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German Pages 208 Year 1999
PHILIPP KRAMER
True and Fair View in der Konzernrechnungslegung
Schriften zur wirtschaftswissenschaftlichen Analyse des Rechts herausgegeben von
Heinz Grossekettler, Münster· Bernhard Großfeld, Münster Klaus 1. Hopt, Hamburg . Christian Kirchner, Berlin Dieter Rückle, Trier· Reinhard H. Schmidt, FrankfurtiMain
Band 41
True and Fair View in der Konzernrechnungslegung Zur Geltung der Ansatz- und Bewertungswahlrechte im Recht des Konzemabschlusses
Von Philipp Kramer
Duncker & Humblot . Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Kramer, Philipp: True and fair view in der Konzemrechnungslegung : zur Geltung der Ansatz- und Bewertungswahlrechte im Recht des Konzemabschlusses / von Philipp Kramer. - Berlin : Duncker und Humblot, 1999 (Schriften zur wirtschaftswissenschaftlichen Analyse des Rechts ; Bd. 41) Zugl.: Heidelberg, Univ., Diss., 1997/98 ISBN 3-428-09636-3
D 16
Alle Rechte vorbehalten Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Wemer Hildebrand, Berlin Printed in Gennany
© 1999 Duncker &
ISSN 0935-5065 ISBN 3-428-09636-3 Gedruckt auf aIterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 9
Geleitwort Das europäische und mit ihm das deutsche Bilanzrecht sind mitten im Umbruch. Mit der neuen Regelung in § 292 a HGB hat der deutsche Gesetzgeber das bislang auf den Schutz der Gesellschaftsgläubiger hin ausgerichtete Konzernbilanzrecht zu den spezifischen Informationsinteressen der Kapitalgeber hin geöffnet. Begründet worden ist diese Öffnung mit der Erwägung: Der Konzernabschluß diene weder der Gewinnverteilung noch der Besteuerung, sondern allein den Informationsinteressen; deshalb könne rur ihn das deutsche Vorsichtsprinzip nicht denselben Stellenwert wie rur den EinzeIabschluß beanspruchen. Die eigenständige Funktion des Konzernabschlusses und seine spezifischen Zwecke werden hierzulande durchaus gesehen, aber nur im Ansatz. Denn jene Spezifika der Konzernrechnungslegung sind bislang - soweit ersichtlich - weder systematisch aufbereitet worden noch gar in ihren Konsequenzen im einzelnen ausgemessen. Diese Lücke will Kramer mit seiner Untersuchung, am Beispiel der Unternehmenswahlrechte entwickelt, schließen: Ob und inwieweit lassen sich Wahlrechte aus dem Recht des Einzelabschlusses in das des Konzernabschlusses übertragen? Diese scheinbar periphere Fragestellung erweist sich im Verlaufe der Untersuchung als ebenso grundlegend rur das Recht der Konzernrechnungslegung wie bedeutsam in der Fülle seiner rechtspraktischen Folgedetails. Kramer ist eine bilanzrechtliche Entdeckung gelungen. Seine Überlegungen mögen das wissenschaftliche Gespräch zwischen den Rechnungslegern und den Handelsrechtlern befruchten und den Dialog zwischen Wissenschaft und den Praktikern des Bilanzrechts. Heidelberg, den 10. Mai 1999
Univ.Proj Dr. Peter Hommelhoff
Vonvort Angesichts der Globalisierung der Wirtschaft wird filr deutsche Unternehmen die Notwendigkeit einer auch international verständlichen Rechnungslegung immer größer. Die deutsche Gesetzgebung ermöglicht es deutschen Unternehmen seit diesem Jahr erstmals, in bestimmtem Umfang internationalen Regelungen und Entwicklungen zu folgen. So wird mit der im April 1998 durch das Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz eingefUgten Regelung des § 292 a HGB n.F. (Art. I Nr.4 KapAEG) die Möglichkeit geschaffen, den Konzernabschluß auch nach anderen Vorschriften als denen des deutschen Handelsgesetzbuches zu erstellen. Künftig darf nach allen international anerkannten Rechnungslegungsgrundsätzen, die im Einklang mit der Siebenten Richtlinie der EG stehen, filr den Konzern Rechnung gelegt werden, sofern nicht die Aussagekraft eines solchen Abschlusses hinter der eines Konzernabschlusses nach HGB zurücksteht. Allein diese auf börsennotierte Unternehmen beschränkte Befreiungsregelung wird zur Zunahme einer Bilanzierung nach bestimmten ausländischen Konzernabschlußrechten fUhren, namentlich einer Erstellung des Konzernabschlusses nach den International Accounting Standards oder den US-amerikanischen GAAP. Allerdings ist der Gesetzgeber dem "faktischen" Zwang zur Internationalisierung der Rechnungslegung nur vorübergehend gefolgt, indem er die Befreiungsregelung des § 292 a HGB n.F. befristet hat. Die Möglichkeit zur Konzernrechnungslegung nach international anerkannten Rechnungslegungsgrundsätzen besteht letztmalig fUr Geschäftsjahre, die im Jahre 2004 enden (Art.3 KapAEG). Diese Befristung bringt die Notwendigkeit, aber auch die Chance mit sich, innerhalb des vorgegebenen Zeitraums das deutsche Konzernabschlußrecht wie auch das Einzelabschlußrecht - EG-einheitlich und unter Rücksichtnahme auf internationale Regelungen fortzuentwickeln. Die entscheidende Aufgabe wird nunmehr nicht nur die Entwicklung einheitlicher Regeln sein. Vielmehr wird die Frage in den Vordergrund treten, wie künftig die weitere Vereinheitlichung in deutsches kodifiziertes Recht integriert werden kann. Würde hier national eigenständig ein bestimmter einheitlicher, wenn auch aktueller internationaler Rechtszustand kodifiziert, so würde damit erneut die Grundlage fUr ein Abdriften von den internationalen Rechnungslegungsstandards geschaffen, da sich die Rechnungslegungsgrundsätze weiterhin international ohne Gesetzgeber fortentwickeln. Es müßten daher Anpassungsmechanismen statuiert werden, die aber die nationale Gesetzgebungszuständigkeit und die Zuständigkeiten der Europäischen Union nicht unterlaufen dürften.
VIII
Vorwort
Die vorliegende Arbeit soll tUr dieses Vorgehen beim Konzernabschluß in materieller Hinsicht Grundfragen klären und den aktuellen Fortentwicklungsbedarf des Konzernabschlußrechts aufzeigen. Sie ist eine geringtUgig geänderte Fassung meiner Dissertation, die der Juristischen Fakultät der Ruprecht-KarlsUniversität Heidelberg im Wintersemester 1997/98 vorgelegen hat. Das Manuskript befindet sich auf dem Stand von April 1999. Herrn Prof. Dr. Peter Hommelhoff möchte ich herzlich danken. Seine wissenschaftliche Offenheit hat es mir möglich gemacht, die Untersuchung streng sachbezogen durchzutUhren. Hierdurch ist er mir ein vorbildlicher Doktorvater gewesen. Herrn Prof. Dr. Detlef Kleindiek bin ich tUr die Übernahme und rasche DurchtUhrung des Zweitgutachtens sehr verbunden. Die Abhandlung wurde im Rahmen des Graduiertenkollegs "Unternehmensorganisation und unternehmerisches Handeln nach deutschem, europäischem und internationalem Recht" erstellt. Gerne danke ich dem Graduiertenkolleg und der Deutschen Forschungsgemeinschaft tUr die Gewährung eines Promotionsstipendiums, welches mich in die Lage versetzte, all' die Freiheiten in Anspruch zu nehmen, die ich mir sonst während der Zeit der Promotion nicht hätte erlauben können. Schließlich danke ich Herrn Prof. Dr. Dieter Rückle und Herrn Prof. Dr. Bernhard Großfeld tUr die Aufuahme in die "Schriften zur wirtschaftswissenschaftlichen Analyse des Rechts". Berlin, im August 1999 Philipp Kramer
Inhaltsü bersieht §I
Einleitung ................................................................................................................ .
§2
Grundlagen und rechtliche Entwicklung .................................................................. 5
Erster Teil: Der Zweck des Konzernabschlusses ............................................................. 30
§3
Die nicht einschlägigen Zwecke des Einzelabschlusses ......................................... 33
§4
Der Informationszweck beim Konzernabschluß ..................................................... 40
Zweiter Teil: Die Einbeziehung des Rechts des Einzelabschlusses in den Konzern abschluß .................................................................................................................. 60
§5
Die Art der Erstellung des Konzernabschlusses ..................................................... 60
§6
Die in Betracht kommenden Wahlrechte ................................................................ 63
§7
Grundsätzliche Anwendbarkeit der Wahlrechtsvorschriften ................................... 65
§8
Anwendbarkeit und erforderliche Anpassungen ..................................................... 78
Dritter Teil: Die Anwendbarkeit der Wahlrechte aus dem Einzeiabschlußrecht auf den Konzernabschluß ....................................................................................... 92
§9
Die Wahlrechte nach dem Aktiengesetz a.F. und nach dem BiRiLiG .................... 92
§ 10 Die Zwecke der einzelnen Wahlrechte des Einzelabschlusses ................................ 98 Vierter Teil: Schlußbetrachtung ..................................................................................... 169
§ 11 Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse ................................................. 169 Dokumentenverzeichnis ................................................................................................. 173 Literaturverzeichnis ........................................................................... ............................ 178
Inhaltsverzeichnis §1
Einleitung ................................................................................................................. 1 A. Hinführung.. ........... ................ ........ ....................... ............ ...... ......... ............ ....... 1 B. Problemstellung .................................................................................................. 3 C. Gang der Untersuchung ...................................................................................... 4
§2
Grundlagen und rechtliche Entwicklung .................................................................. 5 A. Vom Aktiengesetz 1965 zur Konzernrechnungslegung nach dem BiRiLiG ....... 5
I. Erste gesetzliche Regelung der Konzernrechnungslegung ........................... 5 11. Die Reform durch den Versuch der Harmonisierung aufEG- und supranationaler Ebene .................................................................................. 9 B. Gegenwärtige Entwicklungen ........................................................................... 13
I. Die weitere Entwicklung ............................................................................ 13 11. Der Trend zur Harmonisierung auf US-amerikanischer oder internationaler Grundlage .......................................................................................... 18 111. Fehlentwicklungen ..................................................................................... 24 C. Folgerungen für die weitere Harmonisierung nach dem BiRiLiG ..................... 27 Erster Teil
Der Zweck des Konzernabschlusses
§3
30
Die nicht einschlägigen Zwecke des Einzelabschlusses ......................................... 33 A. Die Zwecke des Einzelabschlusses ................................................................... 33
I. Die drei Zwecke des Einzelabschlusses ..................................................... 33 11. Die Folgerungen für die Einbeziehung der Vorschriften für den Einzelabschluß ..................................................................................................... 36 B. Der Informationszweck des Einzelabschlusses im besonderen ......................... 38
§4
Der Informationszweck beim Konzernabschluß ........ ............................................. 40 A. Problem ............................................................................................................. 40 B. Korrekturen im EinzeIabschluß ......................................................................... 41
XII
Inhaltsverzeichnis I. Mögliche Korrekturen ................................................................................ 41
11. Korrekturvorschriften seit 1931 ................................................................. 42 111. Defizite der Korrektur des Konzerneinflusses im EinzeIabschluß ............. 43 C. Korrektur durch Konzernabschluß .................................................................... 44
I. Konzernabschluß nach Aktiengesetz a.F .................................................... 45
11. Konzernabschluß nach dem BiRiLiG ......................................................... 48 I. Kein größerer Einzeiabschluß ................................................................ 48 2. Der Konzernabschluß des BiRiLiG als eigenständiger Abschluß .......... 49 3. Das Vorgehen des Gesetzgebers ............................................................ 54 D. Ergebnis zur Eigenart des Konzernabschlusses ................................................ 55 E. Folgen für die Auslegung der Wahlrechte ........................................................ 56 Zweiter Teil Die Einbeziehung "es Rechts des Einzelabschlusses in den Konzernabschluß
§5
60
Die Art der Erstellung des Konzernabschlusses ..................................................... 60 A. Das Verfahren der Erstellung des Konzernabschlusses .................................... 60
B. Das anwendbare Recht des Einzelabschlusses .................................................. 61
§6
Die in Betracht kommenden Wahlrechte ................................................................ 63 A. Ansatzwahlrechte .............................................................................................. 63 B. Bewertungswahlrechte ...................................................................................... 63
§7
Grundsätzliche Anwendbarkeit der Wahlrechtsvorschriften ................................... 65 A. §§ 300, 308 HGB .............................................................................................. 66 I. Keine Verweisung auf das Recht des Mutterunternehmens nach der Siebenten Richtlinie der EG ....................................................................... 67
11. Keine Verweisung auf das Recht des Mutterunternehmens nach der Beschlußempfehlung und dem Bericht des Rechtsausschusses .................. 73 III. Keine Verweisung auf das Recht des Mutterunternehmens nach PubIG ......................................................................................................... 74 IV. Ergebnis - Zweck der §§300 11 2, 308 I 2 HGB ......................................... 75 B. § 298 HGB ........................................................................................................ 77 §8
Anwendbarkeit und erforderliche Anpassungen ..................................................... 78 A. Anpassungen nach früherem Recht (§ 331 I Nr. 1 AktG a.F.) ........................... 78
Inhaltsverzeichnis
XIII
B. Anpassungen nach dem BiRiLiG ...................................................................... 79 I. Die Einschränkungen des § 298 I HGB ..................................................... 79 11. Bedeutung des Gebots der entsprechenden Anwendung ............................ 80 IH. Der Vorbehalt ............................................................................................ 81 1. Kein einfacher Vorbehalt des Gesetzes, sondern qualifizifierter Vorbehalt............................................................................................... 81 2. Der qualifizierte Vorbehalt .................................................................... 82 3. Kein bloßer Hinweis, sondern echte Abweichungsbefugnis .................. 84 IV. Die "Eigenart" des Konzernabschlusses (nicht bloß Sonderfall des Einzelabschlusses) ..................................................................................... 85 1. Auffassungen der Literatur .............................................................. ...... 85 2. Konkretisierung des Zwecks nach den §§290 - 315 HGB ..................... 87 3. Das System des Bilanzrechts im Handelsgesetzbuch ............................. 89 4. Ergebnis: Die Einschränkungen nach dem BiRiLiG .............................. 90
Dritter Teil Die Anwendbarkeit der Wahlrechte aus dem Einzeiabschlußrecht auf den Konzernabschluß §9
92
Die Wahlrechte nach dem Aktiengesetz a.F. und nach dem BiRiLiG .................... 92 A. Nach dem Aktiengesetz a.F ............................................................................... 93 B. Nach dem BiRiLiG ........................................................................................... 94
§ 10 Die Zwecke der einzelnen Wahlrechte des Einzelabschlusses ................................ 98 A. Billigkeitswahlrechte ........................................................................................ 99 I. Ingangsetzungs- und Erweiterungsausgaben .............................................. 99 1. Rechtliche Einordnung des Posten ........................................................ 99 2. Zweck des Wahlrechts im Einzeiabschluß ........................................... 105 3. Zweck des Wahlrechts im Konzernabschluß ....................................... 107 11. Aktivierung und Abschreibung eines Geschäftswertes ............................ 109 1. Der Geschäftswert als Bilanzposten..................................................... 109 2. Die Rechtsnatur des Geschäftswertes .................................................. 109 3. Der Zweck des Wahlrechts zum Ansatz des Geschäftswertes .............. 112 4. Das Wahlrecht im Konzemabschluß .................................................... 112 B. Wahlrechte im Spannungsfeld zwischen Gläubiger- und Gesellschafterinteresse ......................................................................................... ................. 113 I. Periodisierung ............................. ..... ................................................ ........ 113
XIV
Inhaltsverzeichnis I. Die Rechnungsabgrenzung vor dem BiRiLiG ...................................... 114 2. Die Rechnungsabgrenzung nach dem BiRiLiG ................................... 115
11. Einbeziehung von Gemeinkosten bei Ermittlung der Herstellungskosten ....................................................................................................... 119 1. Wirkliches Wahlrecht .......................................................................... 119 2. Wahlrecht im Konzernabschluß ........................................................... 121 3. Einschluß der fixen Gemeinkosten ...................................................... 123 4. Ergebnis ............................................................................................... 125
BI. Abschreibungswahlrecht zur Erfassung kurzfristiger Wertminderungen von Finanzanlagen ....................................................................... 126 1. Die Abschreibung von Anlagevermögen ............................................. 126
2. Außerordentliche Abschreibung und "true and fair view"-Grundsatz ....................................................................................................... 127 3. Ausschluß im Konzernabschluß ........................................................... 129 IV. Wahlrecht hinsichtlich Aktivierung und Abschreibung des Disagios ...... 130 1. Die Abgrenzbarkeit des Disagios nach HypBG a.F ............................. 131 2. Das Disagio nach allgemeinem Bilanzrecht......................................... 132 3. Das Abgrenzungswahlrecht im Konzernabschluß ................................ 134 4. Die Abgrenzbarkeit der Unkosten des Darlehens ................................ 135 V. Wahlrecht der Periodisierung von latenten Steuern ................................. 137
I. Der Zweck des Wahlrechts .................................................................. 137 2. Das Wahlrecht des §274 B HGB im Konzernabschluß ....................... 143 C. Wahlrechte steuerrechtlichen Ursprungs ......................................................... 143
I. Steuerrechtlich motivierte Ansatz- und Bewertungswahlrechte (§§254, 279 I1; 281 I 1; 247 III, 273; 280 II HGB) .................................. 145 1. Die Lage nach Aktiengesetz a.F. .......................................................... 145 2. Die Änderung der Rechtslage durch WoBauFG .................................. 146 3. Der Zweck steuerrechtlicher Bilanzierungen ....................................... 146 4. Anwendung steuerrechtlicher Bilanzierungen im Konzernabschluß ... 147 H. Sonstige steuerrechtlich bedingte Wahlrechte .......................................... 149 1. Passivierung von Aufwandsrückstellungen ......................................... 150 a) Zweck der Aufwandsrückstellungen ............................................... 151 b) Zweck des Wahlrechts .................................................................... 153 c) Aufwandsrückstellungen im Konzernabschluß ............................... 155
Inhaltsverzeichnis
xv
2. Aktive Abgrenzung von Zöllen und Verbrauchsteuern auf Vorratsvennögen sowie von Umsatzsteuern auf Anzahlungen ........................ 156 a) Zweck der Abgrenzung von Zöllen, Verbrauchsteuern und Umsatzsteuern ................................................................................. 158 aa) Abgrenzung von Zöllen und Verbrauchsteuern ........................ 158 bb) Abgrenzung der Umsatzsteuer auf erhaltene Anzahlungen ...... 159 b) Anwendbarkeit im Konzernabschluß .............................................. 160 aa) Ausschluß des Wahlrechts ........................................................ 160 bb) Ausschluß der Abgrenzung............................................ ........... 161 3. Wahlrecht zur Einbeziehung von Fremdkapitalzinsen in den Posten Herstellungskosten ........ ................... ................ ............. ...... ..... 163 D. Unsicherheits-N ereinfachungswahlrechte...................................................... 164 I. Abschreibungswahlrecht zur Erfassung von Wertschwankungen ..... ....... 165 11. Bewertungsvereinfachungsverfahren ....................................................... 168 Vierter Teil
Schlußbetrachtung
169
§ 11 Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse ................................................. 169 Dokumentenverzeichnis .................................................... ........................................... 173 Literaturverzeichnis..................................................................................................... 178
§ 1 Einleitung A. Hinführung
Mit dem Bilanzrichtlinien-Gesetz vom 13. Dezember 1985 1 wurden neben der Vierten Richtlinie (Bilanzrichtlinie) und der Achten Richtlinie der EG 2 (Prüferbetahigungsrichtlinie) auch die Siebente Richtlinie der EG (Konzernbilanzrichtlinie) in deutsches Recht umgesetzt. Die materiellen Regelungen der Konzernbilanzrichtlinie wurden hierbei mit den §§ 290 - 315 HGB umgesetzt. Die §§ 290 - 315 HGB bestimmen die Pflicht, einen Konzernabschluß und Konzernlagebericht aufzustellen, wenn zwischen mehreren Unternehmen ein Mutter-Tochter-Verhältnis im Sinne des §290 HGB besteht und das Mutterunternehmens eine Kapitalgesellschaft ist. Die Erstellung des Konzernabschlusses wird dabei nicht umfassend in speziellen Vorschriften geregelt. Das Konzernabschlußrecht greift statt dessen auf die Vorschriften über den lahresabschluß des Einzelunternehmens zurück, indem § 298 I HGB bestimmt, daß auf den Konzernabschluß ein großer Teil der Bilanzierungsvorschriften für den EinzeIabschluß entsprechend angewendet werden soll. Die insofern weitgehend erfaßten EinzeIabschlußvorschriften der §§ 238289 HGB bilden ihrerseits ein System von Vorschriften, das für den Kaufinann3 die Aufstellung und den Aufbau von lahresabschluß und Anhang regelt sowie Ansatz und Bewertung in Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung festlegt. Die einzelnen Vorschriften enthalten nur zum Teil klare Ge- oder Verbote, die der Kaufinann zu beachten hat4 • Schon für diese Normen stellt sich die Frage, ob sie nach § 298 I HGB ohne weiteres auf den Konzernabschluß angewendet werden dürfen.
BGBI. Teil I Nr.62 v. 24.12.1985,2355-2433. Achte Richtlinie des Rates vom 10. April 1984 augrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über die Zulassung der mit der Pflichtprüfung der Rechnungslegungsunterlagen beauftragten Personen (82/253/EWG), ABI. EG Nr.L 126 vom 12.5.1984, 20-26. 3 §§1-7HGB. 4 Z.B. die Pflicht zur Bildung von Rückstellungen rur ungewisse Verbindlichkeiten und drohende Verluste nach §249 I 1 HGB und das Bilanzierungsverbot rur selbstgeschaffene, immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens nach §248 11 HGB. I
2
2 Kramer
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§ 1 Einleitung
Neben den Ge- und Verboten finden sich im Einzelabschlußrecht auch solche Vorschriften, die dem Kaufmann rur die Behandlung bestimmter Sachverhalte mehrere Alternativen zur Verrugung stellen5, von denen er eine auswählen muß. Diese Vorschriften räumen dem Verpflichteten also Wahlrechte ein.6 Schon rur den Einzelabschluß ist umstritten7, ob diese dem Kaufmann eingeräumten Wahlrechte rur den Einzelabschluß eingeschränkt sind, um willkürliche Maßnahmen bei Gliederung, Darstellung, Ansatz und der Bewertung zu verhindern. In Betracht kommt insofern eine Beschränkung durch die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchruhrung, nach denen der Kaufmann gemäß §§ 243 I, 238 I 1 HGB seinen Jahresabschluß aufzustellen hat. Hierzu gehören namentlich die vernünftige kaufmännische BeurteilungS, die den Kaufmann zwingt, Bilanzierungen nur bei kaufmännischer Begründung vorzunehmen. Der Sache nach vergleichbar könnte sich auch aus dem Grundsatz der Willkürfreiheit9 eine Begrenzung ergeben. Für Kapitalgesellschaften schließlich muß berücksichtigt werden, daß sie durch das Gebot des § 264 II 1 HGB, nach dem der Jahresabschluß s Z.B. §255 III 2 HGB (Berücksichtigung von Fremdkapitalzinsen als Herstellungskosten); §281 I 1 HGB (Berücksichtigung der rein steuerlichen Abschreibung über einen Sonderposten mit Rücklagenanteil); §266 I 3 HGB (Fakultativer Postenausweis nach §266 II/III HGB für kleine Kapitalgesellschaften); §249 II HGB (Rückstellungen für unterlassenen Aufwendungen dürfen gebildet werden);§253 IV HGB (Abschreibungen im Rahmen vernünftiger kaufmännischer Beurteilung sind zulässig). 6 Von diesen Wahlrechten sind die Bewertungsspielräume (z.B. die Festlegung der Nutzungsdauer eines Vermögensgegenstandes) zu unterschieden, die dem Bilanzierenden eine gewisse Bilanzierungsfreiheit einzuräumen scheinen. Bei diesen Spielräumen muß immer die Frage beantwortet werden, ob der Gesetzgeber dem Bilanzierenden tatsächlich eine gewisse Bilanzierungsfreiheit in der Art von Beurteilungsspielräumen und von Ermessen gewähren wollte. Vgl. Bauer, BB 1981, 767f.; Xenides, Die Einheitlichkeit der Bewertung im Konzernabschluß, S.43f. Zu den Auswirkungen des Grundsatzes zur Herstellung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage (§264 II 1 HGB), vgl. Baetge/Commandeur in Küting/Weber, HdR, Ia, §264 RdZ.32-36. 7 Für eine Anwendung der Wahlreche nach dem Ziel des §264 II I HGB Buddel Förschle in MellwiglMoxter/Ordelheide, Einzeiabschluß und Konzernabschluß, S.33-36; Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §264 Rdz.33-35, insbesondere §252 Rdz.31; Groß/eid, Bilanzrecht, Rdz.57-59, 65; Schulze-Osterloh in BaumbachlHueck, GmbHG, §42 Rdz.28 m.w.N. Für eine bloß programmatische Wirkung des §264 Il 1 HGB AdlerlDüringlSchmaltz (6.), §264 Rdz.I07 [" ... , denn es besteht kein lnformationsdefizit."]; Bienerl Berneke, BiRiLiG, S.132; Glade, Praxishandbuch Rechnungslegung, §264 Rdz.39; Gelhausen in WP-Handbuch 1996, Bd.l, F/5; Lutterl Hommelhoff, GmbHG, §42 Rdz.19; Streim in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §264 Rdz.24. Als Grundlage einer Erläuterungspflicht im Anhang Biener, AG 1978, 252. Siehe auch Lutter, DB 1987, 1292. Vgl. noch zur Funktion des §243: Hülfer in Großkomm. HGB, §243 RdZ.22-24. 8 §253 IV HGB. 9 BaetgelKirsch in Küting/Weber, HdR, Ja, Kap.! Rdz.298; BuddelGeißler in Beck Bil-Komm., §252 Rdz.68f.; Leffson, GoB, Abschn.512 (S.202-205); NiehuslScholz in Meyer-Landrut/Miller/Niehus, GmbHG, §§238-335 HGB Rdz.131.
B. Problemstellung
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"unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchftlhrung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage" zu vermitteln hat, strengeren Maßstäben unterliegen lO • Indem nun durch § 298 I HGB tUr den Konzernabschluß auf die Vorschriften über den Einzelabschluß verwiesen wird und damit auch die Wahlrechte aus dem Einzelabschlußrecht erfaßt werden, stellt sich die Frage, ob diese Bilanzierungswahlrechte, also Gliederungs-, Darstellungs-, Ansatz- und Bewertungswahlrechte, deren Einschränkung bereits im Einzelabschluß umstritten ist, im Konzernabschluß in gleicher Art, in gleichem Umfang und mit den gleichen Einschränkungen zur Anwendung kommen wie ftlr den Jahresabschluß und den Lagebericht des rechtlich selbständigen Unternehmens. B. Problemstellung Es wird zu zeigen sein, daß der Konzernabschluß durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz vom Einzelabschluß insofern völlig losgelöst wurde, als er im Unterschied zum Aktiengesetz a.F. mit einem eigenen Zwecksystem versehen wurde. Der Konzernabschluß ist danach nicht nur negativ definiert, als ein Einzelabschluß, der weder der Steuer- und Gewinnbemessung und nur bedingt dem Gläubigerschutz dient. Vielmehr ist ihm durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz eine eigenständige Informationsaufgabe zugewachsen, die die Anwendung und Auslegung der Wahlrechtsvorschriften wesentlich beeinflußt. Mit Inkrafttreten des Bilanzrichtlinien-Gesetzes stellt sich daher nicht mehr die Frage, ob die Entscheidungen, die in den Einzelabschlüssen der einzubeziehenden Unternehmen über Ansatz und Bewertung getroffen worden sind, tUr den Konzernabschluß maßgeblich sind. Die eigenen Zwecke des Konzernabschlusses gebieten nunmehr, die Einzelabschlußvorschriften, insbesondere die Wahlrechte, im Konzernabschluß unter Umständen abweichend vom Einzelabschluß anzuwenden und einzuschränken, um ausufernde bilanzpolitische Maßnahmen zu verhindern. Damit stellt sich die Frage, in welchem Umfang der Konzernabschluß hinsichtlich der Wahlrechte eigenen Regeln folgt.
10 Zur Wirkung der Generalklausel des §264 II I HGB als Auslegungshilfe und Wahlrechtseinschränkung BaetgelCommandeur in Küting/Weber, HdR, Ia, §264 Rdz.33-36; Ballwieser, BB 1985, \034f. und passim m.w.N.; BuddelFärschle in Mellwig/Moxter/Ordelheide, EinzeIabschluß und Konzemabschluß, S. 33 -36 [beachte aber einschränkend BuddelKarig in Beck Bil-Komm., §264 Rdz.30]; Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §264 Rdz.25, 33-35; Schulze-Osterloh in BaumbachlHueck, GmbHG, §42 Rdz.28. Vgl. dazu und zur Auslegung des "true and fair view"Grundsatzes der Vierten Richtlinie der EG Niehus, DB 1979, 221-225; van Hulle, Festschrift Budde, S. 313 -326. Zur Konformität der Umsetzung Beisse in Mellwig/Moxter/Ordelheide, Handels- und Steuerbilanz, S.23-27.
4
§ 1 Einleitung
C. Gang der Untersuchung Damit ist das Vorhaben umschrieben, um das es im folgenden gehen soll. Nach einer nachfolgenden kurzen Darlegung der gesetzlichen Entwicklung der Konzernrechnungslegung seit dem Aktiengesetz 1965 und der Auslegungsprobleme, die mit der Anwendung supranationaler Regelungen, insbesondere der Bilanzrichtlinien der Europäischen GemeinschaftenlI, entstehen, wird im Ersten Teil in Abgrenzung zu den Zwecken des Einzelabschlusses der Zweck des Konzernabschlusses entwickelt. Im Zweiten Teil wird genauer untersucht, ob die Einbeziehung des Rechts des Einzelabschlusses in den Konzernabschluß ausschließlich über § 298 I HGB erfolgt und welche rechtlichen Folgerungen sich daraus generell fiir die Anwendbarkeit der Einzelabschlußvorschriften ergeben. Die Folgerungen, welche sich daraus und aus den jeweiligen Zwecken der Wahlrechte für deren Anwendbarkeit ergeben, werden im anschließenden Dritten Teil dargelegt. Dabei wird zunächst gezeigt, welcher genuine Zweck den einzelnen Wahlrechten jeweils zukommt. Nach einer Darlegung des vom Konzemabschluß unabhängigen Zwecks des einzelnen Wahlrechts wird anschließend der Zweck jedes einzelnen Wahlrechts in Beziehung zum Zweck des Konzemabschlusses gesetzt. Damit soll bestimmt werden, inwiefern das einzelne Bilanzierungswahlrecht unter Berücksichtigung des übergeordneten Zwecks des Konzernabschlusses eingeschränkt ist. Zugleich wird dargelegt, wie die Wahlrechte im Konzernabschluß anzuwenden sind.
11 Seit November 1993 integriert in der Europäischen Union aufgrund Art.A Abs.3 S.l des Vertrages über die Europäische Union (EU) v. 07.02.1992, in Kraft getreten am 01.11.1993 ("Maastricht").
§ 2 Grundlagen und rechtliche Entwicklung A. Vom Aktiengesetz 1965 zur Konzernrechnungslegung nach dem BiRiLiG I. Erste gesetzliche Regelung der Konzernrechnungslegung
Eine ausfiihrliche gesetzliche Regelung der Konzernrechnungslegung wurde zum ersten mal 1965 mit den §§ 329-338 AktG a.F. hervorgebracht. Diese Regelung hat mit der aktuellen Konzernrechnungslegung nach dem Bilanzrichtlinien-Gesetz von 1985 gemein, daß fiir die Aufstellung die Posten aus den Jahresabschlüssen l2 zu addieren (Summenabschluß) und danach innerkonzernliche Beziehungen auszuschalten sind (sog. Konsolidierung 13 )14. Der entscheidende Unterschied liegt darin, daß die Vorschriften des Aktiengesetzes a.F. verlangten, unmittelbar an die Einzelabschlüsse der zusammenzufassenden Unternehmen anzuknüpfen, d.h. ohne sie zuvor zu vereinheitlichen 1s • Nach Aktiengesetz a.F. waren also fiir den Konzernabschluß die Ansätze und Bewertungen in den Einzelabschlüssen der einbezogenen Unternehmen maßgeblich, soweit nicht nach § 331 II AktG a.F. 16 ein niedrigerer Wert anzusetzen war. Das verlangte, die Vermögensgegenstände, Verbindlichkeiten und sonstigen Posten aus den zusammenzufassenden Bilanzen der einzubeziehenden Unternehmen mit den Buchwerten des jeweiligen Einzelabschlusses des einbezogenen Unternehmens zu übernehmen (§ 331 I Nr. 1 AktG a.F.). Lediglich der 12 Zur besseren Abgrenzung zum Konzernabschluß wird im folgenden statt des gesetzlichen Ausdrucks des Jahresabschlusses im Sinne des §§242 111, 264 J HGB der des Einzelabschlusses verwendet. 13 Siehe die Überschrift der §§300 und 310 HGB. 14 §§331INr.4, IJAktG 1965 a.F. §§303-306HGB in der Fassung des Bilanzrichtlinien-Gesetzes. 15 AdlerlDüring/Schmaltz (4.), Vorbem.zu§§329-338 Rdz.45, §331 Rdz.70; Barz in Großkomm. AktG (3.), §331 Anm.2; Kronstein in Kölner Kommentar z. AktG (1.), §331 Rdz.2. 16 "Am Stichtag des Konzernabschlusses bei einem einbezogenen Unternehmen vorhandene Vermögensgegenstände, die ganz oder teilweise Lieferungen oder Leistungen anderer einbezogener Unternehmen darstellen, dürfen, wenn sie (I) ohne oder nach Bearbeitung oder Verarbeitung zur Weiterveräußerung bestimmt sind oder (2) außerhalb des üblichen Lieferungs- und Leistungsverkehrs erworben wurden, in der Konzernbilanz höchstens zu dem Wert angesetzt werden, zu dem sie, wenn die einbezogenen Unternehmen auch rechtlich ein einheitliches Unternehmen bilden würden, in der auf den gleichen Stichtag aufgestellten Jahresbilanz dieses Untenu:hmens angesetzt werden dürften."
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Buchwertsaldo war auszuweisen, wenn er höher oder niedriger war als der Anteil am Eigenkapital des Mutterunternehmens des Tochterunternehmens (§ 331 I Nr. 3 AktG a.F.). Für Eigenkapital in Fremdbesitz waren Ausgleichsposten zu bilden (§ 331 I Nr. 2, 3 AktG a.F.). Eine Neubewertung war nur im Rahmen der Eliminierung von Zwischengewinnen nach § 331 11 AktG a.F. 17 vorzunehmen und auch nur dann, wenn die zugrunde liegende Lieferung oder Leistung nicht zur Weiterveräußerung bestimmt war und im Rahmen des üblichen Geschäftsverkehrs erfolgte - wie beispielsweise bei innerkonzernlicher Lieferung von Anlagevermögen. Auch nach der Zusammenfassung wurde diese ,Additions'-Bilanz nicht an die Bilanzierungsregeln des Mutterunternehmens angepaßt. Die ,Additions'-Bilanz wurde vielmehr unmittelbar, ohne weitere Zwischenschritte, um bestimmte Vorgänge, nämlich um die Geschäftsvorgänge des Geschäftsjahres zwischen den einzubeziehenden Unternehmen, korrigiert (§ 331 I Nr.4, II AktG a.F.)18. Damit wurde den Obergesellschaften, die einen Konzernabschluß aufzustellen hatten, die Möglichkeit gegeben, diverse Ansatz- und Bewertungsmethoden aus den einzubeziehenden Einzelabschlüssen in der Konzernbilanz formal zu vermischen. Das aus einem solchen Vorgehen entstehende Konglomerat als Ergebnis verschieden bilanzierter Posten wurde noch verstärkt durch die Einräumung und unterschiedliche Nutzung von Wahlrechten jeweils in den einzubeziehenden Einzelabschlüssen. So konnten beispielsweise Pensionsrückstellungen von Fall zu Fall fakultativ gewinnmindernd ausgewiesen werden l9 • Mit der ,Additions'-Bilanz konnten also Bilanzen zusammengefaßt werden, die keine, eingeschränkt oder alle Pensionsverpflichtungen enthielten. Angesichts einer damit zulässigen ,Mischbilanz' entstanden Meinungsstreitigkeiten über die Auswirkungen dieses Prinzips der Maßgeblichkeit. Ein Teil der Literatur20 vertrat die Auffassung, daß das Aktiengesetz a.F. keine weiteren Anforderungen an die Einzelabschlüsse stelle. Zwar räumte man ein, daß man infolge des Maßgeblichkeitsgrundsatzes bei uneinheitlichen Einzelabschlüssen keinen einheitlichen und dadurch aussagekräftigen Konzernabschluß erlangen könne 21 . Doch zwinge der Wortlaut des § 33 I I Nr. 1 AktG a.F. allein zu der bloßen Zusammenstellung der verschieden bilanzierter Vermögensgegenstände. Das Gesetz nähme mithin die eingeschränkte Aussagefiihigkeit eines derartigen Konglomerats und damit die Kombination des Ergebnisses 17 Siehe oben Fn. 16. 18 Konsolidierung im eigentlichen Sinne. 19 Kropffin Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, § 152 Rdz.65. 20 AdlerlDüringlSchmaltz (4.), Vorbem.zu§§329-338 Rdz.45; dies., §331 Rdz.71, 75 ["wurde vom Gesetz offensichtlich in Kauf genommen"]; Baumbachl Hueck, AktG, § 331 Rdz.4; Havermann in WP-Handbuch 1981, S.891-893 ["wortwörtliche Auslegung", S.895]; ders., Havermann in WP-Handbuch 1973, S.767 (Abschn.V). 2\ Busse von Colbe, AG 1966,317.
A. Vom Aktiengesetz 1965 zur Konzernrechnungslegung nach dem BiRiLiG
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verschiedener Bilanzierungsmethoden hin22 • Es überlasse es der Freiheit der Obergesellschaft, durch konzerninterne Bilanzierungsrichtlinien gegenüber den Tochterunternehmen die negativen Folgen des Prinzips der Maßgeblichkeit der Ansätze aus dem jeweiligen Einzelabschlüssen zu vermeiden23 • Zulässig seien nur gewisse Durchbrechungen24 • So seien bei falschen Wertansätzen in der Einzelbilanz, bei zusätzlichen Steuerrückstellungen und bei umzurechnenden Einzelabschlüssen Korrekturen filr den Konzernabschluß zulässig25 • Demgegenüber wurde eingewendet, daß eine wahlfreie eigenständige Bewertung in den zusammenzufassenden Einzelabschlüssen einen aussagekräftigen Konzernabschluß verhindere 26 • Der Konzernabschluß nach Aktiengesetz a.F. habe nicht nur eine bloße Korrekturfunktion zu den Einzelabschlüssen, sondern solle den Konzern 27 als Einheit darstellen (§ 331 II a. E. AktG a.F.: " ... wenn die einbezogenen Unternehmen auch rechtlich ein einziges Unternehmen bilden würden ... ,,)28. Nach der gemäß § 331 IV 1 AktG a.F. anwendbaren Regelung des § 149 I 2 a.E. AktG a.F. 29 müsse also der aufzustellende Konzernabschluß "einen möglichst sicheren Einblick in die Vermögens- und Ertragslage" der Einheit Konzern geben. Dem stehe es aber entgegen, wenn die Posten des Konzernabschlusses infolge der unmittelbaren Übernahme aus den Einzelabschlüssen nach verschiedenen Ansatz- und Bewertungsregeln gebildet seien. Nur wenn rur den Konzernabschluß in den Einzelabschlüssen einheitlich bilanziert würde, sei dem Konzernabschluß neben den Einzelabschlüssen ein entscheidender Aussagewert zu entnehmen30 • Da aber auch nach dieser Auffassung das Prinzip der Maßgeblichkeit der Einzelabschlüsse rur den Konzernabschluß nach § 331 I Nr. I AktG a.F. als verBusse von Colbe, AG 1966,317. AdlerlDüring/Schmaltz (4.), §331 RdZ.75. 24 AdlerlDüring/Schmaltz (4.), §33l Rdz.76, 78; Barz in Großkomm. AktG (3.), §33l Anm.4-7; Kronstein in KölnerKommentar z. AktG (1.), §331 Rdz.37-40. 25 AdlerlDüring/Schmaltz (4.), a.a.O.; Barz in Großkomm. AktG (3.), §33l Rdz. 5-7. 26 Barz in Großkomm. AktG (3.), §331 Anm.3; Kronstein in Kölner Kommentar z. AktG (1.), §33l Rdz.87. Auch AdlerlDüring/Schmaltz (4.), Vorbem.zu§§329-338 Rdz.45, §33l Rdz.74,75. 27 Konzern wird im folgenden verstanden als die Einheit, ftir die die Vertreter des Mutterunternehmens nach §290 HGB Rechnung legen müssen. Vgl. im einzelnen §27l II HGB. 28 AdlerlDüring/Schmaltz (4.), Vorbem.zu§§329-338 Rdz.6; Barz in Großkomm. AktG (3.), §33l Anm.l; Kronstein in Kölner Kommentar (I.), §331 Rdz.56f., 59. 29 "Er [der Jahresabschluß] ist klar und übersichtlich aufzustellen und muß im Rahmen der Bewertungsvorschriften einen möglichst sicheren Einblick in die Vermögensund Ertragslage der Gesellschaft geben." 30 Barz in Großkomm. AktG (3.), §33l Anm.3; Kronstein in Kölner Kommentar (1.), §33l Anm.87. 22 23
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bindIich anerkannt wurde 31 , ließ sich die tUr einen "sicheren Einblick" erforderliche Einheitlichkeit von Ansatz und Bewertungen bei diesem tUr Aktiengesellschaften verbindlichen Modell einer Konzernrechnungslegung nicht erst auf der Ebene der Konsolidierung herstellen, sondern mußte bereits auf der Ebene der Einzelabschlüsse herbeigetUhrt werden32 • So wurde teilweise die Überlegung angestellt, daß aus der Maßgeblichkeit nach § 331 I Nr. 1 AktG a.F. und aus den Grundsätzen ordnungsmäßiger Konzernrechnungslegung33 (§§ 149 I 1, 331 IV 1 AktG a.F.) eine unmittelbare Pflicht der Einzelunternehmen zu einheitlicher Bilanzierung folge, wenn ihr lahresabschluß mit anderen in einem Konzernabschluß zusammenzufassen ise 4 • Denn die bloße ZusammentUhrung verschieden bewerteter Posten aus den Einzelbilanzen tUhre nach dieser Ansicht nicht zur gewünschten Aussagefahigkeit der Konzernbilanz. Überwiegend wurde eine solche Vorgehensweise jedoch abgelehnt, da sie eine Überdehnung der Vorschriften der §§ 331, 149 AktG a.F., die einen möglichst sicheren Einblick in die Vermögens- und Ertragslage des Konzerns fordern, bedeute35 • Die einzubeziehenden Tochterunternehmen seien ausdrücklich nicht Adressat der Konzernrechnungslegungsvorschriften des Aktiengesetzes a.F. 36 • Eine mit dem damals geltenden Recht vereinbare Lösung wurde von anderen Autoren 37 daher darin gesehen, die Obergesellschaft nicht nur als berechtigt, sondern als verpflichtet anzusehen, mit Hilfe ihrer Leitungsmacht durch konzerninterne Bewertungsrichtlinien eine möglichst einheitliche Bewertung bei den einzubeziehenden Unternehmen sicherzustellen. So wollte man den Vorrang der Einheitlichkeit gegenüber dem Prinzip der Maßgeblichkeit realisieren. Zwar sei das einzubeziehende Unternehmen nicht allein durch das Gesetz zur einheitlichen Bilanzierung verpflichtet, da sich die Konzernabschlußvorschriften allein an die Obergesellschaft richten und nur den Konzernabschluß regeln würden. Aus der Pflicht der Obergesellschaft, mit dem Konzernabschluß einen sicheren Einblick in die Vermögens- und Ertragslage des Konzerns zu geben (§ 331 IV 1 i.V.m. § 149 I 1/238 AktG a.F.) und so den Konzernverbund als 31 AdlerlDüring/Schmaltz (4.), §331 Rdz.74,75; Kronstein in Kölner Kommentar (1.), §331 Anm.87. 32 Barz in Großkomm. AktG (3.), §331 Anm.1; Kronstein in Kölner Kommentar (1.), §331 Anm.89. 33 Zu diesem Begrifff Baetge/Kirsch in Küting/Weber, HdR, 1a, Kap.! Rdz.55; Niehus, Festschrift Moxter, S.639 und passim. 34 Albaeh, NB 1966, 179f.; siehe auch Busse von Colbe, AG 1966,317. 35 Barz in Großkomm. AktG (3.), §331 Anm.3, 4, 63; Kronstein in Kölner Kommentar z. AktG (1.), §331 RdZ.89. 36 Barz in Großkomm. AktG (3.), §331 Anm.3; Krons/ein in Kölner Kommentar z. AktG (1.), §331 RdZ.89. 37 Barz in Großkomm. AktG (3.), §331 Anm.3, 63; Kronstein in Kölner Kommentar z. AktG (1.), §331 Rdz.87. 38
Zu § 149 I 2 AktG a.F. siehe Fn.29.
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Einheit darzustellen, wurde aber gefolgert, daß die Konzernleitung verpflichtet sei, im Rahmen ihrer Leitungsmacht eine konzerneinheitliche Bilanzierung durch die Einzelunternehmen sicherzustellen39 • Obgleich also Ansätze vorhanden waren, die den Konzernabschluß verselbständigen wollten gegenüber einem Konzernabschluß, der bloß die Einzelabschlüsse korrigiert, mußten sich doch letztlich alle Ansichten auf der Grundlage des Aktiengesetzes a.F. bewegen. Da die tatsächlichen Posten aus den Jahresabschlüssen maßgeblich waren 40 , konnte der Konzernabschluß des alten Aktiengesetzes nicht als von den Einzelabschlüssen völlig verselbständigt begriffen werden. Eine Verdrängung des Systems der Maßgeblichkeit der Einzelabschlüsse war nicht möglich. Eine Neubeurteilung von Ansatz und Bewertung im Konzernabschluß kam folglich nach keiner Ansicht in Betracht41 • Auch nicht nach der Sondervorschrift des § 331 II AktG a.F. 42 Denn diese Vorschrift betraf die Konsolidierung im engeren Sinn. Sie hatte die Aufgabe, den Ausweis von Gewinnen aus dem konzerninternen Leistungsverkehr mit Vermögensgegenständen zu verhindern43 , nicht aber konnte sie als allgemeine Bewertungsvorschrift ftir den Konzernabschluß unter Durchbrechung des § 331 I Nr. 1 AktG a.F. ausgelegt werden. 11. Die Reform durch den Versuch der Harmonisierung auf EG- und supranationaler Ebene
Der Versuch einer Harmonisierung der Vorschriften über die Rechnungslegung im Konzern durch die Konzernbilanzrichtlinie der EG von 1983 filhrte nun - ähnlich wie schon die Bilanzrichtlinie ftir den Einzelabschluß - zu einem Kampf divergierender Rechnungslegungssysteme, insbesondere hinsichtlich der Frage der Verselbständigung des Konzernabschlusses. Zuvor war es angesichts des Systems der Maßgeblichkeit der Einzelabschlüsse in Deutschland nicht möglich, ein eigenständiges Systems der Konzernrechnungslegung auszubilden 44 . Durch die unmittelbare Übernahme in den Konzernabschluß unterlagen auch die aus den Einzelabschlußansätzen zusammengestellten Posten des Konzernabschlusses den Prinzipien ftir die Einzelabschlüsse und deren Auslegung auf der Grundlage der Einzelabschlußzwecke. Es konnte nicht berücksichtigt 39 Jedenfalls soweit nicht Minderheitsbeteiligte beeinträchtigt werden, Barz in Großkomm. AktG (3.), §331 Anm.4 a.E. 40 §331 I Nr.1 AktG 1965 a.F. 41 Zu den anerkannten Ausnahmen Kranstein in Kölner Kommentar z. AktG (1.), §331 Rdz.38. 42 Siehe oben Fn. 16. 43 Kranstein in Kölner Kommentar z. AktG (1.), §331 Rdz.56f. 44 Siehe oben S.7-9 (§2 A. 1.).
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werden, daß der Konzernabschluß andere Zwecke verfolgte. So war beispielsweise auch der Konzernabschluß dem Prinzip der Vorsicht4S unterworfen. Mit den Harmonisierungsbestrebungen in den Europäischen Gemeinschaften wurde nun die Revision der alten deutschen, mehr korrigierenden Konzemrechnungslegung nach Aktiengesetz a.F. 46 möglich, so daß die Konzeption einer selbständigen und erstmals aussagekräftigen Konzemrechnungslegung eingeleitet werden konnte. Mit zunehmender Konkretisierung der geplanten Vorschriften einer Richtlinie der EG über die Konzemrechnungslegung wurden diese Alternativen ftir eine größere Zahl zukünftiger Adressaten öffentlich, so daß auch in Deutschland nun die verschiedenen internationalen Konzeptionen als zukünftig deutsche diskutiert wurden. Die anfiinglichen Konzeptionen waren zwar noch stark vom deutschen Aktiengesetz a.F. geprägt47 • Doch schon von Anfang an wurden zugleich angelsächsische Elemente wie das Weitabschlußprinzip48 und die Konsolidierung nach der Erwerbsmethode49 aufgenommen und damit von Anbeginn an grundlegende deutsche Regelungen des Aktiengesetzes a.F. verworfenso. Man war bemüht, trotz der Unterschiedlichkeit der Regelungen in den beteiligten Ländern und deren Rechts- und Rechnungslegungskulturen ein relativ geschlossenes selbständiges System der Konzemrechnungslegung innerhalb des Gebietes der Mitgliedstaaten zu schaffen, um die "Vergleichbarkeit und Gleichwertigkeit"SI der Informationen der konsolidierten Abschlüsse aus EG-Mitgliedstaaten zu verbessern. Der in seiner Allgemeinheits2 noch sehr bündig wirkende Vorentwurf wurde durch die beiden Vorschläge der Kommission rur eine Siebente Richtlinie der 45 Regelungen der Vorsicht vor dem Inkrafttreten des Bilanzrichtlinien-Gesetzes. Namentlich im AktG a.F. mit § 152 IX (Einschränkung der Rechnungsabgrenzungsposten), § 153 III AktG a.F. (kein Ansatz selbstgeschaffener immaterieller Anlagewerte). 46 Siehe oben S.5-9 (§2 A. 1.). 47 V gl. den Vorentwurf zur Ergänzung der Vierten Richtlinie der EG auf dem Gebiet der Konzernrechnungslegung. Zugrunde lag der Vorschlag zur Harmonisierung der Rechnungslegung für Konzerne der Groupe d'Etudes Droit des Societes des Experts Comptables de la C.E.E. unter Leitung des deutschen Wirtschaftsprüfers Dr. Wilhelm Elmendorff. 48 Art.50 Nr.la des Vorentwurfs einer Siebenten Richtlinie der EG. 49 Art.52 Nr.la des Vorentwurfs einer Siebenten Richtlinie der EG. 50 Namentlich die Maßgeblichkeit beliebiger Ansätze in den Einzelabschlüssen (§331 I Nr.l AktG a.F.) durch eine Maßgeblichkeit der Werte aus Einzelabschlüssen, die nach einheitlichen Regeln aufgestellt werden (Artikel 53 Nr.2 des Vorentwurfs zur Ergänzung der Vierten Richtlinie der EG auf dem Gebiet der Konzernrechnungslegung). 51 Abs.l der Präambel der 7.EG-Richtlinie. 52 Die Zurückhaltung beruhte nach Angaben der Studiengruppe Gesellschaftsrecht darauf, daß man mit dem Vorentwurf zunächst nur Grundsätze der Konzernrechnungslegung aufstellen wollte, um weiteren Entwicklungen Raum zu lassen. Außer Deutsch-
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EG als eigenständiges Rechnungslegungssystem fiIr die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften konkretisiert. Das aus deutscher Sicht Neue an diesen Vorschlägen war die Konzeption einer Konzemrechnungslegung, die gegenüber den Einzelabschlüssen verselbständigt ist. Zwar wurde nach Art. 53 I des Vorentwurfs einer Vierten Richtlinie 53 der Kommission - wie nach § 331 I Nr.l AktG a.F. - aus Vereinfachungsgründen an die Einzelabschlüsse angeknüpft. Die Vermögensgegenstände und Schulden waren mit den Werten der Einzelabschlüsse zu übernehmen. Dennoch versuchte man, das Entstehen von ,Mischbilanzen' , wie sie das Aktiengesetz a.F. ermöglichte, zu verhindern. So war nach Art. 53 11 des Vorentwurfs einer Vierten Richtlinie vorgesehen, daß die Konzernunternehmen ihre Abschlüsse weitgehend nach den gleichen Bewertungsvorschriften aufstellen müssen 54 • Und anders als noch nach Aktiengesetz a.F. hatte die Übernahme der Werte "unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Einheit der Konzernunternehmen" zu erfolgen (Art. 53 I des Vorentwurfs). Bewertung und auch Ansatz in den Einzelabschlüssen der Konzernunternehmen mußten somit im Hinblick auf die spätere Konsolidierung nach einem einheitlichen Maßstab des Konzerns vorgenommen werden 55 • In Art. 15 des Vorschlags und des Geänderten Vorschlags einer Siebenten Richtlinie der EG wurde weiterhin konkretisierend vorgesehen, daß eine Übernahme von Posten aus den Einzelabschlüssen nur zulässig ist, wenn die Bewertung nach gleichen Bewertungsregeln erfolgt. Bei abweichender Bewertung sei eine Neubewertung erforderlich. Mit diesen Vorschlägen war die Ablösung von dem alten System nach Aktiengesetz a.F. endgültig vollzogen. Die Bewirkung eines selbständigen und einheitlichen Konzernabschlusses durch zwar maßgebliche, aber einheitlich aufgestellte Einzelabschlüsse nach den Vorschlägen einer Siebenten Richtlinie der EG erwies sich aber wegen der mit ihr verbundenen Einschränkung der Bilanzierungsmöglichkeiten der rechtlich selbständigen Konzernunternehmen als politisch nicht durchsetzbar56, insbesondere auch aufgrund der steuerrechtlichen Auswirkungen. Ein selbständiger und damit aussagetahiger Konzernabschluß war auf EG-Ebene mithin nur noch auf der Stufe der Aufstellung des Konzernabschlusses selbst herbeizufilhren. Nach einer Änderungsvorlage des Rats der Europäischen Gemeinschaften zu land hatten die damaligen Mitgliedsländer keine gesetzlichen Regelungen für den Konzemabschluß. Abs.2 der Vorbemerkung zum Vorentwurf zur Ergänzung der Vierten Richtlinie der EG auf dem Gebiet der Konzernrechnungslegung. 53 Ursprünglich wurde vorgesehen, die Konzernrechnungslegungsvorschriften an die Regelungen des Einzelabschlusses in der Vierten Richtlinie anzuhängen. 54 Zu diesem Gedanken beim Aktiengesetz a.F., siehe oben S.8 (§2 A. 1.). 55 Vergleiche zu dieser Überlegung schon die Ansätze zum AktiengesetzG 1965 oben unter S. 7 (§ 1 A. 1.) mit Fn.30. 56 Biener, AG, KGaA, GmbH, Konzerne, S.250f. [" ... zu streng ... ", " ... unzumutbar ... "].
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einer Siebenten Richtlinie der EG 57 von 1979 verabschiedete der Rat 1983, also viereinhalb Jahre nach Vorlage des geänderten Vorschlags einer Siebenten Richtlinie durch die Kommission, die Siebente Richtlinie der EG 58 mit diesem Grundgedanken. Um den einzelnen Konzernunternehmen ihre Bilanzierungsmöglichkeiten zu erhalten, wurde eine Konzernrechnungslegung konzipiert, die nicht mehr unmittelbar die Zahlen aus den Einzelabschlüssen übernimmt. Die Aufstellung des Konzernabschlusses folgt nach der Siebenten Richtlinie der EG nun grundsätzlich eigenen Regeln, die auf den normierten Regeln des Einzelabschlusses, nicht mehr aber auf den konkreten Ansätzen und Bewertungen der Einzelabschlüsse selbst aufbauen 59 . Zugleich wurden aber bestimmte Regelungen, die noch kennzeichnend fiir Vorentwurf und Kommissionsvorschläge waren, in gewissem Umfang wieder aufgeweicht, indem diverse Wahlrechte filr die Umsetzung durch die Mitgliedstaaten vorgesehen wurden. So erweiterte man beispielsweise die Wahlrechte hinsichtlich der Weglassung einzelner Unternehmen aus dem Konsolidierungskreis (bei Rechtsbeschränkung, bei Veräußerungszweck, aus Kostengründen oder Zeitgründen; Art. 13 III der Siebenten Richtlinie der EG), filhrte die "pooling-of-interest"-Methode60 ein (Art.20), gestaltete das Stetigkeitsprinzip zur Soll vorschrift aus (Art.25) und normierte konkret das Wesentlichkeitsprinzip (Art. 26 III). Ähnlich wie bei der Vierten Richtlinie der EG 61 wurde mithin am Ende des Setzungsprozesses durch den Rat der Europäischen Gemeinschaften vor der Konsequenz der tatsächlichen Vereinheitlichung zurückgeschreckt62 und statt dessen auf eine gegenseitige Anerkennung gesetzt, um so eine politische Einigung herbeizufilhren, die sonst nicht möglich gewesen wäre 63 • Durch die diversen einzelnen Vorschriften in der endgültigen Fassung der Siebenten Richtlinie der EG wurde so ein Regelwerk geschaffen, daß von den Mitgliedstaaten dahingehend verstanden wurde, daß sie ihre nationalen Eigenheiten beiDazu konkret Müller, DB 1980, 265ff. Zum Verfahrensverlauf nach Übergabe des Geänderten Vorschlags einer Siebenten Richtlinie der EG an den Rat Biener, DB 1983, Beilage Nr. 19, S.2 (I.Sp.). 59 Zum ausnahmsweise zulässigen Rückgriff auf die konkreten Ansätze im EinzeIabschluß, siehe S. 147 (§ 10C. I. 4.). 60 Beschränkung der Verrechnung der Buchwerte der Anteile auf das anteilig gezeichnete Kapital des Tochterunternehmens. 6\ Siehe dazu Timmermanns, RabelsZ 1984,28; Rost, Der internationale Harmonisierungsprozeß der Rechnungslegung, S.193. 62 Zur Funktion einer vereinheitlichten Rechnungslegung in Europa Biener, DB 1977, 1838. Zur unterschiedlichen Umsetzung in Deutschland und Großbritannien Eisolt, DB 1986, 1237-1241. 63 Biener, Dörner / Wollmert, lASC-Rechnungslegung ... , S.13 [" ... die unterschiedlichen Methoden aber als gleichwertig und damit auch unterschiedliche Jahresabschlüsse gegenseitig anzuerkennen, ... "]; ders., DB 1983, Beilage Nr.19, S.2 (I.Sp.); Kirchner/ Schwartze, WPg 1985, 397f. 57 58
B. Gegenwärtige Entwicklungen
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behalten und dennoch die Vision einer europäischen Rechtskoordinierung im Sinne des Art. 54 III lit. g EGV 64 auf dem Gebiet der Rechnungslegung realisiert haben 65 • Die insbesondere rur Deutschland neue Grundkonzeption der verselbständigten Konzernrechnungslegung nach der Siebenten Richtlinie der EG blieb indes erhalten. Sie ermöglichte nach Umsetzung mit dem Bilanzrichtlinien-Gesetz und mit Rücksicht auf eine europarechtskonforme Auslegung66 nunmehr einen von den Einzelabschlüssen gelösten Konzernabschluß, der über eine bloße Korrektur hinausgehend Informationen über die zusammengefaßten Unternehmen als Einheit liefern kann. B. Gegenwärtige Entwicklungen I. Die weitere Entwicklung
Nach Verabschiedung der die Vierte Richtlinie der EG ergänzenden und ändernden Mittelstands-67 und GmbH & Co-Richtlinie68 im Jahre 1990 und nach Einruhrung der Sonderregelungen fiir Banken und Versicherungsunternehmen durch die Bankbilanzrichtlinie69 und die Versicherungsbilanzrichtlinie70 1991 ist das auf Rechtsangleichung auf dem Gebiet der Rechnungslegung gerichtete Vorgehen der Mitgliedstaaten innerhalb der Europäischen Gemeinschaften ins Stocken geraten. Dies ist vor allem dadurch veranlaßt, daß mit Verabschiedung 64 Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, ABI. EG Nr.C 224 v. 31.8.1992, 6-103. 65 V gl. Kirchner/ Schwartze, WPg 1985, 398. 66 Dazu Groß/eid, Bilanzrecht, Rdz.54; HüjJer in Großkomm. HGB, Vor§238 Rdz. 18 m.w.N. in Fn.4 7f.; Kropf!, Festschrift Baetge, S.78-80 (zum Vorsichtsprinizip); Weber-Grellet in Herzig, Europäisierung des Bilanzrechts, S.98f. Kritisch zur Funktion des EuGH: Biener in Herzig, Europäisierung des Bilanzrechts, S.67f. 67 Richtlinie des Rates vom 8.November 1990 zur Änderung der Richtlinie 78/660/EWG über den lahresabschluß und der Richtlinie 83/349/EWG über den konsolidierten Abschluß hinsichtlich der Ausnahme für kleinere und mittlere Gesellschaften sowie der Offenlegung von Abschlüssen in ECU (90/604/EWG), ABI. EG Nr.L 317 v. 16.11.1990, 57 -59 [Mittelstands richtlinie]. 68 Richtlinie des Rates vom 8.November 1990 zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG über den lahresabschluß oder den konsolidierten Abschluß hinsichtlich ihres Abwendungsbereichs (90/605/EWG), ABI. EG Nr.L 317 v. 16.11.1990,60-63 [GmbH&Co.-Richtlinie]. 69 Richtlinie des Rates vom 8.Dezember 1986 über den lahresabschluß und den konsolidierten Abschluß von Banken und anderen Finanzinstituten (86/635/EWG), ABI. EG Nr. L 372 v. 31.12.1986, 1-17 [Bankbilanzrichtlinie]. 70 Richtlinie des Rates vom 19.Dezember 1991 über den lahresabschluß und den konsolidierten Abschluß von Versicherungsunternehmen (91/674/EWG), ABI. EG Nr.L 374 v. 31.12.1991, 7-28 [Versicherungsbilanzrichtlinie ].
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und Umsetzung der gesellschaftsrechtlichen Richtlinien durch die Mitgliedstaaten die mit EG-Vertrag aufgegebene "Koordinierung,,71 der gesellschaftsrechtlichen Schutzbestimmungen für das materielle 72 und formelle Rechnungslegungsreche 3 unter anderem von deutscher Regierungsseite 74 als erfolgreich abgeschlossen angesehen wird 75 . Ein weiterer gemeinschaftsrechtlicher Fortschritt wird nur noch in der Schaffung eines europäischen Einheitsrechts gesehen, dessen Konzeption aber noch nicht einmal in einem Anfangsstadium begriffen sei 76 . Insofern bestehe auch keine gemeinschaftsrechtliche Ermächtigungsgrundlage 77 • Es könne gegenwärtig in dieser Richtung nicht weiter vorangegangen werden. Dabei wird übersehen, daß zwischen dem Streben nach einem noch zu setzenden Einheitsrecht und dem aktuellen Zustand der Rechtsangleichung zunächst noch ein wesentlicher Zwischenschritt, nämlich der der materiellen Harmonisierung, vollzogen werden muß. So wurden bei Umsetzung der Bilanzrichtlinien durch die Mitgliedstaaten nicht nur Regelungen genutzt, die es gerade dem jeweiligen Mitgliedstaat ermöglichen sollten, essentielle "systembedingte[r] nationale[r] Besonderheiten" beizubehalten78 . Vielmehr wurden die aus diesem Grunde geschaffenen Wahlrechte auch von solchen Mitgliedstaaten genutzt, für die sie nicht vorgesehen waren. So nahm beispielsweise das Bilanzrichtlinien-Gesetz die Interessenzusammenfilhrungsmethode auf, obgleich sie vorher in Deutschland nicht zugelassen war und durch Großbritannien und Irland in die Siebente Richtlinie der EG eingebracht worden war. Schon mit solchem Vorgehen wurde die nach Art. 54 III lit. g EGV geforderte "Gleichwertigkeit" der nationalen Bestimmungen beeinträchtige9 und der Zweck der Richtlinie beeinträchtigt. Im übrigen ist einem Einheitsrecht auch der Prozeß der umArt. 54 III g) des EGV. Vierten Richtlinie der EG (Bilanzrichtlinie) und Siebenten Richtlinie der EG (Konzernbilanzrichtlinie). 73 Erste Richtlinie des Rates vom 9. März 1968 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (68/1511EWG), ABI. EG Nr.L 65 v. 14.3.1968,8-12 [Publizitätsrichtlinie] und Achte Richtlinie der EG (Fn.2) [Prüferbefähigungsrichtlinie ]. 74 So Biener, Festschrift Kropff, S.397; ders., in Baetge, Die deutsche Rechnungslegung ... , S. 128. Siehe auch Probst, BFuP 1992, 432. 75 Beachte aber nur allein die auf Art. 29 V 2 der Siebenten Richtlinie der EG beruhende Vorschrift des §308 III HGB. Dazu unten S.147-149 (§ 10 C. I. 4.). 76 Dazu Krumnow, Festschrift Moxter, S.691 m.w.N. 77 Probst, BFuP 1992, 433. 78 Biener in Baetge, Die deutsche Rechnungslegung ... , S.128. 79 Zur Funktion des Art.54 III lit.g EGV als Auslegungsgrundsatz Kirchner, Festschrift Moxter, S.614-616. 71
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sichtigen Beseitigung nationaler Besonderheiten im jeweiligen Regelungsbereich vorgelagert. Durch das Mittel der Richtlinie wird also das fortschreitende vereinheitlichende Vorgehen nicht verhindert, sondern lediglich in der Ausfiihrung in die Gewalt der Mitgliedstaaten zurUckverlagert80 . Eine folgende Vereinheitlichung kommt also nicht umhin, umsichtig nationale Besonderheiten, die der Vergleichbarkeit der Abschlüsse abträglich sind, zu beseitigen. Dieser notwendige weitere Schritt der Harmonisierung auf EG-europäischer Grundlage wird aber bisher nicht ausreichend vorangetrieben 81 • Angesichts der Skepsis 82 vieler Mitgliedstaaten gegen weitere Harmonisierungsbestrebungen fördert daher die Kommission seit 1990 durch eigene Initiativen den weiteren Prozeß einer Angleichung. So wurde 1990 neben dem durch die Vierte Richtlinie der EG vorgesehenen Kontaktausschuß durch die Kommission ein Sachverständigenausschuß8\ das Accounting Advisory Forum (Forum)84, eingerichtet. Im selben Jahr erlangte die Kommission den Status eines Beobachters85 im Exekutivkomitee des International Accounting Standards Committee86 , das internationale Rechnungslegungsempfehlungen ausspricht, die mittlerweile betont britische und US-amerikanische Prinzipien integrieren. Auch hier fand sich der Einfluß des sachverständigen Forums, das durch eine Arbeitsgruppe Standpunkte der Kommission gegenüber den Empfehlungen des International Accounting Standards Committee vorbereiten sollte87 . Und ein Jahr später, 1991, nutzte die
80 Dazu Geiger, EGV, Art.189 Rdz.12-14; Grabitz in Grabitz/Hilf, Art.189 EGV Rdz.51, 57, 59. Beachte auch die direkte Wirkung von Richtlinien Geiger, EGV, Art. 189 RdZ.15-17. 81 Zum Harmonisierungsprozeß in Europa, Auer, International harmonisierte Rechnungslegungsstandards aus Sicht der Aktionäre, S.61-69. 82 van Hulle, Das europäische Bilanzrecht, S.26. 83 Neben dem mit Vertretern der Mitgliedstaaten und der Kommission besetztem "Kontaktausschuß" nach Art. 52 der Vierten Richtlinie der EG. 84 van Hulle, Das europäische Bilanzrecht, S.21. Vgl. auch Biener in "Die Zukunft der Angleichung der Vorschriften der Rechnungslegung in der EG", S.92. Im Forum sollten Personen der nationalen lnstutionen vertreten sein, die zwischen den Berufsstand und den nationalen Gesetzgeber geschaltet sind und selbst Regelungen auf dem Gebiet der Rechnungslegung erarbeiten, sowie ausgewählte europäische und sonstige Organisationen, die als Users oder Preparers ein besonderes Interesse an der Entwicklung der Rechnungslegungsnormen haben. Für Deutschland wurde mangels nichtstaatlichen Normengebers der ohne Rechtsetzungskompetenz ausgestattete Hauptfachausschuß des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. aufgefordert, Vertreter zu entsenden. Inzwischen gehört auch ein Vertreter der Industrie zur deutschen Delegation. Dazu van Hulle, Das europäische Bilanzrecht, S.21. 85 Zuvor war sie nur Mitglied der Consultative Group. 86 Dem Board. 87 Ordelheide in Baetge, Die deutsche Rechnungslegung vor dem Hintergrund ... , S. 16; Probst, BFuP 1992, 434.
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Kommission die durch den Komitologiebeschluß 88 von 1987 auf der Grundlage des Art. 1089 der Einheitlichen Europäischer Akte 90 von 1986 geregelte Möglichkeit, sich vom Rat die Befugnis zur ,Durchruhrung' der Vorschriften, welche der Rat erläßt, einräumen zu lassen. Mit dem 1991 dem Kontaktausschuß vorgelegten Vorentwurf zum Vorschlag rur eine Richtlinie zur Übertragung von Durchruhrungsbefugnissen an die Kommission auf dem Gebiet der Rechnungslegung und ihrer Ausübung91 will die Kommission erreichen, in Zukunft die vom Rat angenommenen Bilanzrichtlinien durch eigene Maßnahmen ,durchfUhren', insbesondere technisch anpassen zu können. Nach dem Regelungsausschußverfahren92 will sie mit einem Fachausschuß die europäischen Bilanzrichtlinien technisch anpassen93 • Faktisch würde die Verabschiedung einer solchen Ermächtigungsrichtlinie94 rur die Bilanzrichtlinien eine Fortentwicklung der europäischen Rechnungslegungskonzeption bedeuten. Denn mit einer solchen Ermächtigungsrichtlinie werden nicht bloß kleine technische Anpassungen, wie betragsmäßige Grenzwerte, angestrebt95 • Nach Legitimation durch den Rat würde die Kommission also bewußt96, unter Vermeidung des normalen Verfahrens des Erlasses von Richtlinien, die weitere Harmonisierung gewissermaßen verselbständigt vorantreiben. Dieses Vorgehen der Kommission fUhrte zu noch stärkerer Ablehnung weiterer Angleichung auf EG-Ebene durch die Bundesregierung97 • Eine weitere An-
88 Beschluß des Rates vom 13.Juli 1987 zur Festlegung der Modalitäten rur die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchfiihrungsbefugnisse (87/373/EWG), ABI. EG Nr.L 197 v. 18.7.1987,33-35. 89 Fügte den dritten Absatz an Art. 145 EWGV [heute EGV]. 90 Einheitliche Europäische Akte (EEA) vom Februar 1986, ABI. EG Nr.L 169 v. 29.6.1987,1-29. 91 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Dok. XV/225/91, Brüssel, den 23. Oktober 1991. 92 Art.2, Verf. III des Komitologiebeschlusses, 93 Küting, BB 1993,35 (I.Sp.). 94 van Hulle, Das europäische Bilanzrecht, 23f. 95 Bis April 1994 wurden vom Forum Stellungnahmen zur Bilanzierung staatlicher Zuschüsse, zur Währungsumrechnung im EinzeIabschluß und Konzernabschluß und zur Bilanzierung von Leasinggeschäften verabschiedet, Ordelheide, Notwendigkeiten und Probleme der Weiterentwicklung des EG-Bilanzrichtlinien und des deutschen Konzernabschlußrechts in Baetge, Die deutsche Rechnungslegung vor dem Hintergrund ... , S.16. 96 van Hulle, Das europäische Bilanzrecht, S.23 ["Durch die Ausschaltung der normalen Anhörungen des Wirtschafts- und Sozialausschusses sowie des Europäischen Parlaments ... "]. Siehe auch Ordelheide, Festschrift Budde, SA85. 97 Biener in Baetge, Die deutsche Rechnungslegung ... , S.128; Probst, BFuP 1992, 433. Siehe auch Küting, BB 1993,34.
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gleichung zu diesem Zeitpunkt98 wurde von der Mehrheit der Vertreter der Mitgliedstaaten als verfrüht angesehen99 • Auch wurde der Auftrag zu Harmonisierung als weitgehend erfililt betrachtee oo . Die Einrichtung eines Forums von Sachverständigen an sich und seine Besetzung wurden kritisiert 1ol • Denn einige Mitgliedsländer waren nicht mit privaten Organisationen, sondern mit Vertretern staatlicher Einrichtungen 102 vertreten und damit im Kontaktausschuß und im Forum, also doppelt, repräsentiert. Hinzukam, daß das Forum nicht nur unwesentliche technische, sondern konkrete Bilanzierungsfragen diskutierte, namentlich Bilanzierungsgrundsätze wie zum Beispiel das Vorsichtsprinzip gegenüber dem Prinzip einer periodengerechten Bilanzierung 103 • Es geht also um politische Fragen, deren Diskussion die Kommission dennoch einem Sachverständigengremium ohne demokratische Legitimation und mit eingeschränkter Kompromißverpflichtung anvertrauen wollte. Da die Kommission erklärte, die Ansichten des Ausschusses bei zukünftigen Regelungsinitiativen zu "berücksichtigen,,104, löste auch dieses Vorgehen, insbesondere in Deutschland, Bedenken auslOS. Vornehmlich aber die mit der Ermächtigungsrichtlinie von der Kommission angestrebte Eigenständigkeit hinsichtlich des Erlasses von Durchführunsmaßnahmen löste deutlichen Widerspruch aus l06 • Befürchtete man doch mit Rücksicht auf die Annäherung der Kommission an das International Accounting Standards Committee l07 , daß die Kommission die Harmonisierung nach ,angloamerikanischen' Muster unabhängig vom unmittelbaren Einfluß der Mitgliedstaaten erreichen will 108 und damit deutsche Regelungen endgültig in den Hintergrund treten würden. Doch auch die anderen Mitgliedstaaten zeigten sich nur
Anfang der 90er Jahre. Probst, BFuP 1992, 432. 100 Probst, BFuP 1992,433. Siehe auch oben Fn.74, S.14. 101 Probst, BFuP 1992,433. 102 Biener in Baetge, Rechnungslegung und Prüfung. Perspektiven ... , S.185. 103 Ordelheide in Baetge, Die deutsche Rechnungslegung vor dem Hintergrund ... , S. 16. Siehe auch van Hulle, Das europäische Bilanzrecht, S.22. 104 Treffen vom 14. bis 15. Januar 1991, Dok. XV/61/91. lOS Biener in Baetge, Rechnungslegung und Prüfung. Perspektiven ... , S.185; Küting, BB 1993, 37f. 106 Probst, BFuP 1992, 438 ["Die Bundesregierung lehnt die geplante Verfahrensänderung ab ... Diese Auffassung wird auch von Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft und sonstigen Organisationen geteilt, wie sich bei der Anhörung im Bundesministerium der Justiz gezeigt hat."]. 107 Siehe auch oben S.15. 108 Biener in Baetge, Rechnungslegung und Prüfung. Perspektiven ... , S.185; Küting, BB 1993, 38 (r.Sp.). Siehe auch Ordelheide in Baetge, Die deutsche Rechnungslegung vor dem Hintergrund ... , S.17. 98
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begrenzt aufgeschlossen, forderten sie doch im Kontaktausschuß die Trennbarkeit von rein technischen und politischen Fragen lO9 • Die Entscheidung des Europäischen GerichtshojsllO von 1996 zur phasengleichen Vereinnahmung von Gewinnen von Tochtergesellschaften hat demgegenüber den Gedanken der Rechtsvereinheitlichung wieder in den Vordergrund gestellt. In dem Urteil ging es unter anderem um die Frage, ob eine MuttterGmbH die Gewinne der Töchter-GmbHs in demselben Geschäftsjahr ausweisen muß. Der Europäische Gerichtshof hat daraufhin entschieden, daß dieser "gleichzeitige", phasengleiche Gewinnausweis mit der Vierten Richtlinie der EG zu vereinbaren ist. Damit beginnt der Europäische Gerichtshof ein europäische Bilanzrecht zu formen I 11. Zwar stellt das Urteil hinsichtlich der Bilanzzwecke nur sehr eingeschränkt eine Rangfolge auf, wenn einerseits die Pflicht zur Herstellung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage als Hauptziel bezeichnet wird, sich aber andererseits die Anwendung dieses Grundsatzes "möglichst weitgehend an den in Art. 31 der Vierten Richtlinie enthaltenen Grundsätzen" orientieren soll 112 • Denn der "true and fair view" muß sich danach auch nach dem Grundsatz der Vorsicht, Art.31 I lit.c der Vierten Richtlinie der EG, richten. Auch stellt das Urteil ohne Begründung den Grundsatz der Bilanzwahrheit dem ursprünglich britischen "true and fair view"-Grundsatz gleich ll3 • Indem aber der Europäische Gerichtshof einen vorsichtigen Gewinnausweis, nämlich erst mit dem Vorliegen des Gewinnverwendungsbeschlusses, zurückweist, drängt er rur das europäische Bilanzrecht das Vorsichtsprinzip etwas in den Hintergrund. Durch die Verknüpfung der verschiedenen Prinzipien ("true and fair view" und Vorsicht) geht er hierbei aber einen behutsamen Weg der Harmonisierung des europäischen Bilanzrechts" 4 • 11. Der Trend zur Harmonisierung auf US-amerikanischer oder internationaler Grundlage
Seit Anfang der neunziger Jahre wird die Diskussion um die weitere EGHarmonisierung zum Teil durch neue Tendenzen auf dem Gebiet der Entwicklung der Rechnungslegung abgelöst. Die Bedeutung internationaler Kapitalmärkte, insbesondere des US-amerikanischen, filr deutsche Unternehmen wird als immer bedeutsamer eingeschätzt. Probst, BFuP 1992,439. EuGH, Urt. v. 27.6.1996, Rs C-234/94, ZIP 1996, 1168-1170 ("Tomberger"). 111 Kritisch: Biener in Herzig, Europäisierung des Bilanzrechts, S.67f. 112 EuGH, a.a.O., 1169 (Nr.17, 18 der Gründe). 113 Schulze-Osterloh, ZIP 1996, 1456. 114 Kropf!, ZGR 1997,128.
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Zunehmend besteht bei deutschen Großunternehmen das Bestreben, sich durch eine umfassende Registrierung an US-amerikanischen Börsen, namentlich der New York Stock Exchange, den US-amerikanischen Kapitalmarkt, aber auch die US-amerikanischen Einkaufs- und Absatzmärkte zu erschließen. Eine umfassende Registrierung an einer US-amerikanischen Börse, die Zugang nicht nur zum institutionellen, sondern auch zum Privatanieger verschafft, setzt aber zwingend aufgrund von Anlegerschutzvorschriften der US-amerikanischen Börsenaufsichtsbehörde, der Securities and Exchange Commission 1l5 , zur Zeit noch einen lahresabschluß bzw. einen Konzernabschluß nach US-amerikanischen Standards, den US-Generally Accepted Accounting Principles l16 und den Standards der US-SEC, voraus. Will das Unternehmen sich derart in den Vereinigten Staaten engagieren, so muß es diese Regeln akzeptieren. Damit nimmt die Bedeutung dieser US-amerikanischen Rechnungslegungsregeln, die durch eine geringere ,Vorsicht' gekennzeichnet sind 117, auf internationaler Ebene immer mehr zu ll8 . Das US-amerikanische Rechnungslegungsrecht unterscheidet sich insbesondere in den Bilanzierungsgrundsätzen und -regeln, aber auch formell erheblich vom gegenwärtigen deutschen Einzelabschlußrecht. Formell ist festzustellen, daß in den USA die US-GAAPs nicht gesetzlich kodifiziert sind, sondern von einem privaten Verein, dem Financial Accounting Standards Board 119, unter Aufsicht der US-SEC festgelegt werden. Materiell ist vor allem hervorzuheben, daß die Gewichte hinsichtlich des Schutzzwecks im Unterschied zum deutschen Abschluß verschoben sind. Das US-amerikanische Rechnungslegungsrecht will in erster Linie die Investoren schützen, also die gegenwärtigen und künftigen Anteilseigner und Kreditgeber (1.30 SF AC 120). Die Rechnungslegung soll daher insbesondere über die Fähigkeit des Unternehmens Auskunft geben, liquide Mittel zu erwirtschaften.
Im folgenden US-SEC. Im folgenden US-GAAP. 117 Haller, Die Grundlagen der externen Rechnungslegung in den USA, S.25 f.l209 (7.1.3/6.2.2). 118 Das zeigt insbesondere die gegenwärtige Annäherung der International Accounting Standards an die US-GAAP im Rahmen der Revision der lAS. Dazu Kleekiimper in Dörner / Wollmert, IASC-Rechnungslegung ... , S.l15-125. Siehe auch unten S. 19 (§2. B. 11.). Vgl. auch Rowedder-Wiedmann, Anh.II nach §42a, Rdz.4. 119 FASB, der 1973 die Aufgaben der Accounting Principles Board (APB) übernahm. Der FASB wird von der Financial Accounting Foundation (F AF) besetzt, die ihrerseits aus Mitgliedern des American Institute ofCertified Public Accountants (AICPA), Vertretern staatlicher Behörden sowie Vertretern weiterer Organisationen zu besetzen ist. Vgl. auch die kurze Darstellung bei Biener in Baetge, Die deutsche Rechnungslegung ... , S.127. 120 Statement ofFinancial Accounting Concepts des FASB. 115
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Das US-amerikanische Recht geht rur den Investorschutz davon aus, daß das Interesse dieses Investors vor allem darauf gerichtet ist, zu erfahren, welche Rendite das Unternehmen bezogen auf seine Beteiligung im abgelaufenen Geschäftsjahr erwirtschaftet hat ("Decision Usefulness" rur den Investor)l2I. Aus dieser hervorgehobenen Stellung des Investorinformationsinteresses folgt, daß möglichst das periodengerechte Ergebnis eines Unternehmens ausgewiesen werden soll. Der Gedanke der Kapitalerhaltung im unterstellten Gläubigerinteresse durch "vorsichtige" Bilanzierung, einen "vorsichtigen" Gewinnausweis und damit durch Beschränkung von Ausschüttungen tritt hinter diesem Zweck der periodengerechten Gewinnermittlung zurück 122. Da im US-amerikanischen Recht die Handelsbilanz auch nicht maßgeblich rur die steuerrechtliche Gewinnermittlung ist, besteht auch aus diesem Grund kein mittelbares Interesse daran, den Gewinn möglichst gering auszuweisen, um die Steuerlast möglichst zu minimieren. Im Vordergrund steht also das Interesse an fair presentation 123 der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage. So muß beispielsweise bei langfristiger Fertigung (long-term construction) nach US-Regeln der Gewinn suksessive (nach der percentage-of-completionmethod) ausgewiesen werden, wenn der Hersteller in der Lage ist, das Ergebnis verläßlich zu schätzen l24 • Der Gewinn darf danach ausgewiesen werden, bevor der Auftrag abgeschlossen ist. Im deutschen Recht müßte bei strenger Auslegung des Realisationsprinzips des § 252 I Nr. 4 HGB bis zur vollständigen Abwicklung des schwebenden Umsatzgeschäftes gewartet werden. Damit würde sich der gesamte Gewinn sprunghaft, nämlich erst im Geschäftsjahr der Auftragsbeendigung realisieren 125. Um dennoch international einheitliche Konzernrechnungslegungsregeln zu finden, die den Nachteil vermeiden, sich lediglich an die Grundsätze einer Nation, namentlich die US-amerikanischen Rechnungslegungstandards, die USGAAP und SEC-Rules, anlehnen zu müssen, findet der Versuch statt, im Rahmen eines privaten internationalen berufsständischen Rechnungslegungsvereins,
121 Demming in Gräfer/Oemming, Internationale Rechnungslegung, S.244 (3.1); Haller, Die Grundlagen der externen Rechnungslegung in den USA, S.259f./209 (7.1.3/6.2.2). 122 Biener in Baetge, Die deutsche Rechnungslegung ... , S.132; Kleber in Baetge, Die deutsche Rechnungslegung ... , S. 73; Niehus, OB 1997, 1427. 123 KPMG, Rechnungslegung nach US-amerikanischen Grundsätzen, S.19 (2.4.1). 124 SOP (Statement of Positions) 81-1.23. Vg\. KPMG, Rechnungslegung nach USamerikanischen Grundsätzen, S.43-45 (3.1.5.2.3.2); Niehus, OB 1997, 1426. 125 So BFH, Urt. v. 18.12.1956, I 84/56, BStB\. III 1957, 27ff. Ebenso Glade, Praxishandbuch Rechnungslegung, Teil I Rdz.297; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.91. AA AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §252 Rdz.88; Ellrott/Fitzner in Beck Bil-Komm., §255 Rdz.459; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht (9.), S.251f. (§6 I. 4.); Selchert in Küting/Weber, HdR, Ia, §252 Rdz.89.
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dem International Accounting Standards Committee, international vereinheitlichte Regeln der Rechnungslegung, sog. International Accounting Standards 126 , zu schaffen. Im Ursprung muß dieses Streben nach international einheitlichen Rechnungslegungsregeln wohl als Reaktion der britischen Institute der Accountants und Chartered Accountants auf die stark durch das deutsche Bilanzrecht geprägten Bilanzrichtlinien 127 verstanden werden J28 • Denn zum Zeitpunkt des Beitritts Großbritanniens zu den Europäischen Gemeinschaften 129 am 1. Januar 1973 befanden sich die EG-Richtlinien im Bereich der Rechnungslegung bereits in fortgeschrittenem Stadium J3 O, so daß von britischer Seite zu gewärtigen war, daß britische bilanzrechtliche Auffassungen in den Bilanzrichtlinien der Europäischen Gemeinschaften keine hinreichende Berücksichtigung finden werden. Wie das US-amerikanische Recht J31 unterscheidet sich aber auch das britische Recht erheblich vom deutschen Bilanzrecht. Im britischen Recht dominiert das Prinzip des "true and fair view"J32, das später - entgegen britischer Berurchtungen - auch in die Vierte (Art. 2 VI) und Siebente (Art. 16 VI) Richtlinie der EG übernommen wurde. Dieses Prinzip hat auch nach der Umsetzung der Richtlinien eine derart überragende Stellung in Großbritannien (overriding principle)J33, daß es die Bilanzierenden verpflichtet, von konkreten BilanzierungsreIm folgenden lAS. Biener in Baetge, Die deutsche Rechnungslegung ... , S.129; Kleekiimper in Baetge, Die deutsche Rechnungslegung ... , S.45. 128 Siehe schon oben S.I 0 (§2 A. 1I.). 129 Vertrag über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands, des Königreichs Norwegen und des Vereinten Königreichs Großbritannien und Nordirlands zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und zur Europäischen Atomgemeinschaft, ABI. EG Nr. L 73 v. 22.1.1972, 5. 130 Hinsichtlich der Siebenten Richtlinie der EG lag bereits der Vorentwurf zur Ergänzung der Vierten Richtlinie der EG auf dem Gebiet der Konzernrechnungslegung vor und hinsichtlich der Vierten Richtlinie der EG bereits der Kommissionsvorschlag (ABI. EG Nr.C 7 v. 28.1.1972, 1 ff.). Die Publizitätsrichtlinie (Fn.73) war bereits am 9.3.1968 verabschiedet. 131 Dazu unten S.19-20 (§2 B. 11.). 132 Die Richtlinien formulieren in der deutschen Fassung: "ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage" (Art.2 III der Vierten Richtlinie der EG, Art. 16 III der Siebenten Richtlinie der EG). i33 Beachte, daß diese Richtlinienregelung in Deutschland nicht ausdrücklich umgesetzt worden ist (vgl. §264 II 2 HGB). Überwiegend wird indes die Auffassung vertreten, daß die Abweichungspflicht dem Sinn nach auch in Deutschland umgesetzt worden ist: AdlerlDüringlSchmaltz (6.), §264 Rdz.47; BuddelKarig in Beck Bil-Komm., §264 Rdz.35, jeweils m.w.N. Umstritten ist aber, ob der "true and fair view" nach dem Richtlinienrecht und nach §264 II I HGB ebenfalls ein overriding principle ist, das die Korrekturen unmittelbar hinsichtlich der konkreten Bilanzierungsregeln im lahresabschluß und in der Gewinn- und Verlustrechnung vorschreibt, so Budde IFörschle in Mellwig! Moxter/Ordelheide (Hrsg), Einzelabschluß und Konzernabschluß, S.38; Claussen, AG 126
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ge In abzuweichen, wenn diese nicht zur Vermittlung eines "true and fair view" von der Lage des Unternehmens fiihren\34. Dieser Grundsatz hat wiederum seinen Grund darin, daß der Zweck des Jahresabschlusses in Großbritannien - ähnlich wie im US-amerikanischen Recht - in erster Linie in der Information vor allem der Anteilseigner gesehen wird 135 und nicht in der Kapitalerhaltung bei Kapitalgesellschaften. Dieser mutmaßliche Gründungszweck\36 des International Accounting Standards Committee und die mehrheitliche Vertretung anglo-amerikanischer Länder in diesem Verband fiihren seit Mitte der achtziger Jahre zur Genese von Rechnungslegungsvorschriften, die - anders als insbesondere die HGB- Vorschriften in Deutschland - die Information des Investors durch den Konzernabschluß und den Jahresabschluß betonen und den Grundsatz der Privilegierung des Gläubigerschutzes durch eine von extremer ,Vorsicht' bestimmte Gewinnermittlung ablehnen. Es besteht aber angesichts des Stockens der Rechtsangleichung auf EGEbene l37 und angesicht der aufgefiihrten internationalen Entwicklungen nunmehr die Perspektive, daß über das International Accounting Standards Committee international einheitliche Rechnungslegungsvorschriften geschaffen werden, die von den im International Accounting Standards Committee vertretenen Ländern 138, einschließlich den Vereinigten Staaten und Deutschland 139 , aner-
1993, 279, oder ob in diesen Fällen der "true and fair view" durch Anhangsangaben herzustellen ist, Baetge/Commandeur in Küting/Weber, HdR, Ia, §264 Rdz.lO; Beisse in Festschrift Beusch, S.92; Budde/Karig in Beck Bil-Komm., §264 RdZ.31. 134 Hopcrojt, Rechnungslegung und Grundsätze der Abschlußprüfung in Großbritannien und Deutschland, S.1 (1.1.1). Siehe dazu Köhler/ Rotter in GräferlDemming, Internationale Rechnungslegung, S.387. (3.1). I3S Siehe Köhler/ Rotter in Gräfer/Demming, Internationale Rechnungslegung, S.387. (3.1) m.w.N. in Fn.23. 136 Gegründet wurde das Internationale Accounting Standards Committee am 26.6.1973. 137 Jedenfalls geht die Bundesregierung davon aus, daß im Bereich der Rechnungslegung die Koordinierung der Gesellschaftsrechte der Mitgliedstaaten, soweit zum Schutz der Gesellschafter, Gläubiger und Dritten erforderlich, erfilllt wurde; Biener in Baetge, Die deutsche Rechnungslegung ... , S.128, der die Angleichung gegenüber der Schaffung eines Einheitsrechts abgrenzt. 138 Die Länder sind durch die jeweiligen nationalen Berufsvertretungen im International Accounting Standards Committee vertreten (Clause 4 der IASC Constitution vom 11.10.1992, International Accounting Standards Committee, International Accounting Standards 1998, S. 18). Deutschland wird durch den Hauptfachausschuß des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V., die Wirtschaftsprüferkammer und einen Sachverständigen der Industrie im IASC vertreten. 139 Dazu unten S.26 (§ 2 B. UI.).
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kannt werden 140. Es ist zu vennuten l41 , daß der Abbau diverser Wahlrechte, die ursprünglich auch in den Empfehlungen des International Accounting Standards Committee vorhanden waren und die Anwendung beispielsweise deutscher Bilanzierungsregeln zuließen, die aber durch das Projekt der "Comparability of Financial Statements,,142 abgebaut wurden, das zunehmende Vertrauen in einen Abschluß nach Empfehlungen des International Accounting Standards Committee und damit die Akzeptanz von Abschlüssen nach diesen Standards erzeugt hat l43 . Die steckengebliebenen Bestrebungen auf EG-Ebene haben diese Zunahme der Bedeutung eines Abschlusses nach lAS noch begünstigtl44. Auf EGEbene erschien eine weitere Einschränkung von Wahlrechten zugunsten gesteigerter Vergleichbarkeit und Gleichwertigkeit der Konzernabschlüsse nicht mehr durchsetzbar, nachdem sich die Überzeugung durchgesetzt hatte, daß es die 1983 verabschiedete Siebente Richtlinie der EG den Mitgliedstaaten ennöglichte, wesentliche nationale Besonderheiten beizubehalten 145. Die negative Ideologie von der Sinnhaftigkeit der Zusammenstellung der Bilanzrichtlinien aus den nationalen Bilanzierungsregeln der EG-Mitgliedstaaten zu einem Konglomerat ohne einheitliches gedankliches Gerüst, lediglich veraniaßt durch das Bedürfnis nach Vergleichbarkeit der Regeln, und die BefUrchtung, daß weitere Hannonisierung den Verlust unverzichtbarer nationaler Eigenheiten in der Konzernrechnungslegung bedeute, fUhrten zu dem Versäumnis, die konkreten Vorschriften auf der Grundlage von zu ennittelnden Grundgedanken der EG-Konzernrechnungslegung nach der Siebenten Richtlinie der EG durch Auslegung zu präzisieren, Lücken zu schließen und damit zu einem materiell hannonisierten Konzernrechnungslegungsrecht zu gelangen.
140 Synoptische Gegenüberstellung der International Accounting Standards und der Vorschriften und Grundsätze des deutschen Handelsgesetzbuchs, Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland, Rechnungslegung nach International Accounting Standards, passim. 141 Vgl. Dörner in Dörner/Wollmert, lASe-Rechnungslegung, S.4f. 142 Beschlossen 1987, als Exposure Draft 32 im Jahre 1989 vorgelegt und durch die Änderung von zehn Standards (Revised Standards), die am 1.1.1995 in Kraft traten, umgesetzt. Siehe International Accounting Standards Committee, International Accounting Standards 1997, S.26. Abgedruckt auch bei Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V., Rechnungslegung nach International Accounting Standards, Düsseldorf 1995, Anhang 7. 143 Siehe Dörner in Dörner/Wollmert, IASC-Rechnungslegung ... , S.4; Wollmert, IASC-Rechnungslegung, S.3. 144 V gl. van Hulle, Das europäische Bilanzrecht, S.31. 145 Siehe oben S.12 (§2 A. 11.). Vgl. auch Biener in Baetge, Die deutsche Rechnungslegung ... , S.128.
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§ 2 Grundlagen und rechtliche Entwicklung III. Fehlentwicklungen
Die Vernachlässigung der Entwicklung und Stabilisierung eines eigenständigen Rechnungslegungssystems rur die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften geht einher mit der zunehmenden Orientierung einiger EG-Mitgliedstaaten auf die IAS I46 . Wollen sie sich nicht den Rechnungslegungsregeln eines Landes mit großem Kapitalmarkt, wie beispielsweise des US-amerikanischen Marktes, unterwerfen, müssen sich die Mitgliedstaaten, die im Interesse ihrer Unternehmen auf die Leichtigkeit des Kapitaltransfers angewiesen sind, um Angleichung auf einer übernationalen Grundlage bemühen. Das International Accounting Standards Committee, ausgestattet mit entsprechender Autorität durch eine Anerkennung auch durch die nationalen Standardsetzer l47 , eröffnet die Chance einer internationalen Einigung. Indem sich das Committee 1993 bei Absprache mit der internationalen Vereinigung der Börsenaufsichtsbehörden 148 hinsichtlich bestimmter Grundfragen, die bis dahin über Wahlrechte offen gelassen worden waren, für bestimmte Empfehlungen mit mehr anglo-amerikanischer Auslegung entschied,149 wurde eine einheitliche tragflihige Grundlage rur eine internationale Konzernrechnungslegung geschaffen. Diese Grundlage, die schon 1989 mit dem "Framework for the Preparation and Presentation of Financial Statements"ISO vorbereitet wurde, hat die unüberwindlich scheinende Schranke zwischen ,anglo-amerikanischer' und ,kontinental-europäischer' Rechnungslegung durchbrochen. Dem wird künftig nicht entgegenstehen, daß die vom privaten International Accounting Standards Committee festgelegten Regeln keine rechtliche Verbindlichkeit gegenüber den nationalen Staaten haben wie die EG-Richtlinien, die die Mitgliedstaaten nach Art. 189 III EG-Vertrag rechtlich bindenISI. Die faktische Kraft der Vorschläge des International Accounting Standards Committees info 1146 Eiener in Dörner / Wollmert, IASC-Rechnungslegung ... , S. 12 ["flIr eine weltweite Harmonisierung"]. 147 Mitglied im International Accounting Standards Committee sind zwar nicht die Mitgliedstaaten mit ihrer nationalen Rechtsetzungskompetenz selbst, sondern private Vereinigungen. Diesen Vereinen kommt jedoch ein erhebliches Gewicht bei der Setzung der materiellen Rechnungslegungsregeln zu, weil sie zur Normsetzung ermächtigt sind (wie beispielsweise in den USA oder in Großbritannien). Das gilt indes nicht flIr Deutschland, da hier die Zuständigkeit letztlich allein beim Gesetzgeber liegt, der durch die Gerichte kontrolliert wird. Insofern kann flIr Deutschland von der Mitgliedschaft eines nationalen Standardsetzers nicht gesprochen werden. Siehe noch Fn.138. 148 International Organization ofSecurities Commissions (lOSCO). 149 Statement of Intent Comparability of Financial Statements = "Comparability of Financial Statements", als E 32-Projekt (Fn.142). 150 International Accounting Standards Committee, International Accounting Standards 1998, S.29-66. 151 Hinsichtlich "des zu erreichenden Zieles" Geiger, EGV, Art.189 Rdz.9; Grabitz in Grabitz/Hi1f, Art. 189 EGV Rdz.57.
B. Gegenwärtige Entwicklungen
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ge des zunehmenden wirtschaftlichen Drucks nach erleichtertem Kapitalfluß zwischen den Nationen werden bei diesen bloßen ,Empfehlungen' zu der erforderlichen Beachtung im Sinne einer faktischen Geltung fUhren. Daneben filhren Vereinbarungen und die Zusammenarbeit mit der internationalen Vereinigung der Börsenaufsichtsbehörden zu Empfehlungen an die Mitglieder, die jeweiligen nationalen Börsenaufsichtsbehörden, die dann im Bereich der Konzernabschlüsse börsennotierter Unternehmen filr eine Durchsetzung sorgen können. Dieser Prozeß der zunehmenden Bedeutung der lAS 152/153 wird auf längere Sicht dazu filhren, daß besonders in den Ländern, deren vorhandene eigene nationale Regeln den Gedanken eines außerordentlichen Gläubigerschutzes hervorheben (wie in Deutschland) traditionelle Rechnungslegungsregeln jedenfalls insoweit aufgegeben werden müssen, als Konzernabschlüsse betroffen sind l54 • Daß diese Entwicklung in Deutschland inzwischen erkannt wird, zeigt sich nicht zuletzt darin, daß sich Stimmen erheben, die ein Ende der Rechnungslegung nach deutschem Muster 155 oder jedenfalls ein Aufweichen kontinental-europäischer Rechnungslegungsprinzipien fordern i56 . Solche Aussagen lassen aber zugleich deutlich werden, daß die mit dem Bilanzrichtlinien-Gesetz angestrebte Koordinierung und damit Internationalisierung der deutschen Rechnungslegung nicht umfassend als solche begriffen wurde. Eine Annäherung der Rechnungslegungstraditionen war offensichtlich nicht gewolIt I57 • Noch immer wird viel-
152 Durch Vereinbarungen des IA SC mit der internationalen Vereinigung der Börsenaufsichtsbehörden (lOSCO) ist die US-amerikanische Akzeptanz und damit die Akzeptanz in den anderen Ländern nach dem Gegenseitigkeitsgedanken weitgehend vorbereitet; dazu Biener, Festschrift Kropff, S.400f. Hierzu wurden von der IOSCO Core-Standards vorgegeben, an die sich das IASC annähern muß. International Accounting Standards Committee, IASC Insight, Juni 1994, S.6; Kleekämper in Dörner/Wollmert, IASC-Rechnungslegung ... , S.123f. mit Fn.21; Wollmert, IASC-Rechnungslegung, S.5. Zu den Schwierigkeiten Biener in Dörner/Wollmert, IASC-Rechnungslegung ... , S.1923. 153 Es ist nach der derzeitgen Planung davon auszugehen, daß das International Accounting Standards Committee 1999 die Änderungen in die Standards eingearbeitet haben wird, auf deren Grundlage auch die Securities and Exchange Commission der Vereinigten Staaten die International Accounting Standards für die US-amerikanischen Börsen akzeptieren will. 154 Zur Tendenz der Durchsetzung US-amerikanischer Rechnungslegungsrege1n für den Einzeiabschluß, Biener in Baetge, Die deutsche Rechnungslegung ... , S.134; Dörner in Dörner / Wollmert, IASC-Rechnungslegung ... , S.6. 155 Baetge/Commandeur in Küting/Weber, HdR, Ja, §264 RdZ.14. 156 Vgl. Dörner in Dörner/Wollmert, IASC-Rechnungslegung, S.6.; Kühler, Festschrift Budde, S.368, 373. 157 Vgl. oben S.12 (§2 A. 11.) und noch Biener/Schatzmann, Konzernrechnungslegung, S.3.
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§ 2 Grundlagen und rechtliche Entwicklung
mehr trotz wissenschaftlicher Kritik an nationalen Traditionen festgehalten, auch wenn diese in EG-Regelungen nicht ihren Niederschlag gefunden haben 158 • Angesichts dieser Entwicklungen hat der deutsche Gesetzgeber nach Art. I Nr.4 des Kapitalaufnahrneerleichterungsgesetzes 159 den zur Konzernrechnungslegung verpflichteten börsennotierten Mutterunternehrnen unabhängig von einem Auslandsbezug l60 nunmehr ermöglicht, statt eines Konzernabschlusses nach deutschem Handelsrecht einen Konzernabschluß nach "international anerkannten Rechnungslegungsgrundsätzen,,161 aufzustellen, sofern der konkrete Konzernabschluß und Konzernlagebericht im Einklang mit der Siebenten Richtlinie der EG stehen und sofern die Aussagekraft eines solchen Konzernabschlusses und Konzernlageberichts der eines nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches aufgestellten Konzernabschlusses und Konzernlageberichts gleichwertig ist (§ 292 aI/lI HGB n. F.). Ziel dieser Regelung ist es, deutsche Konzerne zu entlasten, die zum Zwecke der Zulassung an ausländischen Börsen oder um der Wünsche ausländischer KapitalanIeger willen einen Konzernabschluß nach international anerkannten Rechnungslegungsgrundsätzen aufstellen l62 . Außerdem wird berücksichtigt, daß sich aus der unterschiedlichen Anwendung von deutschen und / oder internationalen Konzernrechnungslegungsregeln unterschiedliche Konzernergebnisse resultieren.
158 So der Verzicht aufWertaufholung, §280 II HGB (siehe dazu das Beibehaltungsrecht nach §§ 154 II 2, 155 IV AktG a.F.), wenn auch nur noch aus steuerrechtlichen Gründen. Denn die Vorschrift bezieht sich auf alle Arten der Abschreibung (Artt. 35 I c,dd/39 I d der Vierten Richtlinie der EG); vgl. dazu Vogel, Die Rechnungslegungsvorschriften des HGB, S.97-99. Ebenso der Sonderposten mit Rücklagenanteil (§§273, 243 III HGB. Ähnlich § 152 V AktG a.F.); vgl. auch hierzru Vogel, Die Rechnungslegungsvorschriften des HGB, S.89-94. Zum Ganzen Vogel, a.a.O., passim. 159 Gesetz zur Verbesserung der Wettbewerbsfilhigkeit deutscher Konzerne an Kapitalmärkten und zur Erleichterung der Aufnahme von Gesellschafterdarlehen (Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetzes-KapAEG). Noch nicht im Bundesgesetzblatt verkündet. Beschlossene Fassung entspricht der Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages, BT-Drs.13/9909 v. 12.02.1998. 160 Nach §292 all HGB-E-KapAEG sollte rur die Befreiung von den HGBVorschriften erforderlich sein, daß das Mutterunternehmen einen ausländischen Kapitalmarkt in Anspruch nimmt. Dies sollte dann gegeben sein, wenn Aktien oder aktiengleiche Wertpapiere des Mutterunternehmens oder eines Tochterunternehmens oder Derivate dieser Wertpapiere im Ausland in einen organisierten Markt einbezogen sind (§292 a II HGB-E). Diese Beschränkung des Regierungsentwurfs ist aufgegeben worden. 161 Nach Abschn. A, II, 3.1 der Begründung des RegE des KapAEG, BTDrs.13/7141 v. 06.03.1997, 8 (= ZIP 1997,709), sind darunter vor allem Konzernabschlüsse nach US-amerikanischen Rechnungslegungsstandards oder nach den Empfehlungen des International Accounting Standards Committee zu verstehen. Kritisch Niehus, DB 1997, 1421, 1422, 1427. 162 Abschn.III, 1 der Beschlußempfehlung/Bericht des Rechtsausschusses KapAEG, BT-Drs.13/9909 v. 12.02.1998, IOf.
C. Folgerungen ftir die weitere Hannonisierung nach dem BiRiLiG
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Dieses Vorgehen geschieht in der Annahme, daß man weitere internationale Vereinheitlichungen auf der Ebene des Einzelabschlusses durch ein solches Entgegenkommen verhindern könnte. Für die Konzernrechnungslegung bedeutet diese Regelung jedoch, daß dem deutschen Konzernbilanzleser allein eine Konzernbilanz geboten werden kann, die nach ihm unter Umständen unbekannten ausländischen Bilanzierungsregeln erstellt wurde. Denn es würden sich Unterschiede ergeben, die sich dem deutschen Bilanzleser nicht unmittelbar aus dem deutschen Recht erschließen 163. Eine derartige Öffuungsklausel vermag daher auf Dauer kein rechtssicheres Recht fiir die Adressaten des Konzernabschlusses zu schaffen. Die Zulässigkeit einer solchen Regelung erscheint daher zweifelhaft. Dem Gesetzgeber steht es zwar frei, das Konzernbilanzrecht durch eigene abschließende Vorschriften gegenüber dem Einzelbilanzrecht ausdrücklich abweichend zu gestalten und Wahlrechte vorzusehen. Die Erhöhung der Zahl der Möglichkeiten durch Implementierung eines ausländischen Rechts, das zudem nur bedingt staatlich autorisiert ist und sich ändert, erscheint - auch als vorübergehende Regelung - jedoch mehr als bedenklich l64 . Daß auch der Gesetzgeber Bedenken gegenüber seinem eigenen Vorgehen hat, zeigt die Befristung der Anwendung der Vorschrift des § 292 a HGB n. F. auf Geschäftsjahre, die am 31. Dezember 2004 enden (Art. 3 KapAEG). Demgegenüber versucht die Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegenwärtig, die Bemühungen um einen weltweit verwendbaren Konzernabschluß zu unterstützen und insofern beeinflussend zu handeln l65 .
C. Folgerungen für die weitere Harmonisierung nach dem BiRiLiG Selbst international einheitliche Regelungen von der Art der lAS können aber nicht ohne weiteres ein detailliertes Recht der Konzernrechnungslegung hervorbringen. Es fehlt hierfiir ein Rechtssetzungsorgan, das fur die anerkennenden Länder einheitliche, unmittelbare verbindliche Vorschriften schafft, oder jedenfalls ein unmittelbar verbindlich arbeitender Standard Setting Body166 wie beispielsweise des American Instituts of Certified Public Accountants mit seinem Financial Accounting Standards Board l67 • Der Grad der Vereinheitli-
163 Das räumt auch die Begründung zu §292a HGB-E-KapAEG, BT-Drs.1317141, 11, ein. 164 Zu den verfassungsrechtlichen Friktionen, siehe Budde, Festschrift Beisse, S.112f. 165 Biener, Festschrift Kropff, S.402f. 166 Vgl. oben Fn.147. 167 Dieser setzt in Abstimmung mit der US-amerikaischen Securities and Exchange Commission die US-amerikanischen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchftihrung, die Generally Accepted Accounting Principles, fest. Horngrenl Sundeml El/iot, Introduction
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§ 2 Grundlagen und rechtliche Entwicklung
chung wird daher weiterhin von den national zuständigen Körperschaften, deren Willen zur Vereinheitlichung und deren Nähe zu den Rechnungslegungsverpflichteten abhängen l68 • Darüber hinaus sind die lAS gegenwärtig nicht so detailliert wie die US-GAAP, die seit Jahrzehnten vom Financial Accounting Standards Board teils mit System, teils als Reaktion auf aktuelle wirtschaftspolitische Bedürfuisse katalogartig entwickelt werden l69 • Auch muß berücksichtigt werden, daß es sich bei den lAS um bloße Empfehlungen eines privaten Verbandes auf internationaler Ebene gegenüber einer großen Anzahl von Staaten, den Mitgliedern des International Accounting Standards Committee, handelt. Um ein Vielfaches schwieriger wird daher die gesetzliche Umsetzung in Staaten wie in Deutschland sein, bei denen der Gesetzgeber tUr das Bilanzrecht zuständig ist, der mehrere und divergierende Interessen zu berücksichtigen hat. Die Umsetzung erfolgt hier ganz anders als in solchen Staaten, in denen ein mit Fachleuten besetzter Verband, wie der US-amerikanische Financial Accounting Standards Board l70 , nach Art eines Sachverständigengremiums entscheidet. Auch auf der Grundlage der lAS wird es nur dann zu einer Vereinheitlichung kommen, wenn sich die nationalen Regelungssysteme tatsächlich aneinander annähern. Die Abschaffung von Wahlrechten im Rahmen der Erarbeitung von Empfehlungen durch das International Accounting Standards Committee ist dabei geeignet, eine zweckwidrige Anwendung oder Auslegung durch eine Nation demonstrativ festzustellen. Eine Garantie tUr eine entsprechende Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber begründen sie indes nicht. Die vielen Wahlrechte der Siebenten Richtlinie der EG dagegen ließen einer differierenden Umsetzung der EG-Richtlinie in den einzelnen Mitgliedstaaten auf den ersten Blick viel Spielraum. Durch die Richtlinien zur Rechnungslegung sollte den Mitgliedstaaten die Möglichkeit gegeben werden, bei Wahrung der festgelegten Grundsätze besondere eigene nationale Regelungen als Ausnahme beizubehalten. Das war den Beteiligten auf EG-Ebene auch bewußt, wählten sie doch zur Vereinheitlichung der Rechnungslegung das Mittel der Richtlinie im Sinne des Art. 189 III EGV, die nur indirekt Geltung hat, und nicht die unmittelbar geltende Verordnung nach Art. 189 11 EGV. Es hätte mehr berücksichtigt werden müssen, daß EG-Richtlinien zweckgebunden sind. Die Richtlinien und damit auch die Wahlrechte, durften daher nicht nach freiem Ermessen des je-
to Financial Accounting, S.65-67. Siehe auch Haller, Die Grundlagen der externen Rechnungslegung in den USA, S.259f.1209 (7.1.3/6.2.2). 168 V gl. hierzu und zum Gedanken der Vorrangigkeit von Selbstverwaltungsorganen, Biener, Festschrift Kropff, S.405f. 169 Siehe nur Biener in Baetge, Die deutsche Rechnungslegung ... , S.131 ; Kleekämper in Baetge, Die deutsche Rechnungslegung ... , S.47. 170 Beachte die Mischform in Japan: Ministry of Finance und Business Accounting Deliberation Council (BADC).
C. Folgerungen tUr die weitere Harrnonisierung nach dem BiRiLiG
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weiligen Mitgliedstaates umgesetzt werden. Vielmehr hätte durch die BerUcksichtigung der Zwecke der Richtlinie bei der Umsetzung in den Mitgliedstaaten ein vergleichbarer Rechtszustand geschaffen werden mUssen l7l . Das gilt entsprechend für den Gesetzesanwender. Sofern das richtlinienumsetzende nationale Recht unbestimmt ist, muß daher der Rechtsanwender, der das Gesetz anwendet, bei Auslegung des umsetzenden Gesetzes Sinn und Zweck der Richtlinie besonders beachten. Diese Erwägungen betreffen gleichermaßen die internationalen Empfehlungen des International Accounting Standards Committees. Eine bloß förmliche Vereinheitlichung oder gar ein nicht gerUgter Dissens, wie bei der Vierten Richtlinie der EG teilweise praktiziert, wUrden auch hier die Erleichterung des Kapitaltransfers nicht wesentlich befördern. Auch hier bleibt daher das Problem der zweckgebundenen Auslegung der Regelungen in den einzelnen Mitgliedstaaten eine vordringliche Aufgabe.
171 Siehe dazu Beisse, BB 1990, 2011-2012; Bleckmann, ZGR 1992, 374; MeyerArndt, BB 1993, 1623f.; Ordelheide, Festschrift Budde, S.483; Vogel, Die Rechnungslegungsvorschriften des HGB, S.1 08-11 O. Zum EG-Richtlinienrecht allgemein Lutter, JZ 1992, S.604-605.
Erster Teil
Der Zweck des Konzernabschlusses Die mit dem Bilanzrichtlinien-Gesetz eingefilgten Vorschriften über die Konzernrechnungslegung regeln die Konzernrechnungslegung selbst nicht umfassend. Es finden vielmehr durch bezugnehmende Vorschriften die Regeln über den Einzelabschluß Anwendung 172 • In diesem Sinne verweisen auf die Einzelabschlußvorschriften die §§ 298 I, 300, 308 I HGB. Nach § 298 I HGB kommen nur die wesentlichen Vorschriften über den Jahresabschluß zur Anwendung. Eingeschlossen sind die ergänzenden Vorschriften filr Kapitalgesellschaften der §§ 265 f., §§ 268 - 275 und §§ 277 - 283 ff. HGB. Allerdings steht die Anwendbarkeit dieser Vorschriften filr den Einzeiabschluß gemäß § 298 I HGB unter dem Vorbehalt, daß nicht Sondervorschriften bestehen und daß "seine Eigenart [die des Konzernabschlusses; Verf.] keine Abweichung bedingt ... ". Diese Regelung greift damit unmittelbar auf die einschränkende Formulierung der umzusetzenden Vorschrift des Art. 17 I der Siebenten Richtlinie der EG zurück, wonach sich Gliederung und Ansatz l73 im Konzernabschluß nur insofern nach den Vorschriften über den Einzeiabschluß richten, als nicht "Anpassungen" erforderlich sind, "die sich aus den besonderen Merkmalen eines konsolidierten Abschlusses im Vergleich zum Jahresabschluß zwangsläufig ergeben"l74. Bereits dieses Gebot der Anpassung sowohl in der Siebenten Richtlinie der EG als auch im Handelsgesetzbuch macht deutlich, daß die Vorschriften filr den Einzelabschluß nicht einfach übernommen werden dürfen.
172 Siehe dazu im folgenden S.60 -90 (Zweiter Teil). Zu den Einschränkungen durch Quotenkonsolidierung nach §310 HGB, siehe nur BuddelSuhrbier in Beck BiI-Komm., §310 Rdz.50-54. 173 Zwar spricht die Siebenten Richtlinie der EG nicht ausdrücklich von Ansatz, sondern nur von "Gliederung". Daß dieser Begriff den Ansatz einschließt, ergibt sich aber schon daraus, daß die Vorschriften, auf die verwiesen wird, nicht nur die Gliederung, sondern auch den Bilanzansatz betreffen. 174 Fast wortgleich formuliert die englische Fassung: " ... the essential adjustments resulting from the particular characteristics of consolidated accounts as compared with annual accounts." Und wieder sehr ähnlich die französche Fassung: " ... et compte tenu des amenagements indispensables resultant des caracteristiques propres aux comptes consolides par rapport aux comptes annuels."
I.Teil: Der Zweck des Konzemabschlusses
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Mit der wörtlichen Beschreibung einer "Eigenart" - im Unterschied zu den besonderen Merkmalen im Sinne des Art. 17 der Siebenten Richtlinie der EG des Konzernabschlusses schreibt das Handelsgesetzbuch al1erdings noch deutlicher als die Siebente Richtlinie der EG dem selbständigen Konzernabschluß gegenüber dem Einzelabschluß einen besonderen Zweck zu, an dem sich die Übernahme und Anpassung der Einzelabschlußvorschriften ausrichten muß. Damit stel1t die Formulierung des Handelsgesetzbuches ausdrücklich fest, daß der Konzernabschluß als eigene Art neben den Einzelabschluß tritt. Genau nach dieser Eigenart des Konzernabschlusses müssen die übernehmenden Vorschriften ausgelegt werden. Das Erfordernis der Anpassung der Einzelabschlußvorschriften verlangt es, die Eigenart und damit die unterschiedliche Zwecksetzung des Konzernabschlusses im Verhältnis zum Einzelabschluß genau zu bestimmen. Den materiellen Inhalt der Eigenart des Konzernabschlusses, die vom Bilanzrichtlinien-Gesetz und von der Richtlinie deutlich genannt wird, gestaltet das Handelsgesetzbuch in der Fassung des Bilanzrichtlinien-Gesetzes nicht umfassend selbst aus, sondern deutet ihn nur an. So lassen sich lediglich aus den spezialgesetzlichen Regelungen der §§ 290 - 315 HGB Hinweise auf die Zwecksetzung des Gesetzgebers entnehmen 175 • Zur Konkretisierung muß hier auch der Inhalt der umgesetzten Siebenten Richtlinie der EG herangezogen werden. So formuliert die Präambel der Siebenten Richtlinie der EG, daß ein konsolidierter Abschluß erstellt werden muß, "damit die Informationen über die finanziel1en Verhältnisse dieser Unternehmenszusammenschlüsse zur Kenntnis der Gesel1schafter und Dritter gebracht werden [, ... ],,176. Im Mittelpunkt des Konzernabschlusses steht folglich die Informationsfunktion und damit die Unterrichtung bestimmter Personen 177. Der Konzernabschluß soll die Adressaten vom Ergebnis der wirtschaftlichen Vorgänge eines Konzerns durch eine zahlenf6rmige Abbildung in Kenntnis setzen I78 • Er gibt Auskunft über Erfolg und Vermögen mehrerer zusammengeschlossener Unternehmen als Gesamtheit im Sinne des § 290 HGB, als einziges Unternehmen 179 • Da aber der Konzern keine rechtliche Selbständigkeit hat, an welche die rechtliche Pflichten anknüpfen könnten, muß mithin über eine fingierte Einheit berichtet werden. Damit ist Gegenstand der Konzernrechnungslegung ein für die Rechnungslegung als Einheit zu betrachtender ZusammenSiehe dazu im folgenden, insbesondere S.49 -53 (§4 C. 11. 2.). Abs.5 S.I der Präambel der Siebenten Richtlinie der EG. 177 KütinglS. Hayn in KUting/Weber, HdKI, Kap.! Rdz.40. Zum AktG 1965 a.F. Kranstein in Kölner Kommentar z. AktG (1.), Vorb§329 Rdz.7. 178 Zum AktG 1965 a.F. Kranstein in Kölner Kommentar z. AktG (1.), Vorb§329 Rdz.7. 179 Siehe §297 III I HGB. 175
176
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I.Teil: Der Zweck des Konzernabschlusses
schluß von Mutter- und Tochterunternehmen, der selbst nicht rechtsfilhig ist. Rechtliche Zuweisungen von Vennögensgegenständen und Verbindlichkeiten müssen daher zwingend vom einzelnen einbezogenen Unternehmen her erfolgen. Da aber auch der Einzelabschluß der Infonnation dieneso, bedarf die genannten Infonnationfunktion des Konzernabschlusses einer genaueren inhaltlichen Bestimmung, um die Modifizierungen der Einzelabschlußvorschriften durch die Verweisungsvorschriften des Konzernrechnungslegungsrechts bestimmen zu können.
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Siehe dazu im folgenden S.30 (§3 A. 1.).
§ 3 Die nicht einschlägigen Zwecke des Einzelabschlusses A. Die Zwecke des Einzelabschlusses I. Die drei Zwecke des Einzelabschlusses
Auch die Rechnungslegung rur rechtlich selbständige Kapitalgesellschaften ist als Dokumentation der wirtschaftlichen Vorgänge im Unternehmen Informationsmittel zugunsten der Informationsbelange von Gesellschaftern, Gläubigem und sonstigen Informationsadressaten i81. Anders als die Konzernrechnungslegung dient sie darüber hinaus noch zwei weiteren Zwecken: der Gewinnbemessung und dem Gläubigerschutz 182 • Zum einen ist die Rechnungslegung rur das Einzelunternehmen Grundlage rur die Bemessung des Gewinns, der an die Gesellschafter zu verteilen ist (§ 58 AktG, § 29 GmbHG). Dagegen bezweckt sie nur mittelbar die Ermittlung eines richtigen steuerrechtlichen Gewinns l83 • Schon die Formulierung der Artt.35 I lit. d und 39 I lit. e der Vierten Richtlinie der EG, wonach die rein steuerrechtlichen Wertansätze "hinreichend zu begrilnden" sind, zeigt deutlich, daß die steuerrechtliche Gewinnermittlung nicht zu den Primärzwecken des Einzelabschlusses gehört. Andernfalls wäre eine solche Sonderregelung zweckkonform und damit nicht besonders zu erwähnen gewesen. Zum anderen dient die Rechnungslegung in Verbindung mit den Kapitalerhaltungsvorschriften (§§ 57 f. AktG, §§ 30 ff. GmbHG) bei Kapitalgesellschaften dem Gläubigerschutz. Diese weiteren Zwecke des Einzelabschlusses, der Zweck der Gewinnbemessung und der Zweck des Gläubigerschutzes durch Kapitalerhaltung, kommen beim Konzernabschluß schon begrifflich nicht zum Tragen l84 . So kann es rur 181 Zur Informationsfunktion, siehe im folgenden S.38 mit Fn.210 (§3 B.). Zu den konkreten Informationsinteressen der Adressaten BaetgelThiele, Festschrift Beisse, S.15. 182 Ähnliche Differenzierung bei Ad/erlDüringlSchmaltz (6.), §242 Rdz.29f.; BuddelKarig in Beck BiI-Komm., §264 Rdz.35; Scholz-Crezelius, GmbHG, Anh.§42a Rdz.38; Hachenburg (7.)-Goerdelerl Müller, GmbHG, §42 Rdz.7; Kupsch in Hofbauer/Kupsch, BoHR, Einf. B, Rdz.67, 161. Ähnlich, aber weiter differenzierend Castan in BeckHdR, B 100, Rdz.I-19. Im Ergebnis erfassen auch Baetge, Bilanzen, Abschn.132 (S.33-4l); BaetgelApelt in HdJ, Abt.I/2, Rdz.36, alle Zwecke .. 183 Siehe zum steuerrechtlichen Bezug der Bilanz unten S.57 (§4 E.) und S.143-163 (§ 10 C.), insbesondere S.147-149 (§ 10 C. I. 4.). 184 EmmerichlSonnenschein, Konzemrecht, §30,III (S.471 f.); KütinglS. Hayn in Küting/Weber, HdKI, Kap.I Rdz.43.
4 Kramer
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§ 3 Die nicht einschlägigen Zwecke des Einzelabschlusses
den Konzernabschluß keine gesellschafterbezogene Gewinnbemessung geben. Der Jahresabschluß hat bei Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften die Aufgabe, den Anspruch der Gesellschafter auf ihren Ergebnis- oder Gewinnanteil, also ihr Gewinnbezugsrecht, meßbar zu machen 185. So stellt § 29 I GmbHG rur die GmbH I86 und §§ 58 III-V AktG fiir die Aktiengesellschaft l87 , § 120 I HGB rur die OHG I88 und § 16711 HGB rur die KG hinsichtlich des Gewinnverwendungsbeschlusses mit den Begriffen Jahresüberschuß oder Bilanzgewinn auf die Ergebniszahlen aus der Rechnungslegung ab (§ 268 HGB). In Verbindung mit einem dichten Regelungssystem rur die Gewinnermittlung in Gestalt vor allem der Rechnungslegungsvorschriften des Handelsgesetzbuches sollen die Gesellschafter davor bewahrt werden, daß der ihnen anteilig zustehende Gewinn durch eine willkürliche Bilanzierung schon vor einem Gewinnverteilungsbeschluß verkürzt wird, nämlich im Rahmen der Gewinnermittlung, insbesondere durch die Mittel der Sonderabschreibung von Aktiva und der intensiven Bildung von Rückstellungen l89 . DiesesJnteresse an mittelbarer Ausschüttungsbemessung besteht hinsichtlich des Konzernabschlusses nicht. Da der Konzern selbst nicht gewinnverteilungsberechtigt und -verpflichtet ist, gibt es im Konzern nicht das Ziel der ausschüttungsgewährleistenden Bilanzierung l9o • Ein mitgliedschaftlicher Gewinnanspruch richtet sich nur gegen das rechtlich selbständige Konzernunternehmen. Ausschüttungen werden allein vom rechtlich selbständigen Konzernunternehmen vorgenomrnen l91 . Deshalb bedarf der Konzernabschluß nach § 337 11 AktG auch keiner Feststellung 192 , die rur den Einzelabschluß obligatorisch ist (§§ 42a 11,2911 GmbHG, §§ 172 f. AktG; § 120 HGB)\93. Daß das Konzernergebnis fiir die Beurteilung der Gewinnausschüttung des Mutterunternehmens faktisch häufig berücksichtigt wird, steht dieser rechtlichen Irrelevanz des KonzernabKupsch in Hofbauer/Kupsch, BoHR, Einf. B, Rdz.67, 158. Siehe dazu nur LutterlHommelhojJ, GmbHG, §29 Rdz.3. 187 Siehe dazu nur Lutter in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §58 RdzA, 65. 188 Siehe dazu nur Baumbachl Hopt, HGB, § 120 Rdz.l. 189 Ellerich in Küting/Weber, HdR, Ia, Kap. I Rdz.188; Kupsch in Hofbauer/Kupsch, BoHR, Einf. B, Rdz.67, 158. Zur Einschränkung der aktuellen Ausschüttung durch Beschluß in der GmbH LutterlHommelhojJ, GmbHG, §29 Rdz.3. 190 Zu einer Bemessung der Ausschüttung nach dem Konzernabschluß de lege ferenda, Busse von Colbe, Festschrift Goerdeler, S.69-76. 191 Zur Ausnahme des Ausgleichsanspruchs bei Gewinnabflihrungsverträgen §304 AktG. Dazu Biedenkopf/Koppensteiner in Kölner Kommentar z. AktG (1.), Vorb§304 Rdz.l ff. 192 Für eine Pflicht zur "Feststellung" des Konzemabschlusses de lege ferenda, KropjJ, Festschrift Claussen, S.674. 193 Zutreffend hebt Xenides, Die Einheitlichkeit der Bewertung im Konzernabschluß, S.19, die besondere Bedeutung hervor, die durch das Entfallen der gesellschaftsrechtlichen Kontrolle der Prüfung des Konzernabschlusses durch den Abschlußprüfer zukommt. 185
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A. Die Zwecke des Einzelabschlusses
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schlusses rur die Gewinnausschüttung nicht entgegen l94 . Als Abschluß einer fiktiven Einheit kann zwar der Konzernabschluß den Gesellschaftern der Konzernunternehmen bezüglich der Ausschüttungsbemessung zusätzliche und korrigierende Informationen über die wirtschaftliche Lage des Konzerns geben, die eine wirtschaftlich sinnvolle Beurteilung des einzelnen Unternehmens erst ermöglichen l95 . Aus den Einzelabschlüssen des Mutterunternehmens und der Tochterunternehmen allein ist nämlich häufig nicht ersichtlich, inwiefern das vom Einzelabschluß gelieferte Bild der wirtschaftlichen Lage des Konzerns durch nicht marktkontrollierte Rechtsbeziehungen zwischen Konzernunternehmen beeinträchtigt ist. Auch der Zweck des Gläubigerschutzes durch Kapitalerhaltung fehlt beim Konzernabschluß. Diesen Schutz kann der Konzernabschluß nicht bewirken l96 • Wie schon gezeigt 197 , erfolgt Ausschüttung rechtlich allein nach den Ergebnissen des Einzelabschlusses. Die Kapitalerhaitungsregeln für die GmbH und die Aktiengesellschaft bauen allein auf den Einzelabschlüssen auf und beschränken die Kompetenz der Gesellschaftsorgane der jeweiligen Konzernkapitalgesellschaft hinsichtlich der Verwendung des Kapitals der Gesellschaft. So sind der GmbH nach § 30 I GmbHG Ausschüttungen untersagt, die dazu ruhren, daß nach der Ausschüttung das Aktivvermögen der Gesellschaft abzüglich aller Schulden in seinem Wert unter den Wert der Stammkapitalziffer sinkt l98 • Formal strenger bestimmen §§ 57, 58 V AktG, daß an die Aktionäre nur der ausgewiesene Bilanzgewinn ausgeschüttet werden darC 99 • Der Konzern ist dagegen nicht ausschüttungsberechtigt und -verpflichtet. Bei ihm gibt es daher an sich keine Ausschüttungen, die ein Garantiekapital mindern könnten 2oo , und damit keinen Gläubigerschutz durch Kapitalerhaltung. Ein Kapitalschutz nach den Regeln des Aktiengesetzes und des GmbHG wäre aber auch überflüssig, würde er doch den Gläubigem der einzelnen Konzernunternehmen keine weitere Sicherheit liefern.
194 Vgl. dazu auch Abs.15 der Vorbemerkungen zu den §§329-338 des RegE Aktiengesetz 1965. Zu einer Beurteilung der Angemessenheit der Ausschüttung der Obergesellschaft nach dem Konzernabschluß, Kropf!, Festschrift Claussen, S.660. 195 Zu dieser Korrekturfunktion, siehe im folgenden insbesondere S.50-54 (§4 C. 11. 2.). 196 AdlerlDüringlSchmaltz (6.), Vor§§290-315 Rdz.16. Zur Bemessung des zur Erhaltung des Garantiekapitals notwendigen Vermögens auch nach dem Konzernabschluß, Schneider, ZGR 1984, 520f. 197 Siehe oben S.33. 198 BaumbachlHueck, GmbHG §30 Rdz.6 m.w.N.; LutterlHommelhof!, GmbHG, §30 Rdz.2,9-15; Scholz-H.P. Westermann, GmbHG, §30 RdZ.14. 199 Dazu Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), § 170 Rdz.13; Lutter in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §57 RdZ.6. 200 Siehe oben S.34 mit Fn. 191 (§ 3 A. 1.).
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§ 3 Die nicht einschlägigen Zwecke des Einzelabschlusses
Hilfreich kann der Konzernabschluß filr die EinzeIabschlußzwecke der Ausschüttungsbemessung und des Gläubigerschutzes durch Kapitalerhaltung nur insoweit sein, als er ergänzende Informationen, namentlich filr die EinzeIabschlußadressaten, liefert201 • Darüber hinaus hat der Konzernabschluß mittelbar Auswirkungen auf vertragliche Regelungen. So knüpfen beispielsweise die Regelungen über eine Gewinnbeteiligung der Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft vielfach an der Konzernerfolg an. 11. Die Folgerungen für die Einbeziehung der Vorschriften für den EinzeIabschluß
Für die Anwendung der Normen des Einzelabschlusses auf den Konzernabschluß muß daher dieser Zweckunterschied berücksichtigt werden. Angesichts der Verselbständigung des Konzernabschlusses202 und der Regeln seiner Aufstellung kann nicht mehr unmittelbar auf die Kommentierungen zu den EinzeIabschlußvorschriften zurückgegriffen werden, da die Auslegung der EinzeIabschlußvorschriften nicht allein auf der Informationsaufgabe beruht, sondern vorrangig durch die Zwecke der Gewinnbemessung und des Gläubigerschutzes bestimmt ist. Aber auch soweit der EinzeIabschluß wie der Konzernabschluß der Information dient, ist zu berücksichtigen, daß dieser Informationszweck beim EinzeIabschluß und Konzernabschluß unterschiedlich ausgestaltet ist203 • Daher können auch die vorrangig auf der Grundlage des Informationszwecks des Einzelabschlusses ausgelegten Normen mit ihrer konkreten Auslegung nicht ohne weiteres auf den Konzernabschluß übertragen werden. Erst recht gilt dies fiir die vorrangig unter den Gesichtspunkten des Gläubigerschutzes durch Kapitalerhaltung und der Gewinnbemessung ausgelegten204 EinzeIabschlußvorschriften der §§ 244 - 256 und der §§ 265, 266, 268 - 275, 277 - 283 HGB. Mit ihren Konkretisierungen dürfen sie nicht ohne weiteres auf den Konzernabschluß angewendet werden. Sie müssen zunächst gewissermaßen 201
1.).
Zu dieser eingeschränkten Ergänzungsfunktion nachfolgend S.42-43 (§4 A. 11.
Siehe oben S.IO -l3 (§2 A. 11.). Zur abweichenden Informationsfunktion, siehe den folgenden Abschnitt (§3 B.). 204 AdlerlDüringl Schmaltz (6.), §264 Rdz.106 [fur die Bewertung]; Buddel Karig in Beck Bil-Komm., §264 Rdz.35; BuddelGeißler in Beck Bil-Komm., §252 Rdz.32; Moxter, Festschrift HeImrich, S.7l3, 718f.; Serve, WPg 1993, 654 m Fn.12, 657; Streim, Festschrift Moxter, S.399, 406; ders. in Hotbauer/Kupsch, BoHR, §264 Rdz.14. Demgegenüber sehen das Rechenschaftsziel zumindest gleichberechtigt Baetge, Bilanzen, Abschn.l33 (S.43); BaetgelApelt in HdJ, Abt.I/2, Rdz.47; Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §264 HGB Rdz.16; Ellerich in Küting/Weber, HdR, Ia, Kap.! Rdz.181-191; LejJson, GoB, Abschn.322.0 (S.99f.); NiehuslScholz in MeyerLandrut/Miller/Niehus, GmbHG, §§238-335 HGB Rdz.103; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.26. Siehe dazu auch unten S.56 (§4 E.). 202 203
A. Die Zwecke des Einzelabschlusses
37
auf ihren Wortlaut reduziert werden, um Beeinflussungen durch die vom Einzelabschluß resultierenden Zwecke zu verhindern, die filr den Konzernabschluß ohne Bedeutung sind. Weiterhin ist zu berücksichtigen, daß die Auslegung der Normen der §§ 238ff. HGB gegenwärtig noch durch die Annahme einer Vorrangigkeit des Kapitalerhaltungsgedankens gekennzeichnet ist20s • Im Vordergrund steht eine , vorsichtige' Bilanzierung, die Verluste eher zu frUh, Erträge eher später ausweist, so daß die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens eher schlechter als der Wirklichkeit entsprechend ausgewiesen wird. Vorrangig soll der Gläubiger geschUtzt werden, indem ihm im Falle des Konkurses eher ein Mehr an Gesellschaftsverrmögen zur Befriedigung zur VerfLigung gestellt wird. Dieser Schutz der Gläubiger über eine ,vorsichtige' Bilanzierung erfolgt also zusätzlich zu den Kapitalerhaltungsregelungen des § 30 I GmbHG und der §§ 57,58 V AktG, die ausdrücklich zum Schutz der Gläubiger den mißbräuchlichen Abzug von Kapital durch die nicht persönlich haftenden (§ 13 II GmbHG, § 1 12 AktG) Kapitalgesellschaftero6 verhindern sollen. Diese Vorschriften zeigen, daß nach den Kapitalerhaltungsregeln gerade kein absoluter Gläubigerschutz besteht. Sie unterbinden nicht die Vornahme und Durchfilhrung von unter Umständen ungünstigen Geschäften mit Dritten, verhüten also nicht Minderungen des Gesellschaftsvermögen durch erfolglose Geschäfte mit Dritten207 • Gegen Beeinträchtigungen des gesamten Gesellschaftsvermögens durch operative Verluste schützt somit der Einzelabschluß in Verbindung mit den Kapitalerhaltungsregeln nicht. Eine derartig weitreichende Finanzverantwortung208 der Kapitalgesellschafter filr jede Minderung des zur Verfiigung stehenden Gesellschaftsvermögens will die Einrichtung der Haftungsbeschränkung auf die rechtlich selbständige Kapitalgesellschaft gerade verhindern. FUr den Einzelabschluß wird dennoch der Schutz der Gläubiger über die Kapitalerhaltungsregeln hinaus durch eine ,vorsichtige' Bilanzierung ausgedehnt. Damit ist die Auslegung der Einzelabschlußvorschriften besonders von einem so verstandenen Gläubigerschutz geprägt.
Siehe dazu die in Fn.204 Genannten. Zur GmbH Scholz-H.P. Westermann, GmbHG, §30 Rdz.l. Zur AG Lutter in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §57 RdZ.2. 207 Siehe nur Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, §30 RdZ.2. 208 Zum Begriff der Finanzverantwortung LutteriHommelhoff, GmbHG, §32a1b Rdz.3. 205
206
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§ 3 Die nicht einschlägigen Zwecke des Einzelabschlusses
B. Der Informationszweck des Einzelabschlusses im besonderen Wenn also den vorrangigen Einzelabschlußzwecken im Konzernabschluß keine Bedeutung zukommen kann, kann lediglich noch der Informationszweck des Einzelabschlusses, nämlich bestimmte Personengruppen, namentlich die nicht an der Geschäftsfilhrung beteiligten Gesellschafter des Mutterunternehmens, Gesellschafter der Tochterunternehmen, die geschäftsführenden Unternehmer selbst, aber auch die Gesellschaftsgläubiger, die Arbeitnehmer und schließlich die Öffentlichkeit, über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens zahlenmäßig zu informieren209 , auf den Konzernabschluß zur Anwendung kommen. Diese Informationsfunktion des Einzelabschlusses ähnelt der bereits angesprochenen des Konzernabschlusses, ist aber mit ihr nicht identisch. Zur Informationsfunktion des Einzelabschlusses gehört, daß sich besonders nicht geschäftsführende, aber sachverständige Personen mit Hilfe des Jahresabschlusses einen zusammengefaßten zahlenmäßigen Überblick über die Lage des Unternehmens verschaffen können2lO • Diese Informationaufgabe des Einzelabschlusses belegen die Regelung der Buchführungspflicht in § 238 I 1/2 HGB und die Regelung der Pflicht zur Aufstellung eines Jahresabschlusses in § 242 HGB. Wenn die Informationserteilung gegenüber den nicht geschäftsführenden Gesellschaftern erfolgt, läßt sich die Informationspflicht als Pflicht zur Rechenschaft im Sinne der §§ 666, 259 I BGB beschreiben. Für Kapitalgesellschaften wird diese Informationspflicht insofern konkretisiert211 , als verschärfend verlangt wird, daß der Jahresabschluß der Kapitalgesellschaft "unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft" vermitteln muß. Diese Informationen, die aus dem Einzelabschluß hervorgehen sollen, geben verschiedenen Adressaten, privaten und staatlichen, Entscheidungsgrundlagen für ihr Handeln. So haben gegenwärtige und potentielle künftige Gesellschafter - je nach Art des Gesellschaftsvertrages - auf der Grundlage des Jahresabschlusses die Möglichkeit, eine Beteiligungsentscheidung zu treffen oder eine bereits getroffene zu revidieren 212 oder auch unter Umständen unternehmerische Ent209 AdlerlDüring/Schmaltz (6.), Vor§§290-3l5 Rdz.16; Busse von Colbe/ Ordelheide, Konzernabschlüsse (6.), S.19-22 (Kap. 1,11,4.1); Hüffer in Großkomm. HGB, Vor§238 Rdz.2; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Vor§41 Rdz.6. Siehe noch Niehus, Festschrift Moxter, S.638; Serve, WPg 1993, 658 m.w.N.; Schruff, W., Einflüsse der 7.EGRichtlinie, S.46f. 210 Baetge/Apelt in HdJ, Abt.I/2, Rdz.39-44; Ellerich in Küting/Weber, HdR, Ia, Kap.I Rdz.184; LejJson, GoB, Abschn.320 (S.63-72/81-84); Niehus/Scholz in MeyerLandrut/Miller/Niehus, GmbHG, §§238-335 HGB Rdz.l00. 211 Adler/ Düring/Schmaltz (6.), §242 Rdz.5. 212 LutterlHommelhoff, GmbHG, Vor§41 Rdz.6.
B. Der Infonnationszweck des Einzelabschlusses im besonderen
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scheidungen in der Gesellschaft zu beschließen2l3 • Gläubiger können von neuen oder weiteren Geschäftsbeziehungen Abstand nehmen, wenn der Jahresabschluß ein zu negatives Bild der Vennögens-, Finanz- und Ertragslage liefert. Hiennit werden die Gläubiger der Kapitalgesellschaft also durch Infonnation ergänzend geschützt, indem ihnen - neben dem bilanziellen Kapitalerhaltungsschutz - ganz bestimmte Infonnationen über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens zwingend zur Verfiigung gestellt werden müssen214 • Mit der Rechnungslegung haben mithin Gesellschafter und Gläubiger eine gewisse Grundlage, auf der sie die Entwicklungsmöglichkeit und die Kreditwürdigkeit der Gesellschaft beurteilen können 215 • Daneben dient die Aufklärung über die Lage des Unternehmens schließlich auch der Infonnation des Staates, der - wenn auch mit Änderungen - das Ergebnis des Jahresabschlusses zur Grundlage der Bemessung der Ertragsteuern (§ 5 I EStG, § 8 I KStG, §§ 6 S. 1, 7 GewStG) macht216 •
Castan in BeckHdR, B 100, Rdz.7. Siehe dazu besonders Hachenburg (7.)-GoerdelerIMüller, GmbHG, §42 Rdz.7 [Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Bilanzrichtlinien-Gesetzes]. 215 LutterIHommelho/f, GmbHG, Vor§41 Rdz.6. Zu den Grenzen des Infonnationswertes des Konzernabschlusses Küting/Weber in Küting/Weber, HdKl, Kap.I Rdz.396213
214
451.
216 Castan in BeckHdR, B 100, Rdz.l; Baetge, Bilanzen, Abschn.132.1 (S.33). Allgemein zu steuerlichen Zwecken im Konzernabschluß unten S.143-163 (§ 10 C.), insbesondere S.147-149 (§ 10 C.I. 4.).
§ 4 Der Informationszweck beim Konzernabschluß A. Problem Demgegenüber wird der Informationszweck des Konzernabschlusses ähnlich, aber doch eigenständig bestimmt. Ist das rechtlich selbständige Unternehmen in ein Abhängigkeitsverhältnis im Sinne des § 290 HGB eingebunden, so geht das Gesetz davon aus, daß die Zahlen aus den Einzelabschlüssen nicht mehr ausreichen, um die wirtschaftliche Lage des Unternehmens möglichst wahr abzubilden. Eine solche Abhängigkeit liegt gemäß § 290 HGB vor, wenn ein Unternehmen unter einheitlicher Leitung einer Kapitalgesellschaft mit einem anderen Unternehmen zusammengefaßt ist (Abs. li 17 oder wenn ein Unternehmen einem Unternehmensverbund einer Kapitalgesellschaft mit Beherrschungsmöglichkeit untergeordnet ist (Abs.2)2\8. Derartige Abhängigkeitsverhältnisse zwischen rechtlich selbständigen Konzernunternehmen ermöglichen die Durchführung auch solcher Geschäfte, die zwischen wirtschaftlich selbständigen Unternehmen nicht oder zumindest nicht in dieser Form vorgenommen worden wären 219 • So kann ein eingebundenes Unternehmen zu Lieferungs- und Leistungsgeschäften und Kreditgeschäften gebracht werden, die ihren Grund in dem Konzemverhältnis haben und nicht im wirtschaftlichen Interesse der Gesellschafter der Tochtergesellschaft oder auch nicht im wirtschaftlichen Interesse der Gesellschafter der Muttergesellschaft stehen. Die Geschäftsftlhrung des Mutterunternehmens kann Gewinne verschieben oder dort entstehen lassen, wo es von ihrem Standpunkt aus von Vorteil ist. Das Mutterunternehmen kann beispielsweise ein Produkt konzernintern unter Marktpreis220 veräußern. Ein derartiges Geschäft führt dann bilanziell zum Ausweis eines niedrigeren Gewinns oder gar eines Verlustes beim Mutterunternehmen. Andererseits bleibt dem Mutterunternehmen der nunmehr beim Tochterunternehmen liegende Gewinn erhalten, da das Mutterunternehmen jedenfalls über seine Beherrschungsmöglichkeit auf das Tochterunternehmen Einfluß nehmen kann. Ohne Vorliegen der Konzernver217 Bei Vorliegen einer Beteiligung im Sinne des §27l I HOB, also dauernd dienender Anteil. 218 Angelsächsiches Controll-Konzept. 219 Siehe nur AdlerlDüringlSchmaltz (6.), Vor§§290-3l5 Rdz.l2; Busse von Colbel Ordelheide, Konzernabschlüsse (6.), S.l6f. (Kap.l H. 2.2); Hartle in BeckHdR, C 10, Rdz.ll; Staks in Küting/Weber, HdKI, l.Auflage, Kap. I RdZ.213. 220 Sog. (Konzern-)Verrechnungspreise. Siehe dazu Knopl Küting in Küting/Weber, HdR, Ja, §255 Rdz.20.
B. Korrekturen im EinzeIabschluß
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bundenheit wäre indes dieses Geschäft nie abgeschlossen worden, das Mutterunternehmen hätte vielmehr der Verrechnung entsprechend einen höheren Bilanzgewinn ausweisen müssen. Ebenso sind Gewinnverlagerungen durch Verkäufe über dem Marktpreis möglich. Derartige für das einzelne Konzernunternehmen nachteilige Geschäfte, die Marktgesetzen zuwiderlaufen, können bei Vorliegen eines Konzerns im Sinne des § 290 HGB vorgenommen werden, da ein einheitliches wirtschaftliches Ziel für den einheitlich gesteuerten oder steuerbaren Konzern besteht. Transaktionen zwischen konzernverbundenen Unternehmen sind also marktfrei, aus rein konzernverbandsrechtlichen Gesichtspunkten möglich. Das rechtlich selbständige Unternehmen würde derartige Geschäfte zu diesen Bedingungen mit konzemaußenstehenden Unternehmen nie abschließen221 • Für ein "leitendes" Unternehmen im Sinne des 290 I HGB oder für ein Unternehmen, das über Beherrschungsmacht im Sinne des § 290 II HGB verfügt, ist es daher auch möglich, durch Vermögens-, Erfolgs- und Liquiditätsverlagerung und -veränderung seine und die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines Tochterunternehmens und damit dessen Abbildung im lahresabschluß willkürlich zu beeinflussen222 • Solche konzerninternen Geschäfte werden zwar nicht ausschließlich um der bilanziellen Beeinflussung willen vorgenommen 223 • Sie führen aber typisch erweise dazu, daß die Informationsmöglichkeit der Adressaten des Einzelabschlusses eingeschränkt wird. Die Abbildung der wahren wirtschaftlichen Lage des Unternehmens ist nicht mehr gewährleistet. Neben der Information kann das Mutterunternehmen mit der Vornahme und dem Ausweis derartiger konzern interne Geschäfte sogar die Ausschüttungsbemessung der jeweiligen Einzelabschlüsse der Konzernunternehmen in gewissem Umfang beeinflussen.
B. Korrekturen im Einzelabschluß I. Mögliche Korrekturen
Den möglichen Verzerrungen im Einzelabschluß durch konzernbeeinflußte Geschäfte hätte man mit der Pflicht zur Beseitigung konzernlicher Transaktionen in den Einzelabschlüssen abhelfen können. Dafür hätten Gliederungsschemata vorgeschrieben werden müssen, die die Konzerneinflüsse in gesonderten Bilanzposten hätten bündeln können. Man hätte dafür auf dem schon 1931 im
Baetge, Konzernbilanzen, Abschn.152.41 (S.33). Groß/eid, Bilanzrecht, Rdz.530f. 223 Vgl. beispielsweise zum steuerlichen Zweck der Gewinnthesaurierung bei Auslandstöchtern, Kropf!, Festschrift Claussen, S.662. 22\
222
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§ 4 Der Informationszweck beim Konzernabschluß
Handelsgesetzbuch angelegten System des gesonderten Ausweises der Verbindungen zu verbundenen Unternehmen 224 aufbauen können. Eine solche Form der korrigierenden Darstellung hätte rur den Adressaten des jeweiligen Einzelabschlusses den Vorteil gehabt, schneller die konzernunabhängige wirtschaftliche Lage seines Unternehmens zu erfassen. 11. Korrekturvorschriften seit 1931
Die gesetzlichen Korrekturen des Konzerneinflusses im Einzelabschluß beschränken sich seit der ersten Regelung durch die Notverordnung von 1931 225 auf bestimmte Ausweispflichten in der Bilanz und Pflichten zu ergänzenden Angaben in Geschäftsbericht oder Anhang. Die Verbindungen zu verbundenen Unternehmen mußten danach in gewissem Umfang betragsmäßig erwähnt werden 226 • Eine völlige Aufdeckung des Konzerneinflusses wurde nicht herbeigeführt. Nach dem BilanzrichtIinien-Gesetz sind gemäß § 266 11, A,IIl, Nr. I/B, III, Nr.l HGB Anteile an verbundenen Unternehmen im Sinne des § 271 11 HGB und nach § 26611, A,III,Nr.3 HGB Beteiligungen im Sinne des § 271 I HGB gesondert auszuweisen227 • Auszuweisen sind damit alle Beteiligungen an Unternehmen, die als Mutterunternehmen oder Tochterunternehmen in einen Konzernabschluß nach den Vorschriften über die Vollkonsolidierung einzubeziehen sind oder einzubeziehen wären 228 • Auch werden die Forderungen zwischen diesen verbundenen Unternehmen gesondert ausgewiesen 229, gegliedert nach Forderungen, die gegen Hingabe von Kapital entstanden sind 230 (§ 266 11, A, III, Nr.2 HGB - Ausleihungen an verbundene Unternehmen), sowie nach sonstigen Forderungen, insbesondere Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, aus sonstigem Verrechnungs- und Finanzverkehr und aus Beteiligungserträgen und Unternehmensverträgen 231 (§ 266 11, B,II,Nr.2 HGB - Forderungen gegen verSiehe dazu S.42 -43 (§4 B. 11.). Verordnung des Reichspräsidenten über Aktienrecht, Bankenaufsicht und über Steueramnestie vom 19.5eptember 1931, RGBI.I 1931,493-509 (439). Siehe dazu auch Abs.3 der Vorbemerkungen zu den §§329-338 des RegE Aktiengesetz 1965. 226 Zu den materiellen Angaben im Geschäftsbericht, siehe §260a Il HGB in der Fassung der Notverordnung von 1931. Zum AktG a.F. siehe nur Baumbach/ Hueck, AktG, ÜbersichtVor§329 Rdz.2. 227 Im HGB in der Fassung der Notverordnung von 1931 (Fn.225): Ausweispflicht von Beteiligungen (§261a A,III). 228 Vgl. §271 Il a.E. 229 Im HGB in der Fassung der Notverordnung von 1931 (Fn.225): Forderungen gegenüber abhängigen Gesellschaften und Konzerngesellschaften (§ 261 a A,IV, 10). 230 Schnicke/Gutike in Beck Bil-Komm., §266 Rdz.77. 231 Schnicke/ Bartels-Hetzler in Beck Bil-Komm., §266 Rdz.118. 224 225
B. Korrekturen im EinzeIabschluß
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bundene Unternehmen). Gleiches gilt fiir die Verbindlichkeiten 232 zwischen diesen verbundenen Unternehmen (§ 266 III, C,Nr. 6 HGB - Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen). Maßgebend rur den Ausweis ist das Bestehen des Tatbestands des § 271 11 HGB, also des Tatbestands der Unternehmensverbindung im Sinne des § 290 HGB, am Bilanzstichtag233 • Das durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz erweiterte Informationsziel wird aber bei einer solchen Korrektur im Einzelabschluß zugleich wieder beeinträchtigt, wenn nach der Vorschrift des § 265 III 1 HGB auch zugelassen ist, Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen unter einem anderen Posten auszuweisen234 • Zugunsten des Ausweises als Forderung oder Verbindlichkeit gegenüber verbundenen Unternehmen besteht nach dem Wortlaut kein eindeutiger Vorrang mehr235 • Demnach ist eine anderweitige Lozierung von Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen durchaus zulässig236 • Selbst eine Pflicht zum Vermerk besteht nicht mehr grundsätzlich, sondern nach § 265 III I HGB nur unter der Voraussetzung, daß dies zur Aufstellung eines klaren und übersichtlichen Jahresabschlusses notwendig ist. Darüber hinaus genügt nach § 265 III 1 HGB die bloße Angabe im Anhang237 . IU. Defizite der Korrektur des Konzerneinflusses im EinzeIabschluß
Das Bilanzrichtlinien-Gesetz hätte zwar konsequent den Einzelabschluß so ausgestalten können, daß der Konzerneinfluß hier weitgehend isoliert worden wäre. Insbesondere hätte ein Gliederungsschema vorgeschrieben werden kön232 Nach §261a B,V,5 HGB in der Fassung der Notverordnung von 1931 (Fn.225): Verbindlichkeiten gegenüber abhängigen Gesellschaften und Konzemgesellschaften. 233 Schnicket Bartels-Hetzler in Beck Bil-Komm., §266 RdZ.118. 234 Str.; daflir Bolsenkötter in HdJ, Abt.II/6, Rdz.84; Schnicket Bartels-Hetzler in Beck Bit-Komm., §266 Rdz.119; Weber in Küting/Weber, HdR, Ia, §265 Rdz.28. Dagegen AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §265 Rdz.43f.; Castan in BeckHdR, B 141 Rdz.62; Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §265 HGB Rdz.16; Gelhausen in WPHandbuch 1996, Bd.I, F1l5; Streim in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §264 RdZ.5. 235 Zwar ergibt sich nach Ansicht des Rechtsausschusses eine Pflicht zum gesonderten Ausweis aus dem vorgeschriebenen Bilanzschema. Zugleich bestünde aber die Möglichkeit eines anderweitigen Ausweises, den die Generalklausel des §265 III 1 HGB ausreichend einschränke; Abs.8 S.I,3 des Berichts des Rechtsausschusses zu §268 HGB. Anders noch §239 IV Nr.2 HGB-E, der über § 151 III 2 AktG a.F. hinaus neben Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen auch solche gegenüber Beteiligungsunternehmen in der Regel auch als soche ausgewiesen haben wollte ["in der Regel ... gesondert auszuweisen"]. 236 Siehe Fn.234. 237 Auch die Möglichkeit der Anhangsangabe war in §239 IV Nr.2 S.2 HGB, wie auch schon in § 151 III 2/2.HS. AktG a.F. (hier Geschäftsbericht), nicht vorgesehen.
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§ 4 Der Infonnationszweck beim Konzemabschluß
nen, das die Konzerneinflüsse in gesonderten Bilanzposten gebündelt hätte. Doch selbst bei derartiger Isolierung des Konzerneinflusses wäre der Einblick in die wirtschaftliche Lage des Unternehmens beeinträchtigt geblieben238 • Denn auch bei einem derart bereinigten Einzelabschluß hätte sich der wirtschaftliche Einfluß durch die Macht des Mutterunternehmens nicht exakt erfassen lassen239 • Die aus einem Mutter-Tochter-Verhältnis im Sinne des § 290 HGB resultierende Manipulationgefahr wäre auch aus einem solchen bereinigten Einzelabschluß zahlenmäßig nicht klar erkennbar gewesen. Inwiefern die vom Mutterunternehmen eingesetzten Wirtschaftsfaktoren eines Tochterunternehmens diesem wiederum zugute kommen, wäre zahlenmäßig unbestimmt geblieben. Die Prognosequalität eines solchermaßen weitgehend korrigierten Einzelabschlusses eines Tochterunternehmens bleibt nach wie vor hinter der eines Einzelabschlusses eines unabhängigen Unternehmens zurück. Die Auswirkungen dieser Abhängigkeit können eben nicht durch die Zusammenschau sämtlicher Einzelabschlüsse des Unternehmensverbundes ermittelt werden 24o • Eine Korrektur des Konzerneinflusses allein im Einzelabschluß hätte auch einen neuen Einzelabschluß hervorgebracht, der dann unter Umständen maßgeblich für die steuerrechtliche Gewinnermittlung gestellt worden wäre und damit den Einzelunternehmen steuerrechtliehe Gestaltungsmöglichkeiten genommen hätte. Schließlich wären mit dieser Art der Korrektur die zusätzlichen Informationen eines Konzernabschlusses nicht erreichbar gewesen241 • C. Korrektur durch Konzernabschluß
Im Ausgangspunkt liegt der Grund für die Notwendigkeit, parallel zu den ergänzenden Informationen in den jeweiligen Einzelabschlüssen gesondert über den Konzern als Einheit zu berichten, in der Integration und im Zusammenwirken der einzelnen konzernverbundenen Unternehmen im Konzern. Die verbundenen Unternehmen unterliegen nicht mehr ausschließlich Marktgesetzen, sondern zugleich einer übergeordneten Konzernstrategie, der sich die Unternehmen infolge der Leitungsmacht oder Beherrschungsmöglichkeit des Mutterunternehmens unterordnen müssen. Auch das Mutterunternehmen bewegt sich innerhalb dieser Konzernstrategie. Der Erfolg oder Mißerfolg dieser Konzernpolitik, die auf jedes einzelne Konzernunternehmen einwirken kann, läßt sich nicht anhand des einzelnen Abschlusses eines Konzernunternehmens beurteilen. BeeinträchHeymann-Niehus/Scholz, HGB, §297 RdZ.2. Kronstein in Kölner Kommentar z. AktG (l.), Vor§329 Rdz.6. Vgl. auch Krehl in Küting/Weber, HdKI, l.Aufl., Kap. I Rdz.182. 240 Abs.12 der Vorbemerkungen zu den §§329-338 des RegE Aktiengesetz 1965; Groß/eid, Bilanzrecht, Rdz.531. Siehe auch die in Fn.239 Genannten. 24\ Siehe dazu im folgenden S.49 -53 (§4 C. 11. 2). 238
239
C. Korrektur durch Konzernabschluß
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tigungen der wirtschaftlichen Leistungsflihigkeit des Konzerns mit ihren Auswirkungen auf die einzelnen Konzernunternehmen sind nicht zwingend aus den Einzelabschlüssen abzulesen. Aber auch instabile wirtschaftliche Verhältnisse im Konzern belasten ein wirtschaftlich gesundes Tochterunternehmen242 • Über den bestehenden Risikoverbund243 kann daher nur ein einheitlicher Abschluß informieren 244 • Daher haben Gesellschafter und Gläubiger der Tochterunternehmen wie auch Gesellschafter und Gläubiger des Mutterunternehmens ein Interesse daran, zahlenmäßig über das Ergebnis dieser Konzernstrategie in Kenntnis gesetzt zu werden 245 • Aber auch potentielle Anleger machen zunehmend ihre Beteiligungsentscheidung eher von den unter Umständen kommentierten Konzernabschlußzahlen als von den Einzelabschlüssen abhängig246 • I. Konzernabschluß nach Aktiengesetz a.F.
Statt rur eine Einzelkorrektur entschied sich schon der Gesetzgeber des Aktiengesetzes 1965 darur, den gesetzlichen Vertretern der Obergesellschaft (Mutteraktiengesellschaft) aufzugeben, einen eigenen Abschluß rur den ganzen Unternehmensverbund (Konzern) aufzustellen (§ 329 AktG a.F.), bei dem die innerkonzernlichen Beziehungen weitgehend ausgeschaltet werden 247 , und der Konzernabschluß im Handelsregister publiziert werden mußte (§ 338 AktG a.F.). Mit diesem abgelösten Konzernabschluß konnte die Schwierigkeit, den exakten Einfluß des Konzerns auf das einzelne Konzernunternehmen meßbar zu machen, umgangen werden 248 • Man sah bereits damals den Konzernabschluß nicht als korrigierten Abschluß der Obergesellschaft, sondern als Abschluß des Konzerns 249 •
242 Kronstein in Kölner Kommentar z. AktG (1.), Vor§329 Rdz.8 m.w.N. [zum AktG 1965 a.F.]. 243 Zum AktG 1965 a.F. Kronstein in Kölner Kommentar z. AktG (1.), Vor§329 Rdz.8 m.w.N. 244 KropjJ, Festschrift Claussen, S.662. 245 Großfeld, Bilanzrecht, Rdz.530; Klein in Küting/Weber, HdKI, LAutlage, Kap.lI Rdz.856. Siehe auch Hofbauer in Hofbauer/Kupsch, BoHR, Einführung C, Rdz.28. Zum AktG 1965 a.F. Kronstein in Kölner Kommentar z. AktG (1.), Vor§329 RdZ.8. 246 Klein in Küting/Weber, HdKI, I. Autlage, Kap.lI Rdz.857. Siehe auch Kütingl Weber, Bilanzanalyse, S.470 (4.Abschn. 1.1); dies., Der Konzernabschluß, S.57 (2.2.2); Müller, in Baetge, Der lahresabschluß im Widerstreit der Interessen, S.218 (Konzernabschluß als "Einzelabschluß des Konzerns". 247 Abs.14 der Vorbemerkungen zu den §§329-338 des RegE Aktiengesetz 1965. 248 Kronstein in Kölner Kommentar z. AktG (1.), Vor§329 RdZ.6. 249 Abs.9 der Begründung zu §331 des RegE Aktiengesetz 1965.
46
§ 4 Der Infonnationszweck beim Konzernabschluß
Das Aktiengesetz a.F. zog aber noch nicht die volle Konsequenz eines selbständigen Konzernabschlusses. Zwar ging schon die Konzeption des Konzernabschlusses nach Aktiengesetz a.F. davon aus, daß "der Konzern für die Zwecke der Konzernbilanz als Einheit angesehen wird,,250. Diese Fiktion der rechtlichen 251 Einheit des Konzerns war aber noch nicht als ausschließliche gedankliche Grundlage tur einen selbständigen, völlig eigenständigen Abschluß zu verstehen, sondern blieb als technische Regel in ihrer Wirkung auf die Konsolidierung im engeren Sinn252, d.h. auf die Ausschaltung von Vorgängen, die ihren Grund im Konzernverhältnis haben, beschränkt253 . Leitbild des Aktiengesetzes a.F. war also der um konzerninterne Verhältnisse bereinigte Konzernabschluß254 . Nur insoweit galt die Einheitsfiktion als Auslegungsregel 255 • Im übrigen lief ein Abweichen von den vorgenommenen Bilanzierungen in den Einzelabschlüssen der Absicht des Aktiengesetzes a.F. zuwider256 . Soweit es im Rahmen der Erstellung des Summenabschlusses257 um die Übernahme von Posten aus den Einzelabschlüssen ging, war das Prinzip der Maßgeblichkeit aus Vereinfachungsgründen der Einheitsfiktion gegenüber vorrangig258 . Etwas anderes galt auch nicht aufgrund des Gebots des § 149 I 1 AktG a.F. Zwar war danach ein möglichst sicherer Einblick in die wirtschaftliche Lage zu geben. Nach § 331 IV I AktG a.F. war dieses Gebot auch tur den Konzernabschluß anzuwenden259 • Doch konnte es angesichts des eindeutigen Maßgeblichkeitsprinzips des § 331 I Nr. 1 AktG a.F. nicht die Wirkung eines vorrangigen Aufstellungsziels auf der Grundlage des Konzerns als Einheit erlangen. Die Vereinbarkeit des Maßgeblichkeitsprinzips mit der Vorschrift des § 149 I 1 250 Abs.3 der BegrUndung zu §331 des RegE Aktiengesetz 1965. Adler! Düringl Schmaltz (4.), §331 Rdz.2, Vorbem.zu§§329-338 RdZ.6-8. 251 AdlerlDüringlSchmaltz (4.), Vorbem.zu§§329-338 Rdz.8. Zweifelnd Havermann in WP-Handbuch 1973, S.742 (Abschn.V). Vgl. §331 11 AktG a.F. " ... , wenn die einbezogenen Unternehmen auch rechtlich ein einziges Unternehmen bilden wUrden, ... ". 252 Siehe dazu schon oben S.5 (§2 A.l.). 253 Abs.14 der Vorbemerkungen zu den §§329-338 des RegE Aktiengesetz 1965. AdlerlDüringlSchmaltz (4.), Vorbem.zu§§329-338 Rdz.8; Busse von Colbe, WPg 1978, 653 f.; Havermann in WP-Handbuch 1973, S.741 (Absehn. V). 254 Siehe die in Fn.253 Genannten. 255 AdlerlDüringlSchmaltz (4.), §331 Rdz.4f. 256 AdlerlDüringlSchmaltz (4.), Rdz.331 Rdz.70-72 [insbesondere zur Unzulässigkeit der eigenständigen WahlrechtsausUbung]. 257 Siehe auch oben S.5 (§2 A. 1.). 258 AdlerlDüringlSchmaltz (4.), §331 Rdz.73 m.w.N; Barz in Großkomm. AktG (3.), §331 Anm.4; Havermann in WP-Handbuch 1973, S.766f. (Absehn. V); Kronstein in Kölner Kommentar z. AktG (1.), §331 Rdz.37, 89 m.w.N. 259 AdlerlDüringl Schmaltz (3.), § 331 Rdz.242; Baumbachl Hueck, AktG, §331 Rdz.2, 28; Godin-Wilhelmi, AktG, §331 Anm.8; Havermann in WP-Handbuch 1973, S.762 (Absehn. V).
C. Korrektur durch Konzernabschluß
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AktG a.F. konnte nur noch so erklärt werden, daß der Konzernabschluß dann einen möglichst sicheren Einblick in die Vermögens- und Ertragslage des Konzerns gibt, wenn er aus Einzelabschlüssen zusammengestellt wird, die ihrerseits den Grundsätzen ordnungsmäßiger BuchfUhrung entsprechen 26o . Für die der Konsolidierung im engeren Sinne zwingend vorangehende additive Zusammenfassung der Posten aus den Einzelabschlüssen blieb die Einheitsfiktion im Aktiengesetz a.F. also ohne Wirkung. Ob und mit weIchem Wert die Posten aus den Einzelabschlüssen der Konzernunternehmen zu berücksichtigen waren, richtete sich folglich nicht nach einem einheitlichen Recht, sondern nach dem Recht des jeweiligen Konzernunternehmens. Die Posten waren aus dem jeweiligen Einzelabschluß bei Vornahme vereinzelter Korrekturen zu übernehmen (§ 331 I Nr. 1 AktG a.Fl 61 . Auch durfte der Konzernabschluß unvollständig bleiben, weil nur die Einbeziehung von Konzernunternehmen mit Sitz im Inland als zwingend vorgesehen war (§ 32911 AktG a.F.). Ausländische Tochterunternehmen konnten außer Betracht bleiben262 • Da sich mithin Ansatz und Bewertung im Konzernabschluß nicht nach einheitlichen Regeln richteten und auch nicht sämtliche wichtigen Konzernunternehmen zu erfassen waren, blieb die gesetzgeberische Fiktion der Einheit rur die Rechnungslegung im Konzern abstraktes Leitbild. Infolgedessen konnte sich der Gedanke des selbständigen Konzernabschlusses263 auf der Grundlage der Konzeption des Aktiengesetzes a.F. nicht wirklich durchsetzen. Er blieb formelf 64 . Sofern nicht der Vorstand der Obergesellschaft mit Hilfe seiner Leitungsmacht wahlfrei Einzelabschlüsse veranlaßte, die nach einheitlichen Regeln aufgestellt wurden 265 , blieben die Konzernabschlüsse ein bloßes Bewertungskonglomerae 66 , deren Aussagekraft hinsichtlich der Vermögens- und Ertragslage des Konzerns stark eingeschränkt war267 . Es war nicht sichergestellt, daß "materiell Gleiches mit Gleichem zusammengefaßt wird,,268. Der KonzernabAdlerlDüringlSchmaltz (4.), §331 RdZ.242. Siehe auch oben S.5 (§2 A. 1.). 262 Dazu AdlerlDüringlSchmaltz (4.), Vorbem.zu§§329-338 Rdz.30. 263 Siehe oben S.45 . 264 Havermann, Festschrift Goerdeler, S.18\. 265 Eine nachträgliche Umbewertung nach einheitlichem Recht, wie sie das Bilanzrichtlinien-Gesetz vorsieht, war wegen des zwingenden Maßgeblichkeitsprinzips des §331 I Nr:l AktG a.F. nicht möglich. Dazu Kronstein in Kölner Kommentar z. AktG (I.), §331 Rdz.88. Siehe auch Barz in Großkomm. AktG (3.), §331 Anm.4. 266 Havermann, Festschrift Goerdeler, S.180 m.w.N. Ebenso AdlerlDüringlSchmaltz (4.), Vorbem.zu§§329-338 Rdz.20. 267 AdlerlDüringlSchmaltz (4.), Vorbem.zu§§329-338 Rdz.20, 28, 45, §331 Rdz. 75; Havermann in WP-Handbuch 1973, S.767 (Abschn. V) m.w.N. Ähnlich Busse von ColbelOrdelheide, Konzernabschlüsse (\.), S.33 (Kap. 1,IV,3). 268 AdlerlDüringlSchmaltz (4.), Vorbem.zu§§329-338 Rdz.44. 260
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§ 4 Der Infonnationszweck beim Konzemabschluß
schluß blieb nach Aktiengesetz a.F. folglich bloßer Anhang zum Einzelabschluß. Die Darstellung der wirtschaftlichen Lage der Einheit Konzern konnte so nicht verwirklicht werden. 11. Konzernabschluß nach dem BiRiLiG
Demgegenüber ist nach dem Bilanzrichtlinien-Gesetz der Konzernabschluß ganz nach dem Gedanken der Einheit aufzustellen. Der Konzernabschluß ist nunmehr eine Ganzheitsdarstellung269 , nämlichen ein einziger Abschluß einer im Bilanzrecht selbst definierten (§ 271 11 HGB), nicht rechtsfahigen Einheit Konzern, rur den das Mutterunternehmen270 offenlegungspflichtig ist (§ 325 III HGB). J. Kein größerer Einzelabschluß
Zwar wird formal weiterhin an einer Aufgabenverteilung zwischen Einzelund Konzernabschluß festgehalten, d.h. es wurde nicht das gesamte System des Einzelabschlusses mit seinen Zwecken auf eine besondere Art von Abschluß, nämlich den Konzernabschluß, übertragen, womit den Einzelabschlüssen nur noch die Funktion einer Sparteninformation verblieben wäre 271 • Die Aufgaben der Gewinnbemessung und des Gläubigerschutzes durch Kapitalerhaltung bleiben weiterhin dem Einzelabschluß vorbehalten272 • Daher bildet auch allein der lahresabschluß des Einzelunternehmens die Grundlage der Vorschriften über die Gewinnausschüttung und die Grundlage der Vorschriften über die Erhaltung des Grundkapitals der Aktiengesellschaft oder des Stammkapitals der GmbH als Haftungsmasse rur die Gläubiger273 • Hätte der Gesetzgeber diese Aufgabenverteilung zwischen Einzel- und Konzernabschluß verändern wollen, so hätte er im übrigen das komplizierte und durch Rechtsfortbildung gekennzeichnete Gläubigerschutzrecht sowie das Recht der Gewinnbeteiligung vollständig neu regeln müssen 274 •
Kr0p.f!, Festschrift Claussen, S.660; Heymann-Niehus/Scholz, HGB, §297 Rdz.2. Das Aktiengesetz 1965 sprach von Obergesellschaft. Siehe §329 I 1 AktG a.F. 27\ Zum AktG 1965 a.F. Godin-Wilhelmi, AktG, Vorbem.§§329-338, Abs.3. 272 Siehe nur AdlerlDüring/Schmaltz (6.), Vor§§290-315 Rdz.16. Dazu auch Hof bauer in Hofbauer/Kupsch, BoHR, Einflihrung C, Rdz.22. 273 Aktiva in Höhe von Grundkapital oder Stammkapital, gesetzlicher Rücklage und Schulden stehen zur Verfligung. 274 Siehe dazu oben S.33 (§3 A. 1.). 269
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Auch nach dem Bilanzrichtlinien-Gesetz ist der Konzern weiterhin nicht mit Rechtsfähigkeit ausgestaltee 75 und nicht als Adressat der Konzernrechnungslegungsvorschriften vorgesehen, sondern allein rur die Zwecke der Konzernrechnungslegung als Bezugsobjekt geregelt. So formuliert § 297 HGB, daß ein "Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns zu vermitteln" (§ 297 II IHGB) ist, "als ob diese Unternehmen insgesamt ein einziges Unternehmen wären" (§ 297 III 1 HGB). Bei diesem Gedanken der Verselbständigung276 geht es mithin nicht um die Regelung eines gesellschaftsrechtlichen Zuordnungssubjekts Konzern im Sinne einer juristischen Person, sondern lediglich um die Formulierung eines Bezugsobjekts, über das die verbundenen Unternehmen zahlenmäßig als Einheit darzustellen sind. Daher ist zur Aufstellung des Konzernabschlusses auch nicht ein Konzern, sondern allein das Mutterunternehmen verantwortlich. Der Konzernabschluß tritt schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Information bloß an die Stelle des Jahresabschlusses des Mutterunternehmens 277 , sondern informiert über die Lage der einbezogenen Unternehmen im Ganzen. Nach der gesetzlichen Konzeption gibt somit der Konzernabschluß den Bilanzadressaten Information über die Gruppe als Ganzes, mit deren Hilfe unter anderem die Informationen der Einzelabschlüsse eingeordnet werden können. 2. Der Konzernabschluß des BiRiLiG als eigenständiger Abschluß
Mit der Aufhebung der Maßgeblichkeit der Einzelabschlüsse und der Einruhrung eines eigenständigen Konzernabschlußrechts durch das BilanzrichtlinienGesetz ist nunmehr die rechtliche Grundlage geschaffen, um mit dem Konzernabschluß auch materiell den Unternehmensverbund als Einheit darzustellen. Zugleich ruckt rechtstatsächlich der Konzernabschluß in den Mittelpunkt der Betrachtung278 • Nach § 297 HGB ist nunmehr ein Konzernabschluß zu erstellen, der ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und 275 Zur Konzeption des Konzerns als rechtliche Einheit Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S.21-27 m.w.N. Siehe noch Busse von Colbel Ordelheide, Konzernabschlüsse (6.), S.18f. (Kap. 1 11. 3.); NiehuslScholz in MeyerLandrutlMiller/Niehus, GmbHG, §§238-335 HGB Rdz.1066. Ebenso Havermann, Festschrift Goerdeler, S.189 m.w.N. 276 Zum Streit um die rechtliche oder wirtschaftliche Verselbständigung, siehe die in Fn.275 Genannten und Ruppert, Bedeutung des §297 Abs.l S.l HGB, S.92-IOO. Zum Aktiengesetz 1965 a.F. siehe Fn.25l. 277 So aber Ebeling, Die Einheitsfiktion, S.387 (Abschn. V 2.4) [sog. Interessentheorie). A.A. Klein in Küting/Weber, HdKI, l.Auflage, Kap.1I Rdz.853. 278 Kirchner, Festschrift Moxter, S.607; KroptT, Festschrift Claussen, S.661 m.w.N. in Fn.9.
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§ 4 Der Infonnationszweck beim Konzernabschluß
Ertragslage des Konzerns gibt (Abs. 2) und zwar so, als ob die verbundenen Unternehmen insgesamt ein einziges Unternehmen wären (Abs.3)279. Dieser Abschluß informiert damit die Adressaten über eine Einheit von Mutter- und Tochterunternehmen im Sinne des § 290 HGB 280 • Auf eine derart übergeordnete Einheit, nämlich von Obergesellschaft und Konzernunternehmen, nahm zwar auch schon das Aktiengesetz a.F. ausdrücklich Bezug281 • So konnte bei einer mehr als hälftigen Beteiligung dann von der Einbeziehung eines Konzernunternehmens in den Konzernabschluß abgesehen werden, wenn durch den Ausschluß dieses Konzernunternehmens "die Darstellung der Vermögens- und Ertragslage des Konzerns ... nicht beeinträchtigt wird" (§ 329 11 2 AktG a.F.). Und nach § 32911 4/2.Hs. AktG a.F. mußten sonstige unter einheitlicher Leitung stehende Konzernunternehmen "einbezogen werden, wenn sie ihren Sitz im Inland haben und wenn ihre Einbeziehung zu einer anderen Beurteilung der Vermögens- und Ertragslage des Konzerns fUhrt". Doch blieb der Konzernabschluß im wesentlichen dem Einzelabschluß verhaftet. Eine Aufgabe des Konzernabschlusses als Instrument der Darstellung der Vermögens- und Ertragslage der Einheit Konzern wurde nicht verwirklicht. Eine selbständige, d.h. vom jeweiligen Einzelabschluß gelöste Bilanzierung war nur in Ausnahmefallen 282 möglich. Der Grundsatz der Maßgeblichkeit der Einzelabschlußansätze nach § 331 I Nr. 1 AktG a.F. bedeutete vielmehr, daß die Vielfalt der konkreten Bilanzierungen in den Einzelabschlüssen Vorrang hatte vor einer Verselbständigung des Konzernabschlusses auf der Grundlage des Gebots einer möglichst sicheren Einblicks in die wirtschaftliche Lage des Konzerns 283 • Dieses Einblicksgebot § 149 I 2 AktG a.F. hatte lediglich subsidiär und indirekt, über § 331 IV 1 AktG a.F., auch im Konzernabschluß Geltung284 • Und ausländische Konzernunternehmen mußten nicht, sondern konnten lediglich einbezogen werden (§ 329 II 3 AktG a.F.). Aber auch im übrigen machte das Aktiengesetz a.F. deutlich, daß der Konzernabschluß hauptsächlich der Korrektur der Einzelabschlüsse solcher Unter279 Gedanke der Einheitstheorie, auch Einheitsfiktion. Siehe dazu Hofbauer in Hofbauer/Kupsch, BoHR, Einfiihrung C, Rdz.23, 72. Zu den Ausnahmen ders., Rdz.75. Auch Albrecht in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §297 Rdz.l0; Havermann in WP-Handbuch 1996, Bd.l, M/8. 280 AdlerlDüring/Schmaltz (6.), Vor§§290-315 Rdz.17; Hartle in BeckHdR, C 10 Rdz.IO; Hofbauer in Hofbauer/Kupsch, BoHR, Einftlhrung C, Rdz.23; Klein in KUting/ Weber, HdKI, !.Auflage, Kap.lI Rdz.856-868; Staks in KUting/Weber, HdKI, !.Auflage, Kap. 1I Rdz.214. 281 Siehe auch Abs.14 S.2 der Vorbemerkungen zu den §§329-338 des RegE Aktiengesetz 1965. 282 §331 11 AktG 1965 a.F. 283 Siehe auch oben S.8 (§2 A.l.) mit Fn.3!. 284 Zu dem Gebot des § 149 I 2 AktG a.F., siehe oben S.46 (§4 C. I.).
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nehmen diente, die unter einheitlicher Leitung einer inländischen Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien standen. So mußte im Konzerngeschäftsbericht nach § 334 II AktG a.F. nicht nur der Geschäftsverlaufund die Lage des Konzerns, sondern der Geschäftsverlauf und die Lage der einbezogenen Konzernunternehmen dargelegt werden (Satz I). Über größere Verluste bei nicht einbezogenen Konzernunternehmen war im Konzerngeschäftsbericht zu berichten (Satz 2). Und der Konzernabschlußprüfer hatte nach § 336 11 2 AktG a.F. auch zu prüfen, ob nicht der Konzerngeschäftsbericht falsche Vorstellungen von der Lage der Konzernunternehmen erweckt. Der Konzernabschluß nach Aktiengesetz a.F. blieb mithin bloßer Anhang zum Einzelabschluß. Demgegenüber wird nunmehr mit dem Gebot des sicheren Einblicks in die wirtschaftliche Lage der Einheit Konzern durch die vorangestellte Vorschrift des § 297 HGB erstmals eine Grundnorm des Konzernabschlusses geschaffen. Diese Vorschrift greift zwar noch in der Formulierung, nicht aber mehr inhaltlich auf die Einzelabschlußregelung des § 264 II HGB zurück. Als Grundnorm bildet sie vielmehr den Ausgangspunkt eines selbständigen Konzernabschlußrechts. War unter der Geltung der Maßgeblichkeit des Aktiengesetzes a.F. im Zweifel die konkrete Bilanzierung im jeweiligen Einzelabschluß zu übernehmen, ist nun im Konzernabschluß nach allgemeinen Regeln einheitlich zu bilanzieren. Die Posten aus den Einzelabschlüssen der einbezogenen Konzernunternehmen sind rur den Konzernabschluß einheitlich zu gliedern, anzusetzen und zu bewerten285 • Nur rur den Fall, daß die jeweilige Bilanzierung in den Einzelabschlüssen des einbezogenen Tochterunternehmens dieser Anforderung entspricht, darf sie gewissermaßen ebenso im Konzernabschluß erfolgen. Für die Erstellung des Konzernabschlusses nach dem Bilanzrichtlinien-Gesetz geht das Gesetz also von einer geschlossenen Regelung der einheitlichen Bilanzierung im Konzernabschluß aus. Als Konzernabschluß aus eigenem Recht kann der Konzernabschluß nach dem Bilanzrichtlinien-Gesetz den Beeinträchtigungen der Zahlungsbemessungsfunktion und der Informationsfunktion abhelfen, indem er die Posten aus den Einzelabschlüssen nach einheitlichem Recht übernimmt und die konzerninternen Geschäftsbeziehungen in einem einheitlichen Abschluß ausschaltet286 • Dadurch korrigiert der Konzernabschluß die Einzelabschlüsse insofern, als er den Gesellschaftern des Mutterunternehmens und der Tochterunternehmen einen Einblick in die wirtschaftliche Lage des Gesamtunternehmens Konzern gewährt. Albrecht in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §297 RdZ.12. Baetge, Konzernbilanzen, Abschn.152.41 (S.30); Hartle in BeckHdR, C 10, Rdz.11 f. A.A. AdlerlDüringlSchmaltz (6.), Vorbem.§§290-315 Rdz.16; Buddel Lust in Beck Bil-Komm., §297 Rdz.l; Busse von Colbe/Ordelheide, Konzernabschlüsse (6.), S.21 (Kap.l,I!,4.1); Klein in Küting/Weber, HdKI, 1. Auflage, Kap.I! Rdz.876; Heymann-NiehusIScholz, HGB, Vor§290 Rdz.2. Vgl. auch zum AktG 1965 a.F. Barz in Großkomm. AktG (3.), §329 Anm.18. 285
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§ 4 Der Infonnationszweck beim Konzernabschluß
Demgegenüber tritt die unmittelbar korrigierende Aufgabe für den Abschluß des Mutterunternehmens in den Hintergrund. Über die Lage der einbezogenen Unternehmen selbst wie auch über die nach §§ 295,296 HGB nicht einbezogenen Tochterunternehmen sind nunmehr - anders als im Konzerngeschäftsbericht nach § 334 II AktG a.F. - keine Angaben mehr zu machen. Nach § 313 11 Nr. 1 HGB sind für einbezogene und für nach §§ 295, 296 HGB nicht einbezogene Unternehmen lediglich Angaben zu machen, die eine Beurteilung und Kontrolle des Konsolidierungskreises, also eine formale Bestimmung der darzustellenden Einheit Konzern ermöglichen287 • Und nach § 315 I HGB ist allein "der Geschäftsverlauf und die Lage des Konzerns" darzustellen, nicht mehr der Geschäftsverlauf und die Lage der einzelnen Konzernunternehmen288 • Nach dem Bilanzrichtlinien-Gesetz soll also der Konzernabschluß den Beeinträchtigungen der Zahlungsbemessungsfunktion und der Informationsfunktion durch Vermögens- und Gewinnverlagerungen abhelfen289, indem er die in den Einzelabschlüssen dargestellten konzerninternen Geschäftsbeziehungen in einem einheitlichen Abschluß 290 neutralisiert und mit seinen korrigierten Informationen als zusätzliches und eigenständiges Informationsinstrument neben den Einzelabschluß tritt291 • Es geht also beim Konzernabschluß nach dem Bilanzrichtlinien-Gesetz nicht mehr vorrangig um die Beurteilung des einzelnen einbezogenen Konzernunternehmens selbst auf der Grundlage des EinzeIabschlusses unter Zuhilfenahme der Korrekturen im Konzernabschluß, also nicht mehr nur Kompensation 292 • Die vermögens-, fmanz- und ertragsmäßige Beurteilung des einzelnen Konzernunternehmens wird vielmehr dadurch verbessert, daß möglichst getreue Informationen über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns 293 , also der Gesamtheit der einbezogenen Unternehmen (§ 297 11 2 HGB), als wirtschaftende Einheit gegeben werden 294 • Mit diesen Informatio287 AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §313 Rdz.16, 92; Havermann in WP-Handbuch 1996, Bd.I, M/653-680. Das gilt entsprechend für assoziierte Unternehmen nach §313 II Nr.2 HGB und fur quotenkonsolidierte Unternehmen nach §313 11 Nr.3 HGB. Siehe dazu Abs.2 der Begründung zu den Artt.19 bis 24 des Vorschlags einer Siebenten Richtlinie der EG. 288 Dazu Biener/ Berneke, BiRiLiG, S. 394. 289 Siehe oben S.40 -41 (§4 A.). 290 Zum Nachteil dieser Kompensation Heymann-Niehus/Scholz, HGB, §297 RdZ.2. 291 Vgl. Baetge, Konzernbilanzen, Abschn.152.41 (S.30). Vgl. auch Fn.286; Rowedder-Wiedmann, Anh.II nach §42a, RdZ.7. 292 So auch Bormann, RIW 1996,38; Kropff, Festschrift Claussen, S.670. 293 Abweichend hiervon verwendet die Siebente Richtlinie der EG ausschließlich den Begriff des Unternehmenszusammenschlusses, um eine Bestimmung des Begriffs des Konzerns zu venneiden. Dazu Wysocki/Wohlgemuth, Konzemrechnungslegung, 1,4,a (S.16). 294 A.A. Ebeling, Die Einheitsfiktion, Abschn. V,2.4 (S.387), der davon ausgeht, daß der Konzernabschluß angesichts der verschiedenen Konsolidierungsmöglichkeiten sinnvoll nur als besserer Abschluß des Mutterunternehmen angesehen werden kann.
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nen erhalten die Adressaten Informationen über die Gruppe als Ganzes. Damit wird es ihnen indirekt möglich gemacht, die wirtschaftliche Lage des einzelnen Konzernunternehmens innerhalb eines Unternehmensverbundes zu beurteilen. So ermöglicht der Konzernabschluß namentlich der Geschäftsleitung der Obergesellschaft, die Beurteilung der Angemessenheit von Dividendenvorschlägen, dem Kontrollorgan die Überwachung der Konzernleitungspflicht295 der Geschäftsleitung der Obergesellscha~96 und den Kapitalanlegern und Gläubigem ihre Dispositionen297 • Der eingeschränkten Aussagekraft des Einzelabschlusses bei Konzernverbundenheit wird damit über den "true and fair view" in die Lage des Konzerns abgeholfen. Die Möglichkeit rur die Empfiinger der lahresabschlußdaten mit den Informationen des Konzernabschlusses die Rechtmäßigkeit und die Zweckmäßigkeit der auf der Grundlage des Einzelabschlusses begründeten Entscheidungen teilweise zu überprüfen 298 , tritt in den Hintergrund 299 ; so beispielsweise die Möglichkeit der Gesellschafter des Mutterunternehmens300 zu prüfen, ob Gewinne im Konzernverbund auf ein anderes Unternehmen, an dem der Gesellschafter nicht oder nur indirekt beteiligt ist, verlagert wurden 301 . Im Konzernabschluß nach dem Bilanzrichtlinien-Gesetz geht es also um eigenständige Information302 . Für konzerneingebundene Unternehmen bekommt der Konzernabschluß damit das Schwergewicht, wird zum eigentlichen und daDazu Hommelhoff, Die Konzernleitungspflicht, S. 71 f. Zur Konzernweiten Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrates der Obergesellschaft Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, Rdz.44-56. 297 Dazu Kropff, Festschrift Claussen, S.666-669. 298 Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Vor§41 Rdz.6f. Zum Konzernabschluß als Überprüfungsinstrument des Gesamtkonzerns auf der Grundlage des §337 AktG HüjJer, AktG, §337 Rdz.5 m.w.N. 299 AA bezüglich der Überwachungsfunktion des Aufsichtsrates HüjJer, AktG, §337 Rdz.5. 300 Zur Auskunftspflicht des Vorstands HüjJer, AktG, §337 Rdz.13. 301 Diese ergänzende Wirkung zur Ausschüttungsbemessungsfunktion des Einzelabschlusses sollte indes nicht als faktische Ausschüttungsbemessungsfunktion beschrieben werden [so aber Hartle in BeckHdR, C 10, Rdz.13. Siehe dazu AdlerlDüring/Schmaltz (6.), Vorbem.§§290-3l5 Rdz.16; BuddelLust in Beck Bil-Komm., §297 Rdz.l; Hofbauer in Hofbauer/Kupsch, BoHR, Einführung C, Rdz.22.]. Zwar führt eine Ausschüttungsbemessung auf der Grundlage des Einzelabschlußergebnisses, das mit dem Konzernergebnis nicht im Einklang steht, zu einem erhöhten Begründungszwang und kann damit faktisch eine 'zu niedrige' Ausschüttung des Mutterunternehmens einschränken. Grundlage für diese Wirkung ist aber die Information der Gesellschafter über den Konzern [siehe dazu oben S.34 -36 (§3 A 1.) und S.41 (§4 A.)], nicht - wie bei der Ausschüttungsbemessungsfunktion des Einzelabschlusses - die gesellschaftsrechtlichen Regelungen, welche die gefahrlose Verteilung von Gewinn unter den Gesellschaftern, bei der GmbH auch von Gesellschaftsvermögen, erst ermöglichen. 302 Siehe die in Fn.292 Genannten. 295
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§ 4 Der Infonnationszweck beim Konzernabschluß
mit maßgeblichen Abschluß 303 • Der Einzelabschluß verliert demgegenüber an Bedeutung304 • Dennoch bleiben auch nach Einfiihrung eines solchen Konzernabschlusses die Einzelabschlüsse erforderlich. Da der Konzernabschluß über die einzelnen Konzernunternehmen nicht unmittelbar Auskunft gibt, bleibt auch aus Informationsgründen - die Berechtigung der Einzelabschlüsse bestehen 305 • Im übrigen verbleiben die Rechnungslegungsaufgaben der Ausschüttungsbemessung und des Gläubigerschutzes durch Kapitalerhaltung beim Einzelabschluß 306 •
3. Das Vorgehen des Gesetzgebers Der Gesetzgeber hat die Regelungen über den Konzernabschluß kurz gehalten und nur das Notwendigste, insbesondere die Konsolidierung im engeren Sinn, bestimmt. Für die Vereinheitlichung der Bilanzierung im Rahmen der additiven Zusammenfassung der Posten der Konzernunternehmen hat er darauf verzichtet, eigene Vorschriften vorzusehen. Statt dessen hat er über die Verweise der §§ 298 I, 300 I 2, 308 I 1 HGB die Vorschriften des Einzelabschlußrechts vorgeschrieben, indem er sie fiir entsprechend anwendbar erklärt. Er verweist allerdings nicht auf das gesamte Einzelabschlußrecheo7, sondern wählt aus ihm nur konkrete Bilanzierungsregeln aus, nämlich Ansatzvorschriften (§§ 246251, 269, 273 f. HGB), Bewertungsvorschriften (§§ 252 - 256, 279 - 283 HGB) und Gliederungsvorschriften (§§ 265 f., 268, 270 - 272, 281 HGB), formelle Vorschriften über Sprache, Währung und Unterzeichnung (§§ 244 f. HGB) sowie konkrete Vorschriften zur Gewinn- und Verlustrechnung (§§ 275, 277 f. HGB). Allgemeine Grundsätze des Einzelabschlußrechts hat er aus dem Verweis des § 298 I HGB dagegen ausgeschlossen. Damit macht der Gesetzgeber schon in der Art seiner Auswahl deutlich, daß wohl technische Vorschriften, Busse von Co/be, ZfbF 1987, 204. Zu der rechtstatsächlichen Bedeutungsminderung des Einzelabschlussess für die Information Busse von Co/be, ZfbF 1987, 204; Küting/ Weber, Bilanzanalyse, S.469f. (4.Abschn., 1.l). 305 Dazu Heymann-Niehus/Scho/z, HGB, §297 RdZ.2. 306 Baetge, Konzernbilanzen, Abschn.153 (S.40-42). Zum AktG 1965 a.F. Baumbach/Hueck, AktG, ÜbVor§329 Rdz.2; Küting/Weber, Der Konzernabschluß, S.57 (2.2.2); Rowedder-Wiedmann, Anh.I1 nach §42a, RdZ.8. 307 Ausgeschlossen sind §§238, 239 (Buchführungspflicht), §§240, 241 (Inventur), §242 (Pflicht zur Auftstellung), §243 (Aufstellungsgrundsatz), §§257, 261 (Aufbewahrung und Vorlage), §§258-260 (Vorlegung der Handelsbücher), §263 (Landesrechtliche Vorschriften), §264 (Pflicht zur Aufstellung für Kapitalgesellschaften), §267 (größenabhängige Befreiungen, Bilanz), §276 (größenabhängige Befreiungen, GuV), §§284-288 (Anhang), §289 (Lagebericht) sowie die Vorschriften über kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften. 303
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D. Ergebnis zur Eigenart des Konzernabschlusses
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nicht aber allgemeine Grundsätze auf den Konzernabschluß entsprechend anzuwenden sind308 • Um die Aufstellung von Konzernabschlüssen nicht unnötig aufwendig zu gestalten, verzichtete der Gesetzgeber darauf, die Eigenständigkeit des Konzernabschlusses durch den Zwang zu einer eigenen Konzernbuchhaltung zu gewährleisten309 • Soweit in den Einzelabschlüssen der Konzernunternehmen nicht einheitlich bilanziert wird, muß daher ausgehend vom einzelnen Posten neu bilanziert werden, üblicherweise in einer sog. gesonderten Handelsbilanz 11 3 !0. Als Ausgangspunkt wurde aus Vereinfachungsgrunden der Einzelabschluß des Mutterunternehmens vorgesehen (§§ 300 I, 308 I HGB). D. Ergebnis zur Eigenart des Konzernabschlusses Die ausschließliche Aufgabe der Information über die Konzernunternehmen als Ganzes (§ 297 III 1 HGB) macht die besondere Eigenart des Konzernabschlusses aus. Er ist mit dem Bilanzrichtlinien-Gesetz als völlig eigenständiges Instrument der Konzernbetrachtung verselbständigt und tritt hinsichtlich der Information vor die Informationen, die die Einzelabschlüsse geben. Diese Besonderheit verbietet es deshalb, die Regelungen und Grundsätze ordnungsmäßiger Buchruhrung rur den Einzelabschluß nach den Verweisvorschriften (§§ 298 I, 300, 308 I HGB) pauschal auf die Erstellung des Konzernabschlusses anzuwenden 3 !!. Die sich aus der eigenständigen Beurteilung unter dem Gesichtspunkt der Gruppe ergebende strukturelle Ungleichheit von Einzel- und Konzernabschluß muß hingenommen werden 312 • Aufgrund der abweichenden Zweckstruktur zwingt das Gesetz zu dieser Verschiedenheit, obgleich sich damit die Auswertung von Abschlüssen rur den Adressaten erschwert313 .
Siehe dazu im folgenden S.87-89 (§8 B. IV. 2). Zu den flir den Konzernabschluß notwendigen Buchflihrungsarbeiten Baetge, Konzernbilanzen, Abschn.152.1 (S.24); Baetge/Hense in Küting/Weber, HdKI, Kap.1I Rdz.1471. 310 Trützschler in Küting/Weber, HdKI, §300 Rdz.40-42. 311 Ebenso Heymann-Niehus/Scholz, HGB, §298 Rdz.9. Für die rechtsformspezifischen Vorschriften Havermann in WP-Handbuch 1996, Bd.l, M/l96, 199. A.A. Busse von Colbe/Ordelheide, Konzernabschlüsse (6.), S.19-21 (Kap. 1,11,4.1). 312 Busse von Colbe/Ordelheide, Konzernabschlüsse (6.), S.21 (Kap.l,II,4.1). 313 Mit Rücksicht auf diese Erschwerung lehnen daher Busse von Colbe/Ordelheide, Konzernabschlüsse (6.), S.21 (Kap. 1,11,4.1), obgleich sie die abweichenden Zwecke erkennen, ein solches Doppelsystem ab. 308
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§ 4 Der Infonnationszweck beim Konzemabschluß
E. Folgen für die Auslegung der Wahlrechte Die Feststellung der unterschiedlicher Zweckstruktur beim Konzernabschluß, also der eigenständige Informationszweck des Konzernabschlusses und das Fehlen der zwei weiteren Zwecke des Einzelabschlusses, des Zwecks der Gewinnbemessung und des Zwecks des Gläubigerschutzes, ist deshalb so entscheidend, weil die Bestimmung des Inhalts unbestimmter Rechtsbegriffe und die AusfiHlung von Regelungslücken auch im Bereich des Einzelabschlusses wesentlich auf der Grundlage der externen Rechnungslegungsziele des Einzelabschlusses erfolgen muß 314 • Die Auslegung wird nicht auf einer allgemeinen Grundlage vorgenommen, die für alle Abschlüsse, also auch den Konzernabschluß, verbindlich ist. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß die drei Ziele der Rechnungslegung für das rechtlich selbständige Unternehmen in ihrer Auswirkung divergieren können und somit den Auslegungen im Einzelabschluß eine Entscheidung über einen Vorrang eines der drei Zwecke zugrunde liegen kann. Das Kapitalerhaltungsrecht strebt nach überwiegender Auffassung315 einen möglichst frühzeitigen Ausgabenausweis an. Demgegenüber ist das Gewinnverteilungsrecht im Unterschied zur Gewinnbemessungsfunktion des Einzelabschlußrechts dadurch gekennzeichnet, daß es eine gewisse Gewichtung zwischen Gläubiger- und Gesellschafterinteresse (Thesaurierungsinteressen versus Gewinnausschüttungswünschen) schon selbst vornimmt. So sind beispielsweise die Möglichkeit und Pflicht von Rücklagen (§§ 150, 71 II 2 AktG, § 29 11, IV GmbHG) und die Verteilung der Kompetenzen auf verschiedene Organträger (§§ 170-174, 58 AktG, §§ 42a, 46 Nr. 1, 47, 29 11, IV GmbHG) geregelt. Der Zweck der Information des Einzelabschlusses ist darauf gerichtet, eine möglichst zutreffende Abbildung der wirtschaftlichen Vorgänge des Unternehmens, zeitpunktbezogen durch die Bilanz oder zeitraumbezogen durch die Gewinn- und Verlustrechnung, zu bewirken. Jeder Auslegung einer Norm des Einzelabschlußrechts liegt also eine Entscheidung darüber zugrunde, von welchem Zweck die Norm vorrangig getragen ist. Beim Einzelabschluß wird nun von einem Großteil der Literatur316 und von 314 BFH, Urt. v. 31.5.1967, I 208/63, BStB\. III 1967, 607ff. BuddelRaf!in Beck BilKomm., § 43 Rdz. 14- 18. Zur alten Rechtslage Hachenburg (7. )-Goerdelerl Müller, GmbHG, §42 Rdz. 17 (aber Rdz.16). 315 Dazu Kübler, Festschrift Budde, S.369, 366. 316 Zum Aktiengesetz a.F. Mellerowicz in Großkomm. AktG (3.),§ 153 Anm.79; auch Kropf! in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, Vor§ 153 Rdz.ll f. (allerdings eingeschränkt bei eindeutigem "Ennessensfehlgebrauch", § 149 Rdz. 91 ff.). Zustimmend wohl Baumbachl Hueck, AktG, § 149 Rdz.3. A.A. Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (1.), § 149 Rdz.14. Zum Bilanzrichtlinien-Gesetz BuddelGeißler in Beck Bil-Komm., §252 Rdz.29-33; Großfeid, Bilanzrecht, Rdz.93 (abweichend zur 2.Autlage, Rdz.77); Kupsch in Hofbauer/Kupsch, BoHR, Einf. B Rdz.119; NiehuslScholz in MeyerLandrut/Miller/Niehus, GmbHG, §§238-335 HGB Rdz.185; Schneider, DB 1970,
E. Folgen filr die Auslegung der Wahlrechte
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der Rechtsprechung317 die Auslegung nach dem Zweck des Gläubigerschutzes gegenüber den anderen Zwecken besonders betont3i8 , indem dem Prinzip ,vorsichtiger' Bilanzierung eine Vorrangstellung rur die Auslegung eingeräumt wird. Für die Wahlrechte wird dieser Gläubigerschutzzweck teilweise 319 sogar als vorrangiger Anwendungsmaßstab angesehen. Folglich wird die Auslegung vor allem der Bilanzierungs- und der Bewertungsvorschriften rur den Jahresabschluß des Einzeluntemehmens in der Bilanz oftmals32o so vorgenommen, daß im Zweifel eine Unterbilanz, also ein Absacken des Eigenkapitalwertes unter den Betrag der Grundkapital- oder Stammkapitalziffer, eher zu früh eintritt. Die Auslegung hat damit die gleiche Stoßrichtung wie der steuerrechtliche Grundsatz, daß der Kaufmann sich nicht reicher rechnen darf, als er ise 21 • Obgleich die Zwecke der steuerrechtlichen Gewinnermittlung und der handelsrechtlichen Ergebnisermittlung nicht deckungsgleich sind, konnte so, trotz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz rur die steuerrechtliche Gewinnermittlung (§ 5 I 1 EStG), der steuerrechtliche Grundsatz auf die handelsrechtliche Bilanzierung 1701; Wohlgemuth in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §252 Rdz.49. Eingeschränkt durch das Einblicksgebot: Kropff, Festschrift Claussen, S.663. Demgegenüber wird das Vorsichtsprinzip zunehmend als eines von mehreren gleichwertigen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchfilhrung begriffen, das in bestimmten Bilanzierungsvorschriften seinen Ausdruck gefunden hat: Baetgel Kirsch in Küting/Weber, HdR, Ia, Kap.I Rdz.279, 339; Baumbach/Hopt, HGB, §252 Rdz.l0; Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §249 HGB Rdz.31; Heymann-Jung, HGB, §252 Rdz.23, §243 Rdz.9 ["geht nicht vor"]; LejJson, GoB, Abschn.580 (S.466f.), Abschn.322.1 (S.104f.); Scholz-Crezelius, GmbHG, Anh. §42a Rdz. 83 f.; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.17 m.w.N.; Selchert in Küting/Weber, HdR, Ia, §252 Rdz.65-70. 317 BGH, Urt. v. 12.7.1982,11 ZR 175/81, NJW 1982,2823-2827 (2825). Vgl. aber BGH, Urt. v. 29.3.1996, 11 ZR 263/94, NJW 1996, 1678ff., 1680f., wonach die Bildung von wahlfreien Aufwandsrückstellungen, von wahlfreien und steuerlichen Abschreibungen nicht zur Ermittlung, sondern zur Verwendung des Ergebnisses gehört. 318 Siehe Serve, WPg 1993,654 m.w.N. in Fn.12 und 656f. In Anlehnung an den bis dahin entwickelten Grundsatz der Vorsicht. Kritisch dazu LejJson, GoB, Abschn.580 (S.466f.). 319 AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §252 Rdz.73 [die die Bilanzierungswahlrechte ausschließlich als Ausprägung des Grundsatzes der Vorsicht begreifen]; Wohlgemuth in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §252 Rdz.49. A.A. BaetgelKirsch in Küting/Weber, HdR, Ia, §252 Rdz.69; G/ade, Praxishandbuch Rechnungslegung, §252 Rdz.30; Kropff, Festschrift Baetge, S.75-77 (Wahlrechte "können nicht wirklich dem Gläubigerschutz dienen"); KropjJin Geßler/Hefermehl/EckardtiKropff, § 149 Rdz.91 f., 97f. (zum Aktiengesetz a.F.) m.w.N. Es sei mit dem Bilanzrichtlinien-Gesetz filr Kapitalgesellschaften der "true and fair view"-Grundsatz als Anwendungsmaßstab heranzuziehen: Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §269 HGB Rdz.33-36.; Groß/eid, Bilanzrecht, Rdz.66, 151. Insofern a.A. LutterlHommelhoff, GmbHG, §42 Rdz.19; NiehuslScholz in Meyer-Landrut/Miller/Niehus, GmbHG, §§238-335 HGB Rdz.122. Nach Kropff, Festschrift Baetge, S.78, lassen sich Wahlrechte nicht mit dem Vorsichtsprinzip rechtfertigen. 320 Siehe Fn. 316, 318. 321 Vgl. grundlegend BFH, 3.2.1969, GrS 2/68, BStBl.lI 1969,291(293).
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§ 4 Der Infonnationszweck beim KonzemabschluB
zurückwirken 322 . Damit wird die teilweise gesetzlich geregelte umgekehrte Maßgeblichkeit zum Grundsatz ausgestaltet. Die Aufgabe des Einzelabschlusses wird also vorrangig im Schutz des Gläubigers durch Unterbewertung gesehen. Dieser würde geschützt, indem er im Zweifel auf ein tatsächlich wirtschaftlich besser situiertes Unternehmen triffi:, als es nach außen durch den Abschluß kenntlich gemacht wird, und indem ihm im KonkursfaIl im Zweifel mehr Vermögenswerte zur Verfilgung stehen. In diesem Sinne hätten die Gläubiger ein Interesse an ,vorsichtiger' Bilanzierung323 • Vorsichtige' Gewinnermittlung bedeutete also nach dieser weiten Auslegung324, daß durch den späteren Ausweis von Aktiva oder durch deren Unterbewertung sowie durch den früheren Ausweis von Passiva oder durch deren Überbewertung die Vermögens- und Ertragslage des Unternehmens eher schlechter ausgewiesen wird. Damit können stille Reserven gelegt werden, die im FaIle des Konkurses des Kaufmanns zusätzlich zur Befriedigung der Gläubiger der KapitalgeseIlschaft zur Verfilgung stehen. Zum anderen würden sie der Geschäftsfilhrung der KapitalgeseIlschaft ermöglichen, ihre Selbstfinanzierung zu verbessern. An diesem einseitigen Vorrang der ,vorsichtigen' Bilanzierung und Bewertung wird zugunsten des Gläubigerschutzes auch nach Inkrafttreten des BilanzrichtIinien-Gesetzes festgehalten, obwohl filr die KapitalgeseIlschaft nach § 264 II HGB das Gebot gilt, aIlen Adressaten des Jahresabschlusses "ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der KapitalgeseIlschaft zu vermitteln,,325. Bei pauschaler Übernahme der Einzelabschlußregelungen mit ihren jeweiligen Auslegungen filr die Rechnungslegung im Konzern würde filr den Konzernabschluß die am Gläubigerschutz orientierte Auslegung mit übernommen. Dies kann aber nicht die vom Gesetz gewünschte Folge sein, wenn der Zweck des Konzernabschlusses von dem des Einzelabschlusses erheblich abweicht. Der Zweck des Gläubigerschutzes durch Kapitalerhaltung kommt im Konzernabschluß überhaupt nicht zum Tragen326 . Beim Konzernabschluß gibt es aIlein den
322 Siehe z.B. die steuerlich angepaßten Vorschriften des Handelsgesetzbuchs. Dazu unten S.143-163 (§ 10 C.). 323 Siehe Fn.318, auch Fn.316. 324 Siehe oben S.56 mit Fn.316. 325 Man beachte, daß auch schon die einzelnen Vorschriften des Aktiengesetzes 1965 a.F. und des Aktiengesetzes 1937 in ihrer Zielrichtung nicht immer übereinstimmten, vielmehr auch anderen Zwecken als dem Gläubigerschutz dienten. Zum AktG 1965 a.F. Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (1.), § 149 Rdz.14; Kropff in GeBler/ Hefermehl/EckardtlKropff, Vor§§ 148-178 Rdz.3-9; Mellerowicz in GroBkomm. AktG (3.), §149 Anm.3. Zum AktG 1937 AdlerlDüring/Schmaltz (1.), §129 Rdz.2-12, insbes. RdZ.12. 326 Siehe oben S.34 -36 (§3 A. 1.).
E. Folgen fl1r die Auslegung der Wahlrechte
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- in sich differenzierten - Zweck der Information, dem keine anderen divergierenden Zwecke gegenüberstehen. Auch aus Vereinfachungsgründen läßt sich angesichts der vorrangigen Generalnormen der §§ 297, 298 I HGB nicht mehr an einer Übernahme festhalten. Im Hinblick auf den einzigen Zweck des Konzernabschlusses, über die Konzernunternehmen als Einheit zu informieren (§ 29711 1, III 1 HGB), darf die Anwendung der Vorschriften des Einzelabschlusses nicht mehr durch den Gedanken des Gläubigerschutzes durch Kapitalerhaltung geleitet sein. Allein dies Ziel der wahren Information über die Gruppe von Konzernunternehmen bestimmt hier als Auslegungsgrundsatz die entsprechende Anwendung der Einzelabschlußnormen auf den Konzernabschluß. Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß angesichts des abweichenden Zwecks im Vergleich zum Einzelabschluß der geforderten entsprechenden Anwendung der Einzelabschlußvorschriften auf den Konzernabschluß nicht durch bloße Übernahme der Vorschriften in ihrer auf den Einzelabschluß ausgerichteten Auslegung genüge getan werden kann. Das gilt nun gerade rur die Anwendung solcher Normen, die dem Bilanzierenden rur den Einzelabschluß Wahlrechte einräumen. Die Übernahme der vorhandenen Wahlrechtsvorschriften aus dem Recht des Einzelabschlusses und ihre neuerliche Auslegung muß vielmehr auf der Grundlage des Zwecks des Konzernabschlusses erfolgen, der eine wahre Unterrichtung über die wirtschaftliche Lage des Konzerns verlangt. Die Konstituierung eigener Konzernabschlußregeln bedeutet also zugleich die Notwendigkeit selbständiger Auslegung327 •
327
Niehus, Festschrift Moxter, S.637.
Zweiter Teil
Die Einbeziehung des Rechts des Einzelabschlusses in den Konzernabschluß § 5 Die Art der Erstellung des Konzernabschlusses A. Das Verfahren der Erstellung des Konzernabschlusses Der Konzernabschluß und der Konzernlagebericht werden mit den §§ 290315 HGB nicht gesondert, sondern als Unterabschnitt328 der "Ergänzenden Vorschriften rur Kapitalgesellschaften" normiert. Diese Vorschriften verlangen von einem Unternehmen, das Mutterunternehmen im Sinne des § 290 HGB ist, einen besonderen Abschluß und einen besonderen Lagebericht rur seine Gruppe aufzustellen. Für den Konzernabschluß sind nach § 300 I HGB die Jahresabschlüsse von Mutter- und Tochterunternehmen in einer besonderen Art "zusammenzufassen". Das Gesetz bestimmt in §§ 300 - 309 HGB, wie diese Zusammenfassung grundsätzlich vorzunehmen ist. Zunächst sind ausgehend von der Bilanz des Mutterunternehmens die ausgewiesenen Anteile an den Tochterunternehmen durch die einzelnen Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten, Bilanzierungshilfen, Sonderposten und Schulden aus den Bilanzen der einzubeziehenden Unternehmen zu ersetzen. Diese Ersetzung erfolgt, indem der Ansatz und die Bewertung dieser Bilanzposten einheitlich, nämlich nach dem Recht des Mutterunternehmens (§§ 300 I 2, 308 I 1 HGB)329, durchgeruhrt wird, und nicht nach Gliederung, Darstellung, Ansatz und Bewertung, wie sie im Abschluß des Mutterunternehmens tatsächlich vorgenommen wurden. Anders als nach Aktienge setz a.F. ist mithin nunmehr die Vereinheitlichung durch einheitliche Bilanzierung notwendig und damit ein einheitlicher Summenabschluß zwingend330 • Der Konzernabschluß macht daher die Aufstellung eines ganz neuen, eigenstän-
328 Zweiter Unterabschnitt. Der Erste Unterabschnitt "Jahresabschluß der Kapitalgesellschaft und Lagebericht" enthält Vorschriften für die Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht der rechtlich selbständigen Kapitalgesellschaft. 329 Bei ausländischen Tochteruntemehmen ist eine Währungsumrechnung notwendig, da der Konzernabschluß zwingend in Deutscher Mark aufzustellen ist (§§244, 298 I HGB). Dazu Förschle in Beck Bil-Komm., §300 RdZ.26. 330 Siehe oben S.45-47 (§4 C. 1.).
B. Das anwendbare Recht des Einzelabschlusses
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digen Abschlusses notwendig. Eine Umgliederung und Neubeurteilung von Ansatz und Bewertung ist daher nur dann entbehrlich, wenn die Bilanzierung331 im Einzelabschluß des Mutterunternehmens schon von vornherein dem Konzernabschlußrecht entspricht. Diese Neubeurteilung von Gliederung, Darstellung, Ansatz und Bewertung muß vom zweiten Schritt der Konzernrechnungslegung, der eigentlichen Konsolidierung332 (§§ 301 - 305 HGB), abgegrenzt werden. Bei der Konsolidierung geht es darum, bestimmte Ansätze zu eliminieren oder zu korrigieren, die ihren Grund im Konzernverhältnis haben333 • In Konkretisierung des § 297 III 1 HGB, der im Konzernabschluß eine Darstellung der einzubeziehenden Unternehmen als Einheit verlangt, sollen Vorgänge, die ihren Grund in der Konzernverbindung haben, beseitigt werden. Konzeminterne Lieferungen und Leistungen, konzerninterne Erfolge werden (wie zwischen den profit centers eines Einheitsunternehmens) rur irrelevant erklärt.
B. Das anwendbare Recht des Einzelabschlusses Um ein unökonomisches Wiederholen von Vorschriften zu vermeiden, bedient sich das Handelsgesetzbuch bei der Regelung des Konzernrechnungslegungsrechts entsprechend der Regelung in der Siebenten Richtlinie der EG (Art. 17 I, 29 I) des Instruments der Verweisung (§ 298 I HGB). Die Konzernrechnungslegung wird mithin auf der Grundlage der technischen334 Vorschriften des Einzelabschlusses geregelt und um eigene Rahmen- und Spezialvorschriften ergänzt335 • Bei dieser Art der Regelung wurden die Besonderheiten, die sich aus dem Informationszweck des Konzernabschlusses ergeben, nur vereinzelt ausdrücklich geregelt. Im materiellen Konzernrechnungslegungsrecht wird zwar die Eliminierung der Einflüsse des Konzernverhältnisses, die eigentliche336 Konsolidierung, mit den §§ 301 - 305 HGB gegenüber dem Aktiengesetz a.F. detailliert geregelt. 331 Der Begriffs der Bilanzierung wird im Gesetz mehrdeutig verwendet. Teilweise wird er dem der Bewertung gegenübergestellt (§§248, 269, 284 II Nr.I/3, 300 H 1, 313 12 Nr.1I3 HGB). Dann wieder werden zu "Bilanzierungsgrundsätzen" auch Fragen der Bewertung gezählt (§341e HGB). Im folgenden wird der Begriff der Bilanzierung im weiteren Sinne als Oberbegriff für die Einordnung (Gliederung), den Ansatz und die Bewertung verstanden. Siehe dazu auch Schneider in Rechnungslegung nach neuem Recht, S.82; Scherrer in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §300 Rdz.28. 332 "Eigentliche Konsolidierungsmaßnahmen" Förschle in Beck Bil-Komm., §300 Rdz.26. 333 Siehe auch oben S.5 (§2 A. 1.). 334 Siehe oben S.54 (§4 C. H. 3.). 335 Siehe oben S.54 -55 (§4 C. H. 2.). 336 Siehe Fn.332.
62
§ 5 Die Art der Erstellung des Konzemabschlusses
Auch wurde die Notwendigkeit, bei Gliederung, Darstellung, Ansatz und Bewertung von den Einzelabschlußvorschriften abzuweichen, kodifiziert, indem das Gesetz in § 298 I HGB Abweichungen verlangt, sofern es die Eigenart des Konzernabschlusses erfordert. Die konkret notwendigen Abweichungen wurden indes nicht weiter beschrieben. Damit ist es unumgänglich, bei jeder der technischen 337 Vorschriften, die nach § 298 I HGB auf den Konzernabschluß grundsätzlich anzuwenden ist, zu prüfen, ob Abweichungen vom Einzelabschlußrecht erforderlich sind. Entscheidender Maßstab rur diese Modifikation ist der oben338 hergeleitete Zweck des Konzernabschlusses, die Information. Die Frage nach der konkreten Anwendbarkeit der nach § 298 I HGB grundsätzlich anwendbaren technischen Vorschriften spitzt sich zu rur die Wahlrechte, die das Einzelabschlußrecht den Bilanzierenden fur den Einzelabschluß eröffuet. Es stellt sich die Frage, ob diese Wahlrechte im Konzernabschluß nicht gänzlich ausgeschlossen sind339 • Bei der Beantwortung dieser Frage ist zu berücksichtigen, daß § 300 11 HGB ausdrücklich von Bilanzierungswahlrechten und § 308 I 2, 11 1 HGB ausdrücklich von Bewertungswahlrechten spricht und damit eine eigenständige Regelung der Wahlrechte fiir den Konzernabschluß zu treffen scheint, die Wahlrechte rur den Konzernabschluß uneingeschränkt zuläßt.
Siehe Fn.334. Siehe oben S.45 -55 (§4 C.). 339 Vgl. dazu Seeberg, in Baetge, Die deutsche Rechnungslegung ... , S.142.
337
338
§ 6 Die in Betracht kommenden Wahlrechte Die Wahlrechte des Einzelabschlusses, über deren konkrete Anwendbarkeit im Dritten Teil entschieden wird, sollen hier in ihrer Gesamtheit zunächst aufgelistet werden 340 • Dabei wird entsprechend der Gliederung des Bilanzrichtlinien-Gesetz zwischen Gliederungs- und Darstellungsvorschriften, Ansatz- sowie Bewertungsvorschriften unterschieden. Behandelt werden im folgenden nicht die Gliederungs- und Darstellungsvorschriften. A. Ansatzwahlrechte •
Wahlrecht zur Bildung eines Sonderpostens mit Rücklagenanteil (§ 247 III 2 HOB i.V.m. § 273 HOB).
•
Wahlrecht zur Passivierung von AufwandsTÜcksteIlungen (gemäß § 249 I 3 und 11).
•
Wahlrecht zur aktiven Abgrenzung von Zöllen und Verbrauchsteuem auf Vorratsvermögen sowie von Umsatzsteuern auf Anzahlungen (gemäß § 250 I 2 HOB).
•
Wahlrecht zur Aktivierung des Disagios (gemäß § 250 III 1 HGB).
•
Wahlrecht zur Aktivierung eines Geschäftswertes (gemäß § 255 IV 1 HGB).
•
Wahlrecht zur Aktivierung von Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs (gemäß § 269 HGB).
•
Wahlrecht zur aktivischen Steuerabgrenzung (gemäß § 27411 HGB).
B. Bewertungswahlrechte •
Wahlrecht zur Einbeziehung von Gemeinkosten bei Ermittlung der Herstellungskosten (gemäß § 255 11 3, 4, 5 HGB).
•
Wahlrecht zur Einbeziehung von Fremdkapitalzinsen in den Posten Herstellungskosten (gemäß § 255 III 2 HGB).
•
Wahlrecht zur Abschreibung auf den niedrigeren beizulegenden Wert im Anlagevermögen bei voraussichtlich nicht dauernder Wertminderung von Finanzanlagen (gemäß §§ 253 11 3, 279 I 2 HGB).
340
Siehe auch Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.22f.
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§ 6 Die in Betracht kommenden Wahlrechte
•
Wahlrecht zur Abschreibung auf den niedrigeren Zukunftswert im Umlaufvermögen (gemäß § 253 III 3 HGB).
•
Wahlrecht zur Abschreibung auf den niedrigeren steuerlichen Wert (gemäß §§ 254, 279 II HGB, § 5 I 2 HGB).
•
Wahlrecht zur Abschreibung eines aktivierten Geschäftswertes (gemäß § 255 IV 2, 3 HGB).
•
Beibehaltungswahlrecht bei Wertaufholung (gemäß §§ 253 V, 254 S.2, § 280 11 HGB).
•
Wahlrecht zur Abschreibung des Disagios (gemäß § 250 III 2 HGB).
•
Wahlrecht zur Abschreibung der aktivierten Kosten flir die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs (gemäß § 282 HGB).
•
Auswahl des Bewertungsvereinfachungsverfahrens (Verbrauchsfolgeverfahren gemäß § 256 S. 1 HGB; Festwert und Gruppenbewertung gemäß § 240 III/IV LV.m. § 256 S. 2 HGB).
§ 7 Grundsätzliche Anwendbarkeit der Wahlrechtsvorschriften Bevor aber darüber entschieden wird, ob die aufgetUhrten Wahlrechte aus dem Recht des Einzelabschlusses tatsächlich nach dem Zweckvorbehalt des § 298 I HGB 341 eingeschränkt anzuwenden sind, ist zunächst darzulegen, warum vorrangig § 298 I HGB den Ansatz und die Bewertung im Konzernabschluß bestimmt und daher die Ansatz- und Bewertungswahlrechte aus dem Einzelabschlußrecht eingeschränkt und nicht uneingeschränkt nach § 300 Il 2 HGB und § 308 I 2 HGB im Konzernabschluß gelten. Denn die Vorschriften der §§ 30011 2, 308 12 HGB, die tUr die Bilanzierung dem Grunde nach (§ 300 HGB) und tUr die Bilanzierung der Höhe nach (§ 308 HGB) Regelungen enthalten, sehen keine dem Vorbehalt des § 298 I HGB 342 vergleichbare Beschränkung tUr die Einzelabschlußvorschriften vor, sondern bestimmen, daß die Wahlrechte unabhängig ausgeübt werden dürfen. Würden diese Vorschriften als spezielle Regelungen dem § 298 I HGB vorgehen, dürfte hinsichtlich der Ansatz- und Bewertungswahlrechte nicht auf den Zweckvorbehalt des § 298 I HGB zurückgegriffen werden. Denn die §§ 300 11, 308 I HGB sehen keine Beschränkung der anwendbaren Wahlrechte vor. Sie bestimmen vielmehr, daß "nach dem Recht des Mutterunternehmens zulässige Bilanzierungswahlrechte 43 ] ••• im Konzernabschluß unabhängig von ihrer Ausübung in den Jahresabschlüssen der in den Konzernabschluß einbezogenen Unternehmen ausgeübt werden" dürfen (§ 300 II 2 HGB) bzw. "nach dem Recht des Mutterunternehmens zulässige Bewertungswahlrechte ... im Konzernabschluß unabhängig ... ausgeübt werden" können (§ 308 12 HGB).
e
Die §§ 300 11 2, 308 12 HGB haben aber nur klarstellenden Charakter. Sie betonen die Eigenständigkeit bei der Aufstellung des Konzernabschlusses. Der im folgenden darzulegende Vorrang des § 298 I HGB bestätigt zugleich die Grundkonzeption des Konzernabschlußrechts durch den deutschen Gesetzgeber, nämlich die Pflicht zur Aufstellung eines unabhängigen Gruppenabschlusses mit eigenständiger Informationsfunktion344 •
Dazu unten S.84 und S.8! (§8 B. III. 3. und 1.). Siehe oben S.56 -59 (§4 E.). 343 Dabei sind unter Bilanzierungswahlrechten die Bilanzansatzwahlrechte zu verstehen. Förschle in Beck Bit-Komm., §300 Rdz.!5 m.w.N.; Havermann in WP-Handbuch !996, Bd.l, M/222. AA Scherrer in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §300 Rdz.28. Zur Bedeutung des Begriffs der Bitanzierung, siehe auch Fn.33!. 344 Siehe dazu oben S.5! -54 (§4 C. 11. 2.). 341
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§ 7 Grundsätzliche Anwendbarkeit der Wahlrechtsvorschriften A. §§ 300, 308 HGB
Es handelt sich bei den §§ 300 II 2,308 I 2 HGB nicht um Verweisungen auf andere Normen und damit nicht um Verweisungen auf die Wahlrechte, die auf das Mutterunternehmen zur Anwendung kommen 345 • Die Frage der Anwendbarkeit der Vorschriften aus dem Recht des Einzelabschlusses ist bereits abschließend durch § 298 I HGB bestimmt, der die Vorschriften für Kapitalgesellschaften mit den notwendigen Änderungen rur anwendbar erklärt. Die Rechnungslegung im Konzernabschluß richtet sich also eigenständig nach den gesetzlichen Vorschriften rur den Einzelabschluß der Kapitalgesellschaften, nicht nach den Einzelabschlußvorschriften, die auf das konkrete Mutterunternehmen anzuwenden sind. Es kommt mithin nicht darauf an, ob es sich bei dem Mutterunternehmen um eine Personengesellschaft oder um einen Einzelkaufmann handelt, auf die die §§ 265, 266, 268 - 275, 277 - 283 HGB ihrem Wortlaut nach überhaupt nicht anwendbar sind. Es sollen nicht in Abhängigkeit von der Rechtsform des Mutterunternehmens verschiedene Regelungen über die Aufstellung von Konzernabschlüssen statuiert werden. So darf auch eine Personengesellschaft, die nach PublG zur Konzernrechnungslegung verpflichtet ist, als Mutterunternehmen im Konzernabschluß grundsätzlich keine Abschreibungen nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung bilden346 ; § 279 I 1 HGB schließt § 253 IV HGB aus. Maßgebend ist nach § 298 I HGB das nach dem Zweck des Konzernabschlusses zu modifizierende Einzelabschlußrecht, in der für Kapitalgesellschaften geltenden Form. Es gibt mithin nur ein Konzernabschlußrecht. Den §§ 300 II 2,308 12 HGB kommt lediglich eine Hilfsfunktion zu, welche die Unabhängigkeit der Ansätze und Bewertungen im Konzernabschluß von den konkreten Ansätzen und Bewertungen im EinzeIabschluß betont. Wenn in einem EinzeIabschluß beispielsweise von einer Aktivierung des Disagios gewinnmindernd abgesehen wird (zulässig nach 250 III 1 HGB), so gebietet § 300 II HGB im Konzernabschluß erneut über die Zulässigkeit des Ansatzes zu entscheiden. Eine Übernahme der Entscheidung aus dem konkreten Einzelabschluß, diesen Rechnungsabgrenzungsposten im Einzelabschluß anzusetzen, darf im Sinne einer Maßgeblichkeit des konkreten Ansatzes nicht erfolgen. Diese Auffassung der bloß klarstellenden Funktion der §§ 300 II 2, 308 I 2 HGB und des Vorrangs des Zweckvorbehalts des § 298 I HGB auch für die 345 Demgegenüber betonen die konstitutive Funktion der §§ 300 II 2, 308 I 2 HGB: Adler/DüringlSchmaltz (6.), §300 Rdz.9, §308 Rdz.5; Baetge, Konzernbilanzen, Abschn.173.11I432.2 (S.62f.1159-161); Busse von Colbe/Ordelheide, Konzernabschlüsse (6.), S.97 (Kap.3,II,I); Förschle in Beck Bil-Komm., §300 Rdz.46; Groß/eid, Bilanzrecht, Rdz.587, 591; Hartle in BeckHdR, elo Rdz.155; Havermann, Festschrift Goerdeler, S.189 m.w.N.; Scherrer in Hotbauer/Kupsch, BoHR, §300 Rdz.26.; Selchertl Karsten, DB 1989, 841. 346 Siehe unten S.74 (§ 7 A. III.).
A. §§300, 308 HGB
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Wahlrechte aus dem Einzelabschlußrecht wird zum einen durch die Siebente Richtlinie der EG bestätigt, die zeigt, daß ein Bezug auf das Recht des Mutterunternehmens nicht gewollt ist (1.). Sie findet ferner ihre Bestätigung in der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses, die dem endgültigen Bilanzrichtlinien-Gesetz zugrunde lag (11.). Schließlich geht auch das PublG davon aus, daß im Konzernabschluß die Rechnungslegungsvorschriften rur Kapitalgesellschaften zwingend zur Anwendung kommen (IlI.). I. Keine Verweisung auf das Recht des Mutterunternehmens nach der Siebenten Richtlinie der EG
Schon die Entwicklung des Konzernbilanzrechts auf europäischer Ebene bestätigt die zentrale und vorrangige Stellung des § 298 I HGB mit seinem unter Vorbehalt stehenden Verweis auf das Einzelabschlußrecht. Die Regelungen rur den Konzernabschluß sollen danach nur ausnahmsweise durch die tatsächliche Bilanzierung im Einzelabschluß des Mutterunternehmens bestimmt sein. Im übrigen soll ein selbständiges, von den Einzelabschlüssen unabhängiges Konzernabschlußrecht maßgebend sein. Die Entwicklung der Siebenten Richtlinie der EG ist ebenso wie die Entwicklung hin zum Bilanzrichtlinien-Gesetz durch das Abwenden von dem Grundsatz einer unmittelbaren Ableitung des Konzernabschlusses aus den tatsächlichen Einzelabschlüssen (Maßgeblichkeit) hin zum Grundsatz der Aufstellung des Konzernabschlusses nach einem selbständigen Konzernabschlußrecht gekennzeichnet. Diese Selbständigkeit beinhaltet nicht nur die Unabhängigkeit von den konkreten Ansätzen und Bewertungen in den Einzelabschlüssen der einbezogenen Unternehmen, sondern auch die Statuierung eines einheitlichen, rur alle Konzerne geltenden Konzernabschlußrechts, das eigenen Regelungen folgt. Lediglich die Pflicht zur Aufstellung macht die Siebente Richtlinie der EG von der konkreten Rechtsform der Kapitalgesellschaft eines Mutterunternehmens oder eines Tochterunternehmens abhängig (Art. 47 •
4i
Diese Abkehr von der Maßgeblichkeit der Einzelabschlüsse beginnt bereits mit dem Vorentwurf zur Ergänzung der Vierten Richtlinie der EG auf dem Gebiet der Konzernrechnungslegung von 1971. Der Art. 53 I dieses Vorentwurfs zur Ergänzung der Vierten Richtlinie der EG auf dem Gebiet der Konzernrechnungslegung sah zwar rur die Bewertung noch vor, die "Vermögensgegenstände und Schulden ... unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Einheit des Konzernunternehmen[s] mit den Werten in die Konzernbilanz zu übernehmen, mit
347 Deutschland hat von Art.4 II der Siebenten Richtlinie der EG Gebrauch gemacht, wonach die Aufstellung allein von der Rechtsform der Kapitalgesellschaft des Mutteruntemehmens abhängig gemacht werden darf.
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§ 7 Grundsätzliche Anwendbarkeit der Wahlrechtsvorschriften
denen sie in den jeweiligen Abschlüssen der Konzernunternehmen angesetzt sind." Doch schon in Art. 53 II dieses Vorentwurfs war im Unterschied zum Aktiengesetz a.F. bestimmt, daß die "in den Konzernabschluß einbezogenen Abschlüsse der Konzernunternehmen ... [rur die Zulässigkeit der Zusammenfassung] weitgehend nach den gleichen Bewertungsvorschriften aufgestellt sein" müssen. Erst dann hätten die Einzelabschlüsse rur den Konzernabschluß maßgeblich sein dürfen. Nach der Konzeption dieses Vorentwurfs sollte also die Gleichartigkeit und die Einheitlichkeit im Konzernabschluß durch eine einheitliche Gliederung sowie durch einheitliche Ansätze und Bewertungen schon in den Einzelabschlüssen der Konzernunternehmen gewährleistet werden (Einheitlichkeit von Anfang an). Schon mit dem nachfolgenden Vorschlag und Geänderten Vorschlag einer Siebenten Richtlinie der EG wurde aber deutlich, daß die Regelung einer gesetzlich vorgeschrieben einheitlichen Bilanzierung der Einzelunternehmen als Voraussetzung rur eine unmittelbare Übernahme der Bewertungen in den Konzernabschluß nicht durchsetzbar war348 • So ließ bereits Art. 15 lit. b S. 2349 des Vorschlags einer Siebenten Richtlinie der EG - wenn auch nur in AusnahmefiUlen - eine uneinheitliche eigene Bewertung im Einzelabschluß zu. Um dennoch eine einheitliche Bilanzierung aller Vermögensgegenstände im zusammengestellten Konzernabschluß zu erzielen, war rur diesen Fall der abweichenden Bewertung350 eine Neubeurteilung dieser Posten rur den Summenabschluß vorgesehen (Art. 15 lit. b S. 4 351 ). Die Einheitlichkeit konnte also auch nachträglich, bei Erstellung des Konzernabschlusses, demnach erst auf der Ebene des Konzernabschlusses herbeigeruhrt werden (Einheitlichkeit von Anfang an, in Ausnahmefällen nachfolgende Einheitlichkeit). Mit der endgültigen Fassung der Siebenten Richtlinie der EG wurde die Methode der Erstellung eines einheitlichen Summenabschlusses durch eine neue einheitliche Bewertung rur den Konzernabschluß gleichberechtigt neben die Methode der Übernahme der Posten aus einheitlich erstellten Einzelabschlüssen gestellt (duales Konzept - Einheitlichkeit von Anfang an oder nachfolgende Einheitlichkeit). Die Übernahme der Bilanzierung der Vermögensgegenstände aus den Einzelabschlüssen der einbezogenen Unternehmen ist danach gleichbe-
348 Siehe auch Abs.2 der Begründung der EG-Kommission zu Art.15 des Vorschlags einer Siebenten Richtlinie der EG. 349 Wortgleich mit Art. 15 lit. b S.2 des Geänderten Vorschlags einer Siebenten Richtlinie der EG. 350 Von dem Rechnungslegungsrecht des Mutteruntemehmens, also dem Bilanzrecht für Kapitalgesellschaften. 351 Wortgleich mit Art. 15 lit. b S.4 des Geänderten Vorschlags einer Siebenten Richtlinie der EG.
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rechtigt zulässig, wenn bereits in den Einzelabschlüssen nach den Grundsätzen des Konzernabschlusses bilanziert worden ist. Damit hat die Siebente Richtlinie der EG die Grundlage rur einen eigenständigen, von den Einzelabschlüssen unabhängigen Konzernabschluß gelegt, der eine eigenständige Gliederung, einen eigenständigen Ansatz und eine eigenständige Bewertung erforderlich macht. Die Entwicklung der Siebenten Richtlinie der EG bis zu ihrer Verabschiedung ist also gekennzeichnet durch eine Wandlung des Konzernabschlusses: Wurde er ursprünglich - ähnlich wie im Aktiengesetz a.F. 352 - zum Teil noch als abgeleitetes, an die Einzelabschlüsse der Konzemuntemehmen angelehntes Zahlenwerk verstanden, das folgerichtig im Anschluß an die Normen der Vierten Richtlinie der EG über den Jahresabschluß von Kapitalgesellschaften geregelt warm, betont die endgültige Fassung der Siebenten Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft mit der Möglichkeit der Neubewertung die Unabhängigkeit vom Einzelabschluß und die Festlegung eines einheitlichen Konzernabschlußrechts. Mithin kann bereits nach der Siebenten Richtlinie der EG das Konzernabschlußrecht nicht als bloß formell angepaßtes Einzelabschlußrecht verstanden werden. Das Konzernabschlußrecht ist vielmehr schon nach der Siebenten Richtlinie der EG ein aliud, das nach eigenen Zwecken ausgelegt werden muß. Für die Gliederung und den Ansatz im Konzernabschluß hat Art. 17 der Siebenten Richtlinie der EG dies ausdrücklich geregelt. Eine Ausnahme besteht nicht. Es gilt allein die Generalregelung des Art. 17 I der Siebenten Richtlinie der EG 354 • Die Gliederung und der Ansatz im Einzelabschluß des Mutterunternehmens findet überhaupt keine Erwähnung. Es wird statt dessen - nicht alternativ - rur die Gliederung und den Ansatz im Konzernabschluß auf die anzupassenden Vorschriften des Einzelabschlußrechts rur Kapitalgesellschaften355 verwIesen. Mit dieser uneingeschränkten Regelung zeigt die Siebente Richtlinie der EG, daß rur die Auslegung des § 300 11 2 HGB (Unabhängigkeit der Ausübung der Ansatzwahlrechte) als eine Verweisung auf Ansatzwahlrechte des Einzelabschlußrechts kein Raum ist. Durch § 300 11 2 HGB sollen nicht selbst Wahlrechte aus dem Einzelabschlußrecht eröffuet werden. Die Einbeziehung von Einzelabschlußregeln erfolgt allein nach § 298 I HGB. Daneben hat § 300 11 2 Mit dem Unterschied der Einheitlichkeit aller Einzelabschlüsse. Beachte aber, daß schon in Art.50 IV lit.b des Vorentwurfs bestimmt war, solche Unternehmen nicht in den Konzernabschluß einzubeziehen, "wenn durch die Einbeziehung der Aussagewert des Konzernabschlusses beeinträchtigt würde." 354 Siehe zur Vorschrift des Art.17 der Siebenten Richtlinie der EG oben S.30 (Erster Teil). 355 " ... die Artikel 3 bis 10, 13 bis 26 und 28 bis 30 der Richtlinie 78/660/EWG [Vierte Richtlinie der EG] ... " 352 353
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HGB nur deklaratorische Funktion. Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß Art. 17 I der Siebenten Richtlinie der EG ausdrücklich nur von Vorschriften der Vierten Richtlinie der EG für die Gliederung356 des konsolidierten Abschlusses spricht357 • Denn mit den tatsächlich aufgezählten Artikeln der Vierten Richtlinie der EG sind auch die Bilanzansatzvorschriften, insbesondere die Artt. 15 - 21 358 erfaßt. Genau diese exklusive Verweisung des Art. 17 I der Siebenten Richtlinie der EG wird mit § 298 I HGB umgesetzt. Auch § 298 I HGB stellt in keiner Weise auf die tatsächliche Gliederung und den tatsächlichen Ansatz in den Einzelabschlüssen ab. Neben dieser durch die Siebente Richtlinie der EG bestimmten zentralen und vorrangigen Funktion des § 298 I HGB für die Gliederung und den Ansatz im Konzernabschluß kann dem § 300 11 2 HGB nur innerhalb der durch § 298 I HGB eröffueten Vorschriften konstitutive Funktion zukommen. Zwischen § 298 I HGB und § 300 11 2 HGB besteht gewissermaßen ein Über-/Unterordnungsverhältnis (exklusive Funktion des § 298 I HGB). Die Vorschrift des § 30011 2 HGB konkretisiert innerhalb des Normbereichs, den § 298 I HGB eröffuet, den Grundsatz des § 297 III 1 HGB, wonach eine weitere Beschränkung der nach § 298 I HGB und mit Rücksicht auf seinen Zweckvorbehalt359 anwendbaren Gliederungs- und Ansatzwahlrechte aus dem Einzeiabschlußrecht durch die tatsächliche Bilanzierung des konkreten Mutteruntemehrnens nicht in Betracht komme 60 (Einheitsgrundsatz). Damit betont § 300 11 2 HGB also die Methode der Erstellung des Summenabschlusses durch neue und eigenständige Bilanzierung nach einem eigenständigen Konzernabschlußrecht, läßt aber andererseits eine weitere Beschränkung durch eine tatsächliche Bilanzierung nach Art der Maßgeblichkeit nicht zu. Die exklusive Funktion des § 298 I HGB wird auch im Bereich der Bewertung durch die Bewertungsregelung der Siebenten Richtlinie der EG bestätigt. Auch hier zeigt die Siebente Richtlinie der EG, daß die dem § 300 11 2 HGB entsprechende Regelung des§ 308 I 2 HGB gegenüber dem § 298 I HGB eine untergeordnete Funktion hat. Nach Art. 29 I der Siebenten Richtlinie der EG sind "die in die Konsolidierung einbezogenen Gegenstände des Aktiv- und Passivvermögens ... nach einheitlichen Methoden und in Übereinstimmung mit den Artt. 31 bis 42 und Art. 60 361 der Richtlinie 78/660/EWG [Vierte Richtlinie der 356 Zum Verständnis des Begriffs der Gliederung im Aktiengesetz a.F. siehe im folgenden S.73 (§ 7 A. 11.) mit Fn.375. 357 "Für die Gliederung des konsolidierten Abschlusses gelten die Artikel ... ". Ähnlich die englische Fassung: " ... in respect of the layout of consolidated accounts, ... " und die französische Fassung: "Pour la structure des comptes consolides ... ". 358 Abschnitt 4 "Vorschriften zu einzelnen Posten der Bilanz". 359 Dazu unten S.84 und S.81 (§8 B. III. 3. und 1.). 360 Zur Funktion der §§300 11, 308 I HGB, siehe noch unten S.75-76 (§7 A. IV.). 36\ Das sind die Bewertungsregeln.
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EG]" zu bewerten. Dieser Regelung fehlt damit zwar ein ausdrückliches Gebot der Anpassung der Bewertungsmethoden des Einzelabschlußrechts nach "den besonderen Merkmalen eines konsolidierten Abschlusses im Vergleich zum Jahresabschluß,,362 - wie bei Art. 17 I der Siebenten Richtlinie der EG. Daß ein solches Gebot der Anpassung aber schon nach der Siebenten Richtlinie der EG auch im Rahmen der Bewertung gilt, ergibt sich mittelbar aus den Vorschriften für die nachfolgende Einheitlichkeie63 , den Vorschriften des Art.29 III und V der Siebenten Richtlinie der EG. Nach Art. 29 III der Siebenten Richtlinie der EG darf das Verbot der Maßgeblichkeit der Bewertungen in den Einzelabschlüssen dann durchbrochen werden, wenn das herzustellende "den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesamtheit der in die Konsolidierung einbezogenen Unternehmen" (Art. 16 III der Siebenten Richtlinie der EG) nur unwesentlich beeinträchtigt wird. Rein steuerrechtliche Bewertungen dürfen nach Art. 29 V 1 der Siebenten Richtlinie der EG - wegen des fehlenden steuerlichen Zwecks des Konzernabschlusses anders als im Einzelabschluß grundsätzlich nie in den Konzernabschluß übernommen werden 364 . In diesen Vorschriften wird deutlich auf den Vorrang des Zwecks des Konzemabschlusses verwiesen, so daß auch hinsichtlich der Bewertung schon nach der Siebenten Richtlinie der EG der Zweckvorbehalt gilt, der mit § 298 I HGB umgesetzt wurde. Daß der Bewertungsregelung des § 308 I 2 HGB lediglich in diesem Rahmen des § 298 I HGB konstitutive Funktion zukommt, zeigt die spezifische deutsche Umsetzung des Art. 29 II Iit. a der Siebenten Richtlinie der EG. Nach Art. 29 II lit. a S. 1 der Siebenten Richtlinie der EG müßte ohne abweichende Regelung365 das jeweilige Mitgliedstaatenrecht vorschreiben, daß die Bewertungsmethoden im Konzernabschluß nicht im Widerspruch zur tatsächlichen Bewertung im Einzelabschluß des Mutterunternehmens ausgeübt werden dürfen. Mit dieser Regelung sollte der Gedanke der "Einheitlichkeit von Anfang an", der nach dem Vorentwurf zur Ergänzung der Vierten Richtlinie der EG auf dem Gebiet der Konzernrechnungslegung allein zulässig war366, mindestens für das Mutterunternehmen vorgeschrieben werden. Im Einzelabschluß des Mutterunternehmens hätte nach diesem Vorschlag wie im Konzernabschluß bewertet
362 V gl. Art. 17 I der Siebenten Richtlinie der EG. 363
Siehe dazu oben S.69.
364 Beachte aber die Ausnahme nach Art.29 V 2 der Siebenten Richtlinie der EG, die
ein nationales Wahlrecht zum Ansatz in Verbindung mit einer Erläuterungspflicht einräumt, von dem der deutsche Gesetzgeber mit §308 III HGB Gebrauch gemacht hat. 365 Vgl. Art.29 II Iit.a S.2. Dazu im folgenden. 366 Siehe oben S.68.
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werden müssen. Diese weitere Einschränkung367 der Nutzung von Wahlrechten wollte der deutsche Gesetzgeber nicht umsetzen 368 • Er hat daher von der Abweichungsbefugnis des Mitgliedstaatenwahlrechts des Art. 29 II lit. a S. 2 Gebrauch gemache 69 , wonach die Mitgliedstaaten "die Anwendung anderer Bewertungsmethoden gestatten oder vorschreiben [können], soweit diese mit den vorstehend bezeichneten Artikeln der Richtlinie 78/6601EWG [Vierte Richtlinie der EG] übereinstimmen", und dieses Wahlrecht mit § 308 I 2 HGB umgesetzt. Der Zweck des § 308 I 2 HGB liegt mithin darin, diese Unabhängigkeit von den tatsächlichen Bewertungen beim Mutterunternehmen zu kodifizieren 370, um damit die Bewertungseinheitlichkeit rur den Einzelabschluß des Mutterunternehmens und den Konzernabschluß in das Ermessen des Mutterunternehmens zu stellen. Mit der Inanspruchnahme des Mitgliedstaatenwahlrecht (Art. 29 11 lit. a S.2) zeigt das Bilanzrichtlinien-Gesetz also, daß allein die Regelungen der Vierten Richtlinie der EG - wenn auch mit materiellen Anpassungen - den Konzernabschluß bestimmen. Eine weitere Beschränkung durch das Erfordernis der einheitlichen Bewertung im Jahresabschluß des Mutterunternehmens und im Konzernabschluß ist mit § 308 I HGB also nicht beabsichtige 71 • Der deutsche Gesetzgeber hat damit auch die Bewertung im Konzernabschluß völlig von den tatsächlichen Bewertungen in dem EinzeIabschluß des Mutterunternehmen gelöst und statt dessen die abstrakten Bewertungsvorschriften aus dem Einzelabschlußrecht rur Kapitalgesellschaften372 über § 298 I HGB eröffuet. Er hat damit also rur die Bewertung im Konzernabschluß einen zwingenden Gleichlauf der Bewertung im Jahresabschluß des Mutterunterneh367 So auch ausdrücklich Abs.2 S.3 der Begründung der EG-Kommission zu Art.15 des Vorschlags einer Siebenten Richtlinie der EG. 368 Siehe Abs.2 S.2 des Berichts des Rechtsausschusses zu §308 HGB und Abs.1 S.2-8 der Begründung des RegE Gesetz 7.18.EG-Richtlinie zu §308 HGB-EK. 369 So ausdrücklich Abs.1 S.2 des Berichts des Rechtsausschusses zu §308 HGB und Abs.1 S.3 der Begründung des RegE Gesetz 7.18.EG-Richtlinie zu §308 HGB-EK. 370 Die Pflicht des Art.29 II lit.b der Siebenten Richtlinie der EG, die die Anhangsangabe bei Abweichungen von den Methoden, die im lahresabschluß des Mutterunternehmens angewendet wurden, verlangt, wurde in §308 r 3 HGB kodifiziert. 371 Siehe Abs.2 S.2 des Berichts des Rechtsausschusses zu §308 HGB und Abs.1 S.2-8 der Begründung des RegE Gesetz 7.18.EG-Richtlinie zu §308 HGB-EK. Wohl auch SchnickelKilgert in Beck Bil-Komm., §308 Rdz.4, aber §308 Rdz.3. A.A. Adler! DüringlSchmaltz (6.), §298 Rdz.90 ["eigenständig geregelt"]; BienerlBerneke, BiRiLiG, S. 322; Hartle in BeckHdR, C 10, Rdz.156, 210. 372 Dies ergibt sich aus Art. 29 r der Siebenten Richtlinie der EG, der auf die entsprechenden Vorschriften (flir Kapitalgesellschaften) der Vierten Richtlinie der EG verweist. Das Bilanzrichtlinien-Gesetz will also hinsichtlich der Bewertung nicht unter die Grenze gehen, die Art. 29 I der Siebente Richtlinie der EG setzt. Zu diesem Minimum ausdrücklich Abs.2 S. I der Begründung der EG-Kommission zu Art.15 des Vorschlags einer Siebenten Richtlinie der EG [" ... Grundsatz, von dem eine Abweichung nicht gestattet ist."].
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mens und im Konzernabschluß verhindert und damit die Unterwerfung jeglicher Bewertungsregelung unter den Zweckvorbehalt des § 298 I HGB 373 betont. Eine willkürliche Nutzung von Bewertungswahlrechten sollte mithin durch § 308 I 2 HGB nicht ermöglicht werden. 11. Keine Verweisung auf das Recht des Mutterunternehmens nach der Beschlußempfehlung und dem Bericht des Rechtsausschusses
Daß sich nicht nur die Gliederung, sondern auch Bilanzansatz und Bewertung nach § 298 I HGB richten, zeigt auch die Genese der Vorschrift des § 298 I HGB in Deutschland. Im RegE Gesetz 7. / 8. EG-Richtlinie findet sich als Vorläufer des § 298 I HGB die Vorschrift des § 276 I HGB-EK. Dieser Entwurf der Verweisungsvorschrift war der schließlich Gesetz gewordenen Fassung in seiner Formulierung schon sehr ähnlich. Er unterschied sich aber hinsichtlich des Gebots der entsprechenden Anwendung und mit dem Vorbehalt der Abweichungen aufgrund der Eigenart oder der besonderen Vorschriften entscheidend von § 298 I HGB dadurch, daß neben den Gliederungsvorschriften nur die Ansatzvorschriften (§§ 238 - 257 HGB-E), nicht aber die Bewertungsvorschriften (§§ 259 - 269 HGB-E) einbezogen worden waren. In dieser Aufteilung knüpfte der Regierungsentwurf noch an die Grundregelung des § 331 IV 1 AktG a.F. an 374 , der mit seinem Verweis auf das Einzelabschlußrecht ebenfalls nicht die Bewertungsvorschriften (§§ 152 VII, 153 - 156 AktG a.F.) mit einschloß375 • Die Frage, welche Bewertungsvorschriften auf den selbständigen Konzernabschluß anzuwenden waren, beantwortete im RegE Gesetz 7. / 8. EG- Richtlinie nicht eine Generalnorm, sondern die Bewertungsregelung des § 289 I 1 HGBEK 376 durch konkreten Verweis. Danach durften alle rur den Jahresabschluß der Kapitalgesellschaft zulässigen Bewertungsmethoden angewendet werden. Aber auch im Entwurf wurde bereits die Selbständigkeit des Konzernabschlusses klargestellt, indem zugelassen wurde, daß die Bewertungsmethoden rur den Konzernabschluß von denen, die das Mutterunternehmen tatsächlich angewendet hat, abweichen dürfen (§ 289 I 2 HGB-EK). Mit der Betonung der Vorstellung vom Konzernabschluß als einheitlichem und selbständigem Abschluß nimmt dann die Beschlußempfehlung und der BeDazu unten S.84 und S.81 (§8 B. III. 3. und 1.). So ausdrücklich Abs.1 S.2 der Begründung des RegE zu §276 HGB-EK. 375 Regelungen ftir den Bilanzansatz waren aber mit § 152 VII, IX AktG a.F. erfaßt. Der Begriff der Gliederung, den die Begründung des RegE zu § 331 IV AktG 1965 a.F. verwendet, ist also im weiteren Sinne, unter Einschluß des Ansatzes zu verstehen. 376 "Auf den Konzernabschluß dürfen die ftir den Jahresabschluß des Mutterunternehmens nach den §§259 bis 268 zulässigen Bewertungsmethoden angewendet werden." 373
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richt des Rechtsausschusses den Verweis auf die anwendbaren Bewertungsvorschriften aus der Bestimmung des § 289 HGB_EK 377 heraus und fugt ihn in die Generalnorm des § 298 I HGB ein, ohne aber inhaltlich eine Änderung vorzunehmen. Das bestätigt ausdrücklich der Bericht des Rechtsausschusses 378 . Damit sind die Einschränkungen, die § 298 I HGB aufgrund der Eigenart des Konzernabschlusses vorsieht, nicht mehr nur auf die Vorschriften über Gliederung und Bilanzansatz beschränkt, sondern erstrecken sich auf die Bewertungsvorschriften des Einzeiabschlußrechts. Auch fur die Bewertung wurde § 298 I HGB mithin zur maßgebenden Vorschrift. 111. Keine Verweisung auf das Recht des Mutterunternehmens nach PublG
Schließlich bestätigt auch die Berücksichtigung der Vorschriften des Publizitätsgesetzes (PubIG)379 die exklusive Funktion des § 298 I HGB und die untergeordnete deklaratorische Betonung der Selbständigkeit der Bilanzierung im Konzernabschluß durch §§ 300 II 2, 308 12 HGB. Auch das PublG geht davon aus, daß mit den § 290 - 315 HGB ein selbständiges Konzernabschlußrecht normiert worden ist, daß von den besonderen Zwecken des Einzelabschlusses unabhängig ist. Dies ergibt sich ausdrücklich aus § 13 III 1 PubiG. Diese Bestimmung läßt es zu, daß bei einer Pflicht zur Konzernrechnungslegung nach PublG das Mutterunternehmen die Vorschriften des § 279 I [Verbot bestimmter Abschreibungswahlrechte 380] und des § 280 HGB [Wertautholungsgebot] nicht anwenden muß 381 • Wenn also § 13 III 1 PubIG die Bewertungsverschärfungen der §§ 279 I, 280 HGB fur Mutter-Personengesellschaften und Mutter-Einzelkaufleute fakultativ stellt, geht die Vorschrift zugleich davon aus, daß diese Bewertungsverschärfungen ohne abweichende Regelung zwingend zum Konzernbilanzrecht gehören und daher auch bei einem Konzernabschluß nach PublG nach diesen Vorschriften zu bewerten ist. Das Wahlrecht wäre also sinnlos, wenn die Vor-
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Entwurf des späteren § 308 HGB.
378 Abs.l S.5 des Berichts des Rechtsausschusses zu §298 HGB: "In die Aufzählung
der auf den Konzernabschluß anzuwendenden Vorschriften in Absatz 1 wurden auch die Bewertungsvorschriften aufgenommen, auf die bisher in §289 Abs.l HGB-EK verwiesen wurde." 379 Gesetz über die Rechnungslegung von bestimmten Unternehmen und Konzernen vom 15.8.1969 in der Fassung des Bilanzrichtlinien-Gesetzes. 380 Ausschluß der Abschreibungen im Rahmen vernünftiger kaufmännischer Beurteilung (§252 IV), Beschränkung der fakultativen außerplanmäßigen Abschreibung bei vorübergehender Wertminderung (§252 11 3). 381 Daneben sind auch Anhangsangaben über steuerrechtliche Beeinflussungen des Jahresabschlusses (§314 I Nr.5 HGB) und Anhangsangaben über Verwaltungsaufwand und Verwaltungsbezüge (§314 I Nr.6 HGB) nicht zwingend.
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schriften schon von vornherein nicht anwendbar wären. Damit besteht also auch nach PublG nur ein einziges einheitliches Konzernabschlußrecht. Zugleich wird durch das PublG ausdrücklich klargestellt, daß die Bilanzierungsvorschriften und damit auch die Ansatz- und Bewertungswahlrechte im Konzernabschluß durch den § 298 I HGB und nicht nach den §§ 300 11 1, 308 I 2 HGB durch die Rechtsform des Mutterunternehmens bestimmt sind. Eine solche Auslegung ergäbe schon deshalb keinen Sinn, weil bei einer Konzernabschlußpflicht nach Handelsgesetzbuch das Mutterunternehmen gemäß § 290 HGB immer eine Kapitalgesellschaft sein muß und damit ohnehin immer die abstrakten Bilanzierungsregeln rur Kapitalgesellschaften gemäß § 298 I HGB anzuwenden sind. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem PubiG. Zwar sind die Regelungen des Publizitätsgesetzes durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz gemeinsam mit dem Handelsgesetzbuch geändert worden. Der Gesetzgeber hat also das rechtsformabhängige Konzernabschlußrecht des Handelsgesetzbuches und das größenabhängige Konzernabschlußrecht des PublG aus einem Guß gefertigt. Das PublG zeigt aber ausdrücklich, daß gerade nicht in Abhängigkeit zur Rechtsform des Mutterunternehmens unterschiedliche Konzernabschlußrechte geschaffen werden sollten. Auch insofern geht das PublG also von einem einheitlichen Konzernabschlußrecht aus. IV. Ergebnis - Zweck der §§ 300 11 2, 308 I 2 HGB
Die technischen Vorschriften des Bilanzrechts rur Kapitalgesellschaften sind mithin entweder unmittelbar über § 298 I HGB oder indirekt über § 13 11 1/ I.Hs. PublG und somit immer anwendbar382 • Damit eröffuen weder § 300 11 2 noch § 308 I 2 HGB mit ihren Formulierungen, nach denen die Wahlrechte unabhängig ausgeübt werden können, dem Mutterunternehmen bei der Aufstellung des Konzernabschlusses uneingeschränkt die Wahlrechte des Einzelabschlußrechts des Mutterunternehmens. Beide Vorschriften sind nicht die allgemeinen und konstitutiven Vorschriften des Konzernabschlußrechts rur Ansatz und Bewertung. Sie stellen vielmehr in den Abschnitten über die Konsolidierung noch einmal ausdrücklich klar, daß die Bilanzierung im Konzernabschluß dem Grunde und der Höhe nach und damit auch die Ausübung von Bilanzierungswahlrechten rur den Konzernabschluß völlig eigenständig zu beurteilen ist, also von der Ausübung des jeweiligen Bilanzierungswahlrechts im Einzelabschluß des Mutterunternehmens oder eines 382 Berndt in Küting/Weber, HdR, Ia, §298 Rdz.15; Förschle in Beck Bil-Komm., §300 Rdz.21; Groß/eId, Bilanzrecht, Rdz.591; Havermann in WP-Handbuch 1996, Bd.I, M/225, N/81; Lederle in BeckHdR, C 300, Rdz.62, 89 (mit anderer Begründung); Scherrer in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §298 Rdz.5f.130; Trützschler in Küting/Weber, HdKI, §300 Rdz.40-42. A.A. AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §300 Rdz.9.
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in- oder ausländischen Tochteruntemehmens völlig unabhängig ist. Der Konzemabschluß wird also nicht nur vom Einzelabschluß der Tochteruntemehmen, sondern auch vom Einzeiabschluß des Mutterunternehmens selbst "abgekoppelt,,383. Für die Aufstellung der Summenbilanz haben die bei den Vorschriften also nur die Funktion einer Klarstellung384 • Das zeigt auch der Satz 1 des § 300 II HGB, der flir den Konzernabschluß in Abkehr vom Maßgeblichkeitsprinzip des § 331 I Nr. 1 AktG a.F. ein eigenständiges Gebot der Vollständigkeit formuliert, das nur durch Bilanzierungsverbote und -wahlrechte, die im Konzernabschluß geiten, durchbrochen wird. Welche Verbote und Wahlrechte aber im Konzernabschluß anwendbar sind, bestimmt § 300 HGB selbst nicht. Die Formulierung impliziert allein, daß es auch im Konzernabschluß grundsätzlich Bilanzierungsverbote und -wahlrechte geben muß, da es andernfalls der Einschränkung des Vollständigkeitsprinzips nicht bedurft hätte. Entsprechendes zeigt die Vorschrift des § 308 HGB. In Abs.l der Norm wird bestimmt, daß im Konzernabschluß die Posten aus den Einzelabschlüssen einheitlich zu bewerten sind. Auch insofern ist grundsätzlich eine Übernahme von Werten aus den Einzelabschlüssen - anders als nach Aktiengesetz a.F. - unzulässig. Vielmehr sind fur den Konzernabschluß die Bewertungsmethoden zunächst festzulegen, um dann die Posten aus den Einzelabschlüssen anhand dieser Methoden einheitlich zu bewerten385 • Sofern in den Einzelabschlüssen der Konzernunternehmen abweichend bewertet wurde, muß eine Neubewertung vorgenommen werden (§ 308 II 1 HGB). Dieses Gebot hat zur Konsequenz, daß die Bewertungswahlrechte flir den Konzernabschluß neu und einheitlich 386 auszuüben sind. Aber auch § 308 I 2 HGB setzt lediglich voraus, daß es auch im Konzernabschluß Bewertungswahlrechte geben muß, hat somit wie § 300 II 2 HGB nur die Funktion einer Klarstellung.
Heymann-NiehusIScholz, HGB, §300 Rdz.16. Busse von ColbelOrdelheide, Konzernabschlüsse (6.), S.102 (Kap.3,III,1.l) [für §308 II 2 HGB]. A.A. AdlerlDüringlSchmaltz (6.), §298 Rdz.63 m.w.N. [Ansatz "durch §298 lediglich subsidär geregelt"]; Bienerl Berneke, BiRiLiG, S.322; Förschle in Beck Bil-Komm., §300 Rdz.15; Hartle in BeckHdR, C 10, Rdz. 155, 210. 385 Bienerl Berneke, BiRiLiG, S.360. Zu den Differenzierungen und zu den gebotenen Einschränkungen des Grundsatzes der einheitlichen Bewertung, namentlich durch den "true and fair view"-Grundsatz, den Grundsatz der Einzelbewertung, den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit: Xenides, Die Einheitlichkeit der Bewertung im Konzernabschluß, S.51- 77. 386 Siehe dazu Adler! DüringlSchmaltz (6.), §308 Rdz.24, und die in Fn.385 Genannten. 383
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B. §298HGB Welche Vorschriften auf den Konzernabschluß anwendbar sind, richtet sich also vorrangig nach § 298 I HGB, der die technischen Vorschriften rur den Einzelabschluß von Kapitalgesellschaften, also §§ 244 - 256 und die §§ 265, 266, 268 - 275, 277 - 283 HGB 387 , mit den erforderlichen Einschränkungen rur anwendbar erklärt. Der Verweis erstreckt sich danach also nicht nur auf Gliederungsvorschriften, sondern auch auf alle Ansatz- und Bewertungsvorschriften rur Kaufleute und Kapitalgesellschaften388 • Daher sind auch alle Wahlrechte rur Gliederung, Ansatz und Bewertung, so wie sie rur die Kapitalgesellschaft gelten, einbezogen. Doch bestimmt § 298 I HGB, daß die genannten Vorschriften des Einzelabschlusses nur entsprechend zur Anwendung kommen und nur unter der Voraussetzung, daß nicht die Eigenart des Konzernabschlusses eine Abweichung verlangt sowie unter der Voraussetzung, daß in den Konzernrechnungslegungsvorschriften der §§ 299 ff. HGB nichts anderes bestimmt ist389 • Insbesondere die Wahlrechte stehen also unter dem Vorbehalt, daß nicht die Eigenart des Konzernabschlusses Abweichungen bedingt.
387 Neben den Bestimmungen des Handelsgesetzbuchs sind die für die Rechtsform und den Geschäftszweig der in den Konzernabschluß einbezogenen Unternehmen mit Sitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes geltenden Vorschriften (beispielsweise Pflichtrücklage für die Aktiengesellschaft nach § ISO AktG) entsprechend anzuwenden. Dazu BuddelLust in Beck Bil-Komm., §298 Rdz.42. Auch noch AdlerlDüring/ Schmaltz (6.), §298 Rdz.6/191f./203. 388 Albrecht in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §298 RdZ.5. 389 Die letzte Regelung betrifft die speziellen Posten im Rahmen der Konsolidierung, AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §298 Rdz.9.
§ 8 Anwendbarkeit und erforderliche Anpassungen § 298 I HGB ist also die entscheidende Regelung für das Konzernabschlußrecht, die bestimmt, welche Vorschriften für die Gliederung, den Ansatz und die Bewertung bei Erstellung des Konzernabschlusses anzuwenden sind. Mit Rücksicht auf den oben ermittelten Zweck des Konzernabschlusses 39o ist im folgenden darzulegen, wie auf der Grundlage der Regelung des § 298 I HGB die Rechnungslegungsvorschriften für Kapitalgesellschaften und damit die Wahlrechtsvorschriften für Kapitalgesellschaften für den Konzernabschluß anzupassen sind. Dabei sind unter diesem Paragraphen allgemein und unter den folgenden § 9 und § 10 konkret rur die einzelnen Wahlrechte die Grenzen zu bestimmen, die § 298 I HGB durch das Erfordernis entsprechender Anwendung und das Gebot der Abweichung aufgrund der Eigenart des Konzernabschlusses setzt.
A. Anpassungen nach früherem Recht (§ 331 I Nr. 1 AktG a.F.) Wie oben bereits ausgeführt391 war schon unter der Geltung des aktienrechtlichen Maßgeblichkeitsgrundsatzes die Notwendigkeit der Veränderung der Bilanzansätze aus den Einzelabschlüssen für den Konzernabschluß streitig. Zwar mußten nach dem Wortlaut des § 331 I Nr. 1 AktG a.F. die Bilanzposten mit ihren Bewertungen aus den Einzelabschlüssen der einbezogenen Unternehmen grundsätzlich unverändert übernornrnen werden 392 , so daß mit der Aufstellung des Einzelabschlusses des jeweils einbezogenen Unternehmens auch grundsätzlich abschließend über die Ausübung von Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechten entschieden worden war. Doch bereits bei dieser Rechtslage war umstritten, ob nicht mit Rücksicht auf einen eigenen Zweck des Konzernabschlusses die Einheitlichkeit von Ansatz und Bewertung verpflichtend dadurch herzustellen war, daß eine unmittelbare gesetzliche Verpflichtung der einbezogenen Unternehmen zu einer einheitlichem Bilanzierung aus dem gesetzlichen Konzernabschlußrecht folge 393 • Auch wurde vertreten, daß jedenfalls die Obergesellschaft als verpflichtet angesehen Siehe oben S. 48 -55 (§4 C. II. und §4 D.). Siehe oben S.6-9 (§2 A. 1.). 392 Siehe oben S.6 (§2 A. 1.). 393 Siehe oben S.8 (§2 A. 1.) mit Fn.34.
390 391
B. Anpassungen nach dem BiRiLiG
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werden müsse, eine einheitliche Bilanzierung durch die Durchsetzung von konzerninternen Richtlinien gegenüber den Tochterunternehmen herbeizuführen394 • B. Anpassungen nach dem BiRiLiG I. Die Einschränkungen des § 298 I HGB
§ 298 I HGB, der die Vorschriften des Einzelabschlußrechts, so wie sie für Kapitalgesellschaften gelten, und daher auch die Wahlrechte für den Konzernabschluß grundsätzlich eröffnet395 , enthält ebenso ausdrücklich eine Einschränkung der aufgezählten, grundsätzlich anwendbaren Einzelabschlußvorschriften, wenn er formuliert, daß die Vorschriften nur "entsprechend anzuwenden" sind und auch nur soweit die "Eigenart [des Konzernabschlusses] keine Abweichung bedingt". In der Formulierung knüpfte die Vorschrift des Bilanzrichtlinien-Gesetzes unmittelbar an die Vorschriften der §§ 331 IV 1396 ,332 III 1 AktG a.F. 397 an. Zwar fehlte den Regelungen des Aktiengesetzes a.F. die Formulierung der entsprechenden Anwendung. Beide Vorschriften verlangten aber bereits für die Aufstellung des Konzernabschlusses, daß die Einzelabschlußvorschriften nur dann anzuwenden seien, soweit nicht Abweichungen aus dem Grunde der Eigenart des Konzernabschlusses erforderlich seien. Wegen dieser Ähnlichkeit der Formulierungen wird dem neuen Passus "entsprechend anzuwenden" in der Literatur teilweise398 jede materielle Bedeutung abgesprochen. Folgerichtig wird daher insofern auch eine Änderung der Rechtslage durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz verneint. Im folgenden ist demgegenüber darzulegen, daß auch die abweichende Formulierung in § 298 I HGB gegenüber dem Aktiengesetz a.F. bestätigt, daß eine Änderung der Rechtslage herbeigeführt wurde. Obgleich auch der umgesetzte Art. 17 der Siebenten Richtlinie der EG ausdrücklich keine entsprechende Anwendung der Vorschriften für Gliederung und Bilanzansatz vorschreibt, sondern davon spricht, daß die Vorschriften für den Konzernabschluß gelten, wird in § 298 I HGB namentlich das Gebots der entsprechenden Anwendung eingefügt. Es wird damit in Verbindung mit den zugelassenen Abweichungen deutlich hervorgehoben, daß für den Konzernabschluß nach dem Bilanzrichtlinien-Gesetz die Einzeiabschlußvorschriften für den Konzernabschluß anzupassen sind. An-
Siehe oben S.8 (§2 A. I.) mit Fn.37. Siehe oben S.7S -77 (§ 7 A. IV.). 396 Konzernbilanz. 397 Konzem-Gewinn- und VerIustrechnung. 398 AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §298 Rdz.7. Vgl. Abs.1 S.2 der Begründung des RegE Gesetz 7.18.EG-Richtlinie zu §276 HGB-EK. 394 395
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§ 8 Anwendbarkeit und erforderliche Anpassungen
gesichts der Neukonzeption des Konzembilanzrechts in der Siebenten Richtlinie der EG wird mit diesem Zusatz im deutschen Gesetz die Eigenart des Konzernabschlusses betont, die Modifizierungen der Einzeiabschlußvorschriften für den Konzernabschluß erforderlich mache 99 • 11. Bedeutung des Gebots der entsprechenden Anwendung
Mit dem Gebot der entsprechenden Anwendung hat der Gesetzgeber die Notwendigkeit hervorgehoben, unter der Geltung des Bilanzrichtlinien-Gesetzes jede einzelne Vorschrift des Einzeiabschlußrechts, die nach § 298 I HGB auf den Konzernabschluß grundsätzlich anwendbar ist, auf ihre Vereinbarkeit mit dem Zweck des Konzernabschlusses zu überprüfen. Diese Zweckauslegung der inkorporierten Vorschriften ist typische Folge400 einer solchen Verweisung. Denn inkorporierte Vorschriften müssen mit Rücksicht auf die Unterschiede des geregelten Falles abgeändert und ergänzt werden. Diese Beurteilung bedeutet für den Rechtsanwender einen gewissen Spielraum40I , dessen Umfang fiir das Konzernrechnungslegungsrecht an dieser Stelle noch nicht geklärt zu werden braucht. Ein solcher Spielraum wird dem Rechtsanwender dem Grunde nach zwar schon dann eröffnet402 , wenn das Gesetz - wie in den §§ 331 IV 1403 , 332 III 1 AktG a.F. - lediglich von "anzuwenden,,404, von "Anwendung,,405 oder von "anwenden,,406 einer oder mehrerer bestimmter Vorschriften spricht407 und eine direkte, also unveränderte Anwendung der Vorschriften nicht möglich oder sinnhaft ist. Zunehmend betont der Gesetzgeber die Notwendigkeit der Modifikation aber, indem er den Spielraum ausdrücklich durch das Gebot der "entsprechenden" oder "sinngemäßen Anwendung" einräumt408 und damit dem
399 So auch Scherrer in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §300 Rdz.20 zur entsprechenden Formulierung in §300 I 2 HGB, die er aber auf Ansatz, Bewertung und "Ausweis" erstreckt. 400 Wie auch die verdeckte Verweisung, die Fiktion. 401 Vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S.261 (I1, Kap.2, 2,c). 402 Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S.261 (I1, Kap.2, 2,C). 403 Konzernbilanz. 404 Beispielsweise §270 I 2 HGB (Einstellung in Sonderposten mit Rücklagenanteil und Auflösung). 405 Beispielsweise §55 I HGB (Abschlußvertreter). 406 Beispielsweise §325 IV 1 HGB (Offenlegung für Kreditinstitute). 407 Sofern es sich hierbei nicht nur um bloße Hinweise handelt, eine andere Vorschrift also nicht schon von sich aus anwendbar ist. 408 Als Beispiel aus dem Rechnungslegungsrecht seien hier § 315 III HGB (Zusammenfassung von Konzernlagebericht und Lagebericht) und §239 IV 3 HGB (Handelsbücher) genannt.
B. Anpassungen nach dem BiRiLiG
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Rechtsanwender ausdrücklich und nicht nur konkludent oder der Natur der Sache nach das Recht zur Rechtsfortbildung einräumt. Wenn also § 298 I HGB im Unterschied zu §§ 331 IV 1 und 332 III 1 AktG a.F. u.a. das Wort "entsprechend" aufnimmt, kann dies nicht als unbeachtlich angesehen werden, sondern stellt sich vielmehr als Klarstellung des Gesetzgebers dar. Sie bestätigt die Funktion des Passus' als Verweisung auf Rechtsnormen, nämlich die Einzelabschlußvorschriften, die entsprechend dem Zweck des Konzernabschlusses zu modifizieren sind. III. Der Vorbehalt
Wie im vorhergehenden Abschnitt angesprochen, betont der Gesetzgeber mit dem Gebot der entsprechenden Anwendung die bereits in § 331 IV 1 AktG a.F. enthaltene Bestimmung, nach der die Vorschriften des Einzelabschlußrechts nur mit Rücksicht auf die Eigenart, also auf den Zweck des Konzernabschlusses409 anwendbar sind. 1. Kein eirifacher Vorbehalt des Gesetzes, sondern qualifizierter Vorbehalt
Dieser Vorbehalt hat im Bilanzrichtlinien-Gesetz erheblich materielle Funktion. Zum einen unterscheidet er sich wesentlich von dem häufigen einfachen gesetzlichen Vorbehalt spezieller gesetzlicher Regelungen4 \O. Bei diesem wird lediglich wiederholt, daß der entsprechenden Anwendung die speziellen gesetzlichen Regelungen ftir den konkreten Regelungsbereich vorgehen. So sieht beispielsweise § 105 II HGB ausdrücklich vor, daß auf die OHG die Vorschriften über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht zur Anwendung kommen, wenn die speziellen §§ 106 - 160 HGB Abweichendes bestimmen. Auch § 298 I HGB enthält einen solchen einfachen Vorbehalt, wenn er auf den Vorrang der Vorschriften der §§ 299 - 315 HGB verweist. § 298 I HGB beläßt es aber nicht bei diesem einfachen Vorbehalt der speziellen Vorschriften, sondern konkretisi.ert die Notwendigkeit der Modifizierung im Rahmen der entsprechenden Anwendung durch das Hervorheben des entscheidenden Unterschieds zwischen Einzelabschluß und Konzernabschluß, nämlich der Eigenart des Konzernabschlusses411 •
409 " ... soweit seine Eigenart [die des Konzernabschlusses] keine Abweichung bedingt ... " 410 Beispielsweise §§92 Il, 105 Il, 161 Il, 345, 407 HGB. 411 Vergleichbar ist der Vorbehalt der Abweichung nach dem Zweck wie beispielsweise bei § 156 HGB (Liquidationsgesellschaft). 7 Kramer
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§ 8 Anwendbarkeit und erforderliche Anpassungen
2. Der qualifizierte Vorbehalt
Generell ist festzustellen, daß der Gesetzgeber mit der Verwendung von qualifizierten Vorbehalten besondere Abweichungen von der bezeichneten Rechtsmaterie verlangt. Dies muß dann auch rur § 298 I HGB gelten, der Abweichungen von den Einzelabschlußvorschriften nach dem Zweck des Konzemabschlusses verlangt. Derartige qualifizierte Vorbehalte fmden sich häufig, wenn das Gesetz nicht lediglich auf die entsprechende Anwendung einer einzelnen anderen Norm verweist, wie beispielsweise bei § 256 S. 2 HGB, der filr die Bewertung im Rahmen der Bilanzierung auf die § 240 III, IV HGB 412 verweist. Die qualifizierten Vorbehalte treffen vielfach mit solchen Verweisungen zusammen, die auf ganze Regelungskomplexe verweisen413 • Denn in diesen Fällen ist typischerweise eine statische, unveränderte Anwendung nicht möglich, so daß filr den Rechtsanwender die Notwendigkeit besteht, die entsprechend anzuwendenden Normen auf der Grundlage eines Zwecksystems des neuen Rechtsgebiets anzupassen. Während die entsprechend anzuwendende Vorschrift bei einer EinzeIverweisung in das Normensystem der Regelungsmaterie überwiegend zweckorientiert einzupassen ist, steht bei Verweisung auf ein System oder Teilsystem von Rechtsvorschriften das System des neuen Rechtsgebietes, hier das System der Konzemrechnungslegung, noch nicht endgültig konkretisiert fest. Da konkretisierende Einzelvorschriften zu einem großen Teil fehlen, steht neben dem in sich geschlossene System, hier dem System der Einzeiabschlußvorschriften, häufig ein unfertiges System, das durch die lückenhaften Vorschriften des neuen Rechtsgebietes, hier der Konzemrechnungslegung, gebildet wird. Zum Teil überläßt es der Gesetzgeber gänzlich dem Rechtsanwender, das unfertige System des neuen Rechtsgebiets auszugestalten, indem er sich auf einen einfachen Vorbehalt der lückenhaften Vorschriften beschränkt (offener Vorbehalt). Wie beim Fortlassen der Formel der entsprechenden Anwendung414 ist auch hier eine Modifizierung regelmäßig erforderlich, um eine sinnhafte Anwendung zu ermöglichen. So fehlt beispielsweise bei der Regelung des Tausches mit § 515 BGB jede Konkretisierung des Zwecks durch den Gesetzgeber. Einen Maßstab, nach dem der Rechtsanwender das Recht des Tausches durch Modifizierung der §§ 433 - 514 BGB auszugestalten hat, fehlt. Die besonderen Kennzeichen des Tausches, die diesen vom Kauf unterscheiden, werden nicht
Vereinfachungsvorschriften für die Erstellung des Inventars. Z.B. § 13d III a.E. (Hauptniederlassung im Ausland); § 13fII 3 (Zweigniederlassung von AG mit Sitz im Ausland); §340i II I (Aufstellungspflicht Konzernabschluß, Konzernlagebericht für Kreditinstitute); §587 (Teil- und Raumcharter im Güterfrachtrecht; §641 I HGB (Vertragsauflösung bei Teil- und Raumverfrachtung). 414 Siehe oben S.80 (§8 B. II.). 412
413
B. Anpassungen nach dem BiRiLiG
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genannt415 • Dennoch ist der Rechtsanwender vom Sinn und Zweck her berechtigt und verpflichtet, die Rechtsmaterie, auf die verwiesen wird, anzupassen416 • Vergleichbares gilt rur die Pacht, auf die nach § 581 II BGB die Vorschriften rur die Miete entsprechend anzuwenden sind. Obgleich Pacht und Miete nur bedingt miteinander vergleichbar sind und daher Abweichungen von den Bezugsvorschriften zwingend erforderlich sind, fehlt ein Konkretisierungsmaßstab rur den Rechtsanwender. Anstatt zu schweigen kann der Gesetzgeber aber das lückenhafte System der Regelungsmaterie, die mit der Verweisung arbeitet, auch durch inhaltliche Vorbehalte konkretisieren, beispielsweise bei § 587 HGB (konkretisierende Einschränkungen der Vorschriften des Güterfrachtrechts rur den Teil- und Raumcharter) und bei § 858 ZPO (Einschränkungen der Vorschrift des § 857 ZPO rur die Schiffspart)417. Ein inhaltlicher Vorbehalt in Gestalt eines Zweckvorbehalts findet sich im Handelsgesetzbuch lediglich an einer weiteren Stelle, nämlich in § 156 HGB. Danach finden auf die OHG-Liquidationsgesellschaft bis zu deren Beendigung die Vorschriften über die lebende Gesellschaft418 Anwendung, "soweit sich nicht ... aus dem Zweck der Liquidation ein anderes ergibt." Wie im Bereich der Konzernrechnungslegung regelt das Gesetz hier die Rechtsverhältnisse der Liquidationsgesellschaft nicht vollständig selbst, sondern trifft nur gewisse Sonderregelungen, schafft mithin kein nahezu geschlossenes Regelungssystem. Damit kommt dem qualifizierten Vorbehalt eine konstitutive Funktion im Sinne einer Prüfungsverpflichtung zu. Für jede grundsätzlich anwendbare Vorschrift hat der Rechtsanwender zu prüfen, ob sie mit oder ohne Änderung auf die Liquidationsgesellschaft anzuwenden ist. Überhaupt nicht anzuwenden sind die Vorschriften, die dem besonderen Zweck der Liquidationsgesellschaft zuwiderlaufen419 • Ebenso verlangt daher auch § 298 I HGB eine Anpassung. Auch der Konzernabschluß wird in den §§ 298 - 315 HGB nur bedingt eigenständig geregelt. Das Regelungssystem bleibt lückenhaft und unvollständig. Zwar werden spezielle konzernrechnungsrechtliche Fragestellungen behandelt. So sind die Aufstellungspflicht ( §§ 290 - 293 HGB), der Konsolidierungskreis ( §§ 294 - 296 HGB), 415 Zur inhaltichen Ausgestaltung des Tauschrechts, siehe nur Palandt-Putzo, §515 Rdz.7 m.w.N.; Soergel-Huber, §515 Rdz.3, 15. 416 Palandt-Putzo, §515 Rdz.7 m.w.Nw; Soergel-Huber, §515 RdZ.15. 417 Ebenso bei §208 ZPO (Einschränkungen der Vorschriften flir die Partei zustellung flir die Amtszustellung) und bei §495 ZPO (Einschränkungen der Vorschriften flir Landgerichte flir das Verfahren vor dem Amtsgericht). 418 Die Vorschriften des zweiten und dritten Titels des ersten Abschnitts des zweiten Buches des HGB (Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander; Rechtsverhältnis der Gesellschaft zu Dritten). Auch sonstige Vorschriften, soweit mit dem Zweck vereinbar Baumbach/Hopt, HGB, § 156 Rdz.2. 419 Baumbach/Hopt, HGB, § 156 Rdz.2-5; Schlegelberger-Schmidt, § 156 Rdz.24-37.
§ 8 Anwendbarkeit und erforderliche Anpassungen
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der allgemeine Inhalt des Konzernabschlusses (§§ 297 - 298 HGB), der Abschlußstichtag ( § 299 HGB), die Konsolidierung (§§ 300 - 310 HGB), besondere Ausweisvorschriften (§ 311 - 312 HGB) sowie teilweise der Konzernanhang (§§ 313 - 314 HGB) und der Konzernlagebericht (§ 315 HGB) eigenständig geregelt420 • Die gleichermaßen wichtige Frage, wie die nach § 297 III 1 HGB geforderte Einheitlichkeit des Konzernabschlusses hinsichtlich Gliederung, Ansatz und Bewertung herzustellen ist, wird dagegen nur durch Verweis, nicht durch eigene Vorschriften geregelt. Wie sich die §§ 145 - 158 HGB spezielle Fragen im Rahmen der Liquidation der OHG herausgreifen und im übrigen § 156 HGB auf die Vorschriften tUr die lebende OHG verweist, enthält das Konzernrechnungslegungsrecht insofern lediglich den Verweis des § 298 I HGB auf die Einzelabschlußvorschriften. Bei Widersprüchen zwischen dem lückenhaften System des neuen Rechtsgebiets (hier das der Konzernrechnungslegung) zur Bezugsregelung (hier das Einzelabschlußrecht) ist die betreffende einzelne gesetzliche Regelung aus der Rechtsmaterie, auf die verwiesen wird, nicht ohne weiteres anwendbar. Der Rechtsanwender darf und muß die Bezugsvorschriften tUr die nicht oder nur teilweise direkt geregelte Materie inhaltlich anpassen. Daß dieses Erfordernis auch beim einfachen Vorbehalt besteht, wurde bereits angetUhrt. Anders aber als beim einfachen Vorbehalt wird der Spielraum des Rechtsanwenders beim qualifizierten Vorbehalt eingeschränkt. Die Zweckerwägungen, die zur Einschränkung oder Modifizierung der Bezugsregelungen, also der Regelungen der entsprechend anwendbaren Vorschriften filhren, dürfen nicht völlig frei erfolgen, sondern sind vorrangig auf den durch das Gesetz vorgegebenen Zweck beschränkt. Dies gilt auch filr den Zweckvorbehalt des § 298 I HGB. Nicht nach diversen Zwecken, sondern mit Rücksicht auf den sich aus den speziellen Konzernrechnungslegungsvorschriften ergebenden Zweck des Konzernabschlusses ist daher die Übertragung des Einzelabschlußrechts vorzunehmen. 3. Kein bloßer Hinweis, sondern echte Abweichungsbefugnis
Der Zweckvorbehalt in § 298 I HGB stellt nicht wie noch in § 331 IV 1 AktG a.F. einen bloßen Hinweis des Gesetzes auf die Besonderheit der teilweise durch Verweisung geregelten Konzernrechnungslegung dar. Dort war der Zweckvorbehalt lediglich ein Leitsatz, der aber dem Prinzip der Maßgeblichkeit der Einzelabschlüsse der Konzernunternehmen untergeordnet war42l •
420 421
Siehe dazu Berndt in Küting/Weber, HdR, Ia, §298 RdZ.6. Siehe oben S.46 (§4 C. I.).
B. Anpassungen nach dem BiRiLiG
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Wenn aber nunmehr, nach dem Bilanzrichtlinien-Gesetz, Gliederung, Ansatz und Bewertung im Konzernabschluß eigenständig zu beurteilen sind422 , muß dieser Zweckvorbehalt jetzt eine ähnlich einschränkende Wirkung haben wie der Vorbehalt spezieller gesetzlicher Regelungen. Er fordert nun die Beachtung der Andersartigkeit des Konzernabschlusses und ein Abweichen von den entsprechend anzuwendenden Vorschriften des Einzelabschlußrechts. Allein damit läßt sich der nach § 297 II 2, III 1 HGB erstrebte einheitliche Konzernabschluß erzielen. Konkretisiert wird die Eigenart des Konzernabschlusses, der Maßstab der Abweichung, durch den Zweck, den der unvollständige Inhalt der neuen Regelung, nämlich der Inhalt der Konsolidierungsvorschriften der §§ 298 - 315 HGB, konstituiert. IV. Die "Eigenart" des Konzernabschlusses (nicht bloß Sonderfall des Einzelabschlusses)
I. Auffassungen der Literatur Adler I Düring I Schmalti 23 sehen die Eigenart des Konzernabschlusses in der Anwendung der Einheitstheorie, also in der gesetzlichen Fiktion des Konzerns als wirtschaftlich einheitliches Unternehmen nach § 297 III 1 HGB. Eine genauere Bestimmung wird abstrakt nicht mehr vorgenommen. Statt dessen werden in der weiteren Kommentierung bestimmte Abweichungen aufgezählt424 . Auch Buddel Lusl25 versuchen keine Bestimmung dessen, was unter der Eigenart des Konzernabschlusses im Sinne des § 298 I HGB zu verstehen ist. Es ergibt sich aber mittelbar aus ihren Ausruhrungen über die notwendigen Abweichungen,426 daß rur sie der Einheitsgedanke nach § 297 III 1 HGB nicht rur die Eigenart des Konzernabschlusses steht. Im übrigen wird von der Literatur eine Bestimmung der "Eigenart" des Konzernabschlusses nicht vorgenommen. In der Literatur stellen die im einzelnen differierenden Auffassungen vielmehr unmittelbar die nach § 298 I HGB erforderlichen, als systembedingt427 bezeichneten Abweichungen dar, ohne zuvor eine exakte Bestimmung der Eigenart des Konzernabschlusses vorgenommen zu haben. So beschreiben Adlerl DüringiSchmaltz 428 die "systembedingten Abweichungen" als solche, " ... die Siehe oben S.50 -55 (§4 C. 11. 2.). AdlerlDüringlSchmaltz (6.), §298 Rdz.8. 424 AdlerlDüringlSchmaltz (6.), §298 Rdz.162-172 (Bilanz), 180-189 (GuV), 200215. 425 BuddelLust in Beck Bil-Komm., §298 Rdz.51, 52. 426 Buddel Lust in Beck Bil-Komm., §298 Rdz.52. 427 AdlerlDüringlSchmaltz (6.), §298 Rdz.8; Albrecht in BoHR, §298 Rdz.12. 428 AdlerlDüringlSchmaltz (6.), §298 Rdz.162. 422
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§ 8 Anwendbarkeit und erforderliche Anpassungen
im Gesetz nicht im einzelnen geregelt sind, sondern sich aus der AufgabensteIlung des Konzernabschlusses ergeben." Zwar gehen sie zunächst davon aus, daß diese "Abweichungen [ ... ] Auswirkungen auf alle betroffenen Posten hinsichtlich Bilanzierungsfahigkeit, Bilanzierungspflicht, Bewertung und Ausweis" 429 haben. Soweit es aber um ein Abweichen von den in § 298 I HGB aufgezählten Vorschriften des Handelsgesetzbuchs filr den Jahresabschluß geht, beschreiben sie lediglich Abweichungen von der Gliederung43o . Eine Prüfung, ob die entsprechende Anwendung dieser handelsrechtlichen Vorschriften zu einem den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage im Sinne des § 297 11 2 HGB ftlhrt, wird insoweit nicht vorgenommen. Dies könnte dafiir sprechen, daß Ad/er/Düring/Schmaltz die "Eigenart" des Konzernabschlusses allein in der fingierten Einheit des Konzerns sehen. In diesem Fall wäre ihre Auslegung konsistent. Doch verstehen sie an anderer Stelle die Funktion des Vorbehalts wesentlich weiter. Bei der Untersuchung der entsprechenden Anwendbarkeit der rechtsform- und geschäftszweigspezifischen Vorschriften im Sinne des § 298 I HGB, die dem gleichen Vorbehalt wie die Einzelabschlußvorschriften des Handelsgesetzbuches unterliegen, stellen sie hinsichtlich der erforderlichen Abweichungen hiervon genau diese Frage431 • Hier fragen sie unter anderem im Rahmen der Prüfung der Verpflichtung zur Aufstellung eines Rücklagenspiegels entsprechend § 152 IIIIII AktG nach dem Zweck und den Grundlagen der aktienrechtlichen Regelung432 und kommen nach einer Prüfung zu dem Ergebnis, daß "nach dem Sinn und Zweck des Konzernabschlusses der Ausweis eines Rücklagenspiegels nicht verlangt werden,,433 kann.
Albrecht434 versteht unter den notwendigen "systembedingten Abweichungen" vorzunehmenden Änderungen der nach § 266 und 275 HGB bzw. "nach Formblättern verbindlichen Schemata", um dadurch mit dem Konzernabschluß ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln. Aber auch diese Änderungen, so ist einzuAdlerlDüringlSchmaltz (6.), §298 Rdz.8. AdlerlDüringlSchmaltz (6.), §298 Rdz.162-172 (Bilanz), 180-189 (GuV) [" .. . insbesondere Umgliederungen von Posten der Einzelbilanzen in der Konzernbilanz ... ", Rdz.169]. Ebenso Havermann in WP-Handbuch 1996, Bd.l, M1218-221. 431 AdlerlDüringlSchmaltz (6.), §298 Rdz.191. Ebenso Havermann in WP-Handbuch 1996, Bd.l, M/200. 432 AdlerlDüringlSchmaltz (6.), §298 Rdz.193 [ausdrücklich noch in der Vorauflage, Rdz.202]. 433 AdlerlDüringlSchmaltz (6.), §298 Rdz.193. Ebenso Bruns in BecKHdR, C 450 Rdz.5; Buddellust in Beck Bil-Komm., §298 Rdz.44. A.A. Berndt in Küting/Weber, HdKI, §298 Rdz.4. 434 In BoHR, §298 Rdz.12. Ebenso für den insofern wortgleichen §340i II 1 HGB, Krumnow u.a., Rechnungslegung der Kreditinstitute, §340i,j HGB Rdz.69. 429 430
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wenden, beruhen nicht auf einer Besonderheit des Konzernabschlusses435 • Eher schon auf der Besonderheit der Diversifizierung im Konzern, die so im Einzelunternehmen üblicherweise nicht auftreten würde. Denn verschiedene Geschäftszweige werden überlicherweise über rechtlich selbständige Gesellschaften abgewickelt. Buddel Lust36 beschreiben dagegen als durch die Eigenart des Konzernabschlusses erforderliche Änderungen solche Anpassungen437, die zwar auch die Gliederung betreffen, die aber originär konzernarteigen sind, da sie nur beim Konzernabschluß auftreten können. So werden beispielsweise die Änderungen aus der Währungsumrechnung genannt.
Ähnlich zählt Scherrer438 Abweichungen auf, die ihren Grund in der spezifischen konzernbilanziellen Konsolidierung oder in der Fiktion der rechtlichen Einheit des Konzerns haben, die aber nicht nur Ausweis, sondern auch Ansatz und Bewertung berühren. 2. Konkretisierung des Zwecks nach den §§ 290 - 315 HGB
Für die Eigenart des Konzernabschlusses im Sinne des § 298 I HGB gibt der Verweis selbst Hinweise, wenn er nicht pauschal auf alle Vorschriften aus dem Einzelabschlußrecht verweist. Zunächst ist zu erkennen, daß die Verweisung lückenhaft ist. Es werden nur bestimmte Vorschriften aufgezählt. Die erfaßten Regeln sind ausschließlich technischer Natur439 • Zugleich ist festzustellen, daß bestimmte Vorschriften aus dem Verweis von vornherein ausgeschlossen werden. Mit diesen Ausschlüssen hebt der Gesetzgeber die Eigenständigkeit und eigene Art des Konzernabschlusses hervor. Besonders deutlich wird die Konzeption des Konzernabschlusses durch den Ausschluß der Vorschriften über Aufbau, Struktur und Aufgabe des Einzelabschlusses (§§ 242, 243, 264 HGB). Die grundlegenden Vorschriften, die Aufbau, Struktur und Aufgabe des Einzelabschlusses allgemein beschreiben, sind in den Verweis nicht mit einbezogen. So sind die Regelungen über die Pflicht zur Aufstellung und rur die Definition des Jahresabschlusses (§ 242 HGB), über die BuddelLust in Beck BiI-Komm., §298 RdZ.52. In Beck BiI-Komm., §298 Rdz.51. 437 Genannt werden die konsolidierungstechnischen Sonderposten: der Unterschiedsbetrag aus Kapitalkonsolidierung (§301 IIII 1 HGB), der Ausgleichsposten nach § 307 I I HGB, die auf Minderheitsgesellschafter entfallenden Ergebnisanteile (§307 II HGB), die Beteiligung an assoziierten Unternehmen (§311 I 1 HGB) sowie die auf sie entfallenden Ergebnisse (§312 IV 2 HGB). 438 In Hotbauer/Kupsch, BoHR, §300 RdZ.21-23. 439 Dazu auch oben S.54 (§4 C. II. 2.) mit Aufzählung der ausgeschlossenen Vorschriften in Fn.288. 435
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allgemeinen Aufstellungsgrundsätze (§ 243 HGB) sowie die ergänzenden Vorschriften fur Kapitalgesellschaften (§ 264 HGB) nicht aufgezählt. Dieser Ausschluß ist bedeutsam, da sich die Unanwendbarkeit dieser Vorschriften ohnehin bereits aus dem Vorbehalt des speziellen Gesetzes nach § 298 I HGB ergeben würde. Die Definition des Konzernabschlusses und die Grundsätze seiner Aufstellung finden sich in der eigenständigen Vorschrift des § 297 HGB. Im Wortlaut angelehnt an die Struktur der Aufstellungsgrundsätze VOn Kapitalgesellschaften in § 264 HGB 440 , inhaltlich angelehnt an Art. 16 der Siebenten Richtlinie der EG, wurde ein eigener Grundtatbestand des Konzernabschlusses geschaffen. Der Gesetzgeber hätte auch, gleich dem Vorgehen in §§ 331 IV, 332 III AktG a.F., auf die Grundsätze der §§ 264, 242 f. HGB verweisen und sie dem Anpassungsgebot des Zweckvorbehalts des § 298 I HGB unterwerfen können. Wenn er dennoch eine eigene Vorschrift schafft und zugleich, trotz des Gesetzesvorbehalts, aus dem Verweis des § 298 I HGB die Vorschriften der §§ 264, 242 f. HGB herausnimmt, macht dies deutlich, daß er die Aufstellungsgrundsätze filr den Konzernabschluß nicht mehr als ein bloßes Abbild der Regeln filr Kapitalgesellschaften ansieht, sondern den Konzernabschluß als arteigenen Abschluß begreift, der eigenständige Aufstellungszwecke hat. Diese Auffassung wird bestätigt durch den Ausschluß der §§ 238-241 HGB. Damit wird festgelegt, daß den Konzern als solchen eine Buchfilhrungspflicht und eine Pflicht zur Bestandsaufnahme (Inventur) nicht trifft441 • Diese Pflichten obliegen allein den Einzelunternehmen. Dennoch ist der Konzernabschluß nicht bloß abgeleiteter Gesamtabschluß, der wie der Konzernabschluß nach Aktiengesetz a.F. endgültig die Werte aus den Einzelabschlüssen verwendet. Nach der Konzeption des Konzernabschlusses durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz sollen die Daten filr den Konzernabschluß zwar auch heute nicht originär gebildet, sondern auf der Grundlage der Einzelabschlüsse in den Konzernabschluß eingefilhrt werden. Sie sind aber anschließend nach einheitlichem Recht zu korrigieren. Eine einheitliche Erfassung bereits über eine einheitliche Konzernbuchfilhrung wäre daher nUn zwar möglich, ist aber wegen der andernfalls notwendigen Korrektur nicht zwingend. Folgerichtig sind die Vorschriften über die Vorlegung der Handelsbücher (§§ 258-261 HGB) nicht erfaßt, weil vom Konzern mangels Buchfilhrungspflicht gerade keine Handelsbücher gefilhrt und vorgelegt werden müssen. Ähnlich wurde mit dem Ausschluß der Vorschriften über den Anhang des Jahresabschlusses der Kapitalgesellschaft (§§ 284-288 HGB) und ihren Lagebe-
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Abs. I S.2 der Begründung des RegE Gesetz 7.18 EG.Richtlinie zu §275 HGBSiehe dazu oben Fn.309.
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richt (§ 289 HGB) die eigene Art des Konzernanhangs (§§ 313,314 HGB) und des Konzernlageberichts (§ 315 HGB) betont. Schließlich macht der Gesetzgeber durch den Ausschluß von §§ 267, 276 HGB klar, daß das Konzernabschlußrecht nicht in Abhängigkeit von der Größe des Konzerns unterschiedlich streng ist. Erleichterungen bei den Gliederungspflichten fUr kleine und mittelgroße Konzerne gibt es nicht. Schon § 276 I HGB-EK sah ausdrücklich vor, daß die Vorschriften des Handelsgesetzbuches fUr die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung nur insoweit zur Anwendung kommen, als sie fUr große prufungspflichtige Unternehmen gelten. Auch dies bekundet die Andersartigkeit des Konzernabschlusses gegenüber dem Einzelabschluß. 3. Das System des Bilanzrechts im Handelsgesetzbuch
Die im Zweckvorbehalt angesprochene Eigenart des Konzernabschlusses liegt gerade in dem oben aufgefUhrten442 besonderem Zweck des Konzernabschlusses, seiner eigenständigen Informationsaufgabe, die darin besteht, den Bilanzadressaten zur Bewertung der Einzelabschlüsse zusätzliche Informationen über die Gruppe als Ganzes zu geben443 • Dem steht auch die systematische Einordnung der Konzernrechnungslegungsvorschriften im Handelsgesetzbuch nicht entgegen. Zwar erscheinen die Vorschriften über die Konzernrechnungslegung als zweiter Unterabschnitt des zweiten Abschnitts des dritten Buches des Handelsgesetzbuches und damit als Unterabschnitt der "Ergänzende[n] Vorschriften fUr Kapitalgesellschaften". Da sich dieser Abschnitt als "Besonderer Teil" fUr Jahresabschlüsse und Lageberichte von Kapitalgesellschaften darstellt, erscheint auch jener zweite Unterabschnitt "Konzernabschluß und Konzernlagebericht" gewissermaßen wie in einer Klammer hinter den allgemeinen Vorschriften der §§ 238 - 263 HGB. Diese Einordnung spricht dafUr, daß im System des Handelsgesetzbuches der Konzernabschluß doch lediglich als spezielle Form, gleichsam als Unterfall des Jahresabschlusses aufzufassen ist und er deshalb neben dem Jahresabschluß fUr rechtlich selbständige Kapitalgesellschaften geregelt ist. Doch zeigt schon die Auswahl, die der § 298 I HGB aus den Einzelabschlußvorschriften trifft444 , daß der Konzernabschluß nicht einfach eine Unterart des Einzelabschlusses ist. Bei der Annahme eines Unterfalls zum Einzelabschluß würde § 298 I HGB auch auf nebengeordnete Vorschriften, nämlich auf die Vorschriften des Bilanzrechts fUr Kapitalgesellschaften, verweisen, da er Siehe oben S.40 -55 (§4). Siehe oben S. 48 -55 (§4 C. 11. und §4 D.). 444 Siehe vor S.87 (§8 IV. 2.).
442 443
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§ 8 Anwendbarkeit und erforderliche Anpassungen
mit den Vorschriften rur Kapitalgesellschaft auf einer Ebene geregelt ist. Sinnvoll kann diese Ordnung nur so verstanden werden, daß im Hinblick auf die Regelung von Konzernabschluß und Konzernlagebericht § 298 I HGB die Vorschriften über Jahresabschlüsse (Einzelabschlüsse) als Einheit auffaßt und logisch nachfolgend die entsprechende Anwendbarkeit bestimmter Regeln fUr Jahresabschlüsse anordnet. Deshalb braucht § 298 I HGB auch nicht zwischen den allgemeinen Vorschriften der §§ 238 -263 HGB und den speziellen fUr Kapitalgesellschaften zu unterscheiden. Beide Regelungsbereiche stellen rur die Konzernrechnungslegung eine Einheit dar, die Vorschriften rur Einzelabschlüsse, gewissermaßen ein Fundus rur die Konzernrechnungslegung44s • Für den Konzernabschluß sind die vorangegangenen Bilanzierungsvorschriften die Einheit der Einzelabschlußvorschriften, mit denen über den Verweis des § 298 I HGB Lücken des Konzernbilanzrechts zu rullen sind446 . Die Einordnung der Konzernrechnungslegungsvorschriften der §§ 290 - 315 HGB neben den ergänzenden Vorschriften rur Kapitalgesellschaften kann mithin nur dadurch erklärt werden, daß wesentliche Voraussetzung der Anwendung der Vorschriften der §§ 290 ff. HGB die Rechtsform der Kapitalgesellschaft der Muttergesellschaft ist (§ 290 I HGBt47/448. Insoweit sollte eine eindeutige Trennung zwischen den Vorschriften, die rur alle Kaufleute gelten, und solchen, die nur fUr Kapitalgesellschaften gelten, herbeigefUhrt werden449 .
4. Ergebnis: Die Einschränkungen nach dem BiRiLiG Damit kommen rur den Konzernabschluß die Wahlrechte aus den §§ 244256 und den §§ 265, 266, 268 - 275, 277 - 283 HGB insoweit in Betracht, als sie nach § 298 I HGB, d.h. nach dem oben ausgeruhrten Zweck4so auf den Konzernabschluß anwendbar sind. Mit dem Zweckteil des Doppelvorbehalts des § 298 I HGB, der eigenständige Bedeutung hat, ermöglicht der Gesetzgeber dem Rechtsanwender die Anpassung dieser Abschlußvorschriften rur Kapitalgesellschaften. Der Konzernabschluß ist nicht bloß ein Sonderfall des Jahresabschlusses, sondern Abschluß 445 So auch Abschn.A Nr.l Abs.2 S.2 des Allgemeinen Teils der Begründung zum RegE Gesetz 7./8.EG-Richtlinie. 446 Vgl. Abschn. B IV Nr.15 des Allgemeinen Teils der Begründung zum RegE Gesetz 7./8.EG-Richtlinie. 447 So auch Abschn. A III Abs. 7/14 des Allgemeinen Teils des Berichts des Rechtsausschusses zum Bilanzrichtlinien-Gesetz. 448 Für Personengesellschaften regelt die Verpflichtung das PublG, welches über § 1311 auf die §§298ff. HGB verweist. 449 Abschn.A III Abs.4 des Allgemeinen Teils des Berichts des Rechtsausschusses zum Bilanzrichtlinien-Gesetz. 450 Siehe oben S.40 -59 (§4).
B. Anpassungen nach dem BiRiLiG
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eigener Art. Jahresabschluß und Konzernabschluß sind nur entfernt ähnlich. Wenn das Gesetz für den Konzernabschluß auf die Vorschriften rur den Einzelabschluß unter dem Vorbehalt der Eigenart des Konzernabschlusses verweist, muß der Rechtsanwender nicht nur als berechtigt, sondern als verpflichtet angesehen werden, nach dem besonderen Zweck der Regelungsmaterie von den bezogenen Einzelabschlußvorschriften abzuweichen. Das Regelungssystem des Einzelabschlusses ist daher nur partiell und modifiziert auf den Konzernabschluß zu übertragen.
Dritter Teil
Die Anwendbarkeit der Wahlrechte aus dem Einzelabschlußrecht auf den Konzernabschluß § 9 Die Wahlrechte nach dem Aktiengesetz a.F. und nach dem BiRiLiG Im vorangegangenen Abschnitt wurde dargelegt, daß die Einzelabschlußvorschriften nach § 298 I HGB nur modifiziert auf den Konzemabschluß angewendet werden dürfen. Dies gilt damit ebenso fiir die Wahlrechte. Auch sie dürfen im Konzemabschluß nicht ohne weiteres zur Anwendung kommen. Zunächst ist vielmehr zu prüfen, ob § 298 I HGB mit Rücksicht auf den informativ-ergänzenden Zweck des Konzemabschlusses451 das einzelne Wahlrecht filr den Konzemabschluß überhaupt zuläßt. 1m Rahmen der entsprechenden Anwendung und des Vorbehalts des § 298 I HGB muß die jeweilige Funktion des Wahlrechts im Einzelabschluß in Bezug auf den Konzemabschluß Ausgangspunkt filr die Anwendung dieser Wahlrechte sein. Die besondere Funktion des jeweiligen Wahlrechts ist also in Beziehung zu setzen zum übergeordneten Zweck des Konzemabschlusses. Denn unterschiedliche Gründe und Funktionen von Wahlrechten müssen bei der geforderten entsprechender Anwendung im Konzemabschluß berücksichtigt werden und können die Grundlage filr die Notwendigkeit einer differenzierenden Behandlung sein. Eine entsprechende Anwendung der Wahlrechtsregelungen aus dem Einzelabschluß ist danach nur dann gerechtfertigt, wenn die Gründe, die die Einfilgung von Wahlrechten für den Einzelabschluß veranlaßt haben, auch unter Berücksichtigung des Zwecks des Konzemabschlusses für diesen bedeutsam sind. Insofem ist die übergeordnete Aufgabe des Konzemabschlusses zu berücksichtigen.
451
Siehe Fn.450.
A. Nach dem Aktiengesetz a.F.
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A. Nach dem Aktiengesetz a.F. Schon vor dem lnkrafttreten des Bilanzrichtlinien-Gesetzes stellte sich die Frage der entsprechenden Anwendung von Wahlrechtsbestimmungen des Einzelabschlusses auf den Konzernabschluß. Zwar waren die Ergebnisse der Wahlrechtsausübung, also die in den Einzelabschlüssen wahlfrei angesetzten Werte, bis zum Bilanzrichtlinien-Gesetz von 1985 wegen der Maßgeblichkeitsregelung nach § 331 IV 1 AktG a.F. auch fiir Ansatz und Bewertung im Konzernabschluß grundsätzlich verbindlich. Aus den Einzelabschlüssen waren die Posten gemäß § 331 I Nr. 1 AktG a.F. so zu übernehmen, wie sie infolge der in Anspruch genommenen, im folgenden genannten Wahlrechte gebildet worden waren. So war die Einbeziehung von Gemeinkosten in die Berechnung der Herstellungskosten durch § 153 11 AktG a.F. freigestellt452 • Als fakultativ wurde nach § 153 III AktG a.F. die Aktivierung entgeltlich erworbener immaterieller Vermögensgegenstände angesehen 453 • Aufwendungen fiir die Ingangsetzung der Gesellschaft durften ausgewiesen werden (§ 153 IV 2 AktG a.F.)454. Der Ausweis eines Geschäftswertes aus einer Preisdifferenz war wie heute freiwillig (§ 153 V 2 AktG a.F.)455. Außerplanmäßige und steuerrechtlich bedingte Abschreibungen oder Wertberichtigungen waren unter den Voraussetzungen des § 15411 1 AktG a.F. fiir das Anlage- und nach § 155 III AktG a.F. fiir das Umlaufvermögen freigestellt456 . Auch war die Wertaufholung nur als Wahlrecht ausgestaltet, § 15411 2 und § 155 IV AktG a.F. Hinsichtlich des angewendeten Verbrauchsfolgeverfahrens fiir Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens bestand nach § 155 12 AktG a.F. ein Wahlrecht457 • Ebenfalls als Alternative wurde die Aktivierung eines Rechnungsabgrenzungspostens fiir ein Disagio in § 156 III 1 AktG a.F. vorgesehen458 . Demgegenüber bestand fiir Rückstellungen im Einzelabschluß nach Aktiengesetz a.F. nur insofern ein Wahlrecht, als es sich um PensionsrUckstellungen459 oder um Rückstellungen fiir bestimmte unterlassene Aufwendungen und Ge-
Siehe nur Mellerowicz in Großkomm. AktG (3.), § 153 Anm.72 m.w.N. Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (1.), §153 Rdz.29-31; Mellerowicz in Großkomm. AktG (3.), § 153 Anm.8. 454 Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (1.), § 153 Rdz.35f.; Mellerowicz in Großkomm. AktG (3.), § 153 Anm.8. 455 Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (1.), § 153 Rdz.32; Mellerowicz in Großkomm. AktG (3.), § 153 Anm.8. 456 Mellerowicz in Großkomm. AktG (3.), § 154 Anm.35. 457 Mellerowicz in Großkomm. AktG (3.), § 155 Anm.40. 458 Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (1.), § 156 Rdz.l1. 459 Siehe dazu BGH, Urt. v. 27.2.1961, 11 ZR 292/59, BGHZ 34,324. Mellerowicz in Großkomm. AktG (3.), § 152 Anm.73. Vgl. § 159 AktG a.F. 452
453
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§ 9 Die Wahlrechte nach dem Aktiengesetz a.F. und nach dem BiRiLiG
währleistungen (§ 152 VII 2 AktG a.F.)460 handelte. Im übrigen aber wurde die Formulierung "dürfen" bei den Rückstellungen nach § 152 VII 1 AktG a.F. 461 und mit Rücksicht auf das Gebot, einen sicheren Einblick in die Vermögensund Ertragslage des Unternehmens zu geben sowie mit Rücksicht auf die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchfiihrung (§ 149 I AktG a.F.) überwiegend als Ansatzgebot, nicht als Wahlrecht verstanden462 . Doch bestand darüber hinaus bereits unter der Geltung des Aktiengesetzes a.F. eine Überlegung dahin, ob nicht aus der Sicht des Konzerns das jeweilige Wahlrecht neu ausgeübt werden müsse463 , da der Konzern nach der gesetzlichen Fiktion als einheitliches Unternehmen anzusehen sei und nur durch einheitliche Bilanzierung ein sicheres Bild der Vermögens- und Ertragslage dargestellt werden könne.
B. Nach dem BiRiLiG Mit dem Inkrafttreten des Bilanzrichtlinien-Gesetzes wird die Beantwortung der Frage der entsprechenden Anwendung der Wahlrechte wegen der Neukonzeption und der erhöhten Zahl der Wahlrechte drängend. Die Wahlrechte können im Konzernabschluß nunmehr im Rahmen der notwendigen einheitlichen Bilanzierung unabhängig und erneut genutzt werden, wenn man unterstellt, daß sie im Konzernabschluß überhaupt uneingeschränkt anwendbar sind. Unterstellt, die Anwendbarkeit der Wahlrechte wäre gegeben, könnten die Wahlrechte im Konzernabschluß fiir den jeweiligen Posten eigenständig und abweichend von Ansatz und Bewertung im Einzelabschluß ausgeübt werden. Zur drängenden Frage der neuen Ausübung kam die Schwierigkeit, daß mit der Umsetzung der Vierten Richtlinie der EG die Zahl der bereits nach Aktiengesetz a.F. vorhandenen Bilanzierungswahlrechten noch vergrößert wurde. Gab es vor der Novellierung des EinzeIabschlußrechts sechs Ansatz- und sieben Bewertungswahlrechte, so gewährt der Einzelabschluß - je nach Zählart - nunmehr etwa sieben Ansatz- und elf Bewertungswahlrechte464 .
460 Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (1.), § 152 Rdz.28; Mellerowicz in Großkomm. AktG (3.), § 152 Anm.77. 461 Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten und drohende Verluste aus schwebenden Geschäften. Dazu Mellerowicz in Großkomm. AktG (3.), § 152 Anm.77. 462 Mellerowicz in Großkomm. AktG (3.), § 152 Anm.77. 463 Dazu AdlerlDüring/Schmaltz (4.), §331 Rdz. 72f.; Barz in Großkomm. AktG (3.), §331 Anm.4; Baumbach/Hueck, AktG, §331 Rdz.22. Vgl. auch Kronstein in Kölner Kommentar z. AktG (I.), §331 Rdz.37. 464 Siehe die Auflistung unten S.63-64 (§6 A. und B.). Vgl. auch Siegel in HURB, Wahlrecht, S. 418 f. und die kommentierte Auflistung bei Ballwieser in Hofbau-
B. Nach dem BiRiLiG
95
Zum einen hat der Rat der Europäischen Gemeinschaften aus dem Aktiengesetz a.F. bereits bekannte Wahlrechte übernommen und vorgeschrieben,46s wie beispielsweise die Berechtigung, Zinsen filr Fremdkapital zur Herstellung von Anlagevermögen als Herstellungskosten (§ 255 III 2 HGB; Art. 35 IV 1 der Vierten Richtlinie der EG) oder das Disagio von Verbindlichkeiten gewinneutral zu aktivieren (§ 250 III 1 HGB; Art. 41 I der Vierten Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft). Darüber hinaus hat der Rat neue Wahlrechte geschaffen, deren Ausnutzung in das Ermessen des jeweiligen Mitgliedstaates gestellt ist466/467. So stellt etwa Art. 20 I der Vierten Richtlinie der EG den Mitgliedstaaten frei, den Unternehmen das Recht einzuräumen, unter bestimmten Voraussetzungen Rückstellungen fiir unterlassene Aufwendungen vorzunehmen468 . Mit diesen sog. Mitgliedstaatenwahlrechten der Vierten Richtlinie der EG wurde fiir die betreffende Regelungsfrage in gewissem Umfang auf eine "Koordinierung der Schutzbestimmungen", wie sie Art. 54 III lit. g EGV generell vorsieht, verzichtet. Die Mitgliedstaatenwahlrechte ermöglichten unter anderem die Beibehaltung tradierter nationaler Besonderheiten. Mit diesen Wahlrechten wurde von vornherein auf eine einheitliche Regelung in diesen Fällen verzichtet, so daß ein Widerspruch seitens einzelner Mitgliedstaaten von Anfang an verhindert werden konnte469 . Die betroffenen Bilanzfragen wurden damit aus dem Einigungsprozeß genommen470 , um so dennoch eine Einigung auf EG-Ebene herbeizufiihren471 . er/Kupsch, BeckHdR, B 134. Aufzählung der Mitgliedstaaten- und Unternehmenswahlrechte der Vierten Richtlinie der EG bei Jonas, OB 1978, 1462-1464. 465 "Untemehmenswahlrechte" Kirchner/Schwartze, WPg 1985, 399 (I.Sp.). Gesellschaftsbezogene Wahlrechte Chmielewicz in Rechnungslegung nach neuem Recht, S.23; Bauer, BB 1981, 766, Fn.4; Gimpe/-Kloos, Die Ausübung nationaler Wahlrechte im Hinblick ... , S.19; Jonas, OB 1978, 1365; Probst, BFuP 1992, 426. 466 "Gesetzgebungswahlrechte": Chmielewicz in Rechnungslegung nach neuem Recht, S.23. "Nationale Wahlrechte" Bauer, BB 1981, 766, Fn.4; Jonas, OB 1978, 1365. "Mitgliedstaatenwahlrechte": Gimpel-Kloos, Die Ausübung nationaler Wahlrechte im Hinblick ... , S.19; Kirchner/Schwartze, WPg 1985, 398 (r.Sp.); Probst, BFuP 1992,426. 467 Übersicht bei Knoblauch, Die vierte EG-Richtlinie, S. 74-77 (Anhang 2). 468 Die Formulierung in Art. 15 des Vorentwurfs einer Vierten Richtlinie war noch umfassender: "Rückstellungen dienen der Erfassung von Aufwendungen und Verlusten, die am Bilanzstichtag dem Grunde oder der Höhe nach ungewiß sind." 469 So bei Art.20 Il (Aufwandsrückstellungen); Art.33 (Abweichung vom Anschaffungskostenprinzip); Art.36 (Verrechnung: Wertberichtigungen bei Wertpapieren mit Eigenkapital); Art.37 I (Abschreibung und Gewinnausschüttungsbegrenzung bei aktivierten Forschungs- und Entwicklungskosten); Art.37 11 (Geschäftswertabschreibung); Art.40 I (Bewertungsvereinfachungsverfahren). Siehe Begründung zu Art.37 des geänderten Vorschlags einer Vierten Richtlinie der EG und Kirchner/Schwartze, WPg 1985, 403 (I.Sp.) m.w.N. 470 Entweder angesichts der fehlenden Erheblichkeit: siehe Art.5 (Sondergliederung von Investment- und Beteiligungsgesellschaften), Art.39 I Nr.c und Begründung zu
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§ 9 Die Wahlrechte nach dem Aktiengesetz a.F. und nach dem BiRiLiG
Dem Wortlaut nach waren diese Mitgliedstaatenwahlrechte generell formuliert und in ihrer Inanspruchnahme nicht auf bestimmte Mitgliedstaaten beschränkt. Sie bildeten damit die Grundlage filr die Übernahme der mit der Regelung eingeräumten Wahlfreiheit in jedes nationale Gesetz eines Mitgliedstaates. Es wurde mithin die Möglichkeit geschaffen, Besonderheiten der Rechnungslegung eines anderen Landes über die Mitgliedstaatenwahlrechte als Bilanzierungsmöglichkeit in das eigene nationale Recht einzufügen. So wurde in Deutschland mit dem Bilanzrichtlinien-Gesetz auf der Grundlage der Mitgliedstaatenwahlrechte der Vierten Richtlinie der EG das Wahlrecht eingeführt, latente Steuern zu aktivieren472 • Diese für das anglo-amerikanische Bilanzrecht kennzeichnende Regelung473 war noch in den Vorschlägen einer Vierten Richtlinie der EG als Ausweisgebot vorgesehen. Nach Art. 8, Passiva, 0,2 des Vorschlags und des Geänderten Vorschlags einer Vierten Richtlinie der EG waren Steuerrückstellungen auszuweisen. Die enthaltenen Rückstellungen für latente Steuerverpflichtungen mußten gesondert vermerkt werden. Während der Verhandlungen des Rates wurde der Zusatz im Bilanzschema gestrichen und die Regelung des Art. 43 Nr. 11 eingefügt, der neben einem Bilanzausweis die bloße Anhangsangabe zuläßt474 • Aus dem ausländischen Gebot wurde damit ein Wahlrecht auf Ebene der Vierten Richtlinie der EG, das über das Bilanzrichtlinien-Gesetz den deutschen Bilanzierenden als zusätzliche Möglichkeit eröffnet wurde, die Bilanz zu gestalten. Ähnlich wurde aus dem britischen Gebot, Aufwendungen für Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs zu aktivieren475 , auf der Ebene der Richtlinie das Wahlrecht, diese Aufwendungen auszuweisen und nicht sofort als Verlust zu verrechnen476 , während in den Vorschlägen einer Vierten Richtlinie Art.36 I c des Vorschlags einer Vierten Richtlinie der EG; Art.3911 2 (i. U. zu Art.35 IV I; Fremdkapitalzinsen als Herstellungskosten) der Vierten Richtlinie der EG und Begründungen zu Art. 15, 18 des Vorschlags einer Vierten Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft. Oder angesichts einer nationalen Sonderregelungsabsicht: siehe Art.57 (Prüfung!Offenlegung lahresabschluß Tochterunternehmen), Art.58 (Prüfung! Offenlegung GuV Tochterunternehmen), Art.59 (Beteiligungsbewertung) und Begründung zu Art. I 11 des des Vorschlags einer Vierten Richtlinie der EG. 471 Zur Einschränkung der Anwendung dieser Mitgliedstaatenwahlrechte durch die Mitgliedstaaten Kirchner/Schwartze, WPg 1985,403. 472 §274 11 HGB (zuvor keine Aktivierung). Siehe Art.43 I Nr.11 der Vierten Richtlinie derEG. 473 Vgl. die entsprechende Regelung in lAS 12.42/43,5.16. 474 Biener, AG, KGaA, GmbH, Konzerne, S.154. 475 Diese Aufwendungen (formation expenses im Sinne der Art. 9 Aktiva, B der Vierten Richtlinie der EG) sind als asset zu aktivieren, sofern sie nicht als preliminary expenses (§3 2 Sch 4 CA 1985) einem Aktivierungsverbot oder als development costs einem Aktivierungswahlrecht unterliegen. Eine explitzite Regel in den lAS fehlt. 476 §269 S.I HGB (zuvor nur flir Aufwendungen zur Ingangsetzung, 53 IV 2 AktG 1965 a.F.). Siehe Art.9 Aktiva, B der Vierten Richtlinie der EG.
B. Nach dem BiRiLiG
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der EG noch ein Aktivierungsgebot vorgesehen war. Auf der Grundlage dieses Mitgliedstaatenwahlrechts wurde das in Ansätzen mit § 153 IV 2 AktG a.F. bereits vorhandene Wahlrecht auf Erweiterungsaufwendungen ausgedehnt. So wurde über internationale Besonderheiten nicht endgültig eine Entscheidung getroffen. Über Mitgliedstaatenwahlrechte in der Richtlinie wurden diese Regelungen zu nationalen Wahlrechten umgestaltet.
8 Kramer
§ 10 Die Zwecke der einzelnen Wahlrechte des Einzelabschlusses Die zahlreichen Bilanzierungswahlrechte des Bilanzrichtlinien-Gesetzes verfolgen im Einzelabschluß nicht einheitliche, sondern unterschiedliche Aufgaben und Zwecke. Dabei werden nach Sinn und Zweck der Wahlrechte unterschiedliche Einteilungsversuche unternommen. So wird in Vereinfachungswahlrechte, Anpassungswahlrechte, Abbildungswahlrechte und Subventionswahlrechte gegliedert477 , nach anderer Ansicht in Vereinfachungswahlrechte, Billigkeitswahlrechte, Subventionswahlrechte, Unsicherheitswahlrechte, Kompromißwahlrechte und Willkürwahlrechte478 oder auch in Billigkeits-, steuerliche, Unsicherheits-, Vereinfachungs- und bilanzpolitische Wahlrechte 479 • Diese vorhandenen Differenzierungen480 der Wahlrechte beruhen zwar auf Zwecküberlegungen zu den Wahlrechten. Es fehlt indes die Entwicklung des Zwecks anhand des einzelnen Wahlrechts. Aus der Auslegung der einzelnen Wahlrechte ergibt sich aber ein Zwecksystem, das auf die Frage der entsprechenden Anwendung Antwort gibt. Nur insoweit ist eine Einteilung hier sinnvoll. Es muß daher anhandjedes einzelnen Wahlrechts geprüft werden, was sein eigener Zweck ist. Auf dieser Grundlage kann dann beurteilt werden, ob der spezifische Zweck des einzelnen Wahlrechts unter Berücksichtigung des Zwecks des Konzernabschlusses eine entsprechende Anwendung rechtfertigt. Dabei sei hervorgehoben, daß letztlich die Frage nach dem unmittelbaren Zweck des Wahlrechts zu beantworten ist, nicht nach den mittelbaren Zwecken, die den jeweiligen im Wahlrecht enthaltenen fakultativen Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden zugrunde liegen. Nach ihren jeweils übereinstimmenden Regelungszwecken seien im folgenden die Wahlrechte des Einzelabschlußrechts gegliedert.
Bauer, BB 1981, 768f. So Siegel in HURB, Wahlrecht, S.420. 479 Kropf!, Festschrift Baetge, S.73f. Mit bilanzpolitschen Wahlrechten sind solche gemeint, die vor allem auf Belange des Gläubigerschutzes, der Vorsicht oder allgemein auf die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchflihrung zurückzuflihren sind, a.a.O., S.74. 480 Vgl. auch Biener/Berneke, BiRiLiG, S.133. 477 478
A. Billigkeitswahlrechte
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A. Billigkeitswahlrechte I. Ingangsetzungs- und Erweiterungsausgaben
§ 269 HGB läßt rur den Einzelabschluß die Aktivierung der Aufwendungen rur die Ingangsetzung und rur die Erweiterung des Geschäftsbetriebs zu, die nicht nach anderen Vorschriften als Gegenstände des Anlage- oder Umlaufvermögen oder als Rechnungsabgrenzungsposten bilanzierungsfahig sind481 . Mit dieser Formulierung erfaßt die Vorschrift nicht nur die nicht aktivierungsfahigen selbstgeschaffenen immateriellen Anlagegüter im Sinne des § 248 11 HGB 482 , sondern auch sonstige Ingangsetzungs- und Erweiterungskosten, unabhängig davon, ob überhaupt Vermögensgegenstände entstanden sind483 • J. Rechtliche Einordnung des Posten
Dennoch räumt der Gesetzgeber mit dieser Vorschrift nicht ein Wahlrecht ein, das den Ansatz eines Vermögensgegenstandes erlaubt. Zwar kann die Bilanzierungshilfe auch Aufwendungen erfassen, die selbstgeschaffenes immaterielles Anlagevermögen hervorbringen, dessen Ansatz nach § 24811 HGB unzulässig ist, so daß Forschungs- und Entwicklungskosten unter Umständen aktivierbar sind. Auch ist der Posten durch Abschreibung aufzulösen (§ 282 HGB 484 ). Dennoch ist der Posten der Bilanzierungshilfe selbst kein Vermögensgegenstand. Daß dem Posten die Qualität eines Vermögensgegenstandes feh1t485 , folgt bereits daraus, daß das Gesetz bei Aufzählungen die Bilanzierungshilfe neben die Vermögens gegenstände stellt (§ 300 12 HGB 486 )487. Der Posten ist aber auch nicht bloß ein Sonderfall eines Rechnungsabgrenzungspostens im Sinne des § 250 I 1 HGB 488 • Denn die Ausgaben werden nicht für eine "bestimmte Zeit" nach dem Bilanzstichtag getätigt. Davon geht auch die Autlösungsregelung des § 282 HGB aus, wenn sie verlangt, daß abgegrenzte Ingangsetzungs- oder Erweiterungsausgaben zwingend in runf Geschäftsjahren Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.95 m.w.N. Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.95 m.w.N. 483 AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §269 Rdz.12; Budde/Karig in Beck Bil-Komm., §269 Rdz.2; Commandeur in Küting/Weber, HdR, Ia, §269 Rdz.49. 484 So schon bei § 153 IV S.3 AktG a.F. 485 So ausdrücklich auch Abs.4 der Begründung des RegE Gesetz 4.EG-Richtlinie. Beachte aber, daß Art.9 Aktiva, B, S.2 und Art. 10 B, S.2 der Vierten Richtlinie der EG den Mitgliedstaaten ermöglichen, den Posten auch unter den immateriellen Anlagewerten auszuweisen. 486 Ebenso §§301 12,312 I 3 HGB. 487 Dazu auch unten S.101 mit Fn.496. 488 Dazu auch unten S. 10 1. 48\
482
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§ 10 Die Zwecke der einzelnen Wahlrechte des Einzelabschlusses
aufgelöst werden müssen, selbst wenn sie längerfristig wirksam sind. Dennoch dürfen nach der Sondervorschrift des § 269 HGB diese Aufwendungen im Einzelabschluß als eigenständiger Posten, nämlich "als Bilanzierungshilfe" aktiviert werden. Für die Funktion dieser Befugnis, Ingangsetzungs- oder Erweiterungsausgaben nach Wahl als Bilanzierungshilfe zu aktivieren, finden sich im Gesetz keine eindeutigen Anhaltspunkte. Der Begriff der Bilanzierungshilfe, der im Bilanzrichtlinien-Gesetz auch noch zur Beschreibung der aktivierten Steuerlatenzen verwendet wird (§ 274 II 1 HGB), ist im Bilanzrichtlinien-Gesetz nicht allgemein definiert. Er wird lediglich noch bei den Aufzählungen im Konzemabschlußrecht erwähnt489 . Eine weitere Anwendungsbestimmung findet sich nicht. Auch aus der JAbschlPrV 490 und dem Art. 7 § 3 II Iit. e des WWSUVtr491 ergeben sich keine weiteren Anhaltspunkte. Eine Inhaltsbestimmung kann daher nur an den beiden konkreten Vorschriften der §§ 269 und 274 II HGB ansetzen. Demgegenüber erscheint die ableitende Definition, wie sie namentlich von der betriebswirtschaftlichen Literatur492 vorgenommen wird, indem von einem zunächst allgemein konstruierten erweiterten Begriff der ,Bilanzierungshilfe,493 auf die Bilanzierungshilfe im Sinne des § 269 HGB zurückgeschlossen wird, nicht zulässig. Ein solches Vorgehen findet im Gesetz keinen Anhalt. Es kann allenfalls als bilanz-analytischer Systematisierungsversuch angesehen werden. Die inhaltliche Bestimmung des Postens "Aufwendungen fiir die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs" muß ihren Ausgang bei der Vorschrift selbst finden. Nur soweit Fragen offen bleiben, ist auf einen Oberbegriff der Bilanzierungshilfe, der die Vorschrift des § 274 II 1 HGB einschließt, zurückzugreifen. Auch aus der Stellung des Aktivierungswahlrechts des § 269 HGB inmitten der Sondervorschriften fiir Kapitalgesellschaften läßt sich kein Anhaltspunkt filr den Zweck dieses Wahlrechts entnehmen. Ihren gesetzlichen Ursprung findet die Regelung in dieser Form in § 241 III des Entwurfs eines Gesetzes zur
489 Siehe Fn.486. 490 Verordnung über den Inhalt der Prüfungsberichte zu den Jahresabschlüssen und
Zwischenabschlüssen der Kreditinstitute vom 21. Juli 1994, BGBI. I 1994, 1803 -1828: §§ 14,24,27 und Anl. 1. 491 "Ausgleichs- und sonstige Bilanzierungshilfen". Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 18. Mai 1990, BGBI. II 1990,537567. 492 Dziadkowski, BB 1982, 1337-1339. Differenzierend Busse von Co/be in HURB, Bilanzierungshilfe, S.88f und passim ["erweiterter Begriff der betriebswirtschaftlichen Literatur"]. 493 Scholz-Crezelius, GmbHG, Anh.§42a Rdz.132 ["gesetzgeberische Fiktionen, die aus Billigkeitsgründen eine periodische Aufwandsverrechnung erlauben."].
A. BiJligkeitswahlrechte
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Durchfiihrung der Vierten Richtlinie von 1982 494 • Diese Vorschrift beabsichtigte die Umsetzung der Art.9 Aktiva, B und Art. 10 Aktiva, B der Vierten Richtlinie der EG 495 • Zwar findet sich schon im Aktiengesetz in § 153 IV 2, 3 AktG a.F. eine ähnliche Regelung. Doch zum einen ordnete diese Regelung die genannten Kosten dem Anlagevermögen zu und legte die Annahme eines Vermögensgegenstandes zumindest nahe, während das Bilanzrichtlinien-Gesetz ausdrücklich die Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen als gesonderten Posten vor dem Anlagevermögen ansieht (§ 269 S.2 HGB). Außerdem erfaßte die aktienrechtliche Regelung nur Ingangsetzungsausgaben, während nach dem Bilanzrichtlinien-Gesetz auch Aufwendungen des laufenden Unternehmens fiir Betriebsvergrößerungen und -verbesserun-gen496 über eine Aktivierung auf höchstens fiinfGeschäftsjahre (§ 282 HGB) verteilt werden dürfen497 • Die Bilanzierungshilfe ist auch nicht bloß ein Sonderfall eines Rechnungsabgrenzungsposten. Zwar wirkt sie wie ein Rechnungsabgrenzungsposten, weil sie gleich einem Rechnungsabgrenzungsposten gegenwärtige Ausgaben durch Aktivierung und nachfolgende Auflösung auf mehrere Geschäftsjahre verteilt. Doch schon nach Aktiengesetz a.F. war die Bildung eines aktiven Rechnungsabgrenzungspostens nach § 152 IX Nr. 1 AktG a.F. nicht möglich. Denn wie auch unter Geltung des Bilanzrichtlinien-Gesetzes kann in den Fällen von Ingangsetzungsaufwendungen und nunmehr auch Erweiterungsaufwendungen, wie beispielsweise Kosten des Vertriebsaufbaus, fiir Marktstudien, Werbernaßnahmen, die Zuordnungsperiode nicht genau bestimmt werden, so daß das entscheidende Merkmal des gesetzlichen Rechnungsabgrenzungsposten, das "Aufwand fiir eine bestimmte Zeit" (§ 250 I 1 HGB 498 ) nach dem Bilanzstichtag verlangt, nicht erfüllt ist. 494 Entwurf eines Gesetzes zur DurchfUhrung der Vierten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Bilanzrichtlinie-Gesetz), BR-Drs.61/82 v. 19.3.1982,10. 495 Abs.3 S.I der Begründung des RegE Gesetz 4.EG-Richtlinie zu §241 HGB-E. Die Aktivierung des gesamten Errichtungsaufwands einschließlich der Kosten fUr Gründung und Eigenkapitalbeschaffung wird auch nach dem Bilanzrichtlinien-Gesetz nicht zugelassen. 496 Selbst wenn man unter der Geltung des Aktiengesetzes a.F. davon ausging, daß ein immaterieller Verrnögensgegenstand geschaffen wurde, war eine Aktivierung unzulässig. Denn immaterielles, selbstgeschaffenes Anlageverrnögen konnte gemäß § 153 III AktG a.F. - wie heute - nicht aktiviert werden. Dazu Kropf! in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, §149 Rdz.47 und §153 Rdz.51. Siehe auch Baetge, Bilanzen, Abschn.613 (S.492), Matschke in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §269 Rdz.lO, die die Vermögensgegenstandseigenschaft der Positionen, die unter die Bilanzierungshilfe nach §269 HGB fallen, ausschließen. Indes können Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen durchaus zu immateriellen Verrnögensgegenständen fUhren, die aber wegen des Aktivierungsverbots nicht aktivierbar sind. 497 Siehe dazu nur Budde/Karig in Beck BiI-Komm., §269 Rdz.4-6. 498 Ähnlich § 152 IX Nr. I AktG 1965 a.F.
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§ 10 Die Zwecke der einzelnen Wahlrechte des Einzelabschlusses
Mit § 269 HGB wird vielmehr fiir das beginnende Unternehmen als auch rur das Unternehmen, das seinen Geschäftsbetrieb bereits voll aufgenommen hat, die Möglichkeit geschaffen, unter bestimmten Voraussetzungen Aufwendungen zu aktivieren, die zwar keinen aktivierbaren Vermögensgegenstand hervorgebracht haben, die aber dennoch voraussichtlich mehreren Geschäftsjahren zugute kommen werden, sofern es sich um unübliche, unverhältnismäßig belastende und nicht um laufende und übliche Aufwendungen handelt499 • So werden durch die Bilanzierungshilfe des § 269 HGB die umstrittene Aktivierung und Verteilung besonders von bestimmten Ausgaben rur Werbung 500 und von bestimmten Forschungs- und Entwickiungskosten501 - wenn auch nur über höchstens runf Geschäftsjahre - möglich, was nach § 153 IV 2 AktG a.F. nicht zulässig war. Damit sieht das Bilanzrichtlinien-Gesetz mit der Bilanzierungshilfe rur Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen einen Posten vor, der nicht Vermögensgegenstand ist und auch nicht die engen Voraussetzungen 502 des Rechnungsabgrenzungspostens nach § 250 I I HGB errullt, aber dennoch eine, wenn auch zeitlich beschränkte aktive Rechnungsabgrenzung immer dann zuläßt, wenn unübliche Aufwendungen anläßlich der Erweiterung und auch der Ingangsetzung eines Unternehmens ein einzelnes Geschäftsjahr besonders belasten503 • Der Sache nach handelt es sich mithin bei der Bilanzierungshilfe nach § 269 HGB um einen Posten, der gleich dem Rechnungsabgrenzungsposten nach § 250 HGB einen periodengerechten Erfolgsausweis gewährleisten will 504 • Die Vorschrift ist Ausdruck eines abgestuften Systems der Ausgabenerfassung505 • Sofern Ausgaben eindeutig zuordenbar sind, ist eine Abgrenzung verbindlich, Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §269 HGB Rdz.11 f. BaetgelD. Fey/C.-P. Weber, in Küting/Weber, HdR, Ia, §248 Rdz.44; Glade, Praxishandbuch Rechnungslegung, §248 Rdz.15; Schnicket Bartels-Hetzier in Beck BilKomm., §250 Rdz.23 a.E. 501 AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §248 Rdz.151 m.w.N.; BaetgelD. Fey/C.-P. Weber, in Küting/Weber, HdR, Ia, §248 Rdz.44; Budde/Karig in Beck BiI-Komm., §248 Rdz.ll; Glade, Praxishandbuch Rechnungslegung, §248 Rdz.13; Richter in HdJ, Abt. Il/2, Rdz.35; Schnicket Bartels-Hetzler in Beck BiI-Komm., §250 Rdz.23 a.E. 502 Schnicket Bartels-Hetzler in Beck BiI-Komm., §250 Rdz.23 a.E. 503 Man könnte daher von Rechnungsabgrenzungsposten im weiteren Sinne sprechen. 504 AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §269 Rdz.8f.; Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §269 HGB Rdz.5 m.w.N.; Scholz-Crezelius, GmbHG, Anh.§42a Rdz.132, 136; Matschke in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §269 Rdz.12 (sekundärer Zweck, Rdz.25); Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.74. A.A. Baetge, Bilanzen, Abschn.613 (S.493); Ballwieser in Hofbauer/Kupsch, BeckHdR, B 134 Rdz.49; Commandeur in Küting/Weber, HdR, Ia, §269 Rdz.24; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht (9.), S.84 (§4 IV. I. a)); Richter, StuW 1988, 151 f. Zur Funktion einer Ausschüttungsregelung nach § 153 IV AktG 1965 a.F. vgl. Godin/ Wilhelmi, § 153 Rdz.6. 505 Dazu ausfiihrlich unten S. 115-117 (§ lOB. I. 2.). 499
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A. Billigkeitswahlrechte
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wie der verbindliche Rechnungsabgrenzungsposten nach § 250 I 1 HGB zeigt. Ist die zeitliche Wirksamkeit aber nicht sicher bestimmbarSo6 wie bei diesen Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen, trägt das Gesetz diesem Umstand - wie auch beim Geschäfts- und Finnenwert, § 255 IV HGB 507 - durch eine Billigkeitsregelung Rechnung. Steht schließlich die Wirksamkeit der Ausgabe als solche zusätzlich in Frage, reagiert das Gesetz mit einer besonderen Auflösungsregelung wie mit §§ 282, 255 IV 2 HGB. Die Verteilung des Aufwands auf mehrere Geschäftsjahre erfolgt nicht, wie beim Rechnungsabgrenzungsposten, nach dem tatsächlichen wirtschaftlichen Verbrauch 508 oder der wirtschaftlichen Verursachung509 • Sie ist durch die fixe Zeitangabe von vier Jahren510 nach § 282 HGB zeitlich begrenzt. Hinzu tritt noch eine Ausschüttungssperre gemäß § 269 S. 2 HGB. Das Ziel der Aktivierung von Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen, die periodengerechte Aufwandszuordnung, dokumentiert auch die konsequente Aussonderung des Postens vom Vennögen des Unternehmens. Während noch § 153 IV 2 AktG a.F. einen gesonderten Ausweis der Kosten rur die Ingangsetzung unter dem Anlagevennögen genügen ließ, sah sich der Gesetzgeber des Bilanzrichtlinien-Gesetz demgegenüber zu einer konturenschärferen dogmatischen Einordnung dieser Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen genötigt. Die Notwendigkeit einer Entscheidung resultierte aus der Vierten Richtlinie der EG, die in der deutscher Fassung511 in Art. 9 Aktiva, B, S.2 und Art. 10 Aktiva, B, S.2 eine alternative Einordnung vorsah. Die Mitgliedstaaten konnten danach die Aufwendungen rur Errichtung und Erweiterung des Unternehmens entweder gesondert vor dem Anlagevennögen als eigenen Posten oder als immateriellen Anlagewert ausweisen. Eine Einordnung bei den immateriellen Vermögensgegenständen hätte aber filr Deutschland bedeutet, vom kategorischen Aktivierungsverbot rur immaterielle selbstgeschaffene Anlagewerte des § 153 III AktG a.F. ausdrücklich Ausnahmen zuzulassen, insofern die Ingangsetzungs506 Gerade das Objektivierungsmerkmal des Aufwands "für eine bestimmte Zeit" fehlt im Unterschied zum gesetzlichen Rechnungsabgrenzungsposten. So zutreffend Dziadkowski, BB 1982, 1338 (I.Sp.). 507 Dazu im folgenden S.109 -112 (§ 10 A. 11. 1. und 2.). 508 AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §250 Rdz.49. 509 Schnicke/ Bartels-Hetzler in Beck BiI-Komm., §250 Rdz.31, 20. 5\0 Nach § 153 IV S.3 AktG a.F. konnte der Posten in den fünf folgenden Geschäftsjahren abgeschrieben werden. 511 Ebenso die französische Fassung, die zuläßt, daß die "Frais d'etablissement" (Gründungskosten Lw.S.) entweder als gesonderter Posten vor den "Actif immobilise" oder als Posten unter den "Immobilisations incorporelles" angesetzt werden dürfen. Anders aber die englische Fassung. Diese spricht unter demselben Gliederungspunkt von "Formation expenses", also von Gründungskosten, die - soweit das nationale Recht dies zulasse - "as an asset" (als Vermögensgegenstand) oder unter den "Intangible assets" (Immaterielle Vermögensgegenstände ) auszuweisen seien.
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§ 10 Die Zwecke der einzelnen Wahlrechte des Einzelabschlusses
und Erweiterungsaufwendungen Vermögensgegenstände hervorbringen. Mit dem gesonderten Ausweis vor dem Anlagevermögen hat sich der Gesetzgeber für die Einordnung der Bilanzierungshilfe als besonderen Posten der Aufwandsabgrenzung entschieden5I2 • Gegen diese Auslegung des § 269 HGB als Rechnungsabgrenzungsposten im weiteren Sinne spricht schließlich auch nicht das Aktivierungsverbot nach § 248 I HGB, das eine Verteilung der Gründungs-513 und Eigenkapitalbeschaffungskosten 514 ausdrücklich verbietet5I5 • Der Gesetzgeber des BilanzrichtlinienGesetz hat nur nicht die Konsequenz gezogen, alle Aufwendungen ftlr die Errichtung des Unternehmens, also auch die Aufwendungen für die Gründung und Kapitalbeschaffung, wie es Art. 9 Aktiva, B und Art. 10 Aktiva, B der Vierten Richtlinie der EG zulassen, mit Hilfe eines eigenen Postens auf höchstens ftlnf Geschäftsjahre zu verteilen, obgleich eine Streckung auch dieser Kosten sachgerecht gewesen wäre 516 . Der Gesetzgeber hat damit von dem Mitgliedstaatenwahlrecht der Richtlinie Gebrauch gemacht, über den Umfang des Aktivierungsrechts selbst zu entscheiden. Er erweiterte die Möglichkeit zur Verteilung der Ingangsetzungsaufwendungen nach § 153 IV 2 AktG a.F. auf solche Aufwendungen, die der Erweiterung des Geschäftsbetriebs dienen. Zugleich behielt er aber das hergebrachtem Verbot der Aktivierung von Gründungs- und Kapitalbeschaffungskosten bei.
512 AdlerlDüringlSchmaltz (6.), §269 Rdz.l; BuddelKarig in Beck Bil-Komm., §269 Rdz.1. Siehe auch Dziadkowski, BB 1982, 1339 (r.Sp.) [" ... in einer Sonderposition hinter den Rechnungsabgrenzungsposten, ... "]. 513 Aufwand für die rechtliche Errichtung, wie beispielsweise Notarkosten und Gerichtsgebühren. Siehe nur Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.77. 514 Beispielsweise Beratungskosten, Provisionen. Siehe nur Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.77. 515 Daß der Gesetzgeber ein Wahlrecht für die Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen eingeräumt hat, spricht dagegen nicht schon gegen eine dynamische Auslegung des Zwecks der Bilanzierungshilfe. A.A. Commandeur in Küting/Weber, HdR, Ia, §269 Rdz.24. 516 Baetgel D. FeylC.-P. Weber in Küting/Weber, HdR, Ia, §248 Rdz.15; Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §248 HGB Rdz.4. A.A. AdlerlDüringlSchmaltz (6.), §248 Rdz.4 (beachte aber die abweichende Auffassung der Vorautlage, 4.Autlage, Vorbem. zu §§ 151 ff. Rdz.7). Für einschränkende Auslegung der Bilanzierungshilfe nach §269 Baetge, Bilanzen, Abschn.613 (S.493f.); Commandeur in Küting/Weber, HdR, Ia, §269 Rdz.42; Matschke in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §269 Rdz.13. Im Zweifel eng wollen auslegen BuddelKarig in Beck Bil-Komm., §269 Rdz.5. Für Zulässigkeit der Aktivierung der Gründungskosten in der Eröffnungsbilanz Scholz-Crezelius, GmbHG, Anh.§42a Rdz.47. Dies ablehnend Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §248 HGB Rdz.4. 517 Schon § 261 Nr.3 HGB in der Fassung der Notverordnung von 1931; § 153 IV 1 AktG 1965 a.F.; § 133 Nr.4 S.I AktG 1937.
A Billigkeitswahlrechte
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Es handelt sich also nicht um ein Wahlrecht, das die Periodisierung von Ausgaben erlaubt. Es wird lediglich aus Billigkeitsgründen ein verzögertes Wirksamwerden von Aufwendungen eingeräumt. 2. Zweck des Wahlrechts im Einzelabschluß
Das Wahlrecht ist vom Gesetzgeber ausdrücklich und begründet als Sonderrecht rur Kapitalgesellschaften vorgesehen worden 5l8 • Diese sollten die Möglichkeit haben, bestimmte große Ausgaben zu aktivieren, obgleich kein aktivierbarer Vermögensgegenstand geschaffen worden ist, um andernfalls eintretende hohe Eigenkapitalverluste zu verhindern. Die Begründung des RegE Gesetz 4. EG - Richtlinie, durch die aufwandsneutrale Aktivierung könne eine sonst möglicherweise eintretende Überschuldung verhindert werden, muß allerdings inhaltlich präzisiert werden. Eine rein wortlautgebundene Auffassung ruhrte zu einem widersprüchlichen Ergebnis. Denn fiir die Feststellung einer Überschuldung im rechtlichen Sinne des § 92 I AktG und des § 64 I 2 GmbHG kommt es auf die Bilanzierungs- und Bewertungsregeln der §§ 242 ff. HGB gerade nicht an519 • Die Feststellung der Überschuldung im Sinne des Konkursrechts erfolgt nicht auf der Grundlage der nach den §§ 242 ff. HGB aufgestellten Bilanz des handelsrechtlichen Jahresabschlusses, der insbesondere auf der Annahme der Unternehmensfortruhrung (§ 252 I Nr. 2 HGB) basiert520 • Die Überschuldung wird vielmehr durch ein gesondertes Verfahren festgestellt. Nach der gegenwärtigen Rechtslage ist nach h.M. zunächst eine gesonderte Bilanz aufzustellen, bei der verwertbare Vermögens gegenstände zu Liquidationswerten auszuweisen sind 521 . Eine Überschuldung ist dann anzunehmen, wenn neben einer sich erge-
AbS.2 S.I des Berichts des Rechtsausschusses zu §269 HGB. Ganz h.M. LutterlHommelhojJ, GmbHG, §63 Rdz.4-6; Scholz-Schmidt, GmbHG, §63 Rdz.14; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §63 Rdz.12; Hachenburg-Ulmer, GmbHG, §63 Rdz.29, jeweils m.w.N. So schon zum AktG 1965 a.F. BaumbachlHueck, AktG, §92 Rdz.6; Hefermehl in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, §92 Rdz.17; Mertens in Kölner Kommentar z. AktG (1.), §92 AktG Rdz.13; MeyerLandrut in Großkomm. AktG (3.), § 92 Anm. 7. Ebenso § 19 II 2 der ab 1.1.1999 in Kraft tretenden Insolvenzordnung vom 5.10.1994, BGBI. I 1994, 2866-2910 (2868). AA Drukarczyk, WM 1994, 1745. 520 Die handelsbilanzielle "Überschuldung", also das Vorliegen eines nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrages nach §268 III HGB, ist aber bloß eines von mehreren Indizien rur die konkursrechtliche Überschuldung, Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §269 HGB Rdz.4 m.w.N.; Knop in Küting/Weber, HdR, Ia, §268 Rdz.195; LutterlHommelhojJ, GmbHG, §63 Rdz.6. Siehe auch Abs.8 S.3 Begründung des RegE Gesetz 4.EG-Richtlinie zu §239 HGB-E (Abs.2 S.2,3). 521 Lutterl HommelhojJ, GmbHG, §63 Rdz.7; Scholz-Schmidt, GmbHG, §63 Rdz. 13f.; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §63 Rdz.8. 518
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§ 10 Die Zwecke der einzelnen Wahlrechte des Einzelabschlusses
ben den rechnerischen Überschuldung eine negative Fortruhrungsprognose fiir das Unternehmen gegeben istS22 • Die Bilanzierungshilfe nach § 269 HGB darf daher ohnehin nicht in eine solche Überschuldungsbilanz eingehen, da die aktivierten Ingangsetzungs- oder Erweiterungsaufwendungen nur dann einen Wert haben, wenn das Unternehmen fortgeruhrt wird523 und die Aufwendungen Erträge erwirtschaften können. Bei der Aufstellung der Überschuldungsbilanz ist diese Bilanzierungshilfe als solche nicht zu berücksichtigen524 • Die in ihr enthaltenen Aufwendungen sind in einer Überschuldungsbilanz nur insoweit auszuweisen, als sie selbstgeschaffene immaterielle Vermögensgegenstände repräsentieren 525 und die Position verwertbar ist. Der Gesetzgeber wollte rur die Kapitalgesellschaften mit dem Wahlrecht nicht die verfrühte Feststellung einer konkursrelevanten Überschuldung verhindern, sondern den Kapitalgesellschaften die Pflichten ersparen, die infolge des Eintritts größerer Eigenkapitalverluste aus dem Kapitalgesellschaftsrecht folgen, wenn der Verlust auf umständehalber großen Aufwendungen rur Ingangsetzung oder Erweiterung des Geschäftsbetriebs beruhen solIte526 • Damit ist das Wahlrecht ein Mittel, das dem Unternehmen ermöglicht, größere Investitionen in der Anlauf- oder Erweiterungsphase auf eine gesetzlich festgelegte maximale
522 Sehr str. So BGH, Urt. v. 6.6.1994, 11 ZR 292/91 BGHZ 126, 181-201 (199); BGH, Urt. v. 13.7.1992,11 ZR 269191 ["Seastar"]. Beachte schon die Kombinationsmethode des 6. Senats BGH, Urt. v. 3.2.1987, VI ZR 268/85, NJW 1987, 2433-2435 (2433). LutterlHommelhoff, GmbHG, §63 Rdz.4-6; Scholz-Schmidt, GmbHG, §63 Rdz. 11; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §63 Rdz. 8f., 12; HachenburgUlmer, GmbHG, §63 Rdz.36, jeweils m.w.N.; W. Müller in WP-Handbuch 1996, Bd.I, T/22. A.A. Nur nach Liquidationswerten BaumbachlHueck, AktG, §92 Rdz.6; MeyerLandrut in Großkomm. AktG (3.), §92 Anm.7. Nur nach Fortflihrungswerten: Hefermehl in Geßler/Hefermehl/EckardtiKropff, §92 Rdz.17. Fortflihrungswerte, wenn Fortführung überwiegend wahrscheinlich Mertens in Kölner Kommentar z. AktG (1.), §92 AktG Rdz.13. Nach handelsrechtIicher Bilanz mit Varianten Drukarczyk, WM 1994, 1745. 523 Scholz-Schmidt, GmbHG, §63 Rdz.17f.; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §63 RdZ.12. 524 BGH, Urt. v. 22.10.1990, II ZR 237/89, BB 1991,246; BGH, Urt. V. 22.10.1990, II ZR 238/89, NJW 1991, 1057-1060 (1059). AdlerlDüringlSchmaltz (6.), §269 Rdz.8; BuddelKarig in Beck BiI-Komm., §269 Rdz.16; Scholz-Crezelius, GmbHG, Anh.§42a Rdz.135; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Untemehmenssteuerrecht (9.), S.84 (§4 VIII. 1.
b».
525 Handelsrechtliche Rechnungslegungsvorschriften wie die des §248 11 HGB kommen nicht zur Anwendung. Siehe nur Lutterl Hommelhoff, GmbHG, §63 Rdz.7; ScholzSchmidt, GmbHG, §63 Rdz.18; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §63 Rdz.12. 526 Abs.2 S.4 Bericht des Rechtsausschusses zu §269 HGB. Siehe auch Buddel Karig in Beck Bil-Komm., §269 Rdz.16.
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Nutzungsdauer (§ 282 HGB) zu verteilen527, wenn die Eigenkapitalausstattung des Unternehmens die Investitionen nicht in einem Geschäftsjahr tragen kann. So kann mit der Aktivierung der Bilanzierungshilfe nach § 269 HGB die Kapitalgesellschaft unter Umständen davor bewahrt werden, einen Posten "Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag" nach § 268 111 HGB, also eine "handelsbilanzielle" Überschuldung ausweisen zu müssen 528 , der als Anzeichen eines drohenden Konkurs interpretiert werden könnte. Darüber hinaus könnte dieser Posten mögliche Verluste der Hälfte des Grund- oder Stammkapitals529 verhindern, die den Vorstand der Aktiengesellschaft (§ 92 I AktG) und die Geschäftsruhrung der GmbH (§ 49 III GmbHG) verpflichten würden, diesen Umstand der Hauptversammlung oder Gesellschafterversammlung anzuzeigen530 . Denn anders als rur die Bestimmung der Überschuldung ist rur die Feststellung einer hälftigen Unterbilanz die handelsrechtliche Bilanz maßgebend531. 532 3. Zweck des Wahlrechts im Konzernabschluß Auch im Konzernabschluß ist die Bilanzierungshilfe nach § 269 HGB bedeutsam. Zwar kann es im Konzernabschluß eine hälftige Minderung des Garantiekapitals nicht geben, weil der Konzern gerade nicht rechtlich verselbständigt ist und nicht haftet. Doch besteht nach §§ 268111,298 I HGB fiir den Konzernabschluß wie rur den Einzelabschluß die Pflicht, einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag, also eine handelsbilanzielle Überschuldung, auszuweisen533 . Auch hier greift, wenn auch in geringerer Ausprägung nicht so ausgeprägt, der Gedanke des Gesetzes, die hohen Ingangsetzungs- oder Erweite-
Abs.4 S.2 der Begründung des RegE Gesetz 4.EG-Richtlinie zu §241 HGB-E. Commandeur in Küting/Weber, HdR, Ia, §269 Rdz.20; Groß/eid, Bilanzrecht, Rdz.229; Thiel, Bilanzrecht, Rdz.379. 529 Anders als flir die Überschuldungsfeststellung ist hierflir die Handelsbilanz maßgeblich Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), § 269 HGB Rdz.18; SchulzeOsterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.l0l; W. Müller in WP-Handbuch 1996, Bd.I, T/l\. AA. Selchert, DB 1986,983. 530 Moxter, Bilanzlehre II, § 15/2 (S.70); Thiel, Bilanzrecht, Rdz.379. So schon Abs. 2 S.4 des Berichts des Rechtsausschusses zu §269 HGB. 531 Siehe die in Fn.529 Genannten. AA Kropf! in Geßler/HefermehllEckardti Kropff, § 153 Rdz.60 (zu § 153 IV AktG 1965 a.F.). ·532 Damit das Interesse der Gläubiger an der Haftungsmasse durch diese Bilanzierungshilfe nicht beeinträchtigt wird, sieht die Regelung zugleich vor, daß Gewinne nur insoweit ausgeschüttet werden dürfen, als die nach der Ausschüttung verbleibenden Gewinnrücklagen einschließlich eines Ergebnisvortrags den angesetzten Betrag decken (§269 S.2 HGB). 533 AdlerlDüringlSchmaltz (6.), §298 Rdz.149; BuddelLust in Beck Bil-Komm., §298 Rdz.35. 527
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§ 10 Die Zwecke der einzelnen Wahlrechte des Einzelabschlusses
rungsinvestitionen auf mehrere Geschäftsjahre zu verteilen, um den Ausweis auffälliger Eigenkapitalminderungen durch einen Sofortausweis zu verhindern. Der Informationszweck des Konzernabschlusses gebietet auch keine Einschränkung hin zu einer Aktivierungspflicht. Mit seiner Erweiterung der Aufwandsabgrenzung über den Rechnungsabgrenzungsposten im Sinne des § 250 I I HGB hinaus ist der Posten rur Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen Billigkeitsmaßnahme, mit der der Gesetzgeber dem Bilanzierenden die Möglichkeit gibt, hohe Aufwendungen bilanziell und im Anhang zu erläutern, obgleich die künftige Wirksamkeit der Aufwendungen ungewiß ist. Als Bilanzierungshilfe steht der Posten außerhalb des regulären Systems von Bilanzierungsgeboten und -verboten, nämlich des Aktivierungsverbots des § 248 11 HGB und des Aktivierungsgebots des § 250 I 1 HGB. Zwar regelt § 24811 HGB, daß die Bilanzierung selbstgeschaffener immaterieller Anlagewerte angesichts ihrer Flüchtigkeit bei fehlender Objektivierbarkeit534 unzulässig ist. Hiervon ist aber der Posten rur Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen mit § 269 HGB rur Kapitalgesellschaften und damit fur den Konzernabschluß ausdrücklich als Ausnahme abgesetzt. Es wird lediglich eine Grenze durch § 248 I HGB gesetzt, wonach Gründungs- und Eigenkapitalbeschaffungskosten nicht einbezogen werden dürfen. Es besteht aber auch keine Aktivierungspflicht nach § 250 I 1 HGB, nach dem Ausgaben zwingend auf die folgenden Geschäftsjahre zu verteilen sind, wenn sie Aufwand rur eine bestimmte Zeit nach dem Abschlußstichtag darstellen 535 • Auch diese Regelung, die unabhängig vom Vorliegen eines Vermögensgegenstandes eine Aktivierung zuläßt, tritt hinter die spezielle Vorschrift des § 269 HGB zurück. Eine Ansatzpflicht rur diese Billigkeitsmaßnahme kann daher rur den Konzernabschluß nicht angenommen werden. Auch aus dem Informationszweck resultiert keine Beschränkung hin zum Aktivierungsgebot. Denn die Aufwendungen sind in der Konzernbilanz ausdrücklich als Aufwendungen zu bezeichnen und zwingend vor dem Anlagevermögen auszuweisen 536 • Damit gilt auch die Begrenzung der Abschreibungsdauer gemäß § 282 HGB (rur die Bilanzierungshilfe nach § 269 HGB) im Konzernabschluß entsprechend. Die sehr eingeschränkte Abschreibungsdauer mag rur den Konzernabschluß zu kurz bemessen sein. Sie ist aber - anders als die Auflösung des Ge-
534 Siehe nur Claussen in Kölner Kommentar z. AktO (2.), §248 HOB Rdz.5 m.w.N. und §255 HOB Rdz.106. 535 Siehe nur Claussen in Kölner Kommentar z. AktO (2.), §269 HOB Rdz.8 m.w.N. 536 Darüber hinaus sind die Aufwendungen im Anhang zu erläutern, §§269 S.l, 298 1,313 I S.2 Nr.l HOB.
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schäftswertes537 - schon mit Art. 34 I lit. a der Vierten Richtlinie der EG rur die Mitgliedstaaten unabänderlich festgelegt. Die Auflösungszeit kann daher rur den Konzernabschluß nicht abweichend festgelegt werden und muß mit Rücksicht auf den Billigkeitscharakter der Ansatzregelung erhalten bleiben. 11. Aktivierung und Abschreibung eines Geschäftswertes
1. Der Geschäftswert als Bilanzposten
Für den Einzelabschluß beschreibt § 255 IV 1 HGB die Aktivierung einer Gegenleistung rur die Übernahme eines Unternehmens als Geschäfts- oder Firmenwert, soweit diese Gegenleistung den Wert der Vermögensgegenstände abzüglich der Schulden übersteigt. Ein Differenzbetrag zwischen Gegenleistung und Reinvermögen darf als Geschäfts- oder Firmenwert angesetzt werden. Vergleichbare Regelungen mit dem gleichen Wahlrecht finden sich in § 153 V AktG 1965 a.F., § 133 Nr.5 AktG 1937 und § 261 Nr.4 HGB in der Fassung der Notverordnung von 1931 538 • Diese Vorschriften sind ihrerseits wortgleich. Lediglich § 133 Nr.5 AktG 1937 läßt die Tilgung des Aktivpostens auch durch Wertberichtigungen zu. Auf die Gründe des Zustandekommens des Unterschiedsbetrages kommt es dabei nicht an. Der Posten muß also nicht notwendig durch wertbildende Faktoren 539 tatsächlich einen Geschäftswert im materiellen Sinne repräsentieren54o • Als Posten Geschäfts- oder Firmenwert kann der Unterschiedsbetrag vielmehr auch dann ausgewiesen werden, wenn er keinen wirtschaftlichen Wert hat541 • Insoweit läßt sich eine Beschränkung auch nicht aus der Vierten Richtlinie der EG entnehmen. 2. Die Rechtsnatur des Geschäftswertes
Was von dem Posten Geschäfts- oder Firmenwert konkret erfaßt wird, weIche Rechtsnatur er hat, ist umstritten.
537 Art.37 11 der Vierten Richtlinie der EG. Ebenso die Auflösung des Postens "Forschungs- und Entwicklungskosten", Art.37 1. 538 Siehe Fn.225. 539 Adjunktive Werte wie Kundenstamm, Organisation und Ertragswerte der Vermögensgegenstände des Unternehmen, die über den Zeitwert hinausgehen (Kapitalisierungsmehrwert). Siehe Kupsch in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §248 Rdz.29. 540 Gäbel in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §255 Rdz.804, 807. 541 Göbel in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §255 Rdz.809; KnoplKüting in Küting/Weber, HdR, Ia, §255 Rdz.435
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§ 10 Die Zwecke der einzelnen Wahlrechte des Einzelabschlusses
Häufig wird die Vennögensgegenstandsqualität verneint und der Geschäftsoder Finnenwert als Bilanzierungshilfe eingeordnet542 • Andere Autoren betonen zwar die Besonderheiten des Unterschieds betrages, bestimmen ihn aber dennoch angesichts der Gemeinsamkeiten zum Vennögensgegenstand als vennögensgegenstandsähnlich, nämlich als Wert eigener Art543 oder als Vennögensgegenstand besonderer Art544 • Ein Teil der Literatur ordnet den Geschäfts- oder Finnenwert als immateriellen Vennögensgegenstand des Anlagevennögen im Sinne des § 248 II HGB ein545 • Auch der Gesetzgeber war sich hinsichtlich der Einordnung dieses Postens nicht sicher. Das zeigt die unklare Lozierung des Bilanzierungsrechts bei den Bewertungsvorschriften der §§ 252 - 256 HGB. Weder wird der Geschäfts- oder Finnenwert bei den Vennögensgegenständen geregelt noch bei den besonderen Bilanzposten. Die Unklarheit wird verschärft durch die Bestimmung eines Ansatzwahlrechts und durch den zweigeteilten Abschreibungsmodus 546 • Die gesetzliche Regelung und die Diskussion der Literatur machen deutlich, daß der Geschäfts- oder Finnenwert angesichts der Vennischung verschiedener Komponenten nicht entweder den Vennögensgegenständen oder den Bilanzierungshilfen zugeordnet werden kann. Die gesetzliche Regel zur Ennittlung des Geschäftswertes läßt es nicht zu, den Unterschiedsbetrag im Sinne des § 255 IV HGB ohne weiteres als Auffangbecken immaterieller Vennögensgegenstände aufzufassen. Da es allein auf die Differenz der höheren Gegenleistung zum bi-
542 Vorwiegend die betriebswirtschaftliche Literatur Richter in HdJ, Abt.II19, Rdz.3; Knop/Küting in Küting/Weber, HdR, Ia, §255 Rdz.432 m.w.N. Rdz.426. Aber auch Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.74; Knobbe-Keuk, Bilanzund Untemehmenssteuerrecht (9.), S.96 (§4 IV. 3. b); "zumindest zum wesentlichen Teil den Charakter einer Bilanzierungshilfe"); Tiedchen, Der Vermögensgegenstand, S.171 m.w.N. S.166 mit Fn.26. Jedenfalls kein Vermögensgegenstand Baumbach/ Hopt, HGB, §255 Rdz.23; Scholz-Crezelius, GmbHG, Anh.§42a RdZ.141. 543 AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §255 Rdz.272. Ebenso Baetge, Bilanzen, Abschn.614 (S.499); Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §248 HGB Rdz.6; Groß/eid, Bilanzrecht, Rdz.290. Ähnlich Göbel in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §255 Rdz.809 ["Posten besonderer Art", da Unterschiedsbetrag nicht zwingend einen wirtschaftlichen Wert darstellen muß.]. Angedeutet schon bei Schlegelberger/Quassowski/ Herbig/Geßler/ He/ermehl, AktG, § 133 Rdz.43, 35 ["wie ein Aktivum zu behandeln"]. 544 Ellrott/Schmidt-Wendt in Beck Bil-Komm., §255 Rdz.51I. Wohl auch HeymannJung, HGB, §248 Rdz.ll, §255 RdZ.76. 545 Biener/ Berneke, BiRiLiG, S.II6f.; Brezing in HdJ, Abt.I/4, Rdz.25,28; Moxter in HURB, Immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, S.246; Schnicke/ Reichmann in Beck Bil-Komm., §247 Rdz.400f. Schon Ritter, AktG, § 133 Anm.5 (zu § 133 AktG 1937). 546 Die Möglichkeit planmäßiger Abschreibung ist erst nach dem Entwurf des Bilanzrichtlinien-Gesetzes des Unterausschusses vom I. August 1985 in den Entwurf des Bilanzrichtlinien-Gesetz des Rechtsausschusses vom 13. November 1985 eingefügt worden. Vgl. Abs.8 des Berichts des Rechtsausschusses zu §255 HGB.
A Billigkeitswahlrechte
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lanziellen Reinvermögen ankommt, unabhängig von den Gründen ihres Zustandekommens, da der Posten nicht einzelbewertbar oder einzelveräußerbar ist547 , läßt sich der Geschäftswert nicht zwingend als Auffangbecken immaterieller Anlagewerte wie beispielsweise eines Kundenstamms oder einer Organisation, die als solche nicht aktivierbar sind548 , begreifen. Diese Anlagewerte errullen nicht die Voraussetzungen eines aktivierbaren Vermögens gegenstandes. Im übrigen ist eine Konkretisierung auf bestimmte Einzelposten gerade nicht erforderlich. Der Geschäftswert kann seinen Grund vielmehr auch in Umständen haben, die mit Marktgesetzen nicht in Zusammenhang stehen wie beispielsweise ein geschicktes Verhandeln des Verkäufers 549 . Die allgemeine Einordnung als Bilanzierungshilfe hilft demgegenüber flir die Bestimmung der Anwendbarkeit des Ansatzwahlrechts im Konzemabschluß ohnehin nicht weiter. Angesichts des eigenen Charakters der zwei gesetzlichen ,Bilanzierungshilfen,55o läßt sich nicht sinnvoll ein Begriff der Bilanzierungshilfe als Oberbegriff induzieren, unter den die aktiven Steuerlatenzen und die Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen subsumiert werden könnten und der Auslegungshilfe rur andere Posten wie den Geschäftswert sein könnte. Es gibt mithin nicht die allgemeine Bilanzierungshilfe, der auch ein Posten wie der Geschäfts- oder Firmenwert untergeordnet und ihr entsprechend ausgelegt werden könnte551 . Im übrigen ist der Unterschiedsbetrag nach § 255 IV HGB überhaupt nicht wie bei den Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen und bei den aktiven Steuerlatenzen als Bilanzierungshilfe bezeichnet. Auch fehlt die rur die beiden gesetzlichen Bilanzierungshilfen vorgesehene Ausschüttungssperre. Und schließlich ist nach § 255 IV 3 HGB neben der Auflösung innerhalb von runf Jahren, wie sie allein rur die Bilanzierungshilfe Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen kennzeichnend ist, auch eine planmäßige Abschreibung zulässig 552 . 547 Vgl. zum Begriff des Vermögensgegenstandes Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht (9.), S.86-89 (§4 IV. 2. a)); Schneider in HURB, Vermögensgegenstände und Schulden, S.335-343; Tiedchen, Der Vermögensgegenstand, S.8f. und passim. 548 Ertragswert des Unternehmens, theoretischer Geschäftswert-/Firmenwertbegriff. Dazu Gäbe! in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §255 Rdz.800; Ad!erlDüring/Schma!tz (6.), §255 RdZ.257. 549 Gäbe! in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §255 Rdz.804. 550 Für die Bilanzierungshilfe Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen, siehe S.99-109 (§IO AL). Für die Bilanzierungshilfe für aktive Steuerlatenzen, siehe S.138-142(§10B. V.). 551 Siehe dazu oben S.99 -104 (§10 Al. 1.). 552 Beachte aber, daß noch im §267 I HGB-E die Abschreibung des Geschäfts- oder Firmenwertes gemeinsam mit der Abschreibung der Ingangsetzungsaufwendungen geregelt war. Zur Bilanzierungshilfe für Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen, siehe oben S.110 mit Fn.546.
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§ 10 Die Zwecke der einzelnen Wahlrechte des Einzelabschlusses
3. Der Zweck des Wahlrechts zum Ansatz des Geschäftswertes In seiner Sonderstellung ist das Wahlrecht zum Ansatz eines Geschäfts- oder Firmenwertes allein dem Wahlrecht zum Ansatz der Bilanzierungshilfe tUr Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen nach § 269 HGB vergleichbar553 • Wie dieser Posten läßt sich auch der Geschäftswert mangels Bestimmtheit weder den immateriellen Vermögensgegenständen noch mangels bestimmter Nutzungszeiten im Sinne des § 250 HGB den Rechnungsabgrenzungsposten zuordnen. Die Nähe zum Wahlrecht des § 269 HGB zeigt sich auch darin, daß bei der Berechnung des Geschäfts- oder Firmenwertes Bilanzierungshilfen im Sinne des § 269 HGB im Unterschied zu Rechnungsabgrenzungsposten 554 außer Ansatz bleiben 555 und damit im Geschäfts- oder Firmenwert aufgehen. Das Ansatzwahlrecht hat also die Aufgabe, den Kapitalgesellschaften bei größeren Investitionen die Pflichten zu ersparen, die infolge des Eintritts größerer Eigenkapitalverluste aus dem Kapitalgesellschaftsrecht folgen 556 • Die Investitionen bei Übernahme eines Unternehmens können also in gewissem Umfang auf mehrere Geschäftsjahre verteilt werden, um die Eigenkapitalausstattung des Unternehmens nicht zu beeinträchtigen. 4. Das Wahlrecht im Konzernabschluß Mit seinem dem Wahlrecht tUr Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen nach § 269 HGB vergleichbaren Zweck ist das Bilanzierungswahlrecht tUr den Unterschiedsbetrag im Sinne des § 255 IV HGB auch im Konzernabschluß bedeutsam. Wenn es wie die Bilanzierungshilfe nach § 269 HGB Billigkeitsmaßnahme ist, muß es auch im Konzernabschluß zur Anwendung kommen. Auch hier kann ein gerechtfertigtes Bedürfnis bestehen, hohe Ausgaben im Rahmen einer Unternehmensübernahme557 in gewissem Umfang zu verteilen558 , anstatt sie sofort gewinnmindernd ausweisen zu müssen.
553 Beachte, daß es sich bei der Bilanzierungshilfe für Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen nur um interne Aufwendungen handeln kann. 554 Entlastende aktive Rechnungsabgrenzungsposten und belastende passive Rechnungsabgrenzungsposten. Dazu Göbel in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §255 Rdz.837; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.105. 555 AdlerlDüringlSchmaltz (6.), §255 Rdz.266f.; Ellrott/Schmidt-Wendt in Beck BilKomm., §255 Rdz.515; Knop/Küting in Küting/Weber, HdR, Ia, §255 Rdz.454; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.105. 556 Siehe oben zum Wahlrecht nach §269 HGB, S.106 (§ 10 A. I. 2.). 557 Dazu AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §255 Rdz.260f. 558 Tiedchen, Der Vermögensgegenstand, S.170.
B. Wahlrechte im Spannungsfeld
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Aus dem Charakter einer Billigkeitsmaßnahme, die zwischen Aktivierungsgeboten und -verboten eingeordnet ist, folgt jedoch keine Aktivierungspflicht rur den Konzernabschluß. Ebenfalls erfordert der Infonnationszweck des Konzernabschlusses keine Verengung zu einem Aktivierungsgebot. Nach §§ 266 II A,I,2, 298 I HGB ist der Unterschiedsbetrag als Geschäfts- oder Finnenwert gesondert in der Konzernbilanz auszuweisen und von den (anderen) immateriellen Vennögensgegenständen zu trennen559 • Demgegenüber kann die Ausdehnung der Auflösung des Geschäfts- oder Firmenwertes auf die planmäßige Nutzungsdauer nach § 255 IV 3 HGB im Konzernabschluß nicht erfolgen. Angesichts der Unsicherheit der Werthaltigkeit des Postens darf der Geschäfts- oder Finnenwert wie die Bilanzierungshilfe Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen nach § 282 HGB allein nach der Regel des § 255 IV 2 HGB aufgelöst werden. Die Ausdehnung im Einzelabschluß nach § 255 IV 3 HGB ist allein mit Rücksicht auf die Parallelisierung von handeisrechtlicher und steuerrechtlicher Ergebnisennittlung eingefilgt worden 56o, die es bezüglich des Konzernabschlusses nicht geben kann. Der Gesetzgeber hätte die Regelung daher ausdrücklich auf den Konzernabschluß rur anwendbar erklären müssen.
B. Wahlrechte im Spannungsfeld zwischen Gläubiger- und Gesellschafterinteresse I. Periodisierung Die Wahlrechte rur die Aktivierung der Gemeinkosten bei der Herstellung von Vennögensgegenständen (§ 255 II HGB), rur die Abschreibung zur Erfassung der vorübergehenden Wertminderung von Finanzanlagevennögen (§ 279 2 HGB), rur die Aktivierung und Abschreibung des Disagios (§ 250 III HGB) und rur den Ansatz einer aktiven latenten Steuerüberzahlung (§ 27411 1/2 HGB) ermöglichen eine Bilanzierung, die die Liquidität des Unternehmens verstärkt, indem bestimmte gegenwärtige Ausgaben nicht aktiviert, sondern sofort ausgewiesen werden dürfen, womit der ausschüttbare Gewinn der Kapitalgesellschaft herabgesetzt werden kann. Der Bilanzierende kann also rur den Einzelabschluß gegenwärtige oder künftige Ausgaben entweder auf mehrere Geschäftsjahre verteilen, sie periodisieren, oder sie vorziehen (Gedanke einer wahlfreien Periodi559 Darüber hinaus sind die Aufwendungen im Anhang zu erläutern, §§255 IV, 298 I, 3131 S.2 Nr.l HGB. 560 Abs.8 S.2 Bericht des Rechtsausschusses zu §255 HGB. Siehe auch Adler/ Düring/Schmaltz (6.), §255 Rdz.280; Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §255 HGB Rdz.ll1.
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§ lO Die Zwecke der einzelnen Wahlrechte des Einzelabschlusses
sierung). Mit der Möglichkeit der Periodisierung stehen die vier Wahlrechte in einem geschlossenen System des § 252 I Nr. 4/5 HGB, das die Erfassung aller Ausgaben des gegenwärtigen Geschäftsjahres regelt. 1. Die Rechnungsabgrenzung vor dem BiRiLiG
Ursprünglich enthielt das handelsrechtliche Bilanzrecht für Aktiengesellschaften umfangreiche Bilanzierungsfreiheiten. Die umfassende Aktivierung selbsterstellter immaterieller Anlagewerte war möglich, d.h. wahlfree 61 • Angesichts der Gefahren, die sich aus einem solchen permissiven Bilanzieren für die Aktionäre ergaben, war die Entwicklung seit 1884562 bis zur Notverordnung von 1931 563 durch eine Einschränkung des Gewinnausweises gekennzeichnee64 • Im Interesse ,vorsichtiger' Gewinnermittlung wurde bestimmt, daß Ausgaben unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Verursachung im Geschäftsjahr des Entstehens ergebniswirksam ausgewiesen werden müssen. Als Ausnahmen galt nun lediglich die Verteilung von Anschaffungskosten und Herstellungskosten eines Vermögensgegenstandes durch Abschreibung. Es sollte verhindert werden, daß die Kapitalgesellschaft zu Lasten ihrer Zahlungsfähigkeit und ihrer Finanzierungsfiihigkeit übermäßig Gewinne an die Gesellschafter ausschüttet und später nicht mehr zur Befriedigung aller Gläubiger in der Lage ist565 • Seit der Notverordnung von 1931 566 , die aus dem Entwurf eines Aktiengesetzes 567 hervorging, wird demgegenüber versucht, mit Hilfe einer bilanziellen Aktivierung die Ausgaben gerade demjenigen Geschäftsjahr zuzuordnen, indem sie verursacht worden sind (periodengerechte Erfolgsermittlung). Neben diesbezüglichen Einzelvorschriften zum Ansatz von Rechnungsabgrenzungsposten (§ 261a, A,V und B,VI, § 250 HGB) wurde bestimmt, daß der Jahresabschluß "so klar und übersichtlich aufzustellen [ist], daß er den Beteiligten einen möglichst sicheren Einblick in die Lage der Gesellschaft gewährt" (§ 260 b 561 Dazu Schneider in Rechnungslegung nach neuem Recht, S.84-87 m.w.N. zu den Eisenbahn-Bilanzen. 562" Beachte aber bereits Art.239a Nr.l ADHGB i.d.F. v. I !.Juni 1870, der ein Verbot der Aktvierung von Organisations- und Verwaltungskosten vorsah. 563 Siehe Fn.22S. 564 Siehe dazu Moxter, BB 1984, 1780f. m.w.N. 565 V gl. dazu die Einschränkungen durch die Aktiennovelle von 1884. Gesetz, betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften, vom 18. Juli 1884. RGBI. Nr.22 v. 31.7.1884, 123ff.: §§333ff. Siehe auch oben S.48 -55 (§4 C. 11. und §4 D.). 566 Siehe Fn.225. 567 Reichsjustizministerium, Entwurf eines Gesetzes über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien sowie Entwurf eines Einfiihrungsgesetzes nebst erläuternden Bemerkungen, München, Mannheim, Leipzig, Tübingen, Berlin 1930.
B. Wahlrechte im Spannungsfeld
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S.2 568 )569. Auf der Grundlage einer solchen Generalklausel war nun mit der Bilanz und Gewinn- und Veriustrechnung570 auch die Ertragslage der Gesellschaft zutreffend darzustellen. § 149 I 2 AktG a.F. fonnulierte insofern noch deutlicher, daß der Jahresabschluß 571 einen möglichst sicheren Einblick sowohl in die Vennögens- als auch in die Ertragslage geben muß 572 • Noch deutlicher betont das Bilanzrichtlinien-Gesetz eine periodengerechte Erfolgsennittlung, wenn die Bewertungsvorschrift des § 252 I Nr.2 HGB verlangt, daß Aufwendungen und Erträge unabhängig vom jeweiligen Zahlungszeitpunkt zu berücksichtigen sind. Mit dieser sich seit 1931 verstärkenden Pflicht zur periodengerechten Bilanzierung verschärfte sich entsprechend die Notwendigkeit, die zeitliche Wirksamkeit und Zuordenbarkeit von Ausgaben zu bestimmen. 2. Die Rechnungsabgrenzung nach dem BiRiLiG
Heute geht der Gesetzgeber mit einem abgestuften Schutzsystem vor, um einen verfrühten Gewinnausweis zu verhindern. Ausgaben sind danach nicht grundsätzlich sofort auszuweisen, sondern bestimmten Geschäftsjahren wertend zuzuordnen. Das zeigt bereits die Regelung des § 252 I Nr. 5 HGB, nach der Aufwendungen und Erträge unabhängig von den Zahlungszeitpunkten zu erfassen sind573 • Nach dem Realisationsprinzip des § 252 I Nr. 4 HGB sind gegenwärtige Ausgaben in der Regel in dem Zeitpunkt auszuweisen, in dem der mit diesen Ausgaben erwirtschaftete Umsatz und damit der Umsatzerlös anfitllt. Das Realisationsprinzip bindet also nicht nur die Einnahmen an den Umsatzakt, i.e. die vertragsgemäße Leistung des Bilanzierenden 574 , sondern verlangt genauso, die Ausgaben mit dem Umsatzakt zu verknüpJeweils in der Fassung der Notverordnung von 1931, Fn.225. Im Aktiengesetz 1937 hieß es in § 129 I 2 ähnlich "Er ist so klar und übersichtlich aufzustellen, daß er einen möglichst sicheren Einblick in die Lage der Gesellschaft gewährt." 570 Beachte, daß nach §260 b S.2 des HGB in der Fassung der Notverordnung von 1931 das Gebot zur Herstellung eines sicheren Einblicks in die Lage der Gesellschaft allein durch Jahresbilanz und Gewinn- und Verlustrechnung (= Jahresabschluß; §260 I I), nicht erst zusammen mit dem Geschäftsbericht zu erflillen war. 57J Auch das Aktiengesetz 1965 verstand unter Jahresabschluß, der Einblick geben soll, nur die Jahresbilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung (§ 148 AktG 1965 a.F.). 572 "Er ist klar und übersichtlich aufzustellen und muß im Rahmen der Bewertungsvorschriften einen möglichst sicheren Einblick in die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft geben." Beachte, daß § 14912 AktG 1965 a.F. als Generalklausel mit dem Vorbehalt der Bewertungsvorschriften und in der Unbedingheit gegenüber §260 b S.2 HGB in der Fassung der Notverordnung von 1931 und gegenüber § 129 I 2 AktG 1937 abgeschwächt ist. 573 Selcher! in Küting/Weber, HdR, Ia, §252 RdZ.93. 574 BuddelGeißler in Beck Bil-Komm., §252 Rdz.45. 568
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fen, also die Ausgaben bis zum Umsatzakt erfolgsneutral zu behandeln575 • Insoweit ist das Anschaffungswertprinzip576 Unterfall des Realisationsprinzips, wenn es verlangt, daß die Ausgaben tUr die Anschaffung oder Herstellung von Vermögensgegenständen nicht sofort ausgewiesen, sondern aktiviert werden müssen. Ausgaben dürfen also wie Einnahmen grundsätzlich nicht vor dem Zeitpunkt des Umsatzes ausgewiesen werden 577 • Diese allgemeine Ausweisregel wird durch spezielle Bilanzierungsvorschriften konkretisiert. Der typische Fall der Ausgaben-Ertrags-Verknüpfung ist der Ausweis der Anschaffungskosten von Vermögensgegenständen und der Herstellungskosten von materiellen Vermögensgegenständen (§ § 246 I 1, 248 11, 253,255 I-III HGB)578. Werden Ausgaben zum Erwerb oder zur Herstellung eines materiellen Vermögensgegenstandes oder zur Anschaffung eines immateriellen Vermögensgegenstandes getätigt, so sind diese Ausgaben gerade nicht sofort ergebnismindernd auszuweisen, sondern grundsätzlich durch Aktivierung, nämlich den Ausweis des Vermögensgegenstandes in der Bilanz nach § 255 HGB (Anschaffungskosten/Herstellungskosten), zu neutralisieren579 und bei abnutzbaren Vermögensgegenständen - durch Abschreibung annähernd auf die Geschäftsjahre des erwirtschafteten Umsatzes zu verteilen 580 • Ebenso zeigt § 250 I 1 HGB die Verschiebung der Ausgaben in das künftige Jahr des Umsatzes durch einen Rechnungsabgrenzungsposten. Für gegenwärtige Verbindlichkeiten zeigt die Vorschrift zur Bildung einer Rückstellung rur drohende Verluste (§ 249 I 1/2.Alt. HGB), daß unter den genannten Voraussetzungen gegenwärtige Ausgaben in Gestalt von Verbindlichkeiten nicht sofort ausgewiesen werden dürfen. Diese Ausgaben sind danach erfolgsneutral zu behandeln, wenn es sich um Leistungs- oder Gegenleistungspflichten aus gegenseitigen Verträgen handelt, bei denen die Hauptleistungs-
Aufwandsbezogenes Realisationsprinzip Mellwig, Festschrift Budde, S.404. Schulze-Osterloh, Festschrift GmbH, S.501 (504ff.). 577 Zu dieser weiten Auslegung des Realisationsprinzips Herzig, Festschrift Schmidt, S.215; Moxter, Bilanzrechtsprechung, S.102 (§9 I. 2. c»; ders., Festschrift Döllerer, S.449; Schulze-Osterloh, Festschrift Forster, S.656. AA Buddel Raff in Beck BilKomm., §243 Rdz.35; Mayer-Wegelin in Küting/Weber, HdR, Ia, §249 Rdz.42 m.w.N.; Woerner, StVj 1993, 202f. m.w.N.; ders., Festschrift Moxter, S.496. 578 Eine Ausnahme gilt nach §248 II HGB rur die Ausgaben zur Herstellung eines immateriellen Vermögensgegenstandes. 579 EllrottlSchmidt-Wendt in Beck Bil-Komm., §255 Rdz.516; Göbel in Hofbauerl Kupsch, BoHR, §255 Rdz.803; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.74. Zum Streit um die Einordnung des Geschäftswertes als Vermögensgegenstand oder Bilanzierungshilfe, siehe oben S.110 -112 (§ 10 All. 2.). 580 Beachte die konsequentere Verteilung der Anschaffungskosten und Herstellungskosten bei der Kapitalgesellschaft durch das grundsätzliche Gebot der Wertaufholung gemäß §280 I HGB. 575
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B. Wahlrechte im Spannungsfeld
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pflicht noch nicht erbracht wurde und damit der Umsatz noch nicht erfolgt ist, und soweit nicht der Wert der eigenen Leistung den der Gegenleistung übersteigen wird (drohender Verpflichtungsüberschuß)58\. Ein Aufwand darf also nur insofern ausgewiesen werden, als ein Aufwandsüberschuß aus dem schwebenden Geschäft zu erwarten ist. Demgegenüber bilden die genannten vier Wahlrechte Ausnahmefälle, die es ermöglichen, gegenwärtige Ausgaben, die mit Umsätzen nachfolgender Geschäftsjahre zusammenhängen, sofort auszuweisen, anstatt sie - wie in der Regel - durch vorübergehende Aktivierung erst in künftigen Geschäftsjahren wirksam werden zu lassen582 • Kennzeichnend rur die Wahlrechte zur Aktivierung der Gemeinkosten, zur Abschreibung wegen vorübergehender Wertminderung des Finanzanlagevermögens, zur Aktivierung und Abschreibung des Disagios und zum Ansatz einer aktiven latenten Steuerüberzahlung ist, daß die künftige Wirksamkeit einer Ausgabe unsicher ist. Insofern könnte man diese Regelungen als Ausdruck eines weit verstandenen allgemeinen Vorsichtsprinzips begreifen583 , das aus dem Rechtsgedanken des § 252 I Nr. 4 HGB folgt. Doch anders als nach dem zwingenden konkreten Vorsichtsprinzip der Bewertung (§ 252 I Nr.4 HGB) ist es dem Bilanzierenden hier freigestellt, die allgemeine Vorsicht durch Nichtaktivierung der Gemeinkosten, durch Abschreibung einer vorübergehenden Wertminderung der Finanzanlagen, durch Nichtansatz des Disagios und durch Nichtberücksichtigung aktiver SteuerIatenzen zu wahren. In Verbindung mit dem Beurteilungsspielraum, der dem Bilanzierenden zusätzlich auf der Tatbestandsseite eröffuet ist, geben diese Wahlrechte dem Bilanzierenden lediglich das Recht, nicht die Pflicht, im Interesse eines übersteigerten Gläubigerinteresses so zu bilanzieren, daß dem Gläubiger im Konkurs eher ein Mehr an Gesellschaftsvermögen zur Befriedigung zur Verrugung steht. Dem Unternehmen wird so die Möglichkeit eingeräumt, die Ausschüttung vorhandener Liquidität bilanzieH zu verhindern, um rur den Gläubiger ein unbekanntes Sicherheitspolster zu schaffen oder zu vergrößern. Im Konzernabschluß kann eine solche optionale vorsichtige Bilanzierung aus Gründen des Gläubigerschutzes nicht zum Tragen kommen. Der über eine Ein-
581 Grundsatz über die Behandlung des schwebenden Geschäfts Adler/ Düring/ Schmaltz (6.), §249 Rdz.135-149; Clemm/Nonnenmacher in Beck Bil-Komm., §249 Rdz.51; Mayer-Wegelin in Küting/Weber, HdR, Ia, §249 Rdz.63f.; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.90f. 582 Das gilt im Ergebnis auch für die aktiven Steuerlatenzen. Der Ausweis führt dazu, daß die Steueraufwendungen mit dem Geschäftsjahr verbunden werden, in dem das Umsatzergebnis anfällt, das bei handelsrechtlicher Betrachtung die höhere Steuerbelastung ausgelöst hätte. 583 AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §252 Rdz.73/70; dies., 4.Auflage, § 149 AktG Rdz. 83 m.w.N. [zum AktG a.F.]. Ähnlich Glade, Praxishandbuch Rechnungslegung, §252 Rdz.30. Siehe auch oben S.56 -58 (§4 D.) mit Fn.324.
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heit (§ 297 III 1 HGB) informierende Konzernabschluß soll ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns geben. Zwar gilt das allgemeine Vorsichtsprinzip nach dem Rechtsgedanken des § 252 I Nr. 4 HGB gemäß § 297 11 1 HGB auch im Konzernabschluß. Doch steht das allgemeine Vorsichtsprinzip hier - anders als beim EinzeIabschluß - nicht in Zusammenhang mit dem Gläubigerschutz. Ein allgemeines Interesse an Prävention zugunsten der Gläubiger fiir den Konkurs gibt es hier nicht. Das Vorsichtsprinzip hat im Konzernabschluß nur insoweit seine Berechtigung, als durch den vorgezogenen Ausweis von Ausgaben Luftposten verhindert werden können, die die vom Konzernabschluß angestrebte Darstellung der Vermögenslage beeinträchtigen584 . Aber nicht nur das allgemeine Vorsichtsprinzip muß im Konzernabschluß modifiziert gelten. Erst recht dürfen im Konzernabschluß solche Regelungen nicht angewendet werden, die allein im Interesse eines übersteigerten Gläubigerschutzes eingeräumt sind, indem sie dem bilanzierenden Vertreter des Mutterunternehmens die Wahl einräumen, zukunftsbezogene Ausgaben sofort auszuweisen, um ein Sicherheitspolster zu schaffen. Denn der Konzernabschluß bezweckt keinen Gläubigerschutz durch Ausschüttungsbegrenzung. Solchermaßen gebildete stille Bewertungsreserven würden im Konzernabschluß ungerechtfertigt den Einblick in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage erschweren. Die Wahlrechte wären nur dann auch im Konzernabschluß gerechtfertigt, wenn dies erforderlich wäre, um Luftposten im Sinne des allgemeinen Vorsichtsprinzips zu verhindern. Dabei ist zu berücksichtigen, daß fehlerhafte Kalkulationen zwingend nach den Vorschriften über außerplanmäßige Abschreibungen vorweggenommen werden. Sie ermöglichen die Durchbrechung des Realisationsprinzips, um eine richtige Darstellung der Vermögenslage im Sinne des § 264 11 1 HGB herbeizufiihren585 . Das gilt nicht nur fiir die Vermögensgegenstände des Anlage- und Umlaufvermögens (§ 253 11 3/2.Hs., III 1/2 HGB)586. Auch das Disagio ist entsprechend außerplanmäßig abzuschreiben587 • 584 Zur einschränkenden Anwendung des allgemeinen Vorsichtsprinzips im Einze\abschluß Schulze-Osterloh in BaumbachlHueck, GmbHG, §42 Rdz.251 /238. Auch Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §252 HGB Rdz.22. 585 AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §253 Rdz.455. Zu den Abschreibungswahlrechten, siehe S.126-130 (§IO B. 111.), S.135 (§\O B. III. 3.), S.145-149 (§\O C.I.), S.162 (§10 C. 11. 3.) und S.165-167 (§ 100.1.). 586 Selbst wenn der Geschäftswert nicht als Vermögensgegenstand begriffen würde, ergibt sich die Pflicht zur außerplanmäßigen Abschreibung analog §253 II 3/ l.HS. HGB. Siehe AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §255 Rdz.285; Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §255 HGB Rdz.lll; Knop/Küting in Küting/Weber, HdR, Ia, §255 Rdz.469; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.l05. Kritisch Scholz-Crezelius, GmbHG, Anh.§42a Rdz.143. 587 AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §250 Rdz.98; Schnicke/Bartels-Hetzler in Beck BilKomm., §250 Rdz.72; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.154.
B. Wahlrechte im Spannungsfeld
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11. Einbeziehung von Gemeinkosten bei Ermittlung der Herstellungskosten
1. Wirkliches Wahlrecht Die detaillierte Bestimmung der Herstellungskosten erfolgte erst 1985 mit dem Bilanzrichtlinien-Gesetz. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden nur Teilaspekte der Herstellungskosten angesprochen. So wurde im Aktiengesetz a.F. lediglich geregelt, daß Abnutzungen und sonstige Wertminderungen im Rahmen der Fertigung sowie angemessene Teile der Betriebs- und Verwaltungskosten nach Wahl des Bilanzierenden in die Herstellungskosten einbezogen werden dürfen, Vertriebskosten hingegen nicht588 . Eine klare Definition, welche Ausgaben den Herstellungskosten positiv zuzurechnen sind, wurde nicht vorgenommen. Die Schwierigkeiten, die sich aus der Zuordnung von Ausgaben ergeben, die dem einzelnen Produkt nicht unmittelbar zugeordnet werden, wie Ausgaben rur Lagerhaltung, rur Transport, rur Raummiete, wurde daher nicht gelöst589 . Mit § 255 II, III HGB in der Fassung des Bilanzrichtlinien-Gesetzes wurde eine erste ausdrückliche Regelung der nicht unmittelbar zurechenbaren Ausgaben dadurch geschaffen, daß eine positive Inhaltsbestimmung der Herstellungskosten erfolgte. In § 255 11 2 HGB wurde rur die Materialeinzel- und die Fertigungseinzelkosten eine Aktivierungspflicht festgelegt. Die Aktivierung angemessener Teile der Gemeinkosten, die den Leistungen nicht unmittelbar zugerechnet werden können, wurde nach der Formulierung des § 25511 3 - 5, III HGB hingegen dem Bilanzierenden freigestellt590/591. Von einer Regelung ohne Beurteilungsspielraum wurde mithin Abstand genommen. Angesichts des Spannungsverhältnisses zwischen der Verpflichtung der Kapitalgesellschaft zur Herstellung eines "true and fair view" und des Aktivierungswahlrechts rur Gemeinkosten nach § 255 11 3/4 HGB bleibt rur den Einzelabschluß umstritten 592 , ob das Wahlrecht nach § 25511 3/4 HGB nicht durch 588 §261 Nr.1 S.2 HGB in der Fassung der Notverordnung von 1931 (Fn.225): Ausweispflicht. § 133 Nr.l S.3 AktG 1937; § 15311 AktG 1965 a.F. 589 BaumbachlHueck, AktG, §§ 153-156 Rdz.12; Mellerowicz in Großkomm. AktG (3.), § 153 Anm.47f. 590 Demgegenüber wurde nach überwiegender Ansicht zum Aktiengesetz 1965 die Auffassung vertreten, daß alle variablen Kosten zwingend in die Herstellungskosten einzubeziehen seien. Siehe nur AdlerlDüringlSchmaltz (4.), § 155 Rdz.80a; Baumbachl Hueck, AktG, §§153-156Rdz.12; Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (1.), §153 Rdz. 16; KropjJ in Geßler IHefermehl/Eckardt/Kropff, § 155 Rdz. 14 f. 591 Vgl. die Begründung zu Art.27 III des Vorentwurfs und zu Art.33 III des Vorschlags einer Vierten Richtlinie der EG, wonach das Wahlrecht zur Einbeziehung bestimmter Gemeinkosten im "Interesse einer vorsichtigen Bewertung" vorgesehen wurde. 592 LejJson, GoB, Abschn.551.21 (S.315ff./328). Ähnlich Schulze-Osterloh, StuW 1989, 246 [Ausübung in "Annäherung an die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ... "] m.w.N. in Fn.34. Nur die variablen Gemeinkosten sind zwingend einzubezie-
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§ 10 Die Zwecke der einzelnen Wahlrechte des Einzelabschlusses
die Verpflichtung des Kaufinanns nach § 252 I Nr. 4 HGB, nur realisierte Gewinne auszuweisen, und der zusätzlichen Verpflichtung der Kapitalgesellschaft nach § 264 II I HGB, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vennögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens zu vennitteln, eingeschränkt wird. Denn diese Grundsätze gebieten die Einbeziehung aller Gemeinkosten 593 • Sie lassen eine willkürliche Unterbewertung nicht zu. Auch auf der Grundlage der Vierten Richtlinie der EG erscheint es begründet, von einem stark eingeschränkten Wahlrecht auszugehen. Zwar wird den nur mittelbar zurechenbaren Ausgaben nach Artt. 35 III lit. b, 39 II 1/2 der Vierten Richtlinie der EG eindeutig ein Wahlrecht zugewiesen. Das zeigt die Entwicklungsgeschichte der Vorschriften. Art. 33 III lit. b des Geänderten Vorschlags einer Vierten Richtlinie der EG sah noch die Pflicht vor, "angemessene Teile der dem einzelnen Produkt nur indirekt zurechenbaren Produktionskosten", also die Gemeinkosten, den Herstellungskosten hinzuzurechnen594 • Diese Pflicht wurde ausdrücklich durch ein schon im Vorentwurf und im Vorschlag einer Vierten Richtlinie der EG vorgesehenes Wahlrecht ersetzt. Doch muß bei der Auslegung dieses Richtlinienwahlrechts berücksichtigt werden, daß der Jahresabschluß nach Art. 2 III der Vierten Richtlinie der EG ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vennögens-, Finanz- und Ertragslage zu vennitteln hat, und die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchfiihrung einen Ausgabenausweis nach dem Realisationsprinzip verlangen 595 • Durch das Ausklammern der Gemeinkosten wäre es dem produzierenden Betrieb möglich, die Vennögenslage durch den wertmäßig eingeschränkten Ausweis der selbst hergestellten Vennögensgegenstände als nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend darzustellen596 • Dem Bilanzierenden würde damit die Möglichkeit zur Unterbewertung eingeräumt597 • Anders als das handeltreibende Gewerbe, das in der Regel zu Anschaffungskosten zu bewerten
hen: Kropff in Geßler/Hefennehl/EckardtiKropff, § 155 Rdz.16-20 [zum AktG 1965 a.F.]. Kritisch zum Wahlrecht auch AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §255 Rdz.249; Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §255 HGB Rdz.62f. m.w.N.; Wohlgemuth in HdJ, AbU/ I 0 RdZ.19. 593 Siehe auch oben S. 115 -118 (§ lOB. I. 2.) und die in Fn.592 Genannten. 594 In der Begründung zu Art.33 III b des Geänderten Vorschlags einer Vierten Richtlinie der EG wurde angegeben, daß Pflicht zur Einbeziehung der Gemeinkosten zu den Herstellungskosten den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspräche. 595 Zur Maßgeblichkeit der EG-rechtlichen Generalnonn Kirchner, Festschrift Moxter, S.604f. ["Europäisierung der Generalnonnen"]. 596 Wohlgemuth in HdJ, Abt.I/1O Rdz.18; Heymann-Jung, HGB, §255 Rdz.43 Zum Aktiengesetz 1965 Döllerer, BB 1966, 1407f.; ders., BB 1965, 1412; Kropff, WPg 1966,377-379. 597 Vgl. Schulze-Osterloh, StuW 1989, 245f.
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hae98 , könnte der produktionsintensive Betrieb durch sofortige Aufwandsverrechnung der Gemeinkosten die mögliche Ausschüttung an die Gesellschafter begrenzen, um so das Gläubigerinteresse an der Erhaltung eines möglichst hohen Gesellschaftskapitals bei Erreichen der Ausschüttungsgrenze zu betonen. Angesichts des Wortlauts des § 25511 HGB, der rur den Einzelabschluß deutlich zwischen Einzel- und Gemeinkosten und Ptlicht- und Wahlbestandteilen trennt599 , läßt sich das Wahlrecht im Einzelabschluß dennoch nur sehr begrenzt eingeschränkt auslegen. Insofern fehlt die unklare Regelung, die eine einschränkende Auslegung erforderlich machen würde. Daher lassen sich die Folgen des Wahlrechts, nämlich die mögliche Unterbewertung, auch nicht ausschließen, indem unter dem Begriff der Gemeinkosten im Sinne des § 255 II 3 HGB nur die fixen Aufwendungen erfaßt, die variablen Gemeinkosten aber zu den Einzelkosten gerechnet werden60o , so daß die produzierten Vermögensgegenstände mindestens mit den variablen Ausgaben anzusetzen wären, also mit den Ausgaben, die in Abhängigkeit von der produzierten Gesamtmenge entstehen 60I •
Für den Einzelabschluß muß daher gegenwärtig von einem Wahlrecht hinsichtlich der Einbeziehung der Gemeinkosten ausgegangen werden 602 •
2. Wahlrecht im Konzernabschluß Das rur den Einzelabschluß auf der Grundlage eines übersteigerten Gläubigerschutzes zugelassene Wahlrecht, selbst hergestellte Vermögensgegenstände ausschließlich zu Einzelkosten anzusetzen, ist aber mit der Eigenart des Konzemabschlusses im Sinne des § 298 I HGB und damit mit den Grundsätzen zur 598 Zur Unterschiedlichkeit der Behandlung des Anschaffungsprozesses Wohlgemuth in HdJ, Abt.1I10 RdZ.5. 599 Wohlgemuth in HdJ, Abt.I/IO Rdz.19. Siehe auch Schulze-Osterloh, StuW 1989, 246. 600 Mellwig, Festschrift Budde, S.41\ f.; Ordelheide in BeckHdR, B 163, Rdz.49. Auch Schulze-Osterloh, StuW 1989,246. 601 Beachte, daß Siegel, BFuP 1994, lOff.; ders., Festschrift Schneider, S.635ff.; Kraus-Grünwald, ZtbF 1994, 32ff.; Mellwig, Festschrift Budde, S.397 (403ff.); eingeschränkt auch v. Wysocki, Festschrift Beusch, S. 941 f, die die Vereinbarkeit der Einbeziehbarkeit der fixen Gemeinkosten mit dem Realisationsprinzip bestreiten. A.A. LejJson, GoB, Abschn.55 1.2\ (S.328); Ordelheide in BeckHdR, B 163, Rdz.95-99; Schulze-Osterloh, StuW 1989, 244f 602 Dem "true and fair view" und dem Realisationsprinzip, das eine Verteilung der Kosten auf die Umsatzzeiträume verlangt, wird überwiegend auf der Ebene der Abgrenzung zwischen den Einzel- und Gemeinkosten Rechnung getragen. Beispielsweise Einordnung der Kosten der Zeitentlohnung und der Lohnnebenkosten, dazu Knop/ Küting in Küting/Weber, HdR, Ia, §255 Rdz.191-196; Einordnung der Zölle und Verbrauchsteuern.
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§ 10 Die Zwecke der einzelnen Wahlrechte des Einzelabschlusses
Aufstellung eines Konzernabschlusses nicht vereinbar. Wie oben gezeigt, ist diese Eigenart des Konzernabschlusses durch die Herstellung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vennögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns geprägt. Neben diesem "true and fair view"-Grundsatz gilt zwar das Prinzip vorsichtiger Gewinnennittlung. Doch steht dieses Prinzip beim Konzernabschluß anders als beim Einzelabschluß nicht in Zusammenhang mit dem Gläubigerschutz. Das allgemeine Vorsichtsprinzip ist hier vielmehr im Lichte des "true and fair view"-Grundsatzes auszulegen. Dem Prinzip vorsichtiger Gewinnennittlung in diesem Sinne dient der Ansatz zu Herstellungskosten nur insofern, als der Ausweis einerWertsteigerung über die Herstellungskosten hinaus verhindert wird 603 • Wie bei den Anschaffungskosten wird dadurch verhindert, daß Wertsteigerungen von Vennögensgegenständen innerhalb des Unternehmens, die nicht am Markt bestätigt, also nicht realisiert sind, ausgewiesen werden604 • Es wird gewährleistet, daß Gewinne aus der geplanten Veräußerung oder aus einer Wertsteigerung des Vennögens gegenstandes über die Herstellungskosten hinaus605 erst dann ausgewiesen werden, wenn die Umsatzleistung erbracht ist und damit der erhöhte Wert durch die Marktkontrolle objektiviert worden ist. Demgegenüber ist über die Unsicherheit eines Postens durch den Bilanzierenden zu entscheiden. Wird das Vorliegen eines Vennögensgegenstandes bejaht, ist aber dennoch der Posten in seinem Wert unsicher, so ist dieser Unsicherheit im Rahmen der Bewertung Rechnung zu tragen, wenn sich eine Wertminderung tatsächlich herausstellt. Es ist dann eine außerplanmäßige Abschreibung vorzunehmen 606 • Das folgt auch aus dem Saldierungsverbot (§§ 246 11, 268 II, 298 I HGB). Ist ein Aktivposten flilschlicherweise oder zu hoch angesetzt worden, so muß nach dem Saldierungsverbot die sich herausstellende Differenz zwischen der ursprünglichen Bewertung einerseits und der gegenwärtigen Bewertung nach § 253 HGB andererseits gesondert ausgewiesen werden. Sie darf also nicht in einem einheitlichen Bewertungsvorgang verborgen bleiben. Dagegen vereitelt ein Recht des Bilanzierenden nach § 255 II 3-5 HGB, auf die Einbeziehung der angemessenen Gemeinkosten zu verzichten, nicht nur das
603 BGH, Urt. v. 11.12.1989, 11 ZR 78/89, BGHZ 109, 334-344 (338). Buddel Geißler in Beck Bil-Komm., §252 Rdz.29; Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §253 HGB Rdz.l3, 16; Karrenbauer in Küting/Weber, HdR, Ia, §253 Rdz.7; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.262. 604 Zur Entwicklung des Grundsatzes Schulze-Osterloh, Festschrift GmbH, S.504506. 605 Beachte das Wertaufholungsgebot des §280 HGB. 606 A.A. Moxter, BB 1988,938.
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Ziel des Konzernabschlusses, ein möglichst realitätsgetreues Bild der Vermögenslage des Unternehmens herbeizufiihren. Zugleich wird die Darstellung eines verfälschten Bildes der Ertragslage möglich. Denn bei Herstellung von Vermögensgegenständen ist die Ertragslage hinsichtlich der Herstellungskosten nach dem anwendbaren Realisationsprinzip (§§ 252 I Nr. 4, 298 I HGB) nur dann zutreffend dargestellt, wenn der Herstellungsvorgang erfolgsneutral behandelt wird607 , wenn also gewährleistet ist, daß die bei der Produktion entstandenen Ausgaben erst im Jahr des Umsatzes, also des Geschäftsjahres der Veräußerung der Vorräte, ergebniswirksam werden608 • Im Konzernabschluß ist die Einbeziehung aller in § 255 II HGB genannten Bestandteile der Herstellungskosten zwingend. Insofern muß die Herstellung erfolgsneutral sein, d.n. sie darf keinen gegenwärtigen Aufwand schaffen609 • Das Ziel der Herstellungskosten, eine Periodenabgrenzung nach dem Zeitpunkt des Umsatzes herbeizufilhren610 , würde andernfalls, bei bloßem Ansatz zu Einzeikosten, völlig außer Betracht bleiben. Im übrigen wäre die unterschiedliche Behandlung gegenüber dem Anschaffungsvorgang im Konzernabschluß nicht gerechtfertigt. 3. Einschluß der fIXen Gemeinkosten
Zu den Gemeinkosten, die in den Konzernabschluß zwingend einzubeziehen sind, gehören auch die fixen Gemeinkosten, soweit sie von § 255 II/III HGB erfaßt werden611 • Daß die fixen Gemeinkosten auf der Grundlage des "true and fair view" den Herstellungskosten zuzuordnen sind, zeigt schon der Wortlaut des § 255 II 1 HGB 612 , wenn er bestimmt, daß die Herstellungskosten in den Aufwendungen zu sehen sind, die "filr die Herstellung eines Vermögensgegen-
607 BFH, Urt. v. 15.2.1966, J 103/63, BStBl. III 1966, 468. AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §255 Rdz.117; Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §255 HGB Rdz.94; Glade, Praxishandbuch Rechnungslegung, Teil J Rdz.542; Le.fJson, GoB, Abschn.541.0 (S.254); Mellwig, Festschrift Budde, S.404; Moxter, Bilanzrechtsprechung, S.177f. (§ 13 I. I. a»; Schulze-Osterloh, StuW 1989, 245. A.A Knop/ Küting in Küting/Weber, HdR, Ja, §255 Rdz.3; Wohlgemuth in HdJ, Abt.I/lO Rdz.5. 608 Siehe auch oben S.115 (§ 10 B.). 609 Moxter, Bilanzrechtsprechung, S.I77 (§ 13 I. I. a». 610 Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §255 HGB Rdz.94. 611 Zu §255 HGB Knop/Küting in Küting/Weber, HdR, Ja, §255 Rdz.152; Le.fJson, GoB, Abschn.551.21 (S.315ff.); Schulze-Osterloh, StuW 1989, 244ff. m.w.N. Siehe noch Jacobs, WPg 1972, 175 [zum Aktiengesetz 1965 a.F.]. AA Kraus-Grünwald, ZfbF 1994,32, 34; Siegel, BFuP 1994, 10. 612 AA. Moxter, BB 1988,937; v. Wysocki, Festschrift Beusch, S.930.
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§ 10 Die Zwecke der einzelnen Wahlrechte des Einzelabschlusses
standes ... entstehen" und also durch den Zweck der Herstellung veranlaßt sind613 . Die Einbeziehung der fixen Gemeinkosten ist darüber hinaus auch rur die Abbildung eines umsatzbezogenen Periodenergebnisses erforderlich. Denn andernfalls würden die Fixkosten das Geschäftsjahr der Ausgabe unabhängig davon belasten, ob zu diesem Zeitpunkt bereits der Umsatz der hergestellten Produkte erfolgt ist. Die Einbeziehung dieser Aufwendungen in die Herstellungskosten ist also mit dem Realisationsprinzip614 nicht nur vereinbar, sondern mit Rücksicht auf das Realisationsprinzip geboten 615 . Der gesetzliche Bewertungsgrundsatz der Aktivierung von Vermögensgegenständen zu Herstellungskosten kann auch nicht dadurch aufgehoben werden616, daß auf der Grundlage des Periodizitätsgrundsatzes der betriebswirtschaftlichen Kostenrechnung die Gemeinkosten als Aufwand in der Periode ihres Anfalls gebucht werden, weil sie unabhängig von einern Absatzerfolg entstehen617/618. Gegen ein solches Vorgehen spricht schon, daß die fixen Gemeinkosten die Betriebsbereitschaft des Unternehmens sichern und damit mit den hergestellten Vermögensgegenständen verbunden sind619 . Im übrigen würde der Periodenerfolg auch nicht im Ergebnis so dargestellt, wie es mit der gesetzlichen Regelung zur Aktivierung der Herstellungskosten dem Grunde nach bezweckt ist620 . So würden sich beispielsweise bei rationalisierter Produktionsweise die gesunkenen Fixkosten sofort gewinnerhöhend auswirken, obgleich die produzierten Leistungen überwiegend erst in künftigen Jahren wirksam würden. Gleiches gilt bei 613 Noch deutlicher die Legaldefinition der Anschaffungskosten in §255 II HGB. Auch für die Anschaffungskosten kommt es auf die finale, also zweckbezogene, Verbindung der Aufwendungen mit dem zu erwerbenden Vermögensgegenstand an. 614 A.A. Kraus-Grünwald, ZfbF 1994, 32; Mellwig, Festschrift Budde, S.397, 406/416; Siegel, BFuP 1994, 1Of.; ders., Festschrift Schneider, S.635ff. Eingeschränkt auch v. Wysocki, Festschrift Beusch, S.941f. Daher begreifen Mellwig, Festschrift Budde, S.4 13; Moxter, Festschrift Döllerer, S.458 [später allerdings nur noch für §255 II 4 HGB]; Siegel, BFuP 1994, 12, die Regelung des §255 II 3,4 HGB ausdrücklich als Bewertungshilfe und nicht als Regelung eines Bestandteils der Herstellungskosten. Beachte, daß die Begründung des RegE Gesetz 4.EG-RichtIinie (Abs.6 S.2 der Begründung zu §260 HGB-E) von Bewertungshilfe ausdrücklich nur im Rahmen der Einbeziehung von Fremdkapitalzinsen spricht. 615 Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §255 HGB Rdz.75 m.w.N. 616 Ebenso Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §255 HGB RdZ.89. 617 So aber Albach, BB 1966, 38Of. [zum Aktiengesetz 1965 a.F.]. 618 Kausaler Verursachungsbegriff: Kraus-Grünwald, ZfbF 1994, 32, 38/50; Mellwig, Festschrift Budde, S.412; Schäfer, DStZ 1991,434 (r.Sp.); Siegel, Festschrift Schneider, S.635, 640/658; v. Wysocki, Festschrift Beusch, S.938f. 619 Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §255 HGB RdZ.89. 620 AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §255 Rdz.249. Vgl. auch Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §255 HGB Rdz.62-64. Siehe auch zum AktG 1965 a.F. Mellerowicz in Großkomm. AktG (3.), § 153 Anm.73.
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Schwankungen des Verhältnisses zwischen Beständen und Absatz von selbst hergestellten Vermögensgegenständen. Daß demgegenüber Schwankungen in den Absatzmengen bei Ansatz auch der Fixkosten nicht so ausgeprägt erscheinen wie bei einem sofortigen Abzug der fixen Gemeinkosten, steht dem nicht entgegen621 . Denn das Gesetz verlangt neben der Darstellung der Ertragslage auch die zutreffende Darstellung der Vermögenslage. Außerdem bezieht § 255 II 4 HGB die fixen Ausgaben in die Gemeinkosten ausdrücklich ein, wenn die Vorschrift unter anderem die Kosten der allgemeinen Verwaltung und Aufwendungen fiIr soziale Einrichtungen für aktivierbar erklärt. Die Verneinung des Herstellungskostencharakters der fixen Gemeinkosten verkennt also, daß neben dem Wortlaut auch das Realisationsprinzip gerade die Finalität, nicht die Kausalität der Ausgaben für den hergestellten Vermögensgegenstand verlangt622. Es kommt nicht auf die naturwissenschaftliche Verursachung der Ausgaben an, sondern auf ihre Zweckverbundenheit mit den Erträgen 623 . Der Ausweis der Fixkosten bedeutet daher nicht die teilweise Vorwegnahme von Erträgen aus der künftigen Veräußerung der hergestellten Produkte624/62S. Die Schwierigkeiten, die aus der Zuordnung der Gemeinkosten zu einzelnen Vermögensgegenständen resultieren626 , sind hinzunehmen. Die damit bestehenden Ermessensspielräume hinsichtlich der Wahl des Verrechnungsschlüssels lassen sich gegenwärtig auf der Grundlage des Gesetzes nicht vermeiden. 4. Ergebnis
Im Konzernabschluß wird also das Wahlrecht des § 255 Il/I11 HGB zum Ansatz der Gemeinkosten nach § 298 I HGB zu einer Ansatzpflicht reduziert. Eine
62\ A.A. Kraus-Grünwald, ZtbF 1994,32; Mellwig, Festschrift Budde, S.397; Siegel, BFuP 1994, IOf.; ders., Festschrift Schneider, S.635ff.; v. Wysocki, Festschrift Beusch, S.942. 622 Döllerer, BB 1966, 1408; Knop/Küting in Küting/Weber, HdR, Ia, §255 Rdz.152 m.w.N. Zum kausalen Verursachungsbegriff, siehe die in Fn.618 Genannten. 623 Finaler Verursachungsbegriff Knop/Küting in Küting/Weber, HdR, Ia, §255 Rdz.162. 624 So aber Siegel, BFuP 1994, 10; Kraus-Grünwald, ZtbF 1994,32, 34. 625 Zu diesem Ergebnis gelangt man nur dann, wenn man entgegen der Regelung des Gesetzes Gemeinkosten von vornherein aus dem Herstellungskostenbegriff ausschließt. Siehe dazu die in Fn.614 Genannten. 626 Siehe insbesondere Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht (9.), S.168 (§5 IV. 2. a»; Moxter, BB 1988,938. Vgl. auch AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §255 Rdz.140.
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entsprechende Anwendung des Wahlrechts zum Ansatz eines hergestellten Vermögensgegenstandes allein zu den Einzelkosten ist im Konzernabschluß ausgeschlossen. Die gesetzlichen Vertreter des Mutterunternehmens sind rur den Konzernabschluß verpflichtet, alle Ausgaben, die mit der Herstellung von Vermögensgegenständen zweckgerichtet verbunden sind und die in § 255 II HGB genannt sind, in die Herstellungskosten einzubeziehen und zu aktivieren. Dem allgemeinen Vorsichtsprinzip wird ausreichend Rechnung getragen, indem die inhaltlichen Beschränkungen des § 255 II 3/4 HGB erhalten bleiben. So dürfen nur "angemessene" Teile und nur bestimmte Gemeinkosten auf die Vermögensgegenstände verrechnet werden. Leerkosten627 , also erhöhte Gemeinkosten pro Stück, die entstehen, weil die Kapazität des Unternehmens wegen Unterbeschäftigung nicht ausgelastet ist, dürfen daher auch im Konzernabschluß nicht aktiviert werden. III. Abschreibungswahlrecht zur Erfassung kurzfristiger Wertminderungen von Finanzanlagen
1. Die Abschreibung von Anlagevermögen
Nach §§ 253 11 3/ I.Hs., 279 12 HGB darf die Kapitalgesellschaft außerplanmäßige Abschreibungen wegen vorübergehender Wertminderung nicht bei jedem Anlagevermögen, sondern nur dann vornehmen, wenn es sich beim Anlage vermögen um Finanzanlagen im Sinne des § 266 II a III. HGB beispielsweise um eine Beteiligung, handelt628 • Der Sache nach wird damit auch rur Kapitalgesellschaften ein Recht zur Bildung stiller Bewertungsreserven eingeräumt629 , was seinerseits nach Art. 35 I lit. c, lit. aa der Vierten Richtlinie der EG gestattet ist630 • Da sich in der Praxis die Ausübung des Abwertungswahlrechts ohnehin auf das Finanzanlagevermögen beschränkt (z.B. bei Wertpapieren wegen gesunkenem Kurswert, bei Beteiligungen und Anteilen wegen Anlaufverlusten)631, wird 627 Zu den Leerkosten im EinzeIabschluß Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §255 HGB Rdz.90 m.w.N. Siehe auch v. Wysocki, Festschrift Beusch, S.937f. 628 Da die Nutzung von Finanzanlagen - abgesehen von ihrer Veräußerung und Fälligkeit - zeitlich nicht begrenzt ist, sind sie nicht abnutzbar. Siehe nur Adler/Düring/ Schmaltz (6.), §253 Rdz.357; Schnicke/Schramm/BaU in Beck BiI-Komm., §253 Rdz. 215. 629 Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §253 HGB Rdz.72; Tietze in Küting/Weber, HdR, la, §279 Rdz. 630 Siehe Abs.3 der Begründung des RegE Gesetz 4.EG-Richtlinie zu §261 HGB-E und Abs.2 des Berichts des Rechtsausschusses zu §279 HGB. 63\ So auch Abs.4 S.2 der Begründung des RegE Gesetz 4.EG-Richtlinie zu §261 HGB-E.
B. Wahlrechte im Spannungsfeld
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mit §§ 253 II 3/1.Hs., 279 I 2 HGB das uneingeschränkte Wahlrecht des § 154 II S.1 Nr. 1 AktG a.F. zur Berücksichtigung vorübergehender Wertminderungen in den praktisch wichtigen Fällen auch filr Kapitalgesellschaften aufrechterhalten632 • 2. Außerordentliche Abschreibung und der "true andfair view"-Grundsatz Im Konzernabschluß kann dieses Wahlrecht nicht zur Anwendung kommen. Denn auch das Wahlrecht zur Berücksichtigung von Wertminderungen von Finanzanlagen, die nur vorübergehender Art sind, steht bei Kapitalgesellschaften im Interesse des Gläubigers, insofern dieser ein Interesse an der Erhaltung eines möglichst hohen Gesellschaftskapitals hat633 • Beim Einzelabschluß kann der Bilanzierende entscheiden, ob er durch vorübergehende Abschreibung bei Finanzanlagen dieses Interesse des Gläubigers betonen will, indem er stille Bewertungsreserven als Sicherheitsreserven filr den Gläubiger bildet, oder ob er die vorübergehende Wertminderung angesichts der langfristigen Zweckbindung des Anlagevermögen unberücksichtigt läßt. Dieses Wahlrecht ist allein durch die konkrete Einzelabschlußvorschrift gerechtfertigt. Nach dem Grundsatz des "true and fair view" wären solche Abschreibungen beim Anlagevermögen unzulässig, da sie willkürlich stille Reserven bilden würden. Denn nach § 247 II HGB fallen unter das Anlagevermögen nur solche Vermögensgegenstände, die dem Geschäftsbetrieb dauernd dienen sollen und damit von ihrer Zweckbestimmung bis zu ihrem völligen Wertverzehr im Unternehmen genutzt werden634 • Außerdem ist nach § 252 I Nr. I HGB filr die Bewertung von der Fortfilhrung des Unternehmens auszugehen. Die auf Dauer angelegte Zugehörigkeit des Anlagegegenstandes zum Betrieb macht daher vorübergehende Wertminderungen bilanziell wirkungslos, sofern die nachfolgende Werterhöhung während der Betriebszugehörigkeit eintritt635 • Eine kurzfristige Wertminderung des Anlagegegenstandes wird also typischerweise nicht effektiv, wirkt sich überhaupt nicht auf den inneren Wert des Unternehmens aus. 632 Ellrott/Gutike in Beck BiI-Komm., §253 Rdz.4; Tietze in Küting/Weber, HdR, Ia, §279 Rdz.IO; Wohlgemuth in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §279 Rdz.14. Beachte für die Abwertungsmöglichkeit bei Sachanlagevermögen und bei immateriellem Anlagevermögen auch das steuerrechtliche Abwertungswahlrecht nach §6 I Nr.1 S.2, Nr.2 S.2 EStG. Siehe dazu unten. 633 A.A. Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.309 ["Es soll aus Vereinfachungsgründen die Berücksichtigung von Wertschwankungen überflüssig machen."]. 634 NiehuslScholz in Meyer-Landrut/Miller/Niehus, GmbHG, §§238-335 HGB Rdz. 662. 635 Mellwig in BeckHdR, B 164, Rdz.28.
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§ 10 Die Zwecke der einzelnen Wahlrechte des Einzelabschlusses
Die fakultative Abschreibung ist daher nicht durch das allgemeine Vorsichtsprinzip636 gerechtfertigt637 • Das erkennt auch im Ergebnis der Gesetzgeber, wenn er allgemein die Abschreibung wegen vorübergehender Wertminderung nicht zur Pflicht macht, aber andererseits rur Kapitalgesellschaften die Möglichkeit der Abschreibung wegen kurzfristiger Wertminderungen nach § 279 12 HGB auf Finanzanlagen begrenzt und genau diese Ausnahme rur Kapitalgesellschaften rur Finanzanlagen mit der Regelung der Vierten Richtlinie der EG begründet638 • Würde die wahlfreie Abschreibung dennoch zum Ansatz gebracht, so stellte sich die Vermögenslage eines fortgeruhrten Unternehmens zu schlecht dar. Da das Anlagevermögen dauerhaft im Unternehmen bleibt, muß es fiir die Bewertung von Vermögensgegenständen des Anlagevermögen zur Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögenslage des Unternehmens grundsätzlich auf den Wert der Anlage rur das Unternehmen, ihren inneren Wert639 , ankommen. Die in Frage stehenden vorübergehenden WertverIuste des Anlagevermögens sind durch die Marktbewertung und nicht durch eine Schwankung des Nutzwertes der Vermögensanlage verursacht640 • Andernfalls wäre der Wertverlust nicht vorübergehender Natur. Eine außerplanmäßige Abschreibung wegen Wertminderung kommt daher beim Anlagevermögen auf der Grundlage des "true and fair view"-Grundsatzes erst bei dauerhafter Wertminderung in Betracht, weil sich dann die Wertminderung rur die Berechnung des Gesamtergebnisses eines lebenden Unternehmens auswirkt, der Vermögensgegenstand in seiner Eigenschaft als Anlage eine Werteinbuße erlitten hat. Er ist dann auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß er dauernd dem Geschäftsbetrieb der Gesellschaft zu dienen bestimmt ist, im Wert gemindert64 I , weil er künftige Umsätze nur noch eingeschränkt hervorbringt. Dies kann seinen Grund beispielsweise darin haben, daß das Anlagegut nicht wie vorgesehen arbeitet oder seinen Zweck wirtschaftlich durch Produktionsänderungen nicht mehr errullen kann 642 • Diese Unterscheidung der Rechtsfolgen nach der Dauer der Wertminderung greift bei Sachanlagen und immateriellen Vermögensgegenständen ebenso wie
Siehe auch oben S.117 -118 (§ 10 B. I. 2.). So aber Abs.7 S.3 des Berichts des Rechtsausschusses zu §253 HGB. 638 So stützt der Gesetzgeber §§253 II 3, 279 I 2 HGB auf Art.35 I c,bb der Vierten Richtlinie der EG, ohne die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchflihrung zu erwähnen. Siehe Abs.7 des Berichts des Rechtsausschusses zu §253 HGB und Abs.2 zu §279 HGB. 639 Mellerowicz in Großkomm. AktG (3.), § 154 Anm.35. 640 Godin-Wilhelmi, AktG, § 154 Anm.4 [zum AktG a.F.]. 641 Schlegelberger-Quassowski, AktG 1937, § 133 Rdz.21. 642 Vgl. Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §253 HGB Rdz.66. 636 637
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bei Finanzanlagen. Diese Finanzanlagen sind nicht typischerweise weniger als sonstiges Anlagevennögen auf eine langfristige Nutzung durch das Unternehmen abgestellt643 . Da auch Finanzanlagen im Sinne des § 266 II/III HGB die Voraussetzungen des Anlagevennögens nach § 247 II HGB erfiillen müssen, ist für die Bilanzierung grundsätzlich davon auszugehen, daß Finanzanlagen wie Sachanlagen und immaterielle Vennögensgegenstände bis zu ihrem völligen Wertverzehr im Unternehmen genutzt werden644 . Wenn der Gesetzgeber dennoch mit § 279 I 2 HGB das Wahlrecht zur Vornahme von außerplanmäßigen Abschreibungen bei kurzfristigen Wertminderungen - wenn auch begrenzt auf Finanzanlagen - auf der Grundlage der Vierten Richtlinie der EG beibehält, so entscheidet er sich hierfiir, um dem Bilanzierenden die Möglichkeit zu geben, im Interesse der Gläubigers durch Unterbewertung ein möglichst hohes Gesellschaftskapital zu erhalten. Das auf Finanzanlagen bezogene Wahlrecht des § 279 I 2 HGB, das noch im Vorentwurf45 und im Vorschlag646 einer Vierten Richtlinie der EG auf alle Vennögensgegenstände des Anlagevennögen erstreckt war, ist also nur zur Bildung stiller Bewertungsreserven im Gläubigerschutzinteresse gerechtfertigt. Es ist das Ergebnis des Kompromisses zwischen der Durchsetzung des Einblicksgebots im Sinne des Art. 2 III der Vierten Richtlinie der EG und dem Bemühen, trotz des "true and fair view"-Grundsatzes "die Kapitalgesellschaften nicht zu stark zu belasten und den Unterschied im Abschreibungsrecht der verschiedenen Rechtsfonnen nicht zu kraß werden zu lassen,,647. 3. Ausschluß im Konzernabschluß
Wenn das Wahlrecht zur Berücksichtigung vorübergehender Wertminderungen von Finanzanlagen aber nur unter Berücksichtigung des spezifischen Gläubigerschutzgedankens des Einzelabschlusses angemessen ist, darf es den bilanzierenden gesetzlichen Vertretern des Mutterunternehmens im Konzernabschluß nach §§ 298 I, 297 II 2 HGB nicht gewährt werden. Der Konzernabschluß bezweckt keinen Gläubigerschuti48 , sondern soll über die Einheit Konzern (§ 297 III 1 HGB) durch die Darstellung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vennögens-, Finanz- und Ertragslage (§ 297 II 2 HGB) in-
643 Siehe dazu SchefJler. BecKHdR, B 213 Rdz.31.
644 So NiehuslScholz in Meyer-Landrut/Miller/Niehus, OmbHO, §§238-335 HOB Rdz.662. 645 Art. 27 Nr. 1 c. 646 Art. 33 Nr.l c,aa. 647 Claussen in Kölner Kommentar z. AktO (2.), §253 HOB Rdz.65. 648 Siehe oben S.35 -36 (§3 A. 1.). 10 Kramer
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fonnieren. Hier greifen die Zwecke eines zurückhaltenden Gewinnausweises im venneintlichen Gläubigerinteresse nicht durch. Allerdings muß auch im Konzernabschluß das allgemeine Vorsichtsprinzip649 beachtet werden650 • Auch im Konzernabschluß ist daher der Begriff der vorübergehenden Wertminderung in Abgrenzung zur dauerhaften Wertminderung eng auszulegen651 . Danach kann erst dann von einer nur vorübergehenden Wertminderung gesprochen werden, wenn bereits konkrete Hinweise fiir eine voraussichtliche Werterhöhung vorliegen652 • So wird weitgehend verhindert, daß durch Ausdehnung des Bereichs vorübergehender Wertminderung ohne Bilanzierungspflicht unsichere Werte aufrechterhalten werden, die sich tatsächlich auch langfristig nicht mehr erholen. Das Verbot, im Konzernabschluß vorübergehende Wertminderungen von Finanzanlagen durch außerplanmäßige Abschreibungen zu berücksichtigen, kann im übrigen - anders als im Einzeiabschluß6s3 - nicht umgangen werden. Denn die Möglichkeit, über die umgekehrte Maßgeblichkeit nach §§ 254 S. 1, 27911 HGB, § 6 I Nr. 1 S.2, Nr.2 S.2 EStG eine steuerrechtliche Teilwertabschreibung handelsrechtlich zu berücksichtigen, besteht im Konzernabschluß nicht, da hier die umgekehrte Maßgeblichkeit (§ 254 S.l HGB, § 5 12 EStG) nicht gilt654 • Im Konzernabschluß ist daher eine außerplanmäßige Abschreibung bei nicht dauernder Wertminderung grundsätzlich unzulässig, auch wenn es sich um Finanzanlagen handelt. Das Wahlrecht des §§ 253 II 3, 279 12 HGB kommt im Konzernabschluß nicht zur Anwendung. IV. Wahlrecht hinsichtlich Aktivierung und Abschreibung des Disagios
§ 250 III 1/2 HGB gewährt nach der Fonnulierung fiir den Einzelabschluß eindeutig das Recht, den Auszahlungsabschlag, also die Differenz zwischen dem Ausgabebetrag und dem Rückzahlungsbetrag einer Verbindlichkeit, entweder im Geschäftsjahr der Begründung der Verbindlichkeit als Aufwand abzuziehen oder diesen Betrag ganz oder teilweise aufwandsneutral aktiv abzugrenzen, Siehe dazu oben S.117 -118 (§ 10 B. 1. 2.). Siehe oben S.117 (§ 10 B.). 651 Zur engen Auslegung im EinzeIabschluß, siehe SchefJler, BecKHdR, B 213 Rdz. 31. Zu den Schwierigkeiten, Wertminderungen vorwegzunehmen Kupsch in HdJ, Abt. I1/3 Rdz. 147 ff. 652 Zum EinzeIabschluß AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §253 Rdz.425; Schnicke/ Schramm/Bai! in Beck BiI-Komm., §253 RdZ.296. 653 Dazu AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §279 Rdz.13f.; Baetge, Bilanzen, Abschn. 433.22 (S.68 mit Fn.149); Glade, Praxishandbuch Rechnungslegung, §279 Rdz.8; Wohlgemuth in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §279 RdZ.14. 654 Dazu unten S.147-149 (§ lO C. I. 4.). 649 650
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d.h. in Gestalt eines aktiven Rechnungsabgrenzungspostens über die Laufzeit aufzulösen. In seinem Wortlaut geht dieses Wahlrecht unmittelbar auf § 156 III AktG a.F. zurück. Zugleich entspricht es inhaltlich dem Art.41 der Vierten Richtlinie der EG, der ein Untemehmenswahlrecht einräumt. 1. Die Abgrenzbarkeit des Disagios nach HypBG a.F.
Der Zweck des Rechts zur Verteilung eines derartigen Unterschiedsbetrages bei Verbindlichkeiten erschließt sich in Anknüpfung an den spezialgesetzlichen Vorgänger, die Regelung im Hypothekenbankgesetz von 1898655 • Hier fanden sich mit den §§ 24 - 26 HypBG a.F. Bestimmungen über die Verteilung eines Unterschiedsbetrags bei Ausgabe von Hypothekenpfandbriefen, also Schuldverschreibungen. Diese Hypothekenpfandbriefe, die gegen Darlehensgewährung gegenüber den Hypothekenbanken übereignet wurden, mußten nach § 24 Nr. 7 HypBG a.F. in der Bilanz zwingend zum Nennwert angesetzt werden. Wenn nun die Pfandbriefe zu einem geringeren Betrag als dem Nennwert emittiert wurden und damit die entstandene Rückzahlungsschuld größer als die tatsächliche Auszahlung (Valuta) war, bestand nach § 25 I HypBG a.F. 656 ein Wahlrecht zur Aktivierung dieses Minderbetrages657 • Die Zulässigkeit der Abgrenzbarkeit ergab sich rur den Gesetzgeber des Hypothekenbankgesetzes a.F. aus dem Charakter des Minderbetrages, der als Ausgleich rur die gegenüber dem Kapitalmarkt niedrigeren Zinsen der Hypothek aufgefaßt wurde. Zwar bedeutete bis zur Notverordnung von 1931 658 die Darstellung der Vermögens lage nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchruhrung gemäß § 38 I HGB a.F., daß Ausgaben unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Verursachung im Geschäftsjahr der Ausgabe ergebniswirksam werden müssen 659 • Auch mußte die Hypothekenbank die im Unterschied zum eingehenden Betrag höhere Rückzahlungsverpflichtung in Gestalt des Nennwertes grundsätzlich sofort ausweisen. Die sichere Gestaltung der Vermögenslage durch sofortige Berücksichtigung des Unterschiedsbetrages als Aufwand war Grundsatz. Um aber der einzelnen Hypothekenbank die Möglichkeit zu geben, eine Belastung der Ertragslage allein des Geschäftsjahres der Vergabe der Schuldverschreibung zu vermeiden, wurde ihr daneben die Möglichkeit eingeräumt, den
Hypothekenbankgesetz vom 13.7.1899, RGBI. I 1899/32,375-391. Vgl. dazu §340e II 3 HGB. 657 Demgegenüber bestand bei Ausgabe zum Betrag über dem Nennwert nach § 26 S.I HypBkG eine Passivierungspflicht des Mehrerlöses. Vgl. dazu §340e II 2 HGB. 658 Siehe Fn.225. 659 Siehe dazu oben S. 114-115 (§ lOB. l. 1.). 655
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vorweggenommenen Zins zu verteilen660 . Indes wurde die Verteilbarkeit aus Gründen der Vorsicht eingeschränkt, eine Verteilung des gesamten Mindererlöses auf die gesamte Vertragsdauer - wie bei Anleihen in der allgemein kaufinännischen Bilanzierung661 - war ausgeschlossen. Nach § 25 I 1 HypBG a.F. durfte nur ein Teil des Unterschiedsbetrages, nämlich Vierrunftel des Mindererlöses, als Aktivposten angesetzt werden und dieser war auf höchstens vier Jahre, nicht die gesamte Laufzeit, zu verteilen. Die angestrebte Verbesserung der Ertragslage durch Aktivierung des Mindererlöses sollte den Grundsatz, die Vermögenslage der Banken "möglichst sicher,,662 zu gestalten, nicht übermäßig beeinträchtigen. Auch dieses Wahlrecht war also - wie das auf Finanzanlagen bezogene Wahlrecht des § 279 I 2 HGB - das Ergebnis eines Kompromisses66 \ nämlich zwischen dem Bestreben nach einem sicheren Ausweis der Vermögenslage der Banken und dem Bedürfuis nach periodengerechter Verteilung des Unterschiedsbetrags, um den Umfang der Gewinnansprüche der Gesellschafter nicht unnötig zu beeinträchtigen.
2. Das Disagio nach allgemeinem Bilanzrecht Im Rahmen der allgemeinen kaufinännischen Bilanzierung, außerhalb des Geltungsbereichs des HypBG, war bis zur Notverordnung von 1931 664 umstritten, ob ein Unterschiedsbetrag zwischen Ausgabe- und Nennbetrag einer Anleihe mittels eines aufzulösenden Korrekturpostens665 zwingend auf die Laufzeit der Anleihe verteilt666 oder sofort abgeschrieben werden mußte. Jedenfalls wurde es rur zulässig erachtet, den gegenwärtigen Mindererlös durch jährliche Erhöhung des Passivpostens zum Nennbetrag zu verteilen667 . Mit der Aktien660 Begründung zu §§23-27 des Hypothekenbankgesetzes, Anlagen (Band 2) zu den Stenographischen Berichten über die Verhandlungen des Reichstages, X/I. Session, 1898/1900, S.924-957 (945ff.). 661 Siehe Simon, Die Bilanzen der Aktiengesellschaften, S.439f. (§ 117). V gl. Rehm, Die Bilanzen der Aktiengesellschaft, S.115-119 (§§37f.). 662 Begründung zu §§23-27 des Hypothekenbankgesetzes, a.a.O., S.946 (I.Sp.). Beachte auch die Regelung der §24 11 HypBG, die die Höhe des Aktivpostens relativ begrenzt. 663 Begründung zu §§23-27 des Hypothekenbankgesetzes, a.a.O. 664 Siehe Fn.225. 665 Brodmann, Aktienrecht, § 261 HGB, Anm.7b. 666 Abschreibungspflichtiger Disagioposten im Unterschied zu dem Ansatz der Verbindlichkeit mit dem Rückzahlungsbetrag Simon, Die Bilanzen der Aktiengesellschaften, S.438 (§ 117). Stetige Erhöhung des zunächst zum Nennbetrag anzusetzenden Passivposten Rehm, Die Bilanzen der Aktiengesellschaft, S.103-106 (§35). 667 AdlerlDüring/Schmaltz (1.), § 133 Rdz.89; Brodmann, Aktienrecht, §261 HGB, Anm.7b;
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rechtsnovelle durch die Notverordnung von 1931 668 wurde eine § 24 HypBG a.F. ähnliche Regelung als neuer § 261 Nr.5 in das HGB eingefligt. Der Kaufmann hatte nur noch die Wahl zwischen sofortigem Abzug oder Verteilung des Unterschiedsbetrages auf die geplante Laufzeit mit Hilfe eines gesondert auszuweisenden aktiven Korrekturpostens. Anders als nach HypBG a.F. war hier also die Verteilung des gesamten Unterschiedsbetrages auf die gesamte Laufzeit zulässig. Sinn und Zweck der Neuregelung durch die Notverordnung von 1931 669 war es mithin, den Bilanzierenden zu verpflichten, den Unterschiedsbetrag zwischen Ausgabe- und Rückzahlungsbetrag sofort in der Bilanz offenzulegen: entweder als Aufwand oder als Rechnungsabgrenzungsposten. Es wurde der mit der Beschränkung des aktivierbaren Betrages und der Abschreibungszeit angestrebte Vermögensschutz, den das HypBG a.F. vorsah, gelockert67o . Das Recht, zwischen den verbleibenden beiden Varianten zu wählen, wurde indes durch die Neuregelung nicht betroffen. Diese Regelung wurde mit § 133 Nr. 6 AktG 1937, § 156 III AktG a.F. und §§ 250 III, 268 VI HGB fortgeschrieben. Zwar waren bis zum Aktiengesetz 1965 a.F. nur "Anleihen,,671 erfaßt. Doch schon damals wurde auch die Abgrenzung von solchen Unterschiedsbeträgen ftlr zulässig gehalten, die nicht auf Geldbeschaffung auf dem allgemeinen Kapitalmarkt beruhten672 . Ein aktivierter Unterschiedsbetrag konnte planmäßig verteilt werden. Kennzeichnend fiir die Entwicklung der allgemein kaufmännischen Bilanzierung war mithin der Abbau eines sehr weitgehenden Vermögensschutzes im Interesse des Gläubigers an der Erhaltung eines möglichst hohen Gesellschaftskapitals zugunsten eines periodengerechteren Erfolgsausweises. Hinsichtlich des Einzelabschlusses steht es daher dem Bilanzierenden der Kapitalgesellschaft nach der geltenden Rechtslage frei, ob er in seiner bilanziSiehe Fn.225. Siehe Fn.225. 670 Strenge Auslegung aber durch Schlegelberger/Quassowski/ Herbig/Geßler/ Hefermehl, AktG, § 133 Rdz.45, die auch mögliches Aufgeld wegen ordentlicher oder außerordentlicher Kilndigung zugunsten des Schutzes der Gläubiger gegen Substanzverteilung in den Rilckzahlungsbetrag einbezogen wissen wollen. Sie lassen auch die Bildung eines rilckstellungsähnlichen Postens insoweit zu. 67\ Geldbeschaffung auf dem allgemeinen Kapitalmarkt, nicht durch Aufnahme langfristiger Darlehen von einem oder mehreren bestimmten Gläubigern: Heiniehen in Großkomm. AktG (1.), § 131 Anm.5, § 133 Anm.12; Klausing, Reform des Aktienrechts, S. 124; Danie/czik, Aktiengesetz, § 131 RdZ.36. 672 Ad/erlDüring/Schma/tz (1.), § 131 Rdz.64; AdlerlDüring/Schma/tz (2.), § 133 Rdz.91. Zum Recht vor 1931 Simon, Die Bilanzen der Aktiengesellschaften, S.429f. (§ 115). § 156 III 1 AktG 1965 a.F. spricht von "Verbindlichkeiten und Anleihen", §250 III 1 HGB nur noch von "Verbindlichkeiten". 668
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ellen Darstellung durch Rechnungsabgrenzung mehr die Ertragslage betont wie es die gesetzliche Grundregel des § 250 I 1 HGB filr Aufwand filr eine bestimmte Zeit nach dem Abschlußstichtag verlangt - oder durch Sofortabschreibung mehr die Vermögens lage, sofern man nicht fi1r die Kapitalgesellschaft davon ausgeht673 , daß ihr Wahlrecht durch das Erfordernis beschränkt ist, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens zu vermitteln (§ 26411 1 HGB). 3. Das Abgrenzungswahlrecht im Konzernabschluß
Auch das dem Ausgleich zwischen Gläubiger- und Gesellschafterinteressen dienende Wahlrecht674 zur Abgrenzung des Disagios kann im Konzernabschluß nicht zum Tragen kommen, da der Aspekt des Gläubigerschutzes durch weitgehenden Vermögensschutz fehlt. Die Regelung des § 250 III HGB, welche die Periodisierung fakultativ erlaubt, findet mithin im Konzernabschluß keine Anwendung. Sie wird durch die Eigenart des Konzernabschlusses (§ 298 I HGB) filr den Konzernabschluß auf die Grundregel 675 des § 250 I 1 HGB zUrilckgefilhrt, wonach ein in der Differenz zwischen Ausgabe- und Rückzahlungsbetrag enthaltener vorweggenommener Zins als partieller Aufwand filr die Laufzeit nach dem Abschlußstichtag zwingend abzugrenzen, also zu aktivieren, und planmäßig zu tilgen ist. Ein Aktivierungswahlrecht besteht filr den Konzernabschluß nicht676 •
673 Grundsätzliche Aktivierungspflicht: Döllerer, BB 1965, 1409 (I.Sp.); Jacobs, WPg 1972, 176 (I.Sp.). Für wesentliche Fälle Hüttemann in HdJ, Abt.III/8 Rdz.269; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.154. Auch KropfJin GeBler/ Hefermehl/EckardtiKropff, §156 Rdz.22 [zum AktG 1965 a.F.]; Ulmer/lhrig, ZIP 1985,1174 (I.Sp.) [zum AktG 1965 a.F.]; Veit, BB 1989, 524fT. Zwingend filrden Zinsanteil mit Rücksicht auf §250 I 1 HGB Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht (9.), S.139 (§4 VI. 2.); Scholz-Crezelius, GmbHG, Anh.§42a Rdz.175. A.A. AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §250 Rdz.85, §264 Rdz.107. 674 A.A. Moxter, Bilanzlehre II, § 11/4 (S.44), Sofortabzug zulässig, um Folgebewertung des Disagios zu vermeiden (Vereinfachung). 675 AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §250 Rdz.86; Baetge, Bilanzen, Abschn.513.212 (S.335); Scholz-Crezelius, GmbHG, Anh. §42a Rdz.175; Kupsch in Hotbauer/Kupsch, BoHR, §250 Rdz.63; KollerlRoth/Morck, §250 Rdz.8; Schnicke/Bartels-Hetzler in Beck Bil-Komm., §250 Rdz.62; Thiel, Bilanzrecht, Rdz.226; 392. Zu § 156 III AktG 1965 a.F.: KropfJ in Geßler/HefermehI/EckardtiKropff, § 156 Rdz.21; Meyer-Scharenberg, DStR 1991,755 (I.Sp.). A.A. für Aufwandsteil des Unterschiedsbetrages KnobbeKeuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht (9.), S.139 (§4 VI. 2.). 676 Dasselbe Ergebnis gilt für ein Passivierungswahlrecht, wenn man davon ausgeht, daß der Empfänger eines Unterschiedsbetrages bei Aktivierung des Rückzahlungsbetrages einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten bilden darf; siehe nur Schnicke/ Bartels-Hetzler in Beck Bil-Komm., §250 Rdz.79.
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4. Die Abgrenzbarkeit der Unkosten des Darlehens
Fraglich bleibt, ob bei der zwingenden Abgrenzung des Auszahlungsabschlags im Konzernabschluß auch die Abgrenzung aller Unkosten, namentlich die Provision der emittierenden Bank, die Wertpapiersteuer, die Kosten rur die Bestellung von dinglichen Sicherheiten erfolgen muß. In der auf den Vermögensschutz ausgerichteten Spezialregelung des § 25 III HypBG a.F. waren diese Unkosten zwingend als Aufwand des Emissionsjahres anzusehen. Diese Auffassung wurde bis zur Notverordnung von 1931 677 (§ 261 Nr.5 HGB) auch zur kaufmännischen Rechnungslegung vertreten678 • Zum Auszahlungsabschlag durften diese Emissionskosten nicht hinzugerechnet werden679 . Der gegenüber dem Nennwert "geringere Betrag" war allein der Emissionskurs. Demgegenüber wurde zum AktG 1937, das die periodengerechte Ausgabenzuordnung betonte, allgemein 680 vertreten, daß auch sämtliche Unkosten gelegentlich der Begebung, unabhängig von ihrer Herkunft, den "Ausgabebetrag" im Sinne des § 133 Nr.6 S.2 AktG 1937 mindern und damit gleich dem Auszahlungsabschlag aktiviert und verteilt werden dürfen. Der sich ergebende Gesamtposten, also Auszahlungsabschlag und Unkosten, wurde zusammen mit den Zinszahlungen als Vergütung rur die Überlassung des Kapitals angesehen681 . Als Aktivposten angesetzt werden durften danach das Disagio, also vorweggenommenes Entgelt rur Kapitalüberlassung auf Zeit, und die Unkosten. Eine solche Auslegung fand damals angesichts des Fehlens einer Legaldefinition des "Ausgabepreis[es],,682 ihre Grundlage in der weiten Bestimmung der Verlagerung von Aufwand und Ertrag in ein anderes Geschäftsjahr durch Rechnungsabgrenzungsposten durch die Rechtsanwender683 . Nach der Aktienrechtsreform von 1965 war umstritten, ob der neue § 156 III AktG a.F., der wie § 133 Nr.6 AktG 1937 von "Ausgabebetrag" sprach, die
Siehe Fn.225. Siehe dazu Simon, Die Bilanzen der Aktiengesellschaften, S.426f. (§ 113). Auch Rehm, Die Bilanzen der Aktiengesellschaft, S.492 (§ 118). 679 Passow, Die Bilanzen der privaten und öffentlichen Unternehmen, S.257 (Kap. VII) [zu § 133 Nr.6 AktG 1937]; Simon, Die Bilanzen der Aktiengesellschaften, S.430 (§ 115); Rehm, Die Bilanzen der Aktiengesellschaft, S.103 (§35). 680 AdlerlDüringlSchmaltz (1.), §133 Rdz.90; AdlerlDüringlSchmaltz (2.), §133 Rdz.6; Heiniehen in Großkomm. AktG (1.), § 133 Anm.13; Schlegelbergerl Quassowski/ HerbiglGeßlerl Hefermehl, AktG, § 133 Rdz.47. 681 Schlegelberger/Quassowskil HerbiglGeßlerl Hefermehl, AktG, § 133 Rdz.47. 682 Ähnlich sprach § 133 Nr.6 AktG 1937 von "Ausgabebetrag". 683 SchlegelbergerlQuassowski/ HerbiglGeßlerl Hefermehl, AktG, § 131 Rdz.31. 677
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Einbeziehung der Emissionskosten in den aktivierungstahigen Unterschiedsbetrag zuließ684 • Dieser Meinungsstreit wurde durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz von 1985 nicht beendet685 • Allerdings findet nun in Ansätzen BerUcksichtigung, daß es auf die Vereinbarung der Vertragspartner ankommen muß686 • Ausgangspunkt ist, daß die Regelung über einen Unterschiedsbetrag zwischen Ausgabe- und Nennbetrag einer Verbindlichkeit durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz ausdrUcklieh bei den Rechnungsabgrenzungsposten im Sinne des § 250 HGB loziert wird und damit durch das Wahlrecht als Ausnahme von der Abgrenzungspflicht zukunftsbezogener Ausgaben geregelt wird687 • Damit können zum Unterschiedsbetrag zwischen Ausgabe- und Nennbetrag einer Verbindlichkeit nur solche Ausgaben gerechnet werden, die sich einem ganz bestimmten Zeitraum nach dem Abschlußstichtag zuordnen lassen. Ob Ausgaben anläßlich der Begründung der Verbindlichkeit kündigungsabhängig, zukunftsbezogen und also zinsähnlich oder als Bearbeitungsaufwand laufzeitunabhängig sind, muß durch Auslegung der vertraglichen Vereinbarung688 bestimmt werden689 • Es kommt also darauf an, ob oder inwiefern der Unterschiedsbetrag den laufzeitunabhängigen Darlehensnebenkosten und den laufzeitabhängigen Zinsen690 zuzuordnen ist691 • Nur insoweit die entstandenen
684 Gegen die Zulässigkeit Adlerl Düringl Schmaltz (4.), § 156 Rdz.29; Mellerowicz in Großkomm. AktG (3.), § 156 Anm. 10. Für die Zulässigkeit Baumbachl Hueck, AktG, § 156 Rdz.38; Godin-Wilhelmi, AktG, § 156 Anm.3; Kropf! in Geßler/Hefermehl/ EckardtiKropff, § 156 Rdz.20 m.w.N. Abgrenzungspflicht nach § 152 IX Nr.1 AktG 1965 a.F.: BFH, Urt. 19.1.1978, IV R 153/72, BStBI. II 1978,262-265 (263f.). 685 Gegen die Zulässigkeit AdlerlDüringlSchmaltz (6.), §250 Rdz.89; Baetge, Abschn.611.33 (S.465f.); BienerlBerneke, BiRiLiG, S.85 Fn.4; Federmann in Herrmannl Heuer/Raupach, EStG/KStG, §5 Rdz.1945; Heymann-Jung, HGB, §250 Rdz.25; Trützschler in Küting/Weber, HdR, Ia, §250 Rdz.76. Wohl auch Schnickei BartelsHetzler in Beck BiI-Komm., §250 Rdz.66. Mit kleinen Einschränkungen ebenso gegen die Zulässigkeit Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht (9.), S.139 (§4 VI. 2.). Für die Zulässigkeit Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §250 HGB Rdz.25; Kupsch in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §250 Rdz.66f.; Meyer-Scharenberg, DStR 1991,757; Thiel, Bilanzrecht, Rdz.294. 686 Heymann-Jung, HGB, §250 Rdz.25; 687 Siehe bereits zuvor S.136 (§ 10 B. IV. 4.). 688BGH, Urt. v. 29.5.1990, XI ZR 231189, BGHZ 111,287-294 (290): Indem das Disagio in der Bankenpraxis heute regelmäßig in unmittelbarem Zusammenhang mit der Zinsbemessung stünde und nicht mehr Kosten der Kapitalbeschaffung abdecke, solle es im Zweifel als laufzeitabhängiger Ausgleich für einen niederigeren Nominalzins anzusehen sein. Siehe auch Schnickei Bartels-Hetzler in Beck BiI-Komm., §250 Rdz.60. 689 AdlerlDüringlSchmaltz (6.), §250 Rdz.89; Federmann in Herrmann/Heuerl Raupach, EStG/KStG, §5 Rdz.1947. Siehe auch Schnickei Bartels-Hetzler in Beck BilKomm., §250 Rdz.60. 690 BGH, Urt. v. 29.5.1990, a.a.O., 288f.
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Kosten laufzeitabhängig und damit zinsähnlich sind, dürfen sie bei der Berechnung des Unterschiedsbetrages berücksichtigt und aktiv abgegrenzt werden692 • Diese Unterscheidung gilt unter Berücksichtigung der Aktivierungspflicht entsprechend rur den Konzernabschluß. Dabei darf auch im Konzernabschluß der Entgeltcharakter nicht einfach fingiert, sondern muß durch Auslegung ermittelt werden. Liegt er vor, muß er - anders als im Einzelabschluß - zwingend vorweggenommen werden. V. Wahlrecht der Periodisierung von latenten Steuern
1. Der Zweck des Wahlrechts
§ 274 II 1/2 HGB erlaubt dem Bilanzierenden beim Einzelabschluß die Aktivierung eines temporären positiven Unterschiedsbetrags zwischen der tatsächlichen Steuerschuld und der fiktiven Steuerlast, die auf der Grundlage des handeisrechtlichen Jahresüberschusses ermittelt wurde. Der Grund fUr diese Regelung liegt darin, daß bei Kapitalgesellschaften der im handelsrechtlichen Jahresabschluß ausgewiesene Ertragsteueraufwand regelmäßig nicht auf dem Ergebnis der Handelsbilanz, sondern auf dem der steuerrechtlichen Ergebnisrechnung beruht. Solche Unterschiedsbeträge entstehen also immer dann, wenn - trotz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz (§ 5 I 1 EStG) und der umgekehrten Maßgeblichkeit (§ 5 I 2 EStG) - Aufwendungen oder Erträge handelsrechtlich und steuerrechtlich zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfaßt werden, wenn beispielsweise das Disagio oder der Geschäfts- oder Firmenwert handelsrechtlich sofort als Aufwand verrechnet wird oder die Herstellungskosten handelsrechtlich niedriger angesetzt werden. Der sich ergebende Unterschiedsbetrag ist also der Teil des tatsächlichen Steueraufwands, der aber bei Zugrundelegung des handelsrechtlichen Ergebnisses zu hoch angesetzt sein würde. Wird dieser "überhöhte" Steueraufwand aktiviert, so ist der Aktivposten gemäß § 274 11 3 HGB in den folgenden Geschäftsjahren mit der Steuentlastung zu verrechnen. Der Posten dient daher der Peri-
691 BOH, Urt. v. 29.5.1990, a.a.O. Ebenso Kupsch in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §250 Rdz.63. Nach AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §250 Rdz.89, dem folgend HeymannJung, HOB, §250 Rdz.25, können die Einmalkosten nicht in die Rechnungsabgrenzung einbezogen werden; sie sind bei der Bemessung des Unterschiedsbetrages also nicht zu berücksichtigen. Demgegenüber ordnet die h.L. das Disagio ähnlich der steuerrechtIichen Rechtsprechung pauschal als vorweg entrichteten Zins ein: Baumbach/ Hopt, HOB, §250 Rdz.8; Schnicke/Bartels-Hetzler in Beck BiI-Komm., §250 Rdz.62; Trützschler in Küting/Weber, HdR, Ia, §250 RdZ.75f. 692 Vgl. AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §250 Rdz.89.
138
§ \0 Die Zwecke der einzelnen Wahlrechte des Einzelabschlusses
odisierung solcher Steuerausgaben, die auf der Grundlage des handelsrechtlichen Ergebnisses zuviel ausgegeben wurden 693 • Auslöser fiir die Möglichkeit zum Ansatz aktiver Steuerlatenzen war nach der Begründung des Rechtsausschusses694 das Bedürfuis, den Unternehmen die Bildung von Aufwandsrückstellungen nach § 24911 HGB auch faktisch zu ermöglichen. Denn diese Aufwandsrückstellungen werden, da sie auf einem Wahlrecht beruhen, steuerrechtlich nicht anerkannt, so daß ein um den Betrag dieser Rückstellung erhöhter Gewinn zu versteuern ist. Durch die Möglichkeit des § 27411 HGB, die auf das handelsrechtliehe Ergebnis bezogene höhere Steuerbelastung zu aktivieren, kann die Kapitalgesellschaft die Mehrsteuern handelsrechtlich ergebnisneutral behandeln. Dadurch wollte der Gesetzgeber die Motivation der Kapitalgesellschaften fördern, den Vorsorgebedarf95 filr sichere oder wahrscheinliche Aufwendungen durch (offene) Aufwandsrückstellungen filr die lahresabschlußadressaten sichtbar zu machen, indem die steuerpflichtige Rückstellung handelsbilanzieIl gewissermaßen steuerfrei gestellt werden kann696 • Mit der Formulierung "so darf ... ein Abgrenzungsposten ... gebildet werden" stellt das Gesetz die aktive Steuerabgrenzung wahlfrei, obgleich die passive Steuerabgrenzung nach § 274 I HGB verbindlich ist. Es fragt sich, welcher Grund fiir diese unterschiedliche Regelung, fiir den fakultativen Ansatz der aktiven Steuerlatenzen maßgebend ist. Die Tatbestände, die der passiven wie aktiven Steuerabgrenzung zugrunde liegen, sind - wenn auch mit umgekehrten Vorzeichen - vergleichbar. Während aber § 274 I HGB die Bildung einer Rückstellung nach § 249 I 1 HGB gebietet, ermöglicht § 27411 HGB filr die aktiven Steuerlatenzen die Bildung eines Abgrenzungspostens als Bilanzierungshilfe. Der Sache nach ähnelt die Bilanzierungshilfe nach § 27411 HGB dem transitorischen Rechnungsabgrenzungsposten nach § 250 HGB. Wie bei diesem gesetzlich geregelten transitorischen Rechnungsabgrenzungsposten, der das Verschieben von Ausgaben in spätere Geschäftsjahre697 ermöglicht, wird durch § 274 II HGB der periodengerechte Erfolgsausweis dadurch herbeigefiihrt, daß gewissermaßen zu viel geschuldete Steuern in der Handelsbilanz in künftige Geschäftsjahre verschoben werden 693 AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §274 Rdz.2; Baumann in Küting/Weber, HdR, Ia, §274 Rdz.4; Kupsch/Eder, WPg 1988, 522 (r.Sp.); Niehus/Scholz in Meyer-Landrutl Miller/Niehus, GmbHG, §§238-335 HGB Rdz.352; Schnicke/Fischer in Beck BilKomm., §274 RdZ.l. 694 AbS.2 S.4-6 des Berichts des Rechtsausschusses zu §274 HGB-EU. 695 Dazu unten S. 156-153 (§ 10 C. 11. 1. a)). 696 Bericht des Rechtsausschusses zu §274 HGB, a.a.O. 697 In denen insbesondere mehr steuermindemde Abschreibungsmasse oder sonstige Aufwendungen das steuerliche Ergebnis belasten.
B. Wahlrechte im Spannungsfeld
139
können, soweit in folgenden Geschäftsjahren eine Steuerentlastung eintritt. Damit verknüpft § 274 II HGB also eine auf das handelsrechtliche Ergebnis bezogene zu hohe Steuerlast698 mit dem Geschäftsjahr der entsprechenden Steuerentlastung699 • Die zeitliche Zuordnung in der Handelsbilanz ist also gewährleistet. Die Vorschrift geht mithin in ihrer Aufgabe nicht über die Rechnungsabgrenzung nach § 250 HGB hinaus. Insofern bedarf es fiir die Bildung der aktiven Steuerlatenzen auch nicht der zwingenden Auflösungsregel der Bilanzierungshilfe fUr Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen (§ 282). Ein handelsbilanzielles Verlagern der Steuerlast in künftige Geschäftsjahre kommt nur insoweit in Betracht, als die künftige Steuerlast wegen der Ergebnisdifferenz tatsächlich zu erwarten ist. Findet eine Umkehrung des Unterschiedsbetrages zwischen handelsrechtlichem Ergebnis und steuerrechtlichem Gewinn überhaupt nicht statt (permanente Differenz), weil beispielsweise das handelsrechtliche Ergebnis Aufwendungen berücksichtigt, die steuerrechtlich nicht abziehbar sind (z.B. die Hälfte der Aufsichtsratsvergütungen, § 10 Nr. 4 KStG), so muß die Abgrenzung unterbleiben. Zwar ist hier der Steueraufwand bezogen auf das handelsrechtliche Ergebnis zu hoch. Der höhere Steueraufwand hat aber seinen Grund ausschließlich in steuerrechtlichen Regeln, die sich auf das abgeschlossene Geschäftsjahr beziehen. Steuerrechtlich hat dieser Aufwand auch nicht in folgenden Geschäftsjahren eine steuermindernde Wirkung. Mit Rücksicht auf das Prinzip der UnternehmensfortfUhrung700 (§ 252 I Nr.2 HGB) ist es wohl gerechtfertigt, die handelsbilanzielle Verlagerung der Steuerlast in künftige Geschäftsjahre auch dann zu versagen, wenn sich die Ergebnisdifferenzen zwischen handelsrechtlichem Ergebnis und steuerrechtlichem Gewinn nicht in absehbarer Zeieo l ausgleichen (quasi-permanente Differenz). Solche Fälle wie zum Beispiel infolge steuerrechtlich nicht anerkannter Abschreibungen auf Beteiligungen stehen einer permanenten Abweichung faktisch gleich. Auch bei ihnen ist daher ein Steuerabgrenzung hinsichtlich des Unterschiedsbetrages zwischen handelsrechtlichem Ergebnis und steuerrechtlichem Gewinn nicht vorzunehmen. 698 Infolge steuerrechtlicher Sonderregelungen: bei geringerer Erstbewertung von Vermögensgegenständen, bei handelsrechtlich höheren Abschreibungen auf Verrnögensgegenstände gegenüber der steuerrechtlich zulässigen AfA, bei Nichtaktivierung des Geschäfts- oder Firrnenwertes oder verkürzter Abschreibung, bei Nichtaktivierung des Disagios als Zins oder verkürzter Abschreibung, bei Ansatz von Wahlrückstellungen, bei zu geringer Abzinsung von Pensionsrückstellungen. Siehe auch Baumann in Küting/ Weber, HdR, Ia, §274 Rdz.15. 699 Baumann in Küting/Weber, HdR, Ia, §274 RdzA; Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §274 Rdz.20; Schnicke/Fischer in Beck BiI-Komm., §274 RdzAO. 700 Auch going-concern-concept. 701 Baumann in Küting/Weber, HdR, la, §274 Rdz.ll f.; Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §274 HGB Rdz.12f.
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§ 10 Die Zwecke der einzelnen Wahlrechte des Einzelabschlusses
Das gleiche (nur mit umgekehrten Vorzeichen) macht die passive Steuerabgrenzung nach § 274 I HGB 702 • Statt Verlagerung einer gegenwärtigen Steuerlast werden hier die Minderausgaben, die sich aus der im Verhältnis zur fiktiven Steuerschuld nach handelsrechtlichem Ergebnis geringeren tatsächlichen Steuerschuld ergeben, durch Ansatz eines Passivpostens, nämlich einer Rückstellung im Sinne des § 249 I I HGB, in künftige Geschäftsjahre verlagert703 . Damit ist auch der Posten nach § 274 I HGB transitiver Posten, der aber nur im Ergebnis mit dem Rechnungsabgrenzungsposten nach § 250 HGB vergleichbar ist, da nicht Ausgaben oder Ertrag, sondern Minderausgaben in künftige Geschäftsjahre verlagert werden, weil sie diesem zuzuordnen sind. Einen Anhaltspunkt dafiir, warum das Gesetz fiir die passiven, nicht aber rur die aktiven Steuerlatenzen ein Wahlrecht einräumt, liefert die Formulierung des Gesetzes, die fiir die passive Steuerabgrenzung verlangt, daß "in Höhe der voraussichtlichen Steuerbelastung nachfolgender Geschäftsjahre eine Rückstellung nach § 249 Abs. 1 S. 1 HGB zu bilden,,704 ist. Dieser Verweis würde eine bloße Klarstellung bedeuten, wenn auf die Voraussetzungen der Rückstellungen nach § 249 I 1 HGB verwiesen würde. Dafiir könnte die Begründung des RegE Gesetz 4. EG - Richtlinie 705 sprechen, die eben diesen Verweis nur als Klarstellung betrachteeo6 • Doch läßt diese Auffassung unberücksichtigt, daß der Rechtsausschuß des Bundestages die Steuerlatenzen völlig neu geregelt, die Steuerabgrenzung "wesentlich geändert,,707 hat. Die aktive Steuerabgrenzung sah der RegE Gesetz 4. EG - Richtlinie überhaupt nicht vor. Demgegenüber sieht die Begründung des Rechtsausschusses 708 die Einfiihrung der "im anglo-amerikanischen Bereich übliche[n] aktive[n] Steuerabgrenzung" ausdrücklich vor. Der § 251 HGB-E, der in der Überschrift bereits von Steuerabgrenzung sprach, hatte noch versucht entgegen der Vorschrift des Art.43 Nr. 11 der Vierten Richtlinie der EG an dem alleinigen Ausweis von Rückstellungen fiir latenten Steuern festzuhalten 709 . In § 251 S.2 HGB-E wurde eine aktive Steuerab-
702
351.
Niehus/Scholz in Meyer-Landrut/Miller/Niehus, GmbHG, §§238-335 HGB Rdz.
703 Ebenso Thiel, Bilanzrecht, Rdz.243. Im übrigen wird die BiIanzierungshiIfe mehr als antizipativer Posten für die spätere Steuerentiastung betrachtet Adler/ Düring/ Schmaltz (6.), §274 Rdz.2. Allerdings wird hinsichtlich der Vermögenslage auf die zukünftig voraussichtliche Steuerentiastung abgestellt. 704 Im Vergleich spricht §274 11 1 HGB davon, daß "in Höhe der voraussichtlichen Steuerentiastung nachfolgender Geschäftsjahre ein Abgrenzungsposten als Bilanzierungshilfe" gebildet werden darf. 705 AbS.2 S.2-4 der Begründung des RegE Gesetz 4. EG-Richtlinie zu §251 HGB-E. 706 So Biener/ Berneke, BiRiLiG, S.204. 707 AbS.1 S.I des Berichts des Rechtsausschusses zu §274 HGB. 708 AbS.2 S. I des Berichts des Rechtsausschusses zu §274 HGB. 709 AbS.2 S.2 der Begründung des RegE Gesetz 4.EG-Richtlinie zu §251 HGB-E.
B. Wahlrechte im Spannungsfeld
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grenzung ausdrücklich untersagt. Erst der Bundestagsrechtsausschuß fiihrte dann die aktive Steuerabgrenzung ein. Neben der Aufhebung des Verbots der Aktivierung eines zu hohen Steueraufwands wurde ebenso auf das im RegE Gesetz 4. EG - Richtlinie vorgesehene Saldierungsverboe lO verzichtet. Damit wurde an einer Gesamtbetrachtung festgehalten 7Jl • Der Verweis auf die Rückstellung nach § 250 I 1 HGB darf daher nicht mehr auf der Grundlage der Begründung des RegE Gesetz 4. EG - Richtlinie als bloß rechtsgrundverweisende Regelung ausgelegt werden, die die Pflicht zur Passivierung ungewisser Verbindlichkeiten klarstellt7l2 • Es muß vielmehr unterschieden werden zwischen solchen Ergebnisdifferenzen, die ohne Verbindlichkeitscharakter in folgenden Geschäftsjahren zu relativ höheren Steuerausgaben fUhren, und solchen, bei denen der Tatbestand einer Rückstellung fiir ungewisse Verbindlichkeiten erfiillt ist713 • Nach § 274 I HGB ist daher nur solcher künftiger Steueraufwand zu berücksichtigen, der nicht bereits eine rückstellungsfahige Verbindlichkeit ausmache 14 (abgrenzungsorientierte Interpretation). Damit ist die Bilanzierungshilfe fiir latente Steuern wie die "Rückstellung", die fiir passive Steuerlatenzen nach § 274 I HGB zu bilden ist, anders als die Bilanzierungshilfe "Aufwendungen tUr die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs" ein Sonderfall der Rechnungsabgrenzung im Sinne des § 250 HGB. Zwar ist die Ermittlung des zukilnftigen Steueraufwands angesichts der Unsicherheiten hinsichtlich der Änderung der Körperschaftsteuersätze und der Hebesätze fiir die Gewerbesteuer sowie im Hinblick auf den gespaltenen Körperschaftsteuersatz nicht unproblematisch 715 • Doch abgesehen von diesen Unsicherheiten hinsichtlich der Höhe der späteren Steuerentlastung ist der Zeitraum der Umkehrung der Ergebnisdifferenz und damit die Zuordnung der Steuerlast zu künftigen Geschäftsjahr durch die steuerrechtlichen Regelungen eindeutig bestimmt. §251 S.3 HGB-E. AbS.2 S.2 des Berichts des Rechtsausschusses zu §274 HGB. 712 So aber Döllerer, BB 1987, Beilage Nr.12, S.5 (I.Sp.); Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht (9.), S.131 f. (§4 V. 5. und 6.) m.w.N, die Abs.1 und 2 des §274 HGB völlig abweichend interpretieren und folgerichtig eine Saldierung verneinen. Doch selbst die als Musterbeispiel genannte steuerrechtliche Preissteigerungsrücklage nach §74 EStDV, für die die umgekehrte Maßgeblichkeit nicht gilt (§273 HGB), bewirkt bei Auflösung (§74 V 1 EStDV) nur unter der Voraussetzung der Gewinnerwartung eine höhere Steuerschuld. 713 Karrenbrock, Latente Steuern, S.226-235; Kupsch/Eder, WPg 1988, 522-524; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.206. 714 Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §274 HGB Rdz.5; Karrenbrock, Latente Steuern, S.237; Kupsch in Hofbauer/Kupsch, BoHR, Einf. B Rdz.187; ders./Eder, WPg 1988, 522 (r.Sp.) m.w.N.; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.206. 715 Siehe dazu SchnickelFischer in Beck Bil-Komm., §274 Rdz.51 f. 710 711
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§ 10 Die Zwecke der einzelnen Wahlrechte des Einzelabschlusses
Die Einräumung eines Wahlrechts 716 nur rur die aktiven Steuerlatenzen findet mithin nicht darin eine Rechtfertigung, daß sich die Tatbestände der Steuerabgrenzung inhaltlich unterscheiden 717 • Das Wahlrecht findet seinen Grund vielmehr darin, daß der Bundestagsrechtsausschuß nicht die volle Konsequenz fUr eine Steuerabgrenzung zog. Eine Gesamtbetrachtung sollte nur möglich sein718 • Der Ausweis einer fiktiven Steuerlast nach dem handelsrechtlichen Ergebnis soll das den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Bild der Vermögens-, Finanz- und besonders der Ertragslage befi>rdem. Die Ertragslage wird deshalb klarer, weil nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Verursachung (§ 252 I Nr. 2 HGB) der Steueraufwand nach dem handelsrechtlichen Ergebnis periodisiert wird 719 • Die mit dem lahresabschluß abgebildete Vermögenslage entspricht auch mehr den tatsächlichen Verhältnissen, indem die handelsbilanzieIl zu hoch ausgefallene Steuerschuld durch einen Aktivposten entsprechend neutralisiert wird 720 • Mit dem Berücksichtigungswahlrecht wollte der Gesetzgeber die Möglichkeit einräumen, im Gläubigerinteresse vorsichtig zu bilanzieren, d.h. den zu hohen Steueraufwand vorwegzunehmen 721 • Das Wahlrecht rur die aktiven Steuerlatenzen läßt nun eine im vermeintlichen Gläubigerinteresse liegende möglichst zurückhaltende Darstellung der Vermögenslage noch zu. Durch den Nichtausweis zukünftig wahrscheinlicher Steuerentlastungen kann die Kapitalgesellschaft die Vermögenslage schlechter, als es die wahrscheinliche Entwicklung vermuten läßt, und also ,vorsichtiger' ausweisen. Dieses Wahlrecht findet also seinen Grund in der Darbietung einer vorsichtigen Information rur die lahresabschlußadressaten im Sinne des weit verstandenen Vorsichtsprinzips 722. Das Wahlrecht dient demgegenüber nicht dem Interesse der Sicherung des Garantiekapitals der Gesellschaft gegen unberechtigte Ausschüttungen nach dem Ermessen des Bilanzierenden. Diesem Schutzbedürfuis der Gläubiger wird durch die Ausschüttungssperre nach § 274 II 3 HGB Rechnung getragen.
716 Zur Vereinbarkeit des Wahlrechts im Einzelabschluß mit der Vierten Richtlinie der EG, Vogel, Die Rechnungslegungsvorschriften des HGB, S.74-87 (insbesondere S.78,87). 717 Schnicke/Fischer in Beck BiI-Komm., §274 Rdz.4; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.158. 718 AbS.2 S.2 des Berichts des Rechtsausschusses zu §274 HGB. 719 AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §274 Rdz.lI; Baumann in Küting/Weber, HdR, Ia, §274 Rdz.4; Claussen in Kölner Kommentar z. AktO (2.), §274 HOB Rdz.5; CoenenberglHille in HdJ, Abt.I/13 Rdz.27; Schnicke/Fischer in Beck Bil-Komm., §274 Rdz.l. 720 Vgl. nur AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §274 Rdz.2. 721 Claussen in Kölner Kommentar z. AktO (2.), §274 Rdz.8 722 Vgl. Heymann-Jung, HOB, §274 Rdz.23. Zu dieser Auslegung des Vorsichtsprinzips, siehe auch oben S.56 -58 (§4 D.) mit Fn.324 und S.115 -118 (§ 10 B. I. 2.).
C. Wahlrechte steuerrechtlichen Ursprungs
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2. Das Wahlrecht des § 274 II HGB im Konzernabschluß
Im Konzernabschluß greifen indes die Zwecke eines zurückhaltenden Gewinnausweises im vermeintlichen Gläubigerinteresse nicht durch. Hier kann es nicht mehr darum gehen, durch den isolierten Ausweis passiver Steuerlatenzen das Ergebnis geringer auszuweisen, um stille Rücklagen als Sicherheitsreserven für die Gläubiger zu bilden. Eine entsprechende Anwendung des § 27411 HGB verlangt im Konzernabschluß die Annahme einer Pflicht zur aktiven Steuerabgrenzung. Nach der Grundregelung der Rechnungsabgrenzung des § 250 HGB 723 , die auch der Bilanzierungshilfe für aktive Steuerlatenzen zugrunde liegt, muß die Periodisierung, hier also die Verschiebung in nachfolgende Geschäftsjahre zwingend erfolgen, wenn die Zuordenbarkeit724 gegeben ist. Im Konzernabschluß ist daher ein einheitlicher Differenzbetrag zwischen der tatsächlichen Steuerschuld und der fiktiven Steuerlast zwingend auszuweisen, sofern nicht die Ergebnisdifferenzen auf permanente oder quasi-permanente Abweichungen zurückzufilhren sind.
C. Wahlrechte steuerrechtlichen Ursprungs Einige Wahlrechte aus den Vorschriften des Einzelabschlusses sind rein steuerrechtlichen Ursprungs. Diese Wahlrechte können im Konzernabschluß nicht uneingeschränkt zur Anwendung kommen, da der Konzernabschluß keine steuerliche Zweckausrichtung hat72s • Dieser Umstand des Fehlens eines steuerlichen Zwecks des Konzernabschlusses allein schließt aber nicht schon eine Berücksichtigung steuerrechtlicher Wertungen bei der Auslegung der Vorschriften über die Aufstellung des Konzernabschlusses aus. Denn auch der Einzeiabschluß, auf dessen Vorschriften der Konzernabschluß nach § 298 I HGB aufbaut, hat nicht unmittelbar den Zweck, die Höhe der ergebnisabhängigen Steuern zu bestimmen726 • Der nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchfilhrung ermittelte Gewinn ist zwar Grundlage der Ertragsbesteuerung (§ 5 I 1 EStG, § 8 I KStG, §§ 6 S. 1, 7 GewStG). Doch wird der Jahresabschluß nach den handelsrechtlichen Vorschriften nicht ausdrücklich ftir die Steuerbemessung erstellt. Das Steuerrecht knüpft filr diese Bemessung lediglich an den handelsrechtlichen Jahresabschluß an (Maßgeblichkeit des Jahresabschlusses). Dieses bloße An-
Siehe dazu oben S.II5 -117 (§ 10 B. 1. 2.). Zu dieser Voraussetzung der Rechnungsabgrenzungsposten Schulze-Osterloh, Festschrift Forster, S.666f. 725 Siehe oben S. 183 (§ 2 B. 1.). 726 Siehe auch oben S.33 (§3 A. 1.). 72]
724
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§ 10 Die Zwecke der einzelnen Wahlrechte des Einzelabschlusses
knüpfen zeigt sich mit den Sonderregeln des Einkommensteuergesetzes wie der Regelung über die nicht abziehbaren Betriebsausgaben (§ 4 V EStG), die eigene modifizierende (§ 5 IV EStG) Gewinnermittlungsvorschriften vorsehen 727, die gemeinsam mit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchruhrung im Ergebnis das Regelungswerk einer eigenen Steuerbilanz darstellen. Auch die handelsrechtlichen Öffuungsklauseln728 , also die Regelungen der Anwendbarkeit steuerrechtlicher Abschreibungsvorschriften bei Erstellung des handelsrechtlichen Jahresabschlusses durch das Handelsgesetzbuch (§§ 254, 279 11; 281 I 1, 280 11 HGB) sowie fiir die Wertaufholung (§ 280 11 HGB) und rur den Ansatz steuerrechtlicher Passivposten (§§ 247 III, 273 HGB), bedeuten nicht die Integration steuerrechtlicher Zwecke in den handelsrechtlichen Jahresabschluß. Diese Regelungen sind nicht mit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchruhrung vereinbar. Ziel dieser steuerrechtlichen Rückwirkung ist es, insbesondere bei kleineren Unternehmen, ein Auseinanderfallen von handelsrechtlichem und steuerrechtlichem Gewinn möglichst zu verhindern, um eine einheitliche Handels- und Steuerbilanz zu ermöglichen729 • Darüber hinaus mag eine niedrige Bewertung geboten sein, weil die steuerrechtliche Sonderabschreibung gerade deshalb gewährt wurde, um Investitionen bei schlechter wirtschaftlicher Lage zur Rendite zu verhelfen 730 • Besonders deutlich formuliert der Regierungsentwurf in § 265 I HGB-E den Ausschluß von steuerlichen Zwecksetzungen beim Einzelabschluß, wenn er davon spricht, daß rur die steuerrechtliche Anerkennung eines steuerrechtlichen Wertansatzes "von den handelsrechtlichen Bewertungs- und Passivierungsvorschriften bei der Aufstellung des handelsrechtlichen Jahresabschlusses abgewichen werden" dare 3 !. Die steuerrechtlich motivierten Vorschriften verändern also selbst die Handelsbilanz inhaltlich nicht, sondern der Bilanzierende darfrur steuerliche Zwecke von den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchruhrung abweichen 732 .
Siehe nur Mathiak in Kirchhof/Söhn, EStG, §5 Rdz.AI5. Schmidt-Weber-Grellet, EStG, §5 RdZ.56. 729 AbS.1 S.2 der Begründung des RegE Gesetz 4.EG-Richtlinie zu §265 HGB-E ["Diese Möglichkeit erlaubt es den Mitgliedstaaten, die Einheit zwischen Handels- und Steuerbilanz soweit wie möglich zu wahren."]. 730 Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §254 Rdz.12. Beachte aber die insofern konterkarierende Auswirkung der Rechtsprechung des BFH, Urt. v. 24.4.1985, I R 65/80, DB 1985, 1818f., die im Falle einer Abschreibung nach §6 b EStG die spätere handelsrechtliche Zuschreibung zuläßt. 731 Umgekehrte Maßgeblichkeit. 732 Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §254 Rdz.8; Glade, Praxishandbuch Rechnungslegung, Teil I, Rdz.190. KropjJin Geßler/Hefermehl/EckardtiKropff, Vor§§ 148ff. Rdz.31 (um AktG a.F.). A.A. Adler/Düring/Schma/tz (6.), §254 Rdz.2. 727 728
C. Wahlrechte steuerrechtlichen Ursprungs
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Schließlich veranschaulicht das Steuerrecht die systematische Trennung von Jahresabschluß und steuerrechtlicher Gewinnermittlung auch formal. Der Steuerpflichtige ist zwar nicht verpflichtet, eine Steuerbilanz vorzulegen (§ 60 11 2 EStDV), sondern darf es nur. Er muß aber nach § 60 11 1 EStDV der Steuererklärung zwingend eine korrigierte Handelsbilanz beifügen. Diese Korrekturen einer Handelsbilanz wären aber nicht erforderlich, wenn die steuerrechtlichen Vorschriften die Handelsbilanz selbst verändern würden. Ob die Wahlrechte rein steuerrechtlichen Ursprungs im Konzernabschluß zur Anwendung kommen, kann daher nur für die einzelnen Wahlrechte konkret bestimmt werden. I. Steuerrechtlich motivierte Ansatz- und Bewertungswahlrechte (§§ 254, 27911; 281 11; 247 III, 273; 280 11 HGB)
1. Die Lage nach Aktiengesetz a.F.
Schon im Aktiengesetz a.F. war für den Einzelabschluß die Möglichkeit vorgesehen, rein steuerrechtliche Bewertungen, die mit den Zwecken der Handelsbilanz in keinem Zusammenhang stehen, in der Handelsbilanz vorzunehmen. Das Ziel dieser Vorschriften war es, dem Bilanzierenden die Aufstellung eines einheitlichen Abschlusses zu ermöglichen, der sowohl als Handelsbilanz als auch als Steuerbilanz rechtmäßig war733 • So durften nach § 154 11 Nr. 2 AktG a.F. bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögen, nach § 155 III Nr. 2 AktG a.F. bei Vermögensgegenständen des Umlaufvermögen steuerrechtliche Abschreibungen oder Wertberichtigungen vorgenommen werden. Die Zuschreibung war nach den §§ 1541II 2, 155 IV AktG a.F. wahlfrei. Nach § 152 V AktG a.F. durfte unversteuertes Eigenkapital als Sonderposten ausgewiesen werden. Schon damals galt der ungeschriebene Grundsatz, daß steuerrechtliche Bilanzierungen als Konsequenz der Maßgeblichkeit nur dann rechtmäßig waren, wenn in der Handelsbilanz korrespondierend bilanziert wurde 734 •
733 Abs.3 des Berichts des Rechtsausschusses(l2.Ausschuß) zu § 146a AktG-E 1965, Anhang zu BT-Drs.4/3296 v. 12.04.1965, 31. Siehe auch Mellerowicz in Großkomm. AktG (3.), § 154 Anm.33. 734 Kropf! in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, Vor§§148ff. Rdz.27-31; §154 Rdz.37, jeweils m.w.N. ["Grundsatz der Bindung der Steuerbilanz an die Handelsbilanz"]; Schmidt, EStG (1.), §5 Rdz.12c m.w.N., insbesondere zur entsprechenden Auffassung der Finanzverwaltung. A.A. Heuer in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, §5 Rdz.49j/4 m.w.N.; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht (1.), S.18f. (§2 III.)
11 Kramer
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§ 10 Die Zwecke der einzelnen Wahlrechte des Einzelabschlusses
2. Die Anderung der Rechtslage durch WoBauFG
Mit dem EStG in der Fassung des WoBauFG von 1989735 wurde filr Kapitalgesellschaften die umgekehrte Maßgeblichkeit kodifiziert. Die §§ 279 H, 254, 281 I 1; 280 II; 273, 247 III HGB in Verbindung mit § 5 12 EStG bestimmen nunmehr rur Kapitalgesellschaften, daß steuerrechtlich zulässige Abschreibungen 736, Wertberichtigungen sowie die steuerrechtlich zulässige Beibehaltung eines niedrigeren Wertansatzes und die Bildung von Sonderposten in der Handelsbilanz nur dann zulässig sind, wenn das Steuerrecht die Anerkennung der Ausübung eines steuerrechtlichen Ansatz- oder Bewertungswahlrechts generell von dem entsprechenden Ansatz oder der entsprechenden Bewertung in der Handelsbilanz abhängig mache 37 (generelle umgekehrte Maßgeblichkeie38)739. 3. Der Zweck steuerrechtlicher Bilanzierungen
Der Zweck der Zulassung dieser steuerrechtlichen Bilanzierungen nach den §§ 279 II, 254, 281 I 1; 280 H; 273, 247 III HGB liegt also allein in der Erhaltung steuerrechtlicher Vorteile oder in der Vermeidung steuerrechtlicher Nachteile 740 • Das machte schon der Ausschußbericht zu § 154 AktG a.F. 741 deutlich, wonach die Ausnutzung steuerrechtlicher Abschreibungen durch eine übereinstimmende handelsrechtliche Bilanzierung filr die Aktiengesellschaft faktisch gewährleistet werden sollte. Andernfalls könne die Inanspruchnahme steuer735 WoBauFG v. 22.12.1989, BGB\. I, 2408-2420 (2408). Beachte bereits die klarstellende Regelung des §6 III 3 EStG in der Fassung des Bilanzrichtlinien-Gesetzes zu BFH, Urt. v. 24.4.1985, I R 65/80, DB 1985, 1818f. (I818). 736 Zur differenzierten Betrachtung dieses Begriffs Haeger/Küting in Küting/Weber, HdR, Ia, §254 Rdz.3-5 ["steurrechtliche 'Mehrabschreibungen"']. 737 Die Festlegung der umgekehrten Maßgeblichkeit als Voraussetzung steuerrechtlicher Bilanzierung in der Handelsbilanz gründet sich auf die Artt.35 I, d und 39 I,e der Vierten Richtlinie der EG, die nur unter dieser Voraussetzung steuerrechtliche Bilanzierungen zulassen. Diese Einschränkungen steuerrechtlicher Bilanzierung wurde ausdrücklich mit dem Geänderten Vorschlag 1978 bestimmt (siehe Begründung zu Artt.33 I,d und 36 I,e des Geänderten Vorschlags einer Vierten Richtlinie der EG). Siehe auch S.2 des Berichts des Rechtsausschusses zu §273 HGB, Abs.2,3 des Berichts zu §279, sowie Abs.2 S.4 zu §280 sowie Abs.2 S.2 zu §281 HGB. 738 Schmidt-Weber-Grellet, EStG, §5 Rdz.56f. 739 Siehe nur AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §254 Rdz.6 m.w.N. Da mit §5 I 2 HGB das Erfordernis der umgekehrten Maßgeblichkeit generell geregelt wurde, besteht insofern für Kapitalgesellschaften kein Unterschied mehr. Sie können daher steuerliche Abschreibungen in der Handelsbilanz grundsätzlich nutzen. 740 Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §254 HGB Rdz.ll (beachte aber Rdz. 11). 741 Abs.3 des Ausschußbericht zur §146aAktG-E 1965, Anhang zu BT-Drs.4/3296 v. 12.04.1965,31.
C. Wahlrechte steuerrechtlichen Ursprungs
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rechtlicher Vorteile rur Kapitalgesellschaften gefiihrdet sein. Aus diesen Gründen wurde im Bilanzrichtlinien-Gesetz an der Möglichkeit festgehalten, nach rein steuerrechtlichen Regeln zu bilanzieren742 • 4. Anwendung steuerrechtlicher Bilanzierungen im Konzernabschluß
Die genannten Vorschriften, die die Anwendbarkeit der steuerrechtlichen Ansatz- und Bewertungswahlrechte im handelsrechtlichen Jahresabschluß ermöglichen, dürfen daher nach § 298 I HGB im Konzernabschluß keine Wirkung haben. Sie sind mit der dem Konzernabschluß eigenen Informationsaufgabe unvereinbar. Der Konzernabschluß ist nach § 297 III 1 HGB von den Einzelabschlüssen und ihren Aufgaben verselbstandige43 • Er steht als solcher - anders als die Einzelabschlüsse - mit der steuerrechtlichen Gewinnermirtlung in keinem Zusammenhang744 • Es besteht mithin kein Bedarf, rur steuerrechtliche Zwecke eine bestimmte Konzernbilanz zu verlangen. Die steuerrechtliche Gewinnermirtlung, die auf der Handelsbilanz beruht, wird rechtlich durch den Konzernabschluß nicht in Frage gestellt. Darüber hinaus gibt es rur den Konzernabschluß auch kein Bedürfnis nach Übereinstimmung mit einer fiktiven einheitlichen Steuerbilanz, da eine entsprechende Steuerbilanz rur den Konzern als Einheit nicht vorgesehen ist. Gegen die Zulässigkeit einer Bilanzierung nach diesen Wahlrechtsvorschriften 745 , nämlich nach den Vorschriften über steuerrechtliche Abschreibungen und Wertberichtigungen, über das Unterlassen von Zuschreibungen sowie über die steuerrechtlich gebildeten Sonderposten mit Rücklagenanteil, spricht letztlich auch die Regelung des § 308 III HGB. Unter Durchbrechung des Grundsatzes der Einheit des Konzerns 746 und trotz der steuerrechtlichen Indifferenz des Konzernabschlusses wird gemäß § 308 III HGB normiert, daß steuerrechtliche Wertansätze in den Einzelabschlüssen auf der Grundlage der generellen umgekehrten Maßgeblichkeit des § 5 I 2 EStG ohne Korrektur nach den Bewertungsmethoden des Murterunternehmens (§ 308 I I HGB) in den Konzernabschluß übernommen werden dürfen (konzernrechtliches Bilanzierungswahlrecht)747. Ein allein steuerrechtlich zulässiger niedrigerer Wertansatz wie beispielsweise 742 Vgl. Abs.2 des Berichts des Rechtsausschusses zu §6 EStG; Abs.3 S.1 der Begründung des RegE Gesetz 4.EG-Richtlinie zu §249 HGB-E. 743 Siehe oben S.51 -53 (§4 C. 11. 2.). 744 Vgl. auch oben S.34 -35 (§3 A. 1.) zum Zweck der Bemessung der Gewinnanteile der Gesellschafter. 745 §§279 11, 254, 281 11; 280 11; 273, 247 III HGB. 746 Siehe dazu auch Art.29 III der Siebenten Richtlinie der EG. 747 Ad/erlDüring/Schmaltz (6.), §308 Rdz.54; Schnicke/Kilgert in Beck Bil-Komm., §308 Rdz.36.
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§ 10 Die Zwecke der einzelnen Wahlrechte des Einzelabschlusses
aufgrund einer Sonderabschreibung auf Anlagegüter kleiner und mittlerer Betriebe nach § 7 g EStG oder aufgrund einer Sonderabschreibung auf Handeisund Seefischereischiffe und Luftfahrzeuge nach § 82 fEStDV, also ein steuerrechtlicher Bilanzposten, der nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchfiihrung zu niedrig bewertetet ist, darf ohne Änderung mit seinem steuerrechtlichen Wert unmittelbar in den Konzernabschluß übernommen werden 748 • Wenn aber § 308 III HGB die Möglichkeit ausdrücklich eröffuet, im Konzernabschluß steuerrechtliche Bilanzierungen aus den Einzelabschlüssen zu übernehmen, so spricht dies dafiir, daß nicht von vornherein nach diesen Wahlrechten, die allein steuerrechtliche Wertansätze ermöglichen, im Konzernabschluß bilanziert werden darf. Die Regelung der Übernahme aus den Einzeiabschlüssen wäre nicht erforderlich, wenn die entsprechende Bilanzierung ohnehin in Ausnutzung des anwendbaren Wahlrechts möglich wäre 749 • Daß § 308 III 1 HGB konstitutiv ise50 und auch nicht bloß der KlarsteIlung dient, zeigt die Entwicklung des Konzernabschlußrechts in der Fassung des Bilanzrichtlinien-Gesetzes. Mit der Aufhebung der alten aktienrechtlichen Maßgeblichkeit des Einzelabschlusses fiir Ansatz und Bewertung im Konzernabschluß wurde auch die Maßgeblichkeit steuerrechtlicher Ansätze beseitigt. Diese Verselbständigung des Konzernabschlusses war Grundlage der Konzeption der Konzernrechnungslegung nach der Siebenten Richtlinie der EG 751 • Art. 29 V 1 der Siebenten Richtlinie der EG stellte nochmals ausdrücklich klar, daß auch steuerrechtliche Ansätze in den Konzernabschluß grundsätzlich nicht übernommen werden dürfen. Nach der Grundkonzeption der Konzernrechnungslegung nach der Richtlinie besteht grundsätzlich die Pflicht zur Neubewertung752. Lediglich aus Gründen der Vereinfachung753 wurde durch das Mitgliedstaatenwahlrecht des Art. 29 V 2 der Siebenten Richtlinie der EG den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt, fiir rein steuerrechtliche Bilanzierungen am im übrigen überholten Maßgeblichkeitsprinzip festzuhalten. Mit § 308 III I HGB hat der Gesetzgeber das Mitgliedstaatenwahlrecht genutzt und als Ausnahme
748 Kritisch Busse von ColbelOrdelheide, Konzernabschlüsse (6.), S. 109f., da trotz der Berichts- und Begründungsptlicht nach §308 III 2 HGB die Vorschrift den Informationswert des Konzernabschlusses erheblich beeinträchtigen kann. Weitere Fälle bei Küting/Haeger, BB 1987, 1287-1289. 749 Vgl. auch AbsA der Begründung des RegE Gesetz 4.EG-Richtlinie zu §308 HGB-E. 750 AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §308 Rdz.53; Schnicke/Kilgert in Beck BiI-Komm., §308 RdZ.36. 751 Siehe oben S.51 -53 (§4 C. 11. 2.). 752 Vgl. §308 I 1 HGB. 753 Schnicke/Kilgert in Beck Bil-Komm., §308 Rdz.36.
C. Wahlrechte steuerrechtlichen Ursprungs
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die Maßgeblichkeit steuerrechtlicher Wertansätze in den Einzelabschlüssen filr Konzernabschlüsse normiert. Diese Durchbrechung der Grundkonzeption des Konzernabschlusses 754 zur Vereinfachung der Erstellung des Konzernabschlusses soll sogar - anders als die sonstigen Vereinfachungen - unabhängig von der Wesentlichkeit des Einflusses auf die Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage in Anspruch genommen werden dürfen 755. Die steuerrechtlichen Bewertungswahlrechte nach den §§ 27911,254 (steuerrechtliche Abschreibung), § 281 I 1 (steuerrechtliche Wertberichtigung), § 280 11 (steuerrechtliche Beibehaltung eines niedrigeren Wertansatzes) und §§ 273, 247 III HGB (steuerrechtlicher Sonderposten) stehen bei Erstellung des Konzernabschlusses also nicht zur Verfilgung. Nur soweit das Mutterunternehrnen steuerrechtliche Wertansätze aus den Einzelabschlüssen übernimmt, kommt es zu einer steuerrechtlich beeinflußten Bilanzierung im Konzernabschluß. 11. Sonstige steuerrechtlich bedingte Wahlrechte
Auch die Anwendbarkeit sonstiger Wahlrechte, die zwar steuerrechtlich beeinflußt sind, aber originär handelsrechtliche Bilanzierungsmöglichkeiten eröffnen, ist im Konzernabschluß ausgeschlossen. Diese Wahlrechte des Handelsbilanzrechts zur Passivierung von Aufwendungen und zur Abgrenzung von Zöllen und Verbrauchsteuern sowie von Umsatzsteuern auf Anzahlungen sind ebenfalls mit der Informationsfunktion des Konzernabschlusses nicht vereinbar. Da diese Wahlrechte steuerrechtlicher Herkunft und nur steuerrechtlich gerechtfertigt sind756 , verhindert § 298 I HGB die Geltung dieser Wahlrechte im Konzernabschluß. Sie sind nicht vom Verweis des § 298 I HGB erfaßt. Sie widersprechen der Eigenart des Konzernabschlusses, der nicht Grundlage der Steuerbemessung ist, sondern der die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchfilhrung verlangt757 • Der Gesetzgeber mag unter Umständen von der Generalregelung des § 298 I HGB ausdrücklich abweichen. Dies hat er jedoch, anders als bei § 308 III HGB, für die in Frage stehenden Wahlrechte nicht getan. Das mit § 308 III 1 HGB eingefilgte Wahlrecht zwischen der Übernahme des steuerrechtlich beeinflußten Ansatzes im Einzelabschluß und einer von steuerrechtlichen Gesichtspunkten 754 AdlerlDüringlSchmaltz (6.), §308 Rdz.53; Scherrer in Hotbauer/Kupsch, BoHR, §308 Rdz.4l. Siehe auch SchnickelKilgert in Beck Bil-Komm., §308 RdZ.37. 755 BienerlBerneke, BiRiLiO, S.360f. Ähnlich AdlerlDüringlSchmaltz (6.), §308 Rdz.53; SchnickelKilgert in Beck Bil-Komm., §308 RdZ.36. 756 Siehe auch Knobbe-Keuk, Bilanz- und Untemehmenssteuerrecht (9.), S.139f. (§4 VI. 3.). Zu §250 I 2 Nr.2 HOB AdlerlDüringlSchmaltz (6.), §250 Rdz.60f. 757 Pohle in Küting/Weber, HdKl, §308 Rdz.56.
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§ 10 Die Zwecke der einzelnen Wahlrechte des Einzelabschlusses
unabhängigen Neubewertung zeigt vielmehr gerade, daß der Gesetzgeber im Konzernabschluß nicht die Inkorporation steuerrechtlicher Wertungen bezweckt758 , sondern eine Vereinfachung rur den Aufstellenden zu erreichen sucht759 • Im folgenden ist darzulegen, inwiefern sich diese zwei steuerrechtlichen Wahlrechtsvorschriften im Konzernabschluß zu Bilanzierungspflichten oder Bilanzierungsverboten verdichten. 1. Passivierung von Aufwandsrückstellungen
Die gesetzliche Regelung der Rückstellung filr innerbetriebliche Aufwendungen nach § 249 I 2/11 HGB beruht darauf, daß der Gesetzgeber des Bilanzrichtlinien-Gesetzes das Mitgliedstaatenwahlrecht des Art. 20 II der Vierten Richtlinie der EG ausgenutzt hae60 • Danach können die Mitgliedstaaten die "Bildung von Rückstellungen rur ihrer Eigenart nach genau umschriebene, dem Geschäftsjahr oder einem früheren Geschäftsjahr zuzuordnende Aufwendungen zulassen, die am Bilanzstichtag wahrscheinlich oder sicher, aber hinsichtlich ihrer Höhe oder dem Zeitpunkt ihres Eintritts unbestimmt sind." Zulässig ist es danach also, künftige Ausgaben, die nicht Verbindlichkeiten sind, unter bestimmten Voraussetzungen vorwegzunehmen. Der Gesetzgeber hat mit dem § 249 I 2/Il HGB darauf verzichtet, den Ausweis der vorzuziehenden Ausgaben durch einen Rechnungsabgrenzungsposten vorzusehen 761 , wie es das Gesetz nach § 250 I 1 HGB rur solche Ausgaben vorsieht, die erst in der Zukunft erfolgswirksam werden. Das Gesetz regelt also die Vorwegnahme innerbetrieblicher Ausgaben mit den Posten der Rückstellung eigenständig. Hinsichtlich der Passivierungspflicht differenziert das Gesetz. Während es für künftige Ausgaben rur Instandhaltung und Abraumbeseitigung § 249 I 2 Nr. I HGB eine Ansatzpflicht vorschreibe62 , sofern diese Ausgaben innerhalb von drei Monaten des nachfolgenden Geschäftsjahres (Ausgaben rur Instandhaltung) bzw. innerhalb des nachfolgenden Geschäftsjahres (Ausgaben rur Ab-
758 Allgemein zu steuerlichen Zwecken im Konzemabschluß, siehe oben S.143 -144 (§ 10 C.), insbesondere S. 147 -149 (§ 10 C. I. 4.). 759 Siehe dazu oben S.55 (§4 C. II. 3.). Zum Vereinfachungszweck in der Siebenten Richtlinie der EG, S.1 0 (§2 A. II.); im AktG 1965 a.F., S.46 (§4 C. 1.). 760 Abs.5 S.2 des Berichts des Rechtsausschusses zu § 249 HGB; Abs.3 S.1 der Begründung des RegE Gesetz 4.EG-Richtlinie zu §249 HGB-E. 761 Man beachte, daß das Gesetz zur Vorwegnahme künftiger Forderungen und Verbindlichkeiten zwingt, wenn sie Erträge oder Aufwendungen des gegenwärtigen Geschäftsjahres sind; §§268 IV 2, V 3 HGB. Vgl. die Wahlrechte nach Artt.19 S.2, 21 S.2 der Vierten Richtlinie der EG. 762 Anders noch § 152 VII 2 Nr.l AktG 1965 a.F.
C. Wahlrechte steuerrechtlichen Ursprungs
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raumbeseitigung) nachgeholt werden, stellt § 249 I 3 HGB bei Nachholung der Instandhaltung nach Ablauf der Drei-Monats-Frist, aber innerhalb des nachfolgenden Geschäftsjahres und § 249 II HGB tUr den verbleibenden sonstigen künftigen Aufwand 763 unter den dort genannten Voraussetzungen den Ausweis eines Passivpostens wahlfrei. a) Zweck der Aufwandsrückstellungen Die Aufwandsrückstellungen stehen in einem System der Erfassung solcher Ausgaben, die erst in künftigen Geschäftsjahren anfallen. Innerhalb dieses Systems ist es grundsätzlich geboten, künftige Ausgaben, die mit Umsätzen des abzuschließenden Geschäftsjahres zusammenhängen, im gegenwärtigen Geschäftsjahr auszuweisen 764 • So sind künftige gewisse Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt ihrer Begründung in der Bilanz als Verbindlichkeiten dann auszuweisen, wenn sie dem gegenwärtigen Geschäftsjahr zuzuordnen sind. Das zeigt § 268 V 3 HGB, der den Ausweis rechtlich noch nicht entstandener Verbindlichkeiten zuläßt und damit das Mitgliedstaatenwahlrecht zur Bildung antizipativer Verbindlichkeiten nach Art.21 S.2 Vierten Richtlinie der EG in Anspruch nimme65 • Nach Art.21 S.2 der Richtlinie ist es zulässig, künftige Ausgaben, die dem abzuschließenden Geschäftsjahr zuzuordnen sind, statt mit einem antizipativen Rechnungsabgrenzungsposten als Verbindlichkeiten auszuweisen. Das Bilanzrichtlinien-Gesetz machte von dieser Alternative Gebrauch und tUhrte durch die inhaltliche Ausdehnung des Begriffs der Verbindlichkeiten auf künftige gewisse Verpflichtungen die von der Richtlinie vorgesehene Passivierungspflicht tUr diese Aufwendungen ein. Unter dem Bilanzposten Verbindlichkeiten sind daher alle gewissen Verbindlichkeiten auszuweisen, sofern sie nur dem gegenwärtigen Geschäftsjahr zuzuordnen sind. Sind künftige Verbindlichkeiten, die mit Umsatzerlösen des gegenwärtigen Geschäftsjahres zusammenfallen, dem Grund und/oder der Höhe nach ungewiß, so sind sie ebenfalls vorzuziehen766 • Der Ausweis erfolgt hier indessen nicht mehr als Verbindlichkeit, sondern gemäß § 249 I 11 l.Fall HGB als Rückstellung tUr ungewisse Verbindlichkeiten.
763 Zur Problematik des üblichen Begriffs der Aufwandsrückstellung Adler! Düringl Schmaltz (6.), §249 Rdz.188. 764 Siehe die in Fn.577 Genannten. 765 Abs.7 a.E. des Berichts des Rechtsausschusses zu §268 HGB; Begründung des RegE Gesetz 4.EG-Richtlinie zu §239 IV Nr.6 HGB-E. 766 Siehe Fn.577.
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§ 10 Die Zwecke der einzelnen Wahlrechte des Einzelabschlusses
Künftige Ausgaben sind aber grundsätzlich auch dann im gegenwärtigen Geschäftsjahr ergebniswirksam zu berücksichtigen, wenn ihnen zwar keine Verbindlichkeit zugrunde liegt, sie aber dem gegenwärtigen Geschäftsjahr zuzuordnen sind. Das zeigt deutlich die Entwicklung der differenzierten Regelung über den Ausweis künftiger Ausgaben. Noch nach Aktiengesetz a.F. war es grundsätzlich nicht zulässig, künftige Ausgaben, die nicht Verbindlichkeiten waren, vorgezogen auszuweisen. Der Rechtsausschuß ist ausdrücklich einem entsprechenden Vorschlag nicht gefolgt, um von vornherein eine unübersehbare Ausdehnung auf verschiedenste künftige Ausgaben wie beispielsweise künftige Ausgaben fiir Forschung oder Reklame zu verhindern 767 • Die Bestimmung eines Wahlrechts, das im übrigen der aktuellen Passivierungspflicht nach § 249 12 HGB fast wörtlich entspricht, wurde lediglich vorgesehen, um die steuerrechtliche Passivierbarkeit dieser künftigen Ausgaben nicht zu gefährden 768. Ebenfalls aus steuerrechtlichen Gründen bestimmt § 249 I 2 HGB nunmehr eine Passivierungspflicht fiir die künftigen Ausgaben fiir Instandhaltung, Abraumbeseitigung und Kulanzgewährleistungen, um angesichts der generellen umgekehrten Maßgeblichkeit nach § 5 I 2 EStG die steuerrechtliche Anerkennung nicht zu gefährden. Da die Finanzrechtsprechung im Jahre 1969769 den Grundsatz anerkannt hatte, daß ein Passivposten, dessen Ansatz handelsrechtlich nicht geboten ist, steuerrechtlich nicht ausgewiesen werden darf770 , war fiir die Beibehaltung der steuerrechtlichen Passivierung die Normierung einer Ansatzpflicht geboten. Der Gesetzgeber des Bilanzrichtlinien-Gesetzes - anders als der des Aktiengesetzes a.F. - beließ es aber nicht bei dieser steuerrechtlich ausgerichteten Regelung. Vielmehr sah er im Unterschied zum Aktiengesetz a.F. 771 nunmehr in § 249 11 HGB ausdrücklich die Möglichkeit vor, nicht nur Instandhaltungsausgaben nach Ablauf der Drei-Monats-Frist (§ 249 I 3 HGB), sondern allgemein künftige Ausgaben, die dem gegenwärtigen (oder einem früheren) Geschäftsjahr zuzuordnen sind, durch Rückstellung zu passivieren. Er hat damit die Möglich-
767 AbS.8 S.5-7 des Berichts des Rechtsausschusses zu §152AktG 1965 a.F. Vgl. auch Abs.13 der Begründung des RegE zu § 152 AktG-E. 768 Abs.9 des Berichts des Rechtsausschusses zu § 152 RegE AktG 1965 a.F. 769 " •.. kann es nicht im Belieben des Kaufmanns stehen, ... , [sich] ärmer zu machen, als er ist." BFH, 3.2.1969, GrS 2/68, BStBI. II 1969,291(293). Vgl. auch zu den Rückstellungen für Aufwendungen BFH, Urt. v. 23.11.1983, I R 216/78, BStBl. II 1984,277 (278f.). 770 Siehe dazu BFH, Urt. v. 23.11.1983, I R 216/78, BStBI. II 1984,277 (278f.). Der BFH beseitigt die steuerrechtliehe Anerkennung der Rückstellungen für unterlassene Instandhaltung und Abraumbeseitigung, da § 152 VII AktG 1965 a.F. für diese Rückstellungen in jedem Fall ein Wahlrecht vorsah. Dazu Übergangsregelung des BMF bis zum Bi lanzrichtIinien-Gesetz, BStBI. I 1984, 261. 771 Siehe Fn.767.
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keiten der Vierten Richtlinie der EG ausdrücklich genutzt und die ablehnende Haltung des Aktiengesetzes a.F. aufgegeben. Die Zuordnung wurde im Sinne der klaren Darstellung der Lage des Unternehmens, insbesondere seiner Ertragslage, rur erforderlich gehalten772 • Dem Kaufmann sollte also nicht lediglich aus Billigkeitsgründen durch das Wahlrecht die Möglichkeit gegeben werden, einen sprunghaften Anstieg der Aufwendungen und eine damit verbundene Belastung rur das handelsrechtliche Ergebnis - wie beispielsweise beim Wahlrecht zur Aktivierung von Ingangsetzungs- und Erweiterungsausgaben - zu verhindern773 • Mit dem Bilanzrichtlinien-Gesetz ist damit die Vorwegnahme aller künftigen, aber vergangenheitsbezogenen Ausgaben möglich. Für das Vorziehen von künftigen Ausgaben macht es nunmehr keinen Unterschied mehr, ob der konkreten künftigen Ausgabe eine Verpflichtung zugrunde liegt oder nicht. Vergangenheitsbezogene künftige Ausgaben ohne Verpflichtungscharakter sind daher ebenso vorwegzunehmen wie vergangenheitsbezogene künftige Verbindlichkeiten. Einem unkontrollierbaren Mißbrauch, den man durch das Aktiengesetz a.F. zu verhindern suchte 774 , begegnet § 249 11 HGB durch die detaillierten Tatbestandsmerkmale775 • Die künftigen Ausgaben müssen am Abschlußstichtag wahrscheinlich oder sicher sein und sie müssen ihrer Eigenart nach genau umschrieben sein. Das Bilanzrichtlinien-Gesetz ermöglicht es also, alle diese künftigen Ausgaben, die mit Umsätzen des abzuschließenden Geschäftsjahres zusammenhängen, auch im gegenwärtigen Geschäftsjahr auszuweisen. b) Zweck des Wahlrechts Die Einräumung eines Wahlrechts rur die allgemeinen künftigen Ausgaben ohne Verbindlichkeitsgrundlage im Sinne des § 249 II HGB beruhte nicht mehr auf einer grundsätzlichen Ablehnung einer solchen Ausgabenzuordnung776 , sondern allein auf steuerrechtliche Gesichtspunkten. Die Einruhrung derartiger Aufwandsrückstellungen sollte mit der Absicht des Gesetzgebers, die Vierte Richtlinie der EG steuerneutral umzusetzen, vereinbar sein. Steuerrechtlich anerkannt waren aber vor dem Inkrafttreten des Bilanzrichtlinien-Gesetzes ledig-
772 Abs.3 S.3 der Begründung des RegE zu §249 HGB-E. Siehe auch Abs.5 S.4 des Berichts des Rechtsausschusses zu §249 HGB. 773 Vgl. aber Mayer-Wegelin in Küting/Weber, HdR, Ia, §249 RdZ.234. 774 Siehe Fn. 767. 775 Mayer-Wegelin in Küting/Weber, HdR, Ia, §249 Rdz.238. Kritisch Clemm/ Nonnenmacher in Beck Bil-Komm., §249 Rdz.302; Glade, Praxishandbuch Rechnungslegung, §249 Rdz.139f.; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.200. Siehe auch oben Fn.506. 776 Siehe Fn.772.
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§ 10 Die Zwecke der einzelnen Wahlrechte des Einzelabschlusses
lieh kUnftige Ausgaben tUr unterlassene Instandhaltung777 und Abraumbeseitigung778 und auch nur, sofern sie innerhalb von drei Monaten des folgenden Geschäftsjahres nachgeholt worden waren. Diese sehr eingeschränkte steuerrechtliehe Anerkennung handelsrechtlicher AufwandsrUcksteIlungen wollte man auch nach dem Inkrafttreten des B ilanzrichtlinien-Gesetzes beibehalten779. Eine Passivierungspflicht nach dem Bilanzrichtlinien-Gesetz hätte aber ohne steuerrechtliehe Sonderregelung - angesichts der Maßgeblichkeit des handelsrechtlichen Gewinns tUr den steuerrechtlichen nach § 5 I 1 EStG - zwingend zur Folge gehabt, daß diese allgemeinen AufwandsrUcksteIlungen den steuerpflichtigen Gewinn mindern und damit nicht unerhebliche Steuerausfiille provozieren 780 • Wegen der steuerrechtlichen Wirkungen handelsrechtlicher Wahlrechte nach der Finanzrechtsprechung, nach der ein handelsrechtliches Passivierungswahlrecht steuerrechtlich zu einer Passivierungspflicht fiihrt,781 war filr die steuerneutrale Umsetzung der Richtlinienregelung die Einräumung eines Wahlrechts notwendig. Das zeigen ausdrUcklieh der Bericht des Rechtsausschusses 782 und schon die BegrUndung des Regierungsentwurfs 783 , wonach dem Bilanzierenden die Möglichkeit genommen werden sollte, durch weitere AufwandsrUckstellungen784 den abhängigen steuerrechtlichen Gewinn (§ 5 I 1 EStG) zu beeinflussen 785/786 • Daher wurde auf einen einheitlichen zwingenden RUcksteIlungstatbestand, der alle vergangenheitsbezogenen kUnftigen Ausgaben vorweggenommen und das System der Erfassung künftiger Ausgaben klar gestaltet hätte 787, verzichtet und statt dessen ein Tatbestand filr allgemeine AufwandsrUcksteIlungen als fakultative Regelung ausgestaltet.
BFH, Urt. v. 15.2.1955, I 54/54 U, BStBI. III 1955,172 (173). Abschn 31 V der EStR vom 27.5.1970, BStBl. I 1970, 564. 779 Abs.5 S.7 des Berichts des Rechtsausschusses zu §249 HGB-E. 780 Siehe Mayer-Wegelin in Küting/Weber, HdR, Ja, §249 Rdz.234. 78\ Siehe vor mit Fn.769. 782 Abs.5 S.7 des Berichts des Rechtsausschusses zu §249 HGB. Vgl. auch Biener, AG, KGaA, GmbH, Konzerne, S.71. 783 Abs.3,4 der Begründung des RegE Gesetz 4.EG-Richtlinie zu §249 HGB-E. 784 Über Rückstellungen flir unterlassene Instandhaltung und Abraumbeseitigung hinaus. 785 Zur entsprechenden Ordnung in der Vierten Richtlinie der EG Biener, AG, KGaA, GmbH, Konzerne, S.71. Siehe auch Clemm/Nonnenmacher in Beck Bil-Komm., §249 Rdz.303. 786 Bei Zugrundelegung der Rechtsprechung des BFH. Beachte die abweichende Ansicht von Küting/ Kessler, DStR 1989, 659f. 787 Vgl. den Einheitstatbestand des Art.l5 des Vorentwurfs einer Vierten Richtlinie der EG. Dazu Biener, AG, KGaA, GmbH, Konzerne, S.71. 777 778
C. Wahlrechte steuerrechtlichen Ursprungs
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c) Aufwandsrückstellungen im Konzernabschluß Die Wahlrechte nach § 249 I 3/Il HGB verdichten sich im Konzernabschluß mit Rücksicht auf den Zweck der allgemeinen Aufwandsrückstellung und den Zweck des Konzernabschlusses zu einer Passivierungspflicht. Die steuerrechtliche Rücksichtnahme durch die Wahlrechte des § 249 I 2/11 HGB ist im Konzernabschluß nicht geboten, da der Konzernabschluß nicht - anders als der nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchfilhrung aufgestellte EinzeIabschluß gemäß § 5 I I EStG - Grundlage der Bemessung des steuerpflichtigen Gewinns ist. Die Wahlrechte stehen mit der Eigenart des Konzernabschlusses nicht in Zusammenhang. Es muß sich daher nach § 298 I HGB das Gebot zur Herstellung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage (§ 29711 2 HGB) durchsetzen. Mit der Erfassung der künftigen, aber gegenwärtig zuordenbaren Ausgaben wird nun gerade der Einblick in die Lage des Unternehmens verbessert788 • Insbesondere wird ein effektiverer Einblick in die Ertragslage des Unternehmens gewährt, weil die Ausgaben in dem Geschäftsjahr erfolgswirksam werden, in dem der zugehörige Umsatz erlangt wird. Im Konzernabschluß ist allein der Zweck der Aufwandsrückstellungen, die Zuordnung künftiger Ausgaben nach dem Grundsatz der wertenden Zuordnung von Ausgaben und Erträgen (§ 252 I Nr. 5 HGB) und dem Realisationsprinzip (§ 252 I Nr.5 HGB - Ausgaben-Ertrags-Verknüpfung 789) maßgebend. Die Periodenabgrenzung790 in der Form einer antizipativen Rechnungsabgrenzung ist
788 AbS.5 S.5 des Berichts des Rechtsausschusses zu §249 HGB. Abs.3 S.3 der Begründung des RegE Gesetz 4.EG-Richtlinie zu §249 HGB-E. C/aussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §249 HGB Rdz.3; Mayer-Wegelin in Küting/Weber, HdR, Ia, §249 Rdz.21. Eingeschränkt auch AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §249 Rdz.192/221. AA. Siegel, BB 1986, 842f. 789 Leffson, GoB, Abschn.566.2 (S.280); Moxter, Festschrift Döllerer, S.447, 449 ["Alimentationsprinzip"]; ders., Rückstellungskriterien nach neuem Bilanzrecht, BB 1979,433-440 (438f.); ders., Bilanzlehre II, §9/5 (S.30f.); ders., Bilanzrechtsprechung, S.101 und 103f. (§91. 1. a) und 2. c)). Einschränkend jetzt ders., Festschrift Haverrnann, S.487-504 (497, 503). Ebenso AdlerlDüring/Schma/tz (6.), §249 Rdz.189, 191; Borstell, Aufwandsrückstellungen nach neuem Bilanzrecht, S. 13; Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §249 HGB Rdz.28; Groh, BB 1989, 1588; Kupsch in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §249 Rdz.47; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.196. AA Mayer-Wegelin in Küting/Weber, HdR, Ia, §249 Rdz.231, der das Schaffen von Reserven betont [Bilanzierungshilfe]. 790 Baetge, Bilanzen, Abschn.521.15 (S.360); BaumbachlHopt, HGB, §249 Rdz.l; Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §249 HGB Rdz.28; Gelhausen in WPHandbuch 1996, Bd.I, E/174; Kupsch in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §249 Rdz.2,41; KollerlRoth/Morck, §249 Rdz.l0; Scheff/er, BecKHdR, B 233 Rdz.245; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.196. Ebenso Kraus, Rückstellungen, S.119; Kropf! in Geßler/Hefermehl/EckardtiKropff, § 152 Rdz.75 [zu § 152 VII 2 Nr.1 AktG
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§ 10 Die Zwecke der einzelnen Wahlrechte des Einzelabschlusses
zwingend vorzunehmen. Die Ausgaben sind dem Geschäftsjahr zuzuordnen, in dem die Erträge eingehen, die gewissermaßen durch diese Ausgaben bedingt, also alimentiert wurden 791. Fällt daher der Umsatz, ftlr den die Ausgaben künftig getätigt werden müssen, im gegenwärtigen Geschäftsjahr an 792 , müssen diese Ausgaben im Konzernabschluß - gleich Verbindlichkeiten im Sinne des § 250 I 1/ I.Fall HGB - mit einer Rückstellung zwingend 793 als Ausgaben des gegenwärtigen Geschäftsjahres ausgewiesen werden. Daher muß die Vorwegnahme der Ausgaben wie auch die Vorwegnahme der Verbindlichkeiten im Konzernabschluß zwingend erfolgen. Die Eigenart des Konzernabschlusses verlangt daher, die Wahlrechte des § 249 I 2/11 HGB zugunsten von Passivierungspflichten zu reduzieren. 2. Aktive Abgrenzung von Zöllen und Verbrauchsteuern auf Vorratsvermögen sowie von Umsatzsteuern aufAnzahlungen
Die Bestimmung des § 250 I 2 HGB ermöglicht dem Bilanzierenden im Einzelabschluß, Zölle und Verbrauchsteuern auf selbsthergestellte Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens (Nr.l) sowie als Aufwand berücksichtigte Umsatzsteuer auf Anzahlungen (Nr.2) bilanziell erfolgsneutral zu behandeln, indem in Höhe dieser Ausgaben ein Korrekturposten auf der Passivseite gebildet werden darf. Das Gesetz räumt dem Bilanzierenden hier ein Wahlrecht ein. Der Bilanzierende kann daher beispielsweise nach Wahl die mit Entfernung aus dem Steuerlager rur dessen Inhaber entstehende Mineralölsteuer (§ 9 I MinöStG) als Aufwand ausweisen oder auch durch die Bildung eines Abgrenzungspostens bis zum Verkauf ergebnisneutral behandeln (§ 250 I 2 Nr.l HGB). Ebenso hat der Bilanzierende nach dem Wortlaut des "§ 250 I 2 Nr.2 HGB die Wahl, wenn er beispielsweise eine Anzahlung eines Kunden im Rahmen eines schwebenden Kaufvertrages erhält, ob er die mit der Anzahlung fiillig werdende Umsatzsteuer (§ 13 I Nr. I lit. a S. 4 UStG 794) ergebnisneutral behandelt oder ob er von der Verbindlichkeit in Höhe der Anzahlung den Betrag der Umsatzsteuer in Abzug bringt. 1965 a.F.]. AA Wegelin in Küting/Weber, HdR, Ia, §249 Rdz.7 [Ausfluß des Vorsichtsprinzips und das Imparitätsprinzip konkretisierend). 79\ "Alimentationsprinzip" Moxter, Festschrift Döllerer, S.447, 449; ders., Rückstellungskriterien nach neuem Bilanzrecht, BB 1979,433-440 (438f.) 792 Vgl. zum Einzelabschluß LutterlHommelhoff, GmHG, §29 Rdz.14f. Allgemein zum AktG 1965 a.F. auch schon formuliert von Boelke, Die Bewertungsvorschriften des Aktiengesetzes 1965, S.169 m.w.N. Kein allgemeines Prinzip der Abgrenzung künftiger Ausgaben Schulze-Osterloh, Festschrift Forster, S.666f. 793 AA AdlerlDüringlSchmaltz (6.), §299 Rdz.72. 794 Die Umsatzsteuer entsteht mit dem Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Anzahlung vereinnahmt worden ist.
C. Wahlrechte steuerrechtlichen Ursprungs
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Der Zweck, den der Gesetzgeber mit der Einruhrung des Wahlrechts statt eines Aktivierungsgebots angestrebt hat, ist dem Bericht des Rechtsausschusses nicht zu entnehmen. Der Gesetzgeber ist ohne Begründung von dem Vorschlag des RegE Gesetz 4. EG - Richtlinie abgewichen, der mit § 247 I 2 HGB-E statt eines Wahlrechts eine Aktivierungspflicht vorsah. Demgegenüber verdeutlicht die steuerrechtliehe Entwicklung den Zweck des Wahlrechts. Die Vorschrift des § 250 12 HGB geht - wie auch § 247 I 2 des RegE Gesetz 4. EG - Richtlinie - wörtlich auf das steuerrechtliche Passivierungsgebot des damaligen § 5 III 2 EStG 795 zurück. In der Absicht, in Handelsbilanz und Steuerbilanz möglichst einheitlich zu bilanzieren796, wollte der RegE Gesetz 4. EG - Richtlinie dem nach Handelsgesetzbuch Bilanzierenden die Möglichkeit geben, in der Handelsbilanz wie fiir die steuerrechtliehe Gewinnermittlung zu bilanzieren. Der Regierungsentwurf sah aber die Aktivierung der als Aufwand berücksichtigten Zölle, Verbrauchsteuern und der Umsatzsteuer auf Anzahlungen noch als handelsrechtliche Regelung an 797 • Er bestimmte deshalb die Pflicht, diese Ausgaben aktiv abzugrenzen. Dieser Auffassung folgte der Rechtsausschuß nicht. Er ging statt dessen davon aus, daß diese steuerrechtlichen Vorschriften gerade nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchfiihrung entsprechen798 • Allein um eine einheitliche Bilanzaufstellung zu ermöglichen, also allein aus steuerrechtlichen Zwecken799, sollte die Regelung dennoch in das Handelsgesetzbuch übernommen werden. War aber dieser Rechnungsabgrenzungsposten allein steuerrechtlich motiviert und sollte dennoch in das Handelsrecht übernommen werden, so konnte der Gesetzgeber sich auch rur ein Wahlrecht entscheiden. Im Unterschied zur steuerrechtlichen Regelung hielt er es nicht rur erforderlich, den Bilanzierenden zur Bildung eines Rechnungsabgrenzungspostens zu verpflichten. Die Einheit zwischen handelsrechtlichem und steuerrechtlichem Ansatz sollte dem rechnungslegenden Unternehmen lediglich aus Vereinfachungsgründungen möglich sein 8OO •
Entspricht dem heutigen §5 V 2 Nr.I,2 EStG. AbS.2 S.3 der Begründung des RegE Gesetz 4.EG-Richtlinie zu §247 HGB-E ["Im Interesse der Enheitlichkeit von Handels- und Steuerbilanz ... "]. 797 AbS.2 S.I der Begründung des RegE Gesetz 4.EG-Richtlinie zu §247 HGB-E [" ... , obwohl es sich dabei um Vorschriften handelsrechtlicher Art handelt."]. 798 Vgl. Abs.1 S.2 des Berichts des Rechtsausschusses zu §250 HGB. 799 Ebenso AdlerlDüringlSchmaltz (6.), §250 Rdz.57; Erle, BB 1988, 1083; Federmann, DB 1977, 1152 ["steuerlicher Aktivposten sui generis"]; Glade, Praxishandbuch Rechnungslegung, §250 Rdz.19 ["eine rein steuerpolitische Maßnahme"]; KnobbeKeuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht (9.),S.139f. (§4 VI. 3.) ["die Verhinderung von Steuerausfallen."]; Trützschler in KütinglWeber, HdR, Ia, §250 Rdz.60f. Vgl. noch Finanzausschuß, BT-Drs.7/5458 v. 24.06.1976, 9 (Aktivierung von Zöllen und Verbrauchsteuern). 800 Abs.1 S.2 des Berichts des Rechtsausschusses zu §250 HGB. 795
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§ 10 Die Zwecke der einzelnen Wahlrechte des Einzelabschlusses
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Alternativ sollte es aber auch zulässig sein, allein nach handelsrechtlichen Grundsätzen zu bilanzieren, d.h. die Ausgaben tUr Zölle, Verbrauchsteuern und Umsatzsteuer ergebnismindernd zu berUcksichtigen80I • Die Regelung im steuerrechtlichen Interesse des Bilanzierenden sollte rur diesen nicht zum Zwang werden 802 a) Zweck der Abgrenzung von Zöllen, Verbrauchsteuern und Umsatzsteuern Beide steuerrechtlichen Aktivierungsgebote, die Abgrenzung von Zöllen und Verbrauchsteuern sowie die Abgrenzung von Umsatzsteuer auf Anzahlungen, waren Reaktionen des Gesetzgebers des Einkommensteuergesetzes auf Entscheidungen der höchstrichterlichen Finanzrechtsprechung. Ihnen liegen rein steuerrechtliche Zwecke zugrunde. aa) Abgrenzung von Zöllen und Verbrauchsteuern So geht das Wahlrecht, gezahlte Zölle und Verbrauchsteuern aktiv abzugrenzen, auf das EintUhrungsgesetz zur Abgabenordnung 1977 zurück803 • Die steuergesetzliche Regelung war die Antwort des Gesetzgebers auf die damalige Entscheidung804 des Bundesfinanzhofs von 1975, die die Aktivierbarkeit der Zölle und Verbrauchsteuern gerade verneinte. Der Bundesfinanzhof wies konkret die Auffassung der Finanzverwaltung und des Finanzgerichts zurück, die davon ausgingen, daß die nach § 2 I 1 BierStG a.F. 805 gezahlte Biersteuer zu den Herstellungskosten des Bieres gehörend zu aktivieren oder jedenfalls - angesichts der späteren RUckzahlung im Rahmen des Kaufpreises durch den Abnehmer als forderungsähnliches Wirtschaftsgut auszuweisen sei806 • Die Biersteuer sei eben nicht als bei der Herstellung des Bieres entstehender Aufwand anzusehen.
Trützschler in Küting/Weber, HdR, Ia, §250 RdZ.57. AbS.1 S.I,2 des Berichts des Rechtsausschusses zu §250 HGB. 803 Art.9 Nr.1 Einfiihrungsgesetz zur Abgabenordnung v. 14.Dezember 1976, BGBI. I 1976, 3346-3384 (3346). 804 BFH, Urteil v. 26.2.1975-R 72173, BStBI. II 1976, 13-16 (16). 805 Entspricht §7 I 1 BierStG 1993. 806 BFH, a.a.O., 243f. 801
802
C. Wahlrechte steuerrechtlichen Ursprungs
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bb) Abgrenzung der Umsatzsteuer auf erhaltene Anzahlungen Ähnlich wie mit dem Bilanzposten filr Zölle und Verbrauchsteuern wurde 1980807 mit § 5 III 2 Nr. 2808 im Einkommensteuerrecht ein Posten zur erfolgsneutralen Aktivierung der Umsatzsteuer geschaffen, die nach § 13 I Nr. la S.4 UStG auf getätigte Anzahlungen zu leisten ist. Dem vorangegangen war das Urteil des Bundesfinanzhofs von 1979809, das eine Aktivierung der Umsatzsteuer für den zu entscheidenden Fall gerade verneinte. Die erhaltene Anzahlung müsse vielmehr mit dem vollen Betrag ohne ergebnisneutralen Abzug der Umsatzsteuer passiviert werden und es dürfe nicht gegengebucht werden. Die Umsatzsteuer auf ausgewiesene erhaltene Anzahlungen gehöre zu den Sonderkosten des Vertriebs und falle damit unter das allgemeine durch § 153 11 AktG a.F. begründete Aktivierungsverbot filr Vertriebskosten. Sie dürfe daher nicht aktiviert werden. Eine Änderung durch das UStG 1967 sei insofern nicht eingetreten81O • An einer aktivierbaren Forderung mangele es, weil die Anzahlung die auf sie entfallene Umsatzsteuer bereits enthielte. Selbst wenn man aber die Anzahlung vollständig als Nettozahlung ansähe, wäre der Ausweis des Anspruchs auf die Umsatzsteuer unzulässig, da dieser Anspruch innerhalb des noch schwebenden Geschäfts nicht aktiviert werden dürfe sll • Auch ein transitiver Rechnungsabgrenzungsposten käme angesichts der klaren Regelung in § 152 IX AktG a.F. nicht in Betracht812 • Die bloße Möglichkeit, daß im Rahmen des Preises die Betriebsausgabe an den Dritten wieder zurückfließt, ließe die Aktivierung einer Forderung nicht zu8l3 • Die Ergebniswirksamkeit der Umsatzsteuer auf erhaltene Anzahlungen mußte nach Ansicht des Bundesfinanzhofs hingenommen werden. Demgegenüber betonte der Steuergesetzgeber nicht die maßgeblichen handelsrechtIichen Möglichkeiten der ergebnisneutralen Behandlung der Umsatzsteuer. Er zwang mit eigener Regelung den Steuerpflichtigen statt dessen dazu, die Umsatzsteuer auf erhaltene Anzahlungen durch Ansatz eines Sonderpostens erfolgsneutral zu behandeln. 807 Art. I Nr.2 des Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes, des Körperschaftsteuergesetzes und anderer Gesetze v. 20.August 1980, BGBI. I 1980, 15451555 (1545). 808 Entspricht dem heutigen §5 V 2 Nr.2 EStG. 809 BFH, Urteil v. 26.6.1979-VIII R 145178, BStBI. II 1979,625-627 (626f.). 810 BFH, a.a.O., 625. 811 Zu den Grundsätzen der Behandlung eines schwebenden Geschäfts, siehe auch oben S.117 (§ 10 B.) mit Fn.581. 812 BFH, a.a.O., 626. Siehe auch BFH, Urteil v. 19.06.1973-1 R 206171, BStBI. II
1973,774-775(775~ 813
BFH, BStBl. II 1979, 626f.
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§ 10 Die Zwecke der einzelnen Wahlrechte des Einzelabschlusses
b) Anwendbarkeit im Konzernabschluß aa) Ausschluß des Wahlrechts Im Konzernabschluß kann die Regel des § 250 I 2 HGB keinen Bestand haben. Bei den zwei Rechnungsabgrenzungsposten nach § 250 I 2 HGB handelt es sich, wie soeben ausgeführt, um steuerrechtliche Posten und nicht um transitive Rechnungsabgrenzungsposten im Sinne des § 250 I 1 HGB und im Sinne des Art. 18 S. 1 der Vierten Richtlinie der EG8I4 • Die handelsrechtlich abgrenzbaren Ausgaben sind nicht Aufwand filr eine bestimmte Zeit nach dem Abschlußstichtag, da der Zeitraum, in dem die spätere kompensierende Gegenleistung erfolgt, zeitlich noch nicht einmal begrenzbar ist. Aber auch die Lozierung als antizipativer Rechnungsabgrenzungsposten scheidet aus 815 • Zwar ordnete noch der RegE Gesetz 4. EG - Richtlinie die beiden Posten als antizipative Posten ein, die kUnftige Einnahmen vorwegnehmen 816 • Doch ergibt sich aus der Begründung des RegE Gesetz 4. EG - Richtlinie 8l7 , daß der Rechnungsabgrenzungsposten im Sinne des § 250 I 2 HGB zugelassen wurde, um wie im Steuerrecht, also einheitlich zu bilanzieren. Auch fehlt diesem Posten der Bezug auf eine bestimmte Zeit8l8 . Im übrigen hat der deutsche Handelsgesetzgeber antizipative Rechnungsabgrenzungsposten im Sinne der Artt. 18 S. 1, 21 S. 1 der Vierten Richtlinie der EG grundsätzlich nicht vorgesehen 8l9 • Der deutsche Gesetzgeber hat statt dessen das Mitgliedstaatenwahlrecht des Art. 18 S.2 der Vierten Richtlinie der EG genutzt und sich dafilr entschieden vorzuschreiben, daß "Erträge", "die erst nach dem Abschlußstichtag flHlig werden", statt als Rechnungsabgrenzungsposten unter den Forderungen auszuweisen sind.
814 Zur engen und weiten Auslegung des Merkmals des §2S0 I I HGB "bestimmte Zeit" Kupsch in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §2S0 Rdz.29-34; Schulze-Osterloh, Festschrift Forster, S.663-66S; ders. in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.ISS. 815 Federmann in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, §S Rdz.1979 ["Abgrenzungsposten besonderer Art, der einen aktivischen Wertansatz ergänzt"]; Hüttemann in HdJ, Abt.II/8 Rdz.4S,SI; Kupsch in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §2S0 Rdz.SO,60; Vogel, Die Rechnungslegungsvorschriften des HGB, S.S6. Ebenso Trützschler in Küting/Weber, HdR, Ia, §2S0 Rdz.26, SSf., der aber eine Einordnung als Rechnungsabgrenzungsposten für sinnvoll hält, obgleich es kein echter Rechnungsabgrenzungsposten sei. A.A. Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §2S0 HGB Rdz.13 [antizipativer Posten]. 816 AbS.2 S.2 der Begründung des RegE Gesetz 4.EG-Richtlinie zu §247 HGB-E [" ... Vorleistungen des Unternehmens ... "]. 817 Abs.2 S.3 der Begründung des RegE Gesetz 4.EG-Richtlinie zu §247 HGB-E. 818 Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.ISS. 819 Beachte die antizipative Wirkung der allgemeinen Aufwandsrückstellung. Siehe oben S.ISO -ISS (§ 10 C. 11.1.).
C. Wahlrechte steuerrechtlichen Ursprungs
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Als rein steuerrechtliches Wahlrecht muß es nach der Regelung des § 298 I HGB tUr den Konzernabschluß ausgeschlossen sein, weil der Konzernabschluß keine Maßgeblichkeit tUr die steuerrechtliche Gewinnermittlung hat. Denn das Wahlrecht ist mit der Eigenart des Konzernabschlusses nicht vereinbar. Im Konzernabschluß besteht grundsätzlich kein Bedarf nach umgekehrter Maßgeblichkeit, also nach einer Bilanzierung in Übereinstimmung mit der steuerrechtlichen Gewinnermittlung. Es gibt keine korrespondierende Steuerbilanz, die - jedenfalls der Möglichkeit nach - vorzugsweise einheitlich zum handeIsrechtlichen Konzernabschluß aufgestellt werden soll. Daher können die Bilanzierenden beim Konzernabschluß kein berechtigtes Interesse daran haben, in Übereinstimmung mit dem steuerrechtlichen Einzelabschluß zu bilanzieren. Ein gesetzlich sanktioniertes Interesse, in Übereinstimmung mit einer fiktiven Steuerbilanz des Konzerns zu bilanzieren, besteht nicht. Im Konzernabschluß besteht daher kein Recht, zwischen der Aktivierung von Zöllen und Verbrauchsteuern sowie von Umsatzsteuer auf Anzahlungen durch Rechnungsabgrenzungsposten und einer ergebnismindernden Bilanzierung zu wählen. bb) Ausschluß der Abgrenzung Die Ausgaben sind im Konzernabschluß aber zu aktivieren, soweit andere handelsrechtliche Vorschriften tUr den Einzelabschluß, die auf den Konzernabschluß anzuwenden sind, dies verlangen. Die Frage der Normenkonkurrenz zum Wahlrecht des § 250 I 2 HGB stellt sich im Konzernabschluß nicht820 • So sind die Ausgaben tUr Zölle und Verbrauchsteuern auf selbsthergestellte, noch nicht veräußerte Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens als Herstellungskosten des jeweiligen Erzeugnisses anzusehen 821 • So darf beispielsweise die Mineralölsteuerverbindlichkeit, die zwar nach der Herstellung, aber bei der Entfernung des Öls aus dem Steuerlager entsteht (§ 9 I MinöStG), ergebnisneutral gebucht werden, indem die Herstellungskosten um diesen Betrag erhöht werden. Zwar dient die Mineralölsteuer nicht mehr der Werterhöhung beim Produkt822 • Andererseits ist sie aber unabhängig vom Produktabsatz und kann schon deshalb nicht den Vertriebskosten zugeordnet werden. Die Mineralölsteuer wie auch andere vergleichbare Zölle und Verbrauchsteuern im Sinne des 820 Zur Nonnenkonkurrenz im EinzeIabschluß, siehe ClemmlNonnenmacher in Beck Bil-Komm., §266 Rdz.226; SchnickelBartels-Hetzler in Beck BiI-Komm., §250 Rdz. 37; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.156f. 821 AdlerlDüringlSchmaltz (6.), §250 Rdz.61; EllrottlFitzner in Beck BiI-Komm., §255 Rdz.453; IdW, HFA 5/1975 in WPg 1976, 59; KnoplKüting in Küting/Weber, HdR, Ja, §255 Rdz.206. AA BFH, Urteil v. 26.2.1975-R 72173, BStBI. II 1976, 16. 822 BFH, Urteil, a.a.O., 16, für die Biersteuer. Siehe auch BienerlBerneke, BiRiLiG, S.86. 12 Kramer
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§ 250 I 2 Nr. 1 HGB fallen daher nicht unter das Aktivierungsverbot des § 255 1I 6 HGB 823 • Sie verbessern die Verkehrsfiihigkeit des Gutes 824 und sind daher als verbessernde Ausgaben als Sondereinzelkosten der Fertigung nach §§ 255 II 112, 298 I HGB zu aktivieren 825 • Ob im Einzelabschluß noch eine Aktivierung als Rechnungsabgrenzungsposten gemäß § 250 I 2 Nr. 1 HGB oder sogar eine sofortige Aufwandsverrechnung826 in Betracht kommt827, kann wegen der fehlenden Normenkonkurrenz filr den Konzernabschluß letztlich offen bleiben. Ein solch weites Wahlrecht könnte nur auf der Vorschrift des § 250 12 Nr. 1 HGB beruhen, die aber gerade im Konzernabschluß nicht anwendbar ist. Im Konzernabschluß ist daher gemäß der §§ 255 II 2, 298 I HGB der Ausweis von Zöllen und Verbrauchsteuern auf selbsthergestellte Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens mit den Herstellungskosten in der Regel zwingend. Ein Wahlrecht zur aufwandswirksamen Bilanzierung besteht im Konzernabschluß nicht. Dieses Ergebnis steht im Einklang mit dem Gebot zur Herstellung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanzund Ertragslage durch den Konzernabschluß (§ 297 11 2 HGB). Durch die Neutralisierung der gegenwärtigen Ausgaben filr Zölle und Verbrauchsteuern auf Vorratsvermögen wird der Einblick in die Lage des Unternehmens verbessert, insbesondere der Einblick in die Ertragslage des Unternehmens, weil die Ausgaben erst in dem künftigen Geschäftsjahr erfolgswirksam werden, in dem der zugehörige Umsatz erbracht wird. Ebenso muß die als Aufwand berücksichtigte Umsatzsteuer auf Anzahlungen im Konzernabschluß erfolgsneutral behandelt werden. Zwar kann sie nach § 255 II 6 HGB nicht zu den Herstellungskosten gerechnet werden, da sie infolge des Vertriebs anflillt828 • Die Anzahlung enthält aber mit dem Teil, der die Umsatzsteuer ausmacht, eben den Betrag, der zur Deckung der Umsatzsteuer
So aber BFH, Urteil v. 26.2.1975-R 72173, BStBl. 11 1976, 13-16 (16). IdW, HFA 5/1975 in WPg 1976, 59 825 Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §250 HGB Rdz.114; Schnicke 1 Bartels-Hetzler in Beck BiI-Komm., §250 Rdz.37; Schulze-Osterloh in Baumbachl Hueck, GmbHG, §42 Rdz.295; Trützschler in Küting/Weber, HdR, Ia, §250 RdZ.66. 826 Sofern keine Anschaffungskosten/Herstellungskosten vorliegen Adlerl DüringlSchmaltz (6.), §250 Rdz.61; Erle, BB 1988, 1083; Kupsch in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §250 Rdz.51,56; SchnickelBartels-Hetzler in Beck BiI-Komm., §250 Rdz.4l. 827 Dazu AdlerlDüringl Schmaltz (6.), § 250 Rdz.60f. Siehe auch Erle, BB 1988, 1083 m.w.N.; KnoplKüting in Küting/Weber, HdR, Ia, §255 Rdz.207-210; Trützschler in Küting/Weber, HdR, Ia, §250 Rdz.59, 71-73. 828 KnoplKüting in Küting/Weber, HdR, Ia, §255 Rdz.211; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.295. Siehe auch oben S.159 (§ 10 C.I1. 2. a) aa». 823
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C. Wahlrechte steuerrechtlichen Ursprungs
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vorhanden ist829 • Unter dieser Voraussetzung ist es nicht sachgerecht und mit dem "true and fair view"-Grundsatz nicht zu vereinbaren, diesen Betrag aufwandswirksam zu verbuchen. Da die Umsatzsteuer seit UStG 1967 nur ein durchlaufender Posten ist, muß auch die mit der Anzahlung passivierte Umsatzsteuer erfolgsneutral bilanziert werden. Die Anzahlung ist daher im Konzemabschluß netto, d.h. ohne Umsatzsteuer zu passivieren83o .
3. Wahlrecht zur Einbeziehung von Fremdkapitalzinsen in den Posten Herstellungskosten
Nach § 255 III 2 HGB dürfen im Einzelabschluß Zinsen tUr Fremdkapital, die auf den Herstellungszeitraum fallen, bei der Bewertung eines selbsthergestellten Vermögensgegenstandes durch Einbeziehung in die Herstellungskosten berücksichtigt werden. Nach der deutlichen Formulierung des § 255 III I HGB aber "gehören diese Zinsen tUr Fremdkapital nicht zu den Herstellungskosten"831 . Das Gesetzt geht mithin davon aus, daß es sich um Ausgaben handelt, die nach § 255 III 2 HGB als Herstellungskosten fingiert werden 832 und allein aufgrund dieser Sonderregelung aktivierbar sind. Den Grund datUr, daß der Gesetzgeber bei dieser Betrachtung dennoch einen Ausweis der Fremdkapitalzinsen mit den Herstellungskosten zuläßt, ergibt sich aus der Begründung des RegE Gesetz 4. EG - Richtlinie 833 . Der Gesetzgeber hat die Regelung über die Herstellungskosten besonders an die steuerrechtliche Regelung in Abschn. 33 EStR angelehnt834 . In Anlehnung an das steuerrechtliche So auch BFH, Urteil v. 26.6. I 979-VIII R 145/78, BStB\. II 1979,625-627 (626) So für den Einzeiabschluß NiehuslScholz in Meyer-LandrutiMiller/Niehus, GmbHG, §§238-335 HGB Rdz.507; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.157 m.w.N.; Trützschler in Küting/Weber, HdR, Ia, §250 Rdz.69f. Nettomethode jedenfalls vorzugswürdig, da Bilanzverlängerung durch doppelten Schuldausweis nicht im Interesse der Bilanzklarheit sei: AdlerlDüringlSchmaltz (6.), §250 Rdz.77, §266 Rdz. 211 f. Ebenso ClemmlNonnenmacher in Beck BiI-Komm., §266 Rdz.226; Hüttemann in HdJ, Abt.III/8 Rdz.l06, 108. Einschränkend Knop in Küting/Weber, HdR, Ia, §268 RdZ.215. 831 Beachte S.2 der Begründung zu Art. 33 IV des Vorschlags einer Vierten Richtlinie der EG, der von Gemeinkosten ausgeht. Zur Kritik an der Einordnung durch das deutsche Gesetz IdW, HFA 5/1991, 3; KnoplKüting in Küting/Weber, HdR, Ia, §255 RdZ.333. 832 Siehe besonders §260 IV HGB-E. Ebenso EllrottlSchmidt-Wendt in Beck BilKomm., §255 Rdz.502. Zur fehlenden Anschaffungskosten-lHerstellungskostenqualität der Fremdkapitalzinsen BFH, Urt. v. 24.5.1968, VI R 6/67, BStB\. Il 1968, 574 [ausdrücklich zu Anschaffungskosten]. Siehe auch Herrmannl Heuerl Raupach, EStG/KStG, §6 Rdz.988 m.w.N.; Hojbauer in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §255 Rdz.69. 833 Abs.8 S.2 der Begründung des RegE Gesetz 4.EG-Richtlinie zu §260 HGB-E. 834 So ausdrücklich AbS.7 S.1 der Begründung des RegE Gesetz 4.EG-RichtIinie zu §260 HGB-E. 829 830
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§ 10 Die Zwecke der einzelnen Wahlrechte des Einzelabschlusses
Wahlrecht des Abschn. 33 VII 3 EStR835, das die Einbeziehung der zusammenhängenden 836 Fremdkapitalzinsen in die Herstellungskosten zuläßt, sollte auch für die Handelsbilanz ein entsprechendes Wahlrecht geschaffen werden, um eine entsprechende Bilanzierung in der Handelsbilanz zu ermöglichen. Insofern stellt sich dieses Wahlrecht schon nach Ansicht des Gesetzgebers als Bewertungshilfe 837 dar, die deshalb ausdrücklich von der Definition der Herstellungskosten abgesondert wurde. Im Konzernabschluß darf diese Bewertungshilfe daher nicht zur Anwendung kommen. Es handelt sich eben nicht um eine handelsrechtliche Billigkeitsregelung, die wie das Wahlrecht zum Ansatz von Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen und das Wahlrecht zum Ansatz des Geschäftswertes auch im Konzernabschluß ihre Berechtigung hat. Der Gesetzgeber hat das Wahlrecht, Fremdkapitalzinsen in die Herstellungskosten einzubeziehen, gerade nicht im Rahmen der Begriffsbestimmung der Herstellungskosten des § 255 II HGB, gewissermaßen als besondere Art von Herstellungskosten geregelt. Vielmehr geht es um die Ermöglichung handelsrechtlich und steuerrechtlich einheitlicher Ergebnisermittlung838 •
D. Unsicherheits- / Vereinfachungswahlrechte Neben den bisher erläuterten Wahlrechten bestehen uneigentliche Wahlrechte 839 , die ihren Grund in Bewertungsproblemen haben. Zwar geben auch diese Wahlrechte dem Bilanzierenden die Möglichkeit, das Rechnungslegungswerk zu gestalten. Doch betreffen sie Bewertungsentscheidungen, in denen auch die gesetzlich bestimmten Abschlußzwecke keine eindeutige Entscheidung ermöglichen, die daher der Bewertungsunsicherheit geschuldet sind.
835 Aufgrund der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über die Änderung und Ergänzung der t:;:inkommensteuer-Richtlinien rur das Kalenderjahr 1972 (EStR 1975), BStBI. I 1976, Sondernummer 1/76. 836 Die Zinsen rur den Herstellungszeitraum können einbezogen werden, wenn der Kredit nachweislich in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Herstellung aufgenommen worden ist. 8J7 Ebenso EllrottfSchmidt-Wendt in Beck BiI-Komm., §255 Rdz.502; Hofbauer in HofbauerfKupsch, BoHR, §255 Rdz.70; NiehuslScholz in Meyer-LandrutiMillerl Niehus, GmbHG, §§238-335 HGB Rdz.235. A.A. Adler/DüringfSchmaltz (6.), §255 Rdz.210; Knopf Küting in KütingfWeber, HdR, Ja, §255 Rdz.336 ["unterscheiden sich ... materiell nicht von den übrigen Gemeinkostenarten."]. 838 Abs.8 S.2 der Begründung des RegE Gesetz 4.EG-Richtlinie zu §260 HGB-E. 839 Lutter, OB 1979, 1292.
D. Unsicherheits-N ereinfachungswahlrechte
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I. Abschreibungswahlrecht zur Erfassung von Wertschwankungen
Mit dem Recht zur Vornahme außerplanmäßiger Abschreibungen beim Umlaufvermögen wegen künftiger Wertschwankungen (§ 253 III 3 HGB) wird dem Bilanzierenden beim Einzelabschluß scheinbar ein originäres Recht zur Vorwegnahme von Ausgaben eingeräumt, obgleich die Ausgaben nicht nur erst in folgenden Geschäftsjahren840 eintreten, sondern sich auch erst in folgenden Geschäftsjahren realisieren. Dennoch handelt es sich nicht um eine vom Gesetz zugelassene Verlustantizipation durch das Instrument der Unterbewertung841 . Der Gesetzgeber hat dem Bilanzierenden mit § 253 III 3 HGB nicht das Recht eingeräumt, willkürlich stille Reserven zu bilden842 • Der Zweck der Möglichkeit zur Abschreibung nach § 253 III 3 HGB liegt darin, die Schwierigkeiten auszugleichen, die bei der Bewertung von Vermögensgegenständen entstehen, die in ihrem Wert stark schwanken, wie beispielsweise Weltmarktrohstoffe. Diesen Zweck des Abschreibungswahlrechts dokumentiert insbesondere die Begründung des Richtlinienrechts. Für das Abschreibungswahlrecht beim Umlaufvermögens stellt die Begründung zu Art. 36 I lit. c des Vorschlags einer Vierten Richtlinie der EG843 klar, daß dieses Wahlrecht Abwertungen bei solchen Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens zulassen will, deren Wert starken Schwankungen unterliegt844. § 253 III 3 HGB ist mithin Ausnahmevorschrift im Rahmen der Bewertung des Umlaufvermögens zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzüglich planmäßiger Abschreibungen und außerplanmäßiger Abschreibungen wegen eines niedrigeren beizulegenden Wertes nach § 253 III 2 HGB. Die Regelung darf daher nicht als freies Wahlrecht mißverstanden werden; sie ist ausschließlich zweckgebundenes . Wahlrecht. Der Ausnahmecharakter findet seine Bestätigung in den Grundsätzen des Bilanzrichtlinien-Gesetzes, die eine Vorwegnahme zukünftiger Ausgaben, die auch künftigen Geschäftsjahren zuzuordnen sind, grundsätzlich nicht zulas-
840 Als Zeitraum der nächsten Zukunft im Sinne des §253 III 3 HGB ist nach RG, Urt. v. 11.2.1927, II 94/26, RGZ 116, 119 (133), ein Zeitraum von zwei Jahren anzusetzen. AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §253 Rdz.557; Schulze-Osterloh in Baumbach/ Hueck, GmbHG, §42 Rdz.315 m.w.N. 841 Ähnlich Döring in Küting/Weber, HdR, Ia, §253 Rdz.179; Ellroft/Schulz/ Bai! in Beck Bil-Komm., §253 Rdz.617; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.315. 842 AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §253 Rdz.542; Ellroft/Schulz/Bail in Beck BilKomm., §253 Rdz.616. 843 Des späteren Art. 39 I c der Vierten Richtlinie der EG. 844 Als Beispiel nennt die Richtlinie NE-Metalle. Weitere Beispiele bei Adler/ Düring/Schmaltz (6.), §253 Rdz.550.
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§ 10 Die Zwecke der einzelnen Wahlrechte des Einzelabschlusses
sen845 • Nach § 252 I Nr.4 HGB dürfen lediglich solche Verluste und Risiken vorweggenommen und ausgewiesen werden, die bereits entstanden sind, nicht aber künftige Aufwendungen. Insofern ist eine nach § 253 III 3 HGB vorgenommene Abschreibung nicht Ausnahme zum Realisationsprinzip, sondern vielmehr Ausdruck des allgemeinen V orsichtsprinzips 846. Während die außerplanmäßigen Abschreibungen beim Umlaufvermögen auf den niedrigeren beizulegenden Wert im Sinne des Vorsichtsprinzips die Vorwegnahme künftiger Abschreibungen verlangen, weil sich die Verwertbarkeit des Vermögensgegenstandes gegenwärtig verschlechtert' hat 847 und damit die zu erwartenden Umsatzerlöse bereits im gegenwärtigen Geschäftsjahr gemindert sind, soll mit der Abschreibung wegen Wertschwankungen tUr eine vorsichtige Bewertung848 berücksichtigt werden, daß die Bewertung von Umlaufvermögen auf den Bilanzstichtag von Zufall geprägt und damit unsicher sein kann. Die Abschreibung wegen Wertschwankungen ist also nicht echte Verlustantizipation im Sinne eines weiten Vorsichtsprinzips durch Antizipation von Wertverlusten, die nach dem Bilanzstichtag verursacht werden 849 • Vielmehr geht es um eine vorsichtige Bewertung zum Abschlußstichtag. Bei der Bewertung von Umlaufvermögen, dessen Wert aufgrund seiner Eigenart, nämlich aufgrund von Wertschwankungen, nur schwer zu bestimmen ist, soll zur Objektivierung des Wertansatzes die künftige Entwicklung in begrenztem Umfang mit berücksichtigt werden 850 •
Zur Vorwegnahme künftiger Ausgaben, siehe oben S.I51 -153 (§ 10 C. 11. 1. a». Dazu Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, OmbHO, §42 Rdz.17. Zum allgemeinen Vorsichtsprinzip, siehe auch oben S.56 -58 (§4 D.) mit Fn.324 und S.115 -117 (§ 10 B. I. 2.). 847 AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §253 Rdz.484; Döring in Küting/Weber, HdR, Ia, §253 Rdz.I57; Ellrott/Schulz/Bail in Beck Bil-Komm., §253 Rdz.508; Sigle in Küting/ Weber, HdR, Ia, §277 Rdz.93; Wohlgemuth in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §253 Rdz. 142. 848 AbS.8 S.3/4 des Berichts des Rechtsausschusses zu §253 HOB. Vgl. zu den Voraussetzungen Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §253 HGB Rdz.I06 [keine willkürliche Verlustantizipation]. 849 So aber AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §253 Rdz.544; Döring in Küting/Weber, HdR, Ia, §253 Rdz.179; Ellrott/Schulz/Bail in Beck Bil-Komm., §253 Rdz.617; Glade, Praxishandbuch Rechnungslegung, §253 Rdz.507; Hofbauer in Hofbauer/Kupsch, BoHR, §253 Rdz.I73f.; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, OmbHO, §42 Rdz.315; Woh/gemuth in HdJ, AbU/lI, Rdz.34. 850 Ähnlich LefJson, OoB, Abschn.568 (S.423f.), der allerdings für die gegenwärtige Bewertung grundsätzlich auf den Verkaufspreis im Zeitpunkt der Veräußerung abstellt. Ähnlich auch Schildbach in HURB, Wertschwankungen, S.429, 431 [nachprüfbare Werte). 845
846
D. Unsicherheits-N ereinfachungswahlrechte
167
Nur bei Vorliegen derartiger objektiver Kriterien851 ist die Vorschrift anwendbar. Eine weite Auslegung der Vorschrift, die eine Bildung stiller Reserven nach jeweiliger kaufinännischer Beurteilung zulassen würde, ist nicht zulässig. Einen derart weiten Anwendungsbereich wollte der Gesetzgeber ausdrücklich nicht8s2 • Für eine solche Absicht hätte es im übrigen angesichts des allgemeinen Grundsatzes zur Herstellung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage (§ 264 II 1 HGB) rur Kapitalgesellschaften einer ausdrücklichen Regelung bedurft. Eine weite Auslegung ist daher unzulässig. Das Wahlrecht des § 253 III 3 HGB ermöglicht also nicht allgemein die Vorwegnahme irgendwelcher künftigen Abwertungsrisiken bei Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens853 • Es kann daher schon rur den EinzeIabschluß nicht im weiteren Sinne der nahezu gleichlautenden Formulierung des § 155 III Nr.l AktG a.F. verstanden werden. Das Wahlrecht ist also nicht bloß Nachfolger der aktiengesetzlichen Regelung854 • Danach war die Bilanzgestaltung zu Gunsten einer Verlustantizipation als auch einer Bilanzglättung855 erlaubt. Nunmehr ist das Wahlrecht auf der Grundlage des Grundsatzes einer vorsichtigen Bewertung eng auszulegen. Im Konzernabschluß ist dieses Wahlrecht nach den §§ 253 III 3, 298 I HGB daher auch anwendbar. Als Unsicherheitswahlrecht, das Zufallsbewertungen ausgleichen soll, bleibt die Abwertungsmöglichkeit gemäß § 253 III 3 HGB beim Umlaufvermögen nach § 298 I HGB auch im Konzernabschluß bestehen. Die Überlegung, die künftige unsichere Entwicklung bei der Bilanzierung im Wert stark schwankender Vermögens gegenstände des Umlaufvermögens zu berücksichtigen, greift auch hier. Anders als bei den Wahlrechten im Spannungsfeld zwischen Gläubiger- und Gesellschafterinteresse und den Wahlrechten steuerrechtlichen Ursprungs ist die zugrunde liegende Überlegung nicht untrennbar mit den EinzeIabschlußzwecken verbunden und darüber hinaus mit der Eigenart des Konzernabschlusses vereinbar.
Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, §42 Rdz.315. Abs.8 S.3,4 des Berichts des Rechtsausschusses zu §253 HGB. 853 So aber offenbar die h.M. AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §253 Rdz.544; Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §253 HGB Rdz.105; Ellrott/Schulz/Bail in Beck BiI-Komm., §253 Rdz.616. 854 Siehe die in Fn.853 Genannten. 855 Kropf! in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, § 155 Rdz.53. Zur Auslegung ders., a.a.O., Rdz.54-57. Kritisch zu der weiten Auslegung des Wahlrechts nach Aktiengesetz 1965 schon Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (1.), § 155 Rdz.26. 851
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§ 10 Die Zwecke der einzelnen Wahlrechte des Einzelabschlusses 11. Bewertungsvereinfachungsverfahren
Auch die vom Bilanzrichtlinien-Gesetz fiir den Einzelabschluß vorgesehenen Bewertungsvereinfachungsverfahren begründen keine Wahlrechte, die im Hinblick auf den besonderen Konzernabschlußzweck in ihrer entsprechenden Anwendbarkeit in Frage stehen. Ausgangspunkt dieser Verfahren ist der Gedanke, daß in bestimmten Fällen die Kosten der Informationsbeschaffung und der Nutzen gerade dieser Informationen ftir die Adressaten in einem Mißverhältnis stehen 856 . Durch die zugelassene Vereinfachung wird die Aussageflihigkeit des Konzernabschlusses nur unbedeutend eingeschränkt, während demgegenüber die Kostenersparnis fiir die Bilanzierung verhältnismäßig hoch ist. So wollen die generalisierenden Verbrauchsfolgeverfahren ftir vergleichbares Vorratsvermögen857 gemäß § 256 S. 1 HGB wie beispielsweise "first in -last out" oder "last in - first out,,858 dem Kaufmann die buchhalterische Verfolgung jedes einzelnen Vermögensgegenstandes des Vorratsvermögens, was der Grundsatz der Einzelbewertung nach § 250 I Nr. 3 HGB erfordern würde, ersparen 859 . Ebenso wirkt § 256 S.2 HGB vereinfachend, wenn er das Festwertverfahren (§ 240 III HGB) und die Gruppenbewertung (§ 240 IV HGB), die die Inventur vereinfachen sollen, auch fiir die Bilanzaufstellung fiir anwendbar erklärt. Auch hier wird die individualisierende Buchhaltung entbehrlich. Dieser Zweck der Wahlrechte, der Vereinfachungsgedanke, kommt auch im Konzernabschluß zum Tragen. Die unter den Voraussetzungen der §§ 256, 240 III, IV HGB vereinfacht bewerteten Vermögensgegenstände können daher ebenso im Konzernabschluß bewertet werden. Auch hier besteht ein Bedürfuis nach Erleichterung der Bewertung bei Vermögensgegenständen, bei denen die Ermittlung der Anschaffungs- und Herstellungskosten nach dem Prinzip der Einzelbewertung (§ 252 I Nr. 3 HGB) typischerweise auf Schwierigkeiten stößt. Im übrigen ist im Konzernabschluß eine Neubewertung nicht unbedingt notwendig, da fiir den Konzernabschluß keine gesonderte Buchhaltung zwingend zu fiihren ist860 .
Baur, BB 1981,768 (I.Sp.). §266 JI B,I,I-3 HGB. 858 Zu diesen und weiteren Verfahren, siehe nur AdlerlDüring/Schmaltz (6.), §256 RdZ.6,28-75. 859 Adler/ Düring/Schmaltz (6.), §256 Rdz.7; Claussen in Kölner Kommentar z. AktG (2.), §256 HGB RdZ.3. 860 Siehe auch oben S.55 (§4 C. 11. 3.) mit Fn.309. 856
857
Vierter Teil
Schluß betrachtung § 11 Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse Bisher wird der Konzernabschluß in Deutschland, soweit es die gesetzliche Bilanzierungs- und Prüfungspflicht betrifft, überwiegend als ein Abschluß angesehen, der als bloß unselbständige Ergänzung neben die Einzelabschlüsse der Konzernunternehmen tritt. Dies obgleich die besondere eigene rechtstatsächliche Bedeutung des Konzernabschlusses erkannt ist. Diese Zurückhaltung hinsichtlich der eigenen Bedeutung des Konzernabschlusses fUhrt auch nach Inkrafttreten des Bilanzrichtlinien-Gesetzes dazu, daß die Vorschriften aus dem Einzelabschlußrecht bzw. die Ansätze und Bewertungen aus den Einzelabschlüssen der Konzernunternehmen unverändert übernommen werden und damit die Beeinträchtigungen des den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage im Einzelabschluß, namentlich durch Ausnutzen der Wahlrechte im Sinne einer Bilanzpolitik, im Konzernabschluß entgegen § 29711 2 HGB fortgefUhrt werden. Die vorliegende Arbeit hat gezeigt, daß diese Auslegung des Konzernabschlusses als bloße Ergänzung zu den Einzelabschlüssen mit Rücksicht auf die Neuerungen des Bilanzrichtlinien-Gesetzes nicht mehr möglich ist. Das Festhalten an den Regeln des Einzelabschlusses muß nach den neuen Vorschriften konkret mit Rücksicht auf den neuen gesetzlichen Zweck des Konzernabschlusses begründet werden. Dabei darf kein Widerspruch zu den Wertungen der Siebenten Richtlinie der EG entstehen. Die Untersuchung hat ebenfalls deutlich gemacht, daß die Ausübung von Wahlrechten aus dem Einzelabschlußrecht fiir den Fall einer neuen, vom Einzelabschluß unabhängigen Bilanzierung nach der gegenwärtigen Rechtslage nur in beschränktem Umfang möglich ist. Denn die deutschen Vorschriften zur Rechnungslegung im Konzern wurden durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz in verschiedenen Bereichen geändert. Ziel dieser Arbeit war es, zu zeigen, daß durch diese Neuregelung die Voraussetzungen fUr ein eigenständiges Bilanzrecht geschaffen wurden, bei dem mit Rücksicht auf den Zweck des Konzernabschlusses die Rechte zur alternativen Bilanzierung (Wahlrechte) nach dem Ermessen des Kaufmanns stark eingeschränkt sind. Ausgehend von der Darstellung der historischen Entwicklung des Bilanzrichtlinien-Gesetzes861 , der Diskussion auf der Ebene der Europäischen Ge-
170
§ 11 Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse
meinschaften 862 und der aktuellen Entwicklungen863 wurde dargelegt, daß die weitere Angleichung auf europäischer Ebene ins Stocken gekommen ist. Statt dessen nimmt die Bedeutung der privaten lAS faktisch derart zu, daß sie künftig - jedenfalls rur börsennotierte Aktiengesellschaften - auch rur das deutsche Recht eine wesentliche Vorbildfunktion haben werden 864 . Hierbei wurde deutlich, daß auch rur eine Integration der internationaler Regelungen der lAS wie bei Integration der BilanzrichtJinien der Europäischen Gemeinschaften der Zwang zur Vereinheitlichung besteht, wenn nicht die Vergleichbarkeit und Austauschbarkeit von Daten aus der Konzernrechnungslegung eingeschränkt bleiben so1l865. Auch rur die lAS besteht mithin das Anpassungsproblem fort. Es wird nicht durch die bloße Entscheidung nunmehr auf internationaler Ebene erledigt. Es wurde gezeigt, daß trotz der internationalen Entwicklungen und mit Rücksicht auf das Fortbestehen des Anpassungsproblems auch ftlr die lAS eine zulässige Fortentwicklung des Konzernbilanzrechts auf der Grundlage der Siebenten Richtlinie der EG möglich und notwendig ist. Vor diesem Hintergrund wurde im folgenden der Zweck des Konzernabschlusses866 entwickelt und von den Zwecken des Einzelabschlusses867 unterschieden. Als Zweck des Konzernabschlusses wurde die Aufgabe ermittelt, Information über die Konzernunternehmen als Ganzes zu geben. Anschließend wurde gezeigt, wie dieser spezifische Informationszweck des Konzernabschlusses durch die Regelungen des Konzernabschlußrechts nach dem Bilanzrichtlinien-Gesetz868 im Unterschied zu denen des Aktiengesetzes 1965 869 zur Geltung gebracht wird. Ausgehend vom Zweck des Konzernabschlusses wurden dann die Folgen ftlr die Anwendung der Wahlrechte aus dem EinzeIabschlußrecht generel1 dargetan 87o . Es zeigte sich, daß die Vorschriften aus dem EinzeIabschlußrecht nicht nach den uneinheitlichen Vorschriften ftlr die eigentliche Konsolidierung, den §§ 300,308 HGB 87I , sondern nach der Generalklausel des § 298 I HGB in das
861 S.5-13 (§2 A.1. und 11.). 862 S.13 -18 (§2 B.I.). 863 S.19 -23 (§2 B. 11.). 864 S.24 -26 (§2 B. III.). 865 S.26 -29 (§2 C.). 866S.40_41 (§4). 867 S.30 -39 (§3). 868 S.48 -55 (§4 C. 11. und D.). 869 S.45 -47 (§4 C. 1.). 870 S.56 -59 (§4 E.).
§ 11 Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse
171
Konzernabschlußrecht einbezogen sind872 , die eine allen anderen Vorschriften gegenüber vorrangige Beschränkung nach dem Zweck des Konzernabschlusses vorsieht. Diese nunmehr gebotene Auslegung der Generalklausel als erstes Prinzip, die im Aktiengesetz a.F. mit Rücksicht auf die Maßgeblichkeit der Einzelabschlußansätze noch nicht möglich war, verlangt nunmehr, bei jeder Einzelabschlußvorschrift zu prüfen, ob sie mit dem ermittelten spezifischen Informationszweck des Konzernabschlusses vereinbar und im Bilanzrecht des Konzernabschlusses überhaupt oder unter Umständen nur modifiziert anwendbar sind873 • Dabei wurde festgestellt, daß die Eigenart des Konzernabschlusses, nach der gemäß § 298 I HGB die Einzelabschlußvorschriften, also auch die Wahlrechte, anzupassen sind, gerade in der Einheitlichkeit des Konzernabschlusses und in seinem spezifischen Informationszweck zu sehen ist874 • Namentlich tUr die Wahlrechte wurde die Neukonzeption des Bilanzrichtlinien-Gesetz im Unterschied zu der des Aktiengesetzes 1965 verdeutlicht875 . Schließlich wurde tUr die einzelnen Wahlrechte überprüft, ob sie überhaupt und unter Umständen nur eingeschränkt zur Anwendung kommen dürfen876 • Hierbei wurden auf der Grundlage der Unterscheidung nach dem gesetzlichen Zweck jedes einzelnen Wahlrechts verschiedene Wahlrechtsgruppen ausgemacht, nach denen die Frage der Anwendbarkeit im Konzernabschluß beurteilt werden muß. So war zwischen Billigkeitswahlrechten, Wahlrechten zur Periodisierung der Erträge, Wahlrechten im Spannungsfeld zwischen Gläubigerund Gesellschafterinteresse, Wahlrechten steuerrechtlichen Ursprungs sowie Unsicherheits- und Vereinfachungswahlrechten zu unterscheiden. Danach ergab sich, daß bei einer Neubilanzierung folgende Wahlrechte bei der Erstellung des Konzernabschlusses keine Anwendung finden dürfen: •
Zölle und Verbrauchsteuern auf Vorratsvermögen sowie Umsatzsteuer auf erhaltene Anzahlungen sind nicht aufgrund des Wahlrechts des § 250 I 2 HGB zu aktivieren.
•
Das Wahlrecht zum Ansatz latenter Steuern (§ 274 11 1/2 HGB) reduziert sich im Konzernabschluß zum Ansatzgebot.
S.30 -76 (§7 A.). S.76 -77 (§ 7 B.). 873 S.79 -90 (§8 B.). 874 S.8S -90 (§8 B. IV.). 875 S.93 -96 (§9). 876 S.98 -164 (§ 10). 871
872
172
§ 11 Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse
•
Aufwandsrückstellungen (§ 249 I 2, II HGB) müssen im Konzernabschluß zwingend ausgewiesen werden.
•
Das Wahlrecht zur Einbeziehung von Gemeinkosten bei Ermittlung der Herstellungskosten (§ 255 II 3/415 HGB) reduziert sich unter Einschluß der von § 255 11 1III HGB erfaßten fixen Gemeinkosten zum Ansatzgebot.
•
Fremdkapitalzinsen (§ 255 III 2 HGB) dürfen im Konzernabschluß nicht in den Posten Herstellungskosten einbezogen werden.
•
Die Wertminderung von Finanzanlagevermögen (§§ 253 II 3/1.Hs., 279 I 2 HGB) kann - wie bei sonstigem Anlagevermögen der Kapitalgesellschaft - im Konzernabschluß nur dann ausgewiesen werden, wenn sie dauerhaft gegeben ist.
•
Rein steuerrechtliche Abschreibungen (§§ 279 11, 254 HGB), Wertberichtigungen (§ 281 I 1 HGB) sowie die steuerrechtlieh zulässige Beibehaltung eines niedrigeren Wertansatzes (§ 280 II HGB) kommen im Konzernabschluß nicht in Betracht.
•
Steuerrechtlich begründete Sonderposten (§§ 273, 247 III HGB) sind im Konzernabschluß unzulässig.
•
Das Wahlrecht zur planmäßigen Abschreibung des Geschäfts- oder Firmenwertes (§ 255 IV 3 HGB) kommt nicht zur Anwendung. Es gilt allein die Auflösung innerhalb von filnf Jahren.
•
Das Disagio ist nicht fakultativ, sondern zwingend zu aktivieren und abzuschreiben, sofern laufzeitabhängiger Zins vorweggenommen wird.
Demgegenüber bleiben im Konzernabschluß nach der gegenwärtigen Rechtslage folgende Wahlrechte bestehen: •
Das Ansatz- und Bewertungswahlrecht filr Ingangsetzungs- und Erweiterungsausgaben (§§ 269, 282).
•
Das Wahlrecht hinsichtlich Bilanzierung des Geschäftswertes (§ 255 IV 1 HGB).
Folgende Regelungen sind keine eigentlichen Wahlrechte und bleiben auch im Konzernabschluß bestehen: •
Die Möglichkeit zur Abwertung gemäß § 253 III 3 HGB filr im Wert stark schwankende Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens.
•
Die Verfahren der Bewertungsvereinfachung (§§ 256, 240 IIII IV HGB).
Dokumentenverzeichnis Änderungsvorlage des Rates der Europäischen Gemeinschaften zu einer Siebenten Richtlinie der EG
Änderungsvorlage des Rates der Europäischen Gemeinschaften von 1979 EG, Der Rat, Geänderter Vorschlag für einer 7.EG-Richtlinie des Rates, Dok. Nr. 8233/79, BrUssel 20.7.1979.
AktG a.F.
Aktiengesetz vom 6. September 1965, BGBl.I 1965, 1089-1184.
AktG-E
Entwurf eines Aktiengesetzes mit dem Schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses (12.Ausschuß) und Bericht des Abgeordneten Dr. Wilhelmi, BT-Drs. IV/3296, zu Drs.IV/3296 (Anhang). Abgedruckt auch bei Kropff, Bruno, Aktiengesetz. Textausgabe des Aktiengesetzes vom 6.9.1965, DUsseldorf 1965, IDW.
Beschlußempfehlung/Bericht des Rechtsausschusses HGB
Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses (6.Ausschuß) zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Vierten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Bilanzrichtlinie-Gesetz), Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Siebenten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts, BTDrs.1O 1 4268 vom 18.11.85. Abgedruckt auch bei Biener, Herbert! Berneke, Wilhe1m, Bilanzrichtlinien-Gesetz, Düsseldorf 1986, IDW. [Materialien BWL A 86/4050] und Hofbauerl Kupsch, BoHR.
Beschlußempfehlung/Bericht des Rechtsausschusses KapAEG
Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses (6.Ausschuß) zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Wettbewerbsfliliigkeit deutscher Konzerne an internationalen Kapitalmärkten und zur Erleichterung des Aufnahme von Gesellschafterdarlehen,
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Dokumentenverzeichnis Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz KapAEG), BT-Drs.13/9909 vom 12.02.1998.
Geänderter Vorschlag einer Siebenten Richtlinie der EG
Geänderter Vorschlag einer siebenten Richtlinie des Rates nach Artikel 54 Abs.3 Buchst. g) des Vertrages über den Konzernabschluß, vorgelegt am 14.12.1978, ABI. EG Nr. C 14 v. 17.1.1979, 2-23. Abgedruckt mit Begründung bei Biener, AG, KGaA, GmbH, Konzerne, Köln 1979, S. 227 265, 287 - 289. Auch bei Biener/ Schatzmann, Konzernrechnungslegung, S. 132 -190.
Geänderter Vorschlag Richtlinie der EG
Geänderter Vorschlag einer vierten Richtlinie des Rates auf Grund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter hinsichtlich der Gliederung und des Inhalts des Jahresabschlusses und des Lageberichts sowie hinsichtlich der Bewertungsmethoden und Offenlegung dieser Dokumente vorgeschrieben sind, vorgelegt am 26.2.1974. Abgedruckt bei Schruff, Lothar (Hrsg.), Entwicklung der 4.EG-Richtlinie (Bilanzrichtlinie). Synoptische Darstellung der Bilanzrichtlinie unter Berücksichtigung der Vorfassungen mit amtlichen Begründungen und weiteren Materialien, Düsseldorf 1986, IDW, entspricht Schruff, Lothar, Rechnungslegung und Prüfung der AG und der GmbH nach neuem Recht (4. EG-Richtlinie), Düsseldorf 1978, IDW.
einer
Vierten
HGB-E / RegE Gesetz 4.EG-Richtlinie
Entwurf eines Gesetzes zur Durchfiihrung der Vierten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts, BT-Drs.IO/317 vom 26.08.1983. Abgedruckt auch bei Biener/Bernecke, Bilanzrichtlinien-Gesetz, Düsseldorf 1986, und Hofbauer/Kupsch, BoHR.
HGB-EK / RegE Richtlinie
Entwurf eines Gesetzes zur Durchfiihrung der Siebenten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts, BT - Drs. 10/3440 vom 03.06.1985. Abgedruckt auch bei Bie-
Gesetz
7.18.EG-
Dokumentenverzeichnis
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nerlBernecke, Bilanzrichtlinien-Gesetz, Düsseldorf 1986, und HofbauerlKupsch, BoHR.
HGB-E-KapAEG
Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Wettbewerbsfiihigkeit deutscher Konzerne an internationalen Kapitalmärkten und zur Erleichterung der Aufnahme von Gesellschafterdarlehen (Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetzes-KapAEG)BT-Drs. l31 7141.
lAS
International Accounting Standards
IASC
International Accounting Standards Committee
Siebente Richtlinie der EG
Siebente Richtlinie des Rates vom l3. Juni 1983 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über den konsolidierten Abschluß (83/3491 EWG), ABI. EG Nr. L 193 v. 18.7.1983, 1 - 17. Abgedruckt auch bei Biener, Herbert I Schatzmann, Jürgen, KonzernRechnungslegung. Siebente Richtlinie des Rates vom l3. Juni 1983 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g des Vertrages über den konsolidierten Abschluß (83/349/EWG), Düsseldorf 1983, IDW, S. 90 - 131 und bei Bienerl Bernecke, Bilanzrichtlinien-Gesetz, Düsseldorf 1986.
Vierte Richtlinie der EG
Vierte Richtlinie des Rates vom 25. Juli 1978 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über den Jahresabschluß von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen (78 I 660 I EWG), ABI. EG Nr. L 222 v. 14.8.1978, 11 - 31. Abgedruckt mit englischer und französischer Fassung auch bei Schruff, Lothar (Hrsg.), Entwicklung der 4.EGRichtlinie (Bilanzrichtlinie). Synoptische Darstellung der Bilanzrichtlinie unter Berücksichtigung der Vorfassungen mit amtlichen Begründungen und wieteren Materialien, Düsseldorf 1986, IDW, entspricht Schruff, Lothar, Rechnungslegung und Prüfung der AG und der GmbH nach neuem Recht (4.EGRichtlinie), Düsseldorf 1978, IDW.
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Dokumentenverzeichnis
Vorentwurf zur Ergänzung der Vierten Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet der Konzernrechnungslegung
Vorentwurf einer Richtlinie zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedsstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikel 58 Absatz 2 des Romvertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, Dok. Nr. XII 5331 71. Abgedruckt mit Bemerkungen bei BienerlSchatzmann, Konzern-Rechnungslegung, Düsse\dorf 1983, S. 83 88.
Vorentwurf einer Vierten Richtlinie der EG
Vorentwurf einer Richtlinie zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedsstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikel 58 Absatz 2 des Romvertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten. Abgedruckt bei Schruff, Lothar (Hrsg.), Entwicklung der 4.EG-Richtlinie (Bilanzrichtlinie). Synoptische Darstellung der Bilanzrichtlinie unter Berücksichtigung der Vorfassungen mit amtlichen Begründungen und weiteren Materialien, Düsseldorf 1986, IDW, entspricht Schruff, Lothar, Rechnungslegung und Prüfung der AG und der GmbH nach neuem Recht (4.EG-Richtlinie), Düsseldorf 1978, IDW.
Vorschlag einer Siebenten Richtlinie der EG
Vorschlag rur eine siebente Richtlinie des Rates aufgrund von Artikel 54 Abs.3 Buchst. g) des EWG-Vertrages über den Konzernabschluß, vorgelegt am 4.5.1976, ABI. EG Nr. C 121 v. 2.6.1976, 2 - 10. Abgedruckt mit Begründung bei BienerlSchatzrnann, Konzern-Rechnungslegung, Düsseldorf 1983, S.132-190. Abgedruckt auch bei Schruff, Lothar (Hrsg.), Entwicklung der 4.EG-Richtlinie (Bilanzrichtlinie). Synoptische Darstellung der Bilanzrichtlinie unter Berücksichtigung der Vorfassungen mit amtlichen Begründungen und weiteren Materialien, Düsse\dorf 1986, IDW, entspricht Schruff, Lothar, Rechnungslegung und Prüfung der AG und der GmbH nach neuem Recht (4.EG- Richtlinie), Düsseldorf 1978, IDW.
Dokumentenverzeichnis Vorschlag einer Vierten Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft
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Vorschlag einer vierten Richtlinie des Rates auf Grund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter hinsichtlich der Gliederung und des Inhalts des Jahresabschlusses und des Lageberichts sowie hinsichtlich der Bewertungsmethoden und Offenlegung dieser Dokumente vorgeschrieben sind, vorgelegt am 16.11.1971, ABI. EG Nr. C 7 v. 28.1.1972, 11 - 26. Abgedruckt bei Schruff, Lothar (Hrsg.), Entwicklung der 4.EG-Richtlinie (Bilanzrichtlinie). Synoptische Darstellung der Bilanzrichtlinie unter Berücksichtigung der Vorfassungen mit amtlichen Begründungen und weiteren Materialien, Düsseldorf 1986, IDW, entspricht Schruff, Lothar, Rechnungslegung und Prüfung der AG und der GmbH nach neuem Recht (4.EG-Richtlinie), Düsseldorf 1978, IDW.
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