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German Pages 420 Year 1990
R. Ian Freshney Tierische Zellkulturen
R. Ian Freshney
Tierische Zellkulturen Ein Methoden-Handbuch
W Walter de Gruyter G Berlin • New York 1990 DE
Titel der Originalausgabe
Übersetzer
Culture of Animal Cells A Manual of Basic Technique Second Edition Alan R. Liss, Inc. New York Copyright ©1987 Alan R Liss, Inc.
Dr. Dr. Dr. Dr. Dr.
Autor R. Ian Freshney Department of Medical Oncology Cancer Research Campaign Laboratories University of Glasgow
med. Silvia-Renate Goan rer. nat. Manfred Schütt rer. nat. Hildegunde Schunck sc. Michael Theile rer. nat. Helga Wählte
Redaktion Dr. rer. nat. Manfred Schütt
Das Buch enthält 178 Abbildungen und 41 Tabellen. Die Abbildungen auf dem Einband sind Ausschnitte der Abb. 16.1 auf S. 210.
© Copyright 1990 by Walter de Gruyter & Co., D-1000 Berlin 30. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Satz und Druck: Tutte Druckerei GmbH, Salzweg-Passau. Bindung: Lüderitz & Bauer GmbH, Berlin. Einbandentwurf: Hansbernd Lindemann, Berlin.
© Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt. CIP-Titelaufnahme
der Deutschen Bibliothek
Freshney, R. Ian: Tierische Zellkulturen: ein Methoden-Handbuch / R. Ian Freshney. [Übers.: Silvia-Renate Goan ...]. - Berlin ; New York : de Gruyter, 1990 Einheitssacht.: Culture of animai cells < d t . > ISBN 3-11-011560-3
Bemerkungen zur deutschsprachigen Ausgabe
Die Kultivierung von Säugerzellen hat sich von einem Spezialgebiet - für relativ wenige Experten - zu einer sehr weit verbreiteten, angewandten Methode in der Medizin und Biologie entwickelt. Nicht nur in der Forschung werden zahlreiche Probleme (z.B. Regulation von Zell- und Virusvermehrung) an Zellkulturen untersucht. So sind Zellkulturen in der Medizin auch zur Prognostik und Diagnostik zu verwenden; in den HygieneInstituten werden sie zur Typisierung von Krankheitserregern eingesetzt, in der Pharmakaentwicklung als frühe Testsysteme genutzt (Reduzierung von Tierversuchen). Zellkulturen bewähren sich schließlich auch als effektive Produktionsmittel - insbesonders im Zusammenhang mit der Gentechnik - zur Herstellung von Wirkstoffen, Vakzinen etc. Die Entwicklung der Zellzüchtung hat sich von einer vorwiegend auf Empirie aufgebauten Methode (Beispiel: Einsatz von Serum ohne Kenntnis der Wirkung) zu einer Methode mit fester wissenschaftlicher Grundlage vollzogen. Bedingt durch die vielfaltigen und für verschiedene Zellarten unterschiedlichen Ansprüche an Medien, Substrate und andere Bedingungen - sowie deren Wechselwirkungen - hat die Zellzüchtung - vielleicht stärker als andere Methoden - manchmal den Charakter des Undurchsichtigen, Unerklärbaren, vielleicht sogar des etwas Mystischen beibehalten. Auch
dem Experten passiert es, daß Zellen plötzlich schneller, anders oder aber auch gar nicht wachsen, ohne daß ihm bewußt ist, an der Methode etwas geändert zu haben. Um so wünschenswerter und wichtiger ist daher ein Buch wie das vorliegende, in dem das Handwerk des Zellzüchters im Detail beschrieben wird, sogenannte Binsenwahrheiten nicht ausgespart bleiben und mögliche Probleme besonders erwähnt werden. Die jahrzehntelangen Erfahrungen des Autors in Forschung und Lehre bedingen seine hohe Kompetenz und finden im Buch vielfältigen Ausdruck. Das Methoden-Handbuch wird damit zu einem idealen Leitfaden für den Anfänger und ist daneben eine wertvolle Hilfe und ein Berater für den Experten, der über den Rand seines Spezialgebietes hinaussehen möchte. Die Übersetzung und die redaktionelle Bearbeitung erfolgte durch Mitarbeiter des Zentralinstitutes für Molekularbiologie der Akademie der Wissenschaften, Berlin-Buch. Besonderer Dank gilt Frau Dr. rer. nat. Gesa Haedenkamp (München) für ihre Sorgfalt und Mühe bei der kritischen Durchsicht des Manuskriptes. Berlin, 1990
Prof. Dr. P. Langen Leiter der Abteilung Zellkinetik Zentralinstitut für Molekularbiologie Berlin-Buch
Aus dem Vorwort zur 2. Auflage
Bei der Überarbeitung des Methoden-Handbuches wurde weiterhin auf die Betonung praktischer Aspekte der Zellzüchtung wertgelegt. Die theoretischen Grundlagen sind nur dann diskutiert worden, wenn es für das Verständnis der Methode notwendig erschien. Größere Veränderungen wurden bei der Beschreibung serumfreier Medien vorgenommen, da diese seit der 1. Auflage größere Akzeptanz erlangt haben und auch im Handel zu erwerben sind. Parallel dazu, und in vielen Fällen auch als direkte Konsequenz, ist die Kultur spezifischer Zelltypen - wie z. B. von epidermalen Keratinozyten, Melanozyten und Mammaepithel - möglich geworden; Arbeitsvorschriften für diese speziellen Zellkulturen wurden daher aufgenommen. Um eine genaue Beschreibung der Gebiete zu ermöglichen, für die ich mich nicht kompetent genug hielt, habe ich die Mitarbeit von einigen anderen Kollegen in Anspruch genommen. Mittels ihrer Hilfe und Erfahrung war es möglich, weitere Methoden auszuarbeiten. Diese Vorschriften betreffen sowohl neue Technologien, wie die somatische Zellhybridisierung und die Produktion von Hybridoma-Zellen, als auch die Kultur spezieller Zelltypen. Ich bin diesen neuen Mitarbeitern sehr dankbar, da durch sie der Rahmen des Buches erweitert werden konnte. In den meisten der Fälle werden die angegebenen Arbeitsvorschriften den Ansprüchen der Benutzer genügen, ohne zusätzliche Literatur studieren zu müssen. Bei sehr aufwendigen und komplexen Methoden wurden weiterführende Literaturzitate angegeben. Intensiver behandelt wurden auch die Zytotoxizitätstests und die Kultur von Tumorzellen - besonders die menschlicher Tumoren - in Anlehnung an die Methoden, wie sie gegenwärtig in Krankenhäusern, Laboratorien, in der Biotechnologie und in der Arzneimittelindustrie Eingang gefunden haben. Zusätzlich zu den Mitarbeitern, die ich bei den eben genannten spezielleren Arbeitsvorschriften schon erwähnte, bin ich wiederum zu Dank verpflichtet: meinen Kollegen vom „Department of Medical Oncology", unter ihnen Jane Plumb, Stephen Merry, Carol McCormick, Alison Mackie und Ian Cunningham; desgleichen einer Reihe von graduierten und nichtgraduierten Studenten, unter ihren John McLean, Alison Murray, Jim Müller, Iain Singer, Barbara Christie und Alan Beveridge, die mit Fakten und Ideen geholfen haben. Während ich versucht habe, ihre Fragen zu beantworten,
wurde ich angeregt, stärker über die Bedürfnisse der Benutzer des Buches nachzudenken. Dank schulde ich auch Frau Rae Fergusson, die das Manuskript schneller tippte, als ich es bereitstellen konnte, und dabei meine schlechte Handschrift und unleserlichen Korrekturen mit unglaublicher Genauigkeit handhabte. Vor allem danken möchte ich auch meiner Frau und meiner Familie für ihre andauernde Hilfe und Unterstützung. Sie leisteten viel praktische Hilfe, gaben Ratschläge und moralische Unterstützung. R. Ian
Freshney
Aus dem Vorwort zur 1 .Auflage Die Gewebekultur ist keine neue Technik. Einfache Methoden entstanden bereits zu Beginn unseres Jahrhunderts, durchliefen eine Etappe einfacher Erprobung und in den 50er Jahren eine Phase der Expansion. Die derzeitige Spezialisierung ist vor allem mit der Erforschung von Kontrollmechanismen und Differenzierungsfunktionen verknüpft. Den gegenwärtigen Trends entsprechend behandeln die verfügbaren neueren Gewebekulturbücher vor allem spezialisierte Techniken, während die Beschreibung grundlegender Arbeitsgänge ein wenig vernachlässigt wird. Beim Schreiben dieses Handbuches war es mein Ziel, dem Anfänger ausreichende Informationen über die Handhabung grundlegender Techniken zu vermitteln. Es wird vorausgesetzt, daß der Leser über Grundkenntnisse der Anatomie, Histologie, Zellphysiologie und der Biochemie verfügt. Erfahrungen in der Gewebekultur sind dagegen nicht erforderlich. Das Buch soll sich als nützlich im Praktikum für fortgeschrittene Studenten erweisen, auch sollen Promovenden angesprochen werden. Es ist sowohl als Einführung in die Theorie der Methoden und in die Biologie der kultivierten Zelle wie auch als praktische Arbeitsanleitung gedacht. Zwangsläufig konnten bedeutsame Entwicklungen der letzten Jahre, z. B. die Produktion monoklonaler Antikörper in Hybridoma-Kulturen, nur kurz beschrieben werden Literaturzitate sollen das weitere Studium ermöglichen. Eine Liste von Reagenzien und Handelsfirmen bildet den Abschluß des Buches. Gelegentlich wird ein Fir-
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Aus dem Vorwort zur 2. Auflage
menname auch im Text verwendet. Zumeist wird jedoch auf den Handelsindex verwiesen. Weitere Anhänge umfassen ein Glossar, eine Liste von Zellbanken, das Sachwortverzeichnis und die im Text angeführten Literaturzitate. Bei der Vorbereitung, ein Buch wie das vorliegende zu schreiben, ist es unvermeidlich, zusätzlich zu den eigenen Kenntnissen die Hilfe und Ratschläge vieler anderer zu nutzen, an die ich mich sowohl während der direkten Arbeit am Buch wie auch in den 20 Jahren seit meiner ersten Kontakte mit dem Arbeitsgebiet gewendet habe. Wie auf vielen anderen Gebieten gibt es auch in der Gewebekultur Erfahrungen, die nirgendwo dokumentiert sind, jedoch bei Begegnungen und auf Tagungen - häufiger noch in geselliger Runde nach Tagungen - mündlich übermittelt werden. Es mag daher vorkommen, daß ich derartige Hinweise oder Informationen wie meine eigenen wiedergebe und nicht durch Anführung eines möglicherweise existierenden Literaturzitates gebührend würdige. In all diesen Fällen möchte ich denen danken, die bewußt oder unbewußt zu meinem eigenen Erfahrungsschatz auf diesem Fachgebiet beigetragen haben. Da es unmöglich ist, sich all derer zu erinnern, die in den letzten zwei Jahrzehnten mein gegenwärtiges Verständnis des Gebietes beeinflußt haben, möchte ich jene nennen, die besondere Erwähnung verdienen. Zuallererst ist dies Dr. John Paul, der mich mit gesundem Menschenverstand und praktischem Sinn in dieses Fachgebiet einführte, das - bei korrekter Handhabung eine sehr präzise Disziplin sein kann. Ich schulde ihm meinen aufrichtigen Dank, als sein einstiger Schüler und jetziger Mitarbeiter und Freund. In den Jahren meiner Tätigkeit am Beatson Institut hatte ich das Privileg, mit vielen Kollegen, sowohl ständigen Mitarbeitern als auch Besuchern, zusammenzuarbeiten und an ihrer Erfahrung in der Handhabung neuer Methoden, mit denen ich sonst nicht in Berührung gekommen wäre, teilzuhaben. In einigen Fällen sind diese Kollegen im Text oder in den Abbildungslegenden erwähnt, aber ich hoffe, daß auch alle, die namentlich nicht genannt sind, meine Dankbarkeit erkennen werden. Unter denen, die namentlich genannt werden sollen, befinden sich diejenigen, mit denen ich in den letzten Jahren besonders eng zusammengearbeitet habe, die mir bei meinen eigenen Forschungsarbeiten geholfen und manche Ergebnisse, die in diesem Buch verwendet werden, erarbeitet haben. Unter ihnen sind Diana Morgan, Elaine Hart, Margaret Frame, Alistair McNab, Irene Osprey und Sheila Brown. Andere, mit denen ich nur
kurz zusammengearbeitet habe, über deren Arbeit aber berichtet wird, waren Mohammad Hassanzadah, Peter Crilly, Fadik Akturk, Metyn Guner, Fahri Celik, Aileen Sherry, Bob Shaw und Carolyn MacDonald. Zu Dank verpflichtet bin ich auch vielen Kollegen aus Glasgow und anderswo für hilfreiche Ratschläge und Zusammenarbeit. Unter vielen anderen waren David G. T. Thomas, David I. Graham, Michael Stack-Dunne, Peter Vaughan, Brian McNamee, David Doyle, Rona MacKie, Kenneth C. Calman und der verstorbene John Maxwell Anderson, mit dem mich meine erste klinische Zusammenarbeit verbindet. Ich muß auch betonen, daß ich das Glück hatte, in anderen Laboratorien von den Erfahrungen anderer, wie etwa von Robert Auerbach, Richard Ham und Wally McKeehan, zu lernen. Dankbar bin ich auch den „Flow Laboratories" für ihre Hilfe und Unterstützung anläßlich der Durchführung von Gewebekultur-Kursen und der Möglichkeit, dabei meine Kenntnisse auf diesem Gebiet zu erweitern. Ich möchte meine Dankbarkeit ausdrücken gegenüber Paul Chapple, der mich zuerst zum Schreiben eines Buches über Grundtechniken der Gewebekultur überredete, und auch gegenüber vielen anderen, unter ihnen Don Dougall, Wally und Kerstin McKeehan, Peter del Vecchio, John Ryan, Jim Smith, Rob Hay, Charity Waymouth, Sergey Federoff, Mike Gabridge und Dan Lundin für Hilfe und Hinweise bei der Vorbereitung des Manuskriptes. Danken möchte ich auch Frau Donna Madore für die Übertragung meines oft unleserlichen Manuskriptes, Frau Marina LaDuke für fachmännisches Photographieren, Frau Diane Leifheit für die Hilfe bei Illustrationen und Frau Jane Gillies für das Anfertigen der Zeichnungen. Mein Dank gilt auch Frau Norma Wallace für das Schreiben des endgültigen Manuskriptes. Es würde sich nicht ziemen, dieses Vorwort ohne einen besonderen Dank an meine Frau Mary, meine Tochter Gillian und meinen Sohn Norman zu beenden. Ich genoß nicht nur zu Hause ihre Zuneigung und ihr Verständnis - auch wenn ich diese manchmal nicht verdiente - sondern ich profitierte von den Früchten ihrer täglichen Arbeit: Zeichnen von Diagrammen, Sammeln von Literaturzitaten, Suchen und Ordnen von Methoden und Informationen. Die Erfahrung meiner Frau hierbei sowie zahllose Stunden des Lesens, Überarbeitens und Sammeins von Informationen machten ihren Anteil an diesen Arbeiten unentbehrlich. R. Ian
Freshney
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
XV
1 Einführung 1.1 Geschichte der Gewebekultur 1.2 Vorteile der Gewebekultur 1.2.1 Kontrolle des Kulturmilieus 1.2.2 Charakterisierung und Homogenität der Probe 1.2.3 Wirtschaftlichkeit 1.3 Nachteile der Gewebekultur 1.3.1 Sachkenntnis und Erfahrung 1.3.2 Zellausbeute 1.3.3 Instabilität 1.4 In-vitro-Besonderheiten 1.5 Definitionen
1 1 3 3
2 Biologie der kultivierten Zelle 2.1 Kulturmilieu 2.2 Anlegen einer Zellkultur 2.3 Entwicklung von Zellinien 2.4 „Krise" und Entstehung kontinuierlicher Zellinien 2.5 Entdifferenzierung 2.6 Was ist eine kultivierte Zelle? 2.7 Funktionelles Milieu
7 7 7 7 9 10 12 12
3 Planung und Einrichtung eines Gewebekulturlaboratoriums 3.1 Steriler Arbeitsbereich 3.2 Inkubation 3.3 Präparation und Vorbereitung 3.4 Reinigung 3.5 Aufbewahrung und Lagerung 3.6 Bauliche Gestaltung und Ausstattung
15 15 19 23 23 24 24
4 Laborausrüstung 4.1 Notwendige Laborausrüstung 4.1.1 Inkubatoren 4.1.2 Inkubationstemperatur 4.1.3 Dampfsterilisatoren 4.1.4 Kühl-und Tiefkühlschränke 4.1.5 Mikroskope 4.1.6 Reinigungsausrüstung 4.1.7 Heißluftsterilisatoren und Trockenschränke 4.1.8 Wasserreinigung 4.1.9 Zentrifugen
3 3 3 3 4 4 4 4
25 25 25 25 26 27 27 27 28 29 31
4.1.10 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.2.4 4.2.5
Kryokonservierung von Zellen Nützliche Laborausrüstung Laminarbox (Reinraumwerkbank) Zellzählgeräte Vakuumpumpen C0 2 -Inkubatoren Medienpräparation und Qualitätskontrolle 4.2.6 Mikroskope 4.2.7 Temperaturaufzeichnung 4.2.8 Magnetrührer 4.2.9 Rollerapparaturen 4.2.10 Pipettierhilfen und automatische Pipetten 4.2.11 Mechanische Hilfen und Automatisierung. 4.3 Nützliche Zusatzgeräte 4.3.1 Tiefkühlgeräte 4.3.2 Spülmaschinen 4.3.3 Fernsehanlagen („closed-circuit television") 4.3.4 Koloniezählgeräte 4.3.5 Zellgrößenbestimmung 4.3.6 Zeitraffer-Mikrokinematographie 4.3.7 Programmierbare Zelleinfriergeräte 4.3.8 Elutriationszentrifugen 4.3.9 Durchflußzytophotometer 4.4 Verbrauchsmaterial 4.4.1 Pipetten 4.4.2 Kulturgefäße
31 32 32 32 32 33 35 35 35 35 35 36 36 37 37 38 40 40 41 41 42 42 42 42 42 42
5 Technik des aseptischen Arbeitens 5.1 Ziele des aseptischen Arbeitens 5.2 Ruhige Zonen 5.3 Arbeitsflächen 5.4 Persönliche Hygiene 5.5 Pipettieren 5.6 Steriles Arbeiten 5.6.1 Abwischen 5.6.2 Verschließen 5.6.3 Abflammen 5.6.4 Gießen 5.7 Laminarbox (Reinraumwerkbank) 5.8 Standardprozedur des aseptischen Arbeitens
45 45 45 47 47 47 48 48 48 48 48 48
6 Sicherheit im Laboratorium und Biorisiken 6.1 Allgemeine Sicherheit
53 53
50
X
6.1.1 6.1.2 6.1.3 6.1.4 6.2 6.3 6.4
Inhaltsverzeichnis
Glasgeräte und scharfe Gegenstände Toxische Chemikalien Gase Flüssiger Stickstoff Feuer Strahlung Biorisiken
7 Kulturbedingungen 7.1 Substrat 7.1.1 Glas 7.1.2 Einwegplastikmaterialien 7.1.3 Mikro träger 7.1.4 Sterilisation von Plastikmaterialien 7.1.5 Andersartige künstliche Substrate 7.1.6 Vorbehandelte Oberflächen 7.1.6.1 Collagenbeschichtung 7.1.6.2 Gelatinebeschichtung 7.1.7 Feeder schichten 7.1.8 Dreidimensionale Matrizes 7.1.9 Nichtadhäsive Substrate 7.1.10 Flüssig-Gel- und Flüssig-FlüssigGrenzschichten 7.1.11 Perfundierte Mikrokapillaren 7.1.12 Kulturgefäße 7.2 Gasphase 7.2.1 Sauerstoff 7.2.2 Kohlendioxid 7.3 Medien und Supplemente 7.3.1 Physikalische Eigenschaften 7.3.1.1 pH-Wert 7.3.1.2 Herstellung von pH-Standards 7.3.1.3 Pufferung 7.3.1.4 Osmolalität 7.3.1.5 Temperatur 7.3.1.6 Viskosität 7.3.1.7 Oberflächenspannung und Schaumbildung 7.3.2 Mediumbestandteile 7.3.2.1 Physiologische Salzlösungen 7.3.2.2 Definierte Medien 7.3.3 Serum 7.3.4 Serumfreie Medien 7.3.4.1 Selektionsmedien 7.3.4.2 Nachteile 7.3.4.3 Serumersatz 7.3.4.4 Auswahl und Entwicklung eines serumfreien Mediums 7.3.4.5 Herstellung serumfreier Medien 7.3.4.6 Schlußfolgerungen 7.4 Auswahl von Medium und Serum 7.4.1 Chargenreservierung 7.4.2 Prüfen von Serum 7.5 Sonstige Zusätze 7.6 Inkubationstemperatur
53 53 53 54 55 55 56 59 59 59 59 60 60 60 60 61 62 62 63 64 64 65 65 69 69 70 71 71 71 71 72 72 73 73 73 73 73 74 75 78 80 81 82 83 83 84 84 85 86 86 87
8 Vorbereitung und Sterilisation 8.1 Vorbereitung und Sterilisation von Geräten 8.1.1 Glasgeräte 8.1.2 Pipetten 8.1.3 Schraubkappen 8.1.4 Sonstige Gerätschaften 8.1.5 Alternative Sterilisationsmethoden 8.1.6 Auswahl der Detergenzien 8.1.6.1 Reinigungseffizienz 8.1.6.2 Qualität von Kulturflächen 8.1.6.3 Zytotoxizität 8.2 Vorbereitung und Sterilisation von Reagenzien und Medien 8.2.1 Wasser 8.2.2 Physiologische Salzlösungen 8.2.3 Medien 8.2.4 Herstellung und Sterilfiltration sonstiger Reagenzien 8.2.5 Sterilfiltration 8.2.6 Sterilitätsprüfung 8.2.7 Wachstumstests 8.2.8 Lagerung 8.3 Gewinnung und Vorbereitung von Serum.
89 89 89 91 93 94 95 95 95 95 95 96 96 97 97 101 101 101 103 105 105
9 Gewebedissoziation und Primärkultur 9.1 Isolierung des Gewebes 9.1.1 Mäuseembryonen 9.1.2 Hühnerembryonen 9.1.3 Menschliches Biopsiematerial 9.2 Primärkulturen 9.2.1 Kultur von Primärexplantaten 9.2.2 Enzymatische Gewebedissoziation 9.2.3 Dissoziation in warmem Trypsin 9.2.4 Trypsinierung bei 4°C 9.2.5 Organanlagen des Hühnerembryos 9.2.6 Andere enzymatische Methoden 9.2.7 Mechanische Dissoziation 9.2.8 Trennung lebender und nicht lebensfähiger Zellen
109 109 109 111 111 112 112 116 117 118 119 123 125
10 Haltung der Kulturen - Zellinien 10.1 Nomenklatur 10.2 Routinemethoden 10.2.1 Mediumwechsel 10.2.2 Volumen, Mediumtiefe und Oberfläche... 10.2.3 Erhaltungsmedium 10.2.4 Mediumwechsel oder „Füttern" einer Kultur 10.2.5 Subkultivierung 10.2.6 Vermehrung in Suspension 10.3 Schlechtes Zellwachstum
129 129 130 131 131 132
127
133 133 135 137
11 Klonierung und Selektion spezifischer Zellarten 139 11.1 Klonierung 139
Inhaltsverzeichnis
11.1.1 11.1.2 11.1.3 11.1.4 11.1.4.1 11.1.4.2 11.1.5 11.1.5.1 11.1.5.2 11.1.5.3 11.1.5.4
Klonieren durch Verdünnung 139 Stimulation der Plattiereffizienz 141 Multischalen 143 Halbfeste Medien 143 Klonieren in Agar 143 Klonieren in Methocel über Grundagar . 146 Isolierung von Klonen 146 Monolayerklone - Multischalen 146 Klonierringe 146 Bestrahlung 148 Isolierung von Klonen aus halbfesten Medien 148 11.1.5.5 Andere Isolierungsmethoden 149 11.2 Selektionsmedien 149 11.3 Isolierung genetischer Varianten 149 11.4 Wechselwirkung mit dem Substrat 151 11.4.1 Selektive Anheftung 151 11.4.2 Selektives Ablösen 152 11.4.3 Beschaffenheit des Substrates 152 12 Physikalische Methoden der Zelltrennung 157 12.1 Methoden auf der Grundlage der Zellgröße und Sedimentationsgeschwindigkeit . . 1 5 7 12.1.1 Spontansedimentation bei l g 158 12.1.2 Elutriationszentrifugation 162 12.2 Methoden auf der Grundlage der Zelldichte 164 12.2.1 Isopyknische Sedimentation 164 12.3 Methoden auf der Grundlage der Fluoreszenz 166 12.4 Weitere Methoden 169 13 Charakterisierung von Zellinien 13.1 Einführung 13.1.1 Identifizierung der Spezies 13.1.2 Linien-oder gewebespezifische Merkmale 13.1.3 Unikale Marker 13.1.4 Transformation 13.2 Morphologie 13.2.1 Färbung 13.2.2 Kulturgefäße für zytologische Untersuchungen an Monolayerkulturen 13.2.3 Zytologische Untersuchungen an Suspensionskulturen 13.2.3.1 Ausstriche 13.2.3.2 Zentrifugation 13.2.3.3 Tropfentechnik 13.2.3.4 Filtration 13.2.4 Photographie 13.3 Chromosomenanalyse 13.3.1 Chromosomenpräparation 13.3.2 Chromosomenbänderung 13.3.2.1 G-Banden 13.3.2.2 Q-Banden 13.4 DNA-Gehalt
171 171 171 171 172 172 172 172 174 174 174 175 176 176 177 177 178 179 179 180 183
13.5 13.6 13.7 13.7.1 13.7.2 13.7.3 13.8
RNA-und Proteingehalt Enzymaktivität Antigenmarker Indirekte Immunfluoreszenztechnik Indirekte Peroxidasetechnik Peroxidase-Antiperoxidase-Technik (PAP) Differenzierung
14 Induktion der Differenzierung 14.1 Stadien der Determination und Differenzierung 14.2 Proliferation und Differenzierung 14.3 Determination und Differenzierung 14.4 Differenzierungsmarker 14.5 Induktion der Differenzierung 14.5.1 Lösliche Induktoren 14.5.2 Zelluläre Wechselwirkungen 14.5.3 Zell-Matrix-Wechselwirkungen 14.5.4 Polarität und Zellform 14.6 Differenzierung und Malignität 14.7 Praktische Aspekte 14.7.1 Präparation von Collagengel 14.7.2 Beschichtung von Oberflächen mit vernetztem Collagen 15 Der transformierte Phänotyp 15.1 Was ist Transformation? 15.2 Anheftungsunabhängigkeit (Substratunabhängigkeit) 15.2.1 Klonierung in Suspension 15.2.2 Kontakthemmung und Dichtebegrenzung des Wachstums 15.2.3 Wachstum auf konfluenten Monolayern . 15.3 Genetische Veränderungen 15.4 Zellprodukte und Serumabhängigkeit . . . 15.4.1 Tumorangiogenesefaktor 15.4.2 Plasminogen-Aktivator 15.5 Invasives Wachstum 15.6 Tumorentstehung
XI
183 183 186 186 187 187 187 189 189 190 191 192 193 193 193 194 195 195 195 196 197 199 199 201 201 202 203 205 205 207 207 207 208
16 Kontamination 209 16.1 Arten mikrobieller Kontamination 209 16.1.1 Kontrolle von Kulturen auf Mykoplasmen 210 16.1.2 Fluoreszenztechnik zum Nachweis von Mykoplasmen 211 16.1.2.1 Monolayerkulturen 211 16.1.2.2 Suspensionskulturen und infizierte Medien 212 16.1.3 Alternative Methoden zur Bestimmung von Mykoplasmen 212 16.2 Nachweis mikrobieller Kontamination . . 2 1 3 16.3 Kreuzkontamination 216 16.4 Schlußfolgerungen 216
XII
Inhaltsverzeichnis
17 Instabilität, Variation und Langzeitlagerung . . . 17.1 Kulturmilieu 17.2 Selektives Wachstum, Transformation und Alterung 17.3 Genetische Instabilität 17.4 Kryokonservierung von Zellen 17.4.1 Auswahl einer Zellinie 17.4.2 Standardisierung von Medien und Serum 17.4.3 Einfrieren von Zellen 17.4.4 Auftauen der Zellen 17.5 Zellbanken 18 Quantitative Erfassung und ihre experimentelle Realisierung 18.1 Zellzählung 18.1.1 Hämozytometer 18.1.2 Elektronische Partikelzählung 18.1.2.1 Arbeitsweise des Coulter-Counters 18.1.2.2 Bedienung des Coulter-Counters (Modell DI) 18.1.3 Färbung der Monolayer 18.2 Zellmasse 18.3 DNA-Gehalt 18.3.1 Bestimmung des DNA-Gehalts von Zellen mit Hoechst 33258 18.3.2 Bestimmung des DNA-Gehalts von Zellen mit DAPI 18.4 Proteingehalt 18.4.1 Zellaufschluß 18.4.2 Proteinbestimmung nach Lowry 18.4.3 Proteinbestimmung nach Bradford 18.4.4 Proteinsynthese 18.4.5 DNA-Synthese 18.5 Vorbereitung von Proben für Enzym- und Immunoassays 18.6 Parallelproben 18.7 Wachstumszyklus 18.7.1 Latenzphase (lag-Phase) 18.7.2 Exponentielle Phase (log-Phase) 18.7.3 Plateauphase 18.8 Plattiereffizienz 18.9 Klonaler Wachstumstest mit der Verdünnungstechnik 18.10 Markierungsindex 18.11 Mitose-Index 18.12 Zellzykluszeit (Generationszeit) 18.13 Zytometrie 19 Zytotoxizitäts- und Vitalitätstests 19.1 Grenzen der In-vitro-Methoden 19.2 Art des Testsystems 19.2.1 Kurzzeittests (Vitalitätstests) 19.2.1.1 Farbstoffausschlußtests 19.2.1.2 Farbstoffaufnahmetests
219 219 219 219 220 220 221 221 227 229
231 231 231 233 233 234 236 236 237 237 237 238 238 238 238 239 240 241 241 241 243 243 244 245 245 246 248 248 249 251 251 251 252 252 252
19.2.1.3 19.2.2 19.3 19.4 19.5 19.6 19.6.1 19.6.2 19.7 19.8
Sonstige Verfahren 253 Langzeittests (Überlebenstests) 253 Mikrotitration 255 Metabolische Tests 260 Wechselwirkungen von Substanzen 261 Screening kanzerostatischer Substanzen . 261 Prognostische Tests 261 Kultursysteme 261 Mutagenität 262 Karzinogenität 262
20 Kultivierung spezieller Zellarten 20.1 Epithelzellen 20.1.1 Epidermale Zellen 20.1.2 Mammaepithelzellen 20.1.3 Cervixepithelzellen 20.1.4 Darmepithelzellen 20.1.5 Leberparenchymzellen 20.1.6 Pankreasepithelzellen 20.1.7 Nierenepithelzellen 20.1.8 Bronchial- und Trachealepithelzellen 20.1.9 Prostataepithelzellen 20.2 Mesenchymzellen 20.2.1 Bindegewebszellen 20.2.2 Fettzellen 20.2.3 Muskelzellen 20.2.4 Knorpelzellen 20.2.5 Knochenzellen 20.2.5.1 Explantatkulturen 20.2.5.2 Monolayerkulturen von dissoziierten Zellen 20.2.6 Endothelzellen 20.3 Neuroektodermale Zellen 20.3.1 Neuronalzellen 20.3.2 Gliazellen 20.3.3 Endokrine Zellen 20.3.4 Melanozyten 20.4 Hämatopoetische Zellen 20.5 Keimzellen 20.6 Minimal-Deviation-Tumorzellen 20.7 Teratomzellen
265 265 265 268 269 270 271 273 274 274 275 277 277 277 277 279 280 280
21 Kultivierung von Tumorgewebe 21.1 Materialentnahme 21.2 Dissoziation 21.3 Primärkulturen 21.4 Charakterisierung 21.5 Entwicklung von Zellinien 21.6 Allgemeine Methoden 21.7 Selektionskulturen 21.7.1 Selektionsmedien 21.7.2 Selektive Substrate 21.7.3 Konfluente Feederschichten 21.7.4 Klonierung in Suspension 21.7.5 Histotypische Kulturen
295 295 296 296 297 298 298 298 299 299 299 301 301
281 281 283 283 285 285 286 287 292 293 293
Inhaltsverzeichnis
21.7.6 21.7.7
Xenotransplantate Kryokonservieren
302 302
22 Dreidimensionale Kultursysteme 22.1 Organkulturen 22.1.1 Gas-und Nährstoffaustausch 22.1.2 Strukturelle Integrität 22.1.3 Wachstum und Differenzierung 22.1.4 Grenzen der Organkultur 22.1.5 Arten von Organkulturen 22.2 Histotypische Kulturen 22.2.1 Schwammtechniken 22.2.2 Kapillarperfusion 22.2.3 Reaggregation und Sphäroide 22.2.4 Filtertechniken
303 304 304 304 305 305 305 309 309 309 310 311
23 Spezielle Techniken 23.1 Massenkulturtechniken 23.1.1 Suspensionskulturen 23.1.2 Monolayerkultur 23.1.2.1 Nunclon-„Zellfabrik" (Wannenstapel)... 23.1.2.2 Rollerkultur 23.1.2.3 Spiral-Kulturgefäß 23.1.2.4 Mikroträger (engl, „microcarrier") 23.2 Lymphozytenpräparation 23.2.1 Blastentransformation 23.3 Autoradiographie
315 315 315 318 318 320 321 321 324 324 325
23.4 23.5 23.5.1 23.5.2 23.6 23.6.1 23.6.2 23.7 23.8 23.8.1 23.9 23.10 23.11 23.12 23.13
Kultur von Poikilothermenzellen Synchrone Zellkulturen Zellseparation Blockade des Zellzyklus Zeitraffer-Mikrokinematographie Videobandaufnahmen Zeitraffer-Filmaufnahmen Amniozentese Fusion somatischer Zellen Selektion von Hybridklonen Gentransfer Produktion monoklonaler Antikörper... Molekulare Hybridisierung in situ Präparation und Nachweis von Viren . . . Schlußbetrachtung
XIII
329 329 330 330 330 331 332 333 335 337 337 340 343 346 348
24 Reagenzien
349
25 Zellkultur-Bedarfsartikel 25.1 Hersteller oder Lieferanten 25.2 Adressen
355 355 358
26 Glossar
365
Literaturverzeichnis Register
371 395
Abkürzungsverzeichnis
BME
Eagle's Basalmedium (engl, „basal medium Eagle") BSS gepufferte, isotonische Salzlösung (engl. „balanced salt solution") CAM Chlorio-Allantois-Membran CEA karzinoembryonales Antigen (engl, „carcinoembryonic antigen") CFC koloniebildende Zelle (engl, „colony forming cell") CMC Carboxymethylcellulose CMF calcium- und magnesiumfreie(s) Salzlösung bzw. Medium CPE zytopathischer Effekt (engl, „cytopathic effect") cpm Impulse pro Minute (engl, „counts per minute") CSF koloniestimulierender Faktor (engl, „colony stimulating factor") DAPI 4',6-Diamidino-2-phenylindol DBSS Dulbecco's gepufferte Salzlösung, auch für HBSS ohne N a H C 0 3 gebraucht (engl, „dissection BSS") DHFR Dihydrofolatreductase DMSO Dimethylsulfoxid dpm Zerfälle pro Minute (engl, „disintegrations per minute") EDTA Ethylendiamintetraessigsäure EGF epidermaler Wachstumsfaktor (engl, „epidermal growth factor") EGTA Ethylenglycol-bis(2-aminoethylether)-N,N'tetraessigsäure EtOH Ethanol FACS engl, „fluorescence activated cell sorter" FITC Fluoresceinisothiocyanat FKS fetales Kälberserum FSH follikelstimulierendes Hormon GBSS Gey's gepufferte Salzlösung GFAP saures fibrilläres gliales Protein (engl, „glial fibrillary acidic protein") HAT Hypoxanthin-Aminopterin-Thymidin HBSS Hanks' gepufferte Salzlösung HCG engl, „human-chorionic-gonadotropin" HEPES iV-(2-Hydroxyethyl)-piperazin-N'-2ethansulfonsäure HGPRT Hypoxanthin-Guanin-PhosphoribosylTransferase HS Pferdeserum (engl, „horse serum")
HuS IGF IL LDL MEM MEMS MGF MSA MSH MTT MTX NGF NKS PAP PBE
PBS PBSA PBSB PCA, PCE PDGF PE PEG pfu PHA PMS PTFE PVP PWM RITC RSA SDS SSC
Humanserum insulinähnlicher Wachstumsfaktor (engl, „insulin-like growth factor") Interleukin engl, „low-density-lipoprotein" Minimalmedium (engl, „minimal essential medium") MEM modifiziert für Suspensionskulturen (ohne Ca 2 + ) Melanozytenwachstumsfaktor (engl, „melanocyte growth factor") engl, „multiplication stimulating activity" melanozytenstimulierendes Hormon 3- [4,5-Dimethylthiazol-2-yl] -2,5diphenyltetrazoliumbromid, Thiazolylblau Methotrexat Nervenwachstumsfaktor (engl, „nerve growth factor") neonatales Kälberserum Peroxidase-Antiperoxidase plaquebildende Einheit (engl, „plaque forming ability" pfa oder „plaque forming unit" pfu) phosphatgepufferte Kochsalzlösung (engl. „phosphat buffered saline") DBSS ohne Calcium und Magnesium calcium- und magnesiumhaltige Lösung zur Komplettierung von PBSA Perchloressigsäure (engl, „perchloric acid") Plättchenwachstumsfaktor (engl, „platelet derived growth factor") Plattiereffizienz (engl, „plating efficiency"), auch für PBS-EDTA gebraucht Polyethylenglycol s. PBE Phythämagglutinin Phenazinmethosulfat Polytetrafluorethylen Polyvinylpyrrolidon Pokeweed-Mitogen Rhodaminisothiocyanat Rinderserumalbumin Natriumdodecylsulfat (engl, „sodium dodecyl sulfate") citratgepufferte Kochsalzlösung (engl, „standard saline citrate")
XVI
TCA, TCE TGF
Abkürzungsverzeichnis
Trichloressigsäure (engl, „trichloroacetic acid") transformierender Wachstumsfaktor (engl. „transforming growth factor")
TPA TSH
Gewebeplasminogenaktivator (engl, „tissue plasminogen activator") thyreoideastimulierendes Hormon, Thyreotropin
1 Einführung
1.1 Geschichte der Gewebekultur Die Gewebekultur wurde zu Beginn unseres Jahrhunderts (Harrison 1907; Carrel 1912) als eine Methode entwickelt, die es erlaubt, das Verhalten von Zellen unabhängig von systemischen Variationen, die im Tier sowohl bei normaler Homöostase als auch unter der Belastung eines Experimentes auftreten können, zu studieren. Wie der Name besagt, werde die Methode zuerst mit undissoziierten Gewebestücken erprobt; das Wachstum war beschränkt auf die Auswanderung von Zellen aus dem Explantat und gelegentliche Mitosen unter diesen ausgewanderten Zellen. Da die Arbeit mit Primärexplantaten mehr als 50 Jahre dominierte, ist es nicht überraschend, daß der Name „Gewebekultur" beibehalten wurde, obwohl die explosionsartige Ausdehnung des Fachgebietes seit etwa 1950 vorwiegend auf der Arbeit mit Kulturen dispergierter Zellen beruht. In diesem Buch wird der Ausdruck „Gewebekultur" als generischer Term verwendet, der sowohl die Organkultur als auch die Zellkultur umfaßt. Mit „Organkultur" wird immer eine dreidimensionale Kultur eines unzerteilten Gewebes bezeichnet, in der einige oder alle der in vivo bestehenden histologischen Charakteristika dieses Gewebes erhalten bleiben. Der Ausdruck „Zellkultur" bezieht sich auf Kulturen, die von vereinzelten Zellen des Originalgewebes, von einer Primärkultur, einer Zellinie oder einem Zellstamm durch enzymatische, mechanische oder chemische Dissoziation erhalten werden. Der Term „histotypische" Kultur impliziert, daß die Zellen durch Reassoziation erneut eine dreidimensionale gewebeähnliche Struktur ausbilden, z.B. in Perfusionskulturen durch Überwachsen einer Einzellschicht (engl, „monolayer"), durch Reaggregation in Suspension oder durch Infiltration einer dreidimensionalen Matrix wie etwa einem Collagengel. Harrison wählte den Frosch als Gewebequelle, wahrscheinlich deshalb, weil die Zellen eines kaltblütigen Tieres keiner Inkubation bedürfen. Da auch die Geweberegeneration bei niederen Vertebraten stärker ausgeprägt ist, glaubte er möglicherweise, daß Wachstum eher eintreten würde als bei Säugergeweben. Obgleich seine Technik neues Interesse an der /n-vz'iro-Kultivierung von Geweben ausgelöst haben dürfte, folgten nur wenige spätere Bearbeiter seinem Beispiel in der Wahl der Spezies. Der von den medizinischen Wissenschaften ausgehende Stimulus lenkte das weitere Interesse auf
warmblütige Tiere, deren normale und pathologische Entwicklung dem Menschen näher steht. Die Verfügbarkeit verschiedenster Gewebe, von denen zudem viele gut in Kultur wuchsen, machte das bebrütete Hühnerei zum bevorzugten Objekt; die Entwicklung der modernen Versuchstierzucht und im besonderen die Züchtung genetisch einheitlicher Nager machten dann Säugergewebe zum favorisierten Material. Während Hühnerembryonen die Anlage von Primärkulturen verschiedenster Zelltypen ermöglichen, hat Nagergewebe den Vorteil, kontinuierliche Zellinien zu bilden (Earle et al. 1943). Der Nachweis, daß auch menschliche Tumoren Ausgangspunkt für kontinuierliche Zellinien sein können (z.B. HeLa: Gey et al. 1952), förderte das Interesse an Humangeweben, das später noch weiter verstärkt wurde durch die klassischen Untersuchungen von Hayflick und Moorhead (1961) mit normalen, in der Lebensdauer begrenzten Zellen. Viele Jahre lang wurden die niederen Vertebraten und die Invertebraten weitgehend ignoriert, obwohl einzigartige Aspekte ihrer Entwicklung (Geweberegeneration bei Amphibien, Metamorphose bei Insekten) sie zu attraktiven Objekten für das Studium der molekularen Grundlagen der Entwicklung machten. Erst in neuerer Zeit haben die Erfordernisse der Landwirtschaft und der Schädlingsbekämpfung toxikologische und virologische Untersuchungen an Insekten angeregt, und die schnelle Entwicklung von Fischfarmen verlangte nach detaillierteren Kenntnissen über die normale Entwicklung und Pathogenese bei Fischen. Trotz dieses wiederauflebenden Interesses blieben Gewebekulturen der niederen Vertebraten und Invertebraten ein sehr spezielles Gebiet, und das Hauptaugenmerk galt weiterhin den Vogel- und Säugergeweben. Dies hat natürlich die Entwicklung der Kunst und Wissenschaft der Gewebekultur beeinflußt. Vieles von dem, was in den folgenden Kapiteln beschrieben wird, reflektiert dies ebenso wie eigene persönliche Erfahrungen. Empfehlungen für die Inkubation und die physikalischen und biochemischen Eigenschaften von Medien werden auf Homoiotherme bezogen; Hinweise auf Modifikationen für die Arbeit mit poikilothermen Tieren erfordern weiterführende Literaturrecherchen. Etwas detaillierter wird diese Problematik in einem späteren Kapitel diskutiert. Viele der grundlegenden Arbeitstechniken (steriles
2
1 Einführung
Arbeiten, Präparation und Sterilisation der Medien, Anlage von Primärkulturen, Selektion und Präparation von Zellen, quantitative Bestimmungen u. a.) lassen sich jedoch mit nur geringfügigen Modifikationen ebenso auf Poikilotherme anwenden. In Abbildung 1.1 sind Untersuchungsgebiete zusammengefaßt, für die sich Gewebekulturen besonders eignen: - intrazelluläre Aktivitäten, z. B. Replikation und Transkription von Desoxyribonucleinsäure (DNA), Proteinsynthese, Energiestoffwechsel, - intrazelluläre Stofftransporte, z. B. von Ribonucleinsäure (RNA) vom Kern zum Zytoplasma, Translokation von Hormon-Rezeptor-Komplexen, Fluktuationen im Metabolitenpool, - „Ökologie", z. B. Ernährung, Infektionen, viral oder chemisch induzierte Transformationen, Arzneimittelwirkungen, Reaktionen auf externe Reize, Sekretion spezieller Produkte und Zell-Zell-Wechselwirkungen, z. B. embryonale Induktion, Zellpopulationskinetik oder Zell-Zell-Adhäsion.
Abb. 1.1
Forschungsgebiete der Gewebekultur
Die Entwicklung der Gewebekultur als moderne, anspruchsvolle Technik wurde wesentlich durch die Bedürfnisse zweier Hauptrichtungen der medizinischen Forschung vorangetrieben: die Produktion antiviraler Impfstoffe und die Erforschung des Wesens der Neoplasie. Die Standardisierung der Bedingungen und Zelli-
nien für die Produktion und Bestimmung von Viren bedeutete zweifellos einen starken Impuls für die Entwicklung moderner Gewebekulturmethoden, besonders für die Produktion großer Zellmengen für biochemische Analysen. Dies und andere technische Weiterentwicklungen, die aus der kommerziellen Verfügbarkeit zuverlässiger Medien und Sera und der dank Antibiotika und Reinraumtechnik verbesserten Kontaminationskontrolle resultierten, machten die Gewebekultur einem großen Interessentenkreis zugänglich. Über die Krebsforschung und Virologie hinaus waren inzwischen auch andere Forschungsgebiete weitgehend auf Gewebekulturtechniken angewiesen. Die Einführung der Zellfusionstechniken (Barski et al. 1960; Soreuil und Ephrussi 1961; Littlefield 1964; Harris und Watkins 1965) und gentechnischer Methoden etablierten die somatische Zellgenetik als Kernstück der genetischen Analyse höherer Organismen einschließlich des Menschen und trugen über die Hybridomatechnik zur Produktion monoklonaler Antikörper wesentlich zur Entwicklung der Immunologie bei, die ihrerseits bereits von Zellkulturtechniken für Nachweisverfahren und der Entwicklung hämatopoetischer Zellinien abhängig war. Die mit Hilfe der Hybridomatechnik (Köhler und Milstein 1975) gewonnenen Einblicke in den Wirkungsmechanismus der Antikörper und die daraus resultierende reziproke Information über die Struktur des Epitopes waren - wie die Technik der Zellfusion selbst - der Auftakt für einen ganzen Bereich neuartiger Untersuchungen auf dem Gebiet der Genmanipulation. Diese haben viele grundlegende Informationen über die Kontrolle der Gentranskription ergeben, und eine neue, unermeßliche Technologie erwuchs aus der Fähigkeit, nutzbare Gene in prokaryotische Zellen zu transferieren. Zelluläre Produkte, wie Wachstumshormon, Insulin und Interferon, wurden gentechnisch gewonnen; das Fehlen posttranskriptionaler Modifikationen bei Bakterien, wie der Glycosylierung, ließ die Säugerzellen jedoch als geeignetere Vehikel erscheinen. Der Transfer geeigneter Gene in normale menschliche Zellen, um sie in kontinuierliche Zellinien zu überführen (s. Kap. 2.4) und zur Bildung pharmazeutisch wertvoller Stoffe zu veranlassen, wird profunde Auswirkungen auf die Arzneimittelindustrie haben, die nur von derzeit noch nicht erkennbaren radikalen Innovationen der organisch-chemischen Synthese übertroffen werden können. Andere Interessengebiete betreffen das Studium zellulärer Wechselwirkungen und intrazellulärer Kontrollmechanismen der Zelldifferenzierung und Entwicklung (Auerbach und Grobstein 1958; Cox 1974; Finbow und Pitts 1981) und Versuche zur Analyse der Nerventätigkeit (Bornstein und Murray 1958; Minna et al. 1972; Kingsbury et al. 1985). Der Fortschritt in der neurologischen Forschung konnte jedoch nicht von den Arbeiten mit neuronalen Zellinien profitieren, denn bislang ist die
1.3 Nachteile der Gewebekultur
Vermehrung von Neuronen in vitro nicht möglich, es sei, m a n macht Gebrauch von transformierten Zellen (s. Kap. 20.3.1). Gewebekulturmethoden wurden auch f ü r viele Routineanwendungsbereiche in Medizin und Industrie nutzbar gemacht. Die Chromosomenanalyse von Zellen, die durch Amniozentese aus dem Mutterleib gewonnen werden (s. Kap. 23.7), kann beim ungeborenen Kind genetische Schäden aufzeigen, virale Infektionen können qualitativ und quantitativ an Monolayerkulturen geeigneter Wirtszellen bestimmt werden (s. Kap. 23.12), und die toxischen Effekte pharmazeutischer Produkte und potentieller Umweltgifte können in Kolonie- oder anderen In-vitro-Tests gemessen werden (s. Kap. 19). Weitere Anwendungen der Gewebekultur bei medizinischen Problemen könnten sich aus dem Befund ergeben, daß in Kulturen epidermaler Zellen funktionell differenzierte Zellschichten (engl, „sheets") entstehen (Green et al. 1979) oder d a ß endotheliale Zellen in Kultur Kapillaren formen können (Folkamn und Haudenschild 1980), woraus Möglichkeiten für die Autotransplantation und plastische Chirurgie unter Verwendung patienteneigener Zellen erwachsen (Pittelkow und Scott 1986). Obwohl offensichtlich das Studium zellulärer Aktivitäten in Gewebekulturen viele Vorteile bietet, muß bei der Auflistung der Vorzüge auch den Grenzen gebührende Beachtung geschenkt werden, um den Sinn für reale Perspektiven zu erhalten.
3
1.2.2 Charakterisierung und Homogenität der Probe Gewebeproben sind immer heterogen. Sogar Parallelproben eines Gewebes variieren in ihrer zellulären Zusammensetzung. Da die Zellen bei jedem Transfer wahllos vermischt werden und der Selektionsdruck der Kulturbedingungen die Entstehung einer homogenen, aus dem vitalsten Zelltyp bestehenden Kultur begünstigt, erscheint die kultivierte Zellinie nach ein oder zwei Passagen von homogener oder zumindest uniformer Beschaffenheit. Die von den Subkulturen erhaltenen Stichproben sind daher identisch, und die Charakteristika der Linie bleiben für einige Generationen erhalten; falls die Zellinie in flüssigem Stickstoff gelagert wird, ist dies für unbegrenzte Zeit möglich. Wegen der weitgehenden Identität der Parallelproben reduziert sich auch die Notwendigkeit für eine statistische Analyse der Varianz.
1.2.3 Wirtschaftlichkeit Kulturen können einem Reagens in geringer und definierter Konzentration unmittelbar ausgesetzt werden, wobei auch der Zutritt zu den Zellen direkt erfolgt. Es resultiert ein geringerer Substanzbedarf als nach Injektion in vivo, bei der > 90 % des Reagens durch Exkretion und Verteilung in Gewebe, die nicht untersucht werden, verloren gehen. Testverfahren mit vielen Variablen und Kontrollen sind billiger und umgehen die rechtlichen, moralischen und ethischen Probleme des Tierexperiments.
1.2 Vorteile der Gewebekultur 1.2.1 Kontrolle des Kulturmilieus Wie bereits angedeutet, bestehen die zwei Hauptvorteile in der Kontrollierbarkeit des physikalisch-chemischen Milieus (pH-Wert, Temperatur, osmotischer Druck, 0 2 und C0 2 -Tension), welches sehr genau überwacht werden kann, und in der Kontrolle der physiologischen Bedingungen, die relativ konstant gehalten, aber nicht immer definiert werden können. Die meisten Zellinien bedürfen noch einer Komplettierung des Mediums durch Serum oder andere wenig definierte Bestandteile. Diese Zusätze neigen zu chargenabhängigen Variationen (Olmsted 1967; H o n n et al. 1975) und enthalten unbekannte Stoffe, wie H o r m o n e und andere Regulatorsubstanzen. Nach und nach werden die essentiellen Bestandteile des Serums jedoch identifiziert, wodurch dessen Ersatz durch definierte Komponenten möglich wird (Birch und Pirt 1971; H a m und McKeehan 1978; Barnes und Sato 1980; Barnes et al. 1984; Maurer 1986) (s. a. Kap. 7).
1.3 Nachteile der Gewebekultur 1.3.1 Sachkenntnis und Erfahrung D a tierische Zellen viel langsamer wachsen als die Mehrzahl der üblichen kontaminierenden Mikroorganismen (Bakterien, Pilze, Hefen), müssen die Kulturmethoden unter streng aseptischen Bedingungen durchgeführt werden. Im Gegensatz zu Mikroorganismen kommen Zellen multizellulärer Tiere nicht isoliert vor und sind daher auch in Kultur nicht in der Lage, unabhängig von einem komplexen Milieu, durch welches Blutplasma und interstitielle Flüssigkeit simuliert werden, zu existieren. Dies bedeutet, d a ß ein gewisses M a ß an Sachkenntnis und Erfahrung notwendig ist, u m die Erfordernisse des Systems richtig einzuschätzen und auftretende Probleme zu erkennen. Mit Gewebekulturen sollte man sich nicht nur gelegentlich befassen, u m ein oder zwei Experimente durchzuführen.
4
1 Einführung
1.3.2 Zellausbeute Eine wesentliche Beschränkung der Gewebekultur liegt im Aufwand an Arbeit und Material, der für die Produktion einer relativ kleinen Gewebemenge erforderlich ist. Ein reales Maximum für die in einem Ansatz zu erreichende Zellmenge sind 1 - 1 0 g, wenn die Arbeiten in einem der meist üblichen kleinen Laboratorien mit zwei bis drei Mitarbeitern durchgeführt werden. Mit wenig Mehraufwand können mit den Einrichtungen eines großen Laboratoriums 10-100 g erhalten werden; Mengen über 100 g erfordern industrielle Produktionsmethoden (Pilotanlagen), die den meisten Laboratorien zwar nicht zur Verfügung stehen, mit Hilfe spezieller Einrichtungen aber auch zugänglich sind. Die Kosten für die Produktion von Zellen in Kultur sind etwa zehnmal höher als die bei Verwendung von tierischem Gewebe. Es müssen daher zwingende Gründe vorliegen, wenn größere Mengen eines Gewebes ( > 10 g) durch Kultur gewonnen werden sollen. Die Aufwendungen für kleinere Mengen ( < 10 g) sind zwar leichter im Rahmen der laufenden Kosten aufzubringen, trotzdem sollten immer die Möglichkeiten der Miniaturisierung einer Testmethode oder präparativen Prozedur beachtet werden. Im Hinblick auf die reduzierten Manipulationszeiten, Volumina, Zentrifugationszeiten usw. sind Halbmikro- oder Mikromethoden häufig schneller und können oft auch leichter automatisiert werden (s. Kap. 19.3).
1.3.3 Instabilität Ein wesentliches Merkmal vieler kontinuierlicher Zelllinien ist deren Instabilität, die aus der Labilität ihres aneuploiden Chromosomensatzes resultiert. Aber auch bei genetisch stabilen Kurzzeitkulturen können durch die Heterogenität der Zellpopulation (unterschiedliche Wachstumsraten) von einer Passage zur anderen Veränderungen auftreten. Diese Problematik wird ausführlicher in den Kapiteln 10 und 17 behandelt.
sentiert sie u.U. nur ein oder zwei Zelltypen, viele heterotypische Wechselwirkungen sind demzufolge verlorengegangen. Im Kulturmilieu fehlen auch verschiedenste systemische Komponenten, die in vivo in die homöostatische Regulation einbezogen sind; vor allem betrifft dies solche des Nerven- und des endokrinen Systems. Außerhalb dieser Kontrollmechanismen kann der Metabolismus der Zelle in vitro zwar konstanter als in vivo sein, er ist jedoch nicht wirklich repräsentativ für das Gewebe, von dem die Zellen stammen. Das Erkennen dieser Situation hat zur Integration einer Anzahl von Hormonen in die Kulturmedien geführt (s. Kap. 7.3.2), und es ist wahrscheinlich, daß sich diese Entwicklung fortsetzt. Der Energiestoffwechsel vollzieht sich in vitro weitgehend über die Glycolyse; der Citronensäure-Zyklus spielt - obwohl funktionsfähig - eine geringere Rolle. Es ist nicht schwer, viele weitere Unterschiede zwischen den Umweltbedingungen einer Zelle in vitro und in vivo aufzufinden. Dies hat oft dazu geführt, daß die Gewebekultur ziemlich skeptisch beurteilt wurde. Obwohl die Existenz solcher Unterschiede nicht bestritten werden kann, muß doch betont werden, daß viele spezifische Funktionen in Kultur exprimiert werden und diese daher ein wertvolles Hilfsmittel der Forschung wird, vorausgesetzt, daß die Grenzen des Modells beachtet werden. Herkunft der Zellen. Wenn Differenzierungsmerkmale verlorengehen, aus welchen Gründen auch immer, ist es schwierig, die kultivierten Zellen den funktionellen Zellen des Gewebes, aus dem sie stammen, zuzuordnen. Für die Charakterisierung sind stabile Markierungsmerkmale erforderlich (s. Kap. 13); zusätzlich kann eine Modifizierung der Kulturbedingungen erforderlich werden, damit diese Merkmale auch exprimiert werden (s. Kap. 2 und 14).
1.5 Definitionen Es gibt drei Hauptmethoden, um eine Kultur anzulegen (Schaeffer 1984) (s. Kap. 26 und Abb. 1.2):
1.4 ln-vitro-Besonderheiten Viele Verhaltensunterschiede zwischen Zellen in Kultur und ihren Pendants in vivo resultieren aus der Auflösung der dreidimensionalen Geometrie und der Vermehrung auf einem zweidimensionalen Substrat. Spezifische, für die Histologie des Gewebes charakteristische zelluläre Wechselwirkungen gehen verloren; die Zellen breiten sich aus, werden mobil und beginnen in vielen Fällen zu proliferieren, wobei die Wachstumsfraktion der Zellpopulation anwächst. Wenn eine Zellinie entsteht, repre-
- Bei Organkulturen bleibt der in vivo bestehende charakteristische Aufbau des Gewebes zumindest teilweise erhalten (s. Kap. 22.1). Die Beibehaltung einer sphärischen oder dreidimensionalen Struktur wird begünstigt, wenn das Gewebe an der Grenzfläche zwischen Flüssigkeit und Gasphase auf einem gegebenenfalls schwimmenden Stützgewebe (Netz, Gitter, Gel) kultiviert wird. - Bei Kultur von Primärexplantaten läßt man Gewebestückchen an Glas oder Plastik adhärieren, wodurch das Auswandern und Auswachsen von Zellen aus
1.5 Definitionen
dem Explantat in der Ebene des festen Substrates begünstigt wird (s. Kap. 9.2.1). - Zellkultur bedeutet, daß ein Gewebe oder die von einem Primärexplantat ausgewachsenen Zellen mechanisch oder enzymatisch zu einer Zellsuspension dispergiert werden und dann entweder als adhärente Einzellschicht (Monolayer) auf einem festen Substrat oder als Suspension im Kulturmedium kultiviert werden (s. Kap. 9.2 und 10).
Organkulturen bewahren die zellulären Wechselwirkungen des Ursprungsgewebes und neigen daher auch zur Ausprägung ursprünglicher Differenzierungsmerkmale. Da Organkulturen nicht intensiv wachsen (Zellproliferation ist auf die Peripherie des Explantates und vorwiegend auf embryonale Gewebe beschränkt), können sie auch nicht vermehrt werden. Für jedes Experiment werden daher frische Explantate benötigt. Im Vergleich zur Arbeit mit Zellkulturen resultieren daraus vermehrter
adulter Organismus
bebrütetes Hühnerei
Zerkleinerung
enzymatische Dissoziation
Zellkultur
Abb. 1.2
Haupttypen der Gewebekulturen
5
fein zerhackt
eventuelle weitere Zerkleinerung
Primärexplantat
Organkultur
6
1 Einführung
Arbeitsaufwand und geringere Reproduzierbarkeit. Auch die Quantifizierung der Ergebnisse ist schwieriger und die Menge des Materials, das kuliviert werden kann, wird limitiert durch die Dimension der Explan täte ( ^ 1 mm 3 ) und den Arbeitsaufwand, der für die Präparation des Materials und das Anlegen der Kultur erforderlich ist. Es muß jedoch betont werden, daß Organkulturen spezifische histologische Wechselwirkungen bewahren, ohne die es schwierig wäre, Charakteristika des Gewebes zu reproduzieren. Zellkulturen können mit Primärexplantaten oder Suspensionen vereinzelter Zellen angesetzt werden. Auf Grund der meist ausgeprägten Zellproliferation ist die Vermehrung (Propagation) von Zellinien möglich. Sofern eine signifikante Wachstumsfraktion vorliegt (s. Kap. 18.10), kann eine Einzellschicht (Monolayer) nach enzymatischer Dissoziation oder eine Zellsuspension durch einfaches Verdünnen in neue Kulturgefaße überführt (subkultiviert) werden. Die im Verlauf der Subkultivierung („Passage") entstandenen Tochterkulturen sind der Beginn einer „Zellinie". Enstehung einer Zellinie aus einer Primärkultur bedeutet, daß - die Zellzahl über mehrere Generationen zunimmt, - Zellen oder Zellarten mit vergleichbar hoher Wachstumskapazität dominieren werden, so daß - Uniformität der Zellpopulation resultiert. Wenn eine Zellinie charakterisierbar ist, bleiben diese Charakteristika für den überwiegenden Teil der begrenzten Lebenszeit der Linie erhalten. Die Entstehung von „kontinuierlichen" oder (in veralteter Terminologie) „etablierten" Zellinien ist in der Regel mit einer phänotypischen Veränderung oder „Transformation" verknüpft und wird in den Kapitels 2 und 15 behandelt. Wenn Zellen einer Kultur durch Klonierung oder andere Methoden selektiert werden, bezeichnet man die entstehende Sublinie als „Zellstamm", der dann eine detaillierte Charakterisierung erfordert. Zellinien oder Zellstämme können als adhärente Einzellschichten (Monolayer) oder in Suspension gezüchtet werden. Monolayerkultur bedeutet, daß die Zellen an einem zur Verfügung stehenden Substrat angeheftet sind und sich normalerweise auch in diesem Zustand vermehren. Anheftungsabhängigkeit (englisch „anchorage dependence")
heißt, daß Anheften an das Substrat (und in gewissem Maße auch Ausbreiten der Zellen auf dem Substrat) Grundvoraussetzung für eine Zellproliferation ist. Monolayerkulturen sind für die meisten normalen Zellen die übliche Kulturform. Eine Ausnahme bilden lediglich die reifen hämatopoetischen Zellen. Suspensionskulturen leiten sich von Zellen ab, die ohne Anheftung (engl, „anchorage independence") überleben und proliferieren können, eine Fähigkeit, die auf hämatopoetische Zellen, transformierte Zellinien und Zellen maligner Tumoren beschränkt ist. Es kann jedoch nachgewiesen werden, daß ein kleiner Anteil von Zellen, der zur Proliferation in Suspension befähigt ist, in vielen normalen Geweben vorkommt. Die Identität dieser Zellen ist unklar, jedoch wird eine Beziehung zum Kompartiment der Stammzellen oder nichtdeterminierten Vorläuferzellen postuliert, wobei impliziert wird, daß einige der kultivierten Zellen Präkursorpools aus dem Ursprungsgewebe repräsentieren. Die Allgemeingültigkeit dieses Konzepts wird ausführlicher im nächsten Kapitel diskutiert. Im Hinblick darauf, daß sich die meisten differenzierten Zellen normalerweise nicht teilen, ergibt sich die Frage, ob kultivierte Zellinien für das in vivo vorkommende Kompartiment der Vorläuferzellen repräsentativer sind als für voll differenzierte Zellen. Da Zellkulturen sowohl in Form uniformer Zellsuspensionen wie auch als Monolayer vermehrt werden können, bieten sie bezüglich Quantifizierung, Charakterisierung und Parallelprobennahme viele Vorteile; hinsichtlich Zell-Zell- und Zell-Matrix-Wechselwirkungen entbehren sie jedoch der Möglichkeiten, die Organkulturen bieten. Aus diesem Grunde wurde vielfach versucht, dreidimensionale Zellstrukturen mit suspendierten Zellaggregaten („Sphäroiden") oder zellreichen Perfusionskulturen (s. Kap. 22.2) zu rekonstruieren. Viele der neueren Entwicklungen in der Gewebekultur entspringen dieser Einsicht in die Bedeutung spezifischer zellulärer Wechselwirkungen in homogenen oder heterogenen Zellpopulationen in vitro. Die Entwicklung könnte bezeichnend sein für den Übergang von einer Ära der fundamentalen Molekularbiologie, in der Regulationsprozesse auf zellulärer Ebene bearbeitet wurden, zu einer Ära der Zell- und Gewebebiologie, in der dieses Wissen auf integrierte Zellpopulationen angewendet wird.
2 Biologie der kultivierten Zelle
2.1
Kulturmilieu
Die Eignung von Zellkulturen als Modell für die Untersuchung physiologischer Zellfunktionen ist häufig angezweifelt worden. Das andersartige Milieu der Zellkultur, das sich von den /«-v/vo-Bedingungen in vielerlei Hinsicht unterscheidet, bedingt z. B. Probleme bei der Charakterisierung des Zelltyps. Zellen, die normalerweise in vivo nicht proliferieren, tun dies in der Zellkultur. Zell-Zell- und Zell-Matrix-Wechselwirkungen sind reduziert, weil Zellinien in Kultur die Heterogenität und die dreidimensionale Architektur der Zellen im Gewebeverband nicht aufweisen. Außerdem unterscheidet sich das Kulturmilieu auch hinsichtlich der hormonellen und der Nährstoffzusammensetzung von demjenigen im Organismus. Die genannten Umstände bedingen, daß in Zellkulturen die Anheftung, Migration und Proliferation wenig differenzierter Zellen stärker gefördert werden, als die Expression spezieller Zellfunktionen. Letztere erfordert geeignete Kulturbedingungen, bestimmte Nährstoffe und Hormone, wie auch ein geeignetes Substrat (s. Kap. 14.5). Vorder Behandlung dieser speziellen Fragen sollen zunächst die Ereignisse erörtert werden, die die Enstehung einer Primärkultur und einer daraus abgeleiteten Zellinie begleiten (s. Abb. 2.1).
2.2 Anlegen einer Zellkultur Techniken für das Anlegen von Primärzellkulturen werden im Kapitel 9.2 beschrieben. Solche Primärzellkulturen können entweder aus Zellen bestehen, die in der Kultur aus Gewebestückchen herauswachsen, oder aus enzymatisch oder mechanisch zu Einzelzellsuspensionen aufgelösten Geweben gewonnen werden. Unabhängig von der angewendeten Methode ist dies der erste in einer Reihe selektiver Prozesse (Tab. 2.1), die schließlich zur Entwicklung einer relativ einheitlichen Zellinie führen. Beim primären Gewebeexplantat ist die Selektion gegeben durch die Kapazität einer Zelle, vom Explantat auszuwachsen, während in Einzelzellsuspensionen Zellen nur dann das Ausgangsmaterial für eine Primärkultur bilden können, wenn sie den Gewebeaufschluß nach der jeweils angewendeten Technik unbeschädigt überstanden haben und dann im Monolayer adhärent oder in Suspension weiterleben können.
Bleibt die Primärkultur länger als nur einige Stunden am Leben, dann erfolgt ein weiterer selektierender Schritt. Der Anteil proliferierender Zellen steigt an, einige weitere Zelltypen überleben, proliferieren aber nicht, während andere unter den gegebenen Kulturbedingungen nicht überleben können. So verändert sich die anteilige Zusammensetzung der Kultur aus den verschiedenen Zellpopulationen fortlaufend, bis im Falle einer Monolayerkultur das zur Verfügung stehende Kultursubstrat besetzt ist. Nach Erreichen der Konfluenz (d.h., die zur Verfügung stehende Fläche eines Kulturgefäßes ist bewachsen, die Zellen befinden sich in engem Kontakt miteinander) verringert sich der Anteil kontakthemmbarer Zelltypen, während die Zahl der Zellen, die durch den Kontakt zu benachbarten Zellen wenig oder nicht im Wachstum gehemmt werden, langsam zunimmt (s. Kap. 10.2.1 und 15.2.2). Spontan- oder virustransformierte Zellen überwachsen die nichttransformierten. Wird durch häufiges Passagieren (Umsetzen in weitere Kulturgefaße) die Zelldichte niedrig gehalten, so kann der normale Phänotyp, z. B. in Kulturen von Mäusefibroblasten, erhalten bleiben. Bei hoher Zelldichte würden Spontantransformanten die normalen Zellen überwachsen (Todaro und Green 1963; Brouty-Boye et al. 1979, 1980). Manche Merkmale spezialisierter Zellfunktionen sind besonders in konfluenten Primärkulturen deutlich ausgeprägt. In diesem Stadium zeigt die Kultur morphologisch die größte Ähnlichkeit mit dem Ursprungsgewebe.
2.3 Entwicklung von Zellinien Nach der ersten Struktur oder Passage (Abb. 2.1) wird die Primärkultur zur Zellinie (s. Kap. 10.1), die kontinuierlich vermehrt und subkultiviert werden kann. Mit jeder weiteren Passage nimmt der Anteil der rasch proliferierenden Zellen zu, während nicht oder nur langsam proliferierende Zellpopulationen ausgedünnt werden. Dies wird besonders deutlich nach der ersten Subkultur, denn die proliferative Kapazität der Zelltypen korreliert mit deren Fähigkeit, das Trauma der Trypsinierung und des Transfers zu überstehen.
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2 Biologie der kultivierten Zelle
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Kulturdauer (Wochen) Abb. 2.1 Entwicklung einer Zellinie. Für eine hypothetische Zellkultur ist auf der Ordinate die Zellvermehrung (keine Verminderung beim Passagieren vorausgesetzt) in logarithmischem Maßstab, auf der Abszisse die Kulturdauer linear angegeben. Der Zeitpunkt der Entstehung einer kontinuierlichen Linie ist mit 121/2 Wochen angegeben, er kann in differenten
Kulturen aber auch zu jeder beliebigen anderen Zeit eintreten. Analog kann auch das Altern zu irgendeinem Zeitpunkt beginnen; bei menschlichen diploiden Fibroblasten ist dies jedoch nach 3 0 - 6 0 Verdopplungen der Zellzahl oder - in Abhängigkeit von der Generationszeit - nach 20 Wochen Kultur am wahrscheinlichsten.
In der dritten Passage präsentiert sich die Kultur als stabile, ziemlich abgehärtete und rasch wachsende Zellpopulation, in der jedoch weiterhin Selektion und Wandlung des Phänotyps anhalten. In Gegenwart von Serum und beim Fehlen spezifischer Selektionsbedingungen überwachsen häufig mesenchymale, aus Bindegewebsfibroblasten oder vaskulären Elementen entstandene Zellen die Kultur. Diesem Umstand ist die Entstehung einer Reihe häufig verwendeter Zellinien zu verdanken, so z.B. die der menschlichen Lungenfibroblastenlinie WI38 (Hayflick und Moorhead 1961), der Babyhamster-Nierenfibroblastenlinie BHK21 (McPherson und Stoker 1962) (Tab. 2.1), wie auch der vielleicht
bekanntesten L-Zellen, einer Subkutisfibroblastenlinie von einer mit Methylcholanthren behandelten Maus (Earle et al. 1943; Sanford et al. 1943). Andererseits besteht eine der größten Herausforderungen seit Einführung der Gewebekultur darin, ein derartiges Überwachsen empfindlicher oder langsam proliferierender Zellarten, wie etwa von Leberparenchymzellen oder epidermalen Keratinozyten zu verhindern. Zumeist waren ungeeignete Kulturbedingungen die Ursache für dieses Problem, das inzwischen durch den Einsatz selektiver Medien und Substrate überwunden werden konnte, wodurch die Kultivierung vieler spezieller Zellinien möglich geworden ist (s. Kap. 20).
2.4 „Krise" und Entstehung kontinuierlicher Zellinien Tabelle 2.1 Ursachen und Merkmale der Selektion bei der Entstehung von Zellinien Stadium
Selektionsbeeinflussende Faktoren
Isolierung
mechanische oder enzymatische Schädigung
Primärkultur
Auswachsen (Migration) bei Explantaten Anheftung und Ausbreitung bei enzymatischer Dissoziation
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Subkultivierung
Propagation als Zellinie
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Trypsinempfindlichkeit Nährstoff-, Hormon- und Substratlimitierungen relative Wachstumsraten differenter Zellarten Einfluß der Zelldichte auf das Überwiegen des normalen oder transformierten Phänotyps (s. Text) Nährstoff-, Hormon- und Substratlimitierungen Absterben normaler Zellen Überwachsen durch transformierte Zellen
2.4 „Krise" und Entstehung kontinuierlicher Zellinien Die meisten Zellinien können unverändert über eine begrenzte Anzahl von Generationen passagiert werden. Danach „altern" und sterben sie, oder es entstehen kontinuierliche (permanente) Linien (s. Abb. 2.1). Die Fähigkeit einer Zellinie zum kontinuierlichen Wachstum ist anscheinend bedingt durch das Ausmaß ihrer genetischen Variabilität. Menschliche Fibroblasten bleiben während ihrer gesamten Lebenszeit in Kultur überwiegend euploid und werden nie zu kontinuierlichen Linien (Hayflick und Moorhead 1961), während Mäusefibroblasten und auch Zellkulturen aus menschlichen oder tierischen Tumoren oft aneuploid sind und sich häufig zu kontinuierlichen Zellinien entwickeln. Die diesem veränderten Wachstumsverhalten zugrunde liegende Umwandlung wird allgemein als ,,/n-vi'iro-Transformation" bezeichnet (s. Kap. 15) und kann spontan auftreten oder auch chemisch oder viral induziert sein. Kontinuierliche Linien sind gewöhnlich aneuploid, die Chromosomenzahl liegt zwischen den diploiden und den tetraploiden Werten (Abb. 2.2), wobei auch innerhalb der Population hinsichtlich Zahl und Form der Chromosomen deutliche Variationen auftreten (Heteroploidie) (s. Kap. 15.3 und 17.3). Bis jetzt ist nicht bekannt, ob später als kontinuierliche Linien permanent wachsende Zellen schon im primären Explantat in geringer Anzahl vorhanden sind oder ob sie im Verlauf der
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Chromosomenzahl
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Chromosomenzahl
Abb. 2.2 Chromosomenzahl von nichtkontinuierlichen und kontinuierlichen Zellinien. a) normale menschliche Gliazellinie, b) kontinuierliche Zellinie eines menschlichen metastasierenden Melanoms.
Kultivierung in vitro aus einer oder mehreren transformierten Zellen hervorgehen. Aus zellkinetischer Sicht ist letzteres wahrscheinlicher, da permanente Linien auch zu einem relativ späten Zeitpunkt im „Leben" der Kultur entstehen können, also lange nachdem die Nachkommen einer einzigen zur fortlaufenden Proliferation befähigten Zelle die Kultur hätten überwachsen müssen. Aber auch das Vorkommen von Subpopulationen, die zur Transformation prädisponiert sind und zu einem unbestimmten Zeitpunkt zum Ausgangspunkt einer permanenten Linie werden, ist nicht ausgeschlossen. Der Prozeß der Herausbildung einer kontinuierlichen Linie wird als „Transformation" bezeichnet, weil die Kultur morphologische und wachstumskinetische Veränderungen durchmacht, aber auch weil die Entstehung einer permanenten Linie häufig von einer Zunahme der Tumorigenität der Zellen begleitet ist. Etablierte Zellinien haben zahlreiche Eigenschaften, die auch mit der malignen Transformation (s. Kap. 15) verbunden sind, wie z. B. erniedrigter Serumbedarf, verringerte Dichtehemmung des Wachstums, Fähigkeit zu Wachstum in halbfesten Medien, Aneuploidie (s.a. Tab. 10.3) usw. Ähnliche morphologische und Verhaltensänderungen treten bei Zellen auch nach chemisch oder viral induzierter Transformation auf. Viele, wenn nicht die meisten normalen Zellarten sind nicht zur Transformation in vitro fähig. Das klassische Beispiel stellen normale menschliche Fibroblasten dar (Hayflick und Moorhead 1961), die während ihrer ge-
10
2 Biologie der kultivierten Zelle
samten Lebenszeit in vitro euploid bleiben und zu einem kritischen Zeitpunkt (gewöhnlich nach 50 Generationen) aufhören, sich zu teilen, obwohl sie noch, wie in Einzelfallen beobachtet, etwa 18 Monate lang vital bleiben können. Menschliche Gliazellen (Ponten und Westermark 1980) und Hühnerfibroblasten (Hay und Strehler 1967) verhalten sich ähnlich. Andererseits zeigten epidermale Zellen bei der Optimierung der Kultivierungsbedingungen in zunehmendem Maße die Fähigkeit zu längerem Wachstum (Grenn et al. 1979) und können so möglicherweise zur Umwandlung in kontinuierliche Linien gebracht werden. Es könnte hier ein Zusammenhang mit der Kapazität dieses Zelltyps zur Selbsterneuerung in vivo bestehen. Lymphoblastoide Zellen mit ähnlich hoher regenerativer Kapazität werden in vitro gleichfalls ohne größeren Aufwand zu kontinuierlichen Linien (Moore et al. 1967), allerdings wird in diesen Fällen eine ursächliche Transformation durch das EpsteinBarr-Virus angenommen. Kontinuierliche Zellinien weisen oft eine anhaltende genetische Instabilität auf. Dies veranlaßt zu der Annahme, daß die prädisponierende Bedingung für ein permanentes Wachstum in Kultur in der einer Zellinie inhä-
renten genetischen Variabilität bestehen könnte. Allgemeines Merkmal vieler permanenter Linien menschlicher Herkunft ist ein subtetraploider Chromosomensatz (s. Abb. 2.2). Ausführlicher werden genetische Variabilität und Instabilität im Kapitel 17 behandelt.
2.5 Entdifferenzierung Entdifferenzierung in vitro bedeutet, daß differenzierte Zellen in der Kultur ihre spezifischen Funktionen verlieren. Es bleibt aber offen, ob undifferenzierte Zellen der gleichen Herkunft (Abb. 2.3) differenzierte Zellen mit geringerer proliferativer Kapazität überwachsen oder ob das Fehlen geeigneter Induktoren (Hormone, ZellZell- oder Zell-Matrix-Wechselwirkungen) eine Deadaptation (den reversiblen Verlust spezifischer Zellfunktionen) verursacht (s. Kap. 14). Tatsächlich können beide Umstände zutreffen. Die permanente Proliferation kann undifferenzierte Vorläuferzellen selektieren, die ohne ein geeignetes induktives Milieu nicht zur funktionellen Differenzierung gelangen können.
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differenzierungsfördernde Bedingungen (Hormone, Zell-Zell-, Zell-Matrix-Wechselwirkungen) Selektion oder Modifikation durch Kulturbedingungen
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T 2 36.0«C
38.5'C
W W I W W bei 36 X
unter 3 6 X
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Schaltkreis B
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< 36 °C
S, 38.5 > C W
bei 36 X
bei 36,5 X Wenn T2 nicht schließt, während die Temperatur abfällt, regelt T, im Schaltkreis A auf 3 6 X . WennT, nicht schließt, regelt T2 im Schaltkreis B auf 36,5°C.
bei 38 °C (Ausfall von T,, Heizkreis A bleibt geschlossen) S, unterbricht, Regelung über Heizkreis B
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T, und T 2 : Regelthermostaten S, und S 2 : Sicherheitsthermostat
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bei 38,5°C (Ausfall von T2, Heizkreis B bleibt geschlossen) unterbricht, Regelung über Heizkreis A
3.4 Reinigung stungsfahige Temperaturmeßfühler (Thermistoren oder Thermoelemente) zu verwenden. Überwärmung. Angesichts der Notwendigkeit eines raschen Temperaturausgleichs im Wärmeraum darf die Gefahr einer Überwärmung nicht außer acht gelassen werden. Überwärmung kann auftreten: - bei hoher Umgebungstemperatur im Labor infolge klimatischer Gegebenheiten oder - durch wärmeerzeugende Geräte, wie Rührer, Rollerapparaturen, Laminarboxen usw., im Wärmeraum selbst. Der Gebrauch derartiger Apparaturen ist daher im Brutraum zu vermeiden, oder es muß für ausreichende Wärmekonvektion durch zusätzliche thermostatgeregelte Ventilatoren oder eine Klimaanlage gesorgt werden. In jedem Fall muß hier der Thermostat mindestens 2°C unter dem Sollwert des Heizlüfter-Thermostaten eingestellt werden, damit dieser die Temperatur reguliert. Zugang zum Wärmeraum. Sind ein Proportionalregler, gute Luftzirkulation und ausreichende Heizung gewährleistet, kann auf eine Luftschleuse verzichtet werden. Die Wärmeraumtür sollte jedoch gut isoliert (gefüllt mit Kunststoffschaum oder Glasfaser), leichtgängig, gut schließend und möglichst mit automatischem Türschließer ausgerüstet sein. Empfehlenswert ist eine Durchreiche zum sterilen Arbeitsbereich, die auf beiden Seiten mit Ablageflächen für Kulturgefäße versehen ist. Die Verschlußklappe der Durchreiche sollte ebenfalls wärmeisoliert sein. Das Entstehen von „Kälteinseln" auf den Regalen im Brutraum wird vermieden, wenn sich die Durchreiche über dem Arbeitsplatz befindet. Ein Temperaturschreiber ist so anzubringen, daß die Ablesung für die im Gewebekulturlabor Arbeitenden leicht möglich wird. Eine wöchentliche Auswertung des Kontrollstreifens ist i. allg. ausreichend. Wenn möglich, werden neben dem Schreiber oder an einem anderen gut sichtbaren Platz Warnlampen für Über- und Unterschreitung des Temperaturkontrollbereichs installiert.
3.3 Präparation und Vorbereitung In kleineren Gewebekulturlaboratorien kann eine aufwendige Medienpräparation vermieden werden, wenn geeignete käufliche Kulturmedien aus zuverlässiger Quelle erhältlich sind. Während große Laboratorien mit mehr als 50 Mitarbeitern ihre Medien aus ökonomischen Gründen wahrscheinlich selbst herstellen, werden kleinere Unternehmen es vorziehen, ihren Bedarf mit käuflichen Fertigmedien zu decken. Dadurch reduziert
23
sich der Aufwand für Präparationsarbeiten auf die Herstellung und Abfüllung von Salzlösungen, EDTA-Lösung usw. sowie auf die Bereitstellung von Wasser. Hinzu kommen Arbeiten wie das Verpacken von Schraubkappen und anderen kleinen Gerätschaften, die zur Sterilisation vorbereitet werden. Obwohl der Präparationsbereich sauber und ruhig sein sollte, ist steriles Arbeiten hier jedoch nicht erforderlich. Stehen zuverlässige käufliche Medien nicht zur Verfügung, dann muß für die Medienherstellung ein ausreichend großer Platz reserviert werden, der mit Laborund Feinwaage, pH-Meter und möglichst auch einem Osmometer ausgerüstet ist. Zum Lösen der Medien und zum Rühren und Abfüllen der Lösungen muß ausreichende Tischfläche vorhanden sein. Wenn möglich sollte im sterilen Arbeitsbereich eine gesonderte Laminarbox mit horizontalem Luftstrom für das Filtrieren und Abfüllen steriler Flüssigkeiten bereitgestellt werden. In einem Brutschrank muß Platz für die Inkubation von Medien in Nährbrühe oder auf Anzuchtplatten zur Sterilitätskontrolle vorhanden sein. Hitzebeständige Lösungen und Materialien können auf der nichtsterilen Seite des Labors autoklaviert oder heißluftsterilisiert werden.
3.4 Reinigung Glasreinigung und -Sterilisation werden nach Möglichkeit außerhalb des Gewebekulturlabors vorgenommen, weil die bei diesen Arbeiten entstehende Hitze und hohe Luftfeuchtigkeit nicht abgeführt werden kann, ohne die optimale Belüftungsintensität zu überschreiten. Autoklaven und Destillierapparate sind daher nach Möglichkeit in separaten Räumen mit wirksamer Ventilation aufzustellen. Im Abwaschbereich ist ausreichende Kapazität für das Spülen der Glasgeräte und - falls vorgesehen Raum für eine automatische Spülmaschine einzuplanen. Viel Tischfläche wird auch für das Abstellen von Körben mit Glassachen, das Sortieren von Pipetten und das Verpacken des Sterilisiergutes benötigt, ebenso Platz für einen Pipettenspüler und einen Trockenschrank. Wenn Abwasch und Sterilisation im Gewebekulturlabor selbst durchgeführt werden müssen, sollte dies in größtmöglicher Entfernung vom sterilen Arbeitsbereich und nur bei ausreichender Ventilation geschehen. Oft erweisen sich kleine Laborwagen als nützlich beim Einsammeln von schmutzigen Glassachen und zum Verteilen des sterilisierten Vorrates, sie erfordern jedoch selbst einen Abstellplatz.
24
3 Planung und Einrichtung eines Gewebekulturlaboratoriums
3.5 Aufbewahrung und Lagerung Sterile Lösungen werden entweder bei Raumtemperatur (Salzlösungen, Wasser usw.), bei 4°C (Medien) oder bei — 20 bis — 70 °C (Serum, Trypsin-, Glutaminlösung usw.) aufgewahrt. Lagerkapazität ist auch für sterile Glassachen (Medien- und Kulturflaschen, Pipetten), sterile Plastikmaterialien (Kulturflaschen, Mikrotiterplatten, Petrischalen, Röhrchen, Spritzen, Schraubkappen, Stopfen usw.), Filtrationsgefäße, große Vorratsflaschen, Handschuhe, Abfallbeutel u.a.m. erforderlich. All diese genannten Materialien sollten vom sterilen Arbeitsbereich aus leicht zugänglich sein. Kühl- und Gefrierschränke werden auf der nichtsterilen Seite des Labors aufgestellt, weil deren Türen und Kompressoren Luftbewegungen verursachen und demzufolge Staub und Pilzsporen aufwirbeln können. Wartung und periodisches Abtauen der Geräte erfordern zudem Aktivitäten, die vom sterilen Arbeitsbereich besser ferngehalten werden. Wesentlich bei der Vorratslagerung steriler Materialien ist, daß ein bequemer Zugang die Entnahme und Wiederauffüllung des Bestandes erleichtert. Dafür sind Schränke, die sich nach zwei Seiten öffnen lassen, besonders geeignet, weil die Entnahme von der einen und das Nachfüllen von der anderen Seite aus vorgenommen werden kann. Transportable Vorratsbehälter oder Tabletts, die bei Bedarf ausgetauscht werden, haben sich ebenfalls als praktisch erwiesen. Für die Vorratshaltung muß möglichst viel Platz zur Verfügung stehen, weil dann ökonomische Großeinkäufe möglich sind und auch das Risiko vermindert wird, daß Bestände an speziellen Materialien erschöpft sind, bevor sie ersetzt werden können. Der ungefähre Bedarf an Lagerkapazität pro Mitarbeiter kann mit 2001 bei 4 °C und 1001 bei — 20 °C angenommen werden. In kleinen Arbeitsgruppen liegen die Werte höher - und zwar bei 2501 Lagerkapazität im Kühlschrank und bei 1501 in der Tiefkühltruhe (— 20 °C). Diese Angaben beziehen sich auf Stauraum, außerdem sollte aber noch die Mitbenutzung von Kühl- und Tiefkühlräumen - falls vorhanden - gewährleistet sein. Generell sind Tiefkühlgeräte einem Tiefkühlraum vorzuziehen. Sie sind leichter zu reinigen und zu warten und bei Ausfall leichter zu ersetzen.
3.6 Bauliche Gestaltung und Ausstattung Die vorgesehenen Räume sollten mit einer Industrieoder Büroraum-Luftfilteranlage ausgerüstet sein. Die Reinigung wird erleichtert, wenn das Mobiliar entweder mit der Unterkante am Boden abschließt oder den Zugang zum darunter befindlichen Fußboden nicht behindert. Der Boden wird zweckmäßigerweise mit Polyvinyl oder einem anderen stauabweisenden Material bedeckt. Ein in der Mitte des Raumes gelegener Fußbodenabfluß erlaubt bei entsprechender Absenkung des Bodens den großzügigen Einsatz von Wasser und schützt darüber hinaus die Einrichtung vor Überschwemmungen durch defekte Destillieranlagen, Autoklaven oder Spülbecken. Besteht die Möglichkeit, das Gewebekulturlabor und die Bereiche für Vorbereitung, Reinigung und Sterilisation räumlich zu trennen, dann sollte dies weitestgehend geschehen. Eine Fußbodendrainage in allen Räumen ist auch hier zu empfehlen, am dringlichsten ist jedoch die Installation im Spül- und Sterilisationsbereich. Sind Reinigung und Sterilisation in getrennten Räumen untergebracht, dann ist es ratsam, diese benachbart oder im gleichen Stockwerk einzurichten. Dazwischenliegende Stufen oder Schwellen würden den Einsatz von Laborwagen behindern. Ideal geeignet sind auf einem Korridor unmittelbar gegenüberliegende Räume (siehe Abb. 3.5) (bezüglich Spülbecken, Einweichbäder usw. s. Kap. 4). Der begehbare Raum des Labors muß dem zu erwartenden Durchgangsverkehr (Personen, Transport von Reagenzien, Abwasch, Wagen usw.) entsprechen, einen leichten Zugang zu den Vorratsschränken und problemloses Abräumen der verschmutzten Gerätschaften ermöglichen. Türöffnungen müssen ausreichend breit und hoch sein, damit alle Ausrüstungsgegenstände, besonders die Laminarboxen, passieren können. Zwangsläufig ist der Platz das größte Problem, und Kompromisse werden unvermeidlich sein, aber ein wenig Vorausdenken kann viel Platz und damit auch Nerven sparen.
4 Laborausrüstung
Die spezifischen Ausrüstungsgegenstände eines Gewebekulturlabors können, wie die der meisten Laboratorien, in folgende drei Kategorien eingeteilt werden: - notwendige, ohne die ein Arbeiten nicht möglich ist, - nützliche, die die Arbeit erleichtern, beschleunigen und die Produktivität erhöhen und - vorteilhafte, die die Arbeitsbedingungen verbessern, rascher Ermüdung vorbeugen, ausgeklügelte Analysen ermöglichen und ganz allgemein die Arbeit attraktiver machen. Nach dieser Rangfolge ist die Ausrüstung für Zellkulturlaboratorien in Tabelle 4.1 zusammengestellt. Stehen die genannten Gegenstände zur Verfügung, dann sind vor allem zwei Aspekte zu berücksichtigen: - Die Geräte müssen in den dafür vorgesehenen Raum gebracht werden können (Zugang), und - es muß Platz zur Aufstellung vorhanden sein (Unterbringung). Bezugsquellen für die Laborausrüstung sind in Kapitel 25 aufgeführt.
4.1 Notwendige Laborausrüstung 4.1.1 Inkubatoren Ein Inkubator muß ausreichend groß sein (etwa 2001 pro Nutzer) sowie mit Luftumwälzung, einem Temperaturregler mit einer Toleranz von + 0,5 °C und einem Sicherheitsthermostaten ausgerüstet sein, der die Heizung bei Überwärmung abschaltet - oder besser: regelt wenn der erste Heizthermostat versagt. Ein Inkubator sollte korrosionsbeständig, d.h. aus rostfreiem Edelstahl (für Trockeninkubatoren ist auch eloxiertes Aluminium geeignet) und leicht zu reinigen sein. Vorteilhaft ist ein Doppelschrank mit vertikal angeordneten, individuell regelbaren Untereinheiten, weil bei Ausfall oder bei erforderlicher Reinigung der einen die andere noch benutzt werden kann.
4.1.2 Inkubationstemperatur Die optimale Temperatur für Zellkulturen ist abhängig:
- von der Körpertemperatur der Spezies, von der die Zellen stammen, - von regionalen Temperaturabweichungen (Hautzellen vertragen z. B. niedrigere Temperaturen) und - von der Berücksichtigung eines Sicherheitsbereiches, um geringe Schwankungen bei der Temperaturregelung des Brutschrankes zu tolerieren. Die empfohlene Temperatur für die meisten menschlichen und Warmblüterzellinien liegt daher aus Sicherheitsgründen etwas unterhalb der Körpertemperatur bei 36,5 °C. Wegen der höheren Körpertemperatur der Vögel zeigen aviäre Zellen maximales Wachstum bei 38,5 °C. Sie wachsen aber auch bei 36,5 °C, nur langsamer. Kultivierte Zellen vertragen erhebliche Temperaturabfalle; sie können mehrere Tage bei 4°C überleben oder auch eingefroren und auf — 196 °C abgekühlt werden (s. Kap. 17). Dagegen tolerieren sie Temperaturen von mehr als 2°C über „normal" - nur für wenige Stunden und sterben bei 40 °C und darüber rasch ab. Epidermale Zellen der Maus wachsen besser bei einer etwas niedrigeren Temperatur, z. B. 33 °C. Zellen poikilothermer Tiere zeigen generell eine größere Temperaturtoleranz, sollten aber bei einer konstanten Temperatur innerhalb des normalen Körpertemperaturbereiches der jeweiligen Spezies gehalten werden. Dazu sind mit Kühlung und Heizung ausgerüstete Inkubatoren erforderlich, denn die benötigte Temperatur kann, z. B. bei Fischzellen, unterhalb der Umgebungstemperatur liegen. Die Kühlkapazität sollte so bemessen sein, daß sie die Temperatur auf mindestens 2°C unter die Raumtemperatur senken kann, damit die Regelung über den empfindlicher reagierenden Heizkreis erfolgt. Gegebenenfalls können Zellkulturen wechselwarmer Tiere auch bei Zimmertemperatur gehalten werden, wegen der möglichen Schwankungen der Umgebungstemperatur ist dies jedoch nicht zu empfehlen. Die Inkubationstemperatur sollte auf ± 0,5 °C genau geregelt werden, wobei Temperaturkonstanz wichtiger ist als die Genauigkeit der Temperatureinstellung. Zellen können zwischen 33 und 39 °C wachsen, wenn auch mit unterschiedlicher Wachstumsrate und Stoffwechselaktivität. Wichtig ist aber Temperaturkonstanz im Verlauf der Kultur und an allen Stellen des Inkubators. Wasserbäder bieten diesbezüglich die besten Bedingungen. Es besteht jedoch Kontaminationsgefahr, weil die
26
4 Laborausrüstung
Tabelle 4.1
Gewebekulturausstattung
Minimalbedarf (notwendig)
Wünschenswerte Geräte (nützlich)
Nützliche Zusatzausstattung
Inkubator (Brutschrank)
Laminarbox(en) vertikal, horizontal, Sicherheitsbox
— 70 °C- Tiefkühlschrank
Sterilisator (Autoklav, Druck- Schnellkochtopf, Heizschrank)
Zellzählgerät
Glaswaschmaschine Fernsehanlage
Kühlschrank
Vakuumpumpe
Tiefkühlschrank (für Lagerung bei
CO z -Inkubator
— 20 °C)
Laborwaage und Mikrowaage
Umkehrmikroskop
pH-Meter
Einweichwanne oder Spülbecken
Osmometer
Zellgrößenanalysator (z. B. Coulter ZB-Serie)
Tiefes Spülbecken
Phasenkontrast- und Fluoreszenzmikroskopie)
Ausrüstung für Zeitraffermikrokinematographie
Pipettenzylinder
Umkehrmikroskop(e) Koloniezählgerät Zentrifuge für große Volumina
Pipettenwaschanlage Destillations- oder Wasseraufbereitungsanlage
transportabler Temperaturrecorder
Interferenzkontrastmikroskop
eingebauter Temperaturrecorder in Heißluftsterilisator und Autoklav
Folienschweißgerät (für Sterilabpakkungen zur Langzeit lagerung)
Tischzentrifuge
Rollerapparatur für Rollerkultur
Lagerbehälter mit Flüssig-N 2 (351, 1500-3000 Ampullen)
Magnetrührer für Suspensionskultur
Einfrierautomat (zum kontrollierten Einfrieren von Zellen)
Vorratsbehälter für Flüssig-N 2 (25 1)
Hefter für Zertifikate der Kryokonserven und Kataloge
Pipettentrockner Pipettenstopfer
Elutriationszentrifuge und -rotor
Wagen zum Einsammeln benutzer Glassachen und zum Verteilen neuer und gereinigter Geräte Pipettierhilfen Pipettoren oder andere automatische Dispenser und Verdünner
Durchflußzytophotometer (FACS) Densitometer Dichtegradientenmischer (zur Gradientenseparation von Zellen)
separater Heißluftsterilisator und Trockenschrank
Kulturflaschen zur optimalen Temperierung untergetaucht werden müssen. Deswegen werden sie selten benutzt und Inkubatoren bevorzugt. Andererseits gewährleistet Luftumwälzung durch einen Ventilator im Inkubator guten Temperaturausgleich. Außerdem sollten die Kulturen auf perforierten Einschüben und nicht auf dem Boden oder zu dicht an den Wänden des Gerätes plaziert werden. Die Temperaturkontrolle in Wärmeräumen wird in Kapitel 3.2 besprochen.
4.1.3
Dampfsterilisatoren
Das einfachste Gerät dieser Kategorie ist der handelsübliche Schnellkochtopf, in welchem 105 Pa Überdruck erzeugt werden. Obwohl auch kompliziertere Dampfsterilisatoren erhältlich sind, sollte die vorrangige Erwägung bei der Anschaffung eines solchen Gerätes seine Kapazität sein: Entspricht sie den gegebenen Erfordernissen? Ein einfacher Tischautoklav (Abb. 4.1 a) kann u. U. aus-
reichen; größere Modelle mit Zeitschalter und der Möglichkeit, vor und nach der Sterilisation zu evakuieren (Abb. 4.1 b), bieten jedoch ein größeres Fassungsvermögen und sind vielseitiger einsetzbar. Wasser, Salzlösungen u. ä. werden ohne Evakuierung autoklaviert. Trokkenes Sterilisiergut (Instrumente, Tupfer, Schraubkappen usw.) erfordert ein Evakuieren der Kammer vor dem Autoklavieren, damit der heiße Dampf gleichmäßig durchdringen kann. Nach erfolgter Sterilisation sollte ebenfalls evakuiert werden, um den Dampf zu entfernen und das anschließende Trocknen zu beschleunigen. Andernfalls können Rückstände aus dem Kondenswasser zu Verunreinigungen führen. Um dieses Risiko zu vermeiden, sollte generell entionisiertes oder destilliertes Wasser zum Betrieb des Autoklaven benutzt werden. Wird eine hohe Sterilisationskapazität benötigt (3001 oder mehr), dann empfiehlt sich die Anschaffung zweier kleiner Autoklaven eher als die eines großen. So steht während des Routineeinsatzes oder bei plötzlichem Ausfall eines Gerätes noch ein weiteres funktionstüchti-
4.1 Notwendige Laborausrüstung
Abb. 4.1
27
Autoklaven, a) Tischmodell, b) großes Einbaumodell
ges zur Verfügung. Außerdem heizen kleinere Modelle schneller auf, kühlen schneller ab und sind für kleine Mengen von Sterilisiergut wirtschaftlicher. Bei der Aufstellung muß rundherum genügend Platz und ausreichende Ventilation zum Abzug von Hitze und Dampf gewährleistet sein.
4.1.4 Kühl- und Tiefkühlschränke Im allgemeinen ist ein Haushaltskühlschrank ausreichend und billiger als ein spezielles Laborgerät. Haushaltskühlschränke ohne Gefrierfach bieten mehr Nutzfläche und machen ein Abtauen überflüssig. Ist Tiefkühlkapazität in größerem U m f a n g erforderlich (4001 und mehr, s. Kap. 3.6), dann ist ein großer Gefrierschrank (Blutbank) oder ein Catering-Tiefkühler besser geeignet. Geräte mit automatischer Abtauvorrichtung eignen sich nicht zur Lagerung bestimmter Reagenzien (Enzyme, Antibiotika usw.), sie sind aber gut verwendbar für die Aufbewahrung der meisten Stammlösungen für die Gewebekultur, da deren Menge und Zusammensetzung das Auftreten von Gefrierschäden ausschließen. Vorstellbar ist, d a ß Serum durch die Temperaturschwankungen in einem solchen Gerät in der Qualität gemindert werden könnte, jedoch sprechen die praktischen Erfahrungen dagegen. Die meisten essentiellen Serumbestandteile sind kleine Proteine, Polypeptide und einfache organische oder anorganische Verbindungen und als solche meist unempfindlich gegen Frier-TauSchäden.
4.1.5 M i k r o s k o p e Es kann nicht genug betont werden, daß trotz des erheblichen und begrüßenswerten Fortschritts bei der quantitativen Analyse kultivierter Zellen die regelmäßige morphologische Begutachtung unerläßlich ist. Oft sind morphologische Veränderungen die ersten Anzeichen für die Schädigung einer Kultur (s. Kap. 10.2.1), und auch das charakteristische Bild einer mikrobiellen Infektion ist mikroskopisch leicht zu erkennen (s. Kap. 16). Unbedingt erforderlich ist ein einfaches Umkehrmikroskop (Abb. 4.2). Wenn mit großen Rollerflaschen gearbeitet wird (s. Kap. 23.1.2), m u ß ein ausreichend großer Objekttisch vorhanden sein. Kommerziell wird eine Vielzahl einfacher und billiger Umkehrmikroskope angeboten. Sollen jedoch lebende Zellkulturen photographiert werden, dann ist die Anschaffung eines Gerätes mit hochwertiger Optik, Phasenkontrastkondensor und Objektiven mit langem Arbeitsabstand und Kameraaufsatz (z. B. von Nikon oder Zeiss) gerechtfertigt.
4.1.6
Reinigungsausrüstung
Einweichwannen und Spülbecken. Einweich- und Spülbecken müssen so tief sein, d a ß alle Arten benutzter
28
4 Laborausrüstung
beim Hinüberbeugen naß wird. Die hochgezogene Kante muß sich hinter den Wasserhähnen befinden. Jedes Waschbecken ist mit vier Möglichkeiten der Wasserentnahme auszurüsten: einem Kaltwasserhahn, einer Mischbatterie für warmes und kaltes Wasser, einem Kaltwasserhahn mit Schlauchansatz für eine Spülvorrichtung und einem Nichtmetallhahn für entionisiertes Wasser aus einem über dem Becken installierten Reservoir (s. Abb. 4.3). Zentralversorgung mit Wasser aus einer Ionenaustauscheranlage ist nicht zu empfehlen, weil sich in den Rohrleitungen Schmutz und Algen ansammeln können, die nur schwer zu entfernen sind. Pipettenzylinder. Diese sollten aus Polypropylen bestehen und freistehend an allen Arbeitsplätzen im Labor verteilt sein. Pipettenspüler. Nach dem Einweichen in Detergens über Nacht können wiederverwendbare Pipetten leicht in einem Standard-Pipettenspüler nach dem Siphonprinzip (s. Kap. 8.1.2 und Abb. 8.4) gewaschen werden. Der Pipettenspüler ist auf dem Fußboden und nicht in Tischhöhe aufzustellen, damit die Pipetten leichter herausgenommen werden können. Er muß an einen Vorratsbehälter mit entionisiertem Wasser angeschlossen sein, mit dem die letzte Spülung erfolgt. Wenn möglich, ist ein einfacher Zweiwegehahn in die Zuleitung für entionisiertes Wasser einzubauen (s. Abb. 4.3). Abb. 4.2
Umkehrmikroskop der Firma Nikon
Glasgeräte (außer Pipetten und große Absaugvorrichtungen) beim Einweichen völlig von der Waschlösung bedeckt sind, jedoch nicht so tief, daß das Gewicht der Geräte ausreicht, die am Boden liegenden zu zerdrükken. Sie können z. B. eine Breite von 400 mm, eine Länge von 600 mm und eine Tiefe von 300 mm haben. Bereits im Stadium der Planung eines Laboratoriums kann der Einbau von Becken in den gewünschten Abmessungen festgelegt werden. Am besten geeignete Materialien sind rostfreier Edelstahl (für Arbeiten mit radioaktiven Isotopen) oder Polypropylen (Einsatz von Hypochlorit-Desinfektionslösungen). Spülbecken sollten tief genug sein (450 mm), um manuelles Waschen und Spülen auch größerer Glasgeräte zu gestatten. Sie müssen in bequemer Höhe angebracht werden, etwa 900 mm vom Fußboden zur Oberkante (Abb. 4.3). Hoch ist besser als zu niedrig, weil sich kleine Mitarbeiter an hohen Becken auf ein Podest stellen können, während große Menschen an niedrigen Becken immer in gebeugter Haltung arbeiten müßten. Rund um das Becken sollen hochgezogene Kanten laufen, um Spritzwasser aufzufangen und zu verhindern, daß man
Pipettentrockner. Wird ein rostfreier Edelstahlkorb als Einsatz im Pipettenspüler benutzt, dann kann dieser nach der Spülung direkt in einen elektrischen Trockner eingesetzt werden. Alternativ ist es auch möglich, Pipetten in einem Ständer oder in einem regulären Trockenschrank zu trocknen.
4.1.7 Heißluftsterilisatoren und Trockenschränke
Die Sterilisation kann zwar generell in einem Autoklaven erfolgen, jedoch ist es besser, Pipetten und Glasgeräte bei trockener Hitze zu sterilisieren. Damit wird die Gefahr einer chemischen Kontamination über das Kondenswasser wie auch die Korrosion der Pipettenbüchsen vermieden. Erforderlich ist dafür ein Heißluftsterilisator (160-180°C) mit Luftumwälzung, in dem eine gleichmäßige Erhitzung des gesamten Sterilisiergutes gewährleistet ist. Wie bei Autoklaven ist die Kapazität zur Heißluftsterilisation den gegebenen Erfordernissen anzupassen. Zwei kleinere Geräte bieten gegenüber einem großen den Vorteil, daß sie schneller und gleichmäßiger aufheizen und bei kleinen Mengen von Sterilisiergut wirtschaftlicher sind. Außerdem läßt sich so der Ausfall eines Gerätes leichter kompensieren.
4.1 Notwendige Laborausrüstung
29
Sprühdüsenspülung (im Becken) Ionenaustauscher
Flasche Wasserdüse Leitung für entionisiertes Wasser Federventil, geöffnet durch den Flaschenhals Wasserzulauf
Kaltwasserleitung Hahn für entionisiertes Wasser
Sockel Mischbatterie
Wasseranschluß für Pipettenspüler
r%
Silicondichtung
Tischkante Silicondichtung
Spülbecken
Wand
Pipettenspüler
Abb. 4.3 Spülbecken und Pipettenwaschanlage. Maßstab 1 :10 (Tischhöhe 900 mm); Einsatz: im Becken montierte Flaschenspüleinrichtung
4.1.8 Wasserreinigung Reines Wasser wird zum Spülen von Glasgeräten, zum Lösen von Pulvermedium oder zum Verdünnen von Stammlösungen benötigt. Für die Glasreinigung ist entionisiertes Wasser ausreichend, für Medien und Lösungen wird jedoch ein höherer Reinheitsgrad benötigt, der
drei bis vier Aufbereitungsschritte erfordert (Abb. 4.4). Wichtig ist dabei, daß sich jeder Schritt qualitativ vom vorangegangenen unterscheidet. So kann Umkehrosmose gefolgt sein von Aktivkohlefiltration, Entionisierung und Membranfiltration (z. B. Millipore). Als erster Schritt ist auch eine Quarzdestillation möglich. Im Hinblick auf den Energieverbrauch ist Umkehrosmose billi-
30
4 Laborausrüstung 1. Stufe
2. Stufe
l l
Glasdestillation
T t t
i Zwischenlagerung -»-
t T
4. Stufe
-kontinuierliche Umwälzung
Umkehrosmose
I i I
3. Stufe
Kohlefiltration
4 I 1 partiell gereinigtes Wasser
i l l Spülen von Glasgeräten
Hochgradige Entionisierung
Sterilfiltration
i l Sofortverbrauch, keine Lagerung l i Reinstwasser für Medien
Abb. 4.4 Herstellung von Reinstwasser, a) Der erste Schritt kann entweder in Umkehrosmose oder in Destillation bestehen. Reinstwasser wird nicht gelagert, sondern rezirkuliert kontinuierlich von und zu einer Zwischenlagerung. Das morgens zuerst entnommene Wasser hat den höchsten Reinheitsgrad. b) Empfohlene Anlage zur Wasserhochreinigung. Leitungswasser wird nach Umkehrosmose oder Glasdestillation in einen Vorratsbehälter geleitet. Dieses partiell gereinigte
Wasser zirkuliert dann nach Kohlefiltration, Entionisierung und Sterilfiltration zurück in den Vorratsbehälter. Wasser mit Reagenzienqualität ist jederzeit aus dem Zwischenreservoir zu entnehmen, während das Sterilfiltrat Mediumqualität hat (rechte Seite des Schemas A). Wenn die Anlage kontinuierlich läuft, wird das morgens zuerst entnommene, hochreine Wasser für die Medienpräparation verwendet.
ger als Destillation, diese liefert jedoch ein steriles Produkt. Bei Anwendung der reversen Osmose muß der verwendete Patronentyp dem pH-Wert des Leitungswassers angepaßt sein. Die Entionisierungsanlage kann mit einem Leitfahig-
keitsmesser ausgestattet werden, der den Auslauf überwacht und anzeigt, wann die Patrone erschöpft ist. Neue Patronen sollten mit dem Datum der Inbetriebnahme versehen und entsprechend den Instruktionen des Herstellers ausgewechselt werden.
4.1 Notwendige Laborausrüstung
Gereinigtes Wasser darf nicht gelagert werden, sondern muß zur Vermeidung von Algenwachstum die Aufbereitungsanlage kontinuierlich durchlaufen. Alle Leitungen und Vorratsbehälter des Systems sind regelmäßig (mindestens vierteljährlich) auf Algenbefall zu überprüfen, mit Hypochlorit und Detergenzien (z. B. Chloros) zu reinigen und vor der Wiederbenutzung gründlich mit gereinigtem Wasser zu spülen. Wasser ist der einfachste, aber wahrscheinlich auch der am sorgfältigsten zu kontrollierende Bestandteil aller Medien und Reagenzien, besonders bei Verwendung serumfreier Medien (s. Kap. 7.3.4).
4.1.9 Zentrifugen
Zellsuspensionen müssen häufig zur Konzentrierung oder zum Waschen zentrifugiert werden. In den meisten Fällen ist eine kleine Tischzentrifuge, möglichst mit proportional geregelter Bremse, ausreichend. Bei 80-100 g sedimentieren Zellen gut, eine höhere g-Zahl kann Zellschäden oder eine Verklumpung des Sediments bewirken. Wenn Suspensionskulturen in größerem Maßstab beabsichtigt sind, wird eine große Kühlzentrifuge mit einer Kapazität von 4 x 1 oder 6 x 1 1 Fassungsvermögen benötigt (s. Kap. 23.1).
4.1.10 Kryokonservierung von Zellen
Die Tieftemperaturkonservierung von Zellen wird an anderer Stelle ausführlich abgehandelt (s. Kap. 17.4.3). Hier werden daher nur die Grundeinrichtungen beschrieben. Das Einfrieren von Zellen kann ohne größeren technischen Aufwand durchgeführt werden. Die Tiefkühllagerung erfordert aber einen dafür geeigneten Lagerungsbehälter mit flüssigem Stickstoff und Stickstoffvorratsgefaße (s. Abb. 17.2). Solche Container mit einem Volumen von 25-5001 können 250-15000 1-mlAmpullen aufnehmen. Von jedem Zellstamm sollten mindestens 5 Ampullen, von häufig gebrauchten 20 und von ständig in Kultur befindlichen Zellstämmen 100 Ampullen eingefroren werden. Für die meisten kleineren Laboratorien ist eine Lagerkapazität für 1200 bis 1500 Ampullen ausreichend. Bei der Auswahl des Containers sind drei Aspekte zu berücksichtigen: 1. Lagerkapazität (Anzahl der Ampullen), 2. Wirtschaftlichkeit und Rückhaltezeit (Zeit, in der der gesamte Flüssigstickstoff verdampft), beide sind abhängig von der Verdampfungsrate, die wiederum von der Häufigkeit des Öffnens des Containers abhängt und 3. Bequemlichkeit des Zuganges.
31
Im allgemeinen verhält sich 2 umgekehrt proportional zu 1 und 3. Es gibt zwei Grundtypen von Containern: enghalsige mit geringer Verdampfungsrate, die aber wenig bedienfreundlich sind, und weithalsige für leichten Zugriff, jedoch mit dreifach höherer Verdampfungsrate (s. Abb. 17.8). Wenn der finanzielle Aufwand vertretbar und die kontinuierliche Versorgung mit Flüssigstickstoff gesichert sind, dann ist ein weithalsiges Gerät bequemer (z. B. Union Carbide LR40 oder vergleichbare Typen, Lagerkapazität für 3000 Ampullen, 3 - 5 1/d Verdampfung), obwohl die Rückhaltezeit nur etwa 7 - 1 0 Tage beträgt. Andererseits ist ein enghalsiger Container ökonomischer und hält bis zu zwei Monaten die Temperatur, wenn der Flüssigstickstoff-Nachschub ausbleibt (z.B. L'air Liquide 35-1, Lagerkapazität für 1500 Ampullen, 0,5 1/d Verdampfung). Die Anschaffung eines größeren Gerätes von etwa 3001 Kapazität muß erwogen werden, wenn man viel Lagerkapazität benötigt (für etwa ca. 10000 Ampullen). In dieser Größe werden meist Weithalsbehälter angeboten, weil die Handhabung enghalsiger Geräte in den entsprechenden Abmessungen mechanische Schwierigkeiten bereitet. Letztere sind aber auch verfügbar und sparen erhebliche Mengen an flüssigem Stickstoff ein. In einem 300-1-Weithalsgefaß beträgt die Verdampfungsrate ungefähr 10 1/d. Die Vorteile einer Lagerung in der Gasphase oder in der Flüssigphase werden in Kapitel 17.4.3 dargestellt. Eine wesentliche Konsequenz, die sich aus der Lagerung in der Gasphase ergibt, besteht darin, daß die Flüssigphase auf den Raum unterhalb der gelagerten Ampullen reduziert ist, also auf etwa 2 0 - 3 0 % des Gesamtvolumens. Daher beträgt die Rückhaltezeit nur 1/3-1/5 derjenigen des ganz mit Flüssigstickstoff gefüllten Behälters. Das Nachfüllen muß öfter erfolgen. Die Gefahr des unbeabsichtigten Auftauens ist größer. Bei hohem Risiko (sehr viele Ampullen, seltene Zellstämme) sollte ein automatisches Alarmsystem installiert werden. Für große Container empfiehlt sich zusätzlich ein automatisches Nachfüllsystem. Da jedoch auch automatische Systeme ausfallen können, ist wöchentlich zweimalige Überprüfung des Füllstandes mit Hilfe eines Meßstabes einschließlich Dokumentation in einem Kontrollbuch anzuraten. Zur Bereitstellung einer Flüssigstickstoffreserve sollte ein geeigneter Vorratsbehälter angeschafft werden. Die Größe dieses Behälters wird bestimmt durch: - die Größe des Lagerbehälters, - die Frequenz und Zuverlässigkeit der Versorgung mit Flüssigstickstoff und - die Verdampfungsrate. Für ein 40-1-Weithalsgefaß werden etwa 20-301 Flüssigstickstoffpro Woche gebraucht. Dafür reicht ein 50-1Vorratsbehälter (oder zwei 25-1-Gefäße, die leichter zu
32
4 Laborausrüstung
handhaben sind) aus. Ein 35-1-Enghalscontainer, der nur 5 - 1 0 1 pro Woche benötigt, kann hingegen mit einem 25-1-Dewargefäß versorgt werden. Größere Container, ausgerüstet mit automatischer Nachfüllvorrichtung und Alarmsystem, sind am besten an einen Stickstofftank anzuschließen, z. B. ein 320-1-Gefaß an einen 160-1-Tank.
4.2 Nützliche Laborausrüstung Im vorangegangenen Abschnitt wurde die unbedingt erforderliche Grundausstattung eines einfachen Gewebekulturlaboratoriums beschrieben. Wenn es das Budget erlaubt, kann durch verschiedene weitere Geräte die Laborarbeit erleichtert und effektiviert werden.
4.2.1
Laminarbox (Reinraumwerkbank)
Im allgemeinen ist eine Laminarbox („Reinraumwerkbank") ausreichend für zwei bis drei Mitarbeiter (s. Kap. 4.2.1 und 5.7). Eine Box mit horizontalem Luftstrom ist billiger und bietet den besten Sterilschutz für die Kulturen. Mit potentiell gefahrlichen Materialien (Radioisotope, Karzinogene, toxische Substanzen, virusproduzierende Zellkulturen oder Primaten-, einschließlich menschliche Zellinien) sollte aber in einer Sicherheitsbox (Biohazard) der Klasse II gearbeitet werden (s. Abb. 3.1 und 5.3). Vor der Anschaffung muß man sich unbedingt über die lokalen Sicherheitsverordnungen informieren, da die gesetzlichen Sicherheitsbestimmungen und -empfehlungen von Land zu Land unterschiedlich sein können (s. Kap. 6.4). Die ausgewählte Laminarbox muß: groß genug sein (gewöhnlich 1200 mm breit und 600 mm tief), geräuscharm sein (laute Boxen wirken ermüdend), - auf und auch unterhalb der Arbeitsfläche leicht von verschütteten Flüssigkeiten zu reinigen sein und - bequemes Sitzen gestatten. Bei manchen Typen sind unpraktische Leitungen unterhalb der Arbeitsfläche angebracht, wodurch die Kniefreiheit eingeengt ist, oder Sichtscheiben sind so angebracht, daß sie die Sicht behindern. Die Frontscheibe sollte hinauf oder herunter zu schieben sein, um das Reinigen und das Arbeiten mit unhandlichen Geräten zu erleichtern. Zu beachten ist dabei jedoch, daß eine Sicherheitsbox dem Arbeitenden keinen Schutz gewährt, wenn die Frontscheibe entfernt wird. Bevor man sich für ein bestimmtes Fabrikat entscheidet, sollte man das Gerät unbedingt erproben (und sich wie zur Arbeit daransetzen). Folgende Fragen müssen
hierbei beachtet werden: Sind die Knie bei bequemem Sitzen und im günstigen Abstand zur Arbeitsfläche unterzubringen? Ist eine Fußstütze in richtiger Position vorhanden? Ist bei bequemer Kopfhaltung gute Sicht gewährleistet? Ist die Tischfläche perforiert und daher schlecht von Spritzern zu reinigen (eine geschlossene Fläche mit Perforationen nur an der vorderen und hinteren Kante ist besser geeignet)? Sind die Kanten abnehmbarer Arbeitsflächen abgerundet, um Verletzungen bei der Reinigung auszuschließen? Ist die Beleuchtung ausreichend?
4.2.2 Zellzählgeräte
Ein Zellzählgerät (s. Abb. 18.2) ist von großem Vorteil, wenn mehr als zwei bis drei Zellinien geführt werden und darüber hinaus essentiell für die exakte quantitative Erfassung einer Wachstumskinetik. Verschiedene Firmen bieten Geräte vom Typ eines einfachen Partikelzählers bis hin zu automatisierten Analysatoren der Zellgrößenverteilung an. Für Routinezählungen ist der „Coulter D Industrial" mehr als ausreichend und viel preiswerter als ein Gerät zur Bestimmung der Zellgrößenverteilung (s.a. Kap. 18.1).
4.2.3 V a k u u m p u m p e n
Wenn mit vielen Kulturen oder mit größeren Flüssigkeitsvolumina gearbeitet wird, spart der Einsatz einer Vakuum- oder einfachen Wasserstrahlpumpe Zeit und Aufwand. Wasserstrahlpumpen brauchen ausreichenden Wasserdruck, um eine ausreichende Saugkraft zu entwickeln, sind aber bei weitem die einfachste, billigste und effizienteste Möglichkeit, um ungefährliche Gewebekulturüberstände abzusaugen. Wenn kein ausreichender Wasserdruck vorhanden ist oder wenn potentiell gefahrliche Materialien bearbeitet werden, muß eine Vakuumpumpe, wie sie auch für die Sterilfiltration angeboten wird, benutzt werden. Falls erforderlich, kann die Pumpe beiden Zwecken dienen. Die abgesaugte Flüssigkeit muß in einem Auffangbehälter gesammelt werden, dem nach Beendigung der Arbeit und mindestens 30 min vor dem Ausleeren ein Desinfektionsmittel, wie Glutaraldehyd oder Natriumhypochlorit, zugesetzt wird (Abb. 4.5). Ein Trocknungsmittel, ein hydrophobes Filter (Gelman) oder eine zweite zwischengeschaltete Auffangflasche verhindern einen Übertritt von Flüssigkeit in die Pumpe. Niemals darf Luft über eine hypochlorithaltige Auffangflasche angesaugt werden, weil freiwerdendes Chlor die Pumpe korrodiert und toxisch sein kann. Vakuumrohrleitungen sind ungünstig, da sie nach Verunreinigung mit Flüssigkeit schwer zu reinigen sind.
4.2 Nützliche L a b o r a u s r ü s t u n g
33
sterile Pipette, wird nach jeder Benutzung ausgewechselt
Saugflasche
Pumpe
!
Desinfektionslösung Abb.4.5 Absaugvorrichtung mit V a k u u m p u m p e zur Med i u m e n t n a h m e aus Kulturgefaßen usw.
Abb. 4.6 Automatischer C 0 2 - I n k u b a t o r (Napco). Von diesem Zweikammermodell ist nur die obere Kammer dargestellt. Kontroll- und Regelinstrumente f ü r beide K a m m e r n sind im Aufsatz untergebracht, links die Temperaturregelung, rechts die C 0 2 - K o n t r o l l e (s.a. Abb.4.7).
Anstelle einer Vakuumpumpe kann eine Peristaltikpumpe verwendet werden. Dabei ist kein dazwischengeschaltetes Auffanggefäß erforderlich. Die Flüssigabfälle können direkt in einer Desinfektionslösung gesammelt werden, die Gefahr einer Aerosolbildung ist gering. Jedoch muß man Schläuche regelmäßig auf Verunreinigungen kontrollieren, außerdem sollte diese Pumpe mit einem selbstunterbrechenden Fußschalter bedient werden können. Eine Pumpe ist unbedingt anzuschalten, bevor eine Pipette angesetzt wird, damit aus dem Schlauch keine Flüssigkeit in die Pipette zurücklaufen kann.
in einen Plastikbehälter, einen Exsiccator oder einen Anaerobiertopf (Abb. 4.7). Vor dem Verschließen wird
4.2.4 C0 2 -lnkubatoren Obwohl Zellkulturen in fest verschlossenen Flaschen in einem normalen Trockenbrutschrank oder im Wärmeraum inkubiert werden können, erfordern bestimmte Arten von Kulturgefaßen, wie z. B. Petrischalen oder Multischalen, eine kontrollierte Atmosphäre mit hoher Luftfeuchtigkeit und einem erhöhten C0 2 -Partialdruck (Abb. 4.6). Die billigste Methode zur Herstellung einer kontrollierten Gasphase ist das Einsetzen der Kulturen
Abb. 4.7 Anaerobiertopf von Becton-Dickinson. Dieser Behältertyp oder ein Exsiccator (vorzugsweise aus Plastik) k a n n verwendet werden, um bei Fehlen eines C 0 2 - l n k u b a t o r s eine definierte Atmosphäre herzustellen.
34
4 Laborausrüstung Kontrollmodul für C0 2 -Durchflußrate
Regelthermostat
Sicherheitsthermostat
TemperaturC0 2 -Einstellung Proportional-Temperatur- mit Arretierung^ regier anzeige
Funktionskontrollampen
Nullpunktabgleich für Luft/ Funktionskontrolle
Lufteinlaß Einlaß für Standardgasgemisch
Temperatureinstellung mit Arretierung
C0 2 -Einlaß
Anzeige für integrierte Thermometereichung
C0 2 -Anzeige nnenwände Edelstahl, abnehmbar zur Reinigung
Außengehäuse, Edelstahl oder Acrylharz, verstärkt, stapelfähig
Edelstahl-Innenauskleidung
Luftzirkulation
Isolierung mit Heizelement
Edelstahl-Bodenwanne
(a)
Frontplatte, abnehmbar für Zugang zu Nivellierschrauben
Unterteil
Luftzirkulation Bedienungselemente
Isolierung
beheizte Tür Verstellbare perforierte Ablagebleche Glasinnentür
Edelstahl-Bodenwanne
Dichtung
Unterteil
(b)
Nivellierschrauben
Abb. 4.8 Aufbau eines C0 2 -Inkubators. a) Vorderansicht, b) Seitenansicht
der Behälter mit dem geeigneten C 0 2 - L u f t g e m i s c h begast. Ist dieser nicht ganz voll, so wird zur Erhöhung der Luftfeuchtigkeit eine offene, mit Wasser gefüllte Schale eingesetzt. Die Verdunstung kann auch durch ein auf 1 0 % Hypotonie eingestelltes Kulturmedium ausgeglichen werden. C0 2 -Inkubatoren sind ziemlich teuer, aber die einfa-
che Art der Bedienung und die ausgezeichnete Kontrolle des C0 2 -Partialdruckes und der Temperatur (Anaerobiertöpfe und Exsiccatoren erwärmen sich langsamer) rechtfertigen die Mehrausgabe. Im Inkubator wird eine kontrollierte Atmosphäre hergestellt, indem Luft über eine mit Wasser gefüllte Bodenwanne geleitet (Abb. 4.8) und der C0 2 -Partialdruck durch ein C 0 2 - M e ß - und Re-
4.2 Nützliche Laborausrüstung
gelsystem überwacht wird. Alternativ kann der C 0 2 Partialdruck durch Mischen von Luft und C 0 2 im richtigen Verhältnis kontrolliert werden. Der Vorteil des C0 2 -Reglers besteht jedoch darin, daß er, obwohl maßgeblich zu den hohen Kosten des Gerätes beitragend, den C0 2 -Verbrauch erheblich senkt und die gewünschte Atmosphäre nach dem Öffnen des Inkubators schneller wiederherstellen kann. Der Regler saugt Luft aus dem Geräteinnenraum an, mißt die C0 2 -Konzentration und steuert ein Einlaßventil für reines C0 2 -Gas bis der vorgegebene Partialdruck erreicht ist. Die Luftzirkulation im Gerät sorgt für raschen C0 2 - und Temperaturausgleich. Nach mehrmonatiger Laufzeit ist bei den meisten Reglertypen ein erneutes Eichen erforderlich. Einige Hersteller produzieren aber auch selbstkalibrierende Detektoren (Heraeus). Da Inkubatoren mit Luftbefeuchtung einer regelmäßigen Säuberung bedürfen, sollte die Innenausstattung des Gerätes leicht demontierbar und ohne unzugängliche Spalten und Ecken sein.
4.2.5 M e d i e n p r ä p a r a t i o n und Qualitätskontrolle
Eine Laborwaage, eine Mikrowaage und ein einfaches pH-Meter sind für die Herstellung von Medien und speziellen Reagenzien im Gewebekulturlabor benötigte Geräte. Der Phenolrotindikator ist zwar im allgemeinen ausreichend für die Beurteilung des pH-Wertes der meisten Lösungen, ein pH-Meter wird jedoch immer dann benötigt, wenn kein Phenolrot angewendet werden kann, z. B. bei Kulturen für Fluoreszenztests. Eine der wichtigsten physikalischen Eigenschaften des Mediums ist die oft schwer abzuschätzende Osmolalität. Ein Osmometer (s. Abb. 7.10) ist deshalb empfehlenswert, um frisch angesetzte Lösungen zu überprüfen, neue Rezepturen anzupassen oder den Zusatz von Reagenzien auszugleichen. Osmometer arbeiten gewöhnlich nach dem Prinzip der Gefrierpunktserniedrigung oder der Erhöhung des Dampfdruckes. Auszuwählen ist ein Gerät, das geringe Probenvolumina benötigt ( < 1 ml), da gelegentlich auch mit teuren oder limitierten Substanzen gearbeitet wird.
4.2.6
Mikroskope
Neben dem Umkehrmikroskop braucht man ein normales Mikroskop für die Chromosomenanalyse, den Mykoplasmennachweis und die Autoradiographic. Empfehlenswert ist ein gutes Forschungsmikroskop wie das Reichert-Polyvar mit Hellfeldoptik und bis zu lOOfacher Objektiwergrößerung, Phasenkontrastoptik mit mindestens 40facher, besser lOOfacher Objektiwer-
35
größerung und Fluoreszenzoptik mit Auflicht und 40fach sowie lOOfach vergrößernden Objektiven. Leitz bietet ein 50fach vergrößerndes Wasserimmersionsobjektiv an, das besonders geeignet ist für den routinemäßigen Mykoplasmennachweis mit dem Hoechst-Farbstoff (s. Kap. 16.1.2). Eine Ansatzvorrichtung für eine automatische Kamera sollte auch vorhanden sein.
4.2.7 Temperaturaufzeichnung
Heißluftsterilisatoren, Trockenschränke, Inkubatoren und Wärmeräume müssen regelmäßig hinsichtlich einer gleichmäßigen, stabilen Temperatur überwacht werden. Ein Temperaturschreiber mit einem Meßbereich von - 50 °C bis etwa + 200 °C, kombiniert mit einem Widerstandsthermometer oder einem Thermofühler mit langer teflonbeschichteter Leitung, ermöglicht die Überwachung des Kryokonservierens wie auch von Inkubatoren und Sterilisatoren. Im Idealfall sind Wärmeraum, Heißluftsterilisator und Autoklav mit fest installierten Temperaturrecordern ausgerüstet und können so regelmäßig auf Temperaturabweichungen kontrolliert werden.
4.2.8
Magnetrührer
Für einige spezielle Zwecke werden Magnetrührer benötigt. Rasches Rühren zum Lösen von Chemikalien ist mit jedem beliebigen Rührertyp möglich. Für die Gewebedissoziation (s. Kap. 9.2.3) oder für Suspensionskulturen (s. Kap. 10.2.6 und 22.1.1) werden jedoch Rührer benötigt, - die die Kultur nicht überwärmen (geeignet ist ein rotierendes Magnetfeld oder ein Rührer, der über einen Treibriemen durch einen externen Motor bewegt wird), - deren Rührgeschwindigkeit auf 50 U/min reduziert werden kann, - die auch bei niedriger Umdrehungszahl ein Flüssigkeitsvolumen von bis zu 101 effektiv rühren können. Weiterhin sollten an einem solchen Rührwerk mehrere Rührpositionen vorhanden sein, um verschiedene Kulturen gleichzeitig rühren zu können. Jede Position muß dann individuell regelbar und die jeweilige Rührgeschwindigkeit jeder Position getrennt ablesbar sein.
4.2.9
Rollerapparaturen
Rollergeräte werden verwendet, um eine Massenvermehrung von Zellen in Monolayerkulturen durchzuführen (s. Kap. 23.1.2). Die Auswahl des geeigneten Appa-
36
4 Laborausrüstung
rates ist abhängig von der Größe und Anzahl der Flaschen, die gerollt werden sollen. Diese Parameter ergeben sich aus der benötigten Zellmenge, der maximal erreichbaren Zelldichte und der Kulturfläche der Flaschen. Eine große Anzahl kleiner Rollerflaschen ergibt die größte Kulturfläche, bedingt aber einen höheren Arbeitsaufwand. Deshalb werden gewöhnlich Flaschen mit einem Durchmesser von 125 mm und einer Länge von 150-500 mm verwendet. Die Länge der Flaschen bestimmt die maximal mögliche Zellausbeute, ist aber begrenzt durch die Abmessungen des Rollerapparates. Die Anzahl der Etagen, d. h. der Reihen von Flaschen, ist abhängig von der Höhe des Rollergestells. Obwohl die Anschaffung eines großen Gerätes billiger ist als die mehrerer kleiner, bieten letztere folgende Vorteile-. - Eine Erweiterung ist zu einem späteren Zeitpunkt möglich (wenn sich das System bewährt hat). - Die Unterbringung im Wärmeraum ist leichter. - Der Ausfall eines Gerätes kann leichter kompensiert werden. Für die Rollerkultivierung im Großmaßstab hat sich das Gerät von New Brunswick wegen seiner günstigen Abmessungen und seiner Zuverlässigkeit als geeignetes erwiesen. Für kleinere Vorhaben können die Tischgeräte von Bellco und Luckhams benutzt werden.
4.2.10 Pipettierhilfen und a u t o m a t i s c h e Pipetten
Automatische Pipettiergeräte, z.B. Compu-pet (siehe Abb. 4.9) oder das Modell von Watson-Marlow sind vorteilhaft, wenn eine größere Anzahl von Kulturen bearbeitet werden muß. (Pipettierhilfen und automatische Pipetten werden im Kap. 4.2.11 beschrieben.) GilsonPipetten sind gut geeignet zum Pipettieren kleiner Volumina. Bellco bietet eine automatische Pipettierhilfe an, die gebräuchliche wattegestopfte und sterilisierte Glaspipetten aufnimmt (Abb. 4.10). Für Mikropipetten müssen sterile Einweg-Pipettenspitzen vorrätig sein.
4.2.11 M e c h a n i s c h e Hilfen und Automatisierung
Repetierpipetten existieren in zahlreichen Ausführungen; für die Gewebekultur ist der Spritzentyp am besten geeignet. Die Pipetten funktionieren entweder nach dem Prinzip des alternierenden Ansaugens und Ausdrückens der Flüssigkeit über ein Zweiwegeventil (CornwallSpritze) oder durch stufenweise Kolbenbewegung (Hamilton, Flow).
Abb. 4.9 Automatisches Pipettiergerät „Compu-pet", geeignet für serienmäßiges Dosieren und Verdünnen im Bereich von 5 (4.1—10 ml. Nur der Schlauch muß sterilisiert werden.
4.3 Nützliche Zusatzausrüstung
37
Abfüllschlauch autoklaviert werden. Über einen Bereich von 10 | i l - 1 0 m l sind hohe Genauigkeit und Reproduzierbarkeit gewährleistet. Außerdem können zusätzliche Schläuche auf Vorrat sterilisiert werden. So ist beim Arbeiten mit weiteren Zellarten oder anderen Lösungen oder im Falle einer unbeabsichtigten Kontamination ein rasches Auswechseln möglich. Größere Pumpen ( 1 0 - 1 5 ml) sind ebenfalls im Angebot (z.B. WatsonMarlow). In diesem Volumenbereich kann auch mit einem einfachen, an eine graduierte Flasche angeschlossenen Transfusionsbesteck gearbeitet werden (Abb. 4.11). Graduierte Reservoire sind weniger gut geeignet, wenn kleinere Volumina pipettiert werden sollen oder größere Genauigkeit gefordert ist. In diesem Falle kann jedoch eine Bürette, die möglichst mit einem Zweiwegeventil ausgerüstet ist, verwendet werden.
Abb. 4.10 Pipettierhilfen. Von oben nach unten: verschiedene einfache Gummibälle, davon ein Modell mit Einlaß- und Auslaßventilen; Gilson-Pipette, Finn-Pipette (Mikropipetten, brauchen spezielle Plastikspitzen); Pi-pump, Bellco-Pipettierhandgriff (für Standardpipetten) (s.a. Abb. 5.2, 5.5 und 4.12).
Die Einführung der Mikrotiterplatten (s. Abb. 7.4) hat die Entwicklung einer Reihe von speziellen Hilfsmitteln, wie automatische Dispensiergeräte, Verdünner und anderes Zubehör mit sich gebracht (Abb. 4.12). Übertragungsvorrichtungen (Multikanalpipetten) erleichtern die Überführung von einer Platte in eine andere. Außerdem sind auch Plattenschüttler und Zentrifugeneinsätze f ü r Mikrotiterplatten erhältlich. Das Angebot an Zubehör ist so umfangreich, d a ß es hier nicht ausführlich dargestellt werden kann. Deshalb sollten die einschlägigen Kataloge eingesehen werden (Flow, Microbiological Associates, Dynatech, Gibco). Erwähnenswert sind jedoch die programmierbaren Ein- und Mehrkanalpipetten von Rainin und das für den Medientransfer und andere Manipulationen bei Mikrotiterplatten entwikkelte Transtar-Gerät der Fa. Costar (Abb. 14.5). Abbildung 6.1 verdeutlicht die richtige Methode zum Einsetzen einer Pipette in einen Pipettierhandgriff.
Dosiergeräte (engl, „dispenser") können auch auf Flaschen mit Medium oder Lösungen aufgesetzt werden (Boehringer). In diesem Fall muß anstelle der sonst üblichen Technik die Kulturflasche an den Pipettor herangeführt werden und nicht umgekehrt. Der Gebrauch all dieser Repetierpipetten bereitet Probleme, die aus der Notwendigkeit resultieren, Glasspritzen, Zweiwegeventile u.ä. zu autoklavieren. Die Ventile (auch die aus Teflon gefertigten) können festkleben, die Spritzenstempel verformen sich und können, falls sie aus Teflon bestehen, im Autoklaven schrumpfen. Deshalb sind Modelle vorzuziehen, bei denen lediglich das Abfüllsystem, nicht aber Meßsystem und Repetiermechanismus, steril sein müssen. Die automatische Pipettierhilfe von Bellco entspricht diesen Anforderungen, hat allerdings keine Vorrichtung zum repetitiven Pipettieren, wie z. B. der Tridak Stopper-Spritzenpipettor von der gleichen Firma. Automatisches Pipettieren kann mit einer peristaltischen Pumpe erfolgen, die für kleine Hübe eingerichtet ist (z. B. Compu-pet) (s. Abb. 4.9). Hier m u ß nur der
4.3 Nützliche Zusatzausrüstung 4.3.1 Tiefkühlgeräte Die meisten Gewebekulturreagenzien können bei 4°C oder — 20 °C aufbewahrt werden. Gelegentlich fallen aber auch Substanzen, Reagenzien oder Kulturmaterialien an, die bei — 70 °C gelagert werden müssen. Bei dieser Temperatur ist das meiste, wenn nicht das gesamte Wasser gefroren, und die meisten chemischen und radiolytischen Reaktionen sind stark gehemmt. Ein Tiefkühlgerät ist auch zum Einfrieren von Zellen geeignet (s. Kap. 17.4.3). In Tiefkühltruhen wird die Temperatur bei niedrigerem Stromverbrauch besser gehalten, aber ein Tiefkühlschrank braucht weniger Platz. Entscheidet man sich f ü r einen Schrank, dann ist darauf zu achten, daß er Einzelfacher ( 6 - 8 in einem 400-1-Schrank) mit separaten, dicht schließenden Türen hat. M a n m u ß al-
38
4 Laborausrüstung
Abb. 4.11 Einfache Dosiervorrichtungen mit graduierten Flaschen, a) mit Abfüllglocke zum Abfüllen in offene Flaschen, b) mit Kanüle für langsameres Abfüllen durch Ver-
schlußkappen mit Durchstichstopfen oder Membranen (nach einem Entwurf von Dr. John Paul).
lerdings mit einem um 20 % höheren Preis rechnen als für eine Truhe.
- Die Pumpe, die das Wasser durch die Drüsen preßt, muß einen hohen Betriebsdruck gewährleisten, je nach der Größe der Maschine. - Das Wasser muß auf 90 °C erhitzt werden können. - Eine abschließende Spülung mit entionisiertem Wasser sollte im Waschprogramm enthalten sein. Das Wasser muß auf 50-60°C erwärmt werden können, weil sonst die mit heißem Wasser gewaschenen und gespülten Glasgeräte platzen würden. Nach jedem Spülgang sollte frisches Wasser zugeführt werden. Bei Modellen mit mehrfach verwendetem Spülwasser („recycling"), müssen mindestens drei abschließende Spülgänge mit entionisiertem Wasser möglich sein. - Das Spülwasser des vorangegangenen Waschzyklus soll ablaufen und nicht zur Vorspülung für den nachfolgenden Zyklus wiederverwendet werden. Damit reduziert sich das Risiko einer möglichen Kontamination, wenn vorher chemisch oder radioaktiv verunreinigtes Glas gewaschen wurde. - Die Maschine sollte mit rostfreiem Edelstahl ausgekleidet und mit Rohrleitungen aus diesem Material oder mit Nylonschläuchen ausgerüstet sein. - Nach Möglichkeit ist ein passender Trockenschrank
4.3.2
Spülmaschinen
Ein zuverlässiger Mitarbeiter, der den Glasabwasch besorgt, ist wahrscheinlich der beste Garant für saubere Glasgeräte. Wird aber der Materialanfall zu groß oder steht zuverlässiges Personal nicht zur Verfügung, dann sollte die Anschaffung einer Spülmaschine erwogen werden (Abb. 4.13). Gegenwärtig werden mehrere geeignete Modelle angeboten. Bei der Auswahl ist auf folgende Details zu achten: - Stehen Waschgutträger mit Zapfen, über die Kolben, Flaschen u.ä. gestülpt werden können, zur Verfügung? Flaches Waschgut mit weiten Öffnungen, wie Petrischalen und Bechergläser, kann mit rotierenden Düsen gut gereinigt werden, enghalsige Gefäße erfordern jedoch Einzeldüsen. Diese sollten mit einem Kunststoffpolster an der Basis ausgerüstet sein, um den Flaschenhals gegen Splittern zu schützen.
4.3 Nützliche Zusatzausrüstung
Abb. 4.12 Mikrotitrationsgeräte. a) Mehrkanal-Mikropipette, b, c) automatische Mehrkanalpipettoren, d) Multi-Verdünner, e) Densitometer (mit Genehmigung der Flow Laboratories Ltd.).
40
4 Laborausrüstung
Abb. 4.13 Glaswaschautomat. Die Glasgeräte werden einzeln über Düsen plaziert, wodurch gründliches Waschen und Spülen gewährleistet ist. Anschließend werden die Geräte mit
dem Gestell auf einen Wagen (vorn) und mit diesem in einen Trockenschrank (rechts) überführt. Alle drei Geräte sind mit Laufschienen der gleichen Spurweite ausgestattet (Betterbuilt).
anzuschaffen, der die mit Hilfe eines geeigneten Wagens direkt überführbaren Spülmaschinenkörbe aufnimmt (s. Abb. 4.13).
schirm wegen der höheren Bildschärfe angebracht. Wird aber eine Gruppe von zehn oder mehr Studenten unterrichtet, dann ist ein großer Bildschirm erforderlich. Mit Hilfe eines Videorecorders sind Zeitrafferfilme möglich.
Betterbuilt stellt Spülautomaten in verschiedenen Größen mit kompatiblen Trockenschränken her.
4.3.4 4.3.3 F e r n s e h a n l a g e n ( „ c l o s e d - c i r c u i t television")
Mit der Verfügbarkeit preiswerter Mikroschaltkreise sind TV-Kameras und Monitore zu einer wichtigen Hilfe bei der Beurteilung von Kulturen und bei der Ausbildung von neuen Mitarbeitern und Studenten geworden (Abb. 4.14). Eine hochauflösende Kamera ist für diese Zwecke besser geeignet als eine hochempfindliche. Die Empfindlichkeit von Standardkameras reicht im allgemeinen. Hohe Empfindlichkeit kann wegen der Gefahr der Überbelichtung Probleme bereiten. Schwarz-WeißDarstellung ergibt eine bessere Auflösung und ist gut geeignet für die Phasenkontrastbetrachtung lebender Kulturen. Für fixierte und gefärbte Präparate ist eine Farbkamera vorzuziehen. Will man Kulturen nur mit einem technischen Assistenten oder mit ein oder zwei Mitarbeitern diskutieren, dann ist ein kleiner Bild-
Koloniezählgeräte
Monolayerkolonien können visuell oder unter dem Präpariermikroskop gezählt und mit einem Filzstift markiert werden. Ist aber eine größere Anzahl von Platten auszuwerten, dann leistet ein automatisches Zählgerät gute Dienste. Die einfachsten Koloniezähler haben einen Markierstift mit Elektrodenspitze, der diejenigen Kolonien zählt, die berührt werden. Die Geräte sind oft mit einem Vergrößerungsglas ausgerüstet, um die Kolonien besser erkennen zu können (s. Abb. 18.6). Von diesen einfachen Modellen führte die Entwicklung zu technisch hochgezüchteten (und teuren) automatischen Koloniezählgeräten, die auf der Grundlage fest integrierter Programme arbeiten. Diese Geräte arbeiten sehr schnell und können zwischen Kolonien unterschiedlichen Durchmessers unterscheiden (wobei dieser jedoch nicht unbedingt proportional zur Zellzahl pro Kolonie ist; s.a. Kap. 18.8).
4.3 Nützliche Zusatzausrüstung
41
Abb. 4.14 Fernsehanlage (engl, „closed-circuit television") angeschlossen an ein Umkehrmikroskop von Nikon
Den höchsten derzeitigen Entwicklungsstand repräsentieren die Bildanalysegeräte, die auch zur Koloniezählung eingesetzt werden können, deren Programmierung jedoch Geschicklichkeit und Erfahrung erfordert. Mit entsprechender Programmierung kann die Bildanalyse alle Größen und Formen von Kolonien differenzieren und andere komplexe Aufgaben durchführen, wie z. B. die Ausmessung eines Explantatauswuchsareals.
4.3.5 Zellgrößenbestimmung Ein Zweischwellen-Zellzählgerät (z.B. der „CoulterMultisizer", s. Abb. 18.2) mit einer Einrichtung zur Im-
pulshöhenanalyse durchmustert eine Zellpopulation in einem Bereich zwischen einstellbaren Schwellenwerten simultan und druckt die Zellgrößenverteilung automatisch aus.
4.3.6 Zeitraffer-Mikrokinematographie Diese Technik wird im Detail in Kapitel 23.6 besprochen. Die Geräte können an die meisten Umkehrmikroskope guter Qualität angeschlossen werden.
42
4 Laborausrüstung 4.3.9 Durchflußzytophotometer Dieses Gerät, auch bekannt als Fluoreszenz-aktivierter Zellsortierer (Impulszytophotometer, Zytofluorimeter), kann Zellpopulationen analysieren und sie nach einer Reihe unterschiedlicher Kriterien auftrennen (siehe Kap. 12.3 und 18.13). Es ist vielseitig einsetzbar, für das Budget der meisten Gewebekulturlaboratorien aber nicht tragbar. Neuerscheinungen auf dem M a r k t verführen leicht zur Anschaffung. Es ist jedoch der zu erwartende Nutzen gegen die Kosten und den im Labor erforderlichen Platz abzuwägen. Außerdem sollte sicher sein, daß die Geräte sich längerfristig bewähren und von den Mitarbeitern auch benutzt werden.
4.4 Verbrauchsmaterial Zu dieser Kategorie gehören allgemeine Dinge wie Pipetten, Kulturflaschen, Ampullen, Zentrifugenröhrchen ( 1 0 - 1 5 ml, 50 ml, 250 ml; Sterilin, Corning), Universalbehälter (Sterilin, Nunclon), Einwegspritzen und Kanülen ( 2 1 - 2 3 G zur Entnahme von Flüssigkeiten aus Ampullen; 18 G zum Vereinzeln von Zellsuspensionen), Filter verschiedener Größe (s. Tab. 8.3) zum Sterilisieren von Flüssigkeiten, Gummihandschuhe, Papierhandtücher u.a. Abb. 4.15 Transfergerät „Transtar" (Costar) zum Einsäen von Zellen, Transfer von Medium, wiederholten Plattieren und anderen Manipulationen mit Mikrotiterplatten; das Gerät gestattet simultanes Bearbeiten aller 96 Vertiefungen (Wiedergabe mit Genehmigung der Northumbria Biologicals Ltd.).
4.3.7 Programmierbare Zelleinfriergeräte
4.4.1
Pipetten
Diese sollten für rasches Pipettieren auf Auslauf geeicht, mit einer weiten Öffnung versehen und bis zur Spitze graduiert sein, mit dem Maximum der Meßskala am oberen Ende. Einmalpipetten sind teuer, sollten aber als Reserve für den Notfall vorhanden sein. Wiederverwendbare, benutzte Pipetten werden in Pipettenzylindern oder Eimern, die an jedem Arbeitsplatz bereitstehen, gesammelt.
Zellen können meist in einer einfachen Styroporschachtel bei — 70 °C kryokonserviert werden. Einige Typen bedürfen aber differenzierter Abkühlraten mit unterschiedlichem Kurvenverlauf (Mazur et al. 1970; Leibo und Mazur 1971). In programmierbaren Einfriergeräten kann die Abkühlrate durch Einblasen von flüssigem Stickstoff in die Gefrierkammer nach einem vorher festgelegten Programm variiert werden (s. Abb. 17.6).
Pasteurpipetten sind wie Einwegmaterialien zu behandeln und nicht in den Pipettenzylinder, sondern in einen für Glasbruch vorgesehenen Abfallzylinder zu werfen.
4.3.8
- der benötigten Zellmenge (Zellzahl) (s. Tab. 7.1), - der Art der Kultivierung (Monolayer oder Suspension) und - dem Schema der Probennahme, d. h. danach, ob Proben einmalig oder mehrfach, z. B. in Intervallen über
Elutriationszentrifugen
Diese Spezialzentrifugen können zur Auftrennung von Zellen unterschiedlicher Größe eingesetzt werden (s. Kap. 12.1.2). Sie sind teuer, aber sehr effektiv.
4.4.2 Kulturgefäße Die erforderliche Auswahl an Kulturgefaßen richtet sich nach:
4.4 Verbrauchsmaterial einen bestimmten Zeitraum, entnommen werden sollen. Durch Preisvergleich kann unter Umständen billiger eingekauft werden, der Hersteller sollte aber nicht zu oft gewechselt werden und die Ware eines neuen Produzenten ist immer erst zu testen, bevor man sich zum Kauf entschließt.
43
Plastikartikel müssen sorgfaltig mit „steril", „unsteril", „für Gewebekultur", „nicht für Gewebekultur" gekennzeichnet und möglichst auch getrennt aufbewahrt werden. Anstelle von Plastikflaschen können auch Glasflaschen mit ebenen Seiten verwendet werden, wenn die Möglichkeit zur Reinigung und Sterilisation vorhanden ist (s. Kap. 8.1.1).
5 Technik des aseptischen Arbeitens
Trotz Einführung der Antibiotika bleibt die Kontamination mit Mikroorganismen ein Hauptproblem in der Gewebekultur. Bakterien, Mykoplasmen, Hefen und Pilzsporen können durch den Bearbeiter, aus der Luft, von der Arbeitsfläche, durch Lösungen und viele andere Quellen in die Zellkultur eingebracht werden (siehe Tab. 16.1). Die Kontamination kann geringfügig sein und auf ein oder zwei Kulturen beschränkt bleiben, sie kann sich auf weitere Kulturen ausbreiten oder ein ganzes Experiment infizieren, im schlimmsten Fall kann sie den ganzen Bestand an Zellkulturen eines Labors gefährden. Die Gefahr derartiger Katastrophen läßt sich auf ein Mindestmaß beschränken, wenn: - die Kulturen vor jeder Bearbeitung unter dem Mikroskop, vorzugsweise mit Phasenkontrastoptik, durchmustert werden, - die Kulturen - zumindest für gewisse Zeit antibiotikafrei gehalten werden, um eventuelle kryptische Kontaminationen sichtbar zu machen (s. Kap. 10.3 und 16.4), - die verwendeten Lösungen und Medien vor ihrem Einsatz einem Sterilitätstest unterzogen werden (entweder durch den Benutzer oder durch den Hersteller), - angebrochene Medienflaschen u. ä. nicht von mehreren Mitarbeitern und nicht für mehrere Zellinien benutzt werden und - der Standard des sterilen Arbeitens jederzeit hochgehalten wird. Eine der größten Gefahren stellen die mit gebräuchlichen Mikroskopen nicht erkennbaren Mykoplasmeninfektionen dar. Unerkannt können sie sich auf alle im Labor geführten Zellinien ausbreiten. Deshalb ist es unerläßlich, die visuelle Kontrolle der Kulturen durch ein geeignetes Mykoplasmennachweisverfahren zu ergänzen. Dies wird besonders dann erforderlich, wenn das Zellwachstum unregelmäßig zu sein scheint. (Eine detaillierte Darstellung der Problematik wird in Kapitel 16 gegeben.)
5.1 Ziele des aseptischen Arbeitens Korrektes aseptisches Arbeiten soll eine Barriere schaffen zwischen den Mikroorganismen der Umgebung und der nichtkontaminierten Zellkultur in der Flasche oder
Schale. Deshalb müssen alle Materialien, die mit den Zellen in Berührung kommen, steril sein und alle Manipulationen so ausgeführt werden, daß die Kultur mit der unsterilen Umgebung nicht in direkten Kontakt kommt. Eine absolute Sterilitätsbarriere kann nur dann aufrechterhalten werden, wenn unter Bedingungen gearbeitet wird, die die meisten Routinearbeiten ernsthaft behindern würden. Da aufwendige und langwierige Tests erforderlich wären, um die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen für jeden speziellen Einzelfall festzulegen, wird im allgemeinen nach Erfahrung und gesundem Menschenverstand gehandelt.Aseptische Arbeitstechniken bestehen in einer Reihe von Maßnahmen zur Reduzierung von Infektionsmöglichkeiten; das Unterlassen eines Schrittes muß daher nicht notwendigerweise eine Kontamination zur Folge haben. Es können sogar mehrere Vorsichtsmaßnahmen außer acht gelassen werden, bevor sich die Wahrscheinlichkeit einer Kontamination wesentlich erhöht. Im Ereignisfall ist die Ursache dann aber multifaktoriell und schwer aufzuklären. Deshalb wird die Gefahr einer Kontamination wesentlich reduziert bzw. ihr Zustandekommen im Einzelfall leichter eruierbar, wenn konsequent nach den einmal festgelegten Regeln für steriles Arbeiten verfahren wird. Die Arbeitsbedingungen im Gewebekulturlaboratorium haben sich zwar in vieler Hinsicht verbessert (Sterilbelüftung, Reinraumtechnik usw.), die Räume sind jedoch oft sehr ausgelastet und die Sterilarbeitsplätze müssen von mehreren Mitarbeitern gemeinsam genutzt werden. Selbst unter diesen Bedingungen ist aber die Erhaltung der Sterilität nicht problematisch, wenn die Grundprinzipien für steriles Arbeiten allgemein eingehalten werden.
5.2 Ruhige Zonen Wenn eine Laminarbox nicht zur Verfügung steht, sollte möglichst ein separater Sterilraum eingerichtet werden (s. Abb. 3.2). Falls dies nicht möglich ist, muß im Laboratorium ein ruhiger Bereich ohne Durchgangsverkehr und frei von anderen Aktivitäten ausgewählt werden (s. Kap. 3.1). Auch bei Vorhandensein einer Laminarbox ist eine ruhige, staubfreie Zone erforderlich. Der Durchgangsverkehr ist ebenfalls auf ein Minimum zu beschränken; Versuchstiere und mikrobiologische Kultu-
5 Technik des aseptischen Arbeitens
Abb. 5.1 Empfohlene Einrichtung des Sterilarbeitsplatzes, a) offene Tischfläche, b) Horizontalbox, c) Vertikalbox.
5.5 Pipettieren ren sind fernzuhalten. Wichtig ist, daß der Gewebekulturbereich stets sauber und staubfrei gehalten wird und nur mit der zur Zellkultivierung benötigten Ausrüstung ausgestattet ist.
5.3 Arbeitsflächen Mangelnde Sauberkeit und Ordnung auf der Arbeitsfläche sind die häufigsten Fehler beim aseptischen Arbeiten. Folgende Regeln sollten eingehalten werden: - Zu beginnen ist mit einer vollkommen leeren Arbeitsfläche, die gründlich mit 70%igem Alkohol gereinigt wurde. - Auf der Arbeitsfläche befinden sich nur die für den jeweiligen Arbeitsgang unmittelbar benötigten Gegenstände. Flaschen und Gefäße sind noch außerhalb der Laminarbox mit 70 %igem Alkohol abzuwischen. - Die Geräte und Arbeitsmaterialien werden so verteilt, daß ein direkter Zugriff möglich ist, ohne über andere Gegenstände hinweggreifen zu müssen, und in der Mitte der Arbeitsfläche (nicht zu nahe an der Vorderkante!) genügend freier Raum zum Arbeiten bleibt (Abb. 5.1). Man stößt unweigerlich mit der Spitze einer sterilen Pipette an unsterile Flächen, wenn zu viele Gegenstände in unmittelbarer Reichweite verteilt sind. - Es ist stets bei guter Sicht zu arbeiten. So ist z. B. eine sterile Pipette so in die Pipettierhilfe einzusetzen, daß die Spitze dabei nicht vom Arm verdeckt wird. - Verschüttete Flüssigkeiten werden sofort beseitigt und die betreffenden Stellen mit Alkohol nachgereinigt. - Unmittelbar nach Beendigung der Arbeit wird die Arbeitsfläche völlig abgeräumt und mit 70 %igem Alkohol gereinigt.
5.4 Persönliche Hygiene Es ist viel darüber diskutiert worden, ob häufiges Händewaschen den Bakterienbesatz der Haut reduziert oder eher fördert. Ungeachtet dessen befeuchtet das Waschen die Haut, entfernt abschilfernde Hornhaut, die in die Kulturen gelangen könnte, und verringert den Anteil lose anhaftender Mikroorganismen, der gefahrlichsten Kontaminationsquelle für Zellkulturen. OP-Handschuhe können benutzt werden, wenn sie häufig desinfiziert werden, jedoch ist das Arbeiten ohne Handschuhe vorzuziehen (Geschicklichkeit!), sofern für den Arbeitenden keine Infektionsgefahr besteht. Oft werden Kappen, Extrakittel und Mundschutz getragen, Maßnahmen, die aber nicht unbedingt erforder-
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lich sind, besonders dann nicht, wenn an einer Laminarbox gearbeitet wird. Langes Haar sollte aber in jedem Fall zurückgebunden werden. Wenn an offenen Tischflächen gearbeitet wird, darf während der sterilen Arbeit nicht gesprochen werden. Erkältete Mitarbeiter müssen einen Mundschutz tragen oder besser gar nicht mit Zellkulturen umgehen, zumindest nicht während des akuten Infektionsstadiums. An Laminarboxen mit vertikalem Luftstrom und einer Barriere (Sichtscheibe) zwischen den Kulturen und dem Bearbeiter darf während der Arbeit zwar gesprochen werden, möglichst aber beschränkt auf das absolut Notwendige.
5.5 Pipettieren Für das Handhaben von Flüssigkeiten sind Standardglaspipetten oder Einmalpipetten am besten geeignet. Oft werden auch Spritzen benutzt, jedoch sind die üblichen Kanülen für die meisten Flaschentypen zu kurz. Beim Vereinzeln von Zellsuspensionen mit einer Spritze treten darüber hinaus starke Scherkräfte auf; außerdem ist das Risiko einer Verletzung mit Selbstinokulation beim Umgang mit Spritze und Kanüle verhältnismäßig groß. Pipetten geeigneter Volumenabmessungen sollten stets in ausreichender Menge vorhanden sein. Meßpipetten für Volumina von 1, 2, 5, 10 und 25 ml decken i.allg. den Bedarf. Werden von jeder Größe nur wenige Exemplare benötigt, erweist sich ein Sortiment in einer Büchse als platzsparend. Das Pipettieren mit dem Mund ist selbst bei Verwendung von wattegestopften Pipetten oder Filtermundstücken unzulässig, weil sich gezeigt hat, daß dies Mykoplasmeninfektionen begünstigt und außerdem den Pipettierenden gefährdet, z. B. beim Umgang mit virusinfizierten Zellinien, menschlichem Biopsie* oder Autopsiematerial und anderen gesundheitsgefährdenden Stoffen (s. Kap. 6.6.4). Vom Handel werden preiswerte Pipettierhilfen angeboten, von denen ein Sortiment ausprobiert werden sollte, um für den Experimentator das am besten geeignete System herauszufinden (s. Abb. 4.10). Ein solches System muß alle zu benutzenden Pipettengrößen leicht aufnehmen, aber auch sicher festhalten und ein sicheres, schnelles und exaktes Pipettieren gewährleisten. Flüssigkeit muß ohne Gefahr, dabei verschleppt zu werden, wiederholt aufgezogen und ausgeblasen werden können (z. B. beim Suspendieren von Zellen). Die Pipettierhilfen sollen griffig sein und bequem mit einer Hand bedient werden können. Besonders geeignet zum Pipettieren kleiner Volumina (1 ml und weniger) sind die Pipetten vom Marburg-Typ (Gilson, Oxford, Eppendorf usw.; s. Abb. 4.10), obwohl die meisten dieser Fabrikate nicht tief genug in größere Gefäße eingeführt werden können. Am besten benutzt
48
5 Technik des aseptischen Arbeitens
man sie in Verbindung mit flachen Gefäßen oder Flaschen. Für Arbeiten mit Mikrotiterplatten und Multischalen sind sie besonders geeignet, sollten aber nicht zum fortlaufenden Passagieren von Zellkulturen verwendet werden. Für Mikrotiterplatten werden auch Mehrkanalpipetten (4, 8 oder 12 Kanäle) angeboten (s. Abb. 4.10). Glaspipetten müssen vor dem Sterilisieren mit Watte gestopft werden, um sie während der Benutzung steril zu halten. Wird die Watte beim Pipettieren naß, darf die Pipette zum sterilen Arbeiten nicht weiter verwendet werden. Das Pipettenstopfen wie auch das spätere Entfernen der Watte vor der Spülung ist zeitraubend und ermüdend. Empfehlenswert sind daher automatische Pipettenstopfer, die zwar teuer sind, die Arbeit aber beschleunigen und erleichtern (s. Abb. 8.5). Mit ungestopften Pipetten kann gearbeitet werden, wenn Sterilfilterröhrchen in die Pipettierhilfe eingesetzt werden (Abb. 5.2). Es ist jedoch wichtig, das Filterröhrchen vor dem Arbeiten mit jeder weiteren Zellinie auszuwechseln, um das Risiko von Kreuzkontaminationen zu vermeiden. Automatische Pipetten und Dosierer (Dispenser) werden in den Kapiteln 4.10 und 4.11 beschrieben.
5.6.2 Verschließen
Weit über den Flaschenhals greifende Schraubkappen sind Stopfen vorzuziehen. Sie müssen aber nach dem Waschen sorgfaltig gespült werden, um auch hinter den Gummidichtungen befindliche Detergensreste zu entfernen. Wenn möglich, sollte man selbstdichtende Polypropylenkappen verwenden. Schraubkappen müssen mit Aluminiumfolie abgedeckt werden, damit der Flaschenhals gegen Staubablagerung geschützt ist.
5.6.3 A b f l a m m e n
Beim Arbeiten auf einer offenen Tischfläche müssen Schraubkappen und Flaschenhälse vor und nach dem Öffnen, wie auch vor und nach dem Verschließen, abgeflammt werden. Pipetten werden vor Gebrauch ebenfalls abgeflammt. Die Arbeiten selbst sollen dicht an der Flamme, nahe dem dort durch Konvektion entstehenden, aufsteigenden Luftstrom ausgeführt werden. Das Stehenlassen offener Flaschen ist zu vermeiden. Schraubkappen sind mit der Öffnung nach unten auf einer sauberen Fläche abzulegen und vor Verwendung nochmals abzuflammen.
5.6.4 Gießen
Falls irgend möglich, ist zu vermeiden, daß Flüssigkeit aus einem sterilen Gefäß in ein anderes gegossen wird, es sei denn, der gesamte, vorher abgemessene Inhalt wird auf einmal in das Auffanggefäß überführt. Die Hauptgefahr beim Gießen besteht in der Ausbildung einer Flüssigkeitsbrücke zwischen der unsterilen Außenfläche und dem sterilen Innenraum, über die Mikroben leicht in die Flasche gelangen können.
Abb. 5.2 Filterröhrchen. Eingesetzt zwischen Pipettierball und Pipette erübrigt es das Stopfen der Pipetten. Die Filterröhrchen müssen vor dem Arbeiten mit einer anderen Zellinie oder auch bei Befeuchtung ausgewechselt werden (entwickelt am Beatson-Institut nach einer Idee von Dr. J. Paul).
5.6 Steriles Arbeiten 5.6.1
Abwischen
Flaschen sind am Versuchstag mit 70%igem Alkohol abzuwischen, bevor sie zum erstenmal geöffnet werden. Dies gilt besonders für Gefäße, die aus dem Kühlraum kommen.
5.7 Laminarbox (Reinraumwerkbank) Der Hauptvorteil beim Arbeiten in einer Laminarbox besteht darin, daß der Arbeitsbereich durch einen ständig gleichbleibenden Strom gefilterter Luft, der über die Arbeitsfläche geleitet wird, vor Staub und Kontamination geschützt ist (Abb. 5.3; s. a. Abb. 3.1). Zwei Gerätetypen werden hauptsächlich benutzt: - die ,,Horizontalbox", in der die Luft von der dem Arbeitenden gegenüberliegenden Seite parallel zur Arbeitsfläche geleitet wird und nicht zirkuliert, und - die ,,Vertikalbox", in der die Luft von oben auf die Arbeitsfläche strömt und entweder durch diese hindurchgesaugt wird und zirkuliert oder abgeleitet wird.
5.7 Laminarbox (Reinraumwerkbank)
Grobfilter
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Abluftfilter Hepa-Filter Gebläse Hepa-Filter
i
i
i
i
i
i
i
Beleuchtung Blendschirm ^ — — Plexiglasschirm
^ Unterdruckzone unsteriler Bereich
• Untergestell (oder Tisch)
(a)
Schutz der Kulturen
(b)
Schutz des Experimentators Abb. 5.3 Laminarboxen mit horizontalem (a) und vertikalem (b) Luftstrom. Dunkle Pfeile: unsterile Luft; helle Pfeile: sterile Luft.
In Boxen mit zirkulierendem Luftstrom werden etwa 20 % der Luft abgeleitet und durch neue ersetzt, die an der Vorderkante der Arbeitsfläche angesaugt wird. Damit wird auch der Luftaustritt aus dem Arbeitsraum der Werkbank verringert. Horizontalboxen gewährleisten den stabileren Luftstrom und den besseren Sterilschutz für Kulturen und Reagenzien, während ein vertikaler Luftstrom den Arbeitenden wirksamer schützt. Werden potentiell gefahrliche Materialien bearbeitet (Radioisotope, Mutagene, Human- oder Primatenzellkulturen, virusinfizierte Kulturen usw.), dann sollte eine Sicherheitsbox der Klasse II mit vertikalem Luftstrom benutzt werden (s. Abb. 6.4 a). Eine Sicherheitsbox der Klasse III mit Pathogenfalle im Luftableitungssystem (s. Abb. 6.4 b und Kap. 6.4) ist dann unbedingt erforderlich, wenn mit humanpathogenen Erregern gearbeitet werden muß. Die Effizienz einer Laminarbox ist abhängig vom Druckabfall des Luftstromes beim Passieren der Filter. Mit zunehmendem Filterwiderstand erhöht sich auch der Druckabfall, und die Luftdurchflußrate in der Box nimmt ab. Unterhalb 0,4 m/s ist die Stabilität des laminaren Luftstromes nicht mehr gewährleistet, die Sterili-
tät kann nicht länger aufrechterhalten werden. Mit einem in der Box angebrachten Manometer kann der Druck ständig kontrolliert werden, die direkte Messung der Strömungsgeschwindigkeit mit einem Anemometer ist jedoch vorzuziehen. Routineüberprüfungen der Primärfilter sind nach jeweils 3 - 6 Monaten erforderlich. Diese Filter können nach Abschalten des Gebläses entfernt und mit Seifenlösung abgewaschen werden, da sie gewöhnlich aus Polyurethanschaum bestehen. Alle 6 Monate sollte auch das Hauptfilter auf Luftdurchlässigkeit und eventuelle Löcher (feststellbar an stellenweise stärkerem Luftstrom und erhöhter Teilchendurchlässigkeit) kontrolliert werden. Diese Überprüfung ist am besten auf der Basis eines Wartungsvertrages zu vereinbaren. Einmal wöchentlich muß auch der Raum unter der Arbeitsfläche der Laminarbox kontrolliert, gereinigt und desinfiziert werden. Spritzer von Medium oder anderen Flüssigkeiten, die dorthingelangt sind, sollten zwar sofort aufgewischt werden, werden jedoch manchmal nicht bemerkt, so daß regelmäßige Reinigung unbedingt erforderlich ist. Das Gebläse einer Laminarbox läuft am besten stän-
50
5 Technik des aseptischen Arbeitens
dig, damit die Arbeitsfläche sauber bleibt. Spritzer, die an das Filter oder unter die Arbeitsfläche geraten, trocknen in der sterilen Luft sehr rasch, womit sich die Gefahr eines Wachstums von Mikroorganismen reduziert. Häufig werden Ultraviolett-(UV-)Strahler benutzt, um die Luft und exponierte Flächen in der Box zu sterilisieren. Die Effektivität dieser Maßnahme ist zweifelhaft, weil die UV-Strahlen nicht in Ritzen gelangen können. Diese werden besser durch Alkohol oder andere desinfizierende Lösungen gereinigt, die infolge ihrer Kapillarität auch in enge Spalten eindringen. UV-Strahlen bewirken außerdem nach 6 - 1 2 Monaten Eintrübungen von durchsichtigen Plastikscheiben (z.B. bei Plexiglas).
5.8 Standardprozedur des aseptischen Arbeitens Nachfolgend soll speziell die Technik des aseptischen Arbeitens behandelt werden. Medienpräparation und andere Manipulationen werden im Detail in den entsprechenden Kapiteln diskutiert. Prinzip der Methode
Reinigen der Arbeitsfläche, Bereitstellen von Flaschen, Pipetten usw., vorbereitende Arbeiten werden vor der eigentlichen Kultivierungsarbeit ausgeführt. Soweit erforderlich, sind die entsprechenden Utensilien abzuflammen. Die Arbeitsfläche muß stets sauber und freigehalten werden. Nach Abschluß der Arbeiten ist aufzuräumen und die Arbeitsfläche mit 70%igem Alkohol zu reinigen. Materialien
- Alkohol (70% ig) - Zellstoff- oder Mulltupfer - Bunsenbrenner und Gasanzünder (außerhalb der Laminarbox) - Pipettierhilfe oder Gummiball (s. Abb. 4.10) - Becherglas für Abfalle (Abb. 5.4) oder Absaugpumpe (s. Abb. 4.5)
-Trichter
Becherglas
Abb. 5.4 schutz.
Becherglas für Abfall. Ein Trichter dient als Spritz-
- Schere - wasserfester Markierstift - Medien, Stammlösungen usw. Arbeitsvorschrift
1. Arbeitsfläche und alle Flächen des Innenraumes der Laminarbox mit 70%igem Alkohol abwischen. 2. Bereitstellen von Medien usw. aus dem Kühloder Gefrierschrank, Abwischen der Flaschen mit Alkohol und Bereitstellen der zuerst benötigten auf der Tischfläche des Reinraumes bzw. der Arbeitsfläche der Laminarbox. 3. Pipetten in bequemer Reichweite im hinteren oder seitlichen Bereich der Arbeitsfläche bereitlegen (s. Abb. 5.1). Pipettenbüchsen öffnen, wobei der Deckel seitlich, aber noch auf der sterilen Arbeitsfläche (innerhalb der Box) abzustellen sind. 4. Zurechtlegen sonstiger benötigter Glasgeräte, Plastmaterialien, Instrumente usw. in unmittelbarer Nähe. 5. Abflammen der Flaschenhälse, wobei die Flaschen in der Flamme gedreht werden. Verschlußkappen lockern. (Sie werden vor dem Öffnen und nach dem Verschließen der Flasche außerhalb der Box abgeflammt.) Auf der offenen Tischfläche des Reinraumes: - Herausziehen einer Pipette aus der Büchse, wobei andere Pipetten so wenig wie möglich, vor allem nicht am oberen Ende, berührt werden dürfen. - Abflammen des oberen Endes der Pipette, um eventuell heraushängende Watte abzubrennen. - Einsetzen der Pipette in die Pipettierhilfe; dabei wird die Pipette oberhalb der Graduierung gehalten und vom Körper weggerichtet. Größerer Kraftaufwand ist beim Einsetzen zu vermeiden, damit die Pipette nicht bricht! - Pipette der Länge nach durch die Flamme ziehen, um 180° drehen und durch die Flamme zurückziehen. Dies darf nur 2 - 3 s dauern, damit die Pipette nicht zu heiß wird. Das Abflammen dient dem Fixieren eventuell anhaftenden Staubes; nochmaliges Sterilisieren ist nicht beabsichtigt. Eine Pipette, mit der irgendwo angestoßen oder die auf andere Weise kontaminiert wurde, ist sofort in den Behälter für benutztes Glas abzuwerfen; man soll nicht versuchen, durch Abflammen erneut zu sterilisieren. - Während die Pipette so gehalten wird, daß die Spitze vom Körper weggerichtet ist, öffnet man die erste Flasche, indem der Verschluß zwischen kleinem Finger und Handkante gehalten wird (Abb. 5.5). - Flaschenhals abflammen, benötigte Flüssig-
5.8 Standardprozedur des aseptischen Arbeitens
Abb. 5.5 Öffnen einer Flasche und Halten der Verschlußkappe. Zwischen Öffnen und Pipettieren kann der Pipettierball erforderlichenfalls oben oder unten gehalten werden. Der Zeigefinger dient bei diesem Modell (Aspirette) zum Verschließen des Balles am oberen Ende.
(a)
(b)
(c)
gebogenes Drahtgestell
ausgeschnittene Plastikschachtel
gebogene Aluminiumoder Plexiglasplatte
Abb. 5.6 Vorschläge für Vorrichtungen zur Flaschenablage während des Pipettierens. a) Drahtgestell (nach einer Idee von M . Stack-Dunne), b) V-förmiger Einschnitt in einen Vorratsbehälter aus Plastik, c) gebogene Aluminiumblech- oder Plexiglasplatte (nach einer Idee von A.C. McKirdy).
keitsmenge entnehmen, Flaschenhals erneut abflammen und verschließen. - Empfangerflasche öffnen, Flaschenhals abflammen, Flüssigkeit einpipettieren, erneut abflammen und verschließen (in Analogie zu den Arbeitsgängen, die zuvor beschrieben wurden). - Nach Abschluß der Prozedur werden die Verschlüsse fest zugedreht, gründlich abgeflammt und mit Folie abgedeckt. Die Flaschen beim
51
Arbeiten schräg halten, damit die Hände nicht über den offenen Flaschenhals geraten. Kann man den Verschluß nicht gleichzeitig mit der Pipette in der Hand halten, dann ist er in der Folie so auf den Tisch zu legen, daß er auf den Folienrändern steht. Müssen die Flaschen offen bleiben, so sollten sie auf dem Tisch oder auf einem Gestell so schräg wie möglich gelagert werden (Abb. 5.6). In der Laminarbox wird prinzipiell in gleicher Weise verfahren wie beim Arbeiten an der offenen Tischfläche eines Reinraumes, das Abflammen während der Manipulationen kann jedoch entfallen. Flaschen können in der Box mit geringerem Risiko offen bleiben, sollten aber wieder verschlossen werden, wenn die Arbeit länger als nur einige Minuten unterbrochen wird. In einer Vertikalbox darf nicht unmittelbar über einer offenen Flasche oder Schale hantiert werden, in einer Horizontalbox ist in analoger Weise das Arbeiten hinter geöffneten Gefäßen zu vermeiden. 6. Im Verlauf der Arbeit sind alle nicht mehr benötigten Lösungen von der Arbeitsfläche zu entfernen; es sollen nur diejenigen verbleiben, die weiter benötigt werden. 7. Überprüfen der Kulturen, Festlegen der durchzuführenden Arbeiten und Transport der Kulturen zum sterilen Arbeitsbereich. 8. Abwischen der Flaschen, Abflammen der Flaschenhälse (nur sehr kurz bei Plastikgefäßen) und Abstellen auf der Arbeitsfläche. Es sollte jeweils nur ein Zellstamm mit den zugehörigen Medien und Lösungen bearbeitet werden. 9. Bei Mediumwechsel ist wie folgt zu verfahren: - Eine sterile Pipette abflammen (falls nicht in der Laminarbox gearbeitet wird) und in die Pipettierhilfe einsetzen. - Hals der Kulturflasche abflammen, Flasche öffnen, Medium absaugen und verwerfen. Das Absaugen kann vorzugsweise mit einer Saugpumpe und zwischengeschalteter Auffangflasche oder mit einer Wasserstrahlpumpe über einen in die Box reichenden Schlauch durchgeführt werden (s. Abb. 4.5). - Frisches Medium wie unter Punkt 5 beschrieben in die Kulturflasche pipettieren. - Die Flaschen verschließen, abflammen und mit Folie abdecken. 10. Kulturflaschen in den Brutschrank und Medienflaschen in den Kühlraum bringen. 11. Die Arbeitsfläche von allen Pipetten, Glassachen usw. beräumen und gründlich reinigen. Das Wesentliche einer guten Sterilarbeit ist, ähnlich wie
52
5 Technik des aseptischen Arbeitens
bei anderen Labortechniken auch, ein sauberer, freier Arbeitsplatz, auf dem nur diejenigen Dinge übersichtlich angeordnet sind, die unmittelbar zur Arbeit benötigt werden. Eine umfassende und durchdachte Vorbereitung der Arbeit gewährleistet, daß sich die Kulturen so kurz wie irgend möglich außerhalb des Inkubators befinden und die verschiedenen Arbeitsgänge schnell
und reibungslos ablaufen. Alle Manipulationen müssen im direkten Blickfeld ausgeführt werden, damit eine unbeabsichtigte Berührung zwischen sterilen und unsterilen Oberflächen sofort bemerkt wird. Hierfür muß sich ein besonderes Bewußtsein entwickeln. Nach Beendigung der Arbeit ist der Arbeitsplatz stets sauber und aufgeräumt zu verlassen.
6 Sicherheit im Laboratorium und Biorisiken
Fragen der Sicherheit im Laboratorium finden zunehmend Beachtung. In früheren Zeiten unterlagen wissenschaftliche Laboratorien nicht den gesetzlichen Sicherheits- und Gesundheitsschutzbestimmungen. Dies hat sich jedoch inzwischen geändert. Ebenso wie an anderen Arbeitsplätzen können sich Arbeitsunfälle auch in Laboratorien ereignen, denn die vertiefte Einsicht in mögliche biologische und medizinische Risiken der Arbeit bietet allein noch keinen größeren Schutz. Im Gegenteil, die Vertrautheit im Umgang mit gefahrlichen biologischen Materialien oder Radionucliden kann sogar zu einer gewissen Nachlässigkeit bei den Arbeiten führen. Ein Hauptproblem bei der Einführung von Sicherheitsmaßnahmen in einem biologischen Laboratorium resultiert immer wieder daraus, daß den bisher noch nicht genau bekannten, mehr esoterischen Risiken (z. B. gentechnischer Manipulationen) mehr Beachtung geschenktwird als den bekannten Gefahren beim Umgang mit Chemikalien, Toxinen, Feuer, ionisierender Strahlung. Elektrizität oder Glasbruch. Niemand sollte potentielle Biorisiken ignorieren (Barkley 1979), darüber dürfen aber die alltäglichen Sicherheitsprobleme nicht außer acht gelassen werden.
6.1 Allgemeine Sicherheit 6.1.1 Glasgeräte und scharfe Gegenstände
Am häufigsten werden Verletzungen im Gewebekulturlabor durch Glasbruch verursacht, z.B. durch zerbrochene Pipetten in Spülbehältern, wenn zu viele, besonders Pasteurpipetten, in zu kleine Gefäße gezwängt werden. Pasteurpipetten sollten nach Gebrauch verworfen oder - wenn Wiederverwendung beabsichtigt ist - gesondert und mit besonderer Vorsicht behandelt werden. Der Gebrauch von Spritzen ist auf das Füllen oder Leeren von Ampullen zu beschränken. Werden Einmalkanülen weggeworfen, dann ist die Spitze vorher umzubiegen oder in die Verpackung zurückzustecken. Für Glasbruch und scharfe Gegenstände müssen besondere Abfalleimer bereitstehen, die nicht für den allgemeinen Abfall verwendet werden dürfen. Vorsicht ist auch beim Einsetzen von Pipetten in Pipettierhilfen geboten. Auf passende Größen muß geachtet werden, um vorzubeugen, daß der Pipettenhals abbricht
und die Hand verletzt. Die Intaktheit des Pipettenhalses ist ebenfalls zu überprüfen. Beim Einsetzen soll die Pipette möglichst nahe am oberen Ende und vom Körper weggerichtet gehalten und unter sanftem Druck eingedreht werden (Abb. 6.1).
6.1.2 Toxische Chemikalien
Im Gewebekulturlaboratorium werden starke Gifte relativ wenig verwendet. Falls dies doch erfolgt, müssen die üblichen Vorsichtsmaßnahmen, besonders auch die Möglichkeit der Verteilung von Aerosolen durch die Laminarboxen, beachtet werden (s. Kap. 6.4). Detergenzien, vor allem diejenigen, die in automatischen Spülmaschinen verwendet werden, sind gewöhnlich ätzend oder verursachen zumindest Reizungen der Haut, der Augen und Atemwege. Wenn möglich, sollten daher Dosiervorrichtungen benutzt und Handschuhe getragen werden. Manipulationen, die zum Verstäuben von Detergenzien führen, sind zu vermeiden. Leichter zu handhaben, aber meist auch teurer, sind flüssige Detergenskonzentrate. Chemische Desinfektionsmittel, wie z. B. Hypochlorit, müssen ebenfalls vorsichtig und am besten aus einem Dosierer verwendet werden. Hypochlorit wirkt als Bleichmittel (Kleidung) und verursacht Hautreizungen, es kann sogar Edelstahl korrodieren. Spezielle in der Gewebekultur verwendete Chemikalien, mit denen vorsichtig umgegangen werden muß, sind: - Dimethylsulfoxid (DMSO), ein starkes Lösungsmittel, das sogar Schutzhandschuhe durchdringt und bei Kontakt mit der Haut als „carrier" für andere schädliche Substanzen fungieren kann (Horita und Weber 1964) und - Mitogene oder Karzinogene, die gelegentlich in DMSO gelöst sind und mit denen nur in Sicherheitsboxen gearbeitet werden sollte (s. u.).
6.1.3 Gase
Die meisten in der Gewebekultur benutzten Gase (C0 2 , 0 2 , N 2 ) sind in kleinen Mengen unschädlich, können aber bei falschem Umgang zur Gefahr werden. Sie wer-
54
6 Sicherheit im Laboratorium und Biorisiken
Abb. 6.1 Einsetzen einer Pipette in eine Pipettierhilfe. a) Falsche Haltung. Die linke Hand faßt die Pipette zu weit unten, es resultiert Kontaminationsrisiko und Bruchgefahr wegen zu starker Hebelwirkung. Die rechte Hand befindet sich zu nahe
am Pipettenende und kann durch Splitter verletzt werden, wenn die Pipette beim Einsetzen bricht, b - d ) Richtige Haltungen. Die linke Hand befindet sich näher am Pipettenende, die rechte Hand in sicherer Entfernung.
den in Druckgasflaschen geliefert, die entsprechend zu sichern sind (Abb. 6.2). Entsteht bei diesen Flaschen ein größeres Leck, dann besteht im Falle von CO z und N 2 Erstickungsgefahr und Feuergefahr bei Austritt von 0 2 . Bei derartigen Vorkommnissen sind sofortiges Verlassen des Laboratoriums und maximale Durchlüftung zu veranlassen, bei O z -Austritt ist die Feuerwehr zu benachrichtigen. Ampullenabschmelzvorrichtungen werden gewöhnlich mit einer Gas-Sauerstoff-Flamme betrieben. Die Apparatur ist daher sorgfältig zu beaufsichtigen, unvorschriftsmäßiges Mischen der Gase ist unbedingt zu vermeiden. Ein in die Gaszuleitung integriertes Einwegventil verhindert das Zurückströmen des Sauerstoffs.
6.1.4 Flüssiger S t i c k s t o f f
Beim Umgang mit flüssigem Stickstoff sind vor allem drei Gefahrenquellen zu beachten: Erfrierungen, Erstikken und Explosion von Glasampullen. Flüssigstickstoff hat eine Temperatur von — 196°C, deshalb ist direkter Kontakt (Spritzer usw.) oder das Berühren von Metallteilen oder anderen Materialien, die in flüssigen Stickstoff eintauchen, besonders gefahrlich. Das Tragen von Handschuhen, die ausreichend isolieren, aber auch flexibel genug sind, um das Handhaben von Ampullen zu ermöglichen, ist ratsam. Der beim Routineumgang mit Containern verkochende Stickstoff wird durch die normale Belüftung i. allg. ausreichend
6.3 Strahlung
55
Abb. 6.2 Halterung für Druckgasflaschen. Die Halterung wird z. B. an einer Tischkante angeschraubt und sichert Gasflaschen unterschiedlicher Größe mittels eines Gurtes. Je nach Bedarf kann die Vorrichtung an unterschiedlichen Stellen montiert werden (lieferbar durch die meisten Hersteller von Laborbedarf).
Abb. 6.3 Flasche zur Alkoholsterilisation von Instrumenten. Die breite Standfläche verhindert ein Umkippen. Das eingesetzte Röhrchen reduziert die benötigte Alkoholmenge (nach einer Idee von M . G . Freshney).
verdünnt. Zusätzliche Ventilation ist aber dann erforderlich, wenn die Container mit flüssigem Stickstoff aufgefüllt oder größere Materialmengen eingelagert werden. Beim Einlagern in flüssigen Stickstoff entsteht in den Ampullen ein starker Unterdruck, so daß der Stickstoff in unvollständig abgeschmolzene Ampullen eindringt und beim Auftauen kräftige Explosionen verursachen kann. Durch sorgfaltiges Abschmelzen oder Lagern in der Gasphase des Containers (s. Kap. 17) lassen sich derartige Zwischenfalle vermeiden. Beim Auftauen von eingefrorenem Material aus flüssigem Stickstoff sollten daher immer Gefäße mit Deckel, z. B. ein Plastikbecher (s. Kap. 17.4.3), sowie Gesichtsschutz oder Schutzbrille benutzt werden.
einander getrennt werden. Alkohol zur Instrumentensterilisation sollte in enghalsigen, standsicheren Gefäßen in möglichst kleinen Volumina bereitstehen (siehe Abb. 6.3). Zum Abwischen von Tischflächen u. ä. ist der Alkohol am besten aus Plastikspritzflaschen zu entnehmen. Werden Instrumente in Alkohol sterilisiert und anschließend abgeflammt, ist unbedingt darauf zu achten, daß die Geräte nicht brennend in den Alkohol zurückgestellt werden.
6.2 Feuer Aus dem Gebrauch von Bunsenbrennern zum Abflammen von Geräten und der Verwendung von Alkohol zum Säubern und Sterilisieren resultiert im Zellkulturlabor eine gewisse Brandgefahr. Bunsenbrenner und mit Alkohol gefüllte Gefäße müssen daher sorgfältig von-
6.3 Strahlung Im Zusammenhang mit Gewebekulturarbeiten bestehen im wesentlichen drei Gefährdungsmöglichkeiten durch Strahlung. Die erste besteht in der Einnahme radioaktiver Substanzen. So können unbeabsichtigt aufgenommene tritiummarkierte Nucleoside in die DNA eingebaut werden und infolge der Emission weicher ß-Strahlung geringer Reichweite durch 3 H zur Radiolyse der DNA führen. Radioaktive Iodisotope konzentrieren sich in der Schilddrüse und können hier ebenfalls lokale Gewebezerstörung auslösen.
56
6 Sicherheit im Laboratorium und Biorisiken
Als zweite Gefahrenquelle sind die harten ß- und yStrahler (z.B. 32 P, 125 I, 13 I und 51 Cr) zu nennen. Mit diesen Radionucliden muß hinter einem 2 mm dicken Bleischutzschirm gearbeitet werden, die konzentrierten Lösungen der Isotope sind in Bleimantelgefaßen aufzubewahren. Bei kurzzeitigen Arbeiten mit 3 2 P kann ein 5 mm starker Plexiglasschirm benutzt werden. In beiden Fällen ist in einer Sicherheitsbox - um Aerosole zurückzuhalten - und mit Handschuhen zu arbeiten. Um eventuell auslaufende oder verschüttete radioaktive Materialien aufzufangen, wird zweckmäßigerweise auf und über einem Tablett gearbeitet. Nach Beendigung der Arbeiten muß der Arbeitsplatz sorgfältig gereinigt und bei häufigeren Arbeiten regelmäßig auf radioaktive Kontamination überprüft werden. Der dritte Typ von Strahlenrisiken besteht bei Arbeiten mit Röntgenapparaten, Hochenergiequellen wie 6 0 Co oder UV-Strahlern, die zur Gerätesterilisation oder zur Unterdrückung der Proliferation von Feederzellen benutzt werden (s. Kap. 11.1.2 und 20.1.3). Da Röntgenoder 60 Co-Strahlung sehr energiereich ist, werden die Strahlenquellen gewöhnlich in separaten Räumen mit entsprechenden Sicherheitseinrichtungen untergebracht und unterliegen strengen Kontrollen. UV-Strahler können Hautverbrennungen und Schädigung der Augen bewirken. Sie müssen deshalb sorgfaltig abgeschirmt werden, um eine Direktbestrahlung des Experimentators zu vermeiden, außerdem sollten Schutzbrillen mit Sperrfiltern getragen werden. Vor Beginn von Arbeiten mit Radionucliden muß der zuständige Strahlenschutzbevollmächtigte konsultiert werden. Die speziellen Bestimmungen können in verschiedenen Einrichtungen variieren, überall unterliegt aber die Menge und Art der Radioisotope, die eingesetzt, gelagert und verworfen werden dürfen, strenger Kontrolle. Die vorstehend gegebenen Empfehlungen sind allgemeiner Art und sicher nicht ausreichend, um alle gesetzlichen Bestimmungen zu berücksichtigen.
6.4 Biorisiken Die Notwendigkeit von Vorsichtsmaßnahmen gegen Biorisiken (engl.: biohazards; s.a. Barkley 1979) wird bestimmt durch die Herkunft des Materials und die Art der geplanten Experimente. Zu berücksichtigen sind auch die Arbeitsbedingungen, unter denen die Kultivierung erfolgt. Die mikrobiologische Standardtechnik auf der offenen Tischfläche hat den Vorteil, daß die gegenwärtig üblichen Methoden das Resultat langjähriger Erfahrung sind. Probleme entstehen dann, wenn neue Technologien eingeführt werden oder die Zahl der Mitarbeiter zunimmt. Mit der Einführung von Laminarbo-
xen mit horizontaler Luftströmung wurde zwar die Sterilität der Kulturen besser gewährleistet, die Gefahrdung des Bearbeiters durch entstehende Aerosole wurde jedoch erhöht. Dieser Umstand führte zur Entwicklung der Vertikalboxen, deren „Luftvorhang" an der Frontseite (s. Kap. 4.2.1 und 5.7) das Austreten von Aerosolen einschränkt. Gegenwärtig werden drei Sicherheitsstufen unterschieden: - geschlossene Sicherheitsboxen mit Luftfilter für die Zuluft und Luftfilter mit Pathogenfalle für die Abluft (Sicherheitsklasse III) (Abb. 6.4 b), - Laminarboxen mit vertikaler Luftströmung, die einen Frontschutz in Form eines „Luftvorhanges" ausbilden (Sicherheitsklasse II) (Abb. 6.4 a; National Sanitation Foundation Standard 49, NIH specification NIH 03-112, British Standard BS 5726), - Die offene Tischfläche in Verbindung mit erprobten Techniken aseptischen Arbeitens. In Tabelle 6.1 sind verschiedene mit Biorisiken behaftete Prozeduren und die dafür empfohlenen Sicherheitsmaßnahmen zusammengestellt. Hierbei handelt es sich tatsächlich nur um Empfehlungen; bezüglich der zu beachtenden gesetzlichen Bestimmungen müssen die örtlichen Sicherheitsbehörden konsultiert werden. In der BRD sind Empfehlungen, Richtlinien und Vorschriften beim Bundesgesundheitsamt, bei den Berufsgenossenschaften und bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zu beziehen (s. Literaturverzeichnis „Sicherheitsvorschriften"). Es gibt i. allg. keine Probleme, wenn mit bekannten, bereits klassifizierten Pathogenen gearbeitet wird. Der Umgang mit derartigen Erregern ist in den Festlegungen des „Howie Report" (U.K.) (1978) oder des „Center of Disease Control" (USA) geregelt. Problemlos ist auch die Handhabung von unbedenklichen Materialien, von denen sterile Präparate hergestellt werden können. Sorgen bereitet die „Grauzone" zwischen diesen Gruppen, da die Entwicklung neuer Techniken (z. B. der Interspezies-Zellhybridisierung) oder die Einführung neuer Technologien (Laminarboxen) mögliche Risiken mit sich bringt, die infolge fehlender epidemiologischer Daten noch nicht eingeschätzt werden können. So sollten transformierende Viren, transformierte menschliche Zellinien und Mensch-Maus-Hybride generell mit großer Vorsicht gehandhabt werden, bis genügend Daten zur Verfügung stehen, die gesicherte Aussagen über ihre Unbedenklichkeit zulassen. Das mit der Bearbeitung von Biopsie- und Autopsiematerial von Menschen oder Primaten verbundene Risiko ist in der Regel leichter zu erkennen. Wurde eine Infektion nachgewiesen, dann bestimmt der Typ des Erregers die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen. Ein negativer Befund schließt jedoch eine bisher nicht er-
6.4
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57
Biorisiken
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S J u •o 200 1/ Jahr), dann sind aus Kostengründen solche Präparate günstiger, in denen bestimmte Medienzusätze bereits enthalten sind. Besonders HEPES ist, separat bezogen, sehr teuer. Glutamin wird auch getrennt angeboten, da es in Löstung instabil ist und eingefroren aufbewahrt werden muß. Im Medium beträgt seine Halbwertszeit bei 4°C ungefähr 3 Wochen, bei 36,5 °C etwa eine Woche. Es ist darauf zu achten, daß in 10 x -Konzentraten alle Bestandteile vollständig gelöst oder mindestens gleichmäßig verteilt vorliegen. Folsäure, Tyrosin und einige andere Komponenten können ausfallen und dann im gebrauchsfertig verdünnten Medium fehlen. Vorbeugend ist das Konzentrat einige Stunden lang bei 36,5 °C zu inkubieren, bevor es verdünnt wird. Als letzter Schritt zur Komplettierung des Mediums muß das Serum, das nahezu isoton ist, zugesetzt werden, z.B.: komplettes Medium 1000 ml Serum
111 ml (Endkonzentration 10%) 1111ml
Es ist also ratsam, die Flaschen, in denen das zur Verdünnung benutzte Wasser autoklaviert wird, ausreichend groß zu wählen, so daß alle erforderlichen Zusätze auch Platz haben. Eine einmal auf ihre wachstumsfördernde Qualität getestete Mediumcharge, die für gut befunden wurde, braucht bei späterer Verwendung nicht erneut getestet zu werden. Allerdings sollte man die Sterilität durch 48 h Inkubation bei 36,5 °C überprüfen, bevor Serum, Glutamin oder Antibiotika zugegeben werden. Zur Sterilisation wird durch ein Polycarbonat-, Celluloseacetat- oder Cellulosenitratfilter mit 0,2 (xm Porengröße (s. Kap. 8.2.4) filtriert, Glutamin vor Gebrauch dazugeben. Pulvermedien Ein Präparat ohne Glutamin ist zu empfehlen. Andere instabile Komponenten dürfen ebenfalls nicht enthalten sein, sondern werden als sterile Konzentrate erst unmit-
100
8 Vorbereitung und Sterilisation
Abb. 8.10 Wiederverwendbare Filterhalter (Millipore). a) InLine-Filterhalter aus Polypropylen für 47-mm-Filter, b) Millidisk-Sortiment (Edelstahlgehäuse mit Filterpatronen hoher Kapazität) (Reproduktion mit Genehmigung der Millipore UK Ltd.).
Abb. 8.9 Einmalsterilfiltriergeräte. a) in der Mitte SterivexPatrone und Millex-Spritzenvorsatz (25-mm-Scheibe), beides von Millipore; Vakuumfiltriergeräte mit Auffanggefäß für 47mm-Filter, links von Nalgene, rechts von Becton Dickinson, b) Sterivex-Filter an Cornwall-Spritze, c) Flaschenaufsatz (Becton Dickinson).
telbar vor Gebrauch zugesetzt. Das Pulver wird nach Vorschrift in Wasser gelöst, wobei man Abpackungen verwenden sollte, die auf einmal angesetzt und inner-
halb von 3 Monaten verbraucht werden können. Es ist zu prüfen, ob alle Bestandteile vollständig gelöst sind (Instruktionen des Herstellers beachten!). Das gelöste Medium sofort sterilfiltrieren, weil bei längerem Stehen Präzipitatbildung oder auch mikrobielle Kontamination eintreten kann. Werden nur geringe Mediummengen gebraucht ( < 1 1/Woche) oder mehrere unterschiedliche Medientypen verwendet, dann stellt man kleinere Portionen her und filtriert sie mit einem Falcon-Filtrationsgerät (s. Abb. 8.9c) direkt in die Vorratsflaschen. Der Gebrauch dieses oder anderer Unterdruckfiltriersysteme führt zu einem Verlust an gelöstem C 0 2 und zum Ansteigen des pH-Wertes. Das Gleichgewicht stellt sich im Inkubator wieder ein, vorausgesetzt, d a ß die der Gasphasenzusammensetzung entsprechende N a H C 0 3 - M e n g e im Medium enthalten ist. Dies sollte bei erstmaligem Gebrauch des Mediums kontrolliert werden. Autoklavierbare Medien Einige Hersteller bieten autoklavierbare Versionen von Eagles M E M und anderen Medien an. Autoklavieren ist
8.2 Vorbereitung und Sterilisation von Reagenzien und Medien
weniger arbeitsaufwendig, billiger und wesentlich sicherer als Filtration. Die Herstellungsvorschrift ist der für BSS ähnlich. Das Medium ist mit Succinat auf p H 4,25 gepuffert, um während des Autoklavierens die B-Vitamine zu stabilisieren und muß anschließend neutralisiert werden. Glutamin wird durch Glutamat ersetzt oder nachträglich steril zugesetzt. Wie bei BSS muß auch in den autoklavierten Mediumflaschen durch Verdampfen eingetretener Flüssigkeitsverlust mit sterilem entionisiertem Wasser ausgeglichen werden. 8.2.4 Herstellung und Sterilfiltration sonstiger Reagenzien
Spezielle Rezepte und Herstellungsverfahren sind in Kapitel 24 nachzulesen. Im allgemeinen werden hitzelabile Reagenzien durch Sterilfiltration und hitzestabile durch Autoklavieren sterilisiert (siehe Zusammenfassung in Tab. 8.2). Für die Sterilfiltration von Proteinen und Peptiden werden Filter mit geringen Bindungseigenschaften (z. B. Millex-GV) angeboten. 8.2.5 Sterilfiltration
Diese Methode wählt man zum Sterilisieren hitzelabiler Lösungen (Abb. 8.9-8.12). Wiederverwendbare Filtriervorrichtungen werden im Autoklaven sterilisiert. Es können auch prästerilisierte Einmalfilter verwendet werden. Die letzteren sind teurer, in der Anwendung aber weniger zeitaufwendig und sicherer. Vorbereitung und Sterilisation von Filtern siehe Kapitel 8.1.4 Materialien - Druckgefaß - Pumpe - Halteklammer zum Befestigen des Filters - steriler Filterhalter mit Filter - steriler Behälter zum Aufnehmen des Filtrates (mit Auslauf am Boden) - Schläuche - Quetschhahn und Füllglocke (Abb. 8.12 und 8.13) - sterile Flaschen mit Verschlüssen und Folienkappen. Arbeitsvorschrift 1. Eine entsprechende Filtergröße aus dem verfügbaren Angebot (Tab. 8.3) auswählen, sterile und nicht sterile Teile zusammenfügen und die notwendigen Verbindungen herstellen (s. Abb. 8.12 und 8.13). 2. Medium in das Druckgefaß gießen. 3. Steriles Auffanggefäß unter den Auslauf des Filters stellen.
Tabelle 8.3
Filtergröße und filtrierbares Flüssigkeitsvolumen
Filtergröße, Bezeichnung
Verwendungsweise1
25 mm 47 mm oder Sterivexpatrone 90 mm Millipak-20 Millipak-40 Millipak-60 Millipak-100 Millipak-200 Millidisk 142 mm 293 mm
E
1
101
E, W W E E E E E E W W
Ungefähr filtrierbares Volumen Partikulär Kolloid
1 -100 ml 0,1 - 11 1 - 101 2 - 101 10 - 201 20 - 301 30 - 751 75 -1501 30 -3001 10 - 501 50 -5001
1
- 20 ml
1 0 0 - 250 ml 0,2- 21 0,2- 21 2 - 51 5 - 71 7 - 101 10 - 301 5 - 501 1 - 51 5 - 201
E = Einmalfilter, W = wiederverwendbarer Filter
4. Bei wiederverwendbaren Filtervorrichtungen die Pumpe nur so lange einschalten, bis das Filter feucht ist, dann abstellen und Filterhalter festdrehen. 5. Pumpe wieder einschalten, bis ein Druck von 100 kPa erreicht ist. Wenn sich das Auffanggefäß füllt, Aliquote in Medienflaschen der gewünschten Größe abfüllen, verschließen und lagern. Sollen kleinere Volumina (100-200 ml) sterilisiert werden, dann paßt die Lösung in das Reservoir des Filtergerätes (s. Abb. 8.11). Druck- und Auffanggefäß sind dann nicht erforderlich. Es wird direkt in die Vorratsflasche filtriert. Druckfiltration ist der Vakuumfiltration vorzuziehen, weil im Filtrat kein C0 2 -Verlust eintritt. Trotzdem wird die Vakuumfiltration zum Filtrieren kleiner Mengen häufig angewendet, weil die Ausstattung einfach ist. Wichtig ist bei dieser Arbeitsweise, hinter dem Aufnahmegefäß eine Sicherheitsflasche und ein Filter einzuschalten (s. Abb. 8.9a, c und 8.14). Der Überdruck läßt sich auch mit Hilfe einer peristaltischen Pumpe (Abb. 8.15) erzeugen, die zwischen unsteriles Vorratsgefaß und Filtervorrichtung (z. B. Millipak, Millipore) geschaltet wird. Ein Auffanggefäß ist nicht erforderlich. Nur das Filter, das bereits steril zur Einmalbenutzung gekauft wird, und die Mediumflaschen müssen steril sein. Diese einfache, effektive und billige Filtrationsmethode ist in kleinen, mittleren und großen Laboratorien für die Mediensterilisation anwendbar.
8.2.6
Sterilitätsprüfung
Arbeitsvorschrift 1. Ist die Filtration beendet und die Flüssigkeit durch das Filter gelaufen, wird der Abfüllschlauch in ein
102
8 Vorbereitung und Sterilisation
Abb. 8.12 In-Line-Filtriervorrichtung. Das Gerät ist mit einer Aufnahmeflasche a) und einem unter Druck stehenden Vorratsgefaß b) verbunden. Nur die in a) gezeigten Geräteteile müssen sterilisiert werden. Die normalerweise in Schutzfolie verpackte Glasglocke ist im Bild zur Illustration frei dargestellt. Abb. 8.11 Längsschnitt durch ein wiederverwendbares Filtergerät. Das ganze Gerät (Filterdurchmesser 47 mm) wird sterilisiert. Die zu sterilisierende Flüssigkeit gibt man entweder direkt in das Reservoir, oder sie wird aus einem unter Druck stehenden Vorratsgefaß zugeführt (s. Abb. 8.12 und 8.13).
8.2 Vorbereitung und Sterilisation von Reagenzien und Medien .. . , . . . .... Vorratsdruckbehalter (100 N / m 2 )
103
Überdruckventil , nicht steril
7
steril Wattepfropf
steriles Aufnahmegefäß
Pumpe
Druckschlauch steriler | Filterhalter | mit 0,2-jjm-Filter
Quetschhahn
sterile Flaschen
Abb. 8.13 Schema tische Darstellung des in Abbildung 8.12 gezeigten Systems. Die gestrichelte Linie umschließt die zu sterilisierenden Teile.
Gefäß mit Wasser gehängt und der Druck erhöht, bis Blasen aus dem Schlauch aufsteigen. Dieser Punkt (engl, „bubble point") sollte erst erreicht sein, wenn der Druck mehr als das Doppelte des für die Filtration angewendeten beträgt (s. hierzu die Instruktionen der Filterproduzenten). Tritt der „bubble point" bereits bei einem Druck von 100 kPa oder darunter auf, ist das Filter beschädigt und muß verworfen werden. Das gesamte Filtrat ist als nicht steril zu betrachten und nochmals zu filtrieren. 2. Hat sich das Filter als intakt erwiesen, sind Proben des zu Beginn, in der Mitte und am Ende filtrierten Mediums zu entnehmen und durch Inkubation 72 h bei 36,5 °C auf Sterilität zu prüfen. Werden die Proben trübe, dann sind sie zu verwerfen. Die ganze Mediencharge ist noch einmal zu filtrieren. Für einen gründlicheren Test werden Proben mit der doppelten Menge Nährbouillon (z.B. Rinderherz-Hydrolysat und Thioglycolat) verdünnt, geteilt und bei 36,5 °C und bei 20 °C 10 Tage zusammen mit unbeimpften Kontrollen inkubiert. Gibt es nach dieser Inkubation immer noch Zweifel an der Sterilität, werden Aliquote auf Nähragar plattiert.
Nach dem Hauptfilter kann noch ein zweites, auswechselbares Filter in die Abflußleitung des Filtriergerätes integriert werden. Keime, die infolge eines fehlerhaften ersten Filters passieren, werden im zweiten zurückgehalten. Am Ende der Filtration wird das zweite Filter entfernt und auf Nähragar gelegt. Wachsen Kolonien, ist die Charge zu verwerfen oder erneut zu filtrieren. Diese Methode hat den Vorteil, daß das ganze Filtrat und nicht nur ein kleiner Anteil überprüft wird. Eventuelle Kontaminationen während der Abfüllung und des Verschließens der Flaschen werden jedoch nicht erfaßt. Sterilitätstests sind bei autoklavierten Lösungen nicht erforderlich, wenn der Autoklav ein eigenes Überwachungssystem (Temperatur und Sterilisationszeit) besitzt.
8.2.7 Wachstumstests Kommerziell produzierte Medien sind auf ihre wachstumsfördernden Eigenschaften für eine oder mehrere Zellinien geprüft (falls nicht, sollte man die Herstellerfirma wechseln!). Es kann jedoch gewisse Umstände ge-
104
8 Vorbereitung und Sterilisation
nicht steriles Medium
0,2-pm-Filter auf Sinterglasunterlage Klammer Druckschlauch
Wattestopfen
Saugflasche
Vakuumleitung oder -pumpe
Sicherheitsflasche
steril nicht steril
Abb. 8.15 Sterilfiltration mit Peristaltikpumpe zwischen nicht sterilem Reservoir und Millipak-Sterilfilter (Millipore)
Abb. 8.14 Geräteanordnung bei Vakuumfiltration. Nur die oberhalb der gestrichelten Linie befindlichen Teile müssen sterilisiert werden. Vakuumfiltration ist auch möglich mit einigen Einmalfiltern (Nalgene, Falcon; s. Abb. 8.9).
(Wiedergabe mit Genehmigung der Millipore UK Ltd.)
8.3 Gewinnung und Vorbereitung von Serum
ben, unter denen die Qualität der eigenen Medien getestet werden soll, z. B. wenn - es im Labor aus Einzelkomponenten selbst hergestellt wurde, - das Medium irgendwelche Zusätze erhalten hat, - das Medium für einen speziellen Zweck benötigt wird, den der kommerzielle Hersteller nicht testen konnte und - das Medium aus Festsubstanzen hergestellt wurde und die Gefahr besteht, daß einzelne Bestandteile während der Filtration eliminiert wurden. Eine Kontamination des Mediums mit toxischen Stoffen kann während der Filtration erfolgen. Einige Filter sind zur Verbesserung der Benetzung mit Spuren von Detergens behandelt, die während der Filtration in das Medium gelangen können. In diesen Fällen sollte die Filtervorrichtung mit PBS oder BSS vorgespült oder das erste Aliquot des Filtrats verworfen werden. Polycarbonatfilter (z. B. Nuclepore) sind ohne Detergens benetzbar und werden daher von manchen Nutzern bevorzugt, besonders, wenn die Serumkonzentration im Medium gering ist. Es gibt drei Möglichkeiten, Medien zu testen: - Bestimmung der Plattiereffizienz (Kloniereffizienz), - Bestimmung der Wachstumskurve nach üblicher Passagierung bis zum Erreichen der Sättigungsdichte, - Überprüfung einer typischen Funktion, z.B. der Differenzierung in Gegenwart eines induzierenden Agens, der Virusvermehrung oder Expression eines spezifischen Antigens. Ein neuer Mediumansatz sollte mit diesen Methoden im Vergleich zum bisher benutzten Medium getestet werden. Plattiereffizienz (s. Kap. 19.2.2). Dies ist der sensitivste Test, da er bereits geringfügige Mängel und geringe Konzentrationen toxischer Verunreinigungen nachweist, die bei höherer Zelldichte nicht bemerkt werden. Wünschenswert ist, daß er bei verschiedenen Serumkonzentrationen durchgeführt wird (im Bereich von 0 - 2 0 % ) , da Serum Mängel des Mediums verdecken kann. Wachstumskurve. Bei Klonierungsversuchen sind verminderte Konzentrationen bestimmter Bestandteile des Mediums nicht immer zu erkennen. Wenn z. B. die Konzentration einer oder mehrerer Aminosäuren zu niedrig ist, braucht dies das Klonwachstum nicht zu beeinflussen, kann aber einen Effekt auf die erreichbare maximale Zellkonzentration ausüben. Eine Wachstumskurve (s. Kap. 18.8) bietet drei Parameter für die Auswertung: - Die Latenzphase (lag-Phase), die nach der Subkulti-
105
vierung dem Wiederbeginn der Zellproliferation vorangeht, zeigt, ob sich die Zellen an veränderte Bedingungen anpassen müssen. - Die Verdopplungszeit in der mittleren exponentiellen Wachstumsphase ist ein Ausdruck für die Wachstumsstimulation durch das Medium. - Die terminale Zelldichte ist bei Zellinien, deren Wachstum nicht durch die Zelldichte begrenzt wird, z. B. bei kontinuierlichen Zellinien (s. Kap. 2 und 15), ein Maß für die maximal erreichbare Zellzahl, in der sich wiederum die Gesamtkonzentration an Aminosäuren oder Glucose ausdrückt. Zu beachten ist auch, daß ein Medium, mit dem nur die Hälfte der möglichen terminalen Zelldichte erreicht wird, pro produzierter Zelle doppelt so viel kostet. Spezielle Funktionen. In diesen Fällen sollte ein Standardtest für das zu untersuchende Merkmal (z. B. Virustiterbestimmung im Medium nach verschiedenen Tagen) benutzt und mit dem neuen und dem alten Medium gleichzeitig durchgeführt werden. Empfehlenswert ist, die Tests durchzuführen, bevor die Mediumcharge verbraucht ist, so daß Vergleiche angestellt werden können und Zeit bleibt für die erneute Herstellung frischen Mediums, wenn das neue Medium sich bei einem der Tests als mangelhaft erweist. 8.2.8 Lagerung
Die Meinungen über die Lagerfristen verschiedener Medien sind unterschiedlich. Als ungefähre Regel gilt, daß Medien ohne Glutamin 2 - 3 Monate bei 4°C haltbar sind. Ist Glutamin zugesetzt, reduziert sich die Lagerzeit auf 2 - 3 Wochen. Medien mit labilen Bestandteilen sollten entweder im Verlauf von 2 - 3 Wochen verbraucht oder bei — 20 °C aufbewahrt werden. Bestimmte Typen von Leuchtstoffröhren bewirken bei Riboflavin und Tryptophan die Bildung von toxischen Zerfallsprodukten (Wang 1976). Kühlräume, in denen Medien aufbewahrt werden, müssen mit Glühlampen ausgestattet sein, die beim Verlassen des Raumes ausgeschaltet werden. Flaschen mit Medium dürfen nicht länger als wenige Stunden einer fluoreszierenden Lichtquelle ausgesetzt werden. Empfehlenswert für die Langzeitlagerung ist ein Gefrierschrank ohne Innenbeleuchtung. Diese Lösung ist aber nicht immer praktikabel.
8.3 Gewinnung und Vorbereitung von Serum Die Serumherstellung für die Gewebekultur ist problematisch wegen der Qualitätsunterschiede der einzelnen
106
8 Vorbereitung und Sterilisation
Chargen, der Art des Rohmaterials sowie der Schwierigkeiten, die bei der Sterilfiltration auftreten können. In der Gewebekulturtechnik ist Serum aber auch eines der teuersten Ingredienzien, das 3 0 - 4 0 % der Gesamtkosten ausmacht, wenn es kommerziell bezogen werden muß. Unter dem Aspekt der Zuverlässigkeit und der einfachen Verfügbarkeit ist es sicher das beste, steriles Serum zu kaufen (s. Kap. 7). Man kann das Serum jedoch nach der folgenden Anleitung auch selbst herstellen. Prinzip der Methode Das Serum wird von geronnenem Blut abgetrennt, durch Filter mit abnehmender Porenweite filtriert, in Flaschen abgefüllt und eingefroren. Blutgewinnung. Man kann nach Absprache Blut vom Schlachthof beziehen. Es muß sofort nach der Abnahme vom Schlachttier übernommen werden und darf nicht längere Zeit herumstehen. Alternativ kann auch unter entsprechender Kontrolle von einem lebenden Tier Blut entnommen werden. Wenn man die gleichen Tiere mehrfach in Abständen benutzt, gewährleistet dieses Vorgehen eine reproduzierbarere Serumqualität, ergibt aber geringere Mengen und bedeutet einen größeren Arbeitsaufwand. Wird sorgfaltig gearbeitet, dann kann das Blut aseptisch gewonnen werden. Blutgerinnung. Das Blut soll in einem abgedeckten Behälter über Nacht bei 4°C gerinnen. Das nach dieser sogenannten „natürlichen Gerinnung" gewonnene Serum ist dem durch physikalische Abtrennung der Zellen mittels Zentrifugation und Defibrinisierung gewonnenen überlegen, weil die Blutplättchen während der Gerinnung Wachstumsfaktoren freisetzen. Das Serum wird vom Blutkuchen abgegossen und 1 h bei 2000 g zentrifugiert, um sedimentierbare Komponenten abzutrennen. Humanserum. Zur Gewinnung von Humanserum können Blutkonserven oder Plasma, die das Verfallsdatum überschritten haben, gepoolt verwendet werden. Sie sind steril und im allgemeinen frei von Infektionen. Die Spender müssen auf Hepatitis, AIDS-Virus, Tuberkulose usw. getestet worden sein. Die gerinnungshemmenden Zusätze, wie Heparin oder Citrat, werden mit Ca 2 + neutralisiert. Nach erfolgter Gerinnung (über Nacht) wird das Serum abgetrennt und eingefroren. Sterilisation. Serum wird, wie bereits beschrieben, gewöhnlich durch ein Membranfilter mit 0,2 um Porenweite sterilfiltriert. Wegen seiner Viskosität und seines hohen Gehaltes an partikulären Bestandteilen sollte
es aber durch eine Reihe von Glasfaservorfiltern vom Patronentyp filtriert werden, bevor es das eigentliche Sterilfilter passiert. Nur dieses letzte Filter, ein 35-cmMembranfilter o.ä., muß sterilisiert sein. Das Vorfiltergerät kann aus rostfreiem Edelstahl mit auswechselbaren Patronen (Pall) bestehen oder eine Filtereinheit (Gelman) sein. Letztere ist leichter zu handhaben, aber schwieriger für die Wiederverwendung zu reinigen; grundsätzlich ist dies aber möglich. Für kleinere Volumina von weniger als einem Liter können Filter mit abgestufter Porenweite in ein Filtergerät eingelegt werden (Abb. 8.16). Materialien - Pumpe - Druckgefaß - Quetschhahn - 142-mm-Filtriergeräte und eine Reihe nicht steriler Vorfilter, z. B. Glasfaserfilter mit 5 um, 1,2 um, 0,45 um Porenweite - steriles Einmalfilter mit 0,2 |xm Porengröße, z. B. Millidisk (Millipore) - steriles Auffanggefäß mit Bodenauslaß - sterile Flaschen mit Schraubkappen und Folie. Arbeitsvorschrift 1. Ein nicht steriles wiederverwendbares Filtergerät (142 mm) oder eine Filterpatrone (Pall, Millipore) wird mit einer sterilen Einmal-Filtereinheit (Millipak 200 oder Millidisk 500) oder einem sterilen wiederverwendbaren 142-mm-Filtergerät mit 0,2Hm-Membranfilter verbunden und an einen sterilen Auffangbehälter angeschlossen (Abb. 8.17). 2. Auf die Siebplatte des nicht sterilen Filterhalters ein 0,45-|im-, darauf ein l,2-|im- und ein 5-|imMembranfilter legen und darüber ein Glasfaserfilter; dann die Filterschichten mit sterilem Wasser anfeuchten und das Gerät schließen. 3. Ein Druckgefäß (s. Abb. 8.12 und 8.13) mit dem Einlaufstutzen des nicht sterilen Filtergerätes verbinden. 4. Serum in das Druckgefäß einfüllen, das Gefäß verschließen und den Innendruck auf 15 kPa einstellen, bis Serum durch das Sterilfilter zu laufen beginnt. Dann die Druckluftzufuhr drosseln und am Filtergerät alle Verschlußschrauben gleichmäßig festdrehen. 5. Den Innendruck erneut steigern und die Filtration fortsetzen, dabei auf eventuell undichte Stellen oder auf mögliche Blockierungen achten. Eine weitere Erhöhung des Filtrationsdruckes beschleunigt zwar die Filtration, kann aber dazu führen, daß die Filter schnell verstopfen. 6. Wenn das gesamte Serum filtriert ist, den BubblePoint-Test durchführen (s. Kap. 8.2.6), dann das
8.3 Gewinnung und Vorbereitung von Serum Filterkammer
Detaildarstellung der Filterwirkung
107
Ort:,: •• ° ••.-.'•'KV
C>•>;(?:•
A Glasfaservorfilter
B
5-pm-Membranfilter
C
1,2-pmMembranfilter
D
0,22-MmMembranfilter
Stützgitter aus Edelstahl
Auslauf
Abb. 8.16 Filterkombination zur Filtration kolloider Lösungen (z. B. Serum) oder von Lösungen mit hohem Partikelgehalt Gehäuse für Faltfilterpatronen
s-L
Ä
V-v
nicht steril
Abb. 8.17 In Reihe geschaltete Faltfilterpatronen zur Massenfiltration kolloider Lösungen. Die Sterilfiltration erfolgt anschließend mit einem konventionellen Membranfiltergerät.
Serum abfüllen und einfrieren, nachdem Proben für die Testung abgenommen worden sind (s. Kap. 8.2.7).
Blutkuchens können kleinere Volumina an Serum zentrifugiert (5000-10000 g) und dann durch eine wiederverwendbare Filtereinheit (47 oder 90 mm, mit Glasfaser- und Membranfiltern der Porenweiten von 5,1,2 und Gewinnung kleiner Serummengen 0,45 um) filtriert werden, wie oben beschrieben. Die SteBenötigt man nur geringe Mengen an Serum ( < 1 1), rilfiltration erfolgt anschließend durch ein steriles 0,2dann ist das Vorgehen ähnlich. Nach der Retraktion des Hm-Einmalfilter (47 mm).
108
8 Vorbereitung und Sterilisation
Sehr kleine Serummengen (10-20 ml) werden bei 10000 g zentrifugiert und dann direkt durch ein oder mehrere 0,2-(im-Einmalfilter (25 mm) gedrückt. Auch Spritzenvorsatzfilter mit den gebräuchlichen Porenweiten (z. B. Millex, Millipore) sind im Handel erhältlich. Lagerung Das Serum sollte in Portionen abgefüllt werden, die sich innerhalb von 2 - 3 Wochen nach dem Auftauen verbrauchen lassen. Es muß so schnell wie möglich gefrieren und darf nach dem Auftauen nicht nochmals eingefroren werden, außer für eine weitere langfristige Lagerung. Serum sollte, wenn es bei — 20 °C aufbewahrt wird, möglichst innerhalb von 6 - 1 2 Monaten nach der Herstellung verbraucht werden. Langzeitaufbewahrung bei — 70 °C ist zwar möglich, im Hinblick auf den Umfang einer hergestellten Serumcharge aber meist nicht nötig. Polycarbonat- oder Polypropylenflaschen vermindern die Bruchgefahr bei — 70 °C. Unabhängig von der Temperatur des Tiefkühlschrankes und der Art der Flaschen dürfen diese wegen der außerordentlich hohen Ausdehnung des Wassers bei Gefrieren niemals randvoll gefüllt werden. Serumtestung Die Qualitätskontrolle erfolgt nach den gleichen Verfahren wie für die Testung von Medium angegeben (s. Kap. 8.2.7). Dialyse von Serum Für bestimmte Untersuchungen muß das Serum frei von niedermolekularen Bestandteilen (wie z. B. Aminosäuren, Glucose, Nucleosiden) sein. Diese Substanzen können durch Dialyse in den gebräuchlichen Dialyseschläuchen entfernt werden.
Materialien - Dialyseschlauch - Becherglas mit destilliertem Wasser - Bunsenbrenner - Dreifuß mit Drahtnetz - zu dialysierendes Serum - H B S S (auf 4°C gekühlt) - Magnetrührstab und Rührwerk - Meßzylinder - Sterilfilterkombination mit 0,2-, 0,45-, 1,2-, 5-(xmMembranfiltern und Glasfaservorfilter - sterile Flaschen mit Schraubkappen. Arbeitsvorschrift 1. Fünf Dialyseschläuche, 30 mm x 500 mm, dreimal in destilliertem Wasser auskochen. 2. In HBSS einlegen und abkühlen lassen. 3. Jeweils ein Schlauchende doppelt abbinden oder knoten. 4. Jeden Schlauch mit Serum zur Hälfte füllen (200 ml). 5. Luft aus dem oberen Schlauchteil ausdrücken, den Schlauch oben abbinden, dabei über dem Serum etwa die Hälfte der Schlauchlänge belassen. 6. Schläuche in 51 HBSS einhängen und über Nacht bei 4°C mit einem Magnetrührer rühren. 7. HBSS wechseln und die gesamte Prozedur zweimal wiederholen. 8. Das dialysierte Serum in einem Meßzylinder sammeln und das Volumen abmessen. Ist es verringert, wird mit HBSS auf das Ausgangsvolumen aufgefüllt. Eine eventuelle Zunahme ist später beim Zusatz zum Medium zu berücksichtigen. 9. Durch die oben beschriebene Filterkombination sterilfiltrieren. 10. Abfüllen und Einfrieren.
9 Gewebedissoziation und Primärkultur
Eine Primärzellkultur entsteht, wenn aus Gewebefragmenten auswandernde oder durch mechanische oder enzymatische Dissoziation von Geweben gewonnene Zellen sich an geeigneten Substraten anheften. Es scheint für die Mehrzahl der normalen, nichttransformierten Zellen (mit Ausnahme hämatopoetischer Zellen) notwendig zu sein, sich auf einer glatten Oberfläche festzusetzen, um überleben und mit maximaler Effizienz proliferieren zu können. Demgegenüber sind Tumorzellen, besonders von tierischen Transplantationstumoren, häufig in der Lage, in Suspension zu wachsen. Die am häufigsten zur Dissoziation benutzten Enzyme sind Rohpräparate von Trypsin, Collagenase, Ekstase, Hyaluronidase, DNase, Pronase, Dispase oder verschiedene Kombinationen. Trypsin oder Pronase sind am effektivsten, können aber die Zellen schädigen. Collagenase und Dispase lösen die Gewebe unvollständiger auf, schädigen aber weniger. Hyaluronidase kann in Verbindung mit Collagenase zum Abbau der intrazellulären Matrix benutzt werden. DNase verwendet man zur Hydrolyse der von lysierten Zellen freigesetzten DNA, da diese die Proteolyse beeinträchtigt und die Reaggregation fördert. Obwohl für jedes Gewebe unterschiedliche Bedingungen anzuwenden sind, haben einige Anforderungen allgemeine Gültigkeif. - Fett und nekrotisches Gewebe sind schon während der Zerkleinerung zu entfernen. - Das Gewebe sollte sehr fein zerteilt, die Schädigung jedoch minimal gehalten werden. - Für die Dissoziation verwendete Enzyme werden anschließend durch schwache Zentrifugation entfernt. - Die Zellkonzentration in der Primärkultur muß viel höher sein als für normale Subkulturen, da meist nur ein geringer Zellanteil die Primärkultur überlebt. - Ein reiches Medium, wie z.B. Ham's F10 oder F12, ist einem einfachen Basalmedium, wie z.B. Eagle's BME, vorzuziehen; falls Serumzusatz erforderlich ist, fördert fetales Rinderserum das Überleben oft besser als Kälber- oder Pferdeserum. Die Isolierung spezifischer Zelltypen kann selektive Medien erfordern (s. Kap. 20). - Embryonale Gewebe disaggregieren leichter, ergeben mehr lebensfähige Zellen und proliferieren schneller in Primärkultur als adulte Gewebe.
9.1 Isolierung des Gewebes Vor der Arbeit mit menschlichem oder tierischem Gewebe ist sicherzustellen, daß die Arbeit nicht gegen die medizinische Ethik oder die bestehenden Tierschutzgesetze verstößt. Nouvellierungen in der Gesetzgebung Großbritanniens besagen, daß die Verwendung von Embryonen oder Feten aus der zweiten Hälfte der Schwangerschaft oder die Inkubation von Embryonen den Bestimmungen der „Animal Experiments (Scientific Procedures) Act" von 1986 entsprechen muß. Der Ort der Gewebeentnahme sollte mit 70%igem Alkohol sterilisiert werden. Das Gewebe ist aseptisch zu entnehmen und in BSS oder Medium so schnell wie möglich in das Zellkulturlabor zu bringen. Bei unvermeidlichen Verzögerungen wird das Material gekühlt. (Aus gekühlten Geweben können noch nach Tagen vitale Zellen gewonnen werden.)
9.1.1
Mäuseembryonen
Prinzip der Methode Aseptische Entnahme des Uterus einer trächtigen Maus und Präparation der Embryonen. Materialien - Alkohol (70 %ig) in einer Waschflasche - Bunsenbrenner - Alkohol (70 %ig) zur Sterilisation der Instrumente - sterile BSS in sterilem 50-ml-Becherglas zum Abkühlen der Instrumente - HBSS (evtl. mit Antibiotika) in 9-cm-Petrischalen - trächtige Mäuse in definierter Gestationsphase. Arbeitsvorschrift 1. Werden getrennt gehaltene männliche und weibliche Tiere zur Paarung vereint, wird der Östrus in den Weibchen 3 d später induziert, dann erfolgt auch die maximale Zahl erfolgreicher Paarungen. Dies ermöglicht die geplante Produktion von Embryonen zur entsprechenden Zeit. Der Zeitpunkt einer erfolgreichen Paarung kann durch morgendliche Untersuchung der Vagina bestimmt werden. Das „Pfropfdatum" (Zeitpunkt des Auftretens eines zähen Schleimpfropfens) gilt als Tag Null, von
110
9 Gewebedissoziation und Primärkultur
dem an die Entwicklung der Embryonen berechnet wird. Die volle Entwicklungszeit beträgt etwa 19-21 d. Das optimale Alter für das Anlegen von Kulturen zerlegter Embryonen liegt bei 13 d, wenn der Embryo relativ groß ist (Abb. 9.1 und 9.2), aber noch einen hohen Anteil undifferenzierten Mesenchyms enthält. Der größte Teil der Zellen in den Kulturen leitet sich von diesem Mesenchym ab. Die meisten Organe, mit Ausnahme von Gehirn und Herz, beginnen sich etwa am 9. Trächtigkeitstag auszubilden, sind aber bis zum 11. d nur schwer zu isolieren. Die Sektion wird am 13.-14. d leichter. Die Mehrzahl der Organe ist am 18. d vollständig ausgebildet. 2. Maus durch zervikale Dislokation töten und auf der Bauchseite ausgiebig mit 70%igem Alkohol abwischen. Bauchhaut quer zur Medianlinie über dem Diaphragma einreißen, Haut zu beiden Seiten des Risses ergreifen und in entgegengesetzte Richtungen ziehen, um die Bauchdecke (nicht berühren!) freizulegen (Abb. 9.3 a-c). 3. Mit sterilen Scheren entlang der Medianlinie aufschneiden, um die Eingeweide freizulegen, die mit Embryonen gefüllten Uterushörner herausschnei-
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13
14
15 16 17 18 G e s t a t i o n s d a u e r (d)
19
20
21
Abb. 9.1 Feuchtmasse und Zellausbeute pro Mäuseembryo (Mittelwerte + Standardabweichung) (aus Paul et al. 1969). Die Feuchtmasse/Embryo (ohne Plazenta und Fruchthäute) wird durch die ausgezogene Kurve, die Zellzahl/Embryo durch die gestrichelten Kurven dargestellt. Kreise: Zellausbeute/Embryo nach 4 h Einwirkung von 0,25 %igem Trypsin bei 36,5 °C Dreiecke: Zellausbeute/Embryo nach 5 h in 0,25 %igem Trypsin bei 4°C und 30 min bei 36,5 °C.
Abb. 9.2 Mäuseembryonen vom 12., 13. und 14. Trächtigkeitstag. Der 12-Tage-Embryo (unten) stammt von einem kleinen Wurf (3 Feten) und ist größer als normalerweise in diesem Stadium. Maßstab: Der Abstand zwischen den Markierungen entspricht 10 mm.
den und in 9-cm-Petrischalen mit 10-20 ml BSS geben (Abb. 9.3d-f). Besteht ein hohes Infektionsrisiko, können zur BSS Antibiotika zugesetzt werden (s. Kap. 24).
9.1 Isolierung des Gewebes Alle bisher beschriebenen Schritte müssen außerhalb des Gewebekulturlabors erfolgen; eine kleine Laminarbox und schnelles Arbeiten tragen zur Erhaltung der Sterilität bei. Lebende Tiere müssen vom Gewebekulturlabor ferngehalten werden, sie können Keime hineintragen! Muß der Kadaver im Gewebekulturbereich bearbeitet werden, sollte er kurz in Alkohol getaucht oder gründlich abgewischt und nach Aufarbeitung schnell beseitigt werden. 4. Intakte Uteri in das Gewebekulturlabor bringen und in eine frische Schale mit steriler BSS überführen. 5. Die Präparation der Embryonen erfolgt durch Aufreißen des Uterus mit zwei sterilen Pinzetten (Abb. 9.3 g, h), deren Spitzen dabei dicht zusammenzuhalten sind, um ein Verdrehen des Uterus und damit zu viel Druck auf die Embryonen zu vermeiden. Nach dem Aufreißen des Uterus werden die Embryonen von Membranen (Abb. 9.3i) und der Plazenta befreit, zum Entbluten auf eine Seite der Schale gelegt und dann in eine neue Schale überführt. Benötigt man eine große Zahl von Embryonen (von mehr als vier oder fünf Würfen), wird die letzte Schale auf Eis gestellt (zur nachfolgenden Zerlegung und Kultivierung siehe u.; Abb. 9.3 j).
9.1.2 Hühnerembryonen
Prinzip der Methode Embryo aus dem Ei entnehmen und in eine Schale übertragen. Materialien - Alkohol (70 %ig) - Tupfer - kleine Bechergläser (20-50 ml) - Pinzetten (gerade und gebogen) - 9-cm-Petrischalen - DBSS (BSS ohne Ca 2 + und Mg 2 + ) - 11 d bebrütete Eier - befeuchteter Brutschrank. Arbeitsvorschrift 1. Eier bei 38,5 °C in feuchter Atmosphäre inkubieren und täglich um 180° wenden. Obwohl Hühnereier nach 20-21 d ausgebrütet sind, unterscheidet sich die Dauer der Entwicklungsstadien von denen der Maus. Zur Kultivierung dispergierter Zellen vom ganzen Embryo sollte das Ei nach etwa 8 d, für Zellen von isolierten Organanlagen nach etwa 10-13 d Inkubation benutzt werden. 2. Ei mit 70 %igem Alkohol abwischen (Abb. 9.4a)
3.
4.
5.
6.
111
und mit dem stumpfen Ende nach oben in einen kleinen Becher stellen. Mit sterilen Pinzetten wird die Eischale oben aufgebrochen und bis zum Rand des Luftsackes abgetragen (Abb. 9.4 b). Pinzetten resterilisieren (in einen Becher mit Alkohol tauchen, Alkohol abbrennen und in steriler BSS abkühlen); weiße Schalenmembran entfernen, um die Chorioallantoismembran (CAM) mit ihren Blutgefäßen freizulegen (Abb. 9.4c, d). Die CAM mit sterilen gebogenen Pinzetten durchbohren, den Embryo vorsichtig unter dem Kopf greifen und herausziehen. Pinzette nicht vollständig schließen, um das Genick nicht zu durchtrennen (Abb. 9.4e-g). Embryo in eine 9-cm-Petrischale mit 20 ml DBSS transferieren (zur weiteren Zerlegung und Kultivierung, s.u.).
9.1.3 Menschliches Biopsiematerial
Die Handhabung menschlichen Biopsiematerials bringt gewisse Probleme mit sich, die bei tierischem Gewebe nicht auftreten. Im allgemeinen ist die Zustimmung des Ethik-Komitees der Klinik, des behandelnden Arztes oder Chirurgen und des Patienten oder seiner Verwandten nötig. Des weiteren wird Biopsiematerial gewöhnlich für diagnostische Zwecke gebraucht; die Ansprüche des Pathologen müssen daher vorrangig berücksichtigt werden. Bei größeren chirurgischen Resektionen oder nichtpathologischem Gewebe (z. B. Plazenta oder Nabelschnur) bestehen derartige Probleme nicht. Oft stimmen Operationstermine und Möglichkeiten des Gewebekulturlabors nicht überein, so daß das Sammeln und Lagern des Materials organisiert werden muß. Ist die Anlieferung in das Labor arrangiert, muß die Entgegennahme der Proben, das Registrieren von Informationen und die Bereitschaft des Personals im Gewebekulturlabor abgesichert werden, da sonst wertvolles Material verlorengehen oder verderben kann. Beachte: Biopsiematerial kann infektiös sein (siehe Kap. 6.4) und sollte in einer Sicherheitsbox (Klasse II) verarbeitet werden. Alle Medien und Geräte sind nach Benutzung durch Autoklavieren oder Einlegen in Desinfektionslösung zu desinfizieren (s. Kap. 6.4). Wenn möglich, ist das Gewebe auf Infektionen, wie Hepatitis, AIDS, Tuberkulose usw., zu untersuchen, wenn nicht bereits der Patient getestet wurde. Prinzip der Methode Beschriftete Behälter mit Medium bereitstellen, Absprachen mit dem Klinikpersonal treffen und Material vom Operationssaal oder Pathologen abholen.
112
9 Gewebedissoziation und Primärkultur
Materialien - Proberöhrchen (15-30 ml) mit dichten Verschlüssen, etwa zur Hälfte mit Kulturmedium und Antibiotika (s. Kap. 24) gefüllt und mit Name, Adresse und Telefonnummer des zuständigen Mitarbeiters versehen. Arbeitsvorschrift 1. Ein deutlich beschriftetes Gefäß mit Medium bereitstellen und veranlassen, daß das Material entweder nach der Operation abgeholt oder, falls Name, Adresse und Telefonnummer hinterlassen wurden, unmittelbar zugesandt wird und eine schnelle Benachrichtigung über die Absendung erfolgt. 2. Proben in das Gewebekulturlabor bringen. Biopsiematerial, das bei 4°C aufbewahrt wird, überlebt bis zu 3 oder 4 d, mindestens aber 24 h. Je länger die Zeit von der Operation bis zur Kultivierung dauert, umso mehr wird das Material geschädigt. 3. Dekontaminierung: Vor Hautbiopsien wird mit Desinfektionsmitteln gewaschen, vor Darmoperationen oral mit Antibiotika behandelt. Operationsmaterial ist zwar bei der Entnahme zumeist steril, dennoch können beim nachfolgenden Umgang Probleme entstehen. Proben von der Körperoberfläche (Hautbiopsien, Melanome usw.) oder des Gastrointestinaltraktes (Kolon, Rektum) neigen besonders zur Infektion. Empfehlenswert ist, sich bei einem medizinischen Mikrobiologen über die in einem Gewebe zu erwartende Mikroflora zu informieren, um die entsprechenden Antibiotika einzusetzen. Wenn die Operationsprobe groß genug ist (200 mg oder mehr), kann ein kurzes Eintauchen (30 s - 1 min) in 70%igen Alkohol die oberflächliche Kontamination reduzieren, ohne das Innere der Gewebeprobe zu schädigen.
9.2.1 Kultur von Primärexplantaten
Bei dieser von Harrison (1907), Carrel (1912) und anderen entwickelten Originalmethode zur Initiierung einer Gewebekultur wird ein Gewebestück in einer Mischung aus Blutplasma oder Lymphe, Embryonalextrakt und Serum auf einen Objektträger oder ein Deckglas plaziert und dort durch das gerinnende Plasma fixiert. Embryonalextrakt und Serum liefern Nährstoffe und stimulieren das Auswandern von Zellen aus dem Explantat auf das feste Substrat. Um das Gerinnen des Plasmas zu fördern, verwendet man heterologes Serum. Die Technik wird zwar noch benutzt, ist aber weitgehend durch
9.2 Primärkulturen
113
Abb. 9.3 Aseptische Entnahme von Mäuseembryonen für Primärkulturen, a) Abwischen des Abdomens, b, c) Aufreißen des Felles zur Freilegung der Bauchhaut, d) Öffnung des Abdomens, e) Uterus in situ; f) Entnahme des Uterus, g, h) Herauspräparieren der Embryonen aus dem Uterus, i) Entfernung der Membranen, j) Zerkleinern der Embryonen.
die nachfolgend beschriebene vereinfachte Methode ersetzt worden. Prinzip der Methode Gewebe fein zerschneiden, waschen und die Stückchen in einem kleinen Volumen Medium mit hohem Serumgehalt ( 4 0 - 5 0 % ) auf die Kulturoberfläche bringen. Die Stücke werden durch die Oberflächenspannung festgehalten, bis sie spontan an der Substratoberfläche adhärieren (Abb. 9.5). Danach beginnt gewöhnlich das Auswachsen von Zellen (siehe Abb. 9.6). Materialien - Petrischalen - BSS (100 ml) - Pinzetten - Skalpelle - 10-ml-Pipetten
114
9 Gewebedissoziation u n d Primärkultur
9.2 Primärkulturen
115
Waschen durch
BSS entfernen
wenig Medium zufügen
inkubieren
2 - 3 Wochen
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auswachsende Explantate
Abb. 9.5 Gewinnung und Kultur von Primärexplantaten
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- 15- oder 20-ml-Zentrifugenröhrchen oder Universalbehälter - Kulturflaschen - Wachstumsmedium. Die Größe der Kulturflaschen und die Menge des Wachstumsmediums hängen von der vorhandenen Gewebemenge ab. Für 100 mg Gewebe werden etwa fünf 25-cm 2 -Flaschen mit anfangs 1 ml Medium/Flasche, nach 3 - 5 d bis zu 5 ml/Flasche benötigt. Arbeitsvorschrift
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4
Abb. 9.6 Primärexplantat eines menschlichen Mammakarzinoms. Der dichte Bereich im Zentrum ist ein unzerkleinertes Gewebefragment, umgeben von radial auswandernden Zellen. Ein Explantat hat die richtige Größe, wenn maximaler radialer Auswuchs erfolgt; es ist jedoch schwer, immer kleiner als 0,5 mm zu zerschneiden (Maßstab: 100 um).
1. Gewebeproben in frische sterile BSS legen und waschen. 2. Material in eine zweite Schale übertragen, von unerwünschtem Gewebe, wie Fett oder nekrotischem Material, befreien und mit gekreuzten Skalpellen fein zerkleinern zu ca. 1 mm 3 großen Bröckchen (s. Abb. 9.5). 3. Die Stückchen mit einer Pipette in ein steriles 15oder 20-ml-Zentrifugenröhrchen oder einen Universalbehälter überführen und absetzen lassen
116
9 Gewebedissoziation und Primärkultur
4.
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7.
8. 9.
10.
11.
(Innenseite der Pipette vorher befeuchten, sonst kleben die Stückchen an). Die Stücke zwei- bis dreimal durch Resuspension in BSS waschen, absetzen lassen und überstehende Flüssigkeit entfernen. Stückchen (mit angefeuchteter Pipette) in eine Kulturflasche überführen (ca. 20-30 Stücke pro 25-cm2-Flasche). Den größten Teil der Flüssigkeit entfernen und etwa 1 ml Wachstumsmedium pro 25 cm 2 Wachstumsoberfläche zufügen. Durch vorsichtiges Neigen der Flasche werden die Stücke gleichmäßig über die Wachstumsfläche verteilt. Flasche verschließen und für 18-24 h in einen Brutschrank oder Brutraum von 36,5 °C stellen. Haben sich die Stücke angeheftet, wird das Volumen des Mediums in den nächsten 3 - 5 d graduell auf 5 ml/25 cm 2 erhöht und dann wöchentlich gewechselt, bis ein stärkeres Auswachsen von Zellen zu beobachten ist (s. Abb. 9.6). Das Explantat kann dann mit einem Skalpell aus der umgebenden Schicht der ausgewachsenen Zellen herausgehoben und mit einer angefeuchteten Pipette in ein neues Kulturgefäß übertragen werden (Wiederholung der Arbeitsvorschrift ab Schritt 7). Inkubation und Mediumwechsel werden so lange fortgesetzt, bis die ausgewachsenen Zellen etwa 50 % der Oberfläche bedecken; dann können die Zellen passagiert werden (s. Kap. 10.2.5).
Diese Technik ist besonders geeignet für kleine Gewebemengen, wie Hautbiopsien, bei denen das Risiko besteht, weitere Zellen während der mechanischen oder enzymatischen Dissoziation zu verlieren. Ihr Nachteil besteht in der geringen Neigung mancher Gewebe, sich anzuheften, und der Selektion der auswachsenden Zellen. In der Praxis jedoch wandern die meisten Zellarten (Fibroblasten, Myoblasten, Glia, Epithel) besonders von Embryonen erfolgreich aus. Sowohl die Anheftung wie das Auswandern können durch Plasmagerinnsel stimuliert werden: - Die Gewebestückchen in der Kulturflasche wie vorstehend beschrieben (Schritt 7) verteilen. - 2 Teile Hühnerplasma mit 1 Teil Hühnerembryonalextrakt und 1 Teil fetalem Rinderserum mischen und sofort vorsichtig über die Gewebestücke pipettieren, diese dabei gleichmäßig auf der Oberfläche verteilen. - Gerinnen lassen und bei 37 °C inkubieren (weitere Details s. Paul 1975). Alternativ kann ein Deckglas auf das Explantat gelegt werden, wobei das Explantat nahe dem Rand des Deckglases liegen sollte. Plastikpetrischalen können zur Ver-
besserung der Anheftung des Gewebes angekratzt werden. 9.2.2 Enzymatische Gewebedissoziation
Mechanische und enzymatische Auftrennung des Gewebes vermeidet eine eventuelle Selektion durch Migration. Vielleicht noch wichtiger ist aber, daß eine größere und für das gesamte Gewebe repräsentative Zahl von Zellen in einer kürzeren Zeit gewonnen wird. Während die Primärexplantat-Technik auf der Basis der Zellmigration selektiert, werden bei Dissoziationsmethoden Zellen selektiert, die resistent gegen die Art der Vereinzelung und danach noch zur Anheftung fähig sind. Embryonale Gewebe lassen sich leichter zerteilen und ergeben eine größere Menge proliferierender Zellen als Gewebe von Neugeborenen oder Adulten. Die zunehmende Schwierigkeit, mit steigendem Alter lebensfähige proliferierende Zellen zu erhalten, ist durch mehrere Faktoren, wie Einsetzen der Differenzierung, Erhöhung des Anteils an fibrösem Bindegewebe und extrazellulärer Matrix und Reduktion des undifferenzierten proliferierenden Zellpools bedingt. Wo aggressivere Prozeduren zur Desintegration des Gewebes erforderlich sind, z.B. längeres Trypsinieren oder stärkeres Schütteln, können die empfindlicheren Komponenten des Gewebes zerstört werden. Bei fibrösen Tumoren z. B. ist es sehr schwierig, vollständige Dissoziation mit Trypsin zu erreichen und gleichzeitig noch lebensfähige Tumorzellen zu erhalten. Rohtrypsin ist das bei weitem gebräuchlichste Enzym bei der Gewebedissoziation (Waymouth 1974), da es von vielen Zellen hinreichend toleriert wird und bei vielen Geweben wirksam ist. Restaktivität, die auch nach dem Waschen verbleibt, wird durch das Serum im Kulturmedium neutralisiert. Bei Verwendung serumfreien Mediums muß ein Trypsinhemmer (z.B. Sojabohnentrypsininhibitor, Sigma) eingesetzt werden. Es ist wichtig, die Zeit, in der Zellen aktivem Trypsin ausgesetzt sind, so kurz wie möglich zu halten, um maximale Lebensfähigkeit zu bewahren. Deshalb sollten beim Trypsinieren ganzer Gewebe bei 36,5 °C die dissoziierten Zellen jede halbe Stunde gesammelt und das Trypsin durch Zentrifugation der Zellen entfernt und durch Zugabe von serumhaltigem Medium neutralisiert werden. Durchtränken des Gewebes mit Trypsin bei 4°C für 6-18 h (s. Kap. 9.2.4) erlaubt eine Penetration mit minimaler Trypsinaktivität, und die Desintegration kann dann bei 37 °C in einer viel kürzeren Zeit (20-30 min) fortgesetzt werden (Cole und Paul 1966). Obwohl die kalte Trypsinierung (s. Abb. 9.7) größere Mengen lebensfähiger Zellen ergibt und weniger aufwendig ist, wird die Trypsinierung bei höherer Temperatur häufiger angewendet. Sie wird hier zum Vergleich vorgestellt.
9.2 Primärkulturen
Gewebeprobe
n IV
'
zu Stücken von 2 - 3 mm zerkleinern
falls erforderlich ^ y zusätzlicher Waschschritt
[
117
n
warme Trypsinierung
Stücke in konische 250-ml-Flaschen überführen, 100 ml Trypsin zufügen und 4 h rühren
kalte Trypsinierung
alle 30 min absetzen lassen
in 25-mlGlasfläschchen überführen
r n
Medium entfernen und auf Eis stellen
ö Trypsin entfernen und zentrifugieren
frisches Trypsin zu den Stücken geben und Inkubation fortsetzen
1 0 6 Zellen/ml < 105 Zellen/cm 2 ) > 105 Zellen/cm 2 )
Kontrollmerkmale
Generationszahl, In-vivo-Marker
gering hoch
stammspezifisehe Merkmale
de der Medienwechsel und Subkultivierungen variieren von einer Zellinie zur anderen in Abhängigkeit von der Wachstums- und Stoffwechselrate. Schnell wachsende Zellinien wie HeLa werden meist einmal pro Woche subkultiviert, der Mediumwechsel erfolgt 4 Tage später. Langsamer wachsende Zellen brauchen nur alle 2, 3 oder sogar 4 Wochen subkultiviert zu werden, das Medium wird wöchentlich zwischen den Subkultivierungen gewechselt (bezüglich einer detaillierten Diskussion des Wachstumszyklus (s. Kap. 10.5)
10.2.1
Mediumwechsel
Vier Faktoren zeigen die Notwendigkeit sel des Kulturmediums an:
für einen Wech-
Abfall des pH-Wertes. Zu beachten sind der Grad der Veränderung und der Absolutwert des pH. Die meisten
131
Zellen stoppen ihr Wachstum, wenn der p H von 7,0 auf 6,5 fallt und verlieren ihre Lebensfähigkeit zwischen p H 6,5 und und 6,0, so daß das Medium gewechselt werden sollte, wenn die Farbe von rot über orange in gelb übergeht. Eine Bestimmung der Geschwindigkeit der pHVeränderung ist zu empfehlen. Eine Kultur, deren pHWert täglich um 0,1 Einheiten fällt, wird nicht geschädigt, wenn das Füttern ein oder zwei Tage hinausgeschoben wird, wogegen eine Kultur mit einem Abfall von 0,4 pH-Einheiten pro Tag nach 2 4 - 4 8 h gefüttert werden m u ß und nicht über das Wochenende stehengelassen werden darf. Zellkonzentration. Kulturen hoher Zelldichte verbrauchen das Medium schneller als bei niedriger Zellkonzentration. Das zeigt sich gewöhnlich, aber nicht immer, in der pH-Änderung. Zelltyp. Normalzellen (z.B. diploide Fibroblasten) stoppen die Teilung gewöhnlich bei hoher Zelldichte (Dichtebegrenzung des Wachstums, s. Kap. 15.2.2) infolge Erschöpfung von Wachstums- und anderen Faktoren im Medium. Die Zellen blockieren in der G l - P h a s e des Zellzyklus und degenerieren auch im Verlauf von 2 - 3 Wochen nur wenig. Transformierte Zellen, kontinuierliche Zellinien und einige embryonale Zellen degenerieren jedoch bei hoher Zelldichte sehr schnell, wenn das Medium nicht täglich gewechselt oder subkultiviert wird. Zellmorphologie. Beim Kontrollieren einer Kultur in der Routinehaltung ist stets auf Zeichen morphologischer Degeneration zu achten. Granulatbildung in der Umgebung des Zellkerns, Vakuolisierung des Zytoplasmas und Abrunden der Zellen mit Ablösung vom Substrat (Abb. 10.1) kann auf die Notwendigkeit eines Mediumwechsels oder auf ein ernsteres Problem hinweisen, z. B. auf inadäquates oder toxisches Medium oder Serum, mikrobiologische Kontamination oder Altern der Zellinie. Während der Routinehaltung sollten Mediumwechsel oder Subkultivierungsfrequenz solche Störungen verhindern.
10.2.2 Volumen, Mediumtiefe und Oberfläche Das übliche Verhältnis zwischen Volumen und Oberfläche des Mediums liegt bei 0 , 2 - 0 , 5 ml/cm 2 . Die obere Grenze ist durch die Diffusion der Gase durch die Flüssigkeitsschicht gesetzt; das Optimum hängt vom Sauerstoffbedürfnis der Zellen ab. Zellen mit hohem Sauerstoffbedürfnis wachsen besser unter einer flachen Mediumschicht (2 mm), solche mit geringem Bedarf besser in einer höheren Schicht (5 mm). Ist die Flüssigkeitsschicht höher als 5 mm, kann die Gasdiffusion limitie-
132
10 Haltung der Kulturen - Zellinien
•
-
w
m
v
*
Abb. 10.1 Degenerationsmerkmale einer Kultur. Das Zytoplasma der Zellen ist vakuolisiert und besonders in der Umge-
Gasraum, kann w e n n nötig mit C 0 2 beschickt werden
breiter Rührstab verbreiterte Polystyrenplatte
1-1-
Flasche
300 ml Zellsuspension in Medium
Magnetrührer (60 U / m i n )
Abb. 10.2 Einfache Rührvorrichtung für Suspensionskulturen. Eine Polystyrenplatte (dunkel schraffierter Bereich unter der Flasche) zwischen Flasche und Magnetrührer vermeidet das Aufheizen der Kultur durch den Rührmotor.
rend wirken. In Monolayerkulturen kann dies durch Rollen der Flaschen oder Perfusion der Kultur mit Medium und Gasaustausch über ein Zwischenreservoir umgangen werden (s. Kap. 23.1). Ist in Suspensionskul-
bung des Zellkerns granulär. Die Zellen werden an den Rändern refraktär, wenn die Ausbreitung gehemmt ist.
turen eine höhere Mediumschicht erforderlich, sollte mit einem Stabmagneten gerührt werden (Abb. 10.2, s. Kap. 23.1). Zur Verhinderung von Schaumbildung muß die Mediumschicht von Rührkulturen mindestens 5 cm hoch sein. Für Mediumschichten zwischen 5 mm und 5 cm verwendet man Rollerflaschen (s. Tab. 7.1).
10.2.3
Erhaltungsmedium
Ein Erhaltungsmedium kann verwendet werden, wenn die Stimulation der Mitose, die gewöhnlich mit einem Mediumwechsel selbst bei hohen Zelldichten verbunden ist, unerwünscht ist. Erhaltungsmedien sind meist reguläre Medien, in denen der Serumgehalt auf 1 oder 2 % reduziert ist oder das Serum ganz weggelassen wird. Ein derartiges Medium stimuliert bei den meisten untransformierten Zellen die Mitose nicht, es sei, d a ß schon vorher mit einem speziellen serumfreien Medium gearbeitet wurde (s. Kap. 7.3.4). Bei transformierten Zellen läßt sich dieses Verfahren nicht anwenden. D a sie auf normale Weise nicht in der Gl-Phase arretiert werden, teilen sie sich entweder weiter oder degenerieren. Erhaltungsmedien werden auch benutzt, um Zellinien mit endlicher Lebensspanne zu erhalten, ohne deren begrenzte Anzahl von Zellgenerationen aufzubrauchen (s.
10.2 Routinemethoden Kap. 2.4). Reduktion des Serumgehaltes und die Einstellung der Zellproliferation fördern bei einigen Zellarten auch die Expression differenzierter Phänotypen (Maltese und Volpe 1979; Schousboe et al. 1979). Ein Medium, das für die Sammlung von Biopsiematerial benutzt wird, kann auch als „Erhaltungsmedium" bezeichnet werden.
10.2.4 Mediumwechsel oder „Füttern" einer Kultur Prinzip der Methode Die Kultur wird unter einem Umkehrmikroskop geprüft. Wenn erforderlich, ist das alte Medium zu entfernen und durch frisches zu ersetzen. Danach wird die Kultur in den Inkubator zurückgestellt.
133
2. Die zuvor beschriebenen Kriterien (pH, Zelldichte oder -konzentration) werden kontrolliert; in Kenntnis des Verhaltens der Kultur entscheiden, ob das Medium zu erneuern ist oder nicht. Gegebenenfalls wie folgt verfahren. 3. Am sterilen Arbeitsplatz Medium entfernen und verwerfen (s. Kap. 5.8). 4. Das gleiche Volumen frischen Mediums zufügen. Das Medium sollte auf 36,5 °C vorgewärmt sein, um zu vermeiden, daß eine Hemmung im Zellwachstum eintritt. 5. Kultur in den Inkubator zurückstellen. Beachte: Hat eine Kultur eine geringe Dichte und wächst nur langsam, kann „Halbfüttern" günstiger sein. In diesem Fall entfernt man nur die Hälfte des Mediums (Schritt 3) und ersetzt analog Schritt 4 durch frisches Medium.
Materialien - Pipetten (steril) - Medium (steril).
10.2.5 Subkultivierung
Arbeitsvorschrift 1. Kultur sorgfältig auf Zeichen von Kontamination oder Degeneration prüfen (s. Abb. 16.1 und 10.1).
Das Wachstum von Zellen in Kultur folgt im allgemeinen der in Abbildung 10.3 dargestellten Kurve. Einer Phase der Anpassung (lag-Phase) nach dem Einsäen
Plateau
Abb. 10.3 Schematische Wachstumskurve einer kontinuierlichen Zellinie (z. B. HeLa) und einer Zellinie mit begrenztem Wachstum (normale fetale Lungenfibroblasten, NFL). Die
durchgezogene Linie zeigt das Wachstum der HeLa-Zellen, die gestrichelte Linie das der NFL-Zellen; D.T. = Verdopplungszeit.
134
10 Haltung der Kulturen - Zellinien
Tabelle 10.4 Methoden zur Zelldissoziation für Subkultivierung und Zählung (geordnet nach zunehmender Aggressivität) Methode
Anwendung
1. Abschütteln
mitotische oder andere locker sitzende Zellen
2. Trypsin1 in PBS (0,01-0,5% je nach Erfordernis; meist 0,25%, 5-15 min)
Mehrzahl der kontinuierlichen Zellinien
3. Vorwaschen mit PBS oder CMF, dann 0,25% Trypsin1 in PBS oder KochsalzCitrat
einige stark adhärente kontinuierliche Zellinien und viele Zellinien in frühen Passagen
4. Vorwaschen mit 1 mM EDTA in PBS oder CMF, dann 0,25% Trypsin1 in Citrat
einige stark adhärente Zellinien in frühen Passagen
5. Vor waschen und Waepitheliale Zellen, obwohl einige schen mit 1 mM EDTA, empfindlich gegen EDTA sein dann Einwirkung von können EDTA (1 ml/5 cm 2 ) 6. Vorwaschen mit EDTA, dann 0,25% Trypsin1 und 1 mM EDTA
stark adhärente Zellen, besonders epitheliale und einige Tumorzellen (EDTA kann für einige Zellarten toxisch sein)
7. Vorwäschen mit 1 mM EDTA, dann 0,25% Trypsin1 und Collagenase1 (200 IE/ml PBS) oder Kochsalz-Citrat oder EDTA/PBS
dichte oder mehrschichtige Kulturen, speziell collagenproduzierende dichte Kulturen
8. Abschaben
alle Kulturen, Behandlung kann aber mechanische Schäden verursachen und ergibt keine Einzelzellsuspension
9. Zugabe von Dispase (0,1-1,0 mg/ml) oder Pronase (0,11,0 mg/ml) zum Medium und Inkubation, bis die Zellen sich ablösen
löst die meisten Zellen ab, erfordert aber Zentrifugation zur Abtrennung der Enzyme, die vom Serum nicht inaktiviert werden, kann für einige Zellarten schädlich sein
1
Verdauungsenzyme sind in verschiedenen Reinheitsgraden erhältlich (Difco, Worthington, Boehringer Mannheim, Sigma). Rohpräparate, z. B. Difco Trypsin 1:250 oder Worthington CLS Collagenase, enthalten andere Proteasen, die nützlich für die Dissoziation einiger Zellarten, aber toxisch für andere sein können. Die Behandlung sollte mit einem Rohpräparat beginnen und wenn nötig zu höheren Reinheitsstufen übergehen. Bei höheren Reinheitsgraden werden oft niedrigere Konzentrationen (mg/ml) benutzt, da die spezifischen Aktivitäten (Enzymeinheiten/g) höher liegen. Der Einsatz von gereinigtem Trypsin bei 4 °C wird für Zellen, die bei niedriger Serumkonzentration oder serumfrei wachsen, empfohlen (McKeehan 1977) und scheint allgemein reproduzierbarer zu wirken. Chargentestung und Reservierung, wie für Serum, kann für manche Anwendungen notwendig sein.
folgt eine Periode exponentiellen Wachstums (log-Phase). Wenn alles verfügbare Substrat besetzt ist oder wenn die Zellkonzentration die Kapazität des Mediums übersteigt, hört das Wachstum auf oder wird stark reduziert. Dann muß entweder das Medium häufiger gewechselt oder die Kultur geteilt werden. Die übliche Praxis der Subkultivierung einer adhärenten Zellinie ist die Entfernung des Mediums und Dissoziation der Zellen im Monolayer mit Trypsin; einige weniger festsitzende Zellen (z. B. HeLa-S 3 ) können in der Flasche abgeschüttelt und durch entsprechende Verdünnung in Flaschen mit frischem Medium subkultiviert werden. Einige Zellmonolayer lassen sich nicht mit Trypsin ablösen. In diesen Fällen müssen andere Proteasen, wie Pronase, Dispase oder Collagenase, eingesetzt werden (Tab. 10.4) (Foley und Aftonomos 1973). Das Haften von Zellen aneinander und an Kultursubstraten wird durch Glycoproteine der Zelloberfläche sowie C a 2 + - und Mg 2 + -Ionen bewirkt. Andere Proteine, die von den Zellen selbst oder aus dem Serum stammen und an die Zelloberfläche und die Oberfläche des Substrates gebunden werden, fördern die Zelladhäsion. Prinzip der Methode Nach Entfernen des Mediums werden die Zellen kurz einer Trypsinlösung ausgesetzt, inkubiert und in Medium vereinzelt. Materialien - Pipetten (steril) - Medium (steril) - PBSA (steril) - Trypsin (0,25 %ig in PBSA, Kochsalz-Citrat oder EDTA; steril) - Kulturflaschen - Hämozytometer oder Zellzählgerät. Arbeitsvorschrift 1. Medium entfernen und verwerfen. 2. PBSA (5 ml/25 cm 2 ) zum Vorwaschen auf die den Zellen gegenüberliegende Seite der Flasche geben, über die Zellen rinnen lassen und verwerfen. Mit diesem Schritt werden Spuren von Serum entfernt, die die Wirkung des Trypsins hemmen würden. 3. Trypsin (3 ml/25 cm 2 ) auf die den Zellen gegenüberliegende Flaschenseite geben und Flasche umdrehen, damit die Zellschicht vollständig bedeckt ist. Nach 1 5 - 3 0 s wird das Trypsin entfernt, nachdem vorher geprüft wurde, daß sich die Zellen nicht abgelöst haben. Bei Einwirkung des Trypsins bei 4°C läßt sich dies verhindern. 4. Es wird inkubiert, bis die Zellen sich abrunden; wenn die Flasche gekippt wird, sollte der Zellrasen von der Oberfläche gleiten (meist nach 5 - 1 5 min). Zu lange Inkubation ist zu vermeiden, ebenso wie
10.2 Routinemethoden
gewaltsames Ablösen der Zellen, wodurch Verklumpung bewirkt wird. Beachte: In jedem Fall darf das dissoziierende Agens, sei es Trypsin oder EDTA, nur kurz auf den Zellen verbleiben und die Inkubation, nachdem es entfernt wurde, nur mit dem verbleibenden Rest erfolgen. Wenn Schwierigkeiten bei der Ablösung der Zellen oder in der darauffolgenden Herstellung einer Einzelzellsuspension auftreten, können alternative Methoden, wie in Tabelle 10.4 beschrieben, angewendet werden. 5. Nach Zugabe von Medium (0,1 -0,2 ml/cm 2 ) werden die Zellen durch wiederholtes Pipettieren des Mediums über den Zellrasen vereinzelt. Anschließend wird die Zellsuspension mit der Pipette dispergiert, dabei ruht die Pipettenspitze in einer Ecke der Flasche. Die erforderliche Stärke des Pipettierens variiert von einer Zellinie zur anderen, einige dispergieren leicht, andere müssen kräftiger pipettiert werden. Fast immer sind die Zellen der Gefahr einer mechanischen Schädigung durch Scherkräfte bei zu starkem Pipettieren ausgesetzt. Zellen von Primärkulturen und Kulturen früher Passagen sind besonders gefährdet, teils wegen ihrer größeren Fragilität, teils wegen ihrer Zellgröße. Es ist so lange auf- und abzupipettieren, bis alle Zellen zu einer Einzelzellsuspension verteilt sind. Gelingt dies nicht, muß ein aggressiveres Mittel zur Dissoziation verwendet werden (s. Tab. 10.4) (Toshiharu et al. 1975). Das Vorliegen einer Einzelzellsuspension bei Subkultivierung ist wünschenswert im Hinblick auf eine präzise Zellzählung und Einheitlichkeit des Wachstums nach der Neueinsaat und notwendig für die quantitative Bestimmung der Zellproliferation, der Plattiereffizienz und die Isolierung von Klonen aus Einzelzellen. 6. Zellzahl mit einem Hämozytometer oder einem elektronischen Teilchenzähler bestimmen (siehe Kap. 18.1). 7. Die einzusäende Zellkonzentration wird entweder durch Zugabe des entsprechenden Volumens der Zellsuspension zu einem abgemessenen Mediumvolumen in einer Kulturflasche (Verfahren A) oder durch Verdünnung der Zellsuspension auf das gewünschte Gesamtvolumen, das man dann auf einige Flaschen verteilt (Verfahren B), eingestellt. Verfahren A ist für Routinesubkultivierung zu empfehlen, wenn nur wenige Flaschen gebraucht werden und präzise Zellzählung und Reproduzierbarkeit nicht unbedingt notwendig sind. Verfahren B ist zu bevorzugen, wenn mehrere Parallelproben anzulegen sind, da die Anzahl der Manipulationen reduziert und die Zellkonzentration in jeder Flasche identisch ist.
135
8. Flasche(n) verschließen und in den Inkubator zurückstellen. Nach etwa 1 h auf pH-Veränderung überprüfen. Steigt der pH-Wert, sind die Kulturen unter aseptischen Bedingungen kurz ( l - 2 s ) mit 5% CO2 zu begasen. Weil sich die Kulturen im gleichen Medium immer wieder gleich verhalten, ist mit der Zeit bekannt, welche Zellen nach dem Passagieren begast werden müssen, bevor sie inkubiert werden. Steht das Medium bereits mit einer Gasphase, die 5 % C 0 2 enthält, im Gleichgewicht, dann ist entweder auf 7 oder 10 % C 0 2 zu erhöhen oder sterile 0,1 M HCl zuzufügen. Die Ausdehnung von Luft in Plastikflaschen läßt größere Flaschen anschwellen und verhindert so ihr flaches Aufliegen. Kurzes Lockern des Verschlusses zur Druckentlastung oder Zusammendrücken großer Flaschen vor dem Verschließen kann das verhindern. Während der Inkubation stellt sich die korrekte Form wieder her. Es ist darauf zu achten, daß die Flaschen nicht bersten. Bei Zellinien mit begrenzter Lebensspanne ist es angebracht, die Zellkonzentration bei Subkultivierung 2-, 4-, 8- oder 16fach zu reduzieren, wodurch die Berechnung der Zahl von Populationsverdopplungen erleichtert wird, z. B. braucht eine 8fach geteilte Kultur drei Verdopplungen, um die ursprüngliche Zelldichte zu erreichen. Für kontinuierliche Linien wird die Generationszahl gewöhnlich nicht protokolliert. Hier ist es bequemer, die Zellkonzentration auf eine runde Zahl zu reduzieren, z. B. 5 x 104 Zellen/ml. In beiden Fällen ist aber die Zellzahl zu notieren, so daß die Wachstumsrate in jeder Subkultur bestimmt und die Beständigkeit überwacht werden kann (s. Kap. 18.7).
10.2.6 V e r m e h r u n g in S u s p e n s i o n
Die vorstehenden Instruktionen beziehen sich auf Subkultivierung von Monolayern, da die meisten Primärkulturen oder kontinuierlichen Linien in dieser Form wachsen. Zellen, die kontinuierlich in Suspension wachsen, entweder, weil sie nichtadhäsiv sind (z.B. viele Leukämien und murine Aszitestumoren) oder weil sie mechanisch in Suspension gehalten oder selektiert wurden, können ähnlich wie Mikroorganismen subkultiviert werden. Trypsinbehandlung ist nicht erforderlich, die ganze Prozedur geht schneller und ist weniger traumatisch für die Zellen. Bei Suspensionskulturen erfolgt gewöhnlich kein Mediumwechsel, da dies Zentrifugation der Zellen erfordern würde. Die Routinehaltung ist deshalb auf eines von zwei alternativen Verfahren begrenzt und zwar auf die Subkultivierung durch Verdünnung oder die Vergrößerung des Volumens ohne Subkultivierung.
136
10 Haltung der Kulturen - Zellinien
Prinzip der Methode Nach Bestimmung der Zellzahl wird Zellsuspension entnommen und frisches Medium zugesetzt, um die Ausgangszellkonzentration wiederherzustellen. Materialien - Kulturflaschen (steril) - Medium (steril) - Pipetten (steril) - Stabmagnet (steril) - Magnetrührer - Hämozytometer oder Zellzählgerät. Arbeitsvorschrift 1. Zellsuspension durchmischen und alle Klumpen durch Pipettieren zerteilen. 2. Probe entnehmen und zählen. 3. Medium in frische Kulturflaschen füllen. Beachte: Jede Kulturflasche mit einer ausreichend ebenen Oberfläche kann für Zellen, die spontan in Suspension wachsen, benutzt werden. Ist Rühren erforderlich, z. B. für große Kulturen oder für Zellen, die sich normalerweise anheften würden, sollte man runde Standard-Reagenzflaschen oder Saugflaschen - wenn nötig siliconisiert - verwenden und einen teflonbeschichteten Magnetrührstab, der in der Mitte mit einem Wulst versehen ist (siehe Abb. 10.2), einbringen. Die Flaschengröße ist so zu
Tabelle 10.5
wählen, daß das benötigte Mediumvolumen eine Höhe zwischen 5 und 8 cm einnimmt (siehe a. Kap. 23.1.1). 4. Es werden soviel Zellen zugegeben, daß bei langsam wachsenden Zellen (24-48 h Verdopplungszeit) eine Endkonzentration von 10 5 /ml bzw. bei schnell wachsenden Zellen (12-18 h Verdopplungszeit) 2 x 10 4 /ml erreicht werden. 5. Kulturgefaße verschließen und in den Inkubator zurückstellen. 6. Kulturflaschen werden wie Monolayerkulturen flach gelagert, Rührgefäße mit einem Magnetrührer gerührt (60-100 U/min). Es ist zu sichern, daß der Rührmotor die Kultur nicht überhitzt. Wenn nötig, wird eine Polystyrenschaumplatte unter die Flasche gelegt. Rührer mit Induktionsstromantrieb erzeugen weniger Hitze und haben keine sich bewegenden Teile. Suspensionskulturen haben zahlreiche Vorteile (siehe Tab. 10.5). Produktion und Ernte großer Zellmengen sind ohne Vergrößerung der Substratoberfläche möglich (s. Kap. 23.1). Wird die Kultur kontinuierlich verdünnt und die Zellkonzentration konstant gehalten, kann ein „steady State" erreicht werden, was mit Monolayerkulturen nicht so ohne weiteres möglich ist. Die Haltung von Monolayerkulturen ist notwendigerweise zyklisch, mit dem Resultat, daß Wachstumsrate und Stoffwechsel
Eigenschaften von Monolayer- und Suspensionskulturen
Haltung
Monolayer
Suspension
cyclisches Propagationsmuster (s. Text) Dissoziation erforderlich abhängig von der Verfügbarkeit eines Substrates
Haltung im „steady State" möglich Passagieren durch einfaches Verdünnen nur vom Mediumvolumen abhängig (mit adäquatem Gasaustausch)
Von der Geometrie Zellwechselwirkung: abhängige Merkmale - metabolische Kooperation, junctionale Kommunikation - Kontakthemmung der Zellbewegung und Membranaktivität, Dichtebegrenzung des Wachstums Diffusionsbegrenzung von Effekten Ausbildung von Polarität, Differenzierung Zellform und Zytoskelett: - Ausbreitung, Motilität - Über- und Unterwachsen
homogene Suspension Zelldichte wird nur durch Konzentration nutritiver und hormoneller Bestandteile des Mediums begrenzt Scherkräfte in gerührten Kulturen können Zellen schädigen
Probennahme und Analyse
gute zytologische Präparation, Chromosomen, Immunofluoreszenz, Histochemie Anreicherung von mitotischen Zellen durch Abschütteln (s. Tab. 10.4) aufeinanderfolgende Extraktionen in situ ohne Zentrifugation möglich
Massenproduktion von Zellen leichte Isolierung (keine Trypsinierung erforderlich)
Zellarten
Mehrzahl der Zellarten, ausgenommen manche hämatopoetische Zellen und Aszitestumoren
transformierte Zellen und lymphoblastoide Zellinien
10.3 Schlechtes Zellwachstum
in Abhängigkeit von der Phase des Wachstumszyklus variieren. Monolayer sind geeignet für zytologische und immunologische Beobachtungen, für Klonierung, „Abschütteln" von mitotischen Zellen (für Zellsynchronisierung und Chromosomenpräparation) und In-situ-Extraktionen ohne Zentrifugation.
10.3 Schlechtes Zell Wachstum Auch in gut geleiteten Laboratorien können bei der Routinezellhaltung Probleme auftreten. Einige werden durch mikrobiologische Kontamination verursacht (s. Kap. 16). Oft liegt der Grund aber in einer oder mehreren Veränderungen der Kulturbedingungen. Die folgende Checkliste kann helfen, diese aufzuspüren: 1. Veränderungen im Verfahren oder in der Ausstattung? 2. Medium: - Mediumqualität? (mit anderen Medien vergleichen; s. Kap. 8) - Häufigkeit des Mediumwechsels korrekt? - pH-Wert: Liegt er während der Kultur zwischen 7,0 und 7,4? - Osmolalität: mit einem Osmometer prüfen - vergessene Komponenten? (frischen Ansatz herstellen) - neuer fehlerhafter Ansatz einer Stammlösung? - ist evtl. verwendetes BSS in Ordnung? (mit anderen Nutzern vergleichen) - ist zur Lösung verwendetes Wasser in Ordnung? (mit anderen Nutzern oder mit gekauftem, frischem Medium vergleichen) - weiterhin überprüfen: Entionisierungsanlage (Konduktivität, Kontaminationen?), Glaskocher (Rückstände?), Vorratsgefaße (Algen- oder Pilzkontamination? Chemikalienspuren in Plastikgefäßen?) - Qualität des Bicarbonats - Qualität der Antibiotika 3. Serum: - neue Charge? (Qualitätskontrolle des Herstellers prüfen) - Konzentration prüfen (zu niedrig oder zu hoch?) - Nichttoxizität? (Wachstumsförderung und Plattiereffizienz neu bestätigen) 4. Glas- oder Plastikgeräte: - wenn neu, mit der vorausgegangenen Charge vergleichen - Waschprozeß (zeigen andere Zellen Symptome, haben andere Nutzer Schwierigkeiten?) - Spurenverünreinigung des Glases? (Wachstum auf Plastik prüfen) 5. Zellen (wenn die Zellen anderer Mitarbeiter in Ordnung sind):
137
- Kontaminationen? (s. a. Kap. 16) • Bakterien, Pilze: Zellen ohne Antibiotika wachsen lassen • Mykoplasmen: Kultur mit Hoechst 33258 färben s. Kap. 16); nach zytoplasmatischer DNA (Einbau von radioaktivem Thymidin) durch Autoradiographic suchen; kommerziell testen lassen (z. B. Flow Laboratories oder Microbiological Associates) • Viren: schwierig nachzuweisen, mit Elektronenmikroskopie oder fluoreszierenden Antikörpern versuchen - Einsaatdichte zu niedrig bei Subkultivierung? - zu häufige Subkultivierung? - Zellen zu lange in stationärer Phase, zu späte Subkultivierung? 6. Arbeitsweise bei der Subkultivierung: - neue Charge von Trypsin oder anderer dissoziierender Agenzien? - Dissoziationsschäden: zu lange, zu konzentrierte Einwirkung des Enzyms, zu hohe spezifische Aktivität? - zu heftiges Pipettieren während der Dissoziation? - Empfindlichkeit gegen EDTA (wenn EDTA benutzt wird)? 7. Brutraum und Inkubatoren (Temperatur und Stabilität prüfen) - fehlerhafte Thermostaten - zu häufiges Öffnen - Feuchtigkeit in C0 2 -Inkubatoren mit Feuchtigkeitsregulierung - C0 2 -Konzentration (pH in situ prüfen) Bei Subkultivierung sollte eine empfindliche oder langsam wachsende Linie 1 : 2 und eine kräftige, schnell wachsende Linie 1 : 8 oder 1 : 1 6 geteilt werden. Ist aus einer Zellinie eine kontinuierliche Linie geworden (tritt gewöhnlich nach 150-200 Generationen ein), kann die Generationszahl außer Betracht gelassen und die Kultur einfach auf 10 4 -10 5 Zellen/ml verdünnt werden. Das Splitverhältnis wird so gewählt, daß sich ein brauchbares Subkultivierungsintervall (vielleicht ein- oder zweimal wöchentlich) ergibt. Die Zellen dürfen nur bis zu einer Konzentration verdünnt werden, die ihnen den Wiederbeginn des Wachstumszyklus nach einer lagPhase von 24 h oder kürzer erlaubt, ohne daß die stationäre Phase vor der nächsten Subkultur erreicht wird. Auch wenn ein Standardsplitverhältnis angewendet wird, sollten die Zellen noch gezählt werden, um zu sichern, daß eine gleichbleibende Wachstumsrate erhalten bleibt. Andernfalls werden kleine Veränderungen über einige Passagen nicht entdeckt. Routinepassagen bedeuten die Wiederholung eines Standardwachstumszyklus. Es ist notwendig, diesen Zyklus für jede Zellinie, mit der gearbeitet wird, zu kennen, tun die Einsaatkonzentration, die Wachstumsdauer vor
138
10 Haltung der Kulturen - Zellinien
Subkultivierung, die Dauer von Experimenten und die entsprechende Zeit für Probenahmen berechnen zu können und größte Gleichmäßigkeit zu gewährleisten. Zellen in verschiedenen Phasen des Wachstumszyklus ver-
halten sich unterschiedlich in bezug auf Proliferation, Enzymaktivität, Glycolyse und Atmung, Synthese von spezialisierten Produkten sowie vielen anderen Eigenschaften.
11 Klonierung und Selektion spezifischer Zellarten
Aus den vorhergehenden beiden Kapiteln ist ersichtlich, daß ein wesentliches, in der Zellkultur immer wiederkehrendes Problem die Erhaltung eines bestimmten Zelltyps und seiner besonderen Eigenschaften ist. Zweifellos spielen die Milieubedingungen eine wesentliche Rolle für die Bewahrung der Differenzierungseigenschaften einer Kultur (s. Kap. 14), das Überwachsen durch unspezialisierte Zellen bleibt aber trotzdem ein Hauptproblem.
11.1 Klonierung In der Mikrobiologie ist es üblich, aus heterogenen Kulturen einheitliche Zellstämme durch Klonieren zu isolieren. Bei tierischen Zellen ist der Erfolg dieser Methode durch die geringe Kloniereffizienz der meisten Primärkulturen begrenzt. 10»
Ein weiteres Problem bei der Kultur normaler Gewebe besteht darin, daß deren Zellen nur eine begrenzte Zahl von Generationen überleben können (s. Kap. 2), so daß dann, wenn ein Klon eine brauchbare Zellzahl erreicht hat, dieser schon dem Altern nahe ist (Abb. 11.1). Klonieren ist am erfolgreichsten bei der Isolierung von Varianten aus kontinuierlichen Zellinien, aber auch hier können wiederum beträchtliche Heterogenitäten innerhalb des Klons auftreten, wenn dieser für den Gebrauch herangezüchtet wird (s. Kap. 17.3). Coon und Cahn (1966) gelang es, knorpel- und pigmentbildende Zellstämme zu klonieren. Unter den richtigen Bedingungen erhalten diese Kulturen ihre spezialisierten Funktionen über viele Generationen. Auf ähnliche Weise gelang es Clark und Pateman (1978) aus der Primärkultur der Leber eines chinesischen Hamsters eine Linie mit den Charakteristika Kuppferscher-Sternzellen zu isolieren. Durch Klonierung wurden auch spezielle biochemische Mutanten und Zellstämme mit Markerchromosomen isoliert. Die Methode kann somit dazu beitragen, die Heterogenität einer Kultur zu reduzieren.
10* 10*
11.1.1 Klonieren durch Verdünnung (Puck und Marcus 1 9 5 5 )
10' Prinzip der Methode Aussaat von Zellen in geringer Dichte, Inkubation bis zur Koloniebildung, Isolierung einzelner Kolonien und Vermehrung zu einem Zellstamm (Abb. 11.2).
10«
CD
N
Materialien - Pipetten - Medium - Trypsin - Kulturflaschen oder -schalen - Probenröhrchen zum Verdünnen - Hämozytometer oder Zellzählgerät.
W
10»
10" 10'
10°
Zahl der Verdopplungen ( D )
Abb. 11.1 Beziehung zwischen Zellzahl eines Klons und Zahl der PopulationsVerdopplungen; zur Bildung von 106 Zellen sind 20 Verdopplungen erforderlich
Arbeitsvorschrift 1. Herstellen einer Einzelzellsuspension durch Trypsinieren (s. Kap. 10.2.5). Bei zu schwacher Trypsinierung entstehen Zellcluster, zu starke Trypsinierung reduziert die Vitalität.
140
11 Klonierung und Selektion spezifischer Zellarten
Trypsinieren einer exponentiell wachsenden Kultur
prr: 1
Einzelzellsuspension
[
1 •".!"*
i
r
Verdünnen auf 10-100 Zellen/ml
}
Aussaat in: Mikrotiterplatten, Petrischalen oder Plastikflaschen
jfÜÜWÜMüM]!
-Klonbildung-
Isolierung durch Standardtrypsinierungsverfahren
f[
3 2-3
Isolierung mit Klonierringen
Wochen
Fixieren, Färben und Zählen der Kolonien
Isolierung nach Bestrahlung
Abb. 11.2 Klonieren von Zellen in Monolayerkulturen. Gebildete Klone können direkt von Mikrotiterplatten, mit Hilfe von Klonierringen (Mitte links) oder nach Abdecken einer Ko-
lonie und Bestrahlen der Kultur (unten rechts), zur Analyse fixiert, gefärbt und gezählt werden.
2. Während des Trypsinierens werden Flaschen oder Schalen beschriftet und Medium für die Verdünnungsschritte abgemessen (zum Erreichen einer Zellkonzentration, die zum Klonieren geeignet ist, sind etwa vier Verdünnungsschritte erforderlich). 3. Wenn die Zellen sich abrunden und abzulösen beginnen, wird der Zellrasen in Medium, dem Serum oder Trypsininhibitor zugesetzt ist, suspendiert. Es folgt die Bestimmung der Zellzahl und das Verdün-
nen auf die gewünschte Zellkonzentration. Werden die Zellen zum ersten Mal kloniert, sind Konzentrationen von 10, 50, 100 und 200 Zellen/ml zu wählen (Tab. 11.1). 4. Petrischalen oder Kulturflaschen werden mit der erforderlichen Zellzahl und Medienmenge (s. Kap. 10.2.5) beschickt und im C0 2 -Inkubator oder in begasten und verschlossenen Gefäßen (2 - 1 0 % C 0 2 ; s. Kap. 7.2.2) inkubiert. Für Kultur-
11.1 Klonierung
Haschen können nach Begasen mit C 0 2 und Verschließen der Flaschen auch Trockeninkubatoren benutzt werden. 5. Man läßt die Kulturen eine Woche unberührt. Haben sich Kolonien gebildet, werden diese isoliert (s. Kap. 11.1.5), andernfalls wird das Medium erneuert und die Kultur für eine weitere Woche fortgesetzt; gegebenenfalls kann erneut gefüttert und 3 Wochen kultiviert werden. Wenn nach dieser Zeit keine Kolonien entstanden sind, ist dies auch bei weiterer Kultivierung nicht zu erwarten.
Tabelle 11.1 effizienz
Beziehung zwischen Aussaatdichte und Plattier-
Erwartete Plattiereffizienz (%)
Optimale Zelldichte bei Aussaat pro ml pro cm 2
0,1 1,0 10 50 100
104 103 100 20 10
2 x 103 200 20 4 2
141
serung der Kulturmedien erhöhte sich auch die Plattiereffizienz, und Puck und Marcus (1955) gelang der Nachweis, daß Klonieren von Zellen durch einfaches Verdünnen (wie vorstehend beschrieben) mit akzeptabler Kloniereffizienz möglich ist, wenn eine Feederschicht aus bestrahlten embryonalen Mäusefibroblasten (s. u.) eingesetzt wird. Die spätere Isolierung von Kolonien erfordert allerdings Trypsinierung innerhalb von Ringen, die über die einzelnen Kolonien gestülpt werden. Einige Modifikationen, die zur Verbesserung des klonalen Wachstums beitragen, sind nachfolgend zusammengestellt. Medium. Zu verwenden sind reiche Medien (z. B. Ham's Fl 2) oder solche, die für den untersuchten Zell typ optimiert wurden, z. B. MCDB 110 (Ham 1984) für menschliche Fibroblasten, Ham's F12 oder MCDB 301 für CHO-Zellen (Ham 1963; Hamilton und Ham 1977) (s. Kap. 7.3.4 und 20). Serum. Wenn Serum benötigt wird, ist fetales Kälberserum meistens besser als Kälber- oder Pferdeserum. Für die Klonierexperimente ist eine Charge auszuwählen, mit der während der Tests hohe Plattiereffizienzen erreicht wurden.
11.1.2 Stimulation der Plattiereffizienz
Wenn Zellen in geringer Dichte plattiert werden, vermindert sich bei nahezu allen Zellinien die Überlebensrate. Dies ist bei kontinuierlichen Zellinien, bei denen die Plattiereffizienz selten unter 10% fallt, i. allg. ohne Bedeutung. Bei Primärkulturen und begrenzt wachsenden Zellinien kann die Plattiereffizienz sehr viel niedriger (0,5-5%) oder sogar gleich Null sein. Es wurden daher zahlreiche Versuche zur Erhöhung der Plattiereffizienz gemacht, die zumeist auf der Annahme beruhten, daß Zellen bei geringer Dichte entweder ein größeres Angebot von Nährstoffen benötigen oder daß von den Zellen gebildete, diffusible Signal- oder Konditionierungsfaktoren bei niederer Zelldichte fehlen oder in zu geringer Konzentration vorliegen. Der intrazelluläre metabolische Pool einer undichten Zelle wird in einer dichten Population sehr schnell ein Gleichgewicht mit dem umgebenden Medium erreichen, nicht jedoch, wenn die Zelle isoliert ist. Bei der Kapillarmethode von Sandford et al. (1948) berücksichtigte man dies, als durch Klonierung von L-Zellen der L929-Klon isoliert wurde. Die räumlichen Grenzen des Kapillarröhrchens ermöglichen der Zelle, lokal ein angereichertes Mileu zu schaffen, welches den Zustand, der bei höherer Zelldichte besteht, nachahmt. Bei der später entwickelten Mikrotropfentechnik werden die Zellen in Mikrotropfen unter flüssiges Paraffin plaziert. Bleiben die Kolonien voneinander getrennt - wie bei der Kapillartechnik dann ist ihre spätere Isolierung möglich. Mit der Verbes-
Konditionierung. Man läßt homologe Zellen, embryonale Fibroblasten oder eine andere Zellinie bis zu 50 %iger Konfluenz wachsen, wechselt das Medium, inkubiert weitere 48 h und sammelt das Medium. Das konditionierte Medium wird durch ein Sterilfilter (0,2 um Porengröße) filtriert; eventuell ist zur Klärung der Lösung vorheriges Zentrifugieren bei 10000 g für 20 min oder Filtration durch 5- |im- und 1,2-ja.-Filter erforderlich (s. Kap. 8.2.9). Ein Teil des konditionierten Mediums wird zwei Teilen des Kloniermediums zugesetzt. Feederschichten (Abb. 11.3, normale Feederschicht). - Eine Primärkultur embryonaler Fibroblasten wird trypsiniert (s. Kap. 9.2 und 10.2.5). Die gewonnenen Zellen werden in einer Dichte von 105/ml erneut ausgesät. - Nach Erreichen 50%iger Konfluenz ist die Kultur über Nacht mit Mitomycin C zu behandeln (2 ng/10 6 Zellen, 0,25 ng/ml) (MacPherson und Bryden 1971) oder mit 30 Gy (3000 rad) zu bestrahlen. - Nach der Bestrahlung wird das Medium gewechselt, erneut 24 h inkubiert, dann trypsiniert; die erhaltenen Zellen werden in frischem Medium mit einer Dichte von 5 x 104/ml (10 4 /cm 2 ) ausgesät. - Nach weiterer Inkubation für 24-48 h erfolgt Einsaat der zu klonierenden Zellen. Die Feederzellen sind bis zu 3 Wochen lebensfähig, sterben jedoch dann ab und werden somit bei der Isolierung der Kolonien nicht mit übertragen.
142
11 K l o n i e r u n g u n d S e l e k t i o n s p e z i f i s c h e r Z e l l a r t e n
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11.1 Klonierung
Auch andere Zellinien oder homologe Zellen können zur Verbesserung der Plattiereffizienz benutzt werden. Heterologe Zellen bieten den Vorteil, daß nach erfolgter Isolierung von Klonen eine unbeabsichtigte Verunreinigung mit Feederzellen durch Chromosomenanalyse nachweisbar ist. Hormone. Für Insulin wurde nachgewiesen, daß 1 - 1 0 IE/ml die Kloniereffizienz einiger Zellarten erhöhen (Hamilton und Ham 1977). Dexamethason (2,5 x 10" 5 M, etwa 10 (xg/ml), ein lösliches, synthetisches Hydrocortisonanalogon, verbessert die Plattiereffizienz von menschlichen normalen Gliazellen, Gliomen, Fibroblasten und Melanomen sowie Hühnermyoblasten. Gleichzeitig wird das klonale Wachstum stimuliert (Koloniegröße), wenn die Substanz 5 Tage nach dem Plattieren entfernt wird (Freshney et al. 1980a, b). Geringere Konzentrationen (10~ 7 M) wirken bevorzugt auf epitheliale Zellen (s. Kap. 20.1). Intermediäre Metaboliten. Ketosäuren (Pyruvat, a-Ketoglutarat) (Griffiths und Pirt 1967; McKeehan und McKeehan 1979) und Nucleoside (a-Medium) (Stanners et al. 1971) wurden zur Anreicherung von Medien verwendet und sind inzwischen obligatorische Bestandteile reicher Medien wie Ham's Fl2. Pyruvat ist auch in Dulbecco's Modifikation von Eagle's MEM enthalten (Dulbecco und Freeman 1959; Morton 1970). Kohlendioxid. Zum Erreichen einer maximalen Kloniereffizienz ist C 0 2 für die meisten Zellen essentiell. Am gebräuchlichsten ist eine Konzentration von 5%; für viele Zellarten sind jedoch schon 2 % ausreichend. Bei menschlichen Gliazellen und Fibroblasten ist diese Konzentration sogar günstiger. Bei Einsatz von nur 2 % C 0 2 können die Zellen durch Zusatz von HEPES (20 mM) vor pH-Schwankungen während des Fütterns oder bei eventuellem Ausfall der C0 2 -Versorgung geschützt werden. (Der Einsatz von nur 2 % C 0 2 reduziert auch den CO z -Verbrauch.) Dulbecco's Modifikation von Eagle's MEM steht normalerweise mit 10% C 0 2 im Gleichgewicht. Es wird häufig bei der Klonierung von Hybridomazellen für die Gewinnung monoklonaler Antikörper eingesetzt. Wenn die C0 2 -Tension verändert wird, muß die Bicarbonatkonzentration im Medium angeglichen werden, so daß sich das Gleichgewicht bei einem pHWert von 7,4 (s. Tab. 7.2) einstellt. Vorbehandlung des Substrats. Polylysin verbessert die Plattiereffizienz menschlicher Fibroblasten bei niedrigen Serumkonzentrationen (McKeehan u. Ham 1976). Dazu werden die Platten mit wäßriger Polylysinlösung (1 mg/ml, etwa 5 ml/25 cm 2 ) beschickt und nach Entfernen der Lösung und Waschen der Platten mit PBS (5 ml/25 cm 2 ) sofort verwendet oder bis zum Gebrauch (einige Wochen) aufbewahrt.
143
Fibronectin verbessert ebenfalls das Anwachsen vieler Zellen (Barnes und Sato 1980). Dazu werden die Platten mit Medium, dem 5 ng/ml Fibronectin zugesetzt sind, vorbehandelt. Trypsin. Reines, doppelt umkristallisiertes Trypsin (0,05 Hg/ml) kann besser geeignet sein als Rohtrypsin, jedoch liegen hierüber widersprüchliche Berichte vor. McKeehan (1977) beobachtete eine deutliche Erhöhung der Plattiereffizienz, wenn die Trypsinierung (mit reiner Substanz) bei 4°C durchgeführt wurde.
11.1.3
Multischalen
Wenn Klone isoliert werden sollen, dann ist Klonierung durch direkte Aussaat einer verdünnten Zellsuspension in Mikrotiterplatten oder Multischalen mit 24 Vertiefungen (s. Abb. 7.4) zu empfehlen, weil das nachfolgende Ernten gebildeter Klone einfacher ist. Die Platten müssen nach der Aussaat der Zellen regelmässig und genau kontrolliert werden, um zu überprüfen, ob: - nur eine Zelle pro Vertiefung (engl, „well") vorliegt oder - bei Vorliegen mehrerer Zellen diese nicht verklumpt sind, d.h. gebildete Kolonien tatsächlich von nur einer Zelle ausgehen, im Ursprung also klonal sind und - nur eine Kolonie pro Vertiefung wächst.
11.1.4 Halbfeste M e d i e n
Manche Zellarten, besonders hämatopoetische Stammzellen und viral transformierte Fibroblasten, klonen leicht in Suspension. Um die Kolonien zusammenzuhalten und ein Vermischen mit anderen zu vermeiden, werden die Zellen in Agar oder Methocel suspendiert und dann über einer weiteren Agarschicht (Grundagar, engl, „underlayer") oder in normalen, nicht für die Zellkultur produzierten Petrischalen ausplattiert.
11.1.4.1 Klonieren in Agar
(Abb. 11.4, s. Kap. 15.2.1, 20.4 und 21.7.4) Prinzip der Methode Agar ist bei hohen Temperaturen flüssig, geliert jedoch bei 36,5 °C. Wenn Zellen in warmem Agar suspendiert und nach dem Gelieren inkubiert werden, bilden sie einzeln liegende Kolonien, die leicht isoliert werden können. Materialien - Agar (2 %ig)
144
11 Klonierung u n d Selektion spezifischer Zellarten
0,33% Agar in Medium Komplettieren / / des Mediums J
Trypsinieren und/oder Verdünnen der Zellen
Analysieren, Zählen und evtl. Isolieren
-rOt Abb. 11.4
Klonieren v o n Zellen in Agar
- Medium (z.B. Ham's F12, RPMI 1640 oder CMRL 1066) - fetales Kälberserum - Pipetten - 35-mm-Petrischalen - Reagenzgläser (50 x 8 mm) - Wasserbad, siedend - Wasserbad, 45 °C - Eisbad. Beachte: Vor Präparation des Mediums und der Zellen müssen das Zellverdünnungsschema festgelegt und die Petri- bzw. Multischalen beschriftet werden. Empfehlenswerte Zellzahlen pro 35-mm-Schale sind 1000, 333, 111, 37. Arbeitsvorschrift 1. Lösen des Agars durch Einstellen des Gefäßes in
2. 3. 4.
5. 6. 7.
ein siedendes Wasserbad oder durch Autoklavieren. Nach Abkühlen auf 80 °C in ein Wasserbad von 45 °C einstellen. Bei Verzögerungen im Versuchsablaufist der Agar bei 60 °C aufzubewahren. Medium A: 70 ml Medium und 30 ml fetales Kälberserum werden gemischt und auf 45 °C erwärmt. Medium B: 60 ml Medium A und 12 ml 2%iger Agar werden gemischt und auf 45 °C erwärmt. Zählen und Verdünnen der Zellsuspension, auf 2000, 667 und 74 Zellen/ml einstellen (jeweils 1 : 3 verdünnen). Die Suspensionen im Eisbad aufbewahren. 5-ml-Reagenzröhrchen im Reagenzglasständer ins 45-°C-Wasserbad stellen. Je 2,5 ml Medium B in die Röhrchen geben. Jeweils 0,5 ml Zellsuspension in ein Röhrchen geben, mischen und sofort in eine Petrischale ausgießen.
11.1 K l o n i e r u n g
2 % Agar
2x-Medium
145
Startkultur 1,5% Methocel in M e d i u m /
Y
A 45°C
7 V Aliquote der Zellsuspension mit differenten Zellkonzentrationen (2 x finale Zelldichte)
n
n
n
1 % Agar in M e d i u m
Verdünnen mit Methocel ( 1 : 1 )
45°C Basalagar ( 4 ° C )
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I/////A \//////\
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\ 7 Analysieren, Zählen u n d / o d e r Isolieren der Kolonien
Inkubation im C 0 3 - l n k u b a t o r
Abb. 1 1 . 5 K l o n i e r e n v o n Z e l l e n i n M e t h o c e l ü b e r e i n e r A g a r basalschicht
8. Wenn alle Schalen angesetzt sind, werden sie 10 min bei 4°C aufbewahrt. 9. Um zu vermeiden, daß die Kulturen in der feuchten Atmosphäre des C0 2 -Inkubators kontaminiert werden, ist es empfehlenswert, die Schalen in ein anderes Behältnis zu stellen, Petrischalen, Multischalen oder Mikrotiterplatten z. B. in Plastikbe-
hälter mit Deckel; eine Schale mit Wasser ist mit einzustellen. Die Behältnisse sollten vorher mit 70%igem Alkohol ausgewaschen und getrocknet werden. Bei Verwendung von 35-mm-Petrischalen können je zwei mit einer dritten, die 3 ml steriles Wasser enthält, in 10-cm-Petrischalen gestellt werden.
146
11 Klonierung und Selektion spezifischer Zellarten
Beachte: Alle Pipetten, die für Agar benutzt wurden, sind vor Ablage in den Abwasch mit heißem Wasser auszuspülen, anderenfalls sind Einmalplastikpipetten zu benutzen.
11.1.4.2 Klonieren in Methocel über Grundagar (Buick et al. 1979) Prinzip der Methode Die Zellen werden in methocelhaltigem Medium suspendiert und in Kulturschalen über einem Grundagar plattiert (Abb. 11.5). Materialien - Wie für Klonieren in Agar - 1,36 %ige Methocellösung in entionisiertem, destilliertem Wasser (Viskosität: 4 N s m - 2 ) . Arbeitsvorschrift 1. Zur Präparation des Grundagars wird steriler Agar (1- bis 2%ig) auf 100°C erhitzt, dann auf 45 °C abgekühlt und mit dem gleichen Volumen doppelt konzentriertem Medium von 45 °C gemischt (das doppelt konzentrierte Medium wird aus dem lOx-Konzentrat bereitet, wobei durch Serumzugabe auch das Doppelte der finalen Serumkonzentration eingestellt wird). Sofort nach dem Mischen plattiert man 1-ml-Portionen in 35-mmPetrischalen oder entsprechende Multischalen und läßt 10 min bei 4°C gelieren. 2. Die zu klonierenden Zellen werden trypsiniert oder aus der Suspension geerntet und auf das Doppelte der angestrebten Endkonzentration verdünnt. 3. Die Zellsuspension wird mit dem gleichen Volumen Methocellösung gemischt und in 1-ml-Portionen über den Grundagar gegeben (bei kontinuierlichen Zellinien werden 10-1000 Zellen, bei Primärkulturen bis zu 5 x 105Zellen pro Schale ausgesät). 4. Es wird bis zur Koloniebildung inkubiert. Da sich die Kolonien an der Grenzfläche zwischen Agar und Methocel bilden, kann man nach einer Woche pro Schale 1 ml frisches Medium zugeben, nach 2 Wochen entfernen und erneut durch frisches Medium ersetzen, ohne die Kolonien zu stören. Viele der Empfehlungen zur Supplementierung der Medien, die für die Klonierung in Monolayerkulturen benutzt werden, gelten auch für das Klonieren in Suspension. Darüberhinaus werden gelegentlich Sulfhydrylverbindungen wie Mercaptoethanol ( 5 x l 0 ~ 5 M ) , Glutathion (1 mM) oder a-Thioglycerol (7,5 x 10" 5 M) verwendet. McPherson (1973) fand, daß ein Zusatz von DEAE-Dextran sich ebenfalls günstig auf das Klonieren auswirkte.
Die meisten Zellen klonen in Suspension mit einer geringeren Effizienz als im Monolayer; bei einigen Zellen beträgt die Differenz 2 - 3 Größenordnungen. Die Isolierung der Kolonien ist jedoch viel leichter.
11.1.5 Isolierung von Klonen 11.1.5.1 Monolayerklone-Multischalen Werden die Zellen in Multischalen (s. o.) kloniert, können die Kolonien durch Trypsinierung aus den einzelnen Vertiefungen isoliert werden. Es ist hierbei aber nötig, den klonalen Ursprung der Kolonien im Verlauf ihrer Bildung durch regelmäßige mikroskopische Kontrolle zu überwachen.
11.1.5.2 Klonierringe Wenn das Klonieren in Petrischalen erfolgt, gibt es zwischen den Kolonien keine physikalische Trennung. Diese kann dadurch erreicht werden, daß nach Abtrennen des Mediums ein Ring über die zu isolierende Kolonie gedrückt wird (Abb. 11.6). Prinzip der Methode Die Kolonie wird innerhalb eines Ringes aus Porzellan, Teflon oder rostfreiem Stahl trypsiniert und in die Vertiefung einer Multischale mit 12 oder 24 Vertiefun-
Abb. 11.6 Klonierringe. Abgebildet sind Porzellanringe (Fisher); aber auch dickwandige Ringe aus rostfreiem Stahl (z. B. Rollerlager) oder Plastik (z. B. Abschnitte von dickwandigen Nylon- oder Teflonschläuchen) können benutzt werden. Unabhängig vom Material muß die Basis glatt sein, um mit Siliconfett das Festkleben auf dem Boden der Petrischale zu ermöglichen. Der innere Durchmesser soll so bemessen sein, daß ein ganzer Klon umschlossen wird, benachbarte Klone aber ausgeschlossen sind.
11.1 Klonierung
Prüfen der Klone
147
Auswahl und Markierung der Klone, die isoliert werden sollen
Niederpressen des um das Fett zu verteilen Entfernen des Mediums und Plazieren des Ringes über den ausgewählten Klon
Klonierringe Siliconfett
Trypsinieren der Zellen innerhalb des Ringes
Trypsinieren nach 2 Wochen und Kultur in liegender Flasche
Abb. 11.7
Isolierung von Klonen mit Klonierringen
gen oder in eine 25-cm2-Kulturflasche transferiert (Abb. 11.7). Materialien
-
Klonierringe Siliconfett Pasteurpipetten mit gebogener Spitze Trypsin (0,25 %ig) Medium Multischale mit 24 Vertiefungen und/oder 25-cm2Kulturflaschen - sterile Pinzetten.
Arbeitsvorschrift
1. Sterilisieren von Klonierringen und Siliconfett in separaten Glaspetrischalen durch trockene Hitze. 2. Herstellen von etwa 20 gebogenen Pasteurpipetten durch kurzes Erhitzen in der Bunsenflamme bis zum sponaten Abbiegen eines ca. 12 mm langen Stückes der Spitze nach unten. Wenn die Pipette beim Erhitzen gegenüber der Horizontalen um etwa 30° geneigt ist, ergibt sich eine Krümmung von 120°. Die Pipetten werden in sterilen Röhrchen aufbewahrt und müssen vor Gebrauch abgekühlt sein.
148
11 Klonierung und Selektion spezifischer Zellarten
3. Analyse der Klone und Markierung derjenigen, die isoliert werden sollen, mit einem Filzstift auf der Unterseite der Platte. 4. Medium von der Platte entfernen. 5. Mit steriler Pinzette wird ein Klonierring in Siliconfett gedrückt, wobei das Fett durch seitliches Verschieben über die gesamte Auflagefläche des Ringes zu verteilen ist. 6. Ring über die ausgewählte Kolonie stülpen. 7. Die Schritte 5 und 6 sind bei zwei oder drei anderen Kolonien auf derselben Platte zu wiederholen. 8. Genügend 0,25 %ige Trypsinlösung (ca. 0,4 ml) zugeben, um das Volumen im Ring zu füllen. Nach 20 s Einwirkung ist die Lösung wieder zu entfernen. 9. Schließen der Schale und Inkubation für 15 min. 10. Zugabe von 0,4 ml Medium in jeden Ring. 11. Die Klone werden nacheinander durch Auf- und Abpipettieren des Mediums dispergiert und in je eine Vertiefung einer Multischale mit 24 Vertiefungen oder in je eine aufrechtstehende 25-cm 2 Kulturflasche überführt. Für jeden Klon ist eine neue Pipette zu verwenden! 12. Die Ringe werden mit 0,4 ml Medium ausgespült, die Lösung wird mit dem zugehörigen Klon vereint. 13. Die Schalen verschließen und inkubieren. Kulturflaschen nach Zugabe von 1 ml Medium aufrechtstehend inkubieren. 14. Wenn die Klone in den Multischalen zu hoher Zelldichte herangewachsen sind, erfolgt Überführung in 25-cm 2 -Kulturflaschen, Zugabe von 5 ml Medium und liegende Inkubation. Ist in den aufrecht kultivierten Flaschen auf der Bodenfläche Konfluenz erreicht, wird das Medium entfernt, trypsiniert und nach Resuspension der Zellen in 5 ml Medium liegend weiterinkubiert. Klonierringe können auch eingesetzt werden, wenn das Klonen in Plastikflaschen erfolgt ist. In diesem Fall werden die Flaschen mit Alkohol abgewischt und das Oberteil mit einem erhitzten Skalpell oder einem heißen Draht abgeschnitten. Danach wird wie bei den Petrischalen verfahren.
11.1.5.3 Bestrahlung Dort, wo eine Strahlenquelle zur Verfügung steht, können die Klone auch durch Abschirmung und Bestrahlung (30 Gy = 3000 rad) des restlichen Monolayers isoliert werden. Prinzip der Methode Die Kulturflasche ist mit der Unterseite nach oben
unter eine Röntgen- oder 60 Co-Quelle zu legen. Die ausgewählte Kolonie wird durch Blei geschützt. Materialien - Röntgen- oder 60 Co-Quelle - Bleistücke von 2 mm Stärke - Trypsin (0,25 %ig) - Medium. Arbeitsvorschrift 1. Auswahl einer Kolonie. 2. Kulturgefaße mit der Unterseite nach oben unter eine Strahlungsquelle (Röntgen-, 60 Co-Quelle) legen. 3. Ausgewählte Kolonie mit einem Stückchen Blei von 2 mm Stärke abdecken. 4. Mit 30 Gy (3000 rad) bestrahlen. 5. Nach Rückführung in ein steriles Milieu wird das Medium entfernt, trypsiniert und im gleichen Gefäß zu erneuter Kultur angesetzt, wobei die bestrahlten Zellen als Feederschicht dienen. Besteht die Kolonie zum Zeitpunkt der Bestrahlung und Trypsinierung aus etwa 100 Zellen, dann resultiert als Folge der Behandlung eine Reklonierung der trypsinierten Zellen. Innerhalb von 6 Wochen können auf diese Weise drei aufeinanderfolgende Klonierungen vorgenommen werden.
11.1.5.4 Isolierung von Klonen aus halbfesten Medien Prinzip der Methode Eine Kolonie wird in eine Mikropipette gesaugt und in eine Kulturschale oder die Vertiefung einer Multischale überführt. Materialien - Multischalen mit 24 Vertiefungen - Medium - Mikrokapillarpipetten - Stereomikroskop - 25-cm 2 -Kulturflaschen. Arbeitsvorschrift Das Herauspicken einer Kolonie erfolgt am besten unter dem Stereomikroskop. 1. In die Vertiefungen der Multischale wird je 1 ml Medium pipettiert. 2. Die Spitze einer 50-nl-Mikropipette wird in die Nähe der zu isolierenden Kolonie gebracht. Die Aufnahme der Kolonie erfolgt durch leichtes Saugen mit der Pipette. Für jeden Klon ist eine extra Pipette zu verwenden.
11.3 Isolierung genetischer Varianten 3. Der Transfer in die Kulturschale erfolgt durch Ausspülen der Kolonie mit Medium. Wurde in Methocel gearbeitet, sedimentiert die Kolonie, adhäriert und wächst aus. In Agar gewachsene Kolonien müssen einige Male auf- und abpipettiert werden, um den Agar zu entfernen. 4. Isolierte Klone können auch direkt in aufrechtstehende 25-cm 2 -Plastikkulturflaschen eingesät werden (s.o.).
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1. Verteilung von Deckgläschen oder Bruchstücken von Deckgläschen auf dem Boden einer Petrischale. Wurde die richtige Zellzahl ausgesät, wachsen einige Kolonien isoliert auf einem der Glasstückchen und können mit diesem in eine neue Petri- oder Multischale überführt werden. 2. Bei der Kapillarmethode von Sanford et al. (1948) wird eine verdünnte Zellsuspension in ein Glaskapillarröhrchen (z.B. eine 50-|il-Drummond-Mikrokapillare) gesaugt und inkubiert. Das Röhrchen wird dann sorgfaltig beiderseits einer Kolonie abgebrochen und in eine frische Platte überführt. 3. Petripermschalen sind Petrischalen mit einem dünnen, gasdurchlässigen Boden (s. Kap. 7.1.2), der mit Schere oder Skalpell zur Isolierung der Kolonien zerschnitten werden kann. Da hierbei auch die Unterseite der Schalen steril bleiben muß, ist aseptische Handhabung und Aufbewahrung in einer großen sterilen Petrischale erforderlich.
Kulturmedium durch D-Valin und wiesen das bevorzugte Wachstum von Zellen mit D-Aminosäureoxidase nach. Epithelzellen aus Nierentubuli und epitheliale Zellen aus fetaler Lunge und Nabelschnur können auf diese Weise selektiert werden. Ein großer Teil der Bemühungen zur Entwicklung selektionierender Verfahren war auf die Unterdrückung des Wachstums von Fibroblasten gerichtet. Whei-Yang und Prockop (1977) benutzten hierzu cis-Hydroxy-prolin, obwohl die Substanz auch toxisch für andere Zellen sein kann. Fry und Bridges (1979) fanden, daß Phénobarbital in Hepatozytenkulturen das Überwachsen von Fibroblasten verhinderte, und Braaten et al. (1974) reduzierten die fibroblastoiden Beimengungen in Kulturen von neonatalem Pankreas durch Behandlung mit Natrium-ethylmercurithiosalicylat. Erfolgreicher war auch die Entwicklung eines monoklonalen Antikörpers gegen die stromalen Zellen eines menschlichen Mammakarzinoms (Edwards et al. 1980). In Verbindung mit Komplement erwies sich dieser Antikörper als zytotoxisch gegen die Fibroblasten einiger Tumoren und trug dazu bei, eine Anzahl maligner Zellinien zu reinigen (s.a. Kap.21.7). Häufig werden Selektionsmedien auch benutzt, um Hybridklone, die bei somatischer Hybridisierung entstehen, zu isolieren. Das HAT-Medium - eine Kombination aus Hypoxanthin, Aminopterin und Thymidin selektiert Hybridzellen, die sowohl die HypoxanthinGuanin-Phosphoribosyltransferase als auch die Thymidinkinase der Elternzellen, die jeweils defizient an einem der Enzyme sind, enthalten (Littlefield 1964) (s. Kap. 23.8).
11.2 Selektionsmedien
11.3 Isolierung genetischer Varianten
Die Beeinflussung der Kulturbedingungen durch Einsatz spezieller Medien ist eine Standardmethode zur Selektion von Mikroorganismen. Ihre Anwendung bei Kulturen tierischer Zellen ist jedoch begrenzt wegen der Ähnlichkeit des Stoffwechsels und der daraus resultierenden vergleichbaren Nährstoffanforderungen der meisten der aus einem Tier isolierten Zellen. Das Problem wird noch verstärkt durch die Wirkungen des Serums, welches die spezifischen Eigenschaften verschiedener Medien maskiert. Peehl und Ham (1980) gelang der Nachweis, daß die Verwendung unterschiedlicher Medien, MCDB105 und und MCDB151, und nur minimaler Mengen von dialysiertem Serum in Kulturen aus menschlicher Vorhaut entweder Fibroblasten oder epitheliale Zellen bevorzugt zum Wachsen anregt (s.a. Kap. 7.3.4.1, Tab. 7.7). Gilbert und Migeon (1975,1977) ersetzten L-Valin im
Die nachfolgende Vorschrift für die Isolierung mutierter Zellinien mit amplifiziertem Dihydrofolat-ReductaseGen (DHFR-Gen) ist ein Beitrag von June Biedler, Memorial Sloan-Kettering Cancer Center, New York.
11.1.5.5 Andere Isolierungsmethoden
Allgemeines Zellen, die über einen längeren Zeitraum allmählich steigenden Konzentrationen von Folsäureantagonisten wie Methotrexat (MTX) ausgesetzt werden, entwickeln Resistenz gegen die toxischen Wirkungen der Substanz (Biedler et al. 1972). Eine Resistenz, die auf der Amplifikation des DHFR-Genes beruht, entwickelt sich i. allg. am schnellsten, obwohl auch andere Mechanismen, z. B. Alteration der Transportmechanismen und/oder Mutationen, die die Enzymstruktur oder -affinität beeinflussen, ganz oder teilweise für den resistenten Phänotyp verantwortlich sein können.
150
11 Klonierung und Selektion spezifischer Zellarten
Prinzip der Methode Die Zellen werden für 1 - 4 Wochen unterschiedlichen Konzentrationen von MTX ausgesetzt, indem in regelmäßigen Abständen der Austausch des alten durch frisches Medium, in welchem jeweils die gleiche Substanzkonzentration enthalten ist, vorgenommen wird. Für die Subkulturen werden solche Kulturflaschen ausgewählt, in denen ein kleiner Anteil von Zellen überlebt und Kolonien gebildet hat. Diese Zellen werden wiederholt bei gleicher und doppelt bis zehnmal so hoher MTX-Konzentration subkultiviert, bis der gewünschte Resistenzgrad erreicht ist. Materialien - Zellen des chinesischen Hamsters oder schnell wachsende Mäusezellinien - Methotrexat (Lederle Laboratories) - NaCl (0,15 M) - Gewebekulturflaschen, Pipetten - Kulturmedium (z.B. Eagle's MEM mit 10% fetalem Kälberserum) - Umkehrmikroskop - Flüssigstickstoffbehälter. Arbeitsvorschrift 1. Um für die Selektion eine schnellwachsende, genetisch einheitliche Zellpopulation zu erhalten, wird eine Elternzellinie kloniert. 2. MTX wird mit steriler 0,15 M (0,85 %iger) NaClLösung verdünnt. Substanzlösungen aus Abpakkungen, die für den klinischen Gebrauch bestimmt sind, haben eine Konzentration von 2,5 mg/ml und sind bei — 20 °C unbegrenzt haltbar. 3. Je 2,5 x 105 Zellen werden in 25-cm 5 -Kulturflaschen eingesät (doppelte Ansätze), die komplettes Kulturmedium ohne bzw. mit 0,01, 0,02, 0,05 und 0,1 ng/ml MTX enthalten. Der pH-Wert wird korrigiert, und die Kulturen werden für 5 - 7 d bei 37 °C inkubiert. 4. Die Kulturen werden mit einem Umkehrmikroskop kontrolliert. Bei solchen, in denen ein kleiner Anteil der Zellen vor einem Hintergrund vergrößerter, adhärenter, wahrscheinlich sterbender Zellen klonales Wachstum zeigt, wird das alte Medium durch frisches mit derselben MTX-Konzentration ersetzt. 5. Die Kulturen werden für weitere 5 - 7 d inkubiert. Falls erforderlich, wird Mediumwechsel vorgenommen, jedoch immer unter Aufrechterhaltung der MTX-Exposition. Wenn eine Zelldichte von 2 - 1 0 x 106 Zellen pro Kulturflasche erreicht ist, erfolgt Subkultivierung in neue Flaschen (2,5 x 105 Zellen/Flasche) mit der gleichen oder 2- bis lOfach höheren MTX-Konzentration. 6. Nach weiteren 5 - 7 d werden die Kulturen dieser
wie auch der vorhergehenden Passage, die höheren Substanzkonzentrationen ausgesetzt waren, analysiert. Es erfolgt Medienwechsel und Auswahl von Kulturen mit vitalen Zellen wie vorstehend beschrieben. 7. Die Selektion wird unter laufender Erhöhung der Substanzkonzentration bei jedem Subkultivierungsschritt so lange fortgesetzt, bis das gewünschte Resistenzniveau erreicht ist: bei Zellen des chinesischen Hamsters sind nach 2 - 3 Monaten ein geringer bis mittlerer Resistenzgrad, erhöhte DHFRAktivität und/oder veränderte Transporteigenschaften ausgebildet; 6 Monate oder mehr sind bis zum Erreichen eines hohen Grades von Resistenz und Enzymüberproduktion erforderlich, wenn Zellen des chinesischen Hamsters, der Maus oder schnell wachsende menschliche Zellen eingesetzt werden. 8. Proben der sich entwickelnden Linien werden periodisch bei — 70 °C oder in flüssigem Stickstoff eingefroren (s. Kap. 17.4.3). Auswertung Um den Resistenzmechanismus zu charakterisieren, wird das Ausmaß der Resistenz der Zellen gegen MTX in einem Klonierungs- oder Wachstumstest bestimmt (s. Kap. 19), der Anstieg der Aktivität oder der Menge an D H F R durch biochemische oder gelelektrophoretische Methoden (Albrecht et al. 1972; Melera et al. 1980) und/oder der Amplifikationsgrad des Reductasegens durch Southern- oder Dot-Blots mit DHFR-spezifischen DNA-Sonden (Scotto et al. 1986). Methodische Varianten Außer Eagle's MEM können auch andere Zellkulturmedien benutzt werden. Es muß damit gerechnet werden, daß die Geschwindigkeit der Resistenzentwicklung und deren Typ von der Zusammensetzung des Mediums, z. B. dem Gehalt an Folsäure, beeinflußt wird. Die Zellen können vor der Selektion mit chemischen Mutagenen behandelt werden (Thompson und Baker 1973); diese Behandlung beeinflußt ebenfalls Geschwindigkeit und Typ der Mutantenselektion. Die Selektionierung kann auch vorgenommen werden, indem die Zellen in Gegenwart von MTX mit niederer Dichte in 100-mm-Gewebekulturschalen plattiert und einzelne Kolonien mit Klonierringen isoliert werden. Auch die Aussaat von Einzelzellen in die Vertiefungen von 96er-Mikrotiterplatten oder in Weichagar ermöglicht die Isolierung einer oder mehrerer klonaler Populationen bei jedem oder bei bestimmten Schritten der Resistenzbildung. Mit ähnlichen Methoden können Zellen auch gegen andere Agenzien (Antibiotika, andere Antimetabolite, toxische Metalle usw.) resistent gemacht werden. Unter-
11.4 Wechselwirkung mit dem Substrat schiede im Wirkungsmechanismus oder in der Toxizität der Agenzien können jedoch erforderlich machen, d a ß die Behandlung intermittierend und nicht kontinuierlich erfolgt, wodurch sich die zur Selektion erforderliche Zeit verlängert. Zellinien verschiedener Spezies oder mit geringerer Wachstumsrate (z.B. einige menschliche Tumorzellinien) benötigen eventuell andere, i.allg. niedrigere initiale Wirkstoffkonzentrationen, längere Expositionszeiten bei den einzelnen Konzentrationen und einen langsameren Anstieg der Konzentration zwischen den einzelnen Subkultivierungsschritten. Wird nicht das von Lederle produzierte Präparat verwendet, dann erfolgt das Lösen von M T X nach Zugabe einer äquimolekularen Menge N a O H und Sterilisation der Lösung durch ein 0,2-nm-Filter.
151
11.4 Wechselwirkung mit dem Substrat 11.4.1 Selektive Anheftung Differente Zellarten haben unterschiedliche Affinitäten zum Kultursubstrat und heften sich mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten an. Wird eine primäre Zellsuspension in eine Kulturflasche eingesät und nach 30 min in eine zweite Flasche überführt, nach weiteren 30 min in eine dritte usw., dann werden die adhäsivsten Zellen in der ersten, die am wenigsten adhäsiven in der letzten Flasche gefunden. Makrophagen neigen zur Anheftung in der ersten Flasche, Fibroblasten in den nächsten, dann folgen epitheliale und schließlich hämatopoetische Zellen in den letzten Kulturflaschen. Polinger (1970) be-
b ' JfltL*
Abb. 11.8 Selektives Klonieren von Mammaepithel auf einer konfluenten Feederschicht, a) Koloniebildung auf Plastik nach Aussaat von 4000 Zellen einer Mammakarzinomkultur/cm 2 (2 x 104 Zellen/ml). Die kleinen dichten Kolonien bestehen aus epithelialen Zellen, die sternförmigen aus Fibroblasten, b) Koloniebildung durch Zellen der gleichen Kultur nach Aussaat von 400 Zellen/cm2 (2000 Zellen/ml) auf eine konfluente Feederschicht von FHS-74-Int-Zellen (Owens et al. 1974). Die epithelialen Kolonien sind erheblich größer als in a), die Plattiereffizienz ist höher, Fibroblastenkolonien treten nicht auf. c)
Koloniebildung von Zellen einer anderen Mammakarzinomkultur, die auf der gleichen Feederschicht ausgesät wurde. Zu beachten ist die veränderte Morphologie der Kolonien mit schwächer gefärbtem Kern und Ring an der Kontaktstelle mit der Feederschicht, d) Koloniebildung durch Zellen einer Kultur normalen Mammagewebes auf FHI-Zellen (FHI = fetale menschliche Intestinalzellen, ähnlich den FHS 74 Int-Zellen). In c) und d) sind einige kleine Fibroblastenkolonien erkennbar (dargestellt nach einer Methode von Dr. A. J. Hackett, persönl. Mitteilung).
152
11 Klonierung und Selektion spezifischer Zellarten
nutzte ein ähnliches Verfahren zur Trennung von embryonalen Herzmuskelzellen und Fibroblasten. Wenn zur Disaggregation des Gewebes Collagenase in komplettem Medium benutzt wurde (s. Kap. 9.2.6), dann adhärieren die meisten der freigesetzten Zellen nur dann (innerhalb 48 h), wenn die Collagenase entfernt wurde. Makrophagen wandern jedoch während dieser Zeit aus dem Gewebefragment aus und adhärieren; sie können auf diese Weise nach 48- bis 72stündiger Behandlung mit Collagenase durch Transfer der Zellen in eine neue Kulturflasche abgetrennt werden. Die Methode funktioniert gut bei der Dissoziation von Biopsieproben menschlicher Tumoren.
11.4.2 Selektives Ablösen Bei Behandlung heterogener Monolayer mit Trypsin oder Collagenase lösen sich manche Zellen schneller als andere von der Unterlage. Mehrfache kurze Einwirkung von Trypsin entfernt aus Kulturen von fetalem menschlichen Intestinum (Owens et al. 1974) und Haut (Milo et al. 1980) die Fibroblasten. Lasfargues (1973) fand, daß aus Kulturen von Mammagewebe die Fibroblasten abgetrennt wurden und epitheliale Zellen erhalten blieben, wenn mehrmals für wenige Tage Einwirkung von Collagenase erfolgte. Umgekehrt werden durch EDTA epitheliale Zellen schneller abgelöst als Fibroblasten (Paul 1975). Dispase //(Boehringer, Mannheim) bewirkt in Kulturen menschlicher Zervix, die auf Feederschichten von
3T3-Zellen wachsen (s.u.), eine selektive Ablösung der epithelialen Schichten (engl, „sheets"), während die 3T3-Zellen nicht beeinflußt werden (s. Kap. 20.1.3). Diese Methode kann auch bei der Subkultivierung epithelialer Zellen anderer Herkunft zum Ausschluß stromaler Fibroblasten beitragen.
11.4.3 Beschaffenheit des Substrates Der hydrophile Charakter der meisten Kultursubstrate (s.a. Kap. 7.1) scheint für das Anheften der Zellen notwendig zu sein; jedoch ist wenig bekannt über die Veränderungen der Ladungsverteilung auf der Zelloberfläche und die Wechselwirkung verschiedener Verteilungsmuster mit unterschiedlichen Substraten. Da die Zellwanderungen im Embryo als hochselektive Prozesse wahrscheinlich auch durch Unterschiede in der Verteilung geladener Moleküle und spezifischer Rezeptoren auf der Zelloberfläche gesteuert werden, sind bei kultivierten Zellen qualitative und quantitative Unterschiede in der Substrataffinität zu erwarten. D a ß dies jedoch relativ selten beobachtet wird illustriert, wie wenig wir derzeit von den subtilen Wechselwirkungen zwischen Zellen und Substrat wissen (s.a. Kap. 14.5.3). Der spezifische Effekt der Substrate auf das Wachstum kann durch Unterschiede in der Geschwindigkeit des Anheftens und der Zellvermehrung bedingt sein. In praxi ist zwischen diesen beiden Effekten jedoch nicht zu unterscheiden. Unterlagen aus Polyacrylamid ermöglichen die Klonierung von Tumorzellen, jedoch nicht von normalen Fi-
3000 Gliom auf FHS
•) cD e
2000
^
E a o
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Q. O
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1000
DC
T3
, 24
48 Kulturdauer (h)
Abb. 11.9 Selektives Wachstum eines Glioms auf einer konfluenten Feederschicht. Die Zellen werden in einer Konzentration von 2 x 10 4 /ml (4 x 10 3 /cm 2 ) auf konfluente, mit Mitomy-
normale Gliazellen auf FHS FHS allein
72
cin C behandelte Feederschichten (s. Text) von FHS-74-IntZellen (Owens et al. 1974) ausgesät und danach zu verschiedenen Zeiten mit 3 H-Thymidin (s. Text) markiert.
11.4 Wechselwirkung mit dem Substrat
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153
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Abb. 11.10 Wachstum von Melanomzellen, Fibroblasten und Gliazellen in Suspension. Pro 35-mm-Petrischale wurden 5 x 10 5 Zellen (2,5 x 10 5 /ml) in 1,5 %igem Methocel über einer Basalschicht von 1,25 % Agar ausgesät. Die Kolonien wurden nach drei Wochen photographiert. a) Melanomzellen, b) normale menschliche embryonale Hautfibroblasten, c) normale menschliche adulte Gliazellen, d) Koloniebildung normaler und maligner Gliazellen in Suspension; helle Säulen: Kolonien mit mehr als 8 Zellen; schraffierte Säulen: Kolonien mit mehr als 16 Zellen; dunkle Säulen: Kolonien mit mehr als 32 Zellen. Die Koloniezahlen wurden mit einem Koloniezählgerät (Artek) ermittelt. Die auf der Abszisse angegebenen Buchstaben bezeichnen unterschiedliche Zellinien.
154
11 Klonierung und Selektion spezifischer Zellarten
broblasten (Jones und Haskill 1973, 1976). Transformierte Zellen proliferieren auf Teflon, während die meisten anderen Zellen dies nicht tun (Parenjpe et al. 1975). Makrophagen heften sich ebenfalls an Teflon an, proliferieren aber nicht. Auf der dermalen Seite gefriergetrockneter Schweinehaut wachsen epidermale Zellen, nicht jedoch Fibroblasten (Freeman et al. 1976). Diese Selektion beruht vermutlich auf der Wirkung des Collagens, welches daher auch in Gelform zur Stimulierung des Wachstums epithelialer Zellen eingesetzt wird (Lillie et al. 1984) und in denaturierter Form zur Unterstützung des Auswachsens endothelialer Zellen aus Aorta in Fibringerinnsel (Nicosia und Leighton 1981) dient. Die Firma Becton Dickinson hat eine Reihe von Primaria genannten Plastikartikeln in die Falcon-Serie eingeführt, die sich in der Oberflächenladung von herkömmlichen Gewebekulturplatten unterscheiden und das Wachstum epithelialer Zellen gegenüber Fibroblasten stimulieren sollen. Von einer Reihe weiterer Firmen werden ebenfalls Plastikartikel angeboten, die mit natürlichen oder synthetischen Matrices beschichtet sind und das Wachstum anspruchsvoller Zellarten fördern sollen, wahrscheinlich aber nicht selektiv wirken. Feederschichten. Die Konditionierung des Substrates durch Feederschichten wird in Kapitel 7.1.7 beschrieben. Feederschichten können zur Stimulierung des selektiven Wachstums epithelialer Zellen eingesetzt werden (Rheinwald und Green 1975), aber auch zur Unterdrückung des Überwachsens durch Stromazellen in Kulturen von Mamma- (Abb. 11.8) und Kolonkarzinom (s. Kap. 21.7.3) (Freshney et al. 1981). Freshney konnte auch nachweisen, daß menschliche Gliomzellen auf konfluenten Feederschichten normaler Gliazellen wachsen, während aus normalem Hirn stammende Zellen dies nicht tun (McDonald et al. 1955) (Abb. 11.9; s. a. Kap. 15). Halbfeste Unterlagen. Transformation vieler Fibroblastenkulturen vermindert die Anheftungsabhängigkeit der Zellproliferation (s. Kap. 15.2.3) (Macpherson und Montagnier 1964). Nach viraler Transformation der Zellen ist es möglich, durch Kultivierung in Agar (s. Kap. 11.1.4) Kolonien transformierter Zellen zu isolieren und normale Zellen zu eliminieren. Die Mehrzahl der normalen Zellen ist zwar zur Koloniebildung in Suspension in der Lage, vermag dies aber nur mit weit geringerer Effizienz als viral transformierte Zellen. Bei der Koloniebildung durch hämatopoetische Zellen in semisoliden Medien (Metealf 1970) erfolgt Reifung zu nicht mehr teilungsfahigen differenzierten Zellen. Die Kolonien können daher nicht subkultiviert werden (s.a. Kap. 20.4). Der Unterschied zwischen viral transformierten Fibroblasten und nichttransformierten Zellen ist in Selektionsversuchen mit Kulturen von spontanen
Tumoren nicht so klar erkennbar. Experimente im Labor von Freshney zeigten, daß normale Gliazellen und fetale Hautfibroblasten in Suspension ebenso leicht Kolonien bilden wie Gliome und Melanome (Abb. 11.10). Klonierverfahren und der Einsatz selektierender Bedingungen in der Zellkultur bieten gegenüber Methoden der physikalischen Zelltrennung (s. Kap. 12) wesentliche Vorteile: durch klonale Selektion werden verunreinigende Zellen vollständig abgetrennt, oder durch ständig oder wiederholt angewendete selektive Kulturbedingungen im Wachstum unterdrückt. Demgegenüber gelingt auch beim besten physikalischen Trennverfahren keine komplette Trennung der Zellpopulationen, so daß späteres Überwachsen eintreten kann. Solange diese Situa-
107
10»
3
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2
3
4
5
6
7
8
9
10
Kulturdauer nach Fraktionierung (d) Abb. 11.11 Überwachsen einer langsam proliferierenden Zellinie durch eine schnell wachsende Verunreinigung. Das hypothetische Beispiel zeigt, daß eine verunreinigende Zellpopulation B mit einer Verdopplungszeit von 24 h und einem Anteil von 10% nach nur 10 d in gleicher Menge vorliegt wie die ursprünglich dominierende Zellpopulation A, die sich alle 36 h verdoppelt.
11.4 Wechselwirkung mit dem Substrat tion besteht, kann ein stabiler Zustand nicht erreicht werden, die Zusammensetzung der Kultur ändert sich ständig. Aus Abbildung 11.11 ist ersichtlich, daß eine Kultur der Zellinie A, die mit 10% Zellen der Linie B verunreinigt ist, nach 10 Tagen bereits zu 50 % aus Zel-
155
len der Linie B besteht, wenn diese sich 50 % schneller teilen als die Zellen der Linie A. Für längerdauernde Kulturen sind also zusätzlich zu physikalischen Trennverfahren spezifische Wachstumsbedingungen erforderlich.
12 Physikalische Methoden der Zelltrennung
Klonierung oder Selektion sind durch die Wahl bestimmter Kulturbedingungen die bevorzugten Methoden für das „Reinigen" einer Kultur (s. Kap. 11). Es gibt jedoch Fälle, in denen die Zellen nicht mit einer für das Klonieren ausreichenden Plattiereffizienz wachsen oder selektionierende Kulturbedingungen nicht bekannt sind. In diesen Fällen kann es erforderlich werden, eine physikalische Separationstechnik, z.B. die Geschwindigkeitsoder die Dichtezentrifugation, anzuwenden. Mit physikalischen Trenntechniken ist es möglich, große Zellmengen schneller als durch Klonieren zu isolieren, obwohl nicht der gleiche Reinheitsgrad erreicht wird. Die üblichen Trennmethoden (Abb. 12.1) beruhen auf Unterschieden in der -
Zellgröße, Zelldichte (spezifisches Gewicht), Zelloberflächenladung, „Chemie" der Zelloberfläche (Affinität für Lectine, Antikörper oder chromatographische Medien), - Lichtstreuung der Zelle und
Tabelle 12.1
- Fluoreszenzstrahlung einer oder mehrerer zellulärer Bestandteile oder adsorbierter Antikörper. Die benötigten Apparaturen umfassen sowohl relativ billige Glasgeräte als auch sehr teure und aufwendige komplexe Laser- und Computertechnologie; die Auswahl der Geräte wird durch Zielstellung (Tab. 12.1) und verfügbare Mittel bestimmt.
12.1 Methoden auf der Grundlage der Zellgröße und Sedimentationsgeschwindigkeit Die Beziehung zwischen Partikelgröße und Sedimentationsgeschwindigkeit bei 1 g ist für Partikel im Größenbereich < 1 (xm sehr komplex, für Zellen jedoch ziemlich einfach und kann annähernd durch die Gleichung
Methoden zur Zelltrennung
Methode
Grundlage der Trennung
Bewertung
Referenz
Sedimentation bei 1 g
Zellgröße
einfache Technik
Miller und Phillips 1969
Sedimentation durch Zentrifugation (isokinetischer Gradient)
Zellgröße, Zelldichte und Oberflächenkonfiguration
computergesteuerte Gradientenbildung im Zonenrotor
Pretlow 1971
Elutriationszentrifugation
Zellgröße, Zelldichte und Oberflächenkonfiguration
schnell, hohe Zellausbeute
Meistrich et al. 1977a, b
Isopyknische Sedimentation
Zelldichte
einfach und schnell
Pertoft und Laurent 1977
Fluoreszenzaktivierte Zelltrennung (engl, „fluorescenceactivated cell sorting"; FACS)
Fluoreszenzmarker oder fluoreszierende Enzymsubstrate an der Zelloberfläche; multifaktoriell
komplexe, teure Technologie; hocheffektiv, hohe Auflösung, geringe Ausbeute
Kreth und Herzenberg 1974
Affinitätschromatographie
Antigene und Kohlenhydrate der Zelloberfläche
schwierige Eluation der Zellen von den Säulen; problemloseres Arbeiten in Suspension
Edelman 1973
Gegenstromverteilung
Affinität von Komponenten der Zelloberfläche zum Lösungsmittel
verminderte Vitalität der Zellen nach der Trennung
Walter 1977
Gradienten- oder kontinuierliche Elektrophorese
Ladung der Zelloberfläche
Kreisberg et al. 1977; Platsoucas et al. 1979
158
12 Physikalische Methoden der Zelltrennung Ladung
Dichte
Größe
©
oO°f
+
©
© CD
(b) Spontansedimentation (1 g) Elutriationszentrifugation Oberflächeneigenschaften (z.B. hydrophil, lipophil usw.)
©
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^
^
^
(c) kontinuierliche Elektrophorese Ficollgradient isoelektrische Fokussierung
Percoll Metrizamid Ficoll
Lichtstreuung (Struktur der Zelloberfläche)
o
o
/IS
®
o
Fluoreszenz (Farbstoffe, Antikörper, Enzymsubstrate)
—o-
© o
(d) Affinitätschromatographie Immunaffinität Gegenstromverteilung
Abb. 12.1 Methoden der Zelltrennung, a) Geschwindigkeitssedimentation. Die Sedimentationsgeschwindigkeit wird vor allem durch die Zellgröße bestimmt, bei höheren g-Werten aber auch durch Dichte und Beschaffenheit der Zelloberfläche, b) Isopyknische Sedimentation. Die Zellen sedimentieren im Dichtegradienten bis zu einem Punkt, dessen Dichte der der Zellen entspricht, c) Elektrophorese. Im elektrischen Feld wandern die Zellen entsprechend der Nettoladung ihrer Oberfläche. d) Affinitätsmethoden. Die Trennung erfolgt auf Grund unterschiedlicher Affinitäten zu chromatographischen Medien, Antikörpern oder Lectinen, die an chromatographische Medien gebunden sind, oder zu den Komponenten wäßriger 2Phasensysteme von Polymeren, e) Durchflußzytophotometrie.
Die Zellen werden zwischen zwei geladenen Platten entsprechend ihrer Lichtstreuungsintensität, die wiederum proportional zur Größe der Zelloberfläche ist, abgelenkt, f) Durchflußzytofluorimetrie. Mit spezifisch bindenden Fluoreszenzfarbstoffen markierte Zellen werden im elektrischen Feld entsprechend ihrer Fluoreszenzemission separiert. Durchflußzytophotometrie und -zytofluorometrie beruhen auf der Erzeugung eines Einzelzellstroms, der die Durchflußkammer entsprechender Geräte, wie z. B. von fluoreszenzaktivierten Zellsortierern (engl, „fluorescence-activated cell sorter"; FACS) (Becton Dickinson), von Zytofluorographen (Ortho) oder anderen Geräten (z. B. Coulter Cell Sorter) passiert.
ausgedrückt werden (Miller und Phillips 1969), in der v die Sedimentationsgeschwindigkeit in mm/h und r den Radius der Zellen in um bedeuten (s. Tab. 18.1).
fügbaren Glasgeräten zusammengestellt werden. U m die Stabilität der Flüssigkeitssäule, in der sich die Zellen in der Sedimentationskammer befinden, zu garantieren, wird ein aus Serum, Ficoll oder Rinderserumalbumin geformter Gradient verwendet und in die Kammer unter Vermeidung von Turbulenzen eingebracht (zweckmäßig ist hierbei die Verwendung eines konischen Stopfens, der als Prallfläche am Kammereingang plaziert ist; siehe Abb. 12.2).
12.1.1 S p o n t a n s e d i m e n t a t i o n bei 1 g Die erforderliche Apparatur wird in Abbildung 12.2 erläutert und kann aus den im Labor üblicherweise ver-
12.1 Methoden auf der Grundlage der Zellgröße und Sedimentationsgeschwindigkeit Gradientenmischer 30% Serum
15% Serum A
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Magnetrührer
Auslaß
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5% Serum M-,
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Trennkammer (Glas)
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50% Serum
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(d) Abb. 12.2 Zelltrennung durch Spontansedimentation bei 1 g. a) Start mit Eintrag der Zellen, b) Einlaufen des Gradienten, c) nach der Sedimentation, d) Elution des Gradienten (Miller und
Phillips 1969). Apparatur und Stellung der Hähne (H) in verschiedenen Phasen des Verfahrens. H = Zwei- bzw. Dreiwegehahn, M = Mischbehälter, R = Rührer.
160
12 Physikalische Methoden der Zelltrennung
Die Höhe der Separationskammer bestimmt, wie lange die Sedimentation dauert. Bei Einsatz einer 10 cm hohen Kammer und Verwendung eines niedrigviskosen Mediums sind etwa 2 - 4 h erforderlich. Bei längeren Sedimentationszeiten können bessere Trennergebnisse erreicht, aber auch Zellschädigungen bewirkt werden. Die Zahl der Zellen, mit der ein Gradient beladen werden kann, hängt vom Durchmesser der Kammer ab; die zellhaltige Schicht sollte schmal ( < 5 mm), die Zellkonzentration niedrig ( x 106/ml) gehalten werden. Höhe und Weite (also das Volumen) bestimmen auch die Geschwindigkeit, mit der die Kammer beschickt wird. Bei zu hoher Geschwindigkeit resultieren Turbulenzen, bei zu langsamem Füllen sedimentieren die Zellen schneller als der Flüssigkeitsspiegel ansteigt. Die in Abbildung 12.3 angegebenen Abmessungen sind optimal für die Trennung von ca. 2 x 107 Zellen mit einem Durchmesser von 15-18 um oder bis zu 108 Zellen von 10-12 (xm Durchmesser. Nachfolgend wird die Arbeitsweise beim Trennen einer ,,typischen " Zellsuspension (durchschnittlicher Zelldurchmesser 15 (im) beschrieben.
Injektionskanüle ( 1 7 G )
Dichtungsring
j j(falls erforderlich)
Glaskammer
Abb. 12.3 Trennkammer für 1-g-Sedimentation. Die gestrichelten Linien markieren einen Kühlmantel, der Sedimentation bei 4°C ermöglicht (modifiziert nach Miller und Phillips 1969).
Prinzip der Methode Nach Überschichten eines Serumgradienten in Medium mit den zu trennenden Zellen läßt man für etwa 3 h sedimentieren und den Gradienten in Kulturgefaße ablaufen (s. Abb. 12.2). Materialien - 300 ml Eagle's MEMS (modifiziert für Suspensionskulturen) mit 30 % Serum - 300 ml MEMS mit 15% Serum - 20 ml MEMS mit 5 % Serum - 10 ml Trypsin (0,25% ig in Trypsinverdünnungspuffer; s. Kap. 24) - 30 ml PBS - 20 ml MEMS mit 3 % Serum - 90 ml MEMS mit 50% Serum - 500 ml Flotationsmedium (1 M Saccharose oder 20 %iges Ficoll) - Hämozytometer oder Zellzählgerät - 25-cm2-Kulturflaschen - Kulturmedium. Arbeitsvorschrift 1. Vorbereiten der Apparatur entsprechend Abbildung 12.2. Verwendung von Luer-Lock-Verbindungen, um Demontage zur Sterilisation zu ermöglichen. Verpacken und Autoklavieren. 2. Aufbauen und kontrollieren, ob die Hähne H t , H 2 , H 3 und H 4 geschlossen sind. 3. Beschicken des Vorratsgefaßes M, mit 300 ml 30 %igen Serums in Medium und des Mischgefaßes M 2 mit 300 ml 15 %igen Serums in Medium. 4. Überprüfen der Funktion des Rührers R ^ 5. Zugabe von 20 ml 5% igen Serums in Medium zum Mischgefaß M 3 und Überprüfen der Funktion des Rührers R 2 . 6. Öffnen des Hahnes H 4 zwischen Spritze und Separationskammer und Zuführen von 20 ml PBS in die Trennkammer. 7. Öffnen des Hahnes H 4 in Richtung M 3 , Öffnen von H 3 und Einsaugen von etwas 5 %igen Serums in die Spritze, um die Leitung zu füllen; danach werden H 3 und H 4 wieder geschlossen. 8. Vorbereiten der Zellsuspension, zum Beispiel durch Trypsinieren einer Primärkultur für 15 min in 0,25 %iger Trypsin-Citrat-Lösung. Die Zellen werden sorgfaltig in 3 %igem Serum dispergiert; das tatsächliche Vorliegen einer Einzelzellsuspension ist zu kontrollieren. 9. Aufnehmen von 20 ml der Zellsuspension mit maximal 106 Zellen/ml in eine Injektionsspritze und Ansetzen der Spritze am Einlaßhahn H 4 . 10. Bei senkrecht gehaltener Spritze werden nacheinander H 4 in Richtung M 3 und H 3 geöffnet und etwas von dem 5 %igen Serum wird in die Spritze
12.1 Methoden auf der Grundlage der Zellgröße und Sedimentationsgeschwindigkeit
11.
12.
13. 14. 15.
16. 17.
gesaugt, um etwaige Gasblasen aus der Leitung zwischen M 3 und H 4 zu entfernen. Auf analoge Weise wird H 4 in Richtung Separationskammer geöffnet und etwas PBS in die Spritze gezogen, um die Verbindung zur Kammer von Gasblasen zu befreien. Die Zellsuspension ist so langsam in die Kammer zu drücken, daß ein Vermischen mit der überlagernden PBS-Schicht vermieden wird. Den Eintragvorgang beenden, wenn noch etwas Flüssigkeit in der Spritze enthalten ist, um zu vermeiden, daß Luftblasen in die Leitung gedrückt werden. Falls es nicht gelingt, die Zellsuspension ohne Turbulenzen zuzuführen, ist das Pistill der Spritze zu entfernen und die Suspension unter alleiniger Wirkung der Schwerkraft einlaufen zu lassen. Die Rührer R t und R 2 in Betrieb setzen. Öffnen von M 4 , um die Verbindung zwischen M 3 und Trennkammer freizugeben. Nach Öffnen von H x mittels H 2 bei M 3 eine Strömungsgeschwindigkeit von 15 ml/min ( « 5 Tropfen/s) einstellen. Die Zellsuspension wird nun in der Separationskammer auf einem Serumgradienten nach oben getragen. Sollten während des Einlaufens der Zellsuspension oder des Gradienten am Einlaß Turbulenzen entstehen, ist die Strömungsgeschwindigkeit bei M 3 durch Schließen von H 2 ZU reduzieren. Wenn die Gefäße M i und M 2 leer sind, jedoch bevor auch M 3 geleert ist, H 3 und H 2 schließen. Es ist meist möglich, die Zellschicht in der Separa-
18.
19.
20.
21.
22.
161
tionskammer zu erkennen und deren Sedimentation zu verfolgen. Die zellhaltige Zone (Bande) wird hierbei breiter und diffuser. Treten „Schwänze" von Zellen auf, die unterhalb der Hauptbande sedimentieren, dann deutet dies auf „Strömungen" während der ersten Phasen der Sedimentation. Ursache hierfür können zu hohe Zellkonzentration oder zu steiler Übergang (Dichte) zwischen Zellsuspension und Gradient sein. Nach ca. 20 min H[ schließen und 90 ml 50 %igen Serums in M 2 geben, dann H 3 öffnen und die Fließgeschwindigkeit im M 3 auf 15 ml/min einstellen. H 3 und H 2 werden geschlossen wenn M 2 , aber bevor M 3 geleert ist. Nach Zugabe von 500 ml Flotationsmedium in M j und M 2 und Öffnen von Hi und H 2 läßt man etwas Flotationsmedium in M 3 einlaufen und schließt H 2 wieder. Ist die Sedimentation beendet (die Zellbande hat die Mitte der Separationskammer erreicht) wird H 3 geöffnet und mit H 2 eine Fließgeschwindigkeit von 15 ml/min eingestellt. Über die Elutionsleitung am oberen Ende der Kammer je 10 ml des Eluats in graduierten Kulturgefäßen (z.B. 25-ml-Flaschen) sammeln. Der Inhalt ist zu mischen, bevor Proben zur Zellzählung entnommen werden. Die Flaschen verschließen und 24 h inkubieren. Danach ist das Medium durch frisches Kulturmedium mit üblichem Serumgehalt zu ersetzen.
11,3
13,3
14,9
15,9
pm
pm
pm
pm a>
X
E o.
TD
< u
20 Fraktionsnummer
Abb. 12.4 Elutionsprofil einer Mischung von HeLa- und NFL-Zellen (NFL: normale menschliche fetale Lungenfibroblasten) nach 3 h Sedimentation bei 1 g. Die Zellen wurden vorher mit 3 H-Leucin (HeLa) bzw. 3 H-Thymidin (NFL) markiert. Die Verteilung der Zellen im Eluat wurde durch Doppelmarkierungs-Szintillationszählung bestimmt. Die Zahlen
oberhalb der Peaks geben die aus der Sedimentationsgeschwindigkeit gemäß Gleichung 12.1 errechneten Zelldurchmesser an. Die für HeLa-Zellen berechneten Werte wurden durch Mikrometrie bestätigt, während die für NFL erhaltenen mikrometrischen Werte bei 16-18 um lagen (nach Freshney, Hart et al. 1982, mit Genehmigung des Herausgebers).
162
12 Physikalische Methoden der Zelltrennung
Methodische Varianten Gradientenmedium. Wenn Serum und übliche Kulturmedien benutzt werden, ist es möglich, die Zellen direkt im Eluat zu kultivieren. Fetales Kälberserum verursacht bei der Trennung weniger Reaggregationen als Kälberoder Pferdeserum. Wenn sich Serum als ungeeignet erweist, kann für die Gradienten Rinderserumalbumin (Catsimpoulas et al. 1978) oder Ficoll (Pharmacia) verwendet werden. Aggregation. Die Aggregation von Zellen wird reduziert, wenn die Separationskammer von einem Kühlmantel umhüllt wird und der ganze Prozeß bei 4 °C abläuft. Auch die Vorrats- und Mischgefaße M , , M 2 und M 3 müssen dann gekühlt werden. Durch Verwendung wassergetriebener Magnetrührer (Calbiochem) R, und R 2 wird eine Erwärmung des Gradienten vermieden. Pumpen. Im dargestellten Beispiel (s. Abb. 12.2) wird die Schwerkraft als billigste und einfachste Möglichkeit zur Erzeugung der Strömung des Gradientenmediums genutzt; es kann jedoch auch eine peristaltische (pulsfreie) Pumpe anstelle von H 3 eingesetzt werden. Die Spontansedimentation von Zellen (bei 1 g) repräsentiert eine technologisch einfache Methode der Zelltrennung. Sie ist gut anwendbar bei vielen Zelltypen, z. B. des Hirns (Cohen et al. 1978), des hämatopoetischen
Systems (Petersen und Evens 1967; McCool et al. 1970), oder bei Mischungen von HeLa-Zellen und Fibroblasten (Abb. 12.4), und mit den üblichen physiologischen Medien durchführbar. Die Zellen müssen jedoch einzeln suspendiert sein, und es können maximal 108 Zellen getrennt werden. Gradienten. Pretlow u.a. (Pretlow 1971; Pretlow et al. 1978, Hemstreet et al. 1980) haben spezifisch geformte Ficollgradienten (isokinetische Gradienten) benutzt, um Zellen durch Geschwindigkeitssedimentation bei hohen g-Werten im Zonenrotor zu trennen. Die Gradienten waren flach und von relativ geringer Dichte, um den Einfluß der Zelldichte auf die Sedimentationsgeschwindigkeit zu vermindern. Zellen vieler verschiedener Typen wurden mit dieser Methode, die offenbar einen weiten Anwendungsbereich hat, getrennt.
12.1.2 Elutriationszentrifugation Die Elutriationszentrifuge (Beckman) ist ein Gerät, welches mit einem speziell gestalteten Rotor und speziellen Einrichtungen die Trennung von Zellen bei erhöhter Sedimentationsgeschwindigkeit mit verbesserter Ausbeute und Auflösung ermöglicht (Abb. 12.5). Die suspendierten Zellen werden bei laufendem Rotor in die TrennBeobachtungsfenster
HB H D Fraktionen Pumpe und Zellreservoir Fenster Trennkammer Rotor stroboskopisches Licht
Abb. 12.5 Rotor einer Elutriationszentrifuge (Beckman). Zellsuspension und Trägerflüssigkeit treten im Zentrum des Rotors ein und werden zur Peripherie gepumpt, wo der Ein-
ström in den äußeren Bereich der Trennkammer erfolgt. Zur Erhaltung der Stabilität des Rotors wird der Rücklauf über die entgegengesetzte Seite geführt.
12.1 Methoden auf der Grundlage der Zellgröße und Sedimentationsgeschwindigkeit
Rotorzentrum Rotorrand
Abb. 12.6
Trennkammer eines Elutriationsrotors
Dichtegradient 1,010 g / m l
•
*
5 - 2 0 x 10 Zellen
6
1,100 g / m l
Abb. 12.7
Zelltrennung durch isopyknische Zentrifugation
•
' t't •
•
i
•
Zentrifugation 1 0 0 - 1 0 0 0 g, 30 min
164
12 P h y s i k a l i s c h e M e t h o d e n d e r Z e l l t r e n n u n g
kammer gepumpt und zwar mit einer solchen Fließgeschwindigkeit, daß die zentripetale Strömung die zentrifugale Bewegung der Zellen in Richtung auf die äußere Rotorwandung aufhebt (Abb. 12.6). Sind die Zellen einheitlich, bleiben sie stationär; bei uneinheitlicher Größe, Dichte oder Oberflächenkonfiguration sedimentieren sie jedoch mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Wegen der konischen Form der Trennkammer erhöht sich die Strömungsgeschwindigkeit in Richtung Rotorrand, so daß sich ein Gradient kontinuierlich steigender Flußraten ausbildet. Zellen mit differenten Sedimentationsgeschwindigkeiten erreichen daher ihren Gleichgewichtszustand an verschiedenen Positionen. Die Sedimentationskammer wird mit stroboskopischem Licht beleuchtet und kann durch ein Fenster beobachtet werden. Wenn die Zellen ihre Gleichgewichtsposition erreicht haben, wird die Flußrate erhöht, und die Zellen werden in die Aufnahmegefaße gepumpt. Da in komplettem Kulturmedium gearbeitet werden kann, ist unmittelbar nach erfolgter Trennung die weitere Kultur der Zellen möglich. Das Gleichgewicht wird innerhalb weniger Minuten erreicht. Der gesamte Vorgang dauert etwa 30 min. Bei jedem Durchlauf können 108 Zellen separiert werden; beliebig viele Wiederholungen sind möglich. Das Gerät ist jedoch ziemlich teuer, und zur erfolgreichen Durchführung von Trennungen benötigt man ein großes Maß an Erfahrung. Die Methode wurde bei einer ganzen Reihe von Zellarten eingesetzt (Meistrich et al. 1977 a; Greenleaf et al. 1979; Schengrund und Repman 1979); auch Zellen in verschiedenen Phasen des Zellzyklus sind getrennt worden (Meistrich et al. 1977 b).
12.2 Methoden auf der Grundlage der Zelldichte Die Trennung von Zellen nach ihrer Dichte kann bei geringen oder hohen g-Werten und unter Verwendung allgemein verfügbarer Apparaturen und Geräte vorgenommen werden. Die Zellen sedimentieren in einem Dichtegradienten bis zu einer Position, die ihrer eigenen Dichte entspricht (isopyknische Sedimentation, Abb. 12.7). Für die Gradientenbildung müssen physiologische Medien verwendet und sorgfältig bezüglich ihrer osmotischen Werte überprüft werden. Das Dichtemedium darf nicht toxisch und auch bei hohen Dichtewerten (1,10 g/ml) nicht viskos sein und in Lösung nur geringe osmotische Aktivität ausüben. Serumalbumin (Turner et al. 1967), Dextran (Schulman 1968), Ficoll (Pharmacia) (Sykes et al. 1970), Metrizamid (Nygaard) (Munthe-Kaas und Seglen 1974) und Percoll (Pharmacia) (Wolffund Pertoft 1972; Pertoft und Laurent 1977) haben diese geforderten Eigenschaften; Percoll (kolloidales Siliciumdioxid) ist eines der gegenwärtig am meisten gebrauchten Medien. (Bezüglich der Isolierung von Lymphozyten in Ficoll-Metrizoat-Gradienten s. Kap. 23.2.)
12.2.1 Isopyknische Sedimentation Prinzip der Methode Herstellung eines Gradienten durch Überschichten von Percollösungen differenter Dichte, durch hochtouriges Zentrifugieren einer Percollösung oder mit
Mischer
Medium geringer Dichte, z.B. 1,020 g / m l Percoll
Medium hoher Dichte, z.B. 1,080g/ml_ Percoll Spritze oben anlegen
Pipette oben anlegen
dichteste Lösung zuerst
dichteste Lösung zuerst
Spritze mit langer Kanüle zum Boden
(c)
leichteste Lösung zuerst
Abb. 12.8 H e r s t e l l u n g eines D i c h t e g r a d i e n t e n a ) d u r c h Ü b e r s c h i c h t e n m i t einer Spritze, b ) d u r c h Ü b e r s c h i c h t e n m i t einer
Hahn ^ überkapptes Zentrifugenröhrchen
(d)
entstehender Gradient
Auslaufröhrchen
Spitze der Edelstahlkanüle
P i p e t t e , c) d u r c h U n t e r s c h i c h t e n m i t e i n e r Spritze, d ) mit e i n e m G r a d i e n t e n m i s c h e r (Buchler).
12.2 Methoden auf der Grundlage der Zelldichte speziellen Gradientenmischern (Abb. 12.8). Danach erfolgt Zentrifugation der Zellen durch den Percollgradienten (evtl. auch Spontansedimentation bei 1 g), Sammeln von Fraktionen und direktes Kultivieren der fraktionierten Zellen (s. Abb. 12.7). Materialien - Kulturmedium (steril) - Kulturmedium mit 20 % Percoll (steril) - 25-ml-Zentrifugenröhrchen (steril) - PBSA (steril) - Trypsin (0,25 %ig, steril) - Injektionsspritze oder Gradientensammler (steril) (s. Abb. 12.10) - Multischale mit 24 Vertiefungen oder Mikrotiterplatte (steril) - Refraktometer oder Densitometer - Hämozytometer oder Zellzählgerät. Arbeitsvorschrift 1. Präparieren des Gradienten: - Ansetzen von normalem Kulturmedium und Kulturmedium mit 20 % Percoll. - Einstellen der percollhaltigen Lösung auf eine Dichte von 1,10 g/ml und eine Osmolalität von 290 mOsm/kg. - Mischen der zwei Lösungen zu unterschiedlichen Anteilen, um 10-20 Dichtestufen im angestrebten Bereich, z.B. von 1,020-1,100g/ml, zu erhalten. - Schrittweises Überschichten der einzelnen Stufen in einem 25-ml-Zentrifugenröhrchen (siehe
Abb. 12.8a und b). Der Gradient kann sofort eingesetzt oder über Nacht aufbewahrt werden. Alternativ kann percollhaltiges Medium der Dichte 1,085 g/ml in einem Zentrifugenröhrchen 1 h bei 20000 g zentrifugiert werden. Auf diese Weise entsteht ein sigmoider Gradient (siehe Abb. 12.9), dessen Form durch die Anfangskonzentration an Percoll, die Dauer und Intensität der Zentrifugation, die Form des Röhrchens und den Rotortyp bestimmt wird. Ein linearer Gradient kann z.B. durch Mischen von Percolllösungen der Dichten 1,020 g/ml und 1,080 g/ml ineinemGradientenmischer(s.Abb. 12.8d)(MSE/ Fisons, Pharmacia, Buchler) hergestellt werden. 2. Trypsinieren und Resuspendieren der Zellen in serumhaltigem Medium. Es ist zu prüfen, ob eine Einzelzellsuspension vorliegt. 3. Den Gradienten mit einer Suspension von 2 x 107 Zellen in 2 ml Medium überschichten. 4. Zur Sedimentation läßt man die Zellen 4 h in der Laminarbox stehen oder zentrifugiert 20 min zwischen 100 und 1000 g. 5. Die Fraktionen werden mit Hilfe einer Spritze oder einer Vorrichtung entsprechend Abbildung 12.10 gewonnen. Fraktionen von 1 ml können in Multischalen, solche von 0,1 ml in Mikrotiterplatten gesammelt werden. In bestimmten Abständen werden Proben zur Bestimmung der Zellzahl und der Dichte des Gradientenmediums entnommen. Die Dichte kann mit einem Refraktometer (Hilger) oder einem Densitometer (Paar) bestimmt werden. 6. In jede Vertiefung der Kulturschalen wird ein glei-
1,110 1,100 1,090
Ausgangsdichte 1,0850 g/ml 1 h Zentrifugation bei 20000 g
1,080 1,070 1,060 • 5
1,050 1,040 1,030
1,020
10
20
165
30
40
Distanz vom Boden des Zentrifugenröhrchens (mm)
Abb. 12.9 Durch Zentrifugieren (1 h bei 20000 g) erzeugter Percollgradient
SO
166
12 Physikalische Methoden der Zelltrennung
Flotationsmedium
Fraktionsnummer
1
5
10
15
20
Dichte Q
¿ \ q= 1,0606
Flotations medium
Abb. 12.10 Gradientensammler (MSE/Fisons). Durch Einpumpen eines Flotationsmediums (z. B. des Fluorkohlenwasserstoffs FC 43) zum Boden des Zentrifugenröhrchens wird der Gradient verdrängt und aufwärts durch das Auslaufröhrchen gedrückt (nach einem Entwurf von Dr. G.D. Birnie).
ches Volumen Kulturmedium gegeben und gemischt, um zu sichern, daß die Zellen auf den Boden der Vertiefung sedimentieren. Nach 24-48 h erfolgt Mediumwechsel zur Abtrennung des Percolls. Methodische Varianten Die Zellen können auch schon vor Bildung des Gradienten durch Zentrifugation appliziert werden. In diesem Fall ist nur einmaliges Zentrifugieren erforderlich. Allerdings kann das Zentrifugieren bei den anzuwendenden hohen g-Werten die Zellen schädigen. Andere Medien. Ficoll ist eines der gebräuchlichsten Trennmedien, da es, wie Percoll, autoklaviert werden kann. Bei hoher Dichte ist es etwas viskoser und kann Verklumpung von Zellen auslösen. Metrizamid (Nygaard) ist ein nichtionisches Derivat des Metrizoats, welches als Röntgenkontrastmittel (Isopaque, Hypaque, Renografin) und zur Lymphozytenanreicherung (z. B. Lymphoprep) (s. Kap. 23.2) verwendet wird. Metrizamid ist bei hoher Dichte weniger viskos (Rickwood und Birnie 1975), wird aber, wie auch Isopaque, von manchen Zellen aufgenommen (Abb. 12.11) (Splinter et al. 1978). Wenn derartige Medien verwendet werden, sollten die Zellen immer auf den Gradienten geschichtet und nicht bereits vor dessen Bildung enthalten sein. „Marker beads". Zur Bestimmung der Dichte in verschiedenen Bereichen eines Gradienten werden von Pharmacia gefärbte „marker beads" mit standardisierter Dichte produziert.
10
15
20
1,000
Abb. 12.11 Aufnahme von Metrizamid (Nygaard) durch Zellen während isopyknischer Zentrifugation. Die schraffierten Markierungen bezeichnen die Position der Zellen beim Start. MRC-5-Zellen (menschliche, diploide, embryonale Lungenfibroblasten) wurden entweder in metrizamidhaltigem Medium geeigneter Dichte in die Mitte des Gradienten (a) oder in Medium suspendiert auf den Gradienten gegeben (b). Nach Zentrifugation sind die Zellen eluiert und gezählt worden (durchgezogene Kurve). Zur Dichtebestimmung entnahm man von jeder Fraktion Proben (gestrichelte Kurve) (nach Freshney 1976 a, mit Genehmigung des Herausgebers).
Die isopyknische Sedimentation erfolgt schneller als die Geschwindigkeitssedimentation im normalen Schwerefeld ( l g ) und ergibt bei gleichen Gradienten Volumina höhere Ausbeuten. Ihre Anwendung ist besonders dann zu empfehlen, wenn deutliche Dichtedifferenzen zwischen den zu trennenden Zellen bestehen. Die Zelldichte selbst ist durch das Trennmedium, z.B. Metrizamid (s. Abb. 12.11), durch die Position der Zellen im Zellzyklus und durch Serum (Abb. 12.12) beeinflußbar. Zelltrennung durch isopyknische Sedimentation kann, da keine hohen g-Werte gefordert werden, mit jeder beliebigen Zentrifuge, aber auch bei 1 g durchgeführt werden.
12.3 Methoden auf der Grundlage der Fluoreszenz Die Technik der fluoreszenzaktivierten Zellsortierung (s. Tab. 12.1) (Kreth und Herzenberg 1974; Herzenberg
12.3 Methoden auf der Grundlage der Fluoreszenz
1
1
1
1
1
Zellzahl x 10~5
Zellzahl x 10"5
3.0
3,0
2,0
2,0
1
1
1
1
r
1
1
I
I
L
167
1.9
1,0
1.0
0 (b)
0
•
I
I
I
Dichte 0 ( g / m l )
1,01 1,02 1,03 1,04 1,05 1,06 1.07 1,08 1,09 1,10 1
(a)
'
1
11
I T....e (!" Dichte g / m lT)
j\
Zellzahl x
1CT5
1
1
1
2.7
Zellzahl x 10~5
• 10 5 /cm 2 ) auf einer geeigneten Matrix. Ein Collagentyp, der dem am Ursprungsort der Zellen vorliegenden entspricht, kann hier verwendet werden, gegebenenfalls in Kombination mit Fibronectin oder Laminin. Auch Matrices aus komplexeren Geweben (Reid und Rojkind 1979), Zellen (Gospodarowicz et al. 1980) oder syn-
196
14 Induktion der Differenzierung
thetischen Produkten (z. B. Poly-D-Lysin für Neuronen) (Yavin und Yavin 1980) können geeignet sein. 3. Wahl eines differenzierungsfördernden anstelle eines zur Zellvermehrung geeigneten Mediums, z.B. verlangt Epidermis eine Erhöhung der C a 2 + - K o n z e n tration auf » 3 m M , Bronchialschleimhaut eine erhöhte Serumkonzentration (s. Kap. 20.1.8). 4. Zusatz differenzierungsinduzierender Stoffe (Glucocorticoide, Retinoide, Vitamin D 3 , D M S O , H M B A , Prostaglandine oder peptidische Diiferenzierungsfaktoren, z.B. Gliareifungsfaktor, Lungenreifungsfaktor, N G F oder melanozytenstimulierendes Horm o n M S H ) je nach Zelltyp (s. Tab. 14.1 und 14.2). 5. Zusatz einer wechselwirkenden Zellart während der Wachstumsphase (s. Punkt 2) und/oder Induktionsphase (s. Punkte 3 und 4). Die Auswahl des geeigneten Zelltyps ist nicht immer klar. Lungenfibroblasten bei der Reifung von Lungenepithel (Post et al. 1984), Gliazellen bei der neuronalen Differenzierung (Lindsay 1979) und Knochenmarkadipozyten für hämatopoetische Zellen (s. Kap. 20.4) sind einige der besser charakterisierten Beispiele. 6. Besonders für bestimmte Epithelien ist es vorteilhaft, sie auf einem abgelösten Collagenfloß (engl, „floating raft") (Sattler et al. 1978) oder in einem Filter-Einsatz für Multischalen (Chambard et al. 1983) schwimmend zu kultivieren. Nicht alle der genannten Faktoren sind immer erforderlich und die Reihenfolge ihrer Aufzählung soll auf die Reihenfolge ihrer Prioritäten hindeuten. Auch die zeitliche Abfolge kann wichtig sein. So ist der Turnover der Matrix langsam, so d a ß eine langdauernde Exposition erfolgen muß. Demgegenüber sind manche H o r m o n e nach relativ kurzer Einwirkung effektiv. Darüberhinaus hängt die Reaktion z. B. auf H o r m o n e von der Präsenz einer geeigneten extrazellulären Matrix, von der Zelldichte oder heterologen Zellwechselwirkungen ab; vor Einwirkung derartiger Wirkstoffe müssen diese Faktoren daher stabilisiert sein. Nicht alle Differenzierungsarten können in Kultur reproduziert werden. Es ist jedoch wahrscheinlich, d a ß es mit der Erarbeitung von Methoden zur Isolierung und Kultivierung der entsprechenden Zelltypen und dem Auffinden der richtigen Induktoren in naher Z u k u n f t gelingen wird, funktionelle Differenzierung in vitro bei immer mehr Zellarten zu erreichen.
14.7.1 Präparation von Collagengel Die nachfolgende Vorschrift beruht auf einem Verfahren von Ted Ebendal, Department of Zoology, University of Uppsala, Schweden, welches wiederum auf einer Methode von Elsdale und Bard (1972) basiert.
Allgemeines Collagen ist bei niedrigen pH-Werten und geringer Salzkonzentration löslich. Bei Anstieg des pH-Wertes auf 7,4 und Erhöhung der Ionenstärke bildet sich Collagengel. Prinzip der Methode Rattenschwanzsehnen werden in 0,5 M Essigsäure gelöst und gegen lOfach verdünntes Kulturmedium (pH 4,0) dialysiert. Zur Bildung des Gels wird die dialysierte Collagenlösung mit Kulturmedium verdünnt. Materialien - 10 x B M E - N a H C 0 3 (7,5 %ig) - L-Glutamin (200 m M ) - FKS - destilliertes Wasser - N a O H (0,142 M) - Essigsäure (0,5 M). Vorschrift A: Präparation des Collagens 1. Rattenschwänze abschneiden und 1 min in 70%iges Ethanol einlegen. 2. Schwänze von der Spitze brechen und die Sehnen herausziehen, wobei mit sterilen Handschuhen zu arbeiten ist, um die Sehnen steril zu erhalten. 3. Sehnen von 20 Schwänzen in 200 ml 0,5 M steriler Essigsäure lösen, durch sterilen Verbandsmull filtrieren. 4. Lösung 24 h gegen 41 steriles lOfach verdünntes B M E dialysieren. 5. Wiederholung von Schritt 4 nach vorheriger Änderung des pH-Wertes auf 4,0. 6. Z u m Klären der Lösung 24 h bei 17 000 g oder 2 h bei 50000 g zentrifugieren. Vorschrift B: Herstellung des Collagengels 1. Verdünnungsmedium. Zur Präparation von ca. 5 ml Gel werden die folgenden Komponenten in einem Glasröhrchen unter Kühlung im Eisbad gemischt. - 455 |uil 10 x B M E - 112 jxl N a H C 0 3 (7,5 %ig) - 50 nl L-Glutaminlösung (200 m M ) - 55 nl F K S (falls ein Gehalt von 1 % im Gel erwünscht ist; für 10 % Serum sind 555 (il erforderlich) - 383 dest. Wasser (abzüglich des Volumens der NaOH-Lösung). Unmittelbar vor Gebrauch 5 0 - 1 5 0 nl 0,142 M NaOH-Lösung zugeben. Die genaue, zur Einstellung des pH-Wertes von 7,4 erforderliche Menge ist für jede neue Collagenlösung im voraus anhand des Farbwechsels des Mediums zu ermitteln.
14.7 Praktische Aspekte
2. 0,80 ml Collagenlösung werden in ein 10-ml-Glasröhrchen überführt (Eisbad). Pro Kulturschale wird 1 Röhrchen beschickt. 3. Zur Präparation des Gels wird die Collagenlösung mit 0,21 ml Verdünnungsmedium gründlich gemischt (für ein Gel mit 10% Serum sind 0,31 ml erforderlich), wobei das Einbringen von Luftblasen zu vermeiden ist, da diese im Gel eingeschlossen bleiben können. Zum Mischen wird eine Pipette mit weiter Öffnung verwendet. 4. Die fertige Mischung wird in eine Kulturschale überführt, wo die Gelbildung erfolgt. Methodische Varianten Die Haftung des Collagengels an Plastiksubstraten kann durch Derivatisierung mit Carbodiimid erhöht werden (s. Kap. 14.7.2). Collagen ist auch kommerziell erhältlich (Flow Laboratories, Collagen Corporation u.a.).
14.7.2 Beschichtung von Oberflächen mit vernetztem Collagen
Die folgende Vorschrift ist ein Beitrag von Jeffrey D. Macklis, Department of Neurosciences, Children's Hospital, and Department of Neuropathology, Harvard Medical School, Boston, Massachusetts 02115. Allgemeines Ein neuer Typ mit Collagen beschichteter Oberflächen zur Kultivierung von Zellen des Nervensystems wurde von Macklis et al. (1985) beschrieben. Die Methode ermöglicht längere Kulturzeiten, verbessert die optischen Eigenschaften bei mikroskopischer Betrachtung der Kultur und erhöht die Lagerfahigkeit der beschichteten Kulturplatten in trockenem Zustand. Das Collagen wird an Plastikkulturschalen durch Behandlung mit einem vernetzenden Carbodiimid [l-Cyclohexyl-3-(2morpholinoethyl)-carbodiimid-metho-p-toluensulfonat] gebunden. Beim Vergleich mit konventionellen, durch Ammoniak polymerisierten oder adsorbierten Beschichtungen zeigen sich erhöhte Lebensfähigkeit der kultivierten Zellen und verbesserte optische Eigenschaften. Nachfolgend wird die kovalente Bindung von Collagenfibrillen an aktive Gruppen von Plastikkulturgefaßen beschrieben. In 5 h kann ein großer Vorrat beschichteter Platten hergestellt werden.
197
Prinzip der Methode Präparation einer Collagenstammlösung, die mit einer wäßrigen Carbodiimidlösung verdünnt wird. Die Kulturschalen werden beschichtet, inkubiert, gewaschen, luftgetrocknet, durch UV-Licht sterilisiert und verwendet bzw. trocken aufbewahrt. Materialien - Collagenlösung in verdünnter Essigsäure mit einem Proteingehalt von ca. 500 (xg/ml ist kommerziell erhältlich oder kann durch Extraktion von Rattenschwänzen nach der Methode von Bornstein und Murray (1958) hergestellt werden - Carbodiimid (Aldrich Chemical Co.) - Gewebekulturplatten (Falcon Plastics, Becton Dickinson & Co) - doppelt destilliertes Wasser, durch Autoklavieren sterilisiert. Arbeitsvorschrift 1. Je ca. 2 mg Carbodiimid in sterile 15-ml-Mediumröhrchen geben, verschließen und bis zum Gebrauch bei 4°C aufbewahren. 2. Je 14 ml doppelt destilliertes Wasser bei Raumtemperatur in carbodiimidenthaltende Röhrchen geben (mit einem Röhrchen können 15 35-mmKulturschalen beschichtet werden). 3. Der Inhalt der Röhrchen wird für etwa 10 s intensiv gemischt (Vortex). 4. 1 ml Collagenstammlösung in die Carbodiimidlösung enthaltenden Röhrchen pipettieren (Carbodiimidgehalt etwa 130 |xg/ml) und schnell und intensiv mischen. 5. Die Collagen-Carbodiimid-Lösung wird schnell in Petrischalen überführt, wobei das Volumen so zu bemessen ist, daß der Boden reichlich bedeckt ist (äs 1 ml pro 35-mm-Schale). Je schneller der Transfer erfolgt, umso geringer ist die Derivatisierung des Röhrchens und umso früher erfolgt Kontakt mit der Schale. 6. Schalen 3 h bei 25 °C inkubieren. 7. Dreimal mit sterilem, doppelt destilliertem Wasser waschen. 8. Schalen 1 h an der Luft trocknen. 9. Durch UV-Bestrahlung sterilisieren (1 h). 10. Die Platten können sofort verwendet oder bis zum späteren Gebrauch trocken aufbewahrt werden.
15 Der transformierte Phänotyp
15.1 Was ist Transformation? In der Mikrobiologie, wo der Begriff zuerst verwendet wurde, bedeutet Transformation eine Veränderung des Phänotyps als Folge der Aufnahme neuen genetischen Materials. Bei Säugerzellen ist ein solcher Vorgang auch möglich (s. Kap. 23.9), wird dort aber als „Transfektion" bezeichnet, um ihn von der Transformation zu unterscheiden, die in der Gewebekultur eine phänotypische Veränderung bedeutet, welche nicht unbedingt von der Aufnahme neuen genetischen Materials abhängt. Obwohl Transformationen durch Infektion mit einem transformierenden Virus, zum Beispiel dem Polyomavirus, oder durch Einbau neuer genomischer D N A ausgelöst werden können, entstehen sie auch spontan oder als Folge der Wirkung eines chemischen Kanzerogens. Als primäre Veränderung wird im allgemeinen ein irreversibles genetisches Ereignis angenommen, obwohl neuere Untersuchungen gezeigt haben, daß der Phänotyp transformierter Zellen durch chemische oder hormonelle Induktoren zumindest partiell normalisiert werden kann (s. Kap. 14.5.1.2). Die Transformation in vitro korreliert mit dem Auftreten bestimmter Eigenschaften (Tab. 15.1), von denen die Immortalisierung die wichtigste ist. Die meisten Normalzellen haben eine begrenzte Lebensdauer von 20 bis 100 Generationen (s. Kap. 2.4). Manche Zellen, besonders solche von Nagetieren und der Mehrzahl der Tumoren, können jedoch kontinuierliche Zellinien mit einer unbegrenzten Lebensdauer bilden. Nagetierzellen sind kurz nach der Isolierung karyotypisch normal und machen nach etwa 12 Generationen in Kultur eine Krise durch, in deren Verlauf die meisten Zellen absterben. Einige Zellen mit erhöhter Wachstumsrate überleben jedoch und sind Ausgangspunkt einer kontinuierlichen Zellinie. Werden kontinuierliche Zellinien von Mäuseembryonen (z.B. die verschiedenen 3T3-Linien) bei niedriger Zelldichte gehalten und wird die Ausbildung eines konfluenten Zellrasens verhindert, dann bleiben Kontakthemmung und Dichtebegrenzung des Wachstums erhalten (Todaro und Green 1963) s. Kap. 5.2.2). Wenn die Konfluenz jedoch für längere Zeit besteht, bilden sich Herde (Foci) von Zellen mit reduzierter Kontakthemmung, die sich gegenseitig und schließlich auch die Normalzellen überwachsen (s. Abb. 15.1a).
Die Tatsache, daß derartige Zellen bei niedriger Zelldichte oder vor erstmaligem Erreichen der Konfluenz nicht auftreten, läßt vermuten, daß sie de novo, durch ein weiteres Transformationsereignis gebildet werden. Sie scheinen einen Wachstumsvorteil zu haben, denn die folgenden Subkulturen werden von diesen Zellen rasch überwuchert. Der entstandene Zelltyp erweist sich häufig als tumorigen. Untersuchungen an normalen menschlichen Urothelzellen zeigten ebenfalls, daß die /«-vi/ro-Transformation ein progressiver, mehrere Schritte umfassender Prozeß ist (Christensen et al. 1984). Normale urotheliale Zellkulturen bestehen aus vorwiegend diploiden Zellen, die
Tabelle 15.1
Eigenschaften transformierter Zellen 1
Wachstumscharakteristika
unbegrenzte Lebensdauer (Immortalität) anheftungsunabhängig Verlust der Kontakthemmung fähig zum Wachstum auf einem Monolayer homologer Zellen Fokusbildung (s. Abb. 15.1) verringerte Dichtebegrenzung des Wachstums hohe Sättigungsdichte geringer Serumbedarf unabhängig von Wachstumsfaktoren hohe Plattiereffizienz verkürzte Populationsverdopplungszeit
Genetische Eigenschaften
hohe Spontanmutationsrate aneuploid heteroploid
Maligne Eigenschaften
tumorigen angiogen erhöhte Sekretion von Proteasen, z. B. Plasminogen-Aktivator invasiv
1
Diese Aufstellung besagt nicht, d a ß transformierte Zellinien alle genannten Eigenschaften exprimieren; im Vergleich zu normalen, begrenzt wachsenden Zellinien besteht jedoch eine höhere Wahrscheinlichkeit dafür. Verschiedene Linien unterscheiden sich darüberhinaus stark im G r a d der Expression einzelner Eigenschaften.
200
15 Der transformierte P h ä n o t y p
Abb. 15.1 F o k u s transformierter Zellen in einem Monolayer normaler, k o n t a k t g e h e m m t e r NIH3T3-Mäusefibroblasten. a) D u r c h Transfektion mit Rinderpapillomvirus-DNA transformierte NIH3T3-Mäusefibroblasten (die virale D N A wurde
im bakteriellen Plasmid pAT-153 kloniert und mit C a 3 ( P 0 4 ) 2 kopräzipitiert). b) Bei hoher Zelldichte entstandene spontane Transformante (mit freundlicher Genehmigung von D . Spandidos, Photographien von M . Freshney).
nicht angiogen, nicht invasiv und nicht tumorigen sind. Derartige Zellinien werden im Verlauf von bis zu zwei Jahren zunächst angiogen, dann aneuploid und schließlich tumorigen und invasiv. Transformation ist also offensichtlich ein mehrstufiger Prozeß, der häufig in der Bildung neoplastischer Zellen kulminiert (Quintanilla et al. 1986). Es erscheint daher merkwürdig, daß maligne Tumoren Zellinien bilden können, die, obwohl sie als „transformiert" gelten können, einer weiteren „Transformation" unterliegen, die zu erhöhter Wachstumsrate, reduzierter Anheftungsabhängigkeit, höherem Aneuploidiegrad und Immortalisierung führt. Eine solche Transformation wurde im Labor des Autors an Zellen eines verhornenden Bronchialkarzinoms beobachtet, wobei die entstehende kontinuierliche Zellinie die Fähigkeit zur Tumorbildung in Nacktmäusen sogar wieder verlor. Aus diesen Befunden folgt, daß zur malignen Transformation eine Reihe von Schritten erforderlich ist, die nicht unbedingt koordiniert oder voneinander abhängig ablaufen und einzeln nicht zur Entstehung der Fähigkeit
zur Tumorbildung führen müssen. Analog wird auch nicht durch jeden Tumor der gleiche Satz von Eigenschaften exprimiert, und im Verlauf der „Progression" können neue Eigenschaften erworben werden oder bereits existierende verlorengehen - Vorgänge, in deren Folge Metastasenbildung oder auch spontane Remission induziert werden können. Der Transformationsprozeß läßt sich mit einem Kartenspiel, z.B. dem Rommé, vergleichen, bei dem die Karten nicht in einer spezifischen Reihenfolge vorliegen müssen, sondern verschiedene Sätze dem Spieler das Auslegen ermöglichen. Ganz analog gibt es mehrere Transformationsschritte, die u. a. zunehmende Immortalisierung oder Tumorigenität bewirken (s. Tab. 15.1); die Sequenz, in der diese Schritte realisiert werden, dürfte vom Selektionsdruck des umgebenden Milieus bestimmt sein. In vitro, wo oft nur geringe Wachstumsbeschränkungen bestehen, müssen die Ereignisse nicht in derselben Reihenfolge stattfinden wie in vivo. Daher ist der Transformationsbegriff in der Zellkultur nicht so einfach definierbar wie in der Mikrobiologie und sollte
15.2 Anheftungsunabhängigkeit (Substratunabhängigkeit)
mit Vorsicht benutzt werden, gegebenenfalls in präzisierter Form (z. B. „Transformation in eine kontinuierliche Zellinie", „Ploidietransformation", „maligne" oder „neoplastische Transformation"). Da Malignität als solche in vitro nicht nachweisbar ist, benutzt man hierfür eine Reihe von Merkmalen, die typisch für in vitro kultivierte Zellen aus bösartigen Tumoren sind. Nachfolgend werden derartige Eigenschaften beschrieben, wobei aber anzumerken ist, daß zwischen ihnen und der Expression von Malignität in vivo keine kausale Beziehung besteht; viele der genannten Merkmale stehen aber in funktioneller Beziehung zur Malignität. Zur Ermittlung von Eigenschaften, die mit dem malignen Zustand assoziiert sind, wurden zwei Wege beschritten: - Kultivierung und Charakterisierung von Zellen aus malignen Tumoren oder /«-v/rro-Transformation von Zellen mit einem Virus oder chemischen Kanzerogen und Vergleich der erzeugten tumorigenen mit nichttransformierten Zellen. - Gewinnung transformierter Klone gleichen Ursprungs (engl, „lineage"). Nach Überprüfung der Malignität dieser Linien kann mit nichtmalignen, nichttransformierten Klonen verglichen werden. Leider sind aber viele der Charakteristika von Zellen, die in vitro transformiert wurden, bei Zellen aus spontanen Tumoren nicht zu finden. Ideal wäre, wenn Tumorzellen und die korrespondierenden Normalzellen isoliert und charakterisiert werden könnten. Es gibt jedoch relativ wenige Beispiele, bei denen dies gelungen ist; aber auch in diesen Fällen ist die Position der Zellen innerhalb der Entwicklungslinie, zu der sie gehören, meist nicht eindeutig bestimmt (s. Abb. 2.3), so daß ein Vergleich genaugenommen auch nicht gerechtfertigt ist. Zur Charakterisierung von Malignität steht also bestenfalls eine Reihe allgemein akzeptierter Merkmale zur Verfügung, die in vitro bei Tumorzellen häufig beobachtet werden. Viele der Merkmale findet man aber auch bei Normalzellen, womit die Auffassung bestätigt wird, daß Malignität nicht die Ausprägung abnormer, neu entstandener Eigenschaften bedeutet, sondern eher eine unangemessene, unkontrollierte Expression normaler Eigenschaften, wobei keine der beobachteten Veränderungen allen neoplastischen Zellinien gemeinsam ist.
15.2 Anheftungsunabhängigkeit (Substratunabhängigkeit) Zahlreiche Eigenschaften in vitro transformierter Zellen sind das Ergebnis von Modifikationen der Zelloberfläche
201
(Hynes 1974; Nicolson 1976), z.B. von Veränderungen der Bindungsfähigkeit für pflanzliche Lectine (Ambrose et al. 1961; Aub et al. 1963; Willingham und Pastan 1975; Reddy et al. 1979) oder von Glycoproteinen der Zelloberfläche (Hynes 1976; Warren et al. 1978; Llod et al. 1979; Van Beek et al. 1978). Diese Modifikationen sind in vivo wahrscheinlich mit der Entstehung invasiver Eigenschaften und der Fähigkeit zur Metastasenbildung korreliert. Fibronectin (LETS-Protein, Abkürzung für „large extracellular transformation sensitive"Protein) verschwindet von der Oberfläche transformierter Fibroblasten (Hynes 1973; Vaheri et al. 1976), wodurch vermutlich die Zell-Zell- und Zell-Substrat-Adhäsion herabgesetzt (Easty et al. 1960) und auch die Notwendigkeit einer Zellanheftung und -ausbreitung als Voraussetzung für die Proliferation der Zellen vermindert wird (MacPherson und Montagnier 1964). Darüber hinaus führt der Verlust der Zell-Zell-Erkennung - ein Ergebnis der reduzierten Adhäsion - zu desorganisierten Wachstumsmustern und zum Verlust der Dichtebegrenzung des Wachstums (s. u.). Daraus resultiert wiederum die Fähigkeit der Zellen, sich auch unabhängig von der Unterlage zu vermehren, z. B. in einer gerührten Suspensionskultur oder in einem halbfesten Medium, wie Agar oder Methocel. Eine Analogie findet dieses Verhalten in der Abgrenzung eines sich bildenden Tumors vom Ursprungsgewebe und der Entstehung von Metastasen an anderen Orten. Es ist aber unklar, inwieweit diese Analogie zutreffend ist.
15.2.1 Klonierung in Suspension MacPherson und Montagnier (1964) konnten zeigen, daß sich durch Polyomavirus transformierte BHK21Zellen in Weichagar vermehren können, die nichttransformierten Zellen dagegen kaum. Später fand man, daß die Koloniebildungsfähigkeit in Suspension nach viraler Transformation häufig gesteigert ist. Weniger klar erscheint die Situation bei spontanen Tumoren, obwohl nach Befunden von Freedman und Shin (1974; Kahn und Shin 1979) Tumorigenität und Klonbildung in Methocel eng korreliert sind. Hamburger und Salmon (1977) beschrieben zwar, daß viele menschliche Tumoren einen geringen Prozentsatz an Zellen enthalten ( < 1,0%), die in Agar zur Klonbildung befähigt sind; Freshney und Hart (1982) und andere Autoren (Laug et al. 1980) fanden aber, daß auch bestimmte Normalzellen in Suspension mit ähnlicher Effizienz Klone bilden können (s. Abb. 11.11). Da sich unter diesen Zellen, die zur Klonbildung in Suspension fähig sind, auch Fibroblasten befinden, ist der Wert der Methode zum Nachweis von Tumorzellen in Kurzzeitkulturen menschlicher Tumorproben umstritten. Sie erweist sich jedoch als wertvolle Nachweismethode für neoplastische In-vitro-
202
15 Der transformierte Phänotyp
Transformationen durch Tumorviren und wurde vor allem von Styles (1977) bei Karzinogenese-Untersuchungen benutzt. Die Technik des Klonierens in Suspension wurde in Kapitel 11.1 beschrieben. Variationsmöglichkeiten mit besonderer Relevanz für den Nachweis neoplastischer Zellen betreifen die Wahl des Suspensionsmediums. Es wird vermutet (Neugut und Weinstein 1979), d a ß Agar nur das Klonieren der am stärksten transformierten Zellen gestattet, während Agarose (enthält keine sulfathaltigen Polysaccaride) weniger selektiv ist. Montagnier (1968) zeigte, d a ß nichttransformierte BHK21-Zellen, die sich in Agarose, nicht aber in Agar vermehrten, durch Zugabe von Dextransulfat auch in Agarose in ihrem Wachstum gehemmt werden konnten.
15.2.2 K o n t a k t h e m m u n g und Dichtebegrenzung des Wachstums Der Verlust der Kontakthemmung ist morphologisch an der Bildung ungeordneter Monolayer oder an abgerundeten Zellen in Foci innerhalb des regulären Musters normaler Zellen erkennbar. Illustriert wird dies in Abbildung 15.1, in der 3T3-Zellen, die durch D N A des Rinderpapillomvirus transformiert wurden, mit entsprechenden spontanen Transformanten verglichen werden. Auch Kulturen menschlicher Gliome zeigen ein desorganisiertes Wachstumsmuster und eine verringerte Dichtebegrenzung die dazu führt, daß sich die Gliomzellen bis zu höheren Zelldichten vermehren als normale Gliazellen (Freshney et al. 1980a, b). D a die Sättigungsdichte auch von Veränderungen der Zellgröße abhängt, ist der Anstieg des Markierungsgrades mit 3 H-Thymidin (engl, „labeling index") bei Sättigungsdichte ein besseres M a ß f ü r die reduzierte Dichtebegrenzung des Wachstums. Mit menschlichen Gliomzellen, die bei Sättigungsdichte 24 h mit 3 H-Thymidin behandelt wurden, erhält man einen Markierungsindex von 8 % , während normale Gliazellen einen Wert von 2 % ergeben. Prinzip der Methode Die Zellkultur wird bei uneingeschränkter Mediumversorgung bis zur Sättigungsdichte vermehrt und der Anteil (%) der 3 H-markierten Zellen autoradiographisch bestimmt. Materialien - Zellkulturen in einem für die Subkultivierung geeigneten Stadium - PBSA - Trypsin (0,25 %ig) - Multischale mit 24 Vertiefungen, die je ein 13-mmDeckgläschen enthalten - Medium
- Petrischalen (9 cm Durchmesser; je eine pro Deckgläschen) - Medium mit 3,7 x 10 4 Bq/ml (1,0 nCi/ml) 3 H-Thymidin [7,4 x 10 1 0 Bq/mmol (2 Ci/mmol)]. Arbeitsvorschrift 1. Zellen trypsinieren und die Multischale mit je 1 ml Zellsuspension (10 5 Zellen/ml) pro Vertiefung beschicken; in jeder Vertiefung befindet sich ein 13mm-Deckgläschen. 2. 1 - 3 d im C 0 2 - I n k u b a t o r inkubieren. 3. Die in den Vertiefungen der Multischale befindlichen Deckgläschen in 9-cm-Petrischalen mit jeweils 20 ml Medium überführen und weiter inkubieren. 4. Die Kultivierung fortsetzen, bis die Zellen auf den Deckgläschen konfluent geworden sind. Nach Erreichen der Konfluenz wird jeden zweiten Tag das Medium gewechselt. Nach jeweils 3 - 4 d werden die Zellen von zwei Deckgläschen abtrypsiniert und gezählt. Bei hoher Zelldichte auf den Deckgläschen m u ß m a n der Trypsinlösung evtl. 2 0 0 - 500 U/ml Collagenase zusetzen, um eine vollständige Ablösung der zu zählenden Zellen zu erreichen. 5. Wenn die Zellvermehrung aufgehört hat, das heißt zwei aufeinanderfolgende Zählungen keine wesentliche Zunahme anzeigen, werden 3,7 x 10 4 Bq/ml (1,0 |iCi/ml) 3 H-Thymidin zugegeben und für weitere 24 h inkubiert. Beachte: 3 H-Thymidin ist mit Vorsicht zu handhaben. Obwohl nur ein schwacher ß-Strahler, kann es nach Einbau in die D N A radiolytische Schäden induzieren. Handschuhe benutzen! Nicht in Horizontalboxen verarbeiten, sondern in Sicherheitsboxen, die f ü r Arbeiten mit zytotoxischen Chemikalien geeignet sind (s. Abb. 6.4). Flüssige und feste Abfälle sind gemäß den geltenden Vorschriften über den Umgang mit Radionucliden zu behandeln. 6. Deckgläschen wieder in eine 24er-Multischale überführen und die Zellen f ü r die Autoradiographie trypsinieren (s. Kap. 23.3). Die Zellen können in Suspension fixiert und wie für Chromosomenpräparationen (ohne hypotone Behandlung) auf Objektträger getropft, in einer Zytozentrifuge (Shandon Cytospin) auf Objektträger aufzentrifugiert oder durch Vakuumfiltration auf Milliporeoder Nucleoporefilter gesammelt werden (siehe Kap. 13.2.3). Beachte: Kulturen mit hoher Zelldichte müssen für die Autoradiographie im Hinblick auf ihre Schichtdicke trypsiniert werden. Wegen des geringen Durchdringungsvermögens der ^-Strahlung von 3 H (die mittlere Reichweite in Wasser beträgt
15.2 Anheftungsunabhängigkeit (Substratunabhängigkeit)
1 um) wären markierte Zellen der unteren Schichten infolge Absorption der von ihnen emittierten ßTeilchen durch darüberliegende Zellen nicht in der radiosensiblen Emulsion nachweisbar. Verbleiben die Zellen bei Sättigungsdichte im Monolayer, ist dieser Schritt überflüssig. Die Deckgläschen werden dann mit den Zellen zuoberst auf einen Objektträger geklebt. Auswertung Der prozentuale Anteil markierter Zellen durch mikroskopische Auszählung markierter und nichtmarkierter Zellen in repräsentativen Ausschnitten des Autoradiogramms ist zu bestimmen. Abbildung 18.7 zeigt ein mögliches Schema für die Durchmusterung einer kreisförmigen, mit Zellen bedeckten Fläche (wie sie durch Auftropfen oder bei Verwendung einer Zytozentrifuge erhalten wird). 15.2.3 W a c h s t u m auf konfluenten Monolayern Aaronson et al. (1970) haben gezeigt, daß transformierte 3T3-Zellen der Maus und menschliche Fibrosarkomzellen im Gegensatz zu normalen Fibroblasten auf einem konfluenten Monolayer normaler Zellen Kolonien bilden können. Im Labor des Autors wurde beobachtet, daß Zellen aus normalem wie auch aus malignem Mammagewebe (Freshney, Hart u. Russell 1982) (s. Abb. 11.8) ebenso wie normale epidermale Zellen (Abb. 15.2) auf einem kontaktgehemmten Monolayer menschlicher fetaler Intestinalzellen (FHI) oder normaler embryonaler Mäusefibroblasten (STO) Kolonien bilden. Zuvor war von Rheinwald und Green (1975) gezeigt worden, daß sich normale epidermale Zellen auf einem 3T3Monolayer vermehren können. Die Methode ermöglicht also in bestimmten Fällen zwischen normalen und malignen Zellen zu unterscheiden. Voraussetzung ist, daß Kontrollen verfügbar sind, die zur gleichen Differenzierungslinie gehören wie die malignen. Nach Befunden des Autors wachsen menschliche Gliomzellen auf konfluenten glialen Feederschichten, während normale Gliazellen dies nicht tun (s. Abb. 11.9); einige normale Gliazellinien sind aber in der Lage, auf Feederschichten anderer Herkunft (z. B. auf fetalen Lungenfibroblasten oder FHI-Zellen) zu wachsen. Prinzip der Methode Die zu charakterisierenden Zellen werden wie zur Klonierung vorbereitet und auf konfluente Monolayer kontaktgehemmter Zellen ausgesät (siehe Abb. 13.3). Materialien - 25-cm 2 -Kulturflaschen
203
- Medium PBSA - Trypsin (0,25 %ig) - Tumorzellkulturen - Reagenzgläser zum Verdünnen - Hämozytometer oder Zellzählgerät. Arbeitsvorschrift 1. Vierzehn 25-cm 2 -Kulturflaschen werden mit Feederzellen beschickt (geeignet sind 3T3-Zellen oder andere Linien, die nach Erreichen der Konfluenz kontaktgehemmt sind). 2. Die Kulturen werden inkubiert, bis das verfügbare Substrat vollständig mit Zellen bewachsen und die Zellteilung stark reduziert ist. Zellinien, die nach Erreichen der Konfluenz nicht gehemmt sind, werden während der exponentiellen Wachstumsphase mit Mitomycin C behandelt oder bestrahlt (s. Kap. 11.1.2), trypsiniert und erneut in einer Konzentration ausgesät, die zur Bildung einer konfluenten Zellschicht (ohne freie Räume zwischen den Zellen) führt. 3. Die mutmaßlichen Tumorzellen und geeignete Kontrollzellen (d.h. äquivalente Normalzellen) werden trypsiniert und auf je 20 ml mit 10 4 , 103 und 102 Zellen/ml verdünnt. Aus jeweils zwei Kulturflaschen mit Feederzellen wird das Medium entfernt und durch je 5 ml der Zellsuspension ersetzt. Zwei Flaschen werden mit Medium ohne Zellen beschickt. 4. Analog werden je zwei Kulturflaschen ohne Feederzellen mit den beiden Zellarten in den verschiedenen Konzentrationen beimpft. 5. Es wird 2 - 3 Wochen inkubiert, Medienwechsel erfolgt jeden zweiten Tag. 6. Die Kulturen werden gewaschen (PBSA), fixiert und gefärbt (s. Kap. 13.2.1). Auswertung Die von den Tumorzellen gebildeten morphologisch normalerweise leicht erkennbaren Foci sind auszuzählen, und deren prozentualer Anteil an der Gesamtzahl der eingesäten Zellen ist zu errechnen. Vergleich mit den Ergebnissen der Kulturflaschen ohne Feederzellen. Methodische Varianten Es ist möglich, daß die auf dem Monolayer ausgesäten Zellen proliferieren, ohne diskrete Kolonien zu bilden. Nach Erfahrung des Autors bilden menschliche Fibrosarkom- oder Gliomzellen auf einem konfluenten Monolayer fetaler menschlicher Intestinalzellen keine Kolonien, infiltrieren bei ihrer Vermehrung aber die Feederzellschicht. Zur quantitativen Auswertung dieser Wachstumsform wird die DNA-Synthese im Monolayer durch vorherige Behandlung mit Mitomycin C oder Be-
204
15 Der transformierte P h ä n o t y p
Abb. 15.2 Epidermale Zellen aus der Biopsie eines benignen Nävus, gewachsen auf einem konfluenten Monolayer menschlicher fetaler, epithelialer Intestinalzellen (FHS74Int) (Owens et al. 1974). Die großen kreisförmigen, dunkelgefärbten Kolonien ähneln Keratinozyten. Bei den kleinen Kolonien handelt es sich wahrscheinlich um Melanozyten (Fibroblasten bilden in diesem System normalerweise keine Kolonien), eine weiter-
führende Charakterisierung erfolgte nicht. Die untere Kulturflasche wurde mit D i b u t y r y l - c A M P (1 m M ) behandelt, wonach die Bildung der kleinen, nicht aber der größeren Kolonien (vermutlich Keratinozyten) gehemmt wurde. c A M P stimuliert (wie auch durch die Abbildung belegt wird) das Wachstum v o n Keratinozyten (s. Kap. 20). Obere Flasche: 4 Kolonien, untere Flasche: 8 Kolonien.
15.4 Zellprodukte und Serumabhängigkeit
Strahlung gehemmt (s. Kap. 11.1.2) und die Vermehrung der Testzellen durch Messung des 3 H-Thymidineinbaus mittels Szintillationszählung oder Autoradiographic bestimmt (s. Kap. 18.4.5 und 23.6).
15.3 Genetische Veränderungen Unabhängig davon, ob eine neoplastische Transformation auf eine Mutation als primäre Ursache zurückzuführen ist oder nicht, findet man bei Zellen maligner Tumoren häufig Chromosomenanomalien und Veränderungen im DNA-Gehalt. Chromosomenaberrationen. Es werden sowohl Ploidieveränderungen als auch vermehrte Aberrationen einzelner Chromosomen beobachtet (Biedler 1976). Abbildung 15.3 zeigt Änderungen der Chromosomenzahl, wie sie bei kultivierten Zellen menschlicher Gliome und Melanome beobachtet werden. Die Methodik der Chromosomenanalyse wird in Kapitel 13.3 beschrieben (s.a. Sandberg 1980). Die Häufigkeit chromosomaler Strukturumbauten läßt sich durch Bestimmung der Schwesterchromatidenaustausche (engl, „sister chromatid exchanges" SCE) ermitteln (Venitt 1985; s.a. Kap. 19.7). DNA-Gehalt. Mikrodensitometrische Untersuchungen an Feulgen-gefarbten Präparaten (Wright und Dendy 1976; Stolwijk et al. (1986) und fluorimetrische Messun-
(a)
30
35
40 45 50
(b)
30
35 40
45
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60 65 70
55 60
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85
90
95
100
75
80
85 90 95 100
Chromosomenzahl/Zelle
Abb. 15.3 Chromosomenzahlen von kultivierten Zellen eines menschlichen anaplastischen Astrozytoms (a) und eines menschlichen metastasierenden Melanoms (b) (2n = 46)
205
gen (Durchflußzytofluorimetrie) (Traganos et al. 1977) haben ergeben, daß der DNA-Gehalt von Tumorzellen von dem normaler Zellen abweichen kann. Chromosomenanalysen lassen sich aber durch DNA-Bestimmungen nicht ersetzen, da Zellen mit scheinbar normalem DNA-Gehalt durchaus einen aneuploiden Karyotyp besitzen können. Deletionen und Polysomie können sich in ihrer Wirkung auf den DNA-Gehalt kompensieren, und auch Translokationen sind ohne Nettoverlust an D N A möglich. Eine Anzahl spezifischer Aberrationen ist mit bestimmten Tumorarten assoziiert. Das erste bekannt gewordene Beispiel dieser Art war das Philadelphia-Chromosom bei chronisch-myeloischer Leukämie (Trisomie 13). Später wurden beim Burkitt-Lymphom Translokationen zwischen den langen Armen der Chromosomen 8 und 14 gefunden (Yunis 1983; Lebeau und Rowley 1984). Bei mehreren anderen Leukämien treten ähnliche, aber auch unterschiedliche Translokationen auf (Mark 1971). Meningiome zeigen oft übereinstimmende Aberrationen, und bei kleinzelligen Bronchialkarzinomen wird häufig eine 3p2-Deletion beobachtet (WursterHill et al. 1984). Diese Aberrationen erweisen sich somit als spezifische Marker, die zur Charakterisierung von Zellinien oder für den Nachweis von Neoplasien außerordentlich nützlich sein können.
15.4 Zellprodukte und Serumabhängigkeit Transformierte Zellen unterscheiden sich in der Kultur von den korrespondierenden Normalzellen durch geringere Serumabhängigkeit (Temin 1966; Eagle et al. 1970). Lindgren et al. (1975) zeigten, daß Gliomzellen nur eine kurzzeitige Inkubation mit Serum benötigen, um in den Zellzyklus einzutreten, für normale Gliazellen dagegen während der gesamten G l -Phase die Präsenz von Serum erforderlich ist. Die geringe Serumabhängigkeit von Tumorzellen läßt sich dadurch erklären, daß Tumorzellen ihre eigenen Wachstumsfaktoren bilden (Todaro und DeLarco 1978, u.a. Autoren). Die Synthese dieser Faktoren ist jedoch nicht so einfach nachzuweisen wie einige der bereits genannten Eigenschaften transformierter Zellen. Da aber in zunehmendem Maße Antikörper gegen Wachstumsfaktoren zur Verfügung stehen, wird nunmehr jedem Labor mit einschlägigen immunologischen Erfahrungen die Einführung entsprechender Tests möglich. Westall et al. (1978) wiesen auf die Homologie zwischen einem FGF-ähnlichen Peptid des Hirns und dem als Tumormarker geltenden basischen Myelinprotein hin. Insgesamt werden derartige Wirkstoffe als autokrine Wachstumsfaktoren bezeichnet. Die Definition impli-
206
15 Der transformierte Phänotyp
/
Abb. 15.4 Induktion der Angiogenese in der Chorioallantoismembran (Hühnerembryo) durch Tumorzellextrakt. Ein von sterilem Filterpapier absorbierter Rohextrakt aus Walker-256Karzinomzellen wurde am 10. Bebrütungstag auf die Cho-
rioallantoismembran aufgebracht; 2 Wochen später wurde die Membran entfernt, a) Kontrolle, b) mit Walker-256-Extrakt behandelt (mit frdl. Genehmigung von Margaret Frame).
ziert, daß die Zellen den jeweiligen Faktor selbst produzieren, entsprechende Rezeptoren besitzen und auf den Faktor mit Eintritt in die Mitose reagieren. Einige der Faktoren, z.B. TGF-a (bindet an EGFRezeptoren und induziert Mitosen) (Richmond et al. 1985), üben eine scheinbar transformierende Wirkung
auf Normalzellen aus; der Effekt ist jedoch im Gegensatz zur echten Transformation reversibel. Transformierende Wachstumsfaktoren (TGF) bewirken auch, daß nicht transformierte Zellen einen transformierten Phänotyp annehmen und in Suspension wachsen können (Todaro und DeLarco 1978).
15.5 Invasives Wachstum
Tumorzellen sind ferner zur Bildung einer Reihe hämatopoetischer Wachstumsfaktoren in der Lage, z. B. der Interleucine 1,2 und 3 sowie der koloniestimulierenden Faktoren CSF (engl, „colony stimulating factors") (Fontana et al. 1984; Metealf 1985 a). Es wird vermutet (Cuttitta et al. 1985), daß bestimmte Faktoren, wie Bombesin und HCG, die bisher als von Bronchialkarzinomen gebildete ektopische Hormone angesehen wurden, in Wirklichkeit autokrine Wachstumsfaktoren der Tumoren selbst sind. Die Produktion derartiger Faktoren bedeutet Ausprägung eines mit Malignität assoziierten Phänotyps und kann dazu dienen, die Abstammung (engl, „lineage") der entsprechenden Zellen zu bestimmen.
15.4.1 Tumorangiogenesefaktor Tumorzellen setzen auch einen Faktor (oder Faktoren) frei, der das Wachstum von Blutgefäßen induziert (Phillips et al. 1976; Folkman 1985, 1986; Gullino 1985). Werden Tumorfragmente, Zentrifugationssedimente kultivierter Tumorzellen oder Tumorzellextrakte auf die Oberfläche der Chorioallantoismembran (CAM) von Hühnereiern gebracht, dann bewirken sie eine Zunahme der Vaskularisierung, die nach 6 - 8 Tagen bereits mit dem bloßen Auge erkennbar ist (Abb. 15.4). Da der Effekt quantitativ schlecht auswertbar ist, wird die Stimulierung der Zellmigration (Gullino 1985) oder der Proliferation (Freshney et al. 1985) vaskulärer Endothelzellen in Monolayerkulturen als Basis für einen quantitativeren Test benutzt.
207
180
160. 140. c 120. "¡5
N 100.
!D
J P T ATA RAT VAG
CCM C6
NMB GOU -C -T
GFAP-negative Astrozytome
GFAPpositive Astrozytome
normale Hirnzellen
Abb. 15.5 Von in vitro kultivierten Tumorzellen gebildeter Plasminogen-Aktivator (PA). Die Gliome JPT, ATA, RAT und VAG ergaben höhere Werte als Zellen aus normalem Hirn (NMB-C, GDU-T). Zellen, die saures fibrilläres Gliaprotein (GFAP) produzierten (CCM und C6), zeigten den niedrigsten PA-Wert von allen Linien (GFAP gilt als Differenzierungsmarker für Gliome). Die PA-Konzentration (Ordinate) wird in willkürlichen Einheiten angegeben.
Ein einfacher Farbtest ist von Whur et al. (1980) entwickelt worden. Bei einigen Karzinomen scheint der Gehalt an löslichem PA mit Urokinaseaktivität (uPA) höher zu sein als der von gewebsspezifischem „tissue-type" PA (tPA) (Markus et al. 1980; Shyamala und Dickerman 1982).
15.4.2 Plasminogen-Aktivator Weitere Zellprodukte von Tumorzellen wurden als proteolytische Enzyme identifiziert (Mahdavi und Hynes 1979). Deren Auftreten wird seit langem im Zusammenhang mit Theorien über invasives Wachstum diskutiert (Ossowski et al. 1979). Da proteolytische Aktivitäten an der Oberfläche vieler Normalzellen, aber nicht bei allen Tumorzellen, nachweisbar sind, müssen bei Verwendung dieses Kriteriums stets äquivalente Normalzellen als Kontrolle mituntersucht werden. Für den Plasminogen-Aktivator (PA) ergibt sich, daß der Gehalt in Kulturen mancher menschlicher Gliome höher ist als in entsprechenden Kulturen von Zellen aus Normalhirn (Hince und Roscoe 1980) (Abb. 15.5). Von anderen Autoren wurde bereits vorher bei vielen unterschiedlichen Tumoren eine erhöhte PA-Bildung nachgewiesen (Rifkin et al. 1974; Nagy et al. 1977). PA läßt sich an der Auflösung von Fibringerinnseln oder der Freisetzung von löslichem, freiem 1 2 5 I aus 125 I-markiertem Fibrin bestimmen (Unkless et al. 1974; Strickland und Beers 1976).
15.5 Invasives Wachstum Ein Vorteil des CAM-Tests besteht in der Möglichkeit, histologisch zu überprüfen, ob Tumorzellen in die untere Basalmembran eingewandert sind. Easty und Easty (1974) demonstrierten dies in Organkulturen. Andere Autoren (Hart und Fiedler 1978) versuchten, allerdings nur mit begrenztem Erfolg, eine Kammer zu konstruieren, mit deren Hilfe die Penetration von Tumorzellen duch die CAM quantifiziert werden kann. Mareel et al. (1979) entwickelten ein In-vitro-Modell für invasive Prozesse, das auf der Co-Kultur embryonaler Hühnerherzfragmente mit reaggregierten Tumorzellclustern beruht. Die Invasivität scheint mit der Malignität der Zellen zu korrelieren; sie ist progressiv und verursacht die Zerstörung des Wirtsgewebes. Die Anwendbarkeit der Methode auf menschliche Tumorzellen wird gegenwärtig erforscht.
208
15 Der transformierte Phänotyp
15.6 Tumorentstehung Die einzige allgemein akzeptierte Definition der Malignität beruht auf der Fähigkeit zur Bildung invasiv wachsender und metastasierender Tumoren in vivo. Danach induzieren 106 oder weniger transplan tierbare Tumorzellen nach ihrer Injektion in isogene Wirte zu einem hohen Anteil invasive Tumoren, 106 normale Zellen analoger Herkunft dagegen nicht. Zum Nachweis der Tumorigenität menschlicher Tumorzellen wurden verschiedene Modelle entwickelt, die auf den Reaktionen immunsupprimierter oder immundefizienter Wirtstiere
beruhen. Vor allem Nacktmäuse, eine thymuslose Mäusemutante (engl, „athymic nude mouse") (Giovanella et al. 1974), und thymektomierte, bestrahlte Mäuse (Bradley et al. 1978; Selby et al. 1980) werden als Wirte für die zu testenden heterologen Transplantate verwendet. Die Anwachsrate variiert jedoch bei diesen Modellen; viele eindeutig charakterisierte Tumorzellinien und Tumorbiopsien bildeten keine Tumoren, wenn sie als Xenotransplantate übertragen wurden, und auch dann, wenn Tumorbildung erfolgte, war die Fähigkeit zur Metastasierung häufig nicht nachweisbar, obwohl lokal invasives Wachstum zu beobachten war.
16 Kontamination
16.1 Arten mikrobieller Kontamination In der Gewebekultur können Bakterien, Hefen, Pilze oder Mykoplasmen als kontaminierende Organismen auftreten. Werden im gleichen Labor protozoologische Untersuchungen durchgeführt, dann können Zellinien auch durch bestimmte Protozoenarten infiziert werden. Solange eine bestimmte Infektion nicht häufiger auftritt, sind Spezies oder Typ des infizierenden Keimes ohne Belang. Man sollte aber den Typ der Infektion (Stäbchenbakterien oder Kokken, Hefe usw.), die Art und Weise ihres Nachweises, den Ort, an dem die Kultur zuletzt gehandhabt wurde sowie den Namen des Experimentators notieren, weil diese Angaben bei häufigem Wiederauftreten einer bestimmten Infektion helfen, den Ursprung zu lokalisieren (bezüglich ausführlicherer Darstellung von Verfahren zum Nachweis mikrobieller Kontaminationens. Fogh 1973; Cour et al. 1979; Hayet al. 1979; McGarrity 1982; Hay 1986). Nachfolgend sind charakteristische Merkmale für mikrobielle Kontaminationen aufgeführt: - Plötzliche Veränderung des pH-Wertes; i. allg. verursachen Bakterieninfektionen einen Abfall des pHWertes, Hefen bewirken - solange die Kontamination gering ist - nur geringe Veränderungen, und zu einer Erhöhung des pH-Wertes kommt es gelegentlich bei Pilzinfektionen. - Trübung des Mediums, manchmal begleitet von der Bildung eines dünnen Häutchens oder von Schaum auf der Mediumoberfläche und von Flecken auf der Kulturfläche, die sich beim Bewegen des Kulturgefäßes zerteilen. - Bei Betrachtung mit einem schwach (etwa lOOfach) vergrößernden Mikroskop erscheinen die Räume zwischen den Zellen bei bakterieller Kontamination granulär und „schimmernd" (Abb. 16.1 c). Hefen präsentieren sich als runde oder eiförmige, einzelne Partikel, gegebenenfalls mit kleineren Auswüchsen („Sprossen") (Abb. 16.1a). Pilze bilden dünne, filamentäre Myzelien (Abb. 16.1b), manchmal auch dichte Zusammenballungen von Sporen. Toxische Infektionen sind vom Auftreten geschädigter Zellen begleitet. - Bei stärkerer (etwa 400facher) Vergrößerung ist es möglich, einzelne Bakterien zu erkennen und zwischen „Stäbchen" und Kokken zu unterscheiden. Mit dieser Vergrößerung erkennt man auch, daß das bei
bestimmten Infektionen zu beobachtende „Schimmern" auf die Beweglichkeit der Bakterien zurückzuführen ist. Manche Bakterien bilden Klumpen oder assoziieren mit den Kulturzellen. - Mit Ausstrichpräparaten (lOOOfache Vergrößerung) wird die Morphologie der Bakterien deutlicher erkennbar, was aber normalerweise nicht erforderlich ist. Mikrobielle Kontaminationen können mit Präzipitaten von Medienbestandteilen, speziell Proteinen, oder mit Zelltrümmern verwechselt werden; sie unterscheiden sich jedoch von diesen durch ihre regelmäßige, partikuläre Morphologie. Präzipitate können kristallin oder globulär und unregelmäßig sein und sind gewöhnlich in der Größe uneinheitlich. Im Zweifelsfall sollte eine Mediumprobe auf Nähragar plattiert werden (s. Kap. 8.2.6). - Mykoplasmeninfektionen (Abb. 16.1 d - f ) sind mit bloßem Auge nicht erkennbar; eine Verschlechterung des Wachstums der Kulturen ist jedoch als entsprechender Hinweis zu werten. Der Nachweis erfordert eine spezielle Untersuchung der Kultur mittels Fluoreszenz-, Orcein- oder Giemsa-Färbung, Autoradiographie oder mit einem mikrobiologischen Test (s. u.). Die einfachste und zuverlässigste Methode beruht auf der Fluoreszenzfärbung der DNA mit Hoechst 33258 (Chen 1977) (s.u.). Mit ihr können Mykoplasmen bei 500facher Vergrößerung als feine partikuläre oder filamentöse Gebilde im Zytoplasma nachgewiesen werden (Abb. 16.2). Auch die Kerne der kultivierten Zellen und andere mikrobielle Kontaminationen werden mit dieser Methode gefärbt. Es ist wichtig zu beachten, daß Mykoplasmeninfektionen nicht immer an makroskopischen Veränderungen der Zellen oder des Mediums zu erkennen sind. Viele Mykoplasmenarten, insbesonders in kontinuierlichen Zellinien, wachsen langsam und zerstören die Wirtszellen nicht. Sie können jedoch den Stoffwechsel in subtiler Weise verändern. Da Mykoplasmen aus dem Medium Thymidin aufnehmen, zeigen infizierte Kulturen eine anormale 3 H-Thymidin-Markierungsrate. Auch immunologische Untersuchungen schlagen mitunter völlig fehl; statt der beabsichtigten Bildung von Antikörpern gegen Bestandteile der Zelloberfläche entstehen z.B. Antimykoplasmen-Antikörper. Mykoplasmen können
210
16 Kontamination
Abb. 16.1 Beispiele für Mikroorganismen, die als Kontamination von Zellkulturen vorkommen (etwa 1 OOfache Vergrößerung). a) Hefe, b) Schimmelpilze, c) Bakterien, d) Mykoplasmenkolonien, auf speziellem N ä h r a g a r gewachsen (in der Zell-
kultur nicht sichtbar, s. Abb. 16.2), e) und 0 auf der Oberfläche kultivierter Zellen wachsende Mykoplasmen (aufgenommen mit dem Scanning-Elektronenmikroskop) ( d - f ) mit freundlicher Genehmigung von Dr. M. Gabridge).
d a s Verhalten u n d den Stoffwechsel von Zellen noch auf vielfältige a n d e r e Weise beeinflussen (Barile 1977; M c G a r r i t y 1982), so d a ß regelmäßige R o u t i n e k o n t r o l l e aller K u l t u r e n , besonders der kontinuierlichen oder etablierten Zellinien, auf mögliche latente M y k o p l a s m e n k o n t a m i n a t i o n u n b e d i n g t erforderlich ist.
16.1.1
Kontrolle v o n Kulturen auf Mykoplasmen
Äußerliche S y m p t o m e einer chronischen m y k o p l a s m a tischen Infektion sind verringerte Proliferationsrate, reduzierte Sättigungsdichte (Stanbridge und D o e r s o n
16.1 Arten mikrobieller Kontamination
211
\ Abb. 16.2 Mit Mykoplasma infizierte normale menschliche diploide Lungenfibroblasten nach Färbung mit Hoechst 33258. Die auf das Mykoplasma zurückführende extranukleäre Fluoreszenz ist neben der leuchtenden Fluoreszenz der Zellkerne (zelluläre DNA) klar erkennbar. Die bei den beiden dargestellten Präparationen auftretende schwache zytoplas-
matische Färbung ist wegen ihres diffusen Erscheinungsbildes leicht von den leuchtenden partikulären oder filamentösen Gebilden des Mykoplasmas zu unterscheiden. Im allgemeinen ist das Zytoplasma unauffällig. Wegen der zur Darstellung des Mykoplasmas erforderlichen Überbelichtung der Aufnahmen sind Kernstrukturen nicht erkennbar.
1978) und Agglutination bei Wachstum in Suspension. Akute Infektionen verursachen totalen Zerfall der Zellen, wobei möglicherweise einige resistente Kolonien überleben. Diese und daraus entstehende Zellinien sind nicht notwendigerweise frei von der Kontamination, sondern können chronisch infiziert sein.
Prinzip der Methode Subkonfluente Kulturen oder Ausstriche werden fixiert, gefärbt und auf Fluoreszenz außerhalb des Zellkernes überprüft.
16.1.2 Fluoreszenztechnik zum Nachweis von Mykoplasmen 16.1.2.1 Monolayerkulturen Allgemeines Die Kulturen werden mit Hoechst 33258, einem Fluoreszenzfarbstoff, der spezifisch an D N A bindet, gefärbt (Chen 1977). Da Mykoplasmen D N A enthalten, sind sie wegen ihres charakteristischen punkt- oder fadenförmigen Fluoreszenzmusters auf der Zelloberfläche und bei starker Kontamination auch in den umgebenden Bereichen leicht nachweisbar.
Materialien - Hoechst-33258-Farbstoff (50 ng/ml in BSS ohne Phenolrot) - PBSA - entionisiertes Wasser - essigsaures Methanol (frisch bereitete Mischung, 1 : 3, kalt) - Eindeckmittel (50 %iges Glycerol in 0,044 M Citrat/0,111 M Phosphatpuffer, pH 5,5). Arbeitsvorschrift 1. Die Zellen werden mit üblicher Passagierungsdichte (2 x 10 4 -10 5 Zellen/ml und 4 x 103 2,5 x 104 Zellen/cm 2 ) ausgesät und bei 36,5 °C inkubiert bis 2 0 - 5 0 % Konfluenz erreicht ist. Bei vollständiger Konfluenz ist die spätere Darstellung der Mykoplasmen beeinträchtigt. Die Kulturen
212
16 Kontamination
2. 3. 4.
5. 6. 7. 8.
9.
10.
11. 12. 13.
14.
können auf Deckgläschen, in einer Multischale oder in 35-mm-Petrischalen ohne Deckgläser angelegt werden. Medium entfernen und verwerfen. Monolayerkultur mit BSS ohne Phenolrot waschen. Monolayer mit einer frisch bereiteten Mischung (1:1) aus BSS und essigsaurem Methanol waschen. Zellen mit reinem Essigsäure-Methanol-Gemisch waschen. Erneut Essigsäure-Methanol-Mischung zugeben und 10 min einwirken lassen. Essigsäure-Methanol-Gemisch entfernen u. verwerfen. Soll die Probe aufbewahrt werden, so ist sie vollständig zu trocknen. Sammeln und späteres Färben ist auf dieser Stufe der Bearbeitung möglich. Bei direkter Weiterverarbeitung ist das Essigsäure-Methanol-Gemisch mit entionisiertem Wasser auszuwaschen. Lösung von Hoechst 33258 in BSS ohne Phenolrot zugeben und 10 min bei Raumtemperatur einwirken lassen. Farblösung entfernen und verwerfen. Monolayer mit Wasser waschen. Deckgläschen mit einem Tropfen Eindeckmittel auf Objektträgern fixieren (überflüssiges Eindeckmedium an den Rändern abtupfen). Auswertung bei Auflichtfluoreszenz mit 330/380nm-Anregungs- und LP-440-nm-Sperrfilter.
Auswertung Die Präparate sind auf extranukleäre Fluoreszenz hin zu überprüfen. Mykoplasmen stellen sich im Zytoplasma und manchmal auch in interzellulären Zwischenräumen als winzige fluoreszierende Punkte oder Filamente dar. Die Punkte liegen nahe der Auflösungsgrenze eines 50er Objektivs (0,1-1,0 (xm) und sind i. allg. von einheitlicher Größe. Da nicht alle Zellen infiziert sein müssen, sollte das gesamte Präparat durchmustert werden, ehe eine Kultur als nicht infiziert deklariert wird. In nichtinfizierten Kulturen kann Fluoreszenz außerhalb des Zellkerns beobachtet werden, wenn Zellschädigungen vorliegen, wie z. B. in Primärkulturen oder bei Zellen, die kurz vor dem Test aufgetaut wurden. In derartigen Fällen sind die fluoreszierenden Partikel zumeist unregelmäßig in Größe und Gestalt und verschwinden nach Subkultivierung. Die Verwendung einer Indikatorzellinie hilft, dieses Problem zu lösen (s. u.). Falls Zweifel hinsichtlich des Testergebnisses bestehen, sollte der Test nach ungefähr einer Woche wiederholt werden; Im Verlauf dieser Zeit würde sich eine schwache Infektion verstärken. Eine verdächtige Zellinie ist inzwischen in Quarantäne zu halten.
16.1.2.2 Suspensionskulturen und infizierte Medien
Suspensionskulturen sind etwas schwieriger zu handhaben als Monolayer, da die Zellen in zytologischen Präparaten nicht so gut ausgebreitet sind (weniger flaches Zytoplasma). Da die Präparate häufig durch Zentrifugation der Zellen auf die Objektträger erhalten werden, sind sie oft mit Zelltrümmern verunreinigt, von denen einige DNA enthalten und sich mit Hoechst 33258 anfärben. Zur Vermeidung dieses Problems, aber auch zum Nachweis schwacher Kontaminationen in resistenten Zellinien und zur Überprüfung potentiell infizierter Medien, werden in vielen Laboratorien daher Indikatorzellinien verwendet, z.B. 3T6- oder Vero-Zellen. Hierbei läßt man die Indikatorzellen bis zu etwa 20 %iger Konfluenz wachsen, entfernt das Medium und setzt für 72 h das Testmedium oder die gesamte Suspensionskultur hinzu. Wenn das Testmedium Antibiotika enthält, sollte es nach 24 h entfernt und die Testkultur weitere 48 h in frischem antibiotikafreiem Medium inkubiert werden. Anschließend wird die Kultur, wie vorstehend beschrieben, fixiert und gefärbt. Parallel dazu werden unbehandelte Kontrollzellen geprüft. Die Methode hat sich als brauchbar erwiesen für die Prüfung von Stammhaltungsmedien, von Primärkulturmedien (die Primärkulturen selbst können für den Test nicht geopfert werden) und auch von Suspensionskulturen. Ein Vorteil des Verfahrens liegt auch darin, daß ständig die gleiche Indikatorzellinie verwendet wird, so daß der Experimentator mit deren normalem Erscheinungsbild gut vertraut wird. Die Verwendung einer Zelllinie, wie 3T6, die ja wegen ihrer Eigenschaft, das Wachstum von Mykoplasmen zu fördern, ausgewählt wurde, ermöglicht auch den Nachweis geringer oder kryptischer Kontaminationen.
16.1.3 Alternative M e t h o d e n zur Bestimmung von Mykoplasmen
Zum Nachweis von Mykoplasmeninfektionen sind noch einige andere Methoden entwickelt worden, die z. B. auf dem Nachweis mykoplasmenspezifischer Enzyme, wie Arginindesiminase oder Nucleosid-Phosphorylase (Schneider und Stanbridge 1975; Levine und Becker 1977), oder auf der Toxizität von 6-Methylpurin-desoxiribosid (Mycotect von Gibco-BRL) beruhen. Die DNA-Fluoreszenzmethode ist zwar nicht spezifisch für Mykoplasmen, dafür aber einfacher und erlaubt den Nachweis aller DNA-enthaltenden Infektionen; ein Umstand, der schließlich Hauptanliegen des Tests ist. Es ist über weitere Methoden berichtet worden, die
16.2 Nachweis mikrobieller Kontamination
von allgemeiner Bedeutung sind. Die vielleicht wichtigste erfordert eine mikrobiologische Kultur der Mykoplasmen. Da diese Organismen in der Handhabung ziemlich heikel sind, sollte der Test möglichst nicht versucht werden, wenn nicht die entsprechenden Erfahrungen vorliegen. Zum Test werden die kultivierten Zellen in Mykoplasmennährlösung (Taylor-Robinson 1978) für 6 Tage inkubiert und dann auf einen speziellen Nähragar plattiert (Hay 1986). Nach etwa 8 Tagen bilden sich Kolonien, die man an ihrer Größe (etwa 200 (im Durchmesser) und an ihrer charakteristischen „Spiegelei"-ähnlichen Morphologie (dichtes Zentrum mit hellerer Peripherie) erkennen kann (s. Abb. 16.1 d). Um sicherzustellen, daß die richtigen Kulturbedingungen eingehalten werden, ist es bei diesem Test erforderlich, bekannte, mit Mykoplasmen infizierte Kulturen als Positivkontrolle mitzuführen. Hierin liegt für die meisten Zellkulturlaboratorien, die stets frei von Mykoplasmen gehalten werden sollen, ein wesentlicher Nachteil der mikrobiologischen Methode. Die Anwendung selektionierender Kulturbedingungen und die Prüfung der Koloniemorphologie ermöglicht zwar, die Art der Mykoplasmen zu identifizieren, im Vergleich zur Fluoreszenztechnik ist der mikrobiologische Test jedoch viel zeitaufwendiger und schwieriger durchzuführen. Es stehen jedoch auch auf mikrobiologischer Grundlage arbeitende kommerzielle Mykoplasmentests zur Verfügung (z.B. von Flow Laboratories oder Microbiological Associates). Auch spezifische monoklonale Antikörper zum Nachweis von Mykoplasmeninfektionen werden angeboten (BRL). Weitere Methoden basieren auf der Färbung mit Aceto-Orcein oder Giemsalösung (s. Kap. 13.2.1). In beiden Fällen wird eine körnige Färbung im Zytoplasma als Hinweis auf Mykoplasmeninfektionen angesehen. Bei beiden Verfahren ist aber auch die Interpretation schwieriger als bei der Fluoreszenzmethode, und infolge unspezifischer Farbstoffpräzipitation können falsch-positive Ergebnisse erhalten werden. Eine weitere mit Erfolg angewendete Methode ist die Autoradiographie (Nardone et al. 1965). Nach Inkubation der Kultur über Nacht mit 0,1 nCi/ml 3 H-Thymidin hoher spezifischer Aktivität wird ein Autoradiogramm angefertigt (s. Kap. 23.3). Das Auftreten von Silberkörnern (engl, „grains") im Zytoplasma deutet auf eine Infektion hin (s. Abb. 23.12); gleichzeitig kann die Markierung der Zellkerne ausbleiben, weil das Thymidin an der Zelloberfläche durch die Mykoplasmen abgefangen wird.
213
16.2 Nachweis mikrobieller Kontamination Die potentiellen Quellen von Kontaminationen sind in Tabelle 16.1 zusammen mit Maßnahmen, die zu ihrer Vermeidung getroffen werden sollten, aufgelistet. Da Kontaminationen selbst in den besten Laboratorien vorkommen, wird im Ereignisfall folgende Verfahrensweise empfohlen: 1. Kulturen bei jeder Durchsicht mit bloßem Auge oder mikroskopisch auf Kontamination überprüfen; die Kontrolle auf Mykoplasmen erfolgt monatlich. 2. Wird eine Kontamination vermutet, in situ aber nicht bestätigt, sind vom Arbeitsplatz sämtliche Gegenstände außer der verdächtigen Kultur und einer Büchse mit Pasteurpipetten zu entfernen. Dies erfolgt am besten dann, wenn alle Arbeiten mit anderen Kulturen beendet sind, um letztere nicht zu gefährden. Der verdächtigen Kultur wird eine Probe entnommen, auf einen Objektträger überführt (besonders geeignet sind „Kovaslides", für die keine Deckgläschen benötigt werden) und mikroskopisch, vorzugsweise mittels Phasenkontrastoptik untersucht. Bei Bestätigung einer Kontamination sind die Pipetten zu verwerfen und der Arbeitsplatz mit 70 %igem Alkohol, dem ein phenolisches Desinfektionsmittel zugesetzt ist, abzuwischen. Danach darf der Arbeitsplatz mindestens 30 min nicht benutzt werden. 3. Die Art der Kontamination u.a. werden auf einem Datenblatt notiert. 4. Bei neu auftretenden Kontaminationen (nicht bei Wiederholung oder Ausbreitung) sind die Kultur, die betreffende Mediumflasche sowie andere Lösungen (z. B. Trypsin), die in Verbindung mit dieser Kultur benutzt wurden, zu verwerfen. Dies geschieht am besten in einem Abzug außerhalb des Zellkulturbereiches und unter Anwendung einer Desinfektionslösung. 5. Bei neu und verbreitet auftretender Kontamination, d.h., wenn mindestens zwei unterschiedliche Kulturen betroffen sind, müssen alle Medien, Stammlösungen, Trypsin usw. verworfen werden. 6. Bei wiederholtem Auftreten einer ähnlichen Kontamination sind die Stammlösungen zu überprüfen. Dies geschieht durch Inkubation der Lösungen selbst oder in Nährlösung oder durch Ausplattieren auf Nähragar (Oxoid, Difco) (s. Kap. 8.2.6). Verlaufen beide Proben negativ, obwohl eine Kontamination vermutet wird, dann sind 100-ml-Proben zu inkubieren, durch 0,2-nm-Filter zu filtrieren und die Filter auf Nähragar zu plattieren. 7. Wenn multiple Kontaminationen wiederholt und
214
16 Kontamination
Tabelle 16.1
Kontaminationsquellen
Infektionsquellen
Übertragungswege
Prophylaktische Maßnahmen 1
Manipulationen, Pipettieren, Aliquotieren usw.
Unsterile Oberflächen und Ausrüstungsgegenstände. Flüssigkeit an Flaschenhälsen, Außenseiten von Flaschen und auf Arbeitsflächen. Berühren oder falsches Halten von Pipetten. Flaschenhälsen oder Schraubkappen. Zurückspritzen von Flüssigkeit aus dem Abfallglas. In Kulturen oder Gefäße fallende Staub- oder Hautpartikel, über offene Petrischalen oder Gefäße gehaltene Hände oder Gegenstände.
Nicht unmittelbar benötigte Gegenstände von der Arbeitsfläche entfernen. Regelmäßig mit 70%igem Alkohol abwischen. Gießen soweit wie möglich vermeiden. Dosiergeräte oder Pipetten (s. Kap. 4) benutzen. Wenn gegossen wird, 1. dies in einer fließenden Bewegung ausführen, 2. Gefäß, aus dem gegossen wurde, entfernen, 3. Vergossenes mit sterilem, in 70%igem Alkohol befeuchtetem Tupfer aufwischen. Beim Ausgießen in das Abfallglas Trichter benutzen oder - besser - Absaugen mit Vakuumpumpe (s. Abb. 4.5 und 5.4). In der Vertikalbox und am offenen Arbeitstisch nicht über, in der Horizontalbox nicht hinter oder über offenen Kulturgefäßen arbeiten.
Lösungen
Unsterile Reagenzien und Medien. Unsaubere Lagerbedingungen. Unzulängliche Sterilisationsverfahren. Minderwertige Handelsware.
Vor Gebrauch filtrieren oder autoklavieren. Leistung der Autoklaven mit Temperaturschreiber oder Sterilitätsindikator kontrollieren (s. Kap. 25). Intaktheit der Filter („Bubble Point") nach Gebrauch überprüfen. Testung aller Lösungen nach der Sterilisation.
Glasgeräte und Schraubkappen
Staub und Sporen aus dem Lagerraum. Unzureichende Sterilisation, z. B. verschlossener Gefäße, die das Eindringen von Dampf verhindern
Vor Gebrauch hitzesterilisieren oder autoklavieren. Nicht versiegelte Geräte nicht länger als 24 h lagern. Sterilisatoren und Autoklaven regelmäßig überprüfen, jede Beschickung kontrollieren.
Geräte, Instrumente, Pipetten
Kontakt mit unsterilen Flächen oder Gegenständen. Eindringen von Insekten, Milben oder Staub. Unzureichende Sterilisation.
Vor Gebrauch trockensterilisieren oder autoklavieren, Leistung der Geräte überprüfen. Instrumente während der Benutzung resterilisieren mit 70%igem Alkohol, Abbrennen). Keine Teile von Instrumenten oder Pipetten berühren, die später in Kulturgefäße gelangen. Nicht versiegelte Behältnisse nicht länger als 24 h lagern.
Kulturflaschen in Gebrauch befindliche Medienflaschen
Staub und Sporen aus dem Inkubator oder Kühlschrank. Unsaubere Lagerungs- oder Inkubationsbedingungen. Austreten von Medium unter dem Verschluß bzw. der Abdeckung.
Vorzugsweise Verwendung von Schraubkappen anstelle von Stopfen verwenden. Flaschen und Gefäße vor Gebrauch mit 70%igem Alkohol abwischen. Abflammen von Flaschenhälsen und Verschlüssen vor dem Öffnen und Einbringen der Flaschen in die Laminarbox. Kappe und Hals der Flaschen während der Lagerung oder Inkubation mit Aluminiumfolie abdekken.
Raumluft
Luftzug, Wirbel, Turbulenzen, Staub, Aerosole
Raumluft filtern. Durchgangsverkehr und sonstige Aktivitäten reduzieren. Fußboden und Arbeitsflächen regelmäßig wischen.
Arbeitsflächen
Staub, vergossene Flüssigkeiten
Vor, während und nach der Arbeit mit 70%igem Alkohol abwischen. Vergossene Flüssigkeiten sofort aufwischen.
16.2 Nachweis mikrobieller Kontamination Tabelle 16.1
215
Kontaminationsquellen (Fortsetzung)
Infektionsquellen
Übertragungswege
Prophylaktische Maßnahmen 1
Experimentator (Haare, Hände, Atem, Kleidung)
In die Kultur gefallene oder geblasene Staubpartikel von Haut, Haar oder Kleidung, Aerosole durch Sprechen, Husten, Niesen usw.
Hände gründlich waschen. Nicht unnötig sprechen, beim Sprechen Gesicht von der Arbeitsfläche abwenden. Vermeiden von Sterilarbeiten bei Erkältungskrankheiten oder Tragen einer Schutzmaske. Langes Haar zurückbinden oder Mütze tragen. Nicht dieselben Laborkittel wie im normalen Labor oder Tierhaus benutzen, besondere Kittel oder Schürzen tragen.
Laminarboxen
Perforierte Filter. Erschöpfte Filter. Verschüttete Flüssigkeit, besonders in Spalten oder unter der Arbeitsfläche.
Regelmäßige Überprüfung der Filter auf Undichtheit. Kontrolle des Druckabfalls am Filter. Regelmäßige Reinigung der Bereiche neben und unter der Arbeitsfläche.
Gewebeproben
Infektion lag bereits vor oder erfolgte während der Präparation.
Keine Tiere in das Zellkulturlabor bringen. Präparierlösung mit Antibiotikalösung versetzen (s.Kap. 9.1.3.). Große Gewebestücken 30 s in 70% igen Alkohol tauchen.
Neu eingehende Zellinien
Vor Versand oder während des Transports kontaminiert.
Zellen getrennt von anderen Kulturen und nachdem alle anderen Sterilarbeiten beendet sind bearbeiten; danach Arbeitstisch oder Box sorgfältig reinigen und bis zum nächsten Morgen nicht benutzen. Zellen durch zweiwöchige Kultivierung ohne Antibiotika auf Kontamination überprüfen (bei der ersten Subkultur ist ein Duplikat mit Antibiotika zu halten). Visuell, durch Phasenkontrastmikroskopie und Hoechst-Färbung auf Mykoplasmen prüfen. Einsatz von Indikatorzellen erlaubt Kontrolle vor der ersten Subkultur.
Milben, Insekten und andere Parasiten in Holzmöbeln, Arbeitstischen, Inkubatoren, und auf Versuchstieren aus dem Tierhaus
Eindringen von Milben u.dgl. in sterile Verpackungen.
Alle Sterilverpackungen dicht verschließen und mit Klebeband versiegeln. Nach Möglichkeit Holzmöbel vermeiden, Arbeitsflächen mit fugenfreier Plastikbeschichtung oder aus rostfreiem Stahl verwenden. Holzmöbel mit Polyurethanlack oder Wachspolitur versiegeln und regelmäßig mit Desinfektionslösung abwaschen. Tiere sind vom Gewebekulturlabor fernzuhalten.
Trockeninkubatoren
Wachstum von Pilzen und Bakterien in verschütteter Flüssigkeit.
Verschüttete Flüssigkeit mit alkoholfeuchtem Tupfer entfernen. Regelmäßige Reinigung.
C0 2 -Inkubatoren
Wachstum von Pilzen und Bakterien auf Wänden und Regalen (begünstigt durch die feuchte Atmosphäre). Intensive Luftzirkulation verursacht Übertragung von Sporen.
Wöchentliche Reinigung mit Detergenzien und 70%igem Alkohol. Petrischalen in Plastikboxen mit fest aufsitzendem Deckel stellen (jedoch nicht abdichten). Vor dem Öffnen mit 70%igem Alkohol abwischen. Zusatz von Fungiziden oder Bakteriziden in das Wasserreservoir (vorheriger Test auf Toxizität).
1
Diese Auflistung versucht nicht, Ursachen und prophylaktische Maßnahmen einander zuzuordnen. Präventive Maßnahmen beeinflussen einander und müssen nicht jeweils nur einer Ursache entgegenwirken.
216
16 Kontamination
verbreitet auftreten, sind die Sterilisationsbedingungen zu überprüfen, z.B. die Temperatur von Hitzesterilisatoren und Autoklaven (speziell im Zentrum des Sterilisiergutes), die Dauer des Sterilisationsvorganges, die Verpackung und Lagerung (z.B. sollten nicht versiegelte Glasgefäße, siehe Kap. 8.1.1, jeweils nach 24 h resterilisiert werden) und die Intaktheit der Sterilräume und der Filter der Laminarboxen. 8. Man sollte nicht versuchen, Kulturen zu dekontaminieren, es sei denn, sie sind unersetzlich. Falls notwendig, ist zur Dekontaminierung folgendermaßen zu verfahren: - Fünfmaliges Waschen der Kultur in BSS, das Antibiotika in höherer Konzentration als sonst üblich enthält (s. unter DBSS im Kap. 24). - Für die Dauer von drei Subkulturen sind dem Medium Antibiotika in gleicher Konzentration wie für DBSS angegeben zuzusetzen. Falls möglich, sollte die Infektion auf ihre Sensitivität gegenüber verschiedenen Antibiotika getestet werden. - Weitere drei Subkulturen ohne Antibiotika kultivieren. - Die vorstehend beschriebenen Schritte je zweimal wiederholen. - Um zu prüfen, ob die Kontamination eliminiert wurde, ist die Kultur zwei Monate antibiotikafrei zu halten. Die Kontaminationskontrolle erfolgt durch Phasenkontrastmikroskopie und Fluoreszenzfärbung (s. o.). Tumorgewebe läßt sich manchmal über Tierpassagen dekontaminieren (Van Diggelen et al. 1977). Auch zytotoxische Antikörper können wirksam sein (Pollock und Kenny 1963), besonders gegen Mykoplasmen. Polyanetholsulfonat (Mardh 1975), 5-Bromuracil in Verbindung mit Hoechst 33258 und UV-Licht (Marcus et al. 1980) sowie Antibiotika, wie Tylosin (Friend et al. 1966), Kanamycin, Gentamycin und BM-Cyclin (Boehringer), sind effektiv gegen Mykoplasmen. Schimmelpfeng et al. (1968) gelang die Eliminierung mykoplasmatischer Infektionen durch Co-Kultur mit Makrophagen. Als allgemeine Regel sollte jedoch gelten, daß kontaminierte Kulturen verworfen werden und eine Dekontamination nur dann in Angriff genommen wird, wenn dies absolut notwendig ist, um den Zellstamm zu erhalten. Eine vollständige Dekontamination, speziell bei Mykoplasmen, ist schwer zu erreichen; entsprechende Versuche können zur Entstehung gegen Antibiotika resistenter Stämme der betreffenden Erreger führen.
16.3 Kreuzkontamination Im Laufe der Geschichte der Zellkultur sind zahlreiche Zellstämme mit sehr kurzen Populationsverdopplungszeiten und hohen Plattiereffizienzen entstanden. Diese Eigenschaften machen die betreffenden Zellinien zu einem wertvollen experimentellen Material, das jedoch auch potentiell gefährlich ist, weil andere Zellinien kreuzinfiziert werden können. Die verbreitete Kreuzkontamination vieler Zellinien mit HeLa-Zellen (Gartier 1967; Nelson-Rees und Flandermeyer 1977) ist inzwischen weitgehend bekannt, trotzdem sind sich viele Experimentatoren noch nicht der Größe dieses Risikos bewußt. Zur Vermeidung von Kreuzkontaminationen ist folgendes zu beachten: - Zellinien sind von einer angesehenen Zellbank zu beziehen, die eine ausreichende Charakterisierung durchgeführt hat (s. Kap. 17.5 und 25); andernfalls ist die erforderliche Charakterisierung im eigenen Labor so bald wie möglich vorzunehmen (s. Kap. 13). - Kulturflaschen von mehr als einer Zellinie dürfen nie gleichzeitig geöffnet sein. - Schnell wachsende Zellinien, wie z. B. HeLa, sind getrennt von anderen Kulturen und nach diesen zu bearbeiten. - Für verschiedene Zellinien dürfen niemals dieselben Pipetten, Flaschen mit Medium, dieselben Trypsinlösung u. dgl. benutzt werden. - Wenn irgend möglich, ist zu vermeiden, daß Pipetten, die sich bereits in Kulturflaschen mit Zellen befunden haben, erneut in Flaschen mit Medium, Trypsinlösung u.dgl. eingeführt werden. Immer zuerst Medien und sonstige Substanzen in die Kulturflasche pipettieren und danach die Zellen. - Für Routinearbeiten keine ungestopften oder Mikropipetten verwenden. - Die Charakteristika der Kultur sind regelmäßig zu überprüfen, wobei auf plötzliche Veränderungen der Morphologie, der Wachstumsrate usw. zu achten ist. Eine Kreuzkontamination läßt sich durch Chromosomen- (Nelson-Rees und Flandermeyer 1977) oder Isoenzymanalyse (O'Brien und Kleiner 1977) bestätigen (s. Kap. 13.3 und 13.6).
16.4 Schlußfolgerungen Zellkulturen sollten regelmäßig durch normale und Phasenkontrastmikroskopie auf Kontaminationen und durch Fluoreszenzfarbung fixierter Präparate auf Mykoplasmen untersucht werden. Den routinemäßigen Antibiotikazusatz zu allen Kulturen sollte man vermeiden. Um kryptische Kontamina-
16.4 Schlußfolgerungen
tionen zu erkennen, ist von jeder Zellinie jeweils eine Gruppe von Kulturen für einen Zeitraum von mindestens 2 Wochen in Abwesenheit von Antibiotika zu halten. Man soll nicht versuchen, eine Kultur zu dekontaminieren, falls diese nicht unersetzlich ist; gegebenenfalls muß unter strenger Quarantäne gearbeitet werden. Alle neu in das Labor gelangenden Zellinien sind in Quarantäne zu halten, bis gesichert ist, daß diese nicht kontaminiert sind. Medien oder andere Lösungen sollten nicht für ver-
217
schiedene Zellinien oder von mehreren Experimentatoren benutzt werden. Die Zellinien sind anhand geeigneter Charakteristika (s. Kap. 13) periodisch auf eventuelle Kreuzkontaminationen zu prüfen. Es kann nicht genug betont werden, daß Kreuzkontaminationen vorkommen können und auch tatsächlich stattfinden. Daher ist es unbedingt erforderlich, daß die vorstehend genannten Vorsichtsmaßnahmen getroffen und regelmäßige Kontrollen der zellstammspezifischen Charakteristika durchgeführt werden.
17 Instabilität, Variation und Langzeitlagerung
Eine fundamentale Eigenschaft lebender Organismen ist ihre Veränderlichkeit. Variation und Selektion bilden die Voraussetzung für die Anpassung der Arten an ihre Umgebung. Es ist daher nicht überraschend, daß sich Zellen in Kultur ähnlich verhalten. Spontane Variation und Selektion finden bei ihnen ebenso statt wie bei Mikroorganismen. Eine Zellinie zeigt im Laufe ihrer Entwicklung aus der Primärkultur wie auch während ihrer weiteren Kultivierung als Zellinie oder klonierter Zellstamm sowohl phänotypische als auch genotypische Instabilität. Diese Instabilität resultiert aus Änderungen der Kulturbedingungen, dem selektiven Vorteil bestimmter Zellen innerhalb der Population sowie genomischen Veränderungen. Da sich der Zustand einer Kultur von Zeit zu Zeit ändern kann, ist es wichtig: - die Kulturbedingungen zu standardisieren, - einen Zeitraum in der Lebensgeschichte der Zellinie auszuwählen, in dem die Variation minimal ist, - wenn möglich, einen klonierten und charakterisierten Zellstamm zu verwenden und - einen Vorrat von Zellen zu konservieren, von dem in bestimmten Intervallen Proben in Kultur genommen werden, um Zellen der ursprünglichen Beschaffenheit zu erhalten.
17.1 Kulturmilieu Die Milieubedingungen sind bereits im Kapitel 7 behandelt worden. Wenn erst einmal eine Anpassung an geeignete Bedingungen erfolgt ist, sollten diese konstant bleiben, da Änderungen des Mediums, des Serums oder bestimmter Substrate zu Veränderungen der phänotypischen Expression führen können. Man testet verschiedene Serumchargen, wählt eine davon aus, die die erforderlichen Eigenschaften besitzt, und reserviert eine Menge, die für ein halbes oder ein Jahr ausreicht. Dieser Vorgang ist zu wiederholen, ehe mit einem neuen Serum gearbeitet werden soll (s.a. Kap. 7.9 und 17.4.2).
17.2 Selektives Wachstum, Transformation und Alterung Der in einer Primärkultur nach dem Anlegen vorherrschende Phänotyp kann sich in der Folgezeit verändern,
da Zellen mit hoher Proliferationskapazität sich langsamer oder nicht teilende Zellen überwachsen können (s. Kap. 2.3, 11.4.3, 20 und 21). Betrachten wir beispielsweise eine Kultur, die aus einem Kolonkarzinom gewonnen wurde. Derartige Kulturen sind nach der Explantation vorwiegend epitheloid. Nach der ersten Subkultivierung verringert sich aber stetig der Anteil von Epithelzellen zugunsten von Fibroblasten. Die Erhaltung der epitheloiden Komponente während dieser Phase ist ein Hauptproblem und erfordert selektive Kultur- und Separationstechniken (s. Kap. 11 und 12). Gelegentlich entsteht eine transformierte Linie, ohne daß selektive Techniken verwendet wurden. Diese Linie kann zunächst als Minoritätskomponente innerhalb der Originalkultur vorliegen, nach der Transformation aber erhöhte Wachstumskapazität (kürzere Verdopplungszeit, unbegrenzte Lebensdauer) aufweisen und schließlich die Fibroblasten überwachsen, die sich langsamer teilen und eine begrenzte Lebensdauer in Kultur besitzen. Um bei Zellen mit begrenzter Lebensdauer der Variation entgegenzuwirken, sollten diese nur in bestimmten Generationsbereichen verwendet werden. Menschliche diploide Fibroblasten z.B. erlangen etwa in der 10. Generation einen relativ hohen Grad an Einheitlichkeit und bleiben bis etwa zur 30. Generation relativ stabil. Nach mehr als 40 Generationen muß man mit Alterung (Seneszenz) rechnen, obwohl einige Linien länger leben können. Die Kultur sollte während der ersten fünf oder sechs Generationen vermehrt werden, bis genügend Zellen produziert sind, die ausreichen, um einen Vorrat einzufrieren (s. Kap. 17.4.3).
17.3 Genetische Instabilität Genetische Veränderungen kann man bei Bestimmungen der Chromosomenzahl (s. Abb. 2.2) und Karyotypanalysen erkennen. Während der Karyotyp der Maus ausschließlich aus kleinen, telozentrischen Chromosomen besteht, sind in vielen kontinuierlichen Mäusezellinien mehrere metazentrische Chromosomen vorhanden (Robertson-Translokation). Während ferner im Prinzip jede Tierzelle den normalen diploiden Chromosomensatz besitzt, besteht in der Zellkultur eine höhere Variabilität. In extremen Fällen, z. B. in kontinuierlichen Zell-
17 Instabilität, Variation und Langzeitlagerung
220
Stämmen wie HeLa-53, haben weniger als die Hälfte der Zellen genau den gleichen Karyotyp, d.h., sie sind heteroploid. Die meisten kontinuierlichen Zellstämme enthalten selbst nach Klonierung eine Reihe von Genotypen, die sich ständig verändern. Da bei Transformation häufig chromosomale Strukturumbauten stattfinden, ist es denkbar, daß sie nur in Zellen auftritt, die zu chromosomalen Veränderungen fähig sind. Andererseits ist es auch möglich, daß erst durch die Transformation genetische Instabilität eines vorher stabilen Genotyps hervorgerufen wird. Insgesamt sind transformierte, kontinuierliche Linien genetisch variabler als Zellen in vivo oder viele Zellinien mit begrenzter Lebensdauer. Genetische Variationen haben hauptsächlich zwei Ursachen: - In vitro ist die spontane Mutationsrate erhöht, vermutlich als Folge der hohen Proliferationsrate.
- Mutantenzellen werden nicht eliminiert, sofern ihre Wachstumsfähigkeit nicht beeinträchtigt ist. Es ist nicht überraschend, daß als Resultat dieser genetischen Variationen phänotypische Veränderungen auftreten. Werden bestimmte Rattenhepatomzellen mit relativ normalem Phänotyp („minimal deviation"-Rattenhepatomzellen) in Kultur gehalten, dann ist ihre Tyrosin-Aminotransferase-Aktivität konstitutiv und kann durch Dexamethason noch weiter induziert werden (Granner et al. 1968). Subklone eines klonierten Stammes solcher Zellen, H4-II-E-C3 (Pitot et al. 1964), unterscheiden sich aber sowohl im Niveau des konstitutiv gebildeten Enzyms als auch in dessen Induzierbarkeit durch Dexamethason (Abb. 17.1).
17.4 Kryokonservierung von Zellen Um eine genetische Drift in kontinuierlichen Zellen minimal zu halten, eine Alterung oder Transformation in Linien mit begrenzter Lebensdauer zu vermeiden und sich gegen einen Verlust der Zellen infolge Kontamination zu sichern, ist es üblich, die Zellen portionsweise einzufrieren, um sie bei Bedarf wieder auftauen zu können.
50
17.4.1 A u s w a h l einer Zellinie
18.1
18.2
18.3
Klonbezeichnung
18.4
Abb. 17.1 Variation der Tyrosin-Aminotransferase-Aktivität bei vier Subklonen des Klons 18 eines „minimal-deviation"Rattenhepatom-Zellstammes. H4-II-E-C3-Zellen wurden kloniert, Klon 18 wurde isoliert, vermehrt, rekloniert. Die sekundären Klone sind mit und ohne Dexamethason-Vorbehandlung auf ihre Tyrosin-Aminotransferase-Aktivität hin untersucht worden. Doppelt schraffierte Flächen: basales Niveau; Einfach schraffierte Flächen: induziertes Niveau (nach Daten von J. Somerville).
Handelt es sich bei der ausgewählten Zellart um eine Linie mit begrenzter Lebensdauer, so werden die Zellen vermehrt, bis sich die Population fünf- bis zehnmal verdoppelt hat, um eine ausreichende Zellmenge zum Einfrieren zur Verfügung zu haben. Kontinuierliche Linien sollten kloniert (s. Kap. 11.1) werden. Ein geeigneter Klon ist anschließend auf die erforderliche Zellmenge zu vermehren. Vor dem Einfrieren müssen die Zellen charakterisiert (s. Kap. 13) und auf Kontamination (s. Kap. 16), insbesondere Kreuzkontamination, überprüft werden. Kontinuierliche Zellinien haben den Vorteil, daß sie sich unbegrenzt vermehren lassen, schneller wachsen und leichter klonierbar sind; sie können aber genetisch weniger stabil sein. Zellinien mit begrenzter Lebensdauer sind gewöhnlich diploid oder nahezu dipoloid und innerhalb eines Bereiches bestimmter Passagenzahlen stabil. Sie lassen sich aber schwieriger klonieren, wachsen langsamer und sterben schließlich ab oder transformieren (s. Tab. 10.3).
17.4 Kryokonservierung von Zellen 17.4.2 Standardisierung von M e d i e n und Serum
Das benutzte Medium beeinflußt die Selektion verschiedener Zellarten sowie deren phänotypische Expression (s. Kap. 2,14 und 20). Hat man ein geeignetes Medium gefunden, dann sollte man seine Benutzung standardisieren und, falls es als Fertigprodukt bezogen wird, bei einer Lieferfirma bleiben. Serumchargen. Zwischen verschiedenen Seren können beträchtliche Unterschiede bestehen (s. Olmsted 1967; Honn et al. 1975). Sie beruhen auf verschiedenen Methoden der Herstellung und Sterilisation, verschiedenen Lagerbedingungen, differentem Alter und auf Unterschieden zwischen den Tierherden, von denen das Serum gewonnen wurde (Stammdifferenzen, Weideland, Klima u.a.). Es ist daher zweckmäßig, eine einmal ausgewählte Serumcharge so lange wie möglich zu benutzen und anschließend durch eine möglichst ähnliche Charge zu ersetzen (s. Kap. 7.4). Noch besser ist es, zur Verwendung von serumfreiem Medium überzugehen.
17.4.3 Einfrieren von Zellen
Wurde eine Zellinie oder ein klonierter Zellstamm mit den gewünschten Charakteristika und kontaminationsfrei ausgewählt, so ist es empfehlenswert, einen Probenvorrat einzufrieren. Dadurch schützt man die Zellinie gegen Veränderungen infolge genetischer Drift, gegen Kontaminationsgefahr und anderweitigen Verlust (z. B. durch Defekt des Inkubators). Für eine in ständiger Kultur befindliche Linie ist es besser, den „Stammvorrat" unangetastet zu lassen und mit einem „Arbeitsvorrat" zu arbeiten. Wenn letzterer aufgebraucht ist, kann man auf den Stammvorrat zurückgreifen, nachdem man sich vergewissert hat, daß dieser noch nicht erschöpft ist. Gegebenenfalls muß er wieder aufgefüllt werden, bevor zu viele weitere Zellgenerationen verstrichen sind. Die Lagerung in flüssigem Stickstoff (Abb. 17.2; s.a. Kap. 4.1.10) ist gegenwärtig die beste Methode der Erhaltung kultivierter Zellen. Die Zellsuspension, zweckmäßigerweise mit hoher Zellkonzentration, sollte langsam, um 1 °C/min (Leibo und Mazur 1971; Harris und Griffiths 1977), und in Gegenwart eines Gefrierschutzstoffes, wie Glycerol oder DMSO (Lovelock und Bishop 1959), eingefroren werden. Die gefrorenen Zellen werden, nachdem sie eine Temperatur von — 50 °C oder darunter erreicht haben, rasch in flüssigen Stickstoff überführt und in diesen eingetaucht oder in der darüber befindlichen Gasphase gelagert. Bei Bedarf werden die Zellen rasch aufgetaut und bei relativ hoher Konzentra-
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tion ausgesät, um eine optimale Rückgewinnung zu erhalten. Wenn kein Flüssigstickstoff-Lagerbehälter zur Verfügung steht, können die Zellen in einem Tiefkühlschrank aufbewahrt werden. Die Temperatur sollte so niedrig wie möglich sein, da selbst bei — 70 °C noch ein signifikanter Verlust an lebensfähigen Zellen auftreten kann. Wenig Verlust findet man bei — 196°C (Greene et al. 1967). Prinzip der Methode Zellen bis zur Erreichung der späten exponentiellen Wachstumsphase kultivieren, eine Suspension hoher Zelldichte präparieren und mit einem Kryoprotektivum langsam einfrieren (Abb. 17.3). Wenn erforderlich, Proben rasch auftauen und bei hoher Zelldichte erneut in Kultur nehmen. Materialien - einzufrierende Kulturen - bei Monolayerkulturen: PBSA und Trypsin (0,25 %ig) - Medium - Hämozytometer oder Zellzählgerät - DMSO oder Glycerol - Glas- oder Plastikampullen; bei Glas: Ampullenabschmelzapparatur mit Gas/0 2 -Brenner - Ampullenträger bzw. -magazin für Lagerung - Watte - Styropor-Behälter - Pinzette - Schutzhandschuhe. Arbeitsvorschrift 1. Kultur überprüfen auf: - einwandfreies Wachstum, - Kontaminationsfreiheit, - Vorhandensein spezifischer Charakteristika, die bei Wiederverwendung der Zellinie benötigt werden (Virusvermehrung, Differenzierung, Antigenkonstitution usw.). 2. Kultur bis zur späten exponentiellen Wachstumsphase vermehren, Monolayer trypsinieren, Suspension zentrifugieren. 3. In Kulturmedien resuspendieren und auf etwa 5 x 106 - 2 x 107 Zellen/ml einstellen. Das Kulturmedium muß außer dem Serum ein Gefrierschutzmittel wie DMSO oder Glycerol in einer Endkonzentration von 5 - 1 0 % enthalten. DMSO sollte farblos sein. Glycerol darf nicht älter als ein Jahr sein, da es bei längerer Lagerung toxisch werden kann. Es wird davon abgeraten, die Ampullen in dem Bestreben, Zellschädigungen gering zu halten, auf Eis zu legen. Ein bis zu 30 min langes Stehen bei Raum-
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17 Instabilität, Variation und Langzeitlagerung
Abb. 17.2 Flüssigstickstoff-Lagerbehälter, a) Enghalsbehälter, c) Weithalsbehälter. Die Lagerung erfolgt in Kanistern b) oder Fächern d) (s.a. Abb. 17.8).
temperatur schadet nicht, wenn DM SO benutzt wird und ist vorteilhaft, wenn man Glycerol verwendet. Beachte: D M S O ist ein starkes Lösungsmittel. Es
löst Substanzen aus Gummi und verschiedenen Plastiksorten heraus und sollte deshalb in der Originalflasche oder in Glasröhrchen mit Glasstopfen aufbewahrt werden. Es kann in viele natürliche und synthetische Membranen, auch in die Haut und in Gummihandschuhe, eindringen (Horita und Weber 1964). Daher können potentiell schädliche Substanzen (z. B. Karzinogene) durch die Haut und selbst durch Gummihandschuhe hindurch in den Kreislauf gelangen. DMSO ist wegen seines bekannten gefährlichen Potentials stets mit Sorgfalt zu handhaben, insbesondere bei gleichzeitiger Anwesenheit toxischer Substanzen. 4. Zellsuspension in beschriftete 1- oder2-ml-Ampullen aus Glas oder Plastik verteilen und diese verschließen (Abb. 17.4 und 17.5). Beachte: Werden Glasampullen benutzt, müssen
17.4 Kryokonservierung von Zellen
Trypsinieren exponentiell wachsender Zellen
Zellen (107/ml) In Medium mit Gefrierschutzmittel resuspendieren
bei — 7 0 ° C langsam abkühlen
inkubieren
in beschriftete Ampullen überführen
auf Ampullenträgern befestigen und in Isolierbox legen
Träger nach frühestens 2 h schnell in Flüssigstickstoff Lagerbehälter überführen
mit Gebläseflamme abschmelzen
im Wasserbad von 37 °C (Eimer mit Deckel!) rasch auftauen
protokollieren
unter ständigem Mischen langsam 9 ml Medium zugeben
223
jeweils 1 ml in Kulturflaschen geben
Ampulle mit 70%igem Alkohol abwischen
restliche Zellen in der Ampulle mit einem Tropfen 0,5% Nigrosin versetzen und in Zählkammer auf Vitalität prüfen Abb. 17.3
Kryokonservierung von Zellen: Einfrieren und
Auftauen
sie schnell und einwandfrei verschlossen werden. Dauert das Abschmelzen zu lange, werden die Zellen erhitzt und abgetötet. Die Luft in der Ampulle dehnt sich aus und bildet eine Aufblähung an deren Spitze (s. Abb. 17.5d). Ist die Ampulle nicht vollkommen verschlossen, kann sie während der Abkühlung oder Lagerung flüssigen Stickstoff aufnehmen und beim Auftauen (heftig) explodieren oder infiziert werden. Es ist möglich, Ampullen auf Dichtheit zu überprüfen, indem man sie vor dem Einfrieren 10 min bei 4°C in eine Petrischale legt, die 1 % Methylen-
blau in 70 %igem Alkohol enthält. Ampullen, die nicht völlig dicht sind, nehmen Methylenblau auf und müssen verworfen werden. Nach einer solchen Prozedur müssen die Ampullen evtl. neu beschriftet werden. Die Methode ist unbequem und zeitaufwendig und nur für jemanden zu empfehlen, der noch nicht die entsprechende Fertigkeit beim Zuschmelzen hat. Bei einiger Erfahrung erkennt man eine gut verschlossene Ampulle an der Art ihrer Spitze (s. Abb. 17.5f). Plastikampullen (z.B. Nuclon) sind unzerbrechlich, müssen aber hinreichend fest zugeschraubt
224
17 Instabilität, Variation und Langzeitlagerung
Abb. 17.4 Halbautomatische Ampullenabschmelzapparatur (Kahlenburg-Globl). Die Ampullen werden mit der linken H a n d zwischen Walzen und Leitplatte gesteckt. Sobald die den
Ampullenhals 3 - 4 mm unterhalb der Spitze erhitzen
(a)
fehlerhaft zugeschmolzen
erhitzen, bis geschmolzenes Glas zu einer glatten Kuppel verfließt
nicht zu lange erhitzen, da sonst Aufblähung und Platzen erfolgt
korrekt zugeschmolzen
Abb. 17.5 Aussehen der Ampullen während und nach Abschmelzen. a) Schmelzen der Spitze, b) geschmolzenes Glas fließt nach innen, c) Seiten schmelzen kuppeiförmig, d) infolge Überhitzung kann die Luft in der Ampulle Aufblähen oder Platzen verursachen, e) fehlerhaft zugeschmolzene Ampulle mit feiner kapillarer Öffnung, f) korrekt verschlossene Ampulle, das Glas ist innen und außen gleichmäßig verschmolzen.
werden, um dicht zu sein. Sie haben einen größeren Durchmesser und sind länger als entsprechende Glasampullen. Man prüfe vor der Benutzung, ob sie in die Ampullenhalterung des Lagergefaßes passen. (Es gibt spezielle Halterungen für Plastikampullen.)
Brenner tragende Spannvorrichtung vorwärts bewegt wird, rotiert die Ampulle in der Flamme und wird schließlich auf die Platte (im Bild unten) ausgeworfen.
Meistens sind für den normalen Laborbetrieb oder für Ausbildungslaboratorien Plastikampullen bequemer, große Lager und Zellbanken bevorzugen im allgemeinen aber Glasampullen, da man mit der Langzeitlagerung in Glas gute Erfahrungen hat und der Verschluß bei einwandfreier Ausführung absolut dicht ist. Ampullen je nach Lagerung in Ampullenhalterungen befestigen oder unbefestigt lassen. Anschließend auf Watte in einen Styropor-Behälter mit einer Wanddicke von etwa 15 mm legen. Behälter und Watte bieten eine ausreichende Isolierung, so daß die Ampullen um 1 °C/min abkühlen, wenn der Behälter in einen Tiefkühlschrank von — 70 °C oder — 90 °C oder in einen isolierten Container mit Trockeneis überführt wird. Für Ampullen in Halterungen können auch geeignete Schaumstoffröhrchen als Isolierung benutzt werden. In den meisten Fällen überleben kultivierte Zellen am besten bei dieser Abkühlungsrate. Ist das Überleben der Zellen aber gering, ist die Abkühlungsrate zu beschleunigen (d.h. die Isolierung zu verringern) (Leibo und Mazur 1971). Es sind programmierbare Kryoautomaten im Handel, mit deren Hilfe die Abkühlungsrate kontrolliert werden kann (Abb. 17.6). Sie messen die Ampullentemperatur und regulieren entsprechend einer vorprogrammierten Abkühlungsrate den Zu-
17.4 Kryokonservierung von Zellen
ü b e r f ü h r t . D a s m u ß rasch erfolgen, d a die Zellen schnell geschädigt werden, w e n n die T e m p e r a t u r ü b e r - 50 °C ansteigt. Beachte: Beim U m g a n g mit flüssigem Stickstoff sollten S c h u t z h a n d s c h u h e u n d eine S c h u t z m a s k e getragen werden. F ü r die L a g e r u n g in flüssigem Stickstoff gibt es vier H a u p t t y p e n von Speichersystemen ( A b b . 17.8), die sich d a r i n unterscheiden, o b der Lagerbehälter eine weite oder eine enge Ö f f n u n g h a t u n d o b die Lager u n g in der flüssigen oder der G a s p h a s e erfolgt. Weithalsgefäße werden wegen leichter Zugänglichkeit u n d maximaler K a p a z i t ä t gewählt, Enghalsge-
fluß v o n flüssigem Stickstoff. Die A u t o m a t e n sind j e d o c h sehr teuer u n d bieten wenig Vorteile, falls die A b k ü h l u n g s r a t e nicht variiert werden soll (z. B. F o r e m a n u n d Pegg 1979). Von der U n i o n C a r b i d e wird ein spezieller Gefrierstopfen a n g e b o t e n , der die Ampullen a u f n i m m t u n d in b e s t i m m t e Positionen innerhalb der Kühlg e f ä ß ö f f n u n g bringt, die vorgegebenen A b k ü h lungsraten entsprechen (Abb. 17.7). 6. H a b e n die A m p u l l e n — 70 °C erreicht (bei a n f ä n g licher U m g e b u n g s t e m p e r a t u r von 20 °C etwa 1 Vi-2 h n a c h d e m Einlegen in — 70°C), werden sie in den Lagerbehälter mit flüssigem Stickstoff
CHMKII ;
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12 h) inkubiert wurden. Konfluent: Zustand einer Zellkultur, wenn alle Zellen an ihrer gesamten Peripherie in Kontakt mit anderen Zellen sind und alles verfügbare Substrat besetzt ist. Kontakthemmung: Hemmung der Membranfaltung (engl, „membrane ruffling") und der Motilität, wenn Zellen in konfluenten Kulturen in engen Kontakt mit Nachbarzellen kommen; geht häufig der Einstellung der Zellproliferation voraus; kausale Verknüpfung zwischen Kontakthemmung und Zellproliferation besteht jedoch nicht. Kontamination: Befall von Zellkulturen mit Mikroorganismen (Bakterien, Pilze, Mykoplasmen u.a.). Kontinuierliche Zellinie: Zellinie (oder Zellstamm) mit unbegrenzter Überlebenskapazität, früher als „etablierte" (engl, „established") oder „immortale" Zellinie bezeichnet, Synonym: „permanente Zellinie". Lag-Phase: siehe Wachstumskurve. Laminarbox (Reinraumwerkbank, Laminar-Flow-Hütte): Arbeitsplatz, an dem eine laminare (von Turbulenzen freie) und gefilterte Luftströmung keimfreies Arbeiten ermöglicht; Luftströmung kann parallel (Horizontalbox) oder vertikal (Vertikalbox) zur Arbeitsfläche verlaufen. Latenzphase: siehe Wachstumskurve. Log-Phase: siehe Wachstumskurve. Maligne (bösartig): Bezeichnung invasiv wachsender oder metastasierender (d. h. andere Organe oder Gewebe besiedelnder) Tumoren, die i. allg. zu progressiver Zerstörung des Wirtes, letztlich zu dessen Tod führen. Maligne Transformation: Vorgang, der bei normalen Geweben zur Fähigkeit räumlich und zeitlich von der Regulation unabhängigen Wachstums führt; auch metastasierendes Wachstum (Besiedlung entfernter Gewebe mit darauffolgendem unreguliertem invasiven Wachstum) ist möglich. Manometer: U-förmiges, mit Flüssigkeit gefülltes Glasröhrchen. Der Niveauunterschied zwischen den Flüssigkeitsspiegeln in den Schenkeln ist ein Maß für den Druckunterschied an den Öffnungen des Röhrchens. Marker: spezifische Struktur einer Zelle, die charakteristisch ist für einen Zelltyp, ein Gewebe, ein Differenzierungsprogramm oder einen Genotyp. Markierungsindex (engl, „labeling index"): Anteil von Zellen in einer Kultur, der nach Inkubation mit einem DNA-Präkursor (i. allg. 3 H-Thymidin) das Radionuclid inkorporiert hat; entspricht dem in der S-Phase (DNA-Synthesephase) befindlichen Anteil. Medium: Lösung von anorganischen Salzen und anderen Nährstoffen, in der Zellen in vitro 24 h überleben. Wachstumsmedium: Medium, das eine (zeitabhängige) Zellvermehrung ermöglicht. Mesenchym: lockeres, häufig migratorisches, aus dem
367
Mesoderm entstandenes Embryonalgewebe, von dem sich wiederum Binde- und Knorbelgewebe, Muskeln, hämatopoetische Zellen u. a. Gewebe des erwachsenen Organismus ableiten. Mesoderm: zwischen dem Ekto- und dem Entoderm liegendes Keimblatt des Embryos, ist Ausgangspunkt für Bindegewebe u.a. (s. Mesenchym). Monoklonal: von einem Zellkern (einer Zelle) gebildet. Monoklonaler Antikörper. Antikörper, der entweder in vivo oder in vitro von einem Klon lymphoider Zellen produziert wird. In vitro wird der Klon zumeist durch Fusion einer stimulierten Milzzelle mit einer zu unbegrenztem Wachstum fähigen Myelomzelle gebildet. Monolayer (Einfachschicht, Einzellschicht): eine einfache Schicht von Zellen, die auf einer Unterlage (Substrat) wachsen. Morphogenese: Entwicklung (Ausbildung) der Form und Struktur eines Organismus. Multilayer (Vielzellschicht): mehrere, auf einem Substrat wachsende Zellschichten übereinander. Myelom: von Plasmazellen abgeleiteter Tumor (Plasmozytom), wird zur Produktion monoklonaler Antikörper benutzt, falls die Fähigkeit zur Bildung von Immunglobulinen erhalten ist. Neoplastisch: Bezeichnung für die unnatürliche, nutzlose Fähigkeit zur Zellproliferation, die zur Bildung eines Tumors führt. Neoplastische Transformation: Umwandlung einer nichttumorigenen in eine tumorigene Zelle. Organkultur: Erhaltung oder Wachstum von Organanlagen, Organteilen oder ganzen Organen in vitro unter solchen Bedingungen, daß Differenzierung, Struktur und/oder Funktion bestehen bleiben. Organogenese: Entwicklung der Organe. Organotypisch: Bezeichnung für eine histotypische Kultur mit mehr als einem Zelltyp, die als Modell für organspezifische zelluläre Wechselwirkungen in vivo dient. Im Gegensatz zur Organkultur, in der die strukturelle Integrität des explantierten Gewebes erhalten bleibt, erfolgt in der organotypischen Kultur deren Rekonstruktion aus dissoziierten Zellen oder Gewebefragmenten. Passage: Transfer (Subkultur) von Zellen von einem Kulturgefaß in ein anderes. Im allgemeinen, aber nicht notwendigerweise, ist mit dem „Umsetzen" einer proliferierenden Kultur eine Teilung und damit Vermehrung (Propagation) einer Zellinie oder eines Zellstammes verbunden. Passagennummer: Angabe, zum wievielten Male eine Kultur subkultiviert wurde. Permanente Zellinie: siehe kontinuierliche Zellinie. Phänotyp: Gesamtheit aller exprimierten Eigenschaften einer Zelle; wird durch die Wechselwirkung des Genotyps mit dem regulatorischen Milieu (Umwelteinflüsse) bestimmt. Plateau: siehe Wachstumskurve. Plattiereffizienz: Anteil (meist prozentual) der bei Sub-
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26 Glossar
kultur eingesäten Zellen, die Ausgangspunkt für Kolonienbildung sind. Bei klonalem Ursprung der Kolonien sind Plattier- und Kloniereffizienz identisch. Der Ausdruck wird manchmal unpräzise zur Bezeichnung des nach Subkultur überlebenden Zellanteils verwendet, der jedoch besser mit „Angangsrate" (engl, „seeding efficiency") bezeichnet werden sollte. Poikilotherm (wechselwarm, kaltblütig): Organismen, deren Körpertemperaturen nahe der Umgebungstemperatur liegen und nicht durch Stoffwechselprozesse reguliert werden. Populationsdichte: Zahl der Zellen im Monolayer pro Flächeneinheit des Substrates. Bei Zellen in Suspension ist die Populationsdichte identisch mit der Zellkonzentration (Zellzahl pro Volumeneinheit). Populationsverdopplungszeit: Zeit, in der sich eine in der mittleren log-Phase (s. Wachstumskurve) befindliche Zellpopulation verdoppelt. Präkursorzelle (Vorläuferzelle): aus einer Stammzelle hervorgehende Zelle, die sich von dieser durch eingeschränkte Proliferationskapazität und Induktion (engl, „commitment") eines bestimmten Differenzierungsprogrammes unterscheidet. Proliferation der Präkursorzelle führt i. allg. zur Entstehung einer amplifizierenden Population stärker differenzierter Nachkommen (engl, „progeny"). Primärkultur: Kultur von Zellen, Geweben oder Organen nach der Entnahme aus dem Organismus und vor der ersten Subkultur. Proliferation: Synonym für Zellvermehrung. Pseudodiploid: numerisch diploider Chromosomensatz, der jedoch wegen des Vorliegens von Chromosomenaberrationen nicht einem normalen diploiden Karyotyp entspricht. Quasidiploid: siehe Pseudodiploid. Reinraumwerkbank: siehe Laminarbox. Sättigungsdichte (engl. „Saturation density"): max. Zelldichte, die in einem Monolayer pro Flächeneinheit (cm2) bzw. in Suspensionskultur pro Volumeneinheit (ml) unter den gegebenen Kulturbedingungen erreicht wird. Somatische Zellgenetik: Studium zellgenetischer Probleme durch Rekombination und Segregation von Genen somatischer Zellen, meist mit Hilfe von Zellfusionstechniken. Splitverhältnis (engl, „split ratio"): Verdünnungsverhältnis einer Zellsuspension bei Subkultivierung. Ein Splitverhältnis von 4 liegt vor, wenn die Zellen einer Kulturflasche auf 4 verteilt oder 100 ml Zellsuspension auf 400 ml verdünnt werden. Stammzelle: zur Selbstvermehrung (engl, „seif renewal") und zur Differenzierung in eine oder mehrere Differenzierungsrichtungen (engl, „lineage") befähigte Zelle. Subkonfluent: noch nicht konfluente Kultur, in der das verfügbare Substrat noch nicht vollständig bedeckt ist.
Subkultur, Subkultivierung: siehe Passage. Substrat: Matrix oder feste Unterlage, auf der Monolayer oder Multilayer wachsen. Superkonfluent: Weiterentwicklung einer konfluenten Monolayerkultur unter Bildung von Multilayern (Vielzellschichten). Suspensionskultur: Kultur in Suspension, ohne Anheftung an ein festes Substrat proliferierender Zellen. Synkaryon: Hybridzelle, die nach Fusion der in ihr enthaltenen Kerne resultiert. Tetraploid: Zweifaches der diploiden (Vierfaches der haploiden) Chromosomenzahl. Transfektion: artifizieller Transfer von genetischem Material (Chromosomen, DNA, klonierte Gene) von einer Zelle in eine andere. Transformation: durch irreversible genetische Veränderungen hervorgerufene permanente Änderung des Phänotyps einer Zelle; kann spontan eintreten, wie bei der Entstehung schnell wachsender kontinuierlicher Zellinien aus langsam wachsenden Nagerzellinien einer frühen Passage, oder auch durch chemische oder virale Einwirkungen induziert sein; Transformation führt gewöhnlich zu Zellinien mit erhöhter Wachstumsrate, unbegrenzter Lebensdauer und erhöhter PlattierefFizienz, die häufig, jedoch nicht unbedingt tumorigen sind. Unterlage: siehe Substrat. Variante: Zellinie, die einen stabilen, von dem der elterlichen (Ursprungs)Kultur verschiedenen Phänotyp exprimiert. Virale Transformation: durch genetische und erbliche Effekte eines transformierenden Virus hervorgerufene permanente phänotypische Änderung einer Zelle. Vitalität (engl, „viability"): Lebensfähigkeit von Zellen; Nachweis beruht häufig auf Färbung mit Vitalfarbstoffen oder Bestimmung der Plattiereffizienz (Klonierausbeute). Vorläuferzelle: siehe Präkursorzelle. Wachstumskurve: semilogarithmische Darstellung des Zusammenhanges zwischen Zellzahl (logarithmische Skala) und Zeit (lineare Skala); wird gewöhnlich eingeteilt in lag-Phase (Latenzphase bevor das Wachstum beginnt), log-Phase (Periode logarithmischen, exponentiellen Wachstums) und Plateauphase (stationäre Phase, in der die Zellzahl nach Stopp der Zellproliferation bei hoher Zelldichte konstant ist). Wachstumsmedium: das zur Kultivierung eingesetzte komplette (serumhaltige) Medium. Wachstumszyklus: Periode von der Subkultivierung bis zum Ende der log-Phase, dem Zeitpunkt für eine weitere Subkultur. Xenotransplantat (engl, „xenograft"): Transplantat von einem Spender, der einer anderen ,Spezies angehört als der Empfanger. Der Ausdruck wird oft gebraucht, um die Implantation von menschlichen Tumoren auf thymuslose (Nude-), immundefiziente oder immunsuppri-
26 Glossar
mierte Mäuse zu bezeichnen; Synonym für Heterotransplantat. Zellfusion: Bildung einer Zelle durch Fusion (Verschmelzung) von zwei anderen; kann spontan erfolgen oder häufiger durch Induktion mit inaktiviertem Sendvai-Virus oder Polyethylenglycol. Zellhybridisierung: siehe Hybridzelle. Zellinie: Zellkultur nach der ersten Passage (Subkultur). Zellkultur: In-vitro-Wachstum von Zellen, die aus dem elterlichen Gewebe nach spontaner Auswanderung oder durch mechanische oder enzymatische Vereinzelung gewonnen wurden. Zellstamm: charakterisierte Zellinie, die durch Selektion oder Klonierung erhalten wurde. Sie ist durch spezifi-
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sche Eigenschaften oder Merkmale (Marker) charakterisiert; diese müssen in den nachfolgenden Passagen erhalten bleiben. Zellzykluszeit: Zeit, die eine Zelle benötigt, um von einer bestimmten Position des Zellzyklus zur gleichen Position im nächsten Zyklus zu gelangen. Zyklisches Wachstum: in regelmäßigen Subkultivierungsintervallen erfolgendes Wachstum von geringer zu hoher Zelldichte; regelmäßige Wiederholung des Wachstumszyklus erfolgt zum Zweck der Zellhaltung. Zytotoxizität: Durch Einwirkung endogener oder exogener Milieufaktoren hervorgerufene Beeinträchtigung der normalen Zellfunktionen (Morphologie, Differenzierungsleistungen, Vitalität u. a.).
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