur der öffentlichen Sachen hinlenkte und eine intensive Erörterung durch die deutsche Lehre in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Gang setzte. Streitgegenstand war die Aufteilung des Basler Staatsvermögens, die infolge der Teilung des Kantons Basel in die Halbkantone Basel-Stadt und Basel-Land (im Jahre 1833) bewerkstelligt werden mußte. Zur Geschichte des Basler Schanzenstreits: R. Jhering, Der Streit zwischen Basel-Land und Basel-Stadt über die Festungswerke der Stadt Basel. Ein Rechtsgutachten, 1862, S. 1 ff.; E. His, Eine historische Staatsteilung. Die Basler Teilung 1833 – 35 und der sog. Schanzenprozeß 1861 –62, in: Festgabe für Fritz Fleiner, 1927, S. 75 – 100; W. Kundert, Der Basler Schanzenstreit von 1859/62, in: Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde, 73/1973, S. 157 –194; jüngere Darstellungen finden sich bei P. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 36 ff.; F. Merli, Öffentliche Nutzungsrechte und Gemeingebrauch, 1995, S. 22 ff.; M. Knapp, Gemeingebrauch und Staatseigentum. Private und öffentliche Sachenrechte an öffentlichen Straßen, 2003, S. 187 ff. 92 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 379 f.; A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 698 f.; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 17 f.; P. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 48; W. Höfling, Grundzüge des Öffentlichen Sachenrechts, S. 607; F.J. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 317. Das Nebeneinander von privatem Eigentum und öffentlich-rechtlicher Zweckbindung ist nach Reinhold Zippelius, Grundfragen des öffentlichen Sachenrechts und das Bayerische Straßen- und Wegegesetz, S. 840, auch zu beachten, wenn untersucht wird, inwieweit der Sachbegriff des bürgerlichen Rechts auf öffentliche Sachen anzuwenden ist (siehe dazu: 5. Teil, 1. Kap. II.1.): Wenn man schon davon ausgehe, daß bei öffentlichen Sachen bürgerlich-rechtliche Rechtsverhältnisse neben öffentlich-rechtlichen bestünden, dann müsse für die bürgerlich-rechtlichen Verhältnisse auch der bürgerlich-rechtliche Sachbegriff zugrunde gelegt werden. Andererseits sei die öffentlich-rechtliche Zweckbindung nicht an den Sachbegriff des BGB gebunden. 93 H.-J. Papier, Öffentliche Sachen, S. 94; ders., Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 785; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 3, 17; G. Manssen, Der Hamburger Stadtsiegelfall – VG Köln, NJW 1991, 2584, in: JuS 9/1992, S. 745 – 748, 745; F.-J. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 317, 319; W. Höfling, Grundzüge des Öffentlichen Sachenrechts, S. 607; E. Schmidt-Jortzig, Vom öffentlichen Eigentum zur öffentlichen Sache, S. 1028.
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5. Teil: Öffentliche Sachen
mann zu achten sind. Dem entspricht auf der anderen Seite ein Schutz gegen jeden rechtswidrigen Eingriff, d. h. der Berechtigte kann ihn beeinträchtigende Einwirkungen Dritter ausschließen. 96 Wenn das Schrifttum die öffentlich-rechtliche Sachherrschaft des Verwaltungsträgers als dingliche oder sachenrechtliche Rechtsmacht charakterisiert, will es damit zum Ausdruck bringen, daß die Rechte des Verwaltungsträgers nicht vom Vorhandensein eines verpflichteten Rechtssubjekts abhängig seien, sondern sich unmittelbar auf die Sache bezögen, mithin direkt an der Sache bestünden und gegenüber jedermann mit öffentlich-rechtlichen Mitteln durchgesetzt werden könnten. 97 Das Recht an der Sache jedermann gegenüber bedeute dabei, daß eine unbestimmte Vielheit von Rechtssubjekten zugunsten des Rechtsinhabers durch Unterlassungs-, Duldungs- oder Nichtstörungspflichten gebunden sei, damit der Rechtsträger den Gegenstand ungestört beherrschen könne. 98 94 P. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 113; H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 785; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 3; F.-J. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 319; N. Niehues, Verwaltungssachenrecht, in: C.-F. Menger (Hrsg.), Fortschritte des Verwaltungsrechts. Festschrift für Hans J. Wolff zum 75. Geburtstag, 1973, S. 247 ff., 257: „Wenn dennoch Berechtigungen und Verpflichtungen solcher Art als ‚dinglich‘ bezeichnet werden, ist damit beabsichtigt, deutlich zu machen, daß die personalen Verhaltensregelungen zwischen den [...] beteiligten Rechtssubjekten letztlich eine sachenrechtliche Entstehungsgrundlage haben“. 95 Nach H. Westermann (begr.) / H. P. Westermann / K.-H. Gursky / D. Eickmann (fortgef.), Sachenrecht. Ein Lehrbuch, 7. Aufl. 1998, S. 8 f., 15, besteht das Wesen des dinglichen Rechts in seiner zuordnenden Wirkung: „Die güterzuordnende Funktion besteht darin, daß der Rechtsinhaber als einziger (und niemand anders gegen seinen Willen) kraft dieses Rechts die Befugnis hat, auf die Sache einzuwirken, sie zu benutzen, zu verändern, zu veräußern [...]. Damit heißt Zuordnung auch Zugehörigkeit des betreffenden Gegenstandes zum Vermögen des Berechtigten, wobei der Umfang jeweils durch die Art des Rechts bestimmt wird“. Aus der zuordnenden Funktion folgten die Unmittelbarkeit der Sachbeziehung, die „besagt, daß die Sache als Objekt unmittelbar erfaßt wird, ohne daß es auf eine Beziehung des Berechtigten zu einer anderen Person [...] ankommt“, die Absolutheit des Klageschutzes und die Zugehörigkeit des Gegenstandes zum Rechtskreis des Berechtigten, die sich für ihn als Zuständigkeit für den Gegenstand auswirke. Siehe dazu auch: K. H. Schwab / H. Prütting, Sachenrecht. Ein Studienbuch, 32. Aufl. 2006, S. 6; H. J. Wieling, Sachenrecht, 5. Aufl. 2007, S. 5 ff.; M. Wolf, Sachenrecht, 23. Aufl. 2007, S. 2 ff. 96 P. Bassenge, Einleitung vor § 854 BGB, in: Palandt. Bürgerliches Gesetzbuch. Kommentar, 66. Aufl. 2007, Rdn. 2; F. Baur (begr.) / J. F. Baur / R. Stürner (fortgef.), Sachenrecht, 17. Aufl. 1999, S. 6; H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 785. Im Gegensatz dazu ist die Rechtsmacht bei relativen Rechten, wie sie üblicherweise im Schuldrecht bestehen, darauf beschränkt, daß eine bestimmte Person (oder auch mehrere Personen) dem Rechtsinhaber gegenüber ein bestimmtes Verhalten – Tun oder Unterlassen – schuldet. 97 F. Merli, Von öffentlichen Sachen zu öffentlichen Nutzungsrechten, S. 450; F.-J. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 319; siehe auch D. Ehlers, Das öffentliche Sachenrecht, S. 328 f., 332 f.; G. Manssen, Der Hamburger Stadtsiegelfall, S. 745.
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Daneben wird der öffentlich-rechtliche Sonderstatus als eine „öffentlich-rechtliche Dienstbarkeit“, 99 als „eine Art öffentlich-rechtliche (inhaltlich beschränkte) Dienstbarkeit“, 100 als eine „beschränkte Dienstbarkeit des öffentlichen Rechts“ charakterisiert. 101 Dieses beschränkt-dingliche Recht laste auf dem fortbestehenden Privateigentum an der Sache und beinhalte einerseits verschieden abgesteckte Nutzungsbefugnisse des Trägers der öffentlichen Sachherrschaft oder Dritter sowie andererseits spezifische Regulierungs-, Schutz- und Unterhaltungspflichten des öffentlichen Rechts. 102 Gleichzeitig bewirke das beschränkt-dingliche Recht, die Dienstbarkeit, daß die Befugnisse des Privateigentümers im jeweiligen Umfang der öffentlich-rechtlichen Sachherrschaft verdrängt würden. 103 c) Privatrechtliche Verfügungen über das Eigentum sollen nur insoweit zulässig sein, als dadurch die Nutzung der Sache entsprechend der in der Widmung 98
So Hans-Jürgen Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 785, der dabei ausdrücklich darauf hinweist, daß rechtliche Beziehungen nur zwischen Personen bestehen könnten und die in der Dinglichkeit eines Rechts zum Ausdruck kommende Person-Sach-Beziehung nur eine vereinfachende Hilfskonstruktion für eine Vielzahl personaler Rechtsbeziehungen in Bezug auf eine Sache sei; ihm folgend: W. Höfling, Grundzüge des Öffentlichen Sachenrechts, S. 606; siehe dazu auch: 5. Teil, 2. Kap. II. a). 99 A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 699; W. Höfling, Grundzüge des Öffentlichen Sachenrechts, S. 607; M. Thormann, Nochmals: Das Hamburger Stadtsiegel, in: NWVBl. 10/1992, S. 354 – 357, 356 f.; E. Schmidt-Jortzig, Vom öffentlichen Eigentum zur öffentlichen Sache, S. 1028; J. Salzwedel, Gedanken zur Fortentwicklung des Rechts der öffentlichen Sachen, in: DÖV 7/1963, S. 241 –251, 244; H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 786 sowie S. 787 („eine ‚Dienstbarkeit‘ des öffentlichen Rechts“); U. Häde, Das Recht der öffentlichen Sachen, S. 115 („wie eine Dienstbarkeit“). 100 J. Vahle, Öffentliche Sachen, S. 177 („ähnlich der Dienstbarkeit nach den §§ 1018, 1090 BGB“); E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 17 („eine Art ‚Dienstbarkeit‘ des öffentlichen Rechts“); G. Manssen, Der Hamburger Stadtsiegelfall, S. 745 („einer Art öffentlichrechtlicher Dienstbarkeit“). 101 W. Erbguth, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 229; kritisch zur Dienstbarkeit: H. Hardinghaus, Öffentliche Sachherrschaft und öffentliche Sachwaltung. Eine Untersuchung des deutschen Rechts der öffentlichen Sachen verglichen mit dem französischen Recht des Domaine public, 1966, S. 22; P. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 114 ff.; Herbert Krüger, Aussprache (Die Öffentliche Sache), in: VVDStRL 21 (1964), S. 238 ff., 241, der die „Herrschaft über die öffentlichen Sachen“ im übrigen als eine ausschließlich öffentlich-rechtliche verstanden wissen will, bezeichnet die so konstruierte Sachherrschaft als das „mit einer, durch die Widmung umschriebenen öffentlichrechtlichen Hypothek“ belastete Privateigentum. 102 H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 787; A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 699; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 17 f.; siehe auch: E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 382; H. Hardinghaus, Öffentliche Sachherrschaft und öffentliche Sachwaltung, S. 21. 103 H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 787; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 18; J. Salzwedel, Gedanken zur Fortentwicklung des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 244.
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5. Teil: Öffentliche Sachen
festgelegten öffentlichen Zweckbestimmung nicht beeinträchtigt werde. 104 Das dem Eigentümer zustehende Recht, mit der Sache nach Belieben zu verfahren und andere von jeder Einwirkung auszuschließen (§ 903 BGB), 105 trete demnach hinter der Zweckbindung der öffentlichen Sache zurück; der Eigentümer sei insoweit verpflichtet, das öffentliche Herrschaftsverhältnis und damit alle von der Widmung erfaßten Nutzungen zu dulden. 106 Daraus ergäben sich für das privatrechtliche Eigentum über die Einschränkung des § 903 BGB („soweit nicht das Gesetz und die Rechte Dritter entgegenstehen“) hinausgehende Beschränkungen. Diese durch das öffentliche Interesse geforderte Einengung des Privatrechts, insbesondere des Verwertungsrechts des Eigentümers, könne bis zu einem im wesentlichen inhaltslosen Recht reichen. 107 Dort, wo die eigentumsbeschränkende Wirkung der Widmung und damit die öffentliche Dienstbarkeit enden, beginnt nach der dualistischen Konstruktion die sogenannte Restherrschaft des Eigentümers. Demnach könnten öffentliche Sachen Gegenstand privater Rechtsgeschäfte sein, insbesondere in privatrechtlicher Form veräußert oder belastet werden, wenn und soweit die öffentlich-rechtliche Zweckbestimmung nicht berührt werde. 108 Privatrechtliche Verfügungen, durch die die widmungsgemäße Verwendung der Sache beeinträchtigt wird, sind nach verbreiteter Auffassung nichtig (§ 134 BGB), 109 nach anderer Ansicht schwe104
E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 380; F-J. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 318; P. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 48 f.; J. Vahle, Öffentliche Sachen, S. 177. 105 Siehe dazu unten: 5. Teil, 2. Kap. II. 106 BGHZ 9, 373 (384); 19, 85 (92); 33, 230 (231 f.); M. Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 355; F.-J. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 317; für die Straße: T. v. Danwitz, Straßen- und Wegerecht, S. 876; die Funktion der Widmung, mit der öffentlichen Zweckbestimmung der Sache zugleich auch die Grenzen der Duldungspflicht des Eigentümers festzulegen, bezeichnet Jürgen Salzwedel (Gedanken zur Fortentwicklung des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 244) als Außenfunktion der Widmung. Demgegenüber bestimme die Innenfunktion der Widmung, was noch zulassungsfreier Gemeingebrauch und was schon zulassungsabhängige Sondernutzung sei. 107 A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 699; BGHZ 21, 319 (327): „Freilich macht der Gemeingebrauch die sich aus dem Besitz ergebenden Rechte nahezu bedeutungslos, weil die öffentliche Zweckbestimmung die privaten Rechtsverhältnisse überlagert“. 108 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 380 f.; A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 702; H.-J. Papier, Öffentliche Sachen, S. 99 f.; E. SchmidtJortzig, Vom öffentlichen Eigentum zur öffentlichen Sache, S. 1029; W. Höfling, Grundzüge des Öffentlichen Sachenrechts, S. 607; P. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 48 f.; M. Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 362. 109 BGH, Urt. v. 14. 07. 1953, in: NJW 46/1953, S. 1705; E. Schmidt-Jortzig, Vom öffentlichen Eigentum zur öffentlichen Sache, S. 1029 f.; H.-J. Papier, Öffentliche Sachen, S. 100; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 19; F.J. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 318.
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bend unwirksam, d. h. solange die öffentliche Zweckbindung andauere, könnten etwaige Rechte nicht geltend gemacht werden. 110 Unzulässig seien jedoch nicht nur der öffentlichen Zweckbestimmung zuwiderlaufende rechtsgeschäftliche Verfügungen, sondern auch rein tatsächliche Eigentümerhandlungen, die die widmungsgemäße Nutzung der Sache störten. 111 Im Falle einer Veräußerung erlösche die öffentlich-rechtliche Zweckbindung nicht, sondern gehe auf den Erwerber über; ein lastenfreier, gutgläubiger Erwerb sei insoweit ausgeschlossen, § 936 BGB nicht anwendbar. 112 Daher könne der öffentliche Sachherr auch den Besitz an der Sache herausverlangen, sofern dies die öffentliche Zweckbestimmung bei einem Auseinanderfallen von Eigentum und öffentlich-rechtlicher Sachherrschaft erforderlich mache. Das Verwaltungsgericht Köln leitet einen solchen Herausgabeanspruch „aus einer Annexkompetenz zu der dem öffentlichen Sachherrn verliehenen Befugnis, die öffentliche Sache widmungsgemäß zu verwenden“, ab. 113 Nach anderer Ansicht folgt der Anspruch auf Herausgabe der öffentlichen Sache aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 1027, 1065, 1090 Abs. 2 i.V. m. §§ 985, 1004 BGB. 114 Nach dem gleichen Schema regelten sich die Abwehrinteressen des Sacheigentümers. Ihm stünden zwar grundsätzlich alle zivilen Ansprüche zum Schutze seiner Position zu, eine Geltendmachung sei jedoch nur möglich, soweit die öffentliche Zweckbestimmung nicht betroffen sei: Ein Herausgabeanspruch gemäß § 985 BGB gegen den öffentlichen Sachherrn oder gegen solche Besitzer, die den Besitz kraft Sondernutzungserlaubnis ausübten, sei ebenso ausgeschlossen wie 110 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 381 f.; für die Straßen: K. Grupp, in: E. A. Marschall, Bundesfernstraßengesetz. Kommentar, 5. Aufl. 1998, § 2 Rdn. 21. 111 E. Schmidt-Jortzig, Vom öffentlichen Eigentum zur öffentlichen Sache, S. 1030; M. Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 362. 112 BayVGH, B. v. 16. 07. 1993, in: BayVBl. 14/1994, S. 442; VG Köln, Urt. v. 20. 03. 1991, in: NJW 40/1991, S. 2584 ff., 2585 (siehe dazu auch das nachfolgende Kap. IV.); W. Frotscher, Probleme des öffentlichen Sachenrechts, in: VerwArch 62 (1971), S. 153 – 168, 158 („die öffentliche Sache hat zwar ihren Eigentümer gewechselt, sie soll jedoch nach wie vor den Zwecken der Verwaltung dienen“); E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 382; M. Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 362; W. Höfling, Grundzüge des Öffentlichen Sachenrechts, S. 607 f.; D. Ehlers, Das öffentliche Sachenrecht, S. 329; F.-J. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 318; S. Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 330. 113 Urt. v. 20. 03. 1991, in: NJW 40/1991, S. 2584 ff.; zustimmend: D. Ehlers, Das öffentliche Sachenrecht, S. 330 f. („Wenn sich Sachenrechte als absolute Rechte darstellen, müssen sie auch durchgesetzt werden können. Existiert eine öffentliche Sache, gibt dies dem Sachherrn grundsätzlich – zumindest kraft Annexkompetenz – das Recht, die Verletzung der öffentlich-rechtlichen Zweckbestimmung durch einen anderen gerichtlich geltend zu machen“), siehe insb. Anm. 55; U. Häde, Das Recht der öffentlichen Sachen, S. 115 f. 114 W. Frotscher, Probleme des öffentlichen Sachenrechts, S. 158 ff.; M. Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 362.
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Ersatzansprüche aus § 823 BGB, wenn die Eigentumsstörung Konsequenz der Wahrnehmung des Widmungszwecks sei. Des weiteren könnten bei Sachnutzungen, die sich im Rahmen des widmungsgemäßen Verwendungszwecks der Sache bewegten und damit im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Dienstbarkeit vorgenommen würden, keine Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche gemäß § 1004 Abs. 1 BGB geltend gemacht werden. Der Eigentümer sei im entsprechenden Umfang zur Duldung verpflichtet (§ 1004 Abs. 2 BGB). 115 d) Den praktischen Vorteil der dualistischen Rechtskonstruktion sehen die Vertreter dieser Lehre in der Möglichkeit, „die nicht so seltenen Fälle einer Divergenz zwischen Eigentumsträgerschaft und öffentlich-rechtlicher Sachherrschaft angemessen [...] lösen“ und damit „den Rechtsstatus aller öffentlichen Sachen im Grundsatz einheitlich bestimmen zu können“. 116 Indem es die Lehre vom modifizierten Privateigentum erlaube, eine öffentliche Sache auch dort zu schaffen, wo die einzubeziehenden Gegenstände nicht insgesamt im privatrechtlichen Eigentum der öffentlichen Hand stünden, werde, wie Gerrit Manssen ausführt, zudem dem Übermaßverbot Rechnung getragen. Das Eigentum Privater müsse nicht unbedingt entzogen werden; gegebenenfalls reiche es aus, es nur insoweit zu belasten, wie es der öffentliche Zweck erfordere. 117 e) Die herrschende Lehre hat ihren Niederschlag in zahlreichen gesetzlichen Bestimmungen gefunden: Das Fernstraßengesetz des Bundes (FStrG) sowie die Straßen- und Wegegesetze der meisten Länder bauen auf der dualistischen Konstruktion vom Nebeneinander privatrechtlichen Eigentums und öffentlicher Sachherrschaft auf und sehen neben den öffentlich-rechtlichen Benutzungsformen des Gemein- und Sondergebrauchs auch bürgerlich-rechtliche Sondernutzungen vor. Dem bürgerlichen Recht unterliegen Nutzungen der Straße, die zwar über den abstrakten Gemeingebrauch hinausgehen, jedoch nicht geeignet sind, den widmungsgemäßen Verkehr nachhaltig zu beeinträchtigen. 118 So heißt es beispielsweise in § 2 Abs. 3 FStrG, daß durch „privatrechtliche Verfügungen oder 115 H.-J. Papier, Öffentliche Sachen, S. 100; E. Schmidt-Jortzig, Vom öffentlichen Eigentum zur öffentlichen Sache, S. 1030; F.-J. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 318; M. Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 362 f.; siehe auch: W. Höfling, Grundzüge des Öffentlichen Sachenrechts, S. 607; zum Abwehranspruch aus § 1004 BGB: BGHZ 48, 98 (104) sowie K. Grupp, in: E. A. Marschall, Bundesfernstraßengesetz, § 2 Rdn. 22 (für die Straßen). 116 H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 788 f.; W. Weber, Die Öffentliche Sache, S. 170 ff. 117 Der Hamburger Stadtsiegelfall, S. 745. 118 H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 788, 854; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 92; dazu im einzelnen: H. Krämer, Die öffentliche Straße als „öffentliche Sache“; öffentliche und private Sachherrschaft, in: K. Kodal / ders., Straßenrecht. Systematische Darstellung des Rechts der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze in der Bundesrepublik Deutschland, 6. Aufl. 1999, Kap. 5, S. 150 ff., 154 ff.; K. Bauer, Der Straßensondergebrauch auf außerwegerechtli-
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durch Verfügungen im Wege der Zwangsvollstreckung über die der Straße dienenden Grundstücke oder Rechte an ihnen“ die Widmung nicht berührt wird. 119 Und gemäß § 8 Abs. 10 FStrG richtet sich die „Einräumung von Rechten zur Benutzung des Eigentums der Bundesfernstraßen [...] nach bürgerlichem Recht, wenn sie den Gemeingebrauch nicht beeinträchtigt“. 120 Mögliche Konflikte zwischen Eigentümer und öffentlichem Sachherrn 121 versucht der Gesetzgeber von vornherein dadurch zu vermeiden, indem in den Straßen- und Wegegesetzen des Bundes und der Länder die Verbindung von cher Grundlage, in: K. Kodal / H. Krämer, Straßenrecht. Systematische Darstellung des Rechts der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze in der Bundesrepublik Deutschland, 6. Aufl. 1999, Kap. 27, S. 722 ff.; U.Steiner, Das Recht der Verkehrsinfrastruktur, S. 630 ff.; T. v. Danwitz, Straßen- und Wegerecht, S. 886 ff.; K. Grupp, in: E. A. Marschall, Bundesfernstraßengesetz, § 2 Rdn. 20 ff. 119 Vom Wortlaut ähnlich: Art. 6 Abs. 5 BayStrWG; § 6 Abs. 8 BbgStrG; § 4 Abs. 4 HessStrG; § 6 Abs. 6 StrWG NRW; § 6 Abs. 5 SaarlStrG i. d. F. vom 15. 10. 1977 (GVBl. S. 969), zul. geänd. am 08. 10. 2003 (GVBl. S. 2874); § 6 Abs. 6 SächsStrG; § 6 Abs. 6 StrG LSA; eine weitaus deutlichere Sprache spricht das Berliner Straßengesetz. Die ihm zugrundeliegende dualistische Konstruktion bringt § 10 Abs. 1 auf den Punkt: „Das Eigentum an öffentlichen Straßen ist Privateigentum, das durch die Bestimmung der Straße für den Gemeingebrauch beschränkt ist“. 120 Im wesentlichen gleichlautend, z. B.: Art. 22 Abs. 1 BayStrWG; § 23 Abs. 1 BbgStrG; § 20 Abs. 1 HessStrG; § 23 Abs. 1 StrWG NRW; § 22 S. 1 SaarlStrG; § 23 Abs. 1 SächsStrG; § 23 Abs. 1 S. 1 StrG LSA; die privatrechtliche Gestattung des Wegeeigentümers soll sowohl im Wege eines schuldrechtlichen Vertrages (z. B. Miete, Pacht, Leihe) als auch durch die Einräumung dinglicher Rechte (z. B. Grunddienstbarkeit, beschränkte persönliche Dienstbarkeit) erfolgen können, H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 854. In Hamburg hat der Gesetzgeber das Rechtsinstitut des öffentlichen Eigentums für die der Stadt gehörenden und dem Gemeingebrauch gewidmeten Wege, Straßen und Plätze eingeführt (§ 4 Abs. 1 S. 1 HambWG; ausführlich zum öffentlichen Eigentum: 5. Teil, 1. Kap. V.); dementsprechend läßt das Hamburgische Wegegesetz eine privatrechtliche Nutzung der öffentlichen Wege nicht zu und kennt nur eine öffentlich-rechtliche Sondernutzungserlaubnis (§ 19 Abs. 1 HambWG). Eine weitere Ausnahme bilden die Vorschriften in Berlin: Nach § 11 Abs. 1 BerlStrG ist jeder Gebrauch der öffentlichen Straßen, der über den Gemeingebrauch hinausgeht, eine Sondernutzung und bedarf der Erlaubnis der Straßenbaubehörde. Der Straßeneigentümer kann gemäß § 11 Abs. 9 BerlStrG Entgelte erheben, deren Bemessung den wirtschaftlichen Vorteil der Sondernutzung berücksichtigen soll. 121 Die geltenden Straßen- und Wegegesetze des Bundes und der Länder haben die öffentlich-rechtlichen Sachherrschaftsbefugnisse weitgehend dem Baulastträger übertragen; H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 812, 816; H. Krämer, Die öffentliche Straße als „öffentliche Sache“, S. 155 ff. Nach § 3 Abs. 1 S. 1 FStrG und den inhaltlich übereinstimmenden Vorschriften der Straßen- und Wegegesetze der Länder umfaßt die Straßenbaulast alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Straßen zusammenhängenden Aufgaben; d. h. (S. 2) die Träger der Straßenbaulast haben im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit die Straßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern; dazu ausführlich: H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 816 ff.; S. Rinke,
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Privateigentum und Straßenbaulast als Regelerscheinung angestrebt wird: 122 Für die neu zu widmenden Straßen wird dies weitgehend durch die Widmungsvoraussetzung, daß der Träger der Bau- und Unterhaltungslast zuvor das Eigentum an dem der Straße dienenden Grundstück erworben haben muß, gesichert (§ 2 Abs. 2 FStrG); 123 wechselt der Träger der Straßenbaulast, geht kraft Gesetz mit der Straßenbaulast auch das Eigentum des bisherigen Trägers der Straßenbaulast an der Straße auf den neuen Baulastträger entschädigungslos über (§ 6 Abs. 1 S. 1 FStrG). 124 Auch im Niedersächsischen Deichgesetz (NDG) 125 findet sich die dualistische Konstruktion eines durch die öffentlich-rechtliche Sachherrschaft überlagerten Privateigentums wieder. Diese kommt in § 3 Abs. 3 NDG, einer dem Wortlaut von § 2 Abs. 3 FStrG im Grundsatz entsprechenden Regelung, zum Ausdruck, der bestimmt, daß „privatrechtliche Verfügungen oder Verfügungen im Wege der Zwangsvollstreckung über die Grundfläche und den Deichkörper oder Rechte an ihnen“ die Widmung nicht berühren. Gleichzeitig bleibt nach § 25 NDG das Eigentum an den Haupt-, Hochwasser- und Schutzdeichen, den Sperrwerken, Schutzdünen sowie Bauwerken und Deichen der zweiten Deichlinie durch das Deichgesetz unberührt. Sofern das Deichvorland bis zur Uferlinie nicht im Eigentum eines anderen steht, gehört es gemäß § 26 NDG dem Land.
IV. Entstehung einer öffentlichen Sache (im Rechtssinne) – die Widmung a) Nach herrschender Meinung wird eine Sache zu einer öffentlichen Sache, indem sie durch einen hoheitlichen Rechtsakt einer besonderen, öffentlichrechtlichen Ordnung unterstellt wird. 126 Dieser Rechtsakt, der entweder in Form Straßenbaulast und Straßenaufsicht, in: K. Kodal / H. Krämer, Straßenrecht. Systematische Darstellung des Rechts der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze in der Bundesrepublik Deutschland, 6. Aufl. 1999, 3. Teil, S. 311 ff., 315 ff.; T. v. Danwitz, Straßen- und Wegerecht, S. 880 ff. 122 E. Schmidt-Jortzig, Vom öffentlichen Eigentum zur öffentlichen Sache, S. 1029. 123 Dazu: K. Grupp, in: E. A. Marschall, Bundesfernstraßengesetz, § 2 Rdn. 9 ff.; nachdem diese Voraussetzung jedoch nicht zwingend ist und der Straßenbaulastträger sich die Verfügungsbefugnis beispielsweise auch im Wege einer Einverständniserklärung des Eigentümers verschaffen kann (§ 2 Abs. 2 2. Halbsatz FStrG), ist ein Auseinanderfallen von Privateigentum, öffentlicher Sachherrschaft und Unterhaltungslast nicht ausgeschlossen; vgl.: Art. 6 Abs. 3 BayStrWG; § 6 Abs. 2 NdsStrG; § 6 Abs. 5 StrWG NRW; § 6 Abs. 3 SächsStrG. 124 Dazu: F. Schlosser, in: E. A. Marschall, Bundesfernstraßengesetz. Kommentar, 5. Aufl. 1998, § 6 Rdn. 1 ff.; vgl.: Art. 11 Abs. 4 BayStrWG; § 11 Abs. 1 NdsStrG; § 10 Abs. 1 StrWG NRW; § 11 Abs. 1 SächsStrG. 125 Vom 23. 02. 2004 (GVBl. S. 84), zul. geänd. am 05. 11. 2004 (GVBl. S. 417).
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eines Legislativ- oder eines Administrativaktes erfolgen könne, wird Widmung genannt. 127 Der Widmung werden verschiedene Funktionen zugeschrieben: Sie begründe die öffentlich-rechtliche Sachherrschaft, bestimme den öffentlichen Zweck, dem die Sache dienen solle und lege damit gleichzeitig den Umfang ihrer möglichen Nutzung fest. 128 Die Qualifizierung der Widmung als Rechtsakt wird nur noch von einem Teil, vor allem der älteren Literatur, für die sogenannten natürlichen Sachen wie den Meeresstrand oder die natürlichen Wasserläufe bestritten: Der öffentliche Status resultiere bei diesen Sachen bereits aus der natürlichen Beschaffenheit, ein besonderer öffentlicher Akt sei daher nicht mehr erforderlich. 129 Dem wird – verständlicherweise – entgegengehalten, daß die natürliche Beschaffenheit einer Sache keinen rechtlichen Sonderstatus hervorzubringen vermag. Ein solcher setzt einen Rechtsakt voraus. 130 Nach heute überwiegender Auffassung ist bei den natürlichen Sachen daher von einer Widmung durch Gewohnheitsrecht auszugehen. 131
126 VG Köln, Urt. v. 20. 03. 1991, in: NJW 40/1991, S. 2584 ff., 2585; H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 807; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 13; W. Höfling, Grundzüge des Öffentlichen Sachenrechts, S. 606; W. Erbguth, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 227; F. Zörner, Rechtlich öffentliche und tatsächlich öffentliche Wege, in: NZV 6/2002, S. 261 –264, 261. 127 Zur historischen Bedeutung der Widmung: P. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 30 f. 128 A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 687; P. Axer, Das Hamburger Stadtsiegel – ein Problem des Rechts der öffentlichen Sachen, in: NWVBl. 1/1992, S. 11 – 13, 11; W. Höfling, Grundzüge des Öffentlichen Sachenrechts, S. 606. 129 F. Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, S. 353 („Sofern nicht die Natur selbst, wie bei den natürlichen Wasserläufen, eine Sache zu einer öffentlichen gemacht hat, kann die Sache nur durch einen öffentlich-rechtlichen Akt des zuständigen Staatsorgans zu einer öffentlichen gestempelt [...] werden“); H. Peters, Lehrbuch der Verwaltung, 1949, S. 211 („Manche Gegenstände, wie Meeresstrand und Wasserläufe, sind schon von der Natur zum allgemeinen Gebrauch bestimmt, bei anderen beruht der Gemeingebrauch auf Widmung“); W. Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 508 f. („Für gewisse öffentliche Sachen ist der Entstehungstatbestand rein natürlicher Art“); H. Krause-Dünow, Der Rechtsstatus von Wattenwegen, in: DVBl. 1965, S. 592 f., 592; nicht hinzu gerechnet werden kann wohl Ernst Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 383, siehe dennoch: „Die Wasserläufe und der Meeresstrand sind von Natur aus öffentliche Sachen. Das heißt: ihnen ist durch Gesetz (insbesondere die Wassergesetze der Länder) oder Gewohnheitsrecht dieser Charakter zuerkannt, so daß es eines besonderen Kreationsakts nicht bedarf. Diese Rechtseigenschaft haftet am Gegenstande“. 130 E. Schmidt-Jortzig, Vom öffentlichen Eigentum zur öffentlichen Sache, S. 1028. 131 P. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 34; H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 808; U. Häde, Das Recht der öffentlichen Sachen, S. 113; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 14.
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b) „Zu der Widmung als der Willenserklärung, die die Sache zu einer ‚öffentlichen‘, d. h. dem öffentlichen Recht unterworfenen erklärt“, 132 müsse, wie in der Verwaltungsrechtslehre allgemein gefordert wird, als weitere Voraussetzung für das Entstehen des besonderen Rechtsstatus noch die faktische Eröffnung der Benutzbarkeit der Sache, die rein tatsächliche Indienststellung hinzutreten. Erst, wenn die Sache entsprechend ihrer öffentlichen Zweckbestimmung ihrer Verwendung zugeführt und tatsächlich nutzbar gemacht wurde, sollen die Rechtswirkungen der Widmung eintreten. 133 Dabei sei die Indienststellung kein Verwaltungsakt, sondern stelle einen bloßen Realakt dar, 134 und könne ausdrücklich (z. B. Durchschneiden eines Bandes) oder konkludent (z. B. Bezug eines Dienstgebäudes) erfolgen. 135 Im Regelfall folge die Indienststellung der Widmungsverfügung zeitlich nach. Sie bestimme dann den Zeitpunkt, ab dem die Sache zu einer öffentlichen werde. Bis zur faktischen Indienststellung sei eine vorgenommene Widmung schwebend 132 A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 692; U. Häde, Das Recht der öffentlichen Sachen, S. 113 („Die Widmung ist eine öffentlichrechtliche Willenserklärung, auf die die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Auslegung von Willenserklärungen entsprechende Anwendung finden“). 133 E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 15; P. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 34; A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 692; H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 807; E. Schmidt-Jortzig, Vom öffentlichen Eigentum zur öffentlichen Sache, S. 1028; M. Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 344; W. Höfling, Grundzüge des Öffentlichen Sachenrechts, S. 606; J. Salzwedel, Anstaltsnutzung und Nutzung öffentlicher Sachen, S. 541 f.; für die Straßen: F. Zörner, Rechtlich öffentliche und tatsächlich öffentliche Wege, S. 261; T. v. Danwitz, Straßen- und Wegerecht, S. 851, 876. Während die Indienststellung früher oft als die Rechtshandlung angesehen wurde, durch die die Widmung erfolgte (z. B. J. Hatschek, Lehrbuch des deutschen und preußischen Verwaltungsrechts, S. 473: „Die öffentlich-rechtliche Zweckbestimmung als öffentliche Sache erfolgt durch eine eigene Rechtshandlung: die sog. Indienststellung der öffentlichen Sache. Dieselbe braucht nicht ausdrücklich zu geschehen. Sie kann auch durch konkludente Handlungen erfolgen“. Im Zusammenhang mit den öffentlichen Wegen setzt er dann die öffentliche Zweckbestimmung mit der Widmung gleich; S. 479), werden Widmung und Indienststellung heute als zwei voneinander unabhängige Rechtshandlungen aufgefaßt; U. Häde, Das Recht der öffentlichen Sachen, S. 115; nach Ernst Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 387, können diese allerdings auch zusammenfallen. 134 E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 15; P. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 35; A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 692; J. Vahle, Öffentliche Sachen, S. 176; E. Schmidt-Jortzig, Vom öffentlichen Eigentum zur öffentlichen Sache, S. 1028; E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 387; für die Straßen: T. v. Danwitz, Straßen- und Wegerecht, S. 876; F. Zörner, Rechtlich öffentliche und tatsächlich öffentliche Wege, S. 262. 135 P. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 34; H. Schallenberg, Die Widmung, 1955, S. 76.
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unwirksam. 136 Im umgekehrten Fall, wenn also die Indienststellung zuerst erfolge, bestimme die Widmung den Zeitpunkt des Entstehens der öffentlichen Sache. Bis dahin habe die Sache, sofern sie schon allgemein nutzbar sei, den Status einer tatsächlich öffentlichen Sache. 137 Vereinzelt wird im Schrifttum aber auch die Auffassung vertreten, der Realakt der Indienststellung setze eine wirksame Widmung voraus. 138 Ernst Forsthoff erklärt dazu, der Indienststellung fehlten selbständige rechtliche Elemente, sie sei insoweit von der Widmung abhängig und deshalb rechtlich fehlerhaft, wenn sie ohne wirksame Widmung ergehe. 139 Die generelle Notwendigkeit der Indienststellung stellt Ulrich Häde in Frage: Erforderlich sei die tatsächliche Indienststellung zwar, wenn der betreffende Gegenstand den Status einer öffentlichen Sache nicht durch ausdrückliche Widmungsverfügung erhalte. Nachdem die Widmung auch konkludent erfolgen könne, sofern für sie keine besondere Form vorgeschrieben sei, 140 diene die Indienststellung in diesem Fall dazu, den Widmungswillen der zuständigen Behörde nach außen erkennbar zu machen. Wenn die Widmung vorher allerdings ausdrücklich erklärt werde, erscheine es fraglich, ob die Rechtswirkungen der Widmung selbst dann nur mit der Indienststellung einträten. 141 c) Nach herrschender Meinung kann die Widmung durch förmliches Gesetz, einen sonstigen Rechtssatz oder einen Administrativakt erfolgen. 142 Eine Widmung durch Gesetz und nicht erst aufgrund eines Gesetzes sei gegeben, wenn 136 E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 15; A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 692; P. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 35; E. Schmidt-Jortzig, Vom öffentlichen Eigentum zur öffentlichen Sache, S. 1028, Anm. 27; für die Straßen: T. v. Danwitz, Straßen- und Wegerecht, S. 876; unterbleibe nach vorausgegangener Widmung die Verkehrsübergabe, etwa weil das Bauvorhaben endgültig aufgegeben worden sei, so erledige sich die Widmung wegen fehlenden Eintritts einer Wirksamkeitsvoraussetzung, F.R. Herber, Widmung, in: K. Kodal / H. Krämer, Straßenrecht. Systematische Darstellung des Rechts der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze in der Bundesrepublik Deutschland, 6. Aufl. 1999, Kap. 7, S. 210 ff., 219. 137 P. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 35; für die Straßen: T. v. Danwitz, Straßen- und Wegerecht, S. 876; F.-R. Herber, Widmung, S. 219; R. Zippelius, Grundfragen des öffentlichen Sachenrechts und das Bayerische Straßen- und Wegegesetz, S. 842; zu den tatsächlich öffentlichen Sachen, siehe oben: 5. Teil, 1. Kap. II.2. a). 138 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 387; J. Vahle, Öffentliche Sachen, S. 176. 139 Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 387. 140 Siehe dazu unten Abschnitt e). 141 U. Häde, Das Recht der öffentlichen Sachen, S. 115; einen Überblick über die im älteren Schrifttum bestehenden Anschauungen und Wertungen (der Indienststellung) gibt H. Schallenberg, Die Widmung, S. 76 ff.
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einer Sache allein aufgrund der Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen eines Gesetzes der öffentlich-rechtliche Sonderstatus verliehen werde. In Betracht kämen hierfür formelle Gesetze, Rechtsverordnungen, Satzungen sowie Gewohnheitsrechtssätze. 143 Als Beispiel für eine Widmung unmittelbar kraft formellen Gesetzes werden im Schrifttum die Bundeswasserstraßen angeführt. Ein Teil der Literatur sieht den Status einer öffentlichen Sache mit § 1 WaStrG, 144 der andere mit § 5 WaStrG 145 begründet. 146 Entsprechendes gelte für den Luftraum, der nach herrschender Meinung aufgrund von § 1 LuftVG 147 ebenfalls zu den öffentlichen 142 H.-J. Papier, Öffentliche Sachen, S. 94; A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 689. 143 A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 689; H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 807. 144 § 1 Bundeswasserstraßengesetz: „(1) Bundeswasserstraßen nach diesem Gesetz sind 1. die Binnenwasserstraßen des Bundes, die dem allgemeinen Verkehr dienen; als solche gelten die in der Anlage zum Gesetz aufgeführten Wasserstraßen; dazu gehören auch alle Gewässerteile, die a) mit der Bundeswasserstraße in ihrem Erscheinungsbild als natürliche Einheit anzusehen sind, b) mit der Bundeswasserstraße durch einen Wasserzuoder -abfluß in Verbindung stehen, c) einen Schiffsverkehr mit der Bundeswasserstraße zulassen und d) im Eigentum des Bundes stehen, 2. die Seewasserstraßen. (2) Seewasserstraßen sind die Flächen zwischen der Küstenlinie bei mittlerem Hochwasser [...]. (3) Soweit die Erfüllung der Verwaltungsaufgaben des Bundes nicht beeinträchtigt wird, kann das jeweilige Land das Eigentum des Bundes an den Seewasserstraßen und [...] unentgeltlich nutzen, 1. wenn die Nutzung öffentlichen Interessen dient, insbesondere zur Landgewinnung, Boden- und Wasserentnahme, [...], 2. zur Ausübung des Jagdrechts, der Muschelfischerei [...]. (4) Zu den Bundeswasserstraßen gehören auch 1. die bundeseigenen Schiffahrtsanlagen, [...]“. 145 § 5 WaStrG: „Jedermann darf im Rahmen der Vorschriften des Schiffahrtsrechts einschließlich des Schiffahrtabgabenrechts sowie der Vorschriften dieses Gesetzes die Bundeswasserstraßen mit Wasserfahrzeugen befahren. Das Befahren der bundeseigenen Talsperren und Speicherbecken ist nur zulässig, soweit es durch Rechtsverordnung nach § 46 Nr. 2 gestattet wird [...]“. 146 A. Friesecke, Bundeswasserstraßengesetz. Kommentar, 5. Aufl. 2004, S. 48 f. („Bundeswasserstraßen sind öffentliche Sachen. [...] Das Gesetz enthält in § 1 Abs. 1, 2 und 4 die wegerechtliche Widmung zu Bundeswasserstraßen [...]. Die Widmung bestimmt rechtsbegründend die öffentlich-rechtliche Eigenschaft dieser Gewässer und ihre Benutzung durch die Allgemeinheit“); E. Schmidt-Jortzig, Vom öffentlichen Eigentum zur öffentlichen Sache, S. 1028 (§ 1 Abs. 1 und 2 WaStrG); A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 689 (§§ 1, 5 WaStrG); H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 807 (§ 5 WaStrG); E. Pappermann / R.-P. Löhr, Grundfälle zum öffentlichen Sachenrecht. 2. Teil: Entstehung, Änderung und Beendigung des öffentlichen Rechtsstatus, vor allem im Straßenrecht, in: JuS 1/1980, S. 35 –42, 36 (§ 5 WaStrG); U. Häde, Das Recht der öffentlichen Sachen, S. 113 (§§ 1, 5 WaStrG); J. Vahle, Öffentliche Sachen, S. 176 (§ 5 WaStrG); H. P. Bull, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 322 (§§ 5, 6 WaStrG).
1. Kap.: Gesetzgebung, Rechtsprechung und Lehre
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Sachen zählt, 148 sowie für die Gewässer I. Ordnung, die unmittelbar kraft der Landeswassergesetze als öffentliche Sachen gewidmet seien (z. B. Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 BayWG, 149 § 3 Abs. 1 Nr. 1 LWG NRW 150). Im Bayerischen Wassergesetz finde sich ebenfalls ein Beispiel für Widmungen durch den Verordnungsgeber: Durch Aufnahme in das Verzeichnis, das gemäß Art. 3 Abs. 1 BayWG vom Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen durch Rechtsverordnung aufzustellen ist, erlangten die Gewässer II. Ordnung ihren öffentlich-rechtlichen Sonderstatus. 151 Durch den Bebauungsplan, der nach § 10 BauGB als Satzung beschlossen wird, könnten bestimmte Straßen gewidmet werden (§ 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB; § 17 Abs. 3 S. 1 FStrG). 152 Daneben sei diese Widmungsform vor allem bei den anstaltlich genutzten Sachen anzutreffen, wenn eine Gemeinde durch Erlaß entsprechender Satzungen die Benutzung ihrer Anstalten und Einrichtungen öffentlich-rechtlich ausgestalte. 153 d) Die Widmung durch Verwaltungsakt ist eine weitere und nach herrschender Meinung die wichtigste Form der Konstituierung öffentlicher Sachen. 154 In einem Teil der Landesstraßengesetze ist sie als Regelform der Widmung aus147 § 1 Abs. 1 Luftverkehrsgesetz: „Die Benutzung des Luftraums durch Luftfahrzeuge ist frei, soweit sie nicht durch dieses Gesetz, durch die zu seiner Durchführung erlassenen Rechtsvorschriften, durch im Inland anwendbares internationales Recht, durch Verordnungen des Rates der Europäischen Union und die zu deren Durchführung erlassenen Rechtsvorschriften beschränkt wird“. 148 H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 807; A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 689; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 13; M. Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 345; U. Häde, Das Recht der öffentlichen Sachen, S. 113; H. P. Bull, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 322. 149 Dieser lautet: „Die oberirdischen Gewässer mit Ausnahme des wild abfließenden Wassers werden nach ihrer wasserwirtschaftlichen Bedeutung eingeteilt in: 1. Gewässer erster Ordnung: die Bundeswasserstraßen und die in dem anliegenden Verzeichnis (Anlage I) aufgeführten Gewässer“. 150 Dieser lautet: „Oberirdische Gewässer werden eingeteilt in 1. Gewässer erster Ordnung: die in der Anlage 2 zu § 3 aufgeführten Gewässerstrecken“. 151 H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 807; A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 689; U. Häde, Das Recht der öffentlichen Sachen, S. 113. 152 A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 689; U. Häde, Das Recht der öffentlichen Sachen, S. 113; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 14; E. Schmidt-Jortzig, Vom öffentlichen Eigentum zur öffentlichen Sache, S. 1028; M. Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 345. 153 H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 807 [siehe dazu auch Abschnitt f)]; i. d. S. auch: J. Vahle, Öffentliche Sachen, S. 176. 154 A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 690; E. Pappermann / R.-P. Löhr, Grundfälle zum öffentlichen Sachenrecht. 2. Teil, S. 36.
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drücklich verankert: Nach § 2 Abs. 1 StrWG NRW sind öffentliche Straßen im Sinne dieses Gesetzes diejenigen Straßen, Wege und Plätze, die dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind, 155 und nach § 6 Abs. 1 S. 1 StrWG NRW ist die Widmung die Allgemeinverfügung, durch die Straßen, Wege und Plätze die Eigenschaft einer öffentlichen Straße erhalten. Die Allgemeinverfügung ist gemäß § 35 S. 2 VwVfG „ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlichrechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft“. 156 Während einige Landesstraßengesetze die Widmung ausdrücklich als Allgemeinverfügung bezeichnen, 157 ist in anderen nur von Verfügung die Rede (z. B. Art. 6 Abs. 1 und 2 BayStrWG). 158 Im Bundesfernstraßengesetz heißt es lediglich: „Eine Straße erhält die Eigenschaft einer Bundesfernstraße durch Widmung“ (§ 2 Abs. 1); der Rechtscharakter der Widmung war daher lange Zeit umstritten. 159 Inzwischen, vor allem nach Erlaß des Verwaltungsverfahrensgesetzes (1976), mit dem die Gelegenheit zur Rechtsfortentwicklung wahrgenommen und in der amtlichen Begründung klargestellt worden ist, daß § 35 S. 2 VwVfG „z. B. auch die Widmung, die Einziehung, die Umstufung und andere auf die Gestaltung der öffentlich-rechtlichen Qualität einer Sache gerichteten Akte“ umfaßt, 160 wird die Widmung jedoch einhellig als Allgemeinverfügung in der Rechtsform des Verwaltungsaktes charakterisiert. 161 155 Das Widmungsprinzip liegt allen Straßen- und Wegegesetzen zugrunde, z. B.: Art. 1 S. 1 BayStrWG; § 2 Abs. 1 BlnStrG; § 2 Abs. 1 BbgStrG; § 2 Abs. 1 BremLStrG; § 2 Abs. 1 HessStrG; § 2 Abs. 1 StrWG MV; § 1 Abs. 2 LStrG RP; § 2 Abs. 1 SaarlStrG; § 2 Abs. 1 SächsStrG; § 2 Abs. 1 StrG LSA; § 2 Abs. 1 StrWG SH; § 2 Abs. 1 ThürStrG. Andere Gesetze knüpfen an die Widmung an: So kann nach § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB ein Erschließungsbeitrag nur erhoben werden, wenn die Straße vorher dem Verkehr gewidmet wurde. 156 Siehe dazu: P. Stelkens / U.Stelkens, Kommentierung des § 35 VwVfG, in: P. Stelkens / H. J. Bonk / M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz. Kommentar, 6. Aufl. 2001, Rdn. 200 ff.; F. O. Kopp / U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Aufl. 2003, § 35 Rdn. 102 ff. 157 Neben StrWG NRW auch: § 3 Abs. 1 u. 4 BlnStrG; § 6 Abs. 1 BbgStrG; § 6 Abs. 1 SächsStrG; § 6 Abs. 1 S. 1 StrG LSA; § 6 Abs. 1 ThürStrG. 158 So auch: § 7 StrWG MV; §§ 36 ff. LStrG RP; § 6 Abs. 1 SaarlStrG; § 6 StrWG SH; ähnlich: § 4 Abs. 1 S. 1 HessStrG; dagegen: § 5 Abs. 1 S. 1 BremLStrG: „Die Widmung [...] wird durch die Straßenbaubehörde ausgesprochen“. 159 G. Nedden, Rechtsformen und Voraussetzungen straßenrechtlicher Statusakte, in: R. Bartlsperger / W. Blümel / H.-W. Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 63 – 79, 68 ff.; K. Grupp, in: E. A. Marschall, Bundesfernstraßengesetz, § 2 Rdn. 25; F.-R. Herber, Widmung, S. 222. 160 BT-Drs. 7/910; zur Klärung hat wohl auch die Lehre vom dinglichen Verwaltungsakt (siehe Anm. 161 in diesem Teil) beigetragen, G. Nedden, Rechtsformen und Voraussetzungen straßenrechtlicher Statusakte, S. 69. 161 T. v. Danwitz, Straßen- und Wegerecht, S. 871 f.; K. Grupp, in: E. A. Marschall, Bundesfernstraßengesetz, § 2 Rdn. 25; F.-R. Herber, Widmung, S. 222; W. Erbguth, All-
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e) Form und Verfahren der Widmung haben insbesondere in den Straßengesetzen der Länder detaillierte Regelungen erfahren: Nach § 6 Abs. 1 S. 2 StrWG NRW ist sie mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen und öffentlich bekanntzumachen 162 (lediglich eine öffentliche Bekanntmachung fordert etwa § 5
gemeines Verwaltungsrecht, S. 230; M. Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 345; J. Vahle, Öffentliche Sachen, S. 177; U. Vondung, Recht der öffentlichen Sachen, S. 441. Wenn das Schrifttum die Qualität der Widmung als Verwaltungsakt thematisiert, kommt regelmäßig ein Punkt zur Sprache: die Widmung als dinglicher oder sachbezogener Verwaltungsakt. Mit dieser Kennzeichnung sollen vor allem die der Widmung zugeschriebenen Rechtsfolgen, die Begründung eines beschränkt-dinglichen Rechts in Bezug auf eine Sache, zum Ausdruck gebracht werden (siehe nur: H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 808; ders., Öffentliche Sachen, S. 98; A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 690; W. Erbguth, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 230; E. Pappermann / R.-P. Löhr, Grundfälle zum öffentlichen Sachenrecht. 2. Teil, S. 36; F. Zörner, Rechtlich öffentliche und tatsächlich öffentliche Wege, S. 262). Entwickelt wurde die Rechtsfigur des dinglichen Verwaltungsakts von Norbert Niehues zur Abgrenzung von Rechtssatz und Einzelakt (Dinglichkeit im Verwaltungsrecht, Diss. 1963, insb. S. 139 ff.; ders. Dingliche Verwaltungsakte. Abgrenzung zwischen Rechtssatz und Einzelakt, in: DÖV 9 – 10/1965, S. 319 – 326; ders., Verwaltungssachenrecht, S. 247 – 265); Hans J. Wolff hat sie im Anschluß daran in sein Lehrbuch übernommen und weiter vertieft (Verwaltungsrecht I. Ein Studienbuch, 6. Aufl. 1965, S. 259, 269 ff., 275 ff.; 8. Aufl. 1971, S. 339 f., 345 f.). Dingliche Verwaltungsakte sind danach öffentlich-sachenrechtliche „Zustandsregelungen, durch die Eigenschaften von Sachen rechtlich qualifiziert oder gestaltet werden“ (H. J. Wolff, 8. Aufl., S. 345). Anknüpfungspunkt der Regelung soll somit nicht eine bestimmte Person, sondern ein konkreter Gegenstand sein. Insofern beziehe sich die Widmung, als typischer Fall eines dinglichen Verwaltungsakts, unmittelbar auf die Sache und habe nur mittelbar personale Auswirkungen; das soll heißen, sie begründe bestimmte rechtserhebliche Eigenschaften einer Sache und dadurch, daß diese Sacheigenschaften Voraussetzung für die Anwendbarkeit bestimmter Rechtssätze seien, die daran anknüpften und Rechte und Pflichten einer unbestimmten Vielzahl von Personen begründeten, entstünden mittelbar personale Rechtsbeziehungen gegenüber allen, die es angehe oder angehen werde (sog. intransitive Zustandsregelungen). Mit der Regelung in § 35 S. 2 VwVfG hat der Gesetzgeber die Rechtsfigur des dinglichen Verwaltungsaktes aufgegriffen; dazu: H. J. Wolff / O. Bachof / R. Stober, Verwaltungsrecht. Ein Studienbuch, Bd. 2, 6. Aufl. 2000, S. 48, 59; P. Stelkens / U.Stelkens, Kommentierung des § 35 VwVfG, Rdn. 192 ff.; H.-G. Henneke, Kommentierung des § 35 VwVfG, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG). Kommentar, 8. Aufl. 2004, Rdn. 93 ff.; F. O. Kopp / U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 35 Rdn. 106 f.; F. O. Kopp, Der dingliche Verwaltungsakt, in: BayVBl. 7/1970, S. 233 – 237; H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 808 f. Die Annahme eines dinglichen Verwaltungsaktes löste in der Literatur heftige Diskussionen aus. Nach Ansicht von Klaus Obermayer unterscheidet sich der Verwaltungsakt gerade dadurch von der Rechtsnorm, daß er sich auf einen abschließend feststehenden Personenkreis bezieht. Die Lehre vom dinglichen Verwaltungsakt sei daher mit dem Merkmal des Einzelfalles in § 35 S. 1 VwVfG unvereinbar, die Begriffsbestimmung der Allgemeinverfügung nach § 35 S. 2 VwVfG wegen Verletzung des widerspruchsfreie Gesetze verlangenden Rechtsstaatsprinzips nichtig (Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz, 1983, § 35 Rdn. 254 ff.; ders., Das Dilemma der Regelung eines Einzelfalles nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz, in: NJW 44/1980, S. 2386 – 2390; siehe dazu auch: BT-Drs. 7/910).
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5. Teil: Öffentliche Sachen
Abs. 4 S. 1 BwStrG 163). Daneben sind in der Widmung die Straßengruppe, zu der die Straße gehört, Beschränkungen der Widmung auf bestimmte Benutzungsarten, Benutzungszwecke oder Benutzerkreise sowie etwaige sonstige Besonderheiten festzulegen (§ 6 Abs. 3 StrWG NRW). 164 Während das Verfahren zur Widmung öffentlicher Straßen streng formalisiert ist, bedarf die Widmungsverfügung in anderen Bereichen, wo entsprechende gesetzliche Regelungen nicht bestehen, nach traditioneller Lehre regelmäßig keiner besonderen Form. Dementsprechend wird die Widmung von öffentlichen Sachen im Einrichtungs- und Verwaltungsgebrauch als durch konkludentes Handeln erklärt angesehen. Dieser Verwaltungsakt soll in den Vorgängen der Sachbeschaffung, Sachherstellung, Inventarisierung, Ingebrauchnahme oder Öffnung für die Öffentlichkeit zum Ausdruck kommen. 165 f) Es war wohl zuerst Hans-Jürgen Papier, der 1977 in der ersten Auflage seines „Rechts der öffentlichen Sachen“ erklärt hat, dingliche Rechte einschließlich öffentlich-rechtlicher Dienstbarkeiten als Belastungen des Privateigentums könnten nur durch oder aufgrund eines Gesetzes entstehen. Eine solche Grundlage für eine öffentlich-dingliche Sachherrschaft erkennt er im Bereich des öffentlichen Wege- und Wasserrechts an. Dagegen sei es den Verwaltungsträgern nicht möglich, beliebig, d. h. ohne gesetzliche Grundlage, an den von ihnen für interne Zwecke genutzten (Verwaltungsgebrauch) oder Dritten im Rahmen eines Benutzungsverhältnisses zur Verfügung gestellten Sachen (Anstaltsgebrauch) dingli162
Vgl. § 6 Abs. 1 S. 2 StrG LSA; § 6 Abs. 4 SaarlStrG. Vgl. § 3 Abs. 3 S. 1 BlnStrG. 164 Vgl. § 6 Abs. 2 StrG LSA; § 6 Abs. 2, Abs. 6 SaarlStrG. 165 BayVGH, B. v. 16. 07. 1993, in: BayVBl. 14/1994, S. 441 („Es ist anerkannt, daß es die Widmung einer Sache zu einer öffentlichen Sache durch Verwaltungsakt auch in Rechtsbereichen gibt, in denen besondere Vorschriften hierüber fehlen. Die Widmung bedarf dann keiner Form. Sie kann auch durch stillschweigenden Verwaltungsakt erfolgen“); OVG Münster, Urt. v. 21. 08. 1969, in: DVBl. 1971, S. 218 f.; VG Köln, Urt. v. 20. 03. 1991, in: NJW 40/1991, S. 2584 ff., 2585; E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 383 („Die Entstehung der öffentlichen Sache ist vielfach – bei den meisten Gegenständen des Verwaltungsvermögens – ein einfacher Vorgang, der sich darin erschöpft, daß der Gegenstand beschafft oder hergestellt und in Gebrauch genommen wird. Das Schulgebäude oder Rathaus wird gebaut, mit der erforderlichen Einrichtung ausgestattet und seiner Bestimmung übergeben. Es ist damit seinem Zweck als öffentliche Sache gewidmet und mit dieser Widmung den besonderen Rechtsgrundsätzen unterstellt, welche für die öffentlichen Sachen gelten“), S. 385, 388; K. H. Friauf, Staatsvermögen, in: J. Isensee / P. Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV: Finanzverfassung – Bundesstaatliche Ordnung, 2. Aufl. 1999, § 90, Rdn. 33; E. Pappermann / R.-P. Löhr / W. Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 14; S. Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 328; U. Vondung, Recht der öffentlichen Sachen, S. 441; V. Stratz, Das Recht der öffentlichen Sachen, in: R. Schweickhardt (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl. 1995, Kap. 19, S. 371 – 383, 373; M. Wallerath in der 4. Aufl. (1992) seines „Allgemeinen Verwaltungsrechts“, S. 345; für die öffentlichen Sachen im Anstaltsgebrauch: W. Erbguth, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 239. 163
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che, das Privateigentum belastende oder modifizierende Sachherrschaften mit einem nach eigenem Ermessen bestimmten Inhalt zu begründen. Das sachenrechtliche Gesetzmäßigkeitsprinzip gestatte keine gesetzesfreie, administrative Begründung dinglicher Rechte des öffentlichen Rechts. Bei den Sachen im Anstalts- und Verwaltungsgebrauch komme daher überhaupt kein beschränkt-dingliches Recht an der Sache, keine sachenrechtliche Dienstbarkeit, zur Entstehung. 166 In diesem Sinne erklärte das Bundesverwaltungsgericht 1980 („Rathausfall“), die Annahme, daß auch durch die Widmung von Sachen des Verwaltungsvermögens Rechte Dritter ausgeschaltet würden, verbiete sich, weil es dafür einer gesetzlichen Grundlage bedürfte (Art. 20 Abs. 3 GG), die zudem noch im Sinne des Art. 14 Abs. 3 S. 2 GG qualifiziert sein müßte. 167 g) Inwieweit eine Widmung von Sachen als öffentliche Sachen im Verwaltungsgebrauch und eine Widmung von Sachen als öffentliche Sachen im Einrichtungsgebrauch durch Verwaltungsakt erfolgt oder überhaupt möglich ist, wann also eine öffentliche Sache im Rechtssinne entstanden ist und welche Befugnisse dieser Rechtsstatus gegebenenfalls vermittelt, ist in der Literatur vor allem seit dem „Hamburger Stadtsiegelfall“ vermehrt diskutiert worden. 168 Diesem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Freie und Hansestadt Hamburg verlangte von einer Kölner Antiquitätenhändlerin die Herausgabe eines Handstempels zum Siegeln von Urkunden und des dazugehörigen Aufbewahrungsbeutels. Bei dem herausverlangten Siegelstempel handelte es sich um das Original des IV. Hamburger Stadtsiegels, das nachweislich bereits im Jahre 1306 zum Siegeln öffentlicher Urkunden, ins166 H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen, 1. Aufl. 1977, S. 29, in dritter Auflage: S. 12 f., 14 ff., 50 f.; übernommen in: ders., Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 790 f., 810; siehe auch E. Schmidt-Jortzig, Vom öffentlichen Eigentum zur öffentlichen Sache, S. 1028: „Da durch die Widmung bestehende Rechtsverhältnisse verändert, d. h. alte Rechte eingeschränkt und neue zum Entstehen gebracht werden, darf sie nach der Verfassung nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes erfolgen. [...] Das Ermächtigungserfordernis ist also eine Ausprägung des rechtsstaatlichen Gesetzesvorbehalts“; ganz in diesem Sinne auch: F. Merli, Von öffentlichen Sachen zu öffentlichen Nutzungsrechten, S. 452 ff. 167 In: NJW 46/1980, S. 2538 ff., 2540; diesem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin verlangte von der beklagten Gemeinde die Herausgabe eines Grundstücks, auf dem diese ihr Rathaus errichtet hatte. Das Grundstück hatte die Klägerin der Gemeinde zum Bau des Rathauses im Rahmen eines Grundstückstausches überlassen. Nach dem Bau des Rathauses stellte sich die Nichtigkeit des Grundstückstauschvertrages heraus und die Klägerin verlangte die Herausgabe des Grundstücks. Den Herausgabeanspruch bejahte das Bundesverwaltungsgericht. 168 Siehe unten Anm. 175 in diesem Teil sowie F. Wernecke, Die öffentliche Sache im Widerstreit privater und allgemeiner Belange – verdeutlicht am Beispiel des Hamburgischen Stadtsiegels, in: AcP 195 (1995), S. 445 – 467; F. Fechner, Der Hamburger Stadtsiegelfall, in: JuS 8/1993, S. 704.
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5. Teil: Öffentliche Sachen
besondere von Staatsschuldendokumenten der Stadt Hamburg, benutzt worden war. Im Jahre 1810 wurde es außer Gebrauch gesetzt, in der Kämmerei unter Verschluß gehalten und nur noch zur Prüfung der Echtheit von Urkunden herangezogen. Später wurde es in das Stadtarchiv übernommen und dort inventarisiert. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Archivgut in einen Salzstock ausgelagert. Nach der Rücküberführung wurde festgestellt, daß die Kiste, in der das Siegel aufbewahrt wurde, aufgebrochen und das Siegel entwendet worden war. Nachdem es 1969 wieder aufgetaucht war, hat es die Antiquitätenhändlerin 1986 auf einer Auktion eines Kunsthauses erworben und ihrerseits 1987 auf einer Messe zum Verkauf angeboten, wodurch die Stadt Hamburg Kenntnis vom Verbleib der Gegenstände erhielt und daraufhin versuchte, Siegel und Beutel zurückzuerlangen. Der von der Stadt zunächst vor den Zivilgerichten verfolgte Herausgabeanspruch blieb erfolglos. Mit Urteil vom 05. 10. 1989 entschied der Bundesgerichtshof, daß die Inhaberin des Antiquitätengeschäfts nach § 935 Abs. 2 BGB im Wege der öffentlichen Versteigerung gutgläubig Eigentum erworben habe. 169 Daraufhin versuchte die Stadt, die Herausgabe unter Berufung auf ihre öffentlich-rechtliche Sachherrschaft mit Klage vor dem Verwaltungsgericht durchzusetzen. In erster Instanz hatte sie Erfolg, 170 doch in zweiter Instanz wurde der Berufung der Antiquitätenhändlerin stattgegeben; das Oberverwaltungsgericht Münster stellte fest: „Es gibt keine Rechtssätze, die bei einer in Verlust geratenen öffentlichen Sache im Anstalts- oder Verwaltungsgebrauch einen öffentlichrechtlichen Herausgabeanspruch gegenüber demjenigen, der gutgläubig das Eigentum an der Sache erworben hat, begründen.“ 171 Das Gericht setzte sich damit klar von der bis dahin herrschenden Meinung 172 ab und orientierte sich insoweit an der Position Papiers. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Urteil unter Hinweis auf seine Ausführungen im „Rathausfall“ 173 bestätigt. 174 169
IX ZR 265/88, in: NJW 14/1990, S. 899 – 901, in: JuS 5/1990, S. 411 –412. VG Köln, Urt. v. 20. 03. 1991, in: NJW 40/1991, S. 2584 ff., 2585 f.: „Dieses Eigentum ist jedoch nach wie vor mit der öffentlich-rechtlichen Widmung belastet, ein lastenfreier gutgläubiger Erwerb nach § 936 BGB kommt nicht in Betracht, weil die Zweckbindung einer öffentlichen Sache nicht privaten Rechten Dritter gleichgestellt werden kann. [...] Soweit – wie hier – ein Auseinanderfallen von Eigentum und öffentlich-rechtlicher Sachherrschaft der widmungsgemäßen Zweckbindung entgegensteht, kann der öffentliche Sachherr die Sache vom Eigentümer herausverlangen“. Den Herausgabeanspruch („Begründung eines ungeschriebenen Herausgabeanspruchs“) leitet das Verwaltungsgericht „aus einer Annexkompetenz zu der dem öffentlichen Sachherrn verliehenen Befugnis, die öffentliche Sache widmungsgemäß zu verwenden“, ab; zustimmend: U. Häde, Das Recht der öffentlichen Sachen, S. 115. 171 OVG Münster, Urt. v. 25. 02. 1993, in: NWVBl. 9/1993, S. 348 –351, 348, in: NJW 40/1993, S. 2635 – 2637. 172 Siehe Anm. 170 in diesem Teil sowie 5. Teil, 1. Kap. III. c). 170
1. Kap.: Gesetzgebung, Rechtsprechung und Lehre
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Der Ausgang des Stadtsiegelfalls, die Zurückweisung eines auf das öffentliche Sachenrecht gestützten Herausgabeanspruchs, hat in der Verwaltungsrechtslehre großen Zuspruch gefunden, so daß von einer neuen herrschenden Meinung die Rede ist. 175 In der zugrundeliegenden Argumentation sind jedoch Unterschiede auszumachen: Während sich Gerrit Manssen 176 und Dirk Ehlers 177 im wesentlichen dagegen wenden, im Stadtsiegel eine wirksam zum Verwaltungsgebrauch gewidmete, mit einer öffentlich-rechtlichen Sachherrschaft im Sinne der Lehre vom modifizierten Privateigentum belastete öffentliche Sache zu sehen und sich damit gegen die Annahme aussprechen, eine solche Sachherrschaft könne ohne gesetzliche Grundlage entstehen, 178 argumentiert das OVG Münster vor allem mit dem Fehlen eines Rechtssatzes, der einer Widmung zur öffentlichen Sache einen Herausgabeanspruch gegenüber dem Eigentümer beilegen könnte. 179 Das Gericht hat es letztlich dahinstehen lassen, ob einer Widmung ohne gesetzli173
Siehe Anm. 167 in diesem Teil. B. v. 12. 08. 1993, in: NJW 2/1994, S. 144 f. 175 G. Manssen, Der Hamburger Stadtsiegelfall, S. 746 ff.; A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 699, 703; D. Ehlers, Das öffentliche Sachenrecht, S. 330 ff.; P. Axer, Das Hamburger Stadtsiegel, S. 11 – 13; V. Götz, Allgemeines Verwaltungsrecht. Fälle und Erläuterungen für Studierende, 4. Aufl. 1997, S. 252; weitere Nachweise bei M. Germann, Die „gesetzlose“ Widmung von Sachen für öffentliche Zwecke, in: AöR 128 (2003), S. 458 – 482, 465 (Anm. 21). 176 G. Manssen, Der Hamburger Stadtsiegelfall, S. 746 ff., 748, unterscheidet daraufhin zwei Formen der Widmung: die förmliche Widmung durch Allgemeinverfügung nach § 35 S. 2 Alt. 2 VwVfG und einen verwaltungsinternen, nicht formgebundenen Vorgang. Allein erstere führe zu einer besonderen öffentlich-rechtlichen Sachherrschaft, zu einer dinglichen Befugnis mit Außenwirkung. Der nichtförmlichen Widmung spricht er jedoch nicht jede Rechtswirkung ab. Sie diene der ordnungsgemäßen Organisation des Verwaltungsbetriebes und sei Indiz für die Gewährung des Vollstreckungsschutzes nach § 170 Abs. 3 VwGO. 177 Das öffentliche Sachenrecht, S. 328 ff.; die Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage ergibt sich seiner Ansicht nach u. a. daraus, daß es einem Privaten nicht möglich sei, lastenfreies Eigentum an einer öffentlichen Sache gutgläubig zu erwerben, die öffentliche Zweckbestimmung dem Schutz des guten Glaubens also vorgehe und die damit einhergehende Zurückdrängung des Vertrauensschutzes die von Art. 14 Abs. 1 GG erfaßten privaten Sachenrechte insofern nachhaltig beeinflusse. Nach der Wesentlichkeitslehre des Bundesverfassungsgerichts [siehe dazu: 5. Teil, 3. Kap. IV. b)] sei die Begründung öffentlicher Sachenrechte daher im höchsten Maße grundrechtsrelevant und deshalb einer gesetzlichen Grundlage bedürftig. Darüber hinaus gebiete es auch der aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Grundsatz der Rechtsklarheit, eine Abweichung von den zwingenden Vorschriften des Bürgerlichen Rechts nur durch oder aufgrund eines Gesetzes zuzulassen. 178 So auch A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 687 („Aufgrund fehlender gesetzlicher Normierung kann [...] die Widmung keine das privatrechtliche Eigentum verdrängende öffentlich-rechtliche Sachherrschaft begründen“. 179 In: NWVBl. 9/1993, S. 349 ff.; dazu D. Ehlers, Das öffentliche Sachenrecht, S. 330 f.: „Wenn sich Sachenrechte als absolute Rechte darstellen, müssen sie auch durchgesetzt werden können. Existiert eine öffentliche Sache, gibt dies dem Sachherrn grund174
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che Grundlage überhaupt dingliche Wirkung zukommt, ob das Stadtsiegel also wirksam gewidmet und damit eine öffentliche Sache war. 180 An diesem Fall – dem, daß die Widmung Gegenstände erfaßt oder erfassen soll, die im Eigentum einer Privatperson stehen – orientiert Peter Axer auch seine weitere Argumentation zum Rechtsstatus öffentlicher Sachen im Anstalts- und Verwaltungsgebrauch. Er sieht deshalb in der Annahme einer ohne gesetzliche Grundlage, durch Widmung begründeten öffentlich-rechtlichen Sachherrschaft vor allem einen Eingriff in die Eigentumsgewährleistung des Art. 14 GG. 181 h) Ausdrücklich gegen das Urteil des OVG Münster, wonach es keine Rechtssätze gibt, die einen besonderen Schutz der öffentlichen Sachen im Anstaltsoder Verwaltungsgebrauch vor gutgläubigem Erwerb begründen, spricht sich Jürgen Salzwedel aus: Die Verwaltung benötige öffentliche Sachen, um ihre hoheitlichen Aufgaben zu erfüllen. Insofern dienten öffentliche Sachen letztlich dem Gemeinwohl. Diese Zweckbestimmung gehe dem privatrechtlichen Schutz des gutgläubigen Erwerbers grundsätzlich vor. Das von der Rechtswissenschaft allgemein anerkannte Rechtsinstitut der öffentlichen Sachen sollte daher nicht ohne Not aufgegeben werden. 182 Zum selben Ergebnis kommt Martin Thormann. 183 Seiner Ansicht nach steht der Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes dem Herausgabeanspruch der Stadt nicht entgegen. Unter Heranziehung der Wesentlichkeitslehre des Bundesverfassungsgerichts, nach der der Gesetzgeber verpflichtet sei, in grundlegenden normativen Bereichen, zumal im Bereich der Grundrechtsausübung, alle wesentsätzlich – zumindest kraft Annexkompetenz – das Recht, die Verletzung der öffentlichrechtlichen Zweckbestimmung durch einen anderen gerichtlich geltend zu machen. [...] Entgegen der Annahme des OVG NW kommt es somit nicht darauf an, ob der Herausgabeanspruch spezialgesetzlich geregelt ist, sondern nur darauf, ob das Stadtsiegel eine öffentliche Sache war und noch ist“. 180 Dem hält Frank Fechner, Der Hamburger Stadtsiegelfall, S. 704, entgegen, daß im Falle des Hamburger Stadtsiegels weniger als in einem anderen Fall Zweifel an der Erkennbarkeit der Widmung bestehen könnten: Das Siegel sei mit einer Inschrift versehen, die bei näherer Prüfung die Zuordnung zur Hansestadt Hamburg offenkundig mache. 181 P. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 155 ff., 165, 191 f., 201 sowie zusammenfassend S. 219: „Während bei den Gewässern wie bei den Straßen und Wegen eine das Privateigentum verdrängende öffentliche Sachherrschaft existiert, fehlt diese bei den öffentlichen Einrichtungen und den Sachen im Verwaltungsgebrauch. Der Gesetzgeber hat eine solche Folge der Widmung nicht normiert, was aber erforderlich wäre, um eine Verletzung des Art. 14 GG und des Vorbehalts des Gesetzes zu verhindern“; siehe auch: A. Peilert, Grundlagen des öffentlichen Sachenrechts, S. 703, 699: „Eine derartige Überlagerung kann aufgrund der schweren Einschränkungen des Privateigentums aber nur dort eintreten, wo das Gesetz dies ausdrücklich vorsieht“; D. Ehlers, Das öffentliche Sachenrecht, S. 328 ff.; a. A.: siehe Anm. 185 in diesem Teil; zur Eigentumsgewährleistung, siehe: 5. Teil, 2. Kap. I.2. 182 Anstaltsnutzung und Nutzung öffentlicher Sachen, S. 542. 183 Das Hamburger Stadtsiegel, S. 357.
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lichen Entscheidungen selbst zu treffen, 184 hält er eine gesetzliche Grundlage für die Begründung der öffentlich-rechtlichen Sachherrschaft nicht für erforderlich. Durch den Widmungsakt werde der Inhalt der privatrechtlichen Eigentümerbefugnisse zwar neu bestimmt, im Falle des Hamburger Stadtsiegels käme es aber, wie bei den meisten öffentlichen Sachen, „nur zu einer Verschiebung der Befugnisse innerhalb desselben Rechtssubjekts“. Gleichwohl müsse der Widmungsakt als solcher feststellbar sein. Entscheidend sei bei den Sachen im Anstalts- oder Verwaltungsgebrauch daher, ob sich der Inventarisierung oder Ingebrauchnahme ein entsprechender Regelungsgehalt beilegen lasse, der eine öffentlich-rechtliche Zweckbindung festlege und den Rechtsstatus als öffentliche Sache begründe. 185 i) Damit bleibt festzuhalten: Nach der neuen Lehre besteht nicht an allen Sachen, die herkömmlicherweise zu den öffentlichen Sachen gerechnet werden, 186 eine dingliche öffentlich-rechtliche Rechtsmacht eines Verwaltungsträgers. Daraus zieht das Schrifttum unterschiedliche Konsequenzen, die im Grunde jedoch auf folgende Alternativen hinauslaufen: Entweder man kommt zu einer anderen Abgrenzung der öffentlichen Sachen oder man bleibt beim traditionellen Bereich der öffentlichen Sachen, sucht aber nach anderen Kriterien. 187 Den ersten Ansatz wählte Peter Axer, der die Widmung als Kreationsakt der öffentlichen Sachen, als den identitätstiftenden Grundbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, den Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen identifiziert und daher seine Untersuchung verschiedener Sachkategorien 184
Siehe dazu: 5. Teil, 3. Kap. IV. b). Davon sei bei der Übernahme des Siegels in das Stadtarchiv und der damit einhergehenden Inventarisierung auszugehen, M. Thormann, Das Hamburger Stadtsiegel, S. 357; einen Vorbehalt des Gesetzes („für die Widmung einer Sache, an der der Verwaltungsträger selbst Eigentum hat oder kraft Zustimmung des Eigentümers berechtigt ist“) bestreitet auch Michael Germann, Die „gesetzlose“ Widmung, S. 474 ff., 482: „Mit der Widmung einer eigenen Sache für öffentliche Zwecke kann der Verwaltungsträger aus dem ihm zustehenden bürgerlichen Eigentum an der Sache ein beschränkt dingliches Recht in das öffentliche Recht überführen und damit dem privaten Sachenrechtsverkehr vorenthalten“; im Falle des Hamburgischen Stadtsiegels schließt Thormann, wie vorher auch schon das VG Köln (NJW 40/1991, S. 2586), einen Eingriff in nach Art. 14 GG bestandsgeschütztes Eigentum sowohl für den Zeitpunkt der Widmung als auch für die Geltendmachung des Herausgabeanspruchs durch die Stadt Hamburg aus: Als die Widmung erfolgt sei, habe sich das Siegel im Eigentum der Stadt befunden; ein Grundrechtsträger sei daher nicht betroffen gewesen. Als die Antiquitätenhändlerin das Siegel ersteigert habe, habe sie – infolge der Belastung aus der Widmung – privatrechtliche Eigentümerbefugnisse nur in dem Umfang erwerben können, den das öffentliche Sachenrecht zulasse, S. 356 f. Auch der BayVGH (B. v. 16. 07. 1993, in: BayVBl. 14/1994, S. 441 f.) hält an der traditionellen Auffassung fest und schreibt einem ohne entsprechende gesetzliche Regelung ergangenen Widmungsakt dingliche Wirkung zu; i. d. S. auch (in Abgrenzung zur „neuen Lehre“) S. Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 330, 328. 186 Siehe dazu die Nachweise in Anm. 1 in diesem Teil. 187 Dazu: F. Merli, Von öffentlichen Sachen zu öffentlichen Nutzungsrechten, S. 454 ff. 185
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im Hinblick darauf, ob sie dem Recht der öffentlichen Sachen unterstünden, an der Widmung orientiert. 188 Dabei rechnet er die öffentlichen Einrichtungen nicht zu den öffentlichen Sachen, weil diesen mangels gesetzlicher Normierung ein öffentlich-rechtlicher Sonderstatus in Form einer öffentlichen Sachherrschaft fehle. 189 Entsprechendes gelte für die Sachen im Verwaltungsgebrauch: Die Widmung begründe nicht den für öffentliche Sachen charakteristischen öffentlichen Sonderrechtsstatus, die Gegenstände unterlägen daher nicht dem Recht der öffentlichen Sachen. 190 Auch Dirk Ehlers vertritt die Auffassung, daß den Sachen im Anstalts- und Verwaltungsgebrauch wegen des Fehlens einer gesetzlichen Grundlage der Status einer öffentlichen Sache nicht mehr verliehen werden dürfe. 191 Für eine dahingehende Fortentwicklung des öffentlichen Sachenrechts sieht er jedoch keinen Bedarf: Die sachenrechtlichen Regelungen des privaten Rechts reichten in aller Regel aus, um sämtlichen berechtigten Interessen der Verwaltung Rechnung zu tragen. Vertrete man dennoch die Meinung, daß die bestehenden Rechtsbestimmungen die Verwaltung nicht ausreichend schützten, biete sich eine punktuelle Änderung des Privatrechts an. 192 Die Zurückdrängung des öffentlichen Sachenrechts dürfe aber, wie Ehlers weiter ausführt, nicht mit einer Zurückdrängung des öffentlichen Rechts gleichgesetzt werden. So liege etwa die Funktion der kommunalen öffentlichen Einrichtungen weniger in ihrer sachenrechtlich faßbaren Gegenständlichkeit als in der Darbietung sächlicher Verwaltungsleistungen. Dementsprechend sei nicht ausgeschlossen, die Nutzung der Sachen im Anstalts- und Verwaltungsgebrauch öffentlich-rechtlich zu regeln. 193 j) An die öffentlich-rechtliche Natur des Benutzungsverhältnisses hatte bereits Hans-Jürgen Papier angeknüpft und erklärt, die anstaltlich genutzten Sachen und die Sachen im Verwaltungsgebrauch gehörten dennoch zu den öffentlichen Sachen und hätten eine besondere, sie von den übrigen Gegenständen abhebende Rechtsstellung und einen nicht oder nicht nur von der Privatrechtsordnung bestimmten Rechtsstatus, wenn und soweit die Rechtsbeziehungen zu den Benutzern durch Rechtssätze des öffentlichen Rechts geregelt seien, d. h. wenn 188
Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 30, 53. P. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 168, 188, 226. 190 P. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 191 f., 201, 226. 191 Das öffentliche Sachenrecht, S. 329 f., 331, 332 f. 192 D. Ehlers, Das öffentliche Sachenrecht, S. 333: „Die Überlagerung des privatrechtlichen Sachenrechts durch das öffentliche Recht ist [...] entbehrlich“. 193 Das öffentliche Sachenrecht, S. 330 [unter Verweis auf Richard Bartlsperger; siehe dazu: 5. Teil, 1. Kap. II.2. d) sowie 5. Teil, 4. Kap. III. c)], S. 333. 189
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und soweit sie einer öffentlich-rechtlichen Nutzungsordnung unterlägen. Der für öffentliche Sachen charakteristische Sonderrechtsstatus bestehe hier in der Einbeziehung dieser Sachen in ein verwaltungsrechtliches, durch relative, nicht aber durch absolut dingliche Rechte gekennzeichnetes Nutzungsregime. Im einzelnen basiere dieser verwaltungsschuldrechtliche Sonderstatus auf dem faktischen Vorgang der Sachbeschaffung und Ingebrauchnahme im Rahmen oder zum Zwecke eines öffentlich-rechtlichen Benutzungs- oder sonstigen Verwaltungsrechtsverhältnisses. Dieses wiederum habe seine Grundlage regelmäßig in Gesetzen oder Satzungen, so daß die Eigenschaft der öffentlichen Sache hier letztlich durch Rechtssatz plus faktische Inanspruchnahme konstituiert werde. 194 Das Nutzungsrecht nimmt auch Franz Merli zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen. 195 Öffentlich und damit spezifisch gemeinwohlgebunden sei eine Sache immer dann, wenn ein öffentlich-rechtlicher Anspruch auf ihren Gebrauch bestehe. Nicht das Eigentum der öffentlichen Hand, nicht die öffentlich-rechtliche dingliche Herrschaft eines Verwaltungsträgers und auch nicht eine als Beschränkung privatrechtlicher Befugnisse wirkende öffentlich-rechtliche Nutzungsordnung, sondern das selbständige öffentliche Nutzungsrecht mache die Sache zur öffentlichen. 196 In der Konsequenz rechnet er die privatrechtlich genutzten Sachen im Anstaltsgebrauch und die auf privatrechtlicher Grundlage genutzten Sachen im Verwaltungsgebrauch nicht zu den öffentlichen Sachen. 197 Weil erst das Nutzungsrecht den öffentlich-rechtlichen Status der öffentlichen Sachen und ihre Gemeinwohlgebundenheit rechtlich faßbar mache, schlägt Merli im weiteren vor, das Recht der öffentlichen Sachen durch ein Recht der öffentlichen Nutzungsrechte zu ersetzen. Im Nutzungsrecht sieht er ein typisches Instrument und Element des Rechts der Leistungsverwaltung: Öffentliche Nutzungsrechte der Verwaltung gehörten zu jenen Instrumenten, die ihr die Erfüllung ihrer Aufgaben erst ermöglichten (so wie das Dienstrecht); öffentliche Nutzungsrechte der Bürger seien dagegen eine spezifische Technik der hoheitlichen Leistungsverwaltung, der Staat überlasse dem Bürger die Nutzung von Sachen. 198 194 H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen, 1. Aufl. 1977, S. 30, 58; ders., Recht der öffentlichen Sachen, 3. Aufl. 1998, S. 16, 50 f.; siehe auch: D. Ehlers, Das öffentliche Sachenrecht, S. 330; kritisch dazu: P. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 154 f.; F. Merli, Von öffentlichen Sachen zu öffentlichen Nutzungsrechten, S. 455 f. 195 Von öffentlichen Sachen zu öffentlichen Nutzungsrechten, S. 445 ff.; auch Merli vertritt die Auffassung, daß eine dingliche, auch künftige Erwerber belastende, öffentlichrechtliche Sachherrschaft nur durch oder aufgrund eines Gesetzes begründet werden könne. An den verwaltungsintern und anstaltlich genutzten Sachen bestehe keine generelle öffentlich-rechtliche dingliche Rechtsmacht eines Verwaltungsträgers, S. 452 ff. Dabei stellt er fest, daß es der deutschen Lehre bisher nicht gelungen sei, ein Merkmal anzugeben, das auf alle Sachen, die sie zu den öffentlichen zähle, und nur auf diese zutreffe, S. 456. 196 F. Merli, Von öffentlichen Sachen zu öffentlichen Nutzungsrechten, S. 462. 197 F. Merli, Von öffentlichen Sachen zu öffentlichen Nutzungsrechten, S. 466 f.; dieses Ergebnis trifft sich mit Hans-Jürgen Papier (siehe oben).
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Nach Merlis Lehre ist die Sache allerdings nur „so weit öffentlich [...], als sie öffentlichen Nutzungsansprüchen unterliegt“, so daß „öffentliche Sachen sich dann in eine Kombination von öffentlichen Nutzungsrechten [...] der Bürger und Verwaltung auflösen, neben denen auch privatrechtliche Befugnisse bestehen können“. 199 Auch wenn Peter Axer die öffentlichen Einrichtungen, anders als die öffentlichen Straßen und Wege, aus dem traditionellen Kreis der öffentlichen Sachen ausschließt, macht er bei diesen Sachkategorien dennoch eine gemeinsame Funktion der Widmung aus: Die Widmung stelle ein Instrument der Nutzungsregelung dar und gewähre einen Anspruch auf Benutzung. 200 Die Art und Weise der Nutzung erfolge jedoch so unterschiedlich, daß diese nicht als verbindendes Element der Sachen in einem Recht der öffentlichen Sachen angesehen werden könne. 201
V. Lehre vom öffentlichen Eigentum nach Otto Mayer a) Die in Gesetzgebung, Rechtsprechung und Lehre vorherrschende dualistische Konstruktion eines modifizierten Privateigentums war jedoch niemals unbestritten. Daneben bestimmte die von Otto Mayer entwickelte Lehre vom öffentlichen Eigentum die wissenschaftliche Auseinandersetzung zu Beginn des 20. Jahrhunderts und prägt auch heute noch die Diskussion. 202 Ein Vorbild seiner Überlegungen ist die dem französischen Verwaltungsrecht geläufige Unterscheidung von privatrechtlichem Staatsgut, domaine privé de l’Etat, und öffentlichem Gut, domaine public. 203 Letzteres bezeichnet den Teil des Staatsvermögens, der aufgrund seiner Widmung für einen öffentlichen Zweck unveräußerlich ist und besonderen Vorschriften des öffentlichen Rechts unterliegt. Demgegenüber gelten für das domaine privé im Grundsatz dieselben allgemeinen 198
Von öffentlichen Sachen zu öffentlichen Nutzungsrechten, S. 467 ff., 470 ff. Von öffentlichen Sachen zu öffentlichen Nutzungsrechten, S. 467 f. 200 Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 136 f., 188, 195, 226. 201 P. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 222 f. 202 Wenngleich Otto Mayer der bedeutendste und bekannteste Vertreter der Lehre vom öffentlichen Eigentum war, hatte sich bereits vor ihm eine Reihe von Autoren für ein öffentliches Eigentum ausgesprochen; darunter insbesondere: F. Eisele, Über das Rechtsverhältnis der res publicae in publico usu nach römischem Recht, 1873; weitere Nachweise bei: P. Wittig, Das öffentliche Eigentum, in: DVBl. 1969, S. 680 –687, 681. 203 O. Mayer, Der gegenwärtige Stand der Frage des öffentlichen Eigentums, in: AöR 21 (1907), S. 499 – 522, 502, 514; ders., Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 2, 2. Aufl. 1917, S. 83 f.; siehe auch: ders., Theorie des französischen Verwaltungsrechts, 1886, S. 227: „Es gibt zweierlei Arten von Eigenthum des Staates: ein privates Eigenthum (domaine privé de l’Etat) und ein öffentliches Eigenthum (domaine public)“. 199
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Regeln des Privatrechts wie für das Vermögen von Privatpersonen. 204 Daneben beruft er sich auf das römische Recht, „wo zur Zeit der Republik die Idee des öffentlichen Eigentums in voller Kraft und Reinheit sich verwirklicht findet“. 205 Maßgebliches Vorbild seiner Auffassung sind die res publicae, darunter vor allem die öffentlichen Wege, die extra commercium sind, „weil sie res populi sind, weil damit die majestas populi Romani an ihnen erscheint, und weil diese die Anwendbarkeit des jus civile von selbst ausschließt“. 206 204 Siehe dazu: F. Merli, Öffentliche Nutzungsrechte und Gemeingebrauch, S. 67 ff. (nicht unkritisch) m.w. N. 205 O. Mayer, Der gegenwärtige Stand der Frage des öffentlichen Eigentums, S. 502. 206 Otto Mayer, Eisenbahn und Wegerecht, in: AöR 16 (1901), S. 38 –87, 44 f. Nach römischem Recht waren bestimmte Sachen von der Fähigkeit, Gegenstand privater Rechte zu sein, ausgeschlossen. Res quarum commercium non est: Sachen, an denen kein Privatrechtsverkehr möglich ist (siehe dazu und im weiteren: R. Sohm / L. Mitteis / L. Wenger, Institutionen, Geschichte und System des römischen Privatrechts, 17. Aufl. 1949, S. 20 ff., 196 ff., 253 ff.; M. Kaser, Römisches Privatrecht. Ein Studienbuch, 12. Aufl. 1981, S. 23 f., 76 ff., 80 f., 347; H. Hausmaninger / W. Selb, Römisches Privatrecht, 6. Aufl. 1991, S. 42, 177 f.; H. Honsell, Römisches Recht, 6. Aufl. 2005, S. 50 f.; P. Jörs / W. Kunkel, Römisches Privatrecht, 3. Aufl. 1949, Neudr. 1978, S. 55 f., 73 ff., 78). Zu diesen, in der juristischen Sprache heutiger Zeit als res extra commercium bezeichneten Sachen zählten: a) Die res publicae, die öffentlichen Sachen. Die res publicae waren die Güter des Staates. Der römische Staat war die römische Bürgergemeinde, das römische Volk, der populus romanus. Für die Sachen, die dem römischen Volk gehörten, konnte kein Privatrecht maßgeblich sein. Das Privatrecht, das ius privatum, war das Recht der eigennützigen Machtverhältnisse; es ordnete die Beziehungen des einzelnen, soweit er sie im Rahmen seiner Privatautonomie durch Rechtsgeschäfte gestalten konnte. Das, was allen Bürgern gemeinsam war und sein sollte, das gemeinsame Vermögen aller, vermochte nicht im Privateigentum zu stehen; es war dem Privatrechtsverkehr entzogen (extra commercium) und ausschließlich dem öffentlichen Recht unterstellt. Das öffentliche Recht, das ius publicum, war das Recht des Staates und seines Vermögens. Es regelte die Angelegenheiten, die im Gesamtinteresse standen, das Gemeinnützige (die Differenzierung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht zielte nicht auf eine derart systematische Scheidung zwischen den Rechtsgebieten ab, wie sie heute in der kontinental-europäischen Rechtslehre vorgenommen wird). Alles Staatsvermögen war öffentliches Gut. Rechtssubjekt des staatlichen Vermögens, insbesondere der Staatskasse (aerarium populi Romani), war die Gesamtgemeinde der römischen Bürger. Die res publicae bildeten damit den Gegensatz zu den res privatae, dem Privatvermögen des römischen Bürgers, des civis romanus. All dies galt für die Republik und zunächst auch noch unter dem Prinzipat. In der römischen Kaiserzeit traten diejenigen Teile des Staatsvermögens, die der Sonderwirtschaft des Staates dienten und dem einzelnen nur mittelbar zugute kamen, in das commercium des Privatrechts ein. Dieses Vermögen, das als fiscus Caesaris (kaiserliche Kasse) der kaiserlichen Verwaltung unterstand, wurde privates Vermögen gleich dem Vermögen einer natürlichen Einzelperson. Damit wurde das öffentliche Gut vermögensfähig auf dem Gebiet des Privatrechts. Der fiscus entwickelte sich ursprünglich aus dem Privatvermögen des Kaisers und blieb deshalb dem Privatrecht teilhaft. Je mehr die republikanischen Staatsorgane an Bedeutung verloren, d. h. mit zunehmender Macht des Kaisers, verwischten die Grenzen zwischen fiscus und aerarium. Nachdem dem fis-
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b) Öffentliche Sachen definiert Otto Mayer als diejenigen Sachen, die mit ihrer Körperlichkeit einem bestimmten Zwecke des Gemeinwesens unmittelbar zur Erfüllung zu dienen bestimmt seien. 207 Ihre Bestimmtheit für den öffentlichen Zweck soll in zwei Merkmalen zum Ausdruck kommen: in ihrer äußerlichen Beschaffenheit, wonach sie zur Erfüllung dieses Zwecks geeignet seien, und in ihrer Zugehörigkeit an ein Subjekt öffentlicher Verwaltung, das sie für diesen Zweck bereit halte und verwalte. Gleichzeitig müßten diese Sachen von unmittelbarer Bedeutung für den öffentlichen Zweck sein, so daß sich darin ein Stück öffentliche Verwaltung verkörpere. In Anbetracht dieser öffentlichen Funktion sei die Herrschaft eines Gemeinwesens über seine öffentlichen Sachen nach öffentlichem Recht zu beurteilen. Daraus ergebe sich als „Forderung die Idee eines öffentlichen Sachenrechts, vor allem die eines öffentlichen Eigentums“, das nichts anderes sei als „ein öffentlichrechtliches, ein öffentlichrechtlich gedachtes Eigentum“. 208 Nur eine öffentlich-rechtliche Ordnung könne den Schutz der öffentlichen Sachen vor Beeinträchtigungen und ihren Erhalt für den öffentlichen Zweck gewährleisten. Das „freie Spiel der durcheinanderwirkenden privatrechtlichen Kräfte“ werde dem nicht gerecht. 209 So wie sich Privateigentum „auf der Grundlage der rechtlichen Gleichheit der beteiligten Rechtssubjekte, des Eigentümers und der ihm Gegenübertretenden“ vollziehe, sei für das öffentliche Eigentum die rechtliche Ungleichheit charakteristisch, „indem der Eigentümer dabei als Träger öffentlicher Gewalt den anderen als Privaten gegenübertritt“. 210 cus immer mehr Einkünfte zugewiesen wurden, hatte das der kaiserlichen Verwaltung unterstehende öffentliche Vermögen gegen Ende der Prinzipatszeit das gesamte Staatsvermögen in sich einbezogen. Der fiscus war damit zum einzigen Staatsvermögen geworden und als juristische Person in das Privatrecht aufgenommen. Res publicae waren daher nach Justinianischem Recht nur noch die res publicae publico usui destinatae, d. h. die zum unmittelbaren Gemeingebrauch bestimmten Sachen wie öffentliche Wege, Plätze, Flüsse. Sie waren weiterhin dem Privatrechtsverkehr entzogen; an ihnen gab es kein privates Eigentum. b) Die res communes omnium. Das waren die durch ihre natürliche Beschaffenheit herrenlosen Gegenstände, d. h. sie galten weder als Privat- noch als Staatseigentum. Dazu zählten beispielsweise die Luft, die Flußwelle, das Meer mit seinem Strand und Bett. c) Die res divini juris, die Sachen göttlichen Rechts (Gegensatz: res humani iuris, Sachen menschlichen Rechts, die sich aus den res publicae und den res privatae zusammensetzten). Sie standen im (nicht privatrechtlichen) Eigentum der Götter, oder was dem im alten Recht gleichkommt, unter göttlicher Schutzgewalt. Sie bildeten drei Gruppen: aa) Die den überirdischen Gottheiten geweihten Sachen wie Tempel, Bildsäulen, Altäre (res sacrae). bb) Die den dii Manes, den Göttern der Unterwelt, geweihten Grabstätten (res religiosae). An diesen konnte allerdings ein privates Grabrecht bestehen, das an die Familie gebunden oder vererblich war. cc) Die unter göttlichem Schutz (ohne Weiheakt) stehenden profanen Sachen wie Stadtmauern, Stadttore (res sanctae). Siehe dazu auch: H. Wappäus, Zur Lehre von den dem Rechtsverkehr entzogenen Sachen nach römischem und heutigem Recht. Eine juristische Abhandlung, 1867. 207 Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 2, 2. Aufl., S. 71 f. 208 O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 2, 2. Aufl., S. 72 f. 209 O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 2, 2. Aufl., S. 75.
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Unter Verweis auf die von ihm formulierten Bestimmungskriterien – Zugehörigkeit der Sache an einen Träger öffentlicher Verwaltung und ein unmittelbares Dienstbarwerden für den bestimmten öffentlichen Zweck – stellt Otto Mayer klar, daß öffentliche Sachen nicht bloß in Gestalt öffentlichen Eigentums bestehen könnten, sondern auch kraft einer öffentlich-rechtlichen Dienstbarkeit oder öffentlich-rechtlichen Besitzes. 211 In den letzten beiden Fällen gehe die Zugehörigkeit der öffentlichen Sache an den Träger öffentlicher Verwaltung allerdings weniger tief, so daß auch die Zugehörigkeit des Rechts an der Sache zum Gebiete des öffentlichen Rechts eine weniger vollkommene sei. 212 c) Öffentliches Eigentum soll nach der Idee Otto Mayers in dem Augenblick entstehen, in dem Eigentum und öffentliche Verwaltung, also die begriffsmäßigen Voraussetzungen, zusammentreffen. 213 In dem grundlegenden Fall, in dem eine öffentliche Sache neu hergestellt wird, will Otto Mayer seine Lehre wie folgt verstanden wissen: Sofern der Staat nicht mit verwendbarem Grundbesitz ausgestattet sei, müsse er entsprechende Grundstücke durch privatrechtliches Rechtsgeschäft 214 oder auf dem öffentlich-rechtlichen Wege der Enteignung beschaffen. Das Eigentum an den danach zur Verfügung stehenden Sachen sowie die daraus hervorgehenden Rechtsbeziehungen unterlägen den Regeln des bürgerlichen Rechts. Ebensowenig wie die sich anschließenden Herrichtungsarbeiten, die die Grundstücke geeignet machen sollen, einen bestimmten öffentlichen Zweck zu erfüllen, führe die Fertigstellung des Werkes eine veränderte Rechtslage herbei: Das Eigentum daran bleibe privatrechtlicher Natur. 215 Den „großen Umschlag“ bewirke allein der Willensakt, durch den die Sache in den Dienst des öffentlichen Zwecks gestellt werde. Diese Widmung sei „kein obrigkeitlicher Akt, kein Urteil, kein Verwaltungsakt“. Sie enthalte auch keinen bindenden Ausspruch dessen, was Rechtens sein solle. Sie sei vielmehr der ins Werk gesetzte Wille des Staates, von nun an den bestimmten öffentlichen Zweck durch diese Sache zu erfüllen. Die Widmung, diese mehr oder weniger 210 O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 2, 2. Aufl., S. 74; deutlicher zum Ausdruck kommt Otto Mayers Staatssicht in seiner Charakterisierung der Verwaltungsrechtswissenschaft (im Gegensatz zur Zivilrechtswissenschaft). Diese habe zu tun mit den „rechtlich bedingten Erscheinungen der öffentlichen Gewalt im Verhältnis zwischen Staat und Untertan“, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 1, unveränd. Nachdr. d. 3. Aufl. 1924 (1969), S. 8. 211 Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 2, 2. Aufl., S. 92 ff., 95 ff., 119 f. Im Rahmen der Erörterung des zweiten Kriteriums schließt Otto Mayer das Finanzvermögen, das dem Staat mit seinem Vermögenswert zur Verfügung stehe und an dem die besondere Unmittelbarkeit der Erfüllung des öffentlichen Zwecks nicht erkennbar werde, aus dem Kreis der öffentlichen Sachen aus (S. 99). 212 O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 2, 2. Aufl., S. 95 ff. 213 Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 2, 2. Aufl., S. 108. 214 Zum Beispiel Kauf oder Tausch. 215 Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 2, 2. Aufl., S. 108 f.
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förmliche Indienststellung, mache „aus dem Privateigentum öffentliches, aus der privatrechtlichen Wegedienstbarkeit eine öffentlichrechtliche“ und gebe „ebenso auch dem bloßen Besitz jene öffentlichrechtliche Natur“. 216 Bei den sogenannten natürlichen öffentlichen Sachen, die die Bestimmung, einem öffentlichen Zwecke zu dienen, kraft ihrer natürlichen Beschaffenheit besäßen, die der Staat also nicht gemacht, sondern so vorgefunden habe, werde die Widmung durch die Beibehaltung dieser von der Natur schon dargebotenen allgemeinen Benutzbarkeit ersetzt. Dementsprechend erwerbe der Staat diese Art von Sachen sofort als eine öffentliche. 217 d) Die im öffentlichen Eigentum befindliche Sache soll nach Otto Mayer dem Rechtsverkehr nicht entzogen sein. Allerdings könne der öffentliche Sachherr nur in den Formen des öffentlichen Rechts über sie verfügen. Voraussetzung einer Veräußerung als öffentliche Sache sei daher, daß der Empfänger ebenso befähigt sei, öffentliche Verwaltung durch sie zu betreiben wie der Verfügende. Otto Mayer spricht in diesem Zusammenhang von einer Verwaltungsverschiebung. 218 Demgegenüber entstehe eine Verwaltungsgemeinschaft an der öffentlichen Sache, wenn diese zugleich noch einem anderen Verwaltungsträger zu einem anderen Zweck als dem, für welchen sie ursprünglich bestimmt sei, dienstbar gemacht werde. 219 Die so bestimmten Rechtshandlungen sollen mittels Sondergesetz oder Verwaltungsakt, der dann besondere Gestaltungen annehmen könne, eingerichtet und geordnet werden. 220 Privatrechtliche Rechtsbegründungen an einer im öffentlichen Eigentum stehenden Sache sollen nach der Lehre Otto Mayers ausgeschlossen sein: Das „ganze bürgerliche Recht hat mit dem öffentlichen Eigentum nichts zu tun“. 221 Die Rechtsinstitute des Privatrechts zur Regelung von Veräußerungsgeschäften kämen demnach ebensowenig zur Anwendung wie die Rechtsinstitute, die Belastungen und Beschränkungen des Eigentums bewirken könnten. Ausgeschlossen seien dabei nicht nur Verträge und Ersitzungen diesen Inhalts; für die Bestellung von Reallasten, Hypotheken, Grundschulden und Rentenschulden sei das öffentliche Eigentum ebenfalls nicht zugänglich. 222 Privatrecht werde erst wieder anwendbar, wenn die Sache aufhöre, eine öffentliche zu sein. 223 Auch dem Verwaltungsrecht käme, sofern es Untertanenrecht sei, keine Geltung zu; die in 216 217 218 219 220 221 222 223
O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 2, 2. Aufl., S. 109 f., 112. O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 2, 2. Aufl., S. 111. Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 2, 2. Aufl., S. 115. O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 2, 2. Aufl., S. 116. O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 2, 2. Aufl., S. 115 f. Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 2, 2. Aufl., S. 117, 120. O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 2, 2. Aufl., S. 117 f. O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 2, 2. Aufl., S. 119.
1. Kap.: Gesetzgebung, Rechtsprechung und Lehre
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öffentlichem Eigentum stehende Sache sei der Enteignung daher nicht zugänglich. 224 Dem bürgerlichen Recht bleibe allerdings Spielraum, wenn die öffentliche Sache kraft einer öffentlichen Grunddienstbarkeit oder durch Verwaltungsbesitz bestehe. Ihm unterstehe die vom öffentlichen Recht nicht ergriffene Zugehörigkeit der Sache, also das mit der Dienstbarkeit oder dem öffentlich-rechtlichen Besitz belastete Eigentum des Privaten. Dieser könne es veräußern oder verpfänden, jedoch sei die Rechtsausübung nach Maßgabe der Zweckbestimmung der Sache und der sich darauf gründenden Zuständigkeiten der öffentlichen Verwaltung gehemmt. 225 e) Nachdem Otto Mayer die Idee des öffentlichen Eigentums aufgenommen und wieder und wieder vertreten hatte, 226 schien seine Lehre eine Zeit lang im Vordringen und auch in der Rechtsprechung fanden sich vorübergehend Anhänger. 227 Sie vermochte sich jedoch nicht durchzusetzen. 228 f) Es wäre jedoch vollkommen verfehlt, der Idee des öffentlichen Eigentums nur wissenschaftsgeschichtliche Bedeutung beizumessen. Auf Landesebene hat der Gesetzgeber diese Konzeption vereinzelt aufgegriffen: Gesetzlich eingeführt ist das öffentliche Eigentum durch das Hamburgische Wegegesetz für alle öffentlichen Wege, die dem Gemeingebrauch gewidmet sind und der Stadt Hamburg gehören (§ 4 Abs. 1 HmbWegeG) 229, ferner durch das Hamburgische Deichordnungsgesetz (§ 1 Nr. 3 DOG) 230 für einen Teil der Deichgrundstücke (§ 4a Abs. 1 HmbWaG) 231 und schließlich durch das Wassergesetz von Baden-Württemberg für das Bett der Gewässer erster und zweiter Ordnung (§ 4 Abs. 1 S. 1 BaWüWaG) 232.
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O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 2, 2. Aufl., S. 118, 31 f. O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 2, 2. Aufl., S. 119 f. 226 Siehe auch: O. Mayer, Neues vom öffentlichen Eigentum, in: AöR 39 (1920), S. 77 – 95. 227 P. Wittig, Das öffentliche Eigentum, S. 681 f. m. N. 228 Zur Kritik an dieser Lehre: E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 379, Anm. 5; K. Stern, Die Öffentliche Sache, S. 188 f., 262 f.; W. Weber, Die Öffentliche Sache, S. 266 f., 158 f.; H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen (AllgVerwR), S. 785 ff.; siehe auch: P. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, S. 41 ff. 229 HmbWegeG vom 04. 04. 1961 (GVBl. S. 117), i. d. F. vom 22. 01. 1974 (GVBl. S. 41), zul. geänd. am 14. 12. 2007 (GVBl. 2008, S. 8). 230 Gesetz zur Ordnung deichrechtlicher Verhältnisse vom 29. 04. 1964 (GVBl. S. 79). 231 Hamburgisches Wassergesetz vom 20. 06. 1960 (GVBl. S. 335), i. d. F. vom 29. 03. 2005 (GVBl. S. 97), zul. geänd. am 14. 12. 2007 (GVBl. S. 501). 232 BaWüWaG vom 25. 02. 1960 (GVBl. S. 17), i. d. F. vom 20. 01. 2005 (GVBl. S. 219, ber. S. 404), zul. geänd. am 11. 10. 2005 (GVBl. S. 668). 225
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5. Teil: Öffentliche Sachen
Beispielsweise bestimmt Art. 4 Abs. 1 HmbWegeG: „Das öffentliche Eigentum begründet eine hoheitliche Sachherrschaft. Die in öffentlichem Eigentum stehenden Gegenstände sind dem Rechtsverkehr entzogen. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, insbesondere über den Besitz und das Eigentum, finden keine Anwendung“ (S. 4 –6). 233
Das so eingeführte öffentliche Eigentum mußte sich seine verfassungsrechtliche Anerkennung jedoch erst in der höchstrichterlichen Rechtsprechung erkämpfen, was wohl auf die Vorrangstellung der dualistischen Konstruktion, vor allem im Schrifttum, zurückzuführen ist. 234
2. Kapitel
Eigentum Wenn Literatur und Rechtsprechung mehrheitlich davon ausgehen, daß dem Staat ein Verfügungsrecht in Bezug auf (öffentliche) Sachen zustehe, das im Grundsatz dem durch § 903 BGB determinierten Eigentum entspricht und das wir Privateigentum nennen, dann muß dieser Begriff geklärt werden (2. Kap. II.). Zuvor wird – ausgehend vom Begriff des Eigenen – das Eigentumsgrundrecht, das Menschenrecht, ins Blickfeld gerückt. Um Mißverständnisse von vornherein auszuschließen: Die grundgesetzliche Eigentumsgewährleistung schützt das Privateigentum im eigentlichen Wortsinn, nämlich das Eigentum Privater. 235 Das dritte Kapitel handelt vom Staat, dem Staat des Grundgesetzes, dem Staat der Gesetzlichkeit, dem Staat des deutschen Volkes. Daran anschließend, im vierten Kapitel, kann schließlich erörtert werden, ob und gegebenenfalls inwieweit Staat und (Privat-)Eigentum miteinander vereinbar sind und nach welchen Regeln demnach staatliche Sachherrschaft auszuüben ist.
I. Exkurs: Das Eigentum Privater 1. Eigenes und Eigentum a) Das Eigene eines „Menschen sind seine Möglichkeiten zu leben und zu handeln“. 236 Weil der Mensch ohne Eigenes weder leben noch handeln kann,
233 Dazu: H.-P. Strenge, Wegerecht, in: W. Hoffmann-Riem / H.-J. Koch (Hrsg.), Hamburgisches Staats- und Verwaltungsrecht, 2. Aufl. 1998, S. 287 ff. 234 Siehe: 5. Teil, 4. Kap. II. 235 BVerfGE 61, 82 (108 f.).
2. Kap.: Eigentum
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gibt es ohne Eigenes keine Freiheit. Und ohne Freiheit hätte der Mensch keine Würde. 237 Das Eigene ist wesentliche Grundlage der freien Entfaltung der Persönlichkeit, es ist Teil der Persönlichkeit des Menschen 238 und deshalb wird der Mensch, der Eigenes hat, bereits durch die Gefahr lädiert, daß ihm das Seine von anderen genommen werden könnte, 239 wenn die Lebensverhältnisse und die Achtung des Mein und Dein nicht durch allgemeine Gesetze gesichert sind. Wer einem Menschen das Eigene gegen seinen Willen abnötigt, macht ihm seine Handlungsmöglichkeiten streitig und verletzt seine Freiheit. 240 Die äußere Freiheit ist, so lehrt Kant, die „Unabhängigkeit von eines anderen nötigender Willkür“. 241 236 K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum. Aspekte freiheitlicher Eigentumsgewährleistung, in: J. Isensee / H. Lecheler (Hrsg.), Freiheit und Eigentum. Festschrift für Walter Leisner, 1999, S. 743 – 796, 744; ders., Freiheit in der Republik, S. 537, auch zum folgenden. 237 Immanuel Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, 1785/1786, in: Werke in zwölf Bänden, hrsg. v. W. Weischedel, Bd. VII, 1968, S. 7 ff., 69, folgert die Würde des Menschen aus dessen Autonomie: „Autonomie ist also der Grund der Würde der menschlichen und jeder vernünftigen Natur“; siehe dazu: K. A. Schachtschneider, Die Würde des Menschen, 1997/1998, in: ders., Freiheit – Recht – Staat. Eine Aufsatzsammlung zum 65. Geburtstag, hrsg. v. D. I. Siebold / A. Emmerich-Fritsche, 2005, S. 13 –22; M. Kriele, Einführung in die Staatslehre. Die geschichtlichen Legitimitätsgrundlagen des demokratischen Verfassungsstaates, 6. Aufl. 2003, S. 181 ff.; dazu außerdem: I. v. Münch, Die Würde des Menschen im deutschen Verfassungsrecht, in: J. Ipsen / E. Schmidt-Jortzig (Hrsg.), Recht – Staat – Gemeinwohl. Festschrift für Dietrich Rauschning, 2001, S. 27 ff.; P. Häberle, Die Menschenwürde als Grundlage der staatlichen Gemeinschaft, in: J. Isensee / P. Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II: Verfassungsstaat, 3. Aufl. 2004, § 22, S. 317 ff.; K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV/1: Die einzelnen Grundrechte. Der Schutz und die freiheitliche Entfaltung des Individuums, 2006, in Verbindung mit Sachs, Michael und Dietlein, Johannes, § 97: Die Würde des Menschen, S. 3 ff. 238 K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum, S. 745, 751; W. Leisner, Freiheit und Eigentum – die selbständige Bedeutung des Eigentums gegenüber der Freiheit, 1974, in: J. Isensee (Hrsg.), Eigentum. Schriften zu Eigentumsgrundrecht und Wirtschaftsverfassung. 1970 – 1996, 1996, S. 7 – 20, 14; i. d. S. auch J. Locke, Über die Regierung. The Second Treatise of Government, ed. Mayer-Tasch, Reclam, 2003, S. 22 („sein eigen sein, und zwar so sein eigen, d. h. Teil des Seinen“); O. Depenheuer, Kommentierung des Art. 14 GG, in: H. v. Mangoldt / F. Klein / C. Starck, Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 1: Präambel, Artikel 1 bis 19, 5. Aufl. 2005, Rdn. 2 („Ausdruck der Person“). 239 I. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 353, definiert: „Das Rechtlich-Meine (meum iuris) ist dasjenige, womit ich so verbunden bin, daß der Gebrauch, den ein anderer ohne meine Einwilligung von ihm machen möchte, mich lädieren würde“; siehe auch: S. 365 f., 366 ff., 422 ff., 430 f. 240 K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum, S. 751; ders., Freiheit in der Republik, S. 544. 241 Metaphysik der Sitten, S. 345; siehe dazu: K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 290 ff., 325 ff., 332 ff.; ders., Freiheit in der Republik, S. 67 ff.
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5. Teil: Öffentliche Sachen
Die innere Freiheit ist die freie Willkür, das ist die Willkür, die den anderen in seiner Würde, d. h. in seiner äußeren Freiheit, in seiner Persönlichkeit achtet. 242 Das ethische Verhaltensprinzip, dem die innere Freiheit unterliegt, ist das Sittengesetz, der von Immanuel Kant definierte kategorische Imperativ, dessen bekannteste Formulierung lautet: „Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne“. 243 Die innere, positive Freiheit, also die Pflicht zur Moralität und Sittlichkeit, die Pflicht zur praktischen Vernunft, ist Voraussetzung der äußeren Freiheit, aber zugleich ermöglicht die äußere, negative Freiheit die innere. 244 b) Freiheit vollzieht sich im selbstbestimmten Handeln, menschliches Leben ist Handeln. 245 Weil der Mensch aber im Gemeinwesen mit anderen Menschen lebt, wirkt sich sein Handeln auch auf andere Menschen aus. Alle Handlungen des Menschen haben Wirkung auf alle. 246 Die Möglichkeiten und Güter, die ein Mensch nutzt, können nicht von anderen in Anspruch genommen werden. Der Mensch, der handelt, beansprucht die Welt und verändert die Lebenswirklichkeit 242 I. Kant, Kritik der praktischen Vernunft, 1788, in: Werke in zwölf Bänden, hrsg. v. W. Weischedel, Bd. VII, 1968, S. 210: „nur der Mensch, und mit ihm jedes vernünftige Geschöpf, ist Zweck an sich selbst. Er ist nämlich das Subjekt des moralischen Gesetzes, welches heilig ist, vermöge der Autonomie seiner Freiheit“; ders., Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 61; dazu: K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, S. 83 ff.; ders., Res publica res populi, S. 279 ff.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 30 ff.; ders., Die Würde des Menschen, S. 14. 243 Kritik der praktischen Vernunft, S. 140; siehe auch: ders., Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 51, 69 ff.; ders., Metaphysik der Sitten, S. 331, 526; dazu: K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 107 ff.; ders., Das Sittengesetz und die guten Sitten, in: B. Becker / H. P. Bull / O. Seewald (Hrsg.), Festschrift für Werner Thieme zum 70. Geburtstag, 1993, S. 195 – 225; ders., Res publica res populi, S. 259 ff.; ders., Sittlichkeit und Moralität – Fundamente von Ethik und Politik in der Republik, 2004, in: ders., Freiheit – Recht – Staat. Eine Aufsatzsammlung zum 65. Geburtstag, hrsg. v. D. I. Siebold / A. Emmerich-Fritsche, 2005, S. 23 –66, 26 ff.; J. Timmermann, Sittengesetz und Freiheit. Untersuchungen zu Immanuel Kants Theorie des freien Willens, 2003, S. 32 ff., 72 ff., 105 ff., 170 ff.; F. Kaulbach, Immanuel Kants „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“. Interpretation und Kommentar, 1988, S. 32 ff., 82 ff., 94 ff.; M. Forschner, Gesetz und Freiheit. Zum Problem der Autonomie bei I. Kant, 1974, S. 208 ff., 229 f. 244 I. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 318, 527; K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 279 ff., insb. S. 289, 325 ff.; ders., Freiheit in der Republik, S. 67 ff.; ders., Vom liberalistischen zum republikanischen Freiheitsbegriff, in: K. A. Schachtschneider (Hrsg.), Wirtschaft, Gesellschaft und Staat im Umbruch. Festschrift der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg 75 Jahre nach Errichtung der Handelshochschule Nürnberg, 1995, S. 418 –449, 430 f.; F. Kaulbach, Immanuel Kants „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“, S. 120 ff. 245 Siehe dazu: K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, S. 60 ff., 311 ff. 246 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 318, 218 f., 370 ff., 478 ff.; ders., Das Recht am und das Recht auf Eigentum, S. 745 f., 751; ders., Freiheit in der Republik, S. 537 ff., 544 f. auch zum folgenden.
2. Kap.: Eigentum
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der anderen Menschen, ohne daß er dies vermeiden könnte. Die Wirkung auf andere ergibt sich aus der Existenz des Menschen unter Menschen. 247 Äußere Freiheit verlangt jedoch die „Unabhängigkeit von eines anderen nötigender Willkür“ und deshalb können alle, die durch ein Handeln betroffen sind, nur frei sein, wenn sie in alles Handeln eingewilligt haben. Nur wenn alles Handeln dem allgemeinen Willen als dem Willen aller entspricht, wird die allgemeine Freiheit durch das Handeln nicht verletzt. 248 Der allgemeine Wille, die volonté générale Rousseaus, 249 verwirklicht sich im allgemeinen Gesetz. 250 Folglich müssen alle Maximen des Handelns 251 ihre Grundlage in den allgemeinen Gesetzen finden. Das geht aus dem „Allgemeine[n] Prinzip des Rechts“ hervor, das Immanuel Kant wie folgt definiert: „Eine jede Handlung ist recht, die oder nach deren Maxime die Freiheit der Willkür eines jeden mit jedermanns Freiheit nach einem allgemeinen Gesetze zusammen bestehen kann“. 252
247 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 318; dieser soziale Bezug kommt auch im Menschenbild des Bundesverfassungsgerichts zum Ausdruck: „Dem liegt die Vorstellung vom Menschen als einem geistig-sittlichen Wesen zugrunde, das darauf angelegt ist, in Freiheit sich selbst zu bestimmen und sich zu entfalten. Diese Freiheit versteht das Grundgesetz nicht als diejenige eines isolierten und selbstherrlichen, sondern als die eines gemeinschaftsbezogenen und gemeinschaftsgebundenen Individuums“, BVerfGE 45, 187 (227); auch: BVerfGE 4, 7 (15 f.); 8, 274 (329); 12, 45, (51); 27, 1 (7); 30, 173 (193); 32, 98 (107 f.); 33, 303 (334); 50, 166 (175); vgl. auch die Formulierung in BVerfGE 80, 367 (374): „Der Mensch als Person, auch im Kern seiner Persönlichkeit, existiert notwendig in sozialen Bezügen“. 248 Dazu und zum folgenden: K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 275 ff., 325 ff., 478 ff.; ders., Freiheit in der Republik, S. 34 ff., 274 ff.; eine Zusammenschau dieser Überlegungen findet sich in: ders., Sittlichkeit und Moralität, S. 23 ff. 249 Vom Gesellschaftsvertrag oder Grundsätze des Staatsrechts, ed. Brockard, Reclam, 2003, 2. Buch, S. 27 ff. („allein der Gemeinwille [kann] die Kräfte des Staates gemäß dem Zweck seiner Errichtung, nämlich dem Gemeinwohl, leiten“); 2. Buch, S. 39 ff.; 4. Buch, S. 112 ff. 250 Art. 6 der „Déclaration des droits de l’homme et du citoyen“ vom 26. August 1789 schreibt fest: „La Loi est l’expression de la volonté générale“. 251 Die Maxime ist „das subjektive Prinzip zu handeln, was sich das Subjekt selbst zur Regel macht (wie es nämlich handeln will)“, I. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 332. 252 Metaphysik der Sitten, S. 337; im gleichen Sinne formuliert er in „Über den Gemeinspruch: Das mag in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht für die Praxis, 1793, in: Werke in zwölf Bänden, hrsg. v. W. Weischedel, Bd. XI, 1968“, S. 144: „Recht ist die Einschränkung der Freiheit eines jeden auf die Bedingung ihrer Zusammenstimmung mit der Freiheit von jedermann, in so fern diese nach einem allgemeinen Gesetze möglich ist“. Mit der Formulierung seines allgemeinen Rechtsprinzips schließt Kant an Art. 4 der déclaration des droits de l’homme et du citoyen an (J. Habermas, Faktizität und Geltung. Beiträge zur Diskurstheorie des Rechts und des demokratischen Rechtsstaats, 4. Aufl. 1994, S. 109 f.). Dort heißt es: „La liberté consiste à pouvoir faire tout ce qui ne nuit pas à autrui: ainsi, l’exercice des droits naturels de chaque homme n’a de bornes que celles qui assurent aux autres membres de la société la jouissance de ces mêmes droits.
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5. Teil: Öffentliche Sachen
Nur wer unter dem eigenen Gesetz lebt, das zugleich das Gesetz all derer ist, die zusammen leben, ist frei, d. h. unabhängig von eines anderen nötigender Willkür. 253 Das entspricht der „Idee der Würde eines vernünftigen Wesens, das keinem Gesetz gehorcht, als dem, das es zugleich selbst gibt“. 254 Darum ist Freiheit die Autonomie des Willens. 255 Wenn der Wille autonom ist und wenn alle bemüht sind, zu erkennen, was das Richtige für das gute Leben aller in allgemeiner Freiheit ist, was das Glück aller ermöglicht, was also für alle gut ist, kann der allgemeine Wille nur zum allgemeinen Gesetz finden. Freiheit ist darum vor allem das Recht zur allgemeinen Gesetzgebung, d. h. das Recht des Menschen, sich mit allen anderen Menschen über die Gesetze zu einigen, nach
Ces bornes ne peuvent être déterminées que par la loi“; siehe dazu: K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 290 ff., insb. S. 292 f. 253 Die Gesetze verwirklichen die Freiheit, wie auch bei John Locke, Über die Regierung, S. 43, deutlich wird: „So ist das Ziel des Gesetzes, mag es auch mißverstanden werden, nicht, die Freiheit abzuschaffen oder einzuschränken, sondern sie zu erhalten und zu erweitern. Denn bei allen Geschöpfen, die zu Gesetzen fähig sind, gilt: Gibt es kein Gesetz, so gibt es auch keine Freiheit. Freiheit nämlich bedeutet frei sein von Zwang und Gewalttätigkeit anderer, was nicht sein kann, wo es keine Gesetze gibt“. 254 Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 67; dazu: F. Kaulbach, Immanuel Kants „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“, S. 82 ff., 91 ff., 100 ff., 131 f., 207 ff.; ders., Studien zur späten Rechtsphilosophie Kants und ihrer transzendentalen Methode, 1982, S. 140 ff.; M. Forschner, Gesetz und Freiheit, S. 211; W. Maihofer, Prinzipien freiheitlicher Demokratie, in: E. Benda / W. Maihofer / H.-J. Vogel (Hrsg.), Handbuch des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 2. Aufl. 1994, S. 427 ff., 442 ff.; H. Dreier, Kants Republik, in: JZ 15/16/2004, S. 745 – 756, 748 ff.; J. Habermas, Erläuterungen zur Diskursethik, 1991, S. 145 f.; siehe auch J.-J. Rousseau, Vom Gesellschaftsvertrag, 1. Buch, S. 23: „der Gehorsam gegen das selbstgegebene Gesetz ist Freiheit“. 255 I. Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 81; J. Habermas, Die Einbeziehung des Anderen. Studien zur politischen Theorie, 1996, S. 301: „Die Idee der rechtlichen Autonomie der Bürger verlangt ja, daß sich die Adressaten des Rechts zugleich als dessen Autoren verstehen können“; siehe auch: ders., Faktizität und Geltung, S. 153. Dem republikanischen Begriff der Freiheit als Autonomie des Willens steht ein liberalistischer Freiheitsbegriff gegenüber, der als vorherrschend in Rechtsprechung und Lehre bezeichnet werden muß. Er konzipiert Freiheit als Freiheiten, als Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat, und begreift die Gesetze als Beschränkungen der Freiheit, so z. B.: BVerfGE 7, 198 (204): „Ohne Zweifel sind die Grundrechte in erster Linie dazu bestimmt, die Freiheitssphäre des einzelnen vor Eingriffen der öffentlichen Gewalt zu sichern; sie sind Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat“; auch: BVerfGE 13, 318 (325 f.); 21, 362 (372); 50, 290 (337 f.); J. Schwabe, Probleme der Grundrechtsdogmatik, 1977, S. 67, 11; M. Sachs, in: K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/1: Allgemeine Lehren der Grundrechte, 1988, §§ 63 –67, S. 558 ff.; J. Isensee, Das Grundrecht als Abwehrrecht und als staatliche Schutzpflicht, in: ders. / P. Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V: Allgemeine Grundrechtslehren, 2. Aufl. 2000, § 111, S. 143 ff., 149 f., 163 ff.; C. Link, Staatszwecke im Verfassungsstaat – nach 40 Jahren Grundgesetz, in: VVDStRL 48 (1990), S. 7 –55, 42 f.; zu den beiden Freiheitsbegriffen: K. A. Schachtschneider, Vom liberalistischen zum republikanischen Freiheitsbegriff, S. 418 ff.
2. Kap.: Eigentum
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denen alle miteinander leben können und die das freie Handeln aller Menschen miteinander vereinbar machen. 256 c) Die allgemeine Gesetzlichkeit, die Staatlichkeit ist, 257 sichert auch die Möglichkeiten der Menschen zu leben und zu handeln. Die allgemeinen Gesetze begründen subjektive Rechte, die das Eigene schützen, das dadurch zum Eigentum wird. Sie verwirklichen die allgemeine Freiheit, indem sie das Mein und Dein als Eigentum ordnen. 258 Ohne die gemeinsame Gesetzlichkeit, die durch den Staat erzwungen werden darf und soll, wenn die Bürger nicht sittlich und moralisch handeln, 259 ist das Eigene nicht gesichert, sondern ständig durch die Menschen gefährdet, die Interesse haben können, anderen Menschen die Möglichkeiten des Handelns und des Lebens zu nehmen. 260 Der Mensch strebt jedoch nach Sicherheit und er hat ein Recht darauf, d. h. er kann die Sicherheit gewährleistende Gesetzlichkeit 256 Der Weg der Erkenntnis der Gesetze ist das Gespräch aller mit allen, der öffentliche Diskurs über das Wahre und Richtige, der in der Republik bestmöglich gestaltet sein muß; siehe dazu: K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 584 ff.; J. Habermas, Moralbewußtsein und kommunikatives Handeln, 1983, S. 78 ff., 83 f.; ders., Faktizität und Geltung, S. 109 ff., 151 ff., 324, 349 ff., 516 f., 643 ff. 257 Siehe dazu: 5. Teil, 3. Kap. I. 258 K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum, S. 744, 752 f.; dazu: I. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 366: „Also kann es nur im bürgerlichen Zustande ein äußeres Mein und Dein geben“; J.-J. Rousseau, Vom Gesellschaftsvertrag, 1. Buch, S. 22 f.: „Was der Mensch durch den Gesellschaftsvertrag verliert, ist seine natürliche Freiheit“; „was er erhält, ist die bürgerliche Freiheit und das Eigentum an allem, was er besitzt“. Dabei „ist es notwendig, die natürliche Freiheit, die ihre Schranken nur in der Stärke des Individuums findet, deutlich von der bürgerlichen Freiheit zu unterscheiden, die durch den Gemeinwillen begrenzt ist, und den Besitz, der nur eine Folge der Stärke oder des Rechts des ersten Besitznehmers ist, vom Eigentum, das nur auf einen ausdrücklichen Titel gegründet werden kann“. John Locke, Über die Regierung, der in der „Erhaltung ihres Eigentums“ das „hauptsächliche Ziel“ sieht, „zu dem sich Menschen in Staatswesen zusammenschließen und sich unter eine Regierung stellen“ (S. 96), stellt fest: „Doch Freiheit ist nicht, wie man uns sagt, die Freiheit für jeden, zu tun, was ihm einfällt (denn wer könnte frei sein, wenn ihn die Laune jedes anderen tyrannisieren dürfte), sondern die Freiheit, innerhalb der erlaubten Grenzen jener Gesetze, denen er untersteht, über seine Person, seinen Handlungen, seinen Besitz und sein gesamtes Eigentum zu verfügen, damit zu tun, was ihm gefällt, und dabei niemandes eigenmächtigen Willen unterworfen zu sein, sondern frei dem eigenen folgen zu können“ (S. 43). 259 Siehe dazu: 5. Teil, 3. Kap. I. 260 K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum, S. 752; I. Kant, Zum ewigen Frieden. Ein philosophischer Entwurf, 1795/1796, in: Werke in zwölf Bänden, hrsg. v. W. Weischedel, Bd. XI, 1968, S. 203: „Der Mensch aber (oder das Volk) im bloßen Naturzustande benimmt mir diese Sicherheit, und lädiert mich schon durch eben diesen Zustand, indem er neben mir ist, obgleich nicht tätig (facto), doch durch die Gesetzlosigkeit seines Zustandes (statu iniusto), wodurch ich beständig von ihm bedroht werde“; ders., Metaphysik der Sitten, S. 430: „bevor ein öffentlich gesetzlicher Zustand errichtet worden, vereinzelte Menschen, Völker und Staaten niemals vor Gewalttätigkeit
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5. Teil: Öffentliche Sachen
beanspruchen. 261 Das rechtfertigt nicht nur die gesetzliche Eigentumsordnung, sondern gibt jedem Menschen das Recht auf Recht, weil niemand ohne das Recht seiner Freiheit sicher wäre. 262 Das Eigene ist Eigentum, wenn und soweit es als Recht durch den Staat geschützt wird. 263 Außerhalb einer konkreten Rechtsordnung vermag Eigentum schlichtweg nicht zu existieren. 264 Denn es handelt sich hierbei nicht um ein reales Objekt, sondern um eine bloße Rechtsposition, die einem Rechtssubjekt in Ansehung eines konkreten Gegenstandes gegenüber anderen Rechtssubjekten zuerkannt wird. 265 gegen einander sicher sein können“; dazu: K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 545 ff.; O. Höffe, Gerechtigkeit als Tausch? Zum politischen Projekt der Moderne, 1991, S. 23 ff.; ders., Politische Gerechtigkeit. Grundlegung einer kritischen Philosophie von Recht und Staat, 2. Aufl. 1994, S. 382 ff.; W. Kersting, Kant über Recht, 2004, S. 75 ff., 77 ff., 107 ff., 110. 261 I. Kant, Über den Gemeinspruch, S. 146: „Dieses Recht der Freiheit [„die Rechte desselben durch Gesetze des gemeinsamen Willens zu schützen“] kömmt ihm, dem Gliede des gemeinen Wesens, als Mensch zu“; demgemäß folgert Kant, Metaphysik der Sitten, S. 366, daß es dem Subjekt erlaubt sein muß, „jeden anderen, mit dem es zum Streit des Mein und Dein über ein solches Objekt kommt, zu nötigen, mit ihm zusammen in eine bürgerliche Verfassung zu treten“; siehe auch: ders., Zum ewigen Frieden, S. 203; grundlegend zur „Sicherheit als Menschenrecht. Aspekte der Geschichte, Begründung und Wirkung einer Grundrechtsfunktion“, Gerhard Robbers, 1987. 262 K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum, S. 753, 755; ders., Res publica res populi, S. 290 ff., 325 ff.; ders., Freiheit in der Republik, S. 550, 44 ff., 288 ff. 263 K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum, S. 744, 764. 264 J. Dietlein, Die Eigentumsfreiheit und das Erbrecht, in: K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV/1: Die einzelnen Grundrechte. Der Schutz und die freiheitliche Entfaltung des Individuums, 2006, in Verbindung mit Sachs, Michael, § 113, S. 2114 ff., 2127; J. Wieland, Kommentierung des Art. 14 GG, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, Bd. I: Art. 1 – 19, 1996, Rdn. 21 („setzt Eigentum Normen voraus“); G. Schwerdtfeger, Eigentumsgarantie, Inhaltsbestimmung und Enteignung – BVerfGE 58, 300 („Naßauskiesung“), in: JuS 2/1983, S. 104 –110, 105 („Eigentum ist eine Schöpfung der Rechtsordnung. Ohne Vermittlung der Rechtsordnung gibt es kein Eigentum“, unter Verweis auf BVerfGE 20, 351 (355); 31, 229 (240)); J.-J. Rousseau, Vom Gesellschaftsvertrag, 1. Buch, S. 23 („Eigentum, das nur auf einen ausdrücklichen Titel gegründet werden kann“); siehe auch: O. Depenheuer, Kommentierung des Art. 14 GG, Rdn. 30; W. Böhmer, Grundfragen der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des Eigentums in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, in: NJW 41/1988, S. 2561 – 2574, 2568; U. Hösch, Eigentum und Freiheit. Ein Beitrag zur inhaltlichen Bestimmung der Gewährleistung des Eigentums durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, 2000, S. 147 f.; siehe auch: BVerfGE 58, 300 (330): „Das Eigentum [...] bedarf, um im Rechtsleben praktikabel zu sein, notwendigerweise der rechtlichen Ausformung“. 265 J. Dietlein, Die Eigentumsfreiheit und das Erbrecht, S. 2127; i. d. S. (Eigentum als Rechts- und Pflichtenzuweisung unter Rechtssubjekten) R. Alexy, Theorie der Grundrechte, 5. Aufl. 2006, S. 177 f.; H. H. Rupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungsrechtslehre. Verwaltungsnorm und Verwaltungsrechtsverhältnis, 2. Aufl. 1991, S. 166 ff.; D. Eh-
2. Kap.: Eigentum
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2. Eigentum und Grundgesetz Art. 14 Abs. 1 GG schreibt fest: Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet (S. 1). Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt (S. 2). a) Das Eigentumsgrundrecht ist ein Menschenrecht. 266 Dieser Begriff knüpft an die bedeutendste aller Menschenrechtserklärungen an, die „Déclaration des droits de l’homme et du citoyen“ vom 26. August 1789, in der die erste Verbürgung des Eigentumsrechts auf dem europäischen Kontinent 267 enthalten ist. Sie proklamiert in Art. 17: „La propriété étant un droit inviolable et sacré“. Die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen 1948 beschlossene „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ erkennt das Eigentum ebenfalls an; ihr Art. 17 lautet: „Jeder hat das Recht, sowohl allein als auch in Gemeinschaft mit anderen Eigentum innezuhaben [S. 1]. Niemand darf willkürlich seines Eigentums beraubt werden [S. 2]“. 268 Den Menschenrechtscharakter von Art. 14 GG hat auch das Bundesverfassungsgericht herausgestellt. Es spricht von der „primären Bedeutung der Eigentumsgarantie als Menschenrecht“ 269 und schreibt dem Eigentumsschutz einen vor- und überstaatlichen Charakter zu. 270
lers, Rechtsverhältnisse in der Leistungsverwaltung, in: DVBl. 1986, S. 912 –922, 913; L. Renck, Verwaltungsakt und Feststellungsklage – BVerwGE 26, 161, in: JuS 3/1970, S. 113 – 118, 116; R. Hüttenhain, Sachbezogene Regelungen und Rechtsnachfolge im Verwaltungsrecht, Diss. Bonn, 1973, S. 27 („Rechtsbeziehungen zwischen Personen und Sachen sind [...] logisch nicht denkbar“); a. A.: siehe 5. Teil, 2. Kap. II. a). Daß Eigentumsrechte ausschließlich unter und damit zwischen Rechtsgenossen Geltung erlangen, beschreibt Immanuel Kant in „Die Metaphysik der Sitten“ (S. 371) folgendermaßen: „Es ist aber klar, daß ein Mensch, der auf Erden ganz allein wäre, eigentlich kein äußeres Ding als das Seine haben, oder erwerben könnte; weil zwischen ihm, als Person, und allen anderen äußeren Dingen, als Sachen, es gar kein Verhältnis der Verbindlichkeit gibt“, siehe auch S. 365 ff. 266 P. Badura, Eigentum, in: E. Benda / W. Maihofer / H.-J. Vogel (Hrsg.), Handbuch des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 2. Aufl. 1994, § 10, S. 327 ff., Rdn. 34; O. Depenheuer, Kommentierung des Art. 14, Rdn. 11; W. Leisner, Eigentum, in: J. Isensee / P. Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. VI: Freiheitsrechte, 2. Aufl. 2001, § 149, S. 1023 –1098, hier S. 1032; K. A. Schachtschneider, Die Würde des Menschen, S. 18; a. A. U. Hösch, Eigentum und Freiheit, S. 146 ff., 149; grundlegend zum Eigentum als Menschenrecht: G. Dürig, Das Eigentum als Menschenrecht, in: ZfgesStW 109 (1953), S. 326 –530; L. Raiser, Das Eigentum als Menschenrecht, in: W. Grunsky / R. Stürner / G. Walter / M. Wolf (Hrsg.), Festschrift für Fritz Baur, 1981, S. 105 – 118 (auch kritisch zu G. Dürig). 267 E. Benda, Eigentum als Grundrecht, in: Eigentum als Grundrecht und Element der Ordnungspolitik. Veranstaltung der Ludwig-Erhard-Stiftung e.V., 1984, S. 3 –19, 10. 268 Deutscher Text: Auswärtiges Amt (Hrsg.), Menschenrechte in der Welt. Konventionen, Erklärungen, Perspektiven, 7. Aufl. 1988, S. 19. 269 BVerfGE 50, 290 (344 f.).
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5. Teil: Öffentliche Sachen
Immanuel Kant hat das Prinzip der Selbständigkeit und damit das Recht auf Eigentum 271 sowie weitere Rechte des Menschen als Individuum, also Menschenrechte, aus der Freiheit, dem einzigen, ursprünglichen, jedem Menschen kraft seiner Menschheit zustehenden Recht, abgeleitet. 272 Die Menschenrechte sind mit den Menschen geboren. Deshalb sind sie den Menschen auch ohne Staat zu eigen. Sie sind gewissermaßen vorstaatlich; vorverfassungsmäßige Rechte, die unabhängig von jeder Positivierung durch eine Rechtsordnung bestehen. Der Staat hat die Menschenrechte jedoch anzuerkennen und zu schützen und insofern Eigenes zu Eigentum zu machen. 273 Nur einem Gemeinwesen, das die Menschenrechte achtet und schützt, kann die Qualität eines Staates zugesprochen werden. 274 Das deutsche Volk bekennt sich in Art. 1 Abs. 2 GG zu den „unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt“. 275 Gewissermaßen in Erfüllung dieses Bekenntnisses werden die Menschenrech270
BVerfGE 15, 126 (144); siehe auch: BVerfGE 112, 1 (21): „Das Eigentum hat [...] im Sinne des Art. 1 Abs. 2 GG denselben menschenrechtlichen Rang wie andere Freiheitsrechte“. 271 Siehe dazu die folgenden Abschnitte b) und c). 272 I. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 345 f.; dazu: K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 446 f.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 40 f.; A. Enderlein, Der Begriff der Freiheit als Tatbestandsmerkmal der Grundrechte. Konzeption und Begründung eines einheitlichen, formalen Freiheitsbegriffs, dargestellt am Beispiel der Kunstfreiheit, 1995, S. 69 ff. 273 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 446 f.; K. Stern, Die Idee der Menschen- und Grundrechte, in: D. Merten / H.-J. Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. I: Entwicklung und Grundlagen, 2004, § 1, Rdn. 4, 49, 53; C. Starck, Kommentierung des Art. 1 GG, in: H. v. Mangoldt / F. Klein / C. Starck, Kommentar zum Grundgesetz, Bd. I: Präambel, Art. 1 bis 19, 5. Aufl. 2005, Rdn. 124 ff., 128: „Die Idee der Vorstaatlichkeit oder Vorverfassungsmäßigkeit der Grundrechte [...] macht die Sicherung dem Staat und der Verfassung zur besonderen Pflicht“; W. Leisner, Eigentum, S. 1032; G. Dürig, Das Eigentum als Menschenrecht, S. 326 ff.; O. Depenheuer, Kommentierung des Art. 14 GG, Rdn. 28: „Der Staat hat das Eigentum seiner Bürger als ihm vorausliegend zu achten und zu schützen“; die Menschenrechte sind also nicht vom Staat gegeben, sie sind ihm vielmehr vorgegeben und werden als vorgegeben gewährleistet. 274 Darin liegt die dogmatische Relevanz des vorstaatlichen Charakters der Menschenrechte. In der Rechtslehre Kants (Metaphysik der Sitten, S. 365 ff., 374 ff.) sind Menschenrechte ohne den Staat provisorische Rechte des Menschen, die das Recht auf einen Staat begründen, dessen Zweck der Schutz der Menschenwürde und der Menschenrechte ist. Durch die Verfassung des Gemeinwesens zu einem Staat werden die Menschenrechte peremptorische Rechte im Sinne Kants; dazu: K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 447; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 16; zum staatlichen Gemeinwesen: 5. Teil, 3. Kap. I. 275 Dieses Bekenntnis macht klar, daß die Menschenrechte als etwas bereits Vorhandenes und Vorgegebenes betrachtet werden; siehe dazu die Hinweise in Anm. 273 in diesem Teil sowie W. Höfling, Kommentierung des Art. 1 GG, in: M. Sachs (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, 2. Aufl. 1999, Rdn. 61 ff.
2. Kap.: Eigentum
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te in die Verfassungsstaatlichkeit eingebunden und in positivierte Grundrechte transformiert, um so ihre Effektivität und Durchsetzbarkeit zu sichern. 276 Den Geltungsanspruch dieser Rechte bekräftigt die Bindungsklausel des Art. 1 Abs. 3 GG. Danach binden die „nachfolgenden Grundrechte“ „Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht“. 277 Als Ausdruck eines überstaatlichen, mit der Menschennatur gegebenen Rechts steht das Eigentumsgrundrecht daher nie vollständig zur Disposition des Gesetzgebers, dem gemäß Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG die Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums überantwortet ist. 278 Ein Kern, das Menschenrecht, muß unbedingt erhalten bleiben. 279 Der Menschenrechtskern des Eigentumsgrundrechts ist dessen nach Art. 19 Abs. 2 GG unantastbarer Wesensgehalt. 280 b) Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG gewährleistet Eigentum sowohl „in seiner konkreten Gestalt in der Hand des einzelnen Eigentümers“, 281 d. h. als subjektives öffentliches Recht, wie auch als Rechtsinstitut; er enthält also zugleich eine In276 K. Stern, Die Idee der Menschen- und Grundrechte, Rdn. 53; ob alle Grundrechte den Rang von unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten haben, wird in der Lehre überwiegend bezweifelt (C. Starck, Kommentierung des Art. 1 GG, Rdn. 124; H. Hofmann, Kommentierung des Art. 1 GG, in: B. Schmidt-Bleibtreu / F. Klein, Kommentar zum Grundgesetz, 10. Aufl. 2004, Rdn. 71); dies braucht hier jedoch nicht geklärt zu werden. Für das zur Diskussion stehende Eigentum gilt es als gesichert. 277 Dazu: M. Herdegen, Kommentierung des Art. 1 Abs. 3 GG, in: T. Maunz / G. Dürig, Grundgesetz. Kommentar, Bd. I: Art. 1 – 5, Lfg. 44/Feb. 2005, Rdn. 1 ff.; H. Dreier, Kommentierung des Art. 1 Abs. 3 GG, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, Bd. 1: Art. 1 – 19, 1996, Rdn. 1 ff. 278 W. Leisner, Eigentum, S. 1032 f.; K. A. Schachtschneider, Sittlichkeit und Moralität, S. 64. 279 W. Leisner, Eigentum, S. 1032 f.; grundsätzl. C. Starck, Kommentierung des Art. 1 GG, Rdn. 132. 280 G. Dürig, Das Eigentum als Menschenrecht, S. 329, 331; allg. K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 25; ders., Res publica res populi, S. 827; a. A.: M. Herdegen, Kommentierung des Art. 1 Abs. 3 GG, Rdn. 8; C. Starck, Kommentierung des Art. 1 GG, Rdn. 124. Dazu heißt es im Naßauskiesungsbeschluß (BVerfGE 58, 300 (348)): „Die dem Gesetzgeber bei der Inhalts- und Schrankenbestimmung gezogenen Grenzen ergeben sich unmittelbar aus der Instituts- und Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG [siehe dazu den folgenden Abschnitt b)] und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Werden diese Grenzen eingehalten, kann kein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 2 GG vorliegen“; zur Wesensgehaltsgarantie: P. Häberle, Die Wesensgehaltsgarantie des Art. 19 Abs. 2 Grundgesetz. Zugleich ein Beitrag zum institutionellen Verständnis der Grundrechte und zur Lehre vom Gesetzesvorbehalt, 3. Aufl. 1983; P. M. Huber, Kommentierung des Art. 19 GG, in: H. v. Mangoldt / F. Klein / C. Starck, Kommentar zum Grundgesetz, Bd. I: Präambel, Art. 1 bis 19, 5. Aufl. 2005, Rdn. 105 ff.; P. Lerche, Grundrechtsschranken, in: J. Isensee / P. Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V: Allgemeine Grundrechtslehren, 2. Aufl. 2000, § 122, Rdn. 25 ff. 281 BVerfGE 20, 351 (355); 24, 367 (389); 42, 263 (294).
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5. Teil: Öffentliche Sachen
stitutsgarantie. 282 Diese Garantie, die eine besondere Ausprägung des objektivrechtlichen Gehalts der Grundrechtsbestimmung darstellt, 283 gewährleistet den (Fort-)Bestand des Eigentums als Rechtseinrichtung, 284 d. h. den (Fort-)Bestand einer Eigentumsordnung, welche es jedem Menschen ermöglicht, Eigentum zu haben. 285 Sie sichert das Eigentum als Element der Rechts- und Lebensordnung gegen seine Wesensveränderung oder Abschaffung 286 und ist insofern an den inhalts- und schrankenbestimmenden Gesetzgeber (Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG) gerichtet. 287 Die Institutsgarantie verpflichtet den Gesetzgeber, „die grundlegende Wertentscheidung des Grundgesetzes zugunsten des Privateigentums [...] zu beachten“ 288 und im Rahmen des einfachen Rechts umzusetzen und auszugestalten, d. h. Normen zur Verfügung zu stellen, die die Existenz und Funktionsfähigkeit privatnützigen Eigentums ermöglichen. 289 Das Bundesverfassungsgericht spricht von einem „Grundbestand von Normen, der gegeben sein muß, um das Recht 282
BVerfGE 24, 367 (389); T. Maunz / R. Zippelius, Deutsches Staatsrecht. Ein Studienbuch, 30. Aufl. 1998, S. 246; W. Leisner, Eigentum, S. 1029 f.; P. Badura, Eigentum, Rdn. 32; H.-J. Papier, Kommentierung des Art. 14 GG, in: T. Maunz / G. Dürig, Grundgesetz. Kommentar, Bd. II: Art. 6 – 16a, 2002, Rdn. 11; W. Weber, Eigentum und Enteignung, in: F. L. Neumann / H. C. Nipperdey / U.Scheuner (Hrsg.), Die Grundrechte. Handbuch der Theorie und Praxis der Grundrechte, Bd. II, 1954, S. 331 ff., 355; O. Kimminich, Kommentierung des Art. 14 GG, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, 1992, Rdn. 119; kritisch zur Institutsgarantie: U. K. Preuß, Die Internalisierung des Subjekts. Zur Kritik der Funktionsweise des subjektiven Rechts, 1979, S. 140 ff., 169, 190 ff.; H. Ridder, Die soziale Ordnung des Grundgesetzes. Leitfaden zu den Grundrechten einer demokratischen Verfassung, 1975, S. 110 ff. 283 D. Ehlers, Eigentumsschutz, Sozialbindung und Enteignung bei der Nutzung von Boden und Umwelt, in: VVDStRL 51 (1992), S. 214 ff., 216; H.-J. Papier, Kommentierung des Art. 14 GG, Rdn. 1; K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/1: Allgemeine Lehren der Grundrechte, 1988, unter Mitwirkung von Sachs, Michael, S. 754. 284 K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/1, S. 829. 285 K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum, S. 753 f.; dazu auch: O. Depenheuer, Kommentierung des Art. 14 GG, Rdn. 16 ff., 22 ff. 286 H.-J. Papier, Kommentierung des Art. 14 GG, Rdn. 11; K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/1, S. 829. 287 W. Weber, Eigentum und Enteignung, S. 355; O. Kimminich, Kommentierung des Art. 14 GG, Rdn. 119; H.-J. Papier, Kommentierung des Art. 14 GG, Rdn. 11; K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/1, S. 829; K. A. Schachtschneider, Sittlichkeit und Moralität, S. 64: „Diese Gesetze, d. h. alle Gesetze, müssen die menschenrechtliche und grundrechtliche Entscheidung für das Eigentum achten. Die verfassungsrechtliche Eigentumsgewährleistung steht nicht etwa zur dezisionistischen Disposition des Gesetzgebers“. 288 BVerfGE 14, 263 (278); siehe auch: BVerfGE 24, 367 (396): „Aufgabe des Gesetzgebers, Inhalt und Schranken des Eigentums unter Beachtung der Grundsatzentscheidung des Verfassungsgebers festzulegen“. 289 P. Badura, Eigentum, Rdn. 33; H.-J. Papier, Kommentierung des Art. 14 GG, Rdn. 11; J. Dietlein, Die Eigentumsfreiheit und das Erbrecht, S. 2138 f.; R. Wendt, Kom-
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als ‚Privateigentum‘ bezeichnen zu können“. 290 Dabei sind, wie das Gericht erklärt, Inhalt und Funktion des Eigentums durchaus „der Anpassung an die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse fähig und bedürftig“. Die Institutsgarantie verbiete es jedoch, daß solche Sachbereiche der Privatrechtsordnung entzogen würden, die zum elementaren Bestand grundrechtlich geschützter Betätigung im vermögensrechtlichen Bereich gehörten, und damit der durch das Grundrecht geschützte Freiheitsbereich aufgehoben oder wesentlich geschmälert würde. 291 Die Garantie des Eigentums als Rechtsinstitut will also weder eine ein für allemal feststehende Einrichtung zementieren, noch will sie dem Gesetzgeber beliebige Gestaltungsmöglichkeiten unter dem Namen Eigentum überlassen; sie will, wie Werner Weber es ausdrückt, „etwas im Wandel Bleibendes festlegen“. 292 Mit anderen Worten: Der Kernbereich der Eigentumsgarantie darf nicht ausgehöhlt werden. 293 Zu diesem zählt das Bundesverfassungsgericht „sowohl die Privatnützigkeit, also die Zuordnung des Eigentumsobjekts zu einem Rechtsträger, dem es als Grundlage privater Initiative von Nutzen sein soll, als auch die grundsätzliche Verfügungsbefugnis über den Eigentumsgegenstand“. 294 Die Verfügungsbefugnis „umfaßt auch die Freiheit des Eigentümers, sein Eigentum veräußern zu dürfen“. 295 Die Institutsgarantie markiert demnach die äußersten Grenzen, die der Gesetzgeber bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums zu beachten hat. 296 Sie wirkt insoweit als Untermaßverbot. 297 Denn „Eigentum muß Eigentum bleiben“. 298 Entwickelt wurde dieses Rechtsinstitut in den frühen 20er Jahren während der Geltung der Weimarer Reichsverfassung. 299 Grundgedanke war von Anfang an, die Geltungskraft des subjektiven Grundrechts zu verstärken. Es sollte verhindert mentierung des Art. 14 GG, in: M. Sachs (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, 3. Aufl. 2003, Rdn. 10; zum Merkmal der Privatnützigkeit: siehe Abschnitt e). 290 BVerfGE 31, 229 (241); siehe auch: BVerfGE 24, 367 (389); 26, 215 (222). 291 BVerfGE 24, 367 (389). 292 Eigentum und Enteignung, S. 356. 293 BVerfGE 91, 294 (308); 100, 226 (241). 294 BVerfGE 91, 294 (308); 100, 226 (241); nicht anders: BVerfGE 31, 229 (240); 37, 132 (140); 52, 1 (30); 88, 366 (377); 98, 17 (35); 102, 1 (15); 104, 1 (8); der Rechtsprechung folgend: H.-J. Papier, Kommentierung des Art. 14 GG, Rdn. 13 f.; F. Schoch, Die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG, in: Jura 3/1989, S. 113 ff., 116. 295 BVerfGE 52, 1 (31); nicht anders: BVerfGE 26, 215 (222): „Diese Befugnis ist auch ein elementarer Bestandteil der Handlungsfreiheit im Bereich der Eigentumsordnung“; BVerfGE 50, 290 (340). 296 W. Leisner, Eigentum, S. 1031. 297 D. Ehlers, Eigentumsschutz, Sozialbindung und Enteignung bei der Nutzung von Boden und Umwelt, S. 216. 298 W. Leisner, Eigentum, S. 1031.
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werden, daß das Eigentumsgrundrecht wie auch andere Verfassungsverbürgungen über den allgemeinen Gesetzesvorbehalt leerliefen. Gegen den Gesetzgeber sollte so eine innerste Verteidigungslinie aufgebaut werden, deren Schutz dem subjektiv-öffentlich Berechtigten zugute kommen sollte. 300 Das Bundesverfassungsgericht charakterisiert die Bedeutung der Institutsgarantie für das subjektive Eigentumsgrundrecht wie folgt: „Die Garantie des Eigentums als Rechtseinrichtung dient der Sicherung dieses Grundrechts. Das Grundrecht des Einzelnen setzt das [objektive] Rechtsinstitut „Eigentum“ voraus; es wäre nicht wirksam gewährleistet, wenn der Gesetzgeber an die Stelle des Privateigentums etwas setzen könnte, was den Namen „Eigentum“ nicht mehr verdient.“ 301
Die subjektivrechtliche Bestandsgarantie 302 schützt den konkreten Bestand des Eigentums in der Hand des einzelnen Eigentümers; 303 Art. 14 Abs. 1 GG begründet einen verfassungsrechtlichen Anspruch des Inhabers eines vermögenswerten Rechts gegen den Staat auf Unterlassung von Eingriffen in Rechtspositionen, die sich aus diesem Recht ergeben. 304 Dabei geht es eben nicht um eine bloße 299 In seinem Aufsatz „Reichsverfassung und Eigentum“ (in: Festgabe der Berliner Juristischen Fakultät für Wilhelm Kahl zum Doktorjubiläum am 19. April 1923, 1923) hat Martin Wolff die dogmatische Figur der Institutsgarantie an der Eigentumsgewährleistung des Art. 153 WRV (Abs. 1: „Das Eigentum wird von der Verfassung gewährleistet. Sein Inhalt und seine Schranken ergeben sich aus den Gesetzen.“) herausgearbeitet: Die Verfassungsvorschrift enthalte über den Schutz der bestehenden und der neu entstehenden konkreten Privatrechte hinaus auch die Zusicherung, daß das Privateigentum als Rechtsinstitut erhalten bleibe. Eine solche Institutsgarantie wirke vor allem gegenüber der Gesetzgebung (S. 5 ff.). Den eigentlichen Durchbruch erlebte die Idee der Institutsgarantie jedoch erst, als Carl Schmitt sie 1928 in seiner „Verfassungslehre“ herausstellte und in weiteren Schriften präzisierte, z. B.: (ders.), Freiheitsrechte und institutionelle Garantien der Reichsverfassung, 1931, in: ders., Verfassungsrechtliche Aufsätze aus den Jahren 1924 – 1954. Materialien zu einer Verfassungslehre, 1958, S. 140 ff., 160: „In dem an Zweifeln und Meinungsverschiedenheiten überreichen Art. 153 scheint wenigstens dieses einmütig festzustehen, daß der Artikel eine Institutsgarantie enthält“; dazu: K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/1, S. 756 ff.; M. Thormann, Abstufungen in der Sozialbindung des Eigentums. Zur Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums nach Art. 14 Absatz 1 Satz 2 GG im Spannungsfeld von Eigentumsfreiheit und Gemeinwohl, 1996, S. 124 f. 300 W. Leisner, Eigentum, S. 1030 f.; K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/1, S. 829. 301 BVerfGE 24, 367 (389). 302 BVerfGE 50, 290 (340); diese Seite der Eigentumsgewährleistung wird auch als Rechtsstellungsgarantie (J. Dietlein, Die Eigentumsfreiheit und das Erbrecht, S. 2137) und Individualgarantie (F. Schoch, Die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG, S. 117) bezeichnet. 303 BVerfGE 24, 367 (400); 38, 175 (181); 42, 263 (294); 58, 300 (323). 304 W. Leisner, Eigentum, S. 1025 („Die Verfassung gewährt damit einen subjektivöffentlichen Anspruch“); D. Ehlers, Eigentumsschutz, Sozialbindung und Enteignung bei der Nutzung von Boden und Umwelt, S. 216; H.-J. Papier, Kommentierung des Art. 14
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Garantie des Wertes des Eigentums; 305 vielmehr fordere die Bestandsgarantie, wie das Bundesverfassungsgericht formuliert hat, „in jedem Fall die Erhaltung des Zuordnungsverhältnisses [gemeint ist „die Zuordnung eines Rechtsguts an einen Rechtsträger“ 306 ] und der Substanz des Eigentums“. 307 Die konkrete Reichweite des Bestandsschutzes ergibt sich erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG Sache des Gesetzgebers ist. 308 Dazu heißt es im Naßauskiesungsbeschluß: „Welche Befugnisse einem Eigentümer in einem bestimmten Zeitpunkt konkret zustehen, ergibt sich [...] aus der Zusammenschau aller in diesem Zeitpunkt geltenden, die Eigentümerstellung regelnden [öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen] gesetzlichen Vorschriften. Ergibt sich hierbei, daß der Eigentümer GG, Rdn. 5, 27; BVerfGE 72, 175 (195); 83, 201 (208): „Zu diesem Zweck soll der Bestand der geschützten Rechtspositionen gegenüber Maßnahmen der öffentlichen Gewalt bewahrt werden“; dazu auch: BVerfGE 20, 351 (355); 24, 367 (396, 400); 31, 229 (239); 45, 63 (76); W. Böhmer, Grundfragen der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des Eigentums, S. 2563 f.; R. Wendt, Kommentierung des Art. 14 GG, Rdn. 9; P. Badura, Eigentum, S. 334. 305 Letzteres schon deshalb nicht, weil der Wert eines Eigentumsgegenstandes nachfrageabhängig ist und damit in einer freiheitlichen Ordnung niemals rechtlich garantiert sein kann; J. Dietlein, Die Eigentumsfreiheit und das Erbrecht, S. 2137 f.; siehe dazu auch: W. Böhmer, Grundfragen der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des Eigentums, S. 2563; O. Depenheuer, Kommentierung des Art. 14 GG, Rdn. 86 („Eigentumsschutz ist primär Bestandsschutz“). 306 BVerfGE 42, 263 (294). 307 BVerfGE 50, 290 (341); 42, 263 (295); insoweit kommt der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG eine andere und umfassendere Bedeutung zu als der der Weimarer Reichsverfassung. Sie hat nicht in erster Linie die Aufgabe, die entschädigungslose Wegnahme von Eigentum zu verhindern, sondern eben das bestehende, konkrete Eigentum zu schützen; dazu BVerfGE 24, 367 (400); W. Böhmer, Grundfragen der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des Eigentums, S. 2561 ff. 308 BVerfGE 50, 290 (339 f.); 53, 257 (292); 58, 81 (109 f.); 70, 101 (110); 72, 9 (22); 74, 203 (214); 75, 78 (97); 76, 220 (238); 24, 367 (396): „Nur das durch die Gesetze ausgeformte Eigentum bildet den Gegenstand der Eigentumsgarantie“; dazu insb.: K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum, S. 765: „Eigentum ist somit in der Republik begrifflich abhängig vom allgemeinen Gesetz“; a. A. W. Leisner, Eigentum – Grundlage der Freiheit, 1994, in: J. Isensee (Hrsg.), Eigentum. Schriften zu Eigentumsgrundrecht und Wirtschaftsverfassung. 1970 – 1996, 1996, S. 21 –51, 25 f.; siehe dazu auch: W. Erbguth, Zur verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie – anhand eines praktischen Beispiels, in: JuS 9/1988, S. 699 – 706, 702. In Abgrenzung zur Enteignung (Art. 14 Abs. 3 GG) hat das Bundesverfassungsgericht in der „Kleingartenentscheidung“ (BVerfGE 52, 1 (27)) den Begriff der Inhaltsbestimmung genauer herausgearbeitet. Danach „versteht das Grundgesetz unter Inhaltsbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG die generelle und abstrakte Festlegung von Rechten und Pflichten durch den Gesetzgeber hinsichtlich solcher Rechtsgüter, die als Eigentum im Sinne der Verfassung zu verstehen sind. Sie ist auf die Normierung objektiv-rechtlicher Vorschriften gerichtet, die den ‚Inhalt‘ des Eigentumsrechts vom Inkrafttreten des Gesetzes an für die Zukunft bestimmen“; vgl. auch: BVerfGE 58, 300 (330); 72, 66 (76).
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eine bestimmte Befugnis nicht hat, so gehört diese nicht zu seinem Eigentumsrecht. [...] Aus der Gesamtheit der verfassungsmäßigen Gesetze, die den Inhalt des Eigentums bestimmen, ergeben sich somit Gegenstand und Umfang des durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteten Bestandsschutzes“. 309 Überdies gewährleistet Art. 14 Abs. 1 GG nur Rechtspositionen, die einem Rechtssubjekt bereits zustehen (das Erworbene); bloße Chancen, Aussichten oder Verdienstmöglichkeiten sind nicht geschützt. 310 Die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG steht in einem komplementären Verhältnis zur Enteignungsermächtigung des Art. 14 Abs. 3 GG, 311 der die Entziehung eines konkreten Eigentumsgegenstandes zuläßt, wenn das Gemeinwohl dies erfordert. Das Grundrecht, d. h. das subjektive Recht, „Einwirkungen der öffentlichen Hand auf die durch die Eigentumsgarantie geschützten Gegenstände auszuschließen, [der Unterlassungsanspruch gegen den Staat,] ist also von Verfassungs wegen für den Fall begrenzt, daß das Wohl der Allgemeinheit den Zugriff“ notwendig macht. 312 Die Voraussetzungen, unter denen der Bürger einen Eigentumsentzug dulden muß, sind in Art. 14 Abs. 3 GG normiert. 313 Ist die Enteignung 314 statthaft, „tritt an die Stelle der Bestandsgarantie eine Eigentumswertgarantie, die sich auf Gewährung einer vom Gesetzgeber dem Grunde nach zu bestimmenden Entschädigung richtet“. 315 c) Indem das Grundgesetz Eigentum gewährleistet, sichert es dem Bürger die wirtschaftlichen Früchte seiner Arbeit und Leistung 316 und eröffnet ihm dadurch 309
BVerfGE 58, 300 (336). BVerfGE 20, 31 (34); 28, 119 (141 f.); 78, 205 (211); 58, 300 (352): „Die Bestandsgarantie erfaßt [...] den rechtlichen und tatsächlichen Zustand, der im Zeitpunkt der hoheitlichen Maßnahme besteht“; F. Schoch, Die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG, S. 117. 311 BVerfGE 38, 175 (181). 312 BVerfGE 24, 367 (396); ausführlich: BVerfGE 38, 175 (180 f.); dazu auch: W. Böhmer, Grundfragen der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des Eigentums, S. 2564. 313 BVerfGE 24, 367 (396); 38, 175 (181); 58, 300 (323). 314 Eine Begriffsbestimmung der Enteignung findet sich in BVerfGE 100, 226 (240): „Sie ist darauf gerichtet, konkrete [subjektive] Rechtspositionen, die durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt sind, zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben vollständig oder teilweise zu entziehen“; schon früher: BVerfGE 52, 1 (27); 70, 191, (199 f.); 72, 66 (76). 315 BVerfGE 58, 300 (323); siehe auch: 24, 367 (397); 56, 249 (260 f.); zur Enteignung: H.-J. Papier, Kommentierung des Art. 14 GG, Rdn. 522 ff.; R. Wendt, Kommentierung des Art. 14 GG, Rdn. 148 ff.; J. Eschenbach, Die Enteignung, in: Jura 10/1997, S. 519 –522. 316 Die Bezeichnung des Eigentums als „geronnene Arbeit“ (z. B. bei G. Dürig, Der Staat und die vermögenswerten öffentlich-rechtlichen Berechtigungen seiner Bürger, in: T. Maunz / H. Nawiasky / J. Heckel (Hrsg.), Staat und Bürger. Festschrift für Willibalt Apelt zum 80. Geburtstag, 1958, S. 13 – 56, 31; W. Leisner, Das Eigentum zwischen privatem Nutzen und sozialer Bindung, 1994, in: J. Isensee (Hrsg.), Eigentum. Schriften zu 310
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die Möglichkeit, das eigene Wohl und das seiner Familie zu mehren und damit gleichzeitig kollektiven Wohlstand zu schaffen, an dem alle partizipieren können; 317 denn die Republik ist das Gemeinwesen der brüderlichen Teilung der Lebensmöglichkeiten. 318 Eigentum vermittelt dem Bürger eine relative Sicherheit der persönlichen Existenz (nicht zuletzt im Sinne individueller Risikovorsorge) und Unabhängigkeit, so daß er der Gemeinschaft nicht zur Last fällt und diese nicht mehr als unerläßlich in Anspruch nimmt. Es erlaubt eine selbstbestimmte, individuelle Daseinsgestaltung und bietet dadurch die Chance zur Selbstverwirklichung, ermöglicht mithin die freie Entfaltung der Persönlichkeit. 319 Diesen personalen Bezug der Eigentumsgarantie hat das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung dahingehend umschrieben, daß Art. 14 GG im Gesamtgefüge der Grundrechte die Aufgabe zukomme, „dem Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich zu sichern und ihm dadurch eine eigenverantwortliche Gestaltung seines Lebens zu ermöglichen“. 320 Das Gericht geht noch weiter und identifiziert das „geschützte Freiheitsrecht“ des Art. 14 GG als Ausprägung der „allgemeine[n] Handlungsfreiheit“, als Recht zur „persönliche[n] Entfaltung im vermögensrechtlichen [...] Bereich“, 321 als „priEigentumsgrundrecht und Wirtschaftsverfassung. 1970 –1996, 1996, S. 537 –549, 539; ders., Eigentum – Grundlage der Freiheit, S. 23) gibt die enge inhaltliche Verbindung auf plastische Weise wieder; siehe auch: BVerfGE 30, 292 (334); 31, 229 (239). 317 O. Depenheuer, Kommentierung des Art. 14, Rdn. 1; J. Dietlein, Die Eigentumsfreiheit und das Erbrecht, S. 2129 f.; der grundgesetzliche Steuerstaat baut gerade auf das ökonomische Streben der Bürger, um seinerseits am Ertrag zu partizipieren und sich dadurch die erforderlichen Mittel zu erschließen, um die gemeinwohlwichtigen Aufgaben zu finanzieren, J. Isensee, Gemeinwohl und Staatsaufgaben im Verfassungsstaat, in: ders. / P. Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III: Das Handeln des Staates, 1988, § 57, S. 3 ff., Rdn. 29. 318 Siehe dazu unten, die Abschnitte d) und e). 319 O. Depenheuer, Kommentierung des Art. 14, Rdn. 1; K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum, S. 760; J. Dietlein, Die Eigentumsfreiheit und das Erbrecht, S. 2131; siehe auch: G. Dürig, Der Staat und die vermögenswerten öffentlichrechtlichen Berechtigungen seiner Bürger, S. 56; Kirchenkanzlei der Evangelischen Kirche in Deutschland (Hrsg.), Eigentumsbildung in sozialer Verantwortung. Eine Denkschrift zur Eigentumsfrage in der Bundesrepublik Deutschland, 1962, These Nr. 4: „Bei rechtem Gebrauch dient das Eigentum dem Menschen dazu: a) für sein Leben und für das seiner Nächsten selber Vorsorge zu treffen; b) seine Gaben und seine Schaffenskraft in Freiheit zu entfalten; c) seine sittlichen Entscheidungen in größerer wirtschaftlicher Unabhängigkeit zu treffen; d) die Rechte des einzelnen und der Gesellschaft gegenseitig zu begrenzen und zu sichern; e) Wirtschaft und Gesellschaft als Ganzes interessiert und verantwortlich mitzubestimmen“. 320 BVerfGE 50, 290 (339) sowie: BVerfGE 24, 367 (389); 31, 229 (239); 97, 350 (370 f.); 102, 1 (15); 104, 1 (8); 105, 252 (277).
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vat verfügbare ökonomische Grundlage individueller Freiheit“. 322 Und soweit es um diese Funktion der „Sicherung der persönlichen Freiheit des Einzelnen geht“, erkennt es dem Eigentum „einen besonders ausgeprägten Schutz“ zu. 323 Den „engen inneren Zusammenhang mit der persönlichen Freiheit“ 324 macht auch Hegel deutlich. Er leitet seine Überlegungen zur Notwendigkeit des Eigentumsrechts mit den Worten ein: „Die Person muß sich eine äußere Sphäre ihrer Freiheit geben, um als Idee zu sein“. 325 Vom Standpunkt der Freiheit ist Eigentum also mehr als ein bloßes Mittel zur Befriedigung elementarer Bedürfnisse. 326 Eigentum vermittelt dem Bürger die Fähigkeit, seine grundrechtlich garantierte Freiheit auch tatsächlich auszuüben. Ohne gewisse äußere Mittel vermag eine solche Freiheit nichts auszurichten, ist eine freie Entfaltung der Persönlichkeit nur schwer vorstellbar. 327 Eigentum ist daher eine notwendige und unverzichtbare Ergänzung grundrechtlicher Freiheit. 328 Diese Gedanken werden im Schrifttum 321
BVerfGE 87, 153 (169); schon früher (BVerfGE 14, 288 (293)) hatte das Gericht die Gewährleistung des Eigentums als Ergänzung der Handlungs- und Gestaltungsfreiheit interpretiert; später (BVerfGE 79, 292 (304)) bekräftigte es diese Aussage, indem es erklärte: „Die grundrechtliche Eigentumsverbürgung enthält damit Elemente der allgemeinen Handlungsfreiheit sowie des allgemeinen Persönlichkeitsrechts“. 322 BVerfGE 97, 350 (370). 323 BVerfGE 104, 1 (9); so schon BVerfGE 42, 263 (293 ff.); 50, 290 (340); 102, 1 (15, 17). 324 BVerfGE 50, 290 (339). Die Erkenntnis, daß Freiheit und Eigentum in einem inneren Zusammenhang stehen, scheint auch die Verfassungen der deutschen Länder im 19. Jahrhundert beherrscht zu haben; zumindest normierten diese Freiheit (der Person) und Eigentum meist gemeinsam, z. B.: Verfassungsurkunde für das Großherzogtum Baden vom 22. August 1818, St. u. Reg. Bl. S. 101, § 13: „Eigenthum und persönliche Freyheit der Badener stehen für alle auf gleicher Weise unter dem Schutze der Verfassung“. Verfassungsurkunde für das Königreich Bayern vom 26. Mai 1818, Bay. GBl. S. 101, Titel IV, § 8: „Der Staat gewährt jedem Einwohner Sicherheit seiner Person, seines Eigenthums und seiner Rechte. [...] Niemand darf gezwungen werden, sein Privat-Eigenthum, selbst für öffentliche Zwecke abzutreten, als nach einer förmlichen Entscheidung des versammelten Staatsraths, und nach vorgängiger Entschädigung“. Verfassungsurkunde für das Kurfürstentum Hessen vom 5. Januar 1831, G. u. Vo. Slg. S. 1, § 31: „Die Freiheit der Person und des Eigenthums unterliegt keiner andern Beschränkung, als welche das Recht und die Gesetze bestimmen“. Verfassungsurkunde für das Königreich Sachsen vom 4. September 1831, Sächs. G. Slg. S. 241, § 27: „Die Freiheit der Personen und die Gebahrung mit dem Eigenthume sind keiner Beschränkung unterworfen, als welche Gesetz und Recht vorschreiben“. Verfassungsurkunde für das Königreich Württemberg vom 25. September 1819, St. u. Reg. Bl. S. 634, § 24: „Der Staat sichert jedem Bürger Freiheit der Person, Gewissensund Denkfreiheit, Freiheit des Eigenthums und Auswanderungsfreiheit“. 325 Grundlinien der Philosophie des Rechts oder Naturrecht und Staatswissenschaft im Grundrisse, Werke in zwanzig Bänden, ed. Suhrkamp, Bd. 7, 1970, § 41, S. 102. 326 O. Depenheuer, Kommentierung des Art. 14 GG, Rdn. 11.
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in vielfältigen, zum Teil sehr plastischen Formulierungen zum Ausdruck gebracht: Eigentum wird als „geronnene Freiheit“, 329 als „potentielle Freiheit“, 330 „vergegenständlichte Freiheit“ 331 oder als „Wirklichkeit der Freiheit“ 332 charakterisiert. Trotz alledem kann jedoch nicht angenommen werden, Eigentum sei Freiheit. 333 Denn „Freiheit ist die menschliche Fähigkeit zu handeln“, 334 während Eigentum die rechtlich geschützten Möglichkeiten des Handelns bezeichnet. 335 Eigentum ist (und bleibt) demnach „materielle Voraussetzung des Handelns in Freiheit“. 336 Deshalb gilt mit Walter Leisner: „Wo immer man das Eigentum antastet, wird Freiheit entwertet“. 337 „Wer Eigentum nimmt, nimmt Freiheit“. 338 327 O. Depenheuer, Kommentierung des Art. 14 GG, Rdn. 11; H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, 2. Aufl. 1966, S. 423; K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 20. Aufl. 1995, S. 191. 328 O. Depenheuer, Kommentierung des Art. 14 GG, Rdn. 11; K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, S. 191. 329 Vergangenheitsbezogen, W. Leisner, Eigentum – Grundlage der Freiheit, S. 23; ders., Das Eigentum zwischen privatem Nutzen und sozialer Bindung, S. 539. 330 Zukunftsbezogen, W. Leisner, Eigentum – Grundlage der Freiheit, S. 23; ders., Das Eigentum zwischen privatem Nutzen und sozialer Bindung, S. 539; O. Depenheuer, Kommentierung des Art. 14 GG, Rdn. 14. 331 G. Dürig, Stichwort: Eigentum (V.), in: Görres-Gesellschaft (Hrsg.), Staatslexikon. Recht – Wirtschaft – Gesellschaft, Bd. 2, 6. Aufl. 1958, Sp. 1079; O. Depenheuer, Kommentierung des Art. 14 GG, Rdn. 2; siehe auch: G. Dürig, Der Staat und die vermögenswerten öffentlich-rechtlichen Berechtigungen seiner Bürger, S. 30: „Die Freiheit im güterweltsbezogenen Lebensbereich wird typischerweise vom Eigentumsgrundrecht abgesichert“, sowie S. 31: Eigentum „ist die verfassungsrechtliche Erscheinungsform der Freiheit, die sich in der vermögenswerten Güterwelt (im buchstäblichen Wortsinn) ‚vergegenständlicht‘ hat“; J. Meyer-Abich, Der Schutzzweck der Eigentumsgarantie. Leistung, Freiheit, Gewaltenteilung. Zur teleologischen Auslegung des Art. 14 Abs. 1 GG, 1980, S. 70: „der Sinn bürgerlichen Eigentums als vergegenständlichten Raums individueller Freiheit“; D. Suhr, Eigentumsinstitut und Aktieneigentum. Eine verfassungsrechtliche Analyse der Grundstruktur des aktienrechtlich organisierten Eigentums, 1966, S. 20: „Parzelle gegenstandsbezogener Freiheit“. In diesem Zusammenhang hat Walter Leisner, Eigentum – Grundlage der Freiheit, S. 23, folgendes Beispiel gegeben: „Die Mitbürger im Osten wurden nach der Wende von vielen deswegen kritisiert, weil sie nicht ständig ‚die neue Freiheit gepriesen‘ haben, sondern sich neues Eigentum schaffen wollten, zuallererst ein Auto – das ‚Eigentum zur Freiheit‘ par excellence. Solche Kritik geht fehl, sie beweist nur den Freiheitsgehalt des Eigentums; diese Mitbürger wollten eben ‚Freiheit zum Anfassen‘, in ihrem neuen Eigentum“. 332 O. Depenheuer, Kommentierung des Art. 14 GG, Rdn. 11. 333 „Eigentum ist Freiheit“: G. Dürig, Der Staat und die vermögenswerten öffentlichrechtlichen Berechtigungen seiner Bürger, S. 31; W. Leisner, Eigentum, Rdn. 21; O. Depenheuer, Kommentierung des Art. 14 GG, Rdn. 11. 334 K. A. Schachtschneider, Sittlichkeit und Moralität, S. 63. 335 K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum, S. 744; ders., Freiheit in der Republik, S. 537, 547; ders., Sittlichkeit und Moralität, S. 63. 336 K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum, S. 769; ders., Freiheit in der Republik, S. 568.
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Die Korrelation hat zwei Seiten: Freiheit bleibt ohne Eigentum leer und Eigentum ist ohne Freiheit wertlos. 339 „Eigentum braucht Freiheit, um wachsen und genießen zu können“. 340 Vom Bundesgerichtshof wird der Zusammenhang von Eigentum und Freiheit mit den folgenden Worten charakterisiert: „Der in den Staat eingegliederte einzelne bedarf, um unter seinesgleichen als Person, d. h. frei und selbstverantwortlich leben zu können, und um nicht zum bloßen Objekt einer übermächtigen Staatsgewalt zu werden, also um seiner Freiheit und Würde willen, einer rechtlich streng gesicherten Sphäre des Eigentums“. 341
Menschen ohne substantielle ökonomische Ressourcen, die in ihrer Existenz vorwiegend und dauerhaft vom Staat und damit von ihren Mitmenschen abhängig sind, haben nicht die Selbständigkeit, die Macht und Selbstbewußtsein im politischen Bereich zuteil werden läßt. 342 Ohne hinreichende Selbständigkeit ist der Mensch nicht selbstbestimmt, nicht frei, nämlich nicht der Autonomie des Willens fähig und damit nicht der bürgerlichen Sittlichkeit fähig. 343 Diese Logik hat Immanuel Kant mit den folgenden Worten dargelegt: „Nur die Fähigkeit der Stimmgebung macht die Qualifikation zum Staatsbürger aus; jene aber setzt die Selbständigkeit dessen im Volk voraus, der nicht bloß Teil des gemeinen Wesens, sondern auch Glied desselben, d. i. aus eigener Willkür in Gemeinschaft mit anderen handelnder Teil desselben sein will“. 344 Selbständig 337 Eigentum – Grundlage der Freiheit, S. 23; ders., Das Eigentum zwischen privatem Nutzen und sozialer Bindung, S. 539. 338 W. Leisner, Das Eigentum zwischen privatem Nutzen und sozialer Bindung, S. 539. 339 O. Depenheuer, Kommentierung des Art. 14 GG, Rdn. 11; W. Leisner, Freiheit und Eigentum, S. 7. 340 W. Leisner, Freiheit und Eigentum, S. 19. 341 BGHZ 6, 270 (276). 342 BVerwGE 1, 159 (161): „Mit dem Gedanken des demokratischen Staates (Art. 20) wäre es unvereinbar, daß zahlreiche Bürger, die als Wähler die Staatsgewalt mitgestalten, ihr gleichzeitig hinsichtlich ihrer Existenz ohne eigenes Recht gegenüberstehen“; K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 143 m.w. N.; siehe auch: O. Depenheuer, Kommentierung des Art. 14 GG, Rdn. 1, 26 f. 343 Dazu und zum folgenden: K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 234 ff.; W. Maihofer, Prinzipien freiheitlicher Demokratie, S. 458 ff.; K. Kühl, Eigentumsordnung als Freiheitsordnung. Zur Aktualität der Kantischen Rechts- und Eigentumslehre, 1984, S. 282 ff., 297 f.; H. F. Zacher, Das soziale Staatsziel, in: J. Isensee / P. Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II: Verfassungsstaat, 3. Aufl. 2004, § 28, S. 659 ff., Rdn. 53 ff.; M. Kriele, Einführung in die Staatslehre, S. 192, 196 ff.; dazu H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 423: „Sicherheit und dadurch Freiheit soll das Eigentum ferner gegenüber den natürlichen und gesellschaftlichen Fährnissen des Lebens schaffen: Es soll dazu helfen, Krankheit und Alter, wirtschaftliche Not und berufliche Rückschläge aus eigener Kraft durchstehen und überwinden zu können, ohne daß man in solchen Fällen auf die Hilfe Dritter angewiesen ist und dadurch von diesen Dritten abhängig, also unfrei wird“.
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zu sein, bedeutet für ihn, die eigene „Existenz und Erhaltung nicht der Willkür eines anderen im Volke, sondern seinen eigenen Rechten und Kräften, als Glied des gemeinen Wesens verdanken zu können“. 345 Zu den erforderlichen Qualitäten eines Bürgers (citoyen) zählt er daher neben „der natürlichen [...], die einzige: daß er sein eigener Herr (sui juris) sei, mithin irgend ein Eigentum habe [...], welches ihn ernährt“. 346 d) Eigentum macht die Menschen selbständig und deshalb muß jeder Bürger so viel an Gütern haben und haben können, daß er selbständig ist; 347 „[n]icht nur um der Wahrung der Gerechtigkeit zwischen den Einzelnen willen, sondern auch um der Erhaltung eines Gleichgewichtes der Abhängigkeiten in einer freien Gesellschaft“. 348 Freiheit, als die Autonomie des Willens kann nur unter substantiell Gleichen in wirtschaftlich homogener Selbständigkeit Wirklichkeit finden. 349 Der Grundsatz gleichheitlicher Güterverteilung ist der Gleichheit in der Freiheit immanent. 350 Die Würde des Menschen verbietet es, einem Menschen weniger Freiheit zuzugestehen als einem anderen. 351 344
Metaphysik der Sitten, S. 432 f. I. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 432. 346 I. Kant, Über den Gemeinspruch, S. 151. 347 K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum, S. 761; ders., Freiheit in der Republik, S. 558; W. Kersting, Theorien der sozialen Gerechtigkeit, 2000, S. 336, 398 ff.; ders., Rechtsphilosophische Probleme des Sozialstaats, 2000, S. 21 ff. (unter Verweis auf Lorenz von Stein: „Die Freiheit ist eine wirkliche erst in dem, der die Bedingungen derselben, den Besitz der materiellen und geistigen Güter, als die Voraussetzungen der Selbstbestimmung, besitzt“), S. 39 f. (sozialstaatliche Freiheitsfürsorge). 348 W. Maihofer, Prinzipien freiheitlicher Demokratie, S. 516 (unter Bezugnahme auf Rousseau), siehe auch S. 518: „Grundsätzlicher noch wird eine solche Ordnung der Gleichheit in Freiheit bedroht, wenn in ihr [...] nicht nur Ungleichheit der Wohlfahrt herrscht, sondern eine aus dieser folgende Ungleichheit der Freiheit droht: durch die einseitige, mehr oder weniger vollständige Abhängigkeit des Einen vom Andern in der Gesellschaft, die Verknechtung und Ausbeutung von Menschen durch Menschen zur regelmäßigen Folge hat“. 349 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 241, 203, 1177 ff. (zur „Homogenität als Voraussetzung der Republik“); ders., Freiheit in der Republik, S. 645, 636 ff.; i. d. S. BVerfGE 5, 85 (206); auch BVerfGE 89, 155 (186); P. Häberle, Grundrechte im Leistungsstaat, in: VVDStRL 30 (1972), S. 43 ff., 90 ff.; M. Kriele, Freiheit und Gleichheit, in: E. Benda / W. Maihofer / H.-J. Vogel (Hrsg.), Handbuch des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 1. Aufl. 1983, S. 129 ff., 146; ders., Einführung in die Staatslehre, S. 181, 198 ff.; W. Maihofer, Prinzipien freiheitlicher Demokratie, S. 458 f.; H. Heller, Politische Demokratie und soziale Homogenität, 1928, in: ders., Gesammelte Schriften, Bd. 2: Recht – Staat – Macht, 1971, S. 421 ff., 423 ff.; ders., Staatslehre, 1934, 2. Aufl. 1961, S. 158 ff.; E. Grabitz, Freiheit und Verfassungsrecht, S. 205 ff., 237. 350 K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum, S. 757; ders., Freiheit in der Republik, S. 553; dazu: Aristoteles, Politik, übers. u. hrsg. v. O. Gigon, 9. Aufl. 2003, 1295 b 1 ff., 40 ff.; C.-L. Montesquieu, Vom Geist der Gesetze, 1748, ed. K. Weigand, Reclam, 1994, 5. Buch/6. Kap., S. 147: „Gleichheit der Vermögen“; J. Locke, Über die Regierung, S. 25 ff.; W. Maihofer, Prinzipien freiheitlicher Demokratie, S. 507 ff., 345
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5. Teil: Öffentliche Sachen
Dies setzt wiederum voraus, daß brüderlich geteilt wird. 352 Brüderlich, solidarisch und damit sozial ist die gemeinsame Verantwortung des gemeinsamen Lebens, d. h. die Gemeinschaftlichkeit im Gemeinwesen. 353 Dabei verpflichtet das Prinzip der Brüderlichkeit als das Sozialprinzip 354 zu einer Mitverantwortlichkeit, die nicht als bloße Unterbringung oder Versorgung von Sozialfällen zu verstehen ist, sondern als die Anstrengung der Gesellschaft, allen Menschen die faire Chance eines menschenwürdigen Daseins entsprechend dem Grundsatz „Hilfe zur Selbsthilfe“ zu verschaffen. 355 Die brüderliche Teilung der Lebensmöglichkeiten verwirklicht die Menschenwürde. 356 „Doch hinter der Brüderlichkeit steht das Eigentum, Bruder kann im Entscheidenden nur sein, wer besitzt und teilhaben läßt“. 357 Mit anderen Worten: Die Eigentumsgewährleistung verwirklicht das Sozialprinzip, das als Prinzip der Brüderlichkeit zum menschheitlichen und grundgesetzlichen Freiheitsprinzip gehört. 358 In diesem Sinne bestimmt Art. 14 Abs. 2 GG: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen“. Damit ist die Sittlichkeit des Gebrauchs des Eigentums
insb. S. 516 ff.; H. F. Zacher, Das soziale Staatsziel, Rdn. 34 ff. („Soziale Gleichheit“); E. Benda, Der soziale Rechtsstaat, in: E. Benda / W. Maihofer / H.-J. Vogel (Hrsg.), Handbuch des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 2. Aufl. 1994, S. 719 ff., 761 ff., 785 ff. 351 K. A. Schachtschneider, Eigentümer globaler Unternehmen, S. 422. 352 K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum, S. 759, 761; ders., Freiheit in der Republik, S. 555, 558. 353 K. A. Schachtschneider, Flächentarife und die Soziale Frage, in: R. Krause / W. Veelken / K. Vieweg (Hrsg.), Recht der Wirtschaft und der Arbeit in Europa. Gedächtnisschrift für Wolfgang Blomeyer, 2004, S. 245 ff., 245; Friedrich Schiller, Wilhelm Tell, in: ders., Sämtliche Werke in 5 Bänden, Bd. II: Dramen 2, hrsg. v. P.-A. Alt, 2004, S. 913 ff., 964 (Ende zweiter Aufzug / zweite Szene, Rösselmann), erfaßt das Wesen der nationalen Solidarität mit den Worten „Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern, in keiner Not uns trennen und Gefahr“. 354 Siehe dazu: K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 234 ff.; ders., Das Sozialprinzip. Zu seiner Stellung im Verfassungssystem des Grundgesetzes, 1974; H. F. Zacher, Das soziale Staatsziel, Rdn. 1 ff. 355 W. Maihofer, Prinzipien freiheitlicher Demokratie, S. 519 ff., insb. S. 527 ff.; K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum, S. 756 ff.; ders., Res publica res populi, S. 244. 356 K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum, S. 762; ders., Freiheit in der Republik, S. 558. 357 W. Leisner, Freiheit und Eigentum, S. 19. 358 K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum, S. 762; ders., Res publica res populi, S. 234 ff.; dazu: H. Heller, Politische Demokratie und soziale Homogenität, S. 427 ff.; G. Dürig, Kommentierung des Art. 3 GG, in: T. Maunz / G. Dürig, Grundgesetz. Kommentar, 1973, Rdn. 156 ff. („Die ‚Brüderlichkeit‘ als Wert zwischen Freiheit und Gleichheit“); M. Kriele, Einführung in die Staatslehre, S. 196 ff.; W. Maihofer, Prinzipien freiheitlicher Demokratie, S. 519 ff.; siehe auch: W. Leisner, Sozialbindung des Eigentums, 1972.
2. Kap.: Eigentum
243
in den Text des Grundgesetzes aufgenommen und zur Rechtspflicht gemacht worden. 359 Die Verwirklichung des Sozialprinzips ist vorrangig dem Gesetzgeber überantwortet, 360 dem gemäß Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG auch der Auftrag erteilt ist, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen. 361 Er muß, wie das Bundesverfassungsgericht erklärt, „bei der Regelung des Eigentumsinhalts das Wohl der Allgemeinheit beachten und die Befugnisse und Pflichten des Eigentümers am Sozialstaatsprinzip orientieren“. 362 Im Maße der danach festgelegten gesetzlichen Bindung vollzieht der Eigentümer durch seinen Eigentumsgebrauch funktional das gemeine Wohl. 363 Der Gesetzgeber ist also verpflichtet, eine sozial gerechte Eigentumsordnung, d. h. eine Ordnung der gerechten Teilung der Güter zu gestalten, 364 die dem Wohl der Gemeinschaft in gleicher Weise Rechnung trägt wie dem Eigentum als Recht des Einzelnen, als materielle Voraussetzung der freien Entfaltung der Persönlichkeit und Grundlage individueller Freiheit. 365 Die allgemeinen Gesetze, die Gesetze aller, müssen den Menschen die Möglichkeit geben, hinreichen359
K. A. Schachtschneider, Sittlichkeit und Moralität, S. 64. BVerfGE 1, 97 (105); 43, 213 (226); 50, 57 (108); 53, 164 (184); 100, 271 (284): „Das Sozialstaatsprinzip enthält einen Gestaltungsauftrag an den Gesetzgeber [...]. Es verpflichtet ihn, für einen Ausgleich der sozialen Gegensätze zu sorgen [...]. Darüber hinaus gebietet es staatliche Fürsorge für Einzelne oder Gruppen, die aufgrund ihrer persönlichen Lebensumstände oder gesellschaftlicher Benachteiligung an ihrer persönlichen oder sozialen Entfaltung gehindert sind [...]. Wie der Gesetzgeber diesen Auftrag erfüllt, ist mangels näherer Konkretisierung des Sozialstaatsprinzips seine Sache“; siehe dazu: K. A. Schachtschneider, Das Sozialprinzip, S. 71 ff.; ders., Res publica res populi, S. 247 ff.; H. F. Zacher, Das soziale Staatsziel, Rdn. 122; W. Maihofer, Prinzipien freiheitlicher Demokratie, S. 511, 516. 361 K. A. Schachtschneider, Sittlichkeit und Moralität, S. 64: „Die Inhaltsbestimmung ist die Materialisierung des vielfältigen Eigenen als Eigentum. [...] Die Schrankenbestimmung erlaubt dem Gesetzgeber, den Eigentumsschutz, der um des Eigenen willen geboten ist, zu verkürzen, um dem Gemeinwohl gerecht zu werden“. 362 BVerfGE 25, 112 (117). 363 K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, S. 574; zur funktionalen Staatlichkeit institutionell Privater, siehe: 3. Kap. III. a); dazu auch: BVerfGE 20, 351 (356): „Die Gesamtheit der in den gesetzlichen Normen sichtbar werdenden Beschränkungen des Eigentums läßt sich in dem Begriff der Sozialpflichtigkeit zusammenfassen“. 364 I. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 423: „Der nicht-rechtliche Zustand, d. i. derjenige, in welchem keine austeilende Gerechtigkeit ist“. 365 BVerfGE 58, 300 (335): „Das Grundgesetz hat dem Gesetzgeber den Auftrag zugewiesen, eine Eigentumsordnung zu schaffen, die sowohl den privaten Interessen des Einzelnen als auch denen der Allgemeinheit gerecht wird“; BVerfGE 25, 112 (118): „grundlegende Wertentscheidung der Verfassung im Sinne eines sozial gebundenen Privateigentums“; BVerfGE 52, 1 (29): Der Gesetzgeber steht vor der Aufgabe „das Sozialmodell zu verwirklichen, dessen normative Elemente sich einerseits aus der grundgesetzlichen Anerkennung des Privateigentums [...] und andererseits aus dem Sozialgebot 360
244
5. Teil: Öffentliche Sachen
de Lebensmöglichkeiten und damit ein die Selbständigkeit tragendes Eigentum zu erwerben. 366 Die Gleichheit der Wohlfahrt setzt voraus, daß die Gesetze selbst den gleichen, angemessenen und verhältnismäßigen Vorteil aller Bürger anstreben und nicht einen Teil unangemessen und unverhältnismäßig zugunsten oder zulasten der anderen begünstigen oder benachteiligen. 367 Durch das Sozialprinzip hat der Staat die moralische Pflicht, den tragfähigen, gerechten Interessenausgleich, 368 den Ausgleich zwischen arm und reich, den der Friede des gemeinsamen Lebens erfordert, zu verwirklichen. 369 Denn Zweck des staatlichen Gemeinwesens ist das gute Leben aller in allgemeiner Freiheit. 370 Aus der Verwirklichung des Sozialprinzips erwächst die Fähigkeit zur Autonomie des Willens, das ist die bürgerliche Selbständigkeit, als Mitgesetzgeber unabhängig von eines anderen nötigender Willkür und damit frei in der Gleichheit tätig werden zu können. 371 Immanuel Kant hat deshalb den bürgerlichen Zustand als den rechtlichen Zustand auf die Prinzipien der Freiheit (als Mensch), Gleichheit (als Mitmensch)
des Art. 14 Abs. 2 GG ergeben“; BVerfGE 72, 66 (77): „Gebot einer sozialgerechten Eigentumsordnung“; siehe auch: BVerfGE 50, 290 (340); 70, 191 (200 f.); 71, 230 (246 f.); 102, 1 (16 f.); i. d. S. auch P. Häberle, Grundrechte im Leistungsstaat, S. 100 ff.; F. Schoch, Die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG, S. 119. 366 K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum, S. 769; ders., Das Sozialprinzip, S. 71 ff.; ders., Res publica res populi, S. 247 ff.; siehe auch: BVerfGE 33, 303 (330 ff.): „das Freiheitsrecht wäre ohne die tatsächliche Voraussetzung, es in Anspruch nehmen zu können, wertlos“ (331); sowie: BVerfGE 1, 97 (104 f.); 5, 84 (197 f.); 43, 213 (226); 50, 57 (108); 53, 164 (184); 100, 271 (283 ff.). 367 W. Maihofer, Prinzipien freiheitlicher Demokratie, S. 438 ff., mit zahlreichen Hinweisen auf die Lehre J.-J. Rousseaus, darunter insbesondere: Vom Gesellschaftsvertrag, S. 57: „Genau deshalb, weil die Kraft der Dinge stets dazu neigt, die Gleichheit zu zerstören, muß die Kraft der Gesetzgebung stets versuchen, sie aufrechtzuerhalten“. 368 Der Interessenausgleich ist die Logik der Materialität von Gesetzen (K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, S. 557). Nur wenn der Interessenausgleich gelingt, können die Gesetze die allgemeine Zustimmung finden; zum republikanischen Interessenausgleich: K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 617 ff.; BVerfGE 52, 1 (29); 72, 66 (77 f.); 100, 226 (240); 102, 1 (17): „Der Gesetzgeber hat dabei die schutzwürdigen Interessen der Beteiligten in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen“. 369 K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, S. 557 f.; ders., Res publica res populi, S. 234 ff.; H. F. Zacher, Das soziale Staatsziel, Rdn. 72 f. („ökonomische Mitte des ‚Sozialen‘“). 370 Siehe dazu: 5. Teil, 3. Kap. II. 371 K. A. Schachtschneider, Frei – sozial – fortschrittlich, in: Die Fortentwicklung des Sozialstaates. Verfassungsauftrag und administrative Implementation. Symposium zu Ehren von Werner Thieme, Hamburg, 24. Juni 1988, 1989, S. 6 ff., 12 ff.; ders., Res publica res populi, S. 234 ff.; ders., Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 144, zu den Überlegungen Kants, der nicht von einem Sozialstaat ausgehen konnte, unselbständige Menschen von der aktiven Bürgerschaft auszuschließen.
2. Kap.: Eigentum
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und Selbständigkeit (als Bürger) gegründet und damit die Brüderlichkeit, das Ideal der Französischen Revolution, durch die Selbständigkeit ersetzt. 372 e) Eigentum soll um des allgemeinen Wohles willen sozial sein, seinem Wesen nach ist es aber privatheitlich. 373 Das beweist Absatz 2 des Art. 14 GG. Dieser hat nur Logik, wenn das Eigentum im Grundsatz aus Rechten der Privatheit besteht; 374 der Eigentumsgebrauch soll nur zugleich, nicht aber ausschließlich dem Gemeinwohl dienen. 375 Privatnützigkeit und Sozialpflichtigkeit sind in der Republik eine Einheit, die der Materialisierung durch Gesetze bedarf. 376 Die „Privatnützigkeit“, d. h. die Zuordnung des Eigentumsobjekts zu einem Rechtsträger, „in dessen Hand es als Grundlage privater Initiative und im eigenverantwortlichen privaten Interesse ‚von Nutzen‘ sein soll, und [...] die von dieser Nutzung nicht immer deutlich abgrenzbare grundsätzliche Verfügungsbefugnis über den Eigentumsgegenstand“, hat das Bundesverfassungsgericht stets als Wesensmerkmale des verfassungsrechtlich geschützten Eigentums betont. 377 Die Nutzung des Eigentumsgegenstandes solle dem Eigentümer ermöglichen, sein Leben nach eigenen, selbstverantwortlich entwickelten Vorstellungen zu gestalten. 378 Insofern enthalte die Eigentumsgewährleistung Elemente der allgemeinen Handlungsfreiheit und schütze grundsätzlich auch die Entscheidung des Eigentümers darüber, wie er das Eigentumsobjekt verwenden wolle. 379
372
Über den Gemeinspruch, S. 145 ff.; ders., Metaphysik der Sitten, S. 432 ff., darin schreibt Kant den zur Gesetzgebung vereinigten Gliedern einer Gesellschaft, den Staatsbürgern, die rechtlichen, von ihrem Wesen unabtrennlichen Attribute Freiheit, Gleichheit und Selbständigkeit zu; damit folgt Kant John Locke, Über die Regierung, S. 73, der von „frei, gleich und unabhängig“ spricht; siehe dazu: K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, S. 644 f.; ders., Res publica res populi, S. 241 ff.; W. Kersting, Wohlgeordnete Freiheit. Immanuel Kants Rechts- und Staatsphilosophie, 3. Aufl. 2007, S. 297 ff. 373 K. A. Schachtschneider, Rechtsstaatlichkeit als Grundlage des inneren und äußeren Friedens, 2002, in: ders., Freiheit – Recht – Staat. Eine Aufsatzsammlung zum 65. Geburtstag, hrsg. v. D. I. Siebold / A. Emmerich-Fritsche, 2005, S. 234 –258, 237; ders., Freiheit in der Republik, S. 602; ausführlich zur Privatheit: 5. Teil, 2. Kap. II. e). 374 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 78; ders., Freiheit in der Republik, S. 469. 375 H.-J. Papier, Kommentierung des Art. 14 GG, Rdn. 375. 376 K. A. Schachtschneider, Rechtsstaatlichkeit als Grundlage des inneren und äußeren Friedens, S. 237. 377 BVerfGE 50, 290 (339); st. Rspr.; etwa auch 31, 229 (240); 37, 132 (140); 52, 1 (30); 53, 257 (290); 58, 300 (345); 79, 292 (303); 91, 294 (308); 93, 121 (137); 100, 226 (241). 378 BVerfGE 79, 292 (303 f.). 379 BVerfGE 88, 366 (377); P. Kirchhof, Besteuerung und Eigentum, in: VVDStRL 39 (1981), S. 213 ff., 281: „Privateigentum gibt dem Eigentümer die Freiheit zum Erwerben, Besitzen, Nutzen, Verwalten, Verbrauchen und Veräußern“; W. Leisner, Eigentum, Rdn. 44: „Das Eigentum wird nicht ‚zu einem konkreten Zweck‘ geschützt, sondern ganz
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5. Teil: Öffentliche Sachen
Die Eigentumsgewährleistung garantiert Rechte der Privatheit; 380 sie ist „die Magna Charta der Privatheit“. 381 Sie garantiert subjektive Rechte des Menschen, sein Glück zu suchen, d. h. Rechte, die nicht zweckbestimmt und einer funktionalen Begrenzung nicht fähig sind. 382 Eine solche privatrechtliche Eigentumsverfassung beansprucht die weitestmögliche Privatheit der Lebensbewältigung und zwingt damit insgesamt zu einer Rechtsordnung der größtmöglichen Privatheit, weil das Eigentum sonst nicht privatnützig sein kann. 383 Denn, wie bereits gesagt, Eigentum ist „begrifflich ein Recht des Einzelnen, also ein Recht zur Privatheit als Recht zur [freien] Willkür“, 384 das sich im Rahmen der das Gemeinwohl definierenden Gesetze entfaltet. 385 Das zeigt § 903 BGB. 386
II. Eigentum bürgerlichen Rechts § 903 S. 1 BGB besagt: „Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen“.
a) Wie aus den Gesetzesmaterialien hervorgeht, wollte der Gesetzgeber mit dieser Vorschrift „weniger eine Definition“ des Eigentums geben, als vielmehr „den wesentlichen Inhalt der dem Eigenthümer zustehenden Rechte feststelallgemein zur Privatnützigkeit für den Eigentümer [...] – was ihm nützt, bestimmt dieser selbst“; grundlegend zur Privatnützigkeit: R. Reinhardt, Wo liegen für den Gesetzgeber die Grenzen, gemäß Art. 14 des Bonner Grundgesetzes über Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen?, in: ders. / U.Scheuner, Verfassungsschutz des Eigentums, 1954, S. 1 ff., 14 ff., 23 ff., 32 ff. 380 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 42 f.; ders., Die Würde des Menschen, S. 18; ders., Res publica res populi, S. 1004. 381 K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, S. 579. 382 K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, S. 458; Hans-Jürgen Papier, Unternehmen und Unternehmer in der verfassungsrechtlichen Ordnung der Wirtschaft, in: VVDStRL 35 (1977), S. 55 ff., 83, zufolge erweist sich Art. 14 GG „als eine besondere Gewährleistungsform der Privatautonomie auf vermögensrechtlichem Gebiet“; einen engen Zusammenhang von Privateigentum und Privatautonomie stellt auch Peter Badura, Möglichkeiten und Grenzen des Zivilrechts bei der Gewährleistung öffentlicher und sozialer Erfordernisse im Bodenrecht, in: AcP 176 (1976), S. 119 ff., 127 ff., heraus; siehe auch: J. Meyer-Abich, Der Schutzzweck der Eigentumsgarantie, S. 167 f. 383 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 78 f.; ders., Freiheit in der Republik, S. 468 f.; zur Bereitstellung einer funktionsfähigen Privatrechtsordnung, siehe: O. Depenheuer, Kommentierung des Art. 14 GG, Rdn. 22 f. 384 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 1025. 385 K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, S. 597; zu Gemeinwohl und Gesetzlichkeit, siehe: 5. Teil, 3. Kap. I. / II. 386 Siehe dazu den folgenden Abschnitt II. e).
2. Kap.: Eigentum
247
len“. 387 Martin Wolff hat das Eigentum als „das umfassendste Herrschaftsrecht, das man an einer Sache haben kann“ charakterisiert. 388 Diese Begriffsbestimmung legt auch die h. M. ihrem Eigentumsverständnis zugrunde. 389 Von dieser und den weiteren Überlegungen Wolffs 390 ausgehend stellt Jürgen F. Baur fest, daß für das Eigentum die im Vergleich zu anderen (beschränkten) dinglichen Rechten umfassenderen Befugnisse seines Inhabers gegenüber der Sache kennzeichnend seien. 391 Nach Hans Hermann Seiler ist das Eigentum deshalb als das Vollrecht an einer Sache zu verstehen; 392 der Eigentümer vereinige in sich alle Befugnisse an der Sache. 393 Entgegen dieser im Zivilrecht verbreiteten Auffassung ist das Eigentum allerdings nicht durch Rechte an der Sache, sondern durch Rechte gegenüber Dritten charakterisiert. 394 Die rechtliche Betrachtung müsse, wie Helmut Rittstieg richtig zum Ausdruck bringt, auf das Verhältnis des Eigentümers zu anderen potentiellen Sachnutzern abstellen, „weil Rechtsnormen als Sollensvorstellungen nicht 387 B. Mugdan (Hrsg.), Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, Bd. III: Sachenrecht, 1899 (Nachdr. 2005), S. 145. 388 Daß er dabei nicht von einem schrankenlosen Recht spricht, sondern das Eigentum von den beschränkten Sachenrechten abgrenzt, machen diese Ausführungen deutlich: „Diese befugen nur zu einer teilweisen Beherrschung der Sache, jenes zu höchstmöglicher Beherrschung. [...] Soweit die Rechtsordnung überhaupt private Herrschaft duldet, gewährt das Eigentum alles, das begrenzte Recht einiges“, M. Wolff, Das Sachenrecht, in: ders. / L. Enneccerus / T. Kipp, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, Bd. III, 9. Bearb. 1932, S. 154 f.; siehe auch: M. Wolff / L. Raiser, Sachenrecht. Ein Lehrbuch, 10. Bearb. 1957, S. 173 („umfassendste Herrschaftsrecht, das die Rechtsordnung an einer Sache zuläßt“). 389 J. F. Baur, Kommentierung des § 903 BGB, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch. Kommentar, Bd. 14: Sachenrecht 1. §§ 854 – 984, 13. Aufl. 2002, Rdn. 5; F. Baur (begr.) / J. F. Baur / R. Stürner (fortgef.), Sachenrecht, S. 269; E. Deutsch, Das Eigentum als absolutes Recht und Schutzgegenstand der Haftung, in: MDR 6/1988, S. 441 –445, 441 („Das Eigentum ist ein Recht auf Herrschaft über die Sache“); H. H. Seiler, Vorbemerkungen zu §§ 903 ff. BGB, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Buch 3: Sachenrecht. §§ 903 – 924, 2002, Rdn. 2; unter Berufung auf M. Wolff / L. Raiser: K. H. Schwab / H. Prütting, Sachenrecht, S. 115; siehe auch: P. Bassenge, Überblick vor § 903 BGB, in: Palandt. Bürgerliches Gesetzbuch. Kommentar, 66. Aufl. 2007, Rdn. 1; ders., Kommentierung des § 903 BGB, in: Palandt. Bürgerliches Gesetzbuch. Kommentar, 66. Aufl. 2007, Rdn. 1. 390 Siehe Anm. 388 in diesem Teil. 391 Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 5; siehe auch: W. Marotzke, Erster Kontakt mit dem Sachenrecht, in: JuS 11/1993, S. 916 – 919, 916 („umfassendste dingliche Recht an einer Sache“); K. Vieweg / A. Werner, Sachenrecht, 2. Aufl. 2005, S. 71 („umfassendste Herrschaftsrecht der Person über eine Sache“). 392 Vorbemerkungen zu §§ 903 ff. BGB, Rdn. 2; siehe auch: J. M. Sontis, Strukturelle Betrachtungen zum Eigentumsbegriff, in: G. Paulus / U. Diederichsen / C.-W. Canaris (Hrsg.), Festschrift für Karl Larenz zum 70. Geburtstag, 1973, S. 981 –1002, 989; K. Vieweg / A. Werner, Sachenrecht, S. 72. 393 H. H. Seiler, Vorbemerkungen zu §§ 903 ff. BGB, Rdn. 2. 394 Siehe dazu auch: 5. Teil, 2. Kap. I.1. c).
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5. Teil: Öffentliche Sachen
an die Sache selbst, sondern an andere Rechtssubjekte gerichtet sind“. 395 Das Sacheigentum ist daher besser als ein Bündel von Rechten und Pflichten des Eigentümers im Verhältnis zu anderen potentiellen Sachnutzern zu kennzeichnen. 396 b) Das Eigentum im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches ist kein schrankenloses Recht. Weil die Befugnisse des Eigentümers mit denen anderer Eigentümer oder mit den Interessen dritter, durch das Eigentum tangierter Personen meist zwangsläufig kollidieren, gebietet das Zusammenleben der Menschen in der Gemeinschaft die Auferlegung von Pflichten und Beschränkungen. 397 Ebendeshalb wird dem Eigentümer die Befugnis, mit der Sache nach Belieben 398 zu verfahren 395 Zur Entwicklung des Grundeigentums, in: JZ 5/6/1983, S. 161 –167, 164; K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 279 („rechtlich ein Verhältnis unter den Menschen, das sich auf eine bestimmte Sache bezieht“); die Überlegungen Otto Gierkes, Die soziale Aufgabe des Privatrechts, 1889, Neudr. 1943, S. 13 f., weisen in dieselbe Richtung: „Auch das Sachenrecht ist zuletzt ein Verhältnis zwischen menschlichen Willen, nicht zwischen einem isolierten Einzelwillen und dem willenlosen Objekt“. Darauf aufbauend betont Gierke die Pflichtengebundenheit des Eigentums: „Wo aber Mensch und Mensch sich gegenüberstehen, da ist für unsere heutige Auffassung die pflichtenlose Herrschaft ausgeschlossen. So scheint auch das Privatrecht von dem Satz ausgehen zu müssen: Kein Recht ohne Pflicht“; siehe dazu auch Walther Burckhardt, Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Untersuchungen über die Eigenart des Privatrechts, des Staatsrechts und des Völkerrechts, 2. Aufl. 1944, Nachdr. 1971, S. 42: „das Sachenrecht, welches das Verhältnis des Berechtigten zu den Nichtberechtigten ordnet“; zur Pflichtengebundenheit des Eigentümers, siehe unten Abschnitt b) in diesem Kapitel. 396 H. Rittstieg, Zur Entwicklung des Grundeigentums, S. 164; eine verkürzte Abbildung, gewissermaßen ein bildlicher Ausdruck dieser komplexen, Befugnisse und Pflichten umfassenden Rechtsstellung des Eigentümers ist die Zuordnung der Sache zur Person; die Darstellung als Zuordnungsverhältnis darf jedoch nicht als Herrschaftsrecht an einer Sache oder Rechtsverhältnis zwischen Person und Sache fehlinterpretiert werden; so aber deutlich: E. Deutsch, Das Eigentum als absolutes Recht, S. 441; K. Heuchert, Das Eigentum in der Theorie der Property Rights, in: J. F. Baur (Hrsg.), Das Eigentum. Veröffentlichung der Joachim Jungius-Gesellschaft der Wissenschaften, 1989, S. 125 –141, 126 f. 397 F. Baur (begr.) / J. F. Baur / R. Stürner (fortgef.), Sachenrecht, S. 269, 273; H. H. Seiler, Vorbemerkungen zu §§ 903 ff. BGB, Rdn. 6; siehe dazu auch: 5. Teil, 2. Kap. I.1. 398 Im Gesetzesvorschlag der ersten Kommission war noch der Ausdruck „nach Willkür“ enthalten („Der Eigenthümer einer Sache hat das Recht, mit Ausschließung Anderer nach Willkür mit der Sache zu verfahren...“). Vor dem Hintergrund der folgenden Überlegungen hat die zweite Kommission diesen durch die später Gesetz gewordene Formulierung ersetzt: „Auch die Worte ‚nach Willkür‘ seien an sich zutreffend, denn sie besagten, richtig verstanden, nur, daß die Rechtsordnung, von den durch Gesetz oder Rechte Dritter begründeten Schranken abgesehen, dem Willen des Eigenthümers keine Beschränkung auferlege. Indes habe der Ausdruck ‚nach Willkür‘ insofern Anstoß erregt, als in ihm die Anerkennung gefunden werden könne, daß der Eigenthümer auch von allen durch die Gebote der Sittlichkeit gegebenen Beschränkungen im Gebrauche der Sache befreit sein soll“; B. Mugdan (Hrsg.), Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch, S. 578.
2. Kap.: Eigentum
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und andere von jeder Einwirkung auszuschließen, nur soweit zugestanden, als „nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen“ (§ 903 BGB). In diesem schlichten Nebensatz, in der Abgrenzung des Eigentumsinhalts sah der Gesetzgeber den „Hauptwerth der ganzen Bestimmung“. 399 Hierdurch werde einerseits eine „Vermuthung für die Unbeschränktheit des Rechtes“ bekundet, „nämlich daß die ausschließliche Verfügungsbefugnis des Eigenthümers über die Sache soweit reich[e], als nicht eine Beschränkung nachgewiesen“ werde. 400 Zum anderen bringe sie „die Elastizität des Eigenthumes, vermöge deren beim Wegfalle einer Beschränkung die Konsolidation zu Gunsten des Eigenthümers eintrete, zum Ausdrucke“. 401 Weitergehende Aussagen zu Art und Umfang der Eigentumsbeschränkungen macht § 903 BGB nicht, sondern überläßt deren Feststellung anderen Rechtsnormen. 402 Der „eigentliche“ Eigentumsinhalt, wie weit also die Befugnis des Eigentümers reicht, mit der Sache nach Belieben zu verfahren und andere von jeder Einwirkung auszuschließen, ergibt sich demnach nicht aus dem Begriff der gesetzlichen Bestimmung, sondern aus der Gesamtrechtsordnung, die das Recht verleiht und den Raum des Eigentümerbeliebens konkret absteckt. 403 Nur in diesen, durch die Rechtsordnung gegebenen Grenzen gewährt das Privateigentum ein freies und ausschließliches Verfügungsrecht. 404 Es liegt auf der Hand, daß diese Schranken, die Ausdruck der sozialen Bindung des Privateigentums sind, 405 nicht ein für allemal feststehen. Der Eigentumsinhalt ist mit der Rechtsordnung wandelbar; sie kann ihn für unterschiedliche Kategorien von Sachen unterschiedlich ausgestalten und der jeweiligen Lage entsprechend anpassen. 406 399 B. Mugdan (Hrsg.), Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch, S. 578, siehe auch S. 145 („Die positive Seite dieser Feststellung ist von geringerer Wichtigkeit, als deren negative Seite“). 400 B. Mugdan (Hrsg.), Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch, S. 145; H. H. Seiler, Kommentierung des § 903 BGB, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Buch 3: Sachenrecht. §§ 903 –924, 2002, Rdn. 4. 401 B. Mugdan (Hrsg.), Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch, S. 578, 145; siehe dazu auch: M. Wolff, Das Sachenrecht, S. 155 („Erlöschen jene begrenzten Rechte, so erstarkt die Macht des Eigentümers zu alter Fülle“); O. Gierke, Deutsches Privatrecht, Bd. II: Sachenrecht, 1905, S. 365; H. H. Seiler, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 4. 402 Martin Wolff, Das Sachenrecht, S. 157, sieht die Bedeutung der Vorschrift daher auf dem Gebiet des Prozesses: Wer eine Beschränkung behaupte, müsse ihre tatsächlichen Voraussetzungen im Streitfall beweisen; ebenso: K. H. Schwab / H. Prütting, Sachenrecht, S. 116; a. A.: J. F. Baur, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 14. 403 M. Wolff / L. Raiser, Sachenrecht, S. 174; J. M. Sontis, Strukturelle Betrachtungen zum Eigentumsbegriff, S. 981. 404 M. Wolff, Das Sachenrecht, S. 154. 405 H. H. Seiler, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 3. 406 M. Wolff / L. Raiser, Sachenrecht, S. 180; P. Bassenge, Überblick vor § 903 BGB, Rdn. 1.
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5. Teil: Öffentliche Sachen
Dabei stellen die Beschränkungen, die dem Eigentümer Pflichten auferlegen, keine Ausnahmen gegenüber einem grundsätzlich totalen Recht dar, sondern sind wesensgemäß Begrenzungen des Eigentumsinhalts. Die gesetzlichen Schranken sind dem Eigentum wie jedem subjektiven Recht immanent. Sie gehören zur Bestimmung des Inhalts; sie bilden einen den Berechtigungen des Eigentümers gleichwertigen Bestandteil des Eigentumsbegriffs 407 und sind nicht ein sekundäres, von außen kommendes Merkmal. 408 Beschränkt werden die Eigentümerbefugnisse zum einen durch zahlreiche Vorschriften des Privatrechts. Die wichtigsten Schranken finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch selbst; dazu gehören das Schikaneverbot (§ 226 BGB), der Notstand (§ 904 BGB) sowie die Vorschriften des Nachbarrechts (§§ 905 ff. BGB). 409 In Einzelfällen ist dort ein Anspruch auf Schadloshaltung als Ausgleich für die Duldungspflicht vorgesehen, so z. B. in § 904 S. 2 BGB, § 906 407
M. Wolff / L. Raiser, Sachenrecht, S. 174; P. Bassenge, Überblick vor § 903 BGB, Rdn. 1; K. Pleyer, Rezension, in: AcP 168 (1968), S. 407 –413, 409 f.; A. Meier-Hayoz, Vom Wesen des Eigentums, in: M. Keller (Hrsg.), Revolution der Technik. Evolutionen des Rechts. Festgabe zum 60. Geburtstag von Karl Oftinger, 1969, S. 171 –186, 185; siehe insbesondere: O. Gierke, Die soziale Aufgabe des Privatrechts, S. 16: „Das Privateigenthum ist schon seinem Begriff nach kein absolutes Recht. Alle ihm im öffentlichen Interesse gesetzten Schranken mit Einschluß der Möglichkeit der Enteignung sind in seinem Begriff angelegt und entstammen seinem innersten Wesen“; zum subjektiven Recht, siehe unten: 5. Teil, 3. Kap. III. c). 408 So aber Peter Liver, Eigentumsbegriff und Eigentumsordnung, in: C. Faistenberger / H. Mayrhofer (Hrsg.), Privatrechtliche Beiträge. Gedenkschrift Franz Gschnitzer, 1969, S. 247 – 264, 261 ff. (und die von ihm zitierten Autoren), der das Eigentum als „totale, d. h. umfassende unmittelbare Sachherrschaft“ versteht und die gesetzlichen Schranken nicht als Merkmale des Eigentumsbegriffs gelten lassen will: „Aus der Zweckbestimmung oder aus der Natur des Eigentums oder aus seiner sozialen Funktion lassen sich Eigentumsbeschränkungen nicht ableiten“ (S. 263). Diese Lehre wird vom Schrifttum in der Diskussion um die Frage, ob die Beschränkungen des Eigentums zu den wesentlichen Merkmalen des Eigentumsbegriffs gerechnet werden sollten oder nicht, ob sie also dem Eigentumsbegriff immanent seien oder nicht, als „Außentheorie“ bezeichnet. Ähnlich äußert sich Apostolos Georgiades, Eigentumsbegriff und Eigentumsverhältnis, in: F. Baur / K. Larenz / F. Wieacker (Hrsg.), Beiträge zur europäischen Rechtsgeschichte und zum geltenden Zivilrecht. Festgabe für Johannes Sontis, 1977, S. 149 –166, 153 f., der allerdings die Differenzierung zwischen Eigentumsbegriff und Eigentumsinhalt, auf der auch Livers Argumentation im wesentlichen aufbaut (siehe dort insb. S. 262), mehr in den Vordergrund rückt: „Dem Eigentumsbegriff als abstraktem Begriff können keine Schranken wesensimmanent sein. [...] Die öffentlichrechtlichen Beschränkungen tangieren den Eigentumsbegriff nicht, sondern schränken die Eigentümerbefugnisse und mithin den Eigentumsinhalt ein“, S. 154. Zuzustimmen ist allein der oben dargestellten Immanenzlehre (Anm. 407 in diesem Teil), nach der das Eigentum ein pflichtgebundenes, sozialverhaftetes Recht ist. Allein ein solcher privatrechtlicher Eigentumsbegriff entspricht dem auf Verfassungsebene gesteckten Rahmen; siehe dazu: 5. Teil, 2. Kap. I.2. c). 409 Dazu sowie zu weiteren privatrechtlichen Eigentumsschranken: F. Baur (begr.) / J. F. Baur / R. Stürner (fortgef.), Sachenrecht, S. 273 ff.; K. H. Schwab / H. Prütting, Sachenrecht, S. 116 ff.; H. H. Seiler, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 15; F. J. Säcker, Kom-
2. Kap.: Eigentum
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Abs. 2 S. 2 BGB (Zuführung unwägbarer Stoffe), § 912 Abs. 2 BGB (Überbau) und § 917 Abs. 2 BGB (Notweg). Weitaus zahlreicher als privatrechtliche Eigentumsbeschränkungen sind die durch öffentlich-rechtliche Vorschriften begründeten Beschränkungen. 410 Ihre Durchsetzung, präventiv durch Genehmigungsverfahren und repressiv durch Einschreiten gegen Verstöße, obliegt primär den Verwaltungsbehörden. Soweit die jeweilige Norm drittschützenden Charakter hat, kann sie auch von den Angehörigen des geschützten Personenkreises durchgesetzt werden. 411 Die gesetzlichen Grundlagen öffentlich-rechtlicher Eigentumsschranken finden sich insbesondere im Bauplanungs- und Bauordnungsrecht, im Raumordnungsrecht, im Agrar- und Forstrecht, im Verkehrsrecht sowie auf dem Gebiet des Natur-, Landschafts- und Denkmalschutzes. 412 Schließlich beschränken auch die Rechte Dritter die Befugnisse des Eigentümers. Darunter sind in erster Linie die beschränkt dinglichen Rechte, also z. B. Dienstbarkeiten, Erbbau- und Pfandrechte zu nennen. 413 Sie beschränken das Verfügungsrecht des Eigentümers, indem sie den Rechtsinhabern Teilberechtigungen in Bezug auf die Sache gewähren, 414 und erzeugen damit in gleicher Weise wie die gesetzlichen Schranken entsprechende Duldungs-, Unterlassungsoder Handlungspflichten zu Lasten des Eigentümers. 415 Das beschränkt dingliche Recht ist dabei nicht Bestandteil des Eigentumsinhalts, sondern ein selbständig bestehendes Recht in Bezug auf die Sache, das nur mit dem Eigentum kollidiert und in diesem Umfang die Ausübung der Eigentümerbefugnisse verhindert. 416 c) Das Eigentum bürgerlichen Rechts ist ein Sachenrecht, ein sachbezogenes Vermögensrecht. 417 Gegenstand des Eigentums und damit Sache i. S. d. mentierung des § 903 BGB, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 6: Sachenrecht. §§ 854 – 1296, 4. Aufl. 2004, Rdn. 18 ff. 410 H. H. Seiler, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 16. 411 P. Bassenge, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 14; J. Fritzsche, Kommentierung des § 903 BGB, in: H. G. Bamberger / H. Roth (Hrsg.), Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 2: §§ 611 – 1296, 2003, Rdn. 42. 412 Siehe dazu: H. H. Seiler, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 16 ff.; J. Fritzsche, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 43 ff.; F. J. Säcker, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 29 m.w. N. 413 P. Bassenge, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 27; H. H. Seiler, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 25. 414 H. H. Seiler, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 25; J. Fritzsche, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 65. 415 J. M. Sontis, Strukturelle Betrachtungen zum Eigentumsbegriff, S. 991. 416 J. M. Sontis, Strukturelle Betrachtungen zum Eigentumsbegriff, S. 993. 417 Im Gegensatz zu anderen dinglichen Rechten wie Nießbrauch und Pfandrechten, die auch an Rechten bestehen können; H. H. Seiler, Vorbemerkungen zu §§ 903 ff. BGB, Rdn. 3; J. F. Baur, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 2; siehe auch: B. Mugdan (Hrsg.), Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch, S. 142.
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5. Teil: Öffentliche Sachen
§ 903 BGB können, wie § 90 BGB regelt, nur körperliche, bewegliche oder unbewegliche Gegenstände sein. 418 Immaterialgüterrechte 419 und Urheberrechte sind als Rechte in Bezug auf unkörperliche Gegenstände deshalb kein Eigentum im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches. 420 Auch Forderungsrechte sind kein solches Eigentum. 421 Nachdem gemäß § 93 BGB Bestandteile einer Sache, die nicht voneinander getrennt werden können, ohne daß der eine oder der andere zerstört oder in seinem Wesen verändert wird, nicht Gegenstand besonderer Rechte sein können, 422 besteht Eigentum nur an ganzen Sachen, nicht an Sachteilen. Die Sachteile werden als wesentliche Bestandteile von dem Eigentum an der Gesamtsache erfaßt. 423 Ebensowenig kennt das Bürgerliche Gesetzbuch Eigentum an Sachgesamtheiten wie Warenlagern oder Bibliotheken. Eigentum gibt es nur an einzelnen, individuell bestimmten (nicht bloß bestimmbaren) Sachen. 424 d) Wie aus dem Wortlaut der Vorschrift erkennbar ist, wirken die Befugnisse des Eigentümers im Rahmen der Beschränkungen in zwei Richtungen: 425 Zum einen darf der Eigentümer „mit der Sache nach Belieben verfahren“, sei es durch tatsächliche Handlungen oder durch rechtliche Verfügungen. Damit ist der „positive Kern“ des Privateigentums angesprochen. 426 Was die tatsächlichen Handlungen anbelangt, so hat der Eigentümer insbesondere die Befugnis, die Sa418 BGHZ 44, 288 (293 f.); P. Bassenge, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 2; J. F. Baur, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 2; zu § 90 BGB, siehe: H. Heinrichs / J. Ellenberger, Überblick vor § 90 BGB sowie Kommentierung des § 90 BGB, in: Palandt. Bürgerliches Gesetzbuch. Kommentar, 67. Aufl. 2008, S. 61 ff.; im Gegensatz dazu ist der verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff wesentlich weiter. Er umfaßt alle vermögenswerten Rechte, ohne ihre Verkörperung in einer Sache zu verlangen. Gleichwohl kommt eine Orientierung am Bild des bürgerlich-rechtlichen Sacheigentums in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wiederholt zum Vorschein. So hat das Gericht „die wesentlichen Merkmale des verfassungsrechtlich geschützten Eigentums darin gesehen, daß ein vermögenswertes Recht dem Berechtigten ebenso ausschließlich wie Eigentum an einer Sache zur privaten Nutzung und zur eigenen Verfügung zugeordnet ist“, BVerfGE 83, 201 (208); 45, 142 (179); 78, 58 (71); 89, 1 (6); st. Rspr. 419 Patentrechte, Markenrechte. 420 J. F. Baur, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 2; F. J. Säcker, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 1; E. Deutsch, Das Eigentum als absolutes Recht, S. 443. 421 J. F. Baur, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 2. 422 Dazu: G. Holch, Kommentierung des § 93 BGB, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. I/1: Allgemeiner Teil. §§ 1 –240, 5. Aufl. 2006, S. 1137 ff. 423 J. F. Baur, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 4; K. H. Schwab / H. Prütting, Sachenrecht, S. 115. 424 J. F. Baur, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 4; K. H. Schwab / H. Prütting, Sachenrecht, S. 115; F. J. Säcker, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 1. 425 Dazu und zum folgenden: P. Bassenge, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 4 ff.; H. H. Seiler, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 9 ff.; K. H. Schwab / H. Prütting, Sachenrecht, Rdn. 307.
2. Kap.: Eigentum
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che zu besitzen, zu benutzen oder ungenutzt zu lassen, sie auch zu verändern, zu verbrauchen, zu beschädigen oder zu zerstören, ohne dabei an feste Grenzen der wirtschaftlichen Vernunft gebunden zu sein. 427 Daneben stehen die rechtlichen Verfügungen; darunter sind in erster Linie die Übereignung, die Eigentumsaufgabe, die Belastung mit beschränkt dinglichen Rechten und die Verfügung von Todes wegen zu nennen. Darüber hinaus kommen Regelungen der Benutzung in Betracht. 428 Welche Befugnisse der Eigentümer im einzelnen hat, läßt sich nicht vollständig aufzählen. 429 Wie die Gesetzesmaterialien belegen, lag das Bedürfnis einer solchen Aufzählung auch nicht vor, nachdem „das Eigentum nicht eine Summe einzelner Befugnisse ist“. 430 Zum anderen kann der Eigentümer Dritte „von jeder Einwirkung ausschließen“ (§ 903 BGB). Dieses Ausschließungsrecht bildet den „negativen Kern“ des Privateigentums. 431 § 903 BGB selbst ist jedoch keine Anspruchsgrundlage. 432 Zur Durchsetzung seiner Ausschließungsbefugnisse stehen dem Eigentümer insbesondere die Ansprüche der §§ 985 und 1004 BGB zur Verfügung. § 985 BGB greift, wenn ein Dritter unbefugtermaßen den dem Eigentümer zukommenden Besitz der Sache ausübt. 433 § 1004 BGB enthält den Anspruch auf Beseitigung 426 M. Wolff / L. Raiser, Sachenrecht, S. 178; z. T. wird auch von der positiven Wirkung (P. Bassenge, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 5) und den positiven Befugnissen (H. H. Seiler, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 10; J. Fritzsche, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 16 ff.) gesprochen. Fragwürdig erscheint jedoch die ebenfalls bei H. H. Seiler und J. Fritzsche (a.a. O.) zu findende Bezeichnung als Einwirkungsrechte. Insbesondere rechtliche Verfügungen stellen keine Einwirkung auf die Sache dar. Auch läßt sich der positive Kern nicht dadurch charakterisieren, daß er das Verhältnis des Eigentümers zur Sache regele (so aber K. H. Schwab / H. Prütting, Sachenrecht, S. 115); siehe dazu oben: Abschnitt b). 427 Dazu: BGH, Urt. v. 17. 12. 1999 – V ZR 144/98, in: NJW 23/2000, S. 1719 –1720. 428 Zum Beispiel durch Aufstellung einer Hausordnung, BGHZ 124, 39 (42 ff.); P. Bassenge, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 5. 429 M. Wolff, Das Sachenrecht, S. 155; H. H. Seiler, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 10; J. M. Sontis, Strukturelle Betrachtungen zum Eigentumsbegriff, S. 987; siehe dazu Abschnitt e). 430 Deshalb lasse sich das Eigentum auch nicht so teilen, daß dem Einen und dem Anderen eine Reihe bestimmter im Eigentum liegender Befugnisse zugewiesen werde, B. Mugdan (Hrsg.), Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch, S. 145, siehe auch S. 142: „Bei dem Eigenthume fehlt eine solche Begrenztheit des Rechtsinhaltes“; dazu: Abschnitt f). 431 M. Wolff / L. Raiser, Sachenrecht, S. 178; J. F. Baur, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 40; P. Bassenge, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 6 („Negative Wirkung“); J. Fritzsche, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 20 („negative Befugnisse“). 432 H. H. Seiler, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 6; J. F. Baur, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 13, 40; siehe auch: BGHZ 88, 344 (346): „§ 903 BGB nichts darüber besagt, was als Einwirkung verboten werden kann und was nicht“. 433 Zu § 985 BGB: P. Bassenge, Kommentierung des § 985 BGB, in: Palandt. Bürgerliches Gesetzbuch. Kommentar, 67. Aufl. 2008, S. 1423 f.; D. Medicus, Vorbemerkung und
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gegenwärtiger oder Unterlassung drohender, nicht in der Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes bestehender Beeinträchtigungen (Abs. 1), vorausgesetzt, der Eigentümer ist nicht zu deren Duldung verpflichtet (Abs. 2). 434 Die Feststellung, daß das Eigentum in diesem Sinne beeinträchtigt ist, setzt wiederum voraus, daß über Inhalt und Grenzen der Eigentümerbefugnisse Klarheit besteht. 435 Der Umfang des Ausschließungsrechts ergibt sich aus dem positiven Inhalt des Eigentums, d. h. der Eigentümer kann alle Einwirkungen ausschließen, die ihm selbst gestattet sind. Das Ausschließungsrecht richtet sich demnach grundsätzlich gegen jede beliebige Einwirkung, also beispielsweise gegen Besitzveränderung, Nutzung, Veränderung, Verbrauch, Beschädigung oder Vernichtung der Sache durch Dritte. 436 Darüber hinaus können Einwirkungen auch in Angriffen auf die Rechtsposition des Eigentümers bestehen. 437 Damit verweisen §§ 985 und 1004 BGB wieder zurück auf § 903 BGB und die Gesamtheit der sonstigen, den Inhalt der Eigentümerbefugnisse feststellenden Vorschriften. 438 Bei den Gesetzesberatungen ist erwogen worden, den Inhalt der Vorschrift „auf die Hervorhebung der nach Außen gerichteten negativen Seite des Eigenthumes, der Befugnis des Eigenthümers jeden Anderen von jeder Einwirkung auf die Sache auszuschließen“, zu beschränken und die positive Befugnis somit unerwähnt Kommentierung des § 985 BGB, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 6: Sachenrecht, 4. Aufl. 2004, S. 1053 ff. m. N.; siehe auch § 986 BGB (Einwendungen des Besitzers), dazu: P. Bassenge, Kommentierung des § 986 BGB, in: Palandt. Bürgerliches Gesetzbuch. Kommentar, 67. Aufl. 2008, S. 1424 ff.; D. Medicus, Kommentierung des § 986 BGB, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 6: Sachenrecht, 4. Aufl. 2004, S. 1070 ff. 434 Dabei wird deutlich, daß § 1004 BGB praktisch die Generalklausel des dinglichen Schutzanspruches gegen Eigentumsbeeinträchtigungen, § 985 BGB hingegen nur eine Spezialnorm für eine ganz bestimmte, besonders gravierende Beeinträchtigungsform darstellt; K.-H. Gursky, Kommentierung des § 1004 BGB, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Buch 3: Sachenrecht. §§ 985 –1011 (Eigentum 3), 2006, Rdn. 2; siehe dazu: U. Köbl, Das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis im Anspruchssystem des BGB. Zugleich ein Beitrag zur Konkurrenzlehre, 1971, S. 70 f.; E. Picker, Der negatorische Beseitigungsanspruch, 1972, S. 27 f.; zu § 1004 BGB: D. Medicus, Kommentierung des § 1004 BGB, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 6: Sachenrecht, 4. Aufl. 2004, S. 1143 ff. m. N. 435 K.-H. Gursky, Kommentierung des § 1004 BGB, Rdn. 19. 436 H. H. Seiler, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 11; P. Bassenge, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 6; siehe insbesondere die ausführliche Darstellung zu den Erscheinungsformen von Eigentumsbeeinträchtigungen bei K.-H. Gursky, Kommentierung des § 1004 BGB, Rdn. 20 ff.; dazu: BGH, Urt. v. 20. 01. 2006 – V ZR 134/05, in: NJW 15/2006, S. 1054 ff. (Erteilung eines Hausverbots durch den Flughafenbetreiber); BGH, Urt. v. 10. 04. 1956 – I ZR 165/54, in: BB 23/1956, S. 737 (Benutzung fremder Mineralwasserflaschen mit Firmenzeichen). 437 H. H. Seiler, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 11; siehe auch: K.-H. Gursky, Kommentierung des § 1004 BGB, Rdn. 31 ff. 438 K.-H. Gursky, Kommentierung des § 1004 BGB, Rdn. 19.
2. Kap.: Eigentum
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zu lassen. 439 Die Kommission (zweite Lesung des Entwurfs) lehnte den darauf gerichteten Antrag jedoch mit der Begründung ab, dieses „Ausschließungsrecht sei nichts dem Eigenthume Eigenthümliches; auch jedes andere dingliche Recht zum Gebrauche einer Sache gebe ein solches Ausschließungsrecht; nur der Umfang des Ausschließungsrechtes sei ein je nach dem positiven Inhalte des dinglichen Rechtes verschiedener“, weshalb auch dieser beschrieben werden müsse. Schließlich sei auch eine Gestaltung des Eigentums logisch denkbar, „nach welcher der Eigenthümer zwar Jeden von Einwirkungen auf die Sache ausschließen, aber selbst nicht beliebig mit der Sache verfahren könne“. 440 e) Die in § 903 S. 1 BGB formulierten Eigentümerbefugnisse beschreiben „das klassische Modell des äußeren Rechts zur Privatheit“. 441 Mit dem Begriff der Privatheit ist der der Privatautonomie verbunden: Die Privatheit ist durch das Recht zur Autonomie des Willens definiert. 442 Die private Autonomie ist die Autonomie des institutionell und funktionell Privaten, der aus sich und für sich das Gesetz gibt, das nur ihn und nicht andere Dritte bindet; schließlich würde das deren Freiheit verletzen. 443 Die Privatautonomie bezeichnet das Prinzip der Selbstgestaltung der Rechtsverhältnisse durch den einzelnen nach seinem Willen. Sie ist Teil des allgemeinen Prinzips der Selbstbestimmung und Selbstverantwortung der Menschen. 444 Demgemäß ist das Recht zur Privatheit durch die Befugnis gekennzeichnet, die Maximen des Handelns allein materialisieren und die eigenen Interessen verfolgen zu dürfen, ohne Rücksicht auf andere; deren Interessen sichert das Gesetz. 445 Denn Privatheit ist nicht das Recht zur Willkür, es ist das Recht zur freien Willkür, das die allgemeinen Gesetze geben und begrenzen. 446 Die allgemeinen Gesetze, mittels derer jeder Bürger dem alleinbestimmten Handeln 439 B. Mugdan (Hrsg.), Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch, S. 577. 440 B. Mugdan (Hrsg.), Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch, S. 577 f. 441 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 67; ders., Freiheit in der Republik, S. 455. 442 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 193. 443 K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, S. 506. 444 W. Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 2. Bd.: Das Rechtsgeschäft, 4. Aufl. 1992, S. 1; K. Larenz / M. Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 9. Aufl. 2004, S. 1 f.; siehe auch: G. Barbey, Wahrnehmung staatlicher und gemeindlicher Aufgaben in privatrechtlichen Handlungs- und Erscheinungsformen, in: WuV 2/1978, S. 77 – 94, 78 f. 445 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 453; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 45, 69; ders., Freiheit in der Republik, S. 457. 446 K. A. Schachtschneider, Sittlichkeit und Moralität, S. 60; siehe auch: ders., Freiheit in der Republik, S. 60 ff. (zur freien Willkür der Maximen), S. 67 ff. (zum Recht zur freien Willkür).
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seiner Mitbürger zugestimmt hat, sichern die Allgemeinverträglichkeit privaten Handelns. Wegen der Gesetzlichkeit ist die Privatheit, das Streben nach dem eigenen, besonderen Glück, freiheitlich, ohne anderen Unrecht zu tun. 447 Die Gesetzlichkeit verwirklicht die äußere Freiheit, die „Unabhängigkeit von eines anderen nötigender Willkür“ (Immanuel Kant). 448 Das bedeutet, soweit die privatautonome Gestaltung von Rechtsverhältnissen durch Recht und Gesetz anerkannt ist, soweit die Rechtsordnung Rechtsfiguren privatautonomen Handelns zur Verfügung stellt, bedarf diese keiner anderen Rechtfertigung, als daß der einzelne sie will. 449 Die freie Willkür des Privaten ist alleinbestimmt und deshalb nicht geeignet, das allgemeinheitsfähige Gesetz hervorzubringen. 450 Das allgemeine Gesetz erwächst dem allgemeinen Willen, der volonté générale. Der Wille ist allgemein, wenn alle dieselbe Regelung zum Gesetz machen wollen, wenn also ein Konsens besteht. 451 Wegen ihrer Allgemeinheit gestaltet sich die Gesetzgebung als allgemeiner Vertrag. Weil es aber praktisch unmöglich ist, daß alle mit allen über alles einen Diskurs führen und einen Vertrag schließen, beschließen die Vertreter der Bürgerschaft das Gesetz, den allgemeinen Vertrag. Die Abgeordneten haben als Vertreter des ganzen Volkes das Richtige für das gute Leben aller in allgemeiner Freiheit zu erkennen und dafür zu sorgen, daß es Gesetz wird. 452 In den durch die allgemeinen Gesetze abgesteckten Grenzen, im Rahmen dessen, womit sich alle einverstanden erklärt haben, darf sich die Privatheit entfalten. 453 Ein Recht zur Beliebigkeit wird, wie § 903 S. 1 BGB belegt, nur soweit zugestanden, wie es dem allgemeinen Gesetzgeber praktisch vernünftig erscheint. 454 f) Während der für das Sachenrecht zuständige Referent Reinhold Johow seine Bestimmung des Eigentums unbefangen „Definition“ nannte, 455 erklärte (bekanntermaßen) die erste Kommission, daß der Entwurf des später Gesetz gewordenen § 903 BGB „weniger eine Definition geben, als den wesentlichen Inhalt der dem 447 K. A. Schachtschneider, Sittlichkeit und Moralität, S. 60; ders., Freiheit in der Republik, S. 454; ders., Res publica res populi, S. 370 ff. 448 Metaphysik der Sitten, S. 345. 449 W. Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, S. 1 f., 6. 450 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 68; ders., Freiheit in der Republik, S. 456. 451 K. A. Schachtschneider, Sittlichkeit und Moralität, S. 40 f. 452 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 51 ff.; zur republikanischen Vertretung des Volkes: ders., Res publica res populi, S. 637 ff.; ausführlich zu Gesetz und Gesetzlichkeit: 5. Teil, 3. Kap. I. und II. 453 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 44 f. 454 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 1004. 455 Sachenrecht, Teil 1: Allgemeine Bestimmungen, Besitz und Eigentum, in: W. Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren für die erste Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuches, 1982, S. 497 f.
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Eigenthümer zustehenden Rechte feststellen“ wolle. 456 Im Anschluß an die vorstehenden Ausführungen erscheint es angezeigt, die Überzeugung der Kommission, die in der Literatur eine Reihe mehr oder weniger ähnlicher Aussagen hervorgerufen hat, 457 nochmals aufzugreifen. Eine solche Betrachtungsweise gehe, wie Johannes M. Sontis ergründet, von den einzelnen Befugnissen des Eigentümers aus. Nachdem diese sich nicht aus § 903 BGB, sondern jeweils aus der Beschaffenheit der Sache in Verbindung mit der Gesamtrechtsordnung ergäben, folgere man daraus, daß die Vorschrift keine Definition des Eigentums enthalte. 458 Auch wenn § 903 BGB nicht einen konkret-materiellen Gehalt des Eigentums festlegt, bestimmt die Vorschrift dennoch ohne Zweifel das Wesen des privatrechtlichen Eigentumsbegriffs und bietet, wie sich gezeigt hat, ein festes Fundament, für die weitere Ausgestaltung durch die Rechtsordnung. 459 Wird das Eigentum richtig verstanden, als ein Recht zur Privatheit, als ein Recht zur freien Willkür, 460 dann konnte das positive Merkmal des Eigentums auch nicht anders als durch den Hauptsatz des § 903 BGB, d. h. durch Erteilung eines grundsätzlich umfassenden Verfügungsrechts, zum Ausdruck gebracht werden. Die Aufzählung einzelner Befugnisse ist dem Begriffe nach ausgeschlossen; 461 denn in der Freiheit von einer vorgegebenen Zweckbestimmung liegt ja gerade das Wesen des Privateigentums. 462 Die Privatheit muß zweckoffen übertragen werden, wenn sie ihre Eigenart wahren soll. 463 Darüber hinaus wäre es der Sache auch nicht dienlich, die gesetzlichen Schranken im einzelnen aufzuzählen; vor allem wenn die Fähigkeit zur Anpassung von Inhalt und Funktion des Privateigentums an die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erhalten bleiben soll. 464 Insofern enthält § 903 BGB sehr wohl eine Definition, freilich nur eine formale. Es war aber auch nur eine formale Definition möglich. 465
456 B. Mugdan (Hrsg.), Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch, S. 145. 457 M. Wolff, Das Sachenrecht, S. 157: „Eine Definition des Eigentums steckt in § 903 nicht“; H. H. Seiler, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 2: In dieser „Vorschrift wird nicht der Begriff des Eigentums im technischen Sinn definiert“; J. Fritzsche, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 2: „In § 903 geht das Gesetz vom Begriff des Eigentums aus, ohne ihn zu definieren“; siehe auch: F. J. Säcker, Kommentierung des § 903 BGB, Rdn. 4. 458 Strukturelle Betrachtungen zum Eigentumsbegriff, S. 995. 459 J. M. Sontis, Strukturelle Betrachtungen zum Eigentumsbegriff, S. 995. 460 Siehe dazu den vorausgehenden Abschnitt e). 461 J. M. Sontis, Strukturelle Betrachtungen zum Eigentumsbegriff, S. 995. 462 M. Wolff / L. Raiser, Sachenrecht, S. 175. 463 K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, S. 468. 464 J. M. Sontis, Strukturelle Betrachtungen zum Eigentumsbegriff, S. 995.
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5. Teil: Öffentliche Sachen
3. Kapitel
Der Staat I. Gesetzlichkeit durch Staatlichkeit a) Die Würde der Menschen erfordert die Staatlichkeit des gemeinsamen Lebens. 466 In der Staatlichkeit verwirklicht sich die allgemeine Freiheit durch die allgemeine, dem Recht gemäße Gesetzlichkeit. 467 Staatlichkeit ist Gesetzlichkeit. 468 Darum definiert Immanuel Kant den Staat wie folgt: „Ein Staat (civitas) ist die Vereinigung einer Menge von Menschen unter Rechtsgesetzen“. 469 Das im Staate gesetzte Recht versteht er als den „Inbegriff der Bedingungen, unter denen die Willkür des einen mit der Willkür des andern nach einem allgemeinen Gesetze der Freiheit zusammen vereinigt werden kann“. 470 In diesem Sinne formulierte schon Rousseau: „Die Gesetze sind eigentlich nur die Bedingungen
465 J. M. Sontis, Strukturelle Betrachtungen zum Eigentumsbegriff, S. 995; H. J. Wieling, Sachenrecht, Bd. 1: Sachen, Besitz und Rechte an beweglichen Sachen, 2. Aufl. 2006, S. 273; K.-H. Gursky, Kommentierung des § 1004 BGB, Rdn. 1; K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 67; ders., Freiheit in der Republik, S. 455; J. Burmeister, Über die Notwendigkeit einer neuen „Theorie des Staatseigentums“ im demokratischen Verfassungsstaat, in: D. Wilke (Hrsg.), Festschrift zum 125jährigen Bestehen der Juristischen Gesellschaft zu Berlin, 1984, S. 61 –80, 78; vgl. auch Schloßmann, Ueber den Begriff des Eigenthums, in: JherJahrb 45 (1903), S. 289 ff., 313 f. 466 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 50; siehe dazu: ders., Res publica res populi, S. 325 ff.; P. Häberle, Die Menschenwürde als Grundlage der staatlichen Gemeinschaft, Rdn. 98: „Die Menschenwürde bildet den ‚Grund‘ des Verfassungsstaates als Typus“. 467 K. A. Schachtschneider, Die existentielle Staatlichkeit der Völker Europas, S. 75. 468 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 637; Carl Schmitt, Legalität und Legitimität, 1932, in: ders., Verfassungsrechtliche Aufsätze aus den Jahren 1924 –1954. Materialien zu einer Verfassungslehre, 1958, S. 263 – 350, 276, formuliert: „Der Staat ist Gesetz, das Gesetz ist der Staat“. 469 Metaphysik der Sitten, S. 431; nicht anders: M. T. Cicero, De re publica. Vom Gemeinwesen, ed. Büchner, Reclam, 1979, 1. Buch, S. 144: „Quid est enim civitas nisi iuris societas civium?“, Übersetzung S. 145: „Was ist denn der Staat, wenn nicht die Rechtsgemeinschaft der Bürger?“; C.-L. Montesquieu, Vom Geist der Gesetze, 11. Buch/3. Kap., S. 214: „Staat, das heißt einer mit Gesetzen ausgestatteten Gesellschaft“; i. d. S. auch J. Locke, Über die Regierung, S. 76: „Und dies geschieht mit der bloßen Übereinkunft, sich zu einer politischen Gesellschaft zu vereinigen – was schon den ganzen Vertrag ausmacht, der zwischen den Individuen, die in das Staatswesen eintreten oder es begründen, geschlossen wird und notwendig ist“; zu Kants Staatsbegriff: W. Kersting, Wohlgeordnete Freiheit, S. 251 ff., insb. S. 269 ff., 306 ff.; K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 519 ff.; siehe auch: W. Maihofer, Prinzipien freiheitlicher Demokratie, S. 454, 461, 465; ders., Rechtsstaat und menschliche Würde, 1968, S. 63. 470 I. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 337.
3. Kap.: Der Staat
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der bürgerlichen Vereinigung“. 471 In den Gesetzen, in denen sich der allgemeine Wille, die volonté générale, manifestiert, müssen alle Handlungen der Bürger ihre Grundlage finden. Nur wenn die Maximen des Handelns den Gesetzen entsprechen, kann wegen der allgemeinen Wirkung von Handlungen die Nötigung anderer vermieden und damit die allgemeine Freiheit, also „die Unabhängigkeit von eines anderen nötigender Willkür“ (Kant), verwirklicht werden. 472 Die Gesetzmäßigkeit des Handelns ist die Legalität. 473 Weil aber die Erfahrung lehrt, daß die Moralität, 474 die Sittlichkeit, der Menschen allein die Legalität nicht sicherstellt, muß um der allgemeinen Freiheit willen die Einhaltung der Gesetze erzwungen werden können. 475 Nach Kant ist das Recht deshalb „mit der Befugnis zu zwingen verbunden“. 476 Dieser Zwang ist jedoch nur als die „Verhinderung eines Hindernisses der Freiheit“ 477 gerechtfertigt, also aus dem Zweck heraus, Übergriffen in die Freiheit der anderen entgegenzutreten. 478 Zur Durchsetzung von Recht und Gesetz bedarf es des Staates, d. h. die in der Freiheit gleichen Menschen, die sich zum gemeinsamen Leben in einem Staat vereinigt haben, schaffen um des Friedens und der Freiheit aller willen Zwangsmöglichkeiten gegen die, deren Handlungen die Legalität verfehlen und die die Gesetze der Freiheit mißachten. 479 Denn Rechtsgesetze sind nicht nur durch ihre allgemeine Gesetzlichkeit als allgemeiner Wille der Bürgerschaft 471
Vom Gesellschaftsvertrag, 2. Buch, S. 41. Siehe dazu: 5. Teil, 2. Kap. I. 473 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 306. 474 Das Prinzip der Moralität lautet: „handle pflichtmäßig, aus Pflicht“, I. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 521; ders., Kritik der praktischen Vernunft, S. 203. 475 K. A. Schachtschneider, Die existentielle Staatlichkeit der Völker Europas, S. 81 f.; W. Maihofer, Die Legitimation des Staates aus der Funktion des Rechts, in: ARSP, Beiheft Nr. 15, 1981, S. 15 – 39, 17 ff., 29 ff.; K. Jaspers, Vom Ursprung und Ziel der Geschichte, 1949, S. 202; i. d. S. auch R. Zippelius, Allgemeine Staatslehre. Politikwissenschaft. Ein Studienbuch, 15. Aufl. 2007, S. 39 ff., 44 ff.; H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 838; dazu und zum folgenden ausführlich: K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 545 ff. 476 Metaphysik der Sitten, S. 338; siehe dazu: G. Maluschke, Philosophische Grundlagen des demokratischen Verfassungsstaates, 1982, S. 113 ff. 477 I. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 338; in der Sache nicht anders: J.-J. Rousseau, Vom Gesellschaftsvertrag, 1. Buch, S. 21: „Damit nun aber der Gesellschaftsvertrag keine Leerformel sei, schließt er stillschweigend jene Übereinkunft ein, die allein die anderen ermächtigt, daß, wer immer sich weigert, dem Gemeinwillen zu folgen, von der gesamten Körperschaft dazu gezwungen wird, was nichts anderes heißt, als daß man ihn zwingt, frei zu sein“. 478 J. Habermas, Faktizität und Geltung, S. 46; K. A. Schachtschneider, Die existentielle Staatlichkeit der Völker Europas, S. 81. 479 K. A. Schachtschneider, Die existentielle Staatlichkeit der Völker Europas, S. 81; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 55 f.; P. Badura, Staatsrecht. Systematische Erläute472
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gekennzeichnet, sondern auch durch ihre Verbindlichkeit. 480 Das Gesetz erhält seine effektive Geltung erst dadurch, daß der Anspruch auf den Rechtsgehorsam, den es verkörpert, mit Zwangsgewalt eingefordert werden kann. 481 Mit Jürgen Habermas sind Rechtsnormen daher unter verschiedenen Blickwinkeln zugleich Gesetze der Freiheit und Zwangsgesetze. 482 Die Zwangsbefugnisse des Staates zur Durchsetzung der Gesetze unterliegen selbst dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit. Sie können nur Recht sein, wenn sie freiheitlich begründet sind, d. h. auf allgemeinen Gesetzen beruhen. Dabei muß das Gesetz auch die Mittel des Zwanges regeln, denn der Zweck des Zwanges, die Verwirklichung des Rechts, rechtfertigt nicht jedes Mittel. 483 b) Der Staat als eine Rechtsgemeinschaft wird durch eine „bürgerliche Verfassung“, 484 ein Verfassungsgesetz konstituiert. 485 Das Verfassungsgesetz ist die Grundlage aller Staatlichkeit 486 und muß im Sinne des Art. 16 der déclaration rung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland, 3. Aufl. 2003, S. 2; J. Isensee, Staat und Verfassung, in: ders. / P. Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II: Verfassungsstaat, 3. Aufl. 2004, § 15, Rdn. 4, 84. 480 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 284. 481 J. Isensee, Staat und Verfassung, Rdn. 89. 482 Faktizität und Geltung, S. 47. 483 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 557; ders., Die existentielle Staatlichkeit der Völker Europas, S. 82; siehe auch: J. Isensee, Staat und Verfassung, Rdn. 90. 484 I. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 374: „Die bürgerliche Verfassung, obzwar ihre Wirklichkeit subjektiv zufällig ist, ist gleichwohl objektiv, d. i. als Pflicht, notwendig“. 485 K. A. Schachtschneider (O. Gast), Sozialistische Schulden nach der Revolution. Kritik der Altschuldenpolitik. Ein Beitrag zur Lehre von Recht und Unrecht, 1996, S. 36; P. Kirchhof, Die Identität der Verfassung, in: J. Isensee / ders. (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II: Verfassungsstaat, 3. Aufl. 2004, § 21, Rdn. 27. Während die Begriffe Verfassung und Verfassungsgesetz im allgemeinen Sprachgebrauch zumeist synonym verwandt werden, setzt die Lehre Karl Albrecht Schachtschneiders, in Anlehnung an Immanuel Kant, unterschiedliche Begriffsinhalte voraus: „Die Verfassung des Gemeinwesens ist die Menschheit des Menschen, nämlich die Freiheit des Menschen und somit die Gleichheit aller Menschen in der Freiheit“ (Sittlichkeit und Moralität, S. 33). „Diese Verfassung ist mit dem Menschen geboren [...] und steht nicht zur Disposition der Politik [...]. Die apriorische Verfassung wird durch das Verfassungsgesetz eines Volkes verwirklicht und materialisiert“ (Prinzipien des Rechtsstaates, S. 86; siehe dazu auch: ders. (O. Gast), Sozialistische Schulden nach der Revolution, S. 29 ff.). 486 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 86 ff. („Das Verfassungsgesetz begründet den Staat“, S. 86); ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 33 f.; K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I: „Die Verfassung ist die höchstrangige rechtliche Grundordnung für die Rechtsgemeinschaft“ (S. 103), sie ist das „Gesetz der Gesetze“, die „Norm der Normen“, „kurz: das Grundgesetz“ (S. 75), siehe außerdem: § 3: Die Verfassung, S. 57 ff., sowie § 4: Das Verfassungsrecht, S. 101 ff.; ausführlich dazu auch: P. Kirchhof, Die Identität der Verfassung, Rdn. 1 ff.; K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, S. 3 ff.; R. Smend, Verfassung und Verfassungsrecht, 1928, in: ders., Staatsrechtliche Abhandlungen und an-
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des droits de l’homme et du citoyen die Gewährleistung der Rechte sichern und die Gewaltenteilung festlegen. 487 Die gemeinsame Verfassung qualifiziert die durch sie zu einem Gemeinwesen vereinigten Menschen zu Bürgern und die so begründete Bürgerschaft zum Volk. 488 Nach Kant ist das Volk „eine Menge von Menschen“, „die im wechselseitigen Einflusse gegen einander stehend, des rechtlichen Zustandes unter einem sie vereinigenden Willen, einer Verfassung (constitutio) bedürfen, um dessen, was Rechtens ist, teilhaftig zu werden“. 489 Das verfaßte Volk, die Bürgerschaft in ihrer Gesamtheit, ist der existentielle Staat, der Staat im weiteren Sinne. 490 Der durch das Grundgesetz verfaßte Staat, die Bundesrepublik Deutschland, ist der Staat des deutschen Volkes. 491 Vom Volk geht nach Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG alle Staatsgewalt aus. 492 Die Staatsgewalt ist die durch die Gesetze vergemeinschaftete Gewalt der Bürger. 493 Sie ist Sache des verfaßten Volkes 494 und wird vom Volk gemäß Art. 20 Abs. 2 S. 2 dere Aufsätze, 3. Aufl. 1994, S. 119 ff.; siehe auch: E. J. Sieyes, Was ist der Dritte Stand?, in: Politische Schriften 1788 – 1790, übers. u. hrsg. v. E. Schmitt u. R. Reichardt, 1975, S. 117 ff., 166: „Man kann unmöglich eine Körperschaft zu einem bestimmten Zweck schaffen, ohne ihr eine Organisation, Verfahrensregeln und Gesetze zu geben, die es ihr ermöglichen, die ihr gesetzten Aufgaben zu erfüllen. Das nennt man die Verfassung der Körperschaft. Es liegt auf der Hand, daß sie ohne Verfassung nicht bestehen kann“. 487 Art. 16: „Toute société dans laquelle la garantie des droits n’est pas assurée ni la séparation des pouvoirs déterminée, n’a point de constitution“. Das sind die Grundintentionen, die den Verfassungsstaat leiten; zum Verfassungsstaat, siehe: M. Kriele, Einführung in die Staatslehre, S. 76 ff., 101 ff., 177 ff.; J. Isensee, Staat und Verfassung, Rdn. 1 ff.; ders., Das Volk als Grund der Verfassung. Mythos und Relevanz der Lehre von der verfassungsgebenden Gewalt, 1995, S. 10 ff.; K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, S. 787 ff.; C. J. Friedrich, Der Verfassungsstaat der Neuzeit, 1953. 488 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 17. 489 Metaphysik der Sitten, S. 429; in diesem Sinne erklärte bereits M. T. Cicero, De re publica, S. 130/131: „ein Volk aber nicht jede irgendwie zusammengescharte Ansammlung von Menschen, sondern die Ansammlung einer Menge, die in der Anerkennung des Rechtes und der Gemeinsamkeit des Nutzens vereinigt ist“; unter der „Konstitution“ versteht I. Kant „den Akt des allgemeinen Willens, wodurch die Menge ein Volk wird“, Zum ewigen Frieden, S. 206. 490 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 16; ders., Die existentielle Staatlichkeit der Völker Europas, S. 76; ders., Deutschland nach dem Konventsentwurf einer „Verfassung für Europa“, in: W. Hankel / ders. / J. Starbatty (Hrsg.), Der Ökonom als Politiker. Europa, Geld und die soziale Frage. Festschrift für Wilhelm Nölling, 2003, S. 279 – 323, 283; J. Isensee, Staat und Verfassung, Rdn. 78. 491 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 33; ders., Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 175 ff.; K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, S. 604 ff.; E.-W. Böckenförde, Staat, Gesellschaft, Freiheit. Studien zur Staatstheorie und zum Verfassungsrecht, 1976, S. 197 ff. 492 Siehe dazu: K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 14 ff.; K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, S. 592 ff. 493 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 281 ff., insb. S. 287.
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5. Teil: Öffentliche Sachen
GG unmittelbar in Wahlen und Abstimmungen sowie mittelbar durch seine Vertreter in den besonderen Organen der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt. 495 Diese Institutionen, die die Staatsgewalt in Vertretung des Volkes ausüben, 496 sind der Staat im engeren Sinne. 497 Sie sind die Einrichtungen des Volkes, die die allgemeine Freiheit, materialisiert in den allgemeinen Gesetzen, zu verwirklichen haben 498 und darum auch mit Befugnissen ausgestattet sein müssen, die das Recht zu erzwingen erlauben. 499 Aus der allgemeinen Freiheit, dem Recht eines jeden Menschen, mit allen anderen Menschen nach allgemeinen Gesetzen zusammen zu leben, dem Recht auf Recht also, 500 folgt sonach auch die Notwendigkeit des Staates im engeren Sinn und das Recht des Menschen auf einen Staat, der Verbindlichkeit schafft und das Recht sichert. 501 494 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 17; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 281. 495 Siehe dazu: K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 637 ff., 707 ff.; keinesfalls überträgt das Volk irgendein Recht zur Herrschaft auf den Staat oder die Staatsorgane. Eine Identifizierung des Begriffs Staatsgewalt mit irgendeinem Begriff Herrschaft verbietet das fundamentale Prinzip der gleichen Freiheit aller, K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 18 f.; demgegenüber wird meist gelehrt, Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG legitimiere als Prinzip der Volkssouveränität die „Herrschaft von Menschen über Menschen“ oder begründe einen „Zurechnungszusammenhang zwischen Volk und staatlicher Herrschaft“; vgl. E.-W. Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, in: J. Isensee / P. Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II: Verfassungsstaat, 3. Aufl. 2004, § 24, S. 429 ff., Rdn. 3 ff.; P. Badura, Die parlamentarische Demokratie, in: J. Isensee / P. Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II: Verfassungsstaat, 3. Aufl. 2004, § 25, S. 497 ff., Rdn. 27 ff.; K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, S. 592 ff., 604: „Das Wesen des demokratischen Prinzips verlagert sich damit von der Identität auf die Bestimmung und Legitimation der tatsächlich Herrschenden, der Repräsentanten“; die drei Gewalten im Staat sind nach Immanuel Kant, Metaphysik der Sitten, S. 431 ff., 434, Staatswürden. 496 Die Vertretung ist notwendig, weil in einem großen Gemeinwesen nicht alle über alles beschließen können; K. A. Schachtschneider, Der republikwidrige Parteienstaat, in: D. Murswiek / U.Storost / H. A. Wolff (Hrsg.), Staat – Souveränität – Verfassung. Festschrift für Helmut Quaritsch zum 70. Geburtstag, 2000, S. 141 –161, 146; ders., Res publica res populi, S. 637 ff., insb. S. 644 ff. 497 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 18; ders., Die existentielle Staatlichkeit der Völker Europas, S. 76; J. Isensee, Staat und Verfassung, Rdn. 78. 498 Die Gesetzlichkeit des gemeinsamen Lebens ist Zweck des Staates, K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 347 ff., 519 ff.; siehe auch: I. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 429 ff. 499 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 285. 500 I. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 345, 430; K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 290 ff., 325 ff., 431 ff., 494 ff.; ders., Freiheit in der Republik, S. 21 ff., 44 ff., 288 ff.; siehe auch: C. Enders, Die Menschenwürde in der Verfassungsordnung. Zur Dogmatik des Art. 1 GG, 1997, S. 501 ff., der aus der Menschenwürde ein „Recht auf Rechte“ herleitet.
3. Kap.: Der Staat
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c) Wenn die Bürger selbst legal handeln und dadurch den in den allgemeinen Gesetzen beschlossenen allgemeinen Willen, also die Freiheit aller verwirklichen, erübrigt sich der Einsatz von staatlichem Zwang. 502 Das gesetzliche Handeln der Bürger, das eigentlich auf bürgerlicher Moralität gründen sollte, das aber auch der allgemeinen Freiheit dient, wenn es lediglich dem äußeren Zwang, der in Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG geregelten Staatsgewalt, entgehen will, 503 ist unmittelbare Staatlichkeit der Bürger. 504 Wenn die Bürger allerdings die allgemeinen Gesetze mißachten, verwirklicht der Staat (im engeren Sinne) das Recht sekundär mit durchgreifendem, unwiderstehlichem Zwang, 505 d. h. für den „unbürgerlichen Bürger“ handelt die Allgemeinheit durch ihr zuständiges Organ, die vollziehende Gewalt. 506 Darüber hinaus verwirklicht und vollzieht der Staat im engeren Sinne durch sein Handeln selbst die Gesetze, wenn ihm Aufgaben der Lebensbewäl501 K. A. Schachtschneider (O. Gast), Sozialistische Schulden nach der Revolution, S. 34; K. A. Schachtschneider, Die existentielle Staatlichkeit der Völker Europas, S. 81 ff.; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 42; siehe auch: P. Kirchhof, Der deutsche Staat im Prozeß der europäischen Integration, in: J. Isensee / ders. (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. VII: Normativität und Schutz der Verfassung – Internationale Beziehungen, 1992, § 183, S. 855 ff., Rdn. 30 („ohne Staat kein Recht“), der die Formalstruktur des Staates aber als „Herrschaftsorganisation“ begreift (Rdn. 31). 502 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 282 f.; ders., Res publica res populi, S. 211 ff., 270 f.; C. Link, Staatszwecke im Verfassungsstaat, S. 31 f.; R. Stober, Grundpflichten und Grundgesetz, 1979, S. 28 ff.; R. Zippelius, Allgemeine Staatslehre, S. 39 f., 45 f.; H. Heller, Staatslehre, S. 238 ff.; H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 837 ff., 940 ff. 503 I. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 338 f.; siehe auch: J. Isensee, Staat und Verfassung, Rdn. 89: „Zwang kann allerdings den Rechtsgehorsam nur in Einzelfällen erwirken. Er ersetzt nicht die freie Gehorsamsbereitschaft im ganzen. Gleichwohl erzeugt die gesetzliche Drohung rationale Motivation“; wenn Josef Isensee im weiteren (Rdn. 113) ausführt, die Demokratie als freiheitliche Herrschaft sei darauf angelegt, „die Prinzipien der Freiheit und des Rechtsgehorsams zu versöhnen“, zeugt dies von einer liberalistischen Konzeption des Freiheitsbegriffs, nach der die Gesetze nicht – wie es dem republikanischen Prinzip entspricht – die Freiheit verwirklichen, sondern diese einschränken (so etwa auch: J. Schwabe, Probleme der Grundrechtsdogmatik, S. 67, 11; deutlich: R. Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 155: „Die rechtliche Freiheit besteht [...] in der rechtlichen Erlaubnis, zu tun und zu lassen, was man will. Sie wird durch jede Verbots- und Gebotsnorm eingeschränkt. Je mehr geboten und verboten ist, desto geringer ist die rechtliche Freiheit“); im republikanischen Sinne und damit im Sinne des Grundgesetzes ist das gesetzliche Handeln der Bürger Verwirklichung der Freiheit; kritisch zur liberalistischen Freiheitslehre: K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, S. 343 ff.; ders., Vom liberalistischen zum republikanischen Freiheitsbegriff, S. 418 ff.; ders., Republikanische Freiheit, in: B. Ziemske / T. Langheid / H. Wilms / G. Haverkate (Hrsg.), Staatsphilosophie und Rechtspolitik. Festschrift für Martin Kriele zum 65. Geburtstag, 1997, S. 829 ff., 834 ff. 504 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 282 f.; dazu auch: 5. Teil, 3. Kap. III. a). 505 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 270.
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5. Teil: Öffentliche Sachen
tigung unmittelbar übertragen sind. 507 Weil der Staat dabei immer „im Namen des Volkes handelt, ist sein Handeln rechtlich Handeln der Bürgerschaft, also Handeln aller Bürger“. 508 Die Staatsgewalt im engeren Sinn sind die allgemeinen Handlungsmöglichkeiten des Volkes, die nach Maßgabe des allgemeinen Willens, also den Gesetzen, durch ihre Vertreter ausgeübt werden. 509 „Alles Walten des Staates ist Sache des Volkes“ 510 oder mit anderen Worten: „res publica res populi“, das Gemeinwesen, der Staat, ist Sache des Volkes. 511 Durch diesen Satz Ciceros wird die Republik definiert. 512
II. Staatszweck und Gemeinwohl a) Der Staat (i. e. S.) 513 ist nicht nur die Einrichtung der Bürger zur Verwirklichung der allgemeinen Freiheit durch die allgemeine Gesetzlichkeit, er ist ganz allgemein die Einrichtung der Bürger für das gute Leben aller in allgemeiner Freiheit. 514 Das gute Leben aller Bürger ist der Zweck des Staates und deshalb dürfen die Menschen dem Staat alle Aufgaben übertragen, von denen sie glauben, daß es ihr gutes Leben fördert, wenn der Staat sie erledigt. 515 Auf diese Zwecksetzung hat bereits Aristoteles sein Staatsverständnis gegründet: „Der Staat ist nun eine Gemeinschaft von Ebenbürtigen zum Zwecke eines möglichst guten Lebens“. 516 506 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 287, 278, 268; ausführlich dazu: ders., Res publica res populi, S. 545 ff.; fragwürdig hingegen: R. Spaemann, Philosophische Essays, 1983, S. 154: „Der Staat aber ist derjenige Zustand, in dem statt der Gewalt die Furcht vor Gewalt regiert, das aber heißt: die Vernunft“. 507 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 270, 287. 508 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 270; siehe dazu: T. Hobbes, Leviathan, 1651, ed. Mayer / Diesselhorst, Reclam, 2005, S. 160. 509 K. A. Schachtschneider, Demokratische und soziale Defizite der Globalisierung, 2004, in: ders., Freiheit – Recht – Staat. Eine Aufsatzsammlung zum 65. Geburtstag, hrsg. v. D. I. Siebold / A. Emmerich-Fritsche, 2005, S. 668 ff., 676; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 281 ff.; M. Kriele, Einführung in die Staatslehre, S. 102: „Die Staatsgewalt schafft Recht und setzt es durch, aber das Recht begründet und legitimiert die Staatsgewalt“. 510 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 267. 511 M. T. Cicero, De re publica, S. 130, Übersetzung S. 131. 512 K. A. Schachtschneider, Der republikwidrige Parteienstaat, S. 141. 513 Soweit nicht ausdrücklich anders vermerkt, soll sich im weiteren der Begriff „Staat“ auf den Staat im engeren Sinne beziehen. 514 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 350. 515 Die allgemeine Freiheit erfordert allerdings die Zustimmung aller zur Übertragung von Aufgaben an den Staat, also das allgemeine Gesetz, K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 350; ders., Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 238 ff. 516 Politik, S. 230, 1328a 36.
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Das gute Leben der Menschen ist die Wirklichkeit ihres selbstbestimmten Glücks. 517 Die Frage nach dem Glück ist in der aristotelischen Staats- und Rechtslehre von entscheidender Bedeutung: 518 „welches ist das oberste aller praktischen Güter? [...] Glückseligkeit nennen es die Leute ebenso wie die Gebildeten, und sie setzen das Gut-Leben und das Sich-gut-Verhalten gleich mit dem Glückseligsein“. 519 Es entspricht dem Wesen der Menschen, das eigene Glück zu suchen, 520 wie auch Kant deutlich macht: „Glückseligkeit, d. i. Zufriedenheit mit seinem Zustande, sofern man der Fortdauer derselben gewiß ist, sich zu wünschen und zu suchen ist der menschlichen Natur unvermeidlich“. 521 „Denn eigene Glückseligkeit ist ein Zweck, den zwar alle Menschen (vermöge des Antriebes ihrer Natur) haben, nie aber kann dieser Zweck als Pflicht angesehen werden, ohne sich selbst zu widersprechen. Was ein jeder unvermeidlich schon von sich selbst will, das gehört nicht unter den Begriff von Pflicht; denn diese ist eine Nötigung zu einem ungern genommenen Zweck. Es widerspricht sich also zu sagen: man sei verpflichtet, seine eigene Glückseligkeit mit allen Kräften zu befördern“. 522 Nach dem eigenen Glück zu streben, kann demnach keine Pflicht sein, jedoch hat jeder Mensch ein Recht darauf. 523 So zählt die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika vom 4. Juli 1776 das Streben nach Glück zu jenen unveräußerlichen Rechten, mit welchen alle Menschen von ihrem Schöpfer ausgestattet seien. 524 Zuvor wurde in der Virginia Bill of Rights bereits erklärt, daß der Mensch die Fähigkeit habe, Glück zu erstreben und zu erlangen. 525 Und 517 Dazu und zum folgenden: K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 54 ff., 332 ff., 617 ff., 625; ders., Freiheit in der Republik, S. 60 ff. 518 K. Sobota, Das Prinzip Rechtsstaat, S. 283 ff., auch zum folgenden und mit weiteren Hinweisen. 519 Aristoteles, Die Nikomachische Ethik, übers. u. hrsg. v. O. Gigon, 7. Aufl. 2006, S. 108, 1095a 15 ff.; im Anschluß an das Zitat aus Anm. 516 in diesem Teil (Aristoteles, Politik, S. 230) heißt es: „Da weiterhin die Glückseligkeit das Beste ist“, siehe auch S. 219, 1323b 29 ff.: „Dazu gehört auf Grund derselben Gedankengänge, daß auch das Staatswesen dann glückselig ist, wenn es das beste ist und sich gut verhält“. 520 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 299, 350; D. Sternberger, Das Menschenrecht nach Glück zu streben, in: ders., „Ich wünschte ein Bürger zu sein“. Neun Versuche über den Staat, 1967, S. 131 – 147, 136. 521 Metaphysik der Sitten, S. 517; dazu und zum folgenden: L. W. Beck, Kants „Kritik der praktischen Vernunft“. Ein Kommentar, 1974, S. 99 ff.; M. Forschner, Gesetz und Freiheit, S. 273 ff. 522 I. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 515; dazu: ders., Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 47; ders., Kritik der praktischen Vernunft, S. 127 ff., 133 ff., 145 ff., 216 ff.; dazu: H. Lübbe, Dezisionismus in der Moral-Theorie Kants, in: H. Barion / E.-W. Böckenförde / E. Forsthoff / W. Weber (Hrsg.), Epirrhosis. Festgabe für Carl Schmitt, 2. Teilband, 1968, S. 567 ff.; F. Kaulbach, Immanuel Kants „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“, S. 110 ff. 523 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 55, 619; D. Sternberger, Das Menschenrecht nach Glück zu streben, S. 133 f.; W. v. Simson, Das demokratische Prinzip im Grundgesetz, in: VVDStRL 29 (1971), S. 3 – 45, 18.
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5. Teil: Öffentliche Sachen
wenn in Art. 2 Abs. 1 GG von der freien Entfaltung der Persönlichkeit die Rede ist, so ist damit der Versuch der Menschen gemeint, ihr Glück zu finden und gut zu leben. 526 Die Suche der einzelnen Menschen nach ihrem Glück, also nach ihrem guten Leben bestimmt ihre besonderen Interessen und die Zwecke ihrer Handlungen. 527 Daher sind die jeweiligen Interessen und Zwecke der Menschen ebenso subjektiv wie ihre Vorstellung vom Glück. 528 Der Mensch bestimmt sie und seine zweckgerichteten Handlungen selbst allein; er verwirklicht sich autonom. 529 Wenn ein Dritter die Interessen eines Menschen bestimmt, schreibt er ihm ein Glück vor und ist Despot. 530 „Niemand kann mich zwingen, auf seine Art (wie er sich das Wohlsein anderer Menschen denkt) glücklich zu sein, sondern ein jeder darf 524 „We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal, that they are endowed by their creator with certain unalienable rights, that among these are life, liberty and the pursuit of happiness“, unter: http://www.archives.gov/national-archivesexperience/charters/declaration_transcript.html (13. 08. 2006). 525 „Section 1. That all men are by nature equally free and independent and have certain inherent rights, of which, when they enter into a state of society, they cannot, by any compact, deprive or divest their posterity; namely, the enjoyment of life and liberty, with the means of acquiring and possessing property, and pursuing and obtaining happiness and safety“, unter: http://www.archives.gov/national-archives-experience/charters /virginia_declaration_of_rights.html (05. 09. 2006); siehe dazu und zur vorausgehenden Anmerkung: D. Sternberger, Das Menschenrecht nach Glück zu streben, S. 134 ff. 526 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 55. 527 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 300; ders., Freiheit in der Republik, S. 60 f.; Interesse ist „eine Triebfeder des Willens [...], so fern sie durch Vernunft vorgestellt wird“, I. Kant, Kritik der praktischen Vernunft, S. 200; zum Begriff des Interesses: M. Forschner, Gesetz und Freiheit, S. 265 ff.; „Zweck ist ein Gegenstand der Willkür (eines vernünftigen Wesens), durch dessen Vorstellung diese zu einer Handlung, diesen Gegenstand hervorzubringen, bestimmt wird. – Nun kann ich zwar zu Handlungen, die als Mittel auf einen Zweck gerichtet sind, nie aber einen Zweck zu haben von anderen gezwungen werden, sondern ich kann nur selbst mir etwas zum Zweck machen“, I. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 510, „weil doch keine Handlung zwecklos sein kann“, S. 515, auch: S. 514 ff., 519 f.; I. Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 66 ff.; so schon: Aristoteles, Die Nikomachische Ethik, 1139a 31 ff.: „Prinzip des Handelns als Ursprung der Bewegung (nicht als Zweck) ist der Wille; Prinzip der Willensentscheidung ist das Streben und der Begriff des Zweckes. [...] Das Handeln ist dagegen Zweck an sich“; dazu: G. Maluschke, Philosophische Grundlagen des demokratischen Verfassungsstaates, S. 117; F. Kaulbach, Immanuel Kants „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“, S. 55 ff., 59 ff., 205 ff.; R. Dreier, Zur Einheit der praktischen Philosophie Kants. Kants Rechtsphilosophie im Kontext seiner Moralphilosophie, 1979, in: ders., Recht – Moral – Ideologie. Studien zur Rechtstheorie, 1981, S. 286 ff., 296 ff. 528 G. Maluschke, Philosophische Grundlagen des demokratischen Verfassungsstaates, S. 117; M. Forschner, Gesetz und Freiheit, S. 212 ff.; F. Kaulbach, Immanuel Kants „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“, S. 53 ff., insbesondere S. 59, 110 ff. 529 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 625; ders., Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 238; W. Maihofer, Rechtsstaat und menschliche Würde, S. 31 („Ausdruck der Selbstbestimmung des Menschen“).
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seine Glückseligkeit auf dem Wege suchen, welcher ihm selbst gut dünkt“. 531 Demnach wird es „jedermanns freier Willkür überlassen, welchen Zweck er sich für seine Handlung setzen wolle. Die Maxime derselben aber ist a priori bestimmt: daß nämlich die Freiheit des Handelnden mit jedes anderen Freiheit nach einem allgemeinen Gesetz zusammen bestehen könne“. 532 Weil also das gute Leben in der Wirklichkeit des alleinbestimmten Glücks besteht und die besonderen Interessen und Handlungen der Menschen der Verwirklichung des Glücks dienen, muß auch das Handeln selbst- und alleinbestimmt sein. 533 b) Das „gute Leben aller Menschen in der staatlichen Gemeinschaft“ ist das Gemeinwohl. 534 Dem Gemeinwohl hat der Staat ohne Ausnahme zu dienen; das ist sein alleiniger Zweck. 535 Dabei ist der Begriff des Gemeinwohls ebenso offen wie die privaten Zwecksetzungen der Menschen nicht vorbestimmt sind. 536 530
K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 625 unter Verweis auf I. Kant, Über den Gemeinspruch, S. 145 f., 159: „Der Souverän will das Volk nach seinen Begriffen glücklich machen, und wird Despot“. 531 I. Kant, Über den Gemeinspruch, S. 145. 532 I. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 511; dazu: W. Maihofer, Rechtsstaat und menschliche Würde, S. 69 ff.; R. Dreier, Zur Einheit der praktischen Philosophie Kants, S. 296 ff., 289 ff.; J. Timmermann, Sittengesetz und Freiheit, S. 73 ff. 533 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 301, 625. 534 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 351 (574); J. Isensee, Gemeinwohl und Staatsaufgaben im Verfassungsstaat, Rdn. 13: „Das bonum commune der ‚politischen‘ Gemeinschaft ist das ‚gute Leben‘ ihrer Glieder“. 535 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 193, 236; H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 763 ff. („daß der Staat nur aus Gründen des Gemeinwohles Aufgaben aufnehmen und durchführen darf“, S. 763); ders., Aussprache (Schranken nichthoheitlicher Verwaltung), in: VVDStRL 19 (1961), S. 261 („Bei alledem wird übergangen, daß der Staat als Repräsentation des Gemeinwohls gar nicht imstande ist, anders als gemeinwohlbestimmt aufzutreten und zu handeln“); ders., Das besondere Gewaltverhältnis, in: VVDStRL 15 (1957), S. 109 – 132, 120 („der Staat als ein ausschließlich durch das Gemeinwohl bestimmtes und auf hoheitliches Handeln verwiesenes Wesen“); J. Isensee, Gemeinwohl und Staatsaufgaben im Verfassungsstaat, Rdn. 8 („Diese [die staatlichen Institutionen und ihre Inhaber] sind vielmehr der Idee nach dazu berufen, dem Gemeinwohl zu dienen“); ders., Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht. Eine Studie über das Regulativ des Verhältnisses von Staat und Gesellschaft, 1968, S. 208 f.; W. Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, 1969, S. 183 („Bindung politischer Herrschaft an das Gemeinwohl“); P. Badura, Die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand mit besonderer Berücksichtigung der öffentlich-rechtlichen Wettbewerbs-Versicherungsunternehmen, in: ZHR 146 (1982), S. 448 – 465, 449 („Für jegliche Staatstätigkeit gilt, daß sie dem öffentlichen Interesse zu dienen hat“); C. Link, Staatszwecke im Verfassungsstaat, S. 19 („Insofern ist das Gemeinwohl allgemeinster Staatszweck, zugleich Rechtfertigung und Grenze aller Staatsgewalt“); P.-H. Naendrup, Privatrechtliche Haftungsbeschränkung und staatliche Verantwortung. Zur Organisationsfreiheit von Staatspersonen in handelsrechtlichen Formen, 1967, S. 75, 217, 219; siehe insbesondere: BVerfGE 42, 312 (332): „Das Grundgesetz hat nicht eine virtuell allumfassende Staatsgewalt verfaßt, sondern den Zweck des Staates materialiter auf die Wahrung des Gemeinwohls beschränkt, in dessen Mitte Freiheit und soziale Gerechtigkeit stehen“.
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5. Teil: Öffentliche Sachen
Das Private ist durch das Recht zur Autonomie des Willens und die daraus folgende rechtliche Beliebigkeit in der Art und Weise der Lebensbewältigung auf die Verwirklichung des besonderen Glücks ausgerichtet. 537 Diese Freiheit der Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung im Privaten setzt sich fort in der prinzipiellen Nichtvorbestimmtheit und Offenheit der Staatszwecke. 538 Der Staatszweck ist daher keine allgemeingültige, überzeitliche Norm; er ist weder abstrakt 539 durch bestimmte Inhalte definiert noch von vornherein auf einzelne Tätigkeitsfelder festgelegt. Dementsprechend gibt es auch keine Aufgaben, die begrifflich staatlich sind; es gibt nur Aufgaben, die typischerweise staatlich bewältigt werden. 540
536 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 237, 242; ders., Res publica res populi, S. 199 („Der Staatszweck [...] ist offen“); H. P. Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, 2. Aufl. 1977, S. 21 („Offenheit der Gemeinwohlklausel“), S. 199; R. Zippelius, Allgemeine Staatslehre, S. 193 („der unbestimmte Begriff des ‚Gemeinwohls‘“); C. Link, Staatszwecke im Verfassungsstaat, S. 25 („Offenheit der Gemeinwohlkonkretisierung“); F. Ossenbühl, Die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private, in: VVDStRL 29 (1971), S. 137 ff., 153 („Der Aufgabenbereich des Staates ist notwendig offen“); J. Isensee, Gemeinwohl und Staatsaufgaben im Verfassungsstaat, Rdn. 2 f.; H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 763 ff., 766 ff.; R. Scholz, Konzentrationskontrolle und Grundgesetz, 1971, S. 83 ff.; W. Brohm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung. Organisationsformen und Gestaltungsmöglichkeiten im Wirtschaftsverwaltungsrecht, 1969, S. 154 ff.; W. Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 185. 537 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 402; ders., Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 236 f. 538 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 239, 242; W. v. Simson, Das demokratische Prinzip im Grundgesetz, S. 17 f.; F. Ossenbühl, Die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private, S. 153 f.; H. P. Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 25 ff., 105, 118 ff., 122 ff.; W. Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 185; J. Isensee, Verfassungsgarantie ethischer Grundwerte und gesellschaftlicher Konsens. Verfassungsrechtliche Überlegungen zu einer sozialethischen Kontroverse, in: NJW 13/1977, S. 545 ff., 546; H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 763; E. Benda, Der soziale Rechtsstaat, S. 796; D. Grimm, Verbände, in: E. Benda / W. Maihofer / H.-J. Vogel (Hrsg.), Handbuch des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 2. Aufl. 1994, § 15, S. 657 ff., 659: „nicht die Durchsetzung eines oberhalb der gesellschaftlichen Pluralität angesiedelten Gemeinwohls sein, sondern muß sich prozeßhaft aus dieser Pluralität ergeben“, „Ist das Gemeinwohl keine im Besitz des Staates befindliche Konstante, sondern eine aus dem Prozeß der Meinungs- und Willensbildung sich erst ergebende Variable“. 539 D. h. losgelöst vom konkreten Staat. 540 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 198 f., 351; J. Isensee, Gemeinwohl und Staatsaufgaben im Verfassungsstaat, Rdn. 2; H. P. Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 32 f.; C. Link, Staatszwecke im Verfassungsstaat, S. 11, 16 f.; E. Grabitz, Freiheit und Verfassungsrecht, S. 199 („der Bereich der staatlichen Aufgaben nicht ein für allemal festgelegt werden kann“); diese Aufgaben dürfen also nicht mit den starren und im allgemeinen verharrenden Zwecken gleichgesetzt werden, zu deren Durchführung die klassischen Staatszwecklehren der Vergangenheit den Staat berufen sahen; sie hatten es unternommen, ein Bild vom „richtigen“ Staat zu zeichnen, mit dessen Hilfe sie die Existenz des Staates zu rechtfertigen suchten (W. Brohm, Struktu-
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c) Der Staatszweck, die jeweilige Staatlichkeit, ist in der Republik von den Gesetzen abhängig. Welche Gesetze notwendig sind, ist Sache des Volkes. 541 Die Menschen, die ihre Zwecke selbst setzen und die ihre Zwecke auch dadurch verfolgen dürfen, daß sie die Zweckverwirklichung dem Staat übertragen, entscheiden auch selbst, welche Zwecke sie staatlich und welche sie nichtstaatlich zu verwirklichen versuchen. 542 Als Staatszwecke erscheinen demnach „diejenigen menschlichen Zwecke, deren Erreichung mit Hilfe der staatlichen Organisation“ gemeinschaftlich erstrebt wird. 543 Anders formuliert: „Das Bonum Personale wächst hier in das Bonum Commune hinein, und das Bonum Commune speist sich aus dem Bonum Personale“. 544 Das Gemeinwohl, dessen Realität der Zweck ist, zu dem sich die Deutschen zum Volk und zum Staat verfaßt haben, 545 ist ren der Wirtschaftsverwaltung, S. 156); siehe dazu die Übersichten und geschichtlichen Darstellungen bei K. Hespe, Zur Entwicklung der Staatszwecklehre in der deutschen Staatsrechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts, 1964; G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, 3. Aufl. 1914, S. 184 ff.; H. Hug, Die Theorien vom Staatszweck, Diss. 1954; H. P. Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 17 ff. (m.w. N.); wenn von bestimmten Staatszwecklehren die Rede ist, kommt diesen nur insofern ein Erkenntniswert zu, als sie beschreiben, welche Zwecke ein bestimmtes Gemeinwesen in einer konkreten geschichtlichen Situation zu verwirklichen suchte (siehe dazu: C. Link, Staatszwecke im Verfassungsstaat, S. 11); Aufgabe des modernen Staates ist, wie H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, formuliert, „die jeweils bestmögliche Auseinandersetzung mit einer sich stellenden Lage, die für jedes Volk durchaus eigenartige Züge zeigt“, S. 760; die Auseinandersetzung mit solchen Lagen könne nur im Sinne der Gesamtheit, im Zeichen des Gemeinwohls erfolgen, S. 763; Bezugspunkt aller Staatlichkeit ist das Wohl der konkreten Bürgerschaft; normative Verbindlichkeit kommt Staatszwecken nur nach Maßgabe ihrer verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Positivierung zu; siehe dazu im folgenden sowie H. P. Bull, Staatszwecke im Verfassungsstaat, in: NVwZ 9/1989, S. 801 –806; H. Bethge, Staatszwecke im Verfassungsstaat – 40 Jahre Grundgesetz, in: DVBl. 17/1989, S. 841 – 850; W. Brugger, Staatszwecke im Verfassungsstaat, in: NJW 39/1989, S. 2425 –2434. 541 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 199, 574; H. P. Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 33, 115, 118 ff., 122 ff., 199; H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 196, 256, 674 ff., 763 ff. 542 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 238 ff.; H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 528: „Die Gesellschaft selbst hat daher zu bestimmen, was ‚allgemein‘ und was ‚besonderes‘ ist“; E. Denninger, Rechtsperson und Solidarität. Ein Beitrag zur Phänomenologie des Rechtsstaates unter besonderer Berücksichtigung der Sozialtheorie Max Schelers, 1967, S. 293 ff.; E.-W. Böckenförde, Staat, Gesellschaft, Freiheit, S. 202 f.; siehe auch: J. Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 272 f. 543 H. J. Wolff, Organschaft und juristische Person. Untersuchungen zur Rechtstheorie und zum öffentlichen Recht, Bd. I: Juristische Person und Staatsperson, 1933/1934, S. 469; siehe auch: W. Wengler, Prolegomena zu einer Lehre von den Interessen im Völkerrecht, in: Die Friedens-Warte, 2/1950 (Bd. 50), S. 108 –129, 113: „Man muss also unter Staatsinteresse zunächst einmal einfach alle diejenigen Interessen verstehen, die mit Hilfe des Staatsapparates von denjenigen Menschen zu verwirklichen gesucht werden, die in der Lage und bereit sind, Interessen unter Anwendung des Staatsapparates zur Befriedigung zu bringen. Das Kriterium, welches die Staatsinteressen von anderen menschlichen Interessen unterscheidet, ist also nur das Mittel, mit dem die Interessen zu verwirklichen gesucht werden“.
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5. Teil: Öffentliche Sachen
somit „das Wohl oder Interesse aller, welches durch die allgemeinen Gesetze als die Gesetze aller verwirklicht wird“. 546 Zur Festlegung der Staatszwecke, zur Konkretisierung des Gemeinwohls, bedarf es eines Konsenses der Menschen im Gemeinwesen oder eben nach dem Repräsentationsprinzip einer Entscheidung der Vertreter des Volkes. 547 Weil die Vielfalt und Unterschiedlichkeit der besonderen, individuellen Interessen es ausschließt, daß die Interessen, die staatlich verwirklicht werden, Interessen jedes einzelnen Bürgers sind, liegt der Konsens im Interessenausgleich (als Kompromiß). Dieser bewirkt, daß die Verwirklichung der Zwecke des einen mit den Zwecken der anderen verträglich ist und gewährt allen die Chance auf ein – notwendigerweise beschränktes – Glück. Die Erkenntnis des Interessensausgleichs, des gemeinsamen Interesses, die die Vertreter des Volkes leisten, muß bestmöglich bewerkstelligt werden, so daß die Gesetze das gute Leben aller zu verwirklichen ermöglichen. 548 Ebensowenig wie die Menschen haben dabei ih544 D. Sternberger, Das Menschenrecht nach Glück zu streben, S. 146; siehe auch J. Isensee, Gemeinwohl und Staatsaufgaben im Verfassungsstaat, Rdn. 19: „Bonum commune und bonum particulare bedingen sich wechselseitig“; W. Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 182: Die „Interessen und Zwecke des Staates [...] müssen daher stets auf Interessen und Zwecke von Menschen zurückgeführt werden“; H. Nawiasky, Allgemeine Staatslehre, 2. Teil, 1. Bd., 1952, S. 174 ff. („daß der Staat keine von den Menschen getrennte Existenz besitzt und daher auch keine von ihnen losgelösten Zwecke verfolgen kann, so muß man zum Ergebnis gelangen, daß es innerhalb der Staatszwecke keinen absoluten Gegensatz zwischen staatlichen und menschlichen Interessen geben kann. Vielmehr kann es nur menschliche Interessen geben“, S. 175); H. Kelsen, Hauptprobleme der Staatsrechtslehre. Entwickelt aus der Lehre vom Rechtssatze, 1923, S. 480, 603 f. 545 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 179, 247 ff.; ders., Res publica res populi, S. 340 ff.; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 38. 546 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 657; i. S. einer Zusammenfassung, siehe W. Brohm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung, S. 157: Die Aufgaben und Ziele des Staates „ergeben sich aus seinem Sein, d. h. aus der Notwendigkeit seiner Existenzbewältigung. Sie mögen sich teilweise seiner Verfassung als konkret gestellte Aufträge entnehmen lassen. Im übrigen sind sie Antworten auf eine konkrete Situation und werden in den verschiedenen Formen politischer Willensbildung gefunden“. 547 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 238; C. Link, Staatszwecke im Verfassungsstaat, S. 25, 26 („Der demokratische Konsens ist daher Bedingung einer freiheitlichen Gemeinwohlrealisierung“); W. Löwer, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber, in: VVDStRL 60 (2001), S. 416 – 455, 427 („so daß das Gemeinwohl nicht vorfindlich ist, sondern im Prozeß demokratischer Willensbildung erst formuliert wird“); siehe auch: H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 766 f.; E. Denninger, Rechtsperson und Solidarität, S. 303 ff.; zum Prozeß der Aufgabenentstehung und Gemeinwohlkonkretisierung: K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 240, 242; H. P. Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 105 ff., 118 ff. 548 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 626; ders., Vom liberalistischen zum republikanischen Freiheitsbegriff, S. 436 f.; die Übernahme und Ausübung eines staatlichen Amtes verlangt von seinem Inhaber „den Verzicht auf Eigenmacht und Eigennutz, auf Selbstverwirklichung und Subjektivität, den ausschließlichen, sachbezogenen,
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re Vertreter irgendwelche nichtgesetzlichen Verhaltensmaxime zu beachten; das Volk ist an keine anderen Regeln gebunden als die, die es sich selbst gegeben hat. 549 Das folgt aus der Offenheit der Maximen, nach denen sich der einzelne Mensch verwirklicht. 550 Immanuel Kant lehrt das nicht anders: 551 „In Ansehung der ersteren (der Glückseligkeit) kann gar kein allgemein gültiger Grundsatz für Gesetze gegeben werden. Denn, so wohl die Zeitumstände, als auch der sehr einander widerstreitende und dabei immer veränderliche Wahn, worin jemand seine Glückseligkeit setzt (worin er sie aber setzen soll, kann ihm niemand vorschreiben), macht alle feste Grundsätze unmöglich, und zum Prinzip der Gesetzgebung für sich allein untauglich“.
Erst die verbindliche Entscheidung des Volkes, das Gesetz, das das Volk zum Staat verfaßt und andere Rechtsnormen hervorbringt, schafft Werte, die der Staat zu verwirklichen hat. 552 Durch die staatlichen Gesetze, die Gesetze des Rechts, gewinnt das Gemeinwohl, das eben in der Republik ein formaler Begriff ist, 553 seine Materialität. 554 Damit setzt sich die rechtliche Beliebigkeit der privaten Zwecksetzung der Menschen als die rechtliche Beliebigkeit der Gemeinwohlkonkretisierung fort. 555 Dies erlaubt den Menschen, wie auch bei Kant schon unparteiischen Dienst für das Wohl der Allgemeinheit, wie es sich nach Maßgabe der verfassungsmäßigen Ordnung darstellt“, J. Isensee, Gemeinwohl und Staatsaufgaben im Verfassungsstaat, Rdn. 10; siehe dazu auch: K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 226 ff.; das entscheidende Gewicht bei der Konkretisierung des Gemeinwohls liegt auf dem öffentlichen Prozeß seiner Herausbildung; P. Häberle, Öffentliches Interesse als juristisches Problem. Eine Analyse von Gesetzgebung und Rechtsprechung, 1970, S. 708 ff., 716; zustimmend H. P. Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 199. 549 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 242 f.; G. Leibholz, Aussprache (Das demokratische Prinzip im Grundgesetz), in: VVDStRL 29 (1971), S. 103 f. 550 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 237. 551 Über den Gemeinspruch, S. 154. 552 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 244; W. v. Simson, Das demokratische Prinzip im Grundgesetz, S. 32, 38; dazu auch: J. Isensee, Verfassungsgarantie ethischer Grundwerte und gesellschaftlicher Konsens, S. 545 ff.; G. Leibholz, Freiheitliche demokratische Grundordnung und das Bonner Grundgesetz, 1951, in: ders., Strukturprobleme der modernen Demokratie, 3. Aufl. 1967, S. 132 ff., 134 f.; ders., Aussprache (Das demokratische Prinzip im Grundgesetz), S. 103 f. 553 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 247; ders., Res publica res populi, S. 286; J. Isensee, Gemeinwohl und Staatsaufgaben im Verfassungsstaat, Rdn. 17. 554 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 655 ff., 574 f.; ders., Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 244, 247. 555 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 242; i. d. S. E. Denninger, Rechtsperson und Solidarität, S. 293 f.; D. Grimm, Verbände, S. 659; E. Benda, Abschließende Äußerungen der Herausgeber, in: ders. / W. Maihofer / H.-J. Vogel (Hrsg.), Handbuch des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 1. Aufl. 1983, S. 1331 ff., 1343 f.
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deutlich wurde, 556 den Staat so zu verfassen und gestalten, daß es den in den Institutionen und Organen tätigen Amtswaltern jederzeit möglich ist, diejenigen Maßnahmen treffen und diejenigen Aufgaben übernehmen zu dürfen, die zur bestmöglichen Auseinandersetzung mit einer konkreten Lage, der sich ein Volk gegenübersieht und die sich im Zeitablauf wieder verändert, erforderlich sind. 557 Die Grenzziehung zwischen der den Einrichtungen des Staates übertragenen, also der institutionell staatlichen Lebensbewältigung und der institutionell privaten, d. h. der den Privaten überlassenen Lebensbewältigung ist eben nicht fest, sondern variabel und dynamisch, nämlich politisch. 558
III. Staatlichkeit und Privatheit a) Mit der prinzipiellen Offenheit der Staatsaufgaben geht immer die Gefahr einer Verstaatlichung des gemeinsamen Lebens einher 559 und mit jeder Aufgabe, die der Staat übernimmt, geht Privatheit verloren. 560 Die Republik darf nicht zum vormundschaftlichen Staat werden, in der die totale Staatlichkeit der Lebensbewältigung die Selbständigkeit der Bürger aushöhlt und das Private überwältigt. 561 Deshalb darf das Volk, das alle Entscheidungen seiner Vertreter zu ertragen und zu verantworten hat, einer Entwicklung hin zu einer mehr und mehr Lebensbereiche erfassenden Staatlichkeit, zu einem Übermaß an institutioneller, vor allem aber funktionaler Staatlichkeit, nicht gleichgültig gegenüberstehen und muß dem entgegenwirken. 562
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Siehe Anm. 551 in diesem Teil. H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 760; H. H. Rupp, Privateigentum an Staatsfunktionen? Eine kritische Untersuchung am Beispiel der Technischen Überwachungsvereine, 1963, S. 16, Anm. 27: „der Nachweis einer spezifischen Staatsfunktion [...], ein Nachweis der sich nur aus einer konkreten raumzeitlichen Staatsordnung erbringen läßt“; zustimmend: F. Ossenbühl, Die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private, S. 153; W. Leisner, Werbefernsehen und Öffentliches Recht. Ein Beitrag zur Problematik der öffentlichen Aufgabe sowie zu Grundlagen und Grenzen fiskalischer Staatstätigkeit, 1967, S. 16. 558 Wie das Staatliche ist auch das Private als Begriff formal definiert und findet seine Materialität in den jeweiligen Gesetzen, K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 41; ders., Freiheit in der Republik, S. 450. 559 Siehe dazu: K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, S. 476 ff.; ders., Res publica res populi, S. 193 ff.; K. Vogel, Der Finanz- und Steuerstaat, in: J. Isensee / P. Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II: Verfassungsstaat, 3. Aufl. 2004, § 30, S. 843 – 878, Rdn. 73 ff. 560 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 346; ders., Freiheit in der Republik, S. 481. 561 K. A. Schachtschneider, Sittlichkeit und Moralität, S. 60. 562 K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, S. 478 f. 557
3. Kap.: Der Staat
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Neben dem institutionellen Begriff des Staatlichen, der die Einrichtungen des Staates, den Staat im engeren Sinne, charakterisiert, bedarf es eines solchen funktionalen Begriffs des Staatlichen, um die Bindung der institutionell Privaten an die staatlichen Gesetze zum Ausdruck zu bringen: Wenn das Volk durch seine Vertreter in den allgemeinen Gesetzen die Maximen des Handelns definiert, ist das Handeln der Menschen, das den Maximen folgt, Verwirklichung des Gemeinwohls, also verwirklichte Staatlichkeit und damit funktional staatlich. 563 Institutionelle Privatheit verwirklicht durch die Gesetzlichkeit funktional Staatlichkeit. Institutionell staatliches Handeln darf hingegen niemals funktional privat sein. Weil alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht, muß sich das Handeln des Staates stets auf die Maximen der Bürgerschaft zurückführen lassen; es muß immer Verwirklichung dessen sein, was die Bürgerschaft durch ihre Vertreter für das allgemeine gute Leben in Freiheit als notwendig erkannt und als allgemeines Gesetz verbindlich gemacht hat. 564 Das funktional Private der institutionell Privaten besteht nun darin, daß die Privaten in dem Umfang, in dem die staatlichen Gesetze das erlauben, die Handlungsmaximen allein nach ihren subjektiven, besonderen Interessen materialisieren dürfen. Ohne eine solche funktionale Privatheit gäbe es in der Substanz auch keine institutionelle Privatheit. 565 Demnach wird in der Republik das Gemeinwohl sowohl durch institutionelle Staatlichkeit, die zugleich funktionale Staatlichkeit ist, als auch durch institutionelle Privatheit, deren Handeln durch staatliche Gesetze an das Gemeinwohl gebunden ist, verwirklicht. 566 Dabei ist die Gemeinwohlverwirklichung durch Private als Gehorsam gegenüber den staatlichen Gesetzen ebenso wie die Gemeinwohlverwirklichung durch den Staat Einschränkung von Privatheit im Sinne der Alleinbestimmung und Selbstverantwortlichkeit. 567 Dennoch ist beides, das Staatliche und das Private, selbstbestimmt: das Staatliche durch die Autonomie des Willens aller, die den Interessenausgleich hervorbringt und im allgemeinen Gesetz verbindlich macht; das Private allein durch die Autonomie des Willens des Bürgers, der sein eigenes, besonderes Glück sucht und in freier Willkür handelt. 568 563 K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, S. 450 ff.; ders., Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 173 ff. 564 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 226; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 41 ff.; ders., Freiheit in der Republik, S. 452. 565 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 43; ders., Freiheit in der Republik, S. 453. 566 K. A. Schachtschneider, Verantwortlichkeit der multinationalen Unternehmen, 2002, in: ders., Freiheit – Recht – Staat. Eine Aufsatzsammlung zum 65. Geburtstag, hrsg. v. D. I. Siebold / A. Emmerich-Fritsche, 2005, S. 655 – 667, 664. 567 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 247. 568 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 43 f.; ders., Freiheit in der Republik, S. 453.
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5. Teil: Öffentliche Sachen
b) Auf der Grundlage der Rechte zur freien Willkür, die die allgemeinen Gesetze geben und begrenzen, entfaltet sich das Private. 569 Die Willkür bestimmt die Maximen, die subjektiven Prinzipien zu handeln; das also, was sich das Subjekt selbst zur Regel macht, wie es nämlich handeln will. 570 Die Maximen sind äußerlich frei, wenn sie sich in das allgemeine Gesetz des Staates fügen. Sie sind innerlich frei, wenn sie dem Sittengesetz genügen. 571 Institutionelle Privatheit ist äußere und innere Freiheit. 572 Die Sittlichkeit privaten Handelns, die Achtung des kategorischen Imperativs, ist aber nicht erzwingbar. Denn das würde ein staatliches Gesetz voraussetzen und damit die Privatheit funktional aufheben. 573 Die Sittlichkeit ist für das Leben in Gemeinschaft eine ethische Pflicht. Sie muß privat gelebt werden, um nicht den totalen Staat notwendig zu machen, der keine oder nur geringe Privatheit zuläßt, wenn und weil Privatheit entgegen dem Sittengesetz mißbraucht wird. Erst die gelebte Sittlichkeit ermöglicht den Grundsatz der Privatheit der Lebensbewältigung, das Privatheitsprinzip. 574 c) Privatheit bedarf in der freiheitlichen Republik einer gesetzlichen Grundlage, die die Legalität privat bestimmten Handelns begründet und damit dessen soziale Verträglichkeit sicherstellt. 575 Die staatlichen Gesetze bestimmen die Rechte des Bürgers zur Privatheit als subjektive Rechte. 576 Subjektive Rechte setzen objektives Recht voraus, 577 das in Deutschland zunächst durch das Grundgesetz und die Verfassungsgesetze der Länder geschaffen wird. 578 Subjektive Rechte sind Rechte, die dem einzelnen Bürger die Möglichkeit geben, die Pflichterfüllung, die dem Recht (seinem Recht, seiner Berechtigung), korrespon569 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 67; ders., Freiheit in der Republik, S. 455. 570 I. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 332, siehe auch: S. 508 ff., 519 f.; ders., Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 27. 571 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 68; ders., Freiheit in der Republik, S. 456. 572 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 44; ders., Freiheit in der Republik, S. 454, dazu auch: S. 67 ff., 83 ff. 573 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 68; ders., Freiheit in der Republik, S. 456. 574 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 69; ders., Freiheit in der Republik, S. 456 f.; siehe dazu auch Abschnitt d). 575 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 386; ders., Freiheit in der Republik, S. 458, 465. 576 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 378; ders., Freiheit in der Republik, S. 458; i. d. S. H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 528; für das Eigentum: W. Leisner, Eigentum, Rdn. 3 f. 577 K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, S. 458; J. Schwabe, Probleme der Grundrechtsdogmatik, S. 288; K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/2: Allgemeine Lehren der Grundrechte, 1994, unter Mitwirkung von Sachs, Michael, S. 869. 578 Siehe dazu: K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 123 ff.
3. Kap.: Der Staat
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diert, mit den Mitteln, die der Rechtsstaat zur Verfügung stellt, zu erzwingen; sie berechtigen ihn also, das objektive Recht durchzusetzen. 579 Die Zwangsmöglichkeit des subjektiv Berechtigten ist Ausdruck des Rechts auf staatlichen Schutz und damit des Rechts auf Recht in einem besonderen Fall. 580 Subjektive Rechte, vor allem die subjektiven öffentlichen Rechte gegen den Staat, sind eine notwendige Einrichtung im Rechtsstaat, weil ohne Recht auf Rechtsschutz das objektive Recht unsicher wäre. 581 Subjektive Rechte können Rechte geben, in bestimmter Weise zu handeln, oder auch Rechte, ein bestimmtes Handeln oder Unterlassen von anderen beanspruchen zu dürfen. Dabei entsprechen den subjektiven Rechten des einen, Pflichten eines anderen: Den Handlungsrechten entsprechen Duldungspflichten, den Unterlassungsansprüchen Handlungsverbote. Diese Dualität ist Folge der Außenwirkung von Handlungen. 582 Alles Handeln hat Wirkung auf alle anderen im Gemeinwesen. 583 Entspricht das Handeln aber dem subjektiven Recht, das wie gesagt auf objektivem Recht beruht, kann es niemanden verletzen. Das (objektive) Gesetz, in dem sich der allgemeine Wille manifestiert, stellt die juridische, äußere Legalität der Handlung sicher. 584 Es stellt das allgemeine Einverständnis mit der Handlungsbefugnis dar und legalisiert damit die freiheitliche Privatheit. 585 Weil die bürgerlichen Gesetze den Menschen Handlungsrechte einräumen, müssen andere Menschen die Handlungen des subjektiv Berechtigten 579 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 379, siehe auch S. 430 ff., 446 ff.; ders., Freiheit in der Republik, S. 459; dazu i. d. S.: J. Schwabe, Probleme der Grundrechtsdogmatik, S. 13 („Subjektive Rechte sind [...] die Kehrseite von Rechtspflichten“); R. Alexy, Grundrechte als subjektive Rechte und als objektive Normen, in: Der Staat 29 (1990), S. 49 – 68, 60 ff.; siehe auch: I. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 345: „Rechte, als (moralischer) Vermögen, andere zu verpflichten“. Die Pflichterfüllung kann in einer Unterlassung bestehen, zu der vornehmlich die grundrechtlichen Abwehrrechte verpflichten, die negative Kompetenzen des Staates schaffen; K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 379; M. Sachs, in: K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/2: Allgemeine Lehren der Grundrechte, 1994, S. 76 f., 223 f.; K. Stern, daselbst, S. 1796 f.; M. Sachs, in: K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/1, S. 558 ff., 671 ff.; J. Schwabe, Probleme der Grundrechtsdogmatik, S. 13 ff.; zu den Grundrechten als negative Kompetenzen: K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 353 ff., 476 f. 580 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 152, 128; ders., Freiheit in der Republik, S. 459. 581 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 128; grundlegend zu den subjektiven öffentlichen Rechten: H. H. Rupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungsrechtslehre, S. 146 ff. 582 Der andere kann, wie gesagt, auch der Staat sein; K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 380 ff.; ders., Freiheit in der Republik, S. 460 ff.; siehe dazu: J. Schwabe, Probleme der Grundrechtsdogmatik, S. 13 ff., 17 ff., 37 ff. 583 Dazu: 5. Teil, 2. Kap. I.1. b). 584 Von der sittlichen Bindung wird der Handelnde nicht entlastet; K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, S. 461 f.; ders., Res publica res populi, S. 380 f.
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5. Teil: Öffentliche Sachen
dulden und damit vielfach Störungen und Lasten ertragen. Ohne solche Duldungspflichten läßt sich das Leben im Gemeinwesen jedoch nicht menschenwürdig gestalten. Ohne derart gewährleistete Rechte der Privatheit wäre das gemeinsame Leben weitgehend verstaatlicht und dem Menschen jede Chance auf sein eigenes, besonderes Glück genommen. 586 d) Die allgemeine Freiheit erfordert ein hinreichendes Recht zur Privatheit. 587 Mehr noch: Aus der Freiheit als der Menschheit des Menschen läßt sich ein Grundsatz und Vorrang privater Lebensbewältigung (vor staatlicher Lebensbewältigung) herleiten. 588 Nach diesem menschheitlichen Subsidiaritätsprinzip, dem Privatheitsprinzip, darf der Staat nur insoweit zum Handeln befugt werden, als Gründe des Gemeinwohls das notwendig machen und dadurch rechtfertigen. 589 Können die Privaten eine Lebensaufgabe bewältigen, muß der Staat ihnen diese belassen. Das heißt aber nicht, soviel Privatheit der Lebensbewältigung wie irgend möglich zu lassen. Vielmehr muß die Entscheidung darüber, ob der Staat eine Aufgabe übernehmen soll, vom Gesetzgeber in jedem Fall der jeweiligen Lage des Aufgabenfeldes entsprechend getroffen werden. 590 Eine Grundlage findet der Grundsatz und Vorrang der Privatheit der Lebensbewältigung, das Gebot der Zurückhaltung gegenüber der gesetzlichen Begründung staatlicher Aufgaben, in den besonderen Grundrechten: Eine Verfassung der Eigentumsgewährleistung, der Berufsfreiheit, der Vereinigungsfreiheit usw. ist eine Verfassung der größtmöglichen Privatheit, die den Gesetzgeber verpflichtet, eine Rechtsordnung zu gestalten, die den Menschen die freie Entfaltung der Persönlichkeit, die alleinbestimmte Verwirklichung des besonderen Glücks aufs beste ermöglicht. Die besonderen Grundrechte haben, soweit sie als negative Kompetenzvorschriften des Gesetzgebers wirken, gegen eine Staatlichkeit der Lebensbewältigung entschieden. 591 Eine andere Rechtstechnik der Verteilung von Staatlichkeit und Privatheit als die eines Grundsatzes privater Lebensbewältigung ist wegen der Vielfalt 585 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 382; ders., Freiheit in der Republik, S. 462; dazu: J. Habermas, Faktizität und Geltung, S. 151 f. 586 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 382 ff.; ders., Freiheit in der Republik, S. 463. 587 K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, S. 463. 588 Dazu und zum folgenden: K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 386 ff.; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 75 ff.; ders., Freiheit in der Republik, S. 465 ff. 589 Insb. J. Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 313 ff., 264 ff., 281 ff.; ders., Gemeinwohl und Staatsaufgaben im Verfassungsstaat, Rdn. 81, 156 ff. (die staatliche Allzuständigkeit besteht nur virtuell und subsidiär), 165 ff. (Regulativ des Subsidiaritätsprinzips); H. H. Rupp, Die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft, Rdn. 51 ff. („Gebot staatlicher Zurückhaltung“, Rdn. 53). 590 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 147 ff., 154 ff.
3. Kap.: Der Staat
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menschlicher Handlungsmöglichkeiten und weil es Staatlichkeit nur aufgrund von Gesetzen geben darf, auch nicht tragfähig. 592
IV. Das Handeln des Staates a) Der Staat hat das gemeine Wohl, das das Volk in den Gesetzen materialisiert, zu verwirklichen. Das ist, wie gesagt, sein alleiniger Zweck. Mit der ausnahmslosen Gemeinwohlverpflichtetheit des Staates ist das Prinzip der Gesetzmäßigkeit untrennbar verbunden. 593 Das Prinzip der Gesetzmäßigkeit verlangt für alles staatliche Handeln, für jede Art der Staatlichkeit eine gesetzliche Grundlage. 594 Denn der Staat verfügt über keine irgendwie vorgegebene Freiheit, sondern nur über Kompetenzen, die ihm vom Volk in der Verfassung und in den Gesetzen übertragen worden sind. 595 Ohne Gesetz hat der Staat nicht nur keine Kompetenz, er existiert auch nur durch und nach Maßgabe des Gesetzes. 596 Seine Existenz bestimmt sich nach den darin materialisierten Staatszwecken, die diese zugleich auch begrenzen. 597 Denn in der grundgesetzlichen Republik geht alle Staatsgewalt und damit alle Staatlichkeit vom Volke aus (Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG). Der Staat handelt im Namen des Volkes. Sein Handeln ist rechtlich Handeln der Bürgerschaft; 598 „was er tut, tun sie selbst“. 599 Es gibt keinen dem deutschen Volke vorgegebenen Staat 600 und deshalb ist kein Staatsorgan ermächtigt, über die verliehenen Kompetenzen hinaus in Vertretung des Volkes zu handeln. 601 591 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 78 ff.; ders., Freiheit in der Republik, S. 468 ff.; J. Isensee, Gemeinwohl und Staatsaufgaben im Verfassungsstaat, Rdn. 170 f. 592 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 77; ders., Freiheit in der Republik, S. 467. 593 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 247, 255. 594 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 247, 253 f.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 152. 595 H. H. Rupp, Die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft, Rdn. 30; siehe auch W. Mallmann, Schranken nichthoheitlicher Verwaltung, in: VVDStRL 19 (1961), S. 165 – 207, 185 f.: „Wo die Bürger nicht mehr dem Staat gegenüberstehen, sondern insgesamt den Staat tragen, wo also die Staatsgewalt vom Volk ausgeht, kann es keine ‚originäre‘, eigenständige Exekutivgewalt geben, die, ‚an sich frei‘ [...] wäre“; K. Grimmer, Demokratie und Grundrechte. Elemente zu einer Theorie des Grundgesetzes, 1980, S. 183; D. Jesch, Gesetz und Verwaltung. Eine Problemstudie zum Wandel des Gesetzmäßigkeitsprinzipes, 1961, S. 204 f. 596 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 202; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 150 f.; H. Krüger, Das besondere Gewaltverhältnis, S. 121; G. Barbey, Wahrnehmung staatlicher und gemeindlicher Aufgaben, S. 79 („Die Rechtssubjektivität von Staat und Gemeinden gründet somit erst, nur und stets in der Verfassung und dem verfassungsmäßigen Recht. [...] Rechtssubjekte ausschließlich als kraft Rechts errichtete Organisationen“). 597 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 262.
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5. Teil: Öffentliche Sachen
Außerhalb dieser Ermächtigung haben die staatlichen Amtswalter keine Handlungsbefugnis 602 oder, um die Worte Hans Heinrich Rupps zu gebrauchen, was „dem Staat nicht übertragen ist, ist ihm verboten“. 603 Damit ist die mit der allgemeinen Freiheit untrennbar verbundene ultra-viresLehre dargelegt. 604 Die Aufgabe des Staates, Recht zu setzen, wird dadurch nicht beschränkt. Für die Gesetzgebung kann es in einer Republik keine ultravires-Lehre geben, weil ein Staat, der nur begrenzt zur Verwirklichung des Rechts befugt wäre, kein freiheitlicher Staat wäre. Die ultra-vires-Lehre hat ihre Richtigkeit darin, daß sie es dem Staat verbietet, Befugnisse zu beanspruchen, die ihm nicht durch Gesetz übertragen sind. Die vollziehende Gewalt darf nur tätig werden, wenn ein formelles Gesetz sie mit einer Aufgabe betraut. 605 b) Dementsprechend kann sich die Gesetzesbindung der Verwaltung nicht auf belastende Verwaltungsakte, auf die sogenannte Eingriffsverwaltung beschränken. 606 Die von der konstitutionellen, bürgerlich-liberalen Staatsauffassung des 19. Jahrhunderts geprägte Formel, ein Gesetz sei lediglich bei Eingriffen in Freiheit und Eigentum erforderlich, wird dem heutigen Verfassungsverständnis nicht mehr gerecht und bietet, insbesondere vom Blickpunkt des demokratischen Prinzips 607 aus, keinen relevanten Abgrenzungsmaßstab mehr. 608 Alle Staatsgewalt 598 Weil „in einem Staate, welcher freiwillig errichtet wurde, jeder von denen, die dem einen die höchste Gewalt übertrugen, sich als den Urheber aller der Handlungen dieses einen ansehen muß“, T. Hobbes, Leviathan, S. 160. 599 T. Hobbes, Leviathan, S. 160. 600 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 226. 601 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 173; K. Grimmer, Demokratie und Grundrechte, S. 183. 602 BGHZ 20, 119 (122 ff.); D. Jesch, Gesetz und Verwaltung, S. 171 ff.; G. Barbey, Wahrnehmung staatlicher und gemeindlicher Aufgaben, S. 79, 88. 603 Die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft, Rdn. 30. 604 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 22, 262; ders., Res publica res populi, S. 202; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 150, 173 f.; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 34, 206, 226; ders., Freiheit in der Republik, S. 244, 350. 605 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 451 f., 473; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 88; ders., Freiheit in der Republik, S. 480; E. Grabitz, Freiheit und Verfassungsrecht, S. 198 f.; J. Burmeister, Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, S. 222, 244 („Die Kompetenzen eines Verwaltungsrechtsträgers sind abschließend in der seinen Handlungsauftrag begründenden Aufgabenzuweisungsnorm enthalten, so daß der Gebrauch der Rechtsformen keine anderen oder weitergehenden Handlungsbefugnisse des Verwaltungsträgers zur Entstehung bringen darf“). 606 BVerfGE 40, 237 (249); 49, 89 (126); K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 112 ff.; W. Mallmann, Schranken nichthoheitlicher Verwaltung, S. 185; H. H. Rupp, Verwaltungsakt und Vertragsakt. Eine Darstellung der Probleme an Hand des Vertragssystems der Sozialversicherung, insbesondere des Ersatzkassenrechts, in: DVBl. 3/1959, S. 81 – 87, 84.
3. Kap.: Der Staat
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geht vom Volke aus. Der Wortlaut des Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG ist eindeutig. Die Notwendigkeit eines umfassenden, auch die Leistungsverwaltung erfassenden Gesetzesvorbehalts ergibt sich auch aus der Interdependenz von Eingriff und Leistung. Was im heutigen Sozialstaat für die einen Vergünstigung und Gewährung bedeutet, erweist sich für andere direkt oder indirekt, offen oder versteckt, vielfach als Belastung. 609 Hinzu kommt, daß die Maßnahmen und Entscheidungen der sozialgestaltenden, existenzwichtige Leistungen gewährenden Verwaltung für den davon abhängigen Einzelnen oft ebenso bedeutungsvoll sind wie die der Eingriffsverwaltung. 610 Aus all dem folgt, daß in der Republik alles Handeln der vollziehenden Gewalt einer gesetzlichen Grundlage bedarf. Nur der umfassende, totale Gesetzesvorbehalt, der wesentlich im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG und im demokratischen Prinzip des Art. 20 Abs. 1 GG verankert ist, vermag die allgemeine Freiheit zu verwirklichen. 611 607
Siehe dazu: W. v. Simson, Das demokratische Prinzip im Grundgesetz, S. 3 ff.; M. Kriele, Das demokratische Prinzip im Grundgesetz, in: VVDStRL 29 (1971), S. 46 ff.; K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, § 18: Das demokratische Prinzip, S. 587 ff. 608 BVerfGE 40, 237 (249); erste Andeutungen einer möglichen Ausdehnung des Vorbehalts über die „Freiheit und Eigentum“-Formel hinaus schon in BVerfGE 8, 155 (167 ff.); W. Mallmann, Schranken nichthoheitlicher Verwaltung, S. 186, 188; siehe dazu: F. Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, Rdn. 13 ff.; zur Entstehung des Eingriffsvorbehaltes: D. Jesch, Gesetz und Verwaltung, S. 108 ff., 74 ff. 609 M. Imboden, Das Gesetz als Garantie rechtsstaatlicher Verwaltung, 2. Aufl. 1962, S. 42; ders., Der verwaltungsrechtliche Vertrag, 1958, S. 70 ff., 74; K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 115 f.; K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, S. 810; siehe dazu auch: BVerfGE 41, 251 (259); K. Stern, Rechtsfragen der öffentlichen Subventionierung Privater, in: JZ 1960, S. 518 –525, 524; H. H. Rupp, Verwaltungsakt und Vertragsakt, S. 84; J. Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 215 f. (auch zum vorhergehenden). 610 BVerfGE 40, 237 (249); W. Mallmann, Schranken nichthoheitlicher Verwaltung, S. 191; K. Stern, Rechtsfragen der öffentlichen Subventionierung Privater, S. 525. 611 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 250, 253; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 114, 150; die h. M. ist der Lehre vom Totalvorbehalt nicht gefolgt, z. B.: K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, S. 808; E. Schmidt-Aßmann, Der Rechtsstaat, Rdn. 63; dazu i. d. S. F. Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, Rdn. 18 ff.; für einen weitreichenden Gesetzesvorbehalt: K. Sobota, Das Prinzip Rechtsstaat, S. 113 („alle Kompetenzen der Exekutive aus dem Grundgesetz, und damit der Rechtsordnung, fließen. Staatlichkeit ist ohne Rechtlichkeit nicht denkbar“); D. Jesch, Gesetz und Verwaltung, S. 145 f., 171 ff. („Die Exekutive [...] ist zur vollziehenden Gewalt im strengen Sinne des Wortes geworden. Es gibt keinen rechtsfreien Raum mehr, auf den sie sich zurückziehen könnte“), S. 204 f. („Unter der Verfassungsordnung des Grundgesetzes besteht keine Zuständigkeitsvermutung mehr für die Exekutive; [...] für alle Handlungsformen abhängig von einer parlamentarischen Ermächtigung“), S. 226 f.; während D. Jesch den demokratischen Aspekt betont, steht bei H. H. Rupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungsrechtslehre, S. 113 ff. („Ohne Gesetz ist der Verwaltung im Verhältnis zum Bürger in jedem Fall ein Tätigwerden verwehrt“, S. 143), die rechtsstaatliche Seite im Vordergrund; W. Mallmann, Schranken nichthoheit-
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5. Teil: Öffentliche Sachen
c) Staatlichkeit ist rechtliche Gesetzlichkeit und deshalb kann es nur in den Grenzen der gesetzlichen Definition der Staatszwecke Vollzugsaufgaben der Exekutive geben. 612 Alle ihrer Verhaltensweisen bedürfen der rechtlichen Determinierung und wenn eine solche nicht sachgerecht ist, etwa um der Verwaltung den mit
licher Verwaltung, S. 185 f. („Die ganze Verwaltung bedarf der demokratischen Legitimation und muß dem Willen des demokratischen Gesetzgebers unterworfen sein“), S. 188, 192 f., 202, 206 f.; siehe auch: H. U.Scupin, Aussprache (Die Organisationsgewalt), in: VVDStRL 16 (1958), S. 261 ff., 264. Das Bundesverfassungsgericht hat eine Ausdehnung des Gesetzesvorbehalts über den Bereich der Eingriffsverwaltung hinaus mittlerweile klar befürwortet (siehe Anm. 606 u. 608 in diesem Teil) und davon ausgehend die sogenannte Wesentlichkeitslehre herausgearbeitet. Abschließende Aussagen zur konkreten Reichweite und Intensität des Vorbehalts lassen sich dieser jedoch nur bedingt entnehmen, was ihr von seiten der Lehre Kritik eingebracht hat (siehe z. B. F. Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, Rdn. 41 ff.; W. Krebs, Zum aktuellen Stand der Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes, in: Jura 6/1979, S. 304 – 312, 308 ff.). Darüber hinaus erscheint das gewählte Abgrenzungskriterium vom Blickpunkt des demokratischen Rechtsstaates aus, der Organisation des Volkes für dessen Allgemeines, für die Verwirklichung des guten Lebens aller, in dem sich Staatsgewalt ohne jede Ausnahme vom Volk her legitimieren muß, fragwürdig; siehe dazu BVerfGE 98, 218 (251): „Dieser Grundsatz (sc. der Vorbehalt des Gesetzes) verlangt, daß staatliches Handeln in bestimmten grundlegenden Bereichen durch förmliches Gesetz legitimiert wird. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen, und darf sie nicht anderen Normgebern überlassen. Wann es danach einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf, läßt sich nur im Blick auf den jeweiligen Sachbereich und auf die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes beurteilen. Die verfassungsrechtlichen Wertungskriterien sind dabei den tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere den darin verbürgten Grundrechten zu entnehmen. [...] Danach bedeutet wesentlich im grundrechtsrelevanten Bereich in der Regel ‚wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte‘“; daran anknüpfend wird in BVerfGE 80, 14 (132) ausgeführt: „So verhält es sich, wenn die Entscheidungen Maßnahmen betreffen, ohne die der Grundrechtsgebrauch unmöglich ist oder beträchtlich erschwert wird, oder von denen eine erhebliche Gefahr für die grundrechtlich gesicherte Freiheit ausgeht“; siehe weiterhin: BVerfGE 40, 237 (249); 49, 89 (126 f.); 61, 260 (275); 83, 130 (151 f.); 95, 267 (307 f.); dazu K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, S. 808 ff.; die mit dieser Formel einhergehende Schwierigkeit, im konkreten Einzelfall zu bestimmen, was „wesentlich“ ist, hat Michael Kloepfer, Der Vorbehalt des Gesetzes im Wandel, in: JZ 15/16/1984, S. 685 –695, 689, zu der Feststellung veranlaßt: „Wesentlich ist, was das Bundesverfassungsgericht dafür hält“; bisweilen wird als ergänzendes Kriterium zur Präzisierung des Wesentlichen die politische Umstrittenheit vorgeschlagen; siehe dazu sowie zur Wesentlichkeitsrechtsprechung: G. Kisker, Neue Aspekte im Streit um den Vorbehalt des Gesetzes, in: NJW 30/1977, S. 1313 – 1320, 1317 ff. Zur Verankerung des Gesetzesvorbehalts im demokratischen und im Rechtsstaatsprinzip: BVerfGE 83, 130 (142): „Rechtsstaatsprinzip und Demokratiegebot verpflichten den Gesetzgeber, die für die Grundrechtsverwirklichung maßgeblichen Regelungen im wesentlichen selbst zu treffen“; BVerfGE 40, 237 (248 f.); 41, 231 (243); 41, 251 (259 f.); 49, 89 (126); K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 114; K. Sobota, Das Prinzip Rechtsstaat, S. 111; J. Pietzcker, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: JuS 10/1979, S. 710 – 715, 712 f.; J. Burmeister, Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, S. 193.
3. Kap.: Der Staat
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Rücksicht auf die Aufgabenerfüllung notwendigen Entscheidungsspielraum zu belassen, müssen die entsprechenden Verfahren vorgeschrieben werden. 613 Der Verwaltung sind die Aufgaben so zweckbestimmt als möglich zu übertragen 614 und wenn eine sachgerechte Aufgabenerfüllung mit einzelfall- und situationsgerechten Entscheidungen nur durch die Einräumung von Ermessensbefugnissen erreicht werden kann, dann steht eine solche dem Prinzip der Legalität nicht entgegen. 615 Die Offenheit der gesetzlichen Regelung darf jedoch nicht soweit gehen, daß sie dem demokratierechtlichen Bestimmtheitsprinzip nicht mehr genügt. 616 Die Gesetze und Begriffe in den Gesetzen müssen derart bestimmt sein, daß sie den Willen des Volkes vermitteln 617 und die Legislative ihren Vollzug durch die Exekutive verantworten kann. 618 Unbestimmtheit in der Gesetzgebung bedeutet der Sache nach eine Verlagerung der Rechtsetzungsmacht auf die vollziehende Gewalt 619 und ermöglicht unterschiedliche Rechtsanwendung, die bis zur Willkürlichkeit gehen kann. 620 Der Gesetzgeber darf seine Aufgabe nicht anderen Organen im Staat überlassen. 621 Nur eine hinreichende Bestimmtheit der Gesetze verwirklicht das Prinzip der funktionalen Teilung der Staatsgewalt. 622 Insofern ist der Vorbehalt des Gesetzes untrennbar mit dem rechtsstaatlichen und demokratierechtlichen Prinzip der Bestimmtheit verbunden. 623 612
K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 115; siehe auch: G. Barbey, Wahrnehmung staatlicher und gemeindlicher Aufgaben, S. 79, 88. 613 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 253 f.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 277 ff., 295 ff. 614 K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, S. 467 f.; dazu: BVerfGE 62, 169 (182 f.). 615 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 155; ders., Freiheit in der Republik, S. 536; R. Zippelius / T. Würtenberger, Deutsches Staatsrecht. Ein Studienbuch, 31. Aufl. 2005, S. 107; dazu auch: BVerfGE 56, 1 (12 f.); K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, S. 807, 829 f. 616 K. A. Schachtschneider, Das Sittengesetz und die guten Sitten, S. 211; ders., Freiheit in der Republik, S. 499. 617 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 273. 618 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 116, 100 ff. 619 F. Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, Rdn. 23; W. Krebs, Zum aktuellen Stand der Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes, S. 307. 620 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 101. 621 D. Jesch, Gesetz und Verwaltung, S. 226 f. 622 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 273 f.; ders., Res publica res populi, S. 866 ff. 623 F. Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, Rdn. 23; siehe auch BVerfGE 56, 1 (13): „Insoweit berührt sich das Bestimmtheitsgebot mit dem Verfassungsgrundsatz des Vorbehalts des Gesetzes, der fordert, daß der Gesetzgeber die entscheidenden Grundlagen des zu regelnden Rechtsbereichs, die den Freiheits- und Gleichheitsbereich des Bürgers wesentlich betreffen, selbst festlegt und dies nicht dem Handeln der Verwaltung überläßt“; die Bestimmtheitsfrage war auch zentraler Gegenstand des Kalkar-Beschlusses
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5. Teil: Öffentliche Sachen
Demnach hat die Verwaltung auch die in den Gesetzen verankerten Prinzipien, Leitlinien und Zuständigkeiten sowie insbesondere die vorgeschriebenen oder zugelassenen Mittel ganz wesentlich zu beachten. 624 Jede materielle oder formelle Rechtswidrigkeit verletzt den Konsens des Volkes, das in den Gesetzen konkretisierte Gemeinwohl. 625 Wenn der Staat sich nicht an das Prinzip der Gesetzmäßigkeit hält, handelt er ultra-vires; er bewegt sich unabhängig vom Volk. 626 Einer strengen Bindung der staatlichen Gemeinwohlverwirklichung an das Prinzip der Gesetzmäßigkeit bedarf es nicht zuletzt auch deshalb, weil Gemeinwohlverwirklichung, sei es durch den Staat oder durch Private als Gehorsam gegenüber den staatlichen Gesetzen, immer auch Einschränkung von Privatheit im Sinne der Selbstbestimmtheit und Selbstverantwortlichkeit bedeutet. Jede Kompetenz- und Aufgabenzuweisung an den Staat mittels der Gesetze verändert die Grenzen des Rechts der Menschen zur Autonomie. 627 d) Das Prinzip der Gesetzlichkeit gilt wegen Art. 28 Abs. 1 GG auch für die Gemeinden: Gemäß Satz 1 muß die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern „den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen“; die Gemeinden sind Teil der Länder. 628 Die Gesetze der Gemeinden sind die Satzungen. 629 Sie sind
[BVerfGE 49, 89 (133 ff.)]; ausführlich zum Bestimmtheitsprinzip: K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 273 ff.; K. Sobota, Das Prinzip Rechtsstaat, S. 132 ff.; P. Kunig, Das Rechtsstaatsprinzip, S. 193 ff., 200 ff., 396 ff.; K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, S. 829 f.; dazu auch: BVerfGE 8, 274 (325); 9, 137 (147 ff.); 20, 150 (157 ff.); 59, 104 (114); 93, 213 (238); 102, 254 (337). 624 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 253; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 111; H. Ryffel, Grundprobleme der Rechts- und Staatsphilosophie. Philosophische Anthropologie des Politischen, 1969, S. 419 ff.; R. Marcic, Rechtsphilosophie. Eine Einführung, 1969, S. 258 ff. 625 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 247 f., 256. 626 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 206; J. Burmeister, Die Notwendigkeit einer neuen „Theorie des Staatseigentums“, S. 76. 627 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 247, 263; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 227; J. Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 206 ff. 628 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 146; K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, S. 407; M. Nierhaus, Kommentierung des Art. 28 GG, in: M. Sachs (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, 4. Aufl. 2007, Rd. 34; B. E. Beck, Kommunale Unternehmen zwischen Selbstverwaltungsgarantie und Europarecht. Gemeindliche Unternehmen Bayerns im Spannungsfeld zwischen Selbstverwaltungsgarantie des Grundgesetzes und Wettbewerblichkeit des Gemeinschaftsrechts, 2001, S. 163. 629 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 131; siehe dazu: F. Ossenbühl, Satzung, in: J. Isensee / P. Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts
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demokratisch durch die Bürgerschaft legitimiert, sie sind die Willensakte der Gemeindebürger und gehören daher zur Rechtsetzung, also zur Legislative. 630 Die gemeinschaftliche Willensautonomie der Gemeindebürger ist die Selbstverwaltung, 631 die mit Art. 28 Abs. 2 verfassungsrechtlich gewährleistet ist. 632 Sie ist eine wesentliche Grundlage der freiheitlichen Ordnung in der demokratischen Republik. 633 Das kommt in Art. 11 Abs. 4 BV zum Ausdruck: „Die Selbstverwaltung der Gemeinden dient dem Aufbau der Demokratie in Bayern von unten nach oben“; und Art. 1 S. 2 BayGO bekräftigt: „Sie [sc. die Gemeinden] bilden die Grundlagen des Staates und des demokratischen Lebens“. Die Gemeinden sind noch wirkliche Bürgerschaften, in denen das demokratische Prinzip Wirklichkeit finden kann. 634 In den Gemeinden besteht – im Vergleich zu anderen Verwaltungsebenen – die größte Nähe zwischen Menschen und Politik. Die Menschen können Einfluß auf das politische Leben nehmen und Bürger sein. Die Gemeinden sind die kleinen Einheiten an der Basis des gemeinsamen Lebens, die die stärkere freiheitliche Legitimation haben als die großen Einheiten (Länder, Bund, Europäische Union) und die damit den wesentlichen Baustein im Aufbau des demokratischen Staates darstellen. Sie haben eine eigene gewaltenteilende Funktion, sie schaffen ein Stück vertikaler Gewaltenteilung. 635 Demokratisch ist nur der Gesetzesstaat, der Staat des Rechts. Denn das Volk bildet seinen Willen in den Gesetzen oder eben in den Satzungen. Alles Staatliche im engeren Sinne muß dem Volk oder einem Teilvolk, den Gemeinden, zugeordnet sein. Ein Gesetz oder eine Satzung ist deshalb Voraussetzung rechtmäßigen Verwaltungshandelns. 636 der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III: Das Handeln des Staates, 2. Aufl. 1996, § 66, S. 463 ff. 630 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 232; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 131; F.-L. Knemeyer, Bayerisches Kommunalrecht, 8. Aufl. 1994, S. 87 ff. 631 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 230. 632 Dazu: 6. Teil, Abschnitt b). 633 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 230; K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, S. 405 f. m.w. N. 634 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 229 ff., dazu und zum folgenden. 635 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 231; F.-L. Knemeyer, Bayerisches Kommunalrecht, S. 29, 33 f.; K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, S. 403; R. Stober, Kommunalrecht in der Bundesrepublik Deutschland, S. 49, 62; H. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 16. Aufl. 2006, S. 578; siehe dazu: BVerfGE 52, 95 (112); 83, 37 (54): „Das Grundgesetz hat sich innerhalb der Länder für einen auf Selbstverwaltungskörperschaften ruhenden Staatsaufbau und damit für die gegliederte Demokratie entschieden“; auch: BVerfGE 79, 127 (149). 636 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 50, 132; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 94.
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5. Teil: Öffentliche Sachen
V. Kritik der Fiskusdoktrin a) Mit der ausschließlichen Gemeinwohlverpflichtetheit des Staates, seiner strikten Bindung an das Recht und der damit einhergehenden Beschränkung auf die gesetzlich übertragenen Aufgaben und Kompetenzen ist das Verbot, sich zu privatisieren, untrennbar verbunden – entgegen der Praxis und herrschenden Lehre, die dem Staat, gestützt auf die Fiskusdoktrin, die privatrechtliche Betätigung zugesteht. 637 Unter dem Fiskus wird in der gegenwärtigen Staatspraxis der Staat als Privatrechtssubjekt verstanden 638 und nach der Fiskuslehre darf der Staat, soweit nicht besondere Prinzipien greifen, wählen, ob er Rechtsverhältnisse öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich ausgestaltet, 639 d. h. staatliche Verwaltung darf sich der Organisations- und Handlungsformen des Privatrechts bedienen. 640 Damit wird zugelassen, daß staatliche Einheiten tätig werden, als seien sie Private. 641 637
K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 253 ff., 261 ff. E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 29, 113 (Anm. 1); H. J. Wolff / O. Bachof / R. Stober, Verwaltungsrecht. Ein Studienbuch, Bd. 1, 11. Aufl. 1999, S. 300; z. T. wird mit dem Fiskusbegriff auch der Staat als Subjekt des Staatsvermögens oder als Teilnehmer am Wirtschaftsleben bezeichnet; O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 1, S. 119 f.; D. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, 1984, S. 75 m. N.; siehe auch: W. Weber, Stichwort: Fiskus, in: Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, Bd. 3, 1961, S. 743; diese Begriffsbestimmungen meinen im Grunde jedoch dasselbe: daß es dem Staat als Fiskus gestattet sei, sich in der Zielsetzung und Motivation ebenso frei zu bewegen, wie dies nur der Privatmann tun darf; H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 323. 639 Rechtsformwahlrecht; BVerfGE 27, 364 (374): „Hat sich die öffentliche Hand [...] dafür entschieden, eine öffentliche Aufgabe mit den Mitteln des Privatrechts wahrzunehmen und insoweit privatwirtschaftlich tätig zu werden, so muß sie auch alle Konsequenzen daraus, auch die ihr unerwünschten, auf sich nehmen. Sie tritt damit auf den Boden des Privat- und Gesellschaftsrechts“; BGHZ 35, 111 (112 f.): „die verkehrssicherungspflichtige [öffentlich-rechtliche] Körperschaft die Wahl hat, ob sie dieser Pflicht als Fiskus, also privatrechtlich, oder als Träger öffentlicher Gewalt, also hoheitsrechtlich, genügen will“; so schon früher: BGHZ 9, 373 (387 f.); BGHZ 102, 280 (283): „ob sich der Träger hoheitlicher Gewalt der besonderen, ihm zugeordneten Rechtssätze des öffentlichen Rechts bedient oder ob er sich den für jedermann geltenden zivilrechtlichen Regelungen unterstellt“; H. H. Klein, Die Teilnahme des Staates am wirtschaftlichen Wettbewerb, 1968, S. 37 f., 237 ff.; W. Brohm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung, S. 182 ff., 135; W. Rüfner, Formen öffentlicher Verwaltung im Bereich der Wirtschaft. Untersuchungen zum Problem der leistenden Verwaltung, 1967, S. 353, 370 f.; L. Osterloh, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, in: VVDStRL 54 (1995), S. 204 –242, 231 ff.; H. J. Wolff / O. Bachof / R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 1, S. 286 ff., insbesondere S. 289; dazu: K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 6 ff. 640 D. Ehlers, Verwaltung und Verwaltungsrecht im demokratischen und sozialen Rechtsstaat, S. 149 ff.; H. Bauer, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, in: VVDStRL 54 (1995), S. 243 ff., 251 f.; K. Larenz / M. Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, S. 6; H. J. Wolff / O. Bachof / R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 1, S. 300 ff. („Öffentliche Verwaltung wird häufig in privatrechtlichen Formen vollzogen, [...] weil die privatrechtlichen der Gestaltung weiteren Spielraum lassen“, S. 300); einen Überblick über die 638
3. Kap.: Der Staat
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Die Fiskusdoktrin widerspricht jedoch der Staatlichkeit des Staates. 642 Der Staat (und damit auch die Städte und Gemeinden als Teil des Staates) 643 hat kein Recht zu privatrechtlichem Verhalten und er darf sich deshalb eine solche Befugnis nicht selbst zusprechen. 644 Denn: Privatrechtsfähigkeit setzt Privatheit des Rechtsträgers voraus 645 und der Privatheit ist der Staat schlicht nicht fähig. Die Privatheit, das Wesen des Privaten, ist durch das Recht zur Autonomie des Willens definiert. 646 Privatheit ist das, was der Bürger nach seiner (freien) Willkür in den Grenzen der allgemeinen Gesetze allein bestimmt; 647 es ist die autonome, selbstbestimmte und selbstverantwortete Verwirklichung der Persönlichkeit, die Verwirklichung des besonderen Glücks. 648 In dieser Privatautonomie liegt das Wesen des Privatrechts. Das Privatrecht ist derjenige Teil der Rechtsordnung, der die Beziehungen der einzelnen Menschen als Bürger zueinander auf der Grundlage ihrer Selbstbestimmung regelt. Es ist die Rechtsordnung der Privaten, der grundsätzlich gleichberechtigten Freiheit und Freiheiten. 649
Handlungs- und Organisationsformen gibt B. Kempen, Die Formenwahlfreiheit der Verwaltung. Die öffentliche Verwaltung zwischen öffentlichem und privatem Recht, 1989, S. 104 ff., 92 ff.; siehe auch die Nachweise in Anm. 639 in diesem Teil. 641 H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 323; K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 253; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 217. 642 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 253 ff., 256; ders., Freiheit in der Republik, S. 250. 643 Siehe oben: 5. Teil, 3. Kap. IV. d). 644 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 270; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 233. 645 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 267; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 193, 194; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 240. 646 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 10 ff., 261 ff.; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 193, 199; H. Lehmann / H. Hübner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches, 15. Aufl. 1966, S. 140 f.; siehe auch: D. Ehlers, Verwaltung und Verwaltungsrecht im demokratischen und sozialen Rechtsstaat, S. 119; zur Privatautonomie, siehe: W. Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, S. 1 ff.; K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, S. 506 ff. 647 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 370, 374; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 40 f., 68 ff. 648 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 267; siehe dazu oben: 5. Teil, 3. Kap. II. a). 649 K. Larenz / M. Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, S. 1 ff.; K. Zeidler, Schranken nichthoheitlicher Verwaltung, in: VVDStRL 19 (1961), S. 208 –241, 229 („im Zivilrecht herrschende Privatautonomie mit den Säulen der Vertrags-, Eigentums- und Vererbungsfreiheit“); siehe insbesondere: BVerfGE 61, 149 (176): „das ‚bürgerliche Recht‘ als dem ‚Recht der Privaten‘“; in den „Motiven zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Bd. I: Allgemeiner Theil, 1888“, S. 1, heißt es: „Das bürgerliche Recht läßt sich im Allgemeinen als der Inbegriff derjenigen Normen bezeichnen, welche die den Personen als Privatpersonen zukommende rechtliche
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5. Teil: Öffentliche Sachen
b) Diese Sphäre der Privatheit steht dem Staat und damit auch den Kommunen aber gerade nicht offen. 650 Staatliches Handeln vollzieht sich eben nicht in der Ausübung derartiger, menschlicher Freiheit, sondern in der Wahrnehmung gesetzlich übertragener Kompetenzen. 651 Das aufgabenmäßige Wirkungsfeld des Staates wird durch Rechtsakte begründet und zugleich begrenzt. Die Entfaltung darüber hinausgehender Aktivitäten ist Handeln ultra-vires 652 und verletzt das demokratische Prinzip wie das Rechtsstaatsprinzip, 653 die die legitimatorische Rückbindung allen staatlichen Handelns an den Willen des Volkes gebieten. 654 Staatsgewalt muß sich ohne Ausnahme („alle“) vom Volk her legitimieren, so schreibt es Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG vor. Wenn aber Handlungsbefugnisse nur im Rahmen der vom Volkswillen getragenen Ermächtigungen bestehen, wenn der Staat ohne rechtliche Funktionszuweisung weder Befugnisse noch Aufgaben hat, ja wenn er nur aufgrund der Gesetze der Menschen im Gemeinwesen existiert, kann eine Autonomie für ihn nicht in Betracht kommen; 655 d. h. ihm steht weder das Recht zu, willkürlich oder beliebig zu handeln, noch ist er rechtens Privatrechtssubjekt. Er hat keine private Existenz, sondern ausschließlich eine demokratische. 656
Stellung und die Verhältnisse, in welchen die Personen als Privatpersonen unter einander stehen, zu regeln bestimmt sind“; K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 193 ff.; grundlegend: ders., Freiheit in der Republik, S. 449 ff. 650 K. Zeidler, Schranken nichthoheitlicher Verwaltung, S. 229; K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 253 ff., 261 ff. 651 J. Burmeister, Die Notwendigkeit einer neuen „Theorie des Staatseigentums“, S. 74; ders., Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, S. 210, 213; K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 264 ff.; D. Ehlers, Verwaltung und Verwaltungsrecht im demokratischen und sozialen Rechtsstaat, S. 119; siehe insbesondere BVerfGE 61, 82 (101): „Denn die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch juristische Personen des öffentlichen Rechts vollzieht sich grundsätzlich nicht in Wahrnehmung unabgeleiteter, ursprünglicher Freiheit, das eigene Leben, die Existenz, nach eigenen Entwürfen zu gestalten und über sich selbst zu bestimmen, sondern aufgrund von Kompetenzen, die vom positiven Recht zugeordnet und inhaltlich bemessen und begrenzt sind“. 652 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 264 f.; J. Burmeister, Die Notwendigkeit einer neuen „Theorie des Staatseigentums“, S. 76; ders., Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, S. 222; R. Marcic, Rechtsphilosophie, S. 258; siehe auch: 5. Teil, 3. Kap. IV. a). 653 Siehe dazu: 5. Teil, 3. Kap. IV. b). 654 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 264 f., 270 f.; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 88, 206; J. Burmeister, Die Notwendigkeit einer neuen „Theorie des Staatseigentums“, S. 76. 655 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 262 f., 266 f.; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 230 f.; J. Burmeister, Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, S. 219: „nur innerhalb des ihnen zugewiesenen Wirkungskreises rechtlich vorhanden“.
3. Kap.: Der Staat
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Der freiheitlich-demokratische Staat, die Republik, die Organisation des Volkes zur Verwirklichung der allgemeinen Freiheit, hat sich am Gemeinwohl auszurichten, das durch die gesamte Rechtsgemeinschaft bestimmt ist – nicht durch den Staat als juristische Person. Die Verfolgung selbstzweckhafter Interessen des Staates und seiner Organe ist ausgeschlossen. 657 Der Staat hat keine Privatangelegenheiten; er hat keine „Persönlichkeit“, die er im Sinne des Art. 2 Abs. 1 GG frei zur Entfaltung bringen könnte. 658 Befugnisse und Zuständigkeiten werden staatlichen Handlungssubjekten darum auch nicht um ihrer selbst willen eingeräumt, sondern sie sind Instrumente zur Hervorbringung des Staatswillens. 659 Kennzeichen staatlichen Handelns ist demnach die durchgängige Fremdbestimmung im Rahmen der kompetentiellen Handlungsaufträge, die sich durch das Pflichtmoment vom subjektiven Recht wesentlich unterscheiden. 660 Der Staat verfügt daher auch nur in Bezug auf die ihm übertragenen Kompetenzen über Rechtsfähigkeit. 661 c) Privatheit ist durch das Recht zur freien Willkür gekennzeichnet, Staatlichkeit durch das Willkürverbot. 662 Privatheit erlaubt das Besondere, Staatlichkeit bedeutet immer Allgemeinheit und damit entweder allgemeine Gesetzgebung, Gesetzesvollzug oder Rechtsprechung. 663 Der Staat in seinen drei Erscheinungsformen ist, wie Art. 1 Abs. 3 und Art. 20 Abs. 2 und Abs. 3 GG dokumentieren, 656
K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 277; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 195, 206 f., 231 ff.; H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 326: „Im Grunde handelt es sich bei alledem um die Wirkung einer organizistischnaturalistischen Mißdeutung des Seins des Staates: Wird er nicht als geistig-repräsentatives Gebilde, sondern als eine Art von Lebewesen vorgestellt, dann muß er naturgemäß auch über einen zu allem fähigen und allenfalls von außen her zu beschränkenden Willen verfügen“; siehe auch: J. Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 214. 657 J. Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 208 f.; H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 327 f.; K. Zeidler, Schranken nichthoheitlicher Verwaltung, S. 229; K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 237 f. 658 W. Mallmann, Schranken nichthoheitlicher Verwaltung, S. 197; K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 277. 659 J. Burmeister, Die Notwendigkeit einer neuen „Theorie des Staatseigentums“, S. 74; ders., Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, S. 219; K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 265 ff.; E.-W. Böckenförde, Organ, Organisation, Juristische Person. Kritische Überlegungen zu Grundbegriffen und Konstruktionsbasis des staatlichen Organisationsrechts, in: C.-F. Menger (Hrsg.), Fortschritte des Verwaltungsrechts. Festschrift für Hans J. Wolff zum 75. Geburtstag, 1973, S. 269 – 305, 294 ff. 660 J. Burmeister, Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, S. 219. 661 J. Burmeister, Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, S. 219; K. A. Schachtschneider, Die existentielle Staatlichkeit der Völker Europas, S. 80 f. 662 K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, S. 250. 663 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 269; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 240.
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5. Teil: Öffentliche Sachen
einzig legitimes Zurechnungssubjekt aller staatlichen Handlungen und Äußerungen. 664 Nur im Rahmen dieser dreigeteilten Funktionen und nur soweit eine Legitimation durch das Volk besteht, ist die (mittelbare) Ausübung von Staatsgewalt möglich. Daneben oder außerhalb dessen gibt es nichts, was den staatlichen Organen gestattet oder zurechenbar wäre. Ein Fiskus als Bezugs- oder Zurechnungsendpunkt, eine Erscheinung von Staatlichkeit als Privatrechtssubjekt, ist nach geltendem Verfassungsrecht ausgeschlossen. 665 d) Dementsprechend darf der Staat nicht zwischen öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Vorgehen wählen. 666 Denn mit der Wahl und dem Gebrauch der privatrechtlichen Rechtsformen ist ein Austausch der Rechtsmaßstäbe verbunden: Der Verwaltungsträger löst sich aus den staatsbegründenden und staatsbegrenzenden Legitimations- und Legalitätszusammenhängen und wird in das Geltungsregime der Privatrechtsordnung einbezogen, woraus rechtliche Befugnisse resultieren, die von den Kompetenz- und Aufgabenzuweisungsnormen nicht getragen werden; 667 die Zuerkennung von Privatrechtssubjektivität vermittelt Privatheit, weil die Vorschriften, die für private Rechtsträger gelten, wesentlich die 664 J. Burmeister, Die Notwendigkeit einer neuen „Theorie des Staatseigentums“, S. 75; ders., Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, S. 217; B. Kempen, Die Formenwahlfreiheit der Verwaltung, S. 37 f., 84 f., 90; K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 216; J. Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 212 f.; siehe auch: P. Badura, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben und die Unternehmenszwecke bei der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand, in: I. v. Münch (Hrsg.), Staatsrecht – Völkerrecht – Europarecht. Festschrift für HansJürgen Schlochauer, 1981, S. 3 – 23, 5 f. 665 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 173 f., 262 ff., 267 f.; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 216, 224 f.; J. Burmeister, Die Notwendigkeit einer neuen „Theorie des Staatseigentums“, S. 75 f.; ders., Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, S. 218; B. Kempen, Die Formenwahlfreiheit der Verwaltung, S. 37 f.; siehe dazu auch: P.-H. Naendrup, Privatrechtliche Haftungsbeschränkung und staatliche Verantwortung, S. 103, 106, 219; K. Zeidler, Schranken nichthoheitlicher Verwaltung, S. 223 ff., 229; J. Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 208 ff. 666 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 181 ff., 270; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 209 ff.; H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 328; C. Pestalozza, „Formenmißbrauch“ des Staates. Zu Figur und Folgen des „Rechtsmißbrauchs“ und ihrer Anwendung auf staatliches Verhalten, 1973, S. 166 ff., 170 ff.; ders., Kollisionsrechtliche Aspekte der Unterscheidung von öffentlichem Recht und Privatrecht. Öffentliches Recht als zwingendes Sonderrecht für den Staat, in: DÖV 6/1974, S. 188 – 193; B. Kempen, Die Formenwahlfreiheit der Verwaltung, S. 122 f.; siehe auch: D. Ehlers, Verwaltung und Verwaltungsrecht im demokratischen und sozialen Rechtsstaat, S. 150, sowie W. Weber, Stichwort: Fiskus, S. 744: „Die eigentlichen Schwierigkeiten liegen darin, daß nicht immer eindeutig zu erkennen ist, ob Staat, Gemeinden usw. sich in concreto im Bereich hoheitlicher oder fiskalisch-privatrechtlicher Betätigung bewegen“. 667 J. Burmeister, Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, S. 210 ff.; K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 270; E. SchmidtAßmann, Die Lehre von den Rechtsformen des Verwaltungshandelns. Ihre Bedeutung im
3. Kap.: Der Staat
289
freie Willkür regeln und deshalb das Recht zur freien Willkür voraussetzen. 668 Der Staat bekommt ungerechtfertigte Autonomie und überschreitet die Vertretungsmacht, die ihm das Volk gegeben hat, wenn er sich der Handlungs- und Organisationsformen des Privatrechts bedienen darf. 669 Daher verbietet sich ein solches Wahlrecht der Rechtsordnung. Es ist eine willkürliche Entscheidung, die dem Staat nicht zusteht. 670 Privatrecht bietet sich auch nicht als Auffangrecht an. 671 Die im Begriff des Privaten liegende Selbstbezogenheit und Beliebigkeit ist dem Staat ausnahmslos verwehrt. 672 Das folgt notwendig aus der die Staatlichkeit definierenden freiheitlich-demokratischen Grundordnung. 673 e) Wenn dem Staat nicht zugestanden werden kann, zu wählen, ob er Aufgaben staatlich oder mit den Mitteln und Formen des Privatrechts bewältigt, kommt allein ein institutioneller Begriff von Staatlichkeit und Staatsaufgaben in Betracht. 674 Alles Handeln staatlicher Organe, den Einrichtungen des Volkes zur Verwirklichung ihrer allgemeinen Angelegenheiten, ist notwendigerweise staatlich. 675 Eine Differenzierung in „hoheitliches“ und „fiskalisches“ Handeln System des Verwaltungsrechts und für das verwaltungsrechtliche Denken der Gegenwart, in: DVBl. 11/1989, S. 533 – 541, 535, Anm. 14. 668 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 240; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 196 f., 216, 224; so z. B. das Wettbewerbsrecht (K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 281 ff.; i. d. S. auch: W. Löwer, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber, S. 419). 669 J. Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 206 („daß die privatrechtliche Verkleidung nicht private Autonomie schafft“), S. 209 f.; K. Zeidler, Schranken nichthoheitlicher Verwaltung, S. 229; H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 327; K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 220; J. Burmeister, Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, S. 212. 670 Die Kollisionsnorm ist, wie Karl Albrecht Schachtschneider (Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 212) im Rückgriff auf Christian Pestalozzas („Formenmißbrauch“ des Staates, S. 170 ff.) „Ausgangspunkt“ feststellt, die Entscheidung des Grundgesetzes für die freiheitliche, demokratische Republik. 671 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 185; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 213; a. A. C. Pestalozza, Kollisionsrechtliche Aspekte der Unterscheidung von öffentlichem Recht und Privatrecht, S. 190 („Privatrechtliche Normen gelten demgemäß für den Staat allenfalls dann, wenn Amtsrecht fehlt oder wenn es ausdrücklich oder implizit die Anwendung privatrechtlicher Sätze zuläßt“); H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 328 f. 672 J. Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 209. 673 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 270 f.; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 208. 674 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 181; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 209 f.; siehe dazu auch: 5. Teil, 3. Kap. III. a). 675 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 176 f., 253 ff.; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 42.
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5. Teil: Öffentliche Sachen
anhand der Natur der Aufgaben oder der wahrzunehmenden Funktionen ist staatswidrig. 676 Die institutionelle Begriffsbestimmung ist zwingende Konsequenz der Formalität des Staatlichen, des Grundsatzes also, daß Inhalt und Umfang von Staatsaufgaben im demokratischen Rechtsstaat nicht vorbestimmt, sondern Gegenstand und Ergebnis politischer Willensbildung sind. 677 Aus diesem Grund sind alle Aufgaben, die dem Staat durch Gesetz oder Satzung übertragen sind, die das Volk also staatlich bewältigen will, staatlich. 678
4. Kapitel
Notwendigkeit der Neubestimmung des Rechtsstatus der öffentlichen Sachen In Anbetracht dessen, was hier über den Staat als Vereinigung einer Menge von Menschen unter Rechtsgesetzen im allgemeinen sowie über die Zwecke und das Handeln des Staates i. e. S. im besonderen dargelegt worden ist, muß die in der heutigen Verfassungs- und Verwaltungsrechtslehre kaum angezweifelte dualistische Konstruktion des Rechtsstatus öffentlicher Sachen, nach der die inhaberschaftliche Stellung des Staates an einer Sache als ein mit öffentlich-rechtlicher Zweckbindung überlagertes Privateigentum erfaßt wird, in Frage gestellt werden. Demokratierechtlich und rechtsstaatlich erscheint eine Überwindung dieser dualen Konstruktion und damit einhergehend eine Neubestimmung der rechtlichen Qualifikation des Eigentums der öffentlichen Hand unausweichlich.
I. Fiskuslehre als Ursache der Zuerkennung von „staatlichem Privateigentum“ Zunächst ist jedoch auf die Fiskuslehre zurückzukommen. In deren Entwicklung muß wohl, wie insbesondere Fritz Fleiner 679 und Joachim Burmeister 680 ausführlich darlegen, die entscheidende Weichenstellung zugunsten der privatrecht676
K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 208 f.; ders., Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 177. 677 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 41, 216, 226; ders., Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 253 ff.; L. Osterloh, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, S. 208; siehe dazu: 5. Teil, 3. Kap. II. 678 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 56, 208 f. 679 Über die Umbildung zivilrechtlicher Institute durch das öffentliche Recht. Akademische Antrittsrede, 1906, S. 3 ff. 680 Die Notwendigkeit einer neuen „Theorie des Staatseigentums“, S. 62 ff.
4. Kap.: Neubestimmung des Rechtsstatus der öffentlichen Sachen
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lichen Betrachtung staatlicher Eigentumsverhältnisse gesehen werden. 681 Mit der Herausbildung einer staatlichen Doppelpersönlichkeit sollte der mit der Entstehung des Polizeistaates einhergehende Wegfall richterlicher Kontrolle über die Tätigkeit des souveränen Landesfürsten und seiner Verwaltungsbehörden teilweise kompensiert werden: Trat neben den Landesherrn eine von diesem verschiedene, eigene Rechtspersönlichkeit als Träger des staatlichen Vermögens und geldwerter Rechte und war dieses selbständige Rechtssubjekt wie ein Privater dem Zivilrecht und den Zivilgerichten unterworfen, so eröffnete sich damit zumindest die Möglichkeit gerichtlicher Überprüfung staatlicher Tätigkeit im vermögensrechtlichen Bereich. 682 Mit der Entwicklung des Fiskusbegriffes wurde der Staat in gewissem Maße domestiziert und den Bindungen und der Berechenbarkeit des bürgerlichen Rechtsverkehrs unterstellt. Als Zurechnungssubjekt staatlichen Eigentums war der Fiskus vor Gericht Gleicher unter Gleichen. Insoweit konnte dem Bürger, der in einem Staat der Willkür, Gewalt und Unterdrückung gänzlich schutzlos zu werden drohte, ein – wenn auch dürftiger – Rechtsschutz gegenüber Übergriffen der Verwaltung gewährt werden. In dieser Wirkung lag die für die damalige Zeit überragende Bedeutung der Fiskustheorie. 683 Später, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, trat mit dem Bekenntnis zur Einheit der Rechtsperson Staat und der Preisgabe der Vorstellung einer vom Staat verschiedenen, selbständigen Rechtspersönlichkeit eine Wandlung des Fiskusbegriffs ein: Der Fiskus wurde in der Folge als „alter ego“, d. h. als vermögensrechtliche Seite des Staates aufgefaßt, wobei dem Staat die Möglichkeit eingeräumt wurde, entweder als Hoheitsträger in den Formen des öffentlichen Rechts oder als Fiskus in den Formen des Privatrechts zu handeln; mit dem Ergebnis, daß der Staat im letzteren Fall weiterhin den Bindungen des Privatrechts und damit zivilgerichtlicher Kontrolle unterlag. Der Dualismus von Staat und Fiskus wurde also nicht überwunden, er wurde nur anders konstruiert. 684 Damit blieb die Möglichkeit der privatrechtlichen Deutung einzelner Rechtsinstitute grundsätzlich erhalten, wenngleich diese in der Folgezeit zunehmend von 681 Siehe dazu auch: J. Hatschek, Lehrbuch des deutschen und preußischen Verwaltungsrechts, S. 1 ff., insb. S. 3, 43 ff.; O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 1, S. 49 ff.; K. Zeidler, Schranken nichthoheitlicher Verwaltung, S. 221 f.; D. Ehlers, Verwaltung und Verwaltungsrecht im demokratischen und sozialen Rechtsstaat, S. 149 f.; kritisch dazu: M. Bullinger, Vertrag und Verwaltungsakt. Zu den Handlungsformen und Handlungsprinzipien der öffentlichen Verwaltung nach deutschem und englischem Recht, 1962, S. 200 ff.; B. Kempen, Die Formenwahlfreiheit der Verwaltung, S. 77 ff. 682 J. Burmeister, Die Notwendigkeit einer neuen „Theorie des Staatseigentums“, S. 62 f. 683 F. Fleiner, Über die Umbildung zivilrechtlicher Institute, S. 4; J. Burmeister, Die Notwendigkeit einer neuen „Theorie des Staatseigentums“, S. 63. 684 F. Fleiner, Über die Umbildung zivilrechtlicher Institute, S. 6 ff.; J. Burmeister, Die Notwendigkeit einer neuen „Theorie des Staatseigentums“, S. 65.
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5. Teil: Öffentliche Sachen
Elementen des öffentlichen Rechts durchsetzt wurden, was zur Ausbildung von gemischten Rechtsverhältnissen führte. 685 Mit der Entscheidung im Streit um die Baseler Festungswerke (1859 –1862) hat sich für das Eigentum der öffentlichen Hand endgültig die dualistische Konstruktion durchgesetzt. 686 Obwohl das Fortwirken dualistischer Staatsvorstellungen unter den Bedingungen des grundgesetzlichen Verfassungsstaates seine Berechtigung verloren hat, 687 haben Praxis und herrschende Lehre das Institut des Fiskus – und damit die Möglichkeit des Staates, als Privatrechtssubjekt am Privatrechtsverkehr teilzunehmen – nicht nur beibehalten, sondern ihm eine Ausdehnung ohnegleichen zuteil werden lassen. 688 Selbst Kritikern gelingt es nicht, dem Staat einen Rückgriff auf privatrechtliche Normen gänzlich zu verwehren. 689 Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der vorherrschenden Lehre vom modifizierten Privateigentum haben ebenfalls nur wenige geführt; 690 die privatrechtliche Qualifikation des Eigentums der öffentlichen Hand wurde im heutigen Verfassungsstaat einfach fortgeführt. Ihren Höhepunkt fand diese Lehre in der Forderung nach Zuerkennung grundrechtlichen Eigentumsschutzes. 691 Dieser Problematik soll hier nicht näher nachgegangen werden. 692 Im Hinblick auf die nachzuweisende Inkongruenz staatlichen und privaten Eigentums erscheint ein Blick auf die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts in der SasbachEntscheidung dennoch angebracht.
685 F. Fleiner, Über die Umbildung zivilrechtlicher Institute, S. 10 ff.; J. Burmeister, Die Notwendigkeit einer neuen „Theorie des Staatseigentums“, S. 65. 686 Siehe dazu: 5. Teil, 1. Kap. III. a). 687 Nicht, weil man des Fiskus angesichts eines ausgedehnten Rechtsschutzssystems und umfassender gerichtlicher Kontrolle nicht mehr bedarf, sondern weil er verfassungsrechtlich ausgeschlossen ist; siehe dazu: 5. Teil, 3. Kap. V. 688 Siehe die Beispiele bei D. Ehlers, Verwaltung und Verwaltungsrecht im demokratischen und sozialen Rechtsstaat, S. 150 ff. 689 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 192 f. m. N.; J. Burmeister, Die Notwendigkeit einer neuen „Theorie des Staatseigentums“, S. 70 f. 690 Dazu: 5. Teil, 4. Kap. III. 691 Vgl. insbesondere: K. A. Bettermann, Juristische Personen des öffentlichen Rechts als Grundrechtsträger, in: NJW 31/1969, S. 1321 – 1328; ders., Gewerbefreiheit der öffentlichen Hand. Beiträge zu Art. 12 I, 15, 19 III GG, in: Berliner Festschrift für Ernst E. Hirsch dargebracht von Mitgliedern der Juristischen Fakultät zum 65. Geburtstag, 1968, S. 1 ff.; H. Bethge, Grundrechtsträgerschaft juristischer Personen. Zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, in: AöR 104 (1979), S. 265 ff.; H. Scholler / S. Broß, Grundrechtsschutz für juristische Personen des öffentlichen Rechts, in: DÖV 7/1978, S. 238 – 244, 241 ff. 692 Siehe stattdessen: J. Burmeister, Die Notwendigkeit einer neuen „Theorie des Staatseigentums“, S. 66 ff.
4. Kap.: Neubestimmung des Rechtsstatus der öffentlichen Sachen
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II. Der Rechtsstatus öffentlicher Sachen in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts a) In der Sasbach-Entscheidung (BVerfGE 61, 82 ff.) 693 hat das Gericht seine bereits frühzeitig eingenommene Position der Unanwendbarkeit von Art. 14 GG im Bereich der Erfüllung öffentlicher Aufgaben 694 auch auf die „nicht-hoheitliche Tätigkeit“ staatlicher Organe ausgedehnt. 695 Die Berufung auf Art. 14 GG lehnte das Gericht u. a. mit folgender Begründung ab: „Denn in der Hand einer Gemeinde dient das Eigentum nicht der Funktion, derentwegen es durch das Grundrecht geschützt ist, nämlich dem Eigentümer ‚als Grundlage privater Initiative und in eigenverantwortlichem privaten Interesse von Nutzen‘ zu sein. Art. 14 als Grundrecht schützt nicht das Privateigentum, sondern das Eigentum Privater“. 696
Wenngleich sich das Gericht mit der rechtlichen Qualifizierung der inhaberschaftlichen Stellung des Staates an einer Sache nur ansatzweise auseinandersetzt, lenken die Ausführungen in der Urteilsbegründung dennoch den Blick auf die qualitative Wesensverschiedenheit staatlichen und privaten Eigentums. 697 Konkreteres läßt sich zwei früheren Entscheidungen entnehmen, in denen sich das Gericht explizit mit dem Eigentum der öffentlichen Hand befassen mußte. b) Im Hamburger Deichurteil vom 18. Dezember 1968 698 war eine Aussage zum institutionellen und rechtsbegrifflichen Unterschied zwischen privatem 693 In dieser Verfassungsbeschwerde machte die Gemeinde Sasbach (am Kaiserstuhl) geltend, sie werde durch die atomrechtliche Genehmigung für die Errichtung eines Kernkraftwerkes in der benachbarten Gemeinde Wyhl in der Bewirtschaftung ihrer Wein- und Obstgärten beeinträchtigt und sei deshalb in ihrem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG verletzt. Zur Begründung brachte sie vor, soweit eine Gemeinde Grundeigentümerin sei und ihr Eigentum nicht unmittelbar zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben, sondern wie eine Privatperson nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen nutze, müsse ihr der Schutz des Art. 14 GG zustehen [BVerfGE 61, 82 (94)]. 694 BVerfGE 21, 362 (367 ff.); 45, 63 (78 ff.). 695 K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, S. 550: „Im Staat aber ist staatliches Eigentum ein Widerspruch in sich [...] und genießt zu Recht keinen Grundrechtsschutz“; H.-J. Papier, Kommentierung des Art. 14 GG, Rdn. 206 ff.; siehe auch: BVerfGE 24, 367 (400): „Die Eigentumsgarantie ist nicht zunächst Sach-, sondern Rechtsträgergarantie“. 696 BVerfGE 61, 82 (108 f.). 697 J. Burmeister, Die Notwendigkeit einer neuen „Theorie des Staatseigentums“, S. 77. 698 BVerfGE 24, 367 ff.; diesem liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Das Gesetz zur Ordnung deichrechtlicher Verhältnisse der Freien und Hansestadt Hamburg vom 29. April 1964 (Deichordnungsgesetz (DOG), HbgGVBl. I, S. 79 ff.) hat das für Hamburg geltende Deichrecht auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt. Teil I des Gesetzes verfügte Änderungen und Ergänzungen deichrechtlicher Vorschriften des Hamburgischen Wassergesetzes (HbgWaG). Wichtigste Regelung darunter ist der durch § 1
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5. Teil: Öffentliche Sachen
Sachvermögen und öffentlichen Sachen durch die Fragestellung veranlaßt, ob die Institutsgarantie des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG 699 öffentliches Eigentum oder eine sonstige Form der ausschließlich öffentlich-rechtlichen Sachwalterschaft zulasse, durch die bestimmte, einem öffentlichen Zweck gewidmete Sachen der Privatrechtsordnung entzogen würden. 700 Ausgehend von einigen grundsätzlichen Überlegungen zu Umfang und Funktion der Institutsgarantie 701 sieht das Gericht die Privatrechtsordnung nur für solche Sachbereiche garantiert, „die zum elementaren Bereich grundrechtlich geschützter Betätigung im vermögensrechtlichen Bereich gehören“, und damit den durch das Grundrecht geschützten Freiheitsbereich ausmachen. 702 Gleichzeitig schreibt es dem Eigentum bürgerlichen Rechts die Wesensmerkmale der Nr. 3 in das Hamburgische Wassergesetz eingefügte § 4a, der „Öffentliches Eigentum an Hochwasserschutzanlagen“ einführt. Sein Absatz 1 lautet: „Hochwasserschutzanlagen, die auf Grund einer in das Wasserbuch eingetragenen Planfeststellung oder Genehmigung (§ 55) errichtet worden sind und der Freien und Hansestadt Hamburg gehören, stehen in öffentlichem Eigentum der Freien und Hansestadt Hamburg. Das öffentliche Eigentum begründet eine hoheitliche Sachherrschaft, die von den Deichverbänden im Rahmen ihrer durch Gesetz und Satzung geregelten Aufgaben, im übrigen von der Wasserbehörde ausgeübt wird. Die in öffentlichem Eigentum stehenden Gegenstände sind dem Rechtsverkehr entzogen. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, insbesondere über den Besitz und das Eigentum, finden keine Anwendung“. Teil II des Deichordnungsgesetzes ordnete die Rechtsverhältnisse an bestehenden Deichen. Im Mittelpunkt dieser Vorschriften steht § 2 DOG, der die Eigentumsverhältnisse der bisherigen Deichgrundstücke dem durch § 4a HbgWaG geschaffenen Recht angleicht. § 2 Abs. 1 S. 1 DOG lautet: „Mit Inkrafttreten dieses Gesetzes entsteht öffentliches Eigentum im Sinne von § 4a des Hamburgischen Wassergesetzes a) an allen Flurstücken und Flurstücksteilen, die im Liegenschaftskataster als ‚Deichgrund‘ nachgewiesen sind, soweit nicht in Absatz 2 etwas anderes bestimmt ist, b) an allen in der Anlage 1 aufgeführten Flurstücken“. Durch die Neuordnung des Deichordnungsgesetzes sahen sich Grundstückseigentümer in verschiedener Weise in ihrem Grundrecht aus Art. 14 verletzt und hielten der (landes-) gesetzlichen Einführung öffentlichen Eigentums eine Reihe genereller verfassungsrechtlicher Einwände entgegen (siehe dazu: R. Bartlsperger, Hoheitliche Sachherrschaft in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und bei der Telegraphenpflichtigkeit von Verkehrswegen, in: W. Zeidler / T. Maunz / G. Roellecke (Hrsg.), Festschrift Hans Joachim Faller, 1984, S. 81 – 109, 84 f.). 699 Siehe dazu: 5. Teil, 2. Kap. I.2. b). 700 In ihrer Beschwerde brachten die Grundstückseigentümer u. a. vor, die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG verbiete die Einführung öffentlichen Eigentums. Diese Grundrechtsnorm gewährleiste das Institut des privatrechtlichen Eigentums und schließe damit Eigentumsformen rein öffentlicher Art aus. Die Einführung des öffentlichen Eigentums sei ohne formelle Grundgesetzänderung unzulässig. Darüber hinaus, so argumentierten sie weiter, werde mit der begrifflichen Verschmelzung von hoheitlicher Sachherrschaft und Eigentum zu einem öffentlichen Eigentum ein Fremdkörper innerhalb der Rechtsordnung geschaffen [BVerfGE 24, 367 (375 f.)]. 701 Siehe dazu: 5. Teil, 2. Kap. I.2. b).
4. Kap.: Neubestimmung des Rechtsstatus der öffentlichen Sachen
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Privatnützigkeit und grundsätzlichen Verfügungsbefugnis zu, 703 also die Merkmale, die es in späteren Entscheidungen als Kernelemente der Rechtseinrichtung Eigentum immer wieder bestätigt hat. 704 In Abgrenzung dazu stellt es schließlich fest: „Werden [hingegen auf Fremdnützigkeit ausgerichtete Sachen,] wenn sie sich in der Hand des Staates befinden, grundsätzlich aus der Privatrechtsordnung herausgenommen und einer ausschließlich öffentlich-rechtlichen Sachherrschaft unterstellt, die man als ‚öffentliches Eigentum‘ bezeichnet, so liegt darin jedenfalls dann keine Schmälerung des durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteten Rechtsinstituts, wenn diese Sachen einem besonderen öffentlichen Zweck gewidmet sind und im Hinblick auf diese Zweckbindung die private Verfügungsfähigkeit ganz oder weitgehend ausgeschlossen ist“. 705
c) Noch deutlicher wurde das Gericht in der Entscheidung vom 10. März 1976, 706 in der die Verfassungsmäßigkeit der Einführung öffentlichen Eigentums im hamburgischen Wegerecht zur Prüfung stand. 707 Im Anschluß an das 702 Den Bereich des Hochwasserschutzes rechnet das Gericht nicht dazu, BVerfGE 24, 367 (389). 703 BVerfGE 24, 367 (390). 704 Siehe Anm. 377 in diesem Teil. 705 BVerfGE 24, 367 (390). 706 BVerfGE 42, 20 ff.; Chausseebaumbeschädigung. 707 Diesem liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Autofahrer beschädigte mit seinem PKW einen Straßenbaum an der Alsterkrugchaussee in Hamburg, einer Ortsdurchfahrt der Bundesstraße 443. Die Stadt Hamburg setzte aufgrund des Hamburgischen Wegegesetzes (vom 04. 04. 1961, GVBl. I, S. 117; HbgWegeG 1961) die ihr für die Entfernung des beschädigten Straßenbaumes und Neuanpflanzung eines gleichartigen Baumes entstandenen Aufwendungen in Höhe von 760,48 DM gegen den Kraftfahrer durch Bescheid fest. Der in Anwendung der §§ 4, 23 Abs. 1, 55 Abs. 1 und 57 HbgWegeG 1961 ergangene Bescheid wurde von den Behörden mit der Begründung gerechtfertigt, daß der fahrlässig beschädigte Straßenbaum im öffentlichen Eigentum der Stadt Hamburg gestanden habe. Der insoweit maßgebliche § 4 Abs. 1 HbgWegeG 1961 hat folgenden Wortlaut: „Grundflächen, die als öffentliche Wege gewidmet sind und der Freien und Hansestadt Hamburg gehören, stehen einschließlich der in § 2 Absatz 2 genannten Gegenstände in öffentlichem Eigentum der Freien und Hansestadt Hamburg. Das öffentliche Eigentum begründet eine hoheitliche Sachherrschaft. Die in öffentlichem Eigentum stehenden Gegenstände sind dem Rechtsverkehr entzogen. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, insbesondere über den Besitz und das Eigentum, finden keine Anwendung“. Nachdem die gegen den Bescheid gerichteten Klagen vor dem Verwaltungsgericht Hamburg und dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwGE 27, 131 ff.) ohne Erfolg blieben, legte der Kraftfahrer Verfassungsbeschwerde ein. Er beanstandete u. a., der hamburgische Gesetzgeber habe seine Gesetzgebungsbefugnis überschritten und sei nicht befugt gewesen, für die hamburgischen Straßen eine vom bürgerlichen Recht abweichende Eigentums- und Haftungsregelung zu treffen, welche die Stadt ermächtigten, die ihr entstandenen Kosten im Verwaltungswege einzuziehen; [BVerfGE 42, 20 (21 ff.)].
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5. Teil: Öffentliche Sachen
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts 708 hatte das Verfassungsgericht insbesondere zu klären, ob die Regelung der Eigentums- und Haftungsverhältnisse an den öffentlichen Straßen der Länder dem Sachbereich „bürgerliches Recht“ im Sinne des Art. 74 Nr. 1 GG zugerechnet werden könne. Schwerpunkt der Argumentation war daher die Auslegung dieses Kompetenzbegriffs auf der Grundlage der rechtsgeschichtlichen Entwicklung und Staatspraxis. Dabei stellte das Gericht heraus, daß das bürgerliche Recht in seinen Wirkungen auf den Mitbürger ausgerichtet und daher als die Ordnung der Individualrechtsverhältnisse zu verstehen sei. Privatrecht bedeute das „Recht der Privatperson“ im Sinne der typisch auf das bürgerliche Leben zugeschnittenen Verhältnisse. 709 Von diesen und weiteren Überlegungen zum Begriff und Gegenstand des bürgerlichen Rechts im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG 710 ausgehend, kam es zu dem Ergebnis „daß die Rechtsverhältnisse an den öffentlichen Straßen sich in dieses Konzept nicht einordnen lassen. Die für den allgemeinen Verkehr geschaffene und hierfür gewidmete sowie für seine Zwecke unterhaltene Verkehrsfläche ist in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht durch Besonderheiten geprägt, die mit dem Wesen und der Funktion des bürgerlichen Rechts kaum noch einen Zusammenhang aufweisen. Die öffentliche Straße kann als eine Verwaltungsleistung weder mit dem für das Privatrecht und keineswegs allgemein geltenden Sachbegriff des § 90 BGB noch mit dem Eigentumsbegriff des Bürgerlichen Gesetzbuchs sachgerecht erfaßt werden, sondern fordert ihrer Funktion nach eine vom bürgerlichen Recht abweichende Regelung der ‚Sachherrschaft‘. Ihr Inhalt wird durch das öffentlich-rechtliche, auf die Allgemeinheit ausgerichtete Element bestimmt. Die Beschreibung der Sachherrschaft über die Straße als ‚Eigentum‘ – das im übrigen durch seine Fremdnützigkeit gekennzeichnet ist – läßt nicht den Schluß zu, daß es sich hier um bürgerliches Recht im Sinne der Kompetenzzuteilung handelt“. 711
Im Anschluß an diese Ausführungen des Gerichts stellt sich die Frage, ob der Rechtsstatus öffentlicher Sachen überhaupt noch in einem durch die jeweilige öffentliche Zweckbestimmung modifizierten privatrechtlichen Eigentum gesehen werden kann. Zu ausdrücklichen Schlußfolgerungen in dieser umgekehrten Richtung hatte das Bundesverfassungsgericht jedoch keine Veranlassung, nachdem in dem Verfahren ausschließlich die verfassungsrechtliche Zulässigkeit öffentlichen Eigentums zur Entscheidung stand. 712 Bezeichnend ist allerdings, daß das Gericht an einer anderen Stelle derselben Entscheidung ausführt,
708
BVerwGE 27, 131 ff. BVerfGE 42, 20 (30 f.). 710 Früher: Art. 74 Nr. 1 GG. 711 BVerfGE 42, 20 (32). 712 R. Bartlsperger, Hoheitliche Sachherrschaft in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, S. 87. 709
4. Kap.: Neubestimmung des Rechtsstatus der öffentlichen Sachen
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mit dieser Regelung des öffentlichen Status weiche das Land Hamburg nur unwesentlich vom gemeindeutschen Wegerecht ab, das nach herrschender Auffassung von einem dualistischen Rechtsstatus ausgehe: Das bürgerlich-rechtliche Eigentum am Straßengrund bleibe zwar formell bestehen, werde aber durch Vorschriften des öffentlichen Rechts überlagert und beschränkt. Trotz des theoretischen Unterschieds sei beiden Systemen gemeinsam, daß der Straßengrund in der Wirklichkeit einer allgemeinen Aufgabe diene und einer öffentlich-rechtlichen Ordnung unterstellt werde, um eine sachgerechte Nutzung der Straße durch die Allgemeinheit zu ermöglichen. Die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers für die dualistische Regelung sei aber nie zweifelhaft gewesen. 713
Mehr noch, eine solche Bemerkung ist kaum zu begreifen angesichts des Umstandes, daß das Gericht den Sach- und Eigentumsbegriff des Bürgerlichen Gesetzbuches für die Erfassung öffentlicher Sachen zuvor noch als nicht tragfähig nachgewiesen hat. Offenbar wollte das Bundesverfassungsgericht Schlußfolgerungen dieser „umgekehrten Art“ keinen Raum und es im Ergebnis bei der schon vom Bundesgerichtshof 714 angenommenen Befugnis des Gesetzgebers belassen, zwischen einem durch die öffentliche Zweckbestimmung überlagerten bürgerlich-rechtlichen Eigentum und einer ausschließlich öffentlich-rechtlichen Regelung der Sachwalterschaft zu wählen. 715 Mit der Annahme einer Wahlmöglichkeit zwischen einer dualistischen und einer rein öffentlich-rechtlichen Konstruktion des Rechtsstatus öffentlicher Sachen befindet sich die Rechtsprechung in prinzipieller Übereinstimmung mit der von einem überwiegenden Teil der Lehre und Praxis angenommenen Grundsatz von der Freiheit der Formenwahl bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben. 716 Insofern bleibt zunächst nur festzuhalten, daß die privatrechtliche Eigentumsvorstellung nicht Grundlage des öffentlichen Sachenrechts zu sein braucht und daß damit dem bürgerlich-rechtlichen Eigentum keine Geltung als umfassende Sachzurechnungskategorie zukommt. 717 Bei einer abschließenden Würdigung 713
BVerfGE 42, 20 (34). BGHZ 9, 373 (382): „Die bürgerlichrechtliche umfassende Sachherrschaft ist auch nicht die im Rechtssinn allein mögliche Herrschaft über eine Sache. Es ist denkbar, daß die Rechtsordnung für gewisse Sachen eine ausschließlich öffentlichrechtliche Herrschaft normiert, sei es eine umfassende Vollherrschaft, die man als öffentliches Eigentum bezeichnen mag [...], sei es eine besonders geartete Sachherrschaft begrenzteren Inhalts [...]. Soweit nach der bestehenden Rechtsordnung sowohl die bürgerlichrechtliche Sachherrschaft als auch die öffentlichrechtliche Sachherrschaft an ein und derselben Sache denkbar ist“. 715 R. Bartlsperger, Das Sachenrechtsverhältnis der öffentlichen Straßen, in: ders. / W. Blümel / H.-W. Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 13 – 62, 36; U. Häde, Das Recht der öffentlichen Sachen, S. 116. 716 Dazu: 5. Teil, 3. Kap. V. 717 Siehe auch: R. Bartlsperger, Hoheitliche Sachherrschaft in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, S. 85 ff. 714
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5. Teil: Öffentliche Sachen
darf jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, daß das Gericht mit der Bestimmung der öffentlichen Sache als Verwaltungsleistung einer neuen Lehre die Türe geöffnet hat. 718 An die Argumentation des Gerichts anknüpfend wird im folgenden zu zeigen sein, daß ein bürgerlich-rechtliches Eigentum des Staates an öffentlichen Sachen unter keinen Umständen in Frage kommt.
III. Die öffentliche Sache als sächliche Verwaltungsleistung a) Das Bundesverfassungsgericht hat das öffentliche Eigentum gegen verfassungsrechtliche Einwände u. a. mit den Worten verteidigt, daß die öffentliche Straße in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht durch Besonderheiten geprägt sei, die mit dem Wesen und der Funktion des bürgerlichen Rechts kaum noch einen Zusammenhang aufwiesen und daher mit dem Eigentumsbegriff des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht sachgerecht erfaßt werden könnten. 719 Der Eigentumsbegriff des bürgerlichen Rechts ist – wie oben dargestellt – durch die in der Legaldefinition des § 903 BGB zum Ausdruck gebrachte Befugnis gekennzeichnet, mit der Sache nach Belieben zu verfahren und andere von jeder Einwirkung auszuschließen, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter 718 Im Beschluß vom 10. Mai 1977 (BVerfGE 45, 297 ff.) hat das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidungen zur Zulässigkeit der Einführung öffentlichen Eigentums (BVerfGE 24, 267 ff. und BVerfGE 42, 20 ff.) ausdrücklich bestätigt. Die Einführung einer sogenannten „öffentlichen Last“, die nach dem Hamburgischen Enteignungsgesetz als Rechtsfolge der Planfeststellung über unterirdische Verkehrsanlagen an den davon betroffenen Grundstücken entstehen sollte, hat es darin allerdings beanstandet [nach den Gesetzgebungsmaterialien sollte die öffentliche Last die Funktion von privatrechtlichen Dienstbarkeiten übernehmen und die Stadt Hamburg insbesondere berechtigen, eine Verkehrsanlage unter der Erdoberfläche zu bauen, sie dauernd innezuhaben, zu nutzen und zu unterhalten; BVerfGE 45, 297 (300 ff.)]. Der Unterschied liege darin, daß das Land Hamburg in den beiden ersten Fällen (Hbg. Deiche und Straßen) zunächst Eigentum nach bürgerlichem Recht erlangt habe, das dann einer öffentlich-rechtlichen Sachherrschaft unterstellt werde. Erst das bürgerlich-rechtliche Eigentum in der Hand der Freien und Hansestadt Hamburg werde öffentliches Eigentum. Einen solchen „Durchgang“ durch das Privatrecht gebe es bei der öffentlichen Last nach dem Hamburgischen Enteignungsgesetz nicht. Während im sonstigen Enteignungsrecht der rechtsbegründende Vorgang öffentlich-rechtlicher, das Ergebnis dagegen privatrechtlicher Natur sei, gehörten Entstehung und Inhalt der öffentlichen Last dem öffentlichen Recht an. Damit durchbreche die öffentliche Last eindeutig den numerus clausus der Sachenrechte und bedeute eine Änderung der Privatrechtsordnung. An einer solchen Regelung sei der Landesgesetzgeber durch die Bundeskompetenz für das bürgerliche Recht nach Art. 74 Nr. 1 GG gehindert [BVerfGE 45, 297 (340 f.)]. 719 Siehe oben: 5. Teil, 4. Kap. II.
4. Kap.: Neubestimmung des Rechtsstatus der öffentlichen Sachen
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entgegenstehen. 720 Das so definierte Sacheigentum ist ein Recht zur Privatheit. 721 Es ist das Recht zur freien Willkür, d. h. in den durch die allgemeinen Gesetze abgesteckten Grenzen, im Rahmen dessen, womit sich alle einverstanden erklärt haben (§ 903 BGB: „soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter“), darf sich die Privatheit entfalten. 722 Das Recht zur Privatheit erlaubt den Menschen, ihr eigenes, besonderes Glück zu suchen und die eigenen besonderen Interessen zu verfolgen, frei von jeder Zweckbestimmung und funktionalen Begrenzung. Ohne derart gesetzlich gewährleistete Privatheit, ohne solche subjektiven Rechte, kann sich der Mensch nicht entfalten, gibt es kein freiheitliches Leben. 723 Der Staat hat jedoch keine Persönlichkeit, die er zur Entfaltung bringen könnte. Er ist die Einrichtung des Volkes zur Verwirklichung des gemeinen Wohls, der seine Existenz und Befugnisse aus der Verfassung und den bürgerlichen Gesetzen erhält und der immer nur als Kompetenzträger in Erfüllung der übertragenen, öffentlichen Aufgaben handeln kann und darf. Jede darüber hinausgehende Aktivität ist Handeln ultra-vires und mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der legitimatorischen Rückbindung allen staatlichen Wirkens an den Willen des Volkes unvereinbar. 724 Wenn der Staat einen solchen Handlungs- und Gestaltungsraum – wie er Privaten um ihrer Freiheit und Würde willen zukommen muß – nicht hat, kann er konsequenterweise auch mit den seiner Verfügung unterliegenden Gegenständen nicht nach Belieben verfahren, sondern ist dabei auf Maßnahmen beschränkt, die der Erfüllung seiner gesetzlichen Handlungsaufträge dienen. 725 Sachgüter in der Hand des Staates sind eben nicht Mittel zur Selbstverwirklichung. Ihre Funktion besteht allein darin, die tatsächlichen Voraussetzungen für die Sicherstellung staatlicher Handlungsfähigkeit und damit für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu schaffen. Ohne eine entsprechende Sachausstattung, wozu sowohl die Gegenstände zu rechnen sind, die Trägern öffentlicher Verwaltung unmittelbar 720
Ausführlich dazu: 5. Teil, 2. Kap. II. K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 1025; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 67. 722 Allgemeinverträglichkeit der Privatheit; K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 453, 1004, 1025; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 44 f., 67 ff.; ders., Freiheit in der Republik, S. 457. 723 K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, S. 458, 463; zur Privatheit, siehe: 5. Teil, 3. Kap. III. c). 724 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 150 f., 173 f.; J. Burmeister, Die Notwendigkeit einer neuen „Theorie des Staatseigentums“, S. 76; ausführlich dazu: 5. Teil, 3. Kap. IV. 725 J. Burmeister, Die Notwendigkeit einer neuen „Theorie des Staatseigentums“, S. 78 f.; siehe auch: BVerfGE 61, 82 (108): „Denn in der Hand einer Gemeinde dient das Eigentum nicht der Funktion, derentwegen es durch das Grundrecht geschützt ist, nämlich dem Eigentümer ‚als Grundlage privater Initiative und in eigenverantwortlichem privatem Interesse von Nutzen‘ zu sein“. 721
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5. Teil: Öffentliche Sachen
durch ihre Gebrauchsmöglichkeit zur Erfüllung ihrer amtlichen Aufgaben dienen und die von den Amtsträgern zu diesem Zweck benutzt werden, 726 als auch solche Sachen, die den Bürgern unmittelbar zur Nutzung zur Verfügung gestellt werden, 727 wäre staatliche Leistungserbringung unmöglich. Das bedeutet gleichzeitig, daß die einem öffentlichen Verwaltungsträger gehörenden Gegenstände immer einer Gemeinwohldienlichkeit unterstellt und daher immer in Bezug zu den übertragenen Aufgaben zu sehen sind. Sie erfahren ihre Wesensbestimmung aus der Verknüpfung mit der Staatsaufgabe. 728 b) Diese durchgängige Bindung der öffentlichen Sachen an die staatliche Kompetenzwahrnehmung führt zu einer vollständigen Andersartigkeit der inhaberschaftlichen Stellung des Staates im Vergleich zum Privatmann, 729 was wiederum zur Folge hat, daß das bürgerlich-rechtliche Eigentum nach § 903 BGB, das die Freiheit der Zwecksetzung und Funktionswahl durch den Eigentümer impliziert, 730 keine geeignete Regelung zur sachgerechten Erfassung des Rechtsstatus öffentlicher Sachen darstellt. 731 Staatliche Sachherrschaft ist nicht ein Blankett, das von staatlichen Verwaltungsträgern nach eigener Wahl mit Inhalt ausgefüllt wird. 732 Es ist die Indienstnahme einer Sache für Zwecke des Allgemeinwohls, die Bereitstellung und Verwaltung einer Sache im öffentlichen Interesse, 733 die deshalb, wie alles Staatliche, an das Prinzip der Gesetzmäßigkeit gebunden ist. Nur in den Grenzen der gesetzlichen Ermächtigung bestehen staatliche Handlungsbefugnisse, ist die Ausübung der Sachherrschaft möglich. 734 Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, daß die Verfügungsmacht des privaten Eigentümers ebenfalls durch Gesetze oder Rechte Dritter (§ 903 BGB) unter Umständen sehr weitgehend eingeschränkt sein kann. Denn der wesentli726
Beispiele: Verwaltungsgebäude, Büroinventar, Dienstfahrzeuge, Uniformen. Beispiele: Straßen, Brücken, Kläranlagen, Krankenhäuser. 728 J. Burmeister, Die Notwendigkeit einer neuen „Theorie des Staatseigentums“, S. 78 f.; D. Lorenz, Die öffentliche Sache als Instrument des Umweltschutzes, S. 813 f.; K. H. Friauf, Staatsvermögen, Rdn. 1, 34; P. Kirchhof, Mittel staatlichen Handelns, in: J. Isensee / ders. (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III: Das Handeln des Staates, 2. Aufl. 1996, § 59, S. 121 ff., Rdn. 85. 729 J. Burmeister, Die Notwendigkeit einer neuen „Theorie des Staatseigentums“, S. 78. 730 H. Krüger, Aussprache (Die Öffentliche Sache), S. 244 f. 731 H. Krüger, Aussprache (Die Öffentliche Sache), S. 239, 244; K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, S. 550; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 197; ders., Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 278; J. Burmeister, Die Notwendigkeit einer neuen „Theorie des Staatseigentums“, S. 78 f.; R. Bartlsperger, Hoheitliche Sachherrschaft in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, S. 86 f. 732 H. Krüger, Aussprache (Die Öffentliche Sache), S. 244. 733 R. Bartlsperger, Das Sachenrechtsverhältnis der öffentlichen Straßen, S. 30. 734 J. Burmeister, Die Notwendigkeit einer neuen „Theorie des Staatseigentums“, S. 78 f. 727
4. Kap.: Neubestimmung des Rechtsstatus der öffentlichen Sachen
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che Unterschied besteht darin, daß privates Eigentum grundsätzlich umfassende Befugnisse gewährt, die lediglich nachträglich, in Abhängigkeit von der Sachart und unter bestimmten Voraussetzungen, speziellen Einschränkungen unterworfen werden, während die staatliche Sachherrschaft von vornherein Verfügungsbeschränkungen unterworfen ist und zwar derart, daß Verfügungen nur insoweit zulässig sind, als sie der Erfüllung der gesetzlichen Handlungsaufträge dienen. Dementsprechend ist bereits das Entstehen einer Rechtsposition, die der des Privaten vergleichbar ist, abstrakt ausgeschlossen ist. 735 Der Staat ist eben nicht privat und darum auch nicht privatrechtsfähig. 736 Daß Rechtsbegriff und rechtskonstruktive Grundlage der öffentlichen Sachen in einem ausschließenden Gegensatz zur Kategorie des privatrechtlichen Eigentums stehen, zeigt sich nicht nur darin, daß der Staat mit den seiner Verfügung unterliegenden Gegenständen nicht nach Belieben verfahren darf; er darf auch andere nicht von jeder Einwirkung ausschließen (§ 903 BGB). 737 Dieser Widerspruch ist bei den öffentlichen Sachen im Gemeingebrauch und denen im Anstaltsgebrauch ganz offensichtlich: 738 Ihre Funktion besteht ja gerade im Dasein und Dargebotensein zum Nutzen und Gebrauch durch die Bürger. 739 Und solange der Berechtigte andere Interessenten nicht ausschließen kann, kann man die Sache wohl kaum sein Eigen(tum) nennen. 740 Daran zeigt sich ein weiteres Mal, wie wenig die Kategorie Privateigentum geeignet ist, die inhaberschaftliche Stellung des Staates und vor allem den Sinn und Zweck dieser Sachherrschaft zu erfassen. Über diese Diskrepanzen kommt man auch nicht dadurch hinweg, indem man das „reine Privateigentum des Staates“ mit einer durch die Widmung umschriebenen, öffentlich-rechtlichen Dienstbarkeit belastet, beschränkt und überlagert sieht. 741 Der hinter dieser Konstruktion stehenden Lehre vom modifizierten Privateigentum, 742 liegt ein verfehltes Staatsbild zugrunde: Sie identifiziert die öffentliche Sache nicht mit dem Volk, sondern sieht sie durch das Volk bela735 J. Burmeister, Die Notwendigkeit einer neuen „Theorie des Staatseigentums“, S. 79; H. Krüger, Aussprache (Die Öffentliche Sache), S. 245. 736 K. A. Schachtschneider, Sittlichkeit und Moralität, S. 64; J. Burmeister, Die Notwendigkeit einer neuen „Theorie des Staatseigentums“, S. 79. 737 M. Knapp, Gemeingebrauch und Staatseigentum, S. 318, 320. 738 Zu diesen Begrifflichkeiten, siehe: 5. Teil, 1. Kap. II.2. 739 K. Stern, Die Öffentliche Sache, S. 213, 211. 740 M. Knapp, Gemeingebrauch und Staatseigentum, S. 318. 741 H. Krüger, Aussprache (Die Öffentliche Sache), S. 241; i. d. S. M. Knapp, Gemeingebrauch und Staatseigentum, S. 320, 81; siehe auch M. Germann, Die „gesetzlose“ Widmung, S. 477: „macht es insbesondere sinnlos, den Regelungsgehalt der Widmung einer verwaltungseigenen Sache als eine Pflicht des Eigentümers zur Duldung des öffentlichen Sachgebrauchs zu beschreiben“. 742 Dualistische Konstruktion; dazu ausführlich: 5. Teil, 1. Kap. III.
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5. Teil: Öffentliche Sachen
stet. 743 Dabei hat der Staat nichts Eigenes. 744 Er existiert schließlich nicht um seiner selbst willen, sondern „ist um des Menschen willen da“ 745 und als ausschließliche Gesetzlichkeit gar nicht imstande, anders als gemeinwohlbestimmt aufzutreten und zu handeln. 746 Während das Eigentum bürgerlichen Rechts, das Eigentum Privater, durch seine Privatnützigkeit und grundsätzliche Verfügungsfähigkeit gekennzeichnet ist, 747 kennzeichnet die öffentlichen Sachen ihre durchgehende Fremdnützigkeit, 748 besser: Gemeinnützigkeit. Während es für den Privatmann genügen mag, wenn er sein Eigentum zugleich zum Wohle der Allgemeinheit gebraucht, kann es für den Staat nur eine ausschließliche Sozialpflichtigkeit geben. 749 Weil alles Staatliche dem Gemeinwohl verpflichtet ist, kann auch das Gemeingut des Staates nur gemeinnützig sein. Das Staatliche ist das, was allen Bürgern nützt, das Allgemeine; im Gegensatz zum Besonderen der Privaten. 750 Ein privatrechtliches Eigentum des Staates, ein Eigentum nach § 903 BGB mit seinen wesentlichen Merkmalen, dem Recht zur Beliebigkeit und dem Ausschlußrecht, ist daher ausgeschlossen. 751 c) Die einem öffentlichen Verwaltungsträger gehörenden Gegenstände sind durch das öffentlich-rechtliche, auf die Allgemeinheit ausgerichtete Element bestimmt. 752 Sie stehen gewissermaßen im „öffentlichen Dienst“, 753 im Dienst 743 I. d. S. M. Knapp, Gemeingebrauch und Staatseigentum, S. 319, so, wie der Inhaber einer zivilrechtlichen Dienstbarkeit das Recht habe, das fremde Grundstück im Rahmen der Dienstbarkeit zu nutzen, so habe auch das Volk dem Eigentümer gegenüber das Recht, die Straße im Rahmen der Dienstbarkeit zu nutzen (S. 83). 744 K. A. Schachtschneider, Sittlichkeit und Moralität, S. 64. 745 Art. 1 Abs. 1 1. Halbsatz des „Chiemseer Entwurfs“ eines Grundgesetzes für einen Bund deutscher Länder (erstellt von einem Verfassungsausschuß, der zwischen dem 10. August 1948 und dem 25. August 1948 auf der Herreninsel im Chiemsee zusammengetreten war); siehe auch: K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 276; W. Maihofer, Prinzipien freiheitlicher Demokratie, S. 490 ff. 746 H. Krüger, Aussprache (Schranken nichthoheitlicher Verwaltung), S. 261; J. Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 209 („Dieses Gemeinwohl ist bestimmt durch die gesamte Rechtsgemeinschaft, nicht durch den Staat als juristische Person. Die Verfolgung selbstzweckhafter Interessen der Staatsanstalt und ihrer Organe ist damit ausgeschlossen“). 747 BVerfGE 24, 367 (390). 748 K. Stern, Die Öffentliche Sache, S. 194; für die Straßen: BVerfGE 42, 20 (32). 749 H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 328; i. d. S. D. Lorenz, Die öffentliche Sache als Instrument des Umweltschutzes, S. 815. 750 K. A. Schachtschneider, Eigentümer globaler Unternehmen, S. 416. 751 H. Krüger, Aussprache (Die Öffentliche Sache), S. 241; K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 279; J. Burmeister, Die Notwendigkeit einer neuen „Theorie des Staatseigentums“, S. 79; P.-H. Naendrup, Privatrechtliche Haftungsbeschränkung und staatliche Verantwortung, S. 88.
4. Kap.: Neubestimmung des Rechtsstatus der öffentlichen Sachen
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öffentlicher Aufgaben, 754 und bilden damit das Gegenstück zum Beamtentum. 755 Die einen gewährleisten die Handlungsfähigkeit des Staates in personeller, die anderen in sächlicher Hinsicht, 756 letztere allerdings ohne eine verfassungsrechtliche Verankerung von der Art des Art. 33 Abs. 4 GG, der „unter Abstreifung aller [... privat(rechtlich)en] Elemente die Bediensteten dem Staate mittels der spezifisch öffentlichrechtlichen Kategorie ‚Beamtenverhältnis‘“ 757 zuordnet und damit „eine grundsätzliche Kongruenz“ zwischen öffentlich-rechtlichen Aufgaben und den zu ihrer Erfüllung auf öffentlich-rechtlicher Rechtsgrundlage Agierenden schafft 758 (öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis). 759 Es stellt sich daher die Frage, warum man für die Sachherrschaft des Staates nicht den gleichen Weg beschritten hat; warum also die juristische Erfassung hinter dem Wesen des Sachverhalts zurückbleiben muß. 760 Denn die Eigenschaft des Öffentlichen, die Zugehörigkeit zum Volk als Gemeinwesen und Staat (i.w. S.), 761 verlangt nach einer bestimmten Art der Sachzuordnung; einer Art der Zuordnung, die nur durch das öffentliche Recht zu vermitteln ist. 762 „Im Begriff [sc. der öffentlichen Sache] liegt die Vorstellung von einer öffentlich-rechtlichen Sachherrschaft“, 763 Sachordnung und Sachverantwortung. 764 In dieser Ordnung durch Normen des öffentlichen Rechts und 752
Für die öffentlichen Straßen: BVerfGE 42, 20 (32). K. Stern, Die Öffentliche Sache, S. 213, 200; F. Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, S. 353. 754 D. Haas, Die öffentlichen Sachen, S. 653. 755 H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 330; K. Stern, Die Öffentliche Sache, S. 200, 191 f.; D. Lorenz, Die öffentliche Sache als Instrument des Umweltschutzes, S. 813. 756 Siehe dazu: C. H. Ule, Öffentlicher Dienst, in: K. A. Bettermann / H. C. Nipperdey (Hrsg.), Die Grundrechte. Handbuch der Theorie und Praxis der Grundrechte, Bd. IV/2, 1962, S. 537 ff., 544: „Das Wort Dienst muß deshalb im institutionellen Sinne verstanden werden; es bezeichnet eine Einrichtung, die zur Leistung von Diensten bestimmt ist. Eine solche Einrichtung kann sich aus sachlichen und persönlichen Bestandteilen zusammensetzen“. 757 H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 330. 758 K. Stern, Die Öffentliche Sache, S. 191 f. 759 Siehe dazu: K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 310 ff. 760 So deutlich: H. Krüger, Aussprache (Die Öffentliche Sache), S. 239 („eine ganz besondere Paradoxie“); ders., Allgemeine Staatslehre, S. 330. 761 R. Smend, Zum Problem des Öffentlichen und der Öffentlichkeit, in: O. Bachof / M. Drath / O. Gönnenwein / E. Walz (Hrsg.), Forschungen und Berichte aus dem öffentlichen Recht. Gedächtnisschrift für Walter Jellinek, 1955, S. 11 –20, 12, spricht im weiteren von einer „normative[n] Zuordnung“; R. Sievers, Nutzung und Eigentum an oberirdisch fließenden Gewässern, in: DVBl. 3/1962, S. 77 – 88, 81: „die Sache selbst erscheint als öffentlich“. 762 K. Stern, Die Öffentliche Sache, S. 194. 763 R. Sievers, Nutzung und Eigentum an oberirdisch fließenden Gewässern, S. 81. 764 K. Stern, Die Öffentliche Sache, S. 195. 753
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5. Teil: Öffentliche Sachen
in der dadurch begründeten Einbeziehung in das Gefüge der öffentlichen Verwaltung besteht das Wesen der öffentlichen Sache. 765 Dabei wird deutlich, daß sich die öffentliche Sache nicht nur insoweit von der privaten unterscheidet, als sie dem Widmungszweck dient. Sie ist zur Gänze öffentliche Sache, d. h. Sache aller, 766 Sache des politischen Gemeinwesens. 767 Das bedeutet: Wird eine Sache auf den Staat übertragen, wandelt sich die privatrechtliche Sachherrschaft in eine staatliche, in eine ausschließlich und umfassend 768 öffentlich-rechtlich geordnete Sachherrschaft. 769 Damit ändern sich auch die rechtlichen Gegebenheiten unter denen die Sachherrschaft nunmehr ausgeübt werden darf. 770 Die öffentliche Sache wird zum Instrument der Erfüllung von Verwaltungsaufgaben und diesen Zwecken untergeordnet. 771 Dementsprechend bedeutet öffentlich-rechtliche Sachherrschaft Bereitstellung und Verwaltung für öffentliche Aufgaben. Der Bundesgerichtshof spricht von einem „Zustand des öffentlichrechtlichen ‚Verwaltet-Werdens‘“, 772 Otto Mayer von einem „Stück öffentlicher Verwaltung“, 773 Klaus Stern von einer leistungsverwaltungsrechtlichen 765
K. Stern, Die Öffentliche Sache, S. 195. H. Hardinghaus, Öffentliche Sachherrschaft und öffentliche Sachwaltung, S. 109 f.; Dieter Lorenz, Die öffentliche Sache als Instrument des Umweltschutzes, S. 813 f., verlangt zwar, daß die öffentliche Sache nicht nur in bestimmten Beziehungen öffentlichrechtlichen Bindungen unterliege, sondern insgesamt dem Privatbereich entzogen sei; gleichzeitig spricht er aber, angesichts der vielfältigen öffentlich-rechtlichen Bindungen, denen auch die Nutzung privater Sachen unterliegen könne, von einem fließenden Übergang zur öffentlichen Sache. Wenn er im weiteren, von einer solchen funktionalen Betrachtungsweise (S. 813) ausgehend, nach einem Entscheidungskriterium für die Zuordnungsalternative zwischen öffentlicher und privater Sache sucht, muß dem entgegengehalten werden, daß für die rechtliche Qualifikation nur eine institutionelle Abgrenzung, ein institutioneller Begriff der Staatlichkeit und damit der öffentlichen Sache entscheidend sein kann; siehe dazu: 5. Teil, 3. Kap. III. sowie unten Abschnitt d). 767 K. Stern, Die Öffentliche Sache, S. 194; R. Bartlsperger, Verkehrssicherungspflicht und öffentliche Sache, S. 211, spricht von einem Gemein- oder Gesamtrecht. 768 D. h. nicht nur im Rahmen des Widmungszwecks, wie es sich nach der Lehre vom modifizierten Privateigentum darstellt. 769 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 278 f.; ders., Sittlichkeit und Moralität, S. 64; K. Stern, Die Öffentliche Sache, S. 202 f.; H. Krüger, Aussprache (Die Öffentliche Sache), S. 239, 241; D. Lorenz, Die öffentliche Sache als Instrument des Umweltschutzes, S. 814. 770 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 278 f.; i. d. S. W. Böhmer, Sondervotum zu BVerfG vom 10. 03. 1981, NJW 1981, S. 1257 f., in: NJW 1981, S. 1258 ff., 1263; siehe auch: H. Clasen, Das mit Zivil- und Verwaltungsrecht gemischte Rechtsverhältnis, in: DÖV 8/1959, S. 281 – 289, 284. 771 M. Bullinger, Durchleitungsrechte, Mitbenutzungsrechte und Planfeststellung für konkurrierende Telekommunikationsnetze. Rechtsgutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation, in: Archiv PT 2/1998, S. 105 –131, 114. 772 BGHZ 9, 373 (381). 773 Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 2, 2. Aufl. 1917, S. 72. 766
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Institution 774 und Richard Bartlsperger von einer „sinnlich wahrnehmbare[n] sächliche[n] Verwaltungsleistung“. 775 Die letztgenannte Kennzeichnung hat sich das Bundesverfassungsgericht später in der Chausseebaum-Entscheidung zu eigen gemacht. 776 Welche Gegenstände der Staat in Verwaltung nehmen und bereithalten, also öffentlich-rechtlich institutionalisieren, darf und muß, 777 hängt von den übertragenen Aufgaben und damit von den Gesetzen ab, 778 d. h. die Befugnisse des Staates in Bezug auf eine bestimmte Sache sind durch die Rechtsregeln festgelegt, die für die Verwaltungsleistung gelten, der die Sache zu dienen bestimmt ist. 779 Nur im Rahmen dieser Funktion, nur im Rahmen dieses Leistungsstatus kann eine öffentliche Sache Gegenstand von Rechtsverhältnissen sein. 780 „Staatliche Sachherrschaft ist Gesetzesvollzug“. 781 Am zutreffendsten wird diese Rechtslage mit dem Begriff der staatlichen Sachwalterschaft zum Ausdruck gebracht, um nicht sagen zu müssen Sachherrschaft; denn Herrschaft ist kein mögliches Rechtsprinzip einer Republik. 782 Die Bezeichnung als öffentliches Eigentum ist für die Statusbetrachtung der öffentlichen Sachen hingegen ungeeignet. 783 Dem aus dem Zivilrecht stammenden Rechtsbegriff sind gewisse Wesensmerkmale und Funktionsmechanismen eigentümlich – die Privatautonomie der Rechtssubjekte, die Beliebigkeit der Rechtsausübung 784 – die bei einer Verlagerung des Begriffs in ein anderes rechtliches Umfeld nur schwerlich vollkommen ausgeblendet werden können. 785 Allein Otto
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Die Öffentliche Sache, S. 189. Verkehrssicherungspflicht und öffentliche Sache, 1970, S. 210; siehe auch: ders., Das Sachenrechtsverhältnis der öffentlichen Straßen, S. 44. 776 BVerfGE 42, 20 (32): Verwaltungsleistung. 777 K. Stern, Die Öffentliche Sache, S. 189. 778 K. Stern, Die Öffentliche Sache, S. 189, spricht von Rechtsmacht. 779 R. Bartlsperger, Verkehrssicherungspflicht und öffentliche Sache, S. 211. 780 R. Bartlsperger, Verkehrssicherungspflicht und öffentliche Sache, S. 210 f. 781 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 241. 782 K. A. Schachtschneider, Eigentümer globaler Unternehmen, S. 418; ausführlich dazu: ders., Res publica res populi, S. 14 ff., 71 ff., 139 ff., 145 ff.; für den Begriff der hoheitlichen Sachherrschaft: R. Bartlsperger, Hoheitliche Sachherrschaft in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, S. 86 f. 783 R. Bartlsperger, Verkehrssicherungspflicht und öffentliche Sache, S. 211. 784 Dazu auch: 5. Teil, 2. Kap. I.1. 785 I. d. S. J. Burmeister, Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, S. 213 f.; A. Köttgen, Aussprache (Die Öffentliche Sache), in: VVDStRL 21 (1964), S. 253: „Deshalb erscheint es mir problematisch, auch nur die Vokabel Eigentum, bei der nach einem fundierten Sprachgebrauch eine individualistische Komponente mitschwingt, auch in dem anders strukturierten Bereich des Verwaltungsrechts anzusiedeln“. 775
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Mayers Formulierung von einem „öffentlich-rechtlich gedachte[n] Eigentum“ 786 läßt den Anknüpfungspunkt im bürgerlichen Recht erahnen. Von diesen Begrifflichkeiten abgesehen hat § 4a Abs. 1 des Hamburgischen Wassergesetzes (i. d. F. vom 29. April 1964) Vorbildcharakter: „Das öffentliche Eigentum begründet eine hoheitliche Sachherrschaft, die von den Deichverbänden im Rahmen ihrer durch Gesetz und Satzung geregelten Aufgaben, im übrigen von der Wasserbehörde ausgeübt wird. [...] Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, insbesondere über den Besitz und das Eigentum finden keine Anwendung“.
d) Auf der Grundlage der vorstehenden Überlegungen soll im folgenden die Lehre von der Widmung 787 einer Überprüfung unterzogen werden. Der Widmung wird klassischerweise die Funktion zugeschrieben, den besonderen öffentlich-rechtlichen Status zu begründen und damit gleichzeitig den öffentlichen Zweck, dem die Sache dienen solle, sowie den Umfang ihrer möglichen Nutzung festzulegen. Dieser Bereich des öffentlichen Sachenrechts, die Frage der Entstehung öffentlicher Sachen im Rechtssinne, ist insbesondere seit dem Hamburger Stadtsiegelfall vermehrt diskutiert worden. 788 Dabei stellte sich zunächst die Frage, welche Voraussetzungen ein Rechtsakt erfüllen muß, damit er als Widmungsakt qualifiziert werden kann. Davon ausgehend wird die Diskussion auch auf einer breiteren Ebene geführt: Wodurch wird einer Sache ein nicht oder nicht nur von der Privatrechtsordnung bestimmter Rechtsstatus verliehen? Welche Sachen sind demnach öffentliche Sachen? Wie weit ist der Kreis der öffentlichen Sachen zu fassen? An diesem Punkt ist auch die Untergliederung der Sachen der öffentlichen Hand nach Sacharten einzubeziehen, die den meisten Abhandlungen zum Recht der öffentlichen Sachen vorangestellt ist. 789 Dabei werden nach ganz überwiegender Ansicht die Gegenstände des Finanzvermögens, also diejenigen Sachen, die dem Gemeinwesen und den Zwecken der öffentlichen Verwaltung nur mittelbar dienen, nicht zu den öffentlichen Sachen gerechnet, 790 d. h. die Möglichkeit, daß auch diese Gegenstände einer besonderen öffentlichen Sachwalterschaft unterliegen könnten, wird von vornherein ausgeschlossen; eine Erörterung wie sie insbesondere bei den Sachen im Anstaltsgebrauch und den Sachen im Verwaltungsgebrauch geführt wird, findet gar nicht erst statt. 791
786
O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 2, 2. Aufl. 1917, S. 73. Siehe: 5. Teil, 1. Kap. IV. 788 Siehe: 5. Teil, 1. Kap. IV. g). 789 Sachen im Verwaltungsgebrauch, Sachen im Bürgergebrauch und Gegenstände des Finanzvermögens; siehe: 5. Teil, 1. Kap. II. 2. 790 Siehe: 5. Teil, 1. Kap. II. 2. b). 791 Einzelne Autoren zählen sie zwar zu den öffentlichen Sachen. Das ist aber insofern bedeutungslos, als sie die Gegenstände des Finanzvermögens dennoch rechtlich verschieden behandeln und sie ausschließlich den Regeln des Privatrechts unterstellen. 787
4. Kap.: Neubestimmung des Rechtsstatus der öffentlichen Sachen
307
Unabhängig davon, wie weit der Kreis der öffentlichen Sachen letztendlich gefaßt wird, liegen den verschiedenen Positionen dennoch gemeinsame Annahmen zugrunde. Zum einen wird unterstellt, der Staat könne über zwei Kategorien von Sachen verfügen: solche, die allein der Privatrechtsordnung unterliegen und nicht spezifisch öffentlichen Zwecken dienen, und solche, denen ein besonderer, öffentlicher Rechtsstatus zukommt. Und auch letztere, die öffentlichen Sachen, sollen vor der – wie auch immer gearteten – Begründung des öffentlich-rechtlichen Status allein Gegenstand der Privatrechtsordnung sein. Diesen Umweg durch das Privatrecht geht im übrigen auch Otto Mayer mit seiner Lehre vom öffentlichen Eigentum. 792 Zum anderen scheinen diese Betrachtungen von einem „irgendwie vorgefundenen Bestand“ an Sachen und Gütern auszugehen. Der Vorgang der Beschaffung – gemeint ist damit nicht der Kaufvorgang, sondern die Frage, nach welchen Regeln zu entscheiden ist, ob eine Sache erworben oder hergestellt wird, d. h. wann der Staat demnach ermächtigt ist, eine bestimmte Sache zu beschaffen – wird nicht weiter thematisiert. Statt dessen wird versucht, diesen Sachbestand zu kategorisieren und Abgrenzungen vorzunehmen, um damit Rechtsregeln festzulegen, nach denen sich der Umgang mit diesen Gütern bestimmen soll. 793 Manchen Sachen kommt danach ein nicht oder nicht nur von der Privatrechtsordnung bestimmter Rechtsstatus zu, anderen nicht. Daß die Sachwalterschaft des Staates kein Eigentum im Sinne des § 903 BGB ist, wurde bereits dargelegt. Das bürgerliche Recht, das Privatrecht, ist die Rechtsordnung der Privaten, die durch die Privatheit, das Recht zur freien Willkür, gekennzeichnet sind. Die Privatheit besteht in subjektiven Rechten, das Handeln nach eigenen Maximen allein zu bestimmen. Nur durch Privatheit vermag der Mensch sein eigenes, besonderes Glück zu verwirklichen. Deshalb muß der Staat, wenn er Privatrecht setzt, den Privaten Privatheit belassen. Wegen des untrennbaren Zusammenhangs von Privatheit und Privatrechtsfähigkeit ist dem Staat der Weg in das Privatrecht versperrt. Der Staat hat keine private Existenz, sondern ausschließlich eine demokratische. Er hat das gemeine Wohl, das das Volk in den Gesetzen materialisiert, zu verwirklichen. Nur in diesen Grenzen der gesetzlichen Definition der Staatszwecke ist der Staat zum Handeln ermächtigt. Nur soweit das Volk unmittelbar oder mittelbar Staatsgewalt übertragen hat, hat der Staat Aufgaben und Befugnisse. Er darf sich in keiner seiner Handlungsweisen dem Staatsrecht entziehen, auch nicht in sächlicher Hinsicht. 792
Siehe dazu: 5. Teil, 1. Kap. V. c). Franz Merli, Öffentliche Nutzungsrechte und Gemeingebrauch, S. 137, stellt dies klar heraus: „Hinter uns liegt ein Eliminationsverfahren: Sachen, die nichts weiter an sich haben als den Staat als Eigentümer, fielen als erste weg, weil der Eigentümer kein Merkmal der Sache ist und nur besondere Sachen öffentliche Sachen sein können. Daß ihre Besonderheit im öffentlichen Gebrauch liegt, schloß weiters das Finanzvermögen und andere ertragsgebundene Sachen aus. Von den Sachen, für deren Gebrauch Sonderregeln gelten, wurden wir dann jene los“. 793
308
5. Teil: Öffentliche Sachen
Dementsprechend erfolgen die Beschaffung und der Gebrauch von Sachen nicht in privater Beliebigkeit, sondern ausschließlich in rechtlicher Gesetzlichkeit. Damit ist gesagt, daß der Staat nur die Sachen erwerben darf, die er zur Erfüllung seiner gesetzlich festgelegten Aufgaben benötigt. In den Gemeindeordnungen der Länder ist das klar und unmißverständlich geregelt, z. B. Art. 74 Abs. 1 BayGO: „Die Gemeinde soll Vermögensgegenstände nur erwerben, wenn das zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist“. 794 Bereits die Deutsche Gemeindeordnung von 1935 enthielt eine entsprechende Vorschrift, deren amtliche Begründung auch heute noch zutrifft: 795 „Es kann nicht Aufgabe der Gemeinden sein, ohne Bedarf alle möglichen Vermögensgegenstände nur um der Vermehrung des Gemeindevermögens willen zu erwerben. Jeder Vermögenserwerb durch die Gemeinde muß vielmehr im Rahmen sofort oder alsbald zu lösender gemeindlicher Aufgaben liegen und für die Durchführung dieser Aufgaben erforderlich sein. Deshalb ist Vermögenserwerb, der in keinem inneren Zusammenhang mit den Aufgaben der Gemeinde steht, grundsätzlich abzulehnen. Das gleiche gilt für einen Vermögenserwerb, der für Zwecke getätigt wird, die noch in durchaus unsicherer Ferne liegen“. 796
Sofern also nur vage Vorstellungen über künftige Bedürfnisse bestehen, sofern ein Zusammenhang mit den zu erfüllenden Aufgaben fehlt, ist ein Erwerb von Sachgegenständen nicht zulässig. 797 Ist die Anschaffung hingegen gerechtfertigt, erfährt eine Sache ihren Nutzungszweck, ihre Zweckbestimmung und, sofern man an dem Begriff festhalten möchte, ihre Widmung konsequenterweise aus der Verknüpfung mit den zu bewältigenden staatlichen und kommunalen Aufgaben. 798 Der Widmungszweck ergibt sich also aus den in Gesetzen und Satzungen materialisierten Aufgaben. Wenn und weil der Staat und die Kommunen nur die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Gegenstände beschaffen dürfen und deshalb der Zweck, dem eine Sache zukünftig dienen soll, von vornherein feststehen muß, ist die Sache öffentlich und einem entsprechenden Nutzungszweck gewidmet, sobald sie in die Sachwalterschaft der öffentlichen Hand übergeht. Herbert Krüger hat das klar formuliert: „Die Herrschaft über die öffentlichen Sachen muß von 794 Vom Wortlaut ähnlich, siehe nur: § 108 Abs. 1 HessGO; § 90 Abs. 1 GO NRW; § 89 Abs. 2 Sächs. GO; weiter gefaßt: § 89 Abs. 1 GO SH („zur Erfüllung ihrer Aufgaben oder zum Schutz der natürlichen Grundlagen des Lebens erforderlich ist“). 795 § 61 Abs. 1 DGO: Die Gemeinde soll Vermögensgegenstände nur erwerben, soweit sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind oder in absehbarer Zeit erforderlich werden. 796 2. Teil der Einzelbegründung zur Deutschen Gemeindeordnung, in: Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger 1935, Nr. 27. 797 R. Bracker, Kommentierung des § 89 GO SH, in: ders. / K.-D. Dehn, Gemeindeordnung für Schleswig-Holstein. Neufassung 1998. Kommentar, 1997, S. 334. 798 D. Lorenz, Die öffentliche Sache als Instrument des Umweltschutzes, S. 813.
4. Kap.: Neubestimmung des Rechtsstatus der öffentlichen Sachen
309
vornherein und innerlich als eine ausschließlich öffentlichrechtliche und ebenso ausschließlich öffentlichen Funktionen bestimmte verstanden werden“. 799 Ein Rückgriff auf das Privatrecht, wie ihn Otto Mayer 800 vornimmt und wie auch er im Hamburgischen Wassergesetz 801 angelegt ist, ist daher nicht notwendig. Er ist ohnehin nicht zulässig, wie schon mehrfach gesagt. Eine öffentliche Sache entsteht also nicht erst durch einen wie auch immer beschaffenen Widmungsakt, der privatrechtlichem Eigentum einen öffentlichen Stempel aufdrücken, die Gemeinwohlfunktion auslösen und die privatrechtliche Verfügungsmacht im Umfang der Zweckbestimmung ausschalten können soll, sondern in dem Zeitpunkt, in dem eine Sache in die Sachwalterschaft des Staates übergeht (z. B. durch Übereignung oder Enteignung). Das allen öffentlichen Sachen gemeinsame Merkmal, dem Franz Merli nachspürt, 802 liegt damit klar auf der Hand: es ist die inhaberschaftliche Stellung des Staates, die staatliche Ingebrauchnahme von Gütern zum Wohle der Allgemeinheit. 803 Dabei wird deutlich, daß der Begriff der öffentlichen Sache nur institutionell zu fassen ist: Eine Sache ist eine öffentliche Sache, wenn sie der Sachwalterschaft des Staates (im engeren und institutionellen Sinn) zur Erfüllung der ihm gesetzlich übertragenen Aufgaben untersteht. 804 Sie ist ein institutionell integriertes Instrument staatlichen Handelns. 805 Dabei gehen die Befugnisse des Staates soweit, wie die öffentliche Aufgabe, der zu dienen die Sache bestimmt ist, dies erfordert. Welche Leistungsaufgaben bestehen, ergibt sich aus dem Gesetz. Dieser Gemeinwohldienlichkeit sind alle Sachen der öffentlichen Hand unterstellt, ausnahmslos. Der grundgesetzliche Staatsbegriff, dem der Begriff der Staatsaufgaben notwendig folgt, ist einheitlich und läßt es nicht zu, Bereiche staatlicher Betätigung einer anderen Ordnung zu unterstellen. 806 Der Staat hat nichts Eigenes, er besitzt kein Vermögen um seiner selbst willen, sondern immer nur im Namen der Öffentlichkeit und des Gemeinwesens. Wenn der Staat sich beliebig verhält, geht die Staatsgewalt nicht mehr vom Volk aus. 807 799
Aussprache (Die Öffentliche Sache), S. 241. Siehe: 5. Teil, 1. Kap. V. c). 801 § 4a Abs. 3 S. 2 HmbWaG (i. d. F. vom 29. 03. 2005; HmbGVBl. 2005, S. 97 ff.): „Öffentliches Eigentum entsteht frühestens mit dem Zeitpunkt, in dem die Freie und Hansestadt Hamburg nach bürgerlichem Recht unbelastetes Eigentum erwirbt“. 802 Von öffentlichen Sachen zu öffentlichen Nutzungsrechten, S. 456. 803 Siehe auch: W. Antoniolli / F. Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht. Lehr- und Handbuch für Studium und Praxis, 3. Aufl. 1996, S. 697: „Bei den öffentlichen Sachen ist das entscheidende Merkmal das Eigentum der öffentlichen Hand“. 804 Dazu: 5. Teil, 3. Kap. III. 805 D. Lorenz, Die öffentliche Sache als Instrument des Umweltschutzes, S. 813; K. Stern, Die Öffentliche Sache, S. 195: „Öffentliche Sache ist nur die öffentlichrechtliche institutionalisierte Sache“; R. Bartlsperger, Verkehrssicherungspflicht und öffentliche Sache, S. 21. 806 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 209. 800
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5. Teil: Öffentliche Sachen
5. Kapitel
Die öffentliche Sache als Gegenstand von Cross-Border-Leasing-Transaktionen a) Auf der Grundlage der vorstehenden Überlegungen ist auf die eingangs zu diesem Teil aufgeworfene und in der öffentlichen Diskussion immer wieder thematisierte Frage zurückzukommen, ob deutsche Gemeinden (vorhandene) kommunale Vermögensgegenstände auch dazu nutzen dürfen, mit U.S.-amerikanischen Unternehmen Verträge über Cross-Border-Leasing-Transaktionen abzuschließen. Dieser Frage soll am Beispiel kommunaler Abwasseranlagen nachgegangen werden. 808 b) Wie bereits mehrfach gesagt, gilt das Prinzip der Gesetzmäßigkeit, dem alles staatliche und kommunale Handeln unterliegt, auch im sächlichen Bereich. Dementsprechend ist die öffentliche Sachwalterschaft von den Gemeinden im Rahmen ihrer durch Gesetz und Satzung begründeten Aufgaben auszuüben. Im folgenden sind daher die Rechtsgrundlagen der Errichtung und Nutzung kommunaler Abwasseranlagen festzustellen. Es ist zu untersuchen, welche Aufgaben dadurch begründet werden und welche Kompetenzen und Befugnisse der Gemeinde als Sachwalter dieser Güter demnach zukommen. Gemäß § 18a Abs. 1 S. 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) 809 ist das Abwasser so zu beseitigen, daß das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird. Welche Körperschaften des öffentlichen Rechts zur Abwasserbeseitigung verpflichtet sind, bestimmen nach Abs. 2 S. 1 die Länder. Dieser Verpflichtung kommen die Landesgesetzgeber dergestalt nach, daß sie die Abwasserbeseitigungspflicht den Gemeinden zuweisen, so z. B. § 53 Abs. 1 Landeswassergesetz NordrheinWestfalen (LWG NRW): 810 „Die Gemeinden haben das auf ihrem Gebiet anfallende Abwasser gemäß § 18a des Wasserhaushaltsgesetzes zu beseitigen. Die Verpflichtung der Gemeinden zur Abwasserbeseitigung umfasst insbesondere [...]
807
K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 234. Abwasseranlagen waren besonders häufig Gegenstand von Cross-Border-LeaseTransaktionen; siehe dazu nur: LT-Drs. Baden-Württemberg 13/2055, S. 3; Referenzliste der EastMerchant GmbH im Bereich Arrangierung. 809 Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts i. d. F. vom 19. 08. 2002 (BGBl. I, S. 3245), zul. geänd. am 10. 05. 2007 (BGBl. I, S. 666). 810 Wassergesetz für das Land Nordrhein-Westfalen i. d. F. vom 25. 06. 1995 (GVBl. S. 926), zul. geänd. am 11. 12. 2007 (GVBl. S. 708). 808
5. Kap.: Die öffentliche Sache und Cross-Border-Leasing-Transaktionen
311
2. das Sammeln und das Fortleiten des auf Grundstücken des Gemeindegebietes anfallenden Abwassers sowie die Aufstellung und Fortschreibung von Plänen nach § 58 Abs. 1 Sätze 4 und 5, 3. das Behandeln und die Einleitung des nach Nummer 2 übernommenen Abwassers sowie die Aufbereitung des durch die Abwasserbehandlung anfallenden Klärschlamms für seine ordnungsgemäße Verwertung oder Beseitigung, 4. die Errichtung und der Betrieb sowie die Erweiterung oder die Anpassung der für die Abwasserbeseitigung nach den Nummern 2 und 3 notwendigen Anlagen [...]“.
Damit sind Zweck und Nutzungsmöglichkeiten der Abwasseranlagen klar umschrieben: Die Städte und Gemeinden errichten und unterhalten Kläranlagen und Kanalnetze mit dem Ziel, ihrer durch Gesetz übertragenen Aufgabe, der Abwasserbeseitigung nachzukommen. Ein anderer Nutzungszweck wird durch die Vorschriften des LWG NRW ganz offensichtlich nicht begründet; ein wie auch immer konstruierter Zusammenhang mit U.S.-Lease-Transaktionen würde jeder Grundlage entbehren. Damit sind Kläranlage und Kanalnetz der Abwasserbeseitigung – und auch nur der Abwasserbeseitigung – gewidmet. Ein Gesetz, das zu weitergehenden Nutzungen ermächtigt, ist daneben nicht ersichtlich. c) Wenn die Durchführung von Cross-Border-Leasing-Transaktionen somit nicht Vollzug eines Gesetzes ist, muß der Gemeinde diese Aufgabe durch Satzung übertragen sein. Ein Gesetz oder eine Satzung ist jeweils Voraussetzung rechtmäßigen Verwaltungshandelns der Gemeinde. 811 Es muß – wie das Handeln aller staatlichen Einrichtungen – den Grundsätzen des öffentlichen Rechts genügen, insbesondere den Kompetenzgrenzen und Legitimationsprinzipien. 812 Satzungen sind die Gesetze der Kommune. Sie bringen den allgemeinen Willen der Bürgerschaft, des Gemeindevolkes, zum Ausdruck. Die Kommunalisierung einer Aufgabe ist deshalb Sache der Satzung. 813 Es bedürfte also einer Satzung, die die Kommunalverwaltung ermächtigt, ihre Abwasseranlagen für Cross-Border-Leasing-Transaktionen, also für Finanzierungszwecke, zur Verfügung zu stellen, die den Aufgabenkreis und die hinsichtlich der Abwasseranlagen bestehenden Befugnisse dementsprechend erweitert; es bedürfte einer Satzung, die der Gemeinde eine solche Aufgabe überträgt und die den Widmungszweck der Abwasseranlagen auf derartige Finanztransaktionen ausdehnt. Das ist jedoch, soweit bekannt, nicht geschehen. Insofern ist der Abschluß von Cross-Border-Leasing-Transaktionen rechtswidrig. Sie verstoßen gegen den Widmungszweck der Abwasseranlagen. 811
K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 132. K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 147. 813 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 232, 201; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 154; siehe dazu auch: 5. Teil, 3. Kap. IV. d). 812
312
5. Teil: Öffentliche Sachen
d) Das belegt auch die Transaktion der Stadt Königswinter, die schon mehrfach Erwähnung fand. 814 So heißt es in der Entwässerungssatzung, 815 daß die Stadt zum Zweck der Abwasserbeseitigung in ihrem Gebiet und zum Zweck der Verwertung oder Beseitigung der bei der gemeindlichen Abwasserbeseitigung anfallenden Rückstände die erforderlichen Anlagen zur Verfügung stellt (§ 1 Abs. 2). In der Betriebssatzung für das Abwasserwerk, 816 in dem „Herstellung, Erneuerung, Ergänzung, Erweiterung und Unterhaltung der öffentlichen Abwasseranlagen“ zusammengefaßt werden (§ 1 Abs. 3), wird ausdrücklich festgelegt, daß die Stadt damit „ihre Pflicht zur Abwasserbeseitigung nach § 53 Abs. 1 Landeswassergesetz“ erfüllt (§ 1 Abs. 2). Davon, daß diese kommunalen Gegenstände auch dem Cross-Border-Leasing dienen sollen, ist jedoch weder in der Entwässerungssatzung noch in der Betriebssatzung für das Abwasserwerk die Rede. Eine eigene Satzung, die ausschließlich die Durchführung der Transaktion zum Gegenstand hätte, ist, soweit bekannt, auch nicht erlassen worden. e) Aus sachenrechtlicher Sicht bleibt somit festzuhalten: Die Gemeinden hätten den Abschluß von U.S.-Cross-Border-Leasing-Verträgen durch Satzungen der Räte beschließen müssen. Ihr Vorgehen ist insofern rechtswidrig. 817 Dieses Ergebnis berechtigt jedoch nicht zu der Schlußfolgerung, daß ein Transaktionsabschluß in jedem Fall legitim wäre, wenn die Kommune nur eine Satzung erlassen hätte. Es ist nämlich noch nichts darüber gesagt, ob U.S.-CrossBorder-Leasing überhaupt zu den Aufgaben gehört, die durch Gesetz oder Satzung übertragen werden können.
814
Siehe: 2. Teil, 1. Kap. I. e) sowie 3. Teil, 3. Kap. I. b). Satzung vom 17. 12. 1997, zul. geänd. durch Satzung vom 17. 12. 2007, unter: http: //www.koenigswinter.de. 816 Satzung vom 19. 03. 1996, zul. geänd. durch Satzung vom 22. 09. 2006, unter: http: //www.koenigswinter.de. 817 Siehe dazu: B. Schäfer-Oelmayer (Stadträtin Ulm) / T. Oelmayer (MdL), Kommunen müssen auf US-Cross-Border-Leasinggeschäfte verzichten! Rechtliche, wirtschaftliche, politische Würdigung am Beispiel der geplanten US-Lease-Transaktion des Kanalnetzes der Stadt Ulm, 07. 05. 2003, unter: http://www.attac.de/ulm/CBL/US-CBL%20%20Positionspapier.doc (11. 01. 2006): „Mit diesen sich aus der GO / BW und der Satzung über die Abwasserbeseitigung der Stadt Ulm ergebenden Regelungen [...] ist die Vermietung des Kanalnetzes zur Erzielung außerordentlicher Einkünfte nicht vereinbar. Die Vermietung verstößt zum einen gegen die Widmung des Kanalnetzes, weil dieses ausschließlich für die Abwasserbeseitigung und nicht etwa zur Erzielung außerordentlicher Erlöse eingesetzt werden darf“. 815
6. Teil
Cross-Border-Leasing-Transaktionen als kommunale Aufgabe? a) Nach alledem gilt es zu klären, ob die Durchführung von Cross-BorderLeasing-Transaktionen eine Aufgabe ist, die Kommunen für sich beanspruchen dürfen. Es ist daher zunächst zu untersuchen, welchen Aufgaben sich eine Gemeinde grundsätzlich stellen darf, wie weit also das gemeindliche Betätigungsfeld reicht. Anschließend ist zu erörtern, worin gegebenenfalls die Grenzen der gemeindlichen Aufgabenwahl bestehen. b) Ausgangspunkt der Betrachtung muß Art. 28 Abs. 2 GG sein. In dessen Rahmen entfalten sich Rechtsetzung und Verwaltung der Kommunen. 1 Gemäß Satz 1 haben die Gemeinden das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Das damit gewährleistete Recht der Selbstverwaltung sichert den Gemeinden einen grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft umfassenden Aufgabenbereich sowie die Befugnis zu eigenverantwortlicher Führung der Geschäfte in diesem Bereich zu. 2 Die vom Verfassungsgeber gewählte Formel „alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“ umschreibt das Prinzip der Allzuständigkeit oder Universalität des gemeindlichen Wirkungskreises, 3 das den Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung ausmacht. Demnach kann sich die Gemeinde durch Beschluß der Gemeindevertretung jederzeit im Interesse ihrer Einwohner neuer Aufgaben annehmen, soweit keine anderweitige ausschließende Aufgabe oder Befugnis besteht. 4 Ein gegenständlich bestimmter oder nach feststehenden Merkmalen bestimmbarer Aufgabenkatalog gehört 1
K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 233. BVerfGE 21, 117 (128 f.); 23, 353 (365); 26, 228 (237 f.); 50, 195 (201); 56, 298 (312); 59, 216 (226); 79, 127 (143); 83, 363 (382); 91, 228 (236); 110, 370 (400); dazu: H. P. Bull, Kommunale Selbstverwaltung heute – Idee, Ideologie und Wirklichkeit. Zugleich eine Anmerkung zur juristischen Methodenlehre, in: DVBl. 1/2008, S. 1 –11, 4. 3 Siehe dazu: Art. 11 Abs. 2 S. 2 BV: „Sie [sc. die Gemeinden] haben das Recht, ihre eigenen Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze selbst zu ordnen und zu verwalten“; Art. 6 Abs. 1 S. 1 BayGO: „Den Gemeinden steht in ihrem Gebiet die Erfüllung aller öffentlichen Aufgaben zu“ (allseitiger Wirkungskreis). 2
314
6. Teil: Cross-Border-Leasing-Transaktionen als kommunale Aufgabe?
weder zum Wesensgehalt der Gewährleistung 5, noch könnte er den Wirkungsbereich der Gemeinde charakterisieren. Ein materiales Aufgabenverständnis würde das Selbstverwaltungsrecht in unzulässiger Weise einengen. 6 Die örtlichen Angelegenheiten in diesem Sinne sind seit jeher verstanden worden als „diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben“. 7 Diese Definition hat das Bundesverfassungsgericht in der Rastede-Entscheidung präzisiert: Es handle sich um Angelegenheiten, die „den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der (politischen) Gemeinde betreffen“. Es liege auf der Hand, „daß diese Angelegenheiten keinen ein für allemal feststehenden Aufgabenkreis bilden“; ebenso sei deutlich, „daß dieser auch nicht für alle Gemeinden unerachtet etwa ihrer Einwohnerzahl, flächenmäßigen Ausdehnung und Struktur gleich sein kann“. 8 In ihrem Bereich entscheiden die Gemeinden also grundsätzlich selbst, welche Aufgaben sie übernehmen. 9 c) Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen ist auf die Frage zurückzukommen, ob es Aufgabe der Gemeinde sein kann, U.S.-Cross-BorderLeasing-Transaktionen durchzuführen. 10 Kann es Aufgabe der Gemeinde sein, privaten Dritten Steuervorteile zu Lasten des U.S.-amerikanischen Staates zu verschaffen? 11 So formuliert, liegt die Antwort auf der Hand: An einem örtlichen 4 K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, S. 412; F.-L. Knemeyer, Bayerisches Kommunalrecht, S. 56 ff.; K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 143, 130 ff.; K. Waechter, Kommunalrecht, 2. Aufl. 1995, Rdn. 526, 529; M. Nierhaus, Kommentierung des Art. 28 GG, Rdn. 47 ff.; auch: BVerfGE 79, 127 (146 f.); 11, 266 (275 f.); 83, 37 (54). 5 BVerfGE 79, 127 (146). 6 K. A. Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 143. 7 BVerfGE 8, 122 (134); 50, 195 (201); 52, 95 (120); 79, 127 (151); 110, 370 (400). 8 BVerfGE 79, 127 (151 f.); siehe auch BVerfGE 110, 370 (400 f.); nicht unkritisch dazu: H. P. Bull, Kommunale Selbstverwaltung heute, S. 4 f. 9 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 234; ausführlich zur kommunalen Selbstverwaltung auch: B. E. Beck, Kommunale Unternehmen zwischen Selbstverwaltungsgarantie und Europarecht, S. 109 ff. 10 Die meisten Landesregierungen vermeiden unter Verweis auf die kommunale Selbstverwaltung eine klare Stellungnahme zum Thema „Cross-Border-Leasing“, z. B.: LT-Drs. Nordrhein-Westfalen 13/3896, S. 2: „Zunächst einmal ist es Sache der Kommunen, im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts eigenverantwortlich zu entscheiden, ob sie derartige Geschäfte abschließen wollen oder nicht“; LT-Drs. Rheinland-Pfalz 14/997, S. 1, zur Frage, welche Vorteile die Landesregierung in der Transaktion betreffend Kläranlage und Kanalnetz der Stadt Kaiserslautern sehe: „Die Beurteilung der Vorteilhaftigkeit des konkreten Vertragswerks [...] obliegt der vertragschließenden Gemeinde im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung“; siehe auch: LT-Drs. Schleswig-Holstein 15/1705, S. 2 und 15/2509, S. 1. 11 P. Smeets / H. Schwarz / D. Sander, Ausgewählte Risiken und Probleme bei US-Leasingfinanzierungen, S. 1061.
6. Teil: Cross-Border-Leasing-Transaktionen als kommunale Aufgabe?
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Bezug fehlt es allemal. Das Gewinnstreben U.S.-amerikanischer Unternehmen gehört sicher nicht zu den Bedürfnissen und Interessen, deren Wurzeln in der örtlichen, kommunalen Gemeinschaft zu suchen sind. Darüber hinaus erscheint ein solches Handeln auch ethisch nicht unbedenklich: Wie kann eine deutsche Gebietskörperschaft, die Teil des Staates ist und die auf ausreichend Steuermittel angewiesen ist, einem Unternehmen dazu verhelfen, Steuerschlupflöcher 12 auszunutzen und damit ein Gebaren vorzuleben, das auch ihr zum Nachteil gerät? 13 Doch es profitierten eben nicht nur die in den Vereinigten Staaten von Amerika ansässigen Unternehmen. Es steht außer Zweifel, daß die Aussicht auf den Nettobarwertvorteil, die Möglichkeit zur Erzielung eines Ertrages in Millionenhöhe 14 die Kommunen zum Abschluß der Verträge veranlaßte. Ein anderer Zweck, der mit der Durchführung der Transaktionen hätte verfolgt werden können, ist daneben nicht ersichtlich. Anders gewendet könnte die Aufgabe also lauten: Erzielung von Einnahmen zur Stärkung des kommunalen Haushalts unter Verwendung bereits vorhandener öffentlicher Sachen. 15 d) Es stellt sich daher die Frage, ob das im Cross-Border-Leasing zum Ausdruck kommende Einnahme- und Gewinnstreben eine legitime öffentliche Aufgabe sein kann. Das ist zu verneinen. Ein Tätigwerden nur um der Einnahmemehrung willen, nur um des Gewinnes willen, 16 ist verfassungsrechtlich unzulässig, trotz der Allzuständigkeit der Kommunen. Offenheit in der Aufgabenwahl bedeutet keine Blankettermächtigung an die Kommune, sich von allen Bindungen zu befreien, die ihr als Träger öffentlicher Gewalt auferlegt sind. 17 Auch ihr möglicher Aktionsradius bemißt sich nach der grundgesetzlich vorgezeichneten Kompetenzordnung 18, und die Befähigung, 12
Milder ausgedrückt: Steuervermeidungsmöglichkeiten zu nutzen. Dazu auch: R. Güpner, US-Cross-Border-Leasing, S. 277. 14 R. Güpner, US-Cross-Border-Leasing, S. 277; vgl. die Zahlen im 3. Teil, 4. Kap. b). 15 Siehe nur: P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 102 f.: „Gewiss ist es auf den ersten Blick ungewohnt, dass ein gemeindeeigener Gegenstand, mit dem Aufgaben der Daseinsvorsorge erfüllt werden, von der Gemeinde auch dazu genutzt wird, einmalige Einnahmen aus einer Finanztransaktion zu erzielen“. 16 Um einen Arbeitsbegriff zu erhalten, wird Gewinn hier als der Überschuß des Geldvermögenszuwachses über die Kosten verstanden; siehe dazu T. Franz, Gewinnerzielung durch kommunale Daseinsvorsorge. Zugleich eine Untersuchung zu den Zwecken und Formen der kommunalen wirtschaftlichen Betätigung, 2005, S. 18 ff., 22, der eine ausführliche Begriffsklärung vornimmt. 17 W. Löwer, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber, S. 418, 434 f.; i. d. S. W. Berg, Die wirtschaftliche Betätigung des Staates als Verfassungsproblem, in: GewArch 7/1990, S. 225 – 234, 228. 18 J.-C. Pielow, Gemeindewirtschaft im Gegenwind? Zu den rechtlichen Grenzen kommunaler Wettbewerbsteilnahme am Beispiel der Telekommunikation, in: NWVBl. 10/ 1999, S. 369 – 380, 372. 13
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6. Teil: Cross-Border-Leasing-Transaktionen als kommunale Aufgabe?
sich in eigener Verantwortung Aufgaben zu stellen, ist durch die Schranken der Gemeinwohlbezogenheit begrenzt. 19 Jede staatliche oder kommunale Tätigkeit unter dem Grundgesetz ist an die Verfolgung öffentlicher Interessen gebunden. Mit anderen Worten: Wann immer Staat oder Gemeinden tätig werden, müssen sie eine Aufgabe mit Gemeinwohlbezug benennen können. 20 Benennt die Gemeinde hingegen als ihr Ziel, Geld durch eine wie auch immer geartete Marktteilnahme verdienen zu wollen und ist sie zu anderen Zielformulierungen überzeugend nicht in der Lage, liegt auf der Hand, daß unmittelbar damit keine gemeinnützigen Interessen gefördert werden. In Betracht kommt zur Rechtfertigung reinen Gewinnstrebens nur ein mit dem Geldverdienen verbundener instrumenteller, mittelbarer Gemeinwohlbezug. 21 Richtig ist sicherlich, daß die Erzielung von Einnahmen mittelbar im öffentlichen Interesse liegt, wenn die Erträge zur Erfüllung rechtmäßiger Aufgaben verwendet werden. 22 Die Gemeinde würde jedoch so um der Finanzierung ihrer Aufgaben willen gewinnen, was sie nicht hat: Freiheit. 23 Der Umstand, daß die Erträge aus Cross-Border-LeasingTransaktionen in den Haushalt eingestellt werden sollen, reicht somit nicht aus, weil der Zweck nicht das Mittel heiligt. 24 Wollte man, wie Dirk Ehlers formuliert, „das bloße ‚Moneymaking‘ als Gemeinwohlbeitrag ansehen, [...] ließe sich das Tätigwerden des Staates überhaupt nicht mehr eingrenzen“. 25 Die Erforderlichkeit staatlichen und kommunalen Handelns bedürfte keiner Rechtfertigung mehr. Staat und Kommunen würden zu Privaten. Gerade dies ist nach dem Grundgesetz aber nicht zulässig. 26 „Die Ver19
W. Löwer, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber, S. 419, 434 f. W. Löwer, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber, S. 419, 434 f.; W. Berg, Die wirtschaftliche Betätigung des Staates als Verfassungsproblem, S. 228; siehe insbesondere: BVerfGE 50, 50 (51): „Die Bindung an das Gemeinwohl ist im übrigen selbstverständliche Voraussetzung jeder verfassungsrechtlich gebundenen Gesetzgebung“; BVerfGE 59, 216 (229); ausführlich dazu: 5. Teil, 3. Kap. II. und IV. 21 W. Löwer, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber, S. 419 f. 22 D. Ehlers, Rechtsprobleme der Kommunalwirtschaft, in: DVBl. 10/1998, S. 497 – 508, 499; A. Schink, Wirtschaftliche Betätigung kommunaler Unternehmen, in: NVwZ 2/2002, S. 129 – 140, 134. 23 Vgl. W. Löwer, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber, S. 420, 434 f. 24 I. d. S. D. Ehlers, Rechtsprobleme der Kommunalwirtschaft, S. 500. 25 Rechtsprobleme der Kommunalwirtschaft, S. 499; vgl. T. Franz, Gewinnerzielung durch kommunale Daseinsvorsorge, S. 415: „Das Zweckerfordernis würde sinnentleert, wenn man bereits die Absicht der Deckung künftiger Ausgaben oder der Entschuldung ausreichen ließe“; ganz i. d. S.: H.-J. Papier, Kommunale Daseinsvorsorge im Spannungsfeld zwischen nationalem Recht und Gemeinschaftsrecht, in: DVBl. 2003, S. 686 –697, 688 f.; a. A. H. D. Jarass, Kommunale Wirtschaftsunternehmen und Verfassungsrecht, in: DÖV 12/2002, S. 489 – 500, 490 ff. 26 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 261 ff., insb. S. 270 ff.; D. Ehlers, Rechtsprobleme der Kommunalwirtschaft, S. 499 f.; dazu ausführlich: 5. Teil, 3. Kap. V. 20
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fassung kennt nur konstituierte Staatlichkeit. Der von ihr konstituierte Staat hat nirgends wie ein Privater das Recht zur Beliebigkeit“. 27 Das gilt wegen Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG auch für die Gemeinden. 28 Dem Staat und den Gemeinden ist das Recht zur Autonomie, also die Privatheit, vorenthalten. 29 Die reine Einnahmeerzielungsabsicht, die für das Streben Privater typische Gewinnmaxime, steht daher weder Staat noch Gemeinden zu. Sie ist der Gesetzlichkeit nicht fähig. 30 Folglich ist die Durchführung von Cross-Border-Leasing-Transaktionen keine zulässige Aufgabe, die der Kommune durch Satzung übertragen werden könnte. e) Schon in der amtlichen Begründung zu § 67 DGO heißt es: „Es kann einer Gemeinde nie erlaubt sein, zu wirtschaften, wenn ihr einziges Ziel dabei das der Gewinnerzielung ist“. 31 Freilich beziehen sich diese Ausführungen auf die Errichtung und Erweiterung von wirtschaftlichen Unternehmen. 32 Doch, bleibt man beim Wortlaut der Begründung, ist anzuerkennen, daß eine Gemeinde mit der Durchführung von Cross-Border-Leasing-Transaktionen allemal wirtschaf27 K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, S. 154; zustimmend: W. Berg, Die wirtschaftliche Betätigung des Staates als Verfassungsproblem, S. 228; K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/1, S. 1407: „eine rechtlich verfaßte Organisations- und Wirkungseinheit, die nicht in der personalen Autonomie des Individuums gründet, sondern durch die aufgegebenen Zwecke und vorgegebenen Werte der Gemeinschaft legitimiert wird. [...] Staatlichkeit hat ihre Grundmotivation im öffentlichen Interesse, nicht in Privatnützigkeit“; R. Stober, Rein gewerbliche Betätigung der öffentlichen Hand und Verfassung, in: ZHR 145 (1981), S. 565 – 589, 589: „gilt die Maxime, daß die öffentliche Hand wegen ihrer Verpflichtung auf das Gemeinwohl nicht gleichzeitig eigennützig handeln darf, weil diese Handlungsweise den Bürgern vorbehalten ist“. 28 Siehe dazu: 5. Teil, 3. Kap. IV. d). 29 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 268 f., 276 f.; W. Löwer, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber, S. 418. 30 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 310 ff., 317 ff.; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 136; ders., Aussprache (Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber), in: VVDStRL 60 (2001), S. 615; W. Leisner, Werbefernsehen und Öffentliches Recht, S. 39 ff., 46: „die Absicht der Gewinnerzielung der öffentlichen Hand allein konstituiert keinen öffentlichen Zweck, ihre Verfolgung ist nicht Erfüllung öffentlicher Aufgaben“; H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 327 f.: „Aber eines ist hierbei in jedem Falle ausgeschlossen – das erwerbswirtschaftliche Motiv. Dieses ist das eigennützige Motiv schlechthin. Es wird daher durch die Unterwerfung allen staatlichen Handelns allein unter das Gemeinwohl absolut ausgeschlossen“. 31 2. Teil der Einzelbegründung zur Deutschen Gemeindeordnung, in: Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger 1935, Nr. 27. 32 § 67 Abs. 1 DGO: „Die Gemeinde darf wirtschaftliche Unternehmen nur errichten oder wesentlich erweitern, wenn 1. der öffentliche Zweck das Unternehmen rechtfertigt, 2. das Unternehmen nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zu der Leistungsfähigkeit der Gemeinde und zum voraussichtlichen Bedarf steht, 3. der Zweck nicht besser und wirtschaftlicher durch einen anderen erfüllt wird oder erfüllt werden kann“.
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tet. Schließlich nehmen die Gemeinden auf vielfältige Weise am Wirtschaftsleben teil, d. h. wenn eine Kommune wirtschaftlich tätig wird, muß es sich dabei nicht immer um eine Betätigung im Rahmen eines Unternehmens, also einer besonderen Einheit von Sachen und Personen, handeln. 33 Der Markt bietet Kommunen auch außerhalb der Unternehmenssphäre die Möglichkeit, Geld zu verdienen. Vermögenszuwächse können nicht nur mit der Produktion von Gütern und Dienstleistungen erzielt werden, sondern eben auch durch reine Finanztransaktionen in den verschiedenen Bereichen des sogenannten Investmentbanking. 34 Nachdem Cross-Border-Leasing-Transaktionen ausschließlich auf Gewinnerwirtschaftung ausgerichtet sind, können sie der Begründung zufolge nicht erlaubt sein. f) Die Vorschrift der Deutschen Gemeindeordnung wurde nach 1945 durch entsprechende Regelungen der Länder ersetzt. 35 Dabei kam es zwar zu unterschiedlichen Entwicklungen in den einzelnen Bundesländern, im Grundsatz wurde jedoch an den ursprünglichen Voraussetzungen des § 67 DGO festgehalten, 36 z. B. § 121 Abs. 1 HessGO: „Die Gemeinde darf wirtschaftliche Unternehmen errichten, übernehmen oder wesentlich erweitern, wenn 1. der öffentliche Zweck das Unternehmen rechtfertigt und dieser Zweck durch das Unternehmen wirtschaftlich erfüllt werden kann und 2. das Unternehmen nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Gemeinde und zum voraussichtlichen Bedarf steht.
Die Nachfolgevorschriften des § 67 DGO bilden dann auch den Rahmen, innerhalb dessen die Frage der Einnahme- und Gewinnerzielung durch Gemeinden heute überwiegend thematisiert wird. Dabei stellt nach nahezu einhelliger Meinung das bloße Ertrags- und Gewinnstreben keinen öffentlichen Zweck dar, der den Betrieb eines Unternehmens rechtfertigt. 37
33 B. E. Beck, Kommunale Unternehmen zwischen Selbstverwaltungsgarantie und Europarecht, S. 34. 34 P. Sester, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasings, S. 94. 35 Mit Ausnahme von Berlin, Hamburg und Bremen. 36 Einen Überblick über die Regelungen in den einzelnen Bundesländern gibt: A. Wellmann, Die Reformpläne der NRW-Landesregierung für die kommunale Wirtschaft, in: NWVBl. 1/2007, S. 1 ff.; dazu auch: A. Schink, Wirtschaftliche Betätigung kommunaler Unternehmen, S. 129 ff. 37 BVerfGE 61, 82 (107): „Dabei muß das Unternehmen unmittelbar durch seine Leistung, nicht nur mittelbar durch seine Gewinne und Erträge dem Wohl der Gemeindebürger dienen“; A. Schink, Wirtschaftliche Betätigung kommunaler Unternehmen, S. 134: „Wichtig ist weiter, dass kommunale wirtschaftliche Betätigung nur eine dienende Funktion haben kann und nichts anderes als eine Modalität der Erfüllung der den Kommunen zugewiesenen Aufgaben ist. Dieser Zusammenhang zwischen kommunalem Aufgaben-
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Wie die Praxis zeigt, stellt sich die Frage der Zulässigkeit der Gewinnerzielung jedoch nicht nur im Zusammenhang mit der Errichtung, Übernahme oder Erweiterung von Unternehmen. Weiter im Anwendungsbereich und klarstellend im Hinblick auf die Gewinnerzielungsabsicht ist Art. 87 Abs. 1 S. 2 BayGO, der mit dem Gesetz zur Änderung des kommunalen Wirtschaftsrechts vom 24. Juli 1998 38 in die Bayerische Gemeindeordnung eingefügt wurde: „Alle Tätigkeiten oder Tätigkeitsbereiche, mit denen die Gemeinde oder ihre Unternehmen an dem vom Wettbewerb beherrschten Wirtschaftsleben teilnehmen, um Gewinn zu erzielen, entsprechen keinem öffentlichen Zweck“;
wortgleich jetzt auch der neue § 116 Abs. 1 S. 2 GO LSA. Folgt man dem Wortlaut der Vorschrift, sind Aktivitäten wie Cross-BorderLeasing, die ausschließlich der Gewinnerzielung wegen durchgeführt werden, ausdrücklich ausgeschlossen. In der Vollzugsbekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern heißt es dazu auch: 39 „Der Gesetzgeber hat die Formulierung des Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GO über die keinem öffentlichen Zweck entsprechenden Tätigkeiten oder Tätigkeitsbereiche bewusst weit gefasst, um auch derartige Aktivitäten der Kommunen außerhalb kommunaler Unternehmen zu erfassen und auszuschließen“.
Allerdings wird an anderer Stelle (der Vollzugsbekanntmachung) ausgeführt: „Das Verbot ausschließlich oder überwiegend gewinnorientierter Tätigkeiten hindert die Gemeinde nicht an einer möglichst wirtschaftlichen Vermögensnutzung (Art. 95 Abs. 1 GO)“.
kreis und wirtschaftlicher Betätigung als Wahrnehmungsmodalität ginge verloren, reichte auch die mittelbare Förderung öffentlicher Zwecke als Rechtfertigungsgrund für die wirtschaftliche Betätigung kommunaler Gebietskörperschaften aus“; T. Franz, Gewinnerzielung durch kommunale Daseinsvorsorge, S. 414 m.w. N.; a. A. O. Otting, Öffentlicher Zweck, Finanzhoheit und fairer Wettbewerb – Spielräume kommunaler Erwerbswirtschaft, in: DVBl. 1997, S. 1258 – 1264, 1261 f.: Nach Ansicht Ottings garantiert das in der verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie mitenthaltene Recht auf eine angemessene Finanzausstattung den Kommunen in einer Situation kommunaler Unterfinanzierung die Ausschöpfung aller nichthoheitlichen Einnahmequellen; dazu soll auch die Erzielung von Gewinnen durch rein erwerbswirtschaftliche Betätigung gehören; i. d. S. (aber vorsichtiger): U. Cronauge, Welchen rechtlichen Rahmen braucht die kommunale Wirtschaft von morgen?, in: GemHH 6/1998, S. 131 – 137, 133, 135; siehe auch: J. Hellermann, Örtliche Daseinsvorsorge und gemeindliche Selbstverwaltung. Zum kommunalen Betätigungs- und Gestaltungsspielraum unter den Bedingungen europäischer und staatlicher Privatisierungs- und Deregulierungspolitik, 2000, S. 207. 38 BayGVBl. S. 424. 39 Hinweise zur Anwendung von Art. 87 GO, Art. 75 LKrO und Art. 73 BezO (Vollzugsbekanntmachung zum kommunalen Unternehmensrecht – VollzugsBekKUR) vom 03. 03. 2003, AllMBl. S. 57.
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Unterstützt wird diese Aussage durch die amtliche Begründung des Gesetzes zur Änderung des kommunalen Wirtschaftsrechts: 40 „Nicht unter Absatz 1 Satz 2 [des Art. 87] fallen Tätigkeiten zur Nutzung des kommunalen Vermögens“.
g) Die Möglichkeiten der wirtschaftlichen Nutzung vorhandenen kommunalen Vermögens werden in Literatur und Rechtsprechung unter dem Stichwort „Ressourcennutzung“ 41 (im Rahmen und Zusammenhang mit der unternehmerischen Betätigung von Gemeinden) erörtert. Den dabei beschriebenen Fällen der Ressourcennutzung ist gemeinsam, daß die Gemeinde vorhandenes Wirtschaftspotential nicht brachliegen läßt, „sondern zur Einnahmeerzielung nutzt, ohne dass die Nutzung als solche von einem besonderen öffentlichen Zweck getragen wird“. 42 Es geht also um die „planmäßige wirtschaftliche Ausschöpfung bereits vorhandener unternehmerischer Ressourcen“. 43 Man spricht insoweit auch von einer Gewinnmitnahme. Diese soll nach allgemeiner Auffassung grundsätzlich nicht ausgeschlossen sein. 44 Schulbeispiele der Ressourcennutzung sind die Verbrennung von Fremdmüll in einer Müllverbrennungsanlage (Kapazitätsauslastung), die Verwertung speziellen Erfahrungswissens, z. B. auf dem Gebiet der Trinkwasserversorgung (Vermarktung vorhandenen Know-hows) sowie die Vermietung von Werbeflächen auf öffentlichen Verkehrsmitteln oder in städtischen Sportanlagen und der Verkauf von Lizenzen für Software, die in der Kommune und für diese entwickelt worden ist (Nutzung vorhandenen Vermögens); 45 die hier in Rede stehenden Cross-Border-Leasing-Transaktionen sind wohl der zuletzt genannten Fallgruppe zuzuordnen. Dirk Ehlers zufolge müsse es sich bei der Nutzung sonst brachliegenden Wirtschaftspotentials nicht notwendigerweise um Randnutzungen von geringer 40
LT-Drs. Bayern 13/10828, S. 19. Vereinzelt ist auch von „Randnutzungen“ oder „Nebentätigkeiten“ die Rede. 42 N. Schulz, Kommentierung des Art. 87 BayGO, in: ders. / H.-J. Wachsmuth / W. Zwick / T. Bauer / P. Mühlbauer / G. Oehler / H. Stanglmayr / C. Winkler, Kommunalverfassungsrecht Bayern. Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern. Kommentar, Lfg. Juli 2007, S. 12; siehe insbesondere: BVerwGE 82, 29 (34). 43 C. Scharpf, Von „Ressourcennutzungen“ und „Annextätigkeiten“, in: DÖV 1/2006, S. 23 – 28, 23. 44 A. Schink, Wirtschaftliche Betätigung kommunaler Unternehmen, S. 134 ff.; D. Ehlers, Rechtsprobleme der Kommunalwirtschaft, S. 500 f.; C. Scharpf, Von „Ressourcennutzungen“ und „Annextätigkeiten“, S. 23 ff.; H. Pünder, Die kommunale Betätigung auf dem Telekommunikationssektor, in: DVBl. 23/1997, S. 1353 –1360, 1357 f.; J. Heimlich, Zur Zulässigkeit der Werbung von Hoheitsträgern am Beispiel der öffentlichen Feuerwehr, in: NVwZ 7/2000, S. 746 – 750, 747 f.; M. Moraing, Kommunale Wirtschaft zwischen Wettbewerb und Gemeindewirtschaftsrecht, in: GemHH 10/1998, S. 223 –229, 225. 45 C. Scharpf, Von „Ressourcennutzungen“ und „Annextätigkeiten“, S. 23 ff.; N. Schulz, Kommentierung des Art. 87 BayGO, S. 12 f.; D. Ehlers, Rechtsprobleme der Kommunalwirtschaft, S. 500. 41
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wirtschaftlicher Bedeutung handeln. So dürften die Gemeinden beispielsweise auch ihr Straßeneigentum kommerziell verwerten. 46 Auch bei Christian Scharpf stößt eine schlichte Vermögensnutzung auf „keine größeren Bedenken“. Sie erhalte ihre Legitimation durch das Rentabilitätsgebot des Art. 74 Abs. 2 BayGO sowie das des Art. 95 Abs. 1 BayGO. 47 Das Bundesverwaltungsgericht sieht die Ressourcennutzung ebenfalls durch das Wirtschaftlichkeitsprinzip gerechtfertigt: Es verpflichte die Verwaltung zu ökonomisch vernünftigem, sparsamen Wirtschaften unter Ausnutzung ihres Wirtschaftspotentials. 48 Nach Alexander Schink ist die Nutzung brachliegenden Wirtschaftspotentials nur insoweit zulässig, als „es um sinnvolle und untergeordnete Nebengeschäfte geht, die dazu dienen, vorhandene freie Kapazitäten zu nutzen und lediglich unter der Voraussetzung, dass die Betätigung in einem engen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit steht“. 49 Bereits diese geringe Auswahl an Stimmen aus Literatur und Rechtsprechung macht deutlich, wie weit die Ansichten in dieser Frage auseinander gehen, und wie schwierig es sich demnach darstellt, im Einzelfall zu entscheiden, ob eine Nebentätigkeit noch zulässig sein soll oder nicht. Anhand welcher Kriterien will man die Grenze ziehen? Wann handelt es sich um ein sinnvolles und untergeordnetes Nebengeschäft, was geht darüber hinaus? Das Bundesverwaltungsgericht macht die Grenzen der Zulässigkeit dort aus, wo die Nutzung über den Funktionsbereich des Verwaltungsträgers hinausgehe, mit den öffentlichen Zwecken der Verwaltungstätigkeit nicht mehr vereinbar sei oder die sachgerechte Aufgabenerledigung beeinträchtigt werde. 50 Ist demnach eine Beeinträchtigung in der sachgerechten Aufgabenerledigung anzunehmen, wenn die Gemeinde strukturelle oder organisatorische Änderungen hinsichtlich der Rechtsform, in der eine Anlage betrieben wird, sowie ihrer Ausgestaltung und rechtlichen Eingliederung in das kommunale Gesamtgefüge nur unter bestimmten Bedingungen vornehmen darf, die in einem mit einem U.S.-Unter46
Rechtsprobleme der Kommunalwirtschaft, S. 500. Von „Ressourcennutzungen“ und „Annextätigkeiten“, S. 23; i. d. S. H. Köhler, Das neue kommunale Unternehmensrecht in Bayern, in: BayVBl. 1/2000, S. 1 –12, 6. Art. 74 Abs. 2 BayGO: „Die Vermögensgegenstände sind pfleglich und wirtschaftlich zu verwalten und ordnungsgemäß nachzuweisen. Bei Geldanlagen ist auf eine ausreichende Sicherheit zu achten; sie sollen einen angemessenen Ertrag bringen“. Art. 95 Abs. 1 BayGO: „Eigenbetriebe und Kommunalunternehmen sind unter Beachtung betriebswirtschaftlicher Grundsätze und des Grundsatzes der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit so zu führen, daß der öffentliche Zweck erfüllt wird. Entsprechendes gilt für die Steuerung und Überwachung von Unternehmen in Privatrechtsform, an denen die Gemeinde mit mehr als 50 v. H. beteiligt ist [...]“. 48 BVerwGE 82, 29 (34). 49 Wirtschaftliche Betätigung kommunaler Unternehmen, S. 135. 50 BVerwGE 82, 29 (34); dazu auch: N. Schulz, Kommentierung des Art. 87 BayGO, S. 13. 47
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nehmen abgeschlossenen Vertrag festgelegt sind? 51 Ist eine Beeinträchtigung anzunehmen, wenn die Gemeinde Vermögensgegenstände, die sie zur Aufgabenerfüllung nicht braucht, trotzdem in einem funktionstüchtigen Zustand halten muß? 52 Das ist wohl nicht von der Hand zu weisen. h) Darüber hinaus gilt es folgendes zu bedenken: Wird die Gemeinde im Verlauf der Transaktion infolge einer Vertragsverletzung schadensersatzpflichtig (Zahlung des Kündigungswertes) 53 oder wird sie verpflichtet, die Zahlungsübernahmebanken wegen Ratingverschlechterung oder Zahlungsunfähigkeit zu ersetzen 54, muß sie, sofern der vereinnahmte Nettobarwertvorteil nicht ausreicht, auf eigene Mittel zurückgreifen, um diesen Verpflichtungen nachkommen zu können. Wie oben dargestellt, übersteigt der von der Kommune im Falle einer Vertragsverletzung zu entschädigende Renditeverlust den Nettobarwertvorteil in den ersten beiden Dritteln der Laufzeit des Rückmietvertrages; d. h. erst nach etwa zwei Dritteln der Laufzeit ist es der Gemeinde überhaupt möglich, die Transaktion ohne Verluste zu beenden. Werden zusätzliche finanzielle Mittel benötigt (und diese Möglichkeit ist immer ins Kalkül einzubeziehen), werden Steuermittel ohne Gemeinwohlförderung verbraucht. Steuern werden dem Staat jedoch nur zum Zwecke der Staatsaufgabenfinanzierung zugewendet. 55 Auch das Bundesverfassungsgericht hat ausgeführt, daß dem Staat Steuermittel zur Verwendung für das gemeine Wohl anvertraut sind 56 und nicht als Wagniskapital oder zur Verlustdeckung bei spekulativen Geschäften. 57 Der Staat darf sich nicht dem Markt und seinen Risiken, insbesondere dem Verlustrisiko aussetzen. 58 Darüber hinaus wären in einem solchen Fall auch personelle Ressourcen verschwendet – gemeint ist insbesondere die Arbeitszeit der kommunalen Mitarbeiter und Vertreter, die an der Vorbereitung und Ausarbeitung der Transaktionsverträge beteiligt waren. i) Doch, unabhängig von der Risikofrage darf auch in der Diskussion um die Ressourcennutzung nicht außer acht gelassen werden, daß die Indienstnah51
Siehe dazu: 3. Teil, 3. Kap. I. Dazu: 3. Teil, 3. Kap. II. 53 Dazu: 3. Teil, 4. Kap. 54 Dazu: 3. Teil, 5. Kap. 55 Siehe dazu: W. Löwer, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber, S. 421; K. A. Schachtschneider, Aussprache (Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber), S. 615. 56 BVerfGE 44, 125, (143). 57 An dieser Stelle ist an den Fall der Stadt Sankt Augustin zu erinnern: Dort kam das unter Einbringung der Kläranlage und des Kanalnetzes geplante C.B.L.-Geschäft nicht zustande. Die bis zum Zeitpunkt des Abbruchs der Vertragsverhandlungen angefallenen Kosten für das Tätigwerden einer Rechtsanwaltskanzlei in Höhe von 272.600 Euro mußte die Stadt übernehmen; siehe dazu: 3. Teil, 2. Kap. Abschnitt b). 58 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 316: „Der Staat kann und darf nicht von Privatunternehmen diszipliniert werden“; siehe auch: ders., Fallstudien zum Öffentlichen Wirtschaftsrecht, S. 63. 52
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me und Nutzung öffentlicher Sachen wie alles Staatliche und alles Kommunale an das Prinzip der Gesetzmäßigkeit gebunden ist. Nur in den Grenzen der gesetzlichen oder satzungsmäßigen Ermächtigung bestehen Handlungsbefugnisse und nur in diesen Grenzen ist die Ausübung der Sachherrschaft möglich. Ein weitergehendes staatliches oder kommunales Tätigwerden verstößt gegen den Widmungszweck. 59 Ganz gleich also, ob es sich um sinnvolle und untergeordnete Nebengeschäfte oder um Ressourcennutzungen von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung handelt, es bedarf einer Aufgabenzuweisung durch Gesetz oder Satzung. Daß die Gewinnmaxime nicht Gegenstand eines Gesetzes oder einer Satzung sein kann, wurde bereits gezeigt. 60 Daß aber gerade in der Gewinnerzielung der alleinige Zweck der Ressourcennutzung besteht, geht aus dem Schrifttum klar hervor. 61 Insofern erfolgt die Nutzung ohne gesetzliche Grundlage und ist damit rechtswidrig. Gewinnorientiertes Handeln des Staates kann nicht dadurch legitimiert werden, daß es als Rand- oder Ressourcennutzung deklariert wird. 62 Staatliches Handeln bedarf immer einer Ermächtigung. In einem Rechtsstaat darf sie nicht davon abhängig gemacht werden, ob es sich um Haupt- oder Nebentätigkeiten handelt. Eine solche Differenzierung wäre willkürlich. 63 Darüber hinweg retten kann auch nicht eine mißbräuchliche Auslegung des Wirtschaftlichkeitsgebots. Wirtschaftliche Verwaltung des Vermögens bedeutet, daß der finanzielle Verwaltungs- und Unterhaltungsaufwand in einem möglichst günstigen Verhältnis sowohl zu dem mit dem Gegenstand verfolgten Zweck als auch zum Wert des Gegenstandes stehen muß. Zu einer wirtschaftlichen Verwaltung gehört insofern auch, daß sich die Gemeinde gegen Vermögensschäden versichert. Einhergehend mit einer pfleglichen Verwaltung sollen die Vermögensgegenstände möglichst lange der Aufgabenerfüllung dienen können und der Wertverlust möglichst gering gehalten werden. 64 Die Gewinnerzielung legitimiert Art. 74 Abs. 2 S. 1 BayGO jedoch nicht. 65 59
Dazu: 5. Teil, 4. Kap. III. Siehe oben Abschnitt d). 61 Siehe davon nur: C. Scharpf, Von „Ressourcennutzungen“ und „Annextätigkeiten“, S. 23: „Aufgrund der mit ihr verbundenen rein erwerbswirtschaftlichen Gewinnerzielung droht die Ressourcennutzung mit Art. 87 Abs. 1 Satz 2 BayGO zu kollidieren“. 62 Siehe nur: BVerwGE 82, 29 (33): „nicht schon deshalb rechtswidrig ist, weil sie nicht auf einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung beruht“; C. Scharpf, Von „Ressourcennutzungen“ und „Annextätigkeiten“, S. 23: „ohne dass die Nutzung als solche von einem besonderen öffentlichen Zweck getragen wird“. 63 Zur Frage, woran man die Grenzen einer solchen Nutzung festmachen will, siehe oben Abschnitt g). 64 C. Masson / R. Samper / M. Bauer / T. Böhle / G. Ecker, Bayerische Kommunalgesetze. Gemeindeordnung. Landkreisordnung. Bezirksordnung. Kommentar, 88. Lfg. Au60
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Mit Art. 87 Abs. 1 S. 2 BayGO und § 116 Abs. 1 S. 2 GO LSA bleibt somit festzuhalten: Alle Tätigkeiten, mit denen die Gemeinde an dem vom Wettbewerb beherrschten Wirtschaftsleben teilnimmt, um Gewinn zu erzielen, entsprechen keinem öffentlichen Zweck. Die Durchführung von U.S.-Cross-Border-LeasingTransaktionen ist deshalb keine Aufgabe, die eine Gemeinde zulässigerweise für sich in Anspruch nehmen darf. j) Hinter alledem verbirgt sich das bekannte Problem der Fiskusdoktrin. 66 Wenn man, wie Dirk Ehlers es formuliert, den Gemeinden die kommerzielle Verwertung ihres „Eigentums“ zugesteht, 67 ohne daß diese Randnutzung „als solche von einem besonderen öffentlichen Zweck getragen wird“, 68 bleibt dem Fiskus auch weiterhin ein offenes „Hintertürchen“ erhalten. 69 Man will es dem Staat nicht gänzlich verwehren, sich privatrechtlich zu verhalten. 70 Die private Rechtsfähigkeit setzt aber Privatheit voraus, das Recht zur freien Willkür, das Recht zur Alleinbestimmtheit, das das Wesen des Privaten definiert. Nur das Recht zur Privatheit rechtfertigt es, Gewinn anzustreben; nur das Recht zur Privatheit rechtfertigt es, mit dem Eigentum nach Belieben zu verfahren. Dem Privatmann ist die Spekulation mit seinem Eigentum deshalb auch nicht verwehrt; dem Staat aber ist sie versagt. 71 Der Staat hat keine private Existenz, 72 sondern ausschließlich eine demokratische, weil „alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht“ gust 2007, Art. 74 GO, Rdn. 7: Die Pflege von gemeindlichen Vermögensgegenständen endet dort, wo eine weitere Unterhaltung unwirtschaftlich wäre und eine Neubeschaffung infrage kommt; R. Thiele, Niedersächsische Gemeindeordnung. Kommentar, 5. Aufl. 1999, § 96, Nr. 3: „so zu verwenden, daß mit ihrem möglichst geringen Einsatz ein möglichst großer Erfolg erzielt wird“; F. Krämer / J. Sennewald, Kommentierung des § 89 GO NRW, in: F. W. Held / E. Becker / H. Decker / R. Kirchhof / F. Krämer / R. Wansleben (Hrsg.), Kommunalverfassungsrecht Nordhein-Westfalen. Gemeindeordnung für das Land NordrheinWestfalen (GO NRW). Kommentar, Mai 2004, S. 2: „ausreichende Aufgabenerfüllung mit dem geringsten Mitteleinsatz“. 65 A. A. N. Schulz, Kommentierung des Art. 74 BayGO, in: ders. / H.-J. Wachsmuth / W. Zwick / T. Bauer / P. Mühlbauer / G. Oehler / H. Stanglmayr / C. Winkler, Kommunalverfassungsrecht Bayern. Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern. Kommentar, Lfg. Juli 2007, S. 3. 66 Dazu: 5. Teil, 3. Kap. V. 67 Rechtsprobleme der Kommunalwirtschaft, S. 500. 68 C. Scharpf, Von „Ressourcennutzungen“ und „Annextätigkeiten“, S. 23. 69 H. Krüger, Das besondere Gewaltverhältnis, S. 120: „Wie ist es möglich, daß der Staat als ein ausschließlich durch das Gemeinwohl bestimmtes und auf hoheitliches Handeln verwiesenes Wesen, sich selbst in ein kommerziell motivierendes und zivilrechtlich handelndes Gebilde verwandeln kann?“. 70 Die in dieser Hinsicht immer noch bestehenden Fehlvorstellungen kommen in der Antwort der Landesregierung Sachsen-Anhalts (erstellt vom Ministerium des Innern) auf eine Kleine Anfrage zu den rechtlichen Aspekten der Cross-Border-Leasingverträge unmißverständlich zum Ausdruck: „Leasinggeschäfte sind dem Privatrecht zuzuordnen. Dort herrscht Vertragsfreiheit, das heißt, dass alles erlaubt ist, was nicht gegen ein gesetzliches Verbot verstößt“, LT-Drs. Sachsen-Anhalt 3/5393, S. 3.
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(Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG). Dementsprechend sind die der Sachwalterschaft des Staates unterstehenden Güter auch nicht durch ihre Ertragskraft, sondern durch ihre Aufgabennützigkeit legitimiert. 73 Sie sind nicht Selbstzweck, sondern Mittel zur „Verwirklichung des guten Lebens aller in allgemeiner Freiheit“. 74
71 Vorsichtiger: C. Behr, Oeffentlicher Grund und Staatsgrund im hamburgischen Verwaltungsrecht, in: Hans. Rechts- und Gerichts-Zeitschrift, Abt. A, 13 (1930), Sp. 135 ff., Sp. 141. 72 H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 327 f.: „das erwerbswirtschaftliche Motiv. Dieses ist das eigennützige Motiv schlechthin“. 73 W. Löwer, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber, S. 420. 74 K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, S. 354.
Zusammenfassung Struktur einer U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion (2. Teil) 1. Zwischen 1999 und 2003 haben deutsche Kommunen mehr als 150 U.S.Cross-Border-Lease-Transaktionen in Form von service-contract-Modellen abgeschlossen. Gegenstand der Transaktionen sind langlebige Wirtschaftsgüter, die selbständige Wertschöpfungseinheiten darstellen und einen erheblichen wirtschaftlichen Wert verkörpern (z. B. Müllverbrennungsanlagen, Klärwerke, Kanalnetze, Messehallen, Schienenfahrzeuge). Als minimaler Grenzwert galt ein Transaktionsvolumen von 100 Mio. U.S.-Dollar. Den Vermögensgegenstand vermietet die Kommune im Rahmen eines Hauptmietvertrages an einen U.S.-amerikanischen Trust, der den Transaktionsgegenstand unmittelbar an die Kommune zurückvermietet. Für das Hauptmietverhältnis ist in der Regel eine Laufzeit von 99 Jahren vorgesehen; das Rückmietverhältnis läuft über einen Zeitraum von 20 bis 35 Jahren. Wirtschaftlich aus dem Trust Berechtigter ist ein U.S.-amerikanischer Eigenkapitalinvestor, der den Trust ausschließlich zum Zweck der Durchführung einer einzigen Transaktion errichtet. Während der Laufzeit des Rückmietvertrages ist die Kommune zur uneingeschränkten Nutzung des Transaktionsgegenstandes berechtigt. Für den Zeitpunkt des Ablaufs des Rückmietvertrages ist der Kommune die Option eingeräumt, die Transaktion gegen Zahlung eines bereits bei Vertragsschluß vereinbarten Preises zu beenden (Kaufoption). Macht die Kommune von der Option keinen Gebrauch, kann der Trust den unmittelbaren Besitz am Transaktionsgegenstand für die restliche Laufzeit des Hauptmietvertrages herausverlangen und es schließt sich in der Regel ein Dienstleistungsvertrag (service contract) an. Danach ist der Trust verpflichtet, die Anlage selbst zu betreiben oder von einem qualifizierten Dritten betreiben zu lassen und der Kommune die erwirtschaftete Leistung gegen Entgelt zur Verfügung zu stellen. Abgesehen von diesen Kernbeteiligten sind mehrere Finanzinstitute in die Transaktion involviert. In der Anbahnungs- und Umsetzungsphase wurden verschiedene Anwälte (deutsches und U.S.-amerikanisches Recht), Berater und Gutachter tätig. Eine Schlüsselfunktion hatte der Arrangeur. Er übernahm das Projektmanagement, wozu insbesondere die Vermittlung eines geeigneten Investors, die Koordinierung der Prüfungs- und Vorbereitungsarbeiten sowie die Vertragsverhandlung mit dem Investor gehörten (1. Kap.).
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2. Der Trust erbringt die nach dem Hauptmietvertrag geschuldeten Mietraten im Zeitpunkt des Vertragsschlusses als Einmalzahlung im voraus. Die Höhe dieser Zahlung entspricht dem Verkehrswert der in die Transaktion eingebrachten Gegenstände (Transaktionsvolumen). Die dafür erforderlichen finanziellen Mittel stammen aus einer Einlage des U.S.-Eigenkapitalinvestors und zwei Bankdarlehen. Die Kommune zahlt einen Großteil dieses Betrages an Finanzinstitute. Diese verpflichten sich im Gegenzug, sowohl die von der Kommune nach dem Rückmietvertrag geschuldeten Mietzahlungen als auch den bei Ausübung der Kaufoption fälligen Preis zu erbringen (Zahlungsübernahmevereinbarungen). Die Zwischenschaltung der Banken dient der Sicherung der Zahlungsansprüche des Trusts; für die Kommune ist – unter der Annahme eines planmäßigen Transaktionsverlaufes mit Ausübung der Kaufoption – die Finanzierung der Transaktion zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses wirtschaftlich abgeschlossen. Einen Teil der im Auftrag der Kommune zu leistenden Mietzahlungen verwendet der Trust zur Rückführung der Kredite (2. Kap. I. 1.–3.). Die Differenz zwischen der Mietvorauszahlung des Trusts einerseits und der Summe der an die Finanzinstitute gezahlten Beträge sowie sämtlicher Transaktionskosten andererseits ergibt den Nettobarwertvorteil, der der Kommune als Gegenleistung für ihre Mitwirkung an der Transaktion verbleibt. Die Höhe des Nettobarwertvorteils ist u. a. abhängig von der Art, dem Alter und der Restnutzungsdauer des Transaktionsgegenstandes, den Zinssätzen, dem U.S.-DollarKurs, den Anforderungen des Eigenkapitalinvestors hinsichtlich Sicherheit und Rendite sowie der Höhe der Transaktionskosten (2. Kap. I. 4.). 3. Nimmt die Kommune am Ende der Laufzeit des Rückmietvertrages die Option wahr, die dem Trust nach dem Hauptmietvertrag zustehenden Nutzungsrechte zu erwerben und dadurch die Transaktion zu beenden, überweisen die beteiligten Zahlungsübernahmebanken den bei Vertragsabschluß hinterlegten und entsprechend aufgezinsten Optionspreis (2. Kap. II.). Wenn die Transaktion nicht bis zum Ende der Laufzeit des Rückmietvertrages besteht, verliert der U.S.-Investor einen Teil seines Steuervorteils. Dieser Nachteil kann für jeden Monat der Laufzeit bereits bei Abschluß der Transaktion berechnet werden und ist von der Kommune in Form des Kündigungswertes als pauschalisierter Schadensersatz an den Investor zu zahlen, wenn ihr die Beendigung der Transaktion zuzurechnen ist. Der Kündigungswert (termination value) wird zeitlich gestaffelt in den Verträgen vereinbart, so daß die Renditeerwartungen des Eigenkapitalinvestors in jedem Abbruchzeitpunkt gedeckt sind (2. Kap. III.). 4. Die gesamte Konstruktion wurde mit der Zielsetzung geschaffen, dem U.S.-Investor einen Steuervorteil zu verschaffen. Durch die Übertragung eines langfristigen Nutzungsrechts erlangte der Trust nach den Maßstäben des U.S.Steuerrechts das wirtschaftliche Eigentum am Transaktionsgegenstand und da-
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mit eine Rechtsposition, die ihn berechtigte, Abschreibungen geltend zu machen. Daneben konnten die Mietzahlung nach dem Hauptmietvertrag, die Zinsen auf das zur Finanzierung der Zahlung aufgenommene Fremdkapital sowie alle anfallenden Transaktionskosten steuerlich als Aufwand angesetzt werden. Im Oktober 2004 wurde der „American Jobs Creation Act of 2004“ in Kraft gesetzt. Mit diesem Gesetz wurde die steuerliche Begünstigung von Transaktionen, die nach dem 12. März 2004 abgeschlossen wurden, abgeschafft. Kurze Zeit später hat die U.S.-Bundessteuerbehörde in einer offiziellen Stellungnahme auch Leasing-Transaktionen, die vor dem Stichtag abgeschlossen wurden, die steuerliche Anerkennung grundsätzlich versagt. Zur Begründung führte die Behörde aus, daß der Steuerpflichtige nicht Nutzen und Lasten des Eigentums erwerbe und infolgedessen nicht die Steuervorteile als Eigentümer der Gegenstände beanspruchen könne (2. Kap. IV.). 5. Transaktionsaufbau und Finanzierungsstruktur werden mittels einer Reihe von zeitgleich und in gegenseitiger Abhängigkeit geschlossener Einzelverträge geschaffen, die zumeist dem Recht des U.S.-Bundesstaates New York unterliegen. Der Rahmenvertrag (participation agreement), der zwischen allen Transaktionsparteien abgeschlossen wird und die verschiedenen Parteien der einzelnen Verträge auch im Verhältnis zum jeweils Dritten vertraglich bindet, enthält eine Beschreibung des Transaktionsablaufs sowie des Transaktionsgegenstandes und definiert die Rolle jeder Partei innerhalb der Transaktionsstruktur, ebenso die Bedingungen und Voraussetzungen ihrer Beteiligung. Der Pflichtenkatalog des Rahmenvertrags umfaßt solche Pflichten, die für alle und nicht nur für einzelne Transaktionsbeteiligte von Bedeutung sind. Ähnlich verhält es sich mit den Zusicherungen und Gewährleistungen, die den Zustand des Transaktionsgegenstandes und bestimmte Rechtsverhältnisse in Bezug auf dieses Objekt festschreiben. Des weiteren ist geregelt, von welchen rechtlichen und steuerlichen Nachteilen die Kommune den Trust sowie die übrigen Transaktionsbeteiligten freizustellen hat. Der Rahmenvertrag legt außerdem die Voraussetzungen fest, unter denen der Trust berechtigt ist, beschränkte persönliche Dienstbarkeiten an Grundstücken, auf denen sich wesentliche Anlagenteile befinden, zur Eintragung kommen zu lassen. Je nach Vertragsgestaltung enthält er auch Regelungen über die Bestellung eines aufschiebend bedingten Nießbrauchs an rechtlich mobilen Teilen der Anlage. Die weiteren bi- und multilateralen Verträge bilden lediglich Anlagen zu diesem Rahmenvertrag (3. Kap. I.). 6. Der Hauptmietvertrag ist ein bilateraler Vertrag zwischen der Kommune und dem Trust und hat die Übertragung der Nutzungsrechte am Transaktionsgegenstand an die U.S.-amerikanische Vertragspartei zur Folge. Er regelt die Höhe der Mietvorauszahlung und enthält eine Auflistung der als Vertragsverletzung
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geltenden Handlungen des Trusts sowie der der Kommune in einem solchen Fall zustehenden Rechte. Die Laufzeit des Hauptmietverhältnisses bestimmt sich anhand der nach U.S.-Recht zu beurteilenden betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer der Wirtschaftsgüter. Sie ist in der Regel mit 130% der Restnutzungsdauer der Vermögensgegenstände vereinbart (3. Kap. II.). 7. Die Laufzeit des Rückmietvertrages (sub lease) beträgt etwa die Hälfte der Restnutzungsdauer der Vermögensgegenstände. Er regelt neben dem participation agreement alle weiteren Rechte und Pflichten der Kommune. Dazu zählt die Verpflichtung zur Mietzahlung ebenso wie die Verpflichtung, die Anlage in Übereinstimmung mit den von den Parteien getroffenen Vereinbarungen sowie den anwendbaren deutschen Gesetzen zu betreiben. Reparatur, Wartung und Versicherung des Mietgegenstandes verbleiben im Verantwortungsbereich der Kommune. Wesentlicher Bestandteil des Rückmietvertrages ist daneben eine Aufstellung der Handlungen und Ereignisse, die als Vertragsverletzung der Kommune gelten. Diese beinhaltet Zahlungsverzug, die Nichtaufrechterhaltung vereinbarter Sicherheiten, die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über die Kommune sowie die Nichterfüllung bestimmter vertraglicher Pflichten. Kommt es zu einer Vertragsverletzung, kann der Trust von verschiedenen, ebenfalls im Rückmietvertrag verankerten Sanktionsmöglichkeiten Gebrauch machen. Dazu gehört das Recht, den Rückmietvertrag zu kündigen und die Kommune zur Zahlung des Kündigungswertes zu verpflichten. Die Kosten einer vorzeitigen Vertragsbeendigung muß die Kommune auch im Falle des Verlustes, Untergangs, Diebstahls oder wirtschaftlichen Totalschadens einzelner oder aller Transaktionsgegenstände tragen, sofern sie sich gegen eine Ersatzbeschaffung oder den Wiederaufbau der Gegenstände entscheidet (3. Kap. III.). 8. Der service contract und das nach diesem Vertrag gültige Preissystem werden bereits bei Abschluß der Transaktion strukturiert. Innerhalb dieser Struktur übernimmt der U.S.-Trust die Funktion des Dienstleistungserbringers (service provider). Er hat das Recht, die Anlage selbst zu betreiben oder durch einen qualifizierten Dritten betreiben zu lassen. Als Dienstleistungsempfänger tritt in der Regel die Kommune in das Vertragsverhältnis ein (service recipient). Über die Einnahmen aus der Bereitstellung der Leistung des Transaktionsgegenstandes sichert der Dienstleistungsvertrag dem Investor eine bestimmte Anlagenrendite im Falle der Nichtausübung der Kaufoption (3. Kap. IV). 9. Die Zahlungsübernahmevereinbarungen (payment undertaking agreement) haben keine schuldbefreiende Wirkung, die Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Trust bleibt bestehen. Je nach Ausgestaltung im einzelnen entsprechen die Vereinbarungen einer Erfüllungsübernahme oder einem Schuldbeitritt. Vereinbaren die Kommune und das Finanzinstitut, daß dem Trust ein eigenes Forderungsrecht gegenüber dem Finanzinstitut zustehen soll, oder wird der Trust un-
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mittelbar Partei des Vertrages, kommt dies einem Schuldbeitritt nahe. Bei einem Schuldbeitritt entsteht eine Gesamtschuldnerschaft, die eine Sicherungsfunktion hat und die Rechtsstellung des Gläubigers verstärkt. Erwirbt der Trust kein eigenes Forderungsrecht gegen das Finanzinstitut, entspricht der Vertrag einer Erfüllungsübernahme, einem internen Verpflichtungsgeschäft zwischen Schuldner und Übernehmer (3. Kap. V.). 10. Die Darlehensverträge bestehen zwischen dem Trust und den Kreditgebern. Die Kommune ist nicht Vertragspartei. Der Betrag, den die Kreditgeber zur Verfügung stellen, deckt etwa 85% der Mietvorauszahlung ab. Der Trust gewährt den Kreditgebern ein Sicherungsrecht an seinen Rechten aus dem Hauptmietvertrag, dem Rückmietvertrag und bestimmten anderen Rechten aus den Transaktionsverträgen (3. Kap. VI.). 11. Die Steuerfreistellungsvereinbarung (tax indemnity agreement) ist ein bilateraler Vertrag zwischen dem U.S.-Investor und der Kommune und regelt die Risikoverteilung für den Fall, daß die Transaktion nicht zu den erwarteten Steuerstundungseffekten führt. Nicht zuletzt in Anbetracht der Gesetzesänderung im Oktober 2004 kommt ihr eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung zu. In den beiden zentralen Bereichen ist das U.S.-Einkommensteuerrisiko dem Investor zugewiesen: Das betrifft zum einen nachteilige Änderungen in der U.S.Steuergesetzgebung; zum anderen das Risiko, daß der Tatbestand, der durch die Transaktion geschaffen werden soll, von den U.S.-Steuerbehörden und U.S.Gerichten auch tatsächlich anerkannt wird, d. h. daß der Trust die Anlage wie geplant abschreiben kann. Die Kommune hat den Investor hingegen für entgangene Steuervorteile zu entschädigen, wenn der Verlust aus der falschen Abgabe oder der Verletzung spezifischer Zusicherungen und Gewährleistungen oder der Nichterfüllung bestimmter vertraglicher Verpflichtungen resultiert. Sie trägt auch das Risiko, daß wesentliche Modifikationen an der Anlage zu einer nachteiligen steuerrechtlichen Bewertung der Transaktion führen (3. Kap. VII.). 12. Ein Trust ist ein treuhänderisches Rechtsverhältnis. Er entsteht, indem der Begründer des Trusts das rechtliche Eigentum an Vermögensgegenständen an einen Treuhänder mit der Verpflichtung überträgt, dieses Vermögen zugunsten Dritter zu verwalten. Im Rahmen von Cross-Border-Leasing-Transaktionen fallen Errichter und Begünstigter in der Person des Investors zusammen. Mit der Zwischenschaltung des Trusts wird die Absicht verfolgt, die Rechte aus der Transaktion vom Vermögen des Investors möglichst weit zu separieren, um das im Trust befindliche Vermögen vor Gläubigern des Investors, insbesondere im Falle eines Konkurses zu schützen. Gleichzeitig sollte ein Rechtssubjekt geschaffen werden, das steuerlich neutral Abschreibungsmöglichkeiten hinsichtlich des betreffenden Transaktionsgegenstandes auf die Eigenkapitalinvestitionen überleitet (3. Kap. VIII.).
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Risiken (3. Teil) 13. Die Durchführung einer U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktion ist mit Risiken verbunden. Diese hängen nicht zuletzt von der konkreten Vertragsgestaltung im Einzelfall ab, sie sind also auch Verhandlungssache. Die Hauptrisiken sind jedoch im wesentlichen strukturimmanent. 14. Cross-Border-Leasing-Transaktionen basieren auf einem umfangreichen, in englischer Sprache abgefaßten Vertragswerk, das weitgehend dem Recht des Bundesstaates New York unterliegt. Auch der Gerichtsstand liegt in den U.S.A. Mit der fremden Rechts- und Interessenlage ist und war die Kommune letztlich nicht vollständig vertraut und daher außer Stande, die Transaktionsverträge und die damit einhergehenden Risiken aus eigener Kraft umfassend zu beurteilen. Bei den Vertragsverhandlungen dürfte sie deshalb in der schwächeren Position gewesen sein. Gleichzeitig war sie ganz erheblich auf Berater angewiesen. Diese stellten für gewöhnlich eine zusammenfassende Transaktionsbeschreibung (in deutscher Sprache) zur Verfügung, auf deren Grundlage in der Regel die Erörterung, Beratung und Beschlußfassung durch die kommunale Vertretungskörperschaft erfolgten. Die Originalverträge lagen zu dem Zeitpunkt ohnehin noch nicht vor. Im Ergebnis hat die Kommune einen Vertrag abgeschlossen, den sie, wenn sie ihn überhaupt gelesen hat, nicht verstehen kann, während die Berater, auf deren Arbeit sich die Kommune stützte, zugleich noch eigene geschäftliche Interessen verfolgten (1. Kap.). 15. Kam eine Transaktion nicht zustande, mußte, sofern nicht der Investor selbst von weiteren Verhandlungen Abstand nahm, grundsätzlich die Kommune die bis dahin angefallenen Berater-, Gutachter- und Anwaltskosten tragen. Umstände, die zu einem Abbruch der Vertragsverhandlungen führen konnten, waren technische Probleme mit dem Transaktionsgegenstand, Differenzen hinsichtlich wesentlicher Transaktionsbedingungen sowie die fehlende Zustimmung der Gemeinderäte oder Genehmigungsbehörden. Dieses Risiko ließ sich insofern minimieren, als die Kommune mit dem Arrangeur eine Kostenübernahme für den Fall des Verhandlungsabbruchs vereinbaren konnte. Die Gestaltungsmöglichkeiten in diesem Bereich reichten von einer vollständigen Kostenübernahme über eine festgelegte Selbstbeteiligung bis hin zu einer mit Fortschreiten der Vertragsverhandlungen steigenden Beteiligung der Kommune. Dabei barg eine vollständige Kostenübernahme die Gefahr, daß der Arrangeur die Interessen der Kommune im Rahmen der Verhandlungen nur mangelhaft vertreten würde, um einen Vertragsabschluß sicherzustellen. Vereinbarte die Kommune hingegen eine Kostenbeteiligung, sank womöglich ihre Bereitschaft, die Verhandlungen bei auftretenden Bedenken abzubrechen (2. Kap.). 16. Der Abschluß einer Cross-Border-Leasing-Transaktion schränkt den Handlungs- und Entscheidungsspielraum der Kommune in organisatorischer wie in operativer Hinsicht ein. Änderungen der Rechtsform, in der der Transaktionsge-
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genstand betrieben wird, oder Umstrukturierungen, die die rechtliche Eingliederung in das kommunale Gesamtgefüge betreffen, sind im Vorfeld immer auf ihre Vereinbarkeit mit den Transaktionsverträgen hin zu überprüfen. Sofern bestimmte Vorhaben danach nicht ausgeschlossen sind, ist zu deren Umsetzung zumeist die Einholung von Rechtsgutachten und die Zustimmung des U.S.-Investors erforderlich. Die mit diesen Schritten verbundenen Kosten lasten der Kommune an. Bestimmte Umstrukturierungsmaßnahmen erfordern auch die Stellung zusätzlicher Sicherheiten und Garantien. Was die operative Seite anbelangt, so ist die Kommune zwar in aller Regel berechtigt, Einbauten und Umbauten am Transaktionsgegenstand vorzunehmen, diese Änderungen dürfen jedoch dessen Wert nicht wesentlich verringern und den Weiterbetrieb durch den Trust im Falle der Nichtausübung der Kaufoption nicht verhindern. Insofern ist die Kommune auch verpflichtet, die Anlage technisch und rechtlich auf dem aktuellen Stand zu halten. Maßnahmen, die die Nutzung, Unterhaltung und rechtliche Organisation der Transaktionsgegenstände betreffen, kann die Gemeinde daher nicht ausschließlich von den Bedürfnissen ihrer Bürger abhängig machen, sondern sie ist dabei immer an die Vorgaben U.S.-amerikanischer Investoren gebunden. 17. Die Kommune übernimmt eine Reihe von vertraglichen Pflichten. Vertragsverletzungen können dazu führen, daß der U.S.-Trust die Transaktion vorzeitig beendet und Schadensersatz verlangt. Die Höhe des Kündigungswertes (termination value) wird bei Abschluß der Verträge für verschiedene Zeitabschnitte gestaffelt festgelegt. Zum ungünstigsten Zeitpunkt liegt der von der Kommune zu entschädigende Renditeverlust bei etwa 20 % des Transaktionsvolumens. Zur Begleichung des Kündigungswertes werden zunächst die in den Depots der zahlungsübernehmenden Banken angelegten Beträge eingesetzt. Verbleibt danach eine Differenz, muß die Kommune auf den Nettobarwertvorteil und eigene Mittel zurückgreifen. Nach etwa zwei Dritteln der Laufzeit des Rückmietvertrages entspricht die Deckungslücke dem zu Vertragsbeginn ausbezahlten Nettobarwertvorteil, d. h. nach zwei Dritteln der Laufzeit des Rückmietvertrages ist es der Kommune möglich, die Transaktion ohne Verluste zu beenden (4. Kap.). 18. Die Zahlungsübernahmevereinbarungen haben keine schuldbefreiende Wirkung. Die Kommune bleibt im Verhältnis zum Trust weiterhin zur Zahlung verpflichtet und muß im Falle, daß die Banken nicht ordnungsgemäß leisten oder insolvent werden, die noch ausstehenden Mietraten sowie den Kaufoptionspreis selbst aufbringen. Dieses Risiko ist insofern reduziert, als Banken mit hoher Bonität und Finanzinstrumente mit entsprechender Sicherheit ausgewählt werden konnten. Allerdings sind die Laufzeiten der Verträge lang und die nach Ablauf des Rückmietvertrages bei Ausübung der Kaufoption fälligen Zahlungen sind aufgrund von Zins- und Zinseszinseffekten erheblich.
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Verschlechtert sich die Kreditwürdigkeit im Verlauf der Transaktion, ist die Kommune berechtigt, bei Unterschreiten eines bestimmten, vertraglich vereinbarten Niveaus verpflichtet, die Banken zu ersetzen. Die daraus resultierenden Kosten hat sie zu tragen (5. Kap.). Öffentlich-rechtliche Fragen (4. Teil) 19. Die Arrangierungsleistung zur Vermittlung einer U.S.-Leasing-Transaktion war nach den Vorschriften des Kartellvergaberechts auszuschreiben. Der Arrangeurvertrag ist vergaberechtlich eigenständig zu behandeln. Eine in dieser Hinsicht relevante Verknüpfung mit dem Rahmenvertrag besteht nicht. Der zeitliche Schwerpunkt der Leistung des Arrangeurs ist in der Phase vor Abschluß der Transaktionsverträge anzusiedeln. Daneben hatte die Beauftragung des Arrangeurs nicht zwingend den Abschluß einer Transaktion zur Folge. Die Arrangierungsleistung ist eine entgeltliche Dienstleistung. Von der Gegenseitigkeit der Leistungen, die mit dem Kriterium der Entgeltlichkeit in § 99 Abs. 1 GWB (a. F.) zum Ausdruck gebracht werden soll, ist auch auszugehen, wenn eine erfolgsabhängige Vergütung vereinbart war und die Zahlung des Arrangierungshonorars durch Abrechnung der Transaktionskosten mit dem U.S.Investor erfolgte. Der Arrangeurvertrag unterfällt nicht dem Ausnahmetatbestand des § 100 Abs. 2 lit. m GWB (a. F.) für finanzielle Dienstleistungen. Die Ausnahme betrifft zunächst Finanzdienstleistungen, die kapitalmarktbezogen sind und aufgrund der schnellebigen Mechanismen dieser Märkte nicht mit dem Fristensystem des Vergaberechts zu vereinbaren sind. Zwar kommen auch im Rahmen von U.S.Leasing-Transaktionen unterschiedliche Finanzierungsinstrumente zur Anwendung und unstrittig haben die dabei erzielbaren Zinskonditionen Einfluß auf die Höhe des Nettobarwertvorteils. Vor dem Hintergrund einer üblichen Vorbereitungsdauer von drei bis zwölf Monaten bis zum Vertragsabschluß bot die Durchführung eines Vergabeverfahrens und der Vergleich der Angebote auf der Basis der garantierten Mindestnettobarwertvorteile wesentlich mehr Transparenz und verläßlichere Konditionen, als dies bei einer kurzfristigen Orientierung am Zinsniveau, das sich ohnehin noch ändern konnte, der Fall gewesen wäre. Die Mandatierung des Arrangeurs begründete auch kein kapitalmarktbezogenes Vertrauensverhältnis, das eine Ausnahme rechtfertigen könnte. Worauf die Kommune vertrauen mußte, war ein redliches Geschäftsgebaren unter Einhaltung der erforderlichen Sorgfaltspflichten, wie es bei jedem Vertragsabschluß im Raum steht. Die Tätigkeit des Arrangeurs, der als Projektleiter Vermittlungs-, Beratungs- und Koordinationsleistungen erbrachte, erforderte nicht allein finanziellen Sachverstand, sondern vielschichtige Fähigkeiten sowie Kenntnisse in rechtlichen, insbesondere kommunal- und steuerrechtlichen Fragen.
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Das Vergabeverfahren, das nach der Art und den Hauptleistungspflichten des zu vergebenden Auftrags zur Anwendung kommen mußte, war eine Freihändige Vergabe mit vorausgehender öffentlicher Aufforderung, sich um die Teilnahme zu bewerben (§ 3 Nr. 4 lit. h i.V. m. § 3 Nr. 1 Abs. 3 und 4 VOL / A a. F.). 20. Sind Vermögensgegenstände, für deren Benutzung eine Gebühr erhoben wird, Gegenstand von U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktionen (z. B. Kläranlagen und Kanalnetze), muß der vereinnahmte Nettobarwertvorteil nicht gebührenmindernd bei der Gebührenbedarfsberechnung berücksichtigt werden. In der Gebührenkalkulation sind die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten im Sinne des § 6 Abs. 2 S. 1 KAG NRW anhand des wertmäßigen Kostenbegriffs als leistungsbedingter Werteverzehr zu erfassen. Demnach können in der Gebührenkalkulation nur die betriebsbedingten Kosten angesetzt werden, also die Kosten, die durch die Erstellung der gebührenpflichtigen Leistung verursacht werden. Mit Blick darauf ist es sachgerecht, auch nur die betriebsbedingten Einnahmen in der Gebührenkalkulation zu berücksichtigen. Einnahmen aus einer Cross-Border-Leasing-Transaktion sind nicht Teil des Prozesses von Leistung und Gegenleistung, der mit den Gebühren entgolten wird. Die Gemeinde erhält den Nettobarwertvorteil für ihre Mitwirkung an der Transaktion; dafür, daß einem U.S.-amerikanischen Investor ein Steuervorteil verschafft wird. Ein Kausalzusammenhang zwischen dem Betrieb der Anlage und der Vereinnahmung des Nettobarwertvorteils ergibt sich auch nicht daraus, daß die Kommunen nach dem Inhalt der Transaktionsverträge regelmäßig verpflichtet sind, die Anlage entsprechend den gesetzlichen und umwelttechnischen Vorschriften zu betreiben und zu erhalten. Diese Pflichten werden nicht erst durch das Cross-Border-Leasing-Geschäft begründet, sie ergeben sich bereits aus dem Gesetz; im Falle der zur Abwasserbeseitigung unterhaltenen Kläranlagen und Kanalnetze aus dem Wasserhaushaltsgesetz und dem Landeswassergesetz. Kosten, die dadurch entstehen, daß Anlagen oder Anlagenteile, die zur Leistungserstellung nicht mehr benötigt werden und daher verkauft, verschrottet oder stillgelegt werden könnten, aber aufgrund der Transaktion betriebsbereit gehalten werden müssen, dürfen nicht dem Gebührenzahler angelastet werden. Gleiches muß für Kosten gelten, die durch den Eintritt mit der Transaktion verbundener Risiken verursacht werden. Schließlich ist der Nettobarwertvorteil auch nicht anteilig bei der Berechnung des gebührenrelevanten kalkulatorischen Zinssatzes (§ 6 Abs. 2 S. 4 KAG NRW) zu berücksichtigen. Zwischen der vom Gebührenzahler zu tragenden Verzinsung des Anlagekapitals und der Verwertung der Anlage wie sie im Rahmen von U.S.Lease-Transaktionen stattfindet, besteht keine hinreichende Verknüpfung. Weil bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch einen Träger öffentlicher Ver-
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waltung die Erzielung von Gewinnen nicht ausschlaggebend sein kann, ist die Ansatzfähigkeit von Eigenkapitalzinsen in der Gebührenkalkulation nicht mit entgangenen Alternativinvestitionen und anderweitigen rentablen Verwendungsmöglichkeiten zu begründen. Sie rechtfertigen sich vielmehr aus der Überlegung heraus, daß kommunales Eigenkapital der allgemeinen Nutzung entzogen und ausschließlich für einen abgegrenzten Benutzerkreis verwendet wird. Die so bestehenden Abhängigkeiten berührt die Transaktion jedoch nicht. Das Kapital bleibt in der Einrichtung gebunden, die den Benutzern unverändert zur Verfügung steht und von diesen in Anspruch genommen werden kann. Darüber hinaus wäre es gegenüber dem Steuerzahler und potentiellen Nutznießern alternativer, nicht realisierter Einrichtungen nur schwerlich zu rechtfertigen, wenn der aus der Leistungserbringung resultierende Vorteil des Gebührenschuldners noch dadurch erweitert würde, daß er nicht die vollen Kosten für die Leistung zu tragen hätte. Es überzeugt auch nicht, daß die Einnahmen aus der Cross-Border-LeasingTransaktion gebührenmindernd bei der Gebührenbedarfsberechnung zu berücksichtigen seien, weil die Einrichtung selbst durch Gebühren finanziert werde. Die Gebührenpflichtigen erwerben durch die Gebührenzahlung weder einen Anteil noch eine sonstige Rechtsposition am Anlagevermögen. Benutzungsgebühren sind der Preis für die tatsächliche Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen. Über den Ansatz von Zinsen und Abschreibungen in der Gebührenkalkulation wird der Umstand ausgeglichen, daß das von der Kommune bereitgestellte Anlagevermögen durch die Nutzung einem Werteverzehr unterliegt. Soweit Netze zur Abwasserbeseitigung betroffen sind, wird das gefundene Ergebnis auch durch die EG-Wasserrahmenrichtlinie gestützt, die mit dem Ziel des Gewässerschutzes Einfluß auf die Gestaltung der kommunalen Abwassergebühren nimmt. Darin ist der Grundsatz der Kostendeckung für Wasserdienstleistungen einschließlich umweltbezogener Kosten verankert. Auf diese Weise sollen Anreize zur effizienten und umsichtigen Nutzung der Wasserressourcen geschaffen werden. Eine Subventionierung der Entwässerungsgebühren mit den Einnahmen aus Cross-Border-Leasing-Transaktionen widerspräche den Umweltzielen der Richtlinie (2. Kap.). Öffentliche Sachen (5. Teil) 21. Eine Erörterung der Frage, ob Gemeinden vorhandene kommunale Vermögensgegenstände auch dazu nutzen dürfen, mit U.S.-amerikanischen Unternehmen Verträge über Cross-Border-Leasing-Transaktionen abzuschließen, muß ihren Ausgang im Recht der öffentlichen Sachen nehmen. Zu den öffentlichen Sachen werden nach weithin übereinstimmendem Begriffsverständnis solche Gegenstände gezählt, die durch ihren Gebrauch unmittelbar öffentlichen Interessen dienen und zur Sicherung dieser Gemeinwohlfunktion besonderen öffentlich-
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rechtlichen Vorschriften unterliegen. Wie weit der Kreis der öffentlichen Sachen letztendlich zu fassen ist und welche der Gegenstände, die der Staat in Anspruch nimmt, zu den öffentlichen Sachen zu zählen sind, darüber bestehen jedoch unterschiedliche Ansichten; wie auch sonst nur wenige allgemeingültige, für alle öffentlichen Sachen geltenden Regeln zu finden sind. Der besondere öffentliche Rechtsstatus findet sich im deutschen Verwaltungsrecht in zwei konkreten Ausgestaltungen wieder: Vorherrschend in Gesetzgebung, Rechtsprechung und Lehre ist die dualistische Konstruktion eines modifizierten Privateigentums. Danach unterstehen auch die öffentlichen Sachen der Eigentumsordnung des Bürgerlichen Gesetzbuches. Gleichzeitig unterlägen sie einer öffentlich-rechtlichen Sachherrschaft, die zu der privatrechtlichen hinzutrete und diese überlagere. Die öffentliche Sachherrschaft, die durch den Rechtsakt der Widmung begründet werde, laste wie ein beschränkt-dingliches Recht, eine Art Dienstbarkeit des öffentlichen Rechts, auf dem fortbestehenden Privateigentum und verdränge die privatrechtlichen Eigentümerbefugnisse im Umfang der öffentlichen Zweckbestimmung; soweit die öffentliche Zweckbestimmung nicht beeinträchtigt werde, seien privatrechtliche Verfügungen zulässig. Umstritten ist dabei, welche Voraussetzungen ein Rechtsakt erfüllen muß, um als Widmungsakt qualifiziert werden und eine öffentlich-rechtliche Sachherrschaft begründen zu können. Vor dem Hintergrund dieser Diskussion hat sich in den vergangenen Jahren eine neue Lehre herausgebildet, deren Vertreter den Sachen im Anstaltsgebrauch und im Verwaltungsgebrauch, die klassischerweise zu den öffentlichen Sachen gerechnet werden, einen öffentlich-rechtlichen Sonderstatus absprechen und sie allein der Privatrechtsordnung unterstellt wissen wollen. Die Gegenstände des Finanzvermögens stehen hingegen nach ganz herrschender Auffassung allein im privatrechtlichen Eigentum der öffentlichen Hand (1. Kap. I.–IV.). Neben der dualistischen Konstruktion prägt die von Otto Mayer entwickelte Lehre vom öffentlichen Eigentum das Rechtsgebiet der öffentlichen Sachen. Nach dieser Lehre ist die öffentliche Sache der Privatrechtsordnung entzogen, der öffentliche Sachherr kann nur in den Formen des öffentlichen Rechts darüber verfügen. Entstehen soll öffentliches Eigentum mit der Indienststellung der Sache für den öffentlichen Zweck. Voraussetzung sei dabei, daß der Verwaltungsträger zuvor privatrechtliches Eigentum erworben habe. Durchzusetzen vermochte sich diese Lehre nicht. Auf Landesebene hat sie der Gesetzgeber vereinzelt aufgegriffen (1. Kap. V.). Wenn Literatur und Rechtsprechung mehrheitlich davon ausgehen, daß dem Staat ein Verfügungsrecht in Bezug auf (öffentliche) Sachen zustehe, das im Grundsatz dem durch § 903 BGB determinierten Eigentum entspricht, dann muß dieser Begriff geklärt werden. Im Anschluß gilt es zu überprüfen, ob dem Staat in Anbetracht seiner Funktion und seines Zweckes ein solches Privateigentum zugestanden werden kann.
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22. Das Eigene eines Menschen sind seine Möglichkeiten zu leben und zu handeln. Wer einem Menschen das Eigene gegen seinen Willen abnötigt, macht ihm seine Handlungsmöglichkeiten, die freie Entfaltung der Persönlichkeit, streitig und verletzt seine Freiheit. Die äußere Freiheit ist, so lehrt Immanuel Kant, die Unabhängigkeit von eines anderen nötigender Willkür. Weil die Möglichkeiten und Güter, die ein Mensch nutzt, nicht von anderen in Anspruch genommen werden können, weil alle Handlungen Wirkung auf alle haben, ist das Leben ohne Recht bereits eine Verletzung der Freiheit des anderen. Die Freiheit wird nicht verletzt, wenn alles Handeln dem allgemeinen Willen entspricht. Der allgemeine Wille, die volonté générale Rousseaus, kommt im allgemeinen Gesetz zum Ausdruck. Die Gesetze legen die Maximen des Handelns fest, die die Bürgerschaft für das gemeinsame gute Leben für geboten erachtet. Mit der Gesetzlichkeit des Handelns ist das Einverständnis aller Bürger auch mit den Wirkungen dieses Handelns verbunden. Die allgemeine Gesetzlichkeit, die Staatlichkeit ist, sichert auch die Möglichkeiten zu leben und zu handeln. Die allgemeinen Gesetze begründen subjektive Rechte, die das Eigene schützen. Das Eigene ist Eigentum, wenn und soweit es als Recht durch den Staat geschützt wird. Außerhalb einer konkreten Rechtsordnung gibt es kein Eigentum, weil es sich dabei nicht um ein reales Objekt, sondern um eine Rechtsposition handelt, die einem Rechtssubjekt in Ansehung eines konkreten Gegenstandes gegenüber anderen Rechtssubjekten zuerkannt wird (2. Kap. I.1.). 23. Das Eigentumsgrundrecht ist ein Menschenrecht. Die Menschenrechte sind mit den Menschen geboren und ihnen deshalb auch ohne Staat zu eigen. Der Staat hat sie jedoch anzuerkennen und zu schützen und insofern Eigenes zu Eigentum zu machen. Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG gewährleistet Eigentum sowohl in seiner konkreten Gestalt in der Hand des einzelnen Eigentümers, d. h. als subjektives öffentliches Recht, wie auch als Rechtsinstitut. Die Institutsgarantie gewährleistet den (Fort-)Bestand einer Eigentumsordnung, die es jedem Menschen ermöglicht, Eigentum zu haben. Sie sichert das Eigentum als Rechtseinrichtung gegen seine Wesensveränderung oder Abschaffung und ist insoweit an den inhalts- und schrankenbestimmenden Gesetzgeber gerichtet (Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG). Aus der Gesamtheit der verfassungsmäßigen Gesetze ergeben sich Gegenstand und Umfang des subjektivrechtlichen Bestandsschutzes. Dabei schützt Art. 14 GG nicht das Privateigentum, sondern das Eigentum Privater. Eigentum macht die Menschen selbständig und deshalb muß jeder Bürger soviel an Gütern haben und haben können, daß er selbständig ist. Freiheit als die Autonomie des Willens kann nur unter substantiell Gleichen in wirtschaftlich homogener Selbständigkeit Wirklichkeit finden. Das erfordert die brüderliche Teilung der Lebensmöglichkeiten. Das Prinzip der Brüderlichkeit ist mit Art. 14 Abs. 2 GG in den Grundrechtstext aufgenommen worden. Die Verwirklichung des Sozialprinzips ist vorrangig dem Gesetzgeber überantwortet. Er ist verpflich-
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tet, den tragfähigen Interessenausgleich, eine Ordnung der gerechten Teilung der Güter zu gestalten, damit jeder Bürger hinreichende Selbständigkeit hat, um ein von fremder Bevormundung unabhängiger Mitgesetzgeber sein zu können. Eigentum soll um des allgemeinen Wohles willen sozial sein, seinem Wesen nach ist es aber privatheitlich, privatnützig, d. h. es soll dem Rechtsträger als Grundlage privater Initiative und im eigenverantwortlichen, privaten Interesse von Nutzen sein. § 903 BGB zeigt dies (2. Kap. I.2.). 24. Das Eigentum im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches ist ein Sachenrecht, ein sachbezogenes Vermögensrecht. Die Befugnisse des Sacheigentümers wirken in zwei Richtungen: er darf mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Weil die Befugnisse des Eigentümers mit denen anderer Eigentümer oder mit den Interessen Dritter zwangsläufig kollidieren, erfordert das Zusammenleben in der staatlichen Gemeinschaft die Auferlegung von Pflichten und Beschränkungen. Das Recht zur Beliebigkeit und das Ausschlußrecht werden daher nur insoweit zugestanden, als nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen. Die Beschränkungen, die dem Eigentümer Pflichten auferlegen, sind dem Eigentum wie jedem subjektiven Recht immanent und kein sekundäres, von außen kommendes Merkmal eines grundsätzlich schrankenlosen Rechts. Sie sind Ausdruck der sozialen Bindung des Privateigentums und bilden einen den Berechtigungen des Eigentümers gleichwertigen Bestandteil des Eigentumsbegriffs. Es gibt nur Eigentum nach Gesetz, d. h. durch die Gesamtrechtsordnung, die im Zeitablauf wandelbar ist und sein muß, wird der Raum des Eigentümerbeliebens abgesteckt. Die in § 903 BGB formulierten Eigentümerbefugnisse beschreiben ein Recht zur Privatheit, als ein Recht zur freien Willkür. Das Recht zur Privatheit ist durch die Befugnis gekennzeichnet, in den durch die allgemeinen Gesetze abgesteckten Grenzen, im Rahmen dessen, womit sich alle einverstanden erklärt haben, die Maximen des Handelns allein materialisieren und die eigenen Interessen verfolgen zu dürfen. Nur durch solche Rechte der Privatheit kann der Mensch sich entfalten, vermag er sein eigenes, besonderes Glück zu verwirklichen. § 903 Abs. 1 BGB ist als eine Definition des Sacheigentums zu verstehen. Wenn Privatheit ihre Eigenart wahren soll, muß sie zweckoffen übertragen werden. Insofern ist allein eine formale Definition sachgerecht (2. Kap. II.). 25. In der Staatlichkeit verwirklicht sich die allgemeine Freiheit durch die allgemeine, dem Recht gemäße Gesetzlichkeit. Nur wenn alles Handeln dem allgemeinen Gesetz, in dem sich der allgemeine Wille manifestiert, entspricht, kann wegen der allgemeinen Wirkung von Handlungen die Nötigung anderer vermieden werden. Weil die Sittlichkeit und Moralität der Menschen allein die Legalität nicht sicherstellt, muß um der allgemeinen Freiheit willen die Einhaltung der Gesetze erzwungen werden können. Das ist der Grund für den Staat, in dem Recht und Gesetz durchgesetzt werden.
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Die verfaßte Bürgerschaft in ihrer Gesamtheit, das Volk, ist der Staat im weiteren Sinne. Das Volk ist Träger der Staatsgewalt (Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG). Es übt diese unmittelbar in Wahlen und Abstimmungen sowie mittelbar durch seine Vertreter in den besonderen Organen der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung aus (Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG). Die Institutionen, die die Staatsgewalt in Vertretung des Volkes ausüben, sind der Staat im engeren Sinne. Sie sind die Einrichtungen des Volkes, die zur Verwirklichung der allgemeinen Gesetzlichkeit mit Befugnissen ausgestattet sein müssen, die das Recht zu erzwingen erlauben. Die Zwangsbefugnisse des Staates unterliegen selbst dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit. Darüber hinaus verwirklicht und vollzieht der Staat die Gesetze, wenn ihm Aufgaben der Lebensbewältigung unmittelbar übertragen sind (3. Kap. I.). 26. Weil der Staat ganz allgemein die Einrichtung der Bürger für das gute Leben aller in allgemeiner Freiheit ist, dürfen ihm die Menschen alle Aufgaben übertragen, von denen sie glauben, daß es ihr gutes Leben fördert, wenn der Staat sie erledigt. Das gute Leben in der staatlichen Gemeinschaft ist das Gemeinwohl. Dem Gemeinwohl hat der Staat ohne Ausnahme zu dienen. Das ist sein alleiniger Zweck. Der Begriff des Gemeinwohls ist ebenso offen wie die privaten Zwecksetzungen der Menschen nicht vorbestimmt sind. Das Private ist auf die Verwirklichung des eigenen, besonderen Glücks gerichtet. Die subjektive Vorstellung eines Menschen von seinem Glück bestimmt die Zwecke seiner Handlungen, seine besonderen Interessen. Die Freiheit der Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung im Privaten setzt sich fort in der Nichtvorbestimmtheit und Offenheit der Staatszwecke. Der Staatszweck, also diejenigen menschlichen Zwecke, deren Erreichung mit Hilfe der staatlichen Organisation gemeinschaftlich erstrebt wird, ist in der Republik von den Gesetzen abhängig. Zur Festlegung der Staatszwecke bedarf es eines Konsenses der Menschen im Gemeinwesen oder eben nach dem Repräsentationsprinzip einer Entscheidung der Vertreter des Volkes. Der Konsens liegt im Interessenausgleich, der als Kompromiß die Verträglichkeit der unterschiedlichen, menschlichen Zwecke bewerkstelligt und allen ein – notwendigerweise beschränktes – Glück ermöglicht. Durch die staatlichen Gesetze gewinnt das Gemeinwohl, das in der Republik ein formaler Begriff ist, seine Materialität. Das erlaubt es den Menschen, den Staat so zu verfassen und zu gestalten, daß es den in den Institutionen und Organen tätigen Amtswaltern jederzeit möglich ist, diejenigen Maßnahmen treffen und diejenigen Aufgaben übernehmen zu dürfen, die zur bestmöglichen Auseinandersetzung mit einer konkreten Lage, der sich ein Volk gegenübersieht und die sich im Zeitablauf verändert, erforderlich sind (3. Kap. II.). 27. Gemeinwohlverwirklichung, sei es durch den Staat oder durch Private als Gehorsam gegenüber den staatlichen Gesetzen, ist immer auch Einschränkung von Privatheit im Sinne der Alleinbestimmtheit und Selbstverantwortlichkeit. Die Gesetzlichkeit der institutionell Privaten, der Menschen als Bürger, ist funktio-
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nale Staatlichkeit. Ihre Privatheitlichkeit entfalten die institutionell Privaten auf der Grundlage der Rechte zur freien Willkür, die die staatlichen Gesetze geben und begrenzen. Privatheit bedarf in der freiheitlichen Republik einer gesetzlichen Grundlage, die die Legalität privat bestimmten Handelns begründet und dessen Allgemeinverträglichkeit sicherstellt. Die Gesetze bestimmen die Rechte der Bürger zur Privatheit als subjektive Rechte. Dabei entsprechen den subjektiven Rechten des einen, Pflichten des anderen: Den Handlungsrechten entsprechen Duldungspflichten, den Unterlassungsansprüchen Handlungsverbote. Diese Dualität ist Folge der Außenwirkung von Handlungen. Ohne solche subjektiven Rechte, die anderen Handlungswirkungen zu ertragen gebieten, läßt sich das Leben in der Gemeinschaft nicht menschenwürdig gestalten. Ohne derart gewährleistete Rechte der Privatheit wäre das gemeinsame Leben weitgehend verstaatlicht und dem Menschen jede Chance auf sein eigenes, besonderes Glück genommen. Der mit den Grundrechten verankerte Grundsatz und Vorrang privater Lebensbewältigung gebietet eine Rechtsordnung der bestmöglichen Privatheit. Der Staat darf die Lebensbewältigung nur insoweit in die Hand nehmen, als Gründe des Gemeinwohls das notwendig machen und dadurch rechtfertigen. Können die Privaten eine Lebensaufgabe bewältigen, muß der Staat ihnen diese belassen. Dabei schützt privat gelebte Sittlichkeit vor der Intensivierung staatlicher Lebensbewältigung (3. Kap. III.). 28. Weil staatliche Zwecke allein vom Volk bestimmt werden und nicht nach Maßgabe eines materialen Gemeinwohlprinzips dem Staat zur Verwirklichung vorgegeben sind, ist staatliches Handeln untrennbar mit dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit verbunden. Jede Art der Staatlichkeit muß sich auf ein Gesetz des Volkes gründen. Das aufgabenmäßige Wirkungsfeld des Staates wird durch Rechtsakte begründet und zugleich begrenzt. Ohne Gesetz hat der Staat nicht nur keine Aufgaben, er existiert auch nur durch und nach Maßgabe des Gesetzes. Sein Handeln ist rechtlich Handeln der Bürgerschaft und deshalb ist kein Staatsorgan ermächtigt, über die Vertretungsmacht hinaus namens des Volkes zu handeln. Das ist die Logik der ultra-vires-Lehre. Die Aufgabe des Staates zur Rechtsetzung vermag die ultra-vires-Lehre nicht einzuschränken, weil ein Staat, der nur begrenzt befugt wäre, das Recht zu verwirklichen, kein freiheitlicher Staat wäre. Für die vollziehende Gewalt folgt daraus der umfassende, auch die Leistungsverwaltung erfassende (totale) Gesetzesvorbehalt, der wesentlich im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG und im demokratischen Prinzip des Art. 20 Abs. 1 GG verankert ist. Der Vorbehalt des Gesetzes ist untrennbar mit dem Prinzip der Bestimmtheit verbunden: Nur eine hinreichende Bestimmtheit der Gesetze vermittelt den Willen des Volkes, der der Exekutive zum Vollzug aufgegeben ist, und verwirklicht das Prinzip der funktionalen Teilung der Staatsgewalt. Das Prinzip der Gesetzlichkeit gilt wegen Art. 28 Abs. 1 GG auch für die Gemeinden. Die Gesetze der Gemeinden sind die Satzungen. Sie sind die Wil-
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lensakte der Gemeindebürger und gehören zur Legislative. Im Rahmen des durch Art. 28 Abs. 2 GG gewährleisteten Rechts zur Selbstverwaltung schaffen die Gemeinden, die kleinen Einheiten an der Basis des gemeinsamen Lebens, ein Stück vertikaler Gewaltenteilung (3. Kap. IV.). 29. Mit der ausnahmslosen Gemeinwohlverpflichtetheit des Staates, seiner strikten Bindung an das Recht und der damit einhergehenden Beschränkung auf die gesetzlich übertragenen Aufgaben ist das Verbot, sich zu privatisieren, untrennbar verbunden. Die Fiskusdoktrin und mit ihr die Staatspraxis der Privatrechtsfähigkeit der öffentlichen Hand ist mit dem Grundgesetz unvereinbar. Privatrechtssubjektivität vermittelt Privatheit, weil die Vorschriften des Privatrechts vielfach die freie Willkür regeln und damit das Recht zur freien Willkür voraussetzen, wie § 903 BGB erweist. Ein solches Recht zur privatheitlichen Willkür, wie es dem Menschen als Privatem zueigen ist, darf der Staat nicht beanspruchen. Er hat keine private Existenz, keine Persönlichkeit, die er frei und selbstbestimmt zur Entfaltung bringen könnte. Der Staat ist die Einrichtung des Volkes zur Verwirklichung der allgemeinen Freiheit durch die allgemeine Gesetzlichkeit. Er ist in all seinen Handlungen dem Gemeinwohl verpflichtet, das durch das Volk als Rechtsgemeinschaft bestimmt ist. Nur in den Grenzen seiner gesetzlichen Aufgabenzuweisungen ist er rechtsfähig. Wenn der Staat sich beliebig verhält, begibt er sich seiner Staatlichkeit und überschreitet die Vertretungsmacht, die ihm das Volk gegeben hat (3. Kap. V.). 30. § 903 BGB ist ebensowenig wie ein im Sinne der dualistischen Konstruktion modifiziertes Privateigentum geeignet, die inhaberschaftliche Stellung des Staates sachgerecht zu erfassen. Daß die privatrechtliche Eigentumsvorstellung nicht Grundlage des öffentlichen Sachenrechts zu sein braucht und daß damit dem bürgerlich-rechtlichen Eigentum keine Geltung als umfassende Sachzurechnungskategorie zukommt, hat bereits das Bundesverfassungsgericht herausgestellt. Damit hat das Gericht einer ausschließlich öffentlich-rechtlich geordneten Sachherrschaft zwar den Weg geebnet; es hat aber auch der Fiskuslehre ihren Platz im öffentlichen Sachenrecht erhalten. Eigentum, wie es § 903 BGB definiert, ist jedoch ein Recht zur Privatheit als ein Recht zur freien Willkür. Wenn dem Staat eine Sphäre der Privatheit, wie sie Privaten um ihrer Würde willen zukommen muß, nicht offen steht, kann er konsequenterweise auch mit den seiner Verfügung unterliegenden Gegenständen nicht nach Belieben verfahren, sondern ist dabei auf Maßnahmen beschränkt, die der Erfüllung seiner gesetzlichen Handlungsaufträge dienen. Sachgüter in der Hand des Staates sind nicht Mittel zur Selbstverwirklichung, sondern Hilfsmittel zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Sie bilden quasi das Gegenstück zum Beamtentum, das die staatliche Handlungsfähigkeit in personeller Hinsicht gewährleistet. Staatliche Sachherrschaft ist die Indienstnahme einer Sache für Zwecke des Gemeinwohls, die, wie alles Staatliche, an das Prinzip der Gesetzmäßigkeit gebunden ist.
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Dem Staat ist nicht nur das Recht zur Beliebigkeit verwehrt, er darf auch andere nicht von jeder Einwirkung ausschließen (§ 903 BGB): Schließlich werden gerade die öffentlichen Sachen im Gemeingebrauch und die im Anstaltsgebrauch zum Nutzen und Gebrauch durch die Bürger bereitgestellt. Dieser Widerspruch läßt sich nicht durch die Überlagerung des Privateigentums mit einer öffentlichrechtlichen Dienstbarkeit auflösen. Eine solche Korrektur verfehlt den Kern des Problems. Die ihr zugrundeliegende Lehre sieht die öffentliche Sache durch das Volk belastet, weil sie den Staat nicht mit dem Volk identifiziert. Dabei hat der Staat nichts Eigenes. Er existiert nicht um seiner selbst willen, sondern ist um der Menschen willen da. Wird eine Sache auf den Staat übertragen, wandelt sich die privatrechtliche Sachherrschaft in eine ausschließlich und umfassend öffentlich-rechtlich geordnete Sachherrschaft, besser: Sachwalterschaft, denn Herrschaft ist kein mögliches Rechtsprinzip einer Republik. Die Befugnisse des Staates gehen soweit, wie die öffentliche Aufgabe, der zu dienen die Sache bestimmt ist, dies erfordert. Art und Umfang der Aufgaben ergeben sich aus den Gesetzen und Satzungen. Nur im Rahmen dieser Ermächtigungen kann eine öffentliche Sache Gegenstand von Rechtsverhältnissen sein. Dementsprechend erfolgt auch die Beschaffung von Sachen nicht in privater Beliebigkeit. Der Staat darf nur die Sachen erwerben, die er zur Erfüllung seiner gesetzlich festgelegten Handlungsaufträge benötigt. In den Gemeindeordnungen der Länder ist das klar und unmißverständlich geregelt (z. B. Art. 74 Abs. 1 BayGO). Aus der Verknüpfung mit den zu bewältigenden Aufgaben erfährt die Sache ihre Zweckbestimmung. Daher ist die Sache staatlich und einem entsprechenden Nutzungszweck gewidmet, sobald sie in die Sachwalterschaft der öffentlichen Hand übergeht. Ein Rückgriff auf das Privatrecht, wie er auch in Otto Mayers Lehre vom öffentlichen Eigentum angelegt ist, ist daher ebensowenig notwendig wie ein spezieller Widmungsakt, der die Gemeinwohlfunktion auslösen und privatrechtliches Eigentum im Umfang der öffentlichen Zweckbestimmung überlagern können soll. Es ist ohnehin nicht zulässig. Daraus folgt im Umkehrschluß, daß alle Sachen der öffentlichen Hand einer Gemeinwohldienlichkeit unterstellt sind, ausnahmslos. Das allen öffentlichen Sachen gemeinsame Merkmal, auf das sich das Schrifttum bislang nicht verständigen konnte, liegt damit klar auf der Hand: Es ist die inhaberschaftliche Stellung des Staates im engeren und institutionellen Sinn, die Ingebrauchnahme von Gütern zum Wohle der Allgemeinheit. Die öffentliche Sache ist ein institutionell integriertes Instrument staatlichen Handelns (4. Kap.). 31. Die Gemeinden hätten den Abschluß von U.S.-Cross-Border-LeasingTransaktionen durch Satzungen der Räte beschließen müssen. Sie üben die Sachwalterschaft nur im Rahmen ihrer durch Gesetz und Satzung übertragenen Aufgaben aus und ein Gesetz, das die Gemeinde dazu ermächtigt, kommunale
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Vermögensgegenstände auch für solche Finanztransaktionen zu nutzen, ist nicht ersichtlich. Insofern verstößt ihr Vorgehen gegen den Widmungszweck der Anlagen und ist deshalb rechtswidrig. Somit bleibt zu klären, ob die Durchführung von U.S.-Leasing-Transaktionen zu den Aufgaben gehört, die einer Gemeinde durch Gesetz oder Satzung übertragen werden können (5. Kap.). Cross-Border-Leasing-Transaktionen als kommunale Aufgabe? (6. Teil) 32. Die Durchführung von U.S.-Cross-Border-Leasing-Transaktionen ist keine Aufgabe, die eine Gemeinde zulässigerweise für sich in Anspruch nehmen darf. Zwar sichert das in Art. 28 Abs. 2 GG gewährleistete Recht der Selbstverwaltung den Gemeinden einen grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft umfassenden Aufgabenbereich sowie die Befugnis zu eigenverantwortlicher Führung der Geschäfte in diesem Bereich zu. Das damit umschriebene Prinzip der Allzuständigkeit oder Universalität des gemeindlichen Wirkungskreises beinhaltet jedoch keine Blankettermächtigung an die Kommune, sich von allen Bindungen zu befreien, die ihr als Träger öffentlicher Gewalt auferlegt sind. Die Befähigung, sich in eigener Verantwortung Aufgaben zu stellen, ist durch die Schranken der Gemeinwohlbezogenheit begrenzt. Ein Tätigwerden nur um der Einnahmemehrung willen, nur um des Gewinnes willen – was der Abschluß von U.S.-Leasing-Transaktionen auf ihren eigentlichen Zweck reduziert zweifellos darstellt – fördert unmittelbar keine gemeinnützigen Interessen. Zwar liegt die Erzielung von Einnahmen mittelbar im öffentlichen Interesse, wenn die Erträge zur Erfüllung rechtmäßiger Aufgaben verwendet werden. Die Gemeinde nimmt jedoch so, über die Finanzierung ihrer Aufgaben, in Anspruch, was ihr nicht zusteht: Privatheit. Die privattypische Gewinnmaxime dürfen deshalb weder Staat noch Gemeinden beanspruchen. Sie ist der Gesetzlichkeit nicht fähig. Die mittelbare Förderung öffentlicher Zwecke reicht als Rechtfertigungsgrund für staatliches und kommunales Handeln nicht aus. Realisiert sich eines der mit der Transaktion verbundenen Risiken, muß die Gemeinde, sofern der Nettobarwertvorteil nicht ausreicht, auf eigene Mittel zurückgreifen, um den daraus erwachsenden finanziellen Verpflichtungen nachkommen zu können. In einem solchen Fall würden Steuermittel ohne Gemeinwohlförderung verbraucht. Daß es einer Gemeinde nie erlaubt sein kann, zu wirtschaften, wenn ihr einziges Ziel dabei das der Gewinnerzielung ist, wurde bereits in der amtlichen Begründung des § 67 DGO festgehalten. Seine Nachfolgevorschriften bilden den Rahmen, innerhalb dessen die Frage der Einnahme- und Gewinnerzielung durch
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Gemeinden heute überwiegend thematisiert wird. Dabei stellt nach nahezu einhelliger Meinung das bloße Ertrags- und Gewinnstreben keinen öffentlichen Zweck dar, der den Betrieb eines Unternehmens rechtfertigt. Eine Gewinnmitnahme, d. h. die wirtschaftliche Ausschöpfung sonst brachliegender Ressourcen zur Einnahmeerzielung, soll jedoch nicht ausgeschlossen sein. Eine solche Lehre will dem Staat die Privatheitlichkeit nicht gänzlich verwehren und mißachtet damit das Prinzip der Gesetzmäßigkeit, an das alles staatliche und kommunale Handeln und damit auch die Indienstnahme und Nutzung öffentlicher Sachen gebunden sind. Alle Tätigkeiten, mit denen die Gemeinde am Wirtschaftsleben teilnimmt, um Gewinn zu erzielen, entsprechen keinem öffentlichen Zweck. Das erweisen Art. 87 Abs. 1 S. 2 BayGO und § 116 Abs. 1 S. 2 GO LSA. Die der Sachwalterschaft des Staates unterstehenden Güter sind nicht durch ihre Ertragskraft, sondern durch ihre Aufgabennützigkeit legitimiert.
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Sachwortverzeichnis § 903 BGB 175, 196, 222, 246 ff., 252 ff., 298 ff., 307 Abbruch der Vertragsverhandlungen 93 ff., 118, 127, 322 Abschreibungen 23 ff., 50 ff., 84, 112, 163, 166 ff. – kalkulatorische 163, 167 ff. Abschreibungsvolumen 26 Abschreibungszeitraum 77, 101 Abwasseranlagen 22, 98, 147 f., 310 ff. Abwasserbeseitigungspflicht 144, 146 ff., 310 ff. Äquivalenzprinzip 164 f. Akkreditiv 24, 64 f., 110 Alleinbestimmtheit 255 f., 267, 273 ff., 324 Allgemeinverfügung 206 f., 211 Allgemeinwohl 300 Allzuständigkeit (kommunale) 313 ff., 343 American Jobs Creation Act of 2004 52 f., 328 Amtswalter 184, 272, 278, 339 Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft 313 f. Anlagenwert 29, 38, 80, 167 Anlagezinssatz 39 f. Anliegergebrauch 186 f. Anschaffungskosten 38, 77 Anstalt 113, 205 – Begriff 189 – des öffentlichen Rechts 98 f., 155 f. Anstaltsgebrauch 183, 185, 188 ff., 208, 215, 301, 306
Anstaltslast 112 f. Anwalt 24 ff., 42 f., 87 ff., 92 ff., 124 ff. appraiser 38 Arrangeur 24 f., 39, 42, 89 ff., 92 ff., 107, 114 ff. – Ausschreibung der Leistung 114 ff. – Tätigkeitsspektrum 25, 118, 124 f. – Vergütung 42 f., 93, 116, 119 f. Auftrag, öffentlicher (GWB) 114 ff., 117 ff., 131 ff. Auftraggeber, öffentlicher 116 ff. Aufwand, abzugsfähiger 44, 51, 54 Ausschreibung 25, 114 ff. Autonomie des Willens 152, 226, 240 f., 244, 255, 268, 273, 283 ff. Bank 22, 24 f., 30 ff., 40 ff., 61 ff., 78 ff., 103 ff., 108 ff., 322 Basler Schanzenstreit 192 f. Beamtentum 303, 341 Beamtenverhältnis 303 Begünstigter (Trust) 64, 82 f. Benutzungsgebühr 138 ff., 158 ff., 165 ff. Benutzungsverhältnis 208, 214 Benutzungszweck (öffentl. Sachen) 208 beratender Volks- und Betriebswirt 132 f. Berater 24 ff., 39, 42, 86 ff., 107, 126 ff. – unabhängiger 24 ff., 89, 94 Berliner Wasserbetriebe 155 f. Bestandsgarantie 231, 234 ff. Bestimmtheitsprinzip 153, 281 f. Betriebsbereitschaft 75, 101 Betriebssatzung 312 Bonität 23 f., 34, 40 ff., 65, 78, 97, 109 ff., 127 ff.
Sachwortverzeichnis bonum commune 267, 269 f. bonum personale 269 f. break-even-Punkt 48 Brüderlichkeit 242, 245 Bürgerschaft 151 f., 244, 256, 259, 261, 264, 273, 277, 283, 311 Bürgschaft 45, 102 Bundesfernstraßen 180, 186, 199, 206 Bundeswasserstraßen 187, 204 f. burdensome buyout 73, 106 compliance memorandum 106 f. Connecticut 83 covenants 57, 71 Darlehen 29, 32 ff., 36, 45 ff., 60 f., 104 Darlehensbank 34 Darlehensgeber 32, 34, 61, 66 Darlehenssumme 32 Darlehensvertrag 80 Darlehenszins 33 f. Daseinsvorsorge 66, 106, 177, 315 Deckungslücke 47 ff., 103 f. déclaration des droits de l’homme et du citoyen 225, 229, 260 f. default remedies 70, 105 Delaware 83 Demokratie, freiheitliche 153, 263, 280, 283 Depot 34 f., 46, 65, 103 f., 109, 126 f. Depotbank 39, 41, 47 Deutsche Gemeindeordnung 308, 317 f. Diebstahl 72 Dienstbarkeit – beschränkte persönliche 62 ff., 199, 251 – öffentlich-rechtliche 195 f., 198, 208, 219, 301 – sachenrechtliche 209 Dienstbarkeitsereignis 63 ff. Dienstleistung 318
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– – – –
(Ausschreibung) 122 ff., 130 ff. der Bank 89, 129 f. (CBL-Vertrag) 20 finanzielle (§ 100 Abs. 2 GWB) 116, 121 ff., 127 – (Gebühr) 140, 159, 173 Dienstleistungsauftrag 116, 120 f., 131 ff. Dienstleistungsempfänger 20, 76 Dienstleistungserbringer 76 Dienstleistungskoordinierungsrichtlinie 115, 121 Dienstleistungsvertrag 19 ff., 76 f. Diskontierung 37 f. Diskurs 227, 256 domaine privé 216 domaine public 216 dualistische Konstruktion des Rechtsstatus öff. Sachen 192 ff., 199 f., 216, 290, 292, 301 Duldungspflicht 194, 196, 198, 250 ff., 275 f., 301 early-buyout option 19, 67 EG-Dienstleistungsrichtlinie 121 EG-Wasserrahmenrichtlinie 172 f. Eigenbetrieb 96, 98, 190, 321 Eigenes 222 f., 230, 302, 309 – und Eigentum 227 f., 230 Eigenkapital 29, 35 f., 45, 155, 157 ff. Eigenkapitalanlage 40 f. Eigenkapitalanteil 29, 35 ff., 47, 103, 126, 143, 157 Eigenkapitaldepot 65, 104, 109, 126 f. Eigenkapitaldepotbank 41 f., 47 Eigenkapitaleinlage 23, 29, 80, 84 Eigenkapitalinvestitionen 23, 53, 84 Eigenkapitalinvestor 17, 22 ff., 29, 36, 46, 50, 75, 81 f., 103, 116, 120 ff., 127, 144 Eigenkapitalrentabilität 51 Eigenkapitalzinsen 155, 158 ff. Eigentümerbefugnisse 213, 250 f., 254 f.
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Sachwortverzeichnis
Eigentum – als Schöpfung der Rechtsordnung 228 – der öffentlichen Hand 175 ff., 198, 215, 290 ff., 324 – wirtschaftliches (U.S.-Recht) 50, 53 f. Eigentum bürgerlichen Rechts 178, 192, 195 ff., 213, 246 ff., 294, 296 ff., 306 ff. – Ausschließungsrecht 253 ff., 301 – Definition 246 – Definition, formale 256 f. – Inhalt 249 f. – Pflichten und Beschränkungen 248 ff., 300 – Recht zur Privatheit 255 ff., 299, 324 – Sachenrecht 251 f. – soziale Bindung 249 Eigentumsgrundrecht 212, 222, 229 ff., 276, 293 f. – als Menschenrecht 229 ff. – Bestandsgarantie 234 ff. – Handlungsfreiheit 237, 245 – Inhalt und Schranken 231 ff., 235, 243 – Institutsgarantie 231 ff., 294 – Privatnützigkeit 232 f., 245 f. – Recht auf 230 – Sozialbindung des 242 ff. – und Freiheit 238 ff., 241 – und Selbständigkeit 230, 240 f., 244 – Verfügungsbefugnis 233 Eingriffsverwaltung 278 ff. Einheit, kleine 283, 341 Einmalzahlung 28, 38 Einnahmeerzielung(sabsicht) 317, 320 Einnahmen, Erlöse, Erträge 142 f. Einzweckgesellschaft 23, 84 Enteignung 219, 221, 235 f., 250, 309 Entscheidungs- und Handlungsspielraum 96, 99, 281 Entwässerungsgebühren 136 ff., 144 Entwässerungssatzung 312 equitable title 82 f.
equity strip 47 f., 103 f. Erfüllungsübernahme 30, 33, 68, 79 f., 108 ff. Ermessensbefugnis 281 Ersatzbeschaffung 72 f. Erwerb, gutgläubiger (lastenfreier) 197, 210 ff. event of default 70 f., 102 f., 107 event of loss 71 f., 106 Exekutive 154, 184, 279 ff. extra commercium 217 Finanzinstrument 41, 43, 109, 116, 121 ff., 127 Finanzvermögen 182 f., 219, 306 f. Fiskus 192, 284, 288, 290 ff., 324 Fiskusdoktrin 284 f., 324 Fitch Ratings 41 Flexibilität 96 ff. – operative 99 ff. – organisatorische 96 ff. freiberufliche Tätigkeit 131 ff. Freiheit 223 f., 230, 233, 243 f., 255, 257, 267 f., 273, 277, 285 f., 299 f., 316 – allgemeine 149, 151, 225 ff., 258 f., 262 ff., 276 ff., 287, 325 – als Autonomie des Willens 226, 241 – äußere 223 ff., 256, 274 – innere 224, 274 – und Eigentum 230, 237 ff., 278 Freiheitsbegriff – liberalistischer 226, 263 – republikanischer 226, 263 Freistellungsverpflichtungen 57, 59, 73, 91 Fremdfinanzierung 29, 35, 158 Fremdfinanzierungsquote 32 Fremdkapital 29, 32 f., 35 f., 39, 43, 46, 51, 104, 155, 157 Fremdkapitalanteil 24, 29, 33, 36, 44 f. Fremdkapitalzins 51, 155, 158 f.
Sachwortverzeichnis Fremdnützigkeit 295 f., 302 Gebühr 52, 136 ff. – Begriff 137 f. Gegenstände, körperliche (BGB) 179 ff., 252 Gemeindevertretung 90 f., 94 f., 118, 313 Gemeingebrauch 183, 185 ff., 190 f., 196, 198 f., 201, 221, 301 Gemeinnützigkeit 217, 302, 316 Gemeinwohl 152, 154, 160, 176, 182 f., 212, 215, 225, 236, 245 f., 264 ff., 267 ff., 276 f., 282, 284, 287, 300, 302, 309, 316 f., 322 – formaler Begriff 267 ff., 271 Gemeinwohlbezug 316 Gemeinwohlfunktion 176 ff., 183, 309 Gesamtrechtsnachfolge 98 Gesamtschuldnerschaft 30, 79 Geschäftsgebaren, redliches 125 ff. Gesetz, allgemeines 151 f., 223, 225 ff., 243 f., 255 f., 258 ff., 262 f., 267, 270, 273 f., 285, 299 Gesetzesvollzug 153, 160, 281, 287, 305, 311 Gesetzesvorbehalt 153, 209, 212 f., 234, 279 ff. Gesetzgebung 152 f., 176, 216, 224, 226, 231, 234, 244 f., 256, 262, 271, 278, 281, 287, 316 Gesetzlichkeit 152, 222, 256, 282, 317 – allgemeine 227, 259, 264 – als funktionale Staatlichkeit der institutionellen Privatheit 273 – bürgerlichen Handelns 151 – des Staates 302, 308 – durch Staatlichkeit 258 ff., 280 – Durchsetzung mit Zwang 151, 227 Gewährträger 98, 112 f. Gewährträgerhaftung 112 f. Gewässer 147, 173, 178 ff., 187 f., 204 f., 212, 221
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Gewaltenteilung 153, 261 – vertikale 283, 341 Gewinnerzielung 160, 170, 317 ff., 323, 343 Gewinnmaxime 160, 317, 323, 343 Gewinnschwelle 48 Gleichheit 218, 241 f., 244 f. – der Wohlfahrt 244 Glück 226, 246, 256, 265 ff., 270 ff., 285, 299, 307 grace period 71, 106 Grundbuch 62 ff. Grundsätze – betriebswirtschaftliche 140, 157, 321 – der Einnahmebeschaffung 139 Grundsatz – der Erforderlichkeit 148 f. – der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit 55, 95 f., 148 f., 321 – der stetigen Aufgabenerfüllung 149 f. – der Verhältnismäßigkeit 149, 164, 231 – privater Lebensbewältigung 274 ff. – und Vorrang privater Lebensbewältigung 276, 340 – U.S.-steuerrechtliche 27, 53 Güterverteilung, gleichheitliche 241 Güterverzehr 141, 172 Gutachter 24 ff., 38, 42, 92 f., 118, 124 ff. gutes Leben aller in allgemeiner Freiheit 226, 244, 256, 264 Haftpflichtversicherung 69 Hamburger Deichurteil 293 ff. Hamburger Stadtsiegelfall 209 ff., 306 Hamburgisches Deichordnungsgesetz 221, 293 f. Hamburgisches Wassergesetz 221, 293 f., 306, 309 Hamburgisches Wegegesetz 199, 221, 295 Handeln, konkludentes 202 f., 208
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Sachwortverzeichnis
Handlungen, allgemeine Wirkung von 151, 224 f., 259, 275 Handlungsfreiheit, allgemeine 237 f., 245 Handlungspflicht 251 Handlungsrechte 275, 340 Handlungsverbote 275, 340 Hauptmietvertrag 17 ff., 28 ff., 44 f., 50 f., 62 ff., 65 ff., 70, 76, 80 ff., 103, 106 head lease 17, 65 f. Heilungsfrist 71, 103, 106 Herausgabeanspruch 197, 209 ff. Herrschaft 248, 262 f., 267, 305, 308 Herrschaftsrecht 182, 247 f. Homogenität 241 in-substance-defeasance 31 f., 78, 108 Inanspruchnahme (tatsächliche) 138 f., 142, 165, 335 indemnities 59 Indienststellung 178, 202 f., 220, 336 Insolvenz 40, 127 – der Zahlungsübernahmebanken 78, 108 ff. insolvenz(un)fähige Kommune 23, 63, 65, 117 Insolvenzverfahren 71, 102, 182, 329 Institutsgarantie 232 ff., 294, 337 Interessen – besondere 266 ff., 273, 299 – öffentliche 176, 196, 204, 250, 267, 300, 316 f. Interessenausgleich 244, 270, 273 Internal Revenue Code (IRC) 53, 77 Internal Revenue Service (IRS) 50 ff., 102 janusköpfige Konstruktion 192 Kanalnetz 24, 27, 39, 94, 136 f., 144, 311 f., 314, 322 Kapitaladäquanzrichtlinie 121 Kapitalertragsteuer 60
Kapitalkosten, kalkulatorische 154 ff. Kapitalmarkt 33, 93, 113, 116, 121 ff., 125 ff. Kapitalwert 37 Kartellvergaberecht 114, 119, 128, 333 Katalogberufe 131 f. kategorischer Imperativ 224, 274 Kaufoption 19 ff., 30 ff., 44, 54, 59, 66 f., 75, 78, 82, 100 f., 171 Kaufoptionspreis 19, 21, 29, 33, 35 f., 44 f., 54, 68, 77 f., 109, 126 Kausalzusammenhang 142 ff., 146 ff., 154 Kläranlage 22, 27, 94, 98, 175, 300, 311, 314, 322 Körperlichkeit (Sache) 179, 218 Kommunalabgabengesetz 137 ff., 142, 145, 166 Kommunalvertretung 90 f., 94 f., 118, 313 Kompetenz 197, 275 ff., 282 ff., 296 ff., 310 f., 315 Konkurs 23, 84 Konsens 152, 256, 270, 282 Konzernverbund 32, 34, 36 Kosten (Gebühren) 138 ff., 145, 148 ff., 154, 156 ff. – betriebsbedingte 141 ff., 145, 150 f., 157 – kalkulatorische 155 Kostenbegriff – pagatorischer 140 f., 158 – wertmäßiger 140 f., 143 Kostendeckungsprinzip 139 f. Kraftwerk 27, 73, 293 Krankenhaus 27, 105, 175, 188, 300 Kreditgeber 29, 32 ff., 45, 62, 80 Kreditrisiko 33 f. Kreditwürdigkeit 30, 40, 63, 110, 113 Kredit- und Sicherungsvertrag 29 Kündigungsrecht 45, 66 Kündigungswert 45 ff., 64, 66, 72, 74, 100, 102 ff., 145, 322
Sachwortverzeichnis Landesbank 24 f., 30, 39, 90, 113 Landesfürst/-herr 291 Landeswassergesetz 146 ff., 205, 310 ff. Lebensbewältigung – institutionell privat 272 – institutionell staatlich 272 legal opinion 57, 97 legal title 82 Legislative 184, 281, 283 Legitimation 262, 280, 283, 288, 311, 321 Lehre vom modifizierten Privateigentum 178, 192 ff., 198, 211, 292, 301 Leistungsaufgaben, staatliche 177, 309 Leistungsfähigkeit 108, 199, 317 f. Leistungsverwaltung 215, 279, 304 letter of credit 64 f., 97, 110 Leverage-Effekt 51 leverage lease 51 loan agreement 29, 80 Luftraum 179 f., 204 f. Machbarkeitsstudie 25, 124 Menschenrecht 222, 229 ff. Menschenwürde 223, 230, 241 f., 258, 262 Messehalle 27, 101 Mietrate 28 ff., 35 f., 39, 44 f., 50, 65, 68, 78, 109, 126 Mietvorauszahlung 28 ff., 32 f., 35 ff., 42, 80, 126 Mietzahlung 30, 32 f., 39, 44, 51, 60, 68 Mietzahlungsverpflichtung 42, 54 Mindestnettobarwertvorteil 123, 125 Mindestrating 110 Moody’s Investor Service 41, 63, 69 Moralität 151, 224, 259, 263 Motive der U.S.-Investoren 49 ff. Müllverbrennungsanlage 27, 73, 175, 320 Nebenertrag (Gebührenkalkulation) 156 f.
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Nettobarwert (Begriff) 37 Nettobarwertvorteil 22, 24, 36 ff., 42 ff., 52, 95, 103 f., 123 ff., 136 ff., 142 ff., 170 ff., 315, 322 New Yorker Recht 25, 56, 86 Nichtstörungspflicht 194 Nießbrauch 64, 251 Nutzungsdauer (betriebsgewöhnliche) 19, 50, 65, 74, 162, 168 ff. Nutzungsordnung, öffentlich-rechtliche 215 Nutzungsrecht – am Transaktionsgegenstand 17 ff., 44, 50, 62, 65, 70, 74, 76, 105 f., 157 – dingliches 62, 64 – öffentliches 190, 215 f. Nutzungszweck (öffentl. Sachen) 308, 311 öffentliche Sache 175 ff., 290 ff., 298 ff. – als institutionell integriertes Instrument staatlichen Handelns 309 – als Verwaltungsleistung 177, 185, 214, 296, 298 ff., 305 – Entstehung (im Rechtssinne) 200 ff. – im Anstaltsgebrauch 183, 185, 188 ff., 208, 215, 301, 306 – im Bürgergebrauch 183, 185, 188, 306 – im Einrichtungsgebrauch 190, 209 – im Gemeingebrauch 183, 185 ff., 190 f., 196, 198 f., 201, 218, 221, 301 – im Sondergebrauch 183, 187 f., 190 f., 198 – im Verwaltungsgebrauch 183 ff., 190 f., 208 ff., 306 – im Zivilgebrauch 183 öffentliches Eigentum 192, 216 ff., 294 ff., 305 ff. öffentliches Sachenrecht 177, 180 ff., 190 ff., 211 ff., 218, 297, 306 operating agreement 76 operator 76 f.
392
Sachwortverzeichnis
Opportunitätskosten 158 f. participation agreement 56 ff., 64, 67, 70, 76 payment undertaking agreement 30, 32, 64, 78 ff. Pfandrechte 58, 251 Pflichtenheft 25, 106 f., 124 Prinzip – demokratisches 153, 262, 278 ff., 283, 286 – der Gesetzmäßigkeit 153, 209, 260, 277, 282, 300, 310, 323 Privatautonomie 217, 246, 255, 285, 305 Privateigentum 195, 200, 208 f., 218, 220, 222, 232 ff., 249, 252 f., 257, 290, 292 f., 301 Privatheit 245 f., 255 ff., 272 ff., 282, 285 ff., 299, 307, 324 – der Lebensbewältigung 246, 274, 276 – des Staates 152, 159 f., 285 ff., 317, 324 – funktionale 273 – institutionelle 273 f. Privatheitsprinzip 274, 276 Privatnützigkeit 232 f., 245 f., 295, 302, 317 Privatrechtsfähigkeit 285, 307 Privatrechtsordnung 177, 179, 192, 214, 233, 246, 285, 288, 294 f., 298, 306 f. Privatrechtssubjekt 160, 284, 286, 288, 292 Privatrechtssubjektivität 288, 341 Provisionsaufwand 26 purchase option 19, 54, 67, 76 Quellensteuer(risiko) 21, 60 f. Rahmenvertrag 56 ff., 62 ff., 86 Rastede-Entscheidung 314 Rating 30, 40 ff., 63, 69, 109 ff. Ratingverschlechterung 112 f., 322
Recht – absolutes 193, 197, 211, 215, 250 – auf Recht 228, 262 – der öffentlichen Sachen 175, 177 f., 181, 192, 214 ff., 306 – dingliches 62, 193 ff., 199, 207 ff., 213, 215, 247, 251, 253, 255 – relatives 193 f., 215 – subjektives 193, 227, 233, 236, 246, 250, 274 f., 287, 299, 307 – subjektives öffentliches 231, 275 – und Gesetz 151, 256, 259 – U.S.-amerikanisches 18, 21, 87, 89, 98, 102, 144 – zur Autonomie 255, 268, 282, 285, 317 – zur Beliebigkeit 256, 302, 317 – zur freien Willkür 255 ff., 287 ff., 299, 307, 324 Rechtlichkeit 151, 279 Rechtsanwalt 25, 88 f., 99, 126 Rechtsetzung 153, 281, 283, 313 Rechtsform 96 ff., 206, 278, 288, 321 Rechtsformwahlrecht 284 Rechtsgutachten 57, 97 Rechtsprechung 152, 178, 231, 262, 287 Rechtsstaat 153, 275, 280, 282, 290, 323 Rechtsstaatlichkeit 149 Rechtsstaatsprinzip 149, 153, 207, 211, 279 f., 286 Regiebetrieb 117, 162, 170 Rendite 37, 41, 45 f., 77, 103, 106, 322 Renditeerwartungen 35, 42, 46, 103, 126 Rentabilitätsgebot 321 Reparatur 68, 100 Repräsentationsprinzip 270 representations and warranties 58 f. Republik 217, 237, 245, 264, 269, 271 ff., 277 ff., 283, 287, 305 res communes omnium 218 res divini juris 218 res publicae 217 f.
Sachwortverzeichnis res publica res populi 264 Ressourcennutzung 320 ff. Restherrschaft des Eigentümers 196 Restnutzungsdauer 28, 38, 50, 65 f., 100 return option 19 Risiko, Begriff 85 Risikominimierungsgebot 55 Risikoteilungsvereinbarung 69 Rückmietvertrag 17, 19 ff., 29 f., 33, 35, 39, 42, 44 ff., 66 ff., 80 ff., 87, 100 ff., 126, 322 Sachbegriff – bei öffentlichen Sachen 178 ff., 193 – bürgerlich-rechtlicher 179 f., 193, 296 Sachbestandteile (BGB) 181, 252 Sacheigentum 180, 248, 252, 299 Sachgesamtheiten (BGB) 181, 252 Sachherrschaft – hoheitliche 192, 222, 294 f., 305 f. – öffentlich-rechtliche 185, 193 ff., 197 ff., 200 f., 210 ff., 295 ff., 303 f. – privatrechtliche 193, 250, 297, 304 – staatliche 222, 300 f., 303, 305, 323 Sachversicherung 69 Sachwalterschaft, öffentlich-rechtliche 294, 297, 305 ff., 325 Sachzusammenhänge (BGB) 181 Sächsische Verwaltungsvorschrift (betr. CBL-Transaktionen) 18, 55, 91, 173 f. Sasbach-Entscheidung 292 f. Satzung 113, 119, 204 f., 215, 290, 294, 306, 308, 310 ff., 317, 323 – Begriff 282 f. – (Gebührenkalkulation) 137 ff., 141, 162 Schadensersatz 45, 55, 70, 72, 103 ff., 145 f., 322 Schienenanlagen 27, 39, 90, 105 schuldbefreiende Wirkung 30, 108 Schuldbeitritt 30, 32, 68, 79, 108, 110
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Schuldübernahme – befreiende 78 – kumulative 79 Schulgebäude 27, 208 Schwellenwert (Vergaberecht) 115 f. Selbständigkeit 230, 240 f., 244 f., 272 Selbstversicherung 68 f. Selbstverwaltung, kommunale 283, 313 f. Selbstverwirklichung 237, 268, 270, 299 service contract 19 f., 52, 54, 67, 75 ff. service provider 76 service recipient 76 f. Sicherheiten 24, 45, 64, 71, 80, 97, 102, 110 single purpose trust 17, 23 Sittengesetz 224, 274 Sittlichkeit 224, 240, 242, 248, 259, 274 Sondernutzung 186, 188, 196 ff. Sorgfaltspflichten 89, 125 Sozialprinzip 242 ff. Sozialstaat 177, 241, 244, 279 Sozialstaatsprinzip 243 special purpose vehicle 23 Sprache, englische 86 ff. Staat 240, 275 f. – als Einrichtung der Menschen zur Verwirklichung der allgemeinen Freiheit 151, 264, 287 – als Privatrechtssubjekt 284 ff., 288, 292, 307 – als Rechtsgemeinschaft 260 – als Sachherr 175 ff., 219 ff., 290 ff., 299 ff. – als Vereinigung einer Menge von Menschen unter Rechtsgesetzen 152, 258, 290 – Befugnisse / Kompetenzen 277 ff., 286 f., 305 ff. – Handeln des 273, 277 ff., 323 – im engeren Sinne 152, 262 ff., 273, 290 – im weiteren Sinne 151, 261, 303
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Sachwortverzeichnis
– keine private Existenz 285 ff., 299, 301, 307, 316 f., 324 – unternehmerisches Handeln 159 f., 317 ff. – zur Durchsetzung von Recht und Gesetz 151, 227 f., 259 ff. Staatlichkeit 152 f., 260, 277, 288 f. – als das Allgemeine 287 – der Bürger 263 – der Lebensbewältigung 272, 276 – des Staates 152, 285 – funktionale 272 f. – institutionelle 272 f., 289, 304 – konstituierte 317 – und Gesetzlichkeit 227, 258 ff., 269, 280 Staatsaufgaben 152, 160, 176, 272, 278, 289 f., 309, 322 Staatsgewalt 151 f., 240, 261 ff., 273, 277 f., 280 f., 286, 288, 307, 309, 324 Staatszweck 149, 244, 264, 267 ff., 277, 280, 307 Standard & Poor’s 41, 63, 113 Steuerberater 25, 128 Steuerfreistellungsbestimmungen 60 Steuerfreistellungsvereinbarung 80 ff. Steuermittel 315, 322 Steuernachteil 45, 103 Steuerstundungseffekt 26, 51, 60, 80 f., 93 Steuer(rechtsänderungs)risiko 55, 60 f., 81 Steuervorteil 35, 42, 45, 54, 75, 80 f., 92, 144, 314 Straßenbahnen 27, 105 Straßenbaulast 199 f. strip-Risiko 47, 103 f. sub lease 17, 66 ff., 74 Subsidiaritätsprinzip 276 tatsächlich öffentliche Sachen 182 f., 203 tax-exempt entity 50
tax indemnity agreement 60, 75, 80 f., 330 Technikgutachter 24, 26, 42, 124 Teilprivatisierung 155 f. termination value 45 ff., 70, 73 f., 102 ff. Tilgungsraten 33 Transaktionsablauf 17 ff., 57, 105 Transaktionsbeschreibung 88, 90 ff., 107 Transaktionsgegenstand 17, 23 f., 26 ff., 43, 45, 50, 57 f., 64 ff., 71 ff., 84, 96, 100, 102, 127 Transaktionshandbuch 25 Transaktionskosten 26, 36, 38, 42 ff., 51, 53, 92 ff., 120, 123, 126 Transaktionsparteien 22 ff. Transaktionsvolumen 22, 26 ff., 32, 34, 38 f., 42 f., 46 ff., 73, 89, 93, 103, 123, 126 Treugeber 82 Treuhänder 63, 82 Treuhandgesellschaft 17 Treuhandvermögen 82 Treuhandvertrag 82 ff. true lease 50, 55, 81 trust agreement 82 ff. Trustvermögen 82 f. Trustvertrag 82 ff. Überalterung (technische) 73 f. Übermaßverbot 198 ultra-vires-Lehre 152, 278, 282, 286, 299 Umbauten, Änderungen 74, 99 f. Umsatzsteuerrisiko 61 Umstrukturierung – d. Transaktion 21, 58 – i. d. kommunalen Organisation 96 ff. Umweltgutachter 24, 26, 42, 124 Unabhängiger Berater 24 ff., 89, 94 Unabhängigkeit von eines anderen nötigender Willkür 223, 225, 256, 259 Unfall 72
Sachwortverzeichnis Universalität 313, 343 Untergang der Anlage 71 f., 127 Unterlassungsanspruch 198, 236, 275 Unterlassungspflicht 194, 251 U.S.-amerikanisches Recht 18, 21, 87, 89, 93, 98, 102, 144 U.S.-Eigenkapitalinvestor 17, 22 ff., 33 ff., 41 ff., 55, 60, 67 ff., 80 ff., 93 ff., 103 ff., 115 ff., 143 f., 169 U.S.-Einkommensteuerrisiko 60, 81 U.S.-ertragsteuerliche Freistellungsansprüche 81 U.S.-Hypothekenkrise 111 f. U.S.-Gesetzgebung 53, 55, 81 U.S.-Steuerbehörde 35, 53 f. U.S.-Steuerrecht 27, 38, 50, 73, 75, 81 Veräußerungsgewinn 162, 171 Verdingungsordnung 115, 130 ff. Verfassung 152, 209, 230, 234 ff., 238, 243, 260 f., 270, 276 f., 299 – bürgerliche 228, 260 Verfassungsgesetz 260, 274 Verfassungsrecht 139, 288 Verfassungsstaat 258, 261, 292 Verfassungsstaatlichkeit 231 Vergaberecht 114 ff. Vergabeverfahren 123 f., 127, 130 ff. Vergabeverordnung 115, 130 f. Vergütung, erfolgsabhängige 119 f. Verhältnismäßigkeitsprinzip 149, 164, 231 Verkehrssicherungspflichten, allgemeine 69 f. Verkehrswert 28, 38, 76, 126 Verlustereignis 45, 72 f. Verlustzuweisung 51 Vermögensnutzung 319, 321 Versicherung 59, 68 f., 71, 102 Vertrag, entgeltlicher 117 ff. Vertragsbeendigung, vorzeitige 45 ff., 63 f., 72, 81, 100, 102 ff.
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Vertragsfreiheit 324 Vertragslaufzeit 18 ff., 28, 30, 33, 39, 44 ff., 61, 65 f., 76, 81, 96, 100 ff., 322 Vertragsstörung 66 f. Vertragstext 87, 91 Vertragsverhandlung 22, 25, 41, 43, 85 ff., 92 ff., 124, 127 f. – Abbruch / Scheitern der 93, 95, 118, 127, 322 Vertragsverletzung 45, 55, 58 f., 66, 70 f., 102 ff., 171, 322 Vertragswerk 17, 56 ff., 86 f., 90 ff., 96 ff., 128 Vertrauensverhältnis, kapitalmarktbezogenes 116, 123 ff., 130 Vertraulichkeit 102 Vertreter des Volkes 152, 256, 262, 264, 270 ff. Vertretung des Volkes 256, 262, 277 Vertretungsmacht 152, 289 Verwaltungsakt 202, 205 ff., 219 f. – belastender 278 – dinglicher 207 Verwaltungsaufgabe 184 f., 204, 304 Verwaltungsgebäude 27, 101, 300 Verwaltungsgebühr 138 Verwaltungshandeln 283, 311 Verwaltungsleistung (sächliche) 177, 185, 214, 296, 298, 305 Volk 151 ff., 227, 230, 240 ff., 261 f., 264, 269 ff., 279 ff., 286 ff., 299 ff., 309 ff. – als Staat im weiteren Sinne 151, 261 – als Träger der Staatsgewalt 151 f., 261 ff., 273, 277 ff., 286, 288, 307, 309, 324 vollziehende Gewalt 152 f., 231, 262 f., 278 ff. Vollzugsaufgaben 154, 280 volonté générale 151, 225, 256, 259 Vorfälligkeitsentschädigung 48, 105, 110 Vorfälligkeitsschaden 48
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Sachwortverzeichnis
Vorvertrag 93 Währungsrisiko 43, 108 Waggons 27 Wahlen und Abstimmungen 262 Wagniskapital 322 Wartung 59, 68, 71, 100, 102 Wassergesetz von Baden-Württemberg 221 Wasserhaushaltsgesetz 146, 187, 310 Wasserversorgung 27, 155, 320 Wechselkurs 108, 110, 121 f. Wechselkursrisiko 108 Wechselkursschwankungen 127 Weimarer Reichsverfassung 233 ff. Wertgutachter 24, 26, 42, 124, 126 Wertpapier 31, 40 f., 110, 112, 116, 121 f. Wertpapierdienstleistungsrichtlinie 121 Wertschöpfungseinheit, selbständige 28, 326 Wertverzehr 140 ff., 158, 163, 166 ff., 173 Wesensgehalt 231, 314 Wesensgehaltsgarantie 231 Wesentlichkeitslehre 211 f., 280 Widmung 145, 178, 185, 192 f., 195 ff., 200 ff., 216, 219 f., 301, 304, 306 ff., 311 f., 323 Wiederbeschaffung 72 f., 169 Wiederbeschaffungs(zeit)wert 38, 162, 168 Wille – allgemeiner 151, 225 f., 256, 259, 263 f., 275, 311 – des Volkes 281, 283, 286, 299 Willensakte 219, 283 Willensautonomie 152, 283 Willkür, freie 152, 223 ff., 244 ff., 255 ff., 267, 273 f., 285 ff., 299, 307, 324 Willkürverbot 287 Wirtschaftlichkeitsgebot/-prinzip 321 ff.
Wirtschaftspotential 320 f. Wohl der Allgemeinheit 147, 236, 242 f., 271, 302, 309 f. Würde des Menschen 223, 230, 241 f., 258, 262 Zahlungsausfall 41, 54 Zahlungsausfallrisiko 40, 42, 54, 108 f. Zahlungsströme 28, 32 ff., 36 ff., 60, 78, 108 Zahlungsübernahme 30, 32 ff., 36, 44, 47, 79 f., 103, 115, 129 f. Zahlungsübernahmebank 38, 40, 44 f., 48, 78, 94, 104, 108 ff., 129 f., 322 Zahlungsübernahmevereinbarung 30 ff., 35 ff., 44, 78 f., 104, 108 f., 126, 129 Zahlungsunfähigkeit 40, 108, 322 Zahlungsverpflichtung 24, 29, 31, 35, 38, 42 f., 54, 66, 78, 104, 108 Zahlungsverzug 45, 71, 102 Zins 30 f., 33 ff., 47 f., 51, 54, 60 f., 103 f., 111 f., 122 ff. – (Gebührenkalkulation) 155 ff., 166 ff. – kalkulatorischer 154 ff., 161 ff. Zinsänderungsrisiko 43 Zinsschwankungen 34, 127 Zinsswap 34, 122 Zubehörbegriff, bürgerlich-rechtlicher 181 Züge 27, 102, 148, 175 Zusicherungen und Gewährleistungen 57 ff., 71, 81, 102 Zwang 151, 226, 259 f., 263 Zwangsbefugnis 260 Zwangsgewalt 260 Zwangsmittel 260 Zweckbestimmung, öffentliche 176 ff., 184 ff., 196 f., 202, 211 f., 296 f., 308 f. Zweckverband, kommunaler 23 f., 96 f., 117