Sustainable Development durch Raumplanung: Am Beispiel der Rohstoffgewinnung [1 ed.] 9783428502523, 9783428102525


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German Pages 238 Year 2000

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Sustainable Development durch Raumplanung: Am Beispiel der Rohstoffgewinnung [1 ed.]
 9783428502523, 9783428102525

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WALTER FRENZ

Sustainable Development durch Raumplanung

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 828

Sustainable Development durch Raumplanung Am Beispiel der Rohstoffgewinnung

Von

Walter Frenz

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Frenz, Walter: Sustainable Development durch Raumplanung : am Beispiel der Rohstoffgewinnung / von Walter Frenz. - Berlin : Duncker und Humblot, 2000 (Schriften zum öffentlichen Recht ; Bd. 828) ISBN 3-428-10252-5

Alle Rechte vorbehalten © 2000 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Werner Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-10252-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 θ

Vorwort Sustainable Development bzw. nachhaltige Entwicklung ist das neue „Zauberwort" des Umweltrechts. Nur auf die Belange des Umweltschutzes bezogen, wird dieser Gedanke aber verkürzt. Er verlangt vielmehr einen Ausgleich von Ökologie, Ökonomie und Sozialem. Dies zeigt sich sowohl in den völkerrechtlichen Dokumenten als auch in den europarechtlichen bzw. nationalverfassungsrechtlichen Grundlagen. Diese enthalten gerade auch wichtige Hinweise für die Rohstoffgewinnung. Daher wird dieser Bereich als Referenzfeld gewählt. Der Bezug der Studie auf ein konkretes praxisrelevantes Gebiet will zudem einem zweiten Defizit der Nachhaltigkeitsdiskussion begegnen. Eine nachhaltige Entwicklung kann nur dann erreicht werden, wenn sie in Einzelgebieten konkret umgesetzt wird. Daher bedarf es der Untersuchung der Realisierung in einem ganz bestimmten Bereich. Maßgebliche Bedeutung für die Rohstoffgewinnung hat die Raumplanung. Diese wird mit dem Raumordnungsgesetz von 1998 durch eine Regelung geordnet, die den Nachhaltigkeitsgedanken explizit aufgegriffen hat. „Sustainable Development durch Raumplanung am Beispiel der Rohstoffgewinnung" zeigt die Folgen vor dem Hintergrund der allgemeinen Grundsätze der nachhaltigen Entwicklung im einzelnen auf. Wichtige Impulse erhielt diese Studie in der Endphase durch die Mitwirkung am von der DFG geförderten Sonderforschungsbereich 525 „Ressourcenorientierte Gesamtbetrachtung von Stoffströmen metallischer Rohstoffe". Mein besonderer Dank gilt meinem Mitarbeiter Henning Bode, der mit großem Einsatz und wichtigen Anstößen diese Studie in erheblichem Maße mit vorangetrieben hat. Die fotoprintfähige Vorlage erstellte, sorgfältig und genau wie gewohnt, Frau Claudia Schütt, M.A. Auch ihr danke ich dafür sehr herzlich.

Aachen, im August 2000 Walter Frenz

Inhaltsverzeichnis Teil 1 Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

13

§ 1 Ethische und politische Grundlagen des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung im Hinblick auf den Bergbau 13 A. Die politische Entwicklung des Begriffes „nachhaltige Entwicklung" I. Der Begriff „sustainable development" nach der Brundtland-Kommission II. Die Rio-Deklaration III. Die Agenda 21 IV. UN-Sondergeneralversammlung 1997 in New York 1. Von der Bundesregierung abgeleitete Managementregeln 2. Zur Ableitbarkeit der Managementregeln aus dem Völkerrecht V. Die politische Entwicklung auf Europäischer Ebene B. Entwicklung des Grundsatzes der Nachhaltigkeit im deutschen (Umwelt-) Recht I. Ursprung in der Forstwirtschaft II. Aufnahme in andere Gesetze III. Rezeption der Rio-Konferenz C. Die ethischen Grundlagen der Nachhaltigkeitsdebatte § 2 Geltungsgründe für den Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung A. Europarecht I. Umsichtige und rationelle Verwendung der natürlichen Ressourcen II. Sonstige Vorgaben der EG-Umweltpolitik 1. Ziele a) Erhaltung und Schutz der Umwelt b) Schutz der menschlichen Gesundheit c) Internationale Dimension 2. Umweltpolitische Handlungsmaßstäbe a) Vorsorge und Vorbeugung b) Hohes Schutzniveau c) Grundsatz des bestmöglichen Umweltschutzes III. R.chtsangleichung IV. Querschnittsklausel

13 14 15 17 20 20 22 23 25 25 26 27 29 31 32 32 35 35 35 36 37 37 37 39 40 40 41

Inhaltsverzeichnis

8 V. VI. VII. VIII. IX. X. XI. XII.

Gemeinschaftliche Aufgabenbestimmung 42 Präambel zum EGV 45 Europäischer Unionsvertrag 45 Grundrechtliche Schutzpflichten 46 Zwischenergebnis 47 Stellenwert des Umweltschutzes 48 Auswirkungen für die nationalen Rechtsordnungen 49 Indirekte Auswirkungen über gemeinschaftsrechtliches Sekundärrecht... 53 1. UVP-Richtlinie 53 2. IVU-Richtlinie 54 B. Nationales Recht 55 I. Verfassungsrecht 56 1. Absicherung der ökologischen Komponente 56 a) Umweltstaatsziel 56 b) Grundrechtliche Schutzpflichten 59 aa) Umweltbezug 59 bb) Dogmatische Fundierung 61 (1) Vom grundsätzlichen Ansatz her 61 (2) Folgen für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen 64 2. Absicherung der ökonomischen Seite 66 a) Als Bestandteil der nachhaltigen Entwicklung über Art. 20a GG 66 b) Über Art. 12, 14 GG 67 3. Absicherung der sozialen Komponente 71 4. Ausgleich zwischen Ökonomie, sozialen Belangen und Ökologie im Rahmen der Verwirklichung einer nachhaltigen Entwicklung.... 73 II. Bergrecht 77 1. Sicherung der Rohstoffversorgung nach § 1 BBergG 78 2. Berücksichtigung der Standortgebundenheit und des Lagerstättenschutzes 80 3. Vorgabe des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden nach § 1 BBergG 82 4. Vorrang der Rohstoffversorgung und Nachhaltigkeit 85 III. Bergbaurelevante Umweltgesetze 89 1. Wasserrecht 89 a) Bedeutung für den Bergbau 89 b) Nachhaltigkeit im Wasserrecht 90 2. Naturschutzrecht 95 a) Bedeutung für den Bergbau 95 aa) Bergbau und Schutzgebiete 96 bb) Eingriffe in Natur und Landschaft 97 b) Nachhaltigkeit im Naturschutzrecht 98 c) Auswirkungen auf den Bergbau 99

Inhaltsverzeichnis § 3 Mögliche Umsetzungsmittel

100

A. Planung 100 I. Planung im allgemeinen 100 1. Koordinierungs- und Ausgleichsfunktion der Planung 102 2. Zukunftsbezug der Planung 103 3. Anpassungsfähigkeit der Planung 104 II. Raumbezogene Planung 106 1. Gesamtplanung 107 2. Fachplanungen 108 B. Ordnungsrechtliche Instrumente - insbesondere vor dem Hintergrund zunehmender Kooperationsmodelle 109 I. Planungen und Ordnungsrecht 109 II. Ordnungsrecht und Kooperation 109 III. Zum Problem der tatsächlichen Durchsetzung 111 IV. Unabdingbarkeit bei der Gefahr ernster, irreversibler Schäden 112 V. Gesicherte Kontur 113 C. Abgaben, insbesondere Energiesteuer 114 I. Lückenschließungsfunktion 114 II. Keine einseitige Präferierung 115 1. Auf europäischer Ebene 115 2. Auf nationaler Ebene 117 III. Bemessungsprobleme 118 IV. Folgerungen 119 D. Selbstverpflichtungen 120 I. Entwicklungsstand 120 1. National 120 2. Auf europäischer Ebene 121 II. (Teilweise) Entbehrlichkeit staatlichen Handelns 122 III. Nachhaltiger Umweltschutz 124 IV. Notwendigkeit bestimmter Rahmenbedingungen 125 E. Zertifikatmodell 126 F. Notwendige Harmonisierung und Zielgenauigkeit nach dem Prinzip widerspruchsfreier Normgebung 128 I. Die Entwicklung des Prinzips widerspruchsfreier Normgebung in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 128 II. Erstreckung auch auf Normierungen derselben gesetzgebenden Körperschaft 130 III. Konsequenzen für den Einsatz verschiedener umweltpolitischer Instrumente 131 G. Folgen im Bergbau 133 I. Ordnungsrechtliches Grundgerüst als unabdingbare Basis 133 II. Ausscheidung von Zertifikaten 133 III. Abgaben 134

10

Inhaltsverzeichnis 1. Zum Nutzen ; 2. Widersprüche zum Ordnungsrecht IV. Selbstverpflichtungen als Anreicherung V. Fazit

134 134 138 140

Teil 2 Die Umsetzung am Beispiel der raumbezogenen Planung für Bergbauvorhaben § 1 Raumplanung - bundesunmittelbare Vorgaben

141 142

A. Bergbau und Raumplanung 142 B. Die Verankerung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung nach dem neuen Raumordnungsgesetz 144 I. Zum neuen Raumordnungsgesetz 144 II. Standort und Bedeutung des Grundsatzes der nachhaltigen Raumentwicklung im Hinblick auf die Aufgabe der Raumordnung 145 III. Die Leitvorstellung der nachhaltigen Raumentwicklung in § 1 Abs. 2 ROG 148 1. Die neue Leitvorstellung 148 2. Konkretisierung durch Leitlinien 150 a) Verantwortung gegenüber zukünftigen Generationen 150 aa) Zeitliche Dimension des ersten Teilaspekts 151 bb) Auswirkungen auf die Bodenschätzegewinnung 152 cc) Maß der gebotenen Sparsamkeit 157 (1) Erfordernis der untergesetzlichen Konkretisierung 157 (2) Kompetenzrechtliche Grenzen 158 b) Schutz und Entwicklung natürlicher Lebensgrundlagen 161 aa) Verschlechterungsverbot 162 bb) Freiraumthese 164 c) Schaffung von Standortvoraussetzungen für die wirtschaftliche Entwicklung 165 d) Gestaltungsmöglichkeiten langfristig offenhalten 165 3. Fazit 167 4. Bindungswirkung der neuen Leitvorstellung/Aufwertung der ökologischen Dimension? 170 IV. Grundsätze der Raumordnung, § 2 Abs. 2 ROG 171 1. Harmonisierung der Grundsätze durch Ausrichtung auf die Leitvorstellung 172 2. Die bergbaurelevanten Grundsätze im einzelnen und ihre Beeinflussung durch den Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung 172 a) Bergbaurelevante Grundsätze 172

Inhaltsverzeichnis b) Beeinflussung durch den Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung 175 §2 Bergbaurelevante Raumordnung in den Ländern am Beispiel der Planungsinstrumente des Landes NRW 176 A. Landesentwicklungsprogramm 177 I. Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, § 2 LEPro 178 II. Berücksichtigung der Raumordnung des Bundesgebietes, § 3 LEPro.... 179 III. Vorsorgende Sicherung der Rohstofflagerstätten, § 18 LEPro 180 IV. Vorsorgende Sicherung der Rohstoffgewinnung als „allgemeines Ziel", §25 Abs. 4 LEPro 182 V. Naturschutz und Landschaftspflege als „allgemeines Ziel", § 32 LEPro 185 B. Landesentwicklungspläne 186 I. Nachhaltige Entwicklung im Landesentwicklungsplan 188 1. Planaussagen zu Natur und Landschaft 188 2. Planaussagen zu den heimischen Bodenschätzen 189 3. Planaussagen zur Energieversorgung 190 II. Konsequenzen für den Bergbau 192 C. Gebietsentwicklungspläne 192 D. Braunkohlenpläne 193 I. Rechtsdogmatische Einordnung der Braunkohlenplanung 194 II. Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung und Braunkohlenplanung 196 1. Genehmigungserfordernisse für Braunkohlenpläne 198 2. Folgerungen 199 III. Bindungswirkung der Braunkohlenpläne 200 Thesen

203

Literaturverzeichnis

210

Sachregister

235

Teil 1

Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung § 1 Ethische und politische Grundlagen des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung im Hinblick auf den Bergbau Um die Auswirkungen des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung auf den Bergbau sowie dessen ethische Grundlagen untersuchen zu können, ist es zunächst erforderlich, diesen Begriff sowie seine Entstehung zu skizzieren. Das ist insbesondere deshalb von Bedeutung, weil, wie noch zu zeigen sein wird, begriffliche Unscharfen bestehen, die für eine Auseinandersetzung mit diesem Thema vorweg auszuräumen sind.

A. Die politische Entwicklung des Begriffes „nachhaltige Entwicklung" Der Begriff der nachhaltigen Entwicklung hat die nationale und internationale Umweltdiskussion der letzten Jahre vor allem auf politischer Ebene stark geprägt.1 Ausgangspunkt dafür war zunächst der Bericht mit dem Titel „Our Common Future", 2 der von der World Commission on Environment and Development3 verfaßt worden ist, die zuvor von den Vereinten Nationen eingesetzt worden war. In diesem Bericht wurde der englische Begriff „sustainable development" geprägt,4 der in der (korrigierten) deutschen Fassung mit „nachhaltige Entwicklung" übersetzt wird. 5 Ausgangspunkt für die nähere Begriffsbestim-

1

Schröder, (449 ff.).

WiVerw. 1995, 65 (65 f.); Streinz,

Die Verwaltung 31 (1998), 449

2

World Commission on Environment and Development, Our Common Future, O ford 1987. 3

Abgekürzt WCED.

4

World

Commission on Environment

and Development, Our Common Future

S. 43.

5 World Commission on Environment and Development, Unsere gemeinsame Zu kunft, S. 4 (korrigierte Übersetzung), zuvor lautete die Übersetzung „dauerhafte Entwicklung".

14

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

mung muß daher zunächst die Definition dieser Kommission, der sogenannten Brundtland-Kommission, 6 sein.

I. Der Begriff „sustainable development" nach der Brundtland-Kommission Diese Kommission definiert „sustainable development" bzw. „nachhaltige Entwicklung" als „eine dauerhafte Entwicklung, welche die Bedürfhisse der gegenwärtigen Generation erfüllt, ohne künftige Generationen der Fähigkeit zu berauben, ihre Bedürfhisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen". 7 Enthalten sind darin ein ökonomischer, ein ökologischer und ein sozialer Aspekt.8 Man kann daher auch von einem Zieldreieck der nachhaltigen Entwicklung sprechen.9 Diese drei Aspekte erfahren eine Grundausrichtung durch die Inbezugnahme künftiger Generationen. Für den Bereich des Bergbaus ist dabei vor allem die Rücksichtnahme auf die Belange der zukünftigen Generationen von Bedeutung, weil daraus möglicherweise eine Begrenzung des Abbaus nicht erneuerbarer 10 Ressourcen folgt. Ein bestimmendes Element der nachhaltigen Entwicklung besteht nach der Brundtland-Kommission darin, daß es sich hierbei nicht um ein rein ökologisches Konzept handelt, sondern ganz im Gegenteil die genannten Ziele und deren Wechselwirkungen eine ganzheitliche Betrachtung erfordern, die jeweils die drei Aspekte und deren Wechselwirkungen untereinander betrachtet und dabei zu einem gerechten Ausgleich kommt. Das heißt: Bei jeder primär wirtschaftlichen Entscheidung sind auch die Aspekte der ökologischen und sozialen Verträglichkeit zu beachten, auf der anderen Seite sind aber auch beim Umweltschutz die ökonomischen Auswirkungen relevant.

6 Nach ihrer Vorsitzenden, der damaligen norwegischen Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland. 7 Im engl. Original: a „development that meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs", World Commission on Environment and Development , Our Common Future, S. 43. 8

Storm , Nachhaltiges Deutschland, S. 9.

9

BT-Drucks. 13/7054, S. 1.

10

Bei der Einteilung in erneuerbare und nicht erneuerbare Ressourcen kommt es nicht darauf an, daß diese theoretisch überhaupt wieder regenerieren oder neu entstehen können, sondern vielmehr darauf, ob das in für menschliches Ermessen überschaubaren Zeiträumen möglich ist, Frenz/Unnerstall, Nachhaltige Entwicklung im Europarecht, S. 37 f.

§ 1 Ethische und politische Grundlagen

15

IL Die Rio-Deklaration Aufgegriffen wurde der Begriff der nachhaltigen Entwicklung auf der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung von 1992 in Rio de Janeiro (sogenannte Rio-Konferenz), auf der verschiedene völkerrechtliche Vereinbarungen verabschiedet wurden, 11 unter anderem die Erklärung von Rio zur Umwelt und Entwicklung (sogenannte Rio-Deklaration). Deren Bedeutung besteht vor allem darin, daß damit der Begriff der nachhaltigen Entwicklung in das Völkerrecht eingebracht wurde. 12 Eine eigenständige Definition von „sustainable development" enthält diese als „soft-law" zu klassifizierende Erklärung 13 nicht, doch nimmt die Rio-Deklaration den Begriff an verschiedenen Stellen auf. Daß darin explizit auf den von der Brundtland-Kommission geprägten Begriff „sustainable development" zurückgegriffen werden sollte, ist dem Dokument nicht zu entnehmen, doch ergeben sich aus den 27 Grundsätzen der Deklaration zumindest große begriffliche Übereinstimmungen. Zunächst heißt es in Grundsatz 1, daß der Mensch im Mittelpunkt der Bemühungen um eine nachhaltige Entwicklung zu stehen habe. Damit wird klargestellt, daß der gewählte Ansatz eindeutig anthropozentrisch ausgerichtet ist. 14 Ganz im Sinne der von der Brundtland-Kommission vorgenommenen Definition enthält Grundsatz 3 den Gedanken der intergenerationellen Gerechtigkeit 15 und Grundsatz 4 das für eine nachhaltige Entwicklung konstitutive Erfordernis, „daß der Umweltschutz Bestandteil des Entwicklungsprozesses ist und nicht von diesem getrennt betrachtet werden darf. Das Recht zur Nutzung der eigenen

11 Eine Zusammenstellung enthält Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz un Reaktorsicherheit, Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung im Juni 1992 in Rio de Janeiro - Dokumente, Klimakonvention u. a. 12

Ruffert, in: Breuer/Kloepfer/Marburger/Schröder, Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 1993, UTR 21 (1993), S. 397 (400 f.). 13 Dabei handelt es sich um eine rechtlich nicht verbindliche politische Absichtserklärung, doch hat sie wegweisende Funktion (siehe Ruffert, ZUR 1993, 208 (214); Wolf Die Haftung der Staaten für Privatpersonen nach Völkerrecht, S. 582 f.) und gibt Anhaltspunkte für die nähere Ausfüllung des Nachhaltigkeitsgedankens, es sei denn, er ist losgelöst von der international üblichen Begrifflichkeit gebraucht. Näher zur Rio-Deklaration Beyerlein/Marauhn, Rechtsetzung und Rechtsdurchsetzung im Umweltrecht nach der Rio-Konferenz, S. 7 f.; Ruffert, in: Breuer/Kloepfer/Marburger/Schröder, Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 1993, UTR 21 (1993), S. 397 (399). Zum Begriff des „soft law" oder „pré-droit" allgemein Vitzthum, Völkerrecht, 1. Abschn. Rn. 14, 68. 14

Kloepfer, Umweltrecht, § 9 Rn. 94; Ruffert, in: Breuer/Kloepfer/Marburger/Schröder, Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 1993, UTR 21 (1993), S. 397 (400); Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), 449 (456). 15

„Das Recht auf Entwicklung muß so erfüllt werden, daß den Entwicklungs- und Umweltbedürfnissen heutiger und künftiger Generationen entsprochen wird."

16

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

Ressourcen verbleibt nach Grundsatz 2 der Rio-Deklaration ausdrücklich bei den Nationalstaaten.16 Notwendig für eine nachhaltige Entwicklung sind langfristig konzipierte Maßnahmen, weil nur auf diese Weise den Interessen der zukünftigen Generationen entsprochen werden kann. Damit verbunden ist ein weit vorausschauendes Agieren. Dieses kann sich nicht nur auf vorhandene oder konkret bevorstehende Umweltbeeinträchtigungen beschränken, sondern muß auf heute ggf. nur schemenhaft erkennbare Entwicklungen reagieren, die die natürlichen Ressourcen vielleicht erst in 30 oder 40 Jahren gefährden. Die sich bis dahin abspielenden Entwicklungen lassen sich beim Erlaß einer Maßnahme nicht im einzelnen prognostizieren. Dementsprechend darf nach Grundsatz 15 der Rio-Deklaration gerade bezogen auf die postulierte weitgehende Anwendung des Vorsorgegrundsatzes „ein Mangel an vollständiger wissenschaftlicher Gewißheit kein Grund dafür sein, kostenwirksame Maßnahmen zur Vermeidung von Umweltverschlechterungen aufzuschieben", sofern „schwerwiegende und bleibende Schäden" drohen. Aussagen von unmittelbarer Relevanz für die Rohstoffindustrie lassen sich der Rio-Deklaration nicht entnehmen. Dennoch lassen sich aus einzelnen Grundsätzen der Rio-Deklaration strukturelle Vorgaben für die Umsetzung des Konzepts der nachhaltigen Entwicklung ableiten. Diese können dann im Falle einer nationalen oder völkerrechtlichen Umsetzung auf die Rohstoffwirtschaft oder allgemeiner auf den Abbau von Bodenschätzen einwirken. Grundsätzlich läßt sich feststellen, daß der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung in seiner abstrakten Ausprägung, die er in der Rio-Deklaration erfahren hat, nicht der Bodenschätzegewinnung als solchen entgegensteht, sondern allenfalls Auswirkungen auf das „Wie" bzw. „Wieviel" ihrer Gewinnung haben kann. Denn Grundsatz 2 der Rio-Deklaration räumt den Staaten das souveräne Recht ein, ihre eigenen Ressourcen im Rahmen ihrer Umwelt- und Entwicklungspolitik zu nutzen, soweit anderen Staaten oder Gebieten daraus kein Schaden erwächst. Wie die Ressourcennutzung erfolgen soll, ergibt sich ansatzweise aus Grundsatz 3. Indem dieser eine Erfüllung des Rechts auf Entwicklung in der Weise fordert, daß den Entwicklungs- und Umweltbedürfhissen heutiger und künftiger Generationen in gerechter Weise entsprochen wird, müssen Umsetzungsmittel sich im Hinblick auf ihre Eignung an diesem Zeithorizont messen lassen. Zugleich wird eine gerechte Abgleichung der Entwicklungsbedtlrfiiisse heutiger und künftiger Generationen verlangt. Wie eine gerechte Verteilung insbesondere nicht regenerierbarer Ressourcen zwischen den Generationen auszusehen hat, wird nicht näher konkretisiert. Erforderlich ist jedenfalls eine Berücksichtigung der Bedürfnisse künftiger Generationen bei heutigen Entscheidungen und damit prospektiv ausgerichtete Umsetzungsmittel, die eine langfristig orientierte Steuerung der Nutzung von Bodenressourcen ermöglichen. Dies trifft zumindest 16 In Grundsatz 2 der Rio-Deklaration heißt es: „Die Staaten haben im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen und den Grundsätzen des Völkerrechts das souveräne Recht, ihre eigenen Ressourcen ... zu nutzen."

§ 1 Ethische und politische Grundlagen

17

auch für Planungen zu, deren Steuerungsintensität sich durch das Konzept der nachhaltigen Entwicklung tendenziell erhöhen wird. Darauf wird im Zusammenhang mit den Forderungen der Agenda 21 im folgenden Gliederungspunkt noch zurückzukommen sein. Auch die in Grundsatz 4 geforderte Betrachtung des Umweltschutzes als untrennbaren Bestandteil des Entwicklungsprozesses, mithin die Forderung nach einer integrativen Gesamtsicht deutet auf planungsrechtliche Instrumente. 17 Die Verbindung von Umweltschutz, wirtschaftlicher Entwicklung und sozialen Ausgleichsprozessen, mithin die Verknüpfung von ökologischen, ökonomischen und sozialen Belangen als Bestandteile eines einheitlichen Gestaltungsauftrages zielt, jedenfalls auf konzeptioneller Ebene, auf eine Gesamtschau dieser Determinanten und damit, rechtlich gesprochen, letztlich auf einen Ausgleich der Belange mittels Gesamtabwägung. Insgesamt sind die geforderte medienübergreifende Sicht, die Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen, 18 aber auch die Öffentlichkeitsbeteiligung 19 Determinanten, die zumindest im nationalen Recht in einem engen Verhältnis zum Planungsrecht stehen. Die Raum- und Flächennutzungsplanung vermag sowohl durch positive als auch durch negative Festlegungen bzw. Darstellungen auf die Zulässigkeit des Abbaus von Bodenschätzen Einfluß zu nehmen.20 Insoweit können Vorgaben für die Planungsebene auch auf die Bodenschätzegewinnung durchschlagen, indem auf der Planungsebene bergbaurelevante Planaussagen getroffen werden können, deren Beeinflussung durch Umweltverträglichkeitsprüfungen und eine Beteiligung der Öffentlichkeit möglich ist.

III. Die Agenda 21 Ein weiteres für die Etablierung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung bedeutendes Dokument, das ebenfalls im Rahmen der Rio-Konferenz beschlossen wurde, ist die Agenda 21. Dabei handelt es sich um ein umfang17 Vgl. auch Grundsatz 25: „Frieden, Entwicklung und Umweltschutz sind voneinander abhängig und untrennbar." 18 Das in Grundsatz 17 der Rio-Deklaration enthaltene Postulat zur Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen bei Vorhaben, die wahrscheinlich wesentliche Auswirkungen auf die Umwelt haben und der Entscheidung durch eine nationale Behörde bedürfen, ist die einzige explizite Vorgabe der Rio-Deklaration, die ausdrücklich auf die instrumentelle Ebene Bezug nimmt, mithin als Vorgabe für die nationale Umsetzung eine konkrete Vorgabe enthält. 19 Vgl. Grundsatz 10: „Umweltfragen werden am besten unter Beteiligung aller betroffenen Bürger auf der jeweiligen Ebene behandelt. Auf nationaler Ebene erhält jeder einzelne angemessenen Zugang zu den im Besitz der öffentlichen Verwaltung befindlichen Informationen über die Umwelt... sowie die Möglichkeit, sich an Entscheidungsprozessen zu beteiligen...." 20

Vgl. nur § 35 Abs. 3 BauGB.

2 Frenz

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

18

reiches politisches und damit rechtlich wiederum unverbindliches Programm 21, welches darauf abzielt, „die dringlichsten Fragen von heute"22 anzusprechen, und mit dem weiterhin „versucht wird, die Welt auf die Herausforderungen des nächsten Jahrtausends vorzubereiten". 23 Sie stellt das eigentliche Umsetzungsprogramm des bis zur Konferenz in Rio noch weitgehend abstrakten Prinzips der nachhaltigen Entwicklung dar. Der Gedanke der nachhaltigen Entwicklung steht im Mittelpunkt des umfangreichen Programms, dessen Konkretisierung es dienen soll. 24 In vierzig Kapiteln werden umfangreiche Maßnahmen in unterschiedlichen Bereichen 25 gefordert, deren Realisierung freilich zum einen von der weiteren völkerrechtlichen Entwicklung und zum anderen von der Ergreifung entsprechender nationaler Maßnahmen abhängt.26 Die wichtigsten Programmpunkte in der Agenda 21 sind die gemeinsamen internationalen Anstrengungen in den Bereichen Entwicklung und Umwelt. 27 Auch hier steht der Gedanke der nachhaltigen Entwicklung im Mittelpunkt und durchzieht das gesamte umfangreiche Programm. So befaßt sich zum Beispiel das 2. Kapitel mit der nachhaltigen Entwicklung in den Entwicklungsländern und das 7. Kapitel mit der Förderung einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung. Der Erhaltung und Bewirtschaftung der Ressourcen für die Entwicklung ist ein eigener der vier Teile der Agenda 21, bestehend aus 14 Kapiteln, gewidmet. Der Umgang mit fossilen Ressourcen spielt dabei jedoch keine hervorgehobene Rolle, im Mittelpunkt stehen vielmehr der umsichtige Umgang mit der Ressource Boden sowie der Schutz besonders empfindlicher Ökosysteme.28 Für die politische Um- und Durchsetzung einer nachhaltigen Entwicklung im Sinne der Rio-Konferenz ist die umfassende politische Beteiligung der verschiedenen maßgeblichen gesellschaftlichen Gruppen und Organisationen notwendig. Besonders hervorgehoben werden die Frauen in Kapitel 24, Kinder und Jugendliche in Kapitel 25, die nicht-staatlichen Organisationen (Kapitel 27), die

21

Als solches wird die Agenda 21 in ihrer Präambel gekennzeichnet, Ziff. 1.3. und

1.6. 22

Agenda 21, Ziff. 1.3.

23

Agenda 21, Ziff. 1.3.

24

Vgl. Epiney/Scheyli, Strukturprinzipien des Umweltvölkerrechts, S. 27: „ ... Programm ... zur Umsetzung des Konzeptes der Nachhaltigen Entwicklung auf einer konkreten politischen Ebene". 25

Planungsrelevant sind etwa die Forderungen eines integrierten Ansatzes für die Planung und Bewirtschaftung der Bodenressourcen in Kapitel 10, der Bekämpfung der Entwaldung in Kapitel 11, der Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft und ländlichen Entwicklung in Kapitel 14, der Erhaltung der biologischen Vielfalt in Kapitel 15. 26

Vgl. Epiney/Scheyli,

27

Agenda 21, Ziff. 1.3.

28

Ζ. B. Kapitel 13, wo es um die nachhaltige Bewirtschaftung von Berggebieten

geht.

Strukturprinzipien des Umweltvölkerrechts, S. 30.

§ 1 Ethische und politische Grundlagen

19

Kommunen in Kapitel 28, Arbeitnehmer und ihre Gewerkschaften (Kapitel 29), die Privatwirtschaft (Kapitel 30) und schließlich die Bauern in Kapitel 32. Ein Schwerpunkt liegt darauf, daß auf kommunaler Ebene lokale Agenden 21 in einem Konsultationsprozeß mit den Bürgern etabliert werden sollen.29 Ausdrücklich angesprochen wird der Bergbau bzw. allgemeiner die Rohstoffindustrie nicht. Dennoch enthält Kapitel 10 Rahmenvorgaben für eine am Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung orientierte Entscheidungsfindung. Gefordert wird ein integrierter Planungs- und Bewirtschaftungsansatz der Bodenressourcen, der auch die natürlichen Ressourcen wie Böden einschließlich Bodenschätze, Wasser sowie Flora und Fauna einschließt.30 Sowohl zur Bewahrung der Unversehrtheit lebenserhaltender Systeme (Ökosysteme) als auch der Produktivität der Umwelt wird eine integrative Sichtweise angemahnt, die die natürlichen Ressourcen umfassend berücksichtigt. 31 Angesichts der Begrenztheit der Bodenressourcen, der massiven Inanspruchnahme durch den Menschen und die Ausdehnung der wirtschaftlichen Betätigung entstünden Konkurrenzsituationen und Nutzungskonflikte, denen durch eine wirksamere und schonendere Nutzung des Bodens und seiner natürlichen Ressourcen schon heute entgegenzutreten sei. Hierfür böten eine integrierte Raum- und Flächennutzungsplanung aufgrund ihrer Koordinierungsfunktion im Hinblick auf die mit den verschiedenen Aspekten der Bodennutzung und der Bodenressourcen befaßten sektoralen Planungen eine „geradezu ideale Möglichkeit". 32 Gesamtziel soll eine Erleichterung der Zuweisung von Flächen für Nutzungsformen, die den größtmöglichen nachhaltigen Nutzen gewährleisten, und die Förderung des Umstiegs auf eine nachhaltige und integrierte Bewirtschaftung der Bodenressourcen unter Berücksichtigung ökologischer, ökonomischer und sozialer Aspekte sein.33 Wird zwar gleichzeitig die Einbeziehung privater Bodenbesitzrechte, aber auch von Schutzgebieten betont, so erhöht sich gleichwohl durch die in Kapitel 10 betonte Koordinierungsfunktion der Raum- und Flächennutzungsplanung und die Forderung nach einer integrierten Berücksichtigung aller umweit- und ressourcenbezogenen Komponenten deren Steuerungsintensität. Insbesondere sollen nach Ziffer 10.8 lit. c) Möglichkeiten zur Einbeziehung sowohl der Boden- und Ökosystemfunktionen als auch der Wertleistung der Bodenressourcen in die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung untersucht und getestet werden. Konkretere, unmittelbar rohstoffbezogene Vorgaben lassen sich der Agenda 21 mangels eines eigenen sektoralen Programms für die Bodenschätzegewinnung nicht entnehmen. Dies ist deshalb von Bedeutung, weil Kapitel 10 der Agenda primär

29 Siehe zu entsprechenden Initiativen in Deutschland Voss, Das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung, S. 40; Teichert/Diefenbacher/Gramm/Karcher/Wilhelmy, Agenda 21 in der Praxis. 30

Agenda 21, Ziff. 10.1.

31

Agenda 21, Ziff. 10.1; 10.3; 10.7 lit. a).

32

Agenda 21, Ziff. 10.1.

33

Agenda 21, Ziff. 10.5.

Lok

20

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

die Rahmenbedingung für eine Koordinierung der unterschiedlichen Interessen in der Entscheidungsfindung schaffen soll und dementsprechend inhaltlich durch sektorale Aussagen in anderen Abschnitten angereichert wird. 34 Von daher lassen sich dem 10. Kapitel verfahrensmäßige, nicht jedoch inhaltliche Vorgaben entnehmen. Erstere können, freilich in begrenztem Umfang, inhaltliche Rückwirkungen erzeugen, indem es ökologische und soziale Interessen in die Entscheidungsfindung mit einzubeziehen gilt.

IV. UN-Sondergeneralversammlung

1997 in New York

Im Juni 1997 fand in New York eine Sondergeneralversammlung zur Agenda 21 statt. Zentrales Thema war das Konzept der nachhaltigen Entwicklung.

1. Von der Bundesregierung abgeleitete Managementregeln In ihrem Bericht anläßlich dieser Versammlung 35 stellt die Bundesregierung drei sogenannte Managementregeln auf Dort heißt es: „Den Weg zur Nachhaltigkeit muß dabei jede Gesellschaft für sich definieren. Er hängt von den jeweiligen geographischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Gegebenheiten ab und sieht für Entwicklungsländer und Industrieländer aufgrund ihrer unterschiedlichen Ausgangslage unterschiedlich aus. Einigkeit besteht darüber, daß umweltgerechtes Leben und Wirtschaften zumindest drei grundlegenden Kriterien genügen muß, die auch als die Managementregeln der Nachhaltigkeit bezeichnet werden." 36 Diese Textpassage ist insofern mißverständlich, als sie einen Konsens über die folgenden drei Managementregeln vorgibt, der, jedenfalls was die zweite Managementregel anbelangt, nicht ohne weiteres völkerrechtlich fundiert ist. Darauf wird im Anschluß an die folgende Darstellung der Managementregeln noch zurückzukommen sein. Diese lauten:37 „1. Die Nutzung erneuerbarer Naturgüter (ζ. B. Wälder oder Fischbestände) darf auf Dauer nicht größer sein als ihre Regenerationsrate - andernfalls gingen diese Ressourcen zukünftigen Generationen verloren.

34

Agenda 21, Ziff. 10.4 e.E.

35

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktor Sicherheit, Bundesregierung anläßlich der UN-Sondergeneralversammlung über Umwelt und Entwicklung 1997 in New York, Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung in Deutschland, BT-Drucks. 13/7054. 36 37

Beri

BT-Drucks. 13/7054, S. 6 (Hervorhebungen nicht im Original).

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Bundesregierung anläßlich der UN-Sondergeneralversammlung über Umwelt und Entwicklung 1997 in New York, Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung in Deutschland, BT-Drucks. 13/7054, S. 6.

Beric

§ 1 Ethische und politische Grundlagen

21

2. Die Nutzung nicht erneuerbarer Ressourcen (ζ. B. fossile Brennstoffe, Energieträger oder landwirtschaftliche Nutzfläche) darf auf Dauer nicht größer sein als die Substitution ihrer Funktion (Beispiel: denkbare Substitution fossiler Energieträger durch Wasserstoff aus solarer Elektrolyse). 3. Die Freisetzung von Stoffen und Energie darf auf Dauer nicht größer sein als die Anpassungsfähigkeit der natürlichen Umwelt (Beispiel: Anreicherung von Treibhausgasen in der Atmosphäre oder von säurebildenden Substanzen im Waldboden)." Auf den ersten Blick ist für den Bergbau vor allem die 2. Managementregel von Bedeutung.38 Zunächst kann sich daraus eine Reduzierung des Verbrauchs der im Bergbau geförderten, nicht erneuerbaren Ressourcen und damit eine Veränderung der Marktsituation ergeben. Diese wäre jedenfalls dann der Fall, wenn man die genannte Managementregel in dieser strikten Form rechtlich umsetzen und ausgestalten würde. Insbesondere aus der zweiten Managementregel ließe sich eine Beschränkung der Bodenschätzegewinnung dahingehend entnehmen, daß diese nur soweit möglich ist, als ein funktioneller Ersatz bereitgestellt wird, mithin künftige Nutzungsinteressen gewahrt bleiben. Wollte man die Nutzung nicht erneuerbarer Ressourcen nach Maßgabe der 2. Managementregel tatsächlich begrenzen, so würde dies neben massiven Einschränkungen und Konsequenzen für die Rohstoffindustrie letztlich auch auf die Lebens- und Konsumgewohnheiten der Bevölkerung rückwirken. Denn bestehen für einen bestimmten nicht erneuerbaren Rohstoff keine ausreichenden Kompensationsbzw. Substitutionsmöglichkeiten, so würde die 2. Managementregel, hielte man an ihrer strikten Formulierung fest, zum Vermeidungsimperativ. 39 Soweit davon solche Ressourcen betroffen sind, die durch bergbauliche Tätigkeiten gewonnen werden, hätte die Einhaltung dieser Managementregel also staatenübergreifend tiefgreifende Auswirkungen, und zwar nicht nur für den Bergbau. Von großer Bedeutung kann zudem die Ausrichtung der Politik auf die Einhaltung dieser Regel sein. Wenn aufgrund politischer Richtungsentscheidungen die Menge der im Bergbau geförderten Ressourcen als zu hoch angesehen wird, kann sich die Forderung erheben, diese Förderung nicht mehr zu unterstützen oder auch nur wohlwollend zu begleiten, sondern etwa mit Abgaben zu belasten. Zu denken ist auch an die Ausgestaltung von Genehmigungsverfahren. So können erstens die Dauer von Verfahren und der erteilten Genehmigungen sowie die dabei gemachten Auflagen zu faktischen Beschränkungen der bergbaulichen Tätigkeiten im Sinne der Ressourcenschonung führen. Weiterhin ist denkbar, daß im Interesse der Substitutionsmöglichkeiten nicht erneuerbarer Ressourcen vermehrt Mittel in die entsprechende Forschung geleitet werden, die dann nicht mehr für die Weiterentwicklung von Bergtechnik zur Verfügung stehen. Allerdings führt jede Verbesserung der Substitutionsmöglichkeiten dazu, daß nach der 2. Ma-

38 39

Zur Aufnahme in der BT-Drucks. 13/7054 unten B.III.

Eine gewisse Relativierung ist freilich auch der 2. Managementregel immanent, indem sie den Erhalt der Funktionen „auf Dauer" sichergestellt wissen will. Dazu sogleich unter B.III.

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Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

nagementregel wiederum vermehrt nicht erneuerbare Ressourcen verbraucht werden dürfen. Im übrigen bleiben die gegenwärtigen Generationen außen vor. 40 Auch die beiden anderen Managementregeln können Auswirkungen auf bergbauliche Tätigkeiten haben. So kann zum Beispiel der obertägige Abbau von Braunkohle zunächst zur Inanspruchnahme und teilweisen Zerstörung der sich dort befindenden Naturgüter führen und dadurch auf deren Regenerationsmöglichkeiten zurückwirken. Wenn zum Beispiel die nachhaltige Nutzung von Wäldern vorsieht, daß diese nicht stärker gerodet werden dürfen, als durch nachwachsendes Holz kompensiert werden kann, aufgrund des Tagebaus aber für längere Zeit zumindest auf den betroffenen Flächen kein Wald nachwachsen kann, sind von der Förderung nicht erneuerbarer Ressourcen die nachwachsenden Ressourcen unmittelbar betroffen. Insoweit können durch eine Wiedernutzbarmachung die Folgen später wieder aufgefangen werden. 41 Dies belegt ihre hohe Bedeutung gerade auch in diesem Zusammenhang. Zudem kann auch die Begrenzung des Energieverbrauchs nach der 3. Managementregel den Bergbau betreffen, nämlich in Form einer sinkenden Nachfrage nach den für diesen Zweck geförderten Rohstoffen.

2. Zur Ableitbarkeit der Managementregeln aus dem Völkerrecht Aber sind diese Managementregeln völkerrechtlich abgesichert? Beschlüssen der UN-Generalversammlung kann zwar eine richtungsweisende Funktion für mögliche künftige rechtspolitische Entwicklungen zukommen. Indes bilden sie als sogenanntes „sofi-law" regelmäßig keine Quellen des Völkerrechts und sind von daher aus sich heraus nicht bindend.42 Vom Inhalt her lassen sich zwar die 1. und 3. Managementregel über die einschlägigen internationalen Dokumente absichern. Was die 1. Managementregel anbetrifft, formuliert § 9: 43 „At the global level, renewable resources, in particular freshwater, forests, topsoil and marine fish stocks, continue to be used at rates beyond their viable rates of regeneration; without improved management, this situation is clearly unsustainable." Im Hinblick auf die 3. Managementregel heißt es in § 10: „As a result, increasing levels of pollution threaten to exceed the capacity of the global environment to absorb them, increasing the potential obstacles to economic and social development in developing countries" und in § 42: „However, sustainable patterns of production, distribution and use of energy are crucial." Problematisch ist jedoch eine Rückbindung der 2. Managementregel. So heißt es im Abschlußdokument der Vereinten Nationen zum Bereich „Ener40

Das steht in Widerspruch sowohl zum europäischen Gemeinschafts- als auch zum nationalen Verfassungsrecht, siehe unten § 2 A.I. bzw. B.I. 41

Dazu unten Teil 1 § 2 B.II.3. sowie B.III.2.a)aa).

42

Siehe nur Vitzthum, in: ders., Völkerrecht, 1. Abschn. Rn. 14, 153.

43

Programme for the further implementation of Agenda 21, § 9.

§ 1 Ethische und politische Grundlagen

23

gie": 44 „Energy is essential to economic and social development and improved quality of life. ... Fossil fuels (coal, oil and natural gas) will continue to dominate the energy supply situation for many years to come in most developed and developing countries." Danach wird die Nutzung nicht erneuerbarer Ressourcen im Energiesektor, zumindest mittelfristig, vorausgesetzt. Schon von daher findet sich kein eindeutiger Hinweis dahingehend, daß nicht erneuerbare Ressourcen nur in dem Umfang von den jetzt Lebenden in Anspruch genommen werden dürfen, in dem ein funktioneller Ausgleich bereitgestellt wird. Auch im Brundtland-Bericht heißt es im Zusammenhang mit der Nutzung nicht erneuerbarer Ressourcen lediglich, daß „bei ihrer Nutzungsrate in Betracht gezogen werden (soll), wie wichtig diese Ressource ist, ob Technologien zur Verfügung stehen, die Nutzung zu minimieren, und wie wahrscheinlich Ersatzstoffe zur Verfügung stehen."45 Ferner heißt es ausdrücklich: „Dies heißt jedoch nicht, daß solche Ressourcen nicht genutzt werden sollten." 46 Eine strikte Beschränkung der Bodenschätzegewinnung läßt sich damit nicht ableiten. Vielmehr kann der zitierten Passage des Brundtland-Berichts entnommen werden, daß die Nutzungsrate nicht erneuerbarer Ressourcen um so höher sein kann, je wahrscheinlicher Ersatzstoffe zur Verfügung stehen, da insofern ein funktioneller Ersatz, d. h. eine funktionelle Substitution möglich, mithin den Nutzungsinteressen künftiger Generationen Rechnung getragen ist. Für die energetischen Rohstoffe hieße das etwa: Je wahrscheinlicher die Sicherung der Energieversorgung beispielsweise durch den Einsatz anderer Energiequellen in absehbarer Zukunft gewährleistet werden kann, desto höher kann, unter Zugrundelegung allein dieses Aspekts,47 die Inanspruchnahme der endlichen Ressourcen ausfallen. Abgesehen davon sind sowohl die Bedeutung einer Ressource als auch die technischen Möglichkeiten zur Nutzungsoptimierung, mithin das Sparsamkeitspostulat, zu berücksichtigen.

V. Die politische Entwicklung auf Europäischer Ebene Auch in der politischen Diskussion innerhalb der Europäischen Gemeinschaften ist im Anschluß an die Rio-Konferenz der Gedanke der nachhaltigen

44

Programme for the further implementation of Agenda 21, § 40.

45

Hauff Unsere gemeinsame Zukunft, S. 49; im Englischen: „In general the rate of depletion should take into account the criticality of that resource, the availability of technologies for minimising depletion, and the likelihood of substitutes being available.", Our common future, S. 46. 46 47

Hauff, Unsere gemeinsame Zukunft, S. 49; Our common future, S. 45 f.

Zu berücksichtigen ist freilich auch der immissionsbezogene Aspekt der Erhaltung der Tragekapazität der Umwelt.

24

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

Entwicklung aufgegriffen worden. 48 Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang vor allem das 5. Umweltaktionsprogramm der Gemeinschaft „Für eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung", 49 mit dem die Umweltpolitik der Gemeinschaft einen neuen konzeptionellen Ansatz erhielt. Darin wird die Forderung aufgestellt, „die Umwelt so an die nächste Generation weiterzugeben, daß die Gesundheit der Menschen sowie deren sozialer und wirtschaftlicher Wohlstand auf einem hohen Niveau gehalten werden können". 50 Dementsprechend wird also der dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung eigene Gedanke der intergenerationellen Gerechtigkeit besonders herausgestellt. Um dieses Ziel des langfristigen Erhalts der Umwelt zu erreichen, ist nach dem 5. Aktionsprogramm „eine spürbare Änderung der heutigen Entwicklungs-, Produktions-, Verbrauchs- und Verhaltensmuster" 51 erforderlich. Insbesondere eine Reduktion des Verbrauchs natürlicher Ressourcen wird für notwendig erachtet, was unter anderem tiefgreifende Auswirkungen auf den Bergbau nach sich ziehen kann.52 Zur Verminderung der Umweltverschmutzung soll zudem die Erarbeitung des Konzeptes „Kreislaufwirtschaft" bei Produkten und Verfahren beitragen. 53 Auch hier wird noch einmal die Notwendigkeit der Integration der Umweltpolitik in die anderen Politiken und die Notwendigkeit der Erweiterung des umweltpolitischen Instrumentariums durch marktorientierte Instrumente und freiwillige Systeme besonders hervorgehoben. 54 Zu Beginn des Programms wird eine Bestandsaufnahme der aktuellen Umweltsituation vorgenommen, die nicht sehr positiv ausfällt. So wird eine langsame, jedoch gravierende Verschlechterung des allgemeinen Zustandes der Umwelt innerhalb der Gemeinschaft festgestellt. 55 Zudem kommt die EG-Kommission zum Ergebnis, daß die vorhandenen Konzepte nicht ausreichen, um der mit der zu erwartenden globalen und europäischen wirtschaftlichen Entwicklung einher gehenden Verschlechterung der Umweltsituation wirksam entgegenwirken zu können. Das Programm enthält fünf Schwerpunktbereiche. Das sind im 48

Zur rechtlichen Verankerung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung in den Gemeinschaftsverträgen unten § 2 A. 49

Entschließung des Rates der europäischen Gemeinschaften und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 1.2.1993 über ein Gemeinschaftsprogramm für Umweltpolitik und Maßnahmen im Hinblick auf eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung mit Anhang: Für eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung, ABl. EG vom 17.5.1993 C 138, S. 1 ff. (Entschließung) und S. 5 ff. (Programm). 50

ABl. EG vom 17.5.1993 C 138, S. 3.

51

ABl. EG vom 17.5.1993 C 138, S. 2.

52

Näher bereits oben A.I. zur insoweit gleichlautenden 2. Managementregel der Nachhaltigkeit. 53

ABl. EG vom 17.5.1993 C 138, S. 2.

54

ABl. EG vom 17.5.1993 C 138, S. 3. Dazu allgemein unten § 3.

55

ABl. EG vom 17.5.1993 C 138, S. 11.

§ 1 Ethische und politische Grundlagen

25

einzelnen Industrie 56, Energie 57, Verkehr 58 , Landwirtschaft 59 und Tourismus 60. Die Realisierung soll unter „Einbeziehung aller Wirtschaftsbeteiligten und Sozialpartner (partizipatorisches Konzept - „bottum up")" erfolgen. 61 Eine dauerhaft umweltgerechte Entwicklung hat auch eine Veränderung des Wachstumsmodells zum Ziel. 62 Diese Strategie verlangt die Einbeziehung der Erfordernisse des Umweltschutzes in die anderen Gemeinschaftspolitiken und einen vorbeugenden Ansatz. Die EG-Kommission bekennt sich erneut zum Grundsatz der gemeinsamen Verantwortung, „was auch eine wirksame Anwendung des Verursacherprinzips einschließt."63 Die Umweltaktionsprogramme an sich begründen keine Rechte oder Pflichten für die Unionsbürger und sind insoweit rechtlich unverbindlich. 64

B. Entwicklung des Grundsatzes der Nachhaltigkeit im deutschen (Umwelt-)Recht I. Ursprung in der Forstwirtschaft Begriffliche Unschärfen und Probleme entstehen teilweise dadurch, daß der Begriff „nachhaltig" auch im deutschen Umweltrecht seit langem etabliert ist. 65 Verkürzt man den Begriff der nachhaltigen Entwicklung auf „Nachhaltigkeit", besteht damit die Gefahr von Verwechslungen. Begründet wurde der Grundsatz der Nachhaltigkeit im deutschen Recht im Bereich der Forstwirtschaft bereits zum Ende des 18. Jahrhunderts. 66 Danach erforderte eine nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes, daß diesem grundsätzlich nicht mehr an Holz entnommen wird, als wieder nachwächst, was sowohl auf die Menge als auch die Wahl der Holzarten Auswirkungen hat.67 Ziel war und ist es, die Funktionsfähigkeit 56

ABl. EG vom 17.5.1993 C 138, S. 28 ff.

57

ABl. EG vom 17.5.1993 C 138, S. 31 ff. Das Programm enthält allerdings keine besonderen Vorgaben für den Umgang mit fossilen Energieträgern oder anderen Bergbauprodukten. Vgl. auch Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert „nachhaltiger Entwicklung" bei der Gewinnung oberflächennaher Rohstoffe, S. 30. 58

ABl. EG vom 17.5.1993 C 138, S. 33 ff.

59

ABl. EG vom 17.5.1993 C 138, S. 35 ff.

60

ABL EG vom 17.5.1993 C 138, S. 37 ff.

61

ABl. EG vom 17.5.1993 C 138, S. 26 f.

62

ABl. EG vom 17.5.1993 C 138, S. 24.

63

ABl. EG vom 17.5.1993 C 138, S. 24.

64

Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, S. 20 ff.

65

Schröder, WiVerw. 1995, 65 (65, 67 ff.).

66

Kloepfer,

67

Schröder, WiVerw. 1995, 65 (67).

in: Bonner Kommentar zum GG, Bd. IV, Art. 20a Rn. 59.

26

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

des Waldes zu erhalten und dadurch dessen ökonomischen Nutzen auf Dauer sicherzustellen. 68 Zu diesem primär ökonomischen Ziel kam im Laufe der Jahre auch eine ökologische Komponente hinzu, die sich heute vor allem in § 1 Nr. 1 BWaldG niederschlägt. Darin werden neben der Bedeutung des Waldes für den Naturhaushalt und damit dessen ökologische Funktionen auch dessen Schutzund Erholungsfunktion, also eine soziale Komponente, herausgestellt.

IL Aufnahme in andere Gesetze Der Gedanke der nachhaltigen Nutzung von Naturgütern blieb nicht auf den Bereich des Forstrechts beschränkt, sondern hat auch im Zusammenhang mit anderen Naturgütern Bedeutung erlangt. Dabei ist nach wie vor strittig, ob dieser Gedanke nur für erneuerbare Anwendung finden kann oder sich auf alle natürlichen Ressourcen erstreckt, wenn auch bezüglich der nicht erneuerbaren mit inhaltlichen Modifikationen. 69 Positiv-rechtlich verankert ist der Gedanke der Nachhaltigkeit in § 1 Abs. 1 BNatSchG,70 § 1 S. 1 BBodSchG und explizit in § 1 Abs. 2 ROG sowie § 1 Abs. 5 S. 1 BauGB 71 . Zudem läßt er sich der Sache nach in verschiedenen anderen Gesetzen nachweisen, so im Bundesjagdgesetz,72 dem Bundesberggesetz,73 dem Kreislaufwirtschafis- und Abfallgesetz 74 oder dem Wasserhaushaltsgesetz.75 Mit Ausnahme des Baugesetzbuches und des Raumordnungsgesetzes76 steht dabei in der Regel der Erhalt und die Sicherung von natürlichen Ressourcen im Mittelpunkt, und es wird damit kein Konzept im

68

Schröder, WiVerw. 1995, 65 (67).

69

Vgl. etwa Rehbinder, in: Salzwedel, Grundzüge des Umweltrechts, Kapitel 04 Rn. 62, 63; Win/der, in: Kimminich/von Lersner/Storm, HdUR, Bd. II, Spalte 1428 f., wonach bei nicht erneuerbaren Ressourcen aus dem Postulat der Nachhaltigkeit deren sparsame und haushälterische Nutzung folgt. 70

Näher unten § 2 B.III.2.b).

71

Nach § 1 Abs. 5 S. 1 BauGB sollen die Bauleitpläne u. a. „eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung ... gewährleisten", vgl. zur Bedeutung dieses generellen Planungsziels für die Bauleitplanung Bunzel, NuR 1997, S. 583 ff.; Mitschang,, DÖV 2000, S. 14 ff.; Kuschnerus, ZfBR 2000, S. 15 ff. 72

Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert „nachhaltiger Entwicklung" bei der Gewinnung oberflächennaher Rohstoffe, S. 47 f.; Schröder, WiVerw. 1995, 65 (68 f.). 73

Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert „nachhaltiger Entwicklung" bei der Gewinnung oberflächennaher Rohstoffe, S. 58 f. Siehe näher § 2 B.II, und Teil 2 § 2. 74

Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert „nachhaltiger Entwicklung" bei der Gewinnung oberflächennaher Rohstoffe, S. 63 ff. 75

Schröder, WiVerw. 1995, 65 (70 f.). Dazu näher unten § 2 B.III.l.b).

76

Dazu ausführlich Runkel, NuR 1998, 449 (449 ff.) und unten Teil 2 § 1.

§ 1 Ethische und politische Grundlagen

27

Sinne von „sustainable development" beschrieben. 77 Dementsprechend wird der Gedanke der Nachhaltigkeit vielfach als ressourcenspezifische Ausprägung des Vorsorgeprinzips im Sinne der Ressourcenvorsorge gesehen.78 Daraus ergeben sich zwar einige Überschneidungen mit dem Gedanken der nachhaltigen Entwicklung im Sinne von „sustainable development", doch ist der im deutschen Umweltrecht enthaltene Grundsatz der Nachhaltigkeit wesentlich enger. So beschränkt sich die nachhaltige Entwicklung weder auf den Bereich des Umweltrechts 79 noch auf die Ressourcenschonung.80 Daher ist bei der Verwendung und Auslegung des Begriffes „nachhaltig" streng zwischen den genannten Bedeutungen zu unterscheiden.

III. Rezeption der Rio-Konferenz Trotz der zumindest fragwürdigen Behauptung der Bundesregierung in dem bereits erwähnten Bericht anläßlich der UN-Sondergeneralversammlung über Umwelt und Entwicklung 1997 in New York, daß im internationalen Recht ein Konsens über die Geltung auch der sogenannten 2. Managementregel der Nachhaltigkeit bestehe,81 gilt es diese, nicht zuletzt aufgrund ihrer Bedeutung im nationalen politischen Diskurs, näher auf ihren Aussagegehalt hin zu untersuchen. Dies gilt um so mehr, als die Staaten „angesichts der unterschiedlichen Beiträge zur Verschlechterung der globalen Umweltsituation" nach Grundsatz 7 der RioDeklaration „gemeinsame, jedoch unterschiedliche Verantwortlichkeiten" tragen. Insofern können die zunächst von der Enquête-Kommission aufgestellten und schließlich von der Bundesregierung in ihrem Bericht anläßlich der UNSondergeneralversammlung 1997 in New York übernommenen, im politischen Bereich anzusiedelnden Managementregeln als Ausdruck eben dieser gesteigerten Verantwortung der Industriestaaten angesehen werden. Ihre strikte Formulierung legt zunächst den Schluß nahe, daß die Nutzung nicht erneuerbarer Naturgüter und damit beispielsweise fossiler Energieträger nicht größer sein darf als die Substitution ihrer Funktion. Dies wäre letztlich die Konsequenz einer Langzeitverantwortung, die sicherzustellen versucht, daß nicht erneuerbare Naturgüter, wenn schon nicht oder nur bedingt physisch er-

77 Ebenso Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert „nachhaltiger Entwicklung" bei der Gewinnung oberflächennaher Rohstoffe, S. 67 f.; Schröder, WiVerw. 1995, 65 (73 f.). 78

Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert „nachhaltiger Entwicklung" bei der Gewinnung oberflächennaher Rohstoffe, S. 67; Kloepfer, Umweltrecht, § 4 Rn. 24; im Ergebnis auch Schröder, WiVerw. 1995, 65 (75). 79

Deren Bedeutung besteht gerade darin, daß davon sämtliche Politikbereiche betroffen sein sollen, Schröder, WiVerw. 1995, 65 (77). 80

Siehe zur Definition des Begriffs der „nachhaltigen Entwicklung" oben § 1 Α. 1.

81

ObenA.IV.

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

28

setzbar, zumindest ihrer Funktion nach (ζ. B. Energieerzeugung) ersetzt werden und so funktionell gleichwertiger Ersatz der Nachwelt zur Verfugung steht. Problematisch ist indes, ob man der 2. Managementregel die Forderung nach einer strikten Begrenzung der Bodenschätzegewinnung entnehmen kann oder sogar muß. Würde man diese Regel der Bundesregierung dahingehend interpretieren, daß nicht nachwachsende Rohstoffe nur in dem Maße verbraucht werden dürfen, wie sie durch nachwachsende ersetzt werden können, so stieße dies bereits bei immanenter Betrachtung auf Bedenken. Zudem stünde eine solche Leitlinie in Widerspruch zu Art. 20a GG. 82 Auf der Basis einer immanenten Betrachtung ergeben sich bei näherem Hinsehen Einschränkungen bezüglich der Konsequenzen, die die strikte Formulierung zunächst nahe legen könnte. Zum einen wird eine zeitliche Einschränkung vorgenommen, indem die Nutzung „auf Dauer" nicht größer sein darf als die Substitutionsmöglichkeiten es erlauben. Sind dann vorübergehende Abweichungen und stärkere Beanspruchungen möglich? Kann etwa in Erwartung künftiger Substitutionsmöglichkeiten eine Nutzung nicht erneuerbarer Naturgüter stattfinden? Und wenn ja, wie wahrscheinlich muß die Entwicklung von Substitutionsmöglichkeiten sein? Diese Einschätzung ist um so schwerer, als nach der Grundkonzeption sowohl des Berichts der Brundtland-Kommission als auch der Rio-Deklaration bzw. der Agenda 21 eine internationale Betrachtungsweise eingreift. Damit geht es um eine weltweite Entwicklung von Substitutionsmöglichkeiten. Schwerlich kann auch die künftige (weltweite) Auffindung zusätzlicher Lagerstätten und Abbaumöglichkeiten ausgeblendet werden, steigert diese doch die Nutzungsmöglichkeiten auch nicht erneuerbarer Rohstoffe, ohne daß künftigen Generationen Entwicklungspotentiale verloren gehen. Sowohl diese Erschließung zusätzlicher Rohstoffvorräte als auch und vor allem die Substitution ihrer Funktionen kann bei entsprechenden Notwendigkeiten und absehbaren konkreten Engpässen einen zusätzlichen Schub erhalten, der heute nicht vorhersehbar, geschweige denn in seinem Umfang näher abschätzbar ist. Diese unbeantworteten Fragen veranschaulichen die weitgehend ungesicherte Kontur dieser zweiten Managementregel. Die daraus folgende Vagheit wurde von der Bundesregierung nicht konkretisiert. Zum anderen und vom Grundsätzlichen her handelt es sich bei den Managementregeln, wie bereits mehrfach erwähnt, um politische Strategien, die für sich genommen keine unmittelbaren rechtlichen Konsequenzen zeitigen. Gleichwohl zeigen die Regeln in ihrer Gesamtheit eine Richtung auf, die den Kurs der zukünftigen Umwelt- und Wirtschaftspolitik maßgeblich prägen und damit letztlich in rechtlich bindenden Vorgaben einmünden kann. Die Regeln der Enquête-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt" unterstreichen die Einordnung als Zielvorgaben. Dort werden allerdings in der zweiten Regel zwei Optionen angesprochen, die eine Nutzung nicht er-

82

Siehe unten § 2 B.I.l.a).

§ 1 Ethische und politische Grundlagen

29

neuerbarer Ressourcen legitimieren können. Dabei soll der Umfang der Ressourcennutzung determiniert werden durch die Voraussetzung, daß entweder: 1. ein physisch und funktionell gleichwertiger Ersatz in Form erneuerbarer Ressourcen oder 2. ein physisch und funktionell gleichwertiger Ersatz in Form höherer Produktivität der erneuerbaren sowie der nicht erneuerbaren Ressourcen geschaffen wird83. Auch die „Sollformulierung" relativiert diese Aussagen. Damit anerkennt die Enquête-Kommission, daß es derzeit faktische Zwänge gibt, die einem streng genommenen Substitutionsverständnis bestimmte Grenzen setzen. Es wird zwar ausdrücklich anerkannt, daß der Bodenschutz nach Maßgabe des Leitbildes der nachhaltigen Entwicklung mit Rücksicht auf die Standortgebundenheit von Bodenschätzen und deren volkswirtschaftliche Bedeutung generell auf den sparsamen Abbau und die Schonung des Oberbodens zielt. Im Hinblick auf die geforderte Substitution findet sich aber im Zusammenhang mit der Substitution von Bodenrohstoffen durch Recyclingprodukte oder industrielle Reststoffe die Formulierung „soweit wie möglich". 84 Nicht erneuerbare Ressourcen seien insgesamt „soweit wie möglich auch für zukünftige Nutzungen vorzuhalten". 85 Was den Bodenschutz beim Abbau von Bodenschätzen anbetrifft, so soll der Boden als Deckfläche ebenfalls „soweit wie möglich unberührt oder in seinen Funktionen unbeeinträchtigt bleiben". 86 Dieses Umwelthandlungsziel ist, wie noch zu zeigen sein wird, bereits weitgehend in der Zweckvorschrift des § 1 Nr. 1 BBergG enthalten.87

C. Die ethischen Grundlagen der Nachhaltigkeitsdebatte In der politischen bzw. politikwissenschaftlichen Diskussion werden die Interessen der zukünftigen Generationen und damit ein wesentlicher Bestandteil der nachhaltigen Entwicklung im Sinne von „sustainable development" bereits seit langem aufgegriffen. So findet sich dieser Gedanke sowohl in der amerikanischen Verfassungsdiskussion 88 wie auch als tragendes Element der Theorien des Sozialismus bzw. Kommunismus.89 Vor allem die sozialistischen und kom-

83

BT-Drucks. 13/7400, S. 13.

84

BT-Drucks. 13/7400, S. 24.

85

BT-Drucks. 13/7400, S. 24.

86

BT-Drucks. 13/7400, S. 24.

87

Dazu eingehend unten § 2 B.II.2.

88

Zur Verankerung der Rechte zukünftiger Generationen in amerikanischen Verfassungen Sommermann, Staatsziele und Staatszielbestimmungen, S. 187 f. 89

Jonas, Das Prinzip Verantwortung, Kapitel 5 und 6.

30

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

munistischen Ideen werden als extrem zukunflsgerichtet angesehen: sie sollen die Aufopferung der Gegenwart für die Zukunft erlauben, ja geradezu fordern. 90 In neuerer Zeit Schloß sich die Debatte um die Rechte zukünftiger Generationen und die Verpflichtung, auf ihre Interessen Rücksicht zu nehmen, an die Veröffentlichung des Berichts über „Die Grenzen des Wachstums"91 an und wurde vor allem in den USA geführt. Während dort einige Sammelbände zur Frage der Zukunftsverantwortung erschienen,92 fehlt es an deutschsprachigen Beiträgen aus den 70er Jahren. Später wurde dann auch in Deutschland, teilweise im Zusammenhang mit den Risiken der friedlichen Nutzung der Kernenergie, eine (rechtlich begründbare) Zukunftsverantwortung der heute Lebenden gegenüber zukünftigen Generationen diskutiert. 93 Die ethische Debatte hat sich dabei vor allem auf theoretische Fragen konzentriert. Im Mittelpunkt stand insbesondere das Problem, ob und, wenn ja, wie zukünftige Generationen als nicht existierende Entitäten überhaupt Träger von Rechten sein können.94 Die Auseinandersetzung hat zu keinem eindeutigen Ergebnis geführt. 95 Dennoch haben sich diejenigen, die sich gegen die Existenz von Rechten zukünftiger Generationen wandten, mehrheitlich dafür ausgesprochen, daß es dennoch eine Pflicht gäbe, die Interessen der zukünftigen Menschen zu berücksichtigen. 96 Sofern man also Rechte zukünftiger Menschen oder zumindest eine Pflicht zur Beachtung von deren Interessen anerkennt, stellt sich die Frage, welche Folgen das für die Handlungen der heute Lebenden haben muß. Relevant ist für den Bergbau dabei vor allem die Beantwortung der Frage, wie die Nutzung von nicht erneuerbaren Ressourcen97 vor diesem Hintergrund zu gestalten ist. Genannt werden können als Grundlage für entsprechende ethische Betrachtungen

90

So Birnbacher, Verantwortung für zukünftige Generationen, S. 10 f.

91

Meadows , Die Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit. 92

Partridge , Responsibilities to Future Generations; Goodpaster/Sayre , Ethics and Problems of the 21st Century; Barry/Sikora, Obligations to Future Generations; MacLean, Energy and the Future. 93 Hofmann, Rechtsfragen der atomaren Entsorgung, S. 58 ff. auf der Grundlage verfassungsrechtlicher Überlegungen; Birnbacher, Verantwortung für zukünftige Generationen; Jonas, Das Prinzip Verantwortung. 94

Ausführlich Unnerstall, Rechte künftiger Generationen, passim.

95

Siehe z. B. Birnbacher , Verantwortung für zukünftige Generationen, S. 98 ff., für entsprechende Pflichten sowie Partridge , in: ders., Responsibilities to Future Generations, Environmental Ethics, S. 203 (203 ff.); Macklin , ebd., S. 151 (151 f.). Dagegen L.C. Becker , Property rights. Philosophic foundations, S. 12; Thompson , in: Partridge, Responsibilities to Future Generations, Environmental Ethics, S. 195 (195 ff.). 96

Näher Fr enz/Unnerstall,

97

Zu diesem Begriff Frenz/Unnerstall,

S. 38.

Nachhaltige Entwicklung im Europarecht, S. 13 ff. Nachhaltige Entwicklung im Europarecht,

§ 2 Geltungsgründe

31

beispielhaft die Theorie subjektiver Rechte des Alan Gewirth, 98 das Gerechtigkeitsmodell Rawls', 99 die sogenannte „Goldene Regel", 100 der Kategorische Imperativ Kants 101 oder auch die Idee des Generationenvertrages. 102 Abgesehen von einem grundsätzlich sparsamen Umgang mit diesen Naturgütern lassen sich allerdings auch bei diesen verschiedensten theoretischen Ansätzen kaum konkrete und vor allem praktikable Vorgaben zum Umgang mit den nicht erneuerbaren Ressourcen machen. Dennoch läßt sich mehr oder weniger aus all diesen Ansätzen ableiten, daß grundsätzlich eme Beschränkung des Ressourcenverbrauchs im Interesse der zukünftigen Generationen geboten ist. 103

§ 2 Geltungsgründe für den Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung Die Wirkung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung für das deutsche Recht und damit auch als Hintergrund für das bergbaubezogene Raumplanungsrecht, läßt sich aus mehreren Quellen ableiten. Entsprechend der Normenhierarchie wird an erster Stelle das Europarecht untersucht. Aus dem nationalen Recht wird zunächst das Verfassungsrecht näher beleuchtet. Das Bundesberggesetz als ein auf den Bergbau bezogenes Spezialgesetz, enthält gleichfalls Anhaltspunkte für den Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Verflechtung von Bergrecht und Umweltrecht 104 sind auch bergbaurelevante Umweltgesetze daraufhin zu befragen, inwieweit sie für das Bergrecht den Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung vorgeben.

98

Gewirth , Reason and Morality.

99

Rawls , Theorie der Gerechtigkeit.

100

Habermas, in: ders., Erläuterungen zur Diskursethik, S. 100 ff.

101

Kant, Grundlegung der Metaphysik der Sitten, Kant Werksausgabe Bd. VII, hrsg. von Weischedel, S. 51. 102

Suhr, Der Staat 29 (1990), 69 (69 ff.); Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S. 237. 103

Ausführlich und differenzierend Frenz/Unnerstall, Europarecht, S. 44 ff. 104

Nachhaltige Entwicklung im

Siehe die Zusammenstellung bei Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert „nachhaltiger Entwicklung" bei der Gewinnung oberflächennaher Rohstoffe; jüngst Wilde, DVB1. 1998, 1321 ff.; aktuelles Beispiel ist die Abfallverwertung im Bergbau, dazu VG Stuttgart, NVwZ-RR 1997, 346; VGH Mannheim, VB1BW. 1988, 398; Fou quet, Umweltrechtliche Anforderungen an das Verbringen von Rückständen in bergbauliche Hohlräume; Frenz, Abfallverwertung im Bergbau; Freytag, NuR 1996, 334 ff.; speziell zum Spannungsverhältnis zwischen Bergrecht und Wasserrecht Reinhardt, NuR 1999, 134 ff.; Salzwedel, in: Festschrift für Feldhaus, S. 281 ff.

32

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung A. Europarecht

In den gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen schimmert der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung bereits in den umweltpolitischen Vorschriften durch, und zwar auch spezifisch bezogen auf den Rohstoffabbau. Davon losgelöst und auch deutlicher ist der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung in den Grundlagenbestimmungen des EGV enthalten, ebenso im EUV. Davon werden auch die den Bergbau erfassenden gemeinschaftsrechtlichen Regulierungen geprägt und über diese die deutschen Rechtsvorschriften beeinflußt, wie anhand der UVP-Richtlinie und der IVU-Richtlinie deutlich wird. 105 Dies ist im einzelnen darzustellen.

I. Umsichtige und rationelle Verwendung der natürlichen Ressourcen Auch auf den Abbau von Bodenschätzen bezogen ist das Ziel nach Art. 174 Abs. 1 3. Spiegelstrich EGV, nämlich die umsichtige und rationelle Verwendung der natürlichen Ressourcen. Zu den natürlichen Ressourcen gehören die Umweltmedien, also Luft, Wasser und Boden, aber auch Rohstoffe. 106 Umsichtig deutet auf vorsichtig 107 und damit verantwortungsvoll hin. Angesichts der Begrenztheit natürlicher Ressourcen kann ein verantwortungsvoller Umgang nur dann vorliegen, wenn man sich dieser Begrenztheit auch bewußt ist. Von „Umsicht" ist es nicht weit zu „Rücksicht". Rücksicht gilt es zum einen gegenüber der Umwelt zu nehmen, wenn Rohstoffe abgebaut werden; Rücksicht genommen werden muß zum anderen aber auch gegenüber der Nachwelt, sofern diese noch über natürliche Ressourcen verfügen soll. „Rationell" zielt auf wirtschaftlich. Bezieht man dies auf den Abbau von Rohstoffen, soll dieser so betrieben werden, daß eine wirksame Ausbeute erfolgt, also nicht mehr natürliche Ressourcen als notwendig angetastet werden müssen. Nur ein solches Vorgehen ist vor dem Hintergrund der bekannten Begrenztheit natürlicher Ressourcen auch vernünftig, wie es nach der dänischen Fassung gefordert ist. 108 Dafür ist zum einen notwendig, daß die Rohstoffe in möglichst hoher Konzentration abgebaut werden, also bei der Förderung mög-

105

Näher unten XII.

106

Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, EU, Art. 130 r Rn. 24 und 27; Krämer, Groeben/Thiesing/Ehlermann, EU/EGV, Bd. 3, Art. 130 r Rn. 21; Schmitz, Die EU als Umweltunion, S. 146 f.; Calliess, DVB1. 1998, 559 (562). 107

In der französischen Fassung des EG-Vertrages heißt es dann auch „prudente et rationelle", und die dänische Fassung spricht von „vorsichtig und vernünftig" (forsigtigt og fornunftigt), vgl. Krämer, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EU/EGV, Bd. 3, Art. 130 rRn. 18. 108

Siehe vorstehende Fußnote.

in:

§ 2 Geltungsgründe

33

liehst wenig Verluste auftreten. Zum anderen schließt eine rationelle Verwendung ein, daß die Rohstoffe dann im Produktionsprozeß möglichst effektiv eingesetzt werden, so daß nicht mehr natürliche Ressourcen als notwendig verbraucht werden müssen. Daher ist besonders auf eine Verwendung von Sekundärrohstoffen Wert zu legen, so daß die natürlichen Ressourcen möglichst geschont und wiederverwertet werden. 109 Aufgrund dieser Konsequenzen einer umsichtigen und rationellen Verwendung der natürlichen Ressourcen ist in diesem Ziel der EG-Umweltpolitik die Verwirklichung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung bereits angelegt. Auch dieser zielt darauf, sich der Begrenztheit der natürlichen Ressourcen gegenüber der Nachwelt bewußt zu sein und auch künftigen Generationen ihre Nutzung zu ermöglichen. 110 Immerhin ist diese Komponente der nachhaltigen Entwicklung damit in Art. 174 Abs. 1 3. Spiegelstrich EGV enthalten. Tiefergehend läßt sich eine umsichtige und rationelle Nutzung der natürlichen Ressourcen nur dann erreichen, wenn Umweltbelange und wirtschaftliche Interessen gegeneinander abgewogen werden und zugleich auch soziale Aspekte mit berücksichtigt werden. Anschaulich belegt wird dies in den Entwicklungsländern, in denen aus sozialer Not Raubbau mit natürlichen Ressourcen betrieben wird bzw. aus überzogenen wirtschaftlichen Interessen heraus Rohstoffe unverantwortlich stark und ohne Rücksicht auf die Umwelt abgebaut werden. Indem Art. 174 Abs. 1 3. Spiegelstrich EGV eine umsichtige und rationelle Verwendung der natürlichen Ressourcen zum Ziel erhebt, setzt er zugleich eine solche voraus. Es geht also in dieser Vorschrift nicht um eine gänzliche Unterbindung des Rohstoffabbaus, sondern um seine Steuerung, seine nähere Ausgestaltung. Umsichtig und rationell nimmt die jetzt Rohstoffe abbauenden Generationen in die Pflicht, auf die Bedürfnisse der künftigen Rücksicht zu nehmen und auch diesen noch einen Rohstoffabbau zu ermöglichen. Ein Bezug nur auf diese hätte eines Zusatzes bedurft wie künftige umsichtige rationelle Verwendung oder dergleichen. Eine Loslösung von den derzeitigen Nutzungen wäre auch deshalb sachlich inkonsequent, weil die Verwendung bestimmter natürlicher Ressourcen wie Luft und Wasser stets Voraussetzung menschlichen Lebens und daher unabdingbar ist. Somit geht es um einen Ausgleich der Bedürfnisse gegenwärtiger und künftiger Generationen im Hinblick auf die Verwendung natürlicher Ressourcen. Wie dieser Ausgleich auszusehen hat, ist durch die Begriffe umsichtig und rationell vorgegeben. Freilich sind diese unbestimmten Rechtsbegriffe anhand der Gegebenheiten des Einzelfalles näher auszufüllen. Zu diesen Gegebenheiten wird man insbesondere die Bedürfnisse der gegenwärtigen Generationen und die erwarteten Ansprüche der künftigen Generationen ins Verhältnis zu den vorhandenen Vorräten setzen müssen. Aufgrund der weltweiten Verflochtenheit der Rohstoffwirtschaft kann dabei nur von einer internationalen Betrachtungsweise ausgegangen werden. Bestätigt wird diese

109

Frenz, Europäisches Umweltrecht, S. 9.

1,0

Kirchgässner, ZfU 1997, 1 (5 f.).

3 Frenz

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

34

Sicht durch die in Art. 174 Abs. 1 EGV im 4. Spiegelstrich explizit niedergelegte internationale Dimension des Umweltschutzes generell. 111 Als Leitlinie wird eingebracht, daß ein aktueller Rohstoffabbau nur in dem Maße zulässig sei, in dem zugleich Sekundärrohstoffe erschlossen werden. 112 Aus dem Grundsatz der Nachhaltigkeit wird im Hinblick auf die Ressourcennutzung allgemein abgeleitet, daß die Nutzung einer bestimmten Ressource nicht größer sein darf als deren Regenerationsrate. Diese Forderung führt bei erneuerbaren Ressourcen zur Erhaltung des „Naturkapitals". Da eine solche Forderung bei dem Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen wie beispielsweise Bodenschätzen naturgesetzlich ausscheidet, hat sich davon ausgehend die Nutzung grundsätzlich an der Rate der Substitutionsmöglichkeiten ihrer Funktionen durch andere Ressourcen oder Techniken zu orientieren. 113 Die bereits bei immanenter Betrachtung dieser Formel auftretenden, kaum zu bewältigenden Unsicherheiten wurden bereits aufgezeigt. 114 Das gilt in diesem Zusammenhang zumal wegen der gerade aufgezeigten, notwendig internationalen Dimension des gemeinschaftlichen Umweltschutzes. Damit werden indes natürliche Ressourcen einseitig für künftige Generationen vorgehalten, ohne daß sie die derzeitigen auch unter Verringerung der bestehenden Primärrohstoffe nutzen dürfen. Dann schlägt das Pendel einseitig zugunsten der kommenden Generationen aus. Dies entspricht nicht einem Ausgleich der Bedürfnisse, sondern stellt eine einseitige Präferierung dar. Dadurch daß sich die Verwendung der natürlichen Ressourcen aber auch auf die Gegenwart bezieht, kommt eine solche Bevorzugung nicht in Betracht. Neben diesem Grunddreieck der gegenwärtigen und künftigen Bedürfhisse sowie der bestehenden Reserven können als Zusatzfaktoren für eine umsichtige und rationale Ressourcenverwendung die Bedeutung bestimmter Rohstoffe für ein Wirtschaften in der Zukunft sowie die erwartete Zunahme der Substituierbarkeit durch Sekundärrohstoffe einbezogen werden. 115 Damit bildet auch dieser letzte Aspekt nur eine Komponente unter mehreren und nicht die alleinige Leitlinie. Er bleibt bezogen auf die Versöhnung der Belange gegenwärtiger und künftiger Generationen und steht nicht isoliert. Sichert er auch die Rechte künftiger Generationen, können durch ihn nicht die Bedürfhisse der gegenwärtigen Generation einseitig weggewogen werden. Zudem ist beachtlich, inwieweit voraussichtlich künftige Lagerstätten erschlossen werden können, etwa durch die Erweiterung der Abbaumöglichkeiten auf dem Meeresgrund etc. Insgesamt sind die für den Rohstoffabbau und die RohstoffVerwendung maßgeblichen Um111

Näher sogleich II.l.c).

112

Siehe oben A.I. den Bericht der Brundtland-Kommission.

113

Dies kommt auch in den sogenannten Managementregeln der Nachhaltigkeit zum Ausdruck, vgl. BT-Drucks. 13/7054, S. 6; BT-Drucks. 13/7400, S. 13. 114 115

Siehe oben § 1 B.III.

In diesem Sinne aus der rechtswissenschaftlichen Literatur auch Rehbinder, in: Salzwedel, Grundzüge des Umweltrechts, Kapitel 04 Rn. 57.

§ 2 Geltungsgründe

35

stände im Zusammenhang zu sehen, und auf diese Weise sind die Bedürfiiisse der jetzigen und der künftigen Generationen dergestalt miteinander in Einklang zu bringen, daß beide sich in möglichst großem Umfang entfalten können.

IL Sonstige Vorgaben der EG-Umweltpolitik 1. Ziele a) Erhaltung und Schutz der Umwelt Über die umsichtige und rationelle Verwendung der natürlichen Ressourcen hinaus gibt Art. 174 Abs. 1 1. Spiegelstrich EGV allgemein die Erhaltung und den Schutz der Umwelt sowie die Verbesserung ihrer Qualität als Ziel vor. Erhaltung und Schutz sind stärker gegenwartsbezogen, während die Verbesserung der Umweltqualität eher in die Zukunft weist. Rückbezug dieser Vorschrift ist freilich ebenfalls die Umwelt in ihrem bestehenden Zustand, nicht etwa irgendein Idealzustand.116 Diesen Zustand gilt es aber auf ein höheres Niveau zu heben. Dauerhaft erfolgreich kann man dabei allerdings nur sein, wenn man die Umwelt nicht isoliert sieht, sondern wirtschaftliche und soziale Entwicklungen einbezieht. Nur durch eine Einbettung der Wirtschaft in den Umweltschutz ist es möglich, diesen in unserer arbeitsteiligen Erwerbsgesellschaft zur fest etablierten, von allen berücksichtigten Determinante zu machen. Rein einseitige staatliche Regulierung hat sich insoweit als zu kurzsichtig erwiesen, da sie vielfach nicht befolgt wird. Daher sieht insbesondere die Kommission die Einbeziehung aller gesellschaftlichen Gruppen als unabdingbar an, um eine dauerhafte, umweltgerechte Entwicklung sicherzustellen. Im 5. Aktionsprogramm 117 wird daher angeregt, den Dialog mit der Industrie zu verstärken sowie freiwillige Vereinbarungen und andere Formen der Selbstkontrolle zu fördern. 118 Aber auch die Erhaltung der Umwelt und deren Schutz sind nicht rein vergangenheitsbezogen. Zwar gehen beide Elemente vom Status quo aus. Eingetretene Zerstörungen sind aber nicht als gegeben hinzunehmen; die Unterscheidung zwischen Umwelt und, wie Art. 174 Abs. 2 EGV zeigt, zu bekämpfenden Umweltbeeinträchtigungen zeigt, daß letztere nicht zum Status quo der Umwelt gehören, von dem im Rahmen der EG-Umweltpolitik auszugehen ist. 119 Somit ist eine einigermaßen gesunde Umwelt zu erhalten und zu schützen. Bedrohungen für diese gehen nicht nur von aktuellen Entwicklungen aus, sondern auch 116

Ebenso Grabitz/Nettesheim,

117

Zu ihm allgemein oben § 1 A.IV.

in: Grabitz/Hilf, EU, Art. 130 r Rn. 21.

118

5. Aktionsprogramm, abgedruckt in: ABl. EG vom 17.5.1993 C 138, S. 5 ff. (28 f., Tz. 4.1.). 119

Ebenso unter Abhebung auf den Sinn und Zweck der Norm Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, EU, Art. 130 r Rn. 17.

36

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

von lange angelegten Phänomenen, die erst im Keime Gefährdungen in sich bergen, die gegebenenfalls erst in langer Zukunft zu Schäden führen werden. Auch der Status quo kann daher nur durch zukünftige Entwicklungen in den Blick nehmende Maßnahmen erhalten werden. 120 Das gilt zumal für den geforderten Schutz der Umwelt. Dieser bezieht gerade auch die Bewahrung vor künftigen negativen Entwicklungen ein. Schutz ist neben der Erhaltung der umfassendere Begriff. Er schließt auch eine umweltbezogene Planung ein. 121 Ist somit die EG-Umweltpolitik aufgrund des in Art. 174 Abs. 1 1. Spiegelstrich EGV aufgestellten Zieles notwendig zukunfisbezogen, wird die Verantwortung für die künftigen Generationen nicht eigens benannt. Die Einbeziehung auch langfristiger Entwicklungen ist vielmehr bereits erforderlich, um den Status quo für die gegenwärtig Lebenden zu erhalten. Auch die den Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung charakterisierende inhaltliche Komponente in Form einer Harmonisierung von Ökologie, Ökonomie und sozialer Gerechtigkeit wird nicht angesprochen oder gar verlangt. Daß eine langfristige Verbesserung der Umweltqualität ebenso wie ein fortwährender Schutz der Umwelt nur bei einer Versöhnung von Ökologie und Ökonomie und einer Berücksichtigung von Umweltbelangen bei unternehmerischen Entscheidungen möglich ist, wurde über die umweltbezogenen Komponenten des Art. 174 Abs. 1 1. Spiegelstrich EGV gewonnen, nicht auf der Basis eines Ausgleichs zwischen Ökologie und Ökonomie. Ergibt sich auch daraus die tatsächliche Notwendigkeit, den Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung zu verwirklichen, läßt er sich doch rechtlich wegen des ausschließlich benannten Schutzgutes der Umwelt und des fehlenden Bezugs auf die künftigen Generationen nicht eindeutig gewinnen.

b) Schutz der menschlichen Gesundheit Für den Schutz der menschlichen Gesundheit, die sich aufgrund der systematischen Stellung des Art. 174 Abs. 1 2. Spiegelstrich EGV im Rahmen der Umweltziele ausschließlich auf den umweltbezogenen Gesundheitsschutz bezieht, 122 ergibt sich wegen des eindeutig festgelegten Schutzgutes und des engen Bezuges zum Umweltschutz nichts Weitergehendes als aus Art. 174 Abs. 1 1. Spiegelstrich EGV. Umfaßt ist also zwar die Bannung sämtlicher Umweltentwicklungen, die sich negativ auf die menschliche Gesundheit auswirken

120 Ebenso Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, EU, Art. 130 r Rn. 17; Krämer, Groeben/Thiesing/Ehlermann, EU/EGV, Bd. 3, Art. 130 r Rn. 13; Geiger, EGV, Art. 130 r Rn. 9 verlangt eine aktive Gestaltungstätigkeit und den Schutz vor drohenden Gefahren.

in:

121

Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, EU, Art. 130 r Rn. 19. Zur Planung ausführlich Teil 2 § 1 und bereits Teil 1 § 3 A. 122

Für eine lediglich klarstellende Funktion Grabitz/Nettesheim, Art. 130 rRn. 22.

in: Grabitz/Hilf, EU,

§ 2 Geltungsgründe

37

können,123 ohne daß sich daraus notwendig die Einbeziehung der Gesundheit künftiger Generationen oder ein Ausgleich zwischen Ökologie, Ökonomie und Sozialem ergibt.

c) Internationale Dimension Die mit dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung in Verbindung gebrachte 124 internationale Komponente wird in Art. 174 Abs. 1 4. Spiegelstrich EGV in Gestalt der Förderung von Maßnahmen auf internationaler Ebene zur Bewältigung regionaler oder globaler Umweltprobleme benannt. Spezifisch entwicklungspolitisch ausgerichtet ist das Ziel, auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit die nachhaltige wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Entwicklungsländer und dabei insbesondere die am meisten benachteiligten unter ihnen zu fördern, wie es Art. 177 Abs. 1 1. Spiegelstrich EGV anordnet. Diese entwicklungspolitisch ausgerichtete Determinante wird nach Art. 178 EGV auf sämtliche Gemeinschaftspolitiken bezogen, welche die Entwicklungsländer berühren können, mithin zumindest potentielle Auswirkungen auf diese in sich tragen. Das gilt aufgrund der Globalität der Umweltverschmutzung insbesondere für die Umweltpolitik und dabei in hervorragender Weise für die Erhaltung der natürlichen Ressourcen, sei es in Form von Rohstoffen, sei es in Form der Umweltmedien. Beides kombiniert wird bei der energiebezogenen Reduzierung von C02-Emissionen, die nach der Konzeption der Kommission ein zentrales Element der dauerhaften, umweltgerechten Entwicklung bildet. 125

2. Umweltpolitische Handlungsmaßstäbe a) Vorsorge und Vorbeugung Aus den umweltpolitischen Handlungsmaßstäben wird der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung vor allem mit dem Vorsorgegrundsatz in Beziehung gebracht. Schon vor der Aufnahme einer nachhaltigen Entwicklung in das Eu-

123

Näher Frenz, Europäisches Umweltrecht, S. 8.

124

So die Brundtland-Kommission, (World Commission on Environment and Development), Unsere gemeinsame Zukunft (Our Common Future), 1987; Die Agenda 21 (herausgegeben vom BMU, Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung im Juni 1992 in Rio de Janeiro, 1997), Präambel, S. 9, Tz. 1.3.; Kapitel 9, insbes. S. 73, Tz. 9.29; Kapitel 39, S. 279 ff. und das Umweltbundesamt, in: Nachhaltiges Deutschland; nicht allerdings der Sachverständigenrat für Umweltfragen, Umweltgutachten 1994, BT-Drucks. 12/6995. 125

5.1. f.).

Näher 5. Aktionsprogramm, ABl. EG vom 17.5.1993 C 138, S. 1 (42 f., Tz.

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

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roparecht wurde eine dauerhafte umweltgerechte Entwicklung als Hintergrund des Vorsorgegrundsatzes angesehen.126 Inhaltlich wird aus dem Vorsorgeprinzip abgeleitet, daß die Umweltpolitik bereits das Entstehen von Umweltbelastungen unterhalb der Gefahrenschwelle verhindern und eine schonende Inanspruchnahme der Ressourcen gewährleisten soll. Daher gilt es Entwicklungen zu verhindern, die künftig zu Umweltschäden führen können. 127 Weil Wirkungen menschlichen Verhaltens auf die Umwelt nicht sicher und abschließend im Voraus beurteilt werden können, kann aus Vorsichtsgründen unabhängig von Gefährdungen eine Zurückhaltung im Umgang mit der Natur vorgegeben werden. 128 Dieser Ansatz wurde unter Hinweis auf die Rio-Konferenz präzisiert. Entsprechend Grundsatz 15 der Rio-Deklaration, wonach „ein Mangel an vollständiger wissenschaftlicher Gewißheit kein Grund dafür sein" darf, „kostenwirksame Maßnahmen zur Vermeidung von Umweltverschlechterungen aufzuschieben", falls „schwerwiegende oder bleibende Schäden" drohen, 129 soll als Vorsorgeanlaß ein abstraktes Besorgnispotential ausreichen, um vorsorgende Maßnahmen zu treffen. 130 Noch weiter in die Zukunft weist der Gedanke, daß bei einer wirksamen Umweltvorsorge auch kommende Generationen noch über einen Freiraum verfügen sollen, der ihnen adäquate Lebensqualität und Lebensstandard erhält. 131 Damit wird auch im Rahmen des Vorsorgegrundsatzes das eine nachhaltige Entwicklung kennzeichnende Element aufgegriffen, sich der Endlichkeit der den Menschen zur Verfügung stehenden natürlichen Ressourcen bewußt zu sein und deren Nutzung auch zukünftigen Generationen zu ermöglichen. 132 Nicht angesprochen ist allerdings spezifisch die Versöhnung von ökologischen und ökonomischen sowie sozialen Belangen. Freilich wird ein vorsorgender Umweltschutz ebenso wie die Erhaltung bzw. der Schutz der Umwelt überhaupt nur bei einem solchen Ausgleich möglich sein. Das gilt insbesondere aus einer langfristigen Perspektive heraus. Daraus, daß in Art. 174 Abs. 2 S. 2 EGV sowohl der Vorsorge- als auch der Vorbeugungsgrundsatz genannt sind, ergibt sich nichts anderes. Zwar wird teilweise das Vorbeugungsprinzip eher auf die Gefahrenabwehr und das Vorsorgeprinzip auf eine vorausschauende Fürsorge bezogen.133 Indes wird beiden Prin126

Appel, DVB1. 1995, 399 (402).

127

Calliess, DVB1. 1998, 559 (563).

128

Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, EU, Art. 130 r Rn. 39 unter Hinweis auf die sogenannte Ignoranztheorie (vgl. Grabitz, WiVerw. 1984, 232 ff.; Nicklisch, NJW 1986, 2287 ff.). 129

Näher oben § 1 A.II.

™ Calliess, DVB1. 1998, 559 (563 f.). 131 Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, EU, Art. 130 r Rn. 39 entsprechend der sogenannten Freiraumtheorie unter Verweis auf Ossenbühl, NVwZ 1986, 161 (162). 132 m

Kirchgässner, ZfU 1997, 1 (5 f.).

Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, S. 99; Calliess, DVB1. 1998, 559, (563); siehe auch Beyer, JuS 1997, 294 (295).

§ 2 Geltungsgründe

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zipien zugeordnet, daß umweltschützende134 Maßnahmen zur Vermeidung von Umweltbeeinträchtigungen frühzeitig ansetzen müssen. Deshalb können in der Praxis diese beiden Prinzipien schwerlich voneinander geschieden werden. Beide Grundsätze sind als deckungsgleich anzusehen. Die zusätzliche Erwähnung des Vorsorgegrundsatzes verdeutlicht und verstärkt den präventiven Charakter des gemeinschaftlichen Umweltschutzes.133 Aber auch wenn man von einer Unterscheidbarkeit ausgeht, so beinhalten beide Prinzipien Maßnahmen zur Vermeidung von Umweltbeeinträchtigungen in einem frühzeitigen Stadium. Dies schließt die Beachtung künftiger Entwicklungen ein und erfordert ein vorausschauendes Agieren. Von daher kann dann auch dem Vorbeugungsgrundsatz dieses Element der nachhaltigen Entwicklung entnommen werden.

b) Hohes Schutzniveau Daß die Umweltpolitik der Gemeinschaft nach Art. 174 Abs. 2 S. 1 EGV auf ein hohes Schutzniveau abzielt, stellt eine Zielvorgabe dar, 136 die als solche ohne nähere inhaltliche Substanz bleibt. Die Offenheit dieses Begriffs wird weiter dadurch verstärkt, daß nicht ein höchstes, sondern „nur" ein hohes Schutzniveau anzustreben ist. 137 Bei dessen Festlegung sind zudem die unterschiedlichen Gegebenheiten in den einzelnen Regionen der Gemeinschaft zu berücksichtigen; dadurch wird nicht a priori das Schutzniveau abgesenkt,138 indes die gemeinschaftliche Umweltpolitik notwendigerweise mit Spielräumen für mitgliedstaatliche Umsetzungsmaßnahmen versehen. 139 Aufgrund all dieser Hindernisse für die konkrete Festlegung eines hohen Schutzniveaus kann aus diesem nicht die Einhaltung einer nachhaltigen Entwicklung abgeleitet werden. Hierfür sind höchstens die Elemente geeignet, die die gemeinschaftliche Umweltpolitik ausmachen und daher auch die Bestimmung des auf diese Umweltpolitik bezogenen hohen Schutzniveaus nach Art. 174 Abs. 2 S. 1 EGV prägen. Damit gelangt man aber nicht isoliert über die Festschreibung eines hohen Schutzniveaus zu einer nachhaltigen Entwicklung, sondern nur mittelbar über die dieses Schutzniveau näher konkretisierenden Determinanten. Nachdem die bisher untersuchten Elemente der EG-Umweltpolitik eine eindeutige Herleitung

134

So Calliess, DVB1. 1998, 559 (563).

135

Frenz, Europäisches Umweltrecht, S. 47; ähnlich Kahl, Umweltprinzip und Gemeinschaftsrecht, S. 21 f.; von synonymen Prinzipien sprechend Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, EU, Art. 130 r Rn. 67; auch Rengeling, Umweltvorsorge und ihre Grenzen im EWG-Recht, S. 11. 136

Etwa Grabitz/Zacker, (1989), 1 (9). 137

NVwZ 1989, 279 (300); Pernice , Die Verwaltung 22

Siehe Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, S. 96.

138

Siehe dagegen Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, S. 97.

139

Näher Frenz, Europäisches Umweltrecht, S. 43 ff.

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Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

der ein maßgebliches Element der nachhaltigen Entwicklung bildenden Versöhnung von Ökologie, Ökonomie und Sozialem ermöglichten, kann sich eine solche indirekte Implementierung im Rahmen der EG-Umweltpolitik nur über konkretere Aussagen in anderen Bestimmungen ergeben.

c) Grundsatz des bestmöglichen Umweltschutzes Für sich selbst nicht näher konturiert ist auch der vielfach angenommene „Grundsatz des bestmöglichen Umweltschutzes".140 Insbesondere dann, wenn man ihn aus der Vorgabe eines hohen Schutzes ableitet, teilt dieser Grundsatz die dort bestehende inhaltliche Offenheit. Tiefergehend ist ein solcher Grundsatz des bestmöglichen Umweltschutzes nicht ausdrücklich festgeschrieben. Auch in anderen Politiken wird aus ihrer Festschreibung und den sie bildenden Determinanten eine effektive Verwirklichung verlangt, ohne daß daraus sogleich ein derartiger Grundsatz abgeleitet wird. Verlangt ist eine Effektivität in der Anwendung und Umsetzung, nicht hingegen ein das Gemeinschaftsrecht zusätzlich inhaltlich befrachtender und damit möglicherweise auch den Umweltschutz unnötig verkomplizierender Grundsatz. 141 Die Vagheit eines solchen Grundsatzes läßt zahlreiche Wertungen einströmen und droht damit die relativ deutliche inhaltliche Ausgestaltung der EG-Umweltpolitik zu konterkarieren und auf diese Weise zugleich zu schwächen. Das aber widerspricht dem effet utile des Umweltschutzes, aus dem der Grundsatz des bestmöglichen Umweltschutzes auch abgeleitet wird. 142

III. Rechtsangleichung Stärker konkretisiert ist das anzupeilende hohe Schutzniveau im Bereich der Rechtsangleichung. Daß die Vorschläge für die Rechtsangleichung von einem hohen Schutzniveau ausgehen, verlangt auch in diesem Zusammenhang nicht die Anpeilung eines Optimums, sondern lediglich, daß nicht umweltpolitische Nachzügler das Gewährleistungsmaß bestimmen und die tatsächlichen Umwelt-

140

Zuleeg, NVwZ 1987, 280 (283 ff.); ders., NJW 1993, 31 (32 ff.); Breier, NuR 1992, 174 (180); Pernice, NVwZ 1990, 201 (203); Scheuing, EuR 1989, 152 (178 f.); Vorwerk, Die umweltpolitischen Kompetenzen der Europäischen Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten nach Inkrafttreten der EEA, S. 33 f.; Wasmeier, Umweltabgaben und Europarecht, S. 70; Wiegand, DVB1. 1993, 533 (536); abl. Everling, in: Behrens/Koch, Umweltschutz in der Europäischen Gemeinschaft, S. 29 (44); Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, EU, Art. 130 r Rn. 56; Schröder, in: Rengeling, EUDUR, Bd. 1, §9 Rn. 64. 141

Siehe auch Grabitz/Nettesheim,

142

Wasmeier, Umweltabgaben und Europarecht, S. 70.

in: Grabitz/Hilf, EU, Art. 130 r Rn. 57.

§ 2 Geltungsgründe

41

Probleme den Ausschlag geben.143 Geht die Kommission in ihren Vorschlägen zur Rechtsangleichung in den Sektoren Gesundheit, Sicherheit, Umweltschutz und Verbraucherschutz von einem hohen Schutzniveau aus, hat sie gemäß Art. 95 Abs. 3 S. 1 EGV „insbesondere alle auf wissenschaftliche Ergebnisse gestützten neuen Entwicklungen" zu berücksichtigen. Dieser Vorgabe unterliegen bei Wahrnehmung der ihnen zugewiesenen Kompetenzen auch das Europäische Parlament und der Rat nach Art. 95 Abs. 3 S. 2 EGV. Bereits die Formulierung „auf wissenschaftliche Ergebnisse gestützt" deutet darauf hin, daß es sich insoweit nur um durch wissenschaftliche und technische Daten abgesicherte Elemente handelt, nicht hingegen um politisch geforderte sowie stark wertungsabhängige Prinzipien. Bestätigt wird dies durch einen Vergleich mit Art. 174 Abs. 3 1. Spiegelstrich EGV. 1 4 4 Danach werden bei der Erarbeitung der Umweltpolitik die verfügbaren wissenschaftlichen und technischen Daten berücksichtigt. Das hat den Zweck, daß nicht aufgrund von Spekulationen, sondern auf der Basis bestehender wissenschaftlicher Erkenntnisse entschieden wird. 145 Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung ist nicht das Ergebnis wissenschaftlicher und technischer Daten und damit objektiver wissenschaftlicher Ergebnisse, sondern das Resultat politischer Konferenzen sowie die Folgerung insbesondere aus ethischen Konzepten. Daß dieser Grundsatz selbst ein wissenschaftliches Ergebnis darstellt, scheitert wiederum an seiner fehlenden allgemeinen, eindeutig objektiv nachweisbaren Kontur. Daher läßt er sich trotz der zusätzlichen Anreicherung des anzupeilenden hohen Schutzniveaus auch nicht aus Art. 95 Abs. 3 EGV ableiten; diese Anreicherung bezieht sich nur auf das Verfahren, nicht auf inhaltliche Elemente.

IV. Querschnittsklausel Gerade die Verbindung zwischen Umweltschutz und anderen Gemeinschafispolitiken stellt die Querschnittsklausel her. Art. 6 EGV verlangt eine Einbeziehung der Erfordernisse des Umweltschutzes bei anderen Politiken. Damit wird aber nur ein Eingehen von Umweltbelangen verlangt, gleichgültig um welche andere Politik es sich handelt. So sind etwa Verkehrs- und Umweltbelange miteinander in Einklang zu bringen. Insoweit ordnet Art. 6 EGV aber nicht an, daß gerade Umwelt- und Wirtschaftsbelange sowie Sozialaspekte miteinander verbunden werden und auf diese Weise ζ. B. die Verkehrspolitik prägen. Vielmehr öffnet Art. 6 EGV andere Politiken lediglich im Hinblick auf den Umweltschutz. Diese Einbeziehung muß aber zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung erfolgen, wie Art. 6 EGV nunmehr ausdrücklich anordnet. Eine nachhaltige

143

Roßnagel, NVwZ 1997, 122 (124).

Schröder, NuR 1998, 1 (2). 145

Frenz, Europäisches Umweltrecht, S. 60.

42

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

Entwicklung ist durch eine Verbindung von Ökologie und Ökonomie wie auch von Sozialem gekennzeichnet. Dieses Dreieck könnte somit durch die inhaltliche Anreicherung der Querschnittsklausel über die Berücksichtigung der Erfordernisse des Umweltschutzes indirekt zum Tragen kommen. Die Öffnung anderer Politiken zugunsten des Umweltschutzes könnte also das Beachten einer nachhaltigen Entwicklung auslösen. Wenn diese Beachtung auch über eine Öffnung zugunsten des Umweltschutzes stattfinden würde, so könnte doch über diese Tür der Nachhaltigkeitsgedanke in seiner eigentlichen inhaltlichen Tragweite Eingang finden. Indes verlangt Art. 6 EGV explizit nur eine Einbeziehung der Erfordernisse des Umweltschutzes, nicht anderer Gebiete. Daß dies insbesondere zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung erfolgen soll, ist lediglich als Ziel festgelegt, nicht als inhaltlich prägende Determinante. Bereits die Einbeziehung allein von Umwelterfordernissen trägt immerhin einem Teil des „Dreiecks" der nachhaltigen Entwicklung Rechnung, nämlich des Umweltschutzes. Dabei handelt es sich im Rahmen des EG-Vertrages zusammen mit sozialen Belangen um eine gegenüber der Wirtschaft immer noch in jedenfalls quantitativ geringerem Ausmaße146 zum Tragen kommende Komponente. Allein die Beachtung des Umweltschutzes im Rahmen sämtlicher Gemeinschaftspolitiken bringt also eine nachhaltige Entwicklung voran. Daß ein wirksamer Umweltschutz im Ergebnis nur bei einer Einbeziehung ökonomischer und sozialer Entwicklungen verwirklicht werden kann, stellt eine noch auf den Umweltschutz beziehbare Prägung dar. 147 Diese beiden anderen Elemente des Nachhaltigkeitsgedankens sind also im Rahmen von Art. 6 EGV auf den Umweltschutz bezogen, nicht aber von eigenem Gewicht, wie es dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung entspricht. Damit richtet die Querschnittsklausel die Einbeziehung des Umweltschutzes auf das Ziel einer nachhaltigen Entwicklung aus, ohne die nachhaltige Entwicklung zum inhaltlichen Bestandteil zu machen.

V. Gemeinschaftliche Aufgabenbestimmung Das Element der nachhaltigen Entwicklung ist auch und vor allem in der gemeinschaftlichen Aufgabenbestimmung des Art. 2 EGV aufgenommen, und zwar im Zusammenhang mit dem Wirtschaftsleben, nicht im unmittelbaren systematischen Kontext mit dem auch in dieser Vorschrift eigens benannten Umweltschutz. In den Grundsätzen des EGV piaziert und die grundlegende Aufgabenbestimmung der Gemeinschaft darstellend, die dann in Art. 3 EGV in verschiedene Tätigkeiten aufgefächert und anschließend in den verschiedenen Politiken konkretisiert wird, besitzt Art. 2 EGV eine den EGV entscheidend

146

Zur qualitativen Gleichstellung über Art. 2 EGV sogleich V.

147

Vgl. oben §2 A.II. 1.

§ 2 Geltungsgründe

43

prägende Bedeutung.148 Art. 2 EGV nennt als erste Aufgabe der Gemeinschaft, eine harmonische, ausgewogene und nachhaltige Entwicklung des Wirtschaftslebens zu fördern. Damit ist die nachhaltige Entwicklung mit dem immer noch den größten Raum des Gemeinschaftsrechts einnehmenden Element verknüpft. 149 Zugleich prägt die nachhaltige Entwicklung als solche insbesondere das Wirtschaftsgeschehen, das eben mit anderen Elementen, nämlich dem Umweltschutz und sozialen Belangen, versöhnt werden soll. Daher ist es im Ansatz nur folgerichtig, daß die nachhaltige Entwicklung in Art. 2 EGV im Zusammenhang mit dem Wirtschaftsleben angesiedelt ist. Die Verklammerung der nachhaltigen Entwicklung mit dem Wirtschaftsleben wirft allerdings die Frage auf, ob dadurch der Nachhaltigkeitsgedanke im Gemeinschaftsvertrag spezifisch und abweichend von der theoretischen und internationalen Entwicklung aufgenommen wurde. Wird damit die nachhaltige Entwicklung durch das Wirtschaftsleben geprägt? Es wird eine Verengung auf das Wirtschaftsleben gesehen.150 Indes beinhaltet eine nachhaltige Entwicklung gerade, daß keine Verengung auf die Ökonomie erfolgt, sondern Ökologie und Soziales einbezogen werden. Bereits die Aufnahme der nachhaltigen Entwicklung in Art. 2 EGV schließt eine Ausblendung dieser Komponente gerade aus. Die nach Art. 2 EGV notwendige Verbindung des Wirtschaftslebens mit einer nachhaltigen Entwicklung öffnet vielmehr das Wirtschaftsleben für diese Belange. Damit prägt nicht etwa die Verbindung mit dem Wirtschaftsleben die nachhaltige Entwicklung nach Art. 2 EGV, sondern umgekehrt wird das Wirtschaftsleben durch die nachhaltige Entwicklung beeinflußt. Die Verbindung von Ökonomie, Ökologie und Sozialem ist inhärenter Bestandteil des Wirtschaftslebens geworden. Die Plazierung der nachhaltigen Entwicklung im Zusammenhang mit dem Wirtschaftsleben in Art. 2 EGV stellt freilich klar, daß die nachhaltige Entwicklung nicht einseitig in der Beachtung von Umweltbelangen besteht.151 Art. 2 EGV geht trotz der Aufnahme der nachhaltigen Entwicklung von dem Bestehen eines Wirtschaftslebens aus. Damit ist gänzlich ausgeschlossen, Umweltschutz derart zu betreiben, daß das wirtschaftliche Leben lahmgelegt und damit verdrängt wird. Die Berücksichtigung der Ökologie ist wie die Beachtung sozialer Belange in das Wirtschaftsleben einzubinden, ohne freilich durch dieses überlagert oder inhaltlich modifiziert zu werden. A priori kommen alle drei

148

Siehe bereits EuGH, Slg. 1974, 359 (269 f.) - Kommission/Frankreich; MüllerGraff, in: Dauses, Hdb. EG-WirtschaftsR, Bd. I A.I. Rn. 94; Zuleeg, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EU/EGV, Bd. 1, Art. 2 EGV Rn. 1. 149

Insbesondere setzen die wirtschaftsbezogenen Grundfreiheiten ein funktionierendes Wirtschaftsleben voraus. Dabei wird nicht verkannt, daß im Zuge der letzten Vertragsänderungen zahlreiche neue Elemente im Gemeinschaftsvertrag aufgenommen bzw. verstärkt wurden, so insbesondere auch der Umweltschutz. 150

Schröder, NuR 1998, 1 (2).

151

Zum Gewicht des Umweltschutzes näher unten X.

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Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

Komponenten gleichgewichtig in Ansatz. Für den Einzelfall gilt es dann, im Wege der harmonisierenden Abwägung eine situationsadäquate Lösung zu finden. Diese inhaltliche Prägung des Wirtschaftslebens und die Art und Weise, wie sie durch Art. 2 EGV vorgegeben ist, kann auch nicht ohne Auswirkung auf die Querschnittsklausel bleiben. Daß die Einbeziehung der Erfordernisse des Umweltschutzes bei der Festlegung und Durchführung anderer Gemeinschafispolitiken und -maßnahmen insbesondere eine nachhaltige Entwicklung fördern soll, kann nur dadurch gewahrt werden, daß der Umweltschutz nicht bereits im Ansatz ein Übergewicht erlangt, sondern gleichgewichtig neben sozialen und wirtschaftlichen Belangen steht, sofern diese im Einzelfall eine Rolle spielen. Auf diese Weise erfolgt eine Begrenzung der Gewichtung von Umweltbelangen im Rahmen der Querschnittsklausel, weil eine einseitige Präferierung von Umweltbelangen dem aus Art. 2 EGV ersichtlichen Gehalt der nachhaltigen Entwicklung widerspricht und sich damit nicht mehr in das in Art. 6 EGV primär genannte Ziel der Förderung einer nachhaltigen Entwicklung einfügt. Die notwendige Verbindung des Wirtschaftslebens mit anderen Elementen wird in Art. 2 EGV durch die Aufnahme zahlreicher weiterer die Aufgabe der Gemeinschaft prägenden Bestandteile unterstrichen. Ein hohes Beschäftigungsniveau und ein hohes Maß an sozialem Schutz werden unmittelbar im Anschluß an das Wirtschaftsleben genannt. Indem Art. 2 EGV verschiedene miteinander potentiell konfligierende Determinanten enthält, ohne daß einer von ihnen einer Präferenz zugewiesen ist, bedarf es einer Harmonisierung. 152 Mit dem Amsterdamer Vertrag aufgenommen wurde weiter der Umweltschutz; für ihn wird ein hohes Maß verlangt, und zwar neben dem Umweltschutz als solchem auch zur Verbesserung der Umweltqualität. Das weist dem Umweltschutz eine sehr gewichtige Bedeutung zu, die allerdings durch das geforderte hohe Maß an sozialem Schutz und an Wettbewerbsfähigkeit nicht über die ökonomische und soziale Komponente hinauswächst. Ist auch bereits durch die Verbindung des Wirtschaftslebens mit der nachhaltigen Entwicklung eine Aufnahme von ökologischen und sozialen Belangen bei ökonomischen Entwicklungen vorgegeben, so werden diese beiden Komponenten infolge ihrer ausdrücklichen Nennung in Art. 2 EGV und ihrer entsprechend hohen Gewichtung zusätzlich materiell unterfüttert. Die Verquickung mit wirtschaftlichen Belangen ist aber bereits durch die Einbettung des Wirtschaftslebens in eine nachhaltige Entwicklung näher vorgegeben. Schon deshalb vermögen der soziale Schutz und der Umweltschutz bzw. die Verbesserung der Umweltqualität nicht wirtschaftliche Belange zu überspielen. Weiter wird Art. 2 EGV nicht nur durch die Aufnahme der nachhaltigen Entwicklung des Wirtschaftslebens, sondern auch durch die Beistellung des sozialen Schutzes und des Umweltschutzes neben die bereits bestehenden wirtschaftlichen Elemente der im Ansatz gleichmäßigen Gewichtung von Öko152

Etwa EuGH, Slg. 1995,1-3115 (3142)-National Federation of Fishermens Organisations; bereits EuGH, Slg. 1973, 1091 (1112) - Balkan-Import-Export; Slg. 1977, 1835 (1843 f.) - Roquette; Slg. 1980, 3393 (3421)-Maizena.

§ 2 Geltungsgründe

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logie, Ökonomie und Sozialem gerecht, wie es dem Grundansatz des Prinzips der nachhaltigen Entwicklung entspricht. Art. 2 EGV ist damit nicht nur aufgrund der ausdrücklichen Erwähnung der nachhaltigen Entwicklung, sondern auch wegen der und im Hinblick auf die Aufnahme sowohl einer ökonomischen als auch einer sozialen wie auch einer ökologischen Komponente die maßgebliche Determinante für die nachhaltige Entwicklung im Gemeinschaftsrecht. Sie fließt in dieser Gestalt auch ein in die EG-Umweltpolitik und verhindert auf diese Weise, daß diese gänzlich losgelöst von wirtschaftlichen und sozialen Belangen betrieben wird. Damit wurde zwar der Umweltschutz durch die Amsterdamer Vertragsänderung in Art. 2 EGV neu aufgenommen und auf ein hohes Maß festgelegt. Zugleich wird er aber inhaltlich geprägt und hinsichtlich einseitiger Auswüchse begrenzt, indem die nachhaltige Entwicklung in Art. 2 EGV aufgenommen wurde und für einen Ausgleich auch unter Berücksichtigung des Umweltschutzes steht, nicht aber für einen einseitigen Vorrang.

VI Präambel zum EGV Die durch den Amsterdamer Vertrag unveränderte Präambel bietet als Ansatzpunkt für die Ableitung der nachhaltigen Entwicklung in der dritten Erwägung die Formulierung „die stetige Besserung der Lebens- und Beschäftigungsbedingungen". Aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten und der Abhängigkeit sowohl des alltäglichen als auch des Wirtschaftslebens von einer zumindest einigermaßen intakten Umwelt und von sozialer Stabilität läßt sich dieses Ziel nur durch einen Ausgleich von Ökonomie, Ökologie und Sozialem verwirklichen. Diese sowie die verlangte Stetigkeit sind maßgebliche Elemente des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung, so daß nur bei seiner Beachtung dieses Ziel verwirklichbar ist. Da sich in der Präambel kein konkreterer Anhaltspunkt für den Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung findet, läßt sich dieser allenfalls hier verorten. Demgegenüber sind vergleichbare Anhaltspunkte in Art. 2 EGV etwa in Gestalt eines beständigen, nicht inflationären Wachstums wegen speziellerer Aussagen in dieser Vorschrift nicht (mehr) konstitutiv.

VII. Europäischer Unionsvertrag Im Gegensatz zur Präambel zum EGV nimmt die Präambel zum EUV den Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung ausdrücklich auf. Unter seiner Berücksichtigung soll der wirtschaftliche und soziale Fortschritt der europäischen Völker nach der siebten Erwägung verfolgt werden. Nach dieser Erwägung soll der wirtschaftliche und soziale Fortschritt zugleich im Rahmen des Umweltschutzes erfolgen. Damit wird auch der Dreiklang Ökonomie, Ökologie und Soziales verankert; er wird näher ausgefüllt durch die vorgegebene Berücksichtigung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung. Damit ist bereits in den zentralen Leitgedanken des gesamten Europarechts das Prinzip der nachhaltigen Ent-

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Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

wicklung aufgenommen. Dem kommt wie der gesamten Präambel 153 eine grundlegende Leitfunktion für das sonstige Europarecht zu. In Art. 2 1. Spiegelstrich EUV werden die Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts und eines hohen Beschäftigungsniveaus sowie die Herbeiführung einer ausgewogenen und nachhaltigen Entwicklung nebeneinandergestellt. Dieses „sowie" verknüpft diese beiden Elemente. Damit ist auch nach dieser Bestimmung im Rahmen des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts der Nachhaltigkeitsgrundsatz zu berücksichtigen. Da der Nachhaltigkeitsgedanke notwendig auch den Umweltschutz einschließt, folgt allein aus der Nennung der nachhaltigen Entwicklung in Art. 2 1. Spiegelstrich EUV, daß insoweit auch der Umweltschutz einzubeziehen ist, obwohl er in dieser Vorschrift nicht explizit genannt ist. Sofern man eben deshalb an einer solchen Berücksichtigung auch des Umweltschutzes zweifelt, führt zu seiner Einbeziehung jedenfalls der auslegungsleitende Charakter der siebten Erwägung der Präambel, in der der Umweltschutz genannt ist. Über diese Leiterwägung wird auch bestätigt, daß wirtschaftlicher und sozialer Fortschritt unter Berücksichtigung der nachhaltigen Entwicklung zu verfolgen sind, diese mithin einen integralen und nicht lediglich nebengeordneten Bestandteil bildet. Damit ist der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung auch im EU-Vertrag mit seinem gängigen internationalen Gehalt verankert. 154

VIII. Grundrechtliche

Schutzpflichten

Während im deutschen Verfassungsrecht die grundrechtlichen Schutzpflichten sehr detailliert ausgeprägt sind 155 und auf dieser Basis auch der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung abgeleitet werden kann, 156 sind auf europarechtlicher Basis zwar die Grundrechte mittlerweile nach Art. 6 Abs. 2 EUV ausdrücklich aufgenommen, 157 nicht jedoch grundrechtliche Schutzpflichten. Zwar 153

Zu deren auslegungsprägender Bedeutung allgemein Hilf/Pache, in: Grabitz/Hilf, EU, Präambel zum EUV Rn. 2; Müller-Graff, in: Dauses, Hdb. EG-WirtschaftsR, Bd. I, A.I. Rn. 79; Zuleeg, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EU/EGV, Bd. 1, Präambel zum EUV Rn. 3. Allgemein zur rechtlichen Bedeutung der Präambeln der Gemeinschaftsverträge Hilf/Pache, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EU/EGV, Bd. 5, Präambel zur EEA Rn. 6 ff. m.w.N. 154

Immerhin eine deutliche „Anlehnung" an das Konzept von „sustainable development" annehmend Schröder, NuR 1998, 1 (2). 155

Grundlegend BVerfGE 39, 1; später insbesondere BVerfGE 46, 169; 53, 30 (57); 56, 54 (73); 77, 170 (214); 88, 203; 90, 145 (195); 92, 26 (46). 156

Näher unten B.I.l.b).

157

Bereits vorher wurden die Grundrechte in einer langen und differenzierten Rechtsprechung näher entwickelt EuGH, Slg. 1995,1-4921 (5065) - Bosman: erneut bekräftigt. Siehe EuGH, Slg. 1969, 419 (425) - Stauder; Slg. 1970, 1125 (1135) - Internationale Handelsgesellschaft; Slg. 1974, 491 (507 f.) -Nold; Slg. 1975, 1219 (1232) - Ru-

§ 2 Geltungsgründe

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gibt es einige Anhaltspunkte im Gemeinschaftsrecht, wo an verschiedenen Stellen der Schutz der menschlichen Gesundheit verlangt wird, und in der europäischen Menschenrechtskonvention, die nach Art. 6 Abs. 2 EUV Grundlagenfiinktion für die Ableitung von Grundrechtsgehalten besitzt.158 Auch lassen sich der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs Grundrechtsgehalte entnehmen, die über den abwehrrechtlichen Gehalt hinaus gehen und einen objektiv-rechtlichen Charakter haben.159 Von daher bestehen Ansatzpunkte zur Gewinnung von grundrechtlichen Schutzpflichten auch auf europarechtlicher Ebene, zumal wenn man sie auf objektiv-rechtlicher Basis entsprechend der insoweit dezidierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 160 ableitet. Da aber bislang vom Europäischen Gerichtshof noch nicht einmal die Ansatzpunkte für die Ableitung grundrechtlicher Schutzpflichten nachgezeichnet wurden, soll hier von näheren Folgerungen auf dem noch nahezu gänzlich unerforschten weiteren Gebiet der darüber erfolgenden Gewinnung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung abgesehen werden. 161

IX. Zwischenergebnis Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung ist im Europarecht eindeutig und in seiner internationalen Bedeutung festgelegt. Nur ansatzweise zum Vorschein kommt er zwar im Umweltbereich. Bezogen auf den Rohstoffabbau wird dort insbesondere vorausgesetzt, daß ein weiterer Rohstoffabbau erfolgt. Von

tili; Slg. 1989, 2859 (2923) - Hoechst; Slg. 1991, 1-2925 (2963 f.) - ERT; Slg. 1992, 5485 (5512 f.) - Ter Voort, und nunmehr Slg. 1996, 1-1759 (1789) - EMRK, wo deutlich die lediglich indirekte Bedeutung der EMRK betont wird; vgl. dagegen EuGH, Slg. 1994, 4737(4789). 158

Dazu näher Frenz, Europäisches Umweltrecht, S. 17 ff.

159

Im einzelnen Gersdorf.\ AöR 119 (1994), 400 (402 ff.). Siehe jetzt zu Handlungspflichten zur Sicherung der Warenverkehrsfreiheit EuGH, Slg. 1997, 1-6959 (6998 f.) sowie GA Lenz, Slg. 1997, 1-6961 (6975 ff.): Der EuGH bezieht sich auf die Dassonville-Formel (Tz. 29) und erweitert diese unter Hinzunahme der allgemeinen mitgliedstaatlichen Loyalitätspflicht (Tz. 32), räumt aber den Mitgliedstaaten einen weiten Ermessensspielraum bei der Umsetzung ein (Tz. 34) und beschränkt sich auf die Kontrolle, ob geeignete Maßnahmen ergriffen wurden (Tz. 35); eine Übertragung auf die Grundrechte ansprechend Szczekalla, DVB1. 1998, 219 (221 f.); Kühling, NJW 1999, 403 (404). 160

Grundlegend BVerfGE 39, 1 (41 f.); später explizit BVerfGE 53, 30 (57); 77, 170 (214); 92, 26 (46); für eine Herleitung des Lebensschutzes aus der Menschenwürdegarantie i.V.m. Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG BVerfGE 88, 203 (251) sowie BVerfGE 90, 145 (195); siehe auch BVerfGE 46, 160 (164); krit. allerdings Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S. 102 ff. m.w.N. 161

Dazu näher Frenz!Unnerstall, S. 162 ff., 198 ff.

Nachhaltige Entwicklung im Europarecht,

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

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daher darf nicht einseitig der Rohstoffabbau Umweltbelangen weichen müssen, sondern beide Elemente sind miteinander in Einklang zu bringen. Diese Harmonisierung und das gleichberechtigte Nebeneinander von ökologischen, ökonomischen und sozialen Belangen tritt deutlich hervor in Art. 2 EGV. In dieser Bestimmung werden alle drei Komponenten gleichberechtigt genannt. Vor allem ist die nachhaltige Entwicklung mit dem Wirtschaftsleben verknüpft. Darin wird der Bezug dieses Grundsatzes auf den ökonomischen Bereich deutlich. Zugleich wird das Wirtschaftsleben durch die nachhaltige Entwicklung maßgeblich geprägt. Indem die nachhaltige Entwicklung gerade in diesem Zusammenhang in der Grundlagenbestimmung des Art. 2 EGV genannt ist, wird verhindert, daß sie einseitig nur auf den Umweltschutz ausgerichtet wird. Dadurch wird auch die Anwendung der Querschnittsklausel des Art. 6 EGV begrenzt, in der als Zielrichtung die nachhaltige Entwicklung primär genannt ist. Abgerundet und zusätzlich unterstrichen wird die Aufnahme der nachhaltigen Entwicklung durch die siebte Erwägung der Präambel zum EUV sowie durch Art. 2 1. Spiegelstrich EUV. Dort wird die nachhaltige Entwicklung in den Zusammenhang sowohl von wirtschaftlichem als auch sozialem Fortschritt gestellt. Auf europäischer Ebene sind die grundrechtlichen Schutzpflichten bislang zu unkonturiert, um dem etablierten dogmatischen Stand den Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung entnehmen zu können.

X. Stellenwert des Umweltschutzes Diese Ableitung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung hat auch Auswirkungen auf den Stellenwert des Umweltschutzes im Gemeinschaftsrecht. Es wurde bereits festgestellt, daß Art. 2 EGV als grundlegende Aufgabenbestimmung der Gemeinschaft durch die Verbindung der nachhaltigen Entwicklung mit dem Wirtschaftsleben und die Aufnahme sowohl dieser ökonomischen als auch der sozialen wie der Umweltkomponente für einen Gleichrang dieser Elemente steht.162 Demgegenüber wurden jedenfalls bislang vielfach in der Literatur Umweltbelange als grundsätzlich vorrangig betrachtet 163 oder aber zumindest bei Zweifeln in der Abwägung, ob sie überwiegen, vorgezogen. 164 Ein solches Vorgehen im Zweifelsfalle wurde damit verknüpft, daß die Querschnittsklausel eine partielle Vorrangregel statuiere. 165 Indes prägt der in Art. 2 EGV aufgenommene Gehalt der nachhaltigen Entwicklung auch die nunmehr im Grundlagenteil angesiedelte Querschnittsklausel. 166 Eine lediglich gleichrangige 162

Siehe oben V.

163

Epiney, NuR 1995, 497 (500); Scheuing, EuR 1989, 152 (176 f.).

i6 4 Ehle, Die Einbeziehung des Umweltschutzes in das Europäische Kartellrecht, S. 154; Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, EU, Art. 130 r Rn. 59; Krämer, in: Rengeling, Umweltschutz und andere Politiken der Europäischen Gemeinschaft, S. 47 (63). 165

Grabitz/Nettesheim,

166

Näher oben V.

in: Grabitz/Hilf, EU, Art. 130 r Rn. 59.

§ 2 Geltungsgründe

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Berücksichtigung von Umweltbelangen ergibt sich zudem aus der Querschnittsklausel selbst, indem diese eine Einbeziehung der Erfordernisse des Umweltschutzes verlangt. Dadurch wird nicht eine ausschlaggebende Kraft zugebilligt, sondern nur eine Berücksichtigung vorgegeben, 167 mithin eine Abwägung der Erfordernisse des Umweltschutzes168 mit den Erfordernissen der jeweils betroffenen anderen Politik ohne Vorrang des Umweltschutzes.169 Die Vorgabe eines hohen Schutzniveaus bezieht sich auf den Inhalt der Umweltpolitik, ohne bereits dadurch andere Politiken zu erfassen 170; überdies ist sie a priori offen. 171 Ein gleichberechtigtes Nebeneinander des Umweltschutzes mit Belangen anderer Politiken wird freilich im Hinblick auf einen „Grundsatz des bestmöglichen Umweltschutzes" ausgeschlossen.172 Abgesehen davon, daß jedenfalls an einer eigenständigen Bedeutung eines solchen Grundsatzes erhebliche Zweifel bestehen, 173 bezieht sich auch dieser Grundsatz ausschließlich auf den Umweltschutz und dessen Inhalt, ohne deshalb notwendig auf andere Politiken auszustrahlen. Damit ergibt sich auch nach den vor dem Amsterdamer Vertrag bestehenden Gehalten des Umweltschutzes kein Vorrang, sondern ein Gleichrang mit anderen Politiken. 174 Durch Art. 2 EGV wurde dieser Zustand nur bereits im Grundlagenteil verankert.

XI. Auswirkungen für die nationalen Rechtsordnungen Damit sind die im primären Europarecht bestehenden Elemente des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung näher skizziert. Diese beeinflussen a priori die bundesdeutsche Rechtsordnung nicht unmittelbar. Indes bilden diese Ele-

167

Bereits zur Vorläuferbestimmung des Art. 130 r Abs. 2 S. 2 EWGV; Grabitz, in: Festschrift für Sendler, S. 443 (447); weiter allerdings dann Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, EU, Art. 130 r Rn. 59 f. 168

Zu diesem Begriff siehe Bender/Sparwasser/Engel, Umweltrecht, Rn. 26; Krämer, EuGRZ 1989, 353 (356); Pernice , Die Verwaltung 22 (1989), 1 (3); Führ, DVB1. 1991, 559 (562); Grabitz, in: Festschrift für Sendler, 443 (446). 169 Schröder, NuR 1995, 117 (118); Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S. 223 f. 170

Frenz, Nationalstaatlicher Umweltschutz und EG-Wettbewerbsfreiheit, S. 67.

171

Siehe oben II.

172

Epiney, NuR 1995, 497 (500); bereits Scheuing, EuR 1989, 152 (176 f.).

173

Siehe oben II. am Ende.

174

Kommission, XXII. Bericht über die Wettbewerbspolitik, 1992, Tz. 77; ebenso bezogen auf die Wettbewerbsvorschriften Riesenkampff BB 1995, 833 (838); Frenz, Nationalstaatlicher Umweltschutz und EG-Wettbewerbsfreiheit, S. 68; allgemein Zils, Die Wertigkeit des Umweltschutzes in Beziehung zu anderen Aufgaben der Europäischen Gemeinschaft, S. 31 f.; auch Breier, NuR 1992, 174 (180); Jahns-Böhm/Breier, EuZW 1992, 49 (50); Rengeling/Heinz, JuS 1990, 613 (617). 4 Frenz

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Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

mente den Rahmen, in den sich das europäische Sekundärrecht einfügen muß. Das bedeutet zum einen, daß das durch die Gemeinschaftsorgane erlassene Recht die durch den Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung gesteckten Ziele und Forderungen erfüllen muß. Das bedeutet zum anderen, daß die gemeinschaftlichen Rechtsakte, auch wenn sie mit ganz anderer Intention ergehen, den Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung einhalten müssen. Diese Rechtsakte wirken kraft ihrer Zugehörigkeit zur europäischen Rechtsordnung 175 und durch die Öffnung der innerstaatlichen deutschen Rechtsordnung über Art. 23 GG 1 7 6 so, wie es die supranationale Rechtsordnung vorgibt. Ergehen Verordnungen, wirken diese gemäß Art. 249 Abs. 2 EGV unmittelbar auf das deutsche Recht ein. Müssen sie zusätzlich von den Mitgliedstaaten konkretisiert werden, haben sich diese Regelungen an die Konzeption und die Einzelvorgaben der Verordnungen zu halten. 177 Das Hauptinstrument des Umweltrechts, nämlich die Richtlinie, überläßt zwar gemäß Art. 249 Abs. 3 EGV den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel, wie sie diese umsetzen. Allerdings hat insoweit der Europäische Gerichtshof weitgehende Anforderungen an die notwendige Umsetzungskonformität festgelegt. Inhaltliche Deckungsgleichheit genügt ihm nicht; vielmehr verlangt er auch eine strukturelle Parallelität. 178 Diese Vorgaben wirken um so schwerer, als wegen der möglichen engen Umschreibung von Zielen in Richtlinien und der schweren eindeutigen Scheidbarkeit von Zielen und Mitteln auch detaillierte Regelungen in Richtlinien für zulässig erachtet werden. 179 Werden Richtlinien nicht ordnungsgemäß umgesetzt, sei es, daß sie überhaupt nicht oder verspätet in nationales Recht gegossen werden, sei es, daß

175

Aus dieser Perspektive grundlegend EuGH, Slg. 1964, 1251 (1269) - Costa/ E.N.E.L. 176 Noch zu Art. 24 Abs. 1 GG, BVerfGE 37, 271 (280); 58, 1 (28); 59, 63 (90); 69, 1 (90); 73, 339 (374); zu Art. 23 GG, BVerfGE 89, 155 (174); Frenz, Der Staat 34 (1995), 586 ff. 177

Siehe zur Öko-Audit-Verordnung das Gesetz zur Ausführung der Verordnung (EWG) Nr. 1863/93 des Rates vom 29.6.1993 über die freiwillige Beteiligung gewerblicher Unternehmen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung (Umweltauditgesetz - UAG) vom 7.12.1995, BGBl. I S. 1591. Dazu etwa Lütkes, NVwZ 1996, 230 ff.; siehe auch Verordnung über das Verfahren zur Zulassung von Umweltgutachtern und Umweltgutachterorganisationen sowie zur Erteilung von Fachkenntnisbescheinigungen nach dem Umweltauditgesetz (UAG-Zulassungsverfahrensverordnung-UAGZVV) vom 18.12.1995, BGBl. I S. 1841; Verordnung über die Beleihung der Zulassungsstelle nach dem Umweltauditgesetz (UAG-Beleihungsverordnung-UAGBV) vom 18.12.1995, BGBl. I S. 2013; Verordnung über Gebühren und Auslagen für Amtshandlungen der Zulassungsstelle und des Widerspruchsausschusses bei der Durchführung des Umweltauditgesetzes (UAG-Gebührenverordnung-UAGGebV) vom 18.12.1995, BGBl. I S. 2014. 178

Siehe insbesondere EuGH, Slg. 1991, 1-825 (868 ff.); krit. insoweit Steinberg, AöR 120 (1995), 549 (570, 573 f.); Reinhardt, DÖV 1992, 102 ff. 179

Ehlers, in: Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 Rn. 28.

§ 2 Geltungsgründe

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dabei Defizite auftreten, wirken sie unmittelbar, soweit sie inhaltlich unbedingt und hinreichend formuliert sind. 180 Nach dem mittlerweile erreichten Stand der Rechtsprechung genügt, daß nur der Rahmen bzw. die Ziele klar und eindeutig definiert sind. 181 Sofern also eine Richtlinie unmißverständlich eine konkrete Pflicht festlegt, gilt diese für die nationalen Behörden unmittelbar 182 . Ist eine Richtlinie nach den vorgenannten Grundsätzen nicht hinreichend bestimmt, so kann ihre fehlende oder defizitäre Umsetzung immer noch einen im Gemeinschaftsrecht begründeten Staatshaftungsanspruch auslösen.183 Bereits vor dem Ergehen von Sekundärrecht bzw. vor dessen notwendiger Umsetzung erwächst eine Pflicht der Mitgliedstaaten zur Ausrichtung auf die Vertragsziele aus Art. 10 Abs. 2 EGV. 1 8 4 Danach unterlassen sie alle Maßnahmen, welche die Verwirklichung der Ziele dieses Vertrages gefährden könnten. Die Vertragsziele sind vor allem, allerdings nicht abschließend, in Art. 2 und 3 EGV sowie in der Präambel des EG-Vertrages genannt.185 Damit bildet der in Art. 2 EGV fest verankerte und zugleich näher konturierte 186 Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung selbst ein Vertragsziel und damit einen Orientierungspunkt für die Pflicht zur Gemeinschaftsloyalität der Mitgliedstaaten. Wegen der weiten Fassung der Vertragsziele halten die Mitgliedstaaten ihre Unterlassungspflicht nach Art. 10 Abs. 2 EGV bereits dann ein, wenn sie einen Sollzustand in der Zukunft zum Maßstab nehmen.187 Somit bleibt es den Mit-

180 EuGH, Slg. 1974, 1337 (1348 f.); Slg. 1977, 113 (126 f.); Slg. 1977, 2203 (2211 f.); Slg. 1979, 1629 (1642) - Ratti; Slg. 1982, 53 (70) - Becker; Slg. 1987, 3969 (3985) - Kolpinghuis; EuZW 1994, 282 (283) - Abfallrichtlinie. 181

EuGH, Slg. 1995, 1-2189 (2224) - Großkrotzenburg. Zu den Konsequenzen aus diesem Urteil näher Epiney, DVB1. 1996, 409 ff.; Gellermann, DÖV 1996, 433 ff. 182 EuGH, Slg. 1995, 1-2189 (2224) - Großkrotzenburg, für Art. 2, 3 UVPRL. Das eine individualbegünstigte Wirkung vorliegt (siehe EuGH, 1986, 723 (749) - Marshall; EuZW 1997, 318 (320) - Arcaro), wird in der Großkrotzenburg-Entscheidung nicht mehr verlangt. Zustimmend Frenz, Europäisches Umweltrecht, S. 73. Siehe auch Albin, NuR 1997, 29 (32) m.w.N. Auch gegenüber Privaten können belastende Richtlinien mediatisiert durch das Dazwischentreten einer Behörde zur Anwendung kommen. Dagegen scheidet eine unmittelbar belastende Wirkung zwischen Privaten aus. 183

Grundlegend EuGH, Slg. 1991, 1-5357 (5415) - Francovich; aus neuerer Zeit EuGH, NJW 1996, 3141 (3142) - MP-Travel; EuZW 1997, 338 (340) - Eunice Sutten m.w.N.; zum aktuellen Stand Hermes, Die Verwaltung 31 (1998), 371 ff. 184

Spezifisch zur Berücksichtigung von Richtlinien auch vor dem Erlaß nationalen Umsetzungsrechts EuGH, Slg. 1984, 1921 (1942); 1987, 3982 (3986 f.); GA Damon, Tätigkeitsbericht EuGH 14/91, S. 14; siehe auch die Analyse von Jarass, EuR 1991,

211 (221). ns

Zuleeg, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EU/EGV, Bd. 1, Art. 2 Rn. 2 und Art. 5 Rn. 10. 186 ii 7

Siehe oben V.

Zuleeg, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EU/EGV, Bd. 1, Art. 5 Rn. 10.

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Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

gliedstaaten in den vom Europarecht erfaßten Umweltbereichen immer noch verwehrt, Maßnahmen zu erlassen, die eine Realisierung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung unmöglich machen. Durch die Festschreibung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung im Europarecht wird auch, wenngleich indirekt, die originäre und nicht durch Gemeinschaftsrecht vorgegebene nationale Gesetzgebung beeinflußt. Das gilt dann, wenn nationale Gesetze gemeinschaftliche Grundfreiheiten einschränken und nach einer Rechtfertigungsmöglichkeit gesucht wird. Zwar sind nationale Gesetzgebungsmaßnahmen nicht an das ausschließlich die EG-Umweltpolitik erfassende inhaltliche Korsett des Art. 174 EGV gebunden.188 Indes vermögen diese materiellen Festlegungen Hinweise darauf zu geben, was gemeinschaftsrechtlich erlaubt und damit rechtfertigungsfähig ist. So hat der Europäische Gerichtshof vor dem Hintergrund des Ursprungsprinzips und der dieses konkretisierenden Prinzips der Beseitigung in der Nähe gemäß Art. 5 EG-Abfallrichtlinie den Ausschluß ausländischer Firmen von inländischen Abfallbeseitigungsanlagen trotz des Diskriminierungsverbotes für gerechtfertigt angesehen.189 Umgekehrt kann es dann auch nicht ausgeschlossen sein, daß eine Rechtfertigung mitgliedstaatlicher Maßnahmen ausscheidet, wenn sie gemeinschaftsrechtlichen Grundsätzen zuwiderläuft. Davon ausgehend können mitgliedstaatliche Maßnahmen etwa aus Umweltschutzgründen 190 nur dann die Grundfreiheiten einschränken, wenn sie auch dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung entsprechen. Freilich ist dabei den Mitgliedstaaten ein weiter Spielraum zuzubilligen, wie dies auch im Rahmen der Prüfung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes geschieht.191 Ein weiteres Einfließen des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung in die nationale Gesetzgebung kann sich spezifisch für Schutzmaßnahmen der Mitgliedstaaten im Umweltbereich aus Art. 176 EGV ergeben. Sind danach die Mitgliedstaaten nicht daran gehindert, verstärkte Schutzmaßnahmen beizubehalten oder zu ergreifen, so kann der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung auch den Begriff „verstärkte Schutzmaßnahmen" maßgeblich prägen. Voraussetzung solcher Maßnahmen ist, daß sie ein gegenüber dem gemeinschaftsweit festgelegten ein verstärktes Schutzniveau aufweisen. Eine nähere Festlegung erfolgt nicht. Das Schutzniveau wird sich zunächst einmal aus den erlassenen se-

188 Bleckmann/Koch, 1993, 93 (99). 189

in: Festschrift für Evçrling I, S. 113 (117); a. A. Epiney , DVBl.

EuGH, Slg. 1992,1-4431 (4480) - Wallonische Abfälle.

190

Zur Anerkennung des Umweltschutzes als Rechtfertigungsgrund bereits EuGH, Slg. 1985, 531 (549) - ADBHU; Slg. 1988, 4607 (4630) - Dänische Pfandflaschen; Slg. 1992,1-4431 (4480) - Wallonische Abfälle. 191

Vgl. EuGH, Slg. 1988, 4607 (4630 ff.) - Dänische Pfandflaschen; Slg. 1990, I3351 (3359 f.) - Schwerverkehrsabgabe; vgl. Epiney/Möllers, Freier Warenverkehr und nationaler Umweltschutz, S. 72 f.; zum Ganzen Wasmeier, Umweltabgaben und Europarecht, S. 69.

§ 2 Geltungsgründe

53

kundärrechtlichen Maßnahmen ergeben. Geht es aber darum, ob es gegenüber diesen verstärkt wird, so müssen dafür gemeinschaftsrechtliche Maßstäbe existieren, soll nicht die Festlegung eines verstärkten Schutzniveaus ins Belieben der Mitgliedstaaten gestellt sein. Gemeinschaftsrechtliche Anhaltspunkte können nur aus den materiellen Determinanten der EG-Umweltpolitik abgeleitet werden. 192 Zu den dabei maßgeblichen Determinanten gehört jedenfalls aufgrund der prägenden Bedeutung von Art. 2 EGV 1 9 3 mittlerweile auch der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung. Wird ihm in besonderer Weise entsprochen, deckt er nationale Alleingänge - etwa im Bereich der Abfallverwertung ζ. B. im Bergbau. 194

XII. Indirekte Auswirkungen über gemeinschaftsrechtliches Sekundärrecht Die Festlegung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung im Europarecht bildet eine weitere Determinante, an die die Gemeinschaftsorgane beim Erlaß von Sekundärrecht gebunden sind. Bereits vor der expliziten Aufnahme des Prinzips der nachhaltigen Entwicklung durch den Amsterdamer Vertrag wurde diesem Gedanken gerade im Umweltbereich bereits Beachtung geschenkt. An den Beispielen der UVP-Richtlinie und der IVU-Richtlinie soll näher dargelegt werden, wie sich das Befolgen des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung im gemeinschaftsrechtlichen Sekundärrecht auswirken kann.

1. UVP-Richtlinie Die UVP-Änderungsrichtlinie 195 setzt die Umweltverträglichkeitsprüfung gleich in der ersten Erwägung der Begründung mit den Nachhaltigkeitsgedanken in Verbindung, indem sie die Umweltverträglichkeitsprüfung als ein grundlegendes Instrument der Umweltpolitik sowie des 5. Gemeinschaftsprogramms für Umweltpolitik und Maßnahmen im Hinblick auf eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung bezeichnet. Dieses Gemeinschaftsprogramm legte die grundlegenden Vorstellungen im Bereich der gemeinschaftlichen Umweltpolitik fest und hat von daher wegweisenden Charakter gerade im Hinblick auf die Erreichung einer nachhaltigen Verhaltensänderung. 196 Die Umweltver192

Frenz, Europäisches Umweltrecht, S. 209.

193

Siehe oben V.

194

Spezifisch dazu Frenz, Abfallverwertung im Bergbau, S. 18 f.

195

Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 3.3.1997 zur Änderung der Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl. EG L 73, S. 5. 196

Entschließung 93/C/138/0 des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 1.2.1993 über ein Gemeinschaftsprogramm für Um-

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

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träglichkeitsprüfungsrichtlinie wird dem Gedanken einer nachhaltigen Entwicklung insbesondere dadurch gerecht, daß sie eine umfassende Berücksichtigung der Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Umweltmedien anordnet. Durch deren Einbeziehung nach Art. 3 UVPRL wird verhindert, daß die Verminderung von Umweltbelastungen bei einem Umweltmedium ein anderes Umweltmedium stärker belastet. Der in der Umweltverträglichkeitsprüfungsrichtlinie zum Ausdruck kommende integrative Ansatz entspricht damit der Einsicht in eine medienübergreifenden Belastung.197 Dieser ganzheitliche Ansatz entspricht der theoretischen Konzeption des Nachhaltigkeitsgedankens, daß die Umwelt als solche künftigen Generationen erhalten bleiben soll, ohne daß diese eine durch Umweltzerstörung verminderte Lebensqualität vorzufinden brauchen. 198 Diese medien- und fachübergreifende Gesamtschau muß in den entsprechenden nationalen Genehmigungsverfahren zum Tragen kommen. Als deutsche Umsetzungsregelung fungiert das UVP-Gesetz. Spezifisch auf den Bergbau abgestimmt sind §§ 57a, b BBergG in Verbindung mit der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben. 199 Im Hinblick auf das UVP-Gesetz werden freilich Bedenken geltend gemacht, ob die geforderte integrative Bewertung hinreichend umgesetzt wurde. 200

2. IVU-Richtlinie Auch die IVU-Richtlinie 201 dient nach ihrem neunten Erwägungsgrund der „Umsetzung des Grundsatzes der nachhaltigen umweltgerechten Entwicklung". Des weiteren wird im zweiten Erwägungsgrund Bezug genommen wiederum auf weltpolitik und Maßnahmen im Hinblick auf eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung, ABl. EG vom 17.5.1993 C 138, Tz. 11. Näher oben § 1 A.IV. 197

Erbguth, DÖV 1988, 481 (481, 483 ff.).

198

Siehe oben § 1 A.I.

199

UVP-V Bergbau vom 13.7.1990, BGBl. I S. 1420. Durch die Bergrechtsnovelle vom 12.2.1990 ist für bergbauliche Vorhaben, die nach § 57c BBergG i.V.m. § 1 UVP-V einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfen, seitens der Bergbehörde die Vorlage eines Rahmenbetriebsplans zu verlangen, vgl. zu den Unterschieden zwischen fakultativem (§ 52 Abs. 2 BBergG) und obligatorischem (§ 52 Abs. 2a BBergG) Rahmenbetriebsplan und den daraus resultierenden Folgen v. Mäßenhausen, ZfB 135 (1994), 119 (126 ff.); Boldt/Weller, BBergG, Ergänzungsband, § 52 Rn. 20 ff. 200

Näher Hoppe/Appold, DVB1. 1991, 1221 (1225); Erbguth/Schink, UVPG, § 14 Rn. 12 f.; krit. auch Dohle, NVwZ 1989, 697 (703 f.); Lange, DÖV 1992, 780 (786); Weber, Die Umweltverträglichkeitsrichtlinie im deutschen Recht, 1989, S. 363; siehe auch Jarass, NuR 1991, 201 (205). Keine Bedenken haben Appold, in: Hoppe, UVPG, § 2 Rn. 66; Schmidt-Preuß, DVB1. 1991, 229 (241 f.); ders., DVB1. 1995, 485 (493); siehe auch Groß, VerwArch. 88 (1997), 89 (99). 201

Richtlinie 96/61/EG des Rates vom 24.9.1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung, ABl. EG L 257, S. 26.

§ 2 Geltungsgründe

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das 5. Umweltaktionsprogramm. 202 Es wird darauf verwiesen, daß der integrierten Verminderung der Umweltverschmutzung eine bedeutende Rolle bei der Herstellung eines dauerhaften und umweltgerechten Gleichgewichts zwischen menschlicher Tätigkeit und sozioökonomischer Entwicklung, den Ressourcen und der Regenerationsfähigkeit der Natur eingeräumt wird. Damit werden die drei Elemente der nachhaltigen Entwicklung angesprochen. Auf diese Weise wird auch in dieser zweiten Erwägung ein Bezug der Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung zur nachhaltigen Entwicklung hergestellt. Wie die Umweltverträglichkeitsprüfungsrichtlinie verfolgt auch sie einen integrativen Ansatz. Sie zielt auf eine medienübergreifende integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung durch industrielle Tätigkeiten.203 Das Mittel zu ihrer Umsetzung ist die Statuierung von Genehmigungserfordernissen für entsprechende industrielle Tätigkeiten, die im Anhang 1 I zu dieser Richtlinie näher genannt sind. Damit fällt nicht der Rohstoffabbau als solcher in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie. Relevant für den Bergbau sind allerdings verschiedene Tätigkeiten aus der Energiewirtschaft, so Mineralöl- und Gasraffinerien, Kokereien sowie Kohlevergasungs- und Kohleverflüssigungsanlagen. 204 Die Umsetzung dieser Richtlinie ist gemäß Art. 21 (i.V.m. Art. 22) auf den 31.10.1999 angesetzt. Die Überschrift des Art. 21 „Anwendung" belegt, daß die Richtlinie mit Ablauf der Umsetzungsfrist auf jeden Fall angewandt werden soll, auch wenn keine Umsetzung auf mitgliedstaatlicher Ebene erfolgt ist. 205 Bedenken gegen einen durch die IVU-Richtlinie verwirklichten Schutzstandard entsprechend dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung erwachsen freilich daraus, daß zwar nach Art. 9 Abs. 3 auf festgelegten Grenzwerten aufgebaut wird, indes generalisierende Aspekte hereinspielen und damit auch die Gefahr besteht, daß subjektiv geprägte Gesichtspunkte einfließen. 206

B. Nationales Recht Nicht nur aus dem Europarecht, sondern auch aus dem nationalem Recht läßt sich die Geltung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung im deutschen Bergrecht gewinnen. Als Überbau sei zunächst das Verfassungsrecht untersucht. Spezifisch auf den Bergbau abgestimmte Ansatzpunkte finden sich im Bundesberggesetz. Des weiteren sollen bergbaurelevante Umweltgesetze auf ihre Einschlägigkeit befragt werden. 202

Siehe oben 1. zur UVP-Richtlinie.

203

Zu den verschiedenen Dimensionen die Beiträge in dem Sammelband von Rengeling, Integrierter und betrieblicher Umweltschutz. 204

1.2., 1.3. sowie 1.4. des Anhangs I.

205

Becker, DVB1. 1997, 588 (592 f.).

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

56

I. Verfassungsrecht Weil der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung sowohl die ökologische als auch die ökonomische wie auch die soziale Komponente miteinander in Einklang bringen will, gilt es Absicherungen für alle drei Bestandteile dieses Dreiecks zu finden. Der Umweltschutz ist auf den ersten Blick im Umweltstaatsziel beheimatet. Aber auch die grundrechtlichen Schutzpflichten weisen auf ihn. Die soziale Komponente ist naturgemäß im Sozialstaatsprinzip verankert. Nicht eindeutig zutage liegt die Absicherung der ökonomischen Seite.

1. Absicherung der ökologischen Komponente a) Umweltstaatsziel Die Wendung „der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen . . . " bezieht Art. 20a GG ausdrücklich auf die Erhaltung der Umwelt für die Nachwelt. Die zur Ausformung des Staatszieles Umweltschutz berufene Gesetzgebung207 muß auch die Auswirkungen für die künftigen Generationen bedenken. Sie muß in die Zukunft weisen und auf diese Weise Vorsorgen. Das korreliert damit und wird zusätzlich dadurch abgestützt, daß der Vorsorgegesichtspunkt im Rahmen des Umweltstaatszieles vielfach besonders in den Vordergrund gerückt wird. Insoweit herrscht trotz des weit gefaßten Zielgehaltes208 weitestgehend Einigkeit. 209 In die Zukunft gerichteter Umweltschutz begegnet dem Problem, daß die Auswirkungen von künftigen Entwicklungen heute noch nicht genau vorhersehbar sind. Überhaupt bestehen im Umweltbereich zahlreiche Unsicherheiten über

206

Ausfuhrlich Zöttl, Integrierter Umweltschutz in der neuesten Rechtsentwicklung, S. 226 ff.; auch Masing, DVB1. 1998, 549 (551 f., 555 f.). 207 Das Umweltstaatsziel bedarf der Konkretisierung durch Gesetz, es soll nicht von Fall zu Fall durch Verwaltung und Gerichte ohne normative Basis bestimmt werden, Bericht der Gemeinsamen Verfassungskommission, BT-Drucks. 12/6000, S. 67. Dieses Anliegen der CDU/CSU wurde zwar durch die Aufnahme des Begriffes „Recht" neben „Gesetz" in der Formulierung etwas verändert, aber jedenfalls nicht von der Zielrichtung her. Der Begriff „Recht" bildet ebensowenig wie im Rahmen des Art. 20 Abs. 3 GG eine Interpretationsermächtigung zugunsten der Rechtsprechung, sondern betont deren Bindung. 208 Siehe Hoffmann-Riem, DVB1. 1991,34(35). 209

Die Verwaltung 28 (1995), 425 (426); Sommermann,

Etwa Murswiek,, NVwZ 1996, 222 (225); Schröder, DVB1. 1994, 835 (836); aus der Kommentarliteratur Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 20a Rn. 3; diese Komponente als notwendigen Bestandteil einer Umweltstaatszielbestimmung sehend Kloepfer, DVB1. 1988, 305 (313).

§ 2 Geltungsgründe

57

Ursachen und ihre Wirkungen. Ob die umfangreiche Freisetzung von C0 2 , der Treibhauseffekt und die damit verbundene Erwärmung der Erdatmosphäre tatsächlich zu einer tiefgreifenden Umwälzung des Erdklimas führen wird, ist nicht mit letzter Sicherheit geklärt. 210 Daher stellt sich die Frage nach den Handlungsmöglichkeiten angesichts solcher Unsicherheiten. 211 Dadurch daß die Umweltstaatszielbestimmungen in das Grundgesetz aufgenommen wurden, ist ein bestimmter Erfolg gefordert, die Umweltsituation zu verbessern, zumindest aber nicht zu verschlechtern. 212 In der Zukunft wird sich ein solcher Erfolg bei Unsicherheiten nur dann erreichen lassen, wenn trotz ihres Vorhandenseins Maßnahmen ergriffen werden können. Diese aus Art. 20a GG ableitbare Notwendigkeit staatlichen Handelns auf ungewisser Tatsachengrundlage 213 gilt insbesondere bei Maßnahmen in Verwirklichung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung. Dessen Zukunfisbezogenheit legt die Erweiterung des allgemein bestehenden Ansatzes, die erforderliche Eintrittswahrscheinlichkeit sinke mit der Größe des zu befürchtenden Schadens,214 um eine zeitliche Dimension nahe. Danach könnte die notwendige Wahrscheinlichkeit, daß ein Schaden eintritt, um so tiefer anzusetzen sein, je weiter der zu befürchtende Schaden in der Zukunft liegt. So wird ein abstraktes Besorgnispotential für ausreichend gehalten, um vorsorgende Maßnahmen ergreifen zu können.215 Auf diese Weise entsteht freilich die Gefahr, daß Maßnahmen auf sehr unsicherer Grundlage ergriffen wer-

210

Vgl. Murswiek, Umweltschutz als Staatszweck, S. 43. Zu den Waldschäden Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, Umweltgutachten 1987, Tz. 216; Sondergutachten zu Waldschäden und Luftverunreinigungen, 1983; Forschungsbeirat Waldschäden, Luftverunreinigungen, 2. Bericht Mai 1986. 21

'Näher vor allem aus dogmatischer Sicht Frenz, in: Hendler/Marburger/Reinhardt/ Schröder, Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 1999, UTR 49 (1999), S. 37 (43 ff.). 212

Siehe Murswiek, in: Sachs, GGK, Art. 20a Rn. 43 f.

213

Näher Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S. 287 ff.; vgl. allgemein Pitschas, DÖV 1989, 785 (787); Ronellenfitsch, DVB1. 1989, 851 (856 f.); siehe bereits H. Huber, in: ders., Rechtstheorie, Verfassungsrecht, Völkerrecht, S. 69 f. 214

Siehe BVerfGE 50, 290 (33 f.); vgl. etwa BVerwGE 45, 51 (61); 47, 31 (40); BVerwG, NVwZ 1990, 474 (475); VGH Mannheim, NVwZ 1991, 493 (494); OVG Koblenz, NVwZ 1992, 499; zum Ganzen Hansen-Dix, Die Gefahr im Polizeirecht, im Ordnungsrecht und im Technischen Sicherheitsrecht, S. 39 ff. m.w.N.; sowie v. a. zur Frage der Bewertung des Schadenspotentials Murswiek, Die staatliche Verantwortung für die Risiken der Technik, S. 149 ff.; etwas anders Möllers, Rechtsgüterschutz im Umwelt- und Haftungsrecht, S. 59, 81. Er stellt die Wahrscheinlichkeit als Variable isoliert und bezieht sie damit auch auf das Schadensausmaß, präzisiert freilich den Wahrscheinlichkeitsgrad nur im Bezug auf den Eintritt von Schadensereignissen (S. 58). Für eine Einbeziehung der unterschiedlichen Wahrscheinlichkeit auch auf Seiten der beeinträchtigten Güter Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S. 293 f. 215

Bereits Rehbinder, Grenzen und Chancen einer ökologischen Umorientierung des Rechts, S. 9 f.

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

58

den. Soll dann die Rechtfertigung staatlicher Maßnahmen noch nachprüfbar sein, müssen auch insoweit tatsächliche Anhaltspunkte bestehen. Diese sind auch bei gesetzgeberischen Maßnahmen unverzichtbar. 216 Diese Zukunftsausrichtung der Umweltstaatszielbestimmung darf aber nicht von ihrem Gegenwartsbezug ablenken. Der Schutz für die natürlichen Lebensgrundlagen besteht „auch in Verantwortung für die künftigen Generationen". Dieses „auch" signalisiert, daß die natürlichen Lebensgrundlagen ebenfalls zugunsten der bestehenden Generationen und damit der jetzt Lebenden gewährleistet sein müssen. Das bedeutet einmal, daß der Staat auf die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen auch in der Gegenwart hinarbeiten muß. Indem er eine Verantwortung auch für die jetzt Lebenden besitzt, kann der staatliche Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen nicht nur auf die Zukunft ausgerichtet sein, sondern muß auch auf die gegenwärtigen Bedürfnisse Rücksicht nehmen. Das bedeutet, daß die natürlichen Lebensgrundlagen nicht ausschließlich für die künftigen Generationen vorbehalten sein dürfen, sondern auch den jetzt Lebenden zur Verfügung stehen müssen. Auch ihnen muß eine verantwortungsvolle Nutzung möglich sein. Nur so wahrt der Staat die in Art. 20a GG vorausgesetzte Verantwortung auch für die gegenwärtigen Generationen. Besondere Bedeutung hat dies für die Rohstoffnutzung. Eine ausschließliche Bezogenheit der natürlichen Lebensgrundlagen auf künftige Generationen hätte für Rohstoffe zur Folge, daß die jetzt Lebenden überhaupt keine Rohstoffe mehr abbauen dürfen, damit diese den künftigen Generationen erhalten bleiben. Dadurch daß aber eine staatliche Verantwortung sowohl für die in Zukunft Lebenden als auch für die gegenwärtigen Generationen im Hinblick auf die natürlichen Lebensgrundlagen besteht, ist ein Ausgleich anzustreben. Der Staat hat also ein System sicherzustellen, durch das beide in den Genuß von Rohstoffen kommen. Damit dürfen gegenwärtige Generationen weiterhin Rohstoffe abbauen, wenn sie nicht die künftigen Generationen gänzlich von der Rohstoffversorgung abschneiden oder diese derart beengen, daß eine Entfaltung vernünftigerweise nicht mehr möglich ist. Da bereits jetzt Rohstoffe in hohem Maße aus dem Ausland bezogen werden und dies wegen der internationalen Verflochtenheit der Rohstoffwirtschaft und der Rohstoffarmut in der Bundesrepublik auch weiterhin der Fall sein dürfte, ist dabei von einer internationalen Betrachtung auszugehen, wie sie ohnehin dem Nachhaltigkeitsgedanken entspricht. 217

216

Generell zu solchen rechtsstaatlichen Anforderungen im Bereich des vorsorgenden Umweltschutzes Di Fabio , in: Festschrift für Ritter, S. 807 (820 ff.); siehe bereits Ossenbühl, NVwZ 1986, 161 (166). 217

Siehe oben § 1 A.I.

§ 2 Geltungsgründe b) Grundrechtliche

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Schutzpflichten

aa) Umweltbezug Eine grundrechtliche Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 GG wurde zwar erstmals für das ungeborene Leben angenommen,218 jedoch oftmals auch im Hinblick auf Umweltgefahren untersucht. 219 Wurde dieser Zusammenhang zunächst auf der Basis des Schutzes von Leben und Gesundheit hergestellt, trat nunmehr der Schutz des Eigentums hinzu. 220 Mit der Erörterung von Waldschäden bezog sich das Bundesverfassungsgericht spezifisch auf natürliche Ressourcen, wenngleich aus dem Bereich der Forstwirtschaft. War auch der Anlaß für den Beschluß vom 26.5.1998 die Frage der Entschädigung, maß dennoch das Bundesverfassungsgericht der „Vermeidung unzumutbarer Schäden an Wäldern und anderen Rechtsgütern durch Maßnahmen zur Luftreinhaltung schon angesichts der ökologischen Folgen der Luftverunreinigung Vorrang" zu. 221 Indem das Bundesverfassungsgericht weiter den Gedanken einbezog, daß sich die Schädigungen an Wäldern „erst in sehr langen Zeiträumen" vollziehen, 222 nahm es auch die zukunftsbezogene Erhaltung von Eigentumswerten als Thema der grundrechtlichen Schutzpflicht aus Art. 14 GG auf, wenngleich nur andeutungsweise und im Prüfungsansatz nicht voll umgesetzt. Die Gefährdung für diese Eigentumsgegenstände rührt in dem Bundesverfassungsgericht bei seinem Beschluß vom 26.5.1998 vorliegenden Fall daraus, daß Private durch die Nutzung von Kraftwerken, Industrieanlagen, Ausfeuerungsanlagen und Kraftfahrzeugen Luftschadstoffe ausstoßen.223 Damit sind die aus dem Verbrauch von Energie erwachsenden Auswirkungen aufgegriffen. Auf diese Weise stoßen in diesem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts zur Entschädigung für Waldschäden infolge Luftverschmutzung die beiden ressourcenbezogenen Aspekte der grundrechtlichen Schutzpflichten aufeinander: die Störerproblematik, hervorgerufen durch den Verbrauch von Ressourcen bzw. der aus ihnen gewonnenen Energie, einerseits und die Opferproblematik, bedingt durch die Innehabung von Ressourcen und deren Gefährdung, andererseits. Im Hinblick auf die Schutzpflicht für Leben und Gesundheit spielt der Energieverbrauch naturgemäß nur insoweit eine Rolle, als er für Gefährdungen sorgt. Ein Ausfluß dieser Perspektive ist der Beschluß des Bundesverfassungs-

218

BVerfGE 39, 1.

219

BVerfGE 49, 89 (142); 53, 30 (57) im Hinblick auf die Kernkraft; BVerfGE 56, 54 (73) im Hinblick auf den Lärmschutz; BVerfG, NJW 1996, 651 im Hinblick auf Ozon. 220

BVerfG, NJW 1998, 3264 im Hinblick auf Waldschäden.

221

BVerfG, NJW 1998, 3264 (3265), Hervorhebungen im Original.

222

BVerfG, NJW 1998, 3264 (3265 f.). Näher BVerfG, NJW 1998, 3264 (3264 f.).

223

60

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

gerichts vom 29.11.1995 zu Gesundheitsgefahren durch Ozon. 224 Hier ging es um die Senkung von verkehrsbedingten Emissionen, um Bürger vor Gesundheitsgefahren durch erhöhte Ozonkonzentrationen zu schützen, namentlich Kleinkinder. Ob die Gefährdungen durch Ozon allerdings gerade auf dem Verbrauch von Energie bzw. der zu ihrer Gewinnung eingesetzten Ressourcen beruhen, ist letztlich nicht geklärt. 225 Aber auch bei der Schutzpflicht für Leben und Gesundheit können die natürlichen Ressourcen Bedeutung auf der Opferseite erlangen. Damit der Mensch überleben und gesund bleiben kann, benötigt er ein Mindestmaß an Luft und Wasser. Droht ihm dieses Mindestmaß durch eine entsprechende Verschmutzung entzogen zu werden, wird sein künftiges Überleben in Frage gestellt, ebenso seine Gesundheit angegriffen. Damit sind die Rechtsgüter Leben und Gesundheit durch eine übergebührliche Antastung von natürlichen Ressourcen gefährdet. Bei einer solch extremen Beeinträchtigung der natürlichen Ressourcen ergeben sich auch negative Rückwirkungen auf die wirtschaftliche Entfaltung sowie auf die Erhaltung von Wirtschaftsgütern, mithin auf die Schutzbereiche von Art. 12 und Art. 14 GG, die mittlerweile gleichfalls als Gegenstände grundrechtlicher Schutzpflichten anerkannt sind. 226 Werden durch die Antastung natürlicher Lebensgrundlagen die notwendigen Voraussetzungen für die Aufnahme einer bestimmten gewerblichen Tätigkeit entzogen, wird die Berufswahlfreiheit beschränkt. 227 Werden durch die Schädigung natürlicher Ressourcen bereits aufgebaute Unternehmenspositionen entwertet, liegt ein Eingriff in die Eigentumsfreiheit vor. 228 Dieses Grundrecht wird bereits dann beschränkt, wenn keine solchen existenzgefährdenden Wirkungen vorliegen, sondern vielmehr der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb in seiner Entfaltung beschnitten wird, sofern man auch diesen als über die Summe seiner Bestandteile hinausreichende Unternehmensgesamtheit und damit als Ganzes durch Art. 14

224

ΒVerfG, NJW 1996, 651.

225

Vgl. zur Problematik Murswiek, Umweltschutz als Staatszweck, S. 43.

226

Für Art. 12 GG ausdrücklich BVerfGE 92, 26 (46); siehe bereits BVerfGE 81, 242 (255 f.), wobei die Einordnung dieser Entscheidung in die Schutzpflichtjudikatur noch umstritten war; befürwortend Hermes, NJW 1990, 1764 (1766 f.); abl. Isensee, in: HStR, Bd. V, § 111 Rn. 130. Für Art. 14 GG nunmehr BVerfG, NJW 1998, 3264 (3265). 227

Vgl. aus abwehrrechtlicher Perspektive für Steuern BVerfGE 87, 153 (169); siehe auch BVerfGE 93, 121 (142); aus früherer Zeit BVerfGE 11, 30; im Hinblick auf die Notwendigkeit von Zertifikatkäufen Rehbinder, in: Endres/Rehbinder/Schwarze, Umweltzertifikate, S. 92 (119 f.) 228

BVerfGE 78, 232 (243); 82, 159 (190); 87, 153 (169); Badura, in: Festschrift zum 125jährigen Bestehen der Juristischen Gesellschaft zu Berlin, S. 1 (21); siehe auch Scholz/ Aulehner, BB 1993, 2250 (2260); Frers, Die Klagebefugnis des Dritten im Gewerberecht, S. 247 ff.; ders., DÖV 1988, 670 (676 ff.).

§ 2 Geltungsgründe

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Abs. 1 GG geschützt betrachtet. 229 Sieht man den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zudem als Grundlage weiteren Erwerbs, folgt daraus auch ein Schutz aus Art. 12 Abs. 1 GG. 230 Über diese Grundlagenfunktion für die wirtschaftliche Betätigung hinaus spielen die natürlichen Ressourcen auf der Opferseite im Rahmen der Eigentums- und Berufsfreiheit weitergehend insoweit eine Rolle, als sie unmittelbar von einem Gewerbebetrieb umfaßt sind. Seinen Gegenstand bilden im Bereich der Forstwirtschaft Wälder. Aber etwa auch im Bereich der Stahlerzeugung oder Metallbearbeitung gehören natürliche Ressourcen in Gestalt von Erzen und Energieträgern zur Basis von Produktionsprozessen. Dann sind natürliche Ressourcen unmittelbar der Bezugspunkt staatlicher Schutzpflichten.

bb) Dogmatische Fundierung Diesen Zusammenhang zwischen Umweltschutz und grundrechtlichen Schutzpflichten gilt es einzufügen in die dogmatischen Grundlagen dieser Rechtsfigur. Dabei kann für alle Grundrechte gemeinsam vorgegangen werden; für den Schutz von Leben und Gesundheit ergibt sich allerdings die Besonderheit, daß das Bundesverfassungsgericht gerade in seiner jüngsten Rechtsprechung wiederum an die Menschenwürde angeknüpft hat. 231

(1) Vom grundsätzlichen Ansatz her Nimmt man als Grund der Schutzpflichten für das Leben und die Gesundheit Art. 1 Abs. 1 GG und sieht nur ihren Gegenstand und von ihm her auch ihr Maß durch das sachlich einschlägige Grundrecht näher bestimmt, 232 spielt die Menschenwürde als Grundlage maßgeblich bei der Frage herein, ob auch die künftigen natürlichen Lebensgrundlagen Gegenstand dieser grundrechtlichen Schutz-

229

Noch BVerfGE 55, 290 (351 f.); aus der aktuellen Rechtsprechung BVerwGE 81, 49 (54); VGH Kassel, DÖV 1995, 77; Sächs.OVG, DÖV 1996, 609 (610); aus der Lit. insbesondere Ossenbühl, AöR 115 (1990), 1 (28); Lee, Eigentumsgarantie und Bestandsschutz im Immissionschutzrecht, S. 68 ff.; siehe dagegen BVerfGE 51, 193 (221 f.); 58, 300 (353); 66, 116 (145); 68, 193 (222 f.); 77, 84 (118); 81, 208 (227 f.). 230

Näher zu dessen paralleler Prüfung mit dem Eigentumsgrundrecht Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 12 Rn. 141; Breuer, in: HStR, Bd. VI, § 147 Rn. 100; Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S. 273; restriktiver Manssen, Privatrechtsgestaltung durch Hoheitsakt, S. 134 ff. 231

BVerfGE 88, 203 (251) für das ungeborene Leben; darüber hinaus BVerfGE 90, 145 (195); BVerfG, NJW 1995, 2343; siehe bereits BVerfGE 46, 160 (164). 232

BVerfGE 88, 203 (251).

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pflicht sind. 233 Die Menschenwürde beinhaltet, daß der einzelne sein Leben vernunftgeleitet und ethisch verantwortungsvoll gestalten kann. 234 Ausgehend davon, daß die Menschenwürde das umfaßt, worüber allgemein Einigkeit besteht,235 gehört dazu, die Grundlagen für das eigene Überleben und auch das für nachfolgende Generationen zu wahren. 236 Freilich schützt Art. 1 Abs. 1 GG die Würde des Menschen. Von daher erheben sich Zweifel, ob auch noch nicht individualisierte Personen in den Schutz dieser grundgesetzlichen Garantie kommen sollen. 237 In den Beratungen zur Entstehung dieser Bestimmungen fiel der Satz: „Es ist der einzelne Mensch, dessen Würde geschützt werden soll." 238 Die Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen zum Schwangerschaftsabbruch bezogen sich auf immerhin bereits erzeugtes und damit individualisierbares Leben. 239 Indes gehört es zum allgemein anerkannten, ethisch verantwortungsvollen Verhalten bereits gegenwärtiger Menschen, das Überleben der Menschheit nicht aufs Spiel zu setzen; jedes andere Verhalten käme einer Selbstverleugnung gleich, die ohne den Verlust der Selbstachtung und damit der Würde nicht erfolgen kann. 240 Zudem folgt aus dem notwendigen Gemeinschaftsbezug des Menschen,241 daß die Verantwortung des einzelnen über die eigene Existenz hinausreicht. Das gilt je mehr, desto eher die arbeitsteilige Gesellschaft zusammenwächst und in Wechselbeziehung zur Umwelt tritt. Von der Verantwortung für die Gemeinschaft ist es zur Verantwortung für künftige Generationen nicht mehr weit, ändert sich doch die Ge233 Abi. sowohl auf der Basis von Art. 2 GG als auch auf der Basis von bzw. i. V.m. Art. 1 Abs. 1 GG Hoppe, in: Festschrift für Kriele, S. 219 (220); ders., in: Erichsen/ Kollhosser/Welp, Recht der Persönlichkeit, S. 73 ff.; bereits Ule, DVB1. 1972, 437 (438). 234

BVerfGE 49, 286 (298); Zippelius, in: Bonner Kommentar, Art. 1 Abs. 1 und 2 Rn. 6 f.; siehe auch Hofmann, AöR 118 (1993), 353 (369 ff.). 235

Näher Lerche, in: Lukes/Scholz, Rechtsfragen der Gentechnologie, S. 88 (100 f., 103, 110 f.), auch zu den allgemeinen anerkannten Teilinhalten auf S. 102 m.w.N.; zum Hintergrund Badura, JZ 1964, 337 (341 f.); Starck, JZ 1981, 457 (458). 236

Frenz, in: Hendler/Marburger/Reinhardt/Schröder, Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 1999, UTR 49 (1999), S. 37 (56 f.). 237

Dazu näher Enders, EuGRZ 1986, 241 (251 f.).

238

Bergsträsser, 4. Sitzung des Ausschusses für Grundsatzfragen des Parlamentarischen Rates vom 23.9.1948, StenBericht, S. 16. 239

Siehe bereits Hemeler, AöR 108 (1983), 489 (551).

240

Hofmann, JZ 1986, 253 ff. für Eingriffe in die individuellen Anlagen durch eine Gentechnik, die eine bewußte Entfaltung als körperlicher Mensch mit einem entsprechenden Bewußtsein und Empfinden unmöglich macht. Dem gleichzustellen ist die Erhaltung einer menschengerechten Umgebung, die ebenfalls die Voraussetzung für eine Entfaltung als vernunftbegabter Mensch ist. 241

BVerfGE 4, 7 (15 f.); 33, 303 (343); 50, 166 (175); aus der Lit. Dürig, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 1 Rn. 46.

§ 2 Geltungsgründe

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meinschaft in ihrer Zusammensetzung stetig und zerfließen somit die Grenzen zwischen den Menschenaltern. Eine zeitliche Scheidegrenze, bis zu welchen um den einzelnen herum lebenden Generationen eine Verantwortung besteht, kann somit schwerlich gezogen werden. Daher sind sowohl aus individueller Perspektive als auch aufgrund der Gemeinschaftsgebundenheit des Individuums nachfolgende Generationen in den Würdeschutz des Art. 1 Abs. 1 GG einzubeziehen.242 Soweit man darin eine Fortentwicklung des Bereichs der Menschenwürdegarantie sieht, ist zu bedenken, daß diese absolut steht, unabhängig vom Wandel der Zeit; entsprechend muß sie sich auch den sie tangierenden Gefährdungen anpassen; der Schutz der natürlichen Lebensgrundlage gewinnt für die Würde des Menschen eine um so größere Bedeutung, je eher Mensch und Umwelt aufeinander bezogen sind und die verschiedenen Teile der Erde miteinander verschränkt und damit abhängig werden. Die Schutzpflichten für andere Grundrechte leitet das Bundesverfassungsgericht aus deren objektivem Gehalt 243 bzw. den in ihnen verkörperten Grundentscheidungen ab. 244 In der Literatur herrscht eine Ableitung sämtlicher grundrechtlicher Schutzpflichten aus den objektiv-rechtlichen Grundrechtsgehalten und dementsprechend ihre Betrachtung als Rechtsgüterschutz vor. 245 Eine solche rechtsgutbezogene Schutzpflichtkonzeption abstrahiert schon im Ansatz von dem einzelnen Grundrechtsträger; entsprechend selbstverständlich werden auch künftige Generationen in den staatlichen Schutz einbezogen.246 Die natürlichen

242

Frenz, in: Hendler/Marburger/Reinhardt/Schröder, Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 1999, UTR 49 (1999), S. 37 (56); dafür auch Balz, Heterologe künstliche Samenübertragung beim Menschen, S. 39; Vitzthum, JZ 1985, 201 (209); dieser allerdings zurückhaltender in ZRP 1987, 33 (36). 243

Für Art. 12 Abs. 1 GG BVerfGE 92, 26 (46).

244

Für Art. 14 Abs. 1 GG BVerfG, NJW 1998, 3264 (3265); in früheren Entscheidungen sprach das Bundesverfassungsgericht noch von den Grundrechten insgesamt als objektiver Wertordnung, BVerfGE 39, 1 (41); 53, 30 (57); 56, 54 (73); zur Entwicklung Dreier, Dimensionen der Grundrechte. Von der Wertordnungsjudikatur zu objektivrechtlichen Grundrechtsgehalten, passim; Stern, Staatsrecht III/l, S. 901 f. 245

Besonders deutlich Dietlein, Die Lehre von den grundrechtlichen Schutzpflichten, S. 60 f.; Isensee, in: HStR, Bd. V, § 111 Rn. 93 ff.; zu weiteren Ansätzen in der Literatur im einzelnen Unruh, Zur Dogmatik der grundrechtlichen Schutzpflichten, S. 37 ff. m.w.N. Kritisch gegenüber einer Hinzunahme von Art. 1 Abs. 1 GG Dreier, DÖV 1995, 1036 ff.; Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S. 99; Klein, DVB1. 1994, 489 (492); siehe auch problematisierend Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 413; Starck, Praxis der Verfassungsauslegung, S. 71; vgl. Pechstein, Familiengerechtigkeit als Gestaltungsgebot für die staatliche Ordnung, S. 149. 246 Akzentuiert Isensee, in: HStR, Bd. V, § 111 Rn. 95. Daraus, daß dieser weitergehend die grundrechtlichen Schutzpflichten auf die Staatsaufgabe Sicherheit zurückfuhrt (Rn. 84 ff.), folgt erst recht die Unbeachtlichkeit aktuell fehlender Grundrechtsträgerschaft. Denn dann sind die Grundrechte in ihrer objektiv-rechtlichen Dimension „als

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Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

Lebensgrundlagen werden damit als Bestandteil der durch die Grundrechte geschützten Rechtsgüter gegen nicht-staatliche Beeinträchtigungen abgesichert. Für den Bestand umweltsensibler Güter folgt dies daraus, daß diese Gegenstand des Eigentumsgrundrechts sind und die Grundlage gewerblicher Betätigung bilden, zum Teil auch deren Gegenstand. In einem Mindestmaß sind sie über die grundrechtliche Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 GG insoweit abgesichert, als sie unabdingbare Grundlage für das Leben und die Gesundheit sind. 247 Die Gewährleistung der natürlichen Lebensgrundlagen für künftige Generationen indiziert auch bei diesem Ansatz zusätzlich Art. 1 Abs. 1 GG; freilich wirkt dann diese an der Spitze der Verfassung stehende Bestimmung nicht unmittelbar, sondern kraft ihrer die Auslegung der einzelnen Grundrechte prägenden Funktion. 248 Via Art. 1 Abs. 1 GG gelangt man auch bei einer subjektiv-rechtlichen Ableitung der grundrechtlichen Schutzpflichten 249 zu einer Einbeziehung der Lebensgrundlagen für künftige Generationen. Begreift man solchermaßen die grundrechtlichen Schutzpflichten als staatlichen Grundrechtsvoraussetzungsschutz, der die notwendigen Bedingungen abwehrrechtlicher Grundrechtsverwirklichung umfaßt (ζ. B. Schutz des Eigentums vor Dieben), gehören dazu auch die natürlichen Lebensgrundlagen. Sie sind die Basis erwerbswirtschaftlicher Betätigung ebenso wie des Erhalts des Eigentums wie auch des Lebens und der Gesundheit. Das ökologische Existenzminimum bildet die Basis jeder Grundrechtsverwirklichung. 250 Aufgrund dieser Elementarfunktion gilt es, diese Grundlagen umfassend zu schützen, auch wenn dieser Schutz in die Zukunft weist. Ansonsten droht auch den bereits jetzt Lebenden Gefahr, da vielfach die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen nicht genau zeitlich fixiert werden kann. So kann unsicher sein, ob staatliche Maßnahmen erst in dreißig Jahren ansetzen müssen, um wenigstens den jetzt Lebenden die natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten.

(2) Folgen für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen Somit gelangt man bei jedem dogmatischen Ansatz zu einer Einbeziehung der natürlichen Lebensgrundlagen auch für die nachfolgenden Generationen in den Gewährleistungsbereich grundrechtlicher Schutzpflichten. Damit haben diese auch die Verwirklichung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung zum

Grundlagen des Gemeinwesens und als Elemente der Rechtsordnung" (Rn. 95) geschützt. 247

Allgemein näher vorstehend aa).

248

Etwa BVerfGE 56, 54 (73 f.) und Zippelius, in: Bonner Kommentar, Art. 1 Abs. 1 und 2 Rn. 114. 249

Dazu ausführlich Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S. 108 ff.

250

Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S. 119.

§ 2 Geltungsgründe

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Gegenstand, jedenfalls soweit es um die Erhaltung der natürlichen Ressourcen auch für kommende Generationen geht. Gerade die Verwirklichung dieses Grundsatzes ist indes schon aufgrund seines bloßen Prinzipiencharakters und der weitgehend fehlenden inhaltlichen Fixierung bzw. Konkretisierung durch einfachgesetzliche Regelung eine höchst komplexe Frage. Hinzu kommt, daß der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung auch in die Zukunft gerichtet ist und damit bei seiner Verwirklichung tatsächliche Unsicherheiten unvermeidbar sind. Damit verstärkt sich dieses den Umweltbereich generell kennzeichnende und staatliches Handeln erschwerende Problem. So verwies das Bundesverfassungsgericht für den Bereich der Luftreinhaltung darauf, „daß verläßliche Erkenntnisse über die Auswirkungen von Luftverunreinigungen auf Mensch und Natur noch nicht vorliegen". 251 Für erst in fünfzig oder hundert Jahren erwartete Phänomene, die gleichfalls aufgrund des Gedankens der nachhaltigen Entwicklung angegangen werden müssen, stellt sich dieses Problem natürlich erst recht. Daraus erwachsen große Gestaltungsspielräume für den Gesetzgeber, wie er den Nachhaltigkeitsgedanken im Rahmen grundrechtlicher Schutzpflichten erfüllt. Entsprechend großzügig sind die dem Gesetzgeber ohnehin bei tatsächlichen Unsicherheiten zustehenden angemessenen Erfahrungs- und Anpassungsspielräume 252 anzusetzen. Diese Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers legitimiert sich tiefergehend auf der Basis aller untersuchten Ansätze. Sieht man die grundrechtlichen Schutzpflichten als Teil der objektiv-rechtlichen Grundrechtsgehalte, haben diese ohnehin nur hinsichtlich eines Kern- und Minimalschutzes feste Kontur. 253 Darüber hinaus stehen sie weitgehend auf einer Ebene mit den Staatsstruktur- und Staatszielbestimmungen.254 Die Gewinnung bestimmter, im einzelnen festgelegter Pflichten widerspricht daher grundsätzlich dieser Ableitung. 255 Somit gebieten die grundrechtlichen Schutzpflichten auf objektiv-rechtlicher Basis dem Staat nur, vor einer bestimmten Gefährdung der Grundrechte zu schützen, ohne ihm die Mittel im einzelnen vorzuschreiben. 256 Ein vom gewählten Schutzpflichtansatz unabhängiges dogmatisches Fundament einer solchen weiten Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, wie er grundrechtliche Schutzpflichten erfüllt, ist die Achtung der legislativen Gestaltungsprärogative. Nach der grundgesetzlichen Gewaltenverteilung steht es dem Gesetzgeber zu, komplexe Inter-

251

BVerfG, NJW 1998, 3264 (3265).

252

Im Hinblick auf die Luftreinhaltung BVerfG, NJW 1998, 3264 (3265).

253

Jarass, AöR 110 (1985), 363 (395). Vgl. Scherzberg, Grundrechtsschutz und „Eingriffsintensität", S. 196, 208 ff.; Schmidt-Aßmann, AöR 106 (1981), 205 (216). 254

Siehe Stern, Staatsrecht III/l, S. 921.

255

Siehe Rupp-von Bünneck/Simon, Sondervotum, BVerfGE 39, 68 (73 ff.).; SchulzeFielitz, in: Dreier, GGK I, Art. 2 II Rn. 54; auch Geddert-Steinacher, Menschenwürde als Verfassungsbegriff, S. 102; Hermes/Walther, NJW 1993, 2337 (2339 f.). 256

Besonders deutlich BVerfGE 77, 170 (214 f.); 92, 26 (46); BVerfG, NJW 1998, 3264 (3265) m.w.N. 5 Frenz

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Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

essengegensätze zu entscheiden. Dies folgt aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung und dem demokratischen Prinzip. 257 Diese Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers hat regelmäßig zur Folge, daß dieser die ihm obliegenden grundrechtlichen Schutzpflichten auch im Umweltbereich erfüllt. Dem Bundesverfassungsgericht genügt es regelmäßig, wenn er nicht evident unzureichende Maßnahmen getroffen hat, sondern ein halbwegs schlüssiges Konzept präsentiert und verwirklicht. 258

2. Absicherung der ökonomischen Seite a) Als Bestandteil der nachhaltigen Entwicklung über Art. 20a GG Die nachhaltige Entwicklung ist dadurch gekennzeichnet, daß Ökonomie und Ökologie sowie Soziales in einen Ausgleich gebracht werden sollen. Somit ist die ökonomische Seite bereits durch die nachhaltige Entwicklung als solche abgesichert. Damit stellt sich die Frage, ob dann nicht über Art. 20a GG bereits diese ökonomische Komponente zum Durchbruch kommt. Das hängt davon ab, inwieweit der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung durch diese Verfassungsnorm abgesichert ist. Bereits angesprochen wurde, daß die Umweltstaatszielbestimmung durch den notwendigen Bezug des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen auf die Verantwortung auch für die künftigen Generationen einen zukunfisbezogenen Umweltschutz abdeckt259. Wirksam läßt sich dieser auf Dauer nur bewerkstelligen, wenn der Umweltschutz nicht isoliert gesehen wird, sondern auch die wirtschaftlichen Abläufe und sozialen Bedingungen in die Betrachtung einbezogen und mit den Bedürfnissen des Umweltschutzes harmonisiert werden. Freilich gewährleistet Art. 20a GG speziell den Umweltschutz. Daß dies auch zukunfisbezogen im Hinblick auf künftige Generationen erfolgen muß, dehnt diesen Gegenstand als solchen nicht aus. Von daher sind zwar Ökonomie und Soziales aus Effektivitätsgründen einzubeziehen.260 Beide Elemente bleiben dann aber immer noch bezogen auf den Umweltschutz und stehen nicht als gleichgewichtige Komponenten; sie sind im Rahmen des Umweltschutzes zu berücksichtigen, ohne originär gewährleistet zu sein und somit auf eigenem Fundament stehend selbständig zum Tragen zu kommen. 261 Von daher ist die ökonomische Seite in Art. 20a GG nur über den Umweltschutz ab-

257 BVerfG, NJW 1998, 3264 (3265); näher Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S. 121 f. 258

BVerfGE 77, 177 (214 f.); BVerfG, NJW 1998, 3264 (3265 f.).

259

Siehe oben l.a).

260

Zur notwendigen Verbindung der Ökonomie und der Ökologie aus umgekehrter Perspektive im Zusammenhang mit Art. 2 EGV oben § 2 A.V. 261

Vgl. oben § 2 A.II.l. zu den Zielen der EG-Umweltpolitik.

§ 2 Geltungsgründe

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gesichert. Damit ist in dieser Grundgesetzvorschrift keine vom Ansatz her gleichgewichtige Versöhnung von Ökonomie und Ökologie vorgegeben. Aufgrund der geforderten Dauerhaftigkeit des Umweltschutzes muß freilich die wirtschaftliche Seite maßgebliche Beobachtung finden. Darauf deutet auch spezifisch die Komponente der Umweltstaatszielbestimmung, daß der Staat auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen schützt. Die Verantwortung wird nicht beschränkt, sondern ohne Zusatz gestellt. Das deutet darauf hin, daß diese Verantwortung umfassend zu verstehen ist und nicht strikt auf die Umwelt limitiert ist. Das wird dadurch bestärkt, daß sich die Lebensverhältnisse künftiger Generationen nicht nur nach dem Zustand der Umwelt richten, sondern auch nach den wirtschaftlichen Möglichkeiten. Für diese wiederum haben die natürlichen Lebensgrundlagen eine wichtige Grundlagenfunktion oder bilden sogar ihren Gegenstand.262 Das weist auf ein weites Verständnis der in Art. 20a GG angesprochenen Verantwortung für die künftigen Generationen. Auch wenn diese Bestimmung auf die Umwelt bezogen ist und sich die staatliche Verantwortung gegenständlich darauf bezieht, hat der Staat in Wahrnehmung seiner Verantwortung im Bereich des Umweltschutzes auch die ökonomische Entwicklung einzubeziehen. Das „auch" beschränkt weiter die Verantwortung nicht nur auf die künftigen Generationen, sondern bezieht die gegenwärtigen Generationen mit ein. Von daher trägt der Staat auch für die jetzt Lebenden Verantwortung für die Versöhnung von Ökologie und Ökonomie, so daß dieser Aspekt auch für die Gegenwart in Art. 20a GG zum Ausdruck kommt.

b) Über Art. 12, 14 GG Die bereichsspezifischen Absicherungen der wirtschaftlichen Freiheit sind Art. 12 und Art. 14 GG. 263 Durch diese beiden Grundrechte werden freilich nur einzelne Bestandteile der wirtschaftlichen Entfaltung geschützt, nach klassischem Verständnis über Art. 14 Abs. 1 GG das Erworbene, über Art. 12 Abs. 1 GG der Erwerb(svorgang). 264 Auch wenn man in den Schutz von Art. 14 Abs. 1 GG bzw. auch Art. 12 Abs. 1 GG den eingerichteten und ausgeübten Gewerbe-

262

Siehe oben § 2 B.I.l.b)aa).

263

Vgl. oben § 2 B.I.l.b)aa). Art. 2 Abs. 1 GG wird mittlerweile als durch diese beiden Grundrechte verdrängt angesehen BVerfGE 32, 311 (317); 46, 120 (137); 86, 28 (37 f.); siehe allerdings noch BVerfGE 29, 260 (266 f.) m.w.N.; auch BVerwGE 17, 306 (309); 30, 191 (198), die noch einen Schutz aus Art. 2 Abs. 1 GG annahmen. Ebenfalls auf Art. 12 Abs. 1 GG für die Freiheit des Verhaltens im Wirtschaftsverkehr zurückgreifend aus der Lit. Breuer, in: HStR, Bd. VI, § 147 Rn. 97; Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 12 Rn. 14 f. m.w.N. 264

BVerfGE 30, 292 (335); 84, 133 (157); 85, 360 (383); 88, 366 (377); krit. Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 12 Rn. 139ff. m.w.N. Siehe auch oben § 2 B.I.l.b)aa).

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Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

betrieb einbezieht,265 so wird darüber allerdings nicht die Wirtschaftsordnung als solche abgesichert. Das Grundgesetz ist ordnungspolitisch neutral. 266 Das bedeutet aber nur, daß das Grundgesetz dem Gesetzgeber keine bestimmte Wirtschaftsrichtung vorschreibt, sondern dies seiner politischen Gestaltung überläßt. Dadurch nicht gemindert oder gar ausgeschlossen wird der grundrechtliche Schutz gegen in eine freiheitliche Wirtschaftsordnung eingreifende und damit ordnungspolitisch gegenläufige Maßnahmen.267 Die Grundrechte können sich also trotz der ordnungspolitischen Neutralität des Grundgesetzes in vollem Umfang Umgestaltungen der vorhandenen Wirtschafts- und Sozialordnung entgegenstemmen. Indem das Grundgesetz das Privateigentum in Art. 14 GG, die Berufs- und damit auch die Gewerbe- 268 und Unternehmerfreiheit 269 in Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet und über Art. 9 GG die Kooperations- und Koalitionsfreiheit gewährleistet, sichert es maßgebliche Eckpunkte einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung ab. Mit diesen grundlegenden freiheitlichen Garantien wäre eine Wirtschaftsordnung unvereinbar, die anstelle des freien Spiels der Marktkräfte eine alle Bereiche erfassenden zentrale staatliche Planung im Sinne einer Zentralverwaltungswirtschaft setzte.270 Insbesondere drohten durch eine solche Umwandlung der Wesensgehalt der Eigentumsfreiheit nach Art. 19 Abs. 2 GG sowie die in Art. 14 Abs. 1 GG neben der Rechtstellungsgarantie zugunsten des einzelnen Eigentümers verkörperte Institutsgarantie zugunsten des Privateigentums und des Erbrechts angetastet zu werden. 271 Jedenfalls dann, wenn man den Schutz der marktwirtschaftlichen Ordnung den Grundrechten als objektiven Wertentscheidungen entnimmt, entsteht das vom Bundesverfassungsgericht im Mitbestimmungsurteil angesprochene Problem, daß diese von dem eigentlichen Kern gelöst und zu einem Gefüge objektiver Normen verselbständigt zu werden drohen. Danach kann man keinen „institutionellen Zusammenhang(s) der Wirtschaftsverfassung" ableiten.272 Ent-

265

Siehe oben § 2 B.I.l.b)aa).

266

BVerfGE 50, 290 (337); Papier, in: Benda/Maihofer/Vogel, Handbuch des Verfassungsrechts, § 18 Rn. 1 ff. m.w.N. 267

Siehe bereits Papier, ZGR 1979, 444 (458).

268

Die Gewerbefreiheit war in der Weimarer Reichsverfassung in Art. 151 Abs. 3 WRV ausdrücklich erwähnt und wird nun von Art. 12 GG umfaßt BVerfGE 50, 290 (362); BVerwGE 65, 167 (173), und aus der Literatur Czybulka, NVwZ 1991, 145 ff. 269

BVerfGE 50, 290 (363).

270

Siehe näher Papier, VVDStRL 35 (1977), 55 (82 ff.); Rüfner, DVB1. 1976, 691 f.; Rupp, Grundgesetz und „Wirtschaftsverfassung", S. 34 ff.; Scholz, Paritätische Mitbestimmung im Grundgesetz, S. 37 ff.; ders., in: Duwendag, Der Staatssektor in der sozialen Marktwirtschaft, S. 113 (116 ff.). 27 1

Papier, in: Benda/Maihofer/Vogel, Handbuch des Verfassungsrechts, § 18 Rn. 15.

272

BVerfGE 55, 290 (337).

§ 2 Geltungsgründe

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schärft wird dieses Problem freilich insoweit, als man den Schutz der marktwirtschaftlichen Ordnung an Art. 14 Abs. 1 GG als Institutsgarantie bindet. 273 In noch stärkerem Umfange wird diese Schwierigkeit umgangen, wenn man sich gänzlich von der objektiv-rechtlichen Ebene löst und an den Schutzgehalt der Grundrechte selbst anknüpft, und zwar in deren Eigenschaft als Abwehrrechte, die auch nach dem Mitbestimmungsurteil des Bundesverfassungsgerichts vom Gesetzgeber bei der Ordnung der Wirtschaft zu respektieren sind. 274 Von daher gilt es, entsprechende wirtschaftsrelevante Ausprägungen einzelner Grundrechte zu finden. 275 Der Erhalt und die Nutzung des Eigentums, die beide durch Art. 14 Abs. 1 GG abgesichert werden, sind nicht mehr möglich, wenn das Eigentum gänzlich enteignet wird. 276 Daran ändert auch Art. 15 GG nichts, sieht er doch immerhin eine Entschädigungspflicht auch bei Sozialisierungen vor; dieses Entschädigungsjunktim geht von der grundsätzlichen Garantie des Eigentums aus, indem an dessen Stelle wenigstens eine Wertgarantie tritt. 277 Bei einer gänzlichen Lenkung wirtschaftlicher Aktivitäten könnte ein eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb nicht mehr eigenverantwortlich und nach autonomen Entscheidungen geführt werden. Die Teilnahme am Wirtschaftsverkehr nach eigenen Vorstellungen wäre verschlossen, sie richtete sich nach der staatlichen Ordnung des Wirtschaftslebens. Weder Eigentumsgebrauch noch freie Berufsausübung wären insoweit möglich. Bei einer staatlichen Lenkung auch der Ergreifung von Berufen würde die Berufswahlfreiheit zur Makulatur. 278 Eine freiheitliche Wirtschaftsordnung bildet damit eine unabdingbare Voraussetzung für die Ausübung der Eigentums- sowie der Berufsfreiheit. Ihre Gewährleistung ist daher eine Form des Schutzes von Grundrechtsvoraussetzungen. 279 Der Grundrechtsvoraussetzungsschutz wurde bereits als dogmatische Grundlage einer subjektiv-rechtlichen Herleitung der grundrechtlichen Schutzpflichten angesprochen. 280 Hier werden diese Grundrechtsvoraussetzungen indes nicht von Priva273

Wie es Papier, in: Benda/Maihofer/Vogel, Handbuch des Verfassungsrechts, § 18 Rn. 15, vornimmt, der sich überdies noch auf den Wesensgehalt dieses Grundrechts stützt und damit einen noch engeren Bezug zu ihm herstellt. 274

BVerfGE 50, 290 (337).

275

Siehe Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, S. 262.

276

Siehe bereits Leisner, BB 1975, 1 (4 f.).

27 7

Papier, in: Benda/Maihofer/Vogel, Handbuch des Verfassungsrechts, § 18 Rn. 17.

278

Vgl. BVerfGE 11, 30 (39): für einen staatlich gebundenen Beruf wird der Schutz von Art. 12 Abs. 1 GG nach den Maßstäben von Art. 33 GG gewährt. 27 9 Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S. 211; grundlegend zu dieser Figur des Grundrechtsvoraussetzungsschutzes Kloepfer, Grundrechte als Entstehenssicherung und Bestandsschutz, S. 15 ff. Insoweit werden durch eine Minderung der Chancen freier wirtschaftsrelevanter Betätigung der chancensichernde Grundrechtsvoraussetzungsschutz sowie im Hinblick auf eine Erschwerung oder Beschränkung der Erlangung etwa von Eigentum der entstehenssichernde Voraussetzungsschutz tangiert, die Kloepfer als Untergruppen entwickelte (S. 15 ff., 21). 280

Oben § 2 B.I.l.b)bb).

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Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

ten beeinträchtigt, sondern durch eine staatliche Änderung der Wirtschaftsordnung; somit wird die abwehrrechtliche Seite der wirtschaftsrelevanten Grundrechte beschränkt. Manche Elemente der bestehenden Wirtschaftsordnung lassen sich einzelnen Grundrechten als Voraussetzungen zuordnen, so etwa der Bestand einer freiheitlichen Eigentumsordnung der Eigentumsfreiheit. Zum Teil aber ergeben sich Grenzbereiche und Bestandteile der Wirtschaftsordnung, die sich der Zuordnung zu einzelnen Grundrechten entziehen. Die Freiheit der Produktgestaltung etwa berührt sowohl die Berufsausübungs- als auch die Eigentumsfreiheit, sofern man auch insoweit die Nutzung des Eigentums unter Art. 14 Abs. 1 GG faßt. Zum Teil gehen Aspekte der Wirtschaftsordnung über die aus einzelnen Grundrechten gewinnbaren Einzelelemente hinaus. So kann durch zahlreiche staatliche Maßnahmen langsam die freiheitliche Wirtschaftsordnung immer mehr zu einer Zentralverwaltungswirtschaft mutieren, indem diese in immer stärkerem Ausmaße durch zahlreiche Reglementierungen der Produktion und der betrieblichen Organisation den unternehmerischen Entfaltungsraum in eine kleine Ecke zurückdrängen. Auch außerhalb dieses Grundrechtsvoraussetzungsschutzes wird ein grundrechtlicher Schutz von einzelne Bestandteile übersteigenden Elementen angenommen. So wird der Schutz aus Art. 14 Abs. 1 GG auch auf die über die Summe der Einzelbestandteile eines Unternehmens hinausreichende Unternehmensgesamtheit erstreckt. 281 Auf diese Weise ist auch ein adäquates Gegengewicht zur Umweltstaatszielbestimmung geschaffen, die in Abwägungen mit gleichem Gewicht eingesetzt werden kann. Dadurch wird verhindert, daß die Umweltstaatszielbestimmung über Abwägungsprozesse die fundamentale Bedeutung von Elementen der freien Wirtschaft einseitig verkürzt. Durch diese Absicherung der freiheitlichen Wirtschaftsordnung über die Figur des Grundrechtsvoraussetzungsschutzes als Element der abwehrrechtlichen Wirtschaftsfreiheit ist damit sichergestellt, daß der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung auch nach dem Grundgesetz in einem gleichgewichtigen Ausgleich zwischen Ökonomie und Ökologie erfolgt. Die grundgesetzliche Absicherung der ökonomischen Seite bildet somit die notwendige Ergänzung zum Umweltstaatsziel, das primär die ökologische Komponente des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung gewährleistet. 282 Zwar ist auch in dessen Rahmen die ökonomische Seite angelegt.283 Der gleichgewichtigen Bedeutung von Ökologie und Ökonomie würde es allerdings widersprechen, wenn die wirtschaftliche Seite nur über den Umweltschutz abgesichert wäre und nicht als eigenständiges Element.

281

Akzentuiert etwa Erichsen, Staatsrecht und Verfassungsgerichtsbarkeit I, S. 187; Engel, AöR 118 (1993), 169 ff. m.w.N. Siehe bereits oben § 2 B.I.l.b)aa). 282

Siehe oben § 2 B.I.l.a).

283

Siehe oben § 2 B.I.2.a).

§ 2 Geltungsgründe

71

3. Absicherung der sozialen Komponente Indem der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung Ökonomie, Ökologie und soziale Belange in Einklang bringen soll, ist auch diese Komponente bereits notwendiger Bestandteil einer dem Umweltstaatsziel entsprechenden dauerhaften Umweltsicherung, ohne aber über diese Bestimmung im Ansatz gleichgewichtig zur Geltung zu kommen, wie es dem Nachhaltigkeitsgedanken entspricht. 284 Die Berücksichtigung der sozialen Komponente als solcher im Rahmen des Umweltschutzes schimmert in der umfassend und ohne Beschränkung benannten Verantwortung für die künftigen Generationen durch. 285 Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, als Grundlage jedes Lebens und Wirtschaftens auch in Verantwortung gegenüber zukünftigen Generationen erfordert zum einen die gerechte Verteilung der Naturgüter zwischen den heute lebenden und zukünftigen Generationen. Es soll vermieden werden, daß letztere schlechter leben müssen, weil die heute lebenden Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen bzw. die natürlichen Ressourcen zu stark beansprucht haben. Die soziale Komponente wirft somit die Frage der Verteilungsgerechtigkeit auf. Eine solch weit verstandene Verantwortung für künftige Generationen setzt zum anderen eine mit dem Umweltschutz einhergehende akzeptable Lebensumwelt voraus, so daß keine schweren sozialen Unruhen entstehen. Bei fundamentalen sozialen Konflikten ist eine geordnete Entwicklung nicht mehr möglich und daher auch eine chancenwahrende Lebensumwelt für künftige Generationen nicht mehr gegeben. Das „auch" deutet im Hinblick auf die soziale Komponente an, daß auch die sozialen Belange der gegenwärtigen Generationen beachtet werden müssen. Das bedeutet etwa, einen Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen nicht derart zu verfolgen, daß das gesamte Wirtschaftssystem zusammenbricht und damit Massenarbeitslosigkeit entsteht, die den sozialen Frieden der jetzt Lebenden in Frage stellt. Gerade über die Arbeitslosigkeit erwächst ein hoher sozialer Sprengsatz. Die Wahrung sozialer Belange setzt daher voraus, diesen Sprengsatz zu meiden und somit die Arbeitslosigkeit möglichst niedrig zu halten. Daraus ergeben sich auch Grenzen für den Umweltschutz. Somit ist auch in Art. 20a GG das Gleichgewicht zwischen Ökologie, Ökonomie und sozialen Belangen angelegt. Eigentlich beheimatet sind soziale Belange im Sozialstaatsprinzip. Dieses Prinzip ist zwar ein Grundprinzip des Grundgesetzes286 und unmittelbar geltendes Recht als materiell-rechtlicher Prüfungsmaßstab für die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen.287 Es hat jedoch bislang nur geringe rechtliche Kraft entfal-

284

Näher oben § 2 B.I.2.a) zur ökonomischen Komponente.

285

Vgl. zur ökonomischen Komponente oben § 2 B.I.2.a).

286

Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 VIII Rn. 1.

287

Kittner,

in: AK-GG, Art. 20 Rn. 47; vgl. BVerfGE 6, 32 (41).

72

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

tet, vor allem wenn man es im Vergleich zum Rechtsstaatsprinzip sieht. 288 Bedeutung für den Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung erlangt das Sozialstaatsprinzip einmal im Hinblick auf die Chancengleichheit, das diesem Prinzip im Zusammenspiel mit den Freiheitsrechten entnommen wird. 289 Thema von Art. 20 Abs. 1 GG ist insbesondere die Angleichung der faktischen Vorbedingungen, die für die Nutzung der Freiheitsrechte notwendig sind. 290 Im Bereich der Berufsfreiheit wird der Sozialstaatlichkeit als Ordnungsanliegen das Ziel der Vollbeschäftigung entnommen; der soziale Staat hat danach Arbeitslosigkeit jedweder Form und jedweder Ursache zu begegnen, mithin eine aktive staatliche Vollbeschäftigungspolitik zu betreiben, deren Mittel freilich offen sind. 291 Damit wird in Art. 20 Abs. 1 GG fundiert, was soeben bereits im Zusammenhang mit dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung als solchem angesprochen wurde. Bezieht man diese Aussage sowohl auf das Heute als auch auf das Morgen, gilt es, auch für die Zukunft eine Vollbeschäftigung anzupeilen und damit auch künftigen Generationen wirtschaftliche Voraussetzungen zu gewährleisten, die eine Vollbeschäftigung nicht unmöglich machen. Zugleich dürfen diese Voraussetzungen nicht einseitig auf Kosten der heute Arbeitenden gehen; für sie gilt ebenfalls das Ziel der Vollbeschäftigung, auch wenn insoweit kein unmittelbar subjektiv-öffentliches Recht etwa auf Arbeit besteht.292 Allgemeiner ergibt sich aus Art. 20 Abs. 1 GG ein Auftrag an den Gesetzgeber, „für einen Ausgleich der sozialen Gegensätze und damit für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen". 293 Dadurch ist über die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit hinaus die Vermeidung von sozialen Spannungen angesprochen. Auch insoweit hat der Schutz der Umwelt damit auf das Sozialstaatsprinzip Rücksicht zu nehmen. Dieses wirkt limitierend und setzt dem Umweltstaatsziel Grenzen. 294 Wie auch im Hinblick auf die Grundrechte ist ein Ausgleich notwendig. 295 Begrenzt damit das Sozialstaatsprinzip den Umweltschutz im Hinblick auf die heutigen Generationen, so ist eine Erweiterung auf künftige Generationen dadurch möglich, daß soziale Gegensätze und eine ungerechte Sozialordnung auch im Verhältnis von jetzt und künftig Lebenden entstehen können. Andeutungs288

Jarass, in: ders./Pieroth, GG, Art. 20 Rn. 72.

289

Starck, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 3 Rn. 6, 29.

290

BVerfGE 33, 303 (331); Kittner, goldt/Klein/Starck, GG, Art. 3 Rn. 6, 29. 291

in: AK-GG, Art. 20 Rn. 60; Starck, in: von Man-

Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 12 Rn. 45.

292

Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 12 Rn. 45.

293

BVerfGE 22, 180 (204); in der Sache ebenso BVerfGE 5, 85 (198); 27, 253 (283); 69, 272 (314); BVerfG, NJW 1996, 2293 (2295). 294

Vgl. zur Funktion des Sozialstaatsprinzips als kollidierendes Verfassungsrecht zu den Grundrechten Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 VIII Rn. 45; Zacher, in: HStR, Bd. I, § 25 Rn. 98 f.; Kittner, in: AK-GG, Art. 20 Rn. 56; siehe ferner BVerfGE 65, 182 (193). 295

Vgl. zu den Grundrechten BVerwGE 62, 55 (61 f.).

§ 2 Geltungsgründe

73

weise zeigt sich dies bereits bei der Rentendiskussion, in der es um eine stärkere Belastung der jüngeren Generationen geht, um die Rente der älteren noch abzusichern, ohne daß gewährleistet ist, daß auch die jüngeren Rente in voller Höhe bekommen.296 In noch weitaus stärkeren Dimensionen erwachsen Gegensätze, wenn es um die Erhaltung lebensnotwendiger Güter sowohl für die heutigen als auch für die künftigen Generationen geht. Erstreckt man vor diesem Hintergrund das Sozialstaatsprinzip auch auf diesen Gegensatz, gibt es einen notwendigen Ausgleich der Belange von gegenwärtig lebenden und künftigen Generationen vor, um insgesamt zu einer gerechten Ordnung und Verteilung zu kommen. Das Sozialstaatsprinzip bildet damit einen Kontrapunkt zu der ökologischen Seite der nachhaltigen Entwicklung, indem es eine einseitige Präferierung von Umweltschutzbelangen unter Aufbrechen von sozialen Gegensätzen verhindert. Zugleich ist in ihm ein Ausgleich zwischen den Belangen von jetzt und künftig Lebenden angelegt, wie es dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung gerade entspricht.

4. Ausgleich zwischen Ökonomie, sozialen Belangen und Ökologie im Rahmen der Verwirklichung einer nachhaltigen Entwicklung Die rechtliche Fundierung der verschiedenen den Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung inhaltlich formenden Elemente ergab, welch verschiedene und zahlreiche rechtliche Grundlagen im Rahmen der Umsetzung dieses Prinzips aufeinanderstoßen. Ergreift der Staat auf dieser Grundlage Maßnahmen, zielt er vielfach auf eine Verhaltensänderung des einzelnen, um etwa die bestehenden Emissionen zwecks besserer Reinhaltung der Luft zu verhindern oder den Abbau von Rohstoffen zu begrenzen, um diese auch der Nachwelt zu erhalten. Damit werden Grundrechte eingeschränkt, die mit den diese Maßnahmen rechtfertigenden Elementen abgewogen werden müssen. Um eine solche umfassende freiheitsrechtliche Abwägung bzw. Zumutbarkeitskontrolle käme man nur herum, wenn man das Verhalten eines (potentiellen) Schadensverursachers aus dem grundrechtlichen Schutzbereich herausfallen ließe. Als Ansatzpunkt dafür wird gesehen, die Nutzung von Umweltgütern nicht als Freiheitsausübung zu begreifen, 297 sondern als Teilhabe, die verfassungsrechtlich nur insoweit gewährleistet ist, als sich aus dem Grundgesetz ein entsprechender Teilhabeanspruch ableiten läßt. 298 Auf dieser Basis hätte man nur zu prüfen, „ob ein verfas-

296 Dazu Wegmann, Transferverfassungsrechtliche Probleme der Sozialversicherung, S. 331 ff.; Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S. 237 ff. 297

So die ganz herrschende Meinung, besonders deutlich Kloepfer, Lerche, S. 755 ff.; Preu, JZ 1991, S. 265 ff. 298

in: Festschrift für

Murswiek, DVB1. 1994, 77 (81); im Ansatz bereits ders., JZ 1988, 985 (992 f.); ders., in: HStR, Bd. V, 1992, § 112 Rn. 83; zu den Konsequenzen im Abgabenbereich

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

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sungsrechtlicher Anspruch auf Teilhabe besteht"; wenn nicht, „bildet das Willkürverbot als Verteilungskriterium den materiellen Entscheidungsmaßstab", zusammen mit dem rechtsstaatlichen Verbot des Vertrauensschutzes. 299 Damit wird freilich das umfassende und differenzierte Freiheitsschutzkonzept des Grundgesetzes für einen Teilbereich nahezu gänzlich ausgehebelt. Die grundrechtlichen Schranken und das Übermaßverbot sorgen gerade dafür, daß sämtliche Belange adäquat und nicht a priori mit schwächerem Gewicht zum Tragen kommen. Diese beiden Instrumente sind daher unverzichtbar, und der Ansatz Murswieks ist abzulehnen.300 Somit muß der Staat bei der Verwirklichung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung die Grundrechte in vollem Umfang in seine Abwägung einbeziehen. Treffen solchermaßen die verschiedenen Stränge des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung und die bei dessen Verwirklichung vielfach einzuschränkenden Grundrechte aufeinander, wird die Komplexität von Abwägungsentscheidungen zusätzlich dadurch gesteigert, daß künftige Entwicklungen schwerlich vorhersehbar sind. Das gilt sowohl auf der Seite der positiven Auswirkungen zugunsten des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung als auch auf Seiten der negativen Folgen für die Abwehrgrundrechte. 301 Dieser Abwägungsprozeß könnte höchstens insoweit zugunsten des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung vorgeprägt sein, als etwa Umweltbelangen ein genereller Vorrang einzuräumen wäre. So werden im Europarecht Umweltbelange als grundsätzlich vorrangig betrachtet bzw. bei Zweifeln, ob sie in der Abwägung überwiegen, vorgezogen. 302 Dieser Ansatz wurde indes bereits im Europarecht verworfen. Zudem ist der Umweltschutz im Grundgesetz nicht so stark ausgeprägt, daß es diesen etwa über eine Querschnittsklausel 303 umfassend zur Geltung bringt. Umgekehrt die Grundrechte nach dem pauschalen Grundsatz „in dubio pro liberiate" grundsätzlich vorgehen zu lassen, wenn tatsächliche Unsi-

ders., NuR 1994, 81 ff., und zu der dieser Abgabenkonzeption weitgehenden folgenden BVerfGE 93, 319; ders., NVwZ 1996, 417 ff. 299

Murswiek, DVB1. 1994, 77 (83).

300

Siehe insbesondere Kloepfer/Vierhaus, in: Gethmann/Kloepfer, Freiheit und Umweltschutz im Umweltstaat, S. 15 ff., 31 ff.; ders., DVB1. 1994, 12 (15); Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S. 81 ff.; auch bereits Kloepfer, in: ders., Umweltstaat, 1989, S. 39 (53); unter dem Blickwinkel des Grundrechtsschutzes des Anlagenbetreibers Sandner, Investitionserleichterung und kommunale Planungshoheit, S. 67 ff., bes. S. 79 ff. 301

Näher Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S. 293 f.

302

Siehe oben § 2 A.X.

303

Art. 20a GG eine solche Funktion zumessend Kloepfer, in: Bonner Kommentar, Art. 20a Rn. 65. Freilich sind in Art. 20a GG nicht einzelne materielle Gehalte und Erfordernisse aufgeführt. Der Zielgehalt von Art. 20a GG ist bei jeder staatlichen Tätigkeit bereits aufgrund der Existenz der Umweltstaatszielbestimmung zu beachten; indes ist nicht mit jeder Staatszielbestimmung gleich eine Querschnittsklausel statuiert.

§ 2 Geltungsgründe

75

cherheiten auftauchen, 304 wirft aus Sicht der Grundrechte und vor allem der grundrechtlichen Schutzpflichten die Frage auf, zu wessen Gunsten die Vermutung für die Freiheit gelten soll. 305 Somit sind sämtliche bei der Verwirklichung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung in Frage stehenden Belange in eine umfassende Abwägung einzustellen und a priori gleichgewichtig und gleichrangig einander gegenüberzustellen. Daraus erwächst eine höchst komplexe Abwägungsentscheidung, die an Unübersichtlichkeit und damit Nachprüfbarkeit noch über das hinausgeht, was im Umweltbereich bereits allgemein angenommen wird. 306 Bereits auf dieser Grundlage werden dem Gesetzgeber angemessene Erfahrungs- und Anpassungsspielräume zugestanden, sowie überhaupt eine weitgehende Gestaltungsfreiheit gewährt. 307 Wie der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung verwirklicht wird, ist damit nicht nur aufgrund des Prinzipiencharakters dieses Rechtsgrundsatzes weitgehend offen, sondern zusätzlich aufgrund der Komplexität seiner Verwirklichung. Insoweit einzubeziehen sind auch noch viele wirtschaftliche, politische und haushaltsrechtliche Gegebenheiten, die richterlich regelmäßig nicht nachgeprüft werden können. 308 Gerade in diesem Bereich kann sich daher die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers nur unter ganz besonderen Umständen derart verengen, daß lediglich eine ganz bestimmte Maßnahme in Frage kommt. 309 Eine gerichtliche Einforderbarkeit von legislativen Maßnahmen ist allenfalls insoweit möglich, als „die öffentliche Gewalt Schutzvorkehrungen entweder überhaupt nicht getroffen hat oder die getroffenen Regelungen und Maßnahmen gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen, oder erheblich dahinter zurückzubleiben". 310

304

Ossenbiihl, in: Festgabe aus Anlaß des 25-jährigen Bestehens des Bundesverfassungsgerichts, Bd. 1, S. 458 (486). 305

Siehe Gröschner, Das Überwachungsrechtsverhältnis, S. 94 f.; Alexy, Der Staat 29 (1990), 49 (54, 57, 61 ff.); bereits ders., Theorie der Grundrechte, S. 75 f., 78 ff. 306

Siehe BVerfG, NJW 1998, 3264 (3265): „regelmäßig eine höchst komplexe Frage" bereits im Hinblick auf die anstehende Verwirklichung einer staatlichen Schutzpflicht: „Im Bereich der Luftreinhaltung kommt hinzu, daß verläßliche Erkenntnisse über die Auswirkungen von Luftverunreinigungen auf Mensch und Natur noch nicht vorliegen... 307 Siehe bereits auf der Basis der Verwirklichung grundrechtlicher Schutzpflichten im Umweltbereich oben § 2 B.I.l.b)bb)(2). 308 BVerfG, NJW 1998, 3264 (3265) im Hinblick aufgrundrechtliche Schutzpflichten allgemein. 309 310

Vgl. BVerfG, NJW 1998, 3264 (3265).

So zu den grundrechtlichen Schutzpflichten BVerfGE 92, 26 (46); siehe auch BVerfGE 56, 54 (80 f.); 77, 170 (215); 79, 174 (201 f.); 85, 191 (212); BVerfG, NJW 1996, 651; NJW 1996, 651 (652); ebenso Kopp, NJW 1994, 1753 (1756) für grundrechtliche Förderungspflichten. Dem BVerfG zustimmend Hesse, in: Festschrift für Mahrenholz, S. 541 (555 ff.), eine engere Kontrolle entsprechend der § 218-Rechtsprechung fordernd Steinberg, NJW 1996, 1985 (1988); aber auch BVerfGE 88, 203

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Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

Umgekehrt werden gerade wegen der schweren Vorhersehbarkeit von Auswirkungen und Folgewirkungen Grundrechtseingriffe als solche regelmäßig gerechtfertigt sein, wenn der Staat Maßnahmen zur Verwirklichung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung ergreift. Schließlich kann dieser Grundsatz wie überhaupt die meisten Umweltmaßnahmen nur auf unsicherer Tatsachengrundlage im Werk gesetzt werden. Schlösse man dann staatliches Handeln aus, könnten verfassungsmäßig vorgegebene Determinanten nicht verwirklicht werden. 311 Somit muß der Staat nur die umweltbezogene bzw. dem Nachhaltigkeitsgedanken verpflichtete Motivation seines Vorgehens sowie die Wahrscheinlichkeit künftiger Abläufe, gestützt auf eine sachgerechte und vertretbare Beurteilung des erreichbaren Materials und eine darauf gestützte Prognose, plausibel darlegen, 312 aus rechtsstaatlichen Gründen freilich notwendig untermauert durch tatsächliche Gesichtspunkte.313 Aufgrund der unterschiedlichen Einwirkungsintensität verschiedener Instrumente muß aber immer noch sorgfältig geprüft werden, ob der Staat entsprechend dem Übermaßverbot das mildeste Mittel gewählt hat. 314 Zwar wird auch diese Erforderlichkeitsprüfung dadurch aufgeweicht, daß Auswirkungen von Maßnahmen nicht im einzelnen vorhersehbar sind und daher dem Staat ein Prognose- und Gestaltungsspielraum zusteht.315 Tendenziell werden Maßnahmen, die an das freie Spiel der Kräfte des Marktes anknüpfen, weniger stark die Freiheitssphäre beeinträchtigen als staatlicher Zwang in Form von Auflagen oder auch Abgaben. 316 Zudem sind insbesondere die Instrumente,

(253 f.) betont grundsätzlich die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers; zudem handelt es sich insoweit um eine besondere Entscheidung, die gerade wegen der durch den schärferen Prüfungsmaßstab mitbedingten Ableitung konkreter Rechtsfolgen Kritik erfuhr, insbesondere Hermes/Walther, NJW 1993, 2337 (2339 f.). 311

Zum Umweltstaatsziel oben B.I.l.a). Für grundrechtliche Schutzpflichten auch Böhm, Der Normenmensch, S. 115. 312

Bereits BVerfGE 50, 290 (333 f.). Zum Ganzen näher und m.w.N. Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S. 292 ff. 313

Näher oben § 2 B.I.l.a) und b)bb)(2).

314

BVerfGE 53, 135 (145 f.); 67, 157 (177); 68, 193 (219); 90, 145 (172).

315

Während die Eignung von Maßnahmen (Geeignetheit) der Verwaltung zur Erreichung eines bestimmten Zweckes im Grundsatz als voll überprüfbar eingestuft wird, räumt das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber, insbesondere wenn eine Prognose künftiger Entwicklungen vorzunehmen ist, einen Prognosespielraum, eine sogenannte Einschätzungsprärogative ein. Dies gilt vor allem bei wirtschaftslenkenden Gesetzen, vgl. BVerfGE 50, 290. Dies wirkt sich auf die Erforderlichkeit aus, da diese in Relation zur Zweckerreichung steht, den der Gesetzgeber vorgibt. Das Erfordernis, das mildeste Mittel zur Zweckerreichung einzusetzen (Erforderlichkeit), gilt nur im Verhältnis zu gleichermaßen geeigneten Maßnahmen. 316

Zu dem Zwangscharakter von landesrechtlichen Abfallabgaben siehe BVerfG, NJW 1998, 2341 (2343). Im Hinblick auf das Verhältnis von Kooperation und Lenkungsabgaben als Mittel der Verhaltenssteuerung stellt es fest: Die Kooperation erlaubt eine einvernehmliche Mitwirkung der Beteiligten ..., die steuerliche Lenkung gestattet

§ 2 Geltungsgründe

77

die auf Freiwilligkeit und Mitwirkung der Wirtschaft setzen, dazu geeignet, langfristige Verhaltensänderungen zu erreichen. 317 Vor diesem Hintergrund erscheinen sie am effektivsten. Zertifikatlösungen und Selbstverpflichtungen werden daher regelmäßig als das mildere Mittel angesehen.318 Diese neuen Instrumente sind freilich nicht durchgängig milder. Insbesondere können Warnungen weitaus gravierendere Beeinträchtigungen zur Folge haben als punktuell begrenzte ordnungsrechtliche Anforderungen. Die im Einzelfall gegebenen Voraussetzungen und Wirkungen müssen daher entscheiden. Bereits diese wenigen Ausführungen zeigen, daß zahlreiche Instrumente zur Verwirklichung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung zur Verfügung stehen. Vielfach werden solche Instrumente auch nebeneinander angewandt. Daher ist insbesondere darauf zu achten, daß sich hier nicht Wirkungen überschneiden und gegenseitig ausschließen, mithin ein insgesamt stimmiges Konzept an den Bürger herangetragen wird und er damit höchstens durch widerspruchsfreie Maßnahmen in seinen Grundrechten eingeschränkt wird. 319 Aufgrund der schweren Ermittelbarkeit der einzelnen Auswirkungen und ihrer Schwere ist daher im Rahmen der verfassungsrechtlichen Kontrolle verstärkt auch auf solche eher instrumentellen Aspekte einzugehen.

II Bergrecht Nachfolgend soll der Frage nachgegangen werden, ob und, wenn ja, inwieweit der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung im Bergrecht de lege lata enthalten ist. Das Bundesberggesetz definiert in § 1 den Zweck des Gesetzes und reiht sich damit in die neuere Gesetzgebungstradition ein, 320 wonach der Gesetzgeber dem Rechtsanwender eine Auslegungsregel an die Hand gibt, die die

dem Leistungsfähigen ein Ausweichen in die Umweltbelastung, wirkt jedoch gegenüber dem Nichtleistungsfähigen wie ein Verbot. Kritik daran übt Bothe, NJW 1998, 2333 (2334). 317

Dickertmann/Gelbhaar, (1980), 211 (309).

ZfU 1995, 341 (349); bereits Hoppe, VVDStRL 38

318

Kloepfer, in: Wagner, Unternehmung und ökonomische Umwelt, S. 241 (248 ff.); vgl. Enders, Kompensationsregelungen im Immissionsschutzrecht, S. 253 f. für die Kompensationsmöglichkeiten nach §§ 7 Abs. 3, 17 Abs. 3a BImSchG: Kompensation als Möglichkeit der Abwehr des nach allgemeinen Bestimmungen zulässigen Eingriffs in Form hoheitlicher Zwangsmaßnahmen. Führt freilich erst deren Androhen zur Bereitschaft von Kompensationen, ist wiederum ein Vergleich zwischen den Auswirkungen der angebotenen Kompensation und der ansonsten ergriffenen Hoheitsmaßnahme möglich. 319 Zu den verschiedenen Umsetzungsmitteln und ihrer Harmonisierung umfassend unten § 3. 320 Vgl. etwa § 1 BImSchG; § 1 BNatSchG; § 1 BBodSchG usw.

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Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

Grundkonzeption des Gesetzgebungsvorhabens verdeutlichen soll. 321 Die Zweckvorschrift des § 1 BBergG verdeutlicht das abstrakte gesetzgeberische Interesse und die generelle Zielrichtung des Bundesberggesetzes. Sie spiegelt die gesetzgeberische Zielvorstellung bei Erlaß des Bundesberggesetzes wider, begründet keine unmittelbaren Rechte und Pflichten des Bürgers und stellt mithin kein materielles Recht dar. 322 Daher kann allein unter Berufung auf diese Vorschrift weder eine Pflicht des Bergbautreibenden begründet noch eine Maßnahme der Behörde gestützt werden. Auch Dritte, wie beispielsweise Naturschutzverbände oder von der Bodenschätzegewinnung Betroffene, können aus dieser Vorschrift keinerlei Rechte herleiten. Trotz des Fehlens eines Normadressaten kann diese Grundsatzvorschrift gleichwohl einen eigenständigen Regelungsgehalt entfalten. 323 Dies geschieht zum einen bei der Auslegung von unbestimmten Rechtsbegriffen und zum anderen bei der abwägenden Auflösung von Interessenkollisionen, sei es mit anderen öffentlichen oder privaten Interessen. Hier sind die spezifischen Belange des Bergbaus in die Abwägung mit einzustellen. Sind im Rahmen der Wortlautinterpretation einzelner Vorschriften des Bundesberggesetzes mehrere Interpretationen denkbar, so ist im Zweifel diejenige vorzuziehen, die der Zweckvorschrift des § 1 BBergG besser gerecht wird. Vergleichbares gilt für alle Ermessens- und Sollvorschriften. Die zuständige Behörde muß bei ihren Ermessensentscheidungen den Zweck des Gesetzes mit berücksichtigen. 324 Daher soll im folgenden der Zweckbestimmung verstärkte Aufmerksamkeit gewidmet werden.

1. Sicherung der Rohstoffversorgung nach § 1 BBergG Nach Nummer 1 besteht der Zweck des Gesetzes darin, „zur Sicherung der Rohstoffversorgung" die Bodenschätzegewinnung „zu ordnen und zu fördern". Der in dieser Vorschrift an erster Stelle genannte Gedanke der Rohstoffsicherung, der von § 48 Abs. 1 S. 2 BBergG aufgegriffen und im Sinne eines Optimierungsgebotes konkretisiert und damit flankiert wird, stellt das Ziel des Bundesberggesetzes heraus, diesem Anliegen einen besonderen Stellenwert beizumessen. Diese Einschätzung wird von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterstrichen, indem es die Energieversorgung, welche letztlich zumindest durch einen Teilausschnitt der Bodenschätzegewinnung und -nutzung

321

Vgl. hierzu Boldt/Weller, BBergG, § 1 Rn. 2; das Bundesverfassungsgericht bezeichnet in BVerfGE 75, 329 (344) die vergleichbare Zweckbestimmung in § 1 BImSchG als „zusätzliche Auslegungshilfe" neben den in § 3 BImSchG geregelten Begriffsbestimmungen. 322 323 324

Boldt/Weller, BBergG, § 1 Rn. 5. Piens/Schulte/Vitzthum, BBergG, § 1 Rn. 7.

Vgl. Jarass, BImSchG, § 1 Rn. 1, zu der vergleichbaren Zweckbestimmung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes.

§ 2 Geltungsgründe

79

gewährleistet wird, 325 als „Gemeinschaftsinteresse höchsten Ranges"326 bezeichnet hat. Die ständige Verfügbarkeit ausreichender Energiemengen sei eine entscheidende Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit der gesamten Wirtschaft, und von daher handele es sich um ein von der jeweiligen Politik des Gemeinwesens unabhängiges „absolutes" Gemeinschaftsgut. Die sogenannte Rohstoffsicherungsklausel spiegelt mithin die ökonomische Dimension des Berggesetzes wider. Zudem ist in ihr die dem Nachhaltigkeitsgedanken immanente Zeitdimension angelegt. Die „ständige Verfügbarkeit" von Rohstoffen zur Energieerzeugung erfordert eine Berücksichtigung, daß Rohstoffvorräte erhalten bleiben und damit auch künftigen Generationen zur Verfügung stehen. Eine langfristig vorsorgende Rohstoffsicherung kann allerdings nur durch mittel- und langfristige, mithin zukunftsorientierte Planung sichergestellt werden. Die Erforderlichkeit einer an langfristigen Zeithorizonten orientierten Rohstoffsicherung wird vor dem Hintergrund des dem Nachhaltigkeitsgedanken immanenten Aspekts der Langzeitverantwortung deutlich. Danach sind Grundstücke für die Aufsuchung und Gewinnung von Bodenschätzen auch zur Inanspruchnahme durch künftige Generationen zu sichern. Angesichts der zahlreichen Variablen, mit denen eine entsprechende Rohstoffsicherung konfrontiert wird, darf der Planungszeitraum allerdings auch nicht zu weit abgesteckt werden. Gleichwohl zeigt sich, daß die Vorschriften des Bundesberggesetzes auf einen vergleichsweise kurz- bis mittelfristigen Zeitraum ausgerichtet sind. Während zwar weder dem Wort „Sicherung" in § 1 Nr. 1 BBergG noch dem Begriff der „Rohstoffversorgung" eine zeitliche Begrenzung entnommen werden kann, mithin beide prinzipiell offen für die temporale Dimension des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung sind, wird eine langfristig vorsorgende Rohstofifsicherung im Bundesberggesetz nicht instrumentalisiert. 327 Dies verdeutlicht etwa die begrenzte zeitliche Dimension des § 107 BBergG. Nach dessen Abs. 1 ist die Festsetzung von Baubeschränkungsgebieten mit dem Ziel, die beabsichtigte Inanspruchnahme volkswirtschaftlich bedeutsame Rohstoffe zu sichern, auf kurzfristige Zeiträume beschränkt. Denn nach Satz 2 ist eine derartige Festsetzung ausgeschlossen, wenn die bergbauliche Inanspruchnahme der Grundstücke nicht innerhalb von 15 Jahren zu erwarten ist. Die darin enthaltene Prognose eröffnet lediglich einen begrenzten Spielraum für die Behörden. Sowohl für die Planungssicherheit der RohstofFindustrie als auch vor dem Hintergrund der nachhaltigen Entwicklung ist dagegen eine weit vorausschau-

325 Der Begriff „Bodenschätze" wird in § 3 Abs. 1 BBergG legal definiert. Während die Rohstoffsicherungsklausel in ihrer allgemeinen Form für alle mineralischen Rohstoffe Geltung beansprucht, ergibt sich aus dem vom Bundesverfassungsgericht hervorgehobenen Kontext der Energieversorgung ein besonderes Gewicht bei Fragen, die im planungs- oder genehmigungsrechtlichen Zusammenhang mit den fossilen Energieträgern Erdöl, Erdgas, Stein- und Braunkohle usw. stehen. 326

BVerfGE 25, 1(16); 30, 292 (323); NWVerfGH, NVwZ-RR 1998, 473 (475).

327

Vgl. auch Berkemann, DVB1. 1989, 625 (625 f.).

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Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

ende Ressourcenplanung erforderlich. Auf diese Weise lassen sich die Bedürfnisse der gegenwärtig Lebenden mit jenen künftiger Generationen abgleichen. Dafür bedarf es eines Instrumentariums, welches mittels Gebietsfestlegungen Rohstoffe langfristig gegen konkurrierende Nutzungen zu sichern vermag. Dabei gilt es dann, das tatsächliche RohstofïVorkommen jedes einzelnen mineralischen Rohstoffes zu berücksichtigten und dessen zeitlich gestaffelte Nachfrageabschätzung mit in die Planung einzubeziehen. Aufgrund der darin liegenden Prognosen müssen diese Parameter dynamisch ermittelt, fortgeschrieben und ggf. angepaßt werden. Den Besonderheiten der Mineralgewinnung und deren Bedeutung für die langfristige Versorgung der Energiewirtschaft mit Primärenergieträgern sowie allgemein die Sicherstellung einer ausreichenden Versorgung mit Bodenschätzen (etwa für die Bauwirtschaft) auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen kann auf diese Weise Rechnung getragen werden. 328

2. Berücksichtigung der Standortgebundenheit und des Lagerstättenschutzes Des weiteren stellt die sogenannte Sonderrechtsklausel 329 in § 1 Nr. 1 BBergG das allgemeine öffentliche Interesse an einer gesicherten Rohstoffversorgung in Bezug zu den Besonderheiten bergbaulicher Tätigkeit. Die Standortgebundenheit verdeutlicht, daß der Bergbau bestimmten geologischen und bergtechnischen Sachzwängen unterworfen ist. Der Lagerstättenschutz trägt der Tatsache Rechnung, daß die bergbauliche Tätigkeit mit unwiederbringlichem Ressourcenverzehr einhergeht. 330 In der Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung zum Bundesberggesetz331 heißt es, daß der Lagerstättenschutz auch als Beitrag zur optimalen Nutzung der heimischen Ressourcen im Hinblick auf ihre unwiederbringliche Substanz diene. Dieser Schutz kann zum einen die Verhinderung von Raubbau zum Ziel haben und zum anderen in begrenztem Umfang den Schutz einer Lagerstätte vor Beeinträchtigungen wie ζ. B. konkurrierenden Raumnutzungen. Als Ausdruck des allgemeinen öffentlichen Interesses an der Rohstoffsicherung und damit mittelbar auch am Lagerstättenschutz

328 Bereits in der Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Bundesberggesetz (BT-Drucks. 8/1315, S. 87) heißt es: „Die besondere gesamtwirtschaftliche Bedeutung des Bergbaus und das Allgemeininteresse ... an der Rohstoffversorgung stehen also außer Frage. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, daß die Sicherung einer künftigen bergbaulichen Nutzung bekannter Vorkommen mineralischer Rohstoffe zwar zunehmend an Bedeutung gewinnt. Die zu diesem Zweck notwendigen vorsorgenden Maßnahmen gehören jedoch zu den Aufgaben von Raumordnung und Landes nung." Hervorhebung des Verfassers. 329

Begriff nach Piens/Schulte/Vitzthum,

330

Piens/Schulte/Vitzthum,

331

BT-Drucks. 8/1315, S. 67 (74) = ZfB 122 (1981), 94 (106).

BBergG, § 1 Rn. 6.

BBergG, § 1 Rn. 12.

§ 2 Geltungsgründe

81

wird allerdings die Auslegungsregel des § 1 Nr. 1 BBergG allenfalls bei konkreten Vorhaben, die die weitere Gewinnung von Bodenschätzen beeinträchtigen oder ein hinreichend konkretes, bevorstehendes Abbauvorhaben zu beeinträchtigen drohen, zur Geltung gebracht. Der Lagerstättenschutz wird auf solche Vorhaben beschränkt, die ihrem Umfang nach bekannt sind und zur Aufsuchung anstehen.332 Danach sei ein langfristig vorsorgender Lagerstättenschutz vom Gesetz selbst nicht beabsichtigt, sondern vielmehr der Raumordnung und Landesplanung überantwortet. 333 Ein langfristig vorsorgender Lagerstättenschutz und damit der Schutz unwiederbringlicher mineralischer Vorkommen schließt nämlich eine Gesamtbetrachtung und nicht nur eine auf das konkret zum Abbau anstehende Vorhaben ein. Nach dem VGH Mannheim 334 und Boldt/Weller 335 gehört zum Lagerstättenschutz nicht nur der Schutz der Bodenschätze vor Beeinträchtigungen, sondern auch vor „Raubbau" unwiederbringlicher mineralischer Vorkommen. Nach Boldt/Weller 336 könnten derart vom Lagerstättenschutz umfaßte Maßnahmen auch darin bestehen, daß an der Erdoberfläche Vorhaben geplant seien, die die Gewinnung von Bodenschätzen verhindern oder erschweren, ohne daß deren konkreter Abbau bereits vorgesehen sein muß. Damit ist schon ein weiterer Zukunftsbezug hergestellt, der aber der in den Gesetzesmaterialien angesprochenen Unwiederbringlichkeit nicht hinreichend Rechnung trägt. Die Feststellung eines zu starken Abbaus oder einer zu starken Beeinträchtigung unwiederbringlicher RohstoffVorkommen durch konkurrierende Nutzungen ist nur bei einer Untersuchung möglich, die alle vorhandenen Lagerstätten eines bestimmten Rohstoffs in den Blick nimmt. Die Bewertung der Unwiederbringlichkeit, insbesondere unter Berücksichtigung der veränderten Akzentuierung durch das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung, deutet weiter in die Zukunft als die Forderung nach einer optimalen Nutzung konkreter Vorkommen. Sie ist nur von Relevanz, wenn man auch auf den Erhalt von Rohstoffen für zukünftige Generationen zielt. Freilich ist die Sicherung der Rohstoffversorgung in Zusammenhang mit dem Aufsuchen, Gewinnen und Aufbereiten von Bodenschätzen aufgeführt, mithin gegenwartsbezogenen Vorgängen, die nach § 1 Nr. 1 BBergG zu ordnen und zu fördern sind. Weist auch das „Fördern" auf gegenwartsbezogenen Abbau, enthält das „Ordnen" eine diesen Abbau begrenzende Komponente und schließt daher alle die Sicherung der Rohstoffversorgung ausmachenden Komponenten

332

Wie Piens/Schulte/Vitzthum,

BBergG, § 1 Rn. 12, zutreffend betonen.

333

Vgl. bereits die Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung, BTDrucks. 8/1315, S. 67; Piens/Schulte/Vitzthum, BBergG, § 1 Rn. 12. Zur vorsorgenden Sicherung sowie zur geordneten Aufsuchung und Gewinnung von standortgebundenen Rohstoffen als Aufgabe der Raumordnungsplanung vgl. § 7 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 lit. b) ROG. Dazu unten Teil 2 § 1 B.III.2.a)bb), b)aa), IV.l.a). 334

VGH Mannheim, VB1BW. 1988, 398 (403).

335

Boldt/Weller,

BBergG, § 1 Rn. 2.

336

Boldt/Weller,

BBergG, § 1 Rn. 2.

6 Frenz

82

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ein. Ist diese auch zukunfisbezogen, bildet das „Ordnen" eine Öffiiungsklausel für zukünftige Belange. Damit ist dem Wortlaut von § 1 Nr. 1 BBergG in Übereinstimmung mit den auf die Unwiederbringlichkeit von mineralischen Rohstoffen hinweisenden Entstehungsmaterialien auch ein langfristig vorsorgender Lagerstättenschutz zu entnehmen.337 Dieser sichert sowohl die weitere wirtschaftliche Nutzbarkeit als solche wie auch die Bedürfnisse künftiger Generationen am Erhalt von Bodenschätzen. Durch diesen zweiten Effekt bringt er die Bedürfnisse künftiger Generationen in Ausgleich mit denen der jetzt Lebenden. Der Lagerstättenschutz ist mithin auch Ausdruck intergenerationeller Gerechtigkeit und sichert damit neben der ökonomischen auch die soziale Komponente ab. Auch wenn man von einer solchen Zukunfisbezogenheit ausgeht, stellt sich allerdings das Problem, daß diese wie bereits festgestellt vor allem durch räumliche Planung umgesetzt wird. Ein auf die mittel- und langfristige Planung ausgerichtetes Instrumentarium enthält indes das Bundesberggesetz nicht. 338 Gleichwohl ist der Lagerstättenschutz angesprochen. Wird er auch in erster Linie durch Planung umgesetzt, so betrifft dies seine in der Sache angelegte Art und Weise der Verwirklichung, nicht die Festschreibung oder Reduzierung des Gehalts als solchem. Auch sind dadurch andere Einwirkungsstellen nicht ausgeschlossen. Der Lagerstättenschutz im Hinblick auf die Unwiederbringlichkeit mineralischer Substanz und die im Zusammenhang mit der Gesetzesbegründung angesprochene optimale Nutzung kann aufgrund der Stellung in der Zweckbestimmung interpretationsleitende Bedeutung etwa in der Erteilung von Berechtigungen erlangen.

3. Vorgabe des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden nach § 1 BBergG In direktem textlichen und inhaltlichen Zusammenhang mit der sogenannten Rohstoffsicherungsklausel steht die Zielbestimmung eines „sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden". Diese sogenannte Bodenschutzklausel ist durch Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung des Bundesberggesetzes vom 12.2.1990339 eingefügt worden. Mit ihr werden insoweit die Auswirkungen des Bergbaus auf die Umwelt erfaßt. Zugleich wird die ökologische Dimension des Nachhaltigkeitsgedankens in Form des Grundsatzes der Ressourcenschonung berührt. Zweck des Berggesetzes ist es, zur Sicherung der Rohstoffversorgung das Aufsuchen, Gewinnen und Aufbereiten von Bodenschätzen bei sparsamem und schonendem Umgang mit Grund und Boden zu ordnen und zu fördern. Gebote der Sparsamkeit und Schonung können, zumindest was die Nutzung nicht erneuerbarer Ressourcen betrifft, als Unteraspekte

337

Ebenso Berkemann, DVB1. 1989, 625 (625).

338

So auch Berkemann, DVB1. 1989, 625 (625).

339

BGBl. I S. 215, ebenfalls abgedruckt in: ZfB (131) 1990, S. 85 ff.

§ 2 Geltungsgründe

83

des Grundsatzes der Nachhaltigkeit in Form des ressourcenökonomischen 340 Ansatzes qualifiziert werden. 341 Denn hier ist eine Kreislaufwirtschaft oder zirkuläre Ökonomie mit dem Ziel der Erhaltung des Naturkapitals im strengen Sinne nicht möglich. Der Nachhaltigkeitsgedanke wird durch das Gebot der sparsamen und schonenden Inanspruchnahme als Maßstab des Ressourcenverbrauchs aufrechterhalten. Der von § 1 Nr. 1 BBergG geforderte sparsame und schonende Umgang mit Grund und Boden kann sich als Handlungsanweisung nur auf die im Bundesberggesetz geregelten Handlungen bzw. bergbaulichen Tätigkeiten beziehen. Trotz fehlendem Normadressaten findet diese Vorschrift als Auslegungsregel über unbestimmte Rechtsbegriffe 342 bzw. bei den Ermessensentscheidungen343 der zuständigen Behörde Eingang in die Genehmigungs-, Konzessions- und Erlaubnistatbestände des Bergrechts und kann auf diese Weise Einfluß auf den Umfang des Flächenverbrauchs bei der Bodenschätzegewinnung nehmen. Insoweit treffen sich in dieser Vorschrift die ökonomische Dimension des Leitbildes der nachhaltigen Entwicklung in Form der Rohstoffsicherung mit der ökologischen und sozialen Komponente in Gestalt der Bodenschutzklausel. Das Sparsamkeits- und Schonungsgebot sichert dabei, daß die für Abbauvorhaben erforderliche Flächeninanspruchnahme auf ein Mindestmaß reduziert und damit Eingriffe in den Boden und die Natur und Landschaft minimiert werden. 344

340

Vgl. dazu oben § 1 B.II.

341

Calliess, DVB1. 1998, 559 (562); Schröder, WiVerw. 1995, 65 (70); wohl auch in diesem Sinne Rehbinder, in: Salzwedel, Grundzüge des Umweltrechts, Kapitel 04 Rn. 63. 342

Problematisch ist in diesem Zusammenhang freilich, daß die Begriffe „sparsam" und „schonend" ebenfalls unbestimmte Rechtsbegriffe darstellen. Vgl. dazu allerdings nicht bergrechtsspezifisch: Kuhlmann, Das Gebot des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden im Städtebaurecht, S. 104 ff Der Stellenwert dieses Gebotes wird in der Praxis wohl eher gering zu veranschlagen sein. Dies wird deutlich, wenn Kuhlmann auf S. 120 resümierend feststellt, daß der Stellenwert dieses Gebotes noch nicht hinreichend bestimmt ist. Das Gebot stehe angesichts der damit verbundenen politischen Motivation in einem Mißverhältnis zur seiner rechtlichen Aussagekraft und Bindungswirkung. Im übrigen müsse dieses Gebot inhaltlich konkretisiert und operationalisierbar gemacht werden. 343

Piens/Schulte/Vitzthum, band, § 1 Rn. 4. 344

BBergG, § 1 Rn. 19; Boldt/Weller,

BBergG, Ergänzung

Wilde, DVB1. 1998, 1321 (1321). Dem Spannungsverhältnis zwischen dem Schutz der Umwelt (hier: Grund und Boden) und der flächenbeanspruchenden Rohstoffgewinnung, welche insbesondere bei der Braunkohlenförderung offenkundig wird, ist faktisch (zumindest teilweise) bereits vor der rechtlichen Verankerung in § 1 Nr. 1 BBergG Rechnung getragen worden. So wurden im „Gesamtkonzept zur Nordwanderung des Steinkohlenbergbaus an der Ruhr", das am 28.1.1986 von der Landesregierung NW beschlossen wurde, „Quantitätsziele" festgelegt, die dazu dienen, „die Inanspruchnahme von Grund und Boden für die bergbaulichen Planungen möglichst gering" zu halten (zi-

84

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

Der sparsame und schonende Umgang nach § 1 Nr. 1 BBergG bezieht sich freilich nur auf den Grund und Boden. Das Bundesberggesetz stellt darin also keinen expliziten Grundsatz dahingehend auf, daß mit den bergbaulichen Materialien schonend und sparsam umgegangen werden muß. Daher stellt Rehbinder 345 fest, daß das Bundesberggesetz derzeit den Nachhaltigkeitsgrundsatz in Form der Ressourcenschonung lediglich ansatzweise, und zwar in Bezug auf die sparsame und schonende Inanspruchnahme der nicht erneuerbaren Ressource Boden, umgesetzt hat. Die nach dem Regelungsgegenstand des Bundesberggesetzes im Vordergrund stehende Bodenschätzegewinnung und damit die Nutzung von Rohstoffen ist allerdings auch in ihrer zukunftsbezogenen Dimension in Form der in § 1 Nr. 1 BBergG enthaltenen Komponente des Lagerstättenschutzes angesprochen. 346 Zudem spielt gerade der Flächenverbrauch eine wichtige Rolle zur Gewährleistung einer nachhaltigen Entwicklung. Zum einen kann sich nur bei einem ausreichenden Prozentsatz einer nicht zersiedelten Fläche ein die Zivilisationsbelastungen ausgleichender Naturhaushalt entfalten. Dieser aber ist notwendig, um auf der Erde auch künftigen Generationen ausreichende Lebensbedingungen zu ermöglichen. Die Beibehaltung einer solchen ausreichenden Naturfläche sichert die Vorgabe einer sparsamen Inanspruchnahme von Grund und Boden ab. Vielfach greift der Bergbau zwar zunächst in Natur und Landschaft ein. Über die Wiedernutzbarmachung wird aber im nachhinein der Naturhaushalt wiederhergestellt. Das genügt im Hinblick auf die Zukunftsbezogenheit des Nachhaltigkeitsgedankens. Künftige Generationen müssen im Ergebnis über einen geordneten Naturhaushalt verfügen. Zum anderen schränkt ein Flächenverbrauch als solcher die Entfaltungsmöglichkeiten künftiger Generationen ein. Je weniger unbeanspruchte bzw. nicht wiederhergestellte Fläche ihnen verbleibt, desto geringer ist ihr räumlicher Entfaltungsraum. Bezogen auf den Flächenverbrauch, d. h. auf die Inanspruchnahme von Grund und Boden, kommt damit nicht nur die ökologische Komponente in Gestalt der intergenerationellen Gerechtigkeit, sondern auch ein Teilaspekt der sozialen Dimension des Nachhaltigkeitsgrundsatzes in Form des Gedankens der Verteilungsgerechtigkeit ansatzweise zum Ausdruck. Damit werden mit der Zielvorgabe des § 1 BBergG sowohl die ökonomische Komponente des Nachhaltigkeitsgrundsatzes in Form der Rohstoffsicherungsklausel wie des Lagerstättenschutzes als auch die soziale und ökologische Komponente in Form der Bodenschutzklausel und partiell auch der Lagerstättenkomponente zumindest angesprochen.

tiert nach Depenbrock NWVB1. 1987, 70 (71 f. mit weiteren Einzelheiten). Zu beachten ist allerdings, daß dem formlos aufgestellten Gesamtkonzept keine formell-rechtliche Bindungswirkung zukommt und hierin allenfalls eine Selbstbindung der Landesregierung erblickt werden kann (vgl. Depenbrock NWVB1. 1987, 70 (73)). 345

Rehbinder, in: Salzwedel, Grundzüge des Umweltrechts, Kapitel 04 Rn. 63.

346

Siehe vorstehend 2.

§ 2 Geltungsgründe

85

4. Vorrang der Rohstoffversorgung und Nachhaltigkeit Die Zweckvorschrift des § 1 BBergG bietet aufgrund ihrer rechtssystematischen Stellung und ermessensbeeinflussenden Bedeutung grundsätzlich Parallelen zur prinzipienhaften Konzeption des Leitbildes der Nachhaltigkeit. Nach dem dreidimensionalen Nachhaltigkeitsverständnis stehen die ökonomischen, ökologischen und sozialen Belange prinzipiell gleichberechtigt nebeneinander. Diese finden in § 1 BBergG wie gezeigt partiell gesetzlichen Niederschlag. Das Verhältnis der in § 1 Nr. 1 BBergG aufgeführten Belange wird unterschiedlich gesehen. Zwar ordnet Erbguth das Bundesberggesetz anhand der gesetzlichen Zielbestimmung als unmittelbar raumbedeutsames Fachgesetz mit gleichgeordnetem Umweltschutzziel 347 ein, was sich mit der Grundkonzeption des Nachhaltigkeitsprinzips decken würde. Diese Einordnung erfolgt allerdings ohne jede weitere Begründung. Demgegenüber wird von Hoppe 348 unter Berufung auf den Wortlaut der Rohstoffsicherungsklausel in § 48 Abs. 1 S. 2 BBergG, die Zweckvorschrift des § 1 Nr. 1 BBergG und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 349 die Ansicht vertreten, daß dem Bergbau gegenüber anderen Belangen ein absoluter Vorrang zukommt. Darüber hinaus sei § 48 Abs. 1 S. 2 BBergG nicht erst bei der Normanwendung, d. h. Subsumtion, sondern bereits bei der Normgebung bergbaubeschränkender Gesetze Rechnung zu tragen. 350 Diese extensive Interpretation der genannten Vorschriften und der Bundes Verfassungsgerichtsentscheidung vermag jedoch aus verschiedenen Gründen nicht zu überzeugen. Zum einen hatte das Bundesverfassungsgericht die Frage zu beantworten, ob die Indienstnahme Privater für öffentlichen Aufgaben (hier die Bevorratungspflicht für bestimmte Mengen von Erdölerzeugnissen) verfassungsgemäß und insbesondere mit der Berufsfreiheit und dem Gleichheitssatz zu vereinbaren ist. Dieses Urteil beschäftigt sich also einerseits mit einer anderen Fragestellung und muß andererseits im zeitlichen Kontext der

347 Erbguth, Rechtssystematische Grundfragen des Umweltrechts, S. 71 f.; vgl. auch dort zur Systematisierung des raumbedeutsamen Umweltrechts in solches mit alleinigem Umweltschutzziel und mit nebengeordnetem Umweltschutzziel, S. 68 ff. (§ 7). 348

Hoppe, Nationalpark-Verordnung „Niedersächsisches Wattenmeer" und bergbauliche Berechtigungen, S. 56 ff.; ders., DVB1. 1987, 757 (761 f.); zustimmend Peters, DVB1. 1988, 227 (228). Diese Ansicht wurde freilich vor der Ergänzung des § 1 Nr. 1 BBergG um die Worte „bei sparsamem und schonendem Umgang mit Grund und Boden" vertreten. 349 Das BVerfGE 30, 292 (323) hat die Sicherheit der Energie- und Rohstoffversorgung als ein Gemeinschaftsinteresse höchsten Ranges bzw. absolutes Gemeinschaftsgut eingestuft, und dies unabhängig von der jeweiligen Politik des Gemeinwesens. 350 Hoppe, Nationalpark-Verordnung „Niedersächsisches Wattenmeer" und bergbauliche Berechtigungen, S. 60; Peters, DVB1. 1988, 227 (228). Dagegen ausführlich Rausch, Umwelt- und Planungsrecht beim Bergbau, S. 196 ff.

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Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

sogenannten Erdölkrise zu Beginn der siebziger Jahre gesehen werden. 351 Des weiteren hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Stellungnahme zur rechtlichen Bedeutung der sogenannten Rohstoffsicherungsklausel ausgeführt, daß das Bundesberggesetz bergbaulichen Vorhaben wegen deren Standortgebundenheit und wegen eines entsprechenden öffentlichen Interesses „eine bestimmte Vorrangstellung gegenüber anderen Interessen" 352 einräume. An anderer Stelle führt es aus, daß das Bundesberggesetz mit der sogenannten Rohstoffsicherungsklausel erkennen lasse, daß es dem Interesse an der Aufsuchung und Gewinnung von Bodenschätzen jedenfalls grundsätzlich den Vorrang eingeräumt wissen will. 3 5 3 Nach der ganz überwiegenden Ansicht in Literatur und Rechtsprechung kommt dem Bergbau aber jedenfalls kein absoluter Vorrang gegenüber anderen Belangen zu, 354 § 48 Abs. 1 S. 2 BBergG wirke vielmehr als relative 355 (und bedingte) 356 Vorrangregel. Danach dominiert gleichwohl der mit der Rohstoffsi351

Dieser Gedanke klingt in der Entscheidung des OVG Münster, ZfB 136 (1995), 301 (307) an, indem es ausführt, daß dieser bedeutende Rang, den das BVerfG in seiner Entscheidung vom 16.3.1971 der Sicherheit der Energieversorgung einräumt, sich nicht ohne weiteres auf andere Rohstoffe, die nicht der Energiegewinnung dienen, übertragen lasse. Auch im Hinblick auf Rohstoffe, die der Energieversorgung dienen, werden Vorbehalte gegenüber einer verabsolutierenden Übertragung der Ausführungen des BVerfG durch das Oberverwaltungsgericht sichtbar, indem die Vorrangstellung vor anderen Schutzgütern unter zwei Vorbehalte gestellt wird: „Mag dies auch im Einzelfall unter Umständen bei Rohstoffen, die der Energieversorgung dienen einen Vorrang vor anderen Schutzgütern ... begründen ... ". Kritisch auch Kloepfer, Umweltrecht, § 10 Rn. 97 mit Fn. 237. 352

BVerwGE 74, 315 (318) mit Klammerverweis auf § 1 Nr. 1 und § 48 Abs. 1 S. 2 BBergG. 353

BVerwGE 81, 329 (339).

354

Ausdrücklich OVG Münster, ZfB 136 (1995), 301 (306) = NWVB1. 1996, 17 (20); Kühne, DVB1. 1987, 1259 (\262); Schmidt-Aßmann/Schoch, Bergwerkseigentum und Grundeigentum im Betriebsplanverfahren, S. 107; Rausch, Umwelt- und Planungsrecht beim Bergbau, S. 185 ff. 355

§ 48 Abs. 1 S. 2 BBergG als relative Vorrangregel betrachten: Boldt/Weller, BBergG, §48 Rn. 4; Schulte, ZfB 128 (1987), 178 (195); Kühne, DVB1. 1987, 1259 (1262) und jüngst Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert „nachhaltiger Entwicklung" bei der Gewinnung oberflächennaher Rohstoffe, S. 63. 356

Nach Rausch, Umwelt- und Planungsrecht beim Bergbau, S. 202 f.; Schmidt-Aßmann/Schoch, Bergwerkseigentum und Grundeigentum im Betriebsplanverfahren, S. 108 f. ist die relative Vorrangstellung des Bergbaus bedingt durch die passende außerbergrechtliche Normstruktur (d. h. die außerbergrechtlichen Normen dürfen nicht zwingender Natur sein, sondern müssen auf der Tatbestandsseite unbestimmte Rechtsbegriffe aufweisen oder auf der Rechtsfolgenseite der Behörde ein Ermessen einräumen oder ζ. B. über Abwägungsklauseln sich selbst für bergrechtliche Belange „öffnen". Hinzu kommen muß ferner, daß die einschlägigen und kollidierenden Fachgesetze ihrerseits relative Vorrangregeln für ihr Sachgebiet treffen. Dann kollidieren mehrere Optimierungsgebote, so daß kein Belang per se vorrangig ist.

§ 2 Geltungsgründe

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cherungsklausel zum Ausdruck gebrachte ökonomische Aspekt der Nachhaltigkeit. Ein wie auch immer gearteter abstrakter Vorrang eines bestimmten Belanges ist jedoch mit der dem Grundsatz der Nachhaltigkeit immanenten Gleichrangigkeit zwischen den einzelnen Belangen grundsätzlich nicht zu vereinbaren. Die Rohstoffversorgung und damit auch deren relativer Vorrang ist allerdings in der allgemeinen Zweckbestimmung des § 1 Nr. 1 BBergG in einen bestimmten Rahmen gestellt, und dieser Rahmen muß auch bei der Anwendung der § 1 BBergG operationalisierenden Vorschrift des § 48 BBergG gewahrt bleiben. Der relative Vorrang der Rohstoffsicherung kann daher nicht weiter gehen als in der grundlegenden Bestimmung des § 1 BBergG vorgesehen. In § 1 Nr. 1 BBergG wird zum einen die Sicherung der Rohstoffversorgung als wirtschaftlicher Belang in unmittelbar textlichen Zusammenhang mit der sogenannten Bodenschutzklausel, mithin einem ökologischen Belang gestellt. Diese unmittelbare Verzahnung von ökonomischen und ökologischen Interessen kommt dem Nachhaltigkeitsgedanken schon sehr nahe. Darüber hinaus enthalten sowohl das Sparsamkeits- und Schonungsgebot als auch der Sicherungsauftrag im Hinblick auf die Rohstoffversorgung und die Berücksichtigung des Lagerstättenschutzes ein zukunftsbezogenes Element. 357 Die Sparsamkeit dient dem Schutz der nicht vermehrbaren Ressource Boden in die Zukunft hinein, die Schonung und die Sicherung dienen der Rohstoffversorgung auch für die Zukunft. Insbesondere das mit dem Lagerstättenschutz intendierte Ziel, Raubbau zu verhindern, beinhaltet ansatzweise den ressourcenökonomischen Teilaspekt des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung. Zukunftsbezug und Ressourcenökonomie wiederum können als Teilaspekte der intergenerationellen Gerechtigkeit gesehen werden. Danach ist das Anliegen des Bundesberggesetzes, die Rohstoffversorgung zu sichern, immerhin in einen Rahmen eingebettet, der selbst Nachhaltigkeitselemente enthält. Mit dem dreidimensionalen, gleichrangigen Verständnis der nachhaltigen Entwicklung ist ein abstrakter Vorrang der Rohstoffversorgung aber nicht zu vereinbaren. Daher drängt sich die Frage auf, ob eine davon abweichende, einen abstrakten Vorrang der Rohstoffversorgung aufgebende Verankerung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung in der Zweckbestimmung des Bundesberggesetzes den Bergbau grundsätzlich tangieren könnte. Aufgrund des besonderen Stellenwertes der Rohstoffversorgung für Industrie und Allgemeinheit, insbesondere zur Energieerzeugung, würde eine entsprechende Änderung der Zweckbestimmung des § 1 BBergG voraussichtlich keine allzu gravierenden Änderungen mit sich bringen. Zwar wäre der Begründungsaufwand für ein Abbauvorhaben tendenziell höher. Gleichwohl dürfte sich ein Bergbauvorhaben, welches unter ökonomischen Gesichtspunkten sinnvoll und unter ökologischen und sozialen Gesichtspunkten vertretbar erscheint, im konkreten Einzelfall gegenüber konkurrierenden Belangen weiterhin durchsetzen. Auch eine dem Nachhaltigkeitsprinzip immanente abstrakte Gleichrangigkeit 357

Siehe oben II.l.

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Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

von ökonomischen, ökologischen und sozialen Belangen dürfte angesichts der zahlreichen umweltrechtlichen Vorgaben, denen ein Abbauvorhaben auch heute bereits ausgesetzt ist, 358 im konkreten Einzelfall keine grundlegende Veränderung bezüglich der Durchsetzungskraft bergbaulicher Belange ergeben. Daß auch heutzutage soziale Belange Einfluß auf die Zulässigkeit insbesondere des obertägigen Braunkohlentagebaus nehmen können, zeigen §§ 32, 34 Abs. 2 LP1G N W 3 5 9 und die Verzögerung des brandenburgischen Braunkohlenabbaus im Fall Horno. Hinzu kommt, daß gerade die fossilen Brennstoffe vor dem Hintergrund des von der Bundesregierung beabsichtigten Ausstiegs aus der friedlichen Nutzung der Atomkraft und dem verschwindend geringen Anteil der erneuerbaren Energieträger an der Energieerzeugung auch weiterhin einen besonderen Stellenwert bei Ermessens- und Abwägungsentscheidungen für sich reklamieren können. Eine andere Frage ist freilich, ob ein relativer abstrakter Vorrang der Rohstoffversorgung als solcher nicht aus anderem Grunde doch mit der Aufnahme des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung in § 1 Nr. 1 BBergG zu vereinbaren wäre. Das Bundesberggesetz ordnet und fördert die bergbauliche Nutzung und damit notwendig verbunden die Flächeninanspruchnahme. Dabei kollidiert es mit anderen Raumfunktionen und Raumnutzungen, mithin mit anderen Fachgesetzen, welche ebenfalls bestimmten fachgesetzlichen Belangen einen Vorrang einräumen. Findet der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung derart Eingang in das Bundesberggesetz, daß schon vom Ansatz her kein abstrakter Vorrang der Rohstoffversorgung besteht, so wäre es vor dem Hintergrund der auf Gleichrangigkeit ökologischer, ökonomischer und sozialer Belange angelegten Konzeption der Nachhaltigkeit nur konsequent, auch andere Fachgesetze entsprechend zu ändern. Ansonsten würde eine Akzentverschiebung zugunsten anderer, naturgemäß mit dem Bergbau konkurrierender Belange eintreten, die als solche prinzipiell nicht mit dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung zu vereinbaren ist. Entweder konkurrieren verschiedene Fachgesetze miteinander, die jeweils Optimierungsgebote zugunsten eines bestimmten Belanges enthalten und dann im Kollisionsfall sich abstrakt neutralisieren, oder es konkurrieren Fachgesetze miteinander, die allesamt auf den Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung fixiert sind. Alles andere kann zu einem Verstoß gegen die auf abstrakte Gleichrangigkeit bauende Konzeption des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung führen. Auch bei einer Konzeption, nach der § 1 BBergG auf einem abstrakten Vorrang der Rohstoffversorgung aufbaut, kann der Nachhaltigkeitsgedanke in den 358 Dazu sogleich unter III. Speziell zur Braunkohlenplanung insbesondere § 34 Abs. 2 LP1G, der ohnehin die Genehmigung der Braunkohlenpläne von der hinreichenden Berücksichtigung sozialer und ökologischer Belange abhängig macht; vgl. unten Teil 2 § 2 D. 359

Landesplanungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Juni 1994 (GVB1. S. 474).

§ 2 Geltungsgründe

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das Bergrecht im Einzelfall näher entfaltenden Regelungen zum Ausdruck kommen bzw. zumindest Eingang finden. Ein solches Eingangstor ist insbesondere die Öffnung bergrechtlicher Vorschriften für Umweltbelange, und sei es über § 48 Abs. 2 BBergG. Die darüber einströmenden Gesichtspunkte sind dann mit den bergbaulichen Interessen abzustimmen. Daher sind die bergbaurelevanten Umweltgesetze näher darauf hin zu untersuchen, inwieweit sie im Grundansatz das Prinzip der nachhaltigen Entwicklung enthalten.

III. Bergbaurelevante

Umweltgesetze

Umweltrechtliche Vorschriften, die auf das Bergrecht einwirken können, finden sich insbesondere im Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (BNatSchG) 360 und im Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (WHG) 3 6 1 . Das so begrenzte bergbaurelevante Umweltrecht wird nachfolgend näher vor dem thematischen Hintergrund der vorliegenden Arbeit beleuchtet.

1. Wasserrecht a) Bedeutung für den Bergbau Bergbauliche Vorhaben bringen zahlreiche Kollisionen mit dem Gewässerschutz mit sich und lösen als Benutzung im Sinne des § 3 WHG regelmäßig ein Erlaubnis- oder Bewilligungserfordernis aus, § 2 i.V.m. § 7 bzw. § 8 WHG. 3 6 2 Nach § 31 Abs. 2 WHG kann im Einzelfall eine wasserrechtliche Planfeststellung erforderlich werden. Dies ist dann der Fall, wenn durch die bergbauliche Tätigkeit ein Gewässer hergestellt, beseitigt oder wesentlich umgestaltet wird. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind die Tatbestandsvoraussetzungen bereits erfüllt, wenn eine Wasserfläche auf Dauer bestehen bleiben soll. 363 Auch das Gerangel um die wasserrechtliche Erlaubnis für den Braunkohlentagebau Garzweiler II zeigt, welche Auswirkungen außerbergrecht-

360

Bundesnaturschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 13.7.1987 (BGBl. I S. 889). 361 Wasserhaushaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 12.11.1996 (BGBl. I S. 1695). 362 Auf die Bedeutung des Wasserrechts für den Bergbau kann hier nicht im einzelnen eingegangen werden, vgl. hierzu Schulte, ZfB 128 (1987), 178 (197 ff.); Rausch, Umwelt· und Planungsrecht beim Bergbau, S. 75 ff.; ferner Reinhardt, NuR 1999, 134 ff., auch mit Beispielen bergbaulicher Vorhaben, die der wasserrechtlichen Erlaubnis nicht bedürfen, S. 136. 363

BVerwGE 55, 220.

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liehe Erfordernisse auf den Bergbau haben können.364 Dabei kann man mit Reinhardt § 6 Abs. 1 WHG als materiell-rechtlichen Dreh- und Angelpunkt der wasserbehördlichen Entscheidung bezeichnen.365 Des weiteren kann die nach § 136 LWG zuständige Wasserbehörde mit Hilfe von Wasserschutzgebietsfestsetzungen nach § 19 WHG i.V.m. § 14 LWG N W 3 6 6 Einfluß auf den Bergbau nehmen. Ein Wasserschutzgebiet wird gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 LWG durch ordnungsbehördliche Verordnung festgesetzt. 367 In Wasserschutzgebieten können nach § 14 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 19 Abs. 2 WHG bestimmte Handlungen368 verboten oder für beschränkt zulässig erklärt werden.

b) Nachhaltigkeit im Wasserrecht Nachdem der Einfluß des Wasserrechts auf den Bergbau grob umrissen wurde, stellt sich im thematischen Zusammenhang dieser Arbeit die Frage, inwieweit sich im Wasserrecht Anhaltspunkte für den Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung finden lassen. Dieses Prinzip kommt im Wasserrecht in verschiedenen Varianten zum Ausdruck, 369 obwohl eine explizite Verankerung wie ζ. B. im neuen Leitbild des Raumordnungsgesetzes370 fehlt. In § 19 g Abs. 5 WHG, der den Begriff „wassergefährdende Stoffe" umschreibt, und in § 45 Abs. 1 LWG, der Voraussetzungen für die Zulassung zur Wasserentnahme aufstellt, wird der Begriff „nachhaltig" verwendet. Die Vorschriften stellen darauf ab, ob die Beschaffenheit des Wassers nachhaltig verändert oder das Gewässer für die vorhandene Tier- und Pflanzenwelt nachhaltig beeinträchtigt wird. Folgt man der Differenzierung des Nachhaltigkeitsgedankens von Schröder, m so kann man hierin einen Anhaltspunkt für diejenige Va364 Vgl. dazu Reinhardt, NuR 1999, 134 ff.; Salzwedel, in: Festschrift für Feldhaus, S. 281 ff. 365

Reinhardt, NuR 1999, 134 (136).

366

Landeswassergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Juni 1995 (GVB1. S. 926). 367

Die einzelnen rechtlichen Voraussetzungen für eine derartige ordnungsbehördliche Verordnung ergeben sich in Nordrhein-Westfalen aus den §§ 25 ff. des Ordnungsbehördengesetzes (OBG), welches für die Wasserbehörden i.S.d. § 136 LWG als Sonderordnungsbehörden nach § 138 LWG i.V.m. § 12 Abs. 2 OBG ergänzend Anwendung findet. 368

Der Bergbau stellt eine Handlung in diesem Sinne dar, vgl. Schulte, ZfB 128 (1987), 178(199). 369

Vgl. dazu etwa Viertel,

370

§ 1 Abs. 2 ROG 1998; vgl. hierzu ausführlich Teil 2 § 1 B.III.

371

ZfW 38 (1999), 541 (543 ff.).

Schröder, WiVerw. 1995, 65 (67 ff.) unterscheidet zwischen dem Nachhaltigkeitsgedanken als Maßstab für den Ressourcen verbrauch auf der einen Seite, wie er ζ. B. im Forstrecht stellvertretend für erneuerbare Ressourcen existiert. Dort besagt er, daß

§ 2 Geltungsgründe

91

riante des Nachhaltigkeitsgedankens sehen, die auf die Eingriffsintensität der jeweils tatbestandlich umschriebenen Handlung abstellt. Mit dem Wort „nachhaltig" i.S.v. § 19 g Abs. 5 WHG sind Auswirkungen auf ein Gewässer von nicht unerheblichem Umfang und von längerer Dauer gemeint.372 Mit dem dreidimensionalen Nachhaltigkeitsprinzip, wie es beispielsweise § 1 Abs. 2 ROG zugrunde liegt, hat dies freilich wenig zu tun. Die im nationalen Recht aus dem Forstrecht stammende Interpretationsvariante des Grundsatzes der Nachhaltigkeit 373 wird als Bewirtschaftungsgrundsatz für die Nutzung erneuerbarer natürlicher Ressourcen verstanden. 374 Danach soll die Ressourceninanspruchnahme auf ein langfristig vertretbares Maß beschränkt, mithin die Funktion einer Ressource auf Dauer gesichert werden. Auf Dauer, also generationenübergreifend, können die Funktionen einer erneuerbaren Ressource aber nur gesichert werden, wenn eine an der Tragekapazität der ökologischen Systeme ausgerichtete Koordination der Nutzung und Bewirtschaftung stattfindet. 375 Für die Bewirtschaftung des Waldes bedeutet dies, daß sich der Holzverbrauch quantitativ und qualitativ an der Rate nachwachsenden Holzes zu orientieren hat, so daß der Waldbestand quantitativ und qualitativ konstant bleibt. Hier wird der Nachhaltigkeitsgedanke als Maßstab des Ressourcenverbrauchs begriffen, was als Grundgedanke, wie noch zu zeigen sein wird, auch in begrenztem Maße für das Wasserrecht zutrifft. Zunächst ist dieser Gedanke abstrakt auf das Wasserrecht zu übertragen. Nachhaltigkeit als Maßstab des Ressourcen-, hier des Wasserverbrauchs würde für die Bewirtschaftung des Wassers erfordern, daß das „Wasserkapital" konstant erhalten bleibt, mithin nur der langfristig nutzbare Wasserschatz in Anspruch genommen werden darf. 376

einer Ressource nicht mehr entnommen werden darf, als wieder nachwächst. Für nicht erneuerbare Ressourcen bleibt der Nachhaltigkeitsgedanke als Maßstab des Ressourcenverbrauchs in veränderter Form erhalten, und zwar in Form des Gebotes zur sparsamen Nutzung nicht erneuerbarer Ressourcen. Auf der anderen Seite steht die Kategorie der Normen, die den Nachhaltigkeitsgedanken verwenden, um die Eingriffsintensität bestimmter schädlicher Verhaltensweisen zu umschreiben. Hier liegt die Begriffsbedeutung darin, daß nachhaltige Eingriffe im Unterschied zu erheblichen zwar eine geringere Eingriffstiefe, dafür aber eine dauerhaftere negative Wirkung aufweisen. Dieser Gedanke liegt auch § 8 Abs. 1 BNatSchG zugrunde, wonach Eingriffe ... solche sind, die ... „das Landschaftsbild erheblich oder nachhaltig beeinträchtigen können" (Hervorhebung durch den Verfasser). 372 Czychowski, Wasserhaushaltsgesetz, § 19g Rn. 17 m.w.N.; ebenso OLG Schleswig, NuR 1990, 92 (93) zum Begriff „nachhaltig" in § 326 StGB. 373

Siehe dazu oben § 1 B.

374

Vgl. Schröder, WiVerw. 1995, 65 (67).

375

Vgl. Calliess, DVB1. 1998, 559 (561).

376

Rehbinder, in: Salzwedel, Grundzüge des Umweltrechts, Kapitel 04 Rn. 61.

92

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

Dieser Gedanke läßt sich im Wege der Auslegung aus den §§ la Abs. 1, 5 Abs. 1 Nr. 3, 36b Abs. 1, 2 Nr. 1 WHG herleiten. 377 Die Grundsatznorm in § la WHG und die flankierende Vorschrift in § 36b WHG, die zur Ordnung des Wasserhaushaltes den Ländern das Instrument der Bewirtschaftungspläne an die Hand gibt, beinhalten das dem Bewirtschaftungsprinzip immanente Anliegen, die Gewässer für die Entwicklung der Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse zu sichern und zu ordnen, §§ 36 Abs. 1 S. 1, 36b Abs. 1 S. 1 WHG, und dabei die Gewässer als Bestandteil des Naturhaushaltes und als Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu sichern, § la Abs. 1 S. 1 WHG. Darin findet sich der Gedanke, der im übrigen das ganze Wasserhaushaltsgesetz durchzieht 378, daß das Wasser als Existenzgrundlage für Leben und Wirtschaft des Menschen gleichermaßen vor allen vermeidbaren Beeinträchtigungen bewahrt werden muß. Die genannten Normen beinhalten durch die Anerkennung des Bewirtschaftungsinteresses einerseits die ökonomische Komponente und durch die Zielrichtung der Grundsatznorm sowie des § 36b Abs. 1 S. 1 WΉG die ökologische Komponente der Nachhaltigkeit. 379 Das Wasserhaushaltsgesetz zielt somit auf eine an der Tragekapazität des Wasserhaushalts und damit unter Wahrung ökologischer Belange ausgerichtete Koordination ökonomischer Nutzungsinteressen, was sich mit der Konzeption des Nachhaltigkeitsgrundsatzes trifft. Dieses Modell beruht freilich auf den Besonderheiten des Wasserrechts. 380 In § 36b WΉG kommt auch zum Ausdruck, daß die Ordnung des Wasserhaushaltes es erfordern kann, auf planerische Instrumentarien zurückzugreifen. In dieser Vorschrift zeigt sich die Erkenntnis des Gesetzgebers, daß der Wasserhaushalt allein mit repressiven Mitteln nicht zu ordnen und zu sichern ist, es vielmehr im Einzelfall erforderlich sein kann, auf planerische Mittel und damit prospektives Verwaltungshandeln zuzugreifen. Dies ergibt sich aus den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts 381 zu der Frage nach den Befugnissen und Aufgaben der Wasserbehörde. Es führt aus, daß diese „bei der Bewirtschaftung des Gewässers über einen planerischen Gestaltungsspielraum" verfüge. Die Wasserbehörde habe die wasserwirtschaftlich relevanten öffentlichen

377 Winkler, in: Kimminich/von Lersner/Storm, HdUR, Bd. II, Spalte 1428 f.; Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert „nachhaltiger Entwicklung" bei der Gewinnung oberflächennaher Rohstoffe, S. 48; Rehbinder, in: Salzwedel, Grundzüge des Umweltrecht, Kapitel 04 Rn. 61; Schröder, WiVerw. 1995, 65 (70 f.). 378

So Czychowski; in: Festgabe BVerwG, 121 (123).

379

Nach § 36b Abs. 1 S. 1 WHG „ ... stellen die Länder zur Bewirtschaftung der Gewässer Pläne auf, die dem Schutz der Gewässer als Bestandteil des Naturhaushaltes ... Rechnung tragen." 380

Siehe BVerfGE 93, 319 (345) zur Ressourcennutzungsgebühr in Gestalt des Wasserpfennigs; deutlich für eine Begrenzung Sanden, UPR 1996, 181 (184); von Mutius/ Lünenbürger, NVwZ 1996, 1061 (1064 f.); Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S. 72 mit Fn. 317; weiter Murswiek, NVwZ 1996, 417 (421). 381

BVerwG, ZfW 27 (1988), 344 (346).

§ 2 Geltungsgründe

93

Belange zu fördern, sie vor Beeinträchtigung zu bewahren und hinsichtlich des vorhandenen Wassers eine gerechte Verteilungsordnung zu schaffen. Dazu gehöre eine planerische Vorsorge für zukünftige Nutzungsinteressen ebenso, wie eine vorausschauende Erhaltung des Trinkwasserreservoirs über den gegenwärtigen Bedarf hinaus. Indem das Bundesverwaltungsgericht der Wasserbehörde die Aufgabe planender Vorsorge für zukünftige Nutzungsinteressen zuspricht, spannt es den Bogen zwischen den Nutzungsinteressen der heute lebenden und der zukünftigen Generation. Diese Zukunftsgerichtetheit trifft sich mit dem Anspruch des Grundsatzes der Nachhaltigkeit nach langfristig konzipierten, koordinierenden Maßnahmen als Folge der intergenerationellen Gerechtigkeit. Auch § 44 Abs. 2 LWG nimmt als landesrechtliche Konkretisierung des in § la WHG enthaltenen Bewirtschaftungsgrundsatzes die Bedürfnisse künftiger Generationen an einer gesicherten Versorgung mit Trinkwasser in den Blick. Danach genießt die derzeit bestehende oder die künftige öffentliche Wasserversorgung grundsätzlich Vorrang vor anderen Benutzungen des Grundwassers. Insoweit enthalten der in § la WHG normierte Bewirtschaftungsgrundsatz und die parallele landesrechtliche Regelung in § 44 LWG mittelbar die Forderung an die Wasserbehörde, daß sie die Gewässer so bewirtschaften, daß auch die künftige öffentliche Wasserversorgung gesichert ist, mithin nur der langfristig nutzbare Wasserschatz in Anspruch genommen wird. Die Wasserbehörde sieht sich also mit der Frage nach der gerechten Verteilung des Wassers bzw. der Wassernutzung konfrontiert. Darin kommt die soziale Dimension des Grundsatzes der Nachhaltigkeit zum Ausdruck. 382 Des weiteren enthält die Grundsatznorm des § la Abs. 2 WHG die an jedermann gerichtete Pflicht, bei Maßnahmen, mit denen Einwirkungen auf ein Gewässer verbunden sein können, die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt anzuwenden, um eine mit Rücksicht auf den Wasserhaushalt gebotene sparsame Verwendung zu erzielen. In der amtlichen Begründung zur 5. Novelle zum Wasserhaushaltsgesetz wurde das Sparsamkeitsgebot ausdrücklich bestätigt. Dort heißt es u. a.: „Es sollte stärker als bisher auf eine Anwendung wassersparender Verfahren hingewirkt werden. Hierzu gehört u. a., daß gewerblich genutztes Wasser nach Möglichkeit mehrfach verwendet und im Kreislauf geführt wird." 383 Die Anordnung zur sparsamen Verwendung von Wasser kann auch nachträglich gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 WHG bei einer erlaubten oder bewilligten Benutzung angeordnet werden. Das Sparsamkeitsgebot wird im Zusammenhang mit der Nutzung nicht erneuerbarer Ressourcen als Unteraspekt des Grundsat-

382

Vgl. Voss, Das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung - Darstellung und Kritik,

S. 24. 383

Zitiert nach Knopp in: Sieder/Zeitler/Dahme, Wasserhaushaltsgesetz, Abgrabungsgesetz Kommentar, Bd. 1, § la Rn. 21a. Danach kann durch das Sparsamkeitsgebot unter Umständen auch einer „zirkulären Ökonomie" Rechnung getragen werden.

94

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

zes der Nachhaltigkeit qualifiziert. 384 Im Hinblick auf die Nutzung erneuerbarer Ressourcen wie dem Wasser ergeben sich andere Vorzeichen, weil hier eine Kreislaufwirtschaft, die zur Erhaltung des Naturkapitals führt, prinzipiell möglich ist. Daher würde ein Sparsamkeitsgebot für erneuerbare Ressourcen isoliert nicht dem Grundsatz der Nachhaltigkeit gerecht. In der Begründung zur 5. Novelle zum Wasserhaushaltsgesetz wird dem wassersparenden Verfahren die mehrfache Verwendung und die Kreislaufführung gewerblich genutzten Wassers zugeschlagen. Sparsamkeit und Kreislaufführung werden also verbunden: Sparsamkeit wird durch Kreislaufführung angestrebt. Eine solchermaßen verstandene Sparsamkeit deckt sich auch für erneuerbare Ressourcen mit dem Nachhaltigkeitsgedanken. Unabhängig davon und zusätzlich kann diesen das Sparsamkeitsgebot insoweit flankieren, als die sparsame (und schonende) Inanspruchnahme von Naturgütern das Ziel unterstützt, den Ressourcenverbrauch auf ein langfristig vertretbares Maß zu senken. Im übrigen flankiert der sparsame Ge- und Verbrauch, isoliert betrachtet, die Anforderungen, die an eine Kreislaufwirtschaft zu stellen sind. Eine sparsame Wasserentnahme führt zu geringerem Ressourcengebrauch und damit gleichzeitig zu geringeren Abwassermengen. Insgesamt ist das Nachhaltigkeitsprinzip als Leitbild des Gewässerschutzes in der wasserrechtlichen Grundsatznorm des Wasserhaushaltsgesetzes enthalten. Eine erste Konkretisierung erfährt es im Zusammenhang mit § 36b Abs. 2 WHG, der die Voraussetzungen für die Aufstellung von Bewirtschaftungsplänen normiert. Flankiert wird dieser Grundgedanke durch die Sparsamkeitsgebote. Eine ausdrückliche Verankerung des Nachhaltigkeitsgedankens385 und eine wesentliche Konkretisierung beinhaltet das Wasserhaushaltsgesetz indes nicht. 386

384

Calliess, DVB1. 1998, 559 (562); Schröder, WiVerw. 1995, 65 (70); wohl auch in diesem Sinne Rehbinder, in: Salzwedel, Grundzüge des Umweltrechts, Kapitel 04 Rn. 63. 385 Wie dies in Art. 2 Nr. 5 lit. c) des Gesetzes zu dem Übereinkommen zum Schutz grenzüberschreitender Wasserläufe vom 2. September 1994 (BGBl. II S. 2333) geschehen ist. Die Vorschrift lautet: „Wasservorkommen sind so zu bewirtschaften, daß der Bedarf der heutigen Generation gedeckt werden kann, ohne künftigen Generationen die Fähigkeit zu nehmen, ihren eigenen Bedarf zu decken", zitiert nach Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert „nachhaltiger Entwicklung" bei der Gewinnung oberflächennaher Rohstoffe, S. 50. 386

Vgl. jedoch zum Inhalt des Sparsamkeitsgebots und den aufgrund des Sparsamkeitsgebots denkbaren Anordnungen Knopp in: Sieder/Zeitler/Dahme, Wasserhaushaltsgesetz, Abgrabungsgesetz Kommentar, Bd. 1, § la Rn. 21a; § 5 Rn. 9, 10, wobei die Frage, welche Anordnung von der Wasserbehörde getroffen werden kann, letztlich anhand des konkreten Einzelfalls zu beurteilen ist, ebenda Rn. 10.

§ 2 Geltungsgründe

95

2. Naturschutzrecht Im nachfolgenden soll das Naturschutzrecht daraufhin befragt werden, inwieweit es für den Bergbau den Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung vorgibt.

a) Bedeutung für den Bergbau Das Bergrecht und das Naturschutzrecht stellen von ihrer Zweckrichtung aus gesehen verschiedene Raumfunktionen in den Vordergrund. Während die Zweckvorschrift des § 1 Nr. 1 BBergG die Sicherung der Rohstoffversorgung betont, stellt die Ziel- und Aufgabennorm des § 1 Abs. 1 BNatSchG die Raumfunktionen von Natur und Landschaft als Lebensgrundlage für den Menschen heraus. Auf den ersten Blick erscheinen diese beiden Rechts- und Sachgebiete gegensätzlich und als unvereinbare Materien. 387 Dies wird durch die Tatsache anschaulich, daß sowohl Lagerstätten als auch Naturschutz- oder Landschaftsschutzgebiete gleichermaßen standortgebunden sind. 388 Insbesondere bei Vorhaben zur übertägigen Gewinnung von Bodenschätzen treten das Bergrecht und das Naturschutzrecht in Konflikt. 389 Daß dieser Konflikt nicht unauflösbar ist, wird aber bereits in den Grundsätzen des Naturschutzes und der Landschaftspflege deutlich. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 und 5 BNatSchG wird der Abbau von Bodenschätzen mittelbar vorausgesetzt. Dabei gilt ein gestuftes System zum Schutz von Natur und Landschaft. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 BNatSchG ist die Vernichtung wertvoller Landschaftsteile beim Abbau von Bodenschätzen primär zu vermeiden, und dauernde Schäden sind zu verhüten. Unvermeidbare Beeinträchtigungen werden nicht als schlechthin unvereinbar mit dem Naturschutzrecht angesehen, sondern es wird eine Ausgleichspflicht postuliert. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 l . H S BNatSchG sind Naturgüter, die sich nicht erneuern, sparsam zu nutzen. Die Erteilung von Bergbauberechtigungen ist nach § 11 Nr. 10 BBergG zu versagen, wenn überwiegende öffentliche Interessen die Aufsuchung im gesamten zuzuteilenden Feld ausschließen. Besonderen Konfliktstoff bieten vor allem naturschutzrechtliche Schutzgebietsverordnungen nach den §§ 12 ff. BNatSchG, die als konkretisierte Belange des Natur- und Landschaftsschutzes 387

So auch der (mit Fragezeichen versehene) Titel eines Aufsatzes von Kolonko zu diesem Thema: Naturschutzrecht und Bergrecht - zwei unvereinbare Materien?, ZfU 1995, 126 ff. 388 389

Vgl. OVG Münster, ZfB 136 (1995), 301 (307) = NWVB1. 1996, 17 (20).

Vgl. zum Verhältnis zwischen Bergrecht und Naturschutzrecht Kloepfer, Umweltrecht, § 10 Rn. 91 ff.; Wilde, DVB1. 1998, 1321 ff.; Rausch, Umwelt- und Planungsrecht beim Bergbau, S. 101 ff.; Schulte, ZfB 128 (1987), 178 (207); Hoppe, DVB1. 1987, 757 ff.; Kühne, DVB1. 1987, 1259 ff.; VGH Mannheim, VB1BW. 1988, 398 ff. = ZfB 130 (1989), 57 ff. mit Anmerkung Schulte', VG Weimar, ZfB 1995, 225 ff.

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Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

und damit als „öffentliche Interessen" der Erteilung einer Bergbauberechtigung nach § 11 Nr. 10 (ggf. i.V.m. § 12 Abs. 1 S. 1 BBergG) entgegenstehen können, sofern sie überwiegen. 390 Des weiteren stellt sich die Frage nach dem Einfluß der naturschutzrechtlichen Eingriffs- und Ausgleichsregelung in § 8 BNatSchG auf die durch bergbauliche Vorhaben hervorgerufenen Eingriffe in Natur und Landschaft.

aa) Bergbau und Schutzgebiete Nach § 12 Abs. 1 BNatSchG können bestimmte Gebiete zu Schutzgebieten erklärt und dabei nach § 12 Abs. 2 BNatSchG bestimmte Tätigkeiten wie beispielsweise das Aufsuchen und Fördern von Bodenschätzen verboten werden. Sind bergbauliche Vorhaben innerhalb eines Schutzgebietes beabsichtigt, so taucht mithin die Frage auf, ob damit überwiegende öffentliche Interessen im Sinne des § 11 Nr. 10 BBergG dem Vorhaben entgegenstehen. Rechtlich geht es dabei vor allem um das Verhältnis von § 11 Nr. 10 BBergG zu den gesetzlichen Befreiungsmöglichkeiten des Naturschutzgesetzes des Bundes und der Länder. 391 Nach Rechtsprechung 392 und überwiegender Literatur 393 ist im Rahmen des § 11 Nr. 10 BBergG zu klären, ob die Befreiungsvoraussetzungen von der Schutzgebietsverordnung vorliegen. Ein Versagungsermessen besteht nicht, da die Bergbauberechtigungen als gebundene Entscheidungen ausgestaltet sind. Bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen schließen naturschutzrechtliche Interessen die Bodenschätzegewinnung jedenfalls nicht aus, so daß sich insoweit die Belange des Bergbaus durchsetzen können. Ähnliches gilt bei der Entscheidung über die Betriebsplanzulassung. Hier können naturschutzrechtliche Vorschriften als öffentliche Belange über die sogenannte Öffhungsklausel in § 48 Abs. 2 BBergG Berücksichtigung finden, sofern darüber nicht in einem eigenen fachlichen Genehmigungsverfahren oder im Rahmen des § 55 Abs. 1

390

Vgl. OVG Münster, ZfB 136 (1995), 301 ff. =NWVB1. 1996, 17 ff.

391

Befreiungsmöglichkeiten kraft Gesetzes bestehen auf Bundesebene nach § 31 BNatSchG und in Nordrhein-Westfalen nach § 69 Abs. 1 LG; vgl. fur die übrigen Bundesländer die Übersicht bei Kloepfer, Umweltrecht, § 10 Rn. 95 mit Fußnote 228. 392 VGH Mannheim, VB1BW. 1988, 398 (402) = ZfB 130 (1989), 57 (66) in diesem Fall lagen die Voraussetzungen für eine naturschutzrechtliche Befreiung vor, so daß die Belange des Bergbaus überwogen. Zu einem Fall in dem die naturschutzrechtlichen Befreiungsvoraussetzungen nicht vorlagen und die Belange des Naturschutzes als überwiegend eingestuft wurden vgl. OVG Münster, ZfB 136 (1995), 301 ff. = NWVB1. 1996, 17 ff.; vgl. auch VG Weimar, ZfB 136 (1995), 225. 393 Kühne, DVB1. 1987, 1259 (1261); Fischer-Hüftle, NuR 1989, 106 (108); Schulte, Anmerkung zu dem Urteil des VGH Mannheim, ZfB 130 (1989), 82; Kloepfer, Umweltrecht, § 10 Rn. 95; a. A. Hoppe, DVB1. 1987, 757 (760).

§ 2 Geltungsgründe

97

S. 1, insbesondere Nr. 7 BBergG zu entscheiden ist. 394 Eine fachliche Genehmigung in diesem Sinne wird regelmäßig erforderlich, wenn bergbauliche Vorhaben in einem Schutzgebiet beabsichtigt sind.

bb) Eingriffe in Natur und Landschaft Nach § 8 Abs. 1 BNatSchG sind Eingriffe in Natur und Landschaft Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen, die die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes oder des Landschaftsbildes erheblich oder nachhaltig beeinträchtigen. Daß jedenfalls die übertägige Gewinnung von Bodenschätzen einen Eingriff im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes darstellt, ist unbestritten und wird durch die Aufnahme in den landesrechtlichen Positivkatalog in § 4 Abs. 2 LG klargestellt. Auch sonstige bergbauliche Vorhaben erfüllen in der Regel den Eingriffstatbestand, da in der Regel die erforderlichen Tagesanlagen wie Schachtgebäude einen Eingriff nach § 8 Abs. 1 BNatSchG darstellen. 395 Den Verursacher trifft diesbezüglich zunächst nach § 8 Abs. 2 S. 1 BNatSchG eine Vermeidungspflicht. Bei unvermeidbaren Eingriffen hat er für einen Ausgleich zu sorgen, § 8 Abs. 2 S. 1 BNatSchG. Die Regelungen des Bundesberggesetzes über die Wiedernutzbarmachung 396 werden als gleichrangig dieses Gebot sicherstellende Regelungen angesehen,397 die als Spezialgesetz dem Naturschutzrecht vorgehen. 398 Wiedernutzbarmachung ist die ordnungsgemäße Gestaltung der vom Bergbau in Anspruch genommenen Oberfläche unter Beachtung des öffentlichen Interesses, § 4 Abs. 4 BBergG. Aus der Formulierung „unter Beachtung des öffentlichen Interesses" und aus der Entstehungsgeschichte399 dieser Vorschrift wird gefolgert, daß die Forderungen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung an Ausgleichsmaßnahmen bei der Festle394

Boldt/Weller, BBergG, Ergänzungsband, §48 Rn. 10; Wilde, DVB1. 1998, 1321 (1324); ausführlich Rausch, Umwelt- und Planungsrecht beim Bergbau, S. 216 ff. 395

Schulte, ZfB 128 (1987), 178 (207).

396

Vgl. §§ 55 Abs. 1 Nr. 7, 55 Abs. 2 Nr. 2, 4 Abs. 4 BBergG.

397

Dies ergibt sich auch mittelbar aus dem Bericht des Umweltausschusses zum damals geplanten § 18 Abs. 3 des Gesetzentwurfes der Bundesregierung zur Novellierung des BNatSchG (BT-Drucks. 13/7778, S. 88). Dort heißt es im Zusammenhang mit Ausgleichs· und Ersatzmaßnahmen: „Die im Regierungsentwurf enthaltene Sonderregelung für den Bergbau wird gestrichen, weil insoweit die geltende Rechtslage hinreichend klar ist." 398

Rausch, Umwelt- und Planungsrecht beim Bergbau, S. 102 ff., 110; Wilde, DVB1. 1998, 1321 (1323). 399

Vgl. dazu Wilde, DVB1. 1998, 1321 (1323): In der ursprünglichen Fassung war eine Verdeutlichung der öffentlichen Interessen durch einen „Insbesondere-Satz" vorgesehen, der dann aber für entbehrlich gehalten wurde. Danach zählten hierzu insbesondere die Ziele und Erfordernisse der Raumordnung und Landesplanung, des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie der Erholung. 7 Frenz

98

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

gung der bergrechtlichen Anforderungen an die Wiedernutzbarmachung zu berücksichtigen sind. 400 Darüber hinaus sind ggf. die Grundsätze und Ziele des Naturschutzes nach § § 1 , 2 BNatSchG zur Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Wiedernutzbarmachung heranzuziehen. 401 Hiermit wird deutlich, daß einzelne materielle Vorgaben des Naturschutzrechts über das Erfordernis der Wiedernutzbarmachung auf das Bergrecht einwirken können. Deshalb sind nachfolgend die insofern relevanten Normen auf Anhaltspunkte für die Verankerung der Nachhaltigkeit zu untersuchen.

b) Nachhaltigkeit im Naturschutzrecht Das Bundesnaturschutzgesetz verwendet den Begriff „nachhaltig" an zwei Stellen des Gesetzes: zum einen in der nach § 4 S. 3 BNatSchG für den Landesgesetzgeber unmittelbar geltenden Ziel- und Aufgabennorm des § 1 Abs. 1 BNatSchG, wonach die Belange des Zielkatalogs als Lebensgrundlage des Menschen und als Voraussetzung für seine Erholung nachhaltig zu sichern sind, zum anderen in dem Eingriffstatbestand des § 8 Abs. 1 BNatSchG. Die Ziel- und Aufgabennorm des § 1 Abs. 1 BNatSchG erfaßt sachlich umfassend Natur und Landschaft als komplexes Wirkungsgefüge und betont spiegelbildlich die umfassenden Handlungsformen in Form des Schutz-, Pflege- und Entwicklungsauftrages der Naturschutzbehörden. 402 Diese naturschutzrechtlichen Aufgaben reflektieren wiederum die Funktion eines nicht nur konservierenden, sondern auch regenerierenden und kreativen Naturschutzes. 403 Der Entwicklungsauftrag steht stellvertretend für die Zukunftsgerichtetheit des Naturschutzes, was auch vorsorgende Maßnahmen umschließt. Letzteres und der räumlich umfassende Schutzauftrag, der sich nicht auf einzelne Gebiete beschränkt, kann als Anhaltspunkt für eine ausdrückliche Verankerung der Nachhaltigkeit in Form des ressourcenökonomischen Ansatzes interpretiert werden. 404 Diese Einschätzung verfestigt sich, wenn man neben § 1 BNatSchG auch die Grundsätze des Naturschutzes nach § 2 BNatSchG mit in den Blick nimmt. Die Zielvorschrift ist gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 BNatSchG insbesondere nach Maßgabe der nachfolgenden Grundsätze zu verwirklichen. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG sind nicht erneuerbare Naturgüter sparsam zu nutzen. Der Verbrauch erneuerbarer Naturgüter ist dagegen so zu steuern, daß sie nachhaltig

400

Vgl. ausführlich Rausch, Umwelt- und Planungsrecht beim Bergbau, S. 110 mit weiterführenden Einzelheiten; Wilde, DVB1. 1998, 1321 (1323). 401

Hierzu Rausch, Umwelt- und Planungsrecht beim Bergbau, S. 110.

402

Kloepfer,

Umweltrecht, § 11 Rn. 10; Schröder, WiVerw. 1995, 65 (67).

403

Kloepfer, Umweltrecht, § 11 Rn. 10 mit Bezug auf die amtliche Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung BT-Drucks. 7/886, S. 25. 404

Kloepfer,

Umweltrecht, § 4 Rn. 24; Schröder, WiVerw. 1995, 65 (67).

§ 2 Geltungsgründe

99

zur Verfügung stehen. In diesem Grundsatz kommt der Nachhaltigkeitsgedanke als Maßstab des Ressourcenverbrauchs zum Ausdruck. In § 8 Abs. 1 BNatSchG wird der Begriff „nachhaltig" zur Umschreibung der Intensität des Eingriffs verwendet, indem er der Erheblichkeit gleichgestellt wird. Nachhaltige Eingriffe erscheinen im Vergleich zu erheblichen zunächst aufgrund ihrer geringeren Eingriffstiefe als unerheblich, werden jedoch aufgrund ihrer Stetigkeit und Langzeitwirkung den erheblichen gleichgesetzt.405 Damit wird der Begriff der Nachhaltigkeit in dieser Vorschrift nicht im dreidimensionalen Sinne des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung, sondern als bloßes Abgrenzungskriterium verstanden. 406

c) Auswirkungen auf den Bergbau Hier schließt sich die Frage an, inwieweit dieser Nachhaltigkeitsgedanke auf den Bergbau einwirken kann. § 2 Abs. 1 BNatSchG schränkt seine Bindungswirkung und Durchsetzungskraft gegenüber anderen öffentlichen Belangen bereits selbst ein, indem die Ressourcennutzung dem Grunde nach akzeptiert wird. Dem Vermeidungsverbot des § 8 Abs. 2 BNatSchG wird in der Regel aufgrund der Standortgebundenheit bergbaulicher Vorhaben ein geringes Gewicht zukommen. 407 Dies ergibt sich aus der anerkannten Definition des Begriffes der Vermeidbarkeit. Unter Vermeidbarkeit von Beeinträchtigungen wird die Möglichkeit verstanden, einerseits die Beeinträchtigungen zu unterlassen, andererseits das Projekt dennoch verwirklichen zu können.408 Geht es also nicht um den völligen Ausschluß eines Projektes, sondern um eine schonendere Variante oder einen schonenderen Ort für den Eingriff, so wird ersteres bereits vom Schonungs- und Sparsamkeitsgebot des § 1 Nr. 1 BBergG umfaßt und letzteres wie bereits erwähnt durch die Standortgebundenheit der Bodenschätzegewinnung ausgeschlossen. Insofern ist eine Beeinflussung des Bergbaus durch die Eingriffsregelung des § 8 BNatSchG vor allem in Form der Ausgleichspflicht denkbar. Diese wird jedoch von den Vorschriften des Bundesberggesetzes zur Wiedernutzbarmachung verdrängt. Die materiellen Determinanten der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung finden freilich im Rahmen der Wiedernutzbarmachung nach § 4 Abs. 4 BBergG Eingang.409 Darüber hinaus kann der Nachhaltigkeitsgedanke des Bundesnaturschutzgesetzes nur über die planeri-

405

Vgl. Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, §8 Rn. 13; Schröder, WiVerw. 1995, 65 (70). 406

So im Ergebnis auch Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert „nachhaltiger Entwicklung" bei der Gewinnung oberflächennaher Rohstoffe, S. 56; Schröder, WiVerw. 1995, 65 (70). 407

Vgl. Wilde, DVB1. 1998, 1321 (1323).

408

Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 8 Rn. 25.

409

Siehe oben a)bb).

100

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

sehe Umsetzung in Form von Schutzgebieten im Sinne der §§ 12 ff. BNatSchG auf das Bergrecht einwirken. Obwohl die sogenannte Rohstoffsicherungsklausel des § 48 Abs. 1 S. 2 BBergG nicht für den Erlaß von Rechtsvorschriften gilt, sondern entsprechend dem Wortlaut der Norm erst bei der „Anwendung" zu berücksichtigen ist, 410 muß das Interesse der Bergbautreibenden an der Aufsuchung und Gewinnung von Bodenschätzen auch im Rahmen von Schutzgebietsfestsetzungen, soweit dort ein planerischer Gestaltungsspielraum besteht, in die Abwägung eingestellt werden. 411 Die Frage, ob und in welchem Umfang der Abbau von Bodenschätzen in einem Schutzgebiet zulässig und mit dem Schutzzweck des Schutzgebietes zu vereinbaren ist, kann erst unter Berücksichtigung des konkreten Einzelfalls entschieden werden. Prinzipiell besteht für den Bergbau die Möglichkeit, sich gegen Belange des Naturschutzes durchzusetzen, soweit die gesetzlichen Befreiungstatbestände erfüllt sind. 412

§ 3 Mögliche Umsetzungsmittel A. Planung I. Planung im allgemeinen Planung ist eine bestimmte Methode des Vorgehens, durch die eine rationale Erledigung staatlicher Aufgaben gewährleistet werden soll. 413 Sie richtet sich auf die Zukunft und basiert auf Feststellungen über gegebene Umstände und auf methodisch geleiteten Einschätzungen über zu erwartende oder mögliche Abläufe und Ereignisse. 414 Auf Basis dieser analysierenden Erfassung der gegenwärtigen Lage und einer Prognose künftiger Entwicklungen zeichnet staatliche Planung den Vorentwurf einer normativen Ordnung. 415 Es werden Ziele aufgestellt, die erreicht werden sollen, und Mittel zu deren Verwirklichung aufgezeigt, um den bestehenden Zustand im Sinne der Ziele zu verändern. Planung koordiniert mithin die unterschiedlichsten Einzelmaßnahmen nach Maßgabe der Zieldirektiven. Im Hinblick auf die allgemeine Zielsetzung der Planung hat das Bundesverwaltungsgericht bereits in seiner frühen Rechtsprechung festgestellt, daß es „durchweg um den Ausgleich mehr oder weniger zahlreicher, in ihrem Verhältnis zueinander komplexer Interessen, die überdies meist in einer eigen-

410

So explizit BVerwG, UPR 1995, 447 (447).

411

BVerwG, UPR 1995, 447 (448).

412

Vgl. dazu oben III.2.a)aa).

413

Badura, in: Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 39 Rn. 1; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 16 Rn. 10. 414

Badura ebenda.

415

Ernst!Hoppe, Das öffentliche Bau- und Bodenrecht, Raumplanungsrecht, Rn. 179.

§ 3 Mögliche Umsetzungsmittel

101

tiimlichen Weise ineinander verschränkt sind", geht. 416 Eine unter rechtlichen Gesichtspunkten brauchbare Definition der Planung mit hinreichend deutlichen Konturen zu formulieren, ist bislang nicht gelungen.417 Ungeachtet dieser Problematik, aufgrund der vielfältigen Erscheinungsformen eine juristisch ergiebige, einheitliche Definition der Planung zu finden, 418 die nicht wegen ihres hohen Abstraktionsniveaus von geringem praktischen Nutzen ist, lassen sich den zahlreichen Defmitionsversuchen einige gemeinsame Kriterien entnehmen. Allgemein formuliert lassen sich Komplexität der Interessenlage, Kreativität des Gestaltungsvorganges, Konnexität der Maßnahmen und ein spezifischer Situationsbezug als typusbestimmende und damit übergeordnete Merkmale herausstellen. 419 Hieraus folgt die Ausgleichs- und Koordinierungsfunktion sämtlicher Planungen. Daneben steht der Gesamtbegriff „Planung" für eine Vielzahl unterschiedlicher Instrumente, deren Gemeinsamkeit darin besteht, daß sie eine Aussage über einen vorhandenen Zustand, den angestrebten Zustand und die erforderlichen Maßnahmen enthalten.420 Mithin lassen sich Zukunftsbezogenheit, Zielorientiertheit, Methodik des Vorgehens und der Zeithorizont als gemeinsame Kriterien der Planung ausmachen, so daß Planung als final determiniertes, methodisches Lenkungsmittel zukünftigen Geschehens umschrieben werden kann. 421 Diese Zukunfts- und Zielorientiertheit der Planung erfordert ein systematisches und rationales Vorgehen, welches das gewünschte Ziel und dessen Verwirklichung gedanklich vorwegnimmt, statt sein Eintreffen punktuellen Reaktionen, dem Zufall oder der Intuition zu überlassen. 422 Somit läßt sich bereits an dieser Stelle festhalten, daß zumindest vor diesem theoretischen Hintergrund das Planungsrecht als Ausdruck prospektiven Verwaltungshandelns geradezu prädestiniert erscheint, dem Anspruch des Nachhaltigkeitsgrundsatzes nach langfristig konzipierten, koordinierenden Maßnahmen gerecht zu werden. 423 Diesen ersten Befund gilt es mit Hilfe eines abstrakten Verglei-

416

BVerwG, DVB1. 1969, 697 (699).

417

Siehe Hoppe, in: HStR, Bd. III, § 71 Rn. 5; Schmidt-Aßmann, in: Festschrift für Schlichter, S. 3 (4); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 16 Rn. 13. 4,8

Hierzu im einzelnen Hoppe, in: HStR, Bd. III, § 71 Rn. 4; Schmitt Glaeser/König, JA 1980, 321 (321). 419

Schmidt-Aßmann, in: Festschrift für Schlichter, S. 3 (11).

420

Kloepfer,

Umweltrecht, § 5 Rn. 10.

421

Vitzthum, Parlament und Planung, S. 60 f.; Stern, Staatsrecht II, § 40 I 3a; Hoppe, in: HStR, Bd. III, § 71 Rn. 4. 422 Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 5. 423

Vgl. auch Reinhardt, in: Di Fabio/Marburger/Reinhardt/Schröder, Die Bewältigung von Langzeitrisiken im Umwelt- und Technikrecht, 13. Trierer Kolloquium zum Umwelt- und Technikrecht vom 11. bis 12.September 1997, UTR 43 (1998), S. 73 (81), der den Versuch unternimmt, den Begriff der Nachhaltigkeit als „rechtliches nullum" zu entlarven und anhand des traditionellen Verwaltungsrechts nachzuweisen, daß wirksame

102

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

ches zwischen den planungsspezifischen Strukturen und den Strukturen des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung etwas näher zu konkretisieren.

1. Koordinierungs- und Ausgleichsfiinktion der Planung Ausgangspunkt des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung ist die Einsicht, daß ökonomische, soziale und ökologische Entwicklung als eine Einheit zu verstehen sind. 424 Diese sicherlich konfliktgeladene Einheit verlangt nach einem Instrumentarium, welches in der Lage ist, eine Harmonisierung von wirtschaftlichem Fortkommen, sozialer Gerechtigkeit und Umweltschutz dauerhaft zu erreichen. Hierfür bietet sich Planung insofern an, als deren charakteristische Bedeutung gerade darin gesehen wird, daß sie ein mehrdimensionales Handlungsinstrument darstellt, mit dessen Hilfe komplexe Ursachen- und Problemzusammenhänge analysierend erfaßt und die kollidierenden Ziele und Interessen koordiniert werden können.425 Dafür stehen dem Planenden die in der Planungstheorie geläufigen Etappen der Planung zur Verfügung. 426 Am Anfang jeder Planung steht die Phase der Planaufstellung mit der Aufgabe, das notwendige Abwägungsmaterial zusammenzustellen. Hieran schließt sich die Ziel- und Mittelbestimmung an, die auch zukünftige Perspektiven und Prognosen in sich aufnimmt und aufeinander abstimmt. Diese Interessenkoordinierung geschieht vor allem im Rahmen des planerischen Abwägungsvorganges. Hier entscheidet sich, welche Belange zurückgesetzt werden und welche den Vorzug erhalten. Anschließend folgt die Phase der Planausführung und schließlich die Phase der Erfolgskontrolle, gegebenenfalls verbunden mit einer Rückkoppelung oder Plananpassung. Planung ist ein Steuerungsinstrument moderner Verwaltung, das je nach seiner Ausgestaltung alle Intensitätsgrade imperativer, influenzierender oder indikativer Einwirkungen ausnutzen kann. 427 Die Art des Steuerungsanspruches der Planung, der auf einem in sich geschlossenem Gefüge abgestimmter, miteinander zu einem Konzept verflochtener Maßnahmen besteht, unterscheidet sie von anderen Steuerungsmitteln. Aufgrund dieses Steuerungsanspruches ist nach h. M. von jeder Planung zu verlangen, daß sie das im Planungsrecht vorgegebene Potential zur Lösung von Konflikten auch ausschöpft und

Instrumente prospektiven Verwaltungshandelns zur sinnfälligen Bewirtschaftung von Umweltressourcen zur Verfügung stehen. 424

Rehbinder, in: Salzwedel, Grundzüge des Umweltrechts, Kapitel 04 Rn. 57.

425

Rehbinder, in: Salzwedel, Grundzüge des Umweltrechts, Kapitel 04 Rn. 245; Pohl, in: Himmelmann/Pohl/Tünnesen-Harmes, A 3 Rn. 2. 426 Hierzu und zum folgenden siehe Hoppe, VVDStRL 38 (1980), 211 (264); Ossenbühl, Gutachten zum 50. DJT, S. Β 35 f. 427

Schmidt-Aßmann, in: Festschrift für Schlichter, S. 3 (5); zu der Unterscheidung hinsichtlich der Wirkungsweise zwischen imperativer, influenzierender und indikativer Planung vgl. ausführlich Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn.12.

§ 3 Mögliche Umsetzungsmittel

103

nicht alles Wesentliche administrativen Einzelentscheidungen überläßt. 428 Das planerische Abwägungsgebot ist Kern der planerischen Interessenkoordinierung. Diese planungsimmanente Handlungsanweisung an die Verwaltung stellt nicht nur die Grenze der planerischen Gestaltungsfreiheit dar, sondern ist unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten zentraler Kontrollmaßstab der Gerichte. Der planerische Abwägungsvorgang hat grundsätzlich von einem abstrakten Gleichrang der Interessen auszugehen.429 Das entspricht der Konzeption des Nachhaltigkeitsgrundsatzes, der vom theoretischen Ansatz her ebenfalls von einer Gleichberechtigung ökonomischer, ökologischer und sozialer Belange ausgeht und diese Belange untereinander in Einklang zu bringen sucht. Für die Bewältigung dieses Zielkonfliktes erscheint damit, nicht zuletzt unter dem Gesichtspunkt des Gebotes der planerischen Konfliktbewältigung, das Instrument der Planung als besonders geeignet. Die Planung ist strukturell auf den Ausgleich von Interessen und die Koordination von Aktivitäten ausgerichtet. 430

2. Zukunftsbezug der Planung Ein weiteres Kriterium, welches bei der gesetzgeberischen Auswahlentscheidung zwischen den einzelnen Umsetzungsmitteln eine Rolle spielen dürfte, ist die dem Grundsatz der Nachhaltigkeit immanente temporale Dimension. Entsprechend dem Zweck des Grundsatzes nachhaltiger Entwicklung, die Nutzung der natürlichen Ressourcen auch zukünftigen Generationen zu ermöglichen, bedarf es langfristig konzipierter Maßnahmen.431 Der Grundsatz der Nachhaltigkeit verlangt daher nach vorausschauendem Handeln, das sich an langfristig angelegten Zielen orientiert. Diese Zeitdimension ist auch den herkömmlichen Planungsinstrumenten als Mittel der Vorsorge immanent. Planung und Nachhaltigkeit wohnen somit eine - wie auch immer zu konkretisierende - zukunftsbezogene Dimension inne. Auch diese inhaltliche Deckungsgleichheit spricht für die grundsätzliche Eignung des öffentlichen Planungsrechts als „Musterbeispiel" prospektiven Verwaltungshandelns zur Umsetzung des Leitbildes der Nachhaltigkeit.

428

Zum Grundsatz der planerischen Konfliktbewältigung vgl. Hoppe, in: Festschrift für Scupin, 737 (747 f.); Pfeifer, Der Grundsatz der Konfliktbewältigung im Baurecht, 1989; sowie zur Umweltplanung Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 15. 429

Schmidt-Aßmann, in: Festschrift für Schlichter, S. 3 (12).

430

Schmidt-Aßmann, in: Festschrift für Schlichter, S. 3 (4).

431

Schröder, WiVerw. 1995, 65 (74).

104

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung 3. Anpassungsfähigkeit der Planung

Ein weiteres Wesensmerkmal des Nachhaltigkeitsgrundsatzes besteht darin, daß er aufgrund seiner auf langfristige Entwicklungen gerichteten Konzeption, seiner - zumindest momentanen - inhaltlichen Unscharfe und der wissenschaftlichen Unsicherheiten hinsichtlich der Regenerationsrate von natürlichen Ressourcen 432 zwangsläufig nur als grobe Leitlinie verstanden werden kann, die der politischen Ausgestaltung bzw. administrativen Konkretisierung bedarf. 433 Auch das Zweck-Mittel-Programm der Planung, das maßgeblich auf einer Prognose der zukünftigen Entwicklung beruht, bedarf der ständigen Fortschreibung, Aktualisierung und gegebenenfalls der Anpassung. Der angestrebte Soll-Zustand ist in der Planung nur als Vorentwurf enthalten, der im weiteren Gang der Planverwirklichung weiter ausgeformt und notfalls angepaßt werden muß. 434 Auch im Hinblick auf diesen Befund drängt sich das Planungsrecht als normative Grundlage der Planung in den Vordergrund. Einerseits ist es gerade Aufgabe der Planung, einen Bezug zwischen Gegenwart und Zukunft, Ist- und Sollzustand durch die Methodik planerischen Vorgehens herzustellen. 435 Andererseits liegt Planungsnormen unter normstrukturellen Gesichtspunkten im Gegensatz zu klassischen Rechtsnormen, die nach dem „wenn-dann-Schema" aufgebaut sind, das final orientierte „Zweck-Mittel-Schema" zugrunde. 436 Dieser strukturelle Unterschied von Planungsnormen gegenüber „klassischen" Rechtsnormen liegt darin begründet, daß erstere aufgrund ihrer Zukunfisbezogenheit und der damit verbundenen Unsicherheit zwangsläufig Elemente der Prognose und der wertenden Entscheidung beinhalten. Der planenden Verwaltung kommt ein Gestaltungsspielraum zu, den sie im Rahmen der gesetzlichen Ziel- und Mitteldirektiven auszufüllen hat. 437 Hieraus resultiert zwar einerseits das Problem, daß die konkrete Grenze der gestaltenden Prognoseentscheidung im Gegensatz zu Konditionalprogrammen schwieriger zu markieren ist 438 und dementsprechend 432

Die Regenerationsrate hängt nicht nur von der Regenerationsfähigkeit und Tragekapazität der Natur ab, sondern wird zugleich maßgeblich von der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung beeinflußt. 433

Schröder, WiVerw. 1995, 65 (76); Rehbinder, in: Salzwedel, Grundzüge des Umweltrechts, Kapitel 04 Rn. 62. 434

Schmidt-Aßmann, in: Festschrift für Schlichter, S. 3 (17); Ossenbühl, Gutachten zum 50. DJT, S. Β 32, 33. 435

Böckenförde, Rn. 19.

Der Staat 11 (1972), 429 (437); Hoppe, in: HStR, Bd. III, §71

436

So die klassische Differenzierung zwischen Konditional- und Zweckprogramm in: Luhmann, Zweckbegriff und Systemrationalität, 1968, S. 67 f., zitiert nach Brohm, JUS 1977, 500, der sich zugleich kritisch zu dieser terminologischen Differenzierung äußert; vgl. im Anschluß daran auch Schmitt Glaeser/König, JA 1980, 321 (325); Hoppe, in: HStR, Bd. III, § 71 Rn. 19. 437

Schmitt Glaeser/König,

438

Vgl. Hoppe, in: HStR, Bd. III, § 71 Rn. 19.

JA 1980, 321 (325).

§ 3 Mögliche Umsetzungsmittel

105

die gerichtliche Kontrolldichte variiert. Andererseits vermögen planungstypische Zweckprogramme dem Planenden die erforderliche Flexibilität zu garantieren, um auf unvorhergesehene Entwicklungen und Ereignisse angemessen reagieren zu können. Flexibilität ist aber gerade eine Grundvoraussetzung, die ein Umsetzungsmittel zur Verwirklichung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung erfüllen muß. Dies erfordert entsprechend seiner intergenerationellen Intention langfristig konzipierte Maßnahmen, mithin weit vorausschauendes Agieren. Proportional zur Zunahme der zeitlichen Dimension nimmt die Verläßlichkeit, Berechenbarkeit und Detailliertheit jedes Konzeptes zur nachhaltigen Entwicklung zwangsläufig ab. Dies ergibt sich aus der Prognoseunsicherheit, die für Prognosen im allgemeinen und für langfristige Konzepte, die zudem den Wechselwirkungen technischer, ökologischer, wirtschaftlicher und sozialer Entwicklungen unterworfen sind, im besonderen gilt. 439 Hinzu kommt, daß nicht nur die ökonomischen, sozialen und ökologischen Entwicklungen per se aufgrund ihrer Komplexität und Wechselbezüglichkeit schwer prognostizierbar sind, 440 sondern jede Entwicklung für sich genommen auch Gegenstand politischer Gestaltung ist, die ihrerseits auf Entwicklungsprognosen beruht. Erforderlich ist daher ein dynamisches Umsetzungsmittel, das auf erkennbare Entwicklungen reagieren und sodann neu agieren kann. Hierfür bietet sich das Zusammenspiel von langfristiger strategischer Planung und konkretisierender mittelfristiger Detailplanung an. 441 Versteht man nachhaltige Entwicklung als Synthese drei variabler Faktoren, d. h. von ökologischer, ökonomischer und sozialer Entwicklung, und damit als langfristigen ständigen Prozeß der Harmonisierung, so wird deutlich, daß jedes Umsetzungsmittel entweder bezüglich der Ziele und/oder Mittel korrekturfahig, mithin „offen" für unvorhergesehene Ereignisse gehalten werden muß. Diesem Anspruch werden Planung und Planverwirklichung als wechselbezügliche Vorgänge 442 gerecht. Planen ist Entscheidungsvorbereitung unter Korrekturvorbehalt, der Plan eine Festlegung zumindest unter Anpassungsvorbehalt. 443 Daher hält die Planung mit Hilfe ihres auf ständige Fortschreibung ausgelegten Gefüges abgestimmter Maßnahmen, wie insbesondere Erfolgskontrolle und Plananpassung, ein adäquates Mittel zur Umsetzung des Leitbildes der Nachhaltigkeit bereit. Mithin kann mittels Planungsnormen der Verwaltung ein flexibles und damit strukturell geeignetes Instrumentarium an die Hand gegeben werden, um auf die erhöhte Konfliktträchtigkeit, die bereits im Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung angelegt ist, reagieren zu können.

439

Dazu näher oben § 2 B.I.4.

440

Siehe Enquête-Kommission, BT-Drucks. 13/7400, S.12, Tz. 2.1.

441

Vgl. zur Differenzierung der Planung nach dem Zeitfaktor etwa Ossenbühl Gutachten zum 50. DJT, S. Β 28. 442

Ausführlich Ossenbühl, Gutachten zum 50. DJT, S.B 32 bis 34; Schmidt-Aßmann, in: Festschrift für Schlichter, 3(17). 443

So die prägnante Formulierung von Kirchhof,

in: HStR, Bd. III, § 59 Rn. 110.

106

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung II. Raumbezogene Planung

Mit den vielfältigen Erscheinungsformen der Planung korrespondiert nicht nur eine entsprechend reichhaltige Möglichkeit, anhand unterschiedlicher Einteilungsgesichtspunkte eine Typologie der Planung zu entwickeln. 444 Vielmehr werden auch die Begrifflichkeiten einer derartigen Kategorisierung unterschiedlich gebraucht bzw. mit unterschiedlichen Inhalten gefüllt. 445 Das liegt nicht zuletzt darin begründet, daß Plan und Planung keine vorgeprägten rechtlichen Begriffe sind. 446 Hinzu kommt, daß jedes Bundesland aus kompetenzrechtlichen Gründen 447 und aufgrund fehlender Abstimmung nicht nur ein eigenes Landesplanungsgesetz, sondern auch ein eigenes Planungssystem mit eigenen Planungsbegriffen und -Instrumenten hat. 448 Gleichwohl ist charakteristisch für die raumbezogene Planung ihr Anliegen, die künftige Entwicklung zu antizipieren, zu programmieren und zu steuern, mit dem Ziel, die Kluft zwischen der wirtschaftlich-technischen Dynamik und staatlicher Umweltpolitik zu überbrücken. 449 Die langfristige Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen und die Verbesserung der wirtschaftlichen, sowie der sozialen Lebensbedingungen bilden die drei Dimensionen, die das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung zu vereinbaren sucht. Diese drei Dimensionen stellen unterschiedliche Ansprüche an den Raum. Der Raumordnung und Landesplanung kommt als gesamtplanerischer Querschnittsaufgabe eine Gestaltungs-, Entwicklungs- und Koordinierungsaufgabe im Hinblick auf die Erreichung einer bestimmten Raumstruktur zu. 450 Sie dient der Verteilung des begrenzten Raumes auf konkurrierende Nutzungen und der Steuerung der gesellschaftlichen Entwicklung im Hinblick auf ihre räumlichen Auswirkungen. Gleichzeitig beeinflußt sie zwangsläufig die raumbezogenen ökologischen Belange, indem jede Entscheidung über die Zulässigkeit ökonomischer oder sozialer Raumnutzung Auswirkungen auf die ökologischen Raumfunktionen hat und umgekehrt. Bereits dies deutet auf ihre enge Verbundenheit mit der Umsetzung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung. 451

444

Dazu im einzelnen schon Ossenbühl, Gutachten zum 50. DJT, S. Β 24 ff.; Hoppe, in: HStR, Bd. III, § 71 Rn. 6 ff. 445

Schmitt Glaeser/König,

446

Obermeyer, VVDStRL 18 (1960), S. 144ff.; Hoppe, in: HStR, Bd. III, § 71 Rn. 4.

JA 1980, 321 (322).

447

Nach Art. 75 Nr. 4 GG hat der Bund im Bereich der Raumordnung lediglich die Kompetenz zur Rahmengesetzgebung. 448

Sachverständigenrat für Umweltfragen, in: BT-Drucks. 13/4109, S. 32, Tz. 34.

449

Rehbinder, in: Salzwedel, Grundzüge des Umweltrechts, Kapitel 04 Rn. 246.

450

Erbguth/Schoeneberg,

451

Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, Rn. 50.

Hier wird nur der Frage der grundsätzlichen Eignung nachgegangen. Eine nähere Betrachtung des raumordnungsrechtlichen Instrumentariums und der praktischen Probleme bleibt zunächst ausgeklammert. Dazu unten Teil 2.

§ 3 Mögliche Umsetzungsmittel

107

Stellt man als maßgebliches Kriterium der Planung auf deren inhaltliche Ausrichtung ab, so kann die raumbezogene Planung in Gesamt- und Fachplanung untergliedert werden. 452 Ganz überwiegend wird unter Gesamtplanung die gebietsbezogene, unter Fachplanung die projektbezogene Planung verstanden. 453

1. Gesamtplanung Gesamtplanung ist die überfachliche, gebietsbezogene Planung, welche alle raumbedeutsamen Faktoren wie Siedlungsentwicklung, Industriebesatz, verkehrsmäßige Erschließung, Umwelt- und Landschaftsschutz, Bevölkerungswachstum etc. erfaßt und diese Belange untereinander koordiniert. 454 Als Charakteristika der räumlichen Gesamtplanung sind die Merkmale „übergeordnet" und „zusammenfassend" hervorzuheben. 455 „Übergeordnetheit" heißt einerseits rechtlicher Vorrang der überörtlichen gegenüber der örtlichen Gesamtplanung und Fachplanung durch verbindliche Ziel- und Rahmensetzung gegenüber nachgeordneten Planungen. Andererseits bedeutet dies Beschränkung auf den Maßstab der Überörtlichkeit und Überfachlichkeit. 456 „Zusammenfassend" ist die Gesamtplanung insofern, als sie die unterschiedlichen Raumansprüche unter Beteiligung der einzelnen Planungsträger allseitig abwägt.457 Sie muß sich somit mit wirtschafts-, umweit- und sozialrelevanten Faktoren auseinandersetzen, so daß inhaltlich eine gewisse Kongruenz mit den Elementen des Nachhaltigkeitspostulats besteht. Hinzu kommt, daß die räumliche Gesamtplanung mit den Raumordnungsplänen über einen gestuften Steuerungsmechanismus verfügt, über den die Landesplanung die räumliche Entwicklung beeinflußt. Auf Länderebene bietet die Gesamtplanung mit der hochstufigen gesamträumlichen Landesplanung und den Regionalplänen ein System zunehmender Ergänzung und Präzisierung. Dieser vertikale Koordinationsansatz bietet die Möglichkeit, die unterschiedlichen Zeit- und Konkretisierungshorizonte der Planung mit dem 452 Vgl. im einzelnen Böckenförde, Der Staat 1972, 429 (436); Schröder, Planung auf staatlicher Ebene, S. 14; Hoppe, in: HStR, Bd. III, § 71 Rn. 10. 453 Schmitt Glaeser/König, JA 1980, 321 (322); Schmalz, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 618; Ossenbühl, Gutachten zum 50. DJT, S. Β 28; Hoppe, in: HStR, Bd. III, §71 Rn. 11. 454

Erbguth/Schoeneberg, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, Rn. 44; Schmitt Glaeser/König, JA 1980, 321 (322); Hoppe, in: HStR, Bd. III, § 71 Rn. 10; Schröder, Planung auf staatlicher Ebene, S. 14. 455

Bereits BVerfGE 3, 407 (425) im sogenannten Baurechtsgutachten: „Die überörtliche Planung fällt unter den Begriff der „Raumordnung" i.S.d. Art. 75 Nr. 4 GG. Diese ist zusammenfassende, übergeordnete Planung und Ordnung des Raumes. Sie ist übergeordnet, weil sie überörtliche Planung ist und weil sie vielfältige Fachplanungen zusammenfaßt und aufeinander abstimmt." 456

Erbguth/Schoeneberg,

457

Hoppe, in: HStR, Bd. III, § 71 Rn. 24.

Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, Rn. 53.

108

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung zu verbinden und auf diese Weise über das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung und rahmensetzenden Zielen und Grundsätzen zu konkreten Aussagen und Inhalten auf regionaler Ebene zu gelangen. Diese Planungshierarchie ermöglicht, kurzfristige handlungsorientierte Planungskonzepte und projektbezogene Maßnahmen in eine langfristige Rahmenplanung einzuflechten. 458

2. Fachplanungen Um eine Fachplanung handelt es sich, wenn ein bestimmter Sachzweck im Vordergrund steht und andere Belange lediglich im Rahmen des planerischen Abwägungsvorganges mit berücksichtigt werden. 459 Sie befassen sich mit ganz bestimmten Fachmaterien wie beispielsweise der Planung von Straßen-, Schienen· und Wasserwegen, und sind von daher projektbezogene Planungen.460 Gleichwohl können ihre Wirkungen raumbedeutsam sein, was Fachplanung jedoch nicht zur Raumplanung macht. 461 Ihr primäres Ziel ist gerade nicht die Planung eines Raumes. Vielmehr steht das eindimensionale fachliche Ziel im Vordergrund, so daß sie von der Raumplanung als Gesamtplanung zu unterscheiden ist. 462 Auf ein näheres Eingehen auf die Frage, inwieweit das System der Fachplanung sich für eine Umsetzung des Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung eignet, soll vor dem thematischen Hintergrund dieser Arbeit verzichtet werden. Zum einen verfügt das Bergrecht über kein eigenes planerisches Instrumentarium, und zum anderen wird die hier interessierende Braunkohlenplanung nach ganz überwiegender Ansicht in Literatur 463 und Rechtsprechung 464 als Gesamtplanung eingestuft. Braunkohlenpläne fügen sich in das System der Raumordnung und Landesplanung und sind von daher als besondere Form der Regionalplanung der Landesplanung zuzurechnen. 465

458

Siehe hierzu Zukunftsaufgabe Regionalplanung, Akademie für Raumforschung und Landesplanung, Bd. 200, Kapitel Β 3, insbes. 3.2. 459

Kloepfer,

460

Schmitt Glaeser/König,

Umweltrecht, § 5 Rn. 21. JA 1980, 321 (323).

461

So aber Bliimel, EvStL, Spalte 1833; Erbguth/Schoeneberg, Landesplanungsrecht, Rn. 43.

Raumordnungs- und

462

Wie hier Rehbinder, in: Salzwedel, Grundzüge des Umweltrechts, Kapitel 04 Rn. 247; Schmitt Glaeser/König, JA 1980, 321 (323); Bielenberg/Erbguth/Söfker, Bd. 2, § 1 ROG Rn. 48. 463

Schulte, Raumplanung und Genehmigung bei der Bodenschätzegewinnung, S. 276 und 282: „Von seinen Inhalten her ist also ein Braunkohlenplan ein Zwischending zwischen Raumplanung und Genehmigungsverfahren"; Degenhart, DVB1. 1996, 773 (774). 464

VerfG Bbg., DVB1. 1999, 34 (35); NWVerfGH, NVwZ-RR 1998, 473 ff. = DVB1. 1997, 1107 ff. 465

Dazu näher unten Teil 2 § 2. D.I.

RO

§ 3 Mögliche Umsetzungsmittel

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Β. Ordnungsrechtliche Instrumente - insbesondere vor dem Hintergrund zunehmender Kooperationsmodelle I. Planungen und Ordnungsrecht Großräumige Planungen wirken regelmäßig nicht aus sich selbst heraus, sondern bedürfen der Umsetzung, die fast durchweg durch ordnungsrechtliche Instrumente erfolgt. Dazu gehören sämtliche einseitigen Einzelfallmaßnahmen der Verwaltung, insbesondere Zulassungsentscheidungen und Verhaltensanordnungen. Aus dem Bergrecht sind insbesondere Konzessionen und Betriebsplanzulassungen zu nennen.466 Auf diese Einzelentscheidungen wirken dann die Planfestsetzungen ein. 467 Von daher sind dann diese die Planungen umsetzenden und konkretisierenden Maßnahmen der verlängerte Arm dieses raumübergreifenden Instruments. Planungen und ordnungsrechtliche Mittel gehen beide einseitig vom Staat aus und sind derart eng miteinander verwoben, daß sie vom Instrumententypus her als Einheit angesehen werden können. Einzelmaßnahmen sind die notwendige Ergänzung zu Planungen, um diese zu konkretisieren. Indem Planungen für die Umsetzung der nachhaltigen Entwicklung prädestiniert sind, nehmen Einzelmaßnahmen aufgrund ihrer Ergänzungsfunktion an dieser Eignung teil.

II. Ordnungsrecht und Kooperation Freilich bleibt auch dieser Bereich nicht von der zunehmenden Diskussion und auch tatsächlichen Verwirklichung von Kooperationsmodellen unberührt. Insbesondere im Bauplanungsrecht wird diskutiert, inwieweit Bebauungspläne im Zusammenhang mit Verträgen mit privaten Investoren aufgestellt werden können. 468 Damit ist das Phänomen angesprochen, gegenüber dem das Ord-

466

Vgl. zu der Bindungswirkung der Erfordernisse der Raumordnung im bergrechtlichen Betriebsplanverfahren Hoppe/Spoerr, UPR 1999, S. 246 ff.; dies., ZfB 140 (1999), 110 ff. 467

Siehe besonders deutlich § 32 Abs. 1 Nr. 4 KrW-/AbfG, wonach die für verbindlich erklärten Feststellungen eines Abfallwirtschaflsplanes (siehe § 29 Abs. 4 KrW-/ AbfG) einem Vorhaben nicht entgegenstehen dürfen. Dazu BVerwG, DVB1. 1997, 48 (49) noch zu §§6, 8 AbfG; Ebling, in: Fluck, Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht, § 32 Rn. 68; Frenz, KrW-/AbfG, § 29 Rn. 22, 35: absolute Sperrwirkung; für eine lediglich relative Sperrwirkung hingegen Erbguth, UPR 1997, 60 (65 f.). 468

Maslaton, in: Hoffmann-Riem/Schneider, Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht, S. 125 (141 ff); Schneider, VerwArch. 87 (1996), 38 (41ff); Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns durch Verträge und Absprachen, S. 149 f. Das neue BauGB hat das Prinzip der Kooperation zwischen Privaten und Gemeinde im Städtebaurecht merklich gestärkt, §§4 b, 11, 12 BauGB. Vgl. hierzu Lüers, DVB1. 1998, 433 (444 f.). Vgl. auch § 13 Abs. 4 BBodSchG, wonach mit dem - freilich auf eine konkrete

110

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

nungsrecht sich zunehmend behaupten muß. Es wird bereits vom „Rückzug des Ordnungsrechts im Umweltschutz" gesprochen. 469 Der „Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht" 470 hat nicht nur das Europäische Gemeinschaftsrecht ergriffen, 471 sondern auch vor der deutschen Verwaltungsrechtsdogmatik nicht halt gemacht. Auch in ihr wird der Kooperation zwischen Staat und Bürger eine größere Bedeutung zugemessen.472 „Die Verwaltung und das Verwaltungsrecht" werden „zwischen gesellschaftlicher Selbstregulierung und staatlicher Steuerung" gesehen.473 Dem Umweltrecht wird dabei eine Pilotfunktion zuerkannt. 474 In der Praxis zeigen sich eine Vielzahl von Gesetzen, in denen bereits kooperative Ansätze aufgenommen sind. Zum Teil werden dann normative Regelungen gänzlich für entbehrlich gehalten; das kann insbesondere für Selbstverpflichtungen gelten.475

Fläche bezogenen - Sanierungsplan auch ein Sanierungsvertrag abgeschlossen werden kann, in dem die Sanierungspflichten und sonstigen Modalitäten festgelegt werden. 469

So der Titel des 14. Trierer Kolloquiums zum Umwelt- und Technikrecht vom 6.8.9.1998; siehe den Bericht von Schmidt, DVB1. 1998, 1271 ff. 470

So der Titel des von Becker-Schwarze 31. Assistententagung im Öffentlichen Recht.

1991 herausgegebenen Bandes der

471

Entschließung 93/C/138/0 des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 1.2.1993 über ein Gemeinschaftsprogramm für Umweltpolitik und Maßnahmen im Hinblick auf eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung, ABl. EG vom 17.5.1993 C 138, Tz. 11; 5. Aktionsprogramm der Kommission, KOM (92) 23 vom 3.4.1992, Tz. 31; Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über Umweltvereinbarungen vom 27.11.1996, KOM (96) 561 endg., Tz. 2. 472

Näher vor allem Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/ Schuppert, Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, Grundfragen, S. 11 ff.; ders., Die Verwaltung 27 (1994), 137 (154 ff.); Hoffmann-Riem, Ermöglichung von Flexibilität und Innovationsoffenheit im Verwaltungsrecht, in: ders./Schmidt-Aßmann, Flexibilität und Innovationsoffenheit im Verwaltungsrecht, passim; Dose, Die Verwaltung 27 (1994), 91 ff. m.w.N.; krit. Burmeister, VVDStRL 52 (1993), 190 ff. 473

Zweiter Beratungsgegenstand der 56. Staatsrechtslehrertagung, VVDStRL 56 (1997) mit Referaten von Schmidt-Preuß (S. 160 ff.) und Di Fabio (S. 235 ff.) sowie Titel des Begleitaufsatzes von Trute, DVB1. 1996, 950 ff.; siehe auch Kloepfer/Elsner, DVB1. 1996, 964 ff. 474

Siehe Hoffmann-Riem, in: ders./Schmidt-Aßmann/Schuppert, Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, Grundfragen, S. 115 (145 ff.). 475

Speziell zu diesen sub D. Einen ausführlichen Gesamtbefund mit sehr differenzierter Typologie bietet Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (162 ff., 176 ff.).

§ 3 Mögliche Umsetzungsmittel

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ILL Zum Problem der tatsächlichen Durchsetzung Hauptvorwurf an ordnungsrechtliche Instrumente ist ihre fehlende tatsächliche Durchsetzung. Daß in den letzten Jahren die Regelungsdichte immer stärker zugenommen hat und damit die staatlichen Zugriffsmöglichkeiten auch gewachsen sind, bedeutet noch längst nicht einen Zuwachs an tatsächlicher Verwirklichung. Im Gegenteil: Durch die ansteigende Komplexität sowohl von normativen Regelungen als auch von Sachverhalten sind Behörden zunehmend überfordert, Gesetze zu vollziehen. 476 Selbst der Bundesfinanzhof geht davon aus, daß öffentlich-rechtliche Regelungen vielfach nicht vollzogen werden. 477 Zwar wurden hier verschiedene Elemente zum Abbau von solchen Durchsetzungsdefiziten entwickelt. 478 Rechtliche Lösungen vermögen freilich schwerlich eine tatsächlich ablehnende Haltung gegenüber Vollzugsmaßnahmen zu kompensieren. Wesentlich stärkeren Erfolg verspricht hier eine umweltsensibilisierte Öffentlichkeit. 479 Die Öffentlichkeit als Gesamtheit der Kunden der Wirtschaft vermag Unternehmen schon aus Furcht vor Absatzeinbußen zu umweltfreundlichem Verhalten anzustacheln. Sie ist damit zugleich ein Instrument, um die Unternehmen zu einem Verhalten aus eigener Überzeugung und damit zu selbstverantwortlichem Agieren anzuhalten. Dieses aber läßt für die Verwirklichung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung den größten Erfolg erwarten. 480 Vor diesem Hintergrund bietet sich ohnehin eine Koppelung von ordnungsrechtlichen Instrumenten mit Selbstverpflichtungen der Wirtschaft an, die auf freiwilligem Verhalten beruhen. 481 Die Befolgung staatlich vorgegebener Leitlinien aus eigenem Antrieb heraus verspricht am ehesten, die vorhandenen Vollzugsdefizite zu überwinden.

476

Siehe Di Fabio , VVDStRL 56 (1997), 235 (266 mit Fn. 124). Vgl. zur Rechtsprechung Geiß, DRiZ 1996, 5 ff. mit dem Titel „Mehr Gesetze, weniger Rechtsgewährung". 477

BFH, BStBl. II 1993, 891 (893), bzgl. der Anerkennung von Rückstellungen für ungewisse öffentlich-rechtliche Verbindlichkeiten. In diesem Zusammenhang auch Achatz, in: P. Kirchhof, Umweltschutz im Abgaben- und Steuerrecht, S. 161 (173); Pezzer , in: Herzig, Bilanzierung von Umweltlasten und Umweltschutzverpflichtungen, S. 21 (34). Zum Problem grundsätzlich Gawel, ZWS 1993, 597 ff. 478

Näher Weikard, ZfU 1995, 365 ff. Soweit er allerdings eine Entschädigung für regelkonformes Verhalten befürwortet, stehen dem neben rechtsethischen und moralischen Bedenken die generell gegen Subventionen sprechenden Argumente entgegen, Dickertmann/Gelbhaar, ZfU 1995, 341 (352). 479 Siehe Eilers, Rückstellungen für Altlasten und Umweltschutzverpflichtungen, S. 37; Frenz, DStZ 1997, 37 (38); Paefgen, NuR 1994, 424 (432). 480

Zu diesem Mechanismus im einzelnen Dickertmann/Gelbhaar, (355 f.) m.w.N. 481

ZfU 1995, 341

Bezogen auf Umweltvereinbarungen Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über Umweltvereinbarungen vom 27.11.1996, KOM (96) 561 endg., Tz. 6.

112

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

Dieser Befund darf auch nicht überdecken, daß nicht überall in großem Umfange Vollzugsdefizite bestehen. Vielfach liegt es gerade auch im Interesse der Unternehmen, daß eine staatliche Entscheidung ergeht. Das bei einer notwendigen Umweltverträglichkeitsprüfung gem. § 52 Abs. 2a BBergG als Planfeststellungsverfahren durchzuführende bergrechtliche Betriebsplanverfahren gewährleistet den begünstigten Unternehmen Planungssicherheit, da dadurch andere relevante behördliche Entscheidungen jedenfalls weitestgehend abgedeckt sind. 482 Das trifft generell auf Planfeststellungen zu. Auch Plangenehmigungen haben nunmehr gemäß § 74 Abs. 6 S. 2 i.V.m. § 75 Abs. 1 VwVfG Konzentrationswirkung. 483 Daher werden Unternehmen darauf erpicht sein, daß entsprechende Behördenentscheidungen ergehen, um dem auch im Bergrecht bekannten Problem paralleler Genehmigungsverfahren und den damit verbundenen Unsicherheiten zu entgehen,484 mithin Rechtssicherheit zu erlangen. Ist ein Unternehmen solchermaßen auf Maßnahmen der Behörde angewiesen, wird es auch bereit sein, die zum Ergehen der entsprechenden Rechtsakte erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen und fortzuführen. Insoweit entfällt dann das Problem von Durchsetzungsdefiziten.

IV. Unabdingbarkeit

bei der Gefahr ernster, irreversibler

Schäden

Will der Staat bestimmte Verhaltensweisen oder Grenzwerte unbedingt erreichen, bleibt ohnehin nur der Weg über ordnungsrechtliche Lösungen. Nur mit rechtlicher Durchsetzungskraft versehene Gebote vermögen ein Verhalten unmittelbar und sofort zu verändern. Kooperationsmodellen fehlt hingegen regelmäßig die Erzwingungsmöglichkeit. Gegenüber Abgabenlösungen, die vielfach erst langsam greifen und außerdem die Möglichkeit bieten, durch die Bezahlung der Abgabe die gewünschte Verhaltensänderung gänzlich zu vermei-

482

Boldt/Weller, BBergG, Ergänzungsband, § 57a Rn. 4; v. Mäßenhausen, ZfB 135 (1994), 119 (128). Eine wenn auch umstrittene Ausnahme hiervon bildet die wasserrechtliche Erlaubnis oder Bewilligung, vgl. § 14 WHG und dazu einerseits Rausch, Umwelt- und Planungsrecht beim Bergbau, S. 238, der die Konzentrationswirkung nicht hierauf erstreckt sieht, und andererseits Reinhardt, NuR 1999, 134 (141), der die Bergbehörde für berechtigt und verpflichtet hält, das wasserbehördliche Bewirtschaftungsermessen auszuüben. Vgl. ferner zu den Fällen des § 14 Abs. 3 WHG, in denen ein Einvernehmen und damit eine Zustimmung der Wasserbehörde zwingend erforderlich ist, Reinhardt, NuR 1999, 134 (141). 483

Vgl. bereits Ronellenfitsch, DÖV 1989, 737 (747) m.w.N.; vorher abl. für die abfallrechtliche Plangenehmigung Axer, DÖV 1995, 495 (500 f.). Grundsätzlich zur Gleichstellung der Rechtswirkungen Gassner, UPR 1996, 492 ff. 484 Vgl. zum Problem „paralleler Genehmigungsverfahren" im Bergrecht, welches für nicht UVP-pflichtige Vorhaben auch heute noch aktuell ist Gaentzsch, Konkurrenz paralleler Genehmigungsverfahren, NJW 1986, 2787 ff.

§ 3 Mögliche Umsetzungsmittel

113

den, 485 weisen ordnungsrechtliche Instrumente zumindest den Vorteil auf, Umweltgefahren ohne zeitliche Verzögerung rasch bekämpfen zu können. 486 Daher werden ordnungsrechtliche Lösungen allgemein als unentbehrlich angesehen, wenn es um die Abwehr ernster, irreversibler Schäden geht. 487 Im Bergbau geht es um die Abwehr von Gefahren für Leben und Gesundheit 488 und damit ernster, irreversibler Schäden. Bezogen auf den Umweltschutz gilt es, dauerhafte nachteilige Veränderungen zu vermeiden. Vor dem Hintergrund des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung müssen Rohstoffe so abgebaut werden, daß auch die Nachwelt noch über Vorräte verfügt. Wird hier ein Abbau zu intensiv betrieben, sei es, daß allzu stark in den Naturhaushalt eingegriffen wird, sei es, daß Bodenschätze bereits gänzlich für den gegenwärtigen Bedarf aufgebraucht werden, handelt es sich um nicht mehr wiedergutzumachende Auswirkungen. Daher ist für den Bergbau ein jedenfalls in den Grundlagen feststehender ordnungsrechtlicher Rahmen unabdingbar. Trotz der zunehmend befürworteten Kooperationsmodelle kann daher auf dem Boden des vorherrschenden wissenschaftlichen Erkenntnisstandes die Notwendigkeit eines ordnungsrechtlichen Rahmens befürwortet werden.

V. Gesicherte Kontur Tiefergehend ist für ordnungsrechtliche Lösungen gesichert, daß sie sich auf dem Boden des grundgesetzlichen Verfassungssystems bewegen. Ordnungsrechtliche Maßnahmen gehen von staatlichen Beamten aus, die in jedem Fall über die erforderliche demokratische Legitimation verfügen. 489 Gewinnen hingegen Private auf die Ausübung von Hoheitsbefugnissen Einfluß, wie etwa im Bereich vertraglich zugesicherter Bauleitplanung, droht eine Unterbrechung der demokratischen Legitimationskette.490 Dementsprechend wird auch für die Einschaltung von Privaten im staatlichen Aufgabenbereich eine - wenngleich dogmatisch erweiterte - Beleihung, jedenfalls aber eine Unterwerfung unter den Gesetzesvorbehalt gefordert. 491 Durch die Einschaltung zusätzlicher Handlungssubjekte im Wege der Kooperation entstehen zudem mehrpolige Grundrechts485

Siehe näher sogleich C.

486

Siehe aus der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur Weimann, Umweltökonomik, S. 187; auch Cansier, NVwZ 1994, 642 (643 ff.). 487

Sachverständigenrat für Umweltfragen, Umweltgutachten 1994, BT-Drucks. 12/6995, S. 140, Tz. 300; aus der Lit. vgl. Bothe, NVwZ 1995, 937 (938); Koenig, DÖV 1996, 943 (948). 488 Vgl. § 1 Nr. 2 und 3 BBergG. 489 490

Vgl. BVerfG, NVwZ 1996, 574 (575).

Näher Di Fabio , VVDStRL 56 (1997), 235 (263 ff.).

491

Di Fabio , VVDStRL 56 (1997), 235 (271 ff.); ähnlich Trute, DVB1. 1996, 950

(957). 8 Frenz

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

114

beziehungen, die zu einer schwereren Faßbarkeit von Grundrechtsauswirkungen führen und damit den Schutz der Grundrechte zu gefährden drohen. 492 Nicht umsonst wird daher geltend gemacht, daß die erprobten Figuren und Kategorien als erreichter Standard rechtsstaatlicher Garantien Vorrang vor neuen Systemen und Gebilden haben müssen.493 Durch eine Bewahrung ordnungsrechtlicher Instrumente und eine Vermeidung ihrer Zersetzung infolge einer allzu starken kooperativen Anreicherung werden auch die Grenzen zwischen Staat und Gesellschaft 494 erhalten bleiben. Vom Tatsächlichen her haben ordnungsrechtliche Lösungen den Vorzug, daß die Verwaltungen mit ihnen vertraut sind. 495 Auch der Bürger hat sich an sie gewöhnt, und so sind sie diesem eher vermittelbar und letztlich auch durchzusetzen. 496

C. Abgaben, insbesondere Energiesteuer I. Lückenschließungsfunktion Als im Ansatz steckender Hauptnachteil von ordnungsrechtlichen Lösungen wird insbesondere die Hinnahme eines bestimmten Verhaltens bis zum Erreichen festgelegter Grenzwerte bzw. außerhalb fixierter Verhaltensgebote betrachtet. 497 Diese Lücke, daß unterhalb dieser Schwelle bzw. außerhalb der festgesetzten Verhaltensanforderungen Umweltverschmutzer mangels Kostenverursachung weitere Reduzierungsmöglichkeiten nicht mehr prüfen, sollen Abgaben überdecken. Sie erfassen eine bestimmtes Verhalten und knüpfen regelmäßig nicht an einen bestimmten Schwellenwert an. 498 Daher erfassen Abgaben ein Verhalten umfassend und vermögen es entsprechend in seiner Gänze zu lenken. Abgabenlösungen können auch eine flexible Reaktion der Adressaten dergestalt ermöglichen, daß insbesondere die großen Unternehmen, die aufgrund größerer Organisationspotentiale und finanzieller Möglichkeiten zu geringeren Kosten

492

Näher Di Fabio , VVDStRL 56 (1997), 235 (255 ff.).

493

Ossenbühl, VVDStRL 56 (1997), 283 (285) - Diskussionsbeitrag.

494

Grundsätzlich Böckenförde, Die verfassungstheoretische Unterscheidung von Staat und Gesellschaft als Bedingung individueller Freiheit, auch mit Nachweisen zur Gegenansicht S. 7 Fn. 1; auch Karpen, JA 1985, 299 ff.; Rupp, in: HStR I, § 28 Rn. 26; siehe auch Isensee, Grundrechte und Demokratie, S. 14. 495

Buttgereit, Ökologische und ökonomische Funktionsbedingungen umweltökonomischer Instrumente, S. 156. 496

Vgl. demgegenüber zu Abgabenlösungen Umweltgutachten 1978, BT-Drucks. 8/ 1938, S. 546, Tz. 1800. 497

Bereits Schachel, NuR 1982, 206 (210); Endres, ZRP 1985, 197 (199); ders., in: Donner/Magoulas/Simon/Wolf, Umweltschutz zwischen Staat und Markt, S. 269 (275); aus jüngerer Zeit Paefgen, NuR 1994, 424 (428). 498

Siehe etwa Gawel, Die Verwaltung 28 (1995), 201 (223).

§ 3 Mögliche Umsetzungsmittel

115

Erfolge im Umweltschutz erzielen, Schadstoffe und Belastungen reduzieren. Dadurch entstehen dann gesamtwirtschaftlich gesehen niedrigere Kosten, als wenn jedes kleine Einzelunternehmen absolut festgelegte Grenzwerte einhalten muß, egal um welchen Preis pro verminderter Schadstoffeinheit. 499 Daher werden verbreitet Abgabenlösungen favorisiert. 500 Das gilt insbesondere für die Wirtschaftswissenschaften, 501 wenngleich nicht ungeteilt. Erst in jüngerer Zeit hielt Gawel an reformierten ordnungsrechtlichen Lösungen fest. 502 Die im wesentlichen das Personal der vorbereitenden Gesetzgebung und der Bürokratie stellenden Juristen tendieren ohnehin zu ordnungsrechtlichen Lösungen.503 Damit ist die Präferenz für Abgabenlösungen keineswegs durchgehend.

II. Keine einseitige Präferierung In der politischen Diskussion und nunmehr auch Praxis werden gerade im Energiebereich Abgabenlösungen gewählt.

1. Auf europäischer Ebene Schon seit längerem wird auf europäischer Ebene zur Reduzierung des Energieverbrauchs insbesondere eine C02-/Energiesteuer vorgeschlagen. 504 Durch 499 Umweltgutachten 1994, BT-Drucks. 12/6995, S. 149, Tz. 38; bereits Umweltgutachten 1978, BT-Drucks. 8/1938, S. 545, Tz. 1796, unter Verweis auf das zweite Sondergutachten, die Abwasserabgabe; aus der Lit. Weimann, Umweltökonomik, S. 187 ff. 500

Neben den bereits Genannten ζ. B. Hendler, AöR 115 (1990), 577 (587 ff.). Den Diskussionsstand der 80er Jahre faßt zusammen Meßerschmidt, Umweltabgaben als Rechtsproblem, S. 58 ff. 501

Manssen, in: Di Fabio/Marburger/Schröder, Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 1996, UTR 36 (1996), S. 137 (138) unter Verweis auf Hansjürgens, Umweltabgaben im Steuersystem, S. 15. 502

Gawel, ZfU 1996, 521 ff.

503

Paefgen, NuR 1994, 424 (428).

504

Siehe bereits Mitteilung der Kommission über „Eine Gemeinschaftsstrategie für weniger Kohlendioxidemissionen und mehr Energieeffizienz", SIK (91) 1744 endg. vom 14.10.1991; Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über den Verbrauchsteuersatz auf Kraftstoffe aus landwirtschaftlichen Rohstoffen, KOM (92) 36 endg. vom 28.2. 1992; Entschließung des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 1.2.1993 über ein Gemeinschaftsprogramm für Umweltpolitik und Maßnahmen im Hinblick auf eine dauerhafte umweltgerechte Entwicklung, ABl. EG vom 17.5.1993 C 138, S. 1 (71); revidierter Vorschlag der Kommission, KOM (95) 172 endg.; Vorschlag für eine Richtlinie zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen, KOM (97) endg. vom 12.3.1997. Zum gemeinschaftsrechtlichen Rahmen von Umweltabgaben Breuer, DVB1.

116

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

sie sollen der Kohlendioxid-Ausstoß bzw. der Energieverbrauch selbst belastet werden, um durch eine Verteuerung der Energienutzung einen Anreiz zu schaffen, Maßnahmen zu einer erhöhten Energieeffizienz und damit zu einer Reduzierung des Energieverbrauchs zu ergreifen. Die Entschließung des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 1.2.1993 über ein Gemeinschaftsprogramm für Umweltpolitik und Maßnahmen im Hinblick auf eine dauerhafte umweltgerechte Entwicklung verweist auf die weitgehende Meinung, es sei ökonomisch effizienter, Aktivitäten, die die wirtschaftlichen Grundlagen einschließlich der Umwelt schädigen, zu besteuern und gleichzeitig diejenigen Steuern zu senken, die sich negativ auf Beschäftigungen und Investitionen auswirken. 505 Im Zusammenhang mit einer dauerhaften umweltgerechten Entwicklung werden allerdings nicht nur Steuern genannt. Nach der genannten Entschließung sollen auch Vereinbarungen zwischen Behörden und Industrie ein strategisches Instrument bilden, das in kostenwirksamer Weise dazu beitragen kann, Umweltziele durch die Förderung einer aktiven Haltung der Industrie zu verwirklichen. 506 Dieser Gedanke wird wieder aufgegriffen und näher konkretisiert in der Empfehlung der Kommission vom 9.12.1996 über Umweltvereinbarungen zur Durchführung von Richtlinien der Gemeinschaft. 507 In der Mitteilung an den Rat und das Europäische Parlament über Umweltvereinbarungen, in denen die Vorteile und Kriterien für die erfolgreiche Anwendung solcher Vereinbarungen unterstrichen werden, wird auch dieses Instrument in den Rahmen der dort diskutierten Erweiterung der Instrumentenpalette im Umweltbereich gestellt und neben anderen Maßnahmeformen eingereiht. 508 Die Kommission legt sich indes auf kein bestimmtes Instrument fest. Sie kann sich sogar vorstellen, daß auf einem Gebiet, auf dem eine Steuer infolge starker Verschmutzung und starken internationalen Wettbewerbs hohe makroökonomische Übergangskosten verursachen würde, die eine Umweltvereinbarung abschließenden Parteien von der Steuer befreit werden, soweit dies mit dem Binnenmarkt und Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft vereinbar ist. 509 Es

1992, 485 ff.; Hilf, NVwZ 1992, 105 ff.; Grabitz, in: Breuer/Kloepfer/Marburger/Schröder, Umwelt- und Technikrecht in den Europäischen Gemeinschaften - Antrieb oder Hemmnis?, UTR 7 (1989), S. 85 ff.; spezifisch bezogen auf eine C02-Abgabe Kloepfer/ Thull, DVB1. 1992, S. 195 ff.; Müller, Möglichkeiten und Grenzen der indirekten Verhaltenssteuerung durch Abgaben im Umweltrecht, S. 56 ff.; Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, S. 77; Wasmeier, Umweltabgaben und Europarecht, S. 343. 505

ABl. EG vom 17.5.1993 C 138, S. 1 (71 a.E.).

506

Entschließung des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 1.2.1993 über ein Gemeinschaftsprogramm für Umweltpolitik und Maßnahmen im Hinblick auf eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung, ABl. EG vom 17.5.1993 C 138, S. 1 (29). 507

96/733/EG, ABl. EG L 333 S. 59, 4. Erwägungsgrund.

508

KOM (96) 561 endg., Tz. 1.

509

Mitteilung der Kommission wie zuvor, Tz. 14.

§ 3 Mögliche Umsetzungsmittel

117

geht mithin um die Auswahl des für die jeweilige Situation am ehesten geeigneten Mittels. So wird auch die Umwelthaftung als zusätzliches Instrument erwähnt. 510 Trotz der fehlenden Festlegung auf ein bestimmtes Mittel wird freilich die Präferenz neuer Wege deutlich. Diese schließt indes eine Koppelung mit dem Ordnungsrecht nicht aus. Die Kommission sieht Rechtsvorschriften weiterhin als notwendiges Rückgrat der gemeinschaftsrechtlichen Umweltpolitik an und hält sie nur für ergänzungsbedürftig durch marktorientierte Instrumente und freiwillige Vereinbarungen. 511 In dieser Offenheit für neue Maßnahmeformen, die die Beteiligten stärker einbeziehen, liegt damit nur eine Fortsetzung der schon länger feststellbaren Tendenz, daß anstelle von Ge- und Verboten vermehrt Vorgaben zu eigenständiger Gestaltung in Form von Selbstkontrolle und Umweltmanagement durch die Unternehmen selbst bei einem Minimum behördlicher Kontrolle treten. 512 Darin liegt aber eher eine Umgestaltung des ordnungsrechtlichen Instrumentariums bzw. eine Auflockerung eines grundsätzlich befürworteten ordnungsrechtlichen Rahmens, keinesfalls aber dessen Ersetzung durch Umweltabgaben.

2. Auf nationaler Ebene Im nationalen Bereich griff die Bundesregierung den Gedanken einer ökologischen Steuerreform auf. Erster Ansatzpunkt ist eine Energiesteuer, die den Verbrauch von Energie belastet.513 Ziel des Gesetzes ist es, Anreize dafür zu geben, daß vorhandene Energiesparpotentiale ausgeschöpft, erneuerbare Energie ausgebaut und energiesparende und ressourcenschonende Produkte und Produktionsverfahren entwickelt werden. 514 Zur Zielerreichung wird auf das Mittel der höheren Energiebesteuerung, d. h. die Erhöhung der Mineralölsteuer und die Einführung der Stromsteuer gesetzt.515 Auch wenn damit „Ökosteuern" breiter Raum gegeben wird, hält auch die neue Bundesregierung an ordnungsrechtlichen Maßnahmen fest. Ein Beispiel ist die geplante, freilich immer wieder revidierte und mittlerweile fragliche Atomrechtsnovelle, die das vorhandene

510

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über Umweltvereinbarungen vom 27.11.1996, KOM (96) 561 endg., Tz. 2. 511

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über Umweltvereinbarungen vom 27.11.1996, KOM (96) 561 endg., Tz. 6. 512

Dazu näher Héritier , in: Hrbek, Das Subsidiaritätsprinzip in der Europäischen Union - Bedeutung und Wirkung für ausgewählte Politikbereiche, S. 87 (92 f.). 513 Stromsteuergesetz; verkündet als Art. 1 des Gesetzes zum Einstieg in die ökologische Steuerreform, BGBl. I S. 378; vgl. auch die Begründung des Entwurfes der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, in: BT-Drucks. 14/40, S. 9 ff. 514

BT-Drucks. 14/40, S. 1.

515

BT-Drucks. 14/40, S. 1 f.

118

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

Atomgesetz auf einen Ausstieg aus der Kernenergie ausrichten soll, und zwar über einseitige normative Festsetzungen.

III. Bemessungsprobleme Auch Abgabenlösungen bilden kein Allheilmittel zur Erzielung positiver Effekte für die Umwelt und damit auch nicht für die Umsetzung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung. Sie können in ihrer Intention allein schon dadurch unterlaufen werden, daß die Belasteten einfach die geforderte Summe bezahlen, ohne ihr Verhalten zu ändern. 516 Das gilt zumal dann, wenn sie relativ niedrig bemessen ist. In einem solchen Falle ist es ohnehin zweifelhaft, ob eine Abgabe überhaupt Lenkungseffekte zur Verhaltensänderung erzielen kann. Der einzelne wird sein Verhalten aufgrund von Zahlungspflichten dem Staat gegenüber nur dann ändern, wenn sich dies für ihn angesichts der Höhe der Abgabe lohnt. Bei Unternehmen ist noch der Betrag hinzuzurechnen, der einfach auf die Produktabnehmer abgewälzt werden kann, so daß die Unternehmen letztlich nicht belastet werden. 517 Umgekehrt darf die Abgabe auch nicht zu hoch festgesetzt werden; andernfalls kann sie von vornherein nicht auf Akzeptanz stoßen, die Grundlage für den angestrebten Effekt in Gestalt von Verhaltensänderungen ist. Zwischen diesen beiden Polen den richtigen Wert zu finden, dürfte kaum auf Anhieb gelingen,518 wenn es überhaupt möglich ist. 519 Da Abgaben nur dann eine Anreizwirkung zur Verhaltensänderung auslösen, wenn sie so bemessen sind, daß die Adressaten darauf reagieren, 520 diese Wirkung aber kaum exakt eingeschätzt werden kann, tritt die Wirkung von Abgabenlösungen regelmäßig verzögert auf, wenn sie überhaupt zu erzielen ist. Zweifel daran erwachsen auch daraus, daß Abgaben einheitlich erhoben werden und damit alle Unternehmen gleichermaßen treffen, ohne auf die jeweiligen Verhältnisse spezifisch Rücksicht nehmen zu können. Dies ermöglichen demgegenüber ordnungsrechtliche

516 Λ Kirchhof, in: ders., Umweltschutz im Abgaben- und Steuerrecht, DStJG 15 (1993), S. 3 (6); P. Kirchhof, DÖV 1992, 233 (234). 517

Zu diesem Problem bereits Rehbinder, Politische und rechtliche Probleme des Verursacherprinzips, S. 81. Im internationalen Wettbewerb, wo nationale Produkte aufgrund der „Ökosteuer" teurer werden als andere, funktioniert freilich die Kostenabwälzung nur begrenzt. 518

Siehe etwa Sprenger u. a., Das deutsche Steuer- und Abgabensystem aus umweltpolitischer Sicht, S. 31 ff. 519

Zweifelnd Benkert/Bunde/Hansjürgens, Umweltpolitik mit Ökosteuern?, S. 86; Dickertmann, in: P. Kirchhof, Umweltschutz im Abgaben- und Steuerrecht, DStJG 15 (1993), 33 ff. 520

Siehe Förster, Ökosteuern als Instrument der Umweltpolitik?, S. 36; bereits Buck, Lenkungsstrategien für die optimale Lokation von Umweltgütern, S. 279.

§ 3 Mögliche Umsetzungsmittel

119

Regelungen in Gestalt individualisierender und mitwirkungsoffener Tatbestände, wie sie sich etwa in §§ 5, 6 KrW-/AbfG und § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG finden. 521 Um hier eine auf die Situation der jeweiligen Branche bzw. gar der einzelnen Unternehmensgruppen ausgerichtete Lösung zu erreichen, bedarf es einer immens aufwendigen Abstimmung. 522 Nimmt man dann noch den staatlichen Verwaltungsaufwand für die Eintreibung einer Abgabe hinzu, schmilzt der von Abgabenlösungen erwartete Kostenvorteil leicht dahin. 523 Zumal dann, wenn sich keine greifbaren Erfolge bei der Reduzierung von Umweltbelastungen zeigen, stoßen Umweltabgaben auf Akzeptanzprobleme. Verstärkt wird dies durch die allgemeine Tendenz, daß der Staat immer neue Quellen der Abgabenerhebung sucht, um seine Haushaltslöcher zu decken oder neue Maßnahmen zu finanzieren. Bereits erkennbar angelegt ist ein Scheitern von Umweltabgaben dann, wenn sie so niedrig bemessen werden, daß aufgrund des für sie zu zahlenden Betrages keine Verhaltensänderung zu erwarten ist. In allen diesen Fällen wird der Bürger eher versuchen, wie auch im sonstigen Abgabenrecht die Zahlungspflicht zu vermeiden, anstatt sein Verhalten zu ändern.

IV. Folgerungen Angesichts dieser mit Umweltabgaben verbundenen Probleme, die sich am Beispiel der neuen deutschen Energiesteuer nur besonders deutlich zeigen, wird vielfach eine Kombination von einen sicheren Basiserfolg ermöglichenden Verhaltens« und Vermeidungsgeboten einerseits und von auch unterhalb von Schwellenwerten ansetzenden Abgaben andererseits befürwortet. 524 Auch dies ist ein Ausdruck der immer stärkeren Ablösung der Instrumentendiskussion von theoretischen Ansätzen. Diese zeigt sich in der Flexibilisierung des Abgabensatzes von Pigou 525 über den Standard-Preis-Ansatz von Baumol/Oates aus dem Jahre 1971 526 zu einer stark politisch geprägten, wertenden Festsetzung bestimmter Abgabenansätze, die nur den Kerngedanken übriglassen, durch finanzielle Belastungen im konkreten Fall zu einem veränderten Verhalten anzure-

521

BVerfG, NJW 1998, 2341 (2343); NJW 1998, 2346 (2348 f.).

522

Siehe Weimann, Umweltökonomik, S. 141.

523

Näher Kemper, Das Umweltproblem in der Marktwirtschaft, S. 123 f., 126 f.

524

Ausführlich Gawel, Umweltpolitik durch gemischten Instrumenteneinsatz, S. 84 ff.; bereits Kloepfer, DÖV 1975, 593 (596); am Beispiel des Abfallbereichs Umweltgutachten 1994, BT-Drucks. 12/6995, S. 156, Tz. 363; 197, Tz. 505; 201, Tz. 521. 525

Pigou, The Economics of Welfare, bes. S. 172 ff. (z.T. übersetzt bei Siebert, Umwelt und wirtschaftliche Entwicklung, S. 23 ff.). 526

Baumol/Oates, in: The Swedish Journal of Economics 73 (1971), 42 ff. (übersetzt bei Siebert, Umwelt und wirtschaftliche Entwicklung, S. 169 ff.).

120

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

gen. 527 Es geht also um die Findung der jeweils passendsten Lösung angesichts der praktischen Gegebenheiten.528 Daher bestehen auch keine Bedenken mehr gegen eine Anpassung dieser Modelle im Einzelfall bzw. ihre Durchmischung bzw. den parallelen Einsatz mit anderen Instrumenten. Um dann aber noch ihre Kohärenz sicherzustellen, bedarf es freilich der gegenseitigen Abstimmung. Der rechtliche Ansatz dafür ist die Prüfung am Prinzip widerspruchsfreier Normgebung. 529

D. Selbstverpflichtungen I. Entwicklungsstand 1. National Wie bereits angedeutet,530 werden immer mehr kooperative Instrumente favorisiert. Dieses Zusammenwirken von Staat und Gesellschaft soll anhand eines in letzter Zeit immer stärker in den öffentlichen Blickpunkt gerückten Mittels untersucht werden: Selbstverpflichtungen der Wirtschaft. Die Offenheit für dieses Instrument ist parteiübergreifend. Die bisherige Bundesregierung etwa baute in ihrer Altauto-Verordnung 531 auf der freiwilligen Selbstverpflichtung der Wirtschaft zur umweltgerechten Altauto-Verwertung (PKW) im Rahmen des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vom 21.2.1996 auf. 532 Bis Ende 1996 wurden rund 80 Selbstverpflichtungen auf dem Gebiet der Umwelt eingegangen; Hauptbereiche waren die Abfallwirtschaft (ζ. B. Batterie-, Papier-, Verpakkungsabfälle, außerdem die Kraftfahrzeuge), die schrittweise Einstellung der Verwendung bestimmter Stoffe (Asbest, FCKW, bestimmte Stoffe in Waschund Reinigungsmitteln), Ableitungen gefährlicher Stoffe in das Wasser (Ammoniak, Sicherheitskontrollen für chemische Anlagen) und C0 2 -Emissionen (Kraftstoffverbrauch von Kraftfahrzeugen und verschiedenen Industriezweigen). 533 Auch die zum Bergbau zählende Kaliindustrie hat sich an einem C 0 2 -

527

Dickertmann, in: P. Kirchhof, Umweltschutz im Abgaben- und Steuerrecht, DStJG 155(1993), S. 33 (39 f.). 528

Etwa Hansmeyer/Schneider,

529

Dazu näher unten F.

530

Siehe oben B.II.

Umweltpolitik, S. 34, 41 ff., 57.

531

Verordnung über die Entsorgung von Altautos und die Anpassung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 4.7.1997, BGBl. I S. 1666. 532 533

Näher Kopp, NJW 1997, 3292 f.

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über Umweltvereinbarungen vom 27.11.1996, KOM (96) 561 endg., Anlage. Eine Auflistung der einzelnen bis 1996 abgeschlossenen Selbstverpflichtungen enthält BDI, Freiwillige Vereinbarungen und Selbstverpflichtungen in der Industrie im Bereich des Umweltschutzes,

§ 3 Mögliche Umsetzungsmittel

121

Monitoring beteiligt und auf diese Weise ihre C0 2 -Emissionen verringert. 534 Die Bundesregierung führt in ihrer Koalitionsvereinbarung ebenfalls Selbstverpflichtungen auf. 535

2. Auf europäischer Ebene Selbstverpflichtungen sind nicht auf die Bundesrepublik Deutschland beschränkt. In zahlreichen anderen EU-Mitgliedstaaten sind sie weit verbreitet. 536 Auch die Kommission präferiert ein Zusammenwirken von Unternehmen und staatlichen Instanzen auf freiwilliger Basis. Einseitigen Verpflichtungserklärungen der Wirtschaft zieht die Kommission Umweltvereinbarungen in vertraglicher Form vor. Diese legen Verpflichtungen für alle Parteien fest und halten klare Rahmenbedingungen bereit; für den Fall der Nichteinhaltung können Sanktionen ausbedungen und durchgesetzt werden. In diesem Rahmen können Behörden Aufgaben etwa in Gestalt des Aufbaus von Datenbanken zur Erleichterung des Informationsaustausches zugewiesen werden. 537 Sich selbst hält die Kommission als Gemeinschaftsorgan allerdings nicht für berechtigt, förmliche Umweltvereinbarungen abzuschließen; auf Gemeinschaftsebene will sie sich mit unverbindlichen Vereinbarungen begnügen.538 Als mögliche Anwendungsfelder solcher unverbindlicher Vereinbarungen sieht die Kommission die Minderung der C0 2 -Emissionen aus Personenkraftfahrzeugen, S0 2 - und NO x Emissionen durch Kraftwerke und die Minderung der Energieverluste durch Geräte wie Fernseher und Videorecorder außerhalb des eigentlichen Betriebes an. 539 Im Visier ist also auch und gerade der Energiesektor. Von daher eröffnet 1996; siehe auch Sachverständigenrat für Umweltfragen, Umweltgutachten 1996, BTDrucks. 13/4108, Tz. 162 f., wo lediglich von etwa 40 Selbstverpflichtungen zwischen 1971 bis 1993 die Rede ist, gleichzeitig jedoch festgestellt wird, daß diese in jüngster Zeit stärker in den Vordergrund treten; vgl. ferner Dempfle, Normvertretende Absprachen, S. 3 ff. 534

Und zwar von 91 kg C0 2 /t im Jahr 1990 auf 31 kg C0 2 /t im Jahr 1996, vgl. dazu RWI Essen (Hrsg.), C02-Monitoring der deutschen Industrie - ökologische und ökonomische Verifikation, Bd. 2. 535

Koalitionsvereinbarung zwischen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und Bündnis 90/DIE GRÜNEN vom 20. Okt. 1998, Kapitel IV. 2. 536

Näher Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über Umweltvereinbarungen vom 27.11.1996, KOM (96) 561 endg., Anlage. 537

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über Umweltvereinbarungen vom 27.11.1996, KOM (96) 561 endg., Tz. 19. 538 Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament vom 27.11.1996, KOM (96) 561 endg., Tz. 41; insoweit weitreichendere Befugnisse der Kommission befürwortend Frenz, EuR 1999, S. 27 (38 ff). 539

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über Umweltvereinbarungen, KOM (96) 561 endg., Tz. 44.

122

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

sich für den hier untersuchten Bereich des Bergbaus jedenfalls hinsichtlich der späteren Verwendung der Rohstoffe auch ein Feld von Selbstverpflichtungen auf Gemeinschaftsebene. Im übrigen sind auch die von der Kommission in den Mitgliedstaaten namentlich zur Umsetzung von Gemeinschaftsrichtlinien 540 präferierten Umweltvereinbarungen in die Figur der Selbstverpflichtungen einzuordnen. Ist auch die Vertragsform formaler und die sich daraus ergebende Bindungswirkung stärker, ändert sie nichts daran, daß Wirtschaftssubjekte freiwillig Verpflichtungen im Bereich des Umweltschutzes übernehmen und sich damit selbst verpflichten. Beispiel jedenfalls im weiteren Sinne für durch Gemeinschaftsrecht vorgegebene und von den Mitgliedstaaten anzuwendende Selbstverpflichtungen sind etwa das Öko-Audit 541 und die Umweltzeichenverordnung. 542

IL (Teilweise)

Entbehrlichkeit

staatlichen Handelns

Gerade für den Umweltschutz auf europäischer Ebene weisen Selbstverpflichtungen bzw. Umweltvereinbarungen entscheidende Vorteile auf. Werden in ihrem Rahmen nationale Verwaltungen nicht einbezogen, können die europäischen Organe die teilweise sehr reserviert gemeinschaftsrechtlichen Gehalten gegenüberstehenden nationalen Verwaltungen umgehen; ein Verwaltungsunterbau ist nicht nötig, und somit fällt nicht ins Gewicht, daß die Gemeinschaft selbst keinen hat. 543 Diese Loslösung von Verwaltungsstrukturen hat aber auch für die einzelnen Staaten erhebliche Vorteile. Diese liegen zum einen darin, daß ein Bereich von Privatrechtssubjekten zumindest weitgehend eigenverantwortlich wahrgenom-

540

Dazu ausführlich die Kommission in ihrer Empfehlung vom 9.12.1996 über Umweltvereinbarungen zur Durchführung von Richtlinien der Gemeinschaft, 96/733/EG, ABl. EG L 333, S. 59 ff. 541

Verordnung über die freiwillige Beteiligung gewerblicher Unternehmen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung, VO (EWG) 1836/93 vom 29.6.1993, ABl. EG L 168, S. 1. Das Öko-Audit ebenfalls der Selbstverpflichtungsidee zuschlagend Di Fabio , JZ 1997, 969 (970). Zum Öko-Audit selbst näher etwa Kothe, Das neue Umweltauditrecht; Lübbe-Wolff, DVB1. 1994, 361 ff.; dies., ZUR 1996, 173 ff.; Schneider, Die Verwaltung 28 (1995), 361 ff.; Köck, VerwArch. 87 (1996), 644 ff.; zum deutschen Ausführungsgesetz (UmweltauditgesetzUAG) vom 7.12.1995, BGBl. I S. 1591; Lübbe-Wolff, NuR 1996, 217 ff.; Vetter, DVB1. 1996, 1223 ff. 542

Verordnung betreffend ein gemeinschaftliches System zur Vergabe eines Umweltzeichens, VO (EWG) vom 23.3.1992, ABl. EG L 99, S. 1. Dazu etwa Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, S. 189 ff.; Roller, EuZW 1992, 499 ff. 543

Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), 235 (239).

§ 3 Mögliche Umsetzungsmittel

123

men wird. Das führt zu einer möglichen Rücknahme von Regulierungen 544 und zum Rückbau staatlicher Verwaltungsstrukturen bzw. zur Entlastung der Exekutive. So kann nach dem Bericht der unabhängigen Expertenkommission zur Vereinfachung und Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren 545 die staatliche Eröflhungskontrolle bei erhöhter laufender Eigenüberwachung im Rahmen des Öko-Audit verringert werden. Generell wird in dem Maße, in dem die Wirtschaft für den Umweltschutz notwendige Verhaltensweisen von sich aus an den Tag legt, staatliche Aktivität entbehrlich. Auf diese Weise leisten Selbstverpflichtungen einen wichtigen Beitrag zur vielfach geforderten „Entstaatlichung". 546 Zudem bringt eine gänzliche Loslösung von Verwaltungsstrukturen die Möglichkeit mit sich, ausländische Unternehmen unabhängig davon, ob sie rechtlich und tatsächlich mit Regelungen erfaßt werden könne, in die Erreichung von Umweltzielen einzubeziehen.547 Für den Umweltschutz hat die Vermeidung staatlicher Tätigkeit den Vorteil, daß nicht erst noch staatliche Regelungen ergehen müßten, die dann von den Verwaltungen im einzelnen umzusetzen sind. So beträgt auf europäischer Ebene die mittlere Frist zwischen dem Vorschlag einer Umweltrichtlinie und ihrer Annahme weit mehr als zwei Jahre; hinzu kommen nochmals zwei weitere oder mehr Jahre, die die Mitgliedstaaten offiziell Zeit für die Umsetzung haben, die allerdings oftmals überschritten werden und an die sich die Anpassungen für Durchführung und Anwendung anschließen.548 Bei Selbstverpflichtungen entfällt diese umständliche Prozedur, selbst wenn die Aushandlung und der Abschluß mehrere Monate in Anspruch nehmen. Dieser Vorteil ist freilich dahin, wenn sich die Gespräche zwischen Staat und Wirtschaft über den Inhalt von Selbstverpflichtungen allzu lange hinziehen - so bei der Selbstverpflichtung für Altautos fünf Jahre. 549 Im allgemeinen freilich können Selbstverpflichtungen wesentlich rascher als in Gesetzesform gepackte Vorhaben verwirklicht werden; vor allem können sie auch wesentlich leichter geänderten Umständen angegli-

544

Im Zusammenhang mit einer Teilnahme am Öko-Audit allgemein Dolde/Vetter, NVwZ 1995, 943 (948); zurückhaltend bzw. kritisch allerdings Köck, VerwArch. 87 (1996), 644 (679); Lübbe-Wolff, ZUR 1995, 57 ff.; dies., ZUR 1996, 173 (174); Schneider, Die Verwaltung 28 (1995), 361 (386). 545

In: Bundesministerium für Wirtschaft, Investitionsförderung durch flexible Genehmigungsverfahren, 1994, Tz. 238, 273 f., 293, 545. 546 Siehe zur Privatisierungsdiskussion Bauer, VVDStRL 54 (1995), 243 ff.; Schoch, DVB1. 1994, 962 ff.; Zur Problematik insgesamt die Beiträge in Grimm, Wachsende Staatsaufgaben - sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts. 547

Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), 235 (238).

548

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über Umweltvereinbarungen vom 27.11.1996, KOM (96) 561 endg., Tz. 9. 549

Daher krit. Schräder, NVwZ 1997, 943 (947).

124

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

chen werden, als dies bei normativen Lösungen der Fall ist. 550 Zudem werden ebenfalls Ressourcen bindende Rechtsstreitigkeiten vermieden, 551 da die Wirtschaft ja einverstanden ist.

III. Nachhaltiger Umweltschutz Vom Grundansatz her bieten Selbstverpflichtungen die Anlage zu einem dauerhaften und nachhaltigen Umweltschutz. Indem in ihnen regelmäßig nur Ziele festgelegt sind, besitzen die Unternehmen Entfaltungsraum, um selbst nach situationsgerechten kostenwirksamen Vorgehensweisen zu suchen.552 Auf diese Weise ist es auch möglich, daß größere und kleinere Unternehmen eine Lastenverteilung dergestalt vereinbaren, daß in erster Linie die Unternehmen tätig werden, bei denen sich Investitionen am ehesten lohnen. Dies bringt nicht nur den Vorteil eines höheren Grenzkostennutzens, 553 sondern ermöglicht den Unternehmen zugleich, eine langfristige Strategie zur Erreichung der vorgegebenen Ziele zu erarbeiten und dabei sämtliche Wirtschaftssubjekte einer Branche einzubeziehen. Die Unternehmen werden damit dazu angehalten, selbst nach rationellen Lösungen zu suchen. Die dabei gefundenen Wege wird die Wirtschaft auch akzeptieren. 554 Zudem werden sie die daraus resultierenden Verhaltensänderungen immer mehr verinnerlichen und damit irgendwann selbstverständlich werden lassen, so daß eine staatliche Kontrolle gänzlich entbehrlich wird. 555 Daraus erwächst dann eine durchgreifende und dauerhafte, mithin nachhaltige Verhaltensänderung. 556 Verstärkend wirkt insoweit, wenn Selbstverpflichtungen parallel mit Verbrauchererwartungen gehen, die dann

550

Von Bernuth, Umweltschutzfördernde Unternehmenskooperationen und das Kartellverbot des Gemeinschaftsrechts, S. 25 f.; zur Bedeutung von Änderungsmöglichkeiten Baudenbacher, JZ 1988, 689 (692). 551

Ehle, Die Einbeziehung des Umweltschutzes in das Europäische Kartellrecht,

S. 11. 552

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über Umweltvereinbarungen vom 27.11.1996, KOM (96) 561 endg., Tz. 8. 553

Siehe oben bei Abgabenlösungen C.I.

554

Allgemein fur Verhandlungslösungen von Bernuth, Umweltschutzfördernde Unternehmenskooperationen und das Kartell verbot des Gemeinschaftsrechts, S. 31. 555 556

Dickertmann/Gelbhaar,

ZfU 1995, 341 (355).

Dies bereits deutlich betonend die Entschließung des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 1.2.1993 über ein Gemeinschaftsprogramm für Umweltpolitik und Maßnahmen in Hinblick auf eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung, ABl. EG vom 17.5.1993 C 138, S. 13, 78. Auf diese Entschließung verweist auch noch die Empfehlung der Kommission vom 9.12.1996 über Umweltvereinbarungen zur Durchführung von Richtlinien der Gemeinschaft, 96/ 733/EG, ABl. EG L 333, S. 59.

§ 3 Mögliche Umsetzungsmittel

125

Kaufentscheidungen entsprechend der Umweltfreundlichkeit von Produkten vorprägen. 557

IV. Notwendigkeit

bestimmter Rahmenbedingungen

Jedenfalls vom Ansatz her sind damit Selbstverpflichtungen ein grundsätzlich erfolgversprechendes Instrument. 558 Voraussetzung für ihr Funktionieren ist freilich, daß die beteiligten Wirtschaftssubjekte tatsächlich die vereinbarten Umweltziele verfolgen und erreichen. Es darf sich nicht lediglich um Scheinzusagen handeln, die nur eingegangen werden, um auf Zeit zu spielen und gesetzliche Lösungen zu verhindern. 559 Führen Selbstverpflichtungen tatsächlich zu Ergebnissen, können sie der Umwelt mehr nützen, selbst wenn sie nur geringere Standards enthalten, als gesetzliche Regelungen.560 Die tatsächliche Durchsetzbarkeit kann durch begleitende Maßnahmen und bestimmte Grundanforderungen an eine Kooperation zwischen Staat und Wirtschaft auf freiwilliger Basis sichergestellt werden. Grundlage sind zunächst feste, am besten zahlenmäßig bestimmte Umweltziele, die konkret festgeschrieben werden. 561 Werden solche konkreten Verpflichtungen mit einer Verwaltungseinheit geschlossen und in die Form eines Vertrages gegossen, ist zugleich ein Gegenüber vorhanden, das die Zielerreichung überwachen und erzwingen kann. 562 Informiert der Staat die Öffentlichkeit über die entsprechende Kooperation mit der Wirtschaft, wird auch sie Anteil nehmen, inwieweit sich Resultate ergeben. 563 Noch stärker ist dies dann, wenn die Wirtschaft die Öffentlichkeit über erreichte Ergebnisse und auch

557

Vgl. Keßler, WRP 1988, 714 ff.; Lambsdorff/Jäger,

BB 1992, 2297 (2298).

558

Ausführlich die Untersuchung von Lautenbach/Steeger/Weihrauch, Freiwillige Kooperationslösungen im Umweltschutz, S. 45 ff.; scharf kritisch allerdings Rennings/ Broc kmann/Koschei/Bergmann/Kühn, Nachhaltigkeit, Ordnungspolitik und freiwillige Selbstverpflichtung, passim; Rennings/Brockmann/Bergmann, GAIA 55 (1996), 152 ff., die aufgrund der Erfahrungen mit dem Climate Change Action Plan in den USA die Vermutung äußern, daß freiwillige Selbstverpflichtungen dann nicht mehr funktionieren, sobald kostspielige Anpassungen erforderlich werden (S. 157). 559 Von Bernuth, Umweltschutzfördernde Unternehmenskooperationen und das Kartellverbot des Gemeinschaftsrechts, S. 26. 560

Ehle, Die Einbeziehung des Umweltschutzes in das Europäische Kartellrecht,

S. 81. 561

Näher Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über Umweltvereinbarungen vom 27.11.1996, KOM (96) 561 endg., Tz. 20. 562

Im einzelnen Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über Umweltvereinbarungen vom 27.11.1996, KOM (96) 561 endg., Tz. 19 ff. 563

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über Umweltvereinbarungen vom 27.11.1996, KOM (96) 561 endg. Tz. 23.

126

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

Schwierigkeiten informiert und auf diese Weise Transparenz schafft. 564 Die Glaubwürdigkeit nimmt weiter zu, wenn die Wirtschaft etwa ein eigenes Monitoring 565 durchführt und dies in regelmäßigen Abständen der Öffentlichkeit präsentiert. Je nach der Ausgestaltung bieten somit auch Selbstverpflichtungen bzw. Umweltvereinbarungen die Gewähr, daß Ziele erreicht werden. Werden die Zielvorgaben oder -zusagen der freiwilligen Selbstverpflichtungen aus welchen Gründen auch immer nicht eingehalten, so zeigt sich ihre „Achillesferse". Die größere inhaltliche Flexibilität wird erkauft durch geringere Sicherheit der Zielerreichung. Selbstverpflichtungen eignen sich von daher insbesondere zur Bekämpfung von nicht genau nachweisbaren und in die Zukunft reichenden Entwicklungen, bei denen zwar das Ziel, nicht aber die zur Zielerreichung erforderlichen Mittel klar feststehen. Ein Mindeststandard wird hingegen immer noch am ehesten über das Ordnungsrecht sichergestellt. So bilden auch nach Einschätzung der Kommission Rechtsvorschriften „weiterhin das notwendige Rückgrat der ... Umweltpolitik". 566 Wirtschaftsgetragene Managementsysteme können daher ordnungsrechtliche Vorgaben ergänzen, aber nicht (gänzlich) ersetzen. 567

£. Zertifikatmodell In den Vereinigten Staaten bereits praktiziert, 568 wird das Zertifikatmodell in der Bundesrepublik Deutschland bislang nicht in relevanter Weise angewendet. 569 Dieses Modell ist allgemein dadurch gekennzeichnet,570 daß der Staat 564

Vgl. auch die Empfehlung der Kommission vom 9.12.1996 über Umweltvereinbarungen zur Durchführung von Richtlinien der Gemeinschaft, 96/733/EG, ABl. EG L 333 S. 59, Ziff. 2.2.C), d). 565

Wie beispielsweise das C02-Monitoring der deutschen Industrie, vgl. zu den Angaben der daran beteiligten Verbände und den diesbezüglichen Entwicklungen RWI Essen (Hrsg.), C02-Monitoring der deutschen Industrie - ökologische und ökonomische Verifikation, Bd. 2. 566

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über Umweltvereinbarungen vom 27.11.1996, KOM (96) 561 endg., Tz. 6. 567

Koenig, NVwZ 1994, 937 ff.; Schneider, Die Verwaltung 28 (1995), 361 (377) m.w.N. aus britischer Perspektive. Siehe auch Schottelius/Küpper/Djindjic, BB 1994, 2214 ff. 568

Zu den Spielarten und den damit verbundenen Erfahrungen etwa Wasmeier, NuR 1992, 219 (219 f., 224 ff.). 569

Zu dem Modellversuch im „Kannenbäckerland" Ewringmann/Gawel, Kompensationen im Immissionsschutzrecht, passim; Gawel/Ewringmann, NuR 1994, 120ff. Zum rechtlich möglichen Einstieg nach §§ 7 Abs. 3, 17 Abs. 3a BImSchG in Verbindung mit Nr. 4.2.10 der TA Luft Enders, Kompensationsregelungen im Immissionsschutzrecht, passim. Die genannte Regelung fällt zudem insoweit aus dem gewöhnlichen Zertifikatmodell hinaus, als die Menge der verminderten Emissionen durch ein Angebot des an-

§ 3 Mögliche Umsetzungsmittel

127

durch politische Entscheidungen festlegt, inwieweit ein Umweltmedium (gegebenenfalls in einer bestimmten Region) belastet werden darf. Dadurch wird die Gesamtbelastungsmenge bestimmt. Diese wird ausgefüllt durch Zertifikate bzw. Lizenzen, die der Staat kostenlos oder kostenpflichtig an interessierte Emittenten von Umweltbelastungen abgibt. Durch diese Zertifikate bzw. Lizenzen erlangen die Inhaber das Recht, in der darin verbrieften Höhe die Umwelt zu belasten. Dieses Recht kann verkauft werden. Indem somit die Umweltverschmutzung entgeltlich wird, entsteht ein Anreiz, Belastungen zu vermindern oder ganz zu vermeiden. Diejenigen freilich, die diese Belastungen nur mit über den Lizenz» bzw. Zertifikatkosten übersteigenden Geldaufwendungen vermindern können, werden diese Verschmutzungsrechte kaufen. Auf diese Weise soll erreicht werden, daß die Umweltbelastungen dort reduziert werden, wo dies am kostengünstigsten möglich ist. 571 Dies führt dazu, daß dem Zertifikatmodell die höchste Effizienz zugesprochen wird, 572 wenngleich nicht durchgehend. 573 In seiner Funktionsweise auf die Marktmechanismen abgestimmt, fügt sich das Zertifikatmodell hervorragend in die bestehende marktwirtschaftliche Ordnung ein. Umweltverschmutzung wird Teil von Angebot und Nachfrage. Indem so Umweltverschmutzung zum marktadaptierten Preisfaktor wird, ist das Zertifikatmodell geeignet, auf große Akzeptanz zu stoßen und als „normaler" Mechanismus verinnerlicht zu werden, was am ehesten Gewähr für eine dauerhafte Verhaltensänderung bietet. 574 Daß Umweltbelastungen über den Markt immer Geld kosten, kann bei entsprechender Nachfrage freilich zu hohen Preisen führen, die auch solche Wirtschaftsteilnehmer nicht mehr bezahlen können, die notwendig darauf angewiesen sind. 575 Fatale Folgen hat dies bei Umweltbelastungen, die niemand gänzlich vermeiden kann, so etwa beim Abfall 576 oder beim Energieverbrauch. Da jeder sonsten von hoheitlichen Maßnahmen betroffenen Betreibers bzw. - vorgeschaltet und damit indirekt - durch einen zur Emissionsminderung zugunsten dieses Betreibers bereiten Dritten festgelegt wird. 570 Grundlegend Crocker, in: Wolozin, The Economics of Air Pollution, S. 61 ff.; Dales , in: Canadian Journal of Economics 1 (1986), Vol. 1, 791 ff.; ders., Pollution, Property and Prices, passim; auch Mishan, Technology and Growth: The Price We Pay, S. 36 ff.; Bonus, Umwelt 7 (1977), 2552 ff.; bereits ders., Jahrbuch für Sozialwissenschaften 23 (1972), 342 ff. 571

Näher Kemper, Das Umweltproblem in der Marktwirtschaft, S. 42; vgl. oben C.I. zur Abgabenlösungen. 572

Namentlich Weimann, Umweltökonomik, S. 169 ff.; Knüppel, Umweltpolitische Instrumente, S. 153 ff., der aber von einem ordnungsrechtlichen Rahmen ausgeht. 573

Kritisch Feldhaus, DVB1. 1984, 552 (554 f.).

574

Siehe oben D.III.

575

Näher Gawel, Umweltpolitik durch gemischten Instrumenteneinsatz, S. 45.

576

Näher Frenz, S. 22 ff.

Die Verwirklichung des Verursacherprinzips im Abfallrecht,

128

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

auf entsprechende Umweltbelastungsmöglichkeiten angewiesen ist, droht die Flucht in die Illegalität. 577 Damit ist ein grundsätzliches Problem des Zertifikatmodells angesprochen, nämlich die fehlende Erzwingbarkeit, wenn sich Marktteilnehmer ohne den Erwerb von Lizenzen bzw. darüber hinaus umweltschädigend verhalten. 578 Schon deshalb ist es wie auch Abgabenlösungen und Selbstverpflichtungen jedenfalls als alleiniges Instrument dann ungeeignet, wenn es um die Abwehr drohender irreversibler Schäden an hochrangigen Rechtsgütern geht. 579 Für den Bergbau etwa mit seinen potentiell irreversiblen Schäden für Gesundheit und Umwelt kann daher nicht auf das Zertifikatmodell zurückgegriffen werden.

F. Notwendige Harmonisierung und Zielgenauigkeit nach dem Prinzip widerspruchsfreier Normgebung I. Die Entwicklung des Prinzips widerspruchsfreier Normgebung in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts In seinen Entscheidungen zur kommunalen Verpackungssteuer und zu landesrechtlichen Abfallabgaben prägte das Bundesverfassungsgericht den Grundsatz widerspruchsfreier Normgebung. Danach ist dann, wenn mehrere Gebietskörperschaften die Gesetzgebungskompetenz in einem Bereich besitzen, deren Ausübung nur insoweit zulässig, als dadurch die Rechtsordnung nicht widersprüchlich wird. „Das Rechtsstaatsprinzip und die bundesstaatliche Kompetenzordnung verpflichten alle rechtsetzenden Organe, ihre Regelungen jeweils so aufeinander abzustimmen, daß den Normadressaten nicht gegenläufige Vorschriften erreichen, die Rechtsordnung also nicht aufgrund unterschiedlicher Anordnungen widersprüchlich wird." 5 8 0 Die Regelung einer gesetzgebenden Körperschaft darf deshalb weder der Gesamtkonzeption der bundesgesetzlichen Normierung noch dem Gehalt von Einzelbestimmungen zuwiderlaufen. Die darin getroffenen Entscheidungen dürfen mithin nicht durch Regelungen einer anderen gesetzgebenden Körperschaft verfälscht werden, deren verhaltensbe577

(628).

Vgl. zum Abfall OVG Koblenz, KStZ 1990, 97; BayVGH, BayVBl. 1988, 627

57 8

Dickertmann/Gelbhaar, ZfU 1995, 341 (344). Die von diesen beiden Autoren befürwortete Koppelung mit Geldstrafen läßt allerdings insoweit die Marktkräfte in den Hintergrund treten und droht das Zertifikatmodell zu verfremden. 579

Näher Becker-Neetz, rechtliche Probleme der Umweltzertifikatmodelle in der Luftreinhaltepolitik, S. 62 ff., 82, 86 ff.; Bothe, NVwZ 1995, 937 (938); Heister/Michaelis, Umweltpolitik mit handelbaren Emissionsrechten, S. 203 (207); Koenig, DÖV 1996, 943 (948); Wasmeier, NuR 1992, 219 (222); vgl. auch Rehbinder/Sprenger, Möglichkeiten und Grenzen der Übertragbarkeit neuerer Konzepte der amerikanischen Luftreinhaltepolitik in die deutsche Umweltpolitik, S. 353, 386. 580

BVerfG, NJW 1998, 2346 (2347) - Landesrechtliche Abfallabgaben.

§ 3 Mögliche Umsetzungsmittel

129

stimmende Wirkungen dem Regelungskonzept des Bundesgesetzgebers entgegengesetzt sind. 581 Diese Rechtsprechung wurde wieder aufgegriffen im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 27.10.1998 zum Bayerischen Schwangerenhilfeergänzungsgesetz. 582 Diese Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stieß auf unterschiedliche Resonanz. Einerseits sieht man sich schon auf einer „Reise nach Absurdistan". 583 Andererseits ist von „einem sehr vernünftigen Prinzip" die Rede.584 Es dient dazu, zwei unterschiedliche Normsetzungsgefüge nicht isoliert zu sehen, sondern in Harmonie zueinander zu bringen. Das ist von Bedeutung fur den Bundesstaat, da der Bund von seinem inhaltlichen Gestaltungsrecht nach Maßgabe der Art. 70 ff. GG nur dann wirksam Gebrauch machen kann und es auch durchzusetzen vermag, wenn nicht die Länder auf der Basis ihnen formell zustehender Gesetzgebungszuständigkeiten auch konträr zu den Intentionen der Bundesgesetzgebung tätig werden können. Textuelles Indiz dafür ist das „soweit" in Art. 72 Abs. 1 GG, das die konkurrierende Gesetzgebung der Länder auch im Hinblick darauf beschränkt, daß der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht hat. 585 Insbesondere aber ist die Widerspruchsfreiheit der Normen Konsequenz des Rechtsstaatsprinzips. Das gilt vordergründig aus Sicht der formalen Komponente, daß Normen inhaltlich klar und bestimmt sein müssen.586 Die inhaltliche Klarheit schließt die Widerspruchsfreiheit ein, 587 die Bestimmtheit, daß die Adressaten die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach ausrichten können.588 Tiefergehend weist die ein wesentliches Element der Rechtsstaatlichkeit bildende Rechtssicherheit 589 auf die Widerspruchsfreiheit der Normen. Explizit anerkannt ist die Vermeidung einer „Widersprüchlichkeit des Staatshandelns".590 Als Zwischenschritt wird in diesem Zusammenhang die „Verläßlichkeit" 591 in Form der Beständigkeit eingezogen.592 581

BVerfG, NJW 1998, 2341 (2342) - Kommunale Verpackungsteuern und BVerfG, NJW 1998, 2346 (2347) - Landesrechtliche Abfallabgaben für das Verhältnis von bundesgesetzlicher Sachregelung und Abgabennormierung der Kommunen bzw. der Länder. 582

BVerfG, NJW 1999, 841 (843).

583

Sendler, NJW 1998, 2875 (2875).

su

Bothe, NJW 1998, 2333 (2333).

585

Darauf verweisend auch BVerfG, NJW 1998, 2346 (2347).

586

Dazu jüngst BVerfG, NJW 1999, 557 (561).

587

Bereits BVerfGE 1, 14 (45); 17, 306 (314); 25, 216 (227).

588

BVerfGE 87, 234 (263); 84, 133 (149); bereits 31, 255 (264); auch BVerwG, NVwZ 1994, 1099(1099). 589

BVerfGE 2, 380 (403); 59, 128 (164) m.w.N.

590

Sachs, in: ders., GGK, Art. 20 Rn. 84.

591

BVerfGE 24, 75 (98); BVerfG, DVB1. 1998, 465 (465).

592

Sachs, in: ders., GGK, Art. 20 Rn. 84.

9 Frenz

130

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

Verläßlichkeit und Beständigkeit vermögen aber nur Normen zu erzeugen, die nicht in Widerspruch zueinander stehen.593 Unterstrichen wird dies durch den Hintergrund der Rechtsstaatlichkeit, nämlich die Gewährleistung von Rechtssicherheit und tiefergehend von Menschenwürde, Freiheit und Gerechtigkeit. 594

IL Erstreckung auch auf Normierungen derselben gesetzgebenden Körperschaft Die verschiedenen aufgezeigten umweltpolitischen Instrumente treffen weniger aufgrund der Normierungen verschiedener gesetzgebender Körperschaften aufeinander als vielmehr durch Gesetzeswerke derselben. Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Grundsatz widerspruchsfreier Normgebung erfaßten hingegen nur Widersprüche von Landesregelungen bzw. kommunalen Regelungen zur Bundesgesetzgebung.595 Eine Beschränkung auf diese Widersprüche ist allenfalls dann gerechtfertigt, wenn das Prinzip widerspruchsfreier Normgebung notwendig mit dem Bundesstaatsprinzip gekoppelt ist. Darauf deuten Sentenzen in den Verfassungsgerichtsentscheidungen, die das Rechtsstaatsprinzip in Zusammenhang mit der bundesstaatlichen Kompetenzordnung benennen und ihm in diesem Zusammenhang nur präzisierende und ausdehnende Funktion zumessen.596 Hingegen wird das Prinzip widerspruchsfreier Normgebung im Urteil zu den Landesabfallabgaben gleichermaßen auf das Rechtsstaatsprinzip und die bundesstaatliche Kompetenzordnung zurückgeführt. 597 Für eine Rückführbarkeit allein auf das Rechtsstaatsprinzip sprechen die angeführten Komponenten der Rechtsklarheit und -bestimmtheit sowie der Verläßlichkeit der Rechtsordnung und tiefergehend die Rechtssicherheit und die Menschenwürde, Freiheit und Gerechtigkeit, mit der das Rechtsstaatsprinzip eng verbunden ist. Aus Sicht des Bürgers ist es gleichgültig, ob widersprüchliche Normen von verschiedenen Gesetzgebern kommen oder von ein und demselben gemacht sind. In beiden Fällen trifft der Bürger auf Schwierigkeiten, die Rechtslage klar erkennen und sich nach ihr ausrichten zu können. Das gilt auch, wenn divergierende Bundesgesetze aufeinander treffen, 598 und zwar für alle selbständigen Normierungen, nicht nur bei einem Gegenüber von Sach- und

593

Näher Frenz, DÖV 1999, 41 (44).

594

Etwa Schmidt-Aßmcinn, in: HStR, Bd. I, § 24 Rn. 1; Stern, Staatsrecht I, S. 781.

595

BVerfG, NJW 1998, 2341 - kommunale Verpackungsteuern; NJW 1998, 2346 landesrechtliche Abfallabgaben; NJW 1999, 841 - Bay. Schwangerenhilfeergänzungsgesetz. 596

BVerfG, NJW 1998, 2341 (2342); dahin auch BVerfG, NJW 1998, 841 (843).

597

Siehe das Zitat oben I.

598

Siehe BVerfG, NJW 1999, 557 (641) für die Besteuerung von Ehepaaren mit Kindern, allerdings ohne Benennung des Grundsatzes widerspruchsfreier Normgebung.

§ 3 Mögliche Umsetzungsmittel

131

Steuernormen. 599 Werden sämtliche Normierungsebenen erfaßt, haben sich die gesetzgebenden Körperschaften der Bundesrepublik Deutschland auch auf bestehendes Gemeinschaftsrecht auszurichten. 600 Weiter ist beim Zusammentreffen verschiedener gleichrangiger Regelungen zu beachten, daß nicht ein Gesetz höherrangig ist und regelmäßig auch die lex porterior-Regel nicht eindeutige Klarheit schafft, 601 sondern vielmehr im Wege der Auslegung auf eine Harmonisierung zu setzen ist. Eine solche Auslegung liegt freilich zumeist nicht offen zutage602 und bedarf dann der Klärung durch die Gerichte, die bei einem entsprechenden Instanzenzug oft lange auf sich warten läßt. So lange bleibt dann der Bürger im Ungewissen; eindeutig ist für ihn nur der angelegte Widerspruch. Daher können auch Normkonflikte auf Bundesebene nicht allein über eine Harmonisierung via Interpretation gelöst werden. Liegt eine solche nicht klar auf der Hand, ist ein Verstoß gegen das Prinzip widerspruchsfreier Normgebung anzunehmen. Zu denken ist höchstens an eine abgestufte Wirkungskraft des Prinzips widerspruchsfreier Normgebung, je nach dem, ob beide es tragende Stränge zusammentreffen. Umgekehrt setzt beim Tätigwerden sowohl des Bundes als auch der Länder das Grundgesetz unterschiedliche Kompetenzbereiche voraus, was naturgemäß die Gefahr von Divergenzen aufwirft. Diese sind wesentlich eher zu vermeiden, wenn ein und derselbe Normgeber tätig wird, zumal wenn dies in einem relativ engen zeitlichen Zusammenhang geschieht. Dies spricht dann dafür, das Rechtsstaatsprinzip wesentlich stärker eine Widerspruchsfreiheit der Normen fordern zu lassen als das Bundesstaatsprinzip. 603

III. Konsequenzen für den Einsatz verschiedener umweltpolitischer Instrumente Sind bereits umweltrechtliche Regelungen vorhanden, haben sich sämtliche gesetzgebenden Körperschaften in ihrer Normierung nach diesen zu richten. Wollen sie konzeptionelle Änderungen durchführen, die zum bisherigen Recht in Widerspruch treten, müssen sie notwendigerweise das bisherige Recht ändern. Von daher hat der Bund die Möglichkeit, durch eine umfassende Normierung insgesamt einen Rechtszustand herzustellen, wie er ihm beliebt. Die Län599

Lediglich diese Konstellation ansprechend Jobs, DÖV 1998, 1039 (1044 f.); Weidemann, DVB1. 1999, 73 (78). 600

Näher Frenz, DÖV 1999, 41 (49 f.) auch auf der Grundlage von Art. 23 Abs.l

GG. 601 Siehe Köhler, BB 1996, 2577 ff. zum Aufeinandertreffen von § 1 GWB und § 6 Abs. 3 VerpackV. 602

Zu den für § 1 GWB und § 6 Abs. 3 VerpackV vertretenen Möglichkeiten Köhler, BB 1996, 2577 ff. 603

Näher Frenz, DÖV 1999, 41 (44 f.).

132

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

der dagegen sind an gegenläufiges Bundesrecht gebunden und können insoweit ihre Konzeption nicht verwirklichen. Was das Verhältnis von Einzelinstrumenten zueinander anbelangt, hat das Bundesverfassungsgericht ein Nebeneinander von Ordnungsrecht und Abgaben für problematisch angesehen. Hintergrund war allerdings die Ausrichtung der Vorschriften des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes bzw. des BundesImmissionsschutzgesetzes auf die konkreten Verhältnisse der Adressaten namentlich durch das Abstellen auf die wirtschaftliche Zumutbarkeit und die technische Möglichkeit und damit auf Wahlmöglichkeiten zugunsten der Betroffenen, während die in Frage stehenden Abgaben pauschal die Verpflichteten belasteten.604 Die Widersprüchlichkeit dieser beiden Maßnahmetypen beruhte also auf der konkreten Ausgestaltung. Somit ist es eine Frage des Einzelfalles, ob eine ordnungsrechtliche Lösung zusätzlich mit Abgaben ergänzt werden kann. Dies ist etwa dann der Fall, wenn Abgaben in dieselbe Richtung zielen, aber ein Verhalten erfassen, das durch die ordnungsrechtliche Regelung nicht geregelt ist. 605 Aufgrund der Vielzahl der einzelne Bereiche heute vielfach erfassenden Regelungen ist es für den Bürger generell ein Problem, sich hier zurecht zu finden. Die Rechtslage aus verschiedenen Einzelregelungen ist für ihn vielfach so verwirrend, daß sie ihm nicht mehr klare und bestimmte Handlungsanweisungen vermitteln kann. Damit vermag er sich auch nicht mehr wirkungsvoll zu verteidigen, so daß er seine Freiheit erhalten kann und ihm Gerechtigkeit widerfährt. Wenn für ihn die Rechtslage derart verworren ist, läuft dies dem Hintergrund des Prinzips widerspruchsfreier Normgebung in Gestalt insbesondere der Rechtssicherheit 606 zuwider. 607 Daher verbietet dieses auch eine solche Unübersichtlichkeit von Regelungen, daß sich der Bürger damit nicht mehr zurecht zu finden vermag. Deshalb sind umweltpolitische Instrumente insgesamt so einzusetzen, daß sie harmonisch und zielgenau sind, ohne den Bürger zu verwirren. Gefordert ist mithin schlichte Klarheit und nicht die Erfassung der letzten Ecken menschlichen Verhaltens.

604

BVerfG, NJW 1998, 2341 (2343); 2346 (2348).

605

Siehe auch Bothe, NJW 1998, 2333 (2334).

606

Siehe oben C.II.

607

Vgl. BVerfG, NJW 1999, 557 (641) zu den Anforderungen an die das Existenzminimum von Familien steuerfrei stellenden Regelungen, aber ohne ausdrücklichen Rückgriff auf das Prinzip widerspruchsfreier Normgebung.

§ 3 Mögliche Umsetzungsmittel

133

G. Folgen im Bergbau I. Ordnungsrechtliches

Grundgerüst als unabdingbare Basis

Der Bergbau ist ausweislich von § 1 Ziff. 3 BBergG unter anderem dadurch gekennzeichnet, daß Gefahren für Leben, Gesundheit und Sachgüter entstehen können. Treten dabei Schäden ein, sind diese vielfach irreversibel. Zur Vermeidung solcher irreversibler Schäden wird allgemein ein ordnungsrechtliches Grundgerüst für unabdingbar gehalten. Da dieses einen vom Ansatz her erzwingbaren Erfolg gewährleistet, ist es insoweit unverzichtbar. Hinzu kommt im Bergbau, daß eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen ist. Diese gehen insbesondere in die Entscheidung ein, ob ein Bergbauvorhaben zugelassen werden kann. Diese miteinander divergierenden Aspekte können nur durch eine von den Einzelinteressen losgelöste neutrale, auf das Gemeinwohl verpflichtete Instanz miteinander in Einklang gebracht werden. Sichergestellt werden kann dies damit nur durch eine behördliche Entscheidung. Daher bedarf es jedenfalls ordnungsrechtlicher Einzelakte. Diese aufgrund einer konkreten Situation ergehenden Behördenentscheidungen vermögen allerdings nicht vom Einzelfall losgelöste übergeordnete Gesichtspunkte in vollem Umfange zum Tragen zu bringen. Dabei führt der Bergbau meist zu tiefgreifenden Einwirkungen in die Umgebung. Seine Zulassung und sein Fortschreiten kann daher nicht allein aufgrund der Gegebenheiten an einem konkreten Ort beurteilt werden, sondern es bedarf der Einfügung in ein weiteres Gebiet betreffende Belange. Dadurch daß diese von einzelörtlichen Aspekten losgelöst sind, bedarf es der Betrachtung aus der Vogelperspektive und somit durch eine überörtliche Instanz. Damit die von dieser getroffenen Entscheidungen an die örtlichen Behörden weitergegeben und von diesen beachtet werden können, ist ein langfristig angelegtes Vorgehen notwendig. Vor diesem Hintergrund sind zur Vorbereitung bergrechtlicher Zulassungsentscheidungen Planungen unabdingbar. Sie sichern die langfristige und geordnete Entwicklung des Bergbaus in Abstimmung mit den Belangen der weiteren Umgebung. Das gilt insbesondere für den große Oberflächenbereiche beanspruchenden Braunkohlenbergbau. Dementsprechend sieht das Landesplanungsgesetz Nordrhein-Westfalen eigens Braunkohlenpläne für das Rheinische Braunkohlenplangebiet vor. 608

II Ausscheidung von Zertifikaten Zu diesem unabdingbaren ordnungsrechtlichen Grundgerüst können andere Instrumente höchstens als Beimischung treten. Im Ansatz bereits problematisch erweisen sich freilich Zertifikate. Müssen für den Abbau oder für die Nutzung von Rohstoffen auf dem Markt gehandelte Rechte erworben werden, besteht die 608

§§ 24 ff. LP1G NW; dazu näher Teil 2 § 2. D.

134

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

Gefahr der Herausbildung unbezahlbarer Knappheitspreise, und zwar gerade für diejenigen, die auf den Abbau bzw. die Nutzung der entsprechenden Rohstoffe angewiesen sind. Zu besonderen Problemen führt dies im Energiesektor. Ohne Energie kann heute kein Industriezweig und auch kein Haushalt mehr wirtschaften. Allzu hohe Energiepreise können daher leicht zu Existenzgefährdungen führen. Das gilt zumal dann, wenn ein Markt für Energienutzungsrechte sofort gänzlich freigegeben wird, so daß keine Umstellungsmöglichkeit besteht. Gerade kleinere Betriebe und Familien, die nicht viel zur Reduzierung des Energieverbrauchs beitragen können, würden die Leidtragenden sein. Unabhängig davon stößt ein Zertifikatmodell für die Energienutzung auf das Problem, daß manche Branchen nicht ohne Energieeinsatz produzieren können. Der Effekt eines gegebenenfalls unbezahlbaren Knappheitspreises führt damit zur Stillegung ganzer Produktionszweige. Da aber die aus diesen kommenden Produkte vielfach auch in der Bundesrepublik Deutschland unabdingbar sind, ist das Ergebnis dann eine Produktionsverlagerung ins Ausland, die zu einer Verschiebung des Energieverbrauchs und daraus resultierenden Umweltbelastungen führt, nicht notwendig zu einer Reduzierung, zumal wenn man die Situation global betrachtet. Zudem würde allenfalls der Bergbau als solcher verringert, nicht aber notwendig die damit verbundenen Umweltauswirkungen, wenn man für den Abbau von Bodenschätzen Zertifikate bzw. Lizenzen erwerben müßte.

HL Abgaben 1. Zum Nutzen Je nach der Höhe ihrer Bemessung tauchen entsprechende Probleme bei Abgaben auf den Energieverbrauch auf. Erreichen sie eine Höhe, daß sich eine energieintensive Produktion in der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr lohnt, da sie im Ausland wesentlich billiger getätigt werden kann, ist die Folge eine Verlagerung der entsprechenden Fertigungen ins Ausland. Handelt es sich um das benachbarte Ausland, so kann es sogar sein, daß je nach den dortigen Energiekosten der Energieverbrauch sogar noch steigt und bei entsprechenden Winden daraus für die Bundesrepublik Deutschland höhere Belastungen erwachsen, als wenn die Produktionsstandorte hier geblieben wären. Entsprechendes gilt bei einer Belastung des RohstofïVerbrauchs mit Abgaben. Von daher ist im Rohstoffbereich bzw. im darauf aufbauenden Energiesektor bereits der Umweltnutzen von Abgabenlösungen fraglich.

2. Widersprüche zum Ordnungsrecht Zudem besteht gerade bei Abgabenlösungen die Gefahr von Konflikten mit dem notwendigen ordnungsrechtlichen Grundgerüst. Nicht umsonst ergingen die Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen zum Grundsatz widerspruchsfreier Normgebung im Hinblick auf das Aufeinanderprallen von Ordnungs- und

§ 3 Mögliche Umsetzungsmittel

135

Abgabenrecht. 609 Sachlicher Grund war, daß im abfallbezogenen Ordnungsrecht das Kooperationsprinzip eine dominierende Bedeutung hat, während Abgaben einseitig auferlegt und indisponibel sind, ohne jedenfalls im Hinblick auf die Zahlungspflicht als solche Wahlmöglichkeiten zu lassen.610 Diesen Gedanken hat das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung zu Landesabfallabgaben auch und gerade auf die abfallbezogene bundesimmissionsschutzrechtliche Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 3 angewandt.611 Die in § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG eingeräumten Wahlmöglichkeiten des Anlagenbetreibers, seine abfallrechtlichen Pflichten durch eine Vermeidung oder Verwertung von Abfällen zu erfüllen, 612 erfaßt freilich nicht die emissionsbezogenen Pflichten nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BImSchG. Diese überschneiden sich auch nicht mit den abfallbezogenen, da Emissionen gerade nicht unter den Abfallbegriff gefaßt werden. 613 Für die emissionsbezogenen Pflichten wird - ggf. im Wege einer näheren Konkretisierung - ein Standard unabdingbar festgelegt, ohne daß freilich die Maßnahmen im einzelnen benannt werden. Dies liegt aber generell auf der Linie ordnungsrechtlicher Regelungen, die Standards bestimmen und nicht die zu deren Erreichung zu ergreifenden Einzelmaßnahmen konkret ausgestalten. Entsprechendes gilt auch für Abgabenlösungen, die zwar eine Zahlungspflicht festlegen, aber den Adressaten offen lassen, in welcher Weise sie durch geeignete Maßnahmen die Zahlungspflicht reduzieren oder ganz vermeiden. 614 Bedenken gegen Energieabgaben erwecken freilich Regelungen aus dem reformierten Energierecht. Dieses zielt gerade auf Liberalisierung und vermehrte Freiwilligkeit. „Eine stärkere wettbewerbliche Ausrichtung des Ordnungsrahmens und eine Stärkung des Gestaltungsspielraums der Versorgungsunternehmen" werden als „Voraussetzung für mehr Umweltschutz" angesehen.615 Es wird erwartet, daß mehr Wettbewerb insbesondere den Innovations- und Modernisierungsdruck verschärfen wird. 616 Freilich werden in diesem Rahmen finanzielle Be- und Entlastungen und dabei ausdrücklich eine, wenngleich europaweite C02-/Energiesteuer als besonders wirksam angesehen, indem sie zusätzliche Anreize für die Investitionen ζ. B. in besonders effiziente Kraftwerke

609

BVerfG, NJW 1998, 2341 - kommunale Verpackungsteuern; BVerfG, NJW 1998, 2346 - Landesabfallabgaben. 610 BVerfG, NJW 1998, 2346 - Landesabfallabgaben. Ausführlich zum Ganzen Konrad, DÖV 1999, 12 ff. 611

BVerfG, NJW 1998, 2346 (2347).

612

BVerfG, NJW1998, 2346 (2347).

613 Jar ass, BImSchG, § 5 Rn. 81 m.w.N. Siehe § 2 Abs. 2 Nr. 5 KrW-/AbfG und dazu Schink, VerwArch. 88 (1997), 230 (235); Frenz, KrW-/AbfG, § 2 Rn. 19, § 3 Rn. 12. 614

Jobs, DÖV 1998, 1039 (1047).

615

Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drucks. 806/96, S. 18.

616

Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, wie zuvor.

136

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

auslösen können. 617 Somit verstoßen Energiesteuern nicht gegen den wettbewerblichen Rahmen des neuen Energierechts, wie ihn der Gesetzgeber gewollt hat. Allerdings ist vor dem Hintergrund der Verfassungsgerichtsentscheidung zu Abfallabgaben eine solche Kompatibilität fraglich. Wettbewerb ist auf eigenständige Entfaltung der Unternehmen angelegt. Dies befürwortete das Bundesverfassungsgericht auch für gesetzlich eingeräumte Wahlmöglichkeiten. Wenn schon ein Widerspruch von einseitig auferlegten und in ihrer Funktionsweise indisponiblen Abgaben zu normativ auferlegten und mit Optionen versehenen Pflichten auftritt, 618 muß dies erst recht gelten, wenn gerade wettbewerblicher Freiraum eingeräumt wird. Eine andere Frage ist allerdings, ob nicht ihrerseits diese Konzeption des Bundesverfassungsgerichts in Widerspruch zu wirtschaftswissenschaftlichen Ansätzen für Abgabenlösungen steht.619 Indem freilich das Bundesverfassungsgericht von der Konzeption des Gesetzgebers ausgeht, kann auch auf der Basis seiner Rechtsprechung im Bereich des neuen Energierechts die Wettbewerb und steuerliche Belastungen potentiell verbindenden Konzeption des Gesetzgebers nicht unbeachtet bleiben. Der Unterschied besteht hier auch darin, daß das Energiewirtschaftsgesetz keinen so engen legislativen Rahmen zieht wie das Abfallrecht, auch wenn es optional gestaltet ist. Damit ist das neue Energierecht nicht derart von Lenkungswirkungen durchzogen, daß ein zusätzlicher in Gestalt der Energiesteuer dazu ohne weiteres in Widerspruch geraten könnte. Vor diesem Hintergrund ist auch die Regelung des § 4 a Abs. 1 Stromeinspeisungsgesetz in der Fassung vom 24.4.1998 620 zu sehen. Danach wirkt die Bundesregierung darauf hin, daß die Elektrizitätsversorgungsunternehmen im Wege freiwilliger Selbstverpflichtung zusätzliche Maßnahmen zur Steigerung des Anteils der Elektrizitätserzeugung aus erneuerbaren Energien und aus KraftWärme-Kopplung treffen. Geht man von einer Vereinbarkeit von Wettbewerb bzw. Freiwilligkeit und Energiesteuern aus, steht es dazu auch nicht in Widerspruch, wenn eine Energiesteuer generell den Energieverbrauch belastet, ohne Rücksicht auf den Ursprung des in Anspruch genommenen Stroms, 621 jedenfalls soweit auch die Elektrizitätserzeugung aus erneuerbaren Energien und aus Kraft-Wärme-Kopplung die Umwelt, wenn auch schwächer belastet. Der Verbrauch erneuerbarer Energien kann also belastet werden; allerdings gibt § 2 Abs. 4 S. 2 Energiewirtschaftsgesetz eine tendenziell geringere Belastung vor. Dies ist im Energiesteuergesetz verwirklicht, indem durch Art. 2 Nr. 6 des Gesetzes zum Einstieg in die ökologische Steuerreform § 25 des Mineralölsteuer617

Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drucks. 806/96, S. 18 f. 618

BVerfG, NJW 1998, 2346 f.

619

Siehe Bothe, NJW 1998, 2333 (2334).

620

BGBl. I S. 734.

621

Zum Teil ä n d e r s t , DÖV 1998, 1039 (1046).

§ 3 Mögliche Umsetzungsmittel

137

gesetzes dahingehend geändert wurde, daß die Energiesteuer erlassen, erstattet oder vergütet werden kann, sofern bestimmte Brennstoffe zur Kraft-WärmeKopplung verwendet worden sind. Einzelheiten sind nunmehr in § 25 Abs. 3 und 4 Mineralölsteuergesetz geregelt, der durch Art. 2 Nr. 6 lit. b) des Gesetzes zum Einstieg in die ökologische Steuerreform 622 entsprechend angefügt wurde. Das Energiewirtschaftsgesetz in der Fassung vom 24.4.1998623 stellt in § 1 als Zweck auf, eine möglichst sichere, preisgünstige und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung mit Elektrizität und Gas im Interesse der Allgemeinheit sicherzustellen. Die Umweltverträglichkeit beinhaltet nach § 2 Abs. 4 dieses Gesetzes, daß die Energieversorgung den Erfordernissen des rationellen und sparsamen Umgangs mit Energie genügt, eine schonende und dauerhafte Nutzung von Ressourcen gewährleistet ist und die Umwelt möglichst wenig belastet wird. Diesem Ziel dient grundsätzlich auch eine Energiesteuer, indem sie durch eine Steigerung des Energiepreises tendenziell dazu führt, den Verbrauch von Energie zu verringern. Nach § 2 Abs. 4 S. 2 Energiewirtschaftsgesetz soll allerdings der Nutzung von Kraft-Wärme-Kopplung und erneuerbaren Energien besondere Bedeutung zukommen. Wenn erneuerbare Energieträger im Rahmen einer Energiesteuer nicht besonders behandelt werden, so wird diese besondere Bedeutung insoweit nicht beachtet. Sofern eine Energiesteuer nicht auf eine Förderung erneuerbarer Energien hinwirkt, widerspricht sie diesem Postulat, daß diese eine besondere Bedeutung haben sollen. Eine solche Privilegierung besteht freilich nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG. 624 Nach dieser Vorschrift ist Strom von der Stromsteuer befreit, wenn er aus erneuerbaren Energieträgern erzeugt wird und von Eigenerzeugern als Letztverbraucher oder von Letztverbrauchern aus einem ausschließlich aus solchen Energieträgern gespeisten Netz oder einer entsprechenden Leitung entnommen wird. Eine Legaldefinition für Strom aus erneuerbaren Energieträgern enthält § 2 Nr. 7 StromStG, auf den § 9 Abs. 1 verweist. Auf die zahlreichen Ausnahmeregelungen für Betreiber von Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung mit einem Jahresnutzungsgrad von mindestens 70% gemäß § 25 Abs. 3 und 4 Mineralölsteuergesetz wurde bereits hingewiesen. Energiesteuern verteuern die Elektrizität, so daß die Preisgünstigkeit in Frage stehen könnte. Zwar ist diese im Lichte der anderen in § 1 Energiewirtschaftsgesetz genannten und teilweise divergierenden Ziele zu sehen und damit auch mit der Umweltverträglichkeit in Ausgleich zu bringen. Ein solcher Ausgleich hat zu erfolgen, indem beide Elemente miteinander harmonisiert werden. Der Ausgleich darf also nicht einseitig auf Kosten eines Eckpunktes gehen. In den

622

Gesetz vom 3. März 1999, BGBl. I S. 378.

623

Verkündet als Art. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 24.4.1998, BGBl. I S. 734. 624 Das Stromsteuergesetz (StromStG) wurde vom Deutschen Bundestag am 3. März 1999 als Art. 1 des Gesetzes zum Einstieg in die ökologische Steuerreform beschlossen, BGBl. I S. 378.

138

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung

Worten der Gesetzesbegründung: „Das Ziel Preisgünstigkeit rechtfertigt seinerseits keine Beeinträchtigung von Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit. Auch die Anforderungen an die Umweltverträglichkeit der Energieversorgung müssen unter Berücksichtigung der Ziele der Sicherheit und Preisgünstigkeit bestimmt werden." 625 Daher kann nicht allein unter Verweis auf die Umweltverträglichkeit ohne weiteres die preisgünstige Versorgung überspielt werden. 626 Freilich sind noch im Gesetzentwurf der alten Bundesregierung für das neue Energierecht, wie bereits erwähnt europaweite C02-/Energiesteuern in einem wettbewerblichen System als besonders wirksam angesprochen worden, um zusätzliche Anreize für Investitionen etwa in besonders effiziente Kraftwerke auslösen zu können. 627 Zudem sieht der Gesetzgeber die Ziele einer möglichst sicheren, preisgünstigen und umweltverträglichen Elektrizitätsversorgung am besten dadurch erreichbar, daß jeder Kunde die für seine Stromversorgung aufzuwendenden Kosten in vollem Umfang mit seinem Strompreis bezahlen muß. „Damit erhält er die zutreffenden Signale, um den Strom - auch im Umweltinteresse - sparsam und rationell zu verwenden." 628 Nimmt man diese beiden Aussagen der Gesetzesbegründung zusammen, so entspricht es gerade den aufgestellten Zielen der Elektrizitätsversorgung, aus Umweltgründen erhobene Steuern auf den Verbraucher überzuwälzen. Die Preisgünstigkeit wird von daher als solche nicht verletzt. Voraussetzung ist freilich, daß eine Energiesteuer tatsächlich den Umweltschutz fördert. Zweifel können bei der vorliegenden Energiesteuer daraus erwachsen, daß gerade die energieintensiven Branchen einer besonderen Regelung unterworfen werden, indem das gesamte produzierende Gewerbe lediglich bis zum 1,2-fachen Betrag des umgekehrt ersparten Arbeitgeberanteils an den Rentenversicherungsbeiträgen belastet werden darf. 629 Zudem bleibt aus Sicht der Eckpunkte der Preisstabilität und der Umweltverträglichkeit das Bedenken, ob aufgrund der Aufstellung beider Eckpunkte und ihrer gleichgewichtigen Bedeutung ein Ausgleich nicht gerade darin bestehen müßte, einen Weg zur Verbesserung der Umweltverträglichkeit zu finden, der die Preisstabilität im Energiebereich möglichst wahrt. Von daher stellt sich die Frage, ob der Energiesteuer nicht Selbstverpflichtungen der Wirtschaft vorzuziehen sind.

IV. Selbstverpflichtungen

als Anreicherung

Damit ist das umweltpolitische Instrument angesprochen, das am ehesten in der Lage ist, die Eigeninitiative der Wirtschaft voranzubringen. Auch im Ener625

BR-Drucks. 806/96, S. 29.

626

So Jobs, DÖV 1998, 1039 (1047).

627

BR-Drucks. 806/96, S. 18 f.

628

BR-Drucks. 806/96, S. 38.

629

Vgl. § 10 Abs. 2 StromStG.

§ 3 Mögliche Umsetzungsmittel

139

giebereich existiert eine solche Selbstverpflichtung der deutschen Wirtschaft. In ihr hat sie sich auf freiwilliger Basis bereit erklärt, besondere Anstrengungen zu unternehmen, ihre C0 2 -Emissionen bzw. den Energieverbrauch bis zum Jahr 2005 auf der Basis des Jahres 1990 um 20% zu verringern. 630 Im Gegenzug beabsichtigte die (alte) Bundesregierung, daß die an der Selbstverpflichtung beteiligte Wirtschaft von einer etwaigen C02-/Energiebesteuerung auf europäischer Ebene ausgenommen bzw. insoweit verschont wird, als C0 2 -Minderungen erreicht wurden. 631 Zwar werden Selbstverpflichtungen auf nichtvertraglicher Basis als unverbindlich und rein politischer Natur eingestuft. 632 Daher wird es als unproblematisch angesehen, daß sich die öffentliche Hand später in Widerspruch zu einer Selbstverpflichtung verhält, auch wenn dies nur auf einer Setzung anderer Prioritäten beruht. 633 Nimmt man tatsächlich eine solche Unverbindlichkeit an, stellt sich die Frage, wann sich dann die Wirtschaft ernsthaft noch zu Selbstverpflichtungen bereit erklären wird, die substantielle Verpflichtungen enthalten. Fehlt auch einstweiligen Selbstverpflichtungen die verbindliche Form, so erklärt sich die Wirtschaft doch nur wegen einer damit verbundenen staatlichen Untätigkeit und Zurückhaltung im gesetzgeberischen Bereich zu bestimmten Verpflichtungen bereit. Somit liegt immerhin ein Realakt vor. Auch dieser kann nicht ohne Rechtswirkungen sein. Diese sind ohnehin klar und eindeutig vorhanden, wenn man eine Verpflichtungserklärung der Wirtschaft, wie von der Kommission vorgeschlagen und empfohlen, 634 in die Form eines Vertrages gießt. Auch wenn dies mit der Erklärung der deutschen Wirtschaft zur Klimavorsorge nicht der Fall ist, setzt sich die neue Bundesregierung in Widerspruch zu der erklärten Absicht der alten Bundesregierung, die Selbstverpflichtung im Rahmen einer C02-/Energiebesteuerung zu berücksichtigen. Liegt darin auch keine Norm vor, so nahm der Bund gerade wegen der Selbstverpflichtung der Wirtschaft von einer Normierung Abstand und setzte auch insoweit ein rechtlich erhebliches Verhalten an den Tag, und zwar im Bereich der Gesetzgebung. Auch außerhalb des Energiebereichs vermögen Selbstverpflichtungen bzw. Umweltvereinbarungen positive Effekte zu erzielen, sofern die Wirtschaft sich zu konkreten Zielen verpflichtet. Denkbar sind sie etwa dann, wenn es um zusätzliche Maßnahmen außerhalb des Genehmigungsverfahrens geht, um etwa die Auswirkungen des Rohstoffabbaus zu mildern.

630

Erklärung vom 10.3.1995, präzisiert und erweitert durch eine Erklärung vom 27.3.1996, abgedruckt in BDI, Aktualisierte Erklärung der deutschen Wirtschaft zur Klimavorsorge, S. 2. 631

Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, Pressemitteilung vom 27.3.1996, Nr. 118/96 S. 3. 632

Brohm, DÖV 1992, 1025 (1029); Di Fabio , JZ 1997, 969 (971); Fluck/Schmitt, VerwArch. 89 (1998), 220 (229). 633

So Jobs, DÖV 1998, 1039 (1046) im Hinblick auf eine nationale Energiesteuer.

634

Siehe oben C.II.l.

140

Teil 1 : Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung V. Fazit

Im Bergbau kommt es darauf an, Gefahren aus dem Abbau von vornherein auf ein Minimum zu beschränken. Diese Gefahren sind aufgrund der langen Entwicklung des Bergbaus bekannt. Somit ist es unabdingbar, zum Schutze insbesondere von Leben und Gesundheit sowie der umliegenden Sachwerte wie auch der Umwelt bestimmte Basisanforderungen an den Bergbau über das Ordnungsrecht festzuschreiben. Selbstverpflichtungen können dann eher zum Zuge kommen, wenn die Verwendung der gewonnenen Bodenschätze ansteht, insbesondere im Energiebereich, wenn etwa die Verwendung bestimmter Bodenschätze zum Energieverbrauch begrenzt werden soll. Soweit es freilich um die Begrenzung von gravierenden und ohne weiteres vorhersehbaren Auswirkungen geht, ist das ordnungsrechtliche Instrumentarium vorzuziehen, etwa in Gestalt von bestimmten Grenzwerten, die in jedem Falle sicherstellen, daß Leben und Gesundheit der Anwohner nicht gefährdet werden. Letztlich kommen damit in erster Linie Selbstverpflichtungen bzw. Umweltvereinbarungen in Betracht, die das im Bergbau zwingende ordnungsrechtliche Grundgerüst anreichern können. Sie vermögen einen Anstoß zu dauerhaften zusätzlichen Anstrengungen der Wirtschaft zu geben, um etwa fortlaufend die Arbeitssicherheit und die Gefahrenvorsorge zu verbessern. Was die Verwendung von geförderten Rohstoffen anbelangt, vermögen sie einen dauerhaften Anstoß zu einer Reduzierung des Verbrauchs zu geben. Abgaben sind hingegen schwer zu bemessen und bergen die Gefahr von Produktionsverlagerungen ins Ausland, die jedenfalls global betrachtet bei entsprechender Grenznähe nicht einmal national zu einer gewünschten Reduzierung von Umweltbelastungen fuhren, sondern womöglich noch zu einer Steigerung. Der Bedarf für die Schließung von Lücken ist schließlich auch nur gering, wenn die ordnungsrechtlichen Regelungen eine Dichte erreichen, daß sie die einschlägigen Gefährdungen abdecken. Dies gilt es im folgenden im Hinblick auf die Umsetzung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung zu untersuchen.

Teil 2

Die Umsetzung am Beispiel der raumbezogenen Planung für Bergbauvorhaben Der abstrakte Vergleich der planungsspezifischen Strukturen mit jenen des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung1 hat ergeben, daß das Planungsrecht und der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung mit einer vergleichbaren Ausgangslage konfrontiert sind und strukturell zahlreiche Parallelen und Schnittmengen bestehen. Im Hinblick auf die raumbezogene Planung verlangt der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung, den Raum in seiner Einheit als Lebens·, Wirtschafts- und Naturraum zu begreifen und schließlich auch zu gestalten.2 Parallel zu dieser Erkenntnis hat der Gesetzgeber die nachhaltige Raumentwicklung in § 1 Abs. 2 S. 1 ROG 3 zur zentralen Leitvorstellung der Raumordnung erklärt. Die Leitvorstellung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung ist freilich allgemein gehalten. Daher bedarf es einer Konkretisierung in speziellen Regelungszusammenhängen, mithin untergesetzlicher Konkretisierung. 4 Dies legt es nahe, sich der Frage nach der Eignung der Planung für die Verwirklichung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung auf einer anderen, konkreteren Ebene unter dem Blickwinkel der konkreten gesetzgeberischen Ausgestaltung zu nähern. Hierbei ist der Frage nach den rechtlichen Konsequenzen des Gebots der nachhaltigen Raumentwicklung und den Auswirkungen fiir den Bergbau nachzugehen.

1

Siehe oben Teil 1 § 3 A.I.

2

Hofmeister,

ARL, Bd. 205, S. 177.

3

Raumordnungsgesetz in der Fassung vom 18.8.1997 (BGBl. I S. 2081); im folgenden ROG abgekürzt. 4

Vgl. Rehbinder, in: Salzwedel, Grundzüge des Umweltrechts, Kapitel 04 Rn. 60, 62, 64; Schink, DÖV 1999, 1 (4), bezogen auf die beabsichtigte Verankerung des Grundsatzes der Nachhaltigkeit in § 4 UGB-KomE (Umweltgesetzbuch-Entwurf der Sachverständigenkommission).

142

Teil 2: Umsetzung durch Raumplanung

§ 1 Raumplanung - bundesunmittelbare Vorgaben A. Bergbau und Raumplanung Den Erfordernissen der Raumplanung, worunter nach der Legaldefinition des § 3 Nr. 1 ROG Ziele, Grundsätze und sonstige Erfordernisse der Raumordnung zu verstehen sind, kommt für den Bergbau wesentliche Bedeutung zu.5 Bislang hat sich bundesweit kein spezifisches Fachplanungsgesetz dem volkswirtschaftlich bedeutsamen Belang der Sicherung und Ordnung von Bodenschätzen und der Bodenschätzegewinnung angenommen. Gleichzeitig besteht eine Konkurrenz im Hinblick auf die Nutzung des Raumes zwischen zahlreichen Belangen. Das Bundesberggesetz als im hiesigen Kontext einschlägiges Gesetz für das Aufsuchen und den Abbau von Bodenschätzen regelt im wesentlichen die hierfür erforderlichen Genehmigungs-, Konzessions- und Zulassungsverfahren. Damit trifft es Aussagen zur Zulässigkeit von konkreten Vorhaben und ist in seinen Wirkungen nur punktuell wirksam, ohne seinerseits raumplanerische Zielsetzungen zu initiieren 6 und damit wesentlichen Einfluß auf den oben beschriebenen raumordnerischen Nutzungskonflikt zu nehmen. Auch die sogenannte Rohstoffsicherungsklausel in § 48 Abs. 1 S. 2 BBergG, die die Bedeutung der Bodenschätze für die Wirtschaft und letztlich auch für die Allgemeinheit herausstellt, vermag, wie Berkemann 7 zutreffend feststellt, den gesetzgeberischen Verzicht auf einen konkret ausgestalteten langfristigen vorsorgenden Lagerstättenschutz nicht zu kompensieren. Dieses Ziel ist zwar in § 1 Nr. 1 BBergG vorgesehen, bleibt aber mangels weiterer planungsrechtlicher Instrumentalisierung einer abwägungsbezogenen Entscheidung anderer Verfahren überantwortet. 8 Insoweit einschlägig sind die Planaussagen in den Grundsätzen der Raumordnung in § 2 Abs. 2 ROG und in den (allgemeinen) Zielen und Grundsätzen der Landesplanung, welche beispielsweise über die Anpassungspflicht nach § 1 Abs. 4 BauGB, im Außenbereich über § 35 Abs. 3 S. 2, 9 3 1 0 BauGB oder über § 4 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit § 14 BauGB auf die kommunale Bauleitplanung einwirken. Schließlich ist auf § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ROG hinzuweisen, der eine unmittelbare Zielbeachtenspflicht für privatnützige Planfeststellungen wie etwa die wasserrechtliche Planfeststellung bei Vorhaben der Naßauskiesung 5

Vgl. hierzu und zum Nachfolgenden: Schulte, Raumplanung und Genehmigung bei der Bodenschätzegewinnung, S. 1; Rausch, Umwelt- und Planungsrecht beim Bergbau, S. 141. 6

So Berkemann, DVB1. 1989, 625 (625).

7

DVB1. 1989, 625 (625).

8

Berkemann, ebenda sowie oben Teil 1 § 2 B.II.2.

9

Dazu Hoppe, DVB1. 1993, 1109 ff.

10

Dazu Runkel, DVB1. 1997, 275 ff. sowie im Zusammenhang mit der bergbaulichen Planfeststellung Hoppe/Spoerr, UPR 1999, 246 ff.

§ 1 Raumplanung - bundesunmittelbare Vorgaben

143

enthält.11 Die Sicherung von Raumnutzungen, wozu auch der Bergbau gehört, gegenüber konkurrierenden Nutzungsansprüchen und Freiraumfunktionen wird demnach maßgeblich von der räumlichen Gesamtplanung beeinflußt, obwohl sie regelmäßig auf der Ebene der kommunalen Bauleitplanung umgesetzt werden muß, 12 um rechtliche Verbindlichkeit gegenüber Privaten zu erlangen. Die gesamtplanerische Querschnittsaufgabe der Raumordnung und Landesplanung besteht darin, den Raum, genauer die Raumnutzungen und Raumfunktionen, im Hinblick auf die Erreichung einer bestimmten Raumstruktur zu gestalten, zu entwickeln und zu ordnen. 13 Dabei hat sie Vorsorge für einzelne Raumfunktionen und Raumnutzungen zu treffen, § 1 Abs. 1 Nr. 2 ROG. Bei der Erfüllung dieser Aufgabe hat die Raumordnung auch die Standortvoraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklungen zu schaffen, § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 ROG. Raumordnung dient also der Verteilung des begrenzten Raumes auf konkurrierende Nutzungen und der Steuerung der gesellschaftlichen Entwicklung im Hinblick auf ihre räumlichen Auswirkungen. Im Konflikt zwischen Ökonomie und Ökologie, den der Grundsatz der nachhaltigen Raumentwicklung entschärfen soll, indem er die divergierenden Raumansprüche miteinander in Einklang zu bringen sucht, kommt mithin dem diesen Grundsatz aufgreifenden Raumordnungsgesetz eine maßgebliche Bedeutung zu. In diesem Konflikt ist der Bergbau und vor allem der Belang der Bodenschätzegewinnung der ökonomischen Dimension des Nachhaltigkeitsprinzips zuzuordnen. Die Bodenschätzegewinnung kollidiert zwangsläufig mehr oder minder intensiv mit Umweltbelangen,14 deren Bedeutung für eine ausgewogene Raumordnung durch die ökologische Dimension des Nachhaltigkeitsprinzips veranschaulicht wird. Die Tatsache, daß ökonomische Raumnutzungsansprüche und ökologische Raumfunktionen in Konflikt stehen, bedeutet für den Bergbau, daß die Bodenschätzegewinnung mit den Anforderungen des Umweltschutzes konfrontiert werden muß. Nicht das „Ob", sondern das „Wie" der Einflußnahme auf diesen Konflikt durch die nunmehr der Leitvorstellung der nachhaltigen Raumentwicklung verpflichteten Raumordnung ist zu beleuchten. Daher ist nachfolgend der Frage nachzugehen, welche Einwirkungsmöglichkeiten die Raumordnung auf die Bodenschätzegewinnung hat. In einer ersten und zudem

11

Vgl. dazu Runkel, ZfBR 1999, 3 (5); Hoppe/Spoerr,

UPR 1999, 246 ff.

12

Eine Ausnahme bilden insoweit § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ROG sowie die qualifizierten Raumordnungsklauseln des § 35 Abs. 3 BauGB, die unmittelbar gegenüber Privaten wirken. 13 14

Erbguth/Schoeneberg,

Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, Rn. 50.

Vgl. Depenbrock, NWVB1. 1987, 70 ff. zu der Berücksichtigung des Spannungsverhältnisses zwischen Umwelt und Sicherung und Förderung des Steinkohlenbergbaus im „Gesamtkonzept zur Nordwanderung des Steinkohlenbergbaus an der Ruhr"; Erbguth, VerwArch. (86) 1995, 327 (329) zu Garzweiler II; Wilde, DVB1. 1998, 1321 ff. zum Verhältnis zwischen Bergrecht und Naturschutzrecht; allgemein Schulte, Raumplanung und Genehmigung bei der Bodenschätzegewinnung, S. 2.

144

Teil 2: Umsetzung durch Raumplanung

gängigen Systematisierung kann die Raumplanung vertikal grob unterteilt werden in die Raumordnung auf Bundesebene nach dem Raumordnungsgesetz (dazu sogleich unter B.) und die Raumordnung auf Landesebene (dazu unter § 2). Dieser Unterteilung wird aus rechtssystematischen Gründen gefolgt, da sie parallel zum Konkretisierungsgrad der raumplanerischen Aussagen und Festsetzungen auch im Hinblick auf die bergrechtlich relevanten Flächen verläuft.

B. Die Verankerung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung nach dem neuen Raumordnungsgesetz /. Zum neuen Raumordnungsgesetz Der soeben erwähnte unterschiedliche Konkretisierungsgrad ist bereits im Bundesrecht vorgezeichnet. Nach dem Baurechtsgutachten des Bundesverfassungsgerichts15 hat der Bund die Vollkompetenz aus der Natur der Sache zur gesetzlichen Regelung der Raumplanung, soweit diese in ihren Auswirkungen über die Bundesländer hinaus wirkt. 16 Dagegen steht ihm für die Raumordnung in den Ländern nur die Rahmenkompetenz gemäß Art. 75 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 i.V.m. Art. 72 Abs. 3 GG zu. 17 Diese Feststellung sei deshalb vorangestellt, weil sie die Aussagetiefe und den bereits angedeuteten Konkretisierungsgrad der bundesrechtlichen Aussagen im Raumordnungsgesetz maßgeblich bestimmt. An diese Kompetenzverteilung knüpft der Gesetzgeber im neuen Raumordnungsgesetz an, indem er es in verschiedene Abschnitte gliedert. Der 1. Abschnitt enthält allgemeine Vorschriften über Aufgabe, Leitvorstellung und Grundsätze der Raumordnung und deren Bindungswirkung. Diese Vorschriften stellen unmittelbar geltendes Bundesrecht dar. Aufgabe und Leitvorstellung des Bundesraumordnungsgesetzes binden die Länder stärker, als dies bei den Grundsätzen der Raumordnung in § 2 Abs. 2 ROG der Fall ist. Der relativ geringe Stellenwert der Raumordnungsgrundsätze liegt im Geltungsmodus von Grundsätzen im Gegensatz zu Zielen begründet. 18 Während Ziele der Raumordnung strikte, absolute Geltung gegenüber dem jeweiligen Normadressaten beanspruchen, 19 gelten Grundsätze der Raumordnung nur relativ, d. h. sie sind in den Abwägungsvorgang einzustellen und können im konkreten Einzelfall „wegge-

15

BVerfGE 3, 407 ff.

16

Hierzu Schmidt-Aßmann, in: Festschrift für Weyreuther, S. 73 ff.; Runkel, DVB1. 1996, 698 (700); Dolderer, NVwZ 1998, 345 (345). 17

Dolderer, NVwZ 1998, 345 (345, 346); Bielenberg/Erbguth/Söfker, J 630, S. 1 ; Schrödter in: ders., BauGB, § 1 Rn. 37.

ROG, Bd. 2,

18 Die vorliegende Unterscheidung von Grundsätzen und Zielen entspricht der zwischen Planungsleitsätzen und Optimierungsgeboten in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. BVerwGE 71, 163 ff.; 90, 329 (331 ff.).

§ 1 Raumplanung - bundesunmittelbare Vorgaben

145

wogen" werden. 20 Mit anderen Worten: Ziele sind zu beachten, Grundsätze dagegen sind lediglich im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Letztere können von den Ländern durch Gesetz oder Raumordnungspläne ergänzt werden, § 2 Abs. 3 ROG. Nach dieser Vorschrift dürfen die Länder die Grundsätze zwar wie bisher ergänzen, jedoch nur insoweit, als diese weder den bundesrechtlichen Raumordnungsgrundsätzen in § 2 Abs. 2 ROG noch der neuen Aufgabe und Leitvorstellung nach § 1 ROG widersprechen. In diesem Rahmen besitzen die Länder also Gestaltungsmöglichkeiten für die Umsetzung und weitere Konkretisierung der nachhaltigen Entwicklung im Bergbau. Die Aufgabe und Leitvorstellung der Raumordnung ist ihnen jedoch verbindlich vorgegeben, § 7 Abs. 1 ROG. Insoweit prägt das Bundesrecht die planungsbezogene Verwirklichung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung im Bergbau.

II. Standort und Bedeutung des Grundsatzes der nachhaltigen Raumentwicklung im Hinblick auf die Aufgabe der Raumordnung Als gesamtplanerische Querschnittsaufgabe hat die Raumordnung ihre Gestaltungs-, Entwicklungs- und Koordinierungsaufgabe auf ein gesamträumliches Leitbild auszurichten. 21 Das zum 1.1.1998 in Kraft getretene Raumordnungsgesetz erklärt die nachhaltige Raumentwicklung in § 1 Abs. 2 zur zentralen Leitvorstellung bei der Erfüllung der Aufgabe nach Abs. 1. Dort wird die Aufgabe der Raumordnung unter Betonung des Entwicklungs- und Integrationsauftrages grob umschrieben. Durch die Verbindung dieser Aufgabe mit der nachhaltigen Entwicklung stellt sich die Frage einer auch aufgabenprägenden Bedeutung dieses Gedankens. In § 1 Abs. 1 ROG spricht der Gesetzgeber als Planungsinstrumente zunächst „zusammenfassende und übergeordnete Raumordnungspläne" an; der Integrationsauftrag soll „durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen" erfolgen. Damit wird zum einen der letztlich jeder Planung innewohnende Abstimmungs- und Koordinierungsaspekt unterstrichen. Zum anderen hat diese Formulierung klarstellende Bedeutung, indem sie die Raumordnung durch die Merkmale „zusammenfassend" und „übergeordnet" von anderen Planungen abgrenzen soll. Raumordnung ist bereits durch das Bundesverfassungsgericht auf-

19

Vgl. § 5 Abs. 4 ROG a. F. und § 4 Abs. 1 ROG 1998; allgemein zum Geltungsmodus von Zielen und von Grundsätzen der Raumordnung und Landesplanung Schulte, Raumplanung und Genehmigung bei der Bodenschätzegewinnung, S. 9 ff. 20

Vgl. § 4 Abs. 2 ROG 1998.

21

Wahl, Rechtsfragen der Landesplanung und Landesentwicklung, Bd. 1, S. 4; Ernst/Hoppe, Das öffentliche Bau- und Bodenrecht, Raumplanungsrecht, Rn. 35; Erbguth/Schoeneberg, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, Rn. 50. 10 Frenz

146

Teil 2: Umsetzung durch Raumplanung

grund ihrer Stellung in der Planungshierarchie und in Abgrenzung zu anderen raumbezogenen Planungen durch die Merkmale übergeordnet und zusammenfassend charakterisiert worden. 22 „Übergeordnetheit" heißt einerseits rechtlicher Vorrang der überörtlichen gegenüber der örtlichen Gesamtplanung und Fachplanung durch verbindliche Ziel- und Rahmensetzung gegenüber nachgeordneten Planungen.23 Andererseits bedeutet dies Beschränkung auf den Maßstab der Überörtlichkeit und Überfachlichkeit. Der Maßstab der Überörtlichkeit verlangt von den Festsetzungen der Raumordnung, daß sich die Planungen auf ein größeres Gebiet zu erstrecken haben.24 Darüber hinaus wird dieser vom Bundesverfassungsgericht geprägte Begriff als kompetenzbestimmendes und -begrenzendes Merkmal interpretiert. 25 Dies wiederum zeitigt Konsequenzen im Hinblick auf die zulässigen Inhalte der Raumordnungsziele. Denn unter der Prämisse der „Überörtlichkeit" dürfen Maßnahmen der Raumordnung und Landesplanung grundsätzlich keine die unmittelbare Nutzung von Grund und Boden regelnde Wirkung entfalten. Eine derartige Wirkung gegenüber raumbedeutsamen Maßnahmen Privater, die als sogenannter „bodenrechtlicher Durchgriff 4 bezeichnet wird, entfaltet die Raumordnung als sogenannte „Planung der Planung" aus eigener Kraft nicht. 26 Letzteres ist dem Fachplanungsrecht und der kommunalen Bauleitplanung, d. h. im hier interessierenden Kontext dem Berg- und Bodenrecht vorbehalten. 27 Das Erfordernis der „zusammenfassenden" Planung wiederum verlangt unter Berücksichtigung des querschnittsbezogenen Gestaltungsauftrages eine gesamträumliche Koordinierung sämtlicher raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen öffentlicher Stellen, mithin eine Abstimmung, 28 die materiell im Wege der Abwägung zu leisten ist. Folglich ergibt sich durch die Neufassung keine Änderung in der Frage, was Aufgabe der Raumordnung ist. Vielmehr beeinflußt das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung, indem es in § 1 22

Vgl. dazu Teil 1, § 3 A.II.2; Die Begriffe wurden durch BVerfGE 3, 407 (425) geprägt. 23 Jedenfalls soweit die allgemeine Raumordnungsklausel in § 5 Abs. 4 ROG a. F. bzw. § 4 Abs. 1 ROG 1998 und fachgesetzliche Raumordnungsklauseln (sofern vorhanden) greifen. 24

Erbguth/Schoeneberg,

25

Erbguth, VerwArch. 87 (1996), 258 (284).

Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, Rn. 53.

26

Vgl. dazu etwa Runkel, ZfBR 1999, 3 (4). Die unmittelbar gegenüber Privaten wirkenden Regelungen (§ 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ROG sowie § 35 Abs. 3 BauGB) sind daher nicht allein auf den Kompetenztitel der Raumordnung gestützt, sondern auch auf die dem jeweiligen Fachplanungsrecht zugrundeliegenden bundesrechtlichen Kompetenztitel, vgl. Runkel, ZfBR 1999, 3 (5). 27

Zum Verhältnis zwischen Raumordnungsrecht und Bodenrecht explizit BVerfG 3, 407 ff. Eine für den Braunkohlenabbau weitreichende Vorprägung der zulässigen Bodennutzung ermöglicht allerdings, wie noch zu zeigen sein wird, die Braunkohlenplanung nach den §§ 24ff. LP1G. Dazu unten § 2 D. 28

BVerfGE 3, 407 (425); ausführlich Erbguth/Schoeneberg, Landesplanungsrecht, Rn. 50 bis 56.

Raumordnungs- und

§ 1 Raumplanung - bundesunmittelbare Vorgaben

147

Abs. 2 S. 1 zur „Leitvorstellung bei der Erfüllung der Aufgabe nach Absatz 1" erklärt wird, das Wie der raumordnerischen Aufgabenerfüllung. Obwohl die Aufgabenstellung der Raumordnung in § 1 Abs. 1 S. 2 ROG etwas näher umschrieben wird, handelt es sich insoweit um klarstellende Formulierungen des Gesetzgebers. Nach § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 ROG haben die zuständigen Stellen bei der Erfüllung ihrer Gestaltungs-, Entwicklungs- und Koordinierungsaufgabe „die auf der jeweiligen Planungsstufe auftretenden Konflikte abzugleichen". Hiermit hat ein allgemeiner Planungs- bzw. Abwägungsgrundsatz, nämlich der Grundsatz der planerischen Konfliktbewältigung, gesetzlichen Niederschlag gefunden. Er besagt, daß die der planerischen Entscheidung zuzurechnenden unvermeidbaren Konflikte zu bewältigen, mithin die zur Verfügung stehenden Mittel zur Konfliktbewältigung, das sogenannte Konfliktlösungspotential auszuschöpfen sind. 29 Dieser den planenden Abwägungsvorgang prägende Grundsatz beinhaltet den Auftrag an die planenden Stellen, Kollisionen divergierender Belange vorrangig durch vorausschauendes Planen zu vermeiden oder zu bewältigen und nicht auf die Ebene repressiven Verwaltungshandelns zu verlagern. 30 Unstreitig ist jedoch, daß dieser Grundsatz durch das vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellte planerische Instrumentarium begrenzt wird. 31 Mit der Betonung des Grundsatzes der planerischen Konfliktbewältigung wird zugleich die Koordinierungs- und Ausgleichsfunktion der Planung im allgemeinen und der nachhaltigen Planung im besonderen für die planenden Stellen hervorgehoben. Letztere ist aufgrund ihrer erhöhten Konfliktträchtigkeit, die bereits im Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung angelegt ist, in besonderem Maße darauf angewiesen, daß die zuständigen Stellen den Konflikt zwischen wirtschaftlichem Fortkommen, sozialer Gerechtigkeit und Umweltschutz mit Hilfe des raumplanerischen Instrumentariums bewältigen. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ROG soll den Auftrag der Raumordnung verdeutlichen, indem der Vorsorgegesichtspunkt für einzelne Raumfunktionen und Raumnutzungen hervorgehoben wird. 32 Auf die enge Verknüpfung von Vorsorge und nachhaltiger Entwicklung wurde bereits hingewiesen.33 Die ausdrückliche Unterscheidung in Raumfunktionen und Raumnutzungen erfordert bei der planeri29 Dazu BVerwGE 45, 309 (327); 47, 144 (153 f.); 57, 297 (300); 61, 307 (311); BVerwG, NVwZ 1986, 640 (641); Hoppe, VVDStRL 38 (1980), 211 (285); Just, Ermittlung und Einstellung von Belangen bei der planerischen Abwägung, S. 75. Bezogen auf das Verhältnis der Bauleitplanung zu nachfolgenden Genehmigungsverfahren Pfeifer, Der Grundsatz der Konfliktbewältigung in der Bauleitplanung, S. 6 ff. 30 Schlarmann/Erbguth, Zur Durchsetzung von Umweltbelangen in der räumlichen Planung, S. 256; Hoppe, VVDStRL 38 (1980), 211 (286); Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 15. 31 Pfeifer, m.w.N.

Der Grundsatz der Konfliktbewältigung in der Bauleitplanung, S. 61

32

So die kurze Begründung der Bundesregierung, in: BR-Drucks. 635/96, S. 79.

33

Siehe oben Teil 1 § 2 A.II.2.

148

Teil 2: Umsetzung durch Raumplanung

sehen Vorsorge eine Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Anforderungen, welche an den Raum gestellt werden. Während Raumfunktionen überwiegend auf schutzorientierte Festlegungen zugunsten ζ. B. von Natur und Landschaft, Gewässer, Grundwasser, Klima und Boden abzielen, beziehen sich Raumnutzungen neben Siedlungszwecken vor allem auf wirtschaftliche Zielsetzungen wie beispielsweise die Lagerstättennutzung. 34 Raumfunktionen spiegeln danach vor allem die ökologische, Raumnutzungen die wirtschaftliche und soziale Dimension des Nachhaltigkeitsgrundsatzes wider. Anders formuliert steht der Vorsorgeauftrag für die einzelnen Raumfunktionen stellvertretend für das Verständnis des Raumes als Naturraum, während der Vorsorgeauftrag für Raumnutzungen die Funktion des Raumes als Lebens- und Wirtschaftsraum in den Vordergrund rückt. In der gesetzgeberischen Aufgabenformulierung der Raumordnung wird mithin bereits das Neben- bzw. Miteinander von Ökologie und Ökonomie deutlich. Die Aufgabe der Raumordnung ist danach die vorausschauend planerische Sicherung und Entwicklung von Flächen sowohl für einzelne Raumfunktionen als auch für Raumnutzungen, wozu auch die Lagerstättennutzung gehört.

III. Die Leitvorstellung der nachhaltigen Raumentwicklung in § 1 Abs. 2 ROG 1. Die neue Leitvorstellung Vor der Novellierung des Raumordnungsgesetzes 199735 waren in § 1 Abs. 1 ROG a. F. vier untereinander gleichwertige Leitvorstellungen enthalten. An deren Stelle ist nun die einheitliche Leitvorstellung der nachhaltigen Raumentwicklung getreten. Diese wird in § 1 Abs. 2 zur Handlungsmaxime sowohl bei der Erfüllung der Entwicklungs- als auch der Ordnungs- und Sicherungsaufgabe der Raumordnung erklärt. Der Gesetzgeber konkretisiert diese neue Handlungsmaxime. Sie soll die „sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang" bringen „und zu einer dauerhaft, großräumig ausgewogenen Ordnung" führen. Nachhaltige Entwicklung im Sinne des Raumordnungsgesetzes bezweckt also einen Ausgleich ökologischer, ökonomischer und sozialer Raumansprüche und Funktionen. Raumnutzungen und Raumfunktionen stehen mithin nach der gesetzgeberischen Konzeption gleichberechtigt neben-

34 35

Runkel, NuR 1998, 449 (450).

Gesetz zur Änderung des Baugesetzbuches und zur Neuregelung des Raumordnungsrechts (Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 - BauROG) vom 18.8.1997, BGBl. I S. 2081; Bekanntmachung der Neufassung des Raumordnungsgesetzes (ROG) vom 18.8.1997, BGBl. I S. 2081, 2102.

§ 1 Raumplanung - bundesunmittelbare Vorgaben

149

einander. 36 Zudem folgt der nunmehr im Raumordnungsgesetz verankerte Grundsatz der Nachhaltigkeit dem sogenannten „dreidimensionalen" Ansatz 37, wonach ökologische, ökonomische und soziale Belange gleichberechtigt sind. Das bedeutet, daß keinem Belang per se und a priori ein Vorrang eingeräumt wird. Damit hat der Gesetzgeber der Forderung nach einem Optimierungsgebot zugunsten eines Belanges eine Absage erteilt. 38 Gleichzeitig erfahren die ökologischen Belange durch das Leitbild der nachhaltigen Raumentwicklung eine Aufwertung, da der Raum nunmehr ausdrücklich in seiner Einheit als Lebens-, Wirtschafts- und Naturraum zu begreifen ist. Letzterer Aspekt, der die ökologische Dimension des Nachhaltigkeitsgrundsatzes verdeutlichen soll, war bis zur Neufassung des ROG 1998 allenfalls ansatzweise in der zweiten Leitvorstellung des § 1 Abs. 1 Nr. 2 ROG a. F. enthalten,39 die jetzt im zweiten Teilaspekt der neuen Leitvorstellung aufgegangen 40 und damit zugleich auch nur ein Bestandteil der neuen Leitvorstellung ist. Der Stellenwert der Raumfunktionen als Gegenpol zu den Raumnutzungen war bisher gering zu veranschlagen, weil das Verständnis des Raumes als Naturraum in der Raumplanung lediglich in den Grundsätzen der Raumordnung zum Vorschein kam. 41 Rechtssystematisch besteht jedoch ein erheblicher Unterschied zwischen dem Geltungsanspruch von Grundsätzen einerseits und Leitvorstellungen andererseits. Eine Leitvorstellung steht nicht nur begrifflich über den Grundsätzen der Raumordnung. Während die Grundsätze der Raumordnung prinzipiell abstrakt gleichwertig sind, d. h. eine unterschiedliche Berücksichtigung bzw. Rangstellung sich erst in der konkreten Planungssituation ergeben kann und diese der Abwägungsentscheidung zugänglich sind, hat eine Leitvorstellung nicht nur einen besonderen Rang als inhaltsbestimmendes Prinzip der Raumordnungsgrundsätze. 42 Neben dieser Funktion einer Leitvorstellung als Auslegungsmaxime steht jene als Anwendungsmaxime. Letzteres bedeutet, daß

36

Vgl. Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung, BR-Drucks. 635/96,

S. 79. 37

Runkel, UPR 1997 1 (2) und NuR 1998, 449 (450).

38

Runkel, ebenda.

39 Nach der zweiten Leitvorstellung des § 1 Abs. 1 Nr. 2 ROG a. F. war „die Struktur des Gesamtraumes ... ,unter anderem4 so zu entwickeln, daß sie den Schutz, Pflege und Entwicklung der natürlichen Lebensgrundlagen sichert". 40

Nach dem zweiten Teilaspekt des Grundsatzes der nachhaltigen Raumentwicklung sind „die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln". 41

Vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2; 5, 6, 8 ROG a. F. Zum geringen Stellenwert der Raumordnungsgrundsätze im Vergleich zu Zielen der Raumordnung vgl. oben unter A. 42 So nunmehr ausdrücklich § 2 Abs. 1 ROG, wonach „die Grundsätze im Sinne der Leitvorstellung ... anzuwenden sind". Nach § 2 Abs. 3 ROG a. F. waren die Grundsätze der Raumordnung „nach Maßgabe" der Leitvorstellungen abzuwägen.

150

Teil 2: Umsetzung durch Raumplanung

im Einzelfall einschlägige und divergierende Belange (Grundsätze) nach Maßgabe der Leitvorstellung in Einklang zu bringen sind. Nachhaltige Raumentwicklung bezweckt aber gerade einen Ausgleich ökologischer, ökonomischer und sozialer Raumansprüche und Raumfunktionen. Daher wurde das Nachhaltigkeitsprinzip nicht als Grundsatz, sondern als Leitvorstellung im Raumordnungsgesetz verankert, was nach Rang und Abstraktionsgrad als adäquat angesehen wurde. 43 Die in § 1 Abs. 2 S. 2 ROG ausgeführten acht Teilaspekte sollen diese zentrale Leitvorstellung ihrerseits verdeutlichen. 44

2. Konkretisierung durch Leitlinien Bereits ein flüchtiger Blick auf diese acht Teilaspekte macht deutlich, daß jeder Teilaspekt schwerpunktmäßig eine der drei Dimensionen des Grundsatzes der nachhaltigen Raumentwicklung näher umschreibt.

a) Verantwortung

gegenüber zukünftigen Generationen

Der unter Nr. 1 angeführte Teilaspekt fordert die Gewährleistung „der freien Entfaltung der Persönlichkeit... in der Verantwortung gegenüber künftigen Generationen". Raumplanung soll zunächst die freie Entfaltung der Persönlichkeit „gewährleisten". Dieser Aspekt wurde bereits bislang mit Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung gebracht. 45 Hiermit wird ausgedrückt, daß nicht die Bedürfnisse der Planung Maß und Inhalt der Entwicklungsaufgabe darstellen, sondern der Raum nach den Bedürfnissen des einzelnen in der Gemeinschaft zu entwickeln ist. Planung und Ordnung haben dienende Funktion und nicht umgekehrt. 46 Zusätzlich wird nun im ROG 1998 die Verantwortung des einzelnen gegenüber künftigen Generationen betont, was einerseits die vorausschauend planerische Aufgabe der Raumordnung unterstreicht. Andererseits wird die Gewährleistung der Persönlichkeitsentfaltung in Bezug zum Gedanken des Nachweltschutzes gesetzt.47 Dadurch wird auch eine Verknüpfung zu dem in Art. 20a GG

43

Ad-hoc Arbeitskreis: „Überprüfung der Grundsätze der Raumordnung im ROG"; abgedruckt in Bielenberg/Erbguth/Söfker, ROG, Bd. 2, J 653, S. 9 und 10. 44

So die Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung, BR-Drucks. 635/ 96, S. 40. 45

Vgl. etwa Cholewa/Dyong/von

der Heide, ROG, Bd. 2, 3. Aufl., § 1 Rn. 18.

46

Vgl. dazu Cholewa/Dyong/von

der Heide, ROG, Bd. 2, 3. Aufl., § 1 Rn. 18.

47

Versteht man das Anliegen der Schonung der natürlichen Lebensgrundlagen, insbesondere der Ressourcenschonung nicht nur vor dem Hintergrund der aktuellen Bedürfnisse der heute Lebenden, sondern setzt diese Bedürfnisse in Bezug zu den Interessen und der Interessenwahrung zukünftiger Generationen, so bezeichnet man dies als Nachweltschutz. Diese Zeitdimension verdeutlicht, warum dieser Begriff im Zusam-

§ 1 Raumplanung - bundesunmittelbare Vorgaben

151

normierten Staatsziel Umweltschutz hergestellt, der die objektive Verpflichtung des Staates beinhaltet, „auch in Verantwortung für die zukünftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen" zu schützen.48 Art. 20a GG bedarf wegen seiner inhaltlichen Unbestimmtheit der Konkretisierung durch den Gesetzgeber. 49 Mit der Neufassung des Raumordnungsgesetzes sucht der Gesetzgeber auch seiner aus Art. 20a GG resultierenden Pflicht gerecht zu werden, den in dieser Verfassungsnorm enthaltenen gesetzgeberischen Auftrag durch geeignete Rechtsvorschriften umzusetzen. Fraglich ist, ob durch die partiellen textlichen Schnittmengen von § 1 ROG und Art. 20a GG der in dieser Norm enthaltene Vorsorgegedanke lediglich einfachgesetzlichen Niederschlag gefunden hat oder ob zugleich eine, wenn auch grobe Obergrenze der zulässigen Belastung der Umwelt umrissen wird. Mit anderen Worten stellt sich die Frage, ob die neue Formulierung dieses Leitsatzes tatsächlich konkrete Konsequenzen bringt.

aa) Zeitliche Dimension des ersten Teilaspekts Die Bedürfnisse der jetzigen Bevölkerung an den Raum stehen nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 ROG nicht mehr alleine im Vordergrund. Sie sind vielmehr unter Berücksichtigung der Entfaltungsmöglichkeiten zukünftiger Generationen zu begreifen. Der Grundsatz der nachhaltigen Raumentwicklung erhält in diesem Zusammenhang eine verfassungsrechtliche Anbindung. Raumordnung soll sowohl die freie Entfaltung der Persönlichkeit, d. h. Räume für die unterschiedlichen menschlichen Daseinsbedürfhisse gewährleisten als auch die Zukunftsverantwortung raumplanerischer Staatstätigkeit hervorheben. Die freie Entfaltung der Persönlichkeit wird dabei nur „in Verantwortung gegenüber zukünftigen Generationen" gewährleistet. Rechtliche Konsequenzen zeitigt dieser Teilaspekt bei der Raumordnung und Landesplanung insoweit, als diese bei der Erfüllung ihrer Aufgabe nach § 1 Abs. 1 S. 2 ROG Vorsorge für einzelne Raumnutzungen zur Persönlichkeitsentfaltung zu schaffen, also nicht nur deren aktuelle Auswirkungen und Risiken für die Raumfunktionen des Gesamtraumes der Bundesrepublik und deren Teilräume zu berücksichtigen, sondern insbesondere die Langzeitauswirkungen und -risiken zu würdigen und in die planerische Abwägungsentscheidung mit einzubeziehen hat. Die Verknüpfung der Handlungsfreiheit mit der Verantwortung gegenüber künftigen Generationen beinhaltet die Erkenntnis, daß heutiges Entscheiden und menhang mit technischen Langzeitrisiken und insbesondere im Zusammenhang mit der atomaren Entsorgungsfrage häufig auftaucht. Vgl. zum Gedanken des Nachweltschutzes allgemein Kloepfer, Umweltrecht, § 1 Rn. 22 und § 4 Rn. 6 zum Verhältnis Nachweltschutz - „sustainable developement"; ferner Hofmann, ZRP 1986, 87 ff.; Gramm, JZ 1990, 905 ff. 48 49

Dazu oben Teil 1 §2 B.I.l.a).

Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 20a Rn. 1; Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20a Rn. 45.

152

Teil 2: Umsetzung durch Raumplanung

Handeln auch in der Verantwortung für die Zukunft steht, insbesondere weil es irreversible Folgen haben kann; heutiges Handeln determiniert maßgeblich die Grenzen der Handlungsfreiheit zukünftiger Generationen. Das Recht der gegenwärtig lebenden Generationen, kraft ihres Rechts auf Lebensgestaltung ihre Umwelt in gewissem Maß eigenverantwortlich zu gestalten, korrespondiert daher mit der Pflicht, daß bei den getroffenen Entscheidungen auch deren Wirkungen auf künftige Generationen bedacht werden müssen.50 Bezogen auf die Raumplanung bedeutet dies: Die Befriedigung von Raumnutzungsinteressen der gegenwärtig Lebenden hat zwangsläufig Auswirkungen auf die Möglichkeiten künftiger Generationen, ihre Raumnutzungsansprüche zu befriedigen. Raumplanerische Festlegungen bilden die Grundlage für eine Vielzahl von Landschaftsveränderungen wie zum Beispiel die Anlegung von Verkehrswegen, Ansiedlungen und nicht zuletzt die Gewinnung von Bodenschätzen. Diese Formen der Raumnutzung bilden zugleich Beispiele für menschliches Verhalten, das langfristige und zum Teil irreversible Umweltfolgen mit sich bringt. Besonders deutlich wird dies bei der Bodenschätzegewinnung, die eine stetige Reduzierung nicht erneuerbarer Ressourcen mit sich bringt. Heutiger Ressourcenverbrauch nicht nachwachsender Rohstoffe mindert die Möglichkeiten nachfolgender Generationen zur Nutzung der betreffenden Ressource oder kann sie gar ganz ausschließen. Die Nutzung nicht erneuerbarer Ressourcen sieht sich daher aufgrund ihrer Langzeitfolgen im besonderen mit der Frage nach der Langzeitverantwortung konfrontiert. Durch den ersten Teilaspekt des § 1 Abs. 2 S. 2 ROG, welcher den Grundsatz der nachhaltigen Raumentwicklung verdeutlichen soll, wird die rechtliche Verpflichtung der planenden Stellen gerade in diesen Fallkonstellationen begründet, der Interessenlage künftiger Generationen bei der planerischen Entscheidung Rechnung zu tragen. Nachhaltige Raumentwicklung soll also nach diesem Teilaspekt Raumansprüche und Raumfunktionen in die Zukunft hinein für künftige Generationen gewährleisten.

bb) Auswirkungen auf die Bodenschätzegewinnung Die Nutzung erneuerbarer und nicht erneuerbarer Ressourcen stellt einen Teilaspekt der freien Entfaltung der Persönlichkeit dar. Wenn es sich um die Nutzung nicht erneuerbarer und damit endlicher Ressourcen handelt, stellt sich das Problem der Herstellung einer intergenerationellen Gerechtigkeit in besonderem Maße. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß sich die Prognosen, für welchen Zeitraum die Erdvorkommen fossiler Brennstoffe zur Bedarfsdekkung ausreichen wird, durch verbesserte Förderquoten und teilweise durch neue Funde auf der Zeitachse quasi „nach hinten" verschieben. Es bleibt Tatsache, daß das Vorkommen der fossilen Brennstoffe endlich ist. Daher kann der Ver-

50

Vgl. dazu Kloepfer, Umweltstaat, S. 22, 23.

in: Gethmann/Kloepfer/Nutzinger, Langzeitverantwortung im

§ 1 Raumplanung - bundesunmittelbare Vorgaben

153

brauch dieser Ressourcen die Möglichkeiten nachfolgender Generationen auf deren Nutzung und Nutzen mindern oder gar ausschließen. Keinesfalls kann jedoch als Folge der Langzeitverantwortung und dieser Tatsache die Konsequenz gezogen werden, daß die Bodenschätzegewinnung als Form der Raumnutzung aus der Raumplanung ausgeblendet wird. Eine solche Forderung hieße, die Bedürfnisse der jetzigen Generation zugunsten künftiger Generationen völlig zu negieren. Die Forderung nach absoluter Ressourcenschonung erscheint aufgrund der Tatsache, daß der Mensch auf Umweltnutzung und Ressourcenverzehr existentiell angewiesen ist, als reine Utopie. Nicht der Ressourcenverzehr als solcher, sondern allein dessen Intensität kann daher zur Disposition stehen. Gegen ein gesetzgeberisches Ziel der absoluten Ressourcenschonung sprechen zudem systematische Erwägungen. Zum einen wird im dritten Teilaspekt der nachhaltigen Raumentwicklung die Forderung nach der Schaffung von Standortvoraussetzungen für die wirtschaftliche Entwicklung ausdrücklich gefordert. Zum anderen wird unter Nr. 9 in § 2 Abs. 2 ROG der Grundsatz der Raumordnung aufgestellt, daß die räumlichen Voraussetzungen „für die vorsorgende Sicherung sowie die geordnete Aufsuchung und Gewinnung von standortgebundenen Rohstoffen" zu schaffen sind. Hinzu kommt, daß die Rohstoffsicherung in § 7 Abs. 2 Nr. 2 lit. b) ROG, der zentralen rahmenrechtlichen Vorschrift über die Raumordnungsplanung in den Ländern, als eine wichtige Nutzung im Freiraum hervorgehoben und damit dem Grunde nach anerkannt wird. 51 Nicht das „Ob", sondern das „Wie" und insbesondere die Intensität der Bodenschätzegewinnung ist also fraglich. In der Literatur wird die Langzeitverantwortung im Sinne der Herstellung einer intergenerationellen Verantwortung im Hinblick auf die Nutzung erschöpfbarer Ressourcen in zwei Fällen jedenfalls als erfüllt angesehen:52 1. Soweit die gegenwärtige Generation nicht erneuerbare Ressourcen nur in dem Umfang verbraucht, in dem sie gleichwertige Substitute bereitstellen kann. 2. Soweit durch Nutzungsverbesserungen und Substitutionen im Endverbrauch ein Ausgleich geschaffen wird. Der unter Nummer 1 zum Ausdruck kommende Substitutionsgedanke als Konsequenz der geforderten Langzeit- oder Zukunftsverantwortung wird von der Bundesregierung in ihrem Bericht anläßlich der UN-Sondergeneralver-

51

Mit der Verankerung der Rohstoffgewinnung in § 7 Abs. 2 Nr. 2 lit. b) ROG auf Vorschlag des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (BT-Drucks. 13/7589) hin sollte die Rohstoffsicherung als eine wichtige Nutzung im Freiraum hervorgehoben werden. 52

Kloepfer, in: Gethmann/Kloepfer/Nutzinger, Langzeitverantwortung im Umweltstaat, S. 34; Birnbacher, Verantwortung für zukünftige Generationen, S. 221.

154

Teil 2: Umsetzung durch Raumplanung

Sammlung über Umwelt und Entwicklung 1997 in New York 53 und im Zwischenbericht der Enquête-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt" 54 ebenfalls aufgegriffen, und im Hinblick auf die Nutzung nicht erneuerbarer Ressourcen werden nachfolgende Forderungen aufgestellt. Danach darf die Nutzung nicht erneuerbarer Naturgüter auf Dauer nicht größer sein als die Substitution ihrer Funktionen.55 Als denkbare Substitute der fossilen Energieträger beispielsweise kommen bei einer funktionalen Betrachtung vor dem Hintergrund der Energiegewinnung regenerativen Energiequellen (Wasser, Wind, Sonne etc.) in Betracht. Sieht man also regenerative Energiequellen als derartige Substitute an, so muß die geforderte Nutzung, d. h. konkret der Verbrauch nicht erneuerbarer Naturgüter, im Rahmen der Substitutionsquote realistischerweise für absehbare Zeit noch als Vision eingestuft werden. Unsere Generation vermag angesichts des hohen Energieverbrauchs nur sehr begrenzt gleichwertige und vor allem ausreichende Substitute für den Verbrauch endlicher Ressourcen bereitzustellen. Dies wird an dem prozentualen Anteil regenerativer Energiequellen an der Energiegewinnung deutlich. 56 Der zweite Fall, in dem die Langzeitverantwortung der gegenwärtig Lebenden im Sinne der Herstellung einer intergenerationellen Verantwortung im oben geschilderten Sinne als erfüllt angesehen wird, verlangt die Schaffung eines Ausgleichs im Endverbrauch erschöpfbarer Ressourcen. Dieser Gedanke klingt auch im Zwischenbericht der Enquête-Kommission an, die vier grundlegende Regeln über den Umgang mit Ressourcen, Stoffen und Natur aufstellt. Diese sollen sicherstellen, daß „spätere Generationen bezüglich der Umweltqualität und der Versorgung mit natürlichen Ressourcen nicht schlechter gestellt sind" als die gegenwärtig Lebenden. Dort heißt es bezüglich der Nutzung nicht erneuerbarer Ressourcen, daß diese nur in dem Umfang genutzt werden sollen, „in dem ein physisch und funktionell gleichwertiger Ersatz in Form erneuerbarer Ressourcen oder höherer Produktivität der erneuerbaren sowie der nicht erneuerbaren Ressourcen geschaffen wird." 57 Nutzungsverbesserungen führen zwar 53 „Bericht anläßlich der UN-Sondergeneralversammlung über Umwelt und Entwicklung 1997 in New York. Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung in Deutschland.", BT-Drucks. 13/7054. 54

Zwischenbericht der Enquête-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt - Ziele und Rahmenbedingungen einer nachhaltig zukunftsverträglichen Entwicklung": „Konzept Nachhaltigkeit. Fundamente für die Gesellschaft von morgen"; BTDrucks. 13/7400. 55

BT-Drucks. 13/7054, S. 6. Vgl. zu den darin abgeleiteten, in den völkerrechtlichen Quellen aber nicht durchgehend nachweisbaren Managementregeln oben Teil 1 § 1 A.IV. sowie B.III. 56 So beträgt der Anteil der Energieversorgung aus Erdöl und den regenerativen Energiequellen Wasser, Wind und Sonnenenergie zusammen knapp 7%; vgl. FAZ Nr. 51 vom 2. März 1999, S. 25, „Fossil befeuerte Kraftwerke bleiben Säule der Energieversorgung". 57

Hervorhebung des Verfassers.

§ 1 Raumplanung - bundesunmittelbare Vorgaben

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bereits für sich genommen bei gleichbleibendem Energiebedarf zu einer Schonung nicht erneuerbarer Ressourcen.58 Das Nachhaltigkeitsprinzip verlangt aber, hebt man den Aspekt der Zukunftsverantwortung hervor, mehr als nur eine Entkoppelung von wirtschaftlichem Wachstum und dem Verbrauch von Naturgütern. Hinzu kommen muß, zumindest idealtypisch, ein Ausgleich im Endverbrauch, wie oben unter 2. gefordert. Der Aspekt der Langzeitverantwortung als Ausdruck der Zeitdimension des Grundsatzes der Nachhaltigkeit verlangt prinzipiell auch in diesem Fall das Bereitstellen von Substituten, um den Bedürfnissen kommender Generationen gerecht zu werden. Denn letztlich führt auch ein gleichbleibender oder sogar sinkender Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen zu deren Erschöpfung und damit zum Ausschluß von deren Nutzungsmöglichkeiten. Allerdings verlangt die künftige Entwicklung oft entsprechende Anpassungen, die vielfach erst durch einen Erfolgsdruck zustande kommen. Dieser Erfolgsdruck auf Seiten der betroffenen Wirtschaftssubjekte kann dann auch die Grundlage für selbst initiierte nachhaltige Verhaltensänderungen bilden. 59 Aber selbst für den Fall, daß eine Substituierbarkeit oder Ausgleichsfähigkeit im konkreten Fall fehlt, wird daraus nicht etwa die weitere Nutzung nicht erneuerbarer Ressourcen für unzulässig, sondern das Sparsamkeitsprinzip für die künftige Inanspruchnahme als Maxime erklärt. 60 Dies muß vor dem Hintergrund der vom Nachhaltigkeitsprinzip umfaßten Zukunfis- bzw. Generationsverantwortung zumindest solange Gültigkeit besitzen, soweit eine Substitution oder ein Ausgleich noch nicht greifbar ist oder keinen gleichwertigen Ersatz für den Ressourcenverbrauch darstellt. Allerdings müsse die Inanspruchnahme in diesem Fall zwingend sein und im Hinblick auf eine künftige Inanspruchnahme schonend erfolgen. 61 Die Frage, ob eine Inanspruchnahme von nicht erneuerbaren Ressourcen als zwingend anzusehen ist, kann nicht abstrakt beantwortet werden, sondern hängt von der Bedeutung der jeweiligen Ressource ab. Für die endlichen Energieträger Stein- und Braunkohle beispielsweise ließe sich wie folgt argumentieren: Der Anteil von Stein- und Braunkohle an der Energieversorgung in Deutschland beträgt bei einer Gesamterzeugung von ca. 500 Millionen Megawattstunden je-

58

Dies wird an folgendem Beispiel deutlich: Wandelte ein Kohlekraftwerk zu Beginn des 20. Jahrhunderts lediglich 5% der Brennstoffenergie in Strom um, so liegt der Wirkungsgrad eines Steinkohlekraftwerkes heute bei fast 50%. D. h. mit anderen Worten, daß wir bei einem theoretisch gleichgebliebenem Energiebedarf heute im Vergleich zu damals nur noch ein Zehntel an Kohle zur Energieerzeugung benötigten. 59

Dazu allgemein oben Teil 1 § 3 D.

60

Kloepfer, in: Gethmann/Kloepfer/Nutzinger, Langzeitverantwortung im Umweltstaat, S. 35; ebenso Murswiek, in: Sachs, GGK, Art. 20a Rn. 37, der das Sparsamkeitspostulat im Hinblick auf den Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen Art. 20a GG entnimmt. 61

So Kloepfer, weltstaat, S. 35.

in: Gethmann/Kloepfer/Nutzinger, Langzeitverantwortung im Um-

156

Teil 2: Umsetzung durch Raumplanung

weils rund 130 Millionen Megawattstunden. Auf regenerative Energiequellen und Erdöl entfallen zusammen knapp 35 Millionen Megawattstunden. Dieser Zahlenvergleich verdeutlicht die Bedeutung der Stein- und Braunkohlenverstromung bei der Energieversorgung. Insoweit kann die Inanspuchnahme dieser fossilen Brennstoffe für absehbare Zeit als zwingend angesehen werden. 62 Eine gänzliche Unzulässigkeit der Nutzung nicht erneuerbarer Ressourcen würde auch und insbesondere § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 ROG widersprechen. Indem diese Vorschrift die freie Entfaltung der Persönlichkeit in Bezug zur Verantwortung gegenüber zukünftigen Generationen setzt, wird zugleich die freie Entfaltung der heutigen Generation vorausgesetzt.63 Verantwortung für die künftigen Generationen bedeutet nicht notwendig völligen Verzicht. Das trifft sich mit der Art. 20a GG zugrundeliegenden Konzeption. 64 Gefordert ist lediglich eine Abgleichung der kollidierenden Nutzungsinteressen. Diese sind, was die Nutzung nicht erneuerbarer Ressourcen anbetrifft, zwangsläufig gegensätzlich. Gerade in diesem für den Bergbau entscheidenden Bereich decken sich somit die Aussagekerne von § 1 Abs. 2 Nr. 1 ROG und der Umweltstaatszielbestimmung. Dies verwundert nicht, steht das Nachhaltigkeitsprinzip doch von seiner Konzeption her und nach seinem Abstraktionsgrad zumindest in der Nähe der Staatsziele.65 Vor verfassungsrechtlichem Hintergrund liegt § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 ROG als Gedanke nicht die gänzliche Unzulässigkeit der Rohstofïhutzung bei fehlender Substituierbarkeit oder Ausgleichsfähigkeit zugrunde, sondern die Abwägung zwischen den Bedürfnissen der heutigen Generation und den zukünftig Lebenden.66 Ersteren ist dabei die Rücksichtnahme auf die Nachwelt abzuverlangen und damit ein sparsamer Umgang mit nicht erneuerbaren Rohstoffen. Dieser Gedanke findet sich auch in den Grundsätzen der Raumordnung in § 2 Abs. 2 ROG bestätigt. Nach dem achten Grundsatz sind „die Naturgüter ... sparsam und schonend in Anspruch zu nehmen".67 Insofern kann dem ersten 62

Vgl. zu den Kennzahlen FAZ vom 2. März 1999, Nr. 51, S. 25, „ Fossil befeuerte Kraftwerke bleiben Säule der Energieversorgung". 63

Auf die Frage, inwieweit die übrigen Teilaspekte der nachhaltigen Raumentwicklung, insbesondere die unter Nr. 3 geforderte Schaffung von Standortvoraussetzungen für die wirtschaftliche Entwicklung ebenfalls die weitere Entfaltung der gegenwärtig Lebenden voraussetzen, wird im jeweiligen Kontext eingegangen, insbesondere im Zusammenhang mit § 1 Abs. 2 Nr. 4 ROG unten unter d). 64

Siehe oben Teil 1 §2BJ.l.a).

65

So auch Ad-hoc Arbeitskreis: Überprüfung der Grundsätze der Raumordnung im ROG, abgedruckt in Bielenberg/Erbguth/Söfker, ROG, Bd. 2, J 653, S. 5 ff. (9). 66 67

Zum Verfassungsrecht insoweit näher oben Teil 1 § 2 B.I.

Im Vorschlag des Ad-hoc Arbeitskreises der Akademie für Raumforschung und Landesplanung, der von der Ministerkonferenz für Raumordnung und von dem zuständigen Bundesministerium mit der Erarbeitung von Vorschlägen zur Neufassung der Aufgaben, Leitvorstellungen und Grundsätze der Raumordnung beauftragt wurde, heißt es zu dem Grundsatz Nr. 8 (ganz im Sinne des Nachhaltigkeitsprinzips) etwas konkreter: Die Inanspruchnahme erneuerbarer Naturgüter hat im Sinne eines schonenden Ge-

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Teilaspekt des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung im Hinblick auf nicht erneuerbare Ressourcen das Sparsamkeitspostulat entnommen werden.

cc) Maß der gebotenen Sparsamkeit Das Maß der gebotenen Sparsamkeit ist im Einzelfall aufgrund der gebotenen Abwägung der Bedürfnisse gegenwärtiger und künftiger Generationen zu ermitteln. Als grober Eckpunkt kann dabei einmal fungieren, in welchem Umfang Rohstoffvorräte vorhanden sind und voraussichtlich in absehbarer Zukunft erschlossen werden können, mithin der vorhandene nutzbare Rohstoffumfang. Dieser ist in Beziehung zu setzen zum Bedarf durch künftige Generationen, aber auch durch gegenwärtige. Je größer die voraussichtlich abbaubaren Vorräte an einem bestimmten Rohstoff sind, desto eher kann den Bedürfnissen heutiger Generationen nachgegangen werden, ohne die Bedürfnisse der Nachwelt über Gebühr zu beschneiden. Das Maß der gebotenen Sparsamkeit ist allerdings im Nachhaltigkeitsprinzip nicht festgelegt. 68

(1) Erfordernis der untergesetzlichen Konkretisierung Hieraus ergibt sich eine insoweit mangelhafte Leitfunktion des Grundsatzes, der zwar die grobe Richtung in Form der geforderten Ressourcenschonung, nicht aber konkrete Schonungsgebote für nicht erneuerbare Ressourcen vorgibt. Richtungsweisend ist das Nachhaltigkeitsprinzip also, indem es den bislang nur vereinzelt 69 existierenden Grundsatz, wonach mit nicht erneuerbaren Ressourcen schonend und sparsam umgegangen werden muß, beinhaltet, diesen vom Ansatz her auf alle nicht erneuerbaren Ressourcen überträgt und zu einer Leitmaxime der Raumordnung erklärt. Dies ist eine Folge der intergenerationellen Verantwortung und damit der Langzeitverantwortung, welche das Nachhaltigkeitsprinzip umfaßt. 70 Lückenhaft bleibt das Prinzip aber, wenn es um das erbrauchs so zu erfolgen, daß im längerfristigen Mittel nicht mehr entnommen wird, als der Neubildungsrate, d. h. dem Regenerationspotential entspricht. Nicht erneuerbare Ressourcen (Grund und Boden, verschiedene Arten von Bodenschätzen) sind sparsam zu nutzen. Das Ausmaß ihrer Inanspruchnahme soll möglichst mit Hilfe von Wiederverwertung und Wiederherstellung, durch geschlossene Kreisläufe, durch Nutzung von Substitutionsmöglichkeiten und Umstellung auf regenerierfähige Ressourcen, auf einen unbedingt notwendigen Umfang reduziert werden. 68

Diese Feststellung trifft auch auf Art. 20a GG zu. Dieser Verfassungsnorm ist ebenfalls keine Aussage über das erforderliche Sparsamkeitsniveau im Hinblick auf nicht erneuerbare Ressourcen zu entnehmen. Vgl. dazu Murswiek, in: Sachs, GGK, Art. 20a Rn. 51. 69

Siehe etwa § la Abs. 1 BauGB; freilich beschränkt auf Grund und Boden. Siehe oben Teil 1 §

.II.

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Teil 2: Umsetzung durch Raumplanung

forderliche bzw. gebotene Maß der Ressourcenschonung geht. Insoweit stellt die Verankerung des Grundsatzes der nachhaltigen Raumentwicklung im Raumordnungsgesetz keine Ausnahme dar. Auch hier beläßt es der Gesetzgeber bei der Formulierung eines weitgehend unspezifischen Prinzips, das nicht in Relation zur jeweils unterschiedlichen Knappheit der in Frage stehenden Ressource gesetzt wird und von daher auf untergesetzliche Konkretisierung angewiesen bleibt. 71

(2) Kompetenzrechtliche Grenzen Problematisch ist des weiteren, ob, und wenn ja, wie das Sparsamkeitspostulat überhaupt raumordnerisch verwirklicht werden kann 72 , d. h. ob das Raumordnungsrecht aus kompetenzrechtlicher Sicht konkrete Forderungen im Hinblick auf den sparsamen Umgang mit endlichen Ressourcen aufstellen kann und vor allem darf. 73 Prinzipiell sind zwei Wege denkbar. Zunächst haben die planenden Stellen prinzipiell die Möglichkeit, gebietsbezogene Festlegungen in Raumordnungsplänen entsprechend den Gebietskategorien des § 7 Abs. 4 ROG zu treffen. Insbesondere mit Hilfe der Festlegung von Vorranggebieten können auf der Ebene der Landesplanung bestimmte Vorrangnutzungen innerhalb dieses Gebietes strikt gegen andere, konkurrierende Nutzungen gesichert werden. Bezogen auf bergbauliche Abbauvorhaben und aus Sicht des Bergbaus kommen sowohl positiv wirkende Vorranggebiete, etwa solche zur Sicherung der Gewinnung von Bodenschätzen, als auch negativ wirkende Vorranggebiete, wie beispielsweise Wasserversorgung oder regionaler Grünzug, in Betracht. Derartige Vorranggebiete, die allgemein als Ziele der Raumordnung eingestuft werden, 74 erfordern als verbindliche Vorgabe in Form von räumlich und sachlich abschließend abgewogenen Festlegungen75 eine diese legitimierende Abwägung. 76 Im Rahmen der insoweit erforderlichen planerischen Abwägungsentscheidung sind den planenden Stellen allerdings gewisse rechtliche Grenzen gesetzt. Diese haben u. a. den Stellenwert der jeweiligen 71 In diesem Sinne schon allgemein bezogen auf das Nachhaltigkeitsprinzip Rehbinder, in: Salzwedel, Grundzüge des Umweltrechts, Kapitel 04 Rn. 64. 72

Dazu sogleich unten unter 3.

73

Planaussagen wie ζ. B. „Für eine sparsame Verwendung von Rohstoffen ist der Wiederverwendung von Rohstoffen verstärkt Aufmerksamkeit zu widmen" (Regionaler Raumordnungsplan Holzminden Plansatz r 5 02 b., zitiert nach Schulte, Raumplanung und Genehmigung bei der Bodenschätzegewinnung, S. 258 f. mit weiteren Beispielen) zeigen, daß die Regionalplanung bereits gegenwärtig das Recycling einbezieht. 74

Vgl. nur Runkel, DVB1. 1997, 275 (276); Schulte, in: Informationen zur Raumentwicklung 1998, 301 (304). 75

Vgl. die Begriffsbestimmung in § 3 Nr. 2 ROG.

76

Vgl. Runkel, DVB1. 1997, 275 (277).

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Ressource ζ. B. für die Energieversorgung und deren Standortgebundenheit im Rahmen der Abwägung zu beachten. Gerade das Bergrecht hebt nicht nur in der einleitenden Bestimmung über den Zweck des Bundesberggesetz,77 sondern auch mittels der sogenannten Rohstoffsicherungsklausel das besondere öffentliche Interesse an der sicheren Versorgung mit knappen und wirtschaftlich bedeutsamen Rohstoffen hervor. Ob darüber hinaus die Möglichkeit besteht, das Sparsamkeitspostulat seitens der Landesplanung durch saisonale Beschränkungen oder klare Obergrenzen für die täglichen Abbau- und Transportmengen von Bodenschätzen durchzusetzen, ist zweifelhaft. Materiell ist dem Übermaßverbot bei der Auferlegung eines Schonungsgebotes bzw. des Sparsamkeitspostulats Rechnung zu tragen. Vor diesem Hintergrund meldet auch Rehbinder 78 für die Anwendung eines einheitlichen Schonungsgebotes auf nicht erneuerbare Ressourcen angesichts der unterschiedlichen Knappheitsgrade der einzelnen Ressourcen Bedenken an. Vorgelagert stellen sich bei derartigen Festsetzungen durch die Raumordnung und Landesplanung kompetenzrechtliche Fragen. Die Raumordnung unterliegt bei ihren Festlegungen dem Gebot der Überörtlichkeit. Dieses Merkmal, wonach raumplanerische Festlegungen grundsätzlich keine die unmittelbare Nutzung von Grund und Boden regelnde Wirkung entfalten dürfen, hat, wie bereits erwähnt, auch eine kompetenzbegrenzende Funktion. 79 Saisonale Beschränkungen und Obergrenzen für die Förderung von Bodenschätzen betreffen aber gerade die unmittelbare Nutzung von Grund und Boden. Derartige Aussagen in Raumordnungsplänen verstoßen aufgrund ihrer Detailliertheit gegen das Gebot der Überörtlichkeit raumordnerischen Handelns im allgemeinen und raumordnerischer Ziele im besonderen. Sie sind daher den fachgesetzlichen Genehmigungsverfahren überantwortet und vorbehalten. Aus diesem Grunde werden Regelungen diesen Inhalts in der Literatur 80 als kompetenzwidrig eingestuft. Neben Festlegungen mit dem Inhalt von saisonalen Beschränkungen und Fördergrenzen stellt sich vor dem Hintergrund des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung in seiner ressourcenökonomischen Ausprägung darüber hinaus die Frage, ob Regionalpläne generell Vorgaben hinsichtlich Recycling und Substitution treffen dürfen. 81 Die Raumordnung und Landesplanung könnte sich aufgrund der neuen Leitvorstellung dazu veranlaßt und ermächtigt sehen, entweder unmittelbar Aussagen im Hinblick auf Substitution und Recycling bei der 77

Vgl. § 1 Nr. 1 BBergG. Näher zu dieser Zweckvorschrift im Zusammenhang mit dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung oben Teil 1 § 2 B.II. 1. 78

Rehbinder, in: Salzwedel, Grundzüge des Umweltrechts, Kapitel 04 Rn. 64.

79

Siehe oben Teil 2 § 1 B.II.

80

Erbguth, VerwArch. 87 (1996), 258 (284 und 287).

81

Vergleiche dazu die Beispiele zu Festlegungen in Regionalplänen im Hinblick auf die Substitution und das Recycling von Baurohstoffen (v. a. Kies und Sand) bei Schulte, Raumplanung und Genehmigung bei der Bodenschätzegewinnung, S. 258, die von ihm als kompetenzwidrig eingestuft werden, vgl. S. 259.

160

Teil 2: Umsetzung durch Raumplanung

Bodenschätzeplanung zu treffen oder mittelbar über das fachgesetzliche Verfahren Einfluß auf die Bodenschätzegewinnung zu nehmen, indem es diesem die Durchführung einer Bedarfsprüfung und die Prüfung von Substitutionsmöglichkeiten vorschreibt. Tiefergehend stellt sich also die Frage, ob derart bodenbzw. energiepolitische Aussagen nicht die grundsätzliche Aufgabenstellung von Regionalplänen überschreiten. Aufgabe der Raumordnung ist gemäß § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2 ROG, die unterschiedlichen Ansprüche an den Raum aufeinander abzustimmen und dabei Vorsorge für die einzelnen Raumfunktionen und Raumnutzungen zu treffen. Deutlich wird dabei der erforderliche Raumbezug. Es geht um die Verteilung des begrenzten Raumes auf konkurrierende Nutzungen und Funktionen. Mit anderen Worten geht es um die Frage des „ W o " und nicht des „Wie" der einzelnen Nutzungen, geschweige denn der konkreten Bodennutzung. Mustert man die beispielhaft aufgeführten („insbesondere") Festlegungsmöglichkeiten des § 7 Abs. 2 bis 4 ROG durch, so zeigt sich, daß sämtliche Festlegungsmöglichkeiten flächen- bzw. gebietsbezogen sind. Sie zielen auf eine dem Nachhaltigkeitsgrundsatz entsprechende Raumstruktur. Dagegen ist das raumordnerische Instrumentarium nicht auf die Festlegung von Vorgaben für das „Wie" der konkreten Nutzung angelegt. Des weiteren läßt sich diese Ansicht mittels eines Umkehrschlusses untermauern, der sich aus dem hierarchischen Aufbau des Planungssystems mit „trichterförmig" zunehmender Konkretisierung und Aussageschärfe ergibt. Es läßt sich die Prämisse formulieren, daß der Konkretisierungsgrad der Festlegungen der Raumordnung und Landesplanung jedenfalls in den Fällen als Kompetenzüberschreitung qualifiziert werden muß, in denen er über den zulässigen Konkretisierungsgrad der nachfolgenden Planungsebene hinausgeht. Mit anderen Worten folgt aus dem Planungssystem der Gesamtplanung, daß die Raumplanung keine Aussagen treffen darf, die in ihrer Aussageschärfe im Hinblick auf die Nutzung von Grund und Boden, über die der plangebundenen und konkreteren kommunalen Bauleitplanung hinausgehen. Unabhängig von der Frage, ob die Raumordnung und Landesplanung die oben geschilderten Festlegungen treffen darf, ist nicht ersichtlich wie diese dann auf der konkreteren Ebene der Bauleitplanung umzusetzen wären. 82 Die Darstellungsmöglichkeiten nach § 5 Abs. 2 BauGB und die Festsetzungsmöglichkeiten nach § 9 Abs. 1 BauGB lassen seitens der kommunalen Bauleitplanung keine dahingehenden Möglichkeiten erkennen. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 BauGB sind allenfalls Festsetzungen im Hinblick auf das Maß der baulichen Nutzung von Grund und Boden denkbar; nicht aber im Hinblick auf die Ressourcennutzung. Mit Schulte 83 besteht daher die Aufgabe der Regionalpläne nicht darin, bodenpolitische Aussagen zu treffen, sondern sie zu befolgen, indem räumliche 82

Vgl. Schulte, Raumplanung und Genehmigung bei der Bodenschätzegewinnung, S. 259. 83 Schulte, ebenda.

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161

Konsequenzen aus ihnen gezogen werden. Dies könnte etwa dadurch geschehen, daß in Anbetracht der jeweils erreichten Substitutionsquote mit Flächenausweisungen für neue Bodenschätzegewinnung restriktiver umgegangen wird, als es ohne diese Maßnahmen möglich wäre. Somit kann die Raumordnung mit Flächenausweisungen unter Zuhilfenahme des Arsenals an Gebietskategorien nach § 7 Abs. 4 ROG in begrenztem Maße auf die Bodenschätzegewinnung auch unter Berücksichtigung des Substitutionsgedankens Einfluß nehmen. Die Vorgabe konkreter Abbauquoten o. ä. übersteigt dagegen ihre raumbezogene Kompetenz.

b) Schutz und Entwicklung natürlicher Lebensgrundlagen Der zweite Teilaspekt des § 1 Abs. 2 S. 2 ROG befugt und verpflichtet die planenden staatlichen Stellen zum Schutz und zur Entwicklung der natürlichen Lebensgrundlagen und betont damit die ökologische Dimension des Grundsatzes der nachhaltigen Raumentwicklung. Einigkeit über Inhalt und Reichweite des Begriffs der „natürlichen Lebensgrundlagen" besteht lediglich vor theoretischem Hintergrund. Danach versteht man als natürliche Lebensgrundlagen diejenigen Güter, ohne die das Leben nicht über längere Zeit fortbestehen könnte.84 Über den konkreten Inhalt dieses Begriffes dagegen herrscht keine Einigkeit, obwohl er gleichlautend in der Staatszielbestimmung des Art. 20a GG enthalten ist. Überwiegend werden zu den natürlichen Lebensgrundlagen die Umweltmedien Boden, Wasser und Luft, außerdem Tiere und Pflanzen, sowie das Klima, die Landschaft und auch Bodenschätze gezählt.85 Der zweite Teilaspekt des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung entspricht nahezu vollständig der 2. Leitvorstellung nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 ROG a. F. Die Betonung des Schutz- und Entwicklungsauftrages der Raumordnung wurde bereits nach der alten Fassung des Raumordnungsgesetzes dahingehend interpretiert, daß der Gesetzgeber sowohl dem vorsorgenden als auch dem erhaltenden Umweltschutz ein besonderes Gewicht verleihen wollte. 86 Wenn einerseits also der Gesetzgeber dem vorsorgenden Umweltschutz ein besonderes Gewicht verleihen wollte und andererseits die Aufgabe der Raumordnung nach § 1 Abs.l S. 2 Nr. 2 ROG auch darin besteht, „Vorsorge für einzelne Raumfunktionen und Raumnutzungen zu treffen", so stellt sich die Frage, welches

84

Vgl. Kloepfer, in: Bonner Kommentar Art. 20a Rn. 50; Murswiek, in: Sachs, GGK, Art. 20a Rn. 29; Müller-Bromley, Staatszielbestimmung Umweltschutz im Grundgesetz, S. 104. 85

Kloepfer, in: Bonner Kommentar Art. 20a Rn. 50; Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 20a Rn. 2; Peters, NVwZ 1995, 555 (555); Bodenschätze ausdrücklich bei Murswiek, in: Sachs, GGK, Art. 20a Rn. 30. 86 U

Cholewa/Dyong/von

Frenz

der Heide, ROG, Bd. 2, 3. Aufl., § 1 Rn. 21.

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Teil 2: Umsetzung durch Raumplanung

Verständnis des Vorsorgeprinzips der gesetzgeberischen Konzeption im Raumordnungsgesetz zugrunde liegt. 87

aa) Verschlechterungsverbot Das Verschlechterungsverbot in reiner Form ist eine besonders strenge Ausprägung des Vorsorgeprinzips im Sinne einer strikten Ressourcenschonung. Die Bezeichnung dieser Interpretationsvariante des Vorsorgeprinzips als Verschlechterungsverbot oder Bestandsschutzprinzip verdeutlicht bereits ihre Zielrichtung, die als Minimalziel die Sicherung des status quo bezweckt. Hier gilt es freilich zwischen umweltpolitischer Zielsetzung und rechtlicher Verwirklichung bzw. Umsetzung zu unterscheiden. 88 Aus umweltpolitischer Sicht wird regelmäßig das Ziel verfolgt werden, eine weitere Zunahme der Umweltbelastungen auszuschließen und die Umweltqualität möglichst zu verbessern. Dagegen ist die Verankerung einer derartigen Forderung als rechtssatzfôrmiges Prinzip, d. h. als unmittelbar anwendbarer Maßstab im Rahmen einer Rechtsnorm, zumindest in seiner reinen Form problematisch. In der Literatur wird die Ansicht vertreten, daß das Verschlechterungsverbot in absoluter, flächendeckender Form nicht zu verwirklichen sei, da eine derartige Forderung weitere Entwicklungen praktisch unmöglich machen würde. Deshalb werde dieses Prinzip regelmäßig nach Maßgabe einer Abwägung relativiert. 89 Diese Einschätzung trifft zumindest vorliegend zu. Indem der Grundsatz der nachhaltigen Raumentwicklung im erläuternden Teilaspekt unter § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 ROG die Schaffung von Standortvoraussetzungen für die wirtschaftliche Entwicklung voraussetzt, wird deutlich, daß die gesetzgeberische Konzeption des Vorsorgeauftrages im Raumordnungsrecht nicht im Sinne eines Verschlechterungsverbots „reinsten Wassers" verstanden werden kann. Ziel ist vielmehr eine Versöhnung von sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Ansprüchen an den Raum, „die zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt". Dieser Vorstellung ist genüge getan, wenn für die Folgen wirtschaftlicher Entwicklung, welche in der Regel am konkreten Ort zu Verschlechterungen führen, an anderer Stelle ein adäquater Ausgleich geschaffen wird, d. h. Verbesserungen vorgenommen werden. Damit ist nicht jede umweltbelastende Entwicklung völlig ausgeschlossen. Insofern kann man dem Raumordnungsgesetz eine abgeschwächte Form des Verschlechterungsverbotes bzw. 87 Was den Inhalt des Vorsorgeprinzips anbetrifft, so ist vieles, von einem Minimalkonsens abgesehen, streitig. Dazu ausführlich Rehbinder, in: Salzwedel, Grundzüge des Umweltrechts, Kapitel 04 Rn. 27 ff.; Überblick über die unterschiedlichen Bedeutungsinhalte bei Rn. 31; Wahl/Appel, Prävention und Vorsorge, S. 72 ff.; Kloepfer, Umweltrecht, § 4 Rn. 5 ff. 88

So zu Recht Rehbinder, in: Salzwedel, Grundzüge des Umweltrechts, Kapitel 04 Rn. 41. 89

Rehbinder, ebenda.

§ 1 Raumplanung - bundesunmittelbare Vorgaben

163

Bestandsschutzprinzips entnehmen, das der Konzeption der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung in § 8 BNatSchG 90 verwandt ist. Nur so läßt sich die Aufgabe der Raumordnung, dem Vorsorgegesichtspunkt für einzelne Raumfunktionen und Raumnutzungen nach § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 gleichzeitig Sorge zu tragen, vor dem Hintergrund der Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung gerecht werden. Dementsprechend eröffnet das Raumordnungsgesetz in § 7 Abs. 2 S. 2 den Ländern ausdrücklich die Möglichkeit, die Festlegungen bezüglich der Raumstruktur in Raumordnungsplänen mit Ausgleichsregelungen zu kombinieren. 91 Diese Vorschrift soll verdeutlichen, daß den Raumfunktionen und Raumnutzungen nach § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ROG auch Ausgleichsfunktionen für zu erwartende Eingriffe in Natur und Landschaft an anderer Stelle im Plangebiet zugewiesen werden können.92 Dabei wird die Ebene der Regionalplanung zur Umsetzung der naturschutzrechtlichen Eingriffs- und Ausgleichsproblematik als geeignet angesehen.93 Der Regionalplanung wird die Möglichkeit eröffnet, zu erwartenden Eingriffen Ausgleichsflächen zuzuordnen. Hierzu zählen nach § 7 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 lit. b) ROG auch Aussagen über Freiraumnutzungen, wie beispielsweise „Standorte für die vorsorgende Sicherung sowie die geordnete Aufsuchung und Gewinnung von standortgebundenen Rohstoffen". Hierdurch soll nach der Gesetzesbegründung dem Umstand Rechnung getragen werden, daß die naturschutzrechtliche Eingriffs- und Ausgleichsproblematik künftig auch im regionalen Maßstab auf der Grundlage gesamträumlicher Vernetzungskonzepte behandelt werden kann.94 Die Bodenschätzegewinnung, die nach der Konzeption des Raumordnungsgesetzes als Form der Freiraumnutzung anerkannt wird, führt zwangsläufig zu unvermeidbaren Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes und/oder des Landschaftsbildes im Sinne von § 7 Abs. 2 S. 2 ROG, wenngleich die Beeinträchtigungen regelmäßig nur vorübergehender Natur sind und durch Rekultivierungsmaßnahmen ausgeglichen werden. In den Raumordnungsplänen der Länder kann daher festgelegt werden, daß diese Beeinträchtigungen an anderer Stelle des jeweiligen Planungsgebietes abzugleichen, zu ersetzen oder zu mindern sind.95

90

Vgl. zur naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung Kloepfer, Umweltrecht, § 11 Rn. 33 ff.; Breuer, NuR 1980, 89 ff.; Gaentzsch, NuR 1986, 89 ff. 91

Eine dahingehende Pflicht wurde im 2. Abschnitt des ROG, der Vorschriften für die Raumordnung in den Ländern enthält, aus kompetenzrechtlichen Gründen nicht normiert. Näher oben Teil 2 § 1 A. 92

Vgl. die Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung, BT-Drucks. 13/6392, S. 83; abgedruckt in: Bielenberg/Erbguth/Söfker, ROG, Bd. 2, J 655, S. 15. 93

BT-Drucks. 13/6392, S. 83.

94

Vgl. vorhergehende Fußnote.

95

Der Ausgleichsgedanke findet auch in § 2 Abs. 2 Nr. 8 Niederschlag, wo es unter anderem im Zusammenhang mit der Forderung, daß Naturgüter schonend und sparsam in Anspruch zu nehmen sind, heißt: „Beeinträchtigungen des Naturhaushalts sind abzugleichen".

164

Teil 2: Umsetzung durch Raumplanung

Im Ergebnis kann daher festgehalten werden, daß dem Raumordnungsgesetz kein Verständnis des Vorsorgeprinzips im Sinne eines reinen Verschlechterungsverbotes zugrunde liegt, sondern eine abgeschwächte Form, die es ermöglicht, bestimmten Raumnutzungen an anderer Stelle des jeweiligen Plangebietes ggf. auch im Interesse der wirtschaftlichen Entwicklung Ausgleichsgebiete zuzuweisen.

bb) Freiraumthese Nach dem zweiten Teilaspekt des § 1 Abs. 2 ROG sind die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln. Während dem Schutzauftrag nicht notwendig eine planerische Komponente innewohnt, er vielmehr primär als Ausdruck eines ordnungsrechtlichen Verständnisses von Umweltpolitik defensiver Natur ist, kommt dem Entwicklungsauftrag eine planende und gestaltende Funktion zu. Allerdings besitzt der Schutzauftrag im Kontext des § 1 Abs. 2 ROG, d. h. als Teilaspekt des Grundsatzes der nachhaltigen Raumentwicklung, neben der abwehrenden Schutzpflicht und der Aufgabe der Schadensverhütung auch eine Verknüpfung zur raumplanerischen Zukunftsverantwortung, die insbesondere im ersten Teilaspekt zum Ausdruck kommt. Die Schutzpflicht betont die Aufgabe einer Planung, schädliche Entwicklungen abzuwehren. Die Entwicklungspflicht betont dagegen die Gestaltungsaufgabe der Raumplanung. Im Zusammenhang mit der Aufgabe, „die natürlichen Lebensgrundlagen ... zu entwickeln", der Aufgabe nach § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 ROG, Standortvoraussetzungen für die wirtschaftliche „Entwicklung" zu schaffen, sowie der raumplanerischen Aufgabe nach § 1 Abs. 2 S. 1 ROG, die „wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang" zu bringen, tritt die bewirtschaftungsrechtliche Interpretation des Vorsorgeprinzips in den Vordergrund. Damit in engem Zusammenhang steht die zu § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG entwickelte sogenannte Freiraumthese 96, die das Vorsorgeprinzip als Ausdruck einer umweltplanerischen Grundentscheidung des Gesetzgebers betrachtet, wonach Umweltressourcen im Interesse künftiger Nutzungen zu schonen sind. Unter der sogenannten Freiraumthese wird im immissionsschutzrechtlichen Kontext unter Berufung auf die Materialien des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verstanden, daß es angesichts der fortschreitenden Verdichtung der Lebensräume geboten sei, sowohl im Interesse nicht gewerblicher Nutzung als auch im Interesse der Industrie Freiräume für zukünftige Nutzungen zu erhalten. Nach dieser Theorie besitzen mithin die (angestrebten) Freiräume die Funktion, sowohl als künftige Lebensräume als auch in begrenztem Maß als Belastungsreserven 96

Zur Freiraumthese vgl. insbesondere Feldhaus, DVB1. 1980, 132ff.; Seltner, NJW 1980, 1255 ff; Trute, Vorsorgestrukturen und Luflreinhalteplanung im Bundesimmissionsschutzgesetz, S. 112 ff; Wahl/Appel, Prävention und Vorsorge, S. 78 ff. sowie allgemein Kloepfer, Umweltrecht, § 4 Rn. 19 ff.

§ 1 Raumplanung - bundesunmittelbare Vorgaben

165

zu dienen. Dieser Gedanke könnte im raumordnungsrechtlichen Kontext von § 1 Abs. 2 Nr. 4 ROG als bestätigt angesehen werden, wonach „die Gestaltungsmöglichkeiten der Raumnutzung langfristig offen zu halten" sind.97 Hierin kommt die Bekräftigung des ressourcenökonomischen Teilaspektes des Grundsatzes der nachhaltigen Raumentwicklung zum Ausdruck. Die Ressourcenvorsorge wird von Teilen der Literatur als im Vorsorgegrundsatz enthalten angesehen.98

c) Schaffung von Standortvoraussetzungen für die wirtschaftliche

Entwicklung

Ein weiterer Teilaspekt, der den Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung verdeutlichen soll, ist die Forderung, Standortvoraussetzungen für die wirtschaftliche Entwicklung zu schaffen. Diese in § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 ROG aufgestellte Leitlinie ist neu und spiegelt die wirtschaftlichen Ansprüche des Menschen an den Raum wider. 99 Hiermit wird zum Ausdruck gebracht, daß die Nachhaltigkeit nicht nur die ökologische Seite aufwertet, sondern vergleichbar einem gleichseitigen Dreieck drei gleichberechtigte Faktoren in Einklang zu bringen sucht. Die Entwicklung der natürlichen Lebensgrundlagen und die Entwicklung der „wirtschaftlichen Lebensgrundlagen" sind mithin nach der gesetzgeberischen Konzeption gleichberechtigte Planungsleitlinien.

d) Gestaltungsmöglichkeiten

langfristig

offenhalten

Die vierte Leitlinie verlangt, daß die „Gestaltungsmöglichkeiten der Raumnutzung langfristig offen zu halten" sind, und stimmt wörtlich mit der dritten Leitvorstellung des Raumordnungsgesetzes in seiner alten Fassung überein. Die dritte Leitvorstellung wurde im Rahmen der Novellierung des Raumordnungsgesetzes von 1989 in das Raumordnungsgesetz aufgenommen und sollte dem Erfordernis langfristiger räumlicher Vorsorgepolitik Rechnung tragen. 100 Bereits nach der damaligen Begründung der Regierungsvorlage wurde mit der Novellierung das Ziel verfolgt, daß bei der Nutzung des Raumes auch mögliche Entwicklungen sowie langfristige Folgewirkungen der Raumnutzung berücksichtigt und für kommende Generationen verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten offengehalten werden. Dies korrespondiert inhaltlich mit der intergenerationellen

97

Dazu im einzelnen sogleich unter d).

98

Vgl. etwa Kloepfer,

99

Umweltrecht, § 4 Rn. 6 mit Rn. 24.

So die knappe Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung, BT-Drucks. 13/6392, S. 79. 100 Vgl. Bielenberg/Erbguth/Söfker, ROG, Bd. 2, J 620, S. 67 sowie die Begründung der Regierungsvorlage BT-Drucks. 11/3916, S. 9.

166

Teil 2: Umsetzung durch Raumplanung

Komponente des Nachhaltigkeitsgedankens, die insoweit für die Raumordnung näher operationalisiert werden muß. Das Abstellen auf die Gestaltungsmöglichkeiten künftiger Generationen erfordert weit vorsorgende Maßnahmen. In der allgemeinen Beurteilung der Instrumentarien zur Umsetzung des Vorsorgeprinzips wird unter anderem die Berücksichtigung des Umweltschutzes in der Planungsphase wirtschaftlicher und politischer Tätigkeiten herausgestellt. 101 Planungsmaßnahmen werden als typische Mittel zur Umsetzung der Umweltvorsorge bezeichnet.102 Dem Raumordnungsgesetz liegt jedoch ein weiteres Verständnis des Vorsorgeprinzips zugrunde. Nach § 1 Abs. 1 ROG besteht die Aufgabe der Raumordnung nicht nur in einem ökologisch orientierten Vorsorgeauftrag (Vorsorge für Raumfunktionen), sondern auch in einem wirtschaftlich und sozial orientierten Vorsorgeauftrag (Vorsorge für Raumnutzungen). Um dem so verstandenen mehrdimensionalen Vorsorgeauftrag gerecht zu werden, bedarf es aufgrund des erhöhten Koordinierungs- und Ausgleichsbedarfs ebenfalls vorsorgend-planender Maßnahmen. Hinzu kommt jedoch das Bedürfnis, und dies wird in der Forderung nach einer gestaltungsoffenen Raumplanung deutlich, nach einer Vorverlagerung der Ressourcenvorsorge in die Konzeptphase. Das raumordnungsrechtliche Verständnis des Vorsorgeprinzips betont damit insbesondere die nachweltschützende und ressourcenökonomische Komponente des Vorsorgeprinzips. Ferner sind Funktionen und Nutzungen des Raumes dynamische Prozesse, die sich gegenseitig beeinflussen. Daher muß die Raumplanung auf Veränderungen reagieren können. Auch aus diesem Grund hat sich der Gesetzgeber für eine offene Raumordnungskonzeption entschieden. Zudem folgt bereits aus der unter Nr. 1 erfolgten Betonung der Verantwortung gegenüber zukünftigen Generationen, daß raumbezogene Planung die Struktur des Gesamtraumes nicht flächendeckend „zementieren" darf. Dies würde der geforderten intergenerationellen Verantwortung widersprechen, die auch einer offenen Raumkonzeption immanent ist. Denn „offen" gehalten sind die Gestaltungsmöglichkeiten für die Zukunft nur dann, wenn die Ressource Raum verschiedene Entfaltungs- und Entwicklungsmöglichkeiten zuläßt, mithin verschiedene Optionen der Raumnutzung für die Zukunft erhält. Der vierte Teilaspekt verdeutlicht damit das Anliegen des Grundsatzes der Nachhaltigkeit, die Nutzung der natürlichen Ressourcen auch zukünftigen Generationen zu ermöglichen. Hierfür bedarf es langfristig konzipierter Maßnahmen und insgesamt eines vorausschauenden Agierens. Bestandteil nachhaltiger Raumentwicklung ist damit auch, daß raumplanerische Konzepte, die die Nutzung der begrenzten Ressource Raum koordinieren, Gestaltungsmöglichkeiten zukünftiger Generationen im Hinblick auf die Raumnutzung langfristig offenhalten müssen. Die derart geforderte langfristige Erhaltung von Nutzungsoptionen kann als Element einer am Gedanken der intergenerativen Gerechtigkeit orientierten Raumordnung angesehen werden. Diese

101

Umweltbericht der Bundesregierung, BT-Drucks. 11/7168, S. 26.

102

Hoppe, VVDStRL 38 (1980), 211 (228 f.); Kloepfer,

Umweltrecht, § 4 Rn. 8.

§ 1 Raumplanung - bundesunmittelbare Vorgaben

167

Leitlinie verlangt von der Raumplanung, daß sie Irreversibilitäten primär zu vermeiden und bei Unumgänglichkeit weitestgehend zu begrenzen hat. Konsequenz dieser Leitlinie ist jedoch kein absoluter Verzicht auf die Befriedigung der Entfaltungs- und Gestaltungsbedürfnisse der jetzigen Generation. Dies widerspräche bereits dem ersten Teilaspekt des Leitbildes der nachhaltigen Raumentwicklung, der zwar die intergenerationelle Verantwortung herausstellt, jedoch einen Ausgleich und kein einseitiges Zurückstehen der Bedürfnisse heutiger Generationen verlangt. 103 Zudem ist § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 ROG nur einer von acht Teilaspekten des Leitbildes der nachhaltigen Raumentwicklung. Alle unter § 1 Abs. 1 S. 2 ROG enumerativ aufgeführten Teilaspekte sollen in ihrer Gesamtheit das Leitbild der nachhaltigen Raumentwicklung verdeutlichen, so daß jede Leitlinie im Gesamtzusammenhang interpretiert werden muß. Der dritte Teilaspekt fordert ausdrücklich die Schaffung von Standortvoraussetzungen für die wirtschaftliche Entwicklung, mithin positive Raumgestaltung. Ferner ist die neue Leitvorstellung nach § 1 Abs. 2 ROG Handlungsmaxime „bei der Erfüllung der Aufgabe nach Absatz 1". Die Aufgabe der Raumordnung besteht gemäß § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ROG auch darin, Vorsorge für Raumnutzungen zu treffen. Insofern setzt nachhaltige Raumentwicklung nach der gesetzgeberischen Konzeption soziale und wirtschaftliche Entfaltung des einzelnen und diesbezügliche planerisch lenkende Gestaltung des Raumes ausdrücklich voraus.

3. Fazit Die vorstehenden Ausführungen erweisen, daß das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung die Schonung und sparsame Verwendung nicht erneuerbarer Ressourcen intendiert. Mustert man allerdings die Festlegungsmöglichkeiten der Raumordnung in § 7 Abs. 2, 3 und 4 ROG durch, so zeigt sich, daß das Raumordnungsgesetz diese Zielsetzung zum Teil nicht instrumentalisiert und aufgrund der kompetenzrechtlichen Grenzen auch nicht instrumentalisieren kann. So stünden mengenmäßige Vorgaben für die Bodenschätzegewinnung aufgrund ihrer Detailliertheit im Widerspruch zur Überörtlichkeit raumplanerischer Festlegungen. Ihre Aufgabe ist es, über das „Wo" und nicht über das „Wie" der einzelnen Raumnutzungen anhand der angestrebten, leitbildgerechten Raumstruktur zu entscheiden. Erkennt man eine langfristig vorsorgende Rohstoffsicherung als raumordnerischen Beitrag auf dem Weg zu einer nachhaltigen Nutzung nicht erneuerbarer Ressourcen an, so steht der Raumordnung mit den Gebietskategorien des § 7 Abs. 4 S. 1 ROG ein geeignetes Instrumentarium zur Seite. Insbesondere die zielförmige Festlegung von Vorranggebieten 104 führt im Hinblick auf konkurrie-

103 104

Siehe vorstehend a).

Vorranggebiete stellen Ziele der Raumordnung dar, da sie die jeweilige Vorrangnutzung oder -funktion innerhalb des umschriebenen Gebietes strikt gegen andere Nut-

168

Teil 2: Umsetzung durch Raumplanung

rende Nutzungen oder Funktionen in diesem Gebiet zu einem strikten Ausschluß. Vorranggebiete sind gemäß § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 ROG solche, die für bestimmte raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen vorgesehen sind und andere raumbedeutsame Nutzungen in diesem Gebiet ausschließen, soweit diese mit der vorrangigen Funktion oder Nutzung nicht vereinbar sind. Als Vorrangnutzung in diesem Sinne kommt ζ. B. der Abbau standortgebundener Rohstoffe in Betracht. 105 Hinzuweisen ist schließlich auf die in § 7 Abs. 4 S. 2 ROG eingeräumte Möglichkeit, seitens der Landesplanung Vorranggebieten zugleich die Wirkung von Eignungsgebieten planerisch zuzuweisen. Auf diese Weise kann bestimmten räumlichen Maßnahmen innerhalb des Vorranggebietes ein Vorrang vor konkurrierenden Nutzungen und Funktionen eingeräumt und dies mit einer außergebietlichen Ausschlußwirkung für eben diese Maßnahmen verbunden werden. 106 Über die qualifizierte Raumordnungsklausel des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB führen Ziele der Raumordnung, die eine außergebietliche Ausschlußwirkung entfalten, 107 ausnahmsweise zu einem bodenrechtlichen Durchgriff, d. h. sie beanspruchen Geltung unmittelbar gegenüber raumbedeutsamen Vorhaben Privater. In der planungsrechtlichen Praxis dürfte es weniger diese Bindungswirkung sein, die in Frage zu stellen ist, sondern vielmehr die Frage, ob es sich bei der zielförmigen Festlegung tatsächlich um ein Ziel der Raumordnung handelt.108 Konsequenz dieser verstärkten Bindungswirkung gegenüber privaten Vorhaben ist ferner, daß nach § 7 Abs. 7 S. 2 ROG auch die privaten Belange bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen in der Abwägung zu berücksichtigen sind.

zungen sichern sollen. Daher können sie in der nachfolgenden Abwägungsentscheidung nicht überwunden werden. 105

In § 7 Abs. 2 Nr. 2 lit. b) ROG werden Standorte für die vorsorgende Sicherung sowie die geordnete Aufsuchung und Gewinnung von standortgebundenen Rohstoffen als Form der Freiraumnutzung beispielhaft aufgeführt. Vgl. auch die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BR-Drucks. 635/96, S. 41: „Durch rechtliche Gebietstypen (Vorrang-, Vorbehalts- und Eignungsgebiete) soll eine großräumige Steuerung von raumbedeutsamen Nutzungen des Freiraums, wie Kiesabbau und Naherholung, ... möglich werden." 106

Diese Ausschlußwirkung greift nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB (der wortwörtlich mit § 35 Abs. 3 S. 4 BauGB a. F. übereinstimmt) „in der Regel", also nicht generell. Indes beinhaltet diese Vorschrift eine gesetzliche Regel Vermutung, die jedoch im konkreten Einzelfall widerlegbar ist. Vgl. dazu Runkel, DVB1. 1997, 275 (279 ff.), dessen Ausführungen sich freilich auf die räumliche Steuerung von Windenergieanlagen im Außenbereich beziehen. Sie können jedoch auf nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB ebenfalls privilegierte Abbauvorhaben im Außenbereich („ortsgebunden") im wesentlichen übertragen werden. 107

Dies ist nur bei Eignungsgebieten nach § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 ROG und „qualifizierten" Vorranggebieten nach § 7 Abs. 4 S. 2 ROG der Fall. 108

Vgl. zu den Voraussetzungen §§ 3 Nr. 2, 7 Abs. 5, 7, 8 ROG sowie zum Ganzen Runkel, in: Bielenberg/Erbguth/Söfker, ROG, Bd. 2, Κ § 3 Rn. 22 ff.

§ 1 Raumplanung - bundesunmittelbare Vorgaben

169

Erforderlich für eine langfristig vorsorgende Rohstoffsicherung ist darüber hinaus ein Instrumentarium, welches den Rohstoffabbau großräumig und weit in die Zukunft hinein steuert. Eine nachhaltige Rohstoffsicherung, die sowohl die Bedürfnisse der gegenwärtigen als auch künftiger Generationen mit in den Blick nimmt, muß auf der Ebene der überörtlichen Raumplanung zwischen Gebieten für die gegenwärtige, mittelfristige und langfristige Rohstoffversorgung unterscheiden. Nur auf diese Weise kann eine vorsorgende und vorausschauende Rohstoffsicherung raumplanerisch verwirklicht werden. Damit könnte die Raumordnung einerseits dem Sparsamkeitspostulat gerecht werden und andererseits gleichzeitig für Planungssicherheit auf Seiten der Rohstoffindustrie sorgen. Um Zufallsergebnisse zu vermeiden, setzt dies allerdings sowohl eine landes- bzw. bundesweite Erfassung der Rohstoffvorkommen 109 als auch eine dem zeitlichen Planungshorizont entsprechende Nachfrageabschätzung voraus, die sich etwaigen Änderungen dieser Faktoren dynamisch anpassen muß, d. h. der ständigen Fortschreibung bedarf. Eine zeitliche Abstufung im oben beschriebenen Sinne wird von den rechtlichen Gebietstypen des § 7 Abs. 4 ROG umfaßt. 110 Während die zielförmige Festlegung eines Vorranggebietes Bodenschätze nach § 7 Abs. 4 S. 2 ROG bzw. eines Eignungsgebietes Bodenschätze nach § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 ROG einerseits die Durchsetzungskraft eines privilegierten Abbauvorhabens innerhalb dieser Gebiete im Außenbereich gegenüber sonstigen öffentlichen Belangen erhöhen wird, mithin positiv beeinflußt, ist gleichzeitig auf die Kehrseite der Medaille hinzuweisen. Denn außerhalb dieser Gebiete stehen dann öffentliche Belange einem an sich privilegierten Abbauvorhaben in der Regel gem. § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB entgegen. Entscheidend ist dann, ob es sich um einen sogenannten atypischen Einzelfall handelt, den die planenden Stellen nicht erfassen wollten. 111 Des weiteren ist zutreffend daraufhingewiesen worden, 112 daß die Konzentrationswirkung von Eignungsgebieten über § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB außerhalb der Konzentrationszone aufgrund der außergebietlichen Ausschlußwirkung zugleich den Verlust der in diesem Gebiet gelegenen Bodenschätze bedeuten kann. Dieser Umstand erfordert eine restriktive Handhabung dieses raumplanerischen Instruments und damit einhergehend eine der Aufstellung von Raumordnungsplänen vorgelagerte, hinreichend sichere und langfristige Bedarfsabschätzung und Berücksichtigung der lagerstättenkundlichen Gegebenheiten. Ansonsten verbleibt noch die Möglichkeit, das nach § 11 ROG rahmenrechtlich vorgesehene Zielabweichungsverfahren durchzuführen. Entfalten Ziele der Raumordnung raumbedeutsamen Maßnahmen Privater

109

Dem kann durch eine verstärkte Zusammenarbeit und Abstimmung mit dem Fachwissen der geologischen Landesämter und den lagerstättenkundlichen Kenntnissen der Bergbauindustrie Rechnung getragen werden. 110 Vgl. Runkel, in: Informationen zur Raumentwicklung 1998, 315 (317), der insbesondere eine Kombination der Vorrangnutzungen Landwirtschaft und standortgebundene Rohstoffe und die Regelung ihrer zeitlichen Abfolge für zulässig erachtet. 111

Vgl. Runkel, DVB1. 1997, 275 (280).

112

Schulte, in: Informationen zur Raumentwicklung 1998, 301 (305).

170

Teil 2: Umsetzung durch Raumplanung

gegenüber gem. § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ROG (bzw. gem. § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB) verstärkt unmittelbare Wirkung, so muß auch die Antragsbefugnis in den Ländern entsprechend umgesetzt werden. 113 Sollte die Regionalplanung verstärkt von der Festlegung von Eignungsgebieten mit der Wirkung der Abbaukonzentration Gebrauch machen und zeigt sich, daß infolge der Ausschlußwirkung und einer unzutreffenden Bedarfsabschätzung die Raumordnung ihre Aufgabe der Rohstoffsicherungsplanung 114 zu lasten der Ordnungsfunktion wahrgenommen hat, so können die entsprechenden Ziele der Raumordnung auch durch ein Planänderungsverfahren aufgehoben werden.

4. Bindungswirkung der neuen Leitvorstellung/ Aufwertung der ökologischen Dimension? Der erste Abschnitt des Raumordnungsgesetzes ist unmittelbar geltendes Bundesrecht, d. h. alle Behörden, Einrichtungen und sonstige Stellen in Bund und Ländern, die für die Entwicklung des Bundesgebietes Verantwortung tragen, haben diese Rechtsvorschriften als unmittelbar geltendes Recht zu beachten. Demzufolge gilt auch der in § 1 Abs. 2 ROG verankerte Grundsatz der nachhaltigen Raumentwicklung in Bund und Ländern als Handlungs- und Auslegungsmaxime unmittelbar, 115 ohne daß es hierzu der Transformierung in landesrechtliche Vorschriften bedarf. Der neuen Leitvorstellung kommt, was nicht nur begrifflich, sondern auch rechtssystematisch deutlich wird, als übergeordnetem Grundsatz der Raumordnung ein besonderes Gewicht zu. 116 Man kann sie damit als „Oberziel" bezeichnen.117 Bereits begrifflich wird deutlich, daß die Leitvorstellung eine gesetzgeberische Vorgabe (bzw. Vorstellung) darstellt, von der sich die zuständigen staatlichen Stellen bei ihrer prospektiven planerischen Tätigkeit „leiten" lassen sollen. Dieser Befund läßt sich rechtssystematisch untermauern. So ist die Leitvorstellung nicht nur den Grundsätzen der Raumordnung vorangestellt, sondern diese sind nach § 2 Abs. 1 ROG auch im Sinne der Leitvorstellung anzuwenden. Mithin beeinflussen sie die Auslegung der einzelnen Grundsätze. Letzteres war in § 2 Abs. 3 ROG a. F. ausdrücklich normiert. Gleichwohl ist die Leitvorstellung

113

Insofern ist der rahmenrechtlich vorgegebene Kreis der Antragsbefugten nicht abschließend („insbesondere") und die Einbeziehung von Privaten, die nunmehr ebenfalls der Zielbeachtenspflicht gem. § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ROG unterliegen, aufgrund der vergleichbaren Bindungswirkung sowie nach Sinn und Zweck der Vorschrift geboten. 114

Die Rohstoffsicherungsplanung als Aufgabe der Regionalplanung bezeichnet Runkel, in: Informationen zur Raumentwicklung 1998, 315 (319). 115

Vgl. hierzu Cholewa/Dyong/von der Heide, ROG, Bd. 2, § 1 Rn. 1; Erbguth, DVB1. 1999, 1082 (1083); Bielenberg/Erbguth/Söfker, ROG, Bd. 2, J 630, S. 1. 116

Cholewa/Dyong/von

der Heide, ROG, Bd. 2, § 1 Rn. 5 und 18.

117

Cholewa/Dyong/von

der Heide, ROG, Bd. 2, § 1 Rn. 5 und 18.

§ 1 Raumplanung - bundesunmittelbare Vorgaben

171

des Raumordnungsgesetzes gesetzestechnisch als unbestimmter Rechtsbegriff zu qualifizieren, 118 was zum einen aus ihrer Funktion und zum anderen aus den bereits erläuterten kompetenzrechtlichen Gründen resultiert. 119 Sie gibt den von der Raumordnung mit ihrem Entwicklungs-, Ordnungs- und Sicherungsauftrag angestrebten Zielen einen unmittelbar und verbindlich geltenden Rahmen.

IV. Grundsätze der Raumordnung, § 2 Abs. 2 ROG Mit der Neufassung des Raumordnungsgesetzes hat der Gesetzgeber in § 3 Nr. 3 ROG den Begriff der Grundsätze der Raumordnung nunmehr legal definiert. Danach sind Grundsätze der Raumordnung „allgemeine Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums in oder aufgrund von § 2 als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- und Ermessensentscheidungen". Als allgemeine Aussagen stellen sie zwangsläufig grobe Richtlinien dar, welche aufgrund ihrer Abstraktheit lediglich grundlegende Aussagen zu typischen raumordnerischen Problemen enthalten.120 Als Folge ihrer abstrakten Gleichwertigkeit 121 und mangels Widerspruchsfreiheit 122 sind sie für den jeweiligen Planungsraum auf weitere Konkretisierung durch abwägen der Entscheidung angelegt, was in § 7 Abs. 1 ROG zum Ausdruck kommt. Die bundesweit geltenden Grundsätze der Raumordnung sind neu formuliert worden und in § 2 Abs. 2 ROG zusammengefaßt. Dies entspricht § 2 Abs. 1 ROG a. F., der ebenfalls zwischen räumlichen und fachlichen Grundsätzen unterschied. Die Grundsätze sind durchgängig strikt formuliert. Als Konsequenz ihrer abstrakten Gleichwertigkeit erfahren sie ihre Gewichtung erst im Einzelfall aufgrund einer Abwägungs- oder Ermessensentscheidung für eine konkrete raumbedeutsame Planung oder Maßnahme.123 Jeder Abwägungs- oder Ermessensentscheidung muß jedoch zunächst die abstrakte Auslegung und schließlich die Anwendung der einschlägigen Grundsätze auf die Planungssituation vorausgehen. Im Rahmen der erforderlichen Auslegung und Anwendung der Grundsätze ist nun der Leitvorstellung der nachhaltigen Raumentwicklung Rechnung zu tragen, § 2 Abs. 1 ROG.

118

Cholewa/Dyong/von

der Heide, ROG, Bd. 2, § 1 Rn. 18.

119

Siehe oben unter A.

120

Vgl. Hoppe, DVB1. 1993, 681 (683).

121

BT-Drucks. 13/6392, S. 79: „abstrakt gleichwertige Handlungsmaximen".

122

Runkel, NuR 1998, 449 (450).

123

So die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung BT-Drucks. 13/6392,

S. 79.

172

Teil 2: Umsetzung durch Raumplanung 1. Harmonisierung der Grundsätze durch Ausrichtung auf die Leitvorstellung

Die in der jeweiligen Planungssituation konfligierenden Grundsätze machen eine Harmonisierung für den konkreten Planungsraum erforderlich. § 2 Abs. 1 ROG soll nach der Begründung des Regierungsentwurfes der Bundesregierung die Verbindung zwischen den Grundsätzen und der Leitvorstellung der Raumordnung dadurch herstellen, daß die Leitvorstellung zur Anwendungs- und Auslegungsmaxime aller Grundsätze wird. 124 Die Grundsätze sind von daher unabhängig von ihrer theoretischen Einordnung als räumliche oder fachliche Grundsätze als raumordnerischer Beitrag jeweils einer nachhaltigen Raumentwicklung verpflichtet, ohne daß dies im Wortlaut angeordnet zu sein braucht. 125 So arbeitet ζ. B. der fachliche Grundsatz unter Nr. 9, der die räumlichen Aspekte der Wirtschaftsstruktur verdeutlichen soll, 126 zwar einen besonderen raumordnerischen Beitrag zu einem bestimmten öffentlichen Belang (hier der Wirtschaft) heraus; er muß letztlich aber in eine raumordnerische, auf den jeweiligen Planungsraum 127 und den Gesamtraum 128 abgestimmte Gesamtkonzeption eingebettet werden, die der Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung gerecht wird. Die Grundsätze der Raumordnung auf Bundes- und Landesebene sind von den planenden Stellen als Direktiven in ihre raumbedeutsamen Planungen einzustellen, und auftretende Konflikte sind nach Maßgabe der neuen Leitvorstellung zu lösen (Anwendungsmaxime der nachhaltigen Entwicklung). Dem Erfordernis der Harmonisierung der Grundsätze soll nach § 2 Abs. 1 ROG der der Leitvorstellung der nachhaltigen Raumentwicklung immanente Harmonisierungsauftrag gerecht werden. Hinzu kommt, daß jeder Grundsatz für sich genommen als Beitrag zur Raumentwicklung dem Nachhaltigkeitsgrundsatz verpflichtet ist (Auslegungsmaxime der nachhaltigen Entwicklung).

2. Die bergbaurelevanten Grundsätze im einzelnen und ihre Beeinflussung durch den Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung a) Bergbaurelevante Grundsätze Vor dem Hintergrund der Bergbaurelevanz sticht zunächst der fachliche Grundsatz der Sicherung und Ordnung der Bodenschätzegewinnung in § 2 Abs. 2 Nr. 9 ROG hervor, der sogenannte Wirtschaftsgrundsatz. Nach Satz 3

124

BT-Drucks. 13/6392, S. 79; Hervorhebung des Verfassers.

125

So explizit Runkel, NuR 1998, 449 (450), was sich jedoch bereits aus der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung ergibt. 126

BT-Drucks. 13/6392, S. 80.

127

Vgl. §7 Abs. 1 ROG.

128

Vgl. § 1 Abs. 3 ROG; sogenanntes Gegenstromprinzip.

§ 1 Raumplanung - bundesunmittelbare Vorgaben

173

dieses Grundsatzes sind „für die vorsorgende Sicherung sowie die geordnete Aufsuchung und Gewinnung von standortgebundenen Rohstoffen die räumlichen Voraussetzungen zu schaffen". Satz 3 entspricht damit dem nahezu völlig identischen § 2 Abs. 1 Nr. 10 ROG a. F., der allerdings als Sollvorschrift formuliert war. Während die Grundsätze der Raumordnung früher vom Wortlaut her den Anschein erweckten, mit unterschiedlichen Bindungswirkungen für die planerische Abwägungsentscheidung ausgestattet zu sein, 129 und sich damit die Frage nach einem Gewichtungsvorrang einzelner Belange stellte, soll die jetzige Fassung verdeutlichen, daß die Grundsätze der Raumordnung abstrakt gleichwertige Handlungsmaximen darstellen, die ihre Gewichtung im Einzelfall erst aufgrund einer Abwägungs- oder Ermessensentscheidung für eine konkrete raumbedeutsame Maßnahme erfahren. 130 Aus diesem Grunde sind nunmehr alle Grundsätze im ROG 1998 strikt formuliert. 131 Die Neufassung der Grundsätze der Raumordnung ändert mithin nichts an ihrer Abwägungsbedürftigkeit. Lediglich die Frage nach einem abstrakten Gewichtungsvorrang einzelner Belange ist mit der Neuformulierung der Grundsätze obsolet geworden. Des weiteren sind die ersten beiden Sätze des § 2 Abs. 2 Nr. 9 ROG neu eingefügt worden. Diese sollen die räumlichen Aspekte der Wirtschaftsstruktur verdeutlichen. 132 Inhaltlich wird durch diese Vorschrift die Aufsuchung und Gewinnung von Rohstoffen, mithin eine gegenwartsbezogene Ressourcennutzung vorausgesetzt. Zugleich geht es um ihre vorsorgende Sicherung, mithin ihre langfristige Erhaltung durch geeignete Festlegungen. Diese Vorschrift trägt mithin sowohl den Bedürfnissen der gegenwärtigen als auch der künftigen Generationen Rechnung, indem sie die Raumordnung zur Schaffung der entsprechenden räumlichen Voraussetzungen verpflichtet. Demnach soll die Raumordnung dafür Sorge tragen, daß die gegenwärtigen Generationen Rohstoffe abbauen können, ohne künftigen Generationen Abbaumöglichkeiten gänzlich zu verschließen. Zum einen gilt es also Gebiete für den gegenwärtigen Abbau auszuweisen, zum anderen Lagerstätten für einen künftigen Abbau zu schonen. Auch der Grundsatz zur Freiraumstruktur in § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG ist für bergbauliche Vorhaben von Bedeutung, da diese regelmäßig im Freiraum stattfinden und dementsprechend eine wirtschaftliche Nutzung des Freiraums i.S.v. Satz 3 darstellen. Danach sind „wirtschaftliche und soziale Nutzungen des Freiraums unter Beachtung seiner ökologischen Funktionen zu gewährleisten." Damit werden die drei Elemente der Leitvorstellung auf die Freiraumstruktur projiziert. Erforderlich ist also eine Abwägung zwischen ökologischen Freiraum129

Z. B. § 2 Abs. 1 Nr. 8 ROG a. F. (Natur und Landschaft) strikt i.S.e. „Istvorschrift" und § 2 Abs. 1 Nr. 10 ROG a. F. (Wirtschaftsgrundsatz) als sogenannte „Sollvorschrift". 130

Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung, BT-Drucks. 13/6392,

S. 79. 131

Vgl. Runkel, in: Bielenberg/Erbguth/Söfker, ROG, Bd. 2, Κ § 3 Rn. 183.

132

BT-Drucks. 13/6392, S. 80.

174

Teil 2: Umsetzung durch Raumplanung

funktionen und wirtschaftlichen und sozialen Freiraumnutzungen. Die Bodenschätzegewinnung als Nutzung des Freiraums muß sich demnach im Einzelfall gegen den prinzipiellen Schutz- und Entwicklungsauftrag großräumiger und übergreifender Freiräume nach Satz 1 dieses Grundsatzes durchsetzen. Welche Belange für die Sicherung und Wiederherstellung der ökologischen Funktionen des Freiraums von Bedeutung sind, ergibt sich aus Satz 2, wonach die Freiräume in ihrer Bedeutung für funktionsfähige Böden, für den Wasserhaushalt, die Tier- und Pflanzenwelt sowie das Klima zu sichern und in ihrer Funktion wiederherzustellen sind. Die Vorschrift wird rahmenrechtlich ergänzt durch § 7 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ROG, der für die Festlegungen in den Raumordnungsplänen den Ländern sogenannte Kerninhalte vorgibt. 133 In der Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung werden als Beispiele für Festlegungen, die der ökologischen Komponente der Freiraumstruktur Rechnung tragen, beispielhaft regionale Grünzüge oder Wasservorsorgegebiete genannt, mithin solche, die einer bergbaulichen Nutzung in der Regel entgegenstehen. Andererseits gehören auch Festlegungen im Hinblick auf Nutzungen des Freiraums zum Kerninhalt. Neben Naherholung werden in der Begründung des Gesetzentwurfes Gebiete für die vorsorgende Sicherung sowie die geordnete Aufsuchung und Gewinnung von standortgebundenen Rohstoffen im Sinne des Wirtschaftsgrundsatzes (Nr. 9) oder für die Nutzung regenerativer Energien genannt. Damit ist sichergestellt, daß sowohl der Freiraumschutz als auch Freiraumnutzungen wie die Bodenschätzegewinnung im Rahmen der Aufstellung von Raumordnungsplänen angemessen zu berücksichtigen sind. Dabei eröffnet die Zweiteilung von möglichen nutzungsbezogenen Festlegungen in § 7 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 lit. b) ROG sowohl die Möglichkeit der zielförmigen Ausweisung von Flächen zur eher langfristig orientierten Bodenschatzsicherung als auch zur eher kurzfristig orientierten Ausweisung von Vorranggebieten für die geordnete Aufsuchung und Gewinnung. Während Festlegungen zur vorsorgenden Sicherung primär die Bedürfhisse künftiger Generationen im Blick haben, sind solche zur Aufsuchung und Gewinnung eher am gegenwärtigen und mittelfristigen Bedarf ausgerichtet, mithin an den Bedürfhissen der jetzt Lebenden. Die derart am Nachhaltigkeitsprinzip orientierten Flächenausweisungen im Freiraum müssen in einem angemessenen Verhältnis zu den jeweiligen, abschätzbaren Bedürfnissen gegenwärtiger und künftiger Generationen stehen.134 Für die Bodenschätzegewinnung relevant ist schließlich auch der achte Grundsatz. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 8 S. 3 ROG sind Naturgüter, also auch Bodenschätze, sparsam und schonend in Anspruch zu nehmen. Dabei hebt der Gesetzgeber Wasser und Boden besonders hervor. Die Möglichkeiten zur Umsetzung

133 134

BT-Drucks. 13/6392, S. 83.

Dies ergibt sich aus dem in der Leitvorstellung enthaltenen Oberziel einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung, welches nach § 2 Abs. 1 ROG auf die Anwendung der Grundsätze der Raumordnung einwirkt. Dazu sogleich unter b).

§ 1 Raumplanung - bundesunmittelbare Vorgaben

175

des Sparsamkeitspostulats im Hinblick auf das Maß des Abbaus von Bodenschätzen durch die Raumordnung sind allerdings begrenzt. 135 Aus Sicht des Bergbaus besteht gleichwohl die Gefahr einer restriktiven Ausweisung von Vorrangflächen für die Gewinnung von Bodenschätzen, der vermehrten Ausweisung von Konzentrationszonen und damit verbunden der regelmäßigen außergebietlichen Ausschlußwirkung für Abbauvorhaben. Auch die Aussage des § 2 Abs. 2 Nr. 8 S. 3 2. HS ROG, wonach Grundwasservorkommen zu schützen sind, 136 kann raumbedeutsamen Abbauvorhaben restriktiv entgegengehalten werden. Den derart bestehenden Möglichkeiten zur Steuerung des Umfanges des Rohstoffabbaus, der nach der Gesetzesbegründung durchaus beabsichtigt ist, 137 sind aber ebenfalls Grenzen gesetzt. Denn nach Maßgabe des § 7 Abs. 7 ROG hat die Raumordnung auch die Interessen der Rohstoffwirtschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 9 ROG bei der Aufstellung der Raumordnungspläne zu berücksichtigen.

b) Beeinflussung durch den Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung Indem der Grundsatz der nachhaltigen Raumentwicklung in § 2 Abs. 1 ROG zur Anwendungs- und Auslegungsmaxime erklärt wird, beeinflußt er alle Grundsätze der Raumordnung gleichermaßen. Dies gilt auch, soweit die Länder weitere Grundsätze auf der Grundlage des § 2 Abs. 3 ROG aufstellen. 138 § 2 Abs. 1 ROG dient als Scharnier zwischen den Grundsätzen und der neuen Leitvorstellung. Jeder Grundsatz, ob räumlicher oder fachlicher Natur, ist einer nachhaltigen Raumentwicklung verpflichtet, ohne daß dies im einzelnen durch die Hinzufügung des Wortes „nachhaltig" angeordnet zu sein braucht. 139 Insoweit war es nur konsequent, daß der Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau den Anträgen der SPD-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen, den Wirtschaftsgrundsatz durch Aspekte zur Umwelt- und Sozialverträglichkeit zu ergänzen bzw. letztere Aspekte zu verstärken, mehrheitlich nicht entsprochen hat, weil diesen Gesichtspunkten durch die Leitvorstellung ei-

135

Dazu oben Teil 2 § 1 B.III.2.a) cc).

136

Was etwa durch die Ausweisung eines Vorranggebietes Wasserversorgung raumplanerisch umgesetzt werden kann. 137

BT-Drucks. 13/6392, S. 41 erster Absatz: „Durch rechtliche Gebietstypen ... soll eine großräumige Steuerung von raumbedeutsamen Nutzungen des Freiraums, wie Kiesabbau ... möglich werden." 138 139

Vgl. BT-Drucks. 13/6392, S. 79.

Runkel, NuR 1998, 449 (450), der auch darauf hinweist, daß die Formulierung in § 2 Abs. 2 Nr. 10 „nachhaltige Forstwirtschaft" als Ergebnis des Vermittlungsverfahrens ohne inhaltliche Auswirkungen, sondern vielmehr deklaratorischer Natur ist.

176

Teil 2: Umsetzung durch Raumplanung

ner nachhaltigen Entwicklung als Auslegungsmaxime bereits ausreichend Rechnung getragen werde. 140

§ 2 Bergbaurelevante Raumordnung in den Ländern am Beispiel der Planungsinstrumente des Landes NRW Aus kompetenzrechtlichen Gründen kann der Bund der Raumordnung in den Ländern nur einen mehr oder weniger groben Rahmen vorzeichnen. Er verfugt, wie oben bereits dargestellt, auf dem Gebiet der Raumordnung in den Ländern nur über die Rahmenkompetenz des Art. 75 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. Art. 72 Abs. 3 GG. 141 An die neuen rahmenrechtlichen Vorgaben des ROG 1998 haben die Länder ihre Landesgesetze auf dem Gebiet der Raumordnung und Landesplanung gem. § 22 ROG bis spätestens zum 31.12.2001 anzupassen. Soweit und solange dies noch nicht geschehen ist, sind somit noch die Ziele der Raumordnung und Landesplanung maßgeblich, die auf der bisherigen rechtlichen Grundlage von den Ländern entwickelt wurden. Die Anwendbarkeit der bundesunmittelbar geltenden Vorschriften im 1. Abschnitt des Raumordnungsgesetzes richtet sich dagegen nach der Überleitungsvorschrift in § 23 Abs. 1 ROG. 142 Danach ist der Zeitpunkt der Einleitung, Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung einer raumbedeutsamen Planung oder Maßnahme entscheidend. Für raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen, die nach dem 1. Januar 1998, also nach Inkrafttreten des Gesetzes begonnen wurden, gilt das neue Raumordnungsrecht. Bevor auf die bergbaurelevante Raumordnung in Nordrhein-Westfalen im einzelnen eingegangen wird, sollen zunächst die bekannten Planungsebenen des Landes Nordrhein-Westfalen, deren Rechtsgrundlagen und Instrumente, aufgezeigt werden. 143 Das im Land Nordrhein-Westfalen geltende Landesplanungsrecht kennt eine dreifach abgestufte Festlegung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung mit zunehmendem Konkretisierungsgrad. Das Landesplanungsgesetz (LP1G)144 und die entsprechenden Durchführungsverordnungen bilden die Rechtsgrundlage für die Landesplanung. Ihre Aufgabe ist nach § 1 LP1G die übergeordnete, überörtliche und zusammenfassende Planung für eine den Grundsätzen der Raumordnung entsprechende Landesentwicklung. Im Landesplanungsgesetz finden sich allerdings keine Vorschriften, die den Inhalt oder 140

Vgl. Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (18. Ausschuß), BT-Drucks. 13/7589, S. 32. 141

Siehe oben unter ΒI.

142

Vgl. dazu Bielenberg/Ergbuth/Söfker, ROG, Bd. 2, J 630, S. 2 f.

143

Zum Nachfolgenden OVG Münster ZfB (136) 1995, 301 (303). Die Hervorhebungen im folgenden Abschnitt entsprechen dieser Entscheidung. 144

Landesplanungsgesetz NW in der Fassung vom 29. Juni 1994 (GVB1. NW, S. 474).

§ 2 Bergbaurelevante Raumordnung in den Ländern

177

den Gegenstand der auf diesem Gesetz basierenden Raumpläne konkretisieren, geschweige denn bergbaurelevante Aussagen treffen. 145 Eine Ausnahme bilden insoweit die konkreten Aussagen zur Braunkohlenplanung im IV. Abschnitt des Landesplanungsgesetz. Dort sind „Sondervorschriften für das Rheinische Braunkohlenplangebiet" aufgeführt. 146 An oberster Stelle in der Planungshierarchie des Landes147 stehen gemäß § 12 LP1G die im Landesentwicklungsprogramm (LEPro) 148 als Gesetz beschlossenen allgemeinen Ziele der Raumordnung und Landesplanung für die Gesamtentwicklung des Landes. Das Instrument der Landesplanung bilden die Landesentwicklungspläne (LEP), 149 welche nach § 13 Abs. 1 LP1G auf der Grundlage des Landesentwicklungsprogramms die (konkreten) Ziele der Raumordnung und Landesplanung für die Gesamtentwicklung des Landes festlegen. Die Landesentwicklungspläne wiederum sind neben dem Landesentwicklungsprogramm Grundlage der Gebietsentwicklungspläne (GEP), die gemäß § 14 Abs. 1 LP1G die regionalen Ziele der Raumordnung und Landesplanung für die Entwicklung der Regierungsbezirke und für alle raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen in diesem Planungsgebiet festlegen.

A. Landesentwicklungsprogramm Das Landesentwicklungsprogramm enthält nach § 12 S. 2 LP1G Grundsätze und allgemeine Ziele für die Gesamtentwicklung des Landes und für alle raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen. Die Festlegungen des Landesentwicklungsprogramms stehen entsprechend dem System gestufter Planungsintensität an oberster Stelle der Landesplanung. Daraus folgt nicht nur die Verbindlichkeit der Planaussagen für nachgeordnete Planungen, sondern auch im Hinblick auf den Inhalt der Zielaussagen wird klargestellt, daß sich die Aufgabe in der Formulierung allgemeiner Zielvorgaben erschöpft und diese sich an den Erfordernissen der landesweiten Planung (Gesamtentwicklung des Landes) auszurichten haben. Im folgenden soll der Frage nachgegangen werden, welche bergbaurelevanten Planaussagen das Landesentwicklungsprogramm enthält. Auf-

145

Vgl. Schulte, Raumplanung und Genehmigung bei der Bodenschätzegewinnung, S. 182. Diese Aufgabe übernimmt das Landesentwicklungsprogramm. 146

Dazu ausführlich unten § 2 D.

147

Die nachfolgenden drei Zielebenen des dreigliedrigen Landesplanungsrechts bilden insofern ein hierarchisch gegliedertes Gesamtsystem von Zielen, als ihm das Prinzip zugrunde liegt, daß die Festlegung eines Planzieles in einer höheren Ebene die untere Ebene bindet, §§ 13 Abs. 6, 16 Abs. 3 LP1G. 148

Landesentwicklungsprogramm NW in der Fassung vom 5. Oktober 1989 (GVB1. NW, S. 485). 149

Landesentwicklungsplan NW vom 11. Mai 1995 (GVB1. NW, S. 532) und Landesentwicklungsplan Schutz vor Fluglärm. 12 Frenz

178

Teil 2: Umsetzung durch Raumplanung

grund des maßgeblichen Konflikts zwischen Planaussagen zum Umweltschutz bzw. Naturschutz und Landschaftspflege (unter I.; V.) und jenen zur Bodenschätzegewinnung (unter III.; IV.) ist auch zu klären, welches Gewicht das Landesentwicklungsprogramm diesen Belangen im einzelnen beimißt.

I. Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, § 2 LEPro Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen ist im Landesentwicklungsprogramm im Abschnitt über die Grundsätze der Raumordnung und Landesplanung verortet. Daher beanspruchen die Aussagen des § 2 LEPro keine absolute Geltung, sondern es handelt sich um Vorgaben für nachfolgende Abwägungsund Ermessensentscheidungen. Dies ergibt sich aus der Begriffsbestimmung in § 3 Nr. 3 ROG und aus der für die Bindungswirkung der Grundsätze entscheidenden Regelung des § 4 Abs. 2 ROG. Danach sind die Grundsätze „zu berücksichtigen", nicht zu beachten. Die rechtliche Bedeutung von Grundsätzen der Raumordnung besteht darin, daß sie sich auf der nachfolgenden Planungsstufe als Abwägungs- oder Ermessensdirektiven auswirken, aber auch durch Abwägung oder im Rahmen der Ermessensentscheidung überwunden werden können. Ihre Funktion als Abwägungsdirektiven ergibt sich unmittelbar aus § 7 Abs. 7 S. 1 ROG, § 37 Abs. 1 S. 2 LEPro. Durch den Klammerzusatz wird in § 2 S. 1 LEPro verdeutlicht, was der Landesgesetzgeber unter den natürlichen Lebensgrundlagen versteht, nämlich Luft, Wasser, Boden, Pflanzen- und Tierwelt. Dies trifft sich mit dem fachlichen Grundsatz in § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG. Auch inhaltlich enthalten beide Grundsätze das Gebot der sparsamen und schonenden Inanspruchnahme dieser Naturgüter. 150 Unterschiede finden sich nur insoweit, als § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG den vorbeugenden Hochwasserschutz durch Rückgewinnung von Überschwemmungsgebieten besonders erwähnt, während § 2 S. 5 LEPro den Erfordernissen des Umweltschutzes in spezifischen Fällen von Nutzungskonflikten einen relativen Vorrang einräumt. Dieser begrenzte Vorrang ist Ausdruck des ohnehin verfassungsrechtlich vorgegebenen Resultats, daß im Falle der Gefährdung von Leben und Gesundheit der Bevölkerung 151 oder der dauerhaften Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen dem Grundsatz des Naturgüterschutzes ohnehin in der nachfolgenden Abwägungs- oder Ermessensentscheidung ein entsprechendes Gewicht einzuräumen wäre, soll diese nicht fehlerhaft sein. Auch der Forderung nach Erhaltung und ggf. Wiederherstellung der „nachhaltigen Leistungsfähigkeit ... des Naturhaushaltes" wird aufgrund des textlichen Zusammenhangs nur 150 Aus der Formulierung in § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG „insbesondere Wasser und Boden sind sparsam und schonend in Anspruch zu nehmen" ergibt sich, daß sich dieses Gebot im Grunde auf alle Naturgüter bezieht. Der bundesrechtliche Grundsatz hebt lediglich die besondere Bedeutung von Wasser und Boden hervor. 151

Zu den insoweit bestehenden verfassungsrechtlichen Schutzpflichten siehe oben Teil 1 § 2 B.I.l.b).

§ 2 Bergbaurelevante Raumordnung in den Ländern

179

eine deklaratorische Bedeutung im Sinne einer Mittelbeschreibung zugemessen.152 Der Begriff nachhaltig wird damit im Sinne von dauerhaft und nicht dreidimensional verstanden, wie es dem Leitbild der nachhaltigen Entwicklung entspricht. Auch der Gedanke der Ressourcenökonomie wird lediglich auf die im Klammerzusatz genannten Naturgüter bezogen, nicht dagegen auf sämtliche natürliche Ressourcen. Der Schwerpunkt der Regelung liegt auf dem ökologischen Element des Nachhaltigkeitsgrundsatzes. Die beiden anderen Determinanten sind nur mittelbar im Sparsamkeitsgebot enthalten. Insgesamt reicht dieser Landesgrundsatz somit zum einen inhaltlich nicht über den Bundesgrundsatz hinaus. Zum anderen ist er, wie oben erwähnt, infolge seiner rechtssystematischen Funktion nur im Rahmen einer nachfolgenden Abwägung zu berücksichtigen, d. h. seine raumplanerische Relevanz geht nicht über die aufgrund des neuen Leitbildes der nachhaltigen Raumentwicklung ohnehin zu berücksichtigende ökologische Dimension raumbezogener Vorhaben hinaus.

IL Berücksichtigung der Raumordnung des Bundesgebietes, §3 LEPro Nach § 3 LEPro soll sich die angestrebte räumliche Struktur des Landes in die Raumordnung des Bundesgebietes einfügen. Nimmt man § 1 Abs. 3 1. HS ROG hinzu, wonach sich die Entwicklung, Ordnung und Sicherung der Teilräume in die Gegebenheiten und Erfordernisse des Gesamtraumes einfügen soll und umgekehrt (sogenanntes Gegenstromprinzip), so wird deutlich, daß es sich lediglich um die Ausformung des bundesrechtlich vorgegebenen Gegenstromprinzips aus landesrechtliche Blickwinkel handelt. Indem § 3 LEPro auf die angestrebte räumliche Struktur des Landes Bezug nimmt, entsteht eine Verbindung zu § 1 LEPro. Nach dieser Planungsdirektive ist die räumliche Struktur so zu entwickeln, daß sie der freien Entfaltung der Persönlichkeit am besten dient. Dabei sind ökologische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Erfordernisse zu beachten. § 1 LEPro greift damit zum einen die Aufgabe der Raumordnung nach § 1 Abs. 1 ROG a. F. und zum anderen die in § 1 Abs. 1 Nr. 1 ROG a. F. enthaltene erste Leitvorstellung des Raumschutzgesetzes153 auf, ohne sie freilich zu konkretisieren. Insoweit kann man die §§ 1, 3 LEPro als Wiederholung des

152

Vgl. Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert „nachhaltiger Entwicklung" bei der Gewinnung oberflächennaher Rohstoffe, S. 83. 153 ROG in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. April 1993. Danach war „die Struktur des Gesamtraumes der Bundesrepublik Deutschland unter Berücksichtigung der natürlichen Gegebenheiten, der Bevölkerungsentwicklung sowie der wirtschaftlichen, infrastrukturellen, sozialen und kulturellen Erfordernisse und unter Beachtung der folgenden Leitvorstellungen so zu entwickeln, daß sie 1. der freien Entfaltung der Persönlichkeit in der Gemeinschaft am besten dient, 2. ... ", vgl. die Synopse abgedruckt bei Bielenberg/Erbguth/Söjker, ROG, Bd. 2, J 635, S. 3.

180

Teil 2: Umsetzung durch Raumplanung

allgemeinen Rahmens qualifizieren, in dem sich die Landesplanung ohnehin (nach der alten Rechtslage) zu bewegen hat(te). 154 Die Aufzählung der zu beachtenden Belange wird denn auch nicht dem integrierten, d. h. Ökonomie, Ökologie und soziale Belange als Einheit begreifenden Ansatz des Leitbildes der Nachhaltigkeit gerecht. 155 Im Vordergrund steht die freie Entfaltung der Persönlichkeit. Nach der neuen Rechtslage, wie sie in § 1 Abs. 2 ROG zum Ausdruck kommt, ist diese jedoch zum einen im Zusammenhang mit der intergenerationellen Komponente und zum anderen als ein Teilaspekt des Nachhaltigkeitsgedankens zu sehen. Ein Auftrag zur nachhaltigen Landesplanung, orientiert am umweltpolitischen Leitbild der nachhaltigen Entwicklung, kann daher in § 1 LEPro nicht gesehen werden. Gerade die rechtssystematische Verortung dokumentiert das Gegenteil, indem die ehemals erste Leitvorstellung im Rahmen eines Grundsatzes landesgesetzlich Niederschlag findet und damit zum bloßen abwägungserheblichen Belang zurückgestuft wird. Dies steht im Widerspruch zur Funktion einer Leitvorstellung. Nach der gesetzlichen Konzeption steht eine Leitvorstellung über den Grundsätzen. Während letztere gegeneinander und untereinander abzuwägen sind, 156 wird eine Leitvorstellung als inhaltsbestimmendes Prinzip der Grundsätze charakterisiert. Dies hat zur Folge, daß sie als Bestandteil eines jeden Grundsatzes unabhängig von der Frage, welcher Grundsatz sich im Einzelfall durchzusetzen vermag, jedenfalls im Ergebnis zur Geltung gelangt.157

III. Vorsorgende Sicherung der Rohstofflagerstätten,

§ 18 LEPro

Nach § 18 LEPro sind bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen158 die Standortgebundenheit und Unvermehrbarkeit der mineralischen Rohstoffe „besonders zu berücksichtigen", soweit sich unter den überplanten Flächen wirtschaftlich nutzbare Rohstofflagerstätten befinden. Damit trägt § 18 LEPro dem Umstand Rechnung, daß das Bundesberggesetz im wesentlichen das Aufsuchen und den Abbau von Bodenschätzen, nicht aber die raumplanerische Operabilisierung eines langfristig vorsorgenden Lagerstättenschutzes regelt. 159 Wie bereits festgestellt, enthält das Bundesberggesetz zwar in seiner Zweckbe-

154

Vgl. Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert „nachhaltiger Entwicklung" bei der Gewinnung oberflächennaher Rohstoffe, S. 82. 155

Ebenso Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert „nachhaltiger Entwicklung" bei der Gewinnung oberflächennaher Rohstoffe, S. 82 f. 156

Dies verdeutlicht auch § 37 Abs. 1 S. 2 LEPro.

157

Siehe oben Teil 2 § 1 B.III. 1.

158

Vgl. dazu die bundesunmittelbar geltende Begriffsbestimmung in § 3 Nr. 6 ROG. Zu den raumbedeutsamen Planungen gehören danach auch Raumordnungspläne, vgl. dazu wiederum die Begriffsbestimmung in § 3 Nr. 7 ROG. 1

Siehe oben Teil 1 § 2 B.II..

§ 2 Bergbaurelevante Raumordnung in den Ländern

181

Stimmung eine entsprechende Zielvorgabe. Diese wird allerdings nicht instrumentalisiert. Das entsprechende Instrumentarium stellt vielmehr die Raumordnung und Landesplanung mit ihren zielförmigen Aussagen und den möglichen Gebietsfestlegungen bereit. Das entspricht der Intention des Gesetzgebers.160 Nach § 18 LEPro ist sowohl die Standortgebundenheit der Mineralgewinnung als auch die Unvermehrbarkeit der mineralischen Rohstoffe im Rahmen der Landesplanung besonders zu berücksichtigen. Diese beiden Merkposten enthalten auf den ersten Blick und für sich genommen alle drei Elemente der nachhaltigen Raumentwicklung. Die Standortgebundenheit der Rohstoffe wird aufgrund ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung besonders hervorgehoben und streitet damit für die ökonomische Dimension des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung. Ließe man den Normzusammenhang außer acht, so könnte man in das Erfordernis, ebenfalls die Unvermehrbarkeit mineralischer Rohstoffe besonders zu berücksichtigen, die ökologische Komponente des Grundsatzes hineinlesen, und zwar in Form des ressourcenökonomischen Ansatzes. Danach folgt aus der Unvermehrbarkeit der nicht erneuerbaren Ressourcen das Gebot der sparsamen und schonenden Inanspruchnahme. 161 Ebenfalls auf den ersten Blick könnte man diesen Befund in der anschließenden Aufzählung von Gesichtspunkten bestätigt sehen. Danach sind wirtschaftliche, soziale und kulturelle Erfordernisse „dementsprechend in die (planerischen) Abwägung einzubeziehen". Bei genauerem Hinsehen erschließt sich allerdings aus dem Kontext, daß § 18 LEPro das in der Überschrift zum Ausdruck gebrachte Anliegen der vorsorgenden Sicherung von Rohstofflagerstätten primär unter wirtschaftlichem Blickwinkel verfolgt. Dem Lagerstättenschutz soll in erster Linie zugunsten der gewerblichen Wirtschaft und der Energiewirtschaft Rechnung getragen werden. Die Unvermehrbarkeit mineralischer Rohstoffe dient ausschließlich als Argument für die vorsorgende Sicherung einer Lagerstätte zu wirtschaftlichen Zwekken und nicht dazu, als Konsequenz der Endlichkeit und Unwiederbringlichkeit die Flächen auch unter dem Aspekt der Sparsamkeit und Generationengerechtigkeit zu sichern. Die wirtschaftlichen Belange sind besonders zu berücksichtigen, und dementsprechend sollen im Rahmen der Abwägung die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Erfordernisse untereinander abgewogen werden. Demgegenüber sind die Erfordernisse des Städtebaus, des Verkehrs, der Wasserwirtschaft, der Landschaftsentwicklung, der Erholung und schließlich des Umweltschutzes lediglich einzubeziehen. Im Ergebnis werden also soziale, wirtschaftliche und ökologische Faktoren als abwägungserheblich benannt. Sie stehen jedoch nicht im Verhältnis der Gleichberechtigung. Somit verleiht § 18 LEPro dem ökonomischen Element des Leitbildes besonderes Gewicht. Dies widerspricht zwar auf der einen Seite der Grundkon160

Vgl. die Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung, BT-Drucks. 8/ 1315, S. 67 sowie oben Teil 1 § 2 B.II.2. 161

Siehe oben Teil 1 §2B.II.2.,3.

182

Teil 2: Umsetzung durch Raumplanung

zeption des Leitbildes der nachhaltigen Entwicklung. Auf der anderen Seite darf indes nicht die Funktion der Grundsätze der Raumordnung außer acht gelassen werden. Wie sich oben gezeigt hat, 162 sind auch die bundesrechtlichen Grundsätze nach § 2 Abs. 2 ROG nicht widerspruchsfrei. Auch sie betonen einseitig bestimmte Belange. Dies entspricht auch vom Prinzip her der Konzeption von Grundsätzen, die als Abwägungsdirektiven einzelne Belange hervorheben, um schließlich im Rahmen der Abwägung im Einzelfall oder bei der raumplanerischen Zielaufstellung endgültig harmonisiert zu werden. Dies geschieht nach dem System des Raumordnungsgesetzes, indem der Grundsatz der Nachhaltigkeit zur Auslegungs- und Anwendungsmaxime für die einzelnen Grundsätze erklärt wird. Dies ist indes im Landesentwicklungsprogramm nicht der Fall. Ansonsten könnte man mittels einer Gesamtschau der §§2 und 18 LEPro den Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung als im Landesentwicklungsprogramm weitestgehend verwirklicht ansehen. Insoweit besteht indes Änderungs- bzw. Anpassungsbedarf.

IV. Vorsorgende Sicherung der Rohstoffgewinnung als „ allgemeines Ziel", § 25 Abs. 4 LEPro Gem. § 25 Abs. 4 LEPro soll im Interesse einer ausreichenden Versorgung der gewerblichen Wirtschaft und der Energiewirtschaft mit mineralischen Rohstoffen den Erfordernissen einer vorsorgenden Sicherung sowie einer geordneten Aufsuchung und Gewinnung dieser Rohstoffe Rechnung getragen werden. Aufgrund der Überschrift des III. Abschnitts des Landesentwicklungsprogrammes: „Allgemeine Ziele der Raumordnung und Landesplanung für Sachbereiche" liegt es nahe, die dortigen Planaussagen aufgrund ihrer systematischen Stellung als Ziele der Landesplanung einzustufen. Diese dogmatische Einordnung hätte zur Folge, daß es sich bei diesen Planaussagen nach der Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 2 ROG um verbindliche Vorgaben der Landesplanung für die nachfolgenden Planungsstufen handelt. Oder mit den Worten des Bundesverwaltungsgerichts sind die Bindungen, die sich aus den Zielen der Raumordnung und Landesplanung ergeben, gleichsam vor die Klammer des Abwägungsprozesses gezogen.163 Daher kommt der rechtsdogmatischen Einordnung der „allgemeinen Ziele der Raumordnung und Landesplanung" maßgebliche Bedeutung zu. Würde man § 25 Abs. 4 LEPro als Ziel einordnen, so wäre sein Inhalt als landesplanerische Letztentscheidung verbindlich. Seine rechtliche Einordnung als Grundsatz würde hingegen lediglich eine Berücksichtigungspflicht auslösen. Dies hätte zur Folge, daß die Planaussagen im Einzelfall ζ. B. durch Abwägung überwunden werden können. Die Frage nach der rechtsdogmatischen Einordnung der „Allgemeinen Ziele ..." im III. Abschnitt des Landesent-

162

Siehe oben Teil 2 § 1 B.IV

163

BVerwGE 90, 329 (332 f.).

§ 2 Bergbaurelevante Raumordnung in den Ländern

183

Wicklungsprogramms wird von Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet. Das Oberverwaltungsgericht Münster 164 qualifizierte in einem vergleichbaren Fall, 165 ohne auf den Inhalt des dort einschlägigen § 24 Abs. 3 LEPro näher einzugehen, die in diesem „allgemeinen Ziel" enthaltenen Planaussagen als Ziel der Raumordnung und Landesplanung und damit als verbindliche Vorgaben für die (hier bauleitplanerische) Abwägung. Hieraus wird die Schlußfolgerung gezogen, daß das Gericht die „Allgemeinen Ziele der Raumordnung und Landesplanung" im III. Abschnitt des Landesentwicklungsprogramms generell den Zielen der Raumordnung im Sinne der Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 2 ROG gleichsetzt.166 Diese dogmatische Einordnung der „Allgemeinen Ziele" des Landesentwicklungsprogramms als Ziele der Raumordnung wird von Teilen der Literatur geteilt. 167 Nach dieser Ansicht wäre auch § 25 Abs. 4 LEPro als landesplanerische Letztentscheidung mit verbindlicher Wirkung für nachfolgende Planungsstufen ausgestattet. Damit wären die Planaussagen des § 25 Abs. 4 LEPro nicht als Maßstab, sondern als Ergebnis einer Abwägung bindend. Die Gegenauffassung in der Literatur 168 setzt die „allgemeinen Ziele" pauschal mit den Grundsätzen der Raumordnung gleich. Begründet wird dies damit, daß ein raumordnerisches Ziel als „Letztentscheidung" die raumordnerischen Festlegungen nach Klärung der insoweit möglichen Konflikte zwischen unterschiedlichen Belangen - und dies geschieht im Rahmen der Abwägung enthalte.169

164

OVG Münster, NWVB1. 1998, 476.

165

Es hatte die Frage zu klären, ob die Festsetzungen eines bestimmten Bebauungsplans mit § 24 Abs. 3 LEPro als allgemeinem Ziel der Landesplanung zu vereinbaren sind. Diese Vorschrift befindet sich wie der hier interessierende § 25 Abs. 4 LEPro im III. Abschnitt des Gesetzes und enthält Planaussagen zur Ausweisung von Sondergebieten für großflächige Handelsbetriebe. 166

So Hoppe, NWVB1. 1998, 461 (462). Vgl. Depenbrock/Reiners, LP1G Kommentar, § 12 Rn. 4.O., der die „allgemeinen Ziele" trotz ihres abstrakten Charakters insgesamt als „echte Ziele der Landesplanung" bezeichnet. Ebenso Runkel, UPR 1998, 241 (246) hinsichtlich § 24 Abs. 3 LEPro. 167

168 Nachweise bei Paßlick, Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung, S. 126 ff. Wahl, Rechtsfragen der Landesplanung und Landesentwicklung, Bd. 1, S. 210 mit Fn. 17 stellt zum damals geltenden LEPro vom 19. März 1974 (GVB1. S. 96) fest, daß das LEPro „in der Regel abstrakte und räumlich nicht konkretisierte Aussagen" enthalte; „der Sache nach handelt es sich also um Grundsätze, so daß die gesetzliche Anordnung, daß sie zu beachten sind" (§37 Abs. 2 damals wie heute) „ ... inkonsequent" sei; siehe auch Bielenberg/Erbguth/Söfker, ROG, Bd. 2, M 322 Rn. 3 und 13. 169

Bielenberg/Erbguth/Söfker, ROG, Bd. 2, M 322 Rn. 13 unter Berufung auf Wahl, Rechtsfragen der Landesplanung und Landesentwicklung, Bd. 1, S. 209 ff.

184

Teil 2: Umsetzung durch Raumplanung

Eine vermittelnde Ansicht 170 verzichtet auf eine pauschale Einordnung der „allgemeinen Ziele" als Ziele oder Grundsätze der Raumordnung und Landesplanung. Vielmehr komme es entscheidend auf den materiellen Gehalt der jeweiligen Planaussage an. Nach dieser Ansicht ist entsprechend der Begriffsbestimmung in § 3 Nr. 2 ROG jedes einzelne allgemeine Ziel des Landesentwicklungsprogramms darauf hin zu befragen, ob es räumlich und sachlich hinreichend bestimmte oder bestimmbare, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogene textliche oder zeichnerische Festlegungen enthält. Dabei sind zwei Aspekte entscheidend:171 Kann eine Sollvorschrift wie § 25 Abs. 4 LEPro dem strikten Geltungsanspruch eines landesplanerischen Ziels gerecht werden? Bereits unter formalen Gesichtspunkten stellt sich die Frage, ob bereits die Formulierung des § 25 Abs. 4 LEPro als „Sollvorschrift" einer Qualifizierung als Ziel entgegensteht. In der Literatur wird die Auffassung vertreten, daß auch eine Sollvorschrift die strikte Beachtenspflicht im Sinne einer landesplanerischen Letztentscheidung auslösen und damit als Ziel der Raumordnung und Landesplanung qualifiziert werden kann. Begründet wird dies mit der Überlegung, daß eine Sollvorschrift Abweichungen lediglich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhergesehenen Fällen erlaube. Damit verlange sie prinzipiell einen Geltungsanspruch im Sinne rechtlicher Verbindlichkeit. Dem ist Hoppe 172 entgegengetreten. Der strikte Geltungsanspruch, der Zielen der Raumordnung nach einhelliger und nun in § 3 Nr. 2 ROG vom Gesetzgeber klar formulierten Ansicht zukommt, werde durch Sollensregelungen gerade nicht ausgelöst. Eine Soll-Formulierung in landesplanerischen Festsetzungen stünde einer verbindlichen Vorgabe im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG entgegen. Entscheidend sei, daß einer Sollvorschrift eine Abwägungsstruktur und keine verbindliche Leitsatzstruktur zugrunde läge. Der letztgenannten Ansicht ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu folgen. 173 Dort ging es zwar im Grunde um die Frage, ob die Zielanpassungspflicht in § 1 Abs. 4 BauGB es erlaubt, die Ziele der Raumordnung und Landesplanung in der Bauleitplanung weiter zu relativieren, etwa durch einen weiteren Abwägungsvorgang oder indem sie lediglich mit einem Gewichtungsprivileg auszustatten seien. Es stand also mit anderen Worten nicht die Qualifizierung einer konkreten landesplanerischen Zielfestsetzung als solche in Frage, sondern deren Geltungsanspruch gegenüber der kommunalen Bauleitplanung. Im Rahmen dieser Entscheidung nimmt das Gericht die Frage nach der 170

Paßlick, Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung, S. 111, 128 ff.; Klein, Zur Rechtsnatur und Bindungswirkung der Ziele der Landesplanung, S. 179; zitiert nach Hoppe, NWVB1. 1998, 461 (464). Auch Schulte, Raumplanung und Genehmigung bei der Bodenschätzegewinnung, S. 25 (mit Fn. 78) ist der Ansicht, daß „Sollformulierungen" einer Einordnung der jeweiligen Planaussage als Planungsleitsatz (Ziel) nicht per se entgegenstehen, es vielmehr auf die Auslegung des jeweiligen Plansatzes ankomme. 171

In Anlehnung an Hoppe, NWVB1. 1998, 461 (464).

172

Hoppe, NWVB1. 1998, 461 (464 f.). BVerwGE 90, 229 (332), worauf sich auch Hoppe beruft.

173

§ 2 Bergbaurelevante Raumordnung in den Ländern

185

Bindungswirkung der Anpassungspflicht zum Anlaß, um anhand des Wortlautes des § 1 Abs. 4 BauGB (Istvorschrift) im Vergleich zu § 1 Abs. 5 BauGB (Sollvorschrift) den Unterschied zwischen Anpassungsgeboten (Istvorschrift) und Optimierungsgeboten (Sollvorschrift) herauszuarbeiten. 174 Daraus läßt sich rückfolgern, daß Sollvorschriften im Planungsrecht nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts als Optimierungsgebot und damit gerade nicht als planerische Letztentscheidung zu verstehen sind. Folgt man dieser Ansicht, so ist § 25 Abs. 4 LEPro nicht als Ziel anzusehen. Als Konsequenz sind seine Planaussagen zwar nicht verbindlich, aber unter dem Aspekt der Optimierung in nachfolgenden Planungsstufen besonders zu berücksichtigen. Des weiteren muß infolge des strikten Geltungsanspruchs, den Ziele der Raumordnung erheben, das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot beachtet werden. Dieser Umstand spricht für die vermittelnde Ansicht, wonach im Rahmen der dogmatischen Einordnung der „allgemeinen Ziele" des Landesentwicklungsprogramms nach deren Konkretisierungsgrad zu differenzieren ist. Letztlich muß also auch innerhalb des III. Abschnitts des Landesentwicklungsprogramms jede Planaussage, d. h. jedes „allgemeine Ziel", einzeln untersucht werden. Bereits auf den ersten Blick erscheinen die Aussagen des § 24 LEPro im Hinblick auf Städtebau und Wohnungswesen konkreter als die hier in Frage stehenden Festlegungen des § 25 Abs. 4 LEPro. Denn letztere als für den Bergbau maßgebliche Bestimmung decken sich inhaltlich weitestgehend mit den Aussagen des § 2 Abs. 2 Nr. 9 S. 3 ROG. Bundesrechtlich sind sie nur im Rahmen eines Grundsatzes verortet. Auch diese Tatsache spricht gegen eine Einstufung der bergbaurelevanten Planaussagen des § 25 Abs. 4 LEPro als Ziel der Raumordnung und Landesplanung.

V. Naturschutz und Landschaftspflege §32 LEPro

als „allgemeines Ziel",

Nach § 32 Abs. 3 LEPro sind „Abgrabungen und sonstige Erdaufschlüsse", mithin bergbauliche Tätigkeiten „so vorzunehmen, daß die Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft, der Grundwasserverhältnisse und des Klimas soweit wie möglich vermieden werden." Weiter heißt es, daß die Herrichtung des Abbau- und Betriebsgeländes so frühzeitig wie möglich zu erfolgen und zu ge-

174

BVerwGE 90, 229 (332): „Diese Formulierung (§ 1 Abs. 4 BauGB) schließt es aus, landesplanerische Ziele auf eine Stufe mit den städtebaulichen Zielen zu stellen, die ihren Niederschlag in den Optimierungsgeboten des § 1 Abs. 5 Sätze 1 und 3 BauGB gefunden haben, wonach mit Grund und Boden sparsam und schonend umgegangen werden „so//" und die Bauleitpläne eine geordnete städtebauliche Entwicklung und ... gewährleisten und dazu beitragen pollen" ... Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung schlagen nicht lediglich im Sinne eines Optimierungsgebotes oder einer Abwägungsdirektive bei der Abwägung durch. Sie lösen vielmehr eine Anpassungspflicht aus." Hervorhebung im Original.

186

Teil 2: Umsetzung durch Raumplanung

währleisten hat, daß im Einflußbereich der Maßnahme keine nachhaltigen Schäden für den Naturhaushalt und das Landschaftsbild verbleiben. Neben diesen spezifisch auf den Bergbau und die Gewinnung oberflächennaher Rohstoffe bezogenen Aussagen enthält Absatz 2 die Forderung, daß die dort näher umschriebenen Belange von Natur und Landschaft als Lebensgrundlage des Menschen nachhaltig zu sichern und zu verbessern sind. Anschließend werden beispielhaft Mittel aufgezählt. Der Begriff „nachhaltig" hier wird also an zwei Stellen aufgegriffen, so daß sich die Frage nach dem zugrundeliegenden Nachhaltigkeitsverständnis stellt. Aus der Aufzählung der Belange von Naturschutz und Landschaftspflege in § 32 Abs. 2 LEPro ergibt sich eine besondere Betonung der ökologischen Dimension des Leitbildes der nachhaltigen Entwicklung. Die Parallelen zu § 1 des nordrhein-westfälischen Landschaftsgesetzes sind unverkennbar. Der textliche Zusammenhang, in dem das Wort „nachhaltig" hier verwendet wird, deutet auf ein Begriffsverständnis im Sinne von dauerhaft. Die wirtschaftliche und soziale Dimension des dreidimensionalen Nachhaltigkeitsverständnisses wird allenfalls mittelbar angesprochen, 175 etwa dadurch, daß auch die „Nutzungsfähigkeit der Naturgüter" nachhaltig zu sichern ist. Auch in Absatz 3 wird der Gedanke der nachhaltigen Entwicklung nur partiell umgesetzt. Danach sollen Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft, des Grundwassers und des Klimas soweit wie möglich vermieden werden. Damit wird zwar die Notwendigkeit von Abgrabungen und die damit einhergehenden unvermeidbaren Beeinträchtigungen anerkannt und zugleich auf das Maß des Unvermeidbaren beschränkt. Eine Aussage betreffend das Maß der Nutzung von Bodenschätzen im Sinne des Nachhaltigkeitspostulats findet sich gleichwohl nicht. Daß keine nachhaltigen Schäden des Naturhaushaltes und des Landschaftsbildes verbleiben, ist damit auch hier vom Kontext her im Sinne von dauerhaft zu sehen.

B. Landesentwicklungspläne Landesentwicklungspläne legen gemäß § 13 Abs. 1 LP1G auf der Grundlage des Landesentwicklungsprogramms die Ziele der Raumordnung und Landesplanung für die Gesamtentwicklung des Landes fest. Damit enthält § 13 Abs. 1 LP1G zwei wesentliche Vorgaben für die inhaltliche Ausgestaltung der Landesentwicklungspläne. Zum einen wird eine inhaltliche Verknüpfung und Bindung an die Grundsätze und allgemeinen Ziele des Landesentwicklungsprogramms gefordert. 176 Zum anderen beschränkt § 13 Abs. 1 LP1G die Landesentwick-

175

In diesem Sinne auch Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert „nachhaltiger Entwicklung" bei der Gewinnung oberflächennaher Rohstoffe, S. 84 f. 176

Vgl. Depenbrock/Rainers, Landesplanungsgesetz NRW, § 13 Rn. 3, der zutreffend daraufhinweist, daß dieser Rahmen recht weit gesteckt ist. Dazu bereits oben I.

§ 2 Bergbaurelevante Raumordnung in den Ländern

187

lungspläne auf Ziele, die für die Gesamtentwicklung des Landes von Bedeutung sind. Daher ist dieser Planungsebene die Festlegung ausschließlich regional bedeutsamer Ziele vorenthalten. 177 § 14 Abs. 1 LP1G bestätigt dies, indem er die Festlegung regional bedeutsamer Ziele ausdrücklich den Gebietsentwicklungsplänen zuordnet. Die §§ 11 bis 14 LP1G sind Ausdruck des hierarchischen Aufbaus der Landesplanung in Nordrhein-Westfalen und der damit einhergehenden Systematik des Landesplanungsgesetzes. Es besteht eine Stufenfolge zwischen Landesentwicklungsprogramm, Landesentwicklungsplan und Gebietsentwicklungsplänen bzw. Braunkohlenplänen, wonach diese aufeinander aufbauen. 178 Neben den §§ 13 Abs. 1, 14 Abs. 1 LP1G verdeutlicht vor allem § 15 Abs. 5 S. 2 LP1G diese Stufenfolge. Während die §§ 13 Abs. 1, 14 Abs. 1 LP1G eine Entwicklungspflicht der Planaussagen bzw. Festlegungen der nachrangigen Planungsstufe aus den jeweiligen Festlegungen der höherrangigen Planungsstufen normieren, soll § 15 Abs. 5 S. 2 LP1G klarstellen, daß im Falle der Änderung von Zielen im Landesentwicklungsplan eine entsprechende Änderungspflicht für die nachfolgenden Planungsstufen, mithin für die Gebietsentwicklungs- und die Braunkohlenpläne besteht.179 Folge dieses hierarchischen Prinzips der Landesplanung ist daher die Pflicht zur Beachtung der Ziele des Landesentwicklungsplanes und ggf. der entsprechenden Änderung der hier relevanten Braunkohlenplanung. Dies veranschaulicht die grundsätzliche Bergbaurelevanz der Landesentwicklungspläne. Das Landesplanungsgesetz eröffnet dem Plangeber in § 11 LP1G die Möglichkeit, zwischen der Aufstellung eines Landesentwicklungsplanes oder mehrerer Landesentwicklungspläne zu wählen. Die Landesregierung hat sich mit der Bekanntmachung des Landesentwicklungsplanes Nordrhein-Westfalen 180 (LEP NRW) für die erste Möglichkeit und gegen die bislang praktizierte Aufstellung von Landesentwicklungsplänen für sachliche Teilabschnitte entschieden.181 Im folgenden sind insbesondere die darin enthaltenen Ziele der Raumordnung und Landesplanung darauf hin zu untersuchen, inwieweit sie den Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung enthalten, ihn ggf. konkretisieren und welche Konsequenzen sich hieraus für den Bergbau ableiten lassen.

177

Depenbrock/Rainers,

Landesplanungsgesetz NRW, § 13 Rn. 4.

178

Depenbrock/Rainers, Landesplanungsgesetz NRW, § 11, Rn. 5.1; vgl. auch die Begründung des Gesetzentwurfes zur Änderung des Landesplanungsgesetzes, LTDrucks. 10/2734, S. 25. 179

Vgl. die Begründung des Gesetzentwurfes zur Änderung des Landesplanungsgesetzes, LT-Drucks. 10/2734, S. 25. 180

Landesentwicklungsplan NRW vom 11. Mai 1995 (GVB1. S. 532) in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Juni 1994 (GVB1. S. 474). 181

GVB1. 532 (535).

188

Teil 2: Umsetzung durch Raumplanung L Nachhaltige Entwicklung im Landesentwicklungsplan

Bereits in der Einleitung wird der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung als Aufgabe der Landesentwicklungspolitik unterstrichen. Die Landesregierung legt sich dort selbst die „Verantwortung dafür, daß die neuen sozialen und wirtschaftlichen Anforderungen mit der notwendigen Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen in Übereinstimmung gebracht werden und die dauerhaft umweltgerechte Entwicklung Nordrhein-Westfalens gewährleistet wird" 1 8 2 , auf. Diese Formulierung beinhaltet eine im deutschen Sprachraum geläufige Übersetzung von „sustainable development".183 Damit enthält der Landesentwicklungsplan NRW eine Art „Selbstverpflichtung" der Landesentwicklung, gerichtet auf eine am Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung orientierte Landesplanung. Der Braunkohlentagebau steht im Spannungsverhältnis zwischen dem in Abschnitt B.III, behandelten landesplanerischen Anliegen des Schutzes der „natürliche^) Lebensgrundlagen" und dem in den Abschnitten C.IV. und D.II, skizzierten Planaussagen zur Flächenvorsorge mit Blick auf die Sicherung „heimischer Bodenschätze" und betreffend die „Energieversorgung". Während sich unmittelbar bergbaurelevante Planaussagen in den Abschnitten C.IV. „Heimische Bodenschätze" und D.II. Energieversorgung finden, können sich mittelbar bergbaurelevante Aussagen grundsätzlich auch aus dem Abschnitt B.III. „Natürliche Lebensgrundlagen", insbesondere B.III.2. „Natur und Landschaft" und B.III.4 „Wasser" ergeben. Jeder dieser Abschnitte enthält Elemente des Nachhaltigkeitsgedankens.

1. Planaussagen zu Natur und Landschaft Die Formulierung von Ziel 2.21 des Abschnitts B.III, entspricht weitestgehend dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 BNatSchG, wonach die Funktionen von Natur und Landschaft nachhaltig zu sichern sind. 184 Damit wird der in der naturschutzrechtlichen Aufgabennorm enthaltene Nachhaltigkeitsgedanke als Vorgabe für die Landesplanung übernommen. Um das Verhältnis zwischen Natur und Landschaft und der Bodenschatzsicherung und -gewinnung im Landesènt-

182

GVB1. 532 (533 a.E.); Hervorhebung des Verfassers.

183

In der deutschen Diskussion zum „Sustainable-Development-Gedanken" konkurrieren die verschiedensten Übersetzungen. Neben den Begriffen nachhaltig, nachhaltig zukunftsverträglich und bestandsfähig wird vor allem vom Rat von Sachverständigen für Umweltfragen (SRU) die Umschreibung dauerhaft-umweltgerechte Entwicklung favorisiert, vgl. die Titel der beiden Umweltgutachten von 1994 und 1996 des SRU sowie den Umweltbericht 1994 des BMU, BR-Drucks. 894/94. 184

Siehe dazu oben Teil 1 § 2 B.III.2.b).

§ 2 Bergbaurelevante Raumordnung in den Ländern

189

wicklungsplan NRW zu verdeutlichen, kommt folgender Erläuterung zum Abschnitt B.III.2, insbesondere zu Ziel 2.22 besondere Bedeutung zu: „Abgesehen von bestehenden, von den Darstellungen des Landesentwicklungsplanes NRW unberührt bleibenden, Abbaurechten und einer den Zielsetzungen des Naturschutzes im Einzelfall nicht widersprechenden Rohstoffgewinnung kann in den Gebieten für den Schutz der Natur der oberirdische oder untertägige Abbau von Bodenschätzen Vorrang haben, wenn die Rohstoffgewinnung nicht anderweitig realisiert werden kann und eine dem Charakter des Gebietes entsprechende Herrichtung erfolgt. Eine Prûfung der Umweltverträglichkeit der einzelnen Vorhaben erfolgt in den dafür vorgesehenen Verfahren". 185 Die Frage, welcher der konkurrierenden Belange Vorrang hat, erfordert damit eine Abwägung der naturschutzrechtlichen Belange mit jenen der Rohstoffgewinnung bzw. -Sicherung. Ein nach diesen Kriterien zulässiger Eingriff ist unter den Voraussetzungen des nachfolgenden landesplanerischen Ziels 2.23 abzugleichen und nach Ziel 2.22 auf das unbedingt erforderliche Ausmaß zu beschränken. Damit bringt der Landesentwicklungsplan NRW sowohl den im Nachhaltigkeitsgedanken enthaltenen ressourcenökonomischen Ansatz als auch die abstrakte Gleichwertigkeit des ökologischen und ökonomischen Elementes, der im Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung enthalten ist, zum Ausdruck. 186 Dieser Plansatz verdeutlicht, daß konkurrierende Raumnutzungen und Raumfunktionen auf der Ebene des Landesentwicklungsplanes NRW nicht abschließend abgewogen sind. Als Folge dieser „Abwägungsoffenheit" lassen sich die entsprechenden naturschutzrechtlichen Gebietsausweisungen nicht als landesplanerische Letztentscheidung und damit nicht als Ziele der Raumordnung und Landesplanung einordnen. 187

2. Planaussagen zu den heimischen Bodenschätzen Des weiteren zeigt sich bei genauerem Hinsehen, daß die Planaussagen der genannten Abschnitte, zumindest was die vorliegend interessierenden energetischen Rohstoffe anbelangt, nicht über die Festlegungen höherstufiger Planungsebenen hinausgehen. In der Vorbemerkung des Abschnitts C.IV. „Heimische Bodenschätze" wird die besondere volkswirtschaftliche Bedeutung von Steinkohle und Braunkohle für die Energiewirtschaft zwar hervorgehoben. Indem folgerichtig die Sicherung abbaubarer Bodenschätze zur langfristigen Versorgung mit heimischen Rohstoffen als „Ziel" 2.1. des Landesentwicklungsplanes festgeschrieben wird, führt der Landesentwicklungsplan allerdings nicht

185

GVB1. 532 (544) Plansatz B.III.2.32, 4. Textabschnitt, Erläuterung.

186

So im Ergebnis auch Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert „nachhaltiger Entwicklung" bei der Gewinnung oberflächennaher Rohstoffe, S. 115. 187

Vgl. dazu Hoppe/Scheipers,

in: FS für Stern, S. 1117 (1128).

190

Teil 2: Umsetzung durch Raumplanung

über die Planaussagen der §§ 18, 25 Abs. 4 LEPro hinaus.188 Dies gilt zum einen inhaltlich und zum anderen rechtsdogmatisch. Während inhaltlich die Planaussagen des Landesentwicklungsprogramms wiederholt werden, stellen die Planaussagen zur Bodenschatzsicherung und -gewinnung unter rechtsdogmatischen Gesichtspunkten besehen Grundsätze der Raumordnung und Landesplanung und teilweise Rahmenziele dar, welche auf den nachgeordneten Ebenen konkretisiert und präzisiert werden müssen.189 Auch die Bezeichnung der Planaussagen als „Ziel" vermag daran nichts zu ändern. Zum einen unterbleibt eine kartographische Darstellung abbauwürdiger Bodenschatzvorkommen auf der Ebene des Landesentwicklungsplanes NRW. Zum anderen wird die verbindliche Konkretisierung der Sicherung abbauwürdiger Bodenschätze ausdrücklich zur Aufgabe der Regionalplanung erklärt. 190 Nach „Ziel" 2.2. 191 sind die Lagerstätten durch die Regionalplanung zu sichern. So wird die Aufgabe der Raumordnung und Landesplanung zur Darstellung von Flächen zur Lagerstättensicherung hinsichtlich der energetischen Bodenschätze wie Braun- und Steinkohle in den „Zielen" 2.2.1. und 2.2.2. den Braunkohlen- bzw. Gebietsentwicklungsplänen überantwortet. Mit Blick auf die energetischen Rohstoffe werden somit keine konkreten Aussagen auf der Ebene des Landesentwicklungsplanes NRW getroffen.

3. Planaussagen zur Energieversorgung Schließlich lassen sich auch im Abschnitt D.II. Elemente des Nachhaltigkeitsgedankens nachweisen. In der Vorbemerkung D.H. 1. werden zunächst die Zielsetzungen der Energiepolitik hervorgehoben. Diese sind Versorgungssicherheit, Ressourcen- und Umweltschonung, Wettbewerbsfähigkeit und gesellschaftlicher Konsens. Alle raumbedeutsamen Maßnahmen und Planungen sollen der Schaffung und dem Erhalt einer umweltschonenden sowie wirtschaftlich vertretbaren Energieversorgung Rechnung tragen. Damit werden zumindest das ökologische und das ökonomische Strukturelement des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung in unmittelbarem Zusammenhang genannt und gleichzeitig als Ziel der Energiepolitik angestrebt. Die soziale Komponente klingt in der Zielsetzung des sozialen Konsenses an. Vor dem Hintergrund der im Leitbild der nachhaltigen Entwicklung enthaltenen Forderung nach intergenerationeller Gerechtigkeit ist es besonders bemerkenswert, daß ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Stromerzeugung aus den heimischen Primärenergieträgern und der Nutzung regenerativer Energiequellen hergestellt wird. Bei der Sicherung der Energieversorgung wird der

188

Vgl. zu diesen Vorschriften oben C.I.3. und 4.

189

Vgl. Hoppe/Scheipers,

in: FS für Stern, S. 1117 (1131).

190

GVB1. 532 (553) Plansatz C.IV.l.a.E., Vorbemerkung.

191

GVB1. 532 (553) Plansatz C.IV.2., Ziele.

§ 2 Bergbaurelevante Raumordnung in den Ländern

191

Nutzung von heimischer Kohle im Abschnitt D.H. des Landesentwicklungsplanes NRW zwar auch für die Zukunft eine wichtige Bedeutung beigemessen, und nach Ziel 2.1 soll insbesondere sie zur Stromerzeugung eingesetzt werden. In Satz 2 findet sich jedoch die Forderung nach einer stärkeren Nutzung der regenerativen Energiequellen. Hierfür soll nach Ziel 2.4 die Landesplanung durch entsprechende Gebietsausweisungen die Voraussetzungen schaffen. In den Gebietsentwicklungsplänen sollen „Bereiche mit Eignung für die Nutzung erneuerbarer Energien" ausgewiesen werden. Legt man der langfristigen Sicherung der Energieversorgung den Maßstab der nachhaltigen Entwicklung zugrunde mit der Folge, daß die Möglichkeit zur Energieerzeugung auch für künftige Generationen konstant erhalten bleiben muß, so hieße dies für die Ebene der Landesplanung, daß diese in dem Verhältnis, in dem aufgrund des Verbrauchs der fossilen, nicht erneuerbaren Rohstoffe sich deren Bestand verringert, Flächen ausgewiesen und damit die raumplanerischen Voraussetzungen für die Nutzung regenerativer Energiequellen geschaffen werden. Ein derart am Leitbild der nachhaltigen Entwicklung orientiertes Konzept der Landesplanung zur langfristigen Sicherung der Energieversorgung läßt sich aus den Erläuterungen unter Plansatz D.H.3., 1. Textabschnitt herauslesen. Dort heißt es: „Die heimischen Primärenergieträger, vor allem die heimische Stein- und Braunkohle, sollen in der Stromerzeugung vorrangig genutzt werden; ihre Nutzung muß mit einer Steigerung der Energieproduktivität und der stärkeren Nutzung erneuerbarer Energien einhergehen," 192 Auf diese Weise kann die Nutzung nicht erneuerbarer Naturgüter, hier der fossilen Energieträger, mit der Substitution ihrer Funktionen in Verbindung gebracht, wie es die in der Rezeption der Rio-Konferenz durch die Bundesregierung aufgestellte zweite „Managementregel" des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung fordert. 193 Dieser Weg ist allerdings eher idealtypisch. Es wurde bereits aufgezeigt, daß diese zweite „Managementregel" keinen strikt umsetzbaren Inhalt hat; insbesondere sind die Maßstäbe der Substitution unklar. Jedenfalls führt sie wegen der notwendigen Berücksichtigung der Bedürfnisse gegenwärtiger Generationen nicht zu einer strikten Begrenzung der Gewinnung von Rohstoffen. 194 Vor allem aber ist sie aus den völkerrechtlichen Dokumenten nicht ableitbar. 195 Problematisch ist, daß im Hinblick auf die Funktion Energieversorgung ein Energiekonzept erforderlich ist, welches zum einen den landesweiten, wenn nicht sogar den bundesweiten Bedarf an Energie mit in den Blick nimmt und zum anderen die Rohstoffvorkommen erschöpfend und umfassend erfaßt und schließlich beides zueinander ins Verhältnis setzt. Es schließt sich die Frage an, inwieweit der Landesentwicklungsplan NRW diese energiepolitische Zielsetzung nicht dadurch konterkariert, indem er sich einer räumlichen Konkretisie-

192

Hervorhebung des Verfassers.

193

Siehe dazu oben Teil 1 § 1 A.IV. sowie Teil 2 § 1 B.III.2.bb).

194

S. o.Teil 1 § 1 B.III.

195

S. o. Teil 1 § 1 A.IV.

192

Teil 2: Umsetzung durch Raumplanung

rung von Flächen für die Bodenschatzgewinnung und -Sicherung enthält und diese in wesentlichen Bereichen der Regionalplanung, d. h. der Braunkohlenund Gebietsentwicklungsplanung überträgt. 196 Denn die Ebene der Regionalplanung ist von ihrem Blickwinkel her auf zu niedriger Ebene angesiedelt, um den tatsächlichen Bedarf an Primärenergieträgern langfristig abschätzen und die entsprechenden raumplanerischen Konsequenzen daraus ziehen zu können. Des weiteren sind Zweifel an der Bindungswirkung dieser Planaussage für nachgeordnete Planungsstufen angebracht. Einerseits findet sich die maßgebliche Textpassage in den rechtlich unverbindlichen Erläuterungen. Andererseits wird in der Literatur auch den „Zielen" dieses Abschnitts insgesamt der Zielcharakter und damit ihre Bindungswirkung abgesprochen. 197

II. Konsequenzen für den Bergbau Trotz der Tatsache, daß der Landesentwicklungsplan NRW dem Range nach über den Braunkohlenplänen steht, enthält dieser im Hinblick auf die Sicherung und Gewinnung energetischer Bodenschätze keine Planaussagen, die über diejenigen des § 25 Abs. 4 LEPro als allgemeines Ziel der Raumordnung und Landesplanung sowie über den raumplanerischen Grundsatz in § 18 LEPro hinausgehen.

C. Gebietsentwicklungspläne Die Gebietsentwicklungspläne (GEP) legen auf der Grundlage des Landesentwicklungsprogramms und von Landesentwicklungsplänen die regionalen Ziele der Raumordnung und Landesplanung für die Entwicklung der Regierungsbezirke und für alle raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen im Plangebiet fest, § 14 Abs. 1 S. 1 LP1G. Planaussagen sollen mit der Konkretisierung in Gebietsentwicklungsplänen als Ziele der Raumordnung und Landesplanung nach § 4 Abs. 1 ROG und § 16 Abs. 3 LP1G verbindlich werden und sind sodann von den öffentlichen Planungsträgern, insbesondere den Gemeinden bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu beachten. Während den Gebietsentwicklungsplänen unter anderem die Aufgabe zukommt, Lagerstätten nicht energetischer Rohstoffe, wie etwa Kies, Sand, Ton, Kalk- und Sandstein, durch die Darstellung von „Bereichen für den oberirdischen Abbau von Bodenschätzen" zu sichern, 198 sind die Bereiche für den Abbau von Braun196 197

GVB1. 532 (553) Plansatz C.IV.2.2.1 und 2.2.2, Ziele.

Vgl. dazu Scheipers, Ziele der Raumordnung und Landesplanung aus Sicht der Gemeinden, S. 230; Hoppe/Scheipers, in: FS für Stern, 1117 (1132 f. mit Fn. 63). 198 Vgl. GVB1. 532 (553) Plansatz C.IV.2.2.3., Ziele. Dazu näher Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert „nachhaltiger Entwicklung" bei der Gewinnung oberflächennaher Rohstoffe, S. 111 ff.

§ 2 Bergbaurelevante Raumordnung in den Ländern

193

kohle in den spezielleren Braunkohlenplänen darzustellen. Beide Planungskategorien sind auf der Stufe der landesplanerischen Regionalplanung einzuordnen. 199 Insofern können sie grundsätzlich dasselbe Planungsgebiet zu ihrem Planungsgegenstand machen und damit ggf. eine Abstimmung der Pläne erfordern. Folgerichtig fordert § 24 Abs. 1 LP1G die Abstimmung der Braunkohlenpläne mit den Gebietsentwicklungsplänen. Soweit die Festlegungen der Braunkohlenpläne für eine geordnete Braunkohlenplanung erforderlich sind, d. h. solange sich die Festlegungen im Rahmen des Zuständigkeitsbereichs der Braunkohlenplanung bewegen, besteht für die Braunkohlenplanung gegenüber der Gebietsentwicklungsplanung die Vorrangigkeit und umgekehrt. 200 Kommt es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den zuständigen Planungsträgern, namentlich zwischen dem Braunkohlenausschuß und dem Bezirksplanungsrat, so hat die Bezirksplanungsbehörde Köln den Sachverhalt gemäß § 36 LP1G der Landesplanungsbehörde (MURL) zur Entscheidung vorzulegen.

D. Braunkohlenpläne Die Braunkohlenplanung wird in NRW in den §§ 24 ff. LP1G näher geregelt. 201 Sie ist ein Instrument zur Konkretisierung und Verwirklichung der Grundsätze der Raumordnung aus Anlaß einer raumbedeutsamen Maßnahme, die großflächig und mit weitreichenden Auswirkungen die Oberfläche verändert. 202 Nach § 24 Abs. 1 LP1G legen die Braunkohlenpläne 203 auf Grundlage des Landesentwicklungsprogramms und von Landesentwicklungsplänen und in Abstimmung mit den Gebietsentwicklungsplänen im Braunkohlengebiet Ziele der Raumordnung und Landesplanung fest. Letzteres verdient besondere Beachtung.

199

Depenbrock/Reiners,

200

LP1G Kommentar, § 24 Rn. 3.3.

Vgl. Depenbrock/Reiners,

LP1G Kommentar, § 24 Rn. 3.3.

201

Im Wege der Novellierung des LP1G vom 28. November 1979 (GVB1. I, S. 878) wurde das bis dahin geltende Braunkohlengesetz (Gesetz über die Gesamtplanung im Rheinischen Braunkohlengebiet vom 24. April 1950) aufgehoben. Ziel der Aufnahme der Braunkohlenplanung in das LP1G war es, die Regelungen der Braunkohlenplanung mit denen des Gebietsentwicklungsplanes (GEP) zu harmonisieren, vgl. Schnapp, in: Festschrift für Fabricius, S. 87 (88) und Wortlaut des § 24 Abs. 1 LP1G (in Abstimmung mit den GEP). 202

BVerwG, ZfB 132 (1991), 140 (143).

203

Zu der umstrittenen Frage der Rechtsnatur des Braunkohlenplans und der damit einhergehenden Frage nach Rechtsschutzmöglichkeiten vgl. ausführlich Erbguth, VerwArch. 86 (1995), 327 (332 ff.); Schnapp, in: Festschrift für Fabricius, S. 87 (91 ff.); zur Rechtsnatur jeweils mit weiteren Nachweisen und zu den Rechtsschutzfragen Erbguth, VerwArch. 86 (1995), 327 (351 ff.) ebenfalls mit weiteren Nachweisen. 13 Frenz

194

Teil 2: Umsetzung durch Raumplanung

Indem die Braunkohlenpläne nach ihren gesetzlichen Grundlagen 204 mit der Bekanntmachung ihrer Genehmigung durch die Landesplanungsbehörde 205 Ziele der Raumplanung und Landesplanung werden, lösen sie strikte Beachtenspflichten aus, § 34 Abs. 4 S. 2 LP1G bzw. § 4 Abs. 1 ROG i.V.m. § 34 Abs. 1 LP1G, und binden die kommunale Bauleitplanung aufgrund der Anpassungspflicht nach § 1 Abs. 4 BauGB. Nach der Neuregelung des Raumordnungsgesetzes gilt die Beachtenspflicht nach § 4 Abs. 1 S. 1 ROG nicht nur für öffentliche Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen. Vielmehr wird die Zielbeachtenspflicht auch im Rahmen von Planfeststellungen und Genehmigungen mit der Rechtswirkung einer Planfeststellung über die Zulässigkeit von raumbedeutsamen Maßnahmen von Personen des Privatrechts ausgelöst, § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ROG. 206 Ferner ist zu berücksichtigen, daß die Braunkohlenpläne zumindest mittelbar Auswirkungen gegenüber privaten Dritten entfalten können. 207 Dies gilt jedenfalls gegenüber dem Bergbautreibenden (bzw. genauer „Braunkohlenabbautreibenden"), der gemäß § 34 Abs. 5 S. 2 LP1G seinen Betriebsplan mit dem Braunkohlenplan in Einklang zu bringen hat.

I. Rechtsdogmatische Einordnung der Braunkohlenplanung Trotz der Aufnahme der Braunkohlenplanung in das Landesplanungsgesetz sind im Schrifttum gegen die kompetenzielle Zuordnung der Braunkohlenplanung zur Landesplanung Bedenken geäußert worden. Nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung wird die Braunkohlenplanung dem Bereich der energiewirtschaftlichen Fachplanungen zugeordnet. 208 Die Eindimensionalität der Braunkohlenplanung und ihre Parzellenschärfe vertrage sich nicht mit den Charakteristika der räumlichen Gesamtplanung, wie

204

Vgl. §§ 24 Abs. 1, 34 Abs. 4 S. 1 LP1G.

205

Vgl. §34 Abs. 1 LP1G.

206 Insoweit enger § 34 Abs. 4 S. 2 LP1G, der die Zielbeachtenspflicht noch auf öffentliche Stellen bei ihren raumbedeutsamen Maßnahmen und Planungen entsprechend § 4 Abs. 1 S. 1 ROG beschränkt. 207

Jedenfalls in tatsächlicher Hinsicht, was in den zahlreichen Umsiedlungsmaßnahmen zum Ausdruck kommt, wie ζ. B. jüngst die Genehmigung der Auflösung der Gemeinde Horno für den brandenburgischen Braunkohlentagebau durch das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg. Nach Schnapp, in: Festschrift für Fabricius, S. 87 (95) waren in den letzten Jahrzehnten etwa 25000 Umsiedlungen durchzuführen und weitere 12000 Umsiedlungen stünden mittel- und längerfristig noch bevor. Im Städtedreieck zwischen Köln, Aachen und Mönchengladbach sind seit Ende des 2. Weltkrieges rund 70 Ortschaften, Ortsteile und Weiler umgesiedelt worden; vgl. Erbguth, VerwArch. 86 (1995), 327 (328). 208

Erbguth, DVB1. 1982, 1 (4 ff.); Erbguth/Schoeneberg, desplanungsrecht, Rn. 99; Hoppe, UPR 1983, 105 (108).

Raumordnungs- und Lan-

§ 2 Bergbaurelevante Raumordnung in den Ländern

195

Überörtlichkeit und Überfachlichkeit. Des weiteren verstoße die Einführung der Braunkohlenplanung in das Landesplanungsgesetz gegen das rechtsstaatliche Gebot der Klarheit und Widerspruchsfreiheit. 209 Darüber hinaus komme der Braunkohlenplanung aufgrund ihrer Parzellenschärfe unmittelbar bodenordnende Wirkung zu, was den durch Art. 75 Abs. 1 Nr. 4 GG der Raumordnung und Landesplanung gesetzten Rahmen überschreite. Das sind indes Fragen der Rechtmäßigkeit der Aufnahme von Braunkohlenplänen in die Planungsinstrumente der Raumordnung und Landesplanung. Diese Frage ist der Qualifikation nachgelagert. Die Regelung der §§ 24 ff. LP1G mißt den Braunkohlenplänen klar einen Plancharakter zu. Der Braunkohlentagebau und demzufolge auch die ihn ordnenden und gestaltenden Braunkohlenpläne steht bzw. stehen im mehrdimensionalen Spannungsverhältnis von Ökologie, Ökonomie und sozialen Faktoren, wie etwa der Sicherung von Arbeitsplätzen. Aufgabe der Braunkohlenpläne ist es im System der Raumordnung und Landesplanung die besonderen Erfordernisse des Braunkohlenabbaus in die Landesplanung einzubringen, um auf dieser Ebene das geschilderte Spannungsverhältnis mittels übergeordneter und zusammenfassender Planung durch die Ordnung von Raumnutzungen und Raumfunktionen entflechten zu können. Sie sind daher mit Teilen der Literatur 210 und der Rechtsprechung 211 als besondere Form der Regionalplanung der Landesplanung zuzurechnen. Somit können die Plansätze der Braunkohlenpläne Ziele der Raumordnung und Landesplanung darstellen, was im Einzelfall durch Auslegung des jeweiligen Plansatzes zu ermitteln ist. Unter Berücksichtigung der rechtssystematischen Einordnung der Braunkohlenplanung als besondere Form der Regionalund damit als Raumplanung, können jedoch prinzipiell nur jene Planaussagen Bindungswirkung nach § 4 Abs. 1 ROG (bzw. § 34 Abs. 4 S. 2 LP1G) entfalten, die tatsächlich als Ziele der Raumordnung und Landesplanung zu qualifizieren sind. Nur sie können des weiteren über fachgesetzliche Raumordnungsklauseln in Genehmigungsverfahren einwirken. 212 Allein die Aufnahme einer Planaussage in einen Braunkohlenplan vermag nicht deren rechtliche Einordnung zu

209

Erbguth/Schoeneberg,

Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, Rn. 99.

210

Depenbrock/Reiners, LP1G Kommentar, §24 Rn. 2; Schulte, Raumplanung und Genehmigung bei der Bodenschätzegewinnung, S. 276 und 282 „Von seinen Inhalten her ist also ein Braunkohlenplan ein Zwischending zwischen Raumplanung und Genehmigungsverfahren"; Degenhart, DVB1. 1996, 773 (774). 211

VerfG Bbg., DVB1. 1999, 34 (35); NWVerfGH NVwZ-RR 1998, 473 ff. = DVB1. 1997, 1107 ff. 212

Schulte, Raumplanung und Genehmigung bei der Bodenschätzegewinnung, S. 276; Nach überwiegender, aber umstrittener Ansicht finden Ziele der Raumordnung und Landesplanung, und nur diese, über § 48 Abs. 2 S. 1 BBergG Eingang in das bergrechtliche Verfahren zur Betriebsplanzulassung, vgl. hierzu etwa Boldt/Weller, BBergG, Ergänzungsband, § 48 Rn. 10; Kühne, DVB1. 1984, 709 ff. sowie ausführlich Rausch, Umwelt- und Planungsrecht beim Bergbau, S. 205 ff., insbesondere S. 212 ff.

196

Teil 2: Umsetzung durch Raumplanung

präjudizieren oder zu ersetzen. Anders ausgedrückt kann allein der Umstand, daß ein Plansatz Eingang in einen Raumordnungsplan (hier Braunkohlenplan) gefunden hat, nicht dazu führen, diesen als Ziel der Raumordnung und Landesplanung anzusehen. Gerade die planerische Praxis steht dem entgegen. Zahlreiche rechtliche Probleme bei der Frage nach der Bindungswirkung einzelner Plansätze resultieren daraus, daß die Planwerke nicht hinreichend zwischen erforderlicher Bestandsaufnahme, politisch initiierter Absichtserklärung und raumordnerischen Grundsätzen und Zielen unterscheiden. 213 Demnach muß anhand der Begriffsbestimmung in § 3 Nr. 2 ROG jeweils geklärt werden, ob eine Planaussage den dort aufgestellten formalen und inhaltlichen Anforderungen gerecht wird. Die sich daran anschließende Frage, ob und, wenn ja, inwieweit Raumordnungsziele einer Transformationsnorm, d. h. Raumordnungsklausel bedürfen, um in ein fachgesetzliches Genehmigungsverfahren Eingang zu finden, muß aufgrund der unterschiedlichen denkbaren Genehmigungsverfahren und unter Berücksichtigung des Trägers der raumbedeutsamen Planung oder Maßnahme beantwortet werden. 214

II. Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung und Braunkohlenplanung Nachdem die Frage der Einordnung der Braunkohlenplanung in das System der Raumordnung und Landesplanung geklärt ist, schließt sich aufgrund der Thematik dieser Arbeit die Frage an, welche Anhaltspunkte sich für die Verwirklichung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung in den „Sondervorschriften für das Rheinische Braunkohlenplangebiet" im IV. Abschnitt des Landesplanungsgesetzes finden lassen. Angelegt ist dies durch den Zuschnitt von Großvorhaben aus dem Braunkohlenbergbau. Unabhängig von der streitigen Frage, ob die „Einklang-Formel" des § 34 Abs. 5 S. 2 LP1G215 eine zulässige landesrechtliche Vorschrift ist 216 und die Braunkohlenplanung auf diese Weise Einfluß auf die Betriebspläne der im 213

Berkemann, DVB1. 1989, 625 (630); vgl. auch Schulte, Raumplanung und Genehmigung bei der Bodenschätzegewinnung, S. 75 f. und S. 277 f. mit zahlreichen Beispielen zu einigen, als Ziele der Raumplanung unzulässigen Plansätzen. 214 Vgl. zu den Bindungswirkungen der Erfordernisse der Raumordnung allgemein Runkel, ZfBR 1999, S. 3 ff.; speziell auf die bergrechtliche Planfeststellung bezogen Hoppe/Spoerr, UPR 1999, S. 246 ff.; zur „einfachen" Betriebsplanzulassung dies., ZfB 140(1999), S. 110 (114 ff.). 215

§ 34 Abs. 5 S. 2 LP1G lautet: Die Betriebspläne der im Braunkohlengebiet gelegenen bergbaulichen Betriebe sind mit den Braunkohlenplänen in Einklang zu bringen. 216

Vgl. hierzu etwa Schulte, Raumplanung und Genehmigung bei der Bodenschätzegewinnung, S. 282 f.

§ 2 Bergbaurelevante Raumordnung in den Ländern

197

Braunkohlengebiet gelegenen Betriebe nimmt oder ob sie als Ausdruck eines „öffentlichen Interesses" über die sogenannte „Öffhungsklausel" des § 48 Abs. 2 BBergG Eingang in die bergrechtlichen Zulassungsverfahren findet, kann im Ergebnis die Notwendigkeit von Umweltverträglichkeit und Sozialverträglichkeit heutiger Großvorhaben wohl kaum bestritten werden. 217 Hinzu kommt die sensibilisierte Wahrnehmung der vielfältigen Auswirkungen derartiger Großvorhaben auf ökonomische, ökologische und soziale Belange in der Öffentlichkeit und das damit einhergehende Erfordernis, einen möglichst breiten Konsens über die Erforderlichkeit solcher Großprojekte zu erzielen. Des weiteren sind die zumindest faktischen Auswirkungen der Braunkohlenpläne auf die bergbaulichen Betriebspläne im Auge zu behalten. Aufgrund dieser Beeinflussung der Betriebspläne durch die Braunkohlenplanung und dem Umstand, daß der Braunkohlenabbau alle drei Dimensionen des Grundsatzes der Nachhaltigkeit berührt, 218 stellt sich folglich auch an dieser Stelle die Frage, inwieweit sich bereits im geltenden Landesplanungsgesetz Anhaltspunkte für die Verwirklichung des Grundsatzes der Nachhaltigkeit finden lassen. Ansatzpunkt ist die an die Einhaltung bestimmter Voraussetzungen geknüpfte Genehmigung der Braunkohlenpläne nach § 35 LP1G (mit denen dann die Betriebspläne in Einklang zu bringen sind, § 34 Abs. 5 S. 2 LP1G) durch die Landesplanungsbehörde.

1X 1

Schulte, S. 284. 218

Raumplanung und Genehmigung bei der Bodenschätzegewinnung,

Die ökonomische Dimension der Braunkohlenförderung, d. h. die Zielsetzung, bei wirtschaftlicher Entwicklung alle heute lebenden und künftigen Generationen ausreichend mit Waren und Gütern zu versorgen, verdeutlicht ζ. B. der Anteil der niederrheinischen Braunkohle an der Stromerzeugung der Bundesrepublik (1989: 18,8%; Braunkohlentagebau Garzweiler II + Stellungnahme der Naturschutzverbände NordrheinWestfalen, S. 17 f. zitiert nach Erbguth, VerwArch. 86 (1995), 327 (328) und die Zeitdimension des Planungszeitraums für das Projekt Garzweiler II von 2006 bis 2045 mit anschließender Rekultivierung der Flächen. Trotz eines sinkenden Anteils des Stroms aus Braunkohle an der gesamten Stromerzeugung von 30, 1% (1991) auf 26, 8% (1998) bleibt der Anteil des Braunkohlenstroms eine tragende Säule zur Sicherung der Energieversorgung, vgl. FAZ Nr. 142 vom 23.6.1999, S. 18. Die ökologische Dimension, d. h. Notwendigkeit der gleichzeitigen Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen auch für zukünftige Generationen, verdeutlichen stellvertretend die Auswirkungen des Braunkohlenabbauprojekts Garzweiler II, wonach über den Förderungszeitraum ein Abraum von 6,5 Milliarden cbm entstehen wird, die umfangreiche Trockenlegung erheblicher Flächen notwendig ist, die aber wieder nutzbar gemacht werden. Hinzu kommt die soziale Dimension des Braunkohlenabbaus mit dem Problem der gerechten Verteilung der Naturgüter und endlichen Ressourcen zwischen den Generationen und die „sozialen Ansprüche an den Raum" (vgl. § 1 Abs. 2 ROG), d. h. der Anspruch der von den erforderlichen Umsiedlungsmaßnahmen betroffenen Bevölkerung, die den Raum als Lebensraum begreifen.

198

Teil 2: Umsetzung durch Raumplanung 1. Genehmigungserfordernisse für Braunkohlenpläne

Die Genehmigung der Braunkohlenpläne ist nach § 34 Abs. 2 LP1G nur zu erteilen, wenn die Braunkohlenpläne sowohl den Erfordernissen einer langfristigen Energieversorgung entsprechen als auch die Erfordernisse der sozialen Belange der vom Braunkohlentagebau Betroffenen und des Umweltschutzes angemessen berücksichtigen. Die bereits im Wortlaut dieser Vorschrift mit dem Wort „langfristig" enthaltene Zeitdimension und Zukunftsbezogenheit wird durch den in diesem Zusammenhang stehenden Verweis auf die §§26 Abs. 2 und 32 Abs. 3 des Landesentwicklungsprogramms präzisiert und besonders hervorgehoben. 219 § 26 Abs. 2 LEPro fordert als allgemeines Ziel der Landesplanung den bevorzugten Einsatz einheimischer und regenerierbarer Energieträger. In dieser Planungsleitlinie klingt der ressourcenökonomische Ansatz des Nachhaltigkeitsprinzips an, wonach zur dauerhaften Sicherung der Energieversorgung und der natürlichen Lebensgrundlagen mit letzteren sparsam umgegangen werden muß und nach Möglichkeit regenerative Energieträger eingesetzt werden sollen. 220 Gleichzeitig folgt allein aus dieser Vorschrift noch keine Bevorzugung eines bestimmten Energieträgers. Auch der Einsatz einheimischer Energieträger und damit letztlich der Einsatz von Braunkohle bei der Verstromung findet als allgemeines Ziel der Landesplanung gesetzlichen Niederschlag. Insofern wird die besondere Bedeutung der Braunkohle für die nordrhein-westfälische Energiewirtschaft und Stromerzeugung im Landesentwicklungsprogramm anerkannt. Indem § 34 Abs. 2 LP1G auch auf § 32 Abs. 3 LEPro verweist, wonach Abgrabungen und sonstige Erdaufschlüsse so vorzunehmen sind, daß die Beeinträchtigung von Natur- und Landschaft, der Grundwasserverhältnisse und des Klimas soweit wie möglich vermieden werden, wird eine Verbindung zwischen dem Erfordernis nach Sicherstellung einer langfristigen Energieversorgung und 219

Da die Braunkohlenpläne nach § 24 LP1G die Ziele der Raumordnung ohnehin „auf der Grundlage des Landesentwicklungsprogramms und von Landesentwicklungsplänen ..." festlegen, kann dem „Klammerverweis" im Grunde nur deklaratorische Bedeutung beigemessen werden. Gleichzeitig werden diese Belange aber besonders hervorgehoben und finden auf diese Weise verstärkte Aufmerksamkeit bei der Genehmigung von Braunkohlenplänen. Insbesondere im Hinblick auf § 32 Abs. 3 LEPro, der die weitestgehende Umweltverträglichkeit von oberirdischen Erdaufschlüssen einfordert, dürfte der Begründungsaufwand und damit die Auseinandersetzung mit diesen Belangen im Rahmen der Aufstellung von Braunkohlenplänen steigen. 220

Die Frage, inwieweit die planenden Stellen mit planerischen Mitteln derartige Ziele tatsächlich zu steuern vermögen und ob entsprechende Planaussagen Kompetenzüberschreitungen darstellen, steht auf einem anderen Blatt und kann an dieser Stelle nicht abschließend geklärt werden. Vgl. zum Problem Schulte, Raumplanung und Genehmigung bei der Bodenschätzegewinnung, S. 48 ff. allgemein zur Kompetenz der Raumplanung, S. 257 ff. speziell zu Kompetenzüberschreitungen bei der Bodenschätzeplanung und auf S. 285 ff. die Zusammenfassung. Vgl. auch oben Teil 2 B.II.2.cc)(2).

§ 2 Bergbaurelevante Raumordnung in den Ländern

199

den Erfordernissen von Naturschutz und Landschaftspflege hergestellt. Des weiteren hat nach § 32 Abs. 3 S. 2 LEPro die Herrichtung des Abbau- und Betriebsgeländes so früh wie möglich zu erfolgen und zu gewährleisten, daß im Einflußbereich der Maßnahme keine nachhaltigen Schäden des Naturhaushaltes und des Landschaftsbildes verbleiben. 221 Dies spiegelt die ökologische Dimension des Nachhaltigkeitsgrundsatzes wider, wonach angemessene wirtschaftliche Entwicklung mit der Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen einhergehen muß. Dadurch erfährt die Braunkohlengewinnung über die Braunkohlenplanung und deren Instrument der Braunkohlenpläne eine Anbindung an ökologische Belange. Nicht nur bei Durchführung der bergbaulichen Maßnahmen sind Umweltbeeinträchtigungen „soweit wie möglich" zu vermeiden. Vielmehr soll auch die Herrichtung des Abbau- und Betriebsgeländes, mithin die Rekultivierung so früh wie möglich erfolgen. Auf der Grundlage dieser Vorschrift und der Vorgaben, die § 24 Abs. 2 LP1G für die Oberflächengestaltung und die Wiedernutzbarmachung enthält,222 müssen die Braunkohlenpläne erstellt werden. Die Braunkohlenpläne wiederum legen, wie bereits erwähnt, Ziele der Raumordnung und Landesplanung fest, § 24 Abs. 1 LP1G. Daher kommt ihnen bei der Wiedernutzbarmachung von Braunkohlentagebauen maßgebliche Bedeutung zu. 223 Eine weitere Voraussetzung für die Genehmigung der Braunkohlenpläne durch die Landesplanungsbehörde ist nach § 34 Abs. 2 LP1G, daß die sozialen Belange der vom Braunkohlentagebau Betroffenen angemessen berücksichtigt wurden. Welche inhaltlichen Anforderungen das Landesplanungsgesetz diesbezüglich an die Braunkohlenpläne stellt, ist der Aufzählung in § 32 Abs. 4 LP1G zu entnehmen. Daß diese inhaltlichen Anforderungen gewahrt bleiben, wird verfahrensrechtlich durch die Erörterung des sozialen wie auch des ökologischen Anforderungsprofils nach § 32 Abs. 1 LP1G flankiert.

2. Folgerungen Damit lassen sich in den Vorschriften des Landesplanungsgesetzes „für das Rheinische Braunkohlengebiet" Anhaltspunkte für alle drei Dimensionen des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung finden. Das bei der Braunkohlengewinnung für den Bergbautreibenden naturgemäß im Vordergrund stehende wirt221

In diesem Kontext kommt die variable temporale und inhaltliche Dimension des Nachhaltigkeitsbegriffes zum Vorschein, die abhängig ist, von dem jeweiligen gesetzestechnischen Verwendungszusammenhang. Die Gesetzesformulierung „nachhaltige Schäden" hat nichts mit dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung zu tun, sondern ist als Synonym für „dauerhaft" zu interpretieren. Vgl. dazu Schröder, WiVerw. 1995, 65 (67 f.). 222 223

Vgl. dazu Depenbrock/Reiners,

LP1G Kommentar, § 24 Rn. 6.2.

Vgl. hierzu auch ausführlich Beckmann, in: Kühne/Schoch/Beckmann, Gegenwartsprobleme des Bergrechts, S. 88 f.

200

Teil 2: Umsetzung durch Raumplanung

schaftliche Interesse und das öffentliche Interesse an einer gesicherten, langfristigen Energieversorgung wird im Rahmen der Genehmigung der Braunkohlenpläne mit ökologischen und sozialen Belangen konfrontiert. Hierbei sind „die Erfordernisse der sozialen Belange der vom Braunkohlentagebau Betroffenen und des Umweltschutzes angemessen zu berücksichtigen". Nach dem dreidimensionalen Verständnis des Nachhaltigkeitsgrundsatzes, wie er § 1 Abs. 2 ROG zugrunde liegt, sind ökonomische, ökologische und soziale Belange gleichberechtigt zu berücksichtigen. Der Umstand, daß die letzten beiden Belange nach § 34 Abs. 2 LP1G angemessen zu berücksichtigen sind, bedeutet keine Relativierung. Auch nach dem dreidimensionalen Nachhaltigkeitsverständnis des Raumordnungsgesetzes bedarf dieser Grundsatz der prinzipiellen Gleichberechtigung einer Konkretisierung für den jeweiligen Planungsraum durch Raumordnungspläne, § 7 Abs. 1 S. 1 ROG. Die in Raumordnungsplänen enthaltenen Ziele der Raumordnung sind zwar ihrerseits der neuen Leitvorstellung verpflichtet, stellen aber zwangsläufig einen räumlichen oder sachlichen Belang in den Vordergrund. Sie sind als planerische Letztentscheidung das Ergebnis einer Abwägung. Nach allem ist festzuhalten, daß § 34 Abs. 2 LP1G über das Instrument der Braunkohlenplangenehmigung eine textliche und rechtliche Verbindung zwischen ökonomischen, ökologischen und sozialen Belangen herstellt. Dabei verbindet diese Vorschrift parallel zum Gedanken der nachhaltigen Entwicklung die ökonomische Entwicklung des Braunkohlenabbaus in Nordrhein-Westfalen mit dessen Auswirkungen auf die soziale und ökologische Umwelt. Indem auch soziale und ökologische Faktoren zu Genehmigungsvoraussetzungen erhoben werden, verbindet diese Vorschrift die drei Faktoren zu einer Einheit. Da die Belange des Umweltschutzes angemessen zu berücksichtigen sind, wird die wirtschaftliche Entwicklung mit der Tragekapazität der ökologischen Systeme konfrontiert. Zudem sind die sozialen Belange der vom Braunkohlentagebau Betroffenen angemessen zu berücksichtigen, mithin soziale Ausgleichsprozesse ζ. B. in Form von Umsiedlungsstrategien zu entwikkeln. Indem § 34 Abs. 2 LP1G die ökonomischen Interessen am Braunkohlenabbau mit sozialen und ökologischen Erfordernissen in rechtlich verbindlicher Weise zueinander in Bezug setzt, findet der Grundsatz der Nachhaltigkeit für diesen fachlichen Bereich eine ausdrückliche Verankerung im Landesplanungsgesetz.

III. Bindungswirkung

der Braunkohlenpläne

Problematisch erscheint des weiteren, welche Bindungswirkung die Braunkohlenplanung im Hinblick auf das bergrechtliche Betriebsplanverfahren entfaltet. Die Frage, in welchem Umfang Aspekte der Raumordnung und Landesplanung, d. h. hier der Braunkohlenplanung, über § 48 Abs. 2 S. 1 BBergG Eingang in das bergrechtliche Verfahren der Betriebsplanzulassung finden können, ist von der bisherigen Rechtsprechung offengelassen worden. 224

§ 2 Bergbaurelevante Raumordnung in den Ländern

201

Das novellierte Raumordnungsgesetz regelt in § 4 ROG die Β indungsWirkung der Erfordernisse der Raumordnung unter Erweiterung des Adressatenkreises. Nach dem neuen Raumordnungsgesetz besteht jedenfalls für ab 1. Januar 1998 begonnene Pläne225 die Pflicht zur Beachtung der Ziele der Raumordnung auch für juristische Personen des Privatrechts, soweit diese öffentliche Aufgaben erfüllen und mehrheitlich von der öffentlichen Hand getragen oder die Vorhaben überwiegend von der öffentlichen Hand finanziert werden, § 4 Abs. 3 ROG. Diese Vorschrift soll dem Umstand Rechnung tragen, daß zunehmend öffentliche Aufgaben privatisiert und damit der Zielbeachtenspflicht weitgehend entzogen wurden. 226 Während diese Beachtenspflicht im hiesigen Zusammenhang ohne Bedeutung bleibt, ist § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ROG im Hinblick auf raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen Privater um so bedeutender. Nach § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ROG unterliegen nunmehr Planfeststellungen und Genehmigungen mit der Rechtswirkung von Planfeststellungen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Vorhaben von Personen des Privatrechts einer Zielbeachtenspflicht. 227 Während nach der alten Rechtslage lediglich gemeinnützige Planfeststellungen von der Bindungswirkung erfaßt wurden, so erweitert § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ROG den Kreis um die privatnützigen Planfeststellungen wie beispielsweise nach § 31 Abs. 2 WHG bei Naßauskiesungen. Vom Wortlaut her erfaßt sind damit auch bergbauliche Projekte, die seit Einführung der Umweltverträglichkeitsprüfung der neu eingeführten planfeststellungsbedürftigen Rahmenbetriebsplanpflicht unterliegen. 228 Für sonstige Vorhaben Privater gilt weiterhin, daß verbindliche Festlegungen der Raumordnung grundsätzlich keine unmittelbaren Bindungswirkungen für den einzelnen erzeugen. 229 Vielmehr sind im Rahmen von Genehmigungen, Planfeststellungen und sonstigen behördlichen Entscheidungen sämtliche Erfordernisse der Raumordnung und damit auch die verbindlichen Zielvorgaben nach Maßgabe der Fachgesetze lediglich zu berücksichtigen. 230 Bei Zulassungsentscheidungen hinsichtlich raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts, die

224

VerfG Bbg., DVB1. 1999, 34 (36) unter Verweis auf BVerwG, NVwZ 1991, 992 (993); NWVerfGH, NVwZ-RR 1998, 473 ff.; BVerwG, ZfB 132 (1991), 140 (143). 225

Siehe §23 ROG.

226

Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung BT-Drucks. 13/6392, S. 82. Als Beispiel wird der Schienenneu- bzw. -ausbau der im Eigentum des Bundes stehenden Bahn AG genannt. 227

Vgl. dazu Runkel, in: Bielenberg/Erbguth/Söfker, ROG, Bd. 2, Κ § 4 Rn. 145 ff.

228

Zur Zielbeachtenspflicht bei privatnützigen Planfeststellungen Runkel, ZfBR 1999, 3 (5); speziell zur bergrechtlichen Planfeststellung Runkel, in: Bielenberg/Erbguth/Söfker, ROG, Bd. 2, Κ § 4 Rn. 155, 159 ff.; Hoppe/Spoerr, UPR 1999, S. 246 ff. 229

Vgl. BayVGH, BayVBl. 1994, 273 (274); auch in der Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung heißt es, daß „aus dem Gesetzgebungskompetenztitel der Raumordnung eine Bindung raumbedeutsamer Maßnahmen einzelner an die Ziele der Raumordnung nicht möglich" sei, BT-Drucks. 13/6392, S. 82.

202

Teil 2: Umsetzung durch Raumplanung

weder von § 4 Abs. 3 noch von § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ROG erfaßt werden, finden die Erfordernisse der Raumordnung nur mittelbar Berücksichtigung, d. h. ζ. B. dann, wenn die einschlägigen Normen des Fachgesetzes die Berücksichtigung öffentlicher Belange vorsehen. 231 Eine weitergehende Bindungswirkung ist abhängig von den Raumordnungsklauseln in den entsprechenden Fachgesetzen, § 4 Abs. 5 ROG. 232 Damit ergibt sich folgendes Bild: Nach § 24 Abs. 1 S. 1 LP1G legen die Braunkohlenpläne im Braunkohlengebiet Ziele der Raumordnung fest. Diejenigen Planaussagen der Braunkohlenpläne, die nach ihrer Auslegung anhand der Kriterien des § 3 Nr. 2 ROG tatsächlich als Ziele der Raumordnung zu qualifizieren sind, 233 führen in der bergrechtlichen Planfeststellung nach § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ROG zu einer strikten Beachtenspflicht. Darüber hinaus gilt die Zielbeachtenspflicht, soweit eine wasserrechtliche Planfeststellung nach § 31 Abs. 2 WHG für ein bestimmtes Abbauvorhaben durchzuführen ist. Damit wird es letztlich entscheidend darauf ankommen, ob eine Planaussage als Ziel der Raumordnung zu qualifizieren ist oder nicht.

230 Vgl. § 4 Abs. 4 S. 1 ROG. Satz 2 läßt jedoch die von § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ROG angeordnete Zielbeachtenspflicht bei privatnützigen Planfeststellungen ausdrücklich unberührt. 231

Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung, BT-Drucks. 13/6392,

S. 82. 232

Als qualifizierte Raumordnungsklausel und damit Einfallstor für die Ziele der Raumordnung kann § 35 Abs. 3 BauGB für die Zulässigkeit von Abbauvorhaben im Außenbereich von entscheidender Bedeutung sein. Danach entfalten Ziele der Raumordnung ausnahmsweise unmittelbare Wirkung gegenüber Privaten. Vgl. zu § 35 Abs. 3 S. 2 BauGB Hoppe, DVB1. 1993, 1109 ff. und zu §35 Abs. 3 S. 3 BauGB Runkel, DVB1. 1997, S. 275 ff.; ausführlich zum Ganzen Schmidt, Wirkung von Raumordnungszielen auf die Zulässigkeit privilegierter Außenbereichsvorhaben, 1997, S. 19 ff. zu § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB a. F. (diese Vorschrift entspricht dem jetzigen Satz 2) sowie S. 67 ff. zu § 35 Abs. 3 S. 4 BauGB (diese Vorschrift entspricht dem jetzigen Satz 3). 233

Ausführlich zu den sonstigen Voraussetzungen (verfahrensrechtlich und kompetenzrechtlich) Runkel, in: Bielenberg/Erbguth/Söfker, ROG, Bd. 2, Κ § 3 Rn. 22 ff.

Thesen Zu Teil 1: Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung § 1 Ethische und politische Grundlagen des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung im Hinblick auf den Bergbau 1. Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung ist zu einem zentralen Leitgedanken des Umweltrechts und der Rohstoffbewirtschaftung geworden. In der wissenschaftlichen Diskussion und in politischen Erklärungen seit längerem verankert, wurde dieser Grundsatz nunmehr auch rechtlich fixiert. Daraus ergeben sich tiefgreifende Auswirkungen für die rechtlichen Rahmenbedingungen der Rohstoffbewirtschaftung. 2. In der wissenschaftlichen Diskussion taucht der Gedanke der nachhaltigen Entwicklung seit Ende der 70er Jahre auf. In politischen Erklärungen wurde er in den 80er Jahren aufgenommen, zunächst im Bericht der Brundtland-Kommission von 1987 und dann im Jahre 1992 insbesondere in der Rio-Konferenz und der Agenda 21. Danach müssen auch die Bedürfhisse künftiger Generationen gewahrt sowie ökonomische, ökologische und soziale Belange versöhnt werden. 3. Für die Rohstoflfwirtschaft besonders bedeutsam ist die politische Forderung, den Abbau von nicht erneuerbaren Rohstoffen auf das zu beschränken, was auf Dauer durch regenerierbare Primärrohstoffe oder durch Sekundärrohstoffe ersetzt werden kann. Diese sogenannte 2. Managementregel ist indes schon wegen des „auf Dauer" schwerlich zu handhaben und läßt die Bedürfhisse gegenwärtiger Generationen bei einer strikten Anwendung zu kurz kommen. 4. Im deutschen (Umwelt-)Recht ist der Begriff „nachhaltig" zwar seit langem etabliert, aber meist nicht in Gestalt des „sustainable development"-Konzepts, sondern eher als Ressourcenvorsorge.

§ 2 Geltungsgründe für den Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung 1. Im Europarecht ist eine nachhaltige Entwicklung schon in der Präambel zum EUV und auch in Art. 2 1. Spiegelstrich EUV enthalten. Sie wird insbesondere in der Grundlagenbestimmung des Art. 2 EGV in der Fassung der Amsterdamer Vertragsänderung gefordert. Diese Vorschrift gibt eine nachhaltige Entwicklung im Zusammenhang mit dem Wirtschaftsleben vor, ohne daß dieser

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Grundsatz dadurch verengt wird. Er darf aber nicht einseitig zu Lasten des vorausgesetzten Wirtschaftslebens gehen. Vielmehr stehen ökonomische, ökologische und soziale Belange gleichberechtigt nebeneinander. Umweltschutzgehalte sind nicht a priori vorrangig. Dementsprechend darf der Umweltschutz auch über die Querschnittsklausel des Art. 6 EGV aufgrund des dort primär genannten Ziels der Förderung einer nachhaltigen Entwicklung kein ansatzmäßiges Übergewicht erlangen. 2. Die allgemeinen Vorgaben der EG-Umweltpolitik nach Art. 174 Abs. 1 1. Spiegelstrich EGV lassen sich zwar wohl nur bei einer nachhaltigen Entwicklung wahren, ohne aber diese allgemein und damit über den Umweltschutz hinaus zu enthalten. In engem sachlichen Zusammenhang steht deren Zukunftsbezogenheit mit dem Vorsorge- und dem Vorbeugungsgrundsatz nach Art. 174 Abs. 2 S. 2 EGV. Nicht aussagekräftig ist die Vorgabe eines hohen Schutzniveaus nach Art. 174 Abs. 2 S. 1 EGV - ebensowenig wie nach Art. 95 Abs. 3 S. 1 EGV im Rahmen der Rechtsangleichung. Gänzlich unkonturiert ist ein „Grundsatz des bestmöglichen Umweltschutzes". 3. Spezifisch bezogen auf die Rohstoffwirtschaft verlangt Art. 174 Abs. 1 3. Spiegelstrich EGV eine umsichtige und rationelle Verwendung der natürlichen Ressourcen. Daraus ergibt sich das Erfordernis einer Harmonisierung von Umwelt, Wirtschaft und sozialen Belangen sowie eine Berücksichtigung der Bedürfnisse künftiger Generationen, aber keine starre Grenze dahingehend, daß der Rohstoffabbau auf das beschränkt ist, was durch Sekundärrohstoffe ersetzt werden kann. Auch die gegenwärtigen Generationen müssen sich entfalten können. 4. Die nationale Rechtsetzung wird durch diese gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben bei der Rechtfertigung von Beschränkungen der Grundfreiheiten und nationalen Alleingängen nach Art. 176 EGV geprägt, vor allem aber über die Richtlinienumsetzung. Beispiele aus dem gemeinschaftlichen Sekundärrecht sind die UVP- und die IVU-Richtlinie. 5. Im Grundgesetz folgt der Gedanke der nachhaltigen Entwicklung bereichsspezifisch vor allem aus Art. 20a, der einen Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen auch in Verantwortung für die künftigen Generationen vorgibt. Das „auch" setzt eine Gewährleistung der natürlichen Lebensgrundlagen auch für die jetzt Lebenden voraus. Die Rohstoffnutzung muß daher auch ihnen offenstehen und kann nicht heute mit Blick auf die Bedürfhisse künftiger Generationen gänzlich unterbunden werden. Es bedarf eines Ausgleichs. Aus ihm folgt eine Begrenzung des Rohstoffabbaus, daß sich auch künftige Generationen unter Einbeziehung der weltweiten Vorkommen und ggf. unter gleicher Einschränkung wie die heute Lebenden mit den entsprechenden Rohstoffen versorgen können. 6. Eine nachhaltige Entwicklung ist auch die Grundlage der Erfüllung grundrechtlicher Schutzpflichten insbesondere für Leben und Gesundheit sowie für das Eigentum. Natürliche Ressourcen sind nicht nur aufgrund der durch ihre Nutzung hervorgerufenen Luftverschmutzung relevant, sondern auch in ihrer

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Grundlagenfunktion für das Weiterleben wie auch die ökonomische Entfaltung des Menschen. Diese Betrachtung schlägt insbesondere bei einer Konzeption der grundrechtlichen Schutzpflichten als Grundrechtsvoraussetzungsschutz durch, kommt aber auch bei den herkömmlichen Begründungsansätzen zum Tragen. 7. Die ökonomische und die soziale Komponente des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung sind in Art. 20a GG angelegt und in Art. 12, 14 GG bzw. Art. 20 Abs. 1 GG spezifisch abgesichert. Damit sind zwei gleichgewichtige Kontrapunkte zur ökologischen Seite vorhanden, die in einer umfassenden Abwägung gleichrangig berücksichtigt werden müssen. Der Gesetzgeber besitzt eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. 8. Auf der Ebene des einfachen Rechts enthält insbesondere auch das Bundesberggesetz Anhaltspunkte für eine Verankerung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung. Dieses bezweckt nach § 1 u. a. einen sparsamen und schonenden Umgang mit Grund und Boden, freilich im Rahmen der Sicherung der Rohstoffversorgung. Die damit intendierte mittel- bis langfristige Sicherung der Rohstoffversorgung steht für die ökonomische Dimension der Nachhaltigkeit. Der dabei zu berücksichtigende Lagerstättenschutz sichert dies ab und kann, indem er prinzipiell der Möglichkeit einer Reservehaltung von mineralischen Rohstoffen zumindest nicht entgegensteht und Raubbau verhindern soll, als Ausdruck der intergenerationellen Komponente gedeutet werden, zumal die Bergbehörden Bergbau nicht nur fördern, sondern auch ordnen sollen. Die Vorgabe des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden greift die ökologische und die soziale Komponente auf; letztere wird in der Sache auch durch den Lagerstättenschutz gewahrt. Die daraus folgende Gleichrangigkeit der einzelnen Belange schließt einen abstrakten Vorrang des Bergbaus aus, der aber auch über das Einströmen konkurrierender Fachgesetze in das Bergrecht neutralisiert werden kann. 9. Der Nachhaltigkeitsgedanke kann des weiteren über bergbaurelevante Umweltgesetze, die ihrerseits Anhaltspunkte für den Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung aufweisen, auf bergbauliche Abbauvorhaben einwirken, indem diese neben den bergrechtlichen Konzessions- und Zulassungsverfahren zu beachten sind und über sogenannte „Öfifhungsklauseln" das Berechtsams- oder Betriebsplanverfahren inhaltlich beeinflussen. Aufgenommen ist der Nachhaltigkeitsgedanke insbesondere in den wasserrechtlichen Normen, die den Bewirtschaftungsgrundsatz enthalten, sowie in der Zielvorschrift des Bundesnaturschutzgesetzes, allerdings eher in einer ressourcenökonomischen Stoßrichtung. 10. Insgesamt ergibt sich ein Rechtsgebäude, das bereits den Gedanken der nachhaltigen Entwicklung enthält, indes keine starre Begrenzung der Rohstoffbewirtschaftung vorgibt.

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§ 3 Mögliche Umsetzungsmittel 1. Planungen im allgemeinen und Gesamtplanungen im besonderen stellen aufgrund ihrer Koordinierungs- und Ausgleichsfunktion, ihrer Zukunftsgerichtetheit und ihrer Anpassungsfähigkeit ein besonders geeignetes, für den Bergbaubereich unabdingbares Mittel zur Umsetzung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung dar, das der Ergänzung durch ordnungsrechtliche Maßnahmen bedarf. 2. Ordnungsrechtliche Instrumente sind bei ernsteren, irreversiblen Schäden, wie sie im Bergbau drohen, unabdingbar. Das Problem der Vollzugsdefizite entfällt im Bergbausektor weitgehend. 3. Abgaben weisen vor allem das Problem einer zieldienlichen Bemessung auf. Bei einer Kombination mit ordnungsrechtlichen Lösungen sind sie auf diese abzustimmen. Der rechtliche Maßstab des Prinzips widerspruchsfreier Normgebung ist bei der 1999 eingeführten Energiesteuer nicht gewahrt; freilich nur, weil sie einer Selbstverpflichtung der Wirtschaft zur Reduzierung von C 0 2 Emissionen bzw. des Energieverbrauchs widerspricht. 4. Selbstverpflichtungen eignen sich je nach Ausgestaltung durch Einbeziehung der Betroffenen sehr gut für die Verwirklichung einer nachhaltigen Entwicklung gerade im Energiesektor. 5. Das Zertifikatmodell kann zur Unerschwinglichkeit unabdingbarer Leistungen führen und scheidet zur Abwehr drohender irreversibler Schäden wie im Bergbau aus.

Zu Teil 2: Die Umsetzung am Beispiel der raumbezogenen Planung für Bergbauvorhaben § 1 Raumplanung - bundesunmittelbare Vorgaben 1. Als Raumnutzung und aufgrund seiner Raumbedeutsamkeit unterliegt der Bergbau insgesamt, insbesondere unter dem Aspekt eines langfristig vorsorgenden Lagerstättenschutzes und mangels spezifischem Fachplanungsgesetz, dem Steuerungsanspruch der Raumordnung. 2. Im novellierten Raumordnungsgesetz hat der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung als Leitvorstellung der Raumordnung gesetzlichen Niederschlag gefunden. Er gilt bundesunmittelbar und wirkt als Auslegungs- und Anwendungsmaxime der Raumordnungsgrundsätze sowie allgemein als Zielvorgabe für die planenden Stellen. Derart beeinflußt die Leitvorstellung nicht die Frage „was" Aufgabe der Raumordnung ist und hat damit, jedenfalls isoliert betrachtet, auch keine kompetenzerweiternde Funktion. Sie wirkt vielmehr auf das „Wie" der raumordnerischen Aufgabenerfüllung, d. h. auf die Wahrnehmung

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des Entwicklungs-, Ordnungs- und Sicherungsauftrages nach § 1 Abs. 1 S. 1 ROG ein. 3. Inhaltlich folgt die Leitvorstellung der nachhaltigen Raumentwicklung nach § 1 Abs. 2 S. 1 ROG dem dreidimensionalen Ansatz, wonach ökologische, ökonomische und soziale Belange a priori abstrakt gleichberechtigt sind. Sie wird durch acht Teilaspekte konkretisiert. 4. Der erste Teilaspekt löst den Gedanken der Langzeitverantwortung aus der ökologischen Isolierung des Art. 20a GG und setzt ihn als Grenzpunkt für die freie Entfaltung der Persönlichkeit. Dadurch erfährt die Raumplanung eine stärkere Zukunftsausrichtung. Interessen künftiger Generationen sind, je nach Gewicht, in die planerische Entscheidung miteinzubeziehen. 5. Gleichwohl werden wirtschaftliche Ansprüche an den Raum und damit auch die Bodenschätzegewinnung als solche anerkannt. Dies verdeutlicht bereits die ökonomische Dimension des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung, die in § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 ROG, in der sogenannten raumordnungsrechtlichen Rohstoffsicherungsklausel des § 2 Abs. 2 Nr. 9 S. 3 ROG sowie in § 7 Abs. 2 Nr. 2 lit. b) ROG konkretisiert wird. Damit kann nicht die Bodenschätzegewinnung als solche, sondern allenfalls deren Intensität von der neuen Leitvorstellung beeinflußt werden. 6. Ableiten läßt sich insoweit das Sparsamkeitspostulat, wenngleich ein bestimmtes Maß der gebotenen Sparsamkeit abstrakt nicht vorgegeben ist. Entscheidend sind zahlreiche Determinanten, die es in die Abwägung einzustellen gilt. Hierzu zählen die volkswirtschaftliche Bedeutung eines bestimmten Rohstoffs, der nutzbare Rohstoffvorrat, dessen Substituierbarkeit und der gegenwärtige und künftig abschätzbare Bedarf. 7. Verwirklichen läßt sich der Sparsamkeitsgedanke auf der Raumordnungsebene lediglich durch entsprechende zielförmige Flächenausweisungen, wobei den Gebietskategorien des § 7 Abs. 4 ROG eine besondere Bedeutung zukommt. Die Belange des Bergbaus sind dabei im Rahmen der vorausgehenden Abwägung ihrem Gewicht im konkreten Planungsfall entsprechend zu würdigen. Abgesichert wird dies durch die raumplanerische Rohstoffsicherungsklausel des § 2 Abs. 2 Nr. 9 S. 3 ROG. 8. Vorgaben, die das „Wie" bzw. „Wieviel" des Abbaus betreffen, wie etwa saisonale Beschränkungen oder Fördergrenzen, verstoßen dagegen regelmäßig gegen das Gebot der Überörtlichkeit und sind damit als kompetenzwidrig einzustufen. Vergleichbares gilt für Vorgaben hinsichtlich Substitution und Recycling. 9. Der zweite Teilaspekt konkretisiert, indem er den Schutz und die Entwicklung der natürlichen Lebensgrundlagen fordert, die ökologische Dimension des Grundsatzes nachhaltiger Entwicklung. Auch diese Zielvorgabe ist mit wirtschaftlichen und sozialen Ansprüchen an den Raum abzustimmen, so daß sich hieraus kein absolutes Verschlechterungsverbot ableiten läßt. Aufgrund dieser nachhaltigkeitsimmanenten Verknüpfung von Ökologie, Ökonomie und Sozia-

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lem läßt sich eine Parallele zu der im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG vertretenen Freiraumthese ziehen. Danach fungieren Freiräume sowohl als künftige Lebensräume als auch als künftige Belastungsreserven und sind dementsprechend zu erhalten. 10. Insgesamt muß im Rahmen von Gebietsausweisungen dem langfristig vorsorgenden Lagerstättenschutz im Interesse einer langfristigen Sicherung der Rohstoffversorgung Rechnung getragen werden. Dies erfordert zum einen neben einer Bedarfsabschätzung eine bundes- oder zumindest landesweite Erfassung der RohstofïVorkommen. Zum anderen muß im Rahmen der Flächenausweisungen dem Umstand Rechnung getragen werden, daß sowohl heutige als auch künftige Generationen ausreichend mit Rohstoffen versorgt sind. Dies legt eine Ausweisung von Flächen nahe, die zwischen Gebieten für die gegenwärtige, mittelfristige und langfristige Rohstoffversorgung unterscheidet. Auf diese Weise läßt sich eine Planungsgrundlage auch für die Rohstoffwirtschaft gewinnen, die zwar aufgrund der zahlreichen Unsicherheitskoeffizienten in gewissen Grenzen fortschreibungsbedürftig bleibt und anpassungsfähig sein muß, andererseits aber ein Mindestmaß an Planungssicherheit erzeugt und, nicht zuletzt, dem Gedanken der intergenerationellen Gerechtigkeit Rechnung trägt. 11. Der dritte Teilaspekt stellt den Auftrag der Raumordnung zur Schaffung der Standortvoraussetzungen für die wirtschaftliche Entwicklung, mithin zur Entwicklung der „wirtschaftlichen Lebensgrundlagen" gleichberechtigt neben jenen zur Entwicklung der natürlichen Lebensgrundlagen. 12. Nach dem vierten Teilaspekt sind die Gestaltungsmöglichkeiten der Raumnutzung langfristig offen zu halten. Damit entspricht die langfristige Erhaltung von Nutzungsoptionen der Zielvorgabe einer nachhaltigen Raumentwicklung. 13. Besonders bergbaurelevante Raumordnungsgrundsätze sind der Grundsatz zur Freiraumstruktur in § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG, ergänzt durch § 7 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ROG. Diese Vorschriften erkennen eine wirtschaftliche Nutzung des Freiraums und wie § 7 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 lit. b) belegt, auch die Gewinnung von Rohstoffen ausdrücklich an. Nutzungen sind allerdings mit den ökologischen Freiraumfunktionen zu versöhnen. Gesondert erfaßt werden die Belange der Rohstoffwirtschaft vom Wirtschaftsgrundsatz in § 2 Abs. 2 Nr. 9 ROG. Sie gehören nach § 7 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 lit. b) zu den bundesrechtlich vorgegebenen sogenannten Kerninhalten für Raumordnungspläne. Der Wirtschaftsgrundsatz verlangt auch eine vorsorgende Sicherung von Rohstoffen und ermöglicht damit eine langfristige Rohstoffsicherung. Das Sparsamkeitspostulat findet sich in Grundsatz Nr. 8 bestätigt.

Thesen

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§ 2 Bergbaurelevante Raumordnung in den Ländern am Beispiel der Planungsinstrumente des Landes NRW 1. Die Länder haben ihre Landesgesetze auf dem Gebiet der Raumordnung und Landesplanung bis spätestens zum 31.12.2001 an die neuen rahmenrechtlichen Vorgaben des ROG 1998 anzupassen. 2. Die bergbaurelevanten Planaussagen des Landesentwicklungsprogramms (LEPro) entsprechen inhaltlich im wesentlichen den Raumordnungsgrundsätzen des Bundes. Sie enthalten keine weiterführenden Vorgaben für die Landesplanung. Zeichnen sich auf planerischer Ebene Nutzungskonflikte ab, läßt sich § 2 S. 5 LEPro ein abstrakter Vorrang ökologischer Erfordernisse nicht entnehmen. Dies gilt auch für § 25 Abs. 4 LEPro, der inhaltlich der bundesrechtlichen Rohstoffsicherungsklausel in § 2 Abs. 2 Nr. 9 S. 3 ROG entspricht und dogmatisch trotz seiner Bezeichnung als „allgemeines Ziel" als Raumordnungsgrundsatz einzustufen ist. Letztlich entscheidend bleibt damit, welches Gewicht die konkret betroffenen Belange in der jeweiligen Planungssituation entfalten. 3. Im Landesentwicklungsplan (LEP NRW) vom 11. Mai 1995 verpflichtet sich die Landesregierung zu einer dauerhaft umweltgerechten Landesentwicklungspolitik, mithin zu einer am Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung orientierten Landesplanung. Die bergbaurelevanten Planaussagen im Kapitel (B.III.) „Natur und Landschaft" sind „abwägungsoffen" und damit nicht als zielförmige Festlegungen zu qualifizieren. Auch sie lassen unter bestimmten Voraussetzungen eine Bodenschätzegewinnung zu. Die Planaussagen im Kapitel (C.IV.) „Heimische Bodenschätze" gehen inhaltlich nicht über die Planaussagen der §§ 18, 25 Abs. 4 LEPro hinaus und sind damit ebenfalls einer Abwägung mit konkurrierenden Nutzungen zugänglich. Gleichwohl läßt sich in den genannten Abschnitten und insbesondere im Kapitel (D.II.) „Energieversorgung" der dreidimensionale Ansatz des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung nachweisen. 4. Bereits nach der bestehenden Rechtslage enthalten ist der Nachhaltigkeitsgedanke in § 34 Abs. 2 LP1G. Danach ist die Genehmigung für Braunkohlenpläne nur zu erteilen, wenn sie den Erfordernissen einer langfristigen Energieversorgung auf der Grundlage des Landesentwicklungsprogramms entsprechen und die Erfordernisse der sozialen Belange der vom Braunkohlentagebau Betroffenen und des Umweltschutzes angemessen berücksichtigen. Damit werden die drei wesentlichen Determinanten des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung genannt und in rechtlich verbindlicher Weise zueinander in Bezug gesetzt.

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• Diskussionsbeiträge und Parlamentsdrucksachen sind in den Fußnoten als solche gekennzeichnet und nicht eigens aufgeführt.

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Sachregister Abgabenlösung 112, 114 f., 118, 128, 134 ff. abstrakter Vorrang 87 f., 209 Agenda 21 17,19,28,203 Anwendungsmaxime 149, 172, 182, 206 Aufgabe der Raumordnung 146,148, 150, 160 f., 163, 166 f., 179, 190, 206 Aufgabenbestimmung - gemeinschaftliche, gemeinschaftsrechtliche 42, 48 - raumordnungsrechtliche Siehe Aufgabe der Raumordnung Außenbereich 142, 169

Bauplanungsrecht 109 Berufsfreiheit 61, 69, 72, 85 Bestandsschutzprinzip Siehe Verschlechterungsverbot Bindungswirkungen 173,201 Bodenschätzegewinnung 16 f., 19, 21, 23, 28, 78, 83, 96, 99, 142 f., 152 f., 160 f., 163, 167, 172, 174, 178, 207, 209 Bodenschätzeplanung 160 Braunkohlenplan 108, 133, 187, 193 ff., 197, 199 f., 202, 209 Braunkohlenplanung 108, 177, 187, 193,200 - dogmatische Einordnung 194 f. - und nachhaltige Entwicklung 196, 199 Brundtland 14 f., 23, 28, 203

C02-/Energiesteuer 115, 135, 138 C02-Emissionen 37, 121, 139 dreidimensionaler Ansatz 85,87,91, 99, 149, 186, 200, 207, 209 Eigentumsfreiheit 60 f., 68, 70 Energiesteuer 114 f., 117, 119, 135 ff., 206 Energiewirtschaftsgesetz 136 f. Enquête-Kommission 27 f., 154 Existenzminimum 64 Fachplanung 107 f., 142, 146, 194, 206 Freiraumthese 164,208 Gebietsentwicklungspläne 177, 187, 190, 192 f. Gebietskategorien 158, 161, 167,207 Gesamtplanung 107 f., 143, 146, 160, 194, 206 Grundrechtliche Schutzpflichten 46 f., 56, 59, 60 ff., 65, 69, 204 f. Grundrechtsvoraussetzungen 69 Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung - auf politischer Ebene 13 - internationale Ausrichtung 37 - und Bergrecht 77 - und Europarecht 42 - und Forstrecht 25 - und Managementregeln 20, 27 - und nationales Recht 55 - und Völkerrecht 22

236

Sachregister

- und Vorrang der Rohstoffsicherung 85 - und Wasserrecht 90 Grundsatz des bestmöglichen Umweltschutzes 40, 49, 204 Grundsätze der Raumordnung 144 f., 149, 171 ff., 178, 182, 184, 190, 193 Handlungsmaxime 148, 167, 173 hohes Schutzniveau 39 integrativer Ansatz 54 f. IVU-Richtlinie 32, 53 ff., 204 kompetenzrechtliche Grenzen 158 f., 167 Konfliktbewältigung 103, 147 konstantes Naturkapital 34, 83, 94 Lagerstättenschutz 80, 82, 84, 87, 142, 180 f., 205 f., 208 Landesentwicklungsplan 187 ff., 190 ff., 209 Landesentwicklungsprogramm 177, 182 ff., 190 ff., 198, 209 Landesplanung 81, 106 ff., 143, 151, 158 ff., 168, 176 f., 180 ff., 190 ff., 198 ff., 209 Langzeitverantwortung 27, 79, 152 ff., 157, 207 Leitvorstellung 141, 143, 145, 147 ff., 159, 161, 163, 165, 167, 170 ff., 175, 179, 200, 206, 207 Letztentscheidung, landesplanerische 182 ff., 189, 200 Managementregeln der Nachhaltigkeit Siehe Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung und Managementregeln Menschenwürde 61 ff., 130

nachhaltige Raumentwicklung 141, 143, 145, 148, 150 ff., 158, 161 ff., 167, 170 f., 175, 179, 181, 207 f. Nachhaltigkeitsprinzip Siehe Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung Naturschutz 89, 95, 98, 100, 178, 185 f., 189, 199 Naturschutzrecht 95 ff., 163, 188

Öffnungsklausel 82, 96,197, 205 Öko-Audit 122 f. ökologische Dimension 82, 143, 149, 161, 170, 179, 186, 199, 207 ökonomische Dimension 79,83, 143, 181,205, 207 Optimierungsgebot 78, 88, 149, 185 ordnungsrechtliche Lösungen 112 ff., 206

Planfeststellung 89, 112, 142, 194, 201 - bergrechtliche 112, 201 f. Planung - allgemein 17, 80, 82, 100 f., 109, 150 - Anpassungsfähigkeit der - 104 f. - Ausgleichsfunktion der - 102 f., 147 - raumbezogene 106 f., 141, 145 f., 166, 171 f. - Zukunftsbezogenheit der - 79, 103 Planungshierarchie 108, 146, 160, 177, 187 Präambel des EGV 45 f., 51 Prinzip der widerspruchsfreien Normgebung 120, 128 ff., 134,206

Querschnittsklausel 41 f., 44, 48 f., 74, 204

Sachregister Raumfunktionen 88, 95, 106, 143, 147 ff., 151 f., 160 f., 163, 166, 189, 195 Raumnutzungen 80, 88, 143, 147 ff., 151, 160 f., 163 f., 166 f., 189, 195 Raumordnungsgrundsätze Siehe Grundsätze der Raumordnung Raumordnungsziele Siehe Ziele der Raumordnung Raumplanung - und Bergbau 142 ff., 176 ff. - im Bundesrecht 142 ff. - im Landesrecht 176 ff. Regionalplanung 108, 163, 170, 190, 192 f., 195 Rio-Deklaration 15 f., 27 f., 38 Rohstoffsicherung 78 f., 80, 82 f., 86 f., 100, 142, 153, 159, 167, 169 f., 207 f. Schutzgebiet 19, 90, 95 f., 100 Sekundärrohstoffe 33 f., 203 f. Selbstverpflichtungen 77, 110 f., 120 ff., 128, 138 ff., 206 Sollvorschrift 78, 173, 184 soziale Dimension 84, 93, 148, 186 Sozialstaatsprinzip 56, 71 ff. Sparsamkeitspostulat 23, 157 ff., 169, 175, 207 f. Staatszielbestimmung Umweltschutz Siehe Umweltstaatsziel(bestimmung)

Standortgebundenheit 29, 80, 86, 99, 159, 180 f. Stromeinspeisungsgesetz 136 Substitution 21, 23, 27 ff., 34, 154 f., 159, 161, 191,207 sustainable development Siehe Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung Übergeordnetheit 107, 146 Umweltstaatsziel(bestimmung) 28, 57 f., 66 f., 70 f., 150 f., 156, 161, 204 f., 207 UVP-Richtlinie 32, 53 Verschlechterungsverbot 162, 164, 207 Vorbeugungsgrundsatz 38 f., 204 Vorranggebiet 158, 167, 169, 174 Vorsorgeprinzip 27,38, 162, 164, 166 Wiedernutzbarmachung 22, 84, 97, 99, 199 Zertifikatlösung Siehe Zertifikatmodell Zertifikatmodell 126 f., 134, 206 Ziele der Raumordnung 144,158, 168 f., 176 f., 182 f., 184, 186 f., 189, 192 f., 195, 199, 201 f. Zweckbestimmung - bergrechtliche 78,87, 181