Summa Iovis: Studien zu Text und Textgebrauch eines mittelalterlichen Lehrgedichts 9783412211813, 9783412210366


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Summa Iovis: Studien zu Text und Textgebrauch eines mittelalterlichen Lehrgedichts
 9783412211813, 9783412210366

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ORDO Studien zur Literatur und Gesellschaft des Mittelalters und der frühen Neuzeit Herausgegeben von Ulrich Ernst, Christel Meier und Klaus Ridder Band 13

Rüdiger Lorenz

Summa Iovis Studien zu Text und Textgebrauch eines mittelalterlichen Lehrgedichts

2013 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN

Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG WORT

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2013 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln WeimarWien Ursulaplatz 1, D–50668 Köln, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Gesamtherstellung: WBD Wissenschaftlicher Bücherdienst, Köln Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier ISBN 978-3-412-21036-6

Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1. Ziel und Anlage der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2. Die ars dictaminis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3. Das lateinische Lehrgedicht im Mittelalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4. Kodikologische Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5. Lateinische Schullektüre im Mittelalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9 9 11 16 34 41

2. Die „Summa Iovis“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 2.1. Zu Entstehung und Autor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 2.2. Die Handschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 2.3. Zum Inhalt im literarisch-historischen Kontext . . . . . . . . . . . . . . 75 2.4. Die „Summa Iovis“ als Lehrgedicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 2.5. Das Verhältnis zu den Vorlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 3. Der kodikologische Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1. Textgebrauch im Spiegel der Kodizes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2. Die Rhetorikhandschrift des Albertus Löffler als Modellfall . . . . . 3.3. Sekundäre Erwähnungen der „Summa Iovis“ . . . . . . . . . . . . . . . .

149 149 186 215

4. Schlussdiskussion und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 A. Texte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A.1. „Summa Iovis“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A.1.1. Editionsprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A.1.2. Lateinischer Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A.1.3. Deutsche Paraphrase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A.2. Exzerpt: Guido Faba, „Summa dictaminis“ . . . . . . . . . . . . . . . . . A.2.1. Textdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A.2.2. Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A.3. Der Kommentar zur „Summa Iovis“ in B . . . . . . . . . . . . . . . . . . A.3.1. Textdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A.3.2. Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

239 239 239 244 251 254 254 255 277 277 278

6

Inhalt

B. Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 B.1. Bibliographische Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 B.2. Kurztitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 C. Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C.1. Drucke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C.2. Edierte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C.3. Sekundärliteratur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

313 313 313 316

Abstract . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 Handschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 Personen, Werke und Orte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2010/11 von der Philologischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg unter dem Titel „Studien zu Text und Textgebrauch der ‚Summa Iovis‘“ als Dissertation angenommen und für den Druck geringfügig überarbeitet. Mein großer Dank gilt zuallererst meinem Doktorvater Prof. Dr. Felix Heinzer, der während der gesamten vier Jahre interessiert mein Promotionsvorhaben verfolgte und mit Rat und Tat begleitete. Er hatte stets ein offenes Ohr für meine Probleme und Zweifel, nahm diese ernst und gab mir hilfreiche Hinweise, um mich im manchmal verworrenen Dickicht meiner Gedankengänge wieder zurechtfinden zu können. Insbesondere der zweite, kodikologische Teil meiner Arbeit geht auf seine Anregungen zurück. Zudem möchte ich Prof. Dr. Dieter Mertens und Prof. Dr. Birgit Studt danken, die die Last des Zweit- respektive Drittgutachtens auf sich nahmen. Meine philologischen Fertigkeiten und die Kenntnisse der lateinischen Literatur und Sprache des Mittelalters verdanke ich meinem Studium bei Prof. Dr. Paul Gerhard Schmidt, der leider viel zu früh am 24. September 2010 verstarb. Ohne seine Lehre, in deren Rahmen ich erstmals von der ars dictaminis hörte, wäre es mir nicht möglich gewesen, dieses Projekt überhaupt in Angriff zu nehmen. Aufrichtig danken möchte ich PD Dr. Lenka Jiroušková für die zahlreichen Gespräche und die ehrlich geäußerte Kritik, durch die ich angeregt wurde, manche Argumentationslinien (oder auch ganze Kapitel) zu überdenken, zu präzisieren oder auch neu zu fassen. Ohne die finanzielle Unterstützung, die ich in Gestalt eines Stipendiums aus den Mitteln der Landesgraduiertenförderung erhielt, wäre mir die Durchführung meines Promotionsvorhabens unmöglich gewesen. Diese Förderung empfing ich im Rahmen des Freiburger Promotionskollegs „Lern- und Lebensräume im Mittelalter: Hof – Kloster – Universität. Komparatistische Mediävistik 500–1600“. Neben Prof. Felix Heinzer war dort Prof. Dr. Maarten J. F. M. Hoenen vom Philosophischen Seminar der Universität mein Betreuer. Einem advocatus diaboli gleich forderte er mich auf, mit größerem Nachdruck für meine eigenen Thesen einzutreten und diese nach bestem Wissen und Können zu verteidigen. Danken möchte ich auch den Koordinatoren, die das Kolleg begleiteten: Dr. Judith Theben, Dr. Carolin Schuchert und Harald Wohlfeil M.A. Die Kolloquien und Vorträge im Rahmen des Kollegs und die Gespräche mit den anderen Kollegiaten – pars pro toto sei hier Dr. David Heyde genannt – bildeten eine fruchtbare Grundlage für meine Arbeit.

8

Vorwort

Herrn ao. Univ.-Prof. Dr. Gerold Hayer möchte ich meinen Dank aussprechen – einerseits, weil er mir die Gelegenheit zur Mitarbeit im Projekt „Katalogisierung der mittelalterlichen Handschriften in den Bibliotheken des Landes Salzburg: Streubestände“ an der Paris Lodron-Universität Salzburg gab, andererseits weil er mir durch sein großes Entgegenkommen und Freiheiten bei der Einteilung meiner Arbeitszeit ermöglichte, meine Promotion auch tatsächlich abschließen zu können. Im Oktober 2011 wurde die Dissertation mit dem Günter-Wöhrle-Preis der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und der Stiftung „Humanismus heute“ des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet. Dem Stiftungsvorstand und der Preiskommission möchte ich herzlich für diese erfreuliche Würdigung meiner Arbeit danken. Danken möchte ich auch den Freunden und Kollegen, die bereit waren, mit mir über mein Promotionsprojekt zu diskutieren oder sogar die Mühe auf sich nahmen, die Dissertation korrekturzulesen: Dr. Carla Compagno, Berit H. Gass M.A., Dr. Andre Gutmann, Matthias Herm M.A., Manuel Lorenz M.A., Dr. Balázs J. Nemes, Dr. Tobie Walther (alle Freiburg), Andrea Horz M.A. (Wien), Dr. Farkas Gábor Kiss und Dr. Előd Nemerkenyi (beide Budapest), Dr. Stefan Schustereder (Bonn), sowie meiner Schwester, Dr. Ulrike Lorenz-Link (Würzburg). Besonders will ich in diesem Zusammenhang Dr. Carolin Schuchert (Freiburg) danken, die meine Arbeit zur Gänze durchlas und mir half, meine Schriftsprache in größere Nähe zur Allgemeinverständlichkeit zu rücken. Nicht unerwähnt möchte ich all diejenigen Freunde (Ande, Arne, Bernd, Caro, Esther, Jochen, Manuel, Matthias, Matthias, Micha, Moritz, Rolf, Stefan und Thomas) lassen, die mir in dieser Zeit dankenswerterweise sehr hartnäckig in Erinnerung riefen, dass es eine Realität jenseits der Promotion gibt. Zahlreiche Bibliotheken in Deutschland, Österreich, der Schweiz, England, Frankreich, Schweden, Tschechien und Polen machten mir ihre Bestände zugänglich und gaben mir hilfreich und kulant Auskunft. Stellvertretend für viele möchte ich hier Herrn Dr. Ueli Dill, dem Leiter der Sondersammlungen der Universitätsbibliothek Basel danken, der mir zudem ein kurzes Praktikum ebendort ermöglichte. Nicht zuletzt möchte ich Frau Prof. Dr. Christel Meier-Staubach (Münster) für die Aufnahme meiner Arbeit in die Reihe „Ordo“ meinen herzlichen Dank aussprechen. Frau Elena Mohr vom Böhlau Verlag Köln betreute freundlich und hilfsbereit die Veröffentlichung, die durch einen großzügigen Druckkostenzuschuss des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG WORT GmbH ermöglicht wurde. Freiburg im Breisgau, im April 2013

Rüdiger Lorenz

1. Einleitung

1.1. Ziel und Anlage der Arbeit Im Rahmen des Aufsatzbandes „Artisten und Philosophen“ formuliert Paul Gerhard Schmidt in seinem dortigen Beitrag Desiderata unserer Kenntnis des spätmittelalterlichen Universitätsbetriebes hinsichtlich der beiden artes Grammatik und Rhetorik. Aufgrund der großen Zahl von aus universitärem Kontext stammenden Handschriften kommt er auch auf die ars dictaminis zu sprechen, fragt pointiert nach der Stellung von Texten wie denen des Laurentius von Aquilegia und der sogenannten „Summa Iovis“. Zugleich schränkt er jedoch ein, dass aufgrund der noch unzulänglichen Grundlagenforschung in diesem Bereich getroffene Aussagen vorläufig bleiben müssen1. Bei der „Summa Iovis“ handelt es sich um ein in etwa 40 Handschriften des Spätmittelalters überliefertes Lehrgedicht in lateinischer Sprache, welches die ars dictaminis, die „Kunst des Briefschreibens“ thematisiert.2 Das Gedicht hat lediglich einen Umfang von 107 leoninischen Hexametern. Parallel hierzu fällt auch die bisherige Forschung relativ kurz aus, und Martin Camargo, der sich bisher am intensivsten mit diesem Gedicht beschäftigte, kommt zu einem recht vernichtenden Urteil: Da der Text keiner der an ihn zu stellenden Anforderungen gerecht werde, handele es sich bei seiner breiten Überlieferung lediglich um einen Zufall; nur aufgrund seiner Mitüberlieferung und einer zeitlich bedingten „Mode“, die solcherart Texte begünstigt hätte, sei diese zu erklären3. Obgleich sich bisher an der von Schmidt beschriebenen Forschungslage zur ars dictaminis nur recht wenig geändert hat, soll dennoch in vorliegender Arbeit versucht werden, der Frage nach Art und Inhalt der „Summa Iovis“ sowie ihrem Gebrauch nachzugehen – auch da sich eine völlig zufällige und unmotivierte Überlieferung des Textes in doch so beträchtlicher Zahl unwahrscheinlich ausnimmt. Zu diesem Zweck gilt es als erstes zu zeigen, was die ars dictaminis ist und in welchem historischen Kontext ihre Entwicklung zu sehen ist (Kap. 1.2). Ebenfalls müssen geschichtliche Genese, Charakteristika und Funktionen der Gattung 1 Schmidt 1999, 57. 2 Vgl. Worstbrock 1983a. 3 Vgl. Camargo 1996a.

10

Einleitung

„Lehrgedicht“, welcher die „Summa Iovis“ zuzurechnen ist, dargestellt werden (Kap. 1.3). Um einen gemeinsamen Ausgangspunkt für die kodikologischen Betrachtungen zu schaffen, sollen zudem die handschriftenkundlichen Grundannahmen geklärt werden (Kap. 1.4). Zuletzt ist zu berücksichtigen, da es sich bei der „Summa Iovis“ um einen Lehrtext handelt und die Frage nach der Position des Textes im Unterricht gestellt wird, was in diesem Kontext als Schullektüre zu gelten hat (Kap. 1.5). Nach erfolgter Klärung der Grundlagen wird in einem ersten Schritt die „Summa Iovis“ selbst im Fokus stehen. Der nur pseudonym bekannte Autor des Gedichts (Iupiter) sowie Zeitpunkt und Ort ihrer Entstehung bilden hierfür den Ausgangspunkt (Kap. 2.1). Dem schließt sich eine Auflistung der bisher bekannten Überlieferungszeugen der „Summa Iovis“ an (Kap. 2.2). Auf Grundlage einer Leseedition des Textes (Appendix A.1) soll dann der Inhalt der „Summa Iovis“ geklärt, dieser zugleich in die historische Entwicklung der Lehren der ars dictaminis eingebettet werden (Kap. 2.3). Anhand der zuvor gewonnenen Erkenntnisse zur Gattung „Lehrgedicht“ soll die Gattungskonformität der „Summa Iovis“ überprüft und daraus erste Schlüsse für die Funktionsweise des Gedichtes gezogen werden (Kap. 2.4). Abschließend werden die Beziehungen, die sich zwischen der „Summa Iovis“ und ihren Prätexten ergeben, beleuchtet. Ferner wird der Frage nachgegangen, ob intertextuelle Bezüge zu weiteren Texten bestehen und was diese für Entstehung, Funktion und Gebrauch der „Summa Iovis“ bedeuten (Kap. 2.5). Im zweiten Teil der Arbeit ist zu klären, in welchen Kontexten die „Summa Iovis“ in ihrem Gebrauch zu situieren ist. Unter dem Eindruck von Studien, die die Untersuchung der einzelnen Handschrift ins Zentrum stellen und daraus Erkenntnisse über die Nutzer der Handschriften gewonnen haben4, sollen hierzu primär die sich aus dem in den Kodizes überlieferten Textensembles ergebenden Interdependenzen sowie Entstehung und Nutzung analysiert werden. Nach der Diskussion der reichen Überlieferung der „Summa Iovis“ (Kap. 3.1) wird aufgrund seiner besonderen Überlieferungssituation ein Kodex von der Hand des Basler Dominikaners Albertus Löffler von Rheinfelden als Fallstudie herausgegriffen (Kap. 3.2). Abgerundet werden die Betrachtungen durch einen Blick auf Erwähnungen der „Summa Iovis“ außerhalb der Überlieferungsträger (Kap. 3.3).

4 Vgl. beispielsweise Brandis 1997, sowie Heinzer 2004 und Heinzer 2006. Speziell auch zur Bewertung des Gebrauchs von Fragmenten, Reiter 2000.



Die ars dictaminis

11

1.2. Die ars dictaminis Ausgehend von „diktierend (d. h. wiederholt sagend) verfertigen, aufsetzen“5 erweiterte sich der Inhalt des Verbs dictare im Verlauf der Antike um die Bedeutung „(einen Text) verfassen“6; analog wurde nun auch dictator im Sinne von „Schriftsteller, Dichter“ verwendet7. Das sich hieraus im mittelalterlichen Latein bildende Nomen dictamen bezeichnete sowohl den Vorgang des Dichtens oder Verfassens, als auch dessen Produkt, den verfassten Text8. Die Begriffe ars dictandi und ars dictaminis bezeichnen dementsprechend die „Kunst des Verfassens eines Textes“9 – wie jedoch die im Mittelalter synonym benutzte Wendung ars epistolandi zeigt, erlangten diese Bezeichnungen bisweilen eine sehr spezifische Bedeutung. Begründet liegt dies im Gebrauch von dictamen in der einschlägigen mittelalterlichen Traktatliteratur. So definiert Magister Bernardus (um 1145) den Begriff zunächst als jedwede Art von nach stilistischen Regeln verfassten Texten, spezifiziert danach drei unterschiedliche Typen von dictamen: prosaicum, metricum und rhythmicum10. Nicht nur ist Bernardus‘ Definition repräsentativ für ähnliche Schriften, gemeinsam haben diese auch, dass sie das Thema sogleich auf die Prosa beschränken, mehr noch, im überwiegenden Ausmaß ausschließlich den Brief behandeln; somit die artes dictandi faktisch Briefstilistiken sind, dictamen in diesem Kontext sogar identisch mit epistula oder litterae sein kann11. Obwohl im Mittelalter selbst keine eindeutige Terminologie herrschte, soll in vorliegender Arbeit einer von Martin Camargo vorgeschlagenen Definition folgend ars dictaminis stets die „Kunst des Briefschreibens“ und ars dictandi einen Traktat über eben jene ars bezeichnen12. Erstmals, wenn auch nur kurz, ungenau und ohne weitere Folgen ist der Brief in der „Ars rhetorica“ des Caius Julius Victor (4. Jh.) Gegenstand lateinischsprachiger Rhetorik. Doch auch wenn dieser zunächst keine weiteren theoretischen Texte folgten, belegt der Gebrauch antiker Briefsammlungen, wie derjenigen des Cassio5 6 7 8 9

Georges, s. v. ,dicto 2 a‘. MlatWb, s. v. ,1. dicto II B 1 und 3‘; Stotz 1996–2004, § III 40.5. MlatWb, s. v. ,dictator 1 b a und b‘; Stotz 1996–2004, § V 80.4. MlatWb, s. v. ,dictamen I A und II 1 a‘; Stotz, 1996–2004, § VI 63.1. Auf das Bedeutungsspektrum und die Implikationen des ars-Begriffes soll hier nicht eingegangen werden. 10 RD, 9: Dictamen est cuiuslibet rei litteralis prolatio congrua continuatione procedens. […] Dictamen autem alia sunt metrica, alia rithmica, alia prosaica. Neben diese drei Typen kann auch noch das Prosimetrum treten, vgl. HB, 54f. 11 Camargo 1991, 17f und Worstbrock 1997, Sp. 139. 12 Camargo 1991, 20.

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Einleitung

dor oder des Augustinus als Muster in Kanzleien und Schulen sowie das Entstehen neuer Sammlungen, wie den dediziert der Verwendung im Unterricht zugedachten „Formulae Marculfi“ (7. Jh.), eine zwar nicht explizite, aber kontinuierliche Tradition der Briefstilistik13. Aus dieser lebendigen Tradition schöpfend behandelte um 1080 Alberich von Montecassino den Brief als eigenständige Gattung in seinen rhetorischen Schriften; und mit den „Praecpta dictaminum“ des Bologneser Rhetoriklehrers Adalbertus Samaritanus entstand Anfang des 12. Jahrhunderts die erste ars dictandi im engeren Sinne. Es muss jedoch betont werden, dass die Briefstilistik in den Werken dieser beiden lediglich die erstmalige uns erhalten gebliebene Kodifizierung erfuhr, von einer „Erfindung“ der ars dictaminis also nicht die Rede sein kann. Dementsprechend finden sich im gesamten mittelalterlichen Europa Briefe und Briefmuster, die den von Alberich und Adalbertus definierten Regeln entsprechen, jedoch älter sind als diese14. Interessanter wird unter diesen Voraussetzungen die Frage, weshalb erst zur Wende vom 11. zum 12. Jahrhundert eine Formulierung der Briefstilistik erfolgt, respektive notwendig zu werden scheint. Von grundsätzlicher Relevanz ist diesbezüglich die Tatsache, dass es sich beim mittelalterlichen Brief zumeist um ein zumindest halböffentliches Medium handelte, welches vorgelesen, somit von mehr Personen als nur dem Adressaten rezipiert wurde. Da die Gesellschaft des Mittelalters zudem ausgeprägter strukturiert war, das Beachten dieser Strukturen gerade in einem öffentlicheren Raum von Bedeutung war, waren differenzierte Regeln zur sozialen Verortung der Stellung von Adressant und Adressat sowie zum genauen Abbilden des sozialen Verhältnisses zueinander notwendig. Die Periode, während der die artes dictandi entstanden, war nun durch umfassende soziale, ökonomische und administrative Ausdifferenzierung und Entwicklungen gekennzeichnet, was sich auch in einem erhöhten Bedarf an Schriftlichkeit, an semiliteraler Kommunikation äußerte – sei es nun im geistlichen oder weltlichen Bereich. Damit geht eine Veränderung im Bildungswesen einher: Mit dem Weltklerus ist nun nicht mehr die außerstädtisch-monastische, sondern die urbane Geistlichkeit der primäre Bildungsträger, der nun auch jenseits des eigenen Bedarfs litterati ausbildet. Die Kodifizierung der ars dictaminis erfolgte als Mittel der Systematisierung und des Differenzierens der dieser neuen Situation anzupassenden kommunikativen Fähigkeiten, ermöglichte zugleich einen Unterricht der Materie auf breiterer und einheitlicherer Basis15. 13 Lutz 1984, 28f; Camargo 1991, 29f. 14 Beyer 1977, 19f; Patt 1978, 139–147; Lutz 1984, 32f; Camargo 1991, 30f. 15 Patt 1978, 134 und Camargo 1991, 31f.



Die ars dictaminis

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Eine erste inhaltliche Entwicklung ging bezüglich der Lehre von den partes epistulae vonstatten. Zunächst – in einer „Frühphase der ars dictaminis“ – erfährt die salutatio zwar eine umfangreiche Erörterung, denn sie stellt die soziale Stellung von Absender und Empfänger dar und zueinander in Beziehung. Doch als eigentlicher Teil des Briefes wird sie nicht gewertet. Zu eng ist hier die Anlehnung an die antike Rhetorik, die die salutatio als Teil der Rede gar nicht kennen kann. Zwar existiert auch ein alternatives Modell, welches grundsätzlich von fünf Briefteilen ausging, doch erst mit der „Rationes dictandi“ des Magister Bernardus beginnt sich dieses Modell durchzusetzen16. Die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts ist von einer inhaltlichen Ausdifferenzierung der ars dictaminis geprägt, verbunden mit einer deutlichen Blüte der artes dictandi. Behandelten die Traktate vor Magister Bernardus nur den Brief, so findet sich nach unserer Kenntnis in seinem Traktat erstmals oben genannte Definition von dictamen und damit der Gedanke einer umfassenden literarischen Stilistik – auch wenn tatsächlich weiterhin der Brief der Kernpunkt der ars dictaminis blieb. Bis zum Anfang des 13. Jahrhunderts sind zahlreiche Wechselwirkungen zwischen den artes dictandi und artes poetriae zu fassen, die stilistischen Lehren der Rhetorik auch hinsichtlich der elocutio werden konsequenter auf den Brief angewendet. Auch wurde der cursus, die rhythmische Satzklausel, obgleich schon lange zum Beispiel an der päpstlichen Kurie beim Abfassen von Sendschreiben beachtet, ausdrücklicher Bestandteil der Brieflehre. Darüber weitete sich der Fokus der ars dictaminis aus: Neben die Briefstilistik trat, zum Beispiel in den „Flores dictaminum“ Bernhards von Meung, die Urkundenlehre, also eine weitere Art von öffentlichem Schreiben. Zugleich entstehen in dieser Zeit große Korpora sowohl von systematisch geordneten Musterbriefen, als auch von Formeln für die einzelnen Briefteile. Waren die älteren aus tatsächlichen Briefen bestehenden Sammlungen eben nur dies, zeigten sich in diesen neuen Briefstellern literarische Tendenzen, und es finden sich ganze fingierte Briefwechsel respektive Briefe zu fiktiven oder mythologischen Themen17. Seit der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert verfestigen sich diese Entwicklungen und umfangreiche Briefsteller und ähnliche Sammlungen werden zur Regel. In Bologna wirken Anfang des 13. Jahrhunderts einige der für die nachfolgende Zeit bedeutendsten dictatores. So Bene von Florenz († 1240), der in seinem „Candelabrum“ ausführlich Impulse der artes poetriae und detailliert die Lehren der antiken 16 Beyer 1977, 22, 37 und Lutz 1984, 32f. Doch finden sich auch dann noch zahlreiche artes dictandi, welche in der Frage der obligaten oder doch nur fakultativen Briefteile abweichen. 17 Camargo 1991, 33–36 und Worstbrock 1997, Sp. 139f.

14

Einleitung

Rhetorik rezipiert. Guido Faba (* vor 1190, † etwa 1245) verfasst mit der „Summa dictaminis“ ein zwar bezüglich der Theorie lediglich kompilatorisches Werk, insgesamt gehörten jedoch seine Werke in ihrer Darstellung der Materie zu den für das weitere Mittelalter einflussreichsten. Darüber hinaus war Faba einer der ersten, der Muster in der Volkssprache in seine Werke integrierte. Inhaltlich ungleich origineller war Boncompagnus da Signa (* um 1170, † um 1240), der seine beiden Zeitgenossen in der literarischen und rhetorischen Qualität seiner Werke zwar übertraf – so verfasste er in inhaltlich-thematischer Anlehnung an Ovid eine Stilistik des Liebesbriefs („Rota Veneris“) und behandelte in der „Rhetorica novissima“18 mit der ars concionandi die teils spontane öffentliche Rede –, allerdings weniger Wirkung als diese in späteren Texten zeitigte. Zugleich bildete sich in Bologna, wo die ars dictaminis schon seit längerem Teil des Universitätsbetriebes gewesen war, eine mit deutlicherem Blick auf die Jurisprudenz ausgerichtete ars notariae, welche nur noch die in diesem Zusammenhang relevanten Themen behandelte, allen literarischen „Ballast“ unberücksichtigt ließ. Allgemein zeichnen sich die nach den drei genannten Autoren entstandenen Texte durch eine deutlich pragmatischere Ausrichtung aus, wie sie jedoch im Falle Guido Fabas bereits deutlich angelegt ist. Es ist nun die deutliche Prävalenz der Formelsammlungen zu konstatieren und Ende des 13. Jahrhunderts erreicht diese Entwicklung in Bologna ihren krönenden Abschluss. Laurentius de Aquilegia (zwischen 1269 und 1304) reorganisiert in der „Practica dictaminis“ den Aufbau der Briefsteller in tabellarisch-schematischer Form. Die „Practica“ bietet keinerlei zusammenhängenden Brieftext mehr, sondern der Nutzer kann gleichsam im „Multiple-Choice-Verfahren“ den Text des Briefes Schritt für Schritt zusammenstellen – ein Darstellungsmodus, der in der Nachfolge zahlreiche Nachahmer findet19. Wie erwähnt erfuhr die ars dictaminis ihre erste uns bekannte Erwähnung in den Traktaten des Alberich von Montecassino, dem sogenannten „Alberich-Corpus“. Obgleich es sich bei Alberichs Schriften noch nicht um artes dictandi handelt, ist doch gerade diese Tatsache besonders erhellend, denn sie beleuchtet den eindeutig rhetorischen Zusammenhang, in welcher die ars dictaminis steht. Nicht verwunderlich ist auch dementsprechend die deutliche Verbindung mit den für das Mittelalter entscheidenden rhetorischen Texten – „De inventione“ Ciceros und die anonyme „Rhetorica ad Herennium“ –, die sich in den dictamen-Traktaten widerspiegelt. Wichtig ist hierbei, dieses Verhältnis nicht als Konkurrenz zwischen 18 Man bedenke in diesem Zusammenhang die im Mittelalter gebräuchlichen Titel von „De inventione“ und der „Rhetorica ad Herennium“: „Rhetorica vetus“ und „Rhetorica nova“. 19 Camargo 1991, 36–38 und Worstbrock 1997, Sp. 140.



Die ars dictaminis

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der Briefstilistik und der durch die beiden römischen Traktate repräsentierten Rhetorik zu sehen, denn dem widerspräche die uns bekannte äußerst hohe Zahl von erhaltenen Überlieferungsträgern sowohl der artes dictandi als auch der beiden antiken Texte. Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Mittelalter antike Traditionen einfach prolongierte, in diesem Sinne für deren „echte“ Entfaltung in der Neuzeit bewahrte. Bei mittelalterlichen Rhetoriken wie der ars dictandi, praedicandi oder poetriae handelt es sich nicht um „Spezialrhetoriken“, sondern sie sind ein Zeichen umfassender Appropriation der aus der Antike überlieferten Rhetorik durch das Mittelalter. Sie ersetzen die teils bedeutungslos gewordenen genera causarum römischer Rhetorik durch Beispiele, die den eigenen gesellschaftlichen Bedürfnissen und Realitäten entsprechen, sei dies nun die Predigt in den artes praedicandi, die umfassende Literarrhetorik in ars dictaminis und artes poetriae, oder in der ars dictaminis20 die Rhetorik der hybrid schriftlich-mündlichen Kommunikation. Die Art von kommunikativem Akt, wie sie die Briefrhetorik repräsentiert, ersetzt – dies zeigt die Ubiquität des ars dictaminis-Schrifttums – hierbei die forensische Beredsamkeit als primäres Exemplifizierungsschema der Rhetorik: Brief oder Privileg sind für die mittelalterliche Gesellschaft von ähnlicher Signifikanz wie die Gerichtsrede für die römische Republik21. Sicherlich handelt es sich bei dieser Rhetorik um eine hauptsächlich performative22, doch stellt sich die Frage, ob nicht die im Mittelalter mit einer anderen Wertigkeit versehene Schriftlichkeit notwendig ist, um eine definierte Basis für weitere, dann auch persuasive Kommunikation zu bilden. Zum einen ist der Gedanke des Persuasiven auch in der ars dictaminis zumindest rudimentär angelegt, wenn dem Brief die Struktur eines rhetorischen Enthymems gegeben wird23. Zum anderen hat das von den dictatores immer wieder vorgebrachte Argument, nur die Schriftform vermag es die intentio mittentis zuverlässig an den recipiens zu übermitteln, zwar unzweifelhaft topische Züge, doch unterstreicht dies Wertigkeit und Fähigkeiten, welche der Schrift, respektive dem Sendschreiben als die Kommunikation authentifizierendem Medium zugesprochen wird24.

20 Die augenscheinlich hier ungenaue Verwendung des Begriffs dictamen soll dessen Polyvalenz sowohl im Sinne von „schriftlicher sprachlicher Äußerung“ als auch im Sinne von „Brief, Sendschreiben“ verdeutlichen, wobei für letzteres auch immer die konkrete Verwendung dieser Art von dictamen mitzudenken ist. 21 Patt 1978, 152f, Lutz 1984, 31f, Camargo 1991, 19f, Worstbrock 1997, Sp. 136f und Ward 2001, 180–182. 22 Moos 1997, 256f. 23 Camargo 1988, 176f; Worstbrock 1997, Sp. 137. 24 Camargo 1996b, 2–9.

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Einleitung

Diese Stellung der ars dictaminis als Rhetorik – denn nicht selten werden in den Handschriften artes dictandi auch einfach als „Rhetorica“ tituliert – ist für die weitere Rezeptionsgeschichte von Relevanz. Inhaltlich wie formal ist ihre Entwicklung zwar mit dem 13. Jahrhundert zu einem (vorläufigen) Schluss gekommen, doch weiterhin werden in großer Zahl die bisher bestehenden artes dictandi tradiert und kompiliert, und es entstehen neue Traktate. Für den Übergang vom Spätmittelalter zur Frühneuzeit ist ein deutlicher Rückgang der Zahl der Texte der ars dictaminis zu konstatieren. Auch wenden sich zahlreiche Humanisten programmatisch gegen Sprache und Stil, wie sie sich in den artes dictandi darstellen (beispielsweise der „Tractatus de condendis epistulis“ des Konrad Celtis oder Erasmus‘ „Opus de conscribendis epistulis“). Doch betrachtet man die Praxis oder auch den Unterricht, so werden die von der ars dictaminis propagierten Normen noch lange gelehrt, bis weit in die Neuzeit hinein offizielle Dokumente gemäß den artes dictandi verfasst. Wenn humanistische Autoren gerade den Brief als exemplarische Gattung wählen, äußert sich hierin zwar eine deutliche Brechung, da sie Bisheriges ausdrücklich verwerfen, jedoch auch ein Fortschreiben und eine Weiterentwicklung entsprechender mittelalterlicher Traditionen. Insbesondere da die ars dictaminis als normative, auf die Pragmatik sprachlicher Äußerungen ausgerichtete Rhetorik Ansätze eines ähnlichen Sprachverständnisses wie das der Humanisten zeigt25. Die ars dictaminis ist somit sicherlich kein plötzlich auftauchendes und wieder verschwindendes, weil nutzlos gewordenes Phänomen, sondern Teil der über viele Brechungen und Kontinuitäten von der Neuzeit bis in die Antike reichenden Tradition der Rhetorik26.

1.3. Das lateinische Lehrgedicht im Mittelalter Maßgeblich für das Thema des „Lehrgedichts“ ist Thomas Hayes Habilitationsschrift „Das lateinische Lehrgedicht im Mittelalter“, in welcher dieser Genese, Merkmale und Überlieferung der Textgattung herausarbeitete27. Die Gattung „Lehrgedicht“ bildete sich wie Haye hervorhebt hierbei nicht auf dem Fundament literaturtheoretischer Reflexionen, sondern bis in die Neuzeit hinein vermittels formal verbindlicher literarischer Modelle, die während der späten römischen Republik und der frühen Kaiserzeit entstanden28. Dabei handelt es sich um Lukrez‘ „De 25 Mertens 2008, 244. 26 Camargo 1991, 42, Worstbrock 1997, Sp. 140f, Henderson 2001 und Ward 2001, 190–223. 27 Für eine Zusammenfassung der Forschung bis 1996, siehe Haye 1997, 19–29. 28 Haye 1997, 39–44.



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rerum natura“, die „Astronomica“ des Manilius, Gedichte des Ovid und vor allem die „Georgica“ Vergils sowie die später diesen Autoren zugeschriebenen Werke. Die gattungsbildende Funktion dieser antiken Vorbilder zeigt sich nicht nur in den zahlreichen mittelalterlichen Nachahmungen. Insbesondere zeugen die zahllosen Übertragungen der Merkmale der Gattung „Lehrgedicht“ auf Themenfelder, welche nicht durch die Modelle der veteres vorgegeben waren, von einem wenn auch impliziten Bewusstsein der Lehrdichter für die Textgattung „Lehrgedicht“29. Den30 Texten der Gattung „Lehrgedicht“ sind hierbei allgemeine sprachliche und strukturelle Kennzeichen gemeinsam: eine deutliche Strukturierung des Stoffes und Hervorheben dieser Struktur vermittels sprachlicher Indikatoren (ein Aspekt der insbesondere in denjenigen Fällen von Relevanz ist, wo eine entsprechende Strukturierung nicht bereits in der als Vorlage dienenden Fachprosa gegeben war), Herstellen einer möglichst unmittelbaren Beziehung zum Leser durch eine implizite Dialogizität der Texte (direkte Anrede des Rezipienten, Gebrauch einer teils deutlich jussiven Sprache) sowie Verwenden einer eindeutig didaktischen Sprache31. Die Texte stehen hierbei stets im Spannungsfeld von zu vermittelndem Wissen und zu realisierender poetischer Form. Wenn auch diese Spannung nicht selten zugunsten des Inhalts aufgelöst und zum Teil ein eindeutiges Primat desselben propagiert wurde, finden sich hier zahlreiche realisierte, aber auch andere exordial reflektierte Lösungen. Neben dem Ideal der poetisch vollkommenen Sprache einerseits, dem nüchternen und vor allem nachvollziehbaren Darstellen der Sache andererseits, wird die poetische Ausgestaltung auch in Beziehung zum behandelten Gegenstand gesetzt. Sei es, um ein Thema mit geringem Ansehen poetisch „passend“ darzustellen – so der Prolog des anonymen Lehrgedichts „De chirurgia“ – oder eben durch die Ausgestaltung zu überhöhen – Vergils Darstellung der Landwirtschaft –, sei es um ein schwieriges oder unbeliebtes Thema durch Applizieren dichterischer Sprache „schmackhafter“ zu machen (Crispus, „Carmen medicinale“)32. Fußt die Gattung „Lehrgedicht“ auch auf formal maßgeblichen Modellen primär klassischer Zeit, so wird doch das Spektrum der in den Texten der Gattung behandelten Themen rasch breiter33. So geht die Thematik der sogenannten „christlichen Lehrgedichte“ zwar weit über die Fachwissenschaft hinaus, zugleich sind die Texte jedoch in ihrer Ausgestaltung eindeutig der Gattung zuzurechnen 29 Haye 1997, 45–60, 358 und passim. 30 Die nachfolgenden Ausführungen zum lateinischen Lehrgedicht rekapitulieren Hayes Arbeit. 31 Haye 1997, 132–223 und passim. 32 Haye 1997, 61–75. 33 Haye 1997, 359f.

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– auch wenn die Gattung nur in gebrochener Form durchscheint34. Die frühmittelalterlichen Vertreter der Gattung bezeugen ein hohes Maß an Kontinuität, wenn auch eine Entwicklung weg von literarisch motivierten Lehrgedichten hin zur Gebrauchsliteratur zu vermerken ist – eine Entwicklung, welche sich auch in der Nutzung entsprechender antiker Texte zeigt. Sowohl der Umfang der im frühen Mittelalter entstandenen Lehrgedichte (nur bis zu 200 Verse) wie auch deren Zahl bleibt im Vergleich zur übrigen literarischen Produktion jedoch sehr gering mit einem eindeutigen Schwerpunkt auf den Themenfeldern der Grammatik und Rhetorik. Auch haben diese Texte nur selten das Ziel, als didaktisch überarbeitete Versifizierung von Prosalehrbüchern zu dienen. Vielmehr sind nicht wenige von ihnen eher propädeutischen oder protreptischen Charakters, verweisen ausdrücklich auf die weiterführende Lektüre der Prosa oder versuchen vom Nutzen der vorgestellten ars zu überzeugen35. Im frühen Hochmittelalter entstehen nun diejenigen umfangreichen Lehrgedichte, die wiederum – neben den antiken Klassikern – die weitere Entwicklung der Gattung bestimmen: so das „Doctrinale“ des Alexander de Villa Dei, Odos von Meung „Macer floridus“ oder „De lapidibus“ Marbods von Rennes. In ihrem Wesen verändert sich die Gattung „Lehrgedicht“ hierbei nicht und entwickelt sich auch qualitativ nicht weiter, das heißt, sie bleibt auf den vor allem von Vergil und Ovid formal vorgezeichneten Bahnen. Der Schwerpunkt der Lehrgedichte liegt nun eindeutig auf der Wissensvermittlung, ihre Verwendung ist primär pragmatischer Natur36. Als Beispiel für diese Entwicklung kann die „Poetria nova“ des Galfridus de Vino Salvo dienen: Sie bietet eine Alternative zum für das Mittelalter maßgeblichen poetologischen „Lehrbuch“, der „Ars poetica“ des Horaz; während sich Horaz in poetisch verhüllten und teils mäandernden Gedankengänge zur Dichtung äußert, gibt Galfried dem Stoff eine klare und nachvollziehbare Struktur, formuliert eindeutige und vor allem eingängige Definitionen. Wie die große Zahl an Überlieferungsträgern und die breite Rezeption des Textes zeigen, wurde Galfrieds Angebot gerne angenommen, entsprach wohl dem Geschmack des hohen und späten Mittelalters37. Zugleich nimmt mit dem Ende des 12. Jahrhunderts die Zahl der verfassten Lehrgedichte in großem Umfang zu, und es finden 34 Das „Commonitorium“ des Orentius ist sprachlich nach dem Vorbild der Lehrgedichte des Ovid gestaltet, wenn auch die innere Struktur von denen der Gattungsmodelle abweicht; Commodians „Instructiones“ hingegen richtet sich in der Disposition des Stoffes nach den klassischen Vorbildern, weicht jedoch hinsichtlich der sprachlichen Ausgestaltung ab. Siehe Haye 1997, 359f. 35 Haye 1997, 360–363. 36 Haye 1997, 363f, 365f. 37 Haye 1997, 364f.



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sich nur noch wenige Bereiche wie etwa Dialektik und Theologie, die nicht, beziehungsweise nur selten mittels eines Lehrgedichts erschlossen werden. Ursächlich für diese rein quantitative Konjunktur der Gattung ist deren Verwendung als Unterrichtsmedium und somit die Entwicklung der bildungstragenden Einrichtungen – respektive die gesteigerte Nachfrage der sich urbanisierenden Gesellschaft nach Gebildeten, welche einer größeren Zahl aber auch deutlichen Strukturierung und Institutionalisierung der Bildungsstätten bedurfte38. In Anbetracht der deutlichen Blüte der Gattung seit der Wende des 12. zum 13. Jahrhundert stellt Haye die Frage nach dem Verhältnis der Gattung „Lehrgedicht“ zur Fachprosa, genauer, ob eine Verdrängung letzterer durch erstere zu verzeichnen ist. Und in der Tat werden einige bis dahin zentrale Prosatexte, zum Beispiel die „Ars minor“ des Donat, in der Unterrichtspraxis von Lehrgedichten (in diesem Falle dem „Doctrinale“ und dem „Grecismus“), wenn auch nicht abgelöst, so doch zumindest zurückgedrängt – ein Prozess, den einige Lehrdichter gemäß eigener Aussagen durchaus intendierten39. Allerdings entstehen im gleichen Zeitraum ebenfalls zahlreiche prosaische Fachtexte und insgesamt überwiegt die Zahl dieser diejenige der neu entstandenen Lehrgedichte bei weitem, so dass von einer Verdrängung einer „veralteten“ Prosa durch „neue“ Dichtung nicht die Rede sein kann. Insbesondere diejenigen Autoren, die nach der Art eines opus geminum sowohl einen Prosatraktat wie auch ein meist später geschriebenes Lehrgedicht zum gleichen Thema verfassten, bezeugen das Nebeneinander beider literarischer Formen. Die Autoren nehmen nicht selten Bezug auf die von ihnen selbst verfasste Fachprosa und empfehlen sie dem Leser des Lehrgedichts für weiterführende Lektüre. Trotz solcher Empfehlungen standen die Lehrgedichte der Fachprosa inhaltlich in nichts nach, brachen den Stoff nicht auf ein geringeres Niveau herunter; vielmehr ist von sich ergänzenden Funktionen der Prosa und des Verses auszugehen40. Obgleich in den Prologen der Lehrgedichte häufig die Vorteile des Verses im Vergleich zur Prosa hervorgehoben, insbesondere deren Kürze mit der Weitschweifigkeit ungebundener Rede kontrastiert wird, ist es gerade diese brevitas, die die Entstehung zahlreicher neuer Prosatexte bedingt. Aufgrund der angestrebten Kürze hat die Sprache der Lehrgedichte fast durchgehend einen stark elliptischen, teils schon kryptischen Charakter, was eine Glossierung und Kommentierung der Texte notwendig macht. Am Anfang steht hierbei zumeist die mündliche Erläuterung im Unterricht oder Selbstglossierung seitens des Autors eines Lehrgedichts, die 38 Haye 1997, 363. 39 Haye 1997, 366f. 40 Haye 1997, 367–369.

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von späteren Rezipienten vermittels weiterer Glossen und kurzen Prosaerläuterungen einzelner Passagen ergänzt wird. Endpunkt der paratextuellen Erschließung ist häufig deren Zusammenfassung und Strukturierung in mehr oder minder umfangreichen Kommentaren. Während die Texterläuterung durch Glossierung und Anhänge zumeist noch eindeutig subsidiärer Natur ist, stehen ausführlicher Prosakommentar und Lehrgedicht gleichberechtigt nebeneinander und bilden eine Texteinheit41. Abschließend bietet Thomas Haye einen Ausblick auf das Nachleben der Gattung „Lehrgedicht“ in der frühen Neuzeit. Anhand zahlreicher Beispiele kann er zeigen, dass sich keinerlei Bruch in der Gattungstradition ausmachen lässt. Nicht nur geben Humanisten antike und mittelalterliche Lehrgedichte für den Gebrauch im Unterricht heraus, auch werden im späten 15. und frühen 16. Jahrhundert weiterhin Lehrgedichte auf Grundlage antiker aber auch mittelalterlicher Vorbilder verfasst und für die Wissensvermittlung herangezogen42. Im Unterschied zum Mittelalter ist jedoch festzustellen, dass der literarische Aspekt der Gattung wieder verstärkt an Gewicht gewinnt43. So wird die Gattung zwar bis ins 18. Jahrhundert fortgeführt und auch noch die Tradition der Gattung wahrgenommen, doch ein didaktisches Hilfsmittel im eigentlichen Sinn ist sie nicht mehr44. Hebt Haye vor allem die antiken Wurzeln und die Kontinuität der Gattung „Lehrgedicht“ hervor, so bemerkt Vivien Law – in ihrem Artikel mit dem programmatischen Titel „Why Write a Verse Grammar?“ – doch einige mehr oder minder ausgeprägte Brüche in dieser Gattungstradition. Law konzentriert sich hierbei auf die grammatischen Lehrgedichte und geht für ihre Betrachtungen von zwei Fragen aus: Zum einen, warum sich anscheinend die Wirkung der Gattung erst um 1200 in einer erheblichen quantitativen Konjunktur äußerte, obgleich das Lehrgedicht als didaktisches Medium bereits seit langem zur Verfügung stand; zum anderen, weshalb vor allem der Bereich der Grammatik überrepräsentiert ist, während sich nur vereinzelte Lehrgedichte zu Dialektik oder Theologie finden45. Zunächst führt 41 Haye 1997, 369–371. 42 Haye 1997, 374–392. Haye nennt exemplarisch Johannes Fabris „Carmen de quarundam dictionum recta pronunciatione“, Dietrich Ulsens medizinische Lehrgedichte, Ulrichs von Hutten „Ars versificatoria“, die Lehrgedichte des Eobanus Hessus, das von Philipp Melanchthon herausgegebene Lehrgedicht „De arte iocandi“ des Matthäus Delius, sowie die zahlreichen Lehrgedichte des Georg Pictorius. 43 Haye 1997, 384f. 44 Haye 1997, 395f. Eine Ausnahme scheint der noch lateinischsprachige Bereich der Wissenschaft zu bilden; so veröffentlichte der Jesuit Roger Boscovich 1769 ein astronomisches Lehrgedicht „De solis et lunae defectibus“, siehe Haye 1997, 396f. 45 Law 1999, 47f.



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Law diejenigen grammatischen Texte auf, die vor dem „Doctrinale“ entstanden und gänzlich oder zum Teil Verse zum Darstellen grammatischer Lehren nutzen. Law zählt für den Zeitraum des 2. bis 12. Jahrhunderts insgesamt 19 überwiegend sehr kurze Traktate, die sich allerdings weitgehend nur mit Teilbereichen der Grammatik beschäftigen46. Metrik und Prosodie sind das vorherrschende Thema, doch finden sich auch einige Verstraktate zu Morphologie und Homonymen. Während in den ersten beiden Fällen eine Verbindung von Gegenstand und Form des Textes nahe lägen, handelt es sich bei denen zu Morphologie und Homonymen in der Regel um Kataloge von Merkversen zur Hervorhebung der relevanten Regeln respektive Notabilia. Es lassen sich hierbei einige qualitative Unterschiede zwischen den älteren und jüngeren Verstraktaten ausmachen. Während die älteren Abhandlungen zumeist aus sich selbst heraus verständlich sind, bedürfen die jüngeren aufgrund stark elliptischer Formulierung oftmals eines Kommentars. Eine Ausnahme bildet einzig der „Liber pauperum“ des Johannes von Bauveais aus der Mitte des 12. Jahrhunderts, insofern es all diese Themen in sich vereint und somit zumindest einen – wenn auch extrem knappen (58 Verse) – Ansatz für eine vollständigere Behandlung der Grammatik bietet47. Mit diesen Texten vergleicht Law nun das „Doctrinale“ des Alexander de Villa Dei und Eberhards von Béthune „Grecismus“. Beide Texte sind bei genauer Betrachtung wie auch die Verstexte früherer Zeit keine logisch strukturierten Grammatiken im engeren Sinne. Alexander behandelt fast die gleichen Themen wie Johannes von Bauveais (Morphologie und Prosodie), wenngleich er auch mehr ins Detail geht, sowie Figurenlehre und Aspekte der Syntax. Der „Grecismus“ hingegen ist mehr oder minder, sieht man beispielsweise von den Interpolationen am Anfang ab, rein lexikographischer Natur, ordnet eine große Menge an Wörtern gemäß grammatischer Kategorien (Substantive verschiedener Genera, Heteroklita, Adjektive, Pronomen, Verbkonjugationen, Adverbien, Partizipien, Konjunktionen, Präpositionen, Interjektionen). Der Verdienst der beiden Verstexte sei es also, eine große Menge grammatischer Informationen, die nicht vermittels einer inhärenten Logik geordnet waren, mittels der Versform eine solche (sprachliche) Struktur zu geben. Der überwiegende Teil der in den nachfolgenden zwei Jahrhunderten entstandenen Verstexte führt die Behandlung dieser von Alexander und Eberhard explizierten Themen fort, konzentriert sich jedoch wieder auf einzelne Bereiche und bietet nicht den umfassenden Überblick dieser beiden Werke48. Im gleichen Zeitraum entstanden auch einige Versifikationen nach einer 46 Law 1999, 48–54. 47 Law 1999, 48–57. 48 Law 1999, 58–67.

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inneren Logik strukturierter Grammatiken, wie der des Donat oder des Priscian49, sowie eigenständige Verstexte als Darstellungsmodus solch einer Grammatik – allerdings erfuhren all diese Texte keine große Verbreitung50. Im etwa gleichen Zeitraum verbreitet sich als alternativer Bearbeitungsmodus unter anderem der Grammatik die visuelle Aufbereitung des Stoffes. Bezüglich der aufgrund logischer Bezüge und Ordnungen der Sprache strukturierten, umfassenden Grammatiken äußert sich dies vor allem in verschiedensten Techniken der Einrichtung und Auszeichnung der Texte (Zwischen- oder Seitentitel, Textmarken in marginem etc.), um so die den Texten eigene Gliederung hervorzuheben. Für die Behandlung eher locker miteinander verbundener grammatischer Notabilia und Miszellaneen (Morphologie, Homonyme, Synonyme etc.) gewann hingegen im Verlauf des Spätmittelalters als Gegenlösung zum Vers die diagrammatische Darstellung immer größere Signifikanz (tabellarische Abbildung der Konjugationen etc.)51. Als Antwort auf eine ihrer eingangs gestellten Fragen stellt Law fest, Dialektik und theoretische Theologie seien vor allem deshalb nur selten Gegenstand der Lehrgedichte, da die Thematik bereits auf logischer Argumentation beruhe. Somit sei kein Mehrwert durch eine Bearbeitung des Stoffes in der Form des Lehrgedichts, durch die mnemotechnisch vorteilhafte sprachliche Struktur der gebundenen Rede gegeben. In denjenigen Bereichen der Grammatik, in welchen das Lehrgedicht diesen Mehrwert erbringen konnte, entwickelte sich jedoch mit dem diagrammatischen Darstellungsmodus sogleich ein überlegenes stofferschließendes Instrument, welches das Lehrgedicht nach und nach zurückgedrängt hätte52. Einige Punkte in Laws Analyse müssen jedoch kritisch hinterfragt werden. So ist oftmals nicht klar, ob sie „grammatische Lehrgedichte“ oder lediglich „grammatische Texte in Versform“ meint. Denn einige der von ihr angeführten Beispiele könnten durchaus als Sammlungen von Merkversen gelten. Auch erschöpft sich für sie der Vorteil des Lehrgedichts in der strukturierten, da gebundenen Sprache. Alle weiteren von Haye herausgearbeiteten Merkmale der Gattung, also gerade die im Zusammenhang ihrer Argumentation nicht ganz unwichtigen sprachlichen Zäsurindikatoren der Texte, berücksichtigt sie nicht. Doch gerade durch diese gibt der Lehrdichter dem zuvor unter Umständen ungegliederten Stoff eine Struktur, 49 Gemeint ist hiermit die systematische Diskussion der einzelnen Teile der Sprache und ihrer Eigenschaften, wobei diese in streng hierarchische Relation zueinander gesetzt werden; das Lateinische dient hierbei lediglich zur Exemplifizierung. Siehe Law 1999, 49f. 50 Law 1999, 67–72. 51 Law 1999, 72–76. 52 Law 1999, 76.



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bereitet ihn didaktisch auf. Diese Vereinfachung wird auch in ihrer Behandlung der im Laufe des Mittelalters entwickelten visuellen Gliederungs- und Strukturierungselemente und die Rezeptionslenkung mittels der mise-en-page deutlich – sie bezieht diese einzig auf Prosatexte. Zur Anwendung sind sie jedoch ebenfalls bei Texten der Gattung „Lehrgedicht“ gekommen53. Der von ihr propagierte, deutliche Gegensatz zwischen Lehrgedicht und diagrammatischer Aufbereitung des Stoffes wirft ebenfalls mehr Fragen auf, als hierdurch beantwortet werden. In ihrer Argumentation ähnelt diese vermeintliche Konkurrenzsituation derjenigen, welche sich auf den ersten Blick zwischen Lehrgedicht und Fachprosa ergibt. Analog zum Ansatz Hayes müsste demnach auch hier eher ein Nebeneinander und die funktionale Ergänzung der beiden Formen angenommen werden. Dass sich beide Formen im Spätmittelalter offensichtlich großer Beliebtheit erfreuten, kann als Stütze dieser Vermutung gelten. Diesbezüglich müsste vielmehr nach unterschiedlichen Verwendungskontexten von Fachprosa, Lehrgedicht und diagrammatischer Darstellung von Wissensinhalten gefragt, also die Rezeptionsebene betrachtet werden, statt diese Medien gegeneinander auszuspielen. Versucht Law das Lehrgedicht und die Rezeption der Gattung nur aus Inhalt und Aufbau der Texte selbst heraus zu verstehen, so weitet Bernhard Pabst in seinem Artikel „Text und Paratext als Sinneinheit?“ den Blick auf die „Ränder“ des Textes aus, um der spezifischen Funktionalität der Lehrgedichte nachzugehen. Grundlage für Pabsts Erwägungen sind Art und Weise der mittelalterlichen Textrezeption, wie sie sich in der Darstellung der Texte in den Handschriften und frühen Drucken, in der mise-en-page, aber auch in direkten Äußerungen hierzu darstellt. So rezipiert zwar der moderne Leser Paratexte, wie jedoch die Einrichtung dieser Texte als beispielsweise Fuß- oder Endnote zeigt, werden die Texte getrennt vom Bezugstext wahrgenommen. Besonders die Form der Interlinearglosse veranschaulicht jedoch, dass der mittelalterliche Leser Text und Paratext gleichzeitig wahrnahm, somit gewohnt war, stets zusätzliche Informationen während des Rezeptionsprozesses zu berücksichtigen54.

53 Also Paragraphen- oder Kapitelzeichen, sowie Zwischenüberschriften u. Ä. zur Markierung der stofflichen Gliederung eines Lehrgedichts, vgl. beispielsweise die Diskussion der Handschrift P, unten S. 169ff. 54 Pabst 2006, 117–120. Pabst verdeutlicht sein Argument mit dem Beispiel des rhythmischen Gedichts „Sompnium cuiusdam clerici“; dort setzt der anonyme Autor das Verhältnis von Glosse zu erklärtem Text in Analogie zu einem Kleid, das die Gestalt seiner Trägerin perfekt zur Geltung bringt, siehe Pabst 2006, 117f.

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Die Lehrdichtung, in welcher die vorgebliche Intention der brevitas durch die Versform in eminenter Weise in Gestalt der Kommentierung konterkariert wird, bietet sich nun im Besonderen für die Klärung der Abhängigkeiten von Text und Paratext an. Denn der Verstext ist zumeist in unterschiedlichster Art und Weise elliptisch und somit oftmals nur durch eine Glossierung oder ausführliche Prosakommentierung verständlich – das Lehrgedicht erscheint also auf den ersten Blick dysfunktional55. Dieser Feststellung folgt die Frage, inwiefern damit auch eine tatsächliche funktionale Unvollständigkeit verbunden ist, also ob dieses Faktum von den Lehrdichtern selbst als ein der Gattung „Lehrgedicht“ inhärentes Problem wahrgenommen wurde. Doch zumindest in den Prologen der Lehrgedichte oder in vergleichbaren literaturtheoretischen Bemerkungen wird genau dieser Sachverhalt nicht erwähnt oder gar in Beziehung zur programmatischen brevitas gesetzt. Fruchtbarer stellt sich Pabsts Suche nach Fällen von eindeutiger Selbstglossierung oder Zusammenarbeit zwischen Lehrdichter und Glossator/Kommentator dar. Zwar findet sich auch hier für jeden der beiden Fälle nur ein Beispiel, doch werfen diese ein besonderes Licht auf das Verhältnis von Text zu Paratext. Für zwei Lehrgedichte des Johannes de Garlandia – die „Ars lectoria ecclesie“ und das „Compendium grammatice“ – ist eine Selbstglossierung seitens des Autors zumindest in Teilen äußerst wahrscheinlich, und bezüglich selbstverfasster Glossen zu seinem Prosafachbuch „Dictionarius“ merkt Johannes an: textum huius libri fecit Parisius, glosas Tholose. Als Beispiel für den zweiten Fall dient die Zusammenarbeit Hugo Spechtsharts von Reutlingen mit seinem Neffen Konrad Spechtshart am 1358 fertiggestellten „Speculum grammatice“. Während Hugo als Lehrdichter auftritt, der jedoch nicht aktiv als Lehrer tätig ist, überarbeitet der als Schulmeister wirkende Konrad den Verstext, glossiert und kommentiert ihn, benutzt ihn schließlich in dieser Form im eigenen Unterricht56. Auch wenn davon auszugehen ist, dass diese beiden Beispiele nicht die einzigen für die Kommentierung von Lehrgedichten durch die Autoren selbst sind, so fällt doch auf, dass dem hingegen die Fremdglossierung weit häufiger ist. Der wahrscheinliche Entstehungsprozess der selbst ausgeführten Glossen des Johannes de Garlandia ist in diesem Zusammenhang in dem Sinn erhellend, als dass seine Glossen zumeist mit zeitlichem und räumlichem Abstand zur Abfassung des Bezugstextes und außerhalb ihrer ursprünglichen Aufführungssituation entstanden sind. Also in dem Moment, als die Texte nicht mehr für den eigenen Gebrauch bestimmt waren, sondern anderen als Grundlage für die Lehre dienten. Dies erklärt nun auch, weshalb die elliptische Sprache und Struktur der Lehrgedichte nicht als 55 Pabst 2006, 121–123. 56 Pabst 2006, 123–128.



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Defizit wahrgenommen wurde. In der ihnen eigentlich zugedachten Gebrauchssituation konnten die elliptischen Passagen durch die Erläuterungen ihres als Lehrer tätigen Verfassers mündlich ergänzt werden, die Verse als mnemotechnische Stütze, die Gedichte als Strukturierungsmittel des Stoffes dienen. Zugleich zeigt dies, dass Lehrgedichte von ihrer Konzeption her in gänzlich anderem Ausmaß von externen Texten, seien diese nun mündlich oder schriftlich, abhängig sind, als dies bei anderen kommentierten Texten der Fall ist – die Gedichte bilden mit ihren Erläuterungen, Glossen und Kommentaren eine Sinneinheit57. Pabst geht nun dazu über, die materiellen Manifestationen dieser funktionalen Ergänzung von Text und Metatext zu untersuchen und welche Implikationen diese für die Rezeption der Texte mit sich bringen. Er skizziert dies auf Grundlage der Arbeiten von Powitz und Holtz58 dabei wie folgt: Begegnet ein planvolles Einrichten der Seite zur Aufnahme von Text und Glossierung im 8. Jahrhundert noch vereinzelt, finden sich größerer Zeilendurchschuss und breiterer Seitenrand zum Aufnehmen von Interlinear- beziehungsweise Marginalglossen später immer häufiger. Während zuvor die spätantiken Kommentare zu den Texten der klassischen Latinität stets eigenständig überliefert worden waren, ermöglichen es die neuentwickelten Strategien zur mise-en-page die Klassikerkommentare in einzelne Kommentarabschnitte zu zerlegen und auf der gleichen Seite wie den Bezugstext zu platzieren. Die hierfür gefundenen Lösungen werden nun auch für die Einrichtung der Texte der Lehrgedichte herangezogen. Dies funktionierte allerdings nur, solange die kommentierenden Paratexte primär aus Synonymglossen oder Worterklärungen bestanden, die ohne weitere Überlegungen interlinear oder marginal dargestellt werden konnten59. Ein eventuelles Missverhältnis zwischen dem Umfang des Kommentars und dem des Verstextes konnte hier noch durch geringeren Zeilenabstand und Schriftgrad der Glossierung kompensiert werden. Das „Anlagern“ immer weiterer und notwendiger Glossenschichten, ausführlicher Kommentare und auch Exkurse an die Lehrgedichte führte jedoch zu einer deutlichen Disproportionalität zwischen Gedicht und „Para“-Text, noch verstärkt durch die unterschiedliche Dichte der Kommentierung einzelner Stellen. Daraus konnte sich, bei immer gleich bleibender Zahl an Versen pro Seite, zum einen die Situation ergeben, dass eine Seite fast keinerlei Kommentar trug, andererseits sich Seiten ergaben, auf denen über den vorgesehenen Platz hinaus jeder weitere Raum für 57 Pabst 2006, 129–131. 58 Holtz 1995 und Powitz 1979, vgl. Pabst 2006, 131. 59 Als Beispiel aus dem Kontext der Überlieferung der „Summa Iovis“ für diese Art der miseen-page kann die Handschrift P dienen, vgl. unten S. 169ff.

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Erläuterungen genutzt wurde60. Rechnung getragen wurde dieser Situation, indem die Zeilenzahl des kommentierten Textes von Seite zu Seite variiert wurde, während der verbliebene Platz dem Paratext vorbehalten blieb, er gleichsam eine Klammer um den Text, auf den er Bezug nahm, bildete. Allerdings bringt diese mise-en-page das Problem mit sich, dass unter Umständen der eigentliche Zusatz zum Lehrgedicht rasch die gesamte Seite dominieren kann, wenn er dermaßen umfangreich ist, dass nur noch sehr wenige bis gar keine Verse mehr auf einer Seite eingetragen sind, somit auch von einem räumlichen Nebeneinander der beiden Texte nicht mehr die Rede sein kann61. Während bei der Klammerform noch ein fortlaufender Verstext geboten wird, wird im nächsten Entwicklungsschritt der Text des Lehrgedichtes in einzelne Abschnitte gegliedert. Versabschnitte und zugehörige Kommentar­ abschnitte können nun mit größtmöglicher Variabilität auf der Seite angeordnet werden, wodurch nicht nur die Nähe von Text und Kommentar gewahrt bleibt, sondern zugleich der zur Verfügung stehende Platz optimal genutzt wird – wenn auch das Resultat ein recht komplexes Gewebe aus den beiden Texten ergibt62. Diese „Fragmentierung des Lehrgedichts“63 macht den Weg für den nächsten Typus frei: Einzelne Verse oder Versabschnitte des Lehrgedichts alternieren nun in ein oder zwei Spalten mit den jeweils zugehörigen Abschnitten des Kommentars, womit die wohl ökonomischste Nutzung des Raumes der Seite erreicht worden ist64. Allerdings ist in diesen vier Phasen keine strenge und zwingende Entwicklung zu sehen. Nur das Repertoire an möglichen Darstellungsmodi des Textverhältnisses von Text und Paratext erweitert sich – stets als Reaktion an die Erfordernisse der Texte –, so dass der alternierende Typus nur bei entsprechenden quantitativen Verhältnissen von Text zu Paratext zum Einsatz kommt – aber auch dann nicht obligatorisch. Einen Endpunkt hat diese Ausdifferenzierung der mise-en-page erreicht, wenn sich die Abfolge von Vers und Kommentar umkehrt, der Bezugstext nach diesem erscheint. War zuvor „nur“ de facto ein Verschieben der Gewichtung von Lehrgedicht zu Kommentar zu konstatieren, so drängt in dieser Form die Prosa 60 Vergleichbar, wenn auch schon „weiter entwickelt“, ist die Situation in der die „Summa Iovis“ überliefernden Handschrift A1, vgl. unten S. 149ff, insbesondere S. 151, Abb. 3.1. 61 Dieses Problem ergibt sich beispielsweise in der Handschrift K der „Summa Iovis“, vgl. unten S. 163ff. 62 Die Handschrift M5 präsentiert den Text der „Summa Iovis“ mit einer ähnlichen Einrichtung der Seite, vgl. unten S. 157ff. Das Paradebeispiel für diese mise-en-page bietet jedoch Pabst selbst mit einer Abbildung des „Doctrinale“ mit dem „Admirantes“-Kommentar aus einer Handschrift des 13. Jahrhunderts, vgl. Pabst 2006, 147, Abb. 14. 63 Haye 1997, 356f; vgl. Pabst 2006, 134. 64 So in den Handschriften B (einspaltig) und E1 (zweispaltig) der „Summa Iovis“ realisiert, vgl. unten S. 167ff und 200ff.



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den Verstext ostentativ in den Hintergrund – nicht dieser wird von der Prosa erläutert, sondern er dient der Prosa als mnemotechnische Schlagwortsammlung und Sammlung von Merkversen65. Wie Pabst nun darstellt, beeinflussten nicht nur die Rezeptionsmodi der Texte die Entwicklung der mise-en-page, die gefundenen Alternativen der Textdarstellung und Textkommentierung wirkten auf die Form der Lehrgedichte und somit wiederum auf deren Verhältnis zu ihren Paratexten ein. Die Lehrgedichte des 12. und frühen 13. Jahrhunderts gehen hierbei deutlich von einer sekundären Funktion der Paratexte aus. Zwar füllen in diesen Fällen die Glossen und Kommentare syntaktische und inhaltliche Lücken des explizierten Verstextes, doch dieses Hintergrundwissen vorausgesetzt ist das Lehrgedicht aus sich selbst heraus nachvollziehbar66. Als Beispiel für die neuen funktionalen Möglichkeiten der Gattung Lehrgedicht führt Pabst das „Speculum grammaticale“ an. Gegenstand des „Speculum“ ist im Wesentlichen die Etymologie, speziell der Bereich der derivatio. Primäre Quelle hierfür sind die „Derivationes“ des Huguccio von Pisa. Im Wesentlichen stellt der Verstext eine Wortliste dar, die in zu den „Derivationes“ analoger Form zunächst das angenommene Stammwort, dann dessen Ableitungen bietet; eine Erschließung der Wortbedeutungen oder die Erläuterung ihres Verhältnisses zueinander findet nicht statt. Für alle diese Angaben muss sich der Leser dem Kommentar zuwenden, dessen Umfang folglich auch den des Lehrgedichts bei Weitem übertrifft. Primärer Referenztext für den Leser ist beim „Speculum“ der Kommentar, der ihm alle notwendigen Information zur Etymologie der behandelten Wörter liefert; das Lehrgedicht fungiert hier nur noch als Sammlung von Merkversen und Memorierhilfe, als versifizierte Wortliste zum Strukturieren der im Kommentar enthaltenen Informationen. Auch die handschriftliche Überlieferung unterstreicht die in diesem Fall vertauschten Rollen von Verstext und Kommentar, insofern nur diejenigen Möglichkeiten der Einrichtung der Texte zum Einsatz kommen, welche eine entsprechende Darstellung, respektive ein Übergewicht des Kommentars zulassen, also Klammer- und alternierende Form. Während bei anderen Lehrgedichten zudem die separate Überlieferung nur des Verstextes gegeben, die der Paratexte jedoch vergleichsweise selten ist, sind auch diesbezüglich die Verhältnisse beim „Speculum“ vertauscht – der allein dysfunktionale Verstext wird nie separat überliefert, der auf das Lehrgedicht nicht angewiesene „Kommentar“ hingegen schon. Das „Speculum grammaticale“ kann somit im Bereich der Gattung „Lehrgedicht“ als Beispiel für neue Möglichkeiten der Textkonzeption vermittels zur Verfügung stehender Alter65 Pabst 2006, 131–136. 66 Pabst 2006, 136–140.

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nativen der mise-en-page, folglich für den Einfluss eben dieser wiederum auf die Textproduktion dienen67. Vor dem Hintergrund seiner Beobachtungen zur Entwicklung der Darstellung des Textensembles „Lehrgedicht-Kommentar“ wendet sich Pabst im Artikel „Ein Medienwechsel in Theorie und Praxis“ der Frage zu, inwiefern angesichts der Konjunktur der Gattung „Lehrgedicht“ seit dem Ende des 12. Jahrhunderts von einem Medienwechsel im Bereich der mittelalterlichen Didaktik gesprochen werden kann. Für Pabst ist hierbei also nicht die größere Zahl an entstandenen Lehrgedichten ausschlaggebend, vielmehr ob in der Art der Textnutzung Veränderungen zu konstatieren sind. Veränderungen, die dementsprechend das Lehrgedicht für den Rezipienten als ein besseres Unterrichtsmedium als in Prosa gehaltene Schulbücher erscheinen lassen. Es also möglich machen, dass der Vers die Prosa verdrängt. Erst die Ende des 12. Jahrhunderts entstandenen Lehrgedichte bieten hierbei die Möglichkeit für solch einen Medienwechsel. Denn es werden jetzt nicht mehr, wie in den älteren Lehrgedichten, nur kleine Teilaspekte behandelt, sondern der Umfang der Texte nimmt beträchtlich zu, umfasst ganze Disziplinen oder, wie im Falle des „Doktrinale“ des Alexander de Villa Dei, große und signifikante Teilbereiche davon. Auch die Intention für das Verfassen der Lehrgedichte ändert sich. Waren Lehrgedichte zuvor eher Hilfsmittel im Unterricht, besteht nun das in vielen Bereichen auch von Erfolg gekrönte Bestreben prosaische Schultexte zum Teil oder ganz durch Lehrgedichte zu ersetzen68. Ein weiteres Indiz für einen Medienwechsel sind für Pabst programmatische Äußerungen in den Prologen und Kommentaren der Lehrgedichte. Wurden in den älteren Lehrgedichten ohne Zweifel die Vorzüge der Versform hervorgehoben, so findet sich seit dem späten 12. und im 13. Jahrhundert erstmals eine ostentative Abgrenzung der Vorzüge der Lehrgedichte gegenüber den Nachteilen der Prosa. Pabst zitiert in diesem Zusammenhang neben weiteren Beispielen (die „Flos medicinae“ und Aegidius von Corbeil) aus dem accessus des „Doctrinale“-Kommentars „Admirantes“. Dort wird ausdrücklich die Frage gestellt, ob das „Doctrinale“ angesichts der Lehrbücher des Donat und Priscian nicht überflüssig sei. Beantwortet wird die Frage, indem der Kommentator auf die Vorzüge der medialen Form des Lehrgedichts hinweist, welche sich in Weitschweifigkeit entgegenwirkender Kürze, besserer Memorierbarkeit und verständlicherer Repräsentation des Stoffes äußere; für den letzteren Punkt sei hierbei neben der brevitas der gebundenen Rede zudem deren klare und geordnete Form verantwortlich. An den genannten Punkten ist 67 Pabst 2006, 140–144. 68 Pabst 2008, 151f.



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hervorzuheben, dass nicht literarische Wertkategorien herangezogen werden, um die Versform gegenüber der Prosa zu rechtfertigen, sondern allein solche Aspekte (Kürze, Einprägsamkeit, Stoffpräsentation), welche den Vorteil des Metrums für den Rezipienten unterstreichen. Das Lehrgedicht erscheint so von vornherein als Medium der Stoffvermittlung, seine Vorzüge bewegen sich primär im Bereich der Didaktik69. Von einer Substituierung der Prosa durch den Vers als didaktisches Medium könne nur in dem Sinne die Rede sein, als dass das Lehrgedicht lediglich in ganz spezifischen Themengebieten eine erfolgreiche Alternative zur Prosa bieten konnte. Betrachtet man die Themen der Lehrgedichte, so wird in ihnen fast ausschließlich Anwendungswissen vermittelt. Also eindeutig und fest zu umgrenzende Wissensbestände und Regelwerke, auf die der Anwender in bestimmten Situationen zurückgreifen können muss. Somit sind es auch Fachgebiete wie Grammatik, Musik, Arithmetik und Komputistik, in denen die Lehrgedichte im Mittelalter zum vorherrschenden didaktischen Instrument werden. Dieser Aspekt tritt nun gerade in den Fachgebieten besonders deutlich hervor, in die das Lehrgedicht zwar „eindringt“, jedoch nur eine sehr geringe Wirkung entfaltet. So existieren zwar zum Beispiel enzyklopädische Lehrgedichte, doch in diesem Kontext erschienen die Vorteile der in Prosa gehaltenen Handbücher und Nachschlagewerke, welche sich anderer Strukturierungs- und die Rezeption lenkender Mechanismen bedienten, attraktiver als die didaktischen Vorzüge der Gattung „Lehrgedicht“70. Wenn auch mit Blick auf Zahl und Verbreitung der Handschriften ohne Zweifel der Erfolg der Texte der Gattung „Lehrgedicht“ seit dem Ende des 12. Jahrhunderts zu konstatieren ist, stellt sich doch die Frage, inwiefern die Vorzüge der Gattung gegenüber den Prosalehrbüchern lediglich von den Lehrbüchern propagiert wurden, oder ob für den Rezipienten tatsächlich in der Anwendung Vorzüge lagen71. Zu diesem Zweck untersucht Pabst das häufige exordial postulierte Motiv der brevitas; fragt genauer, ob es jenseits einer bloßen Verknappung des Inhalts eine den Lehrgedichten eigene Kürze gibt – Grundlage bilden hierbei stets die grammatischen Lehrgedichte wie „Doctrinale“ oder „Grecismus“. Fast selbstverständlich trifft man im Lehrgedicht auf Ellipsen: Kürze erreicht der Lehrdichter, indem er fast schon konsequent alle Wörter, die aus dem Kontext erschlossen werden können, auslässt. Neben dieser syntaktisch-grammatischen Ellipse macht Pabst jedoch noch eine weitere Art der Auslassung aus, welche er als didaktische Ellipse bezeich69 Pabst 2008, 152–156. 70 Pabst 2008, 156f. 71 Pabst 2008, 157.

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net. Diese Art der Ellipse ist dadurch gekennzeichnet, dass auf Beispiele oder jegliche genauere Erläuterung verzichtet wird. Nun ergibt sich bei der didaktischen Ellipse jedoch das Problem, dass der Text nur noch dann verständlich ist, wenn der Leser bereits über ausreichende Kenntnisse der vermittelten Materie verfügt, somit den in den Versen nur noch angedeuteten Inhalt bereits korrekt einordnen kann. Bedenkt man nun, dass das Ziel beispielsweise des „Doctrinale“ eigentlich die Unterweisung von Schülern in der lateinischen Grammatik sein soll, so scheint diese Form der Wissenspräsentation am denkbar ungeeignetsten für den Elementarunterricht zu sein. Dieser Art der brevitas gegenläufig sind solche Passagen in den Lehrgedichten, in denen eigentlich einfache Sachverhalte überraschend umständlich dargestellt werden. So wird im „Doctrinale“ anstelle des grammatischen Terminus technicus praepositio die Formulierung voces quae sunt praepositivae benutzt. Notwendig werden solche Formulierungen, da die Prosodie in diesen Fällen, hier drei aufeinanderfolgende Kürzen, eine Verwendung der eigentlich zwingend notwendigen Fachtermini nicht zulässt. Die zahlreichen syntaktischen und didaktischen Ellipsen führen zwar nun ohne Zweifel zu einer starken Kürzung des Stoffes, was in Verbindung mit der poetischen Form sicherlich die Memorierbarkeit des Textes unterstützt, doch die ebenfalls in den Prologen einiger Lehrgedichte und Lehrgedichtkommentare postulierte facilior acceptio des Stoffes durch die Form des Lehrgedichts erscheint mehr als fragwürdig – brevitas geht hier einher mit obscuritas72. An diesem Punkt greift Pabst nun auf seinen früheren Artikel zurück, stellt das Lehrgedicht nochmals in den ursprünglich intendierten Kontext seiner Verwendung. Die didaktischen Ellipsen und andere Mittel der Verknappung erscheinen nun nicht mehr primär als Instrumente der Straffung des Stoffes, vielmehr bieten gerade erstere dem Lehrenden die Möglichkeit, diese „Leerstellen“ des Lehrgedichts im Unterricht mit Inhalten zu füllen; die Lehrgedichte selbst dienen nur noch als das Wissen strukturierende Gedächtnisstützen. Vermittels der Ergänzung durch die mündliche Performanz des Lehrenden im Unterricht erhalten die Lehrgedichte ihre funktionale Vollständigkeit und können ihre Aufgabe als didaktisches Instrument erfüllen73. Wie bereits in der Diskussion von Pabsts Artikel „Text und Paratext als Sinneinheit?“ dargelegt, werden, sobald nicht mehr der Autor eines Lehrgedichts die Rolle des Lehrenden übernimmt, weitere externe Hilfsmittel von Glossen bis Kommentaren notwendig, um diese Leerstellen des Lehrgedichtes füllen zu können. 72 Pabst 2008, 157–161. 73 Pabst 2008, 161f.



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Und gerade die sehr ausführlichen Kommentare sind es, die die von Pabst beobachtete Entwicklung in der mise-en-page der Kommentarhandschriften fördern. Hinsichtlich des Inhalts dieser Kommentare fällt Pabst allerdings auf, dass diese nur in geringem Maß die eigentlichen didaktischen Ellipsen der Lehrgedichte füllen, für diesen Zweck reicht zumeist die Form der Interlinear- oder Marginalglosse. Ursprünglich im Lehrgedicht ausgelassene, weil nebensächliche Aspekte der zugrunde liegenden Prosalehrbücher wurden wieder in die Kommentare aufgenommen, und einzelne Stichworte des Lehrgedichts oder auch des Kommentars werden in diesen für ausführliche Exkurse genutzt74. Dieses Füllen der in den Lehrgedichten vorhandenen didaktischen Ellipsen über das eigentlich „notwendige“ hinaus kann allerdings zugleich als einer der großen Vorteile des Mediums „Lehrgedicht“ gesehen werden. Denn während die als Ausgangsmaterial für die Lehrgedichte genutzte Fachprosa aufgrund von Entwicklungen innerhalb einzelner Fachgebiete veralten konnte, boten Lehrgedichte die Möglichkeit, die in ihnen vorhandenen „Freiräume“ mit zeitgemäßem Material zu füllen. So fand das für den Elementarunterricht gedachte, auf Grundlage von Donat und Priscian verfasste „Doctrinale“ genauso an der mittelalterlichen Universität als Unterrichtsmedium Verwendung, konnte in Kombination mit einem Kommentar wie „Admirantes“ auch für die spekulative Grammatik nutzbar gemacht werden75. Wie dargestellt konstituierte Thomas Haye die den Texten der Gattung „Lehrgedicht“ gemeinsamen Elemente sowie formale Stabilität und Kontinuität der Gattung von der Antike bis in die frühe Neuzeit. Gerade die Kontinuität formaler und sprachlicher Elemente wie etwa der sprachlichen Zäsurindikatoren, zugleich das Ausweiten der fachlich-inhaltlichen Anwendungsgebiete der Gattung über diejenigen der gattungsbildenden antiken Vorbilder hinaus zeigen hierbei, dass der Rezipient entsprechende (beispielsweise strukturierende) Signale erkennen und deuten konnte. Eine deutliche quantitative Konjunktur erlebte die Gattung seit dem Ende des 12. Jahrhunderts bis zum Ausgang des Mittelalters. Eine Konjunktur, die jedoch mit einem allgemeinen Anwachsen der Schriftlichkeit so auch der Fachprosa verbunden war. Haye streifte bereits die früh einsetzende enge funktionale Verknüpfung der Lehrgedichte mit sie explizierenden Paratexten. Die Überlegungen Vivien Laws stellten sich insofern als fruchtbar heraus, als dass sie für den Bereich der grammatischen Lehrgedichte deren begrenzte Thematik unterstrichen: Beim „Doctrinale“ des Alexander de Villa Dei oder dem „Grecismus“ Eberhards von Bét74 Pabst 2008, 162–164. 75 Pabst 2008, 164–166.

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hune handelt es sich nicht um umfassende und strukturierende Grammatiken, sondern um Darstellungen von grammatischem Anwendungswissen. Die Konjunktur der Gattung versuchte Law durch das Bedürfnis nach solches Anwendungswissen nachvollziehbar gliedernden Texten zu erklären. Die Organisation des Wissens erschöpfte sich für Law jedoch in der sprachlichen Struktur der gebundenen Rede der Lehrgedichte, weshalb sie ein Ende der spätmittelalterlichen Konjunktur des Lehrgedichts mit dem Aufkommen visueller Gliederungsmittel, insbesondere solcher diagrammatischer Natur annahm. Neben diesem Reduzieren des Lehrgedichts auf die poetische Form berücksichtigte sie hierbei weder die Möglichkeiten einer visuellen Gliederung auch der Lehrgedichte in der Handschrift noch die enge funktionale Verbindung von Text und Kommentar. Gerade diese Elemente sind es nun, die Bernhard Pabst einer genauen Betrachtung unterzog und so das Nebeneinander von Lehrgedicht und oraler oder schriftlicher Explikation als Sinneinheit herausstellte. Das immer größere Gewicht, der stetig anwachsende Umfang der ursprünglichen Paratexte gegenüber den Bezugstexten beförderte hierbei die Entstehung neuer Möglichkeiten der Seiteneinrichtung und des so abgebildeten Textverhältnisses. Am Anfang standen hierbei zunächst interlineare und marginale Glossen, die letzte Stufe der Entwicklung bildeten „Interkalarkommentare“, in denen kommentierter Text und Metatext ein- oder zweispaltig alternierend abgebildet wurden – somit nicht mehr das Lehrgedicht kommentiert, vielmehr der Kommentar durch das Lehrgedicht memorierfähig wurde. Umgekehrt ermöglichten die neuen Möglichkeiten der mise-en-page neue Arten des Lehrgedichts wie das Beispiel des „Speculum grammatice“ illustrierte. Pabst zeigte darüber hinaus, dass das Lehrgedicht nur in den Fällen als neues Unterrichtsmedium genutzt wurde, in welchen es darum ging, konkretes Anwendungswissen zu vermitteln. Auch arbeitete er die didaktische Ellipse als wesentliches Element der Lehrgedichte heraus. So war der Text des Lehrgedichts hierdurch zwar teils unverständlich, eröffnete dem Lehrenden jedoch Räume für eigene Erläuterungen und Beispiele in der mündlichen Performanz des Unterrichts. Mit Blick auf die Kommentare zeigte Pabst, dass die Paratexte jedoch zum Teil weit über die funktionale Ergänzung der Lehrgedichte hinaus gingen, die didaktische Ellipse für ausführliche Exkurse genutzt wurde. So boten die Lehrgedichte als modularisierendes Gerüst für Inhalte im Verbund mit entsprechenden Paratexten die Möglichkeit, über die Prätexte der Lehrgedichte hinaus neue Wissensbestände aufzunehmen und so auch jenseits des ursprünglich intendierten Gebrauchs weiterhin Anwendung zu finden – beispielsweise das eigentlich elementargrammatische „Doctrinale“ im Bereich der spekulativen Grammatik an den Universitäten.



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Haye wie auch Pabst erklären die Funktionalität des Lehrgedichts aus seinem ihm eigentümlichen, sicherlich primären Nutzungskontext als didaktisches Hilfsmittel. Es stellt sich jedoch die Frage, ob die Vorzüge des Lehrgedichts nicht auch jenseits einer Verwendung im Unterricht Bestand haben können, ob das Lehrgedicht außerhalb des Unterrichts und neben der Fachprosa seinen praktischen Nutzen einbüßt; ein Gedanke, der bei Law implizit durch das Ausblenden des Aspekts des Unterrichts anklingt. Ein Ansatz hierfür ist in einem Artikel Franz Josef Worstbrocks gegeben. Worstbrock untersucht darin eine Gruppe von ihm auf Grundlage einiger mittelalterlicher Buchtitel als libri pauperum bezeichneter Texte. Gemeinsam ist den libri pauperum hierbei nicht die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gattung, sondern es handelt sich vielmehr um einen Typus pragmatischer Schriftlichkeit. Stets sind die libri pauperum Abbreviaturen entweder einschlägiger und umfassender Großwerke des Wissens, wie der Bibel oder der Dekretalen, oder ganzer Wissenschaften und Disziplinen, wie der Grammatik oder ars dictaminis. Die Texte können hierbei selbstständig verständlich sein oder auch der Kommentierung bedürfen, sowohl in Prosa wie auch in Versen verfasst sein. Allerdings sei zu konstatieren, dass die Versform im Allgemeinen überwiege und gerade die in Versen gehaltenen libri pauperum eine didaktische und mnemotechnische Zielsetzung haben könnten76. Die Reduzierung in Form des liber pauperum soll hierbei dem Zweck dienen, Wissensbestände einem breiteren Personenkreis zugänglich zu machen. Sei dies nun wie angesprochen direkt in der Wissensvermittlung oder indem durch die Kürze des Textes dessen Reproduzierbarkeit auch in materieller Hinsicht vereinfacht werde. Neben der leichteren materiellen Zirkulation bewirke auch der durch die Kürzungen zwangsläufig eher einführende Charakter der Abbreviaturen eine größere Breitenwirkung. Denn die Texte seien nun nicht mehr nur für Spezialisten von Interesse, sondern auch für diejenigen Laien, bei denen lediglich Bedarf nach bestimmten Ausschnitten der fraglichen Wissensbestände bestehe. In diesem Zusammenhang könnten die Beichtbücher gesehen werden, welche beispielsweise nur diejenigen Abschnitte der canones behandelten, die für den niederen Klerus in seiner Aufgabe als Seelsorger und Prediger von Relevanz seien. Somit sind die libri pauperum auch als Reaktion auf einen gestiegenen Bedarf an Allgemeinbildung zu verstehen. Inwiefern auch eine tatsächliche Verbindung fraglicher Texte zu pauperes, seien dies nun clerici pauperes oder im engeren und technischen Sinn des Wortes scolares pauperes, besteht, sei dahingestellt77. Mit Aufkommen und Verbreitung 76 Worstbrock 1996, 53–56. 77 Worstbrock 1996, 45–53, 57–59.

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des Buchdrucks wiederum verzeichnet Worstbrock ein deutliches Zurückgehen des von ihm betrachteten pragmatischen Typus des liber pauperum, da nun eine einfache und billige Methode der Textvervielfältigung vorhanden war, welche diese Art von Abbreviatur überflüssig machte78. Wie angeführt verwies Worstbrock bereits auf den überwiegenden Anteil von Texten in poetischer Form unter diesen sogenannten libri pauperum. Und es ist sicherlich wenig überraschend, dass sich im von Worstbrock skizzierten formalen Textkonglomerat auch solche Texte befinden, die Haye später als Lehrgedichte klassifiziert, respektive die den Merkmalen eines Lehrgedichts entsprechen. So ähnelt auch der gesamte Aufbau des 1206 von Wernher von Schussenried verfassten compendium des „Decretum Gratiani“ deutlich dem von Pabst beschriebenen Textensemble von Lehrgedicht und Kommentar: Jeder distinctio und quaestio der beiden Teile des Handbuchs wird ein zusammenfassender Hexameter vorangestellt; die Hexameter, die einen zusammenhängenden und selbstständig nachvollziehbaren Text bilden, werden wiederum auch unabhängig von den in Prosa gehaltenen kanonistischen Ausführungen überliefert79. Die Frage, ob es sich hierbei nun um ein Lehrgedicht handelt oder nicht einmal außer Acht gelassen, fällt doch auf, dass die Struktur des Textes auffallend dem alternierenden Kommentartypus gleicht. Den Ausführungen Worstbrocks folgend könnte als Gebrauchskontext des Lehrgedichts über Unterricht und Schule hinaus also deren Verwendung als Handbuch und Einführung in das behandelte Thema angenommen werden.

1.4. Kodikologische Voraussetzungen Bei den Überlieferungsträgern der „Summa Iovis“ handelt es sich ausschließlich um „Sammelhandschriften“. Daher ist es notwendig, ausführlich die Bewertungsmaßstäbe, nach denen die Analyse in Kapitel 3 durchgeführt werden soll, darzulegen80. Wichtig ist insbesondere, wie die Entstehung und somit der Charakter von „Sammelhandschriften“ zu beurteilen ist. Grundsätzlich können in diesem Zusammenhang „Sammelhandschriften“ und „zusammengesetzte Handschriften“ unterschieden werden. Mit „Sammelhandschriften“ sind hierbei materiell homo78 Worstbrock 1996, 60. 79 Worstbrock 1996, 44f. 80 Das Vorgehen in diesem Kapitel orientiert sich von seinem Ausgangspunkt her an demjenigen Thomas Hayes, vermittels dessen er eine „Überlieferungssymbiose“ von Texten der Gattung „Lehrgedicht“ und somit das Bewusstsein der mittelalterlichen Rezipienten für ein Bestehen dieser Gattung feststellen konnte (vgl. Haye 1997, 299–348).



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gene Sammelbände gemeint, also Handschriften, welche bereits zum Zeitpunkt ihrer Entstehung als Sammlung verschiedener Texte konzipiert wurden. Dieser Typus kann sich unter anderem aber nicht zwingend beispielsweise durch eine einheitliche Einrichtung und/oder thematische Homogenität des Inhalts auszeichnen. Bei „zusammengestellten Handschriften“ handelt es sich hingegen um nachträglich aus verschiedenartig entstandenem Material zusammengefügte Handschriften. Die Übergänge zwischen diesen beiden Kategorien sind allerdings im höchsten Maß unscharf. Über das bereits Ausgeführte hinaus müssen nämlich auch solche Faktoren wie die Intentionalität nachträglicher Zusammenstellungen sowie die Intention ihres Gebrauchs berücksichtigt werden, welche eine aus moderner Sicht disparate Zusammenstellung für den mittelalterlichen Nutzer homogen erscheinen lassen können. Zudem gilt zu beachten, dass eine Zusammenstellung, so homo- oder heterogen sie sich auch darbieten mag, lediglich das Resultat einer nachträglichen Archivierung durch die die Texte besitzende Institution und somit ein Ausscheiden der Handschrift aus dem tatsächlichen Gebrauch sein kann81. Um nun „Sammelhandschriften“ und „zusammengestellte Handschriften“ – so unklar diese Einteilung im Einzelnen auch sein mag – voneinander trennen zu können, aber auch, um überhaupt entscheiden zu können, wie heterogen oder homogen und qua diesem wie intentional die Zusammenstellung ist, müssen Kategorien entwickelt werden, mit Hilfe derer die einzelnen Teile einer Handschrift zu erkennen sind. Pamela R. Robinson geht zu diesem Zweck zunächst von den kleinsten Einheiten, aus denen eine Handschrift bestehen kann, aus. Dies ist, lässt man einzeln eingebundene Blätter einmal außer Acht, zunächst die Lage, die mindestens aus einem Bifolium besteht. Eine weitere mögliche Einheit, wie sie sich in manchen Universitätshandschriften findet, ist die Pecia. Diese ist jedoch nur insofern als kodikologische Einheit anzusehen, als dass sie eine Lage des Exemplars bildet; in der Kopie muss diese Einheit nicht zwangsläufig erhalten bleiben – eine Lage der Abschrift kann mehrere Pecien gänzlich oder zum Teil umfassen, beziehungsweise eine Pecia sich über mehr als eine Lage der Abschrift erstrecken82. Auf Grundlage handschriftenkundlicher Untersuchungen stellt sie die Existenz einer weiteren Einheit zwischen Lage und vollständigem Kodex fest: dem booklet (libellus). Dieses hat einen Umfang von mindestens einer eventuell beschnittenen oder erweiterten Lage, kann sich jedoch auch über mehrere Lagen erstrecken und ist zudem strukturell auf der einen Seite, auf der anderen Seite inhaltlich eigenständig83. Mit Hilfe 81 Vgl. Haye 1997, 300f; vgl. DFG 1992, 12. 82 Robinson 1980, 46. 83 Robinson 1978, passim, sowie Robinson 1980, 46f.

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der von ihr eruierten Merkmale des libellus84 unternimmt sie im Anschluss mehrere Handschriftenstudien. Vermittels dieser untermauert sie nicht nur nochmals im Einzelnen die Existenz dieser kodikologischen Einheit und der mittelalterlichen Angewohnheit, persönliche „Bibliotheken“ aus diesen libelli zusammenzustellen, sondern hebt auch die Fruchtbarkeit dieses Ansatzes für die Analyse von Handschriften hervor85. Als Argument für das tatsächliche Bestehen des libellus führt sie darüber hinaus Einträge in mittelalterlichen Bibliothekskatalogen an, die Werke als einzelne libelli (zum Beispiel in uno quaterno), respektive eine „vorläufige“ Bindung beispielsweise mit Koperteinband (in pergamento) erwähnen86. Die Kategorien Robinsons werden von Ralph Hanna aufgegriffen und weiter entwickelt, hierdurch der Begriff des libellus präzisiert. Da es sich bei den von Robinson behandelten Beispielen ausschließlich um in nachmittelalterlicher Zeit aus pragmatisch-konservatorischen Gründen zusammengestellte Handschriften gehandelt hat, berücksichtigt Hanna auch den Aspekt der Entstehung des einzelnen libellus und der diesen enthaltenden Handschriften. Die Unterscheidung der libelli als zu veräußernde Ware einerseits, als herzustellendes Produkt andererseits führt ihn hierbei zu oben genannter Unterscheidung von „Sammelhandschrift“ und „zusammengestellter Handschrift“. Auf der Seite des „Konsumenten“ des libellus steht hierbei das persönliche Interesse an dessen Inhalt im Vordergrund. Dieses kann unter Umständen zur Entstehung einer „zusammengestellten Handschrift“ als Spiegel der persönlichen Interessen ihres Besitzers oder Nutzers führen. Ist bei dem ersten Aspekt der Inhalt des libellus von entscheidender Bedeutung, ist dies für dessen „Hersteller“ zunächst seine, im Vergleich zu einem fest gebundenen „vollständigen“ Kodex, einfach durchführbare und billige Produktion. Dies ermöglicht nicht nur eine Herstellung „auf Anfrage“, sondern auch bei besonders beliebten Texten „auf Lager“. Allerdings ist hier wiederum zu unterscheiden, ob der libellus als eigenständig intendiert oder bereits als Teil einer Sammlung gedacht hergestellt wird. Die Grenzen sind abermals fließend, denn eine „zusammengestellte Handschrift“ kann aufgrund sukzessiven Entstehens vom gleichen Schreiber und eventuell auch Besitzer angefertigt worden sein. Andererseits kann eine aus von unterschiedlichen Schreibern geschriebenen libelli bestehende Handschrift von Anfang an so konzipiert und somit eine „Sammelhandschrift“ sein87. Diese Unterscheidungen Hannas sind insofern von Relevanz, als dass sie die Kontextualisierung eines libellus im Kodex hervorheben, zugleich aber auch die von 84 Robinson 1980, 47–52. 85 Robinson 1980, 54–61. 86 Robinson 1980, 52–54. 87 Hanna 1986, 100–102.



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Robinson aufgestellte Definition des libellus schärfen. Robinsons Definition des libellus als inhaltlich und materiell selbstständiger Einheit stößt beispielsweise in dem Fall an seine Grenzen, wenn es um einen libellus geht, der Teil einer Sammelhandschrift ist. In diesem Fall handelt es sich um eine zwar an sich selbstständige kodikologische Einheit, zugleich ist diese jedoch bereits zum Zeitpunkt ihrer Konzeption im hohen Maß mit der restlichen Handschrift verbunden und somit nicht selbstständig. Hanna zeigt nun eindrücklich, dass das von Robinson entwickelte Konzept des libellus, ein äußerst wertvolles heuristisches Instrument ist, wenn man die Frage nach seinem Verhältnis zur ganzen Handschrift stellt, nach seiner Kodifizierung und Kontextualisierung88. Die bereits von Robinson angesprochenen praktischen Vorzüge des libellus erweitert Hanna in der Hinsicht, als dass er die Möglichkeit der Reorganisation und damit auch Rekontextualisierung der Texte und der gesamten Handschrift darlegt. Diese Reorganisation kann so weit gehen, dass ein libellus bereits von Anfang an so angelegt ist, dass die Art und Weise wie er in die Handschrift eingefügt wird, variabel ist. So kann ein libellus bereits mit der Intention konzipiert worden sein, noch weiteren Text aufzunehmen; oder sollte er maximal die Hälfte einer Lage einnehmen, so könnte die gesamte Abfolge aber auch Zahl der noch frei bleibenden Blätter durch Umfalten und Hinzufügen weiterer Bifolia geändert werden. Somit könnte ein libellus, der ursprünglich die erste Hälfte einer Lage eingenommen hat, später die zweite Hälfte derselben Lage, welche unter Umständen länger als zuvor ist, bilden89. Abschließend wendet sich Hanna den von Robinson herausgearbeiteten und auf Grundlage seiner eigenen vorangegangenen Untersuchungen erweiterten Kriterien für die Identifikation von libelli zu. Diese betrachtend muss er jedoch konstatieren, dass keines dieser Kriterien notwendigerweise in einem libellus angetroffen werden muss, respektive die Kriterien auch auf andere Aspekte der Buchproduktion zutreffen können. Grundsätzlich kann somit keines von diesen das Bestehen eines libellus beweisen oder in Frage stellen. Um nun trotzdem eine Handhabe für das Identifizieren eines libellus erhalten zu können, versucht Hanna diejenigen Punkte auszuschließen, die als nicht valide hierfür gelten müssen. Zunächst scheiden hierdurch diejenigen Kriterien aus, die sich mehr mit in irgendeiner Art und Weise zusammengestellten Handschriften, denn mit libelli beschäftigen90; als nächstes folgen diejenigen Kriterien, welche sich nicht mit der Handschrift, sondern allein mit 88 Hanna 1986, 102–104. 89 Hanna 1986, 104–107. 90 Dies sind die Variation der Größe der Blätter in verschiedenen Teilen der Handschrift, der Wechsel der Schreiberhand, Variationen im Buchschmuck, das Fehlen von Reklamanten

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deren Inhalt beschäftigen und somit für die kodikologischen Fragen eher sekundär sind91. Die nun noch verbliebenen Merkmale bringt Hanna in eine Ordnung gemäß der Gewichtung ihrer Aussagekraft. Das aussagekräftigste Argument ist für ihn das Vorhandensein einer in Form und Abfolge uneinheitlichen Lagenzählung. Sekundär sind zum einen eine Variation in der Länge der letzten Lage einer textuellen Einheit – also eine besonders lange oder besonders kurze Lage – sowie zum anderen leere Blätter am Ende einer Lage, die oftmals auch weggeschnitten worden sein können. Als tertiär und lediglich als Stütze für die vorangegangenen Kriterien gelten für Hanna: Variation in der mise-en-page in unterschiedlichen Teilen der Handschrift, Verschmutzung oder Abrieb auf der ersten Außenseite eines libellus, Variation in dem für die Handschrift verwendeten Material (Papier verschiedener Provenienz, Pergament unterschiedlicher Art oder Qualität etc.) sowie, und hier wird wieder die textuelle Ebene berührt, Variation in den für das Kopieren benutzten Vorlagen der Texte92. Allerdings ist auch Hannas Gewichtung mit Vorsicht zu genießen. So deutet eine uneinheitliche Lagenzählung zwar sicherlich auf eine Zusammenstellung von libelli unterschiedlicher Provenienz hin, doch dies sagt mehr über die in diesem Fall durchgeführte Rekontextualisierung der einzelnen libelli als über deren Status als eigenständige Einheit aus. Auch muss in diesem Zusammenhang bedacht werden, dass zwar ein libellus aus Sicht des rekontextualisierenden Neubesitzers offensichtlich eigenständig genug war, um einen neuen Verwendungszweck zu erhalten; zugleich kann es jedoch im Sinne der Definition von Robinson/Hanna nicht unabhängig sein, da beispielsweise Anfang oder Schluss des libellus das Fragment (Anfang oder Schluss) eines Textes aus dem ursprünglichen handschriftlichen Kontext tragen93. Das von Hanna als nachrangig gewertete Merkmal der beschmutzten oder abgenutzten Außenseiten eines libellus wiederum kann für die Analyse weit wichtiger sein, da es auf eine ursprünglich eigenständige Verwendung des libellus außerhalb eines Kodex hinweisen könnte94. Dies bringt entsprechende Schlussfolam Ende von Lagen sowie das Nebeneinander unterschiedlicher Längen der Lagen in einer Handschrift. 91 Die fraglichen Punkte sind das Verwenden von kürzeren Texten als „Lückenfüller“ am Ende von Lagen sowie eine thematisch heterogene Zusammenstellung von Texten in einer Handschrift. 92 Hanna 1986, 107–111. 93 Dies ist zum Beispiel bei dem die „Summa Iovis“ beinhaltenden libellus in der Handschrift M1 der Fall. Vgl. unten S. 161. 94 So sind beispielsweise auf f. 121r – der ersten Rektoseite des die „Summa dictaminis“ des Guido Faba enthaltenden libellus – der Handschrift Basel, UB, B IX 31 Spuren von Abrieb zu sehen, was so innerhalb eines handschriftlichen Kontextes nicht entstehen könnte. Spu-



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gerungen hinsichtlich der ursprünglichen Nutzung des Textes mit sich – wobei auch hier der neue Kontext des Textes/libellus für die Analyse zu prüfen ist. Das von Hanna trotz seines Bezuges auf die textuell-inhaltliche Ebene als zumindest tertiär relevant (und unter diesen Punkten besonders hervorgehoben) eingeordnete Argument der unterschiedlichen Vorlagen könnte hingegen gänzlich beiseitegeschoben werden. Zwar hat Hanna sicherlich recht, wenn er anmerkt, der libellus sei besonders gut dafür geeignet gewesen, Probleme hinsichtlich der Verfügbarkeit der Vorlagen einer gegebenen Handschrift zu meistern, somit die Planung auch einer „Sammelhandschrift“ zu erleichtern95. Wenn er nun jedoch eben diesen Punkt als besonders geeignet für das Erkennen von libelli unterstreicht96, verkennt er die Signifikanz des von ihm konstatierten Aspektes: dass das Zusammenstellen einer Handschrift aus unterschiedlichen Vorlagentexten einer der basalsten und am wenigsten bemerkenswerten Vorgänge der Handschriftenproduktion ist; dass es, sieht man einmal von Psalterien und Ähnlichem ab, vielmehr bemerkenswert ist, wenn eine „Sammelhandschrift“ eine Abschrift einer „Sammelhandschrift“ ist97. Das Hervorheben dieses Sachverhaltes verwischt die grundlegende Gemeinsamkeit von „Sammelhandschriften“ und „zusammengestellten Handschriften“ gegenüber Handschriften, die einen einzigen Text überliefern. Allerdings veranlasst dieser Punkt Hanna, die zuvor ausgeschiedene textuell-inhaltliche Seite der Handschrift wieder einzubeziehen und die Relevanz der Betrachtung von materiellen wie textuellen Befunden für die Analyse einer Handschrift vor Augen zu führen98. Dass es sich bei diesen Kennzeichen des libellus um keine „harten“ Kategorien handelt und ihre Gewichtung, respektive sie selbst diskutabel sind, hebt Hanna freilich selbst hervor. Dementsprechend unterstreicht er, dass das Konzept des libellus, genauer Betrachtungen zum libellus an einem konkreten Kodex ein wertvolles Mittel sind, um diesen und die in ihm überlieferten Texte aus verschiedenen Perspektiven heraus kontextualisieren und bewerten zu können99. Die von Robinson ren von Verschmutzung finden sich ebenfalls auf der ersten Rektoseite (f. 164r) und letzten Versoseite (f. 172v) des die „Summa Iovis“ enthaltenden libellus in der Handschrift M5. Vgl. unten S. 157ff. 95 Hanna 1986, 108. 96 Hanna 1986, 111. 97 Hanna 1986, 108. 98 Hanna 1986, 111: „One cannot, with propriety, be concerned only with the texts contained in a codex or only with the physical composition of the vehicle for communicating texts.“ 99 Hanna, 1986, S. 111: „I hope that this treatment of booklet problems draws attention to a particularly valuable and provocative tool for manuscript study. Robinson’s insistence upon a piecemeal quality of a great many literary manuscripts has important implications for literary history, insofar as it suggests the independent circulation of texts in very small chunks. This

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entwickelten, von Hanna systematisierten und hierarchisierten Kategorien können aus diesem Grund und eingedenk der von Hanna genannten Probleme und Einschränkungen als Modus Procedendi für die Analyse von Handschriften dienen. Ein solcher Fragenkatalog kann, ohne den Anspruch einer inneren Ordnung und Gewichtung, wie folgt aussehen100: Weisen die Lagen der Handschrift verschiedene Seitenformate, beziehungsweise weisen Lagen deutlichen Textverlust durch Beschneiden der Seiten auf? Ist mit einem Wechsel des Schreibers innerhalb der Handschrift eine deutliche inhaltliche oder zeitliche/örtliche Zäsur verbunden? Welche Implikationen hat dies für die Entstehung des Textes (Arbeitsteilung, Fortführen eines Fragments etc.)? Weist die mise-en-page auf die gleiche Provenienz hin, oder müssen unterschiedliche Provenienzen oder Verwendungskontexte angenommen werden? Wird der Buchschmuck, die Rubrizierung u. a. in verschiedenen Teilen variiert? Beziehungsweise weisen eigentlich getrennte Partien den gleichen, nachträglich eingefügten Buchschmuck auf? Kann der Buchschmuck zeitlich und örtlich einem der Teile zugeordnet werden? Gibt es unterschiedliche Lagenzählungen in der Handschrift? Weisen sie auf eine Restrukturierung der Handschrift, auf das Hinzufügen einzelner libelli oder gar das Zusammenstellen der Handschrift aus vielfältigen (materiellen) Quellen hin? Finden sich physische Beweise (Abrieb oder Verschmutzung) dafür, dass der libellus unabhängig von anderen kodikologischen Einheiten Verwendung gefunden hat? Ist, vorausgesetzt der Umfang der zuvor verwendeten Lagen ist konstant, die letzte für einen libellus verwendete Lage besonders umfangreich oder kurz? Sind Blätter am Ende eines libellus leer geblieben oder, bei nicht vorhandenem Textverlust, herausgeschnitten worden? Wurde in unterschiedlichen Teilen eines Kodex unterschiedliches Material verwendet? Also offensichtliche Wechsel von Pergament auf Papier, falls unterscheidbar Verwenden unterschiedlichen Papiers (Wasserzeichen) oder unterschiedlicher Arten oder Qualität von Pergament – allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass beispielsweise Papier unterschiedlicher Herstellung vermengt wurde.

information, when coupled with the findings of such study as dialectology, may allow for quite precise localization of medieval literary works and give depth to our sense of the local scene in the later middle ages.“ 100 Vgl. Robinson 1980, 47f und Hanna 1986, 107f. Einige allzu generischen Merkmale, so die grundsätzliche Variation im Umfang der einzelnen Lagen, wurden Hanna folgend außer Acht gelassen.



Lateinische Schullektüre im Mittelalter

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Um welche Art von thematischer Zusammenstellung handelt es sich bei der Handschrift? Wie ist in dieser Hinsicht Homo- oder Heterogenität zu beurteilen? Kann diese begründet werden (Archivierung grammatischer Texte vs. Schulhandschrift, „zufälliges“ Zusammenbinden nicht mehr verwendeter Texte vs. gewachsene Gebrauchshandschrift)?

1.5. Lateinische Schullektüre im Mittelalter Neben Überlegungen zur Genese und dem daraus zu schließenden Kontext einer Handschrift muss auch das Augenmerk auf Sachverhalte rein inhaltlicher Natur gerichtet werden. Da es sich bei der „Summa Iovis“ um ein Lehrgedicht, folglich primär einen Schultext handelt, erscheint es opportun, auf diejenigen Texte zu achten, welche im mittelalterlichen Unterricht Verwendung fanden. Insbesondere müssen, da die „Summa Iovis“ ein rhetorischer Text ist, in diesem Zusammenhang jene Texte beachtet werden, die für den trivial-propädeutischen Unterricht herangezogen wurden. Als Basis seiner Habilitation zu „Deutschen Übersetzungen lateinischer Schultexte“ arbeitet Nikolaus Henkel eben solch einen Bestand an Texten, die zur Vermittlung der lateinischen Sprachfertigkeit verwendet wurden, heraus101. Henkel stützt sich hierbei für seine Analyse auf Günter Glauches Studie zum lateinischen Lektürekanon bis 1200102. Die von Glauche mit 1200 gesetzte Zäsur ist mit der im 11. Jahrhundert einsetzenden Veränderung im mittelalterlichen Bildungswesen zu begründen. Zu diesem Zeitpunkt verlagert sich der Schwerpunkt des Bildungswesens aus dem außerstädtisch-monastischen Bereich in die Städte an die Domschulen; somit findet auch eine Verlagerung der primären Bildungsträger vom monastischen zum Weltklerus statt. Zudem treten weitere Bildungsinstitutionen neben die etablierten, wie an Pfarrkirchen angeschlossene Lateinschulen oder später die Universitäten. Diese Entwicklung trug der gestiegenen Nachfrage der sich urbanisierenden Gesellschaft nach Schriftlichkeit Rechnung; der Klerus bildete nun nicht mehr einzig für den eigenen Bedarf aus, sondern es entstand, zunächst in Gestalt des Geistlichen, der lediglich die niederen Weihen empfangen hatte – des clericus litteratus –, später des studierten Laien, der professionelle Schreiber, Kanzlist oder Schulmeister, endlich die Akademiker als gesellschaftliche Gruppe. Diese Pluralisierung und der rapide zahlenmäßige Anstieg der bildungsvermittelnden und -tragenden Institutionen wie auch derjenigen, die die Möglichkeit der 101 Henkel 1988, 9–64. 102 Glauche 1970. Vgl. Henkel 1988, 9–13.

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Einleitung

Teilhabe an Bildung hatten, zogen eine Steigerung der Produktion an im weitgehenden Sinn didaktischen Texten, genauer gesagt an für die Lehre herangezogenen Texten nach sich. Der sich nun formende, sehr breite Bestand an Schultexten umfasste nicht mehr fast ausschließlich antike Autoren, seien diese nun heidnisch oder christlich, klassisch oder spätantik. Es sind durchweg zeitgenössische Werke, die nun neben die antiken auctores treten und diesen zumindest in ihrer Funktion gleichberechtigt sind. So stehen neben Klassikern wie Vergil oder Ovid mittelalterliche Autoren wie Walter von Châtillon oder Alanus ab Insulis auf gleicher Stufe als Beispiele paradigmatischer Latinität. In mancher Hinsicht sind diese neuen Texte den Autoritäten sogar überlegen, insofern sie auf die Unterrichtssituation ausgerichtete Erneuerungen oder Ergänzungen eben jener sind („Cato novus“, „Avianus novus“ etc.); respektive sich zum Beispiel Texte der Gattung „Lehrgedicht“ aufgrund der Notwendigkeit aber auch Möglichkeit der dialogischen Verschränkung von Verstext und explizierendem Lehrerkommentar oder Metatext besonders für die Lehrsituation eignen („Poetria nova“, „Grecismus“ etc.)103. Zwecks Skizzierung eines etwas festeren Profils der lateinischen Schulliteratur greift Henkel im Anschluss einige besonders charakteristische Textgruppen heraus. Bei den von ihm analysierten Textgruppen handelt es sich um: Schulgedichte (Gedichte oder Sammlungen von Merkversen, die die Schule und das Lernen behandeln; zum Beispiel die „Rudium doctrina“ oder Ps.-Boethius, „De disciplina scolarium“); Tischzuchten (beispielsweise die „Thesmophagia“ [beziehungsweise „Phagifacetus“] des Reinerus Alemannicus); Streitgespräche (so die „Ecloga Theoduli“, welche zur Vermittlung antik-mythologischer, sowie alttestamentlicher Inhalte und deren allegorischer und moralischer Ausdeutung dient); Elegienkomödien (zum Beispiel den „Geta“ des Vitalis von Blois oder den anonymen „Pamphilus“); geistliche kleinepische Texte (wie den „Tobias“ des Matthäus von Vendôme oder verschiedene Heiligenviten); Verstexte geistlich-didaktischen Inhalts (Merktexte unter anderem zur Katechese, Ausführungen zur Messe, Tugend und Lasterlehren, Kalendarien; zumeist Kleinformen, aber auch umfänglichere Werke wie der „Poenitentiarius“ des Wilhelm de Montibus); Proverbienliteratur (beispielsweise die „Disticha Catonis“ oder Alanus‘ ab Insulis „Liber parabolarum“); sowie Hymnen- und Sequenzdichtung. Die Verwendungszwecke und der Ort der Schultexte im eigentlichen Unterricht sind hierbei oftmals nicht genau zu klären. Dies trifft insbesondere aus dem Grund zu, da, wie Henkel konstatiert, die uns überlieferten mittelalterlichen Lehrpläne sehr heterogen sind und sich der aus ihnen rekonstruierbare Bestand an Schultexten bei weitem nicht mit dem tatsächlich erhaltenen Textbestand, der 103 Henkel 1988, 13–29.



Lateinische Schullektüre im Mittelalter

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eindeutig dem schulischen Kontext zuzuordnen ist, deckt. Die Lehrpläne müssen also vielmehr als Minimalanforderung an das zu vermittelnde Wissen interpretiert werden. So sind Vokabularien und Buchstabentafeln, aber auch grundlegende Texte der Katechese wie Credo, Ave Maria oder Vaterunser Bestandteil des Anfangsunterrichts, zudem Stücke wie Antiphone, Hymnen und Sequenzen, deren Kenntnis und Beherrschung die Mitwirkung in der Liturgie ermöglicht. Zugleich kann die intensive Vermittlung und auch Kommentierung katechetischer Texte, wie auch von Werken wie dem „Poenitentiarius“ des Wilhelm de Montibus oder des „Pastorale novellus“ des Rudolf von Liebegg der Vorbereitung für eine spätere pastorale Laufbahn, somit eher der aktiven denn passiven Katechese, dienen. Eine ähnliche Unterscheidung ist auch zu treffen, wenn im Spätmittelalter Texte, welche dem Elementarunterricht zuzuordnen sind, in eindeutig universitärem Kontext anzutreffen sind. Einerseits ist in solch propädeutischer Unterweisung eine Reaktion auf den teils niedrigen Ausbildungsstand und die geringen Vorkenntnisse der Studenten der Artistenfakultäten zu sehen. Als Orte dieser Unterweisung sind die Bursen und Kollegien zu bewerten, welche damit auch den Studenten die Befähigung vermittelten, am eigentlichen Unterricht der Artistenfakultät teilzunehmen104. Andererseits erfolgt die Beschäftigung mit manchen propädeutischen Texten wie den „Disticha Catonis“ teilweise auf weit höherem Niveau als in den Schulen, insofern sie breite Lektürekenntnisse und Vorwissen aus dem Bereich der Logik verlangen. Darüber hinaus finden sich in entsprechend kommentierten Handschriften keine weiteren texterschließenden Paratexte grundlegenderer Natur, wie zum Beispiel Wortfolgebezifferung oder Ähnliches. Dies ist als Vorbereitung der Studenten auf ein späteres Berufsfeld als Locat oder nach weiteren Studien als Schulmeister zu deuten, in dessen Rahmen die Fähigkeit der selbstständigen Erschließung und Aufbereitung entsprechender Schultexte notwendig ist105. Henkel schließt seine Betrachtungen zum Bestand an Schultexten mit einer umfangreichen Liste der im deutschen Sprachraum in den Schulen oder an den Artistenfakultäten verwendeten Texte ab106. Diese Liste, Henkels vorangegangenen Ausführungen zum heterogenen Lektürekanon sowie sein Verzeichnis der im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit ins Deutsche übertragenen lateinischen Schultexte107 sollen im Rahmen der Analyse des kodikologischen Kontextes als Grundlage und Orientierung für die Bewertung der Mitüberlieferung der „Summa Iovis“ sowie für die Charakterisierung der Handschriften dienen. 104 105 106 107

Vgl. hierzu den Fall der Handschrift P, siehe unten S. 169ff. Henkel 1988, 29–49. Henkel 1988,56–64. Henkel 1988, 213–316.

2. Die „Summa Iovis“

2.1. Zu Entstehung und Autor Die „Summa Iovis“ ist ein Lehrgedicht von 107 leoninischen Hexametern. Sie wird in insgesamt 41 Handschriften überliefert, die sich heutzutage mehrheitlich in Bibliotheken des oberdeutschen Raums (Südostdeutschland, Österreich, Schweiz), zudem in Belgien (Antwerpen), England (London und Oxford), Frankreich (Paris und Troyes) und Schweden (Uppsala) befinden108. Bei den Handschriften handelt es sich zum großen Teil um Sammelhandschriften, so dass der Text in zwei Handschriften (Mk6 und W2) jeweils zweimal enthalten ist. In etwa 28 Handschriften wird der Text zusammen mit einer Glossierung oder unterschiedlichen Kommentaren überliefert; eine Handschrift (Mk9) enthält nur den Kommentar. Fünf Überlieferungsträger bieten die „Summa Iovis“ lediglich fragmentarisch (A2, E2, G, U und W2B). Zwei Fragmente (E2 und U) und fünf vollständige Texte (A1, E1, K, L und M5) stammen aus dem 14. Jahrhundert, die übrigen Abschriften entstanden im 15. Jahrhundert – Handschriften aus späterer Zeit oder Drucke sind nicht bekannt. Im mittelalterlichen Bibliothekskatalog der Benediktinerabtei St. Ägidien in Nürnberg vom Ende des 15. Jahrhunderts findet sich unter der Signatur L46 an dritter Stelle ebenfalls die „Summa Iovis“ erwähnt109. Geht man nun nicht davon aus, der relevante Faszikel sei umgebunden worden – womit zum Beispiel die Handschrift G, welche ursprünglich ebenfalls aus St. Ägidien stammte, in Frage käme – so muss angenommen werden, dass dieser Überlieferungszeuge heute verloren ist. Wie Franz Josef Worstbrock erstmals konstatierte bildet die „Summa dictaminis“ des Guido Faba die Grundlage des Lehrgedichts110, so dass deren Entstehungszeitraum einen Terminus post quem für das Abfassen der „Summa Iovis“ darstellt. Guido Faba, geboren um 1190 in Bologna, erwarb um 1210 den magister in artibus an der dortigen Universität. In der Folgezeit widmete er sich vorübergehend dem Studium des Rechts, bis er zwischen 1219 und 1220 für die Stadt Bologna, bis 1222 für den Bologneser Bischof als Notar tätig war. Seit spätestens 1226 war er Priester und Kaplan an der Kapelle San Michele di Mercato di Mezzo und unter108 Zur Vereinfachung werden nachfolgend die unten in Kapitel 2.2 vergebenen Handschriftensiglen verwendet. 109 Ruf 1939, 500 und 559. 110 Worstbrock 1996, 55, Anm. 82. Ausführlicher zu diesem Thema unten, Kapitel 2.5.



Zu Entstehung und Autor

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richtete in einem an die Kapelle angeschlossenen Hospiz für Studenten Grammatik und dictamen. Um 1242 weilte er eventuell an der in Siena entstehenden Universität, etwa 1245 wird er in einer Handschrift als verstorben vermerkt. Das Œuvre Fabas umfasst acht größere und mehrere kleinere Schriften; all diese acht größeren Texte befassen sich mit der ars dictaminis. Während jedoch Zeitgenossen wie Boncompagnus und Bene von Florenz umfangreiche theoretische Schriften verfassten, waren Guido Fabas Texte auf die Praxis ausgerichtet, handelte es sich mehrheitlich um umfängliche Mustersammlungen. Er verfasste mehrere Sammlungen von exordia: In den „Exordia“ (vor 1229) waren diese nach Thema des Briefes oder der Person des Adressaten, in der „Summa de vitiis et virtutibus“ (verfasst nach den „Exordia“) nach Tugenden und Lastern geordnet; in den „Arenge“ bot Faba solche exordia, welche sowohl für öffentliche Reden wie auch Briefe geeignet waren – in einer zweiten Redaktion von etwa 1240/41 wurde der Text um vollständige Musterreden erweitert; die Exordiensammlung „Gemma purpurea“ wiederum bietet als erster Text der ars dictaminis Muster in Volgare. Eine weitere Mustersammlung befasst sich mit der pars epistulae der petitio („Petitiones“, um 1230). Bei den „Dictamina rhetorica“ (um 1226/27) handelt es sich um einen Briefsteller von insgesamt 220 Musterbriefen, die in der Form von Anfrage und Antwort miteinander verbunden waren. Die „Parlamenta et epistole“ (etwa 1242/43) enthalten Musterreden und -briefe sowohl auf Latein wie auch in der Volkssprache. Die einzige eher theoretisch ausgerichtete Schrift Fabas ist die „Summa dictaminis“, die um 1228/29 entstand. Doch auch dieser Text ist vielmehr auf die Zugänglichkeit der Lehre ausgerichtet als auf deren Vollständigkeit und Kohärenz; so beginnt der Text nicht wie ansonsten üblich mit Definitionen der Grundbegriffe der ars dictaminis, sondern in medias res mit einer Liste der in der Prosa zu vermeidenden Stilfehler, was deren Auffinden erleichterte und der Forderung entgegen kam, der Prosastil müsse grundsätzlich zumindest frei von Fehlern sein111. Die „Summa dictaminis“ ist in etwa 41 Handschriften vollständig oder fragmentarisch überliefert112. Über diese Zahl hinaus muss von einer nicht näher bestimmbaren Zahl an Exzerpten und Kompilationen, die sich dieses Werkes bedienen, ausgegangen werden113. Zur weiteren Eingrenzung des Abfassungszeitraums der „Summa Iovis“ kann der älteste erhaltene Textzeuge herangezogen werden. Es handelt sich hierbei um 111 Zu Faba siehe detaillierter Faulhaber 1978, 86–92. Eine Edition der „Summa dictaminis“ wurde von Augusto Gaudenzi angefertigt. Exzerpte des Textes, angereichert um Lesarten aus der Handschrift Basel, UB, B IX 31, findet sich unten in Appendix A.2. 112 Diese Zahl ergibt sich aus den Angaben bei Faulhaber 1978, 86, Anm. 2 und Polak 1993–1994, passim. 113 Siehe z. B. Camargo 1981, 209f, 214.

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Die „Summa Iovis“

den Codex Amplonianus 4o 378 aus der Wissenschaftlichen Bibliothek zu Erfurt. Die grammatische Sammelhandschrift wird auf den Zeitraum um 1350 datiert und entstand, wie der paläographische Befund nahe legt, im deutschsprachigen Mitteleuropa, vielleicht sogar in Erfurt selbst114. Bezüglich Autor und Entstehungsort der „Summa Iovis“ ist man auf Mutmaßungen angewiesen. Zwar nennt sich der Autor im letzten Vers des Lehrgedichts selbst, doch handelt es sich hierbei lediglich um das Pseudonym Iupiter. Dieses Pseudonym findet auch in die wohl allographe Betitelung des Textes Eingang: „Summa“ oder „Summula Iovis“. Teils erweitert um „de arte dictandi“ überliefern einige Über- und Schlussschriften sowie accessus diese Bezeichnung115. Auch in den Akten der artistischen Fakultäten der Universitäten Wien und Freiburg, an welchen der Text zeitweise ordinarie gelesen wurde, wird dieser „Kurztitel“ genannt116. Eine Marginalie im 1493 in Freiburg gedruckten „Spiegel der waren Rhetoric“ des Friedrich Riederer versieht ein Zitat aus dem Lehrgedicht mit der Quellenangabe „Iupiter in summam“117. Und wie bereits erwähnt führt auch der spätmittelalterliche Katalog des Ägidiusklosters in Nürnberg eine „Summa Iovis“ mit dem Incipit „Si dictare velis“118. Manche Handschriften versehen den Autor zudem mit den Epitheta monoculus oder häufiger nacionis francigene119. Der Beiname monoculus ist bezüglich der Frage nach der Identität des Autors am wenigsten ergiebig. So nennt zwar Thomas Kaeppeli den Iupiter Monoculus der „Summa Iovis“ im Rahmen einer Studie zu einem Prediger mit dem Pseudonym Monoculus, doch nur um verschiedene Möglichkeiten der Identifizierung durchzugehen. Der Iupiter der „Summa“ wird danach nicht mehr erwähnt, für die Argumentation nicht weiter herangezogen120. Anne Grondeux beschäftigt sich im Rahmen ihrer Studie „Le ‘Graecismus’ d’Évrard de Béthune à travers ses gloses“ ebenfalls mit einem Autor mit dem Pseudonym Iupiter121. Es handelt sich hierbei um einen im „Grecismus“-Kommentar der Handschrift Paris, Bibliothèque nationale de France, lat. 14746 als Urheber 114 Vgl. unten S. 54f. 115 Worstbrock 1983a, Sp. 429. Zum Beispiel die Hss. A1 (f. 108v), B (f. 3v), E1 (f. 101v), M5 (f. 172r) und Mk6A (f. 114v). 116 Vgl. unten S. 215ff. 117 Friedrich Riederer, „Spiegel der waren Rhetoric“, f. 88r. 118 Ruf 1939, 500, 559. 119 Worstbrock 1983a, Sp. 429. Beispielsweise die Hss. B (f. 3v: „nacionis francigene“) oder E1 (f. 97r: „monoculus“). 120 Kaeppeli 1956, 151. 121 Grondeux 2000, 85–97.



Zu Entstehung und Autor

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bestimmter Glossen und Lehrmeinungen angeführten Autor122; fragliche Glossen sind hierbei einem Kommentar entnommen, der vollständig nur noch in der Handschrift Arras, Bibliothèque municipale, 880 erhalten ist123. Der gleiche Iupiter ist wahrscheinlich ebenfalls der Autor eines Kommentars zum „Doctrinale“ des Alexander de Villa Dei, der den Text in der Handschrift Erfurt, Wissenschaftliche Bibliothek, Amplonianus 8o 14 begleitet124. Dieser Kommentar und sein Autor sind der Gegenstand eines Artikels Leopold Delisles in der „Histoire littéraire de la France“125. Allerdings unterläuft Delisle, wie im Übrigen auch Wilhelm Schum in seinem Katalog der Codices Amploniani, wohl ein Lesefehler, da er Ione anstelle von Iove liest (der Autor wird im Übrigen an keiner Stelle des Kommentars im Nominativ genannt). Dementsprechend ist auch maître Yon das Thema des Artikels. Der Editor des „Doctrinale“, Dietrich Reichling, entschied sich in seinem conspectus der Handschriften des „Doctrinale“ zwar ebenfalls für Ione, signalisierte jedoch mit einem Fragezeichen, dass er sich nicht gänzlich sicher war126. Delisle selbst entscheidet sich, als er einen weiteren Textauszug behandelt, für die Lesart Iove und identifiziert anschließend maître Yon mit dem Verfasser der „Summa Iovis“127. Über die Nennung des Namens hinaus weiß die Erfurter Handschrift noch im Explicit des Kommentars zu berichten, dass dieser auf den „reportamina sub magistro Ione Suessionensi summonitore reportata et correcta“ fuße, ja nennt sogar mit dem 21. April 1301 ein doch recht genaues Datum für deren Abschluss128. Zwischen dem Kommentar zum „Doctrinale“ in der Erfurter Handschrift und demjenigen zum „Grecismus“ in den Handschriften Paris und Arras gibt es nun einige inhaltliche und strukturelle Berührungspunkte. So werden im Kommentar zum „Grecismus“ in Beispielsätzen Soissons und Montmirail129 genannt – beide Städte finden im Lehrgedicht selbst keine Erwähnung. Auch die Tatsache, dass

122 Grondeux 2000, S. 85f: Explicit prima pars Graecismi a Iove glosati; ista continuatio est secundum Iovem; Hec est divisio lectionis a Iove scripta; Que dictiones habent vocativum et que non vise sunt alibi in notulis Iovis et cetera; Relativa illorum interrogativorum melius poterit alibi specificari scilicet in scriptis Iovis vel in scriptis Michaelis supra Priscianum. 123 Grondeux 2000, 85. 124 Schum 1887, 681. 125 Delisle 1893. 126 Reichling 1893, CXXIX. Vgl. Grondeux 2000, 86. 127 Delisle 1893, 8, 11, 790. Vgl. Grondeux 2000, 86f. 128 Delisle 1893, 2: compositus A. D. MoCCCo primo, feria sexta post diem dominicam qua cantatur ‘Misericordia Domini’. Vgl. Grondeux 2000, 87. 129 Wohl Montmirail im Département Marne.

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Die „Summa Iovis“

mit „Doctrinale“ und „Grecismus“ zwei grammatische Texte kommentiert wurden spricht zumindest nicht gegen die Identität der beiden Iupiter130. Nimmt man nun diese Verbindung als gegeben an, so handelt es sich bei Iupiter offensichtlich um einen Magister der Grammatik. Sucht man weiter im Kontext des propädeutischen Unterrichts, so stößt man auf einen Magister Johannes, der nach eigener Aussage das Pseudonym Iupiter benutzte. Fragliche Aussage steht in einigen, einen Kommentar zu den Metamorphosen des Ovid abschließenden Versen, die in der Handschrift 1262 der Bibliothèque Municipale in Reims überliefert sind. Neben der Auslegung der Metamorphosen, welcher nach Angabe seines Autors 1284 entstand, enthält die Handschrift einen Kommentar zum „Doctrinale“, wie auch denjenigen zum „Grecismus“ aus den Handschriften Arras und Paris131. Für die Übereinstimmung dieses Johannes/Iupiter mit dem Kommentator des „Grecismus“ könnte auch sprechen, dass in dem Abschnitt des Kommentars zu den Pronomen der Name Iohannes in den Beispielsätzen sehr häufig verwendet wird132. Nun wendet sich Grondeux dem Iupiter der „Summa Iovis“ zu. Sie sieht hierbei in zwei Bereichen Übereinstimmungen, die eine Identifizierung mit dem Iupiter des „Grecismus“-Kommentars zulässt. Der erste Bereich betrifft die Überlieferung des „Grecismus“ und der „Summa Iovis“. Die geographische und chronologische Verteilung der beiden Texte sei zwar insgesamt gesehen sehr unterschiedlich. Wenn man jedoch den hauptsächlichen Überlieferungszeitraum der „Summa Iovis“ betrachte (das 15. Jahrhundert) und mit dem entsprechenden des „Grecismus“ vergleiche, so stelle man fest, dass es bei beiden Texten einen eindeutigen Schwerpunkt im deutschsprachigen Raum gebe133. Das zweite Argument ist inhaltlicher Natur. Der Text der „Summa Iovis“ zeige Kenntnis sowohl vom „Doctrinale“ wie auch vom „Grecismus“. Auf das „Doctrinale“ verweist der Autor der „Summa Iovis“ in Vers 96 direkt unter Nennung des Titels des Lehrgedichts134; die Vertrautheit des Autors der „Summa Iovis“ mit dem „Grecismus“ werde durch die Verwendung der Termini colores rethorici und scemata sowie die Empfehlung Solözismen, Barba130 Grondeux 2000, 87–89. 131 Grondeux 2000, 89f. Grondeux geht nach ihrer schlüssigen Auflösung der entsprechenden Verse von einer Entstehung im Jahr 1284 aus. Alternativ wurden auch die Jahre 1254 und 1244 angenommen. Vgl. auch Walther 1969, Initium 9555 und Worstbrock 1983a, Sp. 429. 132 Grondeux 2000, 89f. 133 Grondeux 2000, 90f. 134 „Summa Iovis“, V. 95f: Deque tribus pausis, quas admonet addere clausis Nos ‘Doctrinale’, documentum do tibi tale […]



Zu Entstehung und Autor

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rismen und ähnliche Fehler zu vermeiden in den Versen 63 bis 66 offen gelegt135, Grondeux konstatiert an dieser Stelle jedoch selbst, dass die angeführten Punkte nicht ausreichend sind, um eine Identität der beiden Iupiter zu behauptet136. Unter der Voraussetzung, dass der Iohannes der Reimser Handschrift und der Iupiter des „Doctrinale“- und „Grecismus“-Kommentars identisch sind, stellt Grondeux im Nachfolgenden Überlegungen zu einer noch genaueren Identifikation des Autors an137. Zu diesem Zweck betrachtet sie eine Studie Louis CarolusBarrés zu Kathedralschule und Collegia im mittelalterlichen Soisson138. In einer summarischen Liste der in Quellen nachgewiesenen Magister steht an 28. Stelle der oben erwähnte maître Yon – allerdings basiert dieser Eintrag einzig auf der Benennung und wohl falschen Quelleninterpretation Delisles139. Nachfolger Yons war nach der Aufstellung Carolus-Barrés ein Magister namens Johannes de Clacy. Dieser Johannes wird zweimal in den Quellen erwähnt: zum einen als Anwesender auf der Versammlung des Kathedralkapitels von Soissons am 2. August 1302, zum anderen sein Tod am 4. Dezember 1308140. Zwar schließt Grondeux nicht aus, es handle sich, wie Carolus-Barré annimmt, bei Johannes de Clacy um den Nachfolger Johannes‘/Iupiters/Yons, doch merkt sie weiter an, grundsätzlich spreche nichts gegen eine Identität der beiden Personen141. Im Anschluss versucht Grondeux die Identität des Kommentators noch weiter einzugrenzen, doch aufgrund des nun doch zu hypothetischen Charakters dieser Überlegungen soll dies hier nicht weiter berücksichtigt werden142. Zusammenfassend kann mit Sicherheit zur „Summa Iovis“ lediglich ausgesagt werden, dass der Text zwischen 1228/29 und 1350 entstanden ist, also zwischen der Entstehung der als Vorlage dienenden „Summa dictaminis“ des Guido Faba und der Datierung der ältesten erhaltenen Handschrift E1. Gemäß der paratextu135 „Summa Iovis“, V. 62–66: […] quod ibidem Sit bona grammatica, cui scemata dentur aprica, Assint et flores ibi rethoricique colores. Sed soloecismus absens sit barbaque -rismus. Nexa quibus vicia fugantur et amphibolia. Vgl. Grondeux 2000, 91f. 136 Grondeux 2000, 91f. 137 Grondeux 2000, 91f. 138 Carolus-Barré 1975. 139 Carolus-Barré 1975, 174. Vgl. Grondeux 2000, 92. 140 Carolus-Barré 1975, 174f. Vgl. Grondeux 2000, 92. 141 Grondeux 2000, 92. 142 Vgl. Grondeux 2000, 92–94.

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Die „Summa Iovis“

ellen Überlieferung kann darüber hinaus eine französische Herkunft des Autors angenommen werden. Möglicherweise ist der Autor mit einem Kommentator der grammatischen Lehrgedichte „Grecismus“ und „Doctrinale“ identisch, der ebenfalls das Pseudonym Iupiter benutzt zu haben scheint. Neben der ausdrücklichen Erwähnung des „Doctrinale“ in der „Summa Iovis“, verraten Sprache und poetische Ausgestaltung der „Summa Iovis“ eingehende Kenntnis des Lehrbuches des Alexander de Villa Dei; auch mit dem „Grecismus“ war jener Iupiter nacionis Francigene eingehend vertraut. Hierfür spricht jedoch eher nicht, wie Grondeux angenommen hat, die Verwendung der Begriffe Solözismus, Barbarismus oder colores rhetorici, da die ersten auch mittels beispielsweise der „Ars maior“ des Donat bekannt gewesen sein können143, und auch letzterer Ausdruck nicht ausschließlich durch Eberhard von Béthune vermittelt wurde144. Der Gebrauch dieser Begriffe kann allenfalls als Argument, das nicht gegen einen intertextuellen Bezug zwischen „Summa Iovis“ und „Grecismus“ spricht, gewertet werden. Ungleich wichtiger ist in diesem Zusammenhang jedoch die Tatsache, dass die poetische Ausgestaltung des fraglichen Verses in der „Summa Iovis“ genau der des „Grecismus“ entspricht: Während zum Beispiel Alexander de Villa Dei im „Doctrinale“ die Begriffe Solözismus und Barbarismus aufgrund ihrer problematischen Quantitäten nur abgekürzt verwendet145, stellt Eberhard von Béthune den Begriff Solözismus mit einem vorangehenden Monosyllabum an den Versanfang und Barbarismus, wenn er beide Begriffe gleichzeitig verwendet, durch Tmesis getrennt an das Versende146. Nach Aussage des Überlieferungsträgers wurde der Kommentar zum „Doctrinale“ im Jahr 1301 auf Grundlage der Vorlesungen eines in Soissons lehrenden Magister Iupiter erstellt. Die Entstehung der „Summa Iovis“ ließe sich somit auf die Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert eingrenzen und einem Magister Iupiter von Soissons zuschreiben. Fraglicher Iupiter könnte mit einem Johannes identisch sein, der 1284 einen Kommentar zu den Metamorphosen des Ovids in Gedichtform verfasste und sich seiner eigenen Aussage zufolge Iupiter nennen ließ. Als Indiz in dieser Sache 143 144 145 146

Vgl. unten S. 118. Vgl. unten S. 112ff. „Doctrinale“, V. 2361–2377. „Grecismus“, c. 2, v. 1–4: Est soloëcismus uitium ceu barbaque rismus. Est barbarismus cum dico domína domínus, Est soloëcismus vir mea, sponsa meus. Sub soloëcismo sint istae barbaque rismo […]“ (Hervorhebungen von Wrobel.) Vgl. „Summa Iovis“, V. 65: Sed soloecismus absens sit barbaque -rismus. Vgl. zu diesem Thema auch Kapitel 2.5.



Die Handschriften

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kann gelten, dass im Kommentar zum „Grecismus“ häufig an entsprechender Stelle der Name Iohannes in Beispielsätzen verwendet wird. Auch im in der Handschrift B enthaltenen Kommentar zur „Summa Iovis“ wird in den Beispielformeln fast ausschließlich der Name Iohannes verwendet147. Abschließend ist in Soissons um 1302 ein Johannes de Clacy als Magister an der Kathedralschule bezeugt, der 1308 ebendort verstarb. Vorausgesetzt man folgt all diesen Hypothesen, so wäre Johannes de Clacy, genannt Iupiter, Magister zu Soissons (fl. 1284–1308) der Verfasser des Lehrgedichts „Summa de arte dictandi magistri Iovis“. Doch da sie bestenfalls eine gewisse Tendenz beschreiben, erscheint es opportuner, weiterhin das auktoriale Pseudonym und somit auch weiterhin die allographe Betitelung „Summa Iovis“ zu verwenden.

2.2. Die Handschriften Es folgt eine alphabetische Auflistung derjenigen Handschriften, die die „Summa Iovis“ vollständig oder teilweise, respektive einen Kommentar zu ihr überliefern. Die Handschriften sind zunächst nach Ort, dann nach Bibliothek, zuletzt in aufsteigender Folge nach Standnummern geordnet. Alle Handschriften sind mit Siglen versehen. Die Sigle der heute wohl verlorenen Handschrift Nürnberg, St. Ägidius, Stiftsbibliothek, L 46 ist zur Hervorhebung ihres besonderen Status mit einem Asteriskus versehen. Das Beschreibungsschema148 beginnt mit allgemeinen Merkmalen einer gegebenen Handschrift und einem Verweis auf die sie beschreibende Literatur. Im zweiten Teil folgen genauere kodikologische149, paläographische150 und den Inhalt betreffende Informationen zum den die „Summa Iovis“ enthaltenden Abschnitt der Handschrift und den sie in nächster Nähe mitüberlieferten Texten. In der Beschreibung wird als erstes die Literatur (Lit.), gefolgt von Allgemeinem zur Handschrift (Hs.), zu deren Schriftheimat (Prov.1), Bibliotheksheimat (Prov.2) und ihrem Inhalt (Inh.) angeführt. Dem folgt Konkretes zur „Summa Iovis“ (SI) und deren unmittelbarer Umgebung (Umg.). Abschließend wurde noch angeführt, in welcher Form die Handschrift konsultiert wurde (Kons.) sowie, in Anlehnung an Entspre147 Vgl. unten Appendix A.2.2. 148 Das gesamte darstellende Schema richtet sich nach Jiroušková 2006, 36f. 149 Sofern möglich wurde versucht, die Einrichtung der Seiten in die von Powitz 1979 entwickelten und von Holtz 1995, 108–110 erweiterten Schemata einzuordnen. 150 Der in diesem Zusammenhang verwendeten Nomenklatur liegt das erweiterte LieftinckSystem zugrunde, vgl. Derolez 2005, 20–24 et passim.

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Die „Summa Iovis“

chendes bei Camargo151, in der letzten Rubrik (Anm.)152 eine Angabe, ob und wo eine gegebene Handschrift bereits in der Forschungsliteratur zur „Summa Iovis“ Erwähnung gefunden hat153. Sollte es keine Informationen zu einer bestimmten Rubrik geben, respektive eine Rubrik nicht gänzlich ausgefüllt werden können, liegt dies in der benutzten Informationsgrundlage begründet. An Lit. Hs. Inh.

Antwerpen, Museum Plantin Moretus, Cod. M 117 Polak 1993–1994, Bd. 2, 5. Pergament; 15. Jh. Aesop, „Fabulae“ (f. 80v–96v); „Disticha Catonis“; Johannes de Garlandia, „Cornutus“. 15. Jh.; f. 76r–79r. SI Anm. CP. A1 Lit. Hs.

Prov.2 Inh.

Augsburg, Staats- und Stadtbibliothek, 2o Cod. 215 Spilling 1984, 226–229. Papier; 130 Blatt; 215×155 mm; f.  1–69f: Mitte 15. Jh.; f.  70–75: 3. Viertel 14. Jh.; f. 76–96: 1422, 3. Drittel 15. Jh.; f. 97–108: 3. Viertel 14. Jh.; f. 109-120: 1. Drittel 15. Jh. Augsburg, St. Ulrich und Afra, OSB (17. Jh.). Otto von Lüneburg, Lehrgedicht zur ars dictaminis mit Kommentar und Musterbriefen (f.  1r–61r; Walther 1969, Initium 4441); ein unvollständiger, anonymer Text de coloribus rhetorici (f. 61r–64r); ein anonymer Text de versificatione (f. 64r–67r); Salutationsformeln (f. 67v–69ar); Ludolf von Hildesheim, „Summa dictaminum“, fragmentarisch (f. 70r–74bv); ein Lehrgedicht zur ars dictaminis mit Kommentar und Musterbriefen (f.  76r–88v); Predigtentwürfe (f. 92v–95av); die Abschrift eines Briefes des Abtes Leonard Straubinger von Melk an den Bischof von Regensburg vom 13.01.1431 und im Anschluss daran ein Predigtentwurf (f. 96r); ein regimen sanitatis (f. 96v; Walther 1969, Initium 1039); Briefabschriften aus dem österreichischen Raum (f. 109r–116v).

151 Camargo 1996a, 286–288. 152 Diese Kategorie wird auch für weitere Angaben verwendet. 153 Folgende Kürzel finden hierfür Verwendung: B = Bursill-Hall 1981; C = Camargo 1996a; P = Polak 1993–1994; Wa = Walther 1969, Initium 17707; Wo = Worstbrock 1983a.



Die Handschriften

53

3. Viertel 14. Jh.; f. 97r–108v; 90×70 mm bis ganzes Blatt; 4–7 Zeilen, intensiv glossiert (ähnlich Holtz P10 und P9bis); teils ringsum Textverlust durch Zuschneiden; Cursiva Antiquior Libraria/Currens, Glossierung in Cursiva Antiquior Currens und geringerem Schriftgrad, Explicit in Textualis Libraria (Textus semiquadratus); Glosse auf f. 99v von der Hand des Narcissus Pfister, Text selbst und weitere Glossierung von anderer Hand; keine Überschrift; Expl.: Explicit summa Iouis de arte dictante (!); Kommentar in Form von Marginalglossen beigegeben, zusätzliche Interlinearglossierung einzelner Wörter, teilweise Korrekturen; Inc. (Kom.): Nota quod ad perfectum dictamen multe condiciones requiruntur. Umg. Die „Summa Iovis“ befindet sich auf einem einzelnen Sexternio, der in die Sammelhandschrift eingebunden wurde. Kons. Mikrofilm. Anm. C: 15. Jh. SI

A2 Lit. Hs. Prov.1 Prov.2 Inh.

SI

B Lit. Hs. Prov.1 Prov.2 Inh.

Augsburg, Staats- und Stadtbibliothek, 2o Cod. 222 Spilling 1984, 243–246. Papier; 183 Blatt; 210×155 mm; f. 6–135: Mitte 15. Jh.; f. 136–162: 1447–57; f. 163–172: vor 1459. Augsburg und Wiblingen. Augsburg, St. Ulrich und Afra, OSB (18. Jh.). Alanus ab Insulis, „Liber parabolarum‘“(f. 6v–25r); Galfridus de Vino Salvo, „Poetria nova“ (f. 35r–108r); „De sacramento eucharistiae“ (f. 136r–143v); Adalbertus Augustanus, „Vita s. Simperti“ (f. 150r–162r); „Meditationes super pater noster“ (f. 163r–165r). Mitte 15. Jh.; f. 108v–111r; Text bricht unvollständig ab; Text ist glossiert; Inc. (Glosse): Dictare est animi intencionem cum recta ordinacione explanare. Basel, Öffentliche Bibliothek der Universität, Cod. F VI 61 interner Katalog der Handschriftenabteilung der UB Basel; Polak 1993–1994, Bd. 2, 208; Scarpatetti 1977, 202. Papier; 153 Blatt; 204×141 mm. Heidelberg 3./4. Oktober 1438, und 11. Juli 1439, Albertus Loeffler de Rinfelden OP. Basel, Dominikanerkonvent. Fragmente des „Doctrinale“ Alexanders de Villa Dei (vorderer und hinterer Spiegel); Nikolaus von Dybin, Exzerpt aus dem „Viaticus dictandi“

54

Die „Summa Iovis“

(f. 20v–24v); Nikolaus von Dybin, „Oracio de beata Dorothea“, unvollständig (f. 25v–26v); Nikolaus von Dybin (?), „Sporta florum rethoricalium“ (f. 27r–110r); Nachträge zur „Sporta“ (f. 110v–116v); Briefformulare (f. 117r–119v); anonyme ars dictandi mit tabellarischem Briefsteller (f. 120r–153v). 11. Juli 1439; f. 3r–20v; 150/170×95–100 mm, einspaltig, 35–40 ZeiSI len, Kommentar und Verse alternierend (Holtz 1995, P9bis), anfangs Interlinearglossierung; Cursiva Libraria unterschiedlicher Größe, auf f. 3r erste Zeile jeweils in Textualis Formata (Textus quadratus) Variante I; keine Überschrift, Explicit = Explicit des Kommentars; Inc. (Prol.): IRITUM MEUM PONAM in medio vestri … Antequam procedam ad textum, tunc circa principium illius libri … EX quo presens liber est rethoricalis et eius sciencia pars rethorice totalis existit; Inc. (Kom.): Jste libellus sui prima diuisione diuiditur in tres partes; Expl. (Kom.): Hic jupiter ponit finem libro suo dicens ego jupiter do cristo grates illo libro perfecto id est completo et finito amen. Bis auf den letzten Text gesamte Handschrift von der Hand des Albertus Umg. Loeffler de Rinfelden; Schreibervermerke auf f. 20v: Et sic est finis huius operis deo gracias qui nos sacias per laborem rusticorum quod est contra voluntatem eorum et cetera per me Alberchtum loeffler de rinfelden Anno domini 1439 quinto ydus julij et fuit sabati die ante festum heinrici jmperatoris; sowie f. 110r: Et sic est finis huius operis per me Alberchtum loeffler de rinfelden et ex huius operis terminacione deo omnipotenti gratiarum acciones refero per immensas precelseque genitrici virgini marie et alme cristi nimphe ac rosigere dorothee laudes cano incessanter Scriptum heydelberge Anno domini 1438 quinto nonas octobris hoc est die sancti francisci; und f.  153v: Et sic est finis opusculi et cetera. Explicit rethorica deo gracias et cetera; Besitzeinträge auf f. 1r: Hic liber est fratrum ordinis predicatorum Basiliensium, danach von anderer Hand: concessus ad usum incertum fratri albertus loeffler eiusdem conuentus filio, und f. 153v: De libris fratris alberti loeffler oretur pro eo. Kons. Autopsie. Anm. Detaillierteres zur Hs. unten Kapitel 3.2; CPWo. E1 Lit. Hs.

Erfurt, Wissenschaftliche Bibliothek, Cod. Amplon. 4o 378 Lehmann 1929, 9f; Polak 1993–1994, Bd. 1, 129f; Schum 1887, 633– 636 Papier und Pergament; 115 Blatt; 196×146 cm; um 1350.



Die Handschriften

Prov.1 Prov.2 Inh.

55

Deutschsprachiger/mitteleuropäischer Raum (Erfurt?). Erfurt, Collegium Amplonianum, Sig. Gramm. 25 (1410–12). Texte zur Grammatik (f. 1r–41r, 63r–63v, 66r–78r, 79r–81r, 103r–111r); das Vokabular „De rarissimis vocabulis“ des Berthold von Eisenach (f. 47r–63r); einige Mariengebete (f. 81r–81v); ein Kommentar zu Donat (f. 82r–94v); Johannes de Garlandia, „Olla patella“ (f. 94v–97r); einige Merkverse (f. 111r–114r); ein lateinisch-deutsches Glossar (f. 114r–115r); ein Gedicht „De miseria humanae vitae“ (f. 115r–116r; Walther 1969, Initium 4618). um 1350; f.  97r–101v; 170×56/63 mm; zweispaltig, Kommentar und SI Verse alternierend (Holtz, P9); Textualis Libraria/Formata (Textus rotundus) Variante VII, Kommentar in Cursiva Antiquior Libraria/ Currens; von der gleichen Hand wie die beiden davor stehenden Texte (Kommentar zu Donat [f. 82r–94v], Vokabular [f. 94v–97r]); keine Überschrift; Expl.: Explicit summa Iouis de arte dictandi; Inc. (Prol.): Oculi mei semper ad Dominum [Ps 24,15] … Grammatica est sciencia docens recte scribere recta scriptura … Sunt ergo quattuor cause huius libri; Inc. (Kom.): Iste liber, cuius subiectum est pars sermo significatiuus, cause patet et possit sumi in diuisione, diuiditur in duos, in prohemium et in execucionem; Expl. (Kom.): tuum non amas filium et cetera. Umg. Vor der „Summa Iovis“ befindet sich eine Auflistung verschiedener Haushaltsgerätschaften in lateinischer Sprache mit zeitgenössischer deutscher Glossierung; der Text endet auf der gleichen Seite, auf der die „Summa“ beginnt; zwischen den Texten befindet sich einerseits eine die gesamte Breite der Spalte ausfüllende Federzeichnung sowie eine invocatio Mariens; Vers 107 der „Summa“, der Sphragis und invocatio Christi enthält, fehlt, es wurde jedoch dennoch Platz für diesen Vers gelassen; im Anschluss finden sich auf der gleichen Seite wohl von anderer Hand zwei kurze Merktexte/Definitionen zur Grammatik und sieben Verse zum gleichen Thema; auf die „Summa“ folgt ein Traktat über grammatische Konstruktionen. Kons. Digitalisat. Anm. CPWaWo. E2 Lit. Hs. Prov.1

Erfurt, Wissenschaftliche Bibliothek, Cod. Amplon. 8o 11 Polak 1993–1994, Bd. 1, 130; Schum 1887, 678–679. Pergament; 99 Blatt; 190×137 mm; 2. Hälfte 14. Jh. Deutschsprachiger/mitteleuropäischer Raum.

56

Die „Summa Iovis“

Inh.

Eberhard von Béthune, „Grecismus“ (f. 1r–97r); ein Vokabular (f. 97r– 98r); der Anfang eines Kommentars zum „Grecismus“ (f. 99r). Ende des 14. Jh.; f. 99rb; 170×53/55 mm; zweispaltig; Textualis Libraria SI (Littera Parisiensis); von einer Hand, aber Nachtrag am Ende der ansonsten älteren Handschrift; keine Überschrift; weder Kommentar noch Glossen; nur die ersten elf Verse sind vorzufinden. Die „Summa Iovis“ ist der letzte Text der Handschrift. Das Fragment Umg. des Kommentars zum „Grecismus“ füllt die gesamte erste Spalte aus; alle anderen Texte in der Handschrift sind wohl von anderer Hand; auf der Versoseite des Blattes finden sich Federproben und ein Bücherfluch. Kons. Digitalisat. Anm. CP: 14./15. Jh.; Wa: 14. Jh.; Wo: 15. Jh.. F St. Georgenberg-Fiecht, Stiftsbibliothek, Cod. 141 Lit. Jeffery/Yates 1985, 215–217 Papier; 225 Blatt; 1408, 1435 (?) Hs. Prov.1 Österreich. Prov.2 St. Georgenberg-Fiecht, OSB (1659). Inh. Ps.-Aristoteles, „Secretum secretorum“ (f. 1r–97v); deutschsprachige Zusammenfassung der „Secreta secretorum“ (f. 97v–103v); Vorlesungsnotizen (f. 103v–105v); Alanus ab Insulis, „De planctu naturae“ (f. 106r– 180r); Bibelverse (180r–v); fragmentarische Zusammenfassungen in Versen von Papst Gregor IX. zugeschriebenen kirchenrechtlichen Texten (f. 206r–215v); Abschrift eines Johannes de Palomar zugeschriebenen Briefes (f. 215v). vor 1435 (?); f. 181r–205v; zahlreiche Marginalglossen. SI Zahlreiches Material (Musterbriefe etc.) wurden der „Summa Iovis“ anUmg. gefügt und auch inseriert. G Lit. Hs. Prov.1 Prov.2 Inh. SI

Gotha, Forschungsbibliothek, Cod. Chart. B 13a Wunderle 2002, 198–202 Papier; I+381 Blatt; 215×155 cm; 1450/um 1450. Nürnberg, St. Egidius, OSB. Coburg, herzogliches Haus- und Staatsarchiv (1864). Johannes Trutz, „Sermones de tempore et de sanctis per circulum anni“ (f. 1r–348r); „De arte dictandi“ (f. 361r–381r). um 1450; f. 349r–355r; 165×105 mm; einspaltig; 32/33 Zeilen; von einer Hand; keine Überschrift; nur die ersten zehn Verse der „Summa Io-



Umg.

K Lit. Hs. Prov.1 Inh.

SI

Die Handschriften

57

vis“; Inc. (Prol.): Circa principium huius libelli notandum, quod eius; Inc. (Kom.): Sciendum conuenienter, quod partes epistole sunt duplices, remote et propinque. remote sunt dicciones, littere uel sillabe; Expl. (Kom.): Item secundum antiquos doctores excipiuntur consangwinei. Auf den f. 352v (Verwandte/Freunde, geistlicher Stand) sowie 353v–355r (narratio und conclusio) Schemata. Die f. 355v–359v sind leer, auf dem letzten Blatt des Sexterns findet sich von anderer Hand ein Fragment des Textes der später folgenden ars dictandi. Klagenfurt, Archiv der Diözese Gurk, Cod. XXXI c 12 Menhardt 1927, 78–79. Papier; 98 Blatt; 230×153 mm; 14. Jh., um 1371. Deutschsprachiger/mitteleuropäischer Raum. Petrus Hispanus, „Summule logicales“, tractatus I–V (f. 1r–35r); ein Text zu den partes orationis (f. 36r–58v); Otto von Lüneburg, unvollständiges Lehrgedicht zur ars dictaminis (f. 65r; Walther 1969, Initium 4441); Kommentar zum Lehrgedicht des Otto von Lüneburg (f. 66r–80v); Johannes Algeri, „Computus chirometralis“ (f. 81r–88v); Johannes de Polonia, „Computus metricus“ (f. 93r–96r); komputistische Tabellen, teils einem Garlandus (Gerlandus Computista?) und Beda Venerabilis zugeschrieben (f. 90v–92r, 97r–98v). 1371; f.  60r–64v; 0–25 Zeilen, rings Kommentar (Holtz, P2); Cursiva Antiquior Currens/Libraria, Kommentar in leicht geringerem Schriftgrad, Lemmata im Kommentar in Cursiva Antiquior Libraria, erstes Lemma („Si dictare velis etc.“) in Textualis Libraria (Textus rotundus) Variante VII; eine Hand; keine Überschrift; Expl. = Vers 107; Inc. (Prol.): n Libro de bona fortuna scribitur Sine (?) bonis exterioribus quorum fortuna est domina nemo erit felix [vgl. AA, “De bona fortuna”, Nr. 1] … Item sicud dicit aristoteles vnum quodque scire arbitramur dum causas eius cognoscimus [vgl. AA, “Physica” I, Nr. 2]; Inc. (Kom.): Cuius subiectum est dictamen epistolare diuiditur prima sui diuisione in tres partes; Expl. (Kom.); In precedenti penultima longa probatur, verbo gratia moderatione palpauerit et cetera; am Textanfang ist Platz für eine nicht ausgeführte I-Initiale gelassen; der Abschluss des Kommentars wird auf f. 64r von einem Schreibervermerk (anno domini M ccc Lxxj sexta feria ante carnis breuium [!] [14.02.1371] quod completus est liber iste) gebildet, danach auf dem Rest dieser und der Versoseite nur noch Verse; ein möglichst nahes Nebeneinander von Versen und dazugehörigem Kommentar wurde nicht realisiert.

58

Die „Summa Iovis“

Umg.

Das vorhergehende Blatt ist unbeschrieben, aber der Schriftspiegel ist zweispaltig eingetragen; das Fragment des Lehrgedichts des Otto von Lüneburg und der dazugehörige Kommentar folgt, von gleicher Hand geschrieben, direkt auf die „Summa Iovis“, jedoch sind dazwischen drei Blätter herausgeschnitten worden; auf dem oberen Rand von f. 60r findet sich eine invocatio Mariens. Kons. Digitalisat. Anm. CWaWo. Kr Kremsmünster, Stiftsbibliothek, CC 76 Lit. Fill 2000, 377–381. Papier; 316 Blatt; ca. 212×145 mm; 2. Drittel 15. Jh., 1460. Hs. Prov.1 Österreich. Prov.2 Kremsmünster, OSB (18. Jh.). Inh. „Vocabularius Ex quo“ (f. 1r–149v); verschiedene Quaestiones (f. 152v– 155v); „Practica sive usus dictaminis“ (f. 175v–191v); sog. „Grammatellus“ (f. 192r–209r); Glossar zu den Komposita (f. 209v–242v); ars dictandi (f. 243r–271v); ars dictandi und Kommentar zur „Poetria nova“ des Galfridus de Vino Salvo (f. 274r–291v); „Tractatus in omnem modum scribendi“ (f. 295r–301v); Hugo Spechtshart, „Forma discendi“ (f. 301v–303v); Francisus de Monte Leonis, „Carmen de modo syllabicandi“ (f. 307r–315r). 2. Drittel 15. Jh., nach 1431?; f. 156r–175r; 170/180x105 mm; 30-37 SI Zeilen; Text mit Kommentar; keine Überschrift; Expl. = Ende des Kommentars; Inc. (Prol.): Circa principium illius libelli quemadmodum circa inicium cuiuslibet alterius libri sunt aliqua dubia generalia; Inc. (Kom.): Libellus ille prima sui divisione dividitur in tres partes; Expl. (Kom.): dicens Ego Iupiter do grates Christo illo libro perfecte completo et finito. Die „Summa Iovis“ befindet sich in einer Sammlung von drei SexterUmg. nionen, deren Mittlerer das Ende der „Summa“ und den Anfang der „Practica sive usus dictaminis“ enthält. Letzterer Text stimmt in Wortlaut und Aufbau teils mit der „Practica sive usus dictaminis“ des Laurentius de Aquilegia, respektive des Iohannes Bondi de Aquilegia überein. Gemäß der Schlussschrift ist der Text im Umfeld der Wiener Universität entstanden und für den Gebrauch dort und in Schulen intendiert.



Die Handschriften

59

L London, British Library, Cod. Add. 62132 A Lit. Burnett/Borrie 1994, 62–64; Polak 1993–1994, Bd. 2, 316f. Pergament; 231 Blatt; 215×142 mm; 14./15. Jh., nach 1354. Hs. Prov.1 England. Prov.2 Yorkshire, Fountains Abbey, OCist (15. Jh.). Inh. eine fragmentarische medizinische Abhandlung (f. 1r–2v); eine lateinische Grammatik (f. 4r–17v); Symon Oxenford, Urkundenlehre (f. 18r– 53v); Johannes Lemovicensis, „Morale somnium pharaonis“ (f. 55r–90v); Pierre Bersuire, „Ovidius moralizatus“ (f. 91r–196r); das Fragment eines astronomischen Textes (f. 198r–198v); Akten eines Häresieprozesses aus dem Jahr 1354 (f. 205r–215v); Predigten (f. 216r–226r); Fragmente liturgischer Musik (f. 228r–231v). 14./15. Jh.; f. 199r–204r; 142×95 mm; 0–21 Zeilen, rings Kommentar SI (Vorstufe zu Holtz, P9bis); Text und Kommentar Cursiva Currens (Secretaria); eine Hand; keine Überschrift; Expl. = Ende des Kommentars; Inc. (Kom.): Si dictare: sensus est quod uolentem scire dictare oportet primo considerare quare epistola; Expl. (Kom.): […] tercia fintiua et sic est finitu summa huius dictaminis; zwischen Vers sechs und Vers sieben wurden drei Verse aus einem anderen Lehrgedichts zur ars dictaminis (Walther 1969, Initium 15470), ein weiterer (Merk-)Vers zwischen den Versen 32 und 33 sowie zwei zwischen den Versen 37 und 38 interpoliert; im ersten Fall, um eine Alternative zur Formulierung der „Summa Iovis“ zu bieten, in den beiden anderen, um den Inhalt zu erweitern. Keine genauen Angaben zur direkten Mitüberlieferung der „Summa IoUmg. vis“ möglich, da die Lagenbeschreibung im Katalog der British Library fehlerhaft ist154; wahrscheinlich bilden die „Summa Iovis“ und das astronomische Fragment (f. 198v) einen eigenen Faszikel. Kons. Digitalisat. Anm. C: 15. Jh.; P: 14./15. Jh. Lu Lit. Hs.

Luzern, Zentralbibliothek, Cod. KB pp 115.4 Liebenau 1890–1893; Polak 1993–1994, Bd. 2, 235f; Scarpatetti 1983, 170; interner Katalog der ZB Luzern155. Papier; III+130 Blatt; 190×145 mm; 1461, 1468.

154 Ich danke Julian Harrison von der Handschriftenabteilung der British Library für die Klärung dieses Sachverhalts. 155 Ich danke Peter Kamber von der Zentralbibliothek Luzern für Informationen zu dieser Handschrift.

60

Prov.1 Prov.2 Inh.

SI

Anm. Mk1 Lit.

Hs. Inh.

SI

Die „Summa Iovis“

Basel und Kloster St. Urban. St. Urban, OCist (Kanton Luzern). Nicolaus Dybinus (?), „Sporta florum rethoricalium“ (f. 1r–84v); ein grammatischer Traktat (f. 85r–86v); Exordia (f. 87r–91v); Briefe, Sentenzen und eine Urkunde zur Gründung der Universität Basel (f. 92v–94r); Ps.-Ovid, „Facetus de arte amandi et de remedio amoris“ (f. 113r–116r); „Pamphilus“ (f. 117r–125v); Johannes Cancer, „Liber medicinalis“ (f. 126r–127v); tabellarische ars dictandi (f. 128v); ars dictandi (f. 128v– 130v). 1461; f.  97r–112v; 160/165×105 mm; 34–37 Zeilen; einspaltig; kommentiert und rubriziert; keine Überschrift; Expl. = Ende des Kommentars; Inc. (Prol.): Spiritum meum ponam Jn medio vestri; Expl. (Kom.): Hic iupiter ponit finem libro suo dicens Ego iupiter do christo grates illo libro perfecto id est completo et finito amen. Die „Summa Iovis“ ist in einem eigenständigen Octernio enthalten. CP: 1467. Melk, Stiftsbibliothek, Cod. 54 (ehemals 171; D 7) Bursill-Hall 1981, Nr. 164.4; Glassner 1996a, s. auctore ,Iupiter‘; Glassner 1996b, s. initio ,Si dictare velis et iungere schema loquelis‘; Glassner 2002, zu Cod. 664, f. 36/2r–83v 156. 15. Jh., nach 1451. Alexander de Villa Dei, „Doctrinale“ pars II mit Kommentar des Andreas Scherding (p. 4–262)157; regulae metrorum (p. 263–269); „Doctrinale“, pars III (p. 269–347); ars dictandi (p. 377–543); „De grammatica sive Claves sapientiae“ (p. 549–615); Johannes de Garlandia, „Equivoca“ (p. 617–679); Johannes de Garlandia, „Synonyma“ (p. 683–756). 15. Jh.; p. 352–372; Text mit Kommentar; Inc. (Prol.): Liber rhetoricae magistri Iovis. Circa initium est notandum, quia ut dicit commune (?) in laicis vituperanda in clericis culpanda in religiosis execrabilis est et damnanda ponenda est enim sententia beati Pauli dicentis: Ignorans ignorabiliter et ad Timotheum ait: Attende lectioni et doctrinae [I Tim 4.13]; Inc.

156 Ich danke Frau Dr. Christine Glassner von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften zu Wien für weiterführende Informationen zu dieser Handschrift. 157 Ein Wiener Magister namens Andreas Scherding bekam am 1. September 1451 dieses Buch als Vorlesungsthema zugeteilt (vgl. Maisel/Matschinegg/Bracher 2007b, Nr. 10617).



Die Handschriften

61

(Kom.): Sententia: Quicumque intendit sermones plures dictamine componere. Anm. CWaWo. Mk2 Lit.

Melk, Stiftsbibliothek, Cod. 364 (ehemals 849; P 39) Bursill-Hall 1981, Nr. 164.8; Glassner 1996a, s. auctore ,Iupiter‘; Glassner 1996b, s. initio ,Si dictare velis et iungere stema loquelis‘; Kristeller 1992, Sp. 433b; Szklenar 1981, 133f. 15. Jh. Hs. Prov.2 Melk, OSB (?). Inh. Hencrici Eiringer de Bambergia commentarius in partem primam et secundam Doctrinalis Alexandri (f. 2r–277r)158; Donatus minor cum commenatrio (f. 279r–340r); quaestiones in secundam partem Doctrinalis Alexandri (f. 340r–366v); Tractatus de regulis grammaticalibus (f. 367r–381r); regulae grammaticales generales (f. 382r–387v); tractatus de regiminibus casuum (f. 388r–400v); Tractatus de constructione grammaticali (f. 401r–410v); Nicolaus Dybinus, „Viaticus dictandi“ (f. 411r–448v); Otto von Lüneburg, „Compendium poetrie nove“ (f. 451r–454r); Ps.-Boethius, „De disciplina scholarum“ (f. 458r–480v); „Sertum rhetoricae“ (f. 481r–501v). 15. Jh.; f. 454v–457v; Text mit Kommentar. Die „Summa“ wird in dieser SI Handschrift, wohl aufgrund eines Lesefehlers, einem Magister Johannes zugeschrieben. Anm. BCWo. Mk3 Lit.

Inh. SI Umg.

Melk, Stiftsbibliothek, Cod. 685 Glassner 1996a, s. auctore ,Iupiter‘; Glassner 1996b, s. initio ,Si dictare velis et iungere stemma loquelis‘; Glassner 2002, zu Cod. 664, f. 36/2r–83v. Johannes Schlitpacher, „Opus metricum in Bibliam“ (f. 309r–324r); Johannes Schlitpacher, „De quantitate sillabarum“ (f. 324v–328v). f. 300r–336v; Text mit Kommentar und Interlinearglossen. Die „Summa Iovis“ wurde in einen andere ars dictandi interpoliert.

158 Ein Heinricus Euringer de Bamberg wurde am 25. Mai 1458 zur Determination zugelassen, las jedoch, zumindest in Wien, nie als magister regens über das „Doctrinale“ (vgl. Maisel/Matschinegg/Bracher 2007b, Nr. 12828).

62

Die „Summa Iovis“

Mk4 Lit.

Melk, Stiftsbibliothek, Cod. 802 (ehemals 735; N 11) Glassner 1996a, s. auctore ,Iupiter‘; Glassner 1996b, s. initio ,Circa huius libelli initium‘; Glassner/Haidinger 2000, 364. Hs. 1422 SI 1422; f. 286r–295v; Text mit Kommentar; Inc. (Prol.): Circa huius libelli initium, quemadmodum et circa quorumlibet aliorum librorum initia aliqua generalia sunt praenotanda, quot autem fuit et quae in istis … versiculis: Si bene vis scire librum. Melk, Stiftsbibliothek, Cod. 924 (ehemals 1127; M 66) Mk5 Lit. Glassner/Haidinger 2000, 362–365 Papier; 426 Blatt; 205×145 mm; Ende 14. Jh., 1. Hälfte 15. Jh., 1449. Hs. Prov.1 Niederösterreich. Prov.2 Melk, OSB (Ende 15. Jh., 1517). Inh. Vocabularius latino-germanicus (f. 2r–43r); vocabularius rerum (f. 43v– 50r); vocabularius verborum compositorum (f. 50r–52v); vocabularius verborum (f. 52v–69v); Vocabularius ‘Abdere’ (f. 70r–72v); Guilhelmus de Montibus, „Poeniteas cito“ (f. 75r–91r); Flores parvi philosophiae (f. 93r– 132r); Modus legendi libros iuris canonici (f. 132r–133r); quaestio (f. 133r); Melker Professurkunde (f. 135r); rhetorica (f. 137r–147r); Commentarius in Aristotelis Poeticam (f. 160v–215r); Commentum super Aristotelis libros Meteorium (f. 217r–252v); Commentarius in Donatum minorem (f. 253r– 329r); De nomine (f. 329r–330r); Stephanus (Molitoris) de Bruck, „Regulae grammaticales“ (f. 335r–378v); Commentarius in Donatem minorem (f. 383r–404v); tractatus de constructione et regiminibus (f. 408r–421r). 1449; f. 147v–160v; Text mit Kommentar; Inc. (Kom.): Circa initium ilSI lius libelli, quemadmodum ad initium cuiuslibet alterius libelli sunt aliqua dubia generalia, quae habentur in his metris: Si bene vis scire librum; Inc. (Kom.). Libellis iste sui (!) prima sui divisione dividitur in tres partes. in prima assignat causa inventionis epistolae; Expl. (Kom.): ut et ipse suam ineffabilem materiam ob totius ecclesiae curiae intercessionem largiri dignetur. Amen. Sit laus Deo. Die „Summa Iovis“ befindet sich im selben Faszikel und von gleicher Umg. Hand wie die vorangehende Rhetorik (Inc.: Pro informatione iuniorum in arte rhetorica ponuntur priores [?] ac utiles partes dictaminis secundum ordinem litterarum alphabeti) und der darauffolgende Kommentar zu Aristoteles (respektive eventuell vielmehr einem Kommentar zu Ludol-



Die Handschriften

63

fus de Luco). Auch der sich direkt anschließende Faszikel, es beinhaltet den Kommentar zu den „Libri meteorum“, ist von der selben Hand geschrieben worden. Mk6A Lit.

Melk, Stiftsbibliothek, Cod. 929 (ehemals 908; Q47) Glassner 1996a, s. auctore ,Iupiter‘; Glassner 1996b, s. initio ,Si dictare velis et iungere stemma loquelis‘; Szklenar 1981, 134f. 1. Viertel 15. Jh., 1421. Hs. Inh. Nicolaus Dybinus, „Viaticus dictandi“ (f. 1r–61v); tractatus de arte dictandi (f. 62r–70v); Andreas de Olmunc, „Tractatus latino-germanicus de arte dictandi“ (f. 70v–112v); Boncompagnus, Excerpta ampla ex ejus libro de arte scribendi (f. 115v–147v); excerpta grammaticalia (f. 148r–149r); Correctoria ex Summa Tymonis (f. 156v); arbor consanguinitatis (f. 156v); Liber verborum deponentialium cum commentario (f. 157r–158r); Bernhard v. Clairvaux, „Epistola ad Raimundum militem de cura et modo rei familiari“ (f. 158v; fragmentarisch); Protruci Regimen sanitatis (f. 162r– 173r); tabula litterarum figurarumque lunae (f. 173v); Martinus medicus Vienennsis, „Tractatus de phlebotomia“ (f. 174r–177v); opus prosaicum de grammatica (f. 178r–221v); vocabularius exponens peregrina et potissimum graeco-latina vocabula (f. 222r–263v); tractatus de coloribus et figuris rhetoricis (f. 264r–268r); Formula salutationum in epistolis (f. 268v– 292v). 1. Viertel 15. Jh.; f. 113r–114r; Cursiva Currens; jeweils zwei Verse hinSI tereinander in einer Zeile; die einzelnen Verse durch Striche abgesetzt. Kons. Digitalisat. Anm. CWo: 14. Jh. Mk6B Lit. SI Anm. Mk7 Lit. Hs.

Melk, Stiftsbibliothek, Cod. 929 (ehemals 908; Q47) Glassner 1996a, s. auctore ,Iupiter‘; Glassner 1996b, s. initio ,Si dictare velis et iungere stemma loquelis‘; Szklenar 1981, 134f. 1. Viertel 15. Jh.; f. 150r–153r. S. o. Hs. Mk6A. Melk, Stiftsbibliothek, Cod. 967 (ehemals K 22) Bursill-Hall 1981, Nr. 164.26; Glassner 1996a, s. auctore ,Iupiter‘; Glassner 1996b, s. initio ,Si dictare velis et iungere‘. 15. Jh.

64

Die „Summa Iovis“

Inh.

Kommentar zum „Donatus minor“ (f. 1r–67v); Kommentar zu Alexander de Villa Dei, „Doctrinale“, pars II (f. 103r–192r); Mazingerus, „Quaestiones grammaticales in secundam partem Doctrinalis“ (f. 192r– 227r); regulae grammaticales (f. 227v–229v); Kommentar zu „Doctrinale“, pars III (f. 236r–439r); Johannes de Garlandia, „De deponentialibus“ (f. 440r–455r). 15. Jh.; f. 70r–74r; Text mit Kommentar. SI Anm. BCWo. Mk8 Lit.

Melk, Stiftsbibliothek, Cod. 988 Bursill-Hall 1981, Nr. 164.29; Glassner 1996a, s. auctore ,Iupiter‘; Glassner 1996b, s. initio ,Si dictare velis et iungere schema loquelis‘; Kristeller 1983, Sp. 33a159. 15. Jh. Hs. Inh. Johannes de Garlandia, „Cornutus“ (f. 184r–185v). SI 15. Jh.; f.  186r–189r; Text mit Kommentar; Inc. (Kom.): Circa litteram notandum quod Seneca dicit: Non est curandum quis dicat sed quid dica[tur]. Die „Summa“ wird in dieser Handschrift, wohl aufgrund eines Lesefehlers, einem Magister Johannes zugeschrieben. Anm. BCWo. Mk9 Lit. Hs. Inh.

Melk, Stiftsbibliothek, Cod. 1941 (ehemals 180; D 17) Bursill-Hall 1981, Nr. 164.54. 15. Jh. Thomas Mauleveld (revera Petrus de Alliaco), „Tractatus contra modis significandi“ (p. 1–22); Alexander de Villa Dei, „Doctrinale“, pars II mit Kommentar (p. 27–521); regulae Prisciani de derivatione verbum (p. 526–531); „Doctrinale“, pars III mit Glossen (p. 533–642); Thesaurus grammaticalis (p. 643-649); Johannes de Garlandia, „De deponentialibus“ (p. 675–695); Johannes de Garlandia, „De compositionibus“ (p. 675–695); Johannes de Garlandia, „Cornutus“ (p. 706–715); notabilia grammatica (p. 723–725); Glossen zu „De deponentialibus“ (p. 759– 769); Glossen zum „Cornutus“ (p. 770–782); regula grammaticalis (p. 785–840).

159 Ich danke Frau Dr. Christine Glassner von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften zu Wien für weiterführende Informationen zu dieser Handschrift.



Die Handschriften

65

SI 15. Jh.; p. 727–757; nur der Kommentar überliefert. Anm. BCWo. M1 Lit. Hs.

München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 4284 Schneider 1994, 58 und Abb. 109; Schneider 1996, 46–51. Papier; 212 Blatt; 215×150 mm; f. 1–149: 1. Hälfte 15. Jh., f. 150–208: 1431Prov.1 Bayern-Österreich und Wien. Prov.2 Tegernsee, OSB (nach 1518). Inh. Johannes de Garlandia, „Synonyma“ mit Kommentar (f. 1r–4r); „Vocabularius Ex quo“ (f. 4v–149v); Schluss eines Kommentars zum „Doctrinale“ (f. 150r); ars dictandi (f. 156r–161r); Briefmustersammlungen (f. 161v–168r); tabellarische ars dictandi (f. 168v–186v); Formular für Privilegien (f. 187r–193v); ars dictandi (f. 195r–197v); Briefmuster mit Regeln für salutationes, petitiones und conclusiones (f 197v–207v). 1431; f.  150v–156r; 172/184×108/120 mm; 30–42 Zeilen; Text mit SI reichhaltiger Marginal- und Interlinearglossierung sowie Kommentar; keine Überschrift; Expl.: Explicit textus summe magistri Jovis de arte dictando anno domini Mo43o1; Inc. (Prol.): Circa inicium huius tractatuli ex quo presens tractatulus est rethoricalis […] Circa inicium summe magisti Jovis moventur aliqua dubia iuxta expressionem illorum metrorum; Inc. (Kom.): i dictare velis. Summa horum metrorum; Expl. (Kom.): ego Jupiter illius libelli editor reddo tibi grates illo libello completo […] in secula seculorum benedictus amen. Die gesamte zweite Partie der Handschrift wurde von Johannes Sumer Umg. aus Obernberg bei Vilshofen geschrieben, der seit dem 13. Oktober 1430 in Wien immatrikuliert war. Betrachtet man die Lageneinteilung, so sind keine besonderen Zäsuren festzustellen – die Faszikel wurden sukzessive geschrieben. Das auf f. 150r befindliche Fragment ist der Schluss eines „Doctrinale“-Kommentars, der Michael Puff von Schrick zugeschrieben wird. Puff las seit 1423 in Wien über Grammatik und Dialektik. Anm. CWo. M2 Lit. Hs. Prov.2

München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 11713 Halm 1876, 32. 179 Blatt; 4o; 15. Jh. Polling, CanA.

66

Die „Summa Iovis“

Inh.

Alberti canonici in Diessen speculum clericorum (f. 1ff); utilitates missae (f. 140f ); aenigmata theologica, satisfactiones pro peccatis (f. 141ff); Canon missae cum expositione (f. 144ff); casus papales et episcopales (f. 157ff). 15. Jh.; f. 162r–179r. SI Anm. CWaWo. M3 Lit. Hs. Prov.2 Inh.

München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 15612 Halm 1878, 23f. 272 Blatt; 4o; 15. Jh., 1440, 1453, 1445. Rott am Inn, OSB. Speculum clericorum (f. 1ff); Johannes Gerson (?), „De eruditione rudium“ (f. 61ff); Predigten (f. 72ff); Ps.-Lentulus, „Epistula ad senatum Romanum de forma Christi“ (f. 90); Andreas de Escobar, „De decimis“ (f. 90ff); sermo de corpore Christi (f. 117ff); expositio canonis missae (f. 120ff); Rabbi Samuel Judaei epistola de adventu Messiae (f. 148ff); „Ecloga Theoduli“ mit Kommentar (f. 170ff); „Theobaldi physiologus moralis“ mit Kommentar (f. 268ff). 15. Jh.; f. 235r–267v; mit Kommentar; ab f. 260 eine nota circa summam SI Jovis. Anm. CWaWo. M4 Lit. Hs. Prov.2 Inh.

München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 16450 Halm 1878, 67; Schnell 1988, 84. 249 Blatt; 2o; 1481–1484. Reichenhall, St. Zeno, CanA. vocabula litterae A (f. 1ff); „Vocabularius Ex quo“ (f. 26ff); index professorum quos audivit Martinus Reitmayr anno 1481 (f. 223); Copia latinitatis (f. 224ff); ars dictandi (f. 233ff); Udalricus Eberhardi de Neuburga claustri, „Tractatus orthographie“ (f. 248ff). 15. Jh.; f. 230v–231v. SI Bei den Copia latinitatis handelt es sich um deutschsprachige BriefmusUmg. ter, respektive lateinische mit deutschsprachigen Übertragungen. Anm. CWaWo. M5 Lit. Hs. Prov.2

München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 19668 Halm 1878, 267. Papier; 220 Blatt; 4o; 14./15. Jh. Tegernsee, OSB.



Die Handschriften

67

Inh.

Ps.-Aristoteles, „Physionomia“ mit Kommentar (f. 1ff); Ps.-Aristoteles, „De causis“ mit Kommentar (f. 12ff); Aristoteles, „De somno et vigilia“ mit Kommentar (f. 21ff); quaestiones in librum de caelo et mundo (f. 38ff); in libros ethicorum (f. 68ff); lateinisch-deutsche Vokabulare (f. 115–123, 162–163); Otto von Lüneburg, „Compendium poetrie nove“ (f. 124r– 135v; Walther 1969, Initium 4441); Johannes de Garlandia, „Cornutus“ (f. 136ff); Versifikation der „Brevis sententiae“ der „Disticha Catonis“ (f. 140v–143v; Walther 1969, Initium 14723); Frowin von Krakau, „Antigameratus“ (f.  144–155); Pauli epistolae expositae (f.  156ff); Dekrete einer Synode zu Seligenstadt (f. 174ff); De iure canonico et ciuili et de magistris eius (f. 186ff); Argumenta singulorum capitum euangeliorum cum mirificis figuris (f. 191ff); De arte memoratiua (f. 206ff); Ordo librorum Ninliae (f. 214ff). Ende 14./Anfang 15. Jh.; f. 164r–172r; glossierter Text mit Kommentar SI (Holtz, P9bis), die Verse sind mit einer Wortfolgebezifferung versehen; Verse in Cursiva Libraria/Currens, Lemmata des Kommentars in Textualis Formata/Libraria, Kommentar in Cursiva Currens; eine Hand; Überschrift: „Summula Iouis“; Expl.: Explicit summula Iouis per manus / Steffani prechtl fratris […] et sic est finis; Inc. (Kom.): „S[…]a Et […] Titulus; Expl. (Kom.): penultimam productam. Die „Summa Iovis“ befindet sich auf einer eigenen Lage; da anscheinend Umg. mindestens ein Blatt herausgeschnitten wurde, scheint es – es verbleiben noch neun Blatt – sich um ein Quinternion zu handeln; die Texte vor und nach der „Summa“ von anderen, späteren Händen; auf f. 173v, das ansonsten leer ist, steht nochmals der Titel des Textes. Kons. Fotokopie. Anm. CWaWo: 15. Jh. M6 Lit. Hs. Prov.1 Prov.2 Inh.

SI

München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 19697 Halm 1878, 270. 256 Blatt; 4o; 15. Jh., nach 1470, nach 1444. Tegernsee und Österreich. Tegernsee, OSB. verschiedene Briefwechsel des Abtes Caspar und Priors Bernhard von Tegernsee (f. 1ff); gratiae monasterii s. Zenonis Veronensis (f. 199); magistri Bondi Aquileiensis Lucerna (f. 199ff); ars dictandi (f. 212ff); Briefsteller (f. 220ff). 15. Jh.; f. 235r–255r; Text mit Kommentar.

68

Die „Summa Iovis“

Umg. Die ars dictandi ab f. 199 stammt wohl aus Österreich und wurde nach 1444 verfasst. Anm. CWo. M7 Lit. Hs. Prov.2 Inh.

München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 22404 Halm/Meyer 1881, 48. 236 Blatt; 4o; 15. Jh. Windberg, OPraem. Fabulae Romuli (f. 1ff); Fabulae Auiani (f. 61ff); Anthonius Haneron, ars dictandi (f. 103ff); Musterbriefsammlungen u. Ä. (f. 119ff); De eloquentia (f. 162ff); Proverbia und Sentenzen (f. 170ff); epistolae fictas (diaboli) et decreta universitatis Viennensis (f.  175ff); Heinrich von Langenstein (?), De proprietate religiosorum (f.  177ff); Impedimenta contra horarum deuotam persolutionem (f. 182ff); Theologica (f. 186ff); De regimine sanitatis et de remediis (f. 189ff); Pro corporis sanitate conseruande (f. 201ff); Auctoritates Aristotelis, Senecae, Boetii, Timaei Platonis (f. 209ff). 15. Jh.; f. 224r–236r; Text mit Kommentar. SI Anm. CWo. N* Lit. Prov.2 Inh.

Nürnberg, Kloster St. Ägidien, Stiftsbibliothek, Cod. L 46 Ruf 1939, 500, 559. St. Ägidien (Ende 15. Jh.). Parvulus rethorice ‘Qui non confusum’ etc.160; Tractatus qui titulatur Practica seu usus dictamine161; Summa de arte dictandi magistri Jovis ‘Si dictare velis’; Diverse formule dictaminum, alias copie; Epistole Johannis de Capestrano, ordinis minorum, et Johannis Rockezan heretici; Epistola monitoria magistri Henrici Luer ad amicum ‘Carissimo’; De distillacionibus metallorum ‘Accipe de sale’.

O1 Lit.

Oxford, Bodleian Library, Cod. Auct. F.3.9 Bursill-Hall 1981, Nr. 188.8, Madan/Craster/Denholm-Young 1937, 689f. Papier und Pergament; ca. 300×210 mm; VIII+454 Blatt; 1. Hälfte 15. Hs. Jh. Prov.1 England.

160 S. o. Hs. A1, f. 76r–88v. 161 Evtl. die „Practica“ des Laurentius de Aquilegia?



Inh.

SI Anm.

Die Handschriften

69

Johannes de Cornubia, „Speculum grammaticale“ (f. 1–188); Thomas de Hanney, „Memoriale iuniorum“ (f. 189–341); ein grammatisches Lehrgedicht (f. 341–374); Donatus, „Ars minor“ (f. 375–414); Salutaciones secundum vsum Oxonie (f. 414ff); Florilegium (f. 435ff); Ars grammatica de metris (f. 440–446). 15. Jh.; f. 428–435; Text mit Kommentar; Inc. (Kom.): Sensus est quos volentem dictare. B: 14./15. Jh.

O2 Lit. Hs. Prov.2 Inh.

Oxford, Bodleian Library, Cod. Digby 64 Macray 1883, Sp. 67; Schmidt 1974, 98. Papier und Pergament; 126 Blatt; 206×139 mm; 15. Jh. Aus dem Besitz des Thomas Allen. Excerpta ex philosophis (f.  8v–25r); Galfridus de Vino Salvo, „Poetria nova“ mit Kommentar (f. 25v–45v); ars dictandi mit Formular (f. 46r– 49r); poema super sensu allegorico mythologiae Graecorum (f.  49v–51v; Walther 1969, Initium 9955); Johannes de Hauvilla, „Architrenius“, glossiert (f. 52r–97r); capitula des „Architrenius“ (f. 97v–99r); Excerptum ex tractatu de memoria G. Burgensis episcopi (f. 105v–106r); Kommentar zum „Architrenius“, fragmentarisch (f. 108r–120r); nota de contentis ‘Architrenii’ (f. 126rv). 15. Jh.; 99v–105r; Text mit Kommentar; Textverlust durch herausgerisSI sene Seite zwischen f. 103 und 104. Anm. BCPWaWo.

O3 Lit. Hs. Prov.2 Inh.

SI Anm.

Oxford, Bodleian Library, Cod. Lat. Misc. d 66 Polak 1993–1994, Bd. 2, 375f. 15. Jh. Admont, OSB, Sig. 637. Johannes de Garlandia, „Parisiana poetria“ (f.  1r–40v); Ludolf von Hildesheim, fragmentarische „Summa dictaminum“ (f.  41r–48v); ars dictandi (f. 49r–56v); Otto von Lüneburg, „Compendium poetrie nove“ (f. 56v–58v); fragmentarische ars dictandi (f. 59r–68v); formae epistolarum (f. 69r–72r); ars dictandi (f. 84r–87r). 15. Jh.; f. 81r–83r. CWo: 14. Jh.; Wa.

70

Die „Summa Iovis“

P Lit. Hs. Prov.1 Prov.2 Inh.

Paris, Bibliothèque nationale de France, Cod. lat. 8317 BnF 1744, 448; Samaran/Marichal 1974, 618. Pergament und Papier; 114 Blatt; 215×150 mm; 14./15. Jh., vor 1429. Paris, Collège des Bons Enfants de Saint-Victor. Bibliothek des Étienne Baluze (17./18. Jh.). drei Werke des Sedulius (das „Carmen paschale“ sowie die Hymnen „Cantemus socii, Domino, cantemus honorem“ und „A solis ortus cardine“); Proba, „Cento“; Johannes de Garlandia, „Cornutus“; ein Carmen de contemptu mundi; eine Summa poenitentiae in Versen; ein didaktisches Gedicht Speculum puerorum; ein Gedicht Doctrina rudium; ein Liber de computo. vor 1429; f. 60r–62r; 150×85 mm; 20–25 Zeilen, glossiert; Cursiva LibSI raria, Glossen in Cursiva Currens, Initium (Si dictare) in Textualis Libraria (Textus quadratus) Variante II oder III; eine Hand; keine Überschrift; Expl. = Vers 107. Auf f. 59v verschiedene Begriffsdefinitionen (zwei Definitionen von dicUmg. tamen, zwei von epistola, eine der partes epistole, eine des exordium sine prouerbium, eine der narratio, eine der petitio sowie eine der conclusio), auf f. 62v, beginnt der „Cornutus“; auf dem unteren Rand von f. 60r drei Merkverse zu den partes epistulae (Walther 1969, Initium 15470); auf den f. 62r, 66r, 69v, 81v und 90r findet sich jeweils die Signatur „Iohannes lathomi“; auf f. 59r, ähnlich auf f. 57v, ein Besitzeintrag: Iste libellus pertinet Iohanni lathomi / scolari collegii bonorum puerorum parisius / Iuxta portam sancti uictoris; besagter Iohannes Lathomi erwarb 1429 das Lizenziat als Dekretist. Kons. Fotokopie. Anm. CWO: 14. Jh.; Wa. S Lit. Hs. Prov.2 Inh.

Sankt Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. 841 Polak 1993–1994, Bd. 2, 240f; Scarpatetti 1991, 71f; Scherrer 1875, 285f Papier; 249 Blatt; 215/220×145/150 mm; Ende 15. Jh., 1462, 1465. St. Gallen (?). Alanus ab Insulis, „Liber parabolarum“ (p. 3–58); Nicolaus Dybinus, „Viaticus dictandi“-Exzerpt (p. 95–97); Ps.-Alanus ab Insulis, „De penitencia et confessione“ (p. 101–118, 59–65); Nicolaus Dybinus (?), „Correctoria“ (p. 132–154); „Phisiologus Theobaldi“ (p. 155–179); de dominio planetarum in natvitatibus puerorum (p. 179–190); „Proverbia



Die Handschriften

71

Fridanci“ (p. 190–197); Johannes de Garlandia, „De poenitentia“ (p. 201–248). Ende 15. Jh.; p. 66–94, 99–100, 119–132; Vers 107 scheint zu fehlen; SI keine Überschrift; Expl. = Ende des Kommentars; Inc. (Prol.): Circa inicium illius libelli quemadmodum circa inicium alterius libri sunt aliqua dubia; Expl. (Kom.): per infinita secula seculorum. Amen. Die Handschrift ist verbunden, weshalb sich die zweite Zäsur zwischen Umg. Seite 100 und 119 findet. Das Exzerpt aus dem „Viaticus dictandi“ beinhaltet den tabellarischen Teil und ist in die „Summa Iovis“ inseriert. Bei den „Correctoria“ des Dybinus handelt es sich um eine Sammlung von 52 Musterbriefen. Anm. CP. T Lit. Hs. Prov.2 Inh.

Troyes, Bibliothèque municipale, Cod. 2015 Catalogue général 1855, 825. Papier; 132 Blatt; 8o; 15. Jh. Clairvaux, OCist. Johannes Buridan, „Summulae in Aristotelem“; Petrus Hispanus, „Summulae logicales“; Summa poenitentiae. Inc. (Glossen): Si dictare. Titulus incipit: Summa Iovis de arte dictandi, SI unde dictamen est ad unamquamque rem declarandam. Anm. CWaWo.

U Lit. Hs. Prov.2 Inh.

SI

Uppsala, Universitetsbibliotek, Cod. C 128 Andersson-Schmitt/Hedlund 1989, 150f. Papier; 220 Blatt; 295×215 mm; 15. Jh. Östergötland, Vadstena, OSsS. Bernhard von Clairvaux, „Sermones in Canticum canticorum“ (f.  1r– 163r); Ps.-Thomas von Aquin, „Sermones de eucharistia“ (f. 163v–208v); Bernhard von Clairvaux, „In laudibus Virginis Matris“ (f. 209r–219v); Fragment eines Registers über Predigten (f. 220v). 14. Jh.; Rektoseite des hinteren Spiegelblattes; 50–52 Zeilen; zweispaltig, Verse und Kommentar abwechselnd (Holtz, P9); am unteren Rand Textverlust durch Zuschneiden; Verse in Cursiva Antiquior Libraria, Kommentar in Cursiva Antiquior Currens; eine Hand; keine Überschrift; Expl. = Ende des Kommentars; Inc. (Kommentar): Iste liber cuius subiectum est sermo conspectus (?) mentis eciam prima sua diuisione dividitur in duos par-

72

Die „Summa Iovis“

tes; Expl. (Kommentar): [p…q…] [epistola imitatur uel clauditur et finitur]; nur die ersten zehn Verse der „Summa Iovis“ sind hier überliefert. Umg. Auf dem linken und oberen Rand wurde, um 180° gedreht, eine Predigt (?) geschrieben (Sermo 29 s[…] / Synagoge f[…]); auf der Rückseite des Blattes befindet sich ein Fragment von Quaestionen. Kons. Digitalisat. W1 Lit. Hs. Prov.1 Prov.2 Inh.

Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 3619 Haupt 1869, 39; Unterkircher 1971, 58. Papier; 194 Blatt; 219×143 mm; 1450, 15. Jh. Wien 1450. Mondsee, OSB. Johannes von Gmunden, „Calendarium cum theoria rei calendariae“ (f. 1r–18v); Predigten (f. 19r–33v); Brief der theologischen Fakultät Wien (f. 34r–37v), Jodok Weiler, „De excommunicatione“ (f. 38v–92r); auctoritates (f. 93v–113v); ars dictandi mit Briefmustersammlung (f. 114r–145r); synonyma latina (f.  145v–151r); epistola Luciferi ad praelatos (f.  151v– 152v); notabilia de arte dictaminis (f.  154v); tractatus de oeconomia (f. 155r–171r); Otto v. Lüneburg, „Compendium poetrie nove“ (f. 172r– 182v); carmen magistrale de BMV (f. 183r–189v); notabilia de rhetorica et arte epistolandi cum formulis fictis (f. 190r–194v). 15. Jh.; 153r–154r. SI Anm. CWaWo. W2A Lit. Hs. Prov.2 Inh.

Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 3820 Haupt 1869, 94f; Unterkircher 1971, 68. Papier; 220 Blatt; 215×157 mm; 1422, 1430, 15. Jh. Mondsee, OSB. Regimen sanitatis (f. 1r–7v); vier fiktive Briefe (f. 20rv); De arte rhetorica (f. 21r–92r); sechs Briefe aus Mondsee und Freising (f. 92v–95r); index librorum Decretalium cum explicatione notarum (f. 95v–108v); Otto von Lüneburg, „Compendium poetrie nove“ (f.  139v–147v); ars dictandi (f.  149r–159v); regulae grammaticales de constructione (f.  161v–188v); notabilia varia grammaticalia et tentamina calami (f. 188v–193v); versus memoriales de synonymia latina cum commentario (f.  194r–210v); versus memoriales de computo ecclesiastico cum commentario (f. 211r–220r). 15. Jh.; f. 8r–18v; Text mit Kommentar. SI Anm. CWaWo.



Die Handschriften

73

W2B Lit. Hs. Prov.2 SI Anm.

Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 3820 Haupt 1869, 94f; Unterkircher 1971, 68. 15. Jh. Mondsee, OSB. 15. Jh.; f. 127r–134v; Text mit Kommentar. S. o. Hs. W2A; CWaWo.

W3 Lit. Hs. Prov.1 Prov.2 Inh.

Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 4953 Haupt 1869, 445; Unterkircher 1974, 147f. Papier; III+208 Blatt; 217×143 mm. Wien 29. Mai 1466, Wien 1468, 24. Januar 1470. Wien, Universitätsbibliothek. Jacobus de Florentia, „Tractatus de latitudine formarum“ (f.  1r–17v); Thomas Bradwardine, „Liber de proportionibus epitomatus“ (f. 19r–35v); Thomas Bradwardine, „Commentarius de arithmetica“ (f. 36r–61v); annotatio mathematica (f. 62r); Johannes Holandrius, „Tractatus dialecticus de obligatoriis“ (f. 68r–85v); Johannes Holandrius, „Tractatus dialecticus de insolubilibus“ (f. 86r–118v); tractatus de geometria elementari (f. 126r– 185v); ars dictandi (f. 186r–197r); De cloribus rethoricis (f. 198r–200v). Wien 1468; f. 203r–208r, 157/160×105 mm; unregelmäßige Zeilenzahl; Text kommentiert und glossiert (ähnlich Holtz, P9bis); Inc. (Prol.): Scribitur in libro de vita et moribus Senece. Ars dictandi auf den f. 186r bis 197r hat gleichlautendes Incipit wie der Kommentarprolog der „Summa Iovis“ in dieser Hs. CWo.

SI

Anm.

W4 Lit. Hs. Prov.1 Prov.2 Inh.

Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 5006 Haupt 1870, 3; Unterkircher 1974, 152; Unterkircher 1976, 48. Papier; 170 Blatt; 208×141 mm. Mondsee, OSB 5.Juni 1500. Mondsee, OSB. Symon Grüenfelder, „Compendium grammaticae latine“ (f. 1r–42v); regimina et constructiones linguae latine (f. 43r–63v); tractatus de rhetorica (f. 64r–70v); tabula calendarii (f. 71rff); epistolarum et evangelium per circulum anni collectio, fragmentarisch (f.  84r–160r); versus memoriales de compositione verborum (f. 166r–168r); versus memoriales de verbis deponentibus (f. 169r–170r). 1503; f. 78r–81r; 143×75 cm; Text ohne Kommentar oder Glossierung. SI Anm. CWaWo.

74

Ws Lit. Hs. Inh.

SI Anm.

Die „Summa Iovis“

Wien, Schottenstift, Cod. 399 (ehemals 50.f.28) Hübl 1899, 56–58; Szklenar 1981, 98f, 108–110, 125f, 179f. Papier; 170 Blatt; 4o; 15. Jh. Galfridus de Vino Salvo, „Poetria nova“ mit Kommentar des Nicolaus Dybinus (f.  1r–53v); Briefe Kaiser Sigismunds (f.  58v–59v); tractatus grammaticus (f. 60r–62v); Nicolaus Dybinus, „Oracio de beata Dorothea“ und „Declaratio oracionis de beata Dorothea“ (f. 62v–86v); Einleitung zu Dybinus‘ Kommentar zur „Poetria nova“ (f. 86v–90v); eine anonyme Rhetorik (f.  86v–123v); Einleitung zum „Viaticus dictandi“ (f.  124rv); Einleitung zu Dybinus‘ Kommentar zum „Laborinthus“ (f. 124v); Nicolaus Dybinus, „Correctoria“ (f. 124v–170r). 15. Jh.; f. 54r–56v. CWo; Wa: 16. Jh.

Z Lit. Hs. Prov.1 Prov.2 Inh.

Zwettl, Stiftsbibliothek, Cod. 330 Ziegler 1997, 90–98. Papier; 241 Blatt; 215×147 mm; 2. Hälfte bis Ende 15. Jh. Zwettl und Wien (?). Zwettl, OCist. Formularien, Briefsteller, Miscellanea zur Geschichte Zwettls, Predigten, Triviales; Gerard Zerbolt van de Zutphen, „De reformatione virium anime“ (f. 25r–46r); Meditationen (f. 53v–91v); Sermones (f. 163v–239r). SI 1446/1496?; f.  124r–143r; Text mit Kommentar; keine Überschrift; Expl. = Ende des Kommentars; Inc. (Prol.): Circa inicium alterius libri sunt aliqua dubia generalia, que habentur in istis communibus metris; Expl. (Kom.): Hic Iupiter inponit finem libro suo dicens Ego Iupiter domino162 grates Christo isto libro completo et finito etc. Umg. Im Anschluss an die „Summa“ einige Salutationsformeln, Astronomisches und das Fragment einer ars dictandi (Inc. [Prol.]: Ex quo presentis tractatuli noticia est rethoricalis […] Videndum est ergo, primo querit rethorica et unde dicatur […] Utilitas presenti opusculi est sacre ornate componere litteras misales et privilegiatas. titulus est compendiu dictandi […] abbotone Leuwnburgensi meretrice conscriptum163; Expl. (Kom.?): coloribus rethoricalibus vel rethoricis). Danach wohl Stände-/Salutationsschemata. Anm. CWo. 162 Hier Schreib- oder Lesefehler und eigentlich bloßes „do“ in der Handschrift? 163 Hier stellt sich insgesamt die Frage, ob der Text entweder extrem korrupt ist oder einfach nur Lesefehler vorliegen. Wahrscheinlicher ist zum Beispiel ab ottone leuwnburgensi metrice conscriptum! Also ein Fragment des „Compendium“ des Otto von Lüneburg.



Zum Inhalt im literarisch-historischen Kontext

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2.3. Zum Inhalt im literarisch-historischen Kontext Das folgende Kapitel soll zum einen Begriffserklärungen bieten und die elliptischen Formulierungen der „Summa Iovis“ erhellen, zum anderen die als Vorlage dienenden Werke benennen und entsprechenden parallelen Textpassagen zur Verfügung stellen. Kriterium für die Auswahl der Texte ist eine Entstehung vor dem Ende des 13. Jahrhunderts, wobei keinesfalls eine erschöpfende Wahl getroffen wurde. Darüber hinaus wurden die in diesem Zusammenhang relevanten antiken Vorlagen sowie eine Auswahl von Texten der ars versificatoria des 12. und 13. Jahrhunderts (insbesondere, wenn diese auch explizit den Prosastil behandeln) hinzugezogen. Die zu nennenden Texte werden in grob chronologischer Reihenfolge angeführt164. Da die „Summa dictaminis“ des Guido Faba hierbei eine zentrale Rolle spielt, wurden die entsprechenden Kapitel seines Werkes zur Gänze in Anhang A.2 abgedruckt. Zur besseren Übersichtlichkeit wurden im Nachfolgenden thematische Zwischenüberschriften eingefügt. Um ein unnötiges Anwachsen des Textes durch Mehrfachnennungen zu vermeiden, wurde darauf verzichtet, den unten in Anhang A.1 abgedruckten Text der „Summa Iovis“ hier nochmals anzuführen. Stattdessen finden sich in Fettdruck und eckigen Klammern die Angaben der Verszahlen der 164 Der systematisch herangezogene Quellenkorpus umfasst: Adalbertus Samaritanus, „Praecepta dictaminum“; das „Alberich-Corpus“ (siehe hierzu: Worstbrock/Klaes/Lütten 1992, 8–16); die „Aurea gemma“-Gruppe; Bene von Florenz, „Candelabrum“; Magister Bernardus, „Rationes dictandi“ (vgl. hierzu auch Worstbrock/Klaes/Lütten 1992, 24–27); Boncompagnus, „Palma“; M. Tullius Cicero, „De inventione“; „Documentum de modo et arte dictandi et versificandi“ (zur Verfasserfrage, siehe: Worstbrock 1992, 155, Anm. 108); Ae. Donatus, „Ars maior“; Galfridus de Vino Salvo, „Summa de arte dictandi“ (einem magister Gaufredus zugerechnet; zur Verfasserfrage, siehe: Worstbrock 1967), „Poetria nova“; Guido Faba, „Summa dictaminis“; Q. Horatius Flaccus, „De arte poetica“; Hugo von Bologna, „Rationes dictandi prosaice“; Isidor von Sevilla, „Etymologiae“; Johannes de Garlandia, „Parisiana poetria“; Ludolf von Hildesheim, „Summa dictaminum“; Martianus Capella, „De nuptiis Philologiae et Mercurii“; Matthäus von Vendôme, „Ars versificatoria“; M. Fabius Quintilianus, „Institutio oratoria“; die anonyme „Rhetorica ad Herennium“; Rudolf von Tours (?), „Summa dictaminum“ (gängige Bezeichnung auch „Ars dictandi aurelianensis“; zur Verfasserfrage, siehe: Worstbrock/Klaes/Lütten 1992, 96f ); Thomas von Capua, „Ars dictandi“; Transmund, „Introductiones dictandi“; die Kompilation „Tria sunt“ (zur Verfasserfrage, siehe: Camargo 1999); Ventura da Bergamo, „Brevis doctrina dictaminis“. Zudem wurden kursorisch folgende Texte herangezogen: Alexander de Villa Dei, „Doctrinale“; Boncompagnus, „Notule auree“; Bonus von Lucca, „Cedrus Libani“; Eberhard von Béthune, „Grecismus“; Jacobus von Dinant, „Summa dictaminis“; Johannes de Vergilio, „Ars dictaminis“; Konrad von Mure, „Summa de arte prosandi“; sächsische „Summa prosarum dictaminis“; Servius, „Commentarius in artem Donati“. Für die Quellenangaben werden die in Appendix B.2 aufgeführten Kurztitel verwendet.

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Die „Summa Iovis“

„Summa Iovis“, welche die jeweiligen Abschnitte behandeln, ohne diese nochmals zu nennen.

Definition der ars [V. 1] Die Erklärung, dass dictare der Verbindung der geschmückten (scema) mit der korrekten Rede (loquela) entspricht, ähnelt den Definitionen von dictamen in den artes dictandi. Eine entsprechende Zweiteilung in eine formal-sprachliche und stilistische Ebene hat ihren Ursprung in der Definition der Rhetorik bei Isidor von Sevilla165 und findet sich seit den „Rationes dictandi“ des Magister Bernardus166 in der ars dictaminis167. So folgt in etwas erweiterter Form beispielsweise Transmund in den „Introductiones dictandi“ der Formulierung Bernardus‘168. Boncompagnus definiert zunächst dictamen als quedam ymaginatio tractandi de aliquibus per appositionem, um dann mit der Erklärung von appositio wiederum eine entsprechende Zweiteilung vorzunehmen169. Der wie Transmund an der päpstlichen Kanzlei wirkende Thomas von Capua nennt diese beiden Aspekte digna verborum et artificiosa congeries cum pondere sententiarum et ordine dictionum170. Im „Candelabrum“ des Bene von Florenz – und sich auf ihn stützend bei Bonus von Lucca171 und Jacob von Dinant172 – wird dies zu congrua et decora locutio173, und der deutsche Notar 165 IS 2.1.2: Coniuncta est autem Grammatica arti Rhetorica. In Grammatica enim scientiam recte loquendi discimus; in Rhetorica vero percipimus qualiter ea, quae didicimus, proferamus. 166 RD, 9: […] dictamen est congruus et appositus cuiuslibet rei tractatus ad ipsam rem commode applicatus. uel dictamen est congrua et apposita litteralis editio de quolibet uel mente retenta uel sermone aut litteris declarata. 167 Bei Adalbertus Samaritanus hingegen tritt in den „Praecepta dictaminum“ (31,11–22) eine Drei- an Stelle der Zweiteilung. Die stilistische Ebene wird hier der Rhetorik zugeordnet; die formal-sprachliche wird in auf der Dialektik gründende inhaltliche und aus der Grammatik hervorgehende sprachliche Kohärenz aufgeteilt. Ähnlich in der sächsischen „Summa prosarum dictaminis“, 211. Zur Verbindung von Grammatik und Rhetorik in der Lehre am Beispiel der Universitäten Paris und Oxford, siehe: Ward 1997, 151, 156 und 158f. Zur Tradition der Dominanz der Dialektik über die Rhetorik, siehe auch: Moos 1997, 244f, 251–253. 168 TI 2.2: Dictamen est, inquiunt, congruus et appositus cuiuslibet rei tractatus, ad rem ipsam conuenienter applicitus: qualitate negotii et meritis personarum. (Konjekturen von Dalzell). 169 BP, 106: Appositio est congrua et artificiosa dictionum structura que varium set non penitus diversum retinet modum cum constructione. 170 TC § 1. 171 BL 1.1.1–5. 172 Jakob von Dinant, „Summa dictaminis“, Z. 99. 173 BF 1.2.2, vgl. 5.2.2 und 6.2.2.



Zum Inhalt im literarisch-historischen Kontext

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Ludolf von Hildesheim definiert dictamen als literalis edicio egregiis sentenciarum coloribus adornata174. Beim Zeitgenossen der Bologneser dictatores Boncompagnus und Bene, Guido Faba, findet sich nun in diesem Kontext keinerlei Neuerung, wenn er in der „Summa dictaminis“ 2.1.3 die Erklärung competens et decora locutio anführt175.

Definition des Briefs [V. 2–3] Die beiden hier genannten Vorteile des Briefes, in denen dessen „Erfindung“ begründet läge, können in mehreren älteren artes dictandi gefunden werden. Dass die (materielle) Form des Briefes den Inhalt vor den Blicken Unbefugter schütze und die schriftliche Fixierung des Inhalts dem fehlbaren Gedächtnis eines Boten überlegen, da potentiell detailreicher sei, führen erstmals Hugo von Bologna176 und die Traktate der „Aurea Gemma“-Gruppe an177. Ähnlich auch Transmund, Boncompagnus, Guido Faba und Bonus von Lucca178. In der Emphase auf die Zweizahl dieser Ursachen der „Erfindung“ des Briefes in Vers 2 ist Fabas „Summa dictaminis“ 2.3.2 erkennbar; die beiden in Vers 3 genannten Punkte korrelieren mit „Summa dictaminis“ 2.3.3–4.

Die partes epistulae [V. 4–6] Die Termini für die fünf partes epistulae leiten sich ursprünglich von einer Passage in den „Etymologiae“ des Isidor von Sevilla her179. Zurückgehend auf eine Einteilung in sechs partes orationis in „De inventione“ und der „Rhetorica ad Herennium“180 wird dort ein Viererschema (exordium, narratio, argumentatio und conclusio) präsentiert. In der Folge wird dieses Schema auf den Brief übertragen und für die argumentatio wird der als passender empfundene Begriff petitio verwendet. Die captatio benevolentiae, die teils in den Traktaten der ars dictaminis vorzufinden ist, wurde hierbei als Synonym für das exordium verstanden. Zu diesen 174 LH, 359. 175 Guido Faba übernimmt hier als Definition von dictamen diejenige Cassiodors für eloquentia; vgl. „Expositio Psalmorum I–LXX“, 18,13f. 176 Hugo von Bologna, 5. 177 „Aurea Gemma“-Gruppe, V. 28. 178 TI 9.4.; BP, 107f; SD 2.3; BL 2.6.1–3. 179 IS 2.7.1. Vgl. Dalzell 1995, 167. 180 CI 1.14.19 (exordium, narratio, partitio, confirmatio, reprehensio, conclusio); RH 1.3.4 (exordium, narratio, divisio, confirmatio, confutatio, conclusio). Vgl. Dalzell 1995, 167.

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Die „Summa Iovis“

vier partes epistulae trat dann terminologisch noch die in einem Brief notwendige salutatio hinzu181. Mit der Einteilung in fünf partes epistulae und der verwendeten, respektive angedeuteten Terminologie, folgt die „Summa Iovis“ einer „relativen“ Opinio communis innerhalb der ars dictaminis. Relativ insofern, als dass diese Einteilung zwar bereits in den „Rationes dictandi“ des Magister Bernardus182 verwendet wird und im Laufe der Zeit weite Verbreitung findet183, allerdings gerade in der Frühzeit der ars dictaminis sowohl Zahl wie auch Benennung der partes epistulae stark variieren184. In „Summa dictaminis“ 2.4.4 zählt Guido Faba nun drei partes integrales des Briefes auf und begründet dies mit einer Metapher, im Rahmen derer er in „Summa dictaminis“ 2.4.2–3 exordium, narratio und petitio mit Fundament, Wänden und Dach eines Hauses gleichsetzt185. Alles weitere seien zahllose partes secundariae sive constitutivae wie Buchstaben, Silben und Wörter, die zwar faktisch Bestandteile des Briefs, aber nicht strukturell relevant seien186. Die salutatio sei nun zwar kein integraler Bestandteil, aufgrund ihrer Position am Anfang des Briefes nehme sie jedoch eine Sonderstellung ein187, was auch durch die Breite, mit welcher Guido Faba sie in seinem Werk behandelt – insgesamt 62 Kapitel, von denen die meisten Salutationsformeln enthalten –, gestützt wird. Über die conclusio verliert er in seinem Traktat kein Wort. In „Summa dictaminis“ 2.4.4 grenzt sich Guido Faba explizit gegen die Lehrmeinungen anderer ab, wenn er konstatiert licet quidam asserant esse plures [partes epistole]. Dasselbe Bild benutzt bereits zuvor Boncompagnus: in der „Palma“, die vor der „Summa dictaminis“ entstanden ist, führt er zunächst 181 182 183 184

Dalzell 1995, 167. RD, 10. So beispielsweise in: TI 10.1; TC § 4; BF 3.4.3; LH, 359; BL 2.7.1. Eine detaillierte Analyse dieses Punktes in den älteren artes dictandi in: Beyer 1977, 599– 604. So kennt Adalbertus Samaritanus blandities, causa blanditiei und petitio (33,20f ). Hugo von Bologna rechnet salutatio und petitio nicht zu den partes epistulae, behandelt die salutatio allerdings eingehend („Rationes dictandi prosaice“ §§ 5, 8, 9). Ähnlich wird auch in der „Aurea Gemma“-Gruppe die salutatio gesondert behandelt und der Brief setzt sich aus drei accidentia mit in den einzelnen Traktaten wechselnder Terminologie zusammen („Aurea Gemma“-Gruppe, V. 60–102). Ende des 12. Jahrhunderts nennt Galfridus de Vino Salvo vier partes epistulae (GS 1.2: salutatio, exordium, narratio, conclusio) und 100 Jahre später behandelt der auf inhaltliche und terminologische Präzision bedachte Jacobus von Dinant in seiner „Summa dictaminis“ insgesamt sieben partes des Briefs: allocutio, principium, continuatio, narratio, declaratio, conclusio, comunitio („Summa dictaminis“, Z. 170–211). 185 Vgl. unten S. 109ff. 186 SD 2.4.5. 187 SD 2.4.6.



Zum Inhalt im literarisch-historischen Kontext

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aus, dass es zwar die Lehrmeinung der „Alten“ gewesen sei, der Brief habe sechs Teile; im Laufe der Zeit hätte man jedoch zunächst die captatio benevolentiae, dann auch conclusio und exordium nicht mehr zu den partes epistulae gerechnet. Und so bestünde nun die perfecta epistula aus lediglich drei Teilen, nämlich salutatio, narratio und petitio. An dieser Stelle kommt Boncompagnus nun zur Hausmetapher und konstatiert, wie nach ihm Guido Faba, dass es Sekundäres gebe, welches diesem „Haus“ noch hinzugefügt werden könne188. In der einige Jahre nach der „Summa dictaminis“ fertig gestellten „Rhetorica novissima“ bezeichnet Boncompagnus dann anstelle der salutatio das exordium als pars integralis, scheint also diesbezüglich der Lehre Guido Fabas zuzustimmen189 – oder auch einer im Vergleich durchdachteren Enthymemlehre zu folgen190. Charles Faulhaber nimmt dies zum Anlass zu konstatieren, Guido Faba folge mit seiner Lehre von drei partes epistulae einer „Bolognese school tradition“191. Neben den genannten Stellen bei Boncompagnus führt er noch Hugos von Bologna „Rationes dictandi prosaice“ an192. Außer Hugo wären noch Adalbertus Samaritanus und die Traktate der „Aurea Gemma“-Gruppe zu nennen193. Alle diese Texte sind zwar in Bologna entstanden und zählen drei partes epistulae, welche drei Teile dies jedoch seien, darin besteht Uneinigkeit. Des Weiteren scheint die „Bologneser Schule“ in diesem Zusammenhang keinen großen Erfolg gehabt zu haben, da in den uns überlieferten Briefmustern und tatsächlichen Briefen, aber auch in den theoretischen artes dictandi die Fünfzahl Verbreitung fand. Dies veranlasste James J. Murphy angesichts der Lehre von drei partes epistulae zu der Anmerkung: „Boncompagno attempted one major dictaminal reform, which failed utterly.“194 Vor allem die praktische Signifikanz der salutatio machte wohl entsprechende theoretische Überlegungen problematisch. Und so verfiel Guido Faba in „Summa dictaminis“ 2.75 selbst auf das in der „Palma“ verwendete Schema, welches die salutatio ein- und das exordium ausschloss. Anstelle der Hausmetapher, welcher er zusammen mit dem exordium selbst das Fundament entzogen hatte, propagiert Guido Faba an dieser Stelle eine zwingende kausale Abfolge der drei genannten partes aufeinander und Abhängigkeit voneinander195. Im auf diesen 188 189 190 191 192 193 194 195

BP, 109–111. Murphy 1974, 255. Vgl. Faulhaber 1978, 95 Anm. 35. Vgl. u. S. 109ff. Faulhaber 1978, 94f. Faulhaber 1978, 95 Anm. 35. Vgl. oben S. 78, Anm. 184. Murphy 1974, 255. SD 2.75.2–4. Eine ähnliche „Kausalkonstruktion“, welche dort das erste accidens, die captatio benevolentiae, mit dem zweiten accidens, der redditio causae, verbindet, findet sich im Traktat B der „Aurea Gemma“-Gruppe (V. 97). Vgl. Beyer 1977, 601. Sowie ähnlich

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Die „Summa Iovis“

folgenden Kapitel legt Faba nun dar, wie ein Brief aussehe, der aus weniger als drei oder aus anderen Teilen bestehe. Sicher bezeichnet er diese Variationen des Briefes als „imperfecte“ (2.76.2), eine Wortwahl die wiederum eine Wechselbeziehung mit Boncompagnus‘ „Palma“ verrät196, doch eingedenk der zuvor eindeutig dargestellten kausalen Abhängigkeiten der drei integralen partes wäre „inkonsistent“ wohl treffender. Und wenn die Abhängigkeit der Teile so zwingend wäre wie postuliert, müsste solch eine Epistel zwangsläufig ihren eigentlichen Zweck verfehlen, da sie den Adressaten nicht vom Anliegen des Absenders überzeugen könnte. In „Summa dictaminis“ 2.76.3–5 führt Guido Faba des Weiteren Briefe an, die aus weniger als den drei integralen partes bestehen können; „Summa dictaminis“ 2.76.6–11 zählt im Anschluss diejenigen partes auf, welche nicht alleine einen Brief ausmachen könnten.

Die diminutio partium [V. 7–10] Die in den Versen 7 und 8 angesprochene Variabilität der für einen Brief notwendigen partes findet sich bereits in den frühesten artes dictandi197. So werden in den „Rationes dictandi prosaice“ des Hugo von Bologna grundsätzlich zunächst drei Teile als obligatorisch bezeichnet: exordium, narratio und conclusio. Aber je nach Verwendungszweck könne die conclusio auch mit nur einer der beiden anderen partes kombiniert werden198. Magister Bernardus‘ „Rationes dictandi“ führen zahlreiche Variationen der Zusammenstellung des Briefes mit vier oder auch nur einem Teil an: Ein Brief mit vier Teilen besteht demnach aus captatio benivolentiae, narratio, petitio und entweder salutatio oder conclusio; die narratio bildet zusammen mit entweder salutatio und captatio benivolentiae oder petitio mit conclusio einen dreiteiligen Brief; für einen zweiteiligen Brief reichen petitio und conclusio, oder salutatio zusammen mit entweder narratio oder petitio aus; zuletzt kann die petitio auch alleine stehen und dennoch einen Brief bilden. Nur wenige Kombinationen werden explizit ausgeschlossen, und zwar allein die salutatio zusammen mit der captatio benivolentiae oder der conclusio199. Etwa zeitgleich mit dem sich zu diesem

196 197 198 199

wie bei Guido Faba in der wohl etwas jüngeren Kompilation „Tria sunt“, siehe: Camargo 1988, 176f. Mehr zu diesem Thema, s. u. S. 109ff. BP, 109f. Weiterführend zur Frage nach der obligatorischen Zahl der Briefteile in den artes dictandi, siehe den Kommentar zu „Candelabrum“ 3.4 (Alessio 1983, 335–337). HB, 56f. RD, 22f.



Zum Inhalt im literarisch-historischen Kontext

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Punkt nur sehr allgemein äußernden Transmund200 gibt der in Bologna wirkende Galfridus von Vino Salvo an, dass die conclusio in dem Fall ausgelassen werden könne, quando scilicet narratio non precedit201. Thomas von Capua variiert in geringerem Maß als Magister Bernardus, bietet aber immerhin noch Muster für Briefe, die aus nur vier (exordium, narratio, petitio und conclusio), drei (narratio, petitio und exordium oder conclusio), zwei (petitio und exordium oder narratio) oder gar einer pars, nämlich der narratio, bestehen202. Als Gegenbeispiel hebt Thomas in §  28 seiner „Ars dictandi“ hervor, dass ein Brief nicht aus lediglich salutatio, exordium oder conclusio, in welcher Kombination auch immer, bestehen dürfe, stimmt also in diesem Punkt mit den „Rationes dictandi“ überein. Die „Summa dictaminum“ des Ludolf von Hildesheim gibt ähnlich umfängliche Anweisungen für die Variation der Briefteile. So müsse ein Brief zumindest aus zwei partes, salutatio und narratio bestehen. Im Übrigen sei die salutatio obligatorischer Bestandteil jeden Briefes, während alle anderen Teile lediglich fakultativ seien. Allerdings seien captatio benevolentiae und conclusio nie alleine, also nur mit der salutatio zu verwenden, da diese Teile eine andere pars einleiten, respektive sich aus diesem abschließend ergeben203. Zumindest im Ansatz und ungefährer Formulierung besteht die größte Ähnlichkeit zwischen den Versen der „Summa Iovis“ und dem „Candelabrum“ des Bene von Florenz. Am Anfang des entsprechenden Passus konstatiert Bene zunächst, dass es keine allgemeingültige partes-Lehre gäbe204. Als gängigste Lehrmeinungen führt er zum einen das Fünferschema, zum anderen einen Brief aus zwei oder drei partes an205. Selbst propagiert er jedoch eine gänzlich variable Zahl, die sich eher nach Umständen und Anlass des Abfassens des Briefes zu richten habe206. Allerdings sei dem aus den fünf klassischen partes epistulae bestehenden Brief immer noch

200 201 202 203 204 205

TI 10.21. GS 4.2. TC §§ 26f. LH, 359. BF 3.4.2: De partibus vero epistole rethorici certant et adhuc sub iudice lis est. BF 3.4.3: Nam quidem [sc. rethorici] iudicant eas [sc. partes epistole] quinque, scilicet salutationem, exordium, narrationem, petitionem et conclusionem; alii tres alii vero duas. 206 BF 3.4.4–7: Nobis videtur quod bene potest et plures et pauciores habere. Nam, si epistola est diffusa, ut epistole Pauli et multe a sede apostolica destinate, non solum ex quinque partibus tunc constabit sed etiam confutationem et confirmationem et quicquid exigitur in oratione rethorica tunc poterit continere. Quod, si mediocris est, quinque vel quatuor vel tribus partibus est contenta. Et quandoque tantum salutatio et petitio ad edifitium epistolare sufficiunt, sicut inferius ostendetur; quandoque solum verbum sufficit, sicut ait Ovidius de Corinna: ‘Non opus est verbis, nil scribe, veni’. (Konjektur von Alessio.)

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Die „Summa Iovis“

die größte Dignität zuzurechnen207. Die im neunten und zehnten Vers als Beispiel für einen drei- oder zweiteiligen Brief genannte Abfolge der partes epistulae entspricht am ehesten den bei Thomas von Capua an entsprechender Stelle angeführten Varianten. Es fällt jedoch auf, dass ähnlich der Gewichtung von Guido Faba in „Summa dictaminis“ 2.4 als erstes salutatio und conclusio nicht mehr berücksichtigt werden. Auch wenn die in ihrer Ausführlichkeit mit den „Rationes dictandi“ oder Thomas von Capua analogen Ausführungen Benes in der „Summa Iovis“ keine Erwähnung finden, so weist doch die Sonderstellung, die dem exordium als fakultativer pars in Vers zehn eingeräumt wird, auf einen gewissen Grad der Abhängigkeit des Lehrgedichts vom „Candelabrum“ hin, da sich dort Vergleichbares findet208. Vor allem zeigt sich jedoch an diesem Punkt bereits die höhere Kohärenz der Lehre des Magister Iupiter, welche durchgehend die Lehre vom Brief als rhetorisches Enthymem propagiert209.

Phonetische Stilfehler [V. 13] Bei dem ersten genannten vitium handelt es sich um die assiduitas litterae – den übermäßigen Gebrauch der Alliteration. Diese, genauer das Homeoprophoron, taucht als stilistischer Missgriff erstmals in einer Reihung von sechs vitia in der „Rhetorica ad Herennium“ auf210. Martianus Capella erweiterte in der Folge die allgemeine Beschreibung des auctor ad Herennium und unterscheidet darüber hinaus verschiedene Arten der assiduitas litterae211. Ausgehend von der antiken Rhetorik fand dieses lautliche vitium Eingang in die hochmittelalterlichen Poetiken212 und die Lehrbücher der ars dictaminis. So nennt sie Guido Faba in „Summa dic207 BF 3.4.8: Sed quia mediis rebus gratia maior inest, epistole mediocri et perfecte quinque partes consuevimus asingnare, que verborum quinque modis possunt naturaliter adaptari. Parallel zu BF 3.4.1–7: BL 2.7.1–5. 208 BF 3.5.3: […] Alie vero partes queunt subsistere sine ipso [sc. exordio]. Siehe auch: BL 2.8.5. 209 Vgl. u. S. 109ff. 210 RH 4.12.18. Der auctor verdeutlicht das von ihm beschriebene Phänomen anhand des in der grammatischen Literatur beliebten Enniuszitats O Tite, tute, tati, tibi tanta, tyranne, tulisti! („Annales“ 113). 211 MC 514. Martianus Capella unterscheidet als Sonderformen myotacismus (mammam ipsam amo quasi meam animam), labdacismus (sol et luna luce lucent alba leni lactea), iotacismus (Iunio Iuno Iouis iure irascitur), polysigma (Sosia in solario soleas sarciebat suas), das eigentliche homoeoprophoron (als Beispiel wieder die bekannte Stelle bei Ennius) und das dysprophoron (persiasitrices praestigiatrices atque inductrices striges) – wobei es sich bei letzterem eigentlich eher um einen „Zungenbrecher“ handelt. Zur Anwendung von dysprophora in der rhetorischen Spracherziehung, siehe: Lausberg 1960, § 976. 212 Zum Beispiel PN, V. 1928–1930.



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taminis“ 1.2, sowie nach ihm Bene von Florenz im „Candelabrum“ 2.70.4213 und Ludolf von Hildesheim in seiner „Summa dictaminum“214. [V. 14.1] Bei dem am Anfang von Vers 14 genannten finis consimilis handelt es sich um eine gehäufte Verwendung des Homoioteleutons (similiter desinens) oder Homoioptotons (similiter cadens). Letzteres ist, wie auch die assiduitas litterae, Teil der Aufzählung von Stilverstößen in der „Rhetorica ad Herennium“. Doch auch das Homoioteleuton findet nicht bedingungslos die Billigung des auctor ad Herennium: Nachdem er es zusammen mit dem Homoioptoton in 4.20.28 als color eingeführt hat, warnt er in 4.22.32 vor dem häufigen Einsatz dieser beiden colores. Ein eher dem Homoioteleuton (similiter desinens) ähnelndes vitium nennt Martianus Capella, wenn er Bezug auf die stete Wiederholung der gleichen auslautenden Silbe (desinentia) nimmt215. Galfridus de Vino Salvo schränkt den Gebrauch des Homoioteleuton auf höchstens einmal in jeder Periode ein, da eine Häufung dem Text den Anschein des Reims geben könnte, was, genauso wie der Reim selbst, vermieden werden müsse216. Darüber hinaus sind nach Galfridus drei aufeinander folgende Wörter, welche auf den gleichen Buchstaben auslauten, zu vermeiden217. In Kapitel 1.3 der „Summa dictaminis“ nimmt Guido Faba ebenfalls auf den Gleichklang von Endsilben als Stilbruch Bezug. Anders als die zuvor erwähnten Texte rechnet er jedoch nicht nur aufeinander folgende Wörter mit gleicher Endsilbe zu diesem vitium, sondern auch die Enden der Kola218. Damit ist Guido Faba im Vergleich der „Rhetorica ad Herennium“ insgesamt näher als Galfridus, da der Anonymus ebenfalls diese Stilmittel (und -fehler) im weiteren Sinne auffasste. Wieder eng am 213 Bene bezieht sich in 2.70.2 explizit auf die Stelle bei Pseudo-Cicero und behält auch Zahl und Reihenfolge der sechs vitia bei. Da er allerdings, genauso wie Guido Faba, als Beispiel für die Alliteration das Muster Martianus Capellas für das polysigma anführt, müssen ihm beide Texte (wohl indirekt?) bekannt gewesen sein (zur Überlieferung von „De nuptiis“ vgl. Lutz 1971). Im Gegensatz zu Faba, der beide Beispiele Martianus’ anbringt, zitiert Bene das in seiner genannten Quelle befindliche Zitat aus den „Annalen“ des Ennius nicht. Zu den sechs vitia aus RH in BF 2.70, vgl. Alessio 1983, 329. Die Alliteration als vitium führt auch Jacobus von Dinant („Summa dictaminis“, Z. 523–529) auf. 214 LH, 369 (repeticio). 215 MC 518: et in easdem [litteras] desinentia, ut ‘fortissimorum, proximorum fidelissimorumque sociorum’ in eodem uitio habentur. Streng genommen handelt es sich bei dem Beispiel um ein Homoioptoton. 216 GS 4.4. Auch in der „Poetria nova“ tadelt er das Homoioptoton: PN, V. 1936–1938. 217 GS 4.4. Als Beispiel: mea bona domina me diligit. 218 SD 1.3.2. Allerdings sind auch Guidos Beispiele in 1.3.3–4 eher als Homoioptata zu bezeichnen, was allerdings die Schwierigkeit hervorhebt, beide colores eindeutig voneinander abzugrenzen.

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Wortlaut von Kapitel 4.12.18 der „Rhetorica ad Herennium“ ist Benes von Florenz „Candelabrum“, da er lediglich das similiter cadens anführt219. [V. 14.2] Die zweite Hälfte von Vers 14 ist in ihrer Bedeutung leicht missverständlich, da nicht gänzlich klar ist, was genau mit rhythmus gemeint sein könnte220. In Anbetracht der ersten Hälfte des Verses könnte, auch um dessen Aussage durch diese Erweiterung zu verdeutlichen, auf die Bedeutung Reim angespielt sein. Da eine Dopplung kurz hintereinander aus Gründen der brevitas nicht unbedingt sinnvoll erscheint, wäre zu vermuten, dass die Bedeutung akzentuierende Dichtung, akzentuierender Vers gemeint ist. Grundsätzlich kann hierfür die Unterscheidung von dictamen in dictamen prosaicum und dictamen metricum – beziehungsweise rhythmicum – herangezogen werden, welche eine der Grundlagen der ars dictaminis ist, und die Abwesenheit von Metrum oder Rhythmus in der Prosa zumindest impliziert221. Als eigentliches vitium wird das Vermischen der verschiedenen Arten von dictamina in den Lehrbüchern des Galfridus de Vino Salvo, Guido Fabas und Benes von Florenz erwähnt. In der „Summa de arte dictandi“ nennt Galfridus silbenmessende, wie auch silbenzählende Verse und verurteilt deren Gebrauch in der Prosa – wobei er Verse, die den auctoritates entnommen wurden, ausdrücklich von dieser Regel ausnimmt222. Bene von Florenz tut es ihm gleich, wobei er nur die Vermengung von Prosa und Dichtung als vitiös konstatiert und keine Beispiele bietet223. Guido Faba geht in der „Summa dictaminis“ nur auf den akzentuierenden Vers ein, dafür allerdings ausführlicher als Bene224. [V. 15] In Vers 15 warnt der Autor der „Summa Iovis“ vor dem Aufeinandertreffen von gleichen Konsonanten in Aus- und Anlaut zweier aufeinander folgender Wörter. Quintilian konstatiert als einer der ersten den zu meidenden Missklang, der entstehe, wenn bestimmte Konsonanten an Wortausgang und -anfang aufeinander träfen. Dies sei besonders bei den consonantes asperiores, wie -x- und -s-, der Fall, so zum Beispiel der Zischlaut bei ars studiorum225. Quelle dieses vitium sind in unserem Zusammenhang aufgrund ihres Bekanntheitsgrades allerdings wohl eher die „Etymologiae“ des Isidor von Sevilla. Dort merkt dieser an, dass das 219 BF 2.70.6. Auch Jacobus von Dinant, „Summa dictaminis“, Z. 550–553 führt unter den Stilfehlern similiter cadens auf. Bei Ludolf von Hildesheim, „Summa dictaminum“, 369 wird das Homoioptoton als alternitas bezeichnet. 220 Stotz 1996–2004, § V 17.6. 221 So bereits HB, 54f; „Aurea Gemma“-Gruppe, V. 4–10; RD, 9f. 222 GS 4.4. 223 BF 2.70.14–15. 224 SD 1.4. 225 IO 9.4.37–39.



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Nebeneinander dreier bestimmter Konsonanten (-r-, -s- und -x-) in Wortaus- und -anlaut besonders unangenehm für das Gehör sei und deshalb vermieden werden müsse; als Beispiele für diese Fügungen nennt Isidor rex Xerxes, error Romuli und, wie Quintilian, ars studiorum226. In der Folge wird dieser Stilfehler mit ähnlicher Wortwahl und den immer gleichen Beispielen auch in den artes dictandi angeführt227. Im „Candelabrum“ wird nicht nur dieses vitium aus den „Etymologiae“ angeführt228, Bene merkt an (observamus), dass dies auch für andere Konsonantenverbindungen gelte: so das Nebeneinander nicht nur von -r-, -s- oder -x-, sondern auch von -l- oder -n-229, zudem die Berührung von -s- am Wortausgang und -fsowie den Halbvokalen -j- und -î- am Wortanfang230. In der vor dem „Candelabrum“ entstandenen „Summa dictaminis“ zählt Guido Faba die gleichen fünf Konsonanten auf231. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass er nicht nur einen Terminus technicus für dieses vitium angibt, sondern auch um welchen Terminus es sich dabei handelt. Er nennt dieses Vitium cacenphaton232, was freilich in rhetorischer und grammatischer Tradition etwas ganz anderes bezeichnet. Quintilian und Donat stimmen darin überein, dass cacemphaton vulgäre oder als obszön misszuverstehende Wörter und Ausdrücke bezeichnet233. Ebenfalls mit einer obszönen Bedeutung, aber auch einem Missklang assoziiert Isidor das cacemphaton234, der die Quelle für die Definition des Transmund bildet235. Ein cacemphaton ist also ein „hässlicher Klang“ aufgrund einer obszönen Bedeutung oder Assoziation. Nun stellt sich die Frage, wie es zur ins rein Lautliche verschobenen Bedeutung bei Guido Faba kommt. In einer Auflistung der fünf schwersten Stilfehler greift Guido zwei der besagten Konsonantendopplungen heraus. Zum einen führt er in 226 IS 2.19.2. Vgl. Alessio 1983, 329. 227 Beispielsweise: TI 24.6. Anders die „Aurea Gemma“-Gruppe, Appendix §§ 169–170, welche sich nicht genau einer Vorlage zuordnen lässt. Auch in der Poetik und Prosastillehre „Parisiana poetria de arte prosaica, metrica et rithmica“ des Johannes de Garlandia wird nur allgemein die concursio consonacium als Stilfehler angeführt, ohne bestimmte Konsonanten hervorzuheben. Siehe: PP 5.193–198. 228 BF 2.69.5–6. 229 BF 2.70.11. Verdeutlicht an den Beispielen sol lucet, carmen nitet, moror rure, sedulus studeo und rex Xenophon. 230 BF 2.70.12–13. Beispiele: parens fratris, arrons iudex und stans vobiscum, sowie matris Iuli, fratris vestri und dulcis filius. 231 SD 1.5.3. 232 SD 1.5.4. 233 IO 8.3.44–47; AM, 658,11f. So zum Beispiel cum notis, was in der Aussprache zu cunnotis wird und somit an cunnus denken lasse (IO 8.3.45). 234 IS 1.34.5. 235 TI 24.14. Vgl. Dalzell 1995, 211f.

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1.8.7 das Nebeneinander von -l- in Wortausgang und -anfang an236, zum anderen in 1.8.4 das Aufeinandertreffen zweier -r-, was er frenum nennt237. Der Begriff frenum taucht nun direkt nach der Definition des cacemphaton bei Martianus Capella auf238. Das frenum entstehe nun ex asperrimis litterae in unum concurrentibus, und zur Veranschaulichung führt er das Beispiel per pol quam paucos reprias meretricibus / fidelis euenire amatores, Syra an, welches sich durch viele harte und raue Konsonanten auszeichnet. Nun erklärt Guido Faba cacemphaton nicht nur übersetzend mit turpis sonoritas, sondern auch mit asperitas, was die Nähe zum frenum zeigt. Die direkte Abfolge von cacemphaton und frenum bei Martianus Capella sowie dessen nicht nur auf den Inhalt, sondern auch auf den Klang bezogene Interpretation des Begriffs cacemphaton, könnten somit zur vermischenden Verwendung desselben bei Guido Faba geführt haben. Dass es sich bei der Interpretation Guido Fabas nicht nur um einen Einzelfall und eine unmotivierte Umdeutung bestehender Traditionen handelt, zeigt auch Bene von Florenz. Dieser definiert das cacephaton zwar ebenfalls analog zu Isidor239, doch erweitert er dessen Bedeutung um weitere Arten der obscoenitas, so auch der obscoenitas per asperitatem litterarum, welche sich, wie schon diese Wortwahl zeigt, auf das oben beschriebene Phänomen des Aufeinandertreffens von -r-, -s- und -x- bezieht240. Gleichfalls eine Redefintion des cacemphaton liegt bei Eberhard von Béthune vor, der den Begriff ebenfalls als dictio turpe sonans begreift. Allerdings zeigen die von Eberhard verwendeten Beispiele sowie die antithetische Bezugnahme auf den Begriff Euphonie ebenfalls eindeutig, dass er das cacenphaton allgemein als Kakophonie und nicht in dem speziellen Sinn benutzt, wie es in „Summa dictaminis“ 1.5 beschrieben wird241. Die knappe Formulierung der „Summa Iovis“ gestattet es nun allerdings nicht, eine genaue Quelle zu eruieren – zumindest nicht ohne textexterne Hilfsmittel242.

236 Er bezeichnet dies als laudacismus, was zwar auch irreführend ist, da der lambdacismus die Häufung des Buchstabens -l- meint, hier aber nicht interessieren soll. 237 Das Beispiel welches er hierfür gibt (error Romuli) ist im Übrigen das Gleiche, das Bene von Florenz zum irrtümlich Erklären der collisio (Vgl. unten S. 90f ) in BF 2.70.10 verwendet. 238 MC 518. 239 BF 2.69.4. 240 BF 2.69.5–6. 241 EB, c. 2 v. 5–8: Dictio tupre sonans cacenphaton ipsa uocetur, ut sie dicatur Tytides medidiesque. Ast euphonia sit tibi dictio pulchra sonora, Ut si dicatur Tydides meridiesque. (Hervorhebungen von Wrobel.) 242 Vgl. unten S. 142.



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[V. 16–17.1] Vers 16 bezieht sich zunächst auf den Hiat und die Elision des auslautenden -m-vor Vokal. In der Reihung der sechs rhetorischen vitia steht in Abschnitt 4.12.18 der „Rhetorica ad Herennium“ der Hiat an erster Stelle, die Elision des -m- wird dort nicht erwähnt243. Allerdings ist nicht der Hiat selbst der zu vermeidende Stilfehler, sondern wiederum die allzu große Häufigkeit seines Auftretens. In der „Institutio oratoria“ kennt Quintilian nicht nur den Hiat244, seine detaillierteren Ausführungen zur Aussprache245 resultieren auch darin, dass er die Elision des -m- durch Vokal an der Wortfuge anführt246. Donatus subsumiert den Hiat unter Barbarismus und Solözismus, fügt noch an, dass er eine Art von mala compositio und somit gleich dem myotacismus und allen anderen Fehler sei, welche einen Missklang hervorrufen247. Das Elidieren des -m- reiht er in die eclipsis ein, der allgemeinen Elision eines Konsonanten am Wortende aufgrund von collisio mit einem nachfolgenden Vokal248. Aufgrund fehlender Definition von hiatus und myotacismus kommentiert Servius den ersten Passus in der Art, dass er der Elision des -m- vor Vokal den letztgenannten Terminus zuordnet und auch ein Beispiel für den Hiat bietet; zudem weist Servius auf die Schwierigkeiten den myotacismus zu vermeiden hin, da eine entsprechende Umformulierung des Textes meist zu einem Hiat führe249. Nur den Hiat, den er mit hiulca bezeichnet und mit hiat lediglich beschreibt, kennt Martianus Capella250; die Elision des -m- findet keine Erwähnung und der Terminus myotacismus bezeichnet, wie bereits erwähnt251, bei Martianus die allgemeine assiduitas des Buchstaben -m-. Wie Donatus gruppiert Isidor Hiat und Myotacismus zunächst im Buch über die Grammatik unter Barbarismus und Solözismus252, um sie später im Buch über Rhetorik und Dialektik nochmals als gesonderte vitia aufzuführen253. Einzig den Hiat kennen die Poetik des Galfridus de Vino Salvo254 und die „Parisiana poetria“255. In den Handschriften 243 Vgl. Alessio 1983, 329. 244 IO 9.4.33–37. 245 Er unterscheidet zwischen langen und kurzen Vokalen, denjenigen, quae cavo aut patulo maxime ore efferuntur (IO 9.4.33). 246 IO 9.4.39–40. 247 AM, 654,13–655,2. 248 AM, 662,11–13. 249 Servius, „Commentarius in artem Donati“, 445,14–22 250 MC 516 251 Vgl. oben S. 82, Anm. 211. 252 IS 1.32.5–6. Vgl. Dalzell 1995, 209f. 253 IS 2.19.2. Vgl. Alessio 1983, 329 und Dalzell 1995, 209f. 254 PN, V. 1923f. 255 PP 5.192f.

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der AGO-Gruppe der „Aurea Gemma“ wird der Hiat ebenfalls erwähnt, wobei die Regeln, welche in diesem Falle Anwendung finden sollen, parallel zu denen der collisio zweier identischer Konsonanten in der Wortfuge sind256. Kapitel 2.19.2 der „Etymologiae“ bildet die Vorlage für die „Introductiones dictandi“ Transmunds257, während Galfridus de Vino Salvo wie auch dem auctor ad Herennium die Elision des -m- unbekannt ist und er nur auf den Hiat verweist258. Die „Summa dictaminis“ des Guido Faba führt den Hiat zunächst in Kapitel 1.6 an. Dort wird auch eine Verbindung zum in 1.5.4 genannten cacemphaton gezogen, da die turpis sonoritas wie auch der Hiat dadurch vermieden werden könnten, dass an Wortausgang und anschließenden -anfang immer nur Vokale und Konsonanten aufeinandertreffen259. Nochmals nennt Faba den Hiat in 1.8.5 als dritten seiner lautlichen „Kardinalfehler“. Im nachfolgenden Satz führt er auch die bei ihm metacismus genannte Elision des -m- durch Vokal am Wortende an260. Da Faba nicht genauer angibt, was genau passiere, wenn es zum metacismus komme, lässt sich auch nicht genau sagen, welches seine Quelle ist. Das vitium des Hiats entnimmt Bene von Florenz wieder der „Rhetorica ad Herennium“, während Isidor in 2.19.2 seine Quelle für die zu vermeidende Elision des -m- ist261. Zum Hiat merkt Jacobus von Dinant an, dass er grundsätzlich seit der Zeit Ciceros verboten gewesen sei262. Allerdings müsse man nun einige Ausnahmen machen. So sei der Hiat manchmal erlaubt, wenn nicht dieselben Vokale aufeinander träfen263. Zudem fänden sich im Werk Ciceros viele Stellen, an denen sich selbst bei Anwendung des besten Stils der Hiat finden ließe. Weshalb es auch denjenigen, die öffentlich sprechen müssten eher erlaubt sei, diesen Fehler zu begehen als dem dictator, da dieser im Gegensatz zum concionator mehr Muße hätte, im Vorfeld an seinen Worten zu feilen264. Betreffs des Ausstoßens des -m- vor Vokal stellt Jacobus fest, dass Cicero und Seneca dieses vitium noch nicht gekannt hätten, doch der Großteil der moderni sich diesbezüglich einig seien265. Weiterhin gibt er an, dass diese Regel auch auf jeden anderen Konsonanten

256 257 258 259 260 261 262 263 264 265

„Aurea Gemma“-Gruppe, Appendix § 171. Vgl. oben S. 85, Anm. 227. TI 24.4–5. GS 4.4. SD 1.6.7–8. SD 1.8.6. BF 2.70.3 und 9. Vgl. Alessio 1983, 329. Jacobus von Dinant, „Summa dictaminis“, Z. 480–493. Jacobus von Dinant, „Summa dictaminis“, Z. 493–498. Jacobus von Dinant, „Summa dictaminis“, Z. 498–512. Jacobus von Dinant, „Summa dictaminis“, Z. 586–592.



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am Wortende zuträfe, der in der Aussprache Schwierigkeiten in Kombination mit einem Vokal am Wortanfang bereiten könnte266. Doch welcher dieser Autoren ist als Vorlage der „Summa Iovis“ zu identifizieren? Der entscheidende Punkt ist das Ende von Vers 16, beziehungsweise der Anfang von Vers 17, also die Ausnahme, dass Hiat und Elision von -m- dort nicht als vitium gelten, wo sich zwischen fraglichem Wortende und -anfang ein Interpunktionszeichen befindet. Galfridus de Vino Salvo bezieht nun die Frage der Interpunktion in die Überlegungen zum Hiat mit ein, behandelt jedoch nicht die Elision des -m- in der Wortfuge267. Auf Galfridus‘ Formulierung fußt der entsprechende Passus der „Summa dictaminis“ des Guido Faba, der zudem die relevanten Interpunktionszeichen (punctus planus und medius), damit die Arten der von diesen bezeichneten medialen Pausen in diesem Zusammenhang erörtert268. Zwar wenden weder Galfridus noch Faba dies explizit auf die Elision des -m- im Auslaut an, doch ist dies letztendlich nur folgerichtig. [V. 17.2] Die Formulierung vitetur stridor in Vers 17 lässt zunächst aufgrund ihres sehr unspezifischen Charakters vermuten, dass sich nur schwer eine Bedeutung oder gar eine Quelle dieses lautlichen vitium finden ließe. Ganz im Gegenteil zeigt sich jedoch eine recht spezifisches Verwenden des Ausdrucks stridor. So beschreibt Quintilian den oben genannten Effekt269, der beim Aufeinandertreffen rauer Vokale entstehe, mit den Worten: Ceterum consonantes quoque, earumque praecipue, quae sunt asperiores, in commissura verborum rixantur, ut ultima cum x proxima, quarum tristior etiam, si binae collidatur, stridor est, ut ‘ars studiorum’.270 Ebenfalls mit vergleichbarer Formulierung wird dieses vitium in Isidors „Etymologiae“ charakterisiert271 und Transmund wie auch Bene von Florenz bezeichnen es als consonantium […] stridens et rixora coniunctio272, respektive litterarum vel sillabarum […] stridens et rixosa contentio273. Nun scheint dieser Gebrauch des frag266 267 268 269 270 271

Jacobus von Dinant, „Summa dictaminis“, Z. 593–601. GS 4.4. SD 1.6.5–6. Vgl. oben S. 84f. IO 9.4.37 (Hervorhebungen von RL). IS 2.192: Trium quoque consonantium, quae in se incidentes stridere et quasi rixare videntur, vitanda iunctura est, id est, R, S, X, ut: ‘ars studiorum’, ‘rex Xerxes’, ‘error Romuli’. (Hervorhebungen von RL.) 272 TI 24.6. 273 BF 2.69.5.

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lichen Wortes zwar gefestigt zu sein, doch muss dies hinterfragt werden, da sich nun eine unnötige Dopplung mit Vers 15 der „Summa Iovis“ ergäbe. Wie gerade gezeigt, bezog Bene von Florenz stridor nicht nur auf das Verhältnis einzelner Laute beziehungsweise Konsonanten zueinander, sondern auch auf das von Silben – den Aspekt der Silben vertieft er hierbei jedoch nicht. Auf diese stridens contentio sillabarum rekurriert nun Guido Faba in „Summa dictaminis“ 1.8.3 und illustriert diesen Stilfehler mit dem Beispiel belli ferratos postes portasque refregit274. Es handelt sich demnach folglich um eine Häufung von Silben mit „rauen“ Konsonanten wie -f-, -p-, -r- oder -s- und ähnelt dem von Martianus Capella angeführten dysprophoron275. Martianus Capella verurteilte im Anschluss daran auch die asperae inter penultimum ultimumque uerbum, wie phaleras ablatas gratis oder per lora, per flagella, per frena276. Zwar ist dies wieder ein Bezug auf einzelne Laute, jedoch wird deutlich, dass die Kombination „rauer“ Konsonanten im Lateinischen als Missklang empfunden wurde. Die Definition Fabas kann also als durchaus probabel angesehen werden277. Es muss allerdings angemerkt werden, dass Fabas Gebrauch der Terminologie in diesem Zusammenhang wieder etwas „unkonventionell“ ist. Er bezeichnet dieses vitium in 1.8.4 als collisio, ein Terminus, der zuvor meist einhellig für einen anderen Stilfehler benutzt wird278. Die in Donatus‘ „Ars maior“ genannte collisio definiert Servius als Übereinstimmung von der auslautenden Silbe eines Wortes mit der anlautenden des nachfolgenden Wortes, wobei für ihn nur der Konsonantenbestand von Belang zu sein scheint wie das Muster mater trahis zeigt279. Zuvor bezeichnete Quintilian, ohne einen Terminus technicus einzuführen, die Wiederholung zweier identischer Silben in der Wortfuge als vitiös280. Sehr viel strenger ist die Definition Isidors, wenn er bereits die Wiederholung lediglich einer Silbe verbietet281. Transmund folgt hierin Isidor282, Bene von Florenz hinge-

274 Das Beispiel stammte ursprünglich aus Ennius, „Annales“ 267, wird jedoch indirekt mittels Vergil, „Aeneis“ 7,621 und Horaz, Satiren 1,460 überliefert. 275 Vgl. oben S. 82f. MC 514. 276 MC 515. 277 Vgl. unten S. 142. 278 Zur collisio, vgl. Dalzell 1995, 210. 279 AM, 654,15; Servius, „Commentarius in artem Donati“, 445,22–24. 280 IO 9.4.41. Illustriert am Cicerozitat re mihi invisae visae sunt. 281 IS 1.32.9. Das dort aufgeführte Beispiel müsste richtig mater erat und nicht matertera lauten. Vgl. Dalzell 1995, 210. 282 TI 24.7–8. Siehe auch: PP 5.196–205.



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gen beschreibt das vitium richtig, bietet dann aber mit error Romuli ein irreführendes Beispiel283. [V. 17.3] Die ständige Repetition des gleichen Wortes ist das Thema des Endes von Vers 17. Dies entspricht in seinem Ursprung einer entsprechenden Anweisung in der „Rhetorica ad Herennium“, die den Zweck hat, die nimia adsiduitas verbi zu vermeiden284. Als Beispiel hierfür gibt der auctor ad Herennium den jambischen Senar Nam cuius rationis ratio non extet, ei / Rationi ratio non est fidem habere285. Ebenfalls nimia assiduitas verbi nennt Bene von Florenz dieses vitium in seiner Reihe der „ciceronischen“ vitia286. Quintilian bezeichnet in „Institutio oratoria“ 8.3.50 nicht nur die Verwendung von Fügungen aus sinnverwandten Wörtern als Tautologie, sondern auch die iteratio verbi. Allerdings räumt er auch ein, dass sie als Stilmittel – Epanalepse – dienen könne287. Vergleichbares schreibt auch Guido Faba, denn er unterscheidet in „Summa dictaminis“ 1.7 zwischen den dictiones iterate, welche aufgrund der Natur des Anliegens zwangsläufig wiederholt werden müssen288, und denjenigen, die lediglich Überdruss beim Hörer erregen289. Jacobus von Dinant rekurriert ausdrücklich auf Pseudo-Cicero und führt wie auch Faba den aus der „Rhetorica“ entnommenen jambischen Senar als Beispiel an290. Die „Summa de arte dictandi“ Galfridus‘ de Vino Salvo variiert dieses vitium in geringem Maße, indem er nicht die Wiederholung einzelner Wörter, sondern die ganzer Sätze als Stilfehler anprangert291. Wie all diese Ausführungen zeigen, lässt sich eine genaue Vorlage für diesen Abschnitt der „Summa Iovis“ nicht feststellen, da der anonyme Autor, wohl aus Gründen des Versbaus, das Synonym vox anstelle der Substantive verbum oder dictio verwendet und das Verb iterare in allen genannten Texten Anwendung findet.

283 BF 2.70.10. Interessanterweise ist dies das gleiche Beispiel, welches Guido Faba in 1.8.4 für das frenum bietet. 284 RH 4.12.18. 285 Galfridus de Vino Salvo behält das repetierte Wort bei, formuliert aber ein neues Bespiel: Cum non sit ratio rationis de ratione, / Hinc non est ratio praebere fidem rationi. (PN, V. 1931f ). 286 BF 2.70.4. Benes Beispielsatz: Qui studio non adhibet studium non potest de studio ad maius studium se transferre. 287 IO 8.3.51 und 9.3.63 (iteratio). 288 SD 1.7.2–3. 289 SD 1.7.4. 290 Jacobus von Dinant, „Summa dictaminis“, Z. 529–535. 291 GS 4.4.

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Inhaltliche Stilfehler [V. 18–20] Genau die vier hier angesprochenen Inhalt und Stil des Briefes betreffenden vitia finden sich, wenn auch in anderer Reihenfolge, in der „Summa dictaminis“ des Guido Faba. Die in Vers 18 genannte inhaltlich-sachliche Inkongruenz der einzelnen partes epistulae entspricht hierbei Kapitel 1.9.3–4 der „Summa dictaminis“, dem ersten der dort angeführten vitia sententiae. Das vitium des Wechsels der Stilebene innerhalb des Briefes in der ersten Hälfte von Vers 19 korrespondiert mit dem vierten bei Guido erwähnten Stilfehler292. Mit der Abschweifung vom Thema des Briefes in der zweiten Hälfte des Verses wird wieder die Reihenfolge der „Summa dictaminis“ aufgenommen293. Als letztes zählt der Autor der „Summa Iovis“ die zur Verdunklung des Inhalts führende allzu knappe Ausdrucksweise auf, womit auch das letzte verbliebene und bei Guido Faba als drittes genannte vitium angeführt worden wäre294. Eine vergleichbare Übereinstimmung der Zahl und genauen Art der genannten vitia findet sich bei keinem anderen Text. Grundlage dieses Stilfehlerkatalogs ist zum einen Horaz‘ „De arte poetica“295. Horaz nennt dort sechs vitia: die thematische/inhaltliche Inkongruenz der unterschiedlichen Teile/Partien eines Werkes; unmotiviertes Abschweifen vom Thema des Werkes; Verdunklung des Sinns durch übermäßige brevitas; Überzeichnen des gewählten Stils/Sujet; unpassende Variation des Stoffes; der unpassende Abschluss eines gewählten Stoffes296. Zum anderen ist dies die „Rhetorica ad Herennium“, in welcher ein Schema von drei Stilebenen (figurae oder genus orationis) – einer hohen (gravis), gemäßigten (mediocris) und schlichten (attenuata) – entwickelt wird297. Jedem dieser drei Stilebenen wird eine fehlerhafte Ausgestaltung zugeordnet: die gravis figura werde turgida et inflata; das genus mediocris schwanke zwischen den beiden anderen Stilen und sei dann fluctuans; die attenuatio verborum zuletzt, laufe Gefahr arida et exanguis zu werden298. Die genannten Passagen aus der „Rhetorica ad Herennium“ und „De arte poetica“ finden Eingang in die Poetiken des 12. und 13. Jahrhunderts299, doch auch in diejenigen Lehrbücher, welche sich neben der Dichtung auch mit dem Prosa292 SD 1.9.9–12. 293 SD 1.9.5–6. 294 SD 1.9.7–8. 295 Vgl. Lawler 1974, 250 und Alessio 1983, 329. 296 AP, V. 1–37. 297 RH 4.8.11–10.15. Vgl. Munari 1988, 56. 298 RH 4.10.15–11.16. 299 Zum Beispiel AV 1.30–37.



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stil, also dictamen befassen und hiermit auch dokumentieren, dass entsprechende Vorstellungen Einzug in die ars dictaminis gehalten haben. Im „Documentum de modo et arte dictandi et versificandi“ ist zwar bereits eine Synthese der fraglichen Stilfehler vorhanden, allerdings noch nicht als fest umrissener Katalog300. Die aus Galfridus schöpfende „Parisiana poetria“ des Johannes de Garlandia stellt erstmals einen ausdrücklichen Sechserkatalog auf301: 1) [in]congrua partium disposicio – die inhaltliche Inkongruenz eines Textes; 2) incongrua materie disgressio – das ziellose Abschweifen vom eigentlichen Thema; 3) quando breuitatem obscuri sumus – die Dunkelheit des Ausdrucks; 4) [vicia] que sunt collateralia stilis – Überzeichnen des Stils302; 5) incongrua materie uariatio – die unpassende Variation eines Stoffes303; 6) finis infelix – Schluss eines Textes passt nicht zum Vorangegangenen304. Die gleiche Wortwahl verwendet Bene von Florenz, um diesen Fehlerkatalog aufzuführen, auch wenn er sich direkt auf Horaz beruft305.

Fehlerhafte partes epistulae [V. 22–24] Bezüglich des exordium zählt der Autor der „Summa Iovis“ fünf vitia partium auf. Es sind dies ein exordium mit zu schwieriger (difficilis) oder zu einfacher (puerilis) Wortwahl (V. 22f ), eine Einleitung, welche den Hörern missfällt (ledens; V. 23), nichts mit dem Anliegen des Briefes zu tun hat (a causa recedens; V. 23) oder zu allgemein gehalten ist (causis pluribus aptus; V. 24). Die Lehre vom exordium vitiosum hat ihre Wurzeln in der antiken Rhetorik, und entsprechende Abschnitte finden sich in Ciceros „De inventione“ wie auch der „Rhetorica ad Herennium“306. Beide Texte nennen insgesamt sieben Modi des durch Fehler seiner eigentlichen Intention beraubten exordium: vulgare, commune, commutabile, longum, separatum, translatum und contra praecepta. Als vulgare wird hierbei ein 300 DMA 3.146–157, 162. 301 Unter anderem die „Parisiana poetria“ gehört wiederum zu den Quellen der Kompilation „Tria sunt“. Dort findet sich dann auch der Abschnitt de sex viciis capitalibus in dictamine quolibet euitandis („Tria sunt“, 330). 302 Dies meint die beim auctor ad Herennium 4.10.15–11.16 angeführten finituma et propinqua figurae: tugidum et inflatum, fluctuans et dissolutum, arridum et exangue. 303 AP, V. 29–30: Qui variare cupit rem prodigialiter unam, / delphinum silvis adpingit, fluctibus aprum. 304 PP 5.1–127. 305 BF 2.71.2–3: Postremo sex vitia que ponit Oratio sunt notanda, scilicet incongrua partium dispositio, inutilis materie digressio, obscura brevitas stilorum, in vitia illis proxima declinario, materie non veri similis variatio, inexcusabilis operis imperfectio. 306 Vgl. Heller 1929, 32.

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Die „Summa Iovis“

exordium bezeichnet, das für die verschiedensten causae geeignet wäre und nichts spezifisches hat; commune ist dasjenige, welches ebenso gut von der Gegenpartei benutzt werden könnte; kann ein exordium mit Leichtigkeit so umgestaltet werden, dass es der Gegenpartei nützt, wird es als commutabile bezeichnet; während Cicero nur allgemein übermäßige Länge als nicht zweckdienlich anführt, fügt der auctor ad Herennium noch das exordium hinzu, quod nimium apparate verbis conpositum est; hat die Einleitung nichts mit der eigentlichen causa zu tun, oder ist es inhaltlich nicht mit den anderen Teilen verbunden, so wird es als separatum bezeichnet; ein exordium translatum bewirkt nicht das bei den Zuhörern, was der causa angemessen wäre307; contra praecepta der Rhetorik ist zuletzt dasjenige exordium, das nichts beim Zuhörer, oder gar das Gegenteil des intendierten Effektes bewirkt308. Eine Synthese dieser beiden Texte bildet die Grundlage einer Liste von octo vitia exordiorum in „Candelabrum“ 4.15 des Bene von Florenz309, in welcher das nimium apparatum exordium als eigenes und achtes vitium aufgeführt wird310. Auch Guido Faba greift diese Exordialvitia auf, passt sie allerdings seinen Zwecken an. Die Quelle der „Summa dictaminis“ bildet hierbei der Passus aus der „Rhetorica ad Herennium“311. Sein erstes vitium in „Summa dictaminis“ 1.10.3 erhält er, indem er die grundlegende Feststellung des auctor ad Herennium zum fehlerfreien exordium ins Gegenteil verkehrt. Rät der auctor zum Gebrauch von sermo lenis und usitata verborum consuetudo312, warnt Guido Faba hingegen vor dem Verwenden von sermo difficilis und verba inusitata. Die verba nimia apparata, die in der „Rhetorica“ neben das exordium nimium longum getreten waren, zählt der Bologneser dictator als zweites vitium und führt als Beispiele das Verwenden der Synonyma urbanitas und facundia an313. Dem folgt in „Summa dictaminis“ 1.10.5 das von der causa, hier dem Anliegen des Briefes, oder der narratio losgelöste exordium separatum314. Als vierten Stilfehler nennt Guido Faba das exordium, welches 307 Es beschwichtigt nicht, sondern ruft Zorn hervor, o. Ä. Die „Rhetorica ad Herennium“ kennt dieses vitium nicht. 308 CI 1.18.26; RH 1.7.11. 309 Zum Verhältnis von Benes Quellen an dieser Stelle, siehe: Alessio 1983, 351. 310 Bonus von Lucca (BL 2.19) folgt hier wieder äußerst nahe seiner Vorlage, verweist aber in diesem Zusammenhang für detailliertere Angaben auf seine Sammlung von vitia, die „Myrrha“. Die gleichen acht Stilfehler bietet Jacobus von Dinant, „Summa dictaminis“, Z. 1289–1344, wenn auch in der Formulierung unabhängig von Bene von Florenz. 311 Vgl. Heller 1929, 32. 312 RH 1.7.11. 313 RH 1.7.11; SD 1.10.4. 314 RH 1.7.11: Item [exordium] vitiosum est, […] quod non ipsa causa natum videatur, ut proprie cohaereat cum narratione […].



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seine Rezipienten nicht gewogen, aufnahmebereit oder aufmerksam macht, somit also seine Bestimmung verfehlt315 – dem entspricht der Modus contra praecepta in der „Rhetorica“316. Abschließend findet noch das exordium vulgare seinen Platz, dessen Erklärung in der „Summa dictaminis“ mit derjenigen der „Rhetorica ad Herennium“ übereinstimmt317. Dass einige der Stilfehler, welche zum Beispiel Bene von Florenz anführt, hier fehlen, lässt sich sehr einfach begründen. Da sich Guido wohl direkter als Bene auf die „Rhetorica ad Herennium“ bezieht, wird er in seiner Quelle das exordium translatum entweder nicht gefunden haben, oder es einfach unter dem exordium separatum subsumiert haben, da diese vitia in ihrer Beschaffenheit nicht allzu weit voneinander entfernt liegen. Die beiden vitiösen Arten des exordium, die in „De inventione“ als commune und commutabile bezeichnet werden – Bene nennt sie getreu seiner Vorlage –, sind im Rahmen der ars dictaminis überflüssig, da ein dictator nicht mit der sofortigen Reaktion einer Gegenpartei rechnen muss, wie dies im juridischen Kontext Ciceros oder des auctor ad Herennium der Fall ist. Faba konnte also in dieser Hinsicht getrost die rhetorische Tradition „verschlanken“. Das exordium nimium longum bedarf wiederum nicht unbedingt einer expliziten Erwähnung, da prolixitas generell als vitium galt. Das in der „Summa Iovis“ genannte vitium des sermo puerilis scheint allerdings keinerlei Grundlage zu haben, respektive die Bedeutung der Wendung ist doch etwas dunkel. Galfridus de Vino Salvo allerdings führt als Stilfehler die allzu kunstlose und einfache Rede an, welche er als puerilis bezeichnet und zudem ausführt, dass diejenigen Knaben seien, die sich eines äußerst kargen Stils bedienten318. Damit entspricht der sermo puerilis dem falsch umgesetzten schlichten Stil der Herenniusrhetorik319 und bildet somit einen Kontrapunkt zum sermo difficilis, welche nun zusätzlich dadurch gekennzeichnet werden kann, dass sie dem verfehlten hohen Stil der „Rhetorica ad Herennium“ entspräche320. Darüber hinaus ist anzumerken, dass sich in einer Handschrift der „Summa dictaminis“, der Basler Handschrift Universitätsbibliothek, B IX 31, f. 122v, eine Lesart dieser Stelle findet, welche nimis apparatus („zu gesucht“) durch nimis approbatus („zu gewöhnlich“) ersetzt, so auch den Fokus 315 SD 1.10.6. 316 RH 1.7.11: „Item [exordium] vitiosum est, […] quod neque benivolum neque docilem neque adtentum facit auditorem. 317 RH 1.7.11: Vitiosum exordium est, quod in plures causas potest adcommodari, quod vulgare dicitur; SD 1.10.7–8. 318 GS 4.4: Cauendum est enim ne, dum ad macras orationes et ad tractatus pueriles descendimus, nos enim pueri censeamur, cadentes in aridum et exangue. 319 RH 4.11.16: Qui non possunt in illa facetissima verborum attenuatione commode versari, veniunt ad aridum et exangue genus orationis, quod non alienum est exile nominari […]. 320 Das genus sufflatum orationis (RH 4.10.15).

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Die „Summa Iovis“

vom zu gesuchten Vokabular auf die durchaus simple und schmucklose Konstruktion des Beispielsatzes in „Summa dictaminis“ 1.10.4 verschiebt321. Abgesehen von der Reihenfolge, welche sich wieder einmal im Detail unterscheidet, stimmen auch hier Zahl und Art der in der „Summa Iovis“ genannten Punkte mit denen der „Summa dictaminis“ des Guido Faba überein. [V. 25–27] Die fehlerhafte narratio ist in der „Rhetorica vetus“ wie auch der „Rhetorica nova“ kein explizites Thema, vielmehr werden ex positivo die Qualitäten der fehlerfreien narratio hervorgehoben: Diese habe kurz, nachvollziehbar und wahrscheinlich zu sein322. Dem folgen in der Definition der narratio auch die Traktate der ars dictaminis323. Für seine Sammlung aller Arten von vitia im ersten Buch der „Summa dictaminis“ extrapoliert nun Guido Faba aus dieser Definition die fehlerhafte narratio. Dementsprechend zeichnen sich die beiden ersten Arten der vitiösen narratio, parallel zu den antiken Rhetoriken, dadurch aus, dass sie zu prolix oder konfus seien324 – dies entspricht den in den Versen 25 und 26 der „Summa Iovis“ genannten Stilfehlern der narratio. Die dritte Eigenschaft der perfekten narratio, die probabilitas, wird in ihrer Inversion von Guido Faba zweigeteilt. Einerseits nennt er die „allgemeine“ Wahrscheinlichkeit und Wahrhaftigkeit des Inhalts eben dieser und führt als Beispiel eine eindeutig falsche Aussage an325. Dadurch unterscheidet er sich beispielsweise von der „Rhetorica ad Herennium“, welche ficta durchaus als Argumente zulässt, wenn diese nur glaubhaft genug sind und der orator entsprechend Vorsicht walten lässt326. Der Wahrheitsgehalt ist nun ebenfalls in Vers 26 der „Summa Iovis“ das ausschlaggebende Argument, während Vers 27 die erforderliche Nennung von Zeit, Ort und Ursache der Geschehnisse in der narratio fordert. Dies entspricht dem letzten vitium in der „Summa dictaminis“. Anlass für dieses Trennen der genauen Umstände des Erzählten von der narratio veri similis könnte für Guido Faba und den Autor der „Summa Iovis“ die Tatsache sein, dass der auctor ad Herennium selbst hervorhebt, dass allein die Wahrhaftigkeit einer

321 In der Handschrift Basel, UB, F VI 61, f. 13r wird zur Illustration der sermo puerilis folgender Beispielsatz geboten: Qui habet tunica, non vadet nudus. 322 CI 1.20.28: Oportet igitur eam [sc. narrationem] tres habere res: ut brevis, ut aperta, ut probabilis sit.; RH 1.9.14: Tres res convenit habere narrationem: ut brevis, ut dilucida, ut veri similis sit. 323 Vgl. TC § 22; BF 4.23; BL 2.23; Jacobus von Dinant, „Summa dictaminis“, Z. 1535, 1595 und 1615; SD 2.73. 324 SD 1.11.1–6. 325 SD 1.11.7. 326 RH 1.9.16.



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Aussage nicht ausreiche, sondern die Nennung ihrer Umstände notwendig sei, um sie glaubhaft zu machen327. [V. 28–30] Wie auch die Verse zu den vitia narrationis sind auch die nachfolgenden als Inversion der Definition der petitio anzusehen. Vorlage für die Darlegung der „Summa Iovis“, die petitio sei fehlerhaft, wenn sie nicht um Gerechtes, Nützliches, Unvermeidbares oder Ehrhaftes ersuche, ist abermals Guido Faba. Dieser kennzeichnet mit eben diesen vier Begriffen die Desiderata der petitio328. Die vier Begriffe iustum, utile, necessarium und honestum sind zum einen auf Cicero, zum anderen auf die im Mittelalter im Elementarunterricht verwendeten „Disticha Catonis“ zurückzuführen329. In „De inventione“ 2.25.75 rät Cicero dem Verteidiger, er solle das dem Angeklagten vorgeworfene Fehlverhalten so darstellen, dass eine alternative Handlungsweise aut non honestum aut non utile aut non necessarium fuisse. Wenn auch das Adjektiv iustum bereits durch den Kontext implizit bei Cicero mit anklingt, so verknüpft doch ein Sprichwort aus den „Disticha Catonis“ dieses mit dem komplementären Adjektiv honestum sowie explizit der petitio – wenn auch ohne Bezug zur pars epistulae der petitio330.

Salutationslehre [V. 31–32] Die Aussage in Vers 32 erinnert an ähnlich lautende Passus aus der „Ars dictandi“ des Thomas von Capua331 und dem „Candelabrum“ des Bene von Florenz332. In seinem Kommentar zum „Candelabrum“ führt Gian Carlo Alessio neben Thomas von Capua und anderen, noch eine Passage aus Boncompagnus‘ „Palma“333 sowie Guidos „Summa dictaminis“ 2.5.2–3 an, um sich dann für einen Bezug auf Boncopagnus vermittels Thomas‘ von Capua zu entscheiden334. Wenn auch Boncompagnus‘ Text unbestreitbar der ältere ist, muss doch eher der Editorin der „Ars dictandi“ Thomas’ von Capua, Emmy Heller, zugestimmt werden, die einen Bezug zu Guido Faba vermutete, da dieser, wie bereits weiter oben dargelegt335, 327 RH 1.9.16. 328 SD 1.12; vgl. SD 2.74, ähnlich TC § 23. 329 Vgl. Heller 1929, 33. 330 „Disticha Catonis“ 1.31.1: Quod iustum est petito vel quod videatur honestum. 331 TC § 7: […] et inde est, quod quidam salutationem ipsam pro titulo reputarunt et partem esse prorsus epistole negaverunt. 332 BF 3.6.7 : Unde mirandum est de quibusdam dicentibus salutationem non esse partem epistole sed potius quendam titulum extrasumptum. 333 BP, 116. 334 Alessio 1983, 337. 335 Vgl. oben S. 78.

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als einziger in der Tradition der ars dictaminis ausdrücklich der salutatio den Status einer pars epistulae integralis verweigerte336. Des Weiteren scheidet Boncompagnus auch deswegen aus, da er in seiner Variante der Hausmetapher der salutatio die integrale Stellung des fundamentum zuordnete, sie also keinesfalls ausschloss337. Inwiefern die „Summa Iovis“ ihre Lehrmeinung von Thomas von Capua, Bene von Florenz oder gar Bonus von Lucca338 hat, lässt sich nun freilich aufgrund der knappen Formulierung nicht feststellen. Sicher kann nur ein Auseinandersetzen mit der Theorie Guido Fabas sein. [V. 33–35] Ausdrücklich finden sich mit diesen Versen vergleichbare sehr detaillierte Regeln zur salutatio – Nennung der Eigennamen und weiteren Attributen, Titeln und Ehren von Adressant und insbesondere Adressat – in den älteren artes dictandi nicht. So ist in den „Rationes dictandi“ Hugos allgemein von den adiectiua, die Empfänger und Sender zukämen, die Rede339. Und Magister Bernardus, Rudolf von Tours und Transmund geben wiederum in ähnlicher Weise an, dass Eigenschaften und Namen von mittens und recipiens genannt werden müssten340. Die Grundlage für eine detaillierte Beschreibung von Personen und ihren proprietates ist in Ciceros „De inventione“ zu suchen341. Dort führt dieser insgesamt elf attributa an, die im Hinblick auf die Charakterisierung von Personen zu bedenken sind, und zwar Name, Herkunft, Lebenswandel, Lebensumstände, persönliche Haltung, Charakter, Interessen, Motive, Taten, zufällige Lebensumstände und -ereignisse, sowie Äußerungen342. Dieses forensische Schema zur inventio der Beschreibung einer Person fand auch Anwendung in der Literatur, somit Eingang in die Poetik343, damit über die Autoritäten Cicero und Horaz seinen Weg in die mittelalterlichen artes poeticae344. Galfridus de Vino Salvo ist es nun auch, bei welchem sich Ende des 12. Jahrhunderts erstmals ein eingehenderes Schema in direkter Anwendung 336 SD 2.4.6. Vgl. Heller 1929, 18 Anm. b. 337 Vgl. oben S. 78. Es kann sich also, wie Heller, 18 vermutete, bei den von Thomas genannten quidam nicht um „die“ Bologneser Lehrer, sondern einzig um Faba handeln. 338 BL 2.9.3. Bonus ist auch hier wieder sehr stark von seiner Vorlage, dem „Candelabrum“, abhängig. 339 HB, 56. 340 RD, 11; RT, 104; TI 10.3. 341 CI 1.24.34–25.36. Hierzu und zu Nachfolgendem, vgl. Lawler 1974, 256. Für einen zusammenfassenden Überblick, siehe: Faral 1962, 75–81 (insbesondere 77–79); Arbusow 1963, 70f. 342 CI 1.24.34: Ac personis has res attributas putamus: nomen, naturam, victum, fortunam, habitum, affectionem, studia, consilia, facta, casus, orationes. 343 AP, V. 114–127, 153–178. 344 Zum Beispiel: AV 1.41f; DMA 2.138f; PP 5.373–381 und 6.394–413.



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auf die ars dictaminis findet. Neben einer Ausdifferenzierung bezüglich Name und Beiname, beziehungsweise Herkunft, legt er dar, dass die diversitas personarum ihren Niederschlag finden müsse, womit er ein Entwickeln der salutatio aus den proprietates von mittens und cui mittitur meint345. Eine größere Ausdifferenzierung in dieser Hinsicht erreicht die Lehre des Thomas von Capua. Über die obligatorische Nennung der Namen hinaus346 zitiert Thomas einige notule, die als mnemotechnische Stütze zur inventio der Grußformel dienen sollen. Hierbei hebt er hervor, diese notule seien von den moderni eingeführt worden347, wodurch er die von ihm dargelegte Lehre ostentativ von der vorhergehenden abgrenzt und in einen zeitgenössischen Diskurs einordnet. Zweierlei fällt allerdings in Thomas’ Darstellung auf: Auf der einen Seite spricht er von insgesamt vier versiculi, welche besagte notule enthielten, auf der anderen Seite spricht er überhaupt von versiculi348. Zu letzterem ist anzumerken, dass es sich in der Edition Hellers zwar bei dem ersten Vers um eben einen solchen, genauer einen Hexameter handelt, aber bei den übrigen um entweder ein gänzlich anderes Versmaß handelt müsste, oder vielmehr davon auszugehen ist, dass ein verderbter Text vorliegt; dies stützt auch die Beobachtung zum ersten Punkt, da es sich offensichtlich nicht um vier, sondern nur um drei Verse handelt349. Wenn auch Thomas von Capua der erste uns bekannte dictator ist, der diese Lehre darlegt, so findet sie sich doch abermals im „Candelabrum“ des Bene 345 GS 1.2: Est autem salutatio limen epistole, personam mittentis et cui mittitur continens nominatim. Contingit interdum quod nomen appellatiuum cum nomine adiectiuo ciuitatis designaturo, uel cuiuslibet alterius loci, uim proprii nominis optinet in salutatione, ut hoc: ‘Populus bononiensis florentine potestati salutem’. Et quoniam omnis salutatio quasi trahit originem a persona, primo videamus quid sit in hac facultate persona, secundo que sit diuersitatis personarum, […] quinto et ultimo quam diversitatem in diversis generet thematibus diversitas personarum. Johannes de Garlandia erwähnt in der PP 4.125–127, bezüglich der inventio der supersalutatio, dass sich diese ab officio, ab etate, a dignitate, a materia ipsa, a summa rei oder a negocio rei entwickeln lasse, was zwar keine Nennung zum Beispiel der Würden des Empfängers beinhaltet, aber die Vergegenwärtigung der Umstände von Empfänger und Sender für den dictator hervorhebt. 346 TC § 5. 347 TC § 9: Ad universitatem tamen omnium salutationum, que fieri possunt, a modernis sunt notule introducte […]. 348 TC §§ 9f: Primi duo versiculi sunt ex parte mittentis […] Reliqui duo versiculi sunt ex parte recipientis […]. 349 TC § 9: Gratia, post titulom ordo, cleri mansuetudo; virtus, linea, condicio, dilectio, patria, cognitio, laus, locus et dignitas, etiam contineantur. (Konjekturen von Heller, Zeilenumbruch von RL.)

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von Florenz350. Hierbei leitet er das Zitieren der Verse mit fast identischem Wortlaut wie bei Thomas ein351, was zwar keinerlei Rückschlüsse auf die Neuartigkeit dieser Lehre zur Zeit Benes zulässt, dafür aber eventuell auf das Bewusstsein eines Unterschieds zur Lehre der antiqui. Die Verse lauten im „Candelabrum“ wie folgt: Gratia post titulus, ordo, devotio cleri servitium condictio, stirps ac amor, unde laus, locus, officium sit clero qui mereatur laus, locus, officium laicis sit qui timeantur.352 In den vier nachfolgenden Kapiteln kommentiert Bene diese Verse. Die ersten beiden Verse betreffen hierbei, so seine Darstellung, den Adressanten, die Verse drei und vier den Adressaten353. Beide Verspaare werden hierbei noch zusätzlich so unterteilt, dass Vers 1 und 3 allein Geistliche, Vers 2 auch Laien, respektive Vers 4 nur Laien betrifft354. Über diese bereits detaillierte Darstellung der notwendigen descriptio der proprietates personarum in der salutatio hinaus, wie sie sich auch bei Thomas von Capua findet355, diskutiert Bene im achten Buch des „Candelabrum“ ausführlich die Auffindung der attributa personae, wie sie in Ciceros „De inventione“ begründet ist356. Vergleichbar ausführlich in Bezug auf die zahlenmäßige Ausdifferenzierung, wenn auch nicht mit der Unterscheidung in Personen weltlichen und geistlichen Standes, rät Guido Faba dem dictator in „Summa dictaminis“ 2.6.3, er solle sich, damit der Brief keinen Anstoß errege, genau überlegen, welches die passenden proprietates von Adressat und Adressant seien, und wie sie sich aufgrund dieser unterscheiden. Allen drei Passagen liegen offensichtlich Cicero und Horaz zu Grunde, und der erstmals bei Thomas von Capua zu lesende Verweis

350 Zur Frage des Verhältnisses der beiden Texte zueinander und zum Fehlen des vierten Verses, siehe: Alessio 1983, 359f. 351 BF 5.19.9: Tamen ad generalitatem omnium salutationum que fieri possunt tales a modernis sunt notule introducte. 352 BF 5.20.2. Konjektur von Alessio. 353 BF: (5.21.2) Primo duo versiculi pertinent ad mittente, ut sciat qualiter debeat ponere nomen suum […] (5.23.2) Reliqui duo versiculi sunt ex parte recipientis […]. 354 BF: (5.21.2) […] primus versiculus est in clero sed reliquus extra clerum. […] (5.24.2) Ultimus versiculus spectat ad laicos recipientes, quorum laus et locus et officiium, sicut de clericis diximus, est ponendum […]. 355 TC §§ 9f. 356 BF 8.17–28.



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auf die moderni357 kann als Indiz für den fruchtbaren Einfluss der Poetiken des 12. Jahrhunderts auf die artes dictandi und damit verbunden als eine noch deutlicheren Appropriation antiker Vorbilder interpretiert werden. Im Unterschied zu eben diesen Vorbildern und auch der Verwendung dieser in den Poetiken, werden die Techniken zur inventio der proprietates personarum an zeitgenössische soziale Gegebenheiten angepasst und entsprechend ausdifferenziert. [V. 36–37] Diese Verse sind als allgemeine adhortative Ergänzung des Vorangegangenen zu verstehen, während der Aufzählung der proprietates personarum inhaltlich und quantitativ das rechte Maß zu wahren. So konkretisiert Transmund seine vorangegangene Angabe, dass Adressat und Adressant adiectiva beigegeben werden sollen, indem er zum einen feststellt, dem Empfänger müsse mit Ehrerbietung und Respekt begegnet werden, zum anderen müsse der Absender Demut zeigen358. Die „Parisiana poetria“ unterscheidet in diesem Bezug, ob einem unter Umständen irgendwie höher Gestellten geschrieben werden soll. So müsse bei höher gebildeten Adressaten mit größerer Raffinesse und Beredsamkeit formuliert werden, bei einem sozial höher Gestellten oder einem Älteren hingegen reverentia und honor gezollt werden, während bei einem Nieder- oder Gleichrangigen der Geschmack des Absenders entscheidend sei359. Uneingeschränkt stellt Thomas von Capua klar: laus, id est nomina laudem significantia, debent recipienti ascribi360. Bene von Florenz nähert sich dieser Frage von der Seite des Absenders. Das „Candelabrum“ hebt hervor, dass zwar Titel und Ehren des Absenders genannt werden müssten, hierbei aber besondere Sorgfalt zu walten habe, um den Geruch des Hochmuts zu vermeiden361. Mittel hierzu ist ostentative Demut (Bononiensis episcopus licet indignus) einerseits, das Verschweigen von Ehrentiteln wie dominus oder magister andererseits362. Ähnliches rät auch Ludolf von Hildesheim, bemerkt allerdings einschränkend, dass die Adjektive indignus und humillimus Geistlichen vorbehalten und für Laien ungeeignet seien363. Guido Faba stimmt abermals mit Thomas von Capua überein, gibt jedoch nicht nur wie dieser die „Richtung“ des Lobes an, sondern verbietet das

357 Schon Heller verwies auf den neuartigen Charakter seiner Lehre und den danach in dieser Hinsicht nicht mehr erreichten Detailgrad (Heller 1929, 20 Anm. a). 358 TI 10.4f. 359 PP 4.3–8. 360 TC § 10. 361 BF 3.23.3. 362 BF 3.23.4f. 363 LH, 361f.

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Die „Summa Iovis“

Eigenlob des Senders ausdrücklich und untermauert dies abschließend noch mit Sentenzen nach Proverbia 27,2364. [V. 38–40] Die Struktur der salutatio, genauer gesagt die Frage, wie sich das soziale Rangverhältnis von Adressat und Adressant zueinander möglichst genau ausdrücken lässt, ist eines der Hauptanliegen der ars dictaminis. Die wesentlichen Züge der Salutationslehre sind hierbei bereits seit der ars dictandi des Adalbertus Samaritanus ausgebildet. Dies ist zum einen die Klassifizierung des relativen Verhältnisses von Absender und Empfänger zueinander vermittels der Kategorien maior, par und minor. Aus dieser Klassifizierung wird die „Sendrichtung“ des Briefes ermittelt (descendens, ascendens etc.), aus welcher sich, in Analogie zu den genera dicendi der antiken Rhetorik, der stilistische Charakter des Briefes (sublimis, mediocris und exilis) ergibt365. Zum anderen, dies wird in Vers 40 der „Summa Iovis“ angedeutet, ist die Reihenfolge der Namensnennung von Relevanz, da der Erstnennung größere dignitas zukommt. Bei gleichrangigen Adressat und Adressanten ist es allerdings dem Ermessen des Schreibers überlassen, wen er zuerst nennt366. Spätere artes dictandi fügen der Lehre des Adalbertus lediglich Details hinzu. So hebt Galfridus de Vino Salvo neben dem Gängigen zur Abfolge der Namen367 hervor, bei ebenbürtigem Absender und Empfänger sei letzterem der Vorzug zu geben368, was sich inhaltlich so auch in Vers 38 der „Summa Iovis“ findet. Auch in dieser Hinsicht wird Galfrids Anreicherung der ars dictaminis, respektive die Weiterentwicklung der Lehre, welche sich in seinem Traktat manifestiert, von den nachfolgenden dictatores übernommen, und Guido Faba und Thomas von Capua, die sich in ihren diesbezüglichen Formulierungen sehr gleichen, als auch Bene von Florenz führen Vergleichbares an369. Der Sonderfall des in Vers 39 genannten nur noch geringen Unterschieds im Rang zwischen mittens und recipiens findet in den älteren Lehrbüchern keine Beachtung. Erst Thomas von Capua und Guido Faba behandeln in „Ars dictandi“ § 11 und in „Summa dictaminis“ 2.8.10 diesen Fall, überlassen allerdings die Reihenfolge der Namensnennung dem Ermessen des Notars. Thomas von Capua erwähnt nur eine einzige, sehr spezifische Ausnahme von dieser Regel370: So könne ein Erzbischof, um seine Demut zu veranschaulichen, den Namen eines

364 SD 2.7. 365 AS 33,16–34,17. Näheres hierzu, siehe: Quadlbauer 1962, § 32 und passim. 366 AS 32,14–35,15. 367 GS 1.2. 368 GS 1.3. 369 SD 2.8.2; TC § 11; BF 3.13.3. 370 Vgl. Alessio 1983, 340.



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seiner Suffragane in der Grußformel seinem eigenen Namen voranstellen lassen371. Eine Parallele hat diese Motivation in einer Stelle des sogenannten „Alberich-Corpus“. Dort erörtert Alberich von Montecassino bezüglich des Prologs des Briefes die Unterschiede zwischen der Lehre, welche die antiqui in dieser Hinsicht vertreten hätten, und aus welchem Grunde die moderni nun einem anderen Usus folgten. So hätten „die Alten“ den Absender stets zuerst genannt, zu Alberichs Zeit nenne man jedoch aus Gründen der Demut immer den Empfänger an erster Stelle. Einzig einer excellentissima persona sei es erlaubt, hiervon abzuweichen, wobei auch hier aus Gründen der Demut anders verfahren werden könne372. Der dictator Bene von Florenz verallgemeinert dies nun und könnte, auch wenn in Vers 39 der „Summa Iovis“ eine Motivierung der dargelegten Vorschrift fehlt, als Vorlage für das Lehrgedicht gedient haben. Neben der humilitas373 bietet er noch zwei weitere Gründe dafür, dass das übliche Schema der Erstnennung des Ranghöheren durchbrochen werden kann. Auf der einen Seite, wenn zwar ein Rangunterschied besteht, aber der höhere Rang keinerlei Amtsgewalt über den Niederrangigeren mit sich bringt – als Beispiel nennt Bene einen Erzbischof, welcher einem Bischof schreibt, der nicht seiner Jurisdiktion unterliegt374. Auf der anderen Seite, wenn sich zwar hinsichtlich des Rangs ein Unterschied festmachen ließe, aber zugleich in anderer Hinsicht ein umgekehrtes Verhältnis festzustellen sei; hierfür schildert Bene den Falls, dass ein Erzdiakon einen Brief an einen Diakon, der ihm an Bildung, Tugend, Reichtum oder Adel überlegen ist, sendet375. Betrachtet man die von Bene angeführten Beispiele, so ist anzumerken, dass es sich durchgehend um vergleichsweise geringe Rangunterschiede handelt (ein exemter Abt und ein Bischof, ein Erzbischof und ein Bischof, ein Erzdiakon und ein Diakon), so dass die Analogie des Lehrgedichts zum „Candelabrum“ noch deutlicher wird. [V. 41] Diesem Vers liegt eine auch in den artes dictandi verbreitete Etymologie des Begriffs salutatio zugrunde; so erklärt Huguccio von Pisa in seinen „Derivationes“: salutatio quasi salutis optatio: illum enim salutamus cui salutem desideramus376. Mit sehr ähnlichem Wortlaut führen Thomas von Capua wie auch Guido Faba 371 TC § 13: Alii autem pontifices et prelati scribentes suis subditis sua nomina preferunt, nisi forte sit metropolitanus aliquis, qui preponat sibi nomen sui suffraganei causa humilitatis […]. 372 „Alberich-Corpus“, 41. 373 BF 3.14.2. Bene beschreibt hier das Beispiel eines einen Bischof grüßenden Zisterzienserabtes, der trotz des Rangunterschiedes seinen Namen nachordnet. 374 BF 3.14.3. 375 BF 3.14.4. Zu den in 3.14 aufgezählten Beispielen parallele Fälle mit Bezug auf den Laienstand werden in BF 3.15.4–6 beschrieben. 376 Huguccio, „Derivationes“ S.18.36.

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diese Etymologie im Zuge ihrer Definition(en) der salutatio an377. Thomas stellt nun fest, dass im Allgemeinen die salutatio auch dann eine salutatio ist, wenn dem Adressaten irgendetwas anderes Gutes als sein Wohlbefinden gewünscht wird378. Genauer ausgedrückt deutet er also eine Unterscheidung zwischen salutatio im eigentlichen Sinn und salutatio als Terminus technicus an. Er unterstreicht diesen uneigentlichen Gebrauch des Begriffs salutatio, indem er anführt, für einen Niedrigrangigeren sei es grundsätzlich nicht schicklich, einem Höherrangigen „Heil“ zu wünschen – dies sei den maiores oder pares vorbehalten –, sondern er müsse in der salutatio untertänig seine Ehrfurcht und Dienstbarkeit ausdrücken379. Guido Faba greift diese Lehrmeinung, wie sie Thomas von Capua und später Bene von Florenz vertreten in „Summa dictaminis“ 2.8.5 auf – wobei er sie zur Abgrenzung von der eigenen Lehre „quidam“ zuschreibt. In etwas unklarer Formulierung führt er aus, dass die salutatio, entgegen der allgemeineren Lehre der „quidam“ nur dann verschwiegen werde, wenn einer persona summe maior geschrieben wird. Er veranschaulicht dies am Beispiel eines Briefes von einem Bischof an den Papst einerseits, andererseits eines Bischofs an seinen Metropolitan380. Unklar ist seine Wortwahl, da er zuvor in keiner Art und Weise die Frage der eigentlichen und uneigentlichen Verwendung des Begriffs salutatio diskutiert hat. Doch es können mehrere Indizien dafür angeführt werden, dass er sich eindeutig im Rahmen eines entspre377 TC § 5: Dicta est autem salutatio salutis adoptio. Illum enim, quem pure diligimus sanumque desideramus vivere ac iocundum. SD 2.5.5. Ähnlich beispielsweise auch BF 3.9.2 und LH, 360. 378 TC § 6: Et est notandum, quod salutatio largo modo accipitur, sive dicamus salutem, sive etiam captamus benevolentiam, quia vice salutationis accipitur, quodcumque bonum alicui affectatur vel devotionis causa humiliter exhibetur. 379 TC § 6: Non enim magnos dominos salutamus, sed humiliantes capita nostra, eis reverentiam cum devotione offerimus et fide mentis desiderium explicamus. Salutare namque sicut et benedicere de auctoritate maiorum est, non de presumptione minorum; pares autem nostros vel parum maiores absque iniurie discrimine salutamus. Bene von Florenz folgt der Argumentation Thomas‘ (BF 3.9.7–10), konkretisiert diese jedoch, indem er auf den uneigentlichen Gebrauch des Begriffs salutatio hinweist und hierfür den Terminus abusio salutationis prägt (BF 3.9.6). Ludolf von Hildesheim, 363 setzt sich nicht genauer mit den Hintergründen auseinander, konstatiert lediglich, dass die salutatio eines minor an einen Höherrangigen keinen Heilswunsch beinhaltet, sondern vielmehr eine Devotionsformel. 380 SD 2.8.5–6. Auch Johannes de Garlandia („Parisiana poetria“ 5.275–279) verwendet die Grußformel eines Briefes von einem Prälaten an den Papst als Beispiel für das Fehlen des konkreten Heilswunsches und motiviert dies wie Thomas mit der Ehrerbietung, die ein im Rang Niederer dem zu Grüßenden schulde. Allerdings wird der Papst in diesem Zusammenhang wohl nur zur Veranschaulichung gewählt worden sein und nicht wie bei Guido, um die Regel auf extrem große Rangunterschiede zu beschränken – zumindest erwähnt Johannes nichts Derartiges.



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chenden fachtheoretischen Diskurses bewegt. Dass Guido Faba die salutatio nicht zu den partes integrales epistulae rechnet – auch wenn er sich wie erwähnt in dieser Hinsicht widerspricht381 – könnte ein Hinweis auf eine uneigentliche Verwendung des Begriffs an dieser Stelle sein. Allerdings widerlegt dies Kapitel 2.63, welches explizit die Gründe für ein Auslassen der Grußformel selbst aufzählt, und oben genannter Fall findet dort keine Erwähnung. Sucht man nun nach paralleler, auf den ersten Blick ähnlich zweideutiger Wortwahl Guidos, wird man sogleich in 2.8.11 und 12 fündig. Satz 2.8.11 unterscheidet zwischen der bloßen Nennung des Namen eines Feindes des Absenders auf der einen Seite, auf der anderen Seite der salutatio, welche als pars epistulae auch fehlen könne; wird nun der Briefteil salutatio verwendet, so seien Formulierungen wie pro salute merorem zu wählen. Wenn zudem in 2.8.12 betont wird, Personen zwischen denen keine offene Feindschaft herrsche, müssten einen gegenseitigen Gruß aussprechen, verdeutlicht dies, dass Guido Faba in diesem Satz salutatio nicht als Terminus für die pars epistulae in toto, sondern lediglich für die eigentliche salutis optatio benutzt. Als weiterer Beleg in gleichem Kontext kann „Summa dictaminis“ 2.62 dienen, wo Guido empfiehlt, quod non salutantur excommunicati, […] cuiuscumque secte fuerint dum tamen catholicam non sapiant puritatem; sed loco salutis dicitur quod habeant spiritum consilii sanioris […]. Item non salutantur inimici manifesti, […] sed aliquid ponitur salutationi contrarium. Hier zeigt sich wie auch an anderer Stelle, dass Guido Faba in der „Summa dictaminis“ differenzierte theoretische Reflexionen unwichtig sind, die praktische Umsetzung der Lehre und im Zweifelsfall die Kenntnis des Usus im Vordergrund stehen382. [V. 42–45] Auch die Verse 42 bis 45 behandeln die salutatio im Sinne des Terminus technicus – wie soeben angedeutet, bezeichnete Bene von Florenz dies als abusio salutationis383. Schon Hugo von Bologna bietet eine Salutationsformel für einen Brief zwischen Feinden, ohne jedoch den besonderen Charakter solch einer salutatio explizit zu benennen384. Magister Bernardus bemerkt hingegen die veränderten Vorzeichen einer entsprechenden Grußformel. Aufgrund von Beleidigung, Zorn oder Missgunst erfolge dementsprechend loco salutationis lediglich die Nennung der Namen von Adressat und Adressant, letzterer wird zuerst genannt, oder eine Wendung, die eben diese Motive ausdrückt385. Auch Galfridus de Vino Salvo 381 Vgl. SD 2.4.6 und 2.75.2. 382 Vgl. Faulhaber 1978, 94 Anm. 34, 107f und passim. Zur Rolle des Usus, siehe z. B. SD 2.8.7. 383 BF 3.9.6. 384 HB, 67. 385 RD, 22.

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stellt klar, dass sich Feinde ob ihres Hasses aufeinander weder Bittschriften zusenden noch eine salutatio aussprechen, sondern ihrer Feindschaft am Anfang des Briefes Ausdruck verleihen – zudem erweitert er den Bereich der „uneigentlichen Salutationsformeln“ mit einem Gruß Philipps II. Augustus an Saladinus procurator Sathane um die salutatio an einen Ungläubigen386. Feinde und Exkommunizierte schließt Thomas von Capua vom Kreis derer aus, an welche sich eine salutacio richten dürfe; und wenn über eine bloße Namensnennung hinaus doch eine salutatio benutzt wird, so müsse ihr Inhalt entwürdigend oder belehrend sein387. In der einen oder anderen Form findet sich das, was bei Thomas zu lesen ist, auch in den nachfolgenden artes dictandi. Nicht nur bezüglich des fraglichen Personenkreises – Feinde und Ungläubige, respektive Ketzer –, sondern auch hinsichtlich der Anweisung, dass der Gruß der Feinde invektiv, der der Ungläubigen belehrend sein muss388. Darüber hinaus wird ausdrücklich oder in Salutationsmustern den entsprechenden angeschriebenen Personen die Erstnennung verweigert389.

2.3.9 Anordnung der Briefteile [V. 46–61] Diese Verse behandeln zwei, zunächst unverbunden erscheinende Themen: zum einen spezifische praecepta zum exordium (V. 52f ), zum anderen Regeln zur Disposition der partes epistulae und die Begründung eben dieser aus den Funktionen der partes heraus (V. 46–51, 54–61). Während die in Vers 52 ausgesprochene Empfehlung des Verwendens von proverbia im exordium beispielsweise bei Guido Faba jenseits einer bestätigenden Nennung keine weitere Diskussion der Frage nach sich zieht390, ist dies in anderen Traktaten der ars dictaminis durchaus umstritten391. 386 GS 1.3. 387 TC § 5. 388 Beispielsweise: LH, 365f. Wie Thomas verwenden auch Bene von Florenz (BF 3.9.3–5) und Ventura da Bergamo („Brevis doctrina dictaminis“, 373) die Begriffe indignatio und suasio, um diese uneigentliche salutatio zu charakterisieren. Johannes de Garlandia (PP 5.270–275) und Guido Faba (SD 2.62) stimmen grundsätzlich mit Thomas überein, heben jedoch den gesamten Sachverhalt nochmals hervor, indem sie den Inhalt des Grußes an einen Feind als salutis antifrasim (PP 5.274), respektive alquid salutationi contrarium (SD 2.62.4) bezeichnen. 389 Beispielsweise: SD 2.8.11; BF 3.18. Bene benennt interessanterweise eine Ausnahme von dieser Regel, wenn es sich um Herrscher der Sarazenen handele, da diese mit dem gleichen Respekt behandelt werden müssten wie katholische Herrscher, quia omnis potestas a domino Deo est (BF 3.18.4; vgl. Rm 13,1). 390 SD 2.71. 391 Vgl. zum folgenden Alessio 1983, 351f und insbesondere Gallo 1971, 139–145.



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Boncompagnus wie auch Bene von Florenz raten ausdrücklich vom Gebrauch des proverbium im exordium ab, da deren übertragene Bedeutung die Gefahr der obscuritas mit sich bringe; diese Praxis schreiben sie den aurelianenses, respektive gallici zu392. In der von ihm verfassten „Summa de arte dictandi“ benutzt Galfridus de Vino Salvo proverbium ausdrücklich als alternative Bezeichnung für das exordium, schränkt jedoch zugleich ein, dass das proverbium nicht nur im exordium, sondern auch in anderen partes seinen Platz finden könne und darüber hinaus im exordium letztendlich nur fakultativ sei393. Auch in anderem Kontext (der „Poetria nova“) diskutiert er das proverbium, dort als Einleitungsmodus des ordo artificialis394. Vor ihm hatte dies bereits Matthäus von Vendôme in seiner Poetik behandelt, und Johannes de Garlandia griff es später ebenfalls in der „Parisiana poetria“ auf395. Das proverbium wird in diesen Zusammenhängen lediglich als sententia generalis verstanden, einer Formulierung, die wiederum Rudolf von Tours in folgender Definition des exordium verwendet: Exordium – vt ait Tullius – est communis locus vel sententia, cuius modi sunt apud auctores: seruiet eternum qui paruo nesciet vti.396 Neben dem Inhalt der Definition ist an dieser Stelle der Verweis auf Cicero von Interesse. In seinem kritischen Kommentar zur oben erwähnten Stelle in Galfrids „Poetria nova“ wies Ernest Gallo darauf hin, dass sich in keiner der dem Mittelalter einfach zugänglichen Rhetoriken eine Empfehlung einer sententia generalis oder eines proverbium findet, ganz im Gegenteil warnen sie sogar vor dessen Gebrauch als für die Argumentation abträglich397. Darüber hinaus spezifiziere der Kommentar des Marius Victorinus zu „De inventione“ die Bedeutung von exordium sententiarum an dieser Stelle ausdrücklich in der Art, dass damit der Inhalt des exordium gemeint sei und nicht eine sententia generalis398. Allerdings könnte man hieraus auch den 392 393 394 395

BP, 113f; BF 4.18 sowie in der Beschreibung des stilus gallicus in 6.31–33. GS 2.1 und 2.23. PN, V. 126–141. Vgl. auch DMA 1.5–8. AV 1.16; PP 3.43–65 (als Modus im principium artificialis) und 4.17–29 (proverbium im exordium des Briefes). 396 RT, 108. Hervorhebung von Rockinger. Es handelt sich hierbei um ein Horazzitat („Epistulae“ I.10.41). 397 Gallo 1971, 140 Anm. 23. Bezüglich Gallos Verweis auf RH 1.7.11 und CI 1.18.26 ist anzumerken, dass nach dem auctor ad Herennium und Cicero ein proverbium oder eine sententia generalis sicherlich unter die Kategorie des exordium commune fallen, umgekehrt jedoch mit eben diesem weder spezifisch das eine noch das andere gemeint sein muss. 398 Gallo 1971, 140 Anm. 23.

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Umkehrschluss ziehen, der Kommentar des Victorinus sei nur deshalb notwendig gewesen, da eine entsprechende Interpretation dieser Stelle zu seiner Zeit prävalent war. Rudolf von Tours muss sich also, geht man nicht von einer in irgendeiner Art und Weise vermischten Überlieferung aus, auf eine andere Stelle beziehen. Sowohl Cicero wie auch die „Rhetorica ad Herennium“ definieren als Aufgabe des exordium, den Zuhörer wohlgesinnt, aufmerksam und belehrbar zu machen399. Auch behandeln beide Texte unterschiedliche Modi der conclusio und diese, in diesem Punkt ist sie mit dem exordium vergleichbar, hat ebenfalls die Aufgabe der instigatio auditoris. Cicero versteht die conclusio als (Gedanken-)Schluss der gesamten Rede, die als enumeratio, also einer Aufzählung aller wesentlichen Gesichtspunkte, aber auch indignatio oder conquestio gestaltet werden könne400. Sowohl indignatio wie auch conquestio haben das Ziel, Abneigung gegen oder Mitgefühl für – Cicero benutzt hier den Ausdruck captatio misericordiae – einen bestimmten Sachverhalt zu erregen. Beide Mittel hierzu sind loci communes: Ein locus der indignatio ist der locus communis ab auctoritate, während die conquestio allgemein loci benutzen soll, die beispielhaft die Härte des Schicksals und die Schwäche der Menschen vor Augen führen sollen401. Grundsätzlich stimmt der auctor ad Herennium mit Ciceros Darstellung überein; so nennt auch er drei Modi der conclusio (enumeratio, amplificatio, commiseratio), welche vergleichbare Funktionen wie bei Cicero haben, einen ähnlichen Gebrauch von den loci communes machen402. Er weicht jedoch darin ab, dass er eine conclusio nicht als Schluss der Rede, sondern als Schlussfolgerung an verschiedenen Stellen der Rede, so auch am Ende des exordium zulässt403. Bereits an dieser Stelle lässt sich die Nähe zwischen einem locus ab auctoritate oder einem allgemein-sentenzhaften locus, die beide auf ihre Art den Hörer beeinflussen sollen, und einem exordium, das ein Proverb oder eine sententia generalis zur captatio benevolentiae404 enthält, durchaus erahnen. Deutlicher wird diese Vermutung, wenn die übrigen Verse des betrachteten Abschnittes herangezogen werden. In ihnen wird im Grunde immer wieder das gleiche Thema, die Abfolge der partes epistulae, nach Art der Stilfigur der commoratio genannt und variiert: Die salutatio steht am Anfang des 399 RH 1.4.6: Id [i. e. principium] sumitur, ut attentos, ut dociles, ut benivolos auditores habere possimus. CI 1.15.20: Exordium est oratio animum auditoris idonee comparans ad reliquam dictionem; quod eveniet, si eum benivolum, attentum, docilem confecerit. 400 CI 1.52.98. 401 CI 1.53.100–101 und 1.55.106. 402 RH 2.30.47–48 und 2.31.50. 403 RH 2.30.47. 404 Dies im übertragenen Sinn bereits in RH und CI als alternativer oder einziger Begriff für das exordium; vgl. auch: HB, 57; RT, 108; RD, 18.



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Briefes (V. 41); das exordium folgt auf die salutatio (V. 42); der Anfang (einer Sache) gehört auch an den Anfang (der Argumentation) (V. 49); auf das exordium folgt die narratio (V. 54), die wiederum zwischen exordium und petitio steht (V. 55), sowie die logische Abfolge der partes und folglich ihre inhaltliche Verschränkung (V. 56– 58). Sucht man nach älteren Texten, welche vergleichbare praecepta vorbringen, so fällt der Blick auf die „Rationes dictandi prosaice“ des Hugo von Bologna, der die notwendige Abfolge und inhaltliche Abhängigkeit von exordium, narratio und conclusio als obligat feststellt405. Rudolf von Tours hat den gleichen Gesichtspunkt im Sinn, wenn er darauf hinweist, alle partes epistulae müssten inhaltlich miteinander harmonieren406. In einem ähnlichen Licht kann man auch die von Boncompagnus und Guido Faba verwendete Hausmetapher interpretieren407, die nun nicht mehr nur die Unterscheidung zwischen partes integrales und partes secundariae epistulae illustriert, sondern darüber hinaus durch die Abfolge von Fundament (salutatio bei Boncompagnus / exordium bei Guido Faba), Wänden (narratio) und Dach (petitio) hervorhebt, die Teile des Briefes bauten aufeinander auf 408. Dass Guido Faba diese Frage bekannt war, wenn er auch nicht ausdrücklich darüber reflektiert, zeigt sich zudem in Kapitel 2.75.2–4; dort erhalten einzelne partes integrales ihre Daseinsberechtigung durch das Vorhandensein der jeweils nachfolgenden oder voranstehenden obligatorischen pars epistulae. Wenn hier aus der salutatio, in 2.4.6 noch ein obligatorisches Präliminarium, eine pars integralis wird, das zuvor notwendige exordium jedoch nicht mehr erwähnt wird, zeigt dies zwei Sachverhalte: zum einen die faktische Signifikanz der Grußformel, zum anderen abermals die Nachrangigkeit stringenter theoretischer Überlegungen für Guido. Bene von Florenz rückt ausdrücklich das Verhältnis von exordium und narratio zueinander in die Nähe der Logik, vergleicht die beiden partes mit den Prämissen und dem Schluss eines Syllogis-

405 HB, 56f. 406 Zur Akzentuierung seines Arguments führt Rudolf, 108 ein leicht abgewandeltes Zitat aus der Poetik des Horaz (V. 152) an: vt primum medio [conveniet], medium ne discrepet imo. Ludolf von Hildesheim, 368 verwendet das Zitat speziell in Bezug auf den Inhalt der narratio. Auch Galfridus de Vino Salvo, „Summa de arte dictandi“, 911 bedient sich dieses Zitats, allerdings nicht auf die Kohärenz zwischen den einzelnen Briefteilen, sondern allgemeiner auf den gesamten Inhalt des Briefs bezogen. 407 BP, 116; SD 2.4.2–4. Vgl. oben S. 78ff. 408 Ähnlich zur Illustration einer logischen Abfolge z. B. Thomas v. Aquin, „In Dionysii De divinis nominibus“ 4.6, Z. 101. Als Veranschaulichung des Begriffs partes integrales z. B. Thomas v. Chobham, „Summa de arte praedicandi“, c. 7, l. 843; Thomas v. Aquin, „Summae theologiae secunda secundae“, q. 48, art. unicus, corpus, l. 1; Petrus Hispanus, „Summulae logicales“, 77,12f.

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mus409. Das exordium wird hier zum antecedens, die narratio zum consequens – dies verdeutlichen auch die angeführten Beispiele410. Allerdings scheint Benes Darstellung nicht ganz aufzugehen, da eine weitere Prämisse fehlt411, um den Syllogismus schlüssig zu machen. In der in England verbreiteten Kompilation „Tria sunt“ findet sich nun zum einen die Lösung dieses speziellen Punktes, zum anderen ein Hinweis auf den Kontext sowohl der sententia generalis im exordium als auch der inhaltlichen Abhängigkeit von insbesondere exordium, narratio und petitio, wie es sich beides in der „Summa Iovis“ darstellt: Debemus eciam videre quod per totam epistolam sit emtimematum plenitudo succinta […]412. Beim (rhetorischen) Enthymem handelt es sich um „ein prägnant formuliertes Argument, das die Wahrheit bzw. Plausibilität einer Aussage über einen bestimmten Sachverhalt durch deren Deduktion aus anderen, allgemein anerkannten oder schwer bestreitbaren Aussagen zu erhärten sucht.“413 Diese „allgemein anerkannte Aussage“ fungiert dabei als Obersatz eines Wahrscheinlichkeitsschlusses, und es kann sich bei ihr beispielsweise um eine Sentenz oder ein proverbium handeln; zudem kann dieser Obersatz als beim Zuhörer bekannt vorausgesetzt und deshalb unter Umständen ausgelassen werden414. Der auctor ad Herennium und Cicero nennen das Enthymem argumentatio, respektive argumentatio per ratiocinationem, und untergliedern es in fünf Teile415. Jeweils ein Teil – beim auctor die exornatio, bei Cicero die propositio – nimmt hierbei die Form einer allgemeinen, sentenzartigen Aussage an416. Isidor referiert diese Lehre, wird jedoch expliziter, wenn er einen Teil des rhetorischen Enthymems als sententiale bezeichnet417. Dem Enthymem sehr ähnlich ist das Epicheirem, welches zwar auch eine Aussage sentenzartigen Charakters verwenden kann, jedoch müssen Oberund Untersatz jeweils durch einen Beweisgrund gestützt werden – kein antecedens kann also stillschweigend vorausgesetzt werden418. Quintilian merkt den Gebrauch

409 410 411 412 413 414 415 416 417 418

BF 4.31.3–4. Sor. est homo. Ergo Sor. est animal. (BF 4.31.3) und Si Sor. est homo, Sor. est animal. (4.31.4). Und zwar Omnes homines sunt animales. Camargo 1988, 187. (Hervorhebung von RL.) Krauss 1994, Sp. 1197. Zum Nachfolgenden zu Enthymem und Epicheirem vgl. auch Gallo 1971, 140–145. IO 5.10.1–3, 14.24; Krauss 1994, Sp. 1197–1199; vgl. Gallo 1971, 141. RH 2.18.28: propositio, ratio, rationis confirmatio, exornatio und conplexio; CI 1.37.67: propositio, approbatio, assumptio, assumptionis approbatio und complexio. Vgl. Gallo 1971, 141. Vgl. die Beispiele in RH 2.19.28 und CI 1.37.67. IS 2.9.7–9. IO 5.10.4–6; Klein 1994, Sp. 1253; vgl. Gallo 1971, 141f.



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von Sentenzen sowohl im Enthymem wie auch im Epicheirem an, nennt jedoch auch die unterschiedliche Qualität der Verwendung419. Die dispositio der partes epistulae, wie sie hier in der „Summa Iovis“ beschrieben wird, hat also eine mit dem rhetorischen Enthymem vergleichbare Gestalt, wobei das exordium, welches eine sententia generalis enthalten kann, dem Obersatz, die narratio dem Untersatz und die petitio der Konklusion entspricht. Dies hat den Zweck, dem Adressaten die Realisierung des in der petitio Vorgebrachten so naheliegend wie möglich zu machen420. Gestützt wird diese Interpretation darüber hinaus durch die Wortwahl des Autors der „Summa Iovis“. In Vers 55 verwendet er propositio als Synonym zum Fachterminus exordium; propositio wiederum ist, genauso wie auch antecedens, ein Begriff für den Vordersatz eines Syllogismus. Ähnliches impliziert die Verwendung des Verbs subarrare in Vers 58, welches den konfirmativen Charakter der narratio in der Argumentation unterstützt. [V. 53] Das in Vers 53 geäußerte praeceptum, das exordium müsse in der dritten grammatischen Person verfasst werden, hat sein einziges Pendant in einer Stelle der „Summa dictaminis“ des Guido Faba421. Als ausformulierte Lehre findet sich dies erstmals in Fabas Traktat, jedoch auch, soweit dies an dieser Stelle gesagt werden kann, in keinem späteren mehr. Indessen bleibt Guido Faba hier im Rahmen der Tradition der ars dictaminis. Betrachtet man Musterexordien anderer artes dictandi, so ist zumindest ein deutliches Übergewicht von Formulierungen in der dritten Person festzustellen. Identifiziert man das exordium mit einer sententia generalis oder einem Proverb, so ist es nach der Definition Quintilians eine vox universalis422, und deren allgemeiner Charakter bringt implizit eine Formulierung in der dritten Person mit sich423. [V. 59–60] Die in den Versen 59 und 60 beschriebene Aufgabe der conclusio, welche zum Beispiel bei Guido Faba überhaupt keine Erwähnung findet, entspricht in dieser Form der allgemeinen Lehrmeinung der ars dictaminis, wie dies neben anderen auch Magister Bernardus formuliert: 419 IO 8.5.3–4; vgl. Gallo 1971, 141f. 420 Vgl. Gallo 1971, 143–145 und Haskins 1927, 143f; sowie speziell zu Guido Faba und „Tria sunt“: Faulhaber 1978, 97f und Camargo 1988, 176f. 421 SD 2.69.6–7. 422 IO 8.5.3. 423 Als zusätzliche Beispiele können diejenigen im die Sentenz behandelnden Kapitel der „Institutio oratoria“ (8.5) dienen, welche fast ausschließlich in der dritten Person formuliert sind, darüber hinaus die „Proverbia Salomonis“. Damit soll allerdings in keiner Art und Weise die Existenz von den sicherlich sehr viel emphatischeren Sentenzen und Sprichwörtern in der zweiten Person geleugnet werden.

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Die „Summa Iovis“

Conclusio quidem est oratio qua terminatur epistola. Qua solemus uti, cum ponitur ostendere quid utilitas uel incommodi negotia superius tractata denuntient. qua etiam, si qua in narratione prolixe uel dispendiose dicta fuerint, quadam breuitate colliguntur et ad recipientis memoriam deducuntur.424 Diese Begriffsbestimmung entspricht genau derjenigen, welche der auctor ad Herennium und Cicero für den enumerativen Modus der conclusio geben. Die conclusio per enumerationem sei es, per quam colligimus et commonemus, quibus de rebus verba fecerimus, breviter, ut renovetur, non redintegretur oratio […]425. [V. 47, 48, 51, 61] Die wiederholte Abgrenzung der dargelegten partes-Lehre gegenüber den qui[dam] in den Versen 47, 48, 51 und 61 verweist auf diejenigen artes dictandi, welche eine variable Anordnung der Briefteile empfehlen. Eine variable, das meint eine den Erfordernissen des negotium des Briefs angemessene Disposition der partes epistulae. So beschreibt unter der Überschrift „De commutatione partium“ Magister Bernardus verschiedene Kombinationen von captatio benivolentia, narratio und petitio, welche jedoch nicht besonderen Verwendungszwecken zugeordnet, sondern lediglich „durchdekliniert“ werden426. Vergleichbares steht in weiteren Traktaten427, und an einer Stelle eine feste Abfolge der partes zu propagieren, ist in diesem Zusammenhang nur sehr selten ein Grund nicht an anderer Stelle eine variable Abfolge zu empfehlen428. Bene von Florenz beschreibt als eine der Besonderheiten des Briefstils der gallici, dass sie im Brief neben dem ordo naturalis – also exordium-narratio-petitio – auch den ordo artificialis zuließen und dementsprechend die Abfolge der Briefteile variierten429.

Sprachstil und Wortfügung [V. 62–64] Während der Begriff bona grammatica sicherlich zunächst keiner Erklärung bedarf, stellt sich die Lage bei scemata aprica und flores rethoricique colores doch etwas anders dar, da es sich auf den ersten Blick um eine Reihung von Synonyma

424 425 426 427 428

RD, 21; ähnlich zum Beispiel auch: HB, 57; RT, 109; TI 10.19; BF 4.41 und 5.29. RH 2.30.47; analog CI 1.52.98. RD, 23–25. Zum Beispiel RT, 110. Wie etwa SD 2.75.2–4, wo Guido Faba eine zwingende Abfolge beschreibt und im Gegensatz dazu SD 2.69.2–5, wo er exordia beschreibt, die am Anfang, in der Mitte und am Ende des Briefs stehen. 429 BF 6.41.



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zu handeln scheint430. Alle drei Begriffe (scema, wie auch color und flos) beziehen sich auf den rhetorischen Schmuck – eine genaue Abgrenzung scheint schwierig. Die Fügung „colores rhetorici“ fußt wohl auf einer metaphorischen Wendung in der „Rhetorica ad Herennium“431 und ist erstmals in den im ersten Viertel des 12. Jahrhunderts verfassten „Rhetorici colores“ des Onulf von Speyer nachgewiesen432. Bei Onulf bezeichnet der Terminus implizit, denn er behandelt allein diese, die exornationes verborum der Herenniusrhetorik433. Matthäus von Vendôme unterscheidet in der „Ars versificatoria“ zwischen scemata, tropi und colores rhetorici434. Für die Termini scema und tropus verweist er hierbei auf die Erklärung Isidors und führt diejenigen exornationes auf, welche jener Donat entnommen hatte435. Mit colores rhetorici bezeichnet er eine Anzahl der in „ad Herennium“ überlieferten exornationes verborum. Matthäus selbst merkt jedoch an, videntur enim quedam scemata et quidam tropi quibusdam coloribus rhetoricis respondere […]436. Einer der wesentlichen Unterschiede zwischen scemata und tropi auf der einen Seite und colores rhetorici auf der anderen ist rein sprachlicher Natur: die ersten haben, nach Donat, griechische Bezeichnungen, letztere, entsprechend dem auctor ad Herennium, lateinische437. Ähnlich werden im „Documentum de modo et arte dictandi“ lediglich die Wortfiguren der Herenniusrhetorik als colores rhetorici bezeichnet438. Johannes‘ de Garlandia Gebrauch des Terminus scheint dagegen eher schwankend zu sein, bezeichnet

430 Aus diesem Grund ist hier die Situation auch anders als im ersten Vers der „Summa Iovis“ – dort war eine detaillierte Abgrenzung des Begriffs scema nicht unbedingt für das Verständnis notwendig. 431 RH 4.11.16. Vgl. Quadlbauer 1999, Sp. 61. 432 Zu den „Rhetorici colores“ vgl. Linde 2005. 433 Linde 2005, 339. 434 AV 3.2. 435 AV 3.3, 18., IS 1.36–37; AM, 663,5–666,17. Vgl. Murphy 1974, 189f und Quadlbauer 1999, Sp. 61. 436 AV 3.45. 437 AV 3.45: sunt autem hec, que combinata socialem habere videntur convenientiam: antithetum et contentio, anaphora et duplicatio, paranomasia et annominatio, epanalepsis et repeticio, scesisonomaton et membrum orationis sive articulus, dialiton et dissolutum, polissyntheton et coniunctum, methalempsis sive clemax et gradatio […]“ Vgl. Quadlbauer 1999, Sp. 61. 438 DMA 3.48–102. Vgl. Quadlbauer 1999, Sp. 61f und Murphy 1974, 190. Genau wie in der Vorlage werden hier die Tropen nicht von den Wortfiguren getrennt, jedoch, ebenfalls wie der auctor (RH 4.31.42), ein qualitativen Unterschied zwischen diesen festgestellt und sie werden, im Gegensatz zu den übrigen colores, dem ornatus difficilis zugeordnet (DMA 3.102). Dass sich figurae und Tropen nicht völlig scharf voneinander abgrenzen lassen, merkt auch Quintilian an (IO 9.1.1–9).

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Die „Summa Iovis“

Wort- wie auch Sinnfiguren439. Im Bereich der artes dictandi wird beispielsweise in der AGO-Redaktion der „Aurea gemma“-Gruppe die Wortfigur der repetitio als color rethoricus bezeichnet, zugleich eben dieser Begriff allgemein als zu ornatus synonym gebraucht440. Transmund lehnt sich zwar unter anderem an die Kategorien Isidors an (schemata und tropi), benutzt aber zum Beispiel color eher im übertragenen Sinne von „ad Herennium“, denn als präzisen Terminus technicus441. Guido Faba wie auch Bene von Florenz verwenden color für jedweden rhetorischen Schmuck442, und Guido Faba verdeutlicht eine gewisse Ambiguität der Begrifflichkeiten, indem er in 2.103.3 der „Summa dictaminis“ ausführt, der Prosastil werde verbessert, wenn er mit den flosculis colorum rhetoricorum geschmückt werde. Das genannte sprachliche Kriterium – scema für „griechische“, color rhetoricus für „lateinische“ Stilfiguren – bildet auch die Grundlage der Definition von scema im Lexikon des Papias443 sowie faktisch innerhalb der Diskussion der Stilfiguren im vierten Buch des „Catholicon“ des Johannes Balbus444. Hiermit wäre eine genauere, wenn auch unbefriedigende Abgrenzung der beiden Begriffe scema und color/flos gegeben, da sich nun das Problem einer Häufung von zumindest „funktionalen“ Synonymen ergeben würde. Nun weicht allerdings die Begriffsbestimmung, welche der Grammatiker Huguccio da Pisa in den „Magnae derivationes“ gibt, hiervon ab. Das Lemma lautet: SCEMA, -tis, ymago vel figura, modus loquendi scilicet soloecismus, figura: et fit scema proprie ornatus causa, metaplasmus vero causa necessitatis fit vel ornatus in metro, tropus causa utriusque tam in mero quam in prosa.445 Huguccio versteht scema also nicht nur als Begriff für rhetorische Figuren, sondern auch für ornatus oder modus loquendi im weiteren Sinne. Begreift man scema nun als „geschmückten sprachlichen Ausdruck“, als rhetorisch durchformte Rede, so 439 440 441 442

PP 7.71 et passim. Vgl. Murphy 1974, 190 und Quadlbauer 1999, Sp. 61f „Aurea gemma“-Gruppe, V. 282 und Appendix zur AGO-Redaktion, 126. TI 14–18. Vgl. auch den philologischen Kommentar: Dalzell 1995, 173–194. SD 2.104.1 und 6, ab 2.105 eine nicht weiter unterteilte Liste der Stilmittel; BF 2.3–48 (colores verborum), 2.49–67 (colores sententiarum). 443 Papias Vocabulista, s. v. ,schemata‘ (dort Erklärung des Begriffs nach Donat) und s. v. ,schema‘: „Schema [i. e.] perfecta sermonum connexio: quorum nomina nullus in latine efferre potuit : sed his nominibus proferuntur : quibus magistra græcia nuncupauit. 444 In 4.114 werden die scemata nach Donat/Isidor, in 4.115 die Tropen und in 4.116 die Stilfiguren mit lateinischer Bezeichnung als colores rhetorici diskutiert. Vgl. Quadlbauer 1999, Sp. 62. 445 Huguccio, „Derivationes“ S 242.



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ergibt sich hieraus eine Reihung dreier unterschiedlicher Konzepte in den Versen 62 bis 64: grammatisch korrekte, nach den Regeln der Rhetorik ausgestaltete sowie mit Stilfiguren geschmückte Sprache. Dies erinnert an eine Abfolge ähnlicher Aspekte in der Herenniusrhetorik, und zwar elegantia, compositio und dignitas446. Diese drei Begriffe bilden das Fundament der elocutio commoda et perfecta und somit als Bestandteil des dritten Glieds der officia oratoris447 zugleich die Grundlage einer wirkungsvollen Rede. Die elegantia unterteilt der auctor ad Herennium hierbei in grammatisch korrekte (latinitas) und leicht verständliche Sprache (explanatio)448, die dignitas wird durch das Ausschmücken der Rede mit Wort- und Sinnfiguren erreicht449, und unter compositio versteht der auctor die kunstvolle Fügung von Lauten und Wörtern der Rede450. In eben dieser oder ähnlicher Form findet diese Definition Eingang in die ars dictaminis451. Zugleich muss jedoch angemerkt werden, dass die Begriffe nicht gänzlich identisch sind; die bona grammatica entspricht lediglich der latinitas, die scemata aprica sind eine Verbindung von explanatio und compositio, einzig colores rethorici und dignitas können als identisch angesehen werden. Unter den dictatores weicht Paulus Camaldulensis, der sich ansonsten sehr eng an der „Rhetorica ad Herennium“ orientiert, von der gängigen Interpretation des Passus aus „ad Herennium“ ab, verschiebt die Bedeutung von compositio. In den wohl im letzten Drittel des 12. Jahrhunderts entstandenen und nur in einer Pariser Handschrift erhaltenen „Introductiones dictandi“452 subsumiert er elegantia wie auch dignitas unter compositio als umfassenden Begriff für das Abfassen und artifizielle Ausgestalten des Textes; allerdings führt auch Paulus nun wieder ein drittes Element ein, denn die compositio besteht für ihn darin, Sätze und Wörter formal richtig zusammenzufügen (grammatica), die Rede daraufhin kunstgerecht auszugestalten (rhetorica) und abschließend die Attribute einer jeden Person treffend darzustellen, was vermittels dialecticae argumentationes

446 RH 4.12.17. 447 RH 1.2.3; CI 1.7.9. 448 RH 4.12.17: Elegantia […] distribuitur in Latinitatem et explanationem. Latinitas est, quae sermonem purum conservat ab omni vitio remotum. […] Explanatio est, que reddit apertam et dilucidam orationem. 449 RH 4.13.18. 450 RH 4.12.18: [Conpositio] conservabitur, si fugiemus crebras vocalium concursiones, quae vastam atque hiantem orationem reddunt […] et si eiusdem verbi adsiduitatem nimiam fugiemus, […] et si verborum transiectionem nisi quae erit concinna […]. 451 Beispielsweise GS 4.4, TI 13, SD 2.104, BF 1.8–9. 452 Worstbrock/Klaes/Lütten 1992, 87–89.

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Die „Summa Iovis“

vonstattengehe453. Eine vergleichbar umfassende Erklärung hatte Bene von Florenz für den Terminus appositio angeführt und sich zugleich gegen die Lehre quidam dictatores verwehrt, welche compositio und appositio als synonym definiert454. Wenn er sich auch nominell auf Cicero stützt, verwendet Martianus Capella ein im Detail etwas anders gestaltetes Modell. Die elocutio habe demnach „gemäß Cicero“ zwei fundamenta und zwei fastigia. Fundament der sprachlichen Ausgestaltung der Rede seien latine loqui planeque dicere, die Krönung des sprachlichen Ausdrucks bestehe darin copiose et ornatque dicere455. Verwirklichen lasse sich diese elocutio nun, indem die Wörter zum einen entsprechend ihrer Bedeutung richtig verwendet, zum anderen kunstvoll zusammengefügt werden456. Die dignitas des auctor ad Herennium stellt in der Darstellung Martianus’ die fastigia der elocutio dar, während elegantia – also latinitas und explanatio – sowie compositio die fundamenta elocutionis bilden. Auch wenn Guido Faba offensichtlich die Herenniusrhetorik (oder einen Auszug) vor Augen hatte, als er Kapitel 2.104 formulierte, so könnte ihm zumindest in Auszügen oder gänzlich indirekt der Gedankengang, wie er in „De nuptiis Philologiae et Mercurii“ vorzufinden ist, bekannt gewesen sein. Im ersten Buch der „Summa dictaminis“ legt Guido Faba dar, dass der Prosastil nur dann als perfekt bezeichnet werden könne, wenn er bona grammatica, perfectus sensus locutionis und verborum ornatus verbinde457; zumindest müsse der dictator jedoch dafür Sorge tragen, dass die latinitas oder die sententia generosa nicht fehlten458. Zur Perfektion des Sprachstils fehle nun lediglich der Redeschmuck, unter dem er ornatus verborum, also die exornationes versteht459. Nicht nur fällt hier die einseitige Hervorhebung 453 Paulus Camaldulensis Monachus, „Introductiones dictandi“ § 21: Compositio est illa diligenter emendata complexio, quae in cunctis partibus epistolae per gramaticam, recte loquendi scientiam, nomina et uerba ceterasque dictiones congrue disponit, et eadem bene disposita ornatis et expolitis rethoricae artis coloribus pingit et, quid unicuique personae, sexui, aetati et ordini conueniat, prout necessitas requirit, dialeticis argumentationibus ostendit. Vgl. Alessio 1983, 306f. Zum gesamten Trivium als Grundlage der ars dictaminis, vgl. oben S. 76, Anm. 167. Vgl. auch: AS 31,11–22; BF 1.4.2–4. 454 BF 1.15.3: Quidam vero [compositionem] appositionem appelant, sed male, quoniam appositio est totius rethorice orationis ornatus […]. 455 MC 508: [elocutio] habetur officii, cuius Cicero duo quasi fundamenta, duo dicit esse fastigia. fundamenta sunt latine loqui planeque dicere, quorum unum Grammatice loquente didicistis, cum eius insinuata subtilitas. fastigia uero sunt copiose ornatque dicere […]. 456 MC 509: huius rei duplex ratio est: una, qua in singulis uerbis lumen appareat, alterna, ut dignitas eloquendi copulationis ipsius decore seruetur. 457 SD 1.14.2. 458 SD 1.14.3. 459 SD 1.14.4.



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von grammatica/latinitas auf, welche beim auctor ad Herennium nur einen Teilaspekt der elegantia bildet, sondern auch dass explanatio und compositio wie sie der auctor versteht wohl in den unschärferen Ausdrücken perfectus sensus locutionis und sententia generosa vermengt werden, damit allerdings ein Pendant zum zweiten Fundament nach Martianus bilden. Auch die Unterteilung in zwei eher fundamentale Gesichtspunkte und den sprachlichen Ausdruck krönenden ornatus legt zumindest eine Beeinflussung durch die Darstellung bei Martianus Capella nahe. Wenn die zwei fastigia von mit ornatus ausgeschmückter und mit der copia latinitatis angereicherten Sprache sich in der „Summa dictaminis“ nur noch als der ornatus wieder finden, so könnte dies mit einer Vermengung der Konzepte nach Martianus und der Herenniusrhetorik zusammenhängen, aber auch das Zeitverständnis die Fülle des sprachlichen Ausdrucks unter dem ornatus subsumiert haben. Die poetische Ausgestaltung dieser Stelle in der „Summa Iovis“ kann als weiteres Indiz für eine Abhängigkeit von der „Summa dictaminis“ angesehen werden. Das als Epitheton dem Substantiv scema beigegebene Adjektiv aprica bedeutet nach Huguccio von Pisa delectabilis et iocundus, eo quod in illo mense sit pulcrum tempus ex productione florum460. Zwischen den „scemata aprica“ und den flores rethoricique colores kann also ein argumentativer Zusammenhang hergestellt werden: Die „frühlingshafte“ geschmückte Rede bringt rhetorische „Blumen“ und „Farben“ hervor. Die Wortwahl spiegelt somit das Verhältnis der drei Begriffe der „Summa dictaminis“ zueinander wider; bona grammatica (also der grammatisch korrekte Ausdruck) in Verbindung mit scemata aprica (der für den Rezipienten durch die rhetorische Formung klar erfassbaren Sprache) bilden die Grundlage des fastigium der flores rethorici (der mit exornationes geschmückten Rede). Zudem fällt in Auge, dass der Autor der „Summa Iovis“ – der ansonsten die Form der Sprache eindeutig dem Inhalt unterordnet – gerade dieses Verhältnis der Sprache zum sprachlichen Schmuck poetisch überformt exemplifiziert. [V. 65–66] Die hier folgende Behandlung sprachlicher Fehler ist in der Rhetorik eng mit oben genannter Diskussion der grammatica bona verbunden. So definiert der auctor ad Herennium latinitas als sprachlichen Ausdruck, der frei von Fehlern ist und identifiziert Solözismus und Barbarismus als die entsprechend zu vermeidenden Fehler461. Der auctor bespricht diese beiden vitia nur kurz und verweist für weiteres auf eine, uns nicht erhaltene, angeblich von ihm verfasste Sprachlehre462. Breiteren Raum widmet ihnen Donat in der „Ars maior“, kategorisiert genau die 460 Huguccio, „Derivationes“ A 100.2. 461 RH 4.12.17: Latinitas est, quae sermonem purum conservat ab omni vitio remotum. Vitia in sermone, quo minus is Latinus sit, duo possunt esse: soloecismus et barbarismus. 462 RH 4.12.17.

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Die „Summa Iovis“

verschiedenen Erscheinungsformen dieser Sprachfehler und illustriert sie jeweils mit Beispielen463. Donat bildet nun, ebenso wie die Enzyklopädie des sich in diesen beiden Punkten abermals auf ihn stützenden Isidor von Sevilla464, die Basis der Rezeption in den hochmittelalterlichen Poetiken und den artes dictandi465. [V. 66] Der Verweis auf die vicia nexa soloecismo et barbarismo in Vers 66 bezieht sich hierbei auf die gesamte bei Donat überlieferte Auflistung von grammatischen Fehlern – auch wenn diese zum Teil bereits zuvor in der „Summa Iovis“ behandelt wurden466. Dass diese Auflistung als tradierte Einheit empfunden wurde, belegen nicht nur die angeführten, ausführlich diese Vitienlisten reproduzierenden Passus bei Transmund und Bene von Florenz, sondern in noch größerem Maße die recht kurzen Verweise, welche dieses Wissen als kanonisch voraussetzen: So ein lapidares barbarismus et soloecismus et cetera bei Guido Faba467 und eine diese Liste von Stilverstößen einleitende Rubrik in der „Brevis doctrina dictaminis“ des Ventura da Bergamo: De uitijs an(n)exis barbari(s)mo et solecis[s]mo468. [V. 66-67] In der „Summa Iovis“ wird die Diskussion der Doppeldeutigkeit von Wörtern und syntaktischen Konstruktionen und den dadurch entstehenden Problemen für das Verständnis des Textes aus dieser Liste herausgegriffen469. Indirekt merkt auch der auctor ad Herennium die Ambiguität des Ausdrucks als fehlerhaften 463 AM, 653,2–658,3. Es muss hier angemerkt werden, dass Martianus Capella diese Stilvergehen und jene, welche klassisch zusammen mit diesen aufgeführt werden, im Kontext der Rhetorik überhaupt nicht und selbst im Buch über die Grammatik erst am Ende und lediglich in Form einer occultatio erwähnt (MC 326). Dies kann als Prävalenz des entsprechenden durch Donat und Priscian tradierten elementaren grammatischen Wissens gedeutet werden, so dass eine genaue Erörterung wohl nicht sinnvoll oder auch gar nicht wünschenswert gewesen wäre. 464 IS 1.32.–33. 465 Wohl aufgrund der Verwendung der „Ars grammatica“ im Elementarunterricht, wird jedoch meist nicht näher auf diese vitia eingegangen. Matthäus von Vendôme erwähnt sie erst gar nicht und verweist lediglich auf das entsprechende Buch in der „Ars grammatica“ (AV 4.12), Johannes de Garlandia erwähnt sie zwar, geht jedoch sogleich zu anderen, weniger bekannten Punkten über (PP 5.179), Galfridus de Vino Salvo umschreibt lediglich kurz den Barbarismus (GS 4.4), Transmund bedient sich in äußerst verkürzter Form der Darstellung bei Isidor (TI 24.10–11), Guido Faba führt lediglich Donat und Priscian (Priscianus, „Institutiones grammaticae“, II, 111,12–19) an (SD 1.13.9), und Bene von Florenz gibt die Formulierung der „Rhetorica ad Herennium“ wieder (BF 1.9.6–9, 2.68.4, 5.5.3). 466 AM, 658,5–660,6. Bei den vitia handelt es sich um: barbarismus, soloecismus, acyrologia, cacenphaton, pleonasmos, perissologia, macrologia, tautologia, eclipsis, tapinosis, cacosyntheton und amphibolia. Vgl. oben S. 82ff. 467 SD 1.13.9. 468 Ventura da Bergamo, „Brevis doctrina dictaminis“, 380. (Konjekturen von Murphy.) 469 AM, 660,1–6; IS 1.34.13–16 (sowie die ambiguitas in 2.20.2).



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Zug der Rede an. Er drückt dies mit dem Begriff explanatio aus, der wie auch die latinitas ein Aspekt der elegantia ist, und vermittels des Verwendens von usitatis verbis et propriis erreicht wird. Als propria könnten die Wörter in diesem Sinne gelten, wenn sie die Dinge eindeutig und richtig bezeichneten470. Während sich die Quelle der entsprechenden Abschnitte in der „Summa“ des Galfridus de Vino Salvo und in Benes von Florenz „Candelabrum“ nicht eruieren lassen, fußt ein entsprechender Vitienkatalog in den „Introductiones dictandi“ des Transmund auf der Darstellung Isidors471. Auch die genaue Grundlage der „Summa dictaminis“ des Guido Faba lässt sich in diesem Punkt nicht recht fassen472. [V. 67–68] In Kapitel 1.13 führt Faba neben der amphibolia und anderem auch all jenes als vitiös an, was allzu sehr gegen den allgemein anerkannten Gebrauch verstoße473. Nun ist es sicherlich nur schwer möglich, aus dieser Nennung des Usus genauere Schlüsse zu ziehen, da der Rekurs auf diesen und sein Primat vor anderen Stilregeln zu den grundlegenden, auf der antiken Rhetorik beruhenden praecepta der ars dictaminis gehört. Die direkte Abfolge der beiden hier diskutierten Vorschriften, welche sich in der „Summa dictaminis“, allerdings auch in der „Summa Iovis“ findet, lässt jedoch die Vermutung zu, Guido Faba habe Kenntnis des zweiten Konstituenten der explanatio nach der Herenniusrhetorik gehabt, welche den sermo et consuetudo cottidiana empfiehlt474. Dementsprechend lässt sich vergleichbar argumentieren, der Verfasser des Lehrgedichts legte seiner Versifikation die Passage aus dem Traktat Guidos zugrunde. [V. 68–69] Dieser Passus, mit seinem Fokus auf die Ausgewogenheit der Wortfügung, verweist abermals auf die in der Herenniusrhetorik propagierten Kompositionsprinzipien (verborum constructio aequabiliter perpolita), und [V. 70] schlägt in Vers 70 den Bogen zurück zur oratio aperta et dilucida als Ziel der elegantia elocutionis per explanationem, zugleich mit der Formulierung loqui plane zur entsprechenden ähnlich lautenden Wortwahl bei Martianus Capella475. Die gleiche Abfolge dieser Punkte ist auch in Guido Fabas „Summa dictaminis“ gegeben: Zunächst stellt er den fehlerhaften Charakter des Prosastils fest, der unbedacht einfache und schwierige Wörter vermischt, daraufhin beschreibt er als unter anderem hieraus

470 471 472 473 474 475

RH 4.12.17. GS 4.4; TI 24.30 (vgl. Dalzell 1995, 209); BF 2.69.15–16. SD 1.13.7–8. SD 1.13.6. RH 4.12.17. RH 4.12.17–18; MC 508.

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Die „Summa Iovis“

resultierend jenen, der auch nach ein- oder zweimaligem Vortrag nicht verstanden werden kann476. [V. 71] Marcus Fabius Quintilianus diskutiert in der „Institutio oratoria“ detailliert, wie das Stilmittel der Metapher durch schlecht gewählte oder allzu entfernte, übertragene Ausdrücke (um mit der „Summa Iovis“ zu sprechen verba nimium transmutata) mehr Schaden denn Nutzen bringt477. Im Anschluss findet sich seine Darstellung in „De nuptiis Philologiae et Mercurii“ des Martianus Capella und das „Candelabrum“ des Bene von Florenz478. In der „Summa dictaminis“ erfährt dieser Punkt nur eine kurze Erwähnung, indem empfohlen wird, nur solche übertragenen Wendungen zu benutzen, die „decenter translatis“ seien479. [V. 71–72] Das Hyperbaton wird ähnlich aber weit häufiger in dieser Art diskutiert wie die zuvor erwähnte Metapher. Beide Stilmittel bergen in sich die Gefahr der Verdunklung des Ausdrucks, wenn sie im Übermaß oder falsch verwendet werden. Die beiden Stilfehler sind in der „Summa Iovis“ also nicht nur syntaktisch verbunden, sondern auch durch die Art, wie sie einen Stilbruch bewirken. Während die Metapher zwar, wie oben dargelegt, durchaus ex negativo als Stilfehler diskutiert wird, ist doch die Definition ex positivo anhand der Modi der inventio von Metaphern verbreiteter480. Während die Unverständlichkeit der Rede oder des Textes bei der „schlechten“ Metapher in der Semantik eines Wortes oder einer Phrase begründet liegt, resultiert sie beim „kunstlosen“ Hyperbaton aus der Syntax. Dementsprechend unterscheidet der auctor ad Herennium eindeutig zwischen der concinna verborum transiectio und derjenigen, die gegen die compositio verstößt und damit den Sinn verdunkelt481. In den „Etymologiae“ erwähnt Isidor von Sevilla das Hyperbaton an zwei Stellen: im Buch über die Grammatik als licentia poetarum, im Rahmen der Besprechung der Rhetorik als potentielles Hindernis für das Verständnis des Textes482. Naturgemäß findet sich dieser Punkt im mittelalterlichen Schrifttum wieder483. So wird in der AGO-Redaktion der „Aurea gemma“ das Hyperbaton grundsätzlich als Stilbruch angesehen, der natürlichen Ordnung des Lateinischen 476 477 478 479 480

SD 1.13.2, 4. IO 8.6.14–18. Vgl. Alessio 1983, 305f. MC 509–512; BF 1.14.5–8. SD 2.97.2. Dies schon dadurch, als dass Donatus diese beschreibt (AM, 667,6–668,7), was zu einer entsprechend breiten Rezeption in der Nachfolge führt. 481 RH 4.12.18: [Conpositio conservabitur], si verborum transiectionem vitabimus, nisi quae erit concinna […]. 482 IS 1.35.1 (nach Donat), 2.20.2. 483 So beispielsweise in AV 4.8.



Zum Inhalt im literarisch-historischen Kontext

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der Vorzug gegeben484. Transmund wie auch Guido Faba und Bene von Florenz führen ebenfalls das Hyperbaton als Stilfehler auf. Guido Faba unterstreicht hierbei insbesonders, dass non est enim alicuius ornatus pretextu deformis transpositio facienda […]485. Ähnlich unterscheidet Bene von Florenz ausdrücklich zwischen einer transgressio als Stilmittel und -fehler – erstes bezeichnet er als traiectio, letzteres als perversio486. Die unzulässige transgressio besteht hierbei vor allem darin, dass entweder ein Wort oder sogar eine längere Wortfügung zwischen eine Präposition und dessen Bezugswort treten oder die Präposition nach dem Bezugswort steht487. Dass das Hyperbaton vor allem dann das Verständnis erschwere, wenn es zu weit gespannt ist, sich gar über die Grenzen syntaktischer Einteilungen erstreckt, wird hingegen von Transmund in den Vordergrund gerückt488. Ein Gedankengang, wie er sich in den „Introductiones dictandi“ findet, ist vielleicht auch verantwortlich für eine gewisse terminologische Verwirrung, die sich im „Candelabrum“ einstellt. Den Katalog an Fehlern aus „Rhetorica ad Herennium“ 4.12.18 reproduzierend nennt Bene von Florenz nach der traiectio inconcinna die beim Hörer Verdruss erzeugende übermäßig lange und ununterbrochene Wortfügung und bezeichnet dieses vitium als iperbaton489. [V. 72–73] Zwar hat dieses vitium mit der Darstellung des Hyperbatons bei Transmund gemein, dass die Grenzen der syntaktischen Einheiten und Untereinheiten nicht ausreichend berücksichtigt werden, allerdings bezeichnet dieser vom auctor ad Herennium terminologisch nicht genau umrissene Stilfehler einzig „das Reden ohne Punkt und Komma“. Neben der schon genannten Stelle bei Bene von Florenz hat die vitiöse longa verborum continuatio der Herenniusrhetorik in den meisten artes dictandi ihren Platz, teils unter der Formel tedium parit prolixitas490 oder ungleich poetischer bei Galfridus de Vino Salvo491. Guido Faba wiederum übernimmt im Kapitel über die allgemeinen Fehler des Prosastils die Formulierung aus „ad Herennium“492. [V. 73–76] Eine Form des Hyperbatons wird indes in der „Summa Iovis“ ausdrücklich gut geheißen und zwar das Setzen eines Genitivs zwischen ein Be484 485 486 487 488 489 490 491 492

„Aurea gemma“, V. 304. SD 2.85.4–6. BF 1.16.7. BF 1.17.2-5, 7. TI 24.35. BF 2.70.7–8. „Aurea gemma“-Gruppe, V. 300. GS 4.4: Item uiciosum est orationis cursum usque ad ianuam prolixare fastidii. SD 1.13.5.

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Die „Summa Iovis“

zugswort und einer vom Bezugswort abhängigen Präposition. Magister Bernardus erlaubt zur exornatio der Sprache, ein Wort zwischen ein Substantiv und ein dazugehöriges Adjektiv zu setzen; einzige Bedingung ist, dass durch unterschiedliche Kasus die Bezüge deutlich sein müssen493. Die Regel, wie sie sich in der „Summa Iovis“ findet, beschreibt erstmals Galfridus de Vino Salvo in der „Summa de arte dictandi“ als einzige zulässige Möglichkeit, die Präposition von ihrem Bezugswort zu trennen494. Wie oben zu Vers 71 bis 72 dargelegt ist die Veränderung der direkten Wortfolge von Präposition und Bezugswort auch im „Candelabrum“ eine zu vermeidende Form des Hyperbatons, und wie Galfridus lässt auch Bene von Florenz allein die Zwischenstellung eines sich auf das fragliche Bezugswort beziehenden Genitivs zu495.

Partikulares zur Wortfügung [V. 77–94] Die „Summa Iovis“ nennt hier mehrere stilistische Regeln, welche weitgehend nicht auf eine antik-rhetorische Vorlage zurückgehen, sondern vielmehr dem Usus der spätantikmittelalterlichen Briefstilistik entstammen. Erstmals Raum und eine vom Gebrauch abstrahierte Diskussion erhalten diese Vorschriften in der „Summa dictaminis“ des Guido Faba, teils jedoch bereits zuvor in den „Notule auree“ des Boncompagnus496. [V. 77–79] Die in diesen Versen beschriebene Verbindung mehrerer aufeinanderfolgender Prädikate mittels der Umformung einiger von ihnen zu Partizipien erwähnt erstmals Guido Faba in der „Summa dictaminis“. Wie auch der Autor der „Summa Iovis“ beschränkt Guido Faba dies auf Reihungen von zwei bis drei Prädikaten; darüber hinaus unterstreicht er einerseits, die Verben müssten die glei493 RD, 27. 494 GS 4.4: Item uiciosum est a sua prepositione recedere casuali, nisi genitiuus interueniat. Solum enim genitiuus potest interponi […]. 495 BF 1.17.6. Diese Art des Hyperbatons sieht Guido Faba ebenfalls als besondere Zierde des Briefstils an (SD 2.85.1–3). TI 7.20–21 lässt, wie das in den „Introductiones“ angegebene Beispiel zeigt, die gleiche Konstruktion zu, bezieht dies jedoch nicht auf den Genitiv, sondern lässt alia quaelibet pars zu. 496 Bei den „Notule auree“ handelt es sich nach den Angaben Boncompagnus‘ um die Niederschrift einiger praxisorientierter Regeln, welche er auf Drängen von Schülern und Freunden niedergeschrieben haben soll. Von der Tatsache abgesehen, dass der Prolog sicherlich äußerst topisch ist, stützt der Umstand, dass diese Stilregeln nun tatsächlich zuvor praktische Anwendung, aber keine theoretische Erörterung fanden, den Kern von Boncompagnus‘ Aussage (Sutter 1894, 60f, 64f ). Ähnliches gilt für Guido Fabas Traktat, welches sich ebenfalls durch ein höheres Interesse an der Praxis auszeichnet.



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che grammatische Person haben, andererseits verdeutlicht er durch die gebotenen Beispielsätze, dass hierbei jede Art von Partizip Verwendung finden kann497. [V. 80–82] Wie ein Blick in einen beliebigen Briefsteller oder irgendeine Formelsammlung, aber auch auf überlieferte tatsächliche Briefe bestätigt, stammt auch diese Anweisung bezüglich der beiden reflexiven Genitive harum und present[i] um aus der Praxis der ars dictaminis. Dies bestätigen auch die Aussagen derjenigen beiden dictatores, welche sich zu dieser Stilanweisung äußern: Boncompagnus wie auch Guido Faba verweisen explizit auf die consuetudo, aber auch auf die ästhetische Wertigkeit dieser Formulierung, respektive der Auslassung des Bezugswortes litterarum498. [V. 83–85] Ebenfalls der ästhetische sprachliche Ausdruck (propter ornatum) ist das Movens der in den Versen 83 bis 85 dargestellten Lehre. Diese fügt sich zwar grundsätzlich in den Abschnitt der „Summa Iovis“ ein – es handelt sich ebenfalls um eine aus dem Usus abstrahierte Konvention zu konkreten Formulierungen –, zugleich stellt sie jedoch eine Besonderheit dar, denn es lässt sich keine Vorlage in anderen Traktaten der ars dictaminis feststellen. Genauer gesagt handelt es sich um das Bevorzugen abstrakter anstelle konkreter Benennungen, also von beispielsweise dominatio, dignitas oder humilitas statt dominus, dignus oder humilis – entsprechendes findet sich so in Musterbriefen und Formelsammlungen499. In den deutschsprachigen artes dictandi ist die explizite Nennung der nomina abstracta proprietatum bereits nicht mehr weiter erwähnenswert, scheint also auch in den zeitgenössischen lateinischen Texten gängig gewesen zu sein500. [V. 86–87] Ähnlich wie in Vers 80 bis 82 stellt sich die Situation in diesen Versen dar. Als schriftlich fixierte Richtlinie zum Gebrauch reflexiver Wendungen 497 SD 2.101.2–4. Ein ähnliches Problem in: Ventura da Bergamo, „Brevis doctrina dictaminis“, 384. 498 BN § 19: Nota, quod isti duo genetiui, scilicet ‘presentium’ et ‘harum’, hanc habent excellentiam sola consuetudine et non aliqua dignitate, quod semper hoc substantiuum ‘litterarum’ comprehendunt. Nec oportet, quod dicatur nec dici debet, quia cum dicitur ‘presentium portitor’ uel ‘portitoris’ uel ‘presentium lator’ siue ‘latoris’ et sic per omnes casus, ut ‘portitori presentium’ uel ‘latori presentium’ semper intelligitur hoc substantiuum ‘litterarum’. Vnde taceri debet propter ornatum locutionis. Die parallele Passage in der SD (2.96.2–3) basiert, wie die Formulierungen offensichtlich vor Augen führen, auf den früher verfassten „Notule“, so dass Guido Faba wohl nicht so sehr dem Usus, als vielmehr Boncompagnus verpflichtet ist. Ähnlich, ebenfalls mit Verweis auf usus und ornatus: LH, 370. 499 Als Beispiel kann SD 2.177.3 dienen, wo Guido Faba u.a. eine Reihung solcher Formulierungen bietet. 500 Vgl. die „Deutsche Rhetorik“ des Friedrich von Nürnberg: Knape/Roll 2002, 23 („abstrackt wort: durchleuchtigkayt“), 65 („abstractum determinationis / abstract : furstlichkeit“).

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findet sich dieser Aspekt erstmals in den „Notule auree“501 – abermals von Boncompagnus aus dem Usus extrapoliert502. [V. 88] Die in den Notule lediglich als weitere Variation angegebene Verwendung von Relativpronomina wird von Guido Faba (sicherlich auch die consuetudo rezipierend) präzisiert und für die Reflexion innerhalb der gleichen clausa reserviert, während die reflexiven Partizipien in unterschiedlichen clausae Anwendung finden503. [V. 89–90] Das „Ihrzen“ als Zeichen des Respekts ist ebenfalls gängige Praxis in den Briefen des Mittelalters. Die Formulierung der „Summa Iovis“ verweist hierbei direkt auf die „Summa dictaminis“ des Guido Faba, welcher anscheinend bis zu diesem Zeitpunkt der einzige ist, welcher diese „Offensichtlichkeit“ ausdrücklich erwähnt. Nun geht es Faba allerdings nicht einzig um das „Ihrzen“ selbst, sondern vielmehr um die Frage, welchen Einfluss dieses auf den Numerus des folgenden Satzes hat504. [V. 90–91] Eine Transposition vom strukturell-inhaltlichen zum ästhetisch-äußerlichen liegt in den Versen 90 und 91 vor. Guido Faba beschreibt dieses Prinzip der Komposition der Wortfügung, mit welchem „hässliche“ zwischen „wohlgestalteten“ Wörtern „versteckt“ werden sollen, in der „Summa dictaminis“, und ist damit wohl der einzige, der dies ausdrücklich in diesem Kontext tut505; die „Schönheit“ eines Wortes bemisst sich dabei für ihn unter anderem daran, dass die Wörter weder zu kurz noch zu lang sind506. Guido Fabas Argumentationsschema ähnelt hierbei frappierend der „homerischen Schlachtreihe“. Bei der dispositio Homerica handelt es sich um ein von Quintilian auf Grundlage von Illias 4,299 angeführtes 501 BN § 15: Nota, quod si nomen unius rei uel plurium rerum in aliqua causa uel tractatu semel nomen repetere oportet, sufficit, ut dicas ‘dictus .M.’ uel ‘dicta pecunia’. Si autem oporteat dictatorem hoc nomina propter multiplicitatem negotiorum ponere, primo ponatur ‘dictus’, secundo ‘predictus’ uel ‘iamdictus’ seu ‘antedictus’. Et licet ‘predictus’, ‘iamdictus’, ‘antedictus’, ‘prefatus’, ‘pretaxatus’, ‘supradictus’ et ‘prenominatus’ equipollentia sint, et ubicumque possit poni unum et reliquum, uidetur quod si prolixum fuerit negotium, debent successiue ordinari, sicut in hac notula ponuntur. ‘Sepedictus’ autem semper debet in fine locari et semel tantummodo poni. Item est notandum, quod ‘supradictos’ non debent semper in eadem clausula poni cum dictione, cuius causa fit repetitio. Set possint poni relatiua multociens ad supplementum repetitionis. Eine ähnliche „chronologische“ Reihung der reflexiven Partizipien in: LH, 370; Ventura da Bergamo, „Brevis doctrina dictaminis“, 384. 502 Vgl. McGovern 1971/72, 235. Vgl. auch Wight 1998, Anm. 12. 503 SD 2.95.4–5. 504 SD 2.98.4–7. 505 SD 2.88.2–3. 506 SD 2.88.4. So wurden zum Beispiel sechssilbige Wörter als unästhetisch empfunden (LH, 370).



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Bild, dessen Zweck es ist, die perfekte Disposition der Argumentation zu veranschaulichen. Er führt aus: Quaesitum etiam, potentissima argumenta primore ponenda sint loco, ut occupent animos, an summo, ut inde dimittant, an partita primo summoque, ut Homerica dispositione in medio sint infirma et a vicinis crescant. quae prout ratio causae cuiusque postulabit, ordinabuntur, uno, ut ego censeo, excepto, ne a potentissimis ad levissima decrescat oratio.507 Da die Argumentation im Brief unter anderen Gesichtspunkten erfolgt508, überträgt nun Guido Faba bei gleichbleibendem Ziel – der Effekt der rhetorisch gestalteten Sprache – dieses Schema auf die Wortfügung. [V. 92–94] Der ansprechende Klang der Wortfügung soll gemäß der Verse 92 bis 94 durch die ausgeglichene Mischung von voces tardes und veloces erreicht werden. Eine vergleichbare Wortwahl trifft Guido Faba, welcher ebenfalls von dictiones tardes, abweichend jedoch von dictiones celeres spricht509. Gemäß seiner Beispiele handelt es sich bei den „langsamen Wörtern“ um Paroxytona510, bei den „schnellen“ entsprechend um Proparoxytona511. Durch das abwechselnde, respektive ausgewogene Benutzen entsprechend betonter Wörter, soll nun der träge oder stakkatohafte Charakter, welchen die Rede bei einseitiger Komposition erhält, vermieden werden.

Satzgliederung und rhythmische Satzklausel [V. 95–96] Diese beiden Verse haben zunächst eine einleitende Funktion, sie bereiten die nachfolgenden Verse, welche den cursus, also die rhythmische Satzklausel behandeln, vor512. Dem cursus wird darin die Funktion zugewiesen, die Satzglie507 IO 5.12.14. 508 Vgl. oben S. 108ff. 509 SD 2.86.2–4. Vgl. TI 20.28 und BF 1.19.4–8. Transmund beschreibt allerdings die unausgeglichene Verteilung der Wortakzente nicht als vitiös, so wie Guido Faba und Bene von Florenz, vielmehr ist die harmonische Verteilung eben dieser ein zusätzliches Mittel für den dictator. 510 SD 2.86.3: Exemplum: ‘Vitiórum purgatiónem requiríti ieiuniórum sacrátus advéntus.’ (Akzente von RL.) 511 SD 2.86.2: Exemplum: ‘Íllius ieiúnia ad níhilum profíciunt, qui vítiis déditus, se mínime córrigit.’ (Akzente von RL.) 512 Zu einer ausführlichen Behandlung des cursus, siehe Lindholm 1963 und Janson 1975. Betreffs der künstlichen Unterscheidung zwischen französischem und römischem cursus bei

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derung hörbar zu akzentuieren. Äquivalente Wendungen finden sich an gleicher Stelle in vielen artes dictandi513. Im Gegensatz zur „Summa Iovis“ erfolgte allerdings in diesen Traktaten zuvor eine Beschreibung des zur Satzgliederung dienenden distinctiones-Systems. Im Lehrgedicht wird dies durch einen Verweis auf die Versgrammatik „Doctrinale“ des Alexander de Villa Dei bewerkstelligt, in welcher im Anschluss an Donat auch die dictinctiones erklärt werden514. Der Bekanntheitsgrad und propädeutische Charakter des „Doctrinale“ im Mittelalter stellt hierbei sicher, dass die entsprechenden Kenntnisse dem Rezipienten der „Summa Iovis“ präsent sind515. Grundlage des „Doctrinale“ bilden wiederum vor allem die Grammatiken des Donat und Priscian sowie entsprechende Kommentare. Auch für die Bene von Florenz und der eigentlichen Identität der beiden (es handelt sich lediglich um unterschiedliche Erklärungsmodelle für das gleiche Objekt), siehe: Witt 1985. 513 TI 5.1: In distinctionibus autem ea potissimum lex est regulaque servanda, ut trisyllabis uel tetrasyllabis dictionibus concludantur […]. SD 2.88.5: Attende igitur, dictator, quod taliter ad ornatum dictiones debes in distinctionibus ordinare. BF 5.8.2: In his dictinctionibus est servandum ut polisillabis dictionibus terminentur […]. Ventura da Bergamo, „Brevis doctrina dictaminis“, 382: Cvrsus est quedam ornata dictionum positio que ex debitis constans accentibus et quantitate sil(l)abarum et prolatione. (Emendation von Kristeller.) Noch weiter gehen hier Jacobus von Dinant („Summa dictaminis“, Z. 335–377) und Johannes de Vergilio („Ars dictaminis“, 196,15–197,6), die einzelnen pausae bestimmte Arten von cursus zuordnen. 514 Es handelt sich hierbei um folgende Verse: Pausat tripliciter lector; distinctio plena namque fit et media, fit subdistinctio terna. si suspensiva fiat constructio, quando pausabit, media poterit distinctio dici, si sit perfecta constructio. si tamen addi convenit, ut plena sententia possit haberi, si lector pauset, ibi subdistinctio fiet. completo sensu fiet distnctio plena; haec est periodus mutato nomine dicta. est metrum media dictinctio; finis habetur versus periodus; est subdistinctio punctus. pro punctus aepe metras, sed non retroverte, sustentans pauses, si bis metrare recuses. (AD, V. 2348–2360) Als bemerkenswert ist an dieser Stelle hervorzuheben, dass die „Summa de arte prosandi“ des Konrad von Mure, die teils auf längeren Passagen aus der „Summa dictaminis“ des Guido Faba fußt – so auch denen zu cursus und distinctiones –, ebenfalls diese Verse aus dem „Doctrinale“ zitiert, wenn auch nicht anstelle einer Erörterung der distinctiones, aber dennoch wohl als zusätzliche mnemotechnische Stütze („Summa de arte prosandi“, 109). 515 Reichling verzeichnet 224 Handschriften und 267 Drucke (Reichling 1893, CXXI– CCXC).



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Diskussion der distinctiones in den artes dictandi bilden Donat und der aus ihm schöpfende Isidor von Sevilla die Grundlage516. Donat und Isidor unterscheiden drei Arten von distinctiones oder positurae: die subdistinctio oder das comma, die eine Pause markiert, jedoch keine Sinneinheit beschließt; die media distinctio oder das colon bezeichnet das Ende einer Sinneinheit, allerdings ist der gesamte Satz noch nicht zu Ende geführt; und die (plena) distinctio oder periodus, welche das Ende einer syntaktischen sowie Sinneinheit bildet517. [V. 97–100] Die erste Klausel, welche die „Summa Iovis“ nennt, besteht entweder aus einem paroxytonischen Tetrasyllabum (Salomónis), einem Monosyllabum und einem paroxytonischen Trisyllabum (sit adéptus) oder zwei Bisyllaba (decet úti); das vorletzte Wort hat zudem immer ein Proparoxytonon zu sein. Es handelt sich also um den cursus velox (hóminem recepísti)518, die im Mittelalter gängige Aufteilung des letzten Wortes in zwei kürzere wird nach einem von Guido Faba eingeführten Terminus in der Forschung als consillabicatio bezeichnet519. [V. 101–104] Als nächstes merkt der Autor der „Summa Iovis“ an, der cursus velox werde zum Kennzeichnen des Endes einer periodus, respektive einer distinctio verwendet, gleichgültig, ob nun der cursus velox mit einem viersilbigen Paroxytonon oder durch consillabicatio (data suásit) gebildet wird. [V. 105–106] Zuletzt werden noch zwei weitere Klauseln erwähnt, die erste habe ein Paroxytonon, die zweite ein Proparoxytonon als letztes Wort. Dies lässt die Vermutung zu, dass sich die „Summa Iovis“ auf den cursus planus (íllum dedúxit), respektive den cursus tardus (íre tentáverit) bezieht520. Aufgrund der Tatsache, dass das Lehrgedicht einzig den cursus velox genauer beschreibt, zugleich aber keines der Beispiele den gängigen artes dictandi entnommen zu sein scheint521, ist es äußerst schwierig, eine Vorlage der „Summa Iovis“ in diesem Punkt zu eruieren. Zumindest ein Indiz ist jedoch vorhanden, denn wie auch die „Summa Iovis“ lässt Guido Faba für das Ende einer Periode (oder einer distinctio finitiva, respektive plena distinctio) 516 AM, 612,2–8; IS 1.20. 517 In den „Rationes dictandi“ des Magister Bernardus (S. 25) wird eine alternative Nomenklatur eingeführt, welche ebenfalls in den artes dictandi benutzt wurde (vgl. Alessio 1983, 310f ). Die distinctio suspensiva entspricht hierbei dem comma, die distinctio constans dem colon, und die distinctio finitiva der periodus. Diese Termini werden z. B. verwendet in TI 4 und BP, 118f. Bene von Florenz (BF 1.21.5–14) benutzt eine Mischung der verschiedenen Begriffe. 518 Vgl. Lindholm 1963, 15f und Janson 1975, 10. 519 SD 2.89.1. Vgl. Lindholm 1963, 16 und Janson 1975, 28f. 520 Vgl. Lindholm 1963, 15f und Janson 1975, 10. 521 Vgl. Lindholm 1963, 16–18.

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einzig den cursus velox zu522. Transmund hingegen erlaubt cursus velox wie auch cursus tardus523, während andere Traktate, wie zum Beispiel das „Candelabrum“ des Bene von Florenz, solch eine Regeln überhaupt nicht kennen.

2.4. Die „Summa Iovis“ als Lehrgedicht Im Folgenden soll überprüft werden, inwiefern die Merkmale der Gattung „Lehrgedicht“, welche Thomas Haye herausgearbeitet hat, auf die „Summa Iovis“ zutreffen524. Anhand dieser Ergebnisse soll dann geklärt werden, was dies für die zeitgenössische Wahrnehmung des Lehrgedichts bedeutet und welche Implikationen sich hieraus für das moderne Verständnis ergeben können. Ein erster Punkt ist hierbei der Titel des Gedichts, welcher die Funktion hat, den Text zu bezeichnen, seinen Inhalt anzugeben und eventuell im Vorfeld der Lektüre bereits Erwartungen beim Rezipienten zu wecken. Grundsätzlich stellt Haye hierzu fest, dass sich bei den meisten Titeln, aber nicht ausschließlich, um thematische, genauer wörtlich-thematische handelt; rhematische Titel nehmen nicht selten auf die Lehrsituation („Doctrinale“ etc.) oder das Ordnungsprinzip des Textes („Registrum“ etc.) Bezug, können aber auch die dem Text zu Grunde liegende Arbeitsmethode („Breviloquium“, „Compilatio“ etc.) bezeichnen525. Haye beschränkt seine Betrachtung auf auktoriale Titel, also solche, aufgrund derer eine Autorintention vermutet werden kann526. Nun besitzt jedoch die „Summa Iovis“ keinen solchen Titel, respektive es lässt sich der genaue Status der Titel, welche uns überliefert sind, nicht klären. Aufgrund der rezeptionslenkenden Wirkung eines Titels, ob nun auktorial oder allograph, erscheint es jedoch sinnvoll, an dieser Stelle auch fremde Benennungen eines Textes zu betrachten. Aufgrund der von Haye eruierten Indizien für die Betitelung von Lehrgedichten lassen sich des Weiteren zumindest Hinweise gewinnen, in welche Kategorien bezüglich Gattung, Stoff und Aufbau die „Summa Iovis“ von den Zeitgenossen eingeordnet wurde – der Titel ist somit mehr als ein das Gedicht deutender Meta- denn als Paratext im eigentlichen Sinne zu verstehen. Eine Bezeichnung des Lehrgedichts, welche sich mit leichten, nicht bedeutungsrelevanten Varianten in einige Handschriften findet, lautet „Summa Iovis de 522 523 524 525 526

SD 2.88.10. TI 5.4. Vorbereitende Überlegungen zu diesem Thema in Lorenz 2010. Haye 1997, 135–138. Haye 1997, 134 Anm. 10.



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arte dictandi“527. Hierbei handelt es sich um einen gemischten Titel: Das wörtlichthematische Element bezeichnet mit der ars dictandi – im Sinne unserer terminologischen Unterscheidung als ars dictaminis zu verstehen – den Gegenstand des bezeichneten Textes; mit dem rhematischen Element „Summa“ wird dem Rezipienten wiederum signalisiert, dass es sich um einen, die Disziplin der ars dictaminis systematisch zusammenfassenden Text handelt528. Darüber hinaus sorgt der Titel für die Onymität des Textes und misst diesem somit durch das Nennen des auctor auch „Authentizität“ zu, respektive einen intrinsischen Wert, der es rechtfertigt, sich mit diesem zu beschäftigen529. Neben diesem ausführlichen Titel ist noch die Bezeichnung „Summa Iovis“ oder „Summula Iovis“ gängig530, welche durch das teilweise verwendete Diminutiv im Titel die Kürze des Textes531, vor allem jedoch den Wiedererkennungswertes des Werkes allein aufgrund der Autornennung hervorhebt. Anhand des untersuchten Materials unterscheidet Haye zwei Prologtypen: einerseits ein Vorwort nach dem Modell der „Georgica“ des Vergil, welche das Thema und den Inhalt des Lehrgedichts anhand eines Fragenkatalogs (quid, quo, quae, qui, quanta) umreißt; andererseits die Einleitung mittels eines konditionalen Nebensatzes, gestaltet nach der Vorlage der „Ars amatoria“ des Ovid, durch welchen versucht wird, Wissenslücken und Wissensbedarf eines potentiellen Rezipienten zu antizipieren und so sein Interesse zu wecken532. Zugleich nennt die Einleitung Thema und genauen Inhalt des Gedichts, führt zudem möglichst die Struktur des behandelten Themas, aber auch des Gedichts selbst vor Augen – so soll bereits im Vorfeld die Rezeption des Textes gelenkt werden533. Überdies können dem Prolog des Lehrgedichts die herkömmlichen Funktionen zukommen und Inhalte wie Nennung von Autornamen oder Titel des Werkes, Invokation, Exordialtopoi oder

527 528 529 530

Zum Beispiel Hss. A1 (f. 108v), E1 (f. 102v), B (f. 3v), M1 (f. 156r; vgl. Schneider 1996, 48). Lehmann 1962, 18f. Minnis 1988, 11f. So beispielsweise in den Hss. Mk5 (f. 114v) und M5 (f. 172r und 172v [dem Außenblatt des ursprünglich eigenständigen Faszikels]), in den Bänden der AFA (Uiblein 1968; Maisel / Matschinegg / Bracher 2007a; Maisel / Matschinegg / Bracher 2007b; Maisel / Matschinegg / Bracher 2007c; Maisel / Matschinegg / Bracher 2007d; jeweils an zahlreichen Stellen) und in einer Marginalie des „Spiegel der waren Rhetoric“ des Friedrich Riederer (f. 88r). 531 Lehmann 1962, 19. 532 Haye 1997, 174–178. 533 Haye 1997, 178–180.

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poetologische Reflexionen behandelt werden; vergleichbar verhält es sich mit den Epilogen, deren klassisches Element vor allem die Sphragis ist534. Als Prolog der „Summa Iovis“ soll hier lediglich Vers 1 des Gedichts angesehen werden, was im Verhältnis zur Länge des Gedichts auch als sinnvoll erscheint; bei Vers 107 handelt es sich zweifelsfrei um den Epilog des Gedichts. Der Prolog hat hierbei eine dreifache Funktion: Er stellt das Thema vor, nennt, wenn auch nicht in der Reihenfolge ihrer Abhandlung, die Elemente des Gedichts, und – in medias res – beginnt sogleich mit der Darstellung der ars dictaminis. Grundsätzlich handelt es sich bei Vers 1 um den Typus des ovidischen Vorwortes, er setzt das Verlangen des Rezipienten voraus, die ars dictaminis zu erlernen, teilt ihm zugleich mit, dass er hierzu fähig sein muss, Latein zu schreiben und das von ihm Geschriebene auch ästhetisch ansprechend aufbereiten zu können. Zugleich werden latinitas und oratio perpolita als im Gedicht enthaltene Abschnitte, als Lerngegenstand und deren Beherrschung als sein Ziel angegeben. Zuletzt definiert der Vers dictare, respektive dictamen, beschreibt es als Verbindung von latinitas und appositio535. Der Epilog enthält Autornennung und invocatio Christi, stellt somit mit erstem auch die Authentizität des Textes sicher. Da die Funktionalität eines Lehrgedichtes von der nachvollziehbaren Strukturierung des Stoffes abhängig ist, um hiermit schnellen Zugriff auf das enthaltene Wissen zu ermöglichen, kommen in all diesen Texten gemeinsame sprachliche Indikatoren zum Einsatz, mittels derer inhaltliche Zäsuren markiert werden. Interessant sind diese Indikatoren vor allem deshalb, da sie Schlüsse bezüglich der auktorialen Gliederungsintention zulassen, zugleich als Vergleichspunkt zur wahrgenommenen Gliederung der zeitgenössischen Rezeption dienen. Eher allgemeinen Ursprungs ist in diesem Zusammenhang die Apostrophe, also die Hinwendung an den Leser oder eines fiktiven Gegenübers, wie des Buches oder der Muse536. Allerdings muss hier einschränkend angemerkt werden, dass einzelne Stellen, welche sich durch solch einen Perspektivwechsel auszeichnen, genau geprüft werden müssen. Denn wie Haye selbst anmerkt ist das direkte Hinwenden zum Adressaten des Lehrgedichts, also dem Leser, Hörer oder Schüler ein essentielles Merkmal der Sprache von Lehrgedichten537. Ein in seiner systematischen Anwendung bereits speziell dem Lehrge534 Haye 1997, 184f, 189. Eine weitere, strukturierende Funktion, welche vor allem den Pround Epilogen einzelner Bücher eines Werkes zukommt, muss hier aufgrund einer fehlenden und auch gänzlich überflüssigen entsprechenden Einteilung der „Summa Iovis“ keine Diskussion finden. Vgl. Haye 1997, 185–191. 535 Vgl. oben zu V. 1, S. 76f. 536 Haye 1997, 180. 537 Haye 1997, 209.



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dicht eigener Lemma-Indikator ist die Konjunktion si, welche meist eine genaue Handlungsanweisung nach dem Schema „konfrontiert mit A, mache B“ einleitet538. Ebenfalls nur im Lehrgedicht als Gliederungssystem angewendet werden Formulierungen, welche entweder prospektiv auf den folgenden Stoff verweisen (beispielsweise durch Adverbien wie hinc oder nunc) oder retrospektiv die soeben dargelegte Materie resümieren beziehungsweise als abgeschlossen markieren (zum Beispiel durch Adverbien wie hactenus oder amodo)539. Solche Indikatoren können auch verbunden werden und somit die Zäsuren hervorheben, zugleich jedoch die einzelnen Abschnitte miteinander „verklammern“ und so Kohärenz zwischen diesen herstellen540. Diese pro- und retrospektiven Einschübe äußern sich auch sprachlich in den verwendeten Tempora, wenn anstelle der präsentischen Sprache der Darstellung des Stoffes die perfektivische der Retrospektive oder die im Konjunktiv oder Futur gehaltene der Prospektive benutzt wird541. Wird die „Summa Iovis“ auf diese Merkmale hin untersucht, ist zunächst zu konstatieren, dass nie ein einzelnes Element für die Strukturierung herangezogen wird. Wenn auch die direkte Hinwendung des Autors an den Rezipienten im Gedicht nicht zur grundsätzlichen Gliederung benutzt wird, so werden doch stets andere Elemente mit diesem Mittel kombiniert, um so die Aufmerksamkeit des Rezipienten weckende Wirkung der Zäsur-Indikatoren noch zu verstärken542. In Vers 10 und 11 schließt der Autor der „Summa Iovis“ das vorangegangene Thema zunächst mit dem temporalen Ablativus absolutus his habitis ab. Im Anschluss weist der Autor (do) den Leser (tibi) auf das nachfolgende Thema hin, bei welchem es sich um Stilfehler (hec, que reprobanda) im Bereich der Laut- und Wortfolge handelt. Ein prospektives Temporaladverb (hinc) mit Nennen des nachfolgenden Stoffes – Stilfehler einzelner Briefteile – und abermals die Anrede des Lesers (tibi) markieren den nächsten Abschnitt ab Vers 21. Es fällt allerdings auf, dass der so markierte Abschnitt von Vers 10 bis Vers 20 nicht allein dasjenige Thema darstellt, welches angekündigt wurde: In Vers 18 wechselt der Gegenstand augenscheinlich – nicht mehr die voces, sondern die sententiae. So wie hier vox sowohl im eigentlichen wie übertragenen Sinn zu verstehen ist („Stimme/Klang“ und „Wort“), hat auch sententia die doppelte Bedeutung von „Sinn“ und konkret „syntaktische Einheit“. Da nun vox, respektive verbum und sententia durchaus als sich ergänzende Begriffe verstanden werden können – man vergleiche die Wendung exornationes 538 539 540 541 542

Haye 1997, 181. Haye 1997, 181f. Haye 1997, 182f. Haye 1997, 183. Haye 1997, 211.

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Die „Summa Iovis“

verborum et sententiarum –, könnte vermutet werden, der Leser antizipiert bereits den Begriff, beziehungsweise die Ebene sententia, wenn er vox, respektive verbum oder dictio hört, weshalb eine Erwähnung des kleineren Themenwechsels ausdrücklich nicht notwendig wäre. Die nächste Zäsur in Vers 31 indiziert der Verfasser des Lehrgedichts erneut mit einem auf den kommenden Abschnitt verweisenden Adverb (modo), der Themenangabe (de salutari parte) und der Anrede des Lesers (tibi), wobei auch der Autor selbst wieder in Erscheinung tritt (volo). Die Salutationslehre wird bis Vers 45 diskutiert, in Vers 46 wird dieser Abschnitt daraufhin mittels eines weiteren retrospektiven Ablativus absolutus (parte salutante visa) zum Abschluss gebracht und dem Leser nachdrücklich nahe gelegt, sich zu merken, was nun folgt (scito). Direkt als Thema angesprochen wird lediglich die Folge des exordium auf die salutatio, doch die eine Klammer bildende kausal-zwingende Abfolge der folgenden partes fügt diesen Abschnitt zu einer Einheit zusammen, auch wenn nicht das Thema dispositio partium angegeben wurde. Jedoch kann die Formulierung der Verse 46 und 47 als Veranschaulichen der diesem Abschnitt zugrunde liegenden Struktur gelten („pars B muss auf pars A, der voranzustehen hat, zwingend folgen“); als mnemotechnische Stütze zur „Rekonstruktion“ des Abschnitts kann in Verbindung mit dem Strukturprinzip die dem Rezipienten bereits aus den Versen 4 bis 6 bekannte Fünfzahl der partes epistulae dienen. Eine damit vergleichbare Funktion, doch auch vergleichbar mit Vers 1, haben die Verse 62 bis 64. Im Anschluss an den vorangegangenen Abschnitt, wieder durch einen Ablativus absolutus (his visis) und Anrede des Adressaten (tibi) markiert, wird hier einerseits das Thema des nächsten Abschnittes genannt – grammatisch korrekte, allgemein rhetorisch ausgeschmückte und mit colores verzierte Sprache. Andererseits, da beispielsweise die colores in der „Summa Iovis“ keine weitere Erwähnung mehr finden und im Nachfolgenden eher speziellere praecepta betrachtet werden, repräsentieren diese beiden Verse auch zu erlernendes Wissen. Dies trifft insbesondere deshalb zu, da wie oben zum Prolog erwähnt die korrekte und ansprechende Ausgestaltung der Sprache der Kernpunkt der ars dictaminis ist. Als letztes geben diese Verse die Struktur des nachfolgenden Abschnittes vor (wenn man die colores rhetorici einmal außer acht lässt). Wie weiter oben zu diesen Versen angemerkt, fußen diese Verse teils auf „ad Herennium“ 4.12.17–13.18543, genauer auf elegantia (beziehungsweise latinitas und explanatio), compositio und dignitas: Hier werden nun explanatio und compositio in scema, respektive ornatus oder appositio, zusammengeführt, neben welches bona grammatica (für latinitas) und colores rhetorici (für dignitas) treten. Mit den Versen 65 und 66 werden anschließend zunächst Grammatikfehler genannt, die Stilfehler und Stilre543 Vgl. oben S. 112ff.



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geln in den Versen 66 bis 94 sind wieder den Begriffen explanatio und compositio unterzuordnen. Dies lässt nun nicht nur die Verse 62 bis 64 als Inhaltsangabe des Abschnittes erscheinen, sondern zeigt auch, dass der Autor der „Summa Iovis“ die Struktur dieses Abschnittes nach einem wohl als den Zeitgenossen bekannt vorauszusetzenden Passus aus der Herenniusrhetorik ausgestaltete. Denn auch dort folgt auf eine allgemeine Erwähnung von elegantia, compositio und dignitas zunächst die Definition der latinitas mit einigen damit verbundenen vitia, gleiches gilt für die anschließende Darstellung von explanatio und compositio. Zwar wird dort noch die dignitas erläutert und das gesamte Panorama der exornationes verborum und sententiarum entfaltet, da zu diesen Themen aber eigene Lehrgedichte und mnemotechnische Hilfen vorhanden waren, konnte der Autor der „Summa“ durchaus auf eine detaillierte Betrachtung der colores rhetorici verzichten544. Der letzte Abschnitt der „Summa Iovis“ behandelt die distinctiones- und cursus-Lehre (Verse 95 bis 106). Eingeleitet wird dieser in den Versen 95 und 96 vermittels einer Themenangabe (de tribus pausis), dem Ansprechen des Lesers (tibi) und der aktiven Äußerung des Autors (do). Zwei Sachverhalte machen diesen Abschnitt im Lehrgedicht ungewöhnlich. Erstens wird das direkt angesprochene Thema, die distinctiones-Lehre, faktisch nicht behandelt, sondern lediglich darauf verwiesen; stattdessen wird eingehender nur der rhythmische Satzschluss behandelt, auf welchen in diesen beiden Versen einzig mit der Wendung tale documentum verwiesen wird. Dass der cursus den Enden der distinctiones angefügt wird, ist allerdings ein Bestandteil der cursus-Lehre, wodurch dem Rezipienten bei vorhergehender Unterweisung und Erläuterung des Gedichts ein sinnvoller Konnex gegeben sein sollte, um sich anhand der Einleitung des Abschnitts dessen Inhalt ins Gedächtnis rufen zu können. Zweitens weist auch der Vers 101 die gleichen indizierenden Elemente wie die Verse 95 und 96 auf. So wird das Thema angegeben (de peryodo), und der Autor (prodo) spricht den Rezipienten direkt an (tibi). Allerdings ist dieser Vers nicht nur prospektiv hinsichtlich der nachfolgend dargelegten Lehre, sondern mittels des Partizipialadjektivs predicta auch reflexiv, bezieht sich auf die vorhergehende Zäsur. Obwohl solcherart rückbezüglichen Referenztechniken zum Repertoire der Gattung „Lehrgedicht“ gehören545, benutzt der Autor der „Summa Iovis“ nicht nur diese Referenztechnik in dieser Art und Weise einzig an dieser Stelle, sondern der Verweis bezieht sich mit periodus gerade auf diejenige Lehre, welche an sich in den Versen 95 und 96 nur vermöge eines intertextuellen Verweises auf das „Doctrinale“ des Alexander de Villa Dei präsent ist. Aufgrund des hohen Maßes an Abhängigkeit dieser Zäsur von der 544 Vgl. unten S. 147f. 545 Haye 1997, 184.

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Die „Summa Iovis“

vorhergehenden und der thematischen Zusammengehörigkeit der beiden durch sie markierten Unterabschnitte dieses Passus, kann man sie also durchaus als „Binnenzäsur“ bezeichnen. Eine vergleichbare „Binnenzäsur“ liegt bereits zuvor in Vers 42 vor. Mit der Wendung reor dici rata, ne … hebt der Autor der „Summa Iovis“ ausdrücklich eine Ausnahme von der davor dargelegten Salutationslehre hervor. Thematisch gehört dieser Passus zum Vorhergehenden, durch die innere Strukturierung des Abschnittes wird dem Rezipienten allerdings vermittelt, dass es sich hierbei nicht nur um eine alternative, sondern eine obligate Vorgehensweise handelt. Diese leistet zwar einen Beitrag zur Strukturierung des Abschnittes und dementsprechend zu dessen didaktischen Mehrwert, doch ist sie für die Makrostruktur des Gedichtes unerheblich. Mesostruktur 1.

Prolog und Grundlagen der ars dictaminis (V. 1–10)

2.

Stilfehler der voces und sententiae (V. 11–20)

3.

Stilfehler der partes epistulae (V. 21–30)

4.

Salutationslehre (V. 31–45)

5.

Disposition der partes und rhetorisches Enthymem (V. 46–61)

6.

latinitas, explanatio und compositio (V. 62–94)

7.

distinctiones- und cursus-Lehre (V. 95–106)

(8.)

Epilog mit Autornennung und invocatio Christi (V. 107)

Metastruktur

} } }

Stilfehler partes-Lehre allgemeine Stilistik

Tabelle 2.1: Struktur der „Summa Iovis“

Wie Tabelle 2.1 veranschaulicht, werden zunächst im ersten Abschnitt die Begriffe dictamen und epistula geklärt, die Fünfzahl und Art der Briefteile, sowie die drei integralen partes (exordium, narratio und petitio) behandelt. Die Abfolge und Zahl der Briefteile, insbesondere der drei integralen, dient hierbei auch als strukturierende Stütze für die Abschnitte 2 und 4/5. Die beiden darauf folgenden Abschnitte behandeln ausschließlich stilistische vitia, der zweite Abschnitt ist hierbei nach den Begriffen voces und sententia zweigeteilt, der dritte gemäß der drei integralen partes epistulae geordnet. Die nächsten beiden Teile nehmen das Zentrum des Lehrgedichts ein; zunächst die umfängliche Salutationslehre, danach die Abfolge der vier verbliebenen partes, insbesondere die Enthymem-artige Struktur der drei integralen Briefteile. Der sechste Abschnitt ist nach dem Model von „ad Herennium“ 4.12.17–13.18 strukturiert und behandelt allgemeine grammatische und stilistische, den gesamten Brieftext betreffende Regeln. Abschnitt 7 verweist auf die



Die „Summa Iovis“ als Lehrgedicht

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distinctiones-Lehre und behandelt kursorisch den rhythmischen Satzschluss. Der letzte Vers ist der einzige Passus des Gedichts, der gänzlich metathematisch ist und nur die Funktion des Epilogs erfüllt, ohne dabei auch Inhalte zu vermitteln. Lässt man den letzten Vers, aber auch den ersten Abschnitt beiseite, fällt als weiteres Gliederungsprinzip ins Auge, dass die Abschnitte paarweise angeordnet sind und somit eine Dreiteilung von Stilfehlern, den partes epistulae und Stilregeln bilden. Neben diesen strukturierenden Gattungselementen nennt Haye einige Phänomene, die Satzbau, Wortwahl und -bedeutung der Sprache der Lehrgedichte kennzeichnen – im kurzen und gedrängten Text der „Summa Iovis“ finden sich allerdings nur wenige dieser Elemente. So fehlt fast gänzlich die didaktische Sprache des Lehrgedichts546. Der Akt des Lehrens wird im intentional belehrenden Substantiv documentum (V. 96) greifbar, der des Lernens nur einmal und implizit mit der Wendung pectore post pone in Vers 80 erwähnt. Präsenter hingegen sind die erläuternden und kausale Zusammenhänge herstellenden sprachlichen Elemente547. Es handelt sich hierbei um Vers 49 und 50 (si …, non ergo …), Vers 54 (inde …, si…), Vers 56 (cum…, concors sit), Vers 57 und 58 (si …, …, cum …, ut…) sowie Vers 60 (quia). Wenn auch diese konsekutiven und syllogistischen Formulierungen als gattungstypisch bezeichnet werden müssen, fällt doch auf, dass der Autor der „Summa Iovis“ sie gerade an der Stelle des Gedichts verwendet, die die argumentativen Struktur des Briefes parallel zum rhetorischen Enthymem beschreibt548. Bezüglich der in der „Summa Iovis“ verwendeten Fachsprache549 können keinerlei größere Unregelmäßigkeiten konstatiert werden – der Autor des Lehrgedichts bedient sich lediglich mit leichten Variationen des erforderlichen technischen Vokabulars. Diejenigen, welche vorhanden sind, liegen entweder in einer Verschiebung respektive Präzisierung der Begriffsdefinitionen550 oder dem Fehlen einer genauen Definition begründet551. Des Weiteren werden einige Ausdrücke verwendet, welche zwar nicht den gängigen Fachbegriffen entsprechen, doch ohne Zweifel auf diese 546 Haye 1997, 197–199. 547 Haye 1997, 199f. 548 Vgl. oben S. 108ff. 549 Vgl. Haye 1997, 200–203. 550 Im Kommentar in der Handschrift B (f. 15r) wird eine Glosse, welche für salus in Vers 41 als Synonym salutatio angibt, ausführlich in der Art diskutiert, dass die Glosse insofern falsch sei, da mit salus nicht der Briefteil saltutatio gemeint sein könne, sondern lediglich der durch den Begriff salutatio selbst implizierte Heilswunsch, vgl. oben S. 103f. 551 Zu scema (V. 1 und 63), vgl. oben S. 112ff.

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Die „Summa Iovis“

verweisen. Hierbei handelt es sich um participans (V. 78 und 79) statt participium sowie prepositiva (V. 73 und 76) anstelle von praepositio. Allgemein kann vermutet werden, die Termini technici wurden allein aufgrund des Verszwanges vermieden. Gerade prepositiva veranschaulicht dies deutlich, denn Matthäus von Vendôme rät in der „Ars versificatoria“ zur Verwendung von Adjektiven mit dem Suffix -ivus, da diese eine günstigere Abfolge von Längen und Kürzen aufweisen würden. Zwar führt er nur Pentameter als Beispiele an, doch in fast all diesen bilden die besagten Adjektive das Ende des ersten Hemiepes552. Matthäus empfiehlt also die Penthemimeres, die Stelle, an welcher im Leoniner das erste Wort des Reimpaares steht. Ein ähnliches Movens ist hinter der Bevorzugung des Substantivs vox gegenüber den an sich in den artes dictandi gängigeren Begriffen wie verbum und vor allem dictio zu vermuten553. Kann nämlich noch für Vers 12 eine vom Verfasser intendierte Doppeldeutigkeit vermutet werden554, so wird vox an den anderen Stellen einzig als Synonym zu verbum/dictio verwendet. Variation im Fachvokabular, die jedoch zugleich die Begrifflichkeiten nicht unkenntlich macht, erreicht der Autor der „Summa Iovis“, indem er beispielsweise anstelle der Fachtermini für die partes epistulae häufiger diejenigen Verben, von welchen sich diese ableiten, benutzt. Zum von Haye herausgearbeiteten Charakteristikum der katalogisierenden Sprache555 ist zunächst anzumerken, dass aufgrund der Kürze der „Summa Iovis“ nicht zwischen einer Makro- und Mesoebene geschieden werden kann. Die die Makrostruktur des Gedichts bestimmenden Phrasen dienen hier auch zugleich als Einleitungen und Indikatoren der Kataloge jenseits der Mikroebene und halten die kurzen Auflistungen der einzelnen Lehrsätze durch ein gemeinsames Thema zusammen556. Hierbei finden sich die verschiedenen Arten solcher Kataloge. Während in den Versen 77 bis 94 meist drei Verse ein Thema behandeln, sind die Verse von 65 bis 76 durch häufiges Enjambement und asyndetische Aneinanderreihung relativ kurzer Sätze gekennzeichnet; etwas, was in den Versen 13 bis 17 noch viel deutlicher ist. Im Gegenteil hierzu fallen in den Versen zur Salutationslehre nicht selten Vers- und Satzende zusammen, was den monostichischen Charakter des Hexameters zusätzlich hervorhebt. Es gibt nur eine einzige Aufzählung einzelner

552 AV 2.24. Vgl. Stotz 1996–2004, § VI 86.3. 553 Vox wird insgesamt siebenmal (V. 12, 17, 92, 97, 98, 103), verbum zweimal (V. 72, 77) und vocabulum einmal (V. 90) verwendet. 554 Vgl. oben S. 131f. 555 Haye 1997, 204–206. 556 Haye 1997, 206.



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Begriffe/Aspekte in der „Summa Iovis“557, welche somit auch den einzigen Katalog auf der Mikroebene bildet. Dieser Katalog der partes epistulae wiederum wird mit einer Nennung der in der Aufzählung zu erwartenden Zahl der Glieder in Vers vier eingeleitet558. Zuletzt kennzeichnet das Lehrgedicht wie auch die didaktische Prosa die direkte Anrede des Adressaten. Während dies in antiken Texten zumeist nur an hervorgehobener Stelle, so zum Beispiel den Vor- und Nachworten, gegeben ist, ist für die mittellateinischen Vertreter der Gattung eine sich beständig zum Rezipienten hinwendende Sprache typisch; einem Publikum jedoch, welches nicht näher bestimmt sein muss und sich in Apostrophen wie lector oder einfach der zweiten Person Singular erschöpfen kann. Hintergrund dieses Sachverhaltes ist der pragmatische Charakter der mittellateinischen Lehrgedichte, welche sich eines möglichst intensiven und direkten sprachlichen Habitus bedienen, um Wissen zu vermitteln. Dies führt zu einem bevorzugen von Formulierungen im Imperativ und in der zweiten Person Konjunktiv Präsens oder Perfekt. Je nach intendiertem Publikum wird hierbei entweder eher imperativen Wendungen – wenn der Text zum Beispiel eher propädeutischen Charakter hat und sich an Kinder und Jugendliche wendet – oder unpersönlicheren und somit zurückhaltenderen Formulierungen im Konjunktiv – wenn ein beispielweise eher erwachsenes Publikum eine höflichere Wortwahl opportun erscheinen lässt – der Vorzug gegeben. Verbunden mit diesem Aspekt ist des Weiteren die Bevorzugung von Verben (patefieri) und Substantiven (regula), welche direkt instruktiv sind und ebenfalls die Wahrnehmung des Lesers lenken sollen559. Haye kategorisiert diese imperativischen und instruktiven Wendungen hinsichtlich der Funktion, welche sie im Text erfüllen, in drei typologische Gruppen. Reine Lektüreanweisungen, nach denen sich der Leser zu richten hat, bilden hierbei den ersten Typus; er ist sachfremd und metatextuell. Gleichfalls einen Metatext, der jedoch sachlich orientiert ist, bilden die dem zweiten Typus zuzurechnenden Wendungen. Sie sind auf den Perzeptionsprozess ausgerichtet, akzentuieren einzelne Punkte der Lehre und wecken allgemein die Aufmerksamkeit des Lesers. Formulierungen des dritten Typus geben konkrete Handlungsanweisungen und liegen direkt in der Sache des Textes begründet560. 557 Ansonsten macht der Autor des Lehrgedichts vergleichsweise selten Gebrauch von Fachtermini, welcher er sich beispielsweise bei der Diskussion der Stilfehler in den Versen 13 bis 17 hätte bedienen können. Da es sich allerdings zumeist um Begriffe griechischer Provenienz handelt, wird hier wohl das Versmaß eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben. 558 Haye 1997, 206. 559 Haye 1997, 209–211. 560 Haye 1997, 210f.

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Die „Summa Iovis“

Formulierungen des ersten Typus gibt es, wie auch schon aufgrund der Kürze des Textes zu vermuten gewesen wäre, in der „Summa Iovis“ nicht. Wendungen des zweiten und dritten Typus sind in großer Zahl vorhanden, doch überwiegen im Vergleich unpersönliche Wendungen in der dritten Person Singular oder Plural des Konjunktiv Präsens Aktiv oder Passiv, welche eine jussive oder prohibitive Bedeutung haben561. In einigen Fällen bezieht der Autor der „Summa“ den Leser ein, indem er dessen Standpunkt adhortativ durch einen Dativus auctoris mit dem der Lehre in Übereinstimmung bringt562. Zwei Wendungen in der dritten Person Imperativ Präsens werden auf gleiche Weise zu konkreten Handlungsanweisungen563. Die zweite Person Singular Konjunktiv Präsens oder Perfekt hingegen findet nur selten Verwendung, und zumeist haben diese Formulierungen keine jussive oder prohibitive, sondern eine konditionale Funktion im Zuge einer konkreten Handlungsanweisung. Dies ist beispielsweise in Vers 89 (loqueris) gegeben. Weitere konditionale Wendungen, die den Aspekt des instruktiven unterstreichen, machen zumeist von der dritten Person Singular oder Plural Konjunktiv Präsens Gebrauch. Vor allem wird hierbei auf solche mit der Konjunktion si zurück gegriffen564, doch ist dies nicht ausschließlich der Fall565. Handlungsanweisungen umschreibt der Autor auch mit der zweiten Person Singular Futur I, womit zum einen der Bezug zum Leser gegeben ist, zum anderen durch das Konstatieren von dessen zukünftiger Handlung eine mit dem Imperativ vergleichbare Wirkung erzielt wird566. Auch die dritte Person Plural Imperativ Futur, die nur zweimal, dann aber ein Reimpaar bildend, vorkommt (sunto/pariunto, V. 72), hat den gleichen Charakter. Ist die zweite Person Singular Konjunktiv eher selten, so greift der Verfasser der „Summa Iovis“ in höherem Maß auf die zweite Person Imperativ Präsens oder Futur zurück. In vier Fällen werden hierdurch konkrete Handlungen vorgegeben567, bei zwei weiteren wird nachdrücklich die Wahrnehmung des Lesers geweckt568. Eine interessante Erscheinung in diesem Zusammenhang ist der Gebrauch des Imperativs in den Versen vier und fünf. Anstelle der technischen Benennungen für die ersten vier partes epistulae greift der Autor der „Summa Iovis“ auf Imperativ Präsens-Formen der 561 Zum Beispiel die Verse 13 (sit ineptum), 64 (assint), 17 (nec … iteretur) oder 36 (non … detur). 562 Beispielsweise Vers 14 (sit tibi vilis), 70 (tibi non sit inanis) oder 83f (tibi … sumantur). 563 Vers 62 (tibi fac) und 78 (fac … per te). 564 So in den Versen 38, 39, 77, 79 und 86. 565 In Vers 97f wird in diesem Sinne die Konjunktion ut benutzt. 566 Vers 44 (post pones), 74 (sepones/postpones) und 87 (dices). 567 Vers 69 (reputato), 90 (ede/sede) und 92 (ponito). 568 Vers 47 (scito) und 80 (pectore post pone).



Das Verhältnis zu den Vorlagen

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den Termini technici zugrunde liegenden Verben zurück: saluta, ordire, narra, pete. Durch die implizite Etymologie werden hiermit Begriffsdefinitionen der partesBenennungen gegeben, vermittels der Intensität des Imperativs wird eine höhere Einprägsamkeit der Stelle erreicht, welche somit auch eine Art „Bauplan“ für den Brief bietet569. Auch der Autor der „Summa Iovis“ spricht zwecks Weckens der Aufmerksamkeit des Lesers direkt den Akt der Unterweisung an, benutzt diese Phrasen zumeist zur Strukturierung des Gedichts (s. o.). In all diesen Fällen wird der Leser mittels des Dativus obiectivus angesprochen und Verben verwendet, die den Aspekt der nachfolgenden Wissensvermittlung ausdrücken, wie dare (V. 11 und 96; hier im Sinn von determinare570), patefieri (V. 20), fari (V. 33) oder prodere (V. 101). Auch wenn der Autor der „Summa Iovis“ nicht zu jedem dem Lehrdichter zur Verfügung stehenden Mittel greift, so kann das oben eruierte Tableau an strukturellen und sprachlichen Merkmalen eindrücklich zeigen, dass er sich eindeutig an die Konventionen der Gattung „Lehrgedicht“ hält. Die vom Autor durch diese Gattungsmerkmale indizierten praecepta der ars dictaminis, aber auch die oben skizzierte Strukturierung des Stoffes traten somit dem kundigen Rezipienten des Mittelalters, der Lehrperson, deutlich entgegen, konnten von ihm gelesen sowie in der Vermittlung und Explikation des Lehrgedichts berücksichtigt werden.

2.5. Das Verhältnis zu den Vorlagen Wie weiter oben dargestellt, war es Franz Josef Worstbrock, der die „Summa dictaminis“ des Guido Faba als Vorlage der „Summa Iovis“ identifizieren konnte; er merkte hierbei des Weiteren an, dass das Lehrgedicht nicht selten wortwörtlich mit seiner Vorlage übereinstimme, dabei aber die Disposition des Stoffes ändere571. Die „Summa Iovis“ wäre in ihrer Beziehung zur „Summa dictaminis“ als reine Transposition, genauer als Versifizierung ihres Hypotextes zu bezeichnen. Bedenkt man die extreme Kürze der „Summa Iovis“ stellt sich zudem die Frage nach der Art der vom Autor des Lehrgedichts vorgenommenen quantitativen Transformation. Wenn nun der Lehrdichter darüber hinaus auch die Abfolge des Stoffes ändert, ist zu prüfen, ob dies tatsächlich und inwiefern dies Änderungen des Darstellungsmodus mit sich bringt. 569 Darüber hinaus umgeht der Autor der „Summa Iovis“ die aufgrund der Quantitäten (-ātĭōn-) nur schwierig in das Versmaß einzufügenden flektierten Formen der fraglichen Termini. 570 MlatWb, s. v. 1. do IX B 2. 571 Vgl. Worstbrock 1996, 55 Anm. 82. Vgl. oben S. 44.

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Die „Summa Iovis“

Ein erster Anklang des Textes der „Summa dictaminis“ ist im dritten Vers der „Summa Iovis“ gegeben, wenn der Lehrdichter mit [epistola] secretum celat Guido Fabas Definition amicorum secreta per eam [i. e. epistolam] celantur aus „Summa dictamini“ 2.3.3 aufnimmt. Die Ausführungen Fabas zum weiteren Nutzen der Schriftform fasst er jedoch ungleich kürzer: Während Faba den zentralen Punkt – die Niederschrift vermag es die vom Adressanten intendierte Botschaft fehlerfrei zu übermitteln – durch den in der ars traditionellen Verweis auf das fehlbare Gedächtnis des Boten behandelt572, bleibt der Lehrdichter beim Brief als materiellen Gegenstand, formuliert jedoch zugleich durch die antithetische Wortwahl (revelare) ungleich prägnanter. Auch im Weiteren bedient sich der Autor der „Summa Iovis“ immer wieder einzelner kurzer textueller Versatzstücke aus der „Summa dictaminis“. So wird in Vers 19 per ambages vagatur573 zu per inepta vagatur, in Vers 23 nec […] procedere a causa574 zu a causa […] recedens. Mehr als solcherart Anklänge lassen sich jedoch nicht finden, so dass mehr von einer eher freien Versifikation, denn einer wortwörtlichen ausgegangen werden muss. Ein Passus wie die Verse 92 bis 94, für den aufgrund zeitlicher Kriterien nur Fabas ars dictandi als inhaltliche Vorlage in Frage kommt, veranschaulicht das sich hier zeigende Problem. So ist dort nicht von dictiones celeres und tardes die Rede575, sondern von voces celeres und tardes, bei zugleich deutlicher Verknappung des Ausdrucks. Ein Unterschied der nur graduell sein mag, jedoch zeigt, dass die Zwänge des Versmaßes, die hier beispielsweise die Wahl des Wortes vox beeinflussen, in Kombination mit der allgemeinen Verknappung des sprachlichen Ausdrucks wie er sich in der „Summa Iovis“ darstellt, es grundsätzlich schwierig erscheinen lassen, aufgrund solcher Kriterien Textverwandtschaften zu rekonstruieren. Denn hierdurch werden die Formulierungen der „Summa Iovis“ im Vergleich zur vermuteten Vorlage derart generisch, dass sie aus beliebigen anderen artes dictandi, deren Lehren in diesen Punkten inhaltlich, wenn auch nicht in ihrer sprachlichen Ausgestaltung, konvergieren, stammen könnten. Scheint in dieser Frage der Blick auf die sprachliche Ausgestaltung nichts Stichhaltiges zutage zu fördern, so soll nun der Inhalt in den Blick genommen werden. Zunächst werden in diesem Zusammenhang solche stilistische Vorschriften von besonderem Interesse sein, die sehr Spezielles regeln. Um solcherart Regeln handelt es sich bei den Versen 77 bis 94 der „Summa Iovis“. Zwar lassen sich die Verse 80 bis 82 und 86 bis 87 auf die §§15 und 19 der „Notule auree“ des Boncompagnus zurückführen, doch finden sich diese und alle weiteren Stilregeln dieses Passus 572 573 574 575

SD 2.3.4–5. SD 1.9.5. SD 1.10.5. Vgl. SD 2.86.2–4



Das Verhältnis zu den Vorlagen

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ansonsten nur in der „Summa dictaminis“576. Auch der von Guido Faba vorgeschriebene Schluss der periodus mit dem cursus velox577 weist auf die Kenntnis von dessen Lehren durch den Verfasser der „Summa Iovis“ hin, der dies in den Versen 101 bis 104 thematisiert. Guido Fabas Bekenntnis zum stilus gallicus in Betreff des Proverbs im exordium und dessen Konstruktion in der verallgemeinernden dritten Person Singular578 übernimmt die „Summa Iovis“ in Vers 52 und 53. Während Hiat durch Vokal oder -m- im Auslaut vor Vokal im Anlaut in mehr oder minder allen relevanten Texten der ars dictaminis als Stilvergehen betrachtet wird, lässt die „Summa Iovis“ dies in Vers 16 und 17 zu – vorausgesetzt der Hiat fällt mit einer durch Interpunktion zu markierenden medialen Pause zusammen. Eine Regel die sich unter den artes dictandi nur bei Galfridus de Vino Salvo und, abermals, bei Guido Faba findet579. Der Hiat lenkt den Blick auf die übrigen in der „Summa Iovis“ aufgezählten phonetischen Stilfehler. Wie oben in der Diskussion des historischen Kontextes der Lehren der „Summa Iovis“ dargestellt, sind die in den Versen 13 bis 17 des Lehrgedichts behandelten vitia „Gemeingut“ grammatischer und rhetorischer Lehre580, eine eindeutige Quellenbestimmung somit schwierig. Betrachtet man jedoch Zahl, genaue Art und Abfolge der Stilfehler, so fällt die große Nähe zur Erörterung des gleichen Themas in der „Summa dictaminis“ auf581. Teils strittig in ihrer Bedeutung waren in der obigen Erörterung nur das vierte und siebte vitium in Vers 15 und 17 des Lehrgedichts582, da der Verstext zu knapp für eine genauere Bestimmung war. Für die „Summa dictaminis“ als Vorlage dieser Stelle sprach vor allem, dass somit eine unnötige inhaltliche Dopplung oder Wiederholung vermieden werden könnte. Gemäß der Arbeiten Hayes und Pabsts zum Lehrgedicht kommt in solchen Fällen von Mehrdeutigkeit des Verstextes der unterrichtende Magister und Lehrdichter ins Spiel. Zwar sind keine Interpretationen der „Summa Iovis“ erhalten, die direkt auf „Iupiter von Soissons“ zurückzuführen sind oder ihm ausdrücklich zugeschrieben werden, doch soll davon ausgegangen werden, dass sich die überlieferten Metatexte zumindest indirekt aus der auktorialen Kommentierung oder der reportatio eines 576 Vgl. SD 2.86.2–4, 2.88.2, 2.95.4–5, 2.96.2–3, 2.98.4, sowie 2.101.2–4. Ausgenommen die Verse 83 bis 85 der „Summa Iovis“. 577 SD 2.88.10. 578 SD 2.69.6 und 2.71.2. 579 GS 4.4; SD 1.6.2, 4–7 und 1.8.5–6. 580 Vgl. oben S. 82ff. 581 Die Reihenfolge der „Summa Iovis“ ist nicht völlig identisch mit der „Summa dictaminis“ (V. 13–17 = SD 1.2, 1.3, 1.4, 1.5, 1.8, 1.6, 1.8, sowie 1.7), doch eine grobe Linie bleibt bestehen. 582 „Summa Iovis“ V. 15: Consona finalis non sit post initialis. V. 17: […] vitetur stridor […].

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Die „Summa Iovis“

Hörers herleiten lassen. Beispielhaft sollen hierfür die Handschriften K (3. Viertel 14. Jh.), die einen der ältesten Kommentare zur „Summa Iovis“ enthält, und B (2. Viertel 15. Jh.), die einen der verbreitetsten Kommentare überliefert, herangezogen werden. Der Kommentar in K äußert zu den besagten Stellen folgendes: Quartum vicium est, quando aliqua diccio terminatur in consonantem aliquam et si sequens diccio incipitur ab eadem. Vnde exemplum: ‘lumen nomen’. Et maxime committitur in quatuor consonantibus, in illis: ‘n’, ‘r’, ‘s’, ‘x’. Exemplum de ‘n’ vt ‘lumen nomen’, de ‘r’ vt ‘pater romanorum’, de ‘s’ ‘socio suo’ (!), de ‘x’ vt ‘rex Xases’. Racio huius, quia quandocumque dicciones se subsequentibus incipiunt ab istis litteris in qua terminantur, causatur cacephaton, id est mala sonoritas. […] et nota aliud vicium, scilicet stridor in vocibus, vnde sciendum quod numquam debent poni dicciones in dictamine, que ex sui prolaciones stridorem generent in dentibus. Exemplum: ‘bellum ferratas portas pestesque (!) refregat.’ 583 Ähnlich der Metatext in B: Quartum vicium, si dictio sequens incipiat consonante in quam dictio precedens terminatur, ut dicendi ‘rex versus’ (!), ‘magnum malum’, ‘lumen nouum’, ‘pater rectorum’, ‘socius socio’. Et causa huius vicij est, quando illud committitur tunc causatur cachefeton, id est ‘malus sonus’, quam audiens abhorret et cetera. […] Tercium, quod in dictamine debent vitari dictiones ex quarum prolacione generatur stridor, id est gravis sonus in dentibus, vt dicendo ‘Johannes ferratas portas bene seratas veraciter jnfregit.’ 584 Beide Kommentare stimmen also nicht nur in der Definition der beiden Fehler mit der „Summa dictaminis“ überein, insbesondere bezüglich des cacemphaton, sie illustrieren diese zudem, wenn auch deutlich entstellt, mit denselben Beispielen wie Faba585. Die im Anschluss an diese Stelle angeführten vitia sententiae und partium (V. 18–30) lassen ebenfalls, was genaue Auswahl und Abfolge der Stilfehler betrifft, die „Summa dictaminis“ als Vorlage erkennen586. Dass die in der zweiten Hälfte von Vers 22 des Gedichts propagierte Lehre offensichtlich von der der „Summa dictaminis“ differiert, stellt hierbei keinen Widerspruch dar. Wie bereits weiter oben 583 584 585 586

Hs. K, f. 61rv. Hs. B, f. 11v–12r. Vgl. SD 1.5.2–3, 1.8.3–4 und 7. Vgl. SD 1.10–12.



Das Verhältnis zu den Vorlagen

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dargelegt587, kann zwar die in der Edition der „Summa dictaminis“ gebotene Lesart des durch verba nimis apparatis fehlerhaften exordium als die ursprünglichere, also vielleicht auktoriale gelten, da sie in ihrem Inhalt mit der „Rhetorica ad Herennium“ übereinstimmt, doch bietet die die „Summa dictaminis“ enthaltende Handschrift, Basel, Universitätsbibliothek, B IX 31 auf f. 122v die Variante approbatis. Eine Variante welche „Summa dictaminis“ und „Summa Iovis“ wieder in Übereinstimmung brächte. Nun ist eine einzige Variante sicherlich nicht beweiskräftig genug, und es wäre von Nöten, die etwa vierzig die „Summa dictaminis“ überliefernden Handschriften nach modernen Kriterien hinsichtlich verschiedener Fassungen zu untersuchen588, doch lohnt es sich, die Basler Handschrift etwas genauer zu betrachten. Denn dort werden die ausschließlich italienischen Orte der Edition Gaudenzis unter anderem durch die Orte Orléans, Jülich und die Grafschaft Berg (beziehungsweise vielleicht auch dem belgischen Ort Mons) ersetzt589. Berücksichtigt man nun, dass die Schreiber im Verlauf der Abschrift einer ars dictandi häufig Orts- und Personennamen des Formelgutes ihren persönlichen Gegebenheiten und Bedürfnissen anpassten, könnte die Herkunft dieser Textvariante (nicht unbedingt dieser Handschrift) in der Nähe Nordostfrankreichs und Belgiens vermutet werden – würde somit auch in die Nähe Soissons und damit des voraussichtlichen Autors der „Summa Iovis“ rücken. Lediglich als weiteres Detail sei hier angemerkt, dass die Basler Handschrift in Satz 1.11.8 der „Summa dictaminis“ die Reihe der Voraussetzungen einer fehlerfreien narratio um die causa rei ergänzt, somit Fabas Text nicht nur in Übereinstimmung mit anderen artes dictandi, sondern auch Vers 27 der „Summa Iovis“ bringt590. Nicht nur die einzelnen Abschnitte der „Summa Iovis“ zu den vitia stimmen jedoch in der Art, Zahl und Abfolge mit der „Summa dictaminis“ überein, die Verse 11 bis 30 können inhaltlich und strukturell als Versifikation fast des gesamten ersten Buches von Fabas Traktat bezeichnet werden. Einzig der Prolog zur „Summa dictaminis“ im ersten Kapitel sowie die Kapitel 1.13 und 1.14 finden sich nicht – auf letztere wird jedoch noch weiter unten einzugehen sein. Definition des Briefes, Salutations- und cursus-Lehre (V. 1–3, 31–46, 97–106) sind hinsichtlich ihres Inhalts bei Gudio Faba an sich zu unspezifisch, als dass hierdurch ein genauer Vergleich mit der „Summa Iovis“ möglich wäre. Doch werden 587 Vgl. oben S. 95f. 588 Gaudenzi stützte sich im Übrigen für seine Edition auf fünf italienische Handschriften, vgl. Gaudenzi 1890, 393. 589 Vgl. Basel, UB, Cod. B IX 31, f. 124v und 132r. Darüber hinaus wird zumeist Bologna genannt; weitere Ortsnamen werden durchgehen durch talo loco ersetzt. 590 Basel, UB, Cod. B IX 31, f. 123r.

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Die „Summa Iovis“

Fabas Werke in der Art wie er sie beschreibt, für spätere Traktate zum Referenzpunkt, so dass dies auch für das Lehrgedicht angenommen werden kann – zumal wie bereits erwähnt bei der Definition des Briefes durchaus ein „Nachhall“ der Formulierung Fabas und eine spezifische Regel zum rhythmischen Schluss der Periode in der „Summa Iovis“ Anwendung finden. In der Lehre von den partes epistulae (V. 4–10, 46–61) divergiert jedoch die „Summa Iovis“ deutlich von der „Summa dictaminis“. Wie oben in der literarhistorischen Einordnung dargestellt, bietet sich die „Summa dictaminis“ allerdings nicht unbedingt für eine gänzlich durchdachte partes-Lehre an. Denn die Gewichtung der Wertigkeit der einzelnen partes wie auch Fabas Vorschriften zu Abfolge und notwendiger Zahl dieser variieren stark, sind teils konträr zueinander591. Der Lehrdichter löst nun, sicherlich beeinflusst durch weitere dictatores wie zum Beispiel Bene von Florenz, diese Widersprüche auf, mit deutlichem Fokus auf dem Brief, respektive der Abfolge von exordium, narratio und petitio als rhetorischem Enthymem. Mit anderslautenden Lehrmeinungen – in Vers 32 wohl mit direktem Bezug auf Guido Faba – setzt er sich hierbei auseinander, wenn er sie auch nicht ausführlich diskutiert592. Es lässt sich also feststellen, dass einerseits einige Passus wie die zu den verschiedenen vitia gerade durch ihre interne Struktur zeigen, dass Guido Faba die textuelle Grundlage des Lehrgedichts bildet. Andererseits ändert der Verfasser der „Summa Iovis“ die Gesamtdisposiotion des Stoffes und stellt zum Beispiel die Definition des Briefes und die Aufzählung der fünf Briefteile an den Anfang des Gedichts. Ebenfalls an anderer Stelle als in der Vorlage erfolgen die Umsetzungen der Kapitel 13 und 14 des ersten Teils der „Summa dictaminis“, was insofern verwundert, als dass der Lehrdichter an sich, sieht man von der Vorrede in Kapitel 1.1 einmal ab, die Reihenfolge aller vorhergehenden Kapitel dieses Teils und deren Inhalt mit nur leichten Variationen in das Gedicht übernommen hatte. Das letzte Kapitel des ersten Teils der „Summa dictaminis“, welches in der „Summa Iovis“ in den Versen 62 bis 64 umgesetzt wird, hat hierbei eine besondere Stellung in Fabas Traktat593. Hier nennt Faba bona grammatica, perfectus sensus locutionis und verborum ornatus als obligate Elemente guten Stils, bezieht sich damit auf die vom auctor ad Herennium geforderte elegantia, compositio und dignitas der Sprache594. Zum einen bildet dieses Kapitel damit eine Art Überleitung zwischen dem ersten und zweiten 591 592 593 594

Vgl. SD 2.4, 2.69, 2.75 und 2.76. „Summa Iovis“, V. 32, 47f Vgl. zu Folgendem oben S. 113ff. RH 4.12.17–13.18.



Das Verhältnis zu den Vorlagen

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Teil der „Summa dictaminis“, da sich dictamen commodum et perfectum595 sowohl aus Vermeiden von vitia, dem Inhalt des ersten Teils, als auch aus Einhalten bestimmter Kompositionsregeln besteht. Zum anderen „zäumt“ Guido Faba hier in gewisser Art und Weise „das Pferd von hinten auf“, denn in der „Rhetorica ad Herennium“ bilden diese drei Punkte den Ausgangspunkt zunächst für die Erörterung verschiedener Verstöße gegen elegantia und compositio, dann der colores rhetorici. Einen Teil der in „ad Herennium“ genannten Stilverstöße (gegen die compositio) behandelt Faba hierbei ausführlich – die phonetischen Stilverstöße. Alle übrigen vitia die der auctor ad Herennium anführt, handelt Faba in einem einzigen Kapitel, in 1.13 ab. Faba scheint nun diese Inversion der Reihenfolge aus „ad Herennium“ bewusst vorgenommen zu haben, da er in 1.13 zunächst weitere Fehler gegen die compositio, danach solche gegen explanatio und latinitias, die beiden Unteraspekte der elegantia anführt, um dann in 1.14 zu diesen Begriffen selbst zu kommen. Der Autor der „Summa Iovis“ übernimmt nun wieder die Reihenfolge der „Rhetorica ad Herennium“, nennt zunächst die Voraussetzungen des dictamen commodum et perfectum (V. 62–64), um dann Regeln zu latinitas (V. 65–66), explanatio (V. 66–70) und compositio (71–94) aufzuzählen. Für die Unteraspekte der elegantia schöpft er hierbei aus Kapitel 1.13 der „Summa dictaminis“ – welches wiederum, wie gesagt auf „ad Herennium“ fußt –, während er für die compositio, neben einem Punkt aus 1.13, Stilregeln aus dem zweiten Teil der „Summa dictaminis“ und dabei nach dem Prinzip „vom Allgemeinen zum Spezifischen“ vorgeht. Unter der Rubrik der compositio, und nichts anderes als eine Gliederung des Nachfolgenden ist mit den Versen 62 bis 64 gegeben, können zudem auch die Lehre von den distinctiones und vom cursus gefasst werden, so dass dieser in Vers 62 beginnende Teil der „Summa Iovis“ bis zum Ende des Lehrgedichts erstreckt. Damit kehrt nun wiederum der Autor der „Summa Iovis“ die Abfolge seiner Vorlage um, in der zunächst distinctionen und cursus, erst dann alle weiteren in das Gedicht aufgenommenen praecepta abgehandelt werden. Allerdings ist dem fraglichen Stoff nicht unbedingt eine Ordnung inhärent, die Anordnung Fabas in diesem Sinne ab einem gewissen Punkt willkürlich, so dass dem Autor des Lehrgedichts hier durchaus der Verdienst der Findung eines zwar nicht allgemein- und letztgültigen, aber doch nachvollziehbaren Ordnungsprinzips gebührt596. Zudem legt er seiner Strukturierung des Stoffes mit besagter Stelle aus „ad Herennium“ eine Einteilung zugrunde, die auf-

595 Respektive in den Worten der „Rhetorica“ (4.12.17) elocutio commoda et perfecta. 596 Ob der Autor der „Summa Iovis“ tiefergehendere Intentionen hat, wenn er sein Gedicht gerade mit der rhythmischen Satzklausel enden lässt, kann hier nicht ergründet werden.

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Die „Summa Iovis“

grund ihrer Quelle vielleicht auf einen gewissen Wiedererkennungsgrad und somit einfachere Verständlichkeit für den Rezipienten setzen kann. Grundsätzlich übernimmt der Autor also auch für den dritten Teil des Gedichts den Inhalt der „Summa dictaminis“ ab Kapitel 2.83 und greift nur insofern ein, als dass er den Inhalt deutlicher strukturiert. Sicherlich, und mit der Autorität antiker Vorbilder, hätten auch Teile des vielgestaltigen Fehlerkatalogs in den Versen 11 bis 20 – die vitia der partes epistulae seien hiervon ausgenommen – in den dritten Teil eingearbeitet werden können. Doch es könnte vermutet werden, dem Autor der „Summa Iovis“ erschien Fabas Vitienkatalog kanonisch und vorteilhaft genug, um übernommen zu werden. Die Kapitel 1.13 und 1.14 haben jedoch unter Umständen den Charakter eines Annex in diesem Teil der „Summa dictaminis“; auch da die Verbindung vermittels rhetorischer Tradition zwischen den lautlichen vitia597 und 1.13, wie sie in 1.14 evoziert wird, durch die ausführlich und zahlreich erörterten allgemeinen sprachlichen und partes-spezifischen Fehler598 unterbrochen wird. So dass in der Folge ein Separieren dieser beiden Kapitel vom Rest als nicht zu folgenschwerer Einschnitt erschien, da mit dem dritten Teil des Lehrgedichts auch eine im Vergleich zumindest strukturell größere Nähe zum entsprechenden Referenztext geschaffen wurde. Betrachtet man, zunächst die Definition des Briefes und die Darstellung der Fünfzahl der Briefteile außer Acht lassend, die Struktur der „Summa Iovis“, wie sie sich anhand der der Gattung „Lehrgedicht“ eigenen Indikatoren darstellt599, und verbindet dieses mit dem gerade ausgearbeiteten zum Verhältnis des Inhalts zur primären Vorlage des Lehrgedichts, so fällt auf, dass das Lehrgedicht in der Disposition des Stoffes mehr seiner Vorlage entspricht, denn davon differiert. Der Lehrdichter mag einzelne Punkte hinzufügen600 oder auch die Lehrmeinung zur partes-Lehre überarbeiten und unter Berücksichtigung anderer dictatores aktualisieren, doch strukturell und im Großen und Ganzen auch inhaltlich bleibt er ihr treu. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die oben für die Kommentare konstatierten Bezüge zur „Summa dictaminis“ nicht auf den Autor der „Summa Iovis“ zurückgehen, sind sie nachvollziehbar, da bei allen Unterschieden Guido Faba im Lehrgedicht kenntlich bleibt. Während nun die „Summa dictaminis“ aufgrund ihrer praktischen Ausrichtung und der wohl bereits in der ars vorgebildeten Rezipienten auf die obligaten Definitionen von dictamen, epistula und der partes als 597 598 599 600

SD 1.2–8. SD 1.9–12. Vgl. auch das Schema oben S. 139, Tabelle 2.1. Vgl. „Summa Iovis“, V. 83–85.



Das Verhältnis zu den Vorlagen

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Einstieg des Traktates verzichten konnte601, muss für die ,Summa Iovis‘ von einem Publikum ausgegangen werden, dass der ars dictaminis noch unkundig oder in ihr recht neu war. Dementsprechend ist es für den Verwendungskontext der „Summa Iovis“ nicht nur schlüssig, sondern zwingend die besagten Definitionen an den Anfang zu stellen, auch da die ersten Verse sowohl auf den Inhalt des Gedichtes vorausweisen, als auch als mnemotechnisches Strukturierungselement (fünf partes epistulae) dienen602. Guido Fabas „Summa dictaminis“, erweitert und aktualisiert in einigen Punkten durch den Lehrdichter, ist jedoch nicht das einzige Werk, welches im Verlauf der Versifizierung verwendet wurde. In Vers 96 rekurriert der Verfasser ausdrücklich auf das „Doctrinale“ des Alexander de Villa Dei und verweist den Rezipienten an dieses grammatische Lehrgedicht, um mehr über die distinctiones zu erfahren603. Implizit bedient sich der Autor auch an einer weiteren Stelle eines intertextuellen Verweises. Die Art und Weise, wie er in Vers 65 die Termini soloecismus und barbarismus im Hexameter verwendet, entspricht genau der im zweiten Kapitel des „Grecismus“: soloecismus am Versanfang, barbarismus in Tmesis am Versende604. Wie oben erwähnt, verweist Vers 66 mit den vicia annexa barbarismo et soloecismo auf einen in grammatischer Tradition festen Kanon an sprachlichen Fehlern605. Über die Tatsache hinaus, dass der Verfasser der „Summa Iovis“ Kenntnis vom „Grecismus“ hatte und sich dessen als Vorbild bediente, um die metrisch schwierigen Wörter barbarismus und soloecismus im Vers zu verwenden, könnte dies darauf hin deuten, der „Summa Iovis“ diene für die vicia annexa der „Grecismus“ als Referenztext. Hält man es nun für denkbar, der Autor „Iupiter“ der „Summa Iovis“ wäre mit dem „Iupiter“, der Glossen zu ,Doctrinale‘ und ,Grecismus‘ verfasste, identisch606, könnte dies Rückschlüsse auf die praktische Verwendung dieses Lehrgedichts zulassen. Die „Summa Iovis“ könnte „Iupiter“ als zeitlich den beiden grammatischen Lehrgedichten nachgeordnetes Schulbuch gedient haben. Dies würde auch erklären, warum die colores rhetorici zwar eine Nennung in der „Summa“ finden (V. 64), doch nicht weiter ausgeführt werden, denn dies war be601 Vgl. Faulhaber 1978, 91, 108. 602 Vgl. oben S. 130 und 134f. 603 Vgl. oben S. 125f. 604 ,Grecismus‘, cap. 2, V. 1–4: Est soloecismus uitium ceu barbaque rismus. Est barbarismus cum dico domína domínus. Est soloecismus vir mea, sponsa meus. Sub soloecismus sunt istae barbaque rismo. 605 Vgl. oben S. 118. 606 Vgl. oben S. 46f.

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Die „Summa Iovis“

reits Stoff des „Grecismus“607 – wobei eingeräumt werden muss, dass grundsätzlich zahlreiche Überschneidungen und Redundanzen zwischen diesen drei Texten bestehen608. Der „Summa Iovis“ käme hierbei auch eine die Propädeutik abschließende Funktion zu. Denn unbestritten haben Grammatik und die ars dictaminis, welche eine rein normative Rhetorik vermittelt, viele Gemeinsamkeiten. Als in die Materie „summarisch“ einführender Text käme der „Summa“ im Lehrbetrieb die Aufgabe zu, die Unterweisung in Grammatik abzuschließen und auf ein weiteres Gebiet des Triviums vorzubereiten609.

607 Und zwar in den Kapiteln, die denen zu Solözismus und Barbarismus vorausgehen. 608 Führt dies jedoch nun zu dem Schluss, eine Verwendung dieser drei Texte nebeneinander sei undenkbar, oder „Iupiter“ sei es wichtig gewesen, sein Lehrgedicht zur ars dictaminis vermag es den notwendigen Stoff „autonom“ zu vermitteln? 609 Die augenfällige Betonung der enthymematischen Struktur des Briefes in der „Summa Iovis“ könnte nun vielleicht auch als ein Vorausdeuten auf die Logik interpretiert werden.

3. Der kodikologische Kontext

3.1. Textgebrauch im Spiegel der Kodizes Im Rahmen der Analyse der Überlieferung der „Summa Iovis“ soll, wenn möglich, der Entstehungskontext des jeweiligen Textzeugen geklärt werden. Sofern sich keine eindeutigen paratextuellen Hinweise auf die Umstände der Entstehung des Textes bieten, soll die Mitüberlieferung hinzugezogen werden. Hierbei ist jedoch nicht nur die zeitgleiche oder zeitnahe, sondern die gesamte Mitüberlieferung zu berücksichtigen, da diese zumindest Aussagen, wenn auch nicht über den ursprünglichen, so doch zumindest über den späteren Nutzungskontext zulässt. Begonnen soll mit denjenigen Überlieferungsträgern werden, in denen die „Summa Iovis“ eindeutig einen eigenen libellus bildet oder Teil eines ebensolchen ist. Sofern nicht anders angemerkt stützen sich die Informationen zu den Handschriften primär auf die gedruckten Handschriftenkataloge, Online-Repertorien und Texteditionen. Die Augsburger Handschrift A1 wurde aus fünf, ursprünglich eigenständigen Teilen zusammengesetzt610. Inhaltlicher Schwerpunkt aller fünf libelli ist die ars dictaminis. Der erste Teil611, der auf die Mitte des 15. Jahrhunderts zu datieren und von einer Hand geschrieben ist, beinhaltet das Lehrgedicht zur ars dictaminis des Otto von Lüneburg mit umfangreichem Kommentar und Briefsteller612. Im direkten Anschluss an den Text des Otto von Lüneburg findet sich ein Exzerpt aus einem Kommentar zur „Poetria nova“ des Galfridus de Vino Salvo, in welchem die colores rhetorici diskutiert werden. Dem Kommentarexzerpt folgt ein die „Poetria nova“ und den „Laborinthus“ Eberhards des Deutschen nutzender kurzer Text zur Versifikation. Das Explicit dieses Textes weist hierbei darauf hin, dass diese drei Texte und Textfragmente auch als dreiteilige, einführende Kompilation zur Rhetorik intendiert sind613. Den Abschluss bildet eine Sammlung von Grußformeln, wobei die letzten fünf Folia des libellus leer bleiben. Der libellus stellt demzufolge 610 Im Folgenden werden der Einfachheit halber die oben in Kap. 2.2 für die Handschriften der „Summa Iovis“ vergebenen Handschriftensiglen verwendet. Zur Handschrift A1 vgl. auch oben S. 52f. 611 Hs. A1, f. 1r–69fv; Lagen: (VIII–1)14 + 5.VI69f. 612 Zu Otto von Lüneburg, vgl. Worstbrock 1989b und Henkel 1999. 613 Hs. A1, f. 67r: Hec itaque compilacio in sua materia tripardita prosayca videlicet rick/mica et metrica pro rethorice rudimento in dei nomine / ad opus presens sufficiant (!) et cetera.

eine selbstständige Einführung zur Rhetorik dar, respektive zu allen Arten von dictamen, welche abschließend nochmals um weiteres Formelgut angereichert wurde. Ein Fragment der „Summa dictaminum“ des Ludolf von Hildesheim ist im zweiten Teil der Handschrift – einem einzelnen, um ein Blatt gekürzten Quatern, datiert auf das dritte Viertel des 14. Jahrhunderts, ebenfalls von einer Hand – enthalten614. Der Textverlust umfasst hierbei den gesamten Abschnitt der „Summa dictaminis“ über die verschiedenen speziellen Arten von Briefen (Privilegien etc.); es ist also derjenige Teil des Traktats erhalten, welcher die „allgemeineren“ Lehren der ars dictaminis überliefert (Salutations-, partes- und cursus-Lehre etc.). Diesem Teil schließt sich ein libellus an, welcher als sukzessiv entstandene Gebrauchszusammenstellung zu bezeichnen ist615. Den Hauptteil bildet hier ein Lehrgedicht zur ars dictaminis, welches mit einem ausführlichen Kommentar und Marginalglossierung versehen ist616. Dem Text wurde ab Blatt 88v umfangreiches weiteres Material – Formeln und Beispiele, weitere praecepta, zum Beispiel zum cursus und den vicia in dictamine – hinzugefügt. Das Lehrgedicht und die Zusätze wurden von einer Hand geschrieben, welche den Abschluss des Textes in einem Schreibervermerk auf Folium 88v auf 1422 datiert. Eine zweite, jüngere Hand, zu datieren auf das letzte Drittel des 15. Jahrhunderts, verwendete den verbliebenen Platz des libellus um Predigtentwürfe, eine Abschrift eines Briefes von Abt Leonard Straubinger und Prior Martinus de Senging von Melk an den Regensburger Bischof und ein regimen sanitatis einzutragen. Bezüglich des letzten nachweisbaren Gebrauchs dieses libellus ließe sich vermuten, dass das erheblich erweiterte und kommentierte Lehrgedicht „Qui non confusum“ ursprünglich eigenständig benutzt wurde, dann aber in den Besitz eines Geistlichen überging, welcher dort von ihm angefertigte oder genutzte Predigtentwürfe notierte. Dieser zweite Besitzer trug die Abschrift des Briefes aus Melk nicht nur als zusätzliches Muster ein, auch kann ein Interesse an der Melker Reformbewegung für wahrscheinlich gehalten werden. Denn bei dem Schreiber der Zusätze in diesem libellus handelt es sich um die Person, welche wahrscheinlich die ebenfalls aus St. Ulrich und Afra stammenden Handschrift Augsburg, Staats- und Stadtbibliothek, 2o 198 zusammenstellte und mit Zusätzen und Kommentaren versah; einer Handschrift, welche in sich Texte zur Reform des Benediktinerordens vereint617. Das in diesem Teil der Hand614 Hs. A1, f. 70r–75v. Die „Summa dictaminum“ bricht auf f. 74br zum Beginn des fünften Kapitels ab (Expl.: omnia litterarum genera per ordinem prosequamur Dantur autem ad curiis). Zu Ludolf von Hildesheim, siehe Schaller 1999 und Worstbrock 1985. 615 A1, f. 76r–96v; Lagen: VI87 + (VII–1)96. 616 Inc.: Qui non confusum dictandi diligit usum (Walther 1969, Initium 15578). 617 Vgl. Spilling 1984, 170–179.



Textgebrauch im Spiegel der Kodizes

Abbildung 3.1: Augsburg, Staats- und Stadtbibliothek, 2o Cod. 215, f. 99v

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Der kodikologische Kontext

schrift A1 enthaltene regimen sanitatis unterstreicht in diesem Kontext nochmals den eindeutig pragmatischen Charakter dieser Zusammenstellung. Der spätere Besitzer verwendete dabei den ihm zur Verfügung stehenden Raum planmäßig, wie die leer gebliebenen Blätter 95av bis 95ev zwischen den Predigtentwürfen und der Briefabschrift zeigen. Ein einzelnes Sextern, welches den vierten libellus darstellt, enthält die „Summa Iovis“. Dem paläographischen Befund nach stammt der Text aus dem dritten Viertel des 14. Jahrhunderts. Bei der Einrichtung der Seiten wurde viel Raum für interlineare und marginale Glossierung gelassen. Großteils befinden sich auf jedem Blatt vier Verse, auf den Blättern 105v bis 106v sieben, auf Blatt 107r fünf Verse, und Blatt 108v enthält lediglich den letzten Vers der „Summa Iovis“ sowie das Explicit; über den Versen wurden häufig Wortglossen, über oder unter den Versen eine kommentierende Glossierung, welche stets auch die Ränder der Seite nutzt, eingetragen (ähnlich Holtz, P10 und P9bis; vgl. Abb. 3.1). Die variierende Anzahl der Verse pro Seite deutet darauf hin, dass bereits im Vorfeld versucht wurde, auf eine unterschiedlich intensive Kommentierung des Textes zu reagieren. Allerdings ist dies nicht immer gelungen, da einige Seiten wenige bis gar keine Paratexte aufweisen618. Dies kann als Indiz dafür gewertet werden, dass bei der Konzipierung der mise-en-page zwar das ungefähre Verhältnis des Umfangs des Vers- zu dem des Glossentext bekannt war, wie diejenigen Seiten veranschaulichen, die mehr Verstext als die übrigen aufnehmen. Allerdings wurde die Einteilung der Seite ohne genaue Kenntnis oder Berücksichtigung des Umfangs der Glossierung vorgenommen, so dass manche Seiten nahezu vollständig, andere fast überhaupt nicht für die Kommentar- und Wortglossierung genutzt wurden. Auch das räumliche Verhältnis der Glossen zueinander deutet darauf hin, dass der Schreiber nicht auf eine Vorlage zurückgreifen konnte, welche ihm bereits den vollständigen Glossentext geboten und somit als Vorbild für die mise-en-page hätte dienen können; dies zeigen Trennlinien, die nachträglich eingefügt wurden, um die unterschiedlichen, sehr eng aneinander stehenden Glossen voneinander abgrenzen zu können. Neben der kommentierenden und worterklärenden Glossierung wurden auch Korrekturen im Text vorgenommen. So wurde beispielsweise auf f. 105r versucht, die Korruptel seu quibus †doicia† durch ein über †doicia† hinzugefügtes nexa zu verbessern619. Auf welcher Grundlage diese Korrekturen, welche von einer anderen Hand als die Glossen geschrieben wurden, vorgenommen wurden, lässt sich jedoch aufgrund der 618 Dies sind f. 102r, 103r, 104v, 105r und 107v. 619 In den übrigen Handschriften lautet diese Stelle, ohne inhaltliche Variationen, nexa quibus vicia.



Textgebrauch im Spiegel der Kodizes

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teils sehr schlechten Lesbarkeit des Glossentextes nicht mit völliger Sicherheit entscheiden. Dementsprechend ist es auch nicht möglich zu bestimmen, mit welchem zeitlichen Abstand diese Korrekturen vorgenommen wurden, ob direkt nach der Abschrift oder später. Auch wenn die kommentierenden Glossen nur stellenweise zu lesen sind620, so kann aufgrund ihrer Komplexität jedoch eher von einem Verwendungskontext ausgegangen werden, in welchem das Erlernen der lateinischen Sprache und Schrift noch nicht allzu lange zurück lagen – also dem Bereich der Lateinschule oder der Collegien und Bursen. Auch die Wortglossen stützen diesen Verdacht; zum Beispiel illustrieren auch die Wortglossen (-que) (pro) (est) auf f. 97r und -ue (pro) (vel) auf f. 97v diesen Sachverhalt621. Ist auch der genaue Ursprung dieses wohl aus propädeutischem Kontext stammenden libellus nicht zu klären, lässt sich jedoch etwas über einen späteren Nutzer des Textes aussagen. Auf Blatt 99v der Handschrift A1 befindet sich auf dem unteren Rand eine Glosse, die von der Hand des Narcissus Pfister stammt622. Von Pfisters Hand ist auch die anfängliche Rubrizierung des Textes sowie am Rand eingetragene Überschriften zu einzelnen Abschnitten des Gedichts. Der wohl in Augsburg gebürtige Narcissus Pfister623 war seit 1401 magister studentium der Dominikaner in Köln, las dort auch über die Sentenzen des Petrus Hispanus, nachdem er zuvor, um das Jahr 1398, lector in Speyer gewesen war. Seit 1406 war er an der Kölner Universität immatrikuliert, etwa 1410 lehrte er ebendort Theologie. Um 1420 kehrt er nach Augsburg zurück, wechselt in den Benediktinerorden über und tritt in den Konvent von St. Ulrich und Afra ein, wo er noch 1434/35 nachzuweisen ist. Auch in Augsburg scheint Pfister gelehrt zu haben, und die große Zahl an von ihm verfassten oder abgeschriebenen Texten in den ehemals aus der Augsburger Stiftsbibliothek stammenden Handschriften bezeugt seine Tätigkeit als Theologe. Wie die zumindest anfängliche Rubrizierung, die eingefügten Überschriften und die Anmerkung zeigen, eignete sich Pfister zumindest oberflächlich diesen wohl in seinen Besitz gekommenen Text an624. Wann er ihn erwarb, bereits in Speyer, noch in Köln oder erst in Augsburg, oder wie er ihn nutzte, als „Lehrerexemplar“ im propädeutischen Unterricht oder als persönliches Handbuch, lässt sich freilich nicht feststellen. Zu den wenigen Wörtern, die in 620 Hier kommt noch hinzu, dass Textverlust durch Beschneiden der Seite vorhanden ist. 621 Die Notation mit runden Klammern wird hier benutzt, um die Verwendung von Abkürzungszeichen in der Handschrift abzubilden. 622 Der genaue Inhalt der Glosse lässt sich jedoch aufgrund des Erhaltungsgrads des libellus und des Duktus nicht klären. Vgl. S. 151, Abb 3.1. 623 Zu Pfister vgl. Bühler 1916, 37–44, Meier 1934 und Spilling 1978a, 91f. 624 Zur Aneignung fremder Texte durch den Benutzer, vgl. Reiter 2000, insbesondere 192– 204.

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Der kodikologische Kontext

seiner Randnotiz zu entziffern sind, gehört aristotelem, was auf ein deutlich höheres Niveau der Erschließung des Textes durch Pfister hindeutet, als es die Glossen, die er dort vorfand, zu leisten vermochten. Nach der im vierten libellus enthaltenen „Summa Iovis“ folgt der die zusammengestellte Handschrift abschließende, aus zwei Lagen bestehende fünfte Teil625. Während das abschließende Binion dieses libellus ungenutzt geblieben ist, enthält das Quatern zahlreiche Abschriften von Briefen aus dem österreichischen Raum in einer Hand des ersten Drittels des 15. Jahrhunderts. Aufgrund eines Inhaltsverzeichnisses auf f. Ir des Kodex von der Hand des Petrus Wagner626 kann der Zeitpunkt des endgültigen Abschlusses der Handschrift recht genau auf das Ende des dritten Viertels bis zum Ende des 15. Jahrhunderts als Terminus ante quem bestimmt werden. An einigen Stellen der Handschrift ist zumeist ein leichtes „Stutzen“ des Textes – auf den Blättern 88r, 99v, 100r, 101rv und 103v wurden die Oberlängen in unterschiedlichem Grad abgeschnitten –, aber auch Verlust einer ganzen Zeile durch Zuschneiden der Blätter – f. 102v, 104r und 107v – festzustellen. Dies überrascht in Bezug auf die „Summa Iovis“, wo dies aufgrund der intensivieren Nutzung des verfügbaren Raumes zwar mit höherer Wahrscheinlichkeit passieren musste, jedoch das Format des in diesem libellus verwendeten Papiers an sich etwas kürzer als das der in der restlichen Handschrift verwendeten Papiere ist. Was nun die Motivation des Zusammenstellens der in der Handschrift A1 enthaltenen Texte betrifft, ist auf jeden Fall die thematische Klammer der ars dictaminis anzunehmen. Zwar enthalten drei der fünf libelli der Handschrift Lehrgedichte, beziehungsweise im ersten libellus wird darüber hinaus Gebrauch von Exzerpten aus weiteren Lehrgedichten – der „Poetria nova“ und dem „Laborinthus“ – gemacht; doch kann in diesem Fall sicherlich nicht von der Gattung „Lehrgedicht“ als der Zusammenstellung zu Grunde liegendem Ordnungsprinzip, respektive einem offensichtlichen Bewusstsein für die diesbezüglichen Gemeinsamkeiten des „Compendium“ des Otto von Lüneburg, dem Text „Qui non confusum“ und der „Summa Iovis“ ausgegangen werden, wie dies Haye für nicht wenige Handschriften des Mittelalters feststellt627. Zugleich sind die fünf Teile, beziehungsweise die ersten vier Teile nicht als redundante Repetitionen des gleichen Stoffes aufzufassen, da sich das teils beigegebene Material in Umfang und Art doch sehr unterscheidet. Andererseits sind die Redundanzen in Bezug auf große Teile der ars dictaminis sicherlich wieder so groß, dass in dieser Hinsicht kein allzu gro625 Hs. A1, f. 109r–120v; Lagen: IV116 + II120. 626 Wagner (1455–1511) war seit 1470 Konventuale in St. Ulrich und Afra, seit 1502 Abt von Tierhaupten. Siehe Spilling 1984, 200. 627 Vgl. Haye 1997, 299–348.



Textgebrauch im Spiegel der Kodizes

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ßer „Mehrwert“ der Zusammenstellung angenommen werden kann, da der durch Lehrgedichte und die ars dictandi repräsentierte theoretische Anteil doch deutlich umfangreicher ist als der des zusätzlichen Materials – und für diesen gilt sicherlich der pragmatische Grundsatz, dass vor allem zusätzliche Briefmuster und -formulare stets nützlich sein können. Für die Frage einer Nutzung des ganzen Kodex wäre es interessant, die Stellung des letzten libellus in diesem genauer definieren zu können. Dass das diesen Teil abschließende Binio zur Gänze leer geblieben ist, könnte auf eine intendierte weitere Nutzung dieses Bestandteils oder der ganzen Handschrift hinsichtlich der weiteren Aufnahme von Briefmustern hindeuten. Ebenso gut könnte auch eine bereits vor der Zusammenstellung der Handschrift existierende Überlieferungsgemeinschaft mit der „Summa Iovis“ gemutmaßt werden. Denn dieser fehlt, vor allem wenn man sie mit dem Inhalt der ersten beiden, die anderen Lehrgedichte enthaltenden libelli vergleicht, gerade das die eher theoretische Abhandlung anreichernde Formelmaterial. Von weiteren Spekulationen absehend bleibt festzuhalten, dass einige Indizien – die im Großen und Ganzen inhaltliche Redundanz der Texte und der Textverlust durch Zuschneiden der Blätter – auf ein Ausscheiden der „Summa Iovis“ aus zumindest ständigem aktivem Gebrauch hindeuten. Aus ursprünglich vier Teilen besteht die Papierhandschrift F628. Der den Anfang machende Teil629 enthält das pseudoaristotelische „Secretum secretorum“ (f. 1r– 97v) sowie eine Zusammenfassung desselben in deutscher Sprache (f. 97v–103v). Beide Texte wurden von einer Hand geschrieben, die den Abschluss der deutschen Kurzfassung auf 1408 datiert. Allerdings stellt sich die Frage nach dem Aussagewert dieser Datierung. Denn die Version des „Secretum secretorum“ in Kombination mit der deutschen Bearbeitung der „Epistola Aristotelis ad Alexandrum“ wie sie sich in der Handschrift F darstellt, entspricht derjenigen in der Handschrift Wien, Österreichische Nationalbibliothek, 4762, f. 69r bis 167v, die ebenfalls auf das Jahr 1408 datiert ist630. Von anderer, späterer Hand beginnt auf Blatt 104r eine Sammlung von Notizen zu einer collatio, die Thomas Ebendorfer von Haselbach zugeschrieben und auf den 2. April 1435 datiert wird. Thomas Ebendorfer, Doktor der Theologie, verließ am 23. Januar 1435 das Basler Konzil, wo er als Gesandter der Universität Wien gewirkt hatte, und erreichte am 22. Februar, spätestens am 19. März, Wien, wo er seit dem 22. April 1435 abermals zum Dekan der Theologischen Fakultät gewählt wurde631, so dass dieses Ereignis durchaus im Bereich des 628 Vgl. oben S. 56. 629 Hs. F, f. IIr–105v; Lagen: 3.VI35 + 4.V75 + VI87 + V97 + IV105. 630 Vgl. Wurms 1970, 57. 631 Lhotsky 1957, 24f.

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Möglichen liegt. Die Notizen beginnen zwar auf Folium 104r, doch wird nach 105v der noch frei gebliebene Raum auf Blatt 103v genutzt. Alanus‘ ab Insulis Prosimetrum „De planctu naturae“632 beansprucht das Gros (f. 106r bis 180r) des zweiten libellus633. Die mise-en-page des gesamten Texts berücksichtigt Interlinear- und Marginalglossen, welche jedoch ab Blatt 118v nur noch sporadisch zu finden sind. Den Abschluss des Textes bildet ein Epitaph auf Alanus ab Insulis, der auf Blatt 180 verbliebene Platz ist für Bibelverse genutzt worden. Der gesamte libellus ist von einer Hand geschrieben. Aufgrund seines moralischen Inhalts und seiner sprachlich-literarischen Qualitäten fand „De planctu naturae“ im spätmittelalterlichen Schulunterricht Verwendung, wie die Überlieferung und Erwähnungen in Verzeichnissen von Schultexten zeigen634. Auch wenn die paratextuelle Ausstattung nur den Anfang des Textes eingehend erschließt, kann sie und die grundsätzliche Einrichtung des Textes in der Handschrift F zum Zwecke einer intensiven glossierenden Erschließung doch die Verwendung des Textes im Kontext der Schule stützen. Der dritte libellus635 enthält die „Summa Iovis“, ebenfalls von einer Hand geschrieben. Der gesamte Text ist mit marginaler Glossierung ausgestattet, und zahlreiches zusätzliches Material – Musterbriefe, Formeln etc. – wurde inseriert und angefügt. Insgesamt sieben zusätzliche Blätter Papier, auf denen sich ebenfalls weiteres Material befindet, wurden in die beiden Faszikel eingebunden. Die Erwähnung Wiens in den Musterbriefen deutet auf eine Entstehung des Textes im österreichischen Raum hin. Gerade die Erweiterungen des Textes auf den eingefügten Blättern verweisen auf eine intensive Nutzung des Textes durch den Erstbesitzer. Der letzte libellus der Handschrift F636 umfasst eine „Ratio de summa trinitate et fide katholica“ betitelte Zusammenfassung des „Liber Extra“ in Versen, die jedoch im Verlauf des 43. Titulus des dritten Buches abbricht637. Auf dem letzten Blatt des unvollständigen Textes wurde auf dem Rand die Abschrift (?) eines Briefes des Juan de Palomar, datiert auf den 16. April 1435 zu Wien, vermerkt. Der Brief, bei dem unklar ist, inwiefern er fingiert ist oder nicht, ist an einen Magister Joannes de Athesi gerichtet; und tatsächlich findet sich ein Johannes de A(t)thesi, der am 632 Zu „De planctu naturae“, vgl. Häring 1978 und Sheridan 1980. 633 Hs. F, f. 106r–180v; Lagen: 4.VI153 + 2.VII180. 634 Beispielsweise Hugo von Trimberg, „Registrum multorum auctorum“, V. 289. Vgl. Henkel 1988, 12f, 17, 60. 635 Hs. F, f. 181r–205v; Lagen (nicht eindeutig): V190 + (VII+1)205 + 7 nicht gezählte Blätter (je eins nach f. 181, 185, 188, 202, drei nach f. 184). 636 Hs. F, f. 206r–215v; Lage: V215. 637 Diese Versabbreviatur des „Liber Extra“ wird bei Worstbrock 1996 nicht aufgeführt.



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8. März 1433 an der Artistenfakultät Wien zur inceptio zugelassen wurde und am 1. September 1433 ebenda für das kommende Studienjahr als ordinarie über die „Obligatoria“ des Marsilius von Inghen lesender magister regens vermerkt wird638. Während der Brief auf Blatt 215v von anderer Hand ist, wurde die Versabbreviatur des „Liber Extra“ durchgehend von einer Hand geschrieben. Versucht man nun aus dem Inhalt der Handschrift Rückschlüsse auf ihren letzten Verwendungskontext zu ziehen, so wird es sich wohl um die Gebrauchshandschrift eines Geistlichen handeln. Das „Secretum secretorum“ hat hierbei als regimen sanitatis einen allgemeinen, vom genauen Kontext unabhängigen Gebrauchswert. Zwar ist die Version von „De planctu naturae“ in der Handschrift F originär schulisch, doch sollte sie später abermals in einem solchen Zusammenhang genutzt worden sein, hat dies zumindest in der Handschrift keinen Niederschlag gefunden. So könnte der Text auch einzig zur persönlichen moralischen Reflexion gedient haben – eine Reflexion, die hypothetisch rein persönlich, aber auch seelsorgerlich konnotiert sein kann. Ebenfalls mit dem Ziel der Verwendung als Schultext kann die „Summa Iovis“ in den Besitz des letzten Handschriftennutzers gekommen sein; aber auch hier ergibt sich, durchaus gerade aufgrund der intensiven paratextuellen Erschließung des Textes, ein breiterer Nutzen des Textes, der nicht auf die Lehre oder das Lernen beschränkt bleibt. Die kanonistische Versabbreviatur könnte noch am ehesten auf eine im Vergleich exakter zu bestimmende Position des letzten Besitzers der Handschrift verweisen. Eine Position, die zumindest oberflächliche Kenntnisse des Kirchenrechts erfordert und somit vielleicht mehr eine aktivere Rolle im Kloster oder als Pleban impliziert, als die der reinen vita contemplativa. Bei der Handschrift M5 handelt es sich um eine Studien- und Gebrauchshandschrift aus dem 14. und 15. Jahrhundert639. Innerhalb der Handschrift lassen sich einzelne Textgruppen ausmachen. Die erste (f. 1–114) wird von einigen aristotelischen und pseudoaristotelischen Texten gebildet. Es handelt sich hierbei um „De somno et vigilia“, respektive die „Physionomia“ und „De causis“, welche alle drei mit Kommentaren versehen wurden. Diesen schließt sich eine Sammlung von Quästionen über „De caelo et mundo“ sowie ein Text „In libros ethicorum“ an. Schultexte, beziehungsweise für den Schulgebrauch aufbereitete Texte, bilden die zweite Gruppe (f. 115–172). Thematische Schwerpunkte dieser Gruppe sind Lexik, Moraldidaktik und ars dictaminis. Ersteren Bereich decken zwei lateinischdeutsche Vokabulare (f. 115–123, 162f ) sowie der „Cornutus“ des Johannes de

638 Maisel/Matschinegg/Bracher 2007a, Nrn. 6267 und 6379. 639 Vgl. oben S. 66f.

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Garlandia (f. 136–139)640 ab. Der Moraldidaktik sind eine Versifikation der „Breves sententiae“ der „Disticha Catonis“ in leoninischen Hexametern (f. 140–143)641 und der „Antigameratus“ des Frowin von Krakau (f. 144–155)642 gewidmet. Die Versifikation der „Disticha Catonis“ ist mit Interlinearglossen versehen, in marginem findet sich der ursprüngliche Prosatext der „Breves sententiae“643. Beim „Antigameratus“ des Frowin handelt es sich um ein 430 versus differentiales umfassendes Gedicht, das vielfältige Moraldidaktik (allgemeine Verhaltensnormen nach der Art der „Disticha Catonis“, spezielle Verhaltensmaßregeln für Geistliche, Adelige, Bauern und Eheleute, Tischzucht und Vorschriften hinsichtlich von Kleidung, Haartracht et al.) mit Unterweisung in lateinischen aequivoca und in Prosodie verbindet644. Neben einigen kommentierten Paulusbriefen (f. 156–161) enthält dieser Teil zudem das „Compendium“ des Otto von Lüneburg (f. 124–135)645 sowie die „Summa Iovis“ (f. 164–172). Der Text des Otto von Lüneburg, in einer Hand des 14. oder 15. Jahrhunderts, wurde kommentiert (Holtz, P10), teilweise interlinear glossiert oder mit Wortfolgebezifferung versehen. Die „Summa Iovis“ nimmt eine eigene Lage ein – ein Quinternion, aus dem ein Blatt herausgeschnitten wurde (f. 164–172). Die Rektoseite des ersten Blattes weist Abrieb (das Incipit des Kommentars ist nicht zur Gänze lesbar) und Verschmutzungen auf, die letzte Versoseite ist bis auf einen Titel (sumula Jovis) leer. Der Text wurde von einer Hand vom Ende des 14., Anfang des 15. Jahrhunderts geschrieben, die nicht mit der vorhergehenden oder nachfolgenden identisch ist. Gemäß dem Kolophon handelt es sich bei dem Schreiber um einen frater Steffanus Prechtl, über den nichts Weiteres bekannt ist. Prechtl versah den gesamten Text durchgehend mit interlinearen Worterklärungen und Wortfolgebezifferung; ein Kommentar in Klammerform begleitet den gesamten Text, zur zusätzlichen Übersichtlichkeit sind die einzelnen Abschnitte des Kommentars mit Verslemmata versehen (Holtz, P9bis). Der Schriftspiegel des Verstextes und der Kommentare wurde sorgfältig und durchgehend eingetragen. Bis auf die ersten beiden Seiten, die sieben und acht Verse enthalten, befinden sich auf jeder Seite sechs Verse. Es wurde darauf geachtet, dass der Kommentar zumindest immer auf der gleichen Seite anfängt, auf welcher der dazugehörige Ver640 Vgl. Henkel 1988, 270f. 641 Walther 1969, Initium 14723. 642 Vgl. Henkel 1988, 255–157. 643 Vgl. Henkel 1988, 228, 274 Anm. 63. 644 Vgl. Maaz 1999. 645 Auf den Blättern 134v bis 135v finden sich zunächst zwei lateinische Musterbriefe von gleicher Hand, auf f. 135v ein kurzes Briefmuster in deutscher Sprache von einer späteren Hand, in welchem Tegernsee erwähnt wird.



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stext steht. Dies hat zur Folge, dass das quantitative Verhältnis von Kommentar- zu Verstext nicht auf allen Seiten gleich ist, sich zum Teil nur ein einziger kurzer Absatz als Kommentar auf einer gegebenen Seite befindet. Die sorgfältig durchdachte mise-en-page des gesamten Textes deutet darauf hin, dass Prechtl bereits ein Text mit weitgehend vollständig formuliertem Kommentar und eventuell vergleichbarer Einrichtung der Seiten zur Abschrift vorlag. Die gesamte Einrichtung des Textes weist auf einen schulmäßigen Entstehungskontext hin. Der „Summa Iovis“ schließt sich von anderer Hand ein Bericht über eine Synode zu Seligenstadt am 12. Mai 1454 und deren Beschlüsse an (f. 174–185). Diesem Bericht folgt die letzte Gruppe von Texten in der Handschrift M5; der verbliebene Teil der Handschrift (f. 186–220) wurde in seiner Gesamtheit von einem Frater Quirinus von Tegernsee geschrieben, eigener Aussage nach zum Zeitpunkt der Abschrift Bakkalaureus zu Basel (f. 186r und 222r)646. Am Anfang steht, sich passend an die vorhergehenden Dekrete der Synode anschließend, ein Traktat „De iure canonico et ciuili et de magistris eius“ (f. 186–190). Darauf folgen die argumenta verschiedener Bücher des neuen Testaments (f. 191–205), ein anonymer mnemotechnischer Traktat „Aristoteles summus“ (f. 206-213)647 sowie ein Verzeichnis der Bücher der Bibel (f. 214–220). Wenn auch die einzelnen Textgruppen innerhalb der Handschrift gewisse Gebrauchskontexte andeuten, so lässt sich der genaue Charakter und hypothetische Verwendungszweck der gesamten Handschrift M5 nur ungenau bestimmen. Für die erste Gruppe, die die verschiedenen (pseudo-)aristotelischen Texte und Metatexte enthält, ist die Nutzung in einem universitären Kontext, respektive zumindest diejenige durch einen universitär Gebildeten wahrscheinlich. Die letzte Gruppe, die die von Frater Quirinus von Tegernsee kopierten Texte und den Synodalbericht umfasst, kann dem Gebrauchsschrifttum eines benediktinischen Geistlichen – Texte zum Kirchenrecht und zu Bestimmungen des Benediktinerordens, Texte zur Bibel(-exegese) – zugerechnet werden. In Betreff der zweiten Gruppe könnte man an sich vermuten, dass es sich um eine reine Sammlung von Schultexten zum Gebrauch in eben selbigem handelt. Hierbei gilt natürlich zu beachten, dass die Texte auch in einem „nachschulischen“ Kontext ihren praktischen Wert behalten. Problematisch erscheint zunächst jedoch, dass mit dem Nebeneinander der 646 Quirin von Tegernsee, sein Taufname lautete Johannes Draegsl (Dragsl) von Vilsbiburg, legte 1466 seine Profess ab und verstarb am 1. Mai 1478 (Vgl. Lindner 1897, 104, Nr. 477). Ein „Johannes Dragcksun de Vildpiburg“ immatrikulierte sich während des Rektorats von Peter zum Luft (1. Mai – 17. Oktober 1461) in Basel, vgl. Wackernagel/Triet 1951, 23, Nr. 90. 647 Heimann-Seelbach 2000, 60, 447 Anm. 13.

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beiden Lehrgedichte zur ars dictaminis Redundanzen gegeben sind, welche unter Umständen auf ein Ausscheiden dieser beiden Texte aus dem Gebrauch hindeuten könnten. Allerdings sind der Inhalt der „Summa Iovis“ und des „Compendium“ des Otto von Lüneburg nicht zur Gänze identisch. Wie oben dargestellt sind partes-Lehre, Salutationslehre, verschiedene vitia dictaminis, der cursus sowie zumeist allgemeinere stilistische Anweisungen zur Wortfügung Gegenstand der „Summa Iovis“. Zwar kommen in größerem oder geringeren Ausmaß diese Punkte auch bei Otto von Lüneburg zur Sprache, so zum Beispiel cursus und partes-Lehre648, doch werden diese Punkte teils in etwas anderer Art und Weise ausgeführt649, und im Gegensatz zur „Summa Iovis“ findet sich im „Compendium“ ein Abschnitt zur Urkundenlehre. Die beiden Lehrgedichte sind inhaltlich also durchaus komplementär, insofern sie unterschiedliche Schwerpunkte haben und sich auch bei den in beiden Texten behandelten Punkten durchaus ergänzen650. Beide Texte sind in unterschiedlichem Maß propädeutisch durch Wortfolgebezifferung und Wortglossen erschlossen, die formelhafte Sprache der Kommentare ist zu unspezifisch, als dass sie sich einem eindeutigen Kontext zuordnen ließe. Dem Kommentar zum „Compendium“ ist jedoch ein kurzer Prolog mit collatio und accessus vorangestellt, und auch der gesamte Kommentar deutet mit seiner formelhaften Sprache in eine universitäre Richtung. Die Textzusammenstellung der Handschrift M5 weist also auf die Gebrauchshandschrift eines Geistlichen (Quirin von Tegernsee?) hin; eine Handschrift, die Texte allgemeinen Nutzens für einen Geistlichen enthält (kanoni648 Eine vorläufige Kollation des „Compendium“ des Otto von Lüneburg wurde anhand der Handschriften des 14. und frühen 15. Jahrhunderts erstellt. Bei diesen Handschriften handelt es sich um: Augsburg, SB und StB, 2o Cod. 215, f. 1r–67v (Augsburg?; 15. Jh.); Erfurt, Wissenschaftliche Bibliothek, CA 4o 56, f. 24r–33r und 42v–44r (1404, 1. Hälfte 15. Jh.); ebenda, CA 4o 66, f. 25r–27v (Erfurt?; 1391); Klagefurt, Archiv der Diözese Gurk (ehem. Bischöfliche Bibliothek), Cod. XXXI c 12, f. 65r–81r (Österreich?; 1371); München, BSB, Clm 5670, f. 30r–33r (14. Jh.); ebenda, Clm 16520, f. 123r–166r (14. Jh.); ebenda, Clm 19668, f. 124r–136r (14./15. Jh.); ebenda, UB, 4o Cod. ms. 814, f. 33r–34v (Süddeutschland; Ende 14. Jh.); Praha, Archiv Pražského Hradu, Cod. M LXVIII, f. 66v–68r (3. Viertel 14. Jh.); Wien, ÖNB, Cod. 303, f. 166r–166v (Mitte 14. Jh.); Wolfenbüttel, HAB, Cod. Guelf. 18.30 Aug. 4o, f. 42r–43r (Ende 14. Jh.); Wrocław, Biblioteka Uniwersytecka, Cod. IV Q 81b, f. 306r–321r (14. Jh.). 649 Diese Unterschiede sind in einigen Fällen auch durch die in unterschiedlichem Maße verwendeten Referenztexte bedingt. Bei der „Summa Iovis“ beispielsweise die Lehre von den Stilfehlern durch die „Summa dictaminis“ des Guido Faba, bei Ottos von Lüneburg „Compendium“ die Amplifikation und Kürzung des Textes nach der „Poetria nova“ des Galfridus de Vino Salvo. 650 So führt das „Compendium“ exemplarisch Verben, die in der petitio Verwendung finden können an, während die „Summa Iovis“ die vitia petitionis bespricht.



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sches Recht, Texte zur Bibel), zugleich Studienbuch ist (aristotelische Texte) und in Anbetracht der thematischen Breite der Texte und des vielfältigen Erschließungsgrades der Texte auf eine Verwendung in einem schulischen Kontext schließen lässt (Lexik, Moraldidaktik, ars dictaminis und Texte zur Bibel). Die Bibliotheksheimat der Papierhandschrift M1 ist ebenfalls das Benediktinerkloster Tegernsee651. Die Handschrift ist hierbei aus zwei ursprünglich unabhängigen Teilen zusammengesetzt worden652. Der erste Teil, der von einer Hand der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts geschrieben wurde, beginnt mit den „Synonyma“ des Johannes de Garlandia, welche von einem Kommentar begleitet werden (f. 1r–4r)653. Die „Synonyma“ sind unvollständig, und die Handschrift überliefert nur in etwa das letzte Siebtel des Textes654. Die gesamten folgenden Blätter des ersten Teils enthalten das „Vocabularius Ex quo“ in der Redaktion M655. Der erste Faszikel des zweiten Teils trägt auf Blatt 150r den Schluss eines Kommentars zum ersten Buch des „Doctrinale“ des Alexander de Villa Dei. Der Kommentar ist hierbei in einem recht formelhaften Explicit auf das Jahr 1431 datiert; in einem zweiten Explicit vermerkt ein Johannes Sumer, dass er diesen Kommentar am 19. Mai 1431 auf Grundlage einer Vorlesung des Michael Puff von Schrick niedergeschrieben hätte. Allerdings wird Schrick, der in Wien seit 1423 Grammatik und Dialektik lehrte, weder 1431 noch zeitnah als ordentlich über den ersten Teil des „Doctrinale“ lesender magister regens erwähnt. Gemäß der alljährlichen Verteilung der im kommenden Studienjahr zu lesenden Bücher am 1. September 1430 las Johannes Widman von Dinkelsbühl, 1448 Rektor der Universität Wien, im entsprechenden Studienjahr ordinarie über das erste Buch des „Doctrinale“656. Johannes Sumer aus Obernberg bei Vilshofen, der den gesamten zweiten Teil geschrieben hat, war seit dem 13. Oktober 1430 in Wien immatrikuliert657. Im Anschluss an dieses Fragment steht die „Summa Iovis“ – es ist anzumerken, dass sich im gesamten zweiten Teil der Handschrift keine deutlichen materiellen Zäsuren zwischen den einzelnen inhaltlichen Bestandteilen finden lassen, so dass von einer sukzessiven Entstehung dieses Teils auszugehen ist. Auf den Folia 150v bis 151v befindet sich hierbei der Verstext, mit Wort- und Marginalglossen ausgestattet, ab Blatt 151v 651 Vgl. oben S. 65. 652 1. Teil: f. 1r–149v, Lagen: 6.VI72 + VII86 + (V–1)95 + VII109 + 2.VI132 + V142 + (IV–1)149; 2. Teil: f. 150r–208v, Lagen: (VI–2)158 + VI170 + (V+5)184 + (VI–2)194 + (VI+3)208. 653 Henkel 1988, 269f. 654 Die vier Blätter tragen eine ältere Foliierung („75–78“). 655 Vgl. Schnell 1988, Bd. 1, 82 (Hs. M32), 136–164. 656 Maisel/Matschinegg/Bracher 2007a, Nr. 5765. 657 IÖG 1956, 173, Nr. r50.

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bis 156r ist ein Kommentar zum Text eingetragen658. Das Ende des Verstextes wird auf Blatt 151v auf 1431 datiert659. Im Anschluss an die „Summa Iovis“ und ihren Kommentar beginnt eine Sammlung von nach Ständen geordneten salutationes, exordia und narrationes (f. 156r–161r). Nach diesem Traktat folgt zunächst eine Reihe von lateinischen Briefmustern, die großteils Orte und Personen aus dem Raum Passau-Vilshofen und der Universität Wien nennen und um 1431 datiert sind (f. 161v–164v), danach ein weiterer lateinischer Briefsteller, der auf den schlesischböhmischen Raum verweist und intensiv mit Wortglossen versehen wurde. Hierauf schließt sich abermals ein Text zur ars dictaminis an, der Formeln für einzelne partes epistolae in tabellarischer Form sowie ein Kapitel zu den colores rhetorici umfasst (f. 168v–186v). Eine weitere Sammlung von Brief- und Urkundenmustern nimmt die Blätter 187v bis 194v ein. Die Urkundenmuster deuten wieder auf den schlesischböhmischen Raum hin, während die lateinischen und deutschen Briefe abermals in die Herkunftgegend des Schreibers verweisen, teils datiert auf 1432. Einer kurzen ars dictandi (f. 195r–197v) gehen einige Verse in lateinischer und deutscher Sprache über das Los armer Bursalen (f. 194v) voraus, am Ende abermals ein Briefsteller (f. 197v–207v). Die Briefmuster sind häufig mit Wortglossen versehen und erwähnen wenige Namen und Orte, darunter Prag, Wien und Nürnberg. Einige theoretische Abschnitte wurden unter die Briefmuster gemischt, und es finden sich Marginalglossen im gesamten Briefsteller. Zwei der Briefe betreffen einen fiktiven Briefwechsel zwischen Rhetorik und Logik. Auch wenn sich nicht feststellen lässt, ob und welche Texte die ursprüngliche Handschrift Sumers außer dem kommentierten ersten Buch des „Doctrinale“ noch enthielt, so kann doch aufgrund der erhaltenen Texte Einiges gefolgert werden. Die „Summa Iovis“ wurde nicht nur in einem universitären Kontext erschlossen, die Art und Weise dieser Erschließung lässt auch einen Gebrauch jenseits der „rezipierten“

658 Es handelt sich hierbei um einen Kommentar, der mit Variationen oder zumindest ähnlich in den Handschriften Mk4 (1422), B (1439), Z (1446), Mk5 (1449), Kr (2. Drittel 15. Jh.), Lu (1461) und S (3. Viertel 15. Jh.) enthalten ist. Das Incipit des prologus circa librum lautet in etwa: circa principium illius libri, quemadmodum circa pricipium cuiuslibet alterius libri sunt aliqua dubia generalia, que habentur in istis communibus metris: Si bene vis scire librum; das des prologus circa artem ungefähr: ex quo presens liber est rethoricalis. 659 Geht man davon aus, dass die fragliche lectio der ,Summa Iovis‘ noch im selben Studienjahr wie die von Johannes Sumer gehörte Vorlesung über das „Doctrinale“ stattfand, so kommen entweder ein Christophorus von Salzburg oder ein Wolfgang von Steinen als betreffende magistri regentes in Frage. Vgl. Maisel/Matschinegg/Bracher 2007a, Nrn. 5787, 5795.



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Propädeutik zu660: Also entweder zum rein persönlichen oder professionellen Gebrauch, sei dies nun als Schreiber oder als Schulmeister. Das umfangreiche Material an Briefmustern, Formularen, aber auch theoretischen Zusätzen zeigt, dass sich Sumer eingehend mit der ars dictaminis beschäftigte. Respektive trachtete er aktiv danach, den ihm zur Verfügung stehenden eher einführenden Text der „Summa Iovis“ durch die Zusätze in seinem Gebrauchswert zu steigern. An sich verbietet es sich, aufgrund des Formelmaterials Rückschlüsse auf Johannes Sumers Leben zu ziehen, allerdings deuten einige der Briefe zumindest an, dass er eine Position als Schulmeister anstrebte661. Die Mühe, mit welcher Sumer zusätzliches Material zusammentrug und damit aus dem Lehrgedicht eine veritable summa dictandi machte, wird wohl auch derjenige Sachverhalt gewesen sein, der diesem Teil seiner Handschrift im Gegensatz zum ersten Buch des „Doctrinale“ die Überlieferung sicherte. Der letzte bekannte Besitzer der Handschrift M1 war der Weltgeistliche Johannes Krapf († 1518), der 1483 als Bruder Chrysogonus in das Kloster Tegernsee eintrat und aus dessen Besitz die Handschrift in den des Klosters überging. Mit welcher Intention Krapf die Handschrift zusammenstellte, lässt sich allerdings nicht sagen, und es ist wohl persönlicher Gebrauch zu vermuten. Die Papierhandschrift K ist auf das 14. Jahrhundert zu datieren662. Eine erste Hand hat auf den Blättern 1r bis 35r die tractatus I bis V der „Summulae logicales“ des Petrus Hispanus663 eingetragen und mit einem Marginalkommentar versehen. Die übrige Handschrift ist fast vollständig von einer Hand des 14. Jahrhunderts geschrieben, die die Texte der „Summa Iovis“ und des „Compendium“ des Otto von Lüneburg auf 1371, genauer auf den 14. Februar, beziehungsweise den 19. Mai datiert. Auf die „Summulae logicales“ folgt jedoch zunächst ein Traktat über die partes orationis (f. 36r–58v). Diesem schließt sich die „Summa Iovis“ an (f. 60r– 64v). Das Lehrgedicht wird von einem Kommentar in Klammerform begleitet (Holtz, P2). Zur besseren Übersichtlichkeit sind die Abschnitte des Kommentars mit Verslemmata markiert. Darüber hinaus finden sich Paragraphenzeichen 660 Der Kommentar macht, wenn auch zum Teil sehr oberflächlich, Gebrauch von Verweisungen auf Aristoteles und einer sehr formelhaften Sprache, was sich zwar sicherlich an einer Lateinschule nicht zwangsläufig verbietet, doch für einen Studierten, der diese Verweise auch einordnen und benutzen kann, von größerem Nutzen ist. 661 Auf f. 162r Brief eines Georg Weydacher an Propst Heinrich IV. Preller von Ranshofen mit der Bitte, einen mit Weydacher verwandten Wiener baccalaureus artium als Schulmeister anzustellen, siehe Schneider 1996, 49. 662 Vgl. oben S. 57f. 663 Vgl. Rijk 1972.

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als „Kommentaranker“ im Verstext – diese Einteilung entspricht aber nicht immer derjenigen der Abschnitte des Kommentars. Allerdings ist das Nebeneinander von Text und Metatext nicht sorgfältig genug ausgeführt, respektive könnte vermuten lassen, dass der Schreiber keine Vorlage hatte, aus der er eine entsprechend ausgeführte Einteilung der Seiten und Zuordnung der Texte hätte übernehmen können. Ursache dieses Problems ist die Tatsache, dass der Text des Kommentars als Fließtext ausgeführt wurde. Zwar wird versucht, durch Variation der Anzahl der Verse auf jeder Seite und dadurch, dass sich auf den Blättern 61r und 63r keinerlei Verse finden, das „Überholen“ des Lehrgedichts durch den Metatext auszugleichen; doch konnte dies nicht verhindern, dass der Kommentar letztendlich bereits auf Blatt 64r abgeschlossen ist, die „Summa Iovis“ selbst jedoch noch die folgende Seite einnimmt (vgl. Abb. 3.2). Wie die beiden Texte ausgeführt wurden, ob nacheinander oder gleichzeitig, lässt sich dabei nicht sagen. Unter Umständen lagen vielleicht beide Texte getrennt vor, also Verstext und mit Lemmata versehener Kommentartext, und der Schreiber scheiterte bei der von ihm intendierten Zusammenführung. Zwischen Blatt 64 und 65 fehlen zwei Blätter, was darauf hindeuten könnte, dass die „Summa Iovis“ in einem eigenständigen Sextern enthalten ist. Auf Blatt 65r stehen die ersten 20 Verse des „Compendium“ des Otto von Lüneburg, Blatt 65v ist bis auf Federproben leer. Zwischen Blatt 65 und 66 wurden abermals Blätter herausgeschnitten – in diesem Fall sind es drei. Auf den Blättern 66r bis 88v folgt nun ein Kommentar zum Lehrgedicht des Otto von Lüneburg, wobei Verslemmata und Kommentar zweispaltig alternieren (Holtz, P9). Der nun folgende Text ist der um 1330 in Erfurt entstandene „Computus chirometralis“ des Johannes Algeri (Eligerus) (f. 81r–88v). Beim „Computus chirometralis“ handelt es sich um ein Lehrbuch für das Rechnen unter Zuhilfenahme der Hände und von Merkversen664. Dem „Computus chirometralis“ schließen sich von gleicher Hand eine komputistische Tafel zum Mondzyklus (f. 90v) sowie eine komputistische Tafel mit Kommentar an (f. 90v–92r), die einem Garlandus (Gerlandus Computista?) zugeschrieben wird. Eine dritte Hand hat auf den Folia 93r bis 96r den „Computus metricus“ des Johannes de Polonia (?) eingetragen665. Das Gedicht wurde mit Glossen versehen, und auf Blatt 96v folgt eine dazugehörige Rechentafel. Die letzten beiden Folia der Handschrift nehmen weitere komputistische Tabellen ein, wohl dem Komputus des Beda Venerablis entnommen (f. 97r–98v). In diesen werden unter anderem die (sich rein rechnerisch ergebenden) Sonnen und Mondfinsternissen der Jahre 1365 bis 1386, respektive 1364 bis 1386 angeführt. 664 Vgl. Mütz 2003. 665 Vgl. Walther 1969, Initium 5652.



Textgebrauch im Spiegel der Kodizes

Abbildung 3.2: Klagenfurt, Archiv der Diözese Gurk, Cod. XXXI c 12, f. 64r

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In ihrem Kern, also den von der zweiten Hand beschriebenen Folia 36 bis 92, handelt es sich um eine Gebrauchshandschrift. Der Schreiber vereinte Texte primär zur Briefrhetorik und Komputistik; in beiden Bereichen handelt es sich um, qua ihrer Natur als Lehrgedichte, einführende Texte („Summa Iovis“, Ottos von Lüneburg „Compendium“) oder Handbücher zum einfacheren Gebrauch der schwierigen Materie („Computus chirometralis“). Das im Anschluss hinzugegeben tabellarische Material und der metrifizierte Computus fügen sich dabei in den pragmatischen Charakter ein. Trotz der im Vergleich schwierigeren Materie reihen sich die kommentierten „Summulae logicales“ als Hand- und Lehrbuch zur Dialektik somit in den Gesamtcharakter der Handschrift ein. Über die Entstehung der Handschrift können lediglich Vermutungen angestellt werden. So ist es sowohl möglich, dass die gesamte Handschrift zum Beispiel vom Schreiber des zweiten Teils zusammengestellt wurde, als auch, dass es sich um eine nachträgliche Kompilation einer weiteren Person – die wiederum mit dem ersten oder dritten Schreiber identisch sein könnte – handelt. Die zahlreichen zwischen den beiden Lehrgedichten zur ars dictaminis herausgeschnittenen Blätter könnten als Modifikationen des Ausgangsmaterials gedeutet werden. Es wäre also denkbar, dass es sich bei der Reihenfolge dieser Texte nicht um eine genetische handelt. Insgesamt erscheint die Zusammenstellung in ihrer textuellen Abfolge als höchst intentional. Hierbei ist auch an eine hierarchische Ordnung zu denken – eine Ordnung, deren Anfang mit der Dialektik bereits durch das Incipit der „Summulae“ postuliert wird (Dialectica est ars artium, scientia scientiarum etc.). Von der allgemeinrhetorischen Lehre von den partes orationis wird nun zur spezifischeren Briefstilistik übergegangen. Die „Summa Iovis“ kann hierbei als die ars dictaminis vorbereitender Text gelten, während der Text des Otto von Lüneburg, wie auch der umfangreichere Kommentar vor Augen führt666 und, wie oben bereits zum Inhalt angemerkt wurde, tiefer in die Materie eindringt, respektive im Vergleich partiell speziellere Fragen behandelt. Sind bereits diese Lehrtexte zur Dialektik und Rhetorik pragmatisch orientiert, gilt dies in noch höherem Maß für das komputistische Material. Die komputistischen Texte verweisen auf einen Geistlichen als Nutzer der Handschrift, das Lehrbuch des Petrus Hispanus, aber auch die Art und Weise der Kommentare zur „Summa Iovis“667 und zum „Compendium“ – Verweise auf 666 Allerdings gilt hierbei zu beachten, dass der Kommentar das umfangreiche Wortglossenmaterial, welches offensichtlich das „Compendium“ begleitete, am Ende der jeweiligen Kommentarabschnitte anfügt. Die Glossen werden hierbei stets durch ein mit einem Paragraphenzeichen und Umrahmung hervorgehobenen litterae angekündigt. 667 Bei dem Kommentar in K handelt es sich um den ältesten datierten Kommentar zur „Summa Iovis“; das Incipit der collatio lautet: n Libro de bona fortuna scribitur Sine (?)



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aristotelische Werke sowie eine formelhaft-kommentierende Sprache – deuten auf einen höheren Bildungsstand des Nutzers hin. Bei der Handschrift K, die aufgrund ihres durchgehenden Hand- und Lehrbuchcharakters fast schon als Sammelhandschrift zu bezeichnen ist, handelt es sich also um eine Handschrift primär wohl des Eigengebrauchs. Eine Verwendung als Studien- oder Lehrbuch kann jedoch ebenfalls in Frage kommen. Ehemals aus der Bibliothek des Collegium Amplonianum stammt die Handschrift E1668. Sie wird mit der Signatur „Gramm. 25“ im 1410 bis 1412 von Amplonius Ratinck de Berka († 1435) angefertigten Katalog seiner 1412 dem von ihm gestifteten Kolleg übereigneten Bücher genannt669. In der Handschrift lassen sich sechs verschiedene Schreiberhände unterscheiden; drei haben einen Großteil des Kodex geschrieben, so dass sich grob eine Einteilung nach diesen Haupthänden vornehmen lässt. Die erste Hand hat 63 der insgesamt 115 Folia des Kodex beschrieben. Am Anfang der Handschrift steht ein grammatischer Traktat, die „Summa grammatice“ des Petrus de Isolella (f. 1r–22v)670, welche der Schreiber im Explicit auf den 5. Oktober 1349 datiert. Dem folgen zwei kürzere grammatische Texte (f. 22v–28r) sowie ein Kommentar zum zweiten Buch des „Doctrinale“ (f. 28r–41r). Den Abschluss dieses Teils bildet ein Text „De rarissimis vocabulis“ eines Bernardus Isenacensis (f. 47r–63r)671; den verbliebenen Platz auf Blatt 63 hat der gleiche Schreiber für Anmerkungen zur Grammatik genutzt, wobei eine etwas jüngere Hand auf Folium 63r nochmals Notizen zur Bildung von Verben eingetragen hat. Mit den von einem Kommentar begleiteten „Verba deponentialia“ des Johannes de Garlandia672 (f. 66r–78r) beginnt der zweite Teil der Handschrift. Auch hier folgen abermals kurze grammatische Texte, allerdings bilden einige Mariengebete den Abschluss dieses Teils (f. 79r–81v). Der dritte Teil, der in einer Hand der Mitte/zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, wohl aus dem mitteleuropäischen deutschsprachigen Raum, geschrieben ist, ist ebenfalls grammatischen Inhalts. Auf einen Kommentar zu Donat (f. 82r–94v) bonis exterioribus quorum fortun a est domina nemo erit felix [vgl. AA, „De bona fortuna“, Nr. 1]; das des accessus: Item sicud dicit aristoteles vnumquodque scire arbitramur dum causas eius cognoscimus [vgl. AA, „Physica“ I, Nr. 2]. 668 Vgl. oben S. 54f. 669 Lehmann 1929, 1f, 9f. 670 Ed.: Fierville 1886; Handschriften unter dem Incipit Ut ad sapientiam per grammaticam venire possumus bei Bursill-Hall, 1981. 671 Vgl. Walther 1969, Initium 381. 672 Worstbrock 1983b, Sp. 617f.

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Der kodikologische Kontext

folgt das glossierte Vokabular „Dictionarius metricus“ des Johannes de Garlandia673 (f. 94r–97v). Im Anschluss an dieses Vokabular findet sich die „Summa Iovis“ (f. 97r–101v). Das Lehrgedicht wird von einem Kommentar begleitet; Vers und Kommentartext sind zweispaltig-alternierend angelegt (Holtz, P9). Wie häufige Rekurse auf Werke des Aristoteles und die formelhaft-kommentierende Sprache zeigen, scheint der Kommentar von einem höheren Bildungsniveau der Rezipienten auszugehen674. Der stellenweise elliptisch-stichwortartigen Stil des Kommentars und die exzessive Verwendung von Abbreviaturen legen nahe, dass dies sicherlich ebenfalls vom Schreiber/Kopisten des Textes gesagt werden kann. Zudem deutet die Verwendung von officium für den Terminus introitus in der collatio des Kommentars auf einen dominikanischen Kontext des Verfassers oder zumindest Schreibers des Kommentars hin675. Von anderer, aber ungefähr zeitgleicher Hand, wurden auf Blatt 102v einige Zusätze eingetragen; es handelt sich um Regeln zur Wortbildung, darunter auch einige Merkverse zu diesem Thema676. Das „Compendium metricum“ des Johannes von Lauburg677 folgt, ebenfalls von einer anderen, aber zeitgleichen Hand geschrieben (f. 102r–109v). Das sehr kurze Lehrgedicht, das das Thema der constructio behandelt, ist nach dem gleichen Schema wie die „Summa Iovis“ mit einem Kommentar ausgestattet. Auf Blatt 110 beginnt ein kurzer Traktat, der dasselbe Thema behandelt, jedoch wieder von der Hand ist, die auch die „Summa Iovis“ eingetragen hat. Am Anfang von Blatt 111r kommt es dann zu einem Schreiberwechsel, und der Text wird von einer neuen Hand zu Ende geführt. Die gleiche Hand schreibt auch die restlichen Texte der Handschrift E1: Dabei handelt es sich um eine kurze Sammlung von Sprichwörtern (f. 111r–114r), ein lateinisch-deutsches Vokabular (f. 114r–115r) und abschließend auf Blatt 115 ein kurzes contemptus mundi-Gedicht678. Das Thema fast aller Texte in dieser Handschrift ist die Grammatik, respektive die Grundlagen der lateinischen Grammatik, insbesondere die Bereiche Wortlehre und constructio. Gemäß des accessus wird auch die „Summa Iovis“ hier als grammatischer Text interpretiert, genauer als Text, der dem grammatischen Teilgebiet der 673 Worstbrock 1983b, Sp. 616. 674 Das Incipit der collatio des Kommentars lautet: Oculi mei semper ad dominum [Ps 24,15]; das des accessus: Et quia nostra principalis intentus est in ipsa grammatica prout que est fons et origo omnia scienciarum. 675 Der Erörterung der collatio wird Psalm 24,15, der Introitus des dritten Fastensonntags, zugrunde gelegt. 676 Ähnlich Walther 1969, Initium 1371. 677 Worstbrock 1983c. 678 Walther 1969, Initium 4618.



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Orthographie angehört. Diese Zuordnung liegt wohl in der Behandlung der verschiedenen auch grammatischen vitia in der „Summa Iovis“ und der Behandlung der colores rhetorici in der ars dictaminis sowie grundsätzlich der ars dictaminis als „Sprachlehre“ begründet679. Als Ganzes wird die Handschrift also in einen propädeutischen Kontext zu stellen sein, dem Spracherwerb oder der Sprachvertiefung gedient haben. Die große Materialfülle sowie die nicht unbedingt schulgemäße Kommentierung zum Beispiel der „Summa Iovis“ und des Donat680 weisen eher auf eine Verwendung in einem Kontext höherer Bildung hin. In der Bibliotheksheimat der Handschrift, dem Erfurter Collegium Amplonianum, konvergieren die beiden im Kodex vorzufindenden Aspekte. Hier kann der Kodex sowohl als Handbuch für die grundlegende grammatische Unterweisung dienen, welche durch den Spracherwerb erst das Fundament für weitere universitäre Studien bereitet, als auch durch die universitär kommentierten Texte des Donat und Iupiter Francigena bereits methodisch auf die eigentlichen Inhalte der Artistenfakultät vorbereiten. Ebenfalls im Umfeld eines universitären Collegiums ist die Abschrift der „Summa Iovis“ in der Papier- und Pergamenthandschrift P entstanden681. Im Einzelnen enthält die Handschrift das intensiv glossierte „Carmen paschale“ des Sedulius, zusammen mit den Hymni „Cantemus, socii, Domino“ und „A solis ortus cardine“ (f. 1r–38r)682, gefolgt von einem weiteren Hymnus mit dem Incipit Salve festa dies auf Blatt 38v 683. Während dieser Abschnitt der Handschrift teilweise auf Pergament geschrieben wurde – es sind dies die Bifolia 6–7, 12–13, 19–20, 26–27, 32–33 und das Blatt 38 –, ist die restliche Handschrift durchgehend aus Papier. Auf das Cento der Proba684 (f. 39r–57r) folgt nach einigen Notizen die „Summa Iovis“ (f. 60r–62r). Die „Summa Iovis“ wurde mit zahlreichen interlinearen Wortglossen ausgestattet; mittels Paragraphenzeichen wurden einzelne Abschnitte des Gedichts markiert, und es wurden ebenfalls in marginem Überschriften eingefügt. Auf Blatt 59v trug der Schreiber zusätzliche Definitionen ein: zwei zur dictamen, zwei zu epistula, zwei zum exordium, je eine zu narratio, petitio und conclusio; am unteren Rand

679 Vgl. Hs. E1, f. 97rb: Causa materialis siue subiectum huius libri est sermo significatiuus colore rethorico adornatus vicijs grammaticalibus expurgatus. 680 Der Donat-Kommentar beginnt mit einer collatio über Aristoteles‘ „Ethica ad Nicomachum“, Θ1, 1155 5–6. 681 Vgl. oben S. 70. 682 Vgl. Huemer/Panagl 2007. 683 Eine Durchsicht der „Analecta Hymnica“ förderte leider nicht zutage, um welchen Hymnus es sich genau handelt – die Handschrift P wird dort nicht erwähnt. 684 Schenkl 1888.

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Der kodikologische Kontext

von Blatt 60r wurden Merkverse zu den fünf partes epistolae notiert685. Der „Summa Iovis“ schließen sich der „Cornutus“ des Johannes de Garlandia (f. 62v–63v), ein Gedicht „De contemptu mundi“ (f. 63v–66r), ein Poenitentiar in Versen (f. 66v–69v) sowie ein moraldidaktisches Lehrgedicht (f. 70r–81v) an; ebenfalls Moraldidaktik ist der Gegenstand der anonymen „Rudium doctrina“686 (f. 82r–90v). Ein komputistisches Lehrgedicht, der „Computus manualis“ des Magister Anianus687, bildet den Abschluss der Handschrift (f. 93r–114v). Ein Schreiber hat an zwei Stellen der Handschrift einen ausführlichen Besitzvermerk, an weiteren zumindest seinen Namen eingetragen. Es handelt sich dabei um einen gewissen Johannes Lathomi (Jehan LeMaçon), nach eigener Aussage Scholar im Collège des Bons-Enfants de Saint-Victor zu Paris688. Über Lathomi ist abgesehen von einem Erwerb des Lizenziats als Dekretist im Jahre 1429 nichts weiter bekannt. Auch zum von ihm besuchten Collège des Bons-Enfants de SaintVictor liegen nur wenige Informationen vor689. So wird es erstmals 1248 erwähnt, als es auf Betreiben des Kanzlers von Notre-Dame, Gautier de Château-Thierry, von Innozenz IV. das Privileg einer eigenen Kapelle erhält; weitere Quellen dokumentieren einige umfangreiche Stiftungen, die dem collegium gemacht wurden. Die Quellen legen zudem nahe, dass der didaktische Schwerpunkt dieses Kollegs jenseits des Elementarunterrichts lag, da es sich bei den dort beherbergten pauperes zum Teil bereits um baccalaurei in artibus handelte. Diese Vermutung kann die Handschrift P nur bedingt stützen. Denn mit den Texten des Sedulius (sicherlich auch dem der Proba) und dem „Cornutus“ des Johannes de Garlandia sowie den beiden moraldidaktischen Gedichten und den Lehrgedichten zu Beichte und Komputistik sind in der Handschrift Schultexte, beziehungsweise Texte die auch in der Schule Verwendung fanden, enthalten, wenn sie auch auf eine Ebene jenseits des grundlegenden Erwerbs der lateinischen Sprache verweisen. Die „Summa Iovis“ fügt sich hier ohne weiteres ein, vor allem auch, da die paratextuelle Erschlie685 Walther 1969, Initium 15470. Die gleichen Merkverse wurden in der Hs. L direkt in die „Summa Iovis“ interpoliert. 686 Pellegrin 1988, 311 Anm. 5; Vidmanová-Schmidtová 1969, 1–36 687 Diese Hs. bei Walther 1969, Initium 3077. Ed.: Smith 1928. 688 Hs. P, f. 57r (ähnlich auf f. 59r): Iste libellus pertinet Iohanni Lathomi, scolari collegii bonorum puerorum parisius prope portam sancti victoris. Besagte Besitzeinträge befinden sich am Ende des Centos der Proba (f. 57r) und nach einer Definition von cento vor Beginn der „Summa Iovis“ (f. 59r); seinen Namen trug Lathomi im Anschluss an die „Summa“ auf Blatt 62r, nach dem Gedicht „De contemptus mundi“ (f. 66r) sowie nach dem Poenitentiar (f. 69v) und den beiden moraldidaktischen Gedichten, Blatt 81v und 90r respektive, ein. 689 Zu Folgendem sowie weiterem zu den Collèges des Bons-Enfants, vgl. DuBoulay 1666, 217–221, Reitzel 1980 und Courtenay 2005.



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ßung des Textes eher nicht auf ein „Lehrerexemplar“ hindeutet. Die Handschrift ist somit eher der Propädeutik als dem direkten universitären Kontext zuzurechnen, obwohl nicht auszuschließen ist, dass die Handschrift als Grundlage für die Stoffvermittlung gedient haben mag. Zumindest ursprünglich in einer eigenen Lage ist die „Summa Iovis“ in der Papierhandschrift Lu enthalten – wobei auch hier ein eigenständiger libellus vermutet werden könnte690. Mehr als die Hälfte der Handschrift nimmt eine Abschrift der „Sporta florum rethoricalium“ des Nikolaus von Dybin ein (f. 1r–84v) und, wie das Formelmaterial zeigt, handelt es sich hierbei um eine wohl an der Universität Basel entstandene direkte Abschrift aus der Handschrift B691. Diese rhetorische Abhandlung wurde von drei Händen geschrieben. Die erste Hand schrieb die ersten drei Lagen der Handschrift. In der Vierten findet von Blatt 40 auf Blatt 41 ein Wechsel der Hand statt. Von dieser zweiten Hand stammen der Rest des vierten Faszikels (f. 41r–48v) sowie das gesamte fünfte. Die letzten zwei dieser insgesamt sieben Sexternionen wurden von einer dritten Hand geschrieben. Nach Blatt 84 scheint es zu Blattverlust gekommen zu sein, da die „Sporta florum rethoricalium“ unvermittelt abbricht. In einem achten Sextern sind auf den Blättern 85 bis 94r von wiederum anderer Hand Exordien sowie weiteres Formelmaterial und Briefmuster eingetragen – Blatt 94v bis 96v blieben leer692. Die gleiche Hand, die den Schluss der „Sporta“ abgeschrieben hat, hat auf den Blättern 97 bis 112 (einem eigenen Oktern) die „Summa Iovis“ eingetragen. Die „Summa Iovis“ wird hierbei von einem Kommentar begleitet, der demjenigen in der Handschrift B entspricht693, respektive dem in M1 ähnelt. Das Explicit der „Summa Iovis“ datiert den Zeitpunkt der Abschrift auf das Jahr 1461. Die letzten beiden Faszikel der Handschrift – zwei Quinternionen, von denen letzterer um zwei Folia beschnitten wurde – wurden alle von der Hand eines Bernhardus Cristan de Arow geschrieben. Dieser libellus enthält auf den Blättern 113r bis 116v ein weit verbreitetes, misogyne Partien überlieferndes Exzerpt aus dem „Facetus ‘Moribus et vita’“, welches auf der „Ars amatoria“ des Ovid und den pseudoovidischen „Remedia amoris“ fußt694. Mit der Elegienkomödie „Pamphilus de amore“ schließt sich auf den Blättern 117 bis 125 690 Vgl. oben S. 59f und unten S. 210. 691 Vgl. Liebenau 1890–1893. Detaillierter zu diesem Text unten S. 200f. 692 Es handelt sich hierbei um drei Briefe eines Mönchs (f. 92v), den Brief eines Zisterziensers (f. 94r), eine Breve Pius II. zur Gründung der Universität Basel aus dem Jahr 1459 (f. 92v– 93r) sowie um besagtes allgemeines Formelmaterial, Exordien und Sentenzen (f. 87r–91v, 93v). 693 Vgl. unten S. 208ff. 694 Ed.: Thiel 1968, 168–180; vgl. Henkel 1988, 248f und Haye 1997, 50–52.

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Der kodikologische Kontext

ein ebenfalls pseudoovidischer Text an695. Auf den Folia 126r bis 127v trug Cristan eine Sammlung von Exzerpten aus dem „Regimen sanitatis Salernitanum“ ein696. Weitere Texte zum dictamen bilden den Abschluss der Handschrift: Definitionen zur ars dictaminis (f. 128r) sowie eine kurze ars dictandi (f. 128v–130v). Der Schreiber dieses Teils datiert die Abschrift der Versbearbeitungen der „Ars amatoria“ und der „Remedia amoris“ auf 1468, nach eigener Angabe war er zum Zeitpunkt der Abschriften des „Pamphilus de amore“ und der Exzerpte aus dem „Regimen sanitatis salernitatum“ Student in Basel697. Ein Bernhardus Cristan de Arow ist während des Rektorates des Georius Bernolt (1. Mai bis 17. Oktober 1468) in der Matrikel der Universität vermerkt, wobei er zu diesem Zeitpunkt, nach der Matrikel der Artistenfakultät, bereits baccalaureus artium der via moderna ist698. In Betreff der Entstehung der Handschrift ist Folgendes auszuführen: Drei Schreiber machten wohl nach Gründung der Universität Basel, wie das inserierte Formelgut zeigt, eine Abschrift der „Sporta florum rethoricalium“. Der Dritte kopierte im Jahr 1461 ebenfalls Verstext und Kommentar der „Summa Iovis“. Diese Abschriften sowohl der „Sporta“ wie auch der „Summa“ wurden auf Grundlage der Handschrift B, welche dem Dominikaner Albertus Löffler von Rheinfelden gehörte, angefertigt, wie das verwendete Formelgut („Sporta“) und die collatio („Summa“) zeigen699. Auf Basel verweist zudem die auf den Blättern 92v bis 93v enthaltene Breve Papst Pius II. zur Gründung der Universität aus dem Jahr 1459, die mit anderem briefstilistischen Formel- und Exempelmaterial in einem Sextern enthalten ist, das unter Umständen nachträglich (es ist von einer vierten Hand) zwischen die ursprünglich aufeinanderfolgenden Texte „Sporta“ und „Summa“ eingebunden wurde. Der namentlich bekannte Schreiber des letzten libellus und fünfte Schreiber der Handschrift bezeichnet sich selbst als Basler Student und ist dort auch als Bakkalar nachgewiesen. Auch dieser Bernhardus Cristan de Arow kopierte mit den Exzerpten aus dem „Regimen sanitatis Salernitatum“ einen Text, der einem Basler Ordensangehörigen gehörte, in diesem Fall einem Franziskaner. Ohne genauere Kenntnisse zum Leben des Bernhardus Cristan sind zwar genaue Schlüsse nicht möglich, doch könnte man durchaus die These vertreten, dass er der letzte Besitzer im Sinne von Kompilator der Handschrift war und sie somit seinen 695 Vgl. Pittaluga 1999. 696 Ed.: De Renzi 1859, 1–104; vgl. Henkel 1988, 292–296. 697 Beim teils getilgten Kolophon am Ende des „Regimen sanitatis Salernitanum“ ist nicht ganz klar, ob sich das Jahr 1461 auf die Abschrift Cristans oder auf den ebenfalls von ihm abgeschriebenen Schreibervermerk eines Johannes Cancer, Franziskaner aus Basel, bezieht. 698 Wackernagel/Triet 1951, 69 Nr. 12. 699 Zur Hs. und Löffler, vgl. unten Kap. 3.2.



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Gebrauchsgewohnheiten entsprach. Von ihrem Inhalt her entspricht die Handschrift Lu durchaus in einigen Zügen den bereits gemachten Beobachtungen. Die „Summa Iovis“ ist hier in ihrem Verhältnis zur umfangreicheren „Sporta florum rethoricalium“ vielleicht als kurzes Handbuch zum einfacheren Gebrauch zu interpretieren; oder aber neben der „Sporta“ als umfassender Abhandlung zur ars dictaminis durchaus im Sinne eines für einen Lehrer aufbereiteten Schultextes700. Fast alle von Bernhardus Cristan abgeschriebenen Texte (Facetus-Exzerpt, „Pamphilus“ und „Regimen sanitatis Salernitatis“) sind ebenfalls als Schultexte gebräuchlich gewesen. Es ist allerdings nicht zu entscheiden, inwiefern die „Schultexte“ dieser Handschrift aus dem Unterricht heraus entstanden sind, für den Zweck des vermittelnden Unterrichts zusammengestellt oder abgeschrieben wurden, da sie in leicht zu benutzender poetisch-kompendiöser Form rhetorische, moraldidaktische und medizinische Inhalte enthielten (somit eher dem privaten Gebrauch zuzuordnen wären). Bei der Papierhandschrift Mk5 handelt es sich um eine umfangreiche zusammengestellte Handschrift, die aus insgesamt neun libelli besteht701. Deren erster (f. 1r–73v) umfasst mehrere Vokabulare, darunter ein deutsch-lateinisches. Das Verspoenitentiar des Wilhelm de Montibus (Inc.: Peniteas cito)702 ist im zweiten libellus enthalten, der wie der erste aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts stammt. Zum großen Teil nimmt eine Version des Florilegs „Auctoritates Aristotelis“703 den sich anschließenden dritten Teil der Handschrift ein (f. 93r–132r). Darüber hinaus enthält dieser einen „Modus legendi libros iuris canonici“, eine Quästion704, eine Melker Professurkunde und die Abschrift eines Briefes705 (f. 132r–135r). Der vierte libellus beginnt mit einer anonymen Rhetorik (f. 137r–147r), die laut ihrem Incipit die Unterweisung der iuvenes zum Ziel hat und die einzelnen Lehrsätze der ars dictaminis dem Alphabet nach anordnet706. Nach dieser ars dictandi beginnt die „Summa Iovis“, begleitet von einem Kommentar, der demjenigen in M1 ähnlich ist (f. 147v–160v). Auf die „Summa Iovis“ folgt ein Kommentartext (f. 160v–215r). Da der kommentierte Text zwar in der Einrichtung der Seite vorgesehen war, aber 700 Vgl. auch unten S. 213ff. 701 Vgl. oben S. 62f. 702 Ed., sowie zu Verfasser und Text: Goering 1992, 107–138; vgl. Henkel 1988, 268f. 703 Ed.: Hamesse 1974. 704 An spiritus intellegeret verba illa, quae protulit in deceptione. 705 Es handelt sich um einen Brief Ludwigs II. Schanzler de Krems vom 23. März 1479; der Brief wurde später nachgetragen. 706 Inc.: Pro informatione iuniorum in arte rhetorica ponuntur priores (?) ac utiles partes dictaminis secundum ordinem litterarum alphabeti.

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Der kodikologische Kontext

nicht ausgeführt wurde, lässt sich auf den ersten Blick nicht mit Bestimmtheit sagen, welcher Text kommentiert wurde. Laut den verwendeten Zitaten und genannten Autoren scheint es sich entweder um Aristoteles‘ Poetik oder die „Summa dictaminum“ des Ludolf von Hildesheim zu handeln707. Von gleicher Hand wie dieser libellus stammt ein Kommentar zur „Meteorologica“ des Aristoteles auf den Blättern 217r bis 252v, dem nächsten Teil der Handschrift Mk5. Dieser Kommentar ist zudem auf 1449 datiert, was eine ungefähre Einordnung des vorhergehenden libellus erlaubt. Wieder aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts stammt der sechste Teil des Kodex. Neben einem kurzen Traktat „De nomine“ (f. 329r–330r) überliefert dieser einen Kommentar zur „Ars minor“ des Donat (f.  253r–329r). Das Thema der Grammatik setzt sich auch in der verbleibenden Handschrift fort. So enthält der siebte libellus „Regulae grammaticales“ eines Stephanus Molitor de Bruck (f. 335r–378v)708, der achte abermals einen Kommentar zur „Ars minor“ (f. 383r–404v) und der letzte einen „Tractatus de constructione et de regiminibus“ (f. 408r–421r) – auch diese libelli stammen aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Die Handschrift, welche wohl dem Umfeld der Wiener Universität zuzuordnen 709 ist , enthält somit hauptsächlich Texte, die entweder eindeutig dem Elementarunterricht – die Vokabulare oder die kürzeren Texte zur Grammatik und zur ars dictaminis – oder in Wien im Unterricht der Artistenfakultät Anwendung fanden (Donat, „Summa Iovis“, die „Meteorologica“), respektive dem allgemeinbildenden Teil des Schulunterrichts zugerechnet werden können, so wie das katechetische Gedicht „Peniteas cito“. Verortet man den Kommentar zur „Summa Iovis“ wie auch die anderen Texte von derselben Hand nach Wien, so könnte überlegt werden, wann genau im Jahr 1449 – geht man von einer ungefähr zeitgleichen Entstehung 707 Letzteres ergibt sich aus der Nennung einer einem Ludolf zugeschriebenen „Summa de arte dictandi“. Es handelt sich somit also wohl nicht um den als „Florista“ bekannten Autor der „Flores grammatice“ und Grammatiker Ludolf de Luco (vgl. Glassner/Haidinger 2000, 364). Da bereits in der Einleitung die Aristoteleszitate auf das dictamen bezogen werden, handelt es sich vielleicht eher um Ludolf als Aristoteles. 708 Der Text wurde zu einem unbekannten Zeitpunkt von einem Leonardus Hofür, scolaris zu Waidhofen, abgeschrieben. Eine auf 1441 datierte Parallelüberlieferung liegt im Melker Kodex 1063 vor. Fraglicher Stephanus de Bruck wird wohl nicht identisch mit Stephanus de Prukk sein, der seit seiner inceptio am 2. Februar 1436 regelmäßig examinator der Wiener Artistenfakultät war und bis 1464 zahlreiche Regenzen zu logischen, naturphilosophischen und quadrivialen Texten inne hatte (Abgesehen von einer Vorlesung zum dritten Buch von Aristoteles‘ Rhetorik [1463] und einer zu „Theodulus“ [1444, „Ecloga Theoduli“?]). Vgl. Maisel/Matschinegg/Bracher 2007a, Nrn. 6706, 8707 und Maisel/ Matschinegg/Bracher 2007b, Nrn. 14340, 14501 und in diesen beiden passim. 709 Glassner/Haidinger 2000, 13.



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aus – über diese Texte gelesen wurde und von wem. Bezüglich des Kommentars auf den Blättern 160 bis 215 ist zu konstatieren, dass weder im Zeitraum vom September 1448 bis August 1449, noch im Studienjahr Magister über die Poetik des Aristoteles oder die „Summa“ des Ludolf von Hildesheim gelesen haben – dies überrascht jedoch insofern nicht, als dass keines der beiden Werke in Wien ordinarie gelesen worden zu sein scheint. Geht man von einer Entstehung 1449 aus, so ist gerade die „Meteorologica“ des Aristoteles dazu geeignet, den Zeitraum genauer einzugrenzen, da 1449/1450 kein magister regens über diesen Text las, 1448/1449 hingegen ein Johannes de Albertorff die Regenz zu diesem Buch innehatte710. Als mögliche die „Summa Iovis“ lesende Magister kommen damit Wolfgangus de Herczenburga, Jacobus de Gumpelczkorchen oder Andreas Seydenneer de Wien in Frage711. Zudem erlaubt die abermalige Verortung dieses Kommentars712 an die Universität Wien die Hypothese, dass dieser Kommentar primär ebendort benutzt wurde und vielleicht auch dort entstanden ist. Der allgemein eher in Richtung des elementaren als des wissenschaftlichen Trivialunterrichts zu rechnende Charakter dieser zusammengestellten Handschrift lässt also den Schluss zu, dass die „Summa Iovis“ im Rahmen eines eben solchen Unterrichts an der Universität Wien benutzt wurde. Nur eingeschränkten Wert können die Aussagen zur „Summa Iovis“ in der Papierhandschrift A2 haben, da das Lehrgedicht dort nur fragmentarisch überliefert ist713. Die Handschrift besteht aus drei libelli, deren erster714 ist von derselben Hand wie der erste libellus der Handschrift A1 geschrieben worden und datiert wie dieser in die Mitte des 15. Jahrhunderts. Beim ersten Text dieses Teils handelt es sich um den mit Glossen versehenen „Liber parabolarum“ des Alanus ab Insulis (f. 7r–25r), einer Sammlung von Sprichwörtern moraldidaktischen Inhalts für die Verwendung als Lektüre im elementaren Lateinunterricht715. Von anderer Hand wurden nach dem Explicit des Textes am Ende noch fehlende Sentenzen des „Liber parabolarum“ nachgetragen, so dass dieser mehr oder minder vollständig ist. Die gleiche Hand trug auf Blatt 6v Autor und Titel des „Liber parabolarum“ ein; ansonsten ist das gesamte Blatt 6 leer, so dass zu vermuten wäre, dass dieser erste 710 Maisel/Matschinegg/Bracher 2007b, Nr. 9499. 711 Maisel/Matschinegg/Bracher 2007b, Nrn. 9514, 9550, 9562. 712 Incipit des prologus circa librum des accessus: Circa principium illius libri, quemadmodum circa pricipium cuiuslibet alterius libri sunt aliqua dubia generalia, que habentur in istis communibus metris: Si bene vis scire librum. 713 Vgl. oben S. 53. 714 Hs. A2: f. 6r–135v; Lagen: VI18 + V28 + III34 + VII48 + 4.VI97 + VII111 + VI123 + 2.III135. 715 Vgl. Henkel 1988, 215–217.

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Der kodikologische Kontext

libellus eigentlich erst ab Blatt 7 beginnt. Auch die letzten vier Blätter der zweiten, die Kompilation des Alanus enthaltenden Lage sind leer geblieben, so dass sich die Frage stellt, ob dieser libellus ursprünglich aus mehreren libelli von der gleichen Hand zusammengestellt wurde. Hierfür spricht auch, dass die weiteren Faszikel dieses libellus ab Folium 35 eine Lagensignatur tragen. Nach dem „Liber parabolarum“ wurde ein leeres Ternion eingebunden, auf den Blättern 35r bis 108r schließt sich die ebenfalls glossierte „Poetria nova“ der Galfridus de Vino Salvo an. Direkt nach der „Poetria nova“ beginnt auf Blatt 108v die „Summa Iovis“, welche jedoch unvollständig auf Blatt 111v abbricht. Auch die „Summa Iovis“, der letzte Text dieses Teils der Handschrift, wurde glossiert. Der „Liber parabolarum“, aber auch die „Poetria nova“ waren als Schultexte gebräuchlich, und auch die lediglich glossierende Erschließung dieser beiden Texte deutet auf eine Entstehung und Verwendung in einem schulischen Kontext hin. Analog ist dies für das ebenfalls nur glossierend erschlossene Fragment der „Summa Iovis“ anzunehmen. Zwischen diesem Teil und dem nächsten libellus befinden sich drei leere Lagen, ein Sextern und zwei Ternionen, deren erste noch eine Lagensignatur des vorhergehenden libellus trägt. Der Textverlust der „Summa Iovis“ ist also sicherlich älter als das Binden der gesamten Handschrift. Der zweite und der dritte libellus sind erheblich kleiner als der erste, sie umfassen jeweils nur zwei Lagen716. Auf Blatt 136 bis 143 ist ein Text zur Eucharistie eingetragen, verschiedene lateinische Gedichte stehen auf den Blättern 145r bis 146r, und ebenfalls auf Folium 146r beginnend bis zum Ende der Versoseite des selben Blattes befindet sich ein Predigtexzerpt. Visitationsurkunden betreffend das Frauenkloster St. Nikolaus in Augsburg nehmen die Blätter 147 bis 149 ein. Diese Urkunden beziehen sich auf eine 1443 durchgeführte Visitation des Klosters, respektive es handelt sich um eine auf 1447 datierte Mahnung, die vier Jahre zuvor erlassenen Statuten einzuhalten. Bevor der zweite libellus mit deutschsprachigen Statuten für St. Nikolaus zu Augsburg auf Blatt 162rv endet – wohl diejenigen, welche zuvor in den Visitationsurkunden erwähnt wurden –, findet sich auf den Blättern 150r bis 162r eine von Adilbertus Augustanus verfasste Vita des heiligen Simpertus. Das Predigtexzerpt, die Visitationsurkunden und die Statuten sind von der Hand des Georius Somervelt, während der Rest dieses Teils von einer anderen nicht zu identifizierenden Hand geschrieben wurden. Bezüglich der Genese dieses Teils wird es sich wohl so dargestellt haben, dass Somervelt in den beiden ihm zugänglichen Faszikeln auf noch verbleibenden leeren Blättern die ihn interessierenden Texte zur Reform des besagten Augsburger Frauenkonventes eingetragen 716 2. Teil: f. 136r–162v; Lagen: (VI+2)149 + (VI+1)162. 3. Teil: f. 163r–184v; V172 + VI184.



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hat. Eine Meditation über das Vaterunser von der Hand des 1459 verstorbenen Wiblinger Konventualen Martinus de Gyslingen ist der einzige Inhalt des letzten libellus der Handschrift A2. Der Text nimmt die Blätter 163r bis 165r ein, die verbleibenden Blätter dieses libellus sind leer geblieben. Die Stellung der „Summa Iovis“ in dieser Handschrift ist nur schwer zu deuten. Aufgrund ihrer Erschließung ist zwar eine Verwendung als Schultext am wahrscheinlichsten, aber naturgemäß lässt sich nur schwer eine Aussage darüber treffen, warum ein Text fragmentarisch überliefert wird. Da ein Großteil des Textes zu fehlen scheint, zudem die erhaltenen Partien im gleichen Faszikel wie die „Poetria nova“ erhalten sind, könnte angenommen werden, dass es sich hier bei der „Summa Iovis“ gewissermaßen nur um „Beiüberlieferung“ handelt; das Fragment also nicht um seiner selbst willen, sondern einzig aufgrund seiner „Nachbarschaft“ erhalten geblieben ist. Interessant ist in diesem Kontext, dass mit dem ersten libellus in der Handschrift A1 ein weiterer Text von gleicher Hand erhalten ist. Wie weiter oben ausgeführt enthält dieser das „Compendium“ des Otto von Lüneburg, welches dort von einem ausführlichen Kommentar, weiteren Texten zu den colores rhetorici und zur Versifikation sowie zahlreichem Formelgut begleitet wird717. Es könnte also vielleicht in diesem Fall vermutet werden, dass aufgrund des vergleichsweise basalen Charakters von Paratext und Text der „Summa Iovis“ als Schultext dieses Lehrgedicht endgültig aus dem Gebrauch ausschied. Ein teils vergleichbares Textensemble findet man in der Papierhandschrift S vor718. Die paginierte Handschrift beginnt mit dem „Liber parabolarum“ des Alanus ab Insulis (S. 3–58), welcher mit einem Kommentar versehen wurde. Der Schreiber, der auch den übrigen Kodex geschrieben hat, datierte die Abschrift des „Liber parabolarum“ auf 1462. Im Anschluss an diesen Text folgt eine Lage, die das Ende einer Alanus zugeschriebenen Abhandlung „De penitencia et confessione“ enthält. Dieser Pseudo-Alanus ist allerdings in der Handschrift verbunden worden, so dass sich der erste Teil des Textes später in der Handschrift findet (die Abfolge ist somit S. 101–118, 59–65). Vermischt mit dem Poenitentiar des Pseudo-Alan enthält die Handschrift auf den Blättern 66 bis 100 und 119 bis 132 die „Summa Iovis“, die hier ebenfalls von dem wohl Wien zuzurechnenden Kommentar begleitet wird. In den Kommentar wurden auf den Blättern 95 bis 97 einige Schemata aus dem „Viaticus dictandi“ des Nikolaus von Dybin inseriert719. Der „Summa Iovis“ schließen sich Auszüge aus den ebenfalls von Dybin stammenden „Correctoria“ 717 Vgl. oben S. 149. 718 Vgl. oben S. 70f. 719 Vgl. hierzu unten S. 209f.

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Der kodikologische Kontext

an (S. 132–154); es handelt sich in dieser Handschrift um 52 Briefmuster720. Die Briefmuster werden zum Teil auf die Jahre 1442 und 1462 datiert, an genannten Orten finden sich Isny sowie Buchhorn und Wasserburg (beide am Bodensee?). Auf den Seiten 155 bis 179 wurde der „Physiologus Theobaldi“ eingetragen721. Ein astronomisches Lehrgedicht „De nativitate“722 ist als vierter Text in der Handschrift S enthalten. Hierauf folgen 77 lateinische Sprichwörter, von denen einige mit einer mittelhochdeutschen Übertragung versehen wurden (S. 192–197); diese übersetzten Sprichwörter entstammen den sogenannten „St. Galler Sprichwörtern“723. Den Abschluss der Handschrift bildet auf den Seiten 201–248 das Poenitentiar „Peniteas cito“ des Wilhelm de Montibus, welches im Kolophon auf 1465 datiert wird. Als Besitzer der Handschrift hat sich auf den Seiten 198 und 200 ein Johannes Lippis (wohl einer Familie von St. Galler Bürgern), ebenfalls auf Seite 198 ein Peter Graff als Käufer eingetragen. Auf Seite 45 wiederum befindet sich ein Stempel des St. Galler Abtes Diethelm Blarer von Wartensee (1530–1564). Bei allen Texten in der Handschrift S handelt es sich um Texte, die in der Schule Verwendung fanden, worauf auch der große Anteil an Dichtung hindeutet. Der inhaltliche Schwerpunkt der Handschrift liegt vor allem auf der katechetischen, aber auch religiösen und moraldidaktischen Unterweisung. An sich würde das Lehrgedicht „Summa Iovis“ den schulischen Charakter der anderen Texte hervorheben, doch die eher universitäre metatextuelle Erschließung sowie die Beigabe exemplarischer Paratexte („Viaticus“- und „Correctoria“-Auszüge) stellen dies in Frage. Zudem ist mit dem „Liber parabolarum“ nur ein weiterer Text durch einen paratextuellen Metatext erschlossen. Es wäre also zu vermuten, dass wenn die Texte dieser Handschrift im Schulunterricht verwendet wurden, eher an eine Nutzung durch einen Lehrer denn einen Schüler zu denken wäre, der beispielsweise eine Worterklärung oder Auslegungen der katechetischen und moraldidaktischen Schriften auch ad hoc hätte durchführen können. Neben solch einem didaktischen Verwendungskontext wäre also vielleicht auch an einen nicht zweckgebundenen, privaten Gebrauch zu denken, insbesondere durch einen Kleriker. Die Papierhandschrift Kr ist wohl ebenfalls einem der Schule nahestehenden Verwendungskontext zuzurechnen724. Diese zusammengestellte Handschrift besteht aus insgesamt sechs Teilen, die alle etwa in das zweite Drittel des 15. Jahrhunderts zu datieren sind und wohl aus dem österreichischen Raum zu stammen 720 Vgl. Szklenar 1981, 164–180. 721 Ed.: Eden 1972; vgl. Henkel 1976 und Henkel 1988, 283/285 722 Walther 1969, Initium 17938. 723 Sonderegger 1980. 724 Vgl. oben S. 58.



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scheinen. Der erste libellus nimmt hierbei die Hälfte der gesamten Handschrift ein725 und enthält das „Vocabularius Ex quo“ in der Redaktion M (f. 1r–149v)726. Auf den letzten vier Blättern dieses libellus wurden von späterer Hand zunächst Quästionen zu den Sakramenten (f. 152v–153v), dann etwa 25 theologische Quästionen nachgetragen (f. 153v–155v). Mit der von einem Kommentar und Interlinearglossen begleiteten „Summa Iovis“ auf den Folia 156r bis 175r beginnt der zweite libellus727. Gemäß dem Anfang des Kommentarprologs und der Dreiteilung des Lehrgedichts am Anfang des Kommentar scheint es sich um eine Version des in den Handschriften Mk4, Mk5, B, Lu, S, Z und M1 überlieferten „Wiener“ Kommentars zu handeln. Direkt auf die „Summa Iovis“ folgt eine tabellarische ars dictandi, die in ihrer Formulierung und Ausgestaltung teilweise an die Traktate des Laurentius de Aquilegia und des Johannes Bondi des Aquilegia angelehnt ist. Das verwendete Formelmaterial weist auf das Umfeld der Universität Wien hin; aufgrund der Nennung Papst Eugens IV. lässt sich das Jahr 1431 als Terminus post quem der Zusammenstellung oder Abschrift des Traktates erschließen. Auf der letzten Seite dieses Teils sowie auf den unteren Rändern der beiden vorhergehenden Seiten wurden weitere Salutationsformeln nachgetragen. Der eigenständige Charakter dieses libellus wird nicht nur durch die kodikologischen Befunde gestützt, auch die Kombination der „Summa Iovis“ mit dem tabellarischen Text spricht für solch eine Selbstständigkeit. Da letzterer primär schematisch dargestellte Briefmuster bietet, liegt hier ein sich ergänzendes Zusammenspiel von theoretischer (aber didaktisch aufbereiteter) ars dictandi und einem Briefsteller im Sinne einer summa dictandi vor. Von im Vergleich größerer thematischer Breite ist der Inhalt des dritten Teils der Handschrift Kr728. Der „Grammatellus“, eine lateinisch-deutsche Phraseologie für Schüler des elementaren Lateinunterrichts729, leitet diesen libellus auf den Blättern 192r bis 209r ein. Dem schließt sich ein Glossar zu den lateinischen Komposita (f. 209v–242v) sowie eine ars dictandi mit zahlreichen Brief- und Urkundenmustern an (f. 243r–271v) – die Muster nennen Wels in Österreich und sind zum Teil auf 1456 datiert. Ab Blatt 271v folgen einige Nachträge: zunächst eine Tabelle lateinischer Komposita, danach eine Notiz zum vierfachen Schriftsinn (f. 272r) und ein Briefformular (272v). 725 Hs. Kr, f. 1r–155v; Lagen: 10.VI120 + VII134 + VI146 + (VI–3)155. 726 Vgl. Schnell 1988, Bd. 1, 71 (Hs. Kr1), 136–164. 727 Hs. Kr, f. 156r–191v; Lagen. 3.VI191. 728 Hs. Kr, f. 192r–273v; Lagen: 2.VIII223 + VII237 + 3.VI273. 729 Worstbrock 1981; Henkel 1988, 257f; Bodemann/Grubmüller 1992, 185f, 190– 192. Die Kremsmünsteraner Handschrift ist bei diesen nicht aufgeführt.

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Der kodikologische Kontext

Eine ars dictandi, die in einigen Passus mit derjenigen des vorhergehenden libellus übereinstimmt, findet sich im vierten Teil des Kodex (f. 274r–291v)730. Nicht nur dieser Text selbst verweist häufig auf Galfridus de Vino Salvo, sondern es sind ganze mit Interlinearglossen und Kommentar versehene Auszüge aus der „Poetria nova“ in die ars dictandi inseriert (f. 282rv, 285r–288r, 290v–291v). Das einzelne Sextern, welches den fünften libellus bildet731, enthält zunächst einen „Tractatus in omnem modum scribendi‘, also eine Schriftkunde (f. 295r– 301v)732. Dieser schließen sich direkt die Verse 658 bis 758a der „Forma discendi“ des Hugo Spechtshart von Reutlingen an, welche ebenfalls diese Thematik behandeln (f. 301v–303v). Als Teil der Schlussschrift, welche die Abschrift des „Forma discendi“-Exzerpt auf 1460 datiert, stehen auf Blatt 303v einige „Versus in beatae Mariae virginis vocabulis secundum alphabetum dispositis“733. Der letzte libellus734 enthält auf den Blättern 307r bis 315r ein „Carmen de modo syllabicandi“ eines Franciscus de Monte Leonis735. Von gleicher Hand aber etwas später wurden auf den Blättern 315v bis 316v Notizen und Quästionen zumeist geistlichen Inhalts eingetragen. Der diverse, sich ergänzende Inhalt der einzelnen libelli der Handschrift Kr kann daraufhin gedeutet werden, dass es sich um eine absichtliche, wenn auch wohl sukzessive entstandene, Zusammenstellung durch einen Benutzer/Besitzer der Handschrift handelt und nicht nur um ein archivierendes „Abheften“ aus dem Gebrauch ausscheidender Texte. Die verschiedenen Nachträge in den einzelnen libelli einmal außer Acht lassend, vereint der Kodex eindeutige Schultexte mit solchen, die sowohl im Kontext der Schule wie auch der praktischen Anwendung der durch sie vermittelten Fertigkeiten gesehen werden können. Vor allem der „Grammatellus“ und das „Carmen de modo syllabicandi“, aber auch „Vocabularius Ex quo“ und das Glossar zu den Komposita sind diese eindeutigen Schultexte – wobei die letzteren beiden zweifelsohne ihren praktischen Nutzen jenseits des Elementarunterrichtes beibehalten. Die „Summa Iovis“ und die übrigen Texte zur ars dictaminis sowie die Texte zur Schriftkunde weisen jenseits der Unterweisung der lateinischen Sprache, zumindest bezogen auf potentielle Empfänger einer solchen. Die Texte des fünften libellus werden wohl kaum von Schülern zum Zweck des Erlernens der Schrift verwendet worden sein, sondern entweder als Hilfsmittel zur Vermittlung entspre730 Hs. Kr, f. 274r–291v; Lagen: V283 + (VI–1)294. 731 Hs. Kr, f. 295r–306v; Lage: VI306. 732 Vgl. Gasparri 1979. 733 Vgl. Spilling 1978b, 109, 118 Anm. 138–140. 734 Hs. Kr, f. 307r–316v; Lage: (VI–2)316. 735 Walther 1969, Initium 16464.



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chender Kenntnisse – darauf deutet vor allem das Exzerpt von Hugo Spechtsharts Text hin – oder zur Verwendung im Zusammenhang einer vielleicht „semiprofesionellen“ Tätigkeit als Schreiber. Die metatextuelle Erschließung der „Summa Iovis“ sowie die gezielte Erweiterung des Textes sprechen für genau den gleichen Befund. Inwiefern die Erweiterungen als Indizien für eine Verwendung jenseits des Unterrichts gedeutet werden sollten, ist allerdings nicht eindeutig. Als schematischen und in diesem Sinne praktisch wie didaktisch überlegenen Briefsteller ist die tabellarische ars dictandi im zweiten libellus für sicherlich jeden Kontext fruchtbar. Die beiden artes dictandi im dritten und vierten Teil der Handschrift Kr allerdings sollten genauer betrachtet werden. Die erste scheint ihren inhaltlichen Fokus auf den modi abbreviandi und prolongandi und Ähnlichem, die zweite, darauf deuten die verwendeten Auszüge aus der „Poetria nova“ hin, auf dem rhetorischen Schmuck zu haben736. Beides sind Themen die zum einen die „Summa Iovis“ über einen anzunehmenden Grundbestand der Doktrin hinaus erweitern, zum anderen jedoch im engeren Sinne Bestandteil der ars poetriae und somit wieder von ihrem Charakter her schulisch sind. Unter Berücksichtigung der mitüberlieferten Schultexte sind somit auch die Texte zur ars dictaminis und zur Unterweisung in der Fertigkeit des Schreibens in diesen Zusammenhang zu rücken, die Handschrift kann somit als Schulhandschrift im Sinne eines „Lehrerexemplars“ gedeutet werden. Nur als Fragment und zudem durch einen Wasserschaden stark beschädigt ist die „Summa Iovis“ in der Papierhandschrift G erhalten737. Die Handschrift wurde aus zwei ursprünglich unabhängigen Teilen zusammengestellt, wobei der erste libellus einen weit größeren Umfang als der zweite Teil hat. Dieser erste libellus738 enthält eine Sammlungen von Predigten „De tempore et de sanctis per circulum anni“; die gesamte Sammlung wurde von einer Hand geschrieben. Laut Explicit, das den Text auf 1450 datiert, handelt es sich um die Niederschrift von Predigten, die ein Johannes dictus Tuschcz de Landczperga im Benediktinerkloster St. Egidius zu Nürnberg gehalten habe; ein Johannes Tutz ist seit 1446 als Mönch in diesem Kloster nachgewiesen. Von zwei verschiedenen Händen, die wohl in etwa zeitgleich mit derjenigen des ersten Teils sind, wurde der zweite libellus geschrieben739. Mehr als die Hälfte des ersten Sexterns nimmt ein Fragment der „Summa Iovis“ begleitet von einem Kommentar ein (f. 349r–355r). Nur die ersten zehn Verse der „Summa Iovis“ sind in dieser Handschrift erhalten, auf den Blättern 352v und 353v bis 355r 736 Vgl. Fill 2000, 379f. 737 Vgl. oben S. 56f. 738 Hs. G, f. 1r–348v; Lagen: 2.VI2 + (VI–1)35 + (VI+1)48 + 10.VI168 + 3.VII210 + 3.VI246 + (VI+1)259 + VI271 + (VI–1)282 + VI294 + VII308 + 2.VI332 + V342 + II348. 739 Hs. G, f. 349r–381v; Lagen: VI360 + V370 + (VII–3)381.

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Der kodikologische Kontext

wurden schematische Darstellungen in den Kommentartext inseriert. Es handelt sich um Schemata zur salutatio (Verwandte/Freunde und geistlicher Stand) sowie zur narratio und conclusio. Auf Blatt 360 wurden von der Hand, die auch den Rest dieses libellus geschrieben hat, Auszüge aus der ab Blatt 361r folgenden ars dictandi eingetragen. Besagter ausführlicher Traktat beansprucht die beiden übrigen Faszikel dieses libellus (f. 361r–380v). Im Rahmen des Traktats wird intensiver Gebrauch von Merkversen sowie von Schemata gemacht. Allerdings wurden nur die Schemata zur salutatio ausgeführt; weitere wurden nur im Text angekündigt, jedoch nicht niedergeschrieben, so dass zum Beispiel die Blätter 377v bis 379r leer bleiben. Es ist in diesem Falle wohl anzunehmen, dass das Fragment der „Summa Iovis“ nicht aus dem Gebrauch ausgeschieden, sondern vielmehr weiter benutzt wurde. Die ersten zehn Verse behandeln die Definition von dictamen und epistula, die causae inventionis epistulae sowie die quinque partes epistulae; wie Kommentar und Schemata zeigen, wird bereits der Abschnitt zu den fünf Teilen des Briefes genutzt, um Exempel zur salutatio, aber auch den anderen partes zu bieten. Darüber hinaus beschränkt sich der diskutierte Personenkreis auf ein pragmatischeres Gebiet: Verwandte, Freunde und aequales sowie die Geistlichkeit und Akademiker. Es ist hierbei bemerkenswert, dass das auf Folium 360 eingetragene Exzerpt aus der später nachfolgenden ars dictandi ebenfalls die salutatio behandelt. Aus welchen Gründen auch immer die „Summa Iovis“ fragmentarisch geblieben ist, so konnte das Fragment – wie gerade das später hinzugefügte Exzerpt belegt – offensichtlich als Stütze oder Einführung zum in der Briefstilistik überaus wichtigen Thema der salutatio benutzt werden, wofür es aufgrund seiner poetischen und kommentierten Form sicherlich besonders gut geeignet war. Aufgrund des im Rahmen der „Summa Iovis“ behandelten Personenkreises, der sicherlich nicht schulisch zu nennenden Gesamtkomposition der ars dictaminis-Texte in der Handschrift sowie der Kombination mit der Sammlung von Predigten erscheint es als durchaus wahrscheinlich, die Handschrift G als persönliche Gebrauchshandschrift eines Priesters zu bezeichnen. Nur noch summarisch sollen 23 weitere Handschriften betrachtet werden. Dies liegt entweder darin begründet, dass die verfügbaren Informationen nicht ausreichen, um jenseits gewagter Hypothesen Schlüsse bezüglich ihres Verwendungskontextes ziehen zu können – beispielsweise bei der Handschrift O2 –, dass in den Kodizes enthaltene Material zu breit gestreut ist, als dass daraus eine eindeutige Wertung zu eruieren wäre – so im Kodex Z –, oder die materiellen Bedingungen verbieten eine genauere Analyse der Genese einer kodikologischen Einheit – beispielsweise die extrem enge Bindung der Handschrift L. Insgesamt sechs Handschriften (An, E2, Mk3, Mk4, Mk8 und U) wurden überhaupt nicht berücksichtigt, da die vorhandene Menge an Daten keinerlei sinnvolle Aussagen zulässt.



Textgebrauch im Spiegel der Kodizes

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Am häufigsten findet sich die „Summa Iovis“ in Überlieferungsgemeinschaft mit Texten grammatischen Inhalts. In fünf Fällen – Mk1, Mk2, Mk7, Mk9 und O1740 – enthält die fragliche Handschrift zumindest einen der Teile des „Doctrinale“ oder der Grammatik des Donat, respektive im Fall der Handschrift O1 einen „Speculum grammaticale“ eines Johannes von Cornwall. Um diese Grammatiken als „Fundament“ der Handschriften herum, sie bilden in Kombination mit Kommentaren und/oder Quästionen meist den Hauptteil, gruppieren sich weitere grammatische Texte – teils kleinere grammatische Schriften, teils lexikalische Texte, wie die Lehrgedichte des Johannes de Garlandia. Unter diesen „peripheren“ Texten finden sich denn auch die Abschriften der „Summa Iovis“. Ausnahmen bilden hierbei zum einen die Handschrift Mk2, welche im letzten Fünftel – etwa 100 Blatt – neben der „Summa Iovis“ noch weitere Abhandlungen zur ars dictaminis (Nikolaus von Dybin, Otto von Lüneburg, „Sertum rhetoricae“) und die „Disciplina scolarium“ des Pseudo-Boethius enthält. Zum anderen die Handschrift M4, die keine Grammatik zum Inhalt hat, mit dem „Vocabularius Ex quo“ aber den Aspekt der Lexik deutlich hervorhebt741. Die Handschriften Mk1, Mk2 und Mk7 deuten zudem durch Kommentare, die zum Teil Wiener Magistern zugeschrieben werden, und durch den Texttyp der Quästio darauf hin, dass die Handschriften wohl von höher Gebildeten benutzt wurden, somit ein Indiz für eine Verwendung eher durch einen Lehrenden denn Lernenden gegeben wäre. Aufgrund der textuellen Zusammensetzung ist wohl auch bei den übrigen Handschriften von einer Verwendung in einem schulischen Kontext auszugehen, ohne jedoch eine Tendenz für den Status der Rezipienten ausmachen zu können. Wohl ebenfalls als Schulhandschriften sind die Kodizes O2 und W4 zu bezeichnen, die jedoch ein breiteres inhaltliches Spektrum an Texten überliefern742. Mit dem „Architrenius“ des Johannes de Hauvilla und zugehörigen Paratexten, welcher in etwa die Hälfte der Handschrift beansprucht, liegt hierbei der Schwerpunkt der Oxforder Handschrift jenseits des Elementarunterrichts im Sinne des Spracherwerbs. Dieser rhetorisch-stilistische Fokus, den dieses für das Latein des hohen Stils paradigmatische Epos setzt, wird durch die mitüberlieferten Schriften noch weiter akzentuiert: die Poetik des Galfridus de Vino Salvo sowie neben der kommentierten „Summa Iovis“ eine weitere ars dictandi. Zudem sind die beiden Abhandlungen zur ars dictaminis, insbesondere die „Summa Iovis“ als Ergänzung

740 Vgl. oben S. 60f, 61, 63f, und 64f. 741 Vgl. oben S. 66. 742 Vgl. oben S. 69 und 73.

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Der kodikologische Kontext

zur „Poetria nova“ zu interpretieren743, weshalb O2 ein thematisch breit angelegtes Kompendium zu Dichtung und Prosa, angereichert mit exemplifizierenden Texten, darstellt. Texte grammatischen Inhalts mit solchen, deren Verwendung jenseits eines schulischen Kontextes anzunehmen ist, kombiniert die Handschrift W4. Auf der einen Seite enthält der Kodex grammatisch-propädeutische Texte und neben der „Summa Iovis“ einen weiteren rhetorischen Traktat; auf der anderen Seite ein Kalendarium und eine unvollständige Sammlung der im Verlauf des Kirchenjahres zu lesenden Episteln und Evangelien. Die Handschrift W4 stellt somit eine Mischung aus Schul- und geistlicher Gebrauchshandschrift dar; ob der „schulische Anteil“ in diesem Zusammenhang auf aktive oder rezipierte Lehre hindeutet, oder zeitlich nach einem Schulgebrauch zu verorten ist, kann allerdings nicht festgestellt werden. In einem Kontext der höheren Bildung sind die Handschriften T, W1 undW3 zu sehen744. Die Handschrift W3, welche die „Summa Iovis“ im Explicit auf 1468 datiert und in Wien lokalisiert, kombiniert Texte zu dictamen und Stilistik mit solchen quadrivialen und dialektischen Inhalts. Auch einen dialektischen Fokus hat die Handschrift T, die Texte des Johannes Buridanus und Petrus Hispanus zusammen mit der „Summa Iovis“ und einem Poenitentiar tradiert. Dem hingegen ist die Handschrift W1 eher indirekt dem Umfeld der Wiener Universität zuzuordnen, als dass sie in hier enthaltenen Texten Bezug auf die Universität Wien nehme, respektive im Falle des Traktats des Jodok Weiler von einem Wiener Magister vermittelt wurde. Darüber hinaus enthält dieser Kodex Schriften zur ars dictaminis sowie Predigten und eine kalendarische Abhandlung des Theologen und Astronomen Johannes von Gmunden, was vermuten lässt, dass es sich bei der Handschrift W1 abermals um die Gebrauchshandschrift eines Geistlichen handelt. Die Handschriften L, M2, M3, M7 und Z können den in ihnen überlieferten Texten nach wohl desgleichen als Gebrauchshandschriften Geistlicher klassifiziert werden745. Am deutlichsten springt hierbei die Handschrift M2 ins Auge, welche zwar mit der „Summa Iovis“ schließt, ansonsten jedoch rein klerikalen Inhalts ist. Der „Speculum clericorum“ des Augustinerchorherren Albert von Diessen, eine Sammlung kirchenrechtlicher und liturgischer Stücke, wird dort durch weitere Texte zu Liturgie, Beichte und dem Kirchenrecht thematisch ergänzt. Mit Schultexten wird die Unterweisung der Kleriker in der Handschrift M3 kombiniert. „Ecloga Theoduli“, „Summa Iovis“ und „Physiologus Theobaldi“ folgen hierbei di743 „Fehlstellen“ der „Summa Iovis“, wie beispielsweise die colores rhetorici, werden durch Galfrids Lehrgedicht „gefüllt“. 744 Vgl. oben S. 71, 72 und 73. 745 Vgl. oben S. 59, 65f, 66, 68 und 74.



Textgebrauch im Spiegel der Kodizes

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rekt aufeinander und bilden den Schluss der Handschrift, deren ersten beiden Drittel Texte zur Ausbildung der Kleriker und Predigten enthalten. Die Handschrift L verbindet Predigten und einen Auszug aus der Predigtlehre des Pierre Bezuire mit dem Fürstenspiegel „Morale somnium Pharaonis“ des Johannes von Limoges, der auch im Besonderen auf die Rolle des Geistlichen am Hof eingeht, und Abhandlungen zu Grammatik, Brief- und Urkundenlehre. Zudem enthält die Handschrift auch Akten eines Häresieprozesses, was ein Interesse des Kompilators an theologisch-kirchenrechtlichen Fragen illustrieren könnte. Ein breites Spektrum an Texten überliefert die Handschrift M7; beginnend mit den Fabelsammlungen des Avian und des „Romulus“ enthält sie Texte zu Rhetorik und dictamen, Briefsteller, Theologisches und Medizinisches sowie Sentenzen allgemeiner und spezifischerer („Auctoritates Aristotelis“) Herkunft. Ein fiktiver Brief des Teufels an die Universität Wien und Bestimmungen derselben stellen eine Verbindung zumindest dieser Texte zum Umfeld der Universität Wien her. Rückt man die Fabelsammlungen nicht in einen schulischen Kontext, sondern vermutet vielmehr deren Verwendung zum Beispiel im Zusammenhang mit der Predigt, so könnte vermutet werden, dass die Handschrift M7 in ihrer thematischen Breite die Gebrauchshandschrift eines Geistlichen war. Eine reine Sammlung kleiner und kleinster Texte stellt die Handschrift Z dar. Briefsteller und artes dictandi, Verschiedenes zur Geschichte des Stifts Zwettl, sermones und meditationes, Traktate zu den Fächern des Triviums und zu Fragen der Spiritualität sind hier ohne erkennbare innere Struktur vereint, so dass sich die Frage nach der Genese der Handschrift stellt und ob es sich bei eben dieser nicht um eine archivierende Zusammenstellung einzelner libelli handelt, die Gebrauchstexte unterschiedlicher Art enthielten, aber aus der aktiven Nutzung ausgeschieden sind. Jeweils zwei Mal enthalten die Handschriften Mk6 und W2 die „Summa Iovis“746. Beide Handschriften enthalten primär Traktate zur ars dictaminis und Formelmaterial sowie grammatische Schriften; darüber hinaus finden sich in Mk6 medizinische, in W2 kurze kanonische und komputistische Texte. Die thematischen Schwerpunkte könnten bei beiden Handschriften an einen schulischen Gebrauchskontext denken lassen, wobei die sekundären Texte und die Texte zum dictamen eine allgemein pragmatische Verwendung zuließen. Für genaueres müsste jedoch die detaillierte Zusammenstellung und Genese der Handschriften untersucht werden, um so klären zu können, ob es sich um mehr zufällige Dopplungen der „Summa Iovis“ handelt oder ob hier nach dem Ausscheiden aus dem Gebrauch libelli in etwa gleichen Inhalts zusammengebunden wurden. 746 Vgl. oben S. 63 und 72f.

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Der kodikologische Kontext

Lediglich die Handschriften M6, O3 und Ws sowie die verschollene Handschrift N* sind reine ars dictaminis-, respektive Stilistik-Sammlungen747. Inwiefern hier Redundanzen vorliegen und Texte zu diesem Themenbereich einfach archiviert wurden oder ob es sich um intendierte Kompendien zur ars dictaminis handelt, müsste auch hier qua detaillierterer Analysen noch geklärt werden. Betreffs der Handschrift M6 – und hypothetisch betreffs N* – wäre zu vermuten, dass hier der Fokus auf dem teils schematisch aufbereiteten Formelmaterial liegt und die theoretischen Texte nur zur „Anreicherung“ eben dieser dienten. Dementsprechend könnten in O3 die nachfolgenden kleineren Texte zur ars dictaminis als Ergänzungen, respektive als bestimmte Aspekte der ars dictaminis besser darstellende Ergänzungen der umfangreichen „Parisiana poetria“ des Johannes de Garlandia gedient haben. Die Handschrift Ws könnte, wenn die inhaltlichen Ergänzungen eventuelle Redundanzen überwiegen, ebenfalls in dieser endgültigen Zusammenstellung als umfassendes Handbuch zur Schriftstilistik genutzt worden sein.

3.2. Die Rhetorikhandschrift des Albertus Löffler als Modellfall Die Papierhandschrift B748 wurde durchgehend vom Dominikaner Albertus Löffler geschrieben. Löffler gehört zu den betriebsamsten Schreibern des Basler Dominikanerkonvents – etwa 30 ganz oder zum Teil von ihm geschriebene Handschriften befinden sich unter den heutigen Beständen der Öffentlichen Bibliothek der Universität Basel. In zahlreichen Kolophonen gibt er Auskunft über Zeitpunkt und Ort der Abschrift der Texte, so dass sich aus diesen Schreibervermerken zumindest Eckpunkte seines Lebenslaufs gewinnen lassen749: Albertus Löffler wurde 1416/17 in Rheinfelden geboren750 und besuchte etwa im Zeitraum vom 8. März 1436 747 748 749 750

Vgl. oben S. 67f, 69 und 74. Vgl. oben S. 153f. Zu Löfflers Leben, siehe: Schmidt 1919, 169–173; Scarpatetti 1977, 251. Näheres zu Löfflers Familie ist nicht bekannt. In Urkunden aus Rheinfelden werden mehrere Personen mit dem Zunamen „Löffler“ genannt: Zwischen dem 4. Mai 1396 und dem 1. Juli 1409 bezeugt ein Rheinfeldener Bürger namens Wernli Löffler mehrmals Gerichtsurteile; auch Hartmann Löffler fungiert zwischen dem 9.  Oktober 1411 und dem 26. Juli 1426 vor Gericht mehrfach als Zeuge des Urteils und als Urteilsprecher, sein Bruder Ruedi Löffler nimmt zwischen dem 1. Juli 1420 und dem 12. November 1438 häufiger die gleichen Positionen ein, beide werden als Bürger Rheinfeldens bezeichnet; am 25. April 1457 wird Verena, die Witwe Ruedi Löfflers, in einer Urkunde erwähnt. Vgl. Welti 1933a,



Die Rhetorikhandschrift des Albertus Löffler

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bis zum 22. Juni des gleichen Jahres die Lateinschule zu Ulm. Im Verlauf des am 30. August 1436 beginnenden Studienjahres, jedoch noch vor dem 31. Oktober, immatrikulierte er sich an der Universität Heidelberg, wo er am 13. Januar 1439 zum Bakkalaureatsexamen zugelassen wurde751 und eventuell bis 1440 verweilte. Im Jahr 1440 oder 1441 erhielt er die Priesterweihe, die niederen Weihen hatte er gemäß der Matrikel bereits bei der Einschreibung in Heidelberg inne. Im Zeitraum vom 15. Januar bis zum 14. Mai 1445 bezeichnete er sich als Kaplan des Andreasaltars zu St. Martin in Rheinfelden. Noch im selben Jahr, spätestens 1446, trat er in den Dominikanerkonvent von Basel ein; 1451 hielt er sich im Frauenkloster Himmelskron in Hochheim bei Worms auf, wo er von 1453 bis 1454 Beichtvater war. In gleicher Funktion trat er am 23. September 1454 auch im Nonnenkloster Steinbach auf. Unter Umständen hatte er 1455 das Amt des Priors des Basler Konvents inne752. Um den 26. November 1460 bezeichnete er sich als confessor der Schwestern zu Liebenau bei Worms; am 25. März 1461 hielt er sich wieder in Basel auf, zwischen dem 18. Januar und 5. Februar 1462 befand er sich als Beichtiger bei den Schwestern von Liebenau. Löffler verstarb am 1. Dezember 1462. Wie bereits angeführt besuchte Albertus Löffler nachweislich im Alter von etwa 19 Jahren für einige Zeit die Ulmer Lateinschule; einer Schule, die aufgrund der Quellenlage zu einer der am besten dokumentierten des Spätmittelalters gehört. Ulrike Bodemann und Christoph Dabrowski zeichnen aufgrund der in Ulm entstandenen Handschriften ein detailliertes Bild des Unterrichts an der Ulmer Schule vor allem im 15. Jahrhundert753. Ein Abgleich der Inhalte von 40 ganz oder zum Teil in Ulm geschriebenen Kodizes mit einem Ulmer Lektionsplan vom Anfang des 16. Jahrhunderts bestätigt großteils die von Henkel eruierten Punkte; Bodemann und Dabrowski können jedoch auch einige Besonderheiten der Ulmer Schule herausarbeiten. So stützen die überlieferten grammatischen Texte und Texte der auctores die Stellung, welche ihnen im normativen Lektionsplan eingeräumt wird, was mit dem allgemeinen Überlieferungsbefund Henkels konform geht. Die unerwartete Stellung logischer Texte im Lektionsplan wird ebenfalls durch die Handschriften gestützt, so dass festzustellen ist, dass die Inhalte der Ulmer Lateinschule die solch einer Einrichtung proprietären übersteigen, die Schule von Ulm somit zumindest in Ansätzen in Konkurrenz mit den Institutionen höherer Bildung tritt. Dieser Punkt ist insofern von Relevanz, als dass er auch eine inhaltliche Motivation Welti 1933b und Welti 1935, jeweils passim. Für einen Hinweis in dieser Sache danke ich Herrn Dr. Andre Gutmann (Freiburg). 751 Toepke 1884, 212. 752 Schmidt 1919, 169; Zimmermann/Anmacher 1999, 253 Anm. 1. 753 Vgl. Bodemann/Dabrowski 2000.

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Der kodikologische Kontext

für den außerordentlich guten Ruf der Lateinschule von Ulm im Spätmittelalter liefert. Als weiteres besonderes Kennzeichen des Ulmer Lehrplanes bezeichnen Bodemann und Dabrowski die Tatsache, dass Texte aus klerikalem Kontext – Kollekte, Sequenzen, Hymnen, Episteln und Evangelien – Verwendung im Unterricht fanden; und zwar nicht nur als Grundlage für die Einführung in die Textauslegung und als Grundlage für den Spracherwerb (Deklinationsübungen etc.), sondern offensichtlich auch im Hinblick auf eine Vorbereitung eines Teils der Schüler für eine geistliche Laufbahn754. Die hervorragenden Inhalte der Ulmer Schule seien hierbei auch im Lehrpersonal begründet gewesen. Rat und Bürgermeister der Stadt Ulm, welche unter anderem das Recht auf die Besetzung der Stelle des Schulrektors hatten, zeigten in dieser Hinsicht ein besonderes Bestreben der Förderung der stadteigenen Schule, so dass es ihnen zum Beispiel gelang, Wiener Magister für besagten Posten zu gewinnen. Dies und die Beziehungen, die die Schule auch schon zuvor qua der in Ulm ansässigen Orden zu den Universitäten Wien und Heidelberg hatte, führten dazu, dass dort entstandene Texte philosophischen und theologischen Inhalts in Ulm besonders rasch rezipiert wurden. Ebenfalls mit einem Schwerpunkt während des zweiten und dritten Viertels des 15. Jahrhunderts konstatieren Bodemann und Dabrowski eine Blüte literarisch-humanistischer Studien in der Ulmer Lateinschule. Diese Beschäftigung mit den auctores sei jedoch nur punktuell geblieben und hätte das konventionelle Lehrprogramm, paradigmatisch nennen sie hier die Beschäftigung mit dem „Doctrinale“ des Alexander de Villa Dei, nicht nachhaltig ablösen können755. Die Überlieferung betrachtend stellt sich jedoch die Frage, inwiefern es sich bei einigen dieser Punkte wirklich um Eigenarten der Ulmer Schule handelt, oder diese Eigenarten nicht vielmehr aufgrund der dünnen oder nichtexistenten Quellenlage für andere Schulen als solche erscheinen756. So ist die Beschäftigung mit geistlichen Texten unterschiedlicher Art (Sequenzen, Hymnen etc.) unter dem Aspekt der Verbindung der Lateinschulen mit den Pfarrkirchen, an welche sie angeschlossen waren, zu sehen und dem Messdienst, den die Schüler dort wohl zu leisten hatten; dass diese Texte auch als Übungstexte für elementargrammatische Fragen und für den Spracherwerb Verwendung fanden, gehört zu ihrem sekundären „Mehrwert“ in dieser Situation757. In Betreff der von Bodemann und Dabrowski angesproche754 Bodemann/Dabrowski 2000, 11, 37–40, 46f. 755 Bodemann/Dabrowski 2000, 11, 42–46. 756 Bodemann und Dabrowski weisen selbst auf den als besonders umfangreich anzunehmenden Schwund an Überlieferungsträgern aus dem Bereich der Schulhandschriften hin, siehe: Bodemann/Dabrowski 2000, 12. 757 Henkel 1988, 40–43.



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nen theologischen Texte758 muss ähnlich Vorsicht walten. Denn bei diesen handelt es sich durchgehend, wie dies auch beide durchaus darlegen759, nicht um theologische Texte im Sinne einer scholastisch-wissenschaftlichen Theologie. Die „Summula de summa Raymundi“ des Magister Adam ist eine Versifikation der „Summa de casibus poenitentiae“ des Raimund von Peñafort760 – also der Form nach ein auch für den Unterricht aufbereitetes Beichtbuch; beim „Pastorale novellum“ des Rudolf von Liebegg handelt es sich um ein alle Aufgabenbereiche eines Geistlichen darstellendes Gedicht761; die von Bodemann und Dabrowski so bezeichnete „Summa de trinitate et catholica fide“ des Konrad von Soltau ist allerdings genau genommen ein Kommentar Konrads von Soltau über das erste Kapitel („Firmiter credimus“) des ersten titulus („De summa trinitate et catholica fide“) des ersten Buches des „Liber extra“762. Gegenstand des Textes ist die Trinitätslehre sowie die Eucharistie und das Taufsakrament763. In dem schulischen Kontext, in welchem diese drei Texte stehen, ist statt eines besonderen theologischen Schwerpunktes in Ulm eher von einer allgemeinen Ausbildung der wohl dort vorzufindenden clerici litterati hinsichtlich der potentiellen Tätigkeit als Pleban auszugehen764. In Anbetracht des oben dargestellten Nebeneinanders von Schultexten, Abhandlungen und Kommentaren aus dem Gebiet der Philosophie in Handschriften der „Summa Iovis“ muss darüber hinaus die Frage gestellt werden, ob es sich bei dieser „besonders gepflegten Eigenart der Ulmer Schule […] aufgrund ihres für eine Trivialschule

758 Vgl. Bodemann/Dabrowski 2000, 35f. 759 Vgl. Bodemann/Dabrowski 2000, 42f. 760 Worstbrock 1978. 761 Henkel 1988, 37f. 762 Vgl. das Explicit der bei Bodemann/Dabrowski 2000, 14, Nr. 2 genannten Hs. Wien, ÖNB, 5243, f. 134v: Explicit lectura capituli firmiter de summa trinitate et fide katholica completa in studio heidelbergensi per venerabilem doctorum sacre theologye Cuonradum de Soltow anno domini 1388mo Ac cum ego scriptor istum librum scribendi finivi fuit annus domini 1390 circa festum mathye apostoli et hoc in studio Ulmensi. Die gleiche Vorlesung Konrads von Soltau ist ebenfalls in u. a. zwei Bamberger Hss. – Bamberg, SB, Cod. theol. 90 (f. 107r–190v) und Cod. theol. 100 (f. 1r–103v) –, in Aschaffenburg, Stiftsbibliothek und Stiftskirche, Ms. pap. 22 (f. 2r–89r), sowie der Hs. Augsburg, UB, II.1.2o 217 (f. 1r–89r) überliefert. Das Explicit des Cod. theol. 90 entspricht hierbei fast wörtlich dem der Wiener Handschrift (f. 188r–190v): Explicit lectura firmiter capituli de summa trinitate et fide katholica expleto in studio heidelbergensi per Cunradum Soltaw sacre theologie doctorem anno domini 1399o die 19o mensis aprilis […] Explicit registrum super capitulo Firmiter credimus […] per manus Jacobi de hawssen Sub anno domini MCCCLXXXXo. 763 Vgl. X.1.1.1. 764 Vgl. zu dieser Art von Texten Henkel 1988, 15f, 18f.

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Der kodikologische Kontext

außergewöhnlich hohen Anspruchsniveaus“765 nicht um ein sehr viel weiter verbreitetes Phänomen handelt766. Auch die „literarisch-humanistische Ambitionen“ der Ulmer Lehrer, welche sich unter anderem in der auctores-Lektüre niederschlage, sollten angezweifelt werden. Unter fraglichen Werken sind zwar die Komödien des Terenz, aber den „Anticlaudianus“ des Alanus ab Insulis, die „Historia destructionis Troiae“ des Guido de Columnis sowie die „Disticha Catonis“ und die Fabeln des Avianus als eindeutig humanistische Lektüre darzustellen, erscheint doch als etwas gewagt. Wenn nun Lehrer der Ulmer Schule in humanistischen Kreisen verkehrten und sich streitbare und bedeutende Humanisten wie Jakob Locher Philomusus unter den Zöglingen der Schule befanden767, so illustriert dies nicht einen dort herrschenden humanistisch-philologischen Geist, welcher sich sicherlich nicht besonders gut mit den ebenfalls behandelten scholastischen Logikern vertragen hätte, sondern vielmehr abermals den teils großen Unterschied zwischen in humanistischen Kreisen diskutiertem Bildungsideal und in diesem Fall tatsächlich ausgeübter und wohl eher pragmatisch motivierter Lehrtätigkeit. Sicherlich muss die Ulmer Schule als im Vergleich zum Gros der Lateinschulen, die lediglich basale Sprachkenntnisse vermitteln konnten, herausragend hinsichtlich des dortigen Bildungsniveaus bezeichnet werden; allerdings sollte zugleich angemerkt werden, dass ähnliches auch über andere Lateinschulen gesagt werden kann, die ebenfalls einen überregionalen Ruf hatten768. Dies impliziert an sich auch der von Bodemann und Dabrowski gezogene Schluss, der das Lehrprogramm der Lateinschule zu Ulm als Reaktion auf die Konkurrenzsituation mit den Universitäten interpretiert, in welcher sich die Schulen wiederfanden: ein Ausweichen in den Bereich der höheren Bildung als Antwort auf die in der Propädeutik „wildernden“ Artistenfakultäten769. Albertus Löffler besuchte 1436 die Ulmer Lateinschule und bezeichnete sich eindeutig als scolaris ulme770; doch der genaue Umfang seiner dortigen Ausbildung lässt sich nur ungenau fassen. So wäre zu hinterfragen, ob er dort oder an einem anderen Ort seine Elementarausbildung erhielt, da er 1436 wohl bereits 19 oder 20 Jahre alt war und sich zumindest aufgrund der Kolophone in seinen Handschriften 765 Bodemann/Dabrowski 2000, 39. 766 Eben diese Vermutung wird durchaus von Bodemann und Dabrowski zumindest angedeutet. vgl. Bodemann/Dabrowski 2000, 39 Anm. 44. 767 Bodemann/Dabrowski 2000, 30, 36, 43f. 768 Vgl. z. B. Schuler 1976, 101f, 178f. 769 Bodemann/Dabrowski 2000, 46. Das Problem besteht darin, dass Bodemann und Dabrowski zwar die eine oder andere ihrer Hypothesen relativieren, dies jedoch – im Gegensatz zu Argumenten, die die echten oder vermeintlichen Besonderheiten der Ulmer Schule betonen – nicht deutlich genug hervorgehoben wird. 770 Hs. Basel, UB, F VII 6, f. 216v.



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191

nur der Zeitraum vom etwa 8. März bis zum 22. Juni belegen lässt. Drei Handschriften – die sind die Kodizes Basel, Universitätsbibliothek, F VI 62, F VII 6 und F VIII 16771 – enthalten Texte, die er in diesem Zeitraum abgeschrieben hat. Während die Handschriften F VI 62 und F VIII 16 auch Texte aus späteren Phasen seines Lebens oder von anderer Hand in sich vereinen, wurde die Handschrift F VII 6 gänzlich in Ulm geschrieben. Beim ältesten Text handelt es sich um das komputistische Lehrgedicht „Massa compoti“ des Alexander de Villa Dei772, dessen Abschrift er an besagtem 8. März abschloss (F VIII 16, f. 107v–142v). Neben der „Massa compoti“ enthält der in Ulm entstandene libellus weitere kleinere Texte und Notizen zur Komputistik sowie kurze Abhandlungen zu Aderlass und Säftelehre. Bis 1442 folgten weitere Texte, welche er mit diesem libellus zu einer Handschrift von 205 Folia zusammenbinden ließ. Etwa drei Viertel der Handschrift – bis etwa Blatt 143 – enthalten hierbei verschiedene komputistische Texte und Hilfsmittel (Merkverse, Tafeln), unter anderem mehrere Auszüge aus dem „Computus chirometralis“ des Johannes Algeri von Erfurt. Um diese komputistischen Schriften gruppieren sich Exzerpte und Kommentare des „Algorismus“ des Johannes de Sacrobosco (am Anfang der Handschrift und unter den komputistischen Texten) sowie Auszüge und kurze Abhandlungen zum Aderlass und „De complexionibus“ – unter anderem aus dem „Regimen sanitatis Salernitatum“. Im letzten Viertel befinden sich primär die „Flores musicae“ des Hugo Spechtshart von Reutlingen und mehrere Kommentare hierzu sowie weitere kurze Texte zur Kirchenmusik. Den Abschluss der Handschrift bildet eine kurze Abhandlung „De quadrante“. Im Zeitraum vom etwa 12. April bis zum 12. Juni kopierte er die so genannten „Parva logicalia“ und den Traktat „De consequentiis“ des Marsilius von Inghen (F VI 62, f. 1v–115r)773. Auch hier fügte Löffler später weitere Texte hinzu. Während die Handschrift F  VIII  16 nur eine oberflächliche Ordnung und ein größeres Themenspektrum erkennen lässt – zuerst Komputistik, dann Kirchenmusik –, hat die Handschrift F VI 62 einen eindeutigeren Schwerpunkt, und die Texte sind wohl auch chronologisch sukzessive eingetragen worden. So wird das Thema der „Parva logicalia“, die aristotelische Begriffslogik, durch das Anfügen von Kommentaren und Quästionen entweder direkt zum Text des Marsilius von Inghen oder allgemein zu diesem Thema fortgeführt. Die Zusätze sind sicher aufgrund der Datierung (Blatt 116r bis 199r) oder mit hoher Wahrscheinlichkeit (Folium 199v bis 262v) während Löfflers 771 Zum genauen Inhalt der Handschriften vgl. Scarpatetti 1977, 202f, 207, 213 und Bodemann/Dabrowski 2000, 20–22. 772 Ed.: Steele 1926, 268–289. 773 Ed.: Bos 1983.

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Der kodikologische Kontext

Studienzeit in Heidelberg entstanden774. In etwa zeitgleich mit dem ersten Teil der Handschrift F VI 63, im Zeitraum vom 24. April bis zum 22. Juni, schrieb Löffler verschiedene Texte zur Lexik ab (F VII 6). Es handelt sich hierbei zum größten Teil um einschlägige Texte des Johannes de Garlandia zu diesem Thema775. Bodemann und Dabrowski vermuten, Löfflers Abschriften der Texte wären außerhalb des regulären Unterrichts entstanden; unter Umständen sei vielmehr zu vermuten, dass er die Möglichkeit hatte, die Bibliothek zur Vorbereitung des von ihm kurze Zeit später begonnenen Universitätsstudiums zu nutzen. Das Entstehen außerhalb der Unterrichtssituation machen sie auch an der Tatsache fest, dass Löfflers Abschrift der „Parva logicalia“ zwar für interlineare und marginale Glossierung eingerichtet ist, diese jedoch nur am Anfang durchgehend, später lediglich vereinzelt ausgeführt ist. Daraus schließen sie zudem, dass es Löffler wohl vor allem darum ging, sich möglichst rasch die Texte als Grundlagen für sein Studium anzueignen und er deshalb unter Umständen auf den Metatext zunächst verzichtete, um diesen eventuell später an der Universität nachzutragen – eine Möglichkeit, die er offensichtlich hat verstreichen lassen776. Für diesen Fokus Löfflers spricht auch die rasche zeitliche Abfolge der Abschriften, wie sie aus den Schreibervermerken ersichtlich ist. Dass Löffler beim Akquirieren der Texte sehr systematisch vorging, wird dadurch unterstrichen, dass er die Handschrift F VI 62 während seines Studiums um weitere Texte zur Begriffslogik und auch den 1436 kopierten Computus im Laufe der Jahre mit anderen komputistischen Traktaten ergänzte. Löfflers Abschrift der „Flores musicae“ aus der Zeit direkt nach seinem Bakkalaureat sind besonders gut geeignet, um dies zu illustrieren; im Kolophon am Ende der Abschrift des ersten Teils notiert Albertus Löffler noch: Et sic est finis istius primi libri sed non habet secundam partem nec tertiam Anno domini 1439. In den folgenden 774 Vgl. auch Lohr 1994, 112–114. 775 Es handelt sich um die „Verba deponentialia“ (mit Kommentar, f. 21r–40v), die „Nomina et verba defectiva“ (mit Kommentar, f. 41r–58r), das „Distigium“ (mit Kommentar, f. 68r– 79v), die „Synonyma“ (mit Kommentar, f. 94r–159r; nur Verstext, f. 234r–249r) sowie die „Equivoca I“ (mit Kommentar, f. 160r–216v; nur Verstext, f. 250r–263r). Zudem beinhaltet die Handschrift Texte, die Johannes de Garlandia zugeschrieben werden: „Composita verborum“ (mit Kommentar, f. 2r–20r; nur der Anfang der Verse, f. 264) und „De verbis neutralibus“ (mit Kommentar, f. 59r–67r). Das „Distigium“ wird durch den „Novus Cornutus“ des Otto von Lüneburg (mit Kommentar, f. 80r–93r), die „Equivoca I“ durch die „Nova equivoca“ eines anonymen Autors (f. 217r–233v) ergänzt. 776 Dieser Punkt müsste in Bezug auf den gesamten Korpus der von Löffler überlieferten Handschriften geprüft werden. Denn auch in seiner Abschrift der „Summa Iovis“ führt er nur am Anfang die Wortglossierung aus, was insofern bemerkenswert ist, als dass der Kommentar zu Vers 41 ausdrücklich auf die Glossierung Bezug nimmt (Hs. B, f. 15r).



Die Rhetorikhandschrift des Albertus Löffler

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Jahren vervollständigt er die Abschrift durch mehrere Kommentare zu den „Flores musicae“777. Insgesamt sind 12 Handschriften erhalten, in denen sich Texte befinden, die Löffler sicher in Heidelberg abgeschrieben hat778. Genauer handelt es sich hierbei um die Zeitspanne vom 31. Oktober 1436 bis zum 5. Dezember 1439. Um Schwerpunkte seiner Schreibertätigkeit feststellen zu können, bietet es sich jedoch 777 Bodemann/Dabrowski 2000, 40–42. Zwei weitere Punkte, die Bodemann und Dabrowski als Indizien für den Zeitdruck unter dem Löffler kopierte anführen, sind allerdings als eher zweifelhaft, wenn nicht gar falsch zu bezeichnen. Ihre Grundannahme ist hierbei, dass Löffler aufgrund der knappen Zeit gewissermaßen unterschiedslos alles abschrieb, was in seiner Vorlage stand. Als erstes führen sie die doppelten Abschriften von Johannes‘ de Garlandia „Synonyma“ und „Equivoca“ in Hs. F VII 6 an. Da die Handschrift nun kontinuierlich entstanden ist (es finden sich keine Zäsuren, die auf einzelne libelli hindeuten), müssten die Texte bereits so in Löfflers Vorlage vorhanden gewesen sein. Das zweite Indiz ist für Bodemann und Dabrowski, dass sich in dem in Ulm entstandenen libellus der Hs. F VIII 16 neben den komputistischen Traktaten und Tafeln auch einige medizinische Materialien befinden. Auch hier hätte Löffler die Texte nur deshalb abgeschrieben, weil sie sich bereits so in seiner Vorlage befunden hätten. Hierzu gilt es Mehreres anzumerken. Als erstes ist es doch ziemlich widersinnig anzunehmen, dass Löffler etwa 15 Doppelbögen Papier in der Hs. F VII 6 „einfach so“ beschreibt, da sich die fraglichen Texte „zufällig“ in seiner Vorlage befanden. Löffler also Zeit und auch Geld völlig sinnfrei verschwendet hätte, was sein ansonsten offensichtlich sehr strukturiertes Vorgehen bei Textauswahl und -kopie bis aufs Äußerste konterkarieren würde. Betrachtet man die betreffende Handschrift, so bemerkt man zunächst, dass die jeweils ältere Abschrift der beiden fraglichen Texte kommentiert ist, während die jeweils jüngere nicht von einem Metatext begleitet wird. Ob Löffler hier Platz für einen anderen Kommentar oder eigene Notizen schaffen wollte, lässt sich selbstverständlich nur vermuten. Auch fällt auf, dass Löffler die Abfolge der Texte anscheinend doch geändert hat, denn der drittletzte vollständige Text, die anonymen „Nova synonyma“, wurden laut Kolophon nach den „Zweitabschriften“ der unkommentierten „Synonyma“ und „Equivoca“ angefertigt (22. Juni auf der einen, 19. und 20. auf der anderen Seite). Zudem wäre die Frage zu klären, ob es sich am Ende der Handschrift wirklich um ein Fragment qua Vorlage der „Composita verborum“ handelt, oder ob nicht entweder eine Lage, die den Rest einer zweiten Kopie der „Composita verborum“ enthielt, fehlt, respektive Löffler diese, aus welchen Gründen auch immer, nicht aufbewahrt hat. In Betreff der medizinischen Texte, welche sich „zufällig“ unter den komputistischen Texten in Hs. F VIII 16 befinden, muss darauf hingewiesen werden, dass es sich, wie erwähnt, um Texte zum Aderlass handelt. Der Aderlass selbst, aber auch die Analyse des Blutes, erfolgt nun in Abhängigkeit von Jahreszeit, Sternkonstellation und ähnlichem, was nicht unbedingt a priori einen Zusammenhang mit Kalenderrechnung als unmöglich oder unsinnig erscheinen lässt. 778 Basel, UB, Codd. A V 32, A IX 7, F VI 20, F VI 28, F VI 61 (unsere Hs. B), F VI 62, F VI 66, F VI 79, F VIII 15 und F VIII 16. Die Angaben zu diesen Handschriften stammen, sofern nicht anders angegeben, aus Scarpatetti 1977, passim.

194

Der kodikologische Kontext

an, die betrachtete Zeitspanne bis zu seinem voraussichtlichen Eintritt in den Basler Dominikanerkonvent, also etwa 1445, auszudehnen779. Hierbei sollen zwei Zäsuren im Blick behalten werden; zum einen der 13. Januar 1439, der Tag, an dem Löffler zum Bakkalarsexamen zugelassen wurde, zum anderen der 5. Dezember 1439, dem Eintrag des letzten Kolophons mit einer sicheren Lokalisierung in Heidelberg780.781 Jahr

Datum

Ort

Text

1436

Mrz 8

Ulm

1436

Apr 10–12 Ulm

107v– 142v 1v–54v

1436

Ulm

1436

Apr 12– Jun 12 Apr 24

Alexander de Villa Dei, „Massa Com- F VIII 16 poti“781 Marsilius von Inghen, „Parva logiF VI 62 calia“ –––––––, „De consequentia“ F VI 62 F VII 6

2r–20r

1436

Mai 1

Ulm

F VII 6

21r–40v

1436

Mai 5

Ulm

F VII 6

41r–58r

1436

Mai 9

Ulm

F VII 6

59r–67r

1436

Mai 10

Ulm

F VII 6

68r–79v

1436

Mai 12

Ulm

F VII 6

80r–93r

1436

Mai 26

Ulm

F VII 6

94r–159r

1436

Jun 8

Ulm

Ps.-Johannes de Garlandia, „Composita verborum“ (+Komm.) Johannes de Garlandia, „Verba deponentialia“ (+Komm.) –––––––, „Nomina et verba defectiva“ (+Komm.) Ps.-Johannes de Garlandia, „De verbis neutralibus“ (+Komm.) Johannes de Garlandia, „Cornutus“ (+Komm.) Otto von Lüneburg, „Novus Cornutus“ (+Komm.) Johannes de Garlandia, „Synonyma“ (+Komm.) –––––––, „Equivoca I“ (+Komm.)

F VII 6

1436 1436

Jun 19 Jun 20

Ulm Ulm

–––––––, „Synonyma“ –––––––, „Equivoca I“

F VII 6 F VII 6

160r– 216v 234r–249r 250r–263r

Ulm

Signatur

Blattzahl

57r–115r

779 Das schließt folgende Handschriften in die Betrachtung ein: A I 18, A I 20, A II 39, A VIII 24, A VII 37. Die Angaben im Nachfolgenden zu den Handschriften, wenn nicht anders angegeben, nach: Scarpatetti 1977, passim. Für eine Übersicht der von Löffler im Zeitraum vom 8. März 1436 bis zum 17. Juli 1445 datierten Werke siehe Tabelle 3.1. 780 Löffler könnte sich auch bis zum 17. Februar 1440 in Heidelberg aufgehalten haben, doch die Formulierungen der Schreibervermerke in der Hs. A VIII 24 (f. 45r und 101r) sind nicht eindeutig. 781 Die Tabelle entstand auf Grundlage von: Scarpatetti 1977, passim und Bodemann/ Dabrowski 2000.



195

Die Rhetorikhandschrift des Albertus Löffler

Jahr

Datum

Ort

Text

Signatur

Blattzahl

1436

Jun 22

Ulm

Anon., „Nova synonyma“

F VII 6

1436

Okt 31

217r– 233v 189r–211r

1437 1437

1437 1438

1438 1438 1438 1438

1438 1438 1439 1439 1439

1439 1439 1439 1439 1439 1439

Heidelberg Jodocus Gartner (?), „Commentarius A IX 7 primi et secundi libri periarmeneias“ Feb 7 Heidelberg Johannes Algeri, „Computus chiro- F VIII 16 metralis“ Apr 23 Heidelberg Jodocus Gartner, „Disputata primi A IX 7 tractatus Petri Hispani dicta Wienensium“ Okt 19 Heidelberg „Questiones super libro priorum F VI 66 Aristotelis“ Mai 29– Heidelberg Johannes Fluk de Pfullendorf, „Parva F VI 62 Jun 21 logicalia cum regulis magistri Bartholomaei “ Jun 29 Heidelberg „Disputata super Donato“ F VI 20 Aug 2–9 Heidelberg „Alique questiones de regimine gram- F VI 20 maticali“ Aug 15– Heidelberg Mgr. Cristianus, „Orationes super F VI 66 Sep 22 libro posteriorum Aristotelis“ F VI 66 Sep 23– Heidelberg Bartholomaeus von Maulbronn, Okt 1 „Questiones super 1., 2., 6., et 8. libros thopicorum Aristotelis“ Okt 3–4 Heidelberg Nicolaus von Dybin, „Sporta florum F VI 61 rethoricalium“ Okt 4–19 Heidelberg „Questiones super librum elencoF VI 66 rum“ Jan 13 Heidelberg „Metra de statutis scholarum“ (Inc.: F VI 20 Non sis diu) Heidelberg dt. Gedicht (Inc.: „Nieman froe mde F VI 20 nehmen sol“) Mrz 31– Heidelberg Fridericus de Nuremberga, „Questio- F VI 28 Mai 15 nes super libros physicorum Aristotelis“ (2. Teil) Mai 29 Heidelberg „Floretus“ A V 32 Jul 11 Heidelberg „Summa Iovis“ (+Komm.) F VI 61 Jul 15 Heidelberg Ps.-Aristoteles, „Physionomia“ F VIII 15 Jul 28 Heidelberg „Disticha Catonis“ F VIII 15 Aug 11–31 Heidelberg „Questiones super 1., 2. et 4. libros F VI 79 de celo et mundo“ Okt 14– Heidelberg „Questiones super libros physicoF VI 28 Nov 8 rum“

31r–35r 2r–45v

2r–62v 177r–199r

2r–90v 91v–118v 2r–62v 139v– 170r 27r–110r 171r–234r 141r–142r 147r– 149v 1r–84r

3r–78v 3r–20v 2r–16r 80r–85v 54r–180r 86r–222v

196

Der kodikologische Kontext

Jahr

Datum

Ort

1439

Dez 5

Heidelberg Wilhelm von Auvergne, „De faciebus mundi“ Hugo Spechtshart von Reutlingen, „Flores musicae“ (+Komm.) (1. Teil) Heideberg? Nikolaus von Jauer, „Tractatus de supersticionibus“ Heidelberg? Gerhardus de Vliederhoven (?), „Libellus de quatuor nouissimis“ Johannes Gerson, „Opera varia“ Johannes Chrysostomus, „De sacerdotio“ Matthäus von Krakau, „Certamen racionis et consciencie“ Johannes de Sacrobosco, „Algorismus“ (unvollst.) „Commentarius super Algorismum Johannis de Garlandia“ „Comentarius super Flores musice“ „Tractatus de musica mensurabili“

1439? 1440

Feb 17

1440

Feb 17

1441 1441

Nov 13

1441 1442 1442 1442 1442? 1445

Jan 15

1445

Mrz 10

1445

Mai 14

1445 1445

Jul 4

1445 1445? 1445

Text

Signatur

Blattzahl

A V 32

86r–117v

F VIII 16 144r–155r A VIII 24 2r–45r A VIII 24 50r–101r A VII 37 A VII 37

21r–177v 178r–229r

A VII 37

229v– 248v F VIII 16 1v–13v F VIII 16 14r–28v

F VIII 16 156r–184r F VIII 16 184v– 187v Rheinfelden Nikolaus von Dinkelsbühl, „Questio- A I 18 1r–348r nes quarti libri sentenciarum“ 1r–169v Rheinfelden Paulus de Sancta Maria, „Dyalogus A II 39 quo vocatur Scrutinium scripturarum“ Nikolaus von Dinkelsbühl, „De tri- A I 20 2r–45r bus partibus poenitentiae“ (?) –––––––, „De decem preceptis“ A I 20 47r–68v Aegidius Romanus, „Tractatus de A I 20 69r–76v peccato originali“ Bonaventura, „Itinerarium mentis in A I 20 102v– Deum“ 114v Thomas von Aquin, „De perfectione A I 20 152r–169r spirituali vite“ Jacobus de Cessolis, „Libellus de A I 20 194r–227r moribus hominum et de officiis nobilium super ludo scaccorum“

Tabelle 3.1: Von Albertus Löffler abgeschriebene Texte (1436–1445)



Die Rhetorikhandschrift des Albertus Löffler

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In den fraglichen drei Jahren seines Aufenthalts in Heidelberg schrieb Löffler hauptsächlich logische Texte und Quästionen sowie Kommentare zum aristotelischen Schrifttum ab. Albertus Löfflers strukturiertes Vorgehen bei der Zusammenstellung seiner Handschriften zeigt sich auch bei diesen Texten. Neben der bereits erwähnten Handschrift F VI 62 mit den sich um die „Parva logicalia“ herum gruppierenden Texten illustriert dies die Handschrift F VI 66, die Quästionen zu Texten des aristotelischen Organons enthält – genauer denjenigen Texten des Organons, welche die logischen Schlüsse behandeln782. Ebenfalls einen logischen Fokus hat die Handschrift A IX 7, die nicht nur von Löffler selbst kopierte Schriften beinhaltet, sondern auch Texte zum gleichen Thema, die er über seine eigene Schreibertätigkeit hinaus akquiriert hat: Neben „eigenen“ Quästionen zu zwei tractatus der „Summule logicales“ des Petrus Hispanus und zu Büchern von „De interpretatione“ sind dies weitere Texte, ebenfalls zu „Peri hermeneias“ sowie zur „Ars vetus“ im Allgemeinen783. Diese Handschrift bildet im Kontext der privaten „Bibliothek“ Löfflers zudem gewissermaßen eine Einheit mit der bereits erwähnten Handschrift F VI 66, denn in Kombination umfassen sie einen nicht unerheblichen Teil des aristotelischen Organons. Während er dieses „zweibändige Studienbuch“ zur Logik noch eindeutig während seines Studiums zusammenstellte, sind weitere Abschriften philosophischer Texte im untersuchten Zeitraum nach Löfflers Erlangen des baccalaureus in artibus entstanden. In zwei Handschriften stellte Löffler naturphilosophische Schriften zusammen: Quästionen zur „Physica“ und zum pseudoaristotelischen „De lineis indivisibilibus“ sowie Auszüge aus den „Parva naturalia“ in der Handschrift F VI 28784; Quästionen zu „De caelo“ und „De generatione et corruptione“ sowie dem pseudoaristotelischen „De mundo“ in der Handschrift F VI 79785. Ebenfalls wohl nach Löfflers Bakkalaureat ist die Zusammenstellung in der Handschrift F VIII 15 zu datieren. Einen Großteil dieses Kodex nehmen Texte und Quästionen zur „Oeconomica“ und der Aristoteles zugeschriebenen „Physionomia“ ein786 – die übrigen 16 der 96 Folia des Kodex verweisen bereits jenseits Löfflers Studium, wie noch auszuführen sein wird. Ähnliches gilt für die Handschrift F VI 20, in der sich in den ersten zwei Dritteln Quästionen zu Donat im Speziellen und zur Grammatik im Allgemeinen finden. 782 Es handelt sich um die „Analytica priorum“ und „posteriorum“, die „Topica“ sowie „Sophistici elenchi“. Vgl. Lohr 1994, 116–118. 783 Vgl. Lohr 1994, 15f. 784 Darunter auch Exzerpte aus „De instantibus“ (Ps.-Thomas von Aquin?); vgl. auch Lohr 1994, 107f. 785 Vgl. Lohr 1994, 125f. 786 Vgl. Lohr 1994, 140f.

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Der kodikologische Kontext

Da alle bisher abgehandelten Texte dem Heidelberger Curriculum entnommen sind, muss an dieser Stelle kurz diskutiert werden, welche Gestalt Löfflers Studien hatten. Präziser muss die Frage gestellt werden, ob er den magister in artibus erworben hat, wie dies Bodemann und Dabrowski787, aber auch Beat von Scarpatetti788 – leider ohne Angabe von Quellen – annehmen. Für den baccalaureus in artibus steht dies ohne Zweifel fest, wie dies seine Zulassung zum Bakkalarsexamen, seine eigenen Angaben in Schreibervermerken789, aber auch die von ihm kopierten Texte bezeugen790. Für den Grad des Magisters stellt sich dies jedoch anders dar – wobei das Erhalten dieses Grades rein zeitlich gesehen durchaus möglich gewesen wäre. Schließt man eine Dispensierung von Seiten der Fakultät aus, war Löffler sowieso verpflichtet, die zwei auf seine determinatio als baccalaureus folgenden Jahre in Heidelberg an ordentlichen Disputationen teilzunehmen791. Dies würde auch zum einen seinen für 1439 gesicherten Aufenthalt in Heidelberg erklären und bedeuten, dass er mindestens bis zum Frühjahr 1441 dort blieb. Eine ähnliche Regelung galt für die magistri in artibus, die für zwei Jahre Regenzen wahrzunehmen hatten792. Da Löffler erst 1445 wieder an einem anderen Ort bezeugt ist, wäre ein Aufenthalt bis 1443 möglich, könnte vielleicht auch Löfflers Zugang zu umfangreichen Schriftmaterial bis 1442 erklären. Doch spricht auch einiges gegen einen Abschluss als magister artium. So erfüllt Löffler nach dem Zeugnis der von ihm besessenen und geschriebenen Kodizes die Voraussetzungen zur licentia in artibus nur zum Teil793, 787 Bodemann/Dabrowski 2000, 42. 788 Scarpatetti 2008. 789 Selbstbezeichnung als Bakkalar in den Hss. F VI 28, f. 84r, F VIII 15, f. 16r und F VI 79, f. 180v. 790 Löffler erfüllt bis auf zwei Ausnahmen mehr oder minder die in den ältesten, wohl bis 1403 ergänzten Fakultätsstatuten der Artisten der Universität Heidelberg festgelegten Voraussetzungen für die Zulassung zum Bakkalarsexamen: so machte er anscheinend von der Möglichkeit Gebrauch, zum einen die lectiones über das erste und zweite Buch des „Doctrinale“ und den gesamten „Grecismus“ durch äquivalente Texte zu ersetzen (vgl. Hs. F VI 20), zum anderen die lectiones über die Physik des Aristoteles nach dem Bakkalarsexamen nachzureichen (vgl. Hs. F VI 28). Vgl. Winkelmann 1886, 34,10–30. 791 Winkelmann 1886, 36,6–10. 792 Winkelmann 1886, 41,32-34. 793 Von Löffler überliefert sind nur die geforderten „De caelo et mundo“, „De generatione et corruptione“, und die „Oeconomica“; es fehlen der Großteil der „Parva naturalia“ (Löffler besaß nur Exzerpte), die „Meteorologica“, die Metaphysik, die Ethik, und die Politik sowie die Texte „De latitudinibus formarum“, „De proportionibus“ und „De sphaera“. An mathematischen Texten kann er zwar den „Computus chirometralis“ und den „Algorismus“ nachweisen, welche beide in den Entgeltlisten für die Vorlesungen stehen (Winkelmann 1886, 42,40f ), allerdings lediglich als Sammlung verschiedenster Exzerpte und Kommen-



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wobei jedoch zu beachten gilt, dass zwar die Überlieferungslage der „Löffler’schen Bibliothek“ im Vergleich überraschend gut ist, dennoch grundsätzlich ein gewisser Schwund nicht ausgeschlossen werden kann – vor allem, da von Löffler keinerlei cedulae überliefert sind. Von besonderer Wichtigkeit in dieser Hinsicht ist allerdings, dass sich Löffler selbst zu keinem Zeitpunkt mit dem Grad des Magisters bezeichnet – einen potentiellen Schwund an Handschriftenzeugen wiederum nicht berücksichtigend. Da Löffler ansonsten hinsichtlich seines Status als Schüler in Ulm, Student oder Bakkalar in Heidelberg, Kaplan in Rheinfelden, Novize in Basel etc. recht mitteilsam war, erscheint es doch recht verwunderlich, dass er gerade diesen akademischen Grad verschwieg. Wenn es also auch nicht auszuschließen ist, dass Löffler den magister in artibus oder zumindest das Lizenziat erwarb, so kann doch andererseits nur mit deutlichem Vorbehalt ein entsprechender Schluss gezogen werden. Löfflers angedeutete „extracurriculare“ Interessen sind zwei verschiedenen Bereichen zuzuordnen. Der erste und sicherlich bedeutendere ist im Zusammenhang mit Löfflers angestrebter Karriere als Priester zu deuten; so die Abhandlung „De confessione“ am Ende der Handschrift F VI 79, auf den Seiten 90r bis 96r (nicht von der Hand Löfflers) sowie das katechetische Gedicht „Floretus“794 und Wilhelms von Auvergne „De faciebus mundi“ – einer ars praedicandi mit einem Schwerpunkt auf der inventio und dem Gebrauch von similitudines in der Predigt –,795 die den Inhalt von Kodex A V 32 bilden. Auch fast alle weiteren Texte, die Albertus Löffler seit dem Jahr 1440 bis 1445 kopierte – von den komputistischen oder mathematischen Texten einmal abgesehen –, haben einen theologischen oder mystischen Schwerpunkt oder aber die Kirchenmusik zum Thema796. Mit dem Ende seines Studiums wird hier also bereits der spätere geistliche Lebensmittelpunkt Löfflers deutlich. Auch der zweite Bereich kann mit Blick auf das von ihm angestrebte Betätigungsfeld gesehen werden. Durchaus in thematischer Nähe – im Sinne einer propädeutischen Thematik – trug Löffler in der Handschrift F VI 20 im Anschluss an die Quästionen zur Grammatik verschiedene Gedichte, darunter jeweils etwa 700 Verse der deutsch-lateinischen „Proverbia Fridanci“797, sowie, datiert auf den 13. Januar 1439, einige „Metra de statutis scolarum“ ein. Nicht mehr inhaltlich verbunden mit den voranstehenden (pseudo-)aristotelischen Schriften sind die auf tarexzerpte, was in den Statuten gerade ausgeschlossen wird. Vgl. Winkelmann 1886, 38,10–30. 794 Vgl. Henkel 1988, 250–253. 795 Dahan 2005, passim. 796 Vgl. S. 194ff, Tabelle 3.1. 797 Vgl. Henkel 1988, 253–255.

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den Seiten 80r bis 88v von Löffler niedergeschriebenen Texte: Die auf den 28. Juli datierten „Disicha Catonis“ sowie eine pseudoovidische „Ars amatoria“798. All diese Texte sind in ihrem Charakter durchaus als schulisch zu bezeichnen – wenn auch der überwiegende Teil der genannten Texte aufgrund ihres moraldidaktischen Inhalts für die Predigt geeignet ist. Ein persönlicher Gebrauch im Sinne von Aneignung von Wissen ist für Löffler angesichts seines Bildungsstandes sicherlich auszuschließen. Möglich wäre eine Verwendung im Kontext der Vermittlung von Wissen entweder im Rahmen von extraordine in Heidelberg zu denkendem Elementarunterricht während der zwei Jahre nach Löfflers inceptio als baccalaureus oder im Zusammenhang mit einer „Nebentätigkeit“ als Lehrer während seiner Zeit als Kaplan des Andreasaltars zu St. Martin in Rheinfelden. In einen ähnlichen Zusammenhang ist der Inhalt der Handschrift B zu sehen, welche als einzige der Handschriften Löfflers rhetorischen Inhalts ist. Die Quarthandschrift ist aus mehreren, ursprünglich eigenständigen libelli zusammengesetzt. Der erste libellus enthält auf den Seiten 3r bis 20v die „Summa Iovis“, welche im accessus als „Summa de arte dictandi“ betitelt und dem Autor Iupiter francigena zugeschrieben wird. Vers- und Kommentartext alternieren einspaltig (Holtz, P9bis; vgl. Abb. 3.3), bis Vers 9 (f. 10v) sind vereinzelt Wortglossen eingetragen worden. Laut Kolophon auf Seite 20v vollendete Löffler die Abschrift der „Summa“ am 11. Juli 1439799. Der Kommentar zur „Summa Iovis“ ähnelt demjenigen, welcher unter anderem auch in der Handschrift M1 überliefert ist, allerdings wurde dem accessus eine collatio über Ezechiel 36,27 vorangestellt. Direkt auf die „Summa Iovis“ folgt von Seite 20v bis 24v der schematische Teil des „Viaticus dictandi“ des Nicolaus von Dybin800. Ab Seite 25v, also noch in der gleichen Lage wie das „Viaticus“Exzerpt und das Ende der „Summa“, beginnt die Dybin’sche „Oracio de beata Dorothea“801. Die „Oracio“ wurde intensiv interlinear glossiert, wobei die einzelnen Verse allerdings nicht voneinander abgesetzt wurden. Der Text bricht auf Seite 26v nach Vers 126, der noch vollständig erhalten ist, ab; zwischen Blatt 26 und 27 fehlt eine unbestimmbare Anzahl von Blättern, ein Blick auf die Bindung und den Schnitt der Handschrift lässt es jedoch als möglich erscheinen, dass eine ganze Lage fehlt. Da etwa drei Fünftel der „Oracio“ nicht vorhanden sind, könnten etwa vier 798 Vgl. Lohr 1994, 140f. 799 Hs. B, f. 20v: „Et sic est finis huius operis deo gracias, qui nos sacias per laborem rusticorum quod est contra voluntatem eorum et cetera, per me Alberchtum Loeffler de Rinfelden anno Domini 1439 quinto ydus julij et fuit sabati die ante festum Heinrici jmperatoris. 800 Betitelung dieses Teils: „Epistola est secretorum fidelis nuncia“. Ähnlich die Hs. Berlin, SB Preußischer Kulturbesitz, lat. qu. 114, f. 54vff. Vgl. Szklenar 1981, 148. 801 Ed.: Jaffe 1974, 104–108. Lit.: Szklenar 1981, 119–126; Worstbrock 1984, 458f.



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Abbildung 3.3: Basel, Öffentliche Bibliothek der Universität, Cod. F VI 61, f. 14r

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Der kodikologische Kontext

bis fünf beschriebene Seiten fehlen. Aufgrund des Textverlustes kann an sich keine genaue Klassifizierung des Textes vorgenommen werden. Da jedoch anscheinend die „Declaracio oracionis de beata Dorothea“, wenn sie in Kombination mit dem gesamten Gedicht auftritt, zumeist mit den Versen alternierend angelegt ist, wäre aufgrund des in der Handschrift B vorhandenen Materials anzunehmen, dass die „Oracio“ hier ohne begleitenden Kommentar überliefert wurde, es sich also um Klasse I handelt802. Die Blätter 27 bis 119 umfasst der zweite libellus. Den Anfang macht hierbei eine rhetorische Abhandlung, welche gemäß Selbstnennung des Autors im Prolog ebenfalls dem Nicolaus von Dybin zuzuschreiben ist803. Dybin nennt seine Abhandlung „Sporta florum rethoricalium“, da er darin die auf viele Werke verstreuten Regeln der Rhetorik zusammengetragen und in Übereinstimmung gebracht habe804. Tatsächlich stellt Dybins tractatulus eine umfangreiche Rhetorik dar, welche sich in drei Abschnitte gliedert. Gemäß der Inhaltsangabe im Vorwort behandelt der erste Teil der „Sporta florum rethoricalium“ die eigentliche Briefstilistik sowie die Urkundenlehre (f. 29r–61v); Thema des zweiten Teils ist der rhetorische ornatus, wobei jedem Stilmittel ein Musterbrief, der dessen Anwendung zeigt, beigegeben wird (f. 61v–97v); der letzte Abschnitt erläutert verschiedene Arten der reinventio/„réécriture“ eines bereits gegebenen Stoffes/Themas – hier die aus der „Poetria nova“ bekannten Arten der abbreviatio, prolongatio und Transposition des Stoffes –, den cursus, die Interpunktion, die Metaplasmen sowie die zu vermeidenden grammatischen und stilistische Fehler (f. 97v–106v)805. Mehrere Notabilia zum 802 Vgl. Jaffe 1974, 29. 803 Hs. B, f. 27r: Sic et ego Tibinus arcium licet minimus magister horum exemplo incitatus callem michi satis perdifficilem ingredi conatus sum, quem eciam a scrupulis expurgandis proficissencium pedes in deuium ducat alta jngenia laborasse prospexi. 804 Hs. B, f. 27r: Sed solum causa vsus et exercicij mei ipsius ac aliorum collectorum more varijs in locis dispersa in vnum opus proposui agregare jn sportam videlicet florum rethoricalium, quo titulo hunc tractatulum cupio decorari, ut sic in ambiguis certitudo, claritas in obscuris, ordo jn confusis per hoc clarescat opusculum. 805 Hs. B, f. 28v: Presens igitur liber triplici particioni subiacebit: Jn prima dicetur de formacione epistularum seu composicione dictaminum tam missilium quam priuilegiatorum et de partibus earundm, scilicet salutacione, exordio, narracione et cetera. Anectendo quomodo quinque officia rethoris ad istas partes habent famulari. Jn secunda dicetur quomodo predicta dictamina debent adornari. Et primo de coloribus transumpcionis, quot et qui sunt. Et circa quemlibet colorem ponendo vnum dictamen speciale, quod exemplifficat illum colorem. Et consequenter de verborum et sentenciarum coloribus quemlibet colorem post suam diffinicionem vno speciali dictamine exemplifficando. Jn tercia particione reliqua artis rethorice singularia documenta tractabuntur, scilicet ars commutandi partes oracionis, que ab alijs copia latinitatis appellatur. Et de modis prolongandi et abbreuiandi materiam, de modis transponendi, de modis claudendi,



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Inhalt der „Sporta florum rethoricalium“ im Allgemeinen und der Abschrift in der Handschrift B im Besonderen sind anzumerken. Eher nebensächlich ist, dass unter der Überschrift Sequuntur cause invencionis epistolarum (f. 29rv) auf Seite 29v die Verse 2 und 3 der „Summa Iovis“ als Merkverse für diesen Punkt angegeben werden, allerdings ohne Bezeichnung ihrer Herkunft – im ersten Teil der „Sporta“ werden im Übrigen des Öfteren Merkverse als Hilfsmittel herangezogen806. Entscheidender ist, dass der gesamte zweite Teil des Traktats in hohem Maß von der „Declaracio oracionis de beata Dorothea“ abhängig ist, teils sogar im Wortlaut der Definitionen mit diesem übereinstimmt und ebenfalls oft auf Galfridus de Vino Salvo und den „Laborinthus“, welche Dybin beide kommentierte, sowie einen nicht näher zu identifizierenden Gwydo807 rekurriert. Nicht nur die Abfolge der colores transumpcionis, verborum und sentenciarum richtet sich in der „Sporta“ nach der „Declaracio“, auch wird häufiger auf ein carmen verwiesen, was auf die „Oracio“ hindeuten könnte. Zugleich zeigt der Text der „Sporta florum rethoricalium“, dass Albertus Löffler entweder selbst den Text emendierte, oder aber entsprechendes in seiner Vorlage gegeben war. Löfflers Interesse, seine Abschrift zu verbessern, zeigt sich darin, dass er in marginem fehlende Wörter nachtrug. Darüber hinaus beginnt auf Seite 106v die Abhandlung zu den Privilegien, welche laut Prolog eigentlich Bestandteil des ersten Abschnittes des Traktats sein sollte. Da auf Seite 110r Löfflers Schreibervermerk erfolgt – er schloss den Text am 3./4. Oktober 1438 ab808 – kann zwar davon ausgegangen werden, dass er diese Reihenfolge bereits in seiner Vorlage vorfand, allerdings trägt er danach nochmals einen Absatz zur Urkundenlehre nach. Auch die folgenden Seiten indizieren ein aktives Eingreifen Löfflers. Während des gesamten Abschnittes der „Sporta florum rethoricalium“ zu den colores verborum trägt er zusätzlich zur ausgeschriebenen Zählung der colores im Text eine arabische Zählung am Rand ein – diese weicht teils deutlich von der punctuandi et virgulandi et de vicijs tollerabilibus et intollerabilibus et alia ad artem rethorice requisita non obmittentur. 806 Im Abschnitt über die salutatio werden zusätzlich verschiedene Tabellen als Hilfsmittel herangezogen (f. 34r: Arten der merita von Adressat und Adressant [Blutsverwandtschaft oder Adoption, erbliches oder verliehenes Amt etc.]; f. 37v: verschiedene Arten der epistula; f. 38r: Einteilung von Empfänger und Sender in verschiedene Stände und Ränge). 807 In der „Declaracio“ wird zwar eine „Summa“ als das betreffende Werk dieses Guido angegeben (Jaffe 1974, 121,2), was auf Guido Faba verweisen könnte; allerdings findet sich keine der angeführten Definitionen in Fabas „Summa dictaminis“. 808 Hs. B, f. 110r: Et sic est finis huius operis per me Alberchtum loeffler de rinfelden et ex huius operis terminacione deo omnipotenti gratiarum acciones refero per immensas precelseque genitrici virgini marie et alme cristi nimphe ac rosigere dorothee laudes cano incessanter Scriptum heydelberge Anno domini 1438 quinto nonas octobris hoc est die sancti francisci.

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im Text ab. Auf den Seiten 110r bis 116v werden weitere Stilmittel nachgetragen, wobei die ausgeschriebene Zählung im Text diejenige des Traktats fortführt, die arabische am Rand sie jedoch eindeutig den zuvor vorhandenen Lücken zuordnet. Die Form entspricht hierbei genau derjenigen des Traktats: zuerst eine kurze Definition, zumeist mit Angabe von auctores („Laborintus“ und „Gamfridus“), danach ein exemplifizierender Brief. Auffällig ist, dass nun Anzahl und – gemäß der arabischen Bezifferung in marginem – Abfolge der colores verborum genau derjenigen in der „Declaracio“ entspricht809. Es wäre also zu vermuten, dass Löffler unter Umständen Zugang zu einer weiteren Version der „Sporta“ hatte und seine Abschrift nach dieser ergänzte. In Folge der Erörterungen der verschiedenen Beschreibungen der colores fällt im Übrigen auf, dass ohne besondere Kennzeichnung metatextuelle Äußerungen fallen810. Diesbezüglich müsste untersucht werden, ob diese von Löffler selbst stammen, ihm von einem Heidelberger Lehrer diktiert wurden oder ob sich Übereinstimmungen mit anderen Abschriften finden811. Auf den Seiten 116v bis 119v folgen diverse Briefmuster812; das letzte Formular auf Blatt 119v, eine forma 809 Die Abfolge der colores transumpcionis und sentenciarum entspricht derjenigen der „Declaracio“. Die Aufzählung der colores verborum ist wie folgt (die Zahl vor dem Stilmittel bezieht sich auf die Zählung im Text, die in Klammern auf Löfflers arabische Zahlen am Rand): 1. repeticio (–), 2. conuersio (2), 3. complexio (3), 4. traductio (4), 5. contencio (5), 6. exclamacio (6), 7. raciocinacio (8), sentencia (9), 9. contrarium (10), 10. articulus (12), 11. conpar (14), 12. similiter cadens (15), 13. subiectio (18), 14. gradacio (19), 15. diffinicio (20), 16. transicio (21), 17. correctio (22), 18. adiunctio (26), 19. interpretacio (28), 20. communicacio (29), 21. permissio (30), 22. dubitacio (31), 23. expedicio (32), 24. dissolucio (33), 25. precisio (34), 26. conclusio (35); folgende colores wurden nachgetragen: 27. interrogacio (7), 28. membrum (11), 29. continuacio (13), 30. similiter desinens (16), [permixtio [metatextueller Nachtrag, s. u.)], 31. agnominacio (17), 32. occupacio (23), 33. disiunctio (24), 34. coniunctum (25), 35. conduplicacio (27). 810 Beispielsweise f. 65v: Ego tamen in ista parte volo stare cum Tibino, qui omnes transsumpciones proprij nominis vno nomine appellat, scilicet pronominacione; f. 66rv: Moderniores rethores, ut Tibinum et sui sequaces, adhuc posuerunt vnam speciem transumpcionis, quam vocant permutacionem […]; sowie f. 113r: Notandum quod quidem post istum colorem ponunt vnum colorem qui dicitur permixtio; et secundum intencionem Laborinti et Tibini tunc complectitur ex duobus coloribus immediante precedentibus, scilicet similiter cadente et similiter desinente; ego autem sequor ordinem Gamfredi, qui secundum colorem non ponit; ergo nec ego jn hijs; ergo Gamfredus maior dignitas autorisat. 811 Ebenfalls die „Sporta florum rethoricalium“ enthält die Hs. Lu (vgl. unten S. 210). Eine leicht kürzere Version findet sich in Bamberg, SB, Msc. phil. 16, f. 1r–83v (vgl. Worstbrock 1984, 458f ), Erlangen-Nürnberg, UB, Ms. 656, f. 1r–78r, Freiburg, UB, 81, f. 1r– 48v (unvollständig) und Halle/Saale, UB und LB, Qu. Cod. 86, f. 232r–298v. 812 Die Namens- und Ortsnennungen in diesen Mustern, aber auch in den Beispielen in der „Sporta“ selbst, sind übrigens den lokalen und zeitlichen Gegebenheiten Löfflers ange-



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presentationis für eine Stelle als Kaplan in der Diözese Basel, ist von etwas anderem Duktus als die vorangegangenen Briefmuster, so dass es sich um einen späteren Nachtrag handeln könnte. Der letzte libellus des Kodex B stammt nicht von der Hand Löfflers. Er enthält auf den Seiten 120r bis 153v eine anonyme ars dictandi (Inc.: Rogatibus quidem vestris); der Schwerpunkt dieses Traktats liegt jedoch eindeutig auf dem Formelmaterial, welches durchgehend vermittels der fünf partes epistulae gegliedert wird – der theoretische Anteil beschränkt sich in diesem Text im Grunde genommen auf Definitionen eben dieser Briefteile. Das Formelmaterial wird hierbei primär tabellarisch nach Art der „Practica“ des Laurentius de Aquilegia aufbereitet. Der Text ist wohl etwas älter als die von Löffler selbst abgeschriebenen, und es steht zu vermuten, dass er den Text in Heidelberg erwarb813. Im Übrigen werden auch in diesem Traktat die Verse 2 und 3 der „Summa Iovis“ als Merkverse für die causae inventionis epistulae verwendet814. Bevor eine Interpretation des Inhalts der Handschrift B bezüglich einer eventuellen Nutzungsintention seitens Albertus Löfflers vorgenommen werden kann, muss zunächst geklärt werden, ob Löffler überhaupt auf die inhaltliche Zusammenstellung Einfluss genommen hat. Im Vordergrund steht hierbei die Frage, wann die Handschrift in ihrer jetzigen inhaltlichen Zusammenstellung und Abfolge konstituiert wurde. Auf der ersten und letzten Seite der Handschrift befinden sich Einpasst, der sich auch selbst nennt (Alberchtus studens heydelbergensis). Namentlich (oder auch nur die Titel) werden erwähnt: Fridericus Dei gracia dux Saxonie, marchio Misenensis (Friedrich II. der Sanftmütige, 1412–1462); Johannes Dei gracia archiepiscopus Maguntinensis (Johannes II. von Nassau, 1397–1419); Fridericus episcopo Wormacensis (Friedrich II. von Domneck, 1427–1445); Alberchtus Romanorum rex, rex Bohemie (Albrecht II., 1379–1439). Ohne Namensnennung werden verschiedenste Personen (presbyteri, canonici, studentes, magistri, rectores scolarium, burggravi, milites etc.) aus dem Raum Heidelberg, Worms, Mainz und Rheinfelden sowie Erfurt, Basel, Rötteln und Sausenberg genannt. Als Orte werden in der „Summa Iovis“ im übrigen Rheinfelden, Heidelberg, Wien und Paris genannt; bei den Personen handelt es sich in der „Summa Iovis“ primär um verschiedene Personen mit dem Namen Johannes. Sowohl in der „Summa Iovis“ als auch in der „Sporta florum rethoricalium“ wird „Hussit“ als zu „Ketzer“ metonym verwendet. 813 An Personen werden namentlich Sigismundus Romanorum imperator (Kaiser Sigmund, 1368–1437) und Urbanus seruus seruorum Dei (Urban VI. [?], 1328–1385) erwähnt; darüber hinaus ein Johannes ciues de Esslinga, ein magister actum regens Heidelberge in arcium facultate, sowie, in einem Empfehlungsschreiben an einen Magister, ein Cuonradus scolaris. 814 Hs. B, f. 121r. Darüber hinaus Verwendung weiterer Merkverse, z. B. bezüglich der Herleitung des Worts dictamen die Verse 3 und 4 des „Compendium“ Ottos von Lüneburg. Hs. B, f. 120v: Dicitur a dicto dictamen ab hoc quasi icto / Themate vocalem facit rem spiritualem.

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tragungen des Dominikanerkonvents Basel, also der Bibliotheksheimat des Kodex. Auf Seite 1r steht zunächst Hic liber est sacrum ordinem predicatorum Basiliensium. Darunter liest man concessus ad usum incertum fratri Alberto Loeffler eiusdem conventus filio, wobei dieser zweite Eintrag rot durchgestrichen wurde. Auf der letzten Seite (f. 153v) steht am unteren Rand De libris Alberti Loeffler oretur pro eo. Ähnliche Einträge finden sich auch in weiteren Handschriften, die Löffler bei seinem Eintritt in den Basler Dominikanerkonvent besaß815. Die Kombination dieser Einträge impliziert, dass Löffler beim Eintritt in das Kloster dem Konvent seinen Bücherbesitz stiftete, er aber im Falle der Handschrift B augenscheinlich sogleich den zeitlich unbegrenzten Nießbrauch des Kodex erhielt – gleiches gilt für die primär grammatische Handschrift F VI 20816. Mit diesem „Verlust“ seiner privaten Bibliothek bei Eintritt in den Konvent von Basel war Löffler indes nicht der einzige, wie ein weiterer Fall illustriert817. Auch die Einbände der Handschriften, welche Löffler bei seinem Klostereintritt mit in den Bestand des Konvents einbrachte, zeigen gewissen Parallelen, die darauf hindeuten, dass sie relativ zeitgleich gebunden wurden. So weisen sie ähnliche Einbände auf – Ganzledereinbände ohne Verzierung oder, wie bei der Handschrift B, mit Streicheisenlinien und teilweise Stempeln verzierter, rotbraune Ledereinbände – oder die Spiegelblätter haben die gleiche Herkunft818. Da sich ähnliche Einbände auch bei anderen Handschriften des Dominikanerkonventes finden, könnte mit großer Vorsicht die Vermutung geäußert werden, dass Löfflers Kodizes in der zweiten Hälfte der 40er Jahre des 15. Jahrhunderts gebunden wurden. Allerdings müssten zur genauen Klärung die später von Löffler kopierten Handschriften sowie weitere Handschriften des 15. Jahrhunderts aus dem Bestand des Konvents untersucht werden819. Das bedeutet, Löffler konnte Einfluss auf die Zusammenstellung seiner libelli nehmen. Die Kombination der einzelnen libelli seiner Handschriften ist also, insbesondere sicherlich bei den Handschriften, die Löffler nach Klostereintritt, auch 815 Folgende Hss. tragen einen Besitzeintrag des Konvents: A V 32, A VII 37, F VI 20, F VI 61 (die Hs. B), F VI 62, F VI 66, F VI 79 und F VIII 15. Von diesen haben einen „Stiftungsvermerk“: A V 32, A VII 37, F VI 61, F VI 62, F VI 66, F VI 79 und F VIII 15. Wieder in Löfflers Hände gelangten: F VI 20 und F VI 61. 816 Zur Formulierung ad usum incertum im Kontext der Ausleihe von Handschriften im Kloster, vgl. Powitz 1996, 292 817 Schmidt 1919, 170 Anm. 6. 818 In den Hss. F VI 62, F VI 66 und F VI 79 werden, wie auch in der Hs. B, Reste einer „Doctrinale“-Hs. von der Wende des 14. zum 15. Jahrhundert verwendet. 819 Für die ausführliche Beantwortung von Fragen zu den Einbänden der Löffler‘schen Handschriften danke ich dem Leiter der Handschriftenabteilung der UB Basel, Herrn Dr. Ueli Dill.



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bei geänderten Besitzverhältnissen, weiter benutzte, als intentional anzusehen. Zunächst jedoch zur Frage, wie und warum Löffler diese Texte akquirierte. Dybins „Sporta florum rethoricalium“ schrieb er noch während seines Studiums ab, und da die Rhetorik in Heidelberg kein „Prüfungsthema“ war, muss dies aus eigenem Antrieb geschehen sein. Da die ars dictaminis nicht nur der privaten Anwendung diente, sondern auch, im Gegensatz zur wissenschaftlich-philosophischen Ausbildung der artes-Fakultät, ein Einkommen jenseits einer universitären Laufbahn eröffnete, ist dies somit an sich recht einfach zu motivieren820. Auch der Erwerb des libellus mit der ars dictandi „Rogatibus quidem“ stellt funktional gesehen keine Schwierigkeiten dar, da dieser primär zusätzliches Formelmaterial bietet, welches immer als sinnvolle Ergänzung zu bereits vorhandenen Texten gewertet werden kann. Ob Löffler den Text erst kurz vor seinem Eintritt ins Kloster erwarb oder er vielleicht sogar in Heidelberg durch diesen die Grundlagen der ars dictaminis erlernte, ist faktisch irrelevant. Die „Summa Iovis“ hingegen, die Löffler mehr als ein halbes Jahr nach der „Sporta florum rethoricalium“ abgeschrieben hat, wirft einige Fragen auf. Denn es handelt sich bei der „Summa Iovis“, genauso wie bei der nachfolgenden „Oracio de beata Dorothea“, um einen eher einführenden, propädeutischen Text. In Betreff der „Oracio“ könnte noch vermutet werden, dass Löffler die großen Überschneidungen zwischen dem zweiten Teil der „Sporta“ und der „Declaratio oracionis de beata Dorothea“ bekannt waren, somit ein ergänzendes Nebeneinander von „Oracio“ und „Sporta“ als zweckmäßig gedacht werden könnte. Doch die basale „Summa Iovis“ erscheint neben der „Sporta florum rethoricalium“, welche auch im Vergleich mit anderen artes dictandi durch ihre thematische Breite hervorsticht, gänzlich redundant. Die einfachste Erklärung wäre, Löffler hätte sich den Text mit Blick auf eine eventuelle Tätigkeit als Schulmeister oder Locat – oder als extraordinarie lehrender Bakkalar – verschafft. In Kombination mit den von Löffler im Rahmen seines Studiums erworbenen grammatischen Texten, den Texten zu Komputistik und Kirchenmusik sowie den moraldidaktischen Texten wie den „Proverbia Fridanci“, wäre Löffler somit im Besitz zahlreicher Schriften gewesen, die zwar nur zum Teil direkt im Unterricht anwendbar gewesen wären, doch ihm als Lehrer als Grundlage hätten dienen können. Da die mit einer Stelle als capellanus verbundene Messpfründe Löffler wohl kaum ernähren konnte, ist anzunehmen, dass er zwangsläufig auf eine Art von Nebenerwerb angewiesen war821. Ob nun wie angeführt als Schulmeister 820 Zur ars dictaminis im Notariatswesen, vgl. z. B. Schuler 1976, 100–102, 152–160. 821 Als Beispiel für solch eine Nebentätigkeit können Johannes und Bernardin Richenbach, beide in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts Kapläne des Allerheiligenaltars und des

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oder vielleicht auf Grundlage seiner Kenntnisse der ars dictaminis als Schreiber sei dahingestellt. Andererseits ist die Beziehung zwischen der „Summa Iovis“ und der „Sporta florum rethoricalium“ nicht nur eine der Redundanz, denn es bestehen Wechselbeziehungen, welche ein Nebeneinander dieser Texte erklären könnten. So befindet sich die kommentierte „Summa Iovis“ ja nicht nur in Überlieferungsgemeinschaft mit der „Sporta“, sondern auch mit dem Exzerpt aus Dybins „Viaticus“ und dem Fragment der „Oracio“. Der Kommentar der „Summa Iovis“ gleicht, eingedenk der Varianz solcher Texte, zwar demjenigen in der bereits behandelten Handschrift M1 sowie denjenigen in den Handschriften Mk4, Mk5, Lu, S, Z und Kr. Die Version der Handschrift B stellt jedoch insofern eine Ausnahme dar, als sie dem accessus eine collatio voranstellt. Thema der collatio ist der Ezechielvers „Spiritum meum ponam in medio vestri et faciam, ut in praeceptis meis ambuletis“ (Ez 36,27). Vergleicht man nun diesen Kommentarprolog mit anderen Prologen von Werken Dybins, so fallen einige Parallelen auf. Zum einen ist dies die Idee der Rhetorik als die imperatrix scienciarum, welche sich nicht nur in der collatio des Kommentars zur „Summa Iovis“ (Z. 4 und 10)822 findet, sondern ebenfalls in Texten Dybins – zumeist eher als regina scienciarum823, aber auch mit derselben Formulierung824. Die Begründungen für diesen Titel sind zum Beispiel in der collatio des „Summa Iovis“Kommentars und derjenigen der Version des Kommentars in der Handschrift Gdansk, Biblioteka Polskiej Akademii Nauk, Mar. Q 8 verblüffend ähnlich825. Die Johannesaltars respektive, der Pfarrkirche von Geislingen, dienen, die als Buchbinder tätig waren. Vgl. Kyriss 1944–1948. 822 Der Kommentar zur „Summa Iovis“ aus der Hs. B wurde unten Kapitel A.2.2 abgedruckt; die Zeilenangaben beziehen sich auf diesen Text. 823 Beispielsweise in den verschiedenen Versionen der Kommentare Dybins zum „Laborinthus“ (Szklenar 1981, 241, 252, 257), in der collatio der „Declaratio oracionis de beata Dorothea“ nach dem Clm 19876 (Jaffe 1974, 117), oder auch in einem fiktiven Brief der Rhetorik an ihre Studenten in der „Sporta florum retorhicalium“ (Hs. B, f. 96r). 824 Zum Beispiel in der collatio zu Dybins „Poetria nova“-Kommentar, vgl. Szklenar 1981, 241. 825 Kommentar zur „Summa Iovis“, Z. 21–41; der parallele Passus in der Hs. Gdansk, Mar. Q 8, f. 101va, Z. 4–26, 33–42 lautet wie folgt: Item dignitas et inmense rethorice nobilitas alio modo sic persuaderi potest ex gloriose eius inuencione. Ipsa enim principaliter non ab aliquo artifice corporali, sed a fonte diuine sapincie est exorta. Deus enim altissimum ante mundi constitucionem ipsam elegit. Nam ipse usus est ea in creando, angeli vero utebantur ea in annuncciando, prophete in pronuncciando, apostoli et martyres in ewangelizando, Christus predicando in carne et in crvce pendendo. Exemplum primi habemus, quia deus in creando creaturis dixit ipsas benedicendo: ‘Crescite et multiplicamini et replete terram’, ponens colorem, qui dicitur membrus. Exemplum secundi, quia gabriel



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prologi circa librum und circa artem zeigen in ihrer Wortwahl ebenfalls gewisse Abhängigkeiten: im prologus circa librum hinsichtlich der Argumentation zu den vier aristotelischen causae826; bezüglich der Definitionen der Rhetorik im prologus circa artem827. Betrachtet man diese Parallelen drängt sich zumindest der Eindruck einer in annuncciando dixit: ‘Aue gracia plena’ etc, vbi fit secundus color sentencie. Exemplum tercii psalmus: ‘domine, ne in furor tuo arguas me neque in ira tua corripias me.’ Ecce color interpretacio. Item de eodem exemplum iohannes baptista: ‘Ecce agnus dei, ecce qui tollis peccata mundi’, vbi fit repeticio. […] Patet igitur quod rethorica sciencia non est ab aliquo artifice corporali inuenta, sed per donum spiritus sancti in omni ydeomate nobis est transmissa. Propterea aristoteles, tulius, oracius et alii rethores videntes subtilitates et frvctus ipsius nobis per regulares instrucciones ipsam postmodo donauerunt. Ideoque rethorica inter sciencias alias obtinet principatum. (Der Prolog zu Dybins „Laborinthus“-Kommentar wird hier und im Folgenden zitiert nach Szklenar 1981, 256–262.) 826 Kommentar zur „Summa Iovis“, Z. 50–52; Gdansk, Cod. Mar. Q 8, f. 102va, Z. 8–13: Causa finalis concidit cum vtilitate, Et est ut habita noticia regularum presentis libri faciliorem poterimus habere aggressum ad alios libros rethoricales et ut proniorem habebimus modum ad ornate loquendum. Kommentar zur „Summa Iovis“, Z. 70–81; Gdansk, Cod. Mar. Q 8, f.  102ra, Z. 38– f. 102rb, Z. 10: Et ibi iterum sciendum: differt querere de causis libri et de causis sciencie libri. Si enim queritur de causis libri, tunc respondetur, quod sunt quatuor, scilicet efficiens et est scriptor libri; Materialis et est materia libri scilicet pergamentum vel papirum; Formalis est debita disposicio libri secundum quadrangulitatem, longitudinem, latitudinem, spissitudem etc.; Causa finalis est propter quem finem scribitur liber. Et talis est avrius. Aliquando enim scribitur propter pecuniam, precium, amiciciam vel studium et sic de aliis. Si vero queritur de causis sciencie libri, tunc dicitur, quod proprie loquendo de causis sciencie sunt due scilicet efficiens et finalis. Kommentar zur „Summa Iovis“, Z. 103–114; Gdansk, Cod. Mar. Q 8, f.  102rb, Z. 6– f. 102va, Z. 22: […] materialem enim non habet Neque formalem […]. Eciam si haberet formam, illa esset accidentalis, sed cum sciencia per se est accidens ipsius anime, tunc accidentis esset accidens, […]. Sic eciam habet formalem causam capiendo froma pro distinccione capitulorum et tractatuum et diuisione eorundem, […]. Sed causa formalis inproprie dicta es duplex, scilicet forma tractatus et forma tractandi. Forma tractatus consistit in diuisione libri, secundum quod liber diuiditur in tractatus et tractatus in capitula; de qua diuisione videbitur infra. 827 Kommentar zur „Summa Iovis“, Z. 129–151; Gdansk, Cod. Mar. Q 8, f. 101vb, Z. 14– f. 102ra, Z. 31: Cum igitur materia presentis libri est rethoricalis, tunc nota primo, quot modis notificatur rethorica, que dicitur a resis grece id est ornatus latine et yca sciencia, quasi sciencia de ornatu sermonis tractans. […] Sed secundum tulium sic: ‘est sciencia docens de qucumque persvasibili materiam invenire ipsius congrventer particulas ordinare ipsamque venustanter tam verbis quam sentenciis floride exornare eamque memorie commendare ac demum illud totum pronuncciando auribus intimare.’ […] que patent in hoc metro: ‘Inuenit eloquitur meminit disponit et orat.’ […] Et ergo quilibet sagax rethor debet primo materiam excogitare et excogitatem

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Abhängigkeit der beiden Texte voneinander auf, wie sie ähnlich von Jaffe und Szklenar zwischen dem so genannten „Schneeberger Lob der Rhetorik“ und den Texten Dybins festgestellt wurde828. Hiermit soll natürlich in keiner Weise behauptet werden, der Kommentar zur „Summa Iovis“ stamme aus der Feder Dybins. Vor allem da Szklenar bei seiner Behandlung der Überlieferung der Prologe zu Dybins Schriften eingehend auf das „Eigenleben“ der einzelnen Bestandteile der Prologe und Texte Dybins hinwies829. Bei genauerer Betrachtung erscheinen zudem die Passus zum Beispiel zu den aristotelischen causae oder auch zur Rhetorik – beide befinden sich in Abschnitten des Prologs, die nicht nur in der Basler Version des Kommentars der „Summa Iovis“ überliefert sind830 – derart generisch, dass grundsätzlich ein direkter Bezug zu Dybin infrage gestellt werden sollte. Dies führt zu der Vermutung, ob sich nicht vielmehr sowohl der Autor des Kommentars zur „Summa Iovis“ als auch Dybin selbst aus einem Fundus an Formulierungen der universitären Kommentarliteratur bedienten, eine Frage nach einem Autor oder direkten Textbeziehungen also verfehlt wäre. Bis eine größere Zahl an spätmittelalterlichuniversitären Kommentaren veröffentlicht wird, erscheint es schwierig, über dieses Problem auch nur detaillierter nachzudenken. Die Überlieferung der „Summa Iovis“ stützt ebenfalls nicht die Nähe zu den Texten Dybins. Zwar existieren einige Handschriften, in welchen Texte Dybins und die „Summa Iovis“ enthalten sind, doch nur bei zwei ist eindeutig eine Überlieferungsgemeinschaft gegeben (Lu und S)831, bei den anderen handelt es sich wohl eher um ein zufälliges Nebeneinander

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disponere dispositamque colorare cum uenistare verborum et sentenciarum et coloratam firmiter memorie commendare et conmendatam vocetenus vel scriptotenus explanare. Jaffe 1974, 58–60; Szklenar 1981, 240–242. Szklenar 1981, 229–233. Die gleiche Definition der Rhetorik wie im Kommentar zur „Summa Iovis“ und bei Dybin findet sich in ähnlicher Formulierung als Incipit einer sogenannten „Rhetorica nova“ in folgenden Handschriften: Eichstätt, Universitätsbibliothek, Cod. 683, f. 40r (vgl. Hoenen 1994, 43); Graz, Universitätsbibliothek, Cod. 1259, f 113r, Zisterzienserstift Neuberg, Januar 1444/05.12.1452/1460 (vgl. Kern 1956, 274f und Mairold 1979, 126); Isny, Ev. Nikolaikirche, Cod. 15, f. 290r, 15. Jh. (vgl. Kristeller 1983, 578); New York, Columbia University, Butler Library, Cod. Plimpton 153, f. 28r, 1461 (vgl. Polak 1993–1994, Bd. 2, 422); Utrecht, Bibliotheek der Rijksuniversiteit, Cod. 824, f. 32r, 15. Jh. (vgl. Polak 1993–1994, Bd. 2, 88); Wien, ÖNB, Cod. 3164, f. 95r, 15. Jh. (vgl. Haupt 1868, 220f ). Die Handschrift Lu überliefert ebenfalls die „Sporta florum rethoricalium“ sowie die collatio am Anfang des „Summa“-Kommentars und entstand wohl in Basel. In S sind ebenfalls Schemata aus dem „Viaticus dictandi“ zusammen mit der „Summa Iovis“ überliefert, dort sogar in den Kommentartext zur „Summa“ interpoliert. In der Hs. S folgen darüber hinaus auf die „Summa Iovis“ Dybins „Correctoria“. Vgl. oben, S. 171 und 177.



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(Mk2, Mk6 und Ws)832. Im Vergleich mit den über 30 weiteren Textzeugen ist dies ein doch zu geringer Anteil, um daraus Schlüsse hinsichtlich einer Verbindung des Kommentars „Summa Iovis“ mit Nikolaus von Dybin sprechen zu können. Dass im Prolog zum „Laborinthus“-Kommentar ein fast gleichlautender Merkvers zu den fünf officia oratoris wie in der „Summa Iovis‘ findet, kann wohl auch nicht als unbedingt ausschlaggebend gewertet werden. Die Differenz, dass im Dybin’schen Kommentar eine etwas andere Version (Gdansk, f. 101vb, Z. 45f ) als in der „Summa Iovis“ (Prolog, Z. 135f ) Verwendung findet, wird zwar durch die Nutzung der distichischen Variante im Prolog der „Sporta florum rethoricalium“ (Hs. B, f.  29r) nivelliert, allerdings wird hierdurch die Tatsache, dass Dybin die Quelle der als Merkverse benutzten Verse 2 und 3 der „Summa Iovis“ nicht nennt, umso unverständlicher. Bedenkt man nun Dybins augenscheinliche Vorliebe für bestimmte Merkverse, erscheint es umso erstaunlicher, wie sehr die Struktur der prologi circa librum im „Laborinthus“- und im „Summa“-Kommentar differieren. Während im Text Dybins die vier causae als ausschließliches Gliederungsprinzip herangezogen werden, strukturieren diesen Abschnitt des accessus zur „Summa Iovis“ drei Merkverse gemäß den Begriffen utilitas, titulus, intentio, pars sophiae und wiederum den vier aristotelischen causae833. Wenn man nun annähme, dass fraglicher Kommentar mehr oder minder direkt auf Nikolaus von Dybin zurückginge, erschiene es sehr seltsam, dass er diese Merkverse nicht auch in sein Repertoire aufgenommen hat und an anderer Stelle verwendete. Es ist hier also vielmehr von einer indirekten Genese des Prologes, einer Kompilation auf Grundlage der Texte Niko832 Die Handschrift Ws stellt hier in gewissem Grade eine Ausnahme dar, da sie neben Formelsammlungen zum großen Teil Texte Dybins überliefert, respektive einer anonymen Rhetorik einen seiner Prologe voranstellt. In dieser Handschrift ist nun ebenfalls die unkommentierte „Summa Iovis“ überliefert. Auch wenn hier nicht gezielt Texte des Nikolaus von Dybin (oder ihm unausgesprochen zugeschriebener) zusammengestellt worden sein sollten, ist die Stellung der „Summa Iovis“ in der Hs. Ws dennoch schwer zu motivieren. Zur Hs. vgl. Hübl 1899, 56–58 und Szklenar 1981, 98f, 108–110, 125f, 142f, 179f. 833 Kommentar zur „Summa Iovis“, Prolog, Z. 45–47. Diese Merkverse (Walther 1969, Initium 17635a), welche auch ansonsten diese Version des Kommentars begleiten, sind in einigen weiteren accessus überliefert: so am Anfang eines Kommentars zu Donats „Ars minor“ (Melk, Stiftsbibliothek, Cod. 1221, 14. Jh.; vgl. Bursill-Hall 1981, Nr. 164.39), am Ende eines Textes zur Logik und Rhetorik (Wien, ÖNB, Cod. 4119, 16. Jh.; vgl. Haupt 1869, 168–170), als handschriftliche Einführung zum zweiten Buch des „Doctrinale“ in einem Druck von 1494 (München, BSB, Clm 28149, Leipzig, 1493; vgl. Hauk 1986, 57–59), am Anfang der „Musica magistri Szydlovite“ (Gniezno, Priesterseminar, Cod. A5; vgl. Gieburowski 1915, 9) sowie als Incipit eines Textes eines „Allexanders“ (ein Kommentar zum „Doctrinale“?) im mittelalterlichen Katalog (1461–1468) des Augustinereremitenklosters Kulmbach (vgl. Ruf 1939, 414, Z. 5f ).

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laus’ von Dybin vorauszusetzen. Da die collatio nur in den Handschriften B und Lu tradiert wird, ist zudem von einer unabhängigen Entstehung von dieser und dem accessus auszugehen. Da das Nebeneinander dieser beiden Paratexte zur „Summa Iovis“ in der Handschrift B zum ersten Mal greifbar wird, erscheint die Vermutung gerechtfertigt zu sein, Albertus Löffler selbst könnte hier kompilatorisch tätig gewesen sein. Geht man nun davon aus, dass die Art von Text, welche wir hier als collatio bezeichnen, anlässlich entweder des temptamen eines Bakkalars, der feierlichen Graduierung eines Magisters oder der Eröffnung der lectio eines gegebenen Buches zur commendatio einer Wissenschaft „verfasst“ wurde834, so könnte Löffler die collatio im Zusammenhang einer von ihm im Jahr 1439 extraordinarie gehaltenen lectio über die „Summa Iovis“ geschrieben haben. Die gesamte Situation zusätzlich verwirrend kommt das „Eigenleben“ hinzu, welches auch diese collatio hat. Denn, wenn auch in variierter Form, ist sie in weiteren Handschriften überliefert. In der bereits besprochenen Handschrift M5 wurde die Erörterung des Themas des Prologs aus B (Ezechiel 36,27) an den Anfang eines sehr kurzen Prologs zu einem Kommentar des „Compendium“ Ottos von Lüneburg gestellt835. Zwar wäre es möglich, dass der letzte Besitzer und spätere Tegernseer Mönch Johannes Draegsl von Vilsbiburg den das „Compendium“ enthaltenden libellus während seines Studiums nach 1461 in Basel erwarb, allerdings weist der paläographische Befund für den Text des ,Compendium‘ eher auf das 14./15. Jahrhundert hin, womit er älter als die Handschrift B wäre. Der zweite Teil der collatio (Z. 21–41) wiederum wird in einem Kommentarprolog abermals zum „Compendium“ des Otto von Lüneburg in der Handschrift München, BSB, Clm 16520 auf Blatt 124v verwendet. Im Prolog dieses Kommentars, der wohl ebenfalls ins 14./15. Jahrhundert zu datieren ist, finden sich noch weitere Elemente aus collatio und accessus des Kommentars der „Summa Iovis“, teils aber auch des Prologs von Dybins „Laborinthus“-Kommentar. Mit beiden Texten hat der „Compendium“-Prolog die Definition des Begriffs Rhetorik (f. 124r) und den Merkvers zu den fünf officia oratoris (f. 124r, in der kürzeren Form des „Laborinthus“-Kommentars) gemein. Wie auch der accessus in der Handschrift B ist derjenige im Clm 16520 vermittels des kurzen Gedichts „Si bene vis scire“ als mnemotechnischer Stütze strukturiert. Das Ausgeführte veranschaulicht, dass jeder intertextuelle Bezug bei Deutung in eine bestimmte Richtung zumeist durch einen weiteren zu widerlegen ist, so dass letztendlich nur das Schöpfen von Autoren und Kompilatoren aus einem Fundus an rhetorischem Beleg- und Argumentationsgut, der der spätmittelalterlich-universitären Wissenschaft zu eigen war, 834 Vgl. Szklenar 1981, 233–238 und Teeuwen 2003, 234. 835 Hs. M5, f. 124r; entsprechend Z. 1–21 des Prologs in der Hs. B.



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konstatiert werden kann. Diese an der Handschrift B gezeigten Beziehungen unterstreichen, dass Nikolaus von Dybin nicht unwesentlich zu diesem Fundus beigetragen haben wird. Die Überlieferungsgemeinschaft von Dybin’schen Texten mit der „Summa Iovis“ in der Handschrift B kann also wohl nur sehr schwerlich dahingehend gedeutet werden, dass Albertus Löffler den Kommentar der „Summa Iovis“ in direkte Beziehung mit diesen setzte, ihn gleichsam unausgesprochen Dybin zugeschrieben hätte. Doch neben einer Motivation des Nebeneinanders der Texte vermittels textueller oder auch „auctorieller“ Beziehungen lässt sich eine solche aufgrund der Komposition der kodikologischen Einheit ermitteln. Der Befund der inhaltlichen Redundanz der „Summa Iovis“ neben der „Sporta florum rethoricalium“ bleibt hierbei an sich unberührt, jedoch verkehrt sich der daraus zu gewinnende Schluss fast in sein Gegenteil. Hierzu muss nochmals ein Blick auf die Abfolge der Texte geworfen werden. Eine Abfolge, die, wie dargelegt, Löffler selbst zugeschrieben werden kann und somit als intentional zu gelten hat. Zunächst in Betreff der Wechselbeziehungen zwischen der „Summa Iovis“ und dem Exzerpt aus dem „Viaticus dictandi“: Der Inhalt des Exzerpts, welcher fast ausschließlich tabellarisch organisiert und somit den „Practica“ ähnlich ist, stellt sich wie folgt dar: kurze Definitionen zu epistula und salutatio, in wörtlicher Übereinstimmung mit dem „Summa“-Kommentar sowie Schemata zum „Charakter“ des Briefes (amicabilis, hostilis) mit weiteren Ausdifferenzierungen und zu den fünf partes epistulae; ein Schema zu den merita, die den Personen zuzuordnen sind (d. h. Verwandtschaft, Amt qua Geburt, Amt qua Wahl etc.), sowie einem kurzen Kommentar zu dieser Tabelle (f. 21r); Schemata zu den status der Gesellschaft (infimus, medius, supremus, spiritualis, saecualris etc.) mit Nennung zugehöriger Ämter, Ehren und sozialer Gruppen (zum Beispiel der status studencium als Teil des infimus status spiritualis) sowie zumeist einer einzelnen Grußformel oder kurzen Erläuterungen (f. 21v–24r); schematisch aufbereitete Definitionen von distinctiones, subdistinctiones und den clausulae (f. 24v); sowie eine Listen von Adverbien, salutativen und petetitiven Verben (f. 22r). Von Interesse sind natürlich zunächst jene Elemente des Exzerpts, welche stärker ausformuliert wurden, also die Lehre von den merita personarum und die distinctiones-Lehre. Letztere könnte zwar als redundant im Verhältnis zum Metatext der „Summa Iovis“ betrachtet werden, doch ist es ja gerade die Lehre von den distinctiones, welche im Lehrgedicht nur kurz „anzitiert“ wird. Die merita kommen überhaupt nicht, respektive nicht in dieser durchdachten Art in der „Summa Iovis“ und ihrem Kommentar vor, weswegen hier eine Ergänzung des „Summa“-Textes vorliegt. Die übrigen Tabellen ergänzen den Verstext inhaltlich auf ähnliche Art und Weise wie der Kommentartext, indem sie ihn, wie auch die-

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ser, zu einem gewissen Grad explizieren. Zugleich fungieren sie durch ihre optische Aufbereitung des Inhalts genauso wie der Verstext als mnemotechnische Stütze der metatextuellen Prosa, welche sie beispielsweise hinsichtlich der Nennung einzelner Ämter und Ehren zugleich im Detailgrad übertreffen. Verstext wie auch Schemata dienen somit als mnemotechnisches Gerüst des Kommentartextes dem schnelleren Zugriff auf die ars dictaminis. Gleiches gilt für die „Oracio de beata Dorothea“, die ein poetische Exemplifikation der colores rhetorici ist, zudem direkt mit dem zweiten Teil der „Sporta forum rethoricalium“ korrespondiert, welche letztendlich eine Variation der „Declaratio oracionis de beata Dorothea“ ist. Der letzte libellus enthält, einige definitorischen und theoretischen „Verbrämungen“ einmal außer Acht gelassen, im Grunde genommen einzig einen tabellarisch aufbereiteten Briefsteller. Die zwischen diesen beiden libelli stehende „Sporta florum rethoricalium“ dringt unbestritten in weit höherem Maße als die sie umgebenden Texte in die ars dictaminis ein, ist ein fast alle Aspekte der ars abdeckender Traktat. Die Redundanzen und Defizite dieser anderen Texte, insbesondere der „Summa Iovis“, sind jedoch gerade keine Schwächen, sondern Stärken; denn die Lehren, bei denen Dopplungen auftreten, sind solche, die zu den essentiellen Grundlagen der ars dictaminis gehören, wie Salutationslehre, Lehre von den Stilfehlern, cursus und weiterem, was wohl zu den „Minimalbedingungen“ guten Schriftstils nach der ars dictaminis gerechnet werden kann. Die Punkte, die sich nur in der ausführlichen Abhandlung des Nikolaus von Dybin finden, wie die modi prolongandi et abbreviandi materiam des Galfridus de Vino Salvo, gehören jedoch gerade nicht zu den „Niederungen“, sondern den „Höhen“ der ars. Dass die „Summa Iovis“ ein wichtiges Element der mittelalterlichen Rhetorik, die colores rhetorici, nur an- aber nicht ausführt, wird durch das Heranziehen der „Oracio“ ausgeglichen. So unterschiedlich gerade diese beiden Texte auch sein mögen – metrisches Lehrgedicht, das der kommentierenden Erklärung bedarf und rhythmisches Mustergebet, welches in poetisch „verhüllter“ Form die colores lehrt – so ist doch letztendlich der Modus, mit welchem hier Wissen vermittelt, respektive eine Struktur für das Behalten von Wissen gegeben wird, recht ähnlich. Auch die Anordnung der Texte hebt die Planung und Funktionalität, welche in dieser Zusammenstellung liegt, hervor. Denn da die Handschrift keine weiteren Hilfsmittel wie Signakel aufweist, sind es gerade die Texte am Anfang und am Ende des Kodex, auf die besonders rasch zugegriffen werden kann. Während der letzte libellus ein schnelles Nachschlagen in den schematisch aufgeschlüsselten Musterbriefen ermöglicht, vermittelt der erste libellus inhaltlich und optisch836 836 Die mise-en-page dieses libellus – das Alternieren von Vers und Kommentar in unterschiedlichen Schriftgraden – ist ebenfalls als optisches Gliederungselement zu interpretieren.



Sekundäre Erwähnungen der „Summa Iovis“

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strukturiertes und mit Blick auf die Einprägsamkeit erschlossenes Wissen über diejenigen Bestandteile der ars dictaminis, welche als erstes und am ehesten im tagtäglichen Gebrauch notwendig sind. Denn in der Praxis wird das Vermeiden von Amphibolien, Solözismen und Barbarismen oder der richtigen Anrede in der salutatio öfter zur Anwendung gekommen sein, als die literaturtheoretisch und -historisch sicherlich interessantere Frage, wie eine narratio im ordo artificialis oder naturalis ausgeführt werden könnte. Das Problem, für welchen Verwendungszweck Löffler die Handschrift zusammenstellte, sei es nun rein privat, für eine Tätigkeit als Schreiber, in der Lehre als Bakkalar in Heidelberg oder als Lehrer/Locat an einer Lateinschule, ist nicht zu klären. Da der Kodex ein durchaus umfassendes und mit Blick auf seine tatsächliche Benutzung angelegtes Handbuch zur ars dictaminis darstellt, wären theoretisch alle Varianten möglich. Auch die weitere Nutzung der Handschrift in Basel ist unklar. Eine Abhängigkeit der Handschrift Lu, die auf 1461 und 1468 datierte Texte enthält und auf den Kontext der Basler Universität verweist, von B würde die Frage aufwerfen, was genau unter Löfflers usus incertus der Handschrift B zu verstehen ist. Auch war die Handschrift B zwar ein catenatus, wie die Spuren am hinteren Deckel belegen, doch gilt dies für nicht wenige Kodizes des Basler Dominikanerkonventes, so dass hieraus keine Schlüsse für zum Beispiel ein Heranziehen dieser Handschrift zu irgendeiner Art von subsidiären Grammatik- oder Rhetorikunterricht innerhalb des Klosters gezogen werden könnten837.

3.3. Sekundäre Erwähnungen der „Summa Iovis“ Josef Aschbach erwähnte 1865 als einer der ersten explizit die Verwendung der „Summa Iovis“ im Unterricht der Wiener Artistenfakultät und verwies auf eine Handschrift der Wiener Hofbibliothek für die Identität des Textes838. Zudem wies er für die Mitte des 15. Jahrhunderts die Anzahl der vorgeschriebenen lectiones – es sind sechs – und das für die Vorlesung über die „Summa Iovis“ angesetzte Kollegiengeld – es beträgt 1 gr. – nach839. Das Verschwinden der „Summa Iovis“ aus dem 837 Zur Stellung der Grammatik im Dominikanerorden und der Frage nach der Unterweisung von Brüdern in dieser, vgl. Hasebrink 2000. 838 Aschbach 1865, 88 und Anm. 2. 839 Notiz in den Fakultätsakten der Artisten vom 17. April 1449. Vgl. Aschbach 1865, 352 Anm. 1. Interessant ist in diesem Zusammenhang das quantitative Verhältnis zu den ebenfalls aufgeführten drei Teilen des „Doctrinale“ des Alexander de Villa Dei; denn die Zahlenverhältnisse der beiden Texte (die drei Teile des „Doctrinale“: ca. 2645 Verse, insgesamt

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Der kodikologische Kontext

Wiener Lehrplan dokumentierte Ludwig Bauch. In Bezug auf einen Beschluss der Artistenfakultät vom 8. August 1499233 konstatierte er, dass im Zuge der Förderung der studia humanitatis auch „[e]in alter Ladenhüter, die Summula des M. Iupiter Francigena, ein insipides kleines Büchlein in 115 leoninischen Versen wie Alexander, die nur noch schlechter als die Alexanders sind, das die ersten Lehrer der Universität schon aus Paris mitgebracht hatten, […] endlich beseitigt [wurde].“840 Und tatsächlich wurde die „Summa Iovis“ mit Verweis auf nun zugängliche utiliores de conficiendis epistolis […] libelli, wie auch der erste und zweite Teil des „Doctrinale“, welches durch die „Rudimenta grammatices“ des Niccolò Perotti ersetzt werden sollte, als ordinarie zu lesendes Buch verboten – wobei die Briefstilistik, respektive unum de arte epistolandi libellum, immer noch obligater Bestandteil des Studiums der scolares blieb841. Wie Bauch allerdings darauf kam, dass die „Summa Iovis“ bereits zur Gründung der Universität Wien ebendort gelesen wurde, ist nicht zur Gänze ersichtlich, da er als Beleg auf eine Erwähnung des Textes in den Fakultätsakten aus dem Jahr 1431 verwies842. Wie auch Aschbach führt Bauch als Zeugnis für die Identität des Textes eine Handschrift der Wiener Hofbibliothek an, unsere Handschrift W4843. Ebenfalls diese Handschrift kannte Alphons Lhotsky, der jedoch eine Verbindung mit der Universität Wien anzweifelte844. Er verwies zum einen darauf, dass die besagte Handschrift nicht aus den Beständen der Universität, sondern aus denen des Klosters Mondsee stammte, zum anderen, dass ein solch kurzer Text nur sehr schwer als Grundlage für eine Vorlesung gedient haben könnte845. Vielmehr impliziert er, dass es sich bei diesen Verstext wenn, dann nur um einen Teil der fraglichen „Summa“ handeln könnte, respektive mit dieser Identifikation vielmehr ein Fehler Aschbachs, der so von der Forschung übernom-

840 841 842 843 844 845

152 lectiones; „Summa“: ca. 105 Verse, 6 lectiones) sind sich doch recht ähnlich, wenn auch die Bezahlung für die „Summa Iovis“ im Durchschnitt etwa doppelt so hoch (1 Groschen) wie für einen der drei Teile des „Doctrinale“ oder (rein rechnerisch) das „Doctrinale“ insgesamt (lediglich 6 Groschen) war. Dies sind selbstverständlich lediglich reine Rechenbeispiele, können jedoch als Orientierung dienen. Bauch 1903, 99f. Maisel/Matschinegg/Bracher 2007d, 18f, Nrn. 2, 3, 6. Bauch 1903, 100 Anm. 2. Bauch 1903, 100 Anm. 1. Lhotsky 1965, 78. Lhotsky 1965, 78. Ganz Unrecht hatte Lhotsky diesbezüglich nicht, da die „Summa Iovis“ in W4 ohne Kommentar tradiert wird.



Sekundäre Erwähnungen der „Summa Iovis“

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men worden sei, vorliege (beispielsweise ein Lesefehler: „Iovis“ anstelle eigentlich „Ivonis“)846. Nun stützt jedoch nicht nur die handschriftliche Überlieferung die Annahme, die „Summa Iovis“ sei an der Universität Wien benutzt worden, wie direkte Vermerke in den Handschriften M1, W1 und W3 sowie die Überlieferungskontexte der Kodizes F, Kr und Mk5 belegen. Die Akten der artistischen Fakultät zu Wien erbringen den Nachweis, dass die „Summa Iovis“ zumindest im 15. Jahrhundert durchgehend eines der dortigen libri ordinarie legendi war. Im Zeitraum vom 1. September 1396 bis zum 8. August 1499, dem Zeitpunkt des Verbots der „Summa Iovis“ als obligatorischen Text, finden sich insgesamt 207 Nennungen des Lehrgedichts. Wird sie zwischen 1396 und 1413 nur siebenmal genannt847, so wird sie bis auf wenige Ausnahmen – die Jahre 1418, 1420, 1436, 1447, 1453, 1473848, 1492 und 1494 bis 1496 – seit 1414 jährlich bei der Verteilung der Vorlesungsthemen unter den magistri regentes genannt849. Sicherlich auch durch die Kürze des Textes bedingt, jedoch noch mehr ein Beleg für die Beliebtheit des Textes, ist die Tatsache, dass fast immer mindestens zwei Magister mit Vorlesungen zur „Summa“ betraut wurden. Vor allem um das dritte Viertel des 15. Jahrhunderts scheint es geradezu eine Konjunktur des Lehrgedichts gegeben zu haben: Zumeist lesen drei, in den Jahren 1474, 1476, 1477, 1479 und 1480 vier bis fünf, 1472 sogar acht Magister über die „Summa Iovis“850. Gegen Ende der achtziger und in den neunziger Jahren des 15. Jahrhunderts nimmt die Zahl der Vorlesungen wieder ab, und nach dem Verbot der öffentlichen und ordentlichen Vorlesungen über die „Summa Iovis“ im Jahr 1499 wird sie überhaupt nicht mehr erwähnt.

846 Lhotsky 1965, 78. 847 Uiblein 1968, 138,4f, 155,14f, 165,1, 170,43, 253,9, 265,18 und 369,32. 848 Allerdings wurden in diesen Jahren, zumindest laut Maisel/Matschinegg/Bracher, gar keine Regenzen vergeben, was allerdings auch die höhere Zahl an Vorlesungen in den Vorjahren erklärt, so dass es sich in diesen Fällen u. U. um einen zweijährigen Turnus handelte. 849 Vgl. Uiblein 1968, 430,36 und 459,26. Sowie Maisel/Matschinegg/Bracher 2007a, Maisel/Matschinegg/Bracher 2007b, Maisel/Matschinegg/Bracher 2007c und Maisel/Matschinegg/Bracher 2007d, jeweils passim (Suchbegriffe „summam“, „summulam“ und „sumam Iovis“). Für das Jahr 1431 vgl. zudem Kink 1854, 12; für 1438 vgl. Martin 1992, 67 und Anm. 114. Für den Hinweis auf das Artistenregister von Maisel/ Matschinegg/Bracher danke ich Dr. Farkas Gabor Kiss (Universität Budapest). 850 Vgl. Maisel/Matschinegg/Bracher 2007a, Maisel/Matschinegg/Bracher 2007b, Maisel/Matschinegg/Bracher 2007c und Maisel/Matschinegg/Bracher 2007d, jeweils passim. Das Jahr 1472 ist allerdings evtl. insofern eine Ausnahme, als dass es hier, aus welchen Gründen auch immer, im Folgejahr keine Verteilung der Vorlesungsthemen gab.

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Der kodikologische Kontext

Ein indirekter Verweis auf den Gebrauch der „Summa Iovis“ in Wien ist mittels der Bibliotheksheimaten der Handschriften gegeben. Denn eine erstaunlich große Zahl von Handschriften stammt aus Klöstern, die der Melker Reform zuzurechnen sind. Genau genommen handelt es sich um die Klöster St. Ulrich und Afra in Augsburg (Handschriften A1 und A2), St. Georgenberg (F), Kremsmünster (Kr), Mondsee (W1, W2 und W4), Rott am Inn (M3), Tegernsee (M1, M5 und M6), den Schottenstift zu Wien (Ws) sowie Melk selbst (Mk1 bis Mk9). Zwar ergibt sich hieraus kein Hinweis auf den Gebrauch der Texte und Handschriften in den Klöstern, da pragmatische und profane Texte wie die „Summa Iovis“ sicherlich nicht Teil des Bildungskanons einer monastischen Reformbewegung waren. Doch die enge Beziehung, welche zwischen Melk und Wien bestand – das Wirken Wiener Lehrer in Melk, die hohe Zahl an Absolventen des Wiener Studiums unter den Äbten der Klöster der Melker Observanz und die durchaus positive Wertung eines Universitätsstudiums in Melk851 –, lässt vermuten, eine nicht unwesentliche Anzahl „Melker“ Mönche seien vor ihrer Profess in Wien graduierte Akademiker gewesen. Dass nun 21 weitere Handschriften, also die Hälfte der gesamten Überlieferung der „Summa Iovis“, über direkte Befunde in den Handschriften selbst hinaus der Universität Wien zugeordnet werden können, bringt zudem Implikationen für die Gesamtbewertung der Textüberlieferung der „Summa Iovis“ mit sich. Zwei weitere Belege für die Kenntnis der „Summa Iovis“ sind aus Freiburg im Breisgau erhalten. Dies ist natürlich umso interessanter, als dass aus Freiburg keinerlei Textzeugen des Lehrgedichts überliefert sind. Die erste Erwähnung der „Summa Iovis“ stammt aus dem Kontext des Freiburger Universitätsbetriebs. Die Rhetorik hatte hierbei in Freiburg – die Universität orientierte sich mit ihren Statuten an Wien – eine eher nebensächliche Rolle. Zwar sahen die Statuten der Freiburger Artisten die Rhetorik als obligatorisches Vorlesungsthema der scolares vor, jedoch wurde ihr nur wenig Zeit – zwei Wochen – eingeräumt und auch kein spezifischer rhetorischer Traktat als Unterrichtsgegenstand genannt852. Während im 15. Jahrhundert seit Gründung der Universität somit auch nur unspezifische rethorica, tractatus oder liber rethoricalis anlässlich der Verteilung der zu lesenden Bücher aufgeführt werden, erhält am 1. September 1472 ein Magister Cůnradus Iring zum einen die Vorlesung über die „Summa Iovis“, zum anderen über eine arithmetica (Johannes de Sacrobosco oder das Lehr851 Vgl. Müller 2006, 91–97. 852 Ott/Fletcher 1964, 56: Et a crastino Mathei usque ad festum Galli in Rethoricam legatur. Für die licentia musste ein Bakkalar u. a. eine Vorlesung in tractatum unum in Rethorica nachweisen (Ott/Fletcher 1964, 67). Vgl. auch Mertens 2008, 247–249.



Sekundäre Erwähnungen der „Summa Iovis“

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gedicht des Alexander de Villa Dei?)853. Im Jahr 1480 wird abermals ein tractatus epistolandi – es erfolgt keine genauere Spezifizierung – ordinarie gelesen, diesmal von einem Magister Conradus Knoll854. Auch wenn für Freiburg keine mit Wien vergleichbare Nutzung der „Summa Iovis“ festzustellen ist, so kann doch die Vermutung angestellt werden, dass die Universität Freiburg nicht nur ihre Statuten nach dem Vorbild Wiens gestaltete, sondern auch die „Summa Iovis“ von dort an den Oberrhein gelangte. Auch Friedrich Riederer (* um 1450, † nach 1508), Stadtschreiber in Freiburg, scheint mit der „Summa Iovis“ vertraut gewesen zu sein, wie der Erstdruck seines deutschsprachigen „Spiegel der waren Rhetoric“ zeigt855. Als Randbemerkung des ersten Absatzes des Abschnittes „Von deyn geslae chten / der sanbriefen“ liest man auf Folium 88r: Jupiter in summa / Secretum celat / magis interiora / reuelat.856 Interessanterweise findet sich die Marginalie nur im Freiburger Druck von 1493, in den späteren Ausgaben nicht mehr857. Auch dass Riederer gerade diesen Vers zitiert, der, wie oben dargelegt858, ebenfalls in der „Sporta florum rethoricalium“ des Nikolaus von Dybin als Merkvers benutzt wird, ist bezeichnend. Denn da Riederer nicht nur den Vers anführt, sondern ihn auch korrekt mit seinem Autor in Verbindung bringen kann, wird hierdurch anschaulich der Bekanntheitsgrad der „Summa Iovis“ gezeigt.

853 Freiburg, Universitätsarchiv, Protokollbuch der Philosophischen Fakultät (Sig. B 38/9), f. 53r. 854 Protokollbuch, f. 85r. 855 Ed.: Knape 2009. Vgl. Kleinschmidt 1983, 296–313 und Kleinschmidt 1992, Sp. 72 (Lit.). 856 Friedrich Riederer, „Spiegel der waren Rhetoric“, f. 88r. Frau Stefanie Luppold (Universität Tübingen), die mich in Betreff der „Summa Iovis“ konsultierte, danke ich für den Hinweis auf diese Nennung des Lehrgedichts. 857 Es wurden die Ausgaben Straßburg [J. Prüß] von 1505 und Augsburg [H. Steiner] von 1535 überprüft. 858 Vgl. oben S. 203.

4. Schlussdiskussion und Ausblick Direkt ist uns der Autor des dictamen-Lehrgedichts „Summa Iovis“ nur unter dem von ihm selbst im letzten Vers des Gedichts angegebenen Pseudonym Iupiter bekannt. Die para-, respektive metatextuelle Überlieferung ergänzt dieses noch um die Epitheta monoculus oder nacionis francigene, so dass ein Indiz für die Herkunft des Autors gegeben wäre. Sucht man nach weiteren Autoren, die dasselbe Pseudonym verwendeten, so stößt man einerseits auf einen Kommentar zum „Doctrinale“ des Alexander de Villa Dei859, andererseits auf einen in Glossen und Kommentaren zum „Grecismus“ des Eberhard von Béthune als Autorität angeführten Iupiter860. Die Identität der in diesen Metatexten genannten Iupiter zeigt sich hierbei durch Übereinstimmungen in den ihnen zugeschriebenen Lehren sowie durch textuelle Parallelen. In der „Summa Iovis“ wiederum finden sich implizite („Grecismus“) und explizite („Doctrinale“) Verweise und eine funktionale Integration dieser beiden von Iupiter kommentierten Texte. Dem Kommentar zum „Doctrinale“ kommt hierbei besondere Bedeutung zu, da in dessen Schlussschrift der Text als Vorlesungsmitschrift des in Soissons lehrenden Iupiter kenntlich gemacht und auf den 21. April 1301 datiert wird. Ein vierter Iupiter nennt sich als Autor eines Kommentars zu den Metamorphosen des Ovid in der Handschrift Reims, Bibliothèque municipale, 1262. Im Versepilog des Kommentars wird dieser auf das Jahr 1284 datiert, und der Autor, Johannes mit Namen, fügt an, dass er auch unter dem Pseudonym Iupiter bekannt sei. Neben dem Ovid-Kommentar enthält die Handschrift zudem den Text des „Grecismus“, versehen mit den fraglichen sich auf Iupiter beziehenden Glossen, sowie ein kommentiertes „Doctrinale“ (allerdings nicht mit dem Kommentar des Iupiter). Allen Texten ist hierbei ihr Gebrauch in einem propädeutischen Kontext gemein, seien es nun die Lehrgedichte „Doctrinale“, „Grecismus“ oder „Summa Iovis“, respektive die auch als Schullektüre verwendeten Metamorphosen des Ovid. In Quellen zu Kathedralschule und Collegia in Soissons ist nun für den in Frage kommenden Zeitraum ein gewisser Johannes de Clacy als dortiger Magister erwähnt, und zwar am 2.  August 1302 und am 4. Dezember 1308 – seinem Todestag. Während die Gleichsetzung von Johannes de Clacy mit dem Lehrer Iupiter zweifelhaft, wenn auch – wie jede eindeutige Autorenzuweisung 859 Erhalten in der Handschrift Erfurt, Wissenschaftliche Bibliothek, Amplonianus 4o 14. 860 Überliefert in den Handschriften Paris, Bibliothèque nationale de France, lat. 14746 und Arras, Bibliothèque municipale, 880.



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– sehr attraktiv ist, kann doch zumindest vermittels der Metatexte zu den beiden grammatischen Lehrgedichten (und eventuell zu den Metamorphosen) und der „Summa Iovis“ das Profil eines Lehrers des Elementarunterrichts gewonnen werden, der wohl zur Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert tätig war. Die Verweise auf die beiden grammatischen Lehrgedichte in der „Summa Iovis“ lassen zudem erahnen, welchen Platz der Text in der Lehre des Iupiter hatte. Das „Doctrinale“ und der „Grecismus“ dienen hierbei als Grundlage für den Unterricht in der ars dictaminis – auf den Spracherwerb folgt mit der Lehre von der epistula das für die Kommunikation erforderliche Wissen. Gemäß der Grundannahme der ars dictaminis handelt es sich bei dictamen im Sinne von epistula nun um ein kommunikatives Medium, das dem Sender ermöglicht, „störungsfrei“ eine Nachricht zu übermitteln. Diese Abwesenheit von Störungen wird durch eine extreme Formiertheit der Sprache erreicht, welche die Schriftform, respektive die schriftliche Ausarbeitung vorab notwendig macht, dadurch aber der freieren, deshalb interpretierbaren mündlichen Kommunikation überlegen sei – die Übermittlung der intentio mittentis an den accipiens ist damit im eigentlichen Sinn des Wortes „verbrieft“. Die Schriftlichkeit sichert jedoch nur Form und Inhalt – die Reproduktion der Nachricht scheint immer noch in einem mündlichen performativen Akt zu erfolgen. Aus diesem Grund stehen in der „Summa Iovis“ gerade solche Stilvergehen am Anfang, die den Sprachfluss behindern oder ihn unter Umständen gar entstellen. Der Rezipient steht auch im Weiteren im Fokus der Betrachtung, wenn bezogen auf den allgemeinen Inhalt des Briefes, aber auch auf die einzelnen partes epistulae, all jene Lehren antiker forensischer Rhetorik adaptiert werden, die den auditor betreffen, respektive Lehren, die sich auf die Frage der Eindeutigkeit der Nachricht für den Hörer oder ihre „Formbarkeit“ aufgrund unabsichtlich eingeräumten Deutungsraums durch diesen beziehen. Direkt im Anschluss an die Diskussion der Stilverstöße folgt die in der ars dictaminis zentrale Lehre von der salutatio. Zentral ist sie, da sie ein Werkzeug bereitstellt, um die für „das“ Mittelalter wichtigen sozialen Gegebenheiten möglichst eindeutig wiederzugeben. So soll eine unabsichtliche oder unbedachte Störung der Kommunikation möglichst vermieden, respektive falls intendiert, mit diesem Instrumentarium gerade erreicht werden861. Die Überzeugungskraft gewinnt die epistula nicht aus ihrem Gegenstand heraus, sondern dadurch, dass das rhetorische Enthymem als zugrundeliegendes Konzept versucht, sich stillschweigend oder ausdrücklich mittels einer sententia generalis (im Brief 861 Wie der Aspekt der inimicitia manifesta zeigt, besteht hier jedoch ein eindeutiges Primat der gesellschaftlichen Konventionen. Erst wenn mit offener Feindseligkeit gewissermaßen ein „gesellschaftlicher Notstand“ ausgebrochen ist, können (oder müssen) diese Konventionen außer Kraft gesetzt werden.

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Schlussdiskussion und Ausblick

das exordium) als allgemeinverbindlich geltende Meinungen und Vorurteile der Rezipienten zunutze zu machen. Erst jetzt thematisiert das Lehrgedicht die Sprache, genauer deren ästhetische Ausgestaltung, wobei auch hier, wie der Aspekt der Amphibolie zeigt, immer noch der Rezipient im Zentrum steht. Die Ästhetik der Sprache ist hier also nicht in irgendeiner Weise frei von jeder Zweckgebundenheit zu denken, sondern hat dem Adressaten zu gefallen. So drängt sich die Frage nach funktionalen Parallelen auf, wenn in Vers 90f ein der argumentativ ausgerichteten Idee der „homerischen Schlachtreihe“ verwandtes Konzept auf die ästhetische Wortfügung angewendet wird. Als Ausgangspunkt für Iupiters Lehrgedicht dient die „Summa dictaminis“ des Bologneser dictator und Grammatiklehrers Guido Faba. Der Lehrdichter versifiziert jedoch nicht einfach sklavisch seine Vorlage, deren Autor zu den einflussreichsten der ars dictaminis im Mittelalter gehört, sondern er formt sie gemäß des von ihm intendierten Zwecks – der Lehre – produktiv um. So gestaltet er die „Summa Iovis“ inhaltlich wie auch strukturell sehr nah an seiner Vorlage. Wo jedoch eine deutlichere Struktur opportun erscheint, greift Iupiter in diese ein, indem er zum Beispiel die zum grundlegenden Verständnis der Materie erforderlichen Begriffsdefinitionen an den Anfang des Gedichts stellt. Die Strukturierung des Stoffes ist auch ein der Gattung „Lehrgedicht“ immanenter Aspekt, und der Autor macht intensiv von den ihm zur Verfügung stehenden sprachlichen Mitteln der Gattung Gebrauch, um eine größtmögliche Verständlichkeit des Stoffes zu erreichen. Ebenfalls nicht unumstößlich sind für ihn die Lehren Guido Fabas; die etwas ambivalente Lehre von den partes epistulae, wie sie Faba darlegt, verwirft er ab einem gewissen Punkt zugunsten eines durchdachteren, respektive „weiter entwickelten“ Modells. Den von der „Summa dictaminis“ divergierenden Lehren liegen wohl die Lehren weiterer dictatores zugrunde – Bezüge, die sich teils sogar bis in die Formulierung von Kritik an Guido Faba hinein erstrecken, wenn sich etwa die von Thomas von Capua an Faba geübte Kritik bezüglich dessen Salutationslehre so auch in der „Summa Iovis“ zeigt. Ähnliches gilt für die gesamte partes-Lehre, welche auf diejenige des Bene von Florenz zurückgeführt werden könnte. Bedenkt man nun die Länge des Lehrgedichts (107 Verse), räumt Iupiter im Kontext der partes-Lehre dem rhetorischen Enthymem in seiner Anwendung auf den Brief mit 14 Versen sehr breiten Raum ein. In Ansätzen findet sich diese bereits bei Faba und auch bei Boncompagnus, wenn sie auch Bene von Florenz durch die Verwendung an die Logik erinnernder Begriffe sehr viel deutlicher formuliert. Da in etwa Mitte des 13. Jahrhunderts Texte wie die englische Kompilation „Tria sunt“ das Enthymem ausdrücklich nennen, ist davon auszugehen, dass das Gedicht Iupiters hier die Communis Opinio seiner Zeit widerspiegelt. Da eine detaillierte Erschließung der relevanten Quellen



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aufgrund ihrer schieren Zahl bisher nur unzureichend geschehen ist, ist es auch nicht möglich, eine Aussage darüber zu treffen, inwiefern der Lehrdichter hier selbst als Kompilator tätig wurde oder ihm Kompilationen zur Verfügung standen, die sich deutlich an Guido Faba orientierten, und er diese also lediglich versifizierte. Desgleichen muss bezüglich solcher Lehren angenommen werden, welche sich – ausformuliert, beziehungsweise verschriftlicht – nur in der „Summa Iovis“ finden, wie zum Beispiel die Verwendung abstrakter anstelle konkreter Titulierungen. Die Sprache der „Summa Iovis“ bleibt in den gewählten Formulierungen sehr nah an denen der artes dictandi – wie beim Gros mittelalterlicher Lehrgedichte steht hier der Inhalt, nicht die Ästhetik, im Vordergrund. Vergleichbar mit weiteren Lehrgedichten zwingt das Versmaß den Autor der „Summa“ dazu, Umschreibungen und Synonyma anstelle eigentlich notwendiger Fachtermini zu verwenden (vox statt dictio, praepositivum statt praepositio etc.). Dass die Fähigkeiten Iupiters über das rein Handwerkliche hinausgingen, zeigt sich nur in denjenigen Versen, die den sprachlichen Schmuck thematisieren – allerdings dient hier die verwendete Metaphorik vor allem der Verdeutlichung der propagierten Lehre. Insgesamt stellt sich die „Summa Iovis“ als typischer Vertreter der Gattung „Lehrgedicht“ dar. Inhaltlich deckt sie die Grundlagen der ars dictaminis ab; Feinheiten wie konkrete Wortwahl (einzelne partes einleitende Konjunktionen) oder Spezielleres (Urkundenlehre) behandelt sie nicht. Hierzu müssen andere umfänglichere oder anders gewichtete Texte herangezogen werden. Wie die Bezüge auf „Doctrinale“ und „Grecismus“, aber auch die Titulierung als „Summa“ zeigen, handelt es sich somit um einen in die Thematik einführenden Text. Aus der Analyse der Handschriften ergeben sich mehrere, sich zumeist jedoch überschneidende Überlieferungsfelder der „Summa Iovis“: Schule und Universität sowie allgemeiner (klerikaler) Gebrauch. So ist zwar nicht selten eine Überlieferungsgemeinschaft mit Texten gegeben, die entweder primär oder unter anderem in der Propädeutik Verwendung fanden, allerdings verweisen nicht selten mehrere Aspekte über diesen Kontext hinaus. So lassen sich aufgrund der Einrichtung von Text und Paratext, aber auch der inhaltlichen Ausführung und Art der Paratexte die Abschriften der „Summa Iovis“ in den Handschriften A1, M5 und P in solch einen „schulischen“ Zusammenhang einordnen – ohne hierbei die Frage nach Nutzung durch Schüler oder Lehrer beantworten zu können. Der libellus mit der „Summa Iovis“ in der Handschrift A1, dessen letzter nachweislicher Besitzer und Benutzer der Theologe Narcissus Pfister war, zeigt jedoch, dass eine „schulmäßige“ Aufbereitung des Textes nicht unbedingt eine Nutzung desselben auf diesen Kontext beschränkt. Auch der „Summa Iovis“libellus in M5 verweist beispielsweise durch die Erschließung des Verstextes ver-

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mittels Wortfolgebezifferung eher auf einen Kontext elementarer Bildung. Die in der Handschrift mitüberlieferten Texte – beispielsweise die versifizierten Texte zur Moraldidaktik und Lexik – stützen zwar eine solche Interpretation, zugleich sind dort jedoch auch philosophische oder kanonistische Texte enthalten, und der zu vermutende Entstehungskontext des gesamten Kodex (Basel, Quirinus von Tegernsee?), ist ebenfalls nicht in einen propädeutischen Zusammenhang einzuordnen. Zwar lässt sich eine Nutzung der „Summa Iovis“ im Elementarunterricht nicht ausschließen, doch bei der gesamten Handschrift scheint es sich, auch die thematische Breite der Texte bedenkend, eher um eine Sammlung von Texten des alltäglichen Gebrauchs eines Klerikers zu handeln. Bei den in der Handschrift P überlieferten Texten handelt es sich gleichfalls um „Schultexte“, und zumindest derjenige Teil der Handschrift, welcher aus dem Besitz des Johannes Lathomi stammt, kann einem Kollegium zugeordnet werden. Gerade beim Pariser Collège des Bons Enfants de Saint-Victor handelt es sich allerdings wohl nicht um eine Einrichtung des Elementarunterrichts, weshalb auch hier ein solcher Verwendungskontext der „Summa Iovis“ zwar nicht auszuschließen, jedoch auch nicht nachweisbar ist. Mit dem Etikett „Schulhandschrift“ könnten auch zusammengestellte Handschriften wie zum Beispiel Kr und S bezeichnet werden. In beiden Fällen deuten allerdings die Paratexte der „Summa Iovis“ auf einen Entstehungskontext des Lehrgedichts im Rahmen der höheren Bildung hin. Das schließt zwar den Gebrauch in der „Schule“ durch den das Wissen vermittelnden Magister nicht aus, kann ihn jedoch auch nicht stützen. Die Ambivalenz der Interpretation wird durch die Handschrift Kr besonders gut vor Augen geführt. Kompiliert wurde die „Summa Iovis“ in diesem Kodex einerseits mit Schultexten wie dem „Vocabularius Ex quo“ oder dem „Grammatellus“, andererseits wurden noch weitere Texte zur Stilistik, sowohl theoretische Abhandlungen als auch ein tabellarischer Briefsteller, beigefügt, die die „Summa Iovis“ sinnvoll ergänzten und in Kombination nicht mehr nur Rudimentäres zur Stilistik boten. Vergleichsweise eindeutig lässt sich ein Nutzungskontext „Universität“ herausarbeiten. In mehreren Handschriften wird der Text der „Summa Iovis“ von einem universitären Kommentar begleitet und eine Überlieferungsgemeinschaft mit ebenfalls universitär erschlossenen Texten („Doctrinale“, Donat etc.), beziehungsweise mit Texten, die Gegenstand der höheren Bildung waren (aristotelische Texte etc.), ist in zahlreichen Handschriften gegeben. Dies überrascht insofern nicht, als dass die Akten der Artistenfakultät der Universität Wien für das 15. Jahrhundert eine intensive Verwendung der „Summa Iovis“ als liber ordinarie legendus im Unterricht belegen. Ebenfalls ordinarie, jedoch nur ein einziges Mal, lässt sich dies anhand der Quellen für die Universität Freiburg im Breisgau nachweisen, und bezüglich der



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Universität Heidelberg liegt mit der Handschrift B ein bestenfalls indirekter Beleg für eine Verwendung im wohl außerkurrikularen Unterricht vor. Sowohl bezüglich Freiburg wie auch Heidelberg ist hierbei an einen Einfluss des Lehrplans der Wiener Universität auf denjenigen der beiden jüngeren Universitäten zu denken, welcher aber offensichtlich nicht eine ähnliche Stellung der „Summa Iovis“ wie dort zeitigte. Die „universitären“ Handschriften der „Summa Iovis“ wie auch die „Schulhandschriften“ bezeugen, dass dem Text ein Nutzen über die bloße Wissensvermittlung hinaus zukam – was seine Konzeption als Lehrgedicht und die spezifische Funktionalität der Texte der Gattung „Lehrgedicht“ auf den ersten Blick nicht vermuten lassen könnten. So belegen die Kodizes F und M1 ein Verwenden des Lehrgedichts im Anschluss an die eigentliche Unterrichtssituation und somit nach dem eigentlich dem Text durch die Gattung zukommenden Verwendungskontext. Beide Abschriften wurden hierbei von ihren Schreibern in sehr unterschiedlicher Art und Weise ergänzt. Während der Schreiber von F seine „Ausgabe“ durch Einbinden von Blättern mit zusätzlichem Material erweiterte, „lagerten“ sich in M1 weiteres Formelgut, aber auch kurze theoretische Texte im Anschluss an die „Summa Iovis“ an. Im Ergebnis sind die Ergänzungen in der ursprünglich aus Tegernsee stammenden Handschrift M1 umfangreicher als in der St.-Georgenberger Handschrift F. Auch gewährt der die „Summa Iovis“ enthaltende libellus von M1 einen Einblick in das Leben seines ursprünglichen Besitzers Johannes Sumer: Wenn auch Schlüsse aufgrund von enthaltenden Musterbriefen nur mit großer Vorsicht gezogen werden können, suggerieren diese jedoch, dass sich Sumer anscheinend um kleinere Pfründe und vor allem um eine Stelle als Schulmeister bemühte – ob ihn die Kenntnis der „Summa Iovis“ hierfür besonders qualifizierte sei dahingestellt, zumindest werden ihm die erlangten Fertigkeiten im Zusammenhang seiner „Bewerbungsbestrebungen“ dienlich gewesen sein. Sind die Handschriften F und M1 als Zeugnisse eines direkten „Nachlebens“ der „Summa Iovis“ noch vergleichbar, so ist das Ensemble der in den Kodizes überlieferten Texte doch äußerst unterschiedlich. Der letzte namentlich bekannte Besitzer und wohl auch Kompilator von M1, der Tegernseer Mönch Johannes Krapf, verband den ars dictaminis-libellus mit einer Abschrift des „Vocabularius Ex quo“. Sieht man von einer Nutzung der beiden libelli in einem Kontext der Wissensvermittlung einmal ab, so enthält M1 zwei Nachschlagewerke des alltäglichen Gebrauchs, ein Wörterbuch und eine Sammlung von Textmustern und elementaren Stilregeln. In diesen Nutzungskontext lässt sich F ebenfalls einordnen, wenn auch das Textensemble gänzlich anders geartet ist. Dort stehen neben der „Summa Iovis“ ein regimen sanitatis, Texte zur Moraldidaktik sowie ein metrisches „Digest“ des

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kanonischen Rechts. Ähnlich sind sich also beide Zusammenstellungen in dem Sinne, als dass sie in Betreff ihrer Thematik, ihrer Gattungen und vergleichbarer Kategorien beliebig anmuten. Fragt man jedoch nach dem praktischen Nutzen der einzelnen in ihnen vereinten libelli für den Benutzer, so gestatten sie Einblick in dessen Lebenssituation – die Kompilation erhält aus diesem Sitz im Leben heraus Plausibilität. Ebenfalls pragmatisch scheint die Kompilation in der Handschrift K ausgerichtet zu sein. Auch dort findet sich eine große thematische Breite – von der Logik über die Rhetorik im engeren Sinn und die ars dictaminis bis hin zur Komputistik. Bei den dort enthaltenen Texten handelt es sich um einführende, wie die „Summulae logicales“ des Petrus Hispanus, oder um handlungsbezogene Texte, wie den „Computus chirometralis“. Die „Summa Iovis“, welche die normative und pragmatische ars dictaminis thematisiert und, wie auch der accessus der Handschrift darlegt, durchaus als Einführung in die ars interpretiert wurde862, vereint somit in sich die beiden dieser Handschrift zugrunde liegenden Kompilationskriterien. Dass bereits der Hauptschreiber der Handschrift die Notwendigkeit sah, die „Summa Iovis“ nochmals zu ergänzen – in diesem Falle durch das inhaltlich etwas anders gelagerte „Compendium poetrie nove“ des Otto von Lüneburg – unterstreicht diese Interpretation des Charakters des Textensembles in K und der Wertung der „Summa Iovis“. Nicht nur aufgrund der besonderen Überlieferungssituation sticht hier die weiter oben eingehend erörterte Handschrift B heraus. Denn dort wird der „Summa Iovis“ ähnlich wie in den gerade genannten Handschriften vermittels der Komposition der Handschrift eindeutig die Funktion eines Einführungs- und Nach862 Hs. K, f. 60v: Finis extra est, vt hoc libro cognito habeamus faciliorem accessum ad egregiam artem dictandi. Noch deutlicher ausgedrückt wird dies im accessus der Handschrift B, f. 4v: Sed finis quo illius sciencie est facilior accessus ad alios libros siue tractatus ipsius rethorice. Pabst interpretiert solche sich häufig in den Kommentarprologen zu Lehrgedichten findende Äußerung in dem Sinne, als dass sie auf einen der Gattung „Lehrgedicht“ immanenten Vorteil der einfacheren Verständlichkeit des Inhalts im Vergleich zur Prosa Bezug nähmen – also leichter verständliche gebundene im Gegensatz zur obskuren freien Rede (Pabst 2008, 153–161; vgl. oben S. 26). Bezüglich der Überlieferungsträger der „Summa Iovis“ ist nun nicht nur im Kontext der Handschrift K nicht selten ein Umfeld von weiteren einführenden Texten zu konstatieren, bei denen es sich eher selten um Lehrgedichte handelt. Respektive, betrachtet man die Gesamtkomposition einiger Handschriften, so findet sich die „Summa Iovis“ dort als eher basaler Text neben ausführlicheren artes dictandi, so dass sie ebenfalls einen einführenden Charakter erhält. Im Falle des Lehrgedichts des Iupiter stellt sich also nun die Frage, ob sich facilior accessus nicht tatsächlich mehr auf den Inhalt des kommentierten Textes beziehen könnte, als auf dessen Gattungszugehörigkeit oder metrische Ausgestaltung.



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schlagetextes zugedacht. Zwar enthält die Handschrift B mit der „Sporta florum rethoricalium“ einen erschöpfenden Traktat zum Prosastil, doch die „Summa“ wird als der primäre Referenztext des alltäglichen Gebrauchs gedient haben. Über diese Handschriften hinaus können noch weitere ähnliche Kompilationen aufgezählt werden – zum Beispiel die Kodizes L, M2, M3, M7, T, W1 oder W3. Gemeinsam ist diesen, dass entweder eine allgemeine „universitäre“ oder „schulische“ Tendenz der Texte im Hinblick auf ihre mögliche Verwendung, die Art ihrer Erschließung, letztlich des Ortes und der Situation des hypothetischen Texterwerbs besteht; oder dass keine eindeutige inhaltliche Charakterisierung möglich ist, respektive Kleriker – oder Akademiker, die später die Profess abgelegt haben – als Nutzer der Kompilationen in Frage kommen. Eine Vermengung dieser Punkte ist hierbei wohl als Regelfall anzusehen. Gerade letzter Punkt kommt fast schon einem Zirkelschluss gleich, da die bekannten Provenienzen der Überlieferungsträger fast ausschließlich Klöster sind. Der Zugang durch die Überlieferung auf die hypothetischen primären Nutzer der ars dictaminis – professionelle Schreiber, Notare und Kanzlisten (seien diese nun Laien oder Weltgeistliche) – ist also eben dadurch nicht oder bestenfalls schwer möglich. Und wenn es sie gab, sind entsprechende libelli wohl mehrheitlich aufgrund von „Verbrauch“ aus der Überlieferung ausgeschieden. Welche Genese lässt sich nun für diese in ihrer Ambiguität vergleichbaren, zusammengestellten Handschriften vermuten? Das konsekutive Anwachsen persönlicher Textsammlungen, sei es durch Erwerb von libelli oder das eigenhändige Anfertigen durch Abschrift, ist als der Regelfall anzusehen. „Schultexte“ wie die „Disticha catonis“ oder Alanus‘ ab Insulis „Liber parabolarum“ können in der Schulzeit erworben worden sein, aber auch später noch als Hilfsmittel für zum Beispiel die Predigt Verwendung gefunden haben. Dass häufiger „Schultexte“ oder auch Lehrgedichte als Mitüberlieferung der „Summa Iovis“ vorzufinden sind, ist wenn überhaupt nur ein sekundäres Indiz für einen „schulischen“ Gebrauch der „Summa“. Hier ist wohl an einen „Nebeneffekt“ der Eigentümlichkeiten beispielsweise der Gattung „Lehrgedicht“, wie sie Haye und Pabst herausarbeiteten, zu denken. Die „Wiege“ des Gebrauchs von Lehrgedichten wie der „Summa Iovis“ liegt sicherlich in der Lehre, doch die Vorteile für den Unterrichtsgebrauch – konzise und nachvollziehbare Struktur und inhaltliche „Modularität“ der Lehrgedichte – ermöglichen immer einen schnelleren Zugriff auf die fraglichen Wissensbestände. Die gattungsimmanente Beschränkung auf normatives und pragmatisches Wissen fördert dies noch. Sind also für die Suche nach der Funktionalität und Entstehung der „Summa Iovis“ die Ansätze von Haye und Pabst entscheidend, so ist für die Interpretation der handschriftlichen Überlieferung der Blick Worstbrocks am fruchtbarsten: Aus dem Unterrichtstext „Summa Iovis“ wird ein Text, der Wissen der

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Allgemeinbildung mittels inhaltlicher Struktur und optischer Präsentation (miseen-page) nutzbar macht. Der Gebrauch der „Summa Iovis“ in ihren Handschriften lässt somit wohl eher keine Schlüsse auf die didaktische Verwendung des Lehrgedichts zu, gewährt vielmehr einen Zugriff auf das Alltagswissen, die Allgemeinbildung der Benutzer, bei welchen es sich wohl um Vertreter des Klerus gehandelt haben wird. Verallgemeinert man Fälle wie die des Albertus Löffler von Rheinfelden und des Johannes Sumer aus Obernberg bei Vilshofen und berücksichtigt die Tatsache, dass der Schwund an Überlieferungsträgern aus diesen Kontexten nicht zu verachten ist, so kann diese Einschätzung präzisiert werden: Bei den Nutzern wird es sich um das klerikale und akademische „Proletariat“, den Pfarrklerus gehandelt haben. Handschriften der „Summa Iovis“, die einzig oder mehrheitlich Texte zur ars dictaminis im Besonderen oder Rhetorik im Allgemeinen enthalten, sind vergleichsweise selten. Neben Handschrift B und der wohl eher archivierenden Handschrift A1 sind in diesem Zusammenhang M6, N* und O3 zu nennen. Bezüglich M6 und N* wäre im Einzelfall zu prüfen, ob es sich bei diesen Handschriften um mit B vergleichbare dictamen-Sammelhandschriften oder vielmehr archivierende Kompilationen handelt. Da die Handschrift N* verloren ist, wäre dies nur indirekt möglich durch den Vergleich des Lehrgedichts „Qui non confusum“, welches in Handschrift A1 tradiert wird, mit der „Summa Iovis“ – Ähnliches gilt für die anonyme ars dictandi in M6. Vorausgesetzt die beiden Texte ergänzen die „Summa“ sinnvoll, lägen auch mit den Kodizes M6 und N* aufgrund von Kombination summarischer Stilistiken mit umfangreichem Formelmaterial dictamen-„Handbücher“ vor. Dass in N* ein Text „Accipe de sale“ den Abschluss des Kodex bildet, stört auf den ersten Blick den Gesamteindruck; wie allerdings bereits das Incipit dieses in keiner weiteren Handschrift überlieferten Textes zeigt, handelt es sich hierbei um einen Text mit direkten Handlungsanweisungen – vielleicht mit Rezepten zur Herstellung von Arzneien –, so dass er sich inhaltlich nicht, von seinem pragmatischen Charakter her jedoch zweifellos in die Handschrift einfügt. Hingegen ist bei der Handschrift O3 wohl allein aufgrund der Mitüberlieferung der „Parisiana poetria“ Johannes‘ de Garlandia von deutlichen inhaltlich-doktrinären Redundanzen der übrigen Texte zur ars dictaminis auszugehen. Ob in O3 eine mit B vergleichbare funktionale Ergänzung der unterschiedlichen Texte besteht, müsste in einer eingehenderen Untersuchung gezeigt werden. Streuüberlieferung der „Summa Iovis“ nachzuweisen ist aufgrund der Überlieferungsproblematik nicht gelungen. Dass diese ohne Zweifel existiert, illustrieren Vers  2 und 3 der „Summa Iovis“, welche in der „Sporta florum rethoricalium“ und der ars dictandi „Rogatibus quidem vestris“ sowie dem Erstdruck des „Spie-



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gel“ Friedrich Riederers als Merkverse verwendet werden. Bezüglich der erhaltenen Fragmente der „Summa Iovis“ lässt sich aufgrund des Überlieferungskontextes nur für die Handschrift G die Hypothese aufstellen, dass dort eine Weiternutzung des Fragments angenommen werden kann. In A2 scheint es sich beim Fragment der „Summa“ hingegen mehr um „Beifang“ der Überlieferung zu handeln. Wie ist nun im Lichte dieser Erkenntnisse die räumliche und zeitliche Tradierung der „Summa Iovis“ zu bewerten? Mit knapp 40 Textzeugen scheinen sowohl die „Summa Iovis“ als auch ihr Hypotext, die „Summa dictaminis“, rein quantitativ auf der gleichen Stufe zu stehen. Die Überlieferung der „Summa dictaminis“ ist hierbei durch große Ausgeglichenheit gekennzeichnet: Die Handschriften verteilen sich relativ gleichmäßig über den Zeitraum vom 13. bis zum 15. Jahrhundert und finden sich in fast ganz Europa863. Wie bereits angemerkt, ist hingegen die „Summa Iovis“ primär in Kodizes des 15. Jahrhunderts aus dem deutschsprachigen Mitteleuropa auf uns gekommen. Auch die Erklärung hierfür ist bereits bekannt: der Status der „Summa Iovis“ als liber ordinarie legendus an der Universität Wien – mit ihrer Streichung aus dem Wiener Vorlesungsplan endet auch ihre Überlieferung. Abgesehen von einigen als Gedächtnisbrücken aus dem Lehrgedicht entnommenen Versen muss davon ausgegangen werden, dass die „Summa Iovis“ wohl keine bleibende Nachwirkung gehabt haben wird. Die Zahl der Überlieferungsträger der „Summa dictaminis“ vervielfacht sich jedoch massiv, berücksichtigt man all jene Kompilationen, Abbreviaturen und Traktate, die direkt oder indirekt von ihr und den Lehren ihres Autors beeinflusst wurden. Nichtsdestoweniger kann für den überschaubaren lokalen und temporalen Überlieferungsraum der „Summa Iovis“ in ihrer Verwendung als Lehrtext durchaus eine gewisse Gleichwertigkeit, wenn nicht sogar ein Übergewicht zu ihrem Prätext konstatiert werden. Um zu einer abschließenden Bewertung der „Summa Iovis“864 zu gelangen, soll diese mit jener verglichen werden, zu der Martin Camargo in einem Artikel (bezeichnenderweise „Si dictare velis“ betitelt) gelangte865. Neben der „Summa Iovis“ behandelt er das „Compendium poetrie nove“ des Otto von Lüneburg, die unikal in einer Innsbrucker Handschrift überlieferte sogenannte „Summa dictaminum metrica“866 sowie ein hauptsächlich in Streuüberlieferung erhaltenes Gedicht. Dabei geht Camargo von mehreren Prämissen aus. So nimmt er an, dass es sich um 863 Vgl. Faulhaber 1978, 86 Anm. 2 und Polak 1993–1994, passim. 864 Aufgrund der großen Hypothetizität einer Autoridentifikation erscheint es angebracht, am in der Forschung etablierten Pseudonym Iupiter francigena und dem Titel „Summa Iovis“ festzuhalten. 865 Camargo 1996a. 866 Innsbruck, UB, Cod. 322, f. 126r–131r.

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versifizierte artes dictandi handelt, die somit als alternativer Präsentationsmodus des Stoffes in Konkurrenz zur Fachprosa der ars dictaminis stehen. Zudem geht er, da lediglich vier Texte erhalten seien, bei dieser Sache von einer Randerscheinung aus. Zwecks seiner Analyse betrachtet er die Texte unter denjenigen Aspekten, die üblicherweise als Vorteile der Versform genannt werden und stellt sie dann den Prosatraktaten gegenüber867. Die Kürze der Verstexte, vor allem des „Compendium“ und der „Summa Iovis“, sieht er als deutlichen Nachteil, da hierdurch ein zentrales und für den Rezipienten wichtiges Element der ars dictaminis-Literatur fehle: die umfangreichen Mustersammlungen. Die häufig die beiden Lehrgedichte begleitenden Kommentare interpretiert er somit als Mittel, um das augenscheinliche Defizit auszugleichen – die Kommentare als „Krücken“ zum Gebrauch der ihren eigentlichen Zweck verfehlenden Gedichte. Bessere Memorierbarkeit kann er jedoch dem „Compendium“ und der „Summa Iovis“ nur bedingt attestieren, da hierzu die Formulierungen vor allem letzterer zu umständlich seien. Das aus der Streuüberlieferung zu rekonstruierende Gedicht sei hierfür, wie auch die Innsbrucker „Summa dictaminum metrica“, ein besser geeignetes Beispiel, was gerade das Verwenden einzelner Stücke als Merkverse in Prosatraktaten belege868. Dies sei denn auch der vorherrschende Gebrauchsmodus für Verse in den artes dictandi, die Texte Ottos von Lüneburg und Iupiters seien somit lediglich Anomalien869. Ihre große Verbreitung im deutschsprachigen Raum des 14. und vor allem 15. Jahrhunderts hätte hingegen andere Ursachen: Die Beliebtheit von Versgrammatiken wie dem „Doctrinale“ oder dem „Grecismus“ in Deutschland sowie deren Aufnehmen in die Curricula von Schulen und Universitäten. Kopiert wurden „Summa“ und „Compendium“ also nicht aufgrund eines intrinsischen Nutzens, sondern nur, weil sie lediglich formale Nutznießer einer kurzzeitigen Mode gewesen seien oder – wie die häufige Überlieferungsgemeinschaft des „Compendium“ mit der „Poetria nova“ belege – einfach mitabgeschrieben wurden. Zwar ist es sicherlich so, dass Texte wie die des Alexander de Villa Dei oder Eberhard von Béthune anderen Texten wie der „Summa Iovis“ den Weg bereiteten, doch muss dies im Kontext des von Pabst konstatierten Medienwechsels in der Lehre gesehen werden. Ein Medienwechsel, dessen Vorteile – durch die didaktischen Ellipsen des Lehrgedichts geschaffene inhaltliche Freiräume in der Lehre – anscheinend insbesondere im deutschsprachigen Raum gefragt waren. Die Verbreitung der „Summa Iovis“ ist in diesem Rahmen ein weiterer Beleg für diese 867 Vgl. im Folgenden Camargo 1996a, 274–282. 868 Es handelt sich hierbei um die verbreiteten Verse Si bene dictabis … (Walther 1969, Initium 17620) und Qui dictare putat … (Walther 1969, Initium 15470). 869 Camargo 1996a, 281.



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im fraglichen Gebiet vonstatten gehende umfassende Entwicklung der Didaktik. Wurde die „Summa Iovis“ nun mittels der Kommentare zu einer „vollwertigen“ ars dictandi ergänzt, so behob man damit nicht so sehr einen Mangel; vielmehr vermochte der Text während seiner kurzen Konjunktur anscheinend über seine ihm im Unterricht zugedachte Rolle hinaus Gebrauchswert für die Nutzer zu erlangen. Wie auch die Untersuchung der kodikologischen Kontexte nahe legt, war dies wohl ein Nutzen als ein summarisch die Grundlagen der ars dictaminis zusammenfassendes Werk. Durch ihre ursprüngliche Konzeption als Lehrbuch zeichnete sich die „Summa Iovis“ durch eine besonders augenfällige Struktur aus. Die „Summa Iovis“ repräsentiert zwar kein besonders hohes Niveau an Wissen, doch war dies wohl für die alltägliche Verwendung ausreichend. Statt den Erfolg der „Summa“ als Abnormität der Überlieferung zu bewerten, ermöglicht im Gegenteil gerade dieser Erfolg Einblicke in die normale Lebenswelt der clerici litterati jenseits des akademischen Spezialwissens der doctores der Theologie und Philosophie. Inwiefern das durch die „Summa Iovis“ repräsentierte Wissen nur Teil eines allgemeinbildenden Kanons war oder auch einen pragmatischen Ertrag, ein tatsächliches Anwendungsfeld, hatte, lässt sich allerdings aufgrund der Quellenlage nicht sagen. Zwei zentrale Aspekte konnten in der vorliegenden Untersuchung jedoch nicht oder nur unzureichend betrachtet werden: die genaue Stellung der „Summa Iovis“ im spätmittelalterlichen Unterricht und die Art, wie sie in diesem vermittelt wurde. Zumindest eine Annäherung ist hinsichtlich des ersten Gesichtspunkts gelungen. Die philologische Analyse der „Summa Iovis“ selbst zeigte intertextuelle Beziehungen zu grammatischen Lehrtexten; die kodikologische Untersuchung der Überlieferungsträger rückte sie ebenfalls in die Nähe der Propädeutik: In grammatischem Kontext befindet sie sich in den Handschriften E1, Mk1, Mk2, Mk7, Mk9, M4 und O1. Ein (Aus-)Blick in die Handschrift E1 zeigt jedoch, dass damit nur ein Rahmen gewonnen wurde, den es noch mit Inhalt zu füllen gilt. Der prologus circa artem in E1 nennt die Grammatik – genauer die Orthographie870 – als diejenige Wissenschaft, welcher die „Summa Iovis“ zuzurechnen sei, so dass folg870 Die Definition der Grammatik in E1 lautet wie folgt (f. 97rb): Grammatica est sciencia docens recte scribere recta scriptura, intelligere recte componere, recte pronunciare. Jn hac diffinicionem tangitur quattuor species grammatice: orthographyam, ethimologiam, dyasintheticam et prosodyam. Diese Einteilung fußt auf einer Synthese der „Institutiones“ des Priscian mit dem pseudopriscianischen „De accentibus“, wie sie sich zum Beispiel bei Oliverus Brito, „Philosophia“, §  52 und Arnulfus Provincalis, „Divisio scientiarum“, 339f findet (vgl. Kneepkens 2006, 37f ). Wortwörtlich und mit der Nennung Priscians verwendet Johannes Synthen diese Definition in einem Kommentar zum ersten Buch des „Doctrinale“, vgl. Alexander de Villa Dei, Doctrinale, pars prima (Kommentar: Johann Synthen), Strassburg [Martin Schott] 1487, f. 2r.

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lich im prologus circa librum der sermo significatiuus colore rethorico adornatus, vicijs grammaticalibus expurgatus als Gegenstand der „Summa“ genannt wird871. Der Begriff sermo significativus verweist nun auf ein System der Wissenschaft, wie es beispielsweise Robert Kilwardby entfaltet. In „De ortu scientiarum“ unterteilt er die scientia sermonicalis in eine rein deskriptiv-normative, den sermo significativus eorum quae iam nota sunt, und eine forschende Wissenschaft, den sermo inquisitivus eorum quae adhuc ignota sunt. Bei erster handele es sich um die Grammatik, bei letzterer um die Disziplinen Dialektik und – im Sinne der forensischen Rede als Methode zur Wahrheitsfindung – Rhetorik872. Sind die Lehre von Stil- und Grammatikfehlern sowie vom Wortschmuck in der antiken (römischen) Grammatik und Rhetorik durchaus nicht eindeutig der einen oder anderen Disziplin zuzuordnen, ist genannte Einteilung in dieser Hinsicht unzweifelhaft. Die auf der Rhetorik fußende, stilistische ars dictaminis ist nun nicht mehr Teil einer „wissenschaftlichen“ Rhetorik. Nach dem Kommentar der Handschrift E1 ist die ars dictaminis also eine grammatische Disziplin. Ohne zu viel Gewicht auf diese Zuordnung der Briefrhetorik zur Grammatik anstelle der Rhetorik legen zu wollen – immerhin wird wie oben erwähnt die „Summa Iovis“ an der Universität Freiburg als ein liber rethoricalis ordentlich gelesen – verdeutlicht dies doch, dass die „Summa Iovis“ an der mittelalterlichen Universität keinen Platz in der philosophischen Wissenschaft haben kann, wie es zum Beispiel bei der spekulativen Grammatik der Fall ist. Zugleich ist sie nicht wie die normative Grammatik eine notwendige Vorbedingung für den auf Latein stattfindenden universitären Betrieb. Dies führt zu der Frage, welchen Sinn es also überhaupt macht, wenn die „Summa Iovis“ – sei es nun ordinarie oder extraordinarie – einen Platz in der universitären Lehre gefunden hat. Sinn erhält dies dann, wenn man die artistischen Fakultäten nicht nur als Ort philosophischer Bildung und der Vorbereitung für die höheren Fakultäten sieht, sondern auch als Vermittler praktischer und allgemein anwendbarer Kenntnisse. Zu diesem Zweck war im Zweifelsfall ein akademischer Abschluss sicherlich nicht notwendig, maximal ein Abschluss mit dem baccalaureus in artibus, wenn denn überhaupt mehr als nur eine „Anakademisierung“ (die „nur“ Lesen, Schreiben, Rechnen oder eben die ars dictaminis vermittelte) angestrebt war. Um diese Hypothese zur Verwendung der „Summa Iovis“ überprüfen zu können, wäre es nun notwendig, alle mit ihr überlieferten Glossen und Kommentare auszuwerten.

871 Vgl. Hs. E1, f. 97rb. 872 Robert Kilwardby, „De ortu scientiarum“, Nr. 468.



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Auch der zweite Aspekt lässt sich nur vermittels der paratextuellen Überlieferung zur „Summa Iovis“ ergründen. Interessant wäre in diesem Zusammenhang, ob sich die intertextuellen Bezüge der „Summa Iovis“ jenseits einer bloßen Nennung der fraglichen Texte äußern (wie dies oben in der Analyse des Verhältnisses zu den Vorlagen für die Handschrift K zu konstatieren war) oder ob sich in den Kommentaren eine enge wechselseitige Verzahnung im Gebrauch der Texte widerspiegelt. Zudem wäre zu prüfen, inwiefern die vom Autor der „Summa Iovis“ angebotene Strukturierung des Stoffes auch wirklich als Rahmen genutzt wurde oder die Kommentare hier eigene Strategien entwickeln und so manche Passagen des Lehrgedichts de facto obsolet werden. Zuletzt ist die im accessus in E1 vorgenommene Einordnung der ars dictaminis als grammatische Disziplin bezüglich ihrer Allgemeingültigkeit zu hinterfragen, also ob die didaktischen Ellipsen des Lehrgedichts „Summa Iovis“ in ähnlicher Weise genutzt wurden wie die des „Doctrinale“ für die spekulative Grammatik. Ob die Kommentare gewissermaßen den normativen Inhalt der „Summa“ transzendieren, die „Summa“ eventuell zur Vermittlung einer wissenschaftlich-argumentativen Rhetorik nutzen – mit dem im Lehrgedicht behandelten rhetorischen Enthymem wäre hierfür durchaus ein Ansatzpunkt gegeben. Allerdings zeigt die Analyse der Rhetorikhandschrift des Albertus Löffler deutlich, dass eine textphilologische Analyse der Kommentare nicht unproblematisch ist. Es erscheint in mehrfacher Hinsicht schwierig, Vergleichskriterien zu entwickeln, da sowohl die Masse der artes dictandi ab etwa dem 14. Jahrhundert – jedoch auch noch viele signifikante ältere Traktate wie die des Bernhard von Meung –, als auch die Großzahl der grammatisch-rhetorischen Kommentarliteratur noch ihrer wissenschaftlichen Erschließung harren. Die Betrachtung der Vorlagen der „Summa Iovis“ und ihres Inhalts illustrierten zudem, dass die Sprache, mit welcher die Texte der ars dictaminis ihre Inhalte vermittelten, selbst recht phrasenhaft wurde. Im mittelalterlich-universitären Kommentar werden diese Inhalte nun wiederum mit Hilfe einer ebenfalls formelhaften, wenn auch höchst funktional-präzisen Sprache vermittelt. Die Inhalte werden somit zwar recht eindeutig ausgedrückt, aber selbst direkte Zitate lassen sich oft nicht zuweisen, wenn der Kommentator nicht selbst eine Quelle angibt. Für den spätmittelalterlichen deutschsprachigen Raum wird deshalb für die Beurteilung der ars dictaminis auf Traktate und Kommentare des Nikolaus von Dybin zurückgegriffen, da diese aufgrund ihres literarisch-doktrinären Einflusses einen belastbaren Vergleichspunkt böten. Doch auch in dieser Hinsicht kommen gewisse Zweifel auf, denn zwar verweisen textuelle Parallelen im prohemium des „Summa Iovis“-Kommentars der Handschrift B auf Dybinus, zugleich jedoch in andere Richtungen. Weiterhin besteht aufgrund der widersprüch-

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lichen Indizien zum Status beispielsweise der „Sporta florum rethoricalium“ als Dybin’scher Text noch Klärungsbedarf873. Zwecks zumindest eines flüchtigen Einblicks in die Kommentarliteratur wird unten in Appendix A.3 eine Transkription des Kommentars aus der sich heute in Basel befindlichen Handschrift des Albertus Löffler abgedruckt. Die Handschrift B bietet sich hier aus zwei Gründen an: Zum einen ist sie ein Vertreter des mit sieben Textzeugen am weitesten verbreiteten Kommentars874; zum anderen ist sie zwar nicht der älteste Repräsentant dieser Gruppe, sticht jedoch durch die dem accessus vorangestellte collatio hervor. Wie oben erwähnt, belegt der Kommentar nochmals, dass Guido Fabas „Summa dictaminis“ die Vorlage des Lehrgedichts bildete, da zahlreiche Beispiele und Muster, die im Kommentar angeführt werden, eben diesem Prätext entnommen sind. Dies deutet auf eine vielleicht bereits durch den Autor der „Summa Iovis“ motivierte Überlieferungsgemeinschaft von Lehrgedicht und „Summa dictaminis“-Exempeln hin. Allerdings zeigt die Handschrift auch, dass der Kommentar lediglich den Verstext expliziert und mit Beispielen versieht, inhaltlich jedoch letztendlich nicht über diesen hinausgeht. Gerade durch das Einfügen der Beispiele und Formeln wird jedoch das Lehrgedicht selbst zu einer ars dictandi, wächst also zumindest in dieser Hinsicht über die enge Definition seiner Gattung hinaus. Interessant ist, dass bereits bei der ersten Nennung der partes epistulae auf diese detailliert und mit zahlreichen Beispielen eingegangen wird. So erfolgt im Kommentar die Salutationslehre deutlich früher als im kommentierten Lehrgedicht. Die am Anfang dieser Arbeit zitierte Frage nach unserer Kenntnis über die „Summa de arte dictandi“ des Iupiter von Soissons (Johannes de Clacy?) und ihrer Stellung im akademischen Unterricht konnte doch zumindest graduell beantwor873 Dass sich die „Sporta“ im Prolog als Text des Nikolaus von Dybin „ausgibt“, zugleich allerdings jedoch darin Dybinus selbst als Autorität genannt und seine Lehrmeinung diskutiert wird (vgl. oben Anm. 810), zeitigt hierbei interessante Ergebnisse. So führt Franz Josef Worstbrock im Zuge der Diskussion der Vorlagen der „Colores rhetoricales“ des Niklas von Wyle die anonyme ars dictandi „Ab Aristotele philosophorum principe“ an und bringt wiederum deren Abhängigkeit von den „Sporta“ zur Sprache. Er begründet dies hierbei mit den großen inhaltlichen-sprachlichen und strukturellen Übereinstimmungen zwischen den beiden Texten sowie dem Anführen von Nikolaus von Dybin als Autorität in dem anonymen Text (vgl. Worstbrock 1987, 193 Anm. 12). Bezüglich letzterem muss jedoch auf die wirklich extrem großen textuellen Parallelen hingewiesen werden, da sogar diese Verweise auf Dybinus in „Ab Aristotele philosophorum principe“ wortwörtlich aus der „Sporta“ übernommen wurden. 874 Dies sind die Hss. Mk4 (1422), B (1439), Z (1446), Mk5 (1449), Kr (2. Drittel 15. Jh.), Lu (1461) und S (3. Viertel 15. Jh.).



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tet werden. Die von Paul Gerhard Schmidt ebenfalls geäußerten Bedenken hinsichtlich der erforderlichen textuellen Grundlagen für eine weitere Erforschung der ars dictandi haben sich allerdings ebenfalls bestätigt. Die Bindung an eindeutig feststellbare Vorlagen und auch der Textumfang der „Summa Iovis“ gestattete es jedoch, sie zumindest als Fallbeispiel etwas genauer zu betrachten. Das Anwenden der Erkenntnisse Thomas Hayes und Bernhard Pabsts zur Gattung „Lehrgedicht“ und den Gründen ihrer Konjunktur im Spätmittelalter ermöglichte es, den Text im Kontext seines zeitgenössischen Verständnisses zu durchdringen und so Funktion und Nutzen zu ergründen. Dies zeigte zwar, dass es sich bei der „Summa“ um einen sicherlich auch in seiner Zeit nicht bemerkenswerten Text handelte (sonst hätte er nicht so einfach im Zuge einer „Lehrplanreform“ abgeschafft werden können), doch weist ihm dies auch einen Platz im normalen Leben seiner Nutzer zu; er illustriert, was dem Bereich alltäglicher Pragmatik zuzuordnen ist. Auf jeden Fall zeigt dies, dass es sich bei solcherart Texten gerade nicht um überlieferungsgeschichtliche Anomalien ohne inhärenten Nutzen handelt, auch wenn deren zeitgebundene Pragmatik nicht direkt ins Auge springt. Die exemplarische Untersuchung des kodikologischen Kontextes der „Summa Iovis“ konnte das im Verlauf der Untersuchung gewonnene Bild bestätigen und erweitern. Darüber hinaus illustriert dies den Gewinn, der mit solch einem genauen Blick auf den Kodex einhergeht. Sicherlich müssen die Ergebnisse mit aller Vorsicht, mit zahlreichen Kautelen gelesen werden, doch die Erkenntnis könnte lauten: „Die Handschrift macht Sinn“ – und zwar in zweifacher Hinsicht. Zum einen h a t die Handschrift einen Sinn, eine Funktion. Dieser mag recht banal sein, wie die Erkenntnis, dass sie ihren Inhalt lediglich archiviert. Doch ist dies sicherlich schon ein Mehr an Wissen, dass wir über diesen Überlieferungszeugen haben, als wenn wir ihn lediglich als Produkt des Zufalls, der reinen Willkür seines Produzenten sehen. Denn es zeigt, dass der praktische und ideelle Nutzen von Buch und Inhalt für diesen beendet ist, es nur noch um Bestandswahrung geht. Zum anderen s t i f t e t die Handschrift Sinn. Denn sieht man einmal von den sich auch unterscheidenden Metatexten ab, ist die „Summa Iovis“ in einer grammatischen Handschrift wie E1 ist in der Qualität ihres pragmatischen Charakters ein anderer Text als die „Summa Iovis“ in der Handschrift B aus dem Besitz des Albertus Löffler. In der ersten Handschrift befindet sie sich als Lehrgedicht noch in der Sphäre des Unterrichts, in letzterer ist sie diesem gewissermaßen „entwachsen“ und dient als summarische, einem längeren, ausführlichen, also „besseren“ Text vorausgehende Einführung. In beiden Fällen spiegelt der Kodex den Gebrauch wider, doch sind die sich uns zeigenden Reflexionen recht unterschiedlich.

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Mit dieser Vorgehensweise, welche sich auf die Varianz des Kontextes anstelle des Textes stützt, ist es nun gelungen, die oben dargestellten textphilologischen Probleme bei der Analyse der „Summa Iovis“ und ihrer Metatexte aufgrund der „doppelten Formelhaftigkeit“ ihrer Sprache zu umgehen. Grundsätzlich ist dies mit Stephen G. Nichols Anwendung der Methode der sogenannten „new philology“ im Bereich der Trobadordichtung vergleichbar875. Nichols geht nicht nur von der Gleichwertigkeit aller Überlieferungsträger oder Fassungen eines mittelalterlichen Textes und daraus resultierend von dessen „Offenheit“ aus (im Gegensatz zum angestrebten Autortext der „traditionellen“ Philologie), er räumt der Materialität, genauer dem Prozess der Abschrift des Textes eine weit zentralere Rolle ein876. Aus diesem Grund bevorzugt er auch anstelle des Begriffs „new philology“ den der „material philology“877. Diesen Prozess des Abschreibens betrachtet er unter dem Eindruck des Konzepts der reinventio/„réécriture“ des Stoffes durch den Dichter aus der „Poetria nova“ des Galfridus de Vino Salvo – insbesondere hinsichtlich der Rekomposition des Textes gemäß den verschiedenen Arten des ordo artificialis878. Während der Abschrift hat nun ein Schreiber die Möglichkeit, die grundlegende Struktur eines Textes zu ändern oder ihn mit anderen Texten zu verbinden und ihm so neue Bedeutung zuzuweisen879. Als Beispiel für eine solche „Neufindung“ der Bedeutung eines Textes führt er eine Kompilation altokzitanischer Kanzonen in der Handschrift M819 (spätes 13. Jh.) der Pierpont Morgan Library New York an: Durch das Nebeneinander von Gedichten Wilhelms IX. von Aquitanien und denen einiger Trobairitz sowie der Veränderung der Abfolge der Gedichte Wilhelms, hätte der Schreiber/Kompilator eine dialogartige Struktur ähnlich einem Tenso und so auch neue Möglichkeiten der „Lektüre“ der Gedichte Wilhelms geschaffen880. Allerdings ist anzumerken, dass sich Nichols immer noch in den recht engen Grenzen des Textes und der Varianz des Textes bewegt. Die Materialität des Textes ist hier in dem Sinne von Bedeutung, dass eine erneute „Materialisation“ des Textes dem Schreiber/Kompilator die Möglichkeit zu Eingriffen in den Text gibt. Zwar kann auch dieser „Schreibertext“ wiederum verändert werden, doch für sich gesehen ist er ähnlich „geschlossen“ wie der Autortext. Zudem bewegt sich die von Nichols beobachtete Varianz immer im Rahmen ähnlicher literarischer Kategorien. 875 876 877 878 879 880

Für einen Überblick zur traditionellen und „neuen“ Philologie, siehe Stackmann 1994. Nichols 1999, 16–17. Nichols 1999, 10. Nichols 1999, 19–20. Nichols 1999, 20–22. Nichols 1999, 22–30.



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Somit fehlt sicherlich zunächst ein gewisser Vergleichspunkt, wenn über solche eher litarerische Texte hinausgegangen wird. Doch das Interessante an Worstbrocks Idee des liber pauperum ist ja gerade, dass Texte unterschiedlicher Art (für ihre Benutzer) eine gemeinsame Funktion haben können881. Dies ermöglicht es nun, Nichols Konzept weiter zu verfolgen und tatsächlich den Kodex, damit die Varianz in diesem und nicht im Text in den Mittelpunkt zu rücken. Neben Autor und Schreiber tritt hier der Besitzer des Textes. Dieser kann nun, unabhängig von Bedeutung und Funktion, die ihm von einem Autor oder reinventor gegeben wurde, den Text durch Rekomposition des handschriftlichen Kontexts jedweden ihm nützlich erscheinenden Verwendungszweck zuführen. Dies bezieht sich zunächst einmal nur auf die „Summa Iovis“ und ihre Metatexte sowie vielleicht noch andere spätmittelalterliche und lateinischsprachige Texte, welche dem Typus des liber pauperum zugerechnet werden können. Ob sich dieser Ansatz verallgemeinern lässt, wäre anhand weiterer Fallstudien zu prüfen.

881 Allerdings wäre zu fragen, ob nicht auch „reine“ Literatur eine Funktionalität oder Pragmatik haben kann, die über die „ursprünglich“ intendierte hinausgeht. So finden sich beispielsweise in Mattsee, Kollegiatstift, Cod. 24, f. 75v–76v vier deutschsprachige Liebesbriefe in Versen (vgl. Pomezny/Tille 1892). Diese Handschrift kompiliert nun jedoch mittelalterliche artes dictandi mit humanistischen artes epistulandi und zahlreichen lateinischen Musterbriefen. Und auch wenn sich unter diesen Briefmustern einige wohl dem Frühhumanisten Samuel Karoch von Lichtenberg zuzurechnende Briefmuster befinden, welche sich durchaus durch ihre Sprache und einen beißenden bis vulgären Humor auszeichnen, so sind doch die meisten dieser Beispieltexte rein pragmatischer Natur. Obwohl sowohl den Gedichten, wie auch den Briefmustern die Kategorie „Brief“ gemeinsam ist, so gehören sie doch sicherlich unterschiedlichen Genera an. Andererseits sind die Liebesbriefe im Kontext dieser Handschrift sicherlich anders zu interpretieren, als in einem Kodex, der sie mit Texten vergleichbarer, eher „literarischer“ Gattungen überliefert.

A. Texte

A.1. „Summa Iovis“ A.1.1. Editionsprinzipien Ziel der vorliegenden Edition der „Summa Iovis“ ist es weder, einen kritischen Text zu verfertigen, noch die Überlieferung des Textes umfassend darzustellen. Vielmehr ist intendiert, dem modernen Benutzer eine übersetzte und kommentierte Lesegrundlage zu bieten. Zudem soll anhand dieser beispielhaften Edition das Verhältnis zu den als Vorlagen verwendeten Texten untersucht werden. Aus diesem Grunde wurde hier die Form einer Leithandschriftedition gewählt. Um einen Überblick der frühen Textüberlieferung zu bieten, wurde der Kreis der verwendeten Handschriften auf die des 14. Jahrhunderts, respektive die von der Wende des 14. zum 15. Jahrhunderts beschränkt, also die Handschriften A1, E1, E2, K, L, M5 und U. Aufgrund teils neuerer Erkenntnisse mussten die bei Worstbrock und Walther angenommenen Datierungen der Handschriften Mk6 und P ins 14. Jahrhundert882 verworfen werden. Dabei handelt es sich um neuere Datierungen in der Sekundärliteratur883, die – im Falle von Mk6 und P – zusätzlich auch durch eigene Analyse paläographisch gestützt werden konnten884. Während die Handschrift Mk6 somit ausschied, wurde P dennoch hinzugezogen und sogar als Leithandschrift benutzt. Dies liegt darin begründet, dass sie den besten z u s a m m e n h ä n g e n d e n Text bietet, also als codex optimus anzusehen ist, während die anderen herangezogenen Handschriften in größerer Zahl verderbte Stellen aufweisen und somit anhand dieser Handschriften kein sinnvoller (zusammenhängender) Einblick in den Text möglich ist885. Zudem bietet P einige Lesarten, die sich gänzlich von denen der an-

882 Worstbrock 1983a, Sp. 430; Walther 1969, Initium 17707. 883 Mk6: Szklenar 1981, 135; P: Samaran/Marichal 1974, 618. 884 Beide Handschriften sind in Cursivae (Recentiores) geschrieben, die nicht dem 14. Jahrhundert zuzuordnen sind. 885 Als Beispiel hierfür kann der „Summa Iovis“-Text in B dienen, der unten in Appendix A.2.2 zusammen mit dem Kommentar abgedruckt wurde.

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Texte

deren Handschriften unterscheiden, als lectiones difficiliores jedoch zu favorisieren sind886. Für die Edition gelten folgende Konventionen: Durchgehend wurden sowohl in der Leithandschrift als auch im Variantenapparat die Trennung nicht zusammengehöriger, eigenständiger Wörter (zum Beispiel die Trennung von Präposition und nachfolgendem Wort), respektive die Zusammenschreibung unselbständiger Wortbestandteile (so das Verbinden von Präfix und Bezugswort) durchgeführt. Das in der Handschrift P benutzte Interpunktionssystem wurde nicht übernommen. Allerdings diente es, beispielsweise bei der Satzgliederung, als Orientierungshilfe für das Setzen einer modernen Interpunktion. Tachygraphische Zeichen, Suspensions- und Kontraktionskürzungen, nomina sacra sowie andere Kürzungsarten wurden gemäß der Schreibung der jeweiligen Handschrift aufgelöst. Bei singulären Abkürzungen einer gegebenen Handschrift wurden diese in Übereinstimmung mit den anderen Handschriften aufgelöst, sofern dies unzweifelhaft möglich war. Verwendete Eigennamen (Christus und Iupiter), Satz- und Versanfänge wurden durch Großschreibung auch dann hervorgehoben, wenn dem in der Leithandschrift nicht so war. Die Graphien der Handschrift P werden im Obertext, die der jeweiligen anderen Handschriften im Variantenapparat verwendet. Bei sich nur in ihrer Graphie unterscheidenden Varianten wird nur diejenige der ältesten Handschrift angeführt. Die Hierarchie der Handschriften lautet hierbei: E1, K, A1, U, E2, M5, L, P. Die Verwendung der Grapheme -u- und -v- folgt ebenfalls der der Hand­schriften. Eine Differenzierung der drei Bedeutungen des Graphems -u- (Vokal -u-, stimmhafter Frikativ -v-, Halbvokal -î-) wurde nicht vorgenommen. Dort wo sich in den Handschriften das „lange i“ (-j-), ob nun als Halbvokal -j- oder als Diakritikum statt des Vokals -i-, findet, wurde dies beibehalten. En detail wurde folgende phonologischen Phänomene in der Edition nicht normalisiert, respektive werden unter äquivalenten Graphien im Variantenapparat subsumiert: –– -a- für -o- (ordo/ardo; Stotz 1996–2004, § VII 32.6) –– -e- für -ae- (pretactus/praetactus; Stotz 1996–2004, § VII 67) –– -e- für -i- (possit/posset; Stotz 1996–2004, §§ VII 28.2–4)

886 Beispielsweise das im ältesten erhaltenen Kommentar zur „Summa“ in E1 (f. 110rb) belegte aprica statt aperta in Vers 63, bei gleichzeitiger Nennung von aperta im Verstext selbst.



„Summa Iovis“

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–– -e- für -oe- (ceptum/coeptum, soloecismus/solecissmus; Stotz 1996–2004, § VII 70, insbesondere VII 70.5) –– -y- für -i- (ymus/imus, peryodus/periodus; Stotz 1996–2004, § VII 63) –– Wegfall von unbetontem -i-, respektive --j- in Hiatstellung (fugiat/fugat; Stotz 1996–2004, § VII 35.1) –– -o- für -a- (saluta/soluta; Stotz 1996–2004, § VII 9) –– -o- für -oe- (soloecismus/solosissmus; Stotz 1996–2004, § VII 72) –– -o- für -u- (epistola/epistula; Stotz 1996–2004, § VII 41.5) –– die vielleicht hyperurbane Schreibweise -oi- für -oe- (soloecismus/soloicismus) –– -c- für -ch- (schema/scema; Stotz 1996–2004, § VII 128.2) –– -ch- für -c- (concors/conchors; Stotz 1996–2004, § VII 131) –– Assimiliation von vorkonsonantischem -d- im Inlaut (admonet/amonet; Stotz 1996–2004, § VII 194.5) –– -d- für -t- (pete/pede; Stotz 1996–2004, §§ VII 184.1–3) –– -d- für nachkonsonantisches -t- (mittenti/mittendi, suscipienti/suscipiendi; Stotz 1996–2004, § VII 184.4) –– Schreibung von velut mit auslautendem -d- in Analogie zu illud u. ä. (Stotz 1996–2004, § VII 184.9) –– -d- für -t- im Anlaut (tetrasillaba/detrasillaba; Stotz 1996–2004, § VII 184.10) –– -f - für -v-, beziehungsweise -î- im Anlaut (vagatur/fagatur, vilem/filem; Stotz 1996–2004, §§ VII 232.2, 4, 5) –– Zusatz von -h- im Anlaut (ac/hac; Stotz 1996–2004, § VII 119.3) –– Auslautendes -n- für -m- (con/cum; Stotz 1996–2004, § VII 249.1) –– Reduzierung von -rh- zu -r- (rhythmus/rithimus; Stotz 1996–2004, § VII 146) –– -sc- für -c- (celat/scelat, ceptum/sceptum; Stotz 1996–2004, § VII 154.1) –– -ss- für -s- (soloecismus/solecissmus; Stotz 1996–2004, § VII 277.5) –– -v- für zwischenvokalisches -f- (prefatam/preuatam; Stotz 1996–2004, § VII 220.1) –– die Schreibung -w- für -î- (suadeo/swadeo; Stotz 1996–2004, § VII 113.3) –– -z- für -c- (celat/zelat; Stotz 1996–2004, § VII 283.7) –– -z- für -sc- (scema/zema; Stotz 1996–2004, § VII 283.9) –– Anaptyxe im griechischen Lehnwort rhythmus (rithimus; Stotz 1996–2004, § VII 82.6) Sofern sie nicht zugleich eine Bedeutungsänderung mit sich bringen, wurden folgende morphologische Phänomene im Variantenapparat nicht angeführt: –– Flexion des Ablativ Plural der 3. nach der 1. Deklination (laudibus/laudis; Stotz 1996–2004, § VIII 9.10) und parallele Wechsel zwischen den einzelnen Flexionsklassen der Substantive und Adjektive

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–– Bilden von Ablativsingular-Formen der 3. Deklination auf -i (lite/liti; Stotz 1996–2004, §  VIII 35.7) oder ähnliche Besonderheiten innerhalb einzelner Deklinationen Eindeutige Wechsel innerhalb der Flexionsklassen der Verba sowie Besonderheiten innerhalb der einzelnen Konjugationen konnten nicht vermehrt festgestellt werden. Auch nicht angeführt wurden, sofern sie als Varianten auftreten, eindeutige Schreibfehler, wenn sich dadurch nicht eine sinnvolle Veränderung der Bedeutung des Inhalts ergeben hat887. An einigen Stellen wurden Konjekturen des Textes der Leithandschrift auf Grundlage der Vergleichshandschriften vorgenommen. Diese Konjekturen wurden mit spitzen Klammern gekennzeichnet. Im Einzelnen handelt es sich in Vers 9 um die Schreibung ymo nach den Handschriften E1, U und L im Gegensatz zu immo in P. Auch wenn keinerlei Bedeutungsänderung mit einer sich nur auf graphematischer Ebene äußernden Gemination des Nasals verbunden ist888, wurde die der Normalform näherkommendere Schreibung um der Eindeutigkeit willen gewählt – gleiches gilt ebenfalls für den Austausch von imma in Vers 91 durch yma. In Vers 13 wurde das sinnvollere sit anstelle von fit nach P und L gewählt. Die sich nur in P findende Formulierung clausis in Vers 24 wurde zugunsten von causis verworfen; dies wird auch durch die entsprechende Stelle in der „Summa dictaminis“ des Guido Faba gestützt. Das Hilfsverb sit wurde in Vers 28 durch die Variante fit ersetzt, da dies ebenfalls eine einfachere und sinnvollere Konstruktion des Satzes erlaubt. Anstelle des in Vers 57 in Handschrift P zu lesenden Substantivs rogatio wurde in Übereinstimmung mit den Lesarten der übrigen Handschriften das Synonym petitio gewählt; auch wenn zum Beispiel nach Maßstäben der Prosodie hier eigentlich keine Entscheidung getroffen werden kann, so erscheint es doch sinnvoller, den in der ars dictaminis etablierten Terminus technicus zu wählen889. Zuletzt wurde in Vers 106 anstelle von non das Adverb nunc verwendet, da eine Negation des Inhalts hier in Übereinstimmung mit dem Prätext als keinesfalls sinnvoll erscheint. Dem Text der „Summa Iovis“ sind insgesamt drei Apparate beigegeben: der erste enthält Paläographisches und Kodikologisches, beim zweiten handelt es sich

887 Wie zum Beispiel das Auslassen, Vergessen von Nasalstrichen (dandam/danda, suscipienti/ suscipieti o. ä.; Stotz 1996–2004, § VII 245.3) oder anderen Kürzungszeichen (secretum/ sectum, consimilis/consilis o. ä.), respektive eindeutigen Verwechselungen von Graphemen (uitetur/nitetur, distant/discant, tentum/centum u. a). 888 Stotz 1996–2004, § VII 247. 889 Vgl. zur Verwendung der Fachsprache in Lehrgedichten Haye 1997, 200–204.



„Summa Iovis“

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um einen Similienapparat890, der dritte wiederum bietet die Lesarten der Handschriften.

890 Die verwendeten Abkürzungen beziehen sich hierbei auf die Kurztitel in Appendix B.2.

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A.1.2. Lateinischer Text 1

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/f. 60r/ Si dictare velis, et iungere scema loquelis. Sint duo pretacta, quare sit epistola facta: Secretum celat, magis interiora reuelat. Illiusque puta fore partes quinque: saluta Primitus, ordire, narra, pete; dicitur ‘ire’ Pars post predicta, proprie conclusio dicta. Nec partes esse tot in ipsa, dico, necesse, Cum sint equeue sibi partes tresve dueve: Orditur primo, medio narrat, petit ; Aut exordiri licet illic non reperiri. His habitis, danda sunt hec tibi, que reprobanda Ex vocum parte nostra censentur in arte: Littera dans ceptum multis eadem ineptum; Finis consimilis et rithmus sit tibi vilis; Consona finalis non sit post initialis;

10 bricht nach diesem Vers ab U.  11 bricht nach diesem Vers ab E2.  1 Si … loquelis] SD 2.1.3–5.  2 Sint … facta] SD 2.3.2.  3 Secretum celat] SD 2.3.3. magis … reuelat] SD 2.3.4–5.  4–8 Illiusque … dueve] vgl. BF 3.4.3.  4–6 Illiusque … dicta] vgl. RD, 10.  7–10 nec … reperiri] vgl. TC § 27; vgl. SD 2.4.3–4, 75.2–4.  13 Littera … ineptum] SD 1.2.2.  14 Finis consimilis] SD 1.3.2. rithmus] SD 1.4.2.  15 Consona … initalis] SD 1.5.2–3, 8.4, 7. 2 Sint] Sunt E1, K, E2. epistola facta] fehlt U.  3 Secretum] Sectum E1. 4 Illiusque] Illius que E2. puta] pura E1. fore partes quinque] partes fore quinque E1, K, A1, E2, M5; fore partes L. saluta] soluta K.  5 Primitus] Protinus K. ire] mire K.  6 Pars … dicta] in L im Anschluss die Merkverse Qui dictare putat semper pars prima salutat / Altera blanditur per terna res aperitur / Quarta petit votum claudit conclusio totum interpoliert. proprie] propriis E2; recte L.  8 sint] sunt E2; fuit E1, M5; sit K. equeue sibi] equeue E1; eque sibi M5, L; eque sibi ue U. tresve dueve] tresque dueque K.  9 primo] prima K, A1, E2, M5. medio narrat] narrat medio E1; media narrat K; narrat medium A1; narrat media E2, M5. ] so in E1, U, L; immo P; yma K, A1, E2, M5.  10 exordiri] exordire E2. licet illic non] non licet huic M5. licet] liti E1; sit U. illic] illi E1, K. reperiri] reperire E2.  11 hec] fehlt L. tibi que] que tibi E1, A1; tibique E2, M5.  13 ceptum] cepta K, M5. ] so in E1, K, A1, M5; fit L, P. ineptum] inepta K, M5.  14 sit] sint A1.  15 post] prius E1.  16 nisi] nisi quatuor A1. 



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„Summa Iovis“

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Uocalis fugiat -m- vel sese, nisi fiat Punctus; vitetur stridor; nec vox iteretur. Fert per discordes partes sentencia sordes, Vel cum mutatur stilus aut per inepta vagatur Dictans seu breue, cum portabit enigmata secum. /f. 60v/ Hinc ea que viciant partes tibi sic patefiant: Sermo difficilis exordia vel puerilis Inquinat, aut ledens, a causa siue recedens, Uel si sit captus, quasi pluribus aptus. Longa nimis ne sit narratio; non ibi desit Ordo rei geste; non falsa ferat manifeste; Causa rei detur; tempus, locus insinuetur. Inde petitio viciosa, nimis nisi prosit, Et nisi sit iustum per eam dici quod honestum Possit, et expresse iustum gerat atque necesse. Deque salutari volo parte modo tibi fari, Quamquam vim partis neget huic huius tenor artis. Nomen mittentis distinguat et accipientis

16–17 Uocalis … Punctus] SD 1.8.5–6, 6.2, 4–7; vgl. GS 4.4.  17 vitetur stridor] SD 1.8.3. nec vox iteretur] SD 1.7.2–4.  18 Fert … sordes] SD 1.9.3.  19 Vel … stilus] SD 1.9.9–10. per inepta vagatur] SD 1.9.5.  20 Dictans … secum] SD 1.9.7.  22 Sermo difficilis] SD 1.10.3. sermo puerilis] GS 4.4; vgl. SD 1.10.4.  23 ledens] SD 1.10.6. a … recedens] SD 1.10.5.  24 Uel … aptus] SD 1.10.7.  25 Longa … narratio] SD 1.11.2.  25–26 non … geste] SD 1.11.4.  26 non … manifeste] SD 1.11.7.  27 Causa … insinuetur] SD 1.11.8 nach Hs. B.  28–30 Inde … necesse] SD 1.12.2.  32 Quamquam … artis] vgl. SD 2.4.6.  17 vitetur] nitetur E1. nec] uitetur L.  19 Vel] Aut M5. aut] fehlt M5. per] persona E1; cum K.  20 cum] dum L. portabit] portat M5. secum] fehlt A1.  21 Hinc … patefiant] Vers doppelt L.  23 Inquinat] Inquinans K; Inquinatque A1. aut] fehlt A1. a causa] animas K.  24 Uel si sit] Aut sermo M5. ] so in E1, K, A1, L; clausis P; causa M5.  25 narratio] uatio E1. non] fehlt K, M5. ibi] fehlt K; tibi L, M5.  26 rei] nisi K. non] nec M5. ferat] gerat K.  27 rei] eius K.  28 ] so in E1, M5; sit P, K, A1, L. nimis] fehlt E1; mens L. nisi] ni M5.  29 nisi] si E1; nisi prosit A1; ni M5. iustum] gestum E1, K, A1, L, M5. per] uel E1. dici quod] quod dici M5.  30 et] fehlt K. gerat] ferat M5; gerit L.  31 Deque] De modo E1. modo tibi] parum tibi E1; nunc tibi K; tibi modo L.  32 Quamquam] Tamquam K; Quam licet A1. neget] negat K. huic huius] huius E1; hoc K; huius huic M5. tenor artis] fehlt K.  33 distinguat] designet E1, K, A1, L; designat M5.

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Nomen ponendo proprium circumue -loquendo, Per signum, mores, loca, prebendas vel honores. Non laus mittenti detur, sed suscipienti Est laudem dare ius, sicut status exigit eius. Mittens, si qua pari scribat, neget ante locari. Qui si pro modico sit maior, idem tibi dico. Sed quando scribit simplex, maior prior ibit. /f. 61r/ Et si summa datur persona, salus taceatur. Hecque reor dici rata, ni fuerint inimici Aut non cultores fidei: quos inferiores Postpones tute sine laudibus atque salute; Istis subuerti scribens alijsque reuerti. Parte salutante visa, que ponitur ante, Scito, quod inde sequi debent exordia. Que qui Poni posse putant alibi, reor, ordine mutant. Si res, que prebet ceptum, precedere debet; Non sunt ergo sine vicio medio neque fine. Ponunt plerique tamen illa licenter ubique.

33–35 Nomen … honores] SD 2.6.2–5.  36–37 Non … eius] SD 2.7.2.  38 mittens … locari] SD 2.8.2.  39 Qui … dico] SD 2.8.10.  40 Sed … ibit] SD 2.8.4, 8–9.  41 Et … taceatur ] SD 2.8.5.  42–45 Hecque … reuerti] SD 2.8.11, 62.2–3, 5.  46–47 Parte … exordia] SD 2.68.2. 47–51 Que … ubique] vgl. SD 2.69.2–5.  49–50 Si … fine] vgl. SD 2.75.2–4  34 nomen … loquendo] fehlt A1. circumue] circumque K, M5. -loquendo] -locando E1.  35 Per] Propter E1. loca] loco E1. prebendas] prebenda K. vel] tibi L; et M5.  36 Non] Nec E1, L, M5; Ne K. suscipienti] accipiendi K.  37 Est … eius] in L im Anschluss die Verse Recte mittentem sed trinam da capientem / A quibus artantur uoces fores accipiantur interpoliert. laudem] laudare M5. ius sicut] sicut uis E1. status] fehlt L.  38 qua] fehlt L.  39 sit] fehlt A1; sed L. maior] maiores E1; fehlt K. idem] fehlt E1; id idem A1; id L. tibi] quasi E1, L. 40 Sed … ibit] fehlt L. simplex] summe K, M5. prior] prius K, M5.  42 rata] data E1; rara K. ni] nisi K; non A1.  43 quos] quod K. inferiores] uiciniores K, M5.  44 Postpones] Postponas K, M5.  45 Istis … reuerti] fehlt M5. Istis] Isti K. scribens] scribes E1, L. alijsque] istisque K; illisque A1.  46 Parte] Arte A1. visa que] uisaque K, M5.  47 Scito] Scitoque A1; Scio L. sequi debent] debent sequi K. Que qui] Quique K, A1, L; Que M5.  48 alibi] alij E1.  49 Si] Sed A1, L. prebet] prebent E1, A1. debet] debent E1, A1.  50 sunt ergo sine] sine sunt ergo E1; sint ergo sine A1. fine] fehlt E1.  51 tamen] fehlt L. illa] istam A1. 

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„Summa Iovis“

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A quibus haud distant prouerbia, sicut ibi stant. Et sub personis melius ternis ea ponis. Inde locum gestet narratio, si proprie stet. Anteque propositum spectat, retroque petitum. Cum veluti cuique patet, hec concors sit vtrique. Que si prefuerit situata, querit Affore, cum narret aliquis prius, vt qua subarret. Ponitur extrema claudens conclusio thema. Quod satis applaudit isti totum quia claudit. Quidam sepe tamen dant partibus his variamen. /f. 61v/ His visis, equidem tibi fac primo, quod ibidem Sit bona grammatica, cui scemata dentur aprica, Assint et flores ibi rethoricique colores. Sed soloecismus absens sit barbaque -rismus. Nexa quibus vicia fugantur et amphibolia, Qua manet obtusus animus. Nec, quem negat vsus, Defectum patere. Vocem planamque sedere Iuxta difficilem, reputato rem quasi vilem. Atque loqui plane semper tibi non sit inane.

52 A … stant] SD 2.71.2.  53 Et … ponis] SD 2.69.6.  54–58 Inde … subarret] vgl. SD 2.75.2–4; vgl. BF 4.31.33–4; vgl. „Tria sunt“, 187.  59–60 Ponitur … claudit] vgl. RD, 21.  61 Quidam … variamen] vgl. BF 6.41.2.  62–64 equidem … colores] SD 1.14.2.  65– 66 Sed … fugantur] SD 1.13.9; vgl. EB, c. 2, v. 1–4.  66 Nexa … fugantur] vgl. AM 658,5–7; vgl. AD, V. 2369, 2377.  66–67 amphibolia … animus] SD 1.13.7–8.  67–68 Nec … patere] SD 1.13.6.  68–69 Vocem … vilem] SD 1.13.2.  70 Atque … inane] SD 1.13.4. loqui plane] vgl. MC 508.  52 ibi] ubi K.  54 gestet] gestat K, A1, L. stet] stat K, L.  55 Anteque] Ante quem A1. spectat] spectet K, A1, L, M5.  56 Cum] Hec L. cuique] quique E1; cuiquam A1. patet] placet A1. hec] et A1, L; fehlt M5. vtrique] ubique E1, K; cuique A1.  57 prefuerit] profuit E1; profuerit K, M5. ] so in E1, K, A1, L, M5; rogatio P.  58 narret] narrat K, L. prius vt qua] primoque A1. subarret] suberret E1; subartat K.  59 claudens] claudet E1; complens K, A1, M5.  60 Quod] Que K, A1, L, M5. quia] quoque E1, A1, L, M5.  61 Quidam] Quidem K, M5. dant] dat E1.  62 equidem] siquidem K. fac] sit A1.  63 cui] tibi L. dentur] dantur K; sint et L. aprica] aperta E1, K, A1, L, M5.  65 sit] sint K.  67 Nec] Ne K. quem] fehlt E1, M5; quis A1. negat] uetet K, M5; neget L.  69 reputato rem] rem reputatio M5. reputato] reputatur K; reputo L.  70 semper … sit] tibi non sit semper M5. semper tibi] tibi semper E1, K, L. sit] fit L. 

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Nec transmutata nimium nec dissociata Verba locis sunto. Fastidia nec pariunto, Que suspensiua fient. A prepositiua Casum sepones proprium. Tamen ac ibi pones Sic ornatiuum mage sermonis genitiuum, Quem poscit siue uult casus prepositiue. Si sint verba quoque duo, sicut ‘scribo legoque’, Fac aliud per te, quod participans sit aperte. Et tria si veniant, duo participantia fiant. Pectore post pone, quod et ornatus ratione Rem substantiui comprendunt hi genitiui ‘Harum’, ‘presentum’. Quod et in paucis puto tentum. Propter et ornatum tibi nomina proprietatum /f. 62r/ Crebro sumantur concretaque subticeantur; Namque per abstracta magis est expressio tacta. Et si res habita iam sit clausis repetita Multis, ‘prefatam’ dices hanc vel ‘memoratam’; 71 Nec transmutata] SD 2.97.2.  71–72 nec dissociata verba] SD 2.85.4–6.  72–73 Fastidia … fient] SD 1.13.5; vgl. GS 4.4.  73–76 A prepositiua … preposotiue] SD 2.85.2– 3.  77–78 Si … aperte] SD 2.101.2–3. scribo legoque] vgl. EB, c. 20, v. 7–8.  79 Et … fiant] SD 2.101.4.  80–82 Pectore … presentum] SD 2.96.2. 82 Quod … tentum] vgl. SD 2.96.3.  86–87 Et … memoratam] SD 2.95.4.  71 nec] uel K, L, M5.  72 locis] stilo K, M5. sunto] pone K, M5. Fastidia nec] Fastigia nec E1; Structuras atque K. pariunto] pereundo E1; repone K; pertenendo A1; pone M5.  73 Que] Nec L. fient] fiant E1, A1, L. A] Et K; Ac M5.  74 sepones] suppones E1, A1; postponas K; postpones M5. proprium] quem K, M5. Tamen] fehlt E1; Uult K, M5; Cum A1. ac] inter M5; dat A1. ibi] ubi E1; ibi tibi K; quoque M5; tibi A1. pones] ponas K.  75 mage] magis L.  76 quem … prepositiue] fehlt M5. siue] iure K. uult] uelt E1; quem uult K; uolo A1. casus] casum A1.  77 Si … legoque] fehlt K. quoque] fehlt E1, A1, M5.  78 per te] parte E1, K, M5. participans] participancia A1. sit] fit E1; fiet K, M5; fiant A1. aperte] fehlt A1.  79 Et … fiant] fehlt A1; in L im Anschluss der Vers Participans facito de uerbo deque relato interpoliert. Et] Aut K, M5.  80 et] fehlt K, M5.  81 comprendunt] comprendent E1; comprehendunt K.  82 presentum] presentumque E1, A1, M5. Quod] fehlt M5. et] fehlt E1, K, A1, L, M5. in] fehlt K, L. puto] peto L.  83 et] fehlt A1.  84 Crebro] Crebre E1. sumantur] ponantur L. concretaque] concreta K.  85 abstracta] extracta L; abstracto M5. est] et E1, A1; fehlt K, M5.  86 clausis] fehlt M5. repetita] reputata E1; reciproca K.  87 prefatam] prehabitam M5. hanc vel] tamen hanc M5. 



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„Summa Iovis“

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‘Que’, si ponatur in clausa bis, referatur. Et quando loqueris magnis, vt eos venereris, Vni ‘vos’ ede. Mediaque vocabula sede Turpia, sed prima mage pulcra locentur et . Hinc nec veloces sine tardis ponito voces, Nec tardas per se, sed sint simul ordine merse Sic et ut istarum commixtio fiet earum. Deque tribus pausis, quas admonet addere clausis Nos ‘Doctrinale’, documentum do tibi tale: Vt tetrasillaba det vox finem, regula suadet, Nunc solam ponis vocem, sicut ‘Salomonis’, Nunc duplicem, veluti ‘sit adeptus’ vel ‘decet uti’. Voceque prelata penultima sit breuiata.

88 Que … referatur] SD 2.95.5.  89–90 Et … ede] SD 2.98.4.  90–91 Mediaque … ] SD 2.88.2.  92 Hinc … voces] SD 2.86.2.  93 Nec … se] SD 2.86.3.  93–94 sed … earum] SD 2.86.4.  95–96 Deque … tale] vgl. SD 2.88.5 und SD 2.83 passim; vgl. AD, V. 2348–2360.  97–98 Vt … Salomonis] SD 2.88.8.  99 Nunc … uti] SD 2.89.3.  100 Voceque … breuiata] SD 2.88.8.  88 Que … referatur] fehlt A1.  89 quando] bene A1. vt] et E1, A1. venereris] reuereris E1, L, M5.  90 Mediaque] Media L.  91 mage] magis K, L. locentur] locemur K; loceretur L. et] fehlt K. ] so in E1, K, A1, L, M5; imma P.  92 nec] ne E1; non K. ponito] ponite A1; penito M5.  93 Nec] Ne K. sed] siue K. sint] fehlt E1, M5; sicut A1.  94 et] fehlt M5. ut] fehlt E1, K, A1. commixtio] coniunctio E1. fiet] fiat et E1, M5; fiet et K, A1. earum] harum E1, K, A1, L, M5.  95 admonet] amanet M5. clausis] clauses E1.  96 Nos] Flos K. ‘Doctrinale’ documentum] documentum ‘Doctrinale’ M5. tale] danach yma M5.  97 Vt] fehlt M5. det] fehlt K, A1. regula] illa E1; littera M5.  99 sit] fit A1. vel] fehlt E1. decet] solet A1.  100 Voceque … breuiata] fehlt K. prelata] prolata L. 

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Sed de peryodo predicta tamen tibi prodo: Que premonstratum finem simul et variatum Multimode gestat, sed vox tetrasillaba prestat, Cui penultima sit producta, velut ‘data suasit’. Littera pausarum primarum vel mediarum tam longetur penultima, quam breuietur. Do grates Christo pro facto Iupiter isto.

101–105 diese Verse in A1 in der Reihenfolge 105, 101–104. 101–104 Sed … suasit] SD 2.88.10.  105–106 Littera … breuietur] SD 2.88.6, 9 und 89.2–3. 102 premonstratum] permonstratum E1; prius statum M5.  103 Multimode] Multimodis A1. vox] fehlt E1, K.  104 Cui] Cum A1. producta] breuiata E1. suasit] fehlt K.  105 pausarum primarum] primarum personarum E1; primarum pausarum K, A1, L, M5.  106 … breuietur] fehlt A1. ] so in K, M5; Non E1, A1, P, L. longetur] prolongetur K, M5. quam] nunc K; uel M5.  107 Do … isto] fehlt E1. pro facto] perfecto K, A1, M5.



„Summa Iovis“

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A.1.3. Deutsche Paraphrase 1

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Wenn du einen Brief schreiben willst, verbinde mit dem Gesagten auch die rhetorische Gestaltung. Zwei Dinge, weshalb ein Brief verfasst wird, soll man kennen: Das Geheimnis verhüllt er, oder aber, er enthüllt das Innere. Und bedenke, dass er fünf Teile hat: Zuallererst grüße, fange an, erzähle und bitte; den Teil nach Erwähntem nennt man „Weggehen“ – eigentlich conclusio benannt. Ich sage, dass nicht so und so viele Teile in ihm notwendig sind, denn drei oder zwei Teile sind ebenso viel wert: Zuerst leitet man ein, in der Mitte erzählt man, zuletzt bittet man; oder es steht frei, das exordium eben dort nicht vorzufinden. Nachdem dies behandelt wurde, muss dir das gesagt werden, was unsererseits in der ars bezüglich der Wörter als schlecht erachtet wird: Ein Anfang mit demselben Buchstaben soll für viele [Wörter] ungeeignet sein; eine gänzlich ähnliche Endung oder die Versform soll für dich ohne Wert sein; ein End- und der darauffolgende Anfangskonsonant sollen nicht identisch sein; ein Endvokal soll das -m- oder sich selbst meiden – es sei denn, ein Punkt wird gesetzt; ein Missklang soll vermieden werden; auch soll ein Wort nicht wiederholt werden. Der Inhalt erhält entweder durch widersprüchliche Teile, weil die Stilhöhe verändert wird, da man während des Schreibens durch Unpassendes umherschweift oder man allzu kurz [schreibt] – was allzu dunklen Inhalt mit sich bringt – Makel. Was die Teile verdirbt, wird dir jetzt beschrieben: Die schwierige oder kindische Ausdrucksweise lässt die exordia unschön erscheinen; sie kränkt, schweift vom Anliegen ab, oder wenn sie so formuliert ist, dass sie gleichsam für viele Anliegen geeignet ist. Die narratio soll nicht allzu lang sein; die Reihenfolge der Ereignisse darf nicht fehlen; sie soll nicht offensichtlich Unwahrheiten vorbringen; die Ursache der Geschehnisse soll dargelegt werden; Zeit und Ort sollen genannt werden. Nun wird die petitio allzu fehlerhaft, wenn sie nicht nützt, wenn nicht gerecht und ehrenvoll ist, was durch sie gesagt werden kann, und sie nicht Billiges deutlich und dringlich vorbringt. Und jetzt will ich dir vom Abschnitt der salutatio erzählen, auch wenn ihr die Lehrmeinung der ars die Qualität eines Briefteils abspricht. Sie soll den Namen des Absenders von dem des Empfängers durch Verwenden des Eigennamens und Beschreibung, durch Merkmale, Lebenswandel, Herkunft, Pfründe oder Lehen absetzen. Nicht dem Absender soll Lob zuteil werden, sondern es ist Sitte,

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dem Empfänger so Lob zu spenden, wie es seine Stellung verlangt. Der Absender soll, wenn er einem Gleichen schreibe, sich weigern, vorangestellt zu werden. Wenn er nur von etwas höherem Rang ist, sage ich dir dasselbe. Schreibt nun jemals ein Gemeiner, wird der Hochrangige der Erstgenannte sein. Und wenn eine sehr viel höhere Person genannt wird, muss das Heil verschwiegen werden. Des Weiteren bin ich der Meinung, dass [bisher] Verbürgtes gesagt wurde, wenn es nicht Feinde oder Ungläubige betrifft: Diese stellst du als Niederrangige getrost ohne Lob oder Gruß hinten an; den ersteren schreibend, um sie zu vernichten, und den letzteren, um sie zu bekehren. Nachdem der Abschnitt der salutatio betrachtet wurde, der an den Anfang gesetzt wird, sollst du erfahren, dass danach die exordia folgen müssen. Manche glauben diese andernorts setzen zu können; ich meine, sie verändern [damit] die Ordnung. Denn die Sache, welche den Anfang macht, muss [auch] am Anfang stehen; also können sich die exordia ohne Mangel weder in der Mitte noch am Ende befinden. Dennoch stellen sie manche willkürlich überall hin. Sprichwörter sind keinesfalls von ihnen getrennt, denn genau dort stehen sie. Und besser formulierst du sie in der dritten Person. Danach soll nun die narratio [ihren] Platz finden, wenn sie denn am richtigen Ort stehen soll. Davor erblicke man den Vordersatz, dahinter die petitio. Da sie gleichsam beidem offen steht, soll sie mit beiden übereinstimmen. Wenn sie voransteht, will die petitio folgen, denn es hat ja, um irgendetwas zu verbürgen, einer etwas erzählt. Die conclusio wird, den Gegenstand beschließend, ans Ende gesetzt. Deshalb spendet sie dem Brief ausreichend Beifall, weil sie das Ganze beschließt. Allerdings variieren manche diese Teile oft. Nachdem dies behandelt wurde, soll es dir in der Tat zuallererst dienlich sein, dass ebenda gute Grammatik vorhanden ist, dass ihr frühlingshafte geschmückte Rede gegeben werde, dort aber auch Blüten und Farben der Rhetorik vorhanden sind. Doch Solözismus und Barbarismus sollen fehlen. Die mit diesen [beiden] verbundenen Fehler und die Amphibolie, durch welche der Geist ermüdet wird, sollen vermieden werden. Dulde keinen Mangel, den der Usus verbietet. Und ein einfaches neben ein schwieriges Wort zu setzen, bewerte das als verwerflich. Auch soll es dir immer wichtig sein, stets deutlich zu sprechen. Weder dürfen Wörter allzu sehr übertragen, noch von ihrem Platz allzu sehr entfernt werden. Auch darf nicht Widerwillen hervorrufen, was [den Sinn] „schweben“ lässt. Du wirst den dazugehörigen Kasus von der Präposition trennen; denn du wirst auch dort vor

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„Summa Iovis“

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allem den die Rede eher schmückenden Genitiv setzen, den der Kasus der Präposition zwingend verlangt. Wenn man freilich zwei Verben hat wie scribo und lego, verändere du selbst das eine [so], dass ein Partizip entsteht. Und wenn drei [Verben] vorhanden sind, sollen zwei [von ihnen] Partizipien bilden. Behalte nun, um der Zierde willen, in Erinnerung, dass die Genitive harum und praesentum die Bedeutung des Substantivs in sich tragen. Dies, so glaube ich, meinen nur wenige. Zum Schmuck sollen immer wieder die Nomina der Eigenschaften von dir verwendet und die concreta verschwiegen werden; denn vielmehr sollen die abstracta Erwähnung finden. Wenn die behandelte Sache nochmals in vielen Kola wiederholt werden soll, sollst du sie als praefata oder memorata bezeichnen; mit dem Pronomen que wird auf sie [sc. die Sache] referiert, wenn sie im [selben] Kolon zweimal vorkommt. Und wenn du mit den Großen sprechen willst, nenne, um ihnen Ehre zu erweisen, einen einzelnen vos. Auch setze die unansehnlichen Wörter in die Mitte, und die eher ansehnlichen sollen als erste und als letzte gesetzt werden. Nun sollen weder schnelle Wörter ohne langsame verwendet werden, noch langsame einzig mit sich selbst, sondern versetze sie in ausgeglichener Weise miteinander, damit eine Mischung dieser und jener entstehe. Bezüglich der drei Klauseln, welche uns das „Docrinale“ den distinctiones anzufügen mahnt, berichte ich dir folgende Lehre: Wenn ein viersilbiges Wort den Schluss bilden soll, empfiehlt die Regel, dass du entweder ein einzelnes Wort verwendest, so wie Salomónis, oder zwei Wörter, zum Beispiel sit adéptus oder decet úti. Das davor stehende Wort muss eine kurze Pänultima haben. Bezüglich der Periode sage ich dir das bereits Erwähnte: Diese führt zugleich das vorher erwähnte und das vielfach abgewandelte Ende mit sich, doch das viersilbige Wort mit betonter Pänultima bleibt bestehen, zum Beispiel data suásit. Die Pänultima der ersten oder mittleren Klausel kann sowohl lang als auch kurz sein. Ich, Iupiter, danke Christus für dieses Werk.

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Texte

A.2. Exzerpt: Guido Faba, „Summa dictaminis“ A.2.1. Textdarstellung Nachfolgend werden einige ausgewählte Kapitel der „Summa dictaminis“ des Guido Faba abgedruckt. Der Text richtet sich nach der Edition Augusto Gaudenzis von 1890 – allerdings wurde durchgehend eine arabische Nummerierung der Kapitel benutzt, zudem zur besseren Orientierung eine Einteilung der Kapitel in Abschnitte vorgenommen. Gaudenzis Edition wurde darüber hinaus mit dem Textzeugen Basel, Universitätsbibliothek, B IX 31, f. 121r–147v verglichen, deren Lesarten im Apparat vermerkt (Sigle Hs)891. Die wenigen von Gaudenzi gebotenen Lesarten wurden ebenfalls in den Variantenapparat aufgenommen892. Über dem Lesartenapparat wird an einigen Stellen auf Similien verwiesen, der dritte Apparat enthält Kommentare.

891 Zur Hs. Basel, UB, B IX 31, vgl. Meyer/Burckhardt 1966, 383–401; Polak 1993– 1994, Bd. 2, 199f. 892 Siglen: R = Florenz, Biblioteca Riccardiana, Cod. 1222; O = Città del Vaticano, Biblioteca Apostolica Vaticana, Cod. ottob. lat. 125; P = ebenda, Cpl 1611, V = ebenda, Cod. vat. lat. 5107. Vgl. Gaudenzi 1890, 26.



Exzerpt: Guido Faba, „Summa dictaminis“

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A.2.2. Text (1.2.1) De vitio vitando in principio dictionis. (2) In primis quidem breviter est sciendum, quod illud dictamen vitiosum dicitur verborum positione, cum in principio plures dictiones ponuntur ab eadem littera incohantes, (3) ut ‘Sosias in solario soleas sartiebat suas’; (4) et illud ‘O Tite Tati tibi tanta tyranne tulisti?’ (1.3.1) De vitiis in fine dictionis vitandis. (2) Nota insuper o lector, quisquis es, qui ornate vis loqui, quod illud tamquam vitium est in epistolari dictamine cautius evitandum, ut plures dictiones vel distinctiones in eadem sillaba terminentur. (3) Exemplum de dictionibus: ‘dictasti, scripsisti, fecisti quod voluisti.’ (4) Exemplum de eadem terminatione distinctionum: ‘Omnes in Domino gaudeatis, et non amplius in vanitatibus seculi confidatis ut, de miseria ubi habitatis ad celestem gloriam veniatis.’ (1.4.1) De accentu inhibito. (2) Item scias, amice, quicumque desideras habere dulcedinem rethorice venustatis, quod in nostro dictamine rythmica est vitanda species, (3) ut si dicam: ‘Cum revolvo moriturus, / quid post mortem sum facturus, / terret me terror venturus, / quem expecto non securus.’ (4) Si autem accentus rythmicus integer defuerit, et consona dictionum coniunctura, ne respuas prosaice tale dictum, quod est multipliciter commendandum. (5) Exemplum: ‘Sapientia merito cunctis rebus preponitur, quia per eam opes et nobilitas assignantur.’

1.2.2 quidem] siquidem Hs. vitiosum dicitur] dicitur esse viciosum Hs. 1.3.2 Nota] danach etiam Hs. vitium] viciosum Hs. ut] ne Hs.  1.3.3 de dictionibus] fehlt Hs.  1.3.4 non] ne Hs. vanitatibus seculi] huius seculi vanitatibus Hs. 1.4.2 rythmica … species] species rithmica est vitanda Hs.  1.4.3 me terror] iudex me Hs. 1.4.4 defuerit] fuerit Hs. coniunctura] iunctura P. ne] non Hs. dictum] dictamen Hs.  1.4.5 nobilitas] nobilitates Hs. assignantur] assignantur’ vel ‘dona suauissima graciarum comprobantur’ Hs. 1.4.3 Cum … securus] Zum geistlichen Lied „Cum revolvo moriturus“, siehe: Walther 1969, Initium 3740.

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Texte

(1.5.1) De eisdem consonantibus sibi concurrentibus removendis. (2) Generaliter autem urbanitatis causa teneas pro doctrina, quod ad cautelam specifico de quibusdam: (3) quia si dictio in ‘r’ desinit, sequens non incipiat ab eadem ut ‘error Romanorum’; in ‘m’, ut ‘magnum malum’; in ‘x’, ut ‘rex Xerses’; in ‘n’, ut ‘lumen novum’; in ‘s’, ut ‘bonus sonus’, et sic de ceteris. (4) Nam ex his vitium generatur, quod ‘caçephaton’, potest, seu ‘turpis sonoritas’, vel ‘asperitas’ appellari. (5) Et dicitur ‘caçephaton’ a ‘cacos’, quod est ‘turpe’, et ‘phonos’, quod est ‘sonus’, unde ‘caçephaton’ idest ‘turpis sonus’. (1.6.1) De vocalium concursione vitanda. (2) Preterea de vocalibus teneas incunctanter quod vitiosum est nimis, si una dictio desinit in vocalem unam vel plures, quod sequens dictio incipiat a vocali una vel pluribus. (3) Exemplum de una, ut ‘diligo animam tuam’. Exemplum de pluribus, ut ‘Dominus illuminatio mea et salus mea, etc.’; et specialiter, quod est deterius, ab eadem, ut ‘laude, anima mea, Dominum’; et idem in similibus. (4) Hec de consilio procedunt, sed necessitatem non inducunt. (5) Quod si punctus planus interveniat, stare potest, ut in hoc exemplo: ‘personam tuam diligo omni tempore, sicut possum.’ (6) Iterum ubi cadet punctus medius, verbi gratia cum dico ‘ignoscat Deus malitie nostre, et nobis pie conferat sue gratie largitatem.’ (7) Sic ergo labora, si vis dictamen habere politum, ut dictio si finiat in vocalem, a consonante sequens assumat principium, et si terminetur in consonantem, alia sumat initium a vocali; (8) nam propter hoc magis currit dictamen et hiatus ac turpis sonoritatis vitium removetur. (9) Exemplum: ‘Vere diligenda sunt illa que corpori proficiunt, et anime non obsistunt.’

1.5.4 Nam … sonus] vgl. EB, cap. 2, v. 5–6.

1.5.2 quibusdam] danach litteris Hs.  1.5.3 Xerses ] fex Hs.  1.5.4 potest] fehlt Hs. appellari] davor appellari Hs.  1.5.5 caçephaton] fehlt Hs. turpis] turpe Hs. 1.6.2 unam] fehlt Hs. quod sequens] et consequens Hs.  1.6.3 de una ut ] fehlt Hs. ut ] fehlt Hs.  1.6.3 ab eadem] fehlt Hs.  1.6.5 planus] danach periodus Hs. stare potest] potest stare Hs. sicut] quantum Hs.  1.6.6 Iterum] Item Hs. nostre] tue Hs.  1.6.7 dictamen habere ] habere dictamen Hs. sequens … principium] sumat sequens principium Hs. alia] altera Hs. initium] principium Hs.  1.6.8 currit] curret siue valet Hs. vitium] vocum Hs.



Exzerpt: Guido Faba, „Summa dictaminis“

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(1.7.1) De vitio iterate dictionis. (2) Nulla dictio semel posita sepius iteretur, nisi sit de natura sermonis, et causa necessitatis evidens hoc requirat, (3) ut in hoc exemplo: ‘Petrus et Martinus multa crimina commiserunt; propter quod Martinus suspendio traditur, et Petrus in insulam deportatur.’ (4) Nam fastidium generat dictio multotiens repetita, ut ibi: ‘cuius rationis ratio non extat, ei rationi ratio non est fidem adhibere.’ (1.8.1) De quinque principalibus vitiis evitandis. (2) In summa nota et collige de predictis, quod in dictamine ista quinque vitia precipue sunt vitanda. (3) Primum est ‘collisio’, idest stridens et rixosa contentio sillabarum; ut ‘belli ferratos postes portasque refregit’. (4) Secundum est ‘frenum’, scilicet quando aliqua dictio desinit in ‘r’, et sequens incipit ab ‘r’, ut ‘error Romuli’. (5) Tertium est ‘hiatus’, qui provenit ex frequenti vocalium concursione, ut in eo: ‘Ovius ovio ovanti animo eius’. (6) Quartum est ‘metacismus’, scilicet quando aliqua dictio desinit in ‘m’, et sequens incipit a vocali, ut ‘bonorum hominum auctoritatem amo’. (7) Quintum est ‘laudacismus’, scilicet quando aliqua dictio desinit in ‘l’, et sequens dictio incipit ab ‘l’, ut ‘sol lucet’. (1.9.1) De vitiis sententie. (2) Quatuor equidem modis committitur vitium in sententia: (3) primo, quando partes epistole sibi non respondent. (4) Exemplum: ‘Sacerdotalis dignitas est aliis preferenda, quia temporalia spiritualibus non equantur. Notifico itaque dilectioni vestre quod rectores scolarium Bononiam sunt reversi. Quapropter vos rogo ut me reddatis de vestra continentia certiorem.’ (5) Secundo cum dictatio, materia dimissa,

1.8.3 belli … refregit ] Ennius, „Annales“ 267. 1.7.3 deportatur] collocatur Hs.  1.7.4 repetita] iterata Hs, O, P, V. extat] existit Hs. rationi] rationique Hs. 1.8.2 nota et collige] nostra intellige P.  1.8.3 ferratos] ferrates Hs. portasque] portusque Hs.  1.8.4 frenum] vicium Hs. incipit] incipiat Hs.  1.8.5 frequenti] consequenti Hs. concursione] concussione Hs. in] fehlt Hs. Ovius … eius] Obuius obuianti vel non obvio ei Hs.  1.8.6 hominum auctoritatem] omnium auctorem Hs.  1.8.7 lucet] lucet super terram Hs. 1.9.3 quando … sibi] cum sibi invicem partes epistole Hs. 1.9.4 reddatis] reddat Hs. de] inde Hs.  1.9.5 dictatio] dictator Hs. dimissa] obmissa Hs.

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Texte

volat et per ambages vagatur. (6) Exemplum: ‘Tue dilectioni duxi litteris presentibus consulendum, ut in tali vico domum edificare debeas honorabilem et decoram. Nam dilexit Dominus sue domus decorem, et dicitur, sicut nosti, ‘Faciamus hic tria tabernacula, tibi unum, Moisi unum, et Elie unum.’ (7) Tertio quando pro nimia brevitate confusionem et obscuritatem incurrimus. (8) Exemplum: ‘Rogo te de factis meis, quia mea tua sunt, et de continentia nescio, et pro negotio Martini sic facias in omnibus prospere.’ (9) Quarto committitur vitium in sententia quando, mutato mediocri stilo, humilem materiam in sublimem, vel altam in mediocrem aut humilem variamus, quod maxime vitiosum dignoscitur. (10) Non enim verborum ornatus debet in tantum servari quod sententie gravitas ommittatur, quia non bene stabit vocum edificium, quod non roborabit sententie fundamentum. (11) Exemplum: ‘Celestis altitudo consilii mundo pereunti consuluit, cum per incarnati verbi mysterium a nexibus diabuli hominem liberavit. Inde est quod ipsius amore vos rogo, ut mei semper memoriam habeatis.’ (12) Ecce quomodo stilus fuit in prima parte turgidus et inflatus, in secunda cecidit in aridum et exanguem. (1.10.1) De vitiosis exordiis. (2) Vitiosum preterea quinque modis censetur exordium. (3) Primo, si difficilis sermo fuerit et verba inusitata: exemplum ‘Fructus centesimus tunc serenti tribuitur, cum quis ad penitentiam per elemosinam revocatur. Inde est, quod illa que pauperibus erogasti tibi putes celesti tabernaculo preparata.’ (4) Secundo vitiosum est exordium illud, quod ex verbis constat nimium apparatis: exemplum ‘Mulier speciosa diligitur, que urbanitatis et facundie gloria decoratur’. (5) Tertio vitiosum est exordium, quod non coheret narrationi, nec oriri vel procedere videtur a causa: exemplum ‘Celestis pietas duas in seculo constituit potestates, ut earum moderamine et mutuo suffragio singula gubernentur. Notifico itaque tibi, quod per Dei gratiam a Romana curia sanus et incolumis sum reversus.’ 1.9.6 Faciamus … unum] Mt 17,4; Mc 9,4; Lc 9,33. 1.9.6 litteris presentibus] presentibus litteris Hs. Faciamus … tabernacula ] Hic tria tabernacula faciamus Hs.  1.9.7 Tertio] Tercium Hs. pro] pre Hs.  1.9.8 de] fehlt Hs. et] fehlt Hs. in] vt in Hs.  1.9.9 altam … variamus] mediocrem in humilem indebite variamus Hs.  1.9.10 ommittatur] dimitatur Hs. roborabit] corroborabit Hs. sententie fundamentum] fundamentum sententie Hs.  1.9.11 Inde] Hinc Hs. ipsius] davor pro Hs. mei] me Hs. memoriam] davor in Hs. 1.9.12 fuit … parte ] in prima parte fuit Hs. secunda] danach parte Hs. 1.10.2 preterea] fehlt Hs.  1.10.3 et] per Hs. elemosinam] ecclesiam Hs.  1.10.4 constat … apparatis] nimium constat approbatus Hs. speciosa] sponsa Hs. decoratur] davor coronatur vel Hs.  1.10.5 quod] cui Hs. narrationi] narratio Hs. moderamine] davor modus anime vel Hs. itaque tibi] igitur Hs. 



Exzerpt: Guido Faba, „Summa dictaminis“

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(6) Quarto exordium non caret vitio quod nec benivolum, docilem vel attentum reddit animum auditoris: exemplum ‘Qui naufragia pertulit, multa incommoda tolleravit.’ (7) Quinto vitiosum est exordium, quod in plures casus potest accommodari: exemplum ‘Cum homo bonum exequitur, Deus veraciter honoratur.’ (8) Hoc potest dicere quilibet pietatis opera faciendo, et hoc idem sibi aptare poterint commode rectores provinciarum cum iugulant homines et pena debita feriunt delinquentes. (1.11.1) De vitio narrationis. (2) Narratio prolixa nimis dicitur vitiosa, ut si a gemino sumatur ovo initium: verbi gratia ecce aliquis scolaris diffuse narrat per singula qualiter in via fuit ei veniendo Bononiam, quomodo magistrum elegit, hospitium quesivit, in mane tempestive surgit, in nocte vigilat, ad scolas vadit, cum sociis moratur et proficit sicut potest. (3) Non debuit tanta fundere: suffecisset enim dixisse: ,Noscatis quod, post felices‘ vel ,infelices eventus viarum, cum honesta societate Bononie Dei gratia atque vestra, sanus et incolumis in studio laudabiliter persevero‘. (4) Item narratio dicitur vitiosa, si sit confusa; quod accidit cum ordo rei geste ommittitur: exemplum ‘Sciatis quod filius olim domini Andalotis in tali castro habet filiam domini Hugolini’. (5) Hic confuse narravit, ordinem rei geste dimisit, et ideo vitiosum dixit. (6) Debuisset enim dicere: ‘Noveritis quod Petrus filius olim domini Andalotis, in sero post cenam cum armatis multis accedens ad domum domini Ugolini, sibi filiam suam abstulit violenter, et nocturno silentio per civitatem deducens eamdem, ipsam in tali castro detinet tamquam suam.’ (7) Item narratio dicitur vitiosa que, non sit

1.10.6 exordium] davor viciosum Hs. non … vitio] fehlt Hs. docilem] davor nec Hs. vel] nec Hs. naufragia] naufragium Hs.  1.10.7 casus potest] potest causas Hs. bonum exequitur] exequitur bonum Hs.  1.10.8 aptare poterint] possunt adoptare Hs. iugulant] vigilant Hs. debita] danach vel indebita Hs. feriunt] fuerint Hs. delinquentes] davor transgressores vel Hs; transgressores P, V; transgressores delinquentes O. 1.11.2 prolixa nimis] nimis prolixa Hs. sumatur ovo] exordio sumantur Hs. in … ei] fuit ei in via Hs. Bononiam] Romam V.  1.11.3 Non] Nec Hs. tanta fundere] tam diffuse dicere Hs. post] fehlt Hs. vel] et Hs. cum] et cum Hs. Dei gratia] per Dei graciam atque vestra] fehlt Hs. studio] danach litterarum Hs.  1.11.4 accidit] danach uel longa Hs. ommittitur] mutatur Hs. filius] davor Petrus Hs. domini Andalotis … Hugolini] talis in sero post cenam cum multis militibus armatis in tali vico uel castro habebat filiam domini talis Hs.  1.11.5 narravit] danach et Hs.  1.11.6 Debuisset] Debuit Hs. Petrus] P. Hs. olim domini Andalotis] talis Hs. armatis multis] multis militibus armatis Hs. Ugolini] H. Hs. sibi … suam] filiam suam sibi Hs. 1.11.7 dicitur] danach esse Hs. non sit] nec est Hs.

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Texte

probabilis nec vera nec veri similis, ut si dicam de homine mortuo ultra mare: anno preterito: ‘Sciatis quod talem hominem externa die vidi Bononie, qui de vestra continentia me quesivit’. (8) Item narratio vitiosa dicitur, que non explicat locum vel temporis qualitatem ; ut si dicam ‘Noveritis quod Petrus interfecit Martinum.’ (9) Debes enim dicere loco tali, et tempore. (1.12.1) De vitio petitionis. (2) Iudicatur autem finaliter petitio vitiosa, que in se nec iustum continet, utile, necessarium vel honestum, ut si petas quod papalis dignitas imperiali celsitudini supponatur: (3) hoc non est iustum, quia non debet Dei vicarius temporali domino, sicut nec anima corpori, subiacere. (4) Utile non esset, immo dampnosum, quia proptera superbiret: (5) necessarium non esset, cum multi sint qui velint et possint tantum officium exercere; (6) honestum non esset, ut, contra dispositionem divinam secularis persona spirituali preesset, et ancilla domine premineret. (1.13.1) De vitio dictaminis reprobando. (2) Ad hoc comprendiose notabis, memorialiter retinendo, quod dictamen illud in quo una dictio brevis et altera fortis et inusitata ponitur, vituperabile reputatur, (3) ut si dicam: ‘Tibi presentibus affatibus interminor ne imperium intrare debeas ubi fur non sinitur permanere.’ (4) Item nota quod illud dictamen vitiosum habetur quod in prima vel secunda prolatione non potest intelligi, si bene legatur pariter et distincte, ut patet ex precedenti exemplo. (5) Item fugere debemus et ut vitium evitare longam verborum continuationem, que et auditoris aures et oratoris spiritum ledere consuevit. (6) Item nota quod omnis defectus nimius nec usualiter

similis] simile demonstrantur Hs. ultra … preterito] anno preterito ultra mare Hs. externa] hesterno Hs.  1.11.8 narratio vitiosa] viciosa narratio Hs. qualitatem] danach vel causam rei Hs. Petrus] P. Hs. Martinum] M. Hs. 1.11.9 Debes] Deberet Hs. tempore] danach tali Hs. 1.12.2 finaliter] generaliter Hs.  1.12.3 sicut … subiacere] subiacere sicut nec anima corpori Hs. 1.12.4 esset ] est Hs.  1.12.5 esset] est Hs. velint et possint] vellent et possent Hs. 1.12.6 contra] circa Hs. dispositionem divinam] divinam dispositionem Hs. 1.13.1 vitio … reprobando] reprobando vitio dictaminis Hs., V, O.  1.13.2 Ad hoc] Adhuc Hs. brevis] lenis Hs. fortis et] fehlt Hs. vituperabile] culpabile Hs.  1.13.3 imperium] in penam Hs. fur] fui Hs.  1.13.4 Item] Ideo Hs. illud dictamen] dictamen illud Hs. habetur] dicitur Hs. secunda] davor in Hs. bene] non Hs. legatur] legitur Hs.  1.13.5 ut … evitare] vitare Hs.  1.13.6 nimius] minus P. nec] uel magnus uel Hs. 



Exzerpt: Guido Faba, „Summa dictaminis“

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approbatus est vitiosus. (7) Item amphibologicas orationes vitare debemus, que magnum prestant impedimentum, sicut Tullius in secundo Rethoricorum affirmat. (8) Et est amphibologia ambiguitas dictionis vel orationis, ut ‘iste fuit natus ante patrem’. (9) Generaliter autem nota quod verba dubia et figurativa, vel barbarismus et soloecismus et cetera sunt vitanda et a nostro dictamine resecanda, que per Priscianum et Donatum in grammatica declarantur. (1.14.1) De perfecto dictamine. (2) Vitiis itaque penitus eiectis, in summa teneas quod omne dictamen commodum et perfectum tria requirit: bonam gramaticam, perfectum sensum locutionis, et verborum ornatum. (3) Si autem hec tria dictator fecerit, perfecte dictabit. (4) Sed ad minus nec latinitas desit, nec sententia generosa: (5) et si ornatum adhibuerit, tunc dictamen quod triplici mixtura fulgebit laudari merito poterit et communi iudicio confirmari. (2.1.1) De pronuntiatione. (2) Pronuntiatio est vocis, vultus, gestus modulatio cum venustate. (3) Dictamen est ad unamquamque rem, idest ad unamquamque materiam, competens et decora locutio, quia non sufficit, quod aliqua sciat dicere qui nosse debet dictare, de omni materia que de facto posset occurrere. (4) Competens dicitur quantum ad congruitatem, vel incongruitatem, tam bene sententie quam recte gramatice. (5) Decora dicitur quantum ad ornatum verborum. (6) Et dicitur ‘dictamen’ a ‘dicto dictas’ quod est frequentativum huius verbi ‘dico dicis’. (7) Dicitur autem ‘prosaycum’ a ‘proson’, quod est ‘longum’, quia, nec legi metrice vel rythmice subiacens, congrue se potest extendere.

1.13.7 sicut … affirmat] RH 2.11.16.  1.13.9 que … declaratur] Priscianus, „Institutiones grammaticae“ II 111,12–19; AM 392,4– 395,26. 1.13.7 orationes] locutiones Hs. vitare debemus] debemus vitare Hs.  1.13.9 vel] fehlt Hs. 1.14.2 bonam gramaticam] bonum sensum Hs. perfectum sensum] perfectam grammaticam Hs.  1.14.3 hec tria dictator] dictator hec tria Hs.  1.14.5 mixtura … merito] fulgebit mixtura et merito laudari Hs. 2.1.2 modulatio] danach congrua et decora locutio Hs.  2.1.3 de omni] davor de Hs. de facto] defecto Hs.  2.1.4 bene] de bonitate Hs.  2.1.6 dico] dici Hs. dicis] danach quia dictator multo frequenter dicat Hs.

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(2.3.1) Quare fuerit epistola inventa. (2) Epistola fuit inventa duabus de causis. (3) Prima fuit ut amicorum secreta per eam celantur, unde dicitur ab ‘epistolo’ quod est ‘abscondo’. (4) Secunda causa fuit, ut melius quam nuntius exprimat que mandantur. (5) Nuntius enim de omnibus recordari non posset; nam omnium habere memoriam, et penitus in nullo peccare potius est divinitatis quam humanitatis. (6) Si non esset epistola, quo modo possent esse inter duo secreta, que sciente nuntio diceretur? (7) Et ideo non immerito fidelis nuntia dicitur secretorum, que crimen amici celat, verecundiam tegit, et absentes quantumcumque remotos inducit tamquam simul essent presentia corporali. (2.4.1) De partibus epistole. (2) Epistola vero domui comparatur: (3) et sicut ad compositionem domus tres partes veniunt integrales, paries scilicet, fundamentum, et tectum; (4) ita dicendum est quod tres sunt tantum partes epistole integrales, licet quidam asserant esse plures, scilicet exordium, narratio, et petitio. (5) Et sicut in domo secundarie sive constitutive sunt infinite partes, ut lapides, cementa et ligna et cetera que ad domus compositionem accedunt, ita in epistola secundarie partes sunt infinite; quia largo modo quelibet littera, sillaba vel dictio pars epistole dicetur, et sic essent innumerabilis. (6) Et quia salutatio ponitur et premittitur, quamvis non sit pars epistole, videamus quid sit salutatio, et unde dicatur. (2.5.1) Diffinitio salutationis. (2) Salutatio est quidam titulus scribentium nomina manifestans, quia cum dicitur ‘Petrus Martino salutem’; (3) et dicitur ‘Incipit liber Horatii’, sicut per talem titulum scimus nomen auctoris, ita per talem salutationem, tamquam per titulum dictum cognoscimus cuius sit epistola, et cui mittatur. (4) Vel salutatio est

2.3.3 dicitur] danach epistola Hs.  2.3.6 possent esse] essent secreta Hs. duo] duos Hs. secreta] fehlt Hs. sciente] nesciente Hs. nuntio] domino Hs.  2.3.7 que] quia Hs. verecundiam] davor et Hs. 2.4.2 domui comparatur] comparatur domui Hs.  2.4.3 et] fehlt Hs.  2.4.4 tres sunt] sunt tres Hs. epistole integrales] integrales epistole Hs.  2.4.5 constitutive] constructive Hs. sunt … partes] partes sunt infinite Hs. cementa] cementum Hs. ita] item Hs. sillaba] davor vel Hs. dicetur] appellatur Hs.  2.4.6 ponitur et premittitur] premittitur et ponitur Hs. quid] ergo quod Hs. sit salutatio] salutatio sit Hs. 2.5.2 manifestans] danach uel continens Hs. Petrus] P. Hs. Martino] M. Hs.  2.5.3 et] danach sicut Hs. talem] fehlt Hs. dictum] fehlt Hs. 



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quoddam ineffabile gaudium mentis, quod aliqua voce vel actu exprimi non potest, eo tamen animus movetur ad optandam salutem alicui per verba tertie persone, quod ideo contingit, quia epistola mittitur inter absentes tamquam inter presentes. (5) Et dicitur ‘salutatio’ quasi ‘salutis optatio’, nam illum salutamus, quem sanum esse cupimus. (2.6.1) De his que considerantur in salutationibus. (2) In salutatione semper ista considerentur: que sit persona mittentis, que recipientis, et qui vel quale sit illud quod mittitur et optatur; (3) quia non debet salutatio a qualitate vel statu personarum discedere vel discrepare, sed earum merita distinguere et dignitatem, condicionem, subiectionem, ordinem, parentelam, dilectionem, professionem, gentem vel patriam designare: (4) et sic adiectiva circumscribere quod singula suum locum teneant sortita decenter: (5) et si ille cui scribitur litteratus fuerit de litteratura; si honestus, de honestate; si strenuus miles, de strenuitate et fortitudine; si nobilis, de nobilitate; si eloquens et legalis, de ipso laudetur: si fidelis, sapiens et virtuosus, de fide commendari debeat et sapientia pariter et virtute, ut videre poteritis in salutationibus infrascriptis. (2.7.1) De propria commendatione tollenda. (2) Item nota quod in salutatione non debent poni nomina que pertineant ad laudem mittentis sed tantum recipientis, (3) cum scriptura testetur ‘Os alienum te commendet, non tuum’, et in alio loco dicat ‘Omnis laus in proprio ore sordescit’. (2.8.1) Generalis doctrina omnium salutationum. (2) Distingue igitur, o lector, ad generalem doctrinam omnium salutationum habendam, quod, si scribit par pari, persona recipientis premittitur. (3) Exemplum:

2.5.4 gaudium mentis] mentis gaudium Hs. eo] et Hs. persone] danach nec habet ibi locum, dico, prime uel secunde persone Hs.  2.5.5 cupimus ] volumus Hs. 2.6.2 considerentur] considerantur Hs. et] vel Hs. et] uel Hs.  2.6.3 vel statu] sive situ Hs. professionem] processionem Hs.  2.6.4 suum locum] locum suum Hs. sortita] fehlt Hs. decenter] condecenter Hs.  2.6.5 et] vt Hs. fide] fidelitate Hs. debeat] debet Hs. 2.7.2 poni nomina] nomina poni adiectiua Hs. pertineant] pertinent Hs.  2.7.3 dicat] dicitur Hs. 2.8.2 scribit] scribat Hs.  2.7.3 Os … sordescit ] vgl. TPMA, s. v. Lob 1.3; Walther 1963–1969, Nrn. 13600ff, 20239a et passim.

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‘Venerabili in Christo fratri A. Dei gratia episcopo Ostiensi B. eadem gratia episcopus albanensis in Domino salutem’; et sic de ceteris. (4) Si maior minori, sive minor maiori, maior persona prefertur: verbi gratia cum prelati, rectores vel domini suis subditis scribunt, vel alii maiores suis minoribus et e converso, in ordine tam ecclesiastico, quam etiam seculari. (5) Item quidam dicere voluerunt quod, cum minor scribit suo maiori semper debet causa subiectionis salutatio reticeri; quod non est verum, nisi ille cui scribitur sit summe maior, ut si episcopus aliquis scribat domino pape. (6) Si vero sit mediocriter maior, ut si episcopus scribat suo metropolitano, recte salutatio poni potest. (7) Sed inspecta mera veritate papam et imperatorem posset quilibet salutare, nisi usus solummodo repugnaret, qui est in talibus imitandus. (8) Item cum maior scribit mediocriter minori, et minor est subditus, maioris persona premititur, ut episcopus canonicis vel aliis clericis suis. (9) Ideo autem dixi ,mediocriter minori‘, quia si sit multo minor vel vilis persona, ut puta qualis persona canonicus, capellanus, aliquis sindicus vel clericus modici loci vel quasi inlitterata persona, semper maior preponetur, licet talis minor non sit de iurisdictione sua: et idem in laicis. (10) Quod si mediocris persona minori scripserit, servatur arbitrio dictatoris quam velit premittere aut postponere in ordine salutandi, ut si notarius scribat alicui scriptori. (11) Item si manifesti sibi scripserint inimici, semper mittentis persona premittitur, et ubi salutatio ponitur, dicas ‘pro salute merorem’ ut inferius apparebit in salutationibus adnotatis. (12) Propterea dixi ‘manifesti’, quia si occulti fuerint inimici, se ad invicem salutabunt.

2.8.3 Venerabili] danach fratri Hs. fratri ] fehlt Hs. Ostiensi] Aurelianensi Hs. albanensis] Bononiensis Hs. salutem] fehlt Hs.  2.8.4 vel] fehlt Hs. alii] fehlt Hs. etiam] fehlt Hs. seculari] danach semper maiores preponuntur Hs.  2.8.5 voluerunt] volunt Hs. scribit] scribat Hs. suo] fehlt Hs. semper … reticeri] salutacio debet taceri propter subiectionem Hs. summe] maxime Hs. aliquis] fehlt Hs.  2.8.6 metropolitano] danach episcopo Hs.  2.8.7 repugnaret] fehlt Hs.  2.8.8 scribit] scribat Hs. est] sit Hs. persona premititur] preponitur persona Hs. canonicis] danach suis Hs. vel] et Hs. aliis] fehlt Hs. suis] fehlt Hs.  2.8.9 sindicus] subditus Hs. clericus] danach alicuius Hs. quasi] fehlt Hs. preponetur] premictitur Hs. non] fehlt Hs.  2.8.10 minori] davor suo Hs. servatur] servetur Hs. quam] quem Hs. aut] vel Hs. alicui scriptori] scriptori alicui Hs.  2.8.11 si manifesti] manifestum est Hs. sibi scripserint] scripserint sibi Hs. persona premittitur] preponitur persona Hs. merorem] danach et dolorem Hs.  2.8.12 dixi ‘manifesti’] ‘manifeste’ dixi Hs. occulti … inimici] clerici ecclesiastici uel occulti inimici fuerint sicut amici facerentur Hs.



Exzerpt: Guido Faba, „Summa dictaminis“

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(2.62.1) Que persone non debeant salutari. (2) Item nota quod non salutantur excommunicati, Saraceni, Iudei, vel Patareni, cuiuscumque secte fuerint dum tamen catholicam non sapiant puritatem; (3) sed loco salutis dicitur quod habeant spiritum consilii sanioris hoc modo: (4) ‘Gregorius episcopus, servus servorum Dei potenti viro Saladino’ vel ‘tali, in errore iudaico’ vel ‘pravitate manenti, ad fidei cognitionem venire’ vel ‘derelictam assumere disciplinam’ vel ‘tali excommunicato spiritum consilii sanioris’, vel ‘pre oculis semper Dominum habere’ vel ‘declinare a malo, et facere bonum’ vel ‘ad viam veritatis redire’, vel ,tali Speroniste‘ vel ,tali Donatiste‘ vel ,Leoniste‘ aut ,in tali secta moranti, ad cor unitatis redire et viam veritatis repetere festinanter‘. (5) Item non salutantur inimici manifesti, ut dictum est, sed aliquid ponitur salutationi contrarium. (6) Exemplum: ‘G. Dei gratia comes Panici D. solo nomine comiti de Casalecclo pro salute merorem‘. Vel aliter: ‘F. Dei gratia Romanorum rex, et semper augustus Othoni persecutori ecclesie incidere in laqueos quos tendit’ vel ‘iram Dei sustinere quantum suis operibus invocavit’. (2.63.1) Quando salutatio in epistola non ponatur. (2) Item quandoque non ponitur salutatio in epistola vel in litteris de licentia datis et in litteris dimissoriis, commendatitiis et generalibus. (3) Exemplum: ‘Nos A. potestas Bononie damus licentiam etc.’ vel: ‘Noverint omnes presentes litteras inspecturi’ vel: ‘Sciant, cognoscant’ vel ‘noverint omnes ad quorum audientiam littere iste pervenerint etc.’. (4) Item salutatio reticetur quando scribentes secreta timent et nolunt cognosci si epistola caperetur, ut puta cum de proditione vel furto vel morte vel aliqua re turpi tractatur; (5) vel quia clericus in dignitate, vel rector in

2.62.2 vel Patareni] fehlt Hs. dum] cum Hs. puritatem] fidem Hs.  2.62.4 Gregorius] Innocentius Hs. Saladino] soldano Hs. venire] peruenire’ vel ‘talis prelatus ab heretice prauitatis doctoris ab invicem ad viam redire’ Hs. semper Dominum] Dominum semper Hs. redire] danach et via cognoscere veritatis Hs. vel … festinanter] fehlt Hs.  2.62.5 non … inimici] inimici non salutantur Hs.  2.62.6 Panici] Iuliacensis Hs. Casalecclo] Monte Hs. augustus] danach id est ‘semper augmentans’, imperatores enim debeant semper imperium augmentare Hs.  2.63.2 Item] danach nota quod Hs. salutatio in epistola] in epistola salutatio Hs. in litteris] fehlt Hs. commendatitiis] commendandis Hs.  2.63.3 A. … Bononie] G. Bononie potestati Hs. Sciant] danach vel Hs. etc.] fehlt Hs.  2.63.4 secreta timent] timent secreta Hs. vel furto] furto rapina Hs. vel] danach forte Hs. 

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officio positus forte scribit alicui mulieri, et tunc per occulta signa debet proprium nomen sub imagine representare, (6) vel incipere ab ipsa narratione, ut illud Ovidii ‘Nunc oculos tua cum violarit epistola nostros, non respondendi gloria visa levis’. (2.68.1) Incipit de exordio. (2) Viso de salutatione que precedit, sequitur videre de exordio quod statim debet sequi. (3) Exordium sic a Tullio diffinitur: ‘Exordium est principium orationis, per quod animus auditoris vel iudicis constituitur ad audiendum’; vel ‘exordium est sermo preambulus ad dicenda’. (4) Et nota quod exordium tria facit; nam reddit auditorem docilem prelibatione materie; benivolum, cum dicit circumstantias rerum et merita personarum; attentum, cum utilitatem tangit, magnitudinem denotat, vel negotii qualitatem. (2.69.1) Unde dicatur exordium. (2) Dicitur autem exordium ab ‘exordior’, ‘exordiris’, quia proprie in exordio, idest in principio debet poni; potest autem in medio et in fine poni. (3) In principio sic ponitur: ‘Tali prelato talis subditus seipsum. Eius liberalitas est precipue commendanda, qui priusquam sibi precum instantia porrigatur digno beneficio respicit indigentem. Inde est quod vestra bonitas digna laudibus debet non immerito revereri, que suos fideles misericorditer inspicit oculis pietatis’. (4) In medio potest exordium sic aptari: ‘Talis prelatus A. subdito salutem. Peccasti graviter, sed de misericordia non desperes: quoniam qui vult satisfacere de commissis peccatori venia promittitur Salvatoris: nec tibi ecclesia claudit gremium redeunti. Sed super conversione peccatoris, gaudium est angelis in excelsis’. (5) In fine sic exordium potest poni: ‘Si vere scientie cupis acquirere margaritam, peccatum fugias et consortia malignorum; nam cuius mens est vitiorum tenebris offuscata, non potest splendere sapientie luminari’. (6) Item nota quod exordium in tertia persona fit, et in 2.63.6 Nunc … levis] Ovid, „Heroides“ 17, V. 1f. 2.68.3 Exordium … audiendum] RH 1.3.4. 2.63.5 forte] fehlt Hs. scribit] scribat Hs. representare] presentare Hs.  2.63.6 oculos tua cum] oculosque tuos Hs. 2.68.2 que precedit] fehlt Hs.  2.68.3 constituitur] conuertitur Hs. vel] fehlt Hs. 2.69.2 potest] danach poni Hs. poni] fehlt Hs.  2.69.3 Eius liberalitas] Liberalitas eius Hs. sibi … porrigatur] pre constantia precum porrigitur Hs. indigentem] indignitatem Hs. digna] dignis Hs. revereri] danach id est honorari Hs.  2.69.4 medio] medium Hs. sed] sed non Hs. non] fehlt Hs. nec tibi] non enim Hs. in excelsis] in celis vel in excelsis Hs.  2.69.5 sapientie] danach vel gratie Hs. luminari] illuminari Hs.  2.69.6 persona fit] fit persona Hs.



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finali sillaba convenire, et penultima discrepare debet. Exemplum: ‘Magister Guido ubique diligitur, quia sue dictamina comprobantur’. (7) Ecce qualiter ‘diligitur’ in ‘tur’ desinit, et penultima, hoc est ‘gi’ breviatur; et similiter ‘comprobantur’ in ‘ntur’ finitur, sed penultima producitur. (8) Item si in vocalibus distinctiones desinant, vel in aliis consonantibus terminentur. (2.71.1) Sequitur de proverbio. (2) Proverbium est oratio sententiam continens ante productam, vel consuetudinem approbatam. (3) Exemplum: ‘Mus, vipera, ignis in sinu et serpens in gremio non prebent suis hospitibus munera gratiosa’. (2.73.1) Quid sit narratio. (2) Narratio, ut a Tullio diffinitur, est rerum gestarum vel proinde ut gestarum expositio. (3) Verbi gratia ‘rerum gestarum’ cum dicitur: ‘Scias quod Petrus dedit B. Archipresbitero X lib. et factus est canonicus Ymolensis’ (4) vel ‘proinde ut gestarum’, ut si dicam: ‘Petrus factus est canonicus talis loci simoniaca pravitate’. (5) Et nota quod narratio debet esse brevis, dilucida et probabilis; nam, ut ait Tullius in secundo Rethoricorum in primo libro, quo brevior, eo dilucidior et facilior cognitu narratio fiet. (6) Brevis est, cum verbis tantum necessariis expeditur. (7) Lucida est, cum usitatis significationibus, rerum ordine servato, et non longo circuito res monstrantur. (8) Probabilis est si morem sectetur, opinionem referat, et sicut natura postulat exponatur. (2.74.1) Quid sit petitio, et qualis esse debeat. (2) Petitio est oratio per quam petimus quod iustum sit, utile, necessarium et honestum, ut si petam quod mee saluti consulas et honori. (3) Circa petitionem

2.73.2 Narraio … expositio] RH 1.3.4.  2.73.5 Et nota … exponatur] RH 1.9.14–16. sillaba] danach debet Hs. debet] fehlt Hs.  2.69.7 desinit] finitur Hs. hoc est] in Hs. similiter] danach hoc verbum Hs. producitur] prolongatur Hs. 2.69.8 Item] danach erit Hs. vel] vel quod Hs. 2.71.2 approbatam] apropriatam Hs. 2.73.2 gestarum] gestarum id est factarum Hs. proinde ut] prout Hs. 2.73.3 est] fehlt Hs. Ymolensis] N. Hs.  2.73.4 proinde ut] prout Hs.  2.73.5 debet … brevis] breuis est Hs. dilucida] lucida Hs. ait Tullius] dicitur a Tullio Hs. quo] quanto Hs. eo] tanto Hs. dilucidior] lucidior Hs.  2.73.8 opinionem] davor hominem et Hs. 2.74.2 et] vel Hs.  2.74.3 Circa] davor Et nota quod Hs.

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honestam ista detent attendi: que sit persona potentis et que illa a qua petitur, temporis qualitas, loci dispositio et habilitas dictatoris; et sic est ex precedenti narratione sumenda, ut cum ratione colligat supradicta. (2.75.1) Qualiter partes epistole disponantur. (2) Primo debet salutatio poni, quia, nisi premitteretur, non posset sciri de quo dictator narraret. (3) In secundo loco debet locari narratio, quia nullus sciret quare salutatio precessisset, nisi narratio revelaret. (4) Tertium locum sibi debet petitio vindicare, quia petentis intentio nesciretur, nisi post narrationem aliquid sub petitionis specie poneretur. (2.76.1) Quomodo epistola possit fieri de aliqua partes eius, et de qua non possit fieri. (2) Potest autem constare epistola, licet quodammodo imperfecte, de qualibet parte epistole: (3) ex sola quidem narratione, ut: ‘Noveritis quod Bononie sanus et incolumis persevero per Dei gratiam atque vestram, quod audire de vestra persona desidero animo sitibundo, cum vos diligam, et omnia que sunt vobis novit Dominus ad salutem.’ (4) Sed si gravis est animus auditoris vel materies odiosa, subito non debet peritus dictator ad narrationem accedere, sed a benevolentie captatione potius exordiri, ut reddatur auditor precabilis et negotii qualitas excusata. (5) Item ex sola petitione potest constare epistola. Exemplum: ‘A vestra gratia postulo multa prece, ut inter vestros fideles subditos me dignemini computare.’ (6) Ex sola salutatione epistola stare non posset; quia, si dicerem ‘Petro Martinus salutem’, hoc non esset epistola, sed titulus epistole. (7) Verumtamen qui dicunt salutationem esse partem epistole, quodam modo superficialiter possent dicere, quod hoc esset epistola cum dicitur ‘Albertus Martino salutem et centum solidos’. (8) Sed talia non sunt de salutationem sed in narratione ponuntur. (9) Item ex solo exordio stare non posset, ut si dicam alicui: ‘Qui recte ieiunare desiderat, ab omnibus debet vitiis abstinere.’ (10) Hoc nihil esset, nisi aliud sequeretur. (11) Item non potest stare epistola ex solo proverbio, ut si scriberem alicui sic dicendo: ‘Irasci columbam non vidimus, nec humanessere scorpionem.’ 2.76.11 Irasci … scorpionem] vgl. GS 2.1. habilitas dictatoris] humilitas donationis Hs. ratione] narratione Hs.  2.75.3 narratio revelaret] revelaret narratio Hs. petentis] mittentis Hs. 2.76.3 animo] pectore Hs. vobis] vestra Hs.  2.76.4 a] ad Hs. exordiri] incipere id est exordiri Hs. precabilis] placabilis Hs.  2.76.5 A] non alienam a Hs. fideles] danach et Hs.  2.76.6 posset] potest Hs.  2.76.7 Albertus] R. Hs. Martino] P. Hs.  2.76.8 in] in sola Hs.  2.76.9 posset] potest epistola Hs. 2.76.10 nihil esset] non est epistola Hs. aliud] aliquid Hs.  2.76.11 vidimus] videmus Hs. humanessere] mansuescere Hs.



Exzerpt: Guido Faba, „Summa dictaminis“

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(2.83.1) De punctis et distinctionibus. (2) Licet supra quid sit distinctio descripserimus, tamen indubitanter scias quod distinctio idem est quod punctum, et ubicumque punctum est, ibi distinctio iudicatur: (3) unde nota quod tres sunt distinctiones et puncta, secundum que omnis scriptura distinguitur et punctatur. (4) Prima dicitur ‘coma’, et est coma particula sensus decisa; (5) secunda ‘cola’, et est cola punctum in quo auditor quiescit, licet aliquid addi possit: (6) tertia est ‘periodus’, et est periodus punctum in quo requiescit tam recitans quam auditor. (7) Coma scribitur cum virgula superius ducta, ut in hoc exemplo: ‘Tue dilectioni facere cupiens que sint grata’. (8) Cola cum punto sine virgula designatur, ut in hoc exemplo: ‘Tibi x lib. imperialium destinamus’. (9) Periodus autem cum puncto et virgula inferius ducta describitur, ut in tali suppletione dicti exempli: ‘ad omnem tua indigentiam repellendam’. (10) Et dicitur periodus a ‘peri’, quod est ‘circum’, et ‘oda’ quod est ‘laus’; (11) inde periodus, idest punctum finale vel laus que in fine canitur. (2.85.1) De pulcritudine epistolarum et venusta vel inepta dispositione verborum. (2) Nota quod prepositio potest removeri a suo casu proprio mediante genitivo, ut ‘de Guidonis bonitate confido’. (3) Non tamen bene diceretur ‘bonitate loquor de Guidonis’; nec si alius casus interponitur valet, ut si dicam ‘de Guidone forte diligente confido’; sed recte posset determinatio interponi, ut ‘de vestra confido non modicum bonitate’. (4) Item verborum transpositio turpis et incongrua confugiatur, ut ibi ‘omnis caput habet homo’. (5) Non est enim alicuius ornatus pretextu deformis transpositio facienda, ut si dicam: ‘Vestre de servitiis mihi factis quantascumque possum gratiarum actiones uberes et immensas refero bonitati’. (6) Vides qualiter hoc adiectivum ‘vestre’ confunditur ex nimia distantia subiecti; (7) sic tamen distare poterit competenter: ‘Honestate conspicuus, sapientie luce perfectus ad honorabiles dignitatum gradus debet clericus promoveri’; quod non multum laudo. 2.83.2 supra … descripserimus] quid sit supradicta distinctio descriptum sit Hs. ubicumque] danach est Hs. punctum] punctus Hs. ibi] fehlt Hs. distinctio] danach et Hs.  2.83.5 secunda] sed Hs. cola] colum Hs. cola] colum Hs. punctum] punctus Hs.  2.83.6 et est periodus] fehlt Hs. punctum] punctus Hs.  2.83.7 ducta] eleuata Hs. sine] fehlt Hs.  2.83.8 in] fehlt Hs. exemplo] fehlt Hs.  2.83.9 describitur] et conscripta Hs. tua] tuam Hs.  2.83.11 punctum] punctus Hs. 2.85.1 vel] et Hs. verborum] fehlt Hs.  2.85.2 casu proprio] casuali Hs. proprio] proprie P; prime O.  2.85.3 Non … bonitate] fehlt Hs. de] danach Guidone Hs. diligente] diligenter Hs. confido] danach bonitate Hs. recte] fehlt Hs. interponi] danach recte Hs. modicum] modica O. bonitate] liberalitate R.  2.85.4 confugiatur] fugiatur Hs.  2.85.5 pretextu] danach est Hs.  2.85.6 Vides] danach tamen Hs.  2.85.7 sic] sed Hs.

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Texte

(2.86.1) Qualiter dictiones nimis celeres cum tardis debeant commisceri. (2) Item dictiones nimis celeres magnam deformitatem inducunt. Exemplum: ‘Illius ieiunia ad nihilum proficiunt, qui vitiis deditus, se minime corrigit’. (3) Item dictiones nimiam tarditatem habentes, cursum impediunt et ornatum. Exemplum: ‘Vitiorum purgationem requiriti ieiuniorum sacratus adventus’. (4) Sed pulcrum est, quod celeres dictiones et tarde invicem misceantur. Exemplum: ‘Illa corporalis abstinentia commendatur, in qua et cibus pro parte subtrahitur, et vitia penitus removentur’. (2.88.1) De cursu qui debeat hodie observari. (2) Nota quod pulcriores dictiones locari debent in principio et in fine: medium vero locum teneant minus digne; (3) nec ad tam nobilissimum edificium omnes dictiones indifferenter sumantur, sed ille dumtaxat accedant, que maiores verborum et sententiarum pariant venustatem. (4) Nec finem usurpare presumant alique dictiones nimia longitudine vel brevitate deformes. (5) Attende igitur, dictator, quod taliter ad ornatum dictiones debes in distinctionibus ordinare: (6) nam si finalis dictio fuerit trisillaba cum penultima longa, precedens dictio suam penultimam longam prestet. Exemplum: ‘Contagione delictorum purgata, gratia celesti donante, munera virtutum adcrescant’; vel sic: ‘Qui doctori mercedem non exhibet, avaritie tenacitate sordescit’. (7) Item si brevis fuerit penultima, et in precedenti dictione penultima breviatur. Exemplum: ‘De alto corruit Lucifer, qui coequari voluit Domino’. (8) Si vero tetrasillaba dictio fuerit finitiva, cuius penultima sit acuta, tunc suam penultimam corripiat antecedens. Exemplum: ‘Qui digne Deo militare desiderat, negotiis non debet secularibus implicari’. (9) Quod si penultima sit correpta, precedentis partis penultima prolongatur. Exemplum: ‘Non est ieiunium commendandum, quod elemosinis sinis carere dignoscitur‘; vel sic: ‘Longe distat a tramite rationis, qui honestum se reputat avaritie dehonestatus rubigine’. (10) In periodo vero datur regula singularis, quia semper debet esse dictio

2.86.1 debeant] fehlt Hs.  2.86.2 ieiunia] ieiunium Hs. qui] quod Hs.  2.86.4 pulcrum] pulchrius Hs. invicem] davor ad Hs. et] fehlt Hs. pro] ex Hs. 2.88.1 hodie] in sillabis Hs.  2.88.2 Nota] davor Item Hs. locum teneant] teneant locum Hs. 2.88.3 maiores] maiorem Hs. venustatem] danach et decorem Hs.  2.88.4 brevitate] breuitudine Hs.  2.88.5 Attende] Attendat Hs. dictator] o lector O. ad ornatum] adornet Hs. debes] quas debet Hs. ordinare] vel creare Hs.  2.88.6 cum] cuius Hs. longam prestet] prestet longam Hs.  2.88.7 fuerit] sit Hs. et] fehlt Hs. dictione] fehlt Hs. coequari] exequari R.  2.88.8 antecedens] davor dictio Hs.  2.88.9 distat] distant Hs. honestum] honestos Hs. reputat] reputant Hs. dehonestatus] dehonestantur Hs.



Exzerpt: Guido Faba, „Summa dictaminis“

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quatuor sillabarum, cuius penultima sit acuta. Exemplum: ‘Privilegium meretur amittere, qui concessa sibi abutitur potestate’. (2.89.1) De consillabicatione. (2) Item, ad habendam copiam dictionum que secundum regulam prenominatam in distinctionibus finitivis requiruntur, nota quod bisillabe dictioni consillabicatur monosillaba in hunc modum: ‘Illud ieiunium divinis auribus est acceptum, quod eleemosynarum pietate non vacat’. (3) Item consillabicantur due bisillabe, et fit dictio quatuor sillabarum; item una monosillaba et trisillaba, et efficitur tetrasillaba isto modo: ‘Pro salute gentium animam suam debet ponere bonus pastor’, et ‘Pro tuenda iustitia sapiens se opponere non formidet’. (2.95.1) Quando proprium nomen ab hoc ablativo ‘nomine’ terminetur, et quando dicitur ‘de re predicta’ vel ‘de ipsa re’. (2) Item nota quod illa propria nomina debent tantummodo per istum ablativum ‘nomine’ terminari, que ad appellationem aliquam trahi possum: ut cum dico ‘mitto ad vos latorem presentium nomine Benedictum’; nam posset dici ‘Benedictum’ tantum. (3) Hoc tamen fallit, quando signum particulare cum aliquo appellativo precedit proprium nomen, ut ‘quidam homo nomine Martinus’; nam male diceretur ‘quidam homo Martinus’, propter repugnantiam substantivorum. (4) Item nota quod, quando in una clausula fit mentio de aliqua re precedentis clausule, debet dici ‘memorata res’ vel ‘predicta, pretaxata’ vel ‘prefata, supradicta, prelibata, sepe dicta, nominata’ vel ‘ante dicta’. (5) Si autem fiat mentio de re eiusdem clausule, non ponas talia nomina, sed recurre ad relativum, dicens ‘de ipsa re’ vel ‘pro re ipsa’ vel ‘de re illa’ vel ‘de re eadem’. (2.96.1) De regulis occurentibus in dictamine. (2) Item nota quod isti duo genitivi ‘harum’ et ‘presentium’ sunt talis nature, quod senper comprehendunt in se istud substantivum ‘litterarum’, nec debet poni, immo causa ornatus taceri, quod non contingit in aliis casibus eiusdem condeclinii. (3) Item nota quod non debet aliquis calumniari locutionem illam, quam usus et

2.89.2 secundum] sequimur Hs. finitivis] finitis Hs. bisillabe] vni disillabe Hs. pietate] potestate Hs.  2.89.3 bisillabe] sillabe Hs. trisillaba] trisillabe Hs, V, O; danach consillabicantur Hs. et] fehlt O. isto] hoc Hs. formidet] formidat Hs.  2.95.1 et quando … ipsa re] fehlt Hs.  2.95.2 vos] te Hs. nomine Benedictum] benedictum nomine Hs. Benedictum] Benedictus -ta Hs.  2.95.4 predicta] danach uel Hs. supradicta] danach uel Hs.  2.95.5 fiat] fit Hs. 2.96.1 regulis] signis Hs.  2.96.2 debet] debent Hs. taceri] davor debent Hs. eiusdem condeclinii] declinationes eiusdem Hs. 

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Texte

consuetudo probavit. (4) Item nota quod si çeuma in oratione veniat, adiectiva dictio cuius gratia fit çeuma, sive sit nomen sive sit verbum, concordari debet cum proximiori, ut ‘Socrates et Berta est alba – E. et Plato currit’. (5) Item nota quod si occurrant in oratione conceptio, masculinum concipit femininum ut ‘vir et mulier sunt albi’; et neutrum concipit illa duo, ut ‘mancipium, vir et mulier sunt alba’. (6) Tamen neutrum non concipitur a masculino, unde male dicitur ‘vir et mancipium sunt albi’; nec femininum concipit neutrum, unde male dicitur ‘mulier et mancipium sunt alba’. (2.97.1) Qualiter epistole corrigantur. (2) Item nota quod in dictamine semper debemus uti verbis propriis, vel ad aliam similitudinem decenter translatis, ut ‘pratum ridet’ et ‘litus aratur’. (3) Item nota quod in verbis prime et secunde persone intelligitur certus et determinatus nominativus, unde non debet in epistula poni pronomen prime vel secunde persone nisi cause discretionis ut ‘vivo ego, dixit dominus’; (4) vel causa determinationis faciende, videlicet quando plures sumus qui scribimus vel mittimus, et ego solus volo aliqua specialiter dicere et singulariter declarare. (2.98.1) De verbis transmissivis. (2) Nota quod ‘destino, mitto’ et omnia verba transmissiva, si post se accusativum recipiunt rationabilem rem denotantem, alium accusativum semper exigunt cum prepositione ut ‘mittam nuntium meum ad te’. (3) Si vero accusativus ille aliam rem donotat a rationabili, semper sequi debet dativus casus, ut ‘mitto C. solidos tibi’ et non ‘ad te’. (4) Item nota quod cum uni dicimus ‘vos’ causa honoris, si dictio sequens est adiectiva significatione, tamen debet poni tantummodo in singulari numero ut ‘vos estis pater meus, adiutor meus, dominus meus et benefactor meus’. (5) Si vero est adiectiva voce et significatione, et participium sive mediate sive immediate veniat cum substantivo, debet poni tantum, plurali numero, ut ‘vos estis legentes’, et ‘vos legentes perficitis’. (6) Si vero est nomen, et immediate veniat cum

2.96.4 oratione] orationem Hs. concordari] concordare Hs. E.] Ego Hs und in allen anderen Handschriften.  2.96.6 Tamen] fehlt Hs.  2.97.2 uti] in Hs.  2.97.3 prime] danach persone Hs. persone] fehlt Hs. dixit] dicit Hs.  2.97.4 vel mittimus] fehlt Hs. aliqua] alia Hs. 2.98.1 De verbis transmissivis] Qualiter epistole corrigantur Hs.  2.98.2 destino] danach et Hs. verba] danach actiua uel Hs.  2.98.3 semper sequi debet] debet sequi Hs. C. solidos] capitulum solum per seruientem Hs.  2.98.4 causa honoris] honoris causa Hs. tantummodo] fehlt Hs. adiutor meus] fehlt Hs. meus] danach consolator meus Hs.  2.98.5 adiectiva] adiectiuum Hs. tantum] tamen Hs. plurali] davor in Hs. vos] danach alibi curritis Hs. vos] fehlt Hs.



Exzerpt: Guido Faba, „Summa dictaminis“

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substantivo, semper debet poni plurali numero, ut ‘vos albi curritis’. (7) Si vero mediate veniat adiectivus cum substantivo, potest poni in singulari et in plurali ut ‘vos estis albus’, et ‘vos estis albi’. (2.101.1) De resolutione verbi in participium. (2) Item nota quod quando tibi occurrunt duo verba eiusdem persone, alterum illorum ornatus de causa est in participium resolvendum: (3) exemplum ‘lego, disputo’; converte unum in participium, et sic dicas: ‘Legens disputo’ vel ‘disputans lego’; ‘veniam et faciam’: converte vel resolve alterum: ‘Veniens faciam’ vel ‘veniam facturus quecumque de tua fuerint voluntate’. (4) Quod si tria tibi occurant dicenda, pone verbum unum et duo participia copulata. (5) Exemplum: ‘Existo Padue studens pro viribus et intendens iis que tibi debeant complacere’. (6) Et hoc locum habet quando ambo participia vel precedunt verbum, vel etiam subsecuntur. (7) Si vero in medio duorum participiorum verbum ponatur, coniunctio intervenire non potest; quia cum sit copulativa similium naturarum, duo participia simul posita unum quorum venit respectu alterius recte copulat: (8) sed cum verbum cadit in medio, tunc secundum participium non venit in locutione respectu primi, sed potius respectu verbi, et ideo non debet intervenire copula, quia verbum et participium copularet. (9) Exemplum. ‘Studens pro viribus existo Bononie, intendens iis que tibi utilia sint et grata’. (10) Si vero quatuor vel plura petere debes vel declarare, tunc recurre ad verba, participia, gerundia et per ablativos absolutos hoc facias diligenter. (11) Exemplum: ‘Receptis litteris et plenius intellectis, quas mihi nuper tua dilectio destinavit, tibi deservire desiderans toto posse, cogitansque quod mihi ad opprobrium pertineret si id pro quo veni Vercellas laudabiliter non complerem, studeo diligenter, aquam de fontibus theologie iuxta parvitatis mee modulum hauriendo pectore sitibundo’.

2.98.6 albi ] alibi Hs.  2.98.7 mediate] immediate Hs. adiectivus] adiectiuum Hs. in] fehlt Hs. 2.101.2 tibi] fehlt Hs. occurrunt] concurrunt Hs. resolvendum] mutandum Hs.  2.101.3 converte … disputo] fehlt Hs. alterum] alicuius in participium Hs.  2.101.4 si] danach verba Hs. tibi] fehlt Hs. occurant] danach verba P.  2.101.5 Padue] Bononie Hs. iis] hijs Hs. 2.101.6 vel] fehlt Hs.  2.101.7 potest] poterit Hs. unum quorum] quorum unum Hs. copulat] copulant Hs, V.  2.101.8 cum] enim Hs. cadit] cadat Hs.  2.101.9 iis] hijs Hs. sint] sint Hs.  2.101.10 verba] danach et Hs.  2.101.11 deservire] seruire Hs. Vercellas] Verdellas id est illius ciuitas Hs. aquam] danach sciente et Hs. theologie] theoretice Hs. parvitatis mee] morum prauitatis Hs.

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(2.103.1) De correlativis et epistolarum urbanitate. (2) Item nota quod quando vis correlativum reddere relativum, hoc facere debes per suum consimile, reddens ad hanc dictionem ‘tantum’ hunc terminum ‘quantum’, ad ‘tanto’, ‘quanto’, ad ‘eo’ ‘quod’, ad ,‘quondam’ ‘ideo’, ad ‘quia’ ‘idcirco’, ad ‘totum’ ‘quotum’, ad ‘talem’ ‘qualem’ et cet. (3) Item nota, quod summa urbanitas est rethoricorum colorum flosculis dictamina purpurare, et circumvallare proverbiis sapientum, et maiorum doctorum auctoritatibus insignire; (4) nec alicuius urbanitatis pretextu auctoritatis verba debes transponere vel mutare. (5) De quibus breviter supponamus. (2.104.1) De ornatu orationis et coloribus rethoricis. (2) Ornatus orationis elegantia, compositione ac dignitate conficitur. (3) Elegantia facit orationem latinitate puram et explanatione conspicuam; latinitas barbarismum et solecismum relegat. (4) Explanatio verbis usitatis et propriis, seu competenter aliunde translatis reddit orationem lucidam et apertam. (5) Conpositio efficit omnes partes orationes equabiliter perpolitas, cuiuslibet inconcinnitatis vitiis relegatis. (6) Dignitas est que orationem quarumdam exornationum varietate colorat. (7) De quibus sub compendio videamus. (2.177.1) Epistola que per venustam varietatem verborum omnem circuit amicitiam. (2) Ad similitudinem vero quatuor partium mundi, quatuor fiant epistolarum decursus, qui presentantes statum omnium personarum, verborum prestant copiam et ornatum, quarum prima hec est: (3) ‘Mirabilem vestram gratiam deprecamur; vestram dilectionem deposcimus; vestram liberalem gratiam exoramus; vestram bonitatem multiplicatis precibus flagitamus; vestram circumspectam prudentiam rogitamus; vestre benignitati, probitati, sapientie, caritati, prudentie, discretioni supplicamus, consulimus, suademus, et amicitiam vestram confortamus et

2.104.2–7 Ornatus … videamus] vgl. RH 4.12.17–18. 2.103.2 relativum] relatiuo Hs. consimile] similie Hs. hunc … quantum] fehlt Hs. ad] a Hs. ad eo] addendo Hs. totum] tantum Hs. quotum] quantum Hs. ad] fehlt Hs. et cet.] fehlt Hs. 2.104.2 orationis] danach vel verborum indiuisionibus Hs.  2.104.3 conspicuam] prospicuam Hs. 2.104.5 equabiliter] essencialiter Hs. 2.177.2 qui] fehlt Hs. presentantes] presentes P.  2.177.2–3 quarum … Mirabilem] ammabilem et amicabilem Hs.  2.177.3 prudentiam] davor gratiam vel Hs. benignitati] danach vel Hs. prudentie] davor prouidentie et Hs. et] rogamus Hs.



Exzerpt: Guido Faba, „Summa dictaminis“

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obsecramus; prece supplici, humili et devota, tota cordis affectione et animi puritate, toto affectu hominis utriusque, puro cordis affectu, puritate animi, intentione laudabili, omni affectione qua possumus et desiderio puro cordis’; vel aliter: ‘Ad vestram gratiam venimus’ vel ‘currimus; vestram subventionem et iuvamen requirimus; vestre persone consilium et auxilium inploramus, petimus, exigimus, postulamus, iteratis precibus et multiplicatis exhortationibus, instanter et instantius; sepe, sepius, avide, avidius, provide; propere, continuo, prepropere, assidue, properanter, festinanter, gratanter, letanter, secure, fiducialiter, confidenter, gaudenter’; vel ‘animo letabundo, fiduciali’ vel ‘securo, gratanti’ vel ‘confidenti; de cuius bonitate plenam vel securam habeo, teneo’ vel ‘gero fiduciam’, vel ‘de quo indubitanter confido et spero, titubare non valeo, ullo modo’ vel ‘aliqua ratione’; vel ‘experientia declarante, demonstrante, insinuante, quod consuevit preces supplicantium exaudire; cuius bonitas nulla novit repulsam; cuius liberalitas poscentibus se exhibet gratiosam; qui paratus est semper servire et preces recipere, et effectu prosequente complere; qui gaudet super servitiis amicorum; qui gratulatur in laboribus et exultat in servitiis pro amicis; cui pro multis servitiis iam receptis servire desidero et placere’; vel ‘quia nobis ostendistis gratiam specialem, vobis gratiam querere minime formidamus, non dubitamus’. – (4) ‘Quare’ vel ‘ideo vos rogamus, quatenus P. latori presentium, nostro nuntio speciali’ vel ‘harum portitori ad hoc serio destinato’ vel ‘P. qui vobis nostras literas presentabit’ vel ‘nostram litterariam descriptionem apportabit’ vel ‘cui literas concessimus’ vel ‘P. ad cuius postulationes vobis mittimus scripta nostra, qui nobis est fidelis amicus, qui in nostra est amicitia copulatus, qui iunctus est in nostrorum numero amicorum, qui nobis est vinculo sincere dilectionis, intime’ vel ‘preclare adstrictus, qui nobis catena pure dilectionis est indissolubiliter colligatus, qui vestre sincere dilectioni colligatur communiter, qui sinceris nostre dilectionis brachiis supplici] fehlt Hs. devota] danach tota mentis Hs. tota cordis affectione] affectione tota cordis Hs, V, O, P. toto … puritate] fehlt Hs. animi ] davor et Hs. aliter Ad] fehlt Hs. currimus] recurrimus Hs. iteratis] tantis Hs. et] fehlt Hs. et] fehlt Hs. prepropere] fehlt Hs. fiducialiter] gratulanter Hs. vel] fehlt Hs. vel] fehlt Hs. vel] fehlt Hs. ullo] et illo Hs. vel] et Hs. aliqua] danach facti Hs. vel] fehlt Hs. demonstrante] fehlt Hs. quod] que Hs. poscentibus] danach uel liberalitas Hs. effectu prosequente] affectu prosequenter P. prosequente] conuertere et implere Hs. gaudet] gaudent Hs. qui … laboribus] et qui in laboribus gratulantur uel gloriantur Hs. exultat] exultant Hs. receptis] danach cupio Hs. vel] et Hs. ostendistis] ostenditis Hs.  2.177.3–4 non … Quare] fehlt Hs.  2.177.4 vel] et Hs. P.] fehlt Hs. serio] serie Hs. P. qui] qui P. Hs. presentabit] presentabat Hs. nostram] fehlt Hs. litterariam] litteratoriam Hs. apportabit] apportabat Hs. cui] davor P. Hs. P.] L. Hs. fidelis … nobis est] fehlt Hs. est] fehlt Hs. vestre sincere] sincere nostre Hs. colligatur communiter] indissolubiliter coniungitur

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Texte

purissime amplexatur; in tali facto’ vel ‘negotio, pro quo venit’ vel ‘iter arripuit, suos gressus direxit, accedere festinanter properavit’ vel ‘non tardavit, vestre gratie subsidia porrigatis eidem meis precibus et amore’, vel ‘eidem inpendatis honorem uti videtis expedire’, vel ‘prout vestram decet probitatem, prout iustitia suadebit, in quantum poteritis, vobis honorificentia debita reservata; ita quod vestra prudentia mediante, vestra gratia faciente, prudentia vestra cooperante, potentia, consilio et auxilio suffragante; habere valeat quod intendit, facere possit que optat, reportare valeat pro quo venit’ vel ‘consequi possit que affectat, cupit, gestit, desiderat’ vel ‘suum valeat desiderium adimplere; patrocinantibus meritis bonitatis’ vel ‘probitatis; ita quod meas preces se gaudeat apportasse’; vel ‘super his cupimus taliter vos habere, quod nostra precamina sibi sentiat profuisse’ vel ‘vestris teneamur semper servitiis obligatus, adstrictus, mancipatus’ vel ‘vobis ad servitia teneamur’ vel ‘teneamur vobis ad grates, servitia et honores; firmiter attendentes, pro certo scientes, veraciter cognoscentes quod quidquid ei feceritis vel duxeritis faciendum, nostre persone reputabimus esse factum’ vel ‘nostram personam spiritualiter et directe prospiciet et non suam’ vel ´pro tali habebimus, ac si nostre persone specialiter feceritis; pro quibus vobis obligatus ero ad servitia gratiosa, pro quibus ipse mihi tenebitur et ego vabis ad laudes universas et grates solemnes’ vel ‘ad gratiarum magnas et uberes actiones’ vel ‘ad grates subiectibiles, humiles et devotas’; vel ‘pro quibus amicabiles duximus grates referendas’ vel ‘gratias agimus cum obsequio perpetue servitutis’ vel ‘pro gratia spirituali quam apud vos meruimus invenire, gratiarum actiones referimus copiosas’ vel ‘pro quibus adstrictus ero ad similia et maiora, et bonitati vestre paratus semper existam grata vicissitudine respondere’.

Hs. purissime amplexatur] amplexatur purissime Hs. tali] danach causa Hs. vel] et Hs. suos gressus] gressus suos Hs. festinanter] procurauit Hs. meis] fehlt Hs. vel] et Hs. inpendatis honorem] honorem inpendatis Hs. uti] ut Hs. prout] ut Hs. decet] deceat Hs. vobis] nobis Hs. mediante] danach gratia Hs. faciente] fauente Hs. possit] poscit Hs. pro … valeat] fehlt Hs. meritis bonitatis] vestre bonitatis mentis Hs. ita quod] itaque Hs. meas] vestras Hs. profuisse] fructuosa Hs. vestris] nostris Hs. teneamur semper] semper teneatur Hs. obligatus] fehlt Hs. vobis … attendentes] vestram personam spiritualiter et dilecte prospiciat Hs. quod] vel Hs. vel] danach dixeritis et Hs. directe prospiciet] dilecte prospicit Hs. habebimus] habemus Hs. vobis] vero Hs. vel] et Hs. uberes actiones] vberimas refero Hs. grates] gratias Hs. duximus grates] gratias duximus Hs. gratias] grates Hs. pro gratia spirituali] propter gratiam spiritualem Hs. vel] et Hs. et] danach paratus Hs.



Der Kommentar zur „Summa Iovis“ in B

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A.3. Der Kommentar zur „Summa Iovis“ in B A.3.1. Textdarstellung Für die Darstellung des Textes des Kommentars zur „Summa Iovis“ in der Handschrift B gelten die gleichen editorischen Konventionen wie für die Edition der „Summa“ selbst893. Grundsätzlich wurden alle Schreibungen der Handschrift beibehalten894. Dies gilt ebenfalls für den Text der „Summa Iovis“ selbst, der mit allen Varianten der Handschrift B abgedruckt wird, um von der Handschrift P differierende Lesarten zu bieten – die in der Edition der „Summa“ verwendeten Lesarten werden unter Angabe ihrer Herkunft im Varianenapparat vermerkt. Über dem Variantenapparat angeordnet sind zum einen ein paläographisch-kodikologischer, zum anderen ein Similienapparat. In diesem ersten, paläographischen Apparat verzeichnet sind auch die in der Handschrift vorzufindenden Wortglossen, markiert mit „Gl.“. Der vierte und letzte Apparat wiederum ist für Kommentare und Anmerkungen vorgesehen. Es wurden einige Konjekturen im Text der Handschrift vorgenommen: spitze Klammern markieren konjekturale Änderungen, geschweifte Klammern konjekturale Streichungen; eckige Klammern kennzeichnen Ergänzungen aufgrund materieller Beschädigung der Handschrift.

893 Vgl. oben S. 239ff. Eine Beschreibung der Hs. B oben S. 53f. 894 Zum Beispiel vecundat für fecundat in Z. 33, vgl. Stotz 1996–2004, § 221.2

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Texte

A.3.2. Text 1

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/f. 3r/ ‘iritum meum ponam in medio vestri ut in preceptis meis ambuletis.’ Que proposicio scribitur Ezechielis capitulo 13 (!), cum amicabilis contractus discrecionis, proficui et honoris totalem amenitatem caritatem . Jpsa enim Rethorica, scienciarum jmperatrix, omnium studencium est amica, lumen totalis sciencie caritatis, in verbis vbi supra thematis mutuatis in proficuum et honorem eam querentibus promittit fauorabilem elargiri. Dicens ‘spiritum meum’, ‘lumen mee caritatis’; ‘ponam in medio vestri’, id est ‘vestram animam’; ‘et faciam ut in preceptis meis ambuletis’, id est ‘in splendore mee doctrine’. Ex quibus verbis thematis exhortate sic expositis pro commendacione collaudacionis generalis jmperatricis rethorice sciencie video duo excrescere: primum, fauorabilem dulcedinem fructus vitalis intrinsice; secundum, vtilitatem virtutis permanentis extrinsice. Primum vide, quoniam fauorabilis dulcedo excrescit ex hoc cum dicitur ‘spiritum meum’. Nam spiritus eius rethorice, quem ponit in medio viridarij eam querencium, est bonus ducens eos in terram rectam; vere videtur, amoris et dilectionis dulcedinem pervenire, quem ducit, ‘in terram rectam’ siue ‘in viridarium exhortacionis et eloquencie’, id est ‘agrum purifficatum a tribolis et a spinis ignorancie’, id est ‘in ortum vinee habundantem flosculis sciencie’. Secundum, videlicet vtilitatem virtutis video excrescere ibi ‘preceptis meis ambuletis’. Nam ostendit manifeste vtilitatem sue virtutis, quia facit possessorem suum venientem ydonium siue dictatorem gratum post gratitudinem, amatum post amorem, beneficatum post beneficium, prelatum post prelacionem ditatum. Virtus eciam eius venerabilis imperatricis rethorice sciencie apparet in tribus, propter tria in presenti voco eam imperatricem. Nam illustrat intellectum deiffice, inflammat affectum angelice, effectum prophetice. Primo dico illustrat intellectum deiffice. Et hoc autor dicit persuasiue ex eius nobilissima invencione. Jpsa enim rethorica /f. 3v/ non aliquo corporali artifice est inventi, sed a fonte diuine sapiencie est deriuata et exorta; Dominus enim altissimus ante constitucionem mundi eam elegit. Nam ea vsus est in creando, cum dixit ‘crescite et multiplicamini et replete terram’, vbi vtebatur colore qui vocatur ‘membrum oracionis’; ergo merito dicitur jmperatrix pre alijs sciencijs, cum enim eam Dominusmet elegit. Eciam

1–2 iritum … ambuletis] Ez 36,27.  13–14 spiritus … rectam] vgl. Ps 142,10.  28–29 crescite … terram] Gn 1,28.  4 ] est effundere Hs.  23 ] que Hs. 



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dixi, inflammat affectum angelice, nam angelus vtebaur ea in nunciando inicium nostre salutis, cum dixitur ‘aue gratia plena’ et ibi vtebatur colore, qui dicitur ‘significatio’. Eciam dixi, vecundat effectum prophetice, quia prophete vtebatur ea in prophetizando, cum dicitur ‘Domine ne in furore tuo arguas me’, ibi vtebatur colore, qui dicitur ‘jnterpretacio’. Jtem sicut Johannes jnquit ‘ecce agnus Dei’, vbi vtebatur colore qui dicitur ‘repeticio’. Et sic patet, quod rethoricalis sciencia non ab aliquo corporali artifice inventa, sed per donum Spiritus Sancti in omnibus yd[i] omatibus est transmissa. Et postea Tulius et alij rethores videntes eius subtilitatem et fructum ipsius per regulas et informationes postea nobis donauerunt. Ex istis patet bene, quod rethorica sic nobilitate digna ex eius invencione gloriosa; sic patet narrative rethoricam esse commendatam. Antequam procedam ad textum, tunc circa principium illius libri, quemadmodum circa principium cuiuslibet alterius libri sunt aliqua dubia generalia, que habentur in istis communibus metris: Si bene vis scire librum, prius ista require: vtilitas, titulus, intencio parsque sophye, quatuor et causas rem totam perficientes. Jn quibus quidm metris quinque per ordine innuntur, que circa cuiuslibet libri presciri et investigari. Primum quod innuitur est vtilitas libri; et illud tangitur, cum dicitur ‘vtilitas’: Nam vtilitas presentis libri est scire modo facili et competenti diuersas rethorice subtilitates pariter et regulas ad composicionem ipsius eppistole siue dictaminis valentes. Secundum quod innuitur est titulus; et illud tangitur cum dicitur ‘titulus {titulus}’: Et titulus presentis libri est hoc totum ‘Summa de arte dictandi magistri Jouis’, et aliqui addunt ‘nacionis francigene’. Tercum quod innuitur in versibus est intencio; et illud tangitur cum dicitur ‘jntencio’: Et illa proprie loquendo nulla est, cum /f. 4r/ jntencio proprie loquendo in nullo sit nisi in animatis cognoscentibus. Et liber ille siue sciencia eius est res inanimata nichil intendens, sed tamen ita stricte non capitur hoc. Sed quando queritur de intencione alicuius noticie, jllud intelligendum est de intencione cause efficientis talis noticie. Verum intencio cause efficientis illius noticie fuit volitio illius magistri Jouis, qua voluit componere librum et informare iuuenes, ut facilius et modo competenti scirent diuersas rethorice subtilitates et regulas ad talium composiciones deseruientes. Quartum quod innuitur in metris, est cui

32 aue gratia plena] Lc 1,28.  34 Domine … me] Ps 6,2.  35 ecce agnus Dei] Io 1,29. 

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parti phylosophie illa noticia subordinetur. Respondetur quod noticia presentis libri subordinatur philosophye adminiculatiue, id est aggregato septem arcium liberalium; nam vnam scienciam subordinari alteri est eam esse partem alterius. Et sic presens noticia est pars philosophye adminiculatiue, quia pars septem arcium liberalium, que philosophya adminiculatiua, pars minus principalis dicitur. Vltimo innuitur de causis. Et de isto est notandum, quod dupliciter circa inicium libri possit queri de causis. Vno modo de causis libri, alio modo de causis sciencie libri. Et querendi de causis libri, respondetur ex quo, liber est res naturalis; tunc ipsius quatuor scilicet cause sicut cuiuslibet alterius rei naturalis. Et proprie loquendo de causis, scilicet materiali, formali, efficienti et finali. Materialis causa libri non est aliud, nisi pergamentum uel papirus incaustum, et sic de alijs, ex quibus liber, tamquam ex partibus naturalibus, compositus est. Sed causa formalis libri non est aliud, nisi eius forma siue disposicio, ut: longitudo, quadrangularitas; et sic forma liber est eius figura. Causa efficiens libri est eius compositor siue scriptor, qui scripsit eum uel eum composuit. Sed causa finalis libri est precium uel amor uel studium, propter quod, tamquam propter finem, liber est factus. Sed loquendo de causis sciencie libri, est dicendum, quod proprie loquendo solum due sunt eius cause scilicet finalis et efficiens. Et sic causa efficiens presentis scientie, et hoc proprie est quilibet homo, qui habet presentem noticiam uel noticia illius libelli. Et sic causa efficiens sciencie presentis libri, quam ego habeo de isto libro, est ‘ego’, quia ego effici eam producendo in animam et sic de aliis. Sed tamen communiter autorem libri vocamus causam efficientem. Sed hoc solum est improprie, quia magister Jupiter non est /f. 4v/ causa efficiens alicuius sciencie illius libri, quia non est. Sed ad talem sensum concedimus ipsum esse causam efficientem, quia ipse fuit causa efficiens alicuius sciencie, que, si esset, esset similis sciencie huius libri, quem iam pre manibus habemus. Et sic ad illum sensum concedimus magistrum Jouem esse causam efficientem sciencie huius libri. Sed causa finalis huius sciencie siue finis est duplex, scilicet finis quo et finis gratia cuius. Finis gratia cuius principalissimus est ipse Dominus Deus gloriosus, in quem, tamquam in finem vltimum et finalissimum, illa sciencia principaliter debet ordinari, sicut eciam quilibet alter actus humanus in eundem debet referri et ordinari, ut patet primo ethicorum. Sed finis gratia cuius non principalis possit esse multiplex, secundum quod sciencia minus principaliter in aliud et in aliud ordinatur. Si enim quis studet sciencias, ideo ut mediante ea se valeat nutrire, tunc peccunia est eius finis gratia cuius saltem principalis siue minus principalis. Si autem ideo studet, ut per ipsam sciat componere literas missiuas, tunc talis composicio est finis grata 93–95 sicut … ethicorum] vgl. Aristoteles, Ethica ad Nicomachum, A1, 1094a1–3. 

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cuius minus principalis illius sciencie et sic de aliis. Sed finis quo illius sciencie est facilior accessus ad alios libros siue tractatus ipsius rethorice. Et forte verius loquendo finis quo sciencie dicitur effectus, quem habens istam scienciam intendit, mediante ea producere, ut puta composicio dictaminis siue dictaminum. Et sic de istis causis plus pertinet ad secundum physicorum. Sed de causa formali sciencie est notandum, quod proprie loquendo sciencia non habet causam formalem, saltem ex qua ipsa componatur, cum sciencia sit vnum accidens simplex anime inherens et per se sit vna forma non composita ex alio, tamquam ex parte formali; nichilominus tamen ad communem sensum nos concedimus scientiam habere causam formalem. Et sic causa formalis sciencie non est aliud, nisi ordo ipsius sciencie siue ipsa sciencia, ut quod primo habetur sciencia illius partis libri; et sic consequenter volunt antiqui dicentes scienciam habere causam formalem; et sic talis causa formalis improprie dicta possit dici duplex, scilicet forma tractatus et forma tractandi. Forma tractatus consistit in diuisione libri et suarum parcium, illa patebit incipiendo textum. Sed forma tractandi est modus procedendi, qui in libro seruatur, ut puta modus prosaycus uel metricus; et sic presentis noticie modus tractandi est metricus. Ex quo ille libellus est metrice nobis /f. 5r/ traditus. Sic eciam proprie loquendo de causa materiali sciencia non habet causam materialem, ex qua componatur, sicut supra dictum est. Et sic causa materialis sciencie, ex qua nulla est, ex quo ipsa ex nullo, tamquam ex materia, componitur; ymmo quelibet talis simplex est indiuisibilis extensiue, licet sit diuisibilis intensiue. Sed tamen sciencia bene habet causam materialem in qua est et ista est subiectum, cui inheret puta anima intellectiua, quia ex quo sciencia est accidens, ibidem non stat sine subiecto. Sed causa materialis circa quam sciencie est subiectum circa quod versatur intencio autoris et sic causa materialis circa quam huius sciencie est dictamen eppistolare in se et suis partibus consideratum. Et illa causa quasi cum subiecto comcidit. Nam subiectum illius sciencie est hoc totum: ‘Dictamen eppistolare in se et suis partibus consideratum’ et item de causis. Sequitur, quid sit sciencia rethoricalis. EX quo presens liber est rethoricalis et eius sciencia pars rethorice totalis existit. Notandum est, quod rethorica sic discribitur a Tulio: Est sciencia decens de quocumque persuasibili invenire materiam, et ipsius conclusiue ordinare partes, ipsamque per verba venustare, causaque memorie commendari, et vltimo debite et distincte eloqui siue pronunciare. Et in illa diffinicione tanguntur quinque officia, que pertinent ad rethorem, que patent in hijs metris: 103–104 Et … physicorum ] vgl. Aristoteles, Physica, B3, 194b14–195b31.  130–133 Notandum … pronunciare] vgl. CI 1.7.9.  131 de … materiam] vgl. IO 2.15.13. 

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Jnvenit, disponit, ast alloquitur meminitque; Postremoque rethor pronunciat omnia recte. Verum rethor prius debet materiam invenire scire, quod innuit per primam particulam, scilicet ‘decens de quocumque persuabili materiam invenire’. Secundo ipse debet materiam inventam quo ad partes sciencie disponere, scilicet preponendo que sunt preponenda et postponendo que sunt postponenda. Et hoc innuitur per secundam particulam diffinicionem, qua dicitur ‘et ipsius conclusiue ordinare partes’. Tercio debet materiam inventam scire ordinare, quod innuitur per terciam particulam diffinicionis, scilicet ‘ipsamque per verba venustare’, id est ornari. Quarto debet eam memorie commendare et illud innuitur per quartam particulam diffinicionis, qua dicitur ‘eamque memorie commendare’. Quinto et vltimo debet materiam inventam, dispositam, ornatam memorieque commendatam scire debite pronunciare voce tenus presenti et literaliter absenti. Nam rethorica dicitur a ‘resis’ grece, quod est ‘ornatus’ latine, et ‘jcos’ ‘scienciam’, quasi ‘sciencia de ornatu’. Sed rethor /f. 5v/ siue rethoricus est homo sciens, de quocumque persuasibili invenire materiam, et ipsius conclusiue ordinare partes siue particulas, ipsamque per verba venustare, eamque memorie commendare et vltimo debite pronunciare. Et illa diffinicio possit declarari, ut precedens. SJ dictare velis et jungere sema loquelis, Sunt duo pretacta, quare sit epistola facta.

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Jste libellus sui prima diuisione diuiditur in tres partes; in prima parte assignat causam invencionis eppistole; in secunda determinat de partibus dictaminis; in tercia determinat de proprietatibus eiusdem. Secunda ibi Jlliusque puta; tercia ibi Hijs habitis. Prima parte autor facit duo: primo premictit intentum, secundo exequitur intentum; secunda ibi Secretum celat. Est ergo sentencia litere talis: ‘Si tu volueris dictare et dictando iungere ornatum et rethoricum colorem ipsis loquelis, tunc prescire debes duas causas quare et propter quas eppistola est adinventa, et patebunt immediate.’ Circa literam est notandum quid sit dictamen

153 SJ dictare] Gl. literam componere. velis] Gl. tu rethor. sema] Gl. ornatum. loquelis] Gl. sermonibus.  154 duo] Gl. motiua. pretacta] Gl. id est precognoscenda. epistola] Gl. dictamen. facta] Gl. inventum.  154 Sunt] so in E1, K, E2; Sint P.  173 ] tulor Hs. 



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et communiter notificatur sic: ‘Dictamen est literalis edictio venustate verborum, egregijs preciosisque sentenciarum coloribus ordinata.’ Et ly ‘edicio’ est nomen verbale veniens ab vltimo supino ‘edo -is -ere’, quod idem est ‘quod compono’; inde ‘edicio’, id est ‘composicio’. Et capitur ibi passiue pro ipsa re composita siue edita, ut pro eppistola facta. Dicitur vlterius in diffinicione ‘venustate’, id est ‘decoramento’ siue ‘pulcritudine’. Et per hoc innuitur, quod in dictamine debet esse color rethoricus. Et color rethoricus est conveniens verborum sentenciarumque ornatus. Et dicitur ‘conveniens ornatus’, nam non quolibet ornatu debet dictamen ornari, sed solum ornatu convenienti, quem exijt materia dictaminis. Verum si quis wlt referire siue scribere obitum patris sui, sic scribat: ‘Tue dilectioni presentibus innotesco, proch ! quod meus genitor pre cunctis terrenis predilectus viam vniuerse carnis est ingressus.’ Verum si quis in materia invtili siue turpi vellet alteri scribere, ut puta mortem asini sui uel alterius bruti /f. 6r/ sui, non scribat sicut quidem parisius volens alteri insinuare mortem asini sui sic scripsit: ‘Fidelitati tue presentibus innotesco, proch ! que asinus meus, quem nosci, viam vniuersi carnis est ingressus.’ Quia idem per tale scriptum multum fuit derisus. Sed verbis simplicibus et planis in materia non multum notabili debet scribi sic: ‘Discretioni tue innotesco, quod equus’ uel ‘asinus meus mortuus est.’ Vlterius notandum, quod dictare est mentis intecionem rectam ordinacione explanare. Verum est verbum frequentatiuum huius verbi ‘dico’. Et ad hoc, quod, quis bene acquirat artem dictandi, requiritur frequens vsus, quia ex communi prouerbio habetur ‘Vsus cuncta docet’, et illud innuitur per ly ‘dictare’. Tercio notandum, quod illi quatuor termini ‘dictamen’, ‘eppistola’, ‘carta’, ‘litera’ idem seruant aliter tamen et aliter, id est diuersis conceptibus. Verum ‘dictamen’ dicitur a ‘dicto -as -are’, per quod innuitur frequens vsus, ut dictum est. Sed ‘eppistola’ dicitur ab ‘epistolon’ grece, quod est ‘absconditum’ latine, quia eppistola secreta continet negocio. Verum

169 color rethoricus] Marginalie Color.  163–164 Dictamen … ordinata] Bernhard von Meung, „Flores dictaminum“ (siehe: Murphy 1974, 227 Anm. 66); RT, 103; LH, 359.  184–186 notandum … conceptibus] vgl. LH, 358.  177 ] tulor Hs.  164–166 Et … composicio] vgl. Oswaldus de Corda, „Opus pacis“, Z. 2141–2144.  183–184 Vsus cuncta docet] Walther 1963–1969, Nr. 32301. 

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eppistola sic diffinitur: ‘Eppistola est secretorum fidelis nuncia’. Sed ‘carta’ dicitur quasi ‘coarta coartando’ dicta, quia ipsa coartat et comprehendit in se materiam uel negocia scribentis. Sed ‘litera’ dicitur quasi ‘legi literam’, quia legitur ab eo, cui destinatur siue mittitur. Et sic predicti quatuor termini pro eodem, ut pro ‘eppistola’. Non tamen sunt termini sinonimi, quia in connotacionibus differunt, ut dictum est. Verum aliquid dicitur ‘litera’, in quantum legitur. Sed dicitur ‘carta’, in quantum continet materiam notificacionis. Et dicitur ‘eppistola’, in quantum abscondit. Sed ‘dictamen’ dicitur, in quantum dictatur, et cetera. Sequitur nunc alia litera. Secretum celat magis interiora reuelat.

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Hic magister Jupiter prosequitur intentum suum ostendens causas, propter quas inventa sit eppistola. Et est sentencia litere talis: Due sunt cause, propter quas inventa est eppistola. Prima est occultacio secretorum et illa tangitur cum dicitur Secretum celat. Secunda est nudior manifestacio interiorum scribentis eppistolam. Notandum, quod ad dictatorem primo requiritur, quod sciat significaciones vocabulorum. Secundo, quod noscat condiciones personarum quibus scribendum est; videlicet an iste cui scibitur sit comes uel baro uel simplex miles aut ciuis aut alterius condicionis uel status; nam secundum diuersitatem status diuersimodus /f. 6v/ est stilus scribendi. Tercio, quod noscat facultatem personarum; scilicet an iste, qui debet scribi, sit theologus, jurista, medicus uel artista; et secundum hoc debet aliter et aliter scribi. Quarto requiritur, quod obseruet debitum stilum scribendi et vsitatum. Rethor enim ab vsu communi non debet recedere, ne eum ignorantes derideant. Quinto requiritur, quod maxime in copia latinitatis habundat. Et ideo Boecius in ‘De disciplina scolarium’ hortatur nos ad studendum poetas, quia in eis copia latinitatis exhauritur. Et sic finaliter ex ista litera habentur iste due cause jnvencionis eppistolarum. Prima est occultacio secretorum, quia multa secreta

198 Secretum] Gl. id est absconditum. celat] Gl. eppistola occultat. magis] Gl. id est plus. interiora] Gl. id est intencionem mittentis. reuelat] Gl. id est manifestat.  189 Eppistola … nuncia] Nikolaus v. Dybin, „Viaticus dictandi“, Beginn des schematischen Teils (Szklenar 1981, 148, 216f ); vgl. SD 1.3.7.  191 legi literam] vgl. IS 1.3.3.  211–213 Et … exhauritur] vgl. Pseudo-Boethius, „De disciplina scolarium“ 1,5–9.  192 ] †snpnt† Hs. 

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scribuntur in eppistolis. Secunda interiorum manifestacio, quia per epistolam quis possit alteri manifestare conceptum interius sue mentis. Et possit addi tercia causa, et sit extra literam, propter quam adinventa est eppistola, scilicet obliuio nuncij. Multa enim quandoque committuntur nuncijs et antequam attingunt terminum, sunt multorum obliti; igitur ad precauendum talia eppistola est excogitata. Jtem triplex est dictamen, scilicet metricum, rigmicum et prosaijcum. Sed tamen autore solum de vltimo, scilicet prosaijco, intelligit suum dictum. Jlliusque puta partes fore quinque: saluta Primitus, ordire, narra, pete. Dicitur ‘ire’ Pars post predicta, proprie conclusio dicta.

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Jlla est secunda pars illius libri in qua autor determinat de partibus integralibus ipsius dictaminis et continuatur ad literam precedentem sic. Postquam autor ostendit causas invencionis dictaminis, nunc in presenti litera de partibus eppistole, secunda ostendit, quot necessario requiratur ad eppistolam; secunda ibi Nec partes esse tot in ipsa. Et est sentencia litere illa, quod quinque sunt partes eppistole, scilicet salutacio, exordium, narracio, peticio et conclusio. Circa primam partem eppistole, que est salutacio, est notandum, quod salutacio est salutis uel alicuius loco salutis adoptatio, tam merita quam nomina personarum /f. 7r/ explicans nominatim. Exemplum, hoc totum dicitur salutacio, quod exterius super literam scribitur, illud, quod in literam scribitur interius, scilicet inferius, et eciam illud quod a principio litere scribitur. Et sic hoc totum in illa est saluacio: ‘Viro scienciarum pluribus adornato Johanni arcium liberalium magistro preceptori suo metuendo Johannes scriptor et studens Wienensis obedientiam debitam cum sincera caritate.’ Jllud enim totum dicitur salutacio. Pro quo notandum, quod duplex est salutacio, scilicet longa et breuis. Longa est aggregatum ex vera salutacione nomine scribentis siue subscripcione et superscripcione, et de ista intellegitur iam dictum. Et in ista salutacione tria continetur, scilicet vera salutacio, subscripcio et superscripcio. Sed salutacio breuis est vera salutacio dimissa subscripcione et superscripcione, vt dicendo ‘et fidele seruicium preobligatum’ vel sicut ‘premissis omnibus et singulis amiciciam veram augentibus pariter et honorem’. Sed in genere sic notifficatur

222 Jlliusque] Gl. eppistola. puta] Gl. estima. partes] Gl. integrales. fore] Gl. id est esse.  223 Primitus] Gl. id est prima dicitur salutacio.  222 partes fore] so in E1, K, A1, E2, M5; fore partes P. 

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salutacio: Salutacio est salutis uel alicuius loco salutis adoptacio. Et dicitur salutis uel alicuius loco salutis adoptacio. Nam cristianus scribens paganus sic: ‘Eterne penurie et miserie augmentum.’ Est salutacio et tamen non est salutis adoptacio, sed incommodi adoptacio. Pro quo communiter notandum et tercio, quod adhuc duplex est salutacio, scilicet amicabilis et hostilis. Exemplum primi, ut cum sic scribitur ‘reuerenciam sinceram cum obediencia subiecta’, similiter ‘reuerenciam debitam et deuotam’, similiter ‘debitam cum reuerencia qua decet seruitutem’. Exemplum secundi ut supra: ‘eterne miserie et calamitatis augmentum’. Et illam salutacionem hostilem cristianus possit scibere jnfideli vel possit salutacionem omnino dimittere siue obmittere. Quarto notandum, in salutacione persona scribens siue nomen persone scribentis et nomen persone, cui scribitur, semper debent poni in tercijs personis, vt sic ‘Johannes studens Heydelbergensis’, similiter ‘socio suo predilecto’. Corollarium: ly ‘meus’ uel ly ‘tuus’ non debet poni in salutacione, quia in ly ‘meus’ includitur pronomen primitiuum prime persone; similiter in ly ‘tuus’ secunde persone. Nam ‘meus’ tamen videlicet sicut ‘mei aliquid’; ‘tuus’, id est ‘tui aliquid’. Scilicet tamen in alijs partibus eppistole prima persona bene loquitur ad terciam personam, ut in narracione, cum quis sic narrat: ‘Tue fidelitati notesco’ ‘notifico per presencium latorem.’ Corollarium: jlli male scribunt scribentes sic ‘dilecto filio meo Johanni’, scilicet loco ly ‘meo’ debet scribi /f. 7v/ ly ‘suo’. Quinto notandum, quod scribens siue nomen scribentis semper debet poni in nominatiuo casu, sed nomen, cui scribitur, in datiuo. Et hoc habetur in communi metro: Te scribas in recto cui scribis pone datiuo.

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Sexto notandum, quod verbum in salutacione non debet exprimi, sed subintellegi ad denotandum nimium desiderium scribentis admitentem, quia non habemus verba correspondencia intencioni, desiderio uel affectui, jdeo verba obmittimus. Debent tamen subintelligi huiusmodi verba: mandat, optat, scribit, notificat, nunciat. Corollarium: nullus ponere in superscripcione hoc complexum ‘detur litera’, cuius tamen oppositum multi tenent in vsu, sed ex dictis debet dimitti. Septimo notandum quod cristiani excommunicati, judei, sarraceni, hussite et generaliter nullus infidelis aliqua litera debet salutari salutacione amicabili. Sed hostili possunt salutari salutacione vel salutacio in toto possit obmitti. Et causa 274 hussite] Terminus post quem für den Kommentar wohl entweder der Tod Johannes Hus’ in Konstanz (1415) oder das Auftreten Hieronymus’ von Prag in Heidelberg (1406) und Wien (1410). 



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quare non debent salutari salutacione amicabili est, ut tales per hoc cicius trahantur a suis malicijs et prauitatibus. Consequenter sciendum, quod si quis non sciret nomen recipientis vel nomen civitatis ipsius recipientis, loco istius nominis debet poni duo puncta ‘..’. Verum alij ponunt unam literam alphabeti loco illius et frequenter ponunt istam literam ‘N’, et idem est. Ad sciendum igitur scribere salutaciones, debent notari aliqua exempla. Primo de filio ad parentem: Verum filius in principio litere possit pater sic scribere eum salutando: ‘cum debita reuerencia obedienciam filialem’ vel sic ‘paternis jussionibus et mandatis nunquam contrariari, sed semper comparare et obedire’. Sed subscripcionem et filius sicut qualibet alter debet scribere in nominatiuo casu et principaliter nomen mittentis ut sic ‘Johannes studens Heydelbergis’. Corollarium: male scribunt ponentes siue scribentes nomen mittentis in accusatiuo, ut aliqui faciunt scribentes in fine litere per et post hoc in subscripcione ponunt nomina eiusdem in accusatiuo, ut sic ‘Johannem studentem’. Sed superscripcionem filius scribit patri sic ‘reuerendo ac diligendo patri suo’ vel sic ‘honorando et precunctis mortalibus’ siue ‘terrenis diligendo Johanni ciui ciuitatis Heydelbergis patri suo fidelissimo’ vel sic ‘benignissimo post eum super omnia preamando C.’ et cetera. Vel sic in principio ‘filialis obediencie sollicitudine ad queuis vestrorum mandatorum beneplacita quauis hora incessanter’ vel sic ‘et filialis obediencie reuerencia cum promptitudine famulandi’ vel sic ‘omnimodi in moribus reuerenciam cum salute dilecte’ uel ‘paternalem /f. 8r/ cum honore’ vel sic ‘amice dilectionis sinceritatem cum onmi humilitate seruitutem’ vel sic ‘obediencia cum promptitudine famulandi jugiter preoblatam’. Sed pater scribat filio probo in hoc forma in principio litere ‘dilectionis solidam sicut decet formitatem’ vel ‘paterne dileccionis augmentum’ vel sic ‘paternalem dilectionem et amorem’ velut ‘salutem et Salomonis illuminari sapienciam’. Sed pater superscripcionem ‘probo et dilecto, karissimo filio suo’ velut ‘diligendo filio suo et Friderico scolasticis imbuto disciplinis’. Sed filio peruerso siue malicioso pater sic scribit superscripcionem ‘peruerso filio suo diffamatarum mulierum conuiuijs et conuersacionibus insudanti’ vel sic ‘prauitorum leccatori et disculo filio sibi non dilecto’. Sed pater scribit peruerso filio in principio sic ‘pro salute tristiciam uel mrorem’ vel sic ‘quidquid est contrarium saluti hominum bestiarum dentibus lacerari’ et consimilia. Sed amicus scribit amico jn principio litere sic salutacionem ‘nichil aliud quam si totum’ vel sic ‘quemquid dilectionis vinculum postulat et requirit felicibus et prosperis successibus habundare’ vel sic ‘jndissolubile vinculum caritatis et amicicie’ vel sic ‘obsequium ad queuis beneplacita

307 mrorem] mirorem Hs. 

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voluntatis’ vel sic ‘ad prosperitatis placitudinem salubriter pervenire’. Sed super­ scripcionem sic scribat ‘precordialissimo sibi amico Johanni arcium liberalium baccalario’ vel sic ‘speciali suo amico multa sapiencia florido Johanni et cetera’ vel sic ‘singulari amico suo honestatis gloria rutilanti domino Johanni rectori scolarium in Rinfelden et cetera’ vel sic ‘gracioso amico suo honestatis gloria rutilanti domino Johanni plebano ecclesie beati Petri Argentinensis et cetera’. Sed ciues inter se scribant sub hac forma in principio litere ‘promptitudinem famulatus’ vel sic ‘possibilitatis sue obsequium indefessum’ vel sic ‘sincerum et beniuolum animum obsequium indefess quantum possit seruitus similis et honoris’. Jn subscrip­ cione ut supra. Sed in superscripcione sic ‘prouido et sagaci viro Johanni ciui Rinfelden suo fautori singulari’ vel sic ‘prudenti iterque circumspecto viro et cetera’ vel sic ‘viro magna prudencia decorato’ vel sic ‘sapienti viro ac multis meritis preamando’ vel sic ‘viro sagacitatis floribus perornato et fulcito et cetera’. /f. 8v/ Sed ciues ad milites in principio litere sic scribant ‘obsequia beniuola ad sue beneplacitum voluntatis’ vel sic ‘obsequij promptitudinem ad singula beneplacita et mandata’. Sed subscripcionem ut supra. Sed in superscripcione sic scribant ‘strennuo viro Cůnrado militi, dicto de Rosemberg’ vel sic ‘viro militis laudibus insignito Johanni militi, dicto de Klingenstein’ vel sic ‘viro miliciali laude decorato Wilhelmo, dicto de Grůnemberg’. Sed miles scribat ciui in principio litere sic ‘sui fautoris continuum incrementum’ vel sic ‘cum sincero affectu omni boni’ vel sic ‘affectuosam ad omnia voluntatem’. Sed subscripcionem ut supra. Sed superscripcionem sicut superior inferiori, ut posterius patebit. Milites scribant inter se in principio littere sic ‘obsequium beniuolum et paratum ad omnia beneplacita voluntatis’ vel sic ‘obsequij continui firmitate’ vel sic ‘ad omnia cum beniuola exhibito obsequij se et sua’ vel sic ‘amicicie constanciam cum obsequiorum incremento’. Superscripcionem scribant ut supra, scilicet ‘viro miliciali laude decorato et cetera’. Sed inferior superiori sic

320 indefess] indefessa Hs.  322 iterque] periterque Hs.  328 Cůnrado … Rosemberg] Ein Konrad von Rosenberg (Rosenberg in der Nähe des Odenwalds) findet 1437 und 1448 Erwähnung, vgl. Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hohenlohe-Zenralarchiv Neuenstein, Bestand Ni 10 Bd. 1, f. 20 und 22 – Zugriff am 03.11.2009. Ein weiterer Conrad von Rosenberg wird 1442 genannt, vgl. Chmel 1838–1840, Nr. 904. 293 Johanni … Klingenstein] Klingenstein bei Ulm war im Besitz der Familie vom Stain von Klingenstein; ein Hans vom Stain von Klingenstein ist vor 1480 bezeugt, vgl. Miller/Taddey 1965, s. v. ,Klingenstein‘.  329–330 Wilhelmo … Grůnemberg] Wilhelm von Grünenberg (1384–1451) war seit 1433 Burgherr zu Rheinfelden, vgl. Plüss 1902, 229–259. ,



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scribat in principio litere ‘continuitatem obsequij subiugati et parati’ vel sic ‘sue possibilitatis obsequium semper promptum’ vel sic ‘promptissimam ad omnia beneplacita seruitutem’. Subscripcionem ut supra. Sed superscripcionem scribant secundum diuersos status superioritatis et cetera. Sed superiores scribant inferioribus in principio litere sic hanc formam bonam ‘ad omnia voluntatem’ uel ‘graciam suam et omne bonum’ vel sic ‘cum salute plenitudinem omnis boni’ vel sic ‘honorum incrementum cum plenitudine gracie et fauoris’. Subscripcionem diuersi diuersimode scribunt secundum diuersas condiciones et status hominum. Verum dux sic scribat ‘Alberchtus Dei gratia dux Austrie, Stirie et ’. Super­ scripcionem ut superior inferiori, puta ‘sincero vobis dilecto Johanno canonico ecclesie Rinfelden’. Ex illis igitur dictis possit quis manuductiue habere, quomodo illis uel alijs sit scribendum consideratis, tamen statibus et meritis personarum, videlicet scribens, uel recipiens sit inferior uel alicuius alterius condicionis siue status, et cetera. Nunc sequitur exordium de filio ad parentem: /f. 9r/ ‘Diri essent parentes nimium reputandi, si post filij auditam indigenciam sibi neccessaria dirigere non procurarent.’ Vel sic: ‘Jn breui arescit ramunculus, qui fomentum non capit a radice.’ Vel sic: ‘Planta absque radice mox arescit, sic sedulus studens sine subsidio parentum suorum et amicorum ad culmen honoris sui studij nequid pervenire.’ Vel sic: ‘Quemadmodum filiorum interest parentum preceptis obedire, ita parentes viceversa obligantur indigencijs filiorum proficuis subvenire’. Secundam pars eppistole est exordium siue captacio beniuolencie. Et sic notificatur: Exordium est sermo preambulus animum auditoris beniuolum reddens ad audiendum subsequencia. Et sic exordium alio nomine vocatur arenga. Et circa istam secundam partem dictaminis siue eppistole est notandum, quod multiplex est exordium, scilicet amicabile, hostile, petitorium. Exordium amicabile est vero scribuntur amicabilia. Exemplum: ‘Arcium riuulis cum conatur natus insistere genitrix, tunc pya tenetur suffragium elargiri.’ Exordium hostile est, vbi scribuntur hostilia. Exemplum: ‘Ab istius conuersacione est fugiendum, in cuius malicia decepcionis fraus verisimiliter videtur resplendere.’ Sed petitorium, ut jbi: ‘Preces diriguntur, ubi procul dubio nullatenus refutantur et sic de alijs.’ Vlterius nota, quod exordium debet componi ex dictionibus terciam personarum et non primarum uel secundarum personarum, quia exordium est sermo generalis et extendens sic 346 ] Torintige Hs.  350 ] ante Hs.  346 Alberchtus] Herzog Albrecht III. von Österreich (1349/50–1395); aufgrund der Erwähnung der Steiermark und Kärntens das Jahr 1386 (Tod Leopolds III.) als terminus post quem für diese Titulierung. 

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generaliter ad multas personas, quod non possit ita conuenienter fieri in prima uel secunda persona sicut in tercia. Exordium eciam debet esse tal[e], ut moueat et hortetur animum auditoris, jllud enim est finis exordij. Eciam debet esse tale, ut faciat audientem beniuolum et . Sed non debet esse nimis applausiuum, id est adulatorium, quia illias forte generaret subsanacionem in audiente. Jtem exordium debet respicere materiam dictaminis, ita quod non sit tali materie extraneum. Et sic exordium debet contrahi ex narracione et peticione uel ambabus simul. Eciam ipsum exordium non debet esse nimis prolixum et longum. Jtem exordium non debet esse compositum ex rigmis uel metris, et hoc loquendo de dictamine prosayco. Et seruatis illis condicionibus in exordium ipsum semper valet, si saltem ibi non est incongruitas, hec scilicet condiciones exordij. Vlterius notandum, quod exordium quandoque ponitur in principio eppistole post saluta­ cionem, ut ibi: ‘Felicibus ac /f. 9v/ prosperis successibus superhabundare non inmerito labitur, qui toto mentis conamine casus non discernit imminentes siue emergentes. Verum vestre reuerencie duxeram reserare’ ‘declarare, quod aliqua quam ciuitatis custodiam pervigil mentis curam firmiter habeatis emuli, namque vestra dampna vobis enormia machinantur et cetera.’ Eciam ipsium exordium aliquando ponitur in medio, ut ibi: ‘Ad prosperitatis placitudinem salubriter pervenire. Nouerit vestra dominacio, quod vester aduersarius more canis furtiue mordentis, cum suis jn nostra jurisdictione se recepit, eam spolijs, incendijs ac funditus defastando. Sed ‘dum fortis armatus omnia sua bona protegit, in pace sunt omnia, que volo’ vnquam tempore a suis prgenitoribus obtinuit et considerat. Verum vestris conuocatis cunctis amicis vos eidem viriliter et animose opponatis, vestre supplico probitati, quatenus dignemini michi in aliquo subvenire, cum in neccessitatis articulo succurrere teneat amicus amico.’ Tercia pars eppistole est naracio, que sic notifficatur: Est rerum gestarum uel tanquam gestarum declaracio. Dicitur ‘gestarum’, cum res narratur ut accidit siue euenit. Dicitur uel ‘tanquam gestarum’ propter narraciones fabulosas. Et circa istam terciam partem est notandum, quod triplex est narracio, scilicet simplex, duplex et multiplex. Simplex, quando solum vnum negocium narratur. Duplex, quando solum duo negocia narratur. Multiplex vero plura negocia quam duo narratur. Et illa plura negocia debent combinari pro huiusmodi dictiones: ‘jnsuper’, ‘preterea’, ‘itaque’, 390–391 dum … volo] vgl. Lc 11,21.  373 ] autenticum Hs.  390 ] †ra† Hs.  391 prgenitoribus] pregenitoribus Hs. 



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‘adhuc’. Et vltimum negocium possit precedentibus coniungi per ly ‘demum’ uel ‘’. Et quando plura negocia simul narratur, tunc jllud magis principale debet narrare prius. Secundo notandum, quod in quocumque numero incipitur narracio, in eodem eciam debet terminari illium sensum, quod idem in eadem littera non debet tibisari et vobisari. Eciam in narracione non debet poni eadem dictio pluries sine neccessitate, nec debent in ea poni dictiones obscure. Et quando ipsum exordium precedit narracionem, tunc narracio debet incipi per hec signa: ‘hinc est’ uel ‘jnde est’; ut jbi: ‘Ad hunc dirigenda precamina, qui in peticionibus se exhibet voluntarium et paratum. Hinc est amicorum predilectem.’ Sed quando exordium non precedit narracionem, tunc simpliciter incipienda est narracio ut sic: ‘Tue dilectioni insinuo per presentes.’ Et ipsa narracio possit incipi a qualibet /f. 10r/ parte oracionis. Exemplum de nomine, ut: ‘Dominacioni vestre cupio fore notum.’ De pronomine, ut ibi: ‘Vobis singulis duxit promulgandum tenore presencium.’ De verbo, ut: ‘Nouerit vestra dignitas.’ De adverbio: ‘Quemadmodum proxime vobiscum locutus eram et contuleram, sic fero cupio declarari.’ De parti­ cipio: ‘Per lectis litteris vestris timore non modicus nos invasit.’ De coniunctione, ut: ‘Quoniam circa vos refugium spero post Deum speciale vobis presentibus decreueram intimare.’ De preposicione, ut: ‘Cum vestra confidens bonitate hoc opus complere et perficere.’ De interiectione, ut: ‘Heu! quod unquam vestro conductui tantam adhibui fiduciam, nam ex hoc michi dampna incurabilia exorta et illata existunt et cetera.’ Quarta pars dictaminis que est peticio sic notifficatur: Peticio est rei impetrande uel rerum impetrandarum postulacio. Notandum circa istam partem eppistole, quod peticio debet esse digna, possibilis, iusta et honesta. Jndignum non debet exaudiri, quare per non debet peti. Hec impossibile possit exaudiri, sicut inhonestum et iniustum non debet exaudiri, igitur peticio debet esse digna et exaudibilis. Nota, quando narracio precedit peticionem, tunc peticio debet jncipi ab illis signis: ‘propterea’, ‘quapropter’, ‘quare’. Et quando finierunt plures peticiones, tunc ille debent combinare per tales oraciones: ‘jnsuper’, ‘rursum’, ‘jterato’, ‘preterea’. Vt: ‘Sobrietatem vestram instanter peto. Jnsuper rogito quatenus.’ Et quedam est peticio optatiua, vt: ‘Vestram discrecionem presentibus deprecamur.’ Quedam consultiua, ut: ‘Quare tue discrecioni diximus consulendum.’ Quedam exhortatiua, ut: ‘Tue dilecioni diligencius supplicamus.’ Quedam precep­ tiua, ut: ‘Tue discrecioni precipius firmiter et mandamus.’ Vlterius notandum, quod peticiones possunt fieri per huiusmodi verba: ‘jmploro’, ‘supplico’, ‘deprecor’, ‘posco’, ‘peto’, ‘flagito’, ‘exhortor’, ‘swadeo’, ‘consulo’, ‘precipio’, ‘jmpero’ et per

403 ] (per)(con)tremum Hs.  425 ] †(con)ns† Hs. 

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consimilia. Et si ista verba ponerentur in infinitiuo, tunc ad quelibet possit addi ‘non cesso’, ‘non desisto’, vt ‘hortari non desisto’. Sed cum in jndicatiuo ponuntur, tunc possunt eis addi huiusmodi aduerbia: ‘humiliter’, ‘confidenter’, ‘benigniter’, ‘lamentabiliter’, ‘attente’, ‘jntime’, ‘obnoxius’, ‘querulosus’, ‘bobulosus’, ‘affectanter’, ‘incessanter’ et cetera. Sequitur quinta pars et est conclusio. Et describitur sic: Est premissorum ornata et debita determinacio. Notandum, quod ipsa conclusio debet correspondere dictamini uel principaliori eius parte /f. 10v/ ita, quod nec sit omnino extranea. Et ipsa eciam frequenter vtitur hijs signiis ut ‘quo facta’ siue ‘feceritis’, ut: ‘Quod si feceritis alioquin et alioquin contra vos procedemus secundum ordinem juris.’ Et sunt varie conclusiones a varijs dictionibus incipientes, ut: ‘Pro quo vobis super erimus parati et ad seruicia proniores. Jnquo nobis fauorem exhibetis specialem. Ad exemplum scit igitur, quod si partes jure aput vos fuerint exaudire, perpetuis vestris subiungabo preceptis.’ Et posset exemplifficari multis alijs exemplis. Notandum consequenter, quod ille quinque partes epistole dicte assimilantur quinque modis verborum. Nam salutacio assimilatur optatiuo modo, quia sicut per optatiuum optamus, sic per ipsam salutacionem salutem adoptamus. Sed exordium assimilatur infinitiuo, quia sicut infinitiuus modus est modus confusij, sic exordium debet esse sermo generalis siue confusus. Narracio assimilatur indicatiuo, quia sicut per indicatiuum judicatur res, ita scribens per narracionem ostendet et manifestat suam voluntatem demonstratum. Peticio assimilatur imperatiuo, quia semper per imperatiuum modum mandamus, sic superior in suis peticionibus jmperat inferioribus. Sed conclusio assimilatur coniunctiuo, quia sicut coniunctiuus modus cum condicione profertur, ut dicendo ‘cum veniris ad me’, sic eciam conclusio frequenter profertur vt ‘si hoc feceritis’ et cetera. Sequitur nunc textus. Nec partes esse tot in ipsa, dico, necesse, Cum sint equeve partes tresve dueve. Orditur prima narrat media petit yma, Aut exordiri licet illic non reperiri. 461 esse] Gl. fore. ipsa] Gl. eppistola. dico] Gl. ego Jupiter.  462 Cum] Gl. ex quo.  463 Orditur] Gl. id est prima est exordium. narrat] Gl. secunda est narracio. yma] Gl. id est vltimo est peticio.  450–460 Notandum … feceritis] vgl. BF 3.5.  462 equeue] so in E1; equeue sibi P.  463 prima ] so in K, A1, E2, M5; primo P. narrat media] so in K; medio narrat P. yma] so in K, A1, E2, M5; ymo E1, U, L. 

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Hic autor ostendit, que predictarum parcium necessario ad eppistolam requiratur. Et est sentencia litere ista: Licet ego dixerim quinque partes esse eppistole, tamen non dico tot esse neccesarias, sed tantummodo tres sunt necessarie et conformes, scilicet exordium, narracio et peticio, et /f. 11r/ possit dimitti exordium. Notandum ista litera solum intelligitur de partibus integralibus ipsius dictaminis, vt sicut salutacio, narracio et cetera, quarum solum sunt quinque. Et secundum magistrum Jouem due uel tres scilicet neccesarie ad composicionem eppistole. Alias multo plures quam tres essent partes eppistole, ut litere, dictiones et prposiciones et sic de alijs. Et de numero istarum parcium solum due scilicet principales, scilicet narracio et peticio, quia sine illis non possit constitui. Alie autem tres scilicet minus principales, scilicet salutacio, exordium et conclusio, quia sine eis possit constitui eppistola. Cum ipsum dictamine possit constitui ex salutacione et narracione uel ex salutacione et peticione; nunquam autem ex salutacione et conclusione vel ex salutacione et exordio vel ex exordio et conclusione. Vlterius notandum quod ipsum dictamine possit carere salutacione in tribus causis. Prima, quando litera scribitur festinanter. Secunda, quando scribens et recipiens scilicet inimici vel quando cristianus scribit jnfideli. Tercia causa est voluntas scribendi volens obmittere salutacionem et cetera. Exordium eciam possit dimitti pluribus de causis. Prima, quando scribens et cui scribitur sunt inimici. Secunda, quando litera scribitur festinanter. Tercia, quando scriptor non scit facere exordium. Sic eciam non oportet super narracionem poni in eppistola, ut quando ipsa eppistola solum est petetitoria et quando materia dictaminis non est narratoria. Similiter quando persona non wlt narrare, sed solum petere et omnes iste tunc possunt reduci in vnam. Peticio eciam aliquando possit obmitti, ut quando ipsum dictamen solum est narratorium et quando eciam materia eius non est petetoria et quando esset indigna, jmpossibilis et inhonesta. Similiter quando aliquis non wlt petere, sic eciam ipsa conclusio tribus de causis possit obmitti in eppistola. Prima, quando conclusio non possit bene jnferri ex aliqua parte dictaminis. Secunda, quando litera festinanter scribitur. Tercia, quando mittenti non placet concludere et cetera. Sequitur nunc textus et cetera. Hijs habitis danda sunt hec tibi, que reprobanda Ex vocum parte nostra censentur in arte. Littera dans cepta multis eadem sit inepta;

472 prposiciones] proposiciones Hs.  497 cepta] so in K, M5; ceptum P. sit] so in E1, K, A1, M5; fit P. inepta] so in K, M5; ineptum P. 

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/f. 11v/ Finis consimilis et rigmus sit tibi vilis; Consona finalis non sit post inicialis; 500

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Postquam autor determinauit de partibus dictaminis et de causis invencionis eppistole, nunc consequenter determinat de vicijs ipsius eppistole et est sentencie littere ista: Postquam determinatum est de causis invencionis dictaminis et de partibus ipsius, nunc determinandum est de vicijs vitandis in ipso dictamine, que tenet se ex partis vocis siue vocum et hoc wlt in primis duobus versibus. Sed in Littera dans hic autor enumerat quatuor vicia cauenda in ipso dictamine et wlt tantum: Si jn dictamine plures dictiones inmediate se sequentes incipiantur ab eadem litera, tunc est primum vicium, ut dicendo ‘socio suo sincerus super singulos diligendo’ vel sic ‘sicut lacrimis lacrimabiliter lamentabiliter lapsuque labitur dum stare se firmiter putabit’. Secundum vicium committitur, si plures dictiones prope ponite finuntur consimilis fine, similiter terminantur eadem litera, vt dicendo ‘domina mea dilecta domina antea est defuncta’; similiter dicendo ‘fecisti statuisti dixistique voluisti’. Tercium vicium est, si in dictamine fiant rigmata consonancia, ut dicendo ‘judex terret me venturus, quem expecto nunc securus, exit michi tanquam murus’. Quartum vicium, si dictio sequens incipiat consonante in quam dictio precedens terminatur, ut dicendi ‘rex versus’, ‘magnum malum’, ‘lumen nouum’, ‘pater rectorum’, ‘socius socio’. Et causa huius vicij est, quando illud committitur tunc causatur cachefeton, id est ‘malus sonus’, quam audiens abhorret et cetera. Sequitur textus. Vocalis fugiat -m- uel sese, nisi fiat Punctus; vitetur stridor; ne vox iteratur. Postquam autor enumerauit aliqua vicia, que tenent se ex parte vocum, consequenter causat alia vicia, que tenent se eciam ex parte vocum. Et est sentencia litere ista: vocalis non debet sequi imminenter /f. 12r/ dictionem, que finitur in ‘m’, nec dictionem, que finitur in ‘f ’, ipsi vocali, nisi fiat punctus inter tales dictiones ex quibus generatur grauis sonus. Eciam eadem dictio non debet pluries recitari. Notandum, quod ex littera eliciuntur quatuor vicia fugienda in dictamine. Primum est, quod vocalis non debet sequi immediate dictionem, que terminatur in ‘m’, ut 511–512 fecisti … voluisti] SD 1.3.3.  513–514 judex … murus] Walther 1969, Initium 3740; SD 1.4.3.  513–517 quartum … abhorret] vgl. SD 1.5.  520 iteratur] iteretur P. 



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‘sperabam in Domino magnam eadem’. Secundum, quod dictio sequens non debet incipi ab ista vocali in qua precedens terminatur, nisi fiat puntus, ut dicendo ‘ero cum inicio obuius’. Tercium, quod in dictamine debent vitari dictiones ex quarum prolacione generatur stridor, id est gravis sonus in dentibus, vt dicendo ‘Johannes ferratas portas bene seratas veraciter jnfregit’. Quartum vicium, quod eadem dictio non debet pluries recitari in breui passu, ut dicendo ‘Sciatis, quod dux tali die venit, dum dominus rex Vngarie venit de quo vestris subditis irrecuperabile dampnum venit.’ Sciendum, quod in omnibus dictis vicijs non obstantibus seruandus est vsus communis, nam vocalis quecumque sequitur ‘m’, ut dicendo ‘quicumque gaudium respuit mundanum in celesti curia post vite terminum collocabitur’, verum est quod ibi causatur punctus. Notandum, quod preter ista octo vicia iam tacta in litera adhuc, scilicet alia vicia ipsius eppistole. Primum et maximum est incongruitas. Secundum eiusdem sentencie frequens repeticio, ut patet per phylosophum quarto thopicorum dicentem: ‘turbat audientes illud quod sepe profertur.’ Terciam amphyboloycam locucio, ut dicendo ‘video panem commedere canem’. Quartum nimis suspensura locucio, non enim debet suppositum nimis remouiri ab apposito, uel adiectiuum a substantiuo. Quintum, quando vituperantur proprietates personarum, ut quando persone illiterate scribit sicut literate, ut si scriberem rustico simplici ‘viro scienciarum floribus decorato’. Sextum est, quando preposicio nimis elongatur a suo casuali. Septimum est, dum dictamen non debiter dictum per puncta et sic de alijs. Hec enim vicia cum illis, que autor tangit, in literam debent fugi quantum possunt, tamen omnibus debet seruari vsus, ut patet per commune dictum: ‘Artem discamus, vsum vero teneamus.’ Et sic autor octo tangit vicia in textum et cetera. Sequitur. Affert per discordes partes sentencia sordes Vel cum mutatur stilus aut per inepta vagatur, /f. 12v/ Dittans seu breue, si portat enigmata secum.

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Postquam autor determinauit de vicijs tenentibus se ex parte vocis, hic modo determinat de vicijs tenentibus se ex parte sentencie et est sentencia litere talis: Epistola sit viciosa, si in ea ponuntur partes discordantes in sentencia a se invicem. Similiter redditur viciosa, quando dictator dimissa materia principali per ineptas 531–532 Johannes … jnfregit] vgl. Ennius, „Annales“ 267; vgl. SD 1.8.3.  540–541 ut patet … profertur ] vgl. AA, Topica V, Nr. 74.  541–542 Terciam … canem] vgl. Petrus Hispanus, „Summulae logicales“, 117, Z. 16–21.  551 Affert] Fert P.  553 si] cum P. portat] so in M5; portabit P. 

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materias vagatur. Similiter redditur viciosa, propter nimiam breuitatem inducentem obscuritatem. Et ex litera eliciuntur quatuor, que viciant dictamen, quantum est ex parte sentencie. Primum, si in eppistola ponuntur partes discordiales in sentencia a se invicem, tunc redditur viciosa, ut dicendo: ‘Sacerdotalis dignitas merito existit proferenda. Notifico ita vobis, quod studentes Rinfeldensis scilicet perversi.’ Secundum, quando variatur modus scribendi, ut quando primo dictator vtitur stilo arduo et posterius dimittat se ad stilum humilem seu facilem, vt dicendo: ‘Altitudo sapiencie Dei consuluit, ut per incarnati verbi misterium hominem a dyaboli potentate liberaret. Quare rogo dignitatem vestram, ut amore ipsius me in memoria habeatis.’ Vbi primus stilus est arduus continens obscuram sentenciam, secundus autem humilis. Tercium vicium est, quando dictator dimissa materia principali per ineptas materias vagatur, ut dicendo: ‘Tue dilectioni supplico, quatenus velis edifficare domum pulcra. Scriptum est enim in ewangelio ,faciamus tria thabernacula et cetera’. Scilicet dimissa materia principali vadit ad sacram paginam. Quartum vicium est, quando eppistola est nimis breuis et propter talem breuitatem redditur obscura, ut dicendo: ‘Rogo te de factis juris tibi commissis, quia singula stant in manu tua.’ Et sic ex supradictis habetis in genere duodecim vicia ipsius eppistole, secundum textum octo tenencia se ex parte vocis ipsius eppistole et quatuor, que tenent se ex parte sentencie, et cetera. Hinc ea que viciant partes sic tibi patefiant: Sermo difficilis exordij vel puerilis /f. 13r/ Inquinat, aut ledens, a causa siue recedens, Aut sermo captus, qui causis pluribus aptus. Postquam autor ennumerauit vicia totum dictamen concernencia siue viciencia partes ipsius eppistole. Et primo vicia ipsius exordij. Et wlt tamen post predicta manifestanda scilicet vicia, que viciant partes ipsius dictaminis. Tunc ibi Sermo wlt tamen, quod difficilis siue obscurus sermo viciat ipsa exordia eppistolarum. Similiter sermo puerilis et sermo ledens animum auditoris. Pariter sermo non

561–562 Sacerdotalis … perversi] vgl. SD 1.9.4.  565–567 Altitudo … habeatis] vgl. SD 1.9.11.  569–571 Tue … et cetera] vgl. SD 1.9.6.  570–571 faciamus tria thabernacula] vgl. Mt 17,4, Mc 9,4, Lc 9,33.  573–574 Rogo … tua] vgl. SD 1.9.8.  578 exordij] exordia P.  580 Aut sermo] so in M5; Uel si sit P. qui] quasi P. causis] so in E1, K, A1, L; clausis P. 



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correspondens materie subsequenti, qui sermo pluribus materijs possit adptari siue applicari. Notandum, ex litera eliciuntur quinque vicia ipsius exordij. Primum est obscurus sermo siue multum difficilis, ut dicendo: ‘Fructus centuplus serenti tribuitur, cum per elemosinam ad penitenciam reuocatur, quare te certiffico et amonio, ut quidquid pauperibus erogabis te estimes in celesti gaudio invenire et habiturum.’ Secundum vicium est sermo nimis puerilis et facilis, ut dicendo ‘qui habet tunica non vadet nudus quapropter et cetera’. Tercium vicium est sermo ledens auditorem et non reddens eum benignum et attentum, ut dicendo: ‘Quicumque naufragium pertulit grauia pericula atque incomoda multa sine dubio tollerabit. Hinc est, quod vobis notifico talem quem amascis per naufragium de hoc mundo fere sublatum.’ Tale enim scriptum non reddit animum beniuolum, sed tristem, terret namque audientem. Quartum vicium, quando exordium non correspondet materie sequenti, vt ibi: ‘Quia in neccessitatis articulo succurrere tenetur amicus amico, quare dignitati vestre supplico, ut eium statim me dignemini visitare.’ Similiter: ‘Et celestis pietatis constituit duos gladios, ut ipsis mundus iugiter gubernetur. Hinc est, quod tibi notifico me nuper a curia romana venisse et cetera’ vel ‘a domo meretricum venisse.’ Quintum vicium est, quando exordium possit applicari pluribus materis, ut ibi: ‘Quando homo bonus opus operatur’ siue ‘prosequitur, Deus per hoc veraciter honoratur.’ Et sic patent quatuor vicia exordij. Longa nimis non sit narracio, nec tibi desit /f. 13v/ Ordo reo geste; non falsa gerat manifeste; Causa rei detur; tempus, locus insinuetur. Postquam autor ennumerauit vicia exordij. Hic nunc ennumerat vicia narracionis et est sentencia litere: Narracio non debet esse nimis longa, nec debet deficere in ordine rei geste, nec in se debet concludere manifeste falsa. Et eciam in ea debet narrare locus, tempus et causa rei. Notandum, quod ex ista litera eliciuntur quatuor vicia narracionis. Primum vicium est, dummodo narracio est nimis longa, vt si studens vellet scribere omnia in narracione, que sibi in via et eciam in studijs pernotabilem tempus contegisset. Secundum vicium fit, quando non seruatur ordo 588–591 Fructus … habiturum] SD 1.10.3.  592–595 Tercium … tollerabit] vgl. SD 1.10.6.  600–602 Et … venisse] vgl. SD 1.10.5.  602–604 Quintum … honoratur] SD 1.10.7.  612–614 Primum …contegisset] vgl. SD 1.11.2.  586 adptari] adoptari Hs.  605 non] ne P.  606 gerat] so in K; ferat P. 

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rei geste, verum dictator eodem ordine debet rem gestam narrare, sicut tunc gesta est jta, quod primo primum secundo secundum. Tercium vicium erit, si narracio in se includeret manifeste falsum per quod animus auditoris posset decipi. Quartum vicium, quando in narracione non insinuare causa, locus et tempus. Debet enim dictator in narracione exprimere causam rei, locum et tempus eiusdem, verbi gratia ut sic: ‘Tue fidelitati notifico per presencium latorem Johannem filium tuum, dictum Kirbler ad studium Wienensis pervenisse circa sancti Michahelis festum propter discipline studium.’ Ecce quomodo in ista narracione tempus, locus et causa distincte insinuatur. Et sic patent ista quatuor vicia et cetera. Inde peticiosa sit viciosa tibi, nisi prosit Et siue sit gestum per eam duci, quam honestum Possit, et expresse iustum ferat atque necesse. Hic autor ennumerat vicia, que ipsam peticionem viciant. Et wlt tamen, quod peticio est viciosa, si petit aliquid inhonestum. Similiter, si petit aliquid, quod non est iustum. Eciam viciatur, si petitur aliquid, quod non est neccessarium. Et eciam, si petitur aliquid, quod non prodest /f. 14r/ tibi viciatur. Notandum, ex litera eliciuntur quatuor vicia ipsius peticionis. Primum, si per peticionem petitur aliquid, quod non prodest. Secundum, quando petitur aliquid inhonestum. Tercium, quando petitur iniustum. Verum Katho: ‘Quod iustum est, petito vel quod videatur honestum.’ Quartum, si petitur aliquid, quod non est neccessarium, ut si quis peteret, quod papali dignitas subiceretur a romano imperio siue regali imperio. Ista peticio esset inhonesta, iniusta et non neccessaria, igitur peticio illa redditur viciosa. Deque salutari volo parte modo tibi fari, Quamquam vim partis retinere negat tenore.

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Postquam autor ennumerauit vicia ipsam eppsitolam viciencia et similiter eius partes principales. Hic modo determinat de ipsam salutacionem, que est prima pars 631–637 Primum … viciosa] vgl. SD 1.12.  633–634 Quod … honestum] „Disticha Catonis“ 1.31.1.  624 peticiosa] peticio P. sit] so in E1, M5; fit P. tibi] nimis P.  625 siue] nisi P. gestum] so in E1, K, A1, L, M5; iustum P. duci] dici P. quam] quod P.  626 ferat] so in M5; gerat P.  639 retinere negat tenore] neget huic huius tenor artis P. 



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dictaminis, licet ars dictandi negat eam partem dictaminis. Sed dicens videtur, quod autor contradicat sibi ipsi, prius enim dixit salutacionem esse partem dictaminis, scilicet jbi Jlliusque puta. Sed hic videtur oppositum asserere. Respondetur, quod hic wlt, quod non est pars neccessaria ipsius dictaminis, ut eciam supra dixit. Sed tamen, ut in plurimum ponitur in dictamine et †hoc solum est de bene esse†. Nomen mittentis designat et accipientis Nomen ponendo proprium circumque -loquendo, Per signum, mores, loca, prebendas uel honores.

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Hic autor exequitur suum intentum ponendo plura documenta secundum ordinem de ipsa salutacione. Et est sentencia literalis ista: Salutacio debet in se continere nomen mittentis literam et nomen persone recipientis literam. Eciam salutacio debet circumloqui nomen proprium accipientis /f. 14v/ literam per signum exprimens laudes ipsius persone et eciam mores, loca, honores et prebendas eiusdem persone et cetera. Nota, quod ista litera intellegitur, quando ennumerata in litera conueniunt persone. Corollarium: quod salutacio secundum autorem est agregatum ut supra et sic continet nomen persone mittentis et recipientis et affectum mitentis et eciam suam dignitatem, si quam habet. Similiter laudes et dignitates recipientis, si quas habet. Si vero talia non habet, scribat proprium nomen cum cognomen et loco et cetera; verum tamen quando jnimici scribunt sibi invicem, tunc omittunt laudes. Et sic ex litera patet, quod salutacio est agregatum ex affectu scribentis et nomine mittentis et recipientis, hoc est subscripcione et superscripcione, ut supra patuit. Sequitur litera. Nec laus mittenti detur, sed accipienti Est laudem dare ius, sic status exigit eius. Hic autor ponit aliud documentum seruandum circa salutacionem et wlt, quod in salutacione non debet attribui laus mittenti literam, sed persone accipienti literam

647 designat] so in M5; distinguat P.  648 circumque] so in K, M5; circumue P.  664 accipienti] accipiendi K; suscipienti P.  646 †hoc … esse†] Hier eigentlich ein von Albertus Löffler nicht verstandener Bezug auf die partes-Lehre bei Bene von Florenz? 

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et hoc debet fieri secundum exigenciam status et condicionem sue vite. Nota, quod causam litere innuit articulis primo et quarto ethicorum: ‘Honor non est in honorato, sed in honorante.’ Igitur quis seipsum non debet laudare secundum dictum Kathonis: ‘Nec te collaudes nec te culpaueris ipse.’ Similiter Salomo dicit: ‘Os alienum laudet te et cetera.’ Sequitur litera. Mittens si qua pari scribat negat ante locari. Que si pro modico sit maior, idem tibi dico.

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Hic autor ponit aliud documentum seruandum in salutacione et dicit, quando vna persona scribat alteri et si equali uel eciam in modico minori, tunc persona scribens debet se postponere illi cui scribit. Et causa /f. 15r/ litere est humilitas, nam de quanto te plus humiliaris, de tanto plus exaltaberis, ut patet per saluatorem Matthei: ‘Qui se humiliat exaltabitur.’ Quomodo autem variare superscripciones et salutaciones debent scribi secundum diuersas personas prius aliqualiter dictum est. Sed quando scribit summe, maior prius ibit. Et si sume datur persone, salus careatur.

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Hic autor ponit aliud documentum seruandum in salutacione dicens, quod si summe maiore scribit inferiori, tunc talis debet se preponere. Sed ibi Et si summe dicit autor et ponit aliud documentum seruandum in salutacione dictiones, si scribitur alicui persone summe, tunc debet omitti siue taceri iste terminus ‘salus’. Nota, quod aliqui dixerant, quod per ly ‘salus’ intellegitur salutacio ita, quod si quis deberet scribere persone summe, tunc obmittere deberent salutacionem. Sed ista glosa non apparet valere, quia salutacio est pars dictaminis integralis. Sed autor innuit, quod iste terminus ‘salus’ debet omitti et loco ipsius debet poni ‘seruicium’, ‘obediencia’, ‘obsequium’, eciam ‘cum promptitudine famulatus’ et cetera.

668–670 Nota … honorante] AA, Ethica ad Nicomachum I, Nr. 10; vgl. AA, Ethica ad Nicomachum IV, Nr. 61.  671 Nec … ipse] „Disticha Catonis“ 2.16.1.  672 Os … cetera] vgl. Prv 27,2.  679 Qui … exaltabitur] Lc 14,11, 18,14; vgl. Mt 23,12.  673 negat] neget P.  674 Que] Qui P.  681 summe] so in K, M5; simplex P. prius] so in K, M5; prior P.  682 sume] summa P. persone] persona P. careatur] taceatur P. 



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Hecque reor dici rata, ni firmiter jnimici Aut non cultores fidei: quos inferiori Postponas tute sine laudibus atque salute; Jstis subuerti scribas illis quoque reuerti. Hic autor ponit aliud documentum siue notabile circa salutacionem dictaminis dicens, ea, que dicta scilicet de salutacione debent firmiter notari et obseruari, nisi scribentes essent infideles et increduli a inimicos. Et infideles in salutacione debes postponere et sine titulo laudis. Et debes scribere inimicis subuerti et destrui. /f. 15v/ Sed incredulis scribe reuerti, scilicet ad conscienciam et cognosci lumen veritatis. Nota differenciam inter ‘subuerto’ et ‘euerto’, ‘convertor’ et ‘reuertor’. Verum ‘euerto’ et ‘subuerto’ capiuntur in malo et seruant destruccionem, ut dicendo ‘iste subuertit domum suam’ siue ‘evertit’, id est ‘destruxit’. Sed ‘convertor’ et ‘reuertor’ accipiuntur in bono et seruant reuersionem de male in bonum, ut reuersionem de fide judayca siue hussitarum ad cristianam et veram fidem. Jdeo enim dicimus ‘conuersio sancti Pauli’ et non ‘euersio’ uel ‘subuersio’. Vlterius nota, quod duplex est status, scilicet spiritualis et secularis. Et quibus illorum diuiditur adhuc in tres status, scilicet in superium, medium et jnfimum. Jn supremo statu spirituali sunt dominus appostolicus, cardinales, patriarche, archiepiscopi et generaliter onmes prelati infulati. Sed in medio gradu seu statu spiritualium scilicet non inlati, canonici ecclesiarum kathedralium. Sed in supremo gradu status secularis scilicet dominus jmperator, reges, principes, marchiones, langrauij, palatini comites, maiores. Sed in medio gradu scilicet comites minores, ut burgrauij, liberi barones. Sed in infimo gradu status secularis scilicet milites simplices, militares, castrenses, ciues et alij homines. Et sic patet, quod non omnes homines eiusdem gradus siue status sunt eque digni ut patet ex dictis. Notandum, quod omnes persone de superiori gradu spirituali dicuntur generaliter ‘patres’. Sed de seculari dicuntur ‘principes’. Sed de medio et infimo statibus dicuntur ‘viri’. Et omnibus personis de superiori statu debet scribi bis ly ‘dominus’ et nullus alijs et cetera. Sequitur litera.

699–706 Et debes … subuersio] vgl. Huguccio, „Derivationes“, U.20.20, 28, 30–31.  692 firmiter] fuerint P.  693 inferiori] inferiores P.  694 Postponas] so in K, M5; Postpones P.  696 scribas] scribens P. illis quoque] illisque A1; alijsque P.  698 a ] ad Hs.  710 inlati] involati Hs. 

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Parte salutante visa, que ponitur ante, Scito, quod inde sequi debet exordia. Que qui Poni posse putant alibi, reor, ordnine mutant. Si res, que prebet preceptum, precedere debet; Non sunt ergo sine vicio medio siue fine. /f. 16r/ Ponunt posse plerique tamen illa liceri vbique. A quibus haut distant proverbia si ibi stant. Et sub personis ternis melius ea ponis. Jnde locum gestet narracio, si proprie stat. Anteque propositum spectat, retroque petitum. Et veluti cuique patet, hec concors sit vtrique. Que si prefuerit situata, peticio querit Affore, tamen narrat aliquis ut qua subarrat. Ponitur extrema complens conclusio thema. Que satis applaudit illi totum quoque claudit. Quidam sepe tamen dant partibus hijs variamen. Postquam autor posuit quedam documenta circa salutacionem obseruanda, nunc aggreditur alias partes dictaminis ostendens ordinem et ordinacionem ipsarum parcium in eppistola dicens: Vis salutacione, que ponitur in principio eppistole, scias, quod uide sequi debent exordia, que quidem exordia putant aliqui alubi posse poni quam immediante post salutacionem. Sed illi videntur mutare ordinem exordiorum ex quo Res que prebet alijs rebus principium debet precedere alias res, sed cum exordium ponitur uel in fine hoc non erit sine vicio et cetera.’ Tunc ibi Ponunt plerique. Hic autor wlt tamen, quod multi dictatores ponunt licite exordia vbique, ipsa exordia conveniencius debent poni in tercijs personis, /f. 16v/ ut supra dictum est, eciam vnde quid sequatur ex litera. Eciam prius dictum est de ordine ipsius exordij, quod aliquando ponitur in medio et cetera. Tunc jbi Jnde locum. Postquam autor ostendit ordinem exordij, nunc vero ostendit ordinem narracionis. Et dicit, quod narracio debet habere locum post exordium et hoc si proprie stet. Sed exordium debet precedere narracionem et peticionem ipsam 723 preceptum] ceptum P.  724 siue] neque P.  725 liceri] licenter P.  726 si] sicut P.  727 ternis melius] melius ternis P.  728 stat] so in K, L; stet P.  730 Et] Cum P.  731 peticio] so in E1, K, A1, L, M5.  732 tamen] cum P. narrat] so in K, L; narret P. subarrat] subarret P.  733 complens] so in K, A1, M5; claudens P.  734 Que] so in K, A1, L, M5; Quod P. illi] isti P. quoque] so in E1, A1, L, M5; quia P.  738 Vis] Viso Hs.  742 ] immerito Hs. 

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narracionem debet sequi, quia narracio est concors et conformis exordio precedenti et peticioni sequenti. Notandum, quod ex litera habentur, quod narracio debet interponi exordio et peticioni, cuius racio possit esse ista, quia pars dictaminis debet interponi hijs partibus, quibus est conformis. Sed narracio est conformis proverbio seu exordio precedenti et peticioni sequenti, igitur illis partibus est interponenda; maior nota , minor patet, quia narracio ex illis duabus partibus debet sumi siue trahi et cetera. Tunc ibi Que si prefuerit. Hic autor ostendit ordinem peticionis dicens, si narracio in dictamine fuerit premissa, tunc peticio querit siue petit eam sequi, quia aliquis ideo narrat, ut aliqua inferat ex sua narracione petendo. Et racio litere est, quia narracionem infertur peticio, igitur narracio debet precedere peticionem, quia narracio habetur se ut antecedens et peticio ut consequens, modo antecedens frequenter precedit suum consequens, sic eciam narracio debet precedere peticionem. Sed ibi Ponitur extrema autor ponit ordinem conclusionis dicens, conclusio concludens totam materiam eppistole ponitur in vltimo loco, que conclusio satis alludit et applaudat peticionem et concludit totum dictamen. Et licet iste sit debitus ordo parcium eppistole, tamen alij dictatores dant partibus ipsius eppistole alium ordinem. Nota, quod conclusio ideo immediate postponitur peticionem, quia conclusio habet se tanquam illatum et peticio tanquam inferens, quos frequenter precedit et precedere debet illatum. Sequitur nunc litera. Hijs visis, equidem tibi fac primo, quod ibidem Sit bona grammatica, ui semita dentur aperta, Assint et flores ibi rethoricique colores. Sed soleocismus absint barbaque -rismus. /f. 17r/ Nexa quibus vicia fugiantur et amphibolya, Qua manet obtusus animus. Nisi, quem fetet vsus, Defitum patere. Vocem planamque sedere Juxta difficilie, reputato rem quasi filem. Ast loqui plane, tibi semper non sit inane. Nec transmutata nimium uel dissociata

756–762 Hic … peticionem] vgl. BF 4.31.3–4.  770 ui] tui Hs. aperta] so in E1, K, A1, L, M5.  772 absint] absens sint K; absens sit P.  774 Nisi] Nec P. fetet] so in K, M5; negat P.  777 Ast] Atque P. tibi semper] so in E1, K, L; semper tibi P.  778 uel] so in K, L, M5; nec P. 

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Verba stilo pone. Structuras retroque pone Que suspensiue fiunt. Ac prepositive Casum postpones, quem wlt interque pones Hijs ornatiuum mage sermonis genitiuum. Postquam autor declarauit de ordinacione parcium eppistole, nunc ponit aliqua documenta seruanda circa totam eppistolam siue circa totum dictamine et est sentencia litere ista: Jstis supradictis visis et cognitis, tu dictator primo debes ordinare, quod in dictamine ponatur bona grammatica. Secundo debes huic grammatice addere ornatus nude et apperte. Tercio in ipso dictamine debent esse colores rethorici. Sed barbarismus et soleocismus et alia vicia eis annexa debent abesse dictamini. Eciam amphyboloyca locucio, que reddit animum obtusum et dubium, debet abesse dictamini. Debent eciam vitari defectus dictaminis, quos defectus dictamen prohibet, nec vox plana debet poni in dictamine juxta vocem difficilem, nam illud esset vile. Sed semper in dictamine debes plane loqui et illud non sit tibi invtile. Nec in dictamine debes ponere dictiones nimis transmutatis a proprijs significacionibus ad alienas. Nec debes ponere dictiones nimium a se invicem dissociatus, que tamen vicine coniungi debent. Nec in dictamine /f. 17v/ debes ponere oraciones nimis longas siue suspensiuas. Sed propter ornatum debes ponere genitiuum inter preposiciones et suum casuale, quod casuale eciam debet postponi ipsius regenti. Et sic ex litera habentur duodecim cautele, quas dictator faciando dictamen debet obseruare, ut patet in metris. Notandum, quod primo in textu litere jnnuitur, quod in dictamine sit bona et congrua grammatica et hoc ideo, quia in dictamine debet esse ornata locucio, quod non esset, si esset ibi incongruitas. Secundo requiritur, quod dictamen sit ornatus sermo et sit sine equiuocacione verborum. Nam equiuocacio est magister erroris. Tercio dictamen 782 Hijs … genitiuum] der eigentlich nachfolgende Vers 76 fehlt in der Handschrift. 803 equiuocacio … erroris] vgl. Ludolf de Luco, „Flores grammatice“, V. 123.  779 stilo pone] so in K, M5; locis sunto P. Structuras] so in K; Fastidia P. retroque] nec P. pone] so in M5; pariunto P.  780 suspensiue] suspensiua P. fiunt] fient P. Ac] so in M5; A P. prepositiue] prepositiua P.  781 postpones] so in M5; sepones P. quem wlt interque] quem vult inter quoque pones M5; proprium Tamen ac ibi P.  782 Hijs] Sic P.  798 duodecim cautele] vielleicht aufgrund des Kontextes (soloecismus, barbarismus) analog zu den duodecim vitia bei Donat (AM 394,26–28). 



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debet venustari coloribus rethoricis, alias non diceretur dictamen, ut supra dixi, cum diffinicionem dictaminis sibi non conueniret, ex quo ‘dictamen est literalis edicio venustata verborum et cetera.’ Quarto in dictamine non debet esse barbarismus nec soleocismus nec vicia annexa talibus. Verum barbarismus committitur, quando sillaba naturaliter breuis producit, ut dicendo ‘dominus’ uel ‘domina’ producenda mediam sillabam. Sed soleocismus committitur, quando oracio in sua congruitate variatur siue viciatur, ut ‘albus mulier’ siue ‘magister meus alba vir’. Quinto in dictamine non debet poni amphyboloyca. Et amphiboloyca tunc committitur, quando ponitur aliqua oracio habens plures sensus, ut ibi ‘vidi panem comedere canem’, similiter ibi ‘jnimicos vellem me capere’. Sexto in dictamine debent poni plana verba, ne propter verborum obscuritate recipiens non intelligeret literam. Septimo in dictamine non debet poni sermo difficilis circa sermonem facilem, quia tunc dictamen reddere inornatum et viciosum. Octauo in dictamine dictiones transmutari sic, quod caperentur in sermonibus earum alienis, ut ly ‘ridet’ pro ‘floret’, similiter ly ‘lupus’ pro ‘inimico’. Nono in dictamine dictiones vicinus non debent nimis longe ab invicem poni, ut adiectiuum a suo substantiuo, similiter relatiuum a suo antecedens et appositum a suo supposito. Decimo in dictamine debent fugi oraciones suspensiue, ut scilicet oraciones imperfecte, quia per tales oraciones non habetur intencio perfecte mittentis. Vndecimo inter prposicionem et suum casualem debet poni genitiuum casum, quia talis interposicio ornat dictamen, vt ibi ‘ad vestre discrecione vestigia anhelando properaui et cetera’. Sequitur litera ‘Si sunt verba duo’. /f. 18r/ Si sunt verba duo, sicut ‘scribo quoque lego’, Fac aliud per te, quod participans sit aperte. Aut tria si veniant, duo participia fiant.

807–809 Verum … sillabam] AD, V. 2372; EB, c. 2, v. 2.  809–810 Sed … vir] vgl. AD, V. 2376; vgl. EB, c. 2, v. 3.  810–8135 Quinto … canem ] vgl. Petrus Hispanus, „Summulae logicales“ 117,16–21.  816–817 Octauo … floret] vgl. SD 2.97.2; vgl. DMA 2.38; vgl. GM 108,5–7. 822 prposicionem] proposicionem Hs.  826 verba] so in E1, A1, M5; danach quoque P. quoque lego] so in E1, M5; legoque P.  828 Aut] so in K, M5; Et P.  818–820 Nono … supposito] vgl. Oswaldus de Corde, „Opus pacis“, Appendix II, 88,18–25.

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Hic autor ponit aliud documentum seruandum circa totum dictamine et sentencia litere ista: Si dictatori occurrerunt duo verba ponenda in dictamine, ut scilicet ‘illa lego scribo’, tunc vnum istorum racione ornatus debet mutari in participium. Si autem occurrerunt tria verba, tunc duo debent mutari in participia. Exemplum primi, si vis scribere ,ego scribo Heydelberge et lego’, scribe sis ‘ego Heydelberge scribens lego’. Exemplum secundi, si vis scribere ‘ego moror Wyenne et lego et scribo’, fac ‘ego Wyenne morans ibi scribensque lego’ et sic de alijs. Et verbum ideo mutatur in participium, ut duo actus verbales sine coniunctione proferri possunt et cetera. Sequitur litera. Pectore postpone, quod et ornatus racione Rem substantiui comprehendant, hij genitiui ‘Harum’, ‘presencium’. Jn paucis puto tentum. Hic autor ponit aliud documentum respiciens totum dictamen dicens, quod post predicta documenta debes documentum sequens locare in pectore tuo, quod isti genetiui ‘harum’, ‘presencium’ comprehendunt rem siue sensum nominis substantiui in ipso dictamen. Tamen ego puto, quod hoc teneatur in paucis genitiuis adiectivalibus, scilicet quod ipsi comprehendant rem substantiui. Nota, quod secundum vsum dictancium isti genitiui ‘harum’ et ‘presencium’ pluries ponuntur sine substantiuo in litera comprehendentes rem huius substantiui ‘literam’. Exemplum: ‘harum continencia vestris auribus duximus insinuandum’ vel sic ‘tenore presencium vestre discrecioni lucidius innotescat.’ Jbi ponuntur jlli genitiui ‘harum’, ‘presencium’ sine substantiui, sed includunt in se substantiuum, scilicet ly ‘literarum’ et cetera. /f. 18v/ Propter et ornatum tibi nomina proprietatum Crebro sumantur; concretaque subiciantur. Namque per abstracta magis est expressio tacta.

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Hic iterum ponitur aliud documentum concernens ipsum dictamen dicens: ‘tu dictator, propter ornatum sermonis, frequenter debes exprimere nomina exprimencia proprietates hominum et ista des ponere in abstracta.’ Nam per nomina abstracta sit magis lucida et clara expressio et illis nominibus abstractis debes postponere nomina concreta, ut sicut ‘honestati viro super fulgide corruscanti 839 comprehendant] comprendunt P.  840 Jn paucis puto tentum] so in M5; davor Quod et P.  853 subiciantur] subticeantur P. 

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discrecioni vestre largius euidenti et cetera’. Et litera loquitur de abstractis, ut de illis ‘honestati’, ‘probitati’, ‘reverencie’, ‘dignitati’, ‘discrecioni’. Nota, quando con­­­cre­tum exprimitur per abstractum, tunc causatur emphasis, ut dicendo ‘tu es negligencia’, id est ‘nequam’. Versus: ‘Emphasis efficitur, si fixum proprietatem significans ponis, vbi debet mobile poni.’ et cetera. Et si res habita iam sit clausis repetita Multis ‘priuatam’ dices hanc uel ‘memoratam’; ‘Que’, si ponatur in clausula, hij referatur. Hic iterum ponitur aliud documentum respiciens totum dictamen et wlt autor eadem res sub eodem nomine non debet bis repeti uel pluries sub eodem nomine. Sed loco ipsius secundario debet poni ‘prefatus’ uel ‘prefata’ uel ly ‘memorata’, et si eadem res in eadem clausula est bis nominata, tunc tercio sumatur realtiuum eam referens. Exemplum: ‘ut tue fidelitate notifico per presentes, quod Johanni Schnider decem marcos argenti puri mutuaui, quare tue dilectioni suplico, ut prefatum pecunie summam ab eo studeas fideliter extorqueri et exigere.’ Exemplum aliud: ‘sicut tibi constat, quod debiter meus in decem florenis ex istis tuam discrecionem jm/f. 19r/ploro, quatenus michi decem florenos restituas, quo tibi in itinere mutuaui.’ Ibi enim loco eciam ponitur illud relatiuum ‘quos’ et cetera. Et quando loqueris magnis, et eos reuereris, Vni ‘vos’ ede. Mediaque vocabula sede Turpia, sed prima mage pulchra locentur et yma, Hic autor ponit iterum documentum respiciens ipsum dictamen dicens, quando scribis magne persone, tunc ei in fine scribe in numero plurali et in principio et in fine debes uti pulchris et raris verbis; sed in medio potes ponere communia vocabula. Et racio litere est ista: quia in principio uel in fine audiens est plus atentus quam in medio. Jtem frequenter in principio litere nominatur ipse recipiens et eciam in finem, sed in medio frequenter innuitur dirigens igitur circa recipientem, ut in fine et in principio debet dictator vti pulchris verbis, sed in medio non oportet illud et cetera.

866 priuatam] prefatam P.  867 clausula] clausa P. hij] bis P.  878 et] so in E1, A1; vt P.  880 yma] so in E1, K, A1, L, M5.  884 atentus] autentus Hs. 

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Hinc nec veloces sine tardas punitos voces, Nec tardas per se, sed sint simul ordine merse Sic ut istarum commixtio fiat et harum. Hic iterum autor ponit aliud documentum concernens ipsum dictamen dicens, in dictamine nondum poni tantummodo dictiones tarde, nec tamen dictiones veloces, sed debent tales dictiones misceri inter se invicem. Jtem per vocem velocem debet intelligi dictio cuius penultimam est longa. Exemplum primi: ‘operaciones filiorum malorum, o fili dilecte noli exercere.’ Exemplum secundi: ‘in crapulis perficitur, ideo consulo, ut crapulas abhorreas’ et cetera. Sequitur et cetera. /f. 19v/ Deque tribus pausis, quos amonet addere clausis Flos ‘Doctrinale’, documentum do tibi tale: Vt tetrasillaba det finem, litera suadet, Nunc solam ponis vocem, sic ‘Salomonis’, Nunc duplicem, veluti ‘sit adeptus’, ‘decet vti’. Postquam autor posuit documenta seruanda circa totum dictamen, hic ponit aliud documentum seruandum circa finem dictaminis dicens, ego do tibi tale documentum de tribus pausis, sicut Alexander in suo ‘Doctrinali’ docet, et eppistola suadet, ut dictio quatuorum sillabarum debet [finem dare] et istam dictionem, quando ponis solummodo, sicut ‘Salomonis’; potes tamen ponere dictionem bisillabam, ut ‘decet vti’, quandoque eciam trisillabam, ut ‘adeptus’. Et ex litera debet notari, quid sit clausula. Et dicitur, quod clausula est comprehensio plurimum distinctionum sub vno habitu contentarum. Vel est sentencia comprehensiua multarum oracionem sub circuiti sentencie contentarum. Sed pausa est recreacio spiritus vatigati perfecte cognitis, quid ad quodlibet debet referri. Et habet tres species, scilicet distinctionem et subdistinctionem et plenam distinctionem. Distinctio est oracio perfecta quantum ad conclusionem, non autem quoad sensum, sed ad completum sensum eget addicione alterius oracionis. Exemplum: ‘totalis ambiguitas procul auditorum mentibus expellere, ut semper faciam, que gracia et accepta.’ Similiter: ‘reges veniat ad ecclesiam et sic pausa cum eis dicendi preces, tercia pausa tota ciuitas est repleta timore.’ Et illud totum est distinctio. Verum subdistinctio est oracio perfecta, quo 889 punito] penito M5; ponito P.  891 fiat et] so in E1, M5; fiet P. harum] so in E1, K, A1, L, M5; earum P.  896 ] Wort nicht eindeutig Hs.  898 quos] quas P.  899 Flos] so in K; Nos P.  900 det] danach vox P. litera] so in M5; regula P.  902 adeptus] so in E1; danach vel P. 



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ad sensum et conclusionem non egens alia dictione quoad ipsius complementum, sed tamen principalis pars eppistole per eam non completur. Sed plena distinctio vocatur pars principalis eppistole, que animum audientis certifficat per sensus generacionem. Jtem ibi est subdistinctio: ‘vestram petimus distinctionem, quam super vobis fauorabilem duximus ad seruandum et cetera.’ Sequitur litera. /f. 20r/ Voceque prolata penultima sitque breuiata. Sed de periolo predicta tamen tibi do: Que permonstratum finem simul et variatum Multimodo gestat, sed tethrasillaba prestat, Cui penultimam sit producta, velud ‘data suasit’. Litera primarum pausarum uel mediarum Nunc prolongetur penultima, nec breuietur. Hic autor specificat documentum prius tactum et est sentencia litere ista: In primo et secunda pausis penultima sillaba possit esse breuis uel longa, possit tamen quandoque eciam esse breuis, ut in dictionibus duarum uel tercium sillabarum. Sed dictio quatuor sillabarum apcior ad concludendum eppistolam, cui tunc penultima sillaba debet produci, ut regula docuit. Et sillaba primarum uel secundarum sillabarum pausarum quandoque possit prolongari, quandoque corripi. Nota per primam pausam intelligitur distinctio. Et per secundam intelligitur subdistinctio. Sed per terciam pausam intelligitur plena dictinctio. Quid autem sit distinctio plena, distinctio et subdistincio dictum est in litera precedenti. Jtem per periolum intelligitur tercia pausa uel eciam plena dictinctio, quod idem est. Nota aliquas regulas de modo claudenti eppistolas. Prima regula, si dictio vltima sit quadrisillaba et penultima longa, ipsam debet precedere dictio habens penultimam correptam, ut ‘diligencius’, ‘amancius’, ‘affectamus’. Secunda regula, si vltima dictio est tri­ sillaba habens penultimam longam, ipsam debet precedere eciam dictio habens penultimam longam, exemplum ut ‘seruetur’, ‘honestas’. Tercia regula, si vltima dictio sit quadrisillaba habens penultimam breuem, ipsam debet precedere dictio /f. 20v/ quadrisillaba uel dictio habens plures sillabas, cuius penultima est longa, ut ‘disputantes’ et ‘amaueram’ et cetera.

924 prolata] so in L; prelata P. sitque] sit P.  925 periolo] periodo P. do] prodo P.  926 permonstratum] so in E1; premonstratum P.  927 Multimodo] Multimode P.  929 primarum pausarum] so in K, A1, L, M5; pausarum primarum P.  930 Nunc] so in K, M5. prolongetur] davor tam P. nec] quam P. 

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Texte

Do grates Christo perfecto Jupiter isto. 950

Hic Jupiter ponit finem libro suo dicens ‘ego Jupiter do Cristo grates illo libro perfecto’, id est ‘completo et finito amen’. Et sic est finis huius operis Deo gracias, qui nos sacias per laborem rusticorum, quod est contra voluntatem eorum et cetera per me, Alberchtum Loe ffler de Rinfelden, anno Domini 1439 quinto ydus julij et fuit sabati die ante festum Heinrici jmperatoris.

949 perfecto] so in K, A1, M5; pro facto P.  953–954 anno … jmperatoris] 11. Juli 1439.

B. Abkürzungsverzeichnis B.1. Bibliographische Abkürzungen AFA 1 —— 2 —— 3/1 —— 3/2 —— 4 APraed CCCM CCSL CSEL DFG DÖAW HWRh LexMA MGH ——– QG ——– Schr. MGPaed MJb MlatWb MMS MST MTU

Uiblein 1968 Maisel/Matschinegg/Bracher 2007a Maisel/Matschinegg/Bracher 2007b Maisel/Matschinegg/Bracher 2007c Maisel/Matschinegg/Bracher 2007d Archivum Fratrum Praedicatorum Corpus Christianorum: Continuatio Mediaevalis Corpus Christianorum: Series Latina Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum Deutsche Forschungsgemeinschaft Denkschriften der österreichischen Akademie der Wissenschaften Historisches Wörterbuch der Rhetorik Lexikon des Mittelalters Monumenta Germaniae historica inde ab a. C. 500 usque ad a. 1500 MGH Quellen zur Geistesgeschichte des Mittelalters Schriften der MGH Monumenta Germaniae paedagogica Mittellateinisches Jahrbuch Mittellateinisches Wörterbuch bis zum ausgehenden 13. Jahrhundert Münstersche Mittelalter-Schriften Mittellateinische Studien und Texte Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters PBB (Tübingen) Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur (Pauls und Braunes Beiträge), Tübingen 1955ff PIÖG Publikationen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung RDL Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft SAW.PH Sitzungsberichte der österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-historische Klasse SBA.PH Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Philosophischhistorische Klasse StM Studi Medievali, 3. ser. TPMA Thesaurus proverbiorum medii aevi. Lexikon der Sprichwörter des romanischgermanischen Mittelalters 2VL Die Deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. Zweite, völlig neu bearbeitete Auflage ZfdA Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur

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Abkürzungsverzeichnis

B.2. Kurztitel AA AD AM AP AS AV BF BL BN BP CI DMA EB GM GS HB IO IS LH MC PN PP RD RH RT SD TC TI

„Auctoritates Aristotelis“ Alexander de Villa Dei, „Doctrinale“ Donatus, „Ars maior“ Horaz, „De arte poetica“ Adalbertus Samaritanus, „Praecepta dictaminum“ Matthäus von Vendôme, „Ars versificatoria“ Bene von Florenz, „Candelabrum“ Bonus von Lucca, „Cedrus Libani“ Boncompagnus, „Notule auree“ ———–, „Palma“ Cicero, „De inventione“ „Documentum de modo et arte dictandi“ Eberhard von Bethûne, „Grecismus“ Gervasius von Melkeley, „Ars poetica“ Galfridus de Vino Salvo, „Summa de arte dictandi“ Hugo von Bologna, „Rationes dictandi prosaice“ Quintilianus, „Institutio oratoria“ Isidor von Sevilla, „Etymologiae“ Ludolf von Hildesheim, „Summa dictaminum“ Martianus Capella, „De nuptiis Philologiae et Mercurii libri VIIII“ Galfridus de Vino Salvo, „Poetria nova“ Johannes de Garlandia, „Parisiana poetria“ Magister Bernardus, „Rationes dictandi“ „Rhetorica ad Herennium“ Rudolf von Tours (?), „Summa dictaminis“ Guido Faba, „Summa dictaminis“ Thomas von Capua, „Ars dictandi“ Transmund, „Introductiones dictandi“

C. Literaturverzeichnis C.1. Drucke Alexander de Villa Dei, Doctrinale, pars prima (Kommentar: Johann Synthen), Straßburg [Martin Schott] 1487. Friedrich Riederer, Spiegel der waren Rhetoric. vß. M. Tulio. C. vnd andern getutscht, Freiburg im Breisgau [Friedrich Riederer] 1493. Johannes Balbus, Catholicon, Mainz [unbekannt] 1460 [Nachdruck: Westmead (Farnborough Hants.) 1971]. Papias Vocabulista, Venedig [Philippo Pinci] 1496 [Nachdruck: Turin 1966].

C.2. Edierte Quellen Adalbertus Samaritanus, Praecepta dictaminum, ed. Franz-Josef Schmale, Adalbertus Samaritanus, Praecepta dictaminum (MGH QG 3), Weimar 1961. ,Alberich-Corpus‘ (Auszüge), ed. Ludwig Rockinger, Briefsteller und Formelbücher des 11. bis 14. Jahrhunderts (Quellen und Erörterungen zur bayerischen und deutschen Geschichte, Alte Folge 9), München 1863/64 [Nachdruck Aalen 1969], 29–46. Alexander de Villa Dei, Doctrinale, ed. Dietrich Reichling, Das Doctrinale des Alexander de VillaDei, Kritisch-exegetische Ausgabe mit Einleitung, Verzeichnis der Handschriften und Drucke nebst Registern (MGPaed 12), Berlin 1893 [Nachdruck New York 1974]. Arnulfus Provincalis, Divisio scientiarum, ed. Claude Lafleur, Quatre introductions à la philosophie au XIIIe siècle (Université de Montréal. Publications de l’institut d’études médiévales 23), Montreal/Paris 1988, 295–355. Auctoritates Aristotelis, ed. Jaqueline Hamesse, Les Auctoritates Aristotelis, Un florilège médiéval, Étude Historique et édition critique (Philosophes Médiévaux 17), Louvain/Paris 1974. ,Aurea gemma‘-Gruppe, ed. Heinz-Jürgen Beyer, Die Aurea Gemma, Ihr Verhältnis zu den frühen artes dictandi (Teildruck), Dissertation, Ruhr-Universität Bochum 1973. Magister Bernardus, Rationes dictandi, ed. Ludwig Rockinger, Briefsteller und Formelbücher des 11. bis 14. Jahrhunderts (Quellen und Erörterungen zur bayerischen und deutschen Geschichte, Alte Folge 9), München 1863–64 [Nachdruck Aalen 1969], 9–46. Bene von Florenz, Candelabrum, ed. Gian Carlo Alessio, Bene Florentini Candelabrum (Thesaurus Mundi 23), Padua 1983. [Pseudo]-Boethius, De disciplina scolarium, ed. Olga Weijers, Pseudo-Boethius. De disciplina scolarium (Studien und Texte zur Geistesgeschichte des Mittelalters 12), Leiden/Köln 1976. Boncompagnus, Notule auree, ed. Steven M. Wight, Boncompagnus. Notule auree (Los Angeles 1998), – Zugriff am 06.03.09.

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Abstract In my thesis, I aim at solving the question of the position of the Summa Iovis in latemedieval university and school curricula. The Summa Iovis, as it is called in contemporary sources, is a Latin Lehrgedicht (didactic poem) about the ars dictaminis (the medieval rhetoric of letter-writing), transmitted in about 40 manuscripts primarily from 15th century Germany. To solve this issue, the thesis takes a two-step approach: First, I take a look at the Summa Iovis on a text-based level; subsequently, the dissertation focuses on the manuscript tradition, especially the interdependencies between the Summa Iovis and other texts preserved in the manuscripts. My philological analysis shows that there is strong evidence that the author of the Summa Iovis is also one of the commentators of Alexander de Villedieu’s Doctrinale and Evrad de Béthune’s Grecismus, two Lehrgedichte about Latin grammar. It is a possibility that he is also the commentator of the Ovidian Metamorphoses where he presumably used the pseudonym Iupiter. Thus, the author of the Summa was an instructor of Latin grammar who appears to have been living and working around 1300 Soissons, France. This author could possibly be identified with Jean de Clacy († 1308), a teacher from the cathedral school of Soissons. Further investigation of the Summa Iovis shows that the author skillfully used the mechanics of the genre Lehrgedicht to present the fundamental tenets of the ars dictaminis in a comprehensive way (such as stylistic errors, the appropriate greeting, the rhythmic clause [cursus] and the doctrine of the letter as an enthymeme). Following the tradition of the medieval Lehrgedicht, the pseudonymous author was concerned first with the subject matter and only then with the aesthetics. However, there are some instances where he also shows the qualities of a poet when he is dealing with rhetorical ornament. The Summa Iovis is based on the dictamen-treatise titled Summa dictaminis written by the Bolognese grammar teacher Guido Faba († 1245). When compared to this hypotext, the intention of the author of the Summa Iovis becomes quite clear: his aim was to reorganize the Summa dictaminis in order to create a comprehensible structure for the knowledge in question and hence facile study itself. Furthermore, the author integrated other didactic texts (the Doctrinale and the Grecismus) via intertextual references into the Summa Iovis. This leads to my conclusion that he probably intended the Summa Iovis to be the final stage in his propaedeutic instruction. The codicological analysis carried out in my thesis widens this view of the Summa Iovis. Although there are many manuscripts originating from a school con-

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Abstract

text, a great number of manuscripts are considered to be late medieval miscellanies and thus quite heterogeneous. These miscellanies can be divided into two groups. While manuscripts of the first group contain various introductions (covering subjects such as grammar, rhetoric, dialectic, computistic texts, etc.), manuscripts of the second group do not seem to have a common denominator. These miscellanies contain texts about pastoral care, canon law or regimines sanitatis. A closer analysis of the manuscripts of this second group shows that they were all used by priests and they can be considered to be part of collections that were used in daily routine. While, based on the author’s intention and based on the text‘s genre, the Summa Iovis had been designed as a didactic text, the manuscript tradition shows that it was used – in accordance to its title Summa – as an introduction and easy accessible reference book for the ars dictaminis. This becomes evident in a codex assembled and owned by Albertus Löffler of Rheinfelden, one of the Dominicans from Basel who lived in the mid-15th century. In addition, the Summa Iovis has not only been transmitted in manuscripts written in schools but also written in universities. The use of the Summa Iovis as liber ordinarie legendus at the faculty of arts at Vienna in the 15th century, for example, is accounted for by secondary sources. Some of the manuscripts containing university commentaries on the Summa come from a school environment and thus can be classified to have been in use by a schoolmaster, others can be classified to have been in everyday use by priests. As a result, my thesis shows that the Summa Iovis can serve as a case study to identify the ars dictaminis as part of the general education for late medieval litterati, especially for those of the lower level, such as parochial priests for example. It also provides further evidence for the late medieval university as an institution not only promoting higher academic education such as philosophy and theology but also providing this form of general education.

Register Handschriften Antwerpen, Museum Plantin Moretus Cod. M 117 52, 182 Arras, Bibliothèque municipale Cod. 880 47f, 220 Aschaffenburg, Stiftsbibliothek Ms. pap. 22 189 Augsburg, Staats- und Stadtbibliothek 2o Cod. 215 26, 44, 52f, 129, 149–155, 160, 218, 223, 228, 239f 2o Cod. 222 44, 53, 175–177, 218, 229 Augsburg, Universitätsbibliothek Cod. II.1.2o 217 189 Bamberg, Staatsbibliothek Cod. phil. 16 204 Cod. theol. 90 189 Cod. theol. 100 189 Basel, Universitätsbibliothek Cod. A I 18 196 Cod. A I 20 196 Cod. A II 39 196 Cod. A V 32 195f Cod. A VII 37 196, 199, 206 Cod. A VIII 24 196, 206 Cod. A IX 7 195, 197 Cod. B IX 31 38f, 95f, 143, 254 Cod. F VI 20 195, 197, 199, 206 Cod. F VI 28 195, 197 Cod. F VI 61 26, 53f, 96, 129, 135, 142, 162, 171f, 179, 186, 192, 195, 200– 215, 225–228, 233–235, 239 Cod. F VI 62 191f, 194–197, 206, 277 Cod. F VI 63 192 Cod. F VI 66 195, 197, 206 Cod. F VI 79 195, 197, 199, 206 Cod. F VII 6 191f, 194 Cod. F VIII 15 195, 197, 206

Cod. F VIII 16 191, 195f Berlin, Staatsbibliothek – Preußischer Kulturbesitz Cod. lat. qu. 114 200 Eichstätt, Universitätsbibliothek Cod. 683 210 Erfurt, Wissenschaftliche Bibliothek Cod. Amplon. 4o 56 160 Cod. Amplon. 4o 378 26, 44–46, 49f, 54f, 129, 167–169, 231–233, 239f, 242 Cod. Amplon. 8o 11 44, 55f, 182, 239f Cod. Amplon. 8o 14 47, 220 Erlangen-Nürnberg, Universitätsbibliothek Ms. 656 204 Freiburg i. Br., Universitätsarchiv Protokollbuch der Philosophischen Fakultät (Sig. B 38/9) 219 Freiburg i. Br., Universitätsbibliothek Cod. 81 204 Gdansk, Biblioteka Polskiej Akademii Nauk Cod. Mar. Q 8 208–211 Gniezno, Priesterseminar Cod. A5 (verschollen?) 211 Gotha, Forschungsbibliothek Cod. chart. B 13a 44, 56f, 181f, 229 Graz, Universitätsbibliothek Cod. 1259 210 Halle (Saale), Universitäts- und Landesbibliothek Cod. 86 204 Innsbruck, Universitäts- und Landesbibliothek Tirol Cod. 322 229 Isny, Ev. Nikolaikirche Cod. 15 210

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Register

Klagenfurt, Archiv der Diözese Gurk Cod. XXXI c 12 26, 44, 57f, 142, 160, 163–167, 226, 233, 239f Kremsmünster, Stiftsbibliothek CC 76 58, 162, 178–181, 208, 217f, 224, 234 London, British Library Cod. Add. 62132 A 44, 59, 184f, 239f, 242 Luzern, Zentralbibliothek Cod. KB pp 115,4 59f, 162, 171–173, 179, 208, 215, 227, 234 Mattsee, Collegiatstift Cod. 24 237 Melk, Stiftsbibliothek Cod. 54 60f, 183, 218, 231 Cod. 364 61, 183f, 218, 231 Cod. 685 61f, 182, 218 Cod. 802 62, 162, 179, 182, 208, 218 Cod. 924 62f, 129, 162, 173–175, 179, 208, 217f Cod. 929 44, 63, 185, 218, 234 Cod. 967 63f, 183, 218, 231 Cod. 988 64, 182, 218 Cod. 1063 174 Cod. 1221 211 Cod. 1941 44, 64f, 183, 218, 231 München, Bayerische Staatsbibliothek Cgm 4284 38, 65, 129, 161–163, 171, 179, 208, 217f, 225 Clm 5670 160 Clm 11713 65f, 184, 227 Clm 15612 66, 184, 227 Clm 16450 66, 183 Clm 16520 160, 212 Clm 19668 26, 39, 44, 66f, 129, 157– 161, 211, 218, 223f, 239f Clm 19697 67f, 186, 218, 228 Clm 22404 68, 184f, 227 Clm 28149 211 München, Universitätsbibliothek 4o Cod. Ms. 814 160

New York, Columbia University, Butler Library Cod. Plimpton 153 210 New York, Pierpont Morgan Library Cod. M819 236 Nürnberg, St. Ägidien, Stiftsbibliothek Cod. L 46 (verschollen) 44, 51, 68, 186, 228 Oxford, Bodleian Library Cod. Auct. F.3.9 68f, 183, 231 Cod. Digby 64 69, 182–184 Cod. Lat. Misc. d 66 69, 186, 228 Paris, Bibliothèque nationale Cod. lat. 8317 25, 43, 70, 169–171, 223, 240, 242 Cod. lat. 14746 46–48, 220 Praha, Archiv Pražského Hradu Cod. M LXVIII 160 Reims, Bibliothèque municipale Cod. 1262 48, 220 St. Gallen, Stiftsbibliothek Cod. 841 70f, 162, 177–179, 208, 210, 224, 234 St. Georgenberg-Fiecht, Stiftsbibliothek Cod. 141 56, 155–157, 217f, 225 Troyes, Bibliothèque municipale Cod. 2015 71, 184, 227 Uppsala, Universitetsbibliotek Cod. C 128 44, 71f, 182, 239f, 242 Utrecht, Bibliotheek der Rijksuniversiteit Cod. 824 210 Wien, Österreichische Nationalbibliothek Cod. 303 160 Cod. 3146 210 Cod. 3619 72, 184, 217f Cod. 3820 44, 72f, 185, 218 Cod. 4119 211 Cod. 4762 155 Cod. 4953 73, 184, 217, 227 Cod. 5006 73, 183f, 216, 218 Cod. 5243 189 Wien, Schottenstift Cod. 399 74, 186, 211, 218



Personen, Werke und Orte

Wolfenbüttel, Herzog-August-Bibliothek Cod. Guelf. 18.30 Aug. 4o 160 Wrocław, Biblioteka Uniwersytecka Cod. IV Q 81b 160

333

Zwettl, Stiftsbibliothek Cod. 330 74, 162, 179, 182, 184f, 208, 234

Personen, Werke und Orte „Ab Aristotele principe philosophorum“ 234 „Accipe de sale“ 228 Adalbertus Samaritanus, „Praecepta dictaminum“ 12, 102 Adam, „Summula de summa Raymundi“ 189 Adilbertus Augustanus, „Vita sancti Simperti“ 176 Aegidius Roanus, „Tractatus de peccati originali“ 196 Aegidius von Corbeil, „Flos medicinae“ 28 Alanus ab Insulis, „Anticlaudianus“ 190; „De planctu naturae“ 156f; „Liber parabolarum“ 42, 175–178, 227 Ps.-Alanus ab Insulis, „De poenitencia et confessione“ 177 Alberich von Montecassino 12, 14, 103 Albert von Diessen, „Speculum clericorum“ 184 Albrecht II. von Habsburg 205 Albrecht III. von Österreich 289 Alexander de Villa Dei, „De algorismo“ 218f; „Doctrinale“ 18f, 21, 28–32, 47–50, 126, 133, 147, 161–163, 167, 188, 198, 215f, 220f, 223f, 230f; „Massa compoti“ 194 Algeri, Johannes, „Computus chirometralis“ 164, 166, 191, 195, 226 Anianus, „Computus manualis“ 170 Aristoteles, „De somno et vigilia“ 157; „Ethica ad Nicomachum“ 169 Aristoteles (Metatexte), „De caelo et mundo“ 157; „In libros ethicorum“ 157; „Meteorologiae“ 174f; „Quaestiones super libros elencorum“ 195, 197; „Quaestiones super libros physicorum“ 195, 197; „Quaestiones super libro priorum

Aristotelis“ 195, 197; „Quaestiones super 1., 2. et 4. libros de caelo et mundo“195, 197 Ps.-Aristoteles, „De causis“ 157; „Physiognomia“ 157, 195, 197; „Secretum secretorum“ 155, 157; „Epistola Aristotelis ad Alexandrum“ (dt.) 155 „Aristoteles summus“ 159 Arnulfus Provincalis, „Divisio scientiarum“ 231 „Auctoritates Aristotelis“ 166f, 173, 185 Augsburg 150, 153, 176, 218 Augustinus 12 „Aurea Gemma“-Gruppe 77–79, 84f, 88, 114, 120 Bartholomaeus von Maulbronn, „Quaestiones super libros topicorum Aristotelis“ 195, 197 Basel 159, 171f, 186f, 194, 205f, 215, 224 Bene von Florenz 45, 222; „Candelabrum“ 13f, 76, 78, 80–84, 86, 88–91, 93f, 96–107, 109f, 112, 114–116, 118–122, 125–128 Berg (Gft.) 143 Bernardus 11, 13; „Rationes dictandi“ 76, 78, 80f, 84, 98, 105, 108, 112, 122, 127 Bernhard von Meung 233; „Flores dictaminum“ 13 Bernolt, Georius 172 Besuire, Pierre 185 Blarer, Diethelm 178 Ps.-Boethius, „De disciplina scolarium“ 42, 183

334

Register

Bologna 13f, 44, 79, 81, 222 Bonaventura, „Itinerarium mentis in Deum“ 196 Boncompagnus da Signa 45; „Notulae aureae“ 122–124, 140; „Palma“ 77, 79f, 97f, 107, 109; „Rhetorica novissima“ 14, 79; „Rota veneris“ 14 Bonus von Lucca, „Cedrus Libani“ 76–78, 94, 98; „Myrrha“ 94 Boscovich, Roger, „De solis et lunae defectibus“ 20 Buchhorn 178 Buridanus, Johannes 184 Cancer, Johannes 172 Cassiodor 11f; „Expositio Psalmorum“ 77 Celtis, Konrad, „Tractatus de condendis epistulis“ 16 Cicero, Marcus Tullius, „De inventione“ 14f, 77, 93–98, 100, 107f, 110, 112, 115–117 Chrysogonus s. Krapf, Johannes Commodianus, „Instructiones“ 18 Crispus, „Carmen medicinale“ 17 Cristan, Bernhardus 171–173 Cristianus, „Orationes super libro posteriorum Aristotelis“ 195, 197 „De chirurgia“ 17 „De confessione“ 199 „De contemptu mundi“ 170 „De iure canonico et ciuili et de magistris eius“ 158 Delius, Matthäus, „De arte iocandi“ 20 „De nativitate“ 178 „De nomine“ 174 „De partibus orationis“ 163 „De quadrante“ 191 „De rarissimis vocabulis“ 167 „Disticha Catonis“ 42f, 97, 190, 195, 200, 227; „Breves sententiae“ 158 „Documentum de modo et arte dictandi“ 93, 98, 107, 113

Donatus, Aelius 21f, 28, 31, 224; „Ars maior“ 19, 85, 87, 90, 113, 117f, 120, 126f, 167, 169; „Ars minor“ 174, 211; „Disputata super Donato“ 195 Draegsl (Dragsl), Johannes s. Quirinus von Tegernsee Ebendorfer, Thomas 155 Eberhardus Alemannus, „Laborinthus“ 149, 154, 203f Eberhard von Béthune, „Graecismus“ 19, 21, 29, 31f, 42, 46–50, 86, 147f, 198, 220f, 223, 230 „Ecloga Theoduli“ 42, 184 Ennius, „Annales“ 83, 90 Erasmus von Rotterdam, „Opus de conscribendis epistulis“ 16 Erfurt 167, 169, 205 Eugen IV. 179 Faba, Guido 44f, 222f; „Arengae“ 45; „Dictamina rhetorica“ 45; „Exordia“ 45; „Gemma purpurea“ 45; „Parlamenta et epistulae“ 45; „Petitiones“ 45; „Summa dictaminis“ 14, 44f, 75, 77–80, 82–86, 88–92, 94–98, 100–102, 104–106, 109, 111f, 114–122, 124–127, 139–147, 160, 222, 229, 234f, 242, 254; „Summa de vitiis et virtutibus“ 45 Fabri, Johannes, „Carmen de quarundam dictionum recta pronuntiatione“ 20 „Facetus Moribus et vita“ 171,173 Fluk, Johannes, „Parva logicalia cum regulis magistri Bartholomaei“ 195 „Floretus“ 195, 199 „Formulae Marculfi“ 12 Franciscus de Monte Leonis, „Carmen de modo syllabicandi“ 180 Freiburg im Breisgau 46, 218f, 224f Fridericus de Nuremberga, „Quaestiones super libros physicorum Aristotelis“ 195, 197 Friedrich II. der Sanftmütige 205



Personen, Werke und Orte

Friedrich II. von Domneck 205 Friedrich von Nürnberg, „Deutsche Rhetorik“ 123 Frowin von Krakau, „Antigameratus“ 158 Galfridus de Vino Salvo 203f, 214; „Poetria nova“ 18, 42, 82, 87, 91, 93, 107, 149, 154, 160, 176, 180f, 183f; „Summa de arte dictandi“ 78, 81, 83–85, 88f, 91, 95, 98f, 102, 105–107, 109, 115, 118f, 121–123, 141 Gartner, Jodocus, „Commentarius primi et secundi libri periarmeneias“ 195, 197; „Disputata primi tractatus Petri Hispani dicta Wienensium“ 195, 197 Gautier de Château-Thierry 170 Gerhardus de Vliederhoven (?), „Libellus de quatuor novissimis“ 196 Gerson, Johannes, Opera varia 196 Graff, Peter 178 „Grammatellus“ 179f, 224 Guido de Columnis, „Historia destructionis Troiae“ 190 Hans vom Stein von Klingenstein 288 Heidelberg 187f, 191–200, 205, 215, 225, 286 Hessus, Eobanus 20 Hieronymus von Prag 286 Hochheim 187 Hofür, Leonardus 174 Homeros, „Illias“ 124 Horatius Flaccus, Quintus 107; „De arte poetica“ 18, 92f, 98, 100, 109 Hugo, „Avianus novus“ 42 Hugo von Bologna, „Rationes dictandi prosaicae“ 77, 79f, 98, 105, 108f, 112 Huguccio von Pisa, „Derivationes“ 27, 103, 114, 117 Hus, Johannes 286 Hutten, Ulrich von, „Ars versificatoria“ 20 Hymnus „Salve festa dies“ 169

335

Innozenz IV. 170 Iring, Cůnradus 218 Isidor von Sevilla, „Etymologiae“ 77, 84, 86–90, 110, 113, 118, 120, 127 Isny 178 Jacobus de Cessolis, „Libellus de moribus hominum et de perfectione spirituali vitae“ 196 Jacobus de Gumpelczkorchen 175 Jacobus von Dinant, „Summa dictaminis“ 76, 78, 84, 88, 91, 94, 96, 126 Johannes Balbus, „Catholicon“ 114 Johannes Bondi de Aquilegia 179 Johannes Chrysostomus, „De sacerdotio“ 196 Johannes de Albertorff 175 Johannes de Athesi 156 Johannes de Garlandia, „Ars lectoria ecclesiae“ 24; „Compendium grammaticae“ 24; „Cornutus sive Distigium“ 157f, 170, 192, 194; „Dictionarius metricus“ 168; „Aequivoca I“ 192, 194; „Normina et verba defectiva“ 192, 194; „Parisiana poetria“ 85, 87, 90, 93, 98f, 101, 104, 106, 113f, 118, 186; „Synonyma“ 161, 192, 194, 228; „Verba deponentialia“ 167, 192, 194 Ps.-Johannes de Garlandia, „Composita verborum“ 192, 194; „De verbis neutralibus“ 192, 194 Johannes de Hauvilla, „Architrenius“ 183 Johannes de Polonia (?), „Computus metricus“ 164 Johannes de Sacrobosco, „Algorismus“ 191, 196, 218 Johannes de Vergilio, „Ars dictaminis“ 126 Johannes Synten 231 Johannes von Bauveais, „Liber pauperum“ 21 Johannes von Cornwall, „Speculum grammaticale“ 183 Johannes von Lauburg, „Compendium metricum“ 168

336

Register

Johannes von Limoges, „Morale somnium Pharaonis“ 185 Johannes II. von Nassau 205 Juan de Palomar 156 Jülich 143 Karoch, Samuel 237 Köln 153 Konrad von Mure, „Summa de arte prosandi“ 126 Konrad von Rosenberg 288 Konrad von Soltau, „De summa trinitate et catholica fide“ 189 Konstanz 286 Knoll, Conradus 219 Krapf, Johannes 163, 225 Kremsmünster 218 Lathomi, Johannes 170, 224 Laurentius de Aquilegia, „Practica dictaminis“ 14, 179, 205 LeMaçon , Jean s. Lathomi, Johannes Liebenau 187 Lippis, Johannes 178 Locher Philomusus, Jakob 190 Löffler, Albertus 172, 186–200, 203–208, 213, 215, 228, 234 Löffler, Hartmann 186 Löffler, Ruedi 186 Löffler, Verena 186 Löffler, Wernli 186 Lucretius Carus, Titus, „De rerum natura“ 16f Ludolf von Hildesheim, „Summa dictaminum“ 76–78, 81, 83f, 101, 104, 106, 123, 150f, 173f Mainz 205 Manilius, Marcus, „Astronomica“ 17 Marbod von Rennes, „De lapidibus“ 18 Marsilius von Inghen, „De consequentiis“ 191, 194; „Obligatoria“ 157; „Parva logicalia“ 191f, 194, 197

Martianus Capella, „De nuptiis Philologiae et Mercurii“ 82f, 86f, 90, 116–120 Martinus, „Cato novus“ 42 Martinus de Gyslingen 177 Martinus de Senging 150 Marius Victorinus 107 Matthäus von Krakau, „Certamen rationis et conscientiae“ 196 Matthäus von Vendôme, „Ars versificatoria“ 92, 98, 107, 113, 118, 120, 136; „Tobias“ 42 Melanchthon, Philipp 20 Melk 150, 173, 218 „Metra de statutis scholarum“ 195, 199 „Modus legendi libros iuris canonici“ 173 Molitor, Stephanus, „Regulae grammaticales“ 174 Mondsee 216, 218 Mons 143 Montmirail 47 Nikolaus von Dybin 183, 233; „Correctoria“ 177f, 210; „Declaratio orationis de beata Dorothea“ 201, 203f, 207f, 214; Kommentar zum „Laborinthus“ 208–211; „Oratio de beata Dorothea“ 200f, 203, 207, 214; „Sporta florum rhetoricalium“ 171–173, 195, 201–204, 207–214, 219, 227–229, 233f; „Viaticus dictandi“ 177f, 200, 208, 210 Nikolaus von Dinkelsbühl, „De decem praeceptis“ 196; „De tribus partibus poenitentiae“ 196; „Quaestiones quarti libri sententiarum“ 196 Nikolaus von Jauer, „Tractatus se superstitionibus“ 196 „Nieman froe mde nehmen sol“ 195 „Nova aequivoca“ 192, 195 Nürnberg 162, 181 Odo von Meung, „Macer floridus“ 18 Oliverus Brito, „Philosophia“ 231 Orentius, „Commonitorium“ 18



Personen, Werke und Orte

Orléans 143 Ornulf von Speyer, „Rhetorici colores“ 113 Otto von Lüneburg 183; „Compendium poetriae novae“ 149, 154, 158, 160, 163f, 166f, 177, 212, 226, 229f; „Novus cornutus“ 192, 194 Ovidius Naso, Publius 17; „Ars amatoria“ 129, 171; „Metamorphoses“ 48, 50, 220f Ps.-Ovid, „Ars amatoria“ 200; „Remedia amoris“ 171f „Pamphilus de amore“ 42, 171–173 Papias, „Elementarium doctrinae erudimentum“ 114 Paris 24, 170, 205, 224 Passau 162 Paulus Camaldulensis, „Introductiones dictandi“ 115 Paulus de Sancta Maria, „Scrutinium scripturarum“ 196 Perotti, Niccolò, „Rudimenta grammatices“ 216 Petrus de Isolella, „Summa grammatice“ 167 Petrus Hispanus 184; „Summulae logicales“ 109, 163, 166, 226 Pfister, Narcissus 153f, 223 Philipp II. Augustus 106 „Physiologus Theobaldi“ 178, 184 Pictorius, Georg 20 Pius II. 171f Prag 162 Preller, Heinrich 163 Priscianus 21f, 28, 31, 231; „Institutiones grammaticae“ 118, 126 Proba, Cento 169f „Proverbia Fridanci“ 199 Puff, Michael 161 „Qui non confusum“ 150, 154, 228 Quintilianus, Marcus Fabius, „Institutio oratoria“ 84f, 87, 89–91, 110f, 113, 120, 124f Quirinus von Tegernsee 159f, 212, 224

337

Raimund de Peñafort, „Summa de casibus poenitentiae“ 189 Rainerus Alemannicus, „Thesmophagia“/ „Phagifacetus“ 42 Ratinck, Amplonius 167 „Ratio de summa trinitate et fide katholica“ 156f „Regimen sanitatis Salernitanum“ 172f, 181 Rheinfelden 187, 196, 200, 205 „Rhetorica ad Herennium“ 14f, 77, 82–84, 87f, 91–96, 107f, 110, 112–119, 121, 132–134, 143–145 Riederer, Friedrich, „Spiegel der waren Rhetoric“ 46, 129, 219, 228f Robert Kilwardby, „De ortu scienciarum“ 232 Rötteln 205 „Rogatibus quidem vestris“ 205, 207, 228f Rott am Inn 218 „Rudium doctrina“ 42, 170 Rudolf von Liebegg, „Pastorale novellus“ 43, 189 Rudolf von Tours (?), „Summa dictaminis“ 98, 107–109, 112 Saladin 106 Sausenberg 205 Schanzler, Ludwig 173 Sedulius, „A solis ortus cardine“ 169f; „Cantemus, socii, Domino“ 169f; „Carmen paschale“ 169f Seligenstadt 159 „Sertum rhetoricae“ 183 Servius, „Commentarius in artem Donati“ 87 Seydeneer, Andreas 175 Soissons 47, 49, 143, 220 Somervelt, Georius 176 „Somnium cuiusdam clerici“ 23 Spechtshart , Hugo, „Flores musicae“ 191f, 196; „Forma discendi“ 180; „Speculum grammatice“ 24, 27f, 32 Spechtshart, Konrad s. Spechtshart, Hugo Speyer 153

338

Register

Steinbach 187 Stephanus de Prukk 174 „St. Galler Sprichwörter“ 178 St. Georgenberg 218 Straubinger, Leonard 150 Sumer, Johannes 161, 163, 225, 228 „Summa dictaminum metrica“ 229f Tegernsee 159, 161, 163, 212, 218 Thomas von Aquin, „De perfectione spirituali vitae“ 196; „In Dionysii De divinis nominibus“ 109; „Summae theologiae secunda secundae“ 109 Ps.-Thomas von Aquin, „De instantibus“ 197 Thomas von Capua 222; „Ars dictandi“ 78, 81f, 96–104, 106 Thomas von Chobham, „Summa de arte praedicandi“ 109 Toulouse 24 „Tractatus de constructione et de regiminibus“ 174 „Tractatus de musica mensurabili“ 196 Transmundus, „Introductiones dictandi“ 76–78, 81, 85, 87, 89f, 98, 101, 112, 114f, 118f, 121f, 125f, 128 „Tria sunt“ 80, 93, 110f, 222 Tutz, Johannes, „Sermones de tempore et de sanctis per circulum anni“ 181 Ulm 187–191, 194f

Ulsen, Dietrich 20 Ventura da Bergamo, „Brevis doctrina dictaminis“ 118, 126 Vergilius Maro, Publius, „Aeneis“ 90; „Georgica“ 17, 129 Victor, Caius Julius, „Ars rhetorica“ 11 Vilshofen 162 Vitalis von Blois, „Gaeta“ 42 „Vocabularius Ex quo“ 161, 179f, 183, 224f Wagner, Petrus 154 Wasserburg 178 Weiler, Jodok 184 Wels 179 Wernher von Schussenried 34 Weydacher, Georg 163 Widmann, Johannes 161 Wien 46, 155–157, 161f, 174, 177, 179, 183–185, 188, 205, 215–219, 224, 229, 286 Wilhelm de Montibus, „Poenitentiarius“ 42f, 173f, 178 Wilhelm IX. von Aquitanien 236 Wilhelm von Auvergne, „De faciebus mundi“ 196, 199 Wilhelm von Grünenberg 288 Wolfgangus de Herczenburga 175 Worms 205 Wyle, Nikas, „Colores rhetoricales“ 234

ORDO STUDIEN ZUR LITERATUR UND GESELLSCHAFT DES MITTEL ALTERS UND DER FRÜHEN NEUZEIT HERAUSGEGEBEN VON ULRICH ERNST, CHRISTEL MEIER UND KLAUS RIDDER

EINE AUSWAHL

BD. 11 | GESINE MIERKE MEMORIA ALS

BD. 7 | ULRICH ERNST

KULTURTRANSFER

DER ›GREGORIUS‹

DER ALTSÄCHSISCHE »HELIAND«

HARTMANNS VON AUE

ZWISCHEN SPÄTANTIKE UND FRÜHMIT-

THEOLOGISCHE GRUNDLAGEN – LEGEN-

TELALTER

DARISCHE STRUKTUREN – ÜBERLIEFE-

2008. 375 S. BR.

RUNG IM GEISTLICHEN SCHRIFTTUM

ISBN 978-3-412-20090-9

2002. XIII, 285 S. BR. ISBN 978-3-412-09302-0 BD. 8 | ULRICH ERNST, KLAUS RIDDER (HG.)

KUNST UND ERINNERUNG MEMORIALE KONZEPTE IN DER ERZÄHLLITERATUR DES MITTELALTERS 2003. XVII, 325 S. MIT 4 S/W-ABB. BR. ISBN 978-3-412-09902-2

BD. 12 | CHRISTIANE ACKERMANN IM SPANNUNGSFELD VON ICH UND

BD. 9 | SIBYLLE HALLIK

KÖRPER

SENTENTIA UND PROVERBIUM

SUBJEKTIVITÄT IM »PARZIVAL«

BEGRIFFSGESCHICHTE UND

WOLFRAMS VON ESCHENBACH UND IM

TEXTTHEORIE IN ANTIKE UND

»FRAUENDIENST« ULRICHS VON

MITTELALTER

LIECHTENSTEIN

2008. XVI, 711 S. BR.

2009. X, 378 S. 3 S/W-ABB. BR.

ISBN 978-3-412-02306-5

ISBN 978-3-412-20150-0

BD. 10 | RUTH SASSENHAUSEN

BD. 13 | RÜDIGER LORENZ

WOLFRAMS VON ESCHENBACH

SUMMA IOVIS

»PARZIVAL« ALS

STUDIEN ZU TEXT UND TEXTGEBRAUCH

ENTWICKLUNGSROMAN

EINES MITTELALTERLICHEN LEHR-

GATTUNGSTHEORETISCHER

GEDICHTS

ANSATZ UND LITERATUR-

2013. 340 S. 3 S/W-ABB. BR.

PSYCHOLOGISCHE DEUTUNG

ISBN 978-3-412-21036-6

2007. VII, 473 S. BR.

SG830

ISBN 978-3-412-18506-0

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