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German Pages 652 Year 1972
Dittmann - Reimann - Bengel Testament und Erbvertrag
Testament und Erbvertrag Handkommentar zum Recht der Verfügungen von Todes wegen nebst Systematischem Teil, Formularen und Gesetzes-Anhang
Von Ottmar Dittmann Senatspräsident i. R., München Dr. Wolfgang Reimann Notarassessor, Regensburg Dr. Manfred Bengel Notarassessor, Fürth
1972
J. Schweitzer Verlag Berlin
Bearbeiter Senatspräsident i . R . D i t t m a n n
§§ 2265—2302 BGB, §§ 33, 34 I I BeurkG
Notarassessor Dr. Reimann
Systematischer Teil A, D I 2, D I I I , §§ 2229— 2246 BGB, BeurkG (ausgenommen §§ 33, 34 I I )
Notarassessor Dr. Bengel
Systematischer Teil B, C, D I 1, 3, D I I , §§ 2247—2264 BGB, Formular- u n d GesetzesAnhang, Register
ISBN 3805902573 © Copyright 1972 b y J . Schweitzer Verlag, Berlin Alle Rechte, einschließlich des Rechtes der Herstellung von Photokopien u n d Mikrofilmen, vorbehalten. Satz, Druck und Bindearbeiten: Druckhaus Sellier O H G Freising vormals Dr. F . P . Datterer & Cie.
Vorwort Das Recht der Errichtung von Testamenten und Erbverträgen wurde durch das Beurkundungsgesetz vom 28. 8. 1969 tiefgreifend umgestaltet. In diesem Umstand sahen Verlag und Verfasser Grund und Anlaß, ein neues Werk mit neuer Konzeption vorzulegen. Es knüpft an die Tradition des Kommentars von Vogels-Seybold an, der letztmals in 4. Auflage im Jahre 1949 im J . Schweitzer Verlag erschien. Es berücksichtigt die speziellen Strukturen und Probleme des Erbrechts und trägt dem neuen Recht Rechnung. Die Verfasser haben dabei versucht, die Elemente von Wissenschaft und Praxis zusammenzuführen. Weiterer Grund und ausschlaggebend für die Konzeption dieses Buches waren die von der Praxis — aus der Richterschaft, von Notaren und Rechtsanwälten — an den Verlag herangetragenen Wünsche. Diesen entsprechend beschränkten die Verfasser sich nicht darauf, die Gesetzesvorschriften, welche die Errichtung von Verfügungen von Todes wegen regeln, also die §§ 2229—2302 BGB und die §§ 1—35 BeurkG, ausführlich zu kommentieren. In einem systematischen Teil werden darüberhinaus — den Bereich der reinen Kommentierung verlassend — diejenigen Fragen behandelt, die bei der Errichtung von Testamenten und Erbverträgen bedeutsam werden, aber über das formelle Recht hinausgehen. So wurde es insbesondere für notwendig erachtet, das Internationale Erbrecht und das Erbschaftssteuerrecht in den Grundzügen darzustellen. Auch werden ausgewählte Fragen der materiellen Gestaltung von Verfügungen von Todes wegen abgehandelt, wobei besonderes Gewicht auf die Berührungspunkte des Erbrechts mit dem Familienrecht und mit dem Gesellschaftsrecht gelegt wurde. Das vorliegende Werk ist somit teils Handbuch, teils Kommentar. Die persönliche Beteiligung an diesem Buch soll nur in einer Hinsicht erläutert werden: Der Senior unter den Autoren hat den gleichen Gegenstand bereits in J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch bearbeitet. Wenn er dem Drängen des Verlages, an dem nun vorgelegten Handkommentar mitzuwirken, gleichwohl nachgegeben hat, so geschah dies mit Rücksicht auf das Bedürfnis nach einer Neubearbeitung des Stoffes, welche die seit 1955, dem Beginn des Erscheinens der 11. Auflage des Staudinger, ergangene Rechtsprechung und die Gesetzesänderungen verwertet. Das Manuskript wurde am 1. September 1971 abgeschlossen. Die Verfasser sind für Anregungen und Hinweise stets dankbar. München, Regensburg und Fürth, im Februar 1972 Ottmar Dittmann Wolfgang Reimann Manfred Bengel
V
Inhaltsübersicht
Vorwort
V
Abkürzungsverzeichnis
IX
Systematischer Teil A. Die Grundlagen des Rechts der Verfügungen von Todes wegen
5
B. Grundzüge des Internationalen Erbrechts
31
C. Grundzüge des Erbschaftssteuerrechts
51
T). Ausgewählte Fragen der materiellen Gestaltung von Verfügungen von Todes wegen
62
Kommentarteil A. Errichtimg
und
Aufhebung
eines
Testaments
§§ 2229—2264 BGB
(Einfaches
Testament) 99
B. Gemeinschaftliches Testament (§§2265—2273 BGB)
226
C. Erbvertrag (§§ 2274—2302 BGB)
301
D. Beurkundungsgesetz
426
Anhang A. Formulare
561
B. Gesetzestexte, Verwaltungsvorschriften
583
Sachregister
626
VII
Abkürzungsverzeichnis aA aaO ABGB ABl Abs Abschn Abt abw Achilles-Greiff AcP ÄndG aF AG AkfDR AktG AktO ALR Anh Anl Anm AO arg Art AT AV AVO
anderer Ansicht a m angegebenen Ort (österr) Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch Amtsblatt Absatz Abschnitt Abteilung abweichend Achilles-Greiff, Bürgerl Gesetzbuch, 20/21. Aufl, 1958 Archiv f ü r zivilistische Praxis Änderungsgesetz alter Fassung Amtsgericht Akademie f ü r Deutsches Recht Aktiengesetz Aktenordnung Allg Preussisches Landrecht Anhang Anlage Anmerkung Abgabenordnung a r g u m e n t u m aus . . . Artikel Allgemeiner Teil Allgemeine Verfügung Ausführungsverordnung
B bad Bartholomeyczik bay BayJMBl BayObLG BB BBauG Beil Bek Bern Beschl bestr betr BeurkG BewG BFH BGB BGBl BGH BGHZ B1 BNotO Brox BStBl Buchst Büro BVerfG
Bundesbadisch Bartholomeyczik, Erbrecht, Lehrbuch, 9. A., 1970 bayerisch Bayerisches Justizministerialblatt Bayerisches Oberstes Landesgericht Betriebsberater Bundesbaugesetz Beilage Bekanntmachung Bemerkung Beschluß bestritten betreffend Beurkundungsgesetz Bewertungsgesetz Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des B G H in Zivilsachen Blatt Bundesnotarordnung Brox, Erbrecht, Lehrbuch, 1967 Bundessteuerblatt Buchstabe Zeitschrift Das Juristische Büro Bundesverfassungsgericht IX
Abkürzungsverzeichnis BVerwG BWNotZ bzw
Bundesverwaltungsgericht Mitteilungen aus der Praxis, Zeitschrift f ü r das Notariat in Baden-Württemberg beziehungsweise
CC
Code-Civil
dgl DB DGO dh Diss DJ DJZ DNotZ DONot DR DRiZ DRZ Drucks DStZ DVO
dergleichen, desgleichen Der Betrieb Deutsche Gemeindeordnung das heißt Dissertation Deutsche Justiz Deutsche Juristen-Zeitung Deutsche Notar-Zeitschrift Dienstordnung f ü r Notare Deutsches Recht, Wochenausgabe Deutsche Richterzeitung Deutsche Rechtszeitschrift Drucksache Deutsche Steuerzeitung Durchführungsverordnung
EG EheG Einl einschl Enneccerus-Nipperdey
Einführungsgesetz Ehegesetz Einleitung einschließlich Enneccerus-Kipp-Wolff, Lehrbuch des Bürgerlichen Band I, 15, A, Bearbeiter Nipperdey Erbschaftssteuergesetz E r m a n , K o m m e n t a r zum BGB, 4. A, 1967 Einkommensteuergesetz eingetragener Verein
ErbStG Erman-(Bearbeiter) EStG eV FA FamRZ
Rechts,
Flume, AT fr Fußn
Finanzamt E h e u n d Familie im privaten und öffentlichen Recht, Zeitschrift f ü r das gesamte Familienrecht Ferid-Firsching, Internationales Erbrecht u n d folgende Finanzgericht Gesetz über die Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit Flume, AUg Teil des Bürgerlichen Rechts, 1965 früher Fußnote
G GBA GBl GBO GemO GG GlBerG GmbHG GMB1 GVB1 GVG
Gesetz Grundbuchamt Gesetzblatt Grundbuchordnung Gemeindeordnung Grundgesetz Gleichberechtigungsgesetz Gesetz betr die Gesellschaft mit beschränkter H a f t u n g Gemeinsames Ministerialblatt Gesetz- u n d Verordnungsblatt Gerichtsverfassungsgesetz
HansJVBl HEZ HGB HintO hM HöfeO HRR hrsg
Hanseatisches Justizverwaltungsblatt Höchstrichterliche Entscheidungen Handelsgesetzbuch Hinterlegungsordnung herrschende Meinung Höfeordnung Höchstrichterliche Rechtsprechung herausgegeben
Ferid-Firsching ff. FG FGG
X
Abkürzungsverzeichnis
idF IPR iVm iZw
in der Fassung Internationales Privatrecht in Verbindung mit im Zweifel
JB1 JFG
Justizblatt Jahrbuch für Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchrechts Justizministerium Justizministerialblatt Justizministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen Juristische Rundschau Juristische Schulung Die Justiz, Amtsblatt des Justizministeriums Baden-Württemberg Justizverwaltungsblatt Juristische Wochenschrift Juristenzeitung
JM JMB1 JMB1NRW JR JuS Justiz JVB1 JW JZ Kap KG KGH Kipp-Coing Komm KostO KSTG Lange Lehmann-Hübner lfd Nr LFGG LG LM
Kapitel Kammergericht Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts Enneccerus-Kipp-Wolff, Lehrbuch des B G B Band V, 12. A 1965, Bearbeiter: Coing Kommentar Kostenordnimg Kapitalverkehrssteuer
LZ
Lange, Erbrecht, Lehrbuch 1962 Lehmann-Hübner, Allg Teil des B G B , 15. A, 1966 laufende Nummer badisches Landesgesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit Landgericht Nachschlagwerk des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen, herausgegeben von Lindemaier Möhring ua Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht
MB1 MDR mE Min MittBayNot Mot MRG MRVO
Ministerialblatt Monatsschrift für Deutsches Recht meines Erachtens Ministerium Mitteilungen des Bay Notarvereins Motive zum Entwürfe des Bürgerlichen Gesetzbuches Militärregierungsgesetz Militärregierungsverordnung
NdsRpfl nF NJ NJW NRW
Niedersächsische Rechtspflege neue Fassung Zeitschrift Neue Justiz Neue Juristische Wochenschrift Nordrhein-Westfalen
Oertmann-Leonhard OGH OGHZ
Oertmann-Leonhard, Erbrecht, Lehrbuch 2. A, 1912 Oberster Gerichtshof für die britische Zone Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs für die britische Zone offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht bzw Entscheidung der Oberlandesgerichte in Zivilsachen Oberverwaltungsgericht
OHG OLG OVG Palandt(jew Bearbeiter) Planck(jew Bearbeiter)
Palandt, BGB, 30. A, 1971 Planck's Kommentar zum B G B , Band V, 4. A., 1930 XI
Abkürzungsverzeichnis RabelsZ
Rabeis Zeitschrift für ausländisches und internationales Privat recht RdErl Runderlaß Rdn Randnote Recht Das Recht, Beilage zur Deutschen Justiz REHG Reichserbhofgericht Reichsfinanzhof RFH Reichsgericht RG Reichsgesetzblatt RGBl R G R K - (jew Bearbeiter) Kommentar der Reichsgerichtsräte zum BGB, 11. Aufl Mitteilungen der Rheinischen Notarkammer RheinNotK Rpfleger Der Deutsche Rechtspfleger Rechtspflegergesetz RpflG Reichssteuerblatt RStBl S s SchlHA Seybold-Hornig SJZ Soergel(jew Bearbeiter) sog Sp StAnpG StAnz Staudinger(jew Bearbeiter) str
Seite siehe Schleswig-Holsteinische Anzeigen Seybold-Hornig, Bundesnotarordnung, Komm., 4. A, 1962 Süddeutsche Juristenzeitung Soergel-Siebert, BGB 9./10. Aufl
u ua unbestr Urt uU
und unter anderem unbestritten Urteil unter Umständen
V
vom Vergleichsordnung Verschollenheitsgesetz Zeitschrift Versicherungsrecht Verfügung vergleiche Vertragshilfegesetz Verordnung Verordnungsblatt Verordnungsblatt für die britische Zone Vorbemerkung
VerglO VerschG VersR Vfg vgl VHG vo
VOB1 VOBlBrZ Vorb
sogenannt Spalte Steueranpassungsgesetz Staatsanzeiger Staudinger, BGB, 10./11. Aufl strittig
WährG WarnJ WEG WM WSG württ württ-bad WürttZ
Währungsgesetz Warneyer, Jahrbuch der Entscheidungen zum BGB Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht Wertpapier -Mitteilungen Wohnsiedlungsgesetz württembergisch württembergisch -badisch Zeitschrift für freiwillige Gerichtsbarkeit und die Gemeindeverwaltung in Württemberg
zB ZB1FG
zum Beispiel Zentralblatt für freiwillige Gerichtsbarkeit und Notariat sowie Zwangsversteigerung Ziffer Zentraljustizblatt für die britische Zone Z i vilprozeßordnung Zivilsenat zur Zeit
Ziff ZJB1 ZPO
zs
zZt XII
Systematischer Teil
1
Dittmann-Reimann-Bengel, Testament
Übersicht: A. Die Grundlagen des Rechts der Verfügungen von Todes wegen (1)
aa) Erbrechtlicher
bb) Pflichtteilsrecht (72) cc) § 138 I B G B (73) dd) Anerbenrecht (77) b) Vertragliche B e s c h r ä n k u n g e n (80) c) Vorangegangenes T u n (81) d) B e s c h r ä n k u n g e n d u r c h V e r f ü gungen von Todes wegen D r i t t e r
I. Allgemeines (1) 1. D a s Wesen des E r b r e c h t s (1) 2. I n t e s t a t e r b r e c h t u n d gewillkürte E r b folge (2) 3. V e r f ü g u n g e n v o n Todes wegen (3) II. Erbfall — Erblasser — Erbschaft — Erbe (5) 1. E r b f a l l (5) 2. Erblasser (7) 3. E r b s c h a f t — Nachlaß (8) a) Terminologie (8) b) R e c h t s ü b e r g a n g ipso j u r e (9) 4. E r b e (10) III. Zugehörigkeit zur Erbschaft (14) 1. G r u n d s a t z (14) 2. Der Ü b e r g a n g des A k t i v v e r m ö g e n s (15)
a) Sachenrechtliche Positionen (16) aa) E i g e n t u m (16) bb) B e s c h r ä n k t e dingliche R e c h t e (17)
b)
c) d) e) f) g)
i)
cc) Besitz (18) Schuldrechtliche Positionen (19) aa) Ansprüche (19) bb) A u f t r a g (20) cc) Vollmacht (21) dd) Lebensversicherungen (22) Gestaltungsrechte (23) I m m a t e r i a l g ü t e r r e c h t e (24) Persönlichkeitsrechte (25) U n t e r h a l t s a n s p r ü c h e (30) Mitgliedschaftsrechte (31) aa) R e c h t s f ä h i g e r Verein (32) b b ) Genossenschaft (33) cc) A G (34) dd) G m b H (35) ee) O H G (39) f f ) K G (51) gg) BGB-Gesellschaft (55) hh) Stille Gesellschaft (56) T r e u h a n d - u n d Sicherungsrechte
(82)
V. Die Formstrenge im Recht der Verfügungen von Todes wegen (83) 1. F o r m z w a n g (83) 2. Zweck (84) a) W a r n f u n k t i o n (85) b) R e c h t s k l a r h e i t s f u n k t i o n (86) c) Beweisfunktion (87) 3. Folgen eines F o r m v e r s t o ß e s (88) a) Soll-Vorschrift (89) b) Muß-Vorschrift (90) aa) Heilung (91) bb) R e s t r i k t i v e A n w e n d u n g (92) ce) Auslegung (93) dd) Teilunwirksamkeit (94) 4. Maßgeblicher Z e i t p u n k t (95) B. Grundzüge des internationalen Erbrechts (1)
I. Allgemeines (1) 1. Grundbegriffe (1) 2. Prinzipien (5) 3. Renvoi (9) 4. Maßgebender Z e i t p u n k t (10) I I . Geltungsbereich des Erbstatuts (11) I I I . Die Verfügung von Todes wegen (19) 1. Testierfähigkeit (21) 2. F o r m (22) 3. W i r k u n g der V e r f ü g u n g von Todes wegen (24) 4. Zuständigkeit der Nachlaßgerichte (25)
(57)
k) Amtsstellungen (58) 3. D e r Ü b e r g a n g des Passivvermögens (59)
IV. V.
a) Vollmacht (60) b) Arbeitsverhältnisse (61) c) Leistungen a u s Gesellschaftsverhältnissen (62) d) Familienrechtliche Leistungspflichten (63) e) Sonstige persönliche Verpflichtungen (64) IV. Der Grundsatz der Testierfreiheit (65) 1. B e d e u t u n g (65) 2. Schutz (68) 3. Schranken (69) a) Gesetzliche S c h r a n k e n (70) l
Typenzwang
(71)
VI. VII.
5. E r b s c h e i n (26) 6. E r b v e r t r a g , E r b v e r z i e h t , gemeinschaftliches T e s t a m e n t (27) Aufbaufragen (28) Einzelne Rechtsordnungen (29) 1. Belgien (30) 2. E n g l a n d (31) 3. F r a n k r e i c h (32) 4. Italien (33) 5. Niederlande (34) 6. Österreich (35) 7. Schweiz (36) 8. U S A (37) Auszüge aus dem EGBGB (38) Das Haager Abkommen über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht (Kommentierung) (39)
3
Systematischer Teil C. Grundzüge des Erbschaftssteuerrechts (1) I. Allgemeines (2) 1. Gegenstand der Erbschaftssteuer (2) 2. Die persönliche Steuerpflicht (3) 3. Steuerklassen, Freibeträge, Besteuerungsgrenzen (6) a) Vergünstigungen für Ehegatten (8) b) Besondere Steuerbefreiungen (12) aa) Hausrat (13) bb) Kunstgegenstände und Sammlungen (14) cc) Andere bewegliche körperliche Gegenstände (15) 4. Steuerschuld, Steuerschuldner (16) a) Entstehung der Steuerschuld (16) b) Person als Steuerschuldner (18) 5. Bewertungsfragen (23) 6. Veranlagung und Erhebung (26) II. Sonderprobleme (27) 1. Vorerbschaft und Nacherbschaft (27) 2. Nießbrauch, Rentenbesteuerung (34) 3. Abzug wegen unentgeltlich geleisteter Dienste (38) a) Allgemeines (38) b) Voraussetzungen (39) aa) Zugewinngemeinschaft (40) bb) Gütertrennung (41) cc) Gütergemeinschaft (42) c) Erwerb der Kinder von ihren Eltern (43) d) Erwerb der Eltern (44) e) Höhe des Abzuges (45) 4. Erfüllung nichtiger Verfügungen von Todes wegen (46)
b) Das Erbrecht des nichtehelichen Kindes (43) c) Der Erbersatzanspruch (44) aa) Voraussetzungen (44) bb) Ausgleichspflicht (50) cc) Stundung des Erbersatzund Pflichtteilsanspruches (53) d) Vorzeitiger Erbausgleich (56) aa) Voraussetzungen (56) bb) Wirkungen (60) cc) Übertragbarkeit, Verjährung (61)
dd) Höhe des Anspruches (65) ee) Nachträgliches Ehelichwerden des Kindes (66) e) Möglichkeiten, auf das Pflichtteilsrecht des nichtehelichen Kindes einzuwirken (67) aa) Güterstand des Vaters (69) bb) Schenkungen (75)
D. Ausgewählte Fragen der materiellen Gestaltung von Verfügungen von Todes wegen
I I . Verfügungen von Todes wegen und Rechtsgeschäfte unter Lebenden (78) 1. Grundlagen (78) 2. Folgerungen für die Praxis (83) a) R ü c k t r i t t des Erblassers (84) b) R ü c k t r i t t des Bedachten (85) c) Bedingung (86) d) Verfügungsverbot (87) 3. Sonderfall: Zuwendung eines Anwesens an Abkömmlinge, Sicherungsmöglichkeiten (89) a) Erbrechtliche Regelung (90) aa) Nießbrauchsvermächtnis zugunsten des Ehegatten (90) bb) Vor- und Nacherbschaft (91) cc) Vermächtnis zugunsten des Anwesenserben (94) b) Ubergabeverpflichtung unter Lebenden (100)
I. Verfügungen von Todes wegen und Personenstand (1) 1. Güterstand und Erbrecht (1) a) Gesetzliches Güterrecht: Zugewinngemeinschaft (4) aa) Allgemeines (4) bb) Zugewinnausgleich (6) b) Vertragsmäßiges Güterrecht (10) aa) Gütertrennung (12) bb) Gütergemeinschaft (14) 2. Das Geschiedenen-Testament (22) a) Die Sicherung des letzten Willens durch Anordnung der Nacherbfolge (23) b) Sicherung durch auflösend bedingte Erbeinsetzung (32) c) Die Sicherung des letzten Willens durch Aussetzen von Vermächtnissen (33) d) Sonstige Bestimmungen (39) 3. Verfügungen von Todes wegen und Nichtehelichenrecht (41) a) Anwendungsbereich des NEhelG (41)
I I I . Verfügungen von Todes wegen bei Unternehmern (107) 1. Allgemeines (107) a) Sachgerechtigkeit (108) b) Eindämmen von Erben-Belastungen (110) aa) Pflichtteilsansprüche (111) bb) Auseinandersetzungsansprüche (112) cc) Erbschaftssteuer (113) 2. Verfügungen von Todes wegen beim Einzelunternehmen (114) a) Art der Fortführung (114) b) Auswahl der E r b e n durch Dritte (117) c) Fortführung durch Testamentsvollstrecker (118) 3. Verfügungen von Todes wegen bei Beteiligung an einer Gesellschaft (120) a) OHG (121) aa) Auflösung der OHG (122) bb) Fortsetzung unter den verbleibenden Gesellschaftern (123)
Systematischer Teil cc) Fortsetzung mit den Erben (124) dd) Eintrittsrecht der Erben (127) b) KG (128)
c) Stille Gesellschaft (129) d) GmbH (130) e) AG (131)
A. Die Grundlagen des Rechts der Verfügungen von Todes wegen*) I. Allgemeines 1. Das Wesen des Erbrechts Das E r b r e c h t als objektives R e c h t regelt die Rechtsverhältnisse des Vermögens 1 eines Verstorbenen. D a s E r b r e c h t als subjektives R e c h t ist die R e c h t s m a c h t des E r b e n im R a h m e n des objektiven E r b r e c h t s . D a s o b j e k t i v e E r b r e c h t betrifft grundsätzlich n u r die vermögensrechtliche Nachfolge. Die Persönlichkeit des Menschen endet m i t d e m Tode. Die Vermögensrechte einer Person b e d ü r f e n a u c h ü b e r den T o d des R e c h t s t r ä g e r s hinaus einer Regelung. D a s E r b r e c h t ist d a h e r „die F o r t s e t z u n g des Vermögensrechts u n d der vermögensrechtlichen H e r r s c h a f t des Menschen ü b e r seinen Tod hinaus" 1 ). Gegenstand des objektiven E r b r e c h t s ist die Verteilung des Vermögens eines Verstorbenen, eingeschlossen die H a f t u n g f ü r dessen Verbindlichkeiten. 2. Intestaterbrecht und gewillkürte Erbfolge D e r erbrechtliche E r w e r b , in d e m sich das objektive E r b r e c h t realisiert, k a n n auf 2 gesetzlicher oder gewillkürter Erbfolge b e r u h e n . Die gesetzliche Erbfolge greift n u r ein, wenn u n d soweit ein letzter Wille n i c h t erk l ä r t wurde. Sie k n ü p f t a n die V e r w a n d t s c h a f t (§§ 1924—1970), a n die E h e (§ 1931) oder a n die Staatsangehörigkeit (vgl § 1936) an. I n h a l t der Erbfolge auf G r u n d Gesetzes ist eine schematische, den Bedürfnissen des Normalfalles genügende Verteilung des N a c h lasses. Die gesetzliche Erbfolge ist getragen von d e m G e d a n k e n des Familienerbrechts (vgl u n t e n R d n r 67), berücksichtigt also vor allem den Z u s a m m e n h a l t des Familienvermögens. Der Erblasser k a n n d u r c h R e c h t s g e s c h ä f t von Todes wegen den erbrechtlichen Erwerb seines Vermögens abweichend von der gesetzlichen Erbfolge regeln 2 ). H i e r z u ist er k r a f t der Testierfreiheit (vgl u n t e n IV) berechtigt, soweit nicht gesetzliche Schranken gesetzt sind. Gestaltungsmittel der gewillkürten Erbfolge sind die V e r f ü g u n g e n v o n Todes wegen (vgl u n t e n 3). D u r c h sie k a n n der Erblasser f ü r den Fall seines Todes eine R e gelung treffen, welche die speziellen Belange gerade seiner Vermögensmasse (z. B . U n t e r n e h m e n oder Unternehmensbeteiligung) berücksichtigt. Verfügungen v o n Todes wegen werden erst m i t d e m T o d des Erblassers wirksam. Dies gilt auch beim E r b v e r t r a g ; hier ist der Erblasser lediglich d a r a n gehindert, eine a n d e r e A n o r d n u n g zu treffen. 3. Verfügungen von Todes wegen D u r c h den Begriff „ V e r f ü g u n g von Todes wegen" werden diejenigen Willenserklä- 3 r u n g e n bezeichnet, deren Rechtsfolge auf d e n Tod eines a m Rechtsgeschäft Beteiligten abgestellt ist, die d a h e r im Gegensatz zu d e n Rechtsgeschäften „ u n t e r L e b e n d e n " s t e h e n . *) Paragraphen ohne besondere Angabe des Gesetzes sind im folgenden solche des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). !) Lange § 1 V c; vgl auch Brox Rdnr 109ff.; Lutter FamRZ 1967, 70ff.; Palandt-Keidel § 1922 Vorb 1. 2 ) Brox Rdnr 54. 5
A. 4—6
A. Die Grundlagen des Rechts der Verfügungen von Todes wegen
D e r T e r m i n u s „ V e r f ü g u n g " ist m i ß v e r s t ä n d l i c h ; die V e r f ü g u n g von Todes wegen h a t keine u n m i t t e l b a r e W i r k u n g auf den B e s t a n d eines Rechtes, relevant wird sie vielm e h r erst mit d e m Erbfall. D e r als E r b e Eingesetzte erwirbt zu Lebzeiten des Erblassers a u c h keine auf Grund der Verfügung von Todes wegen entstehende A n w a r t s c h a f t , er h a t insoweit n u r eine tatsächliche Aussicht. Lediglich beim E r b v e r t r a g h a t der Vertragserbe bei Lebzeiten des Erblassers eine A n w a r t s c h a f t , einmal E r b e zu werden 1 ); diese A n w a r t s c h a f t ist jedoch nicht in der V e r f ü g u n g v o n Todes wegen b e g r ü n d e t , sondern in dem gegenseitigen Vertrag, der in einem E r b v e r t r a g zugleich e n t h a l t e n ist. D e r in einem E r b v e r t r a g vorgesehene V e r m ä c h t n i s n e h m e r h a t wegen § 2169 keine A n w a r t s c h a f t 2 ) . Selbst der E r b v e r t r a g h i n d e r t grundsätzlich den Erblasser nicht, u n t e r L e b e n d e n zu verfügen. „ V e r f ü g u n g " ist d a h e r im E r b r e c h t im Sinne v o n „ A n o r d n u n g " oder — noch allgemeiner — „ W i l l e n s e r k l ä r u n g " zu verstehen. 4 „ V e r f ü g u n g v o n Todes w e g e n " ist der Oberbegriff zu „ T e s t a m e n t " u n d „ E r b v e r t r a g " . Testament ist die einseitige V e r f ü g u n g von Todes wegen. E s unterscheidet sich insoweit v o m Erbvertrag als einem zweiseitigen Rechtsgeschäft. D a s Gesetz (vgl §§ 1937, 1941) bezeichnet allein die einseitigen Verfügungen v o n Todes wegen als letztwillige Verfügungen, w ä h r e n d der E r b v e r t r a g n i c h t als letztwillige V e r f ü g u n g b e n a n n t wird, d a er a u c h bei Ä n d e r u n g des i m V e r t r a g niedergelegten Willens unabänderlich ist. „ L e t z t willige V e r f ü g u n g " ist grundsätzlich gleichbedeutend m i t „ T e s t a m e n t " (vgl § 1937), jedoch k a n n der Begriff a u c h die einzelne einseitige A n o r d n u n g , die in einem T e s t a m e n t oder einem E r b v e r t r a g erhalten ist, bezeichnen. D e r terminologische Unterschied k a n n vor allem d o r t von B e d e u t u n g werden, wo in einer V e r f ü g u n g v o n Todes wegen f r ü h e r e A n o r d n u n g e n w i d e r r u f e n w e r d e n ; die F o r m u l i e r u n g „ich widerrufe alle bisher v o n mir getroffenen letztwilligen V e r f ü g u n g e n " erstreckt sich v o m W o r t l a u t her n u r auf einseitige Willenserklärungen v o n Todes wegen in T e s t a m e n t e n u n d E r b v e r t r ä g e n , n i c h t jedoch — falls hier ü b e r h a u p t ein Widerruf möglich ist — auf vertragliche Verfügungen. Auch beim Abfassen von E r b v e r t r ä g e n sollte terminologisch klargestellt sein, ob b s p w ein V e r m ä c h t nis e r b v e r t r a g s m ä ß i g (als bindend!) oder n u r als letztwillige V e r f ü g u n g (also einseitig und einseitig widerruflich!) angeordnet wird 8 ).
II. Erbfall — Erblasser — Erbschaft — Erbe 1. Erbfall 5 E r b f a l l ist n a c h § 1922 I der „ T o d einer P e r s o n " . Diese Definition ist u n g e n a u . N u r Menschen k ö n n e n b e e r b t werden, nicht auch juristische Personen ; bei diesen ist f ü r den Fall der A u f h e b u n g der Rechtsfähigkeit ein besonderes Liquidations verfahren vorgesehen, in d e m der Ü b e r g a n g des Vermögens geregelt wird 4 ). 6 Die Todeserklärung h a t zur Folge, d a ß v e r m u t e t wird, der f ü r t o t E r k l ä r t e sei in d e m Z e i t p u n k t gestorben, der in d e m Beschluß als T o d e s z e i t p u n k t festgestellt ist (§§ 9 I 1, 44 I I 1 VerschG). D e r f ü r t o t E r k l ä r t e wird behandelt, als sei er wirklich gestorben, so !) Vgl BGHZ 37, 319 = N J W 1962, 1910 = DNotZ 1963, 553; KG OLG 21, 362; OLG Düsseldorf N J W 1957, 266; Staudinger-Dittmcmn § 2269 Rdnr 10; Palandt-Keidel § 2269 Anm 2bb; Soergel-Ehard-Eder § 2269 Rdnr 8; aA (keine Anwartschaft, sondern Rechtsverhältnis sui generis) Erman-Hense § 2269 Anm 2. Die Anwartschaft ist wegen § 312 I 1 (analog) nicht übertragbar; BGHZ 37, 319 (323) = N J W 1962, 1910 = DNotZ 1963, 553. 2 ) BGHZ 12, 115 = N J W 1954, 633 = DNotZ 1954, 264 mit Anm von Hieber; BGHZ 37, 319 (322) = N J W 1962, 1910 = DNotZ 1963, 553. 3 ) Vgl BGH DRiZ 1971, 26f. 4 ) Vgl Lange § 4 II 1. 6
A. II. Erbfall — Erblasser — Erbschaft — Erbe
7—11
d a ß sein Vermögen z u m N a c h l a ß wird. W i r d die Todeserklärung aufgehoben, so k a n n der zu U n r e c h t f ü r t o t E r k l ä r t e sein Vermögen gern § 2031 herausverlangen. 2. Erblasser U n t e r „ E r b l a s s e r " v e r s t e h t m a n diejenige Person, deren Vermögen m i t d e m Tode 7 auf eine oder mehrere a n d e r e Personen übergeht. J e d e r Verstorbene ist daher Erblasser. D a s Gesetz spricht — nicht ganz korrekt — v o m „ E r b l a s s e r " nicht erst n a c h E i n t r i t t des Erbfalles, sondern bereits zu seinen Lebzeiten, w e n n er seine vermögensrechtlichen Verhältnisse f ü r die Zeit n a c h d e m Tode regelt 1 ). 3. Erbschaft-Nachlaß a ) Terminologie U n t e r E r b s c h a f t u n d N a c h l a ß v e r s t e h t m a n die S u m m e aller im Erbwege überge- 8 gangenen R e c h t e u n d Pflichten 2 ). Beide Begriffe, E r b s c h a f t u n d Nachlaß, h a b e n denselben sachlichen I n h a l t , obwohl sie im B G B terminologisch unterschiedlich verwendet werden. D a s W o r t „ N a c h l a ß " wird gebraucht, „ u m die Gesamtheit der einzelnen Stücke oder Bestandteile des Vermögens des Erblassers (bona defuncti) sowohl der a k t i v e n als der passiven, zu bezeichnen. „ E r b s c h a f t " wird g e b r a u c h t von d e m nachgelassenen Vermögen einer Person, wie dieses zugleich als m i t einem b e s t i m m t e n neuen S u b j e k t e (Erbe), auf welches das Vermögen ü b e r g e h t (Erbfolge), in Beziehung stehend bezeichnet werden soll" 3 ). b) Rechtsübergang ipso jure D a s deutsche R e c h t geht v o m G r u n d s a t z des Vonselbsterwerbs aus. D e r E r b e wird 9 m i t d e m E r b f a l l Gesamtnachfolger des Erblassers. Dies b e d e u t e t , d a ß der E r b e grundsätzlich in alle Rechtsbeziehungen des Erblassers e i n t r i t t , u n d zwar k r a f t Gesetzes, ohne d a ß es besonderer Ü b e r t r a g u n g s a k t e b e d ü r f t e . D e r N a c h l a ß wird „ v o n s e l b s t " m i t d e m E r b f a l l zur E r b s c h a f t . D e r Ü b e r g a n g des A k t i v v e r m ö g e n s ergibt sich a u s § 1922 I . Streitig ist, ob u n t e r Vermögen im Sinne dieser Vorschrift auch das Passivvermögen zu verstehen ist 4 ). Die F r a g e ist ohne p r a k t i s c h e B e d e u t u n g ; denn der Ü b e r g a n g des Pass i w e r m ö g e n s ergibt sich zumindest aus § 1967. Gleichgültig, welcher Ansicht m a n folgt, ist m a n sich d a r ü b e r einig, d a ß der Vermögensbegriff des § 1922 weiter ist als sonst, da er a u c h R e c h t e , die keinen Vermögenswert darstellen, erfaßt 6 ). N a t u r g e m ä ß gehen n u r diejenigen R e c h t e auf den E r b e n über, die z u m N a c h l a ß gehören; nicht alle d e m E r b lasser z u s t e h e n d e n R e c h t e bleiben v o n seinem T o d u n b e r ü h r t (vgl dazu im einzelnen unten III). 4. Erbe N a c h § 1922 I werden diejenigen Personen, auf die m i t d e m T o d eines Menschen 10 dessen Vermögen als Ganzes übergeht, als E r b e n bezeichnet. D e r E r b e wird neuer Träger der R e c h t e u n d Pflichten des Verstorbenen. D e r E r b e m u ß grundsätzlich, da er anstelle des Erblassers R e c h t s t r ä g e r wird, 11 rechtsfähig sein. A k t i v erbfähig sind daher prinzipiell n u r die z Zt des Erbfalls lebenden !) Vgl Lange § 4 I I 2; Brox Rdnr 13. 2 ) Staudinger-Boehmer § 1922 Rdnr 76. 3 ) Motive V 603 f. 4 ) Bejahend: Planck-Flad, § 1922 Anm 2; RGRK-Krejei § 1922 Anm 10; verneinend: Staudinger-Boehmer § 1922 Rdnr 76; Kipp-Coing § 91 I I 2; Bartholomeyczik § 6 I I 2a. 6 ) Motive V 2; Lange § 5 I I 2 b. 7
A. 12—14
A. Die Grundlagen des Rechts der Verfügungen von Todes wegen
natürlichen Personen (§ 1923 I) u n d die zu diesem Z e i t p u n k t bestehenden juristischen Personen (vgl § 2101 I I ) . Gesamthandsgemeinschaften sind, a u c h w e n n sie im Rechtsv e r k e h r u n t e r eigenem N a m e n a u f t r e t e n (vgl § 124 H G B ) , n i c h t rechtsfähig. Gleichwohl sind sie a k t i v erbfähig, d a der N a c h l a ß u n m i t t e l b a r , ohne d a ß eine Ü b e r t r a g u n g von den G e s a m t h ä n d e m auf die G e s a m t h a n d notwendig wäre, in das Gesamthandsvermögen fällt 1 ). Gleiches gilt f ü r den nichtrechtsfähigen Verein2). Die E r b e i n s e t z u n g ist rechtlich im G r u n d e nichts anderes als eine B e r u f u n g sämtlicher zur Zeit des E r b f a l l s v o r h a n d e n e r G e s a m t h ä n d e r (Gesellschafter.Vereinsmitglieder) zu E r b e n m i t der B e s t i m m u n g , d a ß das Z u g e w a n d t e Bestandteil des G e s a m t h a n d s v e r m ö g e n s werden soll, also d u r c h den Gesamthands-(Gesellschafts-, Vereins-) Zweck b e s t i m m t e s Vermögen seiner Mitglieder. Der u n m i t t e l b a r e Ü b e r g a n g in d a s G e s a m t h a n d s v e r m ö g e n läßt sich d u r c h eine Analogie zu § 718 rechtfertigen 3 ). N a c h aA 4 ) ist die E r b e i n s e t z u n g eines nichtrechtsfähigen Vereins n u r als Z u w e n d u n g a n die Mitglieder m i t der Auflage zu d e u t e n , das Zugew a n d t e a n den Verein zu ü b e r t r a g e n . N a c h Ansicht des Kammergerichts 5 ) k a n n die E r b e i n setzung eines nichtrechtsfähigen Vereins als V e r m ä c h t n i s zugunsten der jeweiligen Mitglieder auszulegen sein. 12 D a der E r b e b e i m E r b f a l l bereits als R e c h t s s u b j e k t v o r h a n d e n sein m u ß , gilt f ü r E r b e u n d Erblasser der G r u n d s a t z der zeitlichen Koexistenz. Beide müssen wenigstens einen Augenblick l a n g gemeinsam gelebt h a b e n bzw. R e c h t s p e r s o n gewesen sein 6 ). 13 Der G r u n d s a t z , d a ß der E r b e z Zt des E r b f a l l s bereits R e c h t s s u b j e k t sein m u ß , gilt a b e r nicht uneingeschränkt. N a c h § 1923 I I gilt der noch nicht geborene, a b e r bereits erzeugte E r b e als vor d e m E r b f a l l geboren, w e n n er s p ä t e r lebend geboren wird. Die E r b s c h a f t fällt erst m i t der G e b u r t an 7 ). § 1923 I I ist nicht a n w e n d b a r auf juristische Personen, die sich in der E n t s t e h u n g befinden, d a bei ihnen keine tatsächliche V e r m u t u n g f ü r den Erfolg der G r ü n d u n g in v e r t r e t b a r e r Zeit spricht 8 ). N a c h § 84 gilt eine S t i f t u n g , die erst n a c h d e m Tode des Stifters genehmigt wird, f ü r die Z u w e n d u n g e n des Stifters a n sie als bereits m i t seinem Tode e n t s t a n d e n ; auf die Zuwendungen D r i t t e r ist § 84 n i c h t anzuwenden. E i n noch nicht erzeugter Mensch u n d eine noch n i c h t e n t s t a n d e n e juristische Person k ö n n e n als N a c h e r b e n eingesetzt w e r d e n ; Vorerben sind — mangels anderer Ano r d n u n g — die gesetzlichen E r b e n bis zur G e b u r t bzw bis z u m E n t s t e h e n des Nacherben (§§ 2101 I 1, I I ; 2106 II).
III. Zugehörigkeit zur Erbschaft 1. Grundsatz 14 N a c h d e m G r u n d s a t z der Universalsukzession wird der E r b e Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers. D e r N a c h l a ß w i r d d a h e r prinzipiell als Ganzes zur E r b s c h a f t . R e c h t e u n d Pflichten des Erblassers gehen jedoch n u r insoweit auf den E r b e n ü b e r , als sie n i c h t „höchstpersönlich"' sind, also v o n der P e r s o n des Erblassers losgelöst w e r d e n können, ohne sich in i h r e m I n h a l t zu verändern 9 ). D a die Persönlichkeit des Menschen m i t 1
) Staudinger-Lehmann § 1923 Rdnr 18f.; Palandt-Keidel § 1923 Anm l b ; aA Lange § 4 I I I 1. ) Kipp-Coing § 84 I 2 b ; Staudinger-Lehmann § 1923 Rdnr 18; Habscheid AcP 155, 400; Palandt-Keidel § 1923 Anm l b . 3 ) Staudinger-Lehmann aaO; Enneccerus-Nipperdey § 116 Anm 31. 4 ) RG WarnR 1911 Nr 89; Recht 1929 Nr 975; RGRK-Z>e»ecfce § 54 Anm. 1. 5 ) KG J F G 13, 133. 6 ) Vgl Erman-Bartholomeyczik § 1923 Anm. 2. ') K G J 34 A 79. 8 ) Palandt-Keidel § 1923 Anm 3. 9 ) Vgl Staudinger-Boehmer § 1922 Rdnr 149. 2
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A. 15—24
I I I . Zugehörigkeit zur Erbschaft
seinem T o d endet, ist die Erbfolge keine Rechtsnachfolge in die Persönlichkeit des E r b lassers, sondern (nur) in dessen Gesamt vermögen 1 ); auch Persönlichkeitsrechte können jedoch N a c h w i r k u n g e n h a b e n (vgl u n t e n 2e). 2. Der Ubergang des Aktivvermögens Als A k t i v v e r m ö g e n geht die S u m m e dessen, was in die R e c h t s m a c h t des Erblassers 15 gestellt ist, ohne höchstpersönlich zu sein, auf den E r b e n über. a) Sachenrechtliche Positionen aa) Eigentum: Das E i g e n t u m ist vererblich.
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bb) Beschränkte dingliche Rechte: E r b b a u r e c h t ( § 1 1 E r b b R V O ) , D a u e r w o h n r e c h t 17 u n d D a u e r n u t z u n g s r e c h t (§§ 33 I, 31 I I I W E G ) , H y p o t h e k e n , Grund- u n d R e n t e n s c h u l d e n sind vererblich. N i e ß b r a u c h (§ 1061) u n d b e s c h r ä n k t e persönliche D i e n s t b a r k e i t e n (§ 1090 I I ) sind unvererblich. Reallasten sind grundsätzlich vererblich; ausnahmsweise sind sie unvererblich, w e n n der A n s p r u c h auf die einzelne Leistung nicht ü b e r t r a g b a r ist (§ 1111 I I ) . Dingliche Vorkaufsrechte sind i m Regelfall unvererblich (§§ 1098 I, 514), jedoch ist eine abweichende V e r e i n b a r u n g zulässig. Vererblichkeit des D a u e r w o h n - u n d Dauern u t z u n g s r e c h t e s u n d des E r b b a u r e c h t s k ö n n e n nicht a b b e d u n g e n werden 2 ). cc) D e r Besitz ist gern § 857 vererblich.
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b) Schuldrechtliche Positionen aa) F o r d e r u n g e n u n d sonstige schuldrechtlichen Ansprüche, auch solche aus uner- 19 l a u b t e n H a n d l u n g e n , gehören z u m Nachlaß. D e r E r b e ü b e r n i m m t diese Rechtsstellung wie sie der Erblasser h a t t e , d h mit allen Gegenrechten, E i n r e d e n usw. bb) Auftragsverhältnisse erlöschen im Zweifel m i t d e m Tod des B e a u f t r a g t e n 20 (§ 673). cc) Vollmachten zugunsten des Erblassers erlöschen im Zweifel m i t dessen Tod 21 (§§ 168, 673)'). dd) Lebensversicherungen sind vererblich, falls kein Bezugsberechtigter b e n a n n t 22 i s t ; anderfalls liegt ein V e r t r a g (unter Lebenden) zugunsten D r i t t e r vor. c) Gestaltungsrechte Gestaltungsrechte, Vor-, An- u n d Wiederkaufsrecht, Anfechtungsrecht, R ü c k - 23 t r i t t s r e c h t , Wandlungs- u n d Minderungsrecht (nach der Herstellungstheorie), A n n a h m e u n d Ausschlagung einer E r b s c h a f t (sowie A n f e c h t u n g dieser Erklärungen) sind vererblich. D a s Vorkaufsrecht, d a s zeitlich b e s c h r ä n k t ist, ist vererblich, obwohl es i m Zweifel nicht ü b e r t r a g e n werden k a n n (§ 514 S 2). Das unbegrenzt zulässige Vorkaufsrecht ist im Zweifel n i c h t vererblich (§ 514 S 1). d) Immaterialgüterrechte I m m a t e r i a l g ü t e r r e c h t e (Urheber- u n d Erfinderrechte) sind v o n den einschlägi- 24 gen Gesetzen f ü r vererblich erklärt worden, obwohl sich in ihnen Persönlichkeits- u n d x
) Palandt-Keidel § 1922 Vorb 1. ) OLG Neustadt N J W 1961, 1974; OLG Hamm N J W 1965, 1488; vgl auch BWNotZ 1965, 222. 3 ) Hopt Z H K 133, 305; Palandt-Keidel § 1922 Anm 3 a k k . 2
Klingenstein
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A. 25—27
A. Die Grundlagen des Rechts der Verfügungen von Todes wegen
vermögensrechtliche Elemente treffen ( § 8 1 LUG, § 10 I K U G , § 28 VerbG, § 9 PatentG, § 13 GebrMG, § 3 GeschmMG, § 8 WZG). Mit dem Immaterialgüterrecht gehen auch die mit ihm verbundenen Unterlassungs-, Beseitungs- und Schadensersatzansprüche auf den Erben über 1 ). Die Vererblichkeit ist ausgeschlossen, wenn der Staat gesetzlicher Erbe wäre (§ 9 I I LUG, § 10 I I KUG) 2 ). e) Persönlichkeitsrechte 25 Persönlichkeitsrechte, wie das Recht am Körper, am Namen und das Recht auf Ehre, erlöschen grundsätzlich mit dem Tod des Erblassers. Der Name wird von den Abkömmlingen einer Person schon mit der Geburt (aus eigenem Recht), nicht erst kraft Erbfolge (derivativ) erworben 3 ). Wurde zu Lebzeiten des Erblassers durch Eingriff in dessen Persönlichkeitsrechte die Ursache für einen Vermögensschaden gesetzt, so kann der Erbe diesen geltend machen 4 ). Materieller Schadensersatz für immaterielle Schäden kann nicht mehr vom Erben verlangt werden, es sei denn, daß der Schaden durch Vertrag anerkannt oder daß er rechtsmäßgig geworden ist (§§ 847 I 2; 1300 I I ) . Persönlichkeitsrechte können über den Tod des Rechtsträgers fortwirken (insbesondere Schutz des Namens und der Ehre); aus dem Schutz der Persönlichkeit wird der Schutz des Andenkens Verstorbener. Hier werden allerdings nicht eigene Rechte wahrgenommen, sondern — treuhänderisch — diejenigen des Verstorbenen. Primär obliegt es den nächsten Angehörigen des Verstorbenen, nicht dessen Erben, diese Rechte wahrzunehmen 5 ). § 2 I I FeuerBG, der als allgemeiner Grundsatz herangezogen werden kann, bezeichnet als „Angehörige" den Ehegatten, Verwandte und Verschwägerte auf- und absteigender Linie, Geschwister und deren Kinder sowie den Verlobten, unter denen nach § 2 I I I aaO der Ehegatte den Verwandten, die Kinder und deren Ehegatten den sonstigen Verwandten, die näheren Verwandten den entfernteren und dem Verlobten vorgehen. 26 Der Leichnam, Skelett, Asche und die natürlichen Körperteile gehören nicht zum Nachlaß. Der Körper des lebenden Menschen ist keine Sache, weil Körper und menschliche Person eine Einheit bilden und der Mensch als Träger von Rechten und Pflichten nicht zugleich ihr Gegenstand sein kann. Das Recht des Menschen an seinem Körper ist Ausfluß der Persönlichkeit und kein vererbliches dingliches Recht, insbesondere kein Eigentum'). 27 Der Leichnam als selbständiger körperlicher Gegenstand, bei dem die Einheit von Körper und Mensch (Rechtsträger) nicht mehr besteht, ist eine Sache i S v § 90'). Auch Leichenteile, wie herausgelöste Organe, sind Sachen, soweit sie selbständige körperliche Gegenstände sind. Die Leiche ist als Sache jedoch herrenlos. Der Erbe kann kein Eigentum an der Leiche des Erblassers haben, da er einerseits als derivativer Erwerber nur in die dem Erblasser zustehenden Rechte nachrücken kann und dieser kein Eigentum an seinem eigenen Körper hatte (vgl oben), andererseits sein Persönlichkeitsrecht am Körper nicht vererblich ist. Die Angehörigen des Verstorbenen haben mangels gesetzlicher Zuweisung Vgl Lange § 5 I I I 6a; Kipp-Coing § 91 IV 3. ) Lange aaO. 3) Staudinger-Boehmer § 1922 Rdnr 156. 4) Staudinger-Boehmer § 1922 Rdnr 152; Lange § 5 I I I 5d. 6) Vgl BGHZ 15, 249 = JZ 1955, 211; BGHZ 50, 133; von Gamm NJW 1955, 1826; Kipp-Coing § 91 IV 16; Nipperdey 42. D J T I I / D ; Westermann FamRZ 1969, 561; Buschmann NJW 1970, 2081; Heldrich Festschr für Lange, 1970, S 163; vgl. auch Geilen J Z 1971, 45 sowie LG Bonn J Z 1971, 58. s) Staudinger-Going § 90 Rdnr 4; Lehmann-Hübner AT, § 49 I I ; Palandt-Danekelmann § 90 Anm 2; aA Brunner NJW 1953, 1173f. ') Staudinger-Coing § 90 Rdnr 5; Palandt-Danekelmann § 90 Vorb 4b; Lehmann-Hubner, AT, § 49 I 1; aA Staudinger-Boehmer § 1922 Rdnr 150. 2
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A. 28—33
I I I . Zugehörigkeit zur Erbschaft
kein E i g e n t u m a m Leichnam 1 ). D e r Leichnam ist auf G r u n d der Anschauungen ü b e r die g u t e n Sitten (Pietät) eine verkehrsunfähige Sache 2 ). D a s Totensorgerecht s t e h t den Angehörigen des Verstorbenen zu, den E r b e n nur, so- 28 weit Angehörige nicht v o r h a n d e n sind (vgl oben R d n r 25). Die A r t der Bestattung richtet sich nach d e n A n o r d n u n g e n des Verstorbenen (vgl im einzelnen § 2 I FeuerBG), soweit solche nicht vorliegen, n a c h denen der Hinterbliebenen. Diese h a b e n a u c h ü b e r die anderen F r a g e n der Totensorge (evtl U m b e t t u n g der Leiche, Grabinschrift, Auswahl des Urnenortes) zu entscheiden 3 ). E i n e Aneignung der Leiche oder v o n Leichenteilen ist wegen der m a n g e l n d e n 29 Verkehrsfähigkeit n i c h t zulässig 4 ). Künstliche Körperteile, die m i t d e m K ö r p e r fest verb u n d e n sind, sind zwar unvererblich, doch haben, d a die Verkehrsfähigkeit hier nicht ausgeschlossen ist, die E r b e n ein ausschließliches Aneignungsrecht; die A u s ü b u n g dieses R e c h t e s k a n n u U v o n der Z u s t i m m u n g der Angehörigen a b h ä n g e n , w e n n die Aneignung in die Totensorge eingreift 5 ). Gewebeentnahmen aus einem Leichnam, e t w a z u m Zwecke der ( u n m i t t e l b a r e n oder ü b e r eine O r g a n b a n k laufenden) T r a n s p l a n t a t i o n , b e d ü r f e n dagegen der Einwilligung des Verstorbenen oder der hinterbliebenen Angehörigen bzw (wenn solche nicht v o r h a n d e n sind) der E r b e n . E i n eigenmächtiger Eingriff verletzt das (nachwirkende) Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen u n d d a s Totensorgerecht der Hinterbliebenen u n d ist grundsätzlich rechtswidrig. D a s Totensorgerecht erlischt erst, w e n n d a s e n t n o m m e n e T r a n s p l a n t a t in den anderen K ö r p e r eingefügt w u r d e bzw bei W e i t e r g a b e a n eine Organb a n k m i t der Zweckbestimmung. E i n e eigenmächtige O r g a n e n t n a h m e k a n n wegen des Verstoßes gegen d a s allgemeine P i e t ä t s e m p f i n d e n n i c h t d u r c h „übcrgesetzlichen N o t s t a n d " gerechtfertigt werden 6 ). f ) Unterhaltsansprüche U n t e r h a l t s a n s p r ü c h e erlöschen m i t d e m T o d des Berechtigten oder des Verpflich- 30 teten, soweit nicht auf E r f ü l l u n g oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung f ü r die Vergangenheit oder auf solche i m v o r a u s zu bewirkende Leistungen gerichtet sind, die zur Zeit des Todes des Berechtigten oder des Verpflichteten fällig sind (§ 1615 I). g) Mitgliedschaftsrechte 7 ) Mitgliedschaftsrechte in juristischen Personen u n d G e s a m t h a n d s g e m e i n s c h a f t e n 31 sind grundsätzlich vererblich, w e n n u n d soweit die Kapitalbeteiligung, nicht das persönliche E l e m e n t , im V o r d e r g r u n d steht. aa) Rechtsfähiger Verein: Die Mitgliedschaft ist nicht vererblich (§ 38 S 1), wobei 32 jedoch in der S a t z u n g etwas anderes b e s t i m m t werden k a n n (§ 40). bb) Eingetragene Genossenschaft: Die Mitgliedschaft ist hier unvererblich; der ver- 33 storbene Genosse gilt jedoch nicht m i t seinem Tod, sondern als m i t d e m Schluß des Geschäftsjahres ausgeschieden (§ 77 I 1, 2 GenG). Die Frage, ob der E r b e ein *) Vgl Palandt-Danckelrnann § 90 Vorb 4 b ; Eichholz N J W 1968, 1274. 2 ) RGZ 100, 172; Staudinger- Coing § 90 Rdnr 5; RGRK-Kregel § 90 Anm 5; Palandt-Danckelmann § 90 Vorb 4 b ; Lehmann-Hübner AT, § 49 I 1; aA Edlbacher ÖJZ 1965, 451; Eichholz N J W 1968, 2273; vgl auch Blume AcP 112, 367ff.; Kiessling N J W 1969, 533ff. 3 ) Vgl Staudinger-Boehmer § 1922 Rdnr 150. 4 ) PaXandt-Danckelmann aaO; Trockel N J W 1970, 493; aA Eichholz N J W 1968, 1274; Kohlhaas N J W 1970, 1224ff.; vgl Rdnr 27. 5 ) Erman-Bartholomeyczik § 1922 Anm 6a; Palandt-Keidel § 1922 Anm 3d. ') Trockel N J W 1970, 493. ') I m folgenden wird vor allem die gesellschaftsrechtliche Seite der Problematik Gesellschaftsrecht — Erbrecht behandelt. Zu den erbrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten vgl D I I I 3. 11
A. 34—37
A. Die Grundlagen des Rechts der Verfügungen von Todes wegen
erlöschendes Mitgliedschaftsreeht zur Abwicklung ü b e r n i m m t 1 ) oder ein sterbendes Recht 2 ), ist ohne praktische B e d e u t u n g , d a in j e d e m Fall die Mitgliedschaft m i t d e m Ablauf des Geschäftsjahres, in welchem das Mitglied stirbt, beendet ist. 34
cc) AG: A k t i e n sind frei vererblich, ohne d a ß die S a t z u n g dies ä n d e r n könnte.
35 dd) GmbH: Die Geschäftsanteile sind vererblich (§ 15 I G m b H G ) . Die S a t z u n g k a n n jedoch den G r u n d s a t z der freien Vererblichkeit der Geschäftsanteile a b ä n d e r n . 36 D e r völlige u n d direkte Ausschluß der Vererbung in der S a t z u n g ist n i c h t möglich. § 15 V aaO sieht n u r vor, d a ß die Veräußerlichkeit, nicht auch die Vererblichkeit, ausgeschlossen werden k a n n ; überdies k a n n ein Geschäftsanteil nicht a u t o m a t i s c h u n t e r gehen oder ohne R e c h t s t r ä g e r weiterbestehen. E i n e derartige Einziehung k r a f t S a t z u n g gibt es d a h e r nicht 3 ). Der Geschäftsanteil fällt m i t h i n beim Tode eines Gesellschafters stets z u n ä c h s t in die E r b s c h a f t s m a s s e . Soll der E i n t r i t t des E r b e n auf jeden Fall verhindert werden, so k a n n dies n u r d a d u r c h erreicht werden, d a ß f ü r den Fall des Todes eines Gesellschafters die Auflösung der G m b H vorgesehen wird 4 ). 37 Die S a t z u n g der G m b H k a n n die Wirkungen der Vererbung beseitigen. D e r Geschäftsanteil des verstorbenen Gesellschafters k a n n d u r c h satzungsmäßige A n o r d n u n g der Einziehung oder Abtretung wieder a u s der E r b s c h a f t herausgelöst werden. Die S a t z u n g der G m b H k a n n vorsehen, d a ß beim Tode eines Gesellschafters dessen Geschäftsanteil (entgeltlich oder unentgeltlich) gern § 34 G m b H G einzuziehen oder gern § 3 I I G m b H G a n eine b e s t i m m t e Person, die G m b H selbst, einen Gesellschafter oder eine von der Gesells c h a f t genehmigte P e r s o n a b z u t r e t e n ist. D e r E r b e ist d a n n n u r schuldrechtlich entsprechend beschwert, da ein dinglicher V e r t r a g zugunsten D r i t t e r n i c h t möglich ist 5 ). Bei derartigen Gestaltungen m u ß zusätzlich der vererbte Geschäftsanteil d u r c h besonder e n Gesellschafterbechluß e n t s p r e c h e n d der Satzung v e r n i c h t e t bzw. a n d e n in der S a t z u n g b e s t i m m t e n Zessionar a b g e t r e t e n werden 6 ). D e r Einziehungsbeschluß k a n n -— aufschiebend bedingt d u r c h den T o d des Gesellschafters — bereits vor d e m Tod g e f a ß t werden, u n d zwar auch in der Satzung 7 ). D a die Einziehung n i c h t unbegrenzt zulässig ist 8 ), empfiehlt es sich, in der S a t z u n g die Pflicht zur A b t r e t u n g (als p r i m ä r e Lösung) m i t d e m R e c h t zur Einziehung (als n u r s e k u n d ä r e Lösung f ü r den Fall, d a ß die Abt r e t u n g scheitert, z B wegen A b l e h n u n g d u r c h den vorgesehenen Zessionar) zu kombinieren 9 ). Die Abfindung der betroffenen E r b e n richtet sich n a c h der Satzung. I s t hier nichts b e s t i m m t , so ist der wirkliche W e r t des Geschäftsanteils m a ß g e b e n d . Die S a t z u n g k a n n einen b e s t i m m t e n B e w e r t u n g s m a ß s t a b (zB N e n n w e r t ) vorschreiben oder die Abfindung völlig ausschließen; derartige E i n s c h r ä n k u n g e n sind als v o m Erblasser eingegangene u n d gegen die E r b e n wirkende B i n d u n g e n wirksam 1 0 ). So Staudinger-Boehmer § 1922 Rdnr 16. ) So Lange § 5 IV 2 c. ) Scholz GmbH, § 15 Anm. 11; Knur Familiengesellschaft, S 108; Sudhoff Der Gesellschaftsvertrag der GmbH, T 2a; aA Feine Die GmbH, S 378. 4 ) Sudhoff Der Gesellschaftsvertrag der GmbH, T 2 c. 5 ) Hueck DNotZ 1952, 557; Scholz GmbHG, § 15 Anm 21; Baumbach-Hueck GmbHG, § 15 Anm 1 A; aA RGZ 80, 177, wonach der Begünstigte den Geschäftsanteil mit unmittelbarer dinglicher Wirkung erhält. 6 ) Sudhoff Der Gesellschaftsvertrag der GmbH, T 2b (S 362f.). ') Sudhoff DB 1963, 1109; Schuler GmbHRdsch 1962, 114; Vogel GmbHRdsch 1971, 132; aA Bar ella GmbHRdsch 1959, 45. 8 ) BGHZ 32, 151 = N J W 1960, 1053 = DNotZ 1960, 331; OLG Hamburg DNotZ 1950, 472; Baumbach-Hueck GmbHG, § 34 Vorb I B ; Scholz GmbHG, § 15, Anm 65. ') Hueck DNotZ 1952, 558; Knur Familiengesellschaft, S 115ff. 10 ) Mordhorst N J W 1955, 1545; Gottschling GmbHRdsch 1953, 23; Barella GmbHRdsch 1959, 45; Sudhoff Der Gesellschaftsvertrag der GmbH, T 2d; aA Wiedemann, Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften, 1965, S 97. 2
3
12
A. I I I . Zugehörigkeit zur Erbschaft
38—42
Die S a t z u n g k a n n a u c h die Wirkungen der Vererbung gering halten. Dies ist d a d u r c h 38 möglich, d a ß b e s t i m m t wird, der Geschäftsanteil solle n a c h d e m Tod des Gesellschafters n i c h t m e h r eine volle Gesellschafterstellung geben. Auf diese Weise k a n n d e m E r b e n d a s S t i m m r e c h t oder das R e c h t auf A u s k u n f t g e n o m m e n werden, nicht jedoch die kapitalistische Beteiligung 1 ). ee) 0 H 6 : D a s Gesetz sieht als regelmäßige Folge des Todes eines Gesellschafters der 39 O H G deren A u f l ö s u n g vor (§ 131 N r 4 H G B ) , g e s t a t t e t jedoch den Gesellschaftern, eine abweichende Regelung im Gesellschaftsvertrag zu treffen (vgl §§ 131 N r 4, 138, 139 H G B ) . J e n a c h der gesellschaftsvertraglichen G e s t a l t u n g ist die F r a g e der V e r e r b u n g des Mitgliedschaftsrechtes als R e c h t s g u t zu beurteilen 2 ). (1) Auflösung der Gesellschaft: Die m i t d e m T o d eines Gesellschafters eintretende 4 0 Auflösung der Gesellschaft ist n i c h t gleichbedeutend m i t ihrer Beendigung. Bis zu dieser (Voll-) Beendigung b e s t e h t die O H G als Handelsgesellschaft weiter, ohne d u r c h die Auflösung ihre I d e n t i t ä t zu verlieren. Lediglich ihr Zweck h a t sich g e ä n d e r t ; er richtet sich nicht m e h r auf den Betrieb eines Handelsgewerbes, sondern auf die L i q u i d a t i o n der Rechtsbeziehungen. Die E r b e n des verstorbenen Gesellschafters t r e t e n in Erbengemeinschaft 3 ) k r a f t E r b r e c h t s in die L i q u i d a t i o n s - O H G ein (vgl § 146 I 2 H G B ) . Die E r b e n folgen in die abgeschwächte vermögensrechtliche u n d personenrechtliche Position des Erblassers n a c h ; dies ergibt sich a u s § 146 H G B 4 ) . D e r Gesellschaftsanteil ist also vererblich 5 ), w e n n auch m i t v e r ä n d e r t e m I n h a l t . (2) Fortsetzung der Gesellschaft unter den verbleibenden Gesellschaftern (§ 138 41 HGB): D e r Gesellschaftsvertrag k a n n die automatische F o r t s e t z u n g der O H G vorsehen. D e r verstorbene Gesellschafter ist gern § 138 H G B d a n n m i t d e m T o d a u s der O H G ausgeschieden. Diese b e s t e h t ohne I d e n t i t ä t s ä n d e r u n g fort 6 ). D e r Anteil des Ausgeschiedenen a n der G e s a m t h a n d w ä c h s t ipso j u r e d e n übrigen Gesellschaftern zu (§§ 105 I I H G B , 738 I 1 BGB). Die personenrechtlichen Bestandteile der Mitgliedschaft erlöschen. Lediglich f ü r die vermögensrechtliche Beteiligung sieht § 738 I 2 B G B die U m w a n d l u n g in einen schuldrechtlichen A b f i n d u n g s a n s p r u c h gegen die O H G vor. Dieser fällt in den N a c h laß. Die Gesellschafterstellung ist also hier n u r z u m Teil vererblich. D e r Gesellschaftsvert r a g k a n n f ü r die B e r e c h n u n g der A b f i n d u n g verbindliche Regeln aufstellen oder die Abfindung ganz ausschließen 7 ) oder f ü r jede Beteiligung a n d e r e Abfindungsvorschriften aufstellen 8 ). Der Gesellschaftsvertrag k a n n a u c h vorsehen, d a ß die verbleibenden Gesellschafter 42 die O H G fortsetzen können. Beschließen die Gesellschafter d a n n , die Gesellschaft fortzusetzen, so b e s t e h t die O H G ohne I d e n t i t ä t s ä n d e r u n g weiter. Die V e r e r b u n g der Mitglieds c h a f t gestaltet sich wie bei der a u t o m a t i s c h e n F o r t s e t z u n g der OHG 9 ). Allerdings s t e h t !) BGHZ 14, 469; Baumbach-Hueck GmbHG, § 47 Anm 1A. 2 ) Vgl Hueck OHG, S 403; Liebisch ZHR 116, 132; Rauch DB 1969, 1277; Rüthers AcP 168, 263; Eisenhardt MDR 1969, 521; Finger J R 1969, 409; Stötter DB 1970, 525, 573. 3 ) RGZ 106, 65. 4 ) Siebert Gesellschaftsvertrag und Erbrecht bei der Offenen Handelsgesellschaft, 1958, S 9; Schlegelberger HGB, § 131 Anm 23; Baumbach-Duden HGB, § 131 Anm 5A; aA RGZ 106, 65 (obiter dictum); RGRK-Weipert HGB, § 131 Anm 26; Düringer-Hachenburg HGB, § 131 Anm 7; Weiler DNotZ 1952, 286. 5 ) AA offenbar BGHZ 22, 191. 6 ) Hueck OHG, S 403, 446 ff. ') RGZ 145, 294; 171, 350; BGHZ 22, 194; vgl Baumbach-Duden HGB, § 138 Anm 4E, F ; insoweit gilt auch das zur GmbH Ausgeführte, vgl oben Rdnr 37 aE. 8 ) Hueck DNotZ 1952, 551. 9 ) Hueck DNotZ 1952, 552; Baumbach-Duden HGB, § 138 Anm 2A. 13
A. 43, 44
A. Die Grundlagen des Rechts der Verfügungen von Todes wegen
erst nach dem Gesellschafterbeschluß fest, worin die geerbte Mitgliedschaft besteht, ob in der personen- u n d vermögensrechtlichen Beteiligung an der Liquidations-OHG (wenn die Gesellschaft nicht fortgesetzt wird) oder bloß in dem vermögensrechtlichen Abschichtungsanspruch (wenn die Gesellschafter von ihrem satzungsmäßigen Fortführungsrecht Gebrauch machen). Da jeder Gesellschafter seine Beteiligung auch über den Tod hinaus beschränken u n d binden kann, ist es ihm nicht verwehrt, seine E r b e n mit der genannten temporären Ungewißheit über den Inhalt des geerbten Mitgliedschaftsrechtes zu belasten. 43 (3) Fortsetzung der Gesellschaft mit der Erbengesamtheit (§ 139 HGB): Der Gesellschaftsvertrag k a n n bestimmen, daß im Falle des Todes eines Gesellschafters die Gesellschaft mit dessen E r b e n fortgeführt wird (vgl § 139 I HGB). Die Gesellschafterstellung wird durch eine derartige Vertragsgestaltung voll vererblich. Die E r b e n treten sowohl in Vermögens- wie personenrechtlicher Hinsicht voll in die Position des verstorbenen Gesellschafters ein. Die E r b e n werden mit dem Erbfall ohne weiteres Zutun k r a f t Erbgangs Gesellschafter 1 ). D a eine Erbengemeinschaft nach hM 2 ) nicht Mitglied einer OHG werden kann, werden die E r b e n durch eine „Sondernachfolge" einzeln Gesellschafter je mit der ihrem Erbteil entsprechenden Quote des Gesellschaftsanteils des Verstorbenen. Das quotenmäßige Nachrücken k a n n sich indes nur auf die vermögensrechtlichen Elemente der Mitgliedschaft beziehen, die personenrechtlichen lassen sich nicht aufspalten. J e d e m E r b e n steht mithin die volle personenrechtliche Beteiligung an der OHG zu, so daß an die Stelle des verstorbenen Gesellschafters seine E r b e n als je selbständige Gesellschafter mit Stimmrecht, Geschäftsführungsbefugnis, Vertretungsmacht u n d Kontrollrecht 3 ) treten 4 ) (was bei einem satzungsmäßigen Stimmrecht nach Köpfen die Altgesellschafter in die Minderheit geraten lassen kann). Der Gesellschaftsvertrag k a n n jedoch vorsehen, daß die E r b e n ihre Rechte durch einen Repräsentanten wahrnehmen lassen müssen, so daß sich die personenrechtlichen Elemente nicht vervielfachen 5 ). Uk F ü r die Frage, ob der E r b e eines Gesellschafters auch in die Geschäftsführungsu n d Vertretungsbefugnis des Erblassers einrückt, ist primär der Gesellschaftsvertrag entscheidend. Bei der Auslegung k o m m t es in dieser Hinsicht wesentlich darauf an, ob dem Erblasser-Gesellschafter das Recht zur Geschäftsführung u n d Vertretung als ein persönliches Recht besonders übertragen war oder nicht 6 ).
!) KG DNotZ 1955, 418. Die Unmittelbarkeit der Nachfolge ist aus § 139 H G B abzuleiten. In dieser Vorschrift wird bereits v o m „Verbleiben" der Erben in der Gesellschaft gesprochen, das Eintreten, das sich demnach nur auf Grund Erbrechts vollziehen kann, ist vorausgesetzt (vgl Prasch Die unmittelbare Nachfolge des Erben in die Mitgliedschaft eines offenen Handelsgesellschafters, Diss München 1960, S 8). 2 ) RGZ 16, 40; RG J W 1912, 475; RG D R 1943, 1224; BGHZ 22, 186 = N J W 1957, 180 = DNotZ 1957, 405 = JZ 1957, 220; B G H WM 1963, 259; KG DNotZ 1955, 418 (420); DüringerHachenburg HGB, § 139 Anm 15; R G R K - W e i p e r t H G B , § 139 Anm 25; Schlegelberger H G B , § 139 Anm 25; Baumbach-Duden H G B , § 139 Anm 2 A ; Staudinger-Boehmer § 1922 Rdnr 162; PälandtKeidel § 2032 Anm 3; Erman-Bartholomeyczik § 2032 Vorb 3b; Soergel-Schultze-v. Lasaulx § 727 Rdnr 13; Hueck OHG S 410 f.; Kipp-Going § 9 1 I V 8 c; Lange § 5 V 3; Patzschke ZHR 113,7; Küster DNotZ 1956, 467; Zunft N J W 1957, 1131. Zur Begründung wird darauf verwiesen, daß eine Erbengemeinschaft keine unbeschränkte Haftung übernehmen könne und daß § 139 H G B die Einzelentschließung jedes Miterben über seinen Verbleib und seine Stellung in der Gesellschaft fordert. AA Buchwald AcP 154, 29; ders J R 1955, 174; Scholz J R 1955, 332; Prasch aaO S 30ff. 3 ) Hueck OHG, S 411; Düringer-Hachenburg H G B , § 139 Anm 15; Prasch aaO S 60; Wiedemann aaO S 198. 4 ) Von einer echten „Rechtsnachfolge" kann insoweit kaum mehr gesprochen werden, da die Erben mehr haben als der Erblasser, vgl Prasch aaO. 4 ) Hueck DNotZ 1952, 553; Wilke Unternehmer-Nachfolge — Unternehmer-Testament, 1967, S 143. e ) BGH N J W 1959, 192 - DNotZ 1959, 97; vgl auch Küster DNotZ 1956, 468. 14
A. I I I . Zugehörigkeit zur Erbschaft
45—48
Gibt der Gesellschaftsvertrag den persönlich h a f t e n d e n Gesellschaftern d a s 45 R e c h t , f ü r den Fall ihres Todes einen E r b e n als Gesellschafter-Nachfolger zu bestimmen, d a n n ist a u c h eine V e r f ü g u n g von Todes wegen wirksam, n a c h der ein E r b e (nur) die Befugnis erhält, b i n n e n einer b e s t i m m t e n F r i s t zu erklären, d a ß er in die Gesellschaft eintrete 1 ) (vgl u n t e n [6]). N a c h § 1 3 9 1 , I I I H G B h a t jeder E r b e das R e c h t , sein Verbleiben in der Gesellschaft 46 b i n n e n drei M o n a t e n d a v o n abhängig zu machen, d a ß i h m die Stellung eines K o m m a n d i tisten e i n g e r ä u m t wird. Dieses R e c h t k a n n weder d u r c h Gesellschaftsvertrag noch d u r c h T e s t a m e n t a b b e d u n g e n werden 2 ). D e r E r b e k a n n als K o m m a n d i t i s t d e n gleichen Gewinnanteil b e a n s p r u c h e n wie der verstorbene Gesellschafter (bzw den quotenmäßigen Teil). D e r Gesellschaftsvertrag k a n n jedoch vorsehen, d a ß i m Fall der H a f t u n g s b e s c h r ä n k u n g gern § 139 I H G B der Gewinnanteil der E r b e n n e u u n d niedriger als derjenige des E r b lassers festgesetzt wird 3 ). (4) Teilnachfolge eines Erben in die Stellung des Gesellschafters: D a m i t die 47 Nachteile, die m i t d e m E i n t r i t t aller E r b e n in die O H G v e r b u n d e n sind (vgl oben R d n r 43 aE), vermieden werden, k a n n der Gesellschaftsvertrag vorsehen, d a ß die O H G n u r mit einem v o n m e h r e r e n Miterben fortgesetzt werden soll. Die Zulässigkeit einer derartigen qualifizierten Nachfolgeklausel ist unbestritten 4 ). Sie ergibt sich a u s der Berechtigung der Gesellschafter, es bei der gesetzlichen Regelung (§ 131 N r 4 H G B ) zu belassen u n d d a m i t die Vererblichkeit des Vollrechts völlig auszuschließen u n d auf die Teilhabe a n der L i q u i d a t i o n s - O H G zu b e s c h r ä n k e n ; wo ein u m f a s s e n d e r Ausschluß der Voll-Nachfolge möglich ist, m u ß a u c h ein Teilausschluß g e s t a t t e t sein 6 ). U m den E i n t r i t t vollkommen gesellschaftsfremder Personen zu vermeiden, ist es oft r a t s a m , den Kreis der Nachfolger (alternativ oder eventualiter) auf die W i t w e u n d die (uU volljährigen) ehelichen A b k ö m m linge des ausscheidenden Gesellschafters zu beschränken 6 ). Die qualifizierte Nachfolgeklausel gestaltet die Mitgliedschaft vererblich, in vollem U m f a n g jedoch n u r f ü r eine bes t i m m t e Person 7 ). D e r als Gesellschafter-Nachfolger vorgesehene E r b e erlangt mit d e m E r b f a l l u n m i t t e l b a r k r a f t E r b r e c h t s die Stellung als offener Handelsgesellschafter. Die qualifizierte Nachfolgeklausel gestaltet die Vererblichkeit der Mitgliedschaft, 4 8 k a n n also b e s t i m m e n , wer in die gesellschaftsrechtliche Position des V e r s t o r b e n e n eint r i t t . Sie v e r m a g jedoch als gesellschaftsrechtliches F a k t u m nicht die q u a n t i t a t i v e Berechtigung des einzelnen Miterben a m N a c h l a ß des Verstorbenen, wie sie sich auf G r u n d einer V e r f ü g u n g von Todes wegen oder k r a f t gesetzlicher Erbfolgeergibt, z u ä n d e r n 8 ) . D a der Gesellschaftsvertrag der personenrechtlichen Voll-Bcteiligung den höchstpersönlichen C h a r a k t e r n u r f ü r einen Miterben n i m m t , ihn a b e r f ü r die a n d e r e n Miterben bestehen l ä ß t , f ä l l t die Mitgliedschaft in ihrem personenrechtlichen E l e m e n t u n t e r Ausschluß der übrigen Miterben u n m i t t e l b a r d e m Nachfolger-Miterben zu 9 ). I n bezug auf die !) BGH DNotZ 1964, 108; siehe auch BGH DNotZ 1967, 387. Die Entscheidungen sind zur KG, jedoch in bezug auf die Komplementärstellung ergangen. 2 ) BGH BB 1963, 323. 3 ) Wilke aaO S 142. 4 ) RG D B 1943, 1226; BGHZ 22, 186 = N J W 1957, 180 = DNotZ 1957, 405 = JZ 1957, 220; KG DNotZ 1935, 988; Schlegelberger HGB, § 139 Anm 16; Baumhoch-Duden HGB, § 139 Anm 2B; Buchwald AcP 154, 26; Hueck OHG, S 412; Siebert aaO S 22; Prasch aaO S 75; Börner AcP 166, 426; Rüthers AcP 168, 263; Rauch DNotZ 1970, 79. 5 ) Liebisch ZHR 116, 150; Prasch aaO S 76. 8 ) Hueck DNotZ 1952, 553; Küster DNotZ 1956, 468; Wilke aaO S 140; Sudhoff Der Gesellschaftsvertrag der Personengesellschaft, 1960, S 228. ') Prasch aaO S 81. 8 ) BGHZ 22, 194 = N J W 1957, 180f. = DNotZ 1957, 405 = JZ 1957, 220. 9 ) Prasch aaO S 78 f. 15
A. 49, 50
A. Die Grundlagen des Rechts der Verfügungen von Todes wegen
Vermögensrechte des Gesellsehafters verbleibt es bei d e m G r u n d s a t z der freien Vererb lichkeit, so d a ß die k a p i t a l m ä ß i g e Beteiligung in d e n N a c h l a ß u n d d a m i t a n alle E r b e n fällt 1 ). D e r Nachfolger-Miterbe erhält in Einzelrechtszuständigkeit 2 ) eine e r b q u o t e n m ä ß i g e Vermögensbeteiligung a n der O H G , die weichenden Miterben h a b e n f ü r die S u m m e ihrer Teile einen A b f i n d u n g s a n s p r u c h zu gesamten H a n d gern § 2032 3 ). 49 (5) Vollnachfolge eines Miterben in die Gesellschafterstellung: Der Gesellschaftsvert r a g k a n n bestimmen, d a ß einer v o n m e h r e r e n E r b e n den ganzen Gesellschaftsanteil des Verstorbenen erhält, die Miterben nichts, a u c h keine v o n der Gesellschaft a n sie zu zahlende Abfindung. Der Miterbe t r i t t also bei dieser G e s t a l t u n g voll in die vermögensrechtliche u n d personenrechtliche Stellung des Verstorbenen ein. E s h a n d e l t sich hier einmal, soweit die Miterben gesellschaftsrechtlich nicht z u m Zuge k o m m e n , u m einen Teilausschluß der Vererblichkeit der Mitgliedschaft d u r c h den Gesellschaftsvertrag. D a § 738 I 2 B G B a b d i n g b a r e s R e c h t enthält 4 ), k a n n der A b f i n d u n g s a n s p r u c h der nicht f ü r die N a c h folge vorgesehenen Miterben ausgeschlossen w e r d e n ; der Erblasser k a n n hinsichtlich seiner Mitgliedschaft B i n d u n g e n eingehen, die a u c h f ü r seine E r b e n m a ß g e b e n d sind 5 ). D e r E r w e r b der vollen Mitgliedschaft d u r c h d e n Nachfolger-Miterben wird v o m BGH®) als Teil-Anteils-Erwerb gedeutet, wobei jedoch die übrigen Gesellschafter k r a f t O H G - S t a t u t verpflichtet sind, die ihnen zugewachsenen Erblasser-Anteils-Teile a n den Nachfolger-Mit e r b e n zu ü b e r t r a g e n . Diese A u f f a s s u n g k a n n den m i t u n m i t t e l b a r e r dinglicher W i r k u n g erfolgenden E i n t r i t t des einen Miterben nicht voll erklären. Dies ist im G r u n d e n u r d u r c h die A n n a h m e einer echten Sondererbfolge in die ungeteilte Mitgliedschaft möglich') 8 ). I m Verhältnis zu seinen Miterben ist der Nachfolger-Miterbe verpflichtet, seinen ZuvielE m p f a n g auszugleichen 9 ). D e r E r w e r b der Voll-Mitgliedschaft d u r c h Sondererbfolge ist in bezug auf diese W e r t a n r e c h n u n g in der Auseinandersetzung der Miterben m i t der Zuweisung eines Gegenstandes d u r c h Teilungsanordnung zu vergleichen 1 0 ). 50 (6) Eintrittsrecht der Erben: Sieht ein Gesellschaftsvertrag vor, d a ß die E r b e n z u m E i n t r i t t in die Gesellschaft berechtigt sind, so setzt dies gedanklich d a s Ausscheiden der E r b e n a u s der Gesellschaft, die von d e n übrigen Gesellschaftern f o r t g e f ü h r t wird, voraus. I m G r u n d s a t z gilt m i t h i n d a s oben R d n r 41 f. Gesagte: Die personenrechtlichen E l e m e n t e der Mitgliedschaft erlöschen, die Kapitalbeteiligung wandelt sich in einen schuldrechtlichen Abschichtungsanspruch gegen die O H G u m . D a s R e c h t auf E i n t r i t t b e d e u t e t , d a ß die Mitgliedschaft n e u b e g r ü n d e t werden k a n n , u n d ist kein erbrechtliches, sondern ein gesellschaftsrechtliches F a k t u m ; es h a t die N a t u r eines Vertrages zuJ
) BGHZ 22, 194 = N J W 1957, 180f. = DNotZ 1957, 405 = JZ 1957, 220. ) Diese ergibt sich aus § 139 HGB; vgl oben Rdnr 43 sowie Prasch aaO S 79. ) RGZ 170, 106; 171, 350; BGHZ 22, 194 = N J W 1957, 180 = DNotZ 1957, 405 = JZ 1957, 220. *) RG LZ 1927, Sp 1109. 6 ) RGZ 145, 293; 171, 350; BGHZ 22, 194 = N J W 1957, 180 = DNotZ 1957, 405 = JZ 1957, 220; Hueck OHG, S 412; ders DNotZ 1952, 554 und JZ 1957, 223; Liebisch ZHR 116, 152. 6 ) BGH aaO (S 195); kritisch: Siebert aaO S 39ff.; Fischer LM Nr 1 zu § 139 HGB; Kauf, mann JZ 1959, 522; Bauch DNotZ 1970, 86ff. 7 ) Siebert BB 1956, 838; ders BB 1957, 19; Prasch aaO S 96. Eine positivrechtliche Grundlage besteht nicht. Die Sondererbfolge kann auf § 139 HGB (Zunft N J W 1957, 1131; Rokas Die Teilhaberschaft an der OHG und ihre Vererbung, 1965, 76f.; Rüthers AcP 168, 263), auf eine Analogie zum Höferecht (Siebert aaO) und auf die Rechtsmacht der Gesellschafter, die einheitliche Vererbung der Mitgliedschaft in bestimmter Richtung festzulegen (Prasch aaO S lOOff.) gestützt werden. 8 ) Zu weiteren Erklärungsversuchen vgl Rauch DNotZ 1970, 78 ff. 9 ) RGZ 170, 107; BGH aaO (S 197); BGHZ 50, 318; Hueck JZ 1957, 223; Siebert BB 1956, 839; Bemicke N J W 1957, 563; aA Zunft N J W 1957, 1132; RGRK-Weipert HGB § 139 Anm 12. 10 ) Prasch aaO S 106. 2 3
16
A. I I I . Zugehörigkeit zur Erbschaft
51—53
gunsten Dritter 1 ). Der Gesellschaftsvertrag kann die eintrittsberechtigten Personen frei bestimmen, k a n n also das Eintrittsrecht auf einen oder einige bestimmte Miterben beschränken. Wird der verstorbene Gesellschafter nur von einem E r b e n beerbt, so vollzieht sich der Eintritt in der Weise, daß Abfindungsanspruch u n d Einlage verrechnet werden 2 ). H a t nur einer von mehreren Erben ein Eintrittsrecht, so t r i t t er nur mit derjenigen Kapitalbeteiligung ein, die seiner E r b q u o t e entspricht; die Abschichtungsguthaben der nicht eintrittsberechtigten Miterben müssen nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages erfüllt werden, wenn sie nicht der Gesellschaftsvertrag ausschließt. Der Erblasser k a n n im Gesellschaftsvertrag, also einem Vertrag u n t e r Lebenden, seinen Anteil in der Weise binden, daß seine nichteintrittsberechtigten E r b e n nur beschränkt oder gar nicht abzufinden sind 3 ). Der Gesellschaftsvertrag k a n n schließlich anordnen, daß der eintrittsberechtigte Miterbe den gesamten Kapitalanteil des Verstorbenen erhält u n d die anderen Miterben nicht aus Gesellschaftsmitteln abzufinden sind. Diese Bindung des Mitgliedschaftsrechtes entspricht derjenigen gern (5). I n einem solchen Fall sind die übrigen Gesellschafter regelmäßig verpflichtet, durch Vertrag unter Lebenden dem eingetretenen Miterben-Gesellschafter einen Gesellschaftsanteil in dem U m f a n g einzuräumen, wie ihn der Verstorbene zu Lebzeiten hatte. Der eingetretene Miterben-Gesellschafter ist seinen übrigen Miterben gegenüber zu einem entsprechenden Ausgleich verpflichtet 4 ). ff) KG: F ü r den Tod des Komplementärs Ausgeführte.
gilt das über die Gesellschafter der OHG 51
Der Tod eines Kommanditisten löst nach der vom Gesetz (§177 HGB) aufgestellten 52 Regel die Gesellschaft nicht auf. Sein Gesellschaftsanteil fällt an seine Erben, ist also vererblich. Sind mehrere E r b e n vorhanden, rücken sie nicht als Erbengemeinschaft in die Gesellschafterstellung des Verstorbenen nach, sondern einzeln als Nebenerben zu dem ihrer E r b q u o t e entsprechenden Anteil 5 ). Ist der als E r b e eines Kommanditisten Berufene bereits Komplementär, was bei Familiengesellschaftern häufig der Fall ist, so behält er die Stellung als persönlich haftender Gesellschafter; er k a n n im Außenverhältnis nicht zugleich beschränkt haftender Gesellschafter sein, so d a ß sich die Erbfolge hier nicht niederschlägt. I m Innenverhältnis wirkt sich die Kommanditistenstellung jedoch aus. Der E r b e hat die Kommanditeinlage zu leisten. Der Kapitalanteil des Kommanditisten bleibt gesondert bestehen, vereinigt sich also nicht mit dem Komplementär-Kapitalanteil des Erben. Diese Selbständigkeit der Anteile im Innenverhältnis hat insbesondere Folgen, wenn der Gesellschaftsvertrag die Verzinsung sowie die Verteilung von Gewinn u n d Verlust differenzierend regelt"). Der Gesellschaftsvertrag k a n n abweichend von dieser Regel vorsehen, daß sich Komplementär- u n d Kommanditistenanteil auch im Innenverhältnis vereinigen. Der Gesellschaftsvertrag kann die Vererblichkeit des Kommanditistenanteils —• 53 vermögensrechtlich und/oder personenrechtlich — beschränken oder ganz ausschließen. !) BGHZ 22, 186 = N J W 1957, 180 = DNotZ 1957, 405 = JZ 1957, 220; Barz DNotZ Sonderheft Deutscher Notartag 1965, S 55; Schlegelberger-Oeßler H G B § 138 Anm 24, § 139 Anm 5; Richardi Das Verwaltungsrecht des Testamentsvollstreckers an der Mitgliedschaft in einer Personenhandelsgesellschaft, 1961, S 2. 2 ) Barz aaO; Wiedemann aaO S 164. 3 ) B G H aaO. 4 ) B G H aaO; zu den weiteren Möglichkeiten einer konstruktiven Begründung vgl Barz aaO S 55f.; vgl auch Sudhoff D B 1963, 1110 und — abweichend — Wiedemann aaO S 174ff. 5 ) RG D R 1942, 1228; BGHZ 22, 186 = N J W 1957, 180 = DNotZ 1957, 405 = JZ 1957, 220; KG WM 1967, 148; Schlegelberger-Oeßler HGB, § 177 Anm 6; R G R K - W e i p e r t H G B , § 177 Anm 16; Baumbach-Duden HGB, § 177 Anm 1; Kipp-Coing § 91 I V 4; Lange § 5 V i a ; ErmanBartholomeyczik § 1922 Anm 5e; Palandt-Keidel § 1922 Anm 3 a dd. 6 ) Schlegelberger-Oeßler H G B , § 177 Anm 7; R G R K -Weipert H G B , § 177 Anm 20; Lange § 5 VI a; aA Düringer-Hachenburg-Flechtheim HGB, § 177 A n m 8. 2
Dittmann-Reimann-Bengel, Testament
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A. 54—58
A. Die Grundlagen des Rechts der Verfügungen von Todes wegen
D a sich durch das einzelne Nachrücken mehrerer E r b e n die personenrechtliche Position des Verstorbenen vervielfacht, kann eine v o m Grundsatz der Vererblichkeit abweichende Regelung hier zweckmäßig sein. 5 4 D a eine K G ohne K o m p l e m e n t ä r nicht bestehen kann und dem E r b e n des persönlich haftenden Gesellschafters das R e c h t zusteht, gern § 139 I H G B zu verlangen, daß seine Mitgliedschaft in eine Kommanditistenbeteiligung umgewandelt wird, muß Vorsorge für den F a l l getroffen werden, daß der letzte K o m p l e m e n t ä r wegfällt. Die Liquidation ist am besten durch die Aufnahme einer G m b H als Komplementär zu vermeiden. E i n e Vorgründung kann bereits im K G - V e r t r a g enthalten sein, wenn sie in allen wesentlichen Punkten bestimmt oder bestimmbar ist. Sie ist notariell zu beurkunden 1 ). 55 gg) BGB-Gesellschaft: Die Gesellschaft wird im Zweifel m i t dem Tod eines Gesellschafters aufgelöst (§ 727 I ) . Die E r b e n treten — ebenso wie bei der O H G (vgl oben R d n r 40) — sowohl Vermögens- wie personenrechtlich in die (abgeschwächte) Stellung des Verstorbenen in der Liquidations-Gesellschaft ein 2 ). Sieht der Gesellschaftsvertrag die Fortsetzung der Gesellschaft unter den verbleibenden Gesellschaftern vor, so wächst der Anteil des Verstorbenen den übrigen Gesamthändern zu (§ 738 I 1). Die Mitgliedschaft ist jedoch auch hier (wie bei der O H G , vgl oben R d n r 41) insoweit vererblich, als die E r b e n einen Abschichtungsanspruch haben (§§ 738 bis 740). Auch die Nachfolge eines, einiger oder aller E r b e n k a n n gesellschaftsvertraglich vereinbart sein 3 ), so daß die Gesellschafterstellung in vollem U m f a n g vererblich wird. Die Interessenlage entspricht derjenigen bei der O H G , so daß die E r b e n einzeln (nicht erbengemeinschaftlich) in die Mitgliedschaft des Verstorbenen nachrücken 4 ). Der Gesellschaftsvertrag k a n n auch Eintrittsrechte für die E r b e n begründen 5 ). 5 6 hh) Stille Gesellschaft: Der T o d des stillen Gesellschafters löst nach der gesetzlichen Regel (§ 339 I I H G B ) die Gesellschaft nicht auf. D e r E r b e t r i t t Vermögens- wie personenrechtlich kraft Erbfolge voll an die Stelle des Erblassers, mehrere E r b e n folgen in Erbengemeinschaft nach 6 ). Abweichende Vereinbarungen sind zulässig. i) Treuhand- und Sicherungsrechte 5 7 Treuhand- und Sicherungsrechte an Sachen und Forderungen sind vererblich 7 ). B e i der Bewertung des Nachlasses sind Treuhandrechte jedoch überhaupt nicht, Sicherungsrechte nur im U m f a n g ihres voraussichtlichen Erlöses anzusetzen 8 ). k ) Amtsstellungen 5 8 Amtsstellungen öffentlichrechtlicher oder privatrechtlicher Art (Beamten-, Nachlaßpfleger-, Testamentsvollstrecker-, Konkursverwalterstellungen, Vorstand und Geschäftsführer bei juristischen Personen) sind unvererblich 9 ).
!) RGZ 156, 138; Hueck DNotZ 1952, 555; Baumbach-Hueck GmbHG, § 1 Vorb 2 B . 2 ) Die Erben können mit den anderen Gesellschaftern die Liquidationsgesellschaft in eine werbende Gesellschaft umwandeln, Staudinger-Keßler § 727 Rdnr 11. 3) Staudinger-Keßler § 727 Rdnr 17ff.; vgl im übrigen oben Rdnr 43ff. 4 ) AA Lange § 5 V I b . 5) Staudinger-Keßler § 727 Rdnr 14f.; vgl auch oben Rdnr 50. 6) Schlegelberger-Oeßler HGB, § 339 Anm 24; Palandt-Keidel § 1922 Anm 3aff. ') K G H R R 31 Nr 1866. 8) Lange § 5 I I I 3 b. 8) Staudinger-Boehmer § 1922 Rdnr 161. 18
A. 59—62
I I I . Zugehörigkeit zur Erbschaft
3. Der Übergang des Passivvermögens Grundsätzlich gehen alle Verpflichtungen des Erblassers auf den E r b e n über. 59 Ausgenommen sind diejenigen Verpflichtungen, die an die Person des Verstorbenen gebunden sind. Sie nehmen nicht am Erbgang teil 1 ). a) Vollmachten Vollmachten, die vom Erblasser erteilt werden, sind vererblich, auch wenn der 60 gebräuchliche Passus „mit Wirkung f ü r mich u n d meine E r b e n " nicht erscheint 2 ). Der Übergang der Vollmacht beruht nicht auf dem Willen des Erblassers, sondern auf dem Grundsatz der Universalsukzession, nach dem alle nicht höchstpersönlichen Rechte u n d Pflichten auf den E r b e n übergehen. Die Vollmacht wirkt lediglich d a n n nicht gegen die Erben, wenn das Geschäft, auf das sich die Vollmacht bezieht, seinerseits untrennbar mit der Person des Erblassers verbunden war 3 ). Die Vollmacht ist nicht nur d a n n vererblich, wenn sie auf ein bestimmtes Rechtsgeschäft bezogen ist, sondern auch wenn sie isoliert erteilt wurde, wie zB die sog. Generalvollmacht 4 ). Der Bevollmächtigte k a n n allerdings nicht mehr im N a m e n des Verstorbenen auftreten, zB in dessen N a m e n die Auflassung erklären; wurde in Unkenntnis des Todes des Vollmachtgebers in dessen N a m e n aufgelassen, so m u ß die Auflassung im N a m e n der E r b e n wiederholt werden, wobei gegenüber dem Grundbuchamt die Erbfolge nachzuweisen ist. Die E r b e n können die vom Erblasser erteilte Vollmacht widerrufen 5 ); widerr u f t nur ein Miterbe, so erlischt sie im übrigen nicht*). Der Erblasser k a n n nicht anordnen, daß eine Vollmacht n u r f ü r die E r b e n unwiderruflich sein solle, da hierdurch die Vorschriften über die Testamentsvollstreckung umgangen würden'). Die E r b e n können allerdings aus dem Grundgeschäft, auf das sich die Vollmacht bezieht, gehindert sein, diese zu widerrufen (zB Vollmacht, ein Grundstück auf Grund eines Kaufvertrages aufzulassen) 8 ). b) Leistungen aus Arbeitsverhältnissen Diese sind an die Person gebunden. Auf Seiten des Arbeitnehmers ist dies stets der 61 Fall (§ 613 S 1), auf Seiten des Arbeitgebers nur im Zweifel, d h wenn sich aus dem Arbeitsvertrag nichts anderes ergibt (§ 613 S 2); es ist also eine Tatfrage, ob der E r b e eines Arbeitgebers die Arbeitsverhältnisse mit den Arbeitnehmern fortzusetzen hat"). c) Leistungen aus Gesellschaftsverhältnissen Diese sind, sofern sie auf die Person des Gesellschafters abgestellt sind, wie dies bei 62 Personengesellschaften regelmäßig der Fall ist, unabhängig von der vermögensrechtlichen !) Vgl Kipp-Going § 91 I I I 3 c. 2 ) KG JFG 12, 274; aA offenbar LG Koblenz DNotZ 1971, 49. 3 ) Eule Die über den Tod des Machtgebers erteilte Vollmacht, Diss Halle 1934, S 44ff. 4 ) Eule aaO S 35ff.; Staudinger-Boehmer § 1922 Rdnr 224; aA Heldrich JhJb 79, 315£f. 5 ) KG JFG 15, 334. 6 ) RG J W 1938, 1892. 7 ) RG SeuffA 79 Nr 221; Eule aaO S 46; Staudinger-Boehmer § 1922 Rdnr 226. 8 ) Nach Ansicht des LG Koblenz DNotZ 1971, 49 soll für den Grundbuchverkehr die notariell beglaubigte Urkunde über eine Vollmacht, die ein inzwischen Verstorbener erteilt hat, zum Nachweis der andauernden Vertretungsmacht nur ausreichen, wenn sich aus der Urkunde selbst die Vollmachterteilung über den Tod hinaus ergibt oder wenn in der Form des § 29 I GBO nachgewiesen wird, daß der Vollmacht ein über den Tod hinaus wirksames Rechtsverhältnis zugrundeliegt. Diese Ansicht kann nicht zutreffen, da die notarielle Beurkundung keine Änderung der materiellen Anforderungen an eine Vollmacht zur Folge haben und auch § 29 GBO die materielle Rechtslage nicht ändern kann. ") Vgl. Palandt-Putzo § 613 Anm 1. 2'
19
A. 63—67
A. Die Grundlagen des Rechts der Verfügungen von Todes wegen
Lage v o m E r b e n nicht weiter zu erbringen (vgl § 131 Nr 4 H G B ) . D e r Gesellschaftsvertrag k a n n allerdings die Gesellschafterpflichten „entpersonalisieren", so daß der E r b e bei Annahme der E r b s c h a f t auch voll in die (persönliche) Pflichtenlage eintritt (vgl dazu oben R d n r 31ff.). d) Familienrechtliche Leistungsverpflichtungen 6 3 Diese sind grundsätzlich nicht vererblich. § 70 E h e G bestimmt abweichend von diesem Grundsatz, daß der Unterhaltsanspruch des geschiedenen E h e g a t t e n beim Tode des Verpflichteten gegen dessen E r b e n fortbesteht. § 1712 B G B a F (Erblichkeit des Unterhaltsanspruchs des unehelichen Kindes) ist weggefallen. e) Sonstige persönliche Verpflichtungen 6 4 Darüber hinaus gehen alle anderen Verpflichtungen, die personen- und nicht sachbezogen sind, nicht a u f den E r b e n über. Hierzu gehören auch Unterlassungsverpflichtungen, die nicht objektbezogen sind 1 ).
IV. Der Grundsatz der Testierfreiheit 1. Bedeutung 6 5 Die Erbfolge t r i t t a u f Grund Gesetzes oder a u f Grund einer Verfügung von Todes wegen ein. Das R e c h t ermöglicht es dem einzelnen durch die Testierfreiheit, die schematischen Folgen des Intestaterbrechtes zu vermeiden 2 ). 6 6 D e r Grundsatz der Testierfreiheit besagt, daß eine Person selbst bestimmen kann, wem ihr Vermögen nach ihrem Tod zufällt. D e r Erblasser ist dabei frei in der Verfügung über sein Vermögen im ganzen, er kann anordnen, daß bestimmte Begünstigte einzelne Gegenstände erhalten, und er kann Anordnungen darüber treffen, wie sein Nachlaß zu verwalten ist 3 ). D e r Grundsatz der Testierfreiheit ist die erbrechtliche Ausprägung des Prinzips der Privatautonomie, wonach der einzelne seine privaten Lebensverhältnisse nach seinem Willen gestalten kann. A u f Grund der Testierfreiheit k a n n der Rechtsgenosse seine vermögensrechtlichen Verhältnisse auch insoweit frei gestalten, als sie erst mit seinem Tod wirksam werden (die Ausgangsposition ist damit freilich eine andere als bei Rechtsgeschäften unter Lebenden) 4 ). Testierfreiheit ist mithin die über den T o d hinaus wirkende Privatautonomie. Art 2 I GG schützt Privatautonomie und Testierfreiheit 5 ). 67 Die Testierfreiheit steht in einem notwendigen Gegensatz zum Familienerbrecht. Die Familie steht — auch als vermögensrechtlicher Verband — unter dem Schutz der Verfassung (Art 6 GG). Das Gesetz bringt durch die Gestaltung der Intestaterbfolge — Anknüpfen a n den Verwandten- und E h e g a t t e n s t a t u s (§§ 1924ff., 1931) — zum Ausdruck, daß es das E r b r e c h t der Familie als Normalfall ansieht. Das Familienerbrecht wird ebenso wie die Testierfreiheit durch die grundrechtliche Anerkennung des Privaterbrechts (Art 14 I 1 GG) geschützt 6 ). Macht der Erblasser von der ihm eingeräumten Testierfreiheit Gebrauch, so wird dadurch das Familienerbrecht gefährdet, und zwar in seiner ») Vgl. Gaa AcP 161, 433. 2) Brox Rdnr 54. 3) Kipp-Coing § 1 I I 3. 4 ) Vgl Lange § 1 II. 5 ) Vgl Laufke Festschr. für H. Lehmann, 1956, Bd I, S 145ff.; Flume AT I I § 1; ders Festschr Deutscher Juristen tag 1960, I S 135 ff. 6 ) Vgl Boehmer in: Neumann-Nipperdey-Scheuner I I , S 410ff.; von Mangoldt-Klein GG 1966, Art 14 Anm I I I 2; Brox Rdnr 47. 20
A. I V . Der Grundsatz der Testierfreiheit
68—71
Gesamtheit dann, wenn eine familienfremde Person zum E r b e n eingesetzt wird. D a s Gesetz löst den Konflikt, indem es ein Pflichtteilsrecht der Familienangehörigen einführt 1 ), es läßt die Testierfreiheit als solche jedoch unangetastet. W e n n schon der E r b lasser durch Verfügungen unter Lebenden den Nachlaß zu Lasten seiner Familie schmälern darf, so m ü ß t e eine Regelung, durch welche die Testierfreiheit weitergehend eingeschränkt würde, ohne Wirkung bleiben. 2. Schutz der Testierfreiheit Die Testierfreiheit wird primär durch § 2302 geschützt. E i n Vertrag, durch den sich 6 8 j e m a n d verpflichtet, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder nicht zu errichten, aufzuheben oder nicht aufzuheben, ist hiernach nichtig. E i n e Bindung ist nur durch gemeinschaftliches T e s t a m e n t und E r b v e r t r a g möglich. Auch mittelbar, nämlich durch Vereinbaren einer Vertragsstrafe, k a n n die Testierfähigkeit nicht eingeschränkt werden (§ 344). Schadensersatzansprüche können aus einer entgegen § 2302 eingegangenen Zusage nicht abgeleitet werden, auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Verschuldens bei Vertragsschluß 2 ). Rechtswidriges Einwirken auf den Testierwillen führt zu Erbunwürdigkeit (§ 2339). 3. Schranken der Testierfreiheit Die Testierfreiheit ist Beschränkungen durch die Rechtsordnung unterworfen (a). 6 9 Sie kann ferner von den Rechtsgenossen selbst durch Vertrag (b) und durch vorangegangenes Tun (c) eingeschränkt werden 3 ). Fraglich ist, ob die Testierfreiheit durch Verfügungen von Todes wegen anderer Personen beschränkbar ist (d). a) Gesetzliche Schranken Die wichtigsten gesetzlichen Beschränkungen sind der erbrechtliche Typenzwang 7 0 das Pflichtteilsrecht (§§ 2 3 0 3 — 2 3 3 8 a ) , § 138 I und das Anerbenrecht. aa) Erbrechtlicher
Typenzwang:
Anders als im Schuldrecht kann im E r b r e c h t nicht j ede beliebige Gestaltungge wählt 71 werden. D e r Erblasser kann nur solche Verfügungen von Todes wegen treffen, die als T y p e n im Gesetz zugelassen sind. D e r Grund hierfür liegt — wie im Sachenrecht — darin, daß nicht — wie im Schuldrecht — nur obligatorische Bindungen inter partes geschaffen, sondern unmittelbare Wirkungen gegen Dritte herbeigeführt werden (Rechtsträgerschaft, Haftung). Zugelassen sind die Erbeinsetzung und die E n t e r b u n g , unter gewissen Voraussetzungen auch der Pflichtteilsentzug, Einzelzuwendungen durch Vermächtnisse und Auflagen, Teilungsanordnungen bei Erbenmehrheit, Testamentsvollstreckung, Verwaltungsanordnungen, Aufschieben der Teilung unter Miterben. Nicht möglich ist es, den Grundsatz der Universalsukzession zu umgehen und den Nachlaß aufzuspalten; einzelne Gegenstände des Vermögens können durch Verfügung von Todes wegen dem B e d a c h t e n nicht mit dinglicher Wirkung, sondern nur über ein Damnationslegat, eine Teilungsanordnung oder eine Auflage zugewandt werden. Die Erbenhaftung kann vom Erblasser nicht stärker beschränkt werden, als das Gesetz es erlaubt. Die Testierfreiheit des E r b lassers ist eingeschränkt, da er durch diesen Typenzwang und die festgelegte Wirkung bestimmter Anordnungen einem inhaltlichen Sachzwang unterworfen ist. Der Erblasser ist jedoch frei zu entscheiden, ob er testieren, von welchen T y p e n er Gebrauch machen und !) Vgl dazu Rdnr 72. 2 ) Vgl Anm zu § 2302. 3 ) Vgl Schmitz Das Problem der Beschränkung der Testierfreiheit, Diss Köln 1936, § 4; Gernhuber FamRZ 1960, 326. 21
A. 72—74
A. Die Grundlagen des Rechts der Verfügungen von Todes wegen
m i t welchen konkreten I n h a l t er die Typen versehen will. Neue Typen können nicht geschaffen werden. T u t der Erblasser dies trotzdem, so ist die Verfügung unwirksam, es sei denn, daß eine Auslegung möglich ist 1 ). bb)
Pflichtteilsrecht:
72 Die §§ 2303—2338a stellen sicher, daß Abkömmlinge, E l t e r n u n d E h e g a t t e n des Erblassers zumindest die H ä l f t e des gesetzlichen Erbteils erhalten (§ 2303), zwar nicht als E r b e n , aber doch als Berechtigte eines gesetzlichen Geldvermächtnisses. Durch die §§ 2303—2338a sichert das Gesetz das Familienerbrecht 2 ). Der Testator k a n n zwar formell über sein Vermögen im ganzen uneingeschränkt verfügen, doch sind ihm in der Sache durch die zu erwartenden Pflichtteilsansprüche seiner Abkömmlinge, seiner E l t e r n u n d seines E h e g a t t e n Schranken gesetzt. Der Pflichtteilsanspruch k a n n v o n ihm einseitig nicht ausgeschlossen werden, es sei denn, daß ein Grund zum Pflichtteilsentzug vorliegt (§§ 2333 ff.). I s t dies nicht der Fall, so läßt sich das Pflichtteilsrecht n u r im Einvernehmen mit dem (späteren) Berechtigten durch einen Pflichtteilsverzicht (§ 2346 II) ausschließen. cc) § 138 I: 73 Sittenwidrige Verfügungen v o n Todes wegen sind nichtig. § 138 I gilt auch im Erbrecht. Privatautonomie u n d Testierfreiheit finden ihre Grenze in den guten Sitten. Ein Sittenverstoß ist anzunehmen, wenn eine bestimmte Handlungsweise „den in den guten Sitten sich ausprägenden Auffassungen u n d dem Anstandsgefühl aller billig u n d gerecht Denkenden widerspricht" 3 ). Eine Verfügung von Todes wegen ist daher nichtig, wenn sie „die W e r t e negiert, deren Verwirklichung nach geltender Rechtsüberzeugung der Rechtsordnung aufgegeben ist, so daß die rechtliche Anerkennung des diese Werte negierenden Geschäftes m i t dem Sinn u n d der Aufgabe des R e c h t s unvereinbar ist" 4 ). Ob dies der Fall ist, läßt sich n u r i m Einzelfall nach den gesamten U m s t ä n d e n , insbesondere aus dem I n h a l t der Verfügung von Todes wegen, den Beweggründen der Beteiligten u n d den v o n ihnen verfolgten Zwecken, beurteilen 5 ). Testamente u n d E r b v e r t r ä g e mit d e m gleichen I n h a l t können je nach den U m s t ä n d e n gültig oder nichtig sein. Die Gültigkeit einer Verf ü g u n g v o n Todes wegen setzt nicht voraus, daß diese den guten Sitten (positiv) entspricht; es k a n n n u r (negativ) auf den Sittenverstoß abgestellt werden. 7 4 Fraglich ist, ob der objektive Sittenverstoß allein — ohne Rücksicht auf den subjektiven T a t b e s t a n d — eine Verfügung von Todes wegen nichtig werden lassen kann 8 ). Nach R G Z 150, 3 b r a u c h t sich der Testator der Sittenwidrigkeit seines T u n s nicht unbedingt bew u ß t zu sein, er m u ß jedoch diejenigen tatsächlichen U m s t ä n d e kennen, die den Vorwurf der Sittenwidrigkeit begründen; ausreichend ist, daß sich der Erblasser der K e n n t n i s dieser U m s t ä n d e grob fahrlässig verschließt 7 ). D a s Rechtsgeschäft als Erklärungstatbestand, nicht e t w a das Verhalten der beteiligten Personen, m u ß gegen die guten Sitten verstoßen. § 138 will unsittliche Rechtsinhalte u n d nicht unsittliches Handeln verhindern oder dieses gar m i t einem Unwerturteil belegen 8 ). Auf den subjektiven T a t b e s t a n d k a n n es daher dort nicht ankommen, wo der I n h a l t einer Verfügung von Todes wegen die der
!) Vgl Kipp-Coing § 20; Flame AT II § 1, 8b. 2
) Vgl oben l e . ) Motive I I 727 (Mugdan I I 406); daran anschließend RGZ 80, 219ff.; B G H LM § 138 (Aa) Nr 7 a ; § 139 (Ba) Nr 2; § 138 (Ca) Nr 1. 3
4
5
) Flume AT II § 18,1, S 366.
) ) ') 8 ) 8
22
B G H DNotZ 1956, 414 (418). Bejahend Gernhuber FamRZ 1960, 326; verneinend RGZ 150, 6; B G H B B 1953, 695. Vgl auch B G H N J W 1951, 397; ähnlich Enneccerus-Nipperdey A T § 191 I I 2. So nun auch BGHZ 53, 369 (375).
A. I V . Der Grundsatz der Testierfreiheit
75, 76
R e c h t s o r d n u n g aufgegebenen W e r t e o b j e k t i v u n d e r k e n n b a r negiert; eine solche V e r f ü gung k a n n nicht u n t e r den Schutz des R e c h t s gestellt werden, a u c h d a n n nicht, w e n n der T e s t a t o r g u t e n Glaubens war. Die irrtümliche A n n a h m e , eine V e r f ü g u n g sei sittlich zulässig, k a n n nicht d a z u f ü h r e n , d a ß sich die R e c h t s o r d n u n g o b j e k t i v in den Dienst der Unsittlichkeit stellen läßt. I s t der Sittenverstoß nicht derartig evident, ist die V e r f ü g u n g von Todes wegen n u r fragwürdig, so m u ß der s u b j e k t i v e T a t b e s t a n d h i n z u t r e t e n . D e r böse Wille allein reicht im R a h m e n von § 138 in keinem Fall aus, w e n n ein o b j e k t i v einwandfreies R e c h t s g e s c h ä f t vorliegt. I m T e s t a m e n t s i n h a l t müssen also A n h a l t s p u n k t e f ü r einen Verstoß gegen die W e r t e e r k e n n b a r sein. U m s t r i t t e n ist, in welchem Zeitpunkt die Sittenwidrigkeit vorgelegen h a b e n m u ß . 75 N a c h Ansicht des Reichsgerichtes k o m m t es auf den E r b f a l l a n ; hiernach k a n n eine Verf ü g u n g von Todes wegen n i c h t nichtig sein, w e n n der Erblasser dieselbe A n o r d n u n g zur Zeit seines Todes h ä t t e treffen können, z B weil die d u r c h die Z u w e n d u n g a n die damalige Geliebte h i n t a n g e s e t z t e E h e f r a u inzwischen verstorben ist 1 ). N a c h Ansicht des Bundesgerichtshofes ist die Zeit der E r r i c h t u n g der V e r f ü g u n g v o n Todes wegen m a ß g e b e n d ; einmal eingetretene Nichtigkeit k ö n n e nicht d u r c h bloßen Zeitablauf beseitigt werden, erforderlich sei ein A b r ü c k e n v o n der f r ü h e r e n unsittlichen Einstellung 2 ). Richtig ist a n l e t z t g e n a n n t e r Auffassung, d a ß ein© sittenwidrige V e r f ü g u n g v o n Todes wegen keine u n m i t t e l b a r e n (mit der E r r i c h t u n g eintretenden) W i r k u n g e n h a b e n k a n n ; so k a n n ein sittenwidriger E r b v e r t r a g die Beteiligten trotz § 2289 I 2 nicht d a r a n hindern, a u c h einseitig n e u e V e r f ü g u n g e n zu treffen, die n i c h t m i t d e m Makel des Sittenverstoßes b e h a f t e t sind. I m übrigen t r e t e n die W i r k u n g e n einer V e r f ü g u n g v o n Todes wegen erst beim Tode d e s Erblassers ein. Zu diesem Z e i t p u n k t k o m m t es zu d e m W e r t k o n f l i k t , den § 138 I z u g u n s t e n der g u t e n Sitten entscheidet. § 138 I bezieht sich auf den Erfolgsunwert eines E r k l ä r u n g s t a t b e s t a n d e s , n i c h t auf d e n A k t u n w e r t des Errichtungsvorganges. E i n e V e r f ü g u n g v o n Todes wegen k a n n d a h e r n a c h § 1 3 8 1 n u r d a n n nichtig sein, wenn der W e r t konflikt b e i m E r b f a l l noch b e s t e h t ; andernfalls ist § 138 I ü b e r h a u p t n i c h t einschlägig 3 ). I s t eine V e r f ü g u n g v o n Todes wegen i m Z e i t p u n k t ihrer E r r i c h t u n g sittlich unbedenklich, w ü r d e sie a b e r infolge s p ä t e r eingetretener tatsächlicher U m s t ä n d e n a c h d e m E r b f a l l zu unsittlichen Auswirkungen f ü h r e n , so k a n n gegen die D u r c h s e t z u n g d e r E i n w a n d der unzulässigen R e c h t s a u s ü b u n g erhoben werden 4 ). Besondere B e d e u t u n g h a b e n Zuwendungen auf G r u n d eheähnlicher Beziehungen. 76 Z u w e n d u n g e n a n eine Person, m i t welcher der T e s t a t o r in geschlechtlichen Beziehungen gestanden h a t oder noch steht, ohne m i t ihr verheiratet zu sein, sind n a c h der R e c h t sprechung s t e t s m i t einem sittlichen Makel behaftet 6 ). Dieser Makel k a n n u U d e n Vorwurf der Sittenwidrigkeit rechtfertigen, so d a ß die Z u w e n d u n g g e m ä ß § 138 I nichtig ist. Grundsätzlich k a n n der Erblasser letztwillig b e d e n k e n , wen er will. Die Familienangehörigen sind d u r c h die Vorschriften über d a s Pflichtteilsrecht hinreichend ges c h ü t z t (vgl oben bb). E s müssen d a h e r besondere G r ü n d e vorliegen, w e n n die Testierfreiheit ü b e r die §§ 2303—2338a h i n a u s eingeschränkt werden soll. Die R e c h t s p r e c h u n g h a t § 138 I in folgenden Fällen a n g e w a n d t : Eine V e r f ü g u n g von Todes wegen, in der u n -
x
) RG D B 1943, 91 (92); D R 1944, 494 (495).
2
) BGHZ 20, 71 = NJW 1956, 865 mit Anm v Bechenmacher = LM § 138 (Cd) Nr 6 mit
Anm v Johannsen; BGH LM § 138 (Cd) Nr 11; BGH FamRZ 1969, 323; N J W 1970, 1275; so auch Palandt-Keidel § 2077 Anm l A b a a . 3 ) So auch Brox Rdnr 207; Gaul FamRZ 1961, 501; Lange JhJb 82, 19; Gernhiiber FamRZ 1960, 334; Bartholomeyczik § 23 I 2e; ders in Festschr zum 150jährigen Bestehen des OLG Zwei-
brücken, 1969, S 26; Weimar MDR 1968, 110; Flume AT II § 18, 6. 4
) BGHZ 20, 75; Erman-Hense Anm 4 c vor § 2064; Palandt-Keidel § 2077 Anm l A b a a . ) B G H LM § 138 (Cd) Nr 2, Nr 7, Nr 9; einschränkend BGHZ 53, 369ff.
5
23
A. A. Die Grundlagen des Rechts der Verfügungen von Todes wegen
77, 78
m ü n d i g e m u t t e r l o s e K i n d e r zugunsten der Verlobten übergangen werden, ist sittenwidrig, w e n n darin der schon f r ü h e r b e t ä t i g t e Lossageentsohluß seinen letzten A u s d r u c k u n d seine Verwirklichung findet u n d die Verlobte grundsätzlich bereit ist, d a s Verstoßen der K i n d e r des T e s t a t o r s h i n z u n e h m e n u n d zu billigen 1 ). Letztwillige Zuwendungen, m i t denen ein verh e i r a t e t e r M a n n eine F r a u f ü r den m i t ihr g e f ü h r t e n Geschlechtsverkehr belohnen oder zur F o r t s e t z u n g des Verkehrs b e s t i m m e n will, sind nichtig 2 ). Gleiches gilt, wenn ein unv e r h e i r a t e t e r M a n n eine v e r h e i r a t e t e F r a u u n t e r den g e n a n n t e n Voraussetzungen bedenkt 3 ). E i n e einheitliche V e r f ü g u n g v o n Todes wegen, d u r c h die eine teilbare Z u w e n d u n g a n g e o r d n e t wird, z B alleinige E r b e i n s e t z u n g der Geliebten, k a n n a u c h n u r teilweise nichtig sein, u U m i t der Folge, d a ß die letztwillige B e d a c h t e E r b i n (nur) zur H ä l f t e , die E h e f r a u u n d die K i n d e r gesetzliche E r b e n zur a n d e r e n H ä l f t e werden 4 ). Die Sittenwidrigkeit soll bei derartigen Z u w e n d u n g e n n u r entfallen, w e n n nicht ausschließlich die erotischen Beziehungen, sondern auch a c h t e n s w e r t e G r ü n d e m a ß g e b e n d waren. Dies k a n n der Fall sein, w e n n die b e d a c h t e P e r s o n mit der Z u w e n d u n g f ü r geleistete Arbeit oder f ü r sonstige Verdienste belohnt w e r d e n sollte 5 ). N a c h der Rspr 6 ) soll die b e d a c h t e Person daf ü r beweispflichtig sein, d a ß in ihrem Fall achtenswerte G r ü n d e f ü r die Z u w e n d u n g m a ß gebend waren. Die R s p r übersieht die Abgrenzung zwischen Testierfreiheit u n d Familiene r b r e c h t , welche in den §§ 2303—2338a e n t h a l t e n ist. I m allgemeinen wird es n u r d o r t zulässig u n d geboten sein, die Testierfreiheit ü b e r die §§ 2303—2338 a hinaus zu beschneiden, wo Zuwendungen o b j e k t i v den C h a r a k t e r eines E n t g e l t s f ü r erwiesene oder noch zu erweisende „Liebesdienste" h a b e n . I n allen a n d e r e n Fällen ist größte Z u r ü c k h a l t u n g geboten. D e r Kritik 7 ) z u m Teil R e c h n u n g t r a g e n d h a t der B G H neuerdings einschränkend festgestellt, es sei n i c h t die Beziehung zur ,..Geliebten", sondern „allein die letztwillige Zuw e n d u n g , also die A r t u n d Weise, in der der Erblasser seinen N a c h l a ß verteilt wissen will, auf ihre Vereinbarkeit m i t den g u t e n Sitten zu p r ü f e n " 8 ) . dd)
Anerbenrecht:
77 Grundsätzlich w i r k t sich die Eigenschaft eines b e s t i m m t e n Grundbesitzes als „ H o f " (Bremen, R h e i n l a n d - P f a l z u n d ehemalige britische Zone, also H a m b u r g , Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen u n d Schleswig-Holstein), als „geschlossenes H o f g u t " (Südbaden), als „ A n e r b e n g u t " (restliches B a d e n - W ü r t t e m b e r g ) oder als „ L a n d g u t " (Hessen) n u r bei der gesetzlichen Erbfolge a u s ; denn gern A r t 64 I I E G B G B können die Landesgesetze d a s R e c h t des Erblassers, ü b e r d a s d e m Anerbenrecht unterliegende Grunds t ü c k v o n Todes wegen zu verfügen, nicht beschränken. Das Anerbenrecht will n u r f ü r den Fall, d a ß der H o f e i g e n t ü m e r keine V e r f ü g u n g v o n Todes wegen errichtet, eine unwirtschaftliche A u f s p l i t t e r u n g verhindern. 7 8 D a s Reichserbhofgesetz v o m 29. 9. 1933 (RGBl I 685) setzte sich ü b e r A r t 64 E G B G B hinweg. E s beseitigte die Testierfreiheit d a d u r c h , d a ß der E r b h o f (land- u n d forstwirtschaftlicher Besitz einer b a u e r n f ä h i g e n P e r s o n in der Größe v o n mindestens einer Ackern a h r u n g , höchsten v o n 125 ha) als Sondervermögen n u r n a c h d e m Reichserbhofrecht ver») BGH LM § 138 (Cd) Nr 7 = DNotZ 1956, 414; vgl dazu Mattern BWNotZ 1961, 277. 2 ) BGH NJW 1964, 764. 3 ) BGH NJW 1968, 932. 4 ) BGHZ 52, 17 = NJW 1969, 1343 mit Anm v Reinicke = DNotZ 1969, 427. 6 ) BGHZ 23, 76; BGH NJW 1964, 764 = LM § 138 (Cd) Nr 14; NJW 1970, 1273; OLG Karlsruhe/Freiburg FamRZ 1967, 692; OLG Köln OLGZ 1968, 489; OLG Düsseldorf FamRZ 1970, 105. 6 ) BGH NJW 1964, 764 = LM § 138 (Cd) Nr 14; NJW 1970, 1276. ') Flume AT II § 18, 5; Müller-Freieniels JZ 1968, 441; Breithaupt NJW 1968, 932; Reinicke NJW 1969, 1343; Speckmann JZ 1969, 733; Ramm JZ 1970, 129. 8 ) BGHZ 53, 369 (376) = NJW 1970, 1273 (mit Anm v Speckmann in NJW 1970, 1839) = DNotZ 1970, 496. 24
IV. Der Grundsatz der Testierfreiheit
A. 79
erbt werden konnte (§ 19). Die Bestimmungen des B G B waren auch für die gewillkürte Erbfolge insoweit außer Kraft gesetzt 1 ). Das Reichserbhofgesetz ist durch K R G 45 Art II vom 20. 2. 1947 (ABl K R 256) aufgehoben worden, so daß die am 1. 1. 1933 geltenden partikularen Anerbenbestimmungen samt dem dazu entwickelten Gewohnheitsrecht 2 ) wieder gelten. Das Anerbenrecht ist daher prinzipiell wieder auf die Intestaterbfolge beschränkt. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt lediglich für den Bereich der Höfeordnung 7 9 für die britische Zone v o m 24. 4. 1947 (ABlbrZ S 500 nebst Anlagen). Hier ist der Erblasser in seiner Testierfreiheit beschränkt. Der v o m Erblasser als Hoferbe Bestimmte muß zur Zeit des Erbfalls wirtschaftsfähig sein (§ 6 V HöfeO). Der Testator kann seine sämtlichen Abkömmlinge nur mit Zustimmung des Gerichts übergehen (§ 7 II HöfeO). Der Erblasser kann den ungeteilten Übergang des Hofes nicht ausschließen, er kann also nicht bestimmen, daß der Hof unter mehreren Erben aufgeteilt wird (§ 16 I 1 HöfeO). Eine gleichwohl errichtete derartige Verfügung wäre nichtig (§ 134). E s steht dem Erblasser jedoch frei zu bestimmen, w e m von den gesetzlichen Anwärtern sein Hof als Alleinerbe zufallen soll. Der Erblasser kann den Erben beschränken (vgl § 16 I 2 HöfeO), etwa indem er einen Nacherben oder einen Testamentsvollstrecker einsetzt oder den Hoferben mit Geldvermächtnissen beschwert 8 ). Fraglich ist, ob ein Erblasser, der keine Abkömmlinge, aber hoffolgeberechtigte Angehörige der zweiten bis fünften Ordnung hat (§ 5 Nr 2—5 HöfeO), diese übergehen und eine nicht zu den gesetzlichen Anwärtern zählende Person zum Hoferben bestimmen kann 4 ) 5 ) 6 ). *) Vgl Baumecker Handbuch des gesamten Reichserbhofrechts 4 , 1940; Dolle, Lehrbuch des Erbhofrechts, 1935. 2 ) BGH N J W 1957, 259. 3 ) Vgl Soergel-Hartmann Art 64 EGBGB Rdnr 3; Palandt-Keidel Art 64 EGBGB Anm 1; Ferid-Firsching, Internationales Erbrecht Grdz E VI S 89; RGRK-Kregel § 2229 Anm 18. 4 ) Bejahend OGH RdL 1950, 88; BGH DNotZ 1951, 187; verneinend Länge-Wulff HöfeO 6 , 1965, § 7, 94. 4 ) Vgl Schapp Boden- u. Höferecht, 1948; Haegele Hofübergabe u. Hofvererbung in den Westzonen, 1949; Spreckelsen J J b 5, 133; Scheyhing JZ 1961, 429; Schulte JZ 1961, 729; 1962, 563; DNotZ 1964, 601; 1965, 34; Länge-Wulff HöfeO 6 , 1965; Kroeschell Landwirtschaftsrecht 2 , 1966; Woehrmann, Landwirtschaftsrecht 2 , 1966; Scheyhing HöfeO, 1967; Klunzinger Anerbenrecht und gewillkürte Erbfolge, Diss Tübingen 1966; Lange § 55; Kipp-Coing § 131; Bartholomeyczik § 35 I I 1, 2; Staudinger-Firsching Rdnrn 8 ff. vor § 2353; Soergel-Ehard-Eder Rdnr 20—32 vor § 1922; Soergel-Hartmann Art 64 EGBGB. 6 ) Gesetze: Baden Württemberg: Südbaden: Ges, die geschlossenen Hofgüter betr. v 20. 8. 1898 egrei § 2247 Anm 10; SoergelEhard-Eder §2238 R d n r 6; Staudinger-Firsching §2238 R d n r 17). Zulässig ist insbesondere der Gebrauch der Kurzschrift, der Rundschrift (RG J W 1937, 44) u n d der Blindenschrift (Schulze DNotZ 1955, 629). Eine chiffrierte Schrift ist nur dann zulässig, wenn sie eindeutig enträtselt werden kann. D a die Meinung von Chiffre-Spezialisten k a u m n a c h p r ü f b a r sein dürfte, wird m a n verlangen müssen, daß der Testator zugleich mit der Übergabe der Schrift den Schlüssel zur Dechiffrierung bezeichnet. Andernfalls würde das Schriftstück seine Funktion als Grundlage des Testamentsinhalts nicht erfüllen können. E s ist unerheblich, ob der N o t a r die Schriftzeichen entziffern kann. Dem steht nicht entgegen, daß der Notar gern § 30 S 4 BeurkG von dem Inhalt des Schriftstückes Kenntnis nehmen soll; denn er k a n n sich diese Kenntnis auch durch Befragen des Erblassers verschaffen (Schulze DNotZ 1955, 629). Ist der Testierwillige nicht imstande, die Schriftzeichen zu entziffern, so ist er leseunfähig, so daß er gern § 2233 I I nicht durch Übergabe einer Schrift (zumindest nicht einer solchen) testieren k a n n ; ein gleichwohl durch Übergabe einer (solchen) Schrift errichtetes Testament ist nichtig (§ 125). E r k e n n t der Notar, daß der Testierwillige die in dem Schriftstück gebrauchten Zeichen nicht versteht, so h a t er die Beurkundung gern § 4 BeurkG abzulehnen (vgl § 4 BeurkG Anm I I 2 c). H a t der Notar nur Zweifel an dem Verständnis des Testators, so h a t er nach § 17 I I BeurkG zu verfahren. 27 e) Sprache: Das Schriftstück k a n n in jeder beliebigen — lebenden u n d toten — Sprache abgefaßt sein. Voraussetzung ist allerdings, daß der Erblasser die gebrauchte Sprache versteht u n d er sich in ihr hinreichend verständlich machen k a n n (Vogels-Seybold TestG § 11 R d n r 5; RGRK-Xregrei § 2247 A n m 10; Soergel-Ehard-Eder § 2238 Rdn r 6; Stavdinger-Firsching § 2238 R d n r 17). F ü r Geheimsprachen gilt das oben (c) zu den Chiffre-Schriften Gesagte. K a n n der Testierwillige die in dem Schriftstück verwandte Sprache inhaltlich nicht verstehen, so ist er leseunfähig iSv § 2233 I I (str; vgl § 2233 Anm I I I 2a); ein entgegen § 2233 I I errichtetes Testament ist gern § 125 nichtig. Wegen des Verhaltens des Notars vgl R d n r 26. Ob der Notar die Sprache verstehen kann, ist ohne Bedeutung (vgl R d n r 26). 28 f) Datum, Ort, Unterschrift: Das übergebene Schriftstück braucht nicht mit D a t u m , Ortsangabe u n d Unterschrift versehen zu sein, da diese Angaben durch das Protokoll ersetzt werden (Vogels-Seybold TestG § 11 R d n r 5; RGRK-XregreZ § 2247 A n m 10; Soergel-Ehard-Eder § 2238 R d n r 6; Staudinger-Firsching § 2238 R d n r 17). 29 g) Mehrere Schriftstücke: Werden mehrere Schriftstücke gleichzeitig überreicht, so gilt ihr Inhalt als im Augenblick der Übergabe erklärt, selbst dann, wenn sie verschieden datiert sind. Soweit sich die Schriftstücke inhaltlich widersprechen, heben sie sich gegenseitig a u f ; das D a t u m der Erklärung spielt hier keine Rolle (RGRK-Kregel § 2238 A n m 6; Soergel-Ehard-Eder § 2238 R d n r 7). Etwas anderes k a n n gelten, wenn der Beurkundungsakt Mängel aufweist, die übergebenen Schriften jedoch als eigenhändige Testamente wirksam sind (vgl unten 6); das D a t u m erlangt d a n n seine ursprüngliche Funktion wieder. 136
§ 2232 III. Übergabe einer Schrift mit dem letzten Willen
30—33
h) Kenntnis des Erblassers: Der Erblasser m u ß keine tatsächliche Kenntnis vom In- 30 halt der übergebenen Schrift haben (RGZ76, 94; Planck-Strecker §2238 A n m 3 b ; Staudinger-Firscliing § 2238 R d n r 16 a E , 19; Lange § 18 I I I 3 a y ;aA Palandt-Keidel §2232 A n m 2 c ; Erman-Hense § 2238 A n m 3). Erforderlich ist jedoch die Möglichkeit der Kenntnisnahme; diese soll durch § 2233 I I gewährleistet werden (aA Lange aaO, welcher der Erklärung des Erblassers, das Schriftstück enthalte seinen letzten Willen, eine Blankettwirkung zubilligt). Wer trotz bestehender Möglichkeit nicht Kenntnis nehmen will, k a n n dazu nicht gezwungen werden; das Testament ist vollwirksam. Insoweit ist die Lage anders als in den Fällen, in denen der Testator Schriftzeichen u n d Sprache der übergebenen Schrift nicht verstellt, da er hier nicht einmal die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat (vgl R d n r 26 u n d 27). i) Bestandteil der Urkunde: Ist die Niederschrift über die Testamentserrichtung ab- 31 geschlossen, so ist das übergebene Schriftstück selbst Bestandteil der öffentlichen Urkunde (RGZ 84, 165f.). Es n i m m t insoweit a n der Beweiskraft des öffentlichen Testaments als öffentlicher Urkunde teil (vgl dazu § 1 BeurkG Anm I I lc). Die übergebene Schrift ist jedoch nicht Teil der Testamentsniederschrift (RGZ 84, 163; Staudinger-Firsching § 2238 R d n r 21; Mecke BeurkG § 30 R d n r 5; oben I I 5 b). Sie braucht nicht vorgelesen zu werden (§ 30 S 5, H S 2 BeurkG). Sie ist nicht gern § 44 BeurkG mit der Niederschrift durch Schnur u n d Prägesiegel zu verbinden (vgl Mecke aaO). 3. Übergabe Die zu übergebende Schrift m u ß beim Übergabeakt vorhanden sein (RGZ 81, 34). 32 Das Schriftstück m u ß vom Testator an den N o t a r gelangen. Die Übergabe h a t nicht unbedingt körperlich von H a n d zu H a n d zu erfolgen. EinBesitzwechsel iS des Sachenrechts ist nicht erforderlich (so jedoch noch RGZ 81, 34). D a s Wesen der Übergabe ist vielmehr erbrechtlich zu bestimmen. § 2232 S 1 (2. Alt) verlangt, daß die Schrift mit dem Willen des Erblassers nach außen erkennbar aus seinem Verfügungsbereich in denjenigen des Notars gelangt (RGZ 150, 189). F ü r die Beurteilung der Frage, ob dies so ist, sind die Umstände des Einzelfalles maßgebend. Es k a n n daher genügen, wenn der Erblasser erklärt, die Schrift, die der am Bett sitzende Notar vor sich liegen habe, solle als übergeben gelten (RGZ 150, 189; zustimmend Vogels-Seybold TestG § 11 R d n r 6; StaudingerFirsching § 2238 R d n r 16; Soergel-Ehard-Eder § 2238 R d n r 10; aA Kipp-Coing § 27 IV 2 [Fn 22]). Es wäre unnötiger Formalismus, wollte m a n verlangen, die Schrift müsse vor der Übergabe a n den Notar von diesem dem Erblasser körperlich ausgehändigt werden; vorauszusetzen ist jedoch, daß dieser die Möglichkeit hat, seine Verfügungsbefugnis zu aktualisieren. 4. Zusätzliche Erklärung Die Erklärung des Erblassers, die übergebene Schrift enthalte seinen letzten Wil- 33 len, hat mündlich zu erfolgen. Es gilt das oben I I 1—4 Gesagte. Es reicht aus, wenn der Testator die entsprechende Frage, ob das Schriftstück seinen letzten Willen enthalte, mit , , J a " beantwortet (RGZ 108, 400). Die Erklärung k a n n auch dadurch erfolgen, daß der Erblasser die Testamentsniederschrift mündlich genehmigt, wenn die Erklärung im Protokoll enthalten ist. Erklärung u n d Genehmigung können daher zusammenfallen. Es ist dabei unschädlich, wenn im Protokoll nicht festgestellt wird, daß die Genehmigung (und damit die Erklärung) mündlich erfolgte (RGZ 92, 27), wobei freilich der Gegenbeweis stets zulässig ist. Die beiden Arten, ein öffentliches Testament zu errichten, können verbunden werden (RGZ 82, 149 [154]; R G W a r n R 1931 Nr 50; vgl auch oben I I 5b). Es ist daher möglich, ein Testament grundsätzlich durch Übergabe einer Schrift zu errichten, jedoch an dem Inhalt der übergebenen Schrift im Zuge der mündlichen Erklärung Zusätze, Änderungen u n d Berichtigungen anzubringen (RGRK-Kregel § 2238 Anm 9). 137
§ 2232, § 2233 34, 35
A. Errichtung u n d A u f h e b u n g eines Testaments
5. Pflichten des Notars 34 E s gelten die §§ 30 u n d 17 B e u r k G (wegen der Einzelheiten vgl die K o m m e n t i e r u n g d o r t ; vgl a u c h R d n r 20). 6. Formverstoß 35 Die Vorschrift des § 2232 S 1, 2. Alt, ist zwingender N a t u r . Sind die Anforderungen, die a n die Schrift, die Ü b e r g a b e u n d a n die E r k l ä r u n g , die übergebene Schrift e n t h a l t e den letzten Willen, gestellt werden, n i c h t erfüllt, ist d a s T e s t a m e n t nichtig (§ 125). Die Nichtigkeit t r i t t bereits ein, w e n n eine der v o m Gesetz aufgestellten Voraussetzungen fehlt. Vers ä u m t der N o t a r , gern § 30 S 1 B e u r k G in der Niederschrift festzustellen, d a ß die Schrift übergeben worden ist, so ist d a s T e s t a m e n t gern § 125 nichtig. Sonstige Mängel beeint r ä c h t i g e n die W i r k s a m k e i t der letztwilligen V e r f ü g u n g nicht. Die Konversion eines (nichtigen) öffentlichen T e s t a m e n t s , das d u r c h U b e r g a b e einer Schrift errichtet wurde, in ein privatschriftliches T e s t a m e n t k o m m t in B e t r a c h t , wenn d a s Schriftstück alle Voraussetzungen des § 2247 erfüllt ( K G J 50, 81; R G W a r n R 1931 N r 50; B G H B W N o t Z 1965, 128). Die U m d e u t u n g scheitert, w e n n der Beweis gelingt, d a ß der Erblasser die fertiggestellte Schrift bis zur Ü b e r g a b e a n d e n N o t a r n u r als unverbindlichen E n t w u r f b e h a n d e l t wissen wollte (RGRK-Kregel § 2238 A n m 7).
[§ 2233] [Sonderregelung für Minderjährige, Blinde und Stumme] (1) Ist der Erblasser minderjährig, so kann er das Testament nur durch mündliche Erklärung oder durch Übergabe einer offenen Schrift errichten. (2) Ist der Erblasser nach seinen Angaben oder nach der Überzeugung des Notars nicht imtande, Geschriebenes zu lesen, so kann er das Testament nur durch mündliche Erklärung errichten. (3) Vermag der Erblasser nach seinen Angaben oder nach der Überzeugung des Notars nicht hinreichend z u sprechen, so kann er das Testament nur durch Übergabe einer Schrift errichten. Literatur: Seybold, Welche Anforderungen sind a n die Überzeugung des N o t a r s über die Blindheit eines Beteiligten zu stellen?, DNotZ 1967, 543.
Übersicht: I. Allgemeines (1) I I . Minderjährigentestamente (§ 2233 I) (2) 1. Bedeutung (2) 2. Minderjährigkeit (3) 3. Formverstoß (4) 4. Sonstiges (5) a) Geltungserstreckung (5) b) Stummer Minderjähriger (6)
III. Testamente lesensunkundiger Personen (§ 2233 I I ) (7) 1. Bedeutung (7) 2. Unfähigkeit zum Lesen (8) a) Lesevermögen (8) b) Beurteilung der Unfähigkeit zum Lesen (13) 3. Pflichten des N o t a r s (14) 4. Formverstoß (15) a) Mußvorschrift (15) b) Voraussetzungen der Nichtigkeit (16)
aa) Tatsächliche Leseunfähigkeit (17)
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bb) Angabe des Beteiligten oder Überzeugung des Notars (18) 5. Sonstiges (19) a) Geltungserstreckung (19) b) Lesensunkundiger Stummer (20)
IV. Testamente sprechbehinderter Personen (§ 2233 I I I ) (21) 1. Bedeutung (21) 2. Verhinderung am Sprechen (22) a) Sprechfähigkeit (22) b) Beurteilung der Sprech Verhinder u n g (24) 3. Pflichten des N o t a r s (25) 4. Formverstoß (26) a) Verstoß gegen § 2233 I I I (26) b) Verstoß gegen §§ 22, 31 BeurkG (27)
5. Sonstiges (28) a) Geltungserstreckung (28) b) Lese-bzw schreibunfähiger Stummer (29)
§ 2233 I. Allgemeines — II. Minderjährigen testament
1—5
I. Allgemeines § 2233 wurde neugefaßt gern § 57 I I I N r 7 BeurkG u n d ist in der Neufassung 1 a b 1. 1. 1970 in K r a f t (§ 71 BeurkG). § 2233 I entspricht § 2238 I I I a F , § 2233 I I dem § 2238 IV a F , § 2233 I I I dem §§ 2243 I 1 a F .
II. Minderjährigentestament (§ 2233 I) 1. Bedeutung Da es keine beschränkte Testierfähigkeit gibt (vgl § 2229 A n m I 2 b), der Minder- 2 jährige bei Rechtsgeschäften von Todes wegen aber ebenso schutzbedürftig ist wie bei solchen u n t e r Lebenden, sieht § 2233 I (iVm § 2247 IV) eine Ersatzschutzregelung vor. Der Minderjährige k a n n nur in der F o r m des öffentlichen Testamentes letztwillig verfügen; ein privatschriftliches Testament k a n n er nicht errichten (§ 2247 IV). Darüberhinaus h a t er u n t e r den öffentlichen Testamentsarten (§ 2232) n u r ein beschränktes Auswahlrecht. E r k a n n n u r durch Abgabe einer mündlichen Erklärung vor dem Notar oder durch Übergabe einer offenen Schrift testieren; die Errichtung eines Testaments durch Überreichen einer verschlossenen Schrift durch den Notar ist ihm gern § 2233 I nicht möglich. Das Gesetz will die Gefahren, denen die freie Willensentschließung Minderjähriger wegen deren Unerfahrenheit ausgesetzt ist, dadurch abwehren, daß die Minderjährigen gezwungen werden, ihren letzten Willen dem N o t a r zu offenbaren. Dieser ist gern §§ 17, 30 S 4 BeurkG verpflichtet, den minderjährigen Erblasser über die rechtliche Tragweite des Geschäfts zu belehren. Die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters zu dem Testament des Minderjährigen ist nicht erforderlich (§ 2229 II). 2. Minderjährigkeit Minderjährig ist, wer noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet h a t (§ 2) u n d auch 3 noch nicht f ü r volljährig erklärt ist (§ 3). Bei der Berechnung des Lebensalters wird der Tag der Geburt mitgerechnet (§ 187 I I 2). Die Volljährigkeitserklärung wird mit R e c h t s k r a f t des Beschlusses — abweichend von § 16 I F G G — wirksam (§ 56 I I FGG); der Beschluß ist mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar (§ 60 I N r 6, §§ 22, 29 I I FGG). D a ein Minderjähriger erst testierfähg wird, wenn er das 16. Lebensjahr vollendet h a t (§ 2229 I), betrifft die Vorschrift des § 2233 I den Altersbereich zwischen dem begonnenen 17. u n d dem vollendeten 21. Lebensjahr (bzw der R e c h t s k r a f t der Volljährigkeitserklärung). 3. Formverstoß § 2233 I ist eine Muß-Vorschrift. Ein u n t e r Verstoß gegen § 2233 I errichtetes Min- 4 derjährigentestament ist nichtig (§ 125). Der Formverstoß wird nicht dadurch geheilt, daß der Minderjährige volljährig (oder f ü r volljährig erklärt) wird. Der Formzwang bei Verfügungen von Todes wegen bezieht sich auf den Errichtungsakt (vgl Teil A V 3 b aa). E i n durch Übergabe einer verschlossenen Erklärung, die selbst den Vorschriften des § 2247 entspricht, errichtetes Testament wird nach Eintritt der Volljährigkeit des Erblassers auch nicht als privatschriftliches Testament wirksam, da ein Minderjähriger auch ein privatschriftliches Testament nicht errichten k a n n (§ 2247 IV). 4. Sonstiges a) Geltungserstreckung: § 2233 I gilt k r a f t ausdrücklicher Verweisung (§§224914, 5 2250) auch f ü r das Bürgermeistertestament (§ 2249) u n d das Dreizeugentestament (§ 2250). 139
§ 2233 6—10
A. Errichtung und Aufhebung eines Testaments
6 b) Stummer Minderjähriger: Auch einem Minderjährigen, der nicht hinreichend zu sprechen vermag, ist es möglich zu testieren, da er eine offene Schrift übergeben kann (§ 2233 I, I I I ) .
m . Testamente lesensunkundiger Personen (§ 2233 II) 1. Bedeutung 7 Wer nicht lesen kann, ist in seinen Handlungs- u n d Gestaltungsmöglichkeiten beschränkt. E r k a n n gern § 2247 IV kein eigenhändiges Testament errichten u n d auch in öffentlicher F o r m (§ 2232) k a n n er nur durch mündliche Erklärung testieren (§ 2233 II). Diese Beschränkungen sind dadurch bedingt, daß Lesensunkundige eines besonderen Schutzes bedürfen; die Gefahr, daß ihnen ein fremdes Schriftstück als letztwillige Erklärung unterschoben wird, soll durch § 2233 I I ebenso wie durch § 2247 IV gebannt werden. Wer eine Schrift als Dokument seines letzten Willens überreichen will, m u ß in der Lage sein, sich durch eigenes Lesen über den Inhalt zu vergewissern (Motive V 277; Staudinger-Firsching § 2238 R d n r 28). 2. Unfähigkeit zum Lesen 8 a) Lesevermögen: Der Erblasser k a n n (iSv § 2233 II) lesen, wenn er die gebrauchten Schriftzeichen entziffern und die in dem übergebenen Schriftstück verwendete Sprache verstehen k a n n (zB arabisch, griechisch). Es ist gleichgültig welcher Art Schriftzeichen u n d Sprache sind (vgl § 2232 A n m I I I 2d), wenn sie der Erblasser nur lesen und verstehen k a n n (RGZ 38, 244; 76, 94; Planck-Strecker § 11 TestG Anm 5 b ; Vogels-Seybold TestG § 11 R d n r 10; Staudinger-Firsching § 2238 R d n r 29; RGRK-Kregel § 2238 Anm 13). Nach aA (Lange § 18 I I I 3a F u ß n o t e 4) soll die abstrakte, von der gebrauchten Sprache u n d Schrift unabhängige Lesefähigkeit genügen. Die Meinung stützt sich vor allem darauf, daß der Erblasser nach h L vom Inhalt einer nach § 2232 S 1 (2. Alt) übergebenen Schrift keine Kenntnis haben muß. E s wird dabei übersehen, daß die Möglichkeit der Kenntnisnahme auch hier gegeben sein muß. Versteht der Erblasser die in einem Schriftstück verwendete Sprache nicht, so h a t er nicht einmal die Möglichkeit, seinen eigenen letzten Willen zu kennen. Leseunfähig iSv § 2233 I I ist daher, wem die Fähigkeit, den Text einer Schrift zu entziffern abgeht oder — bei Vorliegen dieser Fähigkeit — wer die in einer Schrift gebrachte Sprache inhaltlich nicht verstehen k a n n (vgl auch § 2232 R d n r 26 u n d 27). 9 Ob der Erblasser lesegewandt ist, spielt keine Rolle, wenn er nur — im vorgenannten Sinne — lesen kann. Auch ist unerheblich, ob das übergebene Schriftstück gut leserlich ist, wenn der Testator in der Lage ist, es zu entziffern. I m R a h m e n von § 2233 I I entscheidet allein die Fähigkeit zu lesen; ob der Erblasser auch schreiben kann, ist hier ohne Bedeutung. Wer nicht zu schreiben, aber Geschriebenes zu lesen vermag, k a n n auch durch Übergabe einer Schrift testieren, da in diesem Fall der objektive Gesetzeszweck des § 2233 I I (vgl R d n r 7) nicht entgegensteht. Wer seinen Namen schreiben k a n n , im übrigen aber des (Schreibens und) Lesens unkundig ist, k a n n ein Testament nur mündlich zur Niederschrift des Notars errichten [Staudinger-Firsching § 2238 R d n r 20). 10 Blinde, welche die Blindenschrift beherrschen, sind nicht des Lesens unkundig iSv § 2233 I I ; da die Art der gebrauchten Schrift beim Errichten eines öffentlichen Testaments durch Übergabe eines Schriftstücks keine Rolle spielt (vgl § 2232 Anm I I I 2d), k a n n ein Blinder durch Überreichen einer Schrift an den Notar testieren, wenn diese in Blindenschrift abgefaßt ist u n d er die Schriftzeichen versteht (hM; vgl Vogels J W 1938, 2161; Vogels-Seybold TestG § 11 R d n r 10; Schulze DNotZ 1955, 629; StaudingerFirsching § 2238 R d n r 32; HGKK-Kregel § 2238 Anm 13; Soergel-Ehard-Eder § 2238 R d n r 14; unklar RGZ 86, 385; aA OLG Koblenz N J W 1958, 1784). 140
§ 2233 III. Testamente lesensunkundiger Personen
11—16
Worin die Unfähigkeit zu lesen ihren Grund h a t , ob in dauerndem körperlichen 11 Unvermögen wie bei Blinden oder hochgradig Schwachsichtigen (RGZ 86, 386; J W 1903, 130) oder in einer vorübergehenden Beeinträchtigung der Sehkraft (infolge Verletzung oder Erkrankung) oder in Verstandes- oder Erziehungsmängeln wie bei Analphabeten, ist unerheblich (RG'R'K-Kregel § 2238 Anm 13). Es m u ß sich jedoch u m eine in der Person des Erblassers begründete (subjektive) Verhinderung handeln; § 2233 I I ist nicht anwendbar, wenn die zufälligen äußeren Umstände (zB unauf hellbares Dunkel) es dem (des Lesens mächtigen) Erblasser nicht gestatten, ein Schriftstück zu lesen (Weyl D J Z 1901, 501; Planck-Strecker § 11 TestG Anm 5 b ; Staudinger-Firsching § 2238 R d n r 29; aA Boschan D J Z 1901, 476). Entscheidend ist allein die Fähigkeit des Erblassers zu lesen. Dies folgt bereits aus 12 dem objektiven Gesetzeszweck (vgl R d n r 7). Der Umstand, daß der Notar die in dem übergebenen Schriftstück gebrauchten Schriftzeichen (zB Stenographie, Blindenschrift) nicht zu lesen vermag, ist unmaßgeblich. Der Notar m u ß nicht in jedem Fall von dem Inhalt einer überreichten letztwilligen Erklärung Kenntnis nehmen (vgl § 30 S 4 BeurkG); die Kenntnis u n d das Verstehen des Notars k a n n daher nicht Voraussetzung d a f ü r sein, d a ß ein Testament wirksam wird. Außerdem k a n n sich der Notar auch durch Befragen des Testators Kenntnis vom Inhalt des Testaments verschaffen. b) Beurteilung der Unfähigkeit zum Lesen: Hierfür sind alternativ die Angabe 13 des Erblassers u n d die Überzeugung des Notars maßgebend. Die Testiermöglichkeit des Erblassers wird iSv § 2233 I I beschränkt, wenn entweder der Testator selbst erklärt, nicht lesen zu können, oder wenn der Notar zu einer entsprechenden (positiven) Überzeugung gelangt; bloße Zweifel des Notars reichen nicht aus. Äußert der Erblasser, er sei nicht imstande, Geschriebenes zu lesen, so k a n n er gern § 2233 I I ein Testament nur durch mündliche Erklärung errichten. Der Notar hat die Ansicht des Erblassers hinzunehmen, auch wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß der Testator doch des Lesens kundig ist; wer sich selbst in seinen Testiermöglichkeiten beschränken will, wird daran nicht gehindert. Behauptet der Erblasser, lesen zu können, gelangt der Notar jedoch zu der gegenteiligen Überzeugung, so m u ß er § 2233 I I auch gegen den Willen des Betroffenen anwenden; der Notar h a t d a n n die Annahme eines Schriftstücks zum Zwecke der Errichtung eines öffentlichen Testaments abzulehnen. Wie der Notar die Überzeugung über die Lesensunfähigkeit des Erblassers gewinnt, ist seinem pflichtgemäßen Ermessen überlassen (Vogels-Seybold TestG § 11 R d n r 11). 3. Pflichten des Notars Der Notar wird aus Gründen der Zweckmäßigkeit die Erklärung des Erblassers 14 über die Unfähigkeit zu lesen bzw seine eigene Überzeugung in der Urkunde feststellen. Eine gesetzliche Pflicht, dies zu tun, besteht jedoch nicht. Lediglich in dem Fall, daß das Unvermögen, Geschriebenes zu lesen, darauf beruht, daß der Erblasser nicht hinreichend sehen k a n n (Blindheit, Sehschwäche, Sehstörung) soll der N o t a r gern § 22 I 2 BeurkG diese Tatsachen in der Niederschrift festhalten. 4. Formverstoß a) Muß-Vorschrift: § 2233 I I ist eine Muß-Vorschrift. Ein unter Verstoß gegen 15 § 2233 I I durch Übergabe eines Schriftstückes errichtetes Testament einer Person, die nach eigener Angabe oder der positiven Überzeugung des Notars nicht lesen kann, ist nichtig (§ 125). b) Kumulative Voraussetzungen der Nichtigkeit sind, daß der Testator nicht 16 lesen konnte (unten aa) u n d er dies erklärt hat oder der Notar zu einer entsprechenden Überzeugung gelangt war (unten bb). 141
§ 2233 17—22
A. Errichtung und Aufhebung eines Testaments
17 aa) Tatsächliche Leseunfähigkeit: Die Nichtigkeit des Testamentes setzt voraus, d a ß der Erblasser tatsächlich nicht lesen konnte. W a r er —• entgegen seiner Angabe oder entgegen der Überzeugung des Notars — imstande, Geschriebenes zu lesen, so ist ein u n t e r Verstoß gegen § 2233 I I durch Überreichen eines Schriftstücks errichtetes Testament voll wirksam. Der objektive Gesetzeszweck (vgl R d n r 7) ist in diesem Fall erfüllt. 18 bb) Angabe des Beteiligten oder Überzeugung des Notars: Die Nichtigkeit des Testaments h a t zur weiteren Voraussetzung, daß der Testator seine Leseunfähigkeit dem N o t a r geoffenbart h a t t e oder daß die Urkundsperson selbständig der Überzeugung war, der Erblasser könne nicht lesen. W a r der Erblasser tatsächlich nicht in der Lage, Geschriebenes zu lesen, h a t t e er sein Unvermögen jedoch verschwiegen, u n d glaubte der Notar, der Testator sei des Lesens kundig, so ist das Testament voll wirksam. Ein I r r t u m des Notars über die tatsächlichen Voraussetzungen der Lesefähigkeit ist somit unschädlich, § 2238 R d n r 34; selbst wenn er auf grober Fahrlässigkeit beruht (vgl Staudinger-Firsching Soergel-Ehard-Eder § 2238 R d n r 15). I r r t sich der Notar über den Rechtsbegriff der Lesefähigkeit (vgl 2 b), so m u ß Entsprechendes gelten. Glaubt also (zB) der Notar, der E r b lasser vermöge zu lesen, weil er seinen N a m e n schreiben könne, so b e r u h t seine Überzeugung zwar auf einer falschen Rechtsansicht, das Testament ist aber wirksam. F ü r § 2233 I I ist nicht maßgeblich, wie der Notar zu seiner Überzeugung gelangt, sondern allein das objektive Vorhandensein der positiven Überzeugung, verbunden mit der objektiven Leseunfähigkeit; nur beide F a k t e n bewirken die Nichtigkeit des Testaments. Unterläßt es der Notar völlig, sich eine Überzeugung über das Lesevermögen des Erblassers zu bilden, so ändert dies nichts daran, daß der Notar objektiv nicht von der Schreibunfähigkeit überzeugt ist; § 2233 I I stellt nicht auf die Überzeugung des Notars von der Lesefähigkeit, sondern auf die von der Leseimfähigkeit ab. Das Testament ist also wirksam errichtet. 5. Sonstiges 19 a) Geltungserstreckung: § 2233 I I gilt auch f ü r das Bürgermeistertestament (§ 2249 I 4), jedoch nicht (mangels Verweisimg) f ü r das Dreizeugentestament. 20 b) Lesensunkundiger Stummer: Wer nicht lesen u n d außerdem nicht hinreichend zu sprechen vermag, k a n n an sich nicht testieren. § 2247 IV schließt ein eigenhändiges Test a m e n t aus. § 2233 I I schließt ein öffentliches Testament durch Übergabe einer Schrift, § 2233 I I I ein solches durch Abgabe einer mündlichen Erklärung aus. Wegen der einzigen Abhilfemöglichkeit vgl. jedoch § 2229 Anm. V I 3 a.
IV. Testamente sprechbehinderter Personen (§ 2233 III) 1. Bedeutung 21 Wer nicht hinreichend zu sprechen vermag, k a n n in öffentlicher F o r m (§ 2232) nur durch Übergabe einer (offenen oder verschlossenen) Schrift testieren (III). Da Erblasser u n d N o t a r die Möglichkeit haben müssen, sich über den zu erklärenden letzten Willen auf eine sichere Art und Weise zu verständigen, ist die Beschränkung, die § 2233 I I I enthält, berechtigt, zumal es dem a m Sprechen Verhinderten möglich ist, schriftlich zu testieren. Mißverständnisse zwischen Testator u n d Urkundsperson sollen durch § 2233 I I I verhindert werden. 2. Verhinderung am Sprechen 22 a) Sprechfähigkeit: Durch mündliche Erklärung seines letzten Willens zu Protokoll des Notars k a n n nur testieren, wer hinreichend zu sprechen vermag. Dies ist der Fall, 142
IV. Testamente sprechbehinderter Personen
§ 2233 23—25
wenn der Erblasser seinen letzten Willen in der Lautsprache verständlich machen kann. Es müssen die Mittel der Sprache gebraucht werden; erforderlich ist „die lautliche Bildung von Worten, die von den mitwirkenden Personen zu verstehen sein müssen" (BGHZ 2, 172 = DNotZ 1952, 75; vgl auch BayObLG DNotZ 1969, 301). Wer nur unartikuliert lallen und die Sprache überhaupt nicht mehr gebrauchen kann, vermag nicht hinreichend zu sprechen. Der Gebrauch der Zeichensprache ist kein Sprechen (RGZ 85, 120). Bloße Zeichen oder Gebärden reichen als Ausdrucksmittel allein nicht aus, da sich durch sie der letzte Wille des Erblassers vom Notar nicht sicher feststellen läßt. Es schadet dagegen nicht, wenn der Testator das Sprechen zu einzelnen Punkten durch Zeichen oder Gebärden unterstützt oder ersetzen muß (OLG Köln MDR 1957, 740 = DNotZ 1958, 94; BayObLG DNotZ 1969, 301 [302]). Sprechfähig iSv § 2233 I I I ist sogar noch derjenige, der „durch lautliche Wortbildung ein immerhin noch verständliches J a - W o r t " aussprechen kann (BayObLG aaO). F ü r die Errichtung eines öffentlichen Testaments durch mündliche Erklärung des letzten Willens vor einem Notar genügt es daher, wenn der Testamentsentwurf vorgelesen wird und der Erblasser auf die Frage, ob das Verlesene seinem letzten Willen entspricht, mit „ J a " antwortet (BayObLG aaO S 303; vgl. auch § 2232 R d n r 9). Der Grund der Sprechverhinderung — Stummheit oder sonstige Verhinderung — 23 ist ohne Bedeutung. Ein Erblasser ist stumm, wenn er sich infolge eines natürlichen Fehlers durch die Sprache in keiner Weise verständlich machen kann. Jede sonstige Verhinderung am Sprechen — auf Grund von Erkrankungen der Sprachorgane, Schlaganfall, ärztlichen Verboten etc — ist der Stummheit im Rahmen von § 2233 I I I gleichgestellt (vgl Planck-Strecker § 2243 Anm 2; HG'KK-Kregel § 2233 Anm 7; Soergel-Ehard-Eder § 2233 Rdnr 3). b) Beurteilung der Sprechverhinderung: Hierfür ist alternativ die Angabe des Erb- 24 lassers und die positive Überzeugung des Notars maßgebend; bloße Zweifel genügen nicht. Die Testiermöglichkeit des Erblassers wird iSv § 2233 I I I beschränkt, wenn entweder der Testator selbst zu erkennen gibt, daß er nicht hinreichend zu sprechen vermag, oder wenn der Notar zu dieser Überzeugung gelangt. Äußert der Erblasser, er könne nicht sprechen, so hat der Notar dies zu akzeptieren, auch wenn er Grund hat, es zu bezweifeln. Durch § 57 I I I Nr 7 BeurkG ist nunmehr klargestellt, daß entweder die Erklärung des Erblassers oder die Überzeugung des Notars genügt; die zu §§ 2243 I 1 a F entwickelte Ansicht, ein öffentliches Testament sei nicht formgültig errichtet, wenn der Notar den Erblasser trotz dessen gegenteiliger Äußerung für sprechfähig hält (vgl Staudinger-Firsching § 2243 Rdnr 3) ist damit hinfällig. Behauptet der Testator (wie auch immer), sprechen zu können, überzeugt sich der Notar aber anhand der unter a) entwickelten Grundsätze vom Gegenteil, so ist § 2233 I I I auch gegen den Willen des Erblassers anzuwenden. 3. Pflichten des Notars Der Notar hat bei der Beurkundung die §§ 22 und 31 BeurkG zu beachten. 25 Nach § 22 soll ein Zeuge oder ein zweiter Notar zur Beurkundung zugezogen werden, wenn ein Beteiligter nach eigener Angabe oder nach der Überzeugung des Notars nicht hinreichend zu sprechen vermag, es sei denn, daß alle Beteiligten darauf verzichten. Die Tatsachen (über Sprechunfähigkeit und Zeugenzuziehung bzw Verzicht hierauf) sollen in der Niederschrift festgestellt werden. Zeugen oder zweiter Notar sollen das Protokoll unterschreiben. Nach § 31 BeurkG muß der Erblasser die Erklärung, daß die übergebene Schrift seinen letzten Willen enthalte, bei der Verhandlung eigenhändig in die Niederschrift oder auf ein besonderes Blatt, das dem Protokoll beigefügt werden soll, schreiben (S 1). Das eigenhändige Niederschreiben soll im Protokoll festgestellt werden (S 2). Die 143
§§ 2233—2235 26—29
A. Errichtung und Aufhebung eines Testaments
Niederschrift braucht von dem sprachunfähigen Erblasser nicht besonders genehmigt zu werden. Bei Taubstummen ist § 23 BeurkG zu beachten. 4. Formverstoß 2 6 a) § 2233 HI ist eine Muß-Vorschrift. Ein unter Verstoß gegen § 2233 I I I errichtetes Testament eines Erblassers, der nach eigener Angabe oder nach Überzeugung des Notars nicht hinreichend zu sprechen vermag, ist nichtig (§ 125). Voraussetzungen der Nichtigkeit sind, daß der Erblasser tatsächlich nicht sprechen konnte und er dies erklärt oder der Notar zu einer entsprechenden positiven Überzeugung gelangt war. Ein Irrtum des Notars über die Sprechunfähigkeit des Erblassers ist unschädlich. Vgl im übrigen oben I I I 4. 27 b) § 22 BeurkG ist eine Soll-Vorschrift. Wird sie nicht eingehalten, so wird das Testament dadurch nicht unwirksam. § 31 S 1 BeurkG fordert zwingend, daß der Testator schriftlich erklärt, die übergebene Schrift enthalte seinen letzten Willen; ein Formverstoß führt hier zur Unwirksamkeit der Beurkundung und zur Nichtigkeit des Testaments (§ 125). Ein Verstoß gegen die Soll-Vorschrift des § 31 S 2 Beurk G (Feststellen des eigenhändigen Niederschreibens der vorgenannten Erklärung) ist unschädlich. 5. Sonstiges 28 a) Geltungserstreckung: § 2233 I I I gilt auch für das Bürgermeistertestament (§ 2249 I 4), jedoch nicht (mangels Verweisung) für das Dreizeugentestament. 2 9 b) Lese- bzw schreibunfähiger Stummer: Daß eine Person, die nicht hinreichend zu sprechen vermag, die Möglichkeit hat zu testieren, setzt voraus, daß sie sowohl lesen wie auch schreiben kann; denn auch für das öffentliche Testament durch Übergabe einer Schrift genügt nicht die Schreibfähigkeit allein, da diese Testamentsform auch die Lesefähigkeit voraussetzt (§ 2233 I I ) . I m übrigen setzt aber auch das „eigenhändige Niederschreiben" gern § 31 S 1 BeurkG die Fähigkeit voraus, das Geschriebene selbst lesen, also seinen Sinn erfassen zu können (RGZ 76, 94; vgl im einzelnen Anm zu §31 BeurkG). § 2234 a F Als Richter, Notar, Urkundsbeamter der Geschäftsstelle oder Zeuge kann bei der Errichtung des Testaments nicht mitwirken: 1. der Ehegatte des Erblassers, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht; 2. wer mit dem Erblasser in gerader Linie oder im zweiten Grade der Seitenlinie verwandt oder verschwägert ist. Anmerkung: § 2234 a F ist durch § 57 I I I Nr 8 BeurkG ab 1. 1. 1970 aufgehoben. Die Vorschrift wurde sachlich durch § 3 I Nr 2, 3, § 6 I Nr 2, 3 BeurkG ersetzt. § 2235 a F (1) Als Richter, Notar, Urkundsbeamter der Geschäftsstelle oder Zeuge kann bei der Errichtung des Testaments nicht mitwirken, wer in dem Testament bedacht oder zum Testamentsvollstrecker ernannt wird oder wer zu einem Bedachten oder Ernannten in einem Verhältnis der im § 2234 bezeichneten Art steht. (2) Die Mitwirkung einer hiernach ausgeschlossenen Person hat zur Folge, daß die Zuwendung an den Bedachten oder die Ernennung zum Testamentsvollstrecker nichtig ist. Anmerkung: § 2235 a F ist durch § 57 I I I Nr 8 BeurkG ab 1. 1. 1970 aufgehoben. Die Vorschrift wurde sachlich durch die §§ 7, 27 BeurkG ersetzt.
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IV. Testamente sprechbehinderter Personen (§ 2233 III)
§§ 2236—2240 a F . 29
§ 2236 aF Als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle oder zweiter Notar oder Zeuge soll bei der Errichtung des Testaments nicht mitwirken, wer zu dem Richter oder dem beurkundenden Notar in einem Verhältnis der im § 2234 bezeichneten Art steht. Anmerkung: § 2236 a F ist durch § 57 I I I Nr 8 BeurkG ab 1. 1. 1970 aufgehoben. Die Vorschrift wurde sachlich durch die §§ 26, 27 BeurkG ersetzt. § 2237 aF Als Zeuge soll bei der Errichtung des Testaments nicht mitwirken: 1. ein Minderjähriger; 2. wer der bürgerlichen Ehrenrechte für verlustig erklärt ist, während der Zeit, für welche die Ehrenrechte aberkannt sind; 3. wer nach den gesetzlichen Vorschriften wegen einer strafgerichtlichen Verurteilung unfähig ist, als Zeuge eidlich vernommen zu werden', 4. wer geisteskrank, geistesschwach, taub, blind oder stumm ist oder nicht schreiben kann; 5. wer die deutsche Sprache nicht versteht; dies gilt nicht im Falle des § 2245; 6. wer als Hausangestellter oder Gehilfe im Dienste des Richters oder des beurkundenden Notars steht. Anmerkung: § 2237 a F . ist durch § 57 I I I Nr. 8 BeurkG ab 1. 1. 1970 aufgehoben. Die Vorschrift wurde sachlich durch § 26 BeurkG ersetzt. § 2238 aF (1) Das Testament wird in der Weise errichtet, daß der Erblasser dem Richter oder dem Notar seinen letzten Willen mündlich erklärt oder eine Schrift mit der mündlichen Erklärung übergibt, daß die Schrift seinen letzten Willen enthalte. (2) Der Erblasser kann die Schrift offen oder verschlossen übergeben. Die Schrift kann von dem Erblasser oder von einer anderen Person geschrieben sein. Der Richter oder der Notar soll von dem Inhalt der offen übergebenen Schrift Kenntnis nehmen. (3) Wer minderjährig ist, kann das Testament nur durch mündliche Erklärung oder durch Übergabe einer offenen Schrift errichten. (4) Ist der Erblasser nach der Überzeugung des Richters oder des Notars nicht imstande, Geschriebenes zu lesen, so kann er das Testament nur durch mündliche Erklärung errichten. Anmerkung: § 2238 a F ist durch § 57 I I I Nr 8 BeurkG ab 1. 1. 1970 aufgehoben. Die Vorschrift wurde sachlich ersetzt durch die §§ 2232, 2233 n F . §§ 2239 aF Die bei der Errichtung des Testaments mitwirkenden Personen müssen, soweit sich aus § 2242 Abs 2, 3 nichts anderes ergibt, wahrend der ganzen Verhandlung zugegen sein. Anmerkung: § 2238 a F ist durch § 57 I I I N r 8 BeurkG a b 1. 1. 1970 aufgehoben. Die Vorschrift wurde sachlich ersetzt durch die §§ 13 I, 22, 24 I BeurkG. § 2240 aF Über die Errichtung genommen werden.
des Testaments muß eine Niederschrift
10 IMtlmitim- keimaim-Rendel, Testament
in deutscher Sprache
auf145
§§ 2241—2242 aF 29
A. Errichtung und Aufhebung eines Testaments
Anmerkung: § 2240 a F ist durch § 57 I I I Nr 8 BeurkG ab 1. 1. 1970 aufgehoben. Die Vorschrift wurde sachlich durch die §§ 5 I, 8 BeurkG ersetzt. § 2241 aF (1) Die Niederschrift muß enthalten: 1. den Tag der Verhandlung; 2. die Bezeichnung des Erblassers und der mitwirkenden Personen; 3. die nach § 2238 erforderlichen Erklärungen des Erblassers und im Falle der Übergabe einer Schrift die Feststellung der Übergabe. (2) Die Niederschrift soll ferner den Ort der Verhandlung enthalten. (3) Das Fehlen einer Angabe über den Tag der Verhandlung steht der Gültigkeit des Testaments nicht entgegen, wenn diese Angabe aus dem vom Richter oder Notar nach § 2246 auf den Testamentsumschlag gesetzten Vermerk hervorgeht. (4) Das Testament ist nicht schon deshalb ungültig, weil die Angabe über den Tag der Verhandlung unrichtig ist. Anmerkung: § 2241 a F ist durch § 57 I I I Nr 8 BeurkG ab 1.1. 1970 aufgehoben. Die Vorschrift wurde sachlich durch die §§ 9, 30 BeurkG ersetzt. § 2241a aF (1) Kennt der Richter oder der Notar den Erblasser, so soll er dies in der Niederschrift feststellen. Kennt er ihn nicht, so soll er angeben, wie er sich Geiuißheit über seine Person verschafft hat. (2) Kann sich der Richter oder der Notar über die Person des Erblassers keine volle Gewißheit verschaffen, wird aber gleichwohl die Aufnahme der Verhandlung verlangt, so soll er dies in der Niederschrift unter Anführung des Sachverhalts und der zur Feststellung der Person beigebrachten Unterlagen angeben. (3) Der Richter oder der Notar soll sich davon überzeugen, daß der Erblasser testierfähig ist (§ 2229). Er soll seine Wahrnehmungen über die Testierfähigkeit %n der Niederschrift angeben. Anmerkung : § 2241 a F ist durch § 57 I I I Nr 8 BeurkG ab 1. 1. 1970 aufgehoben. Die Vorschrift wird sachlich durch die §§ 10, 11, 28 BeurkG ersetzt. § 2241b aF (1) Der Richter oder der Notar soll den Erblasser auf Bedenken gegen den Inhalt seiner mündlichen Erklärung oder der offen übergebenen Schrift hinweisen. (2) Bestehen Zweifel an der Gültigkeit des beabsichtigten Testaments, so sollen die Zweifel dem Erblasser mitgeteilt und der Inhalt der Mitteilung und die hierauf vom Erblasser abgegebenen Erklärungen in der Niederschrift festgestellt werden. Anmerkung: § 2241b a F ist durch § 57 I I I Nr 8 BeurkG ab 1. 1. 1970 aufgehoben. Die Vorschrift wird sachlich durch die §§ 17, 30 BeurkG ersetzt. § 2242 aF (3) Die Niederschrift muß vorgelesen, vom Erblasser genehmigt und von ihm eigenhändig unterschrieben werden. In der Niederschrift soll festgestellt werden, daß dies geschehen 146
§ 2243,§ 2244 aF 29
IV. Testamente sprechbehinderter Personen (§ 2233 III)
ist. Hat der Erblasser die Niederschrift eigenhändig unterschrieben, so wird vermutet, daß sie vorgelesen und von ihm genehmigt ist. Die Niederschrift soll dem Erblasser auf Verlangen auch zur Durchsicht vorgelegt werden. (2) Ist der Erblasser taub, so soll ihm die Niederschrift zur Durchsicht vorgelegt werden, auch wenn er dies nicht verlangt; in der Niederschrift soll festgestellt werden, daß dies geschehen ist. Kann der taube Erblasser Geschriebenes nicht lesen, so soll bei dem Vorlesen eine Vertrauensperson zugezogen werden, die sich mit ihm zu verständigen vermag; in der Niederschrift soll die Zuziehung festgestellt werden. (3) Kann der Erblasser nach der Überzeugung des Richters oder des Notars nicht schreiben, so wird die Unterschrift des Erblassers durch die Feststellung dieser Überzeugung in der Niederschrift ersetzt. In einem solchen Falle muß der Richter oder der Notar bei dem Vorlesen und der Genehmigung einen Zeugen zuziehen; der Zuziehung des Zeugen bedarf es nicht, wenn der Richter oder der Notar gemäß § 2233 oder nach einer anderen gesetzlichen Vorschrift einen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder einen zweiten Notar oder zwei Zeugen zuzieht. (4) Die Niederschrift muß von den mitwirkenden Personen unterschrieben
werden.
Anmerkung: § 2242 a F ist durch § 57 I I I Nr 8 BeurkG ab 1. 1. 1970 aufgehoben. § 2242 I a F wird sachlich durch § 13 I BeurkG ersetzt, § 2242 I I a F durch die §§ 23, 24 BeurkG, § 2242 I I I a F durch § 25 BeurkG, § 2242 IV a F durch die §§ 13 I I I , 22 I I , 2 4 1 3, 29, 35 BeurkG. § 2243 aF (1) Wer nach der Überzeugung des Richters oder des Notars stumm oder sonst am Sprechen verhindert ist, kann das Testament nur durch Übergabe einer Schrift errichten. Er muß die Erklärung, daß die Schrift seinen letzten Willen enthalte, bei der Verhandlung eigenhändig in die Niederschrift oder auf ein besonderes Blatt schreiben, das der Niederschrift als Anlage beigefügt werden muß. (2) Das eigenhändige Niederschreiben der Erklärung sowie die Überzeugung des Richters oder des Notars, daß der Erblasser am Sprechen verhindert ist, sollen in der Niederschrift festgestellt werden. Die Niederschrift braucht von dem Erblasser nicht besonders genehmigt zu werden. Anmerkung : § 2243 a F ist durch § 57 I I I Nr 8 BeurkG ab 1. 1. 1970 aufgehoben. Die Vorschrift wird sachlich durch § 2233 I I I n F und durch § 31 BeurkG ersetzt. § 2244 aF (1) Ist der Erblasser nach der Überzeugung des Richters oder des Notars der deutschen Sprache nicht mächtig, so muß bei der Errichtung des Testaments ein beeidigter Dolmetscher zugezogen werden. Auf den Dolmetscher sind die nach §§ 2234 bis 2237 für einen Zeugen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden. (2) Die Niederschrift muß in die Sprache, in der sich der Erblasser erklärt, übersetzt werden. Die Übersetzung muß von dem Dolmetscher angefertigt oder beglaubigt und vorgelesen werden-, die Übersetzung muß der Niederschrift als Anlage beigefügt werden. (3) In der Niederschrift soll die Überzeugung des Richters oder des Notars, daß der Erblasser der deutschen Sprache nicht mächtig ist, festgestellt werden. Die Niederschrift muß den Namen des Dolmetschers und die Feststellung enthalten, daß der Dolmetscher die Übersetzung angefertigt oder beglaubigt und sie vorgelesen hat. Der Dolmetscher muß die Niederschrift unterschreiben. 10'
147
§§ 2245 aF—2247 29
A. Errichtung und Aufhebung eines Testaments
Anmerkung: § 2244 a F ist durch § 57 I I I N r 8 BeurkG ab 1. 1. 1970 aufgehoben. Die Vorschrift wird sachlich durch § 16 BeurkG ersetzt. § 2245 aF (1) Sind sämtliche mitwirkenden Personen nach der Überzeugung des Richters oder des Notars der Sprache, in der sich der Erblasser erklärt, mächtig, so ist die Zuziehung eines Dolmetschers nicht erforderlich. (2) Unterbleibt die Zuziehung eines Dolmetschers, so muß die Niederschrift in der fremden Sprache aufgenommen werden und die Überzeugung des Richters oder des Notars feststellen, daß die mitwirkenden Personen der fremden Sprache mächtig seien. In der Niederschrift soll die Überzeugung des Richters oder des Notars, daß der Erblasser der deutschen Sprache nicht mächtig sei, festgestellt werden. Eine deutsche Übersetzung der Niederschrift soll als Anlage beigefügt werden. Anmerkung: § 2245 a F ist durch § 57 I I I Nr 8 BeurkG ab 1. 1. 1970 aufgehoben. Die Vorschrift wurde sachlich durch § 5 I I BeurkG ersetzt. § 2246 aF (1) Der Richter oder der Notar soll die Niederschrift über die Errichtung des Testaments mit den Anlagen, insbesondere im Falle der Errichtung durch Übergabe einer Schrift mit dieser Schrift, in Gegenwart der übrigen mitwirkenden Personen und des Erblassers in einen Umschlag nehmen und diesen mit dem Amtssiegel verschließen. Der Richter oder der Notar soll das Testament auf dem Umschlag nach der Person des Erblassers sowie nach der Zeit der Errichtung näher bezeichnen und diese Aufschrift unterschreiben. (2) Der Richter oder der Notar soll veranlassen, daß das verschlossene Testament unverzüglich in besondere amtliche Verwahrung gebracht wird (§§ 2258a, 2258b). Dem Erblasser soll über das in Verwahrung genommene Testament ein Hinterlegungsschein erteilt werden. Anmerkung : § 2246 a F ist durch § 57 I I I Nr 8 BeurkG a b 1. 1. 1970 aufgehoben. Die Vorschrift wird sachlich durch § 34 I BeurkG ersetzt.
[§ 2247] [Das eigenhändige Testament] (1) Der Erblasser kann ein Testament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten. (2) Der Erblasser soll in der Erklärung angeben, zu welcher Zeit (Tag Monat, und Jahr) und zu welchem Ort er sie niedergeschrieben hat. (3) Die Unterschrift soll den Vornamen und den Familiennamen des Erblassers enthalten. Unterschreibt der Erblasser in anderer Weise und reicht diese Unterzeichnung zur Feststellung der Urheberschaft des Erblassers und der Ernstlichkeit seiner Erklärung aus, so steht eine solche Unterzeichnung der Gültigkeit des Testaments nicht entgegen. (4) Wer minderjährig ist oder Geschriebenes nicht zu lesen vermag, kann ein Testament nicht nach obigen Vorschriften errichten. (5) Enthält ein nach Absatz 1 errichtetes Testament keine Angabe über die Zeit der Errichtung und ergeben sich hieraus Zweifel Uber seine Gültigkeit, so ist das Testament nur dann als gültig anzusehen, wenn sich die notwendigen Feststellungen über die Zeit 148
§ 2247 I . Allgemeines
1, 2
der Errichtung anderweit treffen lassen. Dasselbe gilt entsprechend für ein Testament, das keine Angabe über den Ort der Errichtung enthält. Literatur: v Hippel Formalismus und Rechtsdogmatik, Hamburg 1935; Lange ZAkDR 1938, 577; ders, AcP 143, 99; Vogels Das eigenhändige Testament nach dem Gesetz vom 31. 7. 1938, J W 1938, 2162; Haegele Das eigenhändige Testament in Rechtsprechung, Schrifttum und Praxis, JurBüro 1968, 343; Werner Zur Eigenhändigkeit letztwilliger Verfügungen, DNotZ 1972, 6 ff. Übersicht: I. Allgemeines (1) 1. Konkordanz (1) 2. Öffentliches oder eigenhändiges Testament? (3) II. Eigenhändigkeit (4) 1. Allgemeines (4) 2. Schreibfähigkeit (6) a) Unterstützung durch Dritte (7) b) Verbot mechanischer Schrift (8) c) Eigenhändigkeit bei Blindentestament (9) 3. Eigenhändigkeit des ganzen Testaments (10) a) Zusätze, Einschaltungen (11) b) Streichungen, Rasuren (12) c) Redaktionelle Änderungen, Bezugnahme auf Anlagen (13) d) Unlesbarkeit des Testaments (16) III. Material und äußere Form der Niederschrift (18) 1. Allgemeines (18) 2. Brieftestament (19) 3. Testament per Blaupause (22)
I V . Die Unterschrift (23) 1. Die Identität (24) 2. Unterschrift als Abschluß der Erklärung (27) a) Allgemeines (27) b) Unterschrift auf Briefumschlag (29) c) Selbstbenennung des Erblassers (30) d) Testament auf mehreren Blättern (32) e) Verweisung auf Anlagen (33) f) Nachträge, Einschaltungen (36) V. Subjektive Voraussetzungen (40) 1. Testierfähigkeit (40) 2. Testierwille (42) 3. Maßgebender Zeitpunkt (45) VI. Orts- und Zeitangabe, Beweisfragen (47) V I I . Nichtigkeit, Teilnichtigkeit (52) V I I I . Anerkennung formungültiger Testamente (54)
I. Allgemeines 1. Konkordanz Das B G B läßt keine formlose Äußerung des letzten Willens durch den Erblasser zu. 1 Durch Formzwang soll der Erblasser von übereilten Entschlüssen geschützt werden. Gleichzeitig wird erreicht, daß der letzte Wille ohne Einwirkungen Dritter abgefaßt wird. Das B G B kennt zwei ordentliche Testamentsformen (§ 2231: das Testament zu Niederschrift eines Notars — das öffentliche Testament — und das eigenhändige Testament. § 2247 bestimmt die Voraussetzungen für die Gültigkeit des privatschriftlichen Testamentes. Die Bestimmung beruht im wesentlichen auf § 21 TestG (durch § 57 I I I Nr 9 des BeurkG vom 1.1. 1970 — BGBl 11513 —) wurde eine bloß redaktionelle Streichung—• Wegfall der Worte „in ordentlicher Form" in Abs I — eingeführt). § 21 TestG erleichterte die bis dahin geltenden strengen Formvoraussetzungen für die Gültigkeit eines eigenhändigen Testamentes erheblich. Früher zwingende Vorschriften (Ort- und Zeitangabe) wurden zu Soll-Vorschriften. Das vor dem TestG geltende Recht kommt praktisch heute nicht mehr zur 2 Anwendung. Die Übergangsregelung des § 51 TestG stellte für die Beurteilung eines Testamentes auf den Zeitpunkt des Erbfalles ab. Ereignete sich der Erbfall vor dem 4. 8. 1938, so war ausschließlich altes Recht (§§ 2231 S 2, 2247 aF) anzuwenden. Wurde jedoch ein Testament zwar noch vor dem Inkrafttreten des TestG (4. 8. 1938) errichtet, trat der 149
§ 2247 3—6
A. Errichtung und Aufhebung eines Testaments
Erbfall aber nach diesem Zeitpunkt ein, so waren für die Beurteilung des Testamentes bereits die Formerleichterungen des TestG anzuweden. 2. Öffentliches oder eigenhändiges Testament ? 3 Die Vor- und Nachteile eines eigenhändigen Testamentes liegen auf der Hand. Auf der einen Seite ist zu berücksichtigen, daß das eigenhändige Testament dem Testator keine Kosten verursacht, ihn nicht zwingt, einen Dritten mit seinen Problemen zu vertrauen, und im übrigen wegen der relativ geringen FormVorschriften jederzeit und jederorts schnell errichtet und auch widerrufen werden kann. Andererseits birgt das eigenhändige Testament auch vielfältige Gefahren in sich, da abgesehen von eventuellen unheilbaren Formmängeln und der oft unklärbaren Frage ob die Niederschrift bereits als Testament oder bloß als Entwurf erfolgt ist (vgl Anm V, 2), häufig von rechtsunkundigen Laien Rechtsbegriffe falsch verwendet werden (bspw Verkennung der Begriffe: Nacherbe — Vorerbe — Schlußerbe) und so der letzte Wille verfälscht wiedergegeben wird. Auch die Gefahr der Beeinflussung durch Dritte kann beim eigenhändigen Testament erheblich sein. I m übrigen ist wegen der für das eigenhändige Testament nicht vorgeschrieben, zwar möglichen, aber nur wenig verlangten besonderen amtlichen Verwahrung die Unterdrückungs- und Verlustgefahr nicht unbeachtlich (vgl allgemein und ausführlich Staudinger-Firsching § 2247 R d n r 5 vgl auch § 2231 Anm II, 3). IL Eigenhändigkeit 1. Allgemeines 4 Der gesamte Testamentswortlaut (wenn nur ein Teil, vgl Anm I I 3) muß eigenhändig vom Testator angefertigt sein, und zwar in der Regel immittelbar handschriftlich. Ausnahmen gelten bei Versehrten, die mit dem Mund, dem Fuß oder einer Hand-Arm-Prothese schreiben. 5 Mit dem Erfordernis der Eigenhändigkeit verfolgt der Gesetzgeber den Zweck, den wirklichen Willen des Erblassers zur Geltung kommen zu lassen, indem die Selbständigkeit des Willens durch die Eigenhändigkeit nach Möglichkeit verbürgt wird und so die Echtheit seiner Erklärungen soweit wie möglich sichergestellt wird (BGHZ 47, 70). Wegen der Gefahr der Verfälschung oder Verwechslung der Testamentsurkunde muß der Begriff der Eigenhändigkeit eng ausgelegt werden. Sonach kann es f ü r „Eigenhändigkeit" nicht genügen, daß das Testament vom Erblasser persönlich abgefaßt wird. Vielmehr muß es in der ihm eigenen Handschrift geschrieben und so in einer Art und Weise errichtet worden sein, welche die Nachprüfung der Echtheit des Testamentes auf Grund der individuellen Schriftzüge des Erwachsenen erlaubt. Aus diesem Grund kann unter Abmalen oder Durchpausen eines von Dritten vorgeschriebenen Schriftstückes keine Eigenhändigkeit gesehen werden (Lange § 18 I I I 1; Staudinger-Firsching § 2247 Rdnr 14 Palandt-Keidel § 2247 Anm 2a, a a ; Kipp-Coing § 26 I I 1; OLG München J W 1937, 44). Hingegen liegt Eigenhändigkeit vor, wenn sich der Erblasser zwar den Text vorformulieren läßt, die Buchstaben aber selbst gestaltet (Werner DNotZ 1972, 9). 2. Schreibfähigkeit 6 Voraussetzung für „Eigenhändigkeit" des Testamentes ist, daß der Testator selbst schreiben kann, daß er die Sprache und Schriftzeichen, die bei der Abfassimg des Testamentes verwendet werden, kennt. Eine bestimmte Sprache ist nicht vorgeschrieben. Der Testator kann sich jeder lebenden oder toten Sprache bedienen. Ebenso steht die Wahl der Schriftzeichen dem Testator frei. E r kann auch in Kurzschrift das Testament niederschreiben. Auch wenn in Druckbuchstaben geschrieben (besser „gemalt") wird, ist noch die für die Eigenhändigkeit 150
§ 2247 II. Eigenhändigkeit
7—11
erforderliche Individualisierung möglich u n d mithin Eigenhändigkeit zu bejahen (anders hingegen wohl bei Benützung von Buchstabenschablonen). Voraussetzung ist jedoch, d a ß der Testator seine niedergeschriebene Erklärung selbst lesen kann. Ist dies zweifelhaft u n d läßt sich auch durch Beweiserhebung keine Klarheit in einem anderen Sinn ermitteln, so ist von der Lesefähigkeit des Testators auszugehen (AG Neustadt J Z 1962, 417 n Anm Habscheid, OLG Neustadt F a m R Z 1961, 541 = DNotZ 62, 198). a) Unterstützung durch Dritte Die H a n d des Testators k a n n von Dritten gestützt werden. Die Unterstützung darf 7 jedoch nicht zur bestimmenden und maßgebenden Führimg der H a n d des Schreibenden werden. Nach B G H LM N r 1 zu § 16 TestG ist die Eigenhändigkeit noch gegeben, solange der Unterschreibende den Willen hat, seine Unterschrift zu leisten, u n d diesen Willen in der Weise betätigt, daß die Leistung der Unterschrift von seinem Willen abhängig bleibt. F o r m t jedoch bereits der Dritte die Schriftzüge, so ist das Testament mangels Eigenhändigkeit ungültig (Staudinger-Firsching § 2247 R d n r 15; BGHZ 27, 274 = MDR 58, 837 mit Anm Keidel; vgl auch BayObLG DNotZ 1952, 78). b) Verbot mechanischer Schrift Mechanische Herstellung eines Testamentes erfüllt nicht den Begriff der Eigenhän- 8 digkeit. Sonach scheiden Druck, Schreibmaschine oder Telegramm als Schreibmittel aus. Die Unzulässigkeit folgt aus der unmöglichen oder doch nur schwer möglichen Erkenntbarkeit der individuellen Schriftzüge des Erblassers. Wegen Blaupause u n d Durchschrift vgl Anm I I I 3. c) Eigenhändigkeit bei Blindentestament Ein Blinder, der sich der Blindenschrift (oder Blindenkurzschrift) bedient, k a n n 9 ein eigenhändiges Testament nicht errichten. Das Schreiben mit der Blindenschreibmaschine — also mechanische Schrift — erfüllt ohnehin nicht die Voraussetzungen der Eigenhändigkeit. Die handgestochene Blindenschrift k a n n ebenfalls nicht genügen. Dies folgt aus dem Zweck des Erfordernisses der Eigenhändigkeit. Das Typisch-Individuelle eines sehenden Erwachsenen läßt sich aus der Blindenschrift nicht mit der Sicherheit, wie bei Handgeschriebenem von Sehenden erkennen, wenngleich auch hier Unterschiede zwischen den „Handschriften" bestehen dürften (Unterschiede zwischen den einzelnen „Handschriften" können auch bei mechanisch-maschinengeschriebenen Schriftstücken festgestellt werden). Regelmäßig ist jedoch die Nachprüfimg der Echtheit des Testamentes auf Grund individueller Züge der Handschrift bei einer Blindenschrift nicht möglich. Sonach schließen Sinn und Zweck des Erfordernisses der Eigenhändigkeit der handgestochenen Blindenschrift aus. Der Blinde k a n n daher ein ordentliches Testament nur in der F o r m des § 2233 I I errichten (Die Möglichkeit des eigenhändigen Testaments bejahen: Palandt-Keidel § 2247 A n m 2 a a ; Staudinger-Firsching § 2247 R d n r 36; Planck-Strecker § 2231 A n m I 2 d ; wie hier ablehnend: Brox S 153; Erman-Hense § 2247 Anm 2 a ; OLG Koblenz N J W 1958, 2247; Schulze DNotZ 1955, 629). 3. Eigenhändigkeit des ganzen Testaments Es m u ß die gesamte Erklärung vom Testator geschrieben sein.
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a) Zusätze, Einschaltungen Bei Zusätzen oder Einschaltungen in mechanischer Schrift durch Dritte ohne Wis- 11 sen des Testators r ü h r t die Erklärung insoweit nicht vom Testator u n d ist daher nichtig (Palandt-Keidel, § 2247 A n m 2 a, aa). Stammen Zusätze oder Einschaltungen in mechanischer 151
§ 2247 12—18
A. Errichtung und Aufhebung eines Testaments
Schrift vom Erblasser selbst, so liegt ein Verstoß gegen die zwingende Eigenhändigkeit der E r k l ä r u n g vor. Diese Erklärung ist daher nichtig. Die Wirksamkeit des ganzen Testamentes ist nach § 2085 zu beurteilen: Der ungültige Teil zerstört also in der Regel nicht das ganze Testament, es sei denn, der gültige Rest kann f ü r sich allein nicht bestehen oder das Testament sollte von der Wirksamkeit des ungültigen Teiles abhängen (vgl BayObLG 1960, 499). b) Streichungen, Rasuren 12 Streichungen oder Rasuren mit Abänderungswillen durch den Erblasser gelten als teilweiser Widerruf (§ 2255, vgl dort). Unbeachtlich ist daher, ob die Streichung oder Rasur zeitlich nach der Errichtung des Testamentes oder gleichzeitig mit der Errichtung erfolgen. Durch solche Abänderungen k a n n jedoch der Beweiswert eines Testamentes beeinträchtigt werden (§ 419 ZPO). c) Redaktionelle Änderungen, Bezugnahme auf Anlagen 13 Redaktionelle Änderungen (Korrekturen von Schreibfehlern u n d offensichtlichen Unrichtigkeiten) sind jederzeit zulässig. 14 Bei inhaltlichen Abänderungen (Einschaltungen oder Ergänzungen) stellt sich die Frage, ob eine erneute Unterschrift erforderlich ist (vgl hierzu nachfolgend Anm IV 2f.). 15 Bezugnahme auf Urkunden, die nicht der Testamentsform genügen, sind nichtig (vgl Kipp-Coing § 26 I I 1; LG Düsseldorf Rechtspfleger 1966, 51; vgl auch Anm IV 2e). Auch hier entscheidet sich die Wirksamkeit nach § 2085 BGB. d) Unlesbarkeit des Testaments 16 Sind Teile des Testaments unlesbar, so ist zu unterscheiden, ob die Unlesbarkeit auf der schon bei Errichtung vorliegenden Unleserlichkeit der Schrift des Testators oder auf einer erst nach Testamentserrichtung eingetretenen teilweisen Zerstörung oder Beschädigung der Niederschrift beruht. Ist die Schrift des Testators von vorneherein schwer lesbar, so ändert das an der formgültigen u n d daher wirksamen Testamentserrichtimg nichts (KG J W 1938, 1601; Staudinger-Firsching § 2247 R d n r 38). K a n n selbst durch Schriftsachverständige nur teilweise der Wortlaut der Niederschrift entziffert werden, so beurteilt sich die Frage, ob dieser entzifferte Teil als Testament aufrechterhalten werden kann, nach §2085, wobei entscheidend sein wird, ob derGesamtwille des Testators erkennbar ist u n d dieser Gesamtwille auch ohne den unentzifferbaren Teil Bestand haben k a n n (BGH LM N r 1 zu § 2085). I m übrigen ist ein schon bei Errichtung vollkommen unlesbares Testament als nichtig anzusehen, da das in der Niederschrift Verkörperte nicht als „ E r k l ä r u n g " bezeichnet werden kann. Denn der Begriff Erklärung setzt notwendigerweise voraus, daß ihr objektiver Inhalt von einem Dritten ermittelt werden kann. 17 Die erst nach Errichtung des Testaments eingetretene teilweise Unlesbarkeit (durch Verwischen der Tinte, Beschädigung oder Zerstörung des Stoffes, auf dem das Testament niedergeschrieben wurde) berührt die Formgültigkeit des Testamentes nicht (Staudinger-Firsching § 2247 R d n r 38). I m übrigen ist f ü r die Frage der Aufrechterhaltung der lesbaren Erklärung als Testament auch hier § 2085 heranzuziehen (s o).
III. Material und äußere Form der Niederschrift 1. Allgemeines 18 Das Material (Papier, Holz, Tafel), auf dem die Niederschrift erfolgt, sowie das Schreibzeug (Tinte, Kugelschreiber, Kreide, Kohle) stehen im Belieben des Testators. 152
§ 2247 III. Material und äußere Form der Niederschrift
19—22
Der Gesetzgeber h a t hier keine Bestimmungen getroffen. So k a n n auf Bierdeckeln, mit Kohle an die Wand, Kreide oder Griffel auf Schiefertafel wirksam letztwillig verfügt werden. Maßgebend ist lediglich, daß das verwendete Schreibgerät und das Material des Schriftträgers sich zur Fixierung der Schriftzüge des Testators eignen (BGHZ 47, 72). Zu beachten ist hier jedoch wiederum die Abgrenzung zwischen bloßem Entwurf und Testament. Die Wahl des Schreibmaterials u n d des Schreibzeuges k a n n darauf schließen lassen, daß der Testator eine ernstliche Verfügung noch gar nicht treffen wollte ( K i p p Coing § 26 I I 1; Soergel-Ehard-Eder § 2247 Anm 2; RGRK-Kregel § 2247 Anm 9). Das Testament k a n n auch auf mehreren inhaltlich erkennbar zusammengehörenden Blättern niedergeschrieben werden, wobei eine Unterschrift genügt (Staudinger-Firsching § 2247 B d n r 34). Die Bezeichnung der letzt willigen Verfügung als „ T e s t a m e n t " ist nicht erforderlich. Falsche Bezeichnungen („Erbvertrag", „Schenkung") schaden nicht. 2. Brieftestament Eine letztwillige Verfügung k a n n auch in einem Brief oder auf Postkarten 19 enthalten sein (RGZ 87, 109; K G N J W 1959, 1441; BayObLG MDR 1963, 503; OLG S t u t t g a r t RPfleger 1964, 148; Staudinger-Firsching § 2247 R d n r 12; Soergel-Ehard-Eder § 2247 Anm 5; Palandt-Keidel § 2247 Anm 2 c bb). Die Formerfordernisse (Eigenhändigkeit u n d Unterschrift) sind regelmäßig erfüllt. Unbeachtlich ist, ob der Brief a n den Zuwendungsempfänger selbst gerichtet ist oder nicht (RG D J Z 1927, Sp 167), ob der Brief sich in der letztwilligen Verfügung erschöpft oder sonstige private, erbrechtlich belanglose Mitteilungen enthält (Endemann D J Z 1916 Sp 36). Jedoch wird im Einzelfall häufig schwer abzugrenzen sein, ob bereits eine letztwillige Verfügung gewollt war oder ob im Brief lediglich die Mitteilung oder Ankündigung etwaiger Testierabsichten geäußert werden sollte. Der Erblasser m u ß bereits bei Abfassung des Briefes den Willen gehabt haben, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten, mindestens aber sich dessen bewußt gewesen sein, daß der Brief unter Umständen als Testament angesehen werden könne (KG D F G 1943, 43; BayObLG MDR 1963, 503; Staudinger Firsching § 2247 R d n r 9; Soergel-Ehard-Eder § 2247 Anm 5). Ob der Brief eine letztwillige Verfügimg oder lediglich eine Ankündigung oder 20 Mitteilung über die alsbaldige Errichtung einer letztwilligen Verfügung enthält, ist im Wege der Auslegung nach § 133 zu ermitteln. Über seinen Wortlaut hinaus ist § 133 nicht nur f ü r die Auslegung des Inhaltes einer Willenserklärung, sondern auch für die Frage, ob in der abgegebenen Erklärung eine Willenserklärung — hier eine letztwillige Verfügung — zu sehen ist, heranzuziehen (RG Recht 1927 Nr 350; K G N J W 1959, 1441; BayObLG M D R 1963, 503; Staudinger-Seybold § 2084 R d n r 2; Soergel-Ehard-Eder § 2084 Anm 2). Die Auslegung des Briefes nach den in § 2084 enthaltenen Regeln ist indes nicht 12 zulässig. Denn § 2084 bezieht sich nur auf die Auslegung letztwilliger Verfügungen, nicht aber auf die Vorfrage, ob ü b e r h a u p t eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung, eine letztwillige Verfügung, vorliegt (BayObLG MDR 1963, 503; Staudinger-Lehmann Vorb 20 vor § 1937; Staudinger-Seybold Vorb 9 vor § 2064; Palandt-Keidel § 2084 Anm 3d). Die Anwendung der Auslegungsregel des § 2084 könnte im übrigen dazu führen, daß dem Erblasser ein Wille unterstellt wird, den dieser tatsächlich nicht hatte. 3. Testament per Blaupause Der Form, insbesondere aber der Eigenhändigkeit, ist auch d a n n genügt, wenn 22 der Testator die Niederschrift eigenhändig unter Zuhilfenahme eines Kohle- oder Durchschreibepapieres errichtet (BGHZ 47, 68 = N J W 67, 1124 = J Z 67, 292 = LM N r 3 153
§ 2247 23—25
A. Errichtung und Aufhebung eines Testaments
zu § 2247 mit Anm Johannsen; BayObLGZ 1965, 258; Werner, DNotZ 1972, 6; aA RQHK-Kregel § 2247 Anm 8, K G N J W 1966, 664). Denn die mittels Kohlepapier hergestellte Durchschrift des eigenhändigen Testaments ist vom Erblasser eigenhändig geschrieben, die Schriftzüge sind ebenso selbst geformt wie bei dem Original. I m übrigen sind die Form, das Material u n d das Schreibmittel gleichgültig, wenn nur das Testament in der dem Erblasser eigenen Schrift geschrieben ist, die die Nachprüfung der Echtheit gestattet. F ü r die Frage der Eigenhändigkeit ist es unbeachtlich, ob das Kohlepapier nur das Schreibmaterial darstellt u n d somit die Durchschrift die einzige Urkunde darstellt oder ob der Erblasser mit Hilfe des Kohlepapiers nur vervielfältigt (Werner DNotZ 1972, 6ff.). Von der objektiven Tauglichkeit des gewählten Mittels abgesehen ist beim durchgepausten Testament aber zu prüfen, ob nicht lediglich eine Abschrift gefertigt werden sollte. E s ist zwar regelmäßig davon auszugehen, daß eine solche Durchschrift allgemein als Testamentsabschrift anzusehen ist. Der Testator k a n n jedoch bei Abfassimg des Testam e n t s den Willen gehabt haben, daß die Durchschriften nicht bloß Abschriften sein sollten, sondern selbst Urschriften. Nur wenn der Erblasser bei Errichtung dieses Testaments die Absicht gehabt hatte, daß auch die Durchschrift ein Original sein soll, k a n n die Kopie den Erfordernissen eines eigenhändigen Testaments entsprechen (vgl Johannsen LM Nr 3 zu § 2247; Werner DNotZ 1972, 15). I n jedem Falle k a n n aber die Durchschrift durch nachfolgende handschriftliche Zusätze zur Urschrift eines neuen eigenhändigen Testamentes gemacht werden, da Einheitlichkeit der Errichtungshandlung nicht vorgeschrieben ist (BayObLGZ 1965, 258; Staudinger-Firsehing § 2247 R d n r 19).
IV. Die Unterschrift 23 § 2247 I, I I I bestimmt als weitere unabdingbare Wirksamkeitsvoraussetzung f ü r das privatschriftliche Testament die eigenhändige Unterschrift, und zwar aus zwei Gründen: Schon dem reinen Wortsinn nach besagt „Unterschrift", daß damit eine Erklärung abgeschlossen werden soll. Zum anderen soll sich durch die eigenhändige Unterschrift die Identität zwischen der Person des Schreibenden und der im Schriftstück als Testator benannten Person nachweisen lassen. Die Unterschrift des Erblassers ist aber auch d a n n zwingend, wenn bereits ohne die Unterschrift die Urheberschaft des Erblassers aus dem geschriebenen Text ersichtlich ist (OLG Neustadt RPfleger 1962, 446). Während nach altem Recht unter eigenhändiger Unterschrift die Namensunterschrift (ausgeschriebener Nachname, lediglich ausgeschriebener Vorname genügt nicht, vgl Standinger-Firsehing R d n r 43) verstanden wurde, ist nach neuem Recht dieser strenge Formalismus (RG D R W 1942, 1340) beseitigt worden. 1. Die Identität 24 Dem Formerfordernis des § 2247 genügt jede Unterzeichnimg, die keinen Zweifel an der Urheberschaft — Identität •— des Erblassers zuläßt. Nicht genügen das bloße Handzeichen (Schnörkel, drei Kreuze, vgl auch § 126 I H S 2, der auf § 2247 nicht anwendbar ist, RGZ 134, 310), ebenso wie ein Faksimilestempel oder sonst mechanisch hergestellte „Unterschrift". Die Unterschrift soll zwar gern § 2247 I I I , 1 aus Vor- u n d Nachnamen bestehen. Nach § 2247 I I I , 2 genügt jedoch auch jede Unterschrift, aus welcher die Feststellung der Identität des Erblassers u n d Ernstlichkeit der Erklärung möglich ist. W e n n anders als mit Vor- u n d Zunamen unterschrieben wird, ist immer in besonderem Maße die Ernstlichkeit — Entwurf oder Testament? — zu prüfen. 25 Objektiv genügen dem Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift auch die Unterzeichnung mit Vornamen mit Verwandtschaftszusatz („Onkel Franz"), bloß der Vor154
§ 2247 IV. Die Unterschrift
26—29
n a m e oder die Verwandtschaftsbezeichnung („Euer Vater"), auch Kosenamen, Vornamen in abgekürzter F o r m (Fritz) oder Künstlernamen. Ungeklärt ist noch die Rechtslage, wenn lediglich mit den Anfangsbuchstaben des 26 Vor- und Zunamen unterzeichnet wird. Staudinger-Firsching § 2247 R d n r 52; R G R K § 2247 Anm 17; Vogels-Seybold TestG § 21 R d n r 8 und die amtl Begr zum TestG D J 1938, 1254 sind der Ansicht, daß die Unterzeichnung mit den Anfangsbuchstaben nicht genügen würde. Dem k a n n nicht zugestimmt werden. Mit Palandt-Keidel § 2247 Anm 2 c, a a ; Erman-Hense § 2247 A n m 2 b ; Soergel-Ehard-Eder § 2247 Anm 12; Brox § 15 I V 2 ist davon auszugehen, daß die Unterzeichnung mit den Anfangsbuchstaben durchweg objektiv dem Formerfordernis des § 2247 I I I entsprechen kann. Denn Wortsinn und Zweck von „unterschreib e n " schließen nicht schlechthin aus, daß auch mit Anfangsbuchstaben unterzeichnet werden kann. Anfangsbuchstaben können sonach objektiv eine „Unterschrift" sein. I m übrigen stellt § 2247 I I I primär nicht auf die F o r m der Unterschrift, sondern auf die Erkennbarkeit der Urheberschaft ab. Zu Recht sagt Brox (§ 15 I V 2), daß nicht einzusehen ist, warum die Unterzeichnung mit „ E u e r P a p a " genügen soll, die Anfangsbuchstaben indes nicht. Erforderlich beim Unterschreiben mit den Anfangsbuchstaben ist aber, daß die Art der Unterzeichnung keinen Zweifel an der Urheberschaft a u f k o m m e n läßt. Dies ist wohl immer dann der Fall, wenn sich der Erblasser üblicherweise oder doch häufig der Abkürzung bediente, u n d zwar als Unterschrift. Wesentlich schwieriger löst sich das d u r c h die Unterzeichnung mit Anfangsbuchstaben aufgeworfene Problem, ob die Emstlichkeit, der Testierwille, bei solchen Schriftstücken vorgelegen h a t (vgl hierzu A n m V). 2. Unterschrift als Abschluß der Erklärung a) Allgemeines Die Unterschrift schließt die letztwillige Verfügung ab und schützt so die vorgängi- 27 gen Erklärungen gegen nachträglich Zusätze. Daher bildet die Unterschrift regelmäßig das E n d e des handschriftlichen Textes (RGZ 110, 168; vgl auch v Hippel ZAkDR 1941, 269; R G D R W 1942, 1340). Subjektiv stellt die Unterschrift das ernstliche Bekenntnis des Erblassers zu seinen Verfügungen dar (Staudinger-Firsching § 2247 R d n r 53). Ohne Unterschrift erscheint die Erklärung grundsätzlich nur als bloßer Entwurf oder vorbereitende Erklärung, die erst durch die Unterschrift vom Erblasser als endgültige Fassung anerkannt wird (OLG Köln RPfleger 1968, 25). Als Abschlußtatbestand m u ß die Unterschrift auf der Urkunde selbst vorgenommen werden (Lange § 19 I I I 4). Ob u n d inwieweit dem räumlichen Abschlußerfordernis Genüge geleistet ist oder 28 nicht, ist nach den tatsächlichen Verhältnissen zu entscheiden (RGZ 61, 7; BayObLGZ 31, 316. So k a n n die Unterschrift auch quer geschrieben sein (Palandt-Keidel § 2247 A n m 2 c bb). Steht jedoch die Unterschrift nicht a m Schluß der Erklärung (bspw wegen Platzmangels s t a t t a m E n d e auf noch freiem R a u m beim Eingang des Testamentes), so m u ß besonders sorgfältig geprüft werden, ob auch auf diese Weise klargestellt ist, daß die Erklärung verbindlich sein sollte, u n d nicht als bloßer Entwurf anzusehen ist (OLG Köln RPfleger 1968, 25). b) Unterschrift auf Briefumschlag Die Unterschrift des Erblassers auf einem Briefumschlag, in dem das Testament 29 enthalten ist, k a n n genügen. Unabdingbare Voraussetzung ist hier jedoch, d a ß der Briefumschlag sich als äußere Fortsetzung u n d Abschluß des Testamentes darstellt u n d 155
§ 2247 30—33
A. Errichtung und Aufhebung eines Testaments
so beide Schriftstücke — T e s t a m e n t u n d Umschlag — als E i n h e i t zu b e t r a c h t e n sind ( R G D R 1945, 55; OLG N e u s t a d t M D R 1962, 134; aA Kipp-Coing § 26 I I 2b). W o h l zu weit geht d a s K G ( J F G 21, 36), das ein nicht unterzeichnetes Schriftstück in einem verschlossenen Briefumschlag, der eine handschriftliche Absenderangabe enthielt, in Anbet r a c h t dessen, d a ß der Erblasser den Brief zur P o s t gab u n d d e m ü b e r s a n d t h a t , d e n es anging, als wirksames T e s t a m e n t angesehen h a t . D e n n in diesem Falle h a t t e — wie regelm ä ß i g a n z u n e h m e n — die U n t e r s c h r i f t auf d e m Briefumschlag bloße A b s e n d e r f u n k t i o n (.Staudinger-Firsching § 2247 R d n r 56). I n keinem Falle genügt auch die U n t e r s c h r i f t u n t e r der auf d e m Briefumschlag befindlichen E r k l ä r u n g „ N a c h m e i n e m Tod zu ö f f n e n " (OLG N e u s t a d t M D R 1962, 133; Palandt-Keidel § 2247 A n m 2 c bb). c) Selbstbenennung des Erblassers 30 Die bloße Selbstbenennung des Erblassers im T e s t a m e n t (zum E i n g a n g : „ I c h , xy, b e s t i m m e . . . " oder m i t t e n i m Text) ersetzt die U n t e r s c h r i f t nicht, d a die R e c h t s v e r bindlichkeit n a c h der Verkehrsauffassung erst mit der U n t e r s c h r i f t hergestellt wird (OLG Braunschweig M D R 1955, 292; OLG K ö l n OLGZ 1967, 69; OLG K ö l n RPfleger 19 68, 25; B a y O b L G Z 1968, 31b; Staudinger-Firsching § 2247 R d n r 53, 55; Soergel-EhardEder § 2247 A n m 10; RGRK-_K>e