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German Pages 306 Year 2015
Gabriele Klein (Hg.) Tango in Translation
T a n z S c r i p t e | hrsg. von Gabriele Brandstetter und Gabriele Klein | Band 19
2009-05-04 14-27-33 --- Projekt: transcript.titeleien / Dokument: FAX ID 02eb209342330728|(S.
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) T00_01 schmutztitel - 1204.p 209342330744
2009-05-04 14-27-34 --- Projekt: transcript.titeleien / Dokument: FAX ID 02eb209342330728|(S.
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) T00_02 seite 2 - 1204.p 209342330752
Gabriele Klein (Hg.)
Tango in Translation Tanz zwischen Medien, Kulturen, Kunst und Politik
2009-05-04 14-27-34 --- Projekt: transcript.titeleien / Dokument: FAX ID 02eb209342330728|(S.
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) T00_03 titel - 1204.p 209342330760
Die Publikation wurde gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und von Tanzplan Deutschland. Tanzplan Deutschland ist eine Initiative der Kulturstiftung des Bundes.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© 2009 transcript Verlag, Bielefeld Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Kordula Röckenhaus, Bielefeld Umschlagabbildung: deufert & plischke Lektorat: Gabriele Klein, Anne Gelderblom und Nicole Hartmann Satz: Anne Gelderblom und Nicole Hartmann Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar ISBN 978-3-8376-1204-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]
2009-05-04 16-13-35 --- Projekt: transcript.titeleien / Dokument: FAX ID 029e209348692176|(S.
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) T00_04 impressum - 1204.p 209348692184
Inhalt
GABRIELE KLEIN Tango übersetzen. Eine Einleitung
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Transkulturelle Praktiken GABRIELE KLEIN Bodies in Translation. Tango als kulturelle Übersetzung
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JOCHEN DREHER / SILVANA K. FIGUEROA-DREHER Soñando todos el mismo sueño. Zur rituellen Überschreitung kultureller Grenzen im Tango
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ELIA PETRIDOU Experiencing Tango as it goes global: Passion, Ritual and Play
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Körper-Übertragungen REMI HESS Der Tango – ein Moment der Interität
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MELANIE HALLER ‚Verschmelzung‘: Bürgerliches Paarideal im Tango Argentino
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PAULA-IRENE VILLA „Das fühlt sich so anders an...“ Zum produktiven ‚Scheitern‘ des Transfers zwischen ästhetischen Diskursen und tänzerischen Praxen im Tango
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GABRIELE KLEIN / MELANIE HALLER Körpererfahrung und Naturglaube. Subjektivierungsstrategien in der Tangokultur
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Geschlechterinszenierungen JEFFREY TOBIN Models of Machismo: The Troublesome Masculinity of Argentine Male Tango-Dancers
139
RAMSAY BURT Humour and the Performance of Masculinities. The Example of Two Choreographed Tangos
171
DIETER REICHARDT Tango und Ideologie: Geschlechterbilder in Tangotexten und der zeitgenössischen argentinischen Belletristik
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Strategien des Politischen FRANCO BARRIONUEVO ANZALDI Der peronistische Nationaldiskurs in der Tangoschreibung der 1960er Jahre
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MARTA ELENA SAVIGLIANO Irreverent Tangos: Dancing ’Love‘ and the Politics of Parody
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ERIN MANNING Incipient Action ~ The Dance of the Not-Yet
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Zu den Autorinnen und Autoren
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Ta ngo übe rs e tz e n. Eine Einle itung GABRIELE KLEIN
Die Geschichte der Kulturen ist eine Geschichte der Übersetzungen. Es ist eine Geschichte der Anleihen und Aufnahmen, der Grenzziehungen und Grenzverschiebungen, der Vermischungen und der Herstellung von Differenz. Diese Übersetzungsbewegungen kennzeichnen auch den Tango und seine Geschichte. Tango hat sich im Laufe des 20. Jahrhunderts in mehreren Schüben weltweit verbreitet und dabei soziale, kulturelle und nationale Grenzen überschritten. Er ist ein Hybrid, das im Laufe seiner Geschichte mit vielen, zum Teil widersprüchlichen Zuschreibungen versehen wurde. Tango ist zugleich: Metapher, Mythos und Symbol; Tanz, Musik und Text. Er ist Geschichte, Kultur und Industrie; Poesie, Kitsch und Politik; global, national und lokal; Prostitutionsmilieu, bürgerlich und kosmopolitisch. Er symbolisiert Lebensstil, Körperhaltung und Gefühl; Leidenschaft, Erotik und Eifersucht; Konvention, Avantgarde und Maskerade. Er wird erlebt als fesselnd, bindend und unverbindlich; authentisch, theatral und außeralltäglich; männlich, weiblich und queer; Versprechen, Hoffnung und Trost; Freizeitbeschäftigung, Bewegungstherapie und Alternativkultur und dies von jungen, ewig jungen und alten Menschen. Tango, so scheint es, ist weltweit ein Verständigungs- und Deutungsmuster, das eine schillernde Bedeutungsvielfalt vorweist und vielfach mystifiziert und ideologisiert wurde. Berühmt gewordene Bonmots wie jenes des Tangokomponisten Enrique Santos Discépolo, das lautet: „Der Tango ist ein trauriger Gedanke, den man tanzen kann“ oder der dem irischen Schriftsteller und Dramatiker George Bernard Shaw zugeschriebene Satz: „Der Tango ist der vertikale Ausdruck eines horizontalen Verlangens“, der mittlerweile auch als Werbeslogan der Tango-Industrie fungiert, haben Tangogeschichte geschrieben. Sie haben auf diese Weise zur Bildung des globalen Narrativs Tango und
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GABRIELE KLEIN
zur Mythologisierung des Tangos als Ausdruck großer Gefühle und tiefer Leidenschaften beigetragen. Tango ist ein schillerndes Deutungsmuster. Manche verstehen Sehnsucht und Erotik, Trauer und Leidenschaft, wie sie in Musik, Tanz und Literatur des Tangos zum Ausdruck kommen, als ein spezifisches Kennzeichnen der argentinischen Nationalkultur oder eines sentimentalen argentinischen Nationalcharakters. Für andere sind diese Gefühlswelten eher ein lokalspezifischer Ausdruck der Mentalität der Porteños, der Bewohner von Buenos Aires. Dritte wiederum sehen in ihnen den Ausdruck eines tief verankerten anthropologischen Bedürfnisses aller Menschen und damit ein universelles Phänomen, das sich im Tango wie unter einem Brennglas zeigt. Hinter diesen Interpretationen verbirgt sich einerseits die Annahme einer Ursprünglichkeit, Originalität, Authentizität und Einheitlichkeit der Tangokultur. Andererseits kommt hier die Idee einer mit lokalen oder nationalen Kontexten essentiell verbundenen kulturellen Praxis zum Ausdruck. Entgegen diesen Auffassungen liegt diesem Sammelband die Annahme zugrunde, dass weder die Geschichte des Tangos von einem Ursprung ausgeht noch dass sie linear und eindimensional verläuft. Auch wird der These widersprochen, dass Tango sich im Zuge seiner Globalisierung als ein einheitliches kulturelles Muster verbreitet hat, das in verschiedenen Städten, Ländern, Kulturen und Kontinenten lediglich kopiert worden wäre. Die aus unterschiedlichen Perspektiven argumentierenden und verschiedene Themenfelder behandelnden Texte verdeutlichen hingegen, dass Deutungsmuster wie Original und Kopie nicht greifen, um den vielschichtigen und vielfältigen Übertragungsund Migrationsbewegungen des Tangos gerecht zu werden. Sie zeigen, dass die globale Verbreitung des Tangos und seine lokale Kontextualisierung mit der Produktion kultureller Differenz einhergehen, die entsprechend den verschiedenen historischen Zeiten und kulturellen Räumen unterschiedlich verläuft. Wie viele andere tanzkulturelle Praktiken auch ist Tango ein ästhetisches Hybrid aus Tanz, Musik und Literatur. Zwischen diesen Medien des Körpers, des Klangs und der Schrift finden Übertragungen statt, die aufgrund der unterschiedlichen Medialitäten brüchig und unvorhersehbar sind. Gerade Tango als Tanz veranschaulicht die Notwendigkeit und zugleich die Problematik der Übersetzung, ist doch das Medium des Tanzes der Körper – und dieser spricht nicht sondern er zeigt. Dieses Zeigen funktioniert nicht entsprechend der binären Logik der Sprache über ein Entweder-Oder. Körper-Zeigen, das hat Dieter Mersch1 betont, meint das Nicht-Identische, das Mehrdeutige, Unentscheidbare – und genau hier liegt auch das poetische und politische Potential des Tanzes. Diese Potentialität des Körperlichen wird nach wie vor im sprach1 8
Vgl. z.B. Dieter Mersch: Ereignis und Aura, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2002.
TANGO ÜBERSETZEN. EINE EINLEITUNG
dominierten Wissenschaftsdiskurs viel zu wenig ernst genommen, obwohl sich bereits Anfang der 1980er Jahre eine Soziologie des Körpers etablieren konnte und sich die Kulturwissenschaften vermehrt mit Prozessen der ‚Verkörperung‘ befasst haben. Aufgrund der Polysemie des Körpers ist das Tanzen auf diskursive Verortungen und damit auf eine Übersetzung in Sprache angewiesen. Erst diese Übersetzungsbewegung verleiht dem Tanzen eine ‚Geschichte‘, ist das Tanzen doch selbst ein körperliches, flüchtiges, einmaliges und unwiederholbares Ereignis. Um lebensgeschichtlich relevant zu sein, muss Tango also in den Kontext der eigenen Lebensgeschichte gestellt werden. Und um kulturgeschichtlich wirksam zu sein, muss er in andere Medien, den Film, das Bild oder die Sprache übersetzt werden. Es sind diese Übersetzungen, die dem Tango erst einen ‚Ort‘ in den zeitgenössischen Kunst- und Kulturdiskursen erobern und sichern. Dass der Körper eine Zeigestruktur hat, stellt vor allem die sich gerade etablierende Tanzwissenschaft vor große erkenntnistheoretische Probleme, produziert doch diese, im Unterschied zur Tanzpraxis, ein über Sprache vermitteltes diskursives Wissen. Das wissenschaftliche Wissen als eine spezifische Form diskursiven Wissens muss dem akademischen Selbstverständnis nach überprüfbar und nachvollziehbar sein. Es ist ein Wissen, das als modernes Wissen einen wesentlichen Beitrag zur Aufklärung, aber auch immer zur Entzauberung der Welt geleistet hat. Diese Doppeldeutigkeit des modernen Wissens hat bereits Max Weber herausgearbeitet. Sie ist fundamental in die Geschichte des modernen Wissens eingelagert. Aufklärung und Entzauberung liegen auch unauflöslich den Diskursen über Tango zugrunde. Diskurspolitiken des Tangos erfolgen in Gesprächen, über Szene-Zeitschriften und das Internet, über populäre, literarische und wissenschaftliche Schriften, aber auch über Bilder in Flyern, Fotografien und Filmen. Diskurse über Tango wollen das Flüchtige der tänzerischen Bewegung oder das Empfinden und Fühlen beim Tanzen oder beim Musikhören nicht nur konstatieren, sie müssen es auch sprechen und denken können. „Bewegung denken“2, d.h. eine Sprache für dynamische Vorgänge zu finden, ist auch immer eine Herausforderung an Wissensschaffende, die letztendlich scheitern muss, ist doch das diskursive Wissen gezwungen, sich dem Medium der Sprache zu bedienen. Wissenschaftliches Arbeiten über Tango ist aus dieser Perspektive Wissenschaftskritik insofern, als es sich prinzipiell gegen ein Wissen wendet, das dynamische Vorgänge über statische Konzepte zu fassen versucht. Nicht zufällig erfährt auch der Tango jüngst vor allem in jenen Wissenschaftsdiskursen eine besondere Beachtung, wo es, wie in Körperund Performanztheorien, um das Praktisch-Werden des Kulturellen und Sozi2
Gabriele Klein: Bewegung denken. Ein soziologischer Entwurf, in: Gabriele Klein (Hg.): Bewegung. Sozial- und kulturwissenschaftliche Konzepte, Bielefeld: transcript 2004, S. 131-154. 9
GABRIELE KLEIN
alen geht. Tangoforschung in diesem Sinne kann, wie Tanzforschung insgesamt, einen wesentlichen Beitrag zur Wiederverzauberung von Wissenschaft leisten. Aber sie kann auch entzaubern, indem sie zu einer Dekonstruktion des Mythos Tango beiträgt. Dieses Buch versammelt Beiträge aus unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen. In verschiedenen Textsorten, ob in Fallstudien, größeren empirischen Forschungen oder subjektiven Eindrücken, in zeitdiagnostischen Essays oder theoriegeleiteten Aufsätzen beschäftigen sich die Autorinnen und Autoren mit Übertragungsbewegungen des Tangos: Mit Übertragungen zwischen unterschiedlichen lokalen und nationalen Kulturen, den Kulturen des Schreibens und des Tanzens, mit Interaktionen zwischen tanzenden Männern und Frauen, mit subjektiven Empfindungen und Gefühlen beim Tanzen und dem Sprechen darüber und mit den parodistischen Inszenierungen des populären Tangos sowie mit dem Verhältnis zwischen politischen Strategien und tänzerischen Praktiken. Sie untersuchen Tanzstile und Tanzerfahrungen, szenespezifische Rituale und Geschlechterverhältnisse in verschiedenen lokalen Tangokulturen in Argentinien und Europa, diskursive Strategien in nationalen, literarischen und szenespezifischen Tangokulturen sowie Parodien als grenzüberschreitende Übertragungen in Tanzkunst und populären Tango-Tänzen. Sie zeigen, dass Übertragungsbewegungen, ob zwischen den Kulturen, innerhalb einer Tanzszene oder auch zwischen den einzelnen ästhetischen Medien des Tangos weder einen einheitlichen Ursprung haben, noch linear verlaufen oder als Kopien eines vermeintlichen Originals zu deuten sind. Die Texte plausibilisieren vielmehr die These, dass Übertragungsbewegungen immer brüchig und fragil sind und transformierend wirken, wenn sie in neue Kontexte gestellt und mit unterschiedlichen lebensweltlichen und politischen Bedeutungen aufgeladen werden. Übertragung ist von daher immer auch Travestie, Maskerade und Parodie, obwohl sie mitunter als bloße Nachahmung wahrgenommen und gedeutet wird. Zudem zeigen die Texte, dass Übergänge in andere Sprachen und andere Medien neue Sinnzusammenhänge hervorbringen, die zum einen als Deutungs- und Verständigungsmuster die Narrative des Tangos aktualisieren und transformieren und hierbei eine Eigendynamik entfalten. Das Buch will einen Beitrag zur internationalen Tangoforschung und zugleich zu einer kultur-, sozial- und politikwissenschaftlich ausgerichteten Tanzforschung leisten, indem es Tango als eine kulturelle Praxis vorstellt, die sowohl konventionalisiert als auch grenzüberschreitende transkulturelle körperliche und subjektive Erfahrungen erlaubt, die immer auch soziale und politische Erfahrungen sind. Der Band geht zurück auf eine internationale und interdisziplinäre Fachkonferenz zum Thema „Translation Dance. Translokale Tanzkultur Tango“, die im November 2007 im Aby-Warburg Haus stattfand. Die Konferenz bil10
TANGO ÜBERSETZEN. EINE EINLEITUNG
dete den Abschluss des am Fachbereich Bewegungswissenschaft im Rahmen des Lehr- und Forschungsbereichs Performance Studies von 2004-2007 durchgeführten und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanzierten Forschungsprojektes „Trans/nationale Identität und körperlichsinnliche Erfahrungen. Lateinamerikanische Tanzkulturen im europäischen Kontext. Das Beispiel Tango und Salsa“. Das Buch bündelt einen Großteil der Konferenzbeiträge sowie zusätzliche Aufsätze, die Übertragungsbewegungen im Tango untersuchen. Die Konferenz wurde gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, der an dieser Stelle nochmals herzlich für die Unterstützung des Forschungsprojektes und der Konferenz gedankt sei. Mein Dank richtet sich auch an die Verantwortlichen des Aby-Warburg Hauses für die Überlassung der wunderbaren Konferenzräume, an die Referentinnen und Referenten sowie an die Hamburger Mitarbeiterinnen, die durch ihre Mithilfe wesentlich zu dem Gelingen der Fachkonferenz beigetragen haben: Jessica Golz, Julia Heller, Cornelia Maier und vor allem Melanie Haller. Den Autorinnen und Autoren dieses Buches danke ich für die gute und kollegiale Zusammenarbeit. Abschließend danke ich Anne Gelderblom und Nicole Hartmann für die sorgfältige redaktionelle Mitarbeit sowie Karin Werner und Christine Jüchter für die professionelle Beratung und Betreuung seitens des Verlags.
Hamburg, im April 2009
Literatur Klein, Gabriele: Bewegung denken. Ein soziologischer Entwurf, in: Klein, Gabriele (Hg.): Bewegung. Sozial- und kulturwissenschaftliche Konzepte, Bielefeld: transcript 2004, S. 131-154. Mersch, Dieter: Ereignis und Aura, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2002.
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Transkulturelle Praktiken
Bodies in Translation. Ta ngo als kulturelle Übersetzung GABRIELE KLEIN
Wie lässt sich die Globalisierung des Tangos und mit ihr die sozial- und kulturtheoretisch relevante Frage nach den Formen und Wegen von kulturellen Übersetzungen beschreiben? Und: Welche Relevanz haben diese Tänze für die Bildung kultureller Identitäten? Diese beiden Fragen leiteten das sozial-, kultur- und tanzwissenschaftlich ausgerichtete Forschungsprojekt „Trans/nationale Identität und körperlich-sinnliche Erfahrung. Lateinamerikanische Tanzkulturen im europäischen Kontext“1. Die Suche nach Antworten war sowohl auf einer makrotheoretischen wie auf einer mikrotheoretischen Ebene angelegt. Im Vordergrund standen einerseits, untersucht am Beispiel der Tango- und Salsakultur, der globale Transfer von Tanzkulturen und andererseits die Erfahrungen, die Tänzerinnen und Tänzer in den entsprechenden Tanzszenen in Deutschland machen. Der Text beschreibt zunächst das methodische Vorgehen des Forschungsprojektes und skizziert dann den aus dem empirischen Material entwickelten Entwurf zu einer Theorie tanzkultureller Übertragungen, der am Beispiel Tango dargelegt wird.
Fragestellungen des Projektes Tango erlebt Anfang der 1980er Jahre ein Revival in Deutschland.2 Der Tangoboom setzt zu einer Zeit ein, als Deutschland, wie viele westliche Industriege1
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Ein von der DFG finanziertes Projekt, das von 2004-2007 am Fachbereich Bewegungswissenschaft der Universität Hamburg unter meiner Leitung durchgeführt wurde. Als Auslöser für den Tangoboom in Europa in den 1980er Jahren gilt die Musik Astor Piazzollas. Zur Etablierung der Tanzszenen in Deutschland haben 1982 15
GABRIELE KLEIN
sellschaften, einem radikalen, bis heute andauernden Transformationsprozess unterworfen wird. Der Übergang von der Industriegesellschaft zur postindustriellen Gesellschaft bzw. zur Medien-, Informations-, und Inszenierungsgesellschaft zeigt sich u.a. in einer Aufwertung der Freizeit, der Herausbildung der Konsum- und Eventkultur, einem steigenden Einfluss der Massenmedien (Bildmedien, Privatfernsehen, digitale Medien) auf die Alltagskultur, der Ästhetisierung von Lebenswelten, einer verstärkten Aufmerksamkeit auf den Körper und einer „neuen Innerlichkeit“. Diese Transformationen des Sozialen bilden den Kontext, in dem sich die Tanzkultur Tango3 in verschiedenen Städten in Deutschland etabliert. Zusammen mit anderen bewegungs- und tanzkulturellen Praktiken wie den Trendsportarten Surfen, Snowboarden und Paragliding, Tänzen wie Salsa, Bauchtanz und Mambo, asiatischen Bewegungstechniken wie Tai Chi, Aikido und Yoga oder zeitgenössischen künstlerischen Tanzformen wie Contact Improvisation beispielsweise etabliert sich Tango als eine Kultur- und Bewegungspraxis, die auf spezifische Weise den ‚Zeitgeist‘ der 1980er Jahre erlebbar macht, der in der Soziologie unter dem zeitdiagnostischen Begriff „Erlebnisgesellschaft“4 diskutiert wurde. Die doppelte Bezeichnung Kultur- und Bewegungspraxis markiert den ambivalenten Ort des Tangos: Einerseits verortet sich Tango als Tanzpraxis im Freizeitbereich und hier vor allem im Kontext der sich in den 1980er Jahren durchsetzenden „neuen Innerlichkeit“, was sich in einem schillernden Angebot von Kursen und Workshops in Tanzschulen, Fitnessclubs und Kulturzentren zeigt. Andererseits ist Tango eine hybride Kulturpraxis, die auf unterschiedliche kulturelle Einflüsse zurückzuführen ist.5 Aufgrund ihrer transkul-
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das „Horizonte Festival der Weltkulturen“ mit der parallel laufenden Ausstellung „Melancholie der Vorstadt“ im Künstlerhaus Bethanien in Berlin sowie die weltweit erfolgreiche Bühnenshow „Tango Argentino“, die Claudio Segovia und Héctor Orezzoli 1983 in Paris produziert haben, beigetragen. In diesem Text wird der Begriff „Tangokultur“ verwendet, wenn von den Gebräuchen, Gewohnheiten, Werten und Symbolen des Tangos die Rede ist. Der Begriff „Tangoszene“ wird dann benutzt, wenn es um die räumlichen (lokalen, institutionellen) Verankerungen und damit um die (trans)lokalen Verortungen der Tangokultur geht. Gerhard Schulze: Die Erlebnisgesellschaft. Kultursoziologie der Gegenwart, Frankfurt a.M./New York: Campus 1993. Die Herkunft des Tangos ist umstritten. 1836 wird der Begriff Tango in einem Wörterbuch erwähnt. Auf der kanarischen Insel El Hierro wurde ein Tanz Tango genannt, was sich möglicherweise vom portugiesischen Wort tanger (berühren, ein Instrument spielen) herleitet, das wiederum vom lateinischen Verb tangere stammt. Der portugiesische Einfluss demonstriert sich auch in der Bezeichnung tango andaluz aus dem 19. Jahrhundert. Der Begriff kann sich aber auch von tambo (von Quechua: tampu) ableiten, was im Sprachgebrauch am Rio de la Plata Gasthaus, Bordell oder auch „lärmendes Fest der Schwarzen“ bedeuten kann. Die Candombe der Kreolen und Schwarzen, eine kultische Tanzpantomime, in der liturgische Elemente afrikanischer Religionen und katholischer Heili-
BODIES IN TRANSLATION. TANGO ALS KULTURELLE ÜBERSETZUNG
turellen Formation verstehen sich die lokalen Szenen als ‚andere Orte‘ des Sozialen. Lokale Tangoszenen lassen sich von daher, in Anlehnung an Michel Foucault, auch als „Heterotopien“6 beschreiben, als „tatsächlich realisierte Utopien“, als „[...] wirkliche Orte, wirksame Orte, die in die Einrichtung der Gesellschaft hineingezeichnet sind, sozusagen Gegenplatzierungen oder Widerlager, in denen die wirklichen Plätze innerhalb der Kultur gleichzeitig repräsentiert, bestritten und gewendet sind, gewissermaßen Orte außerhalb aller Orte, wiewohl sie tatsächlich geortet werden können.“7
Die zentrale Perspektive des Forschungsprojektes lag von daher darin, kulturelle Übersetzungen des Tangos auf verschiedenen Ebenen zu untersuchen. Einerseits wurden auf einer makrotheoretischen Ebene das Spannungsverhältnis zwischen globaler Ausbreitung und lokaler Kontextualisierung und die damit verbundene Produktion von Tradition und Ursprungsmythen des Tangos erforscht. Andererseits ging es auf einer mikrotheoretischen Ebene darum, Lokalisierung nicht nur als soziale und räumliche Etablierung einer Tanzkultur sondern zugleich als Inkorporierung global zirkulierender kultureller Muster zu verstehen, die im Tangotanz intersubjektiv erfolgt und bestimmte Identitäten und Subjektentwürfe von Tangueras und Tangueros hervorbringt.8 Über diesen Makro-Mikro-Link sollten die Wechselwirkungen zwischen der mit Globalisierung einhergehenden translokalen9 Bewegungen der Tangokultur und lokalen Aneignungspraktiken sichtbar gemacht werden.
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genverehrung verschmolzen, übte einen großen Einfluss auf den Tango aus. Zudem war die Habanera (oder auch Tango Americano) einflussreich, die sich um 1825 auf Kuba entwickelte und ab Mitte des 19. Jahrhunderts in Spanien populär wurde. Mitteleuropäische Einflüsse stammten von den Polen mit Mazurka und den Böhmen mit Polka. Der deutsche Einfluss bestand im Bandoneon (das später für den Tango typischste Instrument) sowie dem Walzer und Ländler. Hinzu traten die ländlichen Payadas der Gauchos. Aus diesem kulturellen Gemisch entstand um 1880 das kulturelle Hybrid Milonga, die mehrere Bedeutungen erhält: Zum einen gilt sie musikalisch als Vorläuferin des Tangos, in Bezug auf Tanz steht sie für einen Tanzstil und zugleich für einen Tanzabend. Im Lunfardo bedeutet Milonga Gespräch, Erzählung, Gerede. Vgl. Michel Foucault: Die Heterotopien, in: ders.: Die Heterotopien. Der utopische Körper. Zwei Radiovorträge, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2005, S. 7-22. Michel Foucault: Andere Räume, in: Karlheinz Barck (Hg.): Aisthesis: Wahrnehmung heute oder Perspektiven einer anderen Ästhetik, 5. durchgesehene Auflage, Leipzig: Reclam 1992, S. 34-46, S. 39f. Vgl. dazu den Text von Gabriele Klein und Melanie Haller in diesem Band. Unter ‚Translokalität‘ sollen im Folgenden Phänomene gefasst werden, die als Ergebnisse von Zirkulations- und Transferprozessen angesehen werden können und aus Bewegungen von Menschen, Gütern, Ideen und Symbolen hervorgehen, soweit diese mit einer gewissen Regelmäßigkeit räumliche Distanzen und kultu17
GABRIELE KLEIN
Empirisches Vorgehen Das empirische Vorgehen beruhte auf einem Zusammenspiel verschiedener qualitativer Verfahren und quantitativer Methoden wie Literaturanalysen, feldspezifischen Analysen, Gruppendiskussionen, Expert/inneninterviews, Konsumentenbefragungen, Film-, Bewegungs- und Bildanalysen: In einem ersten Arbeitsschritt erfolgte eine Aktualisierung der schon vor Projektbeginn durchgeführten umfangreichen Recherchen der wissenschaftlichen und populärwissenschaftlichen Literatur zu Tango und Salsa. Dabei wurden Publikationen aus dem deutschsprachigen, dem angelsächsischen, dem spanischen und dem französischen Sprachraum berücksichtigt. Über die Literaturauswertung konnten die zentralen Diskursfiguren der beiden Tanzkulturen herausgearbeitet werden, über welche die sprachliche Verfasstheit der Sozialwelten Tango und Salsa analysiert werden konnte. Auf diese Diskurse wurde in den Expert/inneninterviews Bezug genommen, indem deren Relevanz für die lokalen Szenen befragt wurde. Die Feldbeschreibungen, die im Verlauf des Projekts in drei Schritten durchgeführt wurden, erfolgten erstens über eine umfassende Recherche der lokalen Tango- und Salsaszenen in Hamburg und Berlin, der Tangoszene in Buenos Aires und der Salsaszene in New York. Grundlage bildeten Zeitschriften und vor allem das Internet. So konnte eine Topographie der Szenen erarbeitet und zentrale Orte, Veranstaltungen, lokale Persönlichkeiten wie Tanzlehrer, Veranstalter oder DJs bestimmt werden. Diese Recherche ermöglichte in einem zweiten Schritt die Kontaktaufnahme zu den ‚Expert/innen‘ in Hamburg und Berlin, Buenos Aires und New York, mit denen später die Interviews durchgeführt wurden. Schließlich fanden teilnehmende und nicht-teilnehmende Beobachtungen an zentralen Veranstaltungsorten statt. Diese wurden ethnographisch10 untersucht. Von diesen Besuchen wurden Beobachtungsprotokolle erstellt, deren Analyse wiederum als Grundlage für die Entwicklung der Interviewleitfäden diente. relle Grenzen überwinden. Mit dem Begriff soll die Perspektive auf die Wechselbeziehungen zwischen Transgressionen und Lokalisierungen gelegt werden. Lokalität wird dabei nicht als Örtlichkeit, also als etwas räumlich Gegebenes verstanden, sondern als ein Begriff, der besagt, dass ‚das Lokale‘ sozial, kulturell und historisch erzeugt wird. 10 Vgl. Stefan Hirschauer: Ethnographisches Schreiben und die Schweigsamkeit des Sozialen. Zu einer Methodologie der Beschreibung, in: Zeitschrift für Soziologie, 30 (2001), S. 429-451; ders.: Die Praxis der Fremdheit und die Minimierung von Anwesenheit. Eine Fahrstuhlfahrt, in: Soziale Welt, 50 (1999), S. 221246; ders./Klaus Aman (Hg.): Die Befremdung der eigenen Kultur. Zur ethnographischen Herausforderung soziologischer Empirie, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1997; Ronald Hitzler: Dummheit als Methode. Eine dramaturgische Textinterpretation, in: Detlef Garz/Klaus Kraimer (Hg.): Qualitativ-Empirische Sozialforschung, Opladen: Westdeutscher Verlag 1991, S. 295-318. 18
BODIES IN TRANSLATION. TANGO ALS KULTURELLE ÜBERSETZUNG
Zur Vorbereitung der Expert/inneninterviews fand eine Gruppendiskussion statt.11 Die Gruppendiskussion konzentrierte sich auf die Themenfelder: Tänzerisches Erleben, Bewegungselemente des Tangos, Kenntnisse anderer Tanzstile, die Produktion imaginärer Welten durch Musik und Tanz sowie intersubjektive Dimensionen der Paarbeziehung. Das transkribierte Diskussionsmaterial wurde diskursanalytisch ausgewertet und darüber die zentralen Diskursfiguren über Tango herausgearbeitet. Im ersten Projektjahr wurden in beiden Tanzkulturen in Hamburg und Berlin insgesamt 14 leitfadengestützte Einzelinterviews durchgeführt.12 Die Expert/inneninterviews wurden zu den für das Projekt relevanten Themenkomplexen: Globalisierung, Identität, Gefühl, Präsenz und Erfahrung mit Hilfe der qualitativen Inhaltsanalyse nach Philipp Mayring13 ausgewertet.14 Im Anschluss an die Auswertungen der Interviews sollten die zentralen Aussagen der Expert/innen im Rahmen einer repräsentativen Stichprobe der Konsument/innen aus den beiden Tanzkulturen überprüft und damit quantitativ bestätigt werden. Zudem diente die Konsument/innenbefragung dazu, grundlegende Sozialdaten zu gewinnen, um damit den Status der jeweiligen Tanzkultur (als post/traditionale Gemeinschaft, als ‚flüchtige‘ Szene) definieren zu können. Die quantitative Befragung erfolgte über einen standardisierten Fragebogen15, der verschiedene Aspekte abdeckte: Sozialdemographische Eckdaten, 11 An der Gruppendiskussion nahmen acht Teilnehmende des zu diesem Thema organisierten Tangoworkshops teil. Die Gruppe setzte sich aus vier Tanzwissenschaftlerinnen, einem Tangolehrer und drei Studierenden zusammen. 12 Die Befragten sind (als Tänzer/innen, Tanzlehrer/innen und Veranstalter/innen) zentrale Persönlichkeiten der beiden Tanzszenen in Hamburg und Berlin. 13 Vgl. Philipp Mayring: Die Praxis der qualitativen Inhaltsanalyse, Weinheim: Beltz 2005; ders.: Qualitative Inhaltsanalysen: Grundlagen und Techniken, 8. Aufl., Weinheim: Beltz: 2003. 14 Die Auswertungen erfolgten innerhalb der Themenkomplexe zu verschiedenen thematischen Schwerpunkten: Identität als: körperliche, geschlechts-, paar- und feldspezifische, als tanzstil- und ethnisch differenzierte Identität; Gefühl als: Ausdruck, Medium, Voraussetzung, Bewegung und Effekt; Präsenz über: Verbildlichungen, Verkörperungen, Tanztechniken, Ereignishaftigkeiten, Positionierungen; Erfahrung als: Lebensgefühl, Kommunikation, Motivation, Bewegung, Gemeinschaft, Individualisierung und soziale Differenz; Globalisierung über: Nationalität, Transnationalität, Wissenstransfer (über Ursprung und Geschichte des Tanzes, Bedeutung der Ursprungsländer/bzw. Städte). 15 Die Fragebogenerhebung wurde durchgeführt: Beim 4. Internationalen Salsafestival in Hamburg (21.-22.07.2006 im Congress Centrum Hamburg (CCH)); am 7.08.2006 bei Hamburgs größten Sportverein ‚Sportspass‘ im Rahmen der Veranstaltung ‚Salsa-Merengue-Bachata‘ im Center Berliner Tor und am 9.08. 2006 im Center Altona; an allen drei Tagen beim 9. Internationalen Tangofestival Hamburg (25.-27.08. 2006 im ‚Tango Universo‘, Hamburg); am 7.09. 2006 bei ‚Sportspass‘ beim ‚Tango Argentino‘ im Center Berliner Tor; am 12.09. 2006 bei der Queer-Milonga im ‚Tango Al Puerto‘ in Hamburg; beim 9. Interna19
GABRIELE KLEIN
Einstiegsmotivation zum Tanz; Dauer der Beschäftigung mit Tango resp. Salsa, die Häufigkeit des Tanzens; räumliche Mobilität, die für den Besuch von Tanzveranstaltungen im In- und Ausland in Kauf genommen wird; Motive, Tanzveranstaltungen aufzusuchen, die Informationsquellen für Veranstaltungen; Kenntnisse und Praxis der Tanzstile, die Assoziationen zum Tanz sowie eine Überprüfung der Expert/innenaussagen.16 Die ausgefüllten Fragebögen wurden mit Hilfe von SPSS nach dem Verfahren der deskriptiven Statistik quantitativ ausgewertet.17 Um der Frage nachzugehen, wie global zirkulierende Spielfilme über lateinamerikanische Tänze die Produktion und Repräsentation von Ursprungsmythen befördern und damit translokale Prozesse in Gang halten, wurden populäre Tango- und Salsafilme analysiert.18 Thematische Schwerpunkte der Analyse waren: Die erzählte Geschichte, die Theatralität der Inszenierung19 sowie die filmischen Inszenierungstechniken20. Selbsterstelltes Videomaterial wurde bearbeitet, um den globalen Transfer von tänzerischen Praktiken und deren ‚Übersetzung‘ in andere lokale Kontexte analysieren zu können und um auf diesem Weg das für die Tanzforschung so zentrale methodische Instrumentarium der Bewegungs- und Videoanalyse zu erproben. Das Bildmaterial wurde in Hamburg, Berlin, in der Salsaszene New Yorks und in der Tangoszene in Buenos Aires erhoben und ausgewertet.
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tionalen Tangofestival Wuppertal (20.-24.09. 2006): am 23.09. 2006 beim Tangoball in der Stadthalle Wuppertal und am 24.09. 2006 im Café Ada, Wuppertal; beim 6. Internationalen ‚Queer Tango Argentino Festival‘ in Hamburg (29.09.1.10. 2006); am 29.09.2006 beim Ball im Wandsbeker Ballsaal, Hamburg. Der Fragebogen wurde so konzipiert, dass er von den Konsument/innen selbstständig in einem Zeitraum von ca. zehn Minuten ausgefüllt werden konnte. Der Fragebogen wurde in deutscher und in englischer Sprache verfasst, so dass auch die Konsument/innen aus dem europäischen Ausland befragt werden konnten. Bei der Auswertung konnten 685 Fragebögen berücksichtigt werden, davon 347 Fragebögen aus der Tangoszene und 338 aus der Salsaszene. Die empirische Grundlage bildeten jeweils zwei Spielfilme über Tango und Salsa: The Tango Lesson, Regie und Drehbuch: Sally Potter, Besetzung: Sally Potter and Pablo Verón, Argentinien/Frankreich/Deutschland et al.: Sony Pictures Classic 1997; Tango, no me dejes nunca, Regie und Drehbuch: Carlos Saura, Besetzung: Miguel Angel Solá, Mia Maestro and Cecilia Narova, Argentinien/Spanien: Sony Pictures Classic 1998; Dance with Me, Regie: Randa Haines, Drehbuch: Daryl Matthews, Besetzung: Vanessa Williams, Chayanne, Kris Kristofferson, USA: Columbia Pictures 1998; Salsa & Amor, Regie: Joyce Sherman Buñuel, Drehbuch: Jean-Claude Carriere, Besetzung: Alexis Valdes, Catherine Samie, Christiane Cohendy, Frankreich: Highlight/Eurimages 2000. Die Theatralität der Inszenierung wurde anhand folgender Kategorien untersucht: Bühnenbild, Bildästhetik, Dramaturgie, Darsteller, Requisiten, Kostüme, Filmmusik. Hier wurden filmtechnische Verfahren analysiert wie Kameraperspektiven, -blenden, -schnitte.
BODIES IN TRANSLATION. TANGO ALS KULTURELLE ÜBERSETZUNG
Dabei wurden verschiedene Analyseverfahren wie Frame-by-Frame Analyse und Sequenzanalyse erprobt. Nach der Literaturanalyse und den ersten teilnehmenden und nichtteilnehmenden Beobachtungen kristallisierte sich heraus, dass das Medium Bild für die Produktion von imaginierten Sozialwelten sowie für die Aktualisierung von Ursprungsmythen äußerst relevant ist, weil über Bilder die soziale Welt der jeweiligen Tanzkultur repräsentiert und zugleich hervorgebracht wird.21 Deshalb wurden Fotografien aus bekannten Buchpublikationen und Flyern ausgewählt und einer Bildanalyse unterzogen. Zentrale Untersuchungskategorien waren hierbei: Soziales/theatrales Environment, Geschlechterpräsentationen, Körpersymboliken und Tanzfiguren. Die Ergebnisse der empirischen Untersuchungen sind thematisch fokussiert in verschiedenen Texten publiziert.22 Im Folgenden soll deshalb der theoretische Entwurf präsentiert werden, den ich über die Auswertung des empirischen Materials entwickelt habe und der die beiden Leitfragen des For21 Diese Annahme wurde auch durch die Konsument/innenerhebung bestärkt, bei der 50,7% in der Tango- und 40,7% der Befragten in der Salsaszene angaben, sich über Flyer und Internet über Veranstaltungen zu informieren. 22 Vgl. Gabriele Klein: Repenser la Modernité, in: Proceedings des Internationalen Kongresses „Repenser pratique et théorie“, Paris 2008, S.363-367; dies.: Passagen. Zum Crossover von Tanzkulturen, in: Reto Clavadetscher/Claudia Rosiny (Hg.): Zeitgenössischer Tanz. Körper – Konzepte – Kulturen. Eine Bestandsaufnahme, Bielefeld: transcript 2007, S. 60-73; dies.: Transnationale und postkoloniale Tanzkulturen. Ein Streifzug durch urbane Szenen, in: Dirk Villányi/Matthias D. Witte/Uwe Sander (Hg.): Globale Jugend und Jugendkulturen. Aufwachsen im Zeitalter der Globalisierung, Weinheim: Juventa 2007, S. 283-298; dies.: Dancing Globalism: Tanzkulturen in postindustriellen Städten, in: Yvonne Hardt/Kirsten Maar (Hg.): Provinz und Metropole, Jahrbuch Tanzforschung 17, Münster/Hamburg/London: LIT 2007, S. 67-86; dies.: Fußball und Tango. Politische und ästhetische Aspekte des Verhältnisses von Sport und Tanz, in: Tanzjournal, 4 (2007), S. 7-12; dies.: Salsa an der Nordseeküste, in: Ballettanz, 5 (2006), S. 22-26; dies.: Stadttänze und Tanzstätten. Ein Streifzug durch den urbanen Raum, in: passagen/passages: Choreographien, Metamorphosen des Tanzes, 38 (2005), S. 20-25; dies./Melanie Haller: Bewegtheit und Beweglichkeit. Subjektivität im Tango Argentino, in: Margrit Bischof/Claudia Feest/Claudia Rosiny (Hg.): e_motion in motion, Jahrbuch Tanzforschung 16, Münster/Hamburg/London: LIT 2006, S. 157-172; dies./Melanie Haller: Präsenzeffekte. Zum Verhältnis von Bewegung und Sprache am Beispiel lateinamerikanischer Tänze, in: Robert Gugutzer (Hg.): Body turn. Perspektiven der Soziologie des Körpers und des Sports, Bielefeld: transcript 2006, S. 233247; dies./Melanie Haller: Café Buenos Aires und Galeria del Latino. Zur Translokalität und Hybridität städtischer Tanzkulturen, in: Jürgen FunkeWieneke/Gabriele Klein: Bewegungsraum und Stadtkultur. Sozial- und kulturwissenschaftliche Perspektiven, Bielefeld: transcript 2008, S. 51-74; Melanie Haller: Bewegte Ordnungen: Kontingenz und Intersubjektivität im Tango Argentino, in: Thomas Alkemeyer/Thomas Pille (Hg.): Ordnung in Bewegung, Bielefeld: transcript (erscheint 2009). 21
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schungsprojektes in einer Theorie tanzkultureller Übertragungen zu verbinden sucht.
Theoretische Skizze Tango: Zwischen Globalität, Nationalkultur und Lokalität Tango ist eine hybride Tanzform, die sich im Spannungsfeld von Lokalisierung, Globalisierung und Re-Nationalisierung entfaltet. Seine lokale und mittlerweile mythische Verankerung findet Tango am Rio de la Plata und hier vor allem in Buenos Aires und Montevideo.23 Die Globalisierung des Tangos erfolgt in mehreren Schüben, zunächst von Buenos Aires Anfang des 20. Jahrhunderts nach Paris, von dort zurück nach Buenos Aires und zugleich in andere europäische und später in asiatische Länder. Tango ist als eine hybride Tanzkultur insofern zu bezeichnen, als Tango also bereits in seinen Ursprüngen mit Montevideo und Buenos Aires verschiedene lokale Verankerungen hat. Zudem wird er im Zuge seiner Migration nach Europa nicht nur in andere Kulturen sondern auch in andere soziale Klassen, vom Prostitutionsmilieu über die kulturelle Avantgarde in die bürgerliche Klasse übertragen. Im Zuge seiner ‚Verbürgerlichung‘ in Europa wird er für die argentinische Nation, die ich in Anlehnung an Benedict Anderson24 als eine „imagined community“ bezeichne, als Tango Argentino politisiert und als nationales Kulturgut global vermarktet.25 Dieser Prozess der Re-Nationalisierung, der u.a. politisch motiviert war durch Juan Perón26 und sich im Begriff Tango Argentino manifes23 Bis heute konzentriert sich Tango in Argentinien weitgehend auf Buenos Aires, nicht zuletzt auch verstärkt dadurch, dass der Tangotourismus eine wichtige Einnahmequelle geworden ist. Im Jahr 2006 wurden in Buenos Aires einer Studie des Buenos Aires Government Observatory of Cultural Industries zufolge 135.000.000 $ erwirtschaftet, 75 % durch Tangotouristen, wobei Transport, Unterkunft und Verpflegung hier nicht eingerechnet waren. Ca. 150.000 Menschen nehmen in Buenos Aires regelmäßig Tangounterricht. Schätzungsweise 300 Milongas finden an 120 unterschiedlichen Orten mit etwa 35.000 wöchentlichen Besuchern statt. Auch Schuhhersteller profitieren von dem Tango-Mythos Buenos Aires. Der Umsatz über Schuhverkäufe erfolgte in den Jahren 2006 bis 2008 in Buenos Aires zu 95 % mit ausländischen Kunden. (Vgl. Tangodanza, 37, 1 (2009)). 24 Vgl. Benedict Anderson: Die Erfindung der Nation: zur Karriere eines folgenreichen Konzepts, Berlin: Ullstein 1998. 25 Vgl. Marta E. Savigliano: Tango and the Political Economy of Passion, Boulder: Westview 1995; dies.: Angora Matta: Fatal Acts of North-South Translation, Middletown, CT: Wesleyan 2003. 26 Zu dem Verhältnis des Peronismus zum Tango vgl. Franco Barrionuevo Anzaldis Beitrag in diesem Band; Donald Castro: The Tango under Perón 1943-1955, in: ders. (Hg.): The Argentine Tango as Social History 1880-1955. The Soul of 22
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tiert, lässt sich somit als eine gegenläufige Bewegung zu der mit der Globalisierung des Tangos verbundenen kulturellen Differenzproduktion im Lokalen und zu der bereits in den Anfängen hybriden Struktur des Tangos verstehen. Er produziert mit Tango Argentino ein nationales Imaginäres, das einen Beitrag dazu leistet, die argentinische Nation als „imagined community“ zu bestätigen. Im Zuge von Globalisierung – und das meint in Bezug auf Kultur: sowohl Migration wie Medialisierung im Sinne einer über Medien erfolgten globalen Verbreitung von Kultur – wird Tango global einem permanenten und wechselseitigen Übersetzungsprozess von De- und Rekontextualisierungen unterworfen.27 Trotz oder vielleicht gerade aufgrund dieser kulturellen Crossover (re)aktualisiert Tango den in den 1980er Jahren mit der Tanzmoderne entstandenen Topos, dass Tanz eine universelle Sprache sei, eine Sprache, die überall verständlich sei, weil Tanz über die Körper kommuniziert werde und weil Körper, kulturelle Grenzen überschreitend, sich im Tanz miteinander, ohne Worte, verständigen könnten. An diesem auf anthropologischen Grundlagen beruhenden universalistischen Prinzip einer kolonialistisch geprägten, eurozentristisch ausgerichteten und an Nationalstaatskonzepten des 19. Jahrhunderts orientierten Geschichtswissenschaft wird in der Tanztheorie spätestens im Zuge des „cultural turn“28 seit den 1980er Jahren zunehmend Kritik geübt. Mit ihm finden – weniger und später allerdings in der deutschsprachigen als in der angelsächsischen und lateinamerikanischen Tanzforschung – kulturtheoretische Konzepte Eingang in den akademischen wie den künstlerischen Tanzdiskurs. Diesen Ansätzen zufolge lässt sich Tango, wie andere Tanzformen auch, weniger anthropologisch begründen, etwa mit der menschlichen Sehnsucht nach Verschmelzung, nach Leidenschaft, nach Begehren und Begehrt-Werden. Auch lässt sich dem kulturtheoretischen Paradigma zufolge Tango weniger als eine weltweite Sprache verstehen, die ‚im Original‘ oder ‚als Original‘ überall verstehbar sei, eine Annahme, deren Wirksamkeit the People, Lampeter: Edwin Mellen Press 1991, S. 205-252. Zu den nichtperonistischen Nationalisierungsstrategien des Tangos vgl. Florenci Garramuño: Modernidades primitivas. Tango, samba y nación, Buenos Aires: Fondo de Cultura Económica 2007. 27 Aber nicht nur der Tango ist auf Reise: das klassische Ballett verbreitete sich global, der Walzer als bürgerlicher Kunsttanz. Sind dies tanzkulturelle Beispiele einer kolonialen Kulturpolitik Europas, so migrieren seit dem 20. Jahrhundert vor allem Tänze anderer Kulturen nach Europa und verändern im Laufe des 20. Jahrhunderts die europäische Tanzkultur fundamental: Nach Tango zu Beginn des 20. Jahrhunderts folgten Rumba, Swing, Charleston, Rock’n’Roll, Bauchtanz, Mambo, Salsa, Steptanz, afrikanischer Tanz, Capoeira, Breakdance, indischer Tanz etc.. 28 Zu den verschiedenen ‚turns‘ siehe: Doris Bachmann-Medick: Cultural turns. Neuorientierungen in den Kulturwissenschaften, 2. Aufl., Reinbek: Rowohlt 2007. 23
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sich darin zeigt, dass sie die Tango-Tanzenden weltweit motiviert, sich auf die Suche nach Authentizität jenseits kultureller Identitäten zu begeben. Im Gegensatz zu dieser Vorstellung von Original und Kopie und einem damit verbundenen essentialisierenden Konzept von Authentizität versteht eine sozial- und kulturwissenschaftliche Perspektive Tango als eine sich ständig im Wandel befindende, lokal differenzierte kulturelle Praxis und kulturelle Technik. Authentizität gilt entsprechend als eine Inszenierungspraxis, deren Wirksamkeit sich im performativen Akt des Gelingens und Scheiterns zeigt. Translokale Tangokulturen thematisieren damit per se kulturelle Differenz, Hybridität oder Kreolisierung und provozieren damit die Frage nach dem Modus kultureller Übersetzungen. Tangokulturen erzählen die Geschichte kultureller Übersetzungen als eine Geschichte der Unmöglichkeit sowohl kultureller Grenzziehungen als auch globaler Verschmelzungen. Es ist eine Geschichte der Reibungen, der Verschiebungen, der Vermittlungen, die performativ erfolgen, und deren Gelingen auch immer ein Moment des Scheiterns beigegeben ist, das sich in der Transformation, der Ungewissheit und Ungreifbarkeit des Übersetzungsprozesses zeigt. Scheitern ist demnach nicht als eine Alternative zum Gelingen des Übersetzungsprozesses anzusehen sondern als ein genuiner Bestandteil des Übersetzungsprozesses selbst. Um die Art und Weise von Übersetzungsprozessen verstehen zu können, ist ein Konzept kultureller Übersetzung notwendig, das Übersetzung weniger, wie häufig in kulturwissenschaftlichen Debatten, als rhetorische Figur, als Metapher begreift, sondern dessen transformatorisches Potential analytisch in den Blick nimmt. Ein analytisch angelegtes Konzept von Übersetzung erlaubt es, nicht nur kulturtheoretische Konzepte präziser zu fassen, die kulturelle Transformationsprozesse bezeichnen wie Interkulturalität, Hybridität, Kreolisierung, Translokalität oder Diaspora, sondern auch den (trans)kulturellen Migrationen des Tangos gerecht zu werden. Ein derartiges Konzept von Übersetzung, das im Rahmen des Forschungsprojektes empirisch zur Anwendung kam, soll im Folgenden skizziert werden.
Übersetzung als kulturtheoretisches Konzept Das Konzept der kulturellen Übersetzung entstammt sowohl einem „cultural turn“ in der Übersetzungswissenschaft29 als auch der Etablierung der „postcolonial studies“ und vor allem der „translation studies“30 im Feld der Sozial29 Vgl. Karl-Heinz Stoll: Translation als Kreolisierung, in: Andreas Gipper/ Susanne Klengel (Hg.): Kultur, Übersetzung, Lebenswelten. Beiträge zu aktuellen Paradigmen der Kulturwissenschaften, Würzburg: Königshauen & Neumann 2008, S. 177-201. 30 Vgl. Doris Bachmann-Medick: Übersetzung in der Weltgesellschaft. Impulse eines ‚translational turn‘, in: Andreas Gipper/Susanne Klengel (Hg.): Kultur, 24
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wissenschaft. Es findet prinzipiell zwei Anknüpfungspunkte in der kulturtheoretischen Debatte. Zum einen in der Multikulturalismus- und Interkulturalitätsdebatte, die kulturellen Formationen eine Einzigartigkeit und Originalität unterstellt.31 Es gibt dieser Debatte zufolge zwar keine universelle Kultur, aber eine Pluralität verschiedener Kulturen, der aber ebenfalls essentialistische Identitätskonzepte zugrunde liegen, die sich entweder anerkennen oder (mitunter mit Gewalt) ausschließen. Jede Kultur, so dieses Interkulturalitätskonzept, ist essentiell verbunden mit einer ethnischen, geschlechtlichen oder sexuellen und ethnischen Herkunft: Muslimische und christliche Kulturen, männliche und weibliche, weiße und schwarze Kulturen sind mit einer Identität ausgerüstet, die möglicherweise interkulturell kommunizierbar aber nicht überbrückbar ist. Dieses Konzept von Interkulturalität ist zudem eng verknüpft mit dem Begriff des Nationalstaates. Es stellt die konzeptionelle Basis einer staatlichen Politik bereit, die im Sinne der Mehrheit ‚Kultur macht‘ und ihre vermeintlich originäre Kultur schützt, wie dies beispielsweise in der Diskussion um den Kanon kulturellen Bildungswissens zum Ausdruck kommt. Zudem fungiert dieses Interkulturalitätskonzept auch als Grundlage einer liberalen bürgerlichen Politik, die die Stabilität einer gesellschaftlichen Ordnung anstrebt, indem sie friedlichen interkulturellen Austausch herstellt. Ein anderes Konzept kultureller Übersetzung findet seinen Ausgangspunkt in der Idee der Dekonstruktion. Diese Denkrichtung, die von den „postcolonial studies“ vertreten wird, fragt nicht nach dem Arrangement der Beziehungen zwischen den Kulturen. Vielmehr geht es darum, die Idee einer originären kulturellen Identität selbst zu unterlaufen. Kultur wird hier nicht auf eine vorgegebene Essenz zurückgeführt sondern als ein System von Zeichen verstanden, die sich aufeinander beziehen, die Spuren hinterlassen und ihre eigenen Ursprünge in sich selbst haben. Deutsch sein, schwarz oder schwul sein ist demnach einzig das Produkt einer kulturellen Aktivität, die selbst als ein Prozess der Übersetzung verstanden wird. „In the discipline of semiotics of culture it comes naturally to say that culture is translation, and also that translation is culture.“32 Der Ausgangspunkt für diese dekonstruktivistische Kulturtheorie der Übersetzung, an die sich die folgende Argumentation anlehnt, liegt in dem Aufsatz
Übersetzung, Lebenswelten. Beiträge zu aktuellen Paradigmen der Kulturwissenschaften, S.141-159. 31 Vgl. Boris Buden: Kulturelle Übersetzung: Warum sie wichtig ist, und wo damit anzufangen ist, in: translate.eipcp.net: http:/translate.eipcp.net/transversal /0606 /buden/de (7.12.2008); ders.: Kulturelle Übersetzung, in: IG Kultur Österreich: http://igkultur.at/igkultur/kulturrisse/1150793894/1150797107 (19.3.2009). 32 Peeter Torop: Translation as Translating as Culture, in: Sign Systems Studies, 30, 2 (2002), S. 594-605, S. 603. 25
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Walter Benjamins „Die Aufgabe des Übersetzers“33 begründet. Hier übt Benjamin Kritik an der binären Übersetzungstheorie, die Friedrich Schleiermacher34 Anfang des 19. Jahrhunderts entwickelte und die zum grundlegenden Paradigma der Übersetzungswissenschaft wurde. Schleiermacher geht von zwei binären Möglichkeiten der Übersetzung aus: Originaltreue oder ästhetische Wirkung. Ähnlich wie Voltaire, dem das Bonmot zugeschrieben wird, dass eine Übersetzung wie eine Frau sei, entweder treu oder schön, vertritt Schleiermacher die Ansicht, dass Übersetzung entweder treu dem Original folgen oder dem Leser so verständlich wie möglich nahe gebracht werden soll. Ähnlich wie Wilhelm von Humboldt35 will Schleiermacher das Erste. Seiner Ansicht nach sollen die Leser das Gefühl haben, „dass sie Ausländisches vor sich haben“36. Der „Geist der Sprache“ des Originals soll demnach in der Übersetzung sichtbar werden, die Übersetzung hat sich folglich an der Sprache des Originals auszurichten. Dadurch sei das Fühlen des Fremden und damit letztendlich Sprach- und Kulturvermittlung möglich. Übersetzung, sowohl im Sinne der Verfremdung als auch der Einbürgerung, bildet dabei die Brücke zwischen den Sprachen, Kulturen, Nationen oder Kontinenten. Benjamin räumt mit der Binarität von Original und Kopie auf, die die Übersetzungswissenschaft bis Anfang des 20. Jahrhunderts prägte. Benjamin verwendet die Metapher der Tangente, die den Kreis (das Original) nur einmal berührt und dann ihren Weg nimmt. Es gibt demnach keine Ausgangs- und Zielkultur, die miteinander zu verbinden wären. Übersetzung versteht Benjamin als Wandlung und Erneuerung; sie ist damit selbst Kultur wie Kultur eine permanente Übersetzung ist. Hier knüpft die dekonstruktivistische Theorie mit dem Konzept der Übersetzung an: Homi Bhabha nennt diesen Raum der Übersetzung den Raum der Hybridität. Es ist jener „Third Space“37, in dem Transformation oder Transgression möglich ist, indem sich binäre kulturelle Codes verändern können und etwas Neues entstehen kann. Allerdings wäre es falsch, diesen Raum des Hybriden als einen besonderen kulturellen Raum anzusehen. Kultur ist Übersetzung, ständig im Über33 Walter Benjamin: Die Aufgabe des Übersetzers, in: ders.: Gesammelte Schriften, Bd. IV/1, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1972, S. 9-21. 34 Friedrich Schleiermacher: Über die verschiedenen Methoden des Übersetzens (1813), in: Hans Joachim Störig (Hg.): Das Problem des Übersetzens, 2. Aufl., Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1973, S. 38-70. 35 Agamemnon/Aischylos, übersetzt von Wilhelm von Humboldt (1816), Leipzig: Reclam 1942. 36 F. Schleiermacher: Über die verschiedenen Methoden des Übersetzens (1813). 37 Jonathan Rutherford: The Third Space. Interview mit Homi K. Bhabha, in: ders. (Hg.): Identity: Community, Culture, Difference, London: Lawrence and Wishart 1990, S. 207-211; Homi K. Bhabha: Die Verortung der Kultur, Tübingen: Stauffenburg 2000. 26
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gang. „Was Transkultur genannt wird“, so Gayatri Chakravorty Spivak, „ist Kultur in ihrem Vollzug. Transkulturation ist nichts Besonderes oder Andersartiges, sie ist ein Moment in einer Taxonomie der Normalität dessen, was Kultur genannt wird.“38 Transkultur als etwas Spezifisches anzusehen, bedeutet hingegen, Kultur in einem bestimmten politischen (zumeist nationalen) Kontext zu stellen. Hier zeigt sich die Notwendigkeit einer politischen Kontextualisierung des Konzeptes der kulturellen Übersetzung, vollzieht sich diese doch immer in einem Machtfeld politischer und symbolischer Ökonomien. Dieser Lesart zufolge verweist kulturelle Übersetzung weder auf einen Anfangs- und Endpunkt noch auf ein Original. Die Vorstellung von Kultur als Einheit, ausgestattet mit einer zeitlichen Linearität und einer Originalität, entsteht vielmehr erst im Akt der Übersetzung, retroperspektiv, wie Barbara Johnson in ihrem Buch „Mother Tongues“39 ausführt, in dem sie sich mit Benjamins Text befasst und dessen Thesen pointiert. Die Übersetzung selbst ist es demnach, die eine vermeintliche ursprüngliche Einheit als Schein entlarvt. Und genau hier zeigt sich Übersetzung als Machtstrategie. An diese Lesart anknüpfend nennt Tomislaw Longinovic40 kulturelle Übersetzung „die Praxis des Alltagslebens“. Sie ist eine performative Praxis und gerade dadurch ein Muster von Subjektivierung. Und genau diese Praxis erfahren kulturelle Übersetzer/innen. Kulturelle Übersetzer/innen in globalisierten Gesellschaften sind z.B. migrantische Arbeiterinnen, Kriegsopfer, Flüchtlinge oder auch umherziehende Intellektuelle und (Tanz-)Künstler. In der „Flüchtigen Moderne“41 (Bauman) sind es die ‚Reisenden‘, die die entsprechenden Subjektstrukturen und -kulturen hervorbringen, die von Richard Sennett42 als flexible Menschen des NeoKapitalismus bezeichnet werden.43 Wie sich an diesen Personengruppen die
38 Gayatri Chakravorty Spivak: Weitere Überlegungen zur kulturellen Übersetzung, in: translate.eipcp.net (http://translate.eipcp.net/transversal/0608/spivak/de) (6.12.2008). 39 Barbara Johnson: Mother Tongues. Sexuality, Trials, Motherhood, Translation, Cambridge: Harvard University Press 2003. 40 Tomislaw Longinovic: Fearful Asymmetries. A Manifesto of Cultural Translation, in: The Journal of the Midwest modern Language Association, 35, 2 (2002), S. 5-12; ders./Boris Buden: Die Antwort liegt in der Übersetzung, in: transversal.eipcp: http://eipcp.net/transversal/0908/longinovic-buden/de (5.12.2008). 41 Zygmunt Bauman: Flüchtige Moderne, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2000; ders.: Flüchtige Zeiten. Leben in der Ungewissheit, Hamburg: Hamburger Edition 2008. 42 Vgl. Richard Sennett: Der flexible Mensch. Die Kultur des neuen Kapitalismus, Berlin: Berlin 1998. 43 Zum Tanz als Metapher des Sozialen in einer „Flüchtigen Moderne“, vgl. Gabriele Klein: Das Flüchtige. Politische Aspekte einer tanztheoretischen Figur, in: Sabine Huschka (Hg.): Wissenskultur Tanz. Historische und zeitgenössische Vermittlungsakte zwischen Praktiken und Diskursen, Bielefeld: transcript 2009, S. 199-208. 27
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neuen Muster transkultureller Identitäten sowie hybrider künstlerischer und intellektueller Praxen zeigen, offenbart sich hier auch die Kehrseite des Prozesses der tanzkulturellen Übersetzung: Sie kann nicht nur euphorisch als der Raum eines einzig positiven ‚Dazwischen‘ gelesen werden sondern auch als Muster sozialen Ein- und Ausschlusses, wie es als postkoloniale oder nationale Strategie auch für globalisierte Gesellschaften charakteristisch ist. Kulturelle Übersetzung stellt immer auch die Macht-Frage. Denn seit dem „cultural turn“ hat Kultur nicht, wie so oft angenommen,44 den Begriff der Gesellschaft von der politischen Bühne verdrängt und dessen führende Rolle übernommen. Indem politische Konflikte und Kämpfe kulturalisiert worden sind oder Kulturdialog zum Thema der internationalen politischen Beziehungen erhoben wurde, ist vielmehr Kultur selbst zur politischen Bühne geworden, Auf diese Kulturalisierung des Politischen haben Nancy Fraser45 und Gayatri Chakravorty Spivak46 hingewiesen, indem sie auf die Differenz zwischen dem politischen Gebrauch von essentialisierenden Kulturkonzepten auf der einen Seite und dem Konstruktcharakter dieser Konzepte auf der anderen Seite aufmerksam gemacht haben. Kulturelle Übersetzung ist somit auch immer eine politische Kategorie, die sowohl subversiv als auch affirmativ wirken kann. Kulturelle Übersetzung aus dieser Lesart meint nicht Kulturverstehen, meint nicht Brückenbau. Sie fokussiert nicht eine (vermeintliche) Ausgangsund Zielkultur, sondern zielt darauf ab, ‚Zwischenräume‘ jenseits des binären Bauprinzips zu erschließen und diese als Aushandlungsräume für kulturelle Übersetzungsprozesse zu untersuchen. Ein analytisches Konzept der kulturellen Übersetzung stellt die Frage, wie diese komplexen kulturellen Austauschund Aushandlungsprozesse sich vollziehen und zwar jenseits eines Transfers zwischen Original und Übersetzung sondern im Sinne mehrdimensionaler Transformationen in Zwischenräumen.
Kulturelle Übersetzung als tanzkulturelle Übertragung Tango ist ein solcher Aushandlungsraum. Am Tango lässt sich das Konzept der kulturellen Übersetzung anschaulich machen, denn Tanz ist ‚Reise‘, Migration, ständige Bewegung und damit genuin ein „translation term“, eine kör-
44 Vgl. z.B. Adrienne Goehler: Verflüssigungen. Wege und Umwege vom Sozialstaat zur Kulturgesellschaft, Frankfurt/New York: Campus 2006. 45 Vgl. Nancy Fraser: Justice Interruptus. Critical Reflections on the “postsocialist” Condition, New York/London et al.: Routledge 1997. 46 Vgl. Gayatri Chakravorty Spivak: Can the subaltern speak? Postkolonialität und subalterne Artikulation, übers. von Alexander Joskowicz und Stefan Nowotny, Wien: Turia + Kant 2007. 28
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perliche Praxis der Übersetzung. Das, was Homi Bhabha für Kultur allgemein konstatiert, gilt insbesondere für die Tangokultur. Sie „[…] ist sowohl transnational als auch translational. […] Die transnationale Dimension kultureller Transformation – Migration, Diaspora, De-Platzierung, Neuverortung – lässt den Prozess kultureller Translation zu einer komplexen Form der Signifikation werden. Der natürliche oder naturalisierte, einheitsstiftende Diskurs […] kann hier kaum als Bezugspunkt dienen. Der große, wenngleich beunruhigende Vorteil dieser Situation besteht darin, dass sie uns ein stärkeres Bewusstsein von der Kultur als Konstruktion und von der Tradition als Erfindung verschafft.“47
Das gemeinhin mit der Interkulturalitäts- und Multikulturalismusdebatte verbundene Phänomen der Einzigartigkeit und Originalität kann auf Tanz nur dann zurückgeführt werden, wenn er ein rein lokaler Tanz ist wie manche volkstümlichen regionalen Tanzformen. Die meisten Tänze der Moderne, die wie der Tango, vor allem in Städten getanzt werden, sind aber hybride Kulturpraxen und Techniken. Sie unterliegen den vielschichtigen Dynamiken des transkulturellen Austausches, der sich in verschiedenen Medien und auf unterschiedlichen Kommunikationswegen und ihren Verschränkungen artikuliert, der getanzt, geschrieben, gesprochen, gesungen, gefilmt oder fotografiert sein kann. Kulturelle Übersetzungen im Tango erfolgen im performativen Akt des Tanzens anders als beispielsweise in der Musik oder in dem auf Sprache und Text und oft auf einen nationalen Kanon verwiesenen Theater. Wie der indisch-amerikanische Historiker Dipesh Chakrabarty48 feststellt, ist Übersetzung nicht nur „cross-cultural“ sondern muss auch herkömmliche Kategorien und Denkmuster überschreiten. Dies gilt insbesondere für Tanz, weil ein Übersetzen des Tanzes andere Kategorien braucht, da Tanz permanente Bewegung ist und nur in der Pose einen Ausgangs- und Zielpunkt markieren könnte. Das Tanzen selbst ist eine Übertragungsbewegung, die sich in Zwischenräumen ereignet. Tanz ist deshalb auch nicht binär zu denken oder dialektisch aufzulösen. Aufgrund der eigenen Sprachmäßigkeit des Tanzes hat sich im deutschsprachigen Raum der Begriff der Übertragung durchgesetzt, der ebenfalls zumeist als Metapher benutzt wird und dabei mitunter informationstechnologisch, psychoanalytisch oder sprach- und literaturtheoretisch fundiert sein kann. Um aber die Weisen und Mechanismen von Übertragungen im Tanz zu 47 Homi K. Bhabha: Die Verortung der Kultur, S. 257. 48 Vgl. Dipesh Chakrabarty: Habitations of Modernity: Essays in the Wake of Subaltern Studies, Chicago: University of Chicago Press 2002; ders.: Provincializing Europe: Postcolonial Thought and Historical Difference, Princeton: Princeton University Press 2000. 29
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untersuchen und der Frage nachzugehen, wie deren transitorisches Potential die globale Produktion von Bedeutung im Kontext von lokal verankerten Lebenswelten permanent in Gang hält, bedarf es eines analytischen und empirisch anwendbaren Konzeptes von Übertragung. In diesem Sinne versteht eine sozialwissenschaftlich ausgerichtete Tanzforschung, die in diesem Text vertreten wird, Übertragung als ein analytisches und empirisch anwendbares Konzept und stellt die Frage nach den Parametern. Im Laufe des Forschungsprojektes wurden vor allem drei Untersuchungsfelder herausgearbeitet und empirisch durch die Verzahnung verschiedener methodischer Verfahren untersucht: Zum einen die Transformationen der tänzerischen Formen, die sich in räumlich und zeitlich definierten kulturellen Kontexten über die tanzenden Körper vollziehen. Ein zweites Untersuchungsfeld sind die komplexen, sich überlappenden und sich gegenseitig hervorbringenden Übertragungsbewegungen, die sich zwischen tänzerischen Praktiken, Bildern, Texten und Musik ereignen. Ein drittes Untersuchungsfeld fokussiert die Performativität, die diese Übertragungsbewegungen prägt. Hier können die Besonderheiten und poetischen Potentiale der Übertragungen in einzelnen Tanzkulturen herausgearbeitet werden. Tanzkulturelle Übertragungen im Tango finden also ihr ‚Material‘ in und zwischen den Körpern, die diese Übertragungen durchführen und wahrnehmen. Der „Third Body“ ist im Tango der Raum der Interkorporalität. Aber es wäre verkürzt, diese Übertragungsbewegungen zwischen den Körpern im Tanz unabhängig von den global zirkulierenden Narrativen des Tangos zu sehen, ist doch, wie unsere Interviews, Bild- und Textanalysen belegen, jede tänzerische Erfahrung an die ‚Erzählung Tango‘ gekoppelt. Übertragungen im Tango sind somit nicht nur Bewegungen zwischen unterschiedlichen Körpern, Tanzstilen und Kulturen sondern auch eine permanente Übersetzung im komplexen Bedeutungsgefüge des Tangos selbst, das mit Körpern, Bildern, Musik und Texten aus verschiedenen Medien gespeist wird. Genau in diesen Übertragungen innerhalb der kulturellen Formation Tango erwächst das poetische Spannungsgefüge, das sich in der Tangokultur im Schöpferischen und Zerstörerischen, im Unaussprechlichen und Körperlich-Konkreten, im Verschmelzen und (Miss-)Verstehen, im Überraschenden und Pragmatischen zeigt.
Tango als globales kulturelles Narrativ Das globale Narrativ Tango ist mit den Begriffen: Sinnlichkeit49, Erotik, Passion oder Leidenschaft markiert und findet mit der Betonung der Tiefe des Gefühls historische Anknüpfungspunkte an die Ideale der Romantik.50 Das 49 Mit 58,9% häufigste Nennung in der Konsumentenbefragung. 50 Im Unterschied zu den Tangotanzenden – auch in Buenos Aires –, die die ‚schwarzen Wurzeln‘ des Tangos eher negieren und die europäischen Einflüsse 30
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Narrativ wird über Bilder, Texte und Töne als imaginierte Sozialwelt hervorgebracht, in verschiedene kulturelle Kontexte übersetzt und verankert sich lokal im Zuge von globalen Übersetzungsbewegungen. Lokale Tangoszenen lassen sich mit Peter Berger und Thomas Luckmann51 als symbolische Sinnwelten beschreiben, die durch bestimmte Locations und deren Environments sowie in den szenespezifischen theatralen Aufführungen wie Milongas über soziale Regeln, symbolische Codes, soziale Interaktionen, ritualisierte Handlungen, tänzerische Praktiken und subjektive Gefühlswelten hergestellt und inkorporiert werden.52 Räumlich verortet rahmen die Narrative das individuelle Handeln, Fühlen und Denken der Akteure, wobei diese „Produktion von Lokalität“53 nicht als eine bloße Reproduktion oder Nachahmung verstanden werden kann. Vielmehr ist der Performanz der sozialen, rituellen und tänzerischen Praktiken das transformatorische Potential der Übersetzung eingeschrieben, das zum einen zu einer Produktion lokaler Differenz in globalisierten Tangokulturen führt. Zum anderen lässt es die Erfahrung des Tango-Tanzens als einen das globale Narrativ transformierenden, da von den kulturell und sozial geprägten Körpern vollzogenen Vorgang werden. Tango beruht auf einem mehr oder weniger geordneten, aber nicht unbedingt hierarchischen System von Erzählungen. Diese Erzählungen fungieren als Sinnproduzenten; sie sind konstitutiv für die Identität von Tanzenden aber auch für die Identität der lokalen Tangoszenen. Der Begriff ‚Narrativ‘ meint dabei nicht primär die erzählte Geschichte selbst sondern den Akt des Erzählens. Dieser verweist auf eine erzählte Geschichte (die imaginierte Sozialwelt Tango) und fügt damit das Erzählen selbst in die lineare Ordnung des Zeitlichen ein und setzt auf diese Weise die Erzählung permanent fort.54 Es ist demnach nicht die globale Erzählung Tango selbst, sondern es sind die performativen Strategien des Erzählens, die Sinn stiften: Zum einen die mit der Neu-Kontextualisierung einhergehende fortwährende „Produktion von Loka-
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betonten, nehmen die Salsatanzenden, unserer Konsumentenerhebung zufolge, Salsa als eine ‚multikulturelle’ Kultur- und Tanzpraxis war, deren ‚Wurzeln‘ in die schwarze Kultur mehrerer mittel- und südamerikanischer Länder verortet werden. Vgl. Peter L. Berger/Thomas Luckmann: Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit, Frankfurt a.M.: Fischer 1987. vgl. G. Klein/M. Haller: Café Buenos Aires und Galeria del Latino. Zur Translokalität und Hybridität städtischer Tanzkulturen. Vgl. Arjun Appadurai: Globale ethnische Räume. Bemerkungen und Fragen zur Entwicklung einer transnationalen Anthropologie, in: Ulrich Beck (Hg.): Perspektiven der Weltgesellschaft, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1998, S. 11-40; ders.: The Production of Locality, in: Richard Fardon (Hg.): Counterworks. Managing the diversity of knowledge, London: Routledge 1995, S. 204-225. Vgl. Wolfgang Müller-Funk: Die Kultur und ihre Narrative, Wien/New York: Springer 2008, S. 29. 31
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lität“ in stadtbezogenen Tanzszenen wie den Hamburger oder Berliner Tangoszenen, die über das Muster sozialer In- und Exklusion soziale und lokale Identitäten stiften. Zum anderen ist der performative Akt des Tanzens selbst eine Erzählung, die identitätsstiftend wirkt. Das permanente Erzählen von ‚Geschichten‘ in Bildern, Texten sowie in sozialen Praktiken des Tanzens ist ein komplexer, widersprüchlicher, brüchiger, zwischen Globalem und Lokalem wechselnder, translokaler Übersetzungsprozess, der konstitutiv sowohl für die Erfahrung wie für die Bildung von Ich-Identität und kollektiver Identität werden kann. In diesem Prozess der Identifizierung wird zugleich die ‚Erzählung Tango‘ aktualisiert, entsprechend des lokalen, kulturellen und biographischen Rahmens transformiert und als transformierte lokale Praxis über die Migration von Tanzenden oder über mediale Repräsentationen des Tangos wieder in den globalen Prozess übersetzt – und hier auf die Reise geschickt. Das hier zugrunde gelegte Identitätskonzept lehnt sich an Paul Ricoeur 55 an. Die personale Identität eines Tänzers sowie die kollektiven Identitäten in den lokalen Tanzszenen entwickeln sich demnach aus der Produktion und Rezeption von ‚fiktiven‘ Geschichten wie z.B. die Erzählung über Tango als verruchten Milieutanz, und ‚faktischen‘ Geschichten z.B. die Erzählung ‚Verschmelzung‘56, die als das tatsächlich Erlebte vorgestellt wird, wobei das ‚Fiktive‘ und das ‚Faktische‘ in der Erzählung nicht zu trennen sind. Die Narrative produzieren lebensweltliche Muster und Identitätsentwürfe, die sich beispielsweise im Bild und Selbstverständnis der Tanguera und des Tangueros niederschlagen. Sie helfen, kontingente Ereignisse wie das Tanzen selbst in die Tango-Geschichte zu integrieren und dies mit der eigenen Lebensgeschichte zu verknüpfen. Die narrative Identität selbst wird dabei zum Garanten für die Wahrheit, Originalität und Authentizität des Imaginierten.57 Der von Paul Ricoeur beschriebene mimetische Kreislauf des erstens Verstricktseins in Erzählungen (im Akt des Tanzens beispielsweise), zweitens des expliziten Erzählens im Sinne des darüber Sprechens58 sowie drittens dessen Aktualisierung durch Interpretation umschreibt die weite Bedeutung des Begriffs ‚Narrativ‘: Es bezieht sich nicht nur auf sprachliche oder textuelle, sondern auch auf so genannte nicht-sprachliche Medien, d.h. auf Ereignisse, Erlebnisse, auf Feste, auf körperliche Aktivitäten. Auch sie finden ihren Referenzrahmen und ihre Legitimation in Narrativen, werden mit Verweis auf das
55 Paul Ricoeur: Zeit und Erzählung I, München: Fink 1988; ders.: Die erste Aporie der Zeitlichkeit: die narrative Identität, in: ders.: Zeit und Erzählung III, München: Fink: 1991, S. 392-400. 56 Vgl. dazu den Beitrag von Melanie Haller in diesem Band. 57 Vgl. B. Anderson: Die Erfindung der Nation: zur Karriere eines folgenreichen Konzepts, S. 20. 58 Vgl. dazu G. Klein/M. Haller: Präsenzeffekte. Zum Verhältnis von Bewegung und Sprache am Beispiel lateinamerikanischer Tänze. 32
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globale Narrativ Tango z.B. als authentisch erlebt, und wirken durch Interpretation des Erlebens identitätsbildend. Die Übersetzungsbewegungen des Narrativs Tango veranschaulichen die Verbindungen zwischen der Makroebene der global zirkulierenden Bilder und symbolischen Codes, die die jeweilige Tanzszene prägen, und der Mikroebene der lokalen (Aneignungs-)Praktiken und Identitätsbildungen. Sie provozieren zudem eine für die tanzwissenschaftliche Forschung zentrale These: Nicht nur das Tango-Tanzen als Bewegungsvollzug, das selbst als Nach-Erzählen eines vermeintlichen Originals verstanden werden kann, produziert demnach das Narrativ Tango. Vielmehr kann das bewusste Erzählen selbst, also das Reden über Tango, als eine performative Praxis verstanden werden, die in Abwesenheit des Tanzens als Bewegungsvollzug (und mitunter auch ohne diese Erfahrung) das Narrativ Tango hervorbringt, das wiederum den Referenzrahmen für tänzerische Erfahrung bildet. Es ist ein Vorgang der Wechselwirkung, der in Anlehnung an Benjamin Nachreife oder Fortleben genannt werden kann. Das Tanzen als Bewegungsvollzug ist demnach nicht, wie gemeinhin unterstellt, wegen seiner Körperbezogenheit grundsätzlich als etwas Anderes, Unübersetzbares zu beschreiben. Vielmehr ist gerade das Reden über das ‚Nicht-Sprechbare‘ der tänzerischen Erfahrung und die Thematisierung des Verfehlens59 ein wesentlicher Teil des Narrativs Tango. Hier setzt die Idee der Retroperspektive ein: Erst in der und durch die Übersetzung wird in den Erzählstrategien Tango retroperspektiv als das Original und die Rede über Tango als Verfälschung hervorgehoben und zugleich über diese binäre Setzung von Tanzen und Sprechen, das Tanzen als authentische Erfahrung essentialisiert. Narrative aktualisieren sich in der globalen Tangokultur über Medien: Die Schrift, das Bild, die Musik, die mündliche Erzählung und das Tanzen als körperliche Erzählung. Gerade Letztes gilt als das Besondere der Tanzkulturen und hier vor allem der Paartänze: Tango zählt zu jenen sozialen Praktiken, in denen die an sich abstrakten Narrative körperlich-affektiv wahrnehmbar und intersubjektiv erlebbar werden. Genau in diesen interkorporalen Übersetzungsprozessen wird die tänzerische Erfahrung als eine Erfahrung der Außeralltäglichkeit, und damit als Erfahrung der Transzendenz geglaubt und auf diese Weise mit einer religiösen Dimension aufgeladen. Anders gesprochen: Das Tanzen aktualisiert die tänzerischen Narrative wie umgekehrt das Tanzen selbst erst in Bezugnahme auf die Narrative essentialisiert, d.h. als ‚echt‘, ‚authentisch‘ oder ‚natürlich‘ geglaubt werden kann.
59 Vgl. dazu den Beitrag von Paula-Irene Villa in diesem Band. 33
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Tango als transkulturelle Praxis Das globale Narrativ Tango homogenisiert kulturelle Disparatheiten von Tango, die in den unterschiedlichen nationalen Tangokulturen, wie zum Beispiel im ‚Finnischen Tango‘ im Unterschied zum ‚Japanischen Tango‘, in lokalen Tangoszenen oder und in den Geschlechterkulturen des Tangos wie z.B. im Queer-Tango erzeugt werden in Vorstellungen von einem homogenen Raum des Tangos. Dies zeigt sich in den symbolischen Codes der weltweiten Tangokultur, die in nahezu allen lokalen Tanzszenen übernommen werden, wie Farben, Kleidung, Accessoires, Rituale, ritualisierte Handlungen und Interaktionsordnungen. Und es demonstriert sich in einer linearen Zeitordnung, also einer Tangogeschichte, die Tradition schafft und kulturelle und soziale Orientierung bietet und zugleich zur Mythenbildung des Tangos beiträgt. Mit anderen Worten: Die kulturellen Repräsentationen, wie sie sich in den lokalen Tanzszenen und ihren Aufführungen zeigen, werden in der Performanz, im Akt des Erzählens aktualisiert, bestätigt, selektiert, transformiert und konventionalisiert. Ereignisse wie Milongas formen die Narrative des Tangos performativ zu Mythen und legitimieren auf diese Weise die Tanzkulturen als Orte der Außeralltäglichkeit. Zugleich bietet das Tanzen Orientierung in einem theatralen Environment nicht nur des Tanzsalons sondern auch in einer auf Bildern beruhenden Weltgesellschaft, genau weil das Tanzen als eine essentielle Erfahrung erzählt und geglaubt wird: Tanz konstruiert, so die Erzählung, per se eine vorschriftliche Auffassung von Identität, die als eine sich ständig wandelnde Ähnlichkeit, als Untergrabung substantieller Identitätskonstruktionen verstanden werden kann. Auf der anderen Seite aber ist es gerade diese Mikrogeschichte der Körper, dieser, mit Spivak gesprochen, „strategische Essentialismus“, der Tanzen als körperliches Erleben von Kontingenz erscheinen lässt. Niklas Luhmann beschreibt Kontingenz als eine Kategorie kultureller Übersetzung: „Kontingent ist etwas, was weder notwendig ist noch unmöglich ist; was also so, wie es ist (war, sein wird), sein kann, aber auch anders möglich ist.“60 Genau hier – in dem Möglichkeitsraum der Translation liegt das poetische Potential des Tangos als eine nicht an Sprache und damit an das nationale Imaginäre gebundene Kulturpraxis. Das Potential liegt dabei in der Unvorhersehbarkeit und Unplanbarkeit der Übertragungen der kulturellen Narrative. Und diese vollziehen sich im Tango, wie dieser Text zeigen wollte, nicht nur in den performativen Akten der Wahrnehmung, Inkorporierung, der körperlichen Ko-Präsenzen und der theatralen Inszenierungen, sondern in den kom-
60 Niklas Luhmann: Soziale Systeme. Grundriss einer allgemeinen Theorie, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1984, S. 152. 34
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plexen Verflechtungen dieser performativen Erzählstrategien und ihrer mündlichen und schriftlichen sowie ihrer körperlichen, bildlichen und textuellen Medien.
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Soña ndo todos el mis mo s ue ño. Zur rituellen Übersc hre itung k ultureller Gre nze n im Ta ngo JOCHEN DREHER / SILVANA K. FIGUEROA-DREHER
Z u r S ym b o lw i r k u n g d e s T a n g o s Der argentinische Tango erlebte als einzigartiges, spezifisches Kulturphänomen der Rio de la Plata-Region in bemerkenswerter Weise eine internationale Erfolgsgeschichte, deren Erscheinungsformen sich aktuell nicht nur in Argentinien, sondern in den unterschiedlichsten Kulturen und Nationen – wie beispielsweise Finnland, Japan, Deutschland – zeigen. Wie ist ein derartiger Transfer performativer Kulturpraktiken im Zusammenhang mit der Verbreitung des Tangos erklärbar? Worin liegt die Spezifik der Tanzkultur des Tangos, durch die die kulturübergreifende Aneignung des Phänomens erklärbar wird? Worin besteht aus wissenssoziologischer Perspektive die besondere gemeinschaftsstiftende Wirkungsweise des Tangos, dem eine kulturübergreifende Bedeutung zukommt? Wir vertreten die These, dass vom Tangotanz eine spezifische vergemeinschaftende Symbolwirkung ausgeht, die prädestiniert ist, vielfältige kulturelle Grenzen zu überwinden. Tango repräsentiert in diesem Sinne ein außeralltägliches Imaginarium an Sinnbeständen, die für die am Tango beteiligten Individuen eine spezifische identitätsstiftende1 und somit auch kollektivbildende Bedeutung mit sich bringen. Aus kultur- und wissenssoziologischer Perspektive wird die Symbolwirkung des Tangos auf der Basis von qualitativ-empirischen Forschungen analysiert, wobei die Funktionsweise der
1
Vgl. Silvana K. Figueroa: El tango como recurso para la formación de identidad, in: Jochen Dreher/Silvana K. Figueroa/Alejandra Navarro u.a. (Hg.): Construcción de Identidades en Sociedades Pluralistas, Buenos Aires: Lumière 2007, S. 95-104. 39
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Tangosymbolik, welche im Tanzen rituell handelnd aktualisiert wird, besonders relevant ist. Vom Ursprung her selber ein Produkt der Grenzüberschreitung (Peripherie/Stadt, Kreolen/Europäer, Vormoderne/Moderne) artikuliert der Tango eine einzigartige ‚Vereinigung‘ symbolisch im Tanz. Die Milonga als rituelle Form des Tangos erzeugt einen außeralltäglichen Wirklichkeitsbereich, in dem eine spezifische, symbolisch etablierte Ordnung geschaffen wird. Dabei wird strukturell die Überwindung der Fremdheit erreicht und ein Gefühl der Zugehörigkeit erzeugt. Dies wird vor allem durch die ‚Umarmung von Fremden‘ als zentrales Strukturmoment des Tangotanzes erreicht, welche einen hochgradigen Symbolgehalt aufweist. Die Offenheit der Deutungsmöglichkeiten dieser ‚Umarmung‘ ermöglicht eine Vergemeinschaftung, in die alle Menschen unabhängig von sozialen Kategorien – Geschlechterkategorien ausgenommen2 – integriert werden können und mit der die Tanzenden sich einen Ort der ‚reinen‘ zwischenmenschlichen Begegnung schaffen. Das besondere Potential zur Überwindung von Grenzen geht vom Tango deshalb aus, weil er zum einen sowohl performativ als auch symbolisch Spannungen (Nähe/Distanz, standardisiert/improvisatorisch etc.) und Widersprüche (Einsam-/ Zweisamkeit, Flüchtigkeit/Dauerhaftigkeit etc.) erzeugt,3 zum anderen jedoch gleichzeitig harmonisiert. Die rituelle Form des Tangotanzes ermöglicht in diesem Sinne eine auf nicht-sprachlicher Kommunikation basierende Aktivierung der Tangosymbolik, wodurch der kulturübergreifende Erfolg des Phänomens erklärt werden kann. Diese Argumentation ignoriert nicht, dass Tango auch als eine Ware angesehen werden kann, die auf internationaler Ebene konsumiert wird.4 So ist ein großer Tangomarkt entstanden, der global zahlreiche Veranstaltungen (Unterricht, Shows, Reisen etc.) zumeist über das Internet anbietet und Tonträger, Bücher, Filme, Bilder, Zeitschriften etc. sowie Tangozubehör (wie Schuhe, Kleidung, Schmuck etc.) verkauft. Dies erklärt jedoch nicht, warum der Tango(tanz) ein derart erfolgreiches, vor allem internationales ‚Konsumobjekt‘ geworden ist. Dass der Tango sich in den ‚imperialistischen‘ Staaten wie Frankreich, Großbritannien, Japan und den USA als ‚exotisches‘ Kulturprodukt, von dem Leidenschaft und Sinnlichkeit ausgeht, erfolgreich durchsetzt hat,5 ist nicht zu übersehen. Aber mit dieser Überlegung wird nicht er2 3
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Bemerkenswerterweise wird auch in Gay-Milongas die klassische GeschlechterRollenverteilung des Tangotanzes beibehalten. Vgl. Paula-Irene Villa: Mit dem Ernst des Körpers spielen: Körper, Diskurse und Emotionen im argentinischen Tango, in: Thomas Alkemeyer/Bernhard Boschert/Robert Schmidt et al.: Aufs Spiel gesetzte Körper. Aufführungen des Sozialen in Sport und populärer Kultur, Konstanz: UVK 2003, S. 131-154, S. 132. Vgl. Marta E. Savigliano: Tango and the Political Economy of Passion, Boulder: Westview 1995. Vgl. ebd., S. 74.
ZUR RITUELLEN ÜBERSCHREITUNG KULTURELLER GRENZEN
klärt, warum sich sowohl argentinische als auch Tangoliebhaber anderer Kulturen mit dem Tango identifizieren. Von Marta Savigliano wird die Argumentation vertreten, dass im Zuge der rapiden Urbanisierung in Argentinien im 19. Jahrhundert, massiver Immigration und der Anpassung an den westlichen Imperialismus6 Veränderungen auftraten, die zu Begegnungen zwischen Reichen und Armen, Schwarzen, Kreolen und Immigranten sowie zu einer Konfrontation von weiblichen und männlichen Verhaltensweisen führten. Die daraus resultierenden Spannungen wurden alle, so Savigliano, im Tango reflektiert. Indem er Menschen mit einem derart unterschiedlichen sozioökonomischen Status zusammenführte, steigerte der Tango ethnische, Klassenund Gender-Konflikte. Im Kontrast zu den Ansichten Saviglianos vertreten wir die These, dass der Tango – insbesondere in seiner rituellen Form im Tanz – zwar diese Spannungen entfaltet und reflektiert, jedoch wiederum gleichzeitig eine ‚Lösung‘ auf symbolischer Ebene für die Überwindung der vielseitigen Grenzen zwischen Individuen anbietet. Um diese These plausibel zu machen, wird im Folgenden der soziohistorische Kontext der Entstehung des Tangos beschrieben, insbesondere werden jedoch die Faktoren, die zu einer Erklärung des grenzüberschreitenden Potentials des Tangos beitragen, herausgearbeitet. Im Anschluss werden die gemeinschaftsstiftende Wirkung der Rituale allgemein sowie die Spezifika der Tangorituale beschrieben, um im darauf folgenden Abschnitt insbesondere die symbolische Welt der Milongas zu erläutern.
Der soziohistorische Kontext der Entstehung des Tangos Aus historischer Sicht sind bezüglich der Entstehung des Tangos vor allem zwei Faktoren wirksam, die die grenzüberschreitende Wirkung des Tangos erläutern: einerseits sein multikultureller Ursprung und andererseits die Tatsache, dass er sich ‚von unten‘, in der Marginalität der argentinischen Gesellschaft, also ‚spontan‘ entwickelte, und die vom Tango ausgehende Symbolik dem Volk nicht offiziell, etwa von politischen Eliten aufoktroyiert wurde. Bei Argentinien handelt es sich um eine einzigartige Migrationsgesellschaft, die wir als Prototyp einer pluralistischen Gesellschaft begreifen können. Sie zeichnet sich durch unterschiedliche Migrationswellen, insbesondere aus europäischen Ländern, einhergehend mit der Ermordung und Vertreibung eines Großteils der Urbevölkerung aus.7 Seit Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 6 7
Vgl. ebd., S. 6. Vgl. Gino Germani: Política y sociedad en una época de transición. De la sociedad tradicional a la sociedad de masas, Buenos Aires: Paidós 1971; Alfred Lattes: Migraciones hacia América Latina y el Caribe desde principios del siglo 41
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1950er Jahre kam es zu einem Aufeinandertreffen der spanischstämmigen und einheimischen ‚Kreolen‘ mit einer zahlenmäßig stark überlegenen neuen Vielfalt von Migrantengruppierungen aus Europa – was eine Situation zur Folge hatte, die wir mit dem Terminus ‚Generalisierung der Fremdheit‘8 erfassen möchten. Die Hauptstadt Argentiniens, Buenos Aires, wurde als ‚kulturelles Babylon‘ bezeichnet, in dem Englisch die Handels- und Industriesprache, Französisch die ‚Kultursprache‘ darstellte, während die Sprache des Alltags durch die Mischung von italienischen, spanischen und auch west- oder osteuropäischen Dialekten gekennzeichnet war. Aus dieser ‚Fusion‘ bzw. ‚Amalgamierung‘ von vielerlei, oftmals widersprüchlichen Kulturen, Religionen und Traditionen9 entwickelte sich die Kunstform des Tangos, die sich bis heute zum zentralen Bestandteil der Kollektivsymbolik der argentinischen Gesellschaft herausbildete. Der Ursprung des Tangos ist multikulturell, so dass er als kulturelles Phänomen für die Übertragung ‚vorprogrammiert‘ war. Tango war von Anfang an das Ergebnis geographischer (Stadt/Peripherie), sozialer und kultureller Grenzübergänge, die ihn als Form lebendig halten. In seiner über hundert Jahre alten Geschichte entwickelte er sich in verschiedenen Phasen zu einer Kunstform und zu einer Musik-, Tanz- und diskursiven Praxis, die in der Lage war, verschiedene Kunstelemente und -einflüsse zu integrieren, ohne zu einer geschlossenen Form zu erstarren oder sich in anderen Formen aufzulösen. Durch das Phänomen des Tangos wird eine kulturelle Symbolik zum Ausdruck gebracht, die ‚unabhängig‘ von (jedoch im Zusammenspiel mit) politisch aufoktroyierter Symbolik vom Volk selbst definiert und aktiviert wird. Die vom argentinischen Tango ausgehende Kollektivsymbolik wurde nicht ‚von oben‘, beispielsweise von politischen Eliten ‚diktiert‘, um offiziellen, nationalstaatlichen Ideologien oder der Legitimation von Herrschaft zu dienen. Tango hat in diesem Sinne nahezu den Charakter eines apolitischen, ja sogar eines anti-politischen Phänomens, das universelle Themen mit existentiellem Gehalt berührt.
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XIX, Buenos Aires: CENEP 1985; Mariano Sana: Migrants, Unemployment and Earnings in the Buenos Aires Metropolitan Area, in: International Migration Review, 33, 3 (1999), S. 621-639, S. 623. Vgl. Cornelia Bohn/Alois Hahn: Selbstbeschreibung und Selbstthematisierung: Facetten der Identität in der modernen Gesellschaft, in: Herbert Willems/Alois Hahn (Hg.): Identität und Moderne, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1999, S. 33-61; Luis Alberto Romero: Breve Historia Contemporánea de la Argentina, Buenos Aires: Fondo de Cultura Económica 1994, S. 28. Vgl. Gino Germani: Política y sociedad en una época de transición, S. 229ff.
ZUR RITUELLEN ÜBERSCHREITUNG KULTURELLER GRENZEN
Der Argumentation von Ramón Pelinski10 zufolge kann zwischen zwei Idealtypen des Tangos unterschieden werden: dem aus der Rio de la PlataRegion entstammenden tango porteño und dem tango nómade, der international in vielfältigen Kulturen etabliert werden konnte. Beim tango porteño handelt es sich um den Tango, der prinzipiell in Buenos Aires angesiedelt ist und als Paradigma oder Referenz für all die Musiker, Tänzer und Sänger gilt, die weltweit in unterschiedlichsten Kulturen Tango praktizieren.11 Der tango nómade hingegen deterritorialisierte sich, indem er in unterschiedliche Metropolen auf globaler Ebene gelangte und sich dort ansiedelte. Dieser profitiert nach wie vor entscheidend vom tango porteño, der vom Ursprung her ein interkulturelles Phänomen darstellt. Insofern kann von zwei miteinander im Dialog stehenden Ausprägungsformen des Tangos ausgegangen werden.
Zum Ritual des Tangos: D i e Ü b e rw i n d u n g k u l t u r e l l e r G r e n z e n Um die Symbolwirkung des Tangos nachvollziehen zu können, muss insbesondere die rituelle Form des Tangotanzes analysiert werden. In Form von Ritualen sind Symbole im menschlichen Handeln verankert und dienen dazu, einen etablierten Bedeutungshorizont stets wiederkehrend durch Handlungen ‚aufzurufen‘. Insbesondere die Religionswissenschaften erkannten den symbolischen Kern von Ritualen, die allgemein die Überschreitung von räumlichen, zeitlichen und sozialen Grenzen ermöglichen sollen.12 In der Religionssoziologie Émile Durkheims13 wird ebenso wie in der Anthropologie von Alfred R. Radcliffe-Brown14 letzteres Moment betont: Rituale bewirken soziale Integration und damit ‚Gesellschaft‘. Max Weber15 wies hingegen mit der ausgrenzenden Wirkung ritueller Markierungen auf die Kehrseite der Medaille hin. Seine berühmte Rationalisierungsthese beinhaltet u.a. die Behauptung, die ‚Entzauberung der Welt‘ habe religiöse Riten an den Rand des privaten wie öffentlichen Lebens der Industrieländer gedrängt bzw. säkularisiert und damit ihres ursprünglichen Sinns beraubt. Im Hinblick auf Mikrophänomene 10 Vgl. Ramón Pelinski: El tango nómade, in: Ramón Pelinski (Hg.): El Tango Nómade. Ensayos sobre la Diaspora del Tango, Buenos Aires: Corregidor 2000, S. 27-70. 11 Vgl. ebd., S. 29. 12 Vgl. Arnold van Gennep: Übergangsriten, Frankfurt a.M.: Campus 1999. 13 Vgl. Émile Durkheim: Die elementaren Formen des religiösen Lebens, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1984. 14 Alfred R. Radcliffe-Brown: The Andaman Islanders, New York: Free Press 1964. 15 Vgl. Max Weber: Wirtschaft und Gesellschaft, Grundriss der verstehenden Soziologie, Tübingen: Mohr 1980. 43
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des Sozialen insistiert Erving Goffman16 darauf, dass Rituale aufgrund dieser Veränderung in der modernen Gesellschaft keineswegs verschwunden sind. Vielmehr erfüllen sie nach wie vor die wesentliche Funktion des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Als ‚natürliche Interaktionseinheiten‘ befriedigen Rituale die Image- und Statusbedürfnisse von Personen und stellen somit eine Technik der Imagepflege dar. Wenn davon die Rede ist, dass Menschen ihrem Image eine Art ‚Heiligkeit‘ zusprechen, so wird an die religionswissenschaftlichen Wurzeln des Terminus angeknüpft. Prinzipiell besteht in der Soziologie heute ein Konsens dahingehend, dass über die klassische Dreiteilung von Interaktionsritualen, kultischen Ritualen und Ritualen des Statuswechsels hinaus praktisch jeder sozial institutionalisierte Bereich seine eigenen Rituale entwickelt. Über je spezifische Symbole, um welche die Beteiligten wissen, versehen Rituale soziales Handeln mit Sinn und reduzieren Komplexität. Aus der Sicht des Individuums bieten sie damit Handlungssicherheit und helfen, die Allgemeinheiten und Besonderheiten des Alltags zu bewältigen. Aus der Sicht der Gesellschaft leisten Rituale soziale Kontrolle, indem sie das Verhalten von Individuen steuern und begrenzen. Daneben sind sie in der Lage, eine Einbettung des Individuums in weiterreichende soziale Zusammenhänge (Gesellschaft oder Staat) zu gewährleisten, oder sie ermöglichen es, Individuen in über ästhetische Formen konstituierte Communities wie die Welt des Tangos zu integrieren. Wie Symbole und vor allem Kollektivsymbole17 – zu denen auch der Tango zu zählen ist – von Menschen erlebt werden bzw. wie die Funktionsweise von Kollektivsymbolen auf Dauer gestellt werden kann, wird insbesondere über die Wirkung von Ritualen erklärt. Dabei handelt es sich um Verhaltensformen, die sich als kollektive Gewohnheiten innerhalb einer sozialen Gruppe verfestigen, sobald ihre Form bekannt und sozial gebilligt ist.18 Sie können als Elemente religiöser Phänomene verstanden werden, die Hand-
16 Vgl. Erving Goffman: Interaction Ritual. Essays on Face-to-Face Behavior, Garden City: Doubleday 1967. 17 Der Argumentation von Hans-Georg Soeffner zufolge sind Symbole, insbesondere Kollektivsymbole, „die immer wieder neu zu bestätigenden Produkte und Instrumente menschlicher Arbeit an und mit den Bedingungen des Zusammenlebens in Gruppen, Gemeinschaft und Gesellschaft. In dieser Hinsicht konstituieren Kollektivsymbole das Gefühl der Gemeinschaft ebenso, wie sie deren (Kollektiv-)Bewusstsein und Fortbestehen zu sichern helfen.“ (Hans-Georg Soeffner: Zur Soziologie des Symbols und des Rituals, in: ders.: Gesellschaft ohne Baldachin: über die Labilität von Ordnungskonstruktionen, Weilerswist: Velbrück 2000, S. 180-208, S. 200). 18 Vgl. Arnold Gehlen: Urmensch und Spätkultur. Philosophische Ergebnisse und Aussagen, Frankfurt a.M.: Athenaion 1977, S. 24 ff.; Hans-Georg Soeffner: Kulturmythos und kulturelle Realität(en), in: Soziale Welt, Kultur und Alltag, Sonderband 6 (1988), S. 3-20. 44
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lungsweisen vorschreiben, welche sich auf Glaubensüberzeugungen richten.19 Rituale können so gesehen erst dann verstanden werden, wenn der entsprechende Glaube, den die Menschen mit ihnen in Verbindung bringen, definiert wird. Folgt man den Erkenntnissen des Ethnologen Victor W. Turner, so wird mit Hilfe von Ritualen, in denen zentrale Symbole ‚zelebriert‘ werden, die organische mit der moralischen Ordnung einer gesellschaftlichen Gruppe vereinigt. Menschliche Triebe und Gefühle, besonders diejenigen, die mit der biologischen Reproduktion zusammenhängen, werden im Ritualisierungsprozess zu Bestandteilen der moralischen Ordnung.20 Rituale sind in diesem Sinne spezifische Formen des sozialen Handelns, die Zugehörigkeitsgefühle immer wieder herstellen und die ‚heiligen‘ Objekte neu beleben, die das Zugehörigkeitsverhältnis symbolisieren. So gesehen garantieren Rituale – und dementsprechend die Tanzrituale des Tangos – den Individuen eine Orientierung, mit der Folge, dass eine soziale Organisationsform geschaffen wird, die gerade über die Rituale etabliert und gefestigt wird. „Rituelles Verhalten ist durchgeformtes, vorhersagbares, in gewisser Weise kalkulierbares, Orientierungssicherheit gewährleistendes Verhalten.“21 Der rituelle Kontext der Milongas ermöglicht den Teilnehmenden ein Eintreten in die Symbolwelt des Tangos, in der von einem spezifischen Bedeutungshorizont eine vergemeinschaftende Wirkung ausgeht. Im konkreten rituellen Handeln der Tänzerinnen und Tänzer wird die von dem Phänomen des Tangos ausgehende Symbolik ‚zum Leben erweckt‘.
Grenzüberschreitungen im Tangotanz Die der Ritual- und Symbolanalyse zugrunde liegenden empirischen Forschungen22 konzentrierten sich auf sogenannte Milongas, die regelmäßig im wöchentlichen Rhythmus in unterschiedlichen Tanzclubs wiederkehren und in welchen sich die Tanzenden unverbindlich begegnen.23 Dabei handelt es sich um Tanzveranstaltungen, an denen Tänzerinnen und Tänzer unterschiedlicher 19 É. Durkheim: Die elementaren Formen des religiösen Lebens, S. 61f. 20 Victor W. Turner: Das Ritual. Struktur und Anti-Struktur, Frankfurt a.M./New York: Campus 2005 [1969], S. 9ff.; vgl. ders.: The Forest of Symbols. Aspects of Ndembu Ritual, Ithaca, NY: Cornell University Press 1986. 21 H.-G. Soeffner: Zur Soziologie des Symbols und des Rituals, S. 207. 22 Die qualitativ-empirischen Ergebnisse stammen aus einer im Jahre 2002 realisierten, auf der Grounded Theory basierenden Fallanalyse, für die narrative Interviews in spezifischen, sich unterscheidenden und somit kontrastierbaren Tangotanzmilieus durchgeführt wurden. 23 Vgl. Silvana K. Figueroa/Jochen Dreher: Ich bin ein Lied der Verzweiflung, das seinen Schmerz und Deinen Verrat hinausschreit. Die ’Umarmung von Fremden‘ im argentinischen Tango, in: Jutta Allmendinger (Hg.): Entstaatlichung und soziale Sicherheit. Verhandlungen des 31. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Leipzig 2002, Opladen: Leske + Budrich 2003, S. 1-7. 45
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sozialer Herkunft – jedoch vornehmlich Angehörige der argentinischen Mittelschicht – teilnehmen, wobei die Altersunterschiede beträchtlich sind. Besonders augenfällig ist die Offenheit dieser Tangomilieus, da auch zahlreiche ausländische Tangotouristen an den Veranstaltungen, die in einem regelmäßigen wöchentlichen Ablauf an bestimmten Wochentagen in den Tangoclubs von Buenos Aires stattfinden, teilnehmen. Eine Tangolehrerin erläutert, dass viele der ausländischen Milongeros bereits in ihrem Herkunftsland den Tangotanz erlernen, jedoch die argentinischen Milongas aufsuchen, um diese Kunst zu verbessern: „Porque el verdadero tango se baila MAS apretado mas juntito; vos tenés diferentes estilos pero el verdadero VERDADERO [Betonung im Interview] tango es mas juntito; vos podés bailar mas separado según la orquesta según como te guste pero en general es mas es mas junto mas agarrado mas pegado los extranjeros aprenden allá […]. Hay pocas milongas que enseñan entonces vienen acá vienen acá a aprender y cuando vienen acá y descubren eso del contacto con el otro les fascina […] no lo pueden creer.“24
Voraussetzungen für die Aufnahme in die Tangomilieus sind die individuelle Fähigkeit zu tanzen und die Kenntnis der spezifischen Codes, die für die Interaktion der Tanzpartner von Bedeutung sind, wie beispielsweise die Aufforderung zum Tanz, wobei der Tänzer mit einer spezifischen Kopfbewegung seine Partnerin zum Tanz einlädt. Es konnte festgestellt werden, dass zahlreiche Tangoszenen in Buenos Aires existieren, die unterschiedlichen Tangotanzclubs zuzuordnen sind. Diese können in die drei Kategorien ‚klassisch‘, ‚fashion‘ bzw. ‚offen‘ und ‚underground‘ eingeteilt werden, eine Klassifikation, die von den Informanten so vorgenommen wurde.25 Bemerkenswerterwei24 Interview mit Georgina Gentile, 16.07.2002, Übersetzung durch Verfasser: „Weil der wahre Tango VIEL enger beieinander getanzt wird; es gibt unterschiedliche Stile, aber der wahre WAHRE Tango wird eng aneinander getanzt, man kann dem Orchester folgend oder nach Gefallen getrennt voneinander tanzen, aber generell tanzt man enger zusammen, umschlungener, mehr aneinander geklebt, als es die Ausländer dort lernen. […] Es gibt wenige Milongas, in denen unterrichtet wird, dann kommen sie, kommen sie hierher zum Lernen, und wenn sie herkommen, entdecken sie diesen Kontakt mit dem Anderen; das fasziniert sie […] und sie können es nicht glauben.“ 25 Die Auswahl der Datenquellen richtete sich nach der Kontrastivität der TanzMilieus, so dass jeweils Tangoclubs, die den unterschiedlichen Kategorien zuzuordnen sind, besucht wurden. Interviews und ethnographische Beobachtungen wurden beispielsweise im Salón Canning, der der Kategorie ‚klassisch‘ zuzuordnen ist, in La Glorieta de Belgrano (‚offen‘) und La Catedral (‚underground‘) durchgeführt. Alle drei Tangoclubs bzw. -treffpunkte befinden sich in der Hauptstadt Buenos Aires, jedoch in unterschiedlichen Stadtteilen: der Salón Canning ist in Almagro, einem traditionellen Tangoviertel, La Glorieta befindet sich mitten im Park Barrancas in Belgrano und ist für sämtliche Passanten offen 46
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se trifft sich die jeweilige Szene an einem bestimmten Wochentag regelmäßig in einem der Clubs, so dass man sich jede Woche an den selben Tagen an den jeweils ‚angesagten‘ Orten zusammenfindet, wodurch die Szene insgesamt einen ausgeprägt rituellen Charakter erhält. Die zentrale Kategorie, die im Rahmen der Milieu-Analyse ermittelt wurde, kann mit dem immer wiederkehrenden Motiv des Tangos als ‚Umarmung von Fremden‘ erfasst werden. Als grundlegendes Strukturmoment des Tanzes in den Milongas wird von den Interviewten die ‚Umarmung‘ (el abrazo) genannt, womit die engumschlungene Tanzhaltung bezeichnet wird, in der die Tanzenden ‚Bauchnabel an Bauchnabel‘ eine fast intime körperliche Beziehung erleben. Bezeichnend dabei ist nun, dass sich in der Dyade des Tanzes nicht vertraute Personen umarmen, sondern Fremde und dass die sprachliche Kommunikation aus dem Tanz verbannt wird. Diese besondere Eigenschaft der rituellen Form der Milongas ermöglicht nun insbesondere eine Inklusion kulturell fremder Personen und das Beherrschen des Tanzes erlaubt in diesem Sinne, die spezifische Symbolwelt des Tangos zu erleben. In der westlichen Tradition besitzt die Ausdrucksform der ‚Umarmung‘ eine hohe symbolische Dichte: In Platons Symposion, in der Rede des Aristophanes, drückt die Umarmung die Wiedervereinigung der weiblichen und männlichen Hälfte des androgynen Menschen aus, der von den Göttern entzweigeschnitten wurde.26 Im Neuen Testament ist die mit der ‚Umarmung‘ verbundene Semantik, auf die die christliche Liturgie zurückgreift, von außerordentlicher Bedeutung: Die Praxis der Umarmung im Christentum gründet auf der Botschaft Jesu, nach welcher sich Gläubige und Feinde in Frieden ‚umarmen‘ sollen – in diesem Sinne wird mit der Umarmung Brüderlichkeit symbolisiert. Die Aufnahme in die christliche Gemeinschaft wurde dadurch vollzogen, dass Jesus beispielsweise marginale Personen wie Prostituierte, Zöllner, Aussätzige oder Pharisäer in die Arme nahm. Zum Tangotanz gehört die Regel, dass das Tanzpaar während des Tanzens, anders als bei vielen Volkstänzen, sich – wie erwähnt – eng ‚umarmt‘, und dass die Tanzenden sich nicht trennen bzw. loslassen dürfen.27 Aus der Perspektive der Interviewpartner findet in der ‚Umarmung‘ im Tanz eine intensive und intime Kommunikation zwischen einander fremden Partnern statt, die auf Körperlichkeit und Sinnlichkeit basiert. Es ‚sprechen nur die Körper‘ und über das Medium des Tangos ‚treffen sich die Individuen wieder miteinund kostenlos. La Catedral ist in Palermo beheimatet, einem Stadtteil, der Anfang des 20. Jahrhunderts die Grenze zwischen Stadt und Land bzw. Zentrum und Peripherie darstellte. 26 Vgl. Platon: Sämtliche Werke, Bd. 2: Lysis, Symposion, Phaidon, Kleitophon, Politeia, Phaidros, hg. von Ursula Wolf, übers. von Friedrich Schleiermacher, Reinbek: Rowohlt 1991, S. 99ff. 27 Vgl. Jorge Novati: Antología del Tango Rioplatense, Buenos Aires: Instituto Nacional de Musicologia 1980, S. 94. 47
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ander‘. Entscheidend ist dabei, dass die Tanzenden auf jedwede Vermittlungsinstanz wie Familie, Freundeskreis oder politische Vergemeinschaftungsformen verzichten. Soziale Kategorien wie Herkunft, Alter, soziale Schicht, Nationalität etc. – jedoch nicht Gender –, die ansonsten als Mechanismen der In- und Exklusion fungieren, lösen sich auf und die Illusion eines Zusammengehörigkeitsgefühls wird erzeugt. Die gegenseitige Fremdheit innerhalb des Milieus der Milongas wird durch die Verbannung sprachlicher Kommunikation radikalisiert, wobei gleichzeitig mit Hilfe des Rituals des Tangos jene „generalisierte Fremdheit“28 wiederum aufgehoben wird. Weil sich in einem gewissen Sinne in den Tangomilieus der Milongas alle ‚fremd‘ sind und die sprachliche Kommunikation für den intersubjektiven Austausch nicht erforderlich ist, können insbesondere die zwischen den Individuen existierenden kulturellen Grenzen überwunden werden. Der Tangotanz stellt einen Interaktionsrahmen zur Verfügung, der es ermöglicht, einen flüchtigen, jedoch engen und ‚intimen‘ Kontakt mit anderen Tanzenden herzustellen, wodurch dieser Kontakt reglementiert, geschützt und dadurch für die Einzelnen als relativ unriskant abgesichert wird. Aufgrund einer prinzipiellen Unsicherheit, mit der das Individuum in modernen Gesellschaften konfrontiert wird, stellen die Tangorituale einen Rahmen her, in dem soziale Kontakte ohne weitere Verpflichtungen eingegangen werden können, in dem die Geschlechterrollen festgelegt sind und in dem ein Zufluchtsort gewährt wird. „In einer ausdifferenzierten und flexibilisierten Gesellschaft, die eine kohärente Subjektwahrnehmung kaum möglich macht, bietet sich der Tango mit seinem Versprechen auf Kohärenz als das Andere, als Sicherheit und Eindeutigkeit suggerierendes Medium der Sinnstiftung an.“29
Diese Sicherheit resultiert aus der rituellen Ordnung, die in den Milongas etabliert wird.
28 C. Bohn/A. Hahn: Selbstbeschreibung und Selbstthematisierung: Facetten der Identität in der modernen Gesellschaft, S. 33-61. 29 Gabriele Klein/Melanie Haller: Bewegtheit und Beweglichkeit. Subjektivität im Tango Argentino, in: Margrit Bischof/Claudia Feest/Claudia Rosiny (Hg.): e_motion in motion, Jahrbuch Tanzforschung 16, Münster/Hamburg/London: LIT 2006, S. 157-172, S. 169. 48
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D i e S ym b o lw e l t d e s T a n g o s : communio mit internationaler communitas Wie gezeigt werden konnte, sind Rituale der Handlungsmodus der Symbole – sie sind soziale Handlungen, die an den ‚Anderen‘ orientiert sind. Diejenigen ‚Anderen‘ jedoch, die sich im Ritual begegnen, können nicht wie Mitmenschen erfahren, verstanden und behandelt werden.30 Diese ‚Anderen‘, an denen das rituelle Handeln orientiert ist, gehören einer Wirklichkeit an, die sich von der unterscheidet, in der sich der Handelnde befindet.31 Rituelle Handlungen richten sich an die außeralltägliche Wirklichkeit, im vorliegenden Falle an die Welt des Tangos, und wären im Rahmen alltäglicher Interaktion und Kommunikation sinnlos. Sie erhalten ihren Sinn jedoch im symbolhaften Bezug, wobei im rituellen Handeln symbolische Bedeutungen erzeugt und auf Dauer gestellt werden. Die prinzipielle Offenheit des vom Tangotanz ausgehenden rituellen Kontextes ermöglicht die Inklusion von Fremden und erlaubt die Überwindung kultureller Grenzen, wodurch einem internationalen Publikum die Teilnahme an der Symbolwelt Tango eröffnet wird. Eine kulturübergreifende globale Tango-Community basiert auf der inkludierenden Struktur der Tangorituale und der im Tangotanz stattfindenden, nichtverbalen Kommunikation. Im Ritual des Tanzes vereinigt sich die erlebte mit der imaginierten, ‚gewünschten‘ Ordnung im Sinne von Clifford Geertz;32 im Tanzerlebnis wird eine außeralltägliche Vorstellungswelt versinnbildlicht. Was im Alltag vom Individuum als Desintegration empfunden wird, kann in der ‚illusionären‘ Welt des Tangos aufgelöst werden: Innerhalb der argentinischen Gesellschaft, in der die offiziellen Integrations- und Vermittlungsinstanzen ‚gescheitert‘ sind, in der zudem ein hohes Misstrauen gegenüber den anderen Mitbürgern und ein Skeptizismus bezüglich des Projekts der Nation vorherrschen, ermöglicht der Tango den Individuen eine Rückkehr zu ihren kulturellen ‚Wurzeln‘, zu jenem Ausgangspunkt des ‚kulturellen Babylons‘, in eine Zeit, in der sich alle fremd waren und in der sich eine hoffnungsvolle Zukunft ankündigte. Gleichzeitig werden Fremde von außerhalb mit anderer kultureller Herkunft in die Tangowelt eingeladen. Der Musik des Tangos kommt eine spezifische Funktion hinsichtlich ihrer Symbolwirkung zu, da sie die Basis für den Tanz darstellt und die Möglich-
30 Vgl. Thomas Luckmann: Die unsichtbare Religion, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1991, S. 177. 31 Vgl. H.-G. Soeffner: Kulturmythos und kulturelle Realität(en), S. 3ff. 32 Vgl. Clifford Geertz: Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme, Frankfurt a.M: Suhrkamp 1999, S. 78. 49
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keit der nicht-begrifflichen Kommunikation33 eröffnet, die durch den Tanz verstärkt und sozusagen ‚inhaltlich‘ artikuliert wird. „Denn die Musik besitzt wirklich alle Kennzeichen des echten Symbolismus außer einem: Der feststehenden Konnotation [...]. Sie ist ein begrenztes Idiom, wie eine künstliche Sprache, nur noch weniger gelungen; denn selbst auf der Höhe ihrer Möglichkeiten ist die Musik, obwohl unstreitig eine symbolische Form, ein unvollendetes Symbol.“34
Im Tango als Kunstform dient der Tanz, der sich aus der Musik entwickelt, dazu, das unvollendete musikalische Symbol zu vollenden: Indem sie tanzen, artikulieren die Individuen die Gefühle – Melancholie, Traurigkeit, Vergänglichkeit –, die durch die Musik hervorgerufen werden, objektivieren diese und verwandeln sie in etwas Künstlerisches. Hinsichtlich der Verbindung von Musik und Tanz dient die Melodie als Stimulus für die Kreation von Figuren.35 Eine verdichtete Koordination der Tanzenden wird dadurch ermöglicht, dass auf der Basis der Musik Simultaneität der individuellen Bewusstseinsströme erreicht wird; die davon ausgehende motorische Koordination der Tangotanzenden bewirkt eine intensivere körperliche und geistige Verflechtung, die jedoch nicht verbal geprägt ist und einen flüchtigen Charakter aufweist. Die ‚Umarmung‘ als zentrales Strukturmoment des Tangotanzes mit ihrem hochgradigen Symbolgehalt und einer Offenheit der Deutungsmöglichkeiten öffnet die Tür zu einer Vergemeinschaftungsform, in die alle Menschen unabhängig von sozialen Kategorien – Geschlechterkategorien ausgenommen – integriert werden können und mit der die Tanzenden sich einen Ort der gesellschaftlichen ‚Versöhnung‘ schaffen. In diesem Sinne kann die Welt des Tangos als außeralltäglicher Wirklichkeitsbereich36 betrachtet werden, in welchem eine symbolische Ordnung etabliert, strukturell die Überwindung der Fremdheit erreicht wird und das rein menschliche Zusammenleben im Mittelpunkt steht.
33 Vgl. Alfred Schütz: Gemeinsam Musizieren. Die Studie einer sozialen Beziehung, in: ders.: Gesammelte Aufsätze, Bd. II. Studien zur soziologischen Theorie, hg. von Arvid Broderson, Den Haag: Nijhoff 1972, S. 129-150, S. 129ff. 34 Susanne Langer: Philosophie auf neuem Wege. Das Symbol im Denken, im Ritus und in der Kunst, Frankfurt a.M.: Fischer 1965 [1942], S. 235f. 35 Vgl. J. Novati: Antología del Tango Rioplatense, S. 90, S. 96. 36 Vgl. Alfred Schütz: Über die mannigfaltigen Wirklichkeiten, in ders.: Gesammelte Aufsätze, Bd. 1. Das Problem der sozialen Wirklichkeit, hg. von Maurice Natanson, Den Haag: Nijhoff 1971, S. 237 ff.; Jochen Dreher: The Symbol and the Theory of the Life-World. The Transcendences of the Life-World and their Overcoming by Signs and Symbols, in: Human Studies, 26, 2 (2003), S. 141163. 50
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Die illusionäre, immer wiederkehrende ‚Verbrüderung‘ mit Fremden erzeugt rituell für die Tanzenden eine Wirklichkeit, in der das erreicht wird, was im alltäglichen Leben der argentinischen Gesellschaft nicht möglich ist. Das auf sich selbst gestellte, gegen die ‚Ohnmacht‘ des Staates kämpfende Individuum, dem vielleicht nur noch die Familie letzte Zuflucht bietet, erlebt in jenen Milongas eine besondere Gemeinschaft, in der es nicht diskriminiert oder marginalisiert wird. Strukturanalog zur ‚Umarmung‘ der christlichen Liturgie, mit der auch die Inklusion von marginalisierten Personen und Feinden in die christliche Gemeinde repräsentiert wird, wird die Aufnahme in eine menschliche Gemeinschaft mit der ‚Umarmung von Fremden‘ in der Welt des Tangos ermöglicht. Die spezifische Problematik des Versagens gesellschaftlicher Instanzen in Argentinien, die von den Individuen als Desintegration und Unsicherheit empfunden wird, ist so in der ‚Scheinwirklichkeit‘ der Welt des Tangos aufgehoben. Es kann davon ausgegangen werden, dass Tango eine ähnliche Wirkung auf internationaler Ebene erzeugt. Im Zusammenhang mit Globalisierungsprozessen in modernen Gesellschaften wirkt er durch sein symbolisches Potential Desintegrationsphänomenen entgegen, indem er durch die Etablierung einer außeralltäglichen Wirklichkeit ein Vorstellungsgebilde erzeugt, das in der Lage ist, konkrete Tango-Communities zu etablieren, an denen Tänzerinnen und Tänzer weltweit teilnehmen und ihre persönliche Identität in Bezug zur Tangosymbolik definieren. Die von dieser Symbolik auf der Basis der ritualisierten Tanzveranstaltungen ausgehende communio37 erschafft eine global existierende communitas38 nicht nur innerhalb der Tangoszenen in Argentinien, sondern in zahlreichen Kulturen weltweit.
37 Mit dem Begriff der communio bezeichnen wir die rituelle Handlung, die durch eine besondere Form der symbolischen Verdichtung communitas stiftet. Im Falle des Tangos wird communio durch die Umarmung realisiert. 38 Victor W. Turner unterscheidet zwei Modelle menschlicher Sozialbeziehungen, die nebeneinander bestehen und einander abwechseln: Zum einen betrachtet er die Gesellschaft als strukturiertes, differenziertes und oft hierarchisch gegliedertes System politischer, rechtlicher und wirtschaftlicher Positionen, zum anderen können soziale Beziehungen eine unstrukturierte oder rudimentär strukturierte und relativ undifferenzierte Form einer vom Bereich des Alltagslebens zu unterscheidenden Gemeinschaft annehmen, die er mit dem Begriff der communitas kennzeichnet (vgl. V.W. Turner: Das Ritual. Struktur und Anti-Struktur, S. 96f.). 51
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Insbesondere die Aufnahme neuer Mitglieder in die Gemeinschaft39 der Tangotanzenden weist Parallelen zum Eintreten in die ‚religiöse‘ Gemeinschaft beispielsweise des Christentums auf, wie in den Gesprächen mit den Milongueros zum Ausdruck kommt: Wiederkehrende Strukturmomente der Aufnahme in die Tangogemeinschaft quasi-religiöser Ausprägung können folgendermaßen rekonstruiert werden: Eine Person als potenzielles Mitglied hat sich selten oder nie für den Tango und die Milongas interessiert, fand diese sogar „schrecklich“ und lehnte sie ab. Ein Freundin oder ein Freund bestehen jedoch darauf, dennoch gemeinsam eine Milonga zu besuchen. Das skeptische und potenzielle Mitglied der Tango-Community lässt sich überreden und besucht eine Milonga, in der jeweils vor der eigentlichen Veranstaltung Tanzunterricht angeboten wird. Die Person probiert und der Lehrer, der Eingeweihte, warnt sie: Wenn du weiter machst, wirst du diese Tangowelt nie wieder verlassen können, wobei eine besondere Magie von der Milonga ausgeht. Der Neuankömmling beginnt, dieses Milieu zu erleben und ist von dieser, bisher für ihn unentdeckten, Welt fasziniert. Es erfolgt die Offenbarung transzendenter, nicht alltäglicher Wirklichkeiten, an die geglaubt wird, und das Heilige der Tangowelt gerät für ihn in Reichweite. Nach regelmäßiger Teilnahme an den Milongas erfolgt die Initiation, die Aufnahme in eine Gemeinschaft. Der Wunsch, die Kunst des Tangotanzens zu erlernen, geht mit der Konversion einher, der Bekehrung zu einem ‚Glaubensparadigma‘ der Sinnlichkeit, in dem alle Menschen gleich sind und sich ‚umarmen‘ und in dem die rein menschliche Kommunikation entscheidend ist. Die Gemeinschaft der Milongueros besteht aus einem Mitgliederkern, den Gläubigen, die tagtäglich mit dabei sind, da an jedem Wochentag eine Milonga-Veranstaltung in einem anderen Tangoclub angeboten wird. Durch Freude, Neugier, Begeisterung, aber auch Disziplin und regelmäßige Praxis des Tanzes, ähnlich den Exerzitien der katholischen Kirche (Exercitia spiritualia), werden Zeiträume geschaffen, in denen sich einzelne Gläubige auf die Grundlagen des religiösen Lebens besinnen, sowie die dazu erforderlichen Praktiken erlernen können, die meist unter Anleitung eines Exerzitienmeisters, des entsprechenden Tangolehrers bzw. der entsprechenden Tangolehrerin durchgeführt werden. In diesem Sinne gelingt es den Gläubigen, so die Überzeugung, durch die Kenntnis der rituellen religiösen Praxis ihr ‚authentisches Ich‘ sowie den ‚authentischen Anderen‘ zu erfahren. Die Praktiken und der Sinn des Tango39 „Zu diesen Tanzgemeinschaften gehören diejenigen Menschen, die die Sprache eines Tanzes verstehen. Diejenigen hingegen, die Verständigungsschwierigkeiten haben, sind aus dieser Gemeinschaft ausgeschlossen oder in ihr diskriminiert. Das Verstehen des Tanzes meint sowohl die Fähigkeit, mit Tanz etwas ausdrücken zu können als auch die Fähigkeit, den Ausdruck des Anderen zu verstehen.“ (Gabriele Klein: Tanz – eine universelle Sprache? Über Möglichkeiten und Grenzen interkultureller Verständigungen im Tanz, in: tanzdrama, 34 (1996), S. 13). 52
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tanzens werden durch die Eingeweihten, die Tangolehrerinnen und -lehrer, performativ und symbolisch mit Hilfe zahlreicher Metaphern und ‚Bilder‘ an Tangoschüler vermittelt. Jedoch bleiben zahlreiche Aspekte der Tangopraxis verbal unerklärbar und können nur ausschließlich durch weitere Praxis subjektiv erlebt und verstanden werden. Die Vielzahl von Tangoreisen aus unterschiedlichsten Ländern nach Argentinien können als eine Art ‚Pilgerfahrt‘ zu den heiligen Stätten, in denen der ‚wahre Tango‘ praktiziert und gelehrt wird, verstanden werden. Die Meister des Tangos wiederum – Lehrerinnen und Lehrer des Tango Argentino – ‚missionieren‘ rund um die Welt und bringen fremden Kulturen Tangotanzen bei. Die in den Milongas praktizierten rituellen Handlungen verfolgen für das alltägliche Leben der Individuen prinzipiell keinen Zweck, der Zweck der Tangorituale ist unmittelbar auf den Heiligen Kosmos40 der Welt des Tangos gerichtet, den die Milongueros erreichen möchten. Um die über das Symbol des Tangos ausgehende Vergemeinschaftung mit kulturübergreifender Wirkung betrachten zu können, müssen grundsätzliche Überlegungen hinsichtlich der Wirkungsweise symbolischen Handelns angestellt werden. Im Sinne von Hans-Georg Soeffner muss diese Art von Handeln als Arbeit am Widerspruch verstanden werden – Symbole können Unterschiedliches in sich aufnehmen und miteinander verknüpfen, „sie repräsentieren gleichzeitig einen punktuellen Widerspruch und den Prozess seiner Überwindung.“41 Das Symbol, das die Menschen einer Gruppe verbindet, muss alle Spannungen, Widersprüche und Differenzen der Gruppierung enthalten, wobei durch deren Versinnbildlichung eine Überwindung dieser Unterschiedlichkeiten angestrebt wird. So verschiedenartig sich die Mitglieder der Tangogemeinde präsentieren, aus unterschiedlichen Kulturen und sozialen Schichten stammend mit ausgeprägten Altersdifferenzen: Das Symbol der Kunstform des Tangos ermöglicht den Tanzenden eine ‚Vereinigung‘ und vermittelt ihnen ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Von seinem Ursprung her entstand der Tango im ‚babylonischen‘ Buenos Aires Anfang des 20. Jahrhunderts, in einer Zeit, in der die Migrantinnen und Migranten aus den unterschiedlichsten Kulturen in erster Linie untereinander fremd waren und die Problematik vorherrschte, kulturelle Differenzen überwinden zu müssen. In der heutigen Zeit ermöglicht das Symbol des Tangos aufgrund der Offenheit seiner rituellen Form – wie gezeigt werden konnte – die Inklusion kulturell Fremder, die nach Argentinien ‚pilgern‘ und in die Gemeinschaft der Milongueros aufgenommen werden können. Dieses spezifische integrative Potential des Tangos ist auf seine Wirkungsweise als Kollektivsymbol zurückzuführen.
40 Vgl. T. Luckmann: Die unsichtbare Religion, S. 146ff. 41 H.-G. Soeffner: Zur Soziologie des Symbols und des Rituals, S. 199f. 53
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Das Kollektivsymbol ist prinzipiell in der Lage, die unterschiedlichen Kulturen, Traditionen, Überzeugungen, Glaubensvorstellungen und Hoffnungen der Menschen, die einer sozialen Gruppierung zugehören, miteinander zu verbinden. „Die in symbolischen Handlungen und Deutungen eingelassenen Lösungen enthalten Probleme und Widersprüche ebenso wie deren Harmonisierung und die ‚Überhöhung‘ der Lösungen: der sich etablierenden kollektiven Überzeugungen.“42
In diesem Sinne versinnbildlicht das Kollektivsymbol des Tangos gleichzeitig die ausgeprägte Individualität der Tanzenden und eine hochgradige, nahezu intime (jedoch flüchtige) Vergemeinschaftung mit dem jeweiligen Anderen, extreme Fremdheit und höchste Nähe, Flüchtigkeit bzw. Vergänglichkeit und ‚ewige Gemeinschaft‘ – diese Widersprüche werden aufgrund der Wirkungsweise des Kollektivsymbols des Tangos harmonisiert. Eine egalitäre menschliche Gemeinschaft, eine essentielle und generelle menschliche Beziehung43 der Tangotanzenden wird durch die rituell etablierte Symbolwelt des Tangos erzeugt, die als Wirklichkeit Anerkennung findet und communitas stiftet.
Literatur Bohn, Cornelia/Hahn, Alois: Selbstbeschreibung und Selbstthematisierung: Facetten der Identität in der modernen Gesellschaft, in: Willems, Herbert/ Hahn, Alois (Hg.): Identität und Moderne, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1999, S. 33-61. Dreher, Jochen: The Symbol and the Theory of the Life-World. The Transcendences of the Life-World and their Overcoming by Signs and Symbols, in: Human Studies, 26, 2 (2003), S. 141-163. Ders.: Symbolische Formen des Wissens, in: Schützeichel, Rainer (Hg.): Handbuch der Wissenssoziologie und Wissensforschung, Konstanz: UVK 2007, S. 463-471. 42 Hans-Georg Soeffner: Der fliegende Maulwurf (Der taubenzüchtende Bergmann im Ruhrgebiet), in: ders. (Hg.): Die Ordnung der Rituale. Die Auslegung des Alltags II, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1995, S. 130-156, S. 156; vgl. Jochen Dreher/Silvana K. Figueroa: Tracing Symbols. The Hermeneutic Analysis of Paradoxical Constructions within Argentine Collective Symbolism, in: Cor van Dijkum (Hg.): Recent Developments and Applications in Social Research. Proceedings of the 2004 Sixth International Conference on Social Science Methodology (ISA), Amsterdam: SISWO 2004, S. 1-11; Jochen Dreher: Symbolische Formen des Wissens, in: Rainer Schützeichel (Hg.): Handbuch der Wissenssoziologie und Wissensforschung, Konstanz: UVK 2007, S. 463-471, S. 469. 43 Vgl. V.W. Turner: Das Ritual. Struktur und Anti-Struktur, S. 96. 54
ZUR RITUELLEN ÜBERSCHREITUNG KULTURELLER GRENZEN
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JOCHEN DREHER / SILVANA K. FIGUEROA-DREHER
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Ex pe rie nc ing Ta ngo a s it goe s globa l: Passion, Ritual and Play 1 ELIA PETRIDOU
Introduction In an interview of the Argentine singer Daniel Melingo in The Independent, tango is presented as a way of life: “Makaroff [Melingo’s producer] leans forward conspiratorially. ’Tango, my friend, is cocaine, women, horse racing and whisky.‘ Melingo makes a broad sweep with his hand and grins raffishly, the vagabond poet of a new, 21st century tango readying to take the stage. ’And a good tango neighbourhood will have all these things on tap... a hundred yards from home‘.”2
This male-centred discourse with references to women, cocaine, horse racing and alcohol associates tango with life in the arrabal (neighbourhood). It is a discourse that draws elements from the history of tango and its lyrics, one that conceives of tango as the experience of certain histories and geographies of Buenos Aires. As a result of the renewed interest in the tango that began in the 1980s, Buenos Aires has become a pilgrimage destination for thousands of tourists in search of ’authentic‘ ways of experiencing tango. The arrabal, often in the form of place names, streets and cafés mythically described in tango lyrics, 1
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Friends and colleagues contributed in various ways in the production of this paper. Namely, I wish to thank Marta Savigliano, Panos Panopoulos, John Higgins, Irene Loutzaki, Aris Negrosol, Kornilia Chatzimasoura, Nikos Marketos, John Kafritsas, Adriana Pegorer, Ageliki Koufou and Nikos Bubaris, as well as the friends from tango who provided long hours of conversations. Tim Cumming: Daniel Melingo: The man who’s making tango seriously cool, in: The Independent, 4.04.2008. 57
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has played a significant part in shaping the tango imagination. In a parallel process of attributing meaning to tango, hundreds of local venues (milongas) where social tango is performed have emerged worldwide as material manifestations of understandings of the tango experience. Living and dancing in Athens, one part of this world where tango has disseminated and is performed at a milonga almost every day, I have often wondered about what kind of experience it is to be dancing tango seven thousand miles away from Buenos Aires. What kind of context does tango provide for dancers, what kind of meanings are attached to going to a milonga in Athens? What kind of discourses construct tango as experience and how do they become manifest? Although this work is mainly the result of interviews and participant observation in Athenian milongas, it strongly reflects my personal history in tango, the routes I have taken and the people I have met. It reflects a decade of dancing tango in London and Athens, of experiencing tango festivals in various countries, visiting Buenos Aires multiple times, as well as DJing and organizing a milonga in Athens. Tango provides a framework for traveling, for making friends around the globe, or, as is the case with Buenos Aires, a reason for short time migration. In addition to physical movement, the internet, through various sites, blogs and chat lists, is a source of various tango representations worldwide. What this work reflects is that people, ideas, music, techniques, information, stories, material objects constantly circulate and constitute a network of dynamically linked social relations and sites. As tango travels, discourses emerge and materialize in ways that transcend specific locations, construct them and are constructed by them. My aim is to examine how these flows organize different sets of knowledge (discourses) about tango that are expressed and materialized through various fields such as the body, music, clothes, words, objects, audio-visual media. These discourses are ways of describing, talking and thinking about tango, which constitute social relations and relations of power. Following the way tango is performed and talked about and focusing on the distinctions tangueros/as make between different forms of tango dance, music, social codes in the milonga, even clothing, I identified three discourses that construct tango as a certain kind of experience. In the first discourse, tango is about the performance of ’passion‘, display and glamour. This discourse is mainly promoted through the tourism and culture industries. The second goes beyond the stereotypical image of tango and is structured around the search for authenticity in ritualistic terms. In the third discourse, tango becomes a medium of innovation, fun and play revolving around the concept of a ’freed‘ body.
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Tango as Passion For the cultural tourist, for the spectator of tango films and shows, for the tourist of Buenos Aires, tango is ’passion‘.3 At least, this is how it is packaged and delivered by the tourism and culture industries. Passion is encoded in the style of dancing and the music, and is materialized in the dress, the shoes, the setting of the scene, the souvenirs. The aesthetics of passion are ubiquitous and signified by two dominant colours: the red and the black. Sex, violence, danger and desire are all conveyed through red and black, and they invoke tango’s myth of origin: the brothel. The myth is performed everyday in a variety of settings: from the tourist streets of San Telmo and Florida in Buenos Aires to tango performances around the globe. In an insightful essay entitled Cinematic Sex Tours4, Marta E. Savigliano focuses on films of international circulation, such as The Tango Lesson5 by Sally Potter and Tango, no me dejes nunca6 by Carlos Saura, to deconstruct the notion of passion in tango by locating the elements that structure it. For the prota-gonists, women writers lacking inspiration, or middle-aged men in broken marriages leading conventional lives, tango represents the temptation to let their desire free and drift into the dangers of the unknown. Tango as passion involves transgression, an adventurous but risky exploration of ethical limits, a dangerous play with the dark side of desire. Apart from films, tango as passion has been mainly promoted by the glamorous tango shows that tour around the world. In these shows, professional dancers have played a significant role in establishing the aesthetics of the male and the female tango dancer. On the stage, tango dancers perform intricate steps and figures of high complexity and technical difficulty requiring perfect balance, agility and precision. The dancing corresponds to a dramatic music played by a live orchestra with profound changes of rhythm and a rapid succession of moods designed to create moments of emotional intensity. The dress aesthetics derive from a combination of the image of the brothel with the elegance of ballet. The tango ballerina typically dressed in red and black, wears a revealing slit dress, fishnet tights, T-shaped high-heeled shoes, her hair in a bun. The male tango dancer is typically expressed through the com-
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See Marta E. Savigliano: Tango and the Political Economy of Passion. Boulder: Westview 1995. See Marta E. Savigliano: Cinematic Sex Tours, in: idem: Angora Matta. Fatal Acts of North-South Translation, Middletown, CT: Wesleyan 2003. The Tango Lesson, directed and written by Sally Potter, starring Sally Potter and Pablo Verón, Argentina/France/Germany et al.: Sony Pictures Classic 1997. Tango, no me dejes nunca, directed and written by Carlos Saura, starring Miguel Angel Solá, Mia Maestro and Cecilia Narova, Argentina/Spain: Sony Pictures Classic 1997. 59
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bination of black and white colours (e.g. the two-toned shoes, the compadrito’s white neckerchief) as well as a hat, braces, and slicked-down hair. Similar aesthetics are encountered in tourist souvenirs and postcards. The most common representation of tango is the dancing couple, a man and a woman involved in a sexy game of power. Their dancing position is suggestive of varying degrees of sexual vulgarity. A typical depiction is that of the woman extending her leg between the legs of the man, her body standing or abandoned in his arms, their faces and lips at close proximity. This standard position, which circulates internationally, features in advertising leaflets of shows, street or stage performances, tango lessons and other tango related events. Tango’s recent revival has been driven by the aesthetics of tango as passion, objectified in the music, the dance and the dress code that the tourism and culture industries have proliferated. In Greece, tango started to spread at the end of the 1990s mostly among the younger generations who were brought up knowing tango as tangó (which indicated the Parisian influence in the Greek bourgeois circles in the 1930s). In the 1990s, in order to draw a line of distinction from the older generation, the younger tangueros/as shifted the accent from tangó to tángo. In the process of establishing a tango scene in Athens, the many tangueros/as created and experienced tango according to the aesthetics of passion and display. The most characteristic materialization of this discourse was actualized by a young Argentine who founded a tango school and organized a variety of other tango-related activities including a milonga. According to his students’ accounts, he always appeared well dressed in suit, braces and a tie and his students went to the classes formally dressed. He blended glamour with images of Argentina creating a feeling of nostalgia. The venues he organized (be it a party, a milonga, and more recently an Argentine restaurant) resemble theatrical scenes: heavy curtains and old furniture of purple and gold materials, chandeliers, candlesticks, showcases with old photographs, LPs, shoes and other objects conveying a past bourgeois way of life. On the walls of the restaurant, photographs of Carlos Gardel and Eva Peron add a touch of authenticity; the tables are named after renowned tango musicians of the ’Golden Age‘ (1930s-1950s). Milongas objectified the idea that tango was the experience of performing on a theatrical stage. The aesthetics of passion and display that gave tango its meaning were materialized in the milonga in the style of dancing, the choice of music, and the dress outfits of the dancers. With regard to the style of dancing, stage tango determined the expectations of the aspiring tangueros/as who were eager to learn stage figures and complicated steps. These expectations were easily met: In the 1980s and 1990s, tango was taught primarily by professional dancers of the stage. As 60
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tango in Argentina was in decline and the dictatorship heavily restricted their chances to find a job, tango performers toured around Europe and gave classes. In the Athenian milongas at the end of the 1990s, tango was almost exclusively danced as a sequence of steps enriched by plenty of decorations, ganchos and boleos. In order to perform these steps, dancers would use an open embrace. This style of dancing requires concentration on the technique and the execution of steps. It is a style used by a variety of dancers in the milonga (professionals and amateurs, some old dancers but mostly newcomers) who approach tango as an experience of display and as a performance of the fantasy of the stage. In the early years of the tango revival in Athens, the music played by DJs at the milongas was generally what I would call ’dramatic‘. Late Osvaldo Pugliese, few pieces of Astor Piazzolla, but mostly more recent orchestras (e.g. Color Tango, Sexteto Mayor) were at the top of the preferences together with soundtracks from tango shows and films. Old Tangos from the ’Golden Age‘ were also played, but those CDs were more difficult to acquire than the more recent recordings. As a result, the choice of tango music also became part of shaping tango as staged performance. The most impressive objectification of the discourse of tango as passion and display was the choice of the clothes of the new tangueros and especially tangueras. Women dressed almost exclusively in black evening dresses, wearing pearls, gloves, even hats in certain occasions, fishnet tights, and a variety of red accessories such as tango shoes, roses, scarves, etc. Men appeared in braces or waistcoats, some of them wearing white neckerchiefs and shiny black or black-and-white shoes. Wardrobes changed and began to accommodate a special section of mainly black clothes for tango. Many of the tango dancers that I interviewed agreed that the milonga became the place where you could wear things that you always dreamt of but could wear nowhere else. The aesthetics of the discourse of passion acquired a material form also in the work of the Greek artist and tango dancer Roubina Sarelakou. In her paintings and photographs7, tango is identified by the red rose, the black lace on a white background, the black garment with pearls, women’s laced boots. In the eyes of the artist, tango seemed to relate to narcissism, romanticism, a sense of times past, a feeling of nostalgia, a woman wearing her black dress in front of her mirror.
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Roubina Sarelakou: tango, album of her works exhibited in the gallery Eikastikos Kyklos, Athens: FmRecords 2005. 61
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Tango as Ritual “I don’t want to impose me on the tango, but go there and silently let the tango impose itself on me. […] It is not a contest between me and my partner, it is not a display for the rest of the world […].”
With these words, an old tango friend from London expressed how he felt when he danced tango. He added that this feeling was the result of a process, and that this was not the way he experienced tango when he started to learn in the mid 1990s. This is a well-known story among tangueros/as: the story of the gradual demystification of the ’passion‘ and glamour of the stage and a realization that the tango representations mediated by the culture industry were far from the way tango was danced in the milongas of Buenos Aires. This process of demystification involved the deconstruction of one myth (the search for the exotic) and its replacement by another (the search for the authentic). The new understanding of tango was structured on the distinction between ’stage tango‘ and ’social tango‘, the former identified with showy figures and big steps, recently recorded music with dramatic changes of rhythm, and a glamorous dress, while the latter was defined in opposition to those elements. In need of a term that would attribute the meaning of social tango as opposed to stage tango, the new discourse of authenticity accommodated comfortably the concept of estilo milonguero. The milonguero style has been widely used outside Argentina to refer to a dance of a close embrace, a variable degree of forward leaning of the partners towards each other (apilado), and the execution of small steps. The term is attributed to the tango teacher Susana Miller who coined it in the 1990s, probably aiming to differentiate between stage and social tango.8 Although the term milonguero became meaningful for foreigners, for the old milongueros/as in Buenos Aires the term was inappropriate:9 “Since 1870, all the natural tango dancers in all the styles were called ’Milongueros‘. That’s why the old milongueros smile when they hear the phrase, ’estilo milonguero‘. Cordially, 8 9
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See Christine Denniston: The Tango Renaissance, 2003: http://www.history-oftango.com/tango-renaissance.html (27.02.2008). There is a reference to the Argentine tango instructor Maria Cieri explaining why it is a misrepresentation to identify milonguero with apilado. She argues that tango apilado was a style danced in the crowded cafés del centro of Buenos Aires, where rich boys who were looking for easy ’pick-ups‘. These places were avoided by the milongueros. See The ’Villa Urquiza‘ style: http://www.thetangosite.com/wordpress/?p=4 (27.02.2008).
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Ruben ’Milonga‘, Milonguero Ex-Professor of the ’Universidad del Tango de Buenos Aires‘.”10
What is more, as Christine Denniston records, people who have been dancing since the 1940s, have younger dancers accusing them of not dancing the ’real‘ tango as they do not dance in the style called estilo milonguero.11 For members of the Greek tango community at the end of the 1990s, tango milonguero became a symbolic term that stood for something more than a tango style: It became part of the mission to create in Athens an ’authentic‘ milonga similar to the milongas of Buenos Aires. It became the cornerstone of a discourse about ’authentic‘ tango in which the milonga was associated with the experience of emotion, a sense of collectiveness and sacredness, and a process of transcendence. The notion of sacredness in a Durkheimian sense highlights the experience of tango as a sense of collectiveness, as a form of transcendence that goes beyond the individual. For this transcendence to take place a particular style of dancing is required, a certain kind of music and setting, and the presence of others who share common values and codes. The dance, the music and the presence of others all together create the necessary conditions in a milonga that enable this transcendence to take place. In this setting, hierarchy, rituals, codes, respect for others and respect for tradition are of particular importance. Dancing styles, music and behaviour that go against certain understandings of tradition and authenticity are perceived as showing lack of respect and hindering the experience of transcendence. They are considered inappropriate, profane, polluting. In this discourse, the essence of tango, its ’trueness‘ and ’authenticity‘, is captured by the term milonguero, which stands for an understanding of tango as social dance. As a dancing style, the term refers to the necessity of occupying limited space on the dance floor and the avoidance of big showy steps. As opposed to the spaciousness of the stage, where big steps can be performed, in the crowded milongas the social tango is understood as a dance of a close embrace because the chest-to-chest contact of the dancers limits the possibility for complicated display figures and privileges a reserved walking to the music. The emphasis is shifted from technical skills of display toward a harmonious response to the music. This harmony is the result of the good ’matching‘12 of the dancing couple, the absolute connection of their bodies, 10 http://pythia.uoregon.edu/~llynch/Tango-L/ (27.02.2008). 11 See Christine Denniston: The Meaning of Tango. London: Portico Books 2007, p. 200. 12 ’Matching‘ is a constitutive element of the sense of community that involves a shared experience of understandings and worldviews. See Panayotis Panopoulos on the concept of ’matching‘ applied on the performance of improvised singing 63
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their ’matching‘ in the interpretation of the music and the experience of emotion. What is considered to be polluting (profane) and threatening to the ’positive energy‘ in the milonga that is required for the process of transcendence, is the execution of figures by dancers who wish to show off either to their partner or to others. Dancing for display is considered a narcissistic expression of individualism that can be distracting and dangerous to other dancers. Dancing behaviour that does not show respect and is regarded as profane includes showy figures, ganchos and high boleos, breaking the line of the dance (dancing should be done in a circle, anti-clockwise), etc. In the Athenian dance scene, the term tangouró (i.e. ’tangaroo‘, a tango kangaroo) would occasionally be used to indicate a dancer with a proclivity to jumping that reminds stage tango. Based on constructions of authenticity that privilege milonguero style as tango’s ’truest‘ expression, the epitome of tradition was considered to be canyengue, a dancing style that predated even the oldest generation of the living milongueros in Buenos Aires. As it is presently understood, in canyengue, the dancers lean heavily on each other in an absolute body connection and do simple small walking steps; there are no crossings for the woman. Canyengue is danced to the highly rhythmic music of the late 1920s. Most probably due to the increasing demand by foreigners looking for the most ’authentic‘ tango style, canyengue has been revived, almost reinvented, and has entered in the menu of tango courses offered for instruction. The mission of creating an ’authentic‘ milonga meant a choice of music that was danced by the milongueros of Buenos Aires, that is the music of the ’Golden Age‘ of tango. As a DJ, I had a personal experience of how the mission took effect. The idea was that the music of the ’Golden Age‘ required a trained ear; it was a music that had to be learned and conquered. The mission of the DJ was to ’educate‘ and not play the ’easy‘ material most newcomers in tango would like to dance to. Under ’easy‘, were classified the tangos that became popular through the film industry (such as the tango played at the film Scent of a woman13 or through the tango shows (such as the music recorded for the performances of Tango Argentino, Tango x Dos, etc.). The ’easy‘ on a Greek island. In his ethnography, he uses the Greek concept of ’paréa‘ (companionship) to refer to the closed and inaccessible group of male participants that emerges through the performance of singing. See Panayotis Panopoulos: Το τραγούδι ως συµβολική πρακτική. ταυτότητα, κοινωνικό φύλο και κοινότητα στην προφορική ποίηση της ορεινής Νάξου (Singing as symbolic practice. Identity, social gender and community in the oral poetry of mountainous Naxos), unpublished Ph. D. thesis, Mytilene: University of the Aegean 1997. 13 Scent of a woman, directed by Martin Brest, written by Bo Goldmann, starring Al Pacino, Chris O’Donnell, James Rebhorn et al., USA: Universal Pictures 1992. 64
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category would even include the music of Piazzolla and most of the music after the 1960s, which has become known to a wide audience and which is considered in this discourse to be non-danceable in the context of a milonga. If, however, a danceable piece of tango music other than that of the ’Golden Age‘, found its way to a DJ’s repertoire, it would be played only in one tanda14, for spice. Tandas and cortinas were another ritual imported from Argentina15 that contributed to making the milonga a highly structured experience. Besides the dancing style and the music, the discourse of authenticity is also expressed through the dress code. It is shared knowledge among the more experienced dancers that the clothes that are stereotypically associated with tango through the tourism and culture industries are not appropriate for the initiated dancer. The glamorous outfits, slits, fishnets, beads and combinations of black with red (for women) or black with white (for men) suggest consumption of the tango stereotype. The following comment on the dress code appears on Cherie Magnus’16 tango blog: “If you are dancing in a tango show on stage, then these costumes below are perfect. But if you wear them to a milonga, everyone will know you are a beginner. Professional dancers don’t come to a milonga dressed like this; they save it for the stage. Without seeing you dance, experienced tangueros can tell by looking at you what level your dancing is at. The First Stage is the eager and naïve beginner, who wears what he happens to find in his closet. Then comes the Second Stage, the full-blown, Look at me, I am a tango dancer! who buys lots of special shoes and clothes – men black shirts, women beads, sequins and fringe, short skirts with high slits – attempting to dance every dance at every milonga. The Third Stage experienced dancer dresses conservatively with elegance and dances only when he or she chooses to, letting the dancing speak and not the clothing. […] And men, those two-toned shoes you bought in Buenos Aires? Sorry but they just scream Tourist.”17
14 Tanda is a set of usually 3-5 tangos, milongas or valses of similar sound/orchestra that are played together. The beginning and the end of the tanda is indicated by a cortina, a short musical theme, usually not a tango. 15 In most Argentine milongas, at the end of the tanda, dancers return to their table and prepare for the next set, while cortinas provide necessary the time for this to happen. In Greece, however, most dancers stand, move around and don’t sit at a fixed location. When cortinas were firstly introduced, dancers would wait on the floor for 40 seconds, looking awkwardly around, puzzled and bored, until the next set started. 16 Cherie Magnus is a Californian expat, who lives in Buenos Aires. 17 NO TE LO PONGAS! or WHAT NOT TO WEAR TO A MILONGA: http://tangocherie.blogspot.com/2007/03/no-te-lo-pongas-or-what-not-to-wear-to.html (28.02.2008). 65
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Beside the three aspects of the discourse of authenticity, i.e. the style of dancing, the choice of music and the dress code there is another important characteristic that relates to the notion of sacredness: the emphasis that is given to tradition, codes, rules, rituals and hierarchy. Knowing the rules and the codes distinguishes the older tangueros/as from the newcomers, thus creating a hierarchy between those bearing the knowledge and the non-initiated. Rules pervade all aspects of behaviour: when and how to ask someone to dance, how to move around the dance floor, when to talk and when to keep silent, not to experiment on the practicing of steps in the milonga, not to stop dancing with a partner before the tanda is over, not to interrupt a couple when dancing, and so on. Most of these rules contribute to the creation of what some tangueros/as called ’positive energy‘. The experience of emotion and transcendence requires silence; a basic rule in tango is not to talk when you dance but only at the intervals between two tangos. Comments expressed while dancing upon the unsuccessful execution of a step are thought to create negative energy. This comment from the tango blog Ask Maleva: a tango advice column makes reference to silence as part of tango’s etiquette: “[…] talking (aside from a word or comment once in a while) is a tango faux pas, whether it is a blow-by-blow reaction to the steps you are leading, or a running commentary on what is going on in the room around you, or a one-sided discussion on the particular orchestra that is playing, off-topic from tango altogether. Ladies – No Talking! I find there is a fairly easy way to deal with the talkers – don’t answer back.”18
While dancers are expected to dance in silence, they are also expected to have a serious facial expression or a slight smile revealing pleasure. Women often have their eyes closed, or fixed somewhere near their partner.19 They are certainly not supposed to look around searching for the next partner to dance with or for the gaze and admiration of spectators. It is therefore considered intrusive (polluting) to hear clapping. A central element of the discourse of sacredness is the idea that tango requires initiation, and that initiation is a slow, painful process. It takes time to learn how to walk, which is considered to be the simplest element of this dance but the most essential. Tango teachers are praised when they insist on the walk and not give in to beginners’ demands for fancy figures. In Dennis18 Ask Maleva: a tango advice column: http://www.close-embrace.com/maleva archive/talkingandhumming.htm (3.03.2008). 19 See Kornilie Chatzimasoura on the gaze in tango as a medium of communication and sharing of emotion among the dancers. Kornilia Chatzimasoura: Danser les yeux fermés, in: CORPS - écrire le corps, revue interdisciplinaire, Paris: éditions dilecta (forthcoming). 66
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ton’s website, there is a reference to an incident that happened in the class of two masters of the older generation of milongueros in Argentina: “A friend of mine tells me that she went to Miguel and Nelly’s classes with her boyfriend of the time. After a few months he said to Miguel, ’When are you going to teach us some steps?‘ Miguel said, ’When you’re ready. You’re not ready.‘ The boyfriend protested and picked up my friend to show some of the steps another teacher had already taught him. Miguel threw him out of the class.”20
There is something ascetic (a ritual of initiation perhaps) about the idea that learning tango means repeating walking exercises for several months. Similarly, learning to appreciate and interpret the music of the ’Golden Age‘ takes time. A full knowledge of the music is crucial to understand the milonguero who takes long pauses and dances to the phrases of the tango, not rushing to step on every beat. This section focused on the construction of tango as a collective experience of authenticity and transcendence. The next section deals with a different discourse, which constructs tango as an experience of freedom and play. It also includes a presentation of the controversy between tango milonguero and tango nuevo, and the way each one was seen from the viewpoint of the other.
Tango as Play The last decade witnessed the emergence of a new style of tango music and dance. It is widely referred to as tango nuevo, a term which has admittedly caused confusion due to its all-encompassing signification of various kinds of tango dance and music, the latter extending from the end of the 1950s until today. The term tango nuevo strictly refers to the turn in the history of tango that Piazzolla brought about in the 1960s. However, in reference to music for tango dancing, nuevo has been loosely used to refer to music starting from Piazzolla or even late Pugliese up to the recently emerging electrotango, tango fusions with rock, jazz, hip hop, rap, flamenco, and occasionally even to non-tango music. As a style of dancing, the emergence of tango nuevo is associated with the Cosmotango pioneers Gustavo Naveira and Fabian Salas among others. According to Denniston,21 as a dancing and teaching style, tango nuevo22 20 C. Denniston: The Tango Renaissance. 21 Ibid. 22 Occasionally, the term neo tango is used alternatively for nuevo tango (see e.g. Sharna Fabiano: The Rise of Neo Tango Music, 2003: http://www.neotango. com/ar-neotango.html (10.03.2008)). Neo tango is presented as a modern inter67
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involves a structural analysis of the dance and a method of analyzing the complete set of possibilities of tango movements. The emphasis is placed on an increased awareness of the shifting axis of the partners while they are constantly rotating around each other changing direction. In other websites, it is additionally characterized as “an open, loose and elastic embrace with a very upright posture”23. According to dancers of nuevo, this style offers the possibility of a wide variety of new figures, combinations and modes of contact providing freedom to both partners, and the excitement of experimentation and surprise. This experience of tango centers on the individual as active player in a dynamic relation. As a young tanguera explained, nuevo dancing is for selfdevelopment, not for sharing emotion with the other. This focuses the dancing experience on the individual and on acquiring a sense of achievement and self-satisfaction. Because of this bias for the active individual, tango nuevo has been embraced by supporters of a more equal relation between the genders. Traditional tango has received a lot of criticism for the passive role of the woman who is expected to be a careful listener and executioner of steps led by the man. Although many dancers contest the representation of the woman in tango as passive, and prefer instead the idea of her being an active responder to man’s suggestions, tango nuevo has particularly been associated with an empowered woman. Tango nuevo has, in turn, served as a field for various expressions of gender politics. Gay milongas adopted and established it from the first stages of its existence as a means for expressing a general rejection of tango’s etiquette. Freedom is a central theme in the discourse of tango as exploration and play, and is talked about in various ways. Freedom from the formalities of tango, the established codes of the milonga, the configurations of social relations that prevail. A case in point is a Greek tanguero, supporter of tango nuevo, who feels that social relations of inclusion and exclusion in the milonga such as factions, hierarchy or flirting are creating ’negative energy‘ that drives people away from tango. In the words of my informant: “One year after I took up tango, I became disillusioned as I realized that people don’t dance but flirt. I personally care for the technique. I don’t care to flirt, gossip, pretation of older tango traditions with stylistic interventions that include an exchange of leading and following roles, the relaxing of the hips, a lighter embrace and a more casual code of dressing – a definition similar to nuevo. In other sites, however, a clear distinction is drawn between nuevo and neo. See e.g. Igor Polk: The difference between Nuevo Tango and Neo Tango, 2005: http://www. virtuar.com/tango/articles/2005/nuevo_neo.htm (20.02.2008). 23 Stephen Brown: Styles of Argentine Tango: http://www.tejastango.com/ tango_ styles.html#milongueroMilonguero-Style%20Tango (28.02.2008). 68
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or be part of factions and lodges and all those things that create negative energy in tango. That’s why so many people leave.”
Some dancers find tango nuevo liberating for the body and equate dancing tango with working out. Using a gym-style language, they talk about the need to release their body, to “set it free”, to “raise the adrenaline”. For some the application of biomechanics informs the idea that movement in tango should not be forced but should emerge ’naturally‘ from the body. In choice of music, tango nuevo dancers are not limited strictly to tango and they freely select genres ranging from classical, rock, blues, rap-style, disco, to ethnic music, ethnic tangos, and others. The objective is to use any available music that enables the application of the new steps and technique. As an instructor of nuevo tango explained, the selection of non-tango music became necessary because the dance had developed faster than the music. In a 2003 interview, Carlos Libedinsky, creator of the electrotango album Narcotango24 stated that Narcotango resulted from the need for a music that harmonized with the experimentation with a new form of dancing: “There was something that seemed strange to me. There were many people experimenting with a new form of dancing, but the music they were dancing to didn’t seem to me to harmonize. I also felt a rich, living energy in the milongas, but at the same time the music being played there was all by artists who were already dead.”25
The concept of ’freeing‘ the body from conventions is also encountered in the realm of clothes and shoes. Tango nuevo dancers like to wear more casual clothes, such as T-shirts and baggy pants or what a tanguera called “elegant gym clothes”. There is a preference for wide pants because they show the man off, as they flap at the long steps. For Cherie Magnus, the change in clothes is an indicator of the new tango style: “The young generation of tangueros doesn’t want any part of fringe or beads, and go the opposite way: baggy pants and special tango tennis shoes. These super casual tango outfits indicate that they dance a different style as well. The cargo pants and the exposed midriffs show the world that they are dancers of Tango Nuevo.”26
Dance sneakers take the place of the conventional tango shoe. Women dancing with flat shoes get a different sensation of gender roles. What is more, shoes objectify the idea that tango is not bound to the fixed site and aesthetics of a milonga: An Argentine shoe factory advertises a tango shoe with three in24 Carlos Libedinsky: Narcotango, – CD – , Buenos Aires: Tademus 2004. 25 See S. Fabiano: The Rise of Neo Tango Music. 26 NO TE LO PONGAS! or WHAT NOT TO WEAR TO A MILONGA. 69
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terchangeable soles of different texture (leather, suede and rubber) that correspond to three types of floor (cement, parquet, tiles).27 Now dancers have a choice, tango becomes context-free and can be danced almost anywhere. These innovations appeared to divide the tango scene into purists and nuevistas causing friction and aggression. The controversy also emerged in Athens as some DJs and milonga organizers regarded nuevo as contaminating and refused to play it in their milongas. However, it would not be accurate to make an absolute distinction as if there were two separate and fixed identities of dancers. Many tangueros/as express their liking for both styles and would dance them both depending on their mood. As a male informant put it: “Someone one day goes and dances nuevo, the next day the same person goes somewhere that they wouldn’t even play Pugliese. I would happily go to an electro milonga with a young female partner to dance crazy, to speed up; how can you do that with Canaro? The next day, I will go to a traditional milonga in a sentimental mood, and dance tiki tiki.”
Some dancers even find it difficult to distinguish between the two styles, and dance a bit of both by constantly changing the embrace. These accounts indicate that the controversy is not necessarily about two different groups of people but rather between two different ways of experiencing tango. In order to highlight further this argument, I will present how tango nuevo has been regarded as polluting in the discourse of authenticity. Then, I will present how milonguero has acquired a negative meaning from the perspective of tango as an experience of exploration and play. The discourse of authenticity draws a line between the sacred and the profane which becomes manifest in a series of binary oppositions, such as social tango vs. stage tango, transcendence vs. display, the collective vs. the individual, the few and the initiated vs. the mass and the ignorant. As a dancing style, tango nuevo is considered profane and polluting because it resembles the tango danced on the stage: It is danced with an open embrace and long steps, and also incorporates steps (such as volcadas, colgadas, leg wraps and kicks) that give a flying or lifting sensation. The fact that dancing tango nuevo requires more space on the floor is regarded as distracting and disrespective for the other dancers. From this viewpoint, tango nuevo is performed for display, boosting individualism and narcissism. What is more, one of the Greek tango instructors that I interviewed complained that some of his young students want to go straight to tango nuevo and are not willing to spend time learning how to step properly adopting the nuevo-related concept that movement 27 The advertisement appeared in the monthly tango magazine La Milonga argentina, 17 (2007), p. 13. 70
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should come naturally from the body. According to the Greek instructor, learning how to step is the basis of tango and it requires commitment. In his words: “These young guys don’t want to make an effort, they are lazy, they want it easy.” With regard to the music, tango nuevo has been classified as polluting because of its association to the contemporary electronic popular music. Promoted by the music industry, the new genre of fusing tango with electronic sound, jazz, rap, rock, etc. found its way to mainstream culture and functioned as muzak, that is, background music, in the media and in public sites of mass consumption and entertainment. Problematic is considered to be the fact that tango nuevo is often danced to non-tango music (rock, house, classical, jazz, or any music dancers find challenging) which is read as lack of respect for tango’s cultural roots. From the other perspective, tango milonguero is perceived as a simple, boring and repetitive dance. Dancers, who find in tango a field for exploring new ways of bodily contact and movement, see tango milonguero and especially milonga (the tango genre) as lacking intellectual challenge. This point is illustrated by an informant, keen dancer of tango nuevo, who discovered tango at the gym where he was doing body-building: “In the tango class at the gym, the majority of the students were physically welltrained, so the instructor was going fast. Our dancing must have looked terrible, but at least we weren’t bored because we had a lot of material to work on […]. It’s a myth that tango is walking. Those who support it, they don’t know how to teach nuevo.”
Tango nuevo dancers experience tango as a source of playfulness and fun, and some find conventional milongas ’unnecessarily serious‘. A member of a Greek tango chat list once posted a message wondering: “Why don’t we laugh at the milonga?”28. A similar point was made by a DJ from Portland who finds that ’neo‘ tango music “infuses a lot of joy, gaiety, and humour into the dancing, and there’s a lot more laughing than you normally hear”29. These comments manifest a discourse that constructs tango as an experience of fun, play and joy, and associates it with new forms of music, dance and aesthetics.
28 The comment was posted as message nr. 1193 (12.12.2007) on the Tango Querer News mailing list. Tango Querer News is a Yahoo Group: http://groups.yahoo.com/group/TangoQuererNews/messages/1207?viscount=30 &l=1 (27.02.2008). 29 See S. Fabiano: The Rise of Neo Tango Music. 71
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Conclusion As tango goes global, it becomes part of new social realities and worldviews. In this paper, three discourses were presented, which construct tango as experience. Although they have been located in the scene of the Athenian milongas during the last decade, they provide wider perspectives that cross borders and constitute dynamic networks of relations. Tango can be experienced as a means of display, the aesthetics of which are materialized in the products of the tourism and culture industries (such as films, shows, souvenirs). The milonga becomes a theatrical stage and the dancers perform the myth of passion and desire, which for them constitutes the essence of tango. Another way of experiencing tango focuses on the notions of ritual and authenticity. Here, the essence lies on an understanding of tango as a social form of dance where respect for the etiquette becomes crucial: A sense of community and sharing enables the experience of emotion and transcendence. More recent understandings of tango see it as a field for the exploration and exercise of the body. The importance shifts from the collective to the individual, and tango becomes a source of acquiring a sense of achievement. Playfulness and the loosening of rules replace the strict etiquette of tango and make it a more casual experience. Some discourses are more powerful than others. A few years ago in Athens almost everyone performed the aesthetics of stage tango; today, tango milonguero has become the dominant discourse, to the extent that a young Greek instructor of tango was regretfully saying that it has been so forcefully imposed on beginners that they suffer, they get squeezed, they step on each other. Tango has been a field of politics between various social actors: the media and entrepreneurs who find in the discourse of passion a more lucrative market; tango teachers who capitalize on the distinction of styles; gender politics; actors in every local tango scene who have been empowered through tango and strive to maintain their authority. Tango is there for all, an open field for the expression of relations of power.
References Brown, Stephen: Styles of Argentine Tango: http://www.tejastango.com /tango_styles.html#milongueroMilonguero-Style%20Tango (28.02.2008). Chatzimasoura, Kornilia: Danser les yeux fermés, in: CORPS - écrire le corps, revue interdisciplinaire, Paris: éditions dilecta (forthcoming). Cumming, Tim: Daniel Melingo: The man who’s making tango seriously cool, in: The Independent, 4.04.2008.
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Denniston, Christine: The Tango Renaissance, 2003: http://www.history-oftango.com/tango-renaissance.html (27.02.2008). Idem: The Meaning of Tango. London: Portico Books 2007. Fabiano, Sharna: The rise of Neo Tango Music, 2003 (revised 2007): http://www.tangomercurio.org./ar-neotango.html (10.03.08). La Milonga argentina, 17 (2007). Panopoulos, Panayotis: Το τραγούδι ως συµβολική πρακτική. ταυτότητα, κοινωνικό φύλο και κοινότητα στην προφορική ποίηση της ορεινής Νάξου (Singing as symbolic practice. Identity, social gender and community in the oral poetry of mountainous Naxos), unpublished Ph. D. thesis, Mytilene: University of the Aegean 1997. Polk, Igor: The difference between Nuevo Tango and Neo Tango, 2005: http://www.virtuar.com/tango/articles/2005/nuevo_neo.htm (20.02.2008). Sarelakou, Roubina: tango, album of her works exhibited in the gallery Eikastikos Kyklos, Athens: FmRecords 2005. Savigliano, Marta E.: Tango and the Political Economy of Passion, Boulder: Westview 1995. Idem: Angora Matta. Fatal Acts of North-South Translation, Middletown, CT: Wesleyan 2003.
CDs Libedinsky, Carlos: Narcotango, – CD –, Buenos Aires: Tademus 2004.
Films Scent of a woman, directed by Martin Brest, written by Bo Goldmann, starring Al Pacino, Chris O’Donnell, James Rebhorn et al., USA: Universal Pictures 1992. Tango, no me dejes nunca, directed and written by Carlos Saura, starring Miguel Angel Solá, Mia Maestro and Cecilia Narova, Argentina/Spain: Sony Pictures Classic 1997. The Tango Lesson, directed and written by Sally Potter, starring Sally Potter and Pablo Verón, Argentina/France/Germany et al.: Sony Pictures Classic 1997.
Websites / Blogs without authors Ask Maleva: a tango advice column: http://www.close-embrace.com/maleva archive/talkingandhumming.htm (3.03.2008). Tango-L Mailing List Archive: http://pythia.uoregon.edu/~llynch/Tango-L/ (27.02.2008). 73
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The ’Villa Urquiza‘ style: http://www.thetangosite.com/wordpress/?p=4 (27.02.2008). NO TE LO PONGAS! or WHAT NOT TO WEAR TO A MILONGA: http://tangocherie.blogspot.com/2007/03/no-te-lo-pongas-or-what-not-towear-to.html (28.02.2008). Tango Querer News: http://groups.yahoo.com/group/TangoQuererNews/ messages/1207?viscount=-30&l=1 (27.02.2008).
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Körper-Übertragungen
Der Ta ngo – ein Mome nt der Inte rität REMI HESS
Der Tango ist einer der seltenen Paartänze, die zu einem Moment geworden sind, das heißt zu einer besonderen Sozialform, die sich aus ihrer Ursprungsgesellschaft gelöst und mittlerweile die Welt erobert hat. Gleichzeitig entwickeln sich im Tango neue kreative Formen, und zwar sowohl im Bereich des Tanzes, in der Musik als auch in den unterschiedlichen literarischen Formen über diesen Tanz. Mit dem Moment des Tangos hängen ganz verschiedene Aktivitäten und Situationen zusammen: Man benötigt spezifische Orchester, es werden Festivals, Konzerte und Bälle organisiert, Milonga- und Tangokurse angeboten. Es gibt eine ‚Kultur‘ des Tangos. Leichter und besser als mit der gesprochenen Sprache lässt sich mit der Körpersprache durch die Welt reisen. Dennoch entsteht das Erleben des Tangos – die Interität, die Begegnung zwischen zwei Personen, zwischen Mann und Frau – nicht von selbst: Es ist diese Nähe, diese Intimität des Paares, die dazu führt, dass man etwa in einem Land wie China, in dem man zwar gerne Walzer tanzt, Angst vor dem Tango hat. Denn der Tango verlangt eine Beziehung zwischen Mann und Frau, die durch eine besondere Nähe gekennzeichnet ist. Nicht jede Gesellschaft kennt und anerkennt diese Nähe. Mein Beitrag möchte dazu einladen, über das besondere Verhältnis von Mann und Frau beim Tangotanzen nachzudenken (es ‚durchzuarbeiten‘, franz.: perlaborer) und die Art und Weise zu reflektieren, wie man damit in Europa und anderswo in der Welt umgegangen ist und noch heute umgeht. In meinen folgenden Ausführungen möchte ich deshalb vor allem die Rolle des Körpers im Tango phänomenologisch untersuchen. In der Geschichte der Gesellschaften wird der Körper, wie in jedem Tanz, dargestellt und inszeniert. Beim Paartanz kommen noch die für Paartänze typischen einander sich umschlingenden und umarmenden Körper dazu.
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Als Kind war ich erstaunt, Mann und Frau auf eine Weise tanzen zu sehen, die eine verwirrende körperliche Nähe zur Schau stellte. Diese Interität, dieser körperliche und mentale Raum zu zweit, den Mann und Frau gemeinsam erleben, hat mich immer beschäftigt. Seit dreißig Jahren ist es deshalb mein Anliegen, eine historische Anthropologie der Gesellschaftstänze zu schreiben. In diesem Forschungsprojekt geht es mir vor allem darum, diese ganz besondere Erfahrung zweier Körper im Paartanz zu erfassen. Ich habe dabei ganz besonders das Moment des Walzers und des Tangos behandelt. Hier will ich mich ausschließlich dem Tango widmen. Aus einer phänomenologischen Perspektive lässt sich diese existenzielle Erfahrung in drei Momente aufgliedern: das des eigenen Körpers, das der Begegnung mit dem anderen Körper und schließlich das Moment der Bewusstheit der sich bewegenden Körper im Rahmen der Tanzveranstaltung. In der Phänomenologie des Geistes1 (1807) beschreibt Hegel eine Philosophie der Bewusstseinserfahrung. Er stellt dabei fest, dass alle Menschen ein Bewusstsein haben. Es handelt sich dabei um das Gemeinschaftsbewusstsein. Dieses Bewusstsein zeichnet sich durch ein Gegenwartsbewusstsein des Hier und Jetzt aus. Es geht aus dem Vergessen des Vorhergehenden hervor. In diesem Gegenwartsbewusstsein sind die Fehleinschätzungen und Irrtümer, die uns dazu veranlassen, dieses und jenes in Frage zu stellen, vergessen und verdrängt. Normalerweise behält der Mensch nur das in Erinnerung, was für ihn in der gegenwärtigen Situation seine Funktion erfüllt. Es handelt sich dabei weitgehend um Selbstverständlichkeiten.
Das phänomenologische Bewusstsein Im Gegensatz zum phänomenologischen Bewusstsein oder mittels der Überwindung des Gemeinschaftsbewusstseins befindet sich das philosophische Bewusstsein auf einer Ebene, auf der das Individuum an der Form der Bewusstseinsbildung arbeitet. Der Philosoph bedient sich einer Art regressivprogressiver Methode, um die Geschichte der positiven und negativen Erfahrungen (der Irrtümer) zu rekonstruieren, die gerade im Zuge ihrer Aufhebung zur Bildung des Bewusstseins, wie es heute besteht, geführt haben. Hegel hat in seinen späteren Werken diese Selbsterfahrung als Dynamik des Bewusstseins sogar auf die Geschichte des Bewusstseins selbst und auf die Geschichte der Vernunft innerhalb der Geschichte übertragen.
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Vgl. Georg Wilhelm Friedrich Hegel: System der Wissenschaft. Erster Theil, die Phänomenologie des Geistes, Erstausgabe, Bamberg/Würzburg: Joseph Anton Goebhardt 1807.
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Routinen Selbst wenn sich der Körper aus einer (vergessenen) Historizität herausgebildet hat, so ist er zuerst in der Gegenwart präsent, im Hier und Heute, als Resultat einer Erfahrung. Die Einzelheiten dieser Erfahrungen sind im unmittelbaren Körperbewusstsein vergessen. Der Körper besteht zunächst aus unmittelbaren Gewohnheiten, das heißt aus einem Ablauf der Routinen in der Gegenwart. Ich erlebe meinen Körper wie eine Reproduktion von Gewohnheiten. Ich fühle mich umso besser in meinem Körper, je gesünder er ist, wenn nichts Beängstigendes oder Unvorhersehbares ansteht. Eine Krankheit bringt die Gewohnheiten durcheinander. Der normale, gewöhnliche Körper erlebt sich in der Reproduktion des Alltäglichen, in der ständigen Wiederholung eines regelmäßigen Wechsels von Schlafen, Mahlzeiten, Spazieren gehen und dem gemütlichen Zusammensein mit Freunden. Ab und zu suchen wir nach einem intensiven Erleben und schaffen deshalb bestimmte Ereignisse. Das kann das Moment der Liebe sein. Der Körper zieht es vor, ein solches Erlebnis von sich aus zu suchen, statt gegen seinen Willen mit einer Intensität konfrontiert zu werden, sei es durch Gewalt, Unfall oder Ähnliches.
Intensitäten Was die Besonderheit im Tango ausmacht, ist die Dauer und Intensität, die wir körperlich zulassen und die im Unterschied zu dem, was unser Körper gewöhnlich erlebt, steht. Sicherlich erleben die Tangotänzer vorrangig das, was Hegel als Gemeinschaftsbewusstsein bezeichnet. Die Tänzer erleben die Gegenwart, das Hier und Jetzt. Ich würde sogar sagen, der Tango ist Präsenz – er ist geradezu eine Intensität, eine Mobilisierung, eine Aufwertung der Präsenz. Dieser Tanz führt dazu, den Körper zu dramatisieren, dem Hier und Jetzt Tragik zu verleihen. Er ist eine Art Vorbereitung auf das sich Erfreuen an unserer Körpergegenwart, auf diesen Genuss, den uns der Alltag genommen und den wir gegen Bequemlichkeit eingetauscht haben. Das Überleben drängt das Leben in Vergessenheit. Im Tango kommt der Körper wieder zum Leben. Er entscheidet sich für das, was unbequem ist. Der Tango als Form gibt einen Rahmen vor, innerhalb dessen die einzelne Situation wichtiger ist als das (wiederkehrende) Moment. Was die Situation angeht, so habe ich keine Macht über ihre einzelnen Elemente. Im Gegensatz dazu ist das Moment ein Bewusstseinszeitraum, eine Art von schon erlebter Präsenz, die mir ein Gefühl von Sicherheit vermittelt. Das Tanzen mit einer unbekannten Tänzerin lässt den Tänzer die Gesamtheit seiner früheren Tanzerfahrungen wieder aufleben. Es geht darum, ein Moment gemeinsam neu zu erschließen.
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Intensität der Präsenz In der Tat hat all das, was ich mit meinem Körper im Tango sowohl auf der Ebene meines eigenen Körpers als auch der Ebene jedes anderen TangueroKörpers erlebe, eine Intensität, vielleicht sogar eine Intensivierung der Präsenz – selbst wenn es sich um das Produkt einer tief sedimentierten Geschichte handelt (aus historischer Sicht gesehen geht es um die Tanztechnik, wie sie seit einem Jahrhundert immer wieder praktiziert wird). Ein argentinischer Tanzlehrer sagte einmal, dass sich der Körper im Tango in einem Zustand muskulärer Konzentration, beinahe wie in einer Muskelanspannung, befinde, und zwar so, dass sich als einziger Vergleich der Körper einer Raubkatze anbiete, genau in dem Augenblick, in dem sie ihre Beute beobachtet und kurz davor ist, sie anzugreifen. Mann und Frau befinden sich bei Beginn eines Tangotanzes in genau dieser muskulären und psychischen Bewegung, die den Körper in eine virtuelle Intensität oder eine Virtualität der Intensität versetzt. Es geht um Leben und Tod. Noch bevor die Bewegung zum Einsatz kommt, ist der Körper da, steht er für den Anderen zur Verfügung, ist er bereit die Musik aufzunehmen, ist er für die Gruppe da, ist er bestrebt, über sich selbst hinauszuwachsen. Diese besondere Muskelintensität beim Tangotanz, die Rodolfo Dinzel mit der Körperhaltung eines Panthers vergleicht, findet nichts Vergleichbares in den anderen Gesellschaftstänzen. Als ich an dem Fest Noz, einem traditionellen bretonischen Reigentanzfest in der Gegend von Trébeurden teilnahm, habe ich diese Muskelbewegungen nicht wahrnehmen können. Bei Gruppentänzen handelt es sich in erster Linie um die individuelle Körperpräsenz innerhalb der Gruppendynamik. Bei bretonischen Tänzen wird maximale Wirkungskraft sowie bestmögliche Leistungsfähigkeit auf der Ebene der Körpererfahrung durch größtmögliche Muskelentspannung erlangt, so wie beim Laufen. Im Tango ist es umgekehrt! Der Tanz kommt aufgrund der Musik unverzüglich zur Bewegung. Die erste Geste des Paares ist eine duale Bewegung. Es handelt sich um einen beherrschten und sehr intensiven, präzise abgestimmten Schritt.
Durch musikalische Improvisation verursachte Empfindungsintensität Im Tango nimmt diese Intensität zu, wenn ein Orchester spielt. Eine musikalische Aufnahme bewirkt nicht die gleiche Muskelbewegung, denn durch sie befindet man sich in der ‚Anschauung‘ im Sinne Edmund Husserls2: Das Re2
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Anm. d. Übersetzerin Gabriele Weigand: Remi Hess bezieht sich bei seiner Analyse des Tangos auf Edmund Husserl: Einführung in die Phänomenologie der Erkenntnis: Vorlesung 1909, (Reihe: Husserliana: Edmund Husserl –
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pertoire ist ebenso bekannt wie das Musikstück. Dementsprechend stellt das Abspielen des Musikstücks nichts Unerwartetes für uns dar. Wir wissen, wie es anfängt und wann es zu Ende geht. Möglicherweise lassen wir uns auf Routinen ein. Sobald wir Anhaltspunkte und Zufluchtswege erkennen, suchen wir diesen Schutz und machen es uns bequem. Dagegen ist es für den Tänzer unmöglich, seine Bewegungen vorauszuplanen, sobald ein Orchester spielt, und noch weniger, wenn an manchen Stellen improvisiert wird. Der Körper ist nicht in der Lage, über ein Bewusstsein der Antizipation zu verfügen, wie Ernst Bloch es im Prinzip Hoffnung3 anspricht.4 Und dennoch strebt der Körper erwartungsvoll das Mögliche an, aufnahmebereit für das, was sich musikalisch abspielen wird, auch bereit für die Körperdynamik des anderen sowie für die beiden Körper, die ein Paar bilden (mein Körper, dein Körper) und schließlich für die anderen Körperpaare, die sich um sie herum bewegen. Im Tango verschmilzt der eigene Körper mit dem des anderen in einer Weise, dass beide zu zweit einen Körper bilden. Es kommt dadurch zur Interität. Für den Zuschauer wird das Paar zu Körper und Bewegung. Die Bewegung wird durch das ‚Körper-Paar‘ erzeugt. Im Tanz finden wir mehrere Ebenen der ‚Körperbildung‘. Zunächst bilden wir unseren eigenen Körper, dann einen Körper mit dem anderen und schließlich einen zusammen mit der Gruppe.
Die Mobilisierung des eigenen Körpers Bevor ich im Weiteren die verschiedenen Modalitäten der Körperpräsenz des Mannes und der Frau im Tango untersuche, soll eine Gemeinsamkeit hervorgehoben werden: Jeder von beiden muss seine eigene Erfahrung mit dem Gleichgewicht machen. Noch bevor es zur Bildung des Paares kommt, muss jeder über ein sicheres Gleichgewicht verfügen. Ein Betrunkener schwankt. Alkohol hindert ihn daran, gerade zu gehen. Manche Zuschauer haben das Gefühl, dass sich die Tangotänzer in einem körperlichen Ungleichgewicht befinden. Das ist ein großer Irrtum. Das Laufen im Tango ist geradlinig und genau festgelegt. Es handelt sich um eine ruhige, gerade Bewegung, die von jedem der beiden Tanzpartner ein eigenes gesichertes Gleichgewicht erfordert. Der einzelne Tänzer mag dieses persönliche Gleichgewicht, das eine Vorbe-
3 4
Materialien, Bd. 7), hg. von Elisabeth Schuhmann/Rudolf Bernet, Dordrecht et al: Springer 2005. Husserl unterscheidet dort die Präsentation von der Repräsentation (zweites Hören) eines Musikstücks. Ernst Bloch: Gesamtausgabe in 16 Bänden. Stw.-Werkausgabe. Mit einem Ergänzungsband. Bd. 5. Das Prinzip Hoffnung, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1985. Anm. d. Übersetzerin G. Weigand: In diesem Werk entwirft Bloch eine Theorie der Antizipation, die R. Hess in seinem Buch: Henri Lefebvre et la théorie du possible, théorie des moments et construction de la personne, Paris: Anthropos 2009, entfaltet. 81
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dingung für einen jeglichen Tangotanz ist, nach einem langen Training von etwa ein bis zwei Jahren gefunden haben. Zudem ist auch das passive Bewusstsein über die eigene Achse, das der Körper des Tangotänzers sich zu eigen gemacht hat, wichtig. Beim passiven Bewusstsein handelt es sich um ein latentes Bewusstsein. Es ist kein intensiv mobilisiertes Bewusstsein. Nein, es handelt sich um das Bewusstsein eines Körpers, der seine in die Höhe reichende Achse gefunden hat und der gleichzeitig im Boden verankert ist.
Das Gleichgewicht Die Tangotänzer sind im Boden verankert. Sie hüpfen nie. Sie sind in einer ruhigen Stellung. Sie platzieren ihr Körpergewicht auf dem Vorderfuß. Die Knie können dabei leicht angewinkelt sein, um vorne die Verankerung im Boden noch stärker zu empfinden. Im Übrigen fertigt der Schuhmacher dem Tänzer, mit Rücksicht auf seinen Körper, Schuhe mit Absätzen an. Der Zuschauer wundert sich über die hohen Absätze der Tangotänzerinnen. Dabei bemerkt er nicht, dass der Mann ebenfalls Schuhe mit Absätzen trägt. Diese Form von Schuhsohlen hat den großen Vorteil, dass der Fuß ganz aufliegen und sich daher ausruhen kann, und sie ermöglicht es gleichzeitig, die Intensität des Gewichts nach vorne hin zu verlagern. Wenn man die Schuhe genau betrachtet, so erkennt man, dass die Sohle aus Leder ist. Denn sobald der geradeaus schreitende Tanguero am Ende des Tanzsaales angekommen ist, muss er wenden. Im Tango dreht man nicht um, es ist der Fuß, der sich dreht. Diese Drehung ist eine Richtungsänderung, die durch die Rotation des Vorderfußes bewirkt wird, von der einen Richtung in die nächste. Die bisherigen Anmerkungen gelten für Mann und Frau. Was allerdings nicht mehr für beide zutrifft, ist die unterschiedliche Bewegungsdynamik beider Partner. Die Körperpräsenz des Mannes unterscheidet sich von derjenigen der Frau. Denn im Gegensatz etwa zum Walzer, wo der Grundschritt symmetrisch, also identisch für Mann und Frau ist, ist die Choreographie der beiden Tänzer im Tango jeweils unterschiedlich.
Der Körper des Mannes Gemeinhin ist es die Aufgabe des führenden Mannes zu lenken, Impulse zu geben, Richtungen anzugeben sowie die Figurendynamik vorzugeben. Die unterschiedliche Präsenz des Mannes und der Frau rührt daher, dass sich der Körper des Mannes, in seiner Präsenz bezüglich des anderen, schon in einer auf den nachfolgenden Augenblick ausgerichteten Spannung befindet. Je nachdem, was der Mann empfindet und was er von der Gesamtgruppe in der Milonga, beim Tangoball, wahrnimmt, erscheint es ihm möglich, der Frau diesen oder jenen Schritt anzubieten. Da jedes Paar seinen eigenen Weg ver82
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folgt, muss sich der Schritt des Mannes unmittelbar am Ort und im Hier und Jetzt in ein eigenes Kontinuum einfügen und dabei die Bewegungsverläufe der anderen Paare berücksichtigen.
Die auf das Künftige gerichtete Spannung Der führende Mann ist daher auf der Suche nach freien Räumen, die manchmal knapp sind. Das führt zu Unterbrechungen in den Bewegungen. Der neue Schritt fügt sich aber logischerweise in den Tanzverlauf des Paares ein, selbst wenn dieser Tanz keine eindeutig gerade Linie darstellt. Je erfahrener der Tänzer ist, desto eher wird er seinen Tanz durch Unterbrechungen und Überraschungen variieren. Angesichts der Erwartungshaltung der Frau werden seine Schritte verführerische Bewegungen vollziehen. Dieser Umgang mit den Möglichkeiten vollzieht sich in einem sehr dicht gedrängten Zeitraum. Selbst wenn der Mann die Intensität der Präsenz im Hier und Jetzt auf eine bestimmte Weise erlebt, ist er schon auf das Künftige gerichtet, auf das, was zum Künftigen des Paares wird. Der Mann konzentriert sich scharf darauf, das kommende Geschehen wahrzunehmen und zu begreifen, was er der Partnerin zu bieten hat, indem er den Rahmen vorgibt. Der Körper des Mannes macht sich ganz und gar die Struktur des Balls zu eigen. Er versucht alle Möglichkeiten des Raumes zu nutzen, indem er an die bereits durchgeführten Bewegungen denkt und gleichzeitig die künftigen Bewegungen all jener Paare, die sich in unmittelbarer Nähe oder auch etwas entfernter bewegen, antizipiert. Die Wahrnehmung des Mannes, der die Verantwortung und in gewisser Weise auch das Gleichgewicht für den Paar-Körper trägt, liegt in der Erkenntnis der Dynamik der Tanzbewegungen der anderen Paare.
Improvisationslogik und Transduktion im Tango Das Bewusstsein des Tangueros funktioniert nicht nach einer hypothetischdeduktiven Logik, was gerade schwierig für Anfänger ist. Er muss so viele Variablen auf einmal mit einbeziehen, auf sehr unterschiedlichen Ebenen präsent sein, dass das Körperbewusstsein in der Bewegung nur eine mögliche Logik besitzt, die der Transduktion – im Sinne der von Henri Lefebvre (1988)5 aufgestellten Theorie: Der Körper schlüpft aus seiner Präsenz im Hier und Jetzt, um sich die Vergangenheit der Gruppe zu eigen zu machen, um ein Werden des Paares zu konstruieren, und dies alles inmitten des Entstehens der Tanzbewegungen der anderen Paare. Das Tango-Leben gewinnt dadurch, dass es sich die offenen Räume des Balls zu eigen macht.
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Vgl. Remi Hess: Henri Lefebvre et l’aventure du siècle, Paris: Métailié 1988. 83
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Wir sehen also die Komplexität, die der Mann-Körper erfährt, der, äußerlich betrachtet, nur zu schreiten scheint, in Wirklichkeit aber ein erweitertes Bewusstsein der Dynamik des Balls aufbaut.
Die Ästhetik des Tanzes zu zweit Für einen Nicht-Tänzer mag diese phänomenologische Beschreibung als ‚verrückt‘ erscheinen. Das Schwindelgefühl, das einen Nicht-Tänzer bei Betrachtung der sich dahinbewegenden erfahrenen Tangotanzpartner im Lauf des Balls packt, entsteht aus dieser Zusammensetzung von völlig in sich gegliederten und aufeinander abgestimmten Entscheidungsebenen. Ein Beispiel: Ich tanze mit einer Anfängerin in einer Milonga unter freiem Himmel. Die junge Frau tanzt seit einem Jahr Tango. Wir sind uns darüber bewusst, dass unsere Schritte sehr einfach sind. Die Leute, die mit dem Tangotanzen beginnen, halten ein. Sie bewundern uns. Wir hören sie sagen: „Ja, das sind wirklich erfahrene Tänzer. Das müssen Profis sein.“ Diese Bemerkung ruft ein Freudestrahlen bei meiner Partnerin hervor, denn noch vor wenigen Augenblicken sprach sie davon, dass sie ihren Körper nicht mehr unter Kontrolle gehabt habe.
Die inneren Mini-Entscheidungen ausblenden Wie kommt es dazu, dass wir den Körper in seiner Bewegung als Leistung wahrnehmen, die uns erstaunt, beeindruckt und die wir bewundern wollen? Diese Wahrnehmung entsteht durch eine Diskrepanz: auf der einen Seite die Mini-Entscheidungen des Tänzers, die zur Bewegung führen, und auf der anderen Seite die Synchronisationsgeschwindigkeit, die der Zuschauer in dem Moment rekonstruieren kann, in dem er die Bewegung wahrnimmt und an ihr teilnimmt. Diese Bewegungen sind zugleich höchst technisch und höchst praktisch: sie haben nichts von Zauber. Diese Diskrepanz entsteht dadurch, dass der Zuschauer die Mini-Entscheidungen nicht registriert. Für ihn ist nur die Bewegungslinie des ‚Paar-Körpers‘ gegenwärtig. Diese vereinfachte Wahrnehmung lässt eine derartige Bewegung wie ein Wunder, wie etwas Übernatürliches erscheinen. Die Wahrnehmungsgrenzen verwandeln die Bewegung in Bezug auf die Leistungsmöglichkeiten in ein von außerhalb herkommendes Zeichen oder Symbol. Dieses Gefühl empfindet man bei einem Fest wie Noz nicht. Dort wird die Aufmerksamkeit zwar gefesselt, aber der Zuschauer ist eher von der Wirkung der Masse fasziniert als von der Wirkung der Geschwindigkeit, selbst wenn für Gruppentänze eine hohe technische Kompetenz erforderlich ist. Im Tango verleihen die unzähligen kleinen Entscheidungen der PaarBewegung ihre Form. Diese Bewegung artikuliert sich im Zusammenhang mit 84
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den improvisierten Bewegungen der anderen Paare. Auf den Beobachter wirkt die Bewegung wie ein Höchstmaß an Unkompliziertheit, wie eine konzeptlose Virtuosität. Die Interität des Paares wird durch den Beobachter konstruiert.
Der Ball als Ballett Eine andere Ursache möglicher Entzückung liegt im Ball selbst. Es ist die Gruppe, die die Ästhetik der Körper auf einem Ball ausmacht. Der Ball, als ein Ineinander von Paar-Bewegungen, wird zum Ballett. Die Schönheit des Tanzpaares vereinigt sich mit der Bewegung der anderen Paare. Soll man dieses Paar beobachten? Oder jenes? Der Blick eines unerfahrenen Zuschauers weiß nicht, worauf er sich richten soll.
Der Seitenschritt Diese Erfahrung ist vergleichbar mit dem Autofahren. In dem Moment, wo der Verkehr fließt und gut voran kommt, wechseln die Autofahrer die Fahrbahn, überholen einander, beschleunigen oder schalten zurück. Die Analyse der zahlreichen Selbstverständlichkeiten, die eine Voraussetzung für gutes Fahren darstellen, wäre ebenso überraschend für jemanden, der plötzlich aus dem Jahre 1800 in unsere Zeit käme. Er würde sich über den heutigen Verkehr ebenso wundern wie ein unkundiger Zuschauer bei einem Tangoball staunt! Das, was der Fahrer erlebt, besteht aus Routinen und bestimmten Bewegungen, die sich nach den ständig neu sich ergebenden Situationen richten, wie zum Beispiel einem verrückten Autofahrer, der unbedingt überholen will, obwohl die Spur nicht frei ist.
Die Tanguera beim Tanzen Wie die Beifahrerin, die dem Fahrzeuglenker vertraut, so hängt die Tanguera von der Körperarbeit des Mannes, der ihr einen Panzer bietet, einen Schutz, einen gesicherten Rahmen. Der Körper des Mannes befindet sich in einem intensiven Wachzustand, fast in einer Über-Implikation, sobald der Tanz dies erfordert. Die Frau weiß sich ihrerseits in Sicherheit, platziert sich unbesorgt im Hier und Jetzt. Sie vertraut voll und ganz dem Mann. Sie kümmert sich überhaupt nicht um die Turbulenzen auf der Tanzfläche. Während er damit beschäftigt ist, den Rahmen ihres gemeinsamen Raumes zu bilden, in der Tanzbewegung, d. h. innerhalb des Raumes und des zeitlichen Ablaufs des Balls, kann sie den Augenblick und die intensive Präsenz erleben. Sie profitiert von diesem angenehmen Moment des Körperkontaktes, der sich über die 85
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Dauer des Tanzes erstreckt. So wie die Beifahrerin sich auf ein wissenschaftliches oder ein verliebtes Gespräch mit dem Mann, der sie fährt, einlassen kann, so nimmt die Tangotänzerin diesen besonderen Moment des Paares im Innersten wahr, innerhalb dieser Tanzbewegung und Dynamik.
Das Innerste des Tangos Die Frau kann sich der Zweisamkeit des Paares hingeben, sie vermag sie intensiv zu erleben. Es ist gerade dieses intensive Erleben, welches das Innerste des Paares zum Tragen bringt. Dieses Innerste ist ihre Interität. Die Konzentration auf das Innere des Paares hängt mit einer besonderen Bewegung zusammen. Nicht selten sieht man eine Tanguera mit geschlossenen Augen tanzen. Die Frau konzentriert sich auf das Verstehen des Körpers des Anderen. Sie erlebt das Zögern, die Unterbrechungen der Bewegung als virtuelle Intensitäten, die in ihrem Inneren eine Dynamik entstehen lassen. Denn der Mann lässt verschiedene Möglichkeiten zu, indem er den Rahmen vorgibt. Der Mann schlägt vor, die Frau verfügt darüber. Sie befindet sich in der reinen Hingabe und Kreation. Ganchos, Boleos, Suspensiones, Quebrada, die Schrittfolgen des Tango, sind Versprechungen der Intensität, die beim Ball durch die Unterbrechungen im Bewegungsablauf des Paares eingelöst werden.
Umwandlung von individuellen und sozialen Dissoziationen Die Schönheit des Tangos rührt sicherlich von diesem Körperakt her, bei dem es darum geht, einen Ausweg aus der Aufgliederung der Welt, aus der Trennung der Geschlechter zu finden. Musikalisch ergibt sich der Tango aus einem originellen interkulturellen Synkretismus (Afrika, Europa und Amerika sind an dieser Erfindung beteiligt) und tänzerisch stellt er eine Versöhnung zweier getrennter Körper dar. Das Moment des Tangos ist eine Umkehrung des Platonschen ‚Festmahls‘: Einen Tanz lang erlauben es die Götter den Teilen, sich wieder zusammenzusetzen, um eine Einheit zu bilden!
Literatur Bloch, Ernst: Gesamtausgabe in 16 Bänden. Stw.-Werkausgabe. Mit einem Ergänzungsband. Bd. 5. Das Prinzip Hoffnung, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1985. Castoriadis, Cornélius: Le morcellement du monde, Paris: Le Seuil 1989. 86
DER TANGO – EIN MOMENT DER INTERITÄT
Delory-Momberger, Christine/Hess, Remi: Le sens de l’histoire. Moments d’une biographie, Paris: Anthropos 2001. Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil, die Phänomenologie des Geistes, Erstausgabe, Bamberg/Würzburg: Joseph Anton Goebhardt 1807. Hess, Remi: Henri Lefebvre et l’aventure du siècle, Paris: Métailié 1988. Ders.: Le moment tango, Paris: Anthropos 1997. Ders./Luze, Hubert de: Le moment de la création, échanges de lettres 19992000, Paris: Anthropos 2001. Ders.: Henri Lefebvre et la théorie du possible, théorie des moments et construction de la personne, Paris: Anthropos 2009. Husserl, Edmund: Einführung in die Phänomenologie der Erkenntnis: Vorlesung 1909, (Reihe: Husserliana: Edmund Husserl – Materialien, Bd. 7), hg. von Elisabeth Schuhmann/Rudolf Bernet, Dordrecht et al: Springer 2005. Lapassade, Georges: La découverte de la dissociation, Paris: Loris Talmart 1998. Lefebvre, Henri: Critique de la vie quotidienne. (3 Bde), Paris: L’Arche 1961 [1947], (Dt. Ausgabe: Prokop, Dieter (Hg.): Die Kritik des Alltagslebens, München: Hanser 1974). Ders.: La présence et l’absence, contribution à la théorie des représentations, Tournai: Casterman 1980. Ders.: Qu’est-ce que penser?, Paris: Publisud 1985. Ders.: La somme et le reste, 3. Aufl., Paris: Méridien Klincksieck 1989. Lourau, René: Implication, transduction, Paris: Anthropos 1997. Weigand, Gabriele: Schule der Person, Würzburg: Ergon 2004.
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‚Verschmelzung‘: Bürgerliches Paarideal im Tango Argentino MELANIE HALLER
Paartanz boomt Den exemplarisch ausgewählten Berichten in Printmedien1 zufolge ist eine Renaissance von Paartänzen in Deutschland zu beobachten: Swing, Salsa und auch Tango Argentino sind die Paartänze, die Stadt und Land erobern. Nach den Disco- und Solotänzen der 1970er und 1980er Jahre2 hat demnach erneut eine Etablierung des Paartanzes seit den 1990er Jahren zugenommen stattgefunden. Eine ‚Renaissance‘ lässt sich aus der Perspektive des Forschungsprojektes „Transnationale Identität und körperlich-sinnliche Erfahrung“3 zumindest für die beiden Tänze Tango Argentino4 und Salsa feststellen, die sich in Deutschland erneut zu Beginn der 1980er Jahre etablierten und sich in den 1
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Exemplarische Auswahl Hamburger und Berliner Printmedien: Martina Behm/Melanie Grimsehl/Angela Schöneck: Tango, Salsa, Discofox: die kleine Tanzschule, in: Brigitte, 15 (2007); Sabine Bergmann: Das ist pure Lust, in: Hamburger Morgenpost, 23.12.2006; Katja Schwemmers: Leidenschaft auf dem Parkett, in: Hamburger Morgenpost, 29.08.2006; Kerstin Hense: Salsa wie im Musical – ein Selbstversuch, in: Hamburger Abendblatt, 4.04.2006; Iris Bader: Brigitte Tanzschule, in: Brigitte, 18 (2005); Sandra Luzina: Eine Stadt kommt aus der Hüfte, in: Berliner Tagesspiegel, 31.07.2005; Diana Müller: Berlin wiegt sich im Tangoschritt. Die deutsche Hauptstadt ist nach Buenos Aires die Topadresse für leidenschaftliche Tänzer, in: Die Welt, 1.02.2005. Vgl. Gabriele Klein: FrauenKörperTanz. Eine Zivilisationsgeschichte des Tanzes, Weinheim/Berlin: Quadriga 1992, S. 223ff.; dies.: Electronic Vibration. Pop, Kultur, Theorie, Wiesbaden: VS 2004, S. 8. Dieser Aufsatz geht aus dem von der DFG finanzierten und von Gabriele Klein geleiteten Forschungsprojekt „Trans/nationale Identität und körperlich-sinnliche Erfahrung“ (2004-2007) hervor und bezieht sich auf Forschungsergebnisse dieses Projektes, in dem die Autorin als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig war. Im folgenden Text wird die Kurzform ‚Tango‘ verwendet, mit der der Tango Argentino und nicht der europäische Tango gemeint ist. 89
MELANIE HALLER
1990er Jahre institutionalisierten.5 Beide Tanzkulturen zeichnen sich dadurch aus, dass sie in einer geschlossenen Tanzhaltung getanzt werden, in diesem Sinne also die Paarbeziehung eindeutig – anders als bei Disco- und Clubtänzen – hergestellt ist. In dem Forschungsprojekt wurden u.a. Tangotanzende zu ihren Erfahrungen in der Tangokultur befragt. Im Zusammenhang mit daran anschließenden Interviewanalysen6 und Diskursanalysen7 der Tangokultur kristallisierte sich ‚Verschmelzung‘8 als wiederkehrende Diskursfigur des Tangos heraus. ‚Verschmelzung‘ wurde dabei als Gefühl, als Erlebnis, als Auflösung von IchGrenzen, als Flow oder als Unmöglichkeit von Einheit gekennzeichnet. Damit stellen sich folgende Fragen: erstens welche Rolle der Diskursfigur ‚Verschmelzung‘ in der deutschen Tangokultur zukommt und zweitens auf welche Weise sie mit dem Phänomen des Paartanzes verbunden ist; mithin also auch die übergeordnete Frage nach der Relevanz von Paartänzen in der Gegenwartsgesellschaft. Der hier vorliegende Text geht diesen Fragen nach, indem er aus der Perspektive der soziologischen Interaktionstheorien Tango als Paartanz analysiert und ihn in den Kontext der Geschichte des europäischen Paartanzes stellt. Dafür sollen in einem ersten Schritt empirische Teilergebnisse aus dem Projekt vorgestellt werden. Sie zeigen, wie sich ‚Verschmelzung‘ am empirischen Material nachweisen lässt. Im zweiten Schritt wird diese Perspektive um die Analyse des Tangos als Interaktionsordnung erweitert. Im dritten und letzten Schritt sollen beide Perspektiven zusammengeführt werden. 5
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Die Institutionalisierung der beiden Tanzkulturen lässt sich anhand der Etablierung von Tanzschulen und Veranstaltungsorten in den im Forschungsprojekt untersuchten Städten Hamburg und Berlin aufzeigen. Im Laufe des Forschungsprojektes wurden in Hamburg und Berlin leitfadengestützte Einzelinterviews und Gruppendiskussionen mit zentralen Persönlichkeiten der Tangokultur durchgeführt, die sowohl Tänzer/innen, Tanzlehrer/innen als auch Veranstalter/innen sind. Die Expert/inneninterviews wurden zu verschiedenen Themenkomplexen wie Globalisierung, Identität, Gefühl, Präsenz und Erfahrung geführt und mit Hilfe der qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet. Im Rahmen des Projektes wurde eine Diskursanalyse von öffentlicher und fachöffentlicher Literatur bzw. Medien wie Zeitschriften/Zeitungsartikeln durchgeführt, um die zentralen Diskursfiguren der beiden Tanzkulturen herauszuarbeiten. Exemplarische Beispiele für diese Diskursfigur sind folgende Aussagen: „Wenn ich wirklich ganz den Körper der Frau spüre, ganz die Musik wahrnehme, dann ist es dieses Verschmelzungserlebnis, das ist natürlich sehr sehr schön“, in: Interview 3/1075; „Es gibt das Gefühl wirklicher ‚Verschmelzung‘, man empfindet dasselbe und vergisst um sich herum alles“, in: Nicole Studeny: Wenn einer eine Tangoreise tut. Interview mit Gerrit Schüler und Michael Domke, in: Tangodanza, 3 (2004), S. 8-13; „Mann und Frau können zwar nicht verschmelzen, aber sich verbinden zu einer neuen Einheit“, in: Nicole Nau-Klapwik: Tango Dimensionen, München: Kastell 2001, S. 156.
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Die diesem Text zu Grunde liegende These lautet, dass in der Diskursfigur ‚Verschmelzung‘ die soziale Interaktionsordnung des Tangos in eine bürgerliche Idealvorstellung des Paares übersetzt wird, welche in der Geschichte des Paartanzes in Europa seine kulturhistorischen Wurzeln hat und heute erneut an Relevanz gewinnt.
‚Verschmelzung‘ als Diskursfigur: Empirische Ergebnisse ‚Verschmelzung‘ findet sich als zentrales Motiv in der von den Interviewten thematisierten Paaridentität.9 Unter Paaridentität haben wir jene Aspekte zusammengefasst, welche die Konstitution des Tanzpaares betreffen. Die Aussagen lassen sich dabei unter folgenden Themenschwerpunkten zusammenfassen: 1. Einsamkeit und Singlestatus 2. Dialog und Körperkommunikation 3. Präsenzerfahrungen. Die Einsamkeit und der Singlestatus gelten demnach als Auslöser für den Einstieg in die Tangokultur. Tango erscheint als Möglichkeit, einen Partner kennen zu lernen, kurzweilige Nähe zu erleben oder auch neue Kontakte herzustellen. Die Interviewpartner heben hervor, dass Tango durch den Status als Paartanz seine Relevanz erhält. Tango wird als ‚Dialog‘, ‚Kommunikation‘, ‚Miteinander‘ oder als ‚Wechselwirkung‘ verstanden. Unter diesen Aspekten wird die Paarzusammensetzung thematisiert und als ausschlaggebend für das Gelingen des Tanzes gesetzt. Aussagen wie „die Chemie muss stimmen“ (3/1102), „das eigene Wohlbefinden ist abhängig vom Wohlbefinden des Tanzpartners, es ist eine Wechselwirkung“ (1/268) oder es geht darum, dass man „körperlich gut zu9
In unserem Forschungsprojekt wurden Einzelinterviews mit zentralen Persönlichkeiten und Gruppendiskussionen mit Akteuren der Hamburger und Berliner Tangokultur durchgeführt. Dabei handelte es sich bei den einzelnen Personen, in der für die Tangokultur typischen Überschneidung, sowohl um Tangolehrer/innen, Veranstalter/innen und Showtänzer/innen. Dieses Interviewmaterial wurde unter verschiedenen Fragestellungen analysiert, wobei die Frage nach Identitätsbildungsprozessen eine Grundfragestellung des Projektes war. In unseren inhaltsanalytischen Auswertungen zu Identität kamen wir zu dem Ergebnis, dass Identitätsprozesse im Tango sich vor allem als Transformationsprozesse von Identität zeigen. Identität lässt sich in den Interviews auf sechs Ebenen zeigen: in Bezug zum Selbstbewusstsein, zu einem Lebensgefühl allgemein und als Tanzpaar/als Paaridentität, zu Geschlecht, zur Bewegungserfahrung und zur Körperwahrnehmung. 91
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sammen passt“ (15/336) stehen für die Normativität der Paarkonstellation. Dabei steht im Vordergrund, dass Tango „ein gemeinsames Sprechen, ein Dialog“ (11/756), „ein Dialog mit dem Anderen“ (8/68) ist und die Tänzer „körperlich in einen Dialog eintreten können“ (10/803). Diese Wirkmächtigkeit der notwendigen Abstimmung miteinander wird durch Präsenzerfahrungen10 zugespitzt. Die Aussage: „Es kommt zu Verschmelzungserlebnissen, diesem symbiotischen Höhepunkt zu dritt, zwischen Musik und den beiden Tanzenden“ (3/1039) steht exemplarisch für die Beschreibungen von Präsenzerfahrungen und damit auch für ein Motiv von ‚Verschmelzung‘. Aber auch Aussagen wie: „Im Salontango geht es darum, im Miteinander die Welt zu vergessen“ (10/481) oder „als erfahrener Tänzer schwebt man mit der Partnerin über die Tanzfläche“ (11/681) beschreiben die Erfahrung des Paares als einzigartige Präsenzerfahrung. Präsenzerfahrungen werden von Tangotanzenden als die körperlich-sinnlichen Erfahrungen beschrieben, die einen nahezu transzendenten Idealfall der Konstellation des Tanzpaares konstruieren und dessen Wirkmacht verstärken.11 Diese hier skizzierten empirischen Ergebnisse12 lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
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Die Tanzkultur Tango wird einerseits in eine Individualisierungs- und Single-Gesellschaft verortet; andererseits wird der Paartanz Tango gleichzeitig daraus hervorgehoben, da er Erfahrungen als Paar möglich macht. Die Konstellation des Tanzpaares wird zum Gradmesser der Qualität des einzelnen Tanzes und charakterisiert eine Abhängigkeit der Tanzpartner voneinander. Auf diese Weise wird deutlich, welche Wirkmächtigkeit der
10 Vgl. Gabriele Klein/Melanie Haller: Präsenzeffekte. Zum Verhältnis von Bewegung und Sprache am Beispiel lateinamerikanischer Tänze, in: Robert Gugutzer (Hg.): Body turn, Perspektiven der Soziologie des Körpers und des Sports, Bielefeld: transcript 2006, S. 233-247. 11 Vgl. dazu ausführlicher: G. Klein/M. Haller: Präsenzeffekte. 12 Für weitere empirische Ergebnisse siehe: Gabriele Klein/Melanie Haller: Café Buenos Aires und Galeria del Latino. Zur Translokalität und Hybridität städtischer Tanzkulturen, in: Jürgen Funke-Wieneke/Gabriele Klein: Bewegungsraum und Stadtkultur. Sozial- und kulturwissenschaftliche Perspektiven, Bielefeld: transcript 2008, S. 51-74; Gabriele Klein/Melanie Haller: Präsenzeffekte. Zum Verhältnis von Bewegung und Sprache am Beispiel lateinamerikanischer Tänze, in: Robert Gugutzer (Hg.): Body turn, Perspektiven der Soziologie des Körpers und des Sports, Bielefeld: transcript 2006, S. 233-247; Gabriele Klein/Melanie Haller: Bewegtheit und Beweglichkeit. Subjektivität im Tango Argentino, in: Margrit Bischof/Claudia Feest/Claudia Rosiny (Hg.): e_motion in motion, Jahrbuch Tanzforschung 16, Münster/Hamburg/London: LIT 2006, S. 157-172; Gabriele Klein/Melanie Haller: Die ‚Natur der Subjekte‘: Subjektivierungsprozesse im Tanz, in: Karl-Siegbert Rehberg (Hg.): Die Natur der Gesellschaft. Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006, Frankfurt a.M.: Campus 2008, CD-Rom. 92
‚VERSCHMELZUNG‘: BÜRGERLICHES PAARIDEAL IM TANGO ARGENTINO
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Paarkonstellation zukommt. Gleichzeitig wird Tango über eine ihm zugewiesene kommunikative Struktur wahrgenommen, welche in der Metapher des Dialogs die Notwendigkeit von Abstimmungsprozessen hervorhebt. Der im Tango beanspruchte Dialog wird in den Erzählungen von Präsenzerlebnissen und im Motiv der ‚Verschmelzung’ überhöht.
Diese drei Aspekte lassen sich im Motiv der ‚Verschmelzung‘ bündeln, das sich nicht nur in Interviews sondern auch in Printmedien wie der Zeitschrift Tangodanza oder populärwissenschaftlicher Literatur zum Tango als durchgehende Diskursfigur der Tangokultur zeigt. Im Anschluss an diese Ergebnisse soll die Frage aufgeworfen werden, in welcher Weise die sprachlich formulierten Phänomene von Dialog, Wechselwirkung und dem Miteinander mit der spezifischen Bewegungsordnung des Tangos zusammenhängen. Tango als strukturierte Improvisation macht die Interaktionen in diesem Paartanz auf besondere Weise betrachtenswert. Dieser Frage wird mit Hilfe der Soziologie der Interaktionsordnungen nach Erving Goffman13 nachgegangen.
Tango als Interaktionsordnung Erving Goffman nimmt in der Betrachtung von Interaktionen zwei Perspektiven ein: einerseits die mikrosoziologische Perspektive, die die Relevanz von Symbolen, Gesten oder Zeichen in face-to-face Situationen beleuchtet, und andererseits die Perspektive auf das hinter Handlungssituationen stehende makrosoziologische Regelsystem, den Rahmen. Aus dieser, die mikro- und makrosoziologischen Sichtweisen vereinenden Perspektive, spricht Goffman von Interaktionsordnungen: „Es war in all den Jahren mein Anliegen, Anerkennung dafür zu finden, dass diese Sphäre der unmittelbaren Interaktion der analytischen Untersuchung wert ist – eine Sphäre, die man, auf der Suche nach dem treffenden Namen, Interaktionsordnung nennen könnte – eine Sphäre, die am besten mit den Mitteln der Mikroanalyse untersucht werden sollte.“14
Interaktionen unterliegen somit immer Regeln, Normen, Konventionen und Ritualen. Interaktionsordnungen sind als die Gesamtheit aller Regeln und Rituale zu verstehen, die auf einem sozialen Vertrag und Konsens beruhen. 13 Erving Goffman: Die Interaktionsordnung, in: ders.: Interaktion und Geschlecht, hg. von Hubert Knoblauch, Frankfurt a.M.: Campus 1994, S. 50-104. 14 E. Goffman: Die Interaktionsordnung, S. 55. 93
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Goffman betont, dass Seins- und Handlungsweisen des Menschen immer mit dem Körper ausgeführt werden. Er hebt hervor, dass soziale Interaktionen, beispielsweise im Fußgängerverkehr, auf die beiden Prozesse der „leibgebundenen Kundgabe“ und der „Abtastung“ mit den Augen zurückzuführen sind.15 Interaktionsordnungen kommen bei Goffman nur in Situationen zustande, „in denen zwei oder mehr Individuen körperlich anwesend sind, und zwar so, dass sie aufeinander reagieren können“16. Und ergänzend – auch im Bezug auf die Interaktionsordnung im Tango: aufeinander reagieren müssen, um gemeinsam Bewegungen und damit Tanz zu vollziehen. Es ist ein zentrales Kennzeichen von Interaktionsordnungen, dass sie erst in und über soziale Interaktionen zu Stande kommen, also wesentlich performativ sind. Diese Konzeption einer korporalen Interaktionsordnung, die in Interaktionen entsteht, setzt ein anderes Konzept von handelnden Subjekten voraus, die nicht als ‚getrennte Monaden‘ verstanden werden, sondern die ein gemeinsames Regelsystem teilen und stillschweigend akzeptieren.17 Korporale Interaktionen, die ein Wissen um in den Körper eingeschriebene Bewegungen voraussetzen,18 lassen sich am Beispiel des Tangos als korporales Wissen um die Interaktionsordnung des Paares und die dazu notwendigen Techniken verstehen. Die Interaktionsordnung im Tango zeigt sich über diese korporalen Interaktionen: Die Regeln des Tangos haben sich in die Körper der Tanzenden eingeschrieben und laufen nahezu ‚automatisch‘ ab. Die Interaktionsordnung des Tangos basiert auf verschiedenen Regeln, Konventionen und Ritualen. Da in diesem Text das Verhältnis der Interaktionsordnung zur Diskursfigur der ‚Verschmelzung‘ untersucht wird, werden im Folgenden nur die Elemente der Interaktionsordnung in Bezug auf das Tanzpaar thematisiert.19
15 Erving Goffman: Das Individuum im öffentlichen Austausch, Frankfurt a.M: Suhrkamp 1982, S. 32ff. 16 E. Goffman: Die Interaktionsordnung, S. 55. 17 Siehe dazu die Paradigmen einer Soziologie des Körpers, die an Pierre Bourdieus Habitusbegriff anschließen und einen korporalen Handlungsbegriff vertreten. Vgl. Robert Gugutzer (Hg.): Body turn. Perspektiven der Soziologie des Körpers und des Sports, Bielefeld: transcript 2006; ders.: Soziologie des Körpers, Bielefeld: transcript 2004. 18 Siehe dazu Maurice Merleau-Ponty: „Erlernt ist eine Bewegung, wenn der Leib sie verstanden hat, d.h. wenn er sie seiner ‚Welt‘ einverleibt hat, und seinen Leib bewegen heißt immer, durch ihn hindurch auf die Dinge abzielen, ihn einer Aufforderung entsprechen lassen, die an ihn ohne den Umweg über irgendeine Vorstellung ergeht.“ Maurice Merleau-Ponty: Phänomenologie der Wahrnehmung, Berlin: De Gruyter 1966, S. 168. 19 Weitere Elemente der Interaktionsordnung des Tangos zeigen sich etwa in der Gruppensituation im situativen Umgang der Tanzpaare miteinander oder im Verhältnis der einzelnen Tänzer/innen zur Musik oder zum Rhythmus. 94
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Als erstes ist hervorzuheben, dass ein Element der Interaktionsordnung des Tangos darin liegt, dass der Grundschritt anders als in klassischen Paartänzen getanzt wird. Die einzelnen Elemente des Grundschrittes werden nur selten in der erlernten Reihenfolge getanzt. Vielmehr sind die einzelnen Schrittelemente in der Tangopraxis beliebig zusammensetzbar. Dies erfordert jedoch eine genaue Abstimmung der Bewegungen des Tanzpaares miteinander, welche in einem für Paartänze typischen Verhältnis von Führen und Folgen stattfindet. Hierin zeigt sich eine klare Rollenzuschreibung von Führen und Folgen, wie Paula-Irene Villa konstatiert: „Eine Grenze, die die Subkultur selber also immer wieder zieht, um das zu bestimmen, was denn der Tango genau sei, besteht in der m.E. deutlich heterosexuellen Fixierung der Führen/Folgen-Struktur.“20
Dieses Prinzip des Führens und Folgens findet im Tango eine sichtbare Überhöhung, wenn der Folgende, wie so häufig, die Augen geschlossen hält, so dass die Überlassung an den Führenden sichtbar in Szene gesetzt wird. Außerdem tanzen Führende und Folgende zum Teil unterschiedliche Schritte, was in anderen Paartänzen bei Grundschritten nicht vorkommt. Dieser nicht festgelegte Ablauf von Schritten betrifft genauso die Figuren und getanzten Verzierungen im Tango, die auch beliebig zusammengesetzt werden können. Aus diesem Grund spricht Monika Elsner auch von einem „Element von Improvisation“21 im Tango. All diese Elemente der Interaktionsordnung des Tangos führen dazu, dass die Abstimmung der beiden Tanzpartner miteinander notwendig wird. In diesen Elementen der Interaktionsordnung findet sich eine in der korporalen, bewegten Ordnung22 liegende Entsprechung zu dem, was in der sprachlichen Diskursfigur der ‚Verschmelzung‘ unter Aspekten des Dialogs oder der Wechselwirkung von Interviewten hervorgehoben und überhöht wird. Die Tanzhaltung ist eine weitere Besonderheit der Interaktionsordnung des Tangos: die geschlossene Armhaltung wird während des Tanzes beibehalten. Sie wird nicht geöffnet. Alle Figuren werden in der Umarmung getanzt, was ganz im Gegensatz zu üblichen Drehungen in anderen Paartänzen wie 20 Paula-Irene Villa: Bewegte Diskurse, die bewegen. Überlegungen zur Spannung von Konstitution und Konstruktion am Beispiel des Tango Argentino, in: Robert Gugutzer (Hg.): Body turn. Perspektiven der Soziologie des Körpers und des Sports, S. 209-232, S. 229. 21 Monika Elsner: Das vierbeinige Tier. Bewegungsdialog und Diskurse des Tango Argentino, Frankfurt a.M.: Lang 2000, S. 33. 22 Zum Begriff einer bewegten Ordnung im Tango Argentino vgl. Melanie Haller: Bewegte Ordnungen: Kontingenz und Intersubjektivität im Tango Argentino, in: Thomas Alkemeyer/Thomas Pille (Hg.): Ordnung in Bewegung, Bielefeld: transcript (erscheint 2009). 95
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etwa dem Salsa steht, bei denen die geschlossene Armhaltung immer wieder geöffnet wird. In einzelnen Figuren im Tango wird hingegen nur die Nähe und Weite der Armhaltung variiert. Die geschlossene Tanzhaltung ist allerdings einer zeitlichen Rahmung durch die Musik ausgesetzt und ist nur auf die gemeinsamen Tänze beschränkt. Das Einnehmen der Tanzhaltung folgt damit der musikalischen Rahmung durch die Tanda: drei oder vier aufeinander folgende Musikstücke des gleichen Tangostils. Es gilt dabei eine nicht kategorisch festgelegte, aber doch eingehaltene Konvention in der Tangokultur, dass man mit ein und demselben Tanzpartner diese aufeinander folgenden Musikstücke der Tanda tanzt und die Tanzfläche nicht vorher verlässt. Diese Elemente der Interaktionsordnung verweisen auf eine starke Betonung des Tanzpaares als eine Einheit, die sich sowohl in der durchgehenden körperlichen Nähe, im gerahmten Ritual der Einnahme, bzw. Auflösung der Tanzhaltung als auch in der Konvention von aufeinanderfolgenden Tänzen in einer Tanda widerspiegelt. Diese hier skizzierten Elemente einer Interaktionsordung des Tangos – zusammengefasst auf die beiden Aspekte der korporalen Abstimmung und der Einheit des Paares – sollen nun mit der Geschichte des Paartanzes verbunden werden, um so eine in der Diskursfigur der ‚Verschmelzung‘ liegende Übersetzung der Interaktionsordnungen in das bürgerliche Ideal des Paares aufzuzeigen.
Das bürgerliche Ideal des Paares in der Interaktionsordnung des Tangos „Insbesondere die Figuration des Paartanzes war ein neues Element in der Geschichte des neuzeitlichen Gesellschaftstanzes.“23
Die Geschichte der Etablierung von modernen Paartänzen wird in der wissenschaftlichen Literatur mit der Entstehung des Walzers gegen Ende des 18. Jahrhunderts gesetzt.24 Die Herausbildung des Paares als einer von der Tanz-Gemeinschaft abgetrennten Einheit entsteht in einem Machtvakuum, in dem „mit der allmählichen 23 G. Klein: FrauenKörperTanz, S. 100. 24 Vgl. Hans-Heinrich Muchow: Der Tanz in der Sicht des Psychologen und Erziehers, in: Friedrich Heyer (Hg.): Der Tanz in der modernen Gesellschaft. Theologen, Tanzlehrer, Pädagogen, Musikwissenschaftler, Ärzte und Soziologen deuten das Phänomen des Tanzes, Hamburg: Furche 1958, S. 37-50, S. 46; G. Klein: FrauenKörperTanz, S. 101; Marion Koch: Salomes Schleier. Eine andere Kulturgeschichte des Tanzes, Berlin: EVA 1995, S. 71; Remi Hess: Der Walzer. Geschichte eines Skandals, Hamburg: EVA 1996, S. 9. 96
‚VERSCHMELZUNG‘: BÜRGERLICHES PAARIDEAL IM TANGO ARGENTINO
Ablösung der Verhaltensregulierung von Familien- und Nachbarschaftsverbänden durch staatliche Instanzen“25 das Paar als Gemeinschaft seine kulturelle Form findet: „Vielmehr zeichnete er [der Walzer] sich primär durch die Konfiguration des tanzenden Einzelpaares aus, eine Entwicklung, die den gesamtgesellschaftlichen Prozess der Herausbildung der bürgerlichen Eheform und privaten Intimität nur allzu gut spiegelte.“26
Der Walzer und mit ihm der Paartanz haben sich auf diese Weise als Symbol der Bürgerlichkeit in die Moderne eingeschrieben. Der Paartanz war für den Bürger das moralische Gegenmodell zu den Gruppentänzen der Aristokratie und ging damit gegen dessen ‚hierarchische Struktur‘ vor und nahm seine eigene bürgerliche Struktur bereits im Tanz vorweg.27 Der Paartanz entsteht in einer Zeit des sozialen, politischen und kulturellen Umbruchs, die mit Walter Sorell „mit ihrer nationalen Wiedergeburt, mit dem Beginn der Romantik“28 verbunden ist. Das bürgerliche Paar war gleichzeitig soziale und kulturelle Notwendigkeit einer Geschlechterbinarität als auch romantisches Ideal der Zweisamkeit. Die Entstehung des Paares im Tanz ist eng an die Ideen der Romantik gebunden: die ‚romantische Liebe‘ und die Liebesehe im Bürgertum.29 Wie Anthony Giddens in seiner Abhandlung über den ‚Wandel der Intimität‘ betont: „Spezifisch für Europa war jedoch das Aufkommen von Liebesidealen, die sich eng an den moralischen Werten des Christentums orientierten [...] [und] Teil einer mystischen Einheit von Mann und Frau [wurden].“30
Für Giddens zeigt sich im Ideal der romantischen Liebe eine Individualisierung, in welche das ‚Paar‘ „das Selbst und das Andere in eine ganz persönliche Geschichte brachte, die keinen Bezug zu anderen sozialen Prozessen haben musste“31. Das bürgerliche Paar, so ließe sich sagen, war demnach das idealisierte Motiv einer Ablösung aus sozialen Prozessen, d.h. vorrangig das bürgerlich, moralische Gegenmodell zu den ‚unübersichtlichen‘ und strategischen Beziehungsstrukturen der Aristokratie. Giddens hebt dabei nicht zufäl25 26 27 28
M. Koch: Salomes Schleier, S. 72. G. Klein: FrauenKörperTanz, S. 106f. Ebd.: S. 104f. Walter Sorell: Der Tanz als Spiegel der Zeit. Eine Kulturgeschichte des Tanzes, Wilhelmshaven: Noetzel 1985, S. 257. 29 Vgl. Anthony Giddens: Wandel der Intimität. Sexualität, Liebe und Erotik in modernen Gesellschaften, Frankfurt a.M.: Fischer 1993, S. 50. 30 Ebd. 31 Ebd., S. 51. 97
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lig den Zusammenfall der Entstehung der ‚romantischen Liebe‘ mit der Entstehung des Romans hervor, sondern versteht beide als neu entdeckte Motive der Zeit. Und so gilt für ihn auch was Günter Burkart und Cornelia Koppetsch für eine Soziologie des Paares konstatieren: „Das Paar ist eine Dyade, eine ‚Gesellschaft zu zweien‘, eine elementare soziale Einheit, die besonders prädestiniert ist für intime Beziehungen.“32 Im Anschluss an Giddens und Burkart/Koppetsch lässt sich auf dem Hintergrund der historischen Parallele von Paartanz und der Idealisierung des Liebespaares die These aufstellen, dass dem Paartanz kulturhistorisch die Idee der dualen Einheit inhärent ist. Die Herausbildung des Paartanzes ist demnach historisch gekoppelt an die Entstehung der neuen Klasse des Bürgertums und an die Bildung der sozialen Figuration des Paares als einer idealisierten und abgeschlossenen Einheit. Kulturhistorisch betrachtet vollzog und sicherte der Paartanz gleichzeitig mit der Produktion eines Ideals des Paares auch die Etablierung der bürgerlichen heteronormativen Geschlechterordnung als eines „hierarchischen Abhängigkeitsverhältnisses zwischen den Geschlechtern und bildete von da an ein wesentliches Charakteristikum der bürgerlichen Tanzkultur“33. Nun lässt sich gegen eine These der Etablierung einer bürgerlichen heteronormativen Geschlechterordnung im Paartanz Tango einwenden, dass die Postmoderne vor allem durch die Auflösung oder Aufweichung der binären Geschlechtergrenzen gekennzeichnet ist und eine bürgerliche Geschlechterordnung im Sinne des 18./19. Jahrhunderts nicht mehr existiert. Gleichzeitig konstatiert auch die soziologische Paarforschung, dass die Idee der Paarbeziehung in der Moderne einen Wandel durchlaufen hat: weg vom Ideal der Einheit des Paares hin zu einer individualisierten Autonomie des Einzelnen, die nicht mehr an das ‚andere‘ Geschlecht gebunden ist.34 Postmoderne Paarbeziehungen sind nicht mehr von einer Einheit des Paares abhängig, sie stellen sich vielmehr als Lebensabschnittspartnerschaften von getrennten Individuen dar. Wie passt da ein Ideal von ‚Verschmelzung‘ ins Bild? Die zu Beginn des Textes vorgestellte Diskursfigur der ‚Verschmelzung‘ setzt zunächst sprachlich auch eine Trennung voraus. Diese Trennung wird in der deutschen Tangokultur im geradezu klischeehaften Aufgreifen von Geschlechterrollen vollzogen. In den Inszenierungen durch Kleidung, Rituale
32 Günter Burkart/Cornelia Koppetsch: Geschlecht und Liebe. Überlegungen zu einer Soziologie des Paares, in: Bettina Heintz (Hg.): Geschlechtersoziologie. Sonderheft der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Wiesbaden: Westdeutscher Verlag 2002, S. 431-453, S. 437. ‚Gesellschaft zu zweien‘ zit. nach Georg Simmel (1993). 33 G. Klein: FrauenKörperTanz, S. 101. 34 Vgl. G. Burkart/C. Koppetsch: Geschlecht und Liebe, S. 448. 98
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oder Konventionen wird spielerisch eine Geschlechterdifferenz produziert.35 Diese zelebrierte Trennung der Geschlechterdifferenz wird mit der Diskursfigur der ‚Verschmelzung‘ wiederum überwunden – die getrennten Geschlechter werden im Tango als Paar idealtypisch zu einer Einheit. Die Diskursfigur der ‚Verschmelzung‘ greift das Ideal der Einheit des Paares auf, allerdings nicht in Bezug zum europäischen Walzer sondern in der Wahrnehmung des Tango Argentino als Paartanz, der in einer ‚anderen‘ Kultur verortet wird.36 Interessanterweise wird dabei übersehen, dass der Tango historisch in Buenos Aires erst über die Anerkennung als Paartanz in Europa salonfähig wurde.37 Der Tango wird nichtsdestotrotz ausschließlich in Argentinien verortet und vielleicht gerade deshalb wird ihm die Möglichkeit von ‚Verschmelzung‘ zugesprochen; gerade weil er nicht als europäischer und damit standardisierter Paartanz gilt. Denn galt zu Zeiten des Walzers dieser noch als bürgerliches Symbol der Einheit des Paares, so wird er heute als Gegenmodell zum Tango, als standardisiert und formalisiert begriffen. Diese ‚Exotisierung‘38 des Tangos ist eine Voraussetzung für die Übersetzung der Interaktionsordnung des Tangos in ein Ideal des Paares durch die Diskursfigur der ‚Verschmelzung‘. Im Tango wird im Spiel der Inszenierung der Geschlechter und in der Diskursfigur ‚Verschmelzung‘ ein bürgerliches Paar-Modell überhöht. Diese These läßt sich darüber bestärken, dass ein Großteil der Tangotanzenden in Deutschland einer bürgerlich, akademischen Schicht angehört.39 Gleichzeitig lässt Tango sich aber auch als spielerische Gegenbewegung im Prozess der Transformation zu individualisierten, und wie Burkart/Koppetsch betonen, komplizierteren Paarbeziehungen lesen: „Das Paar stabilisiert die heterosexuelle Matrix, deren Funktionalität im Modernisierungsprozess zunehmend strittig wird, indem es (in seiner Außendarstellung) die Differenz repräsentiert und veranschaulicht; zum anderen durch Koalitionsbildungen, die die Einheit betont und den Geschlechterkampf dämpft.“40 35 Vgl. Paula Villa: Mit dem Ernst des Körpers spielen: Körper, Diskurse und Emotionen im argentinischen Tango, in: Thomas Alkemeyer/Bernhard Boschert/Robert Schmidt et al. (Hg.): Aufs Spiel gesetzte Körper: Aufführungen des Sozialen in Sport und populärer Kultur, Konstanz: UVK 2003, S. 131-154. 36 Vgl. G. Klein/M. Haller: Café Buenos Aires und Galeria del Latino. 37 Vgl. Marta E. Savigliano: Tango and the political economy of passion, Boulder: Westview 1995, S. 137. 38 Vgl. M. E. Savigliano: Tango and the political economy of passion. 39 Im Rahmen des Projektes wurde eine quantitative Konsumentenerhebung durchgeführt, bei der sich in der Tangokultur 301 von 347 befragten Personen einem bürgerlichen Milieu zuordnen ließen: 57% der von uns interviewten Tangotanzenden haben dabei einen Hochschulabschluss, 31% der Tangotanzenden einen gymnasialen Abschluss oder Fachhochschulreife. 40 G. Burkart/C. Koppetsch: Geschlecht und Liebe, S. 447. 99
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Die ‚verschmolzene‘ Einheit des Tangopaares – im Übrigen auch ein immer wiederkehrendes Motiv in Tangobildbänden – ist eine solche Koalitionsbildung gegen Auflösungstendenzen von Heteronormativität und gleichzeitig auch gegen unverbindliche und individualisierte Paarvorstellungen. Dabei heben Burkart/Koppetsch für Paarbeziehungen die Differenz zwischen privaten und öffentlichen Räumen hervor. In öffentlichen Räumen geht es ihrer Ansicht nach um die sichtbare Produktion und Inszenierung einer Differenz von Geschlechtern, während das Ideal der privaten Beziehung in der Paareinheit und der Intimität liegen. Aus dieser Perspektive verweist die Diskursfigur der ‚Verschmelzung‘ im Tango auch auf die Auflösung der Grenzen zwischen privaten und öffentlichen Räumen. Die Tangokultur zeigt sich in der Inszenierung von Geschlechterdifferenz und einer Diskursfigur von ‚Verschmelzung‘ als hybrider Raum der gleichzeitigen Produktion von Einheit und Differenz. Auf diese Weise wird in teil-öffentlichen Räumen mit der Geschlechterdifferenz ein bürgerliches und idealisiertes Paarmodell produziert, welches in der Entstehung des bürgerlichen Paartanzes seine historischen Anfänge hat. Dieses Paarmodell gewinnt heute in neoliberalen Zeiten eines Umbruchs, des Rückzugs des Staates aus der sozialen Verantwortung, als private und soziale Beziehung neue Relevanz. Die Tangokultur zeigt sich damit als Gegenbewegung in einer Zeit, in der traditionelle Geschlechterrollen und Partnerschaften in Frage gestellt werden. Ob die Akteure der Tangokultur dies als ‚spielerischen‘ Moment wahrnehmen oder während eines Tanzes in der momenthaften Rückkehr zu einer traditionellen Geschlechterdifferenz und Einheit des Paares ihr Heil suchen, ist dabei eine offene Frage. Darüber hinaus zeigt die Interaktionsordnung des Tangos – jenseits einer Übersetzung in ein Ideal des Paares – aber auch, dass eine Abstimmung des Tanzpaares bereits als Konsequenz aus der Bewegungsordnung des Tangos hervorgeht. Erst die performative Herstellung der Interaktionsordnung, welche als improvisierte, bewegte Ordnung zu verstehen ist, bringt Tango als einen Dialog hervor und kann dann erst idealtypisch in ein Ideal der Einheit des Tanzpaares übersetzt werden. Die Diskursfigur der ‚Verschmelzung‘ steht damit in direkter Abhängigkeit zur performativen Interaktionsordnung und zum Gelingen der gemeinsam vollzogenen Bewegung. Denn in performativen Interaktionsordnungen ist immer die Möglichkeit des Scheiterns gegeben: der performative Akt des Tanzens garantiert kein Gelingen einer Einheitserfahrung. Insofern wird auch nachvollziehbar, weshalb in der Tangokultur die Diskursfigur der ‚Verschmelzung‘ gleichzeitig idealisiert und in Frage gestellt wird. Stand der Walzer schon per se als Paartanz für die Einheit des Paares, so ist diese Einheit des Paares beim Tango von der Art der Interaktionen und der über sie hergestellten Interaktionsordnung abhängig. Ohne diesen Zusammenhang explizit herzustellen, vollzieht sich in der Diskursfigur der ‚Ver100
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schmelzung‘ letztendlich die Übersetzung dieser Interaktionsordnung in ein Ideal der dualen Einheit und mit ihr in ein bürgerliches Ideal der Zweierbeziehung, wenn auch nur im Moment des Tanzes. Dieser Übersetzung der Interaktionsordnung liegt die Annahme zu Grunde, dass die Erfahrung einer dualen Einheit im Tango möglich wird. Die Interaktionsordnung des Tangos ermöglicht strukturell eine körperliche Erfahrung, welche Maurice Merleau-Ponty als Interkorporalität beschrieben hat: „Durch meinen Leib verstehe ich den Anderen, so wie ich auch durch meinen Leib die ‚Dinge‘ wahrnehme.“41 Das in der Übersetzung der Interaktionsordnung liegende Versprechen einer Einheit lässt sich nach Merleau-Ponty als Zwischenleiblichkeit beschreiben, welche die Ich-Grenzen auflöst: „Dann ist es, als wohnten seine Intentionen meinem Leibe inne und die meinigen seinem Leibe.“42 In einer temporalen Erfahrung von Interkorporalität im Paartanz Tango liegt das Potential einer Subjekthaftigkeit, die, im Folgen eines bürgerlichen Ideals der Einheit des Paares, vielmehr auf soziale Beziehungen setzt, als es eine postmoderne und individualisierte Gesellschaft vermuten lässt.
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„ Das fühlt sich s o a nde rs an...“ Zum produktiven ‚Scheite rn‘ des Transfers zw isc he n ästhetisc he n Dis kurse n und tä nze rische n Prax e n im Ta ngo PAULA-IRENE VILLA
Welcher Tangotänzer kennt das nicht? Frustration nach den ersten Stunden im Kurs – der Spiegel zeigt nicht die eleganten Posen intensiver, erotisch knisternder Zweisamkeit, sondern ungelenkes Hantieren mit der Partnerin. Welche Tangotänzerin kennt nicht die Enttäuschung beim Tangoball – sie sitzt und sitzt und sitzt, wird nicht aufgefordert, macht möglichst würdige Mine zum gemeinen Aufforderungsspiel,1 die Befindlichkeit schwankt zwischen Langeweile und Verzweiflung. Und das, obwohl (oder weil?) sie sich eingestellt hatte auf spannende Tänze und auf beseelende körperliche Begegnungen mit fremden Menschen. Was geht hier vor? Wo bleibt die Einlösung der Versprechen, die der Tango Argentino in unendlich vielen Bildern und Texten macht? Dem Versprechen nämlich auf Intensität, Erotik, zweisame Innigkeit, Verschmelzung, Spannung, argentinische Lebenslust und ‚spielerischem Geschlechtergerangel‘, kurz: dem Versprechen darauf, dass man, wie es im strapazierten Zitat George Bernard Shaws heißt, in der Vertikalen das spürt, was in unserer Gesellschaft gemeinhin und schamhaft mit der Horizontalen verknüpft ist: „Der Tango ist der vertikale Ausdruck eines horizontalen Verlangens.“2 1
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Für eine ethnographisch dichte Beschreibung und zugleich Relektüre geschlechtlicher Codes bei den Aufforderungspraxen im Tango vgl. Marta E. Savigliano: Gambling Femininity: Wallflowers and Femme Fatales, in: Angora Matta. Fatal Acts of North-South Translation, Connecticut: Wesleyan University Press 2003, S.141-166. Das Zitat wird George Bernard Shaw zugeschrieben, vgl. http://www.musicallounge.de/?id=2067&mark=shaw (27.03.2009). 105
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Sind die Tänzer und Tänzerinnen also einfach noch nicht gut genug, wenn sich beim Tango Langeweile einstellt, Enttäuschung oder Frustration? Wenn sich anstelle des ‚horizontalen Verlangens‘ der schmerzende Rücken oder die Ungeduld über die immergleichen Schritte spürbar meldet? Oder stimmt etwas nicht mit den Bildern und Erzählungen, auf die wir in Zeitschriften wie der Tangodanza, im Kino, im Internet und in der Werbung für Tangokurse stoßen? Zeichnen diese ein falsches Bild vom Tango, weil sie nicht das abbilden, was Tangotänzer/innen in der Realität (oft) erleben?3 Ich meine, dass beides nicht, aber auch dass beides gleichermaßen zutrifft. Das möchte ich nachfolgend im Lichte einer post-strukturalistischen Perspektive auf den Zusammenhang zwischen Diskurs und Praxis ausführen. Dabei wird deutlich werden, dass, so wie im Allgemeinen, so auch im Tango im Besonderen prinzipiell eine Kluft zwischen diskursiv gefassten Normen einerseits und dem praxeologischen Tun andererseits besteht; die diskursive Ebene, etwa normativ idealisierte Bilder, und (Körper-)Praxen sind auch im Tango in konstitutiver Weise aufeinander verwiesen, gehen aber nicht ineinander auf. D.h., Semantisches und Somatisches bedingen, formen und ermöglichen sich wechselseitig – aber sie sind nicht aufeinander reduzierbar. Dies wird im ersten Teil des Textes ausgeführt. Dabei vertrete ich die These, dass die Translation – als Übertragung verstanden – zwischen gesellschaftlichem Wissen (Diskursen) und somatischer Praxis nicht als exakte Kopie eines Originals geschieht, sondern unausweichlich Neues produziert. Praktisches Tun stellt demnach keine ‚Verkörperung‘ derjenigen Normen dar, die dieses Tun konstituieren. Vielmehr entstehen im Handlungsvollzug notwendigerweise Variationen, kreative Neuschöpfungen, ungeplante Erfahrungen. So – und nur so – gesehen, scheitert aus der Sicht des Diskurses die Praxis, aus der Sicht der Praxis scheitert der Diskurs. Dies geschieht allerdings in ungemein produktiver Weise und – wie ich aus meinen vielfältigen Tanz-, Szene- und Reflexionserfahrungen weiß – zum Glück. Durch die Diskrepanzen zwischen Ideal und Faktizität bleiben, dies zeigt der Tango deutlich, beide Dimensionen immer und unausweichlich in Bewegung.4 3
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Vgl. Tangodanza, in: http://www.tangodanza.de/ (16.03.2008). Für die Selbstdarstellungen im Netz bietet sich neben einer einschlägigen Google-Suche der Einstieg über das deutschsprachige Portal http://www.cyber-tango.com/tango. html#tanzen (16.03.2008) an. Vgl. für eine ausführlichere Darstellung der Bewegtheit von Tango-Diskursen: Paula-Irene Villa: Bewegte Diskurse, die bewegen. Überlegungen zur Spannung von Konstitution und Konstruktion am Beispiel des Tango Argentino, in: Robert Gugutzer (Hg.): body turn. Perspektiven der Soziologie und des Sports, Bielefeld: transcript 2006, S. 209-232. Zur zentralen Rolle des Bewegungs-Begriffs für die Sozialtheorie und für die Analysen spezifischer Praxen, vgl. Gabriele Klein: Bewegung. Sozial- und kulturwissenschaftliche Konzepte, Bielefeld: transcript 2004.
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ÄSTHETISCHE DISKURSE UND TÄNZERISCHE PRAXEN
Im Anschluss werde ich skizzieren, welchen alternativen Umgang ich mit diesem ‚Scheitern‘ vorschlage, um der Komplexität der Translationen zwischen Diskurs und Praxis gerecht(er) zu werden. Dabei sollte deutlich werden, dass ich aus soziologischer Perspektive Scheitern als praxeologisches Festhalten an etwas Unverfügbarem verstehe; als Subversion, die sich kritisch – und unbeabsichtigt – gegen den Mythos der Machbarkeit, der Planbarkeit und der Handlungsautonomie richtet.5 Mir geht es mit der Verwendung des Begriffs also nicht um eine pejorative, mitleidserregende oder wie auch immer geartete normative Bewertung konkreter Praxen, sondern um die bereits erwähnte Kluft zwischen Sagen und Tun (beides im weitesten Sinne) und um die Potentialität des Scheiterns. Zudem, auch dies als Rahmung vorweg, beruhen meine Überlegungen nicht auf im engeren Sinne sozialwissenschaftlicher Empirie zum Tango, sondern auf der soziologischen Reflexion meiner eigenen, langjährigen, Tanz- und Lehrpraxis im Feld des Tango Argentino.
Diskurs – Praxis. Komplexe Translationen Was ist eigentlich Tango? Man kann – und sollte – ihn m.E. in der Gleichzeitigkeit seiner verschiedenen, miteinander verwobenen Dimensionen suchen. Tango ist körperliche Praxis: Tanzen, auf Milongas gehen, dort nach Tanzpartner/innen Ausschau halten usw. Tango ist auch wortwörtlich Text, etwa in der Tangolyrik. Tango ist ebenfalls eine weltweite, zugleich je lokal situierte Subkultur, d.h. eine komplexe, raumzeitlich gebundene, post-traditionale Vergemeinschaftungsform.6 Tango sind aber auch, und zwar ganz wesentlich, die konkreten wie metaphorischen Bilder und die kulturellen Chiffren, die zum Tango im Umlauf sind. Sie stellen den diskursiven Rahmen dar, der den Tango konstituiert. Mein Diskursbegriff orientiert sich an Michel Foucault und Judith Butler und geht davon aus, dass Diskurs mehr als konkrete Sprechweisen und Sprache meint, wenngleich diese Bestandteile spezifischer Diskurse sind. Diskurse sind komplexe, feldspezifische, zeitlich situierte, immer vorläufig stabile Strukturen der Wissensproduktion.7 Solche Strukturen rahmen insofern (auch
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Vgl. Matthias Junge: Scheitern: Ein unausgearbeitetes Konzept soziologischer Theoriebildung und ein Vorschlag zu seiner Konzeptualisierung, in: ders./Götz Lechner (Hg.): Scheitern. Aspekte eines sozialen Phänomens, Wiesbaden: VS 2004, S. 15-32, 23ff. Vgl. ausführlicher hierzu: P.-I. Villa: Bewegte Diskurse, die bewegen. Überlegungen zur Spannung von Konstitution und Konstruktion am Beispiel des Tango Argentino, S. 218. Michel Foucault 1990, in: Rainer Díaz-Bone: Entwicklungen im Feld der Foucaultschen Diskursanalyse. Sammelbesprechung, in: FQS [Online Journal], 4, 3 107
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somatische) Praxen als sie „Objekte und Subjekte in ihrer Intelligibilität, also sozialer Sinnhaftigkeit und Verstehbarkeit, ausdrücken“8. Diskurse sind, um es vereinfachend zu übersetzen, organisierte und doch flexible, dynamische Strukturen des Denkens und Sprechens, die das, was wir von der Welt wahrnehmen, konstituieren. Dabei sortieren je spezifische Diskurse die Welt mitsamt ihrer Subjekte und Objekte in Kategorien, die immanent normativ sind. Diskurse sind zudem „produktiv“9; sie erzeugen, durch ihre überindividuelle und langfristige Logik, Ordnung qua Klassifikation. Dabei werden beispielsweise aus Menschen ‚Typen‘, wie Foucault anhand der ‚Erfindung‘ der Homosexualität rekonstruiert hat: Aus spezifischen sexuellen Praktiken wird, so Foucault, in der Moderne der Tpyus des ‚Homosexuellen‘.10 Dies geschieht, wie vor allem Butler im Anschluss an Foucault, über diesen aber hinausgehend, betont, in Prozessen der Subjektivation, d.h. der paradoxen Unterwerfung von einzigartigen Personen unter einen normativen und abstrahierenden Diskurs.11 Hierauf gehe ich weiter unten ein. Zunächst ist allerdings zu beachten, dass sich aus dieser poststrukturalistischen Perspektive die diskursive Erzeugung von Intelligibilität nicht durch transparente, allgemein verbindliche, explizite oder gar fixierte ‚Definitionen‘ vollzieht. Die diskursive Be-Deutung von Subjekten und Objekten ist vielmehr diffus, womöglich widersprüchlich und prozessual. Zudem sind Diskurse nie in einem ‚totalen‘ Sinne determinierend: Dadurch, dass es zum einen verschiedene, einander kreuzende und u.U. widersprechende Diskurse in einer gesellschaftlichen Konstellation gibt, werden einzelne Bedeutungen beständig herausgefordert. Zum anderen ist der determinierende Effekt von Diskursen dadurch relativiert, dass Praxen – vor allem in ihrer somatischen Dimension – im Verhältnis zum Diskurs einen eigensinnigen ‚Überschuss‘ haben. Hiervon wird im Weiteren noch systematisch die Rede sein. Kurz formuliert, ist damit gemeint, dass die Praxis im Verhältnis zum Diskurs komplexer ist. In diesem Sinne gehen Praxen nicht in ihrer diskursiven Konstitution auf, Praxis kann nicht als Diskurs beschrieben werden, auch nicht als ‚Verkörperung‘ von Diskurs. So gesehen, scheitern diskursive Semantiken
(2003), Art. 1.: http://www.qualitative-research.net/fqs-texte/3-03/3-03reviewdiazbone-d.htm (16.03.2008). 8 Judith Butler: Für ein sorgfältiges Lesen, in: Seyla Benhabib/Judith Butler/Cornell, Drucilla/Nancy Fraser: Der Streit um Differenz. Feminismus und Postmoderne in der Gegenwart, Frankfurt a.M.: Fischer 1993, S. 122-132, S. 129. 9 Ebd. 10 Vgl. Michel Foucault: Sexualität und Wahrheit. Bd. 1: Der Wille zum Wissen, Frankfurt a.M. 1977, S. 58. 11 Vgl. Judith Butler: Psyche der Macht. Das Subjekt der Unterwerfung, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2001, S. 15ff. 108
ÄSTHETISCHE DISKURSE UND TÄNZERISCHE PRAXEN
immer an ihrer Materialisierung. Der „Ordnung des Diskurses“12 steht eine ‚unordentliche‘ Handlungs- und Erfahrungswirklichkeit gegenüber, die aber in systematischer Weise auf die diskursive Ebene bezogen ist. Schließlich, und auch dies schränkt zumindest die Stabilität der diskursiven Produktion von Intelligibilität ein, beruhen Diskurse häufig – jedenfalls in der rationalisierten Moderne – auf binären Oppositionen, deren Termini einander in zirkulärer Weise konstituieren: männlich/weiblich; führen/folgen usw. Dabei ist jeweils ein Begriff immer eine Negation, eine Abgrenzung und Verwerfung dessen, was er nicht ist – und umgekehrt. Binär konstituierte Begriffe (Signifikate) und das, worauf sie sich bezeichnend beziehen (Signifikanten) sind demnach durch ihr konstitutives Außen/Anderes definiert und dadurch macht das, was sie (angeblich) ‚nicht sind‘, einen wesentlichen Teil dessen aus, was sie sind.13 In Bezug auf den Tango Argentino spielen begriffliche Binaritäten wie männlich/weiblich, führen/folgen, Kopf/Bauch (alias Körper/Geist), hier/dort, argentinisch/nicht-argentinisch eine Rolle. Sie sind, ihrerseits als Teil verschiedener Diskurse, konstitutiv für diverse Aspekte der leiblich erlebten Körperpraxen. Diskurstheoretisch betrachtet und für die Frage nach der Relevanz dieser Begriffe für die körperliche Praxis des Tangos besonders interessant ist der wirkmächtige Glaube, Kategorien wohne eine eigene, von der Sprache und ihrer Prozesshaftigkeit unabhängige Wirklichkeit, eine eigenständige Ontologie inne. Die Stabilität lebensweltlichen Agierens beruht ja darauf, dass es im alltäglichen Handlungsvollzug so scheint, als ob immer für alle gleichermaßen klar wäre, was mit beispielsweise ‚Tisch‘, ‚Frau‘ oder ‚Tango‘ gemeint ist – und dass diese Bedeutung unabhängig von der sprachlichen Benennung, also an sich, den Dingen eigen ist. Tatsächlich aber entziehen sich Begriffe im Allgemeinen und solche wie ‚führen/folgen‘, ‚männlich/weiblich‘ im Besonderen einer verbindlichen, endgültigen Definition. Begriffe sind faktisch immer, und zwar notwendigerweise, hinsichtlich ihrer Bedeutung auf andere Begriffe und Semantiken verwiesen. Begriffe sind, anders gesagt, immer in Bewegung. Führen im Tango z.B. kann nicht aus sich heraus definiert werden. Die Bedeutung von ‚führen‘ ist immanent verwoben mit Begriffen wie etwa folgen, aktiv/passiv, Impuls, Energie, männlich/weiblich, gehen, warten, stehen, Musikalität usw. Und all diese Begriffe sind gleichfalls keine objektiven ‚Dinge‘, sondern ihrerseits ebenfalls verwiesen auf andere Begriffe und u.U. auf andere Diskurse. Nicht zuletzt daher kreist die Tango-Szene darum, ihre Leitdifferenzen immer und immer wieder neu zu thematisieren, und zwar nicht als pittoreskes 12 Michel Foucault: Die Ordnung des Diskurses, Frankfurt a.M.: Fischer 1991. 13 Diese Einsicht geht auf Derrida zurück; vgl. P.-I. Villa: Bewegte Diskurse, die bewegen. Überlegungen zur Spannung von Konstitution und Konstruktion am Beispiel des Tango Argentino, S. 211ff. 109
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Detail sondern in konstitutiver Weise. Medien und Selbstverständigsmodi der Szene – die Mailing-Listen im Internet, die Tangodanza, die Fahrten zu und von Milongas im Auto, jede Tagung zum Thema, die Gespräche beim Unterricht usw. – leben von der reflexiven Thematisierung der eigenen Diskurse (und der eigenen Praxis). Die Tango-Szene redet über wenig anderes so viel und so gern, jedenfalls solange sie nicht tanzt oder geschäftliche Deals macht, wie über: Was ist führen und wie geht das (am Besten/eigentlich usw.)? Wo liegt die Grenze zwischen Führen und Folgen? Was ist Verschmelzung und wie erreicht man das? Was ist Hingabe und wie gibt man sich hin? Was ist ein guter Tanz? Ist der Tango erotisch? Ist das Tanzen auf Socken oder Turnschuhen Tango? Ist das Tanzen zu Techno, zum Soundtrack von Die zauberhafte Welt der Amélie oder zu portugiesischem Fado Tango? Was ist Tango? Diese Dauerreflexion hat ihren Grund eben darin, dass all die Begriffe, Worte und Semantiken, die dem Tango-Diskurs inne wohnen, erstens derart instabil sind, dass sie praxeologisch dauernd neu ‚erfunden‘ werden müssen, denn dass sie ‚gefunden‘ werden. Und zweitens treffen diese Begriffe nicht unbedingt auf das zu, was Menschen in der Tango-Praxis erleben. Die Versprechen, die Anrufungen und die Semantiken des Tango-Diskurses stellen sich nicht oder nie garantiert in der Praxis ein.
Diskurs als Pasión – Exotischer Geschlechterkampf Die Komplexität, die Tango als „Spielwelt“14 kennzeichnet und die durch ihre andauernde Dynamik gesteigert wird, ist nicht beliebig. Das Tango-Spiel ist nicht kontingent, auch nicht arbiträr. Dafür ist es allzu sehr markiert von spezifischen Diskursen, die sowohl historisch (also diachron) als auch durch die Translokalität des Phänomens (also synchron) wirksam sind. Aus der Vielzahl an „vorgängigen Welten“15 bzw. Diskursen, die den Tango konstituieren, sind zwei miteinander verflochtene Matrices in Bezug auf die Konstitution dessen, was Tango ist, besonders effektiv: zum einen die Geschlechterdifferenz, die ihrerseits heterosexuell markiert ist und zum anderen die ‚Argentinizität‘, als Ursprungs- und Authentizitätsmythos des argentinischen (!) Tangos.16 Ich meine, dass die Amalgamierung beider Semantiken zur ‚argentinischen pasi14 Vgl. Gunter Gebauer/Christopf Wulf: Spiel – Ritual – Geste. Mimetisches Handeln in der sozialen Welt, Reinbek: Rowohlt 1998, S. 208. 15 Ebd. 16 Damit soll nicht unterschlagen werden, dass auch Montevideo in Uruguay zu den Ursprungsstätten und regionalen Bezugspunkten der Tangokultur gehört. Allerdings wird dies jenseits des ‚inner circles‘ der Tangoszene nicht thematisiert. Es geht mir an dieser Stelle auch nicht um eine wahrhaftige Rekonstruktion einer eigentlichen Geschichte, sondern um die Skizzierung hegemonialer, also besonders wirkmächtiger und strukturbildender, diskursiver Codes. 110
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ón‘ nach wie vor, und auch durchaus im Einklang mit der inzwischen vollzogenen rhetorischen Modernisierung des Tangos, den Leitdiskurs zum Tango darstellt: Den Tango so wie in Argentinien zu praktizieren, mit der entsprechenden Weiblichkeit/Männlichkeit, das ist in Bezug auf die somatischen Praxen das entscheidende Leitmotiv. Der Tango Argentino wird in geschlechtlicher Hinsicht – weiterhin, wenn auch in immer wieder neuen Variationen – als dichotom kodiert: Die Differenz zwischen Mann/männlich und Frau/weiblich wird dabei ikonographisch dramatisiert, rhetorisch beschworen und materiell-räumlich inszeniert: Mit pasión kommt der Tango immer wieder daher.17 Er gilt weiterhin als der temperamentvollste und emotional intensivste aller Paartänze. Und wenn er inzwischen nicht mehr durchgängig bzw. pauschal als erotisch, lasziv oder ‚sexy‘ angepriesen wird, so doch als ‚emotional intensiv‘. Diese Formulierung ist eine rhetorische Modernisierung im Diskurs, die sicherlich auch aus den faktischen Erfahrungen der Tanzenden resultiert.18 Die stereotypisierten Posen heterosexueller pasión sind (diskursiv verfasste) Normen: Sie sind als solche unerreichbar – weil diffus, implizit und abstrakt – aber sie sind wegweisend. Normen sind weniger ausbuchstabierter Imperativ, eher subkutanes Regulativ.19 Es sind z.B. die stereotypen Bilder, die ermüdend vielen, in ihrer Stereotypie geradezu wie drag wirkenden Dramatisierungen einer hyper-heterosexualisierten Geschlechterdifferenz. Evident ist dabei die wohlgestaltete Geschlechterdifferenz anhand des Körpers: Ein Part zeigt Haut, lehnt sich an, hält die Augen entweder geschlossen oder blickt auf, gibt sich hin – das ist der weibliche Part. Dass dieser inzwischen keineswegs unbedingt biologisch weiblich sein muss, ist m.E. Ausdruck der Bewegung im
17 Vgl. zur Translokalität von Leidenschaft/pasión im Tango: Paula-Irene Villa: Zu heiß um cool zu sein. Tango zwischen pasión und Leidenschaft, in: Gudrun Lehnert/Ottmar Ette (Hg.): Große Gefühle. Ein Kaleidoskop, Berlin: Kadmos 2007, S. 138-159. 18 Vgl. für empirische Befunde zu den „VerbildlichungenC des Tangos durch die Tanzenden und für eine Analyse des Zusammenhangs von entsprechenden Aussagen einerseits und leiblichen „Präsenz“-Erfahrungen andererseits: Gabriele Klein/Melanie Haller: Präsenzeffekte. Zum Verhältnis von Bewegung und Sprache am Beispiel lateinamerikanischer Tänze, in: Robert Gugutzer (Hg.): body turn. Perspektiven der Soziologie und des Sports, Bielefeld: transcript 2006, S. 233-248. 19 Zum entsprechenden Norm-Begriff: „A norm is not the same as a rule, and it is not the same as a law. A norm operates within social practices as the implicit standard of normalization. (Hervorhebung im Original) […] Norms may or may not be explicit, and when they operate as the normalizing principle in social practice, they usually remain implicit, difficult to read, discernible most clearly and dramatically in the effects that they produce. […] The norm governs the social intelligibility of action, but it is not the same as the action that it governs.“ (vgl. Judith Butler: Undoing Gender, New York: Routledge 2004, S. 41f.) 111
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Diskurs, die sich aus den Bewegungen der Tänzer/innen ergibt. Der andere Part agiert, stützt, fordert, nimmt sich, blickt herab. Dies ist der als männlich konnotierte Part und auch dieser kann inzwischen durchaus von biologischen Frauen verkörpert werden. Solche Bilder von Verkörperungen sind der weiterhin hegemoniale ikonographische Tango-Diskurs, der in einer raumzeitlichen Abstraktion diskursive Subjektpositionen konstituiert: die (Tango-)Frau, der (Tango-)Mann, die pasión, die Erotik, das Paar... Aufgrund genau dieser Abstraktion und des gewissermaßen totalitären Anspruchs eines jeden statischen Bildes gegenüber der dynamischen Praxis erkennen Tango-Menschen sie als ‚Tango‘ und schmunzeln zugleich darüber, dass diese Bilder eben doch nicht Tango sind. Solche Bilder sind wesentlich, das wissen alle. Sie sind aber nicht die ganze (Tango-)Wahrheit, auch das wissen alle. Tango liegt in der Mitte, im Prozess der Translation zwischen Bildern und Praxen bzw. zwischen Praxen und Bildern.
Tango-Subjekte: Z u m G l ü c k z u m S c h e i t e r n ve r u r t e i l t Eine zentrale Translationsaufgabe zwischen diskursiver Struktur und Praxis besteht im Tango zwischen der als klar und eindeutig imaginierten, als womöglich natürlich, auf jeden Fall aber ‚argentinisch‘ be-deuteten Struktur des Führens und Folgens einerseits und der Bewegungspraxis selbst. Selbstverständlich ist diese Struktur des Tangos nicht an sich geschlechtlich. Sie ist es ebenso wenig, wie es an sich geschlechtlich ist, lange, lackierte Fingernägel zu haben, Autos ob ihrer Technik zu mögen, Röcke zu tragen, alles an sich nicht geschlechtlich, faktisch aber doch. Das ist im Tango nicht anders: Sicher können biologische Männer auch folgen und sie tun dies bisweilen auch; ebenso führen biologische Frauen im Tango schon lange. Und in der TangoSzene ist das durchaus ein Fortschritt im Sinne einer mündigen Reflexivierung von Traditionen. Aber das ändert noch nichts an der (oft genug expliziten) Vergeschlechtlichung der Tanzpositionen. Ich habe das an anderer Stelle ausgeführt, will das hier also nur kurz zusammenfassen20: Führen ist insofern männlich als es bürgerlich-moderne Geschlechtskodierungen spiegelt: Führen ist der aktive Umgang mit und die Kontrolle über den öffentlichen Raum (Tanzfläche und Salón). Zu führen meint, mit Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir existenzialistisch überhöht, eine transzendente Existenz zu führen, einen Plan zu haben also,21 wer führt, ist der aktive Impulsgeber in Bezug auf 20 Vgl. Paula-Irene Villa: Sexy Bodies. Eine soziologische Reise durch den Geschlechtskörper, Wiesbaden: VS 2006, S. 271-299. 21 Vgl. exemplarisch Simone de Beauvoir: Das Andere Geschlecht. Sitte und Sexus der Frau, Reinbek: Rowohlt 1992, S. 89. 112
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Richtung, Dynamik und Tempo des gesamten Paares; wer führt, entscheidet über die Zukunft des Paares. Das übersetzt sich praxeologisch in die tanztechnische Dimension als Ideal, immer – möglichst – selbst in der eigenen stabilen Achse zu stehen und als stabile Achse des Paares zu fungieren. Folgen hingegen meint die Hinwendung zur Intimität und zum ‚privaten‘ Innenraum des Paares, meint zuständig zu sein für die Harmonie zwischen beiden Partnern, im möglichst ungestörten Hier und Jetzt der Hingabe an den Partner. Es geht um den immanenten Modus der Existenz, um wieder mit Sartre und Simone de Beauvoir zu sprechen. Folgen ist in dieser Entgegensetzung selbstverständlich auch Agieren, aber – vor allem in Bezug auf Tempi und Richtung des Paares – ein reaktives. Folgen beinhaltet rein technisch eine größere Instabilität als Führen, da das Stehen auf einem Bein weitaus häufiger Bestandteil seiner Schrittfolgen ist. Die eigene Achse wird häufig ‚abgegeben‘, oft wird dies auch explizit gewünscht, z.B. im so genannten Milonguero-Stil, die mit einer extremen Schräglage der Folgenden einhergehen kann. Für den als weiblich kodierten Part des Folgens ist das Rückwärtslaufen in einen Raum, den man nicht überblicken kann, typisch. Wer also folgt, muss das auch meistens schon deshalb, weil er oder sie in einen Raum hineinläuft, den sie oder er schlicht nicht sehen kann. Dies gilt vor allem für volle Tanzflächen, also den idealtypischen Modus des Tangotanzens. Und als wäre all dies nicht genug des ‚Beweises‘ für die nach wie vor realitätsmächtige Norm der binär und durchaus hierarchisch kodierten Geschlechterdifferenz im Tango, kommt hinzu, dass die Struktur des Führens und Folgens gänzlich komplementär konturiert ist und sich als ein technisches Entweder/Oder darstellt. Um in der Tangowelt also intelligibel zu bleiben, führt man oder folgt man, aber nie beides zugleich. Das kann selbstverständlich bei einer Person wechseln – dann aber je Tanz, und möglichst sichtbar durch einen Schuhwechsel oder mindestens durch den Wechsel der Arm- und Körperhaltungen. Sowohl in Tangokursen als auch in den unzähligen Interviews mit ProfiTänzern und Tänzerinnen oder mit Lehrenden, stößt man auf stereotype Passagen: Frauen werfen sich vor bzw. ihnen wird vorgeworfen, sich nicht führen zu lassen; Männer werden dazu angehalten, ‚selbstbewusst‘ (was auch immer das heißen mag) die Führung zu übernehmen. Und nach wie vor werden zur Legitimation dieser Struktur rhetorische Naturalisierungen vollzogen, die bisweilen das Niveau der Eheleute Pease erreichen.22 Frauen – im Tango – streben demnach an die Brust des Mannes, weil sie von Natur aus anleh22 Allen & Barbara Pease, die mit millionenfachen Bestsellern wie Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken ganz ‚natürliche Erklärungen‘ für geschlechtliches Handeln anbieten. Diese ‚natürlichen Erklärungen‘ greifen auf ein krudes Gemisch aus – meist nicht belegten, schon gar nicht wissenschaftlich sauber argumentierten – populärwissenschaftlichen und alltagsweltlichen Stereotypen zurück. 113
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nungs- und schutzbedürftig seien, Männer sind eigentlich Jäger und deshalb auch beim Tanzen offensiv aktiv.23 Jenseits dieser Steinzeitevolutionsfloskeln gibt es eine große Bandbreite von Vergeschlechtlichungsargumenten im Tango. Sie fallen manchmal kultur-ontologisch aus, d.h. die Porteños/as (das sind die Bewohner/innen von Buenos Aires, wie sie sich selber bezeichnen bzw. in Argentinien bezeichnet werden) sind eben so und wer mal in Buenos Aires war bzw. dort gelebt hat, der oder die wird das schon merken. Der transkulturelle Transfer im Tango – von Buenos Aires in die Welt und wieder zurück – ist seit jeher durchzogen von exotisierenden Alteritäts-Rhetoriken, die häufig kultur-essentialistisch argumentieren, d.h. die kulturelle ‚Andersartigkeit‘ als Chiffre für irreduzible Alterität verwenden.24 Zuweilen fallen die Vergeschlechtlichungs-Argumente auch ironischspielerisch aus, so etwa wenn gerade beruflich erfolgreiche Frauen gezielt eine bewusst als traditionell und stereotyp wahrgenommene Weiblichkeit ausprobieren wollen.25 Doch es bleibt dabei: „Beim Tango [gilt] grundsätzlich, dass der Mann führt und die Frau folgt. Alles andere ist kein Tango mehr“26, so Chicho, ein u.a. aus Sally Potters Spielfilm The Tango Lesson27 bekannter Profi-Tänzer der jüngeren Generation, in einem Interview. Solche apodiktischen Aussagen, gern garniert mit Aussagen über die Weiblichkeit und die Männlichkeit an sich, lassen sich im Tango deshalb authentisch und unverfälscht erleben, weil der Tango aus Argentinien stammt – einem angeblich naturbelassenen Ort, scheinbar unberührt von Feminismus oder anderen ‚Verkopfungen‘. Beschwörungen sozialer Statik sind ein wichtiger Teil des Diskurses zum Tango: Argentinien und generell Südamerika, werden als Regionen mit vergleichsweise fixen sozialen (Geschlechter-) Ordnungen phantasiert und inszeniert. Dies wird auch ex negativo sichtbar, wenn im Kontext des Tangos etwa Deutschland oder ‚die Deutschen‘ beschrieben werden: Juan D. Lange, ein Pionier der westdeutschen Tangoszene, in Berlin arbeitend, schreibt noch im Jahr 2005 in einer Zeitschrift unter der Überschrift Verkopfter Tango. Warum deutsche Männer nicht führen können und deutsche Frauen sich nicht führen lassen:
23 Vgl. für solche Argumentationen u.a. Nicole Nau-Klapwijk: Tango Dimensionen, München: Kastell 2001. 24 Vgl. Marta Savigliano: Tango and the Political Economy of Passion, Boulder: Westview 1995. 25 So jedenfalls meine Lehrerfahrung. Dies ist allerdings keine im engeren sozialwissenschaftlichen Sinne fundierte empirische Aussage. 26 Tangodanza, 9 (2002), S. 15. 27 The Tango Lesson, Regie und Drehbuch: Sally Potter, Besetzung: Sally Potter und Pablo Verón, Argentinien/Frankreich/Deutschland et al.: Sony Pictures Classic 1997. 114
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„Die Melancholie von Buenos Aires und Montevideo war in Berlin eingetroffen, doch es brauchte noch viel Zeit, Geduld und Ausdauer, bis sie ihre wirklichen Freunde gefunden hatte. […] Die Deutschen fingen also an, den Tango zu lernen, und wenn ein Deutscher lernt, dann tut er das gründlich. Er hört aufmerksam zu, merkt sich alles, was der Lehrer sagt, und wenn ihm nach ein paar Monaten etwas nicht ganz kohärent vorkommt, weist er den Lehrer darauf hin, dass dieser es vor vier Monaten anders erklärt hat. Tja, da bleibt einem als Latino erst mal die Spucke weg, und man versucht lieber auf Allgemeinplätze auszuweichen so wie: ‚Das ist halt Tango, und keine DIN-Norm.‘ […] Der Versuch, alles intellektuell zu durchdringen, gipfelt dann bei einigen Schülern darin, dass sie im Unterricht alles penibel in ein Heft schreiben. In einem Kurs bekam der fleißigste Schreiber den Spitznamen ‚Secretario‘, und er wurde der Anwalt über das, was gesagt wurde und was nicht. […] Der Tango verlangt nach einem Mann mit einem eindeutigen Standpunkt (von ‚Stehen‘ abgeleitet) und von einer Frau, die bereit ist, sich auf etwas Ungewisses einzulassen oder zumindest auf die Führung des Mannes. Aber der Begriff „führen“ stammt wohl von Führer ab, und der ist hierzulande nicht gut angesehen. So haben die Männer dann auch Schwierigkeiten, die Frauen zu führen, und kommen eher als Bittsteller daher, während die Frauen heimlich die Führung übernehmen und damit natürlich auch das Abenteuer des Ungewissen nicht erleben. Erst nach langer Übungszeit vertrauen die Männer darauf, dass es für eine Frau angenehmer ist, klar und deutlich geführt zu tanzen, als wenn sie permanent raten muss, was er dann wohl will.“28
„Erst nach langer Übungszeit […]“, so suggeriert der Text, kommt man hinter die Geheimnisse des Tangos, nach langer Arbeit wird einem und einer wohl klar, worum es beim Tango geht: Um die oben skizzierte Intensität, um Eleganz, Harmonie, um das Gespräch qua Körper und um das ‚vertikale Erleben horizontaler Gelüste‘. Und tatsächlich wird Tangopraxis auch als Einübung betrieben: Kurse, Intensivwochenenden, Tangourlaub, Festivalbesuche, Tausende von Kilometern zwischen Nijmegen, Köln, Berlin und Bologna unterwegs auf der Suche nach den besten Milongas, Schuhmaßanfertigungen, Spanischunterricht, Matetrinkritualen; die Lektüre einschlägiger Sachbücher und Romane und (konsequente Kulmination) die ‚Pilgerreise‘ nach Mekka, Buenos Aires.29 Und doch, oftmals, auch und gerade nach Jahren, nützt es alles 28 Juan D. Lange : Verkopfter Tango. Warum deutsche Männer nicht führen können und deutsche Frauen sich nicht führen lassen, in: Zeitschrift für Kulturaustausch/KulturAustauschOnline, 3+4 (2005): http://cms.ifa.de/publikationen/zeit schrift-fuer-kulturaustausch/archiv/ausgaben-2005/deutschland-von-auen/lange/ (17.03.2008). 29 Wo – natürlich – jede/r nicht-argentinische Tangotourist/in notwendigerweise von fantastischen Erlebnissen in den mythischen Milongas erzählt, die touristenfrei und darum ganz authentisch, so ganz ‚anders‘ als ‚hier‘ sind! Der heilige Gral der unverfälschten Authentizität, jener Schatz, der scheinbar zum gehobenen Reisehandeln bildungsbürgerlicher Schichten Westeuropas gehört wie die 115
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nichts: Milongas werden zur langweiligen Tortur, Paare haken miteinander, Frust macht sich breit, Enttäuschungen oder Sehnsucht. Männer sind genervt davon, dass sie nicht aufgefordert werden, Lehrer/innen davon, dass sie mit ihren Schüler/innen tanzen ‚müssen‘, Neulinge erschrocken über die harschen Sitten der Szene, technisch versierte Tänzerinnen, die lange dabei sind, kriegen keinen Bein mehr auf’s Tango-Parkett. Andere haben viel Spaß – trotz des Tangos, wie es scheint. So stellt sich die Tangoszene faktisch ziemlich anders dar, als sie idealerweise sein sollte. Oder, wie Dino, ein aktiver virtueller Szenebeobachter auf einer Website zu Protokoll gibt: „Wenn auf Milongas nur noch Personen zugelassen würden, die dem [...] Idealbild wenigstens zu 70% entsprechen, dann wären unsere Milongas wohl alle gähnend leer.“30 Ist dies ein Defizit der Tangopraxis gegenüber dem Tangodiskurs? Ein Scheitern des Seins gegenüber dem Sollen? Ich meine: jein. Ja, insofern die Praxis an den überhöhten Normen des Diskurses zwangsläufig scheitern muss, worauf ich gleich eingehen werde. Und nein, insofern dies zwangsläufig und systematisch geschieht und es darum in der Reflexion darauf ankommt, dies produktiv zu wenden, d.h. den (Tango-)Diskurs von den Praxen her zu dynamisieren, zu verflüssigen und stärker zu differenzieren als bisher. Zwei soziologisch-anthropologische Analysen bzw. Begriffe bieten sich hier an, die ich nun, bezogen auf den Tango, vorstellen möchte:
Subjektivation Judith Butlers Begriff der Subjektivation ist von dem Grundgedanken getragen, dass Prozesse, die gemeinhin mit Sozialisation oder Vergesellschaftung belegt sind, notwendigerweise ambivalent sind. Weiterhin betont Butler die Kluft zwischen Diskurs und Praxis, wie ich eingangs bereits andeutete. Zentral ist zunächst, dass Butler zwischen konkreten Personen einerseits und spezifischen Subjekten andererseits unterscheidet. Ein Subjekt ist „[…] nicht mit dem Individuum gleichzusetzen, sondern vielmehr als sprachliche Gelegenheit aufzufassen […], als Platzhalter, als in Formierung begriffene Struktur.“31 Subjekte sind demnach sozial bewohnbare Zonen, die durch diskursive Semantiken geschaffen werden. Diese Zonen sind konkret vor allem Titel, d.h. intelligible Anreden und Personenmarkierungen wie Mutter, Wissenschaftler, Mensch, Behinderter, Kind, Arbeiter, Ausländer, Top-Model,
Farbe rot zum Tango, dieser Gral wird angesichts der enormen Zahl von Tangotouristen und deren finanzieller Bedeutung für Buenos Aires auffallend oft gefunden. Lesenswert hierzu ein Artikel zur ökonomischen Dimension des Tangotourismus in der Tangodanza, 37 (2009). 30 Zit. nach: http://www.tango-city.de/showthread.php?tid=72 (5.01.2009). 31 J. Butler: Psyche der Macht. Das Subjekt der Unterwerfung, S. 15. 116
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Österreicherin, Islamist usw. Oder eben Führende und Folgende, Mann oder Frau im Tango. Konkrete Personen in ihrer lebensweltlichen Praxis „besetzen die Stelle des Subjekts […] und verständlich werden sie nur, soweit sie gleichsam zunächst in der Sprache eingeführt werden“32 Individuen werden also dadurch, dass sie sich praxeologisch mit dem Diskurs vernähen – und von anderen in diesen mehr oder minder herrschaftsförmig vernäht werden – zu intelligiblen Personen. Personen von Gewicht, mit Butler gesprochen, sind also solche, die sich – und sei es nur kurz – mit einer Subjektposition identifizieren, die also Subjektstatus erlangen. Doch, das ist wichtig, dieser Prozess von Anrufung und Umwendung hört nie auf. Die Subjektposition kann nicht endgültig ‚gehabt‘, sondern muss immer wieder performativ gesucht und okkupiert werden. Man ist also nie die Tango-Frau oder der Führende, sobald man etwa hinreichend oft in Buenos Aires war und hinreichend erfolgreich in Shows getanzt hat. Vielmehr muss auf jeder Milonga der mühsame Prozess durchlaufen werden, für diesen Abend eine intelligible Tango-Frau oder ein richtiger Tango-Mann zu sein: „Belonging to the milonga scene is an unstable status. […] Belonging to the milonga scene must be constantly re-enacted.“33 Hierzu gehört auch, womöglich vor allem, ein „Körper von Gewicht“34. Personen sind nicht nur genötigt, diskursive Subjektpositionen irgendwie zu okkupieren. Sie müssen sie vor allem auch in Interaktionen verkörpern. Beim Tango ist dies evident, handelt es sich doch um eine stark körperbezogene Subkultur. Dabei ist es notwendig, sich von unilinearen, verdinglichenden Modellen der somatischen Sozialisation bzw. Subjektivation zu verabschieden – der Blick auf die erfahrene Wirklichkeit, auf die leib-körperliche Verfasstheit sozialer Praxen lässt hieran keinen Zweifel. Oder bündiger formuliert: „Verhältnisse sind nicht Verhalten.“35 Und so ist auch die Tango-Praxis keine gestanzte Verkörperung phantasmatischer Körpernormen des Diskurses. Das kann man in vielfältigen Zeitschriften nachlesen, in vielen Interviews und Gesprächen hören: Endlos wird geklagt über den Frust an der Rolle, debattiert über die eigentliche, wirkliche Grenze zwischen Führen und Folgen. Es wird – oft mit Überraschung – festgestellt, dass sich Tango ‚so anders‘ anfühlt als es sollte. Manchmal alberner, leichter, entspannter; manchmal langweiliger, nüchterner, schwerer; manchmal sehr zweisam, dann wieder sehr einsam. 32 Ebd. 33 M.E. Savigliano: Gambling Femininity: Wallflowers and Femme Fatales, S. 181. 34 Judith Butler: Körper von Gewicht. Die diskursiven Grenzen des Geschlechts, Berlin: Berlin 1995. 35 Regina Becker-Schmidt: Menschenwürde und aufrechter Gang – ein Balanceakt. Kontroverse Reflexionen über den Körper, in: Tatjana Freytag/Markus Hawel (Hg.): Arbeit und Utopie: Oskar Negt zum 70sten Geburtstag, Frankfurt a.M.: Humanities Online 2004, S. 161-200, S. 191. 117
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Solche Gespräche, manchmal auch leidvolle Klagen, spiegeln die Brechung zwischen Erleben und Mythos, zwischen Praxis und Diskurs/Norm im Tango. Dabei ist die Praxis mitnichten nur von Frustration oder Leid geprägt, vielmehr entsteht auch Spaß und die Lust am überraschend Neuen. Im Tanz wird ein Überschuss erlebbar, ein somatischer Eigensinn, der sich den stereotypen Bildern und Anrufungen nicht fügt. Allerdings werden solche Erfahrungen des ‚Neuen‘ oder ‚Überraschenden‘ – etwa wenn eine folgende Person die Führung übernimmt – oft entweder als Fehler bewertet oder als ‚kreative‘ Experimente am Rande des eigentlichen Tangos. Insofern: ein Scheitern.
Mimesis – Eigensinnige Translation Wie aber könnte man anders, mit mehr Anerkennung, über diese Kluft nachdenken? Wie kann man anerkennen, dass sich eine spezifische Bewegungspraxis immer und notwendigerweise von der Norm unterscheidet. Denn Normen sind Abstraktionen, Praxen sind aber konkrete leibliche Vollzüge in je konkreten raumzeitlichen Bezügen. Beides – Diskurse bzw. Normen und somatische Praxen – miteinander zu denken, das leistet der Mimesis-Begriff von Gebauer und Wulf in, wie ich meine, angemessener Weise. Mimesis bezeichnet zunächst allgemein „ein breites Spektrum möglicher Bezüge einer vom Menschen gemachten Welt zu einer vorhergehenden Welt, die entweder als wirklich angenommen wird oder die postuliert, hypostatiert oder fiktional ist“36. Mimetische Bezüge sind nicht irgendwelche Bezugnahmen einer ‚als-ob‘Welt auf eine vorgängige reale Welt, sondern körperliche Bezüge, d.h. „Bewegungen, die auf andere Bewegungen Bezug nehmen.“37 Körperliche „Anähnlichung“38 also. Mimetische Akte vollziehen – als Gesten, Posen, Bewegungen – eine andere Bewegung inklusive ihrer symbolischen Kodierung ‚noch einmal‘ nach, variieren dabei aber die ursprüngliche Bewegung mehr oder minder kreativ bzw. mehr oder minder bewusst. Ein mimetischer Akt kopiert also nie eins zu eins die kopierte Bewegung oder Geste, sondern variiert diese zwangsläufig aufgrund des neuen Kontextes, in den diese gezielt gestellt wird. Und es ist im Konzept der „sozialen Mimesis“, wie es Gebauer
36 G. Gebauer/C. Wulf: Spiel – Ritual – Geste. Mimetisches Handeln in der sozialen Welt, S. 16. 37 Ebd., S. 11. 38 Christoph Wulf: Mimetisches Lernen, in: Michael Göhlich/Christoph Wulf/Jörg Zirfas (Hg.): Pädagogische Theorien des Lernens, Stuttgart: Beltz 2007, S. 98ff. 118
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und Wulf formulieren,39 nicht nur der notwendigerweise neue Kontext einer jeden körperlichen Praxis, die aus vorgegebenen symbolischen Ordnungen etwas Neues macht – es ist auch die Eigenaktivität der Handelnden selbst, die notwendigerweise einzigartig ist. Hier zeigt sich eine bemerkenswerte Parallele zu Judith Butlers Konzeptualisierung von (diskursiver) Performativität, bei der die Wiederholung bzw. das Zitieren von Sprechakten in einem jeweils anderen Kontext die Grundlage von Handlungsfähigkeit und Subjekthaftigkeit darstellt.40 Auch bei Butler liegen Kreativität und (un-)gewolltes Veränderungspotenzial in der Unmöglichkeit identischer Wiederholungen.
Veränderungen, tänzerischer Eigensinn Woher kommt nun dieses Potenzial? Angesichts der Wucht der immergleichen stereotypen Bilder im Tango scheint mir diese Frage besonders virulent, und ich möchte zum Ende meines Beitrags hierzu nur einige Thesen formulieren: Die glokale, translokale Verfasstheit des Tangos zwingt zu eigenlogischen Aneignungen und Be-Deutungen. Tango wird ja weltweit getanzt, dabei fließen die jeweiligen raumzeitlichen Konstellationen in die je spezifische Tangopraxis in konstitutiver Weise mit ein. Es gibt Karnevalsmilongas im Rheinland, Oranje-Salons in Holland usw. In diesem Sinne gibt es eben nicht nur den einen Tango-Diskurs, sondern dieser ist immer auch verwoben mit einer Reihe lokaler und globaler Semantiken. Veränderungen ergeben sich sicherlich auch aus der Tatsache, dass der Tango – als ästhetische (Distinktions-)Praxis – seine Position im sozialen Feld dauernd verändert. Die Tangoszene z.B. hat sich im Horizont einer neuen – auch kommerziellen – Erfolgswelle seit den 1990er Jahren deutlich verändert. Der Erfolg in Europa seit ca. den 1990er Jahren, ist gewissermaßen als ökonomischer Faktor wieder nach Buenos Aires geschwappt, die Tangoszene hat sich dort explosionsartig ausgeweitet, vor allem verjüngt und enorm professionalisiert. Der Professionsgestus und die Verjüngung der Akteure im Vergleich zu den 1940ern und 1950er Jahren sind auch körperlich sichtbar. Nunmehr zählen nicht nur Eleganz und dramatisch inszenierte Geschlechterdifferenz als Norm, sondern sportliche Professionalität und tänzerischer Habitus. Diese Verwobenheit des Tangodiskurses mit anderen Diskursen bzw. die immanente Durchsetzung des Tangodiskurses mit anderen, das ist der entscheidende Grund für die Dynamik des Diskurses selbst. Nunmehr, nachdem der Tango (erneut) für die Chance auf kommerziellen Erfolg steht, nunmehr kann, 39 Vgl. Gunter Gebauer/ Christopf Wulf: Mimetische Weltzugänge. Soziales Handeln – Rituale und Spiele – ästhetische Produktionen, Stuttgart: Kohlhammer 2003, S. 101-149. 40 Vgl. J.Butler: Psyche der Macht. Das Subjekt der Unterwerfung. 119
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darf und soll er auch ruhig mit einem professionellen Habitus verkörpert werden. Das war vor ca. 15 Jahren ziemlich anders. Diese soziostrukturellen Veränderungen führen auch zu im engeren Sinne kulturellen bzw. ästhetischen Prozessen: So hat sich eine Vielfalt von Musikstilen entwickelt, die weit über den ‚klassischen‘ Tango hinausgehen: Neotango, Electrotango, cross-over mit Jazz und weiteren Strömungen von ‚Weltmusik‘ usw. vervielfältigen die Tango-Szene in Fraktionen oder gar Subszenen, die wiederum mehr oder minder große Schnittmengen mit weiteren Bewegungsszenen aufweisen (Contact Improvisation, Feldenkrais, Folklore, Modern Dance, Tanztheater usw.). Und schließlich: Wie gehe ich nun, nicht nur als (Körper-)Soziologin, sondern als Tangotänzerin mit dem ‚Scheitern‘ um? Mein Vorschlag besteht darin, die Führen/Folgen-Struktur auch rhetorisch bzw. als hegemonialen Code aufzugeben. Durch die Einsicht darin, dass es weder diskursiv noch praxeologisch eine Eindeutigkeit dieser Struktur gibt, sehe ich keinen Grund dafür, an dieser zwanghaften Struktur festzuhalten. Ich bin davon überzeugt, dass der Tango als Diskurs, vor allem aber die leiblich-körperliche Praxis des Tangos ungemein viel gewinnt, wenn man diese – ja immer auch vergeschlechtlichte – Struktur aufzuweichen und zu unterlaufen versucht. Die ganze Rhetorik der Szene, die den Dialog, die Kommunikation und die Intensität der zwischenleiblichen Beziehung beschwört, wird m.E. nur dann real und leiblich erlebbar, wenn sich die Tanzenden darauf einlassen, die vorgegebene Struktur auch tatsächlich zu verlassen. Wenn der Tango als permanente Improvisation zweier Menschen mit einem Dritten, der Musik nämlich, definiert wird, dann wäre es doch an der Zeit, dass jeder Schritt von beiden Tanzenden gemeinsam entschieden wird. Das ist technisch durchaus anspruchsvoll – aber nicht mehr als viele andere Aspekte des Tangotanzens auch. Eine Tanzpraxis jenseits der Führen/Folgen-Struktur ist auch von Anfang an praktizierbar, sie ist nicht – wie manche meinen – etwas für besonders fortgeschrittene Tänzer/innen (die anders nicht auf ihre Kosten kommen). Wenn also nicht von vornherein festgelegt ist, wer nach vorne läuft, wer den Überblick hat oder wer den Takt der Bewegung vorgibt, wenn es egal ist, welche ‚Rolle‘ man tanzt (weil es sie nicht mehr gibt) und wenn es egal wird, ob er den rechten Arm so oder so hält, ob sie hohe oder flache Schuhe, Kleid oder Hose trägt, dann, und nur dann, wäre die Rede vom Scheitern wirklich nicht mehr sinnvoll.
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ÄSTHETISCHE DISKURSE UND TÄNZERISCHE PRAXEN
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Körpererfa hrung und Naturgla ube. Subjektivierungsstrategien in der Tangokultur GABRIELE KLEIN / MELANIE HALLER
‚Authentizität‘, ‚Originalität‘, ‚Kern‘, ‚Ursprung‘, ‚echte Gefühle‘ sind Begriffe, die in der Tangokultur häufig verwendet werden und als Referenzrahmen für den ‚wahren Tango‘ gelten. Es sind Begriffe, die die Kulturalität des Tangos markieren und diese von anderen Tanz- und Bewegungskulturen wie zum Beispiel der Salsakultur, in der diese Begriffe kaum eine Rolle spielen, unterscheidbar machen. Sie verweisen zum einen auf eine vermeintliche Natur innerhalb kultureller Praktiken wie die des Tangotanzes, der Tangoliteratur oder der Tangomusik. Zugleich dienen sie der Selbstverortung des Subjekts, indem sie zur Beschreibung und Deutung eigener Gefühls- und Erfahrungswelten beim Tangotanzen herangezogen werden. Den sich hier andeutenden Zusammenhang zwischen Subjektkonstitution und Naturglaube wollen wir in diesem Text thematisieren. ‚Natur‘ verstehen wir, in Anlehnung an Georg Simmel, als ein soziales und kulturelles Konzept, das entsprechend des jeweiligen sozialen und kulturellen Kontextes mystifiziert und mythologisiert worden ist: „Der Naturbegriff ist vielfach in die mystisch-mythologische Rolle des früheren Gottesbegriffes eingetreten. Dieser Missbrauch scheint mir darauf begründet, dass die Natur als ein absolutes Wesen gilt, statt als eine Kategorie, unter der die Inhalte des Seins angesehen und geordnet werden; wie diese Inhalte ein Reich der Natur bilden, so bilden sie auch ein Reich der Kunst, der Religion, der begrifflichen Systematik.“1
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Georg Simmel: Vom Wesen der Kultur, in: Alessandro Cavalli/Volker Krech (Hg.): Georg Simmel, Aufsätze und Abhandlungen 1901–1908, Bd. 2, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1993, S. 363-373, S. 363. 123
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Entsprechend stellt sich die Frage, wie soziale und kulturelle Erfahrung zu ‚natürlicher‘ Erfahrung wird, d.h. als ‚natürliche‘ Erfahrung gedeutet wird. Diesen Vorgang wollen wir erstens sowohl als Naturalisierung bezeichnen als auch als einen Vorgang der Inkorporierung identifizieren. Zweitens wollen wir Naturalisierung als eine politische Strategie im Kontext einer gouvernementalen Politik2 analysieren und damit zeigen, welchen Beitrag Tango zu Subjektivierungen in neoliberalen Gesellschaften leistet. Gegenstand dieses Textes ist die transnationale Tanzkultur Tango, die wir in dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekt „Trans/nationale Identität und körperlich-sinnliche Erfahrung“3 untersucht haben. Tango ist ein soziales Feld und zugleich eine kulturelle Praxis, die mit dem Verweis auf Körper, Sinnlichkeit, Weiblichkeit, Erotik und Leidenschaft in ihrer Rezeption im deutschsprachigen Raum dem Bereich der ‚Natur‘ zugewiesen und damit, wie andere Tänze ‚fremder‘ Kulturen auch ‚exotisiert‘ wird. Die Naturalisierung sozialer und kultureller Erfahrung lässt sich von daher am Beispiel der tänzerischen Erfahrung im Tango in besonderer Weise anschaulich machen. Diesem Beitrag liegen drei Thesen zugrunde: Zum einen die Annahme, dass beim Tanzen, das wir als Praxis der Inkorporierung verstehen, soziale Strukturmuster wie Geschlecht, Alter und Ethnie (re-)aktualisiert werden, indem sie als Körpererfahrungen naturalisiert werden. Diese Naturalisierung von sozialer Ordnung, so die zweite These, bildet die Grundlage für Subjektivierungen, die umso wirksamer die Subjekte an Macht binden, als dass diese als ‚natürlich‘ erscheint. Unter Subjektivierungen verstehen wir mit Michel 2
3
Unter gouvernementaler Politik werden im Rückgriff auf Michel Foucault Formen der Regierung und der Machtausübung verstanden, die im Einverständnis mit den Regierten erfolgen. In der Soziologie werden darunter politische und gesellschaftliche Veränderungen gefasst, die sich insbesondere im Zuge einer neoliberalen Gesellschaft in dem Rückzug des Sozialstaates und der Zuweisung der Verantwortung an den Einzelnen im Sinne einer Selbstsorge zeigen. Vgl.: Thomas Lemke: Kritik der politischen Vernunft – Foucaults Analyse der modernen Gouvernementalität, Hamburg: Argument 1997; Ulrich Bröckling/Susanne Krasmann/Thomas Lemke (Hg.): Gourvernementalität der Gegenwart. Studien zur Ökonomisierung des Sozialen, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2000; Marianne Pieper/Encarnación Gutiérrez Rodríguez (Hg.): Gouvernementalität. Ein sozialwissenschaftliches Konzept im Anschluss an Foucault, Frankfurt a.M.: Campus 2003. Leitung: Gabriele Klein; Laufzeit: 2004 bis 2007. Das Forschungsprojekt thematisiert den Transfer der lateinamerikanischen Tanzkulturen Tango und Salsa in den europäischen Kontext am Beispiel der Tanzszenen in Hamburg, Berlin und dem Ruhrgebiet. Dazu wurden verschiedene quantitative und qualitative Untersuchungsmethoden eingesetzt (siehe dazu den Aufsatz von Gabriele Klein in diesem Band). In diesem Text beziehen wir uns ausschließlich auf die ‚Expert/inneninterviews‘, die wir mit professionellen Tänzer/innen durchgeführt haben.
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Foucault jene Prozesse, in denen Einzelne über Diskurse und Praktiken ein Verhältnis zu sich Selbst produzieren: „Der Begriff der Subjektivierung verweist darauf, dass das Subjekt nicht als ‚vorhanden‘ zu betrachten ist, sondern immer im Prozess seiner permanenten kulturellen Produktion.“4
Im Prozess der Subjektivierung werden die neoliberalen Anforderungen an den „flexiblen Menschen“5 erlernt, körperlich erfahrbar und habitualisiert.6 Tango leistet demnach, so die dritte These, einen Beitrag zu einer gouvernementalen Politik, indem sie den Einzelnen dazu anhält, sich Selbst zu führen. Diese Form der ‚Selbst-Regierung‘ erfolgt über Individualisierung, dem zentralen Vergesellschaftungstyp moderner Gesellschaften. Individualisierung erhält im Zuge neoliberaler Gesellschaften eine neue Farbe: ‚Selbst-Regierung‘ erscheint nun nicht mehr, wie noch zu Beginn der Moderne und von Max Weber beschrieben, als eine Lebenshaltung protestantischer Ethik sondern als ein Instrument einer subtil wirkenden, mikrophysikalisch an den Körpern arbeitenden Strategie der Bio-Politik. Um diese Thesen zu entfalten, werden wir in einem ersten Schritt anhand von Interviewmaterial erörtern, wie Naturglaube im Tango über Diskurse und Praktiken hergestellt und inkorporiert wird. In einem zweiten Schritt gehen wir der Frage nach, wie diese Inkorporierungen mit Subjektivierungsprozessen zusammenhängen und welche Subjektivitäten sie hervorbringen.
Naturalisierung als Inkorporierung Tänzerische Erfahrung, so zeigen die von uns geführten Expert/inneninterviews7, wird als ‚natürliche‘ Erfahrung gedeutet. Dies zeigen Redewendungen, in denen Naturmetaphern verwendet werden wie: „Es muss fließen“
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Andreas Reckwitz: Subjekt, Bielefeld: transcript 2008, S. 10. Richard Sennett: Der flexible Mensch. Die Kultur des neuen Kapitalismus, Berlin: Berlin 1998. Vgl. Andreas Reckwitz: Das hybride Subjekt. Eine Theorie der Subjektkulturen von der bürgerlichen Moderne zur Postmoderne, Opladen: Velbrück 2006; Gabriele Klein/Melanie Haller: Bewegtheit und Beweglichkeit. Subjektivität im Tango Argentino, in: Margrit Bischof/Claudia Feest/Claudia Rosiny (Hg.): e_motion in motion, Jahrbuch Tanzforschung 16, Münster/Hamburg/London: LIT 2006, S. 157-172. Die von uns interviewten Expert/innen sind zentrale Persönlichkeiten der Tango-Szene in Hamburg und Berlin und gleichzeitig Tänzer/innen, Tanzlehrer/innen und Veranstalter/innen. 125
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(11T/653)8, „das Gewicht in die Erde abgegeben“ (3T/653) oder der Tango hat „sich so sehr natürlich angefühlt“ (10T/115). Diese Redeweisen legen die Vermutung nahe, dass durch die Bindung an Körper und Bewegung die hochstilisierte und virtuose Tanz-Technik des Tangos auf eine bestimmte Weise naturalisiert wird. Diesen Modus der Naturalisierung wollen wir Essentialisierung nennen. Darunter verstehen wir den performativen Prozess der Naturalisierung von sozialer und kultureller Erfahrung. In diesem Sinne betont auch die Gendertheoretikerin Diana Fuss den strategischen Aspekt von Essentialisierung: „Essentialism is neither good nor bad, progressive nor reactionary, beneficial nor dangerous. The question we should be asking is […]‚ if this text is essentialist, what motivates its deployment?‘“9
Bereits Pierre Bourdieu zeigte, dass Essentialisierung über Inkorporierung erfolgt.10 Das Ergebnis dieses Vorgangs ist das Wahrnehmen, Deuten und die sprachliche Beglaubigung von sozialer Differenz als Naturgabe oder natürliches Empfinden des Einzelnen. Bourdieus Beispiel dafür ist bekanntlich der Geschmack: „Daher besitzen von allen Unterscheidungen diejenigen das größte Prestige, die am deutlichsten die Stellung in der Sozialstruktur symbolisieren, wie etwa Kleidung, Sprache oder Akzent und vor allem die ‚Manieren‘, Geschmack und Bildung. Denn sie geben sich den Anschein, als handelte es sich um Wesenseigenschaften einer Person, ein aus dem Haben nicht ableitbares Sein, eine Natur, die paradoxerweise zu Bildung, eine Bildung, die zu Natur, zu einer Begnadigung und einer Gabe geworden sei.“11
Der Vorgang der Essentialisierung sozialer Erfahrung zu ‚natürlicher‘ Erfahrung erfolgt, so unsere Interpretation, im performativen Akt des Tanzens im und am Medium Körper. Als körperlich-sinnliches Medium provoziert Tanzen den Glauben an ‚natürliche‘ Körpererfahrungen und an eine daran gebundene authentische Subjektivität. Die tänzerische Erfahrung wird auf diese Weise zum Garanten einer quasi als ‚natürlich‘ wahrgenommenen und 8
Die Zitate stammen aus Expert/inneninterviews, die wir im Rahmen des Forschungsprojektes mit Tango-Expert/innen geführt haben. Die Nummerierung markiert die Textstellen in den transkribierten Interviews (Interviewnr. Tanz/ Zeilennr.). 9 Diana Fuss: Essentially speaking. Feminism, Nature and Difference, New York: Routledge 1989, S. XI. 10 Pierre Bourdieu: Die feinen Unterschiede, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1982. 11 Pierre Bourdieu: Klassenstellung und Klassenlage, in: ders.: Zur Soziologie symbolischer Formen, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1997, S. 60f. 126
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authentisch interpretierten Selbst-Verortung des Subjekts. Dieser Vorgang lässt sich als sprachliche Beglaubigung anhand einiger Beispiele veranschaulichen. Unsere Interviewpartner/innen deuten das Tangotanzen folgendermaßen: „Tanzen geht über das Rückenmark“ (10T/548), es geht darum, die „Mitte zu finden“ (13T/378), Tango geht „unter die Haut“ (11T/198). Diese Beispiele zeigen, wie tänzerische Erfahrung als soziale Erfahrung diskursiv naturalisiert wird: Indem es an die Anatomie und Physiologie der Körper gebunden wird. Die Körper scheinen quasi ‚ihrer Natur zu folgen‘. Da im Körper gespeicherte tanztechnische Wissen, aber auch das Wissen um die körperlichen Konventionen des sozialen Feldes Tango, die ebenfalls erlernt und inkorporiert wurden, werden dabei weitgehend ausgeblendet oder als Störfaktoren oder Begrenzungen wahrgenommen. Die Beispiele illustrieren auch, dass eine Naturalisierung der tänzerischen Bewegung über eine diskursive Differenzsetzung von Tanzen und Denken möglich wird. Unsere Interviewpartner/innen heben hervor, dass Tanzen dann ‚passiert‘, wenn Denken ausgeschaltet wird und nur der Körper agiert: „Wenn man das (die Bewegung, d. A.) verinnerlicht hat, dann macht man das, dann muss man nicht mehr nachdenken“ (11T/680) oder „Wenn der Kopf ausgeschaltet ist, ist alles gut“ (1T/205). Nur wenn man ‚ganz Körper‘ ist, habe man sich auf den Tanz eingelassen und könne die besondere Welt des Tanzens erfahren. So wird darauf hingewiesen, dass es für die Tänze notwendig sei, sich „ganz darauf einzulassen“ (3T/554), „sich einlassen zu können“ (15T/396) oder auch sich „einfach gehen zu lassen“ (11T/730). Man solle „sich auf seine Intuition verlassen“ (11T/264). Diese Differenzsetzung von Tanzen und Denken lässt sich als eine Aktualisierung einer für das westliche Denken klassischen Dichotomie von Natur und Kultur, Körper und Geist beschreiben: Denken steht demnach für Rationalität, Abstraktheit, Reflexion und damit für Kultur; Tanzen für Körperlichkeit, Nähe, Sinnlichkeit – und damit für ‚Natur‘. Die Beispiele verdeutlichen wie ‚Natur‘ – verstanden als etwas objektiv Gegebenes, Unveränderbares – über Inkorporierung kultureller und sozialer Praktiken erzeugt wird. Christoph Lau und Reiner Keller haben in ihrem Aufsatz zur „Politisierung gesellschaftlicher Naturabgrenzungen“ dies als Kennzeichen von Naturbegriffen allgemein charakterisiert: „Naturbegriffe sind keine beliebigen Konstrukte, aber auch keine harten Fakten. Sie sind Voraussetzungen wie Resultate von eingelebten, kulturell eingebetteten Praktiken unterschiedlicher, nicht nur naturwissenschaftlicher Art.“12
12 Christoph Lau/Reiner Keller: Zur Politisierung gesellschaftlicher Naturabgrenzungen, in: Ulrich Beck/Wolfgang Bonß (Hg.): Die Modernisierung der Moderne, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2001, S. 82-95, S. 89. 127
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Ausgehend von dem Interviewmaterial stellt sich Naturalisierung somit als ein Vorgang dar, der sich im Zusammenspiel von körperlichen Praktiken und sprachlichen Beglaubigungen vollzieht. Der strategische Nutzen dieser „Diskurspolitik“13, die zwischen Natur und Kultur trennt, liefert die Bestätigung für die „Illusio“ einer Körpererfahrung als ‚natürlicher‘ Erfahrung. Nach Bourdieu ist die Existenz eines jeden sozialen Feldes an die „Illusio“, den Glauben an dieses Feld gebunden: „Jedes Feld erzeugt seine eigene Form von Illusio im Sinne eines Sich-Investierens, Sich-Einbringens in das Spiel, das die Akteure der Gleichgültigkeit entreißt und sie dazu bewegt und disponiert, die von der Logik des Feldes aus gesehenen relevanten Unterscheidungen zu treffen (das, was für mich von Gewicht ist, von dem, was mir egal, gleichgültig ist, zu unterscheiden).“14
Diese Unterscheidungen erfolgen in der Tangokultur über die Aktualisierung klassischer Dualismen. Die darüber erzeugte „Illusio“ des sozialen Feldes Tango wird dabei über eine Essentialisierung der tänzerischen Erfahrung hergestellt, die – retroperspektiv – als ‚natürliche‘ Erfahrung, als ‚innere Bewegtheit‘, ‚reine Emotion‘15 und als Präsenzerfahrung16 gedeutet wird.
S u b j e k t i vi e r u n g d u r c h I n k o r p o r i e r u n g „Naturalization is a representational strategy designed to fix difference, and thus secure it forever. It is an attempt to halt the inevitable ‚solid‘ of meaning, to secure discursive or ideological closure.“17
Dieses Konzept von Naturalisierung als Repräsentationsstrategie arbeitet Stuart Hall am Beispiel des Rassismus aus. Die diskursive oder ideologische Fixierung und Festsetzung von Differenz, wie es im Zitat heißt, wird in Zeiten fluktuierender Bedeutungen und flexibler Strukturanforderungen aber zunehmend zur Strategie nicht nur von ethnischer Marginalisierung sondern von Subjektivierung schlechthin. In Zeiten von ‚flexiblen Körpern‘, die als ‚Objekte‘ immer mehr veränderbar, manipulierbar und gestaltbar geworden 13 14 15 16
Ebd., S. 93. Pierre Bourdieu: Die Regeln der Kunst, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1999, S. 360. Vgl. G. Klein/M. Haller: Bewegtheit und Beweglichkeit. Vgl. Gabriele Klein/Melanie Haller: Präsenzeffekte. Zum Verhältnis von Bewegung und Sprache am Beispiel lateinamerikanischer Tänze, in: Robert Gugutzer (Hg.): Body turn. Perspektiven der Soziologie des Körpers und des Sports, Bielefeld: transcript 2006, S. 233-247. 17 Stuart Hall: Representation: Cultural Representation and Signifying Practices, London: Sage 1997, S. 245. 128
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sind, gewinnt die Naturalisierung von Körpern und Körpererfahrungen als biopolitische Strategie an Bedeutung. Soziale Erfahrungen mit der Authentizität des ‚Spürens am eigenen Leib‘ zu belegen, ist kein neues Phänomen sondern charakteristisch für individualisierte Gesellschaften. Der Körper gilt als der Garant der Selbst-Vergewisserung in einer immer fragiler und unübersichtlicher gewordenen modernen Welt, gerade weil er so unmittelbar mit Alltagspraktiken verbunden ist. Diese Strategie der Selbstvergewisserung ist im Zuge einer Medialisierung und Theatralisierung des Sozialen immer wichtiger geworden, ist es doch immer schwieriger, zwischen Sein und Schein zu unterscheiden. Der Körper ist zum Sinnproduzenten geworden.18 Er erscheint in Zeiten einer umfassenden Medialisierung und Theatralisierung des Sozialen als das Medium, das eine Differenzsetzung von Sein und Schein überhaupt noch aufrecht erhalten kann. Der Körper ist somit die zentrale Kategorie für diese Selbstvergewisserung, der materialisierte Beweis für die Einmaligkeit des Akteurs.19 Andererseits aber ist der Körper mit der Theatralisierung des Sozialen zum zentralen Instrument der Inszenierung des Selbst, zur modellierbaren Visitenkarte des Selbst geworden. In diesem Paradox von Authentizität und Inszenierung, Sein und Schein wirkt der Körper „[…] unmittelbar auf Praxis, ohne den Weg über Diskurse oder Bewusstsein zu nehmen. […] Er ist ein Produkt sozialer Praxis und zugleich das zentrale Medium, das eine Erfahrung von Praxis erst möglich macht.“20
Soziale Praktiken werden zunächst von Körpern erlernt und auf diese Weise inkorporiert. Umgekehrt sind soziale Praktiken immer körperlich, d.h. der Körper ist nicht nur Agent sozialer Praktiken, sondern wird in den Praktiken erst als das hervorgebracht, was er ist.21 Das Lernen von Bewegung ist von daher ein durchweg sozialer, kultureller und vor allem auch körper- und bewegungstechnischer Vorgang und das Erlernen von Technik entsprechend eine körperliche Voraussetzung für die Naturalisierung von Tanzerfahrung. Dass Tangotanzen nicht nur Geduld und Zeit sondern auch viel technisches 18 Vgl. Hartmut Böhme: Natur und Subjekt, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1988. 19 Wie Bourdieu hervorhebt: „Was der Leib gelernt hat, das besitzt man nicht wie ein wieder betrachtbares Wissen, sondern das ist man.“ In: Pierre Bourdieu: Sozialer Sinn. Kritik der theoretischen Vernunft, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1999, S. 135. 20 Gabriele Klein/Malte Friedrich: Is this real? Die Kultur des HipHop, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2003, S. 193. 21 Vgl. Stefan Hirschauer: Praktiken und ihre Körper. Über materielle Partizipanden des Tuns, in: Karl H. Hörning/Julia Reuter (Hg.): Doing Culture – Zum Begriff der Praxis in der gegenwärtigen soziologischen Theorie, Bielefeld: transcript 2004, S. 73-91. 129
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‚Training‘ bedeutet, zeigt sich z.B. darin, dass sich als Tanguero oder Tanguera nur diejenigen bezeichnen, die über langjährige regelmäßige Tanzpraxis verfügen. Inkorporierungen sozialer Praxen sind ebenso wie die Körperlichkeit sozialer Praxen selbst mit Körper- und Bewegungstechniken eng verbunden. Sie vollziehen sich immer auch über technische Fertigkeiten und dies nicht nur im Tango sondern, wie Marcel Mauss22 gezeigt hat, in allen alltäglichen Aktivitäten wie essen, schlafen, kochen etc. Vor allem in einem technisch anspruchsvollen Tanz wie Tango stellt das Beherrschen von Technik eine fundamentale Basis des tänzerischen Erlebens dar. Zudem erfolgt, laut neueren neurowissenschaftlichen Erkenntnissen,23 die Ausbildung und Schulung eines Bewegungsgedächtnisses und damit das quasi automatische Abrufen von Bewegungsmustern vor allem über das Beherrschen und Erinnern von tanztechnischen Bewegungen und Figuren. Natur und Technik sind von daher im Tango nicht als Gegensätze anzusehen. Die Naturalisierung einer kulturellen Praxis und eines Lebensstilmusters wird daher mit und über – und nicht trotz – Tanztechnik hergestellt. Dennoch ist das Beherrschen von Tanztechnik im Tango weder funktional bestimmt noch zielt es auf technische Effizienz, wie es in vielen Sportarten der Fall ist. Technische Fertigkeiten verschaffen dem Tangotänzer einen Zugang zu einer spezifischen Körpererfahrung, zu dem, was als ‚innere Bewegtheit‘ gedeutet wird.24 Und genau diese Deutung des Verhältnisses von Körper und Gefühl, Ausdruck und Eindruck ist auch als eine Strategie anzusehen, in der „das Individuum auf sich selbst einwirkt“25. Das Tangotanzen lässt sich aus dieser Perspektive als eine „Technologie des Selbst“ deuten, die dem Einzelnen ermöglicht, „[…] aus eigener Kraft oder mit Hilfe anderer eine Reihe von Operationen an seinem Körper oder seiner Seele, seinem Denken, seinem Verhalten und seiner Existenzweise vorzunehmen, mit dem Ziel, sich so zu verändern, dass er einen
22 Marcel Mauss: Soziologie und Anthropologie, Frankfurt a.M.: Ullstein 1978. 23 Vgl. Beatriz Calvo-Merino/Daniel Glaser/Julie Grèzes u.a.: Seeing What You Can Do: The Dancer´s Brain, in: Josephine Fenger/Johannes H. Birringer (Hg.): Tanz im Kopf. Tanzforschung 15, Münster/Hamburg/London: LIT 2005, S. 201209; Steven Brown/Michael Martinez/Lawrence M. Parsons: The Neutral Basics of Human Dance, in: Cerebral Cortex, 16, 8 (2006), S. 1157-1167; Steven Brown/Lawrence M. Parsons: The Neuroscience of Dance, in: Scientific American, 18, 7 (2008), S. 58-63. 24 Vgl. G. Klein/M. Haller: Bewegtheit und Beweglichkeit. 25 Michel Foucault: Technologien des Selbst, in: ders./Rux Martin/Luther H. Martin (Hg.), Technologien des Selbst, Frankfurt a.M.: Fischer 1993, S. 27. 130
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gewissen Zustand des Glücks, der Reinheit, der Weisheit, der Vollkommenheit oder der Unsterblichkeit erlangt.“26
„Technologien des Selbst“ sind Strategien der Produktion des Selbst, die dem Einzelnen als frei gewählt erscheinen. In der im Forschungsprojekt durchgeführten Konsumentenerhebung bestätigten 95,4% die Aussage „Im Tango lernt man, den eigenen Körper zu sensibilisieren“, 88,3% die Aussage „Tango ist etwas für einen selbst“ und 84,8% die Aussage „Tango entspricht meiner Persönlichkeit und ich geh darin auf.“ Dies zeigt, wie Subjektivierungen im Tango erfolgen und als Technik des Selbst funktionieren: Tango ist eine Selbsttechnik, die körperlich erlernbar ist und sprachlich beglaubigt werden muss. Im Sprechen zeigt sich Tango als „Technologie des Selbst“ – als diskursive Praxis der Inkorporierung. Darum ist es aus Sicht der Akteure auch relevant, nicht nur immer wieder tanzen sondern zugleich auch immer über das Tanzen sprechen zu müssen: Über das Sprechen erfolgt eine Naturalisierung der Körpererfahrung und mit ihr eine Selbstpositionierung, die in der tänzerischen Erfahrung essentialisiert und als ‚Natur‘ des Körpers beglaubigt wird. Sie wird zudem beglaubigt durch den Bezug zu einer gesellschaftlichen ‚Natur‘, die mit den Tanzpraktiken nicht-europäischer Kulturen assoziiert wird. Die Selbstwahrnehmungen und Deutungen der Tangoerfahrungen veranschaulichen auch, dass Tango die Möglichkeit von außeralltäglicher, ästhetischer Erfahrung verspricht, wie sie Hans Ulrich Gumbrecht als „Gefühle von Intensität […], die wir in unseren jeweiligen historischen und kulturellen Alltagswelten nicht finden“27 vorstellt. Und auch die Symbolwelten28 der Tanzkultur, die außer in den tänzerischen Praktiken auch in 26 Ebd., S. 26. Das Konzept der Technologien des Selbst leitet Foucault, ähnlich wie sein Konzept der Gouvernementalität oder das der Mikrophysik der Macht, aus historischen Untersuchungen her. Er demonstriert dies an den Techniken des Schreibens von Briefen, dem Lesen, der Traumdeutung und anderen Formen der Selbsterforschung. Foucault führt diese Techniken in seinem späteren Ansatz der Gouvernementalität weiter, indem im christlichen Pastorat – seinem Ursprungs- und Paradebeispiel der Menschenführung – die ‚Sorge um sich‘ zum „erkenne dich selbst“ wird und damit zu einer Individualisierung von Subjekten (Ebd., S. 31). Damit konstatiert Foucault eine Umkehrung: Denn während in der griechisch-römischen Kultur die Selbsterkenntnis eine Folge der ‚Sorge um sich‘ war, wird das Prinzip der Selbsterkenntnis zum fundamentalen Grundprinzip der modernen Gouvernementalität. 27 Hans Ulrich Gumbrecht: Epiphanien, in: Joachim Küpper/Christoph Menke (Hg.): Dimensionen ästhetischer Erfahrung, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2003, S. 203-222, S. 205. 28 Zur Symbolwelt des Tangos siehe Gabriele Klein/Melanie Haller: Café Buenos Aires und Galeria del Latino. Zur Translokalität und Hybridität städtischer Tanzkulturen, in: Jürgen Funke-Wieneke/Gabriele Klein (Hg.): Bewegungsraum und Stadtkultur, Sozial- und kulturwissenschaftliche Perspektiven, Bielefeld: transcript 2008, S. 51-74. 131
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Musik, Raum, Kleidung, Interaktion und kultureller Verortung ihren Ausdruck finden, versprechen diese außeralltäglichen Erfahrungen, die sich im empirischen Material in der Charakterisierung der Sozialwelt Tango als ‚andere Welt‘ oder ‚Parallelwelt‘ finden lassen.29 Tango ist ein ‚ethnisches‘ Lebensstilmuster; es erscheint als das ‚Andere‘, das ‚Außeralltägliche‘30, als ein soziales Feld, das weniger funktional auf die Reproduktion der Arbeitskraft oder die Verbesserung des äußeren Erscheinungsbildes ausgerichtet ist wie manche Sport-, Fitness- und Gesundheitsbewegungen oder auch Tänzen wie Salsa, die mitunter eher als Fitnesstraining denn als Tanz verstanden werden. Die ‚exotisierte‘31 Tanzkultur Tango wird in diesem Zuge den vermeintlich entfremdeten Körpertechniken einer westlichen modernen Freizeitkultur entgegengesetzt. Die Tangokultur hat sich in Deutschland seit Anfang der 1980er Jahre im Kontext eines Körperbooms und einer Alternativkultur etabliert, die von einem Naturverständnis getragen war, welches sich auch in den 1980er Jahren etwa in der Anti-AKW-Bewegung, dem Entstehen von Bioläden sowie der New-Age-Bewegung zeigte und in einer erneuten ‚Zurück zur Natur-Lebensphilosophie‘ als Zivilisationskritik seinen politischen Ausdruck fand. Subjektivierung über Naturalisierung hat den Status der Sicherung von Subjektpositionen, die über Essentialisierungen erfolgen und deshalb nicht hinterfragt werden. Sie lässt sich mit Gayatri Chakravorty Spivak daher auch als „strategischer Essentialismus“32 verstehen, als eine Strategie, die auf kulturellen Zuschreibungen beruht und daraus ihre Unhintergehbarkeit bezieht. In kulturellen Zuschreibungen der Andersartigkeit wird dem Tango eine Naturhaftigkeit zugewiesen, die wiederum die Produktion eines ‚authentischen Selbst‘ ermöglicht. Dieses Versprechen einer Authentizität des Selbst ist in der Tangokultur an Ideale einer bürgerlichen Subjektivität geknüpft, die auf Kohärenz, Eindeutigkeit und Innerlichkeit beruht.33 Ein ‚authentisches Subjekt‘ ist im Gegensatz zu den derzeit zur Disposition gestellten sozialen Rollen des Geschlechts, der Klasse etc. nicht 29 Die im Forschungsprojekt durchgeführte Konsumentenerhebung ergab bei der Auswertung der Aussage: „Tango ist eine eigene Welt“ eine Zustimmung von 79,6 Prozent bei den Tangotanzenden. 30 Vgl. Hans-Georg Soeffner: Die Auslegung des Alltags, der Alltag der Auslegung: zur wissenschaftlichen Konzeption einer sozialwissenschaftlichen Hermeneutik, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1989. 31 Vgl. Marta E. Savigliano: Tango and the Political Economy of Passion, Boulder: Westview 1995; dies.: Angora Matta. Fatal Acts of North-South Translation, Middletown: Wesleyan 2003. 32 Gayatri Chakravorty Spivak: In Other Worlds: Essays in Cultural Politics, New York: Routledge 1988, S. 205. 33 Vgl. G. Klein/M. Haller: Bewegtheit und Beweglichkeit, S. 169. 132
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reflexiv zugänglich. Subjektivierung erscheint im Tango daher als ein Weg zu einem alternativen Subjektstatus jenseits der Anforderungen, die eine westliche, auf Profit setzende und anonymisierte Gesellschaft den Individuen abverlangt. ‚Sehnsucht‘ ist im Tango damit auch ein Begriff, der auf eine ‚ganzheitliche‘ Subjektform verweist, die sich gegen die Abstraktheit einer von der Ökonomie dominierten Gesellschaft richtet, die den Einzelnen vor allem als ‚Humankapital‘ versteht. Subjektivierung erfolgt im Muster von Unterwerfen und UnterworfenWerden. Subjektivierung ist, so Judith Butler, immer auch „Unterordnung als Bedingung der Subjektwerdung“34. Entsprechend fordert Michel Foucault: „Man muss die Wechselwirkung zwischen diesen beiden Technikformen – Herrschaftstechniken und Selbsttechniken – untersuchen. Man muss die Punkte analysieren, an denen die Herrschaftstechniken über Individuen sich der Prozesse bedienen, in denen das Individuum auf sich selbst einwirkt. Und umgekehrt muss man jene Punkte betrachten, in denen die Selbsttechnologien in Zwangs- oder Herrschaftsstrukturen integriert werden. Der Kontaktpunkt, an dem die Form der Lenkung der Individuen durch andere mit der Weise ihrer Selbstführung verknüpft ist, kann nach meiner Auffassung Regierung genannt werden.“35
In diesem Sinne erscheint auch die „Illusio“ der Tangokultur, als Repräsentationsstrategie einer Subjektivierung, die den Gesetzen einer gouvernementalen Politik folgt: Sie übt die Subjekte in eine Flexibilität im Umgang mit Subjektformen und Subjektkulturen ein, die den Strukturen globalisierter und neoliberaler Gesellschaften entsprechen. Nicht zufällig ist die Tangokultur eine sich durch Flexibilität und Mobilität auszeichnende Kultur, in der man in jeder Stadt auf ein ähnlich funktionierendes soziales Netz trifft und – mitunter weltweit – im Augenblick des Tanzens intensive, aber dennoch sozial unverbindliche Beziehungen in flüchtigen Gemeinschaften wie jenen der Milongas führt. Insofern ist das, was den Subjekten als frei gewählt erscheint, immer auch ein Produktiv-Machen im Sinne einer neoliberalen Gesellschaft, die flexible, mobile und für sich selbst verantwortliche Subjekte benötigt. Zugleich wird im Prozess der Subjektivierung zu Tangueros oder Tangueras eine kulturelle Differenz erzeugt, die die westliche Kultur körperfeindlich erscheinen lässt und gleichzeitig die ‚fremde‘ Kultur Tango über Naturalisierung exotisiert. Tango Argentino als das ‚Andere‘ zu deuten lässt sich damit als eine Strategie einer Exotisierung lesen, die nach
34 Judith Butler: Psyche der Macht. Das Subjekt der Unterwerfung, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2001, S. 12. 35 Michel Foucault zit. in T. Lemke: Eine Kritik der politischen Vernunft, S. 264. 133
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den Mustern erfolgt, wie sie Edward Said für die Hervorbringung der westlichen Vorstellungen von ‚dem Orient‘ beschrieben hat.36 Subjektivierung erfolgt aber nicht nur über die Unterwerfung unter kulturelle Muster. Sie stellt auch die Voraussetzung dafür dar, um in ein (kritisches) Verhältnis zu kulturellen Zuschreibungen von beispielsweise Weiblichkeit oder Männlichkeit zu treten und diese – ob als Maskerade, Travestie oder Parodie – zu modifizieren und zu transformieren. Und genau hier liegt das gesellschaftliche Potential des Tangos, denn auch in diese neue Subjektposition kann man mit Leidenschaft hineintanzen.
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KÖRPERERFAHRUNG UND NATURGLAUBE
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Geschlechterinszenierungen
Models of Machismo: The Troublesome Masculinity of Argentine Male Ta ngo-Dancers JEFFREY TOBIN
“ I f yo u n e e d a m o d e l … ” When I told Enrique I was teaching a class on machismo, he struck a pose. He turned his face to the right to present it in profile. He placed the palm of his left hand flat on the back of his head with his elbow extended backwards. He placed his right hand, palm up, a few centimeters beneath and in front of his chin, with the fingers together and extended forward. He batted his eyelashes and he said, “Si precisás un modelo, acá estoy” (If you need a model, here I am1). It facilitated Enrique’s joke that the Spanish word modelo refers to female models as well as to male models, and when used to refer to a person who is photographed, modelo is associated much more with women. The pose confirmed that Enrique was presenting himself as a photographed female model. His palms suggested his head was in the frame of a photograph, as in voguing, and the batting of eyelashes confirmed the femininity of that framed head. All that associated Enrique’s pose with manliness was that it was struck in response to my statement that I was teaching a class on machismo. Thus, Enrique created a contradiction between his offer to be a model of manliness and his performance of womanliness and perhaps of gayness since the upturned right palm came off as both the bottom of a photographic frame and as a reference to the limp wrist of a stereotyped maricón (faggot). And Enrique was batting his eyelashes at no one but me, making me, as usual, the straight man in his joke. To further understand Enrique’s joke, it is necessary to observe that Enrique is a milonguero, that is, a man who dances tango de salón (salon-style tango). Enrique also teaches tango de salón, often to foreigners. Enrique is in 1
All translations from Spanish to English done by the author. 139
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his 50s and has spent most of his adult life away from Argentina. He was in exile in Brasil for about 18 years, beginning in the time of the military dictatorship of 1976 to 1983. Like many Argentines abroad, Enrique found some solace in tango. While in Brasil he became an avid fan of tango music, tango lore, and, most of all, tango-dance. He returned to Buenos Aires around 1994 in part for the milonga scene. It is through the Buenos Aires milonga scene that I met Enrique and his partner of that time, Ana, an Argentine woman who practices psychology by day and dances tango by night. Enrique works, also, as a carpenter, but he prefers to earn money teaching tango and he is not so insecure in his masculinity that he is threatened by a woman contributing more money to the household than he can. Thus, when I met Enrique, he and Ana were living in her apartment in Palermo where she also received patients, he worked as a carpenter, and they both taught tango to fellow Argentines and to foreigners. After they broke up Enrique moved to Paris, where he taught some tango through which he met and married Nicole, a French woman with a job in the travel industry. The two now live in Buenos Aires, though her job often takes her to France and elsewhere, leaving him to hit the milonga circuit on his own Enrique is one of the many Argentine men to whom tango has been good. He is not a professional tango performer and he earns little teaching tango, but tango did play a part in how he met and won the heart of Nicole and, before her, of Ana. Thus, Enrique lives in the world that professional tango-dance performers, tango-dance teachers, taxi-boys, and gigolos also inhabit – by which I mean the translocal, transcultural world of tango in which many Argentine men use their dancing skills to benefit financially, one way or another. In this tango world, gender, sexuality, class, and nationality intersect to produce a masculinity that many observers find troublesome. Enrique’s performance of modeling machismo – “If you need a model, here I am” – is in itself an excellent model for understanding the troubling masculinity that one finds among Argentine men throughout the tango world, a masculinity subscribed to, to varying degrees, by professional tango-dance performers, tango gigolos, tango taxi-boys (tango taxi-boys are men who are hired by foreign women to take the women to milongas and make sure they dance), tango-dance teachers and other male milongueros. It is, most importantly, a masculinity that calls attention to its own performedness, saying: “Here I am, modeling machismo.” One way the tango world’s masculinity calls attention to its performedness is by spectacularizing stereotypes, such as those of the macho, the compadrito and the Latin lover. Argentine tango masculinity also revels in its own queerness, avant la lettre, as in Enrique’s batting his eyelashes and flirting with me. A queer performance of machismo, such as Enrique’s, apparently undermines itself by turning machismo into a laughable performance. I will argue that the self-mockery of Argentine machismo is more an enactment of male privilege 140
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than an undermining of that privilege, and the joke is not on Argentine men so much as it is on non-Argentine scholars who seek to critique them.
U n m a n l y Ma c h o s Recent scholarship demonstrates that the masculinity of the tango world has always been “troublesome when seen under the scrutiny of bourgeois patriarchal eyes”2. As Marta Savigliano shows, the gaze that constituted tango masculinity as troublesome was not only bourgeois and patriarchal; it was also colonizing and Northern European.3 Jorge Salessi argues persuasively that tango-dance of a hundred years ago was a source of scandal not only because of its association with prostitution but, more specifically, because of its association with transvestite prostitution and thus with anal sex.4 I believe the masculinity performed by Enrique and other Argentine men of the tango world has roots in that troublesome masculinity of the early twentieth century tango world. In 1959, José Sebastián Tallón included in his history of tango’s early years, the portrait of a tango-dancing couple called El Cívico and La Moreira5, who lived in Buenos Aires at the beginning of the twentieth century. Commenting on Tallón’s text, as well as on other accounts of tango’s roots, Savigliano writes: “What could be expected of a couple such as the one made up of an unmanly although very male (macho) man like El Cívico and a woman like La Moreira, feminine in excess and yet aggressively masculine? […] La Moreira […] provides El Cívico with an income combining the gains of the women that she seduces with that earned through her own sexual dealings with male clients. El Cívico lays around the house, or hangs out at the bar drinking with his male friends, comfortable to be provided for. He fights with other men when necessary, that is, when La Moreira’s dagger is not enough. What kind of heterosexual relationship is this? Tallón asks himself […]. El Cívico pathetically monogamous, effeminately in love with La Moreira […]. One a pimp/gigolo, the other a prostitute/entrepreneur; each performing excess and lack, both genderwise and in their fragile monogamous heterosexual duties. […] Tallón’s transgressive great dancers of the tango are threatening in their exuberantly
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Marta E. Savigliano: Tango and the Political Economy of Passion, Boulder: Westview 1995, p. 52. See ibid., pp. 73ff. See Jorge Salessi: Médicos, maricas y maleantes: hygiene, criminología y homosexualidad en la construcción de la nación argentina, Rosario: Beatriz Viterbo Editora 1996, pp. 380ff. See José S. Tallón: El Tango en sus Etapas de Música Prohibida, Buenos Aires: Instituto Amigos del Libro Argentino 1964 [1959], pp. 37-54. 141
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shaped yet ambivalent, unstable genders and sexuality: El Cívico is a cruel, even violent ruffian, but he is sensual, loving, and coquettish, although exploitative and courageous, even when economically and emotionally dependent.”6
I contend that today’s tango-dancers still have some things in common with El Cívico. Tango-dancing men still are sometimes “pathetically monogamous”, and are often “effeminately in love”. Many tango men of today are “sensual, loving, and coquettish” or “exploitative and courageous, even when economically and emotionally dependent.” Most importantly for my argument, most Argentine men who dance tango remain “unmanly although very […] macho”. There continue to be quite a few Argentine men who use tango to get money from women, sometimes in exploitative ways, and there are many more Argentine men who depend economically on women they meet through tango, including professional tango-dance performers, tango-dance teachers, tango taxi-boys and gigolos. Even the most successful professional tangodance performers – those who get paid to dance on stages in Buenos Aires, Paris, or Tokyo – make more money teaching than performing.7 Most tangodance teachers do not perform professionally; they may give occasional tango-dance demonstrations in milongas, at parties or at cultural events, but there is little money in such demonstrations. There is also not much money to be made running prácticas (tango practice sessions) or teaching classes to fellow Argentines for a few pesos. The real money comes from landing foreign students – the vast majority of whom are women. Those are the students who can be charged in euros or dollars, and seduction certainly plays a part in landing them. Apart from the taxi-boys there are also gigolos for whom tango is a marketing device, the very best way to be found by the foreign women who visit Buenos Aires with romance on the mind and euros or dollars in the bank. In my experience, successful professional tango-dancers are married to, or romantically involved with their dance partners. Those men may use tango to seduce other women, but such seductions are usually ends in themselves rather than means to extract wealth from the women. There are some professional tango-dance couples who are not sexually involved with one another. In those cases the professional male tango-dancer is likelier to use seduction to supplement his income, and not just as an end in itself. 6 7
M.E. Savigliano: Tango and the Political Economy of Passion, pp. 52f. It is important to note that it is much more common for a male tango-dancer to get hired to teach dance classes without his female dance partner than for a female tango-dancer to get hired to teach dance classes without her male dance partner. Thus, Argentine men earn much more than their female compatriots teaching tango.
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Enrique belongs to the world of Argentine men who benefit financially from tango. He has taught tango-dance for money, mostly to women, and he has performed tango-dance semi-professionally, but he has not worked as a taxi-boy or a gigolo. Returning to Savigliano’s description of El Cívico¸ Enrique is not particularly courageous, at least not in the sense of putting himself at risk of bodily harm; I doubt he has been in a physical fight in the last 30 years. Enrique is, however, like El Cívico, pathetically – albeit serially – monogamous, effeminately in love, sensual, loving, coquettish, and economically and emotionally dependent on, and attracted to, strong, competent women. In the dozen years I have known him, Enrique has been in love with, and devoted to, two women, both of whom are accomplished, confident and careeroriented. Though Enrique has depended economically on women he met through tango, he does not exploit women. He is, in fact, a very generous person, eager to perform gauchadas (acts of kindness) and to invite even the newest acquaintances to his home for an asado (Argentine barbecue). In all of this Enrique is not an exception when it comes to the masculinity of the tango world. While working on this paper, I was able to spend some time with three Argentine men who dance tango professionally, performing on stages in Argentina, the US, Europe and Japan, and giving lessons, primarily to nonArgentine men who wish to become better dancers of salón-style tango. Two of the men live in Buenos Aires and one lives in the US. Two are married to their long-time, Argentine dance partners, and the other dances professionally with an Argentine woman with whom he is not romantically involved. Off stage, all three of these professional stage tango-dancers are self-effacing, much like Enrique. The two who are married to their partners seem happy to let their wives sometimes speak for the couple. Also like Enrique, the three professionals are attentive listeners, eager to avoid conflict and seductive toward men and women alike. Savigliano interviewed dozens of European and North American women who go to Buenos Aires to dance tango. Over and over again the women told stories that are similar to the story Sally Potter tells in The Tango Lesson8, though it seems Potter is unaware of how utterly mundane the story is. Potter seems to believe that having had formal dance training makes her a special case, a foreign woman who is just a few steps away from being able to make it as a professional stage tango-dancer. Savigliano, however, finds that the tango world is overflowing with such women, who have formal dance training and think that makes them special in the tango world. Savigliano labels these women tanguerinas, to mark that they use tango to prolong a fantasy that be-
8
The Tango Lesson, directed and written by Sally Potter, starring Sally Potter and Pablo Verón, Argentina/France/Germany et al.: Sony Pictures Classic 1997. 143
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gan with their training to become ballerinas.9 Typically, a tanguerina is a European or North American woman, divorced or never-married, in her 30s or 40s, who is well enough employed at home to send herself on an extended trip to Buenos Aires. She may arrive in Buenos Aires with plans to take classes intensively with a particular Argentine man, perhaps someone she met back at home in Europe or North America, or someone recommended by an Argentine man she met at home. As soon, however, as she makes an appearance at a milonga, other Argentine men will detect her and will offer their own teaching services. Sometimes in the course of intensive teaching, the Argentine man sexually propositions his student, apparently with the goal of just having sex with her.10 Often, though, the classes and seduction are part of a larger plan. The Argentine man tells the foreign woman, “It is a shame you have to return so soon to Paris or Hamburg, or Montreal, or Los Angeles. If we could spend just a couple of more months dancing together, you could go with me to Tokyo and we could become stars of the tango world.”11 If the guy is lucky or good, the woman pays his way to travel with her to Europe or North America, where he is soon installed in her apartment or house. In some cases, the Argentine man ends up with the foreign woman’s credit card, ostensibly so he can buy the clothes he will need to perform with her on stage. Savigliano has focused her attention on the femininity of the tanguerinas and on the globalized tango scene in which tanguerinas thrive. In contrast I would like to focus attention on the masculinity of the tango-gigolos who prey on tanguerinas and on the other Argentine men who profit from tango. None of these men – the modern-day gigolos, the taxi-boys, the milongueros, the tango-dance teachers or the professional tango-dancers – conform to the stereotypes about machista men who physically dominate or otherwise intimidate their womenfolk. Their skills – such as seduction, treachery and spending a lover’s money – are much more commonly associated with women than with men. Are these Argentine men, such as Enrique, nevertheless, models of machismo? If so, it is not the kind of machismo that Ruth Behar finds characterized by domestic violence,12 that Roger Lancaster finds characterized by penetrating but never being penetrated,13 or that David Gil9 10 11 12 13
See Marta E. Savigliano: Angora Matta: Fatal Acts of North-South Translation, Middletown, CT: Wesleyan 2003, p. 213. See Julie M. Taylor: Paper Tangos, Durham: Duke University Press 1998, pp. 91f. See Alma Guillermoprieto: Tango. Talk presented at the Tango! Dance the World Around Conference, Harvard University 26 October 2007. See Ruth Behar: Translated Woman: Crossing the Border with Esperanza’s Story, Boston: Beacon Press 1993, pp. 126ff. See Roger N. Lancaster: Life is Hard: Machismo, Danger, and the Intimacy of Power in Nicaragua, Berkeley: University of California Press 1992, pp. 235ff.
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more finds characterized by aggression, potency, provisioning and protecting.14 What kind of machismo, then, is it that Argentine men of the tango world perform? Before attempting to answer that question, I will attempt to contextualize the male tango-dancer another way, not in Argentine history, but in the history of European staged-dance.
D a n c i n g An x i e t y My thesis is that what bourgeois european observers have found troublesome about the gender roles in the tango scene has much to do with what Ramsay Burt identifies as “the trouble with the male dancer”15 in European ballet and modern dance. Burt focuses on dancing on stage and the role the audience’s male gaze plays in constituting the male dancer as troublesome. “All male dancers are placed under suspicion”16 because the dancer’s role on stage is structurally feminine. Staged-tango-dancing, to a great extent, follows the conventions of European and North American ballet and modern dance, so it is quite reasonable to locate the male dancer of tango de espectáculo in Burt’s analysis of the male dancer. Many of Burt’s observations also seem to apply to the Argentine male dancer of tango de salón. Perhaps the reason Burt’s analysis fits is because tango de salón, like tango de espectáculo, as Savigliano17 argues, is constituted by a male gaze. As I have argued elsewhere, Argentine men seem to experience milongas as a space in which the audience is exclusively male.18 At a milonga, men dance to show off for other men. It is not unusual for a milonguero to use dancing tango to seduce a woman, but he does that by making a woman feel good dancing with him. Whether or not the dancing of a milonguero and his female partner looks good is determined by the other male milongueros who watch them dance. It is one thing for a young man to go to a boliche – a club where men and women go to drink, dance and pick one another up. That is something young men do, and it is clear that the reason young men dance in straight boliches is to pick up women. In that case, the masculinity of the male dancer is ensured by his heterosexual aim. The gender identities are very different in a milonga – that is, a club where men and women go to dance tango. There is, to be sure, some drinking and 14 See David Gilmore: Manhood in the Making: Cultural Concepts of Masculinity, New Haven: Yale University Press 1991, pp. 30ff. 15 Ramsay Burt: The Male Dancer: Bodies, Spectacle, Sexualities, 2nd Ed., London: Routledge 2007, p. 9. 16 Ibid., p. 29. 17 See M. Savigliano: Tango and the Political Economy of Passion, p. 74. 18 See Jeffrey Tobin: Tango and the scandal of homosocial desire, in: William Washabaugh, (ed.): The Passion of Music and Dance: Body, Gender, and Sexuality, Oxford: Berg 1998, p. 91. 145
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some picking up going on at a milonga, but not nearly as much of either as there is at a boliche. More importantly, many people go to a milonga to dance, not to drink or pick anyone up, and everybody who dances tango at a milonga has made a considerable effort to receive some sort of formal training in how to do so. If a man’s aim is to pick up women, learning how to dance tango is not a very efficient way of going about it. To become a good enough tangodancer to be able to use the dance to seduce women requires a lot of time and money. What sort of man works for years on learning how to dance? What sort of man continues to dance after he has become an adult? What sort of man takes pleasure in dancing per se, and does not just use dancing to attain the manlier pleasure of sex? In Buenos Aires, there is clearly something troubling about men dancing tango, and tango-dancing men respond to that trouble. I do not think it is pushing the parallel too far to observe that Argentine men respond in the same two, broad ways Burt identifies in the world of modern dance: anxiously and subversively.19 The anxious model finds expression in two distinct ways: masculinization and minimization. Some men masculinize their tango-dancing by associating it with playing football, and some men (sometimes the same men) minimize their own tango-dancing by maximizing the dancing of their female partners. As for masculinization, when I conducted fieldwork in Buenos Aires in the mid-1990s, one Argentine male tango-dancer after another told me the same theory that knowing how to gambetear or evade tacklers in football, enabled them to gambetear, or perform quick and agile steps dancing tango. Carlos Gómez – also known as Carlos Copello – and Miguel Angel Zotto were just two of the many tango-dancers who bragged to me of how well they played football when they were younger, and who saw dancing tango as a continuation of their youthful football playing. Eduardo Archetti, too, reports that informants told him that dancing tango is like playing football as only Argentines play it.20 Identifying tango-dancing skill as the continuation of football-playing skill has the benefit of originating the tango-dancer’s masculinity in a less suspect field.21 As for minimization, some Argentine milongueros, such as Enrique, express anxiousness about the trouble with the male dancer by denying that dancing tango milonguero really is dancing. There is a common milonguero 19 See R. Burt: The Male Dancer, p. 207. 20 See Eduardo Archetti: Masculinities: Football, Polo, and the Tango in Argentina, Oxford: Berg 1999, p. 123. 21 Playing football is a less sexually suspicious activity than dancing tango, but it is also sexually suspicious. As I argue elsewhere, there is lots of speculation in Argentina about the sexuality of soccer players (Tobin Jeffrey: Tango and the scandal of homosocial desire, pp. 79ff.). 146
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dance style in which the man minimizes his own movements and maximizes those of his female partner.22 Critics of this tango-dancing in which “[...] el hombre apenas si realiza unos pocos movimientos, mientras la mujer debe realizar toda una tarea”23 condemn it as “la falsificación del machismo verdadero”24. According to my own fieldwork, defenders of the minimalist milonguero style assert that “the man’s role in dancing tango is to make the woman look good”, or they quote an observation that is supposed to explain gender relations in tango-dance and in life: “El hombre propone y la mujer dispone”25, which I translate: “The man proposes what to do and the woman decides whether or not to do it.” Similarly, in 1931 Waldo Frank wrote that “Man is the creator of the tango-dance because he conceives it on the woman’s body.”26 In this minimalist milonguero style, the man’s goal, apparently, is to lead the woman to perform very flashy figures while he himself moves as little as possible. The man focuses on using his shoulders and arms to lead his partner to perform flamboyant figures, including ochos, pa’ adelante y pa’ atras (forward and backward figure-eights), boléos (leg-flings) and giros (spins). Meanwhile, the man moves his feet inelegantly and only as much as needed to keep his shoulders in the necessary position relative to his partner. The ochos and giros in particular are different in the minimalist milonguero style from those in tango de espectáculo or in nuevo tango. In some staged-tangos and in nuevo tango, the follower’s giros are matched in flair by the leader’s sacadas (replacing partner’s leg with one’s own), and the man as well as the woman may make an ocho. When the woman makes backward ochos, for example, the man may mirror her, making forward ochos. As Miguel Angel Zotto explained in a 2006 interview, in the tango de salón, “el ocho, que es el corazón del tango, lo hace la mujer”27 (The figure eight, which is the heart of the tango, is made by the woman – and not by the man.)
22 See J. Tobin: Tango and the scandal of homosocial desire, pp. 90f. 23 The man barely performs a few small movements, while the woman has to perform all of the work. 24 The falsification of true machismo; Andrés M. Carreterro: El Compadrito y el Tango, Buenos Aires: Ediciones Pampa y Cielo 1964, p. 62. 25 This is a common phrase in Buenos Aires to explain tango-dance. It is is also used elsewhere in Latin America to refer to gender relations, and not specifically to tango. 26 Waldo Frank: América hispana, in: Tomas de Lara/Inés Leonilda/Roncetti de Panti (eds.): El tema del tango en la literature argentina, Buenos Aires: Ediciones Culturales Argentinas, Ministerio de Educación y Justicia, Dirección General de Cultura 1969 [1931], pp. 349-350, p. 350. 27 Quoted in: Alina Mazzaferro: Esta danza rompe el idioma’: Entrevista al bailarín de tango Miguel Angel Zotto, in: Página/12 (5.01.2006): http:// www.pagina12.com ar /diario/suplementos/espectaculos/2-1455-2006-0105.html (28.11.2008). 147
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Enrique is one of the many milongueros who explained to me that it is an effeminate vanity in a man to put too much effort into his own steps. The man’s job is to shuffle along inconspicuously, moving only as much as is absolutely necessary to lead her dance beautifully, not to dance beautifully himself. In this, the milonguero is like the male dancer in ballet, who, in order to maintain his masculinity, as Burt explains, “will always try to avoid any appearance of hard work, however difficult it may be, and believe me, often is”28. I will argue that milongueros also work hard to avoid the appearance that they work hard at dancing and they do so because dancing puts a man’s masculinity in question. Similarly, dancing with another man might put a man’s heterosexuality in question. As I have argued elsewhere, it is common for Argentine men to dance with one another at prácticas, and much as men minimize their dancing with women through reduced movement, they minimize their dancing with other men by verbally denying that it is dancing.29 The Argentine men I interviewed at prácticas said they practiced but did not dance with other men. They did not make the same distinction between practicing and dancing with women. Argentine men often refer to dancing with particular women at prácticas, but they refer to the same activity with other men as practicing.
Ma c h i s m o a s J o k i n g Though Enrique’s tango-dancing style is minimalist and thus, in my estimation, anxious, his most frequent response to the trouble with the male tangodancer is close to what Burt calls subversive. Enrique is one of many Argentine men who, when confronted by the special challenges of the male dancer, “exploits this situation in order to make trouble”30. Enrique certainly exploited the situation in order to make trouble when he offered himself to me as a model. Another example of Enrique’s subversiveness comes from twelve years earlier.31 Enrique and I had just met, at the milonga in the old Club Almagro. I explained to Enrique that I was doing research on porteño32 (pertaining to the city of Buenos Aires) masculinity in football and asado as well as 28 29 30 31
Jill Dolan quoted in R. Burt: The Male Dancer, p. 42. See J. Tobin: Tango and the scandal of homosocial desire, pp. 91ff. R. Burt: The Male Dancer, p. 207. See Jeffrey Tobin: Todo mito qauchesco que camina va a para al asador porteño, in: María Cristina Pons/Claudia Soria, (eds.): Delirios de grandeza: los mitos argentinos: memoria, identidad, cultura, Rosario: Beatriz Viterbo Editora 2005, pp. 211-228. 32 As a noun, porteño means: “a resident of the port city of Buenos Aires“. As an adjective, porteño means: “pertaining to the port city of Buenos Aires“. 148
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in tango, and Enrique asked me if I had been to an asado yet, on my current visit to Buenos Aires. “Yes”, I replied, “I just had an asado made by una amiga” (a female friend). Enrique asked if I really meant to say that the socalled asado was prepared by una mina (a broad). I think Enrique hoped that I was confusing genders again – as I sometimes do, at least when I am speaking Spanish. But I assured him that la amiga in question is not un amigo (male friend). Predictably, Enrique said that in that case I had not yet been to an asado, and he invited me to “un asado de verdad, hecho por un macho argentino” (a real asado, made by an Argentine macho). Note that, throughout this brief exchange, Enrique was smiling, making it clear to me that he found his own performance to be not serious. Enrique was also smiling at the end of the asado, as we continued to sit at the table and drink mate (a South American tea) while the women were all in the kitchen doing the dishes. Enrique said to me, with a smile, “See how machista we are, sipping mate while the women work?” Comments such as Enrique’s often take the form of a quote from a wellknown tango. I have heard several Argentine recite, upon completing a tangodance, “Así se baila el tango”, accompanied by an up-and-down motion of a hand, with the thumb and index finger forming a horizontal “O”. The phrase “Así se baila el tango” (This is how tango is danced) is recognized as the title and refrain of a 1942 tango33. Occasionally, but rarely, the words are recited in obvious jest, at the end of a poorly danced tango, but there is humor in an Argentine milonguero’s reciting of the words even after a very successful dance. To begin, the tango’s lyrics are hyperbolic: “Aquí está la elegancia. ¡qué pinta! ¡qué silueta! ¡qué porte! ¡qué arrogancia! ¡qué clase pa’ bailar! Así se corta el césped mientras dibujo el ocho, Para estas filigranas yo soy como un pintor.”34 (Here is elegance. What a look! What form! What bearing! What arrogance! What classy dancing! This is how the lawn is mowed while I make a figure-eight, For these filigrees I am like a painter.)
To be sure, the lyrics celebrate excellence in masculine tango dancing, but when they are quoted by a milonguero in reference to himself, the lyrics are funny, too. The milonguero who says of himself “Así se baila el tango” invites others to laugh at him for being full himself, as well as to admire his dancing. 33 Lyrics by Marvil (Elizardo Martínez Vilas), music by Elías Randal, 1942. 34 Ibid. 149
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Such self-deprecating humor is, perhaps, even clearer when an Argentine man says of himself, “Si soy así, que voy a hacer?” (If I’m like this, what am I going to do?) In this case, Argentine listeners recognize that the man is quoting from the 1931 tango Si soy así35. Most Argentines are probably familiar with the original, serious version of the tango, sung by Carlos Gardel, and many are also familiar with the subsequent, comic version by Fidel Pintos. Pintos was a comedian with a huge nose who was sure to get a laugh when he sang: “Si soy así, ¿qué voy a hacer? Nací buen mozo y embalao pa’ el querer. […] Donde veo unas polleras no me fijo en el color ... Las viuditas, las casadas y solteras para mí todas son peras en el árbol del amor.” (If I am like this, what am I going to do? I was born good-looking and wound up for love […] When I see a skirt I don’t care what color it is … Widows, married women, single women for me are all pears in the tree of love.)
The contemporary porteño who recites a fragment of Si soy así evokes both a Gardelian romantic hero and a burlesque of that heroism. Most tangos do not have specific burlesque versions in the collective consciousness. Nevertheless, when a porteño man recites a line from a tango of the Golden Age, there is always a hint of burlesque, often confirmed by a wink or a smile. Perhaps the most common example of porteño milongueros mocking themselves is in their recitation of the phrase, “¡Porque el tango es macho!” (Because tango is macho!). Here, too, the reference is recognized by all Argentines (and Uruguayans). The phrase comes from Julio Sosa’s famous 1961 version of La Cumparsita, no doubt the best known tango musically, but usu-
35 Lyrics by Antonio Botta, music by Francisco Lomuto, 1931. 150
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ally performed without lyrics.36 For his version of La cumparsita, Sosa spoke lyrics composed by Celedonio Esteban Flores for the 1929 tango Por qué canto así 37 (Why I sing like this). Flores’s lyrics, however, do not include the phrase “tango es macho”. Sosa changed Flores’ “Y yo me hice en tangos, / porque es bravo” (And I made myself in tangos, / because it is fierce) to “Y yo me hice en tangos, / porque… ¡Porque el tango es macho!”38 (And I made myself in tangos, / because… Because the tango is macho). Flores’ lyrics, which are already melodramatic, become even more so thanks to Sosa’s alterations and phrasing.39 Sosa explains that he sings as he does: “Porque soy un árbol que nunca dio frutos, porque soy un perro que no tiene dueño. Porque tengo odios que nunca los digo, porque cuando quiero, porque cuando quiero me desangro en besos ... Porque quise mucho y no me han querido.”40 (Because I am a tree that never bore fruit, because I am dog that never had an owner. Because I have hatreds that I never speak,
36 The march was composed around 1916 by the Uruguayan Gerardo Matos Rodríguez and was very soon afterwards tangoized by the Argentine Roberto Firpo. The song remained instrumental until 1924, when Pascual Contursi and Enrique P. Marone composed lyrics for it, but those were not the lyrics that Julio Sosa used. 37 Music by José Razzano. 38 Quoted in: Las muchachas de ahora, in: Pagina/12 (11.03.2005), Las 12: http://www.pagina12.com.ar/diario/suplementos/las12/13-1812-2005-0313.html (28.11.2008). Flores’s lyrics for Por qué canto así is themselves parodic. Daniel Balderston observes that the “Flores poem Sonatina is a striking parody of Rubén Daríos’ famous poem of the same name” (Daniel Balderston: Celedonio Flores’s ’Sonatina‘: lunfardo parody and post-modern aesthetics, in: Hispana 72 (1989), pp. 123-129, p. 123) and Balderston argues that the tango-canción genre that emerged between 1917 and 1932 coincided with the ’postmodernist‘ Argentine poetry that arose at the same time as a reaction to –and often parody of – the modernist, baroque poetry that immediately preceded it. Flores was, of course, a major figure in the formation of the tango-canción. I believe Balderston’s argument about Flores’ Sonatina applies generally also to Por qué canto así. The lyrics are “polyphonic, at once undermining and affirming the parodied text” (p. 127, drawing on Linda Hutcheon and Mikhail Bakhtin). Specifically, the lyrics both undermine and affirm milonguero masculinity. 39 The major changes in the lines introduced by Sosa are substituting macho for bravo, olor a vida (smell of life) for algo de vida, (something of life) and gusto a muerte (taste of death) for algo de muerte (something of death). 40 Julio Sosa, La Cumparsita (Por que canto así), 1961. The only important change introduced by Sosa here is substituting nunca dio frutos (never bore fruit) for vivió sin flores (lived without flowers). 151
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because when I love, when I love I bleed myself in kissing . Because I desired much and they have not loved me.)
Whether or not contemporary Argentine listeners find Sosa’s recitation moving, they certainly find it amusing. I do not think it is a reflection on just my Argentine acquaintances that every time I have been with a group of Argentines listening to Sosa’s version of La Cumparsita, there is a lot of smiling and even some laughter in response to his recitation of misery, especially as everyone recites along with Sosa the line, “Y yo me hice en tango porque ... ¡Porque el tango es macho! Porque el tango es fuerte!”41 (And I made myself in tango because ... Because tango is macho! Because tango is strong!) Scholars have observed that the very word macho is often used by Mexican men in the playful, self-conscious way that Enrique and other porteño men use it. In Américo Paredes’ formulation, machismo always “betrays a certain element of nostalgia”42. When a Latin American man speaks of himself as macho, he is playing with the gap between men now and real men then, or between himself as the subject of the enunciation and himself as the enunciated subject. In other words, machismo is not masculinity or even a particular masculinity; machismo is, rather, always a performance of a longgone masculinity. To be clear, machismo is not a presentation of self43; it is an overtly theatrical representation of self. That is why José Limón44 and Roger Lancaster45 both find that machismo is relentlessly playful and selfreferencial. I assert it is also why Borges, in his 1964 poem El tango, writes: “[…] El tango crea un turbio Pasado irreal que de algún modo es cierto,
41 Perhaps Argentines in 1961 did not find the song as funny as Argentines of today do, but by 1961 Argentines (and Uruguayans) were already distanced from the masculinity evoked by the lyrics, and it is that distance that allows the lyrics to be found funny. 42 Américo Paredes: The United States, Mexico, and machismo, in: Richard Baumann (ed.): Folklore and Culture on the Texas-American Border, Austin, TX: Center for Mexican American Studies 1993 [1964, 1971], p. 234; see also M.E. Savigliano: Tango and the Political Economy of Passion, S. 42. 43 See Erving Goffman: The Presentation of Self in Everyday Life, New York: The Overlook Press 1959. 44 José E. Limón: Carne, carnales, and the carnivalesque: bakhtinian batos, disorder, and narrative discourses, in: American Ethnologist, 16, 3 (1989), pp. 471486. 45 Roger N. Lancaster: Guto’s performance: notes on the transvestism of everyday life, in: Daniel Balderston/Donna J. Guy (eds.): Sex and Sexuality in Latin America: An Interdisciplinary Reader, New York: New York University Press 1997, pp. 9-32. 152
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El recuerdo imposible de haber muerto Peleando, en una esquina del suburbio.”46 ([...] Tango creates a disturbed, Unreal past that in some way is certain, The impossible memory of having died, Fighting, on a suburban corner.)
Similarly, one of my tango-dance teachers in Buenos Aires, in trying to impress on me the importance of maintaining a low center of gravity, explained to me that, “It is just like in knife-fighting”. I am sure that the teacher, like me, was never in a knife fight. Whether or not he read El tango or heard it recited at a milonga (as I heard it recited in La Marshall – a gay milonga in downtown Buenos Aires – on 25 July 2007), the tango-dance teacher echoed Borges’ insight that tango cultivates in men a showy identification with an unattainable, in-the-past masculinity.
Citational Masculinity Ernesto Sábato observes that because of machismo the porteño, “se siente obligado a ser macho al cuadrado, al cubo”47 (feels obliged to be man to the second or third power). I believe this is because porteños model their masculinity on mythic heroes, such as the knife-fighting compadrito evoked by Borges. Many of those heroes are drawn from the world of gauchos, many others are drawn from the world of tango, whether from myths around tango’s origins or from tango lyrics, such as Así se baila el tango, Si soy así, and Por qué canto así. Eduardo Archetti recounts that the football player Diego Maradona appeared, when he was still a kid, on a television program singing the tango El sueño del pibe48 (The kid’s dream) about a boy who dreams of becoming a First Division soccer player. According to Archetti, the fact that there is a tango that describes the kid’s dream allows soccer fans, “[...] argumentar que ese fue destino y que su vida fue casi un desarrollo natural, o que su vida es la realización de un guión que ya estaba escrito”49. ([…] to argue that it was des-
46 José Luis Borges: Obras completas, tomo II: 1952-1972, Emecé: Editores José Luis 1989, p. 267. 47 Ernesto Sábato: Tango: Discusión y Clave, 2nd Ed., Buenos Aires: Editorial Losada 1997 [1963], p. 15. 48 Lyrics by Reinaldo Yiso, music by Juan Puey, 1943. 49 Eduardo Archetti, El potrero y el pibe: territorio y pertenecia en el imaginario del fútbol argentino, in: Nueva Sociedad,154 (March/April 1998), pp. 101-119, p. 113. 153
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tiny and that his life was almost a natural development, or that his life is the performance of a script that was already written). If, then, an Argentine man’s words are, “identifiable as conforming to an iterable model”50, to borrow Derrida’s words, this is because the Argentine’s model is very often a widely-known, written text. In most readings of Derrida, a model is identified as iterable because it is graphematic – which is one of Derrida’s ways of saying that speaking is just as mediated as writing. Here, I am reading Derrida more literally by observing that for men of the tango scene, the model is not only as mediated as if it were written; it is written. Rather than immerse himself in a role and attempt to perform it transparently, the milonguero literally cites the script from which he is reading, thereby calling attention to its written-ness. The citationality of porteño masculinity is a reflection of what Derrida calls différance – that is to say, both a difference and a deferral.51 Again, I read Derrida more literally than he is usually read.52 The difference, at least among my informants, is rooted in class. The model of masculinity that middle-class porteño milongueros most often cite is the lower-class compadrito. The deferral is the unbridgeable lapse between now and the age when men were men. Thus, the différance between the milonguero and the scripts he cites is nostalgic. As Savigliano argues, “Machismo is a cult of authentic virility fed by a sense of loss [...] brought about by Civilization”53, a lament for masculinity lost.54 Milongueros mourn the waning of a more real masculinity, pertaining to a lower and darker class, located in the infamous suburbios of turn-of-the-century Buenos Aires. Middle-class men’s performance of lowerclass roles is complicated by the downward mobility of most members of Argentina’s middle class. I suspect downwardly-mobile Argentines confirm the distance that still separates them from true descamisados (shirtless ones, that is, poor people) by self-consciously performing lower-class roles. After all, ’slumming‘ is an activity that is available only to those who do not really live in a slum. If, in the contemporary Buenos Aires tango scene, men studiously avoid mentioning such mundane matters as the existence of wives, children and day-time jobs, this may be to facilitate their performances of milonguero masculinity. So long as a milonguero does not mention that he earns his daily 50 Jacques Derrida: Margins of Philosophy, translated by Alan Bass, Chicago: University of Chicago Press 1982, p. 326. 51 Ibid., p. 8. 52 Here, I identify a specific class difference between my informants and the men they cite. By contrast, Derrida refers to unspecified differences between one use of a word and any other use of the word. 53 M.E. Savigliano: Tango and the Political Economy of Passion, p. 43. 54 See idem: Malevos llorones y percantas retobadas: el tango como espectáculo de razas, clases e imperialismo, in: Relaciones de la Sociedad Argentina de Antropología, 19 (1994) [1993-94], pp. 79-104, p. 85. 154
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bread – and mate – working as an usher or a jeweller, it is possible to play at being a compadrito, who derives his income from intimidating other men or from seducing women. In his deconstruction of John L. Austin’s How To Do Things With Words, Derrida argues that a performative at once reinscribes and destabilizes the conventions on which it depends. This is because Austin argued that for a performative to work it must conform to “an accepted conventional procedure having a certain conventional effect”55, but a performative will be “hollow or void if said by an actor on the stage, or if introduced in a poem”56. Derrida uses the concept of citationality to connect what Austin finds necessary for a performative to work to what Austin finds renders a performative hollow or void. “Could a performative statement succeed if its formulation did not repeat a ’coded‘ or iterable statement, in other words, if the expressions […] were not identifiable as conforming to an iterable model, and therefore if they were not identifiable in a way as ’citation‘? Note that citationality here is of the same type as in a play, a philoso57 phical reference, or the recitation of a poem.”
Briefly stated, conforming to a convention is “of the same type” as performing a play or reciting a poem. The ’possibility of failure‘ in a performative utterance is structural, not accidental, because the conventionality necessary for it to work is inseparable from the theatricality that makes it hollow. Judith Butler uses Derrida’s deconstruction of Austin to explore the politics of gender performatives. Following Derrida, she argues that, because failure is structural, not accidental, all gender performatives at once reinscribe and subvert the gender norms they necessarily cite. Butler, however, tries to distinguish between gender performatives that do more reinscribing of gender norms and those that do more subverting of those norms. In general, according to Butler, a gender performative reinscribes gender norms to the extent that the performative’s citationality is concealed, and it subverts those norms to the extent that the performative’s citationality is exposed. Thus, in Gender Trouble58, Butler writes that: “[…] the parodic repetition of gender exposes […] the illusion of gender identity as an intractable depth and inner space”59, and “hyperbolic exhibitions of ’the natural‘ […] in their very exaggeration,
55 John L. Austin: How To Do Things With Words, 2nd Ed., edited by James Opie Urmson/Marina Shisà: Cambridge: Harvard University Press 1975 [1961], p. 14. 56 Ibid., p. 22. 57 J. Derrida: Margins of Philosophy, p. 326. 58 Judith Butler: Gender Trouble: Feminism and the Subversion of Identity, New York: Routledge 1990. 59 Ibid., p. 146. 155
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reveal (gender’s) fundamentally phantasmatic status.”60 She continues her argument in Bodies That Matter61, in which she repeatedly makes a distinction between “mundane” (read: non-theatrical) performatives that reinscribe gender norms and “hyperbolic” (read: theatrical) performatives that call norms into question. For example, she writes that “a performative ’works‘ to the extent that it draws on and covers over the constitutive conventions by which it is mobilized”62, while “the parodic inhabiting of conformity […] subtly calls into question the legitimacy of the command, a repetition of the law into hyperbole.”63 In Bodies That Matter, however, Butler refines her argument by recognizing that gender parody is not necessarily subversive. She observes that “the denaturalization of gender” effected by “parodying the dominant norms” may “be the very vehicle for a reconsolidation of hegemonic norms.”64 How, then, does one distinguish between parody that serves heterosexual gender norms and parody that subverts those norms? Butler’s answer to that question is unclear. She does observe of drag, that it “is subversive to the extent that it reflects on the imitative structure by which hegemonic gender is itself produced and disputes heterosexuality’s claim on naturalness and originality”65, but she recognizes that “there are forms of drag that heterosexual culture produces for itself”66, such as the films Victor/Victoria67, Tootsie68, and Some Like it Hot69, which “produce and contain the homosexual excess of any given drag performance.”70 In my reading, Butler does not explain how one determines if a gender parody, including a drag performance, “[…] re60 Ibid., p. 147. 61 Judith Butler: Bodies That Matter: On the Discursive Limits of “Sex”, New York: Routledge 1993. 62 Ibid., p. 227. 63 Ibid., p. 125. 64 Ibid., p. 125. Butler returns to her argument about gender performativity in: idem: Undoing Gender, New York: Routledge 2004. Again, she argues that gender performatives reinscribe gender norms through naturalization, writing that some performatives “claim the place of nature or claim the place of symbolic necessity, and they do this by occluding the ways in which they are performatively established” (p. 209). 65 Ibid, p. 125. 66 Ibid., p. 126. 67 Victor/Victoria, directed by Blake Edwards, written by Blake Edwards and Hans Hoemburg, starring Julie Andrews and James Garner et al., USA/Greatbritain: Ladbroke/Peerford 1982. 68 Tootsie, directed by Sydney Pollack, written by Elaine May, Larry Gelbart and Murray Schisgal, starring Dustin Hoffman, Geena Davis, Sydney Pollack et al., USA: Mirage/Punch 1982. 69 Some Like it Hot, directed and written by Billy Wilder, starring Marilyn Monroe, Jack Lemmon and Tony Curtis, USA: United Artist 1959. 70 J. Butler: Bodies That Matter: On the Discursive Limits of “Sex”, p. 125. 156
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flects on the imitative structure by which hegemonic gender is itself produced” or if it “produce(s) and contain(s) the homosexual excess of any given drag performance.”71 Here I find it useful to turn to a body of theory that sprung up around camp or campiness.72 As Susan Sontag observed, “to perceive Camp in […] persons is to understand Being-as-Playing-a-Role” or to think of “life as theater.”73 In the porteño tango scene, being – including being-masculine – is commonly understood to be playing a role. Building on Sontag’s essay, Richard Dyer explained: “What I value about camp is that it is precisely a weapon against the mystique surrounding art, royalty and masculinity – it cocks an irresistible snook, it demystifies by playing up the artifice by means of which such things as these retain their hold on the majority of the population.”74
Thus, Dyer, much like Butler, celebrates the capacity certain hyperbolic performances have to demystify masculinity by exposing its artifice; except Dyer focuses on masculinity while Butler tackles gender in general. Dyer, also much like Butler, is careful to clarify that exposing the artifice of masculinity does not necessarily serve to demystify it, but Dyer illustrates, using John Wayne, how to distinguish between an exposé that subverts the dominant masculinity and one that reinscribes it. Dyer argues that: “Gay camp can emphasize what a production number the image of John Wayne is and it can thereby stop us from treating John Wayne as an embodiment of what it ’really‘ means to be a man. By contrast, straight camp allows straight audiences to reject the style of John Wayne; but because it is so pleasant to laugh, it also allows for a certain wistful affection for him to linger on.”75
Something very similar happens with straight male tango fans. The macho is no less dear to the straight Argentine imagination than John Wayne is to the straight Anglo-American imagination. But machismo, even more than the Duke, has been criticized heavily enough and long enough for Argentine men
71 Ibid. 72 On the relevance of the camp discourse in Argentina, including discussions of tango, see José Amícola: Camp y postavanguardia: manifestaciones culturales de un siglo fenecido, Buenos Aires: Paidós 2000. 73 Susan Sontag: Notes on ’Camp‘, in: idem: Against Interpretation, and Other Essays, New York: Vintage 1994 [1964], p. 280. 74 Richard Dyer: It’s being so camp as keeps us going, in: Fabio Cleto (ed.): Camp: Queer Aesthetics and the Performing Subject: A Reader, Ann Arbor: The University of Michigan Press 1999 [1976], pp. 110-116, p. 113. 75 Ibid., p. 115. 157
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to be embarrassed by it. Their campy performance of and appreciation for machismo allows milongueros to seem to reject machismo while in fact maintaining a wistful affection for it.76 Male tango-dancer’s masculinity – and, indeed, masculinity in general – can be read as masquerade,77 but unlike femininity performed by women,78 masculinity performed by men does not conceal the presence of the phallus; rather it conceals that a penis is not the phallus. Oscar Masotta, an Argentine Lacanian, argues that, “la función primaria de la ropa [es] la de ocultar tanto lo que se tiene como lo que no se tiene”79 (the primary function of clothing [is] that of concealing as much that which one has as that which one does not have). In the case of a man masquerading as masculine, what he conceals having is a penis and what he conceals not having is the phallus. As Eugenie Lemoine-Luccioni argues, “if the penis were the phallus, men would have no need of feathers or ties or medals”80, or of the Gardel-style funyis (felt hats) and lengues (silk scarves) that some Argentine milongueros still wear. From another point of view, sons may grow up to become fathers. But in his own eyes, no man is ever the Father, even though his own sons may see him as such. Rather, the Father is a role that men perform self-consciously, always aware of what they lack to do the role justice. Similarly, contemporary middle-class milongueros perform masculine roles from which they feel irredeemably cut off. They may citationally perform Gardel – who citationally performed an even earlier generation of tangueros – but always as a masquerade. Milongueros perform those roles despite feeling cut off, or, more accu-
76 Butler mostly follows Derrida in making a formalistic argument that any performative both reinscribes and destabilizes (through exposure) the convention it necessarily cites. Butler tries to distinguish performatives that mostly reinscribe conventions (namely gender norms) from performatives that mostly destabilize them, but her formalistic argument does not support such a distinction. Dyers’ argument is more sociological and thus better suited to the task because the politics of gender performatives are determined by the accidents of context and not by the structure of performativity per se. What matters, politically, is who performs for whom. 77 See Kim Michisiw: Camp, masculinity, masquerade, in: Differences 6, 2/3 (1994), pp. 146-173. 78 See Joan Riviere: Womanliness as a mascarade, in: International Journal of Psychoanalysis,10 (1929), pp. 303-313. 79 Oscar Massotta: Ensayos lacanianos, Barcelona: Editorial Anagrama 1976, p. 186. 80 Eugenie Lemoine-Luccioni quoted in: Chris Holmlund: Masculinity as multiple masquerade: the ’mature‘ Stalone and the Stalone clone, in: Steven Cohan/Ina Rae Hark (eds.): Screening the Male: Exploring Mascilinities in Hollywood Cinema, London: Routledge 1993, pp. 213-229, p. 226. 158
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rately, because of feeling cut off. Writing about ’cultural cross-dressing‘ in eighteenth-century Britain and North America, Beth Fowkes Tobin observes: “Much of the theoretical discussion of mimicry, masquerade, and parody in Homi Bhabha’s formulations and in the work of feminist and queer theorists assumes that the one who engages in mimicry or parody is in the oppressed position and is trying to subvert the dominant discourse.”81
Most milongueros are not trying to subvert the discourse of male superiority. Far from it. In cases, such as Enrique’s, of a straight man performing straight manliness, Yvonne Tasker wisely chooses to “cast doubt on the possibility of making a distinction between a parodic performance of masculinity and the oppressive enactment of that performance.”82 At the same moment that Enrique parodies porteño machismo, he avails himself of its privileges, and thus reattaches himself to that from which he is cut off. If it were true that a performance is subversive to the extent that it exposes its own theatricality, then a performance such as Enrique’s modeling of machismo could be said to subvert machismo. I am not, however willing to argue that because machismo is in general a hyperbolic, theatricalized performance, it is self-destructing. Recall Enrique making a joke about being machista by not helping with the dishes. No matter how self-effacing his comments are, the fact remains that he stays sitting at the table sipping wine while the women do the dishes. I read the hyperbole of a milonguero’s machista performance as an enactment of power, a confirmation that male dominance is intact despite its advertised performedness. When Enrique laughs about not helping do the dishes, his laughter confirms that male privilege is so stable that men can make a joke of it. Laughter, in such cases, is a bald declaration of power, or a celebration of getting away with being machista. This is an indication that male privilege in the tango world does not depend on naturalization – on the myth that it is not constructed. Quite the opposite. The macho openly celebrates, rather than hides, men’s success at fabricating male privilege.
81 Beth Fowkes Tobin: Picturing Imperial Power: Colonial Subjects in EighteenthCentury British Painting, Durham: Duke University Press 1999, p. 90. 82 Yvonne Tasker: Dumb movies for dumb people: masculinity, the body, and the voice in contemporary action cinema, in: Steven Cohan/Ina Rae Hark (eds.): Screening the Male: Exploring Mascilinities in Hollywood Cinema, London: Routledge 1993, pp. 230-244, p. 243. 159
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Ma c h o K i n g s I do not want to bring down the curtain with a straight camp performance as the last act. Straight camp is the dominant discourse of milonguero masculinity, but it is not the only discourse. Just about every Friday night in 2006 and 2007, a small theater in the Congreso neighborhood of Buenos Aires was home to a show titled Drag Kings: Cosas de Machos (Macho’s Things). The show, directed by Alejandra Arístegui, features three drag kings, that is, women who impersonate men. In the second scene, Florencia Rosemblat takes the stage dressed like a young, male villero (the resident of a villa miseria or shanty town) and lipsyncs La lechera83 by the Pibes Chorros, a very popular cumbia villera group. A lechera is a pitcher that contains milk, but in this song it is given another meaning: “No te hagas la nena de mamá porque ese olor a leche que sale de tu boca la vaca no lo da. Me enteré la puta que sos que te gusta la pija y que vos sos más fácil que la tabla del dos.” (Don’t pretend your mommy’s girl because that smell of milk that escapes your mouth doesn’t come from a cow. Now I get what whore you are that you like cock and that you’re easier than the twos on the multiplication table.)
As she sings, Rosemblat makes gross gestures, such as pointing at a woman in the audience as he says “la puta que sos”84 (what whore you are) and outlining an erection at her crotch as she lipsincs “que te gusta la pija” (that you like cock). As the song ends, Patricia Roncarolo, dressed as an old-time tango singer joins Rosemblat on stage, and the adult tanguero scolds the adolescent villero 83 Music and lyrics by Dalebe, Kapo and Salinas, 2002, see: http://letrascanciones. com.ar/letras-id=2927.html (28.11.2008). 84 In the published lyrics this line is “lo astute que sos” (how clever you are), which is more proper both grammatically and morally than the sung line, “la puta que sos” (what whore you are). 160
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for being disrespectful toward women. After evicting the villero from the stage, the tanguero sings a song of his own. Roncarolo sings (not lipsyncs) Fea85, a tango recorded by Carlos Gardel in 1925. The tango, written and almost always sung by a man, tells the story of la fea (the ugly girl). Whenever she steps out of the house “las burlas inhumanas / la hieren por doquier” (inhumane jeers / pierce her from every direction). There had been “aquel hombre que debía / conducirla muy pronto ante el altar” (that man who was supposed/to take her soon to the altar), but he just ran off with her friend, instead. La fea quietly bears “la cruz de su fealdad” (the cross of her ugliness). “Para todos tenía una sonrisa; fue noble, fue sumisa; su drama nadie vio. Pero fue tan pesada su cadena, tan grande fue su pena, ¡que anoche se mató! ...” (For everyone she had a smile; she was noble, she was subordinate; no one saw her drama. But her chains were so heavy, her pain was so great, that last night she killed herself! ...)
Note that Roncarolo is a butch woman, cross-dressed as a man, that is to say, a woman who does not strive to make herself desirable to straight men.86 It is not hard to imagine the narrator of Fea trying to interpellate Roncarolo as ugly, but it is impossible to imagine Roncarolo answering that interpellation. Because Roncarolo is good-looking and charismatic, her ’failure ‘ to measure up to her character’s standards for female beauty has the effect of challenging those standards. To the extent that the audience recognizes Roncarolo as a lesbian, the tango’s compulsory heterosexuality (for women) is also exposed. Many women find a happy alternative to the marriage-or-suicide presented in Fea.
85 Lyrics by Alfredo Navarrine, music by Horacio Pettarossi, 1925. 86 The butch role, to paraphrase Sue-Ellen Case, moves masquerade to the base of performance where no narrative net can catch or hold her (Sue-Ellen Case: Towards a butch-femme aesthetic, in: Discourse 11, 1 (1989), pp. 55-73, p. 69). “Cast realism aside”, Case observes, “its consequences for women are deadly” (p. 71), as we hear in the lyrics of Fea. 161
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Judith Halberstam87 coins the word “kinging” to distinguish the queer performance of masculinity (kinging) from the queer performance of femininity (drag). A new word is warranted not only “to avoid always collapsing lesbian history and social practice associated with drag into gay male histories and practices”88, but also because the performance of masculinity is very different from the performance of femininity. As Joan Riviere observed long ago, masquerade is the essence of womanliness.89 It is not just that femininity is performed but that femininity is performed overtly. The act of applying lipstick, for example, is itself a performance of femininity. By contrast, white – and anglo – masculinity, according to Halberstam, pretends to be “nonperformative”, which I take to mean not performed. Halberstam is careful to explain that masculinity is no less ’theatrical‘ than femininity. Her point is that femininity makes its own theatricality part of the show, while white masculinity pretends there is no show. Thus, kinging is “performing nonperformativity”90, or that is what kinging was. Back in 1995/96, Halbsertam observes, “the drag kings had not yet learned how to turn masculinity into theater.”91 A typical drag king show was marked by “understatement”, that is, by making a show of not making a show. In a follow-up study of kinging, Halberstam observes that “in the past, male impersonation might have been much more oriented toward the production of an effect of male credibility”92, but “at present” – referring, roughly, to 2005/06 – “Drag-king parodies of particularly white masculinity are perhaps the most popular form of drag-king performance.”93 From 1997 to the present, it seems, kinging has increasingly taken the form of “the impersonation of an impersonation”94 such as a drag king impersonating the later Elvis Presley, who was already an impersonation of his earlier self, or of drag kings impersonating Elvis Herselvis, another drag king who made her career impersonating Elvis impersonating himself.The politics Halberstam attributes to kinging are similar to the politics Butler attributes to drag. Both theorists focus on the subversive effects of exposure. Much as Butler argues that “drag exposes or allegorizes the mundane psychic and performative practices by which heterosexualized genders form”95, Halberstam finds that kinging “exposes the structure of dominant masculinity by making 87 See Judith Halberstam: Female Masculinity, Durham: Duke University Press 1998. 88 Ibid., p. 238. 89 See J. Riviere: Womanliness as a mascarade. 90 Judith Halberstam: Female Masculinity, p. 259. 91 Ibid., p. 245. 92 Idem: Oh behave! Austin Powers and the drag kings, in: GLQ 7, 3 (2007), pp. 425-452, p. 433. 93 Ibid. 94 J. Halberstam: Female Masculinity, p. 258. 95 J. Butler: Matter: On the Discursive Limits of “Sex”, p. 235. 162
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it theatrical.”96 Butler, however, celebrates exposing the performedness of gender, whether the performed gender is masculinity or femininity and whether the performer is a man or a women. Her argument is that gender per se works through naturalization, that is, through concealing its performedness. Thus, “Drag is subversive to the extent that it reflects on the imitative structure by which hegemonic gender is itself produced and disputes heterosexuality’s claim on naturalness and originality.”97 Halberstam, by contrast, argues that white masculinity works through naturalization but femininity does not. Thus, Halberstam celebrates exposing the performedness of white masculinity. More to the point, she argues that “the exposure of sexism by the drag kings as the basis of masculine realness serves to unmask the ideological stakes of male nonperformativity.”98 Kinging, according to Halberstam, is a direct challenge to male privilege, especially when it theatricalizes sexism and misogyny, which is precisely what the Argentine Drag Kings do. When Roncarolo sings Fea, she does not expose the performedness of machismo because one cannot expose what is already out in the open, as the performedness of machismo is in Argentina. What Roncarolo exposes, instead, is the misogyny of tango-canción lyrics. Roncarolo reveals that the charming old tanguero, who presents himself as better for women than the villero whom he replaces, is at least as misogynist as the young villero. As Roncarolo explains: “El personaje del tanguero parece simpático porque viene después de los pibes chorros, que es un estilo agresivo. El tanguero viene en un tono más reparador, pero cuando escuchas la letra del tango que se llama “La fea”, no es nada reparador. El tango de por sí en la letra es machista; si se analizan algunas, te das cuenta.”99 (The tanguero character seems nice because he comes on after the Pibes Chorros, which is an aggressive style. The tanguero comes on sounding more like he’ll fix things up, but when you hear the words of the tango called “La fea”, it won’t fix anything. Tango itself for its lyrics is machista; if you analyze some lyrics, you’ll notice.)
The lyrics of Fea are not vulgar and Roncarolo does not make any aggressive gestures, but the story of la fea is more threatening toward women than the story of la lechera. While the villero berates women for liking cock, the tanguero suggests that a woman who is not desired by men might as well kill 96 97 98 99
J. Halberstam: Female Masculinity, p. 239. J. Butler: Matter: On the Discursive Limits of “Sex”, p. 125. J. Halberstam: Female Masculinity, p. 255. Ernestina Arias: Ver mujeres vestidas de hombres e intepretar estereotipos criticables es fuerte y eso genera polémica, in: ANRed (17.08.2006): http:// www.anred.org/article.php3?id_article=1667 (28.11.2008) 163
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herself. Through kinging, Roncarolo exposes the misogyny of a tangocanción as a male singer does not.
The Straight Man At the outset of this paper I observed that Enrique made me ‘the straight man‘ of his joke. By that I mean that he constructed me as straight or heterosexual in opposition to the queer role he constructed for himself, and that he used me as the straight man or the comic foil to his funny man (as Oliver Hardy was the straight man to Stan Laurel). Subsequently, I argued that Enrique is typical of male milongueros in joking about his machismo, and that such joking can be seen as an enactment of male privilege in relation to women. I also argued that the Argentine Drag Kings’ laughter demystifies that privilege for its Argentine audience. I now see that Enrique’s modeling of machismo is also an act of resistance in relation to me, the North American anthropologist, and in relation to North Americans and Europeans in general.100 It was, after all, in response to me that Enrique said, “See how machista we are” (for not helping with the dishes) and, “If you need a model, here I am.” To fully understand the meaning of such words it is necessary to understand the immediate contexts in which they were uttered. My presence, as a Unitedstatesian anthropologist researching machismo, is the key component in those contexts. Enrique is certainly aware of how machismo is represented in Euro-American discourse. He inhabits the global tango world, as well as the porteño tango world, so he has a very good idea of what sort of things intellectuals like me and my likely readers say about milongueros and about Latin American men in general. It is not hard for him to imagine that he and other Argentine will come off badly when I publish my findings, and it is not hard to see that his performances of machismo mock me and my readers by making fun of our ideas about Argentine men’s masculinity. One meaning of Enrique’s statement, “See how machista we are”, is “I know you see us as machista”, or, more specifically, “I know you came to my house expecting to find that I am machista.” Similarly, a meaning of his statement, “If you need a model, here I am”, is “Your authority to earn dollars teaching a class on machismo is derived from having me as one of your informants.” In both cases, Enrique declares that he is altering his behavior in 100 Here I am closely following José Limón, who came to a similar conclusion in his study of masculinity among Mexican men in South Texas. Limón also found that his interpretation required reflecting on how his informants responded to him and made him the butt of some of their jokes. See José E. Limón: Carne, carnales, and the carnivalesque: bakhtinian batos, disorder, and narrative discourses, in: American Ethnologist 16, 3 (1989), pp. 471-486. 164
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order to help me with my research, which makes a joke of my research to the extent that my research depends on Argentine men performing for me. Enrique’s joke about me is similar to the joke about anthropologists conveyed in a 1984 Far Side cartoon by Gary Larson.101 One stereotypical ’native‘ (wearing a grass skirt and no shirt) sees two stereotypical ‘anthropologists’ (carrying a camera and notebook) approaching his hut. The native is shouting to his companions, “Anthropologists! Anthropologists!”, which explains why the companions are hurriedly removing a TV, VCR, and electric lamp from the hut. Thus, the natives are depicted as performing for the anthropologists – pretending to be more primitive and less worldly than they really are – and the anthropologists are depicted as being fooled by the performance, unaware that the natives are just showing the anthropologists what they want to see. Just so, Enrique casts me in the role of duped anthropologist. I do not mean to suggest that milongueros perform machismo only because foreign researchers are present, but the impact of foreigners’ presence should not be underestimated. No milonga in Buenos Aires is free of foreigners, often including academic researchers, and always including foreigners who are there in order to become tango-dance experts, which includes being able to explain porteño customs to students back in Europe, North America, or Asia. Given the importance of tourism in the economy of Buenos Aires, it is not surprising to find that milongas are prime sites of “staged authenticity”102. Thus, when Sosa’s recording of La Cumparsita is played at a porteño milonga, the song does triple work. First, Sosa’s declaration that tango es macho is a claim that tango is an exclusively male patrimony. When contemporary porteño men laugh at Sosa’s recitation, they are in part, like Enrique, enacting their privilege in the tango world. Second, when porteñas (female porteños) sing along with Julio Sosa, “And I made myself out of tangos because […] tango is macho” – and they do sing along – they are camping it up, even kinging in that they are impersonating Julio Sosa, the so-called varón del tango (the-man of tango). They thereby mock the machismo of the milonguero world and expose its misogyny. Third, and finally, the Argentine disk jockey who plays Sosa’s recording at a milonga and the porteños – both men and women – who make a show of singing along with it are mocking tango tourists, who are inevitably in attendance. The porteños laugh at the tango tourists who enjoy hearing our simplistic ideas about machismo confirmed. Argentine men of the tango world learn quickly, if they did not know all along, that it is not within the power they have over women for them to evade the stereotypes we have about them. In sum, machismo operates at the 101 See http://anthropology.net/2007/09/14/watch-out-the-anthropologists-arecoming/anthropologists-anthropologists (28.11.2008). 102 Dean MacCannell: Staged authenticity: arrangements of social space in tourist settings, in: The American Journal of Sociology, 79, 3 (1973), pp. 589-603. 165
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intersection of sexism and colonialism. Milonguero machismo is a performance that, depending on its performers and audience, can celebrate and subvert male tango-dancers’ privilege in relation to women, and can mock the foreign tourists (and scholars) who presume to understand it.
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Humour and the Performance of Masculinities. The Example of Tw o Choreographed Tangos RAMSAY BURT
This paper compares sections of two English dance works from different periods of the 20th century that refer in humorous ways to the pleasure of dancing the tango. These are the Tango Pasodoble in the 1931 ballet Façade choreographed by Frederick Ashton, and a short sequence from the dance film Outside In1, directed by Margaret Williams and choreographed by Victoria Marks. Both pieces, I shall show, have used humour to intervene in normative codes governing the performance of masculinities. The Tango Pasodoble in Façade, initially performed by Ashton himself and Lydia Lopokova, was more obviously played for laughs, both in its choreographed comic incidents and in the way Ashton and Lopokova were knowingly cast against type. Thus Ashton, an Englishman, was cast as a foreign professional dancer or ’gigolo‘, while Lopokova, a Russian ballerina, was cast as an English debutante. Outside In, a 15 minute dance film commissioned by the BBC, is performed by members of the British company CandoCo, a company that integrates able and disabled dancers. Its short tango sequence features in particular David Toole, a dancer whose lower body stopped growing when he was a small child, and the able dancer Sue Smith. It is not a comic piece but one which raises a smile about its playful adaptation of the tango for an unusual couple, and in the dancers’ knowing enjoyment of what they are doing. The dancers in both works reveal a distinctly modern detachment. They not only performed, but were also aware of the fact that they were perform-
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Outside In, directed by Margaret Williams, choreographed by Victoria Marks, starring dancers of the CandoCo Dance Company, Great Britain: MJW Productions/BBC Television/The Arts Council of Great Britain 1994, was commissioned by the BBC for the Dance for the Camera Series 1994. 171
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ing, and seemed to stand aloof and ’know‘. The ironic distance between these different performative levels provides a space for a kind of knowing wit and humour that I suggest can be seen as distinctly modern. The Philosopher Simon Critchley has argued that humour is a modern phenomenon. He points out that the 3rd Earl of Shaftesbury, writing at the beginning of the 18th Century, believed that humour has to accord with taste and thus has the potential to make people aware of shared social values. Critchley therefore links the emergence of humour to the development of a democratic public sphere. Compared with the carnivalesque buffoonery of the pre-modern age, Critchley argues: “Jokes are forms of abstraction that place in abeyance our usual modes of reaction, whether veridical or moral. […] Humour lets us take up a disinterested, theoretical attitude towards the world, but it does this in an eminently practical and interesting way.”2
It is this disinterested attitude towards the world that marks such humour as modern. This distinctly modern sense of detachment is one which Marta Savigliano has identified in her description of the passionate state through which dancers achieve what she calls a “tango high” where “two bodies communicate perfectly (and look perfectly and beautifully matched)”3. She elaborates on this through the following description: “Absentmindedly, tightly embraced, their torsos tilt towards each other in a delicate balance, their legs tracing sinuous paths on the dance floor, muscles fully alert to the doing and undoing of mutually provoked entanglements. Their improvised steps surprise each other, and yet the music – the rhythm and the melody, they insist – hold them together, prompting the smooth continuity of the conversation between these distinctly gendered bodies.”4
The dancers, in this description, seem detached from one another and thus surprised by each other’s steps, while at the same time looking perfectly and beautifully matched. Savigliano calls this “a paradoxical state of abandonment and full control, of bodily awareness and mental disengagement”5. What is most relevant for my argument here is the relationship between different performative levels. The male and female partners are dancing but at 2 3
4 5
Simon Critchley: On Humour, London: Routledge 2002, pp. 87f. Marta E. Savigliano: From Wallflowers to Femmes Fatales: Tango and the Performance of Passionate Femininity, in: William Washabaugh (ed.): The Passion of Music and Dance: Body, Gender and Sexuality, Oxford: Berg 1998, pp. 103-110, p. 104. Ibid. Ibid.
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the same time observing what is evolving between them in a knowing, modern way. This, I shall show, takes place during the tango duets between Ashton and Lopokova, and between Smith and Toole.
Performing alternative cultural identities These two dance pieces use humour to reveal ways in which, as embodied beings, we negotiate the social and cultural discourses through which ideas about gender and other aspects of identities are maintained. Judith Butler points out that “[…] the body has its invariably public dimension: constituted as a social phenomenon in the public sphere, my body is and is not mine. Given over from the start to the world of others, bearing their imprint, formed within the crucible of social life, the body is only later, and with some uncertainty, that to which I lay claim as my own.”6
Anyone who has learnt to dance knows the extent to which one’s body is given over to others before it becomes one’s own. Performing one’s gender, Butler argues, is like performing a play: “Gender is an act which has been rehearsed, much as a script survives the particular actors who make use of it, but which requires individual actors in order to be actualised and reproduced as reality once again.”7
One cannot refuse to perform the gender that is ascribed to one, but as one lays claim to one’s body, one lays claim to the means through which one responds to and interprets this demand. The possibilities for interpretation are circumscribed through the ways in which gender norms are institutionalised through cultural forms like dance. But institutional structures tend to be inefficient and can sometimes have unintended consequences, particularly where their implementation is dependent on human agency. It is the resulting gaps and inconsistencies within gender as it is performed that are the main focus of my readings of these two English dance pieces. Individuals are always complex and multifaceted, finding their identities within a wide range of economic, cultural, and political determinations. It
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Judith Butler: Undoing Gender, New York/London: Routledge 2004, p. 21. Idem: Performative Acts and Gender Constitution: An Essay in Phenomenology and Feminist Theory, in: Sue-Ellen Case (ed.): Performing Feminisms: Feminist Critical Theory and Theatre, Baltimore/London: John Hopkins University Press 1990, pp. 270-282, p. 277. 173
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would be a mistake to isolate issues concerning gender from these other components of identity. What makes normative masculine identities particularly important, however, is the function they perform in maintaining an imbalance in power relations between men and women. Consequently, the underlying ideologies controlling masculine behaviour have a distorting effect on the kind of ideal that they propose, so that the quintessence of manliness becomes in effect unattainable. This is partly what I think the psychoanalytic theorist Jacques Lacan was referring to when he proposed that the penis can never attain the status of the phallus. William Washabaugh, Donald Castro, Timothy Malefyt and others have argued that the tango expresses a masculine melancholia that derives from the disappointment of impoverished, slum-dwelling European migrants in Buenos Aires at the start of the 20th century. In some accounts, members of this social group are identified as the tango’s first exponents. Other writers have written that the melancholy mood of tango songs and short stories evokes a masculine fall from grace or a sense of loss of authentic masculinity.8 The tango in these readings is both an acknowledgment of the power of ideal masculinity and at the same time a melancholy acceptance of its loss or unattainability. If Façade and Outside In exemplify two different stages in the English reception of the tango, they suggest that an Argentine melancholia has perhaps translated, in these two dance pieces at least, into a distinctly English sense of humour concerning men’s disappointment. Both pieces acknowledge in humorous ways the complex and sometimes subversive ways in which popular social dances, like the tango, can intervene within norms of social behaviour. This is because of the way they each create a sense of shared community among those who enjoy dancing in this particular style and appreciate watching it performed well. My proposal is therefore that a modernist detachment is inherent in the humour of these pieces’ appropriation of aspects of the tango. By articulating these, the tango sections in Façade and Outside In not only draw their beholders’ attention to the existence of an ideal manliness but also reveal the gaps and inconsistencies within normative gender ideologies. Their humour gently hints at the lenient way in which society excuses most men for failing to live up to an unattainable ideal. This is humorous because, as Simon Critchley observes: “Humour consists in laughing at oneself, in finding oneself ridiculous, and such humour is not depressing, but on the contrary gives us a sense of emancipation, consolidation and child-like elevation.”9 This, I suggest, is what Tango Pasodoble and the tango in Outside In each achieve, in different ways, through their use of what Critchley calls an “ever-
8 9
See W. Washabaugh (ed.): The Passion of Music and Dance: Body, Gender and Sexuality. S. Critchley: On Humour, p. 95.
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divided humorous self-revelation”10. Such self-revelations allow these two pieces to celebrate social dancing as an area in which it is sometimes possible to create a space for the performance of alternative identities.
Tango Pasodoble Ashton’s Façade was set to an orchestral suite by William Walton that had originally accompanied a cycle of poems by Edith Sitwell. The ballet was originally commissioned by the Camargo Society – a subscription society that annually, from 1930 to 1933, hired a London theatre for a short season, commissioned new ballets and hired dancers and musicians to perform them.11 Two of the key players in the society’s affairs were the economist John Maynard Keynes, its treasurer, and his wife Lydia Lopokova who had been one of the principals of Diaghilev’s Ballets Russes.12 Both were members of the Bloomsbury Group, although as Judith Mackrell notes, Lopokova was not entirely accepted by some of its members.13 The Bloomsbury Group consisted of writers, painters, and art theorists, including Lytton Strachey, Virginia and Leonard Woolf, Vanessa and Clive Bell, Duncan Grant, E.M. Forster and Roger Fry, most of whom lived in or around Bloomsbury Square in London. As sociologist Janet Wolff has argued, the Bloomsbury Group used their connoisseurship of modernist art to reassert class privilege and compensate for their potential loss of social and economic status.14 They were in danger of loosing this as a result of the erosion of class distinctions arising from the impact of commercial and industrial modernisation at the start of the 20th century. Ballet had become an area through which Bloomsbury connoisseurship was exercised because of the way Diaghilev had brought ballet together
10 Ibid., p. 86. 11 For further information about the Camargo Society see Angela Kane/Jane Pritchard: The Camargo Society Part 1, in: Dance Research, 7, 2 (1994), pp. 63f. An earlier version of my discussion of Façade appeared in: Ramsay Burt: Ideologies of Englishness and internationalism in Modernist ballet, in: David Peters Corbett/Ysann Holt/Fiona Russel (eds.): The Geographies of English Art: Landscape and the National Past 1880-1940, New Haven: Yale University Press 2002, pp. 323-345. 12 Keynes did not however take over the role of treasurer until after the first performance of Façade. See A. Kane/J. Pritchard: The Camargo Society Part 1, p. 64; Julie Kavanagh: Muses: The Life of Frederick Ashton, London: Faber & Faber 1996, pp. 114f. 13 See Judith Makrell: The Bloomsbury Ballerina: Lydia Lopokova, Imperial Dancer and Mrs John Maynard Keynes, London: Weidenfeld and Nicolson 2008. 14 See Janet Wolff: The failure of a hard sponge: class, ethnicity, and the art of Mark Gertler, in: New Formations, 28 (1996), p. 56. 175
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with modernist painting, poetry and music.15 The Camargo Society was a response to the vacuum left by Diaghilev’s death in 1929, putting on programmes that catered for the London ballet audience which Diaghilev had created. Façade brought together ballet, modernist poetry, music, and painting in a way that Diaghilev had pioneered. Edith Sitwell wrote and published the poems that eventually became Façade between 1918 and 1922. Her brothers Osbert and Sacheverel had seen Diaghilev’s ballet Parade, a collaboration between Picasso, Cocteau, Satie, and Massine, in Paris in 1917. They encouraged their sister to conceive of Façade as a consciously avant-garde musical entertainment. It thus became a vehicle through with to launch their young protégé, the composer William Walton. The Sitwells, like the Bloomsbury Group, constituted a tight, closed circle who used connoisseurship of modernist art in similar ways to secure class privilege. The resulting piece was first performed in 1923 with Edith Sitwell herself reciting or intoning (but not singing) her poems to an orchestral accompaniment. Wilfred Mellers and Rupert Hildyard have argued that the Englishness of Sitwell’s and Walton’s Façade is produced through articulating a historically specific, anti-bourgeois nostalgia for a lost Edwardian golden age.16 It evoked the disappearing world of popular seaside entertainment in the late Victorian and Edwardian period which Edith Sitwell remembered from childhood stays in her family’s seaside holiday home in Scarborough.17 The poem Tango Pasodoble seems to refer to these holidays. It begins:
15 Lynn Garafola notes that while many members of the Bloomsbury Group had enjoyed performances by the Ballets Russes before the 1914-18 war, it was after the war that they became particularly enthusiastic about the company’s work: “What delighted Bloomsbury, above all, was the visual modernism of the troupe’s newest productions. For the first time, Diaghilev used his proscenium to frame genuine works of art; he turned the stage into a magnificent art gallery serving the artists Bloomsbury had championed for a decade.” (Lynn Garafola: Diaghilev’s Ballets Russes, New York/Oxford: Oxford University Press 1989, p. 336.). 16 See Wilfred Mellers/Rupert Hildyard: The Cultural and Social Setting, in: Boris Ford (ed.): The Cambridge Cultural History: Vol. 8, Early Twentieth Century, Cambridge: Cambridge University Press 1995, pp. 2-24. 17 See Edith Sitwell: Façade: With an Interpretation by Pamela Hunter, London: Duckworth 1987. 176
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“When Don Pasquito arrived at the seaside Where the donkey’s hide tide brayed, he Saw the banditto Jo in a black cape Whose slack shape waved like the sea.”18
Frank Howes notes that Walton’s setting of this poem includes musical references to the popular song I do like to be beside the seaside.19 The ballet Façade received its premier as part of a Camargo Society programme on 26th April 1931 at the Cambridge Theatre in London. It was set to an orchestral suite of Walton’s music performed on its own without the poems. It was danced by Lopokova together with Ashton, Alicia Markova and some dancers on loan to the Camargo Society from Marie Rambert’s Ballet Club. Rambert immediately bought the décor and costumes and it was first danced at the Mercury Theatre by her company a few weeks later.20 It consisted of seven numbers:
• • • • • • •
Scotch Rhapsody – pas de trios: Prudence Hyman, Maud Lloyd, Antony Tudor. Yodelling Song – a milking scene à quatre: Lydia Lopokova, Frederick Ashton, William Chappell, Walter Gore. Polka – solo en pointes: Alicia Markova. Valse – à quatre danseuses: Pearl Argyle, Diana Gould, Lloyd and Hyman. Popular Song – à deux hommes: Chappell, and Gore. Tango Pasodoble – à deux: Ashton, and Lopokova. Finale, Tarantella Sevillana – ensemble: the company.
18 Ibid., p. 8. 19 See Frank Howes: The Music of William Walton, Oxford: Oxford University Press 1965, p. 16. 20 Angela Kane and Jane Pritchard have tracked the details of this transaction in the minutes of meetings of Camargo Society committees. On 19th March 1931 Rambert offered to pay three quarters of the design costs for the ballet. This was while the ballet was still being created. On 30th April, three days after its first performance, she paid £25 ’for hire not ownership‘. Then on 2nd June, because performances of Façade at the Lyric Theatre were deemed to be a commercial undertaking, she was asked to pay a fifteen shillings fee per performance. The society was evidently hard up, and not perhaps on particularly friendly terms with Rambert. It also suggests that while, as I shall show, most of the ballet critics either ignored or discounted Façade, Rambert recognised its value from the start. See: A. Kane/J. Pritchard: The Camargo Society Part 1, pp. 63f. 177
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There were several reviews of this programme. The Daily Mail thought Façade was “full of parody and fun”,21 The Daily Sketch found it “full of quaint humour.”22 The Daily Telegraph did not mention Façade at all but judged that there was a wealth of native talent: “Altogether it is evident that we have the dancers, the choreographer (Frederick Ashton is a pillar of strength) and the musicians for an indigenous theatre of dance.”23 The subtext here is the fact that, up until then, there had not been an English ballet tradition as such. The Times reviewer mildly approved of Façade, observing that the ballet took nothing from Sitwell’s poems but admirably translated the spirit of the music. Stating that the Yodelling Song, the Polka and the Tango Pasodoble were particularly successful, it ended by remarking: “One doubt arises. If the Ballet is going to laugh at itself so freely, it must take care in future not to laugh in the wrong place.”24 The reviewer, like the Earl of Shaftesbury 200 years earlier, evidently believed that humour must accord with taste. The Manchester Guardian considered Façade to be the principal novelty of the evening and particularly appreciated Lopokova’s performance in the Tango Pasodoble. “No other dancer has ever been able to assume for comic ends an expression quite so vacant, like a doll in a dream, and to belie it so richly by the subtlety of her dancing.”25 This exemplifies the kind of modern irony I discussed earlier. As I have already noted, Façade is full of humorous reference to foreignness. The décor designed by the modernist English painter John Armstrong included a Swiss chalet with a Dutch door. Like the décor, the ballet had a faux-naïve exoticism. There was an Alpine yodelling song and a Scotch (not Scottish) Rhapsody. Two of Sitwell’s titles mixed countries up: the Tarantella Sevillana and the Tango Pasodoble. A Tarantella is Sicilian rather than from Seville, and while the tango is from Argentina, a pasodoble is a march at a Spanish bull fight. Sitwell was playing with the idea that the English upper middle classes liked to feign ignorance about anything foreign. Ashton had learnt the tango while living in Lima as a child and young man. In the Tango Pasodoble, he portrayed an oily ’dago‘ who is a professional dancer. ’Dago‘ was a pejorative term, now largely defunct, for someone of Italian or Mediterranean appearance. Dorothy L. Sayers’s 1932 detective novel Have His Carcase26, one of her series about Lord Peter Wimsey
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The Daily Mail, 27.04.1931, p. 9. The Daily Sketch, 27.04.1931, p. 3. The Daily Telegraph, 27.04.1931, p. 8. The Times, 27.04.1931, p. 10. The Manchester Guardian, 27.04.1931, p. 13. No review of the ballet appeared in The Daily Express, The Observer or The Listener. 26 Dorothy L. Sayers: Have His Carcase, London: New English Library 1932. 178
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and his fiancée Harriet Vane, includes the following description of a professional dancer at a provincial seaside hotel: “Miss Harriet Vane, in a claret-coloured frock, swayed round the dance-lounge of the Hotel Resplendent in the arms of Mr Antoine, the fair-haired gigolo. ’I’m afraid I am not a very good dancer‘, she remarked, apologetically. Mr Antoine, who was rather surprisingly, neither Jew nor South-American dago, nor Central European mongrel but French, clasped her a very little more firmly in his competent professional arm.”27
It is not exactly clear whose xenophobic, anti-Semitic prejudices are being voiced here – those of Vane, the author, or those of upper middle class English society between the wars, but gigolos were clearly objects of distaste even if Mr Antoine was meant to be less objectionable than most. I like to think they may have been dancing a tango, because Harriet Vane enjoys the firm but open way in which he is leading her. Belinda Quirey explains the English social dance context for this: “In the 1920s the change to a totally new deportment and style [of social dancing] left many middle-aged men in the world of the waltz, and unwilling to learn new tricks. Many of their middle-aged wives, on the other hand, had taken to the new style. There was therefore a demand for good partners and this was supplied by many professionals. As a rule these were very pleasant men and nearly all the ones I knew I liked very much. But to the normal English male they were simply gigolos. ’Damn dagos‘, was the usual condemnation.”28
There is a complicated in-joke involved in the Tango Pasodoble: Ashton as an Englishman (though born and brought up in Peru) impersonates a dago, and Lopokova, Russian (but married into the English upper middle class), impersonates an English debutante. A debutante was a young upper class woman being introduced into London’s elite social circles for the first time. The key event of the ’London Season‘ was a Royal ball at Buckingham Palace during which all that year’s debutantes were presented to the monarch.29 Façade’s debutante was awkwardly naïve and dressed in a comically ill-fitting ball gown made of cheap, tasteless materials. Audiences at the time would have interpreted this lack of taste as a sign that she wasn’t quite one of their class. Alicia Markova, who danced the Polka in the original production but subsequently also took over the debutante’s role, later remembered:
27 Ibid., p. 83. 28 Belinda Quirey: May I Have The Pleasure, The Story Of Popular Dance, London: Dance Books 1976, p. 87. 29 The practice lasted until 1958. 179
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“The whole thing between Sir Fred and the debutante was almost as if he didn’t wish to touch her. The debutante is naïve; everything he tries to teach her goes wrong. There were roars of laughter all the way through. Just as she thinks she is getting the rhythm of the walk across in front of him, he tips her over in the air. With a fast lift, where he whirls her round on the ground and they come face to face, again there were roars of laughter.”30
As the Manchester Guardian’s critic had recognised, a dancer requires a high level of technical skill and performance experience in order to convincingly appear to be a bad performer. For the audience, such good bad performance demands split levels of appreciation, one straightforward, the other ironic and humorous. Because performance of the tango involves a degree of detachment, Façade asked the viewer to appreciate the Tango Pasodoble in a detached, ironic way. One can detect this disinterested quality within the piece’s dramaturgy as Markova describes it. The dago doesn’t want to have anything to do with the debutante, while she is surprised by what he does, just as Savigliano notes that, in the tango, each partner’s improvised steps surprises the other. Ashton’s humour in the Tango Pasodoble had two targets. Rather than laughing at social dancing in general, one target was those who were naïve and incompetent at it. This joke was shared by those who were knowledgeable and enjoyed dancing. Their laughter created a bond with fellow audience members and performers who were passionate about the tango. This was, nevertheless, a bond between members of a particular fraction of the English upper-middle class. The other target, as I have already pointed out, were foreigners, but its witty attack on them was complicated by questions about manliness. On the one hand Englishness seemed to be identified with the normal and unremarkable by presenting foreign dancing as exaggerated, colourful and remarkable. But, in the Tango Pasodoble, this insular worldview seemed to be upended with the South American born English dancer cast as a foreigner and the Russian ballerina cast as a young English girl. The dominant masculine role of the male tango dancer, particularly that famously exemplified by Rudolf Valentino in The Four Horsemen of the Apocalypse31, is in line 30 Alicia Markova quoted in: Stephanie Jordan/David Vaughan/Lesley Collier et al.: Ashton Dancers Across the Generations: transcript of a panel discussion during the conference on the choreographer Sir Frederick Ashton and his work, attended by Lesley Collier, Beryl Grey, Alicia Markova, Merle Park and David Wall, chairs: Stephanie Jordan, David Vaughan, in: Stephanie Jordan/Andrée Grau (eds.): Following Sir Fred’s Steps, London: Dance Books 1996, pp. 170182. 31 The Four Horsemen of the Apocalypse, directed by Rex Ingram, starring Rudolph Valentino, Pomeroy Cannon, Josef Swickard et al., USA: Metro Pictures Corporation 1921. 180
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with normative ideals of manliness. Read in an English context, however, this gender performance appears to be foreign. Because this foreignness is a source of amusement, the Tango Pasodoble brought into play an ironic distance that excused English men for failing to live up to what the piece suggested were, after all, unattainable, manly ideals.
Outside In The film Outside In was made over sixty years later in 1994 as a joint commission from the Arts Council of Great Britain and the BBC, and was first broadcast early in 1994. It was therefore made at a time when CandoCo Dance Company, founded in 1991, was still little known. The film, which won a number of awards, helped introduce the company’s work to national and international audiences. CandoCo was founded by Celeste Dandeker and Adam Benjamin. Dandeker had been a dancer with the London Contemporary Dance Theatre. In 1973, at the age of 22, she suffered a catastrophic accident on stage during a performance which broke her neck and confined her to a wheelchair. She still remained close to the dance world and to the company to which she had belonged. In 1990, Darshan Singh Buller, who had joined London Contemporary Dance Theatre in the 1970s as a dancer and subsequently choreographed pieces for them, persuaded Dandeker to dance again, from her wheelchair, for a ten minute dance film called The Fall32, made for the BBC. This is a powerful piece that evokes strong emotions through the pathos of Dandeker’s determination to push herself to her limits in her desire to dance, revealing in the process the physical restrictions of her disabilities. Adam Benjamin had recently completed a degree in dance and was particularly interested in working with groups of adults in amateur, community contexts. After seeing The Fall, he had the idea of developing workshops where able and disabled participants would dance together using movement forms derived from contact improvisation. As he recounts in his 2001 book Making an Entrance33, he contacted her about working together, but she was initially sceptical. After a month of visits, he bullied her, as he puts it, into joining him for some small-scale exploratory classes, which were held at a rehabilitation centre in North London for people with spinal injuries. Whereas there was a well established tradition of paraplegic sport, Dandeker became interested in developing more subtle, aesthetic forms of physical expression 32 The Fall, directed by Darshan Singh Bhuller and Celeste Dandeker, choreographed by Darshan Singh Bhuller, starring Darshan Singh Bhuller, Celeste Dandeker, Michael Fulwell et al., Great Britain: Singh Production/BBC Television/The Arts Council of Great Britain 1990. 33 Adam Benjamin: Making an Entrance: Theory and Practice for Disabled and Non-Disabled Dancers, London: Routledge 2002. 181
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with wheelchair users. When Dandeker and Benjamin subsequently decided to found CandoCo, they were not aware of any similar contemporary dance company. In May 1992, CandoCo ran a two-week workshop in Leeds, in the North of England, which culminated in a performance by ten dancers who came from both Leeds and London and consisted of five able dancers and five wheel chair users. David Toole was one of the latter. At the time, he had been working for the Post Office in a Leeds sorting centre, and was reluctantly persuaded by a former teacher to take time off work and participate. As he told a journalist: “Dancing for me meant formation wheelchair dancing, which, at school, we thought was for sissies.”34 ’Sissy‘ is a pejorative term for an effeminate person. Underlying Toole’s dislike of formation dancing is surely the idea that dancing itself is somehow not manly. By implication, however, Toole must think that his dancing with CandoCo does measure up to socially acceptable gender norms, a point I will return to shortly. As Dandeker has acknowledged, the able dancers in CandoCo recognised that they would inevitably receive less attention than their wheelchair-using colleagues. Many of the early newspaper reviews single out Toole for special attention, calling him the company’s star. Whereas the other wheelchair users in the company had disabilities caused by injuries, Toole had no injuries and had acquired considerable freedom of movement. In order to be more independent, he had developed the ability to move around on his hands and had taught himself to manage everyday tasks on his own. For example, he had practiced stretching up in order to reach light switches. The choreographers who made work for CandoCo found inventive ways of making use of Toole’s physical potential, so much so that after a few years he began to suffer stress injuries. As well as these physical skills, Toole has a very strong presence on stage. In this context it is useful to compare him with the German performance artist and writer Raimund Hoghe, who also has a strong stage presence. Hoghe has what he calls a ’special body‘, because his spine has grown with a lateral curve so that one shoulder is higher than the other. Both Hoghe and Toole must have always known people looking at their bodies. I think both have discovered that being on stage allows them to project their presence and take control of the way we, in the audience, look at them looking back at us. Whereas Hoghe, however, sometimes briefly reveals his bare back to the audience during pieces, and, indeed, is briefly naked during his recent version of Swan Lake, Toole seems to outstare audiences in a challenging way rather than satisfying any curiosity they may have about his body. The result is that he, like 34 David Toole quoted in: Peter Stanford: Wheeler-dealers of the dance floor, Sunday Times, 19.11.2005, Section 2, p. 5. 182
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Hoghe, redirects the audience’s curiosity about his body as an object towards himself as a person, and this leads to a recognition of how the world appears from the point of view of someone with disabilities. Toole has often seemed more interested in performing in works that have a dramaturgical framework rather than ones made up of more abstract dance material, and has gone on to perform in Lloyd Newson’s company DV8. Toole’s earlier performances with CandoCo and his more recent work with DV8 are both distinctly modern in the way he not only performs, but lets us in the audience know that he knows we are looking at him performing. Compared with the bleak humour of pieces like Newson’s Cost of Living from 2003, Outside In, which was made ten years earlier, has a much lighter, more innocent ambience. The latter was made at a time when CandoCo were still discovering that their work had the power to change people’s attitudes towards disability. The tango section juxtaposes images that suggest equality between able dancers and wheelchair users. Thus Toole moves on his hands over a floor chart indicating the foot movements for a dance, while Helen Baggett dances over paint traces that had previously been left on the floor by wheelchair tyres. The music of a tango begins and Toole improvises his own way of moving through the printed steps on the chart, picking out the rhythm in various parts of his body. There is then a formation wheelchair dance with the men and women on separate sides advancing and retreating from one another. Toole and Smith break out of this to dance together. The section ends with a decrease in tempo and softer lighting for two same sex duets, Bagget dancing with Dandeker, and Culdip Singh-Barmi with Jon French. While these male male and female female duets disturb assumptions of heterosexist normativity in a liberal way, they also perhaps perform the artistic task of counterbalancing the strongly heterosexual quality of Smith and Toole’s duet. The word ’innocent‘ is not perhaps an entirely appropriate term to describe this duet. Smith begins by throwing herself seductively across Toole’s lap and acting out the role of a femme fatale. The forceful way in which she later sits astride his wheelchair with her legs wide apart recalls Marlene Dietrich in a famous image from the film Der blaue Engel35. When Smith rolls onto the sandy floor, Toole jumps onto her back, to dance with her. Placing their hands on top of each other’s, one after the other on stressed beats in the music, recalls the deft, linear interplay and interpenetration of kicks in the conventional, able dancer’s tango. I see this as a variation of what Savigliano calls a “doing and undoing of mutual provocations”36. As they do 35 Der blaue Engel, directed by Josef von Sternberg, written by Robert Liebmann and Karl Vollmoeller, starring Emil Jannings, Marlene Dietrich, Kurt Gerron et al., Germany: UFA 1930. 36 M. E. Savigliano: From Wallflowers to Femmes Fatales: Tango and the Performance of Passionate Femininity, p. 104. 183
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this, Smith and Toole spontaneously break into smiles. They are restaging for the camera the moment when they first surprised one another by coming up with these movements in rehearsal. The tango, I have been arguing, is a dance that generates opportunities for such surprises. As they smile on film, however, they are, I suggest, showing their pleasure at the subversive effect their duet is creating. I have already noted that Toole thought formation wheelchair dancing was for sissies, and have heard that other dancers in CandoCo also look down on it. The fact that he is performing a tango allows him to enhance his performance of masculinity by association with what has become, in Europe and the United States at least, a stereotypically macho dance image. By breaking out of the formation wheelchair dance and then abandoning his wheelchair to create a freer and more intimate dance with Smith on the floor, he challenges stereotypical ideas that infantilise people with disabilities. Smith and Toole’s pleasure as they dance signifies heterosexual desire.
A preposterous comparison I have examined a recent piece which exists on video and for which there is a wealth of available background information but little scholarly discussion. My discussion of the earlier ballet, however, depends on a much more limited range of primary sources but more scholarly criticism. On a methodological level, it might seem problematic to make a comparison between these two pieces when the kind of information I have been able to draw on in each case is qualitatively so different. The idea of comparing two works from different periods is not intended to function in a Hegelian way. It is not used as a way of deriving a new synthesis from contrasting theses nor of uncovering a transcendental aesthetic spirit progressing through history. Instead, this approach is, in part, inspired by the concept of preposterous history proposed by the art historian Mieke Bal. In her 1999 book Quoting Caravaggio, Bal discusses the way recent quotations from Baroque painting in the work of late 20th century visual arts can help us understand “the cultural processes that integrate the past into the present”37 and allow us to revision the Baroque in new ways. In a similar manner, I suggest, CandoCo’s Outside In opens up possibilities for revising our understanding of the position that the tango occupied within Façade and its relevance for the present. This is therefore a preposterous comparison between a ballet by a canonical choreographer responsible for establishing the choreographic identity of the Royal Ballet, and a film by a contemporary dance company working outside the norms of the institutionalised
37 Mieke Bal: Quoting Caravaggio: Contemporary Art, Preposterous History, Chicago: Chicago University Press 1999, p. 3. 184
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ballet world. It is thus a comparison that deliberately ignores a canonical account of (English) ballet history by blurring the boundaries between mainstream and fringe. It would be a mistake to think that one recognises familiar liberal values within CandoCo’s Outside In, and then criticise Ashton’s Façade for reinforcing xenophobic and classist discourses that were supported through its performance during the 1930s. It is necessary to acknowledge instead the extent to which the dancers and choreographers in each historical example were working within particular social and political contexts. Sue Smith’s role in the tango sequence gave her opportunities to perform in a strong and interesting way. Lopokova’s role, in a very different social context, allowed her to imply that, as Judith Mackrell has shown, she was not as stupid as some people considered her to be. As I noted earlier, there are invariably instances where gaps and inconsistencies open up within dominant ideologies. The Times’ critic, I pointed out, felt compelled to issue a warning about Ballet laughing in the wrong place. This indicates that in 1931 some aspects of Façade troubled social norms rather than confirming them. The critic didn’t elucidate what he meant by ’the wrong place‘, thus appealing in a rhetorical way to common sense notions of good taste so as to warn the Ballet not to infringe these. Humour, however, is too elusive to be susceptible to this kind of censorship. Because it has the potential to make people aware of shared social values, it can often reveal the way such values shift and change before such changes appear in other social registers. Outside In and Tango Pasodoble demonstrate how adept their choreographers have been at using dance to convey these shifts and changes by drawing the beholder’s attention to subtle nuances of performative interpretation. The two areas of social uneasiness that my readings of Façade and Outside In have identified are concerns about dagos and sissies. Ashton deliberately took on a dubious role in Façade when he cast himself as a dago. Toole risked being thought a sissy by the other disabled men he worked with when he first participated in an integrated dance workshop. Rather than embodying a despised other, I have shown that Ashton and Toole troubled and complicated normative gender ideologies through their humorous English translations of the tango’s ironic, modern melancholia. CandoCo deliberately aim to present a performative critique of limited, stereotypical representations of disability. I have focused in particular on the gendered component of such representations, and retrospectively projected this back in time to suggest that Façade can also be read as a kind of performative critique. The aesthetic pleasures that Façade and Outside In offer to their beholders derive from the deft and witty way in which they open up a space in which it becomes possible to think identities differently. 185
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Films Der blaue Engel, directed by Josef von Sternberg, written by Robert Liebmann and Karl Vollmoeller, starring Emil Jannings, Marlene Dietrich, Kurt Gerron et al., Germany: UFA 1930. The Fall, directed by Darshan Singh Bhuller and Celeste Dandeker, choreographed by Darshan Singh Bhuller, starring Darshan Singh Bhuller, Celeste Dandeker, Michael Fulwell et al., Great Britain: Singh Production/BBC Television/The Arts Council of Great Britain 1990. The Four Horsemen of the Apocalypse, directed by Rex Ingram, starring Rudolph Valentino, Pomeroy Cannon, Josef Swickard et al., USA: Metro Pictures Corporation 1921. Outside In, directed by Margaret Williams, choreographed by Victoria Marks, starring dancers of the CandoCo Dance Company, Great Britain: MJW Productions/BBC Television/The Arts Council of Great Britain 1994.
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Tango und Ideologie: Geschlechterbilder in Ta ngotexten und der ze itge nös sisc he n argentinischen Belletristik 1 DIETER REICHARDT
Prolegomenon Sobald kulturelle Phänomene Objekt wissenschaftlicher Beschäftigung werden, verwandeln sie sich in immer komplexere Rätsel. Ein Psychologe würde keine Definition von Seele versuchen, ganz zu schweigen von Theologie oder Philosophie. Was den Tango anbelangt, beginnen Tangoexperten und -liebhaber seine Rätselhaftigkeit zu begreifen. Anders gesagt, wir vermuten, dass der einzige Zugriff auf pragmatischer Ebene erfolgen kann, während die Wahrnehmung seiner Essenz, die einige Auserwählte – Tänzer oder nicht – zu verspüren meinen, persönliche Glaubenssache bleibt und von internationalen Konjunkturen und deren Widerhall in ihren Ursprungsländern abhängig ist. Wenn wir eines der bekanntesten Gedichte El tango2 von Jorge Luis Borges lesen, dessen Titel das Objekt unserer Forscherneugier bezeichnet, müssen wir annehmen, dass es sich beim Tango zuvörderst um eine Aktivität handelt, zu deren Ausübung ein anständiges Messer und beträchtliche Gelüste, dem Nächsten damit ein Leid zuzufügen, gehören:
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Der Artikel basiert streckenweise auf einem Aufsatz von Dieter Reichardt: La purificación del tango: Tangos, por Enrique González Tuñón, in: Rössner, Michael (Hg.), ¡Bailá! ¡Vení! ¡Volá! El fenómeno tanguero y la literatura, Frankfurt a.M.: Vervuert 2000, S. 157-174. Jorge Luis Borges: Obras completas, Buenos Aires: Emecé 1974, S. 888. 189
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„El tango ¿Dónde estarán? pregunta la elegía – De quienes ya no son, como si hubiera Una región en que el Ayer pudiera Ser el Hoy, el Aún y el Todavía. ¿Dónde estará (repito) el malevaje Que fundó en polvorientos callejones De tierra o en perdidas poblaciones La secta del cuchillo y del coraje [...].“3 (Wo sind sie geblieben? fragt die Elegie – Derjenigen, die nicht mehr sind, als gäbe es Eine Region, in der das Gestern das Heute Sein könnte, das Jedoch und das Noch immer. Wo sind sie geblieben (wiederhole ich) die Halunken, Die in staubfinsteren, ungepflasterten Gassen Oder in gottverlassenen Ortschaften Die Sekte der Messerhelden gründeten.)4
Wenn wir die semantische Isotopie armas blancas (Stichwaffen) in den 60 Elfsilblern der gesamten Komposition in Augenschein nehmen, finden wir die folgenden Sememe: „cuchillo“ (Messer), „acuchillaron“ (erstachen), „cuchillo de Palermo“ (Messerheld von Palermo), „puñales“ (Dolche), „soberbios cuchilleros“ (stolze Messerhelden), „daga silenciosa“ (stiller Degen), „esa otra daga“, „un puñal y una guitarra“. Das zweite semantische Feld könnte man überschreiben mit muerte y transfiguración (Tod und Verwandlung). Es besteht aus „elegía“, „epopeya“, „leyenda“, „fábula“, „postrera brasa“ (letzte Glut), „yermo“ (Ödland), „otro mundo‘“, „sombra oscura“, „fatal“, „mató“, „muertes“, „mitología“, „se anula“, „olvido“, „canción de gesta“ (Heldenepos), „brasa“, „ceniza“, „silenciosa“, „más allá“, „aciaga muerte“ (unheilvoller Tod), „muertos“, „amarilla rueda“, „contra el olvido“, „lo perdido“, „polvo“ (hier: Staub), „pasado irreal“, „haber muerto“. Das dritte Feld agresividad, criminalidad kommt zum Ausdruck in Begriffen wie: „malevaje“, „coraje“, [sin] „odio“, „chusma valerosa“ (tapferes Gesindel), „dura sombra“, „mató a su hermano“, „soberbios cuchilleros“. Im Endergebnis finden wir also in dem Borges-Gedicht ein ideologisches Konstrukt von Heroismus, Männlichkeit und Gewalttätigkeit, aber keine Spur von: „Hembras con las ancas nerviosas, un poquitito de espuma en las axilas, 3 4
Ebd. Borges schrieb das Gedicht, das mit zu seinen bekanntesten gehört, 1958, und es erschien 1964 in El otro, el mismo. Diese sowie alle folgenden Übersetzungen durch Verf.
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y los ojos demasiado aceitados“5 (Frauen mit nervöser Kruppe, ein klein bisschen Schaum in den Achseln und mit allzu stark geölten Augen), wie es in dem Prosagedicht Milonga6 von Oliverio Girondo aus dem Jahr 1921 heißt. Ebenso wenig ist es wahrscheinlich, dass wir im immensen Gesamtwerk von Borges einen Tunichtgut finden, der auf einer Chaiselongue ausgestreckt sich am Zigarettenrauch berauscht und eine „gewissenhafte und galante“ Geliebte („solícita y galante“) erwartet.7 Um einen weiteren Markierungspunkt am Horizont der argentinischen Belletristik zu setzen, bietet sich das Prosagedicht Tango8 aus dem frühavantgardistischen Band El cencerro de cristal (Die gläserne Viehglocke) von Ricardo Güiraldes an. Der 1911 entstandene Text gestaltet ein Tangobild, das fast identisch ist mit dem von Borges, gut 40 Jahre später – was durchaus als Intertextualität beabsichtigt sein kann. „Tango severo y triste. Tango de amenaza. Tango en que cada nota cae pesada y como a despecho, bajo la mano más bien destinada para abrazar un cabo de cuchillo. [...] Baile que pone vértigos de exaltación en los ánimos que enturbia la bebida. [...] Hembras entregadas, en sumisiones de bestia obediente. Risa complicada de estupro. Aliento de prostíbulo. Ambiente que hiede a china guaranga y a macho en sudor de lucha.“9 (Tango, streng und traurig. Tango der Drohung. Tango, bei dem jeder einzelne Ton gewichtig und wie mit Groll unter der Hand fällt, die dazu bestimmt ist, einen Messerknauf zu umfassen […] Tanz, der die vom Getränk getrübten Gemüter mit erregtem Taumel füllt. […] Hingegebene Frauen, unterwürfig wie gehorsame Tiere. Verworrenes Lachen von Verführung und Schändung. 5
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Oliverio Girondo: Obras completas, Buenos Aires: Sudamericana 1968, S. 65. Diese Milonga ist Teil seiner Prosagedichtesammlung (O. Girondo: Veinte poemas para ser leídos en el tranvía, Argenteuil: Impr. Colouma H. Barthéley 1922). Ebd. Anspielung an den Tango Fumando espero, Audioaufnahmen von Héctor Varela, Columbia Label 1955 und Carlos Di Sarli, Victor Label 1956. Ricardo Güiraldes: Obras completas, Buenos Aires: Emecé 1962, S. 63. Ebd. 191
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Bordellatem. Ambiente, das nach vulgärer Mestizin und Kerl stinkt, der kämpfend ins Schwitzen geriet.)
Die jungen Damen der unteren clase media, die auf dem Piano um 1900 die Tangos von Anselmo Mendizábal, Ángel Villoldo usw. üben und auch tanzen, werden in dem Text von Güiraldes ausgeklammert, in dem der Snobismus des jungen Großgrundbesitzers nicht zu übersehen ist. Als Dokument ist der Text des nachgewiesenen Tangokenners relevant, da er im Unterschied zum Borges-Gedicht die Sexualität hervorhebt und aus der Sicht der männlichen Aggressivität beurteilt. In dieser bordellnahen Tangowelt ist die Frau ein minderwertiges Wesen, das sich zu unterwerfen hat. Wir finden also hier ein einschlägiges Beispiel für das weite Feld der „erótica hispánica“10, die Carmen Martín Gaite in der spanischsprachigen Literatur vergangener Jahrhunderte und der Gegenwart untersucht hat.11 Sie gelangt zu dem Ergebnis, dass sich die überwiegende Auffassung von sexueller Beziehung als combate (Kampf) manifestiere, was sich bis in die linguistische Mikrostruktur niederschlage. In keinem der von ihr analysierten literarischen Zeugnisse „[...] scheint eine wirkliche Aufmerksamkeit der Frau gegenüber hindurch als einem Subjekt, das der Liebe und der Ehrungen würdig ist, sondern [sie erscheint] als Objekt, als Münze, die in einem Spiel gewonnen wurde, als Stück, das man einfordert, als Festung, die einzunehmen ist.“ („[…] se trasluce una atención real hacia la mujer como sujeto digno de amor o de homenajes, sino como objeto, moneda ganada en el juego, pieza a cobrar, fortaleza a rendir.“12)
Ohne auf den von José Sebastián Tallón13 vermuteten tango de las hermanas kritisch einzugehen, wenn auch in gewisser Nachbarschaft zu ihm, wage ich die Hypothese, dass die Ausprägung eines tango macho, um den Metadiskurs der zitierten Texte von Borges und Güiraldes zu benennen, ein Ideologie stiftendes Konstrukt ist, das dem Tango in den ersten Jahrzehnten seiner Existenz nicht adäquat ist; sondern dass dieser eine komplexere Realität konstruiert, die weitere Ingredienzien beinhaltet, insbesondere die aktivere Rolle der Frau,
10 Norbert Rehrmann: Literatur(geschichte) als Landeskunde: Das Beispiel der erótica hispánica, in: Hispanorama, 74 (1996), S. 67-76. 11 Carmen Martín Gaite: Usos amorosos del dieciocho en España, Barcelona: Anagrama 1991; dies.: Usos amorosos de la postguerra española, Barcelona: Anagrama 1994. 12 C.M. Gaite: Usos amorosos del dieciocho en España, S. 223. 13 José Sebastián Tallón: El tango en sus etapas de música prohibida, 2. Aufl., Buenos Aires: Instituto Amigos del Libro Argentino 1964. 192
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dass aber dieses Ingredienz zugunsten unanfechtbarer männlicher Dominanz verfälscht, verdreht oder unterdrückt wurde. Das bedeutet sicher nicht, dass der Tango frauenemanzipatorische Intentionen beinhaltet. Das wäre ebenso eine Verfälschung wie seine Uminterpretation zum sozialen Protestsong. Es geht mir hier um die Spurensuche nach einer Aussagevielfalt, die zunehmend zugunsten gewisser Stereotypen reduziert worden ist, die das Bild der Tango-Aussage bis heute bestimmen. Ich stütze mich dabei auf diverse Indizien wie etwa die umfangreiche TangoDiskographie von Carlos Gardel (besonders vor der Fresedo-Phase, also vor 1930, als er gelegentlich mit dessen Orchester zusammenarbeitete), die gegenüber der relativ geringen Anzahl unterschiedlicher Tangos, die etwa von Julio Sosa, Edmundo Rivero, Roberto Goyeneche aufgenommen worden sind, heraussticht. Anzuführen wäre auch die Vielzahl populärer Sängerinnen in den 1920er Jahren oder die graphische und motivische Vielfalt, die die Titelseiten der Tangopartituren bis etwa 1930 bieten, während danach fast nur noch das Konterfei des Sängers, der den Tango öffentlich zum ersten Mal vorgetragen hat, als buen mozo erscheint.
T a n g o s vo n E n r i q u e G o n z á l e z T u ñ ó n Zum Zweck einer detaillierten Begründung der Arbeitshypothese wende ich mich einem Dokument zu, das meines Erachtens verdeutlicht, wie die ideologische Umdeutung oder semiotische Verschiebung von der Komplexität zur Machodominanz erfolgte. Es handelt sich um das 1926 erschienene Buch Tangos14 von Enrique González Tuñón, der seither als „erster gebildeter Exeget unserer städtischen Musik“ („el primer exegeta culto de nuestra música ciudadana“15) gewürdigt wird. In erster Hinsicht bezeugt das Werk die Wahrnehmung des Phänomens Tango durch einen Schriftsteller, der nicht dem Lager der Tangogegner angehört, die sich aus dem Establishment und der traditionellen Linken rekrutieren. Wenn überhaupt, ist er in der Nähe der Avantgardisten um die Zeitschriften Proa und Martín Fierro zu lokalisieren. Von dieser Gruppierung wurde,
14 Enrique González Tuñón: Tangos, Buenos Aires: Manuel Gleizer 1926. 15 Francisco Herrera zit. in: Pedro Orgambide/Roberto Yahni (Hg.): Enciclopedia de la literatura argentina, Buenos Aires: Sudamericana 1970, S. 289. Es ist nicht die erste Publikation von Enrique González Tuñón (1901-1943), vorher hatte er ein Theaterstück Perros sin dueño (1920) veröffentlicht. Er war von Jugend an im Journalismus tätig. Weitere Informationen bei: Dieter Reichardt: Enrique González Tuñón: ’El tirano‘ (1932). Ein unbekannter Diktatorenroman, in: José María López de Abiada/Titus Heydenreich (Hg.): Homenaje a Gustav Siebenmann, München: Fink 1983, S. 749-761. 193
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wenn auch mit unterschiedlichen Akzenten und Interessen, dem Tango ein gewisses Wohlwollen entgegengebracht. González Tuñóns Buch wurde von Manuel Gleizer verlegt, dem wohl engagiertesten Verleger aktueller argentinischer Literatur. Zwischen 1920 und 1935, als er – auch wegen dieses Engagements – bankrott ging, publizierte er in ansprechend aufgemachten Ausgaben mehrere Hunderte von Buchtiteln zumeist jüngerer Autoren, die auf irgendeine Weise in Opposition zum kulturellen Establishment – Leopoldo Lugones, Manuel Gálvez, Enrique Larreta, der Kulturzeitschrift Nosotros, der Tageszeitung La Nación – standen. Tuñóns Buch besteht aus einem Prolog des damals sehr populären Journalisten Last Reason, alias Carlos de la Púa (Karl von der Zinke) oder El Malevo Muñoz und 21 Erzählungen, deren Titel – mit vier Ausnahmen – auf gleichnamige Tangolieder verweisen. Das heißt, die Erzählungen geben sich als glosas aus, wie die Bezeichnung für die im damaligen Radio beliebten Tangokommentare lautete, wobei glosa ohne Konnotation von Spott in dem Wörterbuch Real Academia Española als „Auslegung eines dunklen oder schwer verständlichen Textes“16 definiert wird. Im Folgenden werde ich einige dieser Erzählungen beleuchten, in denen sich sinnfällige Abweichungen gegenüber den jeweiligen Tangotexten, die der Erstausgabe noch nicht vorangestellt sind, wahrnehmen lassen, wobei ich behaupte, dass die nicht behandelten Texte kaum unterschiedliche Nuancen aufweisen. Um die Terminologie der Untersuchung abzuklären, nenne ich mit Gérard Genette das Signifikat bzw. den dargestellten Inhalt „Geschichte“. Für den Signifikanten, d. h. die eigentliche Erzählung verwende ich „narrativen Diskurs“17 und für die produzierenden Instanzen oder Stimmen belasse ich es bei Erzähler und Autor, auch wenn sich das alles narratologisch tüchtig verkomplizieren lässt. Für die einzelnen Erzählungen des Bandes benutze ich den spanischen Terminus „cuento“.
El brujo (Der Hexenmeister) El brujo ist in Tuñóns Buch die zweite Erzählung, aber die erste, deren Titel auf einen Tangotext verweist. Schon bei erster Lektüre bemerkt man, dass der Tango und die Erzählung kein thematisches Element gemein haben, so dass der Verdacht auftaucht, dass der Tango durch die Erzählung entweder negiert oder neutralisierend umgedeutet wird, indem der Tangotitel benutzt, aber sein Inhalt verworfen wird.
16 Pedro Orgambide/Roberto Yahni (Hg.): Enciclopedia de la literatura argentina, Buenos Aires: Sudamericana 1970. 17 Vgl. Gérard Genette: Die Erzählung, 2. Aufl., München: Fink 1998, S. 15ff. 194
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Die Geschichte des Cuento El brujo beinhaltet einen Eifersuchtsdoppelmord und einen Totschlag, mehr oder weniger aus Notwehr: Don Julián López, ein „ernster und respektabler“ Mann („serio y respetable“18), der den Beinamen El brujo wegen „seines Mutes und seiner Kaltblütigkeit“ („por su coraje y sangre fría“19) erhalten hatte, tötet mit einem einzigen Dolchstoß seine Lebensgefährtin sowie einen verräterischen Freund, als er sie beim Küssen erwischt: „suspendía [ella] un beso en los labios de ese amigo íntimo, protagonista de todas las traiciones“20 (ihr Kuss schwebte auf den Lippen dieses engen Freundes, der zum Protagonisten jeglichen Verrats wird). Die Unwahrscheinlichkeit, mit einem einzigen Messerstoß – „le bastó un sólo [sic] entierro é faca pa vengar su honor“21 (es genügte ihm ein einziges Begräbnis seines Gauchomessers, um seine Ehre zu rächen) – zwei Personen auf einmal zu töten, mögen sie auch noch so eng umschlugen sein, hat die Funktion, eine tadellos hygienische Szene zu suggerieren, anstelle der eher wahrscheinlichen Metzelei mit Blut und Geschrei. Nun ist aus der Liebesbeziehung zwischen Julián López und der anonymen, jetzt ermordeten Lebensgefährtin eine Tochter hervorgegangen, María Rosario, die der Obhut einer älteren Frau übergeben wird, während es dem Vater gelingt, der Polizei zu entkommen. Die ihrem Vater gegenüber gehorsame und ehrerbietige Tochter verliebt sich in einen Jüngling, der schon verschiedene Diebstähle und Überfälle begangen hat. Als der Vater von der Liebschaft erfährt, ordnet er an, dass sich der junge Mann vorstellt. Ihren sofort eskalierenden Konflikt lösen sie im Duell, bei dem der Jüngere getötet wird. Dieser hatte den Vater mit den Worten herausgefordert: „Brujo [...] te v’y a ser saltar p’arriba como un sapo [...]“22 (Brujo, [...] ich werde dich zur Decke springen lassen wie einen Frosch [...]). Damit das Mädchen (oder der Leser) nicht allzu bekümmert sind, wird angegeben, dass der junge Übeltäter bereits eine Lebensgefährtin und ein Kind besaß. Der gleich betitelte Tangotext stimmt nirgendwo mit der Geschichte des Cuento überein, in dem auch weder ein ironisches noch ein parodistisches Element erkennbar ist. Da keine Verurteilung des zumindest wegen dreifachen Totschlags zu belangenden Protagonisten vorgenommen wird, bleibt fast ausschließlich eine Apologie der Waffengewalt als Geschichtsessenz übrig. Diese mag man dann entweder auf die berühmte Rede des Don Quijote über
18 E. González Tuñón: Tangos, Buenos Aires: Borocaba 1953, S. 28. Im Folgenden wird nach dieser Ausgabe zitiert, die auch die Tangotexte enthält, im Unterschied zur Erstausgabe von 1926, die auch weniger verbreitet ist. 19 Ebd. 20 Ebd., S. 26. 21 Vgl. ebd. 22 Ebd., S. 33. 195
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den Vorrang der Waffen gegenüber den Geistestätigkeiten oder auf die Tradition der Gauchohelden wie Martín Fierro oder Juan Moreira projizieren. Im Tango taucht sofort eine Frau auf: „una bruja de amor [...] con sus ojos nictálopes llenos / de fuego más fuerte que el fuego del sol“23 (eine Liebeshexe, [...] deren tagblinde Augen voller Feuer sind, das stärker ist als das der Sonne). Das Porträt der hexenhaften „tirana“, in der das Motiv der Femme fatale überdeutlich virulent ist, erstreckt sich über die ersten vier von zehn zehnsilbigen Quartetten. Danach verkehren sich, nahezu in homerischer Intertextualität, die Rollen, und der Hexer triumphiert über die Hexe wie einst Odysseus die Halbgöttin Circe bezwang. Was dem Cuento von González Tuñón fehlt, bietet der Tangotext von Mallarino E. Carrasquilla im Übermaß: Sexualität, Ehrgeiz, Tücke und Verstellungskunst als dominante Elemente einer Mann-Frau-Beziehung, bei der diesmal – wieder – der Mann die Oberhand gewinnt: „Desde entonces no supo la pérfida seguir siendo mi bruja fatal, y mis manos jugaron con ella cual niño con una muñeca banal. Su mirada velé con un velo de una trama sutil y falaz y mis dientes mordieron su carne perfumada, con gesto voraz.“24 (Seither mochte die niederträchtige Hexe nicht weiterhin mein Verhängnis sein und meine Hände spielten mit ihr wie ein Kind mit einer gewöhnlichen Puppe. Ihren Blick trübte ich mit dem Schleier eines Gewebes von trügerischer Subtilität und meine Zähne bissen in ihr duftendes Fleisch mit gefräßiger Gestik.)
Das „Fleisch“ einer Geliebten wird in den Cuentos von González Tuñón niemals als „duftend“ qualifiziert und niemand beißt expressis verbis „mit seinen
23 Ebd. 24 E. Gonzales Tuñón: Tangos, S. 24. Die in dieser Arbeit zitierten Tangotexte werden in der Ausgabe von 1953 den Cuentos vorangestellt. Nach den Titeln lassen sie sich in verschiedenen Anthologien nachweisen, u. a. in Jorge Sareli: El libro mayor del tango, México, D. F.: Diana 1974. Dieser Tango bekam laut Angaben auf der LP: de Vida y obra de Carlos Gardel, Vol. 7, EMI Odeón Argentina, 1970-1984: „la máxima distinción en un concurso de 1925, auspiciado por nuestro sello.“ 196
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Zähnen“ hinein. Noch weniger kommt bei ihm eine Frau vor, die als „Frucht“ das „sensible Fleisch“ ihres Liebhabers würdigt, obwohl der Begriff churrasco als Kosewort in Argentinien nichts Beleidigendes hatte. Die Diskrepanz zwischen der Hervorhebung der Wollust im Tangotext und dem im Cuento implizit verdeutlichten Verbot einer Liebesbeziehung, die nicht auf dauerhafte Bindung hinausläuft, ist offensichtlich. Für eheartige Beziehungen ist bei González Tuñón das folgende, zwar leicht belächelte, dennoch nirgends in Frage gestellte Programm vorgesehen: „Tener una casita, un jardín, un par de gallinas [...] comer el cotidiano pucherete con la humilde media costilla que lo quisiera y se contentara con creer en las delicias de la vida conyugal“ (Cuento Viejo rincón25) (Ein Häuschen haben, einen Garten und ein paar Hühner […] den täglichen Eintopf mit der bescheidenen besseren Hälfte essen, wenn sie es sein will und sich damit begnügt, an die Wonnen des Ehelebens zu glauben).
Por ella (Ihretwegen) Die Figurenkonstellation des Cuento besteht aus einer alten Kupplerin, die in ihrem Bauernhaus ein Waisenmädchen aufgenommen hat („había recogido en su rancho a una chica guacha“ 26) und zwei malevos der Kategorie der tapferen tauras. Einer ist der pibe Barullo, von Beruf Straßenbahnführer. Das Register seiner Straftaten ist eher ehrenhaft: „En su vida maleva, sólo había tenido una compañera: la faca. Con ella dibujó más de un barbijo y afirmó el pasaporte del tuerto López, el batidor, junto al arroyo Maldonado. Guapo legítimo, sabía envainar la bronca y tragar saliva, cuando era necesario.“27 (In seinem Malevodasein hatte er bloß eine Gefährtin gehabt: das Gauchomesser. Mit ihm zeichnete er mehr als einen Kinnriemen und stellte dem einäugigen López, dem Denunzianten, den Reisepass [ins Jenseits] aus, am Ufer des Maldonadobachs. Ein zäher Bursche, von echtem Schrot und Korn, der seine Wut zurückstecken und seine Spucke hinunterschlucken konnte, wenn es denn notwendig war.)
Sein Nebenbuhler, der Chajá, ist eher ein verschlagener Mensch, wie auch sein Spitzname besagt, handelt es sich bei einem chajá doch um eine Schreitvogelart der Pampa, von dem die Bauern behaupten, dass sein Fleisch schau25 E. Gonzales Tuñón: Tangos, S. 74. 26 Ebd., S. 52. 27 Ebd., S. 53. 197
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mig sei. Ein Mensch, der mit ihm gleichgesetzt wird, plustere sich schnell auf, aber es folgten keine Taten, so Tito Saubidet: „Pura espuma como el chajá, dice el paisano de una persona que se sulfura con mucha facilidad y carece de valentía“.28 (Reiner Schaum wie der chajá, sagt der Bauer von einer Person, die mit Leichtigkeit giftig wird, aber der es an Mut mangelt.) Unweigerlich kommt der Moment des Duells, als der Chajá dem Mädchen – „a la china“29, wie sie im Text von den Figuren wie vom (auktorialen) Erzähler genannt wird – ein Halsband schenkt. Barullo gelingt es, den Rivalen zu töten, aber als er bemerkt, dass das Mädchen einen anderen Ausgang des Duells bevorzugt hätte, schneidet er ihr mit dem Messer eine entstellende Wunde ins Gesicht „le marca el rostro de un tajo“30. Er rechtfertigt dies mit den Worten: „Tomá [...] pa que te acordés [...] Hay venganzas que son dulces como un amor retomado. ¡La mía es de esas! [...] Nunca hociqué cuando la vida me cachó de la rienda. Masqué el freno y me desboqué contra la desgracia [...] Aura no me olvidarás, veleta [...]“31 (Da, nimm […] damit du dich erinnerst. Es gibt Racheakte, die so süß sind wie eine wieder entflammte Liebe. Meine Rache ist von dieser Art […] Ich habe mich nie erniedrigt, auch wenn das Leben mir in die Zügel griff. Ich habe auf der Kandare herumgebissen und bin gegen das Unglück losgerannt. Jetzt wirst du mich nie wieder vergessen, du Wetterfahne […])
Der Tangotext kommt ebenfalls zu diesem grausamen Finale: „Dicen que al otro malevo le costó muy caro el duelo y con hondo desconsuelo fué larga pena a cumplir, pero antes a la veleta por falaz y por coqueta pa que siempre se acordara la marcó en forma tan clara que va ostentando en la cara una roja cicatriz.“32
28 Tito Saubidet: Vocabulario y refranero criollo, Buenos Aires: Guillermo Kraft 1952, S. 118. 29 E. Gonzales Tuñón: Tangos, S. 55. 30 Ebd. 31 Ebd. 32 Ebd. S. 50. 198
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(Man sagt, dass den anderen Malevo das Duell sehr teuer kam und in tiefer Betrübnis er eine lange Strafe verbüßte, aber vorher hat er die Wetterfahne wegen ihres Trugs und Koketterie damit sie immer daran denke in aller Deutlichkeit markiert, so dass ihr Gesicht hinfort eine rote Narbe ziert.)
Dennoch gibt es Unterschiede, meines Erachtens grundsätzlicher Art, zwischen Tangotext und Cuento. Während im letzteren der Erzähler (und Autor) für den pibe Barullo Partei ergreifen, indem bereits mit dem Beinamen seine Übergriffe entschuldigt werden, spricht der Tangotext ohne Unterscheidung von zwei „Malevos / die [die Frau] in gleicher Weise liebten“ („que igualmente la querían“ 33). Die größere Grausamkeit ist auf jeden Fall im Cuento festzustellen, denn hier ist das Opfer fast noch ein Mädchen ohne irgendwelche Erfahrungen. Alle, auch ihre Ziehmutter, nennen sie, wenn sie etwas von ihr haben wollen, „mein Töchterlein“, („m’hijita“34). Als ihr Barullo das Collier vom Halse reißt, reagiert sie reflexhaft instinktiv: “Pero la china, con el orgullo de la hembra que se sabe hermosa, se había puesto de pie. – ¡Chajá! – le gritó – ¡Pelialo! Sólo así uno de los dos conquistará mi amor. ¡Pelialo, Barullo!“35 (Aber das Mädchen hatte sich mit dem Stolz des Weibes, das sich seiner Schönheit bewusst ist, aufgerichtet. – Chajá – rief sie ihm zu: Kämpf mit ihm! Nur so wird einer von euch meine Liebe gewinnen. Kämpf mit ihm, Barullo.) Gegenüber dieser weiblichen Gestalt, die eher die Qualifikation einer piba verdient als der malevo Barullo wird im Tango das Bild einer starken und dominanten Frau gestaltet, die an die Romanfigur der Doña Bárbara des Venezolaners Rómulo Gallegos erinnert: „Cuentan que allá por el bajo reinaba entre el malevaje una mujer de un coraje y hermosura sin igual, que era orgullosa, altanera y que a todos despreciaba
33 Ebd. 34 Ebd. 35 Ebd., S. 55. 199
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y por ella se trenzaban los taitas del arrabal.“36 (Man sagt, dass unten beim Hafen in der Halbwelt der Halunken eine Frau regierte, konkurrenzlos in ihrem Mut und ihrer Schönheit, dass sie stolz war und hochmütig und sie alle verschmähte und dass sich ihretwegen alle Raufbolde des Vororts schlugen.)
Das Mädchen von knapp 15 Jahren, das als „china“ (Mestizin, Indianerin, Geliebte eines Gaucho, Frau vom Land, kreolisches Dienstmädchen) die Cuentos González Tuñóns bevölkert, ist niemals eine stolze Heroine, sondern eine Sache, eine Prämie für den streitbarsten Halunken, oder dessen Beute. Wie im nächsten Cuento sichtbar, wird sie in die Kategorie ‚Müll‘ eingeordnet, sobald sie ihren eigenen emotionalen oder sexuellen Bedürfnissen nachgibt.
Entrá nomás (Komm nur rein) Der Text des Tangos Entrá nomás von Francisco Bastardi weist die folgende Figurenkonstellation auf: Eine junge Mutter, die ihre Familie verlässt; ein verräterischer Freund, der „mal amigo“, der sie weder geheiratet hat noch für eine anständige Unterkunft sorgte („dejándote un día/sin nombre ni hogar“37) und ein Mann, der seinen Stolz für das Glück des gemeinsamen Sohnes opfert, wie in der letzten Strophe erklärt wird: „Entrá nomás... no te achiques, si ya estoy casi vengado, pues en tu mismo pecado, la penitencia llevás... Pero de hoy en adelante, si en mi techo te cobijo, serás la madre de mi hijo, pero mi mujer... ¡jamás!“38 (Komm nur rein, sei nicht schüchtern, ist meine Rache doch schon fast gestillt, da du dir mit deiner Sünde selbst 36 Ebd., S. 50. 37 Ebd., S. 56. 38 Ebd. 200
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die Buße auferlegt hast. Aber vom heutigen Tage an: wenn ich dich in meinem Haus aufnehme, wirst du die Mutter meines Sohnes sein, aber meine Frau – niemals.)
Im Cuento von González Tuñón werden die moralischen Unterschiede hervorgehoben. Dem integren, gutherzigen Mann, der ebenso tapfer wie zärtlich ist, („taura macho y tierno“ 39), steht eine unreife Frau gegenüber, die sein Negativbild darstellt, eine ‚Wetterfahne‘, von der ein Handlungszeuge in der Funktion der vox populi aussagt, sie sei eine „pebeta con la pajarera alborotada que esige biaba pa’ marchar derecha [...] ¡Merece que la fajen!“40 (Göre mit dem Oberstübchen voller verrückter Flausen und verdiene eine Abreibung), d. h. eine verbal verdoppelte Tracht Prügel (biaba und fajada), was allerdings in der traditionellen Pädagogik nichts Außergewöhnliches ist, wo „la letra con sangre entra“41. Hier geht es darum, die junge Angelina, der „die Mutterschaft noch nicht die spielerische Sinnlichkeit erstickt hatte“ („a quien la maternidad no había logrado ahogar la juguetona sensualidad“ 42) Mores zu lehren. Am Ende der Erzählungen stimmen Cuento und Tango scheinbar überein; der Frau wird der Fehltritt wegen des Sohnes verziehen. Dennoch kann man im Cuento üblere Konsequenzen erahnen, die sich in der verschleierten Drohung „wir Männer vergessen nie“ („Los hombres nunca olvidamos“ 43) andeutet. Denn als der Mann annehmen musste, dass sie ein außereheliches Verhältnis hatte, zwingt er sie, mit ihm zur Müllhalde zu fahren: „Y áura, acercate al carro […] -¡Qué hacés, Braulio! -Llevarte. Vos merecés que te lleve en el carro porque sos un producto de la Quema. Subí. -Dejame, Braulio […] -Subí. En el carro de la basura la condujo hasta las inmediaciones de la Quema.“44 (Und jetzt geh zur Kutsche […] - Was machst du, Braulio! 39 Ebd., S. 62. 40 Ebd. 41 Es handelt sich um eine anonyme Volksweisheit seit dem 12. Jhd., wörtlich: Der Buchstabe wird mit Blut vermittelt. 42 Ebd., S. 61. 43 Ebd., S. 63. 44 Ebd., S. 62. 201
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- Dich wegbringen. Du verdienst es, dass ich dich in dieser Kutsche wegbringe, weil Du ein Müllprodukt bist. Steig auf! - Lass mich, Braulio […] - Steig auf. Im Müllwagen brachte er sie bis in die Nähe der Verbrennungshalde.)
Da im Tangotext der Protagonistin eine ähnliche, bedrohliche Erniedrigung – die das mehrmonatige Verlassen der Familie erst bewirkt – erspart wird, kann man Frauen nur den Ratschlag geben, sich niemals mit den Männern von González Tuñón einzulassen, sondern eher mit denen des Tangos, obwohl diese auch keine Engel sein mögen. Die Tangowelt von González Tuñón basiert auf zwei sich kreuzenden Oppositionen: wehrhafte Männlichkeit gegenüber verschlagener, opportunistischer Weiblichkeit sowie – auf der Männerebene – der positive Typ des stoischen, tapferen, moralisch integren malevo gegenüber dem negativen des mal amigo, der allerdings näher bei der treulosen Weiblichkeit angesiedelt ist, von der er anscheinend auch – wahlverwandtschaftlich – favorisiert wird. Da er zumeist nur indirekt in Erscheinung tritt, bleibt diese Opposition der primären untergeordnet. In den Cuentos fehlen kräftigere Nuancen und Zwischentöne, von emotionalen Abgründen, Ekstasen oder tragischer Verwirrung abgesehen. Diese aber gibt es auch nicht in einem der berühmtesten Romane der Zeit, Güiraldes’ Don Segundo Sombra, dessen Protagonist charakterlich mit den positiven Helden von González Tuñón verwandt ist. Der „einsame und wartende Mann“ („El hombre que está solo y espera“45) der wenig später von Raúl Scalabrini Ortiz als Identifikationsmuster für den Argentinier konstruiert wird, erscheint wiederum als Abkömmling des Gaucho Segundo Sombra und der respektablen malevos von González Tuñón.
Corazón de arrabal (Herz der Vorstadt) Die ideologiestiftende Verschiebung von den manchmal etwas lebensnah anrüchigen ursprünglichen Tangotexten zum moralhygienisch einwandfreien tango macho lässt sich in den Cuentos nicht nur auf der (diegetischen) Ebene der Geschichte, sondern auch auf der Ebene der Gestaltung des narrativen Diskurses durch Perspektivierung und Fokalisierung nachweisen. Als letztes Beispiel sei hierzu der genannte Cuento vorgestellt: Der Tangotext von Manuel Romero lässt keinen Zweifel an der Vergnügungslust der Protagonistin. Aber auch das außerhalb der Handlung stehende lyrische Subjekt genießt als Voyeur das sinnliche Spektakel der vom „tango 45 Raúl Scalabrini Ortiz: El hombre que está solo y espera, Buenos Aires: Manuel Gleizer 1931. 202
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de mi tierra“, vom Tango meiner Heimat, erfassten Frau, und inszeniert es für ein Publikum, das wohl nicht nur blanke Messer blitzen sehen will: “Ella cimbrea sensual las caderas, y en ansias de fiera, se prende al varón [...] Arde en llamarada procaz la mina en el baile audaz: [...] hasta que vencida, se entrega, toda temblando de ardor sexual.“46 (Sinnlich schwingt sie die Hüften, umschlingt mit der Gier eines Tieres den Mann […] Es brennt in frech flackerndem Feuer das Weibsbild in waghalsigem Tanz […] Bis sie, besiegt, sich ergibt nur noch zitternd in der Hitze des Sex.)
Die Tendenz zur Sterilisierung des Tangotextes lässt sich bereits in der von Carlos Gardel gesungenen Fassung wahrnehmen, der statt „ardor sexual“ „amor sensual“ singt. Im Cuento von González Tuñón wird von vornherein das Motiv der Messerstechgewalt, die der Tango nur abstrakt und beiläufig am Schluss erwähnt, mit verschiedenen Stimmen von Augenzeugen als Handlungsablauf doppelt konkretisiert. In einem narrativen Präludium werden zwei solcher Duelle geschildert. Bemerkenswert ist, dass dies fast nur mittels der direkten Rede von Personen, wohl ausschließlich männlichen Geschlechts, geschieht, die sich voll mit dem Milieu, der Sprache und dem Ehrenkodex der handelnden Personen identifizieren. Sie bilden gewissermaßen den Chor, der die Normen repräsentiert, zu denen auch die Kaltblütigkeit, „sangre fría“ gehört. Der Hauptkonflikt entwickelt sich zwischen Gomensoro und Contreras wegen eines für den Männerchor lächerlichen „entripao polleril“47 (Streit um einen Frauenrock). Er endet mit einem korrekten – „peliaron derecho“48 – tödlichen Messerstich in den Wanst – „en la bodega“49 – Gomensoros. Das weibliche Streitobjekt, Payanca, lässt nicht andeutungsweise etwas von der zügellosen Lüsternheit der Tangoprotagonistin durchschimmern. Ihr Alter ist das 46 47 48 49
Ebd., S. 132. Ebd., S. 135. Ebd. Ebd. 203
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der „drei Lustren“, was ausreichen muss, um Attraktivität zu signalisieren. Ihr Zusammenleben mit Gomensoro, der sie beim Tanzen eines Tangos dazu überredete, endet, als er ihre aufkeimende Zuneigung zu dem edelmütigen Contreras entdeckt. Als er dann noch, wie in den Cuentos üblich, ihr Gesicht zu verschandeln droht, ist der Ofen aus und es kommt zum Duell. Die größte Nähe zum Tango erreicht der Cuento in der Aussage: „En medio de la jarana, el tango los invitó a trenzarse. Contreras conquistó con la hoja de acero su derecho al amor y Gomensoro pagó tributo con la vida.“50 (Inmitten der lärmenden Fröhlichkeit lud der Tango sie ein, sich zu umschlingen. Contreras eroberte mit der Stahlklinge sein Recht auf Liebe und Gomensoro zahlte dafür Tribut mit seinem Leben.) Letzteres ist bereits ein Zusatz, den der Tangotext nicht ausspricht. Es gibt im Cuento keine „llamarada procaz“ (frech-flackerndes Feuer) der Hormone. Das Verhalten der jungen Payanca, die sich von einem anderen Mann stärker angezogen fühlt als von ihrem bisherigen Gefährten, schließt möglicherweise den „ardor sexual“ beim Tanzen der beiden Tangos nicht aus. Das aber wird im Diskurs des Cuento nicht verbalisiert. Das Einzige, das stöhnt, ist das Bandoneon, aber monosemiert: „El bandoneón es un macho que solloza.“51
Konklusionen Wie ist die Tendenz zur Episierung des Messerhelden und zur Sterilisierung des Tangos in den Cuentos von Enrique González Tuñón zu erklären? Man kann diverse Vermutungen anstellen: An erster Stelle mag die Absicht einer Nobilitierung der populären Kultur gegenüber dem kulturellen Establishment vorliegen, wobei eine generelle ‚Säuberung‘ der Sprache und Inhalte unabdingbar erschien. Das Modell für dieses Vorhaben könnte vielleicht durch die Rehabilitation der gauchesken Dichtung, im Besonderen der Dichtung des Martín Fierro geliefert worden sein, die 1915 von Leopoldo Lugones als argentinisches Nationalepos interpretiert und damit aufgewertet wurde (Die taitas oder malevos González Tuñóns sind enge Verwandte des stereotypen gauchesken güen criollo, der zwar hin und wieder zum Messer greift, was aber eher durch seine verzweifelte soziale Situation als durch „entripaos polleriles“ (Streit um einen Frauenrock) erklärt wird.) An zweiter Stelle lässt sich eine gewisse Misogynie nicht bestreiten, die in Spanien, Italien und folglich auch in Argentinien im sozialen Leben und der Kultur sichtbar war oder ist, mit ehrenhaften Ausnahmen. Ein Beispiel dafür wäre die Frauenverachtung des Futurismus Marinettis, einschließlich futuristischer und anderweitiger Sehnsüchte nach der ‚Hygiene‘ des Krieges um 50 Ebd., S. 137. 51 Ebd. 204
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1914. Und wirft man einen schnellen Blick auf die bekanntesten argentinischen Romane der 1920er Jahre wie Historia de arrabal von Manuel Gálvez, El juguete rabioso von Roberto Arlt oder Don Segundo Sombra von Güiraldes findet man in ihrem Figurenarsenal keine einzige Frau, deren Individualität auch nur entfernt so ausgeprägt erscheint wie die einer Effi Briest oder der spanischen Heroinen in Romanen von Benito Pérez Galdós, Pedro Antonio de Alarcón oder Clarín im 19. Jahrhundert. Im „Weibervolk“ („hembraje“) bei Güiraldes oder „la vida puerca“ („das säuische Leben“) von Arlt findet sich keine einzige Pepita Jiménez, Fortunata, Jacinta oder Regenta. Allein „la coja“, die hinkende Prostituierte aus Arlts Los siete locos demonstriert Individualität. An dritter Stelle wäre die Suche nach einer neuen Ästhetik zu nennen, die sich als Abkehr von vorherigen Hauptströmungen, insbesondere des modernismo verstand. Diesem, vor allem in der Ausprägung, die er durch Rubén Darío erfahren hatte, sind sprachlich und inhaltlich viele Tangotexte noch bis in die 1930er Jahre hinein verpflichtet. Das erotische Element, das viele Gedichte Daríos oder seiner uruguayischen Kollegin Delmira Agustini thematisieren, war vielleicht ein obsoleter Zielpunkt, mit dem man Berührungen vermeiden wollte. In diesem Rahmen ist auch die Suche der Avantgarde nach einem neuen ästhetischen Paradigma zu berücksichtigen, mit dem man das Paradigma der Malerei (nach Horaz) oder das der Musik (wie im modernismo) überwinden konnte. Von einigen wurde damals der Film, von González Tuñón anscheinend als die aktuelle populäre Kultur seines Landes angesehen, als Paradigma vorgeschlagen. Ähnliche Ziele verfolgten die kubanischen Dichter der Poesía negra oder die spanischen Dichter des neopopularismo der generación del 27, etwa García Lorca. Während die Poesía negra die Subkultur der negroiden Bevölkerung, der neopopularismo den Flamenco als Ausgangspunkt wählten, griff González Tuñón nicht auf die traditionsgebundene Folklore der ländlichen Gebiete zurück, sondern auf den aktuell populären Tango, nachdem er die Femmes fatales des 19. Jahrhunderts ebenso wie die lasziven Voyeurblicke aus ihm entfernt hatte.
Literatur Barthes, Roland: Mythologies, Paris: Seuil 1957. Borges, Jorge Luis: Obras completas, Buenos Aires: Emecé 1974. Genette, Gérard: Die Erzählung, 2. Aufl., München: Fink 1998. Girondo, Oliverio: Obras completas, Buenos Aires: Sudamericana 1968. González Tuñón, Enrique: Tangos, Buenos Aires: Manuel Gleizer 1926. Ders.: Tangos, Buenos Aires: Borocaba 1953. Güiraldes, Ricardo: Obras completas, Buenos Aires: Emecé 1962. 205
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Lugones, Leopoldo: El payador, Buenos Aires: Otero y Cía 1916. Martín Gaite, Carmen: Usos amorosos del dieciocho en España, Barcelona: Anagrama 1991. Dies.: Usos amorosos de la postguerra española, Barcelona: Anagrama 1994. Orgambide, Pedro/Yahni, Roberto (Hg.): Enciclopedia de la literatura argentina, Buenos Aires: Sudamericana 1970. Rehrmann, Norbert: Literatur (geschichte) als Landeskunde: Das Beispiel der erótica hispánica, in: Hispanorama, 74 (1996), S. 67-76. Reichardt, Dieter: Literatur und Interesse. Eine politische Ästhetik, überprüft im Vergleich von ’Don Segundo Sombra‘ und ’El juguete rabioso‘, in: Iberoamericana, 6, 3/1 (1979), S. 3-15. Ders.: Enrique González Tuñón: ’El tirano‘ (1932). Ein unbekannter Diktatorenroman, in: López de Abiada, José María/Heydenreich, Titus (Hg.): Homenaje a Gustav Siebenmann, München: Fink 1983, S. 749-761. Ders.: La purificación del tango: Tangos, por Enrique González Tuñón, in: Rössner, Michael (Hg.), ¡Bailá! ¡Vení! ¡Volá! El fenómeno tanguero y la literatura, Frankfurt a.M: Vervuert 2000, S. 157-174. Sareli, Jorge: El libro mayor del tango, México D. F.: Diana 1974. Saubidet, Tito: Vocabulario y refranero criollo, Buenos Aires: Guillermo Kraft 1952. Scalabrini Ortiz, Raúl: El hombre que está solo y espera, Buenos Aires: Manuel Gleizer 1931. Tallón, José Sebastián: El tango en sus etapas de música prohibida, Segunda edición, Buenos Aires: Instituto Amigos del Libro Argentino 1964.
Audioaufnahmen Di Sarli, Carlos: Fumando espero, Audioaufnahme, Victor Label 1956. Gardel, Carlos: De Vida y obra de Carlos Gardel, – LP –, Vol. 7, EMI Odeón Argentina, 1970-1984. Varela, Héctor: Fumando espero, Audioaufnahme, Columbia Label 1955.
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Strategien des Politischen
Der peronistische Nationaldiskurs in der Ta ngos c hre ibung der 1960er Ja hre FRANCO BARRIONUEVO ANZALDI
Einleitung In den 1960er Jahren1 befand sich Argentinien in einer vehementen, internen Zerreißprobe. Nachdem Juan Domingo Perón 1955 von seinen ehemaligen Militärkollegen aus dem Amt geputscht und ins Exil vertrieben wurde, entfachte sich bis zu seiner Wiederkehr im Jahre 1973 ein bürgerkriegsähnlicher Zustand zwischen Peronisten und Antiperonisten. Während erstere in Perón einen nationalen Helden sahen, der das ‚Volk‘ von der ‚oligarchischen Unterjochung‘ zu befreien wusste, erkannten letztere in ihm einen ‚Demagogen‘. Die Peronisten forderten seine Rückkehr bzw. die Fortführung seiner Politik, die Antiperonisten dagegen wünschten sich, die alte präperonistische Ordnung der einstigen Gründungsväter des 19. Jahrhunderts zu restaurieren. Für sie war der Peronismus eine argentinische Variante des deutschen Nationalsozialismus.2 Hinter dieser Konfliktlinie verbargen sich zwei unterschiedliche Nationalvorstellungen. Wie Federico Neiburg es pointiert ausdrückt, spaltete sich die politische Landschaft der sechziger Jahre in „zwei Argentinien“3: das antipe-
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In diesem Artikel wird unter den „1960er Jahren“ übereinstimmend mit der Sekundärliteratur das ‚Zeitalter des Postperonismus‘ verstanden. Dieses beginnt 1955 mit der Exilierung von Juan Domingo Perón und endet mit seiner Wiederkehr im Jahre 1973, vgl. Julio Pirro: La prensa de oposición en la Argentina post pero nista, S. 1-25, S. 2: http://www.tau.ac.il/eial/XIII_2/melon.html (3.01. 2008). Vgl. Carlos Altamirano: Bajo el signo de la masas (1943-1973), Buenos Aires: Editorial Emecé 2007. Federico Neiburg: Los intelectuales y la invencion del peronsimo: estudios de antropologia social y cultural, Buenos Aires: Editorial Alianza 1998, S. 127. 209
FRANCO BARRIONUEVO ANZALDI
ronistische Argentinien sah sich als kosmopolitisch, städtisch, modern, wirtschaftlich und politisch liberal. Das peronistische Argentinien dagegen definierte sich als ländlich, traditionell, katholisch, wirtschaftlich und politisch antiliberal. Der idealtypische ‚Peronist‘ konstruierte sich als ein dunkelhäutiger, inländischer Kreole, der ‚Antiperonist‘ dagegen als ein weißer, zivilisierter Stadtbürger.4 Die Art und Weise wie sich diese zwei Subjekte aufeinander bezogen, lässt sich in Anlehnung an Sebastián Barros und Gustavo Castagnola5 als Polarisierung begreifen. Damit wird auf die Tatsache hingewiesen, dass das eine Argentinien sich immer in Feindschaft und in gänzlicher Negation zum anderen konstruierte. Sowohl die Peronisten als auch die Antiperonisten sahen sich als alleinige Träger der ‚wahren Nation‘. Beide konkurrierten um den gleichen Platz: auf argentinischem Boden der legitime Souverän der politischen Ordnung zu sein.6 Dieser Kampf wurde nicht nur auf der Ebene der formal-politischen Institutionen, sondern in einer Vielzahl von gesellschaftlichen Szenarien ausgetragen. Er vereinnahmte das gesamte politische Leben der damaligen Zeit.7 Da allerdings die Antiperonisten unter der Schirmherrschaft des Militärs durchgehend die Regierungen stellten, den Peronismus aus der institutionellen Politik ausschlossen und ihn in all seinen Formen verbaten, machten sich die Peronisten vor allem die öffentlichkeitswirksamen gesellschaftlichen Arenen zu nutze.8 Von dort aus verübten sie ihren „peronistischen Widerstand“9 gegenüber den antiperonistischen Regimen. Dieser reichte von Gewerkschaftsstreiks, Massendemonstrationen, Protestwahlen, Hetzschriften, Studentenbewegungen bis hin zu bewaffneten Guerillaübergriffen. Das Machtverhältnis zwischen Antiperonisten und Peronisten war dabei ausgeglichen.10 Zwar verfügten die Antiperonisten über die Staatsgewalt, allerdings kam den Peronisten zu Gute, dass ein Großteil der lohnabhängigen Bevölkerung sich selbst als ‚peronistisch‘ begriff.11
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Vgl. ebd., S. 127ff. Sebastián Barros/Gustavo Castagnola: The political frontiers of the social: Argentine politics after Peronist populism (1955-1973), in: David Horwarth/Aletta J. Norval/Yannis Stavrakakis (Hg.): Discourse Theory and Political Analysis. Identities, Hegemonies and Social Change, Manchester: Manchester University Press 2000, S. 24-37. 6 Vgl. ebd., S. 29ff. 7 Vgl. Felix Luna: Diálogos con Frondizi, Buenos Aires: Desarollo 1963, S. 9 8 Vgl. Michael Goebel: Argentina’s Partisan Past: Nationalism, Peronism and Historiography, 1955-76, London: University College London Press 2007, S. 74. 9 C. Altamirano: Bajo el signo de la masas (1943-1973), S. 107. 10 Vgl. S. Barros/G. Castagnola: The political frontiers of the social: Argentine politics after Peronist populism (1955-1973), S. 35. 11 C. Altamirano: Bajo el signo de la masas (1943-1973), S. 59. 210
DER PERONISTISCHE NATIONALDISKURS IN DER TANGOSCHREIBUNG
Die Identifikation der argentinischen Bevölkerung mit dem ‚Peronismus‘ oder mit dem ‚Antiperonismus‘ war allerdings nicht einfach da, sondern musste fortwährend hergestellt und aktualisiert werden. Eine Vormachtstellung in der Konstruktion dieser Identifikation nahm das intellektuelle Feld ein. Der Intellektuelle ist per definitionem jemand, der aufgrund seiner bildungsinstitutionellen Sozialisation als Experte in der Öffentlichkeit auftritt.12 Aufgrund seines privilegierten Zugangs zu den symbolischen und sprachlichen Ressourcen verfügt er über die Autorität, in der Öffentlichkeit ‚wahres Wissen‘ zu formulieren.13 Diesen Wahrheitsanspruch machten die argentinischen Intellektuellen der sechziger Jahre insofern geltend, als sie ein scheinbar objektives Wissen über das ‚Wesen der Nation‘ propagierten. Statt allerdings Lösungsvorschläge zu der vereinnahmenden Polarisierung aufzuzeigen oder Schlichtungsversuche zu wagen, blieben die meisten Intellektuellen in jener historischen Rationalität selbst gefangen. Der Großteil der intellektuellen Produktion beschränkte sich auf die bewusste oder oftmals auch unbewusste Parteinahme für eine der beiden Positionen. Dabei war das bevorzugte Themengebiet zur Etablierung von Nationalvorstellungen das, was gemeinhin als ‚Kultur‘ bezeichnet werden kann. Über die Wissensproduktion kultureller Repräsentationsformen wurde der Kampf zwischen Peronisten und Antiperonisten nicht nur ausgefochten, sondern gar mitbegründet.14 Aus diesem historischen Kontext heraus lässt sich fragen, ob nicht auch die intellektuelle Tangoschreibung die Subjektzuweisung ‚Peronist‘ bzw. ‚Antiperonist‘ mitkonstruierte. Immerhin diente der Tango den Intellektuellen seit Anbeginn des 20. Jahrhundert als ein symbolisches Sammelbecken unterschiedlicher Nationalentwürfe: „Argentinian writers, at different periods, have explored the relationship between this ’popular‘ literature and aspects of Argentinian reality and cultural identity.“15
In diesem Artikel soll mit Hilfe einer diskursanalytischen Herangehensweise die These plausibilisiert werden, dass die intellektuelle Tangoschreibung der sechziger Jahre innerhalb eines peronistischen Nationaldiskurs’ er12 Vgl. Pierre Bourdieu: Der Korporatismus des Universellen. Die Rolle der Intellektuellen in der modernen Welt, in: Pierre Bourdieu (Hg.): Die Intellektuellen und die Macht, Hamburg: VSA 1991, S. 41-66, S. 42ff. 13 Vgl. Bernhard Giesen: Die Intellektuellen und die Nation. Eine deutsche Achsenzeit, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1993, S. 70. 14 Vgl. F. Neiburg: Los intelectuales y la invencion del peronsimo: estudios de antropologia social y cultural, S. 25ff. 15 Eduardo Archetti: Masculinities. Football, Polo and the Tango in Argentina, New York: Berg 1999, S. 142. 211
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schienen ist. Dies bedeutet, dass die Tangoschreibung eine peronistische Vorstellung von Nation artikulierte. Sie konstruierte damit den ‚Peronisten‘ als das souveräne Nationalsubjekt und den ‚Tango‘ als seinen scheinbar naturgegebenen Kulturausdruck. Nachdem die theoretischen und methodischen Prämissen der hier angerissenen Diskursanalyse expliziert werden, erfolgt die Beschreibung des intellektuellen Feldes. Hierbei werden schematisch die zwei entgegen gesetzten Nationaldiskurse nachgezeichnet, die die Intellektuellen in den sechziger Jahren artikulierten. Über eine ideologische Verortung der Verlage und der Autoren der Tangowerke wird die These entwickelt, die Tangoschreibung sei innerhalb eines peronistischen Nationaldiskurses erschienen. Im Rahmen einer rekonstruierenden Textanalyse lässt sich diese These schließlich bekräftigen.
D i e d i s k u r s a n a l yt i s c h e n P r ä m i s s e n Der Begriff des Nationaldiskurses In diesem Artikel lässt sich die ‚Nation‘ als „vorgestellte politische Gemeinschaft“16 begreifen. Als solche ist sie keine naturgegebene Entität, die über einen vorgeschichtlichen Wesenszug verfügt, sondern sie ist eine symbolische Figur, die konstruiert wird. Die ‚Nation‘ ist ein leerer Signifikant, eine Subjektform, die über Diskurse mit unterschiedlichen Symbolen und Bedeutungen gefüllt werden kann.17 Dabei lässt sich unter dem Begriff des Diskurses, in Anlehnung an Michel Foucault, eine Menge von Aussagen verstehen, die aufgrund eines einheitlichen Prinzips, den „diskursiven Formationen“ bzw. den „Formationsregeln“18 zusammengehören. Diese Formationsregel lässt sich als eine Art Rationalität begreifen, nach der Aussagen generiert werden. Sie ist allerdings keine linguistische oder formelle Rationalität, sondern vielmehr eine historische Rationalität. Sie bestimmt zu einer gegebenen Zeit das historisch „Sagbare“19. Aus dieser Perspektive definiert sich ein Nationaldiskurs über seine historisch bedingte Formationsregel, die eine bestimmte Vorstellung von Nation hervorbringt.
16 Benedict Anderson: Die Erfindung der Nation. Zur Karriere eines folgenreichen Konzepts, Berlin: Ullstein 1998, S. 14. 17 Vgl. Philipp Sarasin: Geschichtswissenschaft und Diskursanalyse, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2003, S. 157. 18 Michel Foucault: Archäologie des Wissens, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1981, S. 170. 19 Vgl. Achim Landwehr: Geschichte des Sagbaren. Einführung in die Historische Diskursanalyse, Tübingen: Edition Diskord 2001. 212
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Die methodische Vorgehensweise In Anknüpfung an den hier gewählten Begriff des Nationaldiskurses wird in diesem Artikel eine von Foucault inspirierte, diskursanalytische Herangehensweise gewählt. Ausgangspunkt der Diskursanalyse ist ein Textkorpus, der aus fünfzehn Tangowerken besteht.20 Dieser soll hier stellvertretend für die intellektuelle Tangoschreibung der sechziger Jahre stehen. Aus dieser Textmenge heraus wird ein Nationaldiskurs „individualisiert“21. Das bedeutet, dass es bei einer Foucaultschen Diskursanalyse nicht darum geht, einen gegebenen Diskurs zu analysieren, sondern vielmehr aus der Textmenge heraus einen zu finden.22 Ziel dabei ist es, eine nationenkonstitutive Formationsregel herauszuschälen und erkennbar zu machen. Wie die Rezeptionsforschung zu Foucault anmerkt, erfolgt dieser Suchprozess über eine Kontext- und Textanalyse.23 Die folgende Textanalyse filtert entsprechend diejenigen Aussagen heraus, die ein Nationalsubjekt, hier den Peronisten, konstruieren. Dabei werden die Tangowerke in beliebig kleine Textstellen dekonstruiert und mit anderen Textstellen von anderen Autoren und anderen Werken, die ebenfalls aus dem Korpus entstammen, zu Diskursfragmenten verknüpft. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass nicht alle Sätze in der Tangoschreibung gleichzeitig Aussagen eines Nationaldiskurses sind: Einige Texte sind aufschlussreicher als andere; andere Texte gehören gar nicht zu einem Nationaldiskurs. Wiederum andere erhalten insofern eine Vorrangstellung, als sie pa20 Dieser Korpus besteht aus folgenden Tangowerken: Tulio Carella: Tango. Mito y esencia, Buenos Aires: Cedal 1966 [1956]; Horacio Ferrer: El tango: Su historia y evolución, Buenos Aires: Editorial Peña Lillo 1960; Tomás De Lara: El tema del Tango en la literatura Argentina, Buenos Aires: Culturales Argentinas 1961; Ernesto Sábato: Tango. Discusión y clave, Buenos Aires: Losada 1963; Andrés Carretero: El Compadrito y el Tango. El hombre de la Argentina Comercial, Buenos Aires: Pampa y Cielo 1964; Francisco García Jimenez: Asi nacieron los Tangos, Buenos Aires: Losada 1965; Julio Mafud: Sociología del Tango, Buenos Aires: America Lée 1966; Luis Sierra: Historia del orquesta típica, Buenos Aires: Peña Lillo 1966; Osvaldo Rossler: Buenos Aires dos por cuatro, Buenos Aires: Losada 1967; Jorge Luis Borges/Silvana Bullrich: El Compadrito, Buenos Aires: Fabril 1968; Blas Matamoro: La ciudad del Tango, Buenos Aires: Galerna 1982 [1969]; Jorge Páez: El conventillo, Buenos Aires: CEDAL 1970; Alfredo Mascia: Política y Tango, Buenos Aires: Editorial Paidos 1970; José Portogalo: Buenos Aires: Tango y literatura, Buenos Aires: CEDAL 1972; Norberto Galasso: Discépolo y su época, Buenos Aires: Jorge Álvarez 1973. 21 M. Foucault: Archäologie des Wissens, S. 100. 22 Vgl. Petra Gehring: Was ist Biomacht? Vom verzweifelten Mehrwert des Lebens, Frankfurt a.M: Campus 2006, S. 126. 23 Vgl. A. Landwehr: Geschichte des Sagbaren. Einführung in die Historische Diskursanalyse, S. 107. 213
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radigmatisch für den zu individualisierenden Nationaldiskurs gelten. Die theoretische Grundlage dieses Dekonstruktionsverfahrens besteht darin, dass das Werk für Foucault keine in sich geschlossene Analyseeinheit darstellt: „Die Grenzen eines Buches sind nie sauber und streng geschnitten: über den Titel, die ersten Zeilen und den Schlusspunkt hinaus, über seine innere Konfiguration und die es autonomisierende Form hinaus ist es in einem System der Verweise auf andere Bücher, andere Texte, andere Sätze verfangen: ein Knoten in einem Netz.“24
Allerdings lässt sich die spezifisch nationenkonstitutive Formationsregel eines Diskurses nur dann ermitteln, wenn man seinen historischen Kontext berücksichtigt. Erst wenn man weiß, wie sich die Nationalvorstellungen im intellektuellen Feld der damaligen Zeit artikuliert haben, wird die nationenkonstitutive Funktion der darin auftauchenden Tangoäußerungen sichtbar.25 Daher wird in diesem Artikel die historische Problematisierungsweise der Nationenkonstruktion im intellektuellen Feld grob nachgezeichnet.
Das intellektuelle Feld der 1960er Jahre Politisierung und Polarisierung der Intellektuellen Wie in der Einleitung angemerkt, befand sich Argentinien zwischen 1955 und 1973 in einem bürgerkriegsähnlichen Zustand. Der Konflikt zwischen Peronisten und Antiperonisten entzündete sich an der Frage nach dem legitimen Souverän der politischen Ordnung. Diesem Kampf um Souveränität wurde insofern Rechnung getragen, als sich beide ideologische Lager auf ihre angebliche ‚nationale Essenz‘ beriefen. Allerdings ist die ‚Nation‘, wie oben definiert, keine naturgegebene Substanz, sondern eine diskursive Figur. Der ‚Peronist‘ und ‚Antiperonist‘ sind aus einer diskursanalytischen Perspektive zwei diskursive Subjektformen, die als Träger der ‚Nation‘ erst konstruiert werden mussten. An diesem Konstruktionsprozess beteiligte sich vor allem das intellektuelle Feld. Indem es im Vergleich zu den Jahren zuvor in erhöhtem Maße die politischen Geschehnisse aufnahm, kommentierte und beurteilte, war es für die vorherrschende Konfliktlinie der damaligen Zeit empfänglich.26 Sogar die 24 M. Foucault: Archäologie des Wissens, S. 36. 25 Vgl. A. Landwehr: Geschichte des Sagbaren. Einführung in die Historische Diskursanalyse, S. 107. 26 Vgl. Pablo Ponza: Los sesenta-setenta: intelectuales, revolución, libros e ideas, S. 2-20, S. 3: http://www.scielo.org.ar /scielo.php?script=sci_arttext &pid= S16 69-90412007000100008 (3.01.2008). 214
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sonst als apolitisch und als höchst literarisch erachtete Literaturzeitschrift Sur vermisste es nicht, 1955, kurz nach dem Putsch von Perón, eine gesamte Ausgabe zur Lage der Nation zu veröffentlichen.27 Diese Politisierung einer Literaturzeitschrift war kein Einzelfall. Vielmehr verwies sie auf eine allgemeine Tendenz, die sich im intellektuellen Feld der sechziger Jahre abzeichnete: Die damals neu entstandenen Verlage und Zeitschriften bemühten sich nicht mehr wie die Jahre zuvor ausschließlich um selbstreferentielle Literaturkritik. Ihnen war das neue Profil eigen, Literatur, Wissenschaft und Kommentare zur politischen Realität ineinander fließen zu lassen. Sowohl historische, soziologische und psychologische Erkenntnisse als auch persönliche und autobiographische Bemerkungen wie auch ästhetische Bemühungen waren miteinander verwoben. Diese im intellektuellen Feld produzierten Schriften nahmen sich dabei zum Ziel, das ‚Wesen des Argentiniers‘ zu entlarven. Mit der Konstruktion unterschiedlicher Nationaldiskurse versuchten sie die Frage nach dem legitimen Souverän zu beantworten.28 Diese öffentlichkeitswirksame Auseinandersetzung um das ‚wahre Argentinien‘ war allerdings alles andere als der Versuch, die Spannungen zwischen Peronismus und Antiperonismus zu besänftigen. Im Gegenteil, dieser Konflikt wurde im intellektuellen Feld nicht nur ausgetragen, sondern immer wieder neu konstruiert. Die Nationalkonstruktionen stellten, wie Federico Neiburg sie benennt, vor allem „Barrikadendiskurse“29 dar, d.h. sie konstruierten den ‚Peronisten‘ oder ‚Antiperonisten‘ in Negation zueinander: „The ’other‘ was merly rejected, externalised, exlcuded. Identities were constituted in such a way that articulatory practices between the elements of either of the two poles were impossible. The relation between groups could only be one of potential war.“30
Ausgangspunkt der Nationenkonstruktion war die Etablierung eines expliziten Feindbildes, das im Sinne Carl Schmitts im existentiellen Gegensatz zur eigenen Position zu stehen beanspruchte. Diese Strategie zur Konstruktion eines Nationalsubjekts lässt sich als Polarisierung bezeichnen. Diese Polarisierung hat eine hegemoniale Artikulation zur Konstruktion eines versöhnenden und schlichtenden Nationaldiskurses unmöglich gemacht:
27 Vgl. Beatriz Sarlo: La batalla de las ideas (1943-1973), Buenos Aires: Editorial Emecé 2007, S. 24. 28 Vgl. F. Neiburg: Los intelectuales y la invencion del peronsimo: estudios de antropologia social y cultural, S. 49ff. 29 Ebd., S. 26. 30 S. Barros/G. Castagnola: The political frontiers of the social: Argentine politics after Peronist populism (1955-1973), S. 34. 215
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„The extrem particularism of Peronist and anti-Peronist positions meant that their demands could not be articulated into a wider hegemonic operation that would stabilise the political formation. In such a situation, only the disappearance of the other would have provided the possibility of a stable resolution of the socio-political division.“31
Indem das intellektuelle Feld über die breite Rezeption ihrer Schriften an politischer Relevanz zunahm, hatte es auch eine Verantwortung für den sich anbahnenden Bürgerkrieg zu tragen.32
Die ‚zwei Argentinien‘: Peronismus versus Antiperonismus Aber worin bestand der peronistische und der antiperonistische „Barrikadendiskurs“, den die Intellektuellen in ihren Schriften artikulierten? Der Ausgangspunkt der Argumentation war bei beiden Diskursen ähnlich. Sie stimmten in der Diagnose der politischen Realität überein: Argentinien befand sich in der Krise. Gemäß der Wahrnehmung der Intellektuellen bestand diese Krise in der Unvereinbarkeit einer sich als ‚peronistisch‘ definierende Bevölkerung und einer ‚antiperonistischen‘ Regierungspolitik: Auf der einen Seite befand sich ein ‚peronistisches Volk‘, das führungslos geworden war, und auf der anderen Seite stand ihr eine ‚antiperonistische Politik‘ gegenüber, die nicht fähig war, dieses ‚Volk‘ institutionell einzugliedern. Für die Intellektuellen lag der Schlüssel zur Behebung dieser Krise in einer ‚korrekten‘ und ‚wahren‘ Interpretation des Peronismus von Perón.33 Unabhängig von den divergierenden Interpretationen waren sich die Intellektuellen darin einig, dass der ‚offizielle Peronismus‘34 zwischen 1946 und 1955 das Problem des Landes aufzeigen würde. Nur in der normativen Beurteilung des Peronismus schieden sich die Gemüter: Für die Antiperonisten war das Auftauchen des ‚offiziellen Peronismus‘ eine Anomalie auf dem Weg zur Modernisierung des Landes, für die Peronisten dagegen eine erstmalige „nationale Befreiung“ von einer „imperialistischen Ordnung“.35 Über die un31 Ebd. 32 Eine Vielzahl von Intellektuellen erhielt aufgrund der breiten Rezeption ihrer Werke sogar politische Ämter. Für einen statistischen Überblick zu ihren politischen Funktionen zwischen 1955 und 1969 siehe Juan Marsal/Margery Arent: La derecha intelectual argentina. Análisis de la ideologia y la accion política de un grupo de intelectuales, Working Paper 73, Buenos Aires: Instituto Torcuato Di Tella 1970. 33 Vgl. F. Neiburg: Los intelectuales y la invencion del peronsimo: estudios de antropologia social y cultural, S. 20f. 34 Der Begriff des ‚offiziellen Peronismus‘ verweist hier auf den Peronismus der ersten zwei Legislaturperioden von Juan Domingo Perón zwischen 1946 und 1955. 35 F. Neiburg: Los intelectuales y la invencion del peronsimo, S. 95. 216
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terschiedlichen Interpretationen des ‚offiziellen Peronismus‘ konstruierten sich in den intellektuellen Schriften zwei unterschiedliche Vorstellungen von Nation: Für die antiperonistisch gesonnenen Intellektuellen, wie beispielsweise für Gino Germani, lag das Auftauchen des ‚offiziellen Peronismus‘ in der rückständigen Kultur der peronistischen Basis von Perón begründet. Dieser antiperonistischen Diskursfigur zufolge verfügten die ländlichen Migranten, die cabecita negras, die in die Stadt zugezogen waren, über keine Gewerkschaftserfahrung und über kein Klassenverständnis, durch die sie sich in die moderne, städtische Welt hätten integrieren können. Stattdessen hätten sie die typischen Kultureigenschaften einer ‚traditionellen‘, nicht-modernen Gesellschaft in ihrem neuen städtischen Milieu beibehalten. Als Abkömmlinge vom gaucho und vom caudillo seien sie es gewohnt gewesen, sich in paternalen Strukturen einzugliedern. Sie seien ‚irrational‘ und tendenziell ‚antidemokratisch‘ gewesen. Perón seinerseits habe diese ‚traditionellen‘ Eigenschaften seiner politischen Basis ausgenutzt, um ein totalitäres Regime zu erbauen: „Peronism came to be seen as the latter-day descendants of the nineteenth-century gaucho hordes that followed a caudillo.“36
Die ‚wahre Nation‘ sei, laut dieser Diskursfigur, dagegen ex negativo nicht der inländische Kreole, sondern der ‚liberale‘, ‚zivilisierte‘, ‚moderne‘ und ‚kosmopolitische‘ Stadtbürger. Im Gegensatz dazu klassifizierten peronistische Intellektuelle die aus dem Inland stammenden Kreolen nicht als kulturell rückständig, sondern sie sahen sie als die ‚wahren‘ Vertreter der Argentinidad an. Die cabecita negras verfügten, laut dem peronistischen Nationaldiskurs, über eine „jungfräuliche Mentalität“37. Sie hätten sich nicht von ausländischen Ideen infizieren lassen. Im Gegenteil, sie hätten die vermeintlich kreolischen Wertvorstellungen in die Stadt mitgebracht und die vom Kosmopolitismus infizierte Stadt „argentinisiert“38. Damit hätten sie, so diese diskursive Figur weiter, einem American Way of Life widerstehen können.39 Dagegen sei der Zivilisationsdiskurs der antiperonistischen Intellektuellen eine „liberale Illusion“40. Er repräsentiere den sich an der Macht befindenden Diskurs des antiperonistischen Regimes. Er sei die Fortführung der vom Gründungsvater Domingo Sarmiento eingeführten Dichotomie ‚Zivilisation‘ und ‚Barbarei‘ und erhalte die ‚zivilisato36 M. Goebel: Argentina’s Partisan Historiography, 1955-76, S. 83. 37 Ebd., S. 85. 38 Ebd. S. 48. 39 Vgl. ebd., S. 121. 40 Ebd., S. 104.
Past:
Nationalism,
Peronism
and
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rische Illusion‘ von Fortschritt, Modernität und formal-rechtlicher Souveränität aufrecht. Er verkenne die Tatsache, dass die ‚Realität‘ Argentiniens eine ‚imperialistische Ordnung‘ darstelle, in der eine kulturell ‚europäisierte Oligarchie‘ mit dem britischen und nordamerikanischen Kapital eine nationalverräterische Liaison eingegangen sei.41 Sinnbild dieser ‚europäisierten Oligarchie‘ war die Stadt und der kosmopolitische Bürger. Mit diesen zwei unterschiedlichen Interpretationen des ‚offiziellen Peronismus‘ und der damit einhergehenden, verschiedenen Auffassung der politischen ‚Realität‘ der sechziger Jahre, konstruierten die intellektuellen Schriften ein ‚peronistisches‘ und ein ‚antiperonistisches‘ Argentinien: „Es war der Widerspruch zwischen zwei Argentinien. Das eine war sichtbar, städtisch, kosmopolitisch und modern, über die Metropole von Buenos Aires mit dem internationalen Handel verbunden. Das andere Argentinien dagegen war verborgen, nicht unmittelbar sichtbar, ländlich, traditionell, mit dem inländischen Markt verbunden und seinen höchsten Ausdruck fand es nicht in Buenos Aires, sondern in den Provinzen des Inlandes.“42
Die Intellektuellen waren sich einig, dass das letztgenannte Argentinien das ‚peronistische‘ sei und das erstgenannte das ‚antiperonistische‘. Sie waren sich auch darüber einig, dass diese zwei Nationen schon vor dem eigentlichen Auftauchen von Perón existierten: der Konflikt zwischen diesen beiden Subjekten sei so alt wie das Land selbst. Die Intellektuellen stimmten auch darin überein, dass die damals vorherrschende Krise auf diese zwei widersprüchlichen Nationalvorstellungen gründete. Sie waren sich weiterhin darüber einig, dass sich die Krise nur durch die Vormachtstellung des einen Argentiniens über das andere lösen lassen würde. Worin sie sich allerdings unterschieden, war in der Beurteilung, welches von den beiden Argentinien ‚authentisch‘ sei und welches die Vormachtstellung übernehmen müsste.43 Für die Antiperonisten war der ‚wahre Argentinier‘ der kosmopolitische Stadtbürger, für den Peronisten dagegen der aus dem Inland stammende ‚Kreole‘. Für die ersten ging es darum, das Volk zu erziehen, es für das kosmopolitische Leben zu zivilisieren und für die liberaldemokratischen Prämissen zu gewinnen. Für die letztgenannten dagegen ging es darum, den westlichen ‚Imperialismus‘ und die ‚europäisierte Oligarchie‘ zu bekämpfen, um wieder ‚soziale Gerechtigkeit‘ zu erfahren.
41 Vgl. B. Sarlo: La batalla de las ideas (1943-1973), S. 45. 42 F. Neiburg: Los intelectuales y la invencion del peronsimo: estudios de antropologia social y cultural, S. 99. (Diese und alle folgenden Übersetzungen vom Spanischen ins Deutsche durch Verf.) 43 Vgl. ebd., S. 113. 218
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Der peronistische Nationaldiskurs Da dieser Artikel die These aufstellt, die Tangoschreibung begründe einen peronistischen Nationaldiskurs, wird dieser im Folgenden detaillierter beleuchtet: Auch wenn die oben angerissene Polarisierungsstrategie von dem antiperonistischen Diskurs ebenfalls eingenommen wurde, war es ursprünglich der peronistische Diskurs, der diese Strategie schon 1946 implementierte: „Peronism introduced a new articulation of the political order based on the incorporation of the, until then, excluded popular sectors.“44
Diese Artikulation verlief über die Gegenüberstellung zwischen einer ‚Oligarchie‘ einerseits und dem ‚Volk‘ andererseits. Dabei lässt sich die peronistische Doktrin der sechziger Jahre als eine argentinische Variante des von Frantz Fanon beeinflussten postkolonialen Dritte-Welt-Diskurses begreifen.45 Entsprechend eines postkolonialen Diskurses repräsentierte die ‚Oligarchie‘ die ‚imperialistischen Kolonialherren‘ und das ‚Volk‘ die leidtragenden ‚Marginalisierten‘ und ‚Kolonialisierten‘ der Gesellschaft. Das Kernmerkmal des peronistischen Diskurses war dabei die Konstruktion von polarisierten Freund-Feind-Bildern. Diese Formationsregel basierte auf einem „[...] set of binary opposition, such as authenticity versus falsification, people versus anti-nation, masses versus oligarchy, sovereignity versus imperialist yoke, caudillos versus effiminate liberal ideologues, interior versus port city and real nation versus intelligentsia.“46
Der ‚Peronist‘ wurde immer in exludierender Negation zu seinem antiperonistischen Feindbild konstruiert. Die Artikulation dieser Gegensatzpaare verlief vor allem auf der Ebene der Kultur. Auch wenn die soziale Frage ein wesentlicher Bestandteil der peronistischen Selbstidentifikation war, so artikulierte sich eine sozioökonomische Differenz über kulturelle Eigenschaften. Der peronistische Diskurs grenzte sich damit von einer klassisch marxistisch kodierten Doktrin ab. Für die Peronisten „[...] were the classical parties of the Left incapable of understanding the authentically Argentine spirit [Hervorhebung durch F.B.A.] of the working class“47. Der ‚Peronist‘ konstruierte sich zwar als ein ‚Arbeiter‘, aber allem voran als ein ‚Kreole‘, der in-
44 S. Barros/G. Castagnola: The political frontiers of the social: Argentine politics after Peronist populism (1955-1973), S. 29. 45 Vgl. M. Goebel: Argentina’s Partisan Past: Nationalism, Peronism and Historiography, 1955-76, S. 103. 46 Ebd., S. 119. 47 Ebd., S. 107. 219
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ländischen Ursprungs war: „class and nation were condensed into a single organic object that was the agent of national [Hervorhebung durch F.B.A.] liberation.“48 Der idealtypische Peronist galt somit als aus einer „gaucho working class“49 stammend. Der antiperonistische Feind, die sogenannte ‚Oligarchie‘, wurde auch über kulturelle, statt sozioökonomische Eigenschaften definiert: „The oligarchy was defined through its cultural rather than its economic properties; it was a parasitic rather then an exploitive class.“50
Diese kulturellen Eigenschaften waren jene Aspekte, die mit dem kosmopolitischen Stadtleben von Buenos Aires in Verbindung standen. Allem voran war es die „französische“, „europäisierte“ und „hohe“ Kultur, die mit der Subjektform „Oligarchie“ und der „imperialistischen Ordnung“ zusammengebracht wurde.51
H i nw e i s e e i n e r p e r o n i s t i s c h e n T a n g o s c h r e i b u n g Die Verlage der Tangowerke Wenn man sich die Verlage anschaut, in denen die Tangowerke erschienen sind, dann lässt sich vermuten, dass die intellektuelle Tangoschreibung innerhalb eines peronistischen Nationaldiskurses Eingang fand. Denn ein Großteil dieser Verlage verfügte über ein peronistisches Profil: Diese waren u.a. Peña Lillo, CEDAL52, Schapire und Pampa y Cielo.53 In dem Verlag Schapire beispielsweise wurden 1973 die peronistischen Kampfschriften vom daheim gebliebenen Vertreter Peróns, John William Cooke54, veröffentlicht. Dort vertrat Cooke die Meinung, dass „[...] der Peronismus bereit …[sei], die Macht wieder an sich zu reißen.“55 Auch der im Jah-
48 49 50 51 52
Ebd., S. 124. Ebd., S. 85. Ebd., S. 122. Ebd. Für eine eingehendere Betrachtung der politischen Ausrichtung des CEDALVerlages siehe Monica Bueno: Centro de América Latina. Capítulos para una historia, Buenos Aires: Siglo XXI 2006. 53 In der Sekundärliteratur werden alle diese Verlage als peronistisch klassifiziert. Vgl. Alejandro Cattaruza: El revisionismo: itinerarios de cuatro décadas, in: Alejandro Eujanian (Hg.): Políticas de la historia argentina 1860-1960, Buenos Aires: Alianza 2003, S. 143-185, S. 174. 54 John Cooke: Apuntes para la militancia, Buenos Aires: Schapire 1973. 55 Ebd. S. 17.
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re 1959 ins Leben gerufene Verlag Peña Lillo setzte sich zum Ziel, „[...] über den Umweg seiner Autoren, das wahrhaftige Denken und Fühlen eines Volkes auszudrücken, das weder eine Stimme noch eine Presse hat“56. Diese fehlende Stimme, die über „nationale Stimmbänder“57 verfügte, war offensichtlich der von konservativen Militärs verbotene Peronismus und sein vermeintlich ‚unterdrücktes‘, ‚peronistisches Volk‘. Andere, kleinere Verlage wie Pampa y Cielo suggerieren allein aufgrund ihres Verlagnamens eine peronistische Ausrichtung: die Pampa als der ländliche Ort der ‚Nation‘. Das heißt natürlich nicht, dass nur peronistische Verlage Tangotexte herausgaben. Auch der eher konservative und renommierte Verlag Losada veröffentlichte in dieser Zeit drei Bücher zum Thema Tango.58 Aber gemessen an der Gesamtmenge der hier zu betrachtenden Tangowerke, bleiben diese Veröffentlichungen eher Einzelphänomene als der Regelfall.
Die biographische Landschaft der Autoren Auch wenn man einen Blick in die biographische Landschaft der Autoren wirft, lässt sich die Vermutung einer peronistischen Tangoschreibung weiter bestärken: Der Historiker Norberto Galasso beispielsweise verschreibt sich bis heute einer peronistisch freundlich gesonnenen Historiographie, die sich Revisionismo Histórico nennt.59 Ein anderes Beispiel ist Julio Mafud. Er schrieb nach seiner Studie zum Tango ein Buch über den Peronismus, dem er darin freundlich gegenübertrat.60 Wieder ein anderes Beispiel ist Andrés Carretero. Er schrieb 1972 ein Werk über den caudillo Juan Manuel Rosas. Dieser galt damals als das typisch personifizierte Emblem von Perón.61 Aber der interessanteste Fall scheint der Blas Matamoros zu sein: Als die antiperonistische Militärjunta 1976 die Macht übernahm, musste er aufgrund seiner peronistischen Schriften nach Madrid ins Exil flüchten. Sein Buch Olimpia wurde von der Militärdiktatur verboten. Laut der Junta habe sein Buch die „nationalen Werte“ Argentiniens verunglimpft.62 Blas Matamoro selbst beschrieb sich rückblickend auf die Zeit des Postperonismus als ein
56 Miguel Couselo: Gardel, mito-realidad. (Ubicación y Antologia), Buenos Aires: Peña Lillo 1964, S. 7. 57 Ebd. 58 Diese Werke waren: E. Sábato: Tango. Discusión y clave; O. Rossler: Buenos Aires dos por cuatro; Francisco García Jimenez: Asi nacieron los Tangos. 59 Pablo Hernández: Peronismo y Pensamiento Nacional 1955-1973, Buenos Aires: Editorial Biblos 1997, S. 141. 60 Julio Mafud: Sociología del Peronismo, Buenos Aires: América Lée 1972. 61 Vgl. P. Hernández: Peronismo y Pensamiento Nacional 1955-1973, S. 81ff. 62 Vgl. Juan Sebreli: Blas Matamoro: http://www.omni-bus.com/n13/sebrelli.html (28.01.2008). 221
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„linksnationaler Revolutionär“63. Ein entscheidender Hinweis im Hinblick auf eine peronistische Tangoschreibung lässt sich aus seinem Tangowerk La Ciudad del tango entnehmen. In dem Epilog seiner Zweitauflage, die erst nach der Aufhebung der antiperonistischen Zensur im Jahre 1973 erschienen ist, fügte Matamoro einen Kommentar ein, der in seiner Erstauflage von 1969 nicht auftauchte: „1955, nach einer kurzen Krise, wird die peronistische Regierung gestürzt und eine konservative Restauration wird entsprechend dem Vorbild von 1930 wieder eingeführt. Es ist nicht zufällig, dass die Entwicklung des amerikanischen Rocks und das Aussterben des argentinischen Tangos mit dem Aufleben der rechten Militärdiktatur einhergehen.“64
In dieser Textstelle wird dem Leser suggeriert, dass der Fall des Peronismus parallel mit dem Niedergang des Tangos verlief, und dass der amerikanische Rock mit der konservativen Militärdiktatur zusammenfiel. Aber nicht alle Werke und biographischen Hintergründe geben Hinweise auf eine Peronisierung der Tangoschreibung. Jorge Luis Borges und Ernesto Sábato schrieben in jener Zeit ebenso Bücher über Tango. Sie galten in der Zeit des peronistischen Regimes zwischen 1946 und 1955 als rigorose Antiperonisten. Aber auch der Fall von Borges bleibt, in Analogie zum konservativen Verlag Losada, ein Einzelphänomen. Wenn man sich die Tangowerke anschaut, dann fällt auf, dass sich die übrigen Autoren von ihm abzugrenzen versuchen und ihm gar den Status eines Tangoexperten absprechen. Laut Carretero mag Borges ein respektabler Schriftsteller sein, aber über die „Realität“ des Tangos habe er keine Ahnung. Seine Ausführungen über Tango entsprächen einer literarischen, „irrealen“ Phantasiewelt, die mit dem tatsächlichen Phänomen nicht zu verwechseln seien. Bei Borges herrsche nämlich das “Imaginative“ über das „Reale“.65 Erstaunlich ist allerdings, dass auch Ernesto Sábato sich von Borges in Sachen Tango abgrenzte. Sábato schrieb in seinem Vorwort zu Tango. Discusion y clave aus dem Jahre 1963, dass er einst mit Borges in politischer Gleichgesinnung stand, dass er sich jetzt aber von ihm entfernt habe, weil die politischen Differenzen zu groß geworden seien.66 Sábato ist ein Beispiel für einen Intellektuellen, der während des peronistischen Regimes Antiperonist
63 Blas Matamaro: De un saber melancólico. Entrevista con Consuelo Trivenio Anzola: http://www.omni-bus.com/n13/entrevista.html (28.01.2008). 64 Blas Matamoro: La ciudad del Tango, S. 225. 65 Vgl. A. Carretero: El Compadrito y el Tango. El hombre de la Argentina Comercial, S. 91f. 66 Vgl. E. Sábato: Tango. Discusión y clave, S. 9. 222
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war und sich in der Zeit des Postperonismus wie viele seiner Kollegen ‚peronisiert‘ hat.67 Die hier skizzierten Anmerkungen zu den Erscheinungsorten der Tangowerke und den Biographien ihrer Autoren geben Anlass zur Vermutung, die Tangoschreibung begründe einen peronistischen Nationaldiskurs. Diese Annahme soll im Folgenden anhand der Textanalyse weiter verifiziert werden. Es wird argumentiert, dass der Tangologe als ein peronistischer Intellektueller auftrat, dass er eine peronistische Wahrnehmung der politischen Realität hatte, und schließlich, dass er den Tango als ‚authentischen‘ Kulturausdruck des Peronismus konstruierte.
Die Tangoschreibung als peronistischer Nationaldiskurs Der Tangologe als ein Anti-Intellektueller Der Tangologe, der sich in der Tangoschreibung artikuliert, nimmt die diskursive Position eines typisch peronistischen Intellektuellen der sechziger Jahre ein. Gemäß dieser Sprecherrolle definiert sich der Tangologe als ein AntiIntellektueller. Über die Konstruktion eines Feindbildes – den ‚europäisierten‘ und ‚verkopften‘ ‚Intellektuellen‘ – positioniert sich der Tangologe ex negativo als Teil des ‚authentischen Volkes‘: Laut der diskursiven Figur sei der ‚Intellektuelle‘ derjenige, der im ‚liberalen‘ Argentinien entstanden sei und bis heute noch existiere. Seine Geburt erfahre er mit den Gründungvätern des anfänglichen 19. Jahrhunderts, wie beispielsweise Juan Domingo Sarmiento. Dieser habe sich bemächtigt gesehen, nach europäischem Vorbild das ‚barbarische Volk‘ zu erziehen und zu ‚zivilisieren‘. Das ‚Volk‘ allerdings als das ‚barbarische‘ zu bezeichnen, sei schon die erste ‚Todsünde‘ gewesen. Es verdeutliche die ‚Tatsache‘, dass der ‚Intellektuelle‘ seit jeher von den Bedürfnissen des ‚Volkes‘ fern geblieben sei.68 Es sei beispielsweise unmöglich, dass Sarmiento keinen einzigen Kommentar über das erste Gauchobuch Argentiniens geäußert habe.69 Der ‚Intellektuelle‘ habe es verpasst, die ‚authentische‘ Kultur und die daraus entspringende Kunst des ‚Volkes‘ zu sehen. Stattdessen höre er „Mozart und Stravinsky“70 und nehme überhaupt, wie Tulio Carella es ausdrückt, jeden
67 Vgl. Silvia Sigal: Intelectuales y poder en Argentina. La década del sesenta, Buenos Aires: Siglo XXI 2002, S. 101. 68 Vgl. J. Mafud: Sociología del Tango, S. 102. 69 Ebd. 70 O. Rossler: Buenos Aires dos por cuatro, S. 19. 223
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„Schmutz“71 aus dem Ausland auf. Dass der argentinische ‚Intellektuelle‘ das Heimische verachte, liege in der Tatsache begründet, dass er genauso wie die Nordamerikaner und die Europäer eine ethnozentrische Perspektive einnehme. Horacio Ferrer positioniert den ‚Intellektuellen‘ im Diskurs mit folgenden Worten jenseits der nationalen Grenze: „In Argentinien glauben die Meisten, die über die Ressourcen und die Kapazitäten verfügen, über unsere Kunst zu urteilen, aufzuklären oder eine Meinung zu geben, ihr Fenster zeige auf romantischer Weise auf die Straßen von Montmartre oder glauben, ihre Schreibmaschine stände in der Redaktion des ‚Time Magazines‘.“72
Im Original kommt die Verachtung, die der Tangologe gegenüber dem ‚Intellektuellen‘ empfindet, mit der im Deutschen nicht übersetzbaren Diminutivform callecitas (etwa Sträßchen) besonders zum Ausdruck. Diese Diminutive tauchen in Verbindung mit der Konstruktion eines ‚Intellektuellen‘ immer wieder auf und bestärken die Distanz und die Feindschaft, die der Tangologe gegenüber seinem als antinational empfundenen Kontrahenten verspürt. Der ‚Intellektuelle‘ sei, so weiter die diskursive Figur, zudem ein ‚Idealist‘, der sich in ästhetischen und stilistischen Bemühungen verliere. Er sähe die Kunst in seinem Elfenbeinturm als l’art pour l’art. Indem er die stilistischen Maßstäbe aus Europa imitiere, versuche er die ‚hohe Kultur‘ zu pflegen und zu perfektionieren. Er sei mehr mit der Form als mit dem Inhalt beschäftigt. Diese ‚Europäisierung des Intellektuellen‘ habe dazu geführt, dass der ‚Intellektuelle‘ nicht die Sprache des ‚Volkes‘ gesprochen habe.73 Aber schlimmer noch als nicht die Sprache des ‚Volkes‘ zu sprechen, sei für den Tangologen die apolitische Haltung des ‚Intellektuellen‘. Aus Angst, ‚intellektuellen Selbstmord‘ zu begehen, habe sich der ‚Intellektuelle‘ von der Politik ferngehalten und dem ‚bürokratischen Politiker‘ den Platz geräumt: “Er möchte sich nicht beflecken, um seine literarische Jungfräulichkeit nicht zu verlieren.“74. Dabei sei diese politische Enthaltsamkeit Bestandteil des jasagenden und komplizenhaften Verhältnisses, das er mit der ‚Oligarchie‘ des Landes eingegangen ist.75 Julio Mafud resümiert das Feindbild des ‚Intellektuellen‘ und bringt es auf den Punkt: „Er [der Intellektuelle] betrachtet Europa nicht aus Argentinien heraus, sondern er betrachtet Argentinien aus Europa heraus. Er konstruiert das ideale Argentinien
71 72 73 74 75
T. Carella: Tango. Mito y esencia, S. 95. H. Ferrer: El Tango: Su historia y evolución, S. 12. Vgl. J. Mafud: Sociología del Tango, S. 114f. Ebd. S. 107. Vgl. N. Galasso: Discépolo y su época, S. 17.
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nicht aus dem realen Argentinien, sondern verurteilt das reale Argentinien aus einem idealen Argentinien.“76
Das ‚reale Argentinien‘ sehe der ‚Intellektuelle‘ nicht. Dieses ‚reale Argentinien‘ sei die Kehrseite von Montmartre und New York, es sei das ‚Nationale‘ im Gegensatz zum ‚Antinationalen‘. Dieses sei nur beim ‚Volke‘ selbst zu finden.
Der Tangologe als Tangoerlebender und Sprachrohr der Nation Der Tangologe konstruiert sich in kultureller Polarisierung zu einem ‚Intellektuellen‘. Der ‚Intellektuelle‘ konstruiert sich als kulturell ‚unauthentisch‘. Dabei dient er als Sinnbild des Antinationalen und des Antiperonismus. Mit dieser Polarisierungsstrategie eröffnet sich für den Tangologen nun die Möglichkeit, sich selbst als Vertreter und als Führer des ‚Volkes‘ zu betrachten. Indem er die gleichen Erfahrungen teile wie das ‚Volk‘, könne er die ‚nationale Realität‘ und die Bedürfnisse seiner Landsleute sehen.77 Diese Erfahrungsmomente macht er an dem ‚authentischen‘ Kulturausdruck Tango fest. Indem er sich als Tangoerlebender präsentiert, konstruiert er sich als Sprachrohr der ‚Nation‘. Tulio Carella beispielsweise behauptet, dass der Tango zusammen mit dem mate und dem asado (typisch argentinisches Grillfest) schon immer Teil seiner ‚Realität‘ war.78 Er habe den Tango im Radio gehört und sogar selbst mitgesungen: „Der Tango war dort, an allen Ecken, überall und jeder sang ihn.“79 Im Gegensatz zu den ‚abstrakten‘ und ‚irrealen‘ Gedankengebäuden einer ‚europäisierten‘ oder ‚fremden‘ Intellektualität sei der Tango konkreter Alltag seiner Kindheit gewesen. Die Hervorhebung einer Textstelle scheint hier besonders aufschlussreich zu sein: „Dank der Tica konnte ich auf der Silberhochzeit meiner Eltern Tango tanzen, und damit konnte ich viele Jahre später auch beweisen, dass die Theorien von Ezequiel Martinez Estrada vollkommen falsch waren.“80 Mit dem Argument der persönlichen und authentischen Erfahrung als Tangoerlebender werden die scheinbaren Irrealitäten einer ‚verkopften‘ Intellektualität verschmäht. Der Tangologe sei, laut der diskursiven Figur, mit dem ‚Volke‘ verbunden, weil auch er diese persönliche Erfahrung, das Tangotanzen, zusammen mit seinem Kindermädchen Tica teile. 76 J. Mafud: Sociología del Tango, S. 110. 77 Vgl. A. Carretero: El Compadrito y el Tango. El hombre de la Argentina Comercial, S. 70. 78 Vgl. T.Carella: Tango. Mito y esencia, S. 100. 79 Ebd., S. 98. 80 Ebd., S. 102. 225
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Der Tangologe autorisiert sich als Sprachrohr der ‚Nation‘, indem er sich immer wieder als Tangoerlebender konstruiert. Dies ist auch der Fall beispielsweise bei Osvaldo Rossler: „Ich bin einer derjenigen, der mindestens zwei Stunden am Tag Tango hört, auch bin ich derjenige, der nachmittags Mate trinkt.“81 Der Tango dient in der Tangoschreibung der sechziger Jahre als ein Erfahrungsscharnier zwischen der persönlichen Erfahrung des Tangologen und der kollektiven Erfahrung des ‚Volkes‘. Die Konstruktion von gemeinsamen Erfahrungen ist hierbei ein typisches Merkmal eines peronistischen Intellektuellen. Die Parallele wird durch das folgende Zitat des peronistischen Intellektuellen Arturo Jauretche deutlich: „Ich bin weit davon entfernt ein belesener Mensch zu sein [...]. Die wenigen Bücher, die ich gelesen habe, dienten nicht dazu meine Weltsicht zu rechtfertigen. Ich verachte die billige Wissenschaft, die in fachspezifischen Lexika mündet […]. Meine Wahrheiten haben einen bescheidenen Ursprung; es sind Ideen, die ich aus meiner persönlichen Beobachtung gewonnen habe und die gleichzeitig die Erfahrung meiner Landsleute [Hervorhebungen durch F.B.A.] repräsentieren.“82
Die Konstruktion der politischen Realität: ‚Oligarchie‘ versus ‚Volk‘ Der Tangologe beansprucht für sich, Sprachrohr der „Nation“ zu sein. Als solcher könne er im Gegensatz zu den „europäisierten Intellektuellen“ die ‚nationale Realität‘ sehen. 83 Dabei nimmt die Tangoschreibung ein typisch peronistisches Wahrnehmungsmuster der damaligen politischen Realität an: Diesem Muster zufolge befinde sich Argentinien in wirtschaftlicher, politischer und kultureller Abhängigkeit. Die ‚imperialistischen Nationen‘ hätten Argentinien in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ‚kolonialisiert‘. Unter dem Deckmantel der formal-rechtlichen Demokratie und des wirtschaftlichen Freihandels verberge sich eine ‚imperialistische Ordnung‘, in der die westlichen ‚Kolonialherren‘ mit der heimischen ‚Oligarchie‘ eine nationalverräterische Liaison eingegangen seien.84 Nur Juan Domingo Perón habe den ‚Imperialismus‘ in Argentinien gesehen und bekämpft. Er habe als Einziger die Verfassung der ‚liberalen‘ Gründungsväter von 1852 verworfen. Im Gegensatz zu jenem formal-rechtlichen
81 O. Rossler: Buenos Aires dos por cuatro, S. 9. 82 Arturo Jauretsche zit. nach F. Neiburg: Los intelectuales y la invencion del peronsimo: estudios de antropologia social y cultural, S. 53. 83 Vgl. A. Carretero: El Compadrito y el Tango. El hombre de la Argentina Comercial, S. 70. 84 Vgl. N. Galasso: Discépolo y su época, S. 17. 226
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Gesellschaftsvertrag habe er mit seinem ‚peronistischen Sozialpakt‘ soziale Gerechtigkeit geschaffen. Allerdings habe das antiperonistische Regime der sechziger Jahre die alte, ‚liberale‘ Ordnung ‚restauriert‘: „Das Paradies des peronistischen Sozialpakts ist tot“85, schreibt der Tangologe Blas Matamoro 1969 als Diagnose zu der damaligen politischen Situation. Für ihn habe das antiperonistische Regime 1955 die ‚imperialistische Ordnung‘ wieder eingeführt.86 Im Rahmen dieser Realitätskonzeption spaltet die Tangoschreibung die politische Landschaft der sechziger Jahre in zwei kollektive Akteure: Auf der einen Seite befinde sich, laut der diskursiven Figur, der Agent des ‚Imperialismus‘, die sogenannte ‚Oligarchie‘, auf der anderen Seite stände ihr das ‚authentische Volk‘ gegenüber. Entsprechend der Formationsregel des peronistischen Nationaldiskurses verläuft die Konstruktion dieser zwei Akteure über die Polarisierung kultureller Eigenschaften. Unter dem Begriff der ‚Oligarchie‘ werden in der Tangoschreibung nicht nur Politiker oder Führungspersonen der Wirtschaft gefasst, sondern vor allem solche Menschen, die über ‚europäisiertes‘ kulturelles Kapital verfügen. Neben dem „Intellektuellen” oder den „Herren der Feder“87 wie Norberto Gallasso sie herablassend benennt, sind es vor allem die kulturell „Privilegierten“88 und die „gente bien“89 (die Menschen ‚aus gutem Hause‘), die sich von dem ausländischen ‚Imperialismus‘ kolonialisieren lassen,90 um ein wohlbehütetes ‚high life“91 zu führen. Dabei bestehe diese kulturelle Elite aus ‚Konsumenten’, die der ‚wahren‘ Kunst nicht würdig seien. Sie seien lediglich darauf aus, Statussymbole zu akkumulieren. Sie verstünden nicht einmal die Bedeutung eines Gemäldes von Pablo Picasso. Am allerwenigsten könnten sie selbst Kunst erschaffen. Dafür würden sie jeglicher Authentizität entbehren. Stattdessen liefen sie den europäischen Trends hinterher und wollten sie imitieren.92 Wie man an dieser eben skizzierten diskursiven Figur erkennt, wird die Subjektform ‚Oligarchie‘ über ihren ‚europäisierten‘ und ‚unauthentischen‘ Kulturgeschmack bestimmt. Das heißt nicht, dass sie im peronistischen Diskurs nicht auch über ihre sozioökonomische Stellung definiert werden würde. Sie gilt insofern als eine bürgerliche Klasse, als dass sie über die Produktionsmittel verfügt, mit dessen Hilfe sie das ‚arbeitende Volk‘ unterjocht. Al85 86 87 88 89 90
B. Matamoro: La ciudad del Tango, S. 220. Ebd. N. Galasso: Discépolo y su época, S. 17. T. De Lara: El tema del Tango en la literatura Argentina, S. 128. Ebd., S. 139. Vgl. A. Carretero: El Compadrito y el Tango. El hombre de la Argentina Comercial, S. 13. 91 T. De Lara: El tema del Tango en la literatura Argentina, S. 126. 92 Vgl. H. Ferrer: El Tango: Su historia y evolución, S. 14. 227
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lerdings werden in keinem Tangowerk diese klassenspezifischen Eigenschaften der ‚Oligarchie‘ hervorgehoben. Weder Eigentum noch Produktionsmittel sind explizites Thema der Tangoschreibung. Vielmehr wird die ‚Oligarchie‘ als eine kulturelle Elite konstruiert, die ihren Kulturgeschmack zum Inbegriff der ‚Zivilisation‘ erhebt. Aus dieser Perspektive definiert sich die ‚Oligarchie‘ in der Tangoschreibung auch über ihren westlichen Musikgeschmack. Sie höre den amerikanischen Twist oder den amerikanischen Rock.93 Diese Musik sei nach „außen gerichtet“ und „oberflächlich“. Der Titelname Twist and Shout suggeriere beispielsweise die Oberflächlichkeit der amerikanischen Musik.94 Sie drücke die fehlende Kritik an und die „infantile Akzeptanz“ der sozialen Umgebung aus.95 Der „Oligarch“ sei entsprechend seinem „unauthentischem“ Musikgeschmack ein angepasster „Kollektivmensch“, der immer gleich aussehe, sich immer gleich kleide und jeglichen Sinn für seine „wahre“ Individualität verloren habe: er sei ein „hombre estandar“ (ein Standardmensch). Er stabilisiere die „imperialistische Ordnung“, indem er ein Mitläufer der westlichen Mode und der städtischen, „elitären“ Kultur sei. 96 Als Kehrseite der ‚Oligarchie‘ konstruiert die Tangoschreibung das ‚authentische Volk‘. Ihre Vertreter seien die „Marginalisierten der Stadt“97, das „geschundene Volk“98 die vom Land stammenden „Bauern“99 und letztendlich alle diejenigen Menschen, die in der Stadt mittellos seien und am Rande der Gesellschaft leben. Aber auch dieser Akteur wird nicht über seine klassenspezifischen Eigenschaften definiert, sondern vielmehr über seine kulturelle Authentizität. Wie nicht anders zu erwarten, hört, tanzt und singt das ‚authentische Volk‘, laut der Tangoschreibung, den Tango. Der Tango sei der ‚authentische‘ Kulturausdruck des ‚Volkes‘, weil er mit ihm die gleiche ‚Essenz‘ teile. In der Tangoschreibung wird auf diese gemeinsame Substanz mit dem Begriff der tanguidad verwiesen: „Die tanguidad ist ein gesamter Lebensstil. Eine Metaphysik und eine Psychologie, die die Gesamtheit aller argentinischen Eigenschaften in sich trägt. Tanguero ist nicht nur derjenige, der den Tango singt und tanzt. Er ist derjenige, der ohne ihn
93 94 95 96 97 98
Vgl. B. Matamoro: La ciudad del Tango, S. 215. Vgl. J. Mafud: Sociología del Tango, S. 23. Ebd., S. 24. Ebd., S. 22. H. Ferrer: El Tango: Su historia y evolución, S. 32. T. Carella zit. n. T. De Lara: El tema del Tango en la literatura Argentina, S. 132. 99 H. Ferrer: El Tango: Su historia y evolución, S. 18.
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ausüben zu müssen, all die Eigenschaften lebt und verkörpert, die sich hinter der tanguidad [Hervorhebungen durch F.B.A.] verbergen.“100
Die tanguidad wird als die Summe aller argentinischen ‚Wesenszüge‘ begriffen. Für Andrés Carretero sind diese in den kulturellen und biologischen Wurzeln der ‚Nation‘ zu finden. Für ihn besteht das ‚authentische Volk‘ aus „[...] den Männern und Frauen, die aus den Gebirgen kommen. Sie bringen dunkles Blut mit; in ihren Gesängen hört man das süße Zuckerrohr; ihre Haut ist die der Sonne und in ihren Händen staut sich die geballte Kraft eines Landes. Sie sind die edle Mischung aus Indio, Kreole und Erde: Sie sind der nationale Wille; sie kommen, um die Stadt zu argentinisieren. In ihren Schultern tragen sie das authentisch Nationale, weil sie noch nicht von einer deformierten Kultur korrumpiert worden sind.“101
Laut dieser Diskursfigur ist die tanguidad ‚ländlich‘, proletarisch, aus ‚dunklem Blut‘ und ‚kreolisch‘. Das ‚authentische Volk‘ habe durch diese ‚Tangoessenzen‘, die verdorbene, ‚deformierte Kultur‘ der Stadt ‚argentinisiert‘.
Cabecita negra versus petitero Bis zu diesem Punkt lässt sich festhalten, dass die Tangoschreibung in peronistischer Manier die politische Realität als einen Konflikt zwischen ‚Oligarchie‘ und ‚Volk‘ konstruiert. Allerdings lässt sich diese Realitätskonstruktion im Hinblick auf den historischen Kontext der sechziger Jahre weiter spezifizieren: Es lässt sich argumentieren, dass sich diese Gegensatzpaare letztendlich auf den damals vorherrschenden Konflikt zwischen Peronisten und Antiperonisten beziehen. Während die ‚antinationale Oligarchie‘ stellvertretend für den Antiperonismus steht, wird das ‚authentische Volk‘ als Emblem des Peronismus gebraucht. Diese Deutung lässt sich durch folgendes Zitat rechtfertigen: „Ab 1955 ändert sich die Lage. Heute regiert nicht mehr der cabecita negra, der aufgrund der paternalen Fürsorge und der im Lande herrschenden sozialen Gerechtigkeit aufgestiegen ist. Heute werden keine karierten Hemden und Leinenhosen mehr getragen. Heute dagegen regiert der liberale und restaurierende petitero. Er besucht die eleganten Kaffeehäuser [im Original: petites cafés] [Hervorhebung durch F.B.A.] der Stadt, trägt enge Jeans und noble Herrenschuhe. Er lernt nicht Tangotanzen, sondern verdreht sich die Füße mit dem aus den USA importierten Rock!“102 100 Ebd. 101 A. Carretero: El Compadrito y el Tango. El hombre de la Argentina Comercial, S. 24. 102 B. Matamoro: La ciudad del Tango, S. 220. 229
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Der petitero und der cabecita negra sind aus der Perspektive eines peronistischen Nationaldiskurses zwei typische Bezeichnungen für einen Antiperonisten und für einen Peronisten. Die Bezeichnung cabecita negra (Schwarzes Köpfchen) entstand ursprünglich in den vierziger Jahren als rassistische Klassifikation auf Seiten der Antiperonisten. Damit bezeichneten sie die in die Stadt neu zugezogene ländliche Bevölkerung. Aufgrund ihrer sonnengegerbten Haut, ihrer kleiner ausfallenden Statur und ihrer Dunkelhäutigkeit sahen viele Antiperonisten den cabecita negra als biologisch und kulturell minderwertig an. Um den cabecita negra zur kulturellen und politischen Basis des Peronismus zu erheben, nahm Eva Maria Duarte Perón diese diskriminierende Bezeichnung als ironistische Selbstidentifikation auf: Cabecita negra wurde zur offiziellen peronistischen Selbstbeschreibung.103 Der petitero dagegen ist der Name, den die Peronisten als Racheakt den Antiperonisten gaben. Petitero ist eine Hispanisierung des französischen Wortes petite. Diese Bezeichnung ist eine Anspielung auf ihre vermeintlich französische Kulturalisierung. Das petite café dient hier im Zitat als Symbol für die Eleganz und die kulturelle Distinktion, die die Peronisten an ihren Widersachern verachteten. Gleichzeitig verweist die Bezeichnung petite auf den „imitierenden“ und „unauthentischen“ Charakter dieser Kulturalisierung. Der Antiperonist sei kein Original, sondern lediglich eine minderwertige Kopie der europäischen Kultur.104 In dieser fast unscheinbaren und im ganzen Tangokorpus nur ein einziges Mal auftauchenden, expliziten Gegenüberstellung von cabecita negra und petitero kondensiert sich der Konflikt zwischen ‚Volk‘ und ‚Oligarchie‘ als einer zwischen Peronismus und Antiperonismus. Der petitero und der cabecita negra werden in kultureller Polarisierung zu einander konstruiert. Der petitero wird genauso wie die ‚Oligarchie‘ nicht durch die Produktionsmittel charakterisiert, der cabecita negra genauso wie das ‚Volk‘ nicht durch die Ausgebeutetheit, sondern durch die Kleidung, die sie tragen, durch die Musik, die sie hören und die Kulturorte, die sie besuchen: der eine trage Jeans, noble Schuhe, höre amerikanischen Rock und besuche die elitären Kaffeehäuser der Stadt; der andere trage ein kariertes Hemd und eine Leinenhose, höre Tangomusik und besuche die Milongas (Tangotanzlokale). Cabecita negra und ‚Volk‘ sind somit austauchbare Synonyme für den leeren Signifikanten ‚Peronist‘. Petitero und ‚Oligarche‘ sind austauschbare Synonyme für den leeren Signifikanten ‚Antiperonist‘. Schließlich repräsen103 Vgl. Rosana Guber: El “cabecita negra” o las categorías de la investigación etnográfica en la Argentina, in: Revista de Investigaciones Folklóricas, 14 (1999), S. 108-121, S. 110-113. 104 Vgl. T. Gobello, in: María López: La poesía tanguera de Eliada Blázquez: de la melancholia tradicional a la vanguardia renovadora: http://etd.gsu.edu/theses/ available/etd-11282007-121243 (10.11.2007), S. 43. 230
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tiert die tanguidad die peronistische ‚Essenz‘: das dunkle Blut, die kreolische Abstammung und die ländliche Herkunft.
B o e d o ve r s u s F l o r i d a In der Tangoschreibung wird die politische Realität der 1960er Jahre als ein Kulturkampf zwischen Peronisten und Antiperonisten konstruiert. Dabei definiert sich der Peronist über den Tango. Damit der Tango die Funktion eines peronistischen Kulturkampfes zwischen Peronisten und Antiperonisten erfüllen kann, bedarf es einer genuin peronistischen Interpretation der Tangogeschichte. Diese wird in der Tangoschreibung an verschiedenen Stellen geleistet. Die Geschichte des Tangos dient immer wieder als ein historischer Schauplatz des Konfliktes zwischen Peronisten und Antiperonisten. Diese Genealogie wird entsprechend der Formationsregel des peronistischen Nationaldiskurses hauptsächlich in Polarisierung zu einem kulturell definierten, antiperonistischen Feindbild konstruiert. Dieser Polarisierung wird dabei beispielsweise durch die Konstruktion räumlicher Grenzziehung Rechnung getragen: Die Tangoschreibung konstruiert das ‚unechte‘ bzw. das ‚antinationale‘ Argentinien im Norden der Stadt, das ‚authentische‘ Argentinien dagegen im Süden. Der Tango sei als ‚authentischer‘ Kulturausdruck demzufolge im Süden der Stadt entstanden. Diese polarisierte Diskursfigur sieht folgendermaßen aus: Im Norden (in den Stadteilen von Palermo, Recoleta und Belgrano) lebten die aristokratischen Familien, die Großgrundbesitzer, die aus Europa ihre Möbel importierten. Sie lebten in ‚neoklassischen Villen‘ und flanierten entlang der Florida Promenade. Dort befanden sich europäisch inspirierte Kaffeehäuser, Theater, Hotels und luxuriöse Bürogebäude. Auf der anderen Seite der Stadt, vor allem in Boedo, Boca, Paso de Julio und in Misere, lag das ‚wahre Argentinien‘. Diese Stadtviertel waren weder Teil des kosmopolitischen Stadtlebens, noch gehörten sie zu den einstigen ländlichen Regionen. Vielmehr lagen sie zwischen der Pampa und dem Stadtkern. Die Tangoschreibung nennt jene Stadteile orillas (Rand). Damit soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass diese Stadtteile die Außenränder der Stadt ausmachen.105 Dort lebte die „einfache, friedliche, und ehrlich arbeitende Bevölkerung“106. Sie arbeitete in den sogenannten saladeros der Großgrundbesitzer. Saladeros waren Schlachtereien, in denen das Fleisch gesalzen wurde, um es exporttauglich zu machen. Während die Großgrundbesitzer durch ihren
105 Vgl. B. Matamoro: La ciudad del Tango, S. 25ff. 106 A. Carretero: El Compadrito y el Tango. El hombre de la Argentina Comercial, S. 38. 231
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Fleischexport zu beef barons avancierten, galt die Arbeit der orilleros als gesundheitsgefährdend und unterbezahlt. Während die orilleros in den conventillos hausten, wohnten die Großgrundbesitzer in ihren Stadtvillen. In den conventillos lebten die gaucho stämmigen Kreolen wie auch die verarmten europäischen Immigranten. Der vermeintliche Wohlstand Argentiniens im Norden hatte seine Kehrseite im Süden der Stadt. Die Landbevölkerung musste aufgrund der Großgrundbesitzer aus ihrer inländischen Heimat fliehen, um im Süden der Stadt Arbeit zu suchen. Sie brachten ihre inländische Kultur mit, wurden aber durch das Stadtleben gezwungen, sich neue Gewohnheiten anzueignen. Nichtsdestotrotz wurden sie nie zu Stadtbürgern, sondern behielten ihre inländische, kreolische, letztendlich peronistische ‚Seele‘ bei. In den orillas gab es keine auserlesenen Kaffeehäuser und Theater wie das berühmte Teatro Colón, sondern stattdessen vergnügte sich die arbeitende und vor allem männliche Bevölkerung in den Bordellen, auf den Straßen oder in den conventillos. Dort, in den verschiedenen Etablissements der orillas, fand der Tango seine Entstehung.107 Anhand dieser eben nachgezeichneten diskursiven Figur lässt sich festhalten, dass für die Tangoschreibung das ‚wahre‘ Argentinien in jenen orillas lag, während die ‚Aristokraten‘ im Norden der Stadt lebten. Diese räumliche und polarisierte Grenzziehung findet ihren emblematischsten Ausdruck im folgenden Zitat: „Boedo ist ein weiter Boulevard mit lebendigem Antlitz. Während sich in Florida Parisanhänger befinden, sieht man hier das authentisches Volk. An beiden Orten glaubt man, das Gleiche nur im unterschiedlichem Gewand zu sehen; der Diamant aus Glas, auf der einen Seite, und der Goldbarren, auf der anderen. Und nichtsdesto108 trotz versteht man, dass Boedo mehr Buenos Aires ist als Florida.“
Hier wird die typisch peronistische Art und Weise der Konstruktion von Nation deutlich: Boedo als räumlicher Ort der ‚Nation‘ wird als Gegenbegriff des Stadtteils Florida konstruiert. Weiterhin wird die Polarisierung zwischen dem ‚nationalen‘ Boedo und dem ‚antinationalen‘ Florida auf kultureller Ebene konstruiert: Florida wird durch die ‚europäisierte‘ und Boedo durch die ‚authentische‘, kreolische Kultur seiner Einwohner gekennzeichnet. Es wird hier der Konflikt zwischen Peronisten und Antiperonisten als räumliche Dichotomie hervorgebracht; während der cabecita negra im ‚authentischen‘ Boedo gelebt habe, habe man den petitero im ‚französischen‘ Florida vorgefunden; während der erste in den conventillos gewohnt habe, sei der zweite in ‚neoklassischen Villen‘ zu Hause gewesen; während der eine das ‚unauthentische‘ Teatro Colón besucht habe, sei auf der anderen Seite der 107 Vgl. ebd., S. 38ff; B. Matamoro: La ciudad del Tango, S. 59ff. 108 Ezequiel Martinez Estrada zit. nach J. Gobello: Tango y milonguita, S. 53. 232
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Stadt, in den ‚authentischen‘ Etablissements von Boedo, der Tango entstanden. Das peronistische Argentinien sei im Süden, das antiperonistische im Norden der Stadt vorzufinden gewesen.
Die Konstruktion eines kreolischen Tangoursprungs Nun reicht es nicht aus, die Entstehung des Tangos im Süden der Stadt zu situieren. Damit der Tango als ein peronistischer Kulturausdruck dienen kann, muss er ferner von den inländischen Kreolen stammen, d.h. die Genealogie des Tangos muss idealtypisch zu ihnen zurückführen. Allerdings ist diese diskursive Konstruktion schwer durchzusetzen. Denn der diskursive Rahmen des Tangowissens, in dem sich die Tangologen der damaligen Zeit bewegten, hatte allseits den hybriden Charakter des Tangos als ‚Wahrheit‘ schon etabliert. Es war unmöglich, die afrikanischen und europäischen Einflüsse zu verneinen.109 Nichtsdestotrotz führte vor allem Andrés Carretero den Tango auf einen kreolischen Ursprung zurück. Sein Ursprungsmythos lässt sich folgendermaßen skizzieren: Die Schwarzen brachten ihre Musik aus Afrika mit und tanzten zu ihr auf den Straßenkarnevalen. Die europäisch stämmigen Weißen nahmen diese Tänze auf und versuchten es den Schwarzen gleichzumachen. Allerdings verfügten sie nicht über die notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse der Choreographie. Die aus dem Inland stammenden Kreolen verurteilten diese verzweifelten Versuche der Weißen als lächerlich. Sie machten sich über sie lustig, indem die Kreolen die Weißen nachahmten und ihnen eine eigene, kreolische Choreographie entgegenhielten. Der Tango sei somit als ironische Nachahmung der Europäer und in gänzlicher Abgrenzung zu den afrikanischen Tänzen entstanden.110 Diese kreolische Choreographie sei ein Protestzug gegenüber der Einwanderungspolitik der ‚Oligarchie‘ gewesen: „Es war eine anonyme Entstehung, eine Reaktion des Volkes, eine intuitive Antwort auf die Massenimmigration, ein nationaler (da er von den Kreolen kam) Protest gegenüber der Deformation und Zerstörung der ursprünglichen Lebensformen zu
109 Vicente Rossi und Carlos Vega hatten schon in den zwanziger und dreißiger Jahren den spanischen und afrikanischen Ursprung des Tangos herausgearbeitet: vgl. Vicente Rossi: Cosas de negros. Los orígenes del Tango y otros aportes al folklore rioplatense, Buenos Aires: Impresa Argentina 1926, Carlos Vega: Danzas y canciones argentinas: teorías e investigaciones, Buenos Aires: G. Ricordi 1936. 110 Vgl. A. Carretero: El Compadrito y el Tango. El hombre de la Argentina Comercial, S. 44ff. 233
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Gunsten ausländischer Wertvorstellungen, die die Oligarchie in jener Zeit zu importieren begann.“111
Der Tango konstruiert sich aus dieser radikalen Perspektive als ein rein kreolisches Produkt. Seine Choreographie sei dabei die tänzerische Umsetzung des einstigen duelo criollos der gauchos.112 Duelo criollo (kreolisches Duell) bezeichnet den mythischen Messerkampf, den die gauchos untereinander führten. Er dient als das emblematische Zeichen des ‚kreolischen Mutes‘ und des ‚Gerechtigkeitsempfindens‘. Jedes Mal, wenn der gaucho ein Unrecht empfindet, so der Mythos, fordert er seinen Kontrahenten zu einem Messerkampf auf. Wenn er dabei den Tod erleiden muss, ist dies ein ehrbarer Preis, den er für seine Freiheit gewillt ist zu zahlen.113 Dieser Mythos des duelo criollos sei nun der genealogische Ursprung des Tangotanzes: „Fast alle Schritte im Tango sind Ausdruck der Choreographie des duelo criollos [Hervorhebung durch F.B.A.].“114 Diese Verwandtschaft wird insofern konstruiert, als die Bezeichnungen der Tanzfiguren die gleichen Namen tragen wie die Figuren im Messerkampf: „Der corte [Schnitt] des Messers entspricht im Tango dem plötzlichen corte [Stopp] des Vorwärtsgehens. Marcar [Führen mit dem Messer] seinen Gegenüber entspricht dem Marcar [Führen] der Frau. Die corrida oder asentada [Sitz der Frau auf dem Bein des Mannes] im Tango entspricht der asentada [der eine beugt den anderen über das Knie, um ihn den Todesstich zu versetzen] des gauchos [Hervorhebungen durch F.B.A.].“115
Aber nicht nur der Tanz wird in Genealogie zu der ländlichen Kultur gesetzt, sondern auch die Musik, der Gesang und die Texte des Tangos werden als Nachfahre einer ländlichen Tradition konstruiert: Laut Tangoschreibung ist die Tangopoesie die Verlängerung der einstigen Gauchesco-Literatur, und ihre Interpreten seien die einstigen payadores.116 Der payador war der ländliche Musiker, der mit einer Gitarre durch das Land zog und Verse improvisierte. Genauso wie er habe der Tangomusiker mit einer Gitarre angefangen und die Verse erfunden. Sogar der legendäre Tangosänger wird in dieser ländlichen Genealogie konstruiert: „Carlos Gardel – wie man weiß – war, bevor er Tangosänger wurde, ein payador [Hervorhebung durch F.B.A.].“117 111 112 113 114 115 116 117 234
Ebd., S. 44. Vgl. J. Mafud: Sociología del Tango, S. 41. Vgl. A. Mascia: Política y Tango, S. 250ff. J. Mafud: Sociología del Tango, S. 41. Ebd. Vgl. J. Mafud: Sociología del Tango, S. 27. Ebd., S. 26.
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Diese diskursive Strategie, die als Kreolisierung bezeichnet werden kann, mündet schließlich in einer abstrusen Schlussfolgerung: „Es gibt im Tango nichts Ausländisches. Wir kennen kein anderes argentinisches Phänomen, das dermaßen national ist, außer vielleicht den truco und den mate. In Bezug auf den mate können wir sogar einräumen, dass er aus Paraguay und Brasilien vielleicht auch aus Uruguay, Chile oder Perú kommt. Der truco [Hervorhebungen durch F.B.A.] ist ursprünglich portugiesisch, und die hiesige Art und Weise ihn zu spielen, ist in ganz Südamerika verbreitet. Der Tango, allerdings, ist ein absolut argentinisches Phänomen [...] und ist somit mit anderen Phänomenen unvergleichbar.“118
Der mate gilt in Argentinien als Nationalgetränk, und der truco ist ein in Argentinien sehr verbreitetes Kartenspiel. Den Tango über diese ansonsten als national identifizierten Kulturartefakte zu stellen und ihm jegliche Hybridität abzusprechen, ist ein diskursives Moment, durch das der Tango zum Inbegriff der Kreolität überhaupt wird. Indem die Entstehung des Tangos im Süden der Stadt, im idealtypischen Boedo verortet, und indem die Ausdrucksformen des Tangos, seine Musik, sein Tanz und sein Gesang als kreolisches Produkt etabliert werden, erhebt die Tangoschreibung diesen Kulturausdruck zum Inbegriff des Peronismus, des stereotypischen cabecita negra.
Ein moralisch einwandfreier und peronistischer compadrito Damit der Tango zu einem peronistischen Kulturausdruck werden kann, bedarf es seiner moralischen Aufwertung. Soll eine ‚peronistische Nation‘ als der legitime Souverän der politischen Ordnung gerechtfertigt werden, muss ihr Kulturausdruck immer zugleich auch das moralisch Gute und Edle repräsentieren. Allerdings galt der Tango bei den Intellektuellen traditionell als moralisch verwerflich. Vor allem seine Hauptfigur, der vom gaucho stammende und somit kreolische compadrito, war ein Emblem für das Antinationale. Er galt als ein barbarischer, unzivilisierter Antiheld, der sich in den Bordellen nicht nur mit Frauen vergnügte, sondern sie zugleich als Zuhälter unterhielt. Er wurde als ein Verbrecher angesehen, ein Schurke, der das Gesetz missachtete und Eigenjustiz verübte.119 Gerade gegen diese Wissensproduktion versucht sich die intellektuelle Tangoschreibung der sechziger Jahre zu wehren. Um eine moralische Aufwertung des compadritos herbeizuführen, entsteht eine differenziertere Wis118 T. De Lara: El tema del Tango en la literatura Argentina, S. 191. 119 Vgl. A. Mascia: Política y Tango, S. 247. 235
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sensproduktion hinsichtlich der Figuren des Tangos. Die Tangowelt habe nicht nur aus dem compadrito bestanden, sondern auch aus anderen Figuren, von dem sich der scheinbar ‚wahre Nationalheld‘ unterschieden haben soll: „Er war weder ein Zuhälter noch ein Verbrecher, sondern diese waren lediglich seine Nachbarn.“120 Einer dieser Nachbarn sei, der diskursiven Figur zufolge, der rufian bzw. cafisho gewesen.121 Im Gegensatz zum compadrito sei der rufian ein Zuhälter, der von den Diensten seiner Frauen lebe und anders als der ‚wahre Nationalheld‘ sei er in Wirklichkeit kein richtiger Mann, sondern ein afeminado (eine ‚verweichlichte Frau‘) gewesen.122 Diesen „homoerotischen“123 Zug habe man anhand der Art und Weise erkannt, wie er sich kleidete. Er habe meistens ein farbenfrohes, glänzendes und blusenähnliches Hemd getragen und habe sich sogar mit Puder das Gesicht geglättet.124 Dagegen sei der compadrito ein ‚richtiger‘ Mann gewesen: genau wie der gaucho habe er noch die Sporen an seinen Stiefeln getragen.125 Die Konstruktion dieser Differenz zwischen dem compadrito und dem rufian mündet schließlich in der Konstruktion unterschiedlicher Herkunftsorte: während der erstere vom Inland stamme bzw. Nachfahre des gauchos sei, komme der zweite aus Europa. Für Matamoro sei der rufian slawischer oder französischer, für Carretero italienischer Herkunft gewesen.126 Aus ihrer Perspektive brachte der Immigrant aus Europa seine Erfahrung als Zuhälter mit und führte sie in Argentinien fort: „Ich bin der Überzeugung, dass die Immigration aus dem Süden von Italien ihre alte Gewohnheit nach Argentinien mitbrachte: nämlich die kleinkriminelle Prostitution.“127
Mit dieser Konstruktionswindung wird Europa und seine Kultur zum Inbegriff der Amoralität. Dagegen werden der compadrito und der von ihm entstandene Tango als moralisch unanfechtbar konstruiert. Der rufian ist allerdings nicht die einzige Figur, die von der Tangoschreibung der 1960er Jahre hervorgebracht wird. Der compadrito grenzt sich ferner von anderen Figuren wie dem malevo und dem niño bien ab. Der Begriff malevo kommt von mal (schlecht, böse). Der malevo sei der Bösewicht gewe120 B. Matamoro: La ciudad del Tango, S. 54. 121 Ebd., S. 47; A. Carretero: El Compadrito y el Tango. El hombre de la Argentina Comercial, S. 22. 122 Vgl. B. Matamoro: La ciudad del Tango, S. 48. 123 Ebd., S. 51. 124 Vgl. ebd., S. 50. 125 Ebd. 126 Vgl. A. Carretero: El Compadrito y el Tango. El hombre de la Argentina Comercial, S. 51; B. Matamoro: La ciudad del Tango, S. 48. 127 Ebd., S. 51. 236
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sen, der mit seinem Messer grundlos tötete. Der compadrito dagegen habe den Messerkampf in die Tanzchoreographie übersetzt. Er habe sein Messer lediglich als Arbeitsinstrument benutzt und nicht als Waffe. Er sei tagsüber ein Arbeiter und abends ein Tänzer gewesen. Seine Zwietracht habe er im Tanzen und nicht im Messerkampf ausgetragen.128 Der compadrito „[...] zettelte höchstens einen Streit an, um zu wissen, wer der beste Tänzer war.“129 In diesem Sinne unterscheidet sich der compadrito von dem malevo. Der compadrito sei entgegen seinem verbrecherischen Widersacher kein Bösewicht, sondern ein “aufrichtiger Arbeiter“130 gewesen. Der niño bien habe schließlich den ‚oligarchischen Feigling‘ repräsentiert. Niño bien bedeutet auf Spanisch ‚Kind aus gutem Hause‘. Er war der junge Mann, der aus einer ‚oligarchischen‘ Familie stammte, im Norden der Stadt lebte und nachts die Bordelle in Boedo aufsuchte. Aus Angst vor dem malevo, dem rufian und dem compadrito sei der niño bien nie allein erschienen, sondern immer nur in einer Gruppe.131 Er sei ein wohlbehüteter „Feigling” gewesen, der zu seinem Schutz nicht – wie der „kreolische Mut“ es verlangen würde – ein Messer trug, sondern einen teuren Revolver.132 In Gegensatz zum ‚europäischen‘ rufian und zum ‚oligarchischen‘ niño bien und dem ‚verbrecherischen‘ malevo, wird der compadrito zum Inbegriff der nationalen Tugendhaftigkeit konstruiert. Seine nicht selbst verschuldete Armut habe er mit seinem ‚Mut‘, seiner ‚Aufrichtigkeit‘, seiner ‚Sittlichkeit‘ und seinem ‚Gefühl für Gerechtigkeit‘ kompensiert. Der compadrito sei in die Bordelle gegangen, um sein soziales Elend zu vergessen und nicht um sich zu vergnügen. Die käufliche Liebe sei ihm nicht von Bedeutung gewesen. Er sei nicht von sexueller Lust geplagt gewesen, denn von dieser habe er sich in diesen Etablissements schnell entledigen können.133 Sein Tanz sei ihm wichtiger gewesen. Für Matamoro bestand die Mehrzahl der im Süden lebenden, männlichen Bevölkerung des anfänglichen 20. Jahrhunderts aus jenen compdaritos.134 Der compadrito dient somit als Repräsentationsfigur einer moralisch einwandfreien ‚Nation‘. Er wird entgegen den traditionellen Entwürfen der Intellektuellen hier mit den gleichen Tugenden konstruiert wie der gaucho. Damit wird er als Held einer peronistischen ‚Nation‘ etabliert. Der compadrito wird entsprechend dem cabecita negra und entgegen den anderen, ‚europäisierten‘ Figu-
128 Vgl. ebd., S. 21. 129 T. Carella: Tango. Mito y esencia, S. 31. 130 A. Carretero: El Compadrito y el Tango. El hombre de la Argentina Comercial, S. 21. 131 Vgl. ebd., S. 24. 132 Ebd., S. 52. 133 Vgl. E. Sábato: Tango. Discusión y clave, S. 14. 134 Vgl. B. Matamoro: La ciudad del Tango, S. 54. 237
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ren wie dem rufian und dem niño bien als ein inländischer Kreole konstruiert. Entgegen einem malevo sei er kein Verbrecher, sondern ein Vertreter der Gerechtigkeit gewesen. Diese moralische Aufwertung des compadritos impliziert eine moralische Aufwertung der peronistischen ‚Essenz‘: der compadrito sei genau wie der cabecita negra nicht der biologisch und kulturell Minderwertige gewesen, sondern der ‚authentische‘ und ‚tugendhafte‘ Repräsentant der ‚Nation‘. Allerdings habe er durch seine Landflucht das soziale Elend der Stadt erfahren müssen, für das der Antiperonist, der petitero, bis heute die Verantwortung trage. Auch die Art und Weise der Konstruktion der Compadritofigur ist für einen peronistischen Nationaldiskurs bezeichnend. Er wird in stetiger Polarisierung zu den anderen Figuren konstruiert. Der compadrito ist immer die kulturelle Negation des malevos, des rufians und vor allem des niño biens.
Schlussbemerkung In diesem Artikel wurde argumentiert, dass die intellektuelle Tangoschreibung der sechziger Jahre einen peronistischen Nationaldiskurs mitbegründete. Als solcher nahm der Tangologe die Rolle eines peronistischen Intellektuellen ein. Er nahm die politische Realität der sechziger Jahre als einen Kampf zwischen einer ‚unauthentischen Oligarchie‘ und einem ‚authentischem Volk‘ wahr. Entsprechend der Formationsregel eines peronistischen Nationaldiskurses konstruierte er den Konflikt als eine kulturelle Polarisierung zwischen Peronisten und Antiperonisten. Das bedeutet, dass die beiden Subjektformen sich in kultureller Negation zueinander bildeten. Dabei definierte er den Antiperonisten über seine ‚europäisierte‘ Stadtkultur, den Peronisten dagegen über seine kreolischen und inländischen Wurzeln. Der Tango wurde dabei zum Kulturausdruck jener peronistischen Essenz erhoben. Um diese Funktion auszuüben, bedurfte es der Entstehung eines bestimmten historischen Tangowissens, das hier in diesem Artikel beispielhaft angerissen wurde. Die Tangologen artikulierten eine Geschichtserzählung, indem sie, wie Philipp Sarasin dies für die Geschichtskonstruktion im Allgemeinen anmerkt, „die Chronologie umkehr[t]en und die Zeit rückwärts l[a]sen, weil sie ihren genealogischen Faden von der Gegenwart aus in die Vergangenheit ausleg[t]en“135. In diesem Sinne griff die peronistische Formationsregel der kulturellen Polarisierung auch auf die historische Wissensproduktion des Tangos über. Die Geschichte des Tangos wurde zum Schauplatz des damaligen, in den sechziger Jahren vorherrschenden Konfliktes zwischen Antiperonisten und Peronisten. 135 P. Sarasin: Geschichtswissenschaft und Diskursanalyse, S. 160. 238
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Man kann sagen, dass die hier beleuchtete Tangoschreibung von dem politischen Konflikt durchdrungen war und aus dem intellektuellen Feld heraus an dem ‚peronistischen Widerstand‘ teilnahm. Das bedeutet allerdings nicht, dass alle hier betrachteten Tangowerke ‚peronistisch‘ sind. Die in diesem Artikel vorgenommene Diskursanalyse hat lediglich, im Sinne Foucaults, einen Diskurs in der Tangoschreibung zu isolieren versucht. Sie macht keine Aussagen darüber, ob die Tangowerke der sechziger Jahre nicht andere Diskurse, vielleicht sogar antiperonistische Elemente enthalten. Sie gibt somit keine Auskunft über das Gewicht dieses peronistischen Diskurses für die allgemeine Wahrheitsproduktion im Tango. Dafür bedürfte es einer breiter angelegten Auswahl an Texten und einer gleichzeitigen Rekonstruktion nichtperonistischer Diskursfragmente. Nichtsdestotrotz thematisiert dieser Artikel ein politisch brisantes Kernproblem der argentinischen Identitätskonstruktion, das in der wissenschaftlichen Tangodiskussion bisher unterbelichtet blieb: der Zusammenhang zwischen Peronismus und Tango. Ein möglicher Anknüpfungspunkt an dieses Thema wäre beispielsweise die Analyse lokaler Tangopraktiken. Aus einer Foucaultschen Diskursperspektive kann man davon ausgehen, dass die Entstehung eines peronistischen Tangowissens Auswirkungen auf die Bewegungsmechanismen der Tangopraktiken hatte. Aus dieser theoretischen Perspektive heraus könnte man die Dispositive peronistischer Reproduktionstechnologien auf der Ebene der lokalen Tangopraktiken analysieren.
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Irre ve re nt Ta ngos : Da nc ing ’Love ‘ a nd the Politic s of Pa rody MARTA ELENA SAVIGLIANO
Tangos are known for evoking an intense and ambiguous atmosphere, for pointing at dangers and stressing their irresistible pull, for announcing trouble especially when it comes to love. Tango music, tango moves, and tangoesque looks (attires, postures and gestures) are frequently used in the popular media, from advertisement to feature films, to convey tension, stress, even grief; melodramas of desiring subjects in want of something or someone seriously hard to reach. Tangos set up the scenario for subjects and objects of desire to exert fetishistic, irresistible attraction. In this paper I will discuss how parodic versions of the tango, that is irreverent and insolent tangos, engage with the stereotypical rendering of tangos as scenes of fatal seduction. For this purpose I will briefly present tangos de espectáculo (stage and screen tangos) as the background material that offer the elements suitable for parodic play. I will be arguing that the gendered and hetero-sexualized relationship exhibited in and attributed to the tango dance contains the paradoxes, contradictions, and knots of anxiety exploited in tango parodies. Irreverent tangos will be presented as creative, reflexive engagements with the ambiguities of ’love‘. Making use of physical irony, by matching unexpected partners or by setting them to perform inappropriate moves or by presenting them in unconducive situations for a tango scene to emerge, in whatever combination, will result in a tango parody if the audience shares the knowledge of the tango codes and, to some extent, the interpretations that associate tango dance with heterosexual love and sex entanglements. Thus, irreverent tangos are double edged, as it were, in that they pay homage and subvert tangos as an aesthetic form, and in that they cite as they pass judgment on the social relationships that tangos perform and represent.
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MARTA ELENA SAVIGLIANO
Although parodies are usually associated with humor, following Linda Hutcheon,1 I will be arguing that this is not necessarily so. As a matter of fact, the most renowned tangos de espectáculo are serious and quite dark, and yet they are naughty, aestheticised citations and subversions of the tango milonguero or tango de salón as danced in popular tango dance clubs. This creates certain confusions when it comes to identify and interpret parodic tangos, given that the eroticized and moralizing tangos de espectáculo that have come to represent the tango form through their visibility on stages and screens are, actually, a stereotypical, naughty, humorless parody of the, by contrast, bland but more socially defiant tangos practiced in the nocturnal world of the milongas. Throughout this discussion of irreverent tangos I will be entertaining the ’love‘ question, the possibility and impossibility of the heterosexual love encounter and its slippages into sexual relations, as the source of ambivalence that makes tango parodies possible. Tango parodies’ comedic effect is attained precisely by making explicit what is supposed to remain implicit in a ’straight‘ performance of the tango. I have chosen to focus on ’love‘ as love/sex in order to establish a distinction between, on the one hand, sexual encounters that privilege pleasure and, on the other, sexual relations that assume reproduction as a proper or a natural end. In the course of this essay I will attempt to show that although this distinction, traversed as it is by moral normatives, is nowadays rather easy to maintain, it turns out to be murky when it comes to establish differences between the degrees of care and commitment invested in gendered sexual relations. ’Love‘ is the scene and process in which sex, among other practices, can consolidate the relation of two, but sex as a practice of pleasure does not depend on the labours of love.2 1 2
See Linda Hutcheon: A Theory of Parody. The Teachings of Twentieth-Century Art Forms, New York: Methuen 1985. On love as a scene of (clearly gendered and heterosexual) Two, see Alain Badiou: The scene of Two, in: Lacanian Ink, 21 (2003), pp. 42-55, where he attempts to reconfigure psychoanalytic treatments of ’love‘ and ’sexual relations‘ by distinguishing between ’love‘ and ’the couple‘. Luce Irigaray intervenes into the Lacanian interpretations of ’sexual relations‘ by posing ’love‘ as an event of communication across the gender divide that, not unlike Badiou, entails care and labor (See Luce Irigaray: I Love To You. Sketch of a Possible Felicity in History, New York/London: Routledge 1996). Thus they both engage with the Lacanian dictum of the impossibility of sexual relations from contrasting perspectives. While Badiou accepts that sexed relations are impossible, given the unsurmontable differences in gendered perspectives which he chooses to assign to ’the couple‘, he reserves ’love‘ for the scene and the production of the encounter. Irigaray, as a radical difference feminist, establishes ’love‘ as a project to be pursued by listening to the gendered other, avoiding the traps of assimilating and appropriating the other. For lucid discussions of Lacan on sexual relations see Slavoj Žižek: The Plague of Fantasies, London: Verso 1997; Elisabeth Grosz: Sexual relations, in: Jacques Lacan. A Feminist Introduction, London/New
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IRREVERENT TANGOS: DANCING ’LOVE‘ AND THE POLITICS OF PARODY
This lusty aspect of sexuality, and its naughty moral connotations, is precisely what keeps pulsating, as it were, exposed and disavowed in the tango dance. Tango dancers attempt to address this ’confusion‘ by clarifying that their moves are sensual and not sexual, thus sanitizing accusations of immoral exhibitionism while maintaining the sex appeal of what they do.3 Irreverent tangos pick up precisely this ambivalence and disclose its moral contradictions making explicit the sexual pulls at work in the aesthetics of the sensual, and the fact that sex matters in ’love‘. I wish to clarify that I am privileging ’love‘ over ’desire‘ advisedly in this attempt to find an entry point to parodic treatments of tango.4 I do so because although ’desire‘ fits well the purpose of dealing with the impossibility of fulfilment, it does so with respect to the stubborn split constitutive of the subject, forever in search of completing itself. ’Love‘ over ’desire‘ indicates my attempt to move away from a selfreferential framework and to stress relationality as the crux of tango. Thus, notwithstanding the complex imbrications between the two concepts, I will focus on the desire for love – an endless affair of the pursuit of completion in the two, rather than the fulfilment of the one. Assuming ’love‘ as the butt of tango parodies, I will discuss irreverent tangos created by artists located in the United States, Argentina and Japan in order to reflect on the cultural translatability of their parodic works under globalization. I have chosen to discuss parodic tango lessons undertaken in these different contexts because they reveal, simultaneously, the contradictions inherent to the tango, those inherent to the instruction of social (i.e. courtship) dance, and those pertaining to exoticism. In sum, parodic tango lessons explicitly engage with fantasies of love/sex as something attained by those who live the tango (especially Argentines), whose secrets can be learned
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York: Routledge 1990, the latter from a feminist viewpoint. I cite these recent efforts to address ’love‘ from philosophical as well as psychoanalytic perspectives to stress the difficulties posed in establishing distinctions between sex and love, in particular in heterosexual relations, as well as the interest in bringing ’love‘ back as a topic in ethics and politics. In this essay I am leaving out many important contributions to the discussion of ’love‘ such as Levinas’ in his (contrary to Irigaray’s position) emphasis on the dissolution of the one in relationality, and Derrida’s reflections on ’lovance‘. For a critique of Levinas’ approach see Savoj Žižek: Smashing the neighbor’s face: http://www.lacan.com/zizsmash.htm (2006); for a discussion of Derrida’s approach see Drucila Cornell: The shadow of heterosexuality, in: Hypatia, 22, 1 (2007), pp. 229-242. I hope to be able to come back to these and other contributions on ’love‘ in a lengthier work, in particular as they relate to parody and utopia. See, among others, the interviews with Juan Carlos Copes and Maria Nieves conducted by Robert Duval in the documentary film Tango!, directed by Patrick Prentice, USA: National Geographic Explorer 1993. For a helpful discussion of ’love‘ and ’desire‘ in Lacan and Badiou see Eleanor Kaufman: Why the family is beautiful (Lacan against Badiou), in: Diacritics, 32, 3/4 (2002), pp. 135-151. 245
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if taught by seasoned instructors, following a set of systematic steps and rules (including the rules of improvisation), imparted in a pedagogical (and thus safe) setting. Irreverent tango lessons thus question the very possibility of attaining the state of passionate love, ascribed to the tango, through the advised acquisition of aestheticized techniques in sanitized instructional settings. In doing so, they call attention to the lure of exotic passion as well as to its moralizing disavowal. Parodic tango lessons point out that teaching and learning how to engage in love/sex through dance is a fantasy that faces the same limits as the heterosexual love/sex relations pose in everyday ’real‘ life. No tango lesson can teach how to accomplish that. In the end, parodic tango lessons teach that, although learning how to do tango steps might be possible, learning to ’tango‘, as a code for establishing love/sex relations, is impossible. Tangos (i.e., love/sex relations) just happen, or don’t. Introducing translatability and globalization into this analysis highlights the contextual nature of parodies and emphasizes the fact that the problematics of love/sex relations, although focusing on events of intimacy, taken for universal, happen in historically specific, socio-political horizons. Irreverent tangos thus offer critical commentaries on the different ideological and material conditions under which tango encounters take place, and they even address each other. The irreverent tango lessons under scrutiny here thus show how a Japanese dance instructor and her students nervously laugh at the Argentine tango’s sexual innuendos, as they offer a critical reflection on their own ambiguous attempts at mimicking and taming gendered love/sex relationality in tangoing; Argentine parodic tango lessons mock the touristic tango craze enthralled with the sleek, thin patina covering up tango’s erotic moves as they tease that which Argentine tangueros cultivate to fascinate the world; while US irreverent takes on tango dance pedagogy point at the naïve trust in technological supremacy that promises to release the body, specially if male, from the troubles of love/sex relationality.
Naughty Tangos de espectáculo Tangos de espectáculo are parodic tangos in that they cite and subvert the tango milonguero or tango de salón, the tangos danced in the milongas (tango dance clubs). I will refer to these parodic tangos as ’naughty‘ tangos, and to the tangos they parody (parodied tangos) as tangos milongueros. Tangos milongueros are practiced by anyone who approaches the milonga scene with a minimum of knowledge in tango moves and tango-specific social rules. Tangos milongueros are a leisurely undertaking, and although the intentions and interests of the milonga habitués are varied and complex, they avoid
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stressing professional investments or artistic intentions.5 Tangos milongueros are popular tangos, and they offer the background against which irreverent tangos, whether humorous or humorless, do their parodic work. As I will be arguing later, popular tangos (tangos milongueros) are not devoid of parodic play, since milongueros/as have historically engaged in mimicry and scornful competition. I am attempting to establish a bottom-line here so as to move into a discussion of the parodic creations designed by artists with professional intents: the tango spectacle. My interest in tango de espectáculo and the emphasis I place in their overall naughtiness (their ambiguously over-eroticized and yet moralizing aesthetic) resides in that this tango style, due to its visibility on stages and screens, has come to represent the tango form. Thus, although the flashy tangos de espectáculo actually make reference to the, by contrast, bland social tangos, they are the tango icons against which other parodic tango forms, in Argentina and abroad, have been produced. Full-fledged tango spectacles touring the world, usually directed and performed by Argentine artists, feature tango’s visual trademark: heterosexual couples dancing in a tight embrace while displaying contrastingly complicated footwork, smooth but energetic walks across the stage, and quasiacrobatic leg entanglements while keeping stern, straight faces – indicative of emotional rather than physical effort and also of distance with the audience and ambivalent engagement between partners. To put it bluntly, tangos de espectáculo perform straight, uptight but naughty moves. Tango couples uncloset heterosexual attraction within the prudish conventions of staged social dances à la Broadway or Hollywood, including most popular Latin dances: They titillate the audience by exhibiting in public view sexually suggestive yet restrained moves, showing a professionally disengaged aloofness peppered with aestheticized enticing gestures (a glance, a caress, a peek through a skirt’s slit, a slap, a short walk away from the dance partner). Costuming offers crucial visual cues and is carefully crafted to enhance the gendered sexual tension to be read in the tango dance. Gender ’dimorphism‘ is emphasized by maintaining male bodies completely covered up, usually in elegant, formal suits, and female bodies studiously clad in long, low-cut, strapped gowns made out of costly, sensual fabrics (velvet, satin), that reveal flesh, especially legs, as the dancers move to the music, and that, to the viewers, threaten to fall off leaving them naked. Tango shoes add to create gendered difference and astonishing effects as women, in very high heels, perform precise and defiant balancing steps deftly to the music, following their male partners, comfortably grounded on flat soles. But stilettos can also turn into weapons. 5
For an in-depth analysis of the popular tango dance scene of Buenos Aires, see Marta E. Savigliano: Nocturnal Ethnographies: Following Cortázar in the milongas of Buenos Aires, in: idem: Angora Matta: Fatal Acts of North-South Translation, Middletown, CT: Wesleyan 2003. 247
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In tangos de espectáculo, costuming eroticizes the female partner and signals gender-specific dangerousness and difficulty for those who engage in this dance, suggesting the tensions entailed in heterosexual games of seduction. Finally, the tango dancers’ attitude indicates intimacy, their gazes locked into each other or turned inwards, concentrated, as in ignoring the presence of an audience. Tango dancers create an atmosphere that contributes to a general effect of scopophilia, of peeking at a private scene to which the audience is undecidably uninvited (given the aloofness of the dancers) and yet invited (afterall, it is a tango show). Staged tango dances exhibit the moves of ’love‘ as they suggest sex while playing with the limits of the pornographic spectacle. Ambiguity is key here since tastefulness (a key factor aimed at distinguishing tango from other Latin forms) is put to the test, as tango shows become ever more daring than the latest tango success on stage. Tango couples thus face the challenge of interpreting passionately yet sleekly the sex/love encounter. Tango dances, often staged and screened as occurring in a brothel, a rundown joint, a fancy cabaret or a milonga (a regular tango dance club), always emphasize intimacy, and more specifically, the difficulties entailed in the encounter of two – call it love, call it sex. Quite frequently tango shows present a historical overview of the evolution of the dance form, where tango styles ’progress‘ in refinement and virtuosity as they move from archetypical social spaces of sexual exploit to abstract, isolated settings – be it the bedroom or the unmarked stage. Technically, each tango dance displays a dramatic tension that follows quite closely a so-called Aristotelian arc: a slow set-up as the dancers studiously approach each other in the beginning; a middle composed of an intricate exchange of leg movements, an intrusion into each other’s space, a give and take of weight between the bodies while attempting to ’walk‘ across the floor, locked into each other’s arms; and at the end, planted on a chosen spot, a frenetic acceleration of mutually provoking footwork that restricts horizontal displacements and gives way to disjointed plays along a vertical axis. In the end, he stands and loosens the embrace as she, carelessly, falls down to the ground, striking a pose, or as she resists the fall by protruding a bent knee between his legs; or he forcefully propels her up as she wraps her legs around his torso, sits defiantly on his lap, or flips into an inverted position that requires him to catch and hold her tightly by the legs. These spectacular tango finales dramatize an endless ending – a strategic climax indicative of a lack of resolution. Each staged tango tells a similar story of heterosexual love usually billed as ’passion‘. Naughty tangos also include seemingly not so straight scenarios for special (heterosexual) effects: When men tango with each other, they follow a similar dramatic sequence, oftentimes incorporating a knife or surrounding themselves by gangs in animosity, so as to stress competition,
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measuring up and fight instead of troubled love.6 In tango, men partnering men indicates homosociality, male bonding is carried out through rivalry, and the erotic tension associated with the tango dance is displaced to the object in dispute – a compound of women, wealth and power. Alternatively, all-male tangos are presented for comedic effects, indicating gender/sexual misunderstandings and deceit7 or the pathetic or naive lack of availability of female partners with whom to engage in a ’tango‘, meaning romance/sex.8 Tangos’ male homosociality feeds into and consolidates heterosexuality.9 Women hardly ever dance tangos together on stages or screens, and when they do the tango moves mellow down, soften, and attention shifts to their looks spectacularizing their bodies rather than their movements. Even when dancing ’love‘ with each other, tango women are offered as enticing to men.10 Nothing new here – in terms of depicting women’s eroticism for male voyeuristic pleasures.11 Tangos de espectáculo are naughty but uptight, transgressive 6
See e.g. The Tango Lesson, directed and written by Sally Potter, starring Sally Potter and Pablo Verón, Argentina/France/Germany et al.: Sony Pictures Classic 1997. 7 See e.g. Some Like It Hot, directed and written by Billy Wilder, starring Tony Curtis, Jack Lemon, Marilyn Monroe et al., USA: United Artists 1959. 8 See e.g. Way Out West, directed by James Horne, written by Jack Javne and Charley Rogers, starring Stan Laurel and Oliver Hardy, USA: Stan Laurel Productions 1937. 9 Happy Together, directed and written by Wong Kar Wai, starring Leslie Cheung, Tony Leung Chiu Wai and Chen Chang, Hong Kong: Block 2 Pictures 1997 is an exception to this rule in that the film shows two scenes of tango male partnering that denote intimacy. One of the scenes takes place in a quasi empty tango bar, featuring an Argentine male dancer (Carlos Copello) leading one of the main Chinese protagonists; the other scene shows the two Chinese lovers (Leslie Cheung and Tony Leung Chiu Wai) dancing tango in the privacy of their run-down Buenos Aires dwelling. The private, intimate spaces where these tangos take place and the presence of foreign men (to the Argentine tango world) contribute to make the homosexual undertones of these tango scenes exceptional. 10 See e.g. Tango, no me dejes nunca, directed and written by Carlos Saura, starring Miguel Angel Solá, Mia Maestro and Cecilia Narova, Argentina/Spain: Sony Pictures Classic 1998; Indochine, directed by Régis Wargnier, written by Erik Orsenna and Louis Gardel, starring Catherine Deneuve, Vincent Perez and Linh Dan Pham, France: Paradis Films 1992. 11 The musical Rent features a quite unique lesbian jealousy tango scene: Maureen’s Tango. However, the dialogue about the unfaithful Maureen is carried out between a lesbian and her male friend, to whom she confesses her sorrows; and the ensuing tango dances – except for a brief moment in which couples switch partners – are performed by heterosexual couples (Rent, directed by Chris Columbus, written by Steve Chbosky and Jonathan Larson, starring Mark Cohen, Roger Davis et al., USA: Rent Productions LLC 2005). Another case in point is TangoMujer, an all female tango troupe made up of several European, one American, and one Argentine tango dancers, that has been touring internation249
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when compared to most staged popular social dances, but within the rules of male homosociality, compulsive heterosexuality, male dominance, and misogyny. Especially when set into narratives, and foremost in films, tango music and dance come together to indicate that not all is well, that there is something wrong with this picture, that things will fall apart. And we, spectators, wonder if doom and fatality relate to the heterosexual politics that tangos display or to the politics of the forbidden spaces and circumstances in which tangos occur. They seem to feed on each other. The fact is that an admonition, a moralizing admonition is in the tango air and trouble is lurking either behind the scenes or about to jump on stage. The most elaborate staged or filmed tango scenes frequently give way to knife-fights, rapes, murders, terror, violence, systematically provoked by illegitimate and unlawful activities such as human trafficking, prostitution, and sexual abuse connected to situations of uprootedness and transnational displacement and/or to social and political upheaval. Tangos stress vulnerability. And they bring together sexuality and politics in an explosive match underscored by admonishing and undecidable morals. To make myself clear on the severity of these conditioned associations, the juxtaposition of tangos and situations of extreme sociopolitical distress prompt questions such as the following: Are Nazis to blame for abusing women (or for feminizing and abusing men) to the tune of a tango, or did tangos induce them to sexual abuse in occupied territories?12 Do tangos have the power to bring repressed, dangerous desires (ambition, exploitation, dominance) to the surface, enabling reprehensible actions under the guise of unleashed sexual impulses? Tangos have been chosen to provide the aesthetics to convey political excesses, alluding to the excessive sexual politics of the form. Naughtiness is a timid term when applied to these provocative uses of the tango. Tangos perform the erotics of power. And yet, we (at least some of us who abhor these abuses and find these nightmarish tango associations curi-
ally since 1995. Their shows present solos and group choreographies, following the format of Contemporary Dance (i.e. Modern/Postmodern Dance) concert conventions, emphasizing Argentine tango techniques and partnering styles. TangoMujer introduced novelties and disruptions into staged tangos by presenting women in leading, male positions taken up by dancers in drag, performing masculinity, and by switching the lead in the course of the tango dance – a partnering style that had been available only to male-male staged tangos. For more information on TangoMujer: http://www.tangomujer.org/ (10.12.2008). 12 See e.g. Le Bal, directed by Ettore Scola, written by Ruggero Maccari, JeanClaude Penchenat, Furio Scarpelli and Ettora Scola, starring Francesco de Rosa, Régis Bouquet, Liliane Delval et al., Italy/France/Algeria: Cinéproduction 1983; or Tango, no me dejes nunca, directed by Carlos Saura; or Pasqualino Sette Belleze, directed and written by Lina Wertmuller, starring Giancarlo Giannini, Fernando Rey, Shirley Stoler et al., Italy: Medusa Produzione 1975. 250
IRREVERENT TANGOS: DANCING ’LOVE‘ AND THE POLITICS OF PARODY
ous) continue to watch tangos, fantasize about tangoing, and even attempt to learn the tango steps if we have the chance. So, what is it with the tango? Rather than pursuing this line of thought here, I will leave it pulsating, in the background, so as to lead you further into the work of tango parodies. The tragic, troubled aura associated with the tango, and more specifically with the partnering taking place in the tango dance – the paradigmatic dance of seduction, jealousy, betrayal and transgression – installed by the naughty tangos de espectáculo, are precisely the matter of tango parodies. Tangos not only signal that certain encounters can go wrong, but that these encounters in themselves are born wrongly. The close, intimate relations that tangos represent and produce are doomed from the beginning and yet pursued, desired, sought after. Tangos are the aestheticized shape of misguided desires for relations across unsurmountable differences. Tangos happen in the ’wrong‘ and this knowingly. In this distance between the desired relationship and the knowledge of its impossibility, irony installs self-reflection and critique, and explodes into parodic forms and even satiric commentaries.13 Staged and screened tangos de espectáculo are naughty tangos, parodies, often humorless, of the tangos that take place in the milongas – the tango social world. They pay homage to that world as they detach themselves, professionally, from it and turn tango into an artistic form adequate to spectacle. Naughty tangos de espectáculo create a recognizable, stereotypical aesthetics as they pass a moralizing judgment on unkempt tango bodies which engage in dancing simple, indulgent, pleasurable tango moves in unlawful territories of the nocturnal. In the milonga, tangoing with each other and for the 13 For an extensive discussion on the conceptualizations of parody in literature and other art forms in its complex doubled coding as conservative and subversive; of satire as sociopolitical, critical commentary; and of irony as the enabling selfreflecxive trope shared by both, see L. Hutcheon: A Theory of Parody. Hutcheon references Ziva Ben-Porat: Method in Madness: Notes on the structure of parody, based on MAD TV satires, in: Poetics Today, 1 (1979), pp. 245-272, for providing a lucid and precise distinction between parodic and satirical forms. Ben-Porat reserves the term parody for “alleged representations, usually comic, of a literary text or other artistic object – i.e. a representation of a ’modeled reality‘, which is itself already a particular representation of an original ’reality‘. The parodic representations expose the model’s conventions and lay bare its devices through the coexistence of the two codes in the same message” (Z. BenPorat: Method in Madness, p. 247). Parody is the code through which satires are conveyed. Satires, in her view, are “critical representations, always comic and often caricatural, of ’non-modelled realities‘, i.e. of the real objects (their reality may be mythical or hypothetical) which the receiver reconstructs as the referents of the message. The satirized original ’reality‘ may include mores, attitudes, types, social structures, prejudices, and the like” (ibid., pp. 247f.). Although this is a helpful distinction informed in semiotics, both forms often appear entangled as satiric parodies and parodic satires, depending on the overall effect of the work. 251
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heck of it, tango dancers hang out, unproductively, alert to seize the opportunity to bring some unexpected sweetness into their lives-as-usual. Naughty tango dancers occasionally make appearances in the milonga, pay homage to the authorities of the tango world that made their art and jobs possible, and, somewhat nostalgically but proud, rush back to the stages and screens to do their disciplining and moralizing work. Tango artists thus effect their selfcritique by placing themselves at the mercy of the inhabitants of the risky world of the milonga. Tangos de espectáculo are refined, stylized, and privatized, abstract parodies of the tango milonguero or tango de salón. They pay homage and transgress the rules of the milonga in their citation and betrayal of the popular tango environment and form. Tangos de espectáculo, by focusing on scandalous hetero-sexiness and its sleek macho rules, expose the milongueros/as’ discreet interests in sex/love relations. But they do so conservatively, by admonishing a dark ending to the pursuit of erotic heterosexuality and by erasing from the picture all other social overdeterminations that intervene in the milongas’ formations of pleasure. Milongueros/as, however, are not exempt from engaging parodically with the tango world and with their roles in it. They cite and mock their own displays of machismo and femme fatality as they cruise the milonga scene choosing their dance and, when lucky, sex partners for the night, enjoying the privileges and suffering the consequences afforded by the tango world – and unreachable in everyday life. Milongueros and milongueras frequently mock each other’s outmodish posturings of femininity and masculinity, question themselves about the unnecessary efforts and the risks they take for the sake of tangoing. They point at the incongruities between the milonga’s nocturnal life that they choose to pursue and the busy, efficient and productive-oriented (and often perceived as unsuccessful) everyday life in which they are routinely immersed. They knowingly parody a past in which, other than when it comes to tango, they would not dream of living or entertain bringing back. And yet, milongueros/as cultivate their gendered positions and their pursuit of a love/sex relationality, deemed unfashionable and even ridiculous by any other standards than those of the tango. The list of paradoxes self-consciously addressed and exploited to parodic effects by the milonga habitués could go on and on.14 I am pointing them out with the sole purpose of stressing the ironic nature of the tango world that shapes the tango dance, and to set up a discussion on the butt of tango parodies as a whole.
14 See Jeffrey Tobin’s contribution to this volume. 252
IRREVERENT TANGOS: DANCING ’LOVE‘ AND THE POLITICS OF PARODY
Love/Sex Incongruities and the Tango Parodic Butt Anecdotes as well as early popular theater (sainetes) document the social clashes of rich and poor, blacks and whites, that mimicked each others’ dances at the end of the 19th Century in the Rio de la Plata (Argentina and Uruguay).15 The tango dance rose out of these mutually scornful imitations that entailed competition, usually attributed to men over desirable women, women from a race and/or class that, in turn, often mismatched those of the skillful dancing men. Tango historians also make reference to the tangos performed by transformistas and drag queens in the theaters of Buenos Aires during the early 20th Century, and to famous women singers chosen to premier and promote by now classical tangos cross-dressed as compadritos (tangoesque ruffians) in well attended Buenos Aires’ playhouses.16 Tango parodies can be traced to the origins of the tango itself, and the spectacularization of local and global social tensions (the latter introduced by immigrants and by travelers, and these in both directions) mark the moves and looks that have characterized this dance ever since. Difference is the staple of the tango dance: insurmountable gender differences and their sexualized connotations, but also conflictive racial and class differences, exoticized differences of identity and belonging, nostalgic differences of the past lost in the present, and differences between, on the one hand, the artistic, professional, commercialized intents, and, on the other, the leisurely, ritualized or ’popular‘ (i.e. non for profit) motivations for dancing tango.17 These differences – which are 15 See e.g. the sainetes Justicia Criolla, directed by Ezequiel Soria and Antonio Reinoso (1897); Ensalada Criolla, directed by Enrique De Maria and Eduardo Garcia Lallane (1903). For further discussions of tango in early Argentine popular theater, including the above mentioned sainetes, see Oscar Natale: Buenos Aires, Negros y Tango, Buenos Aires: Peña Lillo 1984; Luis Ordaz: El tango en el teatro nacional, in: León Benarós/Juan Carlos Martini Real/Manuel Pampín (eds.): La Historia del Tango: Vol. 8, El Tango en el Espectáculo, Buenos Aires: Corregidor 1977, pp. 1213-1289. 16 See Jorge Salessi: Medics, crooks, and tango queens: The national appropriation of a gay tango, in: Celeste Fraser Delgado/Esteban José Muñoz (eds.): Everynight Life: Culture and Dance in Latin/o America, Durham: Duke University Press 1997, pp. 141-174; Horacio Salas: El Tango, Buenos Aires: Planeta 1986; Sylvia Molloy: Too Wilde for Comfort: Desire and Ideology in fin-desiècle Spanish America, in: Social Text, 31/32 (1992), pp. 187-201; among others. 17 In the Rio de la Plata region, social tensions are often associated to the origins and development of tango. Racial tensions have been documented as occurring between blacks (morenos) mimicking white dances, and white men adopting black moves; class tensions in the portrayals of wealthy young men (niños bien) mimicking the movements of ruffians and marginals; ethnic tensions between foreign immigrants and their encounters with rural immigrants (criollos); drag queens staging tangoesque female characters (milonguitas); and women singing 253
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not mere distinctions but rather differences that rub against each other, that spark as they meet; differences indicative of hierarchies embedded in the terms of distinction – have been brought together tightly into a paradigmatic tango embrace of two and a jointly performed walk that risks trampling the partner with every step. In its performance tango tests the limits of bodily encounters in movement and shows the possibilities and impossibilities of togetherness. As an event of conflicted difference, stressing sexual disjunction, tango dance ’invites‘ and opens up to parody. In its choreographic ambivalence, where bodies insist on keeping together while dancing their differences, challenging partnering itself by simultaneously evoking trust and mistrust, tangos articulate love as paradox.18 And I risk to say that love (the desire to love and be loved in and across difference), dramatized and explored through the tango, is precisely what makes tango vulnerable to and game for parodic play. Tango revisits the desire for intimacy, emotional investment, encounter, and brings about the unavoidable anxieties of relationality and love. Tango melodramatically discloses the desire for love, launches the two to explore the possibility of love by dancing difference and encounter as it announces love’s fatal unfulfillment. I am not thinking of romantic love, not necessarily. What I have in mind, and would like to consider, is love as unlawful (in the sense of beyond ethical and juridical norms), love as an event of intimate communication, outside the normativized and socially scripted, as foundational of sexed tangos cross-dressed in compadrito attires. See Jorge Luis Borges: A history of tango, in: Evaristo Carriego: A Book about Old-time Buenos Aires, New York: E. P. Dutton 1984, pp. 131-148; Gerardo Bra: Las heroínas del tango, in: Todo es Historia, 17, 204 (1984), pp. 28-38; Andrés Carretero: El Compadrito y el Tango (El Hombre de la Argentina Comercial), Buenos Aires: Ediciones Pampa y Cielo 1964; Fernando Guibert: The Argentine Compadrito, Buenos Aires: Ediciones Promoción Nacional 1968; idem: Los Argentinos y el Tango, Buenos Aires: Ediciones Culturales Argentinas 1973; O. Natale: Buenos Aires, Negros y Tango; H. Salas: El Tango; J. Salessi: Medics, crooks, and tango queens; Marta E. Savigliano: Tango and the Political Economy of Passion, Boulder: Westview 1995; Vicente Rossi: Cosas de Negros: Estudio Preliminar y Notas de Horacio J. Becco, Buenos Aires: Hachette 1958 [1926]; Jeffrey Tobin: Tango and the scandal of homosocial desire, in: William Washabaugh (ed.): The Passion of Music and Dance: Body, Gender and Sexuality, Oxford: Berg 1998, pp. 79-102; among others. 18 On the paradoxical treatment of love see Alain Badiou: What is Love?, in: Umbr(a), 1 (1996), p. 42; see idem: The scene of Two, where in discussing love as a process that “stages the scene of Two”, he states that “its paradox is that the sexual disjunction is simultaneously its material and its obstacle” (ibid., p. 45). See also Josefina Ayerza: Editor’s notes, in: Lacanian Ink, 21 (2003), pp. 1-3, to Lacanian Ink’s Love issue where she succinctly brings out the love/sex paradox: “Does love assert itself through not being? Not equivalent to desire, it nevertheless depends on desire in that it feeds on an Other, and so it will hook to it. […] Again, there is no sexual rapport. Here love is an excess.” (ibid., p. 2). 254
IRREVERENT TANGOS: DANCING ’LOVE‘ AND THE POLITICS OF PARODY
subjectivities that grow out of in-betweenness rather than of selfcenteredness.19 I have in mind a revolution in the face of mandatory subject19 For two differing views on love that, however, highlight its situated-ness, unlawfulness and procedural nature, and that focus on co-belonging as love’s condition of possibility, intervening in the formation of (sexed) subjects of love, see Alain Badiou: Ethics. An Essay on the Understanding of Evil, London: Verso 2001, pp. 43-47; L. Irigaray: I Love To You. Sketch of a Possible Felicity in History. Irigaray insists, contra Lacan, on love as a relation between subjects, as opposed to a relation between a subject and an object of desire. In her view the practice of listening to difference is key to the labors of love. Rapport in love is thus possible if sexed subjects resist the urges (desire) to appropriate the other or submit to the other, as mandates under patriarchy and capitalism. Badiou, while rescuing Lacan’s emphasis on desire and the impossibility of communication, theorizes subjects of love as subject “points”, emerging from unique encounters, events that signal an “entirely invented immanent break with the [normative] situation” (A. Badiou: Ethics. An Essay on the Understanding of Evil, p. 44). Thus, rather than focusing on the formation of consolidated subjectivities, he insists on ’some-one‘ as a “particular multiple”, a “body, and everything that it is capable of, which enters into the composition of a ‘point of truth’, assuming that an event has occurred” and that she/he stays faithful, sustaining the process (ibid.). Subjects of love are simultaneously themselves and in excess of themselves in that they are recognizable multiple singularities and, at the same time, uncertain because of the event that “passes through” them, transfixing their singular bodies and inscribing them in “an instant of eternity”. (ibid., pp. 44f.). “The ’some-one‘ was not in a position to know that he was capable of this co-belonging to a situation and to the hazardous course of a truth, this becoming-subject” (ibid., p. 46, emphasis in original). The lover will be entirely ’himself‘ [herself] in “the sustained testing of his inscription in a subject of love” despite not knowing the manner or course it will take. Contrarily to Irigaray, Badiou does not rely on communication (which he considers already coopted as prescribed information exchange), and rather than condemning desire, Badiou re-conceptualizes Lacan’s dictum “do not give up on your desire” in terms of “do not give up on that part of yourself that you do not know.” Badiou reconfigures desire as that which you become as you pass through the event, the ordeals of not knowing, and the perseverance as well as faithfulness that it requires (ibid., p. 47). He seems to be implying that courage and perseverance (and even what exceeds perseverance), rather than communication, allows for the consolidation of these points of subjectivity that enable love encounters. For an illuminating discussion of Lacan’s and Badiou’s different understandings of love and desire see E. Kaufman: Why the family is beautiful (Lacan against Badiou), summarized as follows: “In short, the relation of desire, as opposed to love, does not so much define the Two, as in Badiou’s example, but underscores the difficulty of determining the difference between the One and the Two (as in Lacan’s session in the ethics seminar)” (ibid., p. 149). Compare with Slavoj Žižek’s discussion of intersubjectivity in early and late Lacan, which re-instates centered subjectivity: “The subjects’ relation to his/her Other and the latter’s desire is crucial to the subject’s very identity. […] The desire ’realized‘ (staged) in fantasy is not the subject’s own, but the other’s desire. […] The original question of desire is… What do others want from me?” (S. Žižek: The Plague of Fantasies, pp. 8f.). 255
MARTA ELENA SAVIGLIANO
hood, a challenge to formations of individualized subjectitivies.20 Parading love ambitions and its failures in public, tangos perform simultaneously love and its absurd desire, love and its critique. And they offer two intertwined bodies, seeking to move together, without words but communicating successfully enough so as to dance for a short, set amount of time. Tango also offers the fantasies of love that allow these fleeting encounters to take place.21 And finally, it offers an end to the possible or impossible love story: Tango as love between brackets.
20 For contrasting views on the formation of sex/love subjectivities see Teresa de Lauretis: The Practice of Love: Lesbian Desire and Perverse Sexuality, Bloomington: Indiana University Press 1994; A. Badiou: Ethics. An Essay on the Understanding of Evil. De Lauretis offers a feminist, psychoanalytic analysis of the constructedness of the sexual subject, clarifying that, in her reading of Freud, “the body-ego is a permeable boundary – an open border, so to speak – a site of incessant material negotiations between the external world, the domain of the real, comprising other people, social institutions, etc., and, on the other side, the internal world of the psyche with its instinctual drives and mechanisms of defense – disavowal, repression, and so forth” (T. de Lauretis: The Practice of Love, p. 299). It is precisely these negotiations she attempts to map in The Practice of Love. Badiou, on the other hand, takes Althusser’s and Foucault’s works on subjectification (even without a subject) as starting points for his work on subjects of love, and re-reads Lacan as moving psychoanalysis away from psychology and normative frameworks, so as to stress that the subject has no substance or ’nature‘ per se, “being a function both of the contingent laws of language and of the always singular history of the objects of desire” (A. Badiou: Ethics. An Essay on the Understanding of Evil, p. 6). He states that “the ’subject‘ thus conceived does not overlap with the psychological subject, not even with the reflexive subject (in Descartes’ sense) or the transcendental subject (in Kant’s sense)” (ibid., p. 43). And, specifically on the subject of love (which he identifies as “the subject induced by fidelity to an amorous encounter”), he states that “the subject of love is not the loving subject described by classical moralists. For this kind of psychological subject falls within the province of human nature, within the logic of passion, whereas what I am talking about has no ’natural‘ pre-existence. The lovers as such enter into the composition of one loving subject, who exceeds them both” (ibid., p. 43, emphasis in original; see also n. 19). In addition, for a Marxist/Althusserian discussion of subjectivity, in the context of commodity fetishism and theories of value, see Jack Amariglio/Antonio Collari: Marxian value theory and the problem of the subject: The role of commodity fetishism, in: Emily Apter/William Pietz (eds.): Fetishism as Cultural Discourse, Ithaca, NY: Cornell University Press 1993, pp. 186-216. See also Giorgio Agamben: Homo Sacer. Sovereign Power and Bare Life, Stanford: Stanford University Press 1998, for a continuation of Foucault’s studies on subjectification. 21 On the uses of fantasy in art, which I am applying here to the tango, Slavoj Žižek writes: “The artifice of ’true art‘ is thus to manipulate the censorship of the underlying fantasy in such a way as to reveal the radical falsity of this fantasy.” (S. Žižek: The Plague of Fantasies, p. 20). 256
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Parodies engage with tangos superbly, redoubling, restating the tangoesque – the irony that is already there, in tangos’ exposure of the desire for love despite impending failure.22 Parody relies on difference between a well established referent (a text, an artistic representation, a normative behavior, a tradition) and a creative remaking, a re-interpretation. It plays on repetition while evoking a difference generative of critical distance. Parody brings about a self-reflexive commentary, a distance that potentially enables transformation.23 And it frequently but not necessarily explodes mimicking into laughter.24 Parody, however, also re-instates, repeats, the subject of its own parodic 22 For a succinct definition of irony, following Wayne Booth, Laura Rice proposes a rhetorical figure that “says one thing and means the opposite” (Laura Rice: Of Irony and Empire: Islam, the West, and the Transcultural Invention of Africa, Albany: State University of New York Press 2007, p. 7). She further discusses stable and unstable ironies, focusing on the relationship established between the artist (writer) and the audience. Following Booth, she identifies four traits to be considered when attending to irony’s subversive potential: the author’s intentionality, and whether or not it rules over the text; the slippages between the surface and submerged meaning, and whether slippages are limited or continuous; shared meaning or commonality, and whether they insist on universal intelligibility or particular, local interpretations crosscut by difference; and legitimacy, depending on whether the frame of reference leaves the audience on a solid, stable intellectual or moral footing or demystifies false claims to universal or ethical assumptions. These categorizations show an attempt to distinguish between the conservative and revolutionary potentials embedded in the uses of irony, and dovetail well with Hutcheon’s remarks on the ambivalent nature of parody. According to L. Hutcheon: A Theory of Parody, irony operates semantically, drawing different meanings (two signifieds) from a single signifier. In addition, irony has an evaluative function. Parody also marks difference through superimposition but at a textual or ’macrocosmic‘ (as opposed to semantic, ’microcosmic‘) level. Given their structural similarity, she argues that irony is a privileged rhetorical mechanism in parodies (ibid., p. 54). Hutcheon however insists upon the impossibility of settling on conservative or resistant parodic thrusts relying on formal analysis, and away from historical and cultural contextualizations. 23 In this regard parody differs from the burlesque, the ridicule aimed at a, so to speak, weakened target that, devoid of empathy, stops self-reflection. Here I am following Hutcheon’s contentious efforts to attend to the complexity of the parodic form, frequently reduced to parasitic imitation and scorn (ibid., pp. 5-11, pp. 31-49). 24 For a helpful overview of theories of laughter from a philosophical viewpoint see David Thoreau Wieck: Funny things, in: The Journal of Aesthetics and Art Criticism, 25, 4 (1967), pp. 437-447. See also Stephen Olbrys Gencarella: Disciplining the carnivalesque: Chris Farley’s exotic dance, in: Communication and Critical/Cultural Studies, 3, 3 (2006), pp. 240-259, for a brilliant discussion on how traditional theories of humor, focusing in the deployment of incongruities, the dramatization of superiority (laughing at a target), and the cathartic pleasure afforded by the contemplation of absurdities, offer explanations on how humor takes shape, but not on the social significance (on what is accomplished) as performances recreate and invite audiences to share a particular world and its values (ibid., p. 249). The effects of laughter, according to S. Olbrys Gencarella, 257
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play. To put it in Bakhtinian25 terms, parody is an authorized transgression, mockery within legitimation. As such, the conservative vein of parody runs alongside its critical thrust. In its looped movement of distanced referencing with humorous or humorless critique, parodies are compromised interventions in that they question critique itself. Parodies shoot at their own ironic foot. Tango parodies, whether light or heavy-handed, transmit nostalgic tenderness and resentful utopia while making accentuated stops on emotional entanglements of jealousy, treason, longing, abandonment, and even vengeful murderous urges, self destruction, and, finally, fatal despair. Piling up all sorts of mishaps and dread, tangos’ relentless accounting of all that can go wrong in a love-seeking life (and tangos insistence on the fact that what can go wrong actually does), shamelessly confessed in dark seriousness or scathing irony, can elicit questioning and even laughter at the magnitude of the alluded tragedy, but not necessarily. Or at least not in the Bergsonian sense where laughter is equated with relief from social and even dehumanizing tensions.26 In tangos laughter might happen within the tango mood: It is a laughter that comes with resignation.27 It is fatalism (not necessarily pessimism, but rather admitting can (following Bergson) reinforce contemporary values and politics, restore the dominant and exalt the normal order of things. Humor can thus be disciplined through practices that “invite audiences to tame themselves through laughter” (ibid., p. 241) (in Bakhtinian terms, to engage in “reduced laughter”), employing such strategies as clinicalization and exoticism, that allow the audiences to separate themselves from the ’victim‘ and thus to forget to laugh at themselves. 25 See Mikhail Bakthin: Rabelais and his World, translated by Hélene Iswolsky, Cambridge, MA: Ardis 1968; idem: The Dialogic Imagination, translated by Caryl Emerson and Michael Holquist, edited by Michael Holquist, Austin, TX: University of Texas Press 1981. For a useful discussion of Bakhtin’s diffused treatments of parody see Tzvetan Todorov: Bakhtine et l’alterité, in: Poétique, 10, 40 (1979), pp. 502-513. 26 Henri Bergson: Laughter. An Essay on the Meaning of the Comic, Kobenhavn: Green Integer 1999 [1911], pp. 175f. 27 Here I would like to align the tango mood with that of the anti-heroic rather than the tragic-heroic paradigm. Irony and humor in tango could be understood, following Kierkegaard, as strategies that enable the individual to cope with his/her own finitude: “The true life of the individual is the apotheosis of this latter aspect, which consists in […] the divine coming to dwell in and accommodate itself to finitude” (Soren Kierkegaard: The Concept of Irony, translated by Lee M. Capel, Bloomington: Indiana University Press 1968 [1841], p. 426, n. 13). “Irony is the birthpangs of objective mind (based on the disproportion between existence and the Idea of existence as discovered by the self). Humor is the birthpangs of absolute mind (based on the disproportion between the self and the Idea of the self as discovered by the self)” (ibid., p. 426, n. 14). In a less tragic vein, humor and laughter acknowledge the limitedness of the human condition: inability, impotence, helplessness. For an interesting discussion of humor and laughter as modest acknowledgements of finitude, as opposed to tragic affirmations, especially in relation to Freud and Lacan, see Simon Critchley: Comedy and Finitude: Displacing the Tragic-heroic Paradigm in Philosophy and Psycho258
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the fragility of agency) and the acceptance of human destiny as fraught with cruelties and disappointments. What could be worse than love lost? What could be more disappointing than dying far from love, questioning love, and the knowledge that love might not exist beyond desire (and desire’s enigmatic connection to agency)? Parodic tangos, then, are not necessarily or uniquely about tango itself, the form. They rather point at structural ironies, foregrounding the work and hardship of love28 and even highlighting the fraught and suspicious efforts to distinguish love from sex, and sexuality from sensuality.29
Funny Tangos At this point readers might be wondering what could possibly be funny in a tango. Tangos are not ’fun‘, but they can be funny. They are perfect candidates for parodic plays in that, in their mood and movements, they highlight differences, they display the tensions brought about by differences, and they provoke ambivalent critical reactions concerning those tensions. An ironic perspective towards difference itself is thus installed: It foregrounds the fact that differences are unstable, that the reproduction of differences is a curious doing, and so is the concomitant effort at overcoming differences. Irony contaminates differences, as it were, highlighting antagonism as a generative affect, foundational (rather than qualifier) of differences. The recognition of antagonistic differences (male versus female; heterosexual versus homosexual; black versus white; high class versus low class; autochthonous versus alochthonous; proper versus improper) and their allure (which consists of approaching, mingling with difference, as well as of testing its limits and thus transgressing differences) leads to provocative parodic play. The transgressive moves that de-stabilize differences while calling attention to their assumed fixity are annoying and can be funny – much like the humor invested in overturning and coopting scandal, downplaying its motives and intents. What can become funny about a tango thus does not equate to a fun tango. As a matter of fact, if tangos were ever fun they would foreclose the ironic potential contained in their tragedy.
analysis, in: Constellations 6, 1 (1999), pp. 108-122. The tragic-comic aspect of the tango and its anti-heroes/heroines, I would argue, resides in their ambivalent position (or posturing) when it comes to solidarity, given that tangos perform intimacy in public. In performing their helplessness as if it were a private matter, tangueros/as weaken their access to shared laughter at fatality and the potential affirmation of ordinariness to be found in the openly comedic. 28 See Laura Kipnis: Against Love. A Polemic, New York: Pantheon Books 2003. 29 See notes 18 and 19. 259
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What does a funny tango look like? In this paper I would like to focus on humorous tango parodies created in the US, Japan and Argentina, their forms and chosen parodic points. While considering their aesthetic specificities and parodic devices, I will attend to the historicity, intertextuality and contextual nature of parody in general and of parodies about tango in particular. Some thoughts and questions to keep in mind are the centrality of stereotypes in the development of parodies, and the challenges of cultural translation in the transmission of parodies. Does parody work interculturally? If so, when and how? I will entertain the idea that tango parodies are culturally translatable (i.e., are funny, and thus felicitous in generating critical distance) whenever stereotypes have been successfully globalized. This means that a specific parodic butt – such as tango’s ’passion‘ coded in paradigmatic features such as the heterosexual embrace, intricate walk, or fiery looks between partners, taken for granted in one parodic version of the tango (for example the melodramatic, ’naughty‘ staged tangos I previously described) – becomes the parodic point of another, that is, a parody of a well-established and widelyaccepted parody of love/sex. Something like a parody of a form (the tango) that, in itself, is over the top (and that would not be recognizable as such if it were not over the top to start with.) Self-consciousness actually gives away the presence of parody. Artists and audiences share this knowledge, and spectators expectantly await the joke. The pleasure is not so much in the surprise as in entertaining the ambivalent moves between the two registers interlinked in the parodic misrepresentations that lead to re-interpretation. Ambivalence in these cases prevails given that tango stereotypes are not necessarily identified as stereotypes and are taken for the ’real thing‘ by those ’not in the know‘. This fact extends the potency of the parody by stressing the differences between those in and out, and alludes to failed interculturality – including its moorings in class, nationality, and their purported moralities. Argentines, for example, find funny an American woman dressed in flamenco attire doing the tango because, to them, she is taking for granted the Hollywood Valentino of 1921 and his inaugurating world-wide stereotyping of the tango as exotic – which revisits the stereotypes of latinidad (Latinness). (She could, however, be mocking Valentino’s tango, a fact the Argentines would seldom consider.) Conversely, recent local parodies (in this case, Argentine tango parodies) translate only imperfectly, given that specific details (identifiable for those steeped in the tango lore) get lost in translation. The parodic nature of nuevo tango, for example, is missed by many foreign tango aficionados who have no knowledge or experience of the difficulties that younger generations of Argentine dancers have had to face in trying to introduce new movement qualities into the tango form, a form heavily guarded by the authoritative milongueros who kept the tango alive despite globalized Americanization. As these two examples attempt to show, parodies bring the 260
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past into the present and pit newness against tradition, ridicule resistances to transformation, but also pay homage to what makes the parody possible. In order to discuss these points with specificity, I am proposing to take advantage of some irreverent tangos posted on the internet to which I hope readers will have access. I have chosen tango lessons, a good place to start unraveling tango’s politics of parody. As a matter of fact, parodies are didactic and even disciplinary: They teach, ponder alternatives, pass judgements, and moralize. These three TV episodes grapple with the task of teaching and learning how to dance tango and, given their parodic nature, how not to learn to dance and how not to tango. As you will soon discover, however, tango (the parodic target) will be a device, an intertextual metaphor, that enables the audience to address an array of associated emotional, social and political issues from dance pedagogy to love and sexuality, racism and xenophobia, class and gender stereotypes, prejudices concerning physicality as well as double moralities, and fantasies of globalization linked to actual third- and first-world-ish differences. I will be paying close attention to the context and historicity of these parodies so as to test if and how parodies can be translated across the circumstances of their creation and their intended or ’privileged‘ (in the sense of most parodically-literate) audiences. For this purpose, I will attempt to make them conversant, to ’talk‘ to each other, challenging possible globalized audiences trafficking in sophisticated local knowledges.
Irreverent Tango Pedagogies: Learning from Pee Wee’s Tango Time; Miyu, Mizuho, Takayo & Maiko’s Tango Lessons; and Walter & Waldo’s Clases de Tango Uruguayo (Play Pee Wee’s Tango Time: http://www.glosas.org/irreverentclips/) I start with Pee Wee’s Tango Time, an episode aired on US TV (CBS) during the 1990 season of Pee Wee’s Playhouse show.30 Given the popularity of this children’s show among American audiences across generations, we can assume that this parodic tango lesson makes use of easily recognizable stereotypes of the tango circulating in the US. Parody is demanding in that it is not only contextual but also, in Hutcheon’s terms31, trans-contextual, meaning that it cites and drags into the present work contextual information pertaining to previous 30 Pee Wee’s Playhouse, directed by Paul Reubens and John Paragon, written by David Cohen and Steven Schulman, starring Paul Reubens and Suzanne Kent, USA: Binder Entertainment, was a high-budget, innovative children’s show combining live actions, video effects, animation, and puppetry, run on CBS from 1986 to 1991. 31 See L. Hutcheon: A Theory of Parody. 261
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ones. In this case, Pee Wee (played by Paul Reubens) presents material reminiscent of famous Hollywood parodic tangos, such as the tango performed by Jack Lemon and Joe E. Brown in Some Like it Hot32. Simultaneously, the parodic play slips onto references of dance masters, their profession and social role. At the insistent request of Mrs. Renee, a neighbor, Pee Wee agrees to give her a tango lesson. He avoids putting his body at risk (an ’in joke‘ for dancers who frequently complain about the injuries produced by partnering with beginners) by pulling out a fantastic aid (a dream come true for dance instructors): his ’magic footprints‘. This digital device – footprints that trace on the floor the steps to be followed by the beginning dancer – allude to the vagaries of ’popular‘ dance notation frequently present in mainstream dance handbooks, which are known to be useless. Pee Wee impersonates the dance master (a professional trade of dubious reputation when it comes to men) ceremoniously and with a degree of vanity that invites laughter.33 He also introduces a mechanical, rigid quality to the lesson, and points at the teacher’s earnestness, both trademarks of the comedic in that they stress a lack of emotional investment and a self-involvement that prevents his awareness of ridicule.34 Mrs. Renee follows the patterns with difficulty and excitement. She is quite sure she has done a great job and asks her teacher for reassurance…which Pee Wee gives her unconvincingly – an allusion to the renowned condescension of dance teachers. Next, Mrs. Renee asks to be danced by him, and in agreeing to do so, Pee Wee selects ’real‘ tango music: La Cumparsita (which is like an anthem in the tango world). But this arrangement includes castanets – a percussive instrument associated with peninsular Spanish music never to be found in Argentine tangos. This parodic ’Hispanic tango‘ unfolds in an array of transcontextual registers. As a musical parody, it replicates the tango played by a blindfolded orchestra in Some Like It Hot, where Jack Lemon, in drag as Daphne, dances tango, maracas in hand (another percussive instrument associated with Latin American ’tropical‘ music never to be found in Argentine tango), with her/his rich catch (Joe E. Brown). The parodic play now slips and juxtaposes the performance of gender onto that of the music register, as it highlights dance and the codes of heterosexual attraction: Daphne holds a rose between her teeth during the dance, a detail picked up by Mrs. Renee, and frequently repeated in other parodic tango Hollywood scenes.35 Their tango is so 32 Some Like it Hot, directed by Billy Wilder. 33 On the crucial role of vanity in the successful creation of comic types of characters see H. Bergson: Laughter. An Essay on the Meaning of the Comic. 34 Ibid., pp. 124-126. 35 Addams Family Values, directed by Barry Sonnenfeld, written by Paul Rudnick, starring Anjelica Huston and Raúl Julia, USA: Orion 1993, presents a tango 262
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’hot‘ that Lemon/Daphne (in drag by necessity, not by choice), having loathed his male partner’s courtship in the beginning, ends up embracing his own femininity and agreeing to marry the suitor. This is the power of the ’Hispanic tango‘, a lethal combination of two strands (the fiery and the tragic) of latinidad. Pee Wee & Mrs. Renee’s tango, while citing all the elements composing the ’hot‘, passionate atmosphere, do so to no erotic effect. The pedagogical setting and its disciplinary powers tame tango’s naughty, transgressive thrust. The parodic butt slips from the tango couple to the figures of the dance teacher and his enthusiastic student, also caught in a hierarchical heterosexist relationship. Pee Wee and Mrs. Renee’s clownish characters invite the audience to laugh at their awkward engagement with a sexy dance by going through the moves, without grasping the emotional investments known to make tango uniquely attractive. The result is a sexless, but clearly heterosexist tango where Pee Wee’s and Mrs. Renee’s expectations do not match: Pee Wee, a boyish figure with no interest in women or romance, teaches Mrs. Renee, who approaches the tango with sexual curiosity (excited, wearing a see-through skirt and flowers in her hair). Their dispassionate tango reconfigures the sex/love problem as a problem of gendered difference. (Play Some Like It Hot’s tango scene at: http://www.glosas.org/irreverentclips/) The tango steps that Daphne/Lemon and Brown perform in this scene are replicated by Pee Wee and Mrs. Renee: a tangoesque march along a straight line, arms extended with clasped hands in the direction of the never-winding trajectory. Stern, grave faces; bodies awkwardly turned side to side. The lack of variations and the endless repetition of the marching steps – that is, its undancy qualities – make their (again mechanical) dance hilarious. This rigid, redundant tango (a movement composition also to be found in Laurel & Hardy’s Way Out West from 1937, and in Chaplin’s Tillie’s Punctured Romance from 1916) sets into motion a series of critical questions about love and sex: If tangos, supposedly so sexy, are such a bore, then it follows that sexiness and even sex, when considered with critical distance, might be a bore. Tango Time here turns into a parodic inversion of Some Like It Hot and most irreverent tangos in that sexual attraction is not even an issue – while tango parodies often make fun of tango’s excessive erotic displays. Is Tango Time calling attention to the performance of gender when it comes to compulscene danced to a mixed tango and paso doble music, where Anjelica Huston plays the castanets with some clam shells picked up from one of the dinner tables surrounding the dance floor, the rose replaced by a dagger she throws at her dance partner (Raúl Julia), which he catches between his teeth. Their tango is so ’hot‘ that they literally catch fire in the course of the dance. (http://es.youtube. com/watch?v=6vm4TYFzUH0 (10.12.2008). 263
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sory heterosexuality, such as prescribed in the tango, and even more so because of its Latino bent? Unlike Some Like It Hot, where the joke focuses on Lemon/Daphne and Brown’s homo qua heterosexual tropical tango scene, Tango Time points out that, even when ’straight‘, tangos are ridiculous in the demands they place on gendered performances of difference and, simultaneously, on the expectations of an encounter across those differences. When asked to repeat the dance, Pee Wee reproduces the same choreography as before, and he ends up by leading Mrs. Renee beyond the ledge of his porch … and down she goes. This is Pee Wee’s way of conveying tango’s fatalness and the cruel machismo of the tango leading role. These stereotypes of latinidad present in Pee Wee’s parodic tango lesson, open yet another instance to self-reflection and critique. Do these parodies of tango lessons translate? Parodies are extremely complex discursive forms and they work over multiple registers. The jokes pile up and feed on each other, moving from the most obvious and superficial (for example body types, and gender incongruities) to more thoughtful and sophisticated messages requiring the ability and willingness to unpack highly synthetic metaphors leading to self-reflection (such as the ones I’ve been trying to establish here between tango, machismo and heterosexual love). In addition, what is obvious in one context and historical moment is not necessarily obvious in another. Globalized stereotypes, such as those pertaining to latinidad and machismo, do translate quite well nowadays. Parodies of Hollywoodesque misrepresentations of exotic others, even when containing ambivalence (Pee Wee or Lemon do not explicitly express a critical stance towards stereotyping or towards cultural appropriation), are funny. The translation of these parodies from one context to another is aided by the fact that those who incur stereotyping are characters that personify stereotypes in themselves – Pee Wee as a figure of infantilized American masculinity; Lemon as a male artist without a job during the Depression, forced into feminization by the circumstances, who discovers the woes and perks of womanliness and transits from being a heterosexual man in drag to being at the brink of becoming a fullfledged gay drag queen, prompted not by a change in sexual orientation but because of the advantages available to him (diamonds, yachts, and a stable economic situation) if he chooses men as his love object. Going through these tango lessons Pee Wee’s and Lemon/Daphne’s characters perform stressed masculinities that force them into over the top hyper-macho and yet desexualized (in Pee Wee’s case) or hypo-femme, and even better than what any women can do (Lemon in drag is competing with Marilyn Monroe!) impersonations. These parodies’ jokes are on tango, but more importantly, on the critical capacity of tango dancing to highlight the performance of gender and the intervention of non-sexual components in the formations of sexuality and love. 264
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The two contemporary TV shows I have chosen to discuss next are parodies of tango lessons that put to the test the translatability of dancerly parodies even further. One of them was produced and aired in Japan and the other in Argentina, both in the late 1990s. I will be offering these interpretations from the point of view of an Argentine and a tango researcher, so I am assuming (following my previous ruminations on parody and contextualization) that the joke material (parodic elements, modes and forms) that we (my readers and I) ’get‘ will not necessarily coincide. (Play ZONE’s Tango Lessons: http://www.glosas.org/irreverentclips/) ZONE, a Japanese Pop band of teen women artists from Sapporo, reached stardom in 2000 with the release of a single. They belong to the genre of bandol (band idol), a category promoted by record studios with an eye on the music market for teens. ZONE is presented in the following terms: “Between 1999 and 2005, ZONE released seventeen hit singles, three full lengths CDs, three DVDs, did commercials, and had their own television special, in addition to attending high school. They all graduated.”36 I am citing here this information from Wikipedia for the sake of stressing not only their popularity but also their purported role as youth models: teens who succeed as artists (they sing, dance and play music) while not compromising their studies. Miyu, Mizuho, Takayo and Maiko thus enter their tango lesson on a highly visible screen: Tango will be broadly engaged by teen audiences on a Japanese Channel TV “U Spirit” show.37 ZONE’s Tango Lessons presents viewers a narrative of pedagogical success, adopting documentary-like conventions. The band members are followed by the camera down a corridor as they enter a dance studio. They are apparently surprised to catch their would-be dance teacher in the midst of a rehearsal. She is dancing a (naughty) stage-style tango with her partner. They seem to be embarrassed at what they see, giggling nervously and covering their mouths as they look at the camera. In noticing their presence, the dance teacher invites them in and persuades them to take a tango lesson. This set up is important for an analysis of the ensuing parodic tango lesson in that there is a constant tension between the ease and encouragement offered by the dance teacher, and the resistance and bashfulness on the part of the students. Tango is clearly the problem, a problem that arouses prudishness even among teen 36 http://en.wikipedia.org/wiki/Zone_(band) (10.12.2008). 37 ZONE started off with eight members in 1997, then reduced to six and finally to four. By the time they released their first indie disc in 1999 the band members were Miyu Nagase, Mizuho Saito, Maiko Sakae and Takayo Ookoshi. A representative of Sony Records, Ominami Tadayuki, identified the potential of the band, re-shaped it and promoted it to stardom. 265
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pop stars. The format of the tango lesson and the fact that there are only women in the studio finally convince the students, one step at a time, to dare to tango. The naughtiness is still there, but the educative matrix tames the sexual connotations attached to the tango. And finally, the tango lesson turns into a contest where the students can safely exhibit their tango steps, having conquered the form and their fears. In the end, they get to dance beautified tangos, in full garb, with their newly appointed, well-trained, male dance partners. What makes ZONE’s pedagogical tango parody funny, and for whom? Attempting to address these questions, I will confront the two shows presented so far. But first, I will summarize some theoretical points previously made concerning how parodies work: Parodies are ’intertextual‘ and even ’hypertextual‘ (i.e., they are not reduced to formal borrowing and can make reference to discourses beyond what is being represented such as shared or known ideologies and practices). At the background of a parody stands another text to which the new creation refers, and against which it is measured and understood. One is not necessarily better or worse than the other. Parody emphasizes that they differ (unlike pastiche that relies on emphasizing sameness) and it dramatizes the difference. Parodic foregrounds and parodied backgrounds are ironically played with – irony being the mark of the decoder’s intervention as awareness of incongruity, distancing, and critique. Parody entails a double-directed irony (an ironic stance towards the background and towards the foregrounded materials) and in that, parody differs from mockery or ridicule of exclusively one of the texts in question. It is scrutinizing, pondering both. Therefore it is ambivalent. Parody does not offer a safe and settled standing; it moves critically back and forth. In her Theory of Parody, Linda Hutcheon calls attention to the fact that “as a form of criticism, parody has the advantage of being a re-creation and a creation, making criticism into an active exploration of form.”38 She is making reference here to the potentialities that parody offers to artists. From this viewpoint, that of the creators, the use of parody establishes the strong presence and even agency of the artist as capable of introducing subversive, transgressive interventions. This possibility, however, requires paying attention to the centrality of the contextual information: the context-dependent nature of meaning, that is, the circumstances that surround the performance. But the artist choosing to work through parody must choose the circumstances to which he or she will attend, given that the circumstances change historically and geopolitically – and this especially in globalization. The circumstances become multi-fold as the decoders, the audiences, are located in different contexts around the world. As a result, the circumstances foregrounded by the art38 L. Hutcheon: Theory of Parody, p. 51. 266
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ist are not necessarily the same as the ones of the audiences, and as a result differing circumstances comment on each other and become yet another layer or parodic register outside the artist’s purview. Back to our shows, who or what are the chosen parodic targets in each case? What kind of slippages between tango and dance pedagogy are set to work? And how effective are they transculturally? ZONE’s Tango Lessons, unlike Pee Wee’s Tango Time, invites the audience to laugh with them at the tango, to admire their courage at undertaking the tango feat, and to celebrate their tango conquest. Pee Wee, by contrast, sets himself up for ridicule; audiences laugh at him as he ineptly performs a water-downed tango, full of himself. While we might also laugh at ZONE’s artists in their prudishness and with Pee Wee at tango’s fiery aura, the target of the parodies tips in opposite directions. Moreover, although ZONE’s tango instructor is laughed at by the teen artists as they enter the studio and catch her, enthralled, in a tango, they do so with certain admiration which soon turns into respect as she moves into her teaching role. She guides her students with care, teaching them how to successfully engage with a dance that requires not only the acquisition of new techniques but complex cultural translations. Pee Wee, by contrast, is a selfcentered and unresponsive teacher who guides Mrs. Renee, his student, off the ledge of his porch. As a result, while in Tango Time both teacher and student are ridiculed, and their tango lesson ends up unsuccessfully, the didactic process in ZONE’s Tango Lessons brings satisfaction to all involved. In terms of cultural translation, the contrasting ways in which tango is presented in these shows is telling. While ZONE is encouraged to undertake a ’naughty‘ tango, led by the skillful hand of their professional instructor, Tango Time features an unsexy tango that questions adults’ interest in the form itself. ZONE’s Tango Lessons tame the tango and show teen audiences their way into it; Pee Wee’s Tango Time discourages its viewers from any possible interest in tango or what tango stands for. While ZONE’s message seems to be one of making a public display of heterosexual interest available to teen Japanese girls, Pee Wee and Mrs. Renee’s tango seems to be showing that sex/love displays of this sort are tame and passé. ZONE’s dance instructor points at the foreigness of the tango, making persistent efforts to translate, literally, the tango figuras from Spanish into English and then Japanese, stressing the fact that what they are attempting to perform is the Argentine tango – the ’real‘ thing. Pee Wee’s Tango Time takes for granted social dance instruction as a conventional model, imparted regularly in schools, as an acceptable way of dealing with (heterosexual) courtship. Tango’s exotic latinidad is thus referenced as an unfashionable way of undertaking and even fantasizing sex/love, long-incorporated into American culture. How are audiences expected to engage with these parodic tango lessons? And how does this relate to cultural translation? Which tango parody is more 267
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successful transculturally, and why? The two shows addressed so far offer some clues to these complex questions. There is the obvious fact that Pee Wee and Mrs. Renee’s tango lesson is presented within the format of a comedic show, while ZONE’s is framed as a more general genre of entertainment. They both, however, share pedagogical concerns in that they are produced and aired with children and teens in mind, as their main audiences, respectively. Bottom line, both shows are aimed at socialization through light entertainment. Ironies are expected, as critical devices, in both cases. However, Pee Wee’s Playhouse admits a more transgressive stance towards ’learning‘ than ZONE’s show. ZONE’s Tango Lessons empathizes with the teacher and the didactic process, while producing admittedly low-intensity laughter towards the students’ insecurities and naivité. This elicited emotional identification compromises laughter.39 In this sense, the audience is expected to laugh with rather than at the protagonists (students and teacher) of the show.40 Tango Time, in contrast, posits its main characters as ready-made to be laughed at: Pee Wee plays at being a teacher, and picks up on the possible faults to be found in the profession.41 His character, as well as his student’s (Mrs. Renee) are expected to fail in their endeavor. Laughing at them is the result of an intellectual (thus distancing) rather than an emotional engagement. And pedagogy is ambivalently held to scrutiny as social dance pedagogy is openly mocked. Is tango per se a target of these parodies? Yes and no. As a matter of fact, it depends on what tango, in each historico-cultural context stands for. While tango’s naughtiness gives an opportunity for the Japanese pop stars to ’explore‘ other culturally-coded performances of femininity, revise their sexual connotations, and domesticate moral anxieties, the fact of pretending to know how to tango, coupled with his dispassionate performance, ridicules Pee Wee – as it places tango’s alleged passionate powers under scrutiny. There is another aspect to parodic interculturality that entails considering global versus local audience responses. Back to our TV shows, how would Argentine tango fans (under their circumstances) interpret these giddy Japanese pop stars’ attempt to learn tango under their circumstances of culturally translated tango pedagogy? And how would you, sitting wherever you are, today? These Japanese girls (Miyu, Mizuho, Takayo and Maiko) access tango within a shaku dansu (social dance) learning format, an instructional dance39 See H. Bergson: Laughter. An Essay on the Meaning of the Comic, pp. 9f. 40 See T.D. Wieck: Funny things; S. Olbrys Gencarella: Disciplining the carnivalesque: Chris Farley’s exotic dance, for in-depth discussions on laughing targets and differing ways to engage audiences in comedic situations. 41 On trades and professions, including their solemnity, lingos and distorting viewpoints, as privileged comedic types see H. Bergson: Laughter. An Essay on the Meaning of the Comic, pp. 158-162. 268
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setting established in Japan since the 1930s through the adoption of British, and later on American, pedagogical models of social dance previously unknown in Japan. Social dance, especially for Japanese women, became a strong symbol of openness to Westernization.42 This explains the eerie fact of imparting tango lessons in an all female environment: the teacher and her assistant, two overdressed women instructors when considered from the viewpoint of ’regular‘ (i.e., Western or westernized) studio dance classes or rehearsals. Whenever deemed necessary for practicing partnering purposes – as in Lesson 2: Giro – male bodies are replaced by broad-shouldered Styrofoam dolls. Tango dance students hold them, drag them, and drop them as they go (quite a message here for the tango men and their leading role in tango dance). The overall hyper-talkative and giddy atmosphere both at watching the tango couple dance (in the beginning of the show), and when practicing the figuras or basic steps, add parodic elements to the learning scene. Would the Argentine and Japanese decoders of this parody laugh at the same things? Or should we consider the multiple (and yet discriminated according to context) parodic effects? If we confront this tango pedagogy parody with the one offered by Walter & Waldo, from an Argentine TV comedy show, some common points of ridicule and perhaps critique would arise, but others would certainly get lost. (Play Walter & Waldo’s Clases de Tango Uruguayo:La Pisadita (1) & El Pasito Dupláa (4): http://www.glosas.org/irreverentclips/) Walter & Waldo’s Clases de Tango Uruguayo appeared sporadically on ChaChaCha, a comedy show aired on TV América from 1992 to 1997. The show, led by Alfredo Casero, was characterized by absurd humor, bordering on the surreal. Overall, the program was made up of openly satirical sketches, addressing well-established local practices and beliefs, current political events, and renowned public figures. Class, status, and power were consistently targeted, aiming specifically at Argentine values and institutions. All and all, ChaChaCha’s plethora of farses and its actors’ uses of grotesque aesthetics amounted to an Argentine, self-critical carnivalesque. Within this context, Walter & Waldo are presented as an Uruguayan (not Argentine) tango program, and this explains (to those in the know) the low quality of the production and the overall shabbiness of the instructors. In addition, a frenchified tango playing in the background (it is not French or even in French, but an imitation of French sounding non-sensical words) indicates another layer of difference between Uruguayans and Argentines – as Uruguayans have been 42 For a lengthier discussion of tango in Japan see M. E. Savigliano: Tango and the Political Economy of Passion, Chapter 5. 269
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historically allied and culturally subjected to the French to a much higher degree than British-influenced Argentines. Francophilia and frenchification, it should be added, stand in Latin America (as in many other places) for symbols of sophistication and refinement, thus establishing another axis of parodic contrast with the low economic status attributed to Uruguay and Uruguayans in this show. The most successful parodic registers in translation are those focusing, beyond linguistic barriers, on the body, and specially on inverting gender and class expectations linked to sexuality, conveyed through physicality. Walter & Waldo43, announced in the show titles, are two male names. Immediately after the names are announced, we are presented with a heterosexual couple composed of a male and another male in drag who nevertheless does not mask his masculine name, although he voices it in a feminized tone. (If the gendered names did not clearly translate, the longish, stringy hair of one of the dance instructors, and the fact that the audience is clued into expecting a heterosexual couple to impart a tango lesson, do the trick.) This incomplete impersonation of femininity continues throughout their tango lesson in the ungraceful and awkward movements and postures that she/he adopts while performing the tango figuras. Walter & Waldo’s tango steps are parodic eye-catching devices that work very effectively but differently for viewers with different access to the details of tango technique. To begin with, unlike ZONE’s Tango Lessons, the structure of Walter & Waldo’s tango class replicates, step by step, that of the formal Argentine tango lessons offered through TV or instructional videos (see Solo Tango’s Tango Lesson below). The format and organization are identical, including the sequence of tango figuras followed by close-ups of the footwork, slow-mo repetitions, and break-ups into details of the ’male‘ and ’female‘ roles. However, unlike ZONE’s Tango Lessons, the figuras presented by Walter & Waldo are not tango figuras at all. And this not only because of the way in which they are performed, but also by the names by which they are called. To those in the tango know these are crucial data given that tango figuras (Ochos, Giros, Boleos, etc) are quite set into stone, as it were, and have been maintained as emblematic of the tango form for over a century.44 Walter & Waldo, prompted by Alfredo Casero as background commentator, announce grotesque tango figuras, adopting the grandiloquent tone and/or intention of formal tango instructional videos, and proceed to ’carefully‘ demonstrate their performance. Each of their lessons is wholly devoted to one (and hence) para43 Artists: Fabio Alberti (Walter) and Diego Capusotto (Waldo). 44 To introduce new figuras in tango argentino is extremely difficult and nuevo tango (the new tango ’school‘ of dancers) has gone through endless negotiations with the milongueros (the traditionalist high authorities of the tango world) in order to introduce a handful. 270
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digmatic made-up tango figura of which we have seen here two: La Pisadita (literally stepping a bit on someone, but also the name given to intercourse between chickens or a cock impregnating a hen) and El Pasito Dupláa (a small step attributed to Dupláa, alluding to the quite recent tango practice of naming creative figuras after their author).45 These details do not translate unless the audience is Spanish speaking and well versed in tango argentino history, but the performance of the figuras does: They all overemphasize bawdy eroticized poses (a leg uncomfortably placed against the crotch of the dancing partner, a move that causes the dance partner’s butt to protrude). Parodying the exhibition of the female body in ’naughty‘ formal tangos, a pair of nude, unshapely legs shows from under an unattractive skirt or dress. Feet in clogs or unbecoming shoes for dancing purposes, are the focus of the Detalles de los Pieses (literally, Details of the Footses) section. The couple moves tiredly (as in after a long day at work) and disinterested. They follow the commentator’s absurd instructions that prompt ’wannabe‘ tango dancers to practice with a ping-pong ball (La Pisadita) or that teach how to deal with partners who happen to have one leg shorter than the other (Pasito Dupláa) – when in reality we see that she has dropped her clog.46 Casero, the commentator and star of the comedy show, systematically ends every tango class with a “me da impresión” (loosely, “that gets me”), in reference to the final grotesquely erotic pose that stands for what tango, from his viewpoint, is all about. And they move into announcing in unison the absurd name of the tango figura they plan to present in their next lesson. To many Argentines of my generation this is probably the best Argentine tango parody (foreign parodies are something else) we have ever seen.47 The self-reflexivity and synthetic critiques of classism and xenophobia, coupled with the crass and ineffective machista comments and the redundantly per45 Dupláa carries an additional encoded meaning in reference to Nancy Dupláa, an Argentine artist and her, at the time, highly publicized amorous relationships. 46 For a brilliant discussion of the particular kind of absurdity that works in comedy see H. Bergson: Laughter. An Essay on the Meaning of the Comic, pp. 162167, where he stresses the artfulness of bringing together two contradictory logics. The audience is clued into incongruities through the unmatched articulations of causes and effects proposed by the comedian. Obstinacy and fixed ideas on the part of the artist result in his/her lack of flexibility to notice and adjust to specific situations. In Walter and Waldo’s sketches, the commentator leads the tango dance instructors into turning explicitly sexual the sleek sensuality of the tangos. Sex is thus the comedian qua instructors’ fixed idea, but, true to parody’s ambiguities, it ’calls the lie‘ of the love/sex entanglement at play, at least at a fantasy level, among tango dancers. 47 It should be added that foreign-ness, in itself, can result in unintended parodic effects. The presence of a ’foreign‘ physicality, due to racial or cultural stereotyping, intent on undertaking the tango (a world in which it does not ’belong‘) often generates incongruity, causing laughter. 271
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formed allusions to tango erotics so proudly presented are, put together, a parodic gem. But there’s another message sent here that doubles and loops in irony: Bottom line, is this what tango tourists and tango fans, coming from all over the world, are looking for? And, is this what the tango craze among young Argentines is denying and reproducing? The bawdiness and shabbiness of Walter & Waldo’s tango lessons squarely attempt to situate all audiences into looking at the third world and into questioning exoticism (auto-exoticism included) and its erotic fantasies. The hyper-low budget production of Caseros’s comedy shows combined with overly ambitious projects, systematically spectacularize the lack of resources and an oddly put-together education that relies on indiscriminate information. ChaChaCha, the name of this comedy show, among Southamericans at least, makes an obvious point: Argentina is part of the stereotypical Latino world, and not of the arrogant ’almost‘ or ’here we come‘ first world, despite what some Argentine politicians and citizens would like to think. The ironic loop strikes back, and unfolds striking yet again: If unreflexive Argentines and foreigners think that tango is sleekly passionate (as shown on stages and screens), ChaChaCha unmasks and amplifies the other tango for you. Tango here stands for the real. Walter & Waldo and ZONE’s TV tango lessons do share a common parodic terrain in that they both address generations young enough to be literate in globalized clubbing culture, a culture that emphasizes ’free‘, improvised and loosely partnered dancing. Club dancing styles do exist and have their fans and good or bad practitioners, but ’needing to learn to dance‘ by taking formal dance lessons with crabby or vain dance instructors, following ’structured sequences‘, in order to gain access to a particular dance are quite un-cool. In this sense, a dance lesson in a social dance format, be it tango, rumba or cha cha cha, is something laughable. Added to this, if a dance genre presents ’difficulty‘, such as the tango, and requires years of sustained practice under the supervision of elders who have authority over the ways of performing it and who guard carefully the introduction of new moves, especially when coming from young (and thus suspected) bodies, ridicule becomes a potential contestatory weapon. ’Difficulty‘ and ’training‘ also clash with the so flaunted ’passion‘ and ’sexiness‘ attributed to the tango. How can a dance be so sexy when learned either as it is shown in the Japanese or Argentine comedic versions of the tango pedagogical settings? Not only sexiness, but also compulsory heterosexuality as ascribed to the tango is being parodied: an allfemale setting in the Japanese tango instruction context; an all-male, but one in faux drag, in the Argentine version of Uruguayan tango instructions. The nervous laughter of those watching the tango classes (the other girls in the Japanese show), and the innuendos of the commentator (in the Argentine show) point precisely at the erotic nature of the tango dance that we (the audi-
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ence, viewers, third-removed participants) actually never see and are prompted to fantasize. The Japanese pop stars in their hip outfits, learning to tango in an elegant social dance studio, under the guidance of sleekly dressed instructors, who end up by dancing tango in the setting of a dance competition in the arms of well trained male partners do however offer quite a contrast with Walter & Waldo’s rundown and unhopeful fate as Argentine qua Uruguayan tango instructors. In globalization, they will never make it; by contrast, Miyu, Mizuho, Takayo and Maiko enter the tango scene, from the very beginning, as stars that have little to lose in doing their tangos. Bringing Pee Wee’s Tango Time back into our picture, this American aging boy never in need of growing up, teaches tango in full confidence, having mastered a single posture, one look, and one marching step (recognizable to those deft in Hollywood tango parodies, but unrecognizable as a tango figura ever pertaining to the tango). He tangos, from beginning to end of his lesson, in another world: a fantasy world, populated by cartoonish characters and run by high-tech media, all of which follow his orders and accommodate to his needs. He makes his world, the only one that really matters, invites whoever he wants into it, and tangos out of it whoever is too much of a bother. Self-referential as he is, Pee Wee’s tango lesson is bravado, a power demonstration that holds no room for sex or love, no eroticism to speak of. In Alain Badiou’s words “love begins where politics ends”48, and Pee Wee’s tango is thoroughly political. Pee Wee is the fantasy of globalization: Untouchable, all-encompassing, unlimited, a trend setting loner plugged into the emotionality of things rather than people. Pee Wee’s tango scene epitomizes the tango in consumption. Pee Wee’s tango, in its exuberantly fantastic setting, including the begging request that he elicits from Mrs. Renee (in the real tango world women never ask to dance), is obscene in its extreme de-eroticization, its lack of responsibility and accountability. His tango lesson is about tangoing without anyone else – he instructs with ’magic footprints‘ that Mrs. Renee, an enthusiastic but bad learner, can not follow. Mrs. Renee is Pee Wee’s tango parodic butt, and as a digitally unsatisfied tango student in want of a person-to-person encounter, she opens up self-reflexiveness and critique. But she falls into the abyss, and we don’t know if she will come back and ever tango again.
Straight Tango Pedagogy and the Unruly Tango World As your ’instructor‘ in irreverent tangos I feel compelled to present yet another TV tango lesson. This one provides the background against which the
48 See Badiou’s invitation to meditate on this synthetic proposition in Alain Badiou: Metapolitics, London: Verso 2006, p. 131. 273
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parodic tango lessons previously discussed could easily be foregrounded: Mora Godoy and Osvaldo Zotto, two professional Argentine tango dancers, that is, stage-wise tango globe trotters who have adopted the conventional pedagogical format established by the British-American social dance marketing experience. They offer a tango lesson on TV channel Solo Tango. (Play Solo Tango’s Tango Lesson: http://www.glosas.org/irreverentclips/) Straight tango lessons reintegrate the risky space of the milonga, its nocturnal, temporary but effective capacity to loosen up established social distinctions and hierarchies, to the world as it normally is: The world “put forward as eternal and indisputable” 49. Formal tango teachers reduce the ambiguities and incongruities of the milonga, they accommodate tango bodies into the expected patterns of gendered fixity and exert a politics of denial concerning their intricate social moorings. Tango teachers pass judgments on the proper. Through their technical instructions tango teachers offer guidance on how to deal appropriately with the fascination of the unproper. For this purpose, they privatize the tango scene and make tango a matter of physical prowess and psychological, emotional management; they render sexuality unthreatening by insisting on gendered specific technicalities; they treat dancers’ bodies as objects to be stylishly moved in space and time. All these disciplining didactic techniques amount to ignoring the milonga’s common knowledge, its risky and risqué business. Tango teachers work at taming the tango. They transform and discipline its potential for transgression, setting tango bodies in an abstract and yet familiar hierarchical order and into an expected relationality. If teaching is about imparting rules and patterns for socialization, when set into the didactic matrix, tangos become a matter of morality. Furthermore, all tango students are brought into the position of a youth in need of guidance. The pedagogical matrix also establishes who has (and does not have) the authoritative voice over a matter that deserves social and moral attention. The educative setting admonishes against indulgence and the crossing of boundaries when it comes to the socially acceptable. Tango teachers are in charge of taming excess of movements, emotions and pleasure that dancing tango could (and can) provoke if practitioners were left to tango on their own. The irreverent tango lessons here discussed all work at calling attention to the paradoxical role of the didactic in relation to the tango: Tango lessons enable students to go through the tango moves but are incapable of transmitting the tango mood of the milonga; tango lessons suggest the naughtiness embedded in the tango encounter as they feed the fantasies of tango students, but they 49 Mikhail Bakhtin quoted in: S. Olbrys Gencarella: Disciplining the carnivalesque: Chris Farley’s exotic dance, p. 290. 274
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also pass moral judgments on making them come true. The gendered sex/love relationality sought after through the tango is thus advertised and admonished against, on a worldwide scale, engaging with historically and culturally specific scares and desires. Irreverent tango lessons perform, for their audiences’ delight, all conceivable faux pas on the way to the tango and its promises.
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Schulman, starring Paul Reubens and Suzanne Kent, USA: Binder Entertainment 1990. Rent, directed by Chris Columbus, written by Steve Chbosky and Jonathan Larson, starring Mark Cohen, Roger Davis, Mimi Márquez et al., USA: Rent Productions LLC 2005. Some Like It Hot, directed and written by Billy Wilder, starring Tony Curtis, Jack Lemon, Marilyn Monroe et al., USA: United Artists 1959. Tango!, directed by Patrick Prentice, USA: National Geographic Explorer 1993. Tango, no me dejes nunca, directed and written by Carlos Saura, starring Miguel Angel Solá, Mia Maestro and Cecilia Narova, Argentina/Spain: Sony Pictures Classic 1998. The Tango Lesson, directed and written by Sally Potter, starring Sally Potter and Pablo Verón, Argentina/France/Germany et al.: Sony Pictures Classic 1997. Tillie’s Punctured Romance, directed by Mack Sennett, written by Hampton Del Ruth and Mack Sennett, starring Charles Chaplin and Marie Dressler, USA: Keystone Film Co 1914. Way Out West, directed by James Horne, written by Jack Javne and Charley Rogers, starring Stan Laurel and Oliver Hardy, USA: Stan Laurel Productions 1937.
Websites http://es.youtube.com/watch?v=6vm4TYFzUH0 (10.12.2008). http://www.glosas.org/irreverentclips/ (10.12.2008). http://www.lacan.com/zizsmash.htm (10.12.2008). http://www.tangomujer.org/ (10.12.2008). http://en.wikipedia.org/wiki/Zone_(band) (10.12.2008).
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Incipient Action ~ The Dance of the Not-Yet ERIN MANNING
Moving the Relation It is never simply a cue, a direction, a prodding that moves us. What moves us is an intensity alive in the potential of movement moving. Together, we move to movement’s relational taking-form, moving the shape of the dance, not its steps. To dance relationally does not mean to follow in someone’s footsteps. It is not to follow up on a direction already underway. To dance is to move the relation. Tango argentino is relational movement. It is an invitation to move with the shape of the interval that connects us. This interval is thick with preaccelerating tendencies, thick with the potential of movement taking form. To feel the tango dancing us is to move the relation, to move through the preacceleration of a singular tendency. Together. It is to create-with movement’s taking-shape. It is to compose with movement: volumes, always more-than-one, emerging from surfaces, recombining with lines, folding, bridging, knotting, a coming-together that proposes a combination of formforces where preacceleration finds passage. Preacceleration: a movement of the not-yet that composes the more-than-one that is our dancing body. Tango, a composition for at least two bodies, embracing movement. Embrace not as the locus of all connections, but as the palpable link between bodies that reminds us that movement is alive. As we connect, we move. Call it a relational shape-shifting. Potential physical points of contact: chest, arm, stomach, shoulder, breast. William Forsythe calls this “cz”, the connection between two limbs where “the pressure of one limb on the other gives the alterations in the skeletal mechanic”1.
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William Forsythe: Improvisation Technologies: A Tool for the Analytical Dance, Karlsruhe: ZKM 2003, p. 65. 279
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In tango2 we will not always have the same contact, but contact will remain. This contact will be the impetus for creating movement. But remember: we also shapeshift at a distance.
Movement Moving Tango argentino: the walking dance. We take a step. My step leads me forward, but before I can step I must call on you to move almost before my own displacement. It is this almost-before I must communicate. This silent question takes the form of an opening. Technically: The energy that is preaccelerating through my body convenes in a direction that can be harnessed in a relational between of which you take part. The direction becomes a potential movement that repositions by almost-shifting body in a towardness that has not yet actually moved. The towardness draws you in. What they see: We move forward together – I step forward, she steps back. It looks seamless. Result: They think this must be choreographed. “I consider choreography to be a secondary result of dancing.”3 The appearance of choreography signals a reaction to a movement that seems to have been known in advance. Yet nothing here is known in advance. What moves is a feeling more than a direction. The feeling can be harnessed into a repetition – a choreography of sorts. But what emerges in the first instance is an openness toward moving, a movement moving. The concept of preacceleration is a way of thinking the incipiency of movement, the ways in which movement is always on the verge of expression. Bodies invent motion incessantly, creating habits to satisfy the carrying out of these inventions. These habits tell us how to keep our balance as we take one step after another, how to reach the floor with our toes as we crawl out of bed in the morning, how to find the bathroom at night without running into the walls. Proprioception provides us with clues that precede our cognitive understanding of where we are going.4 Preacceleration: We are going, always already.
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Tango argentino is particularly interesting in the context of relational movement because of its walking constraint. In tango argentino, while you never know what kind of movement will emerge, you do know that the movement will never diverge from the basic tenet of the walk: keeping one foot on the ground at all times. In relational movement I use the walk as an enabling constraint in order to foreground the relation as that which gives movement its force. I suggest that movement never occurs in a void: When we move, we move the relation. W. Forsythe: Improvisation Technologies: A Tool for the Analytical Dance, p. 24. Proprioception is defined as the sensibility proper to the muscles and ligaments as opposed to tactile sensibility (which is exteroceptive) and visceral sensibility (which is interoceptive). For a more detailed engagement with proprioception,
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INCIPIENT ACTION ~ THE DANCE OF THE NOT-YET
The dancer’s body – in the case of tango, the two of us moving together – provides a glimpse into the ways in which movement creates the potential for unthinking dichotomies that populate our worlds: abstract-concrete, organicprosthetic, alive-dead, mind-body, actual-virtual, man-woman. It’s not that movement directly undermines these dialectical concepts. It’s that movement allows us to approach them from another perspective: a shifting one. When we are no longer still, the world lives differently. We can think of movement in at least two ways. 1. I enter a room and see that room as pre-existing me. I walk across the room, drawing an imaginary line that cuts the space. 2. My movement creates the space I will come to understand as ’the room‘. The room is defined as my body + the environment, where the environment is an atmospheric body. Without that particular moving body that particular environment does not exist. In Umberto Boccioni’s terms, the first way of thinking movement might be termed “relative movement” and the second “absolute movement”.5 In the first instance, we participate in a hylomorphic quandary where form pre-exists matter.6 The matter – my body – enters into the form – the room. Both body and room are pre-given in this instance. The room defines the limits of my body’s potential. In the second instance of “absolute movement”, individuation occurs in intimate connection between the moving body and its atmospheric potential. The room becomes configuring as the body recomposes. There is no ’body itself‘ here because the body is always more than ’itself‘, always reaching toward that which it is not yet. The not-yet takes form through the intensities of preacceleration that compel recompositions at the level of both strata, the body and the room. What this means is that both body and ’space‘ are experienced as alive with potential movement. The body-room series takes on an infinite variety of potential velocities. These velocities take form at certain intervals, remaining virtual at others. The body-room strata is therefore neither object nor form, but infinite potential for recombination. When an event takes form within this malleable strata, there is a configuration. Displacement is one such event. When a displacement actually occurs – direction the force of preacceleration that holds the series in anticipation – a shift takes place that
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see Brian Massumi: Parables for the Virtual: Affect, Movement, Sensation, Durham: Duke University Press 2002. Umberto Boccioni: Technical Manifesto of Futurist Sculpture (1913), in: Robert L. Herbert: Modern Artists on Art: Ten Unabridged Essays, Englewood Cliffs, NJ: Prentice Hall 1964, pp. 42-50. For a detailed exploration of hylomorphism and the potential of matter and form, see Gilbert Simondon: L’individu et sa genèse physico-biologique, Grenoble: Jérôme Millon 1995. 281
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alters the coordinates of spacetime, beginning the process anew, bringing new configurations to the machinic phylum body-room.7 The body-room series opens the way for thinking the “pure plastic rhythm” of bodies. For Boccioni, “pure plastic rhythm” is not “the construction of bodies, but the construction of the action [emphasis in original] of bodies”8. In his work, Boccioni is concerned with sculpting the body not as an immobile body that is modeled as though it were in motion, but as a body in movement. To sculpt movement is to prolong a spiral potential that is already inherent to matter. This prolongation of the spiral is what Boccioni calls dynamism, or dynamic form. Pure plastic rhythm is dynamic form in potentia. In a Spinozean gesture, Boccioni seeks to create a movement that is preaccelerated, a movement that never stops yet has not come to full expression through displacement. That a body moves without displacing itself means that rest becomes an instance of absolute movement. Rest becomes an activity of rhythm. Boccioni calls this “continuity in space”. Continuity in space does not imply a static concept of space with a moving body transposed into its interior. For Boccioni, space moves. What Boccioni (with the other Futurists) seeks is a simultaneity of form and content where the virtual (preacceleration) is felt as creating a simultaneity of body and environment. Preacceleration forces movement to take form: “By its centrifu-
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A phylum is defined as the division of primary rank in the classification of the animal and plant kingdoms. It is through the intermediary of assemblages that the phylum selects, qualifies, and even invents the technical elements. The assemblages cut the phylum up into distinct, differentiated lineages, at the same time as the machinic phylum cuts across them all, taking leave of one to pick up again in another, or making them coexist. In A Thousand Plateaus, Gilles Deleuze and Felix Guattari define the machinic phylum as a technological lineage. The phylum classifies machines not simply through their technicity but through their recombinations of matter and movement. Their definition: “wherever we find a constellation of singularities prolongable by certain operations, which converge, and make the operations converge, upon one or several assignable traits of expression. […] [t]he machinic phylum is a materiality, natural or artificial, and both simultaneously; it is matter in movement, in flux, in variation, matter as a conveyor of singularities and traits of expression. […] At the limit, there is a single phylogenetic lineage, a single machinic phylum, ideally continuous: the flow of matter-movement, the flow of matter in continuous variation, conveying singularities and traits of expression. This operative and expressive flow is as much artificial as natural: it is like the unity of human beings and Nature” (Gilles Deleuze/Felix Guattari: A Thousand Plateaus, translated by Brian Massumi, Minneapolis: Minnesota University Press 1987, p. 409). A machinic phylum creates technical assemblages, whereas the assemblages invent the various phyla. “A technological lineage changes significantly according to whether one draws it upon the phylum or inscribes it in the assemblages; but the two are inseparable” (ibid., p. 407). U. Boccioni: Technical Manifesto of Futurist Sculpture (1913), p. 48.
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gal direction, the form-force is the potential of the living form.”9 Force taking form. Boccioni does not seek a ’representation‘ of movement. He creates movement. To create movement is not to sculpt movement’s illusion. It is to make movement felt in the recreation of new body-world series. This sculptural ambition is political. Through it, the political achieves a thickness, a volume. The immobile silhouette of the stable subject is usurped by a recomposing body that “seeks complete fusion of environment and object by means of the interpenetration of planes”10. Gesture becomes dynamic: There are not two legs moving, but twenty. It’s all about rhythm: “Rhythm appears not only dependent on the velocity, fastness, and linear measurement of an extensive movement, but also on the intensive capacity of the body, on its passage between direct potential states and its affective relations to the states of other bodies.”11
Duration is key. The two dancers have now taken a step forward. Their embrace connects them. It is not the touch ’as such‘ that holds them to one another, but the movement-toward that is the continuous repetition of the touch.12 This ’inframodal‘13 experience of touching awakens their bodies to all kinds of perceptions, alerting the dancers to the continuous recompositions of the spacetimes that world them. Inframodal vitality propels the dancers to become more-than, to embody more than the strict envelopes of their individual bodies. The dancers begin to feel the dance take over. They feel the openings before they recognize them as such, openings for movement that reach toward a dance of the not-yet. What takes place in this not-yet? Facing forward on the crowded dance floor, we feel the urgent presence of bodies moving behind us. Even if they seem still, they press against our back, creating space in front. The music lends urgency to the moment. The music begins to move us. I lead an interval. This interval is not mine alone to lead. Inframodaly, we shapeshift this interval. As it takes form, the intensity of moving together translates into a step, this time to the front and around. She moves around me, urging my 9 Ibid. 10 Ibid., p. 49. 11 Stamatia Portanova: The Intensity of Dance: Body, Movement and Sensation across the Screen, in: Extensions: The Online Journal of Embodied Technology, 2 (2005), p. 34: http://www.wac.ucla.edu/extensionsjournal/ (24.04.2007). 12 For a more detailed exploration of how touch necessitates repetition, see Erin Manning: Politics of Touch: Sense, Movement, Sovereignty, Minneapolis: Minnesota University Press 2006. 13 Amodality refers to a fusing of the senses. The concept of the ’inframodal‘ seeks to explore the ways in which the senses capture and extend as technologies of the body, suggesting that the senses play an active role in recomposing the body. 283
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moving body-form to propel her shifting axis into a turn as I step back, repositioning my axis in direct relation to hers. The interval moves with the music, with the shifting axes, moving us, creating a shared body. We move the relation. The interval is duration expressed in movement. It is not something I create alone, or something I can re-create by myself. It exists in the between of movement. It accompanies my movement yet is never passive. It activates the next incipient movement. The interval is the metastable quality through which the relation is felt. Many potential intensities populate it. It expresses itself as the shifting axis that connects us. Proposition: The interval creates the potential for movement that is expressed by at least two bodies.
Intensive Magnitudes Duration is a way of thinking spacetime qualitatively without subsuming it to a certain measuring out of space. Duration is the rendering of what Henri Bergson calls “intensive magnitudes”: “[…] pure duration might well be nothing but a succession of qualitative changes, which melt into and permeate one another, without precise outlines, without any tendency to externalize themselves in relation to one another, without any affiliation with number; it would be pure heterogeneity.”14
When spacetime is no longer entered but instead created, it becomes possible to think the body-world as that which is generated by the potential inherent in the preacceleration of movement. Movement takes time. But movement also makes time. Forsythe suggests that the velocity of the movements he proposes to his dancers could not be choreographed without first slowing them down. To choreograph is to hold incipiency to measure. Movement provokes duration even as duration provokes movement. Measurable quantity is anathema to duration. This is why the displacement itself – the movement from a to b – is not what is essential about movement. Movement is the qualitative multiplicity that folds, bends, extends the bodybecoming toward a potential future that will always remain not-yet. This body-becoming (connecting, always) becomes-toward, always with. I move not you, but the interval out of which our movement emerges. We move time relationally as we create space, we move space as we create time.
14 Henri Bergson: The Idea of Duration, in: idem: Bergson – Key Writings, edited by Keith Ansell Pearson, London: Continuum 2002, p. 61. 284
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The displacement is not the event. The event is the composition of spacetime that qualitatively alters the topological dimensions of our sensing bodies in movement. In Bergson’s words: “We attribute to the motion the divisibility of the space which it traverses, forgetting that it is quite possible to divide an object, but not an act: and on the other hand we accustom ourselves to projecting this act itself into space, to applying it to the whole of the line which the moving body traverses, in a word, to solidifying it […].”15
In preacceleration there is never simply one movement: Different rhythms, different durations coexist. The displacement is how the decision to move one way or another takes form. Movement is a process of individuation where matter and form remain in flux, virtually shapeshifting into malleable environments. These environments – alive in the interval – are always singular, but never one. The time of the interval is incipiency. This is a future-past that is prolonged at the interface of the becoming-actual of the virtual. Just because you cannot see the interval does not mean it’s not real. The interval’s concreteness is what allows me to feel the movement in the before or the even-as of my body’s displacement. I can’t think fast enough to catch the interval in the making. The interval is the production of movement before we know it as such. It is the residual we tap into in a quick change of direction that causes her leg to fly into the air in a tight boleo, magically circling her already recomposing body. The interval is salient throughout but I cannot name it or locate it exactly. I feel it only momentarily in the instant where I catch a glimpse of her eyes wide with wonder asking herself: “How did we do that?” William Forsythe’s Technologies of Improvisation are a rich lexicon for the interval. Forsythe explores movement as both extensive and intensive space. His interest in what a body can do takes the movement-space of the body and extends it as far as the body can reach. He pushes the limit of extension, exploring how space is created through the infinite lines of flight of expansive bodies.16 In a spacetime of continuous re-orientation, not only do bodies metamorphose, but so does the space created by the incessant re-orientation of the malleable coordinates of stagecraft. Space and body are in continuous shifting dialogue. The relational body is populated by virtual intervals. Yet these shifting intervals are also always in a potential state of disappearance. They are like spirals of preacceleration poised to be tapped. Movement revels in the potential of the interval precisely because it contains the magic of forgetting that 15 Ibid., p. 65. 16 Deleuze and Guattari define lines of flight as potentials that resist capture. For a more detailed explanation, see G. Deleuze/F. Guattari: A Thousand Plateaus. 285
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assures that every movement will begin anew, despite and because of the endless potential of its preaccelerated state. For preacceleration cannot be known as such. It is felt in its effects. It colours the way the movement becomes. But it cannot be repeated in exactly the same way. Preacceleration is the expression of movement’s capacity for invention. Preacceleration does not predict one displacement over another. Certain preaccelerations do hold in abeyance certain kinds of opening out of which certain shapes emerge, but control is not of the essence. Movement always begins with a certain degree of open improvisation mixed with a certain degree of habit. Every step we take when we walk is a replaying of a habit. This habit is a tendency to move to a certain rhythm, to take a certain size steps, to bend at the hip or at the knee. These habits hold our walk to a practiced repetition: a choreography of sorts. Yet, each of these habits takes its shape from a preacceleration that proposes openings toward different shades of movement. These shades of movement are more visible in the walk of the dancer, who flows through his potential, creating new forms for the making. But even the everyday walk is an improvisation before it is a choreography. When we are speaking of movement, we must remember: The virtual and the actual are aspects of a same event (there is no actual without the virtual, and vice versa). What takes form as we move is the actualization of virtual potential rich in each displacement. The eventness of movement is a virtually concretized differentiation of matter-form that creates a dynamics that is of the order of speed itself. “You can […] move with tremendous acceleration provided you know where you leave the movement – not where you put the movement, but where you leave it. You try to divest your body of movement, as opposed to thinking that you are producing movement.”17
Speed is preacceleration virtually prolonged, always already forgetting to actualize. Absolute speed: magnitude of acceleration, qualitative transformation. When speed actualizes (quantifies), it slows down. Divesting movement of displacement, preacceleration becomes palpable. Evaporation, exfoliation, dissolution. “Movement is a factor of the fact that you are actually evaporating.”18 We never evaporate alone. To posit this is to succumb to what Alfred North Whitehead calls “the fallacy of misplaced concreteness”19. The concrete must remain potentially virtual: Its process of relationality must never be 17 William Forsythe quoted in: Théâtre du Châtelet (ed.): Le programme de Théâtre du Châtelet. Théatre Musical de Paris, Paris: Châtelet 1995, p. 1. 18 Ibid. 19 Alfred North Whitehead: Process and Reality, New York: Free Press 1938, p. 18. 286
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completed. The interval is a way of conceptualizing the concreteness of movement where the concrete remains relational and the movement remains virtual.
Anexact Yet Rigorous Although the interval cannot be directly perceived, it can be prehended. In Whitehead, the actuality created by a prehension is called an actual occasion. In the case of the two dancers, the actual occasion will not be the fact of the displacement but the act of it. How the movement is prehended is a unique experience. The singularity of prehension serves to remind us that there is not one common interval, but an infinity of relational intervals which together create spacetime as we experience it. Like the prehensions, actual entities are also multiple, operating on a nexus. Each series – of a walk, of a dance – is composed of a nexus of differentiated prehensions recomposed into actual occasions. Each of these actual occasions operates in a specific spacetime on a nexus that shapeshifts in the recomposing spacetime of sensing bodies in movement. The interval operates in the multidimensionality of the nexus, becoming with a region of vague and material essences. These essences, defined by Husserl as “anexact yet rigorous” are neither metric nor fixed. The interval that is prehended remains incorporeal, yet inextricably connected to the corporeal, resulting in what Deleuze and Guattari call “[…] an ambulant coupling, events-affects, which constitutes the vague corporeal essence and is distinct from the secondary linkage, ’fixed essence-properties of the thing deriving from the essence‘”.20
The interval belongs to a certain qualifying vocabulary such as that expressed through Whitehead’s “eternal objects”. The interval is not a thing but a quality of light, speed, closeness, purpleness. In Whiteheadian terms, this means that the interval preexists all actual occasions, composing them but not perishing along with them (when they have become ’satisfied‘). This means that while a prehension may create an actual occasion that in time will have served its purpose and disappear, the interval that incites that actual event to shapeshift will remain potentially active for the next preacceleration. The interval is eternal. If we had to locate creativity, the interval could serve as its nexus. I cannot show you how to move my movement, but I can show you how to potentialize the interval to help extend your movement to its qualitative limit. This is what Forsythe means when he says that he must work with the dancers to
20 G. Deleuze/F. Guattari: A Thousand Plateaus, p. 409. 287
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help them find their movement. To find movement is to work with preacceleration. This just-before is also a way to think duration rather than succumbing to linear time. It is not that I will know the movement in a potential future, but that I will invent the now in a time-slip I will come to know as the justbefore. This just-before will never be about an individual movement, but about the relation between preacceleration and motion, between an infinity of intervals apprehended in the not-yet of our quantitative displacement. “When you’re actually dancing, it is seldom that the principles occur in isolation.”21 Novelty is produced by the body-becoming. Novelty is dynamic, active through the plasticity of its rhythms, emergent always in excess of its form. “You make a voluntary decision, and you let yourself move into space and then gravity and velocity and several other factors are going to affect that decision and force you into another one.”22
The interval cannot be shaped-as-such. It creates a folding into which bodies capitulate, an opening into which we surge. Bodies becomes many-timed, many-spaced: “[…] then your body would take over and dance at that point where you had no more idea. I see that as an idealized form of dancing: just not knowing and letting the body dance you around.”23
Whitehead writes: “Every actual entity is what it is, and is with its definite status in the universe, determined by its internal relations [its interval E. M.] to other actual entities. Change is the description of the adventure of eternal objects in the evolving universe of actual things.”24
The dance floor moves the dancers. The ground shifts and through its shifting, bodies recompose. The actual occasions created through the relational event of movement taking shape form a nexus of degrees of relevance, where every actual occasion is in some way present in every other actual occasion. This despite the fact that each interval is singular, coloring the particular actual occasion with a qualifier that distinguishes it from the plethora of other actual occasions. We may thus prehend the whole (the nexus – the dance as such) or a singularity (one particular movement). When the singularity surprises us the 21 22 23 24
W. Forsythe: Improvisation Technologies: A Tool for the Analytical Dance, p. 18. Ibid., p. 24. Ibid., p. 26. A.N. Whitehead: Process and Reality, p. 59.
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interval will come to light: a moment of magic! Total exfoliation: laughter. We feel the interval’s eternality: There will always have been more than one. The eternality of the interval carries an infinity of potential preaccelerations, an infinite subrealm of experience and expression. When movement makes us laugh (or cry), this laughter captures a singular interval, activating its relevance above the nexus. We feel the movement moving through us.
The Many Become One “At any given moment you have to be able to say: What is the potential of this configuration of my body?”25 The potential of a movement is its ability to dynamically extend the many from the one. “The novel entity is at once the togetherness of the’many‘ which it finds, and also it is one among the disjunctive ’many‘ which it leaves; it is a novel entity, disjunctive among the many entities which it synthesizes. The many become one, and are increased by one.”26
The potential of a configuration is its evanescence: the ways it will have become. This evanescence can be heard in Whitehead’s concept of concrescence, which is the way he combines togetherness and the production of novelty. The potential of a configuration must always be the production of novelty. And this production will always be based on a togetherness where the interval will guide and extend/extrude the process. This togetherness is the relationality out of which all consequent (and simultaneous) intervals are produced. Concrescence is, literally, growing together. “You don’t start dancing. You dance.”27 We dance our way to concrescence. Concrescence can be a political moment: The interval we are dancing is always more than the qualified ’we‘. This ’we‘ transfers any thought of subjectivity beyond the individual not simply to individuation but to infraindividuation, to a thought of the collective which does not emerge from a group of individuals but precedes this very concept of individuality. To locate the many in the one and add one is to suggest that every movement is first and foremost collective: collective and singular. It is collective in the sense that it is relational, that it has a profound effect on the composition of its intensive extensions. These intensities become movements of thought, where thought is
25 William Forsythe quoted in: Rosa Mei: Forsythe’s ’Ricercar‘ = One Confused Room, in: Flash Review 2, 11-19 Etch a Sketch in Streamlined Indigo (2003): http://www.danceinsider.com/f2003/f1119_2.html (02.02.2009). 26 A. N. Whitehead: Process and Reality, p. 21. 27 William Forsythe quoted in: http://www.realtokyo.co.jp/english/column/ozakiinterview.htm (11.10.2007). 289
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never distinct from the movement itself. Movements of thought are potential articulations of the political. Such articulations propose that we are never alone in the world: Movements of thought are worldings that recombine the very potential for collective thought. Guattari proposes a composed matrix of subjectivity that resists a return to the realm of the unconscious to enhance its recombinations. Guattari’s concept of subjectivity depends on an active and dynamic recombination of the virtual and the actual. Subjectivity is no longer exclusively located in a body: It is a collective moving-through. Remapped onto the vocabulary of the interval, we might see subjectivity as a provocation that effects the recomposing of bodies-in-the-making, creating not fixed subjects but infraindividuations. Guattari sees this process of subjectivization as parallel to worlding, continuously reactualized through events of the present passing. This productive consciousness depends on machines of combination such as the series individual-group-machine-world. This series is always already collective in the sense of its operating at vectors of relation and exchange. Subjectivity as Guattari proposes is a kind of heteropoiesis, a self-production in which the myriad components (prosthetic-organic) participate in the production and transformation of one another. Subjectivity “makes itself collective”28. This does not mean that subjectivity as inherently collective is already political29 or social, but that the thought of the collective in the production of a sensing body in movement invariably leads us to a political (re)articulation. Collective must be understood here in terms of the nexus of actual occasions prehended through the eventness of the interval. Collectivity deploys itself in excess of any individual (one or many) to an idea of the infraindividuating recombination that is never one or many but always at the threshold from one to the other. To develop a thought of relation that refrains from positing the individual as the starting point allows us to multiply the interval. Despite the fact that prehension restricts us to an actual occasion that is monadic in its completion, it provides the potential for Guattari’s notion of subjectivity: Prehension produces the potential for a nexus through which the collective as singularity can be thought.
The Refrain Creating an actual occasion harnesses an event, foreclosing momentarily the potential for recombination. There will of course be simultaneous recombinations at the level of the nexus, but a singular actual occasion – like Leibniz’s 28 Felix Guattari: Chaosmosis: An Ethico-Political Paradigm, translated by Paul Bains and Julian Pefanis, Indianapolis: Indiana University Press 1995, p. 22. 29 The political is never more or less than that the body-worlds we create. Yet the potential of the political must remain in the interval – preaccelerated and poised. 290
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monads – will always remain what it is in this instance. When this instance has outgrown its potential, the actual occasion will perish, leaving an opening for a repopulation of the recomposing nexus. Only the interval will survive this perishing. Although the interval as such can never be grasped or contained, it ’ingresses‘ into new actual occasions, magnifying the potential within them. This shapeshifting of the interval is a rhythm that returns as a refrain, emphasizing that which populates the in-between. There is no empty space: Space is the interval creating refrains, rhythmically altering bodyworlds. The refrain is used here to convey time-slips within territorializations. To territorialize is always to stop movement, to begin the analysis from a stopping and then to make the body move. To think movement through the refrain allows us to locate the interval as a absolute tempo whereby “time ceases to be exterior in order to become an intensive nucleus [foyer] of temporalization”.30 Rhythm is experiential duration that dislodges any concept of universal time. “From this perspective, universal time appears to be no more than a hypothetical projection, a time of generalized equivalence, a ’flattened‘ capitalist time; what is important are these partial modules of temporalization, operating in diverse domains (biological, ethological, socio-cultural, machinic, cosmic…), and out of which complex refrains constitute highly relative existential synchronies.”31
Incorporeal becomings are made up of rhythmic intervals, rhythms that are detected as they are produced only to find themselves always already there. Time is not endured, it is activated. To dance is not to make steps. “This dance can only be made from the inside.”32 The interval is prehended not in the displacement but in the event of being-connected: the interval is a connection machine. The interval reminds us that the body-world (in recombination) is a technology.33 It is a technology insofar as it is capable of accessing the connection machine, of creating the movements of thought that extend the interval across spacetime. It is a technology insofar as it is a BwO – a body always qualitatively more than the organization of its biological composition. The interval is a technology of the body-becoming, organic insofar as it qualitatively alters the molecular and molar composites that make up our experi30 F. Guattari: Chaosmosis: An Ethico-Political Paradigm, p. 16. 31 Ibid. 32 William Forsythe quoted in: http://www.realtokyo.co.jp/english/column/ozakiinterview.htm (11.10.2007). 33 Jacques Derrida’s concept of “originary technicity” (like the concept of the “posthuman”) allows us to think the body as always-already prosthetic. For a detailed exploration of the concept of originary technicity, see Geoffrey Bennington: Interrupting Derrida, New York: Routledge 2000. 291
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ence of spacetime, prosthetic in the sense that the body is populated by senses that extend the regions of the body beyond its organic envelope to ’technologically‘ connect it to its process of worlding. In this process of worlding, what exactly is prosthetic and what is biological is contestable: Processes of relay are always at once machinic and biological, organic and technological. Ontogenetic, bodies as “pure plastic rhythm” are always recomposing, proposing relations between series. Movement is a technology of the becomingbody.
The Virtual The interval is virtual, incorporeal. Yet it has substance: it is palpable. For Spinoza substance is not prior to its attributes nor does cause precede effects: “[…] substance is ’its‘ infinite diversity itself; it is realized in this diversity and is nothing other than the process of production without beginning or end (beyond teleology, without goals or direction) of itself through the infinity of its attributes.”34
The substance of the interval is its capacity to retain qualities even after its perishing within an actual occasion. This quality of movement is not, but it acts. As pure duration, the interval creates a schism in linear time, preserving the future in the present. The time-slip of the interval is the future anterior: the will-not-yet-have-happened. The interval never marks a passage: It creates the potential for a passage that will have come to be. This duration is defined less by succession than by coexistence, virtually. Repetition is at the heart of the interval. The structure of repetition-induration is not one of resemblance but of difference. This repetition takes place within the virtual potential that is translated into an actual movement. The interval provokes the movement but does not actually move. The body moves. Repetition is the recomposing of the moving-with that is the relational body. For a pure plastic rhythm to exist it must repeat itself: eternal recurrence, spirally. To feel the interval is to think in terms of planes and forces. This movement can be a spiral of preacceleration that incites a movement, or it can be a movement of thought. Repetition through the interval is not a recurrence of the same. It is difference embodied through movement. This difference becomes an actuality, an event in and of itself. This event creates a memory. If we posit choreography as the starting point, we are arguing for a different process: the process of memorizing an already-constituted event. Preacceleration suggests such an
34 Deleuze quoted in: Warren Montag: Introduction, in: idem (ed.): The New Spinoza, Minneapolis: Minnesota University Press 1997, p. xvii. 292
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order to be virtually impossible. Dancing is moving the interval. It is repeating the future: dancing the not-yet. “What is recollected […] is repeated backwards, whereas repetition is recollected forwards.”35 Preacceleration is tapped into by the interval, actualized not in the displacement as such but in the potential of its actualization. Preacceleration is like the breath that releases the speech, the gathering-toward that leaps our bodies into a future unknowable. It goes something like this: preaccelerationrelation-interval-intensification-actualization-extension-displacement-preacceleration. Simultaneity of experience creates sensing bodies in movement which create shifting spacetimes of experience. “Space […] is not matter or extension, but the schema of matter, that is, the representation of the limit where the movement of expansion (détente) would come to an end as the external envelope of all possible extensions.”36
Bodies are never independent of the extensions of space and the matter of time: Bodies are durational. The interval makes this duration manifest, virtually.
Curve the Motion! In a liquid embrace we move together, counterclockwise around a crowded dance floor. Floorcraft is key to the experience of the movement we seek. If the room moves with us, we feel as though we are dancing not with one other person, but with a hundred people. In this case, we experience a simultaneity of intervals: many rhythms and durations, one cadence. Repetition is another word for magic. One foot in front of another what we repeat is not the walk as such but the creation of intervals to the refrain of a simultaneous becoming. I move to move with you to move with them to move you moving me. Bodies recompose along new vectors and the organs disperse. The connected intervals affectively transform our collective relation: The music moves with us, our collective steps sound like a beating of a marked continuity. Boccioni’s “continuity in space”. And yet these movements are improvised. “Continuity in space” becomes continuous discontinuity. The interval is always more than one, beyond the actual occasion. To repeat is to act, to live the interval. Repetition is forgetting (in the Nietzschean sense), preaccelerating not to find a previously lost displacement 35 Søren Kierkegaard: Fear and Trembling; Repetition, edited and translated by Howard V. Hong and Edna H. Hong, Princeton NJ: Princeton University Press 1983, p. 131. 36 Gilles Deleuze: Bergsonism, translated by Hugh Tomlinson and Barbara Habberjam, New York: Zone Books 1991, p. 87. 293
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but to encounter the potential of that which is not-yet. On the dance floor I lose my place when I repeat to remember. The music dulls, the interval dissolves and I am no longer dancing with you. Now everything has become a question of displacement: The flow of dance falls apart. Important: We cannot dance together alone. Repetition must remember relation while it actively forgets past combinations. Relation must be reinvented. It is not a question of habit, but the necessity of invention. To dance relationally is not to represent movement, but to create it. To create movement for the sake of movement, Merce Cunningham adopts randomness as a choreographic method and decomposes sequences of movement by multiplying traditional articulations.37 Randomness becomes a way of awakening the interval, thereby shifting the focus from the body as subject to the production of movement itself. This production of movement potentially becomes a recomposition of the body not as subject but as collective infraindividuation. The goal is to “break the patterns of personal remembered physical co-ordinations”38. Movement is no longer asked to express something outside it: Movement becomes its own artwork (oeuvre). When the body becomes a mobile form-force rather than a stable axis, anything is possible. Cunningham, and later Forsythe, seek not to capture the form-force of the body but to prolong the interval that emanates from this form-force to disarticulate what we too often have come to define as movement. The goal is not to displace but to create, to qualitatively change the composition (of the bodies, of spacetime). This recombination is an active process that can be prolonged only insofar as it remains an event. Multiplicities are created that take the form of repotentialized limbs reaching-toward what would seem to be the body’s outside but will become the re-centering of that body’s repositioning. In Forsythe’s vocabulary: Transport the line, curve the motion, reorient and follow until your movement reaches a point where it can no longer develop. There will be residual movement, redirect it, or let it go. Intensities will populate the interval. Prolong them! Extrude them! Fold them! Use torsions to reclaim this residual movement in your body, create a multiplicity with the torsion, play with what’s left over, share it. Mobile axes are the specialty of the interval which can morph and recompose at will. The stable axis of Cartesian geometry never creates movement: It produces displacement. To create movement necessitates a metastable sense of balance, the extrusion of a line into a plane: energetic recomposition. To the forming-matter/mattering-form that is the embodiment of pure plastic rhythm, the interval adds the potential for energetic materiality-in-movement. 37 José Gil: The Dancer’s Body, in: Brian Massumi (ed.): Shock to Thought, Expression After Deleuze and Guattari, New York: Routledge 2002, pp. 117-127, p. 118. 38 Merce Cunningham quoted in ibid. 294
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The preaccelerated state of matter projects not a displacement but a topological form-taking that in-forms the body more than it displaces it. Think of displacement not as a movement through space but as a process of in-formation whereby space becomes what it is not-yet. Forming to deform, the body composes to recompose. To move is to exfoliate. Intensive affects are added to matter-form such that the envelope we thought we could decipher is no longer what is tangible. The effects of the virtual are felt. Relationally, we move through these effects, experiencing the texture of the interval. When the relational movement flows, it is because we surrender to the interval: The interval in-forms our movement. We re-form: We create a collective body.
A Politics of Movement When articulation becomes collective, a politics is made palpable whereby what is produced is the potential for divergent series of movements. But this is a virtual politics, a politics of the not-yet. In-forming analogously to the interval, these politics of touch are substantial but ungraspable. These are not politics we can choreograph, but politics in the making. These are politics not of the body, but of the many becoming one, increased by one. The body-indeformation is a multiplying sensing body in movement: Many potential bodies exist in a singular body. This is a politics of that many-bodied state of transition which is the collective. When thinking a politics of movement, it is important to remember that repetition involves the intangible moment of transition between the virtual and the actual where preacceleration is in-formed by its potential becoming. This duration is always on the cusp of taking form: there is no ’afterwards‘. When movement has ensued in displacement, acceleration is re-intensified into preacceleration and the interval is active once more, ready to in-form the next infraindividuation. In this regard, there is always simultaneity of movement, always an overlapping of actual, actualizing, virtual and virtualizing movements. Divergent series – nexuses of actual occasions – converge. Concrescence – growing together – signals the potential of such a politics: the world as dancing room. Simultaneous movement implies a transgression of duration: movement not only creating spacetime but movement recomposing the virtual. Preacceleration – intensive movement – keeps the virtual active, poised: a political preemption of the not-yet? All gestures extend beyond what we can perceive into the non-existence of their virtuality. These residues of movement are not lost or stored. They are active: actively virtual.
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“Organic, yes, but out of the multiplicity of organic virtual bodies that constitute one same body there merges an impossible body, a sort of monstrous body: this is the virtual body. This body prolongs gesture into virtuality, since what follows from gesture can no longer be perceived by an empirical, actual body.”39
Politics as radical empiricism?40 As we move our body, we move not only with the force-form which seems palpable – the interval we create – but also with the multiplicity of virtual bodies which recompose along the plane of immanence of our sensing bodies in movement. “The unit of virtual movement (or the virtual unity of movement) creates a space where ’everything fits‘, a space of coexistence and of consistency of heterogeneous series.”41 What Gil calls the plane of immanence is the interval. It populates the dance and makes tangible, through dance, how movement operates. It underscores the fact that movement is never displacement. Movement is incipient action: a dance of the not-yet. “To dance is to create immanence through movement: this is why there is no meaning outside of the plane nor outside of the actions of the dancer […]. The meaning of movement is the very movement of meaning.”42
To move the interval rather than ’the body‘ is to create spacetime for politics, to open the concept of the empirical to movement, to begin to express the inframodality of the sensing body in movement. The plane of immanence is fragile yet persistent. We can try to do away with the interval but it always returns. Political philosophy has not made space for the interval within the vocabulary of the rational modern subject yet the interval has nonetheless leaked into the complex iterations of pure plastic rhythm’s political becomings. In dance, the interval has never absented itself, but has recently become more visible, more palpable, through movement’s enhancement with new digital technologies. Urgently: let us move the relation. But let us not devise for it a presence that denies its virtuality, the magic potential of its forgetfulness.
39 J. Gil: The Dancer’s Body, p. 123. 40 For more on radical empiricism, see William James: Essays in Radical Empiricism, New York: Longman Green & Co. 1912. 41 J. Gil: The Dancer’s Body, p. 123. 42 Ibid., p. 125. 296
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Zu den Autorinnen und Autoren
Barrionuevo Anzaldi, Franco, angehender Dipl.-Pol., studierte Politische Wissenschaften und Lateinamerikastudien an der Universität Hamburg und der Universidad Torcuato Di Tella, Buenos Aires, Argentinien. Diplomarbeit zum Thema: Polarisierter Tango im Zeitalter des Postperonismus. Arbeitsund Forschungsfelder: Theorien zur Konstruktion politischer Identitäten, Politische Ideengeschichte im Argentinien des 19./20. Jahrhunderts, Nationalismusforschung. Aktuelle Publikationen (im Rahmen des Cicero-EssayWettbewerbs der nominierte Beitrag): Sehnsucht Pur, in: www. cicero.de/essay-preis/preisverleihung.php (2005); Aufbruch (Kurzgeschichte), in: Injektion, 2 (2006), S. 76-79. Burt, Ramsay, Ph. D., ist Professor für Tanzgeschichte an der De Montfort University in Leicester. Arbeits- und Forschungsfelder: Performativität von Geschlecht und Identität im Tanz des 20./21. Jahrhunderts. Buchpublikationen: The Male Dancer. Spectacle and Sexualities, New York: Routledge 1995; Alien Bodies. Representations of Modernity, Race and Nation in Early Modern Dance, New York: Routledge 1997; Judson Dance Theater: Performative Traces, London/New York: Routledge 2006. 1999 Gastprofessur am Department of Performance Studies an der New York University. Gemeinsam mit Professorin Susan Foster ist er Begründer und Herausgeber der Zeitschrift Discourses in Dance. Dreher, Jochen, Dr. rer. soc., ist leitender Geschäftsführer des Sozialwissenschaftlichen Archivs Konstanz und lehrt Soziologie an den Universitäten Konstanz und St. Gallen. Arbeits- und Forschungsfelder: Kultur- und Wissenssoziologie, Phänomenologie, Organisationssoziologie, Soziologische Theorie, Qualitative Sozialforschung. Aktuelle Publikationen: The Symbol and the Theory of the Life-World. The Transcendences of the Life-World and 299
ZU DEN AUTORINNEN UND AUTOREN
their Overcoming by Signs and Symbols, in: Human Studies, 26, 2 (2003), S. 141-163; Interkulturelle Arbeitswelten. Produktion und Management bei DaimlerChrysler, Frankfurt a.M./New York: Campus 2005; Zur Unüberwindbarkeit kultureller Differenz. Grundlagentheoretische Reflexionen, Bielefeld: transcript 2007 (Hg. mit Peter Stegmaier); El poder integrador de los símbolos colectivos: Psicoanálisis en Argentina, in: Jochen Dreher/Silvana Figueroa/Ruth Sautu et al. (Hg.): Construcción de Identidades en Sociedades Pluralistas, Buenos Aires: Lumière 2007, S. 243-252; Protosoziologie der Freundschaft. Zur Parallelaktion von phänomenologischer und sozialwissenschaftlicher Forschung, in: Jochen Dreher/Michaela Pfadenhauer/Bernt Schnettler et al. (Hg.): Phänomenologie und Soziologie. Theoretische Positionen, aktuelle Problemfelder und empirische Umsetzungen, Wiesbaden: VS 2008, S. 295-306. Figueroa-Dreher, Silvana K., Dr. rer. soc., studierte Soziologie an der Universidad de Buenos Aires, Argentinien und promovierte an der Universität Konstanz in Soziologie. Leiterin des Forschungsprojekts „Improvisation als ‚neuer‘ Handlungstypus: Eine handlungstheoretische Exploration der musikalischen Improvisation“ an der Universität Konstanz. Arbeits- und Forschungsfelder: Handlungs- und Interaktionstheorie, Kultursoziologie, Musiksoziologie, Wissenssoziologie, Argentinien, Tango, Identität. Aktuelle Publikationen: El tango entre tradición y modernidad. La percepción de los nuevos medios en la poesía urbana rioplatense, in: Wolfram Nitsch/Matei Chihaia/Alejandra Torres (Hg.): Ficciones de los medios en la periferia. Técnicas de comunicación en la literatura hispanoamericana moderna, (Kölner elektronische Schriftenreihe 1), Köln: Universitäts- und Stadtbibliothek Köln 2008, S. 125147; Musikalisches Improvisieren: Ein Ausdruck des Augenblicks, in: Ronald Kurt/Klaus Näumann (Hg.): Menschliches Handeln als Improvisation, Bielefeld: transcript 2008, S. 159-182; Musikalisches Improvisieren: Die phänomenologische Handlungstheorie auf dem Prüfstand, in: Jürgen Raab/Michaela Pfadenhauer/Peter Stegmaier et al. (Hg.): Phänomenologie und Soziologie. Positionen, Problemfelder, Analysen, Wiesbaden: VS 2008, S. 389-399. Haller, Melanie, Dipl.-Soz., studierte Soziologie, neue deutsche Literatur und Erziehungswissenschaften an der Universität Hamburg. Von 2004 bis 2007 war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachbereich Bewegungswissenschaft der Universität Hamburg im DFG-Projekt „Trans/nationale Identität und körperlich-sinnliche Erfahrung“ (Leitung: Prof. Klein) tätig. Zurzeit arbeitet sie an der Dissertation zum Thema Performative Intersubjektivität. Arbeits- und Forschungsfelder: Theorie der Subjektivität, populäre Tanzkulturen. Aktuelle Publikationen: Paartanz als nonverbale Kommunikation und sein (Inter-?) Subjekt. Theoretische Skizze eines Forschungsvorha300
ZU DEN AUTORINNEN UND AUTOREN
bens, in: Claudia Fleischle-Braun/Ralf Stabel (Hg.): TanzForschung und TanzAusbildung, Hamburg: Henschel 2008, S.132-139; Bewegte Ordnungen: Kontingenz und Intersubjektivität im Tango Argentino, in: Thomas Alkemeyer/Thomas Pille (Hg.): Ordnung in Bewegung, Bielefeld: transcript (erscheint 2009). Hess, Remi, Dr. phil., ist Professor für Erziehungswissenschaften an der Universität Paris 8 (Saint Denis). Arbeits- und Forschungsfelder: Institutionelle Analyse und Pädagogik, Ethnologie der Schule, Anthropologie des Tanzes, Interkulturelle Forschung, Biographieforschung. Buchpublikationen: Les tangomaniaques, Paris: Anthropos 1998; La valse – un romantisme révolutionnaire, Paris: Métailié 2003; Teilnehmende Beobachtungen in interkulturellen Situationen, Frankfurt a.M./New York: Campus 2007 (Hg. mit Gabriele Weigand); Die Praxis des Tagebuchs. Beobachtung – Dokumentation – Reflexion, hg., übersetzt und eingeleitet von Gabriele Weigand, Münster: Waxmann 2009. Klein, Gabriele, Dr. rer. soc., ist Professorin für Soziologie von Bewegung, Sport und Tanz an der Universität Hamburg, Direktorin des Zentrums für Performance Studies. Arbeits- und Forschungsfelder: Kultur- und Sozialtheorie von Körper und Bewegung, Tanz- und Performance-Theorie, städtische Bewegungskulturen und populäre Tanzkulturen, Jugend- und Poptheorie. Letzte Buchpublikationen: Performance, Bielefeld: transcript 2005 (Hg. mit Wolfgang Sting); Stadt. Szenen. Künstlerische Praktiken und theoretische Positionen, Wien: Passagen 2005; Methoden der Tanzwissenschaft, Bielefeld: transcript 2007 (Hg. mit Gabriele Brandstetter); Bewegungsraum und Stadtkultur, Bielefeld: transcript 2008 (Hg. mit Jürgen Funke-Wieneke); Ernste Spiele. Zur politischen Soziologie des Fußballs, Bielefeld: transcript 2008 (Hg. mit Michael Meuser). Manning, Erin, Ph. D., ist Research Professor an der Faculty of Fine Arts der Concordia University in Montreal und Direktorin des interdisziplinären Sense Lab in Montreal. Arbeits- und Forschungsfelder: Politische und philosophische Theorie, Tanz, Performance Art, Film, Neue Medien, Neue Technologien. Aktuelle Publikationen: Ephemeral Territories: Representing Nation, Home and Identity in Canada, Minneapolis: Minnesota University Press 2003; Politics of Touch: Sense, Movement, Sovereignty, Minneapolis: Minnesota University Press 2006; Relationscapes: Movement, Art, Philosophy, Cambridge, MA: MIT Press (erscheint Mai 2009). In ihrer eigenen künstlerischen Praxis beschäftigt sie sich mit Malerei, Skulptur, Objekt- und Textilkunst.
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ZU DEN AUTORINNEN UND AUTOREN
Petridou, Elia, Dr. phil., ist Lecturer am Institut für Sozialanthropologie und Geschichte an der University of the Aegean in Mytilene, Griechenland. Sie studierte Sozialanthropologie an der University of Edinburgh und promovierte am University College London zum Thema: Milk Ties: A Commodity Chain Approach to Greek Culture. Seit 2001 ist sie als Tango DJ tätig und organisiert Milongas. Arbeits- und Forschungsfelder: Materielle Kultur, ökonomische Anthropologie, Anthropologie des Konsums, des Essens und der Ernährung, Migration, Nationalismusforschung und Museumsforschung. Aktuelle Publikationen: Images of progress: milk advertisements in Greece, in: Harlan Walker (Hg.): Milk: Beyond the Dairy, London: Prospect Books 2000, S. 278286; The Taste of Home, in: Daniel Miller (Hg.): Home Possessions: Material Culture behind Closed Doors, London: Berg 2001, S. 87-104; Au pays de la feta: négociation de la grécité dans le contexte européen, in: Ethnologie francaise, XXXV, 2 (2005), S. 255-265. Reichardt, Dieter, Dr. phil., war 2003 als Professor für spanische und hispano-amerikanische Literatur am Romanischen Seminar der Universität Hamburg. Von 1977-2000 war er Mitherausgeber der Literaturzeitschrift Iberoamericana. Arbeits- und Forschungsfelder: La Lozana andaluza und die weibliche Pikareske, Quevedos Buscón und seine Adressaten, die literarische Avantgarde vom Río de la Plata, Persönlichkeitsbilder und Perspektivierungen im Erzählwerk von Jorge Luis Borges. Buchpublikationen: Tango – Verweigerung und Trauer. Kontexte und Texte, Frankfurt: Vervuert 1981 (Neuauflage: Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2008); Autorenlexikon Lateinamerika, Frankfurt: Suhrkamp 1992; Las Vanguardias literarias en Argentina, Uruguay y Paraguay. Bibliografía y antología crítica, Madrid: Iberoamericana 2004 (Hg. mit Carlos García). Savigliano, Marta Elena, Ph. D., ist Professorin für Critical Dance Studies an der University of California, Riverside und Ko-Direktorin von GLOSAS (Global South Advanced Studies) in Buenos Aires. Arbeits- und Forschungsfelder: Cultural Politics, Lateinamerikastudien, Feministische Theorie, Globalisierung und Performance Studies. Aktuelle Publikationen: Tango and the Political Economy of Passion, Boulder: Westview 1995; Angora Matta, Fatal Acts of North-South Translation, Middletown, CT: Wesleyan 2003; Key Issues in the Production and Sustainability of International Collaboration in the Arts (Besides Money and Decision-Making Power), in: Mindy Levine (Hg.): Working Papers #3 of the Working Group on International Collaboration in the Arts (A Ford Foundation Initiative), New York: Arts International Publications 2001, S. 4, 7, 16-21; Jugándose la Femineidad en los Clubes de Tango de Buenos Aires, in: Guaraguao. Revista de Cultura Latinoamericana, 6, 15 (2002), S. 68-101; Destino Buenos Aires: Tango-turismo sexual cine302
ZU DEN AUTORINNEN UND AUTOREN
matográfico, in: Cadernos Pagu, 25 (2005), S. 327-356; Worlding Dance and Dancing Out There in the World, in: Susan Foster (Hg.): Worlding Dance, London: Palgrave (erscheint Mai 2009). Tobin, Jeffrey, Ph. D., ist Associate Professor für Critical Theory und Social Justice am Occidental College in Los Angeles und Ko-Direktor von GLOSAS (Global South Advanced Studies) in Buenos Aires. Arbeits- und Forschungsfelder: Ethnographische Männerforschung (zu Aktivitäten wie Fußball, Tango, Kochen). Publikationen: Tango and the scandal of homosocial desire, in: Washabaugh, William (Hg.).: The Passion of Music and Dance: Body, Gender, and Sexuality, Oxford: Berg 1998, S. 79-102; A question of balls: the sexual politics of Argentine soccer, in: Sue-Ellen Case/Philip Brett/Susan Leigh Foster (Hg.): Decomposition: Post-Disciplinary Performance, Indianapolis: Indiana University Press 2000, S. 111-134; Todo mito qauchesco que camina va a para al asador porteño, in: María Cristina Pons/Claudia Soria (Hg.): Delirios de grandeza: los mitos argentinos: memoria, identidad, cultura, Rosario: Beatriz Viterbo Editora 2005, S. 211-228. Villa, Paula-Irene, Dr. rer. soc., ist Professorin für Soziologie und Gender Studies an der LMU München. Arbeits- und Forschungsfelder: Geschlechterforschung, soziologische Theorien, Kultur- und Körpersoziologie, Elternschaft. Aktuelle Publikationen: Schön normal. Manipulationen des Körpers als Technologien des Selbst, Bielefeld: transcript 2008 (Hg.); Mütter – Väter. Diskurse, Medien, Praxen, Münster: Westfälisches Dampfboot (erscheint Herbst 2009) (Hg. mit Barbara Thiessen); Körper, in: Nina Baur/Hermann Korte/Martina Löw et al. (Hg.): Handbuch Soziologie, Wiesbaden: VS 2008, S. 201-218; Geschlechtertheorien, in: Markus Schroer/Georg Kneer (Hg.): Soziologische Theorien. Ein Handbuch, Wiesbaden: VS (erscheint Frühjahr 2009).
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TanzScripte Gabriele Brandstetter, Gabriele Klein (Hg.) Methoden der Tanzwissenschaft Modellanalysen zu Pina Bauschs »Le Sacre du Printemps« 2007, 302 Seiten, kart., zahlr. z.T. farb. Abb., inkl. DVD, 28,80 €, ISBN 978-3-89942-558-1
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3) ANZ1204.p 208993388864
TanzScripte Christiane Berger Körper denken in Bewegung Zur Wahrnehmung tänzerischen Sinns bei William Forsythe und Saburo Teshigawara 2006, 180 Seiten, kart., 20,80 €, ISBN 978-3-89942-554-3
Reto Clavadetscher, Claudia Rosiny (Hg.) Zeitgenössischer Tanz Körper – Konzepte – Kulturen. Eine Bestandsaufnahme 2007, 140 Seiten, kart., 18,80 €, ISBN 978-3-89942-765-3
Susanne Foellmer Valeska Gert Fragmente einer Avantgardistin in Tanz und Schauspiel der 1920er Jahre 2006, 302 Seiten, kart., zahlr. Abb., inkl. DVD, 28,80 €, ISBN 978-3-89942-362-4
Pirkko Husemann Choreographie als kritische Praxis Arbeitsweisen bei Xavier Le Roy und Thomas Lehmen Juli 2009, ca. 280 Seiten, kart., ca. 28,80 €, ISBN 978-3-89942-973-2
Gabriele Klein, Wolfgang Sting (Hg.) Performance Positionen zur zeitgenössischen szenischen Kunst
Gerald Siegmund Abwesenheit Eine performative Ästhetik des Tanzes. William Forsythe, Jérôme Bel, Xavier Le Roy, Meg Stuart 2006, 504 Seiten, kart., 32,80 €, ISBN 978-3-89942-478-2
Natalia Stüdemann Dionysos in Sparta Isadora Duncan in Russland. Eine Geschichte von Tanz und Körper 2008, 164 Seiten, kart., 19,80 €, ISBN 978-3-89942-844-5
Christina Thurner Beredte Körper – bewegte Seelen Zum Diskurs der doppelten Bewegung in Tanztexten Januar 2009, 232 Seiten, kart., 25,80 €, ISBN 978-3-8376-1066-6
Susanne Vincenz (Hg.) Letters from Tentland Zelte im Blick: Helena Waldmanns Performance in Iran/ Looking at Tents: Helena Waldmanns Performance in Iran 2005, 122 Seiten, kart., zahlr. z.T. farb. Abb., 14,80 €, ISBN 978-3-89942-405-8
2005, 226 Seiten, kart., zahlr. Abb., 25,80 €, ISBN 978-3-89942-379-2
Arnd Wesemann IMMER FESTE TANZEN ein feierabend!
Friederike Lampert Tanzimprovisation Geschichte – Theorie – Verfahren – Vermittlung
2008, 96 Seiten, kart., 9,80 €, ISBN 978-3-89942-911-4
2007, 222 Seiten, kart., 24,80 €, ISBN 978-3-89942-743-1
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2009-04-30 13-31-59 --- Projekt: transcript.anzeigen / Dokument: FAX ID 02d9208993388856|(S.
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