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German Pages 150 [151] Year 2013
Lennart Håkanson Unveröffentlichte Schriften
Lennart Håkanson
Unveröffentlichte Schriften
Band 1 Studien zu den pseudoquintilianischen Declamationes maiores Herausgegeben von Biagio Santorelli
ISBN 978-3-11-033125-7 e-ISBN 978-3-11-033141-7 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2014 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Druck und Bindung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com
Inhalt Vorwort | 1
1 2
Zu den Themata der Größeren Deklamationen | 5 Das Verhältnis der Deklamatoren zu ihren Themata | 5 Mögliche Vorbilder einiger Deklamationsthemata | 12
1 2 3
Zu den literarischen Vorbildern der Declamationes maiores: Cicero, Seneca, Declamationes minores | 15 Senecas Prosawerke | 16 Cicero | 26 Declamationes minores | 35 The Murder of a Manuscript | 39
1 2 3 4 5 6 7 8 9
Der Satzrhythmus der 19 Größeren Deklamationen und des Calpurnius Flaccus | 47 Die Forschungslage | 47 Prinzipien der vorliegenden Untersuchung | 50 Umfang des Materials, Gang der Untersuchung | 52 Analyse nach Zielińskis ,Achtsilbenmethode‘ in modifizierter Form | 53 Analyse der Klauseltypen nach Zäsuren | 57 Satzrhythmus und Wortakzent | 73 Prosodisch komplizierte Klauseln | 74 Zusammenfassung und Analyse der gewonnenen Ergebnisse | 89 Anhang. Der Satzrhythmus des Calpurnius Flaccus | 120 Aktualisierung | 131 Literaturverzeichnis | 136 Index locorum | 141
Vorwort Im Juli 1987 starb Lennart Håkanson, Professor für Latein an der Universität Uppsala, unvorhergesehenerweise auf Kreta, wo er den Urlaub mit seiner Familie verbrachte. Wenige Tage vor seinem Tod hatte der Forscher die textkritische Ausgabe zum Werk des älteren Seneca fertig gestellt, die postum in der Bibliotheca Teubneriana veröffentlicht werden sollte;1 unveröffentlicht hingegen blieben zahlreiche Studien, die sich mit der lateinischen Deklamation befassen, deren Typoskripte in der Universitätsbibliothek Uppsala aufbewahrt wurden. Die verdienstvolle Initiative von Gerd Haverling, derzeitige Professorin für Latein an der genannten Universität, versucht nun, in Zusammenarbeit mit Francesco Citti, Antonio Stramaglia und Michael Winterbottom (und mit aktiver Unterstützung von Håkansons Familie), der Wissenschaftsgemeinschaft diejenigen Beiträge zur Verfügung zu stellen, die Håkanson zwar beendet hat, deren Veröffentlichung er aber aufgrund der fehlenden Zeit nicht genehmigen konnte. In diesem ersten Band der Unveröffentlichten Schriften sind vier Studien gesammelt, die sich mit den pseudoquintilianischen Declamationes maiores beschäftigen und die Håkanson parallel zu seiner grundlegenden textkritischen Ausgabe angefertigt hat.2 Ein zweiter Band, der demnächst veröffentlicht werden wird, wird den Kritischen Kommentar zum ersten Buch der Controversiae des älteren Seneca beinhalten; der Verfasser hatte noch die Zeit, um diesen im Wesentlichen fertig zu stellen, und ließ einen Probedruck anfertigen. In diesem Band werden ein vollständiger Überblick und eine kritische Wertschätzung der Arbeiten des Forschers erscheinen, die Michael Winterbottom bieten wird.3 Eine letzte, umfangreiche Arbeit, eine textkritische Ausgabe mit Kommentar zum Tribunus Marianus,4 wurde von Michael Winterbottom aufgegriffen und weitergeführt; sie wird in absehbarer Zeit an anderer Stelle veröffentlicht werden.
|| 1 Vgl. Håkanson 1989, XVII: „Paucis diebus post quam huic editioni summam manum imposuit librumque imprimendum Lipsiam misit Lennart Håkanson de Seneca rhetore optime meritus diem supremum obiit. Senecae suo satis vixit, litteris et nobis non item“ (Nachruf, den die Herausgeber der Reihe der praefatio hinzugefügt haben). 2 Håkanson 1982. 3 Leider wird es nicht möglich sein, den übrigen Teil des Werkes zu veröffentlichen, der zwar im Prinzip vollständig ist, aber vom Verfasser in einem zu provisorischen Zustand hinterlassen wurde. Das Typoskript, das mit zahlreichen handschriftlichen Anmerkungen versehen ist, steht den Forschern in der Universitätsbibliothek Uppsala zur Verfügung. 4 Eine Deklamation, die als Antwort auf die dritte Declamatio maior (Miles Marianus) verfasst ist und von einigen Handschriften zu den Größeren Deklamationen überliefert wird.
2 | Vorwort Die Aufsätze, die hier vorgelegt werden, wurden zwischen 1976 und 1982 angefertigt. Der erste Beitrag liegt zeitlich nach Rahns (1976) Rezension zu Håkansons (1974) Textkritischen Studien, ist aber noch weit entfernt von der Druckvorlage der Edition der Maiores (1982) und stützt sich systematisch auf Lehnerts (1905) Text. Die beiden folgenden Arbeiten sind entstanden, als die Textausgabe im Kern bereits vollständig gewesen sein muss,5 da sie als baldige Veröffentlichung angekündigt und als Referenztext für die Zitate aus den Maiores benutzt wurde. Der letzte Aufsatz setzt eine beinahe abgeschlossene Anfertigung der Edition voraus, aber enthält noch textkritische Entscheidungen, die im gedruckten Text korrigiert werden sollten.6 Der erste Beitrag, „Zu den Themata der Größeren Deklamationen“, befasst sich mit den argumenta der Maiores unter besonderer Berücksichtigung des Bezugs zwischen dem Text der Deklamationen und dem entsprechenden ‚Paratext‘. Håkanson stützt sich insbesondere auf die Fälle, in denen der Deklamator eine Auswahl aus dem argumentum zu treffen scheint und sich die Freiheit nimmt, nur einige Elemente im Diskurs auszuarbeiten, während er andere auslässt, die nicht die gewünschte Wirkung erzielt hätten oder nicht mit den colores kompatibel gewesen wären, die hier und da benutzt werden. Diese Analyse bringt ein Netz aus intertextuellen Bezügen ans Licht, die den verschiedenen argumenta innewohnen, wobei in einigen Fällen die aemulatio mit konkreten literarischen Vorbildern aufgezeigt wird. In Richtung Intertextualität bewegt sich auch der zweite Aufsatz, „Zu den literarischen Vorbildern der Declamationes maiores“. Eine akribische Analyse des Textes der Maiores offenbart Spuren einer Abhängigkeit derselben von drei bestimmten literarischen Modellen: den Prosawerken Senecas des Jüngeren, den Reden und rhetorischen Schriften Ciceros, und der Sammlung der pseudoquintilianischen Declamationes minores. Jedem dieser Modelle ist ein Abschnitt des Aufsatzes gewidmet, in dem die Parallelstellen angeführt werden, die ein derartiges Verhältnis der aemulatio zeigen. Die Resultate der Untersuchung erlauben es, eine erste Hypothese zur Datierung der Reden zu formulieren, die im Aufsatz, der den Band abschließt, signifikant ausgearbeitet wird. || 5 Der erste, oben erwähnte Beitrag wird eigentlich im zweiten Aufsatz noch als künftig vorausgesetzt (s. S. 28 und Anm. 8): aber wahrscheinlich nur, weil er noch nicht veröffentlicht vorlag. 6 Um Einheitlichkeit und Korrektheit des Bandes zu gewährleisten, habe ich in allen Aufsätzen die Zitate aus den Maiores anhand von Håkansons Textausgabe überprüft; in Klammern habe ich immer die entsprechende Seiten- und Zeilenzahl angegeben. Die Verweise auf die Minores hingegen, die Håkanson entsprechend der Seiten- und Zeilenzahl der Ausgabe von Ritter (1884) zitiert hat, habe ich an die heute übliche Unterteilung in Paragraphen angepasst.
Vorwort | 3
„The Murder of a Manuscript“ beschäftigt sich hingegen mit der Überlieferung der Maiores und insbesondere mit der durcheinandergebrachten Reihenfolge, in der die Reden von den Textzeugen der Familie β überliefert worden sind: Håkansons Anliegen ist es, die ursprüngliche Anordnung der 19 Stücke in demjenigen Codex zu rekonstruieren, der, da er in Einzelteile zerfallen und daher auf verschiedene Weise zusammengesetzt worden war, Anlass zur vorliegenden Reihenfolge seiner Abschriften gegeben hat.7 Der letzte und umfangreichste Aufsatz dieser Sammlung, „Der Satzrhythmus der 19 Größeren Deklamationen und des Calpurnius Flaccus “, legt eine systematische Analyse der Satzklauseln der Declamationes maiores vor, wobei wichtige Verbesserungen gegenüber den vorigen Untersuchungen, die zu diesem Thema vorgelegt wurden, erzielt werden und die neuen Resultate durch die Beigabe von synoptischen Tabellen dargestellt werden. Die Daten dieser akribischen Analyse, die, wie es zweckdienlich ist, mit dem usus scribendi anderer lateinischer Autoren aus nachklassischer Zeit verglichen werden, lassen die Formulierung von neuen Hypothesen zur internen Einteilung der Maiores und zur relativen Datierung zu. Ein analoger Anhang, der Calpurnius Flaccus gewidmet ist, trägt dazu bei, in den erhaltenen Exzerpten Spuren des cursus mixtus zu identifizieren, ein Element, das eine Datierung seines Werkes auf das späte zweite Jahrhundert n. Chr. unterstützt. Die postume Veröffentlichung dieser Aufsätze zu Ehren des Gedenkens an Håkanson und zu Ehren seiner offenkundigen Meriten als Forscher nimmt es sich zum Ziel, den zukünftigen Studien zur Deklamation ein Hilfsmittel von unzweifelhaftem Wert und Nutzen bereitzustellen. Der ursprüngliche Wortlaut des Forschers wurde nicht geändert, wenn man von hauptsächlich durch die Herausgabe bedingten Änderungen an der Oberfläche absieht. Es erschien aber unumgänglich, den Band mit einer abschließenden Aktualisierung des Forschungsstandes zu versehen, in der ich diejenigen Beiträge verzeichnet habe, die zu relevanten Fortschritten bei den Themen geführt haben, mit denen sich Håkanson auseinandergesetzt hat. Beim Verfassen der genannten Aktualisierung habe ich die Zusammenarbeit mit Antonio Stramaglia, Francesco Citti und Lucia Pasetti nutzen können, die mir freundlicherweise ihre Kompetenz zur Verfügung gestellt haben, indem sie die von Håkanson hinterlassenen Dokumente überprüft und mir Verbesserungen und Ergänzungen vorgeschlagen haben. Andreas Keränen hat sich um die erste Transkription des ersten und des
|| 7 Eben diesen Aufsatz deutet offensichtlich Håkanson 1982, VIII an: „Quomodo et quare hic novus ordo (sc. declamationum in familia β) natus sit, fortasse in alio opere explicare conabor“.
4 | Vorwort dritten Aufsatzes; die sprachliche Korrektur wurde von Michael Winterbottom für das Englische und von Stefan Feddern für das Deutsche durchgeführt. Stefan Feddern hat außerdem meine Anmerkungen zur Aktualisierung und eben dieses Vorwort ins Deutsche übersetzt. All diesen Forschern und Freunden – und besonders Antonio Stramaglia, der mir während der Arbeit an diesem Buch jederzeit großmütig beigestanden hat – gilt meine herzlichste Dankbarkeit. Biagio Santorelli
Zu den Themata der Größeren Deklamationen 1 Das Verhältnis der Deklamatoren zu ihren Themata Wenn man die Beziehungen der Deklamationen zu den Themata zu untersuchen wünscht, stellt man sich vielleicht zuerst die Frage: Haben die Argumenta auch den Deklamatoren so vorgelegen, wie wir sie jetzt kennen, d. h.: Stammen sie in ihrer jetzigen Form aus den Rhetorenschulen der Kaiserzeit, oder sind sie vielleicht überarbeitete und entstellte Reste der ursprünglichen Themata oder sogar später abgefasste Inhaltsangaben, die jemand, etwa bei der ersten Publizierung des gesammelten Deklamationscorpus, den Lesern zu Diensten den Reden vorausgeschickt hat? Man braucht nur einen Blick auf das Thema der ersten Deklamation, Paries palmatus, zu werfen, um zu sehen, dass die eben gestellte Frage nicht ganz von vornherein beantwortet werden kann: In allen Hss. mit einiger Autorität fehlt dieses Thema, und was wir in den Ausgaben lesen, ist ein von Lorenzo Valla verfasstes Argumentum, wie aus dem Cod. Seldensis 22 hervorgeht (vgl. Lehnert z. St.). Wäre die Abfassungszeit jenes Themas nicht das 15. Jahrhundert, sondern etwa die ausgehende Antike oder das 9. Jahrhundert gewesen, so dass es in mehreren oder sogar in allen unseren Hss. überliefert worden wäre, dann hätte man es sicher ohne weiteres als ebenso ‚echt‘ wie die anderen Themata angesehen; es unterscheidet sich weder sachlich noch sprachlich von ihnen. Dass die Deklamationen von Anfang an mit Themata versehen waren, ist sicher: Man braucht ja nur an vergleichbare Sammlungen wie das Werk des Seneca Maior oder die Declamationes minores zu denken, außerdem setzten die Reden eindeutig voraus, dass die Zuhörer bzw. die Leser von Anfang an mit dem zu behandelnden Fall vertraut sind. In der Tat könnten aber gewiss mehrere Themata das Schicksal desjenigen der ersten Deklamation im Laufe der Zeit geteilt haben; so fehlt in zwei wichtigen Hss., dem Bambergensis und dem Montepessulanus, das Thema der Dekl. 14. Dann läge die Interpolation eines Ersatzes nahe. Da der Kreis der von den Deklamatoren ausgebeuteten Themata überhaupt begrenzt war,1 finden wir indessen einige Male dasselbe Thema auch anderswo: So kehrt das Argumentum der Dekl. 3, Miles Marianus, bei Calpurnius Flaccus (Dekl. 3) wieder. Auch das Thema der Dekl. 17, Venenum effusum, || 1 Vgl. Bornecque 1902, 75, wo man eine Liste mehrmals behandelter Themata findet: „loin d’être rebuté par des sujets qu’il a si souvent entendu traiter ou traité lui-même, il (d. h. der Deklamator) verra précisément, dans la difficulté de dire autre chose que ses devanciers, l’occasion de déployer son originalité et de faire oublier des prédécesseurs“ (ebda. 76).
6 | Zu den Themata der Größeren Deklamationen scheint eine Paraphrase des Argumentums Sen. Contr. 7, 3 zu sein (vgl. auch Decl. min. 377), und das Thema der Dekl. 6, Corporis proiecti, ist eine Variation von Sen. Contr. 7, 4. Diese Themata sind wohl als sicher original zu betrachten. In einigen Fällen sind die Themata so lapidarisch abgefasst, dass jede Möglichkeit fehlt, ihren Ursprung und eventuelle Priorität im Verhältnis zu den betreffenden Reden zu beurteilen; man vergleiche nur die Themata der Dekl. 14 und 18. Hier und da kann man indessen den Inhalt des Argumentums derart in Relation zur Deklamation selbst setzen, dass man m. E. berechtigt ist, von gewissen Indizien der Priorität der Themata zu reden. Die folgende Analyse einiger solcher Fälle wird auch die Freiheit, ja sogar die Willkür der Deklamatoren hinsichtlich der ihnen vorgelegten Themata zeigen. Am Rande werden wir uns auch mit ein paar Interpretationsproblemen einzelner Stellen beschäftigen. Dass sich die Deklamatoren ohne Weiteres berechtigt fühlten, verschiedene äußere Umstände selbst zu erfinden und nach eigenem Wunsch den in den Themata nur kurz skizzierten Inhalt auszufüllen, ist ja eigentlich recht selbstverständlich und u. a. von Kroll 1940, 1121 hervorgehoben worden; aber Krolls Beschreibung der Sachlage a. a. O. trifft nicht ganz zu: Bei Kriminalfällen war es verhängnisvoll, dass der vorausgesetzte Tatbestand nur feststand, soweit er durch das Thema festgelegt war, darüber hinaus aber der Phantasie Spielraum gelassen war; daher konnten die begleitenden Umstände so sensationell ausgemalt werden, dass sie möglichst große Gelegenheit zur ostentatio ingenii boten. Für die Behandlung eines praktischen Falles auf dem Forum, wo alle περιστάσεις feststanden, war das keine Schulung.
Wie wir aber sehen werden, war es bisweilen in der Tat noch schlimmer, indem der Deklamator auch die im Thema festgelegten Tatsachen abänderte oder unterdrückte. Wir werden jetzt nämlich einige Fälle behandeln, bei denen das Thema Angaben enthält, die in der Rede nicht wieder auftauchen, aber auch einige Beispiele dafür sehen, dass die Angaben des Argumentums mit denen der Rede nicht übereinstimmen. Im ersten Falle handelt es sich in der Regel um Tatsachen, die der Deklamator nicht rhetorisch ausbeuten konnte und deshalb überhaupt nicht erwähnte; im anderen Falle ist es oft m. M. n. möglich zu zeigen, warum der Redner es für zweckmäßig hielt, sich mehr oder weniger von den gegebenen Voraussetzungen zu entfernen. In beiden Fällen ist es aber schwer sich vorzustellen, dass die zu erörternden Diskrepanzen einem späteren Interpolator neugeschriebener Themata zuzutrauen seien, denn dieser hätte schwerlich konkrete Angaben erfunden, die er nicht aus den Reden selbst hätte holen können, und auch nicht Einzelheiten eingefügt, die mit der Deklamation im Widerspruch ständen.
Das Verhältnis der Deklamatoren zu ihren Themata | 7
Das Thema der Dekl. 11, Dives accusatus proditionis, lautet wie folgt [219, 5‒13 H.]: Pauper et dives inimici. Utrique terni liberi. Bellum incidit civitati. Dives dux creatus profectus est in castra. Rumor ortus est ab eo prodi rem publicam. Processit pauper in contionem et accusavit divitem proditionis. Absente eo populus lapidibus liberos eius occidit. Reversus dives est victor a bello, petit ad supplicium filios pauperis. Pater se offert. Contradicit dives. Erant enim leges, ut proditor morte puniretur, et calumniator idem pateretur quod reus, si convictus esset.
Man findet hier zwei Umstände, die aus der Rede nicht hervorgehen: erstens, dass die beiden Kontrahenten d r e i Kinder hatten; zweitens, dass die Kinder des Reichen g e s t e i n i g t wurden. Was die Zahl der Kinder betrifft, konnte der Deklamator nicht so einfach gerade die Drei-Zahl rhetorisch wirksam verwenden, hingegen den Umstand, dass beide e b e n s o v i e l e Kinder hatten, was für die Rache des Reichen als wichtig betont wird: s. Kap. 5 [224, 20‒22 H.] Sic quoque circumscribimur, n i s i t o t i d e m s u n t , nisi illis par est ac similis aetas et ante omnia optimus pater. Vgl. auch Kap. 4 [223, 17‒19 H.] Constet licet utrimque mortium numerus, t o t i d e m nobis ultio cadavera adsignet, plus tamen est de innocentibus. Dies ist alles, was wir von der Zahl der Kinder erfahren. Ein Interpolator hätte sich im Thema wahrscheinlich auf etwa utrique totidem liberi beschränkt oder vielleicht eine höhere Zahl angegeben angesichts Kap. 9 [229, 15f. H.] Exonerabis gemitus tuos, cum meorum sepulcra n u m e r a b i s , eine rhetorische Übertreibung wohlbekannter Art, die einem fast den Eindruck von einem Friedhof vermittelt, nicht von nur drei Gräbern. Über die Art und Weise, wie die Kinder des Reichen getötet wurden, erfahren wir nur Folgendes, Kap. 10 [229, 21f. H.] Parvulos meos occidit quicquid fuit tota civitate telorum, omnis sexus, omnis aetas, omnis infirmitas. Dass der Deklamator in dem gegebenen Zusammenhang die lapidatio so beschrieb, ist kaum ersichtlich, dagegen ist es etwas zweifelhaft, ob sich ein Interpolator aufgrund jener Stelle so bestimmt in seinem Thema ausgedrückt hätte. Das Thema der Dekl. 8, Gemini languentes, lautet [151, 5‒10 H.]: Gemini, quibus erat mater et pater, aegrotare coeperunt. Consulti medici dixerunt eundem esse languorem. Desperantibus reliquis promisit unus se alterum sanaturum, si alterius vitalia inspexisset. Permittente patre execuit i n f a n t e m et vitalia inspexit. Sanato uno accusatur pater ab uxore malae tractationis.
In der Deklamation findet man zwei Abweichungen von den obigen Angaben. Das Wort infantem erweckt den Eindruck, dass es sich um ganz kleine Kinder handle. Freilich gibt es Fälle, wo infans auch von etwas älteren Kindern verwendet wird (vgl. ThlL VII.1, 1348, 25‒39), aber es ist doch unnatürlich, dieses
8 | Zu den Themata der Größeren Deklamationen Substantiv von jungen Männern zu verwenden, die, wie es scheint, schon lange Reisen gemacht haben, sogar ins Feld gezogen haben; s. Kap. 13 [163, 25 ‒ 164, 1 H.] Igitur quando umquam p e r e g r i n a t i s u n t u n a , militavere pariter? Quid non diducti separatique fecerunt? Zwar wird hier streng genommen nur verneint, dass die infantes z u s a m m e n gereist sind und commilitones gewesen sind, aber dies muss doch heißen, dass sie a l l e i n so etwas gemacht haben, besonders wegen der rhetorischen Frage quid non diducti usw., sonst wäre die Passage ganz sinnlos. Übrigens begegnet, neben filius, fast durchgehend die Bezeichnung iuvenis in der Rede, während das Wort infans nur im Argumentum steht. Warum denn hat der Deklamator sich von seinem Thema entfernt und die Söhne viel älter gemacht? Die Antwort findet sich in Kap. 12f.: Der Redner argumentiert hier gegen die Behauptung des Vaters, dass die Brüder wahrscheinlich unter derselben Krankheit litten und beide sterben mussten, weil sie als Zwillinge unter demselben Stern geboren waren und folglich ihr Schicksal von Anfang an dasselbe war. Auf diese astrologische Argumentation zu antworten wäre unmöglich gewesen, wenn der Deklamator nicht die Brüder als älter präsentiert hätte und auf schon vorhandene Unterschiede des Lebenslaufs der Beiden hätte hinweisen können. Die Worte sanato uno im Thema [151, 9 H.] kann natürlich nur sc. a medico gedeutet werden, denn warum in aller Welt hätte der Vater dem Arzt erlaubt, den einen Sohn zu töten, wenn er nicht auch gerade ihm die Heilung des anderen anvertrauen wollte? In Kap. 5 [155, 18 ‒ 156, 1 H.] tritt aber d i e M u t t e r als Pflegerin und Heilerin des noch lebenden Bruders auf: Erumpit hoc loco mulier infelix (sagt ihr Anwalt) et tota libertate proclamat: ‚Redde mihi,‘ inquit ‚marite, filium, quem tibi pariter medicoque commisi, 〈 r e c i p e q u e m m i h i c r e d i d i s t i 〉 … Vides, quid profecerint anxia vota pietatis, sollicitae preces. Dum iam frigidi pectoris calorem superpositis revocamus uberibus… convaluit, evasit…‘. Und Kap. 21 [172, 26‒28 H.] Vultis scire, iudices, unde venerit tanta (sc. inter duos fratres) diversitas? Illum (sc. mortuum) pater curavit, h u n c m a t e r . Um eine rhetorisch wirksamere Argumentation zu ermöglichen, wird also diese, im Zusammenhang unmögliche Fiktion eingeführt. Betrachten wir das Thema der Dekl. 2 (Caecus in limine) [20, 2‒15 H.]: Ex incendio domus adulescens patrem extulit. Dum matrem repetiit, et ipsam et oculos amisit. Induxit illi pater novercam. Quae accessit quodam tempore ad maritum, dixit parari illi venenum, quod iuvenis in sinu haberet, et sibi promissam dimidiam partem bonorum, si illud marito porrexisset. Intravit ad caecum pater interrogavitque, an haec vera essent; ille negavit. Exquisivit et invenit in sinu venenum, interrogavit, cui parasset; ille tacuit. Recessit pater et mutato testamento novercam fecit heredem. Eadem nocte strepitus in domo fuit: intravit familia in cubiculum domini, invenit ipsum occisum et novercam
Das Verhältnis der Deklamatoren zu ihren Themata | 9
iuxta cadaver dormienti similem, caecum in limine cubiculi sui stantem, gladium eius sub pulvino cruentatum. Accusant se invicem caecus et noverca.
Die Worte intravit ad caecum pater… recessit pater geben wohl den Eindruck, dass der Vater a l l e i n seinen blinden Sohn aufsucht, dass also die Stiefmutter nicht einmal anwesend ist; aber Kap. 3 [23, 12‒14 H.] sagt der Deklamator: venenum, quod in miseri sinu abdiderat, d e p r e h e n s u r a nuntiavit patri, tamquam parricidium pararetur, und Kap. 4 [24, 2‒5 H.] non esset ausus iuvenis c o r a m e a m u l i e r e mentiri, quae prodidit et sciit, ubi esset venenum. Ut vero sensit infelix instantem novercam postulantemque, ut sinus iuvenis exquireretur… Hier ist also die Stiefmutter nicht nur anwesend, sondern aktiv bei ihrem Versuch, den Blinden zu beschuldigen, gewiss damit sie dadurch den Zuhörern noch grausamer erscheine. Auch die Angabe, dass der Vater selbst das Gift fand, stimmt mit Kap. 4 [24, 9‒11 H.] nicht überein: mersis in sinum manibus, dum cuncta suspicionibus, dum tactu iuvenis explorat, v e n e n u m p r i m u s i n v e n i t (sc. iuvenis). Natürlich dünkt die Unschuld des Blinden mehr wahrscheinlich, wenn er selbst bestürzt und erschrocken das Gift in sinu findet, als wenn, wie im Thema beabsichtigt ist, der Vater es tut. Der Vater in Dekl. 5 (Aeger redemptus), der den einen (kranken) seiner beiden von Piraten gefangen genommenen Söhne freikauft, verliert laut dem Thema den freigekauften Sohn während der Rückreise von den Piraten ([85, 5 H.] Qui, d u m r e v e r t i t u r , mortuus est). In Kap. 20 [106, 19 ‒ 107, 2 H.] muss sich der Vater gegen die Worte des anderen, sua vi heimgekehrten Sohnes Ut scias… aegrum redimi non debuisse, defunctus est verteidigen, und dann erfahren wir plötzlich, dass der Kranke – natürlich damit die Handlungsweise des Vaters nicht allzu irrational erscheine – doch länger gelebt hat: Crudelissime generis humani, qui nos putas pretium tuum perdidisse, audi, quam multa nobis in morituro filio pirata reddiderit: frater tuus… respiravit aliquid in toro… vidit propinquos, allocutus est amicos, mandavit, exegit, et quamvis suprema sorte conlabens prius tamen luce caeli libera satiatus est. Aber nicht nur gegen die Worte seines Themas, sondern sogar gegen seine eigenen Äußerungen verstößt bisweilen der Deklamator, um das gerade für den Moment geeignete Argument zu schaffen. In Dekl. 19 sehen wir, dass völlig entgegengesetzte colores innerhalb der Rede zur Anwendung kommen in einer recht verworrenen Weise. Die folgende kleine Beschreibung dieser Tatsache stellt übrigens ein Memento dar gegen die Argumentationsweise Reitzensteins, der aus logischen inhaltlichen Gründen vieles in den Reden als spätere Interpolationen streichen wollte. Das Thema der Dekl. 19 lautet folgendermaßen [371, 9‒13 H.]:
10 | Zu den Themata der Größeren Deklamationen Speciosum filium infamem, tamquam incestum cum matre committeret, in secreta domus parte pater torsit et occidit in tormentis. Interrogat illum mater, quid ex iuvene compererit; nolentem dicere malae tractationis accusat.
Mit Rücksicht n u r auf seine augenblickliche Argumentation, ohne sich im Geringsten um die Einheit der ganzen Rede zu kümmern, erzählt der Vater vor dem Gericht bei verschiedenen Gelegenheiten gerade das Entgegengesetzte von dem, was er eben gesagt hat, über die näheren Umstände dieses schrecklichen Ereignisses. In Kap. 1 [372, 12‒14 H.] heißt es, dass er in höchster Aufregung und Zorn seinen Sohn umgebracht hat: A r d o r i l l e , qui me modo inpegit in filium, ipsa sui immanitate consumptus est. So auch Kap. 13 [386, 5‒7 H.] avocavit me c o n t e n t i o , d o l o r , o r b i t a s , p a r r i c i d i u m . Omnia facta sunt f e s t i n a t i o n e p r a e c i p i t i . Aber Kap. 10 [381, 20 ‒ 382, 1 H.] begegnet ein ganz anderer Vater, der ruhig und überlegt ans Werk geht: N o n enim p r a e c i p i t i r a p t u s i n p u l s u exsilui repente, subito, n e c c a p t u s d o l o r e c a e c o … D e d i m o r a s , s p a t i u m , t e m p u s i n d u l s i . Hier sind wir weit entfernt von der festinatio praeceps in Kap. 13 [386, 6f. H.], die übrigens schon in Kap. 3 [374, 20 ‒ 375, 1 H.] auftaucht: I n r u m p o f e s t i n a n t e r , a v i d e … non diviso dolore, non per partes nec per intervalla suspenso (vgl. dedi moras etc. oben), sed semel, sed pariter invado. Hier geht es wieder schnell, aber in Kap. 9 [381, 16f. H.] heißt es: torsisse me putatis? Ego vero o c c i d i t a r d e , d i u . (Nebenbei verneint der Vater also, dass er seinen Sohn gefoltert hat, aber vgl. Kap. 12 [384, 21f. H.] t o r q u e b a m nec interrogabam.) Kap. 5 [377, 5 H.] heißt es: Filium pater n o n d e m e n s , n o n i n s a n u s occidi. Man könnte meinen, dass danach seine Worte an die Mutter in Kap. 12 [384, 14‒16 H.] recht sonderbar dünken: Tu vero crede nihil aliud fuisse quam f u r o r e m , i n s a n i s s e m e p u t a . Videbam quae non fiebant, audiebam, quae nemo dicebat. Die verworrene Logik in dieser Rede ist derart, dass man ohne Weiteres dem Vater zustimmt, wenn er Kap. 11 [384, 4‒6 H.] sagt: ablata est mihi omnium verborum fides, omnis sermonis auctoritas, nec habet causam loquendi, cui non potest credi. Es dürfte hier deutlich hervorgehen, wie gefährlich es wäre, wie Reitzenstein es tut, mehrere (und längere) Abschnitte aus logischen Gründen als unecht zu tilgen. Dies mag hier besonders hervorgehoben werden, weil H. Rahn in einer Rezension meiner Arbeit über die Größeren Deklamationen andeutete, dass über die Interpolationsfrage noch nicht das letzte Wort gesagt worden sei.2 Wir werden übrigens jetzt abschließend ein Beispiel der Reitzenstein’schen Interpolationsjagd näher studieren, indem wir ein Problem in Dekl. 12 behandeln. Das Thema lautet [231, 6‒11 H.]: || 2 Rahn 1976.
Das Verhältnis der Deklamatoren zu ihren Themata | 11
Cum civitas fame laboraret, misit ad frumenta legatum praestituta die, intra quam rediret. Profectus ille emit et ad aliam civitatem tempestate delatus duplo vendidit et duplum frumenti modum comparavit. Illo cessante corporibus suorum pasti sunt. Reversus ad praestitutam diem rei publicae laesae accusatur.
In der Rede finden sich allerlei Nebenumstände, die vom Deklamator selbst erdichtet worden sind: So hat die Hungersnot nicht nur die patria des Redners (die übrigens den Eindruck einer griechischen Polis erweckt) getroffen, sondern die ganze Nachbarschaft (Kap. 5, Ende [236, 7ff. H.]). Dadurch wird erklärt, warum man nicht von seinen Nachbarn Getreide kaufen konnte, und es wird auch ermöglicht, die im Thema erwähnte alia civitas als eine N a c h b a r s t a d t zu bezeichnen, wo Hungersnot herrschte und weswegen der Legat das Getreide verkaufte. Auf diese Weise kann der Ankläger die Handlungsweise des Legats in ein eigentümliches Licht rücken: Wenn er zur Nachbarstadt gelangen konnte, warum denn nicht auch zur Heimatstadt? Laut Reitzenstein (1909, 16, Anm. 12) hat der Ankläger den Zeitverlust des Legaten zu gerade sieben Tagen in einer anderen, größtenteils verlorengegangenen Fassung der Rede spezifiziert; ich bin aber anderer Meinung und sehe keinen Anlass, wie Reitzenstein mit zwei verschiedenen Fassungen der Rede zu rechnen. Die fraglichen Stellen in der Rede sind wie folgt: Kap. 8 [240, 11‒13 H.] Tibi, legate, tempus differre facile est, qui tuam tantum partem non vendidisti. Tu, quem habeas diem, videris, e g o s e p t i m u m e x p e c t a r e n o n p o s s u m . Kap. 16 [248, 16‒18 H.] Si innocentes essemus, p o p u l u m s e p t e m d i e b u s p e r d i d i s s e s . Angustos humani spiritus terminos fames fecit. Kap. 23 [258, 7f. H.] Quid, quod extincto populo etiam n o v e n d i a l i s tarde venit? Der letzte Satz wurde von Reitzenstein herangezogen, gehört aber m. M. n. nicht zur Sache (vgl. unten). Zur ersten und zweiten Stelle wies Burman ganz richtig auf die „opinio medicorum“ hin, „qui tradunt, quibus inedia mori consilium est, septimo demum die mortem oppetere“ (Burman 1720, 249, mit Verweis auf Gell. 3, 10, 15). Die Stellen spielen also auf jene medizinische Theorie an und besagen nichts bezüglich der vom Legaten verwendeten Zeit. Reitzenstein (a. a. O.) übersetzt die Worte aus Kap. 16: „Wenn wir nicht uns von Leichen ernährt hätten, sondern jetzt schuldlos wären, wäre in diesen sieben Tagen das ganze Volk zugrunde gegangen“, und fährt fort: „Auffällig ist die Nennung der s i e b e n Tage… Natürlich wirkt die Ansicht der Mediziner, dass der Hunger in sieben Tagen töte, mit ein; aber vollen Sinn gewinnen diese Stellen doch erst, wenn in einer Fassung der Rede, die nicht voll mehr erhalten ist, der Gesandte durch den Verkauf des Getreides gerade sieben Tage verloren hat, die Zeit, die zum Hungerstode genügt“. Unsere Rede sei also laut Reitzenstein eine Kontamination von (mindestens) zwei Reden über dasselbe Thema. Aber seine These ist
12 | Zu den Themata der Größeren Deklamationen nicht akzeptabel. Erstens wäre es töricht, dem Gesandten gerade sieben Tage Zeit von Anfang an zu geben, wenn man wusste, dass der Mensch am siebenten Tage an Hunger stirbt (Kap. 8 [240, 13 H.] ego septimum exspectare non possum). Zweitens ist seine Interpretation der drei Stellen verfehlt: Was die (cena) novendialis betrifft, kommt sie einfach deswegen zu spät, „quia, nullo superstite, fieri nequit“ (Forcellini – De Vit s. v. novendialis), und die fragliche Stelle hat nichts mit den sieben Tagen zu tun; sogar die Zeit stimmt ja nicht, da doch die cena novendialis nicht septimo die stattfand. Was Reitzensteins Übersetzung Kap. 16 [248, 17 H.], „in diesen sieben Tagen“ betrifft, übersetzt er h i s septem diebus, was nicht im Text steht. Das Sätzchen [248, 17f. H.] Angustos humani spiritus terminos fames fecit zeigt im Gegenteil, dass mit septem diebus gerade dieser Terminus gemeint ist. Vgl. übrigens Kap. 18 [251, 1f. H.] ut subinde c o m p u t e t (sc. esuriens populus), q u o t d i e s a d m o r t e m s u p e r s i n t . Um diese traurige arithmetische Operation vornehmen zu können, muss man von einer Theorie ausgehen, wie lange man leben kann, ohne etwas zu essen, und die Stelle zeigt deutlich, dass man eine solche Theorie hatte, nämlich dass man sieben Tage leben kann. Wir brauchen also keine Interpolationen aus anderen Fassungen der Rede noch etwaige Abweichungen vom Argumentum wegen d i e s e r Stellen annehmen.
2 Mögliche Vorbilder einiger Deklamationsthemata Die wichtigste bis jetzt publizierte Arbeit, die die Relation der Themata zum wirklichen Leben oder zur Literatur behandelt, ist M. Schambergers Dissertation.3 Unter den Argumenta der Größeren Deklamationen werden von ihm die folgenden mehr oder weniger eingehend behandelt: 1, 2, 4, 9, 12, 14, 16, 17, 18 (dies schließt auch 15 und 19 ein, deren Themata mit 14 und 18 identisch sind). Ich werde jetzt Schambergers Vermutungen bezüglich der Dekll. 2 und 12 etwas ergänzen, außerdem ein mögliches Vorbild für das Thema der Dekl. 7 vorbringen. Das Thema der Dekl. 2 ist oben S. 8f. wiedergegeben; auch das verlorengegangene (vgl. S. 5) Thema der Dekl. 1 ist hier aktuell, denn es muss dem der Dekl. 2 sehr ähnlich gewesen sein. Schamberger 1917, 60f. setzt dieses Thema in Verbindung mit Tacitus’ Bericht Ann. 4, 10, 2f.:
|| 3 Schamberger 1917.
Mögliche Vorbilder einiger Deklamationsthemata | 13
Corrupta ad scelus Livia Seianum Lygdi quoque spadonis animum stupro vinxisse, quod is aetate atque forma carus domino interque primores ministros erat. Deinde inter conscios ubi locus veneficii tempusque composita sint, eo audaciae provectum, ut verteret et o c c u l t o i n d i c i o D r u s u m v e n e n i i n p a t r e m a r g u e n s moneret Tiberium vitandam potionem, quae prima ei apud filium epulanti offerretur. Ea fraude illectum senem, postquam convivium inierat, exceptum poculum Druso tradidisse; atque illo ignaro et iuveniliter hauriente auctam suspicionem, tamquam metu et pudore sibimet inrogaret mortem, quam patri struxerat.
(Wie Schamberger 1917, 63 hervorhebt, findet man hier auch eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Thema der Dekl. 17, Venenum effusum.) Die Rolle des Seianus, meint Schamberger, ist hier von der noverca gespielt. Was die Worte am Ende des Themas der Dekl. 2 betrifft ([20, 11‒13 H.] intravit familia in cubiculum domini, invenit ipsum occisum et novercam iuxta cadaver dormienti similem), verglich schon von Morawski (1882, 166) Tac. Ann. 4, 22, 1f.: Per idem tempus Plautius Silvanus praetor incertis causis Aproniam coniugem in praeceps iecit, tractusque ad Caesarem ab L. Apronio socero turbata mente respondit, t a m q u a m i p s e s o m n o g r a v i s a t q u e e o i g n a r u s , et uxor sponte mortem sumpsisset. Non cunctanter Tiberius pergit in domum, visit cubiculum, in quo reluctantis et impulsae vestigia cernebantur.
Das Schlafen der verdächtigen Stiefmutter finden wir auch in Dekl. 1; vgl. z. B. Kap. 9 [9, 18‒21 H.] Ita feritur in sinu tuo maritus, et tu nihil sentis? Ad latus tuum fata hominis peraguntur; tu iaces, tamquam te privignus occiderit priorem. Mir scheint aber auch ein anderes, in der Literatur erwähntes Ereignis aus älteren Zeiten diesem Motiv inhaltlich näher zu kommen, nämlich was Cic. S. Rosc. 64f. schildert: Non ita multis ante annis aiunt T. Caelium quendam Tarracinensem, hominem non obscurum, cum cenatus cubitum in idem conclave cum duobus adulescentibus filiis isset, inventum esse mane iugulatum. Cum neque servus quisquam reperiretur neque liber, ad quem ea suspicio pertineret, id aetatis autem duo filii propter cubantes ne sensisse quidem se dicerent, nomina filiorum de parricidio delata sunt. Quid poterat tam esse suspiciosum? Neutrumne sensisse? Ausum autem esse quemquam se in id conclave committere eo potissimum tempore cum ibidem essent duo adulescentes filii, qui et sentire et defendere facile possent? Erat porro nemo, in quem ea suspicio conveniret. Tamen cum planum iudicibus esset factum aperto ostio dormientis eos repertos esse, iudicio absoluti adulescentes et suspicione omni liberati sunt. Nemo enim putabat quemquam esse, qui, cum omnia divina atque humana iura scelere nefario polluisset, somnum statim capere potuisset…
Dieselbe Geschichte erzählt in komprimierter Form Val. Max. 8, 1, 3, was ein kleines Indiz dafür ist, dass sie durch Jahrhunderte bekannt blieb; übrigens
14 | Zu den Themata der Größeren Deklamationen wurde die Rede Pro S. Roscio zweifellos in den Rhetorenschulen studiert. Dass das Motiv des verdächtigen Schlafs aus Cicero eher als aus Tacitus’ Annalen geholt worden ist, scheinen mir gewisse wörtliche Anklänge an Ciceros oben zitierte Worte zu zeigen; Cicero: (servus) ad quem ea suspicio pertineret; Dekl. 1, 14 [15, 12f. H.]: ad quem suspicio magis respicit (sc. quam ad te)?; Cicero: omnia divina atque humana iura scelere nefario polluisset; Dekl. 1, 10 [10, 7f. H.]: Omnia humana sacra confudit. Vgl. auch Ciceros Worte ausum autem – facile possent und Dekl. 1, 13 [14, 8f. H.] Occisus est in cubiculo senex: ita ille percussor non timuit uxorem? Auch das Thema der Dekl. 7 [136, 12 ‒ 137, 2 H.] ist vielleicht in Anlehnung an einen Abschnitt in Pro S. Roscio erfunden worden: L i b e r u m h o m i n e m t o r q u e r i n e l i c e a t . Pauper et dives inimici. Pauperi erat filius. Nocte quadam pauper cum filio revertebatur. Interfectus est adulescens. O f f e r t s e p a u p e r i n t o r m e n t a dicens a divite eum interemptum. Dives contradicit ex lege.
Die Fiktion, dass ein liber homo sich freiwillig dem Foltern übergeben will, finden wir ganz kurz ausgedrückt S. Rosc. 119 (Roscius) q u i v e l i p s e s e s e i n c r u c i a t u m d a r i c u p e r e t , dum de patris morte quaereretur. Das Verhältnis Vater-Sohn kehrt in Dekl. 7 wieder, nur dass die Rollen der beiden umgekehrt sind. Über das Thema der Dekl. 12 (S. 11 zitiert) weiß Schamberger 1917, 75f. nicht viel zu sagen: „Quod legatus mittitur, ut frumentum emat, hoc fictum ex consuetudine Romana; velut anno a. Chr. 44 Brutus et Cassius senatus consulto in Asia et Sicilia frumentum urbi Romae emere iussi sunt“. Von dem Fall, dass jemand, wie in Dekl. 12, das Getreide anderen verkauft, hören wir m. W. nur einmal, nämlich Cic. Flacc. 17 : Caesus est virgis Cymaeus ille Athenagoras, qui in fame frumentum exportare erat ausus. Die Umstände sind folglich mit denen der Dekl. 12 nicht ganz übereinstimmend. Ferner wissen wir von diesem Athenagoras wie vom Ereignis selbst nicht mehr als das, was wir aus Ciceros Worten lernen. Jedenfalls kamen offenbar ähnliche Fälle vor; der Kannibalismus in Dekl. 12 ist zwar eine andere Sache, aber vielleicht mit Recht meint Schamberger a. a. O., dass dieses Motiv übernommen ist „ex iis quae narrari solebant de incolis urbium diuturna obsidione pressarum ceteris alimentis consumptis hoc modo vitam sustinentibus“.
Zu den literarischen Vorbildern der Declamationes maiores: Cicero, Seneca, Declamationes minores Der Einfluss der Rhetorenschulen auf die lateinische Literatur der Kaiserzeit stellt ein wohlbekanntes Phänomen dar, weswegen wir hier nicht viele Worte verlieren brauchen: Nicht nur Sprache und Stil der höheren Literatur und der Poesie wurden durch die gründlichen Übungen in der Schule tiefgehend beeinflusst, sondern auch die Disposition des Stoffes, ja sogar die Inhalte selbst wurden manchmal mehr oder weniger von der Praxis der Rhetorenschule bestimmt, indem bekannte Topoi, Exempla und Ekphraseis der Rhetorenwelt fleißig zur Verwendung kamen. Da andererseits mehrere bedeutende Verfasser und Dichter in der Schule studiert und kommentiert wurden, herrschte eine gegenseitige Einwirkung zwischen der ,richtigen‘ Literatur und den rhetorischen Übungsund Musterprodukten der Schule. Eben diese gegenseitige Einwirkung, eben die dadurch zu erklärende Beliebtheit gewisser Motive und Gedanken macht es zu einer unsicheren und schwierigen Aufgabe, ein direktes literarisches Abhängigkeitsverhältnis zwischen zwei Verfassern oder zwei Werken festzustellen: Fragmente und Gedanken aus der Ideenwelt der Deklamatoren tauchen in verschiedenen Texten der Kaiserzeit immer wieder auf, und je gewöhnlicher ein gewisser Topos in der Literatur ist, desto weniger kann er natürlich ein Abhängigkeitsverhältnis beweisen, wenn er bei zwei verschiedenen Verfassern vorkommt. Um in solchen Fällen überhaupt Abhängigkeit beweisen zu können, muss man nicht nur einen ähnlichen Gedankengang, sondern vor allem Ähnlichkeit der sprachlichen Ausdrucksweise nachweisen. Und auch so bleibt es nicht selten unsicher, ob die zu beweisende Abhängigkeit in Wirklichkeit vorliegt, besonders wenn man bedenkt, wie viel von der Literatur der ersten nachchristlichen Jahrhunderte verloren gegangen ist. Trotzdem habe ich den Versuch gewagt, der Einwirkung einiger bedeutender Autoren auf die Deklamationen der Rhetorenschulen – hier von den 19 pseudoquintilianischen Größeren Deklamationen repräsentiert1 – nachzugehen. Ist es doch von recht großem Interesse zu sehen, in welchem Ausmaße Cicero oder Seneca Philosophus von den späteren Deklamatoren studiert wurden, und inwiefern ein eventueller literarischer Einfluss zum Vorschein kommt. Vielleicht könnte man sehen, welche Werke dieser Schriftsteller in den Deklamatio-
|| 1 Ich zitiere den Text zwar nach meiner eigenen, noch nicht publizierten Edition [Håkanson 1982], aber Abweichungen von Lehnerts (1905) Text sind durchgehend angegeben.
16 | Zu den literarischen Vorbildern nen am deutlichsten spürbar sind und folglich wahrscheinlich am meisten studiert wurden. Möglicherweise könnte eine derartige Untersuchung – mit Vorsicht benutzt – auch etwas dazu beitragen, auf die Verfasserfrage der Größeren Deklamationen Licht zu werfen. Beim Vorlegen des gesammelten Materials erlaube ich mir, von der Chronologie abzusehen, und fange mit Seneca an.
1 Senecas Prosawerke Dass enge Beziehungen zwischen dem Stil Senecas und den Größeren Deklamationen bestehen, wurde bereits von Reitzenstein2 konstatiert, der mehrmals in seinen Fußnoten auf Senecas Einfluss auf die Reden aufmerksam gemacht hat. Kannte man ihren Ursprung nicht, wäre man wohl nicht selten geneigt, Senecas Sentenzen dem einen oder anderen Deklamator zuzuschreiben, wie z. B. Ben. 3, 25, 1 Quanti viri est pro domino eo tempore mori velle, quo rara erat fides dominum mori nolle; oder Epist. 97, 9 Credat hoc quisquam? Qui damnabatur uni adulterio, absolutus est multis. Nicht nur solche inhaltlich zugespitzten oder übertriebenen, sehr oft antithetisch formulierten Sentenzen, sondern überhaupt Senecas unruhige, gewissermaßen zerhackte Darstellungsweise erinnert an den Stil der späteren Rhetoren wie der Verfasser der zwei ,quintilianischen‘ Deklamationssammlungen oder des Calpurnius Flaccus – aber auch an die Redeweise jener Rhetoren, die im Sammelwerk des Vaters Senecas zu Worte kommen. Im Falle Seneca ist das reziproke Abhängigkeitsverhältnis, dessen Existenz ich oben andeutete, besonders deutlich: Einerseits hat er, wie wir bald sehen werden, sicher als Vorbild für gewisse Verfasser der Größeren Deklamationen gedient, andererseits hat er selbst zweifellos in nicht geringem Maße seinen Stil von dem usus loquendi der Rhetorenschule seiner Jugend prägen lassen. Hieraus ergibt sich eine prinzipielle Schwierigkeit, wenn man versucht, Senecas Rolle als Vorbild für die späteren Deklamatoren festzustellen: Man kann nämlich prinzipiell selten ausschließen, dass eine Ähnlichkeit des Gedankens, vielleicht auch der Ausdrucksweise, auf eine gemeinsame Quelle zurückgeht, die uns nicht mehr verfügbar ist. Wegen der Unkontrollierbarkeit dieser Möglichkeit muss in einer Untersuchung wie dieser immer mit einer gewissen Unsicherheit gerechnet werden. Nichtsdestoweniger meine ich, dass das jetzt zu behandelnde Material in toto die Einwirkung Senecas auf die Größeren Deklamationen recht deutlich
|| 2 Reitzenstein 1909; vgl. Index S. 90. Auch ein Anklang an Cicero ist von Reitzenstein verzeichnet, auf den ich suo loco [S. 28, Anm. 9] eingehen werde.
Senecas Prosawerke | 17
widerspiegelt. Wir gehen jetzt die 19 Reden der Reihe nach durch, mit gelegentlichen kurzen Kommentaren zum dargebrachten Material. Um die engen Beziehungen Senecas zum Deklamatorenstil ausreichend zu beleuchten, habe ich hier und da solche Stellen berücksichtigt, die eher loci similes als direkte Entlehnungen sind.3 Schließlich werden wir das so disponierte Material näher analysieren. DECLAMATIO 1 In Dekl. 1 habe ich nichts Nennenswertes gefunden. DECLAMATIO 2 2 [22, 11‒13 H.] illa festinatione, qua fugimus, erumpimus, in medium cucurrit incendium ~ Ben. 4, 32, 4 eo voltu ad pericula euntem, quo alii e periculo redeunt. 8 [27, 9f. H.] Sunt et feminis ad scelera vires, cum habent causas virorum (wo möglicherweise ein Komma nach causas gesetzt werden soll?) ~ Marc. cons. 16, 1 Par illis (sc. feminis), mihi crede, vigor, par ad honesta, libeat, facultas est. 9 [28, 1 H.] pereunt cum suis vitia causis ~ Epist. 85, 12 si ipsis (sc. affectibus) permisisti incipere, cum causis suis crescent. An der letztgenannten Stelle haben wir es wahrscheinlich mit einer sog. Kontrastreminiszenz zu tun (pereunt ~ crescent), möglicherweise auch in Kap. 8 (ad scelera ~ ad honesta). In Kap. 2 ist die eventuelle Einwirkung Senecas natürlich höchst unsicher. DECLAMATIO 3 3 [44, 15f. H.] C. Marium, quod exemplum divinitus nobis datum videtur, quid in homine virtus possit ~ Helv. cons. 10, 4 C. Caesar, quem mihi videtur rerum natura edidisse, ut ostenderet, quid summa vitia in summa fortuna possent. Wir sehen hier wiederum den in Reminiszenzen gewöhnlichen Kontrast, der vielleicht mit der ,polaren‘ Art des menschlichen Denkens zu tun hat, indem Erinnerungen an verschiedene Phänomene gern nach Gegensätzen im Bewusstsein geordnet zu sein scheinen. 4 [45, 15f. H.] Ludus fuit rotare saxa, v i b r a r e iam tum s u d e s , saltus a g i t a r e venatu ~ Epist. 88, 19 (iuventutem) maiores nostri rectam exercuerunt hastilia iacere, s u d e m t o r q u e r e , equum a g i t a r e , arma tractare. 4 [46, 5‒8 H.] Itaque cum appareret… non minorem nobis p u g n a m c u m m o r i b u s esse quam c u m h o s t i b u s ~ Epist. 87, 9 M. Cato Censorius, quem
|| 3 Welche Stellen ich als einigermaßen sichere Imitationen betrachte, geht aus S. 24 hervor.
18 | Zu den literarischen Vorbildern
tam e re publica fuit nasci quam Scipionem (alter enim c u m h o s t i b u s nostris b e l l u m , alter c u m m o r i b u s gessit)… DECLAMATIO 4 9 [70, 23f. H.] tota vita hominis unus est dies ~ derselbe Gedanke Epist. 12, 7 ,Unus‘ inquit (sc. Heraclitus) ,dies par omni est‘. 10 [71, 18 ‒ 72, 1 H.] Miraris, quod suprema mea ipse praecipitem (sc. quippe qui me ipse interficere velim)? Numquid enim non hoc agunt s i n g u l i d i e s ? Omnis nos hora per tacitos fallentesque cursus adplicat fato, et… per exigua festinantis aevi m o m e n t a praemorimur ~ derselbe Gedanke begegnet so oft bei Seneca, dass ich geneigt bin anzunehmen, dass er hier von ihm übernommen ist, obgleich die sprachliche Ähnlichkeit gering ist: Epist. 1, 2 Quem mihi dabis, qui aliquod pretium tempori ponat, qui diem aestimet, qui intellegat se cottidie mori?; ebda. 24, 19f. Memini te illum locum aliquando tractasse, non repente nos in mortem incidere sed minutatim procedere. Cottidie morimur: cottidie enim demitur aliqua pars vitae; ebda. 26, 4 Carpimur. S i n g u l i d i e s aliquid subtrahunt viribus; ebda. 58, 23 cum o m n e m o m e n t u m mors prioris habitus sit, vis tu non timere, ne semel fiat, quod cottidie fit?; ebda. 98, 10 quo (sc. ad mortem) illos s i n g u l i d i e s turbent; ebda. 120, 8 Erramus autem qui ultimum timemus diem, cum tantumdem in mortem s i n g u l i conferant… Ad mortem dies extremus pervenit, accedit omnis. 14 [76, 1f. H.] quidquid nascitur, consociata numinis p r o p r i e t a t e s i g n a t u r ~ Epist. 113, 16 nullum (sc. folium) non sua p r o p r i e t a t e s i g n a t u m . Imitation ist hier selbstverständlich nicht notwendigerweise anzunehmen. DECLAMATIO 5 8 [92, 13‒17 H.] Sim licet crudelis ac saevus… clauserim paternos penates, de testamento, de spe successionis expulerim… persolvi gratia non potest nec malo patri ~ Ir. 2, 30, 1 pater est (sc. qui tibi fecit iniuriam): aut tantum profuit, ut illi etiam iniuriae ius sit, aut… 9 [93, 21f. H.] G e n u s u l t i o n i s e s t pascere nec misereri ~ Const. sap. 17, 4 adice quod g e n u s u l t i o n i s e s t eripere ei, qui fecit, factae contumeliae voluptatem. 10 [94, 23 H.] solus ac senex ~ Const. sap. 6, 5 solus et senior. 12 [97, 11f. H.] facilius est divisa subtrahere, quorum magnitudo laborat in solido ~ Ir. 2, 29, 1 Nec universam illam (sc. iram) temptaveris tollere: tota vincetur, dum partibus carpitur. Dass Seneca hier wirklich imitiert wird, scheint mir deshalb wahrscheinlicher, weil die Anklänge dieselben beiden Senecaschriften betreffen (in De Ira sogar nacheinander folgende Kapitel).
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17 [102, 16f. H.] q u o c u m q u e m e m b r a l a s s a t a d o l o r e t r a n s t u l e r i t (sc. iuvenis aeger vinctus a piratis), in supplicium redit renovata patientia ~ Prov. 3, 9 q u o c u m q u e f a t i g a t u m c o r p u s r e c l i n a v i t (sc. Regulus vinctus a Poenis), vulneri incumbit. DECLAMATIO 6 2 [112, 20f. H.] I n v e n i t tamen i n g e n i o s a pietas (sc. filii) et utrique (sc. parenti) subvenit d i s p e n d i o sui ~ Ben. 1, 9, 2 p r e t i u m s e s u i f e c i t . I n g e n i o s u s adulescens i n v e n i t , quemadmodum… 5 [115, 10f. H.] qui (sc. filius ad piratas navigans patrem redempturus) optaret alligari a piratis, quos vitare quoque miserum est. Quaerit haec omnia… ~ Ben. 7, 15, 1 cum, quos nemo non fugiebat, ego quaererem, tandem ad piratas perveni (und in Dekl. 6 bald danach ut primum pervenit iuvenis ad piratas). Vgl. S. 37. 10 [121, 15f. H.] Illa exempli mulier, illa saeculi decus ~ Epist. 87, 10 O quantum erat (sc. Cato) saeculi decus. 14 [125, 19 H.] absentia impietatis occasio est ~ Prov. 4, 6 calamitas virtutis occasio est. Kontrastreminiszenz? 16 [128, 6‒8 H.] nisi se erigit (sc. caecus)… animi vitio miser est ~ Ir. 3, 15, 3 Si aeger animus et suo vitio miser est (vgl. Epist. 70, 15 nemo nisi vitio suo miser est). DECLAMATIO 7 4 [141, 1f. H.] Q u a m m u l t a , dii deaeque, n o n m i n u s s u n t i u s t a q u a m l e x ! E x i g i t quarundam invidia rerum, ut… ~ Ir. 2, 28, 2 quam angusta innocentia est a d l e g e m b o n u m e s s e ! Quanto latius officiorum patet quam iuris regula! Q u a m m u l t a pietas, humanitas, liberalitas, iustitia, fides e x i gunt! DECLAMATIO 8 13 [163, 18‒25 H.] Volvitur super nos haec caeli siderumque compago, et praecipiti per proclive decursu †totius (solius?) diei noctisque brevitate emensus orientis occidentisque cursus… Hoc tu parum credis esse spatium, quod diversis pariter rebus impletur? Q u a n t u m i n t e r i l l a t r a n s c u r r e n t i s h o r a e m o m e n t a n a s c i t u r , p e r i t ! ~ Nat. quaest. 1, 3, 10 Mundum ipsum praecipiti velocitate labentem et ortus occasusque intra momentum temporis revolventem; Marc. cons. 18, 2 solem cotidiano cursu diei noctisque spatia signantem; Ben. 4, 23, 3 Adspice ista tanto superne coetu labentia, quemadmodum velocitatem suam sub specie stantis atque inmoti operis abscondant. Q u a n t u m i s t a n o c t e … agitur! … Quantam fatorum seriem certus limes educit!
20 | Zu den literarischen Vorbildern DECLAMATIO 9 10 [184, 20‒24 H.] t e m p e s t i v a c o n v i v i a et pervigiles iocos… quae tamen ipsa b o n i p a t r e s libenter annis r e m i s e r u n t ~ Ir. 2, 28, 8 inde est quod t e m p e s t i v a f i l i i c o n v i v i a p a t e r d e t e r i o r filio c a s t i g a t . Eine neue Kontrastreminiszenz (boni ~ deterior, remiserunt ~ castigat). 11 [185, 28 H.] cum is (sc. pater) damnet, qui soleat ignoscere ~ Clem. 1, 15, 2 quem is pater damnare potuisset, qui odisse non poterat. 14 [188, 8 H.] etiamsi non hereditaria subeamus odia ~ Ir. 2, 34, 3 nihil est iniquius quam aliquem heredem paterni odii fieri. 16 [190, 23 ‒ 191, 2 H.] hominem… naturae patriaeque restitui. Paria tecum facio, res publica, quae propter me unum civem perdideras ~ Ir. 2, 31, 7 Nefas est nocere patriae: ergo civi quoque, nam hic pars patriae est… ergo et homini, nam hic in maiore tibi urbe civis est. Dem letzten Gedanken entspricht wahrscheinlich naturae in Dekl. 9, 16. Diese Lesart ist von verschiedenen Kritikern bezweifelt worden, vgl. aber Håkanson 1974, 83 (Hinweis auf Decl. min. 260, 16). 17 [192, 4 H.] meminisse hominis (sich an seine menschliche Natur erinnern, bedenken, dass man homo inter homines ist) ~ Nat. quaest. 3, praef., 15 hominis meminisse. 18 [192, 25 ‒ 193, 1 H.] F e r a e mehercules g e n e r o s i o r e s iacentes (sc. hostes oder feras) t r a n s e u n t ~ Clem. 1, 5, 5 Muliebre est furere in ira, f e r a r u m vero, nec g e n e r o s a r u m quidem, praemordere et urguere proiectos. Elephanti leonesque t r a n s e u n t quae impulerunt. 22 [196, 21f. H.] et quasi, quam emittebat animam, in meum pectus transfunderet ~ Epist. 78, 4 Non effundere mihi spiritum videbar, sed tradere. (Zum et quasi in Decl. 9, wobei et tatsächlich den quasi-Satz mit einem vorhergehenden pectore adverso koordiniert, vgl. Plin. Paneg. 86, 1 Dimisisti optimum virum tibique carissimum i n v i t u s e t t r i s t i s e t q u a s i retinere non posses.) DECLAMATIO 10 1 [199, 10‒15 H.] haec tamen femina… occupare quendam maerentium principatum… affectat ~ Marc. cons. 5, 5 Ne, obsecro te, concupieris perversissimam gloriam, infelicissima videri. Es gehört zur Sache, dass die Frau in Dekl. 10 ebenso wie Marcia ihren Sohn verloren hatte. 12 [211, 5f. H.] Tempora ergo cum morte diviseras ~ Epist. 24, 20 hunc ipsum quem agimus diem cum morte dividimus.
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DECLAMATIO 11 3 [222, 5f. H.] de mendacii magnitudine fidem veritatis aptavit (vielleicht captavit mit gewissen Hss., was aber die Klausel verschlechtert)4 ~ Ben. 7, 30, 2 nec quisquam fingere contentus est levia, cum magnitudine mendacii fidem quaerat. 8 [227, 18f. H.] nec iam ulla mortalium i n n o c e n t i a m t r e p i d a t i o n e contineas, si… ~ Nat. quaest.2, 42, 3 eos, quibus i n n o c e n t i a nisi m e t u non placet. DECLAMATIO 12 7 [238, 18 ‒ 239, 1 H.] per arentes effusi campos morientium h e r b a r u m o m n e s r a d i c e s vellimus… pallidas frondes decerpimus ~ Ir. 3, 20, 3 sustinebant famem (sc. militum Cambysae) primo tenerrima f r o n d i u m … postquam inter harenas r a d i c e s quoque et h e r b a e defecerant… In beiden Fällen handelt es sich um von Hungersnot verursachten Kannibalismus. 23 [258, 9 H.] Naufrago tabulam abstulisti ~ Ben. 3, 9, 3 sed ego naufrago tabulam (sc. dedi). Diese sicher sprichwörtliche Wendung fehlt zwar in Ottos bekannter Sammlung von Sprichwörtern der Griechen und Römer, aber so gut wie sicher muss Senecas Formulierung die übliche gewesen sein, während der Verfasser der Dekl. 12 die Sache umgekehrt hat, damit die Redensart für seinen Zweck passt; denn ein Sprichwort, wie es bei Seneca begegnet, dünkt verständlich und natürlich, wenn man es streng konkret auffasst, was von dem umgekehrten Falle kaum gesagt werden kann.5 Ob hier Abhängigkeit vorliegt, ist gewiss höchst unsicher. 27 [262, 5‒7 H.] (ferae) mutuo tamen laniatu abstinent, nec est ulla supra terras adeo rabiosa belua, cui non imago sua sancta sit ~ Ir. 2, 8, 3 illae (sc. ferae) inter se placidae sunt morsuque similium abstinent, hi (sc. homines irati) mutua laceratione satiantur. Auch im ersten Falle liegt ein Vergleich mit Menschen (cadaveribus pasti) vor. Clem. 1, 26, 4 Illa rationis expertia… abstinent suis, et tuta est etiam inter feras similitudo.
|| 4 Ein optavit (= speravit) ergäbe zwar besseren Rhythmus, aber captavit scheint mir inhaltlich besser (vgl. Senecas quaerat). Für gewisse Deklamationen sehr charakteristisch ist der Gebrauch von de in instrumentalem Sinne, wo, wie ersichtlich, Seneca den bloßen Ablativ verwendet. Näheres darüber in meiner künftigen sprachlichen Untersuchung [vgl. S. 47]. 5 Auch die unmittelbar folgenden Worte in Dekl. 12, 23 [258, 9f. H.] mortuo adplicas navem sind sicher nichts anderes als eine ad hoc-Erfindung, und sollten wohl nicht, wie z. B. in Lewis und Shorts Wörterbuch, als Sprichwort präsentiert werden.
22 | Zu den literarischen Vorbildern DECLAMATIO 136 2 [266, 17f. H.] Quod c i v e s pascebat, nunc divitis u n i u s hortus ~ Epist. 89, 20 Quousque fines possessionum propagabitis? (Vgl. auch zu Kap. 11 unten.) Ager u n i domino, qui p o p u l u m cepit, angustus est. 6 [272, 5f. H.] longius manum porrigere et indulgere animis ~ Polyb. cons. 17, 1 fortunam ad te quoque porrigentem manum. In übertragenem Sinne ist der Ausdruck manum porrigere m. W. gar nicht gewöhnlich. 8 [273, 17‒21 H.] Hier handelt es sich zwar um einen Topos, aber die Ähnlichkeit der beiden Stellen scheint mir trotzdem beachtenswert: Quid autem non liberum natura genuit? Taceo de s e r v i s , quod bellorum iniquitas in praedam victoribus dedit, isdem legibus, eadem forma, eadem necessitate natos; e x e o d e m c a e l o s p i r i t u m t r a h u n t , nec natura illis sed f o r t u n a d o m i n u m d e d i t ~ Epist. 47, 10 quem s e r v u m tuum vocas ex isdem seminibus ortum e o d e m f r u i c a e l o , a e q u e s p i r a r e , aeque vivere, aeque mori… multos… f o r t u n a d e p r e s s i t . Vgl. auch die asyndetische Anapher isdem – eadem – eadem bzw. eodem – aeque – aeque – aeque. Ferner kann Senecas aeque mori den Ausdruck eadem necessitate natos inspiriert haben. || 6 In dieser Deklamation (Apes pauperis, wo Bienenzucht ein wichtiges Thema ist) kann man auch andere Vorbilder aufspüren. Von sehr großer Bedeutung sind die Vergilreminiszenzen und -imitationen, die in Becker 1904, 42‒51 zusammengestellt sind (nicht nur Imitation des 4. Buches der Georgica, die ja zu erwarten waren, sondern auch recht interessante, sicher ganz unbewusste Reminiszenzen). Der Redner hat offenbar auch während der Abfassung der Deklamation das 11. Buch von Plinius’ Naturalis Historia gelesen (die von mir konstatierten Anklänge betreffen die Kapitel 11‒63). Da die Pliniusimitationen m. W. noch nicht zusammengestellt worden sind, seien sie hier in aller Kürze verzeichnet: Nat. hist. 11, 11 Sed inter omnia ea principatus apibus et iure p r a e c i p u a a d m i r a t i o , solis ex eo genere hominum causa genitis ~ Dekl. 13, 18 [285, 12 H.] me… p r a e c i p u a a d m i r a t i o subit. Nat. hist. 11, 20 ratio operis mire divisi; ebda. 22 Sunt enim intus quoque officia divisa: aliae struunt, aliae poliunt, aliae… ~ Dekl. 13, 17 [284, 22 ‒ 285, 2 H.] quaeve officiorum partitio, ut aliae congerant onera, aliae accipiant, aliae linant. Nat. hist. 11, 20 Praedivinant enim ventos imbresque, cum se continent tectis ~ Dekl. 13, 17 [285, 3f. H.] praevidere tempestates nec dubio se caelo tradere. Nat. hist. 11, 20 Cum a g m e n a d o p e r a p r o c e s s i t , a l i a e flores adgerunt pedibus, a l i a e aquam ore guttasque lanugine totius corporis ~ Dekl. 13, 4 [269, 16‒20 H.] solis tepor a d c o t i d i a n a o p e r a … a g m e n effuderat… ipse… p r o c e s s e r a m … ut viderem quemadmodum a l i a e … a l i a e … ; Kap. 18 [285, 11 H.] Quid i n l i g a r e c r u r i b u s f l o r e s , quid o r e s u c o s in publicum ferre? Nat. hist. 11, 21 remeant sarcina pandatae ~ Dekl. 13, 4 [269, 20 H.] deposita sarcina. Nat. hist. 11, 24 Si cooriatur procella, adprehensi pondusculo lapilli se librant ~ Dekl. 13, 17 [285, 5f. H.] iam si levis iniquior aura rapuit, ad dirigendos in destinata cursus modico lapilli pondere librare pinnas. Nat. hist. 11, 25 cessantium inertiam notant, castigant ~ Dekl. 13, 17 [285, 2 H.] Quae severitas in castiganda inertia!. Nat. hist. 11, 63 defunctas progerunt funerantiumque more comitantur exequias ~ Dekl. 13, 17 [285, 9‒11 H.] efferentur corpora posteriorque operum quam funerum cura est.
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10 [276, 15 H.] Ganz zufällig ist vielleicht die Ähnlichkeit der Worte N o n enim iure i s t a s e d modo d i f f e r u n t und Nat. quaest. 2, 21, 1 n o n natura i s t a s e d impetu d i s t a n t . 11 [276, 20 ‒ 277, 1 H.] ubi enim non iam divitum p r i v a t u m e s t ? P a r u m e s t proximos 〈solo〉 (suppl. Burman) aequare terminos et possessiones suas velut quasdam gentes fluminibus montibusque distinguere; iam etiam devios saltus et silvas vasta solitudine horridas occupant, t o t 〈 a e 〉 (scripsi, tot die Hss.) a q u a e i n t r a p a u c o r u m u m b r a m l a t e n t ~ Epist. 89, 20 Quousque arationes vestras porrigetis, ne provinciarum quidem spatio (vgl. velut quasdam gentes oben) contenti circumscribere praediorum modum? I n l u s t r i u m f l u m i n u m p e r p r i v a t u m d e c u r s u s e s t et a m n e s m a g n i m a g n a r u m q u e g e n t i u m t e r m i n i u s q u e a d o s t i u m a f o n t e v e s t r i s u n t . Hoc quoque p a r u m e s t , nisi… Mir scheint totae in Dekl. 13 von usque ad ostium a fonte gestützt zu sein. 11 [278, 3f. H.] Auch hier liegt kaum Abhängigkeit vor, aber ein Vergleich mit Seneca ist trotzdem interessant: (pauper diviti inimico:) si mihi vivere non expedit, pares sumus. Dies mag einem Leser kaum verständlich vorkommen, denn die gesuchte Formulierung setzt voraus, dass die zugrunde liegende Vorstellung wohlbekannt ist, die bei Seneca Epist. 4, 8 so lautet: quisquis vitam suam contempsit, tuae dominus est; d. h., ein verzweifelter Mensch ist ein lebensbedrohender Gegner, und die Desperation des Armen kommt dem Einfluss und Macht des Reichen in Dekl. 13 gleich. 16 [284, 3‒6 H.] cum ingenia nostra… ad percipiendas disciplinas multo labore desudent, nulla apes nisi a r t i f e x n a s c i t u r ~ Epist. 12, 1 Hoc edita (sc. animalia) protinus faciunt, cum hac scientia prodeunt; i n s t i t u t a n a s c u n tur. DECLAMATIO 14 Für Dekl. 14 habe ich keine Parallele bei Seneca gefunden. DECLAMATIO 15 6 [307, 21 H.] deposco, n e nominibus reos velitis a e s t i m a r e , s e d m o r i b u s ~ Epist. 47, 15 n o n ministeriis i l l o s a e s t i m a b o s e d m o r i b u s . DECLAMATIO 16 In Dekl. 16 habe ich nichts gefunden.
24 | Zu den literarischen Vorbildern DECLAMATIO 17 18 [350, 12f. H.] N e c v i v e r e mihi libuit n e c m o r i ; ereptus sum miser a n i m o m e o … ~ Epist. 78, 4 alioqui miserrimum est, cum a n i m u m m o r i e n d i proieceris, n o n habere v i v e n d i . DECLAMATIONES 18‒19 Für Dekll. 18 und 19 habe ich nichts notieren können. Im Vorhergehenden geht es nicht überall hervor, welche Stellen ich als einigermaßen sichere Anklänge an Seneca betrachte, aber in der folgenden Aufstellung habe ich alles zusammengefasst, was ich als Imitationen oder Reminiszenzen beurteile: DEKL. 2 Marc. cons. 16, 1; Epist. 85, 12. DEKL. 3 Helv. cons. 10, 4; Epist. 87, 9 und 88, 19. DEKL. 5 Const. sap. 6, 5 und 17, 4; Ir. 2, 29, 1 und 2, 30, 1. DEKL. 6 Ben. 1, 9, 2 und 7, 15, 1; Prov. 4, 6 (?); Ir. 3, 15, 3. DEKL. 7 Ir. 2, 28, 2. DEKL. 8 Ben. 4, 23, 3. DEKL. 9 Ir. 2, 28, 8; 2, 31, 7 (?); 2, 34, 3; Clem. 1, 5, 5 und 1, 15, 2. DEKL. 10 Marc. cons. 5, 5; Epist. 24, 20. DEKL. 11 Ben. 7, 30, 2. DEKL. 12 Ir. 2, 8, 3 und 3, 20, 3. DEKL. 13 Epist. 47, 10; 89, 20 (zweimal). DEKL. 15 Epist. 47, 15. DEKL. 17 Epist. 78, 4. Zwei Senecatexte sind als Inspirationsquellen vorherrschend, nämlich De ira, die 9mal imitiert wird, wobei 7 Imitationen auf das zweite Buch fallen, ferner die Briefe (Epist. 24; 47 [zweimal]; 78; 85; 87; 88; 89). Man hat wohl De ira und wenigstens eine Auswahl aus den Briefen in der Schule studiert, wie wahrscheinlich auch De beneficiis, eine Schrift, die 4mal in der obigen Aufstellung figuriert, und De clementia, De constantia sapientis, die Trostschriften an Marcia und Helvia sowie De providentia, obgleich diese Schriften nur einzelne Imitationen erfahren haben; auf rein quantitative Verhältnisse kann man ja nur unter gewissen Umständen in einer Untersuchung wie dieser Gewicht legen! Wie ich hoffentlich bald näher ausführen werde,[7] sind die 19 Deklamationen zu recht verschiedenen Zeiten abgefasst; einige von ihnen, wie 6 und 9, || [7 Vgl. S. 89‒95.]
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stammen vielleicht aus dem Ende des ersten nachchristlichen Jahrhunderts, andere (und sicher die Mehrzahl) sind erheblich später anzusetzen (wohl etwa im dritten oder vierten Jahrhundert). Die Anklänge an Seneca begegnen aber in Reden aus beiden Gruppen, und sie zeugen davon, dass Senecas Popularität durch die Jahrhunderte fortlebte, die zu Quintilians Zeit außerordentlich war: tum autem solus hic fere in manibus adulescentium fuit… sed placebat propter sola vitia et ad ea se quisque dirigebat effingenda, quae poterat: deinde cum se iactaret eodem modo dicere, Senecam infamabat (Inst. 10, 1, 125‒127). Senecas Stil ist derart unverkennbar, dass eine Imitation desselben durch irgendeine weniger geschickte Person sehr leicht in eine Parodie übergeht. Die Beziehungen zwischen Senecas Stil und der Redeweise der Deklamatoren kommen nicht nur in Fällen wie den oben behandelten zum Ausdruck, sondern zeigen sich vor allem in vielen verschiedenen Einzelheiten, wie zum Beispiel in gewissen Phrasen, die sowohl bei Seneca als auch in den Deklamationen oft wiederkehren. Manchmal geschieht es auch, dass Redensarten aus den Deklamationen, die m. W. vollkommen ungewöhnlich sind, gerade bei Seneca auftauchen. Ich werde jetzt einige Beispiele dafür liefern, die ich aufs Geratewohl bei meiner Lektüre notiert habe; ein systematischer Vergleich könnte nur mit Hilfe eines vollständigen Index zu den Deklamationen durchgeführt werden, aber ein solcher Index fehlt noch. Eine lebhaftere Phrase als huc accedit quod ist adice quod oder adice nunc quod; sie begegnet oft in den Deklamationen und passt stilistisch gut in einer Argumentation gegen einen Prozessgegner (z. B. Dekl. 6, 19 [130, 16 H.] oder 17, 17 [349, 1 H.]), der direkt angeredet wird. Seneca, der nicht gerade in Prozesse verwickelt ist, liebt diese Phrase auch (z. B. Ben. 3, 7, 4; Clem. 1, 8, 6; Epist. 15, 2; 33, 10; 73, 3; 94, 16; Ot. 8, 1 und öfters). In ähnlicher Weise passt die – oft ironische – Redensart i (ite) nunc et + Imperativ gut in direkter Anrede an einen Gegner vor Gericht (z. B. Dekl. 18, 12 [365, 10 H.] I nunc et dic scisse rumorem und anderswo); auch diese Phrase ist für Senecas lebendige Argumentationsweise typisch (z. B. Helv. cons. 6, 8; 10, 10; Nat. quaest. 1, 16, 3 I nunc et dic, wie in Dekl. 18). Wenn ein Deklamator eine Behauptung mit Hinweis auf andere vorhandene Tatsachen stützen will, sagt er manchmal mentior, nisi… (z. B. Dekl. 6, 3 [113, 21 H.] und 19 [130, 18 H.]); vgl. Sen. Epist. 106, 5; 117, 6. Zu derselben Sphäre, der direkten Argumentation gegen einen anwesenden Gegner, gehört der Ausdruck vis scire, z. B. Dekl. 7, 4 [140, 22f. H.] Vis scire, quid lex ista prospexerit? Non exigo, ut torquearis; Dekl. 11, 7 [226, 12f. H.] Vultis scire, iudices, aliud quaesitum etc., und anderswo; bei Seneca z. B. Ben. 3, 3, 4 und 7, 3, 3. Ähnlich zu beurteilen ist die Wendung si me interrogas (interroges), z. B. Dekl. 8, 9 [160, 8f. H.] Aspicite maiorem partem generis humani et, si me interroges (n. b., Singular trotz des vorhergehenden Plurals), illam robustiorem, illam…, oder
26 | Zu den literarischen Vorbildern die Variante Dekl. 16, 2 [320, 15f. H.] Me si quis interroget, nullos affectus tantum nasci puto (Ähnliches nicht selten in den Deklamationen). Vgl. hierzu Sen. Epist. 96, 1 Si me interrogas, nihil puto… (oder Epist. 100, 4). Nicht gerade gewöhnlich, in gewissen Wörterbüchern sogar überhaupt nicht verzeichnet, ist die Phrase aliud putare, „eine falsche Annahme machen, sich irren“. Vgl. Dekl. 6, 20 [131, 13f. H.] aliud putavit. Non erat credibile obstare te redemptioni meae (was doch die angeredete Mutter und Gattin in Wirklichkeit tat). Wie aliud putare „sich irren“ heißt, so heißt „recht haben“ rem ipsam putare (Ter. Phorm. 718). Bei Seneca begegnet der Ausdruck Ben. 4, 38, 1 Aliud putavi, deceptus sum. Dekl. 10, 18 [217, 21f. H.] (pater matri filium lugenti:) nec factum est aliquid, nisi (scripsi 1974, 95; in die Hss., Lehnert, mir unverständlich) quo a v o c a r e r i s : „und wir haben nichts (anderes) vorgenommen als solches, wodurch deine Trauer erleichtert werden konnte (wodurch du deine Trauer eine Weile vergessen konntest)“. Vgl. Sen. Marc. cons. 2, 4 ne a v o c a r i quidem se passa est. Dieselbe Bedeutung (etwa „zerstreuen“) hat das Verb auch ebda. 24, 4 Nunc ille (sc. filius mortuus Marciae) tibi magis vacat, nunc nihil habet quo a v o c e t u r . Hierzu vergleichbar ist Dekl. 8, 14 [165, 5f. H.] (medici) qui nunc plures circumeunt fortassis aegros, quos detrahit (vielleicht distrahit?), quos a v o c a t alia curatio. Ein anderer Ausdruck, der in den Handbüchern kaum genügend beachtet zu sein scheint, ist nihil aliud (oder amplius oder amplius aliud) quam = „nur“. Dekl. 3, 9 [50, 1f. H.] Indignis vero vocibus contaminatus nihil amplius aliud quam renuet?, „Soll er sich nur weigern?“; Dekl. 6, 19 [130, 13f. H.] nihil aliud quam cum matre flevisset?; Ebda. 9 [120, 20 H.] ipsi piratae nihil amplius quam proiciunt; Dekl. 16, 8 [328, 6‒8 H.] Iam non corporis nexus haerebat, nec aliud quam resederant pondere catenae (nur ihr eigenes Gewicht hielt die Ketten am Platze). Vgl. Sen. Ben. 6, 16, 2 si nihil amplius quam manum tangit. Dekl. 1, 12 [13, 3f. H.] cum manus e x p a r t e , q u a palmare vestigium potest, plicetur in capulo… Hier vermutete Gronovius ea parte qua, aber vgl. Sen. Ir. 1, 6, 5 quid enim nocet alienis uti e x p a r t e q u a nostra sunt?.
2 Cicero Meine Untersuchung umfasst Ciceros sämtliche Prosaschriften mit Ausnahme der Briefe, die ich als wahrscheinlich wenig ergiebig erachte. A dis quidem immortalibus quae potest homini maior esse poena furore atque dementia? Nisi forte in tragoediis quos vulnere ac dolore corporis cruciari et consumi vides, graviores deorum immortalium iras subire quam illos, qui furentes inducuntur, putas. Non sunt illi
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eiulatus et gemitus Philoctetae tam miseri – quamquam sunt acerbi – quam illa exsultatio Athamantis et quam senium matricidarum. Tu cum furialis in contionibus voces mittis, cum domos civium evertis… cum uxorem sororemque non discernis, cum quod ineas cubile non sentis, tum baccharis, tum furis, tum das eas poenas, quae solae sunt hominum sceleri a dis immortalibus constitutae… Qua re miserior es cum in omnem fraudem raperis oculis quam si omnino oculos non haberes.
Wer diese Stelle nicht kennt, fragt sich vielleicht, ob hier irgendeine der 19 Deklamationen oder möglicherweise ein Rhetor aus Seneca d. Ä. zitiert wird. Der Deklamator heißt aber Cicero, und das Zitat stammt aus De haruspicum responsis 39. Die späteren Deklamatoren deklamierten in der Schule über Themen, die jeder als fiktiv erkannte; bei Cicero ist alles voller Ernst. Wenn einige Gallier mit ihrem ius iurandum für die Wahrheit eines gewissen Ereignisses eintreten, kann man dann ihrem Zeugnis Glauben schenken? An vero istas nationes religione iuris iurandi ac metu deorum immortalium in testimoniis dicendis commoveri arbitramini? Quae tantum a ceterarum gentium more ac natura dissentiunt, quod (n. b.) ceterae pro religionibus suis bella suscipiunt, istae contra omnium religiones… Postremo his quicquam sanctum ac religiosum videri potest, qui… humanis hostiis eorum aras ac templa funestant, ut ne religionem quidem colere possint, nisi eam ipsam prius scelere violarint? Quis enim ignorat eos usque ad hanc diem retinere illam immanem ac barbaram consuetudinem hominum immolandorum? usw. usw.
Auch diesen maßlos übertriebenen, aus völlig irrelevanten Grausamkeiten bestehenden Angriff auf einige unbequeme Zeugen könnte man wohl eher einem Vertreter der corruptae eloquentiae zutrauen als Cicero (Pro Fonteio 30f.), denn – um seine eigenen Worte auf Pompeius in Pro Balbo 13 so gut wie wörtlich auf ihn selbst zu verwenden: Quae est enim ora, quae sedes, qui locus, in quo non extent huius cum fortitudinis, tum vero humanitatis, cum animi, tum consilii impressa vestigia? Hunc quisquam, incredibili quadam atque inaudita gravitate, virtute, constantia praeditum foedera scientem neglexisse, violasse, rupisse dicere audebit?
Es ist natürlich eine leichte Sache, aus dem großen Redencorpus Ciceros Stellen herauszugreifen, die nicht um ein Haar besser sind als eine durchschnittliche Deklamation späterer Zeit. Ich habe dies hier getan, um zu zeigen, dass der Abstand zwischen Cicero und der Deklamatorenwelt nicht so außerordentlich groß ist, wie man sich die Sache vielleicht vorstellen könnte – und gewiss nicht größer, als dass es den späteren Rhetoren unmöglich gewesen wäre, für ihren Hang zu Pathos, Schwulst und allerlei Übertreibungen auch in Ciceros Reden Nahrung zu finden. Sogar Ideen zu neuen, unrealistischen und verkünstelten Themata konnte man aus Cicero schöpfen, etwa aus De officiis, wo u. a. folgen-
28 | Zu den literarischen Vorbildern de, nicht gerade alltägliche Situationen erörtert werden: 3, 92 Si quis medicamentum cuipiam dederit ad aquam intercutem pepigeritque, si eo medicamento sanus factus esset, ne illo medicamento umquam postea uteretur (warum?), si eo medicamento sanus factus sit et annis aliquot post inciderit in eundem morbum nec ab eo, quicum pepigerat, impetret, ut iterum eo liceat uti, quid faciendum sit; ebda. 93 Si qui sapiens rogatus sit ab eo, qui eum heredem faciat, cum ei testamento sestertium milies relinquatur, ut, antequam hereditatem adeat, luce palam in foro saltet, idque se facturum promiserit, quod aliter heredem eum scripturus ille non esset, faciat quod promiserit necne; ebda. 95 Si gladium quis apud te sana mente deposuerit, repetat insaniens, reddere peccatum sit, officium non reddere. Auch Cicero hat es nicht verschmäht, solche Sonderbarkeiten zu erörtern, von denen der Schritt recht kurz ist zur phantastischen Vorstellungswelt der späteren Schule. Aber auf die Themata der Größeren Deklamationen hoffe ich bei einer anderen Gelegenheit zurückzukommen;[8] jetzt werden wir eventuellen Anklängen an Cicero nachgehen, wobei der Gang unserer Untersuchung derselbe sein wird wie im Falle Senecas.9 DECLAMATIONES 1‒2 Für Dekll. 1 und 2 habe ich nichts gefunden. DECLAMATIO 3 9 [50, 8 H.] Deponet arma, an opponet? (opponet scripsi 1974, 34; ne- oder reponet die Hss.) ~ Leg. agr. 1, 20 non p r a e p o n i t u r huic urbi ista colonia, sed o p p o n i t u r (wohl nur als ein zufälliger locus similis zu betrachten). 13 [54, 2‒4 H.] Vita omnium nostrorum et salus… in ultimum discrimen adducitur ~ S. Rosc. 16 cum omnium nobilium dignitas et salus in discrimen veniret (vgl. auch Cat. 1, 14 omnium nostrum vitam salutemque). 14 [55, 1f. H.] imperium populi Romani ad hanc diem militari disciplina stetit || [8 Vgl. S. 5‒14 und 2, Anm. 5.] 9 Zwei Ciceroimitationen sind in der folgenden Aufstellung nicht berücksichtigt, weil sie längst bekannt sind: Dekl. 6, 9 [119, 9ff. H.] wird Cic. Verr. 2, 5, 117‒119 imitiert (sogar teilweise wörtlich zitiert), wie schon Schulting (ap. Burman 1720, 136) konstatierte. Die Stelle ist von folgenden Gelehrten erörtert worden: Dessauer 1898, 84; Reitzenstein 1909, 8f.; Helm 1911, 344f.; Håkanson 1974, 54ff.; Lundström 1973‒1974, 81ff. Den anderen Fall finden wir in der unmittelbaren Nähe, nämlich Dekl. 6, 10 [120, 20 ‒ 121, 1 H.] M a t e r – quamquam hoc nomen profanari nefas est – si perseverat esse filii sui noverca e. q. s. (vgl. auch ebda. 2 [112, 3f. H.] non est filii mei n o v e r c a , sed m a t e r ). Reitzenstein (a. a. O. 9, Anm. 2) hat gezeigt, dass dies eine Imitation der Rede Pro Cluentio 199 ist: ea crudelitas, ut nemo m a t r e m appellare possit. Atque etiam nomina necessitudinum, non solum naturae nomen et iura mutavit, uxor generi, n o v e r c a filii, filiae pelex.
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~ Tusc. 1, 2 Quid loquar de re militari? In qua cum virtute nostri multum valuerunt, tum plus etiam disciplina. 16 [56, 10f. H.] oblitus mediocritatis meae ~ Nat. deor. 1, 67 oblitus liberalitatis meae. 16 [56, 13 H.] f l o r e m I t a l i a e , civium sociorumque r o b o r a ~ Cat. 2, 24 f l o r e m totius I t a l i a e ac r o b u r . Ich möchte schließlich darauf aufmerksam machen, dass das Thema der Dekl. 3 von Cic. Mil. 9 [und vgl. Inv. 2, 124] erwähnt wird. DECLAMATIO 4 10 [72, 2f. H.] exeamus (sc. e vita) sponte, consilio, pleni securitatis, gratias agentes ~ Tusc. 1, 118 … ut exeamus e vita, laeti et agentes gratias paremus. 13f. Diese Kapitel, die als Vorbild des Firmicus Maternus gedient haben (vgl. Lehnerts Ausgabe z. St.), scheinen ihrerseits eine – wenn auch recht freie – Nachahmung von Tusc. 5, 69 zu sein. 13f. [75, 10 ‒ 76, 4 H.] Quid haec fulgentium siderum veneranda facies? Quod quaedam velut infixa ac cohaerentia perpetua semelque capta sede collucent, alia toto sparsa caelo vagos cursus certis emetiuntur erroribus, ista credis passim fortuitoque disposita? … Inde est, quod quicquid nascitur, consociata numinis proprietate signatur et in totam aevi sui brevitatem compositum firmatumque sic accipit futura quasi vitam ~ Tusc. 5, 69 ut, cum totius mundi motus conversionesque perspexerit sideraque viderit innumerabilia caelo inhaerentia cum eius ipsius motu congruere certis infixa sedibus, septem alia suos quaeque tenere cursus… quorum vagi motus rata tamen et certa sui cursus spatia definiant… inde est indagatio nata initiorum et tamquam seminum, unde essent omnia orta, generata, concreta, quaeque cuiusque generis… origo, quae vita, qui interitus… 20 [82, 4f. H.] Felicius illud prorsus est, palam odisse (Shackleton Bailey 1976, 194; occidisse die Hss.) quem timeas ~ Sull. 83 tamen hoc natura est insitum, ut, quem timueris…, hunc semper oderis. Der Gedanke ist zwar gewöhnlich; ich habe die Stelle hier angeführt, weil dadurch Sh. Baileys Emendation gut gestützt wird. DECLAMATIO 5 Dekl. 5 enthält, wie es scheint, keine Anklänge an Cicero. DECLAMATIO 6 1 [111, 4‒6 H.] haec omnibus natura est, ut sua cuique calamitas praecipue misera atque intoleranda videatur ~ Off. 1, 30 magis ea percipimus atque sentimus, quae nobis ipsis aut prospera aut adversa eveniunt, quam illa quae ceteris. Der Gedanke ist allerdings zu allgemein, um Abhängigkeit beweisen zu können.
30 | Zu den literarischen Vorbildern 14 [125, 16f. H.] Non reliqui, sed non accessi. So habe ich 1974, 57 den Text konstituiert, mit Hinweis auf eine ähnliche Senecastelle (wozu hinzugefügt werden können: Nat. quaest. 4A, 2, 27 non calorem habent (sc. specus et putei), sed frigus excludunt; Epist. 94, 63 Non ille ire vult, sed non potest stare). Cicero bietet etwas Ähnliches Caec. 66 Non deieci te ex eo loco, quem in locum prohibui ne venires. 15 [126, 12 H.] Sint sane iura paria ~ Mur. 41 Sed haec sane sint paria omnia. 20 [131, 11f. H.] habet pietas impetum suum ~ Tusc. 4, 15 an fortitudo… impetus suos non habet? DECLAMATIONES 7‒8 Für Dekll. 7 und 8 habe ich nichts notieren können. DECLAMATIO 9 3 [178, 7f. H.] ne damnasse causam suam videretur ~ Lig. 27 ne condemnare causam illam, quam secutus esset, videretur. 8 [181, 21‒24 H.] Tacete, priora saecula, in quibus tamen a primordio generis humani paucissima amicitiae paria admirabiliora fecerat longa temporibus nostris fides intercepta ~ Lael. 15 ex omnibus saeculis vix tria aut quattuor nominantur paria amicorum. Vgl. auch Fin. 1, 65 (veterum fabulae) in quibus… tria vix amicorum paria reperiuntur. 19 [193, 18‒22 H.] Facilis… defensionis meae cursus est… oratio… velut inter binos deprehensa scopulos… haeret in dubio ~ Cael. 51 Sed quoniam emersisse iam e vadis et s c o p u l o s p r a e t e r v e c t a videtur esse o r a t i o m e a , p e r f a c i l i s mihi reliquus c u r s u s ostenditur. Vgl. auch Tusc. 1, 73 Itaque dubitans, … haesitans… tamquam in rate in mari immenso nostra vehitur oratio. 20 [195, 14‒16 H.] quicquid patri debeo, non ignarus, ut primo natalis horae tempore, sed videns sentiensque acceperim (sc. a servatore meo) ~ Cat. 3, 2 sine sensu nascimur, cum voluptate servamur. 21 [196, 12f. H.] (amicus meus) posset videri vel s p e m secutus aliquam v e n t u r i t e m p o r i s vel p r a e s e n t i s v o l u p t a t e m ~ Fin. 1, 67 a m i c i t i a e … effectrices sunt v o l u p t a t u m … quibus non solum p r a e s e n t i b u s fruuntur, sed etiam s p e eriguntur c o n s e q u e n t i s a c p o s t e r i t e m p o r i s . 21 [196, 18f. H.] subiitque non solum fortiter sed etiam libenter id quod… ~ Cat. 4, 1 feram non solum fortiter verum etiam libenter. DECLAMATIO 10 1 [199, 15f. H.] (mater) quae sola omnium supra fidem infelix in uno filio iam alteram patitur orbitatem. Dieselbe Idee Cluent. 32 Oppianicus inventus est, qui in uno corpore plures necaret. Abhängigkeit anzunehmen ist hier gar nicht nötig.
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16 [215, 17f. H.] Agit iam hoc loco nobiscum maritus gravius, altius, sapientius… negat ullos esse manes… ~ Mur. 74 At enim agit mecum austere et Stoice Cato; negat verum esse… 17 [216, 12f. H.] (animam) nec interire nec solvi nec ullo mortalitatis adfici fato ~ Tusc. 1, 71 (animus) nec secerni nec dividi nec discerpi nec distrahi potest, ne interire 〈quidem〉 igitur. DECLAMATIO 11 Dekl. 11 scheint keine Anklänge an Cicero zu enthalten. DECLAMATIO 12 10 [242, 8f. H.] O si v i r e s sufficerent, l a t e r a durarent, aliquid… v o c i s exiret! ~ Verr. 2, 4, 67 Quae v o x , quae l a t e r a , quae v i r e s huius unius criminis querimoniam possunt sustinere? (Vgl. auch Verr. 2, 2, 52 Nam me dies, v o x , l a t e r a deficiant, si…) 15 [247, 9 H.] ceterae rei publicae partes ~ Leg. agr. 2, 73 in ceteris rei publicae partibus. 23 [257, 10f. H.] Sat erat verbo negare quod verbo ponitur ~ S. Rosc. 82 de quibus quoniam verbo arguit, verbo satis est negare. DECLAMATIO 13 1 [265, 1 H.] Credo ego, iudices, plerosque mirari, quod… ~ S. Rosc. 1 Credo ego vos, iudices, mirari, quid… (Vgl. Decl. min. 307, 2 Scio vos, iudices, posse mirari, cur…) 8 [273, 15 H.] ut cetera animalia hominum causa finxerit providentia ~ Fin. 3, 67 Praeclare enim Chrysippus, cetera nata esse hominum causa. 15 [282, 10f. H.]10 Sunt quaedam in hac causa, quae… ~ Cluent. 149 Est enim quiddam in hac causa, quod… DECLAMATIO 14 In Dekl. 14 ist möglicherweise die Klausel tormenta, cruciatus in Kap. 10 [298, 17f. H.] beachtenswert, weil sie auch Tusc. 5, 24 auftaucht, sonst nichts. DECLAMATIO 15 Einige Anklänge an Cicero finden sich im Epilogus, Kap. 14 [317, 1 H.] quid speras, quid expectas? ~ Verr. 2, 4, 101 Quid speras, quid expectas?; Quinct. 99
|| 10 Vielleicht sollte auch Kap. 14 [281, 13f. H.] verglichen werden: Impudentiaene… eius adsignem… an stultitiae… ? ~ Cael. 71 Stultitiamne dicam an impudentiam singularem?
32 | Zu den literarischen Vorbildern
res ipsa et periculi magnitudo… cogere videtur ut… obsecret obtesteturque P. Quinctius. DECLAMATIO 16 3 [322, 13f. H.] Quis hominum pro se tam multa fecisset (sc. quam amicus pro me fecit)? Ich habe früher (1974, 127) diesen Satz als Nonsens bezeichnet, was er im kontextuellen Zusammenhang auch ist, weil es unmöglich gewesen wäre, die mit tam multa gemeinten Handlungen pro se zu tun. Vgl. aber Lael. 57 Q u a m m u l t a enim, quae nostra causa numquam faceremus, facimus causa amicorum! DECLAMATIONES 17‒19 Für die Dekll. 17, 18, 19 habe ich nur eine Kleinigkeit in Dekl. 18, 2 [355, 3f. H.] notiert: Parcere nunc illum cuiquam t a c e n d o creditis? L o q u i s e cum maxime p u t a t ~ Sest. 40 tacendo loqui… videbantur. Wie oben bezüglich Seneca werde ich einige sprachliche Erscheinungen unten erörtern, die sich sowohl in den Deklamationen wie bei Cicero finden, aber erst analysieren wir die herangezogenen Parallelen. Aus der folgenden komprimierten Zusammenstellung geht hervor, in welchen Fällen ich mit wahrscheinlicher Abhängigkeit von ciceronianischen Vorbildern rechne: DEKL. 3 S. Rosc. 16; Tusc. 1, 2; Cat. 2, 24; Nat. deor. 1, 67. DEKL. 4 Tusc. 1, 118; 5, 69. DEKL. 6 Mur. 41 (?); Tusc. 4, 15; Verr. 2, 5, 117‒119; Cluent. 199. DEKL. 9 Lig. 27; Lael. 15; Cael. 51; Cat. 3, 2 und 4, 1; Fin. 1, 67. DEKL. 10 Tusc. 1, 71; Mur. 74. DEKL. 12 Verr. 2, 4, 67; Leg. agr. 2, 73; S. Rosc. 82. DEKL. 13 S. Rosc. 1; Fin. 3, 67; Cluent. 149. DEKL. 14 Tusc. 5, 24 (?). DEKL. 15 Verr. 2, 4, 101; Quinct. 99. DEKL. 16 Lael. 57. DEKL. 18 Sest. 40 (?). Hier kann man eine recht interessante Beobachtung machen. Wie schon Ritter 1881 und Golz 1913 gezeigt haben (und wie ich selbst binnen Kurzem zu bestätigen hoffe),[11] unterscheiden sich die Dekll. 3, 6, 9, 12 und 13 deutlich von den anderen in rhythmischer und sprachlicher Hinsicht. Golz meinte, diese 5 Reden || [11 Vgl. S. 47ff.]
Cicero | 33
seien wahrscheinlich jünger als die Mehrzahl des Corpus, aber m. M. n. zeigt der Satzrhythmus gerade das Umgekehrte: Diese Deklamationen sind die 5 ältesten Reden der ganzen Sammlung (dann folgt wahrscheinlich Dekl. 1). Nun zeigt es sich, dass von den 28 angeführten Cicero-Anklängen zwei Drittel, 19 Beispiele, gerade in diesen 5 Reden auftauchen, während die (spätere) Mehrzahl nur 9 Fälle zusammen bietet. Ein Vergleich mit der oben gegebenen Aufstellung von Seneca-Anklängen ergibt, dass auch dort die 5 älteren Reden verhältnismäßig öfter Beispiele liefern (16, gegen 13 in den anderen 14 Reden zusammen). Ich möchte fragen, ob nicht dieses Verhältnis meine Datierung der Dekll. 3, 6, 9, 12, 13 als die ältesten unterstützt; es erscheint mir natürlicher anzunehmen, dass Cicero und Seneca in zeitlich näher zusammenliegenden Reden öfter imitiert werden als umgekehrt. Auf eine genauere Datierung der Größeren Deklamationen werde ich, wie oben angedeutet wurde, bald zurückkommen.[12] Wenn wir die Frequenz der Anklänge an verschiedene Schriften Ciceros untersuchen, ergibt sich folgende Liste: Tusculanae disputationes 6; Pro S. Roscio, In Catilinam und In Verrem 3; De amicitia, De finibus und Pro Murena 2. Einzelne Anklänge finden sich an De natura deorum, Pro Ligario, Pro Caelio, De lege agraria, Pro Cluentio, Pro Quinctio, Pro Sestio. Wenn sich jemand darüber wundert, dass die rhetorischen Schriften ganz fehlen, erklärt sich wohl dies aus der Tatsache, dass theoretische Erörterungen, wie etwa die sermones in den Declamationes minores, sich hier nicht finden. Die Tusculanen wurden offenbar eifrig studiert. Zusammenfassend könnte man vielleicht sagen, dass gerade diejenigen Schriften in den Größeren Deklamationen am meisten imitiert werden, die noch heute den Studenten gerne an die Hand gegeben werden. Von einer in kleinen Einzelheiten nachweisbaren Einwirkung Ciceros auf den Stil der Deklamatoren, wie wir sie bei Seneca fanden, kann nicht die Rede sein; eine Anzahl von wörtlichen Anklängen an verschiedene ciceronianische Schriften kann die für jeden Leser leicht zu konstatierende Tatsache nicht verbergen, dass die Deklamationen doch Seneca grundsätzlich näher stehen. Wenn ich jetzt einige sprachliche Kleinigkeiten erörtern möchte, die sowohl in den Reden als auch bei Cicero zu finden sind, geschieht dies nicht, um Abhängigkeit zu beweisen, sondern weil die betreffenden Ausdrücke bemerkenswert erscheinen. Dekl. 15, 10 findet sich eine recht schwierige Stelle, die ich nach Lehnert zitiere: Quam multa pro illis (sc. meretricibus) exigit sexus, a e t a s poscit! Semper necessitas petit corporum cultus, poscit tristissima stationis impatientia. Ehe wir das Wort aetas näher erörtern, müssen gewisse andere Unklarheiten ausge|| [12 Vgl. S. 95.]
34 | Zu den literarischen Vorbildern räumt werden. Mir fällt es auf, dass nur das letzte Verbum absolut steht (d. h. wenn man nicht corporum cultus auch zu poscit zieht, was zwar möglich, aber schwerlich richtig wäre). Ich möchte die Interpunktion der ganzen Passage verändern [312, 20 ‒ 313, 2 H.]: Quam multa pro illis exigit sexus, aetas! Poscit semper necessitas, petit corporum cultus, poscit tristissima stationis impatientia. Diese Anapher erscheint mir durchaus besser, indem alle drei Prädikate jetzt absolut stehen; ferner ist es wahrscheinlicher, dass cultus Singular ist als Plural in diesem Sinne; gegen eine Menge Beispiele des Sing. kennt der ThlL (IV, 1328, 12‒40) nur zwei Belege für den Plur., Ov. Am. 2, 10, 5 und Lact. Inst. 2, 7, 12. Schließlich ergibt exigit sexus, aetas eine perfekte clausula tertia, während aetas poscit natürlich viel schlechter ist. Aber auch so ist die Stelle nicht leicht zu verstehen. Meretrices brauchen Geld; wozu? Corporum cultus ist kein Problem, wohl auch nicht necessitas, obgleich es etwas unklar ist, ob das Wort sich auf die Forderung eines leno bezieht oder ganz einfach auf die Notwendigkeit, Geld zum täglichen Unterhalt zu verdienen. Schwieriger ist der letzte Teilsatz, den Burman (1720, 317) so erklärte: „Statio pro ipso actu standi: et notum est, stare proprie de meretricibus dici“. Dieses homo qui wird allem Anschein nach bei meiner künftigen sprachlichen Untersuchung zur Verfasserfrage der 19 Reden eine wichtige Rolle spielen, da der Ausdruck in gewissen Reden gänzlich fehlt, nämlich in den Dekll. 3, 6, 9, 12, 13, die ich oben S. 33 als die ältesten bezeichnet habe, ferner in Dekl. 1 (von einem etwas andersartigen Beleg in Kap. 9 abgesehen) und 10. 2‒10 Belege finden sich in den meisten anderen Deklamationen, während Dekl. 16, die lückenhaft und deshalb die kürzeste Rede der ganzen Sammlung ist, nicht weniger als 13 Beispiele bietet. Der Ausdruck wird in etwas verschiedener Weise verwendet: Bisweilen heißt es ego (tu, nos) qui: Dekl. 5, 14 [99, 8‒10 H.] h o m o , apud q u e m filius sola praevaluit gratia calamitatis, non fratrem tibi p r a e t u l i , sed… (= ego qui auch z. B. 95, 25; 97, 16 und anderswo); Dekl. 15, 9 [311, 9‒11 H.] H o m o , c u i non vacaret agere longa languoris… excusari non p o s s i s , si…; Dekl. 7, 3 [139, 11‒13 H.] h o m i n e s , q u i b u s non servos praestabat fortuna custodes, t u e b a m u r pauperem mutua pietate comitatum invicem sustinentes; Dekl. 15, 5 [306, 8f. H.] Crede, iuvenis, h o m i n i b u s , q u i te modo n o v e r a m u s (= nos qui auch Dekl. 16, 2 [320, 18‒20 H.] und 3 [322, 1f. H.]). Im ThlL (VI, 2887, 57ff.) fehlen derartige Beispiele gänzlich; überall steht dort das Prädikat in der 3. Pers. Sing., und die meisten Belege sind übrigens mehr trivial als diejenigen Fälle, die sich in den Deklamationen belegen lassen. In wichtigen Handbüchern (wie etwa Hofmann–Szantyr 19722, 198) scheint diese Erscheinung überhaupt nicht berücksichtigt zu sein. Bisweilen bedeutet homo qui dasselbe wie ille qui und bezieht sich auf eine bestimmte Person, wie z. B. Dekl. 2, 12 [31, 10‒12 H.] utere, mulier, h o m i n e , q u i se commisit oculis tuis, utere membris quae regis, manibus quas moves (denn so ist
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mit Schulting zu lesen, nicht mit Lehnert und den Hss. verbis quae regis [wie?], manibus quae [?] moves). Manchmal aber bezieht sich homo qui = ille qui nicht auf eine bestimmte Person, sondern nähert sich der Bedeutung von aliquis, qui: z. B. Dekl. 2, 5 [24, 19f. H.] Fecit post haec senex rem hominis, quem non movisset quicquid invenerat. Hier und da nähert sich die Bedeutung von homo qui tatsächlich quisquis, quicumque: Dekl. 4, 8 [69, 21f. H.] H o m i n i , q u i semel renuntiavit rebus humanis, non redditur vita sed tempus; Dekl. 17, 13 [344, 21f. H.] H o m i n i s , q u e m pater odisse non desinit, unus exitus est, ut se oderit. Auch bei Cicero findet sich einige Male ein vergleichbares homo qui. Die im ThlL a. a. O. verzeichneten Cicerobeispiele sind zwar meistens nicht so bemerkenswert, aber vgl. die zwei folgenden (nicht im ThlL): Verr. 2, 1, 65 H o m o , q u i semper hospitalissimus amicissimusque nostrorum hominum existimatus esset, noluit videri ipsum illum Rubrium invitus domum suam recepisse; Dom. 57 Utrum, si dies dicta esset, iudicium mihi fuit pertimescendum an sine iudicio privilegium? Iudicium? In causa tam turpi scilicet, h o m o q u i eam, si iam esset ignota, dicendo n o n p o s s e m explicare. Einige vereinzelte Beispiele von diesem homo qui tauchen auch in den Declamationes minores auf: 283, 5 et h o m o q u i has ipsas opes cotidie i n c u s a s , tamen concupiscis; 296, 8 ,Tace,‘ dixit ,exul‘ parasitus, h o m o , puto, q u i contumeliam non ferebat; 329, 18 Quae tunc responsa petituri sumus, quod auxilium, h o m i n e s q u i hanc quoque diis immortalibus iniuriam facimus, ut…? In einem so großen Texte wie diesem (440 Teubnerseiten [Ritter]) sind 3 Beispiele gewiss nicht viel, und die Kleineren Deklamationen unterscheiden sich auch bezüglich dieser Kleinigkeit deutlich von der Mehrzahl der Größeren. Dass es aber gewisse Beziehungen zwischen jenen und vor allem den 5 ältesten Größeren Deklamationen gibt, werden wir demnächst zeigen.
3 Declamationes minores Über die Verfasserfrage der Kleineren Deklamationen herrscht keine Einigkeit: Während gewisse Gelehrte keine Beziehungen zwischen Quintilian und dieser Deklamationssammlung sehen wollen, meinte Ritter13 vor hundert Jahren, dass sie tatsächlich von Quintilian abgefasst sind; andere, wie Leo und Hagendahl,14 halten es für wahrscheinlich, dass die Reden aus Quintilians Schule stammen und Vorlesungsaufzeichnungen eines Studenten darstellen, eine recht anspre-
|| 13 Ritter 1884, III‒V. 14 Vgl. Leo 1912 und Hagendahl 1936, 323ff.
36 | Zu den literarischen Vorbildern chende Annahme. Die ganze Frage wird sicher leichter zu beantworten sein, wenn Ritters veraltete Ausgabe durch Winterbottoms neue, kommentierte Edition ersetzt wird.[15] Im Moment muss die Herkunft – und folglich auch die Abfassungszeit – der Kleineren Deklamationen als unsicher betrachtet werden. Da nun dies auch bezüglich der Größeren Deklamationen gilt, ist es für den Fall, dass sich Anklänge an die Minores in den Maiores finden lassen, nicht a priori sicher, wer eigentlich der Imitator ist, besonders nicht, wenn es sich um die 5 ältesten Größeren Deklamationen (3, 6, 9, 12, 13) handelt, die, wie es scheint, nicht notwendigerweise jünger sind als die Kleineren. Unabhängig davon werde ich im Folgenden die von mir beobachteten Ähnlichkeiten in ähnlicher Weise durchgehen wie im Falle von Seneca und Cicero, wobei also die Größeren Deklamationen der Reihe nach behandelt werden. Für die folgenden Reden gibt es aber nichts zu verzeichnen: Dekll. 1, 4, 7, 11, 13‒19. DECLAMATIO 2 6 [25, 8f. H.] Facinus (= parricidium), iudices, quod illa nocte i n c u b i c u l o novercae, quod i n l e c t u l o factum est ~ 328, 6 quod i n c u b i c u l o s u o occisus est, quod i n l e c t o suo. Man beachte auch die anaphorischen quod (obgleich sie verschiedener Art sind). DECLAMATIO 3 12 [53, 16f. H.] Vacat enim vitiis nostris… aut i n e o saltem s t a t u res publica e s t , ut… ~ 255, 2 Etiamsi non e s s e t i n e o s t a t u bellum, ut h o n e s t a c o g i t a r e v a c a r e t . Kontrastreminiszenzen, wie es scheint. DECLAMATIO 5 4 [88, 8f. H.] fuerit pretium licet exiguum parvumque, dum totum ~ 332, 13 Quid interest animi, quantum sit quod totum est? 5 [89, 17f. H.] Me infelicem, quod bonam habeo causam! ~ 295, 5 non desinam optare ut hanc causae meae partem malam facias. 14 [99, 1f. H.] luxuriosum, perditum voca (und ebda. [99, 16f. H.] Luxuriosus, perditus fuit; 20 [105, 24 H.] Ego luxuriosus, ego perditus) ~ 252, 10 luxuriosus ac perditus. 14 [99, 20‒24 H.] non habent discrimen liberi nisi de calamitate, et inter homines, quos natura pietatis aequavit, differentiam nisi de dolore non explices (vgl. auch 18 [103, 24 ‒ 104, 1 H.] non possum de liberis, possum eligere de miseris) ~
|| [15 Winterbottom 1984.]
Declamationes minores | 37
328, 15 Inter liberos haec una differentia est apud animum patris, quod semper maiorem locum habet is, cuius miseremur. DECLAMATIO 6 5 [115, 7‒11 H.] Navigat ergo per horridos fluctus et gementia litora et spumantes scopulos… qui optaret alligari a piratis, quos vitare quoque miserum est ~ 343, 14 Navigavi ad piratas; in quos incidere miserrimum est, quaesivi. Omnes scopulos scrutatus sum, omnia litora excussi (vgl. S. 19). DECLAMATIO 8 22 [173, 13‒16 H.] non est solacium matri unus ex geminis… in his vultibus illum cotidie putat videre pereuntem ~ 270, 27 Hoc gravius est, iudices, perdere alteram ex geminis. Cotidie mihi occurrit imago funeris mei. DECLAMATIO 9 Nirgends finden sich so viele Anklänge an die Kleineren Deklamationen wie in dieser Rede. Vor allem findet man Beziehungen zu Decl. min. 330, was vermutlich infolge der Ähnlichkeit der Themata dieser zwei Reden erklärt werden kann: Der eine Deklamator hat die Rede des anderen gelesen. In beiden Fällen handelt es sich nämlich um einen Jüngling, der vom Vater verstoßen wird, weil er einen Feind seines Vaters insgeheim ernährt (in Dekl. 330 die Mutter des Jünglings selbst, in Dekl. 6 den Vater eines Freundes, der für den Jüngling sein Leben geopfert hat). Ich werde jetzt diese Beziehungen durchgehen: 1 [176, 3f. H.] Quin ipsa prorogatae cotidiana stipe infelicis animae… ~ 330, 9 Quantulum enim erat c o t i d i a n a m s t i p e m et hoc exiguum, quo a n i m a in posterum diem p r o r o g a r e t u r . Zu quantulum enim erat vgl. Kap. 10 [184, 11 H.] Quantulum enim dari poterat… (auch 330, 8 Q u a n t u l u m e s t e n i m quod praestiterim ego illi, etiam i n v i d i o s a e p i e t a t i s filius?; Kap. 23 [198, 5f. H.] invidiosa quaedam… liberalitas). 2 [176, 19f. H.] qui, quicquid umquam petii a patre, exoravi ~ 330, 1 abdicat (so ist zu lesen, nicht abdicans mit Ritter) indulgens pater. 10 [184, 12f. H.] istam iudicii scaenam ~ 330, 2 omnis iudicii scaena. 16 [190, 3‒5 H.] intra tam breve tempus propter misericordiam alter abdicatus, alter occisus est ~ 330, 13 calamitatem, quam praesertim excepisse me propter misericordiam sui credit. 17 [192, 9‒11 H.] quod senex inops ex nostra domo accipit, si non irasceris, tu praestitisti, tibi hoc pulchrum atque magnificum est ~ 330, 10 Etsi hoc animo fuisti, tu voluisti, tu dedisti. Im Übrigen ist in Dekl. 9 Folgendes zu verzeichnen:
38 | Zu den literarischen Vorbildern 10 [184, 25 H.] ultimo patriae potestatis fulmine (= abdicatione) ~ 259, 17 fulmen istud patrum (-ri Ritter, wohl falsch) (= abdicatio). 11 [185, 8 H.] Abdicas me, pater, tam cito? ~ 376, 1 Abdicas tam cito? 19 [193, 20‒22 H.] oratio… velut inter binos deprehensa scopulos… haeret in dubio ~ 259, 12 Intellego, iudices, quam difficili ac velut scopuloso loco versetur oratio mea (vgl. auch S. 30). 23 [198, 12f. H.] in quacumque parte rerum naturae es, amice carissime ~ 321, 10 frater, in quacumque parte naturae es. 23 [198, 15‒17 H.] Quid vis porro faciam? Agrestia opera? Delicatior, quod a fortuna non didici, et cotidiani quaestus operis duobus egentibus non sufficit ~ 260, 22 (iuvenes abdicati) non redibunt ad opus cotidianum, non sufficient assiduo labori. Außerdem gibt es inhaltliche Beziehungen zwischen Kap. 16f. und 260, 9 (vgl. dazu auch 279, 8). DECLAMATIO 10 1 [199, 21 H.] nec sibi permittebat dolor lugere venientem ~ 344, 7 Hoc vero intolerabile est, lugere venientem (scripsi, viventem die Hss). Am besten wäre wohl diese Stelle unter den Senecaimitationen zitiert worden, denn das Vorbild beider Deklamatoren ist vermutlich Helv. cons. 2, 5 hoc adhuc defuerat tibi, lugere vivos. DECLAMATIO 12 15 [247, 12f. H.] opera (sc. publica) restituam, aerarium replebo, naves, arma reficiam ~ 260, 5 aliqua p u b l i c o r u m o p e r u m incensa, eversa, vel corrupta n a v a l i a , a r m a usibus belli erepta. 19 [253, 4f. H.] Res publica nostra locupletior perit; 345, 14 Scilicet ut locupletior periret (aliquis). 22 [256, 25 ‒ 257, 1 H.] tu, ut cogi posses (eine späte Hs.; -set die übrigen, Lehnert), … effecisti ~ 262, 5 ut cogi posses, tu fecisti. Es würde sich kaum lohnen, das jetzt vorgebrachte Material näher zu analysieren. Am interessantesten ist hier das Prioritätsproblem, etwa im Fall Dekl. 9 ~ Dekl. 330 (wenn nicht möglicherweise derselbe Verfasser beide Reden geschrieben hat). Wenn die S. 36 erwähnte neue Ausgabe der Kleineren Deklamationen vorliegt und Untersuchungen zum Satzrhythmus und zur Sprache dadurch erleichtert werden, wird sich ein hochinteressantes und wahrscheinlich ergiebiges Forschungsfeld eröffnen.
The Murder of a Manuscript The so-called Declamationes maiores are transmitted in the following order in the main part of the tradition:1 2, 1, 3, 4 etc. ‒ 19. It is true that in some important mss. decl. 1 is placed at the end of the collection, the order thus being 2, 3, 4 etc. ‒ 19, 1, but because of the similarity of their themata, the two speeches were probably originally placed beside each other. We do not, I think, have to pay any further attention to the dislocation of decl. 1 in some mss., because it does not affect the problem I will discuss in this paper, viz. the entirely different order in which the declamations appear in the β-tradition. The β-tradition is represented by two mss., the Parisinus 16320 of the 14th century and the Sorbonianus 629 of the 15th century; they are both doubtless copies of the same ms., which is now lost. Their value and importance for the constitution of the text is not great, although Lehnert thought highly of β, and, like the scholar Hugo Dessauer,2 who had examined the manuscript tradition before Lehnert, regarded the tradition as bipartita, α and β going directly back to the same archetype and the rest of the mss. (γ and δ) being conflated from these two branches. One (and, as it may seem, the only) reason for this high estimation of β is a subscriptio, which will be discussed below. Now, β has the declamations in the following order: 2, 1, 13, 8, 5, 16, 17, 10, 3, 11, 12, 9, 4, 6, 7, 18, 19, 14, 15. If Dessauer and Lehnert are right about β, the fact that the order of speeches is quite different there cannot be neglected; as has been held by some scholars (and as I hope to prove myself before long),[3] the 19 declamations were composed by different authors, and one cannot a priori exclude the possibility that the order of the declamations in the archetype may give us a clue to the solution of the problem as to which speeches were taken from the same source when the corpus was put together – in late antiquity, as it seems. Therefore we must try to analyze the two different orders to find out which one is the original. If it is possible to find a principle or a system in the two series of figures that would
|| 1 For further information about the tradition see Lehnert’s edition (Teubner 1905) or my own work, Håkanson 1974. Here it may suffice to say that the tradition, roughly speaking, has 4 branches called α (the most important one), β, γ, δ. The order 2, 1, 3 etc. appears in 3 mss. of the α group. The order 2, 3 etc. ‒ 19, 1 appears in the Bambergensis of the α group, in one ms. of the γ group, and in δ. 2 Dessauer 1898. [3 See pp. 47ff.]
40 | The Murder of a Manuscript explain h o w the declamations were rearranged in one or the other part of the tradition, this will at least help us to decide the order of the archetype and thus the starting point for further consideration. As far as I know, no one has managed – or even tried – to solve this problem before. To make further analysis possible, it is necessary to present the two orders alongside each other here (I should point out that the n u m b e r s of the speeches are not transmitted in the mss.,4 where only the titles occur): The main part of the mss.: 2, 1, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19. The β-tradition: 2, 1, 13, 8, 5, 16, 17, 10, 3, 11, 12, 9, 4, 6, 7, 18, 19, 14, 15. At first sight the arrangement in β may seem quite bewildering, but in reality a fixed system is discernible. First, we observe that, although the order in β differs very much from the traditional one, some pairs of speeches occur beside each other, as in the other tradition, namely 2, 1; 16, 17; 11, 12; 6, 7; 18, 19; 14, 15. In three cases the reason for this is quite obvious; 14‒15 and 18‒19 form pairs that cannot be separated since 15 and 19 reply to the preceding declamations, 14 and 18; they must be kept together and could not be reversed to give the order 15‒14 or 19‒18. As to the pair 2‒1, the similarity of their themata made it natural to keep them together, and they could not easily be reversed (1‒2), because 2 w a s probably preceded by Incipit declamationes Quintiliani, or the like, as we find it in our preserved mss.; this incipit secured the first place in the corpus for this pair in β too, and prevented the reversal 1‒2. As to 16‒17, 11‒12 and 6‒7, there is, however, no reason a priori for these speeches to appear together in β. Once this became clear to me, and the pairs 16‒17, 11‒12 and 6‒7 could be ‘lifted out’ – so to speak – from the others, the system of rearrangement in β became clear almost by itself. The explanation will be easier to understand if we take one part of the speeches first, and start considering this series:
|| 4 In one ms. of the α group, the Montepessulanus H 226, numbers do appear for once; however, since this ms. contains a much later speech after decl. 3 (no. 3b in Lehnert’s edition), all numbers after decl. 3 differ from those usually given to the declamations.
The Murder of a Manuscript | 41
I have drawn lines to show how new pairs appear in β: 6‒7 appear together, and so do 5‒8, 4‒9, 3‒10, except that the order w i t h i n the pairs is reversed (8‒5, 9‒4, 10‒3). The same system is traceable in the latter part of the corpus too, but we will return to speeches 11 etc. later on and for the moment consider the figure above. It is obvious that the declamations are ordered in pairs in β as demonstrated above, and then the pairs have been somewhat arbitrarily made into a corpus. W h y ? What possible reason could anyone have to put the speeches in pairs like this? For myself, I can only think of one explanation, which has, indeed, been hinted at in the title of this paper. When a parchment was made, sheets of parchment or paper were folded to form two folia (four ‘pages’), then one such sheet was placed into another; more sheets could be added in the same way, the whole forming a gathering of, for instance, 6 sheets = 12 folia = 24 (modern) pages. Although I have not seen such a ms. myself, there are said to exist mss. consisting of one single such gathering,5 a very impractical way of forming a book! Anyhow, the number of sheets combined into a gathering could obviously vary to a great extent, and in the parent of β the eight speeches 3‒10 formed a gathering. Furthermore, it so happens that 3 and 10, 4 and 9, 5 and 8 (n o t , however, 6 and 7) are of about the same length. If I take the number of typewritten pages in my forthcoming edition of the Declamationes maiores as my measure, the length of the speeches in question is: decl. 3 and 10: 12 pages each; decl. 4: 15½ pages; decl. 9: 16½ pages; decl. 5: a little more than 17½ pages; decl. 8: 16½ pages. In other words: within these pairs the difference in length between the speeches involved is scarcely more than one single page in my edition. Decl. 6 is, however, 7½ pages longer than decl. 7; as we will soon see, this fact is important. The gathering in the parent of β that we are interested in had the following appearance: when it was opened, it contained in the middle decll. 6‒7, written on the inner (perhaps four) sheets or ‘double folia’, decl. 6 occupying a greater part of this space than 7. It was possible to lift out these sheets in the middle, and then followed 5‒8, about equally long and therefore occupying the same (presumably five or six) following sheets. Then followed 4 and 9, 3 and 10 in the
|| 5 Cp. Dahl 1961, 26.
42 | The Murder of a Manuscript same way. This was the anatomy of a part of the parent of β, and now (perhaps in the 14th century) a parricidium took place. Someone deliberately slaughtered a ms., took out the sheets containing 6‒7, 5‒8 and so on, in all probability to get the ms. copied as fast as possible by employing several scribes at one time. This impietas towards a perhaps ancient ms. indicates, to my opinion, that the deed was performed during the Renaissance, I guess in the 14th century. This fits fairly well with the age of the Parisinus and the Sorbonianus (cp. above p. 39). This explains why such peculiar pairs occur in β, and it is also possible to explain why most of the pairs have the order of the two components reversed: once 3 and 10, 4 and 9, 5 and 8 had been taken out of the original ms. (which, as a consequence of this procedure, eventually ceased to exist: its disiecta membra may perhaps have been discarded), it was not possible to decide which one of the speeches had originally come first, bearing in mind that there were no numbers, such as we use, to distinguish them. But when we arrive at pair 6‒7, things are different: since decl. 6 is substantially longer than 7, there was an ‘overlap’ within the sheets that clearly showed the scribe how 6 and 7 had been originally arranged. Therefore the original order 6‒7 was retained. This explanation also serves for 11‒12 and 16‒17: decl. 12 is about 20 pages longer than 11, decl. 17 is about 11½ pages longer than 16. In other words: every time two speeches appear in the right order and no internal reasons can explain this, as in the case of 14‒15 and 18‒19, and no such explanation exists as the very likely existence of an incipit before decl. 2, the fact is that the declamations are of very different length; this caused an overlap so that mistakes were excluded. We will now consider the lost parent of β in its entirety with the help of a sketch on the following page. I will only point out in advance that the fact that 14‒15 and 18‒19, considered as one unit each, are reversed in β just like 3‒10 etc., supports the hypothesis that these declamations formed a pair of the same kind as those which we have just seen.
The Murder of a Manuscript | 43
2 1
27 pp.
the Incipit helps to keep the right order
3 4 5
Part I
6 7
26,5 pp.
34 pp.
32 pp.
29 pp.
overlap
8 9 10
subscriptio in β after decl. 11
11
28,5 pp.
limit between the two parts which had been combined into one corpus
overlap
12 13 14
14– 15 14– 15 14– 15 13 13
15
internal reasons for keeping the right order
16 17
about 20 pages
about 60 pages
Part II
overlap
18 19 + 2 (?) empty folia
19 18– 19 18– 19 18– 19 18– lia ty fo emp
Here one folium was cut off in order to separate decl. 13 from the last parts of decll. 18–19.
internal reasons for keeping the right order subscriptio in several MSS after decl. 18
44 | The Murder of a Manuscript As the sketch shows, I imagine that the parent of β consisted of two parts, which were built up in a similar way. First there was a gathering of about 4 sheets (= 8 folia) containing 2‒1 and 11‒12, then there followed a large gathering containing the rest of the two parts. Before we move on to examine the latter part in rather more detail, it may be suitable to explain why I suppose that the collection of speeches was once split into two. This is of course not only because this hypothesis gives a good symmetry to the parent of β, which we have reconstructed, but because in β (and nowhere else) we find a subscriptio at the end of decl. 10, which was doubtless written by the same man whose subscriptio after the end of decl. 18 has been preserved in several mss.6 Now, where would it be more natural to place a subscriptio than at the end of a collection (and where would the end of the first part be more logical than after the 10th speech out of 19)? “But the subscriptio toward the end of the corpus is not placed at the very end, that is, after decl. 19, but after decl. 18.” Yes, and that is rather unnatural too; I would like to ask if the unknown Domitius (cp. note 6) in late antiquity did not have before him the last parts of the corpus in sheets or folia that had not yet been bound when he made the subscriptio, and if he possibly made a mistake similar to that of the scribes of β, in mistakenly thinking, for a moment, that the decl. 18 was the last speech of the corpus. Since 18 and 19 are almost equally long (around 12 pages each in my edition), this explanation is at least possible. We may now move on to declamations 11‒19. 11‒12 formed a separate gathering, just like 2‒1 in the first part, and the length of decl. 12 prevented the reversal of the two speeches. Then we are faced with a problem. Why does decl. 13 alone appear isolated in β? All other declamations appear in pairs, so why not this one? The answer can be found in my sketch: 14‒15 are much shorter than 18‒19, so if these 4 speeches alone had filled up the same set of sheets, there would have been a clear overlap, which would have prevented the order being reversed. The two facts that the order between 14‒15 and 18‒19 i s in fact reversed and that only decl. 13 appears alone can both be explained on the hy-
|| 6 The subscriptio after decl. 18 is not given in a l l mss., as Lehnert states (preface p. XXIII); I have found it in α and β and in one ms. of the γ group. If we disregard some trivial errors in some mss., the text is: descripsi et emendavi Domitius Dracontius de codice fratris hieri feliciter mihi et usibus meis et dis (sic!) omnibus. In β we find the following subscriptio after decl. 10: Legi et emendavi ego Dracontius cum fratre ierio incomparabili arrico (sic [patricio? Winterbottom]) urbis rome in scola fori traiani feliciter. This is not the place to discuss all the problems concerning these subscriptions, for which I refer to my forthcoming article in ANRW [Håkanson 1986, 2282f.]; I only mention Haase’s suggestion dis〈cipulis〉 for dis, which is quite attractive in view of the mention of a scola fori traiani in the other subscription (although suggestions like amicis or even aliis could do equally well).
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pothesis that 13, 14, and 15 together ‘balanced’ the speeches 18 and 19 in the same sheets, that is, perhaps only one or two folia. Then, as my sketch shows, decl. 13 was probably separated from the last part of decll. 18‒19 (in reality from the last part of decl. 19) in such a way that one folium (or two folia) was cut off. The empty folia were most probably cut off at the same time. Of course, all this happened after decll. 16‒17 (with a substantial overlap) had been removed from the middle of this gathering. Now it was possible to distribute the work of copying the ms. between 9 scribes, if so many were at hand. After decl. 13 had been separated from 14‒15‒18‒19, it formed the smallest part of the old ms. (that had now been entirely destroyed), the other parts being fairly equal in size. It remains uncertain how we should look at the arbitrary order of the pairs of speeches in β. Was there no other ms. at hand after the parent of β had been destroyed, so that it was impossible to reconstruct the original order, or were the persons involved quite indifferent to this problem? The latter is the more probable answer, because if one had wanted to keep the original order, this could easily have been written down on a scrap of paper before the ms. was split up, and, above all, the copying could not have been arranged in this way, which made it almost necessary for the declamations to be arranged in pairs quite different from the original order. There is no doubt, then, that the order transmitted in most mss. is correct and that the order of β has no authority at all. However, β has helped us to reconstruct its parent, and, as it seems, to see that the corpus declamationum maiorum was once in two different parts. In addition, we have seen a striking instance of how manuscripts could be treated by men who took a real interest in them only as long as they had not been copied. Finally, a few words about the subscriptio after decl. 10, transmitted only in β. We have no proof that this division into two parts has existed anywhere else than in the ancestors of β. Is it possible that, when the two were at some time combined into one corpus in the main tradition, this subscriptio was left out as a consequence of this combination, whereas in the ancestors of β the original division into two parts was still present in some generations of mss., and that this fact facilitated the preservation of the subscriptio after decl. 10? This would mean, of course, that the parent of β represented an old isolated tradition, and that Lehnert and Dessauer were right in regarding β as one of the main branches of tradition. For the purposes of practical textual criticism this is, strangely enough, of little importance. What we find in the Parisinus and Sorbonianus is
46 | The Murder of a Manuscript at any rate very seldom of value for the constitution of the text, as will be seen, I hope, from my coming edition.[7]
|| [7 Håkanson 1982.]
Der Satzrhythmus der 19 Größeren Deklamationen und des Calpurnius Flaccus Dass die neunzehn, unter dem Namen Quintilians überlieferten sog. Größeren Deklamationen nicht das Werk eines einzigen Verfassers sind, dürfte heutzutage allgemein anerkannt sein. Auf der Grundlage meiner eigenen Textausgabe beabsichtige ich Sprache, Stil und Satzrhythmus der Deklamationen von Neuem zu untersuchen, um womöglich die Frage zu beantworten, wie viele Deklamatoren in diesem Textcorpus repräsentiert sind und zu welcher Zeit die Deklamationen verfasst worden sind. Die vorliegende Untersuchung zum Satzrhythmus stellt den ersten Teil dieses Unternehmens dar. In einem Anhang folgt eine Untersuchung zum Satzrhythmus des Calpurnius Flaccus, die vielleicht etwas zur Datierung dieses uns ganz unbekannten Rhetors beitragen kann.
1 Die Forschungslage Im Jahre 1913 veröffentlichte Georg Golz eine Dissertation über den Satzrhythmus in den Größeren Deklamationen, die laut Lehnert 1920, 261 „zu dem Besten gehört, was auf diesem Gebiete (d. h. Klauselforschung überhaupt) vorliegt“. Nicht nur Lehnerts Lobrede, sondern auch die augenfällige Tatsache, dass Golz’ Resultate mit denjenigen gut übereinstimmten, die Constantin Ritter bereits vor Golz in seiner auf Burmans alte Ausgabe gegründeten Untersuchung von Sprache, Stil und Inhalt der Deklamationen präsentiert hatte,1 könnte den Eindruck erwecken, dass auf diesem Feld so gut wie nichts mehr zu holen sei, und der Leser könnte sich mit Recht fragen, ob überhaupt eine erneute Untersuchung begründet sei. Meiner Meinung nach ist sie höchst begründet, weil Golz’ Arbeit in der Tat unbefriedigend ist und sowohl aufgrund der Ergebnisse späterer Klauselforschung als auch in methodischer Hinsicht als veraltet betrachtet werden muss. Es empfiehlt sich, hier zuerst die Methoden und Resultate meines Vorgängers kurz zu rekapitulieren. Der Gang der Golz’schen Untersuchung ist folgender: Nach einigen einleitenden Bemerkungen über die Natur der Klausel und der metrischen Prosa überhaupt, über die in den Deklamationen vorkommenden Klauselformen und über die methodisch wichtige Frage, w o man im Text mit Klauseln rechnen
|| 1 Ritter 1881. Ritters Untersuchung gründet sich, wie gesagt, auf Burmans alte Ausgabe; nichtsdestoweniger wurde sie im Jahre 1967 in Hildesheim von Neuem gedruckt.
48 | Der Satzrhythmus soll, geht Golz dazu über, die Klauseln der Deklamationen 1, 2, 5 und 9 recht ausführlich zu erörtern (die Grundlage seiner Analyse bildet natürlich Lehnerts damals neue Ausgabe).2 Es folgt ein Kapitel über metrische und prosodische Einzelprobleme, ehe der Verfasser eine Tabelle aufstellt, in der die Klauseln sämtlicher 19 Reden auf vier Haupttypen und deren aufgelösten oder abgeleiteten Formen verteilt werden, nämlich – ⏑ – – ⏓, – ⏑ – – ⏑ ⏓, – ⏑ – ⏓, – ⏑ – ⏑ ⏓. Anhand seiner Statistik meint Golz die Deklamationen in vier Gruppen mit gelegentlichen Untergruppen einordnen zu können: 1. 2. 3.
Dekl. 1 Dekl. 10 a. b. c. d. e. f.
Dekll. Dekll. Dekll. Dekl. Dekl. Dekl.
2, 16 5, 14, 15 4, 11, 18, 19 7 8 17
4. a. Dekll. 3, 6, 9 b. Dekl. 12 c. Dekl. 13 Dieselben Hauptgruppen (ohne Untergruppen) hatte Ritter früher aufgestellt, und Golz hat nach seiner eigenen Meinung Ritters Resultate bestätigt und weiterentwickelt (1913, 63‒67). Wie wir sehen werden, scheinen Golz’ Resultate wenigstens zum Teil richtig zu sein. Trotzdem war es notwendig, eine erneute Untersuchung vorzunehmen, denn die methodischen Schwächen und Unklarheiten seiner Arbeit sind so augenfällig, dass man sich darauf ohne weitere Kontrolle unmöglich verlassen könnte – und ich glaube übrigens auch, dass ich nicht ganz unbedeutende Verbesserungen von Golz’ Auffassung bieten werde (besonders bezüglich der Gruppe 4, die meiner Meinung nach von Golz ganz falsch beurteilt wurde). Jetzt möchte ich aber meine Kritik an Golz näher begründen. Was Akribie und prosodische Kenntnis betrifft, begegnen bei Golz nicht so selten falsche Messungen wie z. B. S. 24 incīdisse, 43 lanīstam, 50 vestĭgia, 52 Mārio (besonders bedenklich, weil dieser Name in Dekl. 3 oft vorkommt), 57 egērunt || 2 Lehnert 1905.
Die Forschungslage | 49
(statt des Präsens) usw. Wichtiger sind aber gewisse methodische Fehlgriffe. Schon Golz’ Verfahren beim Materialsammeln dünkt bedenklich: Was er selbst S. 12‒20 darüber mitteilt, ist zwar etwas unklar, gibt aber zu erkennen, dass er sich im Wesentlichen auf die angeblich aus dem Altertum herrührende ‚rhetorisch-psychologische‘ Interpunktion der Hs. P(arisinus 16230) des 14. Jh.s verlassen hat. Ganz davon zu schweigen, dass Golz gegebenenfalls natürlich nicht die zur sog. β-Gruppe gehörende, späte Hs. P als Zeuge hätte wählen sollen, sondern B oder V (oder beide),3 wie er übrigens selbst zugibt (S. 20), dürfte überhaupt die Annahme, dass man in mittelalterlichen Handschriften eine aus der Antike stammende Interpunktion so gut wie intakt finden kann, sehr fraglich sein; vgl. zur Sache Müller 1964, 18‒21. Wenn außerdem Golz (S. 19f.) gesteht, er habe dann und wann Interpunktionszeichen seiner schlechten Handschrift einfach außer Acht gelassen, weil sich dort keine Klausel finde, er habe andererseits gelegentlich eine Klausel angenommen, wo P kein Interpunktionszeichen bietet, kann wohl daraus nur geschlossen werden, dass Golz re vera keinem definierbaren Prinzip gefolgt ist. Wie dies Verfahren in der Praxis ausgefallen ist, kann aus dem nur in spärlicher Auswahl vorgelegten Klauselmaterial nicht deutlich ersehen werden, aber die vorgebrachten Beispiele geben bisweilen Anlass zum Zweifel, z. B. S. 36, wo quem non captivitas [89, 23f. H.], oder S. 40, wo solum me quem coleret [177, 25 H.] als metrische Klauseln zitiert werden. Wer mit so unsicheren Klauseln im Innern der ‚Periode‘ operiert, hätte jedenfalls zu einer größeren Gesamtzahl von Klauseln kommen müssen als zu den 8092 Klauseln, die Golz in seiner oben erwähnten Tabelle auf die 19 Reden verteilt. Ich, der ich mit viel mehr selektiven Methoden mein Material gesammelt habe, gründe meine Untersuchung auf eine Gesamtsumme von 5333 Klauseln, etwa zwei Dritteln der Golz’schen Sammlung – und doch bin ich mir wohl bewusst, dass meine Einschränkung auf Klauseln vor starker Interpunktion (vgl. unten S. 51) einen sehr bedeutenden Verlust von Material verursacht hat. Zwei kleine Stichproben bestätigen übrigens, dass Golz sich einen recht freien Spielraum erlaubte, Klauseln anzunehmen oder zu verwerfen: Aus der erwähnten Tabelle geht hervor, dass er z. B. in Dekl. 10 durchschnittlich 27 Klauseln auf jeder Teubnerseite gefunden hat, d. h. 54 auf zwei Seiten. Ich habe selbst aufs Geratewohl S. 193f. in dieser Rede in Lehnerts Ausgabe nach bestem Gewissen durchgearbeitet und dabei, wenn alle sicheren Klauseln gezählt werden, nicht 54 sondern 82 gefunden. Gleicherweise hätte ich in Dekl. 1 (Lehnert 1905, 16f.) laut Golz etwa 48 Klauseln finden sollen, fand aber 76. Man fragt sich, nach
|| 3 Vgl. Lehnerts oder meine praefatio.
50 | Der Satzrhythmus welchen Prinzipien anscheinend ein Drittel oder mehr des potentiellen Materials verworfen wurde. Wie Golz textkritisch unsichere Fälle behandelt hat, geht nicht hervor, noch hat er in prosodischer Hinsicht zweifelhafte Fälle isoliert, sondern in die Hauptuntersuchung mit aufgenommen. Wenn seine Beurteilungen solcher Fälle ausnahmsweise kontrollierbar sind, überzeugen sie manchmal gar nicht: Warum sollte man z. B. mit Golz (S. 40) patre speravi [194, 18 H.] ⏑́ ⏑ | – – – messen und nicht – ⏑ | – – – (Kl. 1)? Oder mit welchem Recht wird ebenda miseri|is inlacriment [190, 15 H.] als –|– ⏑ ⏑ – beurteilt und nicht als ⏑͡ˊ⏑ – | – – ⏑ – ? Hinsichtlich der Zäsuren weiß man nicht, wie Golz mit Fällen von Präposition, Negation oder Formen von esse umgegangen ist. Hier und da findet man fehlerhafte Generalisierungen bezüglich der Zäsurverhältnisse in einzelnen Reden: S. 34 heißt es z. B., dass der Doppelkretiker in Dekl. 5 immer Zäsur nach dem ersten Trochäus habe, aber sogar in meinem geringeren Material findet man sowohl meorum verecundiam [109, 5 H.] als captivitatem tuam. S. 35 behauptet Golz, dass Dekl. 5 nur einen Fall von – | ⏑ – ⏑ ⏓ biete, ich aber habe verzeichnet fa|mae periculo [89, 20 H.]; luxurio|sus relinquitur [98, 19 H.]; ex | quo reversus es [109, 6 H.]. Auf Einzelheiten muss kaum weiter eingegangen werden, nur eine Sache sei noch erwähnt: S. 51 meint Golz, dass -s in vielen Fällen keine Positionslänge bewirkt, so dass z. B. quod solutus sum [111, 13 H.] nicht eine Kl. 1, sondern einen Hypodochmius ergibt. Was mich betrifft, so habe ich in derartigen Fällen eine Positionslänge angenommen, aber vgl. unten S. 66. Abschließend erinnere ich an einige weitere Beiträge, die freilich für unseren Zweck wenig bedeuten. Nur ganz kurz streift Cristina Tosato den Satzrhythmus der Deklamationen, um dann die „relazioni del ritmo con altri fenomeni della lingua“ zu erörtern (Tosato 1912, 126‒138). Einige Berichtigungen der Golz’schen Untersuchung liefert Yngve Englund (1934, 22‒40). Harald Hagendahl (1923, 16f.) hat die Frequenz der Perfektendungen -ere und -erunt und deren Verhältnis zum Satzrhythmus in den Dekll. 1‒5 untersucht.
2 Prinzipien der vorliegenden Untersuchung Ich gehe von meiner eigenen Edition des Textes [1982] aus. Themen und Gesetze (auch wenn im Text zitiert) scheiden aus, ebenso Kola, die weniger als 8 Silben umfassen (was mit der unten S. 53 erörterten Methode zusammenhängt). Auch eine Reihe textkritisch unsicherer Fälle (etwa 50) scheiden aus. Da meine Untersuchung auf meinem Text aus dem Manuskript (nicht auf dem etwas später gedruckten Text) basiert, finden sich in dieser Arbeit einige wenige Abweichun-
Prinzipien der vorliegenden Untersuchung | 51
gen von meiner Teubnerausgabe, die aber nicht so zahlreich sind, dass sie auf die Resultate wesentlich einwirken können. Im Übrigen habe ich alle Kolonschlüsse vor starker Interpunktion ausgewertet, wobei hervorgehoben werden muss, dass ich darunter auch das Semikolon verstehe; ich bin mir nämlich bewusst, an sehr vielen Stellen ein Semikolon gesetzt zu haben, wo andere vielleicht lieber einen Punkt gewählt hätten, und es wäre natürlich Unsinn, aus jenem völlig belanglosen Grunde das Material zu schmälern. Ferner habe ich eine Anzahl von Kola berücksichtigt, wo moderne Interpunktionspraxis nicht gerade maßgebend sein kann; es handelt sich um Fälle wie z. B. Dekl. 15, 4 [317, 17f. H.] Potes hoc videre, potes hoc ferre? Sanatus es. Hier bildet ferre sanatus es eine Kl. 2, und man muss vom Fragezeichen absehen. In ähnlichen Fällen bin ich analog verfahren. Prosodisch zweifelhafte Fälle habe ich vom Hauptmaterial ferngehalten und für sich behandelt. Darunter verstehe ich Fälle von muta cum liquida, Synalöphe/Hiat, ausgehendem -i und -o mit zweifelhafter Quantität, in der Regel Fälle wie obiciebat u. dgl., die immerhin sehr selten sind, und einige wenige Fälle von s impurum nach kurzem Vokal. Folgendes muss aber hinzugefügt werden: 1. Die Konsonantenverbindung -qu- verursacht allem Anschein nach niemals Positionslänge, weshalb ich sie nicht als prosodische Komplikation betrachtet habe. 2. Kurzer Vokal am Wortende + muta cum liquida am Anfang des folgenden Wortes bildet in den Deklamationen immer eine Kürze;4 solche Fälle sind in der Hauptuntersuchung ausgewertet. 3. 27 Fälle von ausgehendem -o, die immer zweifellos kurz sind, habe ich im Hauptmaterial beibehalten: Es handelt sich um Nominative von Substantiven mit der Endung -tudo und von den Substantiven imago, ordo, origo, sermo, ferner nemo.5 Auf einige vielleicht zweifelhafte Fälle von ausgehendem -o (Adverbien wie subito, merito und eine Handvoll Gerundien im Abl.), die für die statistischen Ergebnisse jedenfalls wenig bedeuten, komme ich später (S. 63) zurück. Wenn also irgendeine der erwähnten Komplikationen es unmöglich machte, die betreffende Klausel mit Sicherheit typologisch zu verwerten, wurde sie als prosodisch zweifelhaft vermerkt. Ich habe also nicht durchgehend a l l e a c h t
|| 4 Vgl. hierzu S. 88. 5 Hinsichtlich Substantive auf -do und -go stimmt folglich die Praxis in den Deklamationen mit der des Arnob überein (Hagendahl 1937, 101).
52 | Der Satzrhythmus S c h l u s s s i l b e n jedes Kolons beachtet (z. B. im Falle eines Ditrochäus oder eines Hypodochmius), wie es bei konsequenter Verwendung von Zielińskis ,Achtsilbenmethode‘ (vgl. S. 53) im Grunde nötig wäre, aber so konsequent scheinen in der Tat nicht viele Forscher zu sein – und warum sollte man ganz klare Fälle von z. B. Kl. 1 nur deshalb nicht berücksichtigen, weil eine Silbe v o r der eigentlichen Klausel prosodisch unsicher ist? Von mir wird übrigens die erwähnte Methode nur in modifizierter Form verwendet (vgl. unten). Soweit über die Abgrenzung des Materials. Während der Arbeit an der Analyse desselben hat sich mir eine rein praktische Frage oftmals aufgedrängt: Wie können die statistischen Feststellungen den Lesern möglichst übersichtlich vorgelegt werden? Wer mit 19 verschiedenen Texten gleichzeitig arbeitet, muss sich z. B. fragen, ob ein Leser leicht und mühelos Tabellen mit 38 verschiedenen Spalten zu überblicken vermag. Derartige Tabellen hätte ich aufstellen müssen, wenn ich nicht durchgehend nur die Prozentanteile der verschiedenen Klauseltypen (nicht die absolute Frequenz) angegeben hätte.6 Als einen gewissen Ersatz dafür gebe ich unten die Prozentzahl (mit zwei Dezimalstellen) für e i n e Klausel in jeder Rede binnen des Hauptmaterials an, damit die absolute Frequenz berechnet werden kann (dabei muss man freilich die kleinen Fehler mit in Kauf nehmen, die durch Abkürzung von Dezimalstellen zu erklären sind).
3 Umfang des Materials, Gang der Untersuchung Aus Tab. 1 (S. 96) geht hervor, wie das Material sich auf die 19 Deklamationen verteilt. Wie ersichtlich ist, übersteigt die Zahl unkomplizierter Klauseln in den meisten Reden 200; nur die Dekll. 3, 7, 11, 14, 15, 16 bieten weniger als 200. Das Material dürfte also genügen, um recht sichere statistische Schlüsse zu erlauben, vorausgesetzt, dass man bei der Analyse vernünftig verfährt und nicht auf jede beliebige kleine Differenz zwischen den Reden Gewicht legt. Zunächst werden wir die in prosodischer Hinsicht unkomplizierten Klauseln behandeln; auf die recht bedeutenden Differenzen hinsichtlich des Prozentanteiles komplizierter Klauseln kommen wir erst später zurück, denn es lohnt sich kaum, die betreffenden Zahlen näher zu erörtern, ehe diese Klauseln auf verschiedene Komplikationsfaktoren verteilt worden sind. Bei der Analyse des gesammelten Materials werden zwei Methoden zunächst zur Verwendung kommen, nämlich eine etwas modifizierte Form der von
|| 6 Nur beim χ2-Test (vgl. S. 90ff.) ist die absolute Frequenz angegeben (S. 90 und 118f.).
Analyse nach Zielińskis ,Achtsilbenmethode‘ | 53
Zieliński eingeführten und dann von De Groot, Hagendahl u. a.7 gebrauchten Methode, nach der Quantität der acht letzten Silben die Klauseln in Gruppen einzuordnen (Näheres darüber unten). Dann werde ich die Klauseln auf die 4 bekannten Haupttypen (Kl.1 – ⏑ – – ⏓, Kl. 2 – ⏑ – – ⏑ ⏓, Kl. 3 – ⏑ – ⏓, Kl. 4 – ⏑ – ⏑ ⏓)8 und deren aufgelöste und abgeleitete Formen (nebst Restklauseln verschiedener Art) verteilen und die Zäsuren untersuchen, wobei ich Zielińskis Adnotationssystem anwenden werde (vgl. S. 57). Im Zusammenhang damit werde ich die eventuelle Einwirkung des Akzentes auf die Gestaltung der Klauseln zu konstatieren versuchen, ehe ich die prosodisch komplizierten Klauseln behandle. Die bei diesen Vorgängen gemachten Beobachtungen werden dann schließlich zusammengefasst, und die statistischen Daten, die dafür geeignet sind, werden mit Hilfe des sog. χ2-Tests geprüft; Näheres dazu suo loco.
4 Analyse nach Zielińskis ,Achtsilbenmethode‘ in modifizierter Form Die ursprüngliche Methode kann kurz so beschrieben werden: Die acht letzten Silben jedes zu behandelnden metrischen Kolons werden gemessen, mit Auslassung der in prosodischer Hinsicht unsicheren Fälle aller Art. Die Kola werden dann je nach dem Wechsel von Kürzen und Längen in Gruppen von ⏑ ⏑ ⏑ ⏑ ⏑ ⏑ ⏑ ⏓ bis – – – – – – – ⏓ eingeordnet, was 128 mögliche Gruppen ergibt. Zäsuren werden dabei überhaupt nicht berücksichtigt. Diese 128 Gruppen können dann auf 19 größere Gruppen reduziert werden, indem man von den ersten Silben jedes Falles absieht. Wie z. B. Fridh (1968, 15) habe ich mich von Anfang an auf diese 19 Gruppen beschränkt. Das Resultat ergibt sich aus Tab. 2 (S. 97).9
|| 7 Vgl. Zieliński 1904, 832ff.; De Groot 1919, 18f. und 178ff.; Hagendahl 1937, 11 und 257ff.; Knook 1932, 78; Fridh 1968, 12 und 15ff. 8 Ich habe mich also, wie z. B. Redfors 1960, 82, dazu entschieden, den Hypodochmius als selbständige Klausel zu behandeln. Mit einer kretischen ‚Basis‘ dieser Klausel zu rechnen, wie Zieliński es bei Cicero tat, erscheint in den Deklamationen unbegründet. 9 Wie ersichtlich ist, variieren die Gesamtsummen der verschiedenen Spalten in Tab. 2 zwischen 99.7 und 100.2; ich sehe keinen Grund, solch kleine Schönheitsfehler wegzuoperieren, die sich infolge der Abkürzung von Dezimalstellen einschleichen und ganz belanglos sind. Hier soll auch erwähnt werden, dass ich nachträglich herausgefunden habe, dass der einzige Fall in Gruppe 4, Tab. 2 für Dekl. 8 eigentlich hätte ausgelassen werden sollen; die Klausel in Frage, desperaverunt medici (Kap. 13 [164, 8f. H.]), ist nämlich sicher in desperavere medici zu ändern, da gerade diese Klausel in derselben Rede (Kap. 14 [165, 3 H.]) wiederkehrt; wir haben es also mit Kl. 32 zu tun.
54 | Der Satzrhythmus Ich habe in diesem Zusammenhang absichtlich von „metrischen Kola“ und nicht von „Klauseln“ gesprochen, denn als 19 verschiedene Klauseln können diese 19 Gruppen nicht durchgehend betrachtet werden. Wenn man das Material n u r in dieser Weise ordnen würde, könnte man riskieren, bis zu einem gewissen Grad irregeführt zu werden, denn die Methode hat die Tendenz, den Eindruck von falscher Ähnlichkeit in metrischer Hinsicht zwischen verschiedenen Untersuchungsobjekten zu suggerieren, indem wichtige Differenzen bisweilen nicht zum Vorschein kommen (hingegen sind ‚falsche Differenzen‘ prinzipiell ausgeschlossen). Dass ich diese Methode überhaupt brauchte, veranlasste der Wunsch, meine Resultate mit anderen Klauseluntersuchungen vergleichen zu können, um einen Datierungsversuch der Deklamationen zu wagen; dabei muss freilich das erwähnte Risiko mit in Kauf genommen werden. Betrachten wir z. B. Gruppe 13 in Tab. 2, – ⏑ ⏑ ⏑ – ⏓: Man ist beim ersten Blick vielleicht geneigt, sämtliche zu dieser Gruppe gehörende Kola ohne weiteres als Kl. 12 (Typus esse videatur) zu identifizieren – und doch verhält es sich so, dass z. B. unter den 28 Fällen dieser Gruppe in Dekl. 5 nicht weniger als 10 in der Tat aufgelöste Ditrochäen sind (Beispiele: mecum si pariter essent; orbitatem facere totam), die nichts mit Kl. 12 zu tun haben. Hingegen findet man z. B. in Dekl. 8 nur e i n e n aufgelösten Ditrochäus in dieser Gruppe, folglich eine recht bedeutende Differenz zwischen den Dekll. 5 und 8, die hier verborgen ist. Dass ferner Vielerlei in Gruppen wie 1 oder 19 stecken kann, versteht sich von selbst. Ganz zuverlässig sind zwar die 4 wichtigsten Gruppen, nämlich 7, 9, 15, 18, wo die 4 Haupttypen der metrischen Klauseln auftreten, aber die Tatsache, dass Zäsuren nicht berücksichtigt werden, kann auch hier nicht selten einen falschen Eindruck von ‚metrischer Ähnlichkeit‘ schaffen: Stehen z. B. die Reden 1 und 11 einander nahe bezüglich der Gruppe 18 (= Kl. 1)? Tabelle 2 gibt die Prozentanteile 26.6 bzw. 26.3, also so gut wie identische Frequenz. Wenn wir aber Kl. 1 auf Kl. 1 γ (Typus esse decrevit) und übrige Formen verteilen, ergibt sich Folgendes: Kl. 1 γ: Dekl. 1 8.9 %; Dekl. 11 21.1%. Übrige Formen: Dekl. 1 17.7 %; Dekl. 11 5.2%. Diese große Differenz ist natürlich nicht gleichgültig. Ich habe hier etwas ausführlich auf die Schwächen dieser Methode zeigen wollen, weil mir dies in methodischer Hinsicht wichtig erscheint. Jetzt gehen wir aber zu Tab. 2 über. Wie schon S. 48 angedeutet wurde, unterscheiden sich die Dekll. 3, 6, 9, 12, 13 deutlich von den anderen und machen im Vergleich mit ihnen eine recht homogene Gruppe aus. Der Übersichtlichkeit wegen verteile ich von jetzt ab die 19 Reden auf Klasse I (= 3, 6, 9, 12, 13) und Klasse II (= die anderen) und stelle die Tabellen demnach auf, obgleich Klasse II gewiss nicht besonders homogen ist. Man kann konstatieren, dass Klasse I höhere Frequenz der Gruppen 4, 11 und besonders 19 aufweist, hingegen geringere Frequenz der Gruppen 13, 16 und 18. Trotz der Tatsache, dass Klasse II für Gruppe 18 bedeutende innere Dif-
Analyse nach Zielińskis ,Achtsilbenmethode‘ | 55
ferenz zeigt (14.3 Prozenteinheiten zwischen den Reden 2 und 10, was mehr ist als die totale Frequenz der Dekl. 3), ist die Frequenz in Klasse I durchgehend geringer. Wie wir bald sehen werden, ist die Differenz im Allgemeinen zwischen den beiden Klassen so gut wie sicher chronologisch bedingt. Betrachten wir so jede Klasse für sich. Wie S. 48 erwähnt wurde, teilte Golz Klasse I (die er „Gruppe 4“ nannte) in drei Untergruppen ein, nämlich a) 3, 6, 9; b) 12; c) 13. Man sieht aber, dass Dekl. 3 wesentlich höhere Frequenz der Gruppe 10, aber geringere Frequenz der Gruppe 18 hat als 6 und 9. Wer die Zahlen näher prüft, wird sehen, dass 6 und 9 einander nahestehen und auch von 13 kaum zu scheiden sind. Diesen drei Reden steht dann 12, wie es scheint, am nächsten, während sich 3 anscheinend etwas davon entfernt. Aufgrund dieser Vorüberlegungen wäre man wohl zunächst geneigt, 6, 9 und 13 als eine Gruppe zu beurteilen, 3 und 12 als alleinstehend zu betrachten. Wenn wir uns der Klasse II zuwenden, fallen wohl die verhältnismäßig großen Differenzen innerhalb der Gruppen 3, 7, 13, 15 und 18 besonders in die Augen. Die Gruppen 7, 15 und 18 sind mit den 3 Haupttypen Kl. 4, 3 und 1 identisch; der vierte Haupttypus, Kl. 2 (= Gruppe 9), bietet nur ganz unbedeutende Variation und hält sich überall in der Nähe von 10 %. Die Gruppen 3 und 13 sind – wenigstens zum Teil (vgl. S. 54) – aufgelöste Formen der Kl. 1, und für unseren Zweck sind Kl. 1, 12 und 13 tatsächlich die wichtigsten Formen; wie aber S. 54 gezeigt wurde, lohnt sich eine genaue Analyse des Tatbestandes nicht, wenn nicht auch Zäsuren berücksichtigt werden können; jetzt werden wir stattdessen versuchen, mit Hilfe der Tab. 2 die Deklamationen in einen größeren Zusammenhang zu setzen. Wie oben angedeutet wurde, scheint der Unterschied zwischen Klasse I und II chronologisch bedingt zu sein. Während der Kaiserzeit findet ja bekanntlich eine allmähliche Verarmung des früheren Formenreichtums der metrischen Klauseln statt: „La richesse en formes metriques de la prose cicéronienne, sa variété et sa libérté sont remplacées par un système fixe, caractérisé par la pauvreté en formes, la monotonie, et le manque de liberté… Les types métriques principaux, dominant déjà chez Cicéron, obtiennent ainsi une prépondérance de plus en plus grande, tandis que d’autres s’emploient de moins en moins, et finissent par disparaître presque entièrement“ (Hagendahl 1937, 22). Diese Entwicklung wird von Hagendahl (S. 19) mittels einer Tabelle illustriert, die den Prozentanteil der drei Hauptklauseln (= die Gruppen 9, 15 und 18 in Tab. 2) bei einigen Verfassern von Cicero bis Cassiodor wiedergibt. Meiner Ansicht nach kann man in einer derartigen Tabelle auch die Gruppen 3, 7, 13 und 16 einbeziehen, denn die Gruppen 3, 7, 9, 13, 15, 16, 18 umfassen 80‒90 % oder mehr von allen Klauseln bei vielen Verfassern der späteren Kaiserzeit.
56 | Der Satzrhythmus In Tab. 3 A (S. 98) findet man den Prozentanteil dieser 7 Gruppen in den Deklamationen, und Tab. 3 B bietet zum Vergleich eine ähnliche Zusammenstellung für einige Texte von Cicero bis Cyprian.10 Tab. 3 A zeigt einen deutlichen Unterschied zwischen Klasse I und II, da die Frequenz von den 7 ausgewählten Gruppen in Klasse II wesentlich höher ist (durchschnittlicher Prozentanteil für Klasse I 64.1 %, für Klasse II 82.1 %, wobei freilich erwähnt werden soll, dass die niedrige Zahl der Dekl. 12 zum Teil auf schlechte Rhythmisierung beruht). Klasse II repräsentiert im Verhältnis zu den anderen 5 Reden eine spätere, mehr vereinfachte und etwas monotone Entwicklungsstufe des Satzrhythmus, eine Tatsache, die übrigens noch deutlicher hervortreten wird, wenn wir die Zäsurverhältnisse untersuchen. Aus Tab. 3 A‒B erhellt, dass Klasse I sich im Allgemeinen nicht wesentlich von der Prosa der früheren Kaiserzeit oder gar von Cicero selbst unterscheidet, während die anderen Deklamationen sich deutlich den späteren Verfassern nähern. Bemerkenswert scheint mir immerhin zu sein, dass Klasse I und gewisse Reden der Klasse II im Vergleich mit den Verfassern der Tab. 3 B eine verhältnismäßig hohe Frequenz der Gruppe 7 aufweisen; nur Celsus bietet etwas Ähnliches. Man hat kaum Anlass anzunehmen, dass dies für das Deklamationsgenre typisch ist, denn Calpurnius Flaccus hat für Gruppe 7 nur die Prozentzahl 4.6. Wir werden später einem ähnlichen Problem begegnen, wenn wir dem Einfluss des Wortakzentes auf die Klauseln nachgehen (S. 73ff.): Es wird sich dann zeigen, dass der Fall mit 4 nicht akzentuierten Silben zwischen den zwei letzten akzentuierten Silben (Typus oculis voluptatem, also = cursus velox) durchgehend deutlich weniger frequent ist als bei den dort verglichenen anderen Verfassern. Diese Phänomene kann ich nicht erklären. Von einem präzisen Datierungsversuch der Deklamationen kann zwar auf dieser Stufe unserer Untersuchung nicht die Rede sein, jedoch bekommt man angesichts der Tabb. 3 A und B den Eindruck, dass Klasse I vielleicht etwa am Ende des ersten nachchristlichen Jahrhunderts entstanden ist, Klasse II, wenigstens zum allergrößten Teil, beträchtlich später anzusetzen ist. Schon an dieser Stelle möchte ich deswegen Golz’ Datierung (1913, 68‒72) vergleichen; er nimmt folgende chronologische Reihenfolge an: Dekl. 1 etwa um 30‒40 n. Chr.; 10 etwas später; 7, 2 und 16 etwa 100‒110; die übrigen Reden der Klasse II seien etwas später als die vorhergehenden. Was Klasse I betreffe, sei eine Entschei-
|| 10 Die meisten Angaben in Tab. 3 B habe ich aus De Groot 1921, 107‒111 entlehnt, wobei freilich hervorgehoben werden muss, dass De Groots statistische Grundlage (in einigen Fällen nur 100 untersuchte Klauseln) eigentlich kaum genügt, um sichere Schlüsse zu erlauben. Meine Angaben über Arnob, Lact., Symm., Hier. stammen aus Hagendahl 1937, 19 und 257ff.
Analyse der Klauseltypen nach Zäsuren | 57
dung kaum möglich, „wenn man nicht… schließen will, dass diese Deklamationen verhältnismäßig spät, vielleicht nach der Mitte des zweiten Jahrhunderts anzusetzen sind“ (S. 72). Unsere – bis jetzt freilich höchst vorläufigen – Resultate deuten m. M. n. darauf hin, dass die letzte Vermutung Golz’ die Tatsachen auf den Kopf stellt; näher gehen wir darauf erst später ein.
5 Analyse der Klauseltypen nach Zäsuren Ich verwende durchgehend das Bezeichnungssystem Zielińskis (mit einer Änderung bezüglich Kl. 3; Näheres dazu suo loco). Kl. 1 ist also – ⏑ – – ⏓, 11 ist ⏑͡ˊ⏑⏑ – – ⏓, 12 ist – ⏑ ⏑͡ˊ⏑ – ⏓ usw. Die Zäsuren werden mit α (keine Zäsur), β (Zäsur nach der ersten Silbe), γ (Zäsur nach der zweiten Silbe) usw. bezeichnet. Ich nehme keine wirkliche Zäsur an zwischen Präposition und regiertem Wort, zwischen Negation und negiertem Wort oder zwischen postpositiver Form von esse und vorhergehendem Wort; solche Fälle werden mit (β), (γ) usw. als „Pseudozäsuren“ bezeichnet. Ferner einige Worte über die zu dieser Analyse gehörenden Tabellen. Eine Tabelle wie 4 A (S. 99), der wir uns zunächst zuwenden werden, enthält ja eigentlich viele ganz kleine Fehler, die durch Abkürzung von Dezimalstellen hervorgerufen sind. Da sie innerhalb der Tabelle niemals größer sein können als 0.05 %, kann man dort ruhig davon absehen; wenn man aber eine Reihe solcher kleinen Fehler addiert, um eine Gesamtsumme der betreffenden Klauselform anzugeben, gelangt man natürlich zu Zahlen, die fehlerhafter sind. Um diesem Problem zu entgehen, habe ich bei längeren Aufstellungen wie Tab. 4 A nicht d i e A n g a b e n d e r T a b e l l e zusammengerechnet, sondern d i e a b s o l u t e F r e q u e n z , und dann habe ich „(insgesamt)“ geschrieben (indem die Klammer angibt, dass die Gesamtzahl nicht der Summe der Tabellenangaben völlig gleichkommt, sondern korrekter ist). Bei kürzeren Aufstellungen, wie z. B. Tab. 4 C (S. 101), habe ich von dieser Komplikation abgesehen und „insgesamt“ (ohne Klammern) geschrieben. Dabei sind folglich die Angaben mit denjenigen der Tab. 2 nicht ganz identisch.
5.1 Klausel 1 Die Verteilung der Grundform auf verschiedene Zäsuren erhellt aus Tab. 4 A (S. 99); in Tab. 4 B (S. 100) sind die Zahlen zu Prozentangaben für Kl. 1 allein umgerechnet. (Dabei darf freilich nicht vergessen werden, dass eine solche Umrechnung vorhandene Differenzen zwischen den Reden erheblich vergrö-
58 | Der Satzrhythmus ßert.) Die absolute Frequenz von der Grundform variiert zwischen nur 22 Fällen in Dekl. 3 bis 100 in Dekl. 5; weniger als 50 Fälle findet man in den Dekll. 3, 6, 9, 11, 13, 14, 16. Die γ-Zäsur überwiegt in den meisten Reden, doch weniger innerhalb Klasse I und in Dekll. 1 und 10. In 12 und 13 ist die δ-Zäsur ebenso frequent. Wenn eine oder beide der Zäsuren γ und δ vorliegen, fallen Iktus und Akzent immer zusammen (mit Ausnahme des seltenen Falles (β) δ, z. B. non potest credi), und man fragt sich deshalb, ob nicht die großen zu konstatierenden Differenzen in Tab. 4 B mit steigender Rücksicht auf den Akzent zusammenhängen, d. h. chronologisch bedingt sind. Mit Ausnahme von Dekl. 13 haben alle Reden der Klasse I geringere Frequenz von γ, δ, γδ als die meisten Deklamationen der Klasse II. Innerhalb der Klasse II unterscheidet sich 1 von allen anderen Reden, danach folgen 10 und 16 (wobei freilich die geringe absolute Frequenz der Klauseln in 16 einen Unsicherheitsmoment darstellt). Jetzt können wir also zum ersten Mal sehen, dass 1 in der Tat der Klasse I recht nahe steht (und dass Golz’ S. 56f. erwähnter Datierungsversuch dieser Rede wenigstens prinzipiell etwas für sich hat). Mit der ,Achtsilbenmethode‘ war es kaum möglich, dies festzustellen. „Ein Kennzeichen der späteren Klauseltechnik ist es, dass die γ-Zäsur in der Klausel 1 der δ-Zäsur vorgezogen wird“, konstatiert Redfors (1960, 112) und fährt fort: „Das Verhältnis zwischen den zwei Formen (die γδ-Fälle nicht einberechnet) ist in PMu [= die pseudoapuleischen (?) Schriften De Platone und De mundo] (wie bei Tertullian) 2 : 1, bei Minucius Felix und Cyprian 5 : 1, Arnob 5 : 1, Firmicus 10 : 1, Ruricius etwa 45 : 1 (s. Hagendahl [1937,] 40). Bei den Panegyrici ist das Verhältnis durchschnittlich 6 : 1, variiert aber zwischen 3 : 1 und 30 : 1 (Zieliński [1907,] 434)“. Folgendes Diagramm zeigt, wie die Deklamationen sich in dieser Hinsicht verhalten:
13 12 1 1:1
10 6 3
17 11 4 2
9 1:5
18 16
19 1:10
8 7 5
14
15 1:15
1:20
Man kann hier recht große Differenz zwischen Klasse I + 1 und 10 einerseits und Reden wie das Paar 14‒15 andererseits beobachten. Ob man auf die Differenzen zwischen 1 : 6 und 1 : 11 besonders großes Gewicht legen kann, ist zwar fraglich, aber in der Hauptsache spiegelt sich wohl hier ein chronologisches Verhältnis ab: Klasse I und die Dekll. 1 und 10 sind wahrscheinlich älter als die Mehrzahl der Reden. Mit voller Evidenz kann dies gewiss erst dann gezeigt werden, wenn auch andere Indizien hinzukommen.
Analyse der Klauseltypen nach Zäsuren | 59
Es bleibt übrig, eine andere, mit Rücksicht auf den Akzent verbundene Erscheinung kurz zu streifen. Wie schon längst festgestellt worden ist,11 pflegen gewisse spätere Autoren, bei denen der Wortakzent eine große Rolle spielt, oft – bisweilen sogar immer – der Klausel 1 β ein Proparoxyton voranzustellen, so dass die Klausel in der Tat dem cursus velox entspricht. Mit den verhältnismäßig spärlich vorkommenden Fällen dieser Klausel in den Deklamationen verhält es sich so: Ein Proparoxyton geht der Klausel 35mal voran, d. h. bei 31.3 % der 112 vermerkten Fälle.12 In keiner Rede übersteigt die Anzahl derartiger Fälle die Hälfte sämtlicher Klauseln 1 β – und sie kommen überall allzu selten vor, um etwaige sichere Differenzen zwischen den Reden zeigen zu können. Gehen wir dann zu den aufgelösten Formen der Kl. 1 über, Tabb. 4 C‒E (S. 101‒103).13 Wie man wohl erwartet, ist die γ-Zäsur, gelegentlich zusammen mit einer Nebenzäsur, vorherrschend. Die Form 11 ist in Klasse I und Dekl. 10 unbeliebt; 10 unterscheidet sich hier deutlich von allen anderen Reden der Klasse. Am nächsten folgt Dekl. 1, die, wie wir schon gesehen haben, mit der Mehrzahl der Klasse nicht viel gemeinsam hat. Bezüglich Kl. 12 kann konstatiert werden, dass Klasse I und 16 geringe Frequenz bieten. Die Tendenz zur γ-Zäsur im Falle 13 ist stark in Dekl. 3 und gewissermaßen auch in 13, ferner in den allermeisten Reden der Klasse II, doch nicht in 1 und 10. 7, 16 und 10 haben besonders geringe Frequenz, sogar geringer als Klasse I, während 14, 15, 18 hohe Frequenz aufweisen. Die sehr wenigen Fälle von Kl. 1 mit mehreren Auflösungen sind hauptsächlich der Vollständigkeit wegen verzeichnet worden, denn damit ist nicht viel anzufangen; möglicherweise ist die verhältnismäßig hohe Frequenz in Dekl. 8 bemerkenswert, weil – wie allmählich konstatiert werden wird – diese Rede vielleicht isoliert ist. Die Zäsuren der sog. Schwerformen der Kl. 1 (–́ – –(ˋ) –́ ⏓, mit gelegentlichen Auflösungen) tabellarisch wiederzugeben lohnt sich nicht wegen der – besonders in Klasse II – winzigen Anzahl dieser Formen. Übrigens liegt es in der Na-
|| 11 De Jonge 1905, 60f. und 69; Hagendahl 1937, 29ff. 12 Dabei sind auch die folgenden Fälle mitgezählt: Dekl. 1, 12 [12, 21 H.] manus quod relinquebat; 5, 5 [89, 22 H.] aegrum si reliquisset; 7, 4 [140, 20 H.] perire quam potestatem; 10, 2 [200, 14 H.] minus si videbatur; 19, 14 [386, 26 H.] negaret quod fateretur. 13 Die Angaben bezüglich Kl. 11 sind nicht durchgehend mit denen der Gruppe 16 in Tab. 2 vergleichbar: Zu den ganz kleinen Differenzen, die aus Abkürzung von Dezimalstellen herrühren, kommt hinzu, dass ich nicht alle Kola der Gruppe 16 als Kl. 11 beurteile; so betrachte ich z. B. Dekl. 3, 7 [48, 10f. H.] milite tuo dignam als unregelmäßige Form der Kl. 1. In ähnlicher Weise zu erklärende Diskrepanzen können auch im Folgenden dann und wann vorkommen, wenn man Tab. 2 vergleicht, was hier ein für allemal erwähnt sei.
60 | Der Satzrhythmus tur der Sache, dass die γ-Zäsur vorherrschend ist, weil man nur mit Hilfe des Akzentes solche Formen identifizieren kann. Die Prozentanteile sind wie folgt: KLASSE I 3 6 8.4 3.6
9 3.6
12 6.7
13 3.3
Die Reden 6, 9 und 13 kommen einander hierin besonders nahe. In Klasse ΙΙ fehlen diese Formen ganz in den Reden 2, 5, 16, 19; die Frequenz in den übrigen ist folgende: 1 2.0
4 0.8
7 1.1
8 0.6
10 1.2
11 0.7
14 0.7
15 0.5
17 0.8
18 0.4
Nur innerhalb Klasse I (besonders 3 und 12) und in Dekl. 1 spielen diese Klauseln überhaupt eine Rolle (danach folgen, wie nicht selten, 7 und 10, aber auf so kleine Differenzen wie hier kann kein Gewicht gelegt werden). Da es ohne Zweifel recht problematisch ist, Schwerformen typologisch zu bestimmen, gebe ich hier sämtliche Fälle an. Gleichzeitig kann sich der Leser davon überzeugen, dass wir es in den Deklamationen nicht mit derartigen Klauseln zu tun haben, die Axelson bei Apuleius nachgewiesen hat.14 Beginnen wir mit den nicht aufgelösten Formen: KLASSE I Dekl. 3: tantum spectasti [46, 21 H.]; casus fecisset [48, 20f. H.]; sero coepisses [51, 20f. H.]; inpudicos non esse [53, 18 H.]. Dekl. 6: malum quod sic fletur [127, 6 H.]; amavit quam vellem [133, 7f. H.]. Dekl. 9: sero pervenit [179, 21 H.]; praestes affectum [183, 3 H.]; tamquam decepti [186, 17 H.]; cadaver calcasses [192, 25 H.]; moriendo fecisti [195, 20 H.]; expectas ut dicam [196, 2f. H.]. Dekl. 12: iram vicisti [232, 19 H.]; circumscripsisti [253, 8 H.]; irasci non possum [233, 9 H.]; civitatem vidisti [238, 9 H.]; ventos exoptas [238, 18 H.]; praeter nos fecit [239, 8 H.]; signari non posse [243, 21 H.]; commeatu tardasses [249, 16f. H.]; quisquam cognovit [250, 17 H.]; civitati vendemus [254, 6 H.]; causae consistat [258, 24 H.]; tempus trivisti [259, 7 H.]; umbrae nostrorum [264, 5 H.]; destitutae spes torquent [250, 15 H.]; alienam rem vendunt [260, 14 H.]. Dekl. 13: portā prorumpunt [276, 17 H.]. || 14 Axelson 1952.
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KLASSE II Dekl. 1: percussor securus [5, 12 H.]; novercam percussit [11, 9 H.]. Dekl. 7: nostros oderunt [139, 2 H.]; verum dicenti [144, 19 H.]. Dekl. 8: medicinae concessit [153, 6 H.]; intueri par illud [172, 22 H.]. Dekl. 10: umbram fecisti [215, 4 H.]. Dekl. 14: hilariorem dimissum [292, 1 H.]. Und jetzt die verschiedenen aufgelösten Formen: ⏑͡ˊ⏑ – – – ⏓ KLASSE I Dekl. 6: etiam laudandus [123, 15 H.]; habuit parēre [126, 10f.]; officiis adfixae [128, 15 H.]. Dekl. 9: species offulsit [181, 8 H.]; sollicitus spectavi [183, 6f.]. Dekl. 12: cadaveribus vivemus [255, 15f.]. Dekl. 13: merito punisti [280, 7]. KLASSE II Dekl. 4: continuo deberem [66, 22 H.]. Dekl. 10: aliud quod speret [204, 16 H.]. Dekl. 17 dubio torquetur [332, 11 H:]; merito praedixi [343, 8 H.]. – – ⏑͡ˊ⏑ – ⏓ KLASSE I Dekl. 3: stuprum patiatur [50, 6 H.]; possit patiatur [51, 2f.]; mores retulerunt [55, 12 H.]; saltus speculandum [56, 22f. H.]. Dekl. 6: capti moriantur [111, 11f. H.]; sero sepelirem [111, 23 H.]; fili sepelisses [134, 4 H.]. Dekl. 12 legationi satis esset [248, 16 H.]. KLASSE II Dekl. 11 idem patiatur [223, 8 H.]. – – – ⏑͡ˊ⏑ ⏓ KLASSE I Dekl. 3: accusatores quid faciet [50, 7f. H.]; poenam praecipient [51, 10f. H.]; servis excipitur [57, 1 H.].
62 | Der Satzrhythmus Dekl. 6: sanari non poteras [130, 9 H.]. Dekl. 9: maledicendi materiam [187, 20f. H.]; civem perdideras [191, 1f. H.]. Dekl. 12: vindictae praestiteram [232, 22 H.]; hoc de tam miseris [237, 14 H.]; viventes non video [241, 10f. H.]; nostris invideo [247, 5 H.]; vires deficiunt [250, 2 H.]; rogaret non habuit [261, 8 H.]; omnis mors facilis [247, 21f. H.]. Dekl. 13: imitari non potuit [283, 14 H.]; vero quid quereris [278, 7 H.]; fetus sed faciunt [283, 20f.]. KLASSE II Dekl. 18: locutus sit populus [360, 25 H.]. ⏑͡ˊ⏑ – ⏑͡ˊ⏑ – ⏓ KLASSE I Dekl. 6: composuerant iacuisti [134, 14f. H.]. Dekl. 12: populis satis esset [260, 5 H.]. Dekl. 13: populos imitantur [284, 10 H.]. KLASSE II Dekl. 1: hominis peraguntur [9, 19f. H.]. Dekl. 4: subito moreretur [65, 23 H.]. Dekl. 15: consilii rationem [316, 13 H.]. ⏑͡ˊ⏑ – – ⏑͡ˊ⏑ ⏓ KLASSE I Dekl. 3: aliud quam renuet [50, 1f. H.]. Dekl. 7: positum perdiderit [272, 22 H.]. Dekl. 12: populum non habeo [233, 24 H.]; rediit quo voluit [237, 16 H.]; timui ne raperet [254, 10f. H.]. KLASSE II Dekl. 1: merito perdiderit [7, 3f. H.]; oculis difficile [11, 24 H.]. Dekl. 10: eripitur quo minus est [210, 10f. H.]. Als unregelmäßige Schwerform habe ich Dekl. 12 utitur se teste [254, 16 H.] beurteilt, weil se dort sehr betont ist (die betreffende Person hätte andere testes als sich selbst dem Gericht präsentieren sollen).
Analyse der Klauseltypen nach Zäsuren | 63
Ich bin mir wohl bewusst, dass andere Forscher vielleicht gewisse der jetzt vorgebrachten Klauseln anders beurteilen möchten; so finden wir merito, subito, continuo, sero, moriendo in Klauseln, die, wenn man überall -ŏ annähme, ‚bessere‘ Formen der Kl. 1 bilden würden. Wer aber z. B. Dekl. 1 merito perdiderit [7, 3f. H.] als ⏑͡ˊ⏑ ⏑ – ⏑͡ˊ⏑ ⏓ (Kl. 113) auffassen will, muss die Tatsache bedenken, dass diese Form in Dekl. 1 sonst fehlt (während hingegen die Parallele oculis difficile [11, 24 H.] vorhanden ist!). Und wer in Dekl. 17 meritŏ praedixi [343, 8 H.] (Kl. 11) misst, sollte wohl auch dubiŏ torquetur [332, 11 H.] messen und tatsächlich annehmen, dass jedes beliebige -o anceps sei. Gehen wir dann zu denjenigen Klauseln über, die ich als unregelmäßige Formen der Kl. 1 betrachte. Sie spielen für unseren Zweck eine sehr bescheidene Rolle. Die Frequenz ist wie folgt: KLASSE I. In 6, 9, 13 keine Fälle. 3: 1.8 %. 12: 1.7 %. KLASSE II. Keine Fälle in 2, 7, 8, 14; im Übrigen: 1 0.4
4 0.4
5 0.6
10 1.6
11 1.3
15 2.0
16 1.5
17 0.4
18 1.2
19 0.8
Ich verzeichne hier sämtliche Fälle: KLASSE I Dekl. 3: milite tuo dignam [48, 10f. H.]; vivitur ad Oceanum [57, 6 H.]; dolor meus erumpat [49, 20 H.]. Dekl. 12: anhelitus os tendit [249, 22 H.]; subsellia non inplet [233, 15f. H.]; possum satis irasci [259, 21 H.]; arguitur laesa [245, 2 H.]; deformissima malorum [247, 24 H.] (zu dieser Form vgl. unten); necessaria supervacuis [258, 17 H.]; pessima diu patimur [260, 2f. H.]. KLASSE II Dekl. 1: irascatur an uxori [17, 18 H.]. Dekl. 4: quaesivimus in bello [65, 3 H.]. Dekl. 5: diutius amavi [92, 14 H.]; carceris exciperet [109, 11f. H.]. Dekl. 10: sidera tenent cursus [206, 13f. H.]; aëre videbatur [213, 15f. H.]; singula referre [205, 2 H.]; exoraris ut includas [218, 18 H.]. Dekl. 11: gaudia reducunt [230, 12 H.]; solacia propinqui [230, 14f. H.]. Dekl. 15: noluit amari [304, 9f. H.]; debeat amari [304, 20 H.]; desinat amari [307, 19 H.]; inopiă castiget [312, 4 H.]. Dekl. 16: obligaverit amicus [323, 8f. H.]; pondere catenae [328, 7f. H.].
64 | Der Satzrhythmus Dekl. 17: lassitudine miserorum [346, 6f. H.]. Dekl. 18: creditur ancillae [360, 7 H.]; patientiă sufficeret [367, 10 H.]; sollicitudine pudicae [363, 13 H.]. Dekl. 19: dicere videbatur [377, 19f. H.]; relinquere suis causis [377, 13 H.]. In der Tat handelt es sich um drei Hauptformen: 1. – ⏑ ⏑ | ⏑ – ⏓ findet sich in 5, 10, 11, 12, 15, 16, 18. Ich betrachte dies nicht als regelmäßige Form der Kl. 12, weil ésse vìdeátur doch etwas Anderes ist als z. B. débeàt amári. ˊ⏓ ⌢ 2. – ⏑ ⏑ ⏓⌢ ⏓ˊ⏓ ⏓ (= Kl. 1 mit einem überschüssigen Breve) findet sich in 1, 3, 4, 5, 10, 12, 15, 17, 18. Durch Annahme von Synizese könnte man hier und da regelmäßige Formen erkennen, z. B. Dekl. 12 subsellia non implet [233, 15f. H.]; aber mit welchem Recht würde man gerade diese Klausel ‚normalisieren‘, hingegen anhelitus os tendit [249, 22 H.] beibehalten? ˊ⏓ ⏓ (= die vorhergehende Klausel mit noch einem Breve) findet sich 3. – ⏑ ⏑ ⏑ – ⏓⌢ in 3, 10, 12, 19. Vielleicht wäre es besser gewesen, diese Handvoll Klauseln als unmetrisch zu betrachten; jedenfalls spielen sie für unsere Untersuchung keine Rolle. Schließlich werden wir schematisch zeigen, wie innerhalb der Fälle von Kl. 1 Grundform, aufgelöste Formen und Schwerformen sich zueinander verhalten (die unregelmäßigen Formen lassen wir beiseite). KLASSE I Grundform Auflösungen Schwerform
3 4 2 3
6 6 3 1
9 6 3 1
12 5 2 2
13 6 3 1
Die Reden 6, 9, 13 stehen einander ganz nahe, während 3 und 12 abweichen. Was Klasse II betrifft, scheiden die sehr wenigen Fälle von Schwerformen aus. Hinsichtlich des Verhältnisses der Grundform zu den aufgelösten Formen verteilt sich die Klasse auf 3 Gruppen: 1) 7 : 3(2) ‒ 7, 10, 16. 2) 6 : 4 ‒ 1, 4, 5, 11, 17, 19. 3) 5 : 5 ‒ 2, 14, 15. Die Reden 8 und 18 nehmen eine Zwischenstufe zwischen den beiden letzten Gruppen ein.
Analyse der Klauseltypen nach Zäsuren | 65
5.2 Klausel 2 Wenden wir uns zuerst der Grundform, Tab. 5 A (S. 104) zu. Die γ- und δZäsuren sind von besonderem Interesse, weil Iktus und Akzent dabei immer übereinstimmen, und folglich die Frequenz dieser Fälle uns einen Leitfaden zur Chronologie der Reden geben kann. Wie Hagendahl (1937, 32) gezeigt hat, sind diese beiden Zäsuren (mit gelegentlichen Nebenzäsuren) in der späteren Prosa vorherrschend, aber man findet auch ein immer mehr zunehmendes Übergewicht für die γ-Zäsur. Die folgenden Prozentangaben für 6 verschiedene Texte sind aus Hagendahl 1937 entlehnt, der seinerseits zum Teil Zielińskis Angaben (1907, 453) benutzt hat:
2γ 2δ Insges.
Cicero Cyprian 43.3 68.7 33.3 29.1 76.7 97.8
Arnobius Panegyrici 68.1 78.7 26.4 19.2 94.5 97.9
Hieron. 79.7 9.4 89.2
Cassiodor 96.6 – 96.6
Damit vergleichen wir jetzt die Deklamationen und beginnen mit Klasse I und den Reden 1 und 10, weil diese besser mit Klasse I als mit II übereinstimmen:15
2γ 2δ Insges.
1 50.0 39.2 89.2
10 39.8 52.4 92.2
3 47.8 26.1 73.9
6 57.5 26.5 84.0
9 48.4 30.3 78.7
12 35.2 40.8 76.0
13 60.0 29.5 89.5
Dann die übrigen Reden der Klasse II:
2γ 2δ Insges.
2 100 – 100
4 5 7 8 100 94.9 94.7 97.6 – – 5.3 – 100 94.0 100 97.6
11 14 15 16 17 18 19 100 93.3 95.6 80.6 96.2 96.4 86.2 – – – 9.7 – – 4.8 100 93.3 95.6 90.3 96.2 96.4 91.0
Der Unterschied zwischen Klasse I + den Dekll. 1 und 10 einerseits und den übrigen Reden ist unzweideutig: In der letzteren Gruppe ist die γ-Zäsur so gut wie alleinherrschend, und hier haben wir ein neues Indiz dafür, dass diese Reden später als Klasse I und 1 und 10 anzusetzen sind. Innerhalb der ersten
|| 15 Wie Hagendahl 1937, 32 zähle ich Fälle von Doppelzäsur mit; γδ wird als γ gezählt.
66 | Der Satzrhythmus Gruppe weichen 10 und 12 darin ab, dass die δ-Zäsur überwiegt; übrige Differenzen sind wegen der geringen absoluten Frequenz dieser Klauselform kaum stichhaltig. Innerhalb der anderen Gruppe weicht 16 etwas ab, wie nicht selten; auf die übrigen kleinen Differenzen ist kein Gewicht zu legen. Golz’ (1913, 3) erwähnte Annahme, dass 2 und 16 zusammengehören, findet hier keine Stütze, wie auch nicht in Tab. 5 B (S. 105), wo die Differenz zwischen diesen beiden Reden wohl das für unseren Zweck Einzige ist, was von irgendeiner Bedeutung sein kann. (Gleichwohl bemerkt man auch die recht hohe Frequenz in 8 und 7.) Die Frequenz der Schwerformen ist in Tab. 5 C (S. 106) verzeichnet. Die Zäsuren gebe ich nur für den Typus Molossus + Kretikus an; für die sehr wenigen Beispiele von Auflösung(en) lohnt sich die Mühe nicht. Besonders viel ist aus der Tabelle jedenfalls nicht zu erkennen, denn das Bild unterscheidet sich nicht von dem, was wir schon mehrmals gesehen haben: Klasse I und Dekl. 1 haben etwas höhere Frequenz als die anderen Reden, und mit den Zäsuren kann man ˊ⏓ ⏓ – – ⏓ habe ich nur folgende Beispiele hier nichts anfangen. Vom Typus ⏕ ⏓⌢ gefunden: KLASSE I Dekl. 6: voluntatis fide standum sit [123, 4f. H.]. Dekl. 9: conatūs erectus sum [183, 9 H.]; potest an admissus sim [185, 16f. H.]. Dekl. 12: inquit appulsus sum [257, 6 H.]; mensam non ausus sum [241, 1f. H.]. KLASSE II Dekl. 2 : dixisse contentus sum [25, 3 H.]. Dekl. 4: lucis ingressus sum [69, 12f. H.]. Dekl. 5: in pretia vacuatus sum [95, 11f. H.]. Dekl. 17: consilio diductus sum [331, 12 H.]; exclusus abiectus sum [341, 15 H.]. Da es sich hier überall, außer bei einem einzigen Falle in Dekl. 6, um -us sum (sim) handelt, scheint es höchst wahrscheinlich, dass mit Golz -ŭs sum (sim) zu messen ist (vgl. S. 50). Dagegen bleibt es m. E. zweifelhaft, ob a l l e Fälle von -us sum (sim) so aufgefasst werden sollen (z. B. das S. 50 erwähnte quod solutus sum [111, 13 H.]); höchstens kann man den Fall als anceps bezeichnen. Einige wenige Fälle habe ich als unregelmäßige Formen der Kl. 2 beurteilt; sie verteilen sich folgendermaßen auf die Deklamationen: KLASSE I 3 6 0.6 1.5
9 1.5
12 1.1
13 –
Analyse der Klauseltypen nach Zäsuren | 67
KLASSE II Beispiele fehlen in 8, 10, 16, 17, 18, 19; im Übrigen sieht es so aus: 1 0.4
2 0.6
4 0.4
5 0.6
7 0.6
11 1.3
14 0.7
15 0.5
Die Fälle können in 4 Gruppen eingeordnet werden: 1. – ⏑ ⏑ – ⏑ ⏓: Dekl. 1 sanguinis in manu [12, 26 H.]. 6 sequentia tempora [134, 19 H.]; tempestate minacius [129, 8 H.]; insepulta cadavera [136, 3 H.]. 9 immortalibus hostiae [185, 11 H.]. 11 captasse quod accidit [226, 10 H.]; poena sed exitus [228, 13 H.]. 12 funesta necessitas [236, 5 H.]. ˊ⏓ ⏑ ⏑ ⏓⌢ ˊ⏓ – ⏑ ⏓: Dekl. 2 lumina candentia [41, 2f. H.]. 3 corrupisse futurum 2. ⏕ ⏓⌢ virum [52, 20 H.]. 4 mathematice mentitus es [84, 5f. H.]. 5 oscula paucos dies [103, 18 H.]. 6 ferret inanis manus [115, 2 H.]. 7 dicere vidi scio [144, 26 ‒ 145, 1 H.]. 9 vulnera gemitus cruor [180, 15 H.]; mendicare parentem meum [183, 2f. H.]; defensionis agam iudices [194, 4f. H.]. 12 moribunda seges palluit [235, 18f. H.]; congerere parati sumus [253, 15f. H.]; mortibus immunis est [248, 2f. H.]. 15 acrior erectior [306, 9 H.]. 3. – ⏑ ⏑ ⏑ – – ⏑ ⏓ (ob die drei entsprechenden Klauseln wirklich so viele Silben umfassen, ist freilich zweifelhaft, und ich möchte sie lieber als ⏑ – – ⏑ ⏓ auffassen): Dekl. 2 erraveris ut inquireres [33, 2 H.]. 5 filius alat lex malum [92, 10f. H.]. 12 dimittite domo noxium [232, 10f. H.]. 4. – ⏑ ⏑ | ⏑ – ⏑ ⏓ (wegen der Zäsur betrachte ich dies nicht als Kl. 22): Dekl. 14 desinit amator est [297, 17 H.] (möglicherweise désìnit und Kl. 41). Für unseren Zweck besagen diese spärlichen, auf mehrere Reden verteilten Beispiele so gut wie nichts.
5.3 Klausel 3 Als eigentliche Klausel betrachte ich nur den Ditrochäus, und deshalb habe ich Zielińskis Adnotationssystem in den Tabb. 6 B‒D (S. 108‒110) modifiziert: α heißt – ⏑ – ⏓, β heißt – | ⏑ – ⏓ ⏓ usw. Nichtsdestoweniger habe ich auch das dem Ditrochäus vorangehende metrische Element untersucht (Tab. 6 A, S. 107). Zwar konnten nicht alle in den Tabb. 6 B‒D berücksichtigten Klauseln auch dabei herangezogen werden, weil mitunter prosodische Komplikationen v o r dem Ditrochäus vorlagen. Die Zahl der untersuchten Fälle geht aus Tab. 6 A hervor, und sie ist leider für viele Reden bedenklich gering; doch dürften die
68 | Der Satzrhythmus Durchschnittsangaben, die auf 675 Klauseln gegründet sind, von gewissem Interesse sein. Wie Tab. 6 A zeigt, sind 3 Formen der ‚Basis‘ vorherrschend, nämlich der Kretikus/Molossus (mit gelegentlichen Auflösungen), der Spondäus und – wohl etwas unerwartet – der Trochäus; der Tritrochäus ist also in den Deklamationen nicht gemieden.16 Angesichts der Angaben in Tab. 6 A dünkt es mir überhaupt fraglich, ob die Verfasser sich um die ‚Basis‘ gekümmert haben; dass jedenfalls der reine Kretikus nicht gesucht ist, scheint sicher zu sein: De Groot 1921, 106 gibt als Mittelwert für – ⏑ – – ⏑ – ⏓ in nicht metrischen Texten 2.9 % an; in 12 Deklamationen findet man tatsächlich einen noch geringeren Anteil, zwischen 1 und 2.7 %. Nur in den folgenden Reden übersteigt der Anteil den Mittelwert nicht metrischer Texte: Dekl. 3 (3.0 %); 6 (3.2 %); 7 (4.0 %); 11 (3.3 %); 14 (3.5%); 15 (3.1 %); 16 (5.1 %). Man könnte denn höchstens in zwei Reden (7 und 16) eine gewisse (schwache) Vorliebe für den Kretikus als Basis annehmen; die übrigen Differenzen von De Groots Mittelwert sind ganz ohne Bedeutung. Der Mittelwert für sämtliche Deklamationen ist 2.4 %, womit man den Mittelwert des reinen Tritrochäus (4.2%) und des Spondäus (3.6 %) vergleichen kann. Gehen wir dann zur eigentlichen Kl. 3 über, deren Grundform in Tab. 6 B (S. 108) nach Zäsuren aufgestellt ist. Wenn man die α-, β- und γ-Zäsuren innerhalb der Klausel selbst berechnet, ergibt sich Folgendes: KLASSE I α β γ
3 52.9 41.2 5.9
6 36.6 55.7 7.7
9 38.0 46.4 15.7
12 50.7 39.0 10.3
13 41.7 36.5 21.9
Die α-Zäsur findet sich am häufigsten in 3 und 12, die β-Zäsur in 6 und 9. 13 scheint hier von 6 und 9 etwas abzuweichen. KLASSE II α β γ
1 2 4 5 7 8 10 11 14 15 16 51.9 47.0 52.8 42.7 31.1 50.0 33.9 74.0 47.7 54.9 54.4 40.0 45.8 27.5 32.6 42.0 11.4 38.8 18.6 38.3 27.4 41.7 8.1 7.2 19.7 24.7 23.0 38.6 27.3 7.3 14.1 17.7 3.9
17 18 34.1 54.0 42.9 24.1 22.9 21.9
19 45.9 39.8 14.3
|| 16 Ob die gewöhnliche Auffassung, dass der Tritrochäus als ‚schlechte‘ Klausel zu beurteilen sei, mit der Wahrheit übereinstimmt, scheint mir etwas unklar; vgl. z. B. Drexler 1967, 182 („legitime Klausel“).
Analyse der Klauseltypen nach Zäsuren | 69
In Dekl. 11 überwiegt die α-Zäsur stärker als in den anderen Reden, während es in 7 und 10 umgekehrt ist. Die β-Zäsur ist in 8 und 11 wenig frequent, ebenso die γ-Zäsur in 1, 2, 11, 16, wohingegen sie in 8 ziemlich frequent ist. Im Übrigen werden wir natürlich auf die recht interessanten Differenzen z. B. der totalen Frequenz der Klausel bei der zusammenfassenden Analyse zurückkommen. Die aufgelösten Formen der Kl. 3 (Tab. 6 C, S. 109) sind wegen ihrer geringen Frequenz wenig ergiebig. Was die Schwerformen (Tab. 6 D, S. 110) betrifft, möchte ich darauf aufmerksam machen, dass ich Formen mit Auflösung des irregulären Longums als Restklauseln des Dispondäustypus vermerkt habe. Ferner ist das einzige Beispiel in Dekl. 8 zweifelhaft.17 Wie gewöhnlich, wenn es sich um Schwerformen handelt, ist die Frequenz in Klasse I weit höher als in II; aufgelöste Fälle kommen überhaupt nur vereinzelt in Klasse II vor, und die Tabelle illustriert gut die erheblich größere metrische Freiheit der Klasse I. Was die totale Frequenz der Schwerformen betrifft, stehen 1 und 7 der Klasse I näher als die anderen Reden der Klasse II. Eine Aufzählung aller hierher gehörigen Klauseln hätte wohl keinen Zweck; ich gebe als Probe die Klauseln der Dekll. 1, 4 und 7 wieder: Dekl. 1: testamentum [3, 2 H.]; intellexit [5, 6 H.]; pervenisse [4, 19f. H.]; defecisti [10, 11 H.]; subvertetur [10, 18 H.]; inventus sic est [12, 10 H.]; potius dicam [13, 17 H.]; volueris scimus [15, 1f. H.]; testamenti [18, 8f. H.]. Dekl. 4: supra fatum pono [69, 16 H.]; cui credamus [73, 26 H.]; sum facturus [74, 3 H.]; qui mentitur [77, 16 H.]; faciet feci [79, 13 H.]; proclamare [84, 5 H.]. Dekl. 7: occīdisset [137, 11 H.]; mentiretur [143, 18 H.]; verum dicat [144, 6 H.]; accusari [146, 5 H.]; occīdisti [147, 14 H.]; occīdisset [149, 2 H.]; duos occīdit [150, 19 H.].
5.4 Klausel 4 Vgl. Tabb. 7 A‒B (S. 111f.). Wenn wir uns der Kl. 41 zuwenden, über die nicht viel zu sagen ist, sehen wir, dass Klasse I hier eine etwas höhere Frequenz aufweist als Klasse II, wo derartige Klauseln öfters ganz fehlen. Etwas mehr kann man aus den Zäsurverhältnissen der Grundform herauslesen; wenn man die Verteilung auf γ- und δ-Zäsuren näher untersucht, verhält sich Klasse I so (von α und γδ sehe ich ab; die Zahlen sind Prozent der Grundform):
|| 17 Vgl. S. 53, Anm. 9.
70 | Der Satzrhythmus
3
6
9
12
13
γ
35.7
17.9
10.6
24.3
11.5
δ
35.7
51.2
64.0
42.0
45.9
6, 9 und 13 liegen einander nahe, während die γ-Zäsur in 3 und 12 eine größere Rolle spielt. Was Klasse II betrifft, lohnt sich eine ähnliche Aufstellung nicht; es genügt zu konstatieren, dass die δ-Zäsur überall außer in Dekl. 16 vorherrschend ist. Da bei der δ-Zäsur die Klausel immer mit dem cursus planus übereinstimmt, mag Rücksicht auf den Akzent hierbei eine gewisse Rolle spielen. Von den Schwerformen der Kl. 4 ist nur der Typus – – – ⏑ ⏓ (ohne Auflösungen) häufig genug, um tabellarisch wiedergegeben zu werden (Tab. 7 B). Wie erwartet, ist die Frequenz höher in Klasse I als in den meisten Deklamationen der anderen Klasse, aber 10 und 16 kommen hierin der Klasse I gleich. Der Typus –(ˊ) – –́ – ⏓ (mit oder ohne Auflösungen) ist nur in 6, 12 und 16 belegt: 6 proiciendus sit [124, 22 H.]. 12 crudeles factae sunt [234, 5 H.]; gubernati flatus sunt [250, 12f. H.]; mobiles miserorum spes [250, 8f. H.]. 16 fieri passus sum [329, 6 H.]. Die Fälle von – – – ⏑ ⏓ mit Auflösung(en) verteilen sich folgendermaßen: KLASSE I 3 1.2 KLASSE II 1 2 0.8
0.3
6
9
12
13
2.4
1.2
2.3
2.0
4
5
7
8
10
11
14
15
16
17
18
19
2.8
0.6
1.2
0.6
1.6
2.7
2.1
2.5
0.7
1.2
0.4
0.8
Es bleibt nur übrig zu erwähnen, dass ich eine Anzahl (insgesamt 35 Fälle) von Klauseln des Typus – – – – ⏑ ⏓ wegen des Wortakzentes als = – – – ⏑ ⏓ (Schwerform der Kl. 4, nicht der Kl. 2) beurteilt habe (das erste Longum ist also nicht zur Klausel gehörig): z. B. Dekl. 1 defendendum non fuit [14, 7f. H.], was in Tab. 2 zwar der Gruppe 11 angehört aber unmöglich als Kl. 2 aufgefasst werden kann; oder Dekl. 4 quicquid dici non potest [68, 21 H.], wo quicquid sicher nicht zur Klausel gehört. Ehe wir die Restklauseln behandeln, möchte ich zusammenfassend zeigen, wie Grundformen, aufgelöste Formen und Schwerformen der vier jetzt erörterten Klauseln sich insgesamt verteilen (Tab. 8 A, S. 113 und Tab. 8 B = Diagramm, S. 114; von den unregelmäßigen Fällen sehe ich hier ab). Hierzu ist Tab. 3 A (S. 98) nur zum Teil vergleichbar. Klasse I weicht deutlich von den anderen
Analyse der Klauseltypen nach Zäsuren | 71
Reden ab, und innerhalb der Klasse stehen 6, 9, 13 einander nahe, während 3 und 12 Abweichungen aufzeigen. Der Klasse I steht Dekl. 1 am nächsten. 10 und 16 scheinen ganz isoliert zu sein. 8, 14, 15 unterscheiden sich von der Gruppe 2, 4, 5, 7, 11, 17, 18, 19, die, wenn man – wie hier – Zäsuren nicht berücksichtigt, recht homogen zu sein scheinen.
5.5 Restklauseln 5.5.1 Clausula heroa Einige Fälle von diesem Typus sind schon berücksichtigt worden, indem sie als aufgelöste Schwerformen der Kl. 1 beurteilt wurden (S. 61f.). Der Rest erklärt sich zum größten Teil als aufgelöste Dispondeen, namentlich die folgenden: KLASSE I Dekl. 6: filium sepeliri [121, 16 H.]; non potuisti [131, 11 H.]. 12 non timuisti [254, 18 H.]. Dekl. 13: fecerat miserandum [271, 1 H.]. KLASSE II Dekl. 1: ludibria sunt ineunda [19, 3f. H.]. Dekl. 5: nec misereri [93, 21f. H.]; filii misereri [100, 3 H.]; ut redimatur [103, 13 H.]; dum moreretur [107, 14 H.]. 10 decipiebar [211, 15 H.]; corporis meminisse [216, 16f. H.]. Dekl. 16: plus patiatur [330, 13 H.]. Es bleiben nur die folgenden 3 Klauseln übrig: Dekl. 1: hinc est paries palmatus et illinc [12, 20f. H.] (wo man möglicherweise palmatus, e〈s〉t illinc lesen sollte). Dekl. 2: caecus parasse venenum [30, 4 H.]. Dekl. 12: non debet opinor [234, 24 H.]. 5.5.2 Sonstige Restklauseln Als Dispondeen können die folgenden Klauseln erklärt werden: Dekl. 3: accepisti, Mari, beneficium [54, 25 H.]. Dekl. 6: vestrum beneficium [136, 8 H.]. Dekl. 9: crimine meo natus sum [190, 8f. H.] (wo die Paenultima doch vielleicht kurz sein kann, vgl. S. 66); victoriae beneficium [195, 12 H.].
72 | Der Satzrhythmus Dekl. 13: de me bene meritae [282, 15 H.]. Dekl. 14: velit adamari [295, 16 H.]. Was die 3 Fälle von beneficium betrifft, wollte Golz (1913, 47) die synkopierte Form benficium annehmen,18 was mir nicht überzeugend dünkt. Die übrigen Restklauseln gehören so gut wie sämtlich drei verschiedenen Gruppen an, die auf den ersten Blick als fehlerhaft gebildete regelmäßige Klauseln aussehen: 1. – ⏑ ⏑ | ⏑ ⏓; die Gruppe erinnert an Kl. 4: 1 pecuniă potest [19, 6 H.]. 2 in limine facit [38, 18f. H.]. 4 insaniă fuit [83, 1 H.]. 6 ad litora tuli [117, 20 H.]; praesentiă fuit [130, 16 H.]. 7 conscius ero [139, 26 H.]; suspicionibus agam [145, 1 H.]. 8 nomine volo [160, 2f. H.]. 13 formulă potest [274, 11 H.]. 17 reverentia dolor [348, 17 H.]. 2. – ⏑ | ⏑ ⏑ ⏑ ⏓ bzw. – ⏑ ⏑ | ⏑ ⏑ –; erinnert an Kl. 13: 2 infelicissime iuvenis [41, 17 H.]. 6 perdere cupiat [118, 10 H.]. 9 unde redimeret [179, 4 H.]. 12 arma reficiam [247, 12f. H.]. 16 subtrahit umeros [325, 8f. H.]; barbarus aliqui [330, 1 H.]. 3. ⏑ ⏑ ⏑ | ⏑ – ⏓; erinnert an Kl. 12 mit der ungewöhnlichen (und m. E. unregelmäßigen) δ-Zäsur: 9 contigerit egenti [198, 7 H.]. 12 residua cremamus [232, 26 H.]. 14 voluit amari [290, 8 H.]. 16 patitur amicus [330, 18 H.]. Abschließend sind 3 Restklauseln zu erwähnen: 4 evadere malle pati [71, 11 H.]. 5 sine sui caritate putat [95, 21f. H.]. 17 obstiterat ab odiis [344, 14 H.]. Für die Verfasserfrage dürften diese Fälle, deren absolute Frequenz hier angegeben wird, wenig bedeuten: KLASSE I 3 1
6 6
9 4
KLASSE II Keine Fälle in 11, 15, 18, 19. 1 Fall: 8. 2 Fälle: 4, 7, 10, 14, 17. 3 Fälle: 1, 2. 4 Fälle: 16. 5 Fälle: 5.
|| 18 Vgl. dazu Ritschl 1868, 716‒722.
12 4
13 3
Satzrhythmus und Wortakzent | 73
6 Satzrhythmus und Wortakzent Schon mehrmals habe ich hervorgehoben, dass der deutliche Unterschied zwischen Klasse I und II höchstwahrscheinlich chronologisch bedingt ist. Für die Chronologie ist es von größtem Gewicht zu untersuchen, inwieweit der Wortakzent auf die Gestaltung der metrischen Klauseln eingewirkt hat. Wir haben bei der Zäsurenanalyse einige derartige Beobachtungen gemacht, jetzt aber werden wir als Komplement eine Methode De Groots (1926, 58) anwenden. Man berechnet die Zahl der nicht akzentuierten Silben, die sich zwischen den beiden letzten akzentuierten Silben jeder Klausel befinden, und stellt das Resultat in der folgenden Weise dar (sämtliche Beispiele aus Dekl. 1): 0 1 2 3 4 5 6
–́ –́ … quid actum sit [5, 7 H.] –́ – –́ … viam quaeret [9, 15f. H.] –́ – – –́ … rogare blandiri [7, 4 H.] –́ – – – –́ … caecus videretur [2, 10 H.] –́ – – – – –́ … oculis voluptatem [3, 13 H.] –́ – – – – – –́ … omnium temeritatem [1, 11 H.] –́ – – – – – – –́ … fuerit ad hereditatem [18, 7f. H.]
Dabei müssen akzentlose Wörter näher definiert werden. Ich folge den Prinzipien De Groots (vgl. Knook 1932, 39) und betrachte als akzentlos folgende Wörter: relative Pronomina; persönliche Pronomina, die nicht besonders betont sind (z. B. bei Antithese, Anapher; ferner natürlich mécum u. ä.); Präpositionen; Konjunktionen (doch etiámsi); einsilbige, nicht besonders betonte Formen von esse; die Negationen (wenn nicht in betonter Stellung). Ferner muss hervorgehoben werden, dass der Materialumfang nicht ganz derselbe ist wie S. 57ff.; einerseits scheiden die (freilich sehr wenigen) Beispiele von tontragendem ausgehendem Monosyllabum aus, andererseits habe ich diejenigen in prosodischer Hinsicht komplizierten Klauseln mitgezählt, die ohne weiteres in eine Untersuchung wie diese aufgenommen werden konnten, z. B. Fälle von schwankender Länge des auslautenden Vokals. Auch Fälle von Elision konnten mitunter aufgenommen werden, nämlich solche, bei denen die Silbenanzahl zwischen den beiden betonten Silben dieselbe blieb, und zwar unabhängig davon, ob man mit Elision rechnete oder nicht. Die Zahl der Klauseln geht aus Tab. 9 A (S. 115) hervor; da die Frequenzzahlen für die Fälle 0, 5, 6 überall zu gering sind, um für unseren Zweck überhaupt etwas zu bedeuten, habe ich sie in Tabb. 9 A und B (S. 115) weggelassen. Aus Tab. 9 A erhellt, dass die Differenz hinsichtlich Fall 2 bedeutend – mehr als 20 Prozenteinheiten – ist.
74 | Der Satzrhythmus Geringe Frequenz von 2 (und 4 + 2) findet man in Klasse I (mit gewissem Vorbehalt für Dekl. 6) und in den Reden 1 und 16 der Klasse II; diesen steht dann Dekl. 2 am nächsten. Im Übrigen hält sich die Frequenz von 4 + 2 in der Nähe von 60‒65 %. Wie man längst konstatiert hat, wächst der Anteil von 4 + 2, je größer der Einfluss des Akzentes auf die Klauseln ist: ein Verhältnis, das in Tab. 9 B (die ich aus Hagendahl 1937, 25 entlehnt habe) illustriert wird. (Im Vergleich mit den Angaben in 9 B scheint mir übrigens die Frequenz von Fall 4 in den Deklamationen auffallend gering.) Das Resultat dieser Analyse ist, dass wir die Reden, wie es scheint, auf 3 Gruppen verteilen können, die einigermaßen das chronologische Verhältnis zwischen den Deklamationen widerspiegeln, nämlich: 1) Klasse I. 2) 16 und vielleicht 1. 3) Die übrigen Reden der Klasse II, doch mit gewisser Variation.
7 Prosodisch komplizierte Klauseln Wenn man in einer Untersuchung wie dieser, die ein verhältnismäßig großes Material umfasst, prosodisch komplizierte Klauseln überhaupt berücksichtigt, ist es unvermeidlich, dass man ihnen größeren Raum zuteilt, als sie es wegen ihrer ziemlich geringen Frequenz und der Unsicherheit, die oft mit ihnen verknüpft ist, eigentlich verdienen. Diese Tatsache beklage ich, kann ihr aber nicht abhelfen, zumal da ich mich dazu verpflichtet fühle, auf diesem unsicheren Gebiet dem Leser das ganze Material vorzulegen.
7.1 Synalöphe / Hiat 7.1.1 Binnensilben Keine Fälle finden sich in 3, 5, 7, 9, 11, 14, 15, 16; mehr als 3 Fälle bieten nur 1, 2 und 13. Das Material ist also gering. In der folgenden Aufstellung habe ich die Klauseln nach bestem Verstand so verteilt:19
|| 19 Wenn ich im Folgenden – zwar nicht durchgehend – die in prosodischer Hinsicht komplizierten Klauseln als 1, 2 usw. klassifiziere, geschieht dies nur, damit meine Stellungnahme bezüglich der betreffenden prosodischen Komplikation begründet wird; statistisch habe ich diese Klauseln als 1, 2 usw. nicht verwertet. Die Hauptsache ist also stets, ob. z. B. mit Hiat oder nicht gerechnet werden soll, nicht ob eine beliebige Klausel als z. B. Kl. 2 oder 4 Schwerform
Prosodisch komplizierte Klauseln | 75
Synalöphe 1. posse deprehendi (1) [7, 1f. H.]
2.
Hiat
Zweifelhaft
tu nihil sentis (1) [9, 19 H.]
minimum ultima nihil [12, 17 H.]
certe nihil senseras (2) [10, 3 H.]
ne quis deprehendat [14, 17 H.]
ipse deprehendatur (1) [10, 20 H.]
dicere nihil sensisse [9, 25 H.]
fieri sed deprehendi (3) [21, 24 H.] iam potest deprehendi (3) [23, 22 H.] ut posset deprehendi (3) [24, 8 H.] respondeat deprehensus (3) [24, 17f. H.] deceptis quam deprehensis (3) [32, 11f. H.] qui deprehensus est (4) [37, 17f. H.]
4.
scientiā deprehendi (3) [74, 23 H.]
malo quam reprehendere [83, 8 H.]
potuerunt nihil solvere (2) [257, 3f. H.]
nec deprehendit aliquis [240, 6 H.]
6. opem ferre non deesse (1) [126, 2 H.] 8. experimenta deprehenderint (2) [168, 5 H.] 10.marite nihil queror (4) [203, 20 H.] 12. esse comprehensum (1) [244, 1 H.] commeatus deprehendit (1 Schw.) [258, 15 H.] classe deprehenderis (2) [260, 7 H.] 13. fugisse nihil prodest (1) [271, 3 H.] 17.
ad nihilum rĕcidit [271, 14 H.] nisi ut deprehendar (3) [341, 20 H.]
volentem deprehendisti [350, 4 H.]
possis deprehensus [338, 25 H.] 18. 19. audire nihil potui (13) [386, 1 H.]
neglegens deprehendetur [360, 23 H.] cur nihil dixerit (2) [385, 1 H.]
iuvenis deprehensi [382, 4 H.]
Hierzu sind einige Bemerkungen nötig. Dekl. 1 posse deprehendi [7, 1f. H.]: Synalöphe (und Kl. 1), weil in dieser Rede – ⏑ – ⏑ – ⏓ niemals Zäsur nach dem ersten Trochäus vorliegt ultima nihil [12, 17 H.] gehört wahrscheinlich der oben S. 71f. erwähnten Gruppe 1 an (vgl. ebda. pecunia potest [19, 6 H.]). Dekl. 2: Die Seltenheit aller Schwerformen in dieser Rede scheint mir zu zeigen, dass in allen Fällen Hiat vorliegt; es handelt sich ja übrigens durchgehend um dasselbe Wort. Dekl. 8: – ⏑ | – – ⏑ ⏓ begegnet 32mal, – ⏑ – ⏑ ⏓ (ohne Zäsur) nur 2mal. In Dekll. 4 und 12 sind die Entscheidungen unsicher. Übrigens verweise ich, was diese und die im Folgenden zu behandelnden Klauseln betrifft, auf Tab. 10 (S. 116), wo sie alle zusammengestellt sind. 7.1.2 Synalöphe bei es(t ) Der Prozentanteil dieser Klauseln geht aus Tab. 10 hervor. Hiat kommt wahrscheinlich niemals vor, auch wenn es an einigen Stellen gewiss möglich ist, Hiat anzunehmen, z. B. Dekl. 6 vicero flendum est [135, 22 H.] (wohl doch eher Kl. 1) oder 16 et subinde dictum est [328, 23f. H.] (wohl doch Kl. 3). Da sich keine
|| beurteilt werden soll. Wenn mehr als eine Komplikation bei derselben Klausel vorliegt, wird die betreffende Klausel natürlich mehr als einmal berücksichtigt.
76 | Der Satzrhythmus Variation zwischen den 19 Reden beobachten lässt, wenn man diese Fälle durchgeht, gebe ich nur die totale Frequenz der Fälle in Tab. 10 an; das ganze Material vorzulegen und auf verschiedene Klauselformen zu verteilen hätte keinen Zweck, weil diese Klauseln jedenfalls nicht mit dem Hauptmaterial zusammengezählt sind. Aus Tab. 10 geht hervor, dass Dekl. 6 in Klasse I und Dekl. 16 in Klasse II recht hohe Frequenz aufweisen; sonst ist mit diesen Klauseln nicht viel anzufangen. 7.1.3 Sonstige Fälle von Synalöphe / Hiat Da es oft eine sehr schwierige Aufgabe ist, zu entscheiden, ob Synalöphe oder Hiat vorliegt, habe ich das vorliegende Material in drei Abteilungen getrennt: Erst verzeichne ich die Fälle, an denen man m. E. sicher mit Synalöphe rechnen sollte; dann folgen die Fälle, wo ich meine, mit gewisser Sicherheit Hiat annehmen zu können; schließlich folgen die Zweifelsfälle. Ich habe prinzipiell versucht, die f ü r j e d e D e k l a m a t i o n als die beste zu beurteilende Klausel anzunehmen; wer ‚das Prinzip der besten Klausel‘ missbilligt (das unleugbar nicht ganz sicher ist), stellt sich damit die gewiss nicht leichte Aufgabe, ein besseres Prinzip anzuwenden. Übrigens darf nicht vergessen werden, dass die relative Unsicherheit auf diesem Gebiet nur dann verhängnisvoll werden kann, wenn man von ihr bei der Auswertung der statistischen Ergebnisse leichtsinnig absieht. a) Synalöphe KLASSE I Dekl. 3: Kl. 1: arma an opponet [50, 8 H.]; absolvis tuum exemplum est [55, 15 H.]; mortis suae utaris [60, 8f. H.]; quam a pătre occidi [57, 23 H.]; mit Auflösungen: Italiam inundavit [45, 22f. H.]; si pudorem habeo [48, 1 H.]; undique auxilia [49, 17 H.]; Schwerform: cupiditatis formă aetas [47, 8f. H.]. Kl. 2: propinquum tuum occīdere [54, 26 H.]; Schwerform: libido in sexum suum [52, 18 H.]; tantum in Mario stetit [54, 11 H.]. Kl. 3: inquinare honesta [47, 5 H.]. Kl. 4: tantum quia expedit [43, 21 H.]. Dekl. 6: Kl. 1: filium efferre [111, 18 H.]; vicarium accepi [114, 1 H.]; litore arceret [117, 11 H.]; adversariae exprobro [122, 17 H.]; caecitatem tuam exisset [126, 25 H.]; metus sui exempla [129, 19 H.]; spiritum excepi [134, 9 H.]; mortem tuam inveni [134, 9f. H.]; mit Auflösung: filio ego iam rogo [126, 23H.] (Kl. 2 mit Synizese oder 22); posset aequo animo [131, 6 H.]. Kl. 2: otia impendere [133, 26f.
Prosodisch komplizierte Klauseln | 77
H.]. Schwerform: tutum in sicco iacet [113, 5f. H.]. Kl. 3: in diversum abimus [120, 13 H.]; peristi miser et male audis [134, 6f. H.]. Dekl. 9: Kl. 1: infelicem egō feci [175, 13f. H.]; nostrā male usus sum [177, 2 H.]; opibus domum exhaurit [185, 4 H.]; generi duo exempla [190, 3 H.]; clementiam optabam [191, 17f. H.]. Kl. 2: superesse cui ignosceret [176, 23f. H.]; necessaria humanitas [189, 22 H.]; Schwerform: pervenisti huc miser [181, 12 H.]. Kl. 3: haec miror de amico [179, 11f. H.]; mit Auflösung: egentem pauperem alui [198, 11 H.]. Dekl. 12: Kl. 1: commeatum habebamus [233, 21f. H.]; dūplo emebamus [235, 12 H.]; nostrum adussisset [236, 14 H.]; legatus diem expectat [237, 18 H.]; omnia expirant [250, 5 H.]; nondum erat tempus [259, 8f. H.]; corpora inluxit [261, 21f. H.]; mit Auflösungen: crimini invidia [242, 12 H.]; hinc fidem accipiant [261, 19 H.]; tantum aves laniant [263, 20 ‒ 264, 1 H.]; unregelmäßig: dicere nisi hoc unum [248, 13 H.]. Kl. 2: esurirem et irascerer [232, 16f. H.]; reliquimus qui ararent boves [237, 20f. H.]. Kl. 3: scrupulose agantur [243, 11 H.]; noxius crucem optat [244, 5 H.]; omnes excipe auras [248, 19 H.]; mit Auflösung: monstrum habuimus [241, 9 H.]; Schwerform: habita usurarum [253, 10f. H.]; publicae laesae accuso [243, 3 H.]. Kl. 4: legem meam effugis [244, 22 H.]; mit Auflösung: gravidum in os agunt [261, 12 H.]; Schwerform: quo exilio loquar [232, 10 H.]. Dekl. 13: Kl. 1: succurrite exemplo [276, 9 H.]; mit Auflösungen: animum et eventum [282, 2f. H.]; pro me opus facerent [268, 19 H.]; flosculo immoritur [271, 5 H.]; divitem inciderit [277, 3 H.]; pro duce oppetere [285, 8 H.]. Kl. 2 Schwerform: in privato omnia [277, 7 H.]. Kl. 3: aquis inmergere alvos [276, 5 H.]; mit Auflösung: voluero emendum est [276, 3 H.]. Kl. 4: castiganda inertia [285, 2 H.]; Schwerform: factum opus appareat [283, 9 H.]. KLASSE II Dekl. 1: Kl. 1: quem ducem elegit [7, 21f. H.]; potissimum incumbam [19, 16 H.]. Kl. 2: abdicares quasi expelleres [17, 13f. H.]. Kl. 3: sit res sine usu [4, 5f. H.]; pro parte ŭtrāque [13, 11 H.]; utrumque amare [14, 5 H.]; a limine obstat [17, 15 H.]. Kl. 4: est quam ut oderit [7, 8 H.]. Dekl. 2: Kl. 1: caecitas nisi offensa [35, 6 H.]. Kl. 2 Schwerform: contra illum nimia sunt [21, 26 H.] (contra steht antithetisch und ist inhaltlich betont). Dekl. 4: Kl. 1 mit Auflösung: pariter atque homines [73, 12f. H.]. Dekl. 5: Kl. 1: alterum accepi [106, 18 H.]; pectori apponam [108, 18 H.]; mit Auflösung: pariter atque homines [103, 24 H.] (vgl. Dekl. 4). Dekl. 7: Kl. 2: contumeliosus ille inpotens [142, 23f. H.]; mit Auflösung: salvum ut iterum neget [148, 15 H.].
78 | Der Satzrhythmus Dekl. 8: Kl. 1: esse ut occidas [166, 11 H.]; scire an idem sit [162, 21 H.]. Kl. 2: interesse quem occideret [170, 4f. H.]. Dekl. 10: Kl. 1: iungere amplexus [204, 11 H.]; carmine inclusus [215, 2 H.]; vanae rei ignosce [210, 7f. H.]; venisse ad invitam [215, 15f. H.]; optare ut hoc posses [211, 23 H.]; mit Auflösungen: colloquia et amplexus [209, 7f. H.]; hunc rogo imposui [212, 20 H.]; unregelmäßig: imprŏba ut optares [211, 8 H.]. Kl. 2: videre quem amiseris [211, 3 H.]; et pa˘tri ostendere [212, 23 H.] (oder pātr- und Schwerform). Kl. 3 Schwerform: a morte ad matrem [206, 2f. H.]; desideriis large indulge [209, 9 H.]. Dekl. 11: Kl. 1: est nisi invito [227, 24 H.]. Dekl. 14: Keine Fälle (aber vgl. S. 79). Dekl. 15: Kl. 3 Schwerform: in lupanari effudit [311, 4f. H.] (möglich auch -arĭ | effudit, Kl. 1). Dekl. 16: Kl. 1: contendere adfectu [327, 13 H.]; alterum affectum [325, 19 H.]; relinquere aut matrem [319, 9f. H.]; mit Auflösung: causam amicitiae [327, 1 H.]. Kl. 2: viderem amicum dedi [319, 15 H.]; Schwerform: tamquam de animo suo [322, 13 H.]. Dekl. 17: Kl. 2 Schwerform: parricidam me olim vocat [333, 15 H.]; exclamarem hoc loco [337, 17s. H.]. Dekl. 18: Kl. 2: filium occīdere [363, 25 H.]; Schwerform: torquentem qui occiditur [368, 10 H.]. Dekl. 19: Kl. 1: torsi et occidi [382, 6 H.]; ut male audires [386, 12 H.]; unregelmäßig: perdidi et occīdi [373, 12 H.]; Schwerform: quaestionem quae occīdunt [386, 23 H.]. Kl. 2: illi qui occisus est [377, 15f. H.]; occīdere ut nescias [386, 8 H.]. Hierher gehört m. E. auch eine Gruppe von Klauseln, bei denen man zwar durch Annahme von Hiat eine ‚bessere‘ Form von Kl. 2 oder 4 erhalten würde; aber die Lage der Dinge bei den nichtkomplizierten verwandten Klauseln ist derart, dass wir m. E. nicht berechtigt sind, in diesen Fällen mit Hiat zu rechnen – eine gewisse Unsicherheit ist freilich hier und da unerlässlich. Ich verzeichne hier die Fälle separat, aber in Tab. 10 sind sie mit den oben zitierten Klauseln zusammengezählt; es handelt sich durchgehend um Kl. 2 Schwerform oder 4 Schwerform: KLASSE I Dekl. 3: fecisse impune erit [49, 15 H.]; licere illud velint [49, 18 H.]; occidendi erunt [51, 4f. H.]; sensisse homines sciant [51, 11 H.]. Dekl. 6: maria ingressus es [117, 23 H.]; incolumem accipe [132, 2f. H.]; filio abstuli [135, 4 H.]; fortunā irasceris [135, 14 H.].
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Dekl. 9: facile irascitur [177, 10 H.]; conatus contra se erant [183, 16 H.]; numquam excanduit [189, 8 H.]; de eventu licet [196, 9 H.]. Dekl. 12: morsa abrupimus [262, 12 H.]; praeiudicio amplexus est [237, 6f. H.]; respectu electus est [236, 23 ‒ 237, 1 H.]; exemplo impulsus est [240, 7 H.]. Dekl. 13: damnum intellegis [279, 18 H.]. KLASSE II Dekl. 1: novercă obiecerat [4, 2f. H.]. Dekl. 4: magno animo velim [72, 6 H.]; salvă animo meo [81, 8 H.]; citra animum meum [81, 22 H.]. Dekl. 7: propter quem occiditur [148, 2 H.]. Dekl. 8: nisi qui occisus est [152, 15 H.]. Dekl. 10: filio postquam extulit [206, 21 H.]. Dekl. 14: voluntatem homini datur [294, 9f. H.]. Dekl. 17: moriente ut viveret [351, 26 H.]; vocem animum datis [349, 17 H.]. Dekl. 18: verberibusque interrogas [365, 16 H.]. b) Hiat KLASSE I Dekl. 3: habitu horrentem [53, 13 H.] (wohl -ŭ und Kl. 11?); narrandam cum absolveris [58, 1 H.] (2); magis tuā interest [51, 7 H.] (2); legis satisfactum esset [57, 18 H.] (3); maximus quisque auctor [55, 19f. H.] (3); hosti aberat [55, 10 H.] (entweder -ī und Schwerform oder -ĭ und 32). Dekl. 6: pertinuit quam ad matrem [126, 4f. H.] (1); legem opposuit [114, 15 H.] (13). Dekl. 9: solvere quantum accepit [185, 22f. H.] (1); tuum saltem optasti [193, 7 H.] (1); nocuimus quam inimici [176, 2f. H.] (31); maneant quam inimici [188, 9 H.] (31); meminisse hominis [192, 4 H.] (32). Dekl. 12: salutem nostram exponis [251, 14 H.] (1); inhumatae nostrorum animae [264, 1f. H.] (32); nisi in spe habuerit [235, 6f. H.] (32). Dekl. 13: inde vineta hinc saltus [267, 14f. H.] (1); etiam hoc damnum est [278, 11 H.] (11 und Synalöphe bei est); fuit iam expertus est [271, 18 H.] (2); indulgere animis [272, 5f. H.] (32). KLASSE II Dekl. 1: pātrem occīdit [7, 14 H.] (1); pātrem occīdat [10, 9f. H.] (1); cubiculo tuo habebas [8, 19 H.] (3); prodest quam tantum audis [19, 5f. H.] (3). Dekl. 2: parentum affectus [33, 10 H.] (1); inveniri quem occīdit [37, 4f. H.] (1); nisi dum occidit [27, 20 H.] (1 oder 11); pectus dum amplecteris [34, 13 H.] (2); servulis coram amicis [31, 24 H.] (31); neŭtrum excitat [35, 11f. H.] (41).
80 | Der Satzrhythmus Dekl. 4: credam ista et vivam [81, 6 H.] (1). Dekl. 5: concipiam ut dicam [103, 15 H.] (11). Dekl. 7: iuvenis iam inimicus [147, 7f. H.] (31). Dekl. 8: facilius cum occīderit [170, 2 H.] (2); vixit dum occiditur [172, 10 H.] (2); medicum occiditur [169, 2 H.] (21); saltem cum oculis potest [173, 14 H.] (41, möglicherweise 22). Dekl. 10: fruor iam et narro [205, 14 H.] (1); quam cum elatus es [210, 17f. H.] (2); vocantur cum ignoti sunt [217, 14f. H.] (2 Schwerform). Dekl. 11: Keine Fälle, wie auch nicht in 15. Dekl. 14: profecto qui paulo ante [291, 1f. H.] (wahrscheinlich -ŏ und 3). Dekl. 16: alium occīdat [323, 1 H.] (11); homine implevi [329, 22 H.] (11); dixit ad bonum amicum [328, 22 H.] (31) . Dekl. 17: innocentiam amare [341, 1 H.] (12 mit schlechter Zäsur); est ut se (betont!) oderit [344, 21f. H.] (2 Schwerform); innocentiā quam ut viverem [331, 14 H.] (2). Dekl. 18: filium amavi [357, 9 H.] (12 mit schlechter Zäsur). Dekl. 19: dixit cum occīderes [384, 8 H.] (2); quaestionem illud vocas [381, 17 H.] (2). ZWEIFELHAFTE FÄLLE Hierbei ist zu bemerken, dass ich mit den an verschiedenen Klauselformen viel reicheren Reden der Klasse I vorsichtiger bin als mit den eher stereotypen Deklamationen der Klasse II: Dekl. 1: novercae in alia [3, 17 H.]; improbe adsimulata [5, 13 H.]; naturā ipsius rei [12, 9f. H.]; est qui obiciebat [16, 14 H.]; quam cito inops fieri [19, 10 H.]. Dekl. 3: puellae immersit [52, 8 H.]; pellibus actam hiemem [56, 17 H.]; subinde Mario obicere [59, 5 H.]. Dekl. 6: vicarius ero aut comes [116, 12 H.]; ingenuus venire opto [128, 25 H.]; naufragium optavi [129, 8f. H.]; bono tuo utere [135, 13 H.]; incerta ac dubia [145, 4 H.]. Dekl. 9: si ego pugnassem [181, 5 H.]; pauperem si te (betont!) amaret [188, 13f. H.]; boni ut inimicus sit [192, 18 H.]; esset pro amico mori [194, 21f. H.]. Dekl. 10: timet ne hoc perdat [216, 3f. H.]. Dekl. 11: praebere et miserum [230, 24f. H.] (möglicherweise praebere 〈me〉 et miserum). Dekl. 12: hae vires, hae spes, hae opes [233, 20 H.]; negotiatione tuā actum est [233, 23f. H.]; istius operā impulsi [234, 17 H.]; secundă experti [236, 8 H.]; civitati imposuit [241, 20 H.]; iura exciderint [244, 21f. H.]; fuit nulla utique vis [256, 16 H.]. Dekl. 13: invenire quam inimicum [272, 7 H.].
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Wenden wir uns jetzt der Tab. 10 (S. 116) zu, wo alle bisher erörterten Fälle statistisch zusammengefasst sind. Wegen der unvermeidbaren Unsicherheit der Beurteilung einzelner Klauseln muss man freilich vorsichtig mit den Ergebnissen umgehen. Die Totalsummen (C + D + E bzw. A + B + C + D + E) können aber nicht irreführen. Auch hier begegnen wir derselben Differenz wie so oft: Klasse I und die Reden 1, 10 und 16 unterscheiden sich von den anderen, und zwar durch höhere Frequenz. Innerhalb Klasse I weist Dekl. 3 einen Prozentanteil von C + D + E auf, der fast doppelt so groß ist wie in den übrigen Reden der Klasse. Im Übrigen findet man in Klasse I kaum Differenzen, die nicht auf Zufall zurückgeführt werden können. Was Klasse II betrifft, ist, wenn wir von 1, 10 und 16 absehen, nichts Bemerkenswertes zu konstatieren.
7.2 Muta cum liquida Die Anzahl der hierhergehörigen Fälle ist verhältnismäßig gering, insgesamt 136 aus einer Gesamtsumme von mehr als 5500 Klauseln. In vielen Deklamationen ist muta cum liquida innerhalb der Klauseln deutlich gemieden. Auch die Zahl der belegten Wörter mit m. c. l. ist begrenzt: Nicht weniger als 62mal handelt es sich um casus obliqui von pater; zwei andere recht frequente Wörter sind meretrix (12mal) und lacrima (11mal). Übrige Wörter (insgesamt 31) sind nur 1bis 4mal belegt. Wenn wir die Fälle auf verschiedene Konsonantenverbindungen verteilen, ergibt sich folgendes Bild:
Klasse I Klasse II
bl 2 -
pl 4 -
tr 25 63
gr 2 7
pr 2 6
cr 6 14
br – 5
Die hohe Zahl für tr hängt natürlich mit der Frequenz des Wortes pater zusammen. Wir werden jetzt die Praxis jeder Rede untersuchen. KLASSE I Dekl. 3: Sämtliche Fälle kurz: quam a patre occidi [57, 23 H.] (1); disciplinā stetit [55, 2 H.] (2); componite disciplinam [49, 22 H.] (3). Dekl. 6: Lang: patris successit [133, 13 H.] und patrem captivum [130, 15 H.] (1 Schwerform); nigră limo via [120, 8 H.] (2). Kurz: mari latrocinium [113, 24 H.] (13); lacrimae non questus [118, 14f. H.] (11 Schwerform); magis amavit patrem [120, 18 H.] (21); deseruerit patrem [122, 19f. H.] (22). Zweifelhaft: ius meum reprimo [126, 18 H.] (13 oder 2).
82 | Der Satzrhythmus Dekl. 9: Lang: a patre speravi [194, 18 H.] (1); patris non aestimo [185, 20 H.] (2 Schwerform); fecit invito patre [178, 6 H.] und potui invito patre [179, 9f. H.] (3 Schwerform). Kurz: fuit patrem velle [178, 18 H.] (1); videor patris simile [176, 25 H.] (13); peregre dimitteres [185, 15 H.] (21); piratam lanistam patrem [186, 22f. H.] (2). Zweifelhaft: ratione duplici [185, 25 H.]; et ignoscere patris [186, 3f. H.]; quodammodo sacrum fuit [187, 12 H.]; habebam illius patrem [188, 4 H.] (Schwerform von 2, 3 oder 4); inimicus patris [188, 16 H.]; ipso iudice patre [189, 6f. H.]; miseriis inlacriment [190, 15 H.]. Dekl. 12: Lang: duplo emebamus [235, 12 H.] (1). Kurz: arbitror laedit [244, 16 H.] (1); est patrocinio [260, 17f. H.] (13); non latrocinio [251, 16 H.] (13); istius patrocinia [242, 5 H.] (13); impetravimus [237, 14f. H.] (4). Es ist möglich, ja sogar wahrscheinlich, dass die meisten der folgenden Fälle, die ich als zweifelhaft bezeichne, in Wirklichkeit kurz sind: vobis lucrum vestrum [241, 18f. H.]; res publică nunc laesa [243, 10 H.]; rem publicam tractare [244, 15 H.]; delicatas lacrimas habent [246, 13f. H.]; etiam citra votum [246, 26 ‒ 247, 1 H.]; iusta sacramenta [255, 11 H.]. Dekl. 13: Kurz: usus lucrum ducit [284, 19 H.] (1); de latrocinio [276, 14 H.]. Angesichts des jetzt vorgebrachten Materials müssen wir gestehen, dass es sehr wenig Auskunft gibt: Nicht einmal die Frequenzdifferenz zwischen etwa 9 und 13 bedeutet das Geringste, da das Wort pater in 11 der 15 Fälle in Dekl. 9 vorliegt, ein Wort, das aus inhaltlichen Gründen in 13 fehlt. Auch Einzelbeobachtungen wie die Tatsache, dass pl in Dekl. 3 offenbar nicht Positionslänge bewirkt, dagegen in 12, besagt so gut wie nichts, weil die Fälle allzu spärlich sind. KLASSE II Dekl. 1: Lang: horridumque latronem [15, 11 H.] (1); patrem occidit [7, 14 H.] (1); patrem occidat [10, 9f. H.] (1); patre sed caecitas [3, 10 H.] (2); sacra peragenda sunt [14, 14 H.] (22); de facie patris oculi [18, 22 H.] (32). Wahrscheinlich sind auch die folgenden 3 Fälle, auch wenn ich sie als zweifelhaft bezeichne, lang: superstitem patrem [7, 18 H.]; amare patrem debuit [18, 13 H.]; speraret ex patris morte [18, 13f. H.]. Dekl. 2: Lang: ad patrem perventum est [35, 8f. H.] (1 Schwerform); patris accesserit [23, 19 H.] (2); suspicatus est dormire patrem [34, 5f. H.] (3). Kurz: impetraturum [30, 10 H.] (1); error ac tenebrae [39, 5 H.] (13); impetraveris [30, 14 H.] (4); neutrum excitat [35, 11f. H.] (Hiat und 41). Die folgenden 2 Fälle sind zwar prinzipiell zweifelhaft, aber ich würde sie lang messen (wahrscheinlich überall pātr-): filius patrem [27, 6 H.]; exheredatus a patre est [32, 19 H.].
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Dekl. 4: Lang: moribusque flagrabit [78, 8 H.] (1); iuventă pigrescet [78, 10 H.] (1); virium mediocritatem [82, 24 H.] (3); detinete patrem [84, 12 H.] (3); contradictione patris [68, 3f. H.] (3). Zweifelhaft: laudetur integritas [83, 6f. H.];20 malo quam reprehendere [83, 8 H.]; petere ius supremorum [69, 1 H.]. Vielleicht liegt überall Positionslänge vor. Dekl. 5: Lang: patris amplexus [89, 13 H.] (1); hoc putas fuisse patris [99, 10f. H.] (3); invidiam facere patri [107, 10 H.] (31). Kurz: pretia meretricum [95, 7 H.] (112). Unter den zweifelhaften Fällen bin ich geneigt, die folgenden 4 Beispiele von pater lang zu messen (also Kl. 1, nicht 4): pauperem patrem [88, 10 H.]; nec mălo patri [92, 17 H.]; de fame patris [94, 2 H.]; filio patrem [94, 3f. H.]. Es bleibt übrig piratis plus est patri [104, 6f. H.], wobei freilich pătr- (und Kl. 2 Schwerform) den Vorzug verdient. Dekl. 7: Lang: patre secretum est [148, 10 H.] (1); patris infirmitas [137, 9f. H.] (2); patris occisus est [141, 4 H.] (2); filio servare patrem [147, 2f. H.] (3); vindicabitis me, patris oculi [147, 8 H.] (32). Zweifelhaft: cură miseri patris [139, 18 H.]. Dekl. 8: Lang: caritatis fecisse patrem [154, 23f. H.] (3). 2 von den 4 zweifelhaften Fällen möchte ich lang messen, nämlich istud ad patrem [162, 7 H.] und da bonum patrem [159, 23f. H.]; es kommen hinzu sanguinis supremorum [168, 19 H.]; crede lacrimis [172, 4 H.]. Dekl. 10: Lang: lacrimas credas [202, 20 H.] (2). Alle anderen Fälle sind zweifelhaft, aber vielleicht soll man überall lācrima bzw. tenĕbrae messen: exigat lacrimas [208, 14 H.]; sentire lacrimarum [209, 17 H.]; libentius lacrimae [217, 11f. H.]; omnibus tenebris [211, 7 H.]; filius discussis tenebris [212, 14 H.]; claudendus est tenebris [214, 10 H.]; quod repromiserant [218, 6f. H.] (wahrscheinlich kurz und Kl. 2); et ad patrem veniret [200, 3f. H.]; et patri ostendere [212, 23 H.] (ebenso); apud patrem fuisti [206, 15 H.]; sceleratissimo patri [213, 16 H.]. Dekl. 11: Kurz: supplicium patris peto [223, 6 H.] (4). Zweifelhaft: praestetur arbitrium [227, 17 H.]; debeat odium patris [229, 9f. H.]. Dekll. 14‒15: Wir finden hier 5 bzw. 6 Fälle von meretrix [Dekl. 14: 291, 6; 293, 14; 295, 10; 295, 16; 296, 13; 296, 17 H. bzw. Dekl. 15: 304, 1; 304, 9; 305, 16f.; 306, 12; 308, 2 H.], die sämtlich zweifellos kurz sind. Dazu kommt in Dekl. 15 das zweifelhafte partem tuere lacrimis [316, 23 ‒ 317, 1 H.] (4 oder 32). Dekl. 16: Zweifelhaft: super ora lacrimae [328, 9 H.] (4 oder 32).
|| 20 Wer geneigt ist, Fälle wie diese ohne weiteres als Kl. 2 aufzufassen, sollte bedenken, dass aufgelöste Formen der Kl. 1 in vielen Reden recht frequent sind; in Dekl. 4 ist der Prozentanteil der Kl. 11 8.5 % gegen 10.6 % der Kl. 2: laudetur integritas [83, 6f. H.] ist folglich zweifelhaft.
84 | Der Satzrhythmus Dekl. 17: Lang: coram patre non possum [348, 18 H.] (1); odia regressum [344, 4 H.] (11); pro malo patre miserum [332, 16 H.] (32); tui lacrimae tuae [352, 13 H.] (4). Kurz: propria concordia est [346, 20 H.] (21, denn die Form – ⏑ ⏑ – – ⏑ ⏓ fehlt sonst in dieser Rede). Von den folgenden zweifelhaften Fällen bin ich geneigt, alle außer dem letzten lang zu messen: parricidium patrem [332, 10 H.]; oderit patrem [345, 9 H.]; verba non lacrimas [350, 18 H.]; promittit integritas [346, 9 H.]; suasit integritas [348, 8f. H.]; secreta nisi latebrae [345, 25 ‒ 346, 1 H.]. Dekl. 18: Lang: patris accipite [370, 6 H.] (13). Zweifelhaft: abruptis quid cum supremis [364, 10f. H.]; comprimere lacrimas [370, 15 H.]. Dekl. 19: Lang: patris emisi [382, 11 H.] (1); marito parce patri [377, 15 H.] (3). Zweifelhaft (aber wahrscheinlich lang): sanctius in patre [379, 15f. H.]; revertor in patrem [383, 8 H.]. Wenn wir von den zweifelhaften Fällen absehen, erhalten wir folgendes Bild: 1
2
4
5
7
8
10
11
14
15
16
17
18 19 Insgesamt
Lang
6
3
5
3
5
1
1
–
–
–
–
4
1
2
31
Kurz
–
4
–
1
–
–
–
1
5
6
–
1
–
–
18
Wenn man vom inhaltlich bedingten Wort pater (in der Regel pātr- gemessen) wie von meretrix in den Reden 14 und 15 absieht, ist das Material auch in Klasse II allzu gering, um etwaige Schlüsse bezüglich der Verfasserfrage zu erlauben. Ich möchte in diesem Zusammenhang erwähnen, dass ich von 15, auf 9 verschiedene Reden verteilten Fällen zweifelhafter Positionslänge ganz absehe; es handelt sich um Komposita von iacĕre und einige Fälle von s impurum.
7.3 Schwankende Vokallänge am Wortende Ich lege die Fälle von -i und -o zusammen vor; was Klasse II betrifft, sind alle Fälle in Tab. 11 (S. 117) übersichtlich aufgestellt.21 KLASSE I Dekl. 3: Zweifelhaft: dicendo posuerunt [48, 16 H.] (– | ⏑ ⏑ – ⏓ ist in dieser Rede tatsächlich gewöhnlicher als Kl. 12); quid sibi fecisset [51, 1 H.].
|| 21 In Tab. 11 sind aber nur die wichtigsten Fälle näher spezifiziert.
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Dekl. 6: Lang: vicero flendum est [135, 22 H.] (1; hier kann zwar die Länge auch als ganz singuläre Positionslänge erklärt werden, wie Golz 1913, 50 es tat); mentior nisi factum est [130, 18 H.] (1); ratio valet contulit [114, 21 H.] (2); maritum tibi reddidit [131, 9 H.] (2). Kurz: adquiro captus sum [126, 16 H.] (1); agnosco culpae meae [117, 17f. H.] (2); agnosco partis meas [112, 22 H.] (2); crimen ego sum [112, 10f. H.] (32). Zweifelhaft: nisi quod obiectum est [133, 5f. H.]; ratio deducit [128, 13f. H.]; docuisti sibi non parcere [131, 7 H.]; gravius quod ego vivo [134, 23 H.]; credetis puto si dixero [135, 10 H.]; habeo tacenda sunt [113, 28 H.] (wahrscheinlich lang); filio ego iam rogo [126, 23 H.]; totus tibi redivi [132, 17 H.]; mihi propter filium [129, 3f. H.]. Dekl. 9: Lang: infelicem ego feci [175, 13f. H.] (1); cogitatio fuerit [180, 19f. H.] (11); occasio fuit [188, 20 H.] (4). Kurz: affirmo promitto [196, 1 H.]. Zweifelhaft: si ego pugnassem [181, 5 H.]; tibi satisfeci [186, 8f. H.]; potest pati nisi quod optat [193, 4 H.]. Dekl. 12: Lang: mater sibi parit [262, 18 H.] (4); obiciam tibi famem [261, 8 H.] (4). Kurz: habeo cum iudice [234, 9 H.] (21); ratio non constitit [241, 10 H.] (21). Zweifelhaft: nisi qui non credent [234, 14 H.]; quomodo perierint [247, 20 H.]; modo proficiscitur [252, 9 H.]; quomodo mutantur [250, 10 H.]; ubi frumentum est [254, 7 H.]; emerunt nisi devectum [256, 15 H.]. Dekl. 13: Lang: quaestio pertinet [272, 16 H.] (2); relata est mihi gratia [280, 5 H.] (2); denuntiatio supervacua [280, 8 H.] (13); ultio fuit [277, 8 H.] (4); flos nisi novus [279, 3 H.] (4); admiratio subit [285, 12 H.] (4). Zweifelhaft: nisi quod vicinus sum [266, 2 H.]; nisi quod moriuntur [286, 8f. H.]. In Dekl. 3 werden Vokale mit schwankender Quantität innerhalb der Klauseln recht sorgfältig vermieden, und darin unterscheidet sich diese Deklamation von den anderen. Die Wörter nisi, mihi, tibi, sibi sind vermutlich überall jambisch in 6, 9, 12, 13, wie auch in den meisten Fällen in Klasse II (vgl. Tab. 11), aber es gehört zur Sache, dass ein kurzes -i bei diesen Wörtern grundsätzlich recht schwer zu konstatieren ist: Es ist öfters möglich, statt eines Pyrrhichiums eine lange Silbe anzunehmen. So beurteile ich z. B. Dekl. 12 nisi qui non credent [234, ⏑́ ⏑ 14 H.] als Schwerform der Kl. 1, aber ob wir mit Auflösung (ni si qui) rechnen –́ sollen oder nicht (ni|si qui) lässt sich nicht sagen. Die Verbalendung -o⏓ wird offenbar gemieden, denn wir finden nur 8 Beispiele in diesen fünf Reden (wie wir sehen werden, ist dies auch in Dekl. 16 der Fall); sie ist öfter kurz als lang. Interessant sind die Messungen 6 ratiō [128, 13 H.] (hingegen ratiŏ in 12 [241, 10 H.]); 9 cogitatiō [180, 19f. H.], occasiō [188, 20 H.]; 13 ultiō [277, 8 H.], admiratiō [285, 12 H.], quaestiō [272, 16 und 276, 12 H.]. Die Substantivendung -ō finden wir sonst nur in Dekl. 1 (vgl. unten; hingegen 14mal -ŏ in Klasse II), und wir haben somit ein neues kleines Indiz für die Verwandtschaft von 6, 9 und 13 gefunden,
86 | Der Satzrhythmus vielleicht auch ein Zeichen dafür, dass die erwähnten Reden und Dekl. 1 älter sind als die Mehrzahl der Klasse II. Golz’ Behauptung (1913, 53), dass die Endung -o von Verben und des Nom. Sing. der 3. Dekl. sowie in ego, duo und bei Adverbien in den Deklamationen i m m e r kurz sei, ist also zum Teil sicher fehlerhaft, zum Teil höchst zweifelhaft. Leider hat Golz z. B. Hagendahl (1937, 102) getäuscht. Wie Golz zu jenem Resultat kommen konnte, verstehe ich nicht – allerdings hat er S. 52 die oben erwähnte Klausel quaestio pertinet in der Weise übergangen, dass er mit Synizese (und Kl. 4) rechnet. (Dass er, wie Lehnert, pervĕnit liest, ist ja in diesem Zusammenhang belanglos.) KLASSE II Dekl. 1: Lang: conversatio nostri [17, 8 H.] (1); odiis tibi dixit [17, 22 H.] (1); execratio vitae [19, 11f. H.] (1); suspicio magis respicit [15, 12f. H.] (2); expectatio tua [13, 17f. H.] (4). Kurz: iste sibi dixit [8, 1 H.] (12); quando perveniam [8, 3 H.] (13); solus ego veniam [17, 6 H.] (123); stupeo si qua est fides [5, 16f. H.] (21). Zweifelhaft: credet mihi si dixero [15, 5 H.]. Dekl. 2: Kurz: solvendo non esse [23, 1 H.] (die Schwerform der Kl. 1 findet sich in dieser Rede nicht). Zweifelhaft: nisi dum occidit [27, 20 H.]; potest dum tibi fatetur [31, 14f. H.]. Dekl. 4: Lang: quod volo mori [62, 6 H.] (4); liceat mihi mori [84, 8 H.] (4). Kurz: credo facturum [61, 13f. H.] (1); ratio fecisset [75, 15 H.] (11); expavesco quod timeo [73, 18f. H.] (13); stupeo constantiam [77, 19 H.] (21); concupisco dum volo [65, 24f. H.] (4); ratio quod volo [68, 23 H.] (41). Dekl. 5: Kurz: assigno sudorem [110, 3 H.] (1); praedo non reddit [96, 23f. H.] (1); proclamabo vicisses [98, 11 H.] (1); mendicabo tu pasces [110, 11 H.] (1); dissimulabo rationem [99, 15 H.] (12); mālo defendere [86, 2 H.] (2); quaero sed filium [108, 20 H.] (2); quod bonam habeo causam [89, 18 H.] (31); recusat sibi relinqui [103, 9 H.] (31, weil diese Form in Dekl. 5 recht häufig ist); proclamo, fateor [103, 3f. H.] (32). Zweifelhaft: nisi miser filius [96, 20 H.]; occīdi sed perdidi [107, 4 H.]. Dekl. 7: Lang: tanti nisi verum [142, 21 H.] (1); tormenta fugio dolorem [141, 23 H.] (3); interrogo pater [139, 21 H.] (4); hoc mihi negat [138, 5f. H.] (4). Kurz: allego, commendo [150, 20f. H.] (1); aliquando dissedimus [142, 17f. H.] (2); contendo filium [147, 16 H.] (4). Zweifelhaft: duo perissemus [147, 4 H.]; mihi pepercisti [147, 1f. H.]; non potes mihi fateri [149, 13 H.]; sufficit mihi si dixero [142, 22 H.]; et mihi non creditur [139, 27f. H.]; ego tamen vidi [150, 21f.; 150, 22 ‒ 151, 1; 151, 2 H.]; fecit et quod ego vidi [148, 1 H.]; ut illud ego negem [149, 20 H.]. Dekl. 8: Kurz: perdidisse nisi fato [164, 10f. H.] (12); foveo tristitiam [172, 29 H.] (113); credo sperantibus [160, 8 H.] (2; das s impurum bewirkt hier offenbar
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nicht Positionslänge). Zweifelhaft: quomodo duobus [164, 4f. H.]; nisi qui occisus est [152, 15 H.]. Dekl. 10: Lang: amplius tibi praestent [218, 6 H.] (1, sicher nicht Positionslänge). Kurz: ratio fortasse [210, 22 H.] (11); condicio naturae [210, 25 H.] (11); nolo corripias [210, 5 H.] (13); timeo ne fugeret [204, 12 H.] (113); quando te terruit [215, 3 H.] (2); habeo quod lugeam [212, 21f. H.] (21); potero perferam [203, 12s. H.] (41). Zweifelhaft: ne tibi non crederet [211, 17f. H.]. Dekl. 11: Kurz: immo si serves [228, 15 H.] (1); subito proclamem [230, 22 H.] (11); obicio rumorem [225, 17 H.] (11); aspicere quasi fatum [228, 14 H.] (112); sumo solacium [224, 18 H.] (2); sermo consentiat [225, 21 H.] (2); inimice nisi vixeris [229, 2 H.] (22). Zweifelhaft: circumspiciat volo queratur [228, 7f. H.]; quia ego recuso [224, 13 H.]. Dekl. 14: Lang: desinit sibi debet [298, 10 H.] (1). Kurz: aliquando dimittat [292, 16f. H.] (1); aliquando desperem [298, 9 H.] (1); duco complexus [296, 3 H.] (1); condicio personae [292, 9 H.] (11); adsisto convicior [300, 15f. H.] (2); excandesco quod fremo [291, 5f. H.] (4). Zweifelhaft: nisi quem oderit [289, 3f. H.]; nisi quod occidit [294, 1 H.]. Dekl. 15: Kurz: ardore nisi mentem [303, 16f. H.] (12); ratio consilium [312, 5f. H.] (113); spero defendimus [316, 21f. H.] (2). Zweifelhaft: sibi videbatur [304, 2 H.]. Dekl. 16: Lang: tyrannus mihi credidit [327, 2 H.] (2); potestis nisi revertor [320, 1f. H.] (3); queri quasi relinquar [324, 13 H.] (3; in beiden Fällen langes -i, weil die Form 31 in Dekl. 16 sonst fehlt, der Tritrochäus hingegen mehrmals vorkommt). Kurz: condicio decipiat [330, 3 H.] (113). Zweifelhaft: detineatis ubi non prosum [319, 18 H.]; dividere nisi mater [322, 8f. H.]. Dekl. 17: Lang: hunc mihi redditis [339, 5 H.] (2); possum nisi mihi [342, 9 H.] (4); interrogo pater [346, 24 H.] (4). Kurz: excludo venturos [347, 5f. H.] (1); promitto de fato [347, 15 H.] (1); quando succurres [352, 6 H.] (1); nolo desperes [352, 8 H.] (1); ratio cum vici [333, 5f. H.] (11); ratio non constat [337, 20 H.] (11); esse nisi causa [339, 15f. H.] (12); cedo criminibus [337, 8 H.] (13); offendo tristitia [345, 18 H.] (13); subito corripiat [342, 5 H.] (113); recedo contemnere [345, 20f. H.] (2); potero si iusserit [349, 9 H.] (21); sed praedico testor [352, 11 H.] (3); invenio conscium [341, 21 H.] (41). Zweifelhaft: secreta nisi latebrae [345, 25 ‒ 346, 1 H.]; sibi paraverat [351, 6f. H.]. Dekl. 18: Lang: pater sibi credat [361, 19 H.] (1). Kurz: accuso rumorem [356, 21 H.] (1); ergo desiderat [360, 14 H.] (2). Dekl. 19: Lang: potes mihi crede [376, 19f. H.] (1). Kurz: ratio reddatur [380, 9f. H.] (11); ratio de morte [382, 7 H.] (11); dixero negabis [387, 4f. H.] (12 mit δZäsur); invidiam facio populo [380, 18f. H.] (312); tormentorum ratio fuerit [381, 2 H.] (312). Zweifelhaft: non est fas nisi negare [381, 19 H.]; dixisse nescioquid [386, 1 H.].
88 | Der Satzrhythmus Wie oben S. 51 festgestellt wurde, bewirkt muta cum liquida am Anfang eines Wortes in den Deklamationen nicht Positionslänge, wenn der vorhergehende Vokal sicher kurz ist. Das jetzt vorgelegte Material gibt indessen Anlass zur Frage, ob ein Vokal von schwankender Länge + muta cum liquida Positionslänge ergibt. Die betreffenden Fälle sind wie folgt: Lang: 6 vicero flendum est [135, 22 H.]; 13 relata est mihi gratia [280, 5 H.]; 10 amplius tibi praestent [218, 6 H.]; 16 tyrannus mihi credidit [327, 2 H.]; 18 pater sibi credat [361, 19 H.]; 19 potes mihi crede [376, 19f. H.]. Kurz trotz der folgenden muta cum liquida: 9 affirmo promitto [196, 1 H.]; 8 foveo tristitiam [172, 29 H.]; 11 subito proclamem [230, 22 H.]; 17 offendo tristitia [345, 18 H.]. (Es kommen hinzu die beiden zweifelhaften Fälle 6 mihi propter filium [129, 3f. H.] und 12 ubi frumentum est [254, 7 H.].) Wie ersichtlich ist, handelt es sich bei den Längen fast ausschließlich um mihi, tibi, sibi, einmal um die Verbalendung -o + fl-. Bei den Kürzen aber begegnen Verbalendungen und ein subito. Einzelfälle von mihī, tibī, sibī + einfacher Konsonant finden wir in den Dekll. 6, 12, 1, 4, 5, 7, 14, 17, nicht aber in denjenigen Reden, die hier zur Debatte stehen, 13, 10, 16, 18, 19. Ein sicher kurzes -ĭ gibt es nur in Dekl. 1 (sibi). Da muta cum liquida sonst nie Positionslänge bewirkt und da ferner wohl in rein statistischer Hinsicht nichts Bemerkenswertes darin liegt, dass 5 der 10 jambischen Fälle (vgl. Tab. 11) vor Konsonant – die Fälle vor Vokal scheiden natürlich aus – vor muta cum liquida stehen, glaube ich nicht, dass Positionslänge vorliegt, sondern dass der Vokal an sich lang ist. Wir werden jetzt zu Tab. 11 übergehen. Für die Verfasserfrage wage ich nur Folgendes zu verwerten: 1. Die langen Subst.-Endungen -ō in Dekl. 1, die wir sonst in dieser Klasse nicht finden. 2. Die ungewöhnlich hohe Frequenz von ego und mihi in Dekl. 7. 3. Möglicherweise die Abwesenheit der Verbalendung -o in Dekl. 16. Sonst erklärt sich die Frequenzvariation dieser Endung in den Reden einfach aus inhaltlichen Gründen: Wenn, wie z. B. in 1 oder 2 oder 18, ein Anwalt auftritt, sind die Formen der 1. Person von Verben selbstverständlich viel weniger frequent als z. B. in 17. Aber in Dekl. 16 kann das Fehlen der Verbalendung -o nicht so erklärt werden, weil dort ein Jüngling für seine eigene Sache redet, genauso wie in 17.
Zusammenfassung | 89
8 Zusammenfassung und Analyse der gewonnenen Ergebnisse Wir wollen jetzt erst die auf den vorhergehenden Seiten gemachten Beobachtungen, die für die Verfasserfrage von Bedeutung sein können, zusammenfassen. Die Verteilung auf Klasse I und II – auf die damit verknüpfte Frage der Chronologie kommen wir später zurück – ist infolge deutlicher Differenz zwischen den Reden der beiden Klassen vorgenommen, die an den folgenden Stellen oben konstatiert worden ist: S. 54; 55; 57‒59; 65f.; 70; 73; 81. Ich werde jetzt jede Klasse für sich behandeln. KLASSE I Prinzipiell verhält es sich ja so, dass beachtenswerte Differenzen in Bezug auf die Klauselpraxis unbestreitbar g e g e n die Annahme eines gemeinsamen Verfassers der betreffenden Texte sprechen; inwieweit aber Abwesenheit solcher Differenzen f ü r eine solche Annahme spricht, ist eine andere Sache: Eine gewisse Tendenz zur Uniformität ist unvermeidliche Konsequenz des Klauselsystems selbst, besonders in späteren Zeiten, und vielleicht auch besonders in Texten derselben Gattung wie in diesen Deklamationen. Ferner versteht es sich von selbst, dass die Verfasserfrage nur dann beantwortet werden kann, wenn auch Sprache und Stil sorgfältig untersucht worden sind. Wir untersuchen somit jetzt nur, welche Reden von demselben Verfasser geschrieben sein k ö n n e n und wie die Deklamationen sich bezüglich metrischer Verwandtschaft gruppieren. Innerhalb Klasse I veranlassen die gewonnenen Resultate m. E. die folgende Verteilung auf 3 Gruppen: a) 3; b) 6, 9, 13; c) 12. Ich verweise auf folgende Beobachtungen: S. 55: In Tab. 2 unterscheidet sich Dekl. 3 bezüglich der Gruppen 10 und 18 von den Dekll. 6 und 9. S. 60: Stärkere Tendenz zur γ-Zäsur der Kl. 13 in Dekl. 3 als in den anderen Reden. S. 60: 3 und 12 weichen bezüglich der Schwerformen der Kl. 1 von 6, 9, 13 ab. S. 64: Hinsichtlich der Verteilung der Kl. 1 auf Grundform, Auflösungen und Schwerformen stimmen 6, 9 und 13 überein, während 3 und 12 abweichen. S. 66: 12 hat etwas größere Vorliebe für die δ-Zäsur bei der Kl. 2 als die anderen Reden. S. 68: Die αZäsur der Kl. 3 ist gewöhnlicher in 3 und 12 als in 6, 9, 13 (doch weicht 13 hier etwas von 6 und 9 ab). S. 70: 3 und 12 unterscheiden sich von 6, 9, 13 hinsicht-
90 | Der Satzrhythmus lich des Zäsurverhältnisses der Kl. 4. S. 71: In Tabb. 8 A und 8 B (Diagramm) stehen 6, 9, 13 einander näher als 3 und 12. S. 81: Wirkliche Fälle von Vokalzusammenstoß (wenn man von der leichten Synalöphe bei es(t) absieht) sind viel gewöhnlicher in Dekl. 3 als in den anderen Reden. S. 84f.: Vokale schwankender Quantität werden hingegen in 3 vermieden, nicht in den anderen Deklamationen. S. 85: 6, 9 und 13 stimmen bezüglich der langen Subst.-Endung -ō überein. Diese Einzelbeobachtungen zusammengenommen zeigen m. E., dass 3 und 12 nicht mit den anderen drei Reden zusammengehören und auch nicht mitenander verwandt sind. Wie nahe verwandt sind aber 6, 9 und 13? Wir werden nun dies mit Hilfe des sog. χ2-Tests untersuchen, aber erst ganz kurz darüber orientieren; für nähere Auskunft (besonders über wichtige Begriffe wie „degree of freedom“) sei auf statistische Handbücher verwiesen. Der χ2-Test stellt eine Methode dar zu messen, wie weit konstatierte Frequenzen („observed frequency“, o) von erwarteten Frequenzen („expected frequency“, e) abweichen. Man muss dabei die absolute Frequenz (nicht Prozentangaben) als Ausgangspunkt nehmen, ferner muss die erwartete Frequenz am liebsten 10 oder mehr, jedenfalls nicht weniger als 5 sein, sonst funktioniert der Test nicht. Die Wahrscheinlichkeit des reinen Zufalls für verschiedene Variationen in einer Serie von Frequenzangaben kann dann so berechnet werden, 2 dass man ganz einfach die mathematische Operation (o - e) /e bei jeder Fre2 quenzangabe in der Serie vornimmt und dann diese ,χ -Werte‘ addiert. Mit Hilfe dieser Gesamtsumme kann man dann in schon fertigen Tabellen in statistischen Handbüchern den Wahrscheinlichkeitsgrad des reinen Zufalls für verschiedene „degrees of freedom“ ablesen. Da, wie erwähnt wurde, jede erwartete Frequenz mehr als 5, am liebsten 10 oder mehr sein muss, habe ich für diesen Test die Klauseln der Klasse I folgendermaßen aufgestellt:
Kl. 1 γ Kl. 1 Übriges Kl. 13 Kl. 1 Schwerf. Kl. 2 Kl. 2 Schwerf. Kl. 3 α Kl. 3 β Kl. 3 Schwerf. Kl. 4 Übrige
3
6
(7.2) 12 (6.0) 10 (4.3) 7 (88.4) 14 (14.4) 24 (6.0) 10 (10.8) 18 (8.4) 14 (6.6) 11 (8.4) 14 (19.8) 33
(10.4) 29 (8.9) 25 (4.5) 13 (3.6) 10 (11.1) 31 (6.4) 18 (7.1) 20 (10.4) 29 (8.6) 24 (7.9) 22 (21.1) 59
9 (6.3) 17 (11.7) 32 (5.8) 16 (3.6) 10 (11.7) 32 (4.5) 12 (6.3) 17 (7.7) 21 (9.6) 26 (7.4) 20 (25.3) 69
12 (4.8) 20 (12.6) 53 (4.8) 20 (6.7) 28 (7.1) 30 (7.6) 32 (6.9) 29 (5.3) 22 (9.1) 38 (10.7) 45 (24.4) 103
13 (8.4) 18 (11.3) 24 (6.7) 14 (3.3) 7 (8.9) 19 (7.0) 15 (8.0) 17 (7.0) 15 (7.0) 15 (12.2) 26 (20.2) 43
Zusammenfassung | 91
In keiner von diesen 11 Gruppen kann die erwartete Frequenz zu niedrig werden, um die Sicherheit des Tests zu riskieren. Die Angaben in Klammern sind Prozentangaben, die nur dazu dienen, erwartete Frequenzen (Mittelwerte) zu berechnen. Es geht deutlich hervor, dass nicht alle für die Verfasserfrage zu beachtenden Umstände bei einem Test wie diesem berücksichtigt werden können, weil die Forderung nach einer gewissen Frequenzgröße es unmöglich macht oder weil sie in einer Tabelle dieser Art sich nicht darstellen lassen (wie prosodische Differenzen). Der χ2-Test ist folglich nur als Komplement schon gemachter Beobachtungen aufzufassen. Wenn man den Test auf die Klasse als Ganzes anwenden wollte, hätte man den arithmetischen Mittelwert für jede Klauselgruppe als e anzunehmen und dann jede Rede so zu prüfen, wie es S. 90 kurz beschrieben wurde. Dies lohnt sich aber nicht, denn wir erhalten für Dekl. 12 den χ2-Wert 21.18, was nur den Wahrscheinlichkeitsgrad von etwa 2% für die Annahme bedeutet, dass die Variationen auf Zufall beruhen; folglich ist diese Hypothese höchstwahrscheinlich falsch und der Mittelwert für weitere Analyse wertlos. Wenn wir stattdessen 6, 9 und 13 prüfen und dabei von dem Mittelwert dieser drei Reden ausgehen, erhalten wir folgendes Resultat: Dekl. 6: 4.73 = Wahrscheinlichkeitsgrad des Zufalls von 92%; Dekl. 9: 6.42 = etwas mehr als 75%; Dekl. 13: 5.11 = etwa 87%. Die Variationen innerhalb dieser kleineren Gruppe können also sehr wohl ganz zufällig sein, und die Deklamationen 6, 9 und 13 stehen einander nahe. Wenn man die Reden 3 und 12 gegen den Mittelwert von 6, 9, 13 prüft, bekommt man folgende Zahlen: Dekl. 3: 20.84 = etwa 3 %; Dekl. 12: 34.89 = ein völlig mikroskopischer Wahrscheinlichkeitsgrad. Damit wird m. E. bestätigt, dass die S. 89 vorgenommene Einteilung der Klasse I richtig ist. Was die Abfassungszeit betrifft, bin ich gar nicht so optimistisch wie Golz (vgl. S. 56), der gewisse Reden bis auf 10 Jahre datierte. Ich wage nur die Vermutung, dass diese fünf Reden etwa am Ende des ersten nachchristlichen Jahrhunderts abgefasst worden sind und verweise auf die Ergebnisse S. 55‒57; 65f.; 73ff. Zwar habe ich den Eindruck, dass 3 die älteste Rede ist, 12 die jüngste, aber diese Auffassung gründet sich hauptsächlich auf sprachliche und stilistische Umstände, auf die ich hoffentlich bei anderer Gelegenheit zurückkommen werde; die Klauseluntersuchung allein gibt uns kaum Möglichkeit zu näherer Datierung der drei Gruppen. Wir gehen jetzt zur recht komplizierten Klasse II über. KLASSE II Zuerst fassen wir alle wichtigen Beobachtungen zusammen, die sich auf einzelne Deklamationen beziehen.
92 | Der Satzrhythmus Dekl. 1. S. 57f.: 1 unterscheidet sich von den anderen Reden bezüglich der Zäsuren der Kl. 1 (Tab. 4 A‒B); dasselbe geht auch S. 58 hervor. S. 59: Die Frequenz der Kl. 11 ist geringer als in den meisten Reden der Klasse, ebenso die Frequenz der Kl. 13 und der γ-Zäsur derselben. S. 60: Schwerformen von Kl. 1 sind relativ frequent in 1. S. 66: Die δ-Zäsur der Kl. 2 ist gewöhnlicher in 1 (sehr selten in den meisten Reden der Klasse außer 10). S. 70f.: Was das Verhältnis zwischen Grundform, Auflösungen und Schwerformen der Kl. 1, 2, 3, 4 betrifft, nähert sich 1 der Klasse I. S. 74: In Tab. 9 A weist 1 geringe Frequenz von Kl. 2 + 4 auf. S. 81: Vokalzusammenstoß ist häufiger in 1 als in den meisten anderen Reden. S. 88: Die Subst.-Endung -ō kommt nur in 1 (und in Klasse I) vor. Angesichts dieser Vielzahl an Abweichungen verschiedener Art sind wir m. E. berechtigt, Dekl. 1 als alleinstehend zu beurteilen. Auf die Hypothese einer Verwandtschaft zwischen 1 und 7 oder 10 werde ich unten (S. 95) zurückkommen. Dekl. 7. S. 59: 7 hat geringe Frequenz bei der γ-Zäsur der Kl. 13. S. 64: Zusammen mit 10 und 16 (die wahrscheinlich auch isoliert dastehen) hat 7 einen ungewöhnlich großen Anteil an der Grundform von Kl. 1. S. 68f.: Die α-Zäsur der Kl. 3 ist nicht so gewöhnlich in 7 (und 10) wie in den anderen Reden. S. 88: Man findet die Wörter ego und mihi viel öfter in den Klauseln der Dekl. 7 als in den anderen Reden. Aufgrund dieser Umstände bin ich geneigt, 7 als alleinstehend zu betrachten, obgleich dies nicht so deutlich hervorgeht wie im Fall der Dekl. 1; wir werden unten bei der χ2-Testprüfung auf Dekl. 7 zurückkommen. Dekl. 8. S. 59: Verhältnismäßig hohe Frequenz von Kl. 1 mit mehreren Auflösungen. S. 66: Hohe Frequenz von Kl. 2 mit Auflösungen. S. 68f.: Geringe Frequenz von Kl. 3 mit β-Zäsur (stattdessen hohe Frequenz von γ-Zäsur). S. 71: 8 weicht (neben 14 und 15) von der Mehrzahl der Reden ab bezüglich des Verhältnisses zwischen Grundform, Auflösungen und Schwerformen der Kl. 1, 2, 3, 4. Wir werden unten zu dieser Rede zurückkehren. Dekl. 10. S. 58: Die Frequenz der γ-Zäsur der Kl. 1 ist nicht so hoch in 10 (und 1) wie in den meisten Deklamationen der Klasse. S. 59: Ungewöhnlich geringe Frequenz von Kl. 11 (wie bei Klasse I); Kl. 13 (und die γ-Zäsur) ist weniger frequent in 10 (wie in 1) als sonst. S. 64: Die Grundform der Kl. 1 überwiegt deutlich in 10 (wie in 7 und 16). S. 65: Die γ-Zäsur der Kl. 2 ist nirgends so frequent wie in 10. S. 68f.: Die α-Zäsur der Kl. 3 ist in 10 (wie in 7) weniger frequent (hingegen recht hohe Frequenz der γ-Zäsur). S. 70: Die Frequenz der Schwerformen von Kl. 4 ist in 10 (wie in 16) höher als sonst. S. 70f. (vgl. Tab. 8 A‒B): 10 und 16 unterscheiden sich deutlich von allen anderen Reden bezüglich des Verhältnisses der Grundform, der aufgelösten Formen und der Schwerformen der Kl. 1, 2, 3, 4. S. 81: 10 (wie 1 und 16) bietet höhere
Zusammenfassung | 93
Frequenz von Vokalzusammenstoß als die anderen Reden der Klasse. Alle diese Beobachtungen berechtigen uns m. E. dazu, diese Rede als isoliert anzusehen. Was ihr Verhältnis zu 7 und 16 betrifft, vgl. unten S. 95. Dekl. 11. S. 68f.: Die α-Zäsur der Kl. 3 ist in 11 viel frequenter als sonst; hingegen ist die γ-Zäsur unbeliebt. Wir werden diese Rede unten behandeln. Dekll. 14‒15. (Diese Deklamationen gehören metrisch, wie übrigens auch inhaltlich und sprachlich, zusammen.) S. 59: Ungewöhnlich hohe Frequenz der Kl. 13 (wie in 18). Überhaupt sind in 14‒15 (wie in 2) aufgelöste Formen der Kl. 1 ebenso frequent wie die Grundform (S. 64). In Tab. 8 und Diagramm (S. 114) sieht man deutlich, wie 14‒15 zusammen mit 8 von den anderen Deklamationen abweichen. Wir werden auf dieses Deklamationspaar zurückkommen. Dekl. 16. S. 59: Geringe Frequenz der Kl. 12 und 13. S. 64: Innerhalb der Kl. 1 ist (wie in 7 und 10) die Grundform deutlich vorherrschend. S. 65: Die δ-Zäsur der Kl. 2 ist nicht so dominant wie in den anderen Reden der Klasse. S. 70: Die δ-Zäsur der Kl. 4 ist in allen Reden der Klasse außer in 16 vorherrschend. Die Schwerform der Kl. 4 ist (wie in 10) ungewöhnlich frequent. S. 71: Beim Vergleich der Grundform, der Auflösungen und Schwerformen der Kl. 1, 2, 3, 4 weicht 16 (wie 10) sehr von den anderen Reden ab (vgl. Tab. 8 A‒B). S. 74: In Tab. 9 A bietet 16 (wie 1) geringe Frequenz von 2 + 4. S. 81: Vokalzusammenstoß ist in 16 (wie in 1 und 10) gewöhnlicher als in den anderen Reden der Klasse. S. 88: Die Verbalendung -o wird gemieden, obgleich der Redner über seine eigene Erlebnisse redet. Diese Rede ist m. E. sicher als alleinstehend zu beurteilen; da indessen Golz 2 und 16 zusammenstellte, werden wir unten auf sie zurückkommen. Wir haben jetzt konstatiert, dass die Reden 1, 7, 10 und 16 wahrscheinlich allein stehen und dass 8 und 14‒15 von den anderen Reden der Klasse etwas abweichen. Gehen wir denn zu den Reden 2, 4, 5, 11, 17, 18, 19 über, um mit Hilfe des χ2-Tests ihre Verwandtschaft zu prüfen. Aus Tab. 12 A‒B geht hervor, wie ich das Klauselmaterial für diesen Test gruppiert habe, um hinlänglich hohe Zahlen für die erwartete Frequenz für jede Gruppe zu bekommen. Bei gewissen Gruppen der Tabelle wie 5 oder 7 sind die Frequenzzahlen allerdings nur für gewisse Reden genügend hoch. Deshalb sind sie nur bezüglich dieser Reden zur Verwendung gekommen; sonst habe ich sie der Gruppe 12 (übrige) einverleibt. Dass ich diese, nur unter Umständen verwendbaren Gruppen überhaupt anwende, erklärt sich dadurch, dass der Test sicherere Resultate ergibt, je größer die Zahl der geprüften Gruppen ist; deshalb habe ich das Material in möglichst hohem Grade ausgenutzt.
94 | Der Satzrhythmus Aus Tab. 12 B ersieht man, dass 4 und 5 einander sehr nahe stehen. Wenn man von dem arithmetischen Mittelwert für jede Gruppe der zwei Reden ausgeht, ergibt der Test folgendes Resultat: Dekl. 4, χ2-Wert 3.08; Dekl. 5, χ2-Wert 3.80. Dies bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die Variationen zwischen den Reden dem Zufall zuzuschreiben sind, 99 bzw. 98 % ist. 4 und 5 gehören also so gut wie sicher zusammen. Wenn wir gleicherweise 18 und 19 (die inhaltlich verbunden sind) prüfen, bekommen wir für Dekl. 18 den Wert 5.17 = etwa 91% Wahrscheinlichkeitsgrad, für Dekl. 19 4.94 = ungefähr 93 %. Auch in diesem Falle ist es folglich so gut wie sicher, dass die Deklamationen zusammengehören. Prüfen wir dann 4, 5, 18, 19 mit ihrem Mittelwert für jede Gruppe als Ausgangspunkt. Resultat: Dekl. 4 7.28 = etwa 86‒87%; Dekl. 5 5.11 = ungefähr 92%; Dekl. 18 4.01 = etwa 96%; Dekl. 19 10.09 = etwa 55 %. Auch wenn der Wert für Dekl. 19 nicht so gut ist wie für die anderen Reden, gibt es keinen stichhaltigen Grund anzunehmen, dass diese vier Deklamationen nicht zusammengehören. Wie auch Golz konstatierte (vgl. S. 48), weicht indessen Dekl. 17 allzu sehr von diesen vier Deklamationen ab. Da man wohl mit Recht annehmen kann, dass der Mittelwert von 4 Reden (= 1156 Klauseln) ziemlich gut die Praxis e i n e s Verfassers widerspiegelt, können wir Dekl. 17 gegen den Mittelwert von 4, 5, 18, 19 prüfen; das Resultat ist der χ2-Wert 20.54 = der Wahrscheinlichkeitsgrad 4 %. Dagegen zeigt es sich, dass die Dekll. 2 und 17 einander nahestehen: Ein χ2-Test, wie gewöhnlich vom Mittelwert der beiden Reden ausgehend, ergibt das Resultat: Dekl. 2 5.99 = etwa 87 %; Dekl. 17 5.01 = etwa 93 %. Da Golz seinerseits 2 und 16 als zusammengehörend beurteilte, sei erwähnt, dass wir dabei für Dekl. 2 den χ2-Wert 17.87 bekommen = etwa 8 % (dabei erübrigt es sich, auch den Wert der Dekl. 16 zu berechnen). Wenn 2 und 17 eine Gruppe bilden, mag es nützlich sein, der Vollständigkeit halber zu prüfen, ob es möglich ist, 2, 4, 5, 17, 18, 19 vom Mittelwert ausgehend zusammenzustellen; da aber das Resultat für Dekl. 2 den Wert 28.18 = etwa 0.5%, ergab, habe ich diese Prüfung abgebrochen, weil die Hypothese sicher verfehlt war. Gehen wir denn zu den Dekll. 14 und 15 über. Dass diese Reden, die auch inhaltlich ein Paar bilden, einander metrisch ganz nahe stehen, zeigen die χ2Werte 3.12 (= beinahe 99 %) für Dekl. 14, 4.39 (= etwa 96 %) für Dekl. 15. Der Versuch, 14‒15 mit 4‒5 oder 18‒19 zusammenzustellen, ergibt schlechte χ2Werte (etwa 8‒10 % Wahrscheinlichkeitsgrad). Man sieht ja auch, dass beide Reden hinsichtlich derselben Gruppen in Tab. 12 B von den anderen vier Reden abweichen, nämlich 4, 5, 10 und 11. Wie meine Tests gezeigt haben, ist es nur Dekl. 8, die vielleicht mit 14‒15 eine Gruppe bilden kann; die χ2-Werte sind: Dekl. 8 10.72 = etwa 47 %; Dekl. 14 12.43 = etwa 32%; Dekl. 15 6.70 = etwa 81 %. Diese Zahlen sind zwar nicht überzeugend; man kann aber die Möglichkeit
Zusammenfassung | 95
nicht abweisen, besonders angesichts der Tatsache, dass 14 und 15 recht kurze Reden sind und die statistischen Ergebnisse folglich etwas unsicher sein können. Jedenfalls ist es nicht möglich, Dekl. 8 mit irgendeiner anderen Rede zusammenzustellen. Die Tabb. 12 A‒B bestätigen, was wir schon wissen, nämlich dass die Reden 1, 10 und 16 ganz isoliert sind; es bleibt übrig, 7 und 11 zu behandeln. Der χ2-Test zeigt, dass 11 der Gruppe 4, 5, 18, 19 nahesteht: Wenn man vom Mittelwert der vier letzteren Reden ausgeht, erhält man für Dekl. 11 den Wert 11.98 = etwa 40%. Dass dieser Wert nicht wesentlich besser ist, erklärt sich aus der kräftigen Abweichung der Dekl. 11 bezüglich der Gruppe 8 (Kl. 3α), die allein den Wert 7.60 ergibt. Da wir aber in 11 nur auf 152 Klauseln stoßen, scheint es mir unmöglich, eine einzige Abweichung wie diese als sicheres Zeichen aufzufassen; man kann die Hypothese nicht verwerfen, dass auch 11 zur Gruppe gehört. Wer überhaupt χ2-Werte berechnet hat, sieht sofort aus Tab. 12 A‒B, dass es sinnlos ist, Dekl. 7 gegen 1, 10 oder 16 zu prüfen. Wenn man 7 gegen den Mittelwert der Reden 4, 5, 11, 18, 19 prüft, erhält man den Wert 24.4 = etwa 1 % Wahrscheinlichkeitsgrad. Damit scheint es sicher zu sein, dass Dekl. 7 isoliert ist. Was die Abfassungszeit der Klasse II betrifft, haben wir diese Frage S. 55f., 58, 65f. und 73ff. gestreift. Ehe wir mit Sicherheit diese Reden datieren können, muss unbedingt eine sprachliche Untersuchung hinzukommen, und der folgende Datierungsversuch ist als präliminier aufzufassen. Wenn zusammenfassend auch Klasse I berücksichtigt wird, meine ich die Deklamationen in folgende Gruppen einteilen zu können: 1) Dekl. 3, etwa 80‒100 n. Chr. geschrieben. 2) Dekll. 6, 9, 13, zu derselben Zeit oder etwas später abgefasst. 3) Dekl. 12, wahrscheinlich etwas später. 4) Dekl. 1, etwa 100‒125? 5) Dekl. 10, etwas später als Dekl. 1. 6) Dekl. 16, mit Dekl. 10 gleichzeitig? 7) Dekl. 7, vermutlich später. 8) Dekll. 2 und 17, später, vielleicht etwa 175‒200. 9) Dekll. 4, 5, 11, 18, 19, etwa gleichzeitig mit Gruppe 8). 10) Dekll. 14, 15 und wahrscheinlich 8, wohl die späteste Gruppe; vielleicht etwa 250 geschrieben.
0.33
0.338
17.4
0.42
0.422
Komplizierte Kl., Prozentanteil Prozentzahl für eine Klausel
innerhalb des Hauptmaterials
8.6
296
237
Prosodisch unkomplizierte Kl.
324
2
287
1
Gesamtsumme von Klauseln
0.599
0.59
16.9
167
201
3
0.355
0.35
9.9
282
313
4
5
0.292
0.29
8.3
343
374
6
0.357
0.35
20.7
280
353
7
0.565
0.56
15.7
177
210
8
0.337
0.33
8.0
297
323
0.368
0.37
16.3
272
325
9
Tabelle 1
10
0.418
0.42
15.8
239
284
11
0.656
0.66
9.5
152
168
12
0.238
0.24
17.0
420
506
13
0.469
0.47
15.8
213
253
14
0.709
0.71
13.6
141
162
15
0.510
0.51
6.7
196
210
16
0.735
0.74
15.0
136
160
17
0.386
0.39
14.5
259
303
0.372
0.37
5.3
269
284
18
0.382
0.38
10.6
262
293
19
4638
5333
Insgesamt
96 | Der Satzrhythmus
0.6
1.2
–!
–!
19 – – – !
––!
––!
––!
17 – 18 –
–!
!
16
15 –
12 13 – 14 –
–!
5.4
!
!
–––
11 – – – –
10
!
––
––
6.4
19.3
1.1
1.8
19.3
2.5
2.5
0.4
5.4
1.8
11.1
2.9
7.9
3.2
2.9
9
10.3
18.0
–
2.6
16.5
0.4
2.9
1.1
7.4
2.2
11.8
2.9
7.4
1.5
1.8
2.6
5.9
1.1
3.7
12
11.9
17.4
1.2
1.0
13.6
1.0
1.2
1.0
9.0
4.5
7.1
3.3
10.7
1.4
1.0
3.8
4.8
1.9
4.3
13
5.6
19.7
0.5
0.9
19.2
1.4
0.9
0.5
8.9
1.4
8.9
2.3
12.2
0.9
2.8
3.3
6.6
1.4
2.3
1
3.8
26.6
0.8
4.2
21.1
1.3
5.9
–
3.8
1.7
8.9
2.1
4.2
1.3
0.8
0.8
8.4
–
4.2
99.9 100.2 100.1 100.1 99.7 99.9
6.6
13.2
1.2
3.0
20.4
2.4
7.2
14.4
2.4
8.4
2.4
9 –
!
8
!
–
–
6 – 7 –
3.2
0.6
3.0
!
–
5
4.6
4.2
! 3 – – ! 4 ––
1.4
1.8
!
–
6
2.5
2
3
1.8
!
1
2
4
2.5
29.4
0.7
4.6
14.2
0.4
4.6
1.1
2.5
0.7
10.6
1.8
10.3
1.8
2.1
–
8.5
1.4
2.8
5
0.3
29.2
0.3
4.4
17.8
1.2
8.2
0.3
0.6
0.9
10.2
2.0
7.3
1.7
2.3
–
9.0
2.6
1.7
7
5.1
32.8
–
7.3
14.7
–
5.6
–
3.4
–
11.9
4.0
4.5
0.6
2.3
–
1.7
–
6.2
8
0.7
32.0
–
5.4
11.4
–
7.4
2.7
1.3
0.3
12.5
5.1
3.4
0.7
1.0
0.3
7.4
2.4
6.1
10
2.1
35.6
1.3
1.7
18.4
0.8
6.3
0.4
1.7
1.7
10.9
1.7
5.0
1.3
0.4
0.4
4.6
0.8
5.0
11
0.7
26.3
–
5.9
17.8
0.7
5.3
0.7
1.3
–
8.6
2.6
11.8
3.9
1.3
0.7
8.6
0.7
3.3
14
1.4
25.5
–
5.7
14.9
–
9.2
1.4
1.4
–
10.0
2.1
5.7
0.7
2.8
–
13.5
–
5.7
15
1.0
17.6
0.5
7.7
11.2
0.5
8.2
2.0
1.5
–
9.2
1.5
5.6
2.0
2.0
0.5
10.2
0.5
8.2
16
1.5
27.9
–
5.9
29.4
0.7
2.9
2.2
0.7
2.9
7.4
2.2
4.4
0.7
1.5
0.7
2.2
1.5
5.1
17
3.1
25.9
–
5.8
17.0
–
4.6
1.5
1.5
0.8
10.0
4.2
10.8
1.2
1.2
–
5.8
1.2
5.4
18
1.5
30.5
0.4
6.7
13.8
–
4.1
1.5
2.6
0.7
11.5
2.2
7.4
1.1
0.7
0.4
10.0
1.9
3.0
19
0.8
31.7
–
7.6
13.4
–
4.6
0.8
2.3
0.8
8.8
2.3
12.2
0.4
3.4
0.4
8.0
0.4
2.3
100.0 100.0 100.0 100.1 100.1 100.1 100.2 100.0 99.9 99.8 100.0 100.0 100.2
1.7
21.3
–
6.1
23.6
0.3
5.7
0.7
–
0.7
10.1
3.4
8.1
0.7
2.4
0.7
7.8
0.3
6.4
Tabelle 2
3.6
25.8
0.4
4.6
17.2
0.7
4.8
1.0
3.2
1.5
10.2
2.7
7.8
1.4
1.8
1.1
6.9
1.1
4.2
Durchschnitt
Tabellen | 97
1.8
3.0
64.8
16
Alles insgesamt
65.1
2.6
2.9
7.4
5.9
46.3
49.8
2.8
4.9
4.7
2.9
65.1
3
7
13
16
Alles insgesamt
66.4
16.5
18.0
9 + 15 + 18
Gruppe
2.5
1.2
13
7.8
8.4
7
4.6
49.7
4.2
48.0
3
Insgesamt
Gruppe
19.3
13.2
19.3
20.4
4.2
79.3
5.9
0.9
1.2 0.9
4.2
12.2
10.7
68.4
8.4
6.6
4.8
1.0
56.6
47.8
38.1
55.8
21.1 26.6
19.2 19.7
13.6 17.4
62.6
2.2
3.0
7.2
8.2
42.0
Celsus
15
1 8.9
13 8.9
12
76.0
5.0
5.0
–
12.0
54.0
Curtius
18
Cic. Reden
7.1
1.7
9.0 7.3 8.2
8.5 10.3 4.6
55.0 7.8 8.1 5.7 7.3
78.5
4.4
86.1
4.6
6.3
56.6
2.5
2.5
–
5.6
82.2
67.9
82.7
6.1
59.4
57.2
54.2
21.3
4.5
14.7 32.8
17.8 29.2
14.2 29.4
23.6
7 11.9
5 10.2
4 10.6
2 10.1
Suet.
9
77.5
2.0
2.5
4.5
8.5
60.0
Quint.
11.8
77.5
0.5
10.5
3.0
8.0
55.5
Florus
6
5.9
84.3
5.3
6.3
7.4 1.7
11.8
5.0
3.4
82.5
8.6
4.6
7.4
5.4
52.7
64.9
55.9
79.5
17.8 26.3
18.4 35.6
11.4 32.0
11 8.6
10 10.9
8 12.5
87.6
5.8
6.6
–
3.6
71.6
Min. Fel.
11.1
87.4
1.5
1.9
0.7
2.5
80.8
Arnobius
3
14
17
52.9 5.8 10.8
64.7 2.2 4.4 2.9
48.0 10.2 5.6 8.2
50.4 13.5 5.7
5.7
5.8
79.9
5.9
80.1
7.7
79.7
83.7
6.4
7.2
5.0
5.2
59.9
84.5
4.6
25.9
27.9
9.2
17.0
29.4
11.2 27.6
25.5
10.0
16 7.4
15 9.2
14.9
10.0
Lact. Inst. I
14.4
93.8
1.3
5.6
3.5
7.4
76.0
Symm. Epist. I
9
77.7
2.3
3.1
3.4
18.1
50.8
Hier. Epist. 22
Gruppe
7.6
86.3
6.7
4.6
4.1
84.0
8.0 12.2
53.9
55.8 7.4
31.7
10.0
13.4
13.8 30.5
19 8.8
18 11.5
99.0
5.0
9.0
–
11.0
74.0
Ammianus
Tabelle 3 A‒B
98 | Der Satzrhythmus
(Insgesamt)
Kl. 1, Grundform
3.6
0.4
1.8
–
0.6
–
0.6
βγ
βδ
βδ(ε)
γδ
–
0.5
0.5
1.9
–
–
–
0.5
7.0
2.3
–
6.1
–
–
0.9
–
–
–
1
–
3.8
0.8
–
–
–
4.2
1.3
–
7.6
–
–
5.5
–
–
–
3.0
2
0.3
0.7
0.3
–
–
–
2.0
0.7
–
13.5
–
–
1.7
–
–
–
0.7
1.4
0.7
–
2.6
0.2
–
–
0.7
3.6
0.7
–
4.1
–
–
4.1
–
–
0.2
–
13
21.3
1.1
–
3.7
0.4
–
–
–
1.5
–
–
6.3
1.1
–
1.5
0.7
–
0.4
12 0.5
0.4
0.4
9
1.5
13.2 19.6 18.2 17.4 19.7 26.6
–
–
–
–
δ(ε)
–
0.4
0.4
(γ)δ
1.8
0.6
γ(δ)
0.6
2.5
–
γ
(β) γ
δ
7.5
6.6
β(ε)
(β)δ
0.7
–
1.8
β(δ)
1.1
0.4
–
0.6
–
β
–
(γ)
0.4
–
6
(ε)
–
(β)
3
–
α
29.6
1.1
–
0.7
–
–
–
0.7
3.2
1.8
–
20.6
0.4
–
1.1
–
–
–
–
4
29.2
1.2
–
–
–
–
0.3
–
1.5
2.0
–
19.8
0.3
–
2.9
0.3
–
0.6
0.3
5
Tabelle 4 A 7
32.9
0.6
–
–
0.6
–
–
–
2.3
–
–
26.6
–
–
1.1
–
1.7
–
–
30.2
1.0
–
–
–
–
–
–
2.4
2.0
–
26.3
–
–
–
0.3
–
–
–
8
10
35.3
0.4
–
2.5
–
–
0.4
0.8
5.8
1.3
–
18.3
–
–
2.9
–
–
0.4
2.5
26.3
0.7
–
–
–
0.7
–
–
2.6
3.3
–
17.8
0.7
–
0.7
–
–
–
–
11
25.4
0.7
–
–
2.1
–
–
–
1.4
1.4
–
17.7
0.7
–
0.7
–
0.7
–
–
14
27.6
–
–
–
0.5
–
–
–
1.5
–
–
25.0
–
–
0.5
–
–
–
–
15
16
27.9
1.5
–
–
–
–
–
–
2.2
0.7
–
16.9
–
–
4.4
–
–
0.7
1.5
25.9
2.3
–
0.4
0.4
–
–
–
2.7
1.2
–
15.8
–
–
1.9
0.8
–
0.4
–
17
18
30.5
3.0
–
–
–
–
–
–
3.0
2.6
–
20.8
–
–
0.4
0.4
–
–
0.4
31.7
1.5
–
0.4
0.8
–
0.4
0.8
1.1
1.1
–
24.4
–
–
0.8
–
–
0.4
–
19
Tabellen | 99
3
18.2
–
4.5
4.5
γ, (β)γ, γ(δ)
δ, (β)δ, (γ)δ, δ(ε)
βγ
βδ, βδ(ε)
γδ
6
2.0
9.2
2.0
18.4
53.1
11.2
4.1
9
6.0
18.9
2.2
8.2
34.6
14.3
14.3
12
4.0
14.9
1.1
24.7
27.6
23.6
4.0
2.5
12.2
–
38.1
42.6
4.6
–
13
1
1.5
14.3
3.0
15.8
33.5
20.7
11.3
2
6.6
4.2
1.4
9.4
66.7
8.0
3.3
3.7
2.4
–
13.2
75.7
5.1
–
4
5
4.0
–
–
6.0
75.0
11.0
4.0
7
1.8
–
1.8
7.0
80.9
3.3
5.2
8
3.1
–
–
7.5
88.4
–
0.9
10
1.1
7.1
–
19.8
55.5
8.2
8.2
2.6
–
–
12.5
79.6
5.3
–
11
14
2.8
–
8.3
5.5
75.2
5.5
2.8
–
–
1.8
5.5
90.9
1.8
–
15
16
5.4
–
–
7.9
63.1
15.8
7.9
17
8.9
1.5
1.5
10.4
65.6
7.3
4.6
18
9.8
–
–
9.8
76.5
1.3
2.6
19
4.7
1.3
2.5
7.3
80.4
2.5
1.3
77.2 73.5 48.8 56.3 83.2 50.8 82.7 92.6 85.0 89.7 99.0 76.4 94.7 83.5 96.4 76.4 84.9 96.1 92.4
18.2
54.5
β, β(δ), β(ε)
–
α, (β), (γ), (ε)
γ+δ+γδ
Kl. 1, Grundform
Tabelle 4 B
100 | Der Satzrhythmus
0.9
13 3.8
1 5.4
2 4.6
4 4.4
5 6.2
7
1.8
0.9
3.8
4.6
0.5
0.5
-
4.2
4.2
4.4
0.3
4.1
4.2
4.2
4.7
5.0
1.5
1.5
Insgesamt
1.4
1.4
5.0
0.3
0.6
0.6
6.0
γε
βγ
γ(ε)
γ
0.9
4.7
0.7
4.0
7.4
1.5
1.2
Insgesamt
0.6
0.6
0.3
0.6
0.2
0.3
0.4
δ
γ(δ)
γε
Kl. 12
4.7
8 0.8
10 5.3
11
14
7.1
7.1
5.3
0.3
0.3
4.2
0.4
3.8
0.8
2.6
2.6
6.0
0.7
7.1
0.7
6.4
5.6
0.7
1.4
2.8
0.7
12 0.7
1.1
9
γ
1.8
6
β
1.2
3
βδ
Kl. 1
1
Tabelle 4 C
5.6
5.6
7.6
0.5
7.1
15
1.5
1.5
5.9
1.5
0.7
3.7
16
3.5
3.5
5.8
0.4
0.8
4.6
17
3.7
0.4
3.3
6.7
0.4
0.7
5.6
18
2.7
2.7
6.8
1.5
5.3
19
Tabellen | 101
γδ
4.2
0.6
4.5
0.4
0.4
βδ(ε)
0.6
0.4
βδ
βγ
δ(ε)
(γ)δ
(β)δ
5.8
0.4
1.8
1.8
4.8
0.5
0.2
1.4
1.2
0.5
6.7
0.5
0.5
0.5
0.8
0.5
0.9
0.6
1.1
δ
1.4
8.4
0.4
3.4
0.8
3.4
1
0.6
3.8
13
γ(δ)
1.0
12 0.4
0.7
9
1.8
1.1
6
γ
3
β(δ)
β
γ(δ)(ε)
Insgesamt
Kl. 13
7.8
1.7
0.3
0.7
0.7
4.4
2
8.5
1.4
1.1
0.7
5.3
4
8.8
0.9
0.9
7.0
5
1.7
0.6
1.1
7
Tabelle 4 D
7.4
0.3
0.3
0.7
6.1
8
4.5
0.4
0.8
1.7
0.8
0.8
10
8.6
0.7
1.3
0.7
5.9
11
13.5
0.7
12.1
0.7
14
10.2
0.5
9.7
15
2.2
2.2
16
5.8
0.8
0.4
4.6
17
10.1
0.4
0.7
8.6
0.4
18
8.0
1.1
6.9
19
102 | Der Satzrhythmus
δ
1.2
0.4
0.4
12
1.6
0.2
0.7
0.7
13
1.4
0.9
0.5
-
1
2
1.0
0.3
0.7
4
2.2
1.1
1.1
5
2.6
0.6
1.7
0.3
-
7
8
5.1
2.4
2.7
10
1.2
0.8
0.4
11
1.4
0.7
0.7
14
0.7
1.5
0.7
0.4
9
0.4
0.7
0.6
6
0.4
Insgesamt
γδ
γ
γδ
3
0.6
γ
1123
123
γ
113
γ(δ)
γ
112
Kl. 1 mit mehreren Auflösungen
Tabelle 4 E
15
3.0
0.5
0.5
2.0
16
2.2
0.7
1.5
17
2.0
0.4
0.8
0.8
2.6
0.4
1.1
1.1
18
19
0.8
0.4
0.4
Tabellen | 103
(Insgesamt)
Kl. 2, Grundform
γδε
14.4
11.1
1.1
γδ(ε) γδ(ζ) γζ
γε βδε
0.4
0.7
11.8
0.4
0.7
1.1
0.7
1.1 0.4
1.1
0.4
1.1
0.4
0.7
0.7
1.2
1.2
0.4
1.1
1.8
0.6
0.4
0.6
1.1
0.7
0.7
1.1
1.4
0.4
3.0
0.4
9
1.8
6
βδ(ζ) βε γδ
βγ βγ(ζ) βδ βδ(ε)
δ(ζ) (β)δ ε
1.2
γ(δ)(ζ) δ δ(ε)
0.6
0.6
5.4
0.6
γ(ε) γ(ζ) γ(δ)(ε)
γ γ(δ)
α (δ) (β)(ζ) β β(ε) β(ζ)
3
7.1
0.2
0.2
0.5
1.0
0.2
1.0
0.2
1.7
0.5
0.2
0.7
0.5
0.2
12
8.9
1.4
0.5
0.9
0.5
0.5
1.4
3.3
0.5
0.5
13
8.5
0.4
0.4
0.4
2.1
0.4
0.4
2.5
1.3
0.4
0.4
1
10.1
1.7
1.4
0.7
6.4
2
10.6
0.7
1.4
0.4
0.4
1.1
1.1
6.0
4
1.2
0.3
0.9
0.3
7.0
0.3
5
10.2
Tabelle 5 A
11.9
1.1
0.6
1.1
8.5
7
12.5
0.3
0.3
0.3
0.3
0.3
0.7
0.3
9.8
8
10.9
0.8
0.4
2.1
0.4
0.4
0.8
1.7
0.4
0.4
2.9
10
8.6
0.7
0.7
7.2
11
10.0
0.7
0.7
2.1
0.7
1.4
0.7
3.5
14
9.2
1.0
0.5
0.5
1.0
6.1
15
7.7
0.7
0.7
0.7
0.7
0.7
3.7
16
10.0
0.4
0.8
0.4
0.4
0.4
0.8
7.3
17
11.5
0.4
1.1
0.4
0.7
2.6
5.9
18
8.6
0.4
1.1
0.4
0.4
0.4
1.1
1.1
3.4
0.4
19
104 | Der Satzrhythmus
Insgesamt
γ
2 12
γε
γ(δ)
δ(ζ)
βγζ
γε
γδ(ε)
γδ
β(γ)ζ
(β)ε
γ(ζ)
γ(δ)
γ
γε
γδ(ζ)
γδ(ε)
γδ
ε
γ(ζ)
γ(δ)
γ
β
23
22
21
Kl.2, aufgelöste Formen
1.2
1.2
3
3.0
0.4
0.7
0.4
0.4
0.4
0.7
6
1.9
0.4
0.4
1.1
9
1.1
0.2
0.2
0.5
0.2
12
2.8
0.9
0.5
1.4
13
3.3
0.4
0.4
0.4
2.1
1
4.4
0.3
1.4
0.3
2.4
2
2.6
0.4
1.8
0.4
4
Tabelle 5 B
3.3
0.3
0.3
1.2
0.3
1.2
5
5.2
0.6
0.6
1.1
0.6
0.6
1.7
7
6.0
0.3
0.7
0.3
4.7
8
1.6
0.4
0.4
0.4
0.4
10
3.9
1.3
2.6
11
2.8
1.4
1.4
14
2.0
1.0
1.0
15
0.7
0.7
16
3.9
0.4
0.4
3.1
17
3.4
0.4
0.7
0.4
1.9
18
4.7
0.8
0.4
1.9
0.8
0.8
19
Tabellen | 105
Kl.2, Schwerform, Molossus + Kretikus, unaufgelöste und aufgelöste Formen
6.4
Insgesamt 6.0
0.7
0.7
0.4
0.4
0.7
0.4
0.4
0.4
4.5
0.7
0.4
0.4
0.4
1.1
7.6
0.5
0.5
0.2
0.3
0.5
1.0
0.2
0.7
0.2
0.2
0.5
0.4
0.4
1.4 0.5
7.1
0.5
0.5
1.9
0.9
0.5
2.3
0.5
13
3.2
0.4
0.8
0.4
0.4
0.8
0.4
1
Tabelle 5 C
0.7
12
0.2
1.1
9
0.4
1.1
0.4
1.8
0.6
0.6
1.2
0.6
0.6
0.6
6
(β) β β(γ) γ γ(δ) γ(ε) γ(ζ) (β)γ(ζ) (γ)δ ε (β)ε (γ)ε βγ βγ(δ) βγ(ζ) βε β(γ)ε β(δ)ε γα γδ(ε) γε (β)γε βγδ βγδ(ε) βδε γδε(ζ) "! – – – #& & – – "! – # "! – "! – #
3
–
2
2.4
0.4
0.4
0.4
0.4
0.4
0.4
4
3.8
2.3
0.9
0.3
0.3
5
2.4
0.6
0.6
0.6
0.6
7
1.3
0.3
0.7
0.3
8
1.2
0.4
0.4
0.4
10
0.7
0.7
11
1.4
0.7
0.7
14
1.0
0.5
0.5
15
1.4
0.7
0.7
16
2.8
0.4
0.4
0.4
0.4
0.8
0.4
17
2.6
0.7
0.4
1.1
0.4
18
2.7
0.4
0.4
0.4
0.4
0.4
0.7
19
106 | Der Satzrhythmus
6.5
2.4
26.2
33.3
38.1
21.4
16.7
42
9
–
24.0
42.0
34.0
14.0
20.0
50
12
8.1
18.9
51.4
21.6
8.1
13.5
37
13 41
2.4
31.7
31.7
35.4
17.7
17.7
1
–
19.4
58.1
22.6
11.3
11.3
62
2
–
44.7
36.8
18.4
7.9
10.5
38
4
6.3
22.9
43.8
27.1
12.5
14.6
48
5
|| 22 Die Prozentzahlen entsprechen hier dem Durchschnitt aller Deklamationen.
–
! "
Übrige
30.8
! !
15.2
43.5
34.8
19.6
11.5
38.5
23.9
19.2
46
26
Insgesamt 30.7
! " ! ! ––
Klauseln
Zahl der untersuchten
6
3
‚Basis‘ der Kl. 3, Grundform
–
13.6
36.4
50.0
18.2
31.8
22
7
Tabelle 6 A
3.6
14.3
46.4
35.7
14.3
21.4
28
8
8.3
13.8
44.4
33.3
22.2
11.1
36
10
8.7
17.4
30.4
43.4
21.7
21.7
23
11
–
18.8
43.8
37.5
–
37.5
16
14
15.8
5.3
26.3
52.7
21.1
31.6
19
15
5.9
38.2
26.5
29.4
2.9
26.5
34
16
–
32.6
30.2
37.2
20.9
16.3
43
17
9.1
21.2
33.3
36.3
12.1
24.2
33
18
12.9
25.8
22.6
38.8
6.5
32.3
31
19
4.3
23.7
38.5
34.8
15.4
19.4
675
Total22
Tabellen | 107
(Insgesamt)
Kl. 3, Grundform
α
γδ
γ(δ)
γ
β(δ)
β
(δ)
(γ)
(β)
20.4
1.2
8.4
19.4
16.6
2.2
0.4
1.1
7.7
0.4
0.4
10.4
0.4
0.4
1.4
0.6
9
5.5
6
5.7
3
10.3
12
13.6
1.4
5.3
0.5
6.4
13
19.2
4.2
7.0
0.5
7.5
1
21.1
1.7
8.4
0.4
0.8
9.7
23.6
1.7
10.8
0.3
1.0
9.8
2
14.2
2.8
3.9
0.4
7.1
4
17.8
4.4
5.8
0.3
0.6
6.7
5
Tabelle 6 B
7
14.7
0.6
3.4
6.2
0.6
4.0
8
11.4
4.4
1.3
0.3
5.4
10
18.3
5.0
7.1
0.4
0.4
0.4
5.0
11
17.7
1.3
3.3
1.3
11.8
14
14.9
2.1
5.7
1.4
5.7
15
11.3
2.0
3.1
2.1
4.1
16
29.0
0.4
0.7
12.5
0.7
2.9
11.8
17
17.0
3.9
7.3
1.2
4.6
18
13.7
3.0
3.3
7.4
19
13.4
1.9
5.3
6.2
108 | Der Satzrhythmus
Insgesamt
3 12
3
2
γ
γδ
βγ
γ(δ)
γ
β
(γ)
(β)
α
γ
β
(β)
1.8
1.2
3
0.6
31
α
Kl.3, aufgelöste Formen
6
2.2
0.7
0.4
0.4
0.7
9
4.7
0.4
1.1
0.7
0.7
1.8
12
3.8
1.4
1.0
0.5
0.5
0.2
0.2
13
2.4
0.5
0.9
0.5
0.5
4.9
0.4
0.4
0.4
2.1
0.8
0.4
0.4
1
7.0
0.7
4.7
0.3
1.0
0.3
2
2.9
2.1
0.4
0.4
4
Tabelle 6 C
4.7
0.9
0.6
0.3
1.7
1.2
5
6.2
1.7
0.6
2.8
1.1
7
8
5.7
0.7
0.3
4.1
0.3
0.3
10
6.6
4.6
0.4
0.8
0.4
0.4
4.6
1.3
1.3
0.7
1.3
11
7.0
1.4
0.7
2.1
0.7
0.7
1.4
14
15
8.6
0.5
6.1
1.0
0.5
0.5
3.6
0.7
2.2
0.7
16
17
6.2
0.4
4.2
1.2
0.4
3.4
1.1
1.9
0.4
18
4.6
2.3
1.9
0.4
19
Tabellen | 109
Insgesamt
!"#! – !"#!
– – !"#!
!"#! – –
–––
3
6
1.2
γ
1.4
γ
βγ
γ
6.6
8.6
0.4
9.6
0.4
0.7
β
0.4
0.7
0.7
0.4
2.6
1.8
0.4
βγ
0.4
9
1.5
γ(δ)
(β)γ
1.2
1.1
0.7
0.4
β
β(γ)
0.4
α
0.4
0.4
0.4
(β)
0.6
0.6
1.2
β
α
βγ
γ(δ)
γ
β(γ)
1.1
0.4
1.1
1.2
0.6
β
α
(β)
Kl. 3, Schwerformen
12
9.1
0.2
0.2
0.2
0.2
1.2
0.2
1.2
2.4
3.3
13
7.2
0.5
0.5
0.5
0.5
0.5
0.5
1.4
2.3
0.5
1
3.7
0.8
0.4
2.5
2.0
0.7
0.3
1.0
2
2.3
0.4
0.4
1.1
0.4
4
0.6
0.3
0.3
5
Tabelle 6 D 7
4.0
0.6
0.6
2.8
0.3
0.3
8
2.0
0.4
0.4
0.4
0.8
10
1.4
0.7
0.7
11
0.7
0.7
14
15
1.5
0.5
0.5
0.5
1.4
0.7
0.7
16
17
1.6
0.4
0.4
0.8
1.5
0.4
0.4
0.7
18
19
1.2
0.4
0.8
110 | Der Satzrhythmus
βγε
1.3
1.2
0.7
0.2
0.5
1.4
0.5
0.9
12.2
–
4.2
0.4
0.6
0.3
0.3
8.0
0.3
–
10.3
1.1
0.4
0.3
7.5
0.6
0.6
1.6
0.4
0.4
10.7
1.4 1.4
0.7
3.8
0.6
0.6
0.4
0.4
0.4
7.5
1.2
0.2
4.2 0.7
0.3
0.3
0.6
1.2
γδ
δ
γ
0.4
(δ)
8.4
0.4
0.6
8.4
α
0.7
0.4
5.1
5 0.3
Insgesamt
41
0.4
0.2
0.4
0.4
βγ
βα
βδ
0.2
1.2
4.2 0.3
3.1
0.4
0.4
4.0
(γ)δ
3.9 0.3
1.8
(β)δ
δ
0.4 0.5
1.1
0.4
0.3
0.4
0.9
0.4
γ(ε)
2.4
0.3
4 1.1
γ(δ)
0.4
0.4
0.4
0.4
2 1.4
0.4
0.7
0.9
1 0.9
(β)γ
γ
0.2
1.0
0.5
0.5
13 1.9
0.5
0.4
0.4
12
1.2
β(ε)
1.4
0.4
9
0.4
0.5
3.0
6
0.4
β(δ)
β
(ε)
1.2
0.6
(δ)
(β)
3
0.6
α
(Insgesamt)
4
Kl. 4, Grundform und aufgelöste Formen 7
–
4.6
1.1
0.6
2.3
0.6
Tabelle 7 A 8
–
3.3
2.0
0.3
0.3
0.7
–
5.0
0.4
0.4
4.2
10
–
11.9
1.3
0.7
9.2
0.7
11
14
–
5.6
0.7
2.1
0.7
0.7
1.4
0.5
0.5
5.6
0.5
0.5
4.1
0.5
15
1.4
0.7
0.7
4.4
2.2
0.7
1.5
16
17
–
11.0
0.8
0.4
0.4
6.6
0.4
1.2
0.4
0.8
18
–
7.4
2.4
0.4
4.5
0.4
0.4
1.5
19
0.4
0.4
12.2
1.1
8.0
0.8
0.4
0.4
1.5
Tabellen | 111
6
δ
βγ
Insgesamt
γδ
βδ
βγ(δ)
8.4
0.6
1.8
2.3
0.7
5.7
1.1
0.4
0.4
γ(ε)
(β)δ
2.3 0.8
0.4
1
0.3
2
0.4
4
6.1
0.2
0.5
0.2
0.7
0.2
3.3
0.5
0.5
1.6
0.4
0.6
0.3
1.6
0.4
0.4
1.5
2.4
13
2.4
0.2
0.5
1.2
12
0.4
1.5
0.4
0.4
0.4
9
0.6
0.4
0.4
0.4
γ(δ)
γ
β(ε)
β(δ)
1.2
0.6
β
0.6
0.6
3
β(γ)
(ε)
(δ)
(γ)
(β)
α
Kl. 4, Schwerform
0.9
0.3
0.3
0.3
5
Tabelle 7 B
1.1
1.1
7
0.7
0.7
8
2.4
0.5
0.4
0.4
0.4
0.7
10
0.7
0.7
11
–
14
0.5
0.5
15
2.8
0.7
0.7
0.7
0.7
16
0.4
0.4
17
1.5
1.1
0.4
18
1.2
0.8
0.4
19
112 | Der Satzrhythmus
16
31
66
Grundform + Auflösungen
75
24
10
Auflösungen der Kl. 1. 2. 3. 4
Schwerformen der Kl. 1. 2. 3. 4
6 59
3
56
Grundform der Kl. 1. 2. 3. 4
9
72
25
18
54
12
63
33
14
49
13
76
23
16
60
84
12
25
59
1
94
4
31
63
2
90
10
25
65
4
Tabelle 8 A
5
94
4
30
64
7
89
10
25
64
8
96
4
37
59
10
87
8
18
69
11
92
6
27
65
94
5
37
57
14
15
92
6
38
54
16
87
8
18
69
17
92
7
27
65
18
93
6
30
63
19
94
5
28
66
Tabellen | 113
Aufgel. Formen, Prozent
Grundform, Prozent
Tabelle 8 B
114 | Der Satzrhythmus
4+2
–––.. 2 ––––.. 3 –––––.. 4– – – – – –..
18.4
9.1
% 21.1
% 5.3
15.3 43.4 24.1 11.2 54.6
23.6 42.9 20.6 6.4 49.3
26.3 38.5 20.8 8.1 46.6
27.7 44.9 17.9 4.4 49.3
27.1
29.2 12.2
45.9
3
4
4+2
49.8
13.3
17.7 36.5
19.5
33.7
1
2
Ametr. Prosa
56.9
47.8
% 41.2
% 46.5
22.2
% 28.8
Übers. von Athan.
1
249
233
457
Peerlkamp
21.2
49.8
16.3
24.0
33.5
1
13
12
Cic. Reden
296
7 201 14.9 56.2 19.4 5.0 61.2
5 362 9.1 57.9 22.4 7.5 65.4
4 263 12.2 55.4 20.5 6.6 62.0
2 306 13.4 49.3 22.9 6.9 56.2
71.3
26.7
18.8
44.6
2.7
89.7
41.6
6.5
48.1
3.2
88.5
25.2
5.1
63.3
Tabelle 9 B
7.4
Cypr.
9
Ps.-Cypr.
6
Arnob.
318
64.5
23.2
23.2
41.3
9.5
Lact.
3
60.9
6.4
23.9
54.5
13.1
314
8
26.0 9.6
22.5 6.4 58.2
23.5 6.0 62.6
20.9 4.9 64.4
15.9 7.6 61.4
82.5
30.4
9.8
52.1
11.1
78.7
21.3
9.6
57.4
1.6
88.6
36.4
9.4
52.2
50.7
41.1
51.8
56.6
59.5
53.8
11.6
16.1
8.4
11.0
146
19.1
16
218
166
163
251
15
14
11
10
6.5
Symm.
170
Hieron.
Gesamtzahl von Klauseln
Cassiod.
Tabelle 9 A
58.7
4.9
23.6
53.8
13.9
288
17
67.4
5.4
22.5
62.0
8.7
276
18
67.4
8.7
18.2
58.7
9.5
264
19
Tabellen | 115
Binnensilben:
E.
D.
Hiat:
Synalöphe bei es(t): C. Sonstige Elisionen:
B.
A.
Insgesamt
-
-
14.2 353
201
0.6
3.0
Insgesamt
15.0
-
0.5
bei kurzem Vokal
Gesamtsumme A, B, C, D, E (Gesamtsumme der Klauseln)
-
1.5
bei langem Vokal
7.1
0.3
2.5
sonst bei -m
1.4
0.3
0.5
bei Monosyllaba auf -m
1.5
5.1
8.5
13.0
2.3
3.0
von -m
Insgesamt
Zweifelsfälle
1.1
Summe von C + D + E
1.7
1.5 4.0
von langem Vokal
von kurzem Vokal
324
9.1
6.9
1.2
1.5
0.3
-
0.6
0.6
4.2
1.5
1.5
1.2
0.3
-
zweifelhaft
-
-
2.2
-
-
Hiat
9
6.8
-
-
Elision
2.0
0.3
6 -
3
506
12.5
7.2
1.4
0.6
-
0.2
0.4
-
5.2
2.2
1.2
1.8
4.3
1.0
0.2
0.2
0.6
12
253
11.2
6.8
0.4
1.6
0.8
-
0.4
0.4
4.8
1.6
2.0
1.2
4.0
0.4
-
-
0.4
13
Elision/Hiat (Prozent der Gesamt-Klauselsumme jeder Rede)
287
10.3
5.8
1.4
1.3
-
0.3
1.0
-
3.1
1.0
2.1
-
2.1
2.4
1.0
1.0
0.4
1
Tabelle 10
-
324
6.2
2.4
-
1.8
-
-
0.9
0.9
0.6
-
0.3
0.3
1.9
1.9
-
1.9
2 -
313
4.7
1.5
-
0.3
0.3
-
-
-
1.2
-
0.6
0.6
2.6
0.6
0.3
0.3
4
-
-
-
-
354
2.5
1.2
-
0.3
-
-
0.3
-
0.9
0.3
0.3
0.3
1.3
5
-
-
-
-
210
4.9
2.0
-
0.5
-
-
-
0.5
1.5
1.0
0.5
-
2.9
7
323
4.3
2.4
-
1.2
-
-
0.3
0.9
1.2
0.3
0.6
0.3
1.9
0.3
-
-
0.3
8
284
8.3
6.7
1.4
1.1
-
-
-
1.1
4.2
0.7
2.1
1.4
1.2
0.4
-
-
0.4
10
368
3.0
1.2
0.6
-
-
-
-
-
0.6
-
0.6
-
1.8
-
-
-
-
11
162
4.9
1.8
-
1.2
-
0.6
-
0.6
0.6
0.6
-
-
3.1
-
-
-
-
14
210
1.5
0.5
-
-
-
-
-
-
0.5
-
-
0.5
1.0
-
-
-
-
15
189
10.7
5.7
-
1.9
0.6
-
1.3
-
3.8
1.9
1.3
0.6
5.0
-
-
-
-
16
303
4.9
2.2
-
0.9
-
0.3
0.3
0.3
1.3
0.7
0.3
0.3
1.7
1.0
0.3
0.7
-
17
284
3.4
1.6
-
0.4
-
-
0.4
-
1.2
0.4
0.4
0.4
1.8
0.4
0.4
-
-
18
283
4.5
2.6
-
0.5
-
-
0.2
0.3
2.1
-
0.7
1.4
1.9
0.9
0.3
0.3
0.3
19
116 | Der Satzrhythmus
Verbalendung -o
B.
Zahl übriger Fälle
A‒E, Prozentanteil der Gesamt-
E.
F.
5
|| 23 Einschließlich der zweifelhaften Fälle.
3.5
2 0.9
1 2.9
– 3.2
1 8.1
7
1
1
–
1.5
1
2
1
1
1
2
2
–
8
Insgesamt
–
1
1
4
2
2
–
7
1 1
1
1
8
8
1
1
5
Kurz –
3
Lang
Insgesamt23
Nisi
1
Kurz
D.
1
Lang
Mihi, tibi, sibi
Klauselsumme
1
2
5 –
–
2
4
6
1
4
2
Insgesamt23
23
4
1
Kurz
Lang
Insgesamt
Kurz
Lang
C.
(nicht Gerund.)
Subst.-Endung -o
A.
Tabelle 11
3.2
1
–
2
1
4
4
2
2
10
5.4
4
1
1
–
3
2
1
1
11
5.6
2
2
1
1
3
3
1
1
14
1.9
–
1
1
1
1
1
1
1
15
3.8
2
2
1
1
1
–
1
1
16
6.3
2
3
1
1
2
1
10
9
1
2
2
17
1.1
1
–
1
1
1
1
–
18
7.7
–
1
1
1
3
2
3
3
19
Tabellen | 117
(5.1) 12 (4.2) 10
Kl. 3 α
Kl. 3 β
Kl. 3, Auflösungen
Kl. 4
Übrige
8.
9.
10.
11.
12.
(3.4) 8
(25.7) 61
(8.4) 20
(11.0) 26
(3.4) 8
Kl. 2 γ
(4.2) 10
Kl. 13 γ
5.
Kl. 2, Auflösungen
(4.2) 10
Kl. 12
4.
7.
(3.8) 9
Kl. 11
3.
6.
(17.7) 42
Kl. 1, Übriges
(8.9) 21
Kl. 1 γ
1.
2.
1
Tabelle 12 A
(18.1) 32
(4.5) 8
(6.2) 11
(6.2) 11
(4.5) 8
(5.1) 9
(9.6) 17
(1.1) 2
(4.5) 8
(7.4) 13
(6.2) 11
(26.6) 47
7
(28.0) 67
(5.0) 12
(6.7) 11
(7.1) 17
(6.3) 15
(1.7) 4
(3.8) 9
(0.8) 2
(4.2) 10
(0.8) 2
(15.9) 38
(19.7) 4.7
10
(21.3) 29
(4.4) 6
(3.7) 5
(12.5) 17
(15.4) 21
(0.7) 1
(4.4) 6
(2.2) 3
(1.5) 2
(5.9) 8
(10.3) 14
(17.6) 24
16
118 | Der Satzrhythmus
(7.4) 21 (3.9) 11
(5.1) 15
(8.4) 25
(4.4) 13
(11.1) 33
(10.8) 32
(7.1) 21
(8.1) 24
(13.2) 39
5. Kl. 13 γ
6. Kl. 2 γ
7. Kl. 2, Auflösungen
8. Kl. 3 α
9. Kl. 3 β
10. Kl. 3, Auflösungen
11. Kl. 4
12. Übrige
(20.3) 57
(10.3) 29
(2.8) 8
(2.5) 7
(8.5) 24
(6.0) 17
(4.3) 12
(4.6) 13
(6.1) 18
3. Kl. 1
(4.4) 13
(7.1) 20
4. Kl. 12
(7.1) 21
4 (22.3) 63
1
2. Kl. 1, Übriges
2
(14.2) 42
1. Kl. 1 γ
5
(16.3) 56
(7.3) 25
(4.7) 16
(5.8) 20
(7.6) 26
(3.2) 11
(8.2) 28
(7.9) 27
(5.0) 17
(5.0) 17
(7.3) 25
(21.9) 75
(15.8) 47
(3.4) 10
(5.7) 17
(1.3) 4
(5.7) 17
(6.1) 18
(10.8) 32
(6.7) 20
(7.1) 21
(5.4) 16
(3.7) 11
(28.3) 84
8
(13.8) 21
(11.8) 18
(4.6) 7
(3.3) 5
(13.1) 20
(3.9) 6
(7.9) 12
(6.6) 10
(2.6) 4
(5.9) 9
(5.2) 8
(21.1) 32
11
Tabelle 12 B
14
(14.1) 20
(5.7) 8
(7.1) 10
(5.7) 8
(7.1) 10
(2.8) 4
(6.4) 9
(12.8) 18
(7.1) 10
(5.7) 8
(6.4) 9
(19.1) 27
15
(15.7) 31
(5.6) 11
(8.7) 17
(3.1) 6
(6.1) 12
(2.0) 4
(7.7) 15
(10.2) 20
(5.6) 11
(7.7) 15
(2.6) 5
(25.0) 49
17
(17.4) 45
(10.8) 28
(6.2) 16
(7.3) 19
(5.8) 15
(3.9) 10
(8.5) 22
(5.0) 13
(3.5) 9
(5.8) 15
(8.9) 23
(17.0) 44
18
(15.6) 42
(7.4) 20
(3.3) 9
(3.3) 9
(7.4) 20
(3.3) 9
(9.3) 25
(9.3) 25
(3.7) 10
(6.7) 18
(7.1) 19
(23.4) 63
19
(12.2) 32
(12.2) 32
(4.6) 12
(5.3) 14
(6.1) 16
(4.6) 12
(5.7) 15
(8.0) 21
(2.7) 7
(6.9) 18
(6.1) 16
(25.6) 67
Tabellen | 119
120 | Der Satzrhythmus
9 Anhang. Der Satzrhythmus des Calpurnius Flaccus Im Anschluss an der Untersuchung der Größeren Deklamationen habe ich auch die Klauseln des Calpurnius Flaccus (bis jetzt terra incognita) analysiert, um dadurch vielleicht etwas zur Datierung dieses uns ganz unbekannten Rhetors beitragen zu können. Calpurnius’ Deklamationen liegen uns bekanntlich nur als kurze Exzerpte vor, und bei einer Untersuchung wie dieser muss folglich vorausgesetzt werden, dass der Exzerptor den Wortlaut seiner Vorlage in den Exzerpten beibehalten hat. Gewisse Zeichen deuten m. E. an, dass wir in Wirklichkeit Calpurnius’ eigene Worte in den Exzerpten unverändert finden: So verspürt man mehrmals recht abrupte Übergänge zwischen den exzerpierten Kola, sprachliche und inhaltliche Lücken, die ein auf interpolatorische Tätigkeit ausgerichteter Exzerptor vermutlich überbrückt hätte. Der dürftige, zerhackte Eindruck, den die Exzerpte dem Leser geben, muss hier kaum eigens exemplifiziert werden: Man lese einfach einige Seiten aufs Geratewohl, denn er tritt fast überall zutage. Gewisse Fälle sind zwar besonders handgreiflich wie etwa der Beginn der Dekl. 42, wo der Exzerptor die Rede mit einem cum-Satz ohne einen begleitenden Hauptsatz anfangen lässt; so verfährt schwerlich ein Interpolator. Auch wenn ich mir bewusst bin, dabei mich eines Zirkelschlusses schuldig zu machen, wage ich sogar zu vermuten, dass das Resultat dieser Untersuchung in der Tat dafür spricht, dass wir es mit einem exzerpierten unbearbeiteten Text zu tun haben. G a n z sicher lässt sich dies aber nicht beweisen, und wir müssen wohl deshalb mit der – freilich geringen – Möglichkeit rechnen, dass unser Resultat bis zu einem gewissen Grade von der Tätigkeit des Exzerptors beeinflusst werden kann. Wie bei der vorhergehenden Untersuchung dient meine eigene Ausgabe des Textes als Grundlage.24 Die Prinzipien, die ich oben S. 50ff. angegeben habe, sind auch für diese Untersuchung maßgebend. Als textkritisch unsicher sind die folgenden Kola ausgelassen (Seite und Zeile in meiner Edition): 2, 13f.; 9, 21; 13, 16; 26, 8f. Insgesamt umfasst das Material 551 Klauseln, von denen 475 keine prosodischen Komplikationen enthalten und somit in der Hauptuntersuchung berücksichtigt werden. Die Prozentzahl für e i n e Klausel innerhalb der Hauptuntersuchung ist 0.21. Der Gang der Untersuchung schließt sich dem der vorhergehenden an, weshalb wir die schon gewonnenen Ergebnisse durchgehend vergleichen können.
|| 24 Håkanson 1978.
Der Satzrhythmus des Calpurnius Flaccus | 121
9.1 Analyse nach Zielińskis ,Achtsilbenmethode‘ in modifizierter Form25 Wenn wir Tab. 1 S. 130 mit Tab. 2 oben S. 97 vergleichen, sehen wir, dass Calpurnius vor allem durch seine hohe Frequenz von Gruppe 9 von den Größeren Deklamationen (= Deklamationen) abweicht. Auch die geringe Frequenz der Gruppe 1 fällt auf. Calpurnius’ Vorliebe für Gruppe 9 (= Kl. 2) tritt auch deutlich zutage, wenn wir zum Vergleich Hagendahls Tabelle (1937, 19) und meine Tabelle 3 A‒B S. 98 heranziehen. Unter den von Hagendahl verglichenen Autoren bieten nur Symm., Min. Fel. und Lact. eine ähnliche Frequenz der Gruppe 9 (auch Arnob zeigt dieselbe Tendenz). Wenn wir Tab. 3 B vergleichen, ergibt sich, dass Calpurnius dem Laktanz nahesteht; die Zahlen sind wie folgt:
Gruppe 9 + 15 + 18 Gruppe 3 Gruppe 7 Gruppe 13 Gruppe 16
Laktanz 59.9 5.2 5.0 7.2 6.4
Calpurnius 61.4 5.5 4.6 6.3 6.7
83.7
84.5
Es scheint also, als ob Calpurnius einer verhältnismäßig späten Entwicklungsstufe angehört, wo eine Tendenz zur Vereinfachung des Satzrhythmus merkbar ist.
9.2 Analyse der Klauseln nach Zäsuren Die Verteilung der Klauseln auf die 4 Haupttypen und deren abgeleitete Formen geht aus der folgenden Tabelle hervor:
Grundform Aufgelöste Formen Schwerform Unregelm. Form
|| 25 Vgl. oben S. 53ff.
Kl. 1 26.7 18.1 0.2 1.1 46.1
Kl. 2 18.9 2.9 3.2 0.4 25.4
Kl. 3 15.8 1.7 2.3 – 19.8
Kl. 4 4.6 0.2 2.7 – 7.5
Insgesamt 66.0 22.9 8.4 1.5
122 | Der Satzrhythmus Die Klauseln, die sich als 1, 2, 3 oder 4 nicht erklären lassen (vgl. unten S. 126), werden hier nicht beachtet. Ein Vergleich mit den Tabb. 4‒7 und besonders Tab. 8 A‒B (S. 113f.) zeigt, dass Calpurnius der sog. Klasse II recht nahe steht, von der hohen Frequenz der Grundform der Kl. 2 abgesehen. Die Zäsuren bei Kl. 1 Grundform verhalten sich so: Prozentanteil des Hauptmaterials α 0.6 β, β(ε) 3.4 γ, γ(δ) 14.7 δ, (β)δ, (γ)δ 3.6 βγ 0.2 βδ 1.9 γδ 2.3
Prozentanteil der Kl. 1 Grundform 2.4 12.6 55.9 13.4 0.8 7.1 8.7
Das Verhältnis zwischen γ- und δ-Zäsur (die γδ-Fälle nicht einberechnet) ist 4 : 1, was ziemlich gut mit der Praxis des Minucius Felix, Cyprian und Arnob übereinstimmt (vgl. oben S. 58). Auch hinsichtlich der aufgelösten Formen der Kl. 1 steht Calpurnius der Klasse II der Deklamationen nahe; die Frequenz der verschiedenen Formen ist wie folgt: 11 γ, γ(δ) γδ
4.8 1.1
5.9
12 γ 6.3 13 γ, γ(δ) δ βδ γδ 6.3
2.1 113 γ 0.8 γδ 0.6 1.7 5.2
0.4 0.2
0.6
Als (aufgelöste) Schwerform habe ich einen einzigen Fall beurteilt, ego autem quid faciam [27, 6 H.]; sonst fehlen ganz Schwerformen der Kl. 1. 5 unregelmäßig gebildete Klauseln sollten m. E. als Kl. 1 betrachtet werden; wie eine unten (S. 123) zu behandelnde große Gruppe der Kl. 3 sind sie in der Weise aufgebaut, dass sie mit dem cursus velox übereinstimmen, was wahrscheinlich kein Zufall ist: scelere reverterunt [10, 14 H.]; privilegia viri fortis [16, 5 H.]; tempore suo iustum [32, 12 H.]; pericula reliquerunt [37, 13 H.]; negat gladiatorem [39, 19 H.]. Eine so einheitliche Gestalt haben die entsprechenden Klauseln in den Deklamationen gar nicht (S. 63f.).
Der Satzrhythmus des Calpurnius Flaccus | 123
Gehen wir dann zur Grundform der Kl. 2 und deren Zäsuren über, die sich folgendermaßen verteilen: β 0.2 %; γ, γ(δ), γ(ζ) 9.7; δ, (β)δ, δ(ε), δ(ζ) 1.9; ε 0.4; βθ, βθ(ε), βθ(ζ) 2.1; βε 0.8; γθ, γθε, δθ(ξ) 3.3; γε 0.2; θε(ζ) 0.2. Man konstatiert, dass die γ-Zäsur vorherrschend ist, und ich möchte an die S. 65‒67 gemachte Analyse der Deklamationen anknüpfen; wie dort gesagt wurde, findet man in der späteren Prosa ein immer stärker wachsendes Übergewicht für die γ-Zäsur im Verhältnis zur δ-Zäsur. Die Zahlen für Calpurnius sind: 2 γ (+ gelegentliche Nebenzäsuren) 70.1; 2 δ (+ gelegentliche Nebenzäsuren) 22.2, also insgesamt 92.3 %. Man vergleiche (S. 65) etwa Cyprian oder Arnob. Von den aufgelösten Fällen der Kl. 2 (2.9 %) sind die meisten (10 Beispiele = 2.1 %) Kl. 21, bei denen γ- oder γδ-Zäsuren überall vorliegen außer fortunăque duos sustulit [32, 5 H.], wo möglicherweise -que gestrichen werden sollte (vgl. meinen App. zur Stelle). Im Übrigen finden sich 3 Beispiele von Kl. 22 (priora toleraverim [37, 8 H.]; amore cruciaverit [29, 13 H.]; culpă patientis est [6, 6 H.]) und ein Fall von Kl. 23 (senectute frigidior est [31, 17f. H.]). Die Schwerformen, insgesamt 3.2 % des Materials, haben durchgehend γZäsur, gelegentlich mit einer Nebenzäsur. Die Fälle sind: sapienti solacium [32, 4 H.]; mortem contemnere [26, 3 H.]; audes defendere [6, 1 H.]; tortor non sufficit [7, 22 H.]; adulter formosus est [2, 16 H.]; an qui praeponitur [21, 8 H.]; iudex et carnifex [34, 13 H.]; fato quam moribus [27, 21 H.]; praestantes hic sanguine [25, 19 H.]; peius quam sanguinem [20, 9f. H.]; adulter poenam suam [37, 22 H.]. Es kommen 4 aufgelöste Fälle hinzu: 21 Mario iam miles est [3, 12 H.]; species custodiunt [2, 6 H.]. 22 commodavi misero manum [35, 15 H.]. 212 etiam facies manet [2, 6f. H.]. Schließlich habe ich 2 unregelmäßige Fälle als Kl.2 beurteilt: verecundiă postulat [19, 11 H.] (vielleicht Synizese und Kl. 4); laborat ut hoc fecerit [9, 13f. H.]. Wenn wir so die 75 Fälle der Grundform von Kl. 3 (= 15.8 % des gesamten unkomplizierten Materials) zunächst ohne Rücksicht auf das der Klausel vorangehende metrische Element (die ‚Basis‘) betrachten, verteilen sich die Zäsuren in folgender Weise: α, (β) 10.1 % (= 64% der Grundform); β 5.1% (= 32% der Grundform); γ 0.6% (= 4 % der Grundform). Die γ-Zäsur wird, wie in mehreren Deklamationen (vgl. S. 69), deutlich vermieden. Viel wichtiger ist es aber festzustellen, dass Calpurnius’ Klauseln, im Gegensatz zu denen der Deklamationen, in der Tat metrisch-akzentuierende Mischformen sind, die denen des Arnob (Hagendahl 1937, 33ff.) sehr nahe stehen. Die große Mehrzahl fällt auf zwei Gruppen, die dem cursus velox bzw. dem cursus planus entsprechen. Die Fälle der ersten Gruppe, deren Schema so aussieht: ~ ´ ~ ~ `– ⏑ –́ ⏓, sind wie folgt:
124 | Der Satzrhythmus
1. Mit vorhergehendem Kretiker (22.7 % der Grundform): α: epistulae consecutae [6, 15 H.]; exitum pernegavit [7, 23 H.]; filius somniavit [10, 18 H.]; tempus est caecitatis [11, 4f. H.]; conscientiae perveniret [12, 20 H.]; idoneum iudicasti [17, 18 H.]; sanitas nasceretur [28, 13 H.]; viventium consenescat [39, 14 H.]. Hierher gehören auch so gut wie sicher 2 Fälle mit prosodisch unsicherer Basis, publice maluissem [20, 3 H.]; commilito laureatum [25, 15 H.]. (β): orbitas non habebat [10, 10f. H.]; tyrannicidio non negassem [14, 4 H.]; dazu der prosodisch unsichere Fall arbitris non liceret [40, 6f. H.]. β: potestate non est fuisse [8, 18 H.]; filiae vel nocenti [22, 6 H.]; maluit quam videri [37, 21 H.]; dazu wahrscheinlich auch abdicatiŏ cum timetur [27, 22f. H.]. 2. Mit vorhergehendem Daktylus (12 % der Grundform): α: tyrannide pollicetur [6, 13f. H.]; ignibus adiuvantur [7, 22f. H.]; credite confitenti [9, 19f. H.]; paenitet indicasse [10, 16 H.]; iracundiă mentiendi [12, 20f. H.]; agnosceret interemit [22, 15 H.]; altaribus educavi [24, 19 H.]. β: confirmaverit et tyrannus [13, 8 H.]; sanguine sed redemi [40, 9f. H.]. 3. Mit vorhergehendem Anapäst (20 % der Grundform): α: Marium vindicasti [3, 10 H.]; redeunt orbitatis [10, 7 H.]; oculos perdidisset [10, 9 H:]; docuit parricidae [12, 12f. H.]; remedium polliceri [13, 13 H.]; medicum flagitabat [13, 19 H.]; celeriter praeparasti [13, 19f. H.]; videat contumacem [15, 21 H.]; etiam gloriosam [19, 1f. H.]; supplicio servitutis [22, 3 H.]; alii iudicare [29, 21 H.]; expositum praeterire [38, 21 H.]; doleat caecitatem [10, 19f. H.]. (β): paeniteat non novercam [4, 13 H.]; deseruit nec venenum [14, 4f. H.]. 4. Mit vorhergehendem Tribrachys (4 % der Grundform): α: redimat abdicatus [15, 4f. H.]. (β): fuerit ad sororem [27, 11 H.]. β: amicitia plus nocere [11, 13 H.]. 5. Mit vorhergehendem ⏑́ ⏓ | – (2,7 % der Grundform): habet non sanitatem [1, 15 H.]; ubi non erubescas [5, 7 H.]. 6. Mit vorhergehendem –́ – | – (4 % der Grundform): hostis non vindicavit [7, 19 H.]; mater cui mentiendum [9, 13 H.]; pauper non est reversus [6, 13 H.]. Bei 65.4 % von der Grundform finden wir folglich eine Klausel, die dem cursus velox entspricht. Mit dem cursus planus stimmen die folgenden Fälle überein: α: illa pro te (betont!) mentiatur [9, 3f. H.]; quaesivit se vindicavit [13, 14f. H.].
Der Satzrhythmus des Calpurnius Flaccus | 125
β: utriusque mortem videtis [12, 14 H.]; filii mei videre [1, 9 H.]; nobis Cimbri minantur [3, 18 H.]; satis fuit minari [3, 22 H.]; nisi captivos putarent [7, 17 H.]; excaecaret parentem [9, 1f. H.]; de fortunā liceret [11, 17 H.]; nihil umquam negabas [17, 23 H.]; abdicatorum senatus [18, 15 H.]; aequalem ducat volentem [27, 2 H.]; iudicio spectari solere [29, 7 H.]; appellas vocem doloris [34, 6 H.]. Diese 14 Fälle repräsentieren 18.7 % der Grundform; insgesamt stimmen somit 84.1% der Fälle mit dem cursus velox oder planus überein. Eine tonische Basis, nämlich ~́ ~, liegt m. E. auch in den folgenden 5 Fällen vor, die einem Tritrochäus gleichkommen (vgl. zu Arnob Hagendahl 1937, 43f.) und wohl mit dem entsprechenden cursus (,esse videatur-Typus‘) in Verbindung gesetzt werden können: non erat cum dabatur [32, 13f. H.]; rationem perdiderunt [13, 9 H.]; redimendo iudicastis [39, 11 H.]; vitam quam dedisti [23, 12f. H.]; excaecare matrem [9, 15 H.]. Dies heißt 6.7% der Grundform, und wir haben jetzt gesehen, dass 90.8 % mit einer tonischen Basis versehen sind. Mit den übriggebliebenen 9.2% (= 6 Fälle) verhält es sich so: Ein Fall ist durch Vokalzusammenstoß vor der eigentlichen Klausel unsicher, venenum datum est et sorori [12, 15 H.], aber sowohl Hiat als Elision ergeben eine tonische Basis (cursus velox bzw. ,esse videatur-Typus‘). Der Fall potestas cum moderatione [12, 2 H.] kann eher nicht als cursus velox betrachtet werden, weil ja cum nicht tontragend sein kann; möglicherweise bildet mòderatióne einen ,esse videatur-Typus‘, obgleich nicht zwei grammatische Akzente vorliegen (vgl. De Jonge 1905, 68); ein ähnliches Problem finden wir im Falle potius denuntiationem [33, 6f. H.], das vielleicht einen cursus velox darstellt (dènuntiatiónem). Es bleiben nur 3 Fälle übrig, und zwar vom Typus ~́ ~ ~ ~̀ – ⏑ –́ ⏓ (vgl. Hagendahl 1937, 44f.): publica nec hos (= ne hos quidem) relinques [25, 14 H.]; divitias amare coepit [12, 1 H.]; argue si iure leges [17, 20 H.]. Vergleichen wir jetzt Calpurnius und Arnob (Hagendahl 1937, 46):
Arnob Calpurnius
c. velox 85.1 66.7
c. planus 4.6 18.7
‚Tritrochäus‘ 3.9 9.3
~́ ~ ~ ~̀ – ⏑ –́ ⏓ 3.9 4.0
Es ist unverkennbar, dass wir bei Calpurnius dieselben Mischformen finden wie bei Arnob, nur hat Calpurnius größere Frequenz vom cursus planus und dem ‚Tritrochäus‘. Die aufgelösten Fälle der Kl. 3 (1.7% des Hauptmaterials) verteilen sich so: 1 3 α 0.4 %; 32 γ 0.9%; 312 γ 0.4 %. Auch bei den 11 Fällen vοn Schwerform (2.3 % des Hauptmaterials) verspürt man mehrmals die Tendenz zur tonischen Basis.
126 | Der Satzrhythmus Wir werden unten S. 126f. auf die Rolle des Akzentes zurückkommen; hier gebe ich nur die Fälle: – – – ⏓ laboraret intellexit [8, 7 H.]; pater exspectasti [9, 7 H.]; sperat libertatem [14, 19 H.]; donec mentirentur [7, 14 H.]. – | – – ⏓ lenonum minas venales [6, 2 H.]; liberi nascuntur [2, 3 H.]. – – | – ⏓ sollemnibus non est natus [36, 9f. H.]; ego vim duobus feci [33, 14f. H.]; mori vellet frater [19, 8 H.]; respicere quam quod nolis [5, 13 H.]; pectus suum ferro fodit [3, 16 H.]. Die 22 Fälle von Kl. 4 Grundform (4.6 % des Hauptmaterials) haben die folgenden Zäsuren: α, (ε) 0.8 %; γ 0.2; δ, (β)δ 3.0; γδ 0.4; βγδ 0.2. Die δ-Zäsur ist also vorherrschend. Es liegt nur ein Fall von aufgelöster Kl. 4 vor, nämlich 41 agere non potest [34, 4 H.]. Die 13 Fälle von Schwerform (2.7 % des Hauptmaterials), mit oder ohne Auflösungen, sind wie folgt: supplicii sanatio [10, 17 H.]; ipsius funeri [15, 13 H.]; patrono redditur [14, 19 H.]; ferias an pluribus [25, 12 H.] (vielleicht lieber als aufgelöste Schwerform der Kl. 2 zu beurteilen); cui frater perit [12, 17 H.]; et mater velit [1, 8 H.]; familias an pater [21, 7f. H.]; iudicio loquor [39, 12 H.]; ignominiā suā [7, 5 H.]; impudicitiam placet [3, 21 H.]; divitias nimis oderant [7, 20f. H.]; tam bona mater est [9, 16 H.]; iam sua non erat [22, 19 H.]. Von den letzten (aufgelösten) Klauseln können die meisten auch als unregelmäßige Formen der Kl. 2 beurteilt werden. Als ganz unregelmäßig habe ich nur 5 Klauseln (1.1 % des Hauptmaterials) vermerkt; 3 von ihnen können als aufgelöste Schwerformen der Kl. 3 betrachtet werden, nämlich: amare non sit sapientis [2, 15 H.]; suo generi dissimilis [2, 11 H.] (aufgelöste Schwerform der Kl. 3 oder Kl. 113 Schwerform). Die 2 übriggebliebenen Fälle sind: substituit amicitia [40, 8f. H.] (wohl unregelmäßige Form der Kl. 113); iudices abdicare patet [37, 6 H.]. Ehe wir auf die prosodisch komplizierten Klauseln eingehen, werden wir die Einwirkung des Wortakzentes im Allgemeinen auf die Klauseln untersuchen, indem dieselbe Methode wie oben S. 73f. zur Anwendung kommt. Das Material ist, wie dort, nicht ganz mit dem Hauptmaterial identisch, weil gewisse Fälle infolge prosodischer Komplikationen vor den metrischen Klauseln ausscheiden, teils eine Reihe prosodisch komplizierter Klauseln mitgerechnet werden können, da die betreffenden Komplikationen für den Akzent belanglos sind (etwa muta cum liquida, schwankende Vokallängen). Diese Analyse umfasst 524 Klauseln, die sich so verteilen: 0: 3.1%; 1: 13.2%; 2: 49.4 %; 3: 20.6 %; 4: 12.8 %; 5: 0.2%; 6: 0.6%; 7: 0.2 % (= potius denuntiationem [33, 6f. H.], was wohl im Grunde als 4 aufgefasst werden sollte). Dies ergibt
Der Satzrhythmus des Calpurnius Flaccus | 127
für 4 + 2 62.2%, was recht gut mit den Zahlen der Klasse II der Deklamationen (Tab. 9 A) übereinstimmt, nur dass Calpurnius wegen seiner tonischen Basis der Kl. 3 höhere Frequenz der Gruppe 4 bietet. Wenn man von Kl. 3 absieht, ist also die Einwirkung des Akzentes auf die Klauseln bei Calpurnius keineswegs stärker als bei vielen der Größeren Deklamationen, und die bisherigen Ergebnisse sprechen m. E. dafür, dass wir ihn etwa auf die zweite Hälfte des 2. nachchristlichen Jahrhunderts datieren sollten.
9.3 Prosodisch komplizierte Klauseln Wenn wir jetzt zu den in prosodischer Hinsicht komplizierten Klauseln übergehen, beziehen sich sämtliche Prozentangaben im Folgenden auf das gesamte Material von 551 Klauseln.
9.3.1 Vokalzusammenstoß BINNENSILBEN Von den 6 vermerkten Fällen (1.1%) betreffen 4 ein durch Positionslänge jambisches nihil: qui nihil laudant [21, 15f. H.] (1); potuit nihil questa est [16, 17f. H.] (1, Synalöphe bei est: vgl. unten); deterius nihil superest [7, 4 H.] (13); in quem nihil non licet [6, 1f. H.] (2). Es kommen hinzu vită reprehenditur [32, 2 H.] (wohl -prend- und Kl. 1) und mancipiis meis [6, 3 H.] (wohl -pīs und Kl. 4). SYNALÖPHE BEI ES(T) Außer dem eben erwähnten Fall finden sich 19 Fälle (= insgesamt 3.6 %): Kl. 1: potuisse damnatum est [6, 21 H.]; vixere pugnatum est [8, 6 H.]; parricidarum est [18, 8 H.]; origŏ quod certa est [28, 4 H.] (vgl. unten); peculiare secretum est [29, 13f. H.]; puella commenta es [33, 16 H.]; puella quid passa es [34, 14 H.]; voluntaria suspecta est [34, 5 H.] (unregelmäßig oder Synizese); ratiŏ peccandi est [2, 2 H.] (11, vgl. unten). Kl. 2: infantis iniuria est [3, 1 H.]; denuntiationem quidem creditum est [5, 22 H.]; ista confessio est [9, 16f. H.]; regis oratio est [16, 19f. H.]; accusanda dementia est [27, 22 H.]; nubat et mortua est [33, 6 H.]; materia vel ars aemula est [20, 11f. H.] (unregelmäßig, vielleicht Synizese). Kl. 3: erravit insaniendum est [28, 11 H.]; domo patriā carendum est [28, 11f. H.] (wahrscheinlich pātr- und ein Tritrochäus: vgl. unten). Kl. 4: iudicii (= ī) est amor [1, 15 H.].
128 | Der Satzrhythmus SONSTIGE FÄLLE Bei 9 der insgesamt 14 Beispiele (= 2,5 %) sollten wir m. E. sicher mit Elision rechnen, nämlich: Kl. 1: idem amaremus [2, 1 H.]; in foro excaecas [9, 3 H.]; carcerem invideat [4, 7f. H.] (11). Kl. 2: diem si odisti vide [5, 14 H.] (Schwerform); pudicitia suam legem habet [3, 10f. H.] (möglicherweise -ītjă svām, mit doppelter Synizese); a quo excaecatus est [9, 10 H.] (Schwerform, wenn nicht als Schwerform von Kl. 4 zu beurteilen). Kl. 3: amantibus si vere amasti [37, 13f. H.]. Kl. 4 pro deum atque hominum fidem [19, 14f. und 30, 1 H.] (Schwerform mit Auflösung). Hiat liegt nur einmal mit Sicherheit vor, filios quam eligere [24, 18 H.] (13). Die 4 übrigen Fälle sind derart, dass sie einen guten Rhythmus ergeben, wenn man mit Hiat und Kürzung des vorhergehenden langen Vokals rechnet: desit qui astringat [4, 11 H.] (Kl. 1); amavi Aethiopem [2, 12 H.] (13); fugiam qui hoc postulo [5, 1f. H.] (2); intra uterum licet [2, 25 H.] (22, oder Elision und 4, Schwerform mit Auflösung). Unabhängig davon können wir zusammenfassend konstatieren, dass Calpurnius in der Regel dem Vokalzusammenstoß aus dem Wege geht und dass, wenn dieser vorliegt, öfters mit Elision zu rechnen ist.
9.3.2 Muta cum liquida Innerhalb der Klauseln vermeidet Calpurnius deutlich Silben mit muta cum liquida: Es gibt nur 9 Fälle, wozu das oben zitierte domo patria carendum est [28, 11f. H.] hinzukommt (= 1.6 %). Obschon alle Beispiele zweideutig sind, dünkt es mir wahrscheinlich, dass Calpurnius fast durchgehend Positionslänge beabsichtigt: integro patre [9, 11 H.] (sicher -tĕgr-, wahrscheinlich pātr- = Kl. 1, möglich auch 4); cede vel patri [20, 6 H.] (wahrscheinlich 1, möglich 4); cogitasse quam patrem [25, 2 H.] (ebenfalls); impiorum tenebras trahi [4, 5 H.] (2 wahrscheinlicher als 2 Schwerform mit Auflösung); exercere ius patrium [15, 8 H.] (2 oder 13); privată quam publica [36, 16 H.] (ebenfalls); pirată sed patria [39, 15 H.] (ebenfalls); poterit a lacrimis [16, 13f.] (21 oder 113); damnatum iure patris uti [4, 11f. H.] (3 oder 12 γδ). Wie in den Größeren Deklamationen (S. 51) ergeben kurzer Endvokal + muta cum liquida nie Positionslänge.
9.3.3 Endvokale von schwankender Länge -o Substantive: Wir haben schon (unter Synalöphe bei es(t) [S. 127]) 2 Fälle gesehen, wo das -o sicher kurz ist (origo, ratio); im Material findet sich sonst nur
Der Satzrhythmus des Calpurnius Flaccus | 129
homo diu felix [8, 13 H.], was wahrscheinlich Kl. 1 ist aber auch 11 sein kann. Pronomina: ego, ambo, nemo sind mit je einem Beispiel repräsentiert: debebat ego solvi [26, 6f. H.] (wohl kurzes -o und Kl. 12); ambo perdidimus [11, 15 H.] (kurz und 13 oder lang und 1 Schwerform); ut nemo redimeret [39, 24 H.] (entweder lang und 32 oder kurz und metrisch schlechte, möglicherweise akzentuierende Klausel). Verben: Von den 7 vorliegenden Fällen ist einer sicher lang, facio quod in proelio [26, 7 H.] (2); die übrigen sind ebenso deutlich kurz: moneo parcatis [25, 7 H.] (11); contemno flagitium [39, 18 H.] (13); pugno pro legibus [16, 2f. H.] (2); peribo cum filio [25, 20 H.] (2); acerbă non quaero vitam [23, 6f. H.] (3); ego dico meus est [22, 20 H.] (32). Beim Ablativ des Gerundiums (2 Fälle) scheint der Gebrauch schwankend zu sein: spectando suum discunt [4, 17f. H.] (lang, Kl. 1); defendendo damnasti [30, 19 H.] (wohl kurz und Kl. 1, möglich auch Schwerform). Adverbien: lang: tantummodo negat [3, 13 H.] (4); kurz: aliquando praecessit [15, 3 H.] (1); postremo vel fama [37, 23f. H.] (1); immerito terremur [18, 15f. H.] (11); ergo qui filius est [34, 4f. H.] (2 und Synizese, wie es scheint). Wenn man will, kann man zwar bei den letzten Fällen auch mit Schwerformen rechnen; mir scheint dies aber wenig wahrscheinlich, besonders bezüglich der Fälle von Kl. 1, weil innerhalb des prosodisch unkomplizierten Materials nur ein Fall von Kl. 1 Schwerform vorhanden ist. -i Der Dativ der persönlichen Pronomina wird innerhalb der Klauseln vermieden; das einzige Beispiel ist lang, abstulisti mihi filium [35, 4 H.] (2). Im Übrigen finden wir je 2 Fälle von nisi und quasi: esse nisi filii [25, 1 H.] (wahrscheinlich kurz, aber nicht filī, sondern filii und Kl. 22, wie der gleich folgende Fall von quasi nahelegt); fortunam nisi prodisset [8, 18f. H.] (3 Schwerform mit oder ohne Auflösung); cessisse quasi praemio [21, 14f. H.] (kurz und 22, vgl. zu nisi oben); quasi meus filius [31, 8 H.] (2 oder 21). Es bleibt übrig, 5 Fälle zu erwähnen: Bei obicis legem [14, 21 H.] und praemium retuli [35, 16 H.] liegt offenbar Positionslänge vor (Kl. 1 bzw. 2; ich hätte wohl rettuli im Texte [Dekl. 45] schreiben sollen). Ob sacerdos an carnifex [35, 6 H.] als 2 (wahrscheinlicher) oder 2 Schwerform aufgefasst werden soll, lässt sich nicht sicher entscheiden, wie auch nicht, ob actione non filii [14, 22 H.] Kl. 1 (filī) oder 2 ist (vgl. aber den oben erwähnten Fall esse nisĭ filĭī [25, 1 H.]). Schließlich wird einmal offenbar -que gemessen: denique tuis mănibus [20, 14f. H.] (13).
130 | Der Satzrhythmus Zusammenfassend können wir konstatieren, dass Calpurnius hinsichtlich prosodisch zweifelhafter Erscheinungen aller Art vorsichtig ist, möglicherweise mit Ausnahme der Synizese, die zuweilen wahrscheinlich zur Anwendung kommt. Für die Datierungsfrage sind die prosodisch zweifelhaften Fälle wenig ergiebig. Die oben S. 127 vorgelegte Hypothese, dass Calpurnius dem 2. Jahrhundert angehört, scheint mir recht wahrscheinlich; als Komplement zu dieser Untersuchung wird jedoch eine genaue sprachliche Analyse nötig sein.
Tabelle 1
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 Insgesamt
⏑⏑⏑⏓ ⏑⏑–⏑⏑⏓ –⏑–⏑⏑⏓ ––⏑⏑⏓ ⏑⏑⏑–⏑⏓ –⏑⏑–⏑⏓ –⏑–⏑⏓ ⏑⏑––⏑⏓ –⏑––⏑– ⏑–––⏑– ––––⏑– ⏑⏑⏑⏑–⏓ –⏑⏑⏑–⏓ –⏑⏑–⏓ –⏑–⏓ ⏑⏑⏑––⏓ –⏑⏑––⏓ –⏑––⏓ –––⏓
Abs. Frequ. 3 4 26 6 4 9 22 12 90 5 14 2 30 2 75 32 1 127 11 475
Prozent 0.6 0.8 5.5 1.3 0.8 1.9 4.6 2.5 18.9 1.1 2.9 0.4 6.3 0.4 15.8 6.7 0.2 26.7 2.3 99.7
Aktualisierung Die Arbeiten des Lennart Håkanson haben der Forschung zu den pseudoquintilianischen Größeren Deklamationen, die in den letzten dreißig Jahren ein gestiegenes Interesse von Seiten der Philologen, Anthropologen und Juristen auf sich gezogen haben, einen beträchtlichen Impuls verliehen. Bis zum Ende des vergangenen Jahrhunderts war der einzige moderne Kommentar, der zur Verfügung stand, derjenige von Zinsmaier 1993 zu Dekl. 6. Das Vorhaben, jede der Größeren Deklamationen mit einer neuen Monographie, bestehend aus Einleitung, kritisch revidiertem Text, Übersetzung und Kommentar, zu versehen, wird seit 1999 von einer internationalen Forschergruppe verfolgt, die von Antonio Stramaglia koordiniert wird (vgl. Stramaglia 2009b). Diese hat bis jetzt bei „Edizioni Università di Cassino“ 10 Bände zu 11 Deklamationen veröffentlicht: vgl. Schneider 2004 (Dekl. 3), Stramaglia 2013 (Dekl. 4), Zinsmaier 2009 (Dekl. 6), Stramaglia 1999 (Dekl. 8), Krapinger 2007 (Dekl. 9), Schneider 2013 (Dekl. 10), Stramaglia 2002 (Dekl. 12), Krapinger 2005 (Dekl. 13), Longo 2008 (Dekll. 14‒15), Pasetti 2011 (Dekl. 17); für 2014 vorgesehen ist die Veröffentlichung der Bände zu Dekll. 2 (Krapinger–Stramaglia), 11 und 16 (Santorelli), 18 und 19 (Breij; s. inzwischen Breij 2007); und in einem fortgeschrittenen Stadium befinden sich die Bände zu Dekll. 1 (Santorelli–Stramaglia), 5 (van Mal-Maeder), und 7 (Breij). Zu den Kommentaren zu Dekll. 1 und 2 wurden darüber hinaus vorbereitende Forschungen von Stramaglia 2008 und 2009a durchgeführt; zu Dekl. 3 steht die Monographie von Brescia 2004, zu Dekll. 10, 14‒15 die von Hömke 2002 zur Verfügung. Eine sozio-literarische Gesamtstudie zu den Maiores bietet nun Bernstein 2013. Die Darstellung des Forschungsstandes zu den Größeren Deklamationen bis heute verdankt sich – nach Tabacco 1980 und Håkanson 1986, 2282ff. – Lentano 1999b; für eine aktualisierte Darstellung des Forschungsstandes zu den Größeren Deklamationen und den Kleineren Deklamationen vgl. jetzt ebenfalls Lentano in Lustrum (bevorstehend).
Zu den Themata der Größeren Deklamationen Die Forschung, die sich an den Zeitpunkt der Abfassung dieses Aufsatzes anschließt, hat mit Bezug auf die deklamatorischen argumenta v. a. zwei Wege eingeschlagen: Auf der einen Seite hat man versucht, das Repertoire an Motiven und Figuren zu rekonstruieren, das die Deklamatoren ausgenutzt haben; auf der anderen Seite wurde versucht, die ‚Mechanismen‘ herauszuarbeiten, auf denen die themata gründen.
132 | Biagio Santorelli Grundlegend in der ersten Hinsicht ist die Studie von Russell 1983, die, von der griechischen Deklamation ausgehend, die typischsten Dynamiken der berühmten „Sophistopolis“ rekonstruiert (vgl. v. a. 21‒39), der idealen Stadt, die das Szenario der deklamatorischen Prozesse bildet. Den Themen der pseudoquintilianischen Deklamationen schenkt van Mal-Maeder 2007 eine spezifischere Aufmerksamkeit. Sie legt eine analoge Rekonstruktion des fiktiven Universums der Deklamatoren vor, wobei sie sich v. a. auf die Dokumentation in lateinischer Sprache stützt; man vergleiche bes. S. 18‒24, die sich mit der Beziehung des Deklamationstextes zum ‚Paratext‘ beschäftigen, der durch das argumentum und die Figuren, durch die typischen Situationen und die vorgegebenen juristischen Vorschriften gebildet wird. Immer noch nützlich in dieser Hinsicht ist die Untersuchung der narrativen Schemata, die in den Größeren Deklamationen wirken (Tabacco 1989). Darüber hinaus haben die juristischen Vorschriften, die durch die deklamatorischen themata vorgegeben sind, und damit die Beziehungen zwischen der literarischen Ausgestaltung und der realen römischen Gerichtspraxis ein erneuertes Interesse erfahren: Man vergleiche zuletzt Lentano 2009b, 49‒75 für eine Untersuchung der Gesetze, die v. a. beim Konflikt zwischen Vätern und Söhnen betroffen sind, und Mantovani 2007, der durch eine spezifische Untersuchung der Dekl. 13 weiterführende Überlegungen zur Bedeutung des deklamatorischen Repertoires als Quelle für die Geschichte des Rechts anstellt (s. in dieser Hinsicht auch Corbino 2010). Einen erhellenden Überblick über die Form des argumentum und die entsprechenden typischen ‚Mechanismen‘ bietet Berti 2007, 47‒51; man vergleiche darüber hinaus Lentano 1998 (v. a. 109ff.) für Überlegungen zum thema als „Novelle in Miniatur“. Der novellistische Charakter der deklamatorischen argumenta ist schon von Pianezzola 1981 herausgestellt worden, der eine Analyse der verschiedenen Themen der Kontroversien des älteren Seneca bietet mit Bezug auf die entsprechende narrative Funktion einerseits und auf die Form des sermo brevis andererseits. Insofern die deklamatorischen argumenta eine kurze literarische Form aufweisen und dem Zweck dienen, die Fakten in einem fiktiven Prozess vorzustellen, sind sie Gegenstand der Untersuchung von Nosarti 2010; vgl. v. a. 179‒209 für eine Analyse des Stils der narratio brevis; 31 mit Anm. 192 für weiterführende Literatur. Zu den sprachlich-stilistischen Konstanten des sermo brevis, die die argumenta der Kontroversien des älteren Seneca den Prologen der plautinischen Komödien annähern, vgl. schon Questa 1984, 40‒43. Unter den literarischen Themen, denen der zweite Teil dieses Aufsatzes gewidmet ist, ist dasjenige des Verwandtenmordes in den letzten Jahren bei weitem am intensivsten untersucht worden. Zu diesem Thema, und zum Fortleben von Ciceros Rede Pro S. Roscio Amerino im Bereich der Deklamation, vgl. – mit
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Verweisen auf vorige Literatur – Pasetti 2011, 13‒20; Stramaglia 2013, 20, Anm. 30; 24, Anm. 43; 91, Anm. 16. Zur rhetorischen Tradition des Themas des Kannibalismus schließlich vgl. Stramaglia 2002, v. a. 13‒22.
Zu den literarischen Vorbildern der Declamationes maiores Die neueste Untersuchung zum komplexen Zusammenhang von Imitation und wechselseitigem Einfluss zwischen S e n e c a und den Deklamationen in lateinischer Sprache verdankt sich Pasetti 2011, 47‒51. Die Forscherin stellt in signifikanter Weise den Eindruck von Håkanson auf eine neue Grundlage; vgl. v. a. 47: „La presenza del filosofo nelle Maiores si configura… come un vero e proprio gioco di specchi: modello per i giovani allievi delle scuole di retorica ai tempi di Quintiliano, il Cordovese è a sua volta profondamente influenzato dalla declamazione“. Nützliche Überlegungen finden sich auch in den Untersuchungen von Lentano 1999a, 2000 und 2009a, die eine Lektüre von De beneficiis vorschlagen im Lichte von Beobachtungen über die gratia, die aus den Schuldeklamationen hervorgehen. Wichtige Fortschritte in dieser Hinsicht erzielen Untersuchungen über die wechselseitigen Beziehungen zwischen der Deklamation und den Tragödien Senecas, die von Håkanson nicht berücksichtigt wurden: Nützlich in dieser Hinsicht sind Paré–Rey 2012, die die Aufmerksamkeit auf den Einfluss der Deklamationsrhetorik auf Senecas Tragödien lenkt (vgl. zum Thema schon Boyle 1997, 15‒31; Casamento 2002, v. a. 57ff.; Pasetti 2009), und van Mal-Maeder 2004 (wieder abgedruckt 2007, 10‒18), die als Bezugspunkt v. a. Decl. mai. 8 und 12 nimmt. Zum Fortleben des Vorbildes C i c e r o in der Deklamation vgl. nun Leesen 2010, der sich in einer ausführlichen Untersuchung mit den Berührungspunkten zwischen der ciceronischen Rhetorik und den juristischen Vorstellungen im Prinzipat beschäftigt, und La Bua 2006, der das Untersuchungsfeld auf das Werk des älteren Seneca und Quintilians einschränkt. Zu den D e c l a m a t i o n e s m i n o r e s ist die Publikation von drei vollständigen Editionen zu verzeichnen: die Ausgabe von Winterbottom 1984, die mit einem ausführlichen Kommentar versehen ist (zu der Håkanson selbst signifikant beigetragen hat: vgl. VII); diejenige von Shackleton Bailey 1989; und die Ausgabe von Shackleton Bailey 2006, die sich maßgeblich auf die vorige stützt, aber einige Neuerungen sowie zusätzlich eine Übersetzung und Anmerkungen beinhaltet. Darüber hinaus tragen zu unserem Verständnis der Themen und literarischen Vorbilder der Minores – und damit zur Einschätzung der Rolle, die diese ihrerseits als ,Vorbilder‘ für die Maiores gespielt haben könnten – Aufsätze bei, die sich spezifischen Stücken der Sammlung (vgl. etwa Mastrorosa 1999;
134 | Biagio Santorelli Raccanelli 2000; Buffa Giolito 2002; Brescia 2006; Brescia–Lentano 2009; Brescia 2012) oder ihrer umfassenden Interpretation (vgl. Dingel 1988) widmen.
The Murder of a Manuscript Håkansons Überlegungen zur Überlieferung der Maiores und v. a. zur Textgeschichte der Handschriftenfamilie β sind in der praefatio seiner Teubnerausgabe zusammengefasst, die in diesem Aufsatz angekündigt und 1982 veröffentlicht wurde: vgl. v. a. VIII; XI. Eine aktualisierte kritische Abwägung der Genese und der Überlieferung der Maiores bietet nun Stramaglia 2006, v. a. 564‒568; für die Besonderheit der subscriptiones, die einige Handschriften im Anschluss an die Dekll. 10 und 19 bewahrt haben, ist Pecere 1986, 46‒51 mit den Fußnoten grundlegend; vgl. außerdem Kragelund 1991, 272‒275. Die Umsetzung von Dekll. 18‒19 (S. 44) erklärt mit großer Wahrscheinlichkeit Stramaglia 2006, 560.
Der Satzrhythmus der 19 Größeren Deklamationen und des Calpurnius Flaccus Für die Datierung der Maiores und die entsprechenden Bezüge zwischen den 19 Stücken der Sammlung können die Resultate, die die Analyse des Satzrhythmus erzielt hat, heute mit verschiedenen Untersuchungen über die sprachlichen und stilistischen Eigentümlichkeiten der einzelnen Reden verglichen werden. Insbesondere kann ein solcher Vergleich mit Untersuchungen zu den entsprechenden historischen und juristischen Instanzen vorgenommen werden, die auf ideale Weise die Arbeit ergänzen, der Håkanson sich widmen wollte; vgl. die Einführungen in den Kommentaren, die oben angegeben sind (S. 131). Nützliche Zusammenfassungen des Forschungsstandes auf diesem Gebiet finden sich bei Håkanson 1986, 2284f.; 2290; Hömke 2002, 29‒33; Stramaglia 2002, 27f. und Anm. 56; Brescia 2004, 22‒33 und – mit signifikanten Aktualisierungen – Stramaglia 2006, v. a. 556‒564. Für einen Überblick über die Forschungsergebnisse, die bisher erzielt wurden, vgl. nun Stramaglia 2013, 34‒38, eine Studie, die besonders wichtig ist, weil sie die neuesten sprachlichstilistischen Ergebnisse mit denjenigen aus Håkansons unveröffentlichter Arbeit zusammenführt. Was den Anhang betrifft, in dem gezeigt wird, dass Calpurnius Flaccus den cursus mixtus benutzt hat, ist es zweckdienlich, die Überlegungen von Håkanson mit denjenigen von Oberhelman 1988a‒b zu vergleichen, dem zufolge sich der cursus mixtus nicht vor etwa 200 n. Chr. nachweisen lässt (vgl. v. a.
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1988b, 241f.). Tatsächlich hatte schon Axelson 1952, auf den Håkanson sich selbst beruft, auf Spuren des cursus mixtus seit De Platone und De mundo von Apuleius (ca. 170‒180 n. Chr.) hingewiesen; eine Datierung von Calpurnius Flaccus auf das späte zweite Jahrhundert n. Chr., wie Håkanson sie vorschlägt, bleibt daher wahrscheinlich. Sehr erhellend ist darüber hinaus die Beobachtung von Oberhelman 1988b, 242, dass der cursus mixtus, zumindest im ersten Jahrhundert seines Auftretens, ausschließlich von Autoren afrikanischen Ursprungs benutzt wurde: Dieser Anhaltspunkt würde, wenn er bestätigt würde, mit Nachdruck eine afrikanische Provenienz auch für Calpurnius Flaccus nahelegen. Für methodische Überlegungen mit Bezug auf die Untersuchung des cursus mixtus und des cursus planus vgl. außerdem Oberhelman–Hall 1984, 1985 und 1986; Bruggink 1988; Stephens 1988. Was schließlich den Text des Calpurnius Flaccus betrifft, verweise ich auf die Edition mit Übersetzung und Kommentar von Sussman 1994 und auf die neueste Übersetzung mit Anmerkungen von Aizpurua 2005.
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Index locorum* Aulus Gellius 3, 10, 15 Calpurnius Flaccus Decl. 3 Decl. 45 Cicero Balb. 13 Caec. 66 Cael. 51 71 Cat. 1, 14 2, 24 3, 2 4, 1 Cluent. 32 149 199 Dom. 57 Fin. 1, 65 1, 67 3, 67 Flacc. 17 Font. 30f. Har. resp. 39 Inv. 2, 124 Lael. 15 57 Leg. agr. 1, 20 2, 73 Lig. 27
11 6 129
27 30 30, 32 31 28 29, 32 30, 32 30, 32 30 31, 32 28, 32 35 30 30, 32 31, 32 14 27 26f. 29 30, 32 32 28 31, 32 30, 32
Mil. 9 Mur. 41 74 Nat. deor. 1, 67 Off. 1, 30 3, 92 3, 93 3, 95 Quinct. 99 S. Rosc. 1 16 64f. 82 119 Sest. 40 Sull. 83 Tusc. 1, 2 1, 71 1, 73 1, 118 4, 15 5, 24 5, 69 Verr. 2, 1, 65 2, 2, 52 2, 4, 67 2, 4, 101 2, 5, 117–119 Lactantius Inst. 2, 7, 12 Ovidius Am. 2, 10, 5
* Klauselangaben sind nicht berücksichtigt worden.
29 30, 32 31, 32 29, 32 29 28 28 28 31f., 32 31, 32 28, 32 13 31, 32 14 32 29 29, 32 31, 32 30 29, 32 30, 32 31, 32 29, 32 35 31 31, 32 31, 32 28, 32
34
34
142 | Index locorum Plinius (Maior) Nat. hist. 11, 11 22 11, 20 22 11, 21 22 11, 22 22 11, 24 22 11, 25 22 11, 63 22 Plinius (Minor) Paneg. 86, 1 20 Quintilianus Inst. 10, 1, 125-127 25 [Quintilianus] Decl. mai. 1 (Paries palmatus) th. 5, 12, 13 9 13, 34 12 26, 59 13 14 14 14 2 (Caecus in limine) th. 8f., 12, 13 2 17 3 9 4 9 5 35 6 36 8 17 9 17 12 34f. 3 (Miles Marianus) th. 5, 29 3 17 4 17 7 59 9 26, 28 12 36 13 28 14 28 16 28 4 (Mathematicus) 8 35 9 18 10 18, 29
13f. 29 14 18 20 29 5 (Aeger redemptus) th. 9 4 36 5 36, 59 8 18 9 18 10 18 12 18 14 34, 36f. 17 19 18 36 20 9, 36 6 (Corporis proiecti ) th. 6 1 29 2 19, 28 3 25 5 19, 37 9 26, 28 10 19, 28 14 19, 30 15 30 16 19 19 25, 26 20 26, 30 7 (Tormenta pauperis) th. 14 3 34 4 19, 25 8 (Gemini languentes) th. 7, 8 5 8 9 25 12f. 8 13 8, 19, 53 14 26, 53 21 8 22 37 9 (Gladiator) 1 37 2 37 3 30 8 30 10 20, 37, 38
Index locorum | 143
11 20, 37, 38 14 20 16 20, 37 17 20, 37 18 20 19 30, 38 20 30 21 30 22 20 23 38 10 (Sepulcrum incantatum) 1 20, 30, 38 12 20 16 31 17 31 18 26 11 (Dives accusatus proditionis) th. 7 3 21 4 7 5 7 7 25 8 21 9 7 10 7 12 (Cadaveribus pasti) th. 10f., 14 5 11 7 21 8 11, 12 10 31 15 31, 38 16 11, 12 18 12 19 38 22 38 23 11, 21, 31 27 21 13 (Apes pauperis) 1 31 2 22 4 22 6 22 8 22, 31 10 23 11 23 14 31
15 31 16 23 17 22 18 22 14 (Odii potio I) th. 5, 6 10 31 15 (Odii potio II) 5 34 9 34 10 33f. 14 31 16 (Amici vades) 2 26, 34 3 32, 34 8 26 17 (Venenum effusum) th. 6, 13 13 35 17 25 18 24 18 (Infamis in matrem I) th. 6 2 32 12 25 19 (Infamis in matrem II) th. 9f. 1 10 3 10 5 10 9 10 10 10 11 10 12 10 13 10 14 59 Decl. min. 252, 10 36 255, 2 36 259, 12 38 259, 17 38 260, 5 38 260, 9 38 260, 16 20 260, 22 38 262, 5 38 270, 27 37
144 | Index locorum 279, 8 283, 5 295, 5 296, 8 307, 2 321, 10 328, 15 329, 18 330, th. 330, 1 330, 2 330, 8 330, 9 330, 10 330, 13 332, 13 343, 14 344, 7 345, 14 376, 1 377, th . Seneca (Maior) Contr. 7, 3 7, 4 Seneca (Minor) Ben. 1, 9, 2 3, 3, 4 3, 7, 4 3, 9, 3 3, 25, 1 4, 23, 3 4, 32, 4 4, 38, 1 6, 16, 2 7, 3, 3 7, 15, 1 7, 30, 2 Clem. 1, 5, 5 1, 8, 6 1, 15, 2 1, 26, 4 Const. sap. 6, 5 17, 4
38 35 36 35 31 38 37 35 37, 38 37 37 37 37 37 37 36 37 38 38 38 6
6 6
19, 24 25 25 21 16 19, 24 17 26 26 25 19, 24 21, 24 20, 24 25 20, 24 21 18, 24 18, 24
Epist. 1, 2 4, 8 12, 1 12, 7 15, 2 24, 19f. 24, 20 26, 4 33, 10 47, 10 47, 15 58, 23 70, 15 73, 3 78, 4 85, 12 87, 9 87, 10 88, 19 89, 20 94, 16 94, 63 96, 1 97, 9 98, 10 100, 4 106, 5 113, 16 117, 6 120, 8 Helv. cons. 2, 5 6, 8 10, 4 10, 10 Ir. 1, 6, 5 2, 8, 3 2, 28, 2 2, 28, 8 2, 29, 1 2, 30, 1 2, 31, 7 2, 34, 3 3, 15, 3 3, 20, 3
18 23 23 18 25 18 20, 24 18 25 22, 24 23, 24 18 19 25 20, 24 17, 24 17f., 24 19 17, 24 22, 23, 24 25 30 26 16 18 26 25 18 25 18 38 25 17, 24 25 26 21, 24 19, 24 20, 24 18, 24 18, 24 20, 24 20, 24 19, 24 21, 24
Index locorum | 145
Marc. cons. 2, 4 5, 5 16, 1 18, 2 24, 4 Nat. quaest. 1, 3, 10 1, 16, 3 2, 21, 1 2, 42, 3 3, praef., 15 4A, 2, 27 Ot. 8, 1
26 20, 24 17, 24 19 26 19 25 23 21 20 30 25
Polyb. cons. 17, 1 Prov. 3, 9 4, 6 Tacitus Ann. 4, 10, 2f. 4, 22, 1f. Terentius Phorm. 718 Valerius Maximus 8, 1, 3
22 19 19, 24
12f. 13
26 13