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German Pages 208 [216] Year 1852
Ueber
nnd einige andere Erscheinungen des
Sehens.
Inauguralabhaiullung, iler
medicinischen Facnltät zu Giefsen bei
E r l a n g u n g der Doetor würde vorgelegt von
Hermann
WeIcker
!Uls G i e f s e n .
Praeses : Prof. Dr. J u 1. Vogel. Mit 8 T a f e l n .
Giefsen,
1 8 5 2;
J. Rick er'sehe Buchhandlung.
— Si aequalis omnia claritatis f n i s s e n t , visio c o n f i n a e ^ s e t ; j a m vero, quia lucida p r a e p o l l e n t , q n a n t i t a t e v i t i a u t n r . K e p l e r , ad Vitellumera paralip.
Meinem l i e l i e i i
W a t e r
I'luici.
Vorwort. T>ie erste
Anregung zu dem liier
behandelten
Gegenstande, verdanke ich den Vorträgen der Herren Professoren B i s c h o f f und B u f f .
Zu speciellen Ver-
suchen veranlafste mich, im Jahre 1 8 4 7 , Herr Prof. B a r d e l e b e n , -welcher mir für mikroskopische Messungen als isothhilfe das D o p p e i t s c h e n anempfahl. Damals angestellte Versuche über diese
Gesichlser-
Kcheinung wurden im Herbst 1849, gelegentlich einer Kritik der mikroskopischen Messmethoden, wieder aufgenommen
und erweitert.
Die Versuche über das
Doppeltsehen führten zur Betrachtung des S c h e i n e r schen Vcrsuehs und zur I r r a d i a t i o n , eember
1849
kamen
einige
und im De-
Aufzeichnungen
zum
Abschlufs, deren letzter Theil der erste der vorliegenden Abhandlung- ist. Das sehr Anziehende des Gegenstandes, so wie der AVunsch, Präoccupationcn möglichst zu vermeiden, ermuthigten mich, das Doppeltsehen ganz ohne specielleres Vorstudium und ohne den Beirath Sachverständiger,
die
Irradiation
und
den
Scheiner'sehcn
Versuch mit einziger O Zuziehuno: o des P o u i l l e t - M ü l 1 ersehen Lehrbuches zu bearbeiten.
VI
Was die I r r a d i a t i o n
betrifft, so fand ich die-
selbe bei P o u i l l e t - M ü l l e r als eine „ r e i n s u b j e c tive E r s c h e i n u n g "
bezeichnet,
dieselbe von Anfang an nur auf
während ich mir physikalischen
Gesetzen beruhend denken konnte.
So nahe
diese
Auffassung auch liegt und so sehr ich sie als längst vorhanden vermuthen mufste : bei P o u i l l e t - M ü l l e r fand ich hierüber nicht die leiseste Andeutung. — Als ich über
die
vor
einigen
Irradiation
Monaten
meinen Aufsatz
zur Inauguralabhandlung
be-
stimmte, fühlte ich das Bedürfnifs, eine Zusammenstellung der von den Autoren über den Gegenstand ausgesprochenen
Ansichten
schaffte mir vor allem
hinzuzufügen.
Plateau's
Ich
wichtige
ver-
Arbeit.
So grofs nun mein Erstaunen w a r , in dem Physiker Plateau schen
Ansicht zu finden, so sali ich mich
Plateau „Ad
den eifrigsten Vertheidiger der d y n a m i auf K e p l e r
Vitellionem
durch
verwiesen, in dessen Schrift
paralipomena"
ich
die Irradiation
auf dieselben Principicn zurückgeführt fand, wie ich selbst es versucht hatte.
Die Leetüre von P l a t e a u ' s
Abhandlung und eine Reihe durch
sie veranlafster
Versuche bestärkte mich in dem Glauben an die Richtigkeit der Auffassung K e p l e r s ,
und
ich
machte
mir es zur A u f g a b e , mit möglichster Unbefangenheit Dasjenige zusammenzustellen, was zu Gunsten der bei Seite geschobenen Lehre K e p l e r s
sich beibringeit
liefse. — In
hohem
Grade
fühle ich das Mifsliche
des
Unternehmens, über einen Gegenstand öffentlich zu
VII
verhandeln,
der
phvsikalisclie
eine
specielle
Vorbildung,
mathematische
und
wie ich solche mir nicht
zusprechen kann, voraussetzt; und überdies habe ich, bei der K ü r z e der mir zu CJebote stehenden Zeit, es gewagt,
in der ersten Hälfte
der vorliegenden Ab-
handluno; den unveränderten Abdruck der E n d e 1 8 4 9 o geschriebenen, für den Druck nicht bestimmt gewesenen Ausarbeitung
zu geben,
indem
ich auf diese
eise
Zeit zu gewinnen hoffte für Versuche und Conception des zweiten Abschnittes *). Ich stellte nicht die historische Uebersieht, sondern
jene
erste
Bearbeitung
voran,
hauptsächlich
darum, weil der zweite, mehr kritische Theil ursprünglich nur zur V e r t e i d i g u n g
der in
dem ersten A b -
schnitte verzeichneten Resultate begonnen wurde und weil ich es bequem fand, mich bei der
Besprechung
der einzelnen Autoren auf die im ersten zusammengestellten zubeziehen. gen
Ansichten und Versuche zurück-
Umgekehrt finden mehrere
des ersten
Abschnitte Ausführun-
Abschnittes erst durch den
zweiten
eine theil weise Vervollständigung, indem ich bei jener ersten Arbeit nur mich zu belehren suchte, eine Veröffentlichung genügen
an
es mir
häufig
liefs, wenn ich nur für mich eine
Ueber-
zeugung gewonnen
nicht denkend,
und,
hatte.
—
Je
mehr
der
zweite
*) Ich g e s t e h e , dafs ich d u r c h j e n e A n o r d n u n g z u g l e i c h e r k e n n e n wollte, in wie weit die in dieser selbstständig entwickelt w u r d e . mern gestellt o d e r in Nuten
Abhandlung Spätere
verwiesen
vertheidigte
Theorie
Zusätze wurden darum
lassen
von
mir
in K l a m -
VIII
Abschnitt sich vergmfserte, um so deutlicher wurde mir das Mangelhafte der einmal gewählten Disposition, und es bleibt mir auch in dieser Hinsicht nur die Hoffnung auf eine milde Beurtheilung. Meinem verehrten Herrn Präses, Herrn Professor V o g e l , so wie den Herren Professoren B i s c h o f f , B u f f , L e u c k a r t , Phö'bus und Z a m m i n e r , sage ich für die Bereitwilligkeit, mit welcher sie mich durch Mittheilung der betreifenden Literatur unterstützten, den innigsten Dank. Am 20. April 1852.
I il Ii a I t.
Seit» Kinleituiijr
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K r st er
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1
A I) s c h Ii i t t.
Einige Beobachtungen, betreffend die Irradiation. V o m W e s e n (1er I r r a d i a t i o n
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Krste Bedingung der Irradiation
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Zweite Bedingung der Irradiation
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A]ipariit z u r B e o b a c h t u n g und M e s s u n g der I r r a d i a t i o n B e o b a c h t u n g und M e s s u n g i i r a d i i r e n d e r F l ä c h e n M e s s u n g i r r a d i i r e n d e r F l ü c h e n und F e n s t e r
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Rückblick
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1
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1
4 19
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22
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0 18
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Verschwinden kleiner Gesichtsobjecte durch Irradiation I r r a d i a t i o n f a r b i g e r Bilder
9
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33
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34
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38 Zweiter
Abschnitt.
Angaben der bekanntesten Autoren über die Irradiation. C a p . I.
Die Irradiation
A eheste Spuren
bis zu l ' l a t e a u .
40
von B e o b a c h t u n g u n d E r k l ä r u n g s v e r s u c h e n
Irradiation
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Kepler
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Galilei
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Gassendi
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Schickard
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40
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47
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55
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57
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58
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Deseartes
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Wilhelm Hörschel
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'
der
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59 .
6
1
Goethe
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02
Joslin
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05
Zweifel über die K x i s t e u ? der I r r a d i a t i o n ; Irradiation d e r A s t r o nomen
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09
X Cap. II. P l a t e a u ' s D a r s t e l l u n g d e r I r r a d i a t i o n . Lehrsatz I und II
76 82 86 88 91 133 136 149 159
Lehrsatz III und IV . . . Lehrsatz V . . . . . Lehrsatz VI und VII Lehrsatz VIII . . . . . Lehrsatz IX, X und XI . Lehrsatz XII und XIII . . . . Lehrsatz XIV . . . Wiederholung von Plateau's Irradialionsgesetzen Cap. III.
Die I r r a d i a t i o n seit dem E r s c h e i n e n der ten Plateau's . . . . . Baumgartner . . . . . Rudolf Wagner . . . . Buete . . . . . . . Brücke . . . . , , Volkmann . . . . , Valentin . . . . , Dove . . . . . . Powell . . . . . . . Erklärung der Abbildungen . . . . .
Arbei. . . . , _ _ . . .
165 . 1 6 5 . 1 6 6 168 . 1 7 1 . 172 . 1 8 0 . 1 8 4 195 197
Einleitung.
Unter I r r a d i a t i o n verstellt man bekanntlich die E r scheinung , dafs helle Körper auf dunklem Grunde, aus gewissen Entfernungen gesehen, g r ö f s e r scheinen, als sie dem Sehwinkel nach sollten. Betrachtet man, um ein alltägliches Beispiel zu geben, ein Dambrett aus einiger Entfernung, so fällt sogleich auf, dafs die weifsen Felder die schwarzen an Gröfse übertreffen. Die Irradiation ist eine schon sehr lange bekannte Erscheinung; ihre Existenz drängte sich zunächst den Astronomen auf, bei deren Beobachtungen sie einen oft sehr nachtheiligen Einflufs übte, indem die Himmelskörper, je nach ihrer Lichtstärke und Entfernung, und weiterhin je nach Verhältnissen der Instrumente und der GesichtsbeschafFenheit tles Untersuchenden, in verschiedenem Mafse irradiirend, über ihre Durchmesser täuschten. Erst seit Ende des vorigen Jahrhunderts hat man die Irradiation vorzugsweise auch an terrestrischen Objecten und in Folge dessen auch unter Ausschlufs der die Sache complicirenden Tuben untersucht; man hat verschiedene Eigenschaften der Irradiation auf das Bestimmteste festgestellt, über das W e s e n der Erscheinung aber noch nicht zu unumstöfslicher Gewifsheit gelangen können. Der herrschenden, schon sehr alten, durch eine ausfuhrliche Bearbeitung neuerdings wieder kräftig gestützten Theorie nach ( D e s c a r t e s , P l a t e a u ) beruht die Irradiation auf Velcker,
Irradiation.
1
2 A u s b r e i t u n g des L i c h t e i n d r u c k e s ü b e r die G r e n zen d e r vom h e l l e n B i l d e g e t r o f f e n e n Ne t z h a u t s t e l l e h i n a u s ; also vorzugsweise auf einer Thätigkeit der N e r v e n h a u t . Es giebt aber noch eine andere, gleich alte und fast vergessene Theorie ( K e p l e r ) , welche annimmt, dafs das irradiirende Bild in d e r s e i n e r P e r c e p t i o n e n t s p r e c h e n d e n A u s d e h n u n g s i c h o b j e c t i v auf d e r N e r v e n h a u t d a r g e s t e l l t f i n d e und welche die Ursache hiervon in den b r e c h e n d e n T h e i l e n des Auges sucht. Der Verfasser, welcher sich zu der l e t z t e r e n Ansicht bekennt, hat in dem zunächst folgenden Abschnitte einige Beobachtungen zusammengestellt, welche ihn au jener Theorie geführt haben. Es dürfte vielleicht nicht unzweckmäfsig sein, diejenigen Sätze, durch welche die in Rede stehende Gesichtserscheinung in einem der verbreitetsten Lehrbücher, in P o u i l l e t M ü l l e r ' s L e h r b u c h der P h y s i k , abgehandelt wird, voranzustellen. Dieselben sind zugleich Dasjenige, was mir bei Abfassung dieses ersten Abschnittes über Irradiation bekannt war *). (Poaillet-HUller's lebrbueh der Physik, dritte Aallage, 1847. Bd. I.)
»(§. 203.) I r r a d i a t i o n . Wenn der Mond sichelförmig erscheint, und zugleich der liest seiner Scheibe durch schwache Beleuchtung von aschfarbigem Lichte wahrnehmbar ist* so scheint die Sichel überzugreifen, d. h. sie scheint einer Scheibe von gröfserem Halbmesser anzugehören, als der Rest des Monges. (Vgl. die dem Auge zu ferne au haltende Fig. 7, Taf. I.) Eine solche scheinbare Vergröfserung wird fast überall beobachtet, wo man einen hellen Gegenstand auf dunklem Grunde sieht; umgekehrt aber erscheint ein dunkler Gegenstand auf hellem Grunde verkleinert. Man hat die hierher gehörigen Erscheinungen mit dem Namen der I r r a *) Spätere Zusätze finden sich oder als N o t e n beigefügt.
in e c k i g e
Klammern
eingeschlossen
3 d i a t i o h bezeichnet. Ganz besondtetä hat P l a t e a u die Gesetze der Irradiation zu ermitteln gesucht. (Pogg. Ann. Ergänzgsbd. 1842).« »Die folgende Vorrichtung ist sehr geeignet, diese interessante Erscheinung zu zeigen. Die obere Hälfte einer Pappscheibe von 7 Zoll Höhe und 5 Zoll Breite überziehe man mit weifsem Papiere, während die untere Hälfte schwarz angestrichen wird. Die obere Hälfte theilt man dann durch einen schwarzen Streifen von zwei Linien Breite, die untere durch einen eben so breiten weifsen Streifen, so dafs der weifse Streifen in der Verlängerung des dunkeln liegt, wie man Fig. 532 sieht.« (Taf. I , Fig. 1 dieser Abhdlg.) »Diesen Apparat stelle man neben einem Fenster auf, so dafs er wohl beleuchtet ist, und entferne sich 12 bis 15 Fufs davon, so wird der weifse Streifen auffallend breiter erscheinen, als der schwarze. Noch auffallender kann man die Erscheinung machen, wenn man die weifsen Felder und den weifsen Streifen ganz ausschneidet, und den Apparat an einer der oberen Scheiben eines Fensters so befestigt, dafs man durch die ausgeschnittenen Stellen den hellen Himmel erblickt.« » D e r G r u n d d e r I r r a d i a t i o n i s t .in e i n e r A u s b r e i t u n g d e s L i c h t e i n d r u c k s auf die N e t z h a u t Äu s u c h e n , sie ist also in Beziehung auf den Raum, was das Beharren der Eindrücke auf der Netzhaut, wovon sogleich die Rede stin wird, in Beziehung auf die Zeit ist.« »Da die I r r a d i a t i o n k e i l t « o b J e c t f V e , sond e r n e i n e r e i n ä u b j e c t i v e E r s c h e i n u n g - i s t , so wird sie auch nicht für alle Personen gleich stark sein. Auf eine weifse Papptafel von denselben Dimensionen, wie die Fig. 533 dargestellte, male man zwei schwarze Felder so, dafs der Rand a b ein Millimeter rechts, der Rand g h ein Millimeter links von der verticalen Mittellinie der Tafel liegt.« (Taf. I, Fig. 2.) »Aus einiger Entfernung betrachtet, scheinen nun die Ränder a b und g h in eine verticale Linie zu fallen; doch ist diese Entfernung für Verschiedene Individuen Sehr ungleich. P l a t e a u fand, »»dafs bei einer Person diese Comcidenz schon bei der Entfernung von 2,5 Metern statt-
1 *
4 fand, was für den Winkelwerth der Irradiation 1 Min. 22 See. giebt; bei einer anderen Person trat aber die Coincidenz erst bei einer Entfernung von 12 Metern ein, bei dieser betrug also der Winkelwerth nur 17 See.«« »Der Winkelwerth der Irradiation ist unabhängig von der Entfernung des Gegenstands vom A u g e ; die absolute Breite also, welche wir der Irradiation beilegen, ist unter übrigens gleichen Umständen der Entfernung des Gegenstandes proportional.« »Die Irradiation zeigt sich bei allen Entfernungen, von der Weite des deutlichen Sehens bis zur unendlichen Entfernung.« CT »Die Gröfse der Irradiation wächst mit zunehmender Lichtstärke, doch wächst sie nicht in demselben Verhältnisse wie die Helligkeit, sondern in einem bei zunehmender Helligkeit stets abnehmenden Verhältnisse.« »Die Existenz der Irradiation wurde einige Zeit hindurch selbst von ausgezeichneten Astronomen und Physikern bezweifelt; weil die mit den besten Fernröhren angestellten Beobachtungen von dem Einflüsse der Irradiation ganz frei waren, so fand man z. B. den Durchmesser des Mondes ganz gleich, man mochte die Messung bei Tage machen, wo er nur ganz matt auf dem blauen Himmel erscheint, oder des Nachts, wo er glänzend auf dem dunklen Grund steht. Dies ist aber sehr wohl erklärlich. Der Gesichtswinkel, unter welchem wir den Durchmesser des Mondes sehen, beträgt ungefähr 30 Minuten; wenn nun der Winkelwerth der Irradiation für das beobachtende Auge 1 Minute betragt, so erscheint offenbar der Durchmesser des Mondes du.vch die Irradiation um 2 Minuten, also um T 'j vergröfser'ü Betrachtet man nun den Mond durch ein gutes Fernrohr , so wird wohl der Durchmesser des Mondes, aber nicht die Irradiation, vergröfsert; nehmen wir an, das Fernrohr bewirke eine lOOmalige Vergröfserung, so wird der Durchmesser des Mondes unter einem Gesichtswinkel von 3000 Min. erscheinen; wenn nun dieser Winkel durch die Irradiation noch um 2 Min. vergröfsert wird, so beträgt doch diese Vergröfserung nur
5 I5B5 > sie übt also hier einen verhältnifsmäfsig sehr geringen Einflufs aus. Bedenkt man nun aufserdem noch, dafs die Intensität des Lichts durch die starke Vergröfserung geschwächt wird, dafs also auch defshalb noch der Einflufs der Irradiation geringer ausfällt, so begreift man sehr gut, wie bei Beobachtungen mit guten Fernröhren die Irradiation ganz verschwindet.«
Erster Abschnitt.
Einige Beobachtungen, betreffend die Irradiation.
§. 1.
Vom Wesen der Irradiation. Ich glaube, dafs die Irradiation n i c h t e i n e s u b j e c t i v e , sondern eine o b j e c t i v e , p h y s i k a l i s c h e Ers c h e i n u n g sei. Nicht unsere Netzhaut macht die Irradiation ; sie ist kein Product unserer Vorstellung, erzeugt durch Fortpflanzung des Lichteindruckes oder der Lichtempfindung einer Netzhautstelle auf deren Umgebung: sondern d i e O b jecte irradiiren. Das unserer Auffassung materiell entsprechende Bild des irradiirenden Objectes nimmt unser Gesichtsorgan wahr, wie jedes andere Netzhautbild ; die Lichtempfindung geht nicht weiter, als der Lichteindruck. — E s ist uns ein Mittel g e g e b e n , die Irradiation auszuschliefsen; wir nennen dasselbe A c c o m m o d a t i o n der A u g e n für die Entfernung des Sehobjectes. — W e n n ein Körper von einer Seite her nur durch wenig Lichtstrahlen getroffen wird und darum dunkel erscheinen würde, aus einer anderen Richtung aber reichliches Licht empfangt und nun sehr hell erscheint, so möchte dies wohl dasselbe sein, was, auf unserer Netzhaut stattfindend, mit dem Namen »Irradiation« belegt zu werden pflegt * ] . Ueberall, wo dunkle und helle Körper sich nebeneinander befinden, sind die Verhältnisse g e g e b e n , welche Irradiation bedingen können, während die Erscheinung ausgeschlossen werden kann durch mechanische Mittel. *] —
»itaque pene idem fit in o c n l o ,
quod
supra de
radii
figuratione
demonstravi in pariete fieri." Kepler,
bei Erklärung der Irradiation.
10
Gegenstände, die sich aufserhalb der Sehweite befinden, werden, wenn sie überhaupt gesehen werden, bekanntlich mit Z e r s t r e u u n g s k r e i s e n gesehen. Ein solches Netzhautbild fällt mit seinem Rande in das Bild des neben ihm befindlichen Gegenstandes. Sind beide Bilder von sehr verschiedener Lichtstärke, so wird an der Stelle, wo beide ineinandergreifen , nur das hellere Bild, -wiewohl mit einiger Schwächung gesehen. Ein Körper, welcher leuchtender ist, als seine Umgebung, dem Auge näher oder entfernter gebracht , als die Sehweite, scheint darum gröfser, als er dem Sehwinkel gemäfs erscheinen sollte; der irradiirende Theil seines Bildes schneidet von dem benachbarten , dunkleren Bilde ein Stück hinweg. — Ausdrücke, wie : leuchtende Körper werden weit gesehen, helle Streifen auf dunkelem Grunde stechen auf weithin ab — wollen grofsentheils nichts Anderes heifsen, als : sie i r r a d i i r e n . — Die Irradiation, in dieser Weise betrachtet, wäre eine dem D o p p e l t s e h e n verwandte Erscheinung. Während beim Doppeltsehen das Bild eines Gegenstandes auf nicht sich deckende Netzhautstellen beider A u g e n , oder das Bild verschiedener Gegenstände in beiden Augen auf sich deckenden Netzhautstellen zur Wirkung kommt, wird bei der Irradiation e i n e u n d d i e s e l b e N e t z h a u t a n e i n e r u n d d e r s e l b e n S t e l l e von v e r s c h i e d e n e n B i l d e r n g e t r o f f e n , deren eines das andere ü b e r t ö n t , oder deren Eindrücke sich v e r m i s c h e n , je nachdem beide Bilder an Helligkeit entweder sehr verschieden, oder ziemlich gleich sind. §• 2.
Erste Bedingung der Irradiation : Das Sehobject mufs auf der Netzhaut Zerstreuungskreise bilden. Die Lichtempfindung geht nicht weiter, als der Llchtelndrnck.
Ein Körper A B (Taf. I , Fig. 3 ) , «elcher zur Hälfte hellfarbig, zur Ilälfte dunkelfarbig ist, erzeugt auf der Netzhaut a a des ihm accommodirten Auges ein vollkommen
11 scharfes, entsprechendes Bild; je von einem Punkte ausgehende Strahlen werden auf einem entsprechenden Punkte der Netzhaut wieder vereinigt; die Grenzen des Bildes und seiner Theile sind durchaus unvermischt, von Irradiation wird keine Spur wahrgenommen. 1.
Irradiation
w e g e n zu g r o f s e r objectes.
Nähe
des
Seh-
Befindet sich das Object dem Auge zu nahe, so würden die Strahlen erst h i n t e r der Netzhaut zur Vereinigung kommen; die Netzhaut b b (Fig. 3) wird von abgestutzten Strahlenkegeln getroffen. Nur der iiufsere Theil des Netzhautbildes wird auf der einen Seite ausschliefslich durch weifse, auf der anderen Seite ausschliefslich durch Strahlen des dunkelen Bildes vermittelt; der mittlere Theil der berührten Netzhautstelle erhält gemischte Strahlen. — Die Wirkung ist s o , als ob an der mittleren Stelle die dunkelen Strahlen kaum vorhanden wären. 2.
I r r a d i a t i o n w e g e n zu g r o f s e r Sehobjectes.
Eittfernurty
des
Hier vereinigen sich die Strahlen schon v o r der Netzhaut ; sie kreuzen sich und treten wieder zu Kegeln auseinander, deren Basis die Netzhaut c c trifft. Auch hier Vermischung der mittleren Strahlen, in der Wirkung Vorherrschen der hellen. Ob P o i i i l l e t - M ü l l e r ' s Physik diese beiden Verschiedenheiten der Irradiation anerkennt, scheint nicht ganz deutlich; die betreffende Stelle, Seite 455, lautet : n Die Irradiation zeigt sich bei allen Entfernungen, von der Weite des deutlichen Sehens bis zu unendlicher Entfernung.« [ P l a t e a u , von welchem die citirte Stelle herrührt, kennt nur die durch zu grofse E n t f e r n u n g bedingte Irradiation. Vgl. unten §. 30 und 31. J A l l e G e g e n s t ä n d e , wenn sie n i c h t accomm o d i r t w e r d e n , irradiiren, sobald zwischen ihnen und
12 ihrer Umgebung ein genügender Unterschied in der Helligkeit der Färbung besteht. [ J e geringer der Helligkeitsunterschied, um so mehr tritt Dasjenige ein, was in dieser Abhandlung als f a r b m i s c h e n d e I r r a d i a t i o n beschrieben wird. §. 8; §. 37.] J e gröfser die Bildineinanderschiebung und je greller der Helligkeitsunterschied, um so stärker die Irradiation [die gewöhnliche, übertönende Irradiation]. [Eine weifse Kreisfläche erscheint durch Irradiation oval, wenn die Umgebung, wie in Fig. 4 (Taf. I ) , an zwei einander gegenüberstehenden Stellen schwarz, an den anderen grau gemalt ist und die Verbindungsstellen ineinander schattirt sind.] Die meisten Fälle von Irradiation, die unserer Beobachtung sich aufdrängen, haben ihre Ursache in zu grofser E n t f e r n u n g des Sehobjectes. Ist die Entfernung aber allzugrofs, so wird, wenn der helle Körper nicht sehr hell und nicht von hinreichender Gröfse i s t , die Irradiation nicht bemerkt, weil das Sehen hier überhaupt zu undeutlich wird. Ein bequemes B e i s p i e l der Irradiation giebt der Anblick eines auf Zimmerlänge entfernten S c h a c h b r e t t e s . Die weifsen Felder, statt nur mit den Ecken sich zu berühren , vereinigen sich zu Streifen, welche einander in der Richtung der Diagonallinien kreuzen. [Vgl. die ideale Zeichnung Fig. 5, Taf. I. Denselben Anblick hat man, wenn Fig. 6 sehr nahe an's Auge gebracht wird; die vergröfserten weifsen Felder scheinen annähernd kreisförmig.] Von den schwarzen Dambrettfeldern pflegen nur die vierzehn äufseren ihre Gröfse so ziemlich zu behalten (wenn nämlich der Hin-, tergrund weniger hell ist, als die weifsen Felder); sie werden, statt von vier Seiten, nur von dreien geschmälert. — Ein Geländer von weifsen P a l i s s a d e n sieht bei einiger Entfernung einer weifsen Wand ähnlich. W e i f s e oder G o l d b u c h s t a b e n auf einem dunkelen Schilde kann man weiter lesen, als schwarze Buchstaben auf weifsem Grunde. [ G e m ä l d e , welche mit wenig Farben und groben Pinselstrichen gemalt sind, verdanken der durch Beschauen aus gröfserer
13 Entfernung entstehenden Irradiation und Ineinandertretung der unvermittelten Sprünge ihrer Schattirung das Ansehen gröfster Feinheit und T r e u e ; Transparentgemälde insbesondere werden auf diesen Effect gearbeitet. Ganz dieselben Verhältnisse machen sich bei der Betrachtung von F e r n s i c h t e n geltend. — Nichts A n d e r e s , als eine Irradiationserscheinung ist e s , wenn wir m i k r o s k o p i s c h e O b j e c t e bei zu hoher und bei zu niederer Stellung des Tubus verschwinden sehen.] Wie die E x i s t e n z der Irradiation von ausgezeichneten Astronomen und Physikern eine Zeit hindurch bezweifelt werden konnte ( P o u i l l e t - M ü l l e r , Seite 456), ist kaum glaublich. Die Irradiation fehlte, wenn der M o n d durch Fernröhre beobachtet wurde — wovon der Grund sehr nahe liegt. — Die Irradiation soll am Monde entdeckt worden sein. E s ist wunderbar, dafs man am Himmel suchte, was man auf der E r d e viel besser haben konnte. Der Architect, jeder Plafondmaler, wird die Irradiation zu berücksichtigen haben; jede Dame weifs, dafs ein weifser Schuh einen grofsen F u f s macht. HörendieSehobjecte auf, Zerstreuungskreise a u f d e r N e t z h a u t z u b i l d e n , mit anderen Worten : vermag das A u g e sich der betreffenden Entfernung zu accommodiren, so hört auch die Irradiation auf. Wer zum erstenmal eine Brille aufsetzt [eine Concavbrille], bemerkt, dafs die Lichter ihm nun weniger strahlen; die Sterne scheinen ihm kleiner. A l s Thatsache steht ferner fest, dafs die Irradiation aufgehoben werden kann, wenn man den Gegenstand durch eine feine O e f f n u n g ansieht. Die Ursache liegt darin, dafs der Gegenstand nun a c c o m m o d i r t wird. Oft ist es zum Zustandekommen der Accommodation schon hinreichend, mit den Augenliedern zu blinzeln oder das A u g e bis auf einen schmalen Spalt zu schliefsen *]. Visirt man einen irradiiren*]
iiNara contractis
sarum speoierum
palpebris
ileterguntiu - .«
et fronte
c o r r u g a t a plurlmae
Kepler
talium fal-
P a r a l i p . , p a g . 219.
14 den Gegenstand am Rande eines nahe an's A u g e gehaltenen Körpers vorbei, so hört die Irradiation an jener Stelle auf. — Ein Nadelstich, durch welchen Sehobjecte angeblickt werden, die Pupille, sind irradiirende Fenster [§. 6]. Das Princip der O p t o m e t e r scheint sich auf die F r a g e zu reduciren : In welcher Entfernung wird ohne Irradiation gesehen? Die Scheiner'sche Nadel, an der Stelle, wo sie einfach gesehen wird, zeigt uns die Entfernung, in welcher die Kartenblattstiche nicht irradiiren würden. Die Diaphragmen scheinen die Irradiation nicht sowohl durch Abschneidung, als vielmehr durch B e i l e n k u n g der äufseren Strahlen aufzuheben. [Ich bin weit davon entfernt, zu glauben, dafs wenn bei'm Beschauen durch eine feine Oeffnung die Irradiation verschwindet, im A u g e die i n n e r e n V o r g ä n g e s t a t t f ä n d e n , wodurch sich das Auge sonst selbstständig den verschiedenen Entfernungen accommodirt; ich sage nur : in dem endlichen R e s u l t a t e geschieht insofern dasselbe, als in beiden Fällen je von einem Punkte des Objectes ausgehende Strahlen in distinkten Punkten auf der Netzhaut vereinigt werden. Der Kürze halber wurde in dieser Abhandlung das A u g e — im Gegensatz zu dem Irradiation erzeugenden Auge — a c c o m m o d i r t genannt, mochte der gemeinte Effect nun durch den an und für sich für das Object passenden Refractionszustand des Auges, oder durch dessen selbstständiges Accommodationsvermögen, oder durch Veränderung des Aceommodationszustandes in Folge von Ermüdung, oder endlich durch Hinzuziehung von Linsen, Diaphragmen und anderer äufseren Mittel bewirkt sein.] §. 3.
Zweite Bedingung der Irradiation : Ueberwältigung des dnnkelen Lichteindrackes durch das helle Bild an den von beiden Bildern gemeinschaftlich getroffenen Retihaatstellen. D a f s der Eindruck des hellen Bildes den Eindruck des dunkleren da, wo beide zugleich stattfinden, verdrängt, be-
15 weist unter anderem der von P o u i l l e t - M ü l l er angegebene Versuch mit der schwarzen Scheidewand, welche dem einen A u g e den Blick auf ein weifscs Papier verschliefst *]. Die Netzhautregion beider Augen, welche beide Eindrücke erhält, vermittelt nicht die Vorstellung von Mittelgrau, sondern die von einem nur wenig getrübten Weifs. Doch ist dabei zu bemerken, dafs in diesem Falle Accommodation für das weifse Papier stattfand, für das schwarze nicht **]. [Eine sehr bekannte Erscheinung ist es, clafs ein schon ziemlich dunkelblauer Kleiderstoff, welchem verhältnifsmäfsig nur sehr wenig Gelb aufgedruckt oder eingewoben ist, bei einiger Entfernung das
*] Die A r g u m e n t a t i o n , auf welche sich hier bezogen w u r d e , ist kurz folgende. P . - M ü l l e r (Lchrbuch der Physik, I, S. 454), um zu zeigen, »dafs m a n mit zwei A u g e n heller sieht, als mit nur E i n e m « , giebt folgendes Beispiel : Man sehe auf einen Streifen weifsen P a p i e r s , während vor das eine A u g e ein dunkler Schirm so gehalten wird, dafs f ü r dieses A u g e die. eine H ä l f t e des weiLscn Papiers verdeckt i s t ; »der Theil des Papiers, welcher mit beiden Augen zugleich gesehen wird, erscheint heller als die andere Hälfte, die m a n n u r mit E i n e m Auge sieht." In dem von P . - M t i l l e r angeführten Versuche sieht man aber die eine Hälfte des hellen Papiers minder hell nicht nur d a r u m , weil sie nur mit Einem A u g e gesehen wird, und dieses also vom zweiten nicht unterstützt wird, sondern hauptsächlich d a r u m , weil die Auffassung jenes Auges durch diejenige des zweiten positiv g e s t ö r t wird. W e n n a b c ( T a f . II, Fig. 8) das weifse und S das schwarze Papier bazeichnet, welches letztere von rechts her zwischen das rechte A u g e und die rechte Hälfte des weifsen Papiers gehalten w i r d , so trifft beim Fixiren des weifsen P a p i e r s das Bild des schwarzen auf nicht sich entsprechende Netzhautstellen. Die linke Hälfte des weifsen Blattes, von a bis b, erscheint sehr weifs — sie schickt Strahlen auf entsprechende Stellen beider Netzhäute. Die Abtheilnng h c dagegen sendet blos ins linke A u g e Lichtstrahlen, und zwar auf eine N e t z h a u t s t e l l e , deren entsprechende des rechten Auges von Strahlen des dunkelen Papiers getroffen wird. Die Stelle b c erscheint mithin g e t r ü b t ; innerhalb derselben sieht das rechte A u g e das links stehende Doppelbild des schwarzen Papiers. **] Ohne diesen letzteren Umstand würde die Stelle b c eine beträchtliche T r ü b u n g gezeigt haben, deren d u r c h a u s nicht unansehnliche Steigerung in der Nähe von b gänzlich übersehen wurde. — J e n e r Versuch kann hier zu einem Beweise nicht benutzt werden, indem die Auffassung bei verschiedenartigen, durch analoge Stellen zweier Retinen vermittelten Lichteindrückeu von ganz anderen Bedingungen abhängt, als hier vorausgesetzt wurde. (Siehe unten, §. 43.)
16 Gelbe, als die hellere Farbe, vorhersehen läfst und ziemlich hell grün erscheint. — Die Zusammenstellung von B l a u , Weifs und Roth ist auch aus dem Grunde wohl gewählt, weil das bei Irradiation wachsende Weifs seine Nachbarfarben rein erhält, während bei einer anderen Zusammenstellung, wie z. B . bei Blau, Roth und Gelb die Farben sich mischen und Violett und Orange zwischen die Grundfarben treten.] Die herrschende Theorie von der Irradiation scheint, soweit aus P . - M ü l l e r hervorgeht, die im vorigen Paragraphen genannte, rein physikalische Bedingung cler Irradiation, beruhend auf Brechung, nicht anzuerkennen. Nun fragt es sich, wenn die Irradiation der Physik vindicirt werden sollte : Ist nicht die z w e i t e Bedingung der Irradiation eine rein p h y s i o l o g i s c h e , in der N e t z h a u t liegende? W a r u m bei gleichzeitigem Einwirken von Hell und Dunkel nicht ein Mittelton, sondern fast ausschliefslich das Helle empfunden wird, möchte nicht so leicht zu erklären sein. Analogien beweisen nichts; aber die Erscheinung erinnert an die Uebertäubung eines sanften Tones durch einen grellen Klang, der gleichzeitig unser Ohr trifft. Eine helle F a r b e ist für die Netzhaut ein stärkerer Reiz, als eine dunkele ; eine Netzhautstelle, durch welche Weifs wahrgenommen wurde, ist oft noch nach längerer Zeit für Wahrnehmung einer dunkelen Farbe abgestumpft; wie viel weniger mag die dunkele F a r b e gleichzeitig mit der hellen zur vollständigen Wirkung gelangen können? — Man kennt viele Fälle von chemischer Einwirkung des Lichts. E s ist ganz denkbar, wie das weifse Licht stärker auf die Netzhaut wirken mufs, als das zerlegte, und das wenig zerlegte stärker, als das stark zerlegte. — Läfst man zwei gleich breite, aneinandergrenzende Papierstreifen, deren einer blau, der andere roth ist und die von gleicher Helligkeit sind, [Taf. II. Fig. 9] irradiiren, so gewinnt weder der eine, noch der andere an Breite; im Gegentheile werden beide gleichmäfsig geschmälert, indem die übereinandertretenden Theile beider Bilder ein violettes Bild veranlassen [Fig. 10]. Ebenso irradiirt Gelb und Blau nur darum nicht grün, weil der Helligkeitsunterschied zwischen
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beiden Farben in der Regel zu grofs ist; nimmt man das Blaue recht hell, so hat das Gelbe weniger Uebergewicht, und die irradiirende Stelle erscheint grün. Ich glaube darum nicht, dafs die Netzhaut eine Wahl habe, das h e l l e o d e r das d u n k l e Bild zu empfinden und dafs nur aus i n n e r e n , in der Netzhaut liegenden Gründen das hellere Bild bevorzugt würde. Schon objectiv hat das hellere Bild das Uebergewicht. Das schwarze Feld des Dambretts macht wohl eben so grofse Zerstreuungskreise, wie das weifse Feld *]; aber das schwarze Feld wirkt weit schwächer, während das weifse seine Netzhautstelle stark illuminirt **]. Ich habe die Versuche nicht weiter ausdehnen können und namentlich Versuche mit ausgeschnittenen Thieraugen niemals angestellt; aber ich habe die Ueberzeugung (wenn nicht allzu grofse Kleinheit der Bilder und andere Verhältnisse hindernd mitwirken), die Irradiation auf der Netzhaut s i c h b i l d e n z u s e h e n durch Uebereinandertreten verschieden heller Bilder und Ueberstrahlung der weniger hellen. Mit einem Apparate wenigstens müfste sich die Erscheinung hervorbringen lassen. [Die Versuche, an welche hier gedacht wurde, waren : Beobachtung des Bildchens in einem künstlichen Auge von gröfseren Dimensionen; sodann aber : Auffangen des Bildes eines abwechselnd zu fern und zu nahe gehaltenen Irradiationsobjectes in einem künstlichen Auge, welches an der Stelle der Retina eine Daguerre'sche Platte besitzen sollte * **].
*] Die verschiedene Brechbarkeit der verschiedenfarbigen Strahlen durfte wohl, soweit es in Bezug auf die Irradiation hier geschieht, unberücksichtigt bleiben. **] — »alba vero et clara fortiter illustrant suam superficiem. K e p l e r , Paralip. ***] In V o l k m a n n ' s Abhandlung über das Sehen ( R . W a g n e r ' s Handwörterbuch) findet sich, Seite 300, die Bemerkung, dafs G e r l i n g , welcher die Netzhautbilder mit der Loupe prüfte, nicht nur die verschiedene Deutlichkeit derselben unterscheiden, sondern sogar die verschiedenen Entfernungen des Focus von der Netzhaut, mittelst der Paralaxe der Bilder, messen konnte. — Siehe ferner am Schlüsse dieser Abhandlung bei P o w e l l . W e l c k e r , Irradiation.
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18 Ich beschränkte midi zunächst anf die Beobachtung der irratliirentlen Bilder, welche eine Convexlin.se bei Benutzung eines Objectes Fig. 1 (Taf. I) auf einem weifsen Papiere entwarf'.] §• 4.
Apparat zur Beobachtung und Messung der Irradiation. In ein Plättchen Tabaksblei wurden zwei quadratische Fenster, jedes von 6 Par. Linien in Seite, eingeschnitten. Der gegenseitige Abstand beider Fenster war so grofs, dafs ein (i Linien breites Feld dazwischen stehen blieb. Sodann wurde ein Stückchen weifses Kreidepapier mit Touche geschwärzt, aber zwei Quadrate von 6 Linien Seite weifs gelassen, ebenfalls 6 Linien von einander entfernt ( T a f . I I I , Fig. 18"). Endlich wurden noch verschiedene andere irradiirende Kärtchen gemalt, mit verschiedenen Formen und Verhältnissen der irradiirenden Flächen. Um diese Objecte, welche, auf Stäbchen aufgesteckt, von kleinen Klötzchen getragen wurden, bequem zu beobachten und zu messen, wurden sie auf einer 18 Par. Zoll langen, graduirten Leiste, die längs der einen Seite einen Führnngsrand hatte, hin- und hergeschoben [vgl. Taf. I I , Fig. 11]. An das dem Auge zugewendete Ende war ein Brettchen senkrecht befestigt, in weiches in der Höhe der zu beobachtenden Objecte ein rundes Fenster von § Zoll Durchmesser eingeschnitten war. Zu beiden Seiten, sowie unterhalb dieser Augenüffmuig, waren drei schmale, mit einem Falz versehene Leistchen angeleimt, so dafs kleine Bleiplättchen von 8 Lin. Breite und 1$ Zoll Höhe sich vor das Fenster einschieben liefsen. Von innen konnte das Fenster durch ein drehbares, dreieckiges Stückchen Blech nach Belieben und von jeder Seite her verkleinert uncl verschlossen werden [Taf. V, Fig. 30]. Vier Zoll von der Augenöfthung entfernt (meine Sehweite) konnte auf die graduirte Leiste ein aus drei Hölzern zusammengesetzter Rahmen aufgesteckt werden [ T a t II, Fig. 11, a b c], welcher als Anlage des Zirkels oder als Stützpunkt für das
19 Papier beim Zeichnen diente. Der auf einem schmalen Blech liegende Papierstreif [ d d , Fig. 11] wurde an den Rahmen so angelehnt, dafs die die Irradiation begrenzenden Linien der gemalten Flächen und der Fenster unmittelbar an den Papierstreif zu stofsen schienen, woselbst einige Bleistiftstriche fe e e e , Fig. 1 1 ] die Dimensionen bequem und ziemlich sicher bestimmten. [Für mehrere Zwecke würde folgendes Verfahren geeigneter sein. Ein weifses F e l d , auf der einen Seite senkrecht begrenzt von einem schwarz gemalten Felde, mit dem entgegengesetzten Rande hinter ein zweites, dem vorigen parallel stehendes schwarzes Feld verschieblich, während eine auf dem weifsen Felde verzeichnete Scala das Mais des zu Tage stehenden ablesen läfst, durchlaufe die ganze Bahn des Beobachtungsapparates, während durch geeignetes Verschieben des weifsen Feldes (Aus- und Einziehen) dessen scheinbare Breite dem Abstände zweier von der Fläche d d (Taf. I I , Fig. 11) herabragenden Nadelspitzen gleich erhalten wird.] §• 5.
Beobachtung und Messung irradiirender Flächen. V e r s u c h I. Eine ^Kreisfläche, welche eine weifse und eine schwarze Hälfte besafs (Taf. I I , Fig. 1 2 a ) , entwarf bei 4 Zoll Beobachtungsweite ein solches Bild im Auge, dafs die Auffassung der Wirklichkeit vollkommen entsprach. Wurde die Scheibe aus ihrer Stellung geschoben, so vergröfserte sich die weifse Hälfte gegen die schwarze, und zwar umsomehr, je mehr die Scheibe diesseits der Sehweite dem Auge genähert wurde oder jenseits derselben in gröfseue Entfernung kam. Der in den Mittelpunkt der Scheibe gemalte rothe Fleck scliien dann sammt dem Diameter aus der Mitte gerückt. Fig. 12 a zeigt die Scheibe in natürlicher Gröfse. Fig. 12b zeigt einen Kreisausschnitt derselben, gezeichnet bei 4 Zoll Entfernung, während die Scheibe sich 12 Zoll vom Auge befand. Fig. 12c zeigt Dasselbe bei Vorschiebung eines Diaphragmas vor die Augenpflhung; das Auge vermag nun 2 *
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zu accommodiren, die Verhältnisse erscheinen symmetrisch, wie bei Fig. 12». Wurde nach Entfernung des Diaphragmas und Rückkehr der Irradiation die irradiirende weifse Hälfte der Scheibe durch ein vorgehaltenes schwarzes Papier bis auf einen schmalen Streifen bedeckt, so bewegte sich weder der rothe Punkt in die Mitte zurück, noch sah man irgend ein Wachsen der geschmälerten schwarzen Hälfte. Wohl aber war dies der Fall, wenn der schwarze Papierstreif nahe am Auge hin und her bewegt wurde — es tritt dann Accommodation ein. Befindet sich die Scheibe in dem angestellten Versuche innerhalb der Sehweite, so kommen die Strahlen der schwarzen Hälfte auf einer eben so grofsen Netzhautstelle zur Vereinigung , als die Strahlen der weifsen Hälfte ; beide Hälften des Bildes sind scharf getrennt. Befindet sich die Scheibe aufserhalb der Sehweite, so bedecken die nicht zur Vereinigung kommenden oder die wieder divergirenden Strahlen der schwarzen Hälfte gewifs eine eben so grofse Netzhautstelle, als die Strahle« der weifsen Hälfte ; die Zerstreuungskreise der beiden Hälften greifen bis zu einer gewissen Entfernung ineinander. Aber die gemeinschaftliche Stelle — mit Ausnahme des äufsersten Randes, denn die Grenze ist allerdings nicht sehr scharf — erscheint eben so weifs, als das übrige Weifs der Scheibe. V e r s u c h I I . Ein bemaltes Stückchen Kreidepapier, dargestellt durch Fig. 1 ( P o u i l l e t - M ü l l e r ' s Fig. 532), wurde bei 12 Zoll Entfernung angesehen. Der schmale weifse Streifen schneidet nach genauer Messung von den beiden schwarzen Feldern eben so viel weg und wird dadurch um eben so viel breiter, als der schwarze Streifen durch die beiden weifsen Felder geschmälert wird. — Bei gröfserer Entfernung erscheinen die Grenzen nur sehr wenig scharf ; die Ecken der weifsen Felder scheinen a b g e r u n d e t . [Was diese Abrundung der Ecken betrifft, welcher wir in der Folge noch mehrfach begegnen, so leuchtet von selbst ein, dafs z. B. ein helles Object a b c (Taf. II, Fig. 13) nicht
21 etwa in der Ausdehnung a' b' c' Zerstreuungskreise bilden kann. Die Spitze b des Objectcs wirft ihre Zerstreuungskreise in einen Umkreis, welcher von der Linie d e berührt wird, und das durcli die Zerstreuungskreise vergröfscrte Bild erscheint, statt spitz auszulaufen, abgerundet. So erscheint ein kleines weifses Dreieck oder eine kleine dreieckige Oeffnung, dem Auge zu nahe gehalten, kreisrund.] V e r s u c h I I I . Eine weifse Quadratfläche von $ Zoll in Seite, auf schwarzem Grunde, und eine solche von 1 Zoll wurden nacheinander, bei 16 Zoll Entfernung, im Zustande der Accommodation und der Irradiation gemessen. *J Die scheinbare Gröfse des accommodirten kleineren Feldes zeigt Fig. 14" (Taf. I I ) ; die scheinbare Gröfse des accommodirten gröfscren zeigt Fig. 15 a ; letzteres erschien in seinen Seiten genau doppelt so grofs, als das vorige. Die scheinbare Gröfse des bei 16 Zoll irradiirendcn kleinen Feldes zeigt Fig. 14 b . Das gröfsere F e l d , irradiirend, erscheint aber nicht doppelt so grofs in Seite, als das vorige, es erscheint nicht so grofs, wie die äufsere [punktirte] Contour von Fig. 15 b , sondern nur so grofs, wie deren innere Contour. [Fig. 14", wie Fig. 15", vergröfsert sich mithin längs jeder Seite durch den Irradiationshof n o.] Der entsprechende Versuch wurde mit irradiirenden Feldern gemacht, welche sich dem Auge n ä h e r , als die Sehweite, befanden ; die Entfernung war 1 Zoll vom Auge. Die scheinbare Gröfse eines accommodirten kleineren Quadrats, von 1 Linie in Seite, zeigt Fig. 16"; diejenige eines accommodirten Quadrats von 2 Linien in Seite zeigt Fig. 17". Irradiirten die beiden Felder, so machte das gröfsere Feld kaum ein gröfseres Bild (Fig. 17b), als das kleinere Feld (Fig. 16b). Auf dieses auffallende Verhältnifs wird sehr bald zurückgekommen werden.
*] Bei allen diesen Messungen befand sich der Papierstreif, auf welchen die Coutuuren der Objecte nach Andeutung der Fig. 11 übertragen wurden, 4 Zoll vom Auge.
22 §. 6.
Messung irradiirender Flächen und Fenster in verschiedenen Entfernungen, verglichen mit der durch Accommodation bewirkten Gröfse. Um zu ermitteln, wieviel die Irradiation in jeder Entfernung betrage, wurden die zur Irradiation benutzten Flächen und Fenster stets auch im Zustande der Accommodation gemessen. Um aber auch dafür einen sicheren Anhaltspunkt zu haben, dafs die Irradiation wirklich ausgeschlossen und Accommodation eingetreten sei [Vgl. Ende von §. 2], wurde zwischen zweien, gleich grofsen hellen Feldern ein dunkeles Feld von gleicher Gröfse angebracht; nur wenn diese drei Felder vollkommen gleich grofs erschienen, wurde Accommodation angenommen. Für die Irradiation jenseits der Sehweite schienen Quadrate von 6 Linien in Seite eine passende Gröfse zu haben (Taf. III, Fig. 18 ") ; für Irradiation diesseits der Sehweite wurden Felder von 1 Quadratlinie angewendet (Taf. IV, Fig. 22 und 23 »). Versuch IV. I r r a d i a t i o n j e n s e i t s der Sehw e i t e . Iiier fallt zunächst auf, dafs die in Tabaksblei eingeschnittenen Fenster nicht stärker irradiiren, als die weifsen Felder des Kreidepapiers. Beide wurden in verschiedenen Entfernungen, bei 6, 8, 10, 12, 14 .und 16 Zoll, gemessen — die Zeichnungen Fig. 18 b' c' d' e' f' und g' passen für die Fenster, wie für die Flächen. [Der Himmel, gegen den die Fenster sich projicirten, war nicht sehr hell.] Bei Irradiation wegen zu grofser Nähe (Versuch V) irradiirten die Fenster stärker, als die Flächen. Bei stattfindender Accommodation erscheinen gleich gröfse Fenster und Flächen in jeder beliebigen gleichen Entfernung — wie nicht anders zu erwarten — gleich grofs. Bezüglich der Fig. 18 b bis g ist wohl nicht zu zweifeln, dafs wirklich acconnnodirt, richtig gemessen und gezeichnet wurde. Der Querdurchmesser eines Feldes betrug bei 8 Zoll Entfernung genau die Hälfte, bei 16 Zoll genau J des Durchmessers der
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in der Sehweite von 4 Zoll gemessenen Felder (Vgl. die Figg.). Die Felder erschienen mithin mittelst der unter Anblicken durch ein enges Diaphragma zu Stande gekommenen Accommodation genau so grofs, als sie dem Sehwinkel nach ercheinen mufsten. Die irradiirenden Flächen und Fenster anlangend, kann es gar nicht anders sein, als : die Mittelpunkte der accommodirten Felder sind auch die Mittelpunkte der i r r a d i i r e n den Felder. Ein helles Quadrat auf gleichmäfsig dunkelem Grunde wächst durch Irradiation ringsum gleichmäfsig. Man sollte darum erwarten, die Contouren der accommodirten Felder würden sicli von denen der irradiirenden in der Weise umrändern lassen, dafs die ersteren von den letzteren gleichmäfsig umsäumt erschienen (Taf. IV, Fig. 19); dieses ist aber (an Versueh I I I erinnernd) nicht der Fall. Fig. 20 (Fig. 18 e und 18 e ) zeigt bei a die accommodirten, bei b die irradiirenden Felder, jede in derselben Entfernung gemessen. Die weifsen Felder müssen dieser Zeichnung nach bei Irradiation jenseits der Sehweite vorzugsweise nach a u f s e n hin wachsen. Dieser scheinbare Widerspruch mag darauf beruhen, dafs die Felder in einer geraden Ebene liegen. Ein irradiirendes Feld, welches der Sehaxe rechtwinklich gegenübersteht, mufs mit allen Rändern gleichmäfsig irradiiren. Thutsache scheint es, dafs in diesem und dem folgenden Versuche die Felder stets quadratförmig erschienen. *] Die Zeichnungen der irradiirenden Felder (Fig. 18 b' bis g') bilden in der Veränderung ihrer Proportionen eine gleichmäfsige Reihenfolge. Aber auch das Wachsen der weifsen Felder nach aufsen hin scheint mit der Construction der Fig. 3 übereinzustimmen. Jenes Verhältnifs scheint sich demnach zu Gunsten der durch Zerstreuungskreise entstehenden Irradiation erklären zu lassen, während bei einer anderen Theorie
*] Interessante Versuche über diesen letzteren l'unkt wurden angestellt von Dr. A d o l f F i c k .
Siehe am Schlüsse dieses Paragraphen.
24 die Erklärung vielleicht schwer werden dürfte. Denn warum der Lichteffect zu fern liegender heller Körper vorzugsweise nach dem Netzhautrande hin, der Lichteffect zu nahe liegender heller Körper (wie sich sogleich zeigen wird) vorzugsweise nach der Mitte hin sich verbreiten sollte, scheint unerklärlich Bezüglich des Wachsens der Irradiation jenseits der Sehweite zeigt schon der Augenschein, dafs dasselbe mit der Entfernung von der Sehweite in einem ganz bestimmten Verhältnisse steht. Es müfste sich leicht nach einer Formel berechnen lassen, wieviel die Irradiation für ein Auge, dessen Sehweite man kennt, in jeder Entfernung betragen würde. Die Felder werden zwar immer k l e i n e r , weil der S e h w i n k e l immer kleiner wird; aber ein Blick auf die noch weit stärker abnehmenden accommodirten Felder, vor Allem aber d a s S c h w i n d e n d e s s c h w a r z e n M i t t e l f e l d e s lassen keinen^Zweifel, dafs die Irradiation mit der Entfernung s t e i g t . Den Satz: »Da die Irradiation keine objective, sondern eine r e i n s u b j e c t i v e Erscheinung ist, so wird sie auch nicht für alle Personen gleich stark sein« ( P o u i l l c t M ü l l e r , pag. 455), niufs ich mir übersetzen : »Da die S e h w e i t e aus r e i n p h y s i k a l i s c h e n Gründen bei verschiedenen Menschen verschieden ist, so kann auch die Irradiation nicht für Alle gleich stark sein.« V e r s u c h V. I r r a d i a t i o n d i e s s e i t s d e r S e h w e i t e . Das Beobachtungsobject [Fig. 22 a : weifse Flächen, Fig. 23 a : Fenster] in b 3 Zoll, in c Zoll, in d 2 Zoll, in e Zoll, in f 1 Zoll, in g i Zoll vom Auge.) Die accommodirten F e n s t e r (Taf. IV, Fig. 23 a bis g) erscheinen hier gröfser, als die accommodirten Flächen (Fig. 22 a—g); dieser Unterschied ist in der allernächsten Nähe, z. B. bei i Zoll Entfernung (Fig. 23 g und Fig. 22 g) sehr "] Die Untersuchungen S t u r m ' s Oberflächen waren mir unbekannt.
über die Asphäricität der
brechenden
25 beträchtlich. Beugung der Randstrahlen mag wohl die U r sache sein. Sobald die Objecte dem A u g e mehr, als um die halbe Sehweite, zu nahe kommen, geben die Fenster auch bei der Irradiation ein beträchtlich gröfseres Bild. Ein Blick auf die Abbildungen zeigt, dafs die Irradiation bei Versuch V hauptsächlich nach i n n e n zu wächst (siehe auch F i g . 21, Taf. I V ) . F ü r die Beobachtung der Irradiation diesseits der Sehweite ist mein A u g e insofern wenig geeignet, als zwischen ihm und seiner Sehweite nur wenig Raum ist, [der kleine W e g aber, auf welchen der hin- und herrückende Objectträger beschränkt ist, jeden durch Unvollkommenheit des Beobachtungsapparates und durch Ungleichheiten im Anlegen des A u g e s entstehenden Fehler stark hervortreten läfst.] A u s den Abbildungen ist ersichtlich, dafs bei £ Zoll Entfernung die irradiirende Quadratlinie k l e i n e r erscheint, als die accommodirte. Man würde zweifeln, ob wirklich Irradiation stattgefunden, sähe man nicht das Mittelfeld geschwunden, den vorhergehenden Figuren gegenüber [so ziemlich] in gleichmäfsigem Fortschritte *). E s fragt sich weiterhin : Entsprechen F i g . 22 g oder F i g . 23 g wirklich accommodirten Feldern von 1 Quadratlinie? Ist diese starke Vergröfserung wirklich nur das Product des sehr gewachsenen Sehwinkels, oder wurde das Bild durch die Randstrahlen des Diaphragmas auseinandergebrochen ? — Eines ist nicht zu bezweifeln : die Netzhaut wird in unserem Falle, trotz der beträchtlichen Nähe des Objectes, nicht von Lichtkegeln, sondern von punktförmig vereinigten Strahlen getroffen, sonst könnte das Mittelfeld sich nicht erhalten haben, die Irradiation nicht ausgeschlossen sein. Der Versuch I I I zeigte, dafs auch schon w e i t e r vom A u g e die Gröfse des accommodirten Bildes die des irradiirenden übersteigen kann, wenn nämlich das Object ein gröfseres * ) Die Zeichnung widerspricht ; F i g . 22 g ' und 23 g ' zeigen ein breiteres Zwischenfeld, als F i g . 22 (' und 23 (', durch welche letzteren doch ein geringerer Grad von Irradiation dargestellt werden sollte. E s mufs sehr verschiedene Beleuchtung oder verschiedene Disposition des Auges stattgefunden haben.
36 ist. Dasselbe betrug in Versuch I I I 2 Lin. in Seite. E s mufs darum einen P u n k t geben, an welchem ein dem A u g e als ebene F l ä c h e gegenüberstehendes Object, accommodirt, wie irradiirend, gleich grofs erscheint, und dieser P u n k t mufs mit zunehmender Gröfse des Objectes immer mehr der Sehweite sich nähern. — [Die zu Versuch I V gemachte Bemerkung, dafs zwei nebeneinanderstehende, jenseits der Sehweite irradiirende Felder vorzugsweise an ihren einander n i c h t z u g e w e n d e t e n Rändern wüchsen (S. 23) würde mit einem unten zu besprechenden, von P l a t e a u aufgestellten Gesetze übereinzustimmen scheinen, fände bei Irradiation diesseits der Sehweite (Versuch V ) nicht gerade das Umgekehrte Statt. J e n e Bemerkung von Seite 23 ist aber nur von sehr relativer Richtigkeit, und es hätte vielmehr gefragt werden sollen, ob das Nichtineinanderfallen der Centra der irradiirenden und accommodirten F e l d e r nicht etwa in den l e t z t e r e n seinen Grund habe, indem das Diaphragma bei Aufstellung des Objectes jenseits der Sehweite zu kleine (Vgl. Fig. 20), diesseits der Sehweite zu gröfse Bilder geliefert habe (Vgl. F i g . 21). J e d e A n n ä h e rung des D i a p h r a g m a s zum A u g e v e r g r ö f s e r t , E n t f e r n u n g v e r k l e i n e r t ein jenseits d e r S e h w e i t e b e f i n d l i c h e s O b j e c t (gleichgültig, ob solches hell oder dunkelfarbig ist); bei L a g e r u n g des Objectes d ie s seit s der Sehweite ist das U m g e k e h r t e der Fall ; A n n ä h e r u n g des D i a p h r a g m a zum A u g e verklein e r t , E n t f e r n u n g v e r g r ö f s e r t d a s B i l d , — wovon man sich mittelst des Ende §. 4 beschriebenen Apparates leicht überzeugen kann. Ich unterlasse indessen jede weitere E r örterung über die im vorstehenden Capitel beregten Verhältnisse, indem mir die Anstellung mehrerer hierfür nöthigeii V e r s u c h e für jetzt unmöglich ist. — Ich bemerke noch, dafs auch die G r ö f s e der gewählten Diaphragmenöffnungen, wiewohl bei Einer Versuchsreihe niemals gewechselt wurde, unberücksichtigt blieb, während es nach unseren Voraussetzungen doch von selbst zu erwarten steht, dafs eine kleine
27 Oeffnung die Irradiation vollständiger ausschliefst, als eine gröfsere.] §. 6a. [Eine im Herbst vorigen Jahres gedruckte, und mir soeben, nach Abschlufs meines Manuscriptes, in H e n l e und P f e u f e r ' s Zeitschrift (Neue Folge, Bd. II, S. 83) zur Hand gekommene, unseren Gegenstand nahe berührende Abhandlung von Dr. A d o l f F i c k (De errore optico quodam asymetria bulbi oculi effecto) mufs ich bedauern, nicht mehr so, wie ich gewünscht hätte, benutzen zu können. Ich beschränke mich darum auf einen um so ausführlicheren Auszug. Das Grundphänomen in F i c k ' s Untersuchungen besteht darin, dafs » d e m A u g e e i n h o r i z o n t a l e r w e i f s e r S t r e i f e n auf d u n k l e m G r u n d e b r e i t e r , a l s ein gleich breiter verticaler erscheint.« »Ein h e l l e s Q u a d r a t a u f d u n k l e m G r u n d e erscheint als aufrecht stehendes Oblongum.« „ _ — Unsere Erscheinung, wie man sich jeden Augenblick überzeugen kann, findet augenscheinlich bei v o l l k o m m e n e r A c c o m m o d a t i o n und sonach d e u t l i c h e m Seh e n Statt.« — Eine Erklärung, an welche F i c k vorübergehend dachte, war die Annahme, » d a f s d a s B i l d e i n e r v e r t i c a l e n Linie auf der N e t z h a u t m e h r e m p f i n d e n d e Elemente d e c k e , als das e i n e r g l e i c h g r o f s e n horiz o n t a l e n , und dafs in Folge davon verticale Dimensionen gröfser taxirt würden.« Aber in diesem Falle »müfsten sich für sehr kleine Gesichtswinkel die Verhältnisse umkehren« — — »folglich alsdann die h o r i z o n t a l e n Dimensionen vergröfsert erscheinen, w a s d e r E r f a h r u n g z u w i d e r , indem unsere Erscheinung v o n d e r G r ö f s e d e s G e s i c h t s w i n k e l s u n a b h ä n g i g ist.« Den Grund des von ihm beschriebenen Phänomens findet F i c k »in e i n e r A b w e i c h u n g d e r b r e c h e n d e n F l ä c h e n d e s A u g e s v o n d e r K u g e l g e s t a l t . « Er bezieht sich bei dieser Erklärung auf S t u r m ' s Theorie von der durch
28 die Ungleichheit der zusammenwirkenden Krümmungsoberflächen der brechenden Medien bedingten Strahlenabcrration ( S t u r m , Pogg. Ann., Bd. L X V , Seite 116. — Siehe auch V o l k m a n n , Artikel „Sehen," in Wagners Handwörterbuch, Seite 290 und 291) und statuirt demnach für den horizontalen und den verticalen Axenschnitt zwei verschiedene, hinter einanderliegende Convergenzpunkte. F i c k glaubt sich nun durch seine Versuche zu der Annahme berechtigt, dafs das Auge — wenigstens bei unbefangenem Fixiren eines weifsen, schwarz umgebenen Objectes — sich unwillkürlich stets so adjustire, » d a f s d e r C o n v e r g e n z p u n k t d e r in d e r hor i z o n t a l e n E b e n e b e f i n d l i c h e n S t r a h l e n g e r a d e in d e r N e t z h a u t e n t h a l t e n s e i « ; — «ein in der Sehaxe befindlicher leuchtender Punkt wird dann auf der Netzhaut eine verticale gerade Linie« bilden. Ist das Object ein weifses Quadrat, »so werden sich die linienförmigen Netzhautbildchen der einzelnen leuchtenden Punkte der Länge nach zum Theil decken, und die erleuchtete Fläche der Netzhaut selbst wird nicht mehr quadratisch, sondern aufrecht stehend oblong sein.« Die beiden verticalen Begrenzungslinien müfsten dann, wie F i c k bemerkt, mit vollkommener Schärfe, »die horizontalen, w e g e n der theilw eisen De c k u n g d e r Z e r s t r e u u n g s b i l d e r « *] »nicht mit demselben Grade der Deutlichkeit gesehen werden können«, welchen Mangel uns aber, nach F i c k, die G e w o h n h e i t ü b e r s e h e n macht. In Uebereinstimmung mit der Theorie S t u r m ' s und einer von V o l k m a n n (a. a. O.) verzeichneten Beobachtung eines Herrn A i r y , sowie einer Beobachtung Y o u n g ' s , nimmt demn a c h F i c k f ü r v e r t i c a l e u n d h o r i z o n t a l e L i n i e n zwöi b e s o n d e r e A c c o m m o d a t i o n s z u s t ä n d e an. Der Ausdruck : »Das Auge ist für eine gewisse Entfernung adaptirtbedeutet ihm nur : »Es sieht in dieser Entfernung v e r t i c a l e
*] Wir finden hier offenbar die Ansicht, dafs bei Concurrenz heller und lichtarmer Zerstreuungskreise
die
hellen vorzugsweise
pereipirt würden —
mithin e i n e d n r e h I r r e g u l a r i t ä t d e r K r ü m m u n g s f l ü c h e n
Irradiation.
bedingt)
29 Linien vollkommen genau.« Hauptsächlich al^er in folgender Stelle findet sich die bereits angedeutete Theorie Fick's ausgesprochen : «Die unwillkiihrliche Accommodation beim unbefangenen Fixiren eines passenden Objectes geschieht in der Weise, dafs unter den von einem Puñete des fixirten Objectes ausgehenden Strahlen d i e j e n i g e n auf einem Punkte der Netzhaut convergiren, d i e in d e r E b e n e d e s h o r i z o n t a l e n A x e n s c h n i t t e s l i e g e n , so dafs alsdann die übrigen ein lineares, vertical stehendes Zerstreuungsbild zu Stande bringen. Das Herausragen dieser Zerstreuungsbilder über die horizontalen Begrenzungslinien, welche die geometrische Construction flir kugelförmige brechende Flächen verlangte, giebt dann Veranlassung zu dem Phänomen, von dem wir handeln. Fixirt man nun ein solches weifses Object auf dunklem Grunde, wie wir es oben vorausgesetzt haben, anhaltend, so treten häufig S c h w a n k u n g e n in dem Accommodationszustande des Auges ein, der Art, dafs die verticale Seite des betrachteten Quadrates Zusehens ab- und die horizontale zunimmt und sich so das Phänomen u m k e h r f . » Zufolge der S t u r m'schen Theorie müfste, wie F i c k nun weiter bemerkt, »bei unverändertem Auge für unendlich ferne leuchtende Punkte der h i n t e r e Brennpunkt, für möglichst nahe der v o r d e r e Brennpunkt auf der Netzhaut liegen ; wenn also in grofser Entfernung die verticalen Linien vollkommen deutlich gesehen werden und folglich ein Quadrat als stehendes Rechteck erschien, so müfsten nun, in möglichster Nähe, umgekehrt die horinzontalen Linien deutlicher und ein Quadrat als liegendes Rechteck erscheinen. Da aber nun im Gegentheil regelmäfsig, i n j e d e r E n t f e r n u n g , bei unbefangener Fixation ein Quadrat als stehendes Rechteck erscheint, so mufs offenbar der von den in der horizontalen Ebene liegenden Strahlen herrührende Brennpunkt stets auf der Netzhaut bleiben, mag er übrigens der vordere oder der hintere sein.« W a s das M a f s der scheinbaren Verlängerung eines weifsen Quadrats für verschiedene Entfernungen betrifft, so kommt F i c k zu dem Schlüsse, »dafs die Linie, welche die scheinbare Verlängerung mifst, bei constanter Pupillenöffnung
30
der E n t f e r n u n g d e s G e g e n s t a n d e s d i r e c f c p r o p o r t i o n a l ist." »Dafs man 5ich in sehr kleinen Entfernungen gar nicht merklich täuscht, ist schon aus der täglichen Erfahrung hinlänglich bekannt und mufste nach obiger Betrachtung vorausgesagt werden.« Ein weifses Viereck von 20 Millini. Höhe, 22 Breite, auf schwarzem Grunde, erschien in einer Entfernung von 4,5 Met. als Quadrat, (Vgl. Taf. VIII, Fig. 71, quer gelegt.) »die scheinbare Verlängerung betrug mithin etwa 2 Millim.« In einer Entfernung von nur 2,9 Met. erschien ein 20 Millim. hohes Viereck quadratförmig, wenn es 21 Millim. breit war — die scheinbare Verlängerung betrug also nur 1 Millim. — Bei sich verengernder Pupille fand F i c k die Gesichtstäuschung geringer. — Bei s c h w a r z e n O b j e c t e n auf w e i f s e m G r u n d e würde nun zu erwarten stehn, »dafs das Phänomen sich umk e h r e n m ü f s t e , wenn der Accommodationszustand des Auges derselbe bliebe«, indem auch in diesem Falle »die Bilder der hellen Flächenstücke die horizontalen Begrenzungslinien wegen der Zerstreuungsbilder überragen müfsten«, und es müfste folglich r>ein schwarzes Quadrat auf hellem Grunde w e n i g e r h o c h , als breit erscheinen.« Dieser Erwartung -wird aber von der Erfahrung keineswegs vollkommen entsprochen«; bei manchen Augen zwar trat jener Erfolg vollkommen ein; vielen anderen Augen aber rerscheint von zwei schwarzen, gleichbreiten Streifen auf hellem Grunde der horizontale breiter.« Zur Erklärung dieses Verhältnisses folgert F i c k , dafs, während bei Betrachtung weifser Objecte auf dunklem Grunde (wie oben gesehen) unwillkührlicli und constant »Einstellung des Auges auf verticale Linien erfolge«, nun, bei Betrachtung dunkler Objecte auf weifsem Grunde häufig » E i n s t e l l u n g auf h o r i z o n t a l e L i n i e n « unwillkührlich zu Stande komme. Zur Entscheidung der Frage endlich : »Convergiren bei Einstellung des Auges auf verticale Linien die in der verticalen Ebene liegenden, von einem Punkt ausgehenden Strahlen h i n t e r oder v o r der Netzhaut?« mit anderen Worten: »müfste (die Gesammtstrahlenbrechung im Auge als Effect
31 einer einzigen Oberflache gedacht) der Krümmungshalbmesser des verticalen Axenschnittes dieser Fläche am Scheitel gröfser oder kleiner gedacht werden, als der des horizontalen ?« — beruft sich F i c k auf den von ihm angestellten Versuch, in welchem bei Fixation eines 4,6 Met. vom Auge entfernten Objectes die h o r i z o n t a l e n Contouren eines zwischen Visirpunkt und Auge, vom Auge 3 Meter entfernten, weifsen Kreuzes ziemlich scharf, der v e r t i c a l e Streif v e r b r e i t e t erschien, und folgert hieraus, (hierin mit St u r m übereinstimmend) rdafs der zu den in der Horizontalebene liegenden Strahlen gehörige Brennpunkt der h i n t e r e sei" ui.d dafs demnach »bei Annahme einer einzigen brechenden Oberfläche der Krümmungsradius des verticalen Axens c h n i t t e s k l e i n e r zu d e n k e n s e i , a l s d e r d e s h o r i zontalen.« —] [Ich habe die mitgetheilten, interessanten Versuche nachgeahmt und kann es mir, sonst dem gepriesenen »nonum prematur* huldigend, nicht versagen, die sehr rasch gewonnenen .Resultate kurz beizufügen. Ein jenseits der Sehweite befindliches, aus gleich breiten Streifen zusammengesetztes Kreuz zeigt mir den horizontalen Streifen stets breiter, mag dasselbe nun weifs auf schwarzem Grunde, oder schwarz auf weifsem Grunde sein. Ebenso erscheint mir ein zu entfernt gehaltenes Quadrat — weifs oder schwarz — als aufrecht stehendes Oblonguni; doch erfordert die Beschaffenheit meines Auges, um den Effect deutlich zu haben, eine nicht zu geringe Gröfse des Objectes (Figg. 71 und 72, Taf. VIII, sind mir zu klein für den Versuch bei Beobachtung jenseits der Sehweite). Bringe ich aber ein weifses oder schwarzes Rechteck, welches breiter, als hoch ist, z. B. (nach F i c k ) 22 Millim. breit, 20 hoch (Taf. VIII, Fig. 71 und 72, quer gehalten), nahe an's Auge, so erscheint mir das Viereck, in Widerspruch mit den Angaben F i c k's , nicht nur nicht quadratfönnig, sondern noch weit mehr nach den Seiten hin ausgedehnt, als dasselbe in Wirklichkeit ist. Halte ich dagegen die steil stehende
32 Figur nahe an's Auge, so erscheint sie mir, je näher sie kommt, mehr und mehr quadratförmig. Ein Quadrat wird in diesem Falle zum liegenden Oblongum, doch darf dasselbe fiir mich nicht unter 9 Millim. in Seite haben. Im Hinblick hierauf, endlich, glaube ich den Augen trauen zu dürfen, wenn diese mir schon aufserdem die volle Ueberzeugung gaben, dafs ein Quadrat in der S e h vveit e — q u a d r a t f ö r m i g erscheine. — Mit vollstem Rechte scheint F i c k darauf aufmerksam zu machen, dafs bei diesen Versuchen auf u n b e f a n g e n e B e t r a c h t u n g Alles ankomme. Ich erinnerte mich nun einer Bemerkung, die mir ein Mann von sehr sicherem Augenmafse, ein Buchbinder, der zugleich ein nicht ungeübter Zeichner ist, vor längerer Zeit gemacht hatte, als ich demselben in einer dem in Rede stehenden Gegenstande verwandten Frage (Siehe uuten §. 31) die Fig. 65 (Taf. VIII) zur Prüfung vorlegte. Jener Mann nämlich sagte mir, dafs ein nicht vollkommen quadratförmiges Stück Pappe ihm unter allen Umständen q u a d r a t f ö r m i g vorkomme, wenn dasselbe seine längeren Seiten senkrecht habe. (Also gerade das Entgegengesetzte von F i c k ' s Beobachtung.) Es sei aber bei den Buchbindern ein ganz gewöhnlicher Vortheil, ein solches Stück entweder in die Diagonale, oder in eine solche Lage zu drehen, dafs die langen Seiten horizontal gerichtet seien, in welchem Falle die wahre Gestalt sogleich mit Sicherheit erkannt würde. Nach der Ursache jener Täuschung fragend, erhielt ich die gewifs nicht unrichtige Antwort : der Buchbinder sei gewöhnt, schmale, steilstehende Rechtecke (Octavbände) vor Augen und im Sinne zu haben; Formen, die jenen Typus vermissen liefsen , kämen ihm darum noch niederer vor, als sie wirklich seien. — Als ich nun jenem Manne Fig. 71, den gröfseren Durchmesser senkrecht, nahe an's Auge hielt, erklärte er dieselbe fiir quadratförmig. Geschah dies aus derselben Ursache, welche ihn bei seinen Pappestücken irre führt, oder werden (wie ich glaube) auch andere Augen Fig. 71 bei naher Hallung sich s e i t l i c h ausdehnen sehen, so wie ich es sah? —
33 Was das Theoretische des citirten Aufsatzes betrifft, so möchte ich, der ich diesen Gegenstand »auf Einen Sitz« kennen lernen und kurz behandeln mufste, mir für jetzt keine Aeufserungen erlauben. Eben so wenig versuche ich, die neu gewonnenen Ergebnisse mit mehreren Gegenständen des §. 6 in Verbindung zu bringen. Wie kam es aber, dafs die jenseits der Sehweite beobachteten weifsen Felder von Fig. 18 mir nicht als aufrecht stehende Oblonga, die weifsen Felder von Figg. 22 und 23 nicht als liegende Oblonga erschienen ? Die Antwort ist einfach die : weil sie dies auch j e t z t mir nicht thuen. Das Bekenntnifs eines solchen Uebersehens würde nicht schwer fallen; aber ich war gewifs u n b e f a n g e n bei denVersuchen, welche mich belehrten, dafs jene Quadrate, für mich wenigstens, zu klein sind, um den fraglichen Effect erkennen zu lassen. Fig. 18a, allerdings, zeigt mir bei Betrachtung diesseits der Sehweite — wofür sie nicht bestimmt war — seitliche Verbreitung ihrer Felder.] §. 7.
Verschwinden kleiner Qesichtsobjecte durch Irradiation. Die Scheidewand, welche die irradiirenden Felder trennt, braucht nur etwas schmäler zu sein, als in den beiden vorigen Versuchen, oder das Object noch etwas weiter vom Auge entfernt, oder aber noch mehr genähert zu werden, um die Scheidewand ganz verschwinden zu sehen, indem beide irradiirenden Felder ineinandergreifen. Ein sehr gewöhnliches Beispiel solcher Irradiation liefern die Kartenblattlöcher beim Scheinerschen Versuche. Man kann drei, vier und mehr Irradiationshöfe ineinandertreten lassen. Weifse Punkte auf schwarzem Grunde (Taf. V , Fig. 29) bilden irradiirencl die nämliche Figur, wie die Scheiner'schen Nadelstiche. Ein Dreieck, welches mit einer Nadel auf schwarz grundirtes Kreidepapier eingeritzt ist (Taf. I V , Fig. 24a), irradiirt, einen Zoll vom Auge entfernt, etwa so, wie Fig. 24 b es darstellt. Die Zerstreuungskeise, an welchen man die in der Welcker,
Irradiation.
3
34 Abbildung angedeuteten Schattirungön wahrnimmt, werden bei gröfserer Annäherung zum Auge immer breiter, bis der letzte Rest das eingeschlossenen schwarzen Dreiecks verschwunden ist (Fig. 24 c), [ja bei noch grölserer Annäherung des Objectes zum Auge tritt noch ein neues, centrales, umgekehrt stehendes Dreieck auf, welches heller ist, als diejenigen der Fig. 24 c, nämlich dreifach so hell, als die Stellen w w. | [Die Stellen w w (Fig. 24 b und 24 c ) erscheinen heller, als die Stellen w, weil in w w die Netzhaut von den Zerstreuungskreisen zweier weifsen Streifen zugleich getroffen wird und demnach doppelt soviel Licht, als in w erhält. Weiterhin zeigen sich innerhalb der einzelnen Felder w und w w hellere und dunklere Stellen; ein Erklärungsversuch dieser verschiedenen Nuancirungen folgt unten, 55. Ganz ähnlich, wie Fig. 2 4 a , verhält sich bei Irradiation eine aus schwarzen Linien auf weifsem Grunde gebildete Figur (25 a, b , c). Die Stellen s derselben werden — unbeschadet der Irradiationstheorie — für weit dunkler angeschlagen, als vorher die Stellen w der weifslinigen Figur : gerade so, wie ein grauer Schnitzel auf weifsem Grunde dunkler erscheint, als auf hellem Grunde. Dieselben Erscheinungen, wie bei zu naher Betrachtung, sind von Fig. 24 a und 25 a bei Aufstellung j e n s e i t s der Sehweite zu erwarten; mein Auge ist bei der Kleinheit des Objectes für jene Entfernung wenig geeignet. Bei mikroskopischer Beobachtung mittelst einer sehr schwachen Vergrösserung zeigte mir zu hohe wie zu tiefe Einstellung des Tubus genau die Bilder von Fig. 24b,c und 25b, c; die Bilder bei zu hoher Einstellung aber entsprechen denjenigen, welche mir Beobachtung mit blofsem Auge nicht deutlich macht.] $. 8.
Irradiation farbiger Bilder. Von S c h w a r z weifs man, dafs es keine Farbe sei; man erhält die Vorstellung von Schwarz, wenn ein Körper alle
35 Strahlenarten des weifsen Lichtes verschluckt; und doch aollen in dem vorigen Paragraphen schwarze Felder Z e r s t r e u u n g s k r e i s e auf der Netzhaut gebildet haben? Das Schwarze, welches wir s e h e n , mufs etwas Anderes sein, als dasjenige, welches wir uns v o r s t e l l e n , wenn wir n i c h t s e h e n . Ein schwarzer Gegenstand, so schwarz wir ihn nur malen können, ist immer etwas anderes, als eine Lücke im Bilde; wir sehen nicht blos den Rand des schwarzen Bildes, wir sehen die ganze Fläche desselben. Ueberdies gesteht man dem Schwarzen immer noch einige Strahlen zu; und diese mögen bei der Irradiation Zerstreuungskreise bilden. Wenn es nun nach den folgenden Versuchen wahr ist, clafs ein helles Bild um so stärker irradiirt, je mehr seine Umgebung g e f ä r b t ist, so würde in dieser Beziehung Schwarz den Character der Farbe im höchsten Grade besitzen, denn Schwarz übertrifft alle übrigen Farben in der Begünstigung der Irradiation. Eine Figur von drei Quadraten, jedes von £ Zoll Seite, die äufseren weifs, das innere v i o l e t t , die Umgebung ebenfalls violett, wurde mit den Objecten des Versuchs IV und V [Weifs auf Schwarz] in der Irradiation verglichen. Innerhalb der durchexperimentirten Entfernungen — vom Auge an bis zu 16 Zoll — fand sich kaum ein Unterschied gegen die Resultate von Versuch I V und V. Bei B l a u und Weifs grenzte sich die Irradiation ebenfalls sehr scharf ab und zeigte im Vergleich mit der zwischen Schwarz nnd Weifs stattfindenden Irradiation wenig Verminderung. Violett und Weifs, Blau und Weifs besitzen einen genügenden U n t e r s c h i e d i n d e r L i c h t s t ä r k e ; der Eindruck von Weifs überwältigt die dunkele Farbe, die Weifs empfindende Netzhautstelle hat für den gleichzeitigen schwächeren Reiz keine Empfindung. A n d e r s z e i g t s i c h d i e I r r a d i a t i o n , wenn Farben von g l e i c h e r L i c h t s t ä r k e u n d L e b h a f t i g k e i t gewählt werden, wie z. B. B l a u und R o t h . Man pflegt zu sagen : Ein rother Schnitzel auf blauem Grunde erscheint violett, weil d e r G r u n d d a s U e b e r g e 3*
36 w i c h t h a t . Allerdings erscheint der Schnitzel violett [bei Betrachtung anfserhalb der Sehweite], aber auch e b e n so v i e l B l a u d e s G r u n d e s erscheint durch das Roth des Schnitzels violett — d i e i r r a d i i r e n d e n S t r a h l e n h a l t e n s i c h h i e r d a s G l e i c h g e w i c h t . Klebt man einen rothen Schnitzel auf blauen Grund (Taf. V , Fig. 26 a) und einen eben so grofsen blauen Schnitzel auf rothen Grund (Fig. 26 b), so sieht man, dafs bei einer und derselben Entfernung beider Objecte, z. B. bei 8 Zoll, beide Schnitzel, und ebenso der umgebende Grund, gleich viel verloren haben durch einen schmalen, ziemlich scharf begrenzten, violetten Saum. Bei 16 Zoll waren die Schnitzel durchaus violett, aber auch der Grund war bei beiden gleichmäfsig betheiligt. Sehr schön ist die Erscheinung auch, wenn die Farben dicht an's Auge gehalten werden. Durch Irradiation eines rothen Schnitzels auf Grün entsteht ein sehr reines Moosgrün. Kommen von solchen g l e i c h g e w i c h t i g e n Farben zwei nebeneinander befindliche Felder zur Irradiation, so erscheint mithin keines vergröfsert, sondern beide gleichmäfsig geschmälert durch einen sie trennenden, die Mischfarbe zeigenden Streifen. — Anders verhält sich B l a u u n d G e l b , wenn nicht ganz helles Blau gewählt wird. Hier irradiirt das Gelbe sehr stark, das Blaue überwältigend, mit ziemlich scharfer Begrenzung; ein schmaler Saum, der zwischen beiden Farben undeutlich wurde, schien nicht grün, sondern röthlich grau. Hellblau und Gelb irradiiren schön grün. Bei Gelb und Weifs zeigt Weifs ein ansehnliches Uebergewicht. — [Greift bei nebeneinander irradiirendem Blau und Roth die Mischfarbe wirklich in beide Farben genau gleich weit ein, so ist dies ein Zeichen, dafs beide Farben gleiche Lichtstärke besitzen; aber wir nennen das Blaue dann hellblau, das Rothe dunkelroth, indem jenes Roth in der rothen Scliattirung nahe beim dunkelen Ende, jenes Blau in der blauen Schattirung mehr nach dem hellen Ende zu liegt. — Bei ungleicher Lichtstärke zweier Farben hält sich die durch Ir-
37 radiation entstehende Mischfarbe mehr auf dem Boden der dunkleren F a r b e ; die Zerstreuungskreise des helleren Bildes retten sich gegen den Eindruck der dunkleren in einer dem Helligkeitsunterschied entsprechenden Ausdehnung. — Reiht man verschiedenfarbige Papierstreifen in folgender Ordnung mit ihren Längsrändern nebeneinander: G e l b , R o t h, B l a u , S c h w a r z und kreuzt dieselben rechtwinklich durch einen darübergelegten weifsen, überall gleich breiten Papierstreif (Taf. V , F i g . 27), so erscheint dieser, aus gehöriger Entfernung betrachtet, k e i l f ö r m i g , mit der Spitze im Gelben. Man erkennt keine Absätze von F a r b e zu Farbe, indem die verschiedenen Farben selbst ineinander irradiiren. Besitzen die Farben streifen in Wirklichkeit einerlei Breite, so er" scheint der weifse Streifen bei Irradiation in seiner Mitte mehr parallelrandig, indem Roth und B l a u , wenn die Farben von mittlerer Helligkeit gewählt wurden (etwa der in dem mittleren Theile jeder Spectrumfarbe herrschende T o n ) , dem irradiirenden Weifs gegenüber nicht so verschiedene Widerstandsfähigkeit besitzen, als Gelb und Schwarz. — Reiht man gleichgrofse (etwa quadratförmige) Felder von gelber, l'other, blauer und schwarzer Farbe auf weifsem Grunde nebeneinander , so gestaltet sich der bunte Streifen durch Irradiation zu einer im Ganzen konischen Figur.] Eine F i g u r , mit Ausnahme des einen F e l d e s , welches hier g r a u i s t , derjenigen des Versuchs I V entsprechend, zeigt in ihrem grauen Felde gegen das gleich grofse weifse Feld eine sehr viel geringere Irradiation. F i g . 28 (Taf. V ) zeigt das irradiirende Object bei 16 Zoll Entfernung. Die Grenze der Irradiation zeigte sich sehr verwischt; die Zerstreuungskreise des grauen Bildes sind an dessen Grenzen wohl so matt, dafs sie das Schwarze nicht mehr übertönen, sondern mit demselben sich mischen. Vielleicht auch machen die verschiedenen Farben durch verschiedene Brechung verschieden grofse Zerstreuungskreise. Weifse Felder scheinen sich bei schlechter Beleuchtung iu der Irradiation ähnlich zu verhalten, wie sonst graue,
38 §. 9.
Rückblick. F o r t p f l a n z u n g d e r L i c h t e m p f i n d u n g auf s e i t l i c h e , vom B i l d e nicht g e t r o f f e n e N e t z h a u t s t e l l e n scheint a priori nicht wahrscheinlich, wenn man em6 solche Verbreitung als etwas Normales, Constantes annehmen wollte, and dies müfste man, wenn die Irradiation daraus erklärt werden Söll. Wenn den Mitleidenschaften in vielen Fällen eine grofse Rolle nicht abzusprechen ist, jede Thätigkeit der Netzhaut — die durch äufsere Reizung erzeugte, wie die von inneren Zuständen abhängige — aber L i c h t e m p f i n d u n g bedingt, so scheint eine Verbreitung der Lichtempfindung auf die Umgebung der ursprünglich gereizten Stelle im Allgemeinen zwar nicht undenkbar. Die Wahrheit ist in allen Dingen das Höchste, und wenn der S a t z : » D y n a m i s c h e W i r k u n g , Ausbreitung d e r Li c h t e m p f i n d u n g i s t d i e Q u e l l e d e r I r r a d i a t i o n « unumatöfslich verbürgt wäre — er müfste mit Freuden begrüfst werden , obgleich die Schwierigkeit der Erkläruhg dann erst beginnen würde. Man begreift nicht, warum eine vom Licht getroffene Netzhautstelle die Tendenz, ihre Umgebung mit der Lichtempfindung zu influenziren, v e r l i e r e n sollte, sobald das Object in die Sehweite kommt, oder umgekehrt, warum die Netzhaut eine solche Tendenz g e w i n n e n sollte, sobald das Object die Sehweite verläfst. Man begreift noch viel weniger, warum eine solche sympathetische Irradiation in dem einen Falle Wachsen soll, je w e i t e r das Object, welches dann doch w e n i g e r leuchtet, sich entfernt ; während die Irradiation in dem andern Falle ebenfalls wachsen soll, je n ä h e r das Object dem Auge rückt und an Lichtstärke gewinnt. Entstünde die Irradiation dtirch Ausbreitung der Lichtempfindung , so wäre nach Arialögien zu erwarten, dafs eine grofse, vom Licht gereizte Netzhautstelle einen grofsen Irradiationshof um sich verbreitete, eine kleine gereizte Stelle nur einen kleinen Kreis in Mitleidenschaft zöge. Ein solches
39 Verhältnifs findet aber durchaus nicht Statt (Versuch III, §. 5). Eine grofse, wcifse Fläche, in der Sehweite, macht gar keine Irradiation ; ein schmaler, weifser Körper, in grösserer Entfernung, kann durch Irradiation mehr denn doppelt so grofs erscheinen, als ohne Irradiation dem Sehwinkel entspricht; rückt man den Gegenstand näher, so macht er ein gröfseres Netzhautbild, der Irradiationsrand aber wird schmäler. Die Erklärung der Irradiation durch Zerstreuungskreise liegt so nahe, alle in Betracht kommenden Verhältnisse scheinen so sehr für die Richtigkeit zu sprechen, dafs einzig das A l l z u a u g e n f ä l l i g e dieser Erklärungsweise, die doch die herrschende nicht ist, mich zuweilen befürchten macht, die Erklärung möchte am Ende richtig sein bis auf einen einzigen, das Ganze umstürzenden Grundirrthum. Ein letzter Versuch mag noch zu meinen Gunsten sprechen. — Irradiirt ein Object mit einem oder mehreren weifsen Feldern oder Fenstern — z. B. ein durchlöchertes Blei, nach Art der Fig. 29 (Taf. V ) , j e n s e i t s der Sehweite, etwa bei 8 Zoll Entfernung, und man schiebt den an der Augenöffnung des Beobachtungsapparates angebrachten Blechstreif (§. 4) von rechts her so weit vor, dafs etwa die Hälfte der Oeffhung verschlossen wird (Fig. 30), so werden die irradiirenden Felder von d e r s e l b e n Seite her geschmälert (Fig. 31). Befindet sich das irradiirende Object dagegen d i e s s e i t s der Sehweite, so tritt bei Verschlufs von derselben (rechten) Seite die Verkleinerung der Felder von der e n t g e g e n g e s e t z t e n Seite her ein (Fig. 32). Der erste Theil des Versuchs hat nichts Auffallendes; der zweite scheint, ohne die gegebene Erklärung der Irradiation, einen unauflöslichen Widerspruch zu enthalten. In beiden Fällen wurde ein Theil der von rechts in das Auge tretenden Strahlen durch den Schieber aufgefangen und theilweise gebeugt. I n d e m e r s t e n F a l l e , bei Irradiation durch zu grofse Entfernung, wo die Vereinigungsweite vor die Retina trifft, die Strahlen sich kreuzen und divergirend die Retina treffen, würden die aufgefangenen und am Rande
40 des Schiebers streifenden Strahlen den l i n k e n Rand der Zerstreuungskreise gebildet haben; die linke Hälfte der Zerstreuungskreise fehlt also auf der Netzhaut — wir sagen : die r e c h t e Hälfte fehlt (Fig. 31). I n d e m z w e i t e n F a l l e , bei Irradiation durch zu grofse Nähe, haben die convergirenden Strahlen sich noch nicht vereinigt; die den Schieber treffenden, von rechts her kommenden Strahlen würden die r e c h t e Hälfte der Zerstreuungskreisc gebildet haben, die rechte Hälfte fehlt auf der Netzhaut — wir sagen : die l i n k e fehlt (Fig. 32). Vgl. auch Taf. I, Fig. 3. •] [Der vorstehende Versuch liefert den Nachweis, dafs, vermöge der beiden bekannten Beobachtungsweiten des Objectes, Z e r s t r e u u n g s k r e i s e zur Wirkung kamen. Wenn nun gleicherweise feststeht, dafs bei beiden Beobachtungsweiten I r r a d i a t i o n sich bildete, so bleibt nur die Frage : Welches waren die Zerstreuungskreise und welches der Irradiationshof? Dem Unbefangenen bleibt kein Zweifel, dafs die Irradiation an die Zerstreuungskreise geknüpft ist.] §. 10.
[Von diösem lOten Paragraphen, welcher durch die auf Vollendung des vorstehenden Textes folgende Leetüre der betreffenden Stellen in J o h . M ü l l e r ' s P h y s i o l o g i e veranlafst wurde, folgt hier nur das speciell die I r r a d i a t i o n Betreffende.] — M ü l l e r sagt von der Irradiation, welche unter der Rubrik « W e c h s e l w i r k u n g d e r N e t z h a u t t h e i l e u n t e r s i c h « aufgeführt ist (S. 370) : »Wenn in einem Bilde zwei entgegengesetzte Eindrücke nebeneinander stattfinden, so hat unter gewissen Umständen der eine auf den anderen Einflufs. Bietet das Bild zur Hälfte den einen, zur anderen Hälfte den
*] An diesen Versuch wurden Bemerkungen über den Scheiner'schen Versuch angeknüpft, welche, da dieser letztere hier doch nicht vollständig abgehandelt werden kann, ausfallen.
41 anderen Eindruck dar, so findet diese Einwirkung nicht Statt, denn beide halten sich gleichsam das Gleichgewicht. ^ Ich konnte dies niemals, habe aber stets das directeGegentheil des zweiten Satzes gefunden. Man denke nur an die Irradiation der Dambrettfelder, die nach diesem Satze nicht stattfinden dürfte. M ü l l e r fährt fort : »^impit aber der eine Eindruck nur einen kleinen Theil der Netzhaut, der andere den gröfsten Theil derselben ein, so kann bei sehr langem Betrachten der Eindruck , welcher den gröfsten Theil der Netzhaut einnimmt, sich über die ganze Netzhaut verbreiten und das kleine, entgegengesetzte Bild ganz verschwinden, an dessen Stelle dann die Beleuchtung des Grundes tritt.« Wie ein schwarzer Punkt auf weifsem Grunde, so müfstc nach diesen Worten auch umgekehrt ein weifser Fleck auf schwarzem Grunde verschwinden. Aber es scheint, nicht seiner räumlichen Ausdehnung, sondern seiner gröfseren Helligkeit verdankt ein Bild bei der Irradiation das Uebergewicht. Ein helles Feld von einer bestimmten Gröfse wächst in einer bestimmten Entfernung durch Irradiation um ein ganz Bestimmtes; der umgebende dunkle Grund mag seine Gröfse verändern, wie er will. Endlich bedarf die Irradiation nach M ü l l e r , um sich zu bilden, einer gewissen Z e i t ( W e c h s e l w i r k u n g d e r N c t z h a u t t h e i l e u n t e r s i c h ) . — Beruht die Irradiation auf Strahlenbrechung, so tritt das irradiirende Bild irradiirend in's Auge. Aber nicht der Theorie zu lieb braucht die Irradiation keine Zeit; man kann wirklich niemals sehen, dafs sie sich erst bilde oder dafs sie »nicht von Dauer* sei. Nur um wenig merkliche Spuren kann man die Irradiation abuncl zunehmen machen, indem man das Auge unter Anstrengung dem Accommodationszustande um eine Spur zu nähern vermag. So kann z. B., wenn Fig. 24a(Taf. IV) den Anblick von Fig. 24c gewährt, durch Anstrengung des Auges ein kleines, schwarzes Dreieck in der Mitte des Bildes gesehen werden (Annäherung zu Fig. 24 b). [Kleine Gröfsenun-
42 terschiede, welche die Messung eines und desselben irradiirenden Objectes, z. B. in Versuch IV und V , zuweilen ergab , schrieb ich auf Rechnung des in seiner ersten Form nicht sehr vollkommenen Mefsapparates; die von unserem Willen und Ermüdungszuständen des Auges abhängige Veränderlichkeit der Irradiation — welche indessen mit der gegebenen Theorie im vollkommensten Einklänge steht — wurde darum nicht genug in Anschlag gebracht. — Ein auflallendes Beispiel von Veränderung der Irradiation durch Ermüdung des Auges findet sich §. 60 des folgenden Abschnittes. — Noch glaube ich bemerken zu müssen, dafs J o h . M ü l l e r die Bezeichnung » I r r a d i a t i o n « in einem etwas ausgedehnten Sinne gebraucht, und dafs er bei den oben citirten Stellen die gewöhnlich als Irradiation gefafste Erscheinung nicht s p e c i e l l im Auge gehabt haben mag. Nach Vorausschickung der citirten Stellen betrachtet M ü l l e r das Verschwinden von Gesichtsobjecten aufserhalb der Eintrittstelle des Sehnerven und hierauf den M a r i o t t e ' s e h e n Versuch. Es erscheint insofern nicht vollkommen gerechtfertigt, jene Stellen speciell auf unsere Erscheinung zu beziehen, wiewohl die Voraussetzung : »Wenn in einem Bilde zwei entgegengesetzte Eindrücke nebeneinander Statt finden«, auf die gewöhnliche Irradiation eben so gut pafst, wie auf die anderen, von M ü l l e r angeführten Beispiele des Verschwindens von Gesichtsobjecten.]
Zweiter
Abschnitt.
Hngaben der bekanntesten Autoren Aber die Irradiation.
§. 11.
In den folgenden Blättern habe ich die Aussprüche der bekanntesten Autoren über die Irradiation zusammengestellt und an den geeigneten Orten die im vorigen Abschnitt gegebene Ansicht zu vertheidigen gesucht. Die Zusammenstellung macht keinen Anspruch auf Vollständigkeit, indem es weder in meinem Zwecke lag, noch sonst mir möglich gewesen sein würde, die gesammte Literatur des Gegenstandes zusammenzubringen und gleichmäfsig zu benutzen. Ich überging indessen nicht einen einzigen Autor, von welchem mir bekannt wurde, dafs er als G e g n e r d e r d y n a m i s c h e n A n s i c h t aufgetreten sei. — Ganz besonders mufs ich bedauern, die Schriften von P u r k i n j e und F e c h n e r nicht haben benutzen zu können, wiewohl ich von P u r k i n j e nach einer Bemerkung V a l e n t i n ' s annehme und von F e c h n e r aus anderen Gründen vermuthen darf, dafs sie keineswegs Anhänger der K e p l e r ' s e h e n Lehre seien. Neben den Q u e l l e n nahm ich zugleich auch die Angaben der verbreitetsten L e h r b ü c h e r auf, damit hervortrete, auf welche Seite die Mehrzahl der Autoritäten sich geschlagen habe. Die einzelnen Aufsätze wurden, soweit thunlich, nach dem Datum der betreffenden Schriften geordnet. — Die gegebene Skizze der Theorien bis zu P l a t e a u ist grofsentheils ein Auszug aus dessen verdienstlicher Zusammenstellung. *) — *) Ueber die Irradiation.
Pogg. Annalen, Ergänzungsband N. 1, 1842.
46
Cap.
I.
Die Irradiation bis zu P l a t e a u .
Aelteste Spuren von Beobachtung und Erklärungsversuchen der Irradiation. §. 12. Seine Zusammenstellung des Geschichtlichen der Irradiation beginnt P l a t e a u mit der interessanten Bemerkung, dafs schon E p i k u r
die Irradiation gekannt und ihren Einflufs
auf die Astronomie geahnt habe. Jener alte Philosoph sprach von dem Gröfsenunterschiede, welchen eine Flamme darzubieten scheine, je nachdem
sie Nachts
oder bei T a g e
von
ferne betrachtet würde, und wollte dadurch zeigen, dafs das A u g e bei Schätzung der Gröfse von Himmelskörpern
kleine
Fehler begehen könne. — Ueber clie ältesten E r k l ä r u n g s w e i s e n der Irradiation haben wir Nachricht durch G a s s e n d i Zeitgenossen.
Die Einen nämlich
und einen
sagten,
die
anderen
leuchtenden
K ö r p e r , wie die Gestirne und die künstlichen Lichter, zündeten
die u m g e b e n d e
hinreichender
Entfernung
Luft,
ent-
so dafs das A u g e bei
den Gegenstand mit seinem Hofe
verwechsele und ihn deshalb ftir gröfser halte.
Andere
lei-
teten die scheinbare Vergröfserung einer von ferne beobachteten
Flamme
durch
feine,
davon a b ,
dafs
fortwährend
fliefsende Theilchen
stark
die von
umgebende
Luft
der
aus-
Flamme
erleuchtet
würde.
Nachdem wir in dieser Weise die Auffassung der Irradiation auf der niedrigsten Stufe gesehen,
giebt K e p l e r
in
bündigster Weise eine umfassende und, bis auf wenige Punkte wie mir scheint, standes.
die r i c h t i g e
Erklärung
unseres
Gegen-
47
Kepler. (All
Vitellionem
paralipomena,
quibus
astronomiae
pars
optica
traditur.
Francof., 1 6 0 4 . )
§• 13. Im 5. Capitel des angeführten W e r k e s , im Abschnitte » D e v i t i a t a v i s i o n e « , spricht K e p l e r auch über die Irradiation. Ich gebe die von K e p l e r angeführten Beispiele bis auf wenige Zeilen, v o l l s t ä n d i g aber die von ihm aufgestellte Erklärung unseres Phänomens. — Die betreffenden Stellen lauten, von Seite 217 bis 221, etwa folgendermafsen : (Pag. 217.) »In hohem Grade nimmt unsere Aufmerksamkeit die Erscheinung in Anspruch, d a f s h e l l e K ö r p e r g r ö f s e r e r s c h e i n e n , a l s m i n d e r l e u c h t e n d e in der e n U m g e b u n g . Denn in der ersten und letzten Mondphase scheint das leuchtende Horn von einem weit gröfseren Kreise eingeschlossen zu werden, als der übrige Theil des Mondes, wenn dieser durch das Licht der Erde beleuchtet und deutlich sichtbar ist. Dies war auch bei einer Mondfinsternifs im Jahre 1603 der Fall; Mehrere, die den Rand des verdunkelten Theiles zu erkennen vermochten, sprachen dem dunkelen Theile einen engeren Kreisbogen zu.« — (Pag. 218.) «Wer schwache Augen hat und wer überliaupt nicht gut in die Ferne sieht, glaubt statt eines Bildes eine zackige Reihe von zehn Bildern zu sehen; und wenn ein Solcher aus der Feme Menschen mit weifsen Halskrägen sieht, so erkennt er die Gesichtszüge nicht, die sonst hinlänglich deutlich sein würden. — Beim Vollmonde kommt es zuweilen vor, wie wir dies finden in den Beobachtungen T y c h o d e B r a h e ' s , dafs bei fünf bis sechs Menschen, welche den Mond beobachten, je nach eines jeden Gesichtschärfe, die Schätzung des Durchmessers von 31 bis zu 36 Minuten schwankt.« — (Pag. 218.) »Bei Sonnenfinsternissen wird auch von Leuten mit sehr scharfem Gesichte lange Zeit nicht bemerkt, dafs sie begonnen, bis plötzlich ein gröfseres Stück zu fehlen scheint. Man hört von Manchen ausrufen, dafs die Hörner
48 nicht spitz aaslaufen, sondern dafs sie stumpf, ja wie abgeschnitten seien und ein hufeisenförmiges Bild zeigten. Die Gröfse des Fehlenden erscheint dem Auge stets zu gering, indem das Licht sich nach allen Seiten verbreitet und die Grenzen des Mondrandes zu übergreifen scheint. Sehr augenscheinlich ist auch d e r Beweis jener Ausbreitung : wenn man den Körper des Mondes dem nahe an's Auge gehaltenen Rande eines dunkelen Lineals anpaist, so erscheint der Rand, wiewohl er von einer geraden und ununterbrochenen Linie begrenzt ist, durch das Hinzukommen des Mondes an jener Stelle geschmälert, indem das Licht des Mondes das Bild des Randes auslöscht.« (Pag. 218 und folg.) »Alles dies, und was sonst etwa hierhergehört, hat seinen Grund in der N e t z h a u t , dies aber in verschiedener Beziehung. E r s t l i c h findet Alles, was bei diesen Gesichtstäuschungen Statt hat, seine Erklärung in dem bei X X V I und X X V I I Gesagten*). Entfernte Gegenstände n ä m l i c h , wie die H i m m e l s k ö r p e r , vere i n i g e n die vo n j e d e m P u n k t e a u s g e h e n d e n S t r a h l e n b e r e i t s ehe d i e s e d i e N e t z h a u t e r r e i c h t h a b e n , in e i n e m P u n k t e ; u n d i n d i e s e m P u n k t e e i n a n d e r s c h n e i d e n d , t r e f f e n s i e auf die N e t z h a u t, wiederum auseinander getr eten; so wird von j e e i n e m P u n k t e d e s G e g e n s t a n de s n i c h t e i n Punkt d e r N e t z h a u t , s o n d e r n e in e k 1 e i n e Fläch e d e rs e l b e n g e t r o f f e n : We i f s es und He lies ab er b eleuchtet kräftig den ihm zu Theil werdenden Raum. D a s W e i f s e b e w i r k t d a r u m , dafs B i l d e r , welche an d e r s e l b e n S t e l l e m i n d e r hell h i n g e m a l t werd e n , da, wo a u c h d i e s e s s e i n e G r e n z e n ü b e r s c h r i t t e n h a t (es bilden aber Zerstreuungskreise sowohl
*) XXVI. und verwischt.
Ein nahe an's A u g e gehaltener Finger erscheint vergröfsert
XXVII. Wenn ein Gegenstand aufserhalb iler einem Auge von der Natur vorgeschriebenen Entfernung gebracht wird, bei welcher die Strahlen auf der Netzhaut sich vereinigen, so erscheint jener Gegenstand verwischt.
49 allzu e n t f e r n t e Gegenstände, indem die Strahlen bereits v o r der Netzhaut sich schneiden, als auch allzu n a h e , indem der Strahlenkegel, b e v o r er in eine Spitze ausläuft, von der Netzhaut geschnitten wird), g ä n z l i c h v e r s c h w i n d e n u n d i h r e S t e l l e d e m Weifsen überlassen, und dafs auf diese Weise f a s t d a s s e l b e im A u g e g e s c h i e h t , wovon ich oben bei der Strahlenbrechung angab, dafs es a n d e r W a n d geschehe.« »Dafs aber das helle Bild nicht einfach vergröfsert, sondern gleichsam vervielfältigt wird und aus vielen einzelnen ein gröfseres zusammengegossen wird, dies scheint entweder eine Wirkung der Falten der Uvea *) zu sein, indem diese zur Nachtzeit, wenn wir den Mond anschauen, sich erweitert und sich in sich und ihre Falten zusammenzieht; oder eine Wirkung des Klaffens der Ciliarfortsätze. Denn durch Zusammenzwinkern der Augenlider und durch Runzeln der Stirne werden die meisten dieser Gesichtstäuschungen aufgehoben, wiewohl nicht gänzlich, weil durch das Verengern der Lider, s o ' l a n g e dieselben auch nur noch wenig offen stehn, doch nicht das ganze Auge bedeckt wird, sondern quer über frei bleibt.« »Auf diese Weise wird das Netzhautbild fehlerhaft, woran eine fehlerhafte Auffassung nothwendig geknüpft ist. W e n n A l l e s v o n g l e i c h e r H e l l i g k e i t w ä r e , so w ü r d e n s i c h ineinander gemischte Bilder zeigen (visio confusa esset); so a b e r , i n d e m d a s H e l l e i n d e r W i r k u n g überwiegt, täuscht dasselbe über seine Grüfse.u»Wenn nun wohl auch bei Allen der Strahlenkegel erweitert wird, so besitzen doch nicht Alle ein so feines Sehvermögen, um alle Strahlen wahrzunehmen; Diejenigen aber, die von sämmtlichen Strahlen afficirt werden, diese allein neh-
*) K e p l e r folgt in der Anatomie des Auges der Darstellung F e l i x P l a t e r ' s . Dieser versteht unter Uvea die pigmentirten Theile des Auges und vorzugsweise die Choroidea ; er hat darum processus ciliares u v c a e und bezeichnet die Iris als pars uveae a crassa tunica abscedens. W i ltki'r, Irradiation.
4
60 men das Leuchtende tergröfsert wahr. Die aber von aufserordentlicher Gesichtsschwäche sind, sehen nicht nnr das Helle, sondern auch das Schwarze, wenn dasselbe klein und sehr entfernt ist, doppelt.« »Es findet sich eine verwandte Untersuchung bei Aristoteles, w a r u m d a s in d a s A u g e s t r a h l e n d e L i c h t d e n Anblick der benachbarten Gegenstände wegn i m m t , welcher wiederkehrt, wenn das Licht die Augen nicht mehr trifft. Denn ganz so, wie wir bisher erörtert haben : einige Stellen der Netzhaut werden stark erleuchtet — es erfolgt eine sehr starke Empfindung; an anderen Stellen steht die Bestrahlung, den Sehobjecten entsprechend, mit jener starken in keinem Verhältnisse : die Empfindung ist beinahe Null. Denn wie sich nach der S c h ä r f e des Netzhautbildes die S c h ä r f e der A u f f a s s u n g richtet, so hängt von einer grofsen L i c h t s t ä r k e des Bildes eine lebhafte E m p f i n d u n g ab, bei welcher der Sinn stark gereizt wird. Doch bezieht sich dies vielleicht mehr auf eine andere Gesichtstäuschung, von welcher sogleich die Rede sein wird.« » J e n e z w e i t e B e z i e h u n g , in welcher durch die Netzhaut das Helle vergröfsert wird, scheint aufserhalb der Grenzen der Optik zu liegen. Es ist zwar eine allgemein angenommene Sache bei den Physikern, dafs die Sonnenstrahlen durch die weifse Farbe zerstreut, durch Schwarz gesammelt würden. Und dies scheint allerdings auch nicht falsch zu sein, indem ein weifses Papier, in den Focus eines Wassertropfens oder einer Glaskugel gebracht, in weitem Umkreis erleuchtet erscheint, wobei wegen der Helligkeit die Augen blinzeln; während, wenn das Papier schwarz ist, eine kleinere Fläche beleuchtet wird. Wer möchte da nicht glauben, dafs die Strahlen durch Weifs zerstreut, durch Schwarz gesammelt würden? vorzüglich auch, da wir finden, dafs schwarze Gegenstände, n i c h t weifse, am Meisten entzündbar sind. Indessen folgt hieraus noch nicht, dafs dies im Wesen des Lichtes und des Hellen gelegen sei. Denn es ist unmöglich, dafs eine Fläche vermöge ihrer Färbung den Strahl in einer anderen Richtung auf sie eintreffen mache, als diesem den Ge-
51
setzen der Optik nach vorgeschrieben ist. Dafs die Beleuchtung des Weifsen eine gröfsere Ausdehnung zeigt, kann aber, wie sogleich erklärt werden wird, in dem stärkeren Glänze liegen; sodann darin, dafs die w e i fs e Umgebung des Brennpunktes schon von einem gelinden Strahle sehr hell und wegen des Blinzeins der Augen dem stark erleuchteten Theile hinzuaddirt wird. Dafs das Schwarze sich am Leichtesten entzündet, scheint äufser demjenigen, was wir Cap. I bei Th. X X V I I I gesagt, seinen Grund darin zu haben, dafs so gefärbte Dinge eine gewisse Dürrheit und Versengung an sich tragen und darum aus verbrennlicherem S t o f f e bestehen. Wenn daher das Weifse im Brennpunkte sich gröfser zeigt, so scheint dies ebenso, wie die meisten der schon angeführten Erscheinungen, zu beweisen, n i c h t dafs der gesammelte Strahl auf dem weifsen Gegenstande a u s e i n a n d e r t r e t e , sondern dafs der E i n d r u c k des w e i f s e n Gegens t a n d e s u n d s e i n e s N e t z h a u t b i l d e s sich s t e i g e r e in d e r G esichts empfindung. NachThesis X X X des ersten Capitels strahlt eine weifse Oberfläche mehr, als eine schwarze. Der Glanz ist darum aufserordentlich; wenn aber die Sonne in Betrachtung steht, so ist dies durch sich selbst klar.« »Wie wir schon früher erfuhren, d a f s d i e B i l d e r in d e r E m p f i n d u n g h a f t e n , was n i c h t als Folge der o p t i s c h e n Gesetze mittelst der Flüssigkeiten und Häute des Auges bewirkt werden kann; so n u n s c h e i n t a u c h h i e r das Bild des s e h r e r l e u c h t e t e n W e i f s e n , o d e r das B i l d d e r S o n n e , in d i e E m p f i n d u n g a u f g e n o m m e n , s i c h wegen der Verwandtschaft der Naturen zu v e r g r ö f s e r n , n i c h t a n d e r s , als wie ein r o t h e r Trop f e n , a u f die O b e r f l ä c h e des W a s s e r s g e f a l l e n (Flüssigkeit auf Flüssigkeit), s i c h a u s b r e i t e t ; schwarze Bilder aber scheinen in der Empfindung sich zu verkleinern, gleich wie ein Tropfen, der in den Staub fällt : alles dies nach Gesetzen, die n i c h t , wie die seitherigen Erscheinungen, der Optik *) angehören. Denn wenn man es recht be*) Im e n g e r e n
Sinne des Wortes,
nämlich nicht nach den Gesetzen
4 *
52 denkt, so gehören Inhärenz und Dauer des Bildes Und jene Vergröfserung ganz in dieselbe Kategorie.
Denn gerade von
der Dauer scheint die Vergöfserung abhängig zu sein, indem unser Sehen sehr grofse Helligkeit scheut, doch aber,
wenn
es solche in sich aufgenommen hat, sie in sich verbreitet und in gröfserer Ausdehnung sich bei ihrer Auffassung betheiligt.a »Welche von diesen Ursachen nun auch in jedem
ein-
zelnen Falle anzunehmen sei : sicher findet entweder auf der Netzhaut — bedingt durch das Bildchen, oder in der Empfindung — in F o l g e des Lichteindruckes, jene des Leuchtenden
Statt,
deren
Grund
Vergröfserung
zu erforschen ich in
diesem ganzen Capitel bemüht war." —
§. 14. Wenn K e p l e r am Schlüsse seiner Betrachtung
es un-
entschieden zu lassen scheint, ob die Ursache der Irradiation in B r e c h u n g s V e r h ä l t n i s s e n , oder ob sie in einem d y n a m i s c h e n V o r g a n g e zu suchen s e i , so leuchtet überall
durch,
dafs
er in dem ersten,
rein
physikalischen
Theile seiner Erklärung s e i n e U e b e r z e u g u n g , zweiten eine geistreiche und nach den
doch
Mitteln
in dein
seiner
Zeit
sehr glücklich von ihm befürwortete Hypothese gab. In dem ersten Theile seiner Erklärung hat K e p l e r unseren Gegenstand, wie mir scheint, in seinen Grundzügen so vollständig
erschöpft,
dafs,
wenn man
von jenem
zweiten
Theile absieht, nichts Wesentliches würde hinzuzufügen noch wegzunehmen sein.
W i r finden, dafs K e p l e r , trotz der zu
seiner Zeit noch sehr mangelhaften Kenntnifs von den F u n c tionen der einzelnen Theile des Auges, wohl aber erkennend, dafs j e n e Gesichtsstörung
auf m a n g e l n d e r
Accommo-
d a t i o n beruhe, eine Ahnung hatte von den Verhältnissen, unter welchen die Erscheinung ausgeschlossen werden könne. E s dürfte ferner K e p l e r n ,
der
Brechung.
wiewohl er hierüber nichts be-
Denn dem Wortsinne nach
das Sehen überhaupt angeht ( A n m e r k u n g
gehört zur Optik Alles,
Kepler's).
was
53 richtet und überall nur von s c h w a r z e n und w e i f s e n Objcctcn spricht, die Ansicht nichts Fremdartiges gehabt haben, dafs bei v e r s c h i e d e n f a r b i g e n , aber an H e l l i g k e i t einander g l e i c h e n Objecten durch unsehweitige Beschauung f a r b m i s c h e n d e Irradiation entsteht; denn die v i s i o n o n c o n f u s a erfolgt ihm durch den Helligkeits u n t e r s c h i e d der concurrirenden Bilder. — Wenn K e p l e r dagegen die Ansicht ausspricht, dafs nicht a l l e Augen die Irradiation wahrnähmen, so war dies bei der Wandelbarkeit der Erscheinung und b e i K e p l e r ' s Augenschwäche, wie auch P l a t e a u bemerkt, ein sehr verzeihlicher Irrthum. Was die von K e p l e r angeführten B e i s p i e l e anlangt, so fällt es auf, dafs aufser dem etwas wunderbar klingenden Falle von den irradiirenden H a l s k r ä g e n kein einziges terr e s t r i s c h e s Irradiationsobject genannt wird; während doch z. B. bei ins Kreuz gestellten hellen und dunklen Feldern der W a p p e n s c h i l d e der instruetive Vierfeldcrapparat I ' l a t e a u ' s (Taf. I, Fig. 2) der Beobachtung täglich geboten war. — Die Irradiation und viele andere Erscheinungen des Sehens zeigten sich dem Physiker in mehrfacher Beziehung geheimnifsvoll und unnahbar; K e p l e r fugte darum seiner optischen Erklärung die Reizfortpflanzungshypothese hinzu. Sollte eine gröfsere, als die von dem nach unwandelbaren Gesetzen eintretenden Lichtstrahl getroffene Netzhautstelle in der Lichtempfindung betheiligt sein, so mufste dies nothwendig «in spiritibus« liegen, umsoinehr, als die auf die Netzhaut a u f s t o f s e n d e n L i c h t w e l l e n noch unentdeckt waren. Bei der Ansicht, dafs eine von verschieden hellen Bildern gemeinschaftlich getroffene Netzhautstelle das Helle in der Perccption bevorzuge, lag es nicht ferne, eine Vorliebe der Netzhaut für das Helle ü b e r h a u p t vorauszusetzen, entspringend aus einer gewissen » G l e i c h a r t i g k e i t d e r N a t u r e n « , des Organs und seines Reizes. Die umgebende Netzhaut mufste dann den Reiz gleichsam a n z i e h e n , wie der Wasserspiegel den darauffallenden Tropfen.
54 §. 15. P l a t e a u äufsert sich über die dargestellte Lehre K e p l e r ' s wie folgt (a. a. 0 . , Seite 83) : «Diese Theorie scheint, wie man sieht, sehr annehmlich, ist auch seitdem mehr als einmal aufgefrischt worden ( Histoire de TAcadetnie des sciences de Paris pour 1699, p. 79 ; gedruckt 1732. — Essai sitr la vision distincte et confuse, par Jurin §. 53 u. ff., erschienen 1738 am Ende des Traité 1 3te 1} i10 K il 11 n 1 iö 3 1A0K 3 0 . 11 • 30". 1» 4te 11 » 11 i 4 I Ö 1 J> IÖ * 7 0 J10 & 4 0 . 14. . • 5te r> 11 11 V 11 30,' 0 °. lö y 4 7 0. 11 11 I1J. 11 11 i 0 T 4ö 0. >1 11 30,',". 6te lö t y 1/18 0. A 4 n l> » » 11 15°; 11 2 9 , V 7te 1Ö » in 14 14 S o. 1 J * o. » 1» 11 II 29 » 11 8tc lt> y )ö y 144 i 1ö «• A 11 A1 0Xl ö3 0 1. 11 30". w 9te » » » y 14 il y> 1/470. » 11 11 i 0 l Ö2 0. lOte 2 9 , V *). lö » f
Diese Resultate besitzen eine sehr grofse Uebereinstimmung. Die 2., 3., 4. und 9. Messung sind als in allen Stücken gelungen anzusehen. Die Schwankungen, welche in den übrigen vorkommen, sind verzeihliche und den Verhältnissen nach nothwendige Mefsfehler, indem der Faden, welcher 12 Centim. von seinem Drehungspunkte entfernt die Basis des schwarzen Dreiecks tangirte, noch 24 weitere Centimeter bis zu dem Gradbogen hatte und leicht um einige Zehntelgracle abweichen konnte. D e r Winkel des schwarzen D r e i e c k s blieb a l s o unverändert unter dem Einflüsse der benachb a r t e n I r r a d i a t i o n e n , während das schwarze Dreieck l ä n g s j e d e r s e i n e r S e i t e n (vgl. Figur 43, bei a c) einen S t r e i f e n von 5 C e n t i m . B r e i t e d u r c h I r r a diatio n verlor. — Eine Wiederholung der Messungen bei einer Beobachtungsweite von 10 Metern ergab ganz analoge Resultate. §• 42. Noch schlagender vielleicht, als der vorstehende Versuch, den ich mit der bestimmten Erwartung, nichts Abweichendes *) Man sieht aus diesen Zahlen, dals die Mittellinie des Gradbogens mit dem Lothe der schwarzen Figur nicht ganz parallel verlief, was indessen, da der Apparat sonst vollkommen senkrecht stand, als durchaus unschädlich kaum der Erwähnung bedarf.
104 zu finden, aber dennoch, um ihn nicht unterlassen zu haben, anstellte, sind folgende, leicht auszuführende Beobachtungen. Die Linien des irradiirenden weifslinigen Dreiecks Fig. 24 a (Taf. IV) nehmen an Breite n i c h t a b , je näher ihre Nachbarschaft wird, sie werden nicht spindelförmig. — Kreisrunde Oeffnungen, welche in einiger Entfernung von einander in ein Kartenblatt gestochen wurden, zeigen bei Irradiation, sowohl diesseits, als jenseits der Sehweite, r e i n e Kreislinien (Dasselbe thun weifse K r e i s f l ä c h e n auf schwarzem Grunde). Schliefst man die eine Oeffnung des Kartenblattes, so wächst die andere in ihrer Irradiation um Nichts. Beides könnte nicht stattfinden, hätten die benachbarten Irradiationen einander Eintrag gethan. — §• 43. W i e k o m m t es a b e r , d a f s s c h m a l e , d u n k l e O b j e c t o auf h e l l e m G r u n d e s i c h in E n t f e r n u n g e n s i c h t b a r e r h a l t e n , bei w e l c h e n m a n e r w a r t e n s o l l t e , dafs sie d u r c h I r r a d i a t i o n v e r s c h w i n d e n m ü f s t e n (Vgl. Taf. V , Fig. 34)? Beschäftigen wir uns jetzt mit dieser wunderbaren, unserer Theorie scheinbar widersprechenden Thatsache. Ich glaube, dafs jene Erscheinung auf einer eigenthüinlichen Wirkungsweise der N e r v e n h a u t , auf einer besonderen Form von Contrastwirkung beruht. Diese Ansicht stützt sich auf eine Reihe von Versuchen, in welchen zweierlei Lichteindrücke theils analogen Netzhautstellen beider Augen, theils einer und derselben Netzhautstelle Eines Auges geboten wurden. Es sei gestattet, ehe wir die Argumentationen P l a t e a u ' s weiter ins Auge fassen (§. 57), eine Auswahl derjenigen Versuche mitzutheilen , welche zu der eben angedeuteten Ansicht geführt haben. V e r s u c h I. Man blicke auf ein etwa 3 Zoll hohes, 6 Zoll breites Papier, welches in seiner linken Hälfte schwarz, rechts weifs ist (Taf. V I , Fig. 44) und lasse Doppeltsehen eintreten — wir wählen das weniger anstrengende, r e c h t s
105 u n d l i n k s u m t a u s c h e n d e Doppeltsehen*) — so sieht man zwischen einer entschieden schwarzen und einer entschieden weifsen Partie (s s und w w, Fig. 45) einen s c h w a r z in W e i f s s c h a t t i r t e n S t r e i f e n s w. Dieser Streifen wird vermittelt durch ein weifses Netzhautbild des rechten und durch ein schwarzes Netzhautbild des linken A u g e s ; für jede von Weifs berührte Netzhautstelle des einen Auges hat die analoge des anderen Auges Schwarz. Es wird auch, wenn ich so sagen darf, quantitativ ebensoviel Schwarz pereipirt, als Weifs; a b e r d i e E i n d r ü c k e m i s c h e n s i c h n i c h t z u e i n e m g l e i c hm ä f s i g e n M i t t e l t o n e : an den Grenzen des durch zwei Retinen gesehenen Weifs herrscht in dem Felde s w das Schwarze v o r , man sieht dort tiefes Schwarz; an den Grenzen des durch zwei Retinen gesehenen Schwarz herrscht das Weifse v o r , man sieht dort reines Weifs. V e r s u c h II. Man nehme nun ein zweites, ganz schwarzes Papier zur Hand und schiebe dasselbe von rechts her bis über die rechte Grenze des Feldes s w, das heifst so weit vor, dafs das links stehende (vom rechten Auge gelieferte) Doppelbild des Bedeckungsblattes den Rand des rechtsstehenden (vom linken Auge gelieferten) Doppelbildes des schwarzen Feldes überschreitet, wodurch das Object in Wirklichkeit die Gestillt von Fig. 46 gewinnt, so verbreitet sich in dem Augenblicke, wo das schattirte Feld s w durch das Bedeckungsblatt berührt wird, über ersteres e i n g l e i c h m ä fsi g e r T o n : n i c h t aber ein M i t t e l t o n von Schwarz und Weifs, sondern der Streifen erscheint w e i f s und beinahe so hell, als ob b e i d e Retinen von Weifs berührt wären (Fig. 47 und 48). J e schmäler der weifse Streifen durch weiteres Vorschiel>en des Bedeckungsblattes wird, um so gröfscr seine Helligkeit. Schiebt man das Bedeckungsblatt wieder zurück, so nimmt die Helligkeit ab, es erhält sich aber ein gleichmäfsiger Ton, bis zu dem Momente, wo das Bedeckungsblatt die rechts *) Beruhend auf V e r k l e i n e r u n g
des Sehaxenwinkels.
Erscheinungen zeigt das rechts und links b e i b e h a l t e n d e
—
Dieselben
Doppeltsehen.
106 stehende Grenze des Streifens wieder v e r l ä f s t , mit welchem Momente von dort a u s eine schwarze F ä r b u n g bis g e g e n die Mitte des Streifens hereinzufliefsen scheint, welche nach innen zu mehr und mehr abblafst, so dafs in B e z u g auf den Streifen s w der ursprüngliche Anblick von F i g . 45 wiederhergestellt ist. Versuch
III.
Wählt
man
statt
des
schwarzen
ein
w e i f s e s B e d e c k u n g s b l a t t und schiebt dasselbe von links her über die linke G r e n z e des Streifens tauscht derselbe
s w (Fig.
sein schattirtes A n s e h e n
mäfsigen S c h w a r z
4 9 ) , so ver-
mit einem gleicli-
und der Versuch ergiebt weiterhin ganz
die analogen R e s u l t a t e , wie Versuch II. W i r sehen
mithin denselben Streifen s w bald schwarz,
bald w e i f s , bald schwarz in Weifs schattirt, j e nachdem derselbe
entweder
beiderseits von W e i f s , oder beiderseits
von
Schwarz, oder links von Weifs, rechts von Schwarz benachbart i s t ; der Versuch I.
( F i g . 45) ist gewissermafsen eine C o m -
bination der V e r s u c h e I I und I I I . Ganz
die
nämlichen
Resultate
beiden letzten V e r s u c h e n Bedeekungsblattcs
ein
statt
erfolgen,
des schwarzen
b l a u e s , rothes, gelbes
wenn in den oder weifsen oder
beliebig
gefärbtes Blatt gewählt wird, welches dann für die
rechte,
wie für die linke Seite des Objectes gebraucht werden k a n n ; g a n z die analogen Resultate, wenn das Object aus V e r s u c h I, statt aus Schwarz und W e i f s , aus Schwarz
und B l a u ,
oder
aus B l a u und W e i f s , oder aus Rotli und Gelb u. s. \v., zusammengesetzt und einem
wird.
rothen
So
kann
Felde
das zwischen einem
durch
Doppeltsehen
blauen
entstehende
Zwischenfcld r o t l i g e m a c h t werden durch ein von der rothen Seite her vorgeschobenes schwarzes , w e i f s e s , g r a u e s ,
heller
oder dunkler blaues, heller oder dunkler rothes, gelbes, grünes, violettes, orangefarbiges selbe Zwischenfeld
wird
oder braunes B e d e c k u n g s b l a t t ; dasblau,
durch Vorschiebung
jener
Bedeckungsblätter über die blaue Seite. §. 44. Die beobachteten Erscheinungen lassen sich in folgenden Satz zusammenfassen :
107 Werden Augen
analoge
gleichzeitig
berührt,
N e t z Ii a n t s t e l 1 e n
beider
von v e r s c h i e d e n e m
Lichte
so b e v o r z u g t die P e r c e p t i o n
gen F a c t o r
des M i s c h r e i z e s ,
Nachbarschaft Das G e s e t z ,
von
denjeni-
welchem
j e n e r N e t zliau t st e i l e n
nach
welchem
die
die
frei
ist.
geschilderten E r s c h e i -
nungen sich richten, dürfte das folgende sein : Wird
ei/ic Netzhautpartie
ijleichmdfsigen, berührt,
iriihrend
Netzhaut
ein Eindruck
hautbildes hin : wenn
den ganzen
die analoge
gleichmtifsigcn
Eindruck
die jenem
Randes
analoqe
fassung eines
zwei
Das
Retinen
gl e i c h m ä f s i g e n ,
Aufsenwelt
Centraiorgan
zwei B o t e n ,
dieser E r der Sehzweierlei
niemals den
einzelnen F a l l e
geson-
zur
beiden
Auf-
Facto-
vereinigt
des Gesichtsiiines
durch
an-
Organisationsverhältnis-
r e n e n t s p r e c h e n d e 11 M i t t e l t e i l e s können.
der
überragt.
L i c h t e i n d r ü c k e , v o n d e n e n j e d e r ein A u g e durch
ist;
Partie
sen unseres S e h - und Seclenorgans, nach welchen dert trifft,
Netz-
ein i/leicli-
der G r u n d u r s a c h e
oder vielmehr in denjenigen
Netz-
überbrückt : trenn
in
und dies
seines
scheinungen, so liegt dieselbe in dem W e t t s t r e i t e felder,
anderen
der anderen
deren Netzhaut nur ron einer Seite her F r a g e n wir endlich nach
vor;
Raum
Partie
Rande
der
so herrscht
Eindrucke
oder nur längs des abbrechenden miifsitjer
Partie
sich abschneidet, über
einem
Lichteindrücke
a b b r e c h e n d e Eindruck
yleichmäjsü/
haut ron einem
Am/es- von
fortlaufenden
innerhalb der analogen
der Auffassung jener aiticedcr
des einen
ununterbrochen
werden
hat f ü r
die
die es naturgemäfs in j e d e m
einerlei Nachricht e r h ä l t ;
bringen
ihm diese
Boten einander widersprechende Nachricht, so weifs das C e n tralorgan nicht, auf welchen es hören soll, u n d e s der
Wettstreit
Sehfelder
kann
der
Sehfelder.
Der
entsteht
Wettstreit
der
an j e d e r Stelle des gemeinschaftlichen S e h -
feldes zu Gunsten
des
einen
oder
des
anderen
der
beiden
Lichteindrücke aufgehoben w e r d e n , indem wir durch unseren W i l l e n dem einen oder dem anderen Lichteindrücke unsejre Aufmerksamkeit
zuwenden.
In
gleicher
Weise
wird
der
108 Wettstreit aufgehoben — und dies selbst g e g e n die Wahl unseres Willens — wenn eines der Netzhautbilder die Veranlassung , unsere Aufmerksamkeit ihm zuzuwenden, in sich selber trägt. Man könnte nun vermutlien, dafs ein h e l l e s Netzhautbild, mit einem dunklen concurrirend, im Vortheil sein müfste; doch sahen wir im Streifen s w ( F i g . 4 5 ) , dafs dieses nicht der Fall ist. Findet sich aber in einem Netzhautbilde eine C o n t o u r (woran eine Beleuchtungsverschiedenheit nothwendig geknüpft ist), so wendet sich dieser die Aufmerksamkeit zu, und der Wettstreit der Sehfelder ist gebannt in der jener Contour eutsprechenden Region des aufgefafsten Bildes *). Deutet a in F i g . 56 (Taf. V I I ) das Bild der einen, b dasjenige der anderen Netzhaut a n , während durch c (absichtlich ohne Umkehrung gezeichnet) das aufgefafste Bild dargestellt werden soll, so sind die beiden in den Netzhautbildern a und b sich findenden Contouren Dasjenige, welches die Aufmerksamkeit des Centraiorgans auf sich zieht. In m wird das Netzhautbild b bevorzugt, in o das Netzhautbild a ; in n haben beide Retinen gleichen Anspruch auf die Theilnahme des Centraiorgans, denn n liegt in der Mitte der beiden Klippen, an denen der Wettstreit der Sehfelder sich bricht. — Auf diese Weise erklärt sich die Schattirung in dem Zwischenfelde s w der F i g . 45. Warum aber, wenn wir im vorigen Falle die ineinandergreifenden Bilder ihre R ä n d e r hervorheben s a h e n , siegt in
* ) Sind beide Sehfelder sehr r e i c h an Contouren, zumal bei ähnlicher Anordnung derselben, so hören die Contouren auf, für die Aufmerksamkeit des S e h o r g a n s in der Art das Bestimmende zu sein, dafs eine und dieselbe Contour auf längere Zeit festgehalten würde und es erfolgt Sehfeldcrwettstrcit. D a s durch Doppeltsehen entstehende Zwischenfeld bei einem horizontal und einem senkrecht gestreiften Zeuge ( F i g . 50) zeigt abgebrochene, senkrechte und horizontale Linien; die Anordnung dieser Fragmente in beständigem Wechsel, nirgends aber deutliche Kreuzungen, weil niemals je zwei analoge Netzhautstellen zugleich zur Wirkung gelangen. Immer aber wechseln die Betinen bei einem Objecte, wie in F i g . 5 0 , in senkrechten und Horizontallinien ab (nicht etwa in Kreislinien); die Begrenzungen richten sich nach dem O b j e c t o . — Mehrcres Andere der Art mufs hier übergangen werden.
109 Fig.
59
die Ke^ion m o der
Netzhaut b über die
ganze
A u s d e h n u n g des ihr in a analogen Netzhautbildes ?
Warum
macht sich gemmenden Verhältnisse. — Ich erinnere bigem
n o c h , dafs bei a u s g i e -
Accomodationsvermögen auch durch
willkührlicihe
V e r ä n d e r u n g e n des Refractionszustandes ein in der mittlerren Sehweite befindliches Object die beiden A r t e n von Irradiatiion zeigen kann, während in unserem V e r s u c h e das A u g e d u r c h Ermüdung
zur Wahrnehmung der verschiedenen Configuira-
tionen des Objectes g e z w u n g e n ist. §• 61. D e m X . und X I . L e h r s a t z e , wenn auch keineswegs der von P l a t e a u men bei.
gegebenen
Begründung, pflichte ich vollkom-
In B e z u g auf Satz X sagt P l a t e a u (§. 77) :
135 » D i e s e Thatsaclie i s t ,
wie ich schon g e s a g t h a b e ,
eine
ganz natürliche F o l g e r u n g der T h e o r i e , die a u s der Irradiation ein Phänomen der Empfindung m a c h t ,
und umgekehrt
kann sie als Beweis dieser Theorie gebraucht werden, nach
jeder
erklären
a n d e r n T h e o r i e würde
sie
denn
schwer
zu
sein".
W ä h r e n d P l a t e a u anderenorts ein willkürliches A c c o m modationsvermögen von unbeschränktester A u s g i e b i g k e i t
un-
terstellt, scheint ihm die Annahme sehr ferne zu l i e g e n , dafs der m i t t l e r e
Refractionszustand,
von w e l c h e m .aus
A u g e innerhalb bestimmter Grenzen
nach zwei
hin spielt,
ein verschiedener
könne.
zu
verschiedenen
Zeiten
U n d doch ist letzteres eine unleugbare
das
Richtungen und
sein leicht
zu erweisende Thatsaclie.
Ich erinnere nur
an die V e r ä n -
derungen in der Sehweite,
welche bei j e d e r
Augenanstren-
g u n g , wie z. B . beim
Gebrauch
des Mikroskopes, vorüber-
gehend eintreten.
D a s s e l b e i s t , wie oben e r ö r t e r t , bei I r r a -
diationsversuchen
der Fall.
Kurzsichtiger
bei
im
Die concave Brille, welche ein
Ganzen
ziemlich
gleich
bleibender
Augenbeschaft'enheit schon J a h r e lang t r u g , tliut ihm, sobald er sie nach mehrstündigem
Weglassen
von N e u e m
ergreift,
eine Zeit lang weit g r ö f s c r e D i e n s t e , als einige Stunden zuvor, wo er sie nach längerem Gebrauche weglegte. — A u c h zu Gunsten des X I . L e h r s a t z e s bezieht sich teau
Pla-
auf die bei verschiedenen Personen verschiedene Reiz-
barkeit der Netzhaut; gewifs eben so einfach erklärt sich die Sache in den Verschiedenheiten der S e h w e i t e der verschiedenen Individuen.
136 X I I und
m i .
»Die Irradiation wird abgeändert, wenn man eine Linse ivor das Auge bringt Sie toird verringert durch converqiremde Linsen und erhöht durch divergirende.u n Diese Wirkung der Linsen scheint nur von deren Brennweite abzuhängen, und nicht von den absoluten Krümmungen ihrer Oberflächen. Sie scheint desto stärker zu sein, je kürzer die Brennweite ist.« Plateau. §. 62. P l a t e a u beginnt die Paragraphen, welche zur Aufstellung obenstehender Sätze geführt haben (§. 97 — 104), mit folgenden Worten : »Unglücklicher Weise stellt sich aber, sobald man zur Beobachtung der Irradiationseffecte das Auge mit einer L i n s e bewaffnet, eine Ordnung von Thatsachen ein, d e r e n V e r k n ü p f u n g mit d e r b e s a g t e n H y p o t h e s e i c h n i c h t e i n z u s e h e n vermag.« Indem ich diesen Worten vollkommen beistimme, mufs ich bemerken, dafs m i r jene bei Zuziehung von Linsen sich zeigenden Effecte nichts weniger, als unbequem sind. Dieselben beweisen ganz vorzugsweise, dafs die Irradiation von Continuitätswirkung nicht abhängen kann; dagegen sind sie die nothwendigste Consequenz unserer Theorie, und bei deren Annahme a priori zu construiren. Beziehen wir den Satz XII (mit P l a t e a u ) auf diejenige Irradiation, von welcher P l a t e a u seither gesprochen, so ist derselbe offenbar f a l s c h . Halte ich Fig. 2 (Taf. I) dem blofsen Auge zu ferne, so dafs Coincidenz der Ränder a b und h g eintritt, und senke nun meine Concavbrille, so besitzt diese zufällig gerade die passende Stärke, um die wahre Zeichnung der Figur erkennen zu lassen. Vertauschte ich die Brille mit einer Loupe, so dafs die etwas genäherte, für die Loupe aber zu ferne Figur Coincidenz jener Ränder zeigte
137
so besafs die gewählte Loupe gerade diejenige Schleifung, dafs das Object bei Entfernung der Loupe sich nahezu in der Sehweite befand und von Irradiation nur sehr wenig erkennen liefs. Die I r r a d i a t i o n d e r A u t o r e n also, d i e d u r c h zu g r o s f e Entfernung entstehende Irradiat i o n , w i r d v ermindert d u r c h div ergirende und erhöht. d u r c h convergirende L i n s e n . — Es ist dies ein auf der Hand liegendes Verhältnifs, und es besteht kein Zweifel darüber, warum der Kurzsichtige, um entfernte Objecte zu accommodiren, um die weifsen Buchstaben einer fernen Inschrift nicht durcheinander flimmern zu sehen, eine C o n c a v b r i l l e gebraucht. P l a t e a u wurde zur Aufstellung seines XII. Lehrsatzes durch Versuche geführt, in welchen er — soweit wenigstens aus jener Abhandlung hervorgeht — zum Erstenmale Irradiation durch zu grofse Nähe des Objectes vor sich hatte. Auf diesen Unterschied scheint P l a t e a u keinen Werth zu legen ; doch gerade in ihm findet sich der Schlüssel für die Lösung der in Frage stehenden Verhältnisse. D i e I r r a d i a t i o n d u r c h zu g r o f s e Nähe, allerdings, w i r d verringert d u r c h conv er gir ende, erhöht durch divergirende L i n s e n . Die Erscheinung ist sehr deutlich, wenn man eine klein schwarz und weifs carrirte Fläche, oder ein Object Fig. 22 a (Taf. IV), nahe ans Auge hält und eine Concavbrille hebt und senkt ; die Brille zeigt vermehrte Irradiation. Vertauscht man die Brille mit einer Loupe, so wird die Irradiation vermindert oder aufgehoben. — Auch diese Consequenz ist eine Erfahrung des täglichen Lebens. Wir geben dem Greise, dessen Auge fernsichtig ist, eine Convexbrille, damit er das Buch nicht allzu weit weg halten mufs, und Jedermann weifs, dafs der Nutzen von Loupen eben darin besteht, Objecte dem Auge möglichst nahe bringen zu dürfen, ohne durch Zerstreuungskreise gestört zu sein. Eine «neue Ordnung der Dinge« kann für die Irradiation durch Zuziehung von Linsen nicht herbeigeführt werden, denn B r e c h u n g s v e r h ä l t n i s s e s i n d e s j a , a u f w e i c h e n d i e I r r a d i a t i o n s e l b s t b e r u h t ; sie wird also durch
138 Linsen nur vermindert oder vermehrt, nicht aber in ihrem Wesen umgeändert werden können. Man fahre bei Anwendung einer Concavbrille mit F i g . 2 (Taf. I) oder einem ihr analogen Fensterapparate vor dem A u g e hin und h e r , um abwechselnd Irradiation durch' zu grofse N ä h e , deutliches Sehen und cndlich Irradiation durch zu grofse Entfernung zu bewirken; ganz die nämlichen Effecte sieht man bei Anwendung einer Loupe. Nur die E n t f e r n u n g e n , welche für gleiche Irradiationsgrade gewählt werden müssen, sind verschieden , j e nach der Gattung der Linse; es befindet sich bei der Loupe das irradiationsfreie Object diesseits, bei der Concavbrille jenseits der Sehweite des nackten A u g e s , jedesmal aber in derjenigen Entfernung, für welche das Glas durch die brechenden Medien des A u g e s zur Bildung von distineten Netzhautbildcrn ergänzt wird. §. 63. Indem ich dem X I I I . Satze insoweit beistimme, als derselbe das, worauf es bei der durch Linsen modificirten Irradiation ankomme, in der B r e n n w e i t e s u c h t , liegt mir nur noch o b , die V e r s u c h e voi'zufiihren , durch welche sich P l a t e a u zur Aufstellung seines X I I . und X I I I . Satzes veranlafst fand. Ich werde die betreffenden Paragraphen in ihrem ganzen Zusammenhange geben; keineswegs, um sie ins Einzelne zu besprechen, sondern weil mir eine Umarbeitung in mehrfacher Beziehung mifslich schien. »(97.) — Der hierzu angewandte Apparat ist analog dem, welchen ich zuvor bei den Mefsversuchen benutzte; a b c d ( F i g . 7 0 , Taf. V I I I ) ist eine quadratische Kupferplatte von 10 Centimetern S e i t e , in der Mitte mit einer gleichfalls quadratischen Oeffnung f g h i von 2 Centimetern Seite. Diese Oeffnung enthält zwei rechtwinklige Plättchen von polirtem Stahl f k 1 m und n o p q, deren Vorderflächen in der Verlängerung der Fläche der Kupferplatte liegen. Das erste dieser beiden Plättchen ist f e s t , allein das zweite kann in seiner Ebene längs der Seite h i der Oeffnung verschoben
139 werden, mittelst einer Schraube, deren Knopf man in r e r blickt. Die beiden Plättchen sind vollkommen gearbeitet, ihre freien Ränder nach hinten schneideförmig, und wenn man das bewegliche Plättchen verschiebt, unter das feste f u h r t , so kommen die Ränder n o und m 1 blos in B e r ü h r u n g , ohne indefs gegen einander eine Reibung a u s z u ü b e n , die sie verbiegen könnte. Endlich steht der Apparat auf einem Gestell von solcher Einrichtung , dafs man ihn heben und senken, auch die Platte sowohl lothreclit, als mehr oder weniger geneigt stellen kann.« r Z u r Anstellung dos Versuchs setzt man den Apparat vor ein Fenster, giebt anfangs der Platte eine solchc Neigung, dafs man den Himmel durch Reflexion auf dem polirten Plättchen sieht , und richtet nun die Sachen so ein , dafs die Oeffnungen sich auf einem recht schwarzen Raum projiciren. Alsdann betrachtet man diese Plättchen mittelst einer starken, dicht vor das A u g e gehaltenen Loupe (die von mir angewandte Loupe hatte ungefähr 3 Centimeter Brennweite), und dreht die Schraube rück- oder vorwärts , bis die beiden Ränder k 1 und n p genau in gegenseitiger Verlängerung erscheinen. Nachdem diese Bedingung erfüllt ist, stellt man die Platte senkrecht und begiebt sich vor den Spiegel, welcher das Himmelslicht reflectirt; hierauf betrachtet man abermals die Plättchen mit der Loupe, ohne die Schraube zu berühren. Obwohl nun bei dieser zweiten Anordnung des Apparats die Umstände die u m g e k e h r t e n sind, da die O e f f n u n g e n e r l e u c h t e t und die Plättchen d u n k e l erscheinen, so scheint doch in der relativen, scheinbaren Lage der beiden Ränder k 1 und n p n i c h t s g e ä n d e r t , vielmehr f a h r e n s i e f o r t , in g e g e n s e i t i g e r V e r l ä n g e r u n g z u l i e g e n . (Von fünf P e r s o n e n , die diesen Versuch wiederholten, sagte mir eine,. dafs vielleicht noch eine , aber äufserst geringe Irradiation zurückbliebe.)• und n u n e n d l i c h (§. 106) spricht P l a t e a u das göldöne Wort : »Kann diese W i r k u n g der Linsen aüf u n sere Theorie der Irrädiation zurückgeführt w e r d e n ? D a s s c h e i n t mir s c h w i e r i g , ich be« k e n n e es.« §• 69. Sollte P l a t e a u wirklich in Beziehung auf die Irradiation geirrt haben» und sollte ich dann fragen dürfe» : W a s w a r w o h l d i e U r s a c h e d i e s e s I r r t h u m s ? — so näöchte ich glauben, sie lag hauptsächlich darin, dafs P l a t e a u die d i e s s e i t s dbr SehVveite sich entwickelnde Irradiation nicht kannte, oder ihx-en Gegensatz zu der durch zu grofse Entfernung bedingten nicht gewürdigt hat. Bei K e p l e r aber lesen wir die Stelle : »Das W e i f s e bewirkt darum, dafs Bilder, welche an derselben Stelle der Netzhaut minder hell hingemalt werden, da, wo auch d i e s e s seine Grenzen überschritten hat ( es b i l d e n a b e r Z e r s t r e u u n g s k r e i s e s o w o h l a l l z u entfernte G e g e n s t ä n d e , a l s a u c h a l l z u n a h e } gänzlich verschwinden und ihre Stelle dem W e i f s e n überlassen.«
Wiederholung der Plateau'schen Irradfatlonsgesetze. §'. 70. Indem ich die von P l a t e a u am Schlüsse Seiner Abhandlung iusammengöstellten, in diesem Capitel einzeln besprochenett Irradiationsgesetze ünd Folgerungen in ihrer Aneinanderreihung wiedergebe, erlaube ich mir zugleich, zur gHjfefcren Uebersicht vorstehender feearbeitüng, dtte im Sinne der 1 e n teren modificirte Form jener Sätze hiflfcuztiftlgeü.
160 1. Die Irradiation ist eine wohl festgestellte, leicht zu erweisende, sehr veränderliche, aber unter uüen Umständen genau mefsbare T/udsache.
1. Die Irradiation ist eine wohl festgestellte, leicht zu erweisende, sehr veränderliche und nicht unter allen Umständen genau mefsbare Erscheinung.
2.
2. Die Irradiation fehlt, sobald das Auge (durch seinen normalen Refractionszustand, oder unter Mitwirkung seines Accommodations Vermögens, oder durch Zuziehung äufserer Accommodationsmittel) der Entfernung des Objectes angepafst ist. In allen anderen Fällen tritt Irradiation ein, und zwar um so mehr, je weiter das Object jenseits der Sehweite entfernt, oder diesseits derselben dem Auge genähert wird.
Sie zeigt sich bei jeder Entfernung des sie erzeugenden Gegenstandes, von der kürzesten des deutlichen Sehens bis zu-jeder beliebigen.
3. Der Gesichtswinkel, den sie umspannt und der sie mifst, ist unabhängig von der Entfernung des Gegenstandes.
3. Der Gesichtswinkel, den sie umspannt und der sie mifst, ist abhängig von der Entfernung des Gegenstandes, von den Brechungsverhältnissen des Auges und von den Helligkeitsgraden der concurrirenden Bilder.
4. Daraus folgt, dafs die absolute Breite, welche wir ihr beilegen, bei Gleichheit aller übrigen Umstände, proportional iit der Entfernung, die zwi-
4. Die Breite der Irradiation ist bei Gleichheit aller übrigen Umstände proportional der Abweicfamg des Objectes aus der Sehweite.
161
sehen dem Gegenstand und unserem Auge vorhanden ist, oder uns scheint vorhanden zu sein. 5. Die Irradiation wächst mit der Helligkeit des Gegenstandes , aber weit weniger rasch als diese. Verzeichnet man das Gesetz durch eine Curve, welche die successiven Werthe der Helligkeit von Null ab zu Abscissen, und die 'entsprechenden Werthe der Irradiation zu Ordinaten hat, so geht diese Curve durch den Anfang der Coordinaten, kehrt ihre Concavität gegen die Abscissenaxe und besitzt eine dieser Axe parallele Asymptote. Für eine Helligkeit, wie die des Himmels gegen Norden ist die Curve schon sehr ihrer Asymptote nahe. 6. Wenn das den Gegenstand umgebende Feld nicht völlig lichtlos ist, so wird die Irradiation geschwächt, desto mehr, als die Helligkeit des Feldes sich der Gleichheit mit der des Gegenstandes nähert. Tritt diese Gleichheit ein, so verschwindet die Irradiation.
Veicker, Irradiation,
5. Die Irradiation wächst mit der Helligkeit des Gegenstandes. Sinkt diese bis zu sehr niederen Graden, so nimmt die Irradiation in raschen Sprüngen ab, indem statt Uebertöntwerdens des wenig dunkleren Grundes ein Mittelton erfolgt. Hat aber die Helligo ö keit diejenige Stärke erreicht, bei welcher auch die äufsersten Zerstreuungskreise den dunkleren Grund vollständig bewältigen, so kann Zunahme der Helligkeit die Irradiation nicht weiter vergriffnem.
6.
Die Irradiation eines hellen Gegenstandes verliert um so mehr, jemehr der umgebende Grund an Helligkeit gewinnt. Besteht Gleichheit der Helligkeii, aber Verschiedenheit der Färbung, so fehlt die Irradiation, insofern unter Irradiation Wachsen eines hellen Bildes auf Kosten eines dunkleren verstanden" wird; es erfolgt aber Schmälerung beider Bilder zu Gunsten eines die Misch11
162
färbe tragenden Zauer der Anschauung Entfernung des Gegenstandes nimmt zu, Irradiation durch des Gegenstandes. zu gr-ofse Nähe nimmt ab mit der Dauer des Anschauens.
10. Bei demselben Individuum und bei einem Gegenstand von gleicher Helligkeit schwankt die Irradiation von einem Tage zum andern.
11. Die von einer und derselben Helligkeit erregte mittlere Irradiation ist sehr verschieden von einem Individuum zum andern. 12. Die Irradiation wird abgeändert, wenn man eine Linse vor das Auge bringt. Sie wird verringert durch convergirende Linsen und erhöht durch divergirende.
10. Wie P l a t e a u .
11. Wie P l a t e a u .
12. Irradiation wegen zu grosser Nahe des Objectes wird vermindert durch convergirende Linsen, erhöht durch divergirencle. Umgekehrt wird Irradiation wegen zu grofser Entfernung des Objectes durch 11*
164 convergirende Linsen erhöht, durch divergirende vermindert Jede Linse hebt bei einer bestimmten Entfernung des Objectes die Irradiation gänzlich auf; bei derjenigen nämlich , in welcher Auge plus Linse dem Objecte accommodirt ist. 13. Die Irradiation wird durch eine Linse in demselben Verhältnisse abgeändert, als die Brechkraft des Auges durch die Linse vermehrt oder vermindert wird.
13. Diese Wirkung der Linsen scheint nur von deren Brennweite abzuhängen, und nicht von den absoluten Krümmungen ihrer Oberflächen. Sie scheint desto stärker zu sein, je kürzer die Brennweite ist. 14. 14. Die wahrscheinlichste UrDie wahrscheinlichste Ursache der Irradiation scheint sache der Irradiation scheint namdie jetzt allgemein angenommene die bereits von Kepler zu sein, nämlich : dafs der haft gemachte zu sein : Bildurch das Licht erzeugte Reiz dung von Zerstreuungskreisen sich auf der Netzhaut ein wenig und vorherrschende Wirkung derüber den Umrifs des Bildes fort- jenigen des hellen Bildes. pflanzt. Mittelst dieses Satzes, der übrigens auf Thatsachen gestützt ist, kann man alle Gesetze der mit blofsem Auge beobachteten Irradiation erklären ; allein man stöfst auf Schwierigkeiten, wenn man die Wirkung der Linsen in Betracht zieht.
165
Cap. III.
Die Irradiation seit dem Erscheinen der Arbeiten P l a t e a u ' s . §. 71. Seit dem Erscheinen der Arbeiten P l a t e a u ' s schienen die Acten unseres Gegenstandes so ziemlich für geschlossen zu gelten. Die Lehre P l a t e a u ' s ist in die meisten Lehrbücher übergegangen, die Mehrzahl der Abhandlungen, welche über den Gesichtssinn erschienen sind, huldigen jener Theorie und unter den unten aufgeführten Autoren findet sich nur bei B r ü c k e ein Zweifel, ob die Ursache der Irradiation a u s s c h l i e f s l i c h in der Nervenhaut gelegen sei. — Das Lehrbuch von P o u i l l e t - M ü l l e r , welches den Gegenstand getreu nach P l a t e a u darstellt, überging ich um so mehr, als der betreffende Paragraph bereits in der Einleitung gegeben wurde.
Baumgartner. (Die Naturlehre nach ihrem gegenwärtigen Zustande, mit Rücksicht auf mathematische Begründung.
8te Auflage.
Wien, 1845.)
§• 72. Seite 663, in einer Note, sagt B a u m g a r t n e r : »Im Sinne der Fibrationshypothese mufs das Sehen vermöge äufserst rascher Schwingungen vor sich gehen, in welche die Netzhaut durch den Einflufs einer grofsen Reihe v)n Aetherfibrationen versetzt wird.« — » S c h w i n g u n g e n , welche a u f s e r h a l b der Grenzen des S p e c t r u m s 1 e g e n , e r r e g e n d i e E m p f i n d u n g des S e h e n s n i c h t n e h r , weil denselben die Elasticität der Netzhaut nicht ginstig ist.« —
166 Wir fanden und werden weiter finden, dafs Andere den Stöfs der Aetherwellen im Gegentheile zur seitlichen Fortpflanzung b e n u t z e n . Mit dem » i m Sinne der Fibrationstheorie« Gesagten scheint indessen B a u m g a r t n e r inBezug auf die Irradiation nicht einverstanden zu sein, indem er Letztere folgendermafsen abhandelt : »(§. 363.) E s ist nicht zu bezweifeln, dafs die Netzhaut allein der wahre Sitz der dem Sehen entsprechenden Nervenaffection sei, d o c h b e s c h r ä n k t s i c h d i e W i r k u n g des L i c h t e s nicht auf die unmi t t e l b a r g e t r o ff ene S t e l l e , s o n d e r n e r s t r e c k t sich a u c h auf die n ä c h s t e Umg e b u n g d e r s e l b e n , etwa so, wie ein Druck auf ein gespanntes Tuch rings um die gedrückte Stelle eine Einbiegung erzeugt (Pogg. Ann. 27, 490; 2 9 , 339; Zeitschrift n. F . 2, 236). H i e r a u f b e r u h t d a s P h ä n o m e n d e r s o g e n a n n t e n I r r a d i a t i o n , welches darin besteht, dafs ein schmaler heller Gegenstand auf einem dunklen Grunde merklich breiter erscheint.« —
Rudolf Wagner. §. 73. In R u d o l f W a g n e r ' s Lehrbuch der Physiologie finden wir in dem die Actiomen der Netzhaut abhaiKlelodea Capitel eine Erscheinung, die ein Effect der I r r a d i a t i o n sein dürfte, auf eine andere Weise erklärt ; es betrifft einen Gegenstand, welcher in dieser Abhandlung in einem Zusätze zu §. 2 (S. 12) berührt wurde. Lehrbuch der Physiologie, 3. Auflage, 1845, S. 404 : * Sollen die Bilder der äufeeren Objecte, welche auf' der Netzhaut abgebildet werden, einen vollkommen deutlichen Eindruck hervorrufen, so müssen sie in der passenden Vereinigungsweite von der Linse zu Stande kommen und in die Nähe des Endpunktes der Augenaxe oder des gelben Flecks fallen. Aufserdem aber müssen die Objecte vollkommen gut
167 bclcuclitet sein, um die Energie der thätjgen Nctzhauttheilchen anzuregen. D r i t t e n s aber müssen die Objecte eine bestimmte G r ö f s e haben, um isolirte Bilder hervorzubringen. E s giebt auf der Nervenhaut k l e i n s t e S t e l l e n , welche distineter Eindrücke fähig sind , oder räumlich getrennte Gegenstände auch räumlich getrennt empfinden lassen. J e n seits dieser kleinsten Theile mischen sich die Eind r ü c k e . Ein sehr einfaches Beispiel geben Kupferstiche ab, deren W i r k u n g darin bestellt, dafs die auf weifsem G r u n d e gezogenen Linien oder Punkte in der F e r n e s i c h z u G r a u mischen. I n d e r N ä h e b e t r a c h t e t f ä l l t j e d e r s c h w a r z e P u n k t oder S t r i c h auf ein isolirtes N c t z h a u t t h e i l c h e n u n d wird a u c h als i s o l i r t e r E i n d r u c k empfanden.« Hierzu die Note (Seite 405) : »Mikroskopische Objecte z e i g e n , wie viele isolirte F a r b theilchen im unbewaffneten Auge sich zu gemischten Eindrücken verbinden. So besteht sehr vieles G r a u in der Natur, z. B. an Mäuse- und Maulwurfshaaren etc., aus mikroskopisch unterscheidbaren, schwarzen und durchsichtigen Elementen der Haare. Das Grün vieler F e d e r n , z. B. bei der Kohlmeise, am Spiegel der Ente, ist ein gemischter Eindruck aus blauen F e d e r n auf gelbem Grunde.« — Es mufs vollkommen zugestanden werden, dafs die W a h r nehmung von Mischfarben in der Sehweite betrachteter Objecte, die aber bei mikroskopischer Untersuchung die mischencien Farben isolirt zeigen, auf dem von W a g n e r angegebenen Grunde beruht. Bei den aus einiger Entfernung betrachteten t u p f e r s t i c h e n aber glaube ich, dafs die Ineinandermischung cer Striche und des Grundes — in der JtegeJ wenigstens — auf I r r a d i a t i o n beruhe. Mit Hülfe eines Augenglases unterscheiden wir auf das Genaueste die einzelnen schwarzen Striche, aus einer Entfernung, die vorher Vermischung zeigte; cas Bild wird bei Zuziehung des Glases häufig auf eine noch H e i n e r e Netzhautstelle zusammengedrängt, als bei blofsem A.uge, aber die Netzhautelßmente zeigen sich a u s r e i c h e n d ;u distineter Perception. Wir erkennen h i e r a u s , dafs das
168 Verschwinden
der
einzelnen Strichlein unter
s c h w a r z e und w e i f s e Objecte handelt, angeführte Beispiel
mangelnder da es sich um
A c c o m m o d a t i o n zu Stande k a m ; u n d ,
so giebt
sich das
auch dadurch als Irradiationserscheinung
zu erkennen, dafs das nicht accommodirte Bild mehr W e i f s darbietet,
als bei
dem Vorrathe
einfacher Vermischung
der schwarzen
seiner
Striche nach,
Elemente,
der Fall sein
dürfte. — Dieselben Verhältnisse treten ein, wenn das A u g e Kupferstiche
dem
zu
n a h e gebracht
wird,
während
hier
doch überflüssig grofse Netzhautbilder entstehen. Wählt man eine so grofse Entfernung, dafs die Elemente der Netzhaut wirklich nicht mehr
ausreichen würden , so ist
wohl kein Kupferstich so fein, dafs nicht bereits längst vorher durch
Irradiation
Vermischung erfolgt wäre.
Ich kenne
keinen Kupferstich, dessen Schattirung aus so feinen Elementen bestünde, dafs die Netzhauttheilchen zur distincten Perception nicht ausreichten, und der insofern mit jenen die mikroskopische Prüfung fordernden Objecten zu vergleichen w ä r e * ) . — Die I r r a d i a t i o n
finde
ich in dem citirten Lehrbuche
nicht abgehandelt. —
Ruete. (Lehrbuch der Ophthalmologie.
1845.)
§• 74. Ruete dem Namen
fafst, wie
schon J o h .
Irradiation
Müller
gethan,
unter
eine gröfsere Anzahl subjectiver
Gesichtsphänomene zusammen, während viele andere Schriftsteller verschiedene,
auch
systems vorkommende,
in
anderen Sphären
des Nerven-
meist als M i t e m p f i n d u n g e n
be-
*) Ich habe Fibrillen, aus welchen die Spinne ihren Faden zusammenwirkt,
von
nur
32 Hunderttausendtheilen Linie
Durchmesser
mit
blofsem
A u g e in beliebige Richtungen gespannt und glaube, dafs jedes normale A u g e ebensoweit und noch weiter rcicht.
169 arnspruchte Erscheinungen pflegen. sein,
mit j e n e m
Namen
zu
bezeichnen
D a s L e t z t e r e möchte am W e n i g s t e n zu rechtfertigen
indem j e n e
kungen
bildliche
mit dem Namen
Benennung eines
hypothetischer
gleichfalls
nicht
Wir-
hinlänglich
e r k l ä r t e n Phänomens allen Sinn verlieren w ü r d e , sobald man z u g e b e n m ü f s t e , dafs die optische Irradiation
auf Mitempfin-
dung g a r nicht beruht. Wenn R u e t e blindete
Auge
die Täuschung E i n ä u g i g e r ,
empfinde
Weifs,
als
auch das e r -
Irradiationserscheinung
anführt, so gehört dies jedenfalls nicht zu den E r s c h e i n u n g e n der Irradiation giebt R u e t e Capitel
im in
nicht
e n g e r e n , optischen seinem
Sinne.
Von
mit I r r a d i a t i o n
ein einziges Beispiel.
Dürfte
letzterer
überschriebenen darum
das
dort
G e s a g t e auch auf die eigentliche Irradiation bezogen werden, so fänden
wir
in R u e t e
A n s i c h t , der aber
eindruckes a n n i m m t , nach A r t
Gegner
sondern
der
physikalischen
die sich verbreitende R e i z u n g ,
der R e f l e x e r s c h e i n u n g e n ,
Nervencentrum Die
einen
nicht s e i t l i c h e FortpHanzung des L i c h t den W e g
durch
das
nehmen läfst.
betreffenden Stellen
des
citirten W e r k e s
sind etwa
die folgenden : Seite 79.
»Irradiation
oder
Mittheilung«.
s A n die Nachbilder schliefsen sich zunächst die E r s c h e i nungen a n , Zustandes
welche
durch Irradiation
eines Theils
oder
der Nervenhaut
Mittheilung
an andere
des
erzeugt
werden.« » E s ist eine bekannte T h a t s a c h e , dafs nur die von einer reizenden oder hemmenden U r s a c h e getroffenen Nervenfasern, ohne B e t h e i l i g u n g d e r n o c h so n a h e Fasern-,
exaltirt
angrenzenden
oder deprimirt werden.
Soll demnach die
E r r e g u n g einer Stelle der Retina auf eine
andere übertragen
Verden, so geschieht dies nur dadurch, dafs sich die ursprüngliche Empfindung
im
Gehirn
anderen
Fasern
ooticus mittheilt und dann n a c h d e m G e s e t z e t:ischen Erscheinung Nervenfasern
in
der R e t i n a
auf das
der
in
Nerv,
excen-
peripherische E n d e
entweder
ener anderen A r t bezogen wird.-
des
der
derselben oder in
170 »1. Man betrachte einen Schnitzel farbigen Papiers auf einem weifsen Grunde lange Zeit bis nur Ermüdung deq Auges, so verschwindet auf einmal der färbige Eindruck auf eine kurze Zeit ganz , und an seine Stelle tritt der weifse Grund, so dafs das farbige Bild vom weifsen Grunde wie weggewischt wird.« — » Die Mittheilung des Zustandes eines Theiles der Netzhaut erfolgt nicht immer blos auf andere Theile derselben Netzhaut, sondern auch bei sehr heftigen Eindrücken auf die Netzhaut des anderen A n g e s , welches dem Lichteindrucke nicht ausgesetzt war.« »2. Schon bei der Beschreibung der electrischen subjectiven Lichterscheinungen wurde des Gegensatzes gedacht, cler sich in dem Verhalten der Retina gegen die Electricität in der Peripherie und dem Centrum derselben zeigte. Ein ähnliches Verhältnifs bot sich uns bei dem Erscheinen der farbigen Nachbilder dar, indem dieselben ihre Farbe vom Umfange nach dem Mittelpunkte änderten. Ganz nach demselben Gesetze verändert in den jetzt zu beschreibenden Erscheinungen der ursprüngliche Eindruck den secundaren so, dafs der erste bleibt, aber im secundaren den Gegensatz ruft.« »Ein graues Feld auf weifsem Grunde erscheint dunkler gegen den weifsen Grund, als wenn man dieselbe Tinte, das Grau allein über das ganze Sehfeld verbreitet betrachtet.« i-r»Auch ist es ein bekanntes Factum, dafs jeder Schatten lim so stärker durch Contrast sich hervorhebt, je heller dabei überhaupt die Beleuchtung ist, bei welcher er fallt.« »Aber nicht blos farblose, sondern auch alle gefärbten Bilder heben sich durch den Contrast.«
171
Brücke. §• 75. In seinem Artikel »Visus*-., im encyklopädischen Wörterbuch der med. Wissenschaften (herausgegeben von B u s c h , D i e f f e n b a c h , H e c k e r etc., Berlin, 1846, Band X X X V , Seite 409), spricht sich B r ü c k e über die Irradiation — im Ganzen P l a t e a u folgend — folgendermafsen aus : »Ehe wir diese Betrachtungen schlieisen, müssen wir noch des Phänomens der I r r a d i a t i o n erwähnen, o b g l e i c h e s n o c h n i c h t v ö l l i g a u s g e m a c h t i s t , ob d i e s e l b e i h r e n G r u n d a u s s c h l i c f s l i c h in E i g e n s c h a f t e n d e r N e r v e n h a u t habe. Wenn man die Mondsichel ansieht« — etc. »Sieht man auf ein Damenbrett, dessen weifse und schwarze Felder genau gleich grofs sind, so erscheinen die weifsen Felder gröfser, als die schwarzen; im Allgemeinen scheinen helle Gegenstände auf dunklem Grunde gröfser, als sie sind, und dunkle Gegenstände auf hellem Felde kleiner , als sie sind. Die hieraus hervorgehenden optischen Täuschungen nennt man I r r a d i a t i o n s e r s c h e i n u n g e n . Sie sind um so auffallender, je gröfser der Contrast zwischen dem Bilde und dem Grunde ist; sie nehmen ferner mit der Dauer der Beschauung zu und erreichen allmählig ein Maximum, welches nicht überschritten wird. Wenn man die Irradiation durch den Winkel mifst, um welchen die beobachtete scheinbare Gröfse eines Gegenstandes von der aus seiner wahren Gröfse und seiner Entfernung vom Auge berechneten verschieden ist, so ist sie bei einem und demselben Bilde, auf ein und demselben Grunde für alle Entfernungen constant. Schon D e s c a r t e s leitete die Irradiation von einer A u s b r e i t u n g d e r L i c h t e m p f i n d u n g auf der Nervenhaut her. Diese Ansicht, welche seither unter den Physiologen die g a n g b a r s t e gewesen, dagegen von Physikern häufig bestritten worden ist *), ist in neuester Zeit durch ") P l a t e a u ' s ausführliche Zusammenstellung verzeichnet nur wenig Gegner der dynamischen Ansicht u n d , von D e n e n abgesehen, welche die
172 P l a t e a u mit lehrreichen Versuchen und Argumenten unterstützt worden.« —
Volkmann. (Artikel » S e h e n « in B. Wagner's Handwörterbuch).
§• 76. Im Abschnitte über das Einfach - und Doppeltsehen bezieht sich V o l k m a n n mehrfach auf Erscheinungen, welche, während der I r r a d i a t i o n in jenem Aufsatze nicht gedacht ist, als Beispiele f a r b m i s c h e n d e r Irradiation betrachtet werden können. — Die von V o 1 k m a n n berichteten Beobachtungen und die daran geknüpften Schlüsse veranlafsten mich zu nochmaliger Wiederholung mehrerer der oben erwähnten Versuche. — Nachdem in der citirten Abhandlung, Seite 326, vom Wettstreite der Sehfelder die Rede w a r , fährt V o l k m a n n also fort : sich fühlte mich veranlafst, zu untersuchen, was entstehe, wenn verschiedenfarbiges Licht auf einen und denselben Punkt eines und desselben Auges falle, und erhielt das merkwürdige Resultat, ,dafs selbst in solchen Fällen nicht nothwendig die reine Mischungsfarbe gesehen werde. Um verschiedenfarbiges Licht auf denselben Punkt der Netzhaut zu erhalten, betrachtete ich einen gefärbten Papierstreifen, welcher beträchtlich schmäler w a r , als der Durchmesser der Pupille, vor einem anders gefärbten Hintergrunde. Befindet sich nun letzterer in einer Entfernung von 12 bis 15 Zoll, der Papierstreifen dagegen etwa 3 Zoll vom A u g e , so entsteht auf derselben Stelle der Netzhaut sowohl ein Bild des Papierstreifens, als auch derjenigen Partie des Hintergrundes, welche mit dem Streifen in gleicher Richtungslinie liegt. Man sieht durch den farbigen Papierstreifen hindurch den farbigen Irradiation überhaupt leugnen, aus der nachcartesianischen Zeit nur den einzigen J o s l i n .
173 Hintergrund, in ähnlicher W e i s e , wie man durch einen farbig e n F l o r verschiedenfarbige Gegenstände in ihren e i g e n t ü m lichen
Farben
wahrnimmt.
Bei derartigen Versuchen habe
ich folgende B e m e r k u n g e n g e m a c h t : des Papierstreifens ben
in
farbe,
keinem
Falle
Die beiden
Farben,
des H i n t e r g r u n d e s ,
die
zu
erwartende
ge-
Mittel-
sondern höchstens einen schmutzigen F a r b e n t o n , der
zu jener
hinneigt,
aber auch dies selten.
man nur Eine F a r b e , die
und
des
Gewöhnlich sieht
entweder die des H i n t e r g r u n d e s , oder
vorderen S t r e i f e n s ,
welche
zwar eine Veränderung
allerdings erfahren h a t , aber nur insofern, als sie minder intensiv, gleichsam verwaschen und anders beleuchtet erscheint. Denn auch in diesen Versuchen das Lichte
und
Schattige
Eindrucke a u s ,
gleicht
beider F a r b e n
und Ausnahmen
sicli
gewöhnlich
zu einem mittleren
von dieser Kegel
scheinen
nur da vorzukommen, wo aus subjectiven Gründen die W a h r nehmung des Contrastes sich geltend macht. z. B .
einen
gelben
Papierstreifen
vor
Betrachtet man
einem
zur
Hälfte
schwarzen, zur Hälfte blauen Hintergrunde, so erscheint derselbe vor dem Schwarz heller, als vor dem Blau, wahrscheinlich deshalb, weil das Schwarz das A u g e die K r a f t
des Empfindens
concentriren
gar nicht reizt und
sich in der A u f f a s s u n g der F a r b e
kann.«
» Ich bemerkte in den erwähnten Versuchen f e r n e r , dafs verschiedene
Umstände
darauf
Einflufs h a b e n ,
beiden F a r b e n , die gleichzeitig ins A u g e nehmung komme. beden
Farben
Wird
fallen,
nämlich exclusiv
welche
der
zur Wahr-
nur die eine der
wahrgenommen, so ist dies entweder die hel-
lere, besonders wenn die Helligkeit mit Glanzlicht verbunden ist, oder die F a r b e des fixirten O b j e c t e s , oder endlich diejenige F a r b e ,
auf
welche die A u f m e r k s a m k e i t gerichtet ist.
D i s letztere Moment teresse.
hat
ein besonderes physiologisches In-
W e n n trotz der Fixation des Hintergrundes dennoch
dit F a r b e des vorderen Papierstreifens gesehen w i r d , lingt es ( a b e r n u r
bei g e w i s s e n F a r b e n t ö n e n )
so g e durch
dit Kraft d e s Willens, diese F a r b e zu v erbannen und ihr die do;
Hintergrundes
zu
substituiren.
Diese
Substitution
ist
174 nicht ein W e r k der Phantasie, denn nicht nur fühlt das A n g é sich bei diesem Experimente auch
nicht von
angestrengt, sondern es hängt
dem W i l l e n des Beobachters a b , die substi-
tuirte Farbe sich
anhaltend zu vergegenwärtigen.
tritt dann ein Schwanken
Vielmehr
der Empfindung e i n ,
und es er-
scheint abwechselnd und in nicht zu bestimmenden Intervallen* bald die Farbe, welche man sehen will, bald diejenige, welche man nicht sehen möchte, und welche bei mangelnder Anspannung des Geistes allein auftritt.« »Die weisen,
eben erzählten Versuche können indefs nicht bedafs
dem A u g e
verschiedenes
Licht,
N e t z h a u t trifft, zu
verbinden.
die Fähigkeit
zu e i n e r w a h r e n
abgehe, der
Mischungsfarbe
M i l e macht darauf aufmerksam, dafs ge-
streifte Zeuge oder farbige Stoffe, mit Flor bedeckt,
ganz
w e n n es d i e s e l b e S t e l l e
einem
in einer gewissen Entfernung
andersfarbigen die reine
Mi-
schungsfarbe geben, und bemerkt ganz richtig, dafs eine durch Mischung
von Blau und Gelb
erhaltene grüne Farbe
nur aus blauen und gelben Molecülen b e s t e h e , Eindruck
der Einheit m a c h e n ,
doch
welche
weil die auf der
den
Netzhaut
übereinandergreifenden Farbenbilderchen von dem Sehorgane zur Mischungsfarbe verschmolzen werden.
Hiernach entsteht
die Frage, w a r u m v e r s c h i e d e n e F a r b e n , eine
und
gewissen
dieselbe
S t e l l e der
Fällen
sich mischen,
M i l e bemerkt, immer viele
dafs in den
und
welche
Netzhaut in
auf
fallen,
anderen
in
nicht.
von ihm angeführten Fällen es
abwechselnd
gestellte
Farbenstellen
sind,
welche man betrachtet, was zur F o l g e haben m ü s s e , dafs die verschiedenfarbigen darum
vollständiger
meinen Versuchen dersfarbigen Grunde
Bilder
mehrfach
sich mischen.
ineinandergreifen
und
Statt dessen bilde der in
betrachtete Papierstreifen
vor einem an-
nur zwei (?) Reihen von Zerstreuungs-
kreisen, welche nur in ihrer Mitte eine etwas intensivere, am Rande aLer
.schnell abnehmende Färbung g ä b e n ,
sich
also
mit der Farbe des Hintergrundes nicht g e n u g sättigten. *) D i e *) D i e M e i n u n g M i l e ' s scheint zu sein, in V o l k m a n n ' s V e r s u c h e sei der Rest des Streifens von zwei
s t r e i f e n f ö r m i g e n Irradiationshüfen
umsäumt,
176 Znläilglichkeit dieser E r k l ä r u n g mochte ich indefs schon d a r u m bezweifeln, weil in meinen Versuchen der schmale Farbenstreif bisweilen die F a r b e des Hintergrundes vollkomm e n verdrängte. W a r die Farbe des schmalen Streifens intensiv g e n u g , um die gleichzeitig ins A u g e fallende zweite F a r b e völlig niederzuschlagen, so hätte sie auch hinreichend gesättigt sein müssen, um dieselbe zur Mischungsfarbe umzustimmen. E s zeigt sich aber ferner auch dann keine Mischungsfarbc, wenn man durch einen farbigen Schleier gefärbte Flächen betrachtet, vorausgesetzt, dafs der Schleiet nicht auf dem andersgeförbten Objecte unmittelbar aufliegt, vielmehr dem A u g e beträchtlich näher steht, als jenes.« » T o u r t u a l glaubt, verschiedenfarbiges Licht werde von derselben Stelle der Netzhaut dann zur Mittelfarbe verbunden , wenn die Lichtstrahlen von Einem P u n k t e ausgehen und in Einer Richtung ins A u g e fallen, während in Fällen, wo diese Bedingungen f e h l e n , eine Farbenverschmelzung nicht eintrete. Streng genommen kann ersteres nie vorkommen, aber auch abgesehen hiervon erregt jene E r k l ä r u n g Bedenken. W e n n ein gestreiftes Z e u g in einiger E n t f e r n u n g in der Mischungsfarbe erscheint, so gehen die verschiedenen F a r benstrahlen entschieden nicht von denselben Punkten aus, und wiederum fällt in den von mir angestellten und von T o u r t u a l bestätigten Versuchen, in welchen eine Mischungsfarbe nicht bemerkt w i r d , das verschiedenfarbige Licht so weit in gleicher Richtung ins A u g e , als dies überhaupt j e möglich ist. Ich finde zwischen den von M i l e berücksichtigten F ä l l e n , wo Farbenmischung eintritt, und meinen E x perimenten , wo sie nicht eintritt, zur Zeit n u r den einen U n t e r s c h i e d , dafs in jenen die farbigen Objecte in gleicher Entfernung vom A u g e liegen, in diesen dagegen in ungleicher, aus welchem Unterschiede ich jedoch die Verschiedenheit der Erscheinungen nicht abzuleiten weifs.« wihrend bei M i l e Irradiationshofe in Irradiationshüfe träfen; doch tritt dieses Letztere bei hinreichender A u s w e i c h u n g des Streifens aus ateli in V o l k m a n n ' s
Versuche
feiden Kreise der Scheiner'sehen
ein
—
Löcher.
man denke
der Sehweite
an die ineinanJergrei-
176 »Die Thatsache, dafs dieselbe Netzhautstelle Eines Auges von zwei elementaren Farben gleichzeitig gereizt werden kann, ohne zu einer mittleren Empfindung bestimmt zu werden, scheint von e n t s c h i e d e n e r W i c h t i g k e i t , thoils in p s y c h o l o g i s c h e r Hinsicht, theils in p h y s i o l o g i s c h e r . So lange man nur w u f s t e , dafs identische Stellen der beiden Augen sich nicht zur Empfindung der Mittelfarbe vereinigten, war es ein grofses Räthsel, warum solche Stellen sich zur Einheit der Raumanschauung, nicht aber zur Einheit der Farbenempfindung verbänden. Vielen erschien dies nicht nur ein Räthsel, sondern ein Widerspruch, den sie nur dadurch glaubten beseitigen zu können, dafs sie die ganze Lehre von den identischen Stellen verwarfen, und die Einheit des Bildes aus einer psychologischen Verknüpfung organisch gesonderter Eindrücke ableiteten. Nach dem Mitgetheilten ist zwar das Räthsel nicht gelöst, warum die identischen Stellen beider Netzhäute nicht auch zwei Farben in eine verschmelzen, wohl aber ist die F r a g e s t e l l u n g e i n e a n d e r e g e w o r d e n . D a nämlich dieselbe Netzhautstelle desselben Auges einen derartigen Verschmelzungsprocefs nicht nothwendig einleitet, so findet sich, dafs dieser den identischen Stellen von vorn herein nicht anzumuthen ist."
§• 77. Der Versuch V o l k m a n n ' s mit dem der Pupille an Breite nachstehenden Papierstreifen i s t , so g u t , wie die BetrachtungO der untergehenden, in den Horizont einschneidenden D Sonne, ein I r r a d i a t i o n s v e r s u c h : es treten die Zerstreuungskreise von benachbarten Bildern ineinander. E s ist jener Versuch weiterhin ein modificirter S e h e i ner'scher Versuch und er schliefst sich darum in mehrfacher Beziehung den V e r suchen von §. 51 an. Hat der schmale Papierstreifen ein contourirtes Object zum Hintergründe, so erscheint dieses doppelt; ein Object Fig. 44 (Taf. V I ) zeigt dieselbe Gestalt und Schattirung wie Fig. 45 es darstellt. Als Bengungserscheinung zeigen sich , statt Quadraten, rhombische Felder, 3
177 w enn der schmale Streifen längs der D i a g o n a l e des schwarzen F e l d e s gehalten wird. — W a s die bei dem vorliegenden V e r s u c h e erfolgenden F a r b e n e r s c h e i n u n g e n betrifft,
so hat
es mich längere Zeit bedenklich gemacht, zn keinem anderen R e s u l t a t e gelangen zu können, als zu einem solchen, welchem die B e o b a c h t u n g e n V o l k m a n n ' s
mehrfach
I c h mufs nämlich zu V o l k m a n n ' s wenn
ich
z. B .
b r e i t e n , rotlien reines
bei
blauem
A n g a b e n bekennen, dafs
Hintergrunde
Papierstreif dem
Violett
entgegenstehen.
Auge
wahrzunehmen
einen
zu
fern
glaube;
wird dies, wenn, wie bei V o l k m a n n ,
2
Millim.
halte,
noch
ich
deutlicher
der Schnitzel
d e r Sehweite dem A u g e zu n a h e g e b r a c h t wird.
diesseits
D u r c h ab-
wechselnde V e r s u c h e , das A u g e bald mehr dem Schnitzel, bald m e h r dem Hintergrunde zu accommodiren, trat bald mehr das R o t h des Schnitzels , hervor;
aber
bald mehr das B l a u des Hintergrundes
der violette S a u m ,
den
im
ersten F a l l e
der
rotlie Schnitzel nichts destoweniger behielt, sowie die F a r b e n töne, die überhaupt zu v e r h a l t e n ,
wie
sich zeigten, es
und der B e l e u c h t u n g
schienen
mir sich ganz so
nach den Verhältnissen der Irradiation von selbst
zu
erwarten
stund. — Bei
hellgelbem Schnitzel und dunkelblauem Hintergrunde sah ich nicht Grün ,
sondern es zeigten
sich wie bei eben denselben
in einer E b e n e liegenden Objecten ( S . 3 6 ) durch Einmischung subjectiver F a r b e n blafsröthliche S ä u m e . Ein
violetter F l e c k
erscheint
auf blauem G r u n d e mehr
r ö t h l i c h , auf rothem Grunde mehr bläulich : der Grund hebt den ihm fehlenden F a c t o r ; bei
der
gewöhnlichen
Princip sei. jenseits
und ich g l a u b e ,
Contrastwirkung
dafs
dieses das
überhaupt
geltende
B i e t e t man bei blauem Hintergrunde dem A u g e
der Sehweite einen etwa zollbreiten,
Papierstreifen , so
wird,
ähnlich
wie bei
Grunde befindlichen violetten F l e c k , Irradiationssaume als P u r p u r r o t h ,
eingeschlossene,
der
carmoisinrothen
dem
auf blauem
von dem
violetten
rothbleibende Theil
j a als Zinnoberroth aufgefafst,
mehr
während der
etwa über den blauen Grund überstehende und mithin dessen Einflüsse nicht ausgesetzte Theil weit weniger den Charac.ter des rein R o t h e n z e i g t , sondern seine carmoisinrothe F ä r b u n g Welcker,
Irradiation.
12
178 beibehält. Ganz derselbe Einflufs scheint sich bei V o l k m a n n ' s Versuche mit dem schmalen gelben Streifen bei zur Hälfte b l a u e m , zur H ä l f t e schwarzem Hintergrunde geltend zu m a c h e n ; der Theil des gelben Streifens, welcher Schwarz zum Hintergrunde hat, erscheint etwas heller, durch gewöhnliche Contrastwirkung. E r erscheint aber auch weiterhin heller und zugleich b r e i t e r , weil bei dem schwarzen Hintergrunde die übertönende Irradiation vollständiger zur Wirkung kommt, als bei dem an Helligkeit dem Schnitzel weit weniger nachstehenden blauen H i n t e r g r u n d e , welcher darum mehr zu farbmischender Irradiation disponirt. — Ganz besonders schön zeigen sich die Verhältnisse bei zur Hälfte rothem, zur Hälfte schwarzem H i n t e r g r u n d e und einem 2 Millim. breiten blauen S t r e i f e n , der nahe an's A u g e gehalten wird. Derselbe erscheint auf Schwarz fast in seiner ganzen Breite, und zwar rein blau; auf dem rothen Grunde bleibt nur ein schmaler Rest von Blau s i c h t b a r , der von Violett umsäumt ist. Es stimmt zugleich mit früher ausgesprochenen Grundsätzen, wenn der Rest des auf dem rothen Grunde sichtbar bleibenden blauen Streifens da, wo der schwarze Hintergrund beginnt, durch stärker übergreifendes Violett sich gleichsam abzuschnüO " ren scheint, so dafs die schmale Hälfte des blauen Streifens sich an die breite Hälfte mit einer abgerundeten Spitze ansetzt. Ein abwechselndes A u f t a u c h e n der F a r b e des H i n t e r g r u n d e s und der F a r b e des schmalen Streif e n s — ein dem Sehfeldwettstreite analoges Schwanken einer und derselben Netzhaut in der Richtung ihrer Thätigkeit — habe ich bei V o l k m a n n ' s Versuche mit dem schmalen Streifen, und überhaupt bei Irradiationsversuchen, niemals w a h r g e nommen (das Oscilliren des Accommodationszustandes, d u r c h welches bei angestrengtem Sehen die Irradiation oft fortwährend wächst und abnimmt, gehört nicht hierher). In allen den §. 50 und 51 beschriebenen Fällen , in welchen auf einer und derselben Netzhaut Vermischung der concurrirenden Lichteindrücke nicht stattfand, wurde nichts dem W e t t s t r e i t e Analoges beobachtet, wohl aber eine Auseinanderhaltung der beiden Lichteindrücke, nach A r t der mit zwei Retinen
179 angestellten V e r s u c h e .
Wir sahen,
es kam in jenen F ä l l e n
a u f Helligkeit, auf Verwandtschaft der Lichtarten kaum etwas, a u f die C o n t o u r e n A l l e s an. U m g e k e h r t bei der Irradiation. Hier hängt wie viel
es von
oder
wie
dem Helligkeitsgrade
einer Lichtart
wenig das Zwischenbild
ihren
ab,
Charakter
tragen wird, und bei den höchsten G r a d e n der Lichtverschiedenheit, bei schwarz und weifsen Bildern ist die B e v o r z u g u n g des hellen so grofs, dafs nur bei A u f m e r k s a m k e i t die Existenz des Irradiationshofes
wahrgenommen
und
in der Hegel
g a n z e Zwischenbild dem Weifsen hinzugefügt wird. Irradiation
entstehendes V i o l e t t ,
bei
welchem ein k r ä f t i g e s
Blau m i t w i r k t , fällt mehr im Sinne des Blauen a u s , solches , bei welchem ein matteres B l a u findet
sich
eine rothe F l ä c h e
so
das
Ein durch
ziemlich
als ein
betheiligt ist.
Be-
in der Sehweite,
ein 2 Millim. breiter blauer Streif aber dem A u g e sehr nahe, so dafs er mit sparsamen Zerstreuungskreisen eine Netzhautpartie b e s t r e u t , die von rothem Lichte reichlich getroffen ist, so kann kein nicht
entschiedenes V i o l e t t ,
subjective
Verhältnisse
sich
wohl aber wird , wenn störend
Farbenton wahrgenommen w e r d e n ,
einmischen , ein
der einer r e i n e n
Ver-
m i s c h u n g von Blau und Roth entspricht. Ich k e n n e , nicht,
nach
Lichtarten
wie schon
oben b e m e r k t ,
die Bedingungen
welchen bei einäugigen Incinandertreffen zweier
in dem
einen F a l l e
die Mischfarbe
dem anderen nicht; — Bedingungen , um wir F o r s c h e r , wie V o l k m a n n
entsteht,
in
deren
Ermittlung
und T o u r t u a l ,
vergeblich
sich bemühen sahen. Bei für j e d e s A u g e verschiedenem Bilde möchte die E r scheinung ,
dafs eine durch Contrast gehobene F a r b e
unter
günstigen Verhältnissen die F a r b e des überbrückenden Bildes dnreh
eine S p u r von B e i m i s c h u n g
erkennen läfst (Seite 113
n i d 115), der höchste G r a d der V e r m i s c h u n g sein, zu welcher zvei
durch zweierlei Retinen
langen können. endrücke
zweier
vermittelte Lichteindrücke g e -
E i n e gleichmäfsige V e r m i s c h u n g Objecte
dürfte nur bei
der L i c h t -
Zusammentreffen
aif e i n e r u n d d e r s e l b e n N e t z h a u t eintreten; und zwar k«nne ich gleichmäfsige V e r m i s c h u n g
einzig in der f a r b m i 12 *
180 s e h e n d e n I r r a d i a t i o n , für welche, wie wir wissen, es Bedingung i s t , dafs die beiden Lichteindrücke von einer und derselben Helligkeit sind. §• 78. Die von M i l e gegebene Erklärung seines Versuchs mit den gestreiften Zeugen scheint nicht vollkommen richtig, die Anwendung derselben auf die Versuche V o l k m a n n ' s clarum verfehlt 7.11 sein. E s kommt nicht, wie nach cloni Obigen M i l e meint, darauf an, wie o f t die Abwechslung der Streifen gegeben ist; ein kleines Stückchen gestreiften Zeuges vermischt durch Irradiation unter sonst gleichen Verhältnissen seine Farben ebenso, wie ein grofses Stück dies thut; es kommt einzig auf das relative Verhältnifs zwischen Breite der Streifen und der gewählten Beschauungsweite an.
Valentin. §. 79. In V a l e n t i n ' s Lehrbuch der Physiologie, zweite A u f lage (1848), Band I I , Abthlg. 2 , finden wir folgende Darstellung der Irradiation : »(§. 3819.) Irradiation oder Ausstrahlung des Bildes. Betrachten wir einen Gegenstand, der aufserhalb der Grenzen der Sehweite liegt, so erscheinen seine Händer nicht blos unbestimmter, sondern auch breiter, als sie sich der Wahrheit gemäfs darstellen sollten. Diese Täuschung erklärt sich aus den Zerstreuungskreisen, die sich auf der Netzhaut darstellen. Sie beruht daher zunächst nur auf optischen Verhältnissen. E s liegt dagegen auch in manchen Fällen in der Thätigkeit der Netzhaut, dafs wir die Ausdehnung d e r Bilder unrichtig auffassen. P u r k i n j e und P l a t e a u haben diese schon den älteren Astronomen bekannte T h a t s a c h e , welche man mit dem Namen der Ausstrahlung oder der Irradiation bezeichnet, auf ihre physiologische Bedeutung zurückzuführen gesucht.«
181 »(§. 3820.) zeaiflamme,
Blicken
die
wir
scheinen sich Strahlenbüschel tungen
von
ihr aus
eines Menschen
eine Zeit lang nach einer K e r -
sich in einem dunklen Zimmer b e f i n d e t , so in den verschiedensten
zu verbreiten.
ungleiche G r a d e
Besitzen
von K u r z -
beide
RichAugen
oder Weitsich-
tigkeit, so wechseln nach P u r k i n j e und F e e Ii n e r die F o r men
dieser Nebenbilder
und
Farbenerscheinungen, je andere A u g e
die
sie bisweilen begleitenden D
nachdem
man
das
eine oder
zur A u f l a s s u n g derselben benutzt.
nenbild, das sich an der Q u e c k s i l b e r k u g e l eines
Das
das Son-
Thermome-
ters oder auf einem geschwärzten U h r g l a s e abspiegelt, führt zu ähnlichen Ergebnissen.
D a s Bild eines Sternes zeigt sich
daher in der F o r m einer u m so breiteren F l ä c h e , j e g r ö f s e r seine Lichtstärke ausfällt.« »(§. 3821.) P l a t e a u bemerkte mit Recht, dafs wir nicht selten die G r ö f s e der G e g e n s t ä n d e unrichtig beurtheilen, weil die A u s s t r a h l u n g des Bildes unsere A u f f a s s u n g besticht.
Zeich-
nen wir« . . . . ( F i g . 1, T a f . I), »so können wir bei gehöriger Entfernung
des
Auges
bemerken,
dafs uns
der
schwarze
Trennungsstreifen schmälcr, als der weifsc erscheint, weil das Weifs eine g r ö f s e r e Ausstrahlung seiner lebhafteren W i r k u n g wegen bedingt.« «(§. 3822.)
Nehmen wir wiederum an, dafs die Wellen-
bewegungen des Aethers, die das Licht bedingen, die G e w e b e der Netzhaut
zu entsprechenden
Schwingungen a n r e g e n , so
lafst sich die Ausstrahlung begreiflich machen. terungen gröfser
werden
sich um so leichter
die lebendige
Kraft
der
Die E r s c h ü t -
seitlich ausbreiten,
ursprünglichen
je
Anregung,
oder mit anderen W o r t e n , j e bedeutender die Lichtstärke ist. Die E r f a h r u n g bestätigt diesen S c h l u f s . « *(§. 3823.) Theilen wir ein weifses R e c h t e c k « . . . . ( F i g . 2, Taf. I),
»so
entgeht uns
der
Unterschied,
so wie wir
Ganze a u s einer gehörigen E n t f e r n u n g betrachten. laftere
Ausstrahlung
des
Weifs
erklärt
die
das
D i e leb-
Erscheinung.
' S i e « giebt aber ein Mittel an die H a n d , wenigstens ein ungefähres M a f s fiir die »Irradiation« zu erhalten.«
182 In den beiden folgenden Paragraphen macht Valentin einige Angaben über P l a t e a u ' s Messungen der Irradiation; er berechnet seinen Irradiationsvvinkel und schliefst mit einer kurzen Zusammenstellung der wichtigsten Lehrsätze P l a t e a u ' s . §. 80. Der Eingang von V a l e n t i n ' s §. 3819 könnte vermuthen lassen, im weiteren Verlaufe werde die Annahme und der Beweis der auf Nichtvei'einigung der Strahlen beruhenden Irradiation erfolgen. Aber der Eingang sagt nur : O b j e c t e , die anfserhalb der Sehweite liegen, erscheinen breiter — das ist keine Irradiation, wenigstens nicht in dem gebräuchlichen Sinne. Unter den » m a n c h e n F ä l l e n « aber, in welchen die unrichtige Auffassung der Bildausdehnung in der N e t z h a u t b e r u h t , sind offenbar alle Fälle von Irradiation verstanden. In §. 3820 hängt die Form der Ausstrahlung einer K e r z e n f l a m m e nach P u r k i n j e und F e c h n e r vom Grade der K u r z - oder Weitsichtigkeit des Beschauenden a b , während für die Gröfse des Bildes, welches »daher« ein S t e r n bewirkt' dessen Lichtstärke als Bedingung genannt wird. Doch möchte beim Sterne wie beim Kerzenlichte von b e i d e n Verhältnissen die Gröfse des Netzhautbildes abhängig sein. In §. 3822 sagt uns V a l e n t i n , welcher Theorie er beipflichtet. — W a s nun die Wellenbewegungen des Aetliers betrifft, welche die Netzhaut zu Schwingungen a n r e g e n , so scheint mir wenigstens Eines, und gerade dieses Eine, undenkbar : dafs nämlich die vom hellen Bilde nicht getroffenen Seitentlieile in d e r A r t in Miterschütterung und Mitleidenschaft versetzt würden, dafs hieraus die Irradiation resultirte. Ich konnte mir keinen G r u n d denken, warum diese seitliche Einwirkung mit der Annäherung des Objectes in die Sehweite n a c h l a s s e n und innerhalb derselben fehlen sollte. E s wird aber jene Miterschütterung nach §. 3821 und 3823 n u r »bei gehöriger Entfernung des Auges« vorausgesetzt. §. 3825 beginnt mit den Worten : »Es versteht sich von selbst, dafs die Lichtstärke und die Empfänglichkeit des A u g e s
183 einen wesentlichen Einflufs auf die Verhältnisse der Irradiation ausübe.« Die L i c h t s t ä r k e — j a ; die E m p f ä n g l i c h k e i t d e s A u g e s aber nur insofern, als ein A u g e um so weniger zur Irradiation disponirt ist, j e mehr es sich dem Accommodationszustande genähert hat, oder — j e mehr die O b j e c t e in dieser Beziehung ihm entgegen kommen. §. 81.
In einer Note sucht V a l e n t i n eine von ihm gemachte richtige Beobachtung mit einem aus Irrthum hervorgegangenen Gesetze P l a t e a u ' s in Einklang zu bringen : » P l a t e a u fand noch, dafs sich die Irradiation für gesunde Augen durch Sammellinsen verkleinert und durch Zerstreuungslinsen vergröfsert. Diese Beziehung kann sich jedoch in k u r z s i c h t i g e n A u g e n v e r w i s c h e n . Ich finde z. B., dafs mein Irradiat}ons\vinkel an Ausdehnung zunimmt, so wie ich eine Fig. 294 (Fig. 2, Taf. I) dargestellte Zeichnung ohne meine gewöhnliche, doppelt concave Brille anschaue.« Wir sahen oben bei cler Besprechung von P l a t e a u ' s X I I . Lehrsätze, dafs die Irradiation der Autoren — die durch zu grofse Entfernung bedingte — n i c h t verringert wird durch Sammellinsen; wiewohl P l a t e a u , ausnahmsweise einmal Objecte d i e s s e i t s der Sehweite beobachtend, sein Resultat als für die Irradiation schlechthin geltend hingestellt hat. V a l e n t i n ' s Object war unzweifelhaft ein wegen zu grofser E n t f e r n u n g irradiirendes; da mufste nothwendig der Irradiationswinkel zunehmen, sobald die Concavbrillc fehlte. Wäre dies übrigens nicht das ganz Normale gewesen, so würde die an der Spitze jener Note genannte Beziehung durch die Kurzsichtigkeit nicht v e r w i s c h t , sondern in ihrem Grundprincip verkehrt worden sein. Kurzsichtigkeit oder Weitsichtigkeit hat aber hier keinen anderen, als g r a d w e i s e n Einflufs; auch dem Fernsichtigen wird bei in cler Ferne irradiirendem Objecte die Irradiation vermindert, sobald er eine Concavbrille wählt, nur bedarf er einer schwächeren Nummer, als der Kurzsichtige.
184 §• 8 2 . Die treuste Uebersetzung des W o r t e s Irradiation mochte E i n s t r a h l u n g , das bezeichnendste Synonym U e b e r s t r a h l u n g sein. Das gewöhnlich gebrauchte Synonym, dessen auch Valentin
sich bedient, ist A u s s t r a h l u n g .
Valentin
diesen Ausdruck
weiteren
S i n n e , dem reinen Wortsinne n a c h ,
zwischendurch
Wenn aber
auch in einem gebraucht,
und §. 3823 sagt : Die lebhaftere A u s s t r a h l u n g des Weifs (als Eigenschaft des Objectes) giebt uns ein ungefähres Mafs der Irradiation
(des physiologischen Phänomens),
so dürfte
dies wohl nicht gerechtfertigt sein.
Dove. (Ueber
die
Ureachen
aus chromatischen
des G l a n z e s und
Versuchen
mit dem
der I r r a d i a t i o n ,
Stereoskop;
abgeleitet
von H. W .
Dove.
PoggendorfTs A n n a l e n , 1851, Nr. 5.)
§. 83. In
dem
genannten Aufsatze
berichtet D o v c
gröfsere Anzahl sehr interessanter V e r s u c h e ,
über eine
nach
welchen
das deutliche Sehen der verschiedenen Farben verschiedene A c commodation erfordert, während Schwarz und Weifs in dieser Beziehung sich verhalten, zu einer stark des A u g e s ,
brechbaren
bei mit
zogenen Körpern
wie er
eine wenig brechbare Farbe erklärt
aus der
einer durchscheinenden
Schicht
diesen Körpern und dem Ueberzuge
gleich angepafst zu
sein, die Erscheinung
sucht
in
denen
Accommodation s bedürfnisse
der
Unfähigkeit
dem bei
Schwarz
und
überzu-
des Glanzes u n d
Weifs die
verschieUrsache
Irradiation. Indem ich mich bezüglich dor Wiedergabe der Versuche
auf das specicll Hierhergehörige beschränke,
wähle ich fol-
gende Stellen aus, die ich indessen in der Fassung des Autors belassen zu müssen glaube. (S. 171.)
n Ich
zeichnete
nun auf'weifsen
Grund
mit
rothen Linien die Projection einer Pyramide, welche ein con-
185 vexes Relief darstellte, und über derselben Grundfläche mit blauen Linien die Projection einer gleichen Pyramide, welche bei stereoskopischer Combination hohl erscheint. Das zweite Blatt enthielt die entsprechenden Projectionen mit denselben Farben. Hätten sich die Eindrücke in gleicher Weise combiniren lassen, als ihre beiden Componenten, so hätte die senkrechte Axe der convexen rothen Pyramide die Verlängerung gebildet der ebenfalls senkrechten Axe der hohlen blauen Pyramide. Es ist aber hier unmöglich, ein Relief zu erhalten, man sieht stets einen von einem Sechsseit umschlossenen sechsseitigen Stern, dessen sämmtliche Linien aus n e b e n e i n a n d e r l i e g e n d e n b l a u e n u n d r o t h e n L i n i e n gebildet sind.« (S. 173.) — »Ich zeichnete die Projection lur das eine Auge mit weifsen Linien auf matt schwarzen Grund, für das andere Auge mit schwarzen Linien auf weifsen Grund. Bei stereoskopischer Combination erhält man einen höchst merkwürdigen Anblick. Das Relief von grauen Flächen begrenzt, d i e w i e G r a p h i t g l ä n z e n , zeigt Kanten, die ihrer ganzen Länge nach aus blendend weifsen und tief schwarzen, einander seitlich berührenden Linien begrenzt sind. Liegt das schwarze Blatt mit den weifsen Linien vor dem linken Auge, das Blatt mit den schwarzen Linien auf weifsem Grund vor dem rechten, so liegen die weifsen Linien rechts neben den schwarzen; vertauscht man die Blätter vor den Augen, so kehrt sich auch die Anordnung der Linien um. D i e s e i t liche V e r s c h i e b u n g ist daher i m m e r e i n e gekreuzte.« »Genau wie Weifs und Schwarz verhalten sich Farbencombinationen unter einander und mit Weifs, sie mögen nun dioptrisch oder katoptrisch hervorgebracht sein.« ( S. 176.) » Dafs das Auge nicht vollkommen achromatisch ist, ist seit F r a u n h o f e r ' s Untersuchungen anerkannt und durch spätere Versuche bestätigt. Es giebt dafür einen sehr einfachen Beweis, eine Beobachtung, die vor zwölf Jahren von Herrn P l a t e a u und von mir unabhängig von einander gemacht wurde. Betrachtet man nämlich durch ein violettes Glas,
186 welches bei prismatischer Analyse die Enden des Spectrums hindurchläfst, dessen Mitte aber verlöscht, eine Lichtflamme, so sieht man in der Weite des deutlichen Sehens die Lichtflamme violett, in einer gröfseren Entfernung, eine rothe Flamme in einer gröfseren blauen , welche nach allen Seiten hin die erste übergreift und desto breiter umsäumt, je weiter die Lichtflamme sich vom A u g e entfernt; in gröfserer Nähe als die Sehweite hingegen die violette Flamme von einem scharfen rothen Band umsäumt. A u s einer mittleren Entfernung sieht ein weitsichtiges A u g e das Letztere, wenn ein kurzsichtiges das Erstere wahrnimmt. Ich habe seit dieser Z e i t , um auf diese Weise die Sehweite zu prüfen, Hunderte von Individuen untersucht und nie ein A u g e gefunden, welches für alle Entfernungen der Bedingung der Achromasie entspräche. W a s für ein Auge hier gesagt wird, gilt ebenso, wenn beide Augen durch dasselbe violette Glas die Lichtflamme betrachten. Bekannt mit diesen Erscheinungen fiel es mir auf, dafs ich bei der stereoskopischen Betrachtung weifser auf schwarzen Grund gezeichneter Umrisse, wenn sie durch farbige, für beide Augen verschiedene Gläser betrachtet werden, die Breite der Farbensäume in demselben Verhältnifs s a h , als bei den früheren Versuchen mit der Lichtflamme diesseits und jenseits der mittleren Sehweite, es lag daher n a h e , in der Nichtachromasie des A u g e s den Grund der erwähnten stereoskopischen Erscheinungen zu suchen.»Ich betrachtete daher eine feine weifs auf schwarzen Grund gezeichnete Linie nach einander mit den einzelnen oben angewendeten farbigen Gläsern , und fand, dafs die Linie , um durch das rothe Glas deutlich gesehen zu werden, weiter vom A u g e entfernt werden mufste, als bei Betrachtung durch das blaue. Dies ist analog dem von B r e w s t e r (Kepert. of the British Assoc. 1848, pag. 48) für Pigmente erhaltenen Ergebnifs. Ich schichtete nun verschiedene aus einem dünnen Brett geschnittene Vierecke von verschiedener Gröfse und mit lebhaften Farben gemalt so über einander, dafs sie im verjüngten Mafsstab treppenartig übereinander lagen, indem die Ränder der unteren über die der darauf
187 gelegten kleineren hervorragten. Solcher Pyramiden wurden zwei nebeneinander gebildet, in denen die gleich grofsen Stufen entgegengesetzt gefärbt waren, so dafs die eine Pyramide mit einer blauen, die andere mit einer rothen Grundfläche begann. E s erschien nun ein blaues Viereck über einer rothen Grundfläche stets höher als das rothe über der blauen, so dafs bei weiterem Aufbau die Pyramiden einander abwechselnd an Höhe übertrafen. A u s diesen Versuchen folgt, dafs die Convergenzlinien beider Augen bei deutlichem Sehen für rothes Licht einen spitzeren Winkel bilden, als für blaues. Hält man daher vor beide Augen dasselbe farbige Glas, so wird sich das Accommodationsvermögen beider ändern müssen, wenn man mit der Farbe des Glases wechselt. F ü r die, Welche mit beiden Augen gleich gut sehen, wird das Accommodationsvermögen bei dem gewöhnlichen Sehen für beide Augen stets dasselbe sein, proportional nämlich dem Winkel der Convergenzlinien beider Augen. Hält nun ein solcher Beobachter vor das eine A u g e ein farbiges G l a s , vor das andere ein anderes farbiges, so stellt er den Augen die A u f g a b e , das gleiche Accommodationsvermögen beider oder wenigstens das Verhältnifs desselben unter der Voraussetzung, dafs es für beide Augen nicht gleich s e i , zu verändern; und da dieser Aufgabe nicht genügt werden kann, so werden sich die Bilder nicht decken, sondern aus sich kreuzenden Richtungen auf eine Fläche projicirt werden, die nicht im Durchschnittspunkte beider Richtungen liegt; und in der That dieselben Erscheinungen wie im Stereoskop treten, freilich weniger deutlich, auch bei gewöhnlichem binocularen Sehen eines mit weifsen Linien auf schwarzem Grund gezeichneten Gegenstandes hervor, nämlich ein paralleles Nebeneinanderlegen einander berührender farbiger Linien, wenn man mit dem rechten A u g e durch ein Glas ihn betrachtet , dessen Farbe eine andere i s t , als die des Glases, durch welches er gleichzeitig mit dem linken A u g e gesehen wird.« »Betrachtet man binocular mit blofsen Augen einen weifsen Gegenstand oder überhaupt einen nicht monochromati-
188 sehen, so kann der Bedingung des deutlichen Sehens streng genommen nicht durch einen Convergenzwinkel der Seherichtungen beider Augen entsprochen werden, sondern durch mehrere, im ersten Falle durch eine Anzahl zwischen den Grenzen für die rothen und blauen Strahlen. Man kann sich nun vorstellen, dafs die Augenaxen zwischen jenen Grenzen ununterbrochen oscilliren, oder dafs sie innerhalb der Grenzen jenes lothrecht auf die Verbindungslinie der Augen liegenden S p e c t r u m s , welches bei dem Weifssehen der Bedingung der Deutlichkeit für alle homogenen Farben entsprechen würde , auf einen bestimmten Punkt dieses Spectrums gerichtet sind. D a s Letztere ist mir das Wahrscheinliche, weil ich binocular eine Linie weifs sehe, wenn ein elektrischer Funke momentan das Dunkel erleuchtet und sie auch stereoskopisch combiniren kann, die kurze Lichtdauer mir aber die Möglichkeit einer Oscillation der Augenaxen während dieses Leuchtens auszuschliefsen scheint. Durchschneidet man nun die links liegenden Schenkel der den einzelnen Farben entsprechenden Convergenzlinien mit einem rothen G l a s e , die rechtsliegenden mit einem blauen, welches wie das von mir angewendete bis zum violetten Ende des Spectrums diaphan i s t , so werden von den links liegenden Schenkeln nur die rothen, von den rechts liegenden nur die blauen übrig bleiben , welche auf eine Entfernung bezogen werden, die der mittleren Convergenz bei Betrachtung eines weifsen Gegenstandes entspricht. Nun ist es aber äufserst wahrscheinlich, dafs diese Entfernung nicht in der Mitte der Grenzen für die rothen und blauen Strahlen liegen wird, sondern wegen der gröfseren Helligkeit der weniger brechbaren (rothen) mehr nach dem rothen Ende hin. Daher werden auf der Projectionsebene sich die Strahlen kreuzen, wegen des breiten Raumes am blauen Ende aber die blauen Linien breiter sein, als die rothen. Dies ist aber genau die Erscheinung, wie sie wirklich gesehen wird." » A u s dem eben Erläuterten folgt, dafs man farbige Linien nebeneinander, farbige Flächen voreinander sehen wird. Dafür sprechen aber folgende Versuche.«
189 rieh
hatte die Schnittfläche einer abgekürzten P y r a m i d e
in einer Projection mit einem gesättigten B l a u , in der anderen
mit G e l b bedeckt.
Wenn
bei stereoskopischer
Combi-
nation daraus Grün e n t s t a n d , so war es mir im M o m e n t , wo dies
eintrat,
als
wenn
ich durch
die eine durchsichtig g e -
wordene F a r b e die andere hindurch sehe. Farben
nur
nach
einander
Dafs Viele
die
entweder
die
sehen,
e i n e , o d e r d i e a n d e r e , liegt einfach darin, dafs dieselben das A n p a s s u n g s v e r m ö g e n ändern
und
sich
der Mittelstufen
nur
für beide F a r b e n abwechselnd
der Grenzen
bewufst
dieser A e n d e r u n g , nicht
werden.
Bei
der
Combination
zu
G r ü n schiem mir und Anderen die F a r b e wie mit einem F i r nifs
bedeckt . . . .
Combination Pyramide Glas,
die
durch
Betrachtet
gelb ein
und vor
man
blau
bei
gemalte
beide A u g e n
stereoskopischer Schnittfläche
gehaltenes
der
violettes
so erscheint sie spiegelnd wie ein polirtes M e t a l l , für
ein einzelnes A u g e hingegen matt.'» Unter allen F ä l l e n , wo eine F l ä c h e glänzend erscheint, ist es immer eine spiegelnde, durchsichtige nende Schicht
von geringer Mächtigkeit,
oder durchscheidurch welche man
hindurch einen anderen K ö r p e r betrachtet. E s ist also äufserlich gespiegeltes Licht in Verbindung mit innerlich gespiegeltem oder zerstreutem, aus deren Zusammenwirkung die V o r stellung
des Glanzes
blätteter Glimmer
entsteht . . . .
Metallglanz
hingegen Perlmutterglanz.
an,
Daher Sätze
nimmt
von
aufge-
Glasscheiben
Die beiden auf das A u g e wirken-
den Lichtmassen wirken auf dasselbe aus verschiedenen Entfernungen.
Indem nun das A u g e sich dem durch die durch-
sichtige Schicht gesehenen K ö r p e r anpafst, kann das von der Oberfläche zurückspiegelnde Licht nicht deutlich gesehn werden, und das Bewufstsein dieser undeutlich wahrgenommenen Spiegelung erzeugt ist daher
die Vorstellung des Glanzes.
D e r Glanz
stets im eigentlichen Sinne ein f a l s c h e r , ein Bei-
werk , welches blenden k a n n , das a b e r , wenn wir es beachten,
die S a c h e ,
fassen verhindert.«
auf die es
ankommt,
scharf
ins A u g e zu
190 — » A u s allen bisher erörterten Versuchen geht mit Entschiedenheit hervor, dafs Weifs und Schwarz sich in Beziehung auf das A u g e genau so verhalten, wie zwei verschiedene Farben. So wie die rothen und blauen Ränder bei dem stereoskopischen Relief sich kreuzend nebeneinander legen, ebenso die weifsen und schwarzen ; so wie blaue und rothe Flächen in einer violetten Mischung zusammentreten, so weifse und schwarze in einer grauen. Der Glanz, den die Farben bei ihrer stereoskopischen Combination annehmen, tritt in noch viel höherem Grade bei Weifs und Schwarz hervor. E r ist so entschieden, dafs Einige, denen ich diese Versuche zeigte, ihn mit Bleiglanz oder dem des Zinns verglichen, obgleich die weifsen und schwarzen Flächen selbst vollkommen matt waren. Nach der oben gegebenen Ableitung des Glanzes mufs aber die eine Fläche vor der anderen erscheinen, die Sehweite also für sie verschieden sein. Durch directe Versuche habe ich dies bei Schwarz und Weifs nicht ermitteln können, und es geht eben daraus hervor, dafs die hier befolgte experimentelle Methode feinere Unterschiede zu erkennen gestattet, als die unmittelbaren Anschauungen. D a nun Schwarz und Weifs sich nur quantitativ unterscheiden als gröfstmöglichste Unterschiede der Helligkeit, so ist das Analogon zu den früheren Versuchen mit farbigen Beleuchtungen, (bei welchen in blauer Beleuchtung Gegenstände, um deutlich gesehen zu werden, näher gestellt werden müssen, als in rother) das Betrachten der Gegenstände mit blofsen Augen in verschiedenen Zuständen der Helligkeit. Die Pupille erweitert sich im Dunkel und zieht sich bei wachsender Helligkeit zusammen, die Pupille ist aber auch kleiner bei dem Betrachten naher Gegenstände, als wenn man einen entfernten scharf beobachtet. Ein dunkler Gegenstand wird also unter ähnlichen äufserlich sichtbaren Veränderungen des A u g e s gesehen, wie ein fernerer, ein weifser wie ein näherer. In der Entfernung des deutlichen Sehens erscheint durch das violette Glas, welches die Enden des Spectrums hindurchläfst, aber seine Mitte verlöscht, eine Lichtflamme ohne Saum, violett, d. h. die rothe Flamme so grofs, wie die blaue. Eben-
191 so erscheint in der Entfernung des deutlichen Sehens ein weifser Gegenstand so grofs, wie ein schwarzer. In gröfserer Entfernung umsäumt ein blauer Rand die rothe Flamme, d. h. die blaue Flamme erscheint gröfser als die rothe. Ebenso erscheint der weifse Kreis auf schwarzem Grund jenseits der Weite des deutlichen Sehens gröfser, als der schwarze auf weifsem Grund. Die Erscheinungen der Irradiation sind also durch eine Kette experimenteller Erfahrungen mit chromatischen Erscheinungen verknüpft, die unmittelbar den W e g zu ihrer Erläuterung geben. Sie finden ihre Erledigung in dem Satze, dafs für eine gegebene Entfernung dasAccommodationsvermögen des Auges für weifse Gegenstände ein anderes ist, als für schwarze.« » D a r a u s , dafs auch bei monochromatischer Beleuchtung die Erscheinungen der Irradiation wahrgenommen werden, zieht P l a t e a u gegen A r a g o den Schlufs : que s'il faut admettre l'existence de l'aberration de réfrangibilité dans l'oeil on doit attribuer l'irradiation à une autre cause, et que l'effet de l'aberration doit être considéré comme entièrement masqué dans les circonstances ordinaires par la bande d'irradiation. Kommt der Unterschied von Weifs und Schwarz auf den eines Helleren und Dunkleren zurück, so versteht sich von selbst, dafs, was für die Totalität aller Farben gilt, auch auf jede einzelne monochromatische Farbe seine Anwendung finden mufs. D a nun aber Weifs und Schwarz sich in allen erörterten Versuchen genau wie zwei verschieden brechbare Färben verhalten, so kann man, um von sämmtlichen hier zur Sprache gekommenen Erscheinungen sich Rechenschaft zu geben, folgenden Satz aussprechen : Das Accommodationsvermögen des Auges ändert sich, wenn es dieselbe Farbe in verschiedener Intensität sieht in derselben Weise, als wenn es verschiedene Farben von gleicher Intensität betrachtet, und 1 zwar verhält sich das Hellere zum Dunkleren, wie eine mehr brechbare Farbe zü einer weniger brechbaren.« §. 84. Eine gröisere Zahl der von D o v e beschriebenen Versuche habe ich nachgeahmt und vielfach dieselben Resultate
192 gefunden. Wenn ich darum mit D o v e nicht den mindesten Zweifel h e g e , dafs gleich den verschiedenen Farben auch Schwarz und W e i f s , wie ich selbst bereits vermuthet hatte (Seite 37), verschiedene Accommodation bedürfen, so kann ich mich doch in die Ansicht nicht finden, dafs in "jenen Verhältnissen die Ursache der I r r a d i a t i o n gegeben sei. Zunächst zeigen sich die verschiedenen Farben nicht in der Reihenfolge ihrer abnehmenden B r e c h b a r k e i t , sondern in der Reihenfolge ihrer abnehmenden H e l l i g k e i t geeigneter, die Irradiation des Hellen zu begünstigen. Ich beziehe mich hier auf einen Seite 37 angeführten Versuch. Ordnet man die Farben nach ihrer Brechbarkeit : B l a u , G e l b und R o t h , so wird der die Farben kreuzende weifse Papierstreif durch Irradiation niemals keilförmig erscheinen, sondern auf Blau stärker irradiiren, als auf dem minder brechbaren, aber helleren Gelb — er bildet eine nahezu bisquitförmige Figur. Sodann w ü r d e , wie mir scheint, die Irradiation eines in einer bestimmten Entfernung befindlichen Objectes a u f g e h o b e n sein müssen, sobald durch Abänderung der Entfernung seiner dunkeln Umgebung der aus der verschiedenen Brechbarkeit herrührende Effect compensirt würde. Soll es endlich auf ganz analogen Verhältnissen beruhen, dafs einerseits die durch das violette Glas in der Sehweite betrachtete Flamme violett, jenseits der Sehweite aber roth mit blauer Umsäumung erscheint, während andrerseits gleich grofse schwarze und weifse Bilder in der Sehweite gleich grofs, jenseits der Sehweite verschieden grofs, zum Nachtheil des Schwarzen, sich zeigen : so müfste diese Analogie wohl auch w e i t e r h i n p a s s e n , und, wie die Lichtflamme d i e s s e i t s der Sehweite sich r o t h umsäumt, nun auch das Weifse diesseits der Sehweite sich k l e i n e r zeigen, als das Schwarze*) — was aber nicht im Entferntesten der Fall ist. Dieses sind die Gründe, welche, soweit ich die Verhältnisse jetzt kenne, mir g e g e n die Erklärungsweise D o v e ' s *) D a s s e l b e Postulat, welches auch nach P l a t e a u ' s Theorie für Irradiation diesseits der Sehweite resultiren würde (vgl. Seite 85).
193 zu sprechen scheinen. — Die verschiedene Brechbarkeit hat ihre Wirkungen, aber es sind nicht diejenigen, welchen die I r r a d i a t i o n ihre Entstehung verdankt. Die verschiedene Brechbarkeit der verschiedenen Farben wird den Effect der durch zu grofse E n t f e r n u n g bedingten Irradiation eines weifs gegen Schwarz irradiirenden Objectes durch ein Minimum von Wirkung v e r m e h r e n , eines gelb gegen Blau irradiirenden Objectes durch ein Minimum von Wirkung verm i n d e r n ; umgekehrt wird die durch zu grofse N ä h e bewirkte Irradiation bei Weifs und Schwarz beeinträchtigt, bei Gelb und Blau vermehrt; jene Einflüsse möchten aber so gering sein, dafs sie bei der Beobachtung unserer Erscheinung gar nicht in Betracht kommen. §. 85. Was verschiedene die Irradiation nicht speciell betreffende Punkte des D o v e'schen Aufsatzes anlangt, so beschränke ich mich hier auf wenige Bemerkungen. Bei Betrachtung der Contrastwirkungen habe ich die Gründe kurz angedeutet (§. 4 8 ) , aus welchen mir die Erscheinung des Dove'schen Glanzes n i c h t auf Brechungsverhältnissen, sondern auf einer eigentümlichen Thätigkeit der Netzhaut zu beruhen scheint. — Wenn D o v e auch den Wettstreit der Sehfelder auf die ungleiche Brechbarkeit der verschiedenen Lichtarten zurückzuführen sucht, so liegen die Gegengründe nahe. — Zum Schlüsse glaube ich noch der Angabe widersprechen zu müssen, dafs durch stereoskopische Verbindung eines mit gesättigtem Blau und eines gelb gemalten Bildes ein g r ü n e s Bild entstehe — dessen häufiges N i c h t z u s t a n d e k o m m e n D o v e «einfach« der für solche Versuche nicht hinreichenden Uebung der Beobachter schuld zu geben scheint. Als ich zum Erstenmale in meinem Leben die Doppelbilder eines gelben und eines blauen Papiers ineinandertreten sah, war das Durcheinanderwogen der beiden Farben die mir zunächst auffallende Erscheinung; ich bemerkte sogleich, dafs durch mangelnde Aufmerksamkeit und durch ungleiche Thätigkeit W e l c k e r , Iiradiatiou,
13
194 der A u g e n die W a h r n e h m u n g
der
F a r b e so ziemlich u n t e r d r ü c k t
werden k ö n n e ,
v e r w u n d e r t , dafs
einen o d e r
der
anderen
aber
ich war
a u c h bei möglichst gleichmäfsiger Betrach-
tung
der e r w a r t e t e Mischton niemals erscheinen wollte.
habe
diesen V e r s u c h
reichlich
genug wiederholt, um
Ich ohne
unbescheiden zu sein a n n e h m e n zu d ü r f e n , dafs die v o n D o v e behauptete I n e f n a n d e r m i s c h u n g f ü r m e i n A u g e nicht existire. E s scheint mir a b e r , hauptsächlich a u c h n a c h den oben v e r zeichneten V e r s u c h e n ü b e r C o n t r a s t w i r k u n g e n , u n w a h r s c h e i n lich,
dafs ü b e r h a u p t
einandermischung
f ü r i r g e n d ein A u g e die fragliche I n -
zu S t a n d e
komme ; und
wenn eine Reihe
von A u t o r i t ä t e n * ) : L a T o u r,< J a n i n , H e i d , E . H . W e b e r , Huschke, Völkers, Teuscher
und P r e v o s t , zu G u n -
sten der Ansicht D o v e ' s a n g e f ü h r t werden k a n n , so widersprechen
dieser
Ansicht
nicht
minder gewichtige
Johannes Müller, Heermann,
Zeugen :
Wheatstone,
Volk-
m a n n , T o u r t u a l , B ö h m . — I c h weifs nicht, wie weit die von mir
beschriebene C o n t r a s t w i r k u n g
berücksichtigt
sein m a g .
Ein
scheint A l e x . P r e v o s t * * )
von A n d e r e n
bereits
gleichmäfsig t i n g i r t e s
(wohl
Bild
nach den oben e r ö r t e r t e n
B e d i n g u n g e n ) erzielt zu haben ; dafs dasselbe ein gleichmäfsig g e m i s c h t e s r^ crewesen,7 scheint mir zweifelhaft. — N u r citiren O darf
ich
eine
in diesem Augenblick
(beim S c h l ö s s e m e i n e r
A r b e i t ) bei V a l e i l t i 11 g e f u n d e n e Notiz
: ^Foucault
und
(¡11 den Coniptes r e n d u s , T o m e X X V I I I , p. 78)
llcguault
bestätigten, dafs sich zwei e r g ä n z e n d e P o l a r i s a t i o n s f a r b e n im S t e r e o s k o p
zu W e i f s
verbinden können.
Der
Wettstreit
*) V a l e n t i n ' s P h y s i o l o g i e , II, S. 215. **) A l e x . P r e v o s t
(Essai siir la vision
binoculaire.
Poggendorff's
A n n a l e n L X X I I , S. 5 4 8 — 5 7 0 . ) uläfst die Bilder einer blauen und einer g e l ben Scheibe in dein Stereoskope zusammenfallen und heftet dann n o c h oberhalb
der gelben
Scheibe an.« (?)
eine
zweite
gelbe
und
unterhalb
„Sind die ursprünglichen Farben
der
blauen
sehr rein,
i h m die mittlere Scheibe eine griine, und w e n n nicht, eine bung*
(Dove's
Ergebnissen.«
Glanz?). « A n d e r e Farbenverbindungen
eine
lilaue
so hat
nach
bronzene
Fär-
führen
zu ä h n l i c h e n
V a l e n t i n , P h y s i o l o g i e , II, p. 223.
***) Nachträge zur 2. A u f l a g e seines Lehrbuchs der P h y s i o l o g i e , S .
68.
195 d e r beiden Gesichtsfelder macht sich für das u n g e ü b t e A u g e im Anfange des Versuches geltend. Ein geübteres wird hierdurch gar nicht irre. Man kann dann verschiedene Ergänzungsfarben rasch wechseln lassen, ohne dafs der Eindruck der Farblosigkeit gestört wird.« W a s die durch Doppeltsehen (und gewifs auch durch das Stereoskop) bewirkte Verbindung von P i g m e n t e n und von p r i s m a t i s c h e n Farben betiiS't, so darf ich mich auf ein A u g e b e r u f e n , welches in der Entdeckung der wichtigsten Phänomene seit Jahren die reichste Uebung fand — ich meine auf V o l k m a n n . Eine Mittelfarbc, «wie solche aus der V e r mischung eben derselben Malerfarben hervorgehen würde«, findet nach V o l k m a n n * ) selbst dann nicht S t a t t , »wenn das gefärbte L i c h t , welches zu dem Versuche benutzt wird, ein vollkommen reines ist«, wie dies die Versuche beweisen, in welchen V o l k m a n n verschiedene Farbenstrahlen des Prisma ins A u g e fallen liefs.
Powell. §• 86. Ich war mit der Anstellung von stereoskopischen Versticken , zu welchen der vorhin besprochene Aufsatz von I ) o v e mich veranlafste, beschäftigt, als ich in dem Jahresberichte von L i e b i g und K o p p ( J a h r g a n g für .1849) folgen le Mittheilung las : « P o w e l l (In.stit. 1849, 2 8 8 ; 1850, 4 7 ; Phil. Mag. [3] X X X I V , 459.) hat eine Arbeit über Irradiation, ihre Ursache, ihr Auftreten beim Sehen mit blofsem A u g e und durch F e r n rohre, ihr Mafs und ihre W i r k u n g bei astronomischen Beobachtungen mitgetheilt. Er ist der Meinung, dafs die Ursache der Irradiation nicht in einer über die geometrischen Grenzen des Bildes greifenden Affection der Netzhaut zu suchen, dafs ') Artikel »Sehen» in Wagner'» Handwörterbuch, S. 326.
196 sie vielmehr objectiver Natur s e i , da man in einem künstlichen A u g e (doch schliefslich auch mit der Netzhaut gesehen) nnd auch photographisch die nämliche Vergröfserung des hellen Feldes beobachte. Wenn wir P o w e l l recht versteh e n , so hält er die D i f f r a c t i o n für die Ursache der Erscheinung. E r bemerkt übrigens, dafs die Schwierigkeit der Erklärung der Irradiationserscheinungen dadurch wachse, dafs sie unter scheinbar den nämlichen Umständen das eine Mal beobachtet werden, das anderemal nicht.« Dafs Diffraction bei einer grofsen Zahl von Irradiationsversuchcn auftritt, liegt in der Anordnung jener Versuche und ist unverkennbar; dafs aber die Irradiation auf Diffraction b e r u h e , möchte schwer zu erweisen sein. Jedenfalls ist P o w e l l ein directer G e g n e r der P l a t e a u ' s c h e n Lehre. Ich kann nicht beurtheilen, wie weit die von P o w e l l gegebene Darstellung mit der meinigen möglicherweise zusammentrifft , da der acadcmische Zweck dieser Abhandlung eine fortgesetzte Verzögerung durch Vornahme neuer Arbeiten verbietet. E s kamt indessen nur erfreulich sein, in seinen Bemühungen den Wegen Andrer zu begegnen; un«l sollte meine Arbeit neben der P o w e l l ' s c h e n und anderen, mir unbekannten , wenig Neues bieten, so bleibt mir das Bewufstsein, selbstständig und redlich bemüht gewesen zu sein um die Kenntnifs eines den Naturforscher mit Recht so anziehenden Gegenstandes. —
197
Erklärung der Abbildungen *). (Fig. 1, 2, 33, 34, 35, 40, 41 und 70 sind von P l a t e a u . ) Tafel I.
Hg. 1. Schmälerersclieinen des schwarzen, Breitererscheinen des weifsen Zwischenfeldes, wenn die Figur — wie viele der folgenden — aufserhalb der Sehweite betrachtet wird. — Siehe Einleitung and §. 5. Fig. 2. Scheinbare Coincidenz der beiden senkrechten, je zwei Felder trennenden Contouren, so dafs alle vier Felder gleich grofs erscheinen. — Einleitung. Fig. 3. Bildung distincter Netzhautbilder und Bildung von Zerstreuungskreisen. §. 2. Fig. 4. Die weifse Kreisfläche erscheint oval. §. 2. Fig. 5 und 6. Fig. 5 die ideale Darstellung der Erscheinung, wenn Fig. 6 nahe an's Auge gehalten wird. §. 2. Fig. 7. DasUebergreifen der Mondhörner. Einleitimg. §. 13. Tafel II.
Fig. 8. Zur Erläuterung einer Angabe des P o u i 11 e t M ii 11 e r'schen Lehrbuchs. §. 3. Fig. 9 und 10. Farbmischende Irradiation. 3. Fig. 11. Apparat zur Zeichnung.und Messung irradiirender Objecte. §. 4. Fig. 12 — 17. Vgl. §. 5. Tafel III.
Fig. 18. Irradiation j e n s e i t s d e r S e h w e i t e . Das Beobachtungsobject ist F i g . 18 a. Sehweite des Beobachters 4 Zoll. Messung des Objectes bei 6 , 8 , 10, 12, 14 und 16 Zoll. Bei Fig. b bis g wurde ein D i a p h r a g m a angewendet; b' — g ' zeigt das Object in der Irradiation. — §. 6. Tafel IV.
Fig. 19, 20 und 21. Vgl §. 6. Fig. 22 und 23. Irradiation d i e s s e i t s
der Sehweite.
*) Bezüglich der Abbildungen, mit welchen ich, um die n o t w e n d i g s t e n Beobachtungsobjecte f e r t i g v o r z u l e g e n , nicht sparsam w a r , mufs ich um Nachsicht bitten, indem dieselben von mir selbst, in grofsem Arbeitedränge, in wenigen Stunden auf den Stein gezeichnet wurden.
198 D a s Bcobacbtungsobject ist F i g . 22 a und 23 a. Dieselben in b bis g iincl b ' bis g ' bei 3 Zoll, 2\ Zoll, 2 Zoll, 1* Zoll, 1 Zoll und bei £ Zoll Entfernung vom A u g e . — §. 6. , Fi(/. 23 und 24. 24 a und 25 a zeigen — besonders bei zu grofser N ä h e des Objectes — die Anblicke von Fig. 24 b, c, und 25 b c. — §. 7 ; §. 55. Tafel V.
Fig. 26. Vgl. §. 8. Fig. 27. Verschiedener Widerstand der verschiedenen F a r b e n gegen die Irradiation. §. 8. Fig. 28. Vgl. §. 8. Fig. 29 bis 32. Vgl. §. 9. Fig. 33. Z u r Irradiationstheorie von D e s c a r t e s . §. 20. Fig. 34 bis 36. Fig. 34 giebt bei Irradiation (jenseits der Sehweite) den Anblick von Fig. 35 (§. 39). Zur E r klärung dieser Erscheinung Fig. 36. — Vgl. §. 54, 56 und 57. Fig. 37—39. Fig. 37 und 38 ergeben durch stereoskopische Verbindung den Anblick von Fig. 39. — §. 57. Tafel VI, VII und VIII.
Fig. 40—42. Fig. 40 verwandelt sich durch Irradiation nach P l a t e a u in Fig. 41. (§. 39); nach §. 55 dieser Abhandlung in F i g . 42. Vgl. auch §. 57. Fig. 43. Winkelmessung bei einem irradiirendem Dreieck. §. 40 u n d 41. Figm 44 bis 67. Zur E r k l ä r u n g gewisser Erscheinungen, welche von §. 43 b i s §. 56 unter dem Namen von ( J o n t r a s t e r s c h e i n u n g e n beschrieben sind. F i g . 44 — 49. Vgl 43. F i g . 50. Vgl. §. 44. F i g . 51 - 53. Vgl. §. 45. F i g . 54 u. 55. Vgl. §. 46. F i g . 57 — 65. Vgl. §. 48. Die weifsen Quadratflächen der Fig. 65 mit den schwarzen durch Doppeltsehen zur Deckung gebracht, zeigen M e t a l l g l ä n z . F i g . 66 u n d 67. Vgl. §. 55. Fig. 68 und 69. Vgl. §. 58. Fig. 70. Vgl. §. 63. Fig.
71 und 72.
Vgl. §. 6 a. D r u c k von W i l h e l m
K e l l e r in G i e i s e n .
V
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