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German Pages 305 [308] Year 2000
StrukturEvolution Innovation, Technologieverflechtung und sektoraler Strukturwandel
Von
Prof. Dr. Hermann Schnabl an der Universität Stuttgart
R.Oldenbourg Verlag München Wien
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Schnabl, Hermann: Struktur-Evolution : Innovation, Technologieverflechtung und sektoraler Strukturwandel / Hermann Schnabl. München ; Wien : Oldenbourg, 2000 ISBN 3-486-23216-9
© 2000 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0, Internet: http://www.oldenbourg.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säure- und chlorfreiem Papier Gesamtherstellung: WB-Druck, Rieden ISBN 3-486-23216-9
III
Inhaltsverzeichnis Vorwort KAPITEL 1: Innovation und Strukturwandel 1.1 Definitionen 1.1.1 Innovation 1.1.2 Technologische Verflechtung 1.1.3 Strukturevolution 1.2 Zur Motivation 1.3 Der Verflechtungsaspekt 1.4 Indikatoren des technischen Wandels 1.5 Problematik der Indikatoren
1 1 3 4 5 9 10 11
KAPITEL 2: Basiskonzepte technologischer Verflechtung 2.1 Verknüpfiingsstrukturen des Forschungsprozesses 2.1.1 Allgemeine Grundlagen 2.1.2 Die Forschungsinfrastruktur 2.1.3 Die F & Ε - Outputs 2.1.4 Forschungskegel und Kegeltheorie 2.2 Spillovers, Ergebnisketten, technologische Pfade
15 15 20 20 22 26
KAPITEL 3: Technologieverflechtung: Die Input-Output-Instrumente 3.1 Input-Output-Tabellen 39 3.1.1 Funktionelle vs. Institutionelle Tabellen 39 3.1.2 Die Erstellung der Input-Output-Tabelle 41 3.2 Die Input-Output-Technik als Analyseinstrument 48 3.2.1 Das statische offene Mengen-Modell 49 3.2.2 Das Quadrant-V-Modell 53 3.3 Zurechnungsmodelle 55 3.3.1 Das Basismodell der Zurechnung 56 3.3.2 Das Modell der direkten Zurechnung 58 3.3.3 Das Standardmodell der Zurechnung 60 3.3.4 Verschiebung der Zurechnung auf das Produktionssystem: Subsysteme 63 KAPITEL 4: Qualitative Strukturanalyse 4.1 Netzwerke und ökonomische Verflechtung 4.2 QIOA: Methoden und Vorgehensweise 4.2.1 Die Berücksichtigung indirekter Verflechtungen 4.2.2 Ein empirisches Beispiel 4.3 Die Minimal-Flow-Analyse (MFA) 4.3.1 Von den Quantitäten zur Struktur-Qualität 4.3.2 Die MFA: Methode und Vorgehensweise
73 73 76 86 92 93 95
IV
4.3.3 4.3.4 4.3.5 4.3.6 4.4 4.4.1 4.4.2 4.4.3 4.5 4.5.1 4.5.2 4.6
Die endogenisierte Filterschwelle Unterschiede zwischen QIOA und MFA Ein empirisches Beispiel Die Option der Standardstruktur Produktionstrassen und Industrielle Komplexe: Die DFI-Methode Die Methode Ein empirisches Beispiel Kritik der DFI-Methode Robustheit und Sensitivität: Die ICA Die ICA-Methode Ein empirisches Beispiel Fazit
KAPITEL 5: Analyse der Innovationsverflechtung 5.1 Die einzelnen Verfahrensweisen 5.1.1 Output-Indikator nutzende Methoden 5.1.2 Die Verwendung von Patenten als Innovations-Indikatoren 5.1.3 Die Verwendung von Input-Indikatoren 5.2 Empirische Analysen zur Innovationverflechtung in Deutschland 5.2.1 Die F&E-Kapitalstock-Analysen des DIW 5.2.2 Die Innovationsverflechtungs-Analysen des ifo-Instituts 5.2.3 Eine Vergleichsanalyse mit SPRU-Daten 5.3 Die Subsystem MFA als Analysemethode 5.3.1 SMFA: Die Methode 5.3.2 Ein empirisches Beispiel: F&E-Kapitalstock-Zurechnung für 1986
99 104 107 122 127 127 129 136 137 137 139 147
149 151 155 159 161 162 170 173 176 177 180
KAPITEL 6: Das Nationale Innovationssystem der Bundesrepublik 6.1 Nationale Innovationssysteme (NIS) 185 6.2 Die Datenbasis der Analyse 187 6.3. Ergebnisse der SMFA 188 6.3.1 Die Aktuelle Struktur 188 6.3.2 Die Standardstruktur 195 6.4 Eine Einschätzung der Methode 202 6.4.1 Das Potential der SMFA-Technik 202 6.4.2 Die Schwächen der SMFA-Technik 203 6.5 Fazit 204 KAPITEL 7: Die Evolution der Produktionsstrukturen 7.1 Innovation und Produktion 7.2 Die Entwicklung der Produktionsstruktur Deutschlands 1978-1995 7.2.1 Die Datenbasis der Deutschland-Analyse 7.2.2 Der Strukturwandel der deutschen Wirtschaft 1978 -1990 7.2.3 Die Struktur nach der Wiedervereinigung (1995)
207 208 208 209 216
ν
7.2.4 Anhang: die Standardstrukturen 7.3 Die Entwicklung der Produktionsstrukturen in Deutschland, Japan und den USA 1980-1990 7.3.1 Gibt es ein einheitliches Entwicklungsmuster ? 7.3.2 Ergebnisse der Analyse 7.3.2.1 Die Produktionsstruktur Deutschlands 7.3.2.2 Die Produktionsstruktur Japans 7.3.2.3 Die Produktionsstruktur der USA 7.3.3 Anhang: die Standardstrukturen 7.4 Evolutorische Aspekte 7.4.1 Preise und Produktivitätsfortschritt 7.4.2 Nachfrageausweitung 7.4.3 Wachstumspotential oder „genetische Fitneß" eines Sektors 7.5. Fazit
218 223 223 224 224 228 231 237 242 242 243 244 251
KAPITEL 8:Die Wirkungen der Innovation auf Wachstum, Produktivität und Beschäftigung 8.1 Einleitung 253 8.2 Zur Vorgehensweise der Analyse 254 8.2.1 Die F&E-Produktionsfunktion 255 8.2.2 Der Indikator „Eigeninnovation" 258 8.3 Innovation und Wachstum 262 8.4 Innovation und Produktivität 268 8.5. Innovation und Beschäftigung 273 8.6 Das Identifikations-Paradox 282 8.7 Fazit und Ausblick 285
Literatur
287
Index
297
VII
Vorwort Dieses Buch ist aus einer Vorlesung über „Innovation, Technologieverflechtung und Strukturwandel" an der Universität Stuttgart hervorgegangen, stellt in seiner gegenwärtigen Konzeption aber gleichzeitig eine Einführung in die für diesen Fragenkreis relevanten Methoden der Strukturanalyse dar, die teilweise - wie die MFA (Minimal Flow Analyse) - vom Autor selbst entwickelt wurden. Der Titel der Vorlesung - als Untertitel des Buches noch präsent - definiert gleichzeitig ein ebenso spannendes wie ambitioniertes Forschungsprogramm, das in der modernen Innovationsökonomik immer stärker Fuß faßt, aber noch weit davon entfernt ist, sein Ziel erreicht zu haben. Damit wendet sich das Buch auch an Leserinnen und Leser die evolutorische Konzepte zur Erklärung der wirtschaftlichen Realität interessant finden oder mehr über die Bedeutung und Wirkungsweise von Innovationen oder von nationaler Technologieverflechtung und ihrer Einflußnahme auf den sektoralen Strukturwandel erfahren möchten. Dem folgt auch der Aufbau des Bandes. Einerseits wird - zusammengefaßt unter dem Stichwort Qualitative Strukturanalyse - der aktuelle Stand der Methoden zur Erforschung relevanter Sektorbeziehungen referiert und mittels einfacher Beispiele wie auch empirischer Anwendungen veranschaulicht, anderseits wird aufgezeigt, wie mit diesen Methoden das genannte Forschungsprogramm weiter vorangetrieben werden kann. Wie immer verbleibt an dieser Stelle die Aufgabe Dank abzustatten an diejenigen, die mit ihrer Hilfe dazu beigetragen haben, daß dieses Buch entstehen konnte. Herrn Dr. Lars Dieterle, Lehman Brothers, Frankfurt, danke ich für ein Excel-Makro, das die Darstellung der Sektorennamen in Graphen automatisiert. Bei Prof. Thomas Siebe, FH Gelsenkirchen, habe ich mich für seine kritischen und konstruktiven Anmerkungen zum letzten Kapitel zu bedanken. Nicht zuletzt möchte ich dem Lektor des Verlags, Herrn Dipl. Volksw. Martin Weigert meinen Dank aussprechen für seine Geduld, dem Abschluß der Arbeiten immer wieder ermunternd „entgegenzusehen", ohne beim Autor je das Gefühl zu initiieren er sei unter Druck, noch daß das Buch nicht wichtig genug sei, es doch bald fertigzustellen. H. Schnabl
KAPITEL 1
Innovation und Strukturwandel Innovation ist in Deutschland mittlerweile zu einem Schlagwort geworden, mit dem alles kuriert werden soll oder vermeintlich kuriert werden kann, was im Augenblick am „Standort Deutschland" zu bemängeln ist. Die sog. Globalisierung besteht zumindest teilweise in einem weltweiten Wettlauf um Innovationen auf allen Gebieten, vor allem aber auf dem Gebiet der sog. „HiTech". Innovationen schaffen neue Produkte und neue Absatzmärkte, möglicherweise auch dadurch neue Arbeitsplätze, falls sie sie nicht gerade auch vernichten. Es ist deshalb nur naheliegend, sich mit der Bedeutung dieses Elements fur die Zukunft einer Wirtschaft zu befassen, seine Verknüpfungen mit Wachstum einerseits, davon ausgelöstem Strukturwandel andererseits aufzuspüren, um so einen Blick in die Zukunft werfen zu können, die ansonsten völlig im Dunkel bleiben muß. 1.1 Definitionen 1.1.1 Innovation Der Begriff der Innovation ist in der Ökonomik und Wirtschaftspolitik zu einem wichtigen Schlagwort geworden seit
SCHUMPETER
sie als die wesentliche Ursache für
die „evolutorische" Entwicklung marktwirtschaftlich organisierter Wirtschaften verantwortlich gemacht hat. Für ein sinnvolles wissenschaftliches Vorgehen ist dabei angeraten, zwischen •
Invention (Erfindung, Auftauchen der Idee)
•
Innovation (im engeren Sinne, d.h. wirtschaftliche Umsetzung)
•
Adoption (d.h. Annahme, Akzeptanz im Sinne wirtschaftlichen Erfolgs)
und
zu unterscheiden, da dies die verschiedenen Stufen sind, in denen uns das Phänomen Innovation (im w.S.) begegnet. Legen wir einer Innovation den üblichen Produktlebenszyklus zugrunde, so kann man auch noch die weiteren Stadien •
Entwicklung (zur Reife)
•
Endstadium (Reifestadium, Marktsättigung, Marktrückzug)
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unterscheiden, die jedoch im Rahmen einer innovatorisch orientierten Theorie von geringerem Interesse sind. Ein größeres, nichttriviales Problem ist dabei was eigentlich als Neuerung (im Sinne der Innovation) zu verstehen ist. Ist die neue Farbe eines Produkts schon eine Innovation ? Wahrscheinlich nicht, es sei denn sie läßt sich nur mit größter Mühe darstellen (z.B. eine 'Schwarze Rose'). Ein schwarzes Auto wird jedoch für sich noch keine Innovation beinhalten. Hingegen sind neue Stoffeigenschaften z.B. bei Textilien (berühmtes Beispiel: Nylon) durchaus als Innovation anzusehen, ebenso wie neuartige Kombinationen wesentlicher Inhaltsstoffe von Gütern, die den Konsumenten i.d.R. auch neue oder verbesserte Funktionen eröffnen. Theoretisch ließe sich dieser Aspekt mit LANCASTERS
Theorie der Gütereigenschaften (Characteristics) angehen, dürfte jedoch
mit der praktischen Umsetzung in erhebliche Schwierigkeiten geraten. Im Sinne der evolutorischen Ökonomik kann man danach zwei Arten von Innovationen unterscheiden: •
radikale oder genetische, die "größere Sprünge" beinhalten wie beim Transistor
•
inkrementelle oder graduelle, bei denen lediglich einzelne Charakteristiken parametrisch verändert werden (Auto ist 10% sparsamer, fährt 20Km/h schneller)
Beim ersten Innovationstypus ist der Neuheitsgehalt drastisch, was i.d.R. wegen der nur beschränkt aufnahmebereiten Haltung der potentiellen 'User' eher zur Ablehnung führen dürfte. Evolutionsökonomisch entspräche dieser Typus der sog. Makroevolution, bei der größere Entwicklungssprünge, ja sogar Strukturbrüche, der Entwicklung vorkommen. Bei der graduellen Innovation nimmt der Neuigkeitsgehalt auch nur graduell zu, was der Informationsverarbeitung des Nutzers eher gerecht wird und damit der Adoption weniger im Wege steht. Dieser Typus entspricht der Mikroevolution, die eher eine sanfte Fortentwicklung beinhaltet. Wir sehen, daß Innovation als ökonomischer Sachverhalt eng mit Kommunikation verknüpft ist. Kommunikative Gesetzmäßigkeiten spielen mithin auch für Innovationen eine wichtige Rolle. Wir müssen uns darüber im klaren sein, daß wirklich Neues beim Adressaten definitionsgemäß quasi auf eine Tabula rasa trifft: Er muß mehr oder weniger aktiv werden und seine Informationsverarbeitung einzusetzen, um den Neuigkeitsgrad zu reduzieren, d.h. lernen um das Produkt kennenzulernen. Dies ist i.d.R.
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mühsam und könnte deshalb von den Konsumenten abgelehnt werden. Darüber hinaus besitzt er - sofern es sich um eine wirklich neues Produkt handelt - noch keine Präferenzen fur das Produkt, sie müssen sich erst bilden. Da er noch nicht weiß, wie er es „einordnen" soll, ist er unsicher, was ihn gegenüber dem Produkt (oder der Sache, der Information etc.) vorsichtig macht. Er wird deshalb erst einmal abwarten und sich orientieren, was die anderen machen, sich dann eventuell anschließen. Dies erklärt, warum die Diffusion Zeit benötigt. Wegen der kommunikativen Basis einer Innovation können wir geradezu folgern, daß der Diffusionsprozeß desto mehr Zeit benötigen wird, je neuer das Produkt ist. Schließlich geht es auch darum, daß zur Einschätzung des Produkts die Informationslage stabil ist. Ein verwirrendes Image eines Produkts wird potentielle Käufer eher abhalten, d.h. sie sind dann nicht besonders risiko- oder „spiel"-freudig. Bei inkrementellen Innovationen hingegen sind die Präferenzen grundsätzlich schon geprägt - zumindest in hinreichendem Ausmaß - und werden durch die innovative Veränderung nur leicht verformt. Desgleichen ist der Sicherheitsaspekt bezüglich der Gültigkeit der Informationen nur geringfügig tangiert und wesentlich schneller überprüft. Eine generische Innovation bedeutet also für einen Unternehmer auch ein größeres Risiko bezüglich des Erfolgs. Er wird wahrscheinlich eine derartige Innovation nur in Bereichen wagen, wo der Erfolg möglich scheint. Des weiteren können wir vermuten, daß auf dem Markt die inkrementellen Innovationen dominieren werden, da sie allgemein bessere Durchsetzungschancen besitzen und die Erfolgswahrscheinlichkeiten besser kalkulierbar erscheinen. 1.1.2 Technologische Verflechtung Eine andere Sichtweise liegt in der Unterscheidung zwischen Produkt- und Prozeßinnovationen. Während die ersteren vor allem im Bereich der Konsumgüter, also einer Endnachfragekomponente eine Rolle spielen, bezieht sich die zweite Kategorie primär auf die Veränderung der Einsatzverhältnisse bestimmter (Vor-)Produkte bzw. Produktionsfaktoren bei der Herstellung. Auch durch das in den Investitionsgütern steckende "neue" Know-how kann zur Prozeßinnovation beitragen. Dabei kann die Innovation
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vom produzierenden Betrieb selbst stammen, wie auch durch Einsatz innovativer Vorprodukte oder Investitionsgüter erzeugt werden. Im letzteren Falle wird die Unterscheidung zwischen Produkt- und Prozeßinnovation möglicherweise obsolet, da im Vorproduktbereich die Produktinnovation des einen Betriebs (bzw. Sektors) zur Prozeßinnovation des anderen beiträgt, bzw. sie bewirkt. So haben z.B. die Veränderungen im Textilsektor ihren Ursprung in der Verbesserung der Spinn- und Webmaschinen sowie dem verstärkten Einsatz neuer Fasern (Kunstfasern), die beide nicht im Textilsektor gemacht wurden, dort aber zu einer gravierenden Veränderung des Arbeitseinsatzes und der Produktqualitäten gefuhrt haben. Eine Verflechtung von Innovationsaktivitäten - sowohl via Vorprodukteinsatz (InputGüter) als auch Investitionen (Änderung der Produktionsfunktion) - liegt nahe, da gerade Arbeitsteilung wesentlich darauf beruht bzw. davon profitiert, daß Produktivitätssteigerungen anderer (Firmen, Branchen, Sektoren etc.) zum eigenen Vorteil genutzt werden können. Diese Technologische Verflechtung läßt sich ansatzweise abbilden, was ein wesentlicher Gegenstand dieses Buches sein wird. Ihre Darstellung ist insofern von besonderem Interesse, als sie Schwachstellen oder auch Stärken aufzeigen und Unterschiede bzw. Dynamik der internationalen Wettbewerbsposition verständlich machen kann oder doch zu weiteren Hypothesen hierüber beiträgt. 1.1.3 Strukturevolution
Eine Wirtschaft läßt sich nicht nur makroökonomisch, d.h. in Aggregaten, beschreiben. Da sie aus Sektoren besteht, die aufeinander i.d.R. nichtlinear einwirken, weil sie sich gegenseitig wegen unterschiedlich starker Inputabhängigkeiten der einzelnen Sektoren sehr inhomogen, d.h. nicht in linearer Weise, beeinflussen, kann die Kenntnis der Technologischen Verflechtung als einem der Haupteinflußgründe struktureller Entwicklung u.U. zur Basis einer strukturellen Entwicklungs- bzw. Wachstumstheorie werden. Dies ist angesichts des heutigen Kenntnisstandes allerdings noch eine - wenn auch nicht unbegründete - Hoffnung. Da der Verfasser davon ausgeht, daß die Entwicklung der Wirtschaft wegen der inhärenten Nichtlinearitäten prinzipiell pfadabhängig ist, erscheint für die oben angesprochene sektor- bzw. branchenbasierte Entwicklungsdynamik eher der Begriff Strukturevolution angebracht, der dem Buch auch seinen Titel gab.
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1.2 Zur Motivation Warum sollte sich der Leser oder die Leserin überhaupt mit dem Gebiet der Innovationen beschäftigen ? Wen interessiert denn überhaupt, mit welchen Techniken - hierunter verstehen wir ein breites Konzept, das ggf. auch Organisationsmethoden umfaßt - in der Wirtschaft gearbeitet wird, ob sie moderner sind oder eher veraltet ? Der Hauptgrund für das Interesse ist wohl der zumindest auf längere Sicht darstellbare Zusammenhang zwischen Technologiefortschritt, Wachstum, Produktivitätssteigerung und Wohlfahrtszunahme. Beweise hierfür lassen sich für gewisse Produkte statistisch erbringen: so sind z.B. zwischen 1988 und 1958 die realen Aufwendungen, d.h. die sog. Realpreise der Produkte, gemessen in Arbeitszeit, vor allem für Industrieprodukte um bis zu 85% gesunken. Das bedeutet, wir müssen für die meisten Güter des täglichen Bedarfs heute nur noch ein drittel bis ein fünftel (!) der Arbeitszeit aufbringen, die 1958 hierfür nötig war. (Vgl. Abb. 1.1). Weil im Ablauf von 3 Dekaden nicht nur die Preise, sondern auch die Löhne stiegen, ergibt sich ein nachvollziehbarer Vergleich, wenn man nicht auf Preisbasis, sondern auf Basis von Stunden oder Minuten rechnet. So betrug der Durchschnittslohn eine Industriearbeiters im Jahre 1958 2,32 DM/Stunde. Für 250 g Markenbutter, die im Durchschnitt 1958 DM 1,73 kostete, mußte er also 22 min arbeiten. Stellt man dieselbe Rechnung nun für das Jahr 1988 an, so ist von DM 20,21 pro Arbeitsstunde auszugehen, während dieselbe Menge Butter im Schnitt DM 2,12 kostete. Er brauchte also nur noch 6 min dafür zu arbeiten, was einer Absenkung des „Realpreises" der Butter (gerechnet in Zeiteinheiten) um den Faktor 7 entspricht. Dieses extreme Beispiel hat in anderen Produkten eine ähnliche Entsprechung: Während z.B. der Durchschnittsarbeiter 1988 für Branntwein oder einen Kühlschrank nur noch ca. 15% der Zeit aufwenden muß, um sich jeweils eine Einheit zu verdienen, für Flaschenbier, Eier, Zucker immerhin nur noch ca. 20%, verursachen das Briefporto, Haare-Waschen für Damen oder die Tageszeitung noch ca. 65% des Zeitaufwandes von 1958 und für die Durchschnittsmiete (pro Quadratmeter) sind immer noch mehr als 95% des Zeitaufwandes von 1958 erforderlich. Wie man Abbildung 1.1 entnehmen kann, die diese Realpreissenkungen für eine Reihe von Produkten nach dem Ausmaß der Reduktion (von oben nach unten von der stärksten zur geringsten) geordnet wiedergibt, zeigt sich auch eine interessante Verteilung der Produkte nach Branchen bzw. dem damit implizierten Rationalisierungspotential:
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die Dienstleistungen bzw. arbeitsintensiven Produkte rangieren meist im unteren Bereich, während typische Industrieprodukte (dazu gehört mittlerweile auch die Butter!) im oberen Teil der Graphik angesiedelt sind (Zur Begründung s. Schneider/Fourastie 1989). Die Realpreisreduktionen hängen also offenkundig mit Produktivitätssteigerungen zusammen, d.h. mit Prozeßinnovationen in den entsprechenden Branchen und da haben Dienstleistungen, wie bspw. die des Friseurs ein geringeres Potential als die Fertigung von Industrieprodukten oder die industrielle Fertigung von Nahrungsmitteln. Derart verursachte divergente Preisentwicklungen können jedoch auf die Entwicklung einzelner Sektoren durchaus gravierenden Einfluß nehmen, ja sie sogar in die Krise treiben (z.B. Textil-, Stahl-, Werftindustrie). Wir können also erwarten, aus der Tatsache unterschiedlichen Innovationspotentials in verschiedenen Branchen unter Berücksichtigung ihrer gegenseitigen wirtschaftlichen Abhängigkeiten zu einem besseren Verständnis, ja vielleicht sogar zu einer gewissen Prognose ihrer jeweiligen Wachstumsaussichten zu gelangen, als wenn wir nur mit der stark aggregativ analysierenden makroökonomischen Sichtweise arbeiten.
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Realpreisindex 1988, 1958 = 100
Bohnenkaffee Markenbutter Kühlschrank Branntwein Fernseher Flaschenbier Zucker Eier Telefongespräch Haushaltsstrom Waschmaschine Schweinekotelett Rindfleisch Herrenschuhe besohlen Vollmilch Straßenanzug Mischbrot Herrenschuhe Edamer Damenschuhe Briefporto Haarewaschen Damen Tageszeitung Speisekartoffeln Damenkleid Kabeljau Miete 10,0
20,0
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40,0
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70,0
80,0
90,0
100,0
Abb. 1.1: Prozentsatz der Zeit, die ein Industriearbeiter 1988 noch arbeiten mußte, um sich ein bestimmtes Produkt zu kaufen, bezogen auf 1958 Quelle: IWD, eigene Berechnungen
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Dies allein wäre möglicherweise schon Grund genug, den Zusammenhang zwischen Innovationen, den durch sie veränderten Produktionsfunktionen und damit verknüpften Produktivitätssteigerungen genauer zu untersuchen. Ein zweiter wesentlicher Aspekt ist der auf Weltniveau tobende globalisierte Wettbewerb, der sich vor allem zwischen den USA, Japan und der Bundesrepublik abspielt und für uns insbesondere wegen unserer starken Außenhandelsabhängigkeit eine große Rolle spielt (Stichwort: Die amerikanisch-japanische Herausforderung, vgl. K. Seitz 1992). Dieser Wettbewerb wird vor allem auf der Ebene der Innovationen ausgetragen - und zwar nicht nur auf rein technischer, sondern auch - Japan ist dafür ein Beispiel - auf organisatorischer Ebene. JIT (= Just In 7ime, d.h. Lieferung von Inputgütern im Zeitpunkt ihrer Verwendung, Wegfall von Inputlägem), lean production, Gruppenarbeit, bzw. ein kreatives und effizientes Vorschlagswesen sind dafür ebenso wichtig, wie neue Technologien. Ebenso wie gewisse Abhängigkeiten sind jedoch auch ökonomische Wirkungen von Interesse, die von getätigten Innovationen ausgehen. Daß innovationsschwächere Betriebe oder Sektoren Wettbewerbsnachteile in der Zukunft zu befürchten haben, ist gerade schon angeklungen. Auf dem Arbeitsmarkt zeigt sich eine weitere wesentlichen Wirkung von Innovationen: Prozeßinnovationen führen häufig (bzw. möglicherweise) zu Rationalisierungeffekten in bezug auf Kapital und/oder Arbeit, wobei meist das „Wegrationalisieren" von Arbeitsplätzen dominiert. (Gerstenberger 1991). Hierdurch werden einerseits Arbeitsplätze in den innovierenden Betrieben tendenziell sicherer, während die nichtinnovierenden Betriebe - zumindest als Spätfolge - eher zu Arbeitsplatzabbau gezwungen sind. Jede Innovation wird also gewisse Effekte kreieren, die winner wie looser im Gefolge haben. In der Regel gehören die Innovatoren zu den Gewinnern, ebenso die dort beschäftigten Arbeitnehmer, sowie meistens auch die Kunden dieser Firmen (bessere Inputs, Kostenvorteile). Durch die mit Innovationen tendenziell verbundenen Qualitätsverbesserungen können meist höhere Preise erzielt werden, so daß sich für ein stärker innovierendes Exportland meist die Terms of Trade verbessern. Zu den Verlierern gehören primär jene, die ihren Arbeitsplatz verlieren, weil sie im Innovationswettbewerb nachhinkten (dies betrifft oft auch ganze Länder !) bzw. gene-
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rell ihre Konkurrenzfähigkeit einbüßen. Die gegenwärtige Diskussion um den Standort Deutschland zielt genau in diese Richtung, macht aber zuwenig deutlich, daß oft fehlende Innovationsfreudigkeit - ein Defizit der deutschen Manager - die wesentlichere Ursache ist. Das Wort SCHUMPETERs von der Innovation als „Schöpferischer Zerstörung" trifft also den Sachverhalt durchaus plastisch. Die im Untertitel des Buches beinhaltete Frage nach der Technologieverflechtung ist also für unsere wirtschaftliche Zukunft von größter Bedeutung und sollte damit sowohl auf ein großes Interesse der Studierenden der Wirtschaftswissenschaften stoßen, wie auch auf eine erhöhte Berücksichtigung im Rahmen der Lehre und Forschung. Die folgenden Kapitel werden schrittweise und systematisch die Voraussetzungen zur Erarbeitung dieser Perspektive behandeln. 1.3 Der Verflechtungsaspekt innovation is a new way of doing things. As a new product or process an innovation can be analysed as the setting up of a new production function" (Schumpeter 1939). Es gibt verschiedene Arten, Produktionsfunktionen zu formulieren. Eine - der Industriewelt durchaus angemessene - relativ einfache ist die Darstellung im Rahmen der Input-Output-Tabelle. Was eine derartige Tabelle darstellt, wie sie erhoben bzw. konstruiert wird, ist ausführlicher Gegenstand eines eigenen Kapitels (Kapitel 3). Hier interessieren vor allem zwei Eigenschaften: •
in den Spalten der Tabelle spiegeln sich die Inputs, die nötig sind, um den Output (eines Sektors) zu erstellen, wobei die sog. linear-limitationale LEONTIEFProduktionsfunktion zugrunde gelegt wird. Dies ist eine durchgängig lineare Produktionsfunktion, welche eine strikte Proportionalität zwischen allen Inputs und dem Output d.h. Konstanz der btyut-Anteile unterstellt.
•
Die vollständige Tabelle stellt die Inputs des einen Sektors als die von diesem Sektor bezogenen Outputs der anderen Sektoren dar oder m.a.W.: sie macht die Verflechtung der Vorleistungen deutlich, die ihrerseits durch die jeweiligen sektoralen (und damit hinreichend homogen gedachten) Produktionsfunktionen bestimmt sind - die Outputs des einen Sektors sind die Inputs der anderen Sektoren.
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Die Frage, die wir uns schon an dieser Stelle stellen sollten, lautet: kann die InputOutput-Tabelle die „technologische Verflechtung" einer Wirtschaft widerspiegeln ? Dazu müssen wir dem Problem näher treten, wie Technologie überhaupt gemessen oder abgebildet werden kann. Dieses Problem wird ausfuhrlicher im nächsten Abschnitt behandelt. Schließlich muß klar sein, daß sich technologische Abhängigkeiten nicht nur über den Bezug von Vorleistungsgütern ergeben, sondern auch über den Einsatz von Kapitalgütern und - um vollständig zu sein - auch des Humankapitals. Um die Frage technologischer Verflechtung zu klären, müßten also auch sektoral aufgesplittete Investitionsmatrizen bzw. sektorale Arbeitseinsatzmatrizen nach Berufen mit in die Analyse einbezogen werden. Dieser Versuch, wie auch andere ähnlich gelagerte Analyseansätze, scheitert jedoch meist an der Verfügbarkeit entsprechender Daten, was allerdings den theoretischen Ansatz nicht grundsätzlich in Frage stellt, sondern eher eine konkrete Forderung an die statistischen Ämter formuliert. 1.4 Indikatoren des technischen Wandels Die Grundfrage, die sich im Zusammenhang mit Innovationen stellt ist: Wie operationalisiert man Technologiefortschritt bzw. technischen Fortschritt, insbesondere aber Innovation ? Ein Hauptproblem der Fragestellung ist die Verwendung eines geeigneten Indikators. In bezug auf Innovation hat sich das ifo-Institut in der sog. ΜΕΤΑ-Studie (Schmalholz u.a. 1989) zu dem umfassenden Konzept der Innovationsaufwendungen bekannt, das die in Abb. 1.2 gelisteten Komponenten enthält und neben den zumeist sonst verwendet F&E-Aufwendungen auch die Kosten der Marktvorbereitung beinhaltet. Weitere wichtige Indikatoren für Innovationen ergeben sich als Inputindikator:
- die Patentaufwendungen (Lizenzgebühren) - der Einsatz von Forschungspersonal (Löhne, Personen) und als
Outputindikator:
- der Anteil neuer Produkte am Umsatz - die angemeldeten Patente.
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-Direkter Innovationsaufwand: -
Forschung, experimentelle Entwicklung F&E-Aufwendungen I Konstruktion und Design Patente, Lizenzen, Gebrauchsmuster Produktinnovation: Produktvorbereitung und Absatzvorbereitung - Prozeßinnovation -Indirekter Innovationsaufwand: - Inländische Vorleistungen - Investitionsgüter - importierte Vorleistungen = Direkter und indirekter Innovationsaufwand - kumuliert über die Jahre: = INNOVATIONSKAPITAL - Output an neu eingeführten Produkten - Input an innovativen Vorleistungen
Abb. 1.2: Kosten-Elemente des Innovationsprozesses Die letztere Form hat vor allem
SCHERER
in einer Innovationsmatrix der Patente ver-
wendet, um direkte Technologieflüsse darzustellen (Scherer 1982). Eine derartige Matrix enthält jedoch eine andere Art der Information, als die mit den obigen Indikatoren darstellbaren Matrizen der Technologiegehalte. 1.5 Problematik der Indikatoren Allen Indikatoren ist gemeinsam, daß sie lediglich sog. Proxivariablen sind, d.h. die Wirklichkeit des komplexen Innovationszusammenhangs nur näherungsweise und holzschnittartig erfassen können, was mit der Bezeichnung Indikatoren herausgestellt werden soll:
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•
Die über die Input-Output-Verflechtung darstellbaren direkten und indirekten Gehalte an Innovationsaufwendungen sind z.B. nur näherungsweise mit wirklichen Technologieveränderungen oder -gehalten verknüpft.
•
Der F&E-Außvand, eine Teilmenge der Innovationsaufwendungen, fallt z.B. relativ kontinuierlich an, während der Wechsel der Technologie - bzw. bei embodiment, d.h. der Verkörperung der Technik via Investition - eher diskontinuierlich erfolgt.
•
Andere Teile der Innovationsaufwendungen - wie Marktvorbereitungskosten bei Produktinnovationen - spiegeln diesen Schritt schon eher, können jedoch in ihrer Aufwandshöhe kaum die Schrittweite des dahinterstehenden technologischen Sprungs genauer wiedergeben.
Die mit der Innovation verbundene „Neuerungshöhe" dürfte sich am ehesten noch in der damit verbundenen Preissteigerung spiegeln, die die erzielte Qualitätssteigerung reflektiert. Der F&E-Aufwand ist ebenfalls keine meßscharfe Größe, auch wenn die Möglichkeit einer präzisen Zahlenangabe dies vorgaukeln mag, sondern steht schon auf Unternehmensebene für eine Vielzahl von Projekten, die z.T. morgen oder übermorgen oder erst in weiter Zukunft zu technischen Neuerungen beitragen werden. Damit ist schon auf der einzelwirtschaftlichen Ebene der Zusammenhang zwischen Indikator und technischer Neuerung weder zeitlich noch sachlich hinreichend eng. Die Aggregation der F&E-Ausgaben zu einem F&E-Kapitalstock, wie das DIW ihn benutzt, lockert den zeitlichen Zusammenhang tendenziell noch stärker. Der obige Einwand trifft generell auch das Konzept der ansonsten etwas besser indizierenden Irmovationsaufwendungen. Auch hier stehen die Aufwendungen selten einzelnen Projekten gegenüber sondern meist einem ganzen Komplex von Projekten, die sich noch dazu auf verschiedenen Ausreifungsstufen befinden. Hier erscheinen die sog. Innovationsausgaben, die die letzte Phase der Realisierung der Projekte betreffen, noch am engsten mit der technologischen Veränderung gekoppelt und insofern aussagekräftiger als die anderen Indikatoren. Patente hingegen signalisieren einerseits eine gewisse ökonomische Relevanz und damit auch Verwertungserwartungen - sowohl auf der Seite des patentierenden Unternehmens wie auch des Lizenznehmers - da sie mit Kosten verbunden sind und andererseits eine signifikante Veränderung des Tech-
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nologiestandes markieren (Gerstenberger 1991, S.107). Sie sind jedoch zumindest insofern unzureichend, als in vielen Fällen wegen der damit verbundenen Verzögerungen auf eine Patentierung des betrieblichen (prozeßinnovativen) Wissens verzichtet wird und der Patentschutz durch Geheimhaltung ersetzt wird. Dies gilt um so mehr, je kürzer die Innovationszyklen sind. Bestimmte Innovationen, wie z.B. im Organisationsbereich und im Softwarebereich (kaum patentierbar) können mit Patentindikatoren überhaupt nicht abgebildet werden. Trotzdem bleibt die - wie wir nun wissen, angreifbare - Fiktion der gängigen Forschung bestehen: daß alle Innovationsaufwendungen sich vollständig und weitgehend in unmittelbare technologische und damit auch technische Veränderungen bei den Produkten niederschlagen. Inwieweit dieser Ansatz zielfuhrend ist, sollte nicht a prion entschieden werden, sondern anhand der Plausibilität der damit gewonnenen Ergebnisse beurteilt werden. Zusammenfassend müssen wir also feststellen, daß die Situation der empirisch orientierten Forschung im Bereich der Innovationsökonomik durch einen doppelten Datennotstand gekennzeichnet ist: zum einen sind Daten grundsätzlich (noch) nicht in dem Umfang vorhanden, wie dies angesichts der Problemlage nötig wäre, zum andern tragen die erhebbaren Daten häufig den Mangel in sich, daß sie in Bezug auf das, was man damit aussagen möchte, nur eine mehr oder weniger gute Indikatorfunktion haben, d.h. Proxivariable darstellen. Die Situation ist vielleicht vergleichbar mit der Lage eines Seglers auf hoher See, dem sein GPS-Gerät ausgefallen ist und der nun versucht, seinen Standort mit den herkömmlichen Mitteln zu „peilen". Segler wissen seit altersher, daß sie hierzu mindestens drei Standlinien brauchen, deren Schnittpunkte ein Dreieck kennzeichnen, in dem sich sein Boot mit höchster Wahrscheinlichkeit befinden wird. In Küstennähe sind diese drei Standlinien durch zwei Kompaßpeilungen herausragender Punkte (z.B. eines Leuchtturms und des Kirchturms eines bekannten Ortes) sowie einer Tiefenlotung (Ermittlung der Tiefenlinie in der Seekarte) auf der Seekarte konstruierbar. Auf hoher See kann er bestenfalls noch seinen Kompaßkurs in die Karte eintragen und anhand der Segelzeit seinen ungefähren Standort „koppeln". Damit fällt die Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit des Standorts aber deutlich ab und die Unsicherheit über seine wahre Lage steigt.
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Übertragen wir diese Metapher auf die Situation des Innovationsforschers, so ergibt sich daraus der konstruktive Ratschlag, so viele „Standlinien" wie möglich in die Karte seiner Forschungslandschaft einzutragen, d.h. mit mehreren Indikatoren zu arbeiten und die jeweiligen Resultate miteinander abzugleichen, in der Hoffnung, daß die „Wahrheit" sich als Kern, sich gegenseitig bestätigender, Ergebnisse herausschält. Hierzu muß er aber auch wissen, welche „Peilungstechniken" es gibt, welche Vor- und Nachteile sie besitzen und wie ihre Verläßlichkeit einzuschätzen ist. Dieser Programmentwurf wird in den folgenden Kapiteln realisiert. Kapitel 2 begründet, warum man sich am Verflechtungskonzept der Innovation orientieren muß, wenn man die Zusammenhänge richtig erfassen will. Kapitel 3 liefert einen Einstieg in die wichtigsten Methoden, das Verflechtungskonzept darzustellen, nämlich gewisse Instrumente der Input-Output-Rechnung. Kapitel 4 bringt eine Vertiefung in den modernen Werkzeugkasten der, auf der Input-Output-Rechnung aufsetzenden, Strukturierungsmethoden, d.h. der sog. Qualitativen Input-Output-Analyse. In Kapitel 5 geht es bezüglich der Innovationsverflechtung schon „zur Sache". Hier werden bisherige Analysen wichtiger Forschungsinstitute (ifo, DIW, SPRU) zur Thematik behandelt sowie die sog. SMFA vorgestellt, eine neue Methode zur Ermittlung der Innovationsverflechtung,. Kapitel 6 geht bezüglich Nationaler Innovationssysteme, insbesondere des deutschen ins Detail. Kapitel 7 nimmt die Kernfrage dieser Einfuhrung wieder auf, indem es die Entwicklung der bundesdeutschen Produktionsstruktur zwischen 1978 und 1990 unter die Lupe nimmt. Kapitel 8 schließt den Kreis, indem es versucht, auf die Frage, inwieweit Innovation Strukturwandel bewirkt, eine empirisch fundierte Antwort zu geben. Damit ist die Herausforderung formuliert, sich auf die Reise in das Land der Innovationen zu begeben, die zunächst über unsicheres Gelände zu fuhren scheint, deren Versprechungen am Horizont aber ausreichen dürften, sich darauf einzulassen, umso mehr als das umliegende, „gesicherte" Gelände der traditionellen Ökonomik keine echte Alternative hierzu bietet.
KAPITEL 2
Basiskonzepte technologischer Verflechtung In diesem Kapitel soll ein Einblick in die Entwicklung der Sichtweisen des technologischen Wandels und der hierfür verantwortlichen Forschungs- und Innovationsprozesse vermittelt werden, ohne daß wir dafür allzu sehr in die Tiefe oder Breite der Literatur einsteigen. Andererseits ist der Standpunkt der zeitnahen Forschung ohne die Einsicht, warum sich die Perspektive von einer linearen Sichtweise zur Verflechtungssicht verschoben hat, nicht verständlich. Hierzu gehört insbesondere, die Basiskonzepte wie z.B. Ergebnisse der Forschungsprozesse, deren Verknüpfung oder die Basis der Innovationsprozesse, die sog. Forschungsinfrastruktur, näher zu beleuchten. 2.1 Verknüpfungsstrukturen des Forschungsprozesses 2.1.1 Allgemeine Grundlagen
Eine für die Messung von Forschung und Entwicklung wichtige Grundlage wurde schon 1971 im sog. FRASCATI-Handbuch dargelegt (Frascati Handbuch II, Stifterverband 1971). In ihm werden Forschung und Entwicklung (abgekürzt: F&E, was das Pendant des engl. R&D von research and development ist) beschrieben als „systematische und schöpferische Tätigkeit mit dem Ziel der Erweiterung wissenschaftlicher und technischer Erkenntnisse und deren Verwendung mit dem Zweck, neue Anwendungsmöglichkeiten zu schaffen". Der Begriff Forschung und Entwicklung wird in (a) Grundlagenforschung (b) Angewandte Forschung
und
(c) Experimentelle Entwicklung unterteilt. Die Grundlagenforschung hat keine spezifische Zielsetzung sondern versucht allgemeine Zusammenhänge zu erhellen, wohingegen bei der Angewandten For-
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schung und Experimentellen Entwicklung konkrete, meist ökonomische Zielsetzungen verfolgt werden. Präzisere Abgrenzungen werden wie folgt versucht (FRASCATI II): ad (a):
„Grundlagenforschung sind alle Forschungsarbeiten, die ausschließlich auf die Gewinnung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse gerichtet sind, ohne überwiegend an dem Ziel einer praktischen Anwendbarkeit orientiert zu sein."
ad (b):
,.Angewandte Forschung umfaßt alle Anstrengungen, die ausschließlich auf die Gewinnung neuer wissenschaftlicher oder technischer Erkenntnisse gerichtet sind. Sie bezieht sich jedoch vornehmlich auf eine spezifische praktische Zielsetzung oder Anwendung."
ad(c):
„Experimentelle Entwicklung ist die Nutzung wissenschaftlicher Erkenntnisse, um zu neuen oder wesentlich verbesserten Materialien, Geräten, Produkten, Verfahren, Systemen oder Dienstleistungen zu gelangen."
Der Hauptunterschied zwischen (a) und den beiden anderen Forschungskategorien ist das Fehlen eines konkreten Ziels sowie der bereits akkumulierte Informationsstand. Grundlagenforschung ist im wesentlichen zweckfrei, während die anderen Forschungsbereiche bereits einer bestimmten Absicht folgen und damit auch schon einen höheren Informationsstand voraussetzen. Grundlagenforschung ist schwerpunktmäßig die Aufgabe von Wissenschaftlern. Angewandte Forschung (b) hat das Ziel, bereits bekannte (technologische oder wissenschaftliche) Zusammenhänge in den Bereich der praktischen Nutzung bzw. Nutzbarmachung zu überfuhren. In dieser Phase ist zunächst die Frage zu klären, wie bereits vorhandene technologische Informationen ökonomisch nutzbringend eingesetzt werden können. Im Anschluß geht es um die Realisierung, d.h. darum, die sich in den Weg stellenden Hindernisse zu überwinden. Dieses Feld ist zumeist der Aufgabenbereich von Ingenieuren, seltener von Wissenschaftlern. Die unter c) angesprochenen Experimentellen Forschungsarbeiten zielen offenkundig eher auf die Perfektionierung, Verfeinerung oder Robustmachung von Techniken oder Geräten und erfolgen i.d.R. erst in einer Phase, in der längst klar ist, daß die Innovation „funktioniert". Sie betreffen zumeist eine fur die Funktion notwendige oder gewinn-
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trächtige Anpassung von Teilbereichen (z.B. verbesserte Gummimischung bei Winterreifen oder die Feinjustierung von Motorparametern zur Senkung der Stickoxyde, z.B. beim sog. Magermotor), die jedoch noch eine Vielzahl von Experimenten erforderlich macht. Die obige Kategorisierung des FRASCATL-Handbuchs ist wohl geeignet in der praktischen Erhebung von Forschungsstatistiken eine sinnvolle Abgrenzung zu ermöglichen, stellte sich aber für die Innovationsforschung insofern als unzureichend heraus, als sie eine strikt lineare Abfolge des Forschungsprozesses unterstellte. Demgegenüber erweitert MAJER (Majer 1978), wie Abb. 2.1 zeigt, diese drei Teilgebiete der Forschung und Entwicklung auf einen komplexeren, verflechtungsorientierten Zusammenhang. Dieser Ansatz unterscheidet prinzipiell vier Komplexe, nämlich die: • Problemdefinitionsphase, • Vorbereitungsphase (Durchfiihrungspläne), • Forschungs- und Entwicklungsphase
und die
• Kommerzialisierungsphase (Marktabstimmung, Kreditfragen etc.), die untereinander verflochten sind bzw. in gegenseitiger Abhängigkeit stehen. Der Startpunkt der Forschungsarbeiten hängt vom vorhandenen Wissensstand ab der ggf. durch Informationsbemühungen verbessert werden muß. Danach entscheidet sich, ob ein Projekt bei „Null" gestartet wird - d.h. bei der Grundlagenforschung beginnt oder ob sofort mit der Angewandten Forschung oder/und Experimentellen Entwicklung begonnen werden kann. Unterstellen wir einmal ein fiktives Projekt, bei dem der Wissensstand nahezu Null ist, so muß zuerst Grundlagenforschung betrieben werden. Ihre Ergebnisse werden in Form von Hypothesen oder Theorien an die Angewandte Forschung „weitergereicht". Diese wiederum bereitet die erzielten Ergebnisse mit weiteren Problemlösungs - Informationen auf und ihr Output dient als Input fur die Experimentelle Entwicklung, die sich dann mit den Experimenten oder Konstruktionsarbeiten beschäftigt. Innerhalb der Forschung und Entwicklung können aber auch Probleme auftreten, die es notwendig machen, wieder in die Phase der Problemdefinition zurückzukehren. So entsteht ein komplexer Kreislauf, bei dem die drei Forschungsbereiche miteinander unterschiedlich stark vernetzt sind.
18
Diese Vernetzung durch feedforward- und feedback-Prozesse wird in Abbildung 2.1 detaillierter dargestellt. Sie schlüsselt die vier Phasen des Forschungsprozesses entsprechend auf so daß sie ihrer Sequenz entsprechend in etwa von oben nach unten gegliedert erscheinen. Die Phase der Problemdefinition wird im oberen Drittel von Abbildung 2.1 dargestellt. Sie besteht in einem Bewußtwerden über einen möglichen Forschungsbedarf, der sich aus bereits laufenden oder früheren Forschungsbemühungen oder aus Defiziten von Seite der Nachfrager artikuliert. Im nächsten Teilschritt müssen Informationen eingeholt werden - durch Literaturrecherchen, Gespräche, Kongresse etc. die klären, inwieweit die erkannten Defizite andernorts bereits durch Lösungsansätze bereinigt sind. Sollte das Forschungsdefizit sich als resistent erweisen, d.h. der Wissensstand unzureichend sein, gelangen wir zum dritten Teilschritt der Problemphase, der Überprüfung der vorhandenen Ressourcen und der Nebenbedingungen für einen eigenen Forschungsansatz, wozu auch die Klärung von Finanzierungsfragen gehört. Dadurch gelangen wir zu einem Ausführungsplan. Grundlegend für (eigene) Forschungs- und Entwicklungsarbeiten, die die nächste Phase und damit die eigentlichen Forschungsaktivitäten beschreiben, ist die Umsetzung des Ausführungsplans in eine adäquate Abfolge von Aktivitäten bezüglich der (erreichten) Zwischenziele und der eigentlichen Hauptzielsetzungen. Solche Zwischenergebnisse können Folge der (ggf. durchgeführten) Grundlagenforschung sein, sich aber auch in problembezogener experimenteller oder konstruktiver Entwicklungen niederschlagen. Den drei genannten Forschungsphasen schließt sich schlußendlich die sog. Kommerzialisierungsphase an, die in der Markteinführung des neuen Produkts gipfelt Auch während der Kommerzialisierungsphase - der Vorbereitung der Produktion und Markteinführung - können Probleme auftreten, die wiederum Rückgriff auf die Forschung und Entwicklung nehmen müssen. Da Rückkopplungen sowohl im Forschungswie auch im Innovationsprozeß auftreten, läßt sich feststellen, daß der Gesamtprozeß nicht mehr eindeutig linear sondern nur in einem Verflechtungsschema darstellbar ist. (Majer 1978, S.22 ff.; 1992, S.160 ff.)
19
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Quelle: Majer 1978, S . 23
Abb. 2.1: Schema der Verknüpfung von Forschungsprozessen (Majer 1978 bzw. 1997)
20
2.1.2 Die Forschungsinfrastruktur Forschungsinfrastruktur bedeutet die institutionelle, sachliche, personelle und finanzielle Ausstattung der Forschung. Erst eine hinreichende, ausgeglichene Realisierung der Infrastruktur schafft die Voraussetzung fur die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten der öffentlichen und privaten Forschung. Unter der Forschungsinfrastruktur wird die technologische Vorleistungsverflechtung verstanden. Die öffentliche Forschung findet an den Universitäten, den Instituten der Max-Planck-Gesellschaft und einigen Großforschungseinrichtungen statt. Diese Institutionen befassen sich überwiegend mit Grundlagenforschung und Angewandter Forschung, während die Industrie sich zum größten Teil mit ihren Forschungsaktivitäten der Experimentellen Entwicklung widmet. Dies schließt aber nicht aus, daß große Unternehmen auch Grundlagenforschung betreiben können. Der Technologietransfer soll dafür sorgen, daß die Forschungsergebnisse von der Grundlagenforschung über die angewandte Forschung in die Produkt- und Verfahrensnähe gelangen. Auch dies kann nicht linear erfolgen. Man muß sich Technologietransfer vielmehr als ein System von Ergebnisketten vorstellen (Majer 1986, S.l 14 ff.) 2.1.3 Die F & Ε - Outputs Analog zu den uns bereits bekannten Produktinnovationen lassen sich auch die in Forschungsprozessen enthaltenen Forschungsergebnisse oder F&E-Outputs in zwei Kategorien einteilen: •
zu Zwischenprodukten werden Ideen, Hypothesen, Blaupausen, Skizzen usw. gerechnet. Ihr technischer Erfolg ist in der Regel gesichert, so daß sie meistens zur Anwendung gelangen. Ausnahmen bilden lediglich die Ergebnisse der Grundlagenforschung. Innerhalb der Forschungsarbeiten kann der Weg von den grundlegenden Arbeiten bis zum Endprodukt als eine Art Kette technologischer Zwischenprodukte gekennzeichnet werden.
•
Die Endprodukte des technischen Forschungsprozesses gewährleisten bereits volle Funktionsfähigkeit. Sie können also der unmittelbaren Verwendung als Gebrauchsgut, Verbrauchsgut oder Investitionsgut zugeführt werden. Da aber Endprodukte von einzelnen Firmen und Forschungsinstitutionen als Elemente auch in die Endprodukte anderer Unternehmen inkorporiert werden, (z.B. Motoren, Steuerungssysteme) scheint es sinnvoll, die Endprodukte in Endprodukte des Typs V
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und Endprodukte des Typs Ε zu unterscheiden. Endprodukte des Typs V gehen als Vorleistungen in Endprodukte des Typs Ε ein. Der Zusammenhang zwischen Zwischenprodukten und Endprodukten des Forschungsprozesses ist in Abb. 2.2 schematisch abgebildet:
Abb. 2.2: Zusammenhänge zwischen technologischen End- und Zwischenprodukten (Majer 1978, S. 39) Für das Zwischenprodukt Nr. X, ein Endprodukt vom Typ V und ein Endprodukt vom Typ Ε gelten somit folgende Zusammenhänge: 1.
Wird ein technologisches Zwischenprodukt Nr. X angestrebt, dann müssen für eine Input-Output-Beziehung, insb. alle Inputs herangezogen werden, die diesen Output erstellt haben.
2.
Wird ein Endprodukt vom Typ Fangestrebt, dann müssen ebenfalls alle Inputs, die daran beteiligt waren, herangezogen werden.
3.
Wird ein Endprodukt vom Typ Ε angestrebt, dann müssen neben allen Inputs, die daran beteiligt waren, auch alle technologischen Produkte vom Typ V herangezogen werden
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Diese Formulierungen zeigen schon, daß der Innovationsprozeß vielschichtiger abläuft, als dies die ursprüngliche Betrachtungsweise nahelegte. Der damit bereits implizit angesprochene Zusammenhang im Sinne gegenseitiger Verflechtung wurde zunächst von
MAJER
(Majer 1978) im Kontext eines „Forschungskegels" dargestellt.
Damit war der Schritt von der eindimensionalen, linearen Sicht in die mehrdimensionale, flächig darstellbare Abhängigkeit der Elemente des Innovationsprozesses getan. 2.1.4 Forschungskegel und Kegeltheorie Für die folgende Betrachtung der Kegeltheorie gehen wir von einem engen Zusammenhang zwischen Wissenschaft, Technik und Nachfrage aus. Dies ermöglicht dann eine Darstellung, die die Ausrichtung einzelner Fachgebiete auf die Ziele der privaten und öffentlichen Forschungspolitik aufzuzeigen erlaubt. Dadurch wird klar, daß die Annahme der einfachen linearen Verhältnisse in Form von Ursache-Wirkungs-Beziehung, wie im Kapitel F&E-Outputs dargestellt, für das Phänomen wissenschaftliche Kenntnisse - Innovationen unbrauchbar erscheint. Vielmehr finden Innovationsprozesse nur in einem nichtlinearen, mehrdimensionalen Netzwerk statt und können deshalb auch nur so dargestellt werden.
Forschungsziel:
Forschungsergebnis:
Reine Grundlagenforschung
Allgemeine Erkenntniserweiterung
Anwendungsorientierte
Erkenntniserweiterung mit Ausrichtung
Grundlagenforschung
auf einen bestimmten Ergebniskomplex
Angewandte Forschung
Erkenntnissteigerung mit Ausrichtung auf konkrete Ergebnisse
Experimentelle Entwicklung
Produkte, Verfahren, Systeme
Abb. 2.3: Forschungsziele und -ergebnisse (Majer 1978, S.72)
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Unter dem Innovationsprozeß wird die Schaffung neuen technischen Wissens ( = Invention) und die erstmalige kommerzielle Anwendung einer Erfindung ( = Innovation), sowie die Einfuhrung neuer Verfahren in einem Unternehmen verstanden. Die Strukturbetrachtung der einzelnen Wissenschaftsbereiche kann dabei sowohl bei den Forschungszielen, als auch bei den Forschungsergebnissen ansetzen. Zwischen diesen besteht, wie die folgende Gegenüberstellung zeigt, ein enger Zusammenhang. Zieht man für die systematische Betrachtung der Innovationsprozesse das Forschungsergebnis heran, so ergibt sich der Vorteil der Meßbarkeit. Es wird dabei das Problem der quantitativen Ziel-Ergebnisbeziehung umgangen. Dies trägt dem Tatbestand Rechnung, daß der Forschungsprozeß outputorientiert ist. Die Ergebnisstruktur der Wissenschaftsbereiche läßt sich dabei grundsätzlich in drei Kategorien einteilen, nämlich in: (a)
die vertikale Beziehung von Forschungsergebnissen innerhalb eines Wissenschaftsbereichs
(b)
die horizontale Beziehung zwischen Wissenschaftsbereichen
(c)
die Schrägbeziehungen (feedbacks und feedforwards) von Forschungsergebnissen innerhalb und zwischen Wissenschaftsbereichen.
Wissenschaftsbereiche
Vertikale Beziehung
Grundlagennähe der Forschungsergebnisse
Abb. 2.4: Der Forschungskegel (Majer 1978,1997)
24
Die einzelnen Forschungsergebnisse können als Zwischenprodukte oder Endprodukte, analog zu der oben beschriebenen Typisierung der F&E-Outputs, klassifiziert werden. Man erhält dann Ergebnisbäume, die innerhalb und zwischen den Wissenschaftsbereichen sowohl vertikale wie auch horizontale und schließlich sogar rückgekoppelte Verzweigungen aufweisen. Die Breite der Ergebnisbäume wird dadurch bestimmt, wie viele Zwischenprodukte aus interdisziplinären Wissenschaftsbereichen notwendig sind, um in bestimmten Bereichen weiterforschen zu können (z.B. QUESNAYS' Idee des Wirtschaftskreislaufes, die er der Entdeckung des Blutkreislaufes verdankte). Die Länge der Ergebnisketten hängt davon ab, wie viele Zwischenprodukte notwendig sind, um ein Endprodukt zu erstellen. Diese grundsätzlichen Möglichkeiten von Interaktionen zwischen Teilbereichen des Innovationsprozesses lassen sich nun graphisch auf einem Kegel abbilden, wie in Abbildung 2.4 zu sehen. Aus der Existenz von Ergebnisketten läßt sich folgern, daß sich auch die einzelnen Wissenschaftsbereiche und Fachgebiete vertikal anordnen lassen. Anwendungsorientierte Wissenschaften (mittlere Zone des Kegels) werden von den Ergebnissen der grundlagenbezogenen Naturwissenschaften (obere Kegelschicht) abhängen ( = vertikale Verknüpfung). Es existiert eine Hierarchie der Wissenschaftsbereiche (organische Chemie ist Grundlage für Biochemie, Pharmazie etc.), die sich von den grundlegenden Disziplinen bis hin zur endproduktorientierten Stufe aufschlüsseln läßt. Gleichzeitig können technologische Vorleistungsverflechtungen zwischen Branchen aufgezeigt werden (z.B. Chemiefasern können als Endprodukte vom Typ V in die Textil- und Bekleidungsindustrie eingehen und dort zu Endprodukten von Typ Ε verarbeitet werden). Sehr anschaulich lassen sich diese Beziehungen mit Hilfe des in Abbildung 2.4 gezeigten „Forschungskegels" darstellen. Beziehungen erscheinen dann entweder auf der Oberfläche des Kegels oder innerhalb. Auf der Oberfläche sind die vertikalen und horizontalen Beziehungen sowie auch die Rückkopplungen innerhalb eines oder unmittelbar angrenzender Gebiete dargestellt. Innerhalb des Kegels befinden sich die Beziehungen von nicht benachbarten Gebieten. Eine Erweiterung des MAJER'sehen Forschungskegels durch stärkere Orientierung auf die Institutionen der Forschungsforderung hat MEYER-KRAHMER (MeyerKrahmer 1989) vorgenommen, der unmittelbar an MAJER anknüpft (vgl. Abb. 2.5) und versucht über die Ebenen der Grundlagen- und Anwendungsforschung hinweg
25
den Technologietransfer zum Endprodukt innerhalb des Kegelkonzepts zu beschreiben. Träger der Forschungs-
Bundesministerium für Forschung und Technologie (BMFT)
und
Technologiepolitik
Bundes- und Bundesministerium Landesministerien für Wirtschaft (BMW)
Grundlagen forschung
Angewandte Forschung
Experimentelle Entwicklung Endprodukt
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
AIF Wagnisfinanzierungsgesellschaft
Stiftung Volkswagenwerk Fritz Thyssen Stiftung Stifterverband für die deutsche Wissenschaft
Abb.2.5: Der erweiterte Forschungskegel (nach Meyer-Krahmer 1989)
Der Forschungskegel ist eine durchaus plastische Metapher für die vielfältigen vertikalen, horizontalen und Rückkopplungsbeziehungen die sich einmal in inhaltlicher und zum anderen in zeitlicher Hinsicht bei der Beschreibung der Forschungsprozesse im Rahmen der Innovation ergeben. Er ist jedoch sicherlich kaum viel mehr als das. Insbesondere fehlt ihm die Möglichkeit der Rechenbarkeit. Hier müssen wir uns die Frage stellen, ob wir das damit beschriebene Bild nicht doch stärker operationalisieren
26
können, indem wir mit den diversen Gütercharakteristiken möglichst weitgehend übereinstimmende Daten in eine explizite Analyse der Verknüpfungen einbeziehen. Ein solches Vorgehen wäre nicht nur eine Weiterentwicklung des Verflechtungskonzepts, sondern es böte darüber hinaus auch die Möglichkeit, damit generierte Hypothesen anhand der realen Zusammenhänge zu testen d.h. zu überprüfen. Hierzu bietet sich vor allem die Input-Output-Analyse in ihren verschiedenen Varianten an, die in Kapitel 3 behandelt wird, soweit sie für den hier betrachteten Gegenstand relevant ist. 2.2 Spillovers,
Ergebnisketten,
technologische
Pfade
Es liegt nahe, der im vorangehenden Abschnitt dargestellten These, daß zwischen den einzelnen Stationen der technischen Entwicklung Pfade, Ketten oder Trajektorien bestehen, konkret nachzugehen. Untersuchungen von DEBRESSON (DeBresson 1991), einem kanadischen Wissenschaftler, der sich seit längerem diesen Fragen widmet, ergaben, daß sich offensichtlich gewisse Muster der Entwicklungspfade' für einzelne technologische Neuerungen nachzeichnen lassen. Am besten läßt sich dies anhand konkreter technologischer Entwicklungen vorführen. Hierzu seien die folgenden Beispiele herangezogen: Beispiel (1): Die Dampfmaschine SAVERY'S
„steam engine" wurde zwischen 1637 und 1697 in englischen Regie-
rungswerkstätten entwickelt, um Probleme des Bergbaus zu lösen (Überflutungsdrainage). Ein Nebenprodukt war schon ziemlich früh ihre Verwendung als Wasserpumpstationen für Themsewasser in London (1701-1726). Die bekannte Verbesserung durch JAMES WATT 1765 (Drehzahl-Rückkopplung auf die Schiebersteuerung) fand nach 1776 weitreichende Verbreitung im Bergbau und in Gießereien. WATTS Weiterentwicklung der Dampfmaschine zur drehzahlgeregelten Maschine (1781) ermöglichte weitere Nutzungsmöglichkeiten in der Baumwollindustrie und in Mühlen. Ab 1803 wurde die Dampfmaschine mobil und eroberte sich Dampfwagen, Lokomotiven, Dreschmaschinen und die gesamte Eisenbahn (1830), schließlich sogar Autos (1859) und Dampfpflüge (1856).
Zuguterletzt ist die Dampfwalze, obwohl nicht mehr mit diesem An-
trieb versehen, sogar in unseren Sprachschatz eingegangen.
27
Beispiel(2): Das Bogenschweißen An einem zweiten Beispiel sei gezeigt, daß hinter der Entwicklung einer Technologie durchaus ein gemeinsames Muster stecken könnte: am Bogenschweißen. Entdeckt im Jahre 1801, schlummerte diese Technik 80 Jahre lang, bis sie schließlich 1886 erstmals zur Reduktion wertvoller Metalle in Form eines Kohle-Bogen-Geräts eingesetzt wurde. Die daraufhin weiterentwickelte Methode wurde 1887 erstmals zum Schweißen von Eisenröhren und bei der Reparatur von Lokomotiven ( 1 9 0 2 ) eingesetzt. Metall-Bogen-Schweißen wurde zusammen mit einer speziellen Elektrode ab 1910 erstmals im militärischen Bereich und nach dem Ersten Weltkrieg zur kommerziellen Schiffsreparatur verwendet sowie im Baugewerbe ( 1 9 2 3 ) und anderen metallverarbeitenden Industrien. Beispiel (3): Der Kühlschrank Auch Technologien, die weniger wissenschaftsbasiert sind, weisen einen ähnlichen Entwicklungspfad auf: Die Kühlung ist hierfür ein gutes Beispiel. Die Erfindung des Niederdruck-Verdampfers durch W . CULLEN ( 1 7 5 5 ) wurde zunächst nur in der Medizin angewandt. Die den CARNOTschen Kreisprozeß nutzende Hochdruckverdampfung wurde anfangs zur Eiserzeugung (1856),
dann ab 1 8 7 0 zur Lebensmittel- bzw. FMschkonservierung
andampfern.
Der Übergang auf Ammoniak
eingesetzt auf Oze-
als Verdampfungsmittel ( 1 8 7 8 )
wurde zuerst in Warenhäusern und zur Klimatisierung von Esenbahnwaggons, in Hotels, LKW-Transportern, kaum aber für Haushaltsgeräte eingesetzt. Es dauerte bis 1930 (!) bis der uns heute geläufige Kühlschrank auf der Bildfläche erschien und seinen Siegeszug in die einzelne Wohnung antrat. (DeBresson 1991,242f)
Beispiel (4): Der Transistor Für die jüngere Entwicklung der Halbleitertechnologie ergibt sich ähnliches: Erfunden im Jahre 1951, wurden (Germanium-)Transistoren als Miniaturersatz für Radioröhren zuerst im militärischen Bereich eingesetzt ( 1 9 5 2 ) . Ein Konkurrenzprodukt, der Silizium-Transistor, fand 1954 erste Verwendung in einer Radioausrüstung für Flugzeuge (Platz- und Gewichtseinsparung), dann eine erste Anwendung in Computern ( 1 9 5 5 ) , wo er die energieverzehrende und anfällige Röhrentechnik verdrängte. Den nächsten Entwicklungsschritt stellte die zu-
28
nehmende Integration mehrerer Transistoren auf derselben Halbleiterbasis dar (schon 1959): der Chip oder 1С (= Integrated Circuit, Integrierter Schaltkreis) war geboren mit einer Primärnutzung wiederum im Flugzeugbau, der auch häufig eine militärische Komponente besitzt. Ab etwa 1964 ergab sich eine erweiterte Nutzung in medizinischen Geräten, z.B. Hörhilfen (Miniaturisierung), dann Taschenrechner und schließlich der Siegeszug durch die Entwicklung der Computer bzw. PC's. Der letzte große Schritt wurde dabei mit der Entwicklung des sog. Mikroprozessors getan (ab 1971), der das „Herz" der Informationsverarbeitung unserer heutigen PC's darstellt. Beispiel (5): Der Laser Schon 1917 postulierte
EINSTEIN
die Möglichkeit der Stimulierung von Licht-
emission, die dann 1928 erstmals auch experimentell nachgewiesen wurde (vgl. Grupp 1997). Das Wort LASER ergibt sich aus den ersten Buchstaben der Beschreibung des dahinterstehenden Zusammenhangs: Zight Amplification by •Stimulated Omission of Radiation und besteht in der Erzeugung hochgradig kohärenten Lichts dessen Energiebündelung, verknüpft mit einer hochpräzisen Steuerung, eine Vielzahl von Anwendungen - von der Schweißtechnik bis zum CD-Player oder dem Operationswerkzeug der Medizintechnik - eröffnete. Unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg entstanden die ersten wissenschaftlichen Publikationen zur Erzeugung von Laserstrahlen. Im Jahre 1960 wurde der erste Rubin-Laser hergestellt, ihm folgte 1964 der erste Gas-Laser (BellLaboratories). Schließlich wurde der erste Farbstoff-Laser 1966 gleichzeitig in den USA und Deutschland entwickelt. Von der wissenschaftlichen Entdeckung bis zu den ersten technischen Anwendungen vergingen ca. 43 Jahre (Grupp 1997, S. 323), erste Patente wurden 1961 erteilt. Dieser ersten „Welle" folgte in den siebziger Jahren eine zweite Welle, bei der Grundlagenforschung und technische Anwendungen eng verzahnt auf Laser mit einer größeren Wellenlänge hinarbeiteten. Die Grundlagenforschung beim Laser hält immer noch an (z.B. Blaulicht-Laser) während gleichzeitig die Anwendung immer weitere Felder erobert. Beispiel (6): Die Solarzelle Bereits 1839 beobachtet der französische Physiker A.
BECQUEREL
eine Zu-
nahme des elektrischen Stromes in einer elektrolytischen Lösung, wenn die Lö-
29
sung im Sonnenlicht stand. Es brauchte weitere 40 Jahre, bis gezeigt war, daß derselbe Effekt auch in Festkörpern wie z.B. Selen, auftreten kann (Grupp 1997, S. 352). Erst durch die Arbeiten EINSTEINS aus dem Jahre 1905 zur „Theorie des Lichts", wurde jedoch der Grundstein zum Verständnis des photoelektrischen Effekts gelegt. Die ersten technischen Anwendungen entstanden 1954 in den Bell-Laboratories, doch dauerte es weitere 10 bis 20 Jahre, bis, angestoßen durch die Bedürfhisse der Raumfahrt mit der Notwendigkeit der Stromversorgung von Satelliten, die Solarzelle ihre heute gültige Position in der Stromerzeugung erreichte. Erst die Ölkrise von 1973 löste jedoch einen verstärkten Schub von F&E-Bemühungen aus, die - mit wachsendem Wirkungsgrad der Zellen und gleichzeitig reduzierten Herstellkosten - die Solarzellen auch in den Bereich alltäglicher Anwendungen der Stromversorgung brachten, wie z.B. bei dezentralen Verkehrssteuerungen, Notrufsäulen oder Parkuhren. Dabei reichen die Anwendungen der Energiegewinnung von einigen Mikrowatt (z.B. Taschenrechner) bis hin zu einigen Megawatt (Solarkraftwerk), was eine Spannbreite von eins zu einer Billion entspricht (Grupp 1997, S. 353) Alle 6 Beispiele stellen generic innovations, also in gewissem Sinne Basisinnovationen dar, die jedoch ein gemeinsames charakteristischen Muster verbindet: •
sie fungieren als Trägerinnovationen, die Wachstum stimulieren
•
sie unterliegen im Zeitablauf gewissen Veränderungen
•
gewisse Industrien sind immer vor anderen davon betroffen, wobei der erste impact die betroffene Industrie in einem relativ „rohen" Zustand erreicht, und meist verfeinert wieder verläßt. Bei stärker wissenschaftsbasierten Technologien existiert eine synchrone Entwicklung in Wissenschaft und Technik
Bei der Diffusion durch die Abfolge der Industrien wechseln die Anforderungen an die neue Technik: •
Die Demonstration ihrer technischen Fähigkeiten ist nicht kostenabhängig. Zumeist werden die Kosten von staatlichen Stellen getragen bzw. subventioniert, (dies kann man auch heute bei modernen Demonstrationsobjekten beobachten, z.B. Brüter, Kugelhaufenreaktor, Megachip, GROWIAN, den Transrapid, aber auch der Photovoltaik etc.). DEBRESSON bezeichnet deshalb
30
die Eintrittssektoren einer neuen Technologie als die Demonstrationssektoren. Die Hauptanforderung an die neue Technologie heißt in dieser Phase: Machbarkeit (d.h. Existenzbeweis). •
Ist der Eintritt vollzogen, so ergibt sich (fast zwangsläufig) in der Abfolge ein relativ einheitlicher Pfad: Instrumente —> Maschinen -» Werkzeugmaschinen —> Verarbeitendes Gewerbe —> Versorgungsbetriebe und schließlich Konsumgüter. In der Reihung dieser Industriebereiche steigen zunehmend die ökonomischen Anforderungen an die Technologie, d.h. die Kosten der Technologie spielen eine zunehmende Rolle fur die Akzeptanz.
In einer späteren Phase werden dann die Technologien vom Transport- und Kommunikationssystem adoptiert sowie von den Versorgungsbetrieben. In dieser Phase zeigt sich auch schon der Zwang zur Standardisierung. Ist die Standardisierung vollzogen, ergeben sich neue Anwendungsschübe in der Massenfabrikation und die daraus resultierenden „economies of scale", verbunden mit einem rapiden Sinken der Stückkosten.
Diffusion und Anspruch an neue Technologien Sektor
Anforderung
Demonstration
Technische Machbarkeit
Instrumente
Technische Verläßlichkeit
Werkzeugmaschinen
Technische Effizienz
Maschinenbau
Ökonomisch langfr. realisierbar
Verarbeitendes Gewerbe
Ökonomische Effizienz
Energie, Transport, Kommunikation
Kompatibilität
Konsumgüter: Luxusgüter
Neuartiger Nutzen
Massenluxusgüter
Nutzerfreundlichkeit (Apple)
Dauerhafte Konsumgüter Verbrauchsgüter
Abb. 2.6: Diffusionsmuster von Technologien
Standardisierung Kostenvorteile
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Zusammenfassend läßt sich also den Entwicklungsweg einer neuen Technologie:schematisch wie in Abbildung 2.7 darstellen:
Grundmuster technologischer Pfade nach DEBRESSON
Demonstration I Instrumente I Werkzeugmaschinen Maschinenbau 4 Verarbeitendes Gewerbe 4 Energie, Transport, I Kommunikation Konsumgüter Haushalte: Endverbraucher
Abb. 2.7: Technologische Pfadfolgen oder Trajektorien
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Dieses Pfadmuster ist wiederum die Basis für den Eintritt der Technologie in den Bereich der Konsumgüter, die (vor allem bei Neuem) durch eine relativ hohe Preiselastizität der Nachfrage gekennzeichnet sind.
Grundmuster technologischer Pfade nach
DEBRESSON
Demonstration - Instrumente -> Werkzeugmaschinen i > Maschinenbau i Verarbeitendes Gewerbe i ~> Energie, Transport, Kommunikation i -> Konsumgüter i Haushalte: Endverbraucher 4r
Abb. 2.8: Systematik der technologischen Trajektorien (nach DeBresson)
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In dieser Phase gilt das ScHUMPETERsche Wort „make the nylon stocking accessible to the maid". Diese Phase könnten wir auch als die neoklassische Phase der Diffusion bezeichnen. Die Technologie ist zur verbreiteten Technik geworden, eigentlich nicht mehr ganz neu und es kommt nun (fast) nur noch auf Kostensenkung an, die natürlich auch mit einer (nun nur mehr) sanften, inkrementellen Innovation verbunden ist. An dieser Stelle erhebt sich die später ausführlicher zu untersuchende Frage, ob man dieses Trajektorien-Muster auf die Sektorendarstellung der Input-Output-Tabelle übertragen, vielleicht sogar empirisch nachzeichnen, kann. Abbildung 2.7 erhält damit die Form von Abbildung 2.8. DEBRESSON inkorporiert über das Grundmuster hinaus in der obigen Abfolge noch einige „Nebengeleise", die, allerdings mit deutlich geringerem Gewicht, wegbereitend für die Diffusion der Technologie sind. Sie sind der Abbildung 2.8 zu entnehmen. Ein anderer Aspekt ergibt sich durch eine Frage, die von DEBRESSON'S Darstellung noch zu wenig abgedeckt wird, in ähnlicher Weise aber auch in der bereits dargestellten Kegeltheorie adressiert wird: Inwieweit sind die in den Industrien diffundierenden Technologien von wissenschaftlicher Forschung und damit staatlich betriebener Grundlagenforschung abhängig, die jedoch im Muster der Wirtschaftssektoren nicht auftritt? Das Stichwort heißt in diesem Zusammenhang science-based technology (dt. Wissensgebundene Technologie, vgl. Pavitt 1984, Krahmer u. Grupp 1992, Grupp 1997). Es fuhrt zur Untersuchung der Frage, welche Technikfelder eine enge Bindung an die Grundlagenforschung haben und ob die Technikentwicklung stets dem Muster Wissenschaft —> Technik -> Innovation folgt. Die Hinweise hierauf ergaben sich vor allem durch Patentanmeldungen bzw. ihre Adressaten (inklusive Patentzitaten) sowie durch die Auswertung der Zitate in wissenschaftlicher Literatur, aber auch technometrischer Analysen (Grupp 1997)
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Abbildung 2.9 zeigt eine mittels MDS (Multi-Dimensionale Skalierung) gewonnene „Landkarte" der Wissenchaftsbindung einzelner Sektoren. Hieraus geht hervor, daß Gentechnik, Pharmazie und Lasertechnik am stärksten science-based sind, was den gängigen Erwartungen bezüglich der strategischen Schlüsseltechnologien entspricht. Hingegen sind gerade die in der deutschen Wirtschaft herausragenden innovierenden Sektoren Motoren, Verkehr, Maschinenbau, Medizin, Bau wenig wissenschaftsgebun-
Motoren
(Verkehr
9-Г
} Maschinenbau Medizin! ^ X ^ y / 4 /Handhabung
Werkzeugvp^T
Meßtechnik
Telekommunikation
Lektronik Bildübertragung
Laser Gentechnik
Informationsspeicherung
Щ
Stark wissenschaftsbasiert
Щ
Überdurchschnittlich wissenschaftsbasiert
ЩЩ Unterdurchschnittlich wissenschaftsbasiert I
I Wissenschaftsunabhängig Schattiert: Deutsche Spezialisierung (Top 10)
Abb. 2.9: Wissenschaftsbasierung der wichtigsten deutschen Technologien Quelle: Krahmer/Grupp 1992
den. Abbildung 2.9 zeigt darüber hinaus aber auch, daß Technologien eine innere Affinität haben, die verhindert, daß man sie beliebig kombinieren kann. Für die jüngste Wirtschaftsgeschichte ist zu vermerken, daß weltweit seit den 80iger Jahren eine zunehmend enger werdende Korrelation zwischen Wissenschaftsbindung
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und Wachstumspotential belegt wird. Man könnte also vermuten, daß die modernen Technikbereiche i.d.R. auf Grundlagenforschung aufsetzen. Dies muß jedoch keineswegs immer so sein. Wie das Beispiel der Zaserentwicklung zeigte, kann es auch zu einer Verschiebung dieser kanonischen Sequenz in der Weise kommen, daß Wissenschaft und Technikentwicklung - zumindest zeitweilig - synchronisieren (vgl. Abbildung. 2.10 fur den Zeitraum von 1960 bis 1970). Wie auch andere Analysen gezeigt haben (Nelson und Rosenberg 1993, Böhm 1992) ist es ebenso richtig zu sagen, daß Technikentwicklung durch Wissenschaft angestoßen werde, - dies entspricht den Befunden DEBRESSONS - wie umgekehrt. Auch eine Bremswirkung der technologisch innovativen Entwicklung durch rein wirtschaftliche Gründe - so z.B. durch den Rückgang des Ölpreises und die hieraus sinkende Profitabilität von Solarzellen - ist belegt (Grupp 1997). Wir können also folgern, daß die oben formulierte kanonische Reihung existiert, vielleicht insgesamt auch dominiert, nicht aber die einzige Möglichkeit beschreibt.
14 χ
Abb. 2.10: Entwicklungsdynamik des Lasermarktes (Quelle: Grupp 1997, S.323)
Abbildung 2.10 zeigt gleichzeitig das von GRUPP postulierte stilisierte Entwicklungsmuster der Entwicklungsdynamik einer genetischen Innovation. Die Laserentwicklung wird allerdings dieser Stilisierung, wie sie im Prinzip auch von DEBRESSON favorisiert wird, in der zu beobachten Koinzidenz von Wissenschaft und Technik zwischen 1960 und 1970 nicht voll gerecht. Die kanonische Form, die in einer klaren Sequenz der Aktivitätsgipfel in der Reihenfolge Wissenschaft, Technik, Produktion besteht, hätte den Technikgipfel um ca. 5 Jahre verzögert erwarten lassen. Diese „Vorverlagerung",
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d.h. zeitliche Synchronisation der Technikaktivitäten mit der Grundlagenforschung ist jedoch tendenziell ein Kennzeichen der wissenschaftsbasierten Innovationen. Die USA und Japan haben sich in solchen wachstumsfordernden Technikbereichen stärker engagiert als die Europäer bzw. Deutschland (Krahmer, Grupp 1992). In Deutschland ist die Technikentwicklung mit einer Abkopplung von den Trends der weltweiten Entwicklung verknüpft. Bei uns konzentrierte man die Aktivitäten stärker auf das Umfeld des Maschinenbaus, den Kfz-Bau und die traditionelle Chemie. Dies sollte nicht ä priori negativ bewertet werden, doch muß die Wirkung dieses Trends für die Zukunft möglicherweise negativ eingeschätzt werden. Auf einer ähnlichen Ebene liegt die Aussage der Abbildung 2.11, die anhand eines Flugzeugumrisses die ,Ausgeglichenheit" der Forschungsintensitäten einzelner Industrienationen abzubilden versucht. Die Größe der Tragflächen, Motoren etc. symbolisiert verschiedene, als wettbewerbsrelevant eingestufte, Elemente des Innovationsprozesses, wie z.B. Exportvolumen von HiTech-Produkten, Private und staatliche F&EAusgaben (= linke bzw. rechte Tragfläche), Auslandspatente, etc., (vgl. die Legende im Kasten) die zusammen die Flugßhigkeit des Flugzeugs „nationales Innovationssystem" bestimmen. Zumindest der Graphik nach sieht das deutsche Flugzeug noch am ehesten aus, als könnte es fliegen, während das japanische - ähnlich Frankreich mit dem Heckruder (zuwenig Nobelpreise) Probleme bekommen könnte. Auch die Asymmetrie der Tragflächen des französischen Flugzeugs (Staatslastigkeit der Forschungsförderung) könnte zu Flugproblemen führen. Großbritanniens Maschine wiederum besitzt rechts zu wuchtige Antriebsaggregate (Zitate und Publikationen), während die Grundstruktur eher zu stimmen scheint.
37
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Abb. 2.11: Ausgeglichenheit der Forschungsaktivitäten einzelner Industrienationen (Quelle: Grupp 1992) Das Beispiel lenkt unsere Aufmerksamkeit auf die möglicherweise wichtige Tatsache, daß zwischen verschiedenen Innovationsaktivitäten optimale aber auch suboptimale Relationen bestehen könnten. Dies kann das Ausmaß bestimmter Aktivitäten betreffen, aber auch das Zueinanderpassen ihrer Inhalte. In der Innovationsökonomik hat sich eine Art „Dreibein-Theorie" (Innovations-Tripod) der Innovationsaktivitä-
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ten herauskristallisiert, die in plakativer Weise einen Zusammenhang beleuchtet, an den man sonst vielleicht kaum denken würde: (laufende) Forschungsausgaben für Sachmittel und Geräte, Forschungskapital (d.h. über die Jahre kumulierte F&EAusgaben) und der Humankapitaleinsatz (d.h. Zahl und Qualität der Forscherpersonen) müssen aufeinander abgestimmt sein, damit der Innovationsprozeß „optimal" ablaufen kann. Alle drei Basiselemente sind wie die drei Beine eines Fotostativs. Fehlt eines oder ist es „zu kurz", stürzt das Stativ um. Man könnte diesen Zusammenhang auch im Sinne der altbekannten LlEBlGschen Minimumtonne formulieren: Eine Regentonne hat an irgend einer Stelle eine verkürzte Daube. Durch die hierdurch entstehende Lücke fließt das Wasser zuerst heraus. Verallgemeinert: der Innovationsprozeß kann nur so effizient sein, wie es das schwächste
Glied zuläßt. Eine
Verbesserung der Forschungsergebnisse könnte man also prinzipiell mit einer solchen Schwachstellenanalyse
herbeiführen.
Es ist klar, daß bei Forschungsbemühungen, die zwar hohe laufende Etats zur Verfugung haben, aber sich z.B. einem Engpaß bei den notwendigen Geräten gegenübersehen, nicht soviel herauskommen wird oder sich eventuell überhaupt kein Erfolg einstellt, als wenn die nötigen Geräte vorhanden sind. Ein besonderer, in der Forschungspraxis nicht sofort zu entdeckender Engpaß ist die HumankapitalQualität. Sind die beschäftigten Forscher qualifiziert genug, um das Problem zu bewältigen? Da Forschung über gewisse Ergebnisse erst im Laufe ihrer Bemühungen verfügen wird, ist zumindest zu Beginn unklar, ob ein Mißerfolg an der Härte des Problems liegt oder an der relativen Unfähigkeit der Forscherpersönlichkeiten. Dieser Sachverhalt wirft ein besonderes Licht auf das Faktum der sog. barkeit" bzw. Absorptionsfähigkeit
,J.propriier-
von technologischem Wissen. Selbst Industrie-
spionage mag für manche Firmen wertlos sein, dann nämlich, wenn die eigene Mannschaft nicht in der Lage ist, die so gewonnenen Erkenntnisse zu „verstehen", d.h. sich anzueignen.
Ein einmal erzielter Innovationsvorsprung einer Firma oder
eines Landes kann nach einer gewissen Weile für andere uneinholbar geworden sein. Dies zeigt uns, daß die übliche neoklassische Annahme von technischem Wissen als „öffentliches Gut" höchst fragwürdig sein kann, da der Innovationswettlauf häufig gerade darin besteht, heterogenes technologisches Wissen zu etablieren und Wissensvorsprünge zu verteidigen oder auszubauen.
KAPITEL 3
Technologieverflechtung : Die Input-Output-Instrumente In Kapitel 2 haben wir festgestellt, daß die technologischen Beziehungen nach inhaltlicher (d.h. genuin technikbezogener) aber auch branchenmäßiger (d.h. wer verwendet bestimmte Techniken) differenziert werden können. Will man derartige Beziehungen möglichst ganzheitlich und nicht nur fallweise untersuchen, so bietet sich die Input-Output-Tabelle (abgekürzt: IOT) als Ausgangs- bzw. Datenbasis an, da sie das einzige Instrument ist, das die Verflechtung der Wirtschaft explizit disaggregiert abbildet. Um dieses Instrument allerdings adäquat nutzen zu können muß man auch über seine Reichweite und seine Einschränkungen Bescheid wissen. Auf der konkreten IOT eine Landes oder einer Region setzt dann eine Vielzahl von Analysemöglichkeiten der Input-Output-Analyse (IOA) auf, die - den abgebildeten Verflechtungsaspekt nutzend - in verschiedener Weise auch für die hier angesprochenen Fragen anwendbar sind. IOT und IOA hängen aber nicht nur in der Weise zusammen, daß die Analyse auf der Tabelle „aufsetzt", bzw. sie voraussetzt, sondern sie sind auch interdependent in dem Sinne, daß nicht jeder Tabellentyp (davon gibt es, wie wir noch sehen werden, mehrere), für jede Analyse geeignet ist, sondern zur Fragestellung der Analyse passen muß. 3.1 Input-Output-Tabellen 3.1.1 Funktionelle vs. Institutionelle Tabellen
Das Grundkonzept der Input-Output-Tabelle besteht darin, den Produktionsaspekt einer Volkswirtschaft herauszuheben, ihn quasi zum Zentralgegenstand der Darstellung zu machen und demgegenüber die anderen Darstellungsaspekte der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) wie Einkommenserzielung, -Verteilung, Verwendung, Finanzierung etc. in den Hintergrund treten zu lassen. Dies hat zur Folge, daß die primäre Orientierung der VGR an sog. Institutionen (d.h. Haushalten, Unternehmen, Staat) in eine, an der Produktionstheorie orientierte, funktionelle Be-
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trachtung umschlägt. Als Konsequenz ergibt sich, daß als Erfassungseinheit nicht die Unternehmung die erste Rolle spielt, sondern der Betrieb, also die Fertigungseinheit, und zwar auf einem so detaillierten Niveau (im Extremfall: Werkbänke) daß weitestgehende Homogenität der Produktion (im Idealfall nur ein einziges Gut) gewährleistet wird. Diese Erfassungsbasis wäre idealerweise der sog. fachliche Betriebsteil, ein Ideal, das allerdings längst nicht von allen Länderstatistiken erreicht wird, auch nicht in der ΙΟ-Statistik Deutschlands. Input-Output-Tabelle bzw. Analyse gehen jedoch von dieser mehr oder weniger als Fiktion zu wertenden Basisannahme aus, daß der Output eines Sektors so homogen ist, daß man von der Produktion eines Gutes sprechen kann. Zur Produktionsorientierung der IOT gehört also grundsätzlich die funktionelle Abgrenzung bzw. eine Erhebungsbasis mit anschließender Aggregation, die diesem Kriterium gerecht wird. Das bedeutet nicht, daß man grundsätzlich keine institutionellen Tabellen erstellten könnte oder sollte. Während die seit etwa 1970 vom Statistischen Bundesamt (StaBuA) erstellten IOTs funktionelle Tabellen sind, compilierte das DIW (Deutsches Institut f. Wirtschaftsforschung, Berlin) seit mehr als 2 Jahrzehnten, aufbauend auf den Ergebnissen der VGR, sog. institutionelle Tabellen. Der Unterschied zu den Bundesamts-Tabellen läßt sich an folgendem Beispiel klar machen: Ginge es um die „richtige" Darstellung der Produktion von Straßenfahrzeugen, so würde die funktionelle Tabelle z.B. lediglich die Produktion von PKWs der Fa. DaimlerChrysler in diesen Sektor integrieren, die anderen Produkte dieser Firma aber - z.B. Flugzeuge ggf. anderen Sektoren zuordnen. Bei der Erstellung der institutionellen Tabelle hingegen würde die Fa. DaimlerChrysler - nach dem hierfür gültigen Schwerpunktprinzip, da dies die hauptsächliche Produktionssparte darstellt, - vollständig dem Sektor Automobilbau zugeordnet. Eine institutionelle Tabelle enthält, da sie andere Verhältnisse abbildet, also auch ganz andere Zahlen als eine funktionelle Tabelle und sie ist auch für andere Fragestellungen prädestiniert, als eine funktionelle: So ist z.B. eine institutionelle Tabelle eher für Fragestellungen geeignet, die die ökonomische Entscheidungseinheit (d.h. die Unternehmensleitung) betreffen wie z.B. Steuerfragen, Lohnpolitik etc. Die funktionelle Tabelle ist hingegen für Fragen über technologische Zusammenhänge im Rahmen der (rein technischen) Produktion die passendere Tabelle, also auch für die Fragen, die sich uns bei der hier vorliegenden Thematik stellen.
41
3.1.2 Die Erstellung der Input-Output-Tabelle Wie Abbildung 3.1 zeigt, besteht der Standardtyp einer IOT aus drei Matrizen, die in Form eine umgekehrten „L" angeordnet sind. Diese Matrizen werden auch als Quadranten bezeichnet und durchnumeriert. Man beginnt dabei - im Gegensatz zur Zählweise in der Mathematik - im Nord-Westen und bezeichnet diesen Quadranten mit (römisch) I. Ihm entspricht die sog. Zentralmatrix, auch Intermediärmatrix genannt. Sie besitzt für η Sektoren die Dimension nxn und zeigt die Vorleistungen der Sektoren. Bewegen wir uns einen Quadranten nach rechts so sind wir beim Quadranten II, der die sog. Endnachfragematrix beinhaltet, die sämtliche Komponenten der Endnachfrage, also Consum, /nvestition, Exporte etc., nach η Liefersektoren (= Zeilen) gegliedert, darstellt. Der im „Südwesten" liegende Quadrant wird als Quadrant III bezeichnet und beinhaltet die Matrix der Primäraufwendungen, bestehend aus Zeilen für z.B. Abschreibungen, Indirekte Steuern, und die bekannten Komponenten der Wertschöpfung. Der Quadrant IV (Süd-Ost-Ecke) bleibt üblicherweise leer. Er würde nichtproduktionsrelevante Beziehungen darstellen (z.B. Umverteilungszahlungen oder die Zahlung direkter Steuern an den Staat) die damit für das primäre Erhebungsziel der IOT (Darstellung der Produktion inkl. ihrer Verflechtungsbeziehungen) nicht von Bedeutung sind.
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1
η
С
I
Ex
ж
1 1 1
1
Π Τ D L G ж
Abb. 3.1: Grundform einer Input-Output-Tabelle Unter gewissen Aspekten kann es jedoch sinnvoll sein, die derart beschriebene IOT um eine, unter Quadrant III gehängte, Zusatzmatrix (bzw. auch einen Vektor) d.h. einen sog. Quadranten V, zu ergänzen, der dann Beziehungen in die Analyse einbringt, die lediglich der Proportionalitätsannahme der Input-Output-Analyse, (z.B. Emission von Schadstoffen oder Kapitalbedarf der Produktion, ggf. lediglich in rein physischen Mengenrelationen) nicht jedoch dem z.B. für Quadrant I und II (bzw. I und III) gültigen Wertgleichheitsaxiom der IOT genügen müssen, d.h.: г-te Zeilensumme = i'-te Spaltensumme
für i,j = Ι,.,.,η
(mit * bezeichnete Spalten/Zeilen in Abb. 3.1 stellen Summen-Vektoren dar). Die IOT weicht in gewisser - produktionsspezifisch begründeter - Weise von den Zahlen der VGR ab. So ist vor allem die Preisbasis der (funktionellen) IOT meist
43
der Produzentenpreis (Holub/Schnabl 1985, S. 88f), während die institutionell orientierte VGR mit Marktpreisen arbeitet, die gegenüber der Bewertung in der IOT um die indirekten Steuern (minus Subventionen), die Transportkosten und die Handelspannen höher sind. Diese Bewertungsunterschiede spielen jedoch, solange man keinen direkten Vergleich mit der korrespondierenden VGR anstellt, keine besondere Rolle, ebenso wie gewisse Abweichungen bei der Berücksichtigung der Handelsspannen (Nettoverbuchung in der IOT), der Lagerhaltung (IOT impliziert in gewisser Hinsicht ein Just in Time-System) oder der Lohnveredelung (berücksichtigt die IOT grundsätzlich inklusive des Materialwertes). Ein für die hier interessierenden Analysen jedoch zentraler Gegenstand ist die Behandlung der Importe im Rahmen der IOT. Hier unterscheidet das SNA-System (= System of National Accounts, beschrieben im sog. Blue-Book, UN 1968) vier verschiedene TdbtWeaversionen, die sich unterschiedlich gut für die auf ihnen aufsetzende Analyse eignen - ein Zusammenhang, mit dem der Anwender vertraut sein sollte. Den Ausgangspunkt der Überlegungen stellt die sog. D-Version der IOT dar, wie sie die folgende Abbildung 3.2 zeigt. Von dieser Tabellenversion, die ihrerseits nicht für Input-Output-Analysen geeignet ist, sind alle relevanten Tabellentypen ableitbar. Die D-Version enthält eine Zentralmatrix, die lediglich die heimischen Vorleistungen (Vd von domestic) umfaßt. Darunter ist eine Matrix der Dimension η χ η angegliedert, die die Importe nach Herstell- und Verwendungssektor gliedert. Die sog. C-Version, die analog eine weitere Unterscheidung der Importe nach komplementär vs. konkurrierend vornimmt, ist für unsere Zwecke nicht von Bedeutung. Legt man die unter den heimischen Matrizen (Vd bzw. Ed) liegenden Importmatrizen paßgenau auf die heimischen und addiert sie zellenweise, so erhalten wir die neuen Summenmatrizen Vd + Μ bzw. Ed+m und eine neue Summenspalte, die allerdings nicht mehr die Produktionswerte ausweisen würde. Um diesen „Fehler" zu korrigieren, zieht man die vorhergehende Summenspalte Im in einer eigenen Spalte wieder ab. Dieses Verfahren nennt man negative Importkorrektur bzw. Al-Version der IOT (vgl. Abbildung 3.3). Sie ist immer dann eine geeignete Analysebasis, wenn es primär um technische Relationen geht, denn die sog. Input-Koefflzienten spiegeln den jeweiligen Gesamteinsatz und sind in ihrer Höhe nicht von der (manchmal zufälligen bzw. handelspolitisch bedingten) Importorientierung abhängig.
44
r
E
Pw
Μ
Ею
к
d
PA Pw Abb. 3.2: Die D-Version der Input-Output-Tabelle Die einzelnen Input-Koeffizienten ergeben sich also nach Gleichung (3.1): äy = (Vdij + My)/PWj
(3.1)
worin Vdjj den Bezug heimischer Vorleistungen des Sektors i von Sektor j bezeichnet, My den korrespondierenden Import und PWj den Produktionswert des Sektors j bedeuten. Eine alternative Korrekturmöglichkeit ergibt sich, wenn wir dieselben Matrixaggregationen vornehmen wie oben, jedoch keine negative Importkorrektur vornehmen, sondern den in der Variante Al negativ angesetzten und nach Herstellbereichen gegliederten Importvektor Im zum Zeilenvektor transponieren und ihn unterhalb des ursprünglichen Pw-Vektors additiv in die Spaltendarstellung integrieren (vgl. Abbildung 3.4). Addieren wir hiernach über die Spalten, so erhalten wir eine neue Gesamtsumme, die um die (nach Herstellbereichen gegliederten !) Importe höher ist und deshalb Gesamtaufkommen genannt wird.
45
Vd+M
1
Ε "
Im Pw
negative Importkorrektur
PA Pff d Abb 3.3: Die Version Al mit negativer Importkorrektur Die so entstandene, zweite Version der IOT hat den Namen A2-Version und zeigt die sog. Aujkommensverflechtung (Abbildung 3.4). Die Inputkoeffizienten beider AVersionen spiegeln primär technische Relationen, weil sie alle Inputs einbeziehen, auch die importierten. Die Inputkoeffizienten der A2-Version normieren den spezifischen Einsatz allerdings nicht am Produktionswert, sondern am gesamten Güteraufkommen. Dies könnte gewisse Verzerrungen mit sich bringen, weswegen diese Tabellenversion für die hier vorliegenden Zwecke eine geringfügig schlechtere Wahl darstellt, als die Al-Version. In Fällen, in denen jedoch die Negativkorrektur zu irgendwelchen Problemen führt, stellt die A2-Version die beste Wahl dar.
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>
„ d + m VΓι
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иΜ» к о 3 В (D tä
PA
Ψ m
|positive Importkorrektur nach Herstellbereichen
Aufkommen
Abb. 3.4: A2-Version mit positiver Importkorrektur (nach Herstellbereichen) Eine dritte Variante ergibt sich, wenn man die expliziten Importmatrizen der DVersion vertikal zu zwei Zeilenvektoren aggregiert, die dann zum Bestandteil der Primäraufwandsmatrix werden. Diese Variante hat den Namen B-Version erhalten (vgl. Abbildung 3.5). Auch sie eignet sich gut für Analysezwecke und ist vor allem dann die erste Wahl, wenn man • heimische und importbezogene Effekte getrennt analysieren möchte (Zentralmatrix enthält lediglich Vd) • Modellvarianten anwenden möchte, die in der Analyse mit Primäraufwandskomponenten starten, denn in der B-Version sind die Importe (nach Verwendungsbereichen gegliedert) exogen gemacht, so daß z.B. die Einflüsse von Importpreisänderungen modelliert werden können.
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V Μ
Ε E
Pw
m
^ ^
Importzeile nach Verwendungsbereichen
Im
PA Pw Abb. 3.5: Die B-Version mit zum Importvektor kondensierter Importmatrix Damit dürfte klar geworden sein, daß jede Tabellenversion ihre spezifischen Vorzüge, aber auch Nachteile aufweist und in Bezug auf den jeweiligen Analysezweck möglichst passend gewählt werden muß. Für die hier vorliegenden Analysezwecke, die sich auf primär
mengenorientierte,
technische Zusammenhängen stützen, sind deshalb Tabellen des Typs A, in Fällen in denen es auch um regionale Abgrenzungen geht, auch Tabellen des Typs В als Analysebasis geeignet. Analoges gilt für die Preis basis: d.h., daß für eine intertemporale Analyse inflationsbereinigte Tabellen verwendet werden sollten, da sie noch besser als die in laufenden Preisen notierten IOTs die Mengenrelationen des technischen Einsatzes spiegeln. Speziell für den Fall der Bundesrepublik sind in der 58 χ 58 Zeitreihe bisher jedoch derartige Tabellen noch nicht veröffentlicht worden, was wohl auf die spezifischen Probleme bei ihrer Erstellung zurückzufuhren ist. Ein Wort ist noch zum Aggregationsgrad der Tabellen zu sagen. Während für wirtschaftspolitische Zwecke eine Tabellendimension η zwischen rund 40 und 60 Sektoren völlig
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ausreichen mag, ist für die hier vorliegenden Zwecke i.d.R. diese Sektorenaufgliederung zu niedrig. Hier wäre - je nach Größe der analysierten Wirtschaft, und diese ist normalerweise positiv mit dem Ausmaß der Innovationstätigkeit und dem technischen Fortschritt korreliert - eher etwa das doppelte zu veranschlagen, für die Bundesrepublik also ca. 90 bis. 120 Sektoren. Zumindest aber müßte für den hier gegebenen Analysezweck, nämlich Technologieverflechtung abzubilden, die Sektorengliederung so fein sein, daß diejenigen Technologien, die - üblicherweise als HiTech-Bereiche tituliert - im betrachteten Zusammenhang eine herausragende Rolle spielen, sich auch in einem eigens dafür eingerichteten Sektor wiederfinden. Diese Bedingung ist tendenziell um so eher erfüllt, je mehr Sektoren insgesamt abgebildet werden, jedoch damit noch nicht garantiert. Trotz dieser Beschränkungen in der Datenbasis, stellt das Instrumentarium der InputOutput-Rechnung bereits sehr wertvolles Informationsmaterial zur Verfügung, das man, so weit es irgend geht, nutzen sollte, um Technologieflüsse bzw. Verflechtungsaspekte moderner Technologieentwicklungen darzustellen. Die Bringschuld dürfte hier zunächst bei der Wissenschaft liegen. Ist erst einmal gezeigt, daß das Input-Output-Instrumentarium mit vorhandenen Informationen neue Einsichten vermitteln kann, wird auch die Bereitschaft steigen, die vorhandenen Lücken der Datenbasis besser zu schließen. 3.2 Die Input-Output-Technik als Analyseinstrument Die IOA ist ein Instrument, das in vielfacher Beziehung gezeigt hat, daß es in der Lage ist, Verflechtungen zwischen den Branchen einer Wirtschaft, in einem modellmäßigen Rahmen darzustellen. Hierbei wird zumeist lineare Technologie bei Gültigkeit einer gewissen Strukturkonstanz unterstellt, ein Umstand, der der IOA häufig herbe Kritik eingebracht hat. Dieses Argument geht allerdings an den Analyseprämissen der IOA etwas vorbei, da es natürlich auch den Vertretern der IOA hinlänglich bekannt ist und Abhilfen hierfür sowohl exogen - d.h. mit ΙΟ-fremden Methoden - als auch innerhalb des ΙΟ-Instrumentariums denkbar sind. Die mitunter anzutreffende Meinung, bei der Input-Output-Technik handele es sich grundsätzlich um ein „lineares Verfahren" ist jedoch insofern irrig, als das Kernstück, die weiter unten noch darzustellende sog. Leontief-Inverse inhärent nichtlinear ist, d.h. damit erstellte Analysen eben auch nichtlineare Entwicklungen bzw. Wachstumsprozesse abbilden
49
können, die im hier vorliegenden Zusammenhang natürlich von besonderem Interesse sind. Die Modelle der IOA sind so zahlreich, daß man darüber ein ganzes Buch schreiben kann, ohne den Anspruch erheben zu können, es enthalte eine erschöpfende Darstellung (vgl. Holub/Schnabl 1994). Eine Einschätzung die dem Sachverhalt am nächsten kommt, ist eher, daß es zu praktisch jedem gängigen makroökonomischen Modellansatz ein entsprechend sektoral disaggregiertes Pendant im Rahmen der IOA gibt, das dann natürlich IO-gemäße Komponenten bzw. Eigenschaften besitzt. ΙΟ-Modelle können für Strukturanalysen ebenso benutzt werden, wie für Prognosen. Sie lassen sich dabei einteilen in statische Modelle vs. dynamische Modelle (ohne/mit Rückwirkungen der Investitionen auf das Produktionspotential), offene vs. geschlossenen Modelle (Modell enthält exogene /keine exogenen Sektoren) bzw. Mengen- vs. Preismodelle, die auch untereinander in gewissem Umfang kombinierbar sind. Aus der Vielzahl der Input-Output-Modelle seien deshalb im folgenden lediglich die Basismodelle herausgegriffen und dargestellt, soweit sie für die Analyse der technologische Verflechtung relevant sind. Diese Modelltypen werden in den folgenden Abschnitten kursorisch behandelt. 3.2.1 Das statische offene Mengen - Modell In Abschnitt 3.1 haben wir die Input-Output-Tabelle als „geschlossenes" Kreislaufmodell kennengelernt. Dieses Modell können wir nun analytisch anwenden. Hierzu schreiben wir das System zuerst in Gleichungsform:
50
+ V,2 +V13 +...+ V l n + У! = X) V 21 + V 2 2 +V 2 3 +...+ * 2n + У2 -^-2 V31 + V 32 +V 33 +...+ V 3n + y3 = X 3 V„, + V B2 +V I1 3+...+ V I111 +y I1 = XI1 Dies ist der Teil der Ю Т der sich aus den. Quadranten I und II zusammensetzt, als horizontales (d.h. zeilenweises) Gleichungssystem geschrieben. Wir formulieren nun dieses Gleichungssystem um, indem wir eine neue theoretische Annahme einführen: Zunächst definieren wir a , r ν,/Χ,
(3.2)
als sog. Inputkoeffizienten, wobei Xj für das bisher verwendete Symbol PWj steht und nehmen an, daß diese Koeffizienten für i j = 1,...,« für hinreichend lange Prognosezeiträume stabil bleiben. Das bedeutet nicht unbedingt absolute Konstanz, aber doch ein Verharren der Koeffizienten, so daß eine damit argumentierende Analyse ökonomisch akzeptabel erscheint. Hinter dieser Annahme steht die Beobachtung, daß die Relationen der Einsatzfaktoren mengenmäßig einigermaßen unbeeinflußt bleiben, wenn der Output variiert wird, falls die Produktionsfunktion linear-homogen ist, wie im LEONTIEF-Fall angenommen. Für die praktische Analyse bedeutet dies, daß wir setzen: a^ = ay0
für alle ij=
1,2,...,η
Schreiben wir nun das obige Gleichungssystem um, so erhalten wir unter Substitution für die einzelnen Vy mithin: a „ X , + a 12 X 2 + a 13 X 3 +...+ a ln X„ + у, = X, Э2.Х, + a 22 X 2 + a23X3 +...+ a2nX„ + y 2 = X 2 a 31 X, + a 32 X 2 + a 33 X 3 +...+ a3nX„ + y 3 = X 3 a„iXi + ^2X2 + а„зХз +···+ а Л + У„ = X„ Dieses Gleichungssystem läßt sich nun in der Schreibweise der Matrixmultiplikation darstellen:
51
Αχ + у = χ
(3.3)
Die Multiplikation Αχ bewirkt dabei gleichzeitig eine Addition in Zeilenrichtung, so daß sich wieder als Gesamtwert, der Vektor χ der Produktionswerte ergibt. Diese Gleichung können wir nun analytisch weiterbehandeln. Alle mit χ versehenen Terme auf eine Seite gebracht, erhalten wir: x-Ax = y =>bzw. (I-A)x = y
(3.4)
Multiplizieren wir nun von links mit der Inversen nämlich (I-A)"1, so ergibt sich : Ix = χ = (I-A)y = C y
(3.5)
wobei wir С als Kurzschreibweise für die Leontief-Inverse (I-A)"1 verwenden. Der Vektor der Bruttoproduktionswerte χ ergibt sich also aus dem Produkt der LeontiefInversen mit dem Vektor der Endnachfrage y, wobei die Inverse über den Prognosehorizont als konstant in ihren einzelnen Zellenwerten angenommen wird. Die Frage der grundsätzlichen Lösbarkeit dieser Gleichung ist zwar unter mathematischen Aspekten von großem Interesse, jedoch zeigt sich bei genauerer Betrachtung, daß diese Bedingungen für empirische Verhältnisse und „vernünftige" Endnachfragevektoren praktisch immer erfüllt sind (Holub/Schnabl 1994, S.113ff). Wir brauchen also nur bei bekannter Leontief-Inverser den angenommenen (veränderten, bzw. prognostizierten) Vektor der Endnachfrage einzusetzen und erhalten unmittelbar das Ergebnis. Ein einfaches Rechenbeispiel möge dem ganzen etwas mehr Anschaulichkeit verleihen: Beispiel: Gegeben sei eine 2-Sektoren-Wirtschaft mit folgender IOT: I I
II
У
Σ
100
900
1000
300
800
II
300
200
PA
700
500
Σ
1000
800
52
Dann ergibt sich die Matrix Α der Inputkoeffizienten als: 0,000
0,125
0,300
0,250
und die hieraus gebildete Inverse С = (I-A)'1 als: 1,053
0,175
0,421
1,404
Wer jetzt die Matrixmultiplikation C*y mit у gleich der aktuellen Endnachfrage durchfuhrt, also mit 900 •"30ö erhält, wie er leicht nachrechnet, als Ergebnis den Outputvektor χ mit den Werten 1000 und 800. Wir verdoppeln nun die Endnachfrage nach Produkten des Sektors II, d.h. y2 steige von 300 auf 600. Die Multiplikation dieses neuen y-Vektors mit der unveränderten Inversen ergibt nun: 1,053*900+0,175*600 " 0,421*900+ 1,404*600
1052,7" 1221,3
Man sieht, daß die einseitige Verdopplung der sektoralen Endnachfrage des Sektors II nicht zu einer Verdopplung des Outputs dieses Sektors geführt hat, sondern nur zu einer Steigerung um rund 22%, während der Sektor I durch seine Interdependenz mit Sektor II von der Endnachfragesteigerung dieses Sektors ebenfalls profitiert hat. Gleichung (3.5) ermöglicht uns auch, den Begriff der direkten und der indirekten Wirkungen zu erläutern. Wenn die Zeilen- und Spaltensummen der A-Matrix (Hinweis: die Α-Matrix ist die Matrix der Inputkoeffizienten a,j, nicht zu verwechseln mit der Al bzw. A2-Version der zugrundeliegenden Tabelle) alle kleiner 1 sind
53
(was in aller Regel bei empirisch erhobenen Matrizen zutrifft), so läßt sich die Leontief-Inverse auch schreiben als: C = I + A + A 2 +A 3 +....+ An
(3.6)
Die Matrix I vermittelt dabei die direkte Wirkung einer Endnachfrageerhöhung im eigenen Sektor, die Matrix Α zeigt, wie groß die Wirkung auf die direkt vorgelagerte Produktionsvorstufe ist, die weiteren Potenzen entsprechen den weiteren indirekten Wirkungen eines solchen Nachfragestoßes, wobei, wie leicht nachzuprüfen, die Potenzen der Α-Matrix immer kleiner werden und schließlich ganz verschwinden. Es ist eine der Besonderheiten der ΙΟA, daß sie neben den direkten Wirkungen auch die indirekten zu analysieren erlaubt, was insbesondere im Hinblick auf moderne Fragestellungen wie z.B. Umweltwirkungen, Energiegehalte bzw. F&E-Gehalt von Gütern etc. eine Rolle spielt und von keiner anderen Analyseform darstellbar ist. 3.2.2 Das Quadrant-V-Modell
Man kann nun unter den Quadranten III (die PA-Matrix) der IOT einen Vektor oder gar eine ganze Matrix „darunterhängen", die in den einzelnen Zellenwerten zwar eine gewisse Linearitätsannahme in Bezug auf den jeweiligen Bruttoproduktionswert beinhalten, ansonsten aber keinerlei Einschränkungen der Dimensionalität der Größe unterliegen, also nicht nur in DM, sondern in KWh, Personenstunden oder Tonnen N0X gemessen werden können. Nehmen wir z.B. Pollutionskoeffizienten, die die Frage beantworten, wieviel to S0 2 pro (1 Mio) DM Gesamtoutput jedes einzelnen Sektors anfallen, so können wir nach folgender Gleichung leicht die S0 2 Produktion ermitteln, die sich aus einer Steigerung der Endnachfrage nach Produkten des Sektors i um 10% ergibt. Die Gleichung hierfür lautet: s' = g' = g'
(3.7)
Hierin bedeuten s' den Schadstoff(zeilen)vektor in to S0 2 , g' einen ZeilenGewichtsvektor des spezifischen sektoralen Schadstoffausstoßes (also z.B. in to S02/Mio DM Output) und die Diagonalmatrix der Outputwerte. Die Multiplikation des spezifischen Pollutions-Vektors g' mit der Diagonalmatrix der Output-
54
werte resultiert in einem Zeilenvektor s' der absoluten Schadstoffproduktion der einzelnen Sektoren. Wollen wir den gesamten Ausstoß an S0 2 ermitteln, so wäre wieder über die Sektoren hinweg zu addieren, was die Matrixmultiplikation unmittelbar für uns besorgt, wenn wir die spitzen Klammern der Diagonalmatrix wegfallen lassen, also S = g'*x = g'*C*y
(3.7a)
Es spielt dabei keine große Rolle, daß das Schwefeldioxid in to gemessen wird, genauso können wir Energieinputs, Arbeitskräfte, Arbeitsstunden, Kapitaleinsatz, wie auch - und damit sind wir beim Thema - Forschungsinputs nehmen. Ein kurzes Rechenbeispiel möge die Reichweite dieses simplen Modelltyps kurz beleuchten: Beispiel: Unser Modellbeispiel von oben beinhalte nun einen Schadstoffausstoß, der für Sektor I 0,3 to S0 2 /100 GE (Geldeinheiten) und für Sektor II 0,5 to S0 2 /100 GE betrage. Der Gewichtsvektor g' ist also durch g' = [0,3
0,5]
gegeben. Eine simple Multiplikation mit den Outputwerten ergibt den Schadstoffvektor s \ den wir hier der Einfachheit wegen als Zeilenvektor (deshalb die Ergänzung mit dem Apostroph um die Transposition des Vektors, d.h. Vertauschung von Zeilen und Spalten zu kennzeichnen): s' = [ 3
4]
Sektor I produziert also 3 to und Sektor II 4 to S0 2 , da er trotz niedrigeren Outputs (800 GE) die höhere spezifische Schadstoffproduktion hat. Wir erhöhen nun wie im obigen Beispiel, die Endnachfrage nach Produkten des Sektors II und ermitteln, (wie gerade vollzogen, ohne die ganzen Details der dazugehörigen Matrixnotation) die zugehörigen neuen Schadstoffwerte. Es gilt nun: s' = [ 3,158
6,106]
55
Der Schadstoffausstoß des Sektors II hat um mehr als 50% zugelegt, aber auch der des Sektors I ist gewachsen. Der Gesamtschadstoffausstoß ist von 7 to auf 9,26 to, also um 32,2% gestiegen, während sich „das Sozialprodukt" (als Summe der beiden Endnachfragebeträge) von 1200 auf 1500 und damit um lediglich 25 % erhöht hatte. Man sieht an diesem einfachen Rechenbeispiel deutlich, wie Strukturverschiebungen (der Anteil des Sektors II am Sozialprodukt wuchs) im Input-Output-Kontext zu damit verbundenen nichtlinearen Wirkungen in anderen Bereichen fuhren. Derartige Nichtlinearitäten werden bei rein makroökonomischen Analyse i.d.R. unberücksichtigt gelassen. 3.3 Zurechnungsmodelle Zurechnungsmodelle sind im Prinzip aus der Struktur des offenen statischen Mengenmodells abgeleitet, um Zusammenhänge zwischen Endnachfrage(komponenten) und Primäraufwand(skomponenten) herzustellen. Sie machen dabei allerdings nicht den „Prognoseschritt", wie er z.B. in Abschnitt 3.2.1 explizit dargestellt wurde. Im Gegensatz zu den Prognosemodellen, bei denen wenigstens eine Größe des Modells einen anderen Zeithorizont spiegelt, entstammen bei Zurechnungsmodellen alle Analysegrößen grundsätzlich der gleichen Zeitbasis, d.h. dem Zeitraum für den die zugrunde liegende Tabelle erstellt wurde. Wir können bei Zurechnungsmodellen grundsätzlich die zuzurechnende Größe (z.B. den Innovationsaufwand) und das Ergebnis dieser Zurechnung (z.B. auf eine Endnachfragekomponente) unterscheiden. Gemäß dem oben herausgearbeiteten Unterschied zwischen der Logik des statischen Mengenmodells und dem Quadrant-VModell können wir bei der Zurechnung ebenfalls unterscheiden ob wir eine IOTimmanente Größe oder eine dem ΙΟ-Kontext fremde Größe zurechnen, die dann analog zum Quadrant-V-Modell auch eine beliebige Dimension besitzen kann und nicht in DM gemessen werden muß. Im zweiten Fall ist die Relation der analysierten Größe zu einzelnen Endnachfragekomponenten nicht im Sinne eines Anteils interpretierbar, wie z.B. beim F&EKapital, dessen Potential zwar die Innovationshöhe bzw. Qualität der Produkte eines bestimmten Sektors spiegelt, aber nicht direkter Inputbestandteil ist. Trotzdem kann
56
man diese formal ebenso „zurechnen", sie bilden aber genaugenommen keinen „Gehalt" der Endnachfragekomponenten. Formal können wir dies mithin als Analogon des Konzepts statistischer Meßziffern vs. Beziehungszahlen darstellen, indem wir unterscheiden, ob die Zurechnung sich auf eine Größe bezieht, die in der Input-Output-Tabelle bereits beinhaltet ist (nennen wir sie endogene Größen), oder ob die Größe dem V. Quadranten (exogene Größen) entnommen ist. Bei einer weiten Auffassung des Begriffs Zurechnung, lassen sich drei Modelltypen unterscheiden, nämlich • die lediglich direkte Zurechnung • direkte und indirekte Zurechnung zur Endnachfrage • direkte und indirekte Zurechnung zur Verflechtung (Subsysteme) In einem engeren Sinne wird unter einer „Zurechnung" meist nur der zweite Modelltypus verstanden. Hierbei lassen sich alle drei Modelltypen natürlich grundsätzlich entweder auf endogene Größen oder exogene Größen anwenden, so daß wir theoretisch insgesamt sechs Zurechnungsformen unterscheiden könnten. Im Falle einer endogenen Zurechnungsgröße kann der zuzurechnende Vektor natürlich nur der Primäraufwandsmatrix entstammen und nicht dem Intermediärteil der IOT da wir ansonsten Doppelzählungen bekämen. 3.3.1 Das Basismodell der Zurechnung Um den Ansatz der Zurechnung zu verstehen, gehen wir vom offenen statischen Mengenmodell der IOA aus (vgl. Gl. (3.8)), das sich dann wie folgt interpretieren läßt: χ = (I - А)"1 у
(3.8)
Das einzelne Element xi5 des Output-Vektors χ gibt an, wieviel Sektor i direkt und indirekt herstellen muß, um ausreichend zur Erzeugung der gesamten Endnachfrage y, beizutragen. Wandeln wir nun Formel (3.8) dahingehend ab, daß wir statt der gesamten Endnachfrage nur eine einzige Komponente, z.B. den Konsum auswählen, den wir der Einfachheit halber als yc, bezeichnen, womit der Spaltenvektor des Privaten Konsums gemeint ist. Als Resultat des derart verfremdeten statischen offenen
57
Mengenmodells ergibt sich Gleichung (3.9): Der Ergebnisvektor xc enthält nun die je Sektor direkt und indirekt notwendige Gesamtproduktion, um den Konsumvektor yc zu erstellen: xc = (I - Α)"1 yc
(3.9)
Wir können nun diesen Vorgang fur die m einzelnen Komponenten der Endnachfrage wiederholen und die sich dabei ergebenden m Vektoren (einen je Komponente der Endnachfrage bei m Endnachfragekomponenten) zu einer Gesamtmatrix X mit der Dimension (η χ m) zusammenfügen, indem wir die erhaltenen Spaltenvektoren einfach „nebeneinander hängen": Xnxm = ( I - A ) - ' Y n x m
(3.10)
Wie Gleichung (3.10) deutlich macht, müssen wir aber nicht unbedingt so umständlich und handwerklich vorgehen, sondern erzielen dasselbe Ergebnis eleganter durch die Matrixmultiplikation mit der „vollen" Endnachfragematrix Ynxm deren Dimension die Dimensionen die Dimensionen der Zurechnungsmatrix X determiniert. Grundsätzlich genügt eine einzige Gleichung (Gl. 3.11) - die sog. Basisgleichung der Input-Output-Analyse (Penzkofer, Schmalholz, Scholz 1989 - um alle denkbaren Zurechnungsmodelle zu beschreiben: X = В (I - Α)"1 Υ
(3.11)
Inhaltlich können hierbei В, X, und Y sowohl durch Vektoren, wie auch Matrizen dargestellt werden. Formal bereitet dies ebenfalls keine Schwierigkeiten weil auch Vektoren als Matrizen der Dimension (и χ 1) bzw. (1 χ ή) betrachtet werden können. Die Dimension der Matrix X folgt dann den Regeln der Matrixmultiplikation, d.h. sie wird von den jeweiligen Dimensionen der Matrix В und/oder Y bestimmt. Ein Beispiel soll dies erläutern: Setzen wir В = I, also gleich der Identitätsmatrix, und Y = y, dem Endnachfrageve&for, so folgt aus Gleichung (3.11) inhaltlich Gleichung (3.8), die Standardgleichung des offenen statischen Mengenmodells. Nimmt man statt dessen Y als volle Endnachfragematrix der Dimension (η χ m), so folgt Gleichung (3.10) mit ihrer komponentenweisen Zurechnung der Endnachfrage in einer Ergebnismatrix der Dimension (и χ m). Damit können wir auch gleich den
58
letzten Schritt zur Interpretation einer Zurechnung vollziehen. Inwieweit kann man die Ergebnismatrix X als Zurechnung interpretieren? Die Antwort hierauf ergibt sich aus dem Aussagegehalt eines einzelnen Elements dieser Matrix: Ein Element Xy drückt nämlich aus, wieviel der (zeilenweise definierte) Sektor i direkt und indirekt zur Erstellung der gesamten Endnachfragekomponente j, ( j = 1 ,..,m) beitragen muß. Diesen Beitrag kann man mithin der Produktion der Endnachfragekomponente j zurechnen. Im Beispiel bezieht sich dies auf die gesamte Produktion. Ebensogut aber kann man dies auf Teile des Produktionsinputs dieser Sektoren beziehen, z.B. auf den Lohn oder andere Wertschöpfungskomponenten. Setzen wir z.B. alternativ В = W , wobei W
mit der Dimension (k χ η) für die Matrix der Primäraufwandskomponenten
(Quadrant III der IOT) steht, so erhalten wir die Zurechnung einzelner PA-Komponenten zu bestimmten Komponenten der Endnachfrage (Schumann 1992). Es entsteht eine Matrix X der Dimension (к χ m), wobei die Ergebnisse diesmal echte Anteile repräsentieren, da der Primäraufwand real in das Produktionsergebnis transformiert wurde. Das einzelne Elemente x(j (i = 1 ,..,k,j = 1,··,^) gibt dabei an, wieviel die einzelne Primäraufwandskomponente i (z.B. Arbeit oder auch Steuern, bzw. im Falle einer IOT der Version B: die Importe) direkt und indirekt beigetragen hat, damit die Endnachfragekomponente j hergestellt werden konnte. Weitere Umformungen und Ausformungen der Basisgleichung (3.11) werden in den folgenden Abschnitten angesprochen. Die damit grundsätzlich möglichen Zurechnungsmodelle eröffnen eine solche Fülle von Darstellungsmöglichkeiten, daß wir uns schon aus Platzgründen hier wieder bescheiden müssen und nur die wichtigsten Zurechnungsformen ansprechen können.
3.3.2 Das Modell der direkten Zurechnung Auch die direkte Zurechnung von Primäraufwandskomponenten können wir sinnvollerweise unter die Zurechnung von Elementen des Produktionsprozesses rechnen. Die hierfür zu verwendende Gleichung ist noch wesentlich einfacher als Gleichung (3.11), nämlich: Ζ = О
(3.12)
59
Hierin bezeichnet О die (и χ (n+m)) Matrix sämtlicher Outputkoeffizienten der verwendeten IOT, die Diagonalmatrix der Zurechnungsgröße, die entweder einer einzelnen Komponente des Primäraufwands (z.B. dem Lohnvektor) entsprechen, oder dem Quadranten V entnommen sein kann. Beispiele wären etwa der produktionsspezifische Energieaufwand je Sektor oder der Kapitaleinsatz oder - um in unserem Problemfeld zu bleiben - der laufende F&E- Aufwand, ebenso wie etwa das je Sektor eingesetzte F&E-Kapital. Die Multiplikation eines entsprechend diagonalisierten Vektors ζ mit der Matrix О bewirkt eine einfache Distributionsrechnung
in bezug auf die Zurechnungsgröße,
d.h. eine Zurechnung (weite Definition) der zeilenweise sektoralen Elemente des Vektors auf die einzelnen Elemente des gesamten Outputs. Da die O-Matrix rechteckig ist, d.h. aus einem (и χ «)-Teil (Zentralmatrix) und einem (и χ m)-Teil (Endnachfragematrix) besteht, zeichnet Z, damit ebenfalls rechteckig, quasi eine Allokation der Inhalte des Vektors ζ nach. Damit kann insbesondere zwischen der „direkten" Zurechnung im Bereich der Zentralmatrix und im Bereich der Endnachfrage differenziert werden. Dies liefert uns nämlich ein besseres Verständnis für die anderen Zurechnungsformen. So hat z.B. das DIW eine entsprechende direkte Zurechnung des akkumulierten F&E-Kapitals zur Endnachfrage vorgenommen (DIW, Wochenbericht Nr. 47,1988). Um die Vorgehensweise - obwohl im Prinzip einfach - deutlich zu machen, ist wieder ein Rechenbeispiel angebracht, das unsere obige Modelltabelle benützt. Beispiel: Gegeben sei wieder unsere Modellmatrix. Diesmal teilen wir die Endnachfrage in eine Konsumkomponente y c und eine Investitionskomponente y, auf I I
II
Ус
У1
Σ
100
500
400
1000
100
200
800
II
300
200
PA
700
500
1000
800
Σ
60
Es ergibt sich die Matrix О der Output-Koeffizienten als: 0,000
0,100 10,500
0,400
0,375
0,250 10,125
0,250
Als zuzurechnende Größe nehmen wir den Pollutionsvektor des Ausgangsbeispiels, wie wir in ihn Abschnitt 3.2.1 abgeleitet haben: z' = s' = [ 3
4]
den wir nun in die Diagonalmatrix F (4.1) 0 sonst wobei Wjj das in Zeile i und Spalte j stehende Element der sog. Adjazenzmatrix W ist, die die „Adjazenzen", d.h. Lieferpfeile (oder auch (gerichtete) Wege der Länge 1, daher die Bezeichnung W) in einem Graphen beschreibt. Durch den Qualifizierungschritt bzw. die Binärisierung nach Gl. (4.1) erhalten wir quasi einen „digitalen Schatten" unserer Ausgangsmatrix. Überall da, wo die Quantität des Lieferstroms s^ die Filterschwelle F übersteigt, wird in die Adjazenzmatrix W eine 1 eingestellt, ansonsten eine 0. Damit spiegelt die Adjazenzmatrix W felderweise die für die Strukturdarstellung relevanten ja/nein-bzw. 0/1-Entscheidungen.
73
4.1 Netzwerke und ökonomische Verflechtung Es lassen sich gewisse Parallelen zwischen der hier diskutierten ökonomischen Verflechtungsstruktur auf der Basis von Input-Output-Tabellen und elektrischen Netzwerken ziehen, die unsere Perspektive für Strukturzusammenhänge erweitern. Ein Radio oder eine elektrische Kaffeemaschine enthalten Drähte und verschiedene Widerstände an denen die elektrische Spannung abfallt. Je niedriger der Widerstand, desto größer der Strom der durch den Widerstand fließt. Nach dem OHM'schen bzw. den KIRCHHOFF'sehen Gesetzen addieren sich Ströme durch parallel geschaltete Widerstände, während seriell geschaltete Widerstände den Gesamtstrom reduzieren. Auch im Rahmen der Input-Output-Tabelle können wir analoge Phänomene beobachten. Es fragt sich dann, welche Ströme die wichtigsten in einem solchen „Schaltbild" sind, wenn man von der Größe in Relation zu anderen bzw. zum Durchschnitt ausgeht. Ein Schaltbild, das sich dann an der relativen Größe der Ströme orientiert, würde uns etwas über den charakteristischen Stromverlauf in der betreffenden Schaltung sagen. Ein ähnliches Bild kann man von Verkehrsströmen aufstellen. Eine Straßenkarte, die vor allem die Autobahnen und vielleicht noch die Landstraßen erster Ordnung beinhaltet, wäre ebenfalls ein Beispiel für derartige Darstellungen. Eine derart konstruierte Zusammenfassung von relevanten Strömen - seien es nun elektrische Ströme, Verkehrsströme oder Lieferströme - in ein Strukturbild, das die gegenseitigen Verknüpfungen in ein bestimmtes Verknüpfungsmuster transformiert, wollen wir im folgenden als Charakteristische Struktur bezeichnen. Auf die ökonomische Verflechtung abgestellt, handelt es sich mithin dann um die Charakteristische Struktur einer bestimmten Wirtschaft zu einem gegebenen Zeitpunkt. Im folgenden werden wir verschiedene Verfahren kennen lernen, derartige Charakteristische Strukturen aus einer vorliegenden Input-Output-Tabelle herauszukristallisieren. Wir starten dazu mit der Darstellung eines Verfahrens, das auf CZAYKA (Czayka 1972) zurückgeht und deshalb auch sein Modellbeispiel verwendet.
4.2 QIOA: Methoden und Vorgehensweisen Da im folgenden der Schwerpunkt der Darstellung auf der Methodik der graphentheoretischen Aufbereitung einer zu entdeckenden Struktur liegt, sei der erste Schritt, die Ableitung der Adjazenzmatrix aus einer Input-Output-Tabelle hier außer
74
acht gelassen, d.h. dieser Schritt ist schon vollzogen, ohne daß wir ihn hier darstellen.
Abb. 4.1: Der Graph des Modellbeispiels Wir werden dies später anhand einer konkreten Tabelle nachholen. Die der Darstellung zugrunde gelegte Verflechtungsstruktur ist in Abb. 4.1, die zugehörige Adjazenz-Matrix in Tabelle 4.1 wiedergegeben: Tab 4.1: Adjazenzmatrix des Modellbeispiels Sekt 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 1 1 0 1 1 1 1 0 0 0 0 2 1 1 1 0 0 0 0 0 0 0 3 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 4 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 5 1 0 1 1 0 0 0 0 0 0 6 0 0 0 0 0 1 0 0 1 0 7 0 0 0 0 0 0 1 1 0 0 8 0 0 0 0 0 0 1 1 0 0 9 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 1 10 0 0 0 0 0 0 0 0 0 11 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1
Wie es Gl. (4.1) vorschreibt, ist die ganze Matrix mit den Elementen 0 oder 1 gefüllt. Das erschwert allerdings die Lesbarkeit der Tabelle. Wir ordnen deshalb den Feldern, die mit 0 besetzt sind, einfach eine Leerstelle zu, was den Überblick sofort verbessert:
75
Sekt 1 2 3 1 1 2 1 1 3 4 1 5 1 6 7 8 9 10 11
4 5 6 7 8 9 10 11 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1
Der Adjazenzmatrix (= Matrix der direkten Lieferwege) entspricht deshalb eine graphische Darstellung (d.h. ein sog. gerichteter Graph) der Beziehungen zwischen den Sektoren, die wir durch Pfeile darstellen. In Abbildung 4.1 ist der zu Tabelle 4.1 gehörige Graph dargestellt. Wie man leicht nachvollziehen kann, erhält man den Graphen, indem man zunächst einmal 11 Sektoren (z.B. Kreise) zeichnet und dann für jede „1" in der Adjazenzmatrix einen Pfeil vom Zeilensektor zum Spaltensektor zieht, in dessen Kreuzungsfeld die gefundene „1" steht. Dieses Verfahren funktioniert natürlich umgekehrt genauso. Abbildung 4.1 zeigt deutlich, daß es zwei grundlegende Arten von Verknüpfungen gibt: • vorwärts gerichtete Ströme (z.B. von Sektor 1 über 6 nach 10) und • zyklische Ströme, die zum Ausgangspunkt zurückkehren (z.B. die Folge 1-2-3-45-1) Auch die zyklischen Verbindungen können wir in zwei Kategorien einteilen: • direkte bilaterale Ströme zwischen zwei Sektoren (z.B. 10-11 und 11-10)
und
• indirekt bilaterale Ströme zwischen zwei Sektoren (z.B. 5-1-2) wobei die letzteren über eine oder mehrere Zwischenstationen verbunden sind. Bilaterale Verknüpfungen sind für unser Analyseziel deshalb von besonderem Interesse, weil sie innerhalb des Gesamtkontexts eine nichtlineare Komponente mit besonderer Dynamik darstellen, einen sog. Wachstumsdipol. Betrachten wir hierzu das bilaterale Zwillingspaar (10 = 11). Benötigt nämlich Sektor S10 von Sektor S n eine Lieferung, und wird diese durchgeführt, so benötigt Sektor S n hierzu (da Sektor S10 auch für ihn eine relevante Vorstufe ist) wieder von Sektor S|o eine wesentliche Vorleistung, die bei Sektor S10 wiederum einen Vorleistungsbedarf weckt etc. etc.
76
Natürlich hat dieses „Anregungs-Ping-Pong" quantitativ abnehmende Tendenz. Es besitzt jedoch eine gewisse Eigendynamik, die stärker ist als die Dynamik des eher „linearen" Umfeldes. Eine derartige Konstellation können wir deshalb als Wachstumsdipol bezeichnen und aus solchen Wachstumsdipolen zusammengesetzte Gruppen als Wachstumszentren. In der hier dargestellten QIOA bezeichnete man üblicherweise diese Wachstumszentren als echte Komponenten. Es wäre nun ideal, wenn man derartige herausragende Dipole bzw. Gruppen automatisch herausfinden könnte, ohne deshalb den Graphen mit dem „Finger" nachfahren zu müssen. Und in der Tat gibt es Matrizenkalküle, die dies bewerkstelligen, wie im folgenden zu zeigen sein wird. 4.2.1 Die Berücksichtigung indirekter Verflechtungen Lieferverknüpfungen bestehen nicht nur jeweils unmittelbar sondern auch durch Vermittlung zwischengelagerter Sektoren. Hierzu haben wir Tabelle 4.1 nochmals als Abbildung dargestellt und mit Pfeilen versehen. So besteht z.B. in Abbildung 4.2 eine Verbindung von Sektor S] zu Sektor S3 über S2 (durchgezogene Pfeile Sj—>S2 und S2->S3). Nach diesem Muster lassen sich auch längere Verknüpfungen finden, an denen andere Sektoren beteiligt sind, z.B. S,—>S5->S3 (vgl. die gestrichelte Pfeilsequenz in Abbildung 4.2). Analytisch können diesem Sachverhalt dadurch Rechnung tragen, daß wir unterschiedliche Wegelängen benutzen. Bezeichnen wir allgemein die Existenz eines Weges von S; nach Sj mit Wy so können wir eine Verknüpfung über mehrere Stufen wie folgt nachbilden: Wir folgen dem Pfeil S,—>S2 und von dort über S2 nach S3. Es besteht also eine Verknüpfung der Wegelänge 2 zwischen S, und S3 via S2. In der Matrix W der direkten Wegelänge drückte sich das darin aus, daß die Elemente w12 und w23 jeweils den Wert 1 aufweisen.
77
Sekt. S, J j 2 S3 S« Sj S e S 7 S. S 9 S10 S„ 1- · 1 s2 - — — S3 1 s4,y S 5 '---1 »>1 1 Se S7 S, S, S10 S„
1
1
1 1
1 1
1
1 1
1 1 1
Abb. 4.2 Parallele Verknüpfungen zwischen S, und S3 Dies können wir folgendermaßen formalisieren : S] S2 л S2S3
SjSß
w12 л w23 = w13 was wir auch entsprechend der Logik der Schaltalgebra für eine „sowohl als auch" Verknüpfung durch die Multiplikation ersetzen können, also: W12 • W23 1 . 1
= W2^ = 1
2
wobei wir mit dem w andeuten, daß es sich um eine indirekte Adjazenz der Länge 2 handelt, also um eine Verknüpfung über die Wegelänge 2. Parallel hierzu existiert, wie man Abbildung 4.2 entnehmen kann, ein zweiter Weg von S, nach S3 (man folge den gestrichelten Pfeilen), der allerdings über Sektor S5 läuft, also W,5 * W53
= W213
Wollen wir der Tatsache der Parallelwege zwischen S, und S3 entsprechend Rechnung tragen, so können wir w213 = 2 setzen, da jede der beiden Teilverbindungen mit dem Verknüpfungswert 1 hierzu beiträgt. Allgemein können wir somit, um Parallebeziehungen zu erfassen, schreiben: W^j = I k w i k . wkj
(4.2)
78
Dies ist allerdings nichts anderes als die Formel der Matrixmultiplikation für ein einzelnes Matrixelement ij , so daß wir den Vorgang für alle Elemente in Matrizenschreibweise erhalten als: W2 = W * W
(4.3)
worin das Quadrat der Ergebnismatrix zunächst den Hinweis auf die Wegelänge 2 der Verknüpfung, aber - wie man aus der rechten Seite sieht - auch das tatsächliche Matnzenquadrat der Matrix W darstellt. Noch allgemeiner erhalten wir die Matrix der Wegelänge m, indem wir die m-te Potenz der Adjazenzmatrix W bilden bzw. rekursiv: W m = W * W m ·'
(4.4)
Bei der Entwicklung der Lieferwege unterschiedlicher Länge kann natürlich derselbe Sektor ein zweites oder ein drittes Mal berührt werden, so daß Zyklen entstehen. Da beim Schließen des Zyklus z.B. S,S5S, Sektor S, erneut berührt ist, ergibt sich w ls * w sl
= w2,,
Dies ist genau das Hauptdiagonalfeld. Ein Lieferzyklus der Länge l (= direkte bilaterale Verknüpfung würde sich also durch ein von 0 verschiedenes Hauptdiagonalelement in der /-ten Potenz der Adjazenzmatrix darstellen. Um hierdurch begründete mangelnde Eindeutigkeiten in bezug auf die Längen von Lieferwegen auszuschließen wird der zyklenfreie Lieferweg als Lieferpfad definiert. Ein Lieferpfad ist somit die kürzest mögliche Verbindung zwischen zwei Sektoren. Es ist offenkundig, daß in einem System von m Sektoren ein Lieferpfad höchstens von der Länge m - 1 sein kann. Hieraus folgt, daß man, um mit Sicherheit alle Lieferpfade eines Systems zu bekommen, die Potenzfolge der Wegelängenmatrizen höchstens bis zur Länge m - 1 zu entwickeln braucht. Die Tabellen 4.3 und 4.4 zeigen die, mit der Matrizenmultiplikation ermittelten Wegelängenmatrizen W2 und W3. Der Leser oder die Leserin können sie leicht nachvollziehen, indem sie die Adjazenzmatrix in ein sog. SpreadSheet-Programm eintippen, wie z.B. Excel und dann die entsprechenden Multiplikationen ausführen.
79
Tab. 4.2: Matrix der Lieferwege der
Abb. 4.3: Matrix der Lieferwege der
2
Länge 3 (W3)
Länge 2 (W )
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
1 2 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0
2 0 1 0 0 1 0 0 0 0 0 0
3 2 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0
4 2 2 0 1 2 0 0 0 0 0 0
5 1 2 1 0 2 0 0 0 0 0 0
6 0 1 0 0 1 0 0 0 0 0 0
7 1 1 0 0 1 0 1 0 1 0 0
8 1 0 0 0 0 1 1 2 0 0 0
9 10 11 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 1 1 0 0 1 0 0 1 0 0 0 1 0 0 0 1
1 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
2 1 3 1 0 3 0 0 0 0 0 0
4
3 2 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0
1 3 1 0 3 0 0 0 0 0 0
6
5 5 3 1 2 3 0 0 0 0 0 0
4 2 0 2 2 0 0 0 0 0 0
7 2 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0
8 3 1 0 1 1 1 1 2 0 0 0
9 2 1 0 0 1 1 2 1 2 0 0
2 1 0 0 1 1 2 2 1 0 0
10 11 0 1 1 0 0 0 0 0 1 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 0
Die in den obigen Tabellen 4.2 und 4.3 gezeigten Matrix-Potenzen zeigen anschaulich alle parallelen Verknüpfungen. Der Wert eines Feldes gibt genau an, wieviele Verknüpfungen parallel zwischen den durch Zeile bzw. Spalte gekennzeichneten Sektoren bestehen. Diese detaillierte Information ist aber gar nicht unbedingt nötig. Wir können genauso gut alle Zahlen > 1 durch eine 1 ersetzen, was die sog. boolesche Matrixmultiplikation automatisch durchführen würde: ( 1 * 1 ) + # ( 1 * 1 ) = 1, weil nach boolescher Additionsweise 1 + #1 = 1. Um diese Abweichung von der „normalen" Additionsregel 1 + 1 = 2 zu kennzeichnen, wird die Addition mit dem „#" - Zeichen versehen. Die boolesche Addition aller m-\ Matrix-Potenzen ergibt dann die sog. Dependenzmatrix D nach Gl. (4.5): djj
=
#ZkW
k
ij
m i t k = 1,2,..., m-1
(4.5)
Das Doppelkreuz '#' besagt dabei wieder, daß die Addition aller m-1 Potenzen der Wegelängenmatrix, Wk, mit к = 1, 2,...,m-l auf boolesche Weise erfolgt, d.h. die Dependenzmatrix selbst enthält wieder nur die Elemente 1 oder 0. Die Dependenzmatrix weist damit eine gewisse Ähnlichkeit zur Adjazenzmatrix auf, indem sie sagt, von wo nach wo eine Verbindung existiert, Dabei spielt es aber nun keine Rolle, über wieviele Zwischenstufen diese Verknüpfung erreicht wird. Vielmehr zeigt sie an, ob überhaupt (dy = 1) eine Lieferabhängigkeit zwischen Sektor i und Sektor j besteht, unabhängig davon über wieviele Distanzeinheiten, oder ob keine Lieferabhängigkeit existiert (dy = 0).
80
Tab. 4.4: Dependenzmatrix D des Modellbeispiels Sek 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
1
2
1 1 1 1
4
3 1 1 1 1
1 1 1 1
5 1 1 1 1
6 1 1 1 1
1 1 1 1 1
7 1 1 1 1 1 1 1 1
8 1 1 1 1 1 1 1
9
10 11
1 1 1 1 1 1 1 1
1 1 1 1 1 1
1 1 1 1 1 1
1 1 1
Die Hauptdiagonalwerte in Tabelle 4.5 sind alle Null gesetzt, weil bei der Abbildung einer Verflechtung nur die Belieferung anderer Sektoren relevant ist, nicht die Beziehungen zu Firmen der eigenen Branche. Ansonsten sagt die Tabelle auf einen Blick, daß jeder Sektor mit einem Index < 5 alle anderen Sektoren beliefert. Dies stimmt auch intuitiv gut mit Abbildung 4.1 überein. Die Verbindung S5—»S6 ist ein Flaschenhals, und Sektor S6 ist eine Art Verzweigungsstelle, von der aus man nur noch die höheren Sektornummern erreichen kann (deshalb ist die Zeile 6 rechts von der Hauptdiagonalen noch voll mit „1" besetzt. Die Sektoren S7 u. höher erreichen jedoch nur eine geringe Zahl der anderen Sektoren, insbesondere, wie Abbildung 4.1 bestätigt, nicht S ]0 und S n , was in der Dependenzmatrix entsprechend zu Ausdruck kommt. Dieser grobe Überblick zeigt, daß die Art der Verknüpfungen innerhalb des Graphen von Abbildung 4.1 auch von unterschiedlicher Qualität sind. So kann man z.B. Sektor S5 von S7 aus nicht mehr erreichen, es sei denn man würde entgegen der Pfeilrichtung „reisen", was jedoch in Bezug auf die zugrunde liegende ökonomische Bedeutung unsinnig ist. Diese Art der Verknüpfung bezeichnet man als „quasi zusammenhängend". Schließlich gibt es auch eine noch niedrigere Qualität der „Verknüpfung", nämlich gar keine, d.h. Isolation. Diese ist dann gegeben, wenn überhaupt keine Anbindung eines Sektors mehr existiert. Es ist offenkundig, daß die Stärke des Zusammenhangs und damit auch das Ausmaß der Integration zweier Sektoren von der Isolation bis zur bilateralen Verflechtung schrittweise zunimmt. Bezeichnen wir diese Stufen mit den Ziffern 0 (für isoliert), 1
81
für den Quasizusammenhang, 2 für unidirektional und bis 3 für „bilateral verknüpft" so können wir eine Matrix des Zusammenhangs, die sog. Konnexitätsmatrix H, konstruieren mit der Bedingung Η = D + D' + К
(4.6)
Wir addieren also zur Dependenzmatrix D ihre Transponierte D' (diesmal mittels „normaler" Addition). Dadurch ergibt sich an allen Stellen an denen d^ = dji = 1 der Zellenwert 2. Da der Quasizusammenhang (hy = 1) jedoch aus der Dependenzmatrix allein nicht zu ermitteln ist, (da die Dependenzmatrix eben nur Dependenzen aufzeigt) addieren wir noch ein Element k,j hinzu, das immer dann 1 ist, wenn die Sektoren i und j überhaupt zusammenhängen. Man kann nun, WIE HARARY, NORMAN, CARTWRIGHT (1965) dies taten, wegen der Annahme, daß der Graph keine isolierten Sektoren aufweist, alle k(j = 1 setzen. Dies ist in der Praxis meistens vertretbar, weil dekomponierbare Strukturen selten sind, aber eben nicht sicher. Es gibt jedoch ein Verfahren, um dieses Problem exakt zu lösen. Da der Quasizusammenhang durch eine Mißachtung der Lieferrichtung gekennzeichnet ist, können wir diese Eigenschaft unmittelbar zur Lösung des Problems verwenden. Hierzu bilden wir die sog. symmetrisierte Adjazenz-Matrix W, indem wir zu W ihre Transponierte W1 auf boolesche Weise addieren. Dies bedeutet, daß die Pfeile ihre Spitzen verlieren und zu normalen Verbindungsstrichen werden, da es uns dabei nur darauf ankommt - ähnlich wie bei der Dependenzmatrix - überhaupt bestehende Verknüpfungen zu ermitteln ohne Ansehen der Lieferrichtung. Mit dieser Matrix bilden wir nun wieder die Potenzreihe und zwar ebenfalls auf boolesche Weise - die Addition entspricht, wie wir wissen, hierbei der Funktion des sog. OderGatters, die Multiplikation der des Lfarf-Gatters. Bezeichnen wir diese schaltalgebraische, d.h. boolsche Rechenweise mit dem Zeichen #, so erhalten wir die gewünschte Verbundenheitsmatrix К durch kg
= # Z k wkij
mit к = 1,2,..., m-1
(4.7)
Die Matrix К weist nur im Falle nichtisolierter Graphen überall das Element 1 auf, im Falle isolierter Teilgraphen, d.h. also einer „Inselbildung" von Sektoren, würden neben den Einsen auch Nullen bestehen.
82
Aus der Bestimmung der K-Matrix folgt, daß hy nun im Falle des Quasizusammenhangs den Wert 1 zeigt, weil eine Verknüpfung besteht, wenn auch nicht in der richtigen Richtung, im Falle des unilateralen Zusammenhangs den Wert 2 und im Falle des bilateralen, wegen dy = djj = 1, den Wert 3. Dieses Kriterium der Zusammenhangsstärke können wir nun verwenden, um den Graphen strukturell zu beschreiben bzw. anschließend zu „verdichten". Eine Gruppe von Sektoren, bei denen jeder von jedem anderen dieser Gruppe „erreicht" werden kann, wäre als total zirkulär anzusprechen. Das Wachstum eines einzelnen Sektors der Gruppe teilt sich in diesem Fall den anderen über vielfältige Hin- und Rückbeziehungen so stark mit, daß man alle Sektoren wegen dieser hohen Integration praktisch als einen Gesamtsektor behandeln könnte, d.h. als sog. Wachstumszentrum im obigen Sinne ansprechen kann. Einen entsprechend stark zusammenhängenden Teilgraphen bezeichnen wir als bilaterale Komponente. Wir können diese Sektoren in der Konnexitätsmatrix identifizieren, indem wir alle zusammengehörigen, d.h. durch ihre Lieferstrukturen zusammenhängenden Sektoren mit h(j = h^ = 3 zu einer solchen Komponente zusammenfassen (Harary, Norman, Cartwright 1965). Dies erfolgt gemäß der in Tabelle 4.6 dargestellten Konnexitätsmatrix Η unseres Beispiels: Tab. 4.6: Konnexitätsmatrix Η Sek 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 1 3 3 3 3 2 2 2 2 2 2 2 3 3 3 3 2 2 2 2 2 2 3 3 3 3 3 2 2 2 2 2 2 4 3 3 3 3 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 5 3 3 3 3 2 2 2 2 2 6 2 2 2 2 2 7 2 2 2 2 2 2 3 3 1 1 3 1 1 8 2 2 2 2 2 2 3 1 1 9 2 2 2 2 2 2 3 3 Ϊ 10 2 2 2 2 2 2 1 1 1 11 2 2 2 2 2 2 1 1 1 3
Die bilateralen Blöcke sind durch einen Rahmen innerhalb der Tabelle gekennzeichnet. Der erste und größte Block besteht aus den Sektoren S, bis S5, der zweite aus den Sektoren S7, S8, S9 und der dritte aus S10 und S u . Ki
=
{S), S2, S3, S4, S5}
K2 = {S7, S8, S9} K3 = {S,o, S,,}
83
Sektor S6 stellt eine sog. unechte Komponente dar, weil er zwar als ein „RelaisPunkt" wirkt, aber nicht bilateral mit anderen verknüpft ist. K 4 ={S 6 } Blickt man auf Abbildung 4.1 so hat der Algorithmus genau die sich dort abzeichnenden „natürlichen" Blöcke herausgefunden, die auch bei genauerer Inspektion der Pfeilverknüpfungen halten, was von einem funktionierenden Algorithmus erwartet wird. Die ersten drei Gruppen stellen sog. bilaterale Komponenten dar, die in sich wesentlich homogener sind als in Bezug auf ihr Umfeld. Abbildung 4.4 zeigt die Zusammenfassung d.h. Kondensation der Sektoren zu den Komponenten K, bis K4. Die Verknüpfungen zwischen den Komponenten entnimmt
Abb. 4.4: Das sog. Kondensat des Modellbeispiels man am einfachsten der Dependenzmatrix, indem man für jeden Sektor aus einer bilateralen Komponente nach den Elementen dy sucht, die den Wert 1 haben und für die i und j in verschiedenen Komponenten liegen. Aufgrund des Konstruktionsprinzips ist das Kondensat einer untersuchten Struktur zwangsläufig frei von Zyklen. Dadurch gewinnen wir eine Hierarchisierung der Produktionsstruktur, die aber gegenüber der sog. Triangulation (Helmstädter 1959) den Vorteil aufweist, daß sie „parallel" liegende Komponenten auch als solche darstellt und sie nicht zwangsläufig in die lineare Abfolgestruktur der Triangulation hineinpreßt. Die von der QIOA ermittelte Produktionsstruktur könnte wegen dieser Eigenschaft auch als zweidimensionale Ordnung im Gegensatz zu der linearen und damit eindimensionalen
84
Hierarchie des Triangulationsverfahrens bezeichnet werden. Die qualitative Analyse verhält sich damit zur quantitativen Triangulation ähnlich wie die komplexen Zahlen zur Zahlengeraden, sie bietet damit auch ein höheres Maß an Information. Das Modellbeispiel zeigt zwei Mündungssektoren, eine „zentrale Komponente", K4, die, wie wir wissen, „unecht" ist, weil sie nur aus einem einzigen Sektor besteht und eine Quellkomponente, Κ , , bestehend aus den 5 Sektoren S, bis S5. Natürlich war das Modellbeispiel von
CZAYKA
schon nach dieser Struktur angelegt, der Algorith-
mus der QIOA hat jedoch gezeigt, daß er in der Lage ist, diese Struktur aufzudecken. Es stellt sich, über dieses so gefundene Muster des Modellbeispiels hinaus die Frage, ob es grundlegende Strukturtypen gibt, in die sich Analyseergebnisse nach Abbildung 4.4 einordnen lassen. Wie sich zeigt, existieren drei grundlegende Strukturtypen: • der lineare Typ • der mehrgleisig lineare Typ • der quasi-zusammenhängende Typ Diese Strukturtypologie
ist einerseits unter Strukturaspekten von grundsätzlichem
Interesse, kann aber andererseits auch für die Anwendung einer strukturorientierten Konjunkturpolitik eine Basis liefern. Im letzteren Fall entwickelt sie die Konzepte
der Vollständigkeit (Welcher Prozentsatz der Sektoren wird erreicht, wenn man ein Konjunkturprogramm in einem bestimmten Sektor einsetzt) und der Geschwindigkeit, (Wie schnell werden von einem entsprechenden Programm alle Sektoren er-
85
reicht). Diese Fragestellung ist jedoch angesichts des heutigen relativen Bedeutungsverlusts der Konjunkturpolitik nicht mehr so relevant wie etwa noch in den siebziger Jahren. Sie spielt im vorliegenden Kontext der Innovationsverflechtung
auch keine
so große Rolle (vgl. Schnabl/Holub 1979). Ein Kernstrukturtyp wird eingleisig linear genannt, wenn er die in Abbildung 4.5a dargestellte Form besitzt. Eine höhere Komplexität ergibt sich, wenn gegenüber Abbildung 4.5a noch zusätzliche Verknüpfungen hinzukommen, wie in Abbildung 4.5b gezeigt. Dieser Typus heißt mehrgleisig linear. Ein Strukturtyp heißt quasi-zusammenhängend, wenn mindestens zwei Komponenten quasi-zusammenhängend sind, d.h. zwar verknüpft, aber nicht durch Pfeile erreichbar sind (in Abbildung 4.5c, die als eines von mehreren möglichen Beispielen hierfür repräsentiert, sind die beiden in der Mitte liegenden Sektoren quasi-zusammenhängend), was die ganze Struktur diesem Strukturtyp zuordnet. Die Kenntnis der Struktur hilft bei der Optimierung von Entscheidungen. Dies gilt selbst dann, wenn das theoretische Optimum an Durchfuhrbarkeitsgrenzen scheitert. Die mit dem Instrumentarium der QIOA gewonnene Strukturtransparenz kann damit ein wertvolles Hilfsmittel für wirtschaftspolitische Maßnahmen darstellen, die strukturelle Beziehungen in der Wirtschaft stärker einbeziehen will, als dies bisher üblich ist. Unter dem Aspekt einer „balanced growth"- Philosophie wäre es z.B. sinnvoll, die vorgelagerten Industrien zeitlich früher zu entwickeln, um so keine Engpässe in der Entwicklung spürbar werden zu lassen. Dies ist jedoch u.U. nicht ganz ungefährlich, dreht es doch möglicherweise die ökonomische Verursachung um. Aus pull-Effekten würden dann /»i/sA-Effekte. Um ein triviales Beispiel zu verwenden: Wenn es im Sommer viel regnet, so steigt die Nachfrage nach Regenschirmen und damit der Absatz der Regenschirmindustrie und der der ihr vorgelagerten Industrien (pull-Effekte). Wenn nun diese vorgelagerten Industrien (analog einem entsprechenden Wachstumskonzept) versuchen würden, einfach ihre Vorleistungen für Regenschirmen zu erhöhen, so steigt deshalb noch lange nicht die Nachfrage nach Regenschirmen. Sie würden also in der Regel auf ihrer Mehrproduktion sitzen bleiben. Etwas anders liegt der Fall, wenn ein Sektor in einer bilateralen Komponente autonom seinen Output erhöht. Die Nachfragewirkung, die auf die vorgelagerten Sektoren hiervon ausgeht, wird, zumindest partiell, über die zyklische Verflechtungsstruktur wieder zurück-
86
kommen und helfen, den autonomen pi/sA-Effekt zu (re-)finanzieren. Dieser grundlegende Zusammenhang wird uns in den folgenden Abschnitten wieder begegnen. 4 . 2 . 2 Ein empirisches Beispiel
Es wäre nun natürlich interessant, die oben dargelegte Methode an einem empirischen Beispiel zu erproben. Wegen der didaktischen Orientierung wird dazu ein Gegenstand gewählt, der gleichzeitig noch überschaubar und dadurch annähernd nachvollziehbar bleibt, nämlich dielOTfür die Bundesrepublik des Jahres 1986 mit 12 Sektoren, die damit auch als Vergleichsbasis für die anderen, später noch zu beleuchtenden graphentheoretischen Verfahren bildet. Der durchschnittliche Zellenwerte (außerhalb der Hauptdiagonale) beträgt ca. 8500 Mio. DM. Bei der Wahl dieses Werts als Filter wären allerdings - infolge der indirekten Verknüpfungen - alle Sektoren zu einer einzigen Komponente vereint, d.h. die Analyse ergäbe überhaupt keine Struktur. Die Ausgangstabelle hat das folgende Aussehen: Tab. 4.7: Die Input-Output-Tabelle BRD 1986 (in Mio. DM) Sekt. . Ldw Enr Chm Met MaB EIT Hlz Nhm Bau Hdl mDI Sta
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
9149 52 671 62 4446 55455 44 348 7764 2136 31 46 7487 2296 48536 32869 18529 4744 2206 4486 3389 8911 501 8715 8294 3808 98585 5275 21695 15524 14621 6214 36250 13850 14458 20713 285 695 1598 2053 85572 41984 21469 573 112 6997 1129 490 1497 5536 3218 1242 85734 3808 1724 1286 5495 6578 2334 14555 462 2336 3739 1374 30606 24470 3748 2551 7698 2558 10709 11122 697 6000 426 5724 506 4942 3813 53408 3902 7498 8801 24036 6127 8085 60 714 37 165 112 47 40749 34 1597 18045 7000 611 3880 740 266 1368 291 468 360 2968 2212 17484 4541 4393 22592 11683 25083 11595 13810 14888 13798 42057 19956 20999 2674 7562 25296 6373 35711 17182 13713 10131 17159 62852 196461 72307 344 758 2254 647 1173 897 1954 12543 55632 866 2295 751
Wählen wir einen höheren Schwellenwert, z.B. 13850 Mio. DM, so ergibt sich folgende Adjazenzmatrix, wie man leicht durch zellenweisen Vergleich mit Tabelle 4.7 überprüfen kann:
87
Tab. 4.8: Adjazenzmatrix f. F= 13850 Mio DM Sekt. 1 2 Ldw 0 Enr 0 Chm 0 0 Met 0 0 MaB 0 0 EIT 0 0 Hlz 0 0 Nhm 0 0 Bau 0 0 Hdl 0 0 mDI 0 0 Sta 0 0
3 4 5 6 0 0 0 0 1 1 0 0 0 1 1 0 1 1 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 1 0 1 0 1 1 0 0 0 0
7 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0
8 1 0 0 0 0 0 0
9 0 0 1 0 0 0 0 0
10 0 0 1 0 0 0 0 0 0
11 0 0 1 0 0 0 1 1 1 1
0 1 0 0 1 1 0 0 0 0
12 0 0 1 0 1 0 0 0 0 1 1
Das Auffinden der entsprechenden Felder in Tabelle 4.7 ist durch Fettschrift bei den, den Schwellenwert nicht unterschreitenden, Werten erleichtert. Die Hauptdiagonalfelder bleiben in der Analyse unberücksichtigt, da sie keine Verflechtung repräsentieren. Sie sind kursiv gekennzeichnet. Tab. 4.9: Lieferwege der Länge 2 Sek 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
2 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
3 0 0 0 0 0 0 1 1 1 1 1 0
4 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
5 6 0 0 1 1 1 1 1 0 0 0 0 0 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 0 0
7 0 1 0 0 0 0 0 0 0 1 1 0
8 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 1 0
9 0 1 1 0 0 0 1 1 0 1 1 0
10 0 1 1 0 0 0 1 1 1 0 1 0
Tab. 4.10: Lieferwege der Länge 3 11 1 1 1 0 0 0 0 0 0 1 0 0
12 0 1 1 1 0 1 1 1 1 1 1 0
Sek 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
2 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
3 1 0 0 0 0 0 1 1 1 1 1 0
4 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
5 1 1 1 0 0 0 1 1 1 1 1 0
6 1 0 1 0 0 0 0 0 0 1 1 0
7 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0
8 0 0 0 0 0 0 1 0 1 1 0 0
9 1 0 1 0 0 0 1 1 0 1 1 0
10 1 1 1 0 0 0 0 0 0 0 1 0
11 0 1 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0
12 1 1 1 0 0 0 1 1 1 1 1 0
Quadrieren wir die Adjazenzmatrix aus Abbildung 4.8, bzw. berechnen wir die dritte Potenz, so ergeben sich die Tabellen 4.9 und 4.10. Hierbei wurden Werte größer eins, die von Parallelpfaden zeugen, nach boolescher Manier wieder 1 gesetzt. Die höheren Potenzen sind aus Platzgründen weggelassen. Wer daran interessiert ist, könnte sie sich wieder mit einem entsprechenden Tabellenkalkulationsprogramm (z.B. Lotus oder Excel) selbst erzeugen.
88
Legen wir nun alle Wegelängenmatrizen bis zur Länge 11 (d.h. 12 minus 1) paßgenau aufeinander und addieren zellenweise wieder nach boolescher Methode (1+#1= 1), so erhalten wir die in Tabelle 4.11 dargestellte Dependenzmatrix D: Tab. 4.11: Die Dependenzmatrix D der BRD-Tabelle Sek 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
2 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
3 1 1 0 0 0 1 1 1 1 1 0
4 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0
5 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 0
6 1 1 1 1 0 1 1 1 1 1 0
7 0 1 1 0 0 0
8 1 0 1 0 0 0 1
0 0 1 1 0
10 1 1 1 0 0 0 1 1 1
9 1 1 1 0 0 0 1 1
1 1 1 0
1 1 0
1 0
11 12 1 1 1 1 1 1 0 1 0 1 0 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 0
Der Schwellenwert lag so, daß die Sektoren alle miteinander verbunden bleiben, d.h. die K-Matrix hat überall den Wert 1, so daß sich als Konnexitätsmatrix Tabelle 4.12 ergibt. Tab. 4.12: Die Konnexitätsmatrix Η zur BRD-Tabelle Sek 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
1 1 2 1 2 2 1 2 2 2 2 2
2 1 2 2 2 2 2 1 2 2 2 2
3 2 2 1 2 2 3 3 3 3 3 2
4 1 2 1 2 2 1 1 1 1 1 2
5 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2
6 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2
7 1 2 3 1 2 2 2 2 3 3 2
8 2 1 3 1 2 2 2 3 3 3 2
9 2 2 3 1 2 2 2 3 3 3 2
10 11 12 2 2 2 2 2 2 3 3 2 1 1 2 2 2 2 2 2 2 3 3 2 3 3 2 3 3 2 3 2 3 2 2 2
Da die Η-Matrix aufgrund ihrer Definition symmetrisch ist, d.h. fy = hJP kann man aus ihr zwar unmittelbar die bilateral verknüpften Sektoren herauslesen (fett), nicht jedoch die Verknüpfungsrichtungen zwischen den reinen „Zulieferern" und den anderen Sektoren. Hier hilft aber die Dependenzmatrix weiter. Zunächst sehen wir, daß Zeilen bzw. Spalten der Sektoren 3, 7, 8, 9,10 und 11 mit der Indexzahl 3 versehen
89
sind, d.h. bilaterale Verknüpfung signalisieren. Um denselben Effekt zu erreichen wie in Tabelle 4.6, müßten wir die Reihenfolge der Sektoren nun noch geeignet permutieren. Dies fuhrt hier aber zu weit. Faßt man diese Sektoren zur Komponente K, zusammen, so sieht man schnell, daß keine weiteren echten bilateralen Komponenten mehr bestehen. Die übrigen Sektoren, das sind 1, 2, 4, 5, 6 und 12 sind untereinander bzw. mit der Komponente K, nur noch unilateral verknüpft.
Die bilaterale Komponente K, besteht aus den Sektoren Chemie (3), Holz u. Papier (7), Nahrungsmittel (8), Bau{9), (Groß- und Einze\-)Handel (10) sowie den Marktbestimmten Dienstleistungen (11). Wählen wir statt des Schwellenwerts 13850 Mio. DM nun gerade das Doppelte des Durchschnittswertes, d.h. 2 χ 8.500 Mio. oder 17 Mrd. DM, so fallen alle in Tabelle 4.7 fett und kursiv dargestellten Felderwerte nun unter die Schwelle, was bedeutet, daß die Adjazenzmatrix nun die folgende, in Tabelle 4.12 dargestellte Form annimmt:
90
Tab. 4.13: Adjazenzmatrix f. F = 17 Mrd. DM Sekt 1 Ldw Enr 0 Chm 0 Met 0 MaB 0 EIT 0 Hlz 0 Nhm 0 Bau 0 Hdl 0 mDI 0 Sta 0
2 3 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 1 0 0
4 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0
5 0 0 1 1
6 0 0 0 1 0
1 0 0 0 1 1 0
0 0 0 0 1 0
7 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
8 1 0 0 0 0 0 0
9 0 0 1 0 0 0 0 0
10 0 0 0 0 0 0 0 0 0
11 0 0 0 0 0 0 1 1 1 1
0 0 0 0 1 1 0 0 0 0
12 0 0 1 0 0 0 0 0 0 1 1
Die von der Veränderung betroffenen Felder (Wechsel von 1 auf 0) sind durch eine fette Null gekennzeichnet. Wir sparen uns diesmal die Darstellung der Multiplikation und eigen gleich die nun veränderte Dependenzmatrix D und die sich hieraus ergeTab4.14: Die neue Dependenzmatrix D Sek 1 1 2 0 3 0 4 0 5 0 6 0 7 0 8 0 9 0 10 0 11 0 12 0
2 3 4 0 1 0 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 1 0 0 1 0 0 1 0 0 1 0 0 0 0
5 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 0
6 0 1 0 1 0 1 1 1 1 1 0
7 0 0 0 0 0 0
8 1 0 0 0 0 0 0
9 0 1 1 0 0 0 1 1
10 11 1 1 0 0 1 1 0 0 0 0 0 0 1 1 0 1 1 1 1 0 0 0 0 1 1 0 0 1 1 0 0 0 0 0
12 1 1 1 0 0 0 1 1 1 1 1
Tab. 4.15: Die neue Konnexitätsmatrix Η Sek 1 1 2 1 3 2 4 1 5 2 6 1 7 1 8 2 9 1 10 2 11 2 12 2
2 3 4 1 2 1 2 2 2 1 2 1 2 2 2 2 1 2 1 2 1 1 2 1 2 3 1 1 3 1 1 3 1 2 2 1
5 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 1
6 1 2 1 2 2 2 2 2 2 2 1
7 1 1 2 1 2 2 1 2 2 2 2
8 2 1 2 I 1 2 2 1
9 1 2 3 1 2 2 2 2
10 2 1 3 1 2 2 2 2 3
11 2 1 3 1 2 2 2 2 3 3
2 2 3 2 3 3 2 2 2 2
12 2 2 2 1 1 1 2 2 2 2 2
bende Konnexitätsmatrix H. Wie eine weiterer Blick zeigt, sind nun nur noch die Sektoren 3, 9, 10 und 11 bilateral verknüpft, d.h. auf dieser neuen Filterebene sind die Sektoren 7 und 8 aus dem bilateralen Verbund herausgefallen, wie die fettgestellten Indizes (zusätzlich umrahmt) zeigen. Dies hat natürlich auch für die Graphik des es in Abbildung 4.9 gezeigten Kondensats die entsprechenden Konsequenzen.
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Abb. 4.9: Die neue Kondensatstruktur bei F = 17 Mrd. DM Es gibt zwei Arten von Veränderungen zwischen Abbildung 4.9 (F = 17 Mrd. DM) und Abbildung 4.8 (Kondensat för F = 13,85 Mrd. DM): in Abbildung 4.9 sind einerseits durch das Herauslösen der Sektoren 7 (Holz, Papier) und 8 (Nahrungsmittel) aus der bilateralen Komponente K, zusätzliche Ströme entstanden, die zur Verdeutlichung gestrichelt dargestellt sind. Andererseits sind nun (wegen der Anhebung der Filterschwelle) drei Ströme weggefallen, nämlich die Pfeile 4->12, 5—>12 und 6—»12.
Die verwendeten Filterschwellen wurden mehr oder weniger willkürlich gewählt. Da die Kondensatstruktur nicht nur bezüglich der hinzugekommenen, sondern auch bezüglich wegfallender Verbindungen sensitiv ist, zeigt sich damit noch einmal sehr deutlich, daß die Wahl der „richtigen" Filterschwelle F ein noch ungelöstes Problem darstellt, insbesondere, da sich keine monotone Veränderung bei einer Filtervariation ergibt. Die Eigenschaft der fehlenden Strukturmonotonie ließe sich zwar durch Verzicht auf die Kondensierung wieder herstellen, dadurch ginge aber ein wesentliches Analyseziel der traditionellen QIOA verloren.
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4.3 Die Minimal-Flow-Analyse (MFA) Die sog. Qualitative Input-Output-Analyse wie sie in Abschnitt 4.2 entwickelt wurde, hat zum Ziel, die in einer IOT enthaltene Strukturinformation herauszukristallisieren. Im Folgenden werden wir diese Form der Qualitativen Input-Output-Analyse als traditionelle QIOA bezeichnen oder einfach als QIOAI. Eine Weiterentwicklung der QIOA reagierte auf die Kritik (Kleine, Meyer 1981), daß das Ergebnis stark von der Wahl der Filterhöhe F bestimmt sei und deshalb zu unbestimmt ist (Holub, Schnabl, Tappeiner 1985). Diese Weiterentwicklung hatte zum Ziel, die in der IOT enthaltene quantitative Information stärker zu berücksichtigen, als dies mit der ursprünglichen Version möglich war. Die sog. QIOA II, eine qualitative Analyse mit variablem Filter, ermittelte die relevante Struktur mittels eines „Durchscannens" der Filterschwelle durch den Wertebereich der Lieferströme, wodurch die Quantitäten quasi durch die Hintertüre wieder verstärkt Eingang in die Analyse fanden. Der Preis dieser stärkeren „Quantifizierung" der Strukturanalyse war jedoch, daß - trotz einer Vielzahl von interessanten strukturanalytischen Ergebnissen (vgl. Holub/Schnabl/Tappeiner 1985) - eine Struktur im eigentlichen Sinne nicht mehr sichtbar wurde, da lediglich Kennzahlenvektoren aus informativen Strukturkennziffern nach außen in Erscheinung traten, anhand derer die Vergleiche vollzogen wurden. Im französischen Sprachraum, in dem Strukturanalysen zur Tradition zählen, haben sich mit der sog. DFI (Direct Flow Intensity) von BELLET (et. al. 1989), bzw. der CCA (= Causal Channel Analysis) von A. TORRE (Torre 1993) zwei andere Methoden der qualitativen Input-Output-Analyse einen gewissen Namen gemacht, auf die im Folgenden noch einzugehen ist. In jüngster Zeit wurde schließlich noch ein Verfahren von F. AROCHE-REYES veröffentlicht, das die „relevanten" Sektorverknüpilmgen durch die Ermittlung sog. wichtiger Koeffizienten bestimmt. Durch den, (fast) allen Verfahren gemeinsamen Binärisierungsschritt wird defakto auf einen Teil der quantitativen Information verzichtet um sich dadurch auf die „wichtigen" Informationen zu konzentrieren. Mit anderen Worten, versucht die qualitative Analyse, den „Wald" (bzw. die Struktur des Waldes) trotz der vielen Bäume zu sehen. Dem Verlust an quantitativer (Schein-) Genauigkeit steht der Vorteil stär-
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kerer Strukturierung gegenüber. Diese Dichotomie versucht eine andere Weiterentwicklung der in Abschnitt 4.2 dargelegten, traditionellen QIOA, die sog. MFA (von Mnimal Flow Analyse) präziser in den Griff zu bekommen, wie im nächsten Abschnitt detaillierter dargelegt wird. 4.3.1 V o n den Quantitäten zur Struktur-Qualität
Ökonomen, die von der quantitativen Analyse herkommen, haben zunächst einige Probleme, den Informationsverlust, der mit dem Übergang von den Quantitäten zur qualitativen Struktur verbunden ist, zu akzeptieren und lehnen ihn deshalb oft vehement ab. Zwar erscheint diese Reaktion auf den ersten Blick verständlich, sie geht jedoch am Sachverhalt völlig vorbei. Die Fülle der in einer IOT enthaltenen Informationen verhindert nämlich geradezu die Sichtbarmachung der Kernstruktur. Der entscheidende Unterschied zwischen beiden Analysewegen ist die für die Strukturdefinition unverzichtbare Binärisierung der quantitativen Verflechtungsinformationen einer IOT. Dieser Schritt benötigt - wie wir längst wissen - ein Kriterium, nach dem der Quantität eines Lieferstroms die Relation 1 (= Verknüpfung existiert) oder 0 (= Verknüpfung existiert nicht) zugeordnet wird, was eben z.B. durch eine „geeignete" Filterschwelle bewirkt wird. Es zeigt sich damit, daß zwischen Quantität und Qualität ein Art tradeoff besteht, der allerdings bei der traditionellen QIOA geradezu „digital" ist, während QIOA II durch das Konzept des variablen Filters versucht, das Dilemma zu entschärfen. Analog zu der von HEISENBERG in der Physik nachgewiesenen Unmöglichkeit, den Ort und die Geschwindigkeit eines Elektrons simultan feststellen zu könne, kann man nicht Quantität und Struktur gleichzeitig mit derselben Analysegenauigkeit einbeziehen. Eine naive Betrachtung könnte entgegnen, daß nach dem Binärisierungsschritt die Quantitäts-Information ja in der ursprünglichen Tabelle immer noch vorhanden sei und damit nicht verloren gehe. Natürlich kann man - sofern die Strukturierung erfolgt ist - die Quantitäten hinterher einzelnen Elementen der Struktur wieder zuordnen, das Argument verkennt jedoch den Einfluß der Quantitäten auf die Strukturbildung im Zuge der Strukturierung. Das Problem des trade-offs liegt in dieser Abhängigkeit. Dieses Dilemma kann man jedoch teilweise mildern, indem man den Informationsverlust durch Binärisierung im Rechengang soweit hinausschiebt, wie dies nur irgend geht. Dies führt in der Konsequenz auf die oben bereits angesprochene MFA, deren
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Konzept im folgenden auch genauer mit den Defiziten der traditionellen QIOA begründet wird. Die im Folgenden genauer darzulegende Variante der qualitativen Input-OutputAnalyse, MFA genannt, versucht den genannten Trade-off dadurch zu verbessern, daß sie ein weiteres Problem der QIOA I und II ins Visier nimmt: die Ausdünnung der Lieferströme mit zunehmender Tiefe der Vorleistungsstufen. Diese kann in der von QIOA I und II verwendeten rein booleschen 0/1-Arithmetik nicht berücksichtigt werden. Die ökonomische Relevanz eines Stroms in der £-ten Produktionsvor.sft{/e wird in der MFA jedoch explizit zum Gegenstand der Analyse gemacht, d.h. strukturstiftende Verknüpfungen zwischen Sektoren werden nur dort als solche definiert, wo sie gemäß den Filterkriterien noch als relevant eingestuft werden können. Die MFA stellt damit ein Modellkonzept dar, das starke Analogien zu den unter 4.1 beschriebenen elektrischen Netzwerken aufweist: parallele Ströme werden nach Maßgabe ihrer Größe addiert, serielle Ströme werden abgeschwächt. Letzteres geschieht, wie schon beschrieben, im elektrischen Netzwerk gemäß der Summe der Widerstände (KiRCHHOFF'sche Gesetze), im „ökonomischen" Netzwerk der IOT hingegen gemäß dem (mathematischen) Produkt der Input-Koeffizienten entlang einer Vorproduktkette. Die MFA berücksichtigt damit die Quantitäten wesentlich präziser und tut dies darüber hinaus im Sinne einer kontinuierlichen Prüfung der „Reichweite" der gefilterten Struktur: Prüft QIOA I die Struktur nur auf der Ebene der Intermediärmatrix selbst, entwickelt die indirekten Ströme aber rein graphentheoretisch, und fuhrt QIOA II immerhin unterschiedliche Filterwerte hierfür ein, wobei allerdings kein bestimmter Filterwert zur Definition „der" Struktur Verwendung findet, so filtert die MFA noch flexibler, indem sie aufjeder Vorstufe prüft, ob ein gegebener (minimaler) Filterwert F noch erreicht wird oder nicht. Quer durch alle Vorstufen hindurch wird aber stets derselbe Filterwert verwendet, der mithin determiniert, wieweit die Verknüpfung reicht, d.h. ob sie noch vorhanden ist oder die verfolgte Vorproduktkette wegen Irrelevanz an dieser Stelle abgebrochen wird. Wie die MFA im einzelnen diese Struktur ermittelt und wie sie dabei Informationen aus der zugrundeliegenden Tabelle zur Ermittlung einer „endogenen" Filterschwelle verarbeitet, ist Inhalt der folgenden Abschnitte. Inhaltlich kann man das Konzept der MFA vielleicht am deutlichsten dadurch veranschaulichen, daß man sich z.B. die Aufgabe vergegenwärtigt, einen Großtransport (z.B. eines besonders großen Brücken-
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pfeilers) vom Herstellungsort zum Montageplatz durchzuführen. Es müßten hierbei alle Verbindungsstraßen in einer Landkarte gefunden werden, die breit genug sind, den Transport durchzulassen. Dies sind zum einen Autobahnen und zusätzlich vielleicht noch Landstraßen erster Ordnung. Besteht zwischen Ausgangs- und Zielpunkt eine derartige Verbindung so kann der Transport stattfinden, andernfalls ist ein Straßentransport unmöglich. Der Breite des Transportgegenstands entspricht der (Minimal) - Strom in der MFA-Strukturanalyse, der überall gegeben sein muß. Hier kommt auch das oben bereits angesprochene Muster elektrischer Schaltkreise zum Tragen, wo ein bestimmter Strom über mehrere Stationen hinweg durchgängig mit gleicher Stärke fließt. Das Endprodukt der Strukturanalyse ist im einen Fall eine Landkarte, die genau die befahrbare Route (die möglicherweise erhebliche Umwege beinhaltet) zeigt, im anderen Fall eine Sektorverknüpfung, die überall denselben (Mindest-) Wertstrom „hindurchleitet". Von diesem Konzept stammt die Bezeichnung: Minimal-Flow-Analyse oder MFA, d.h. Mindest-Strom-Analyse. Wie hierbei die Strombreite der MFA, d.h. der Filter F - in der Höhe bisher noch nicht definiert - im Zuge der Analyse endogen bestimmt wird, ist ein Detail, das im Laufe der Darstellung genauer erläutert werden muß. 4.3.2 Die MFA: Methode und Vorgehensweise Wie in allen qualitativen Analysen, so werden auch in der MFA nur jene direkten und/oder indirekten Ströme abgebildet, die einen bestimmten Filterwert F übersteigen. Die generelle Bedingung für die Abbildung irgendeines Stroms s,j ist daher:
Im Gegensatz zur traditionellen QIOA, die in den Varianten QIOA I und II ausschließlich die Transaktionsmatrix zugrunde legt, geschieht dies in der MFA jedoch nicht anhand der originären Zentralmatrix (d.h. des Intermediärteils der IOT z.B. in absoluten DM-Einheiten), sondern mittels hieraus abgeleiteter sog. Layer oder Schichten, die durch die jeweiligen Vorstufen definiert sind. Die Zerlegung der Transaktionsmatrix Τ in einzelne Layer basiert auf der Euler' sehen Reihenentwicklung der Leontief-Inversen. Hierzu ist eine entsprechende Umformulierung der Transaktionsmatrix Τ nach Gl. (4.8) nötig:
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Τ = A
(4.8)
wobei A die Matrix der Inputkoeffizienten, und die Diagonalmatrix zum Vektor der Produktionswerte χ darstellen. Diese wiederum werden mit Hilfe der Leontief-Inversen С und des Vektors der Endnachfrage у dargestellt: x = Cy
(4.9)
Die Leontief-Inverse С kann unter Gültigkeit der üblichen Bedingungen als (Eulersche) Reihe geschrieben, so daß wir aus Gl. (4.9) Gl. (4.10) erhalten: x = C y = (I + A + A2 + A3 +....) у
(4.10)
Unter diesen Voraussetzungen können wir die Transaktionsmatrix gemäß der Euler'schen Reihe dann in einzelnen Schichten zerlegen. Beispielhaft seien hier die ersten Schichten (Layer) in den Gl. (4.11) bis (4. 14) dargestellt: T„ = A
(4.11)
T, = A
(4.12)
T 2 = A
(4.13)
3
T 3 = A etc.
(4.14)
Die Potenzierung der Matrizen, die den weiter vorgelagerten Vorstufen entspricht, wird allerdings nur solange fortgesetzt, bis bei gegebenem Filterwert F kein Element der Matrix T k mehr die Schwelle F übersteigt, d.h. solange t$>F
(4.15)
Aus den Layer-Matrizen T k werden mittels der oben, in Gl. (4.1), beschriebenen Binärisierung die schichtspezifischen Adjazenzmatrizen W k gewonnen. Diese werden dann verwendet, um mittels der Multiplikation analog Gl. (4.3) - bzw. Gl. (4.16) in der, der MFA gemäßen Form - die in der Leontief-Inversen enthaltene quantitative Verflechtungsinformation qualitativ nachzubilden. = Wk_,'W0"1' wobei
W(0) = I
und damit
W(1) = W n I = W n
für к > 0
(4.16)
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Gl. (4.16) liefert den Ansatz, der die Verknüpfung zwischen den Layern nachvollzieht. Als Ergebnis sind die W 0 0 das Produkt der einzelnen, von Vorstufe zu Vorstufe variierenden Adjazenzmatrizen W k , in denen somit die Information über die Stärke des Ausdünnungsprozesses, d.h. zunehmende Irrelevanz ökonomischer Ströme mit zunehmender Tiefe der Vorstufe к berücksichtigt ist. Gl. (4.16) ist eine Abwandlung von Gl. (4.3) aus der herkömmlichen QIOA. Sie unterscheidet sich jedoch von der analogen QIOA-Formel vor allem darin, daß bei der traditionellen QIOA mit W k = W 0 = const., d.h. mit der konstanten Adjazenzmatrix der originären Transaktionsmatrix Τ gearbeitet wird, während die MFA mit Adjazenz - Matrizen arbeitet, die von Vorstufe zu Vorstufe variieren. Auf dieser Basis findet die sog. „kontinuierliche Reichweitenprüfung" statt. Wie bei der traditionellen QIOA ist W (,) = W 0 (da W (0) = I, W(2) aber nicht gleich dem Quadrat von W 0 , sondern gleich dem Produkt W,*W 0 etc. Deshalb wurden die Hochzahlen in Gl. (4.16) in Klammern gesetzt. Die sich hieran anschließende Verdichtung der Produktmatrizen W(k) zur Dependenzmatrix D nach Gl. (4.17) D = (W(1) + #W(2) + #W(3)...)
(4.17)
erfolgt wieder ganz analog zur QIOA. Auch hier findet die boolesche Addition, d.h. (1 +#1 =1) wieder Anwendung. Wie bei der traditionellen QIOA gilt auch hier, daß die einzelnen Zellenwerte ά4 genau dann 1 sind, wenn zwischen den beiden Sektoren i und j direkte und/oder indirekte Lieferströme existieren, die den Filterwert F übersteigen. Die drei Punkte vor der schließenden Klammer bedeuten hierbei, daß der boolesche Additionsprozeß sinnvollerweise nur solange angewandt wird, als W', l = k, k+\, k+2,... nicht verschwindet. Mathematisch wäre natürlich eine Addition/Potenzierung bis к = η -1, analog zur traditionellen QIOA, zulässig, da die Addition der faktisch schon vorher auftretenden Nullelemente keine Veränderung mehr in D bewirkt. Erfahrungsgemäß genügen aber bei einer normalen Tabelle к = 5 bis к = 8 Vorstufen, um W 00 zum Verschwinden zu bringen (d.h. daß W 00 nur noch Elemente Wy = 0 ausweist). Ganz analog zur QIOA wird die Dependenzmatrix D benötigt, um die sog. Konnexitätsmatrix Η zu entwickeln. Allerdings erhält diese wegen der etwas veränderten
98
Zielausrichtung der MFA eine naheliegende Vereinfachung. In der MFA sind wir nicht an quasi-zusammenhängenden Strukturen interessiert, sondern an der Lokalisierung von Wachstumszentren. Die Addition der von der QIOA bekannten K-Matrix, die diesen Zusammenhang signalisierte, kann deshalb entfallen, weswegen Gl. (4.6) degeneriert zu: H = D + D'
(4.18)
Diese inhaltlich veranlaßte Vereinfachung spart darüber hinaus erheblich Rechenzeit, da gerade bei der MFA dieser Rechengang aufwendiger wäre als bei der traditionellen QIOA. Sie kostet aber auch keine wesentliche Information (außer daß man den Quasizusammenhang nicht mehr ablesen kann) weil QIOA-Strukturen ohnehin meist zusammenhängend sind und für zusammenhängende Strukturen die K-Matrix ohnehin nur aus 1-Elementen besteht. Die Interpretation der Zellenwerte der Konnexitätsmatrix Η entspricht unter der Maßgabe eines - zunächst nicht näher bestimmten - Filterwertes F ebenfalls jener der QIOA, d.h.: hy =
bedeutet 0
keine Verbindung zwischen den Sektoren / und j
1
Unidirektionaler Zusammenhang: i beliefert j
2
Bilateraler Zusammenhang (direkt und/oder indirekt): i und j beliefern sich gegenseitig
Man sieht, daß durch die Verwendung der, die jeweiligen Vorstufen beschreibenden, Wk ein Hauptkritikpunkt an der QIOA beseitigt wurde. Die Wk hängen natürlich in ihren Inhalten wieder von der gewählten Filterschwelle ab, so daß sich das Problem gegenüber der QIOA nur etwas verlagert zu haben scheint. Hier kommt uns aber eine zusätzliche Eigenschaft der Wk zur Hilfe, die darin resultiert, daß wir eine geeignete Filterschwelle finden können, die im Hinblick auf gewisse Analyseziele „optimal" ist. D.h. die Bandbreite möglicher Filterschwellen kann bei der MFA aufgrund noch zu zeigender, inhärenter, Eigenschaften auf ein kleines Intervall von Filterschwellen bis hin zu einer einzigen Filterschwelle eingeengt werden. Deshalb können wir bei der MFA vom Potential einer endogenisierten Filterschwelle sprechen.
99
4.3.3 Die endogenisierte Filterschwelle
Während bei der traditionellen QIOA nach Gl. (4.3) immer dieselbe, in der Adjazenzmatrix W enthaltene Information in den Entdeckungsprozeß der Strukturfmdung „eingespeist" wird, verändert sich die verwendbare Information nach Gl. (4.16) durch die Einbeziehung der variablen, insbesondere aber tendenziell verschwindenden W k Matrizen, die als Konsequenz dann auch die Produkt-Matrix
W(k) verschwinden
(d.h. zur Nullmatrix werden) lassen. Wie eine Betrachtung von Gl. (4.16) zeigt, hat die, fur die MFA typische, Berücksichtigung quantitativer Information auf der Vorstufenebene dabei zwei interessante, gegensätzliche Aspekte, die es in der Konsequenz erlauben, einen für jede Tabelle „passenden" Filterwert F zu finden und damit quasi einen „endogenen" Filterwert zu ermitteln: • eine hohe Filterschwelle F bewerkstelligt, insbesondere in der Anfangsphase des Multiplikationsprozesses nach Gl. (4.16) - d.h. für niedrige к - eine gute Strukturierung, weil vergleichsweise wenig 1-Elemente vorhanden sind. Aufgrund der geringen Anzahl von aufgezeigten direkten Verbindungen reicht jedoch die Analyse der indirekten Verbindungen nur über wenige Vorstufen, da diese nur dann entdeckt werden können, wenn die entsprechenden Verbindungspunkte in der Adjazenzmatrix den Wert 1 aufweisen. Die Analyse besitzt daher eine geringe „Tiefe" d.h. die Struktur wird „flach". • eine niedrige Filterschwelle F erlaubt zwar eine tiefergehende Analyse über viele Vorstufen, liefert jedoch - insbesondere in der Anfangsphase der Multiplikation nach Gl. (4.16), d.h. fur kleine к - nur schwach strukturierte Information, so daß der Informationswert gering ist. Ein Optimum könnte also „irgendwo in der Mitte" liegen, also zwischen F = 0 und der finalen Filterschwelle Ffi die dadurch gekennzeichnet ist, daß bei ihr die letzte bilaterale Verknüpfung zu einer unilateralen degeneriert. Eine triviale Lösung könnte darin bestehen, einfach den Mittelwert der beiden Extreme zu wählen, d.h. Ff/2 als endogenen Filterwert Fe zu verwenden. Da die Tabellen jedoch höchst unterschiedliche Strukturen aufweisen und in ganz unterschiedlicher Weise auf solche Schwellen reagieren, wäre dieses Vorgehen etwas zu grob.
100
Faktisch wird dieses Problem in der MFA so gelöst, daß man - wie bei der QIOA II den Wertebereich möglicher Filterschwellen äquidistant durchscannt und die sich dabei ergebende Information zunutze macht, um den Filterwert Fe zu ermitteln. Hierzu wird, mit F = 0 beginnend, der Bereich möglicher Filterwert durchgescannt, so daß zwischen dem Startfilterwert F0 und dem letzten verwendeten Filterwert Ff ca. 50 Filterstufen untersucht werden. Auf jeder Filterstufe werden die W(k) - Matrizen berechnet, zur Dependenzmatrix D der betreffenden Filterstufe aggregiert und schließlich zur entsprechenden Konnexitätsmatrix Η verdichtet. Aufjeder Filterstufe ergibt sich dabei eine, i.d.R. etwas anders strukturierte H-Matrix, die die Essenz der betreffende Strukturinformation enthält. Diese 50 filterbezogenen Konnexitätsmatrizen werden nun kumuliert, d.h. elementweise addiert und das Aggregat schließlich einer Durchschnittsbildung unterzogen, die gleichzeitig die nötigen Informationen über die „richtige" endogene Filterschwelle der ganzen Tabelle liefert. Die Diskussion um die „richtige" Filterschwelle im Rahmen der QIOA I (Kleine, Meyer 1981) hatte gezeigt, daß der Wahl der Filterschwelle entscheidende Bedeutung für die i/e/ä&to-Struktur der Wirtschaft zukommt. Im MFA-Modell wurde daher versucht, eine Regel zu finden, die die Auswahl des Filterwertes in Bezug auf die explizit gemachte Zielsetzung der ganzen Analyse optimiert. Ein sinnvolles Analyseziel wäre z.B. die Ermittlung einer „möglichst reichhaltigen, differenzierten" Struktur. Das klingt zunächst etwas vage, läßt sich aber doch etwas genauer fassen, als es zunächst scheint. Unter „differenziert" wäre z.B. zu verstehen, daß unwichtige und wichtige Ströme klar getrennt werden, wobei bei der Einfuhrung der Qualitativen Analyse in Abschnitt 4.1 schon einiges dazu angemerkt wurde, nämlich daß dies grundsätzlich durch einen Filterwert entschieden wird. Der Zielaspekt der „Reichhaltigkeit" stellt auf das Ausmaß der Information ab, beinhaltet damit jedoch gleichzeitig einen Zielkonflikt. Zunächst könnte man darunter verstehen, daß möglichst viele Sektoren und/oder Verknüpfungen in die Struktur eingehen. Das Ergebnis wäre aber sehr schnell ein unübersichtlicher Graph, der im Extremfall jeden Sektor mit jedem verknüpft. Das kann also kein sinnvolles Analyseziel sein, da es schon gegen die Grundüberlegungen aus Abschnitt 4.1 verstößt. Die Beschränktheit des Menschen in der Verarbeitung von Komplexität nötigt uns ab, die Ergebniskomplexität auf ein vernünftiges Maß zu begrenzen, was gleichzeitig eine Mindesthö-
101
he der sinnvollen Filterwerte impliziert. Die Wahl des „optimalen" Filters sollte aber beide Teilkriterien berücksichtigen. Hätte man z.B. - wie unten in 4.3.5 noch zu zeigen ist - nur eine 12 χ 12- Tabelle, so könnte man theoretisch alle 12 Sektoren in der Struktur belassen, da die Zahl der Sektoren das Komplexitätskriterium noch nicht verletzt. Von der Filterhöhe hängt es aber ab, ob dabei 132 Lieferpfeile auftauchen, oder aber vielleicht nur 20. Mit „nur" 20 Lieferverknüpfungen wären wir wahrscheinlich sehr zufrieden, da dies eine überschaubare Struktur ergibt. Welcher Filterwert liefert aber ungefähr 20 Lieferverknüpfungen, d.h. schneidet etwa 112 als unwichtig zu deklarierende heraus ? Gleichzeitig wirkt dabei die Höhe des Filters auch auf die Zahl der noch verbleibenden Sektoren zurück. Haben wir hingegen, eine Tabelle mit 120 Sektoren, so muß wohl der optimale Filterwert, relativ gesehen, wesentlich mehr „herausschneiden" um die Komplexitätsschwelle nicht zu überschreiten. Auch hier sind Zahl der Sektoren (möglichst viele) und die Zahl der Verknüpfungen (nur soviel wie noch überschaubar und damit analysierbar sind) durch die Spezifität der entsprechenden IOT gekoppelt und sollen durch eine entsprechende Filterwahl optimiert werden. Um diese Zielsetzung zu operationalisieren kann man z.B. das Konzept der Informationsmenge (oder auch Entropiemaß) von SHANNON heranziehen. Es lautet: „Die Informationsmenge wird dann maximal, wenn die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten jedes einzelnen Zeichens gleich groß ist. " (Shannon, Weaver, 1949) Wenden wir diese Regel in erster, grober Annäherung analog auf die MFA an, so könnte es bedeuten, jenen Filter F zu wählen, bei dem die Anzahl der unidirektionalen und bilateralen Verknüpfungen gleich groß ist. Dies ergäbe sich aus der SHANNON'schen Entropie-Formel in etwa, wenn man nur zwei Arten von Sektorverknüpfungen zugrunde legt (uni- und bilateral). Das SHANNOn'sche Informationsmaß kann aber auch differenzierter auf alle 3 Strukturqualitäten angewandt werden, was allerdings empirisch i.d.R. keine größeren Abweichungen in Bezug auf das Ergebnis, nämlich Ft, bedeutet. Die SHANNONsche Entropie-Formel lautet: 1= ZiPild7/pj
(4.19)
wobei die p, die Wahrscheinlichkeiten für das Auftreten eines „Zustandes" (im weitesten Sinne darstellen und Id den Logarithmus dualis (d.h. zur Basis 2) bezeichnet.
102
Bei SHANNON sind diese „Zustände" gesendete Zeichen, (z.B. Buchstaben), in unserem Fall könnten wir die Zusammenhangsitörfce der Sektoren (d.h. die Ausprägungen der hjj) zugrunde legen. Wie man leicht nachprüft, wird bei gegebener Anzahl von Zuständen das Informationsmaß I, die Entropie, dann maximal, wenn alle Zustände gleich häufig auftreten. Die Maximumsbedingung für die Entropie liefert in der Praxis ein eindeutiges Ergebnis. Manchmal verläuft die Kurve des Informationsmaßes allerdings auch sehr flach, so daß die Zuordnung des „Gipfels" zu einem bestimmten Filterwert etwas problematisch erscheint. Deshalb wurde die Bestimmung des „optimalen" Filters F mittels der SHANNON ' sehen Informationsmenge durch eine zusätzliche Filterbestimmungsmethode nach dem Prinzip der „maximalen Ähnlichkeit" ergänzt. Hierzu wird ein Vergleich zwischen der Struktur der jeweiligen H r Matrix auf gegebener Filterebene Fi (i = 1, 2,...,50) und der, aus der noch zu erläuternden Hres-Matrix abgeleiteten, Durchschnittsstruktur beim selben Filter gezogen und jener Filter F, bestimmt, bei dem die größte Ähnlichkeit zwischen den Matrizen Hres und H, besteht. Diese Ähnlichkeitsbestimmung fußt auf der sog. residualen Hcum-Matrix, Hres-Matrix genannt Sie entsteht aus der Hcum- Matrix dadurch, daß von jedem Felderwert der Hcum-Matrix, der einen Wert zwischen 0 und 100 enthält, die Zahl der verwendeten Filterstufen (50 * 1 = 50), „quasi als Sockel", einmal subtrahiert wird, wobei nun negativ gewordene Zellenwerte gleich Null gesetzt werden. Theoretisch beträgt der Wert eines Elements der Hres-Matrix bei 50 äquidistanten Filtern: • 50 * 0 = 0, falls die Sektoren i und j über alle Filterwerte isoliert waren • 50 * 1 = 50, falls Sektor i Sektor j über alle Filterwerte hindurch unilateral beliefert • 50 * 2 = 100, falls die Sektoren i und j bis zum finalen Filter bilateral verknüpft waren. Alle faktischen Verknüpfungen müssen wegen des filterungsbedingten Zerfallsprozesses notwendigerweise Zwischenwerte annehmen. Die Subtraktion des Sockelwertes unterstellt, daß alle Sektoren durchgängig zumindest unilateral verknüpft sind. Im Ergebnis projiziert sie damit die Residualwerte in einen Bereich von 0 bis 50, die die Rangordnung der Elemente in der Hcum-Matrix bezüglich der größeren Elemente (d.h. aller Elemente > Fe)
unverändert läßt. Es besteht diesbezüglich - bis auf die ge-
nannte Einschränkung im Hinblick auf die kleineren, d.h. unwichtigen Verknüpfun-
103
gen - also eine monotone Abbildung der Hierarchie der Sektoren innerhalb der Charakteristischen Struktur. Diese Verfahrensweise dreht Gl. (4.18) praktisch wieder um, begründet durch die, am Analyseziel orientierte Annahme, daß die dabei verloren gehende Information über lediglich unilateral verknüpfte Sektoren insofern zu verschmerzen ist, als das Analyseziel vor allem im Auffinden von Wachstumsdipolen, d.h. bilateral verknüpften Sektoren besteht die ohnehin mit dem Wert h,j = 2 erscheinen und damit - nach Reduktion um den Sockel - eine Rest-,,1" hinterlassen, sofern sie dem , Angriff' steigender Filterwerte im Zuge des Durchscannens hinreichend lange widerstehen konnten. Das Subtrahieren eines „Sockels" der Höhe 50 hat zugleich zwei weitere positive Wirkungen für die Erfüllung unserer Analyseziele: • die Zahl der verbliebenen Verknüpfungen wird dadurch - i.d.R. auf ein vernünftiges Maß - reduziert, so daß die Nebenbedingung hinreichend reduzierter Komplexität tendenziell besser erfüllt wird • für den Wertebereich der h ^
i(j
und
gilt: h ^ у e [0, 50], was sie unmittelbar mit der
sog. optimalen Filterstufe vergleichbar macht. Ein alternatives Vorgehen, um durch eine Quasi-Umkehrung von Gl. (4.18) eine Durchschnittsstruktur abzuleiten, wäre, alle Felderwerte von Hcum durch 2 zu teilen. Auch dies würde die Transformation in den Wertebereich von 0 bis 50 bewirken, hätte aber keine vergleichbare Reduktion der verbleibenden, als besonders wichtig einzustufenden, Verknüpfungen zur Folge und ist deshalb nur dann erwägenswert, wenn die originäre IOT sehr dünn besetzt ist. Das Hauptproblem der qualitativen Analyse-Methoden besteht jedoch regelmäßig eher darin, mehr oder weniger voll besetzte Tabellen vernünftig zu strukturieren. Die Hres-Matrix ist eine wichtige Rechenbasis um den oben angesprochene Ähnlichkeitsvergleich durchzufuhren und damit eine weitere - tabellenspezifische - Maßziffer zu erhalten, die die entropiegestützten Filterergebnisse bestätigen konnte. Als dritte Methode zur Bestimmung eines optimalen Filters Fe wurde der Durchschnittswert aller Elemente der Matrix Hres gewählt, der ein anderes, wichtiges und tabellenspezifisches Strukturmerkmal einer IOT darstellt. Als endogener Filter Fe wurde schließlich - um ein operationales, eindeutiges Ent-
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scheidungskriterium zu besitzen - der Mittelwert aus den obigen drei Filterwerten benutzt, die zumeist ohnehin nur um eine Filterstufe, selten mehr, differierten. Da sich diese Regel mittlerweile über eine Vielzahl von Tabellenanalysen (sowohl hoch als auch niedrig aggregierte, mit hoher und niedriger Entropie, in bezug auf die originären Quantitäten) bewährt hat, kann sie angesichts sehr plausibler und erhellender Resultate als gut bestätigt gelten. 4.3.4 Unterschiede zwischen QIOA und MFA Jede Veränderung eines Modells muß den Anspruch einer Verbesserung durch die entsprechenden Ergebnisse rechtfertigen können. Es ist daher zu fragen, worin etwaige Unterschiede bzw. Verbesserungen der MFA gegenüber der QIOA bestehen. Im Gegensatz zur QIOA besteht bei der MFA eine Asymmetrie bezüglich der Linksund Rechtsmultiplikation der W k nach Gl. (4.16) bzw. Gl. (4.3). Bei der QIOA sind alle Matrizen W k = W konstant und W kann mit der Potenzmatrix Wk"' sowohl von links wie von rechts multipliziert werden. In der MFA ändert sich jedoch mit jeder Vorstufe die schichtenspezifische Adjazenzmatrix W k . Wir erhalten deshalb mathematisch gesehen keine Potenzmatrix sondern eine Produktmatrix W ( k ) als Ergebnis. Verwendet man die Inputkoeffizientenmatrix A, wie oben im Ableitungsweg dargestellt, so fuhrt nur die Linksmultiplikation zum korrekten Ergebnis. Eine - im Prinzip ebenso mögliche - Verwendung der Outputkoeffizientenmatrix В würde dann eine Rechtsmultiplikation der entsprechend abgeleiteten Wk-Matrizen verlangen. Dies entspricht dem Umstand, daß die MFA im Gegensatz zur QIOA transitive Verknüpfungen darstellt (vgl. hierzu de Mesnard 1995). Neben der stärkeren (Wieder-) einfuhrung quantitativer Aspekte in die qualitative Strukturanalyse mittels der beschriebenen quantitativ bestimmten Reichweitenprüfung, sollten mit der MFA vor allem zwei Schwachpunkte der QIOA behoben werden, die wiederholt Ansatz zur Kritik waren (Kleine/ Meyer 1981): • die Ausdünnung der Ströme mit zunehmender Vorleistungstiefe und • die willkürliche Bestimmung des Filterwerts. Unter Ausdünnung versteht man dabei die Verringerung aller Vorleistungsströme mit zunehmender Vorleistungstiefe die aus der seriellen Multiplikation der a^ und der Tatsache folgt, daß alle a^ < 1. Die Binärisierung der Ströme zwischen den Sektoren ermöglicht einerseits die Anwendung der booleschen 0/1-Arithmetik, die für
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die graphentheoretische Behandlung vonnöten ist, nimmt jedoch auf den Ausdünnungs-Effekt keine Rücksicht. Während sich in der Realität die Vorleistungsströme mit zunehmender Vorleistungstiefe verkleinern, bleiben sie in der booleschen 0/1Arithmetik stets gleich (1*1 = 1). Die Besonderheit der booleschen Arithmetik im Zusammenhang mit der Vorgehensweise der traditionellen QIOA fuhrt daher zu einer tendenziellen Überschätzung der Lieferverflechtungen, da sie immer dann einen Strom oberhalb des Filterwertes unterstellt, wenn dieser auf der Stufe der Intermediärmatrix Τ erreicht ist, auf die Verringerung des Stroms bei indirekten Verbindungen jedoch keine Rücksicht nimmt. Die MFA macht dagegen die Relevanz des Stroms direkt zum Gegenstand der Analyse und zwar auf jeder Stufe. Bei der MFA geht die Quantität deshalb in einer wesentlich differenzierteren Weise in die Strukturanalyse ein, als bei QIOA I. Das Verfahren der QIOA II nimmt zwar durch den variablen Filter hierauf in gewisser Weise Rücksicht, liefert aber keine visualisierbaren Strukturen mehr, sondern nur statistische Kennziffernvektoren. Die Wahl des Filterwerts hat entscheidende Auswirkungen auf die visualisierte Charakteristische Struktur der Wirtschaft. Es wurde oben bereits ausgeführt, daß es möglich ist, aufgrund der entgegengesetzten Strukturierungsaspekte der Filtergröße bei der MFA, eine Bandbreite plausibler Filterwerte zu ermitteln, die normalerweise sogar auf einen einzigen „optimalen" Filter eingeengt werden kann. Trotzdem haftet auch diesem Verfahren noch eine gewisse Willkür in der Auswahl des Schwellenwertes an, die nur durch eine Anbindung an ein möglichst operationalisierbares Analyseziel objektiviert und damit standardisiert werden konnte. Ein einfaches Beispiel zeigt jedoch, daß wir - im Gegensatz zur etwas gröberen Vorgehensweise der traditionellen QIOA - keine großen Fehler begehen, wenn die Filterschwelle im Rahmen eines Intervalls etwas variieren. Stellen wir uns hierzu einen „monoton" geformten Eisberg vor, der oberhalb der Wasserfläche in etwa die Form einer (ägyptischen) Pyramide aufweist, die sich auch unter Wasser in dieser Form fortsetzt (deshalb die Bedingung der Form-Monotonie). Natürlich formen Wind und Wetter manchmal Eisberge auch so, daß diese Monotonie-Bedingung verletzt ist. Jeder Eisberg zeigt nach den Naturgesetzen oberhalb der Wasseroberfläche nur ca. 1/9 seines Volumens, unterhalb entsprechend 8/9. Die Wasseroberfläche wirkt deshalb wie eine Schwelle, für das was vom Eisberg sichtbar
106
ist (das sichtbare Neuntel) und sie ist zudem, wegen der geltenden Naturgesetze, „endogen", d.h. jeder Eisberg verhält sich, unabhängig von seiner Größe, bezüglich dieser Schwelle gleich. Wir können nun den Eisberg „behandeln", indem wir einige Löcher in seine Oberfläche bohren. Da diese Löcher sich mit Luft füllen, sinkt das Gesamtgewicht des Eisbergs und er wird nun etwas höher aus dem Wasser herauskommen, d.h. es wird etwas mehr von ihm zu sehen sein. Die sichtbare „Struktur" des Eisbergs ändert sich jedoch nicht grundlegend wegen der Monotonie-Annahme. Im nächsten Schritt füllen wir nun in die Bohrlöcher pures Blei, das eine deutlich höhere spezifische Dichte als Eis hat. Die Konsequenz ist leicht einsichtig: Der Eisberg taucht nun tiefer ein. Wir unterstellen, daß er nun weniger als 1/9 seines Volumens oberhalb der Wasserfläche zeigt. Die Projektion der Wasserlinie ist jetzt deutlich kleiner als vorhin, wegen der Monotonie-Annahme aber wieder strukturähnlich. Zwar ist nun ein Teil des Eisbergs nicht mehr sichtbar, aber der verbliebene sichtbare Teil ist mit seinem Pendant von vorher, identisch. Wir können dieses Beispiel nun ohne große Schwierigkeiten auf die MFA übertragen: Die Hres-Matrix - die letztlich die Strukturergebnisse liefert - entspricht genau einem solchen monotonen Eisberg. Die Variation der Eintauchtiefe entspricht einer Variation der Filterschwelle Fe, dem Ein-Neuntel-Verhältnis der endogenen Filterschwelle - nur daß bei der MFA die Verhältnisse weniger restriktiv sind. Dort zeigt die Struktur bei den mit den Informationsmaßen bestimmten endogenen Filtern regelmäßig 30 bis 50% des Volumens (gemessen am Volumen der Verknüpfungen in der Hres-Matrix). Das Beispiel belegt jedoch ganz gut, was eine - von der automatischen Bestimmung des endogenen Filters abweichende - Variation des gewählten Filters (die ohnehin nur in geringem Ausmaß vorgenommen würde) bewirken würde: Die Struktur würde sich nicht wesentlich „ändern" (wie in Abschnitt 4.2, Abbildung 4.8 vs. 4.9). Zwar nimmt die Zahl der abgebildeten Sektoren und/oder Verknüpfungen zu, wenn der Filter um ein oder zwei
Stufen abgesenkt würde und
nimmt umgekehrt ab, wenn der Filterwert entsprechend erhöht würde, aber die abgebildete Struktur ist immer eine echte Teilmenge jener Struktur mit niedrigerer Filterschwelle.
107
Damit kommt das Analyseziel der Komplexität wieder ins Spiel. Man könnte den Filter also zusätzlich einsetzen, um die Zahl der abgebildeten Links zu reduzieren, wenn man den Eindruck hat, es würde zu viele Ströme abgebildet. Zwar ginge mit den dann ausgeblendeten Verknüpfungen (zunächst) auch die Information darüber verloren, aber die verbleibende Struktur ist eine echte Teilmenge der zuvor abgebildeten. Im Hinblick auf die qualitative Kennzeichnung der Ströme ist hier allerdings eine kleine Einschränkung nötig: Da bilaterale Verknüpfungen in der Graphik fett gezeichnet werden, unilaterale aber als Pfeile und marginale jeweils gestrichelt dargestellt werden (um den harten Schnitt einer Schwelle in der Darstellung einer Grauzone anzunähern), haben wir hier eine im Kern zwar monotone „Strukturveränderung", die bei ansteigendem Filterwert aus fetten Linien zuerst gestrichelt fette, dann Pfeile und schließlich gestrichelte Pfeile machen kann, bevor auch diese möglicherweise ganz verschwinden, die sichtbare Veränderung bietet aber zunächst graphisch ein neues Bild. Es gilt also die Graphiken inhaltlich genau zu analysieren und nicht nur als schöne Bildchen zu verstehen. Umgekehrt könnten bei einer Filterwertabsenkung zunächst gestrichelte Pfeile entstehen, die dann zu durchgängigen werden, und sich schließlich möglicherweise sogar zu bilateralen Strukturen wandeln. Andererseits sind es gerade die Bilder, die den Informationsgehalt der HresMatrix so plastisch veranschaulichen, daß man in Bezug auf die MFA geradezu von einer Strukturlupe sprechen kann. 4.3.5 Ein empirisches Beispiel
Um das Potential der MFA an einem empirischen Beispiel zu verdeutlichen und die daraus erhaltenen Ergebnisse mit denen der traditionellen QIOA vergleichbar zu machen, wählen wir wieder die Input-Output-Tabelle des Statistischen Bundesamts für 1986, die schon in Abschnitt 4.2 Verwendung fand. Im folgenden werden, um die einzelnen Rechenschritte etwas anschaulicher zu machen, einige wichtige Stationen des Rechengangs explizit dargestellt. Ein kompletter Nachvollzug ist jedoch ausgeschlossen, schon wegen der 50maligen Wiederholung des Rechengangs für alternative Filterschwellen. Das Gesamtergebnis hängt jedoch, wie wir bereits wissen, davon ab, daß alle 50 Filterschwellen durchgerechnet werden. Ein Nachvollzug mit Hilfe einer Tabellenkalkulation ist zwar nicht unmöglich, dürfte aber erhebliche Probleme bewirken.
108
Die Α-Matrix hat das in Tabelle 4.15 gezeigte Aussehen. Die spaltenweise Multiplikation mit den in Tabelle 4.16 stehenden, aktuellen Endnachfragewerten (entspricht A) ergibt dann die in Tabelle 4.17 dargestellte erste Layer-Matrix T 0 , die weitere Multiplikation von Α mit der Diagonalmatrix < A y > dann die zweite Layer-Matrix T,, wie in Tabelle 4.18 gezeigt, usw., wobei die Hauptdiagonalwerte jeweils Null gesetzt wurden. Tab. 4.15: Die Matrix Α der Inputkoeffizienten für das empirische Beispiel 1 0.085 0.021 0.077 0.006 0.014 0.004 0.007 0.076 0.006 0.042 0.025 0.003
1 2 3 4 5 7 8 9 10 11 12
г
3 0.002 0.079 0.237 0.005 0.008 0.009 0.014 0.002 0.002 0.054 0.061 0.006
0.000 0.264 0.021 0.009 0.030 0.013 0.002 0.000 0.021 0.024 0.041 0.005
5 0.000 0.010 0.044 0.086 0.176 0.063 0.010 0.000 0.003 0.051 0.073 0.005
4 0.000 0.089 0.025 0.413 0.006 0.007 0.002 0.000 0.001 0.056 0.031 0.004
6 0.000 0.008 0.058 0.081 0.014 0.092 0.014 0.000 0.001 0.044 0.065 0.003
7 0.018 0.018 0.059 0.002 0.007 0.015 0.216 0.000 0.002 0.056 0.056 0.003
8 0.236 0.014 0.026 0.000 0.005 0.011 0.017 0.173 0.002 0.063 0.043 0.005
9 0.000 0.002 0.179 0.035 0.027 0.038 0.037 0.000 0.015 0.068 0.085 0.004
10 0.001 0.018 0.029 0.002 0.014 0.005 0.019 0.003 0.005 0.089 0.133 0.004
11 0.010 0.011 0.018 0.001 0.003 0.013 0.030 0.022 0.022 0.025 0.242 0.015
12 0.004 0.015 0.042 0.001 0.029 0.022 0.012 0.012 0.014 0.042 0.146 0.112
11
12
Tab. 4.16: Der Endnachfrage-Vektor у für das empirische Beispiel 1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
66705 46470 281105 80779 361594 141681 122710 111632 86986 356625 700586 389437
109
Tab. 4.17: T0-Matrix des empirischen Beispiels (fette Zahlen > Filter F = 4000) 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
1 0 576 2080 174 375 116 175 2028 153 1139 671 86
2 3 12 253 0 12385 851 0 774 357 1237 1213 522 1409 95 2157 13 269 867 279 982 8513 1690 9531 193 865
4 7 3973 1131 0 266 295 108 8 57 2505 1366 163
5 6 38 33 3450 1366 15777 9611 30531 13292 0 2358 22257 0 3594 2361 120 69 180 995 18240 7179 25969 10637 1639 465
7 8 9 11 12 10 2288 37570 36 196 3287 1792 2309 2296 408 4916 3773 6280 7524 4210 29501 7813 6122 17373 295 76 5694 637 207 239 887 871 4472 3711 988 12208 1929 1728 6265 1443 4534 9329 0 2644 6102 4965 10177 5032 24 0 28 901 7640 5139 241 244 0 1248 7403 5871 7107 10086 11229 0 8449 17613 7057 6864 13964 35457 0 60647 795 0 333 730 1102 5311
Tab. 4.18: T,-Matrix des empirischen Beispiels (fette Zahlen > Filter F = 4000) 1 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
1 0 1025 3704 310 669 206 311 3611 273 2028 1194 154
2 3 15 224 0 10992 1090 0 457 687 1584 1076 669 1250 122 1914 17 239 247 1110 1257 7555 2164 8460 248 768
4 11 6308 1796 0 423 468 172 13 91 3978 2170 258
5 9 885 4046 7830 0 5708 922 31 255 4678 6660 420
6 15 539 3790 5241 930 0 931 27 71 2831 4195 183
7 8 1169 10349 1180 632 3846 1160 21 151 453 240 986 476 728 0 12 0 67 123 3632 2779 3607 1891 170 219
9 10 4 86 49 2159 3577 3432 690 280 542 1630 760 634 740 2181 3 396 0 548 1362 0 1693 15574 89 484
11 2462 2825 4584 155 740 3396 7621 5722 5544 6327 0 3977
12 251 879 2432 33 1709 1306 705 719 822 2466 8491 0
Tab. 4.19: T 2 -Matrix des empirischen Beispiels (fette Zahlen > Filter F = 4000) 2 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
1 0 401 1447 121 261 81 122 1411 107 792 467 60
2 12 0 857 360 1246 526 96 14 874 989 1703 195
3 107 5248 0 328 514 597 914 114 118 3607 4039 366
4 7 4019 1144 0 269 298 110 8 58 2534 1382 164
5 2 253 1156 2238 0 1631 263 9 73 1337 1903 120
6 5 181 1273 1761 312 0 313 9 24 951 1409 62
7 548 553 1801 71 212 462 0 6 58 1701 1689 80
8 4342 265 487 9 101 200 306 0 28 1166 793 92
9 2 23 1693 327 257 360 350 2 0 644 801 42
10 36 912 1449 118 688 268 921 167 231 0 6577 204
11 1134 1301 2111 72 341 1564 3510 2635 2553 2914 0 1832
12 58 203 563 8 396 302 163 167 190 571 1965 0
110
Tab. 4.20: T3-Matrix des empirischen Beispiels (für F = 4000) 3 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
1 0 168 608 51 110 34 51 593 45 333 196 25
2 7 0 503 211 732 309 56 8 513 581 1000 114
3 48 2348 0 147 230 267 409 51 53 1614 1807 164
4 4 2141 610 0 144 159 58 4 31 1350 736 88
5 1 89 408 789 0 575 93 3 26 472 671 42
6 2 69 484 669 119 0 119 3 9 361 536 23
7 246 248 809 32 95 207 0 3 26 764 759 36
8 1825 112 204 4 42 84 128 0 12 490 333 39
9 10 1 16 11 400 635 798 154 52 302 121 117 170 165 404 1 73 0 101 304 0 378 2882 90 20
11 492 565 917 31 148 679 1525 1145 1109 1266 0 796
12 20 71 197 3 139 106 57 58 67 200 688 0
Wir setzen nun die, in den Tabellen 4.17 bis 4.20 fett gesetzten, Zahlen gleich 1 und die nicht fett gesetzten 0 und erhalten damit die zu den Layer-Matrizen korrespondierenden Adjazenzmatrizen W 0) W,, W 2) und W 3 , wobei die Hauptdiagonalwerte hier, der besseren Übersichtlichkeit wegen, weggelassen sind: Tab. 4.21: Die Adjazenzmatrizen W0, W„ W2 und W3:
Ill
Wie eine genauere Betrachtung zeigt, würden bei einem doppelt so hohen Filterwert, also z.B. F = 8000 deutlich weniger 1-Elemente in der jeweiligen W-Matrix erscheinen und umgekehrt, bei einem niedrigeren F-Wert entsprechend mehr. Desgleichen ist unmittelbar zu sehen, daß die Zahl der 1-Elemente, d.h. der den Filterwert überschreitenden Quantitäten von Layer 0 zu Layer 3 deutlich abnimmt. In der T3-Matrix gibt es überhaupt keine, den hier willkürlich gewählten Filter F = 4000 übersteigenden, Matrixelemente, weswegen die W3-Matrix auch nur aus Nullen besteht. Tab. 4.21: Die Produktmatrizen W 15 in der Graphik als durchgezogene Striche (d.h. Pfeile bzw. fette Linien) darstellt, jene mit hjj= 14 (= 15 - 1) aber gestrichelt zeigt (z.B. den Pfeil von 6 nach 5).
Abb. 4.10: Strukturbild der Tabelle BRD 1986 für Fe = 15 (von 50) Es ergeben sich gewisse Ähnlichkeiten mit dem QIOA-Bild in Abbildung 4.9, jedoch existieren auch deutliche Unterschiede. Während dort die Sektoren 3,9, 10 und 11 zu einer bilateralen Komponente vereint wurden, wären hier
näherungsweise
eher die Sektoren 7 und 8 einzubeziehen, während die Verbindung zu Sektor 9 eher locker und Sektor 3 und 8 gar nicht verknüpft sind. Hierin unterscheidet sich die MFA u.a. von der QIOA. Die MFA würde eine einerseits zwischen Sektor Α und В sowie andererseits zwischen В und С vorliegende
118
Bilateralität nicht automatisch auch als Bilateralität zwischen Α und С darstellen. Die QIOA würde unter diesen Bedingungen aber alle 3 Sektoren in einer Komponenten vereinen. Im obigen Beispiel fehlt hierzu eine bilaterale Verknüpfung zwischen Sektor 3 und 8, um den Sektor 8 in eine Komponente zu integrieren. Man kann nun unter Bezug auf die obige Diskussion der Analyseziele der Auffassung sein, daß die Struktur noch nicht differenziert genug ist, weil zu viele bilaterale Beziehungen bestehen, bzw. überhaupt noch zu viele Links dargestellt werden. Wie würde sich die Struktur verändern, wenn wir den „endogenen" Filter etwas anheben (im obigen Bild: Blei in den Eisberg einlagern) und wäre dies zu rechtfertigen ? Wir spielen diese Möglichkeiten hier ganz bewußt durch, um zu zeigen, daß hier grundsätzlich ein gewisser Freiheitsgrad vorliegt, über den entschieden werden muß, wobei diese Entscheidung aber entsprechend zu rechtfertigen und zu operationalisieren ist. Der beste Weg hierzu ist, wie oben bereits diskutiert, die verfolgten Analyseziele offenzulegen und eine in bezug hierauf „optimale" und vertretbare Wahl zu treffen. Dieses Vorgehen sollte dann möglichst für alle zu analysierenden Tabellen konstant bleiben und stellt damit keine Willkür dar, wie es zunächst scheinen könnte. Es geht also inhaltlich darum, die Struktur dadurch noch etwas „charakteristischer" zu machen, daß weniger Links einbezogen werden, bzw. im Zuge der damit verbundenen leichten Anhebung der endogenisierten Filterebene aus einigen bilateralen Strömen unilaterale Pfeile werden, was die Struktur auch differenzierter machen würde. Dies wäre vor allem dann kaum zu kritisieren, wenn die Entropie-Funktion in diesem Bereich keinen „spitzen Gipfel" sondern eher ein Plateau ausweist (vgl. Abbildung 4.11). Dies ist meist bei hochaggregierten Tabellen zu beobachten, bei denen man dann gerne in Verfolgung der beiden Teilziele die Schwelle etwas höher schrauben würde, während bei wesentlich höher dimensionierten Tabellen, deren Entropie-Kurven i.d.R. eine 'schärfere' Spitze aufweisen, dieses Problem auch deshalb seltener auftritt, weil durch die höhere Zahl der Felder auch deren Besetzung dünner wird, was dem Analyseziel automatisch entgegenkommt.
119
Abb. 4.11: Zur Bestimmung der endogenisierten Filterschwelle
Dem angestrebten Ziel kommt man erfahrungsgemäß etwas näher, wenn man einen dritten Indikator in die Festlegung des endogenen Filters einbezieht, der diesmal nicht auf den strukturellen Eigenschaften der Tabelle aufbaut, sondern einen Durchschnitt heranzieht, der der Korrektur der beiden ersten Indikatoren eine gewisse Richtung gibt im Sinne einer Attraktion durch ein Gravitationszentrum: der Mittelwert der hy > 0 in der Hres- Matrix. Bei hochaggregierten Tabellen wird dieser höher tendieren, bei hochdimensionierten eher niedriger. Dieser Mittelwert beträgt im vorliegenden Fall 20,1. Seine Einbindung im Sinne einer erneuten Mittelwertbildung korrigiert also den bisherigen Mittelwert in die gewünschte Richtung. Zählen wir also die Ebene 15 (Entropie-Maximum), 14 (maximale Ähnlichkeit) und Int(20,l) (Hres-Durchschnitt) zusammen und teilen sie durch 3 so ergibt sich als Mittelwert eine Ebene von 16,3 d.h. aufgerundet 17 (wobei die Untergrenze der effektiven Abbildung wieder 17-1 = 16 beträgt). Die Bestimmung der optimalen Filterschwelle Fe ist aus Abb. 4.11 zu ersehen. Hier zeigt sich auch, daß ganz anders als bei der maximalen Ähnlichkeit, die Entropiekurve (Entropie) im maßgeblichen Bereich ziemlich flach verläuft. Gleichzeitig ergibt die Graphik, daß der Mittelwert 16,3 - auf die notwendigerweise ganze Zahl 17 aufgerundet - in Abb. 4.11 eine Position einnimmt, bei der die Kurven Entropie und m. Ähnlichkeit sich noch nicht allzu weit von ihrer „optimalen" Lage entfernt haben. Abbildung 4.12 zeigt nun das Ergebnis dieser Schwellenerhöhung durch Einbeziehung des Durchschnitts in einer gegenüber Abb. 4.10 leicht abgewandelten Form:
120
die isolierten Sektoren sind nun im Bild mit erfaßt, aber dadurch als isoliert zu erkennen, daß sie keinerlei Verbindung mit den restlichen Sektoren aufweisen. Ansonsten unterscheiden sich die Strukturbilder in gewisser Hinsicht, aber nicht fundamental. Insbesondere zeigt sich daß bis auf die etwas veränderte Interpretation der Verknüpfungen - bei einer Anhebung der Filterschwelle wird z.B. aus einer gestrichelt fetten Verbindung ein Pfeil in der dann dominanten Richtung - die dargestellte Struktur in Abb. 4.12 b in dem darüber dargestellten Graphen enthalten ist. Ein genauerer Vergleich zeigt, daß mit der Anhebung der Schwelle von 15 auf 17 (bzw. damit implizit von 14 auf 16 für die „gerade noch" abgebildeten Links) eine zwar nicht dramatische aber im Prinzip doch deutlich weitergehende Differenzierung verbunden ist: So sind z.B. in Abbildung 4.126 die Links 6—>5, 7-»6, 10—>6 und 8->9 ganz weggefallen, während sich die (gestrichelt) bilateralen Verbindungen 7—>9, 10—>9 und 6—>9 nun in unilaterale verändert haben. Aus einer „festen" bilateralen Verknüpfung, nämlich 7=8 ist nun eine „schwächere", aber immer noch (d.h. gestrichelt) bilaterale geworden. Die Zahl der isolierten Sektoren (1,2 und 3) ist ebenso unverändert geblieben, wie die Positionen der übrigen Sektoren. Diese Darstellung sollte zeigen, daß der Einfluß eines derartigen „Feintunings" einerseits keineswegs brutal ist, andererseits aber trotzdem eine bessere Differenzierung der Struktur, verknüpft mit einer Reduktion der Komplexitätsproblematik mitsich bringen kann. Diese Vorgehensweise ist nicht neu, ihre Plausibilität und ihre Effizienz sind jedoch erwiesen und durch vielfache Erfahrung mit den unterschiedlichsten Tabellen und Dimensionen erhärtet. Sie stellt ein robustes und der Willkür weitgehend entzogenes Instrument dar, um die Charakteristische Struktur einer Produktionsverflechtung zu ermitteln.. Bei allen in diesem Band erstellten Analysen, wird deshalb stets der Mittelwert aus den Stufen des Entropie-Maximums, der maximalen Ähnlichkeit sowie dem Η.„-Mittelwert verwendet
121
Abb. 4.12 a,b: Strukturunterschiede bei F= 15 und F= 17
122
4.3.6 Die Option der Standardstruktur Bisher haben wir zur Ermittlung der Struktur im Rahmen der MFA den Endnachfragevektor у verwendet, der sich aus der zugehörigen Tabelle ergab. Damit haben wir eine Struktur analysiert, die sowohl von den Inputkoeffizienten der Tabelle wie auch vom Profil der Endnachfrage abhängig war, was den Inhalten der Felder der InputOutput-Tabelle entsprach. Insofern war dieses Vorgehen auch naheliegend bzw. selbstverständlich. Es ist jedoch nach den Gl. (4.11) - (4.14) keineswegs zwingend, den aktuellen y-Vektor zu verwenden. Im Sinne einer „Was wäre wenn"-Analyse könnte man im Prinzip hier jeden vernünftig begründbaren Endnachfragevektor verwenden. Die Verwendung des tatsächlichen oder „aktuellen" Endnachfragevektors у aus der Tabelle fuhrt mithin zu einer Struktur, die wir wegen dieses Sachverhalts im folgenden Aktuelle Struktur nennen wollen. Verwenden wir hingegen einen synthetischen Vektor, z.B. den summierenden Vektor, was diagonalisiert der Einheitsmatrix I entspricht, so würden wir das „Profil" der tatsächlichen Endnachfrage aus der Analyse „herausnehmen" und damit das Ergebnis nur noch von der Struktur der Inputkoeffizienten, d.h. mithin der A-Matrix, abhängig machen. Diese Struktur nennen wir im folgenden die Standardstruktur, weil sie die Zusammenhänge zwischen den Sektoren quasi standardisiert wiedergibt. Manche Autoren empfinden diesen Typ von Struktur sogar als „natürlicher" als die Aktuelle Struktur, doch kann man mit derselben Berechtigung auch das Gegenteil annehmen. Ein neutraler Beobachter wird wohl beide als gleichberechtigt nebeneinander bestehen lassen und jeweils die Analyseform bevorzugen, die der gerade dominierenden Zielsetzung besser entspricht. Die Aktuelle Struktur paßt wohl besser zu Fragestellungen, die stärker auf die Wertverhältnisse oder die Bedeutung ökonomischer Wertflüsse abstellen, bzw. ökonomische Entscheidungen spiegeln, wie z.B. Wettbewerbsverhältnisse, Wachstumsdynamiken etc. Die alternative Standardstruktur ist primär eine Funktion der A-Matrix und mithin einer stärker „technologisch" ausgerichteten Sichtweise, wenn man etwas vereinfachend unterstellt, daß sich in der A-Matrix primär die (LEONTIEF-) Produktionsfunktionen der Sektoren spiegeln, die den Hintergrund der aufgezeichneten Verflechtungen darstellen. Hierzu sollte man dann auch u.U. die am besten passende
123
Matrizenversion verwenden. Zwar ist es nicht widersinnig, für die Aktuelle Struktur auch eine sog. A-Version (= Aufkommensverflechtung, dh. die Koeffizienten sind „technologisch" bestimmt) zu verwenden, doch sollte diese auf jeden Fall für eine Standardstruktur zugrunde gelegt werden, weil die Standardstruktur eben stärker auf diesen Sachverhalt abhebt. In den obigen Abbildungen 4.10 und 4.12 wird die Tatsache, daß es sich hierbei um Aktuelle Strukturen handelt, durch den Buchstaben „A" in der Graphiksignatur gekennzeichnet: „86_12A/dl7" z.B. bedeutet: Aktuelle Struktur der 12 χ 12-Tabelle des Jahres 1986, mit einem Filterwert F e =17 ( bei einer effektiven Untergrenze von 16 d.h. = 17-1). Bei der Analyse einer Standardstruktur
steht statt des Α dann ein S.
Im praktischen Rechengang wird auch der Fall der Standardstruktur
auf den der
Aktuellen Struktur zurückgeführt, indem synthetische absolute y-Werte erzeugt werden, die dann den aktuellen y-Vektor ersetzen. Hierzu wird ein skalares Vielfaches der Einheitsmatrix verwendet, so daß die Summe der so definierten Elemente denselben Wert ergäbe wie beim aktuellen y-Vektor. Es versteht sich von selbst, daß damit die ganze Rechenmethodik in vollem Umfang weiterhin angewandt werden kann, lediglich die Ermittlung der Layer-Matrizen führt wegen des neuen y-Vektors zu anderen Zahlenwerten der Matrizenelemente und damit zu - gegenüber der Aktuellen Struktur - auch zu etwas anders aussehenden Graphiken. Da im vorliegenden Abschnitt die Betonung auf der Darstellung der Methoden liegt und es nicht darum gehen kann, einzelne Rechenergebnisse im Detail abzubilden, können wir uns eine für den Fall der Standardanalyse abgewandelten detaillierten Rechenweg wie in Abschnitt 4.3.5 gezeigt, ersparen. Abbildung 4.13 zeigt unmittelbar das Ergebnis. Um nun eine bessere Vergleichbarkeit mit der Aktuellen Struktur zu ermöglichen, die nun auf einer mehr semantischen Ebene Bedeutung erhält, wird die Aktuelle Struktur von Abb. 4.12 b mit dem Schwellenwert 17 gegenübergestellt, allerdings nicht mit der Nummer der betreffenden Sektoren, sondern diesmal mit einem Sektorsymöo/, das den jeweiligen Sektor leichter zu identifizieren hilft (vgl. auch Tabelle 4.28, die beide Notationen gegenüberstellt). Die in Spalte 2 und 4 links stehenden Zahlen wie z.B. - 9 - in Zeile 5, Maschinenbau, Standardstruktur besagen, daß dieser Sektor auf Filterstufe Fe = 9 seine Verbindungen zu den andern Sektoren „verlor" und somit isoliert erscheint, dh. nicht mehr in der Liste der relevanten Sektoren erscheint.
124
Tab. 4.28: Zentralitätskoeffizienten der beiden Strukturen Nr. Svmbol
Sektor
1
Ldw
Landwirtschaft
--12-
1.176
2
Enr
Eneraie
--10-
0,000
Aktuelle Strukt.
Standardstrukt.
3
Chm
Chemie
4
Met
Metalle
5
MaB
Maschinenbau
6
EIT
Elektrotechnik
1.325
7
Hlz
Holz. PaDier
0.824
8
Nhm
Nahrunasmittel
1.111
1,119
9
Bau
Bauwirtschaft
1.190
2.000
10
Hdl
Handel
0.777
0.820
11
mDI
Marktb. Dienst.
0,856
0,000
12
Sta
Staat
1.867 - Ι Ο -
Endoaene Schwelle:
0.758
0.895
0.974
- 1 ΟΙ.549 - 9 -
17/16
2.000
Ι 2/11
Vergleicht man beide Strukturen, so fallen zunächst einmal einige markante Unterschiede auf: die Aktuelle Struktur (Abbildung 4.14 ä) ist reicher an Verknüpfungen, obwohl die Zahl der Sektoren (vgl. Tabelle 4.28) in beiden Fällen gleich groß ist (jeweils 9 Sektoren sind verknüpft, 3 isoliert). Die isolierten Sektoren (Ldw = Landwirtschaft, Enr = Energie und Met = Metalle im Falle der Aktuellen Struktur und Hlz = Holz etc., Sta = Staat und EIT = Elektrotechnik bei der Standardstruktur) unterscheiden sich völlig und weisen auch keinerlei Überlappung auf. Darüber hinaus sind die Beziehungen in der Standardstruktur wesentlich „kurzkettiger" als in der Aktuellen Struktur, was wohl auch mit der stärkeren Dominanz technologischer Beziehungen bei der Erstellung zu tun hat. In der Standardstruktur ist eine einzige Beziehung bilateral, nämlich Ldw=Nhm, während in der Aktuellen Struktur vielfaltige bilaterale Dreiecke sich gegenseitig durchdringen und damit wechselwirken. Während in der „ökonomisch" orientierten Aktuellen Struktur - neben EIT - der Staat die Hauptsenke der Ströme darstellt, ist es in der eher technologischen Perspektive der Standardstruktur der Bausektor.
125
Abb. 4.14 a,b: Vergleich von Aktueller (a) und Standardstruktur (b)
Es ist - zumindest mit den Mitteln dieses einfachen Vergleichs - nicht möglich, die Unterschiede zwischen den Graphiken 4.14 α und b im Einzelnen zu begründen, aber wir wissen, daß sie aus der Einebnung des „Profils" der tatsächlichen Endnachfrage stammen. D.h. im Umkehrschluß: die größere Reichhaltigkeit an Links sowie die damit verbundene Abbildung von Aktivitätsclustem z.B. mDl=Chm=Hdl bzw. das Sichtbarwerden von Zentren derartiger Aktivitäten (z.B. mDl als Spinne im
126
Zentrum der Sektoren Hlz, Chm, Hdl, Nhm und Bau) gehen auf die Heterogenität der aktuellen Endnachfrage mit ihrer inhärenten Dynamik im Sinne des divergenten Wachstums einzelner Sektoren zurück. Das äußerst ungleiche und ungleichgewichtige Wachstum der sektoralen Endnachfragen stimuliert damit auch das Wachstum der sektoralen Beziehungen in technologischer wie auch ökonomischer Hinsicht ungleichgewichtig. Die Aktuelle Struktur zeigt dabei den ,joint-effect" beider Antriebskräfte, während die Standardstruktur sich eher auf den technologischen Aspekt beschränkt. Damit haben wir einen, zunächst lediglich formal orientierten, Überblick über die Möglichkeiten der MFA zur Bestimmung der Charakteristischen Struktur(en) einer Ökonomie kennengelernt. Die MFA stellt jedoch nur eine von mehreren Methoden dar, um den oben erläuterten Problemen der traditionellen QIOA beizukommen. Daneben gibt es noch weitere Verfahren, die gewisse Akzente anders setzen und damit auch zu etwas anderen Ergebnissen in ihrer Strukturanalyse kommen. Dies liegt natürlich auch daran, daß eine veränderte Methodik andere Eigenschaften betont oder wegläßt bzw. andere Fragestellungen verfolgt und damit im Vergleich auch andere Elemente der zugrundeliegenden Struktur in den Vordergrund stellen wird, ja muß. Damit ist keine Feststellung getroffen, ob die eine oder andere Methode besser oder schlechter ist als eine andere. Vielmehr gilt es deutlich zu machen, welche potentiellen Analyseziele mit einer anderen Methode besser verfolgt werden könnten, bzw. ihnen angemessener sind, als eine andere. Die nächsten Abschnitte sind diesem Versuch gewidmet.
127
4.4 Produktions-Trassen
und Industrielle Komplexe: Die DFI-Methode
Neben der deutsch- bzw. englischsprachigen Tradition der graphentheoretischen Methode existiert auch noch eine französische Tradition, die z.B. von ARROUS, AUJAC, u.a. verfolgt wurde. Selbst für den Versuch eines bescheidenen Überblicks würde der hier zur Verfügung stehenden Platz nicht reichen. Zu diesen Ansätzen zählt z.B. auch die sog. Causal-Channel-^nalysis (CCA) von A. TORRE (Torre 1993), die jedoch in der Literatur noch nicht so umfassend dargestellt wurde, daß der Nachvollzug hier möglich wäre. Stellvertretend für die französische Tradition sei deshalb hier lediglich die sog. Direct Mow /ntensity (DFI) nach BELLET, LALLICH und VINCENT (1989) vorgestellt die einerseits einen gewissen Einblick in die methodische Tradition gibt, andererseits sich gut mit der Methodik der MFA kontrastieren läßt um daran gewisse Grundelemente und Grundentscheidungen einer Qualitativen Analyse herauszukristallisieren. Diese Verfahren arbeiten zumeist mit der Matrix Α der Inputkoeffizienten oder der der Matrix der Outputkoeffizienten B, auf denen sie verschiedene Indizes bzw. Indikatoren aufbauen. Das Ziel der hier betrachteten französischen graphentheoretischen Arbeiten ist, Produktionsstrukturen zu ermitteln, die durch eine relative interne Homogenität im Vergleich zur Heterogenität mit dem Rest der Sektoren gekennzeichnet ist, um so die „technische und ökonomische Organisation des Produktionssystems" zu spezifizieren. Stichwort ist dabei die ökonomische „Nachbarschaft" der Industriesektoren, die mit ihrer technologischen Nachbarschaft Hand in Hand geht. 4.4.1 Die DFI-Methode Die Vorgehensweise beruht auf der Evaluierung den techno-ökonomischen Nachbarschaft mittels der gegenseitigen Austauschintensität
als Kriterium, die anhand der
Lieferkoeffizienten gemessen wird. Dabei stellt sich als erste Frage, welche Datenbasis man zur Messung dieser Nachbarschaft heranziehen soll. Als prinzipiell geeignet erscheinen hierfür die Matrix Α der (technischen) Inputkoeffizienten und die Matrix В der Outputkoeffizienten (d.h. Marktanteilskoeffizienten, da hierbei - durch eine Quasi-Symmetrisierung - Verzerrungen der Meßbasis ausgeschaltet werden
128
können. Aber auch eine einseitige Verwendung hatte ihre Protagonisten. Sie wurde z.B. von RAINELLI (1982) für die Α-Matrix, für die B-Matrix z.B. von AURAY (1984) vorgeschlagen. Es scheint jedoch keinen vernünftigen Grund zu geben, sich auf die eine oder die andere Methode festzulegen. Vielmehr gibt es verschiedene Wege, die gegenseitigen Beziehungen zu verwenden. Ein möglicher Ansatz, der sog. Index ORI (Overall Reciprocal Iintensity) ist z.B. gegeben durch: ORIy= aij + a]i + bij + bji
(4.20)
oder in Matrix-Schreibweise: ORI = A + A' + B + B'
(4.21)
Dabei geht im Zweifelsfall jedoch die Information über die Hauptrichtung einer Sektorenverknüpfung und damit die Dependenzinformation verloren. Diese bleibt erhalten, wenn wir die obige Gleichung in folgender Weise reduzieren: R =A+B
(4.22)
Dies ist eine Evaluierung der Bedeutung der Käufe des Sektors j von Sektor i und der Bedeutung der Verkäufe des Sektors i an j. Die Dependenz von i und j ergibt sich folgendermaßen: wenn Гу > Tjj so gilt i -»j falls Гу < rjj dann
i 3 dominiert (0,258 > 0,050) ebenso wie 3->9 (0.266 > 0.005). Beim Cluster C3 ergibt sich insofern eine Besonderheit, als hier die, zu den Sektoren 4, 5 und 6 gehörigen 6 Felder nur die Verbindungen 4-> 5 sowie 6-»5 liefern. Wie ein Blick auf r46 = 0,184 zeigt, wäre es angesichts der Größe dieses Koeffizienten im Verhältnis zu anderen durchaus sinnvoll, auch eine Verbindung 4—>6 zu unterstellen. Dies ist jedoch mit der strikten Regel der DFI, den „nächsten Nachbarn" nur durch das Zeilen/ Spaltenmaximum zu definieren, nicht kompatibel. Die beschriebene Vorgehensweise liefert die dargestellte Tabelle 4.35. Tab. 4.35: Die maximalen Koeffizienten in der Matrix R 1 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
0.034 0.097 0.010 0.017 0.006 0.009 0.110
0.009 0.052 0.028 0.004
2 0.001 0.030
0.016 0.041 0.021 0.004 0.001 0.040 0.033 0.050 0.006
4 3 5 0.008 0.000 0.001 0.258 0.190 0.036 0.038 0.097 0.015 0.289 0.014 0.009 0.023 0.012 0.178 0.037 0.004 0.030 0.005 0.000 0.001 0.005 0.003 0.010 0.102 0.081 0.105 0.092 0.039 0.117 0.010 0.005 0.009
6 0.001 0.020 0.096 0.184 0.022
0.030 0.001 0.003 0.068 0.086 0.004
7 0.060 0.043 0.094 0.005 0.011 0.029
8 0.754 0.033 0.041 0.001 0.008 0.020 0.032
9 0.001 0.005 0.266 0.068 0.038 0.067 0.067 0.000
10 0.004 0.066 0.063 0.008 0.027 0.015 0.054 0.010 0.016
11 0.082 0.059 0.053 0.003 0.008 0.053 0.127 0.099 0.108
0.000 0.004 0.003 0.067 0.085 0.095 0.098 0.072 0.056 0.106 0.211 0.004 0.007 0.006 0.008 0.041
Abb. 4.15: Die 4-Cluster Struktur nach DFI
12 0.024 0.056 0.091 0.002 0.059 0.064 0.036 0.038 0.049 0.087 0.235
135
Verknüpfen wir nun die, in der R-Matrix in Tabelle 4.35 fettgestellten, Koeffizienten, so ergibt sich die Form der Cluster C1 bis C4 in Abbildung 4.15. Ein Vergleich des Resultats mit der analogen MFA-Standardstruktur (weil die DFI nur Koeffizienten benutzt) in Abbildung 4.16a, zeigt deutliche Unterschiede. Zu diesem Zweck sind die in Abbildung 4.15 sich nach der DFI ergebenden Cluster in das Grundbild von Abbildung 4.16a so integriert, daß der Unterschied unmittelbar nachvollzogen werden kann (DFI-Resultat: Abbildung 4.166).
Abb. 4.16 a,b: Zum Vergleich: MFA- und DFI-Ergebnis der IOT 86
136
Die Cluster (1 -> 8) und (2
3
9) sind in der MF Α-Struktur ebenfalls enthalten,
wenn auch dort als bilaterale Struktur (1 = 8), bzw. C2 zusätzlich angebunden an Cl. Von C3 (4,6 -> 5) ist in der MFA lediglich die Verbindung (4 -» 5) existent, diese allerdings wiederum angebunden an Sektor 2. Dies ist ein Tribut an die globale Darstellungsweise der MFA, während die lokale Vorgehensweise (maximaler Koeffizient, Nachbarschaft) der DFI die Bedeutung an der nächsten Nachbarschaft einzelner Sektoren normiert. Der Cluster (7
11,10
12) ist in der MFA nur bezüglich des Teilgraphen (11-Я0)
präsent, während die restlichen Verknüpfungen des Clusters C4 in der MFA-Graphik nicht existieren. 4 . 4 . 3 Kritik der DFI-Methode
Wir haben gesehen, wie die DFI-Methode funktioniert und zu einer definierten Clusterbildung fuhrt. Vergleichen wir das Ergebnis mit den Ergebnissen der QIOA und der MFA, so stellt sich heraus, daß sie eine gewisse Mittelposition einnimmt. Sie zerlegt hochaggregierte Tabellen etwas besser als die QIOA, erreicht aber die Strukturierungsleistung der MFA insofern nicht ganz, als sie durch die implizite Zielsetzung, (lokale) Cluster zu ermitteln den Zusammenhang zwischen den Clustern ignoriert. Der Vorteil der „Trennung" wandelt sich damit leicht in einen Nachteil, nämlich den Gesamtzusammenhang zwischen den Clustern aus den Augen zu verlieren. Ob man das eine oder andere betonen möchte, hängt natürlich wieder von der der Analyse zugrunde gelegten Zielvorstellung ab und ist also ä priori weder Makel noch Stärke. Uns sollte es hier vor allem darauf ankommen, die jeweiligen Stärken und Schwächen einer Methode herauszukristallisieren, indem wir den Kern der Vorgehensweise jeder Methode verstehen lernen. Die DFI beschreibt mehr eine lokale (d.h. auf Nachbarschaften abgestellte) Strukturierung, während sowohl QIOA als auch MFA Gesamtstrukturen abzubilden versuchen. Die DFI umgeht dabei das Problem, eine optimale Schwelle zu finden, indem sie das Maximumprinzip der Nachbarschaft nutzt. Da es nur ein einziges „Maximum" gibt, scheint damit ein wesentliches Entscheidungsproblem der Analyse gelöst, nämlich die Diskrimination zwischen (abzubildenden) wichtigen und (nicht abzubildenden) unwichtigen Verknüpfungen. Diese Wahl löst das Problem jedoch nur scheinbar.
137
Warum nimmt man nicht in jeder Zeile und Spalte der ORI-Matrix die zwei (oder gar die drei) größten Koeffizienten? Die Struktur wäre sofort weniger „lokal" und würde Cluster stärker verknüpfen. Wieviel an Trennungseffektivität würde verloren gehen, wenn man die Wichtigkeitsentsscheidung in diesem Sinne ausdehnen würde? Die der DFI zugrunde liegende Lösung der Wichtigkeitsabgrenzung (das Maximumprinzip) eröffnet aber auch keine Chancen auf Endogenisierung der Struktur, weil sie quasi exogen der Ausleseprozedur übergestülpt wird. Besonderheiten der Tabellen können dabei nicht einbezogen werden. Auch dies ist natürlich nicht α priori Nachteil oder Vorteil, sondern erhält eine entsprechende Wertung erst unter Einbeziehung der Analyse-Zielsetzung.
4.5 Robustheit und Sensitivität: Die 1СA Eine vierte hier vorgestellte Methode der Qualitativen Input-Output Analyse löst die Frage der Unterscheidung zwischen wichtigen und unwichtigen Sektoren durch das auf
SEKULIC
(1968) und
JILEK
(1971) zurückgehende und dann von
SCHINTKE
(1976) aufgenommene Konzept der „wichtigen" Koeffizienten (vgl. auch Holub, Schnabl 1994, S. 387 ff). Da im Englischen diese Koeffizienten als „Important Coefficients" bezeichnet werden, kann man mit gutem Grund dieser Methode den Namen Important-Coefficient-Analysis (ICA) geben. Das Verdienst, diese Methode mit der Idee der Qualitativen Analyse verquickt zu haben, gebührt dem Mexikaner REYES
AROCHE-
der mit einem Beitrag im Economic Systems Research 1996 erstmals vor-
schlug, die als besonders wichtig erkannten Sektorverknüpfungen zur Grundlage einer Verknüpfungsanalyse zu machen (Aroche-Reyes 1996). 4.5.1 Die ICA-Methode
Der Grundgedanke der „wichtigen" Koeffizienten basiert auf der Einschätzung einer Matrix Α als „robust" oder „nicht robust" je nachdem, ob die Inverse zu dieser Matrix bei kleinen Änderungen einzelner Elemente in A (z.B. um 1%) große Veränderungen erfährt oder nicht. Da der Vektor der Produktionswerte χ im statischen Leontief-Modell über die Endnachfrage у multiplikativ mit der Inversen (I - A)'1 verknüpft ist, schlägt sich somit eine nicht-robuste Inputkoeffizienten-Matrix auch in größeren Schwankungen einzelner Outputwerte Xj nieder. Diesen Zusammenhang
138
haben SEKULIC, JILEK und SCHINTKE mit dem Begriff der Sensitivität eines OutputWertes auf die Veränderung eines Koeffizienten ц beschrieben. Ändert sich ein Outputwert Xj um weniger als einen vorgegebenen Prozentsatz von z.B. ρ = 0.5% (oder ρ = 1%), falls irgend ein a^ um 100% oder mehr variiert wurde, so wurde dieser Koeffizient a^ als unwichtig, andernfalls als wichtig bezeichnet. Man beachte daß diese Definition nicht identisch ist mit der Verwendung dieser Begriffe im Kontext der bisher behandelten Strukturanalyse. „Wichtig" im Kontext der Ermittlung der „important coefficients" bedeutete „hochsensitive Reaktion" auf „kleine" Veränderungen von Inputkoeffizienten. Zur Ermittlung der betreffenden sensitiven Koeffizienten wurden sog. Fehlerverfolgungsmodelle verwendet, deren Nachvollzug hier zu weit fuhren würde und auch an anderer Stelle bereits ausführlich dargelegt wurde kann (vgl. Schintke 1976 sowie Holub/ Schnabl 1994). Das Fehlerverfolgungsmodell resultiert schließlich in der Formel r,j = 100p/ (a./Cji p + XjlOO c„/X,))
(4.23)
welche wir durch Einbeziehung von a^ in die Klammer im Nenner vereinfachen in: гц = 100p/(a ijCji p+ 100bijCii).
(4.24)
Verwenden wir als Schranke für ρ den Wert 1%, wie es auch implizit AROCHEREYES
tut, so vereinfacht sich die Formel auf г
и = 1 / (a;j Cjj+ 100 by Cjj).
AROCHE-REYES
(4.25)
definiert nun einen Koeffizienten ау als wichtig im Sinne der von
ihm daran ankoppelnden Strukturanalyse, wenn sich ein r^ < 0.2 ergibt. Eine solche Festlegung ist nicht nur notwendig, sondern auch plausibel, stellt aber, wie auch in der QIOA, einen nicht näher begründeten adhoc- Schwellenwert dar, der exogen vorgegeben wird und die Menge der abgebildeten Sektorverknüpfungen determiniert. Diese Feststellung ist keine grundsätzliche Kritik am Verfahren, sondern soll lediglich die tatsächliche Vorgehensweise klarstellen. Man könnte hier auch eine Art „Endogenisierung" erreichen, indem man z.B. den Mittelwert aller ru als Schwelle verwendet und auf diese Weise noch eine Rückkoppelung zur jeweiligen Matrix einbaut.
139
Je kleiner die Sensitivität eines Sektors, desto größer seine Wichtigkeit in Bezug auf eine mögliche Veränderung einzelner Outputwerte X;. Die Wichtigkeit variiert also umgekehrt proportional zu r^ und direkt proportional zum Nenner in Gl. (4.24). Es liegt deshalb nahe - wie SCHINTXE es getan hat - den Nenner direkt als Wichtigkeitsmaß zu verwenden. Wie aus Gl. (4.25) ersichtlich, ist dabei der erste Term, das Produkt ajj Cji; deutlich kleiner als der zweite Term, bzw. verschwindet diesem gegenüber, so daß man, wie Schintke nachgewiesen hat, lediglich kleine Fehler in der zweiten. Nachkommastelle erhält, wenn man die Vereinfachung in Gl. (4.26) als Berechnungsgrundlage benutzt: WY
= 100B I J C I I
(4.26)
Analog zur Vorgabe bei AROCHE-REYES wäre jetzt der Kehrwert von 0.2 als Schwellenwert zu setzen, d.h. alle Sektorverknüpfungen mit Wy > 5 wären nun als „wichtig" zu diagnostizieren und in die Analyse der charakteristischen Struktur einzubeziehen. 4.5.2 Ein empirisches Beispiel
Wir wählen wieder unser Standardbeispiel der 86er Tabelle Deutschland in der Dimension 12x12. Nach Gl. (4.26) brauchen wir zur Berechnung die Koeffizienten der B-Matrix, d.h. die sog. Outputkoeffizienten sowie die Hauptdiagonalwerte сн der Leontief-Inversen. Die Matrix der Outputkoeffizienten findet sich bereits in Tabelle 4.30 dargestellt, wird jedoch der Einfachheit halber hier nochmals wiedergegeben. Der nächste Schritt besteht dann in der Multiplikation jedes Elementes der B-Matrix mit dem zugehörigen (in der letzten Spalte dargestellten) Wert с;( der Inversen. Das Ergebnis sieht wie folgt aus:
140
Tab. 4.36: B-Matrix und Hauptdiagonalwerte der Inversen си BMat86 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
0,085 0,012 0,020 0,003 0,003 0,002 0,003 0,034 0,003 0,010 0,003 0,001
0,000 0,264 0,009 0,008 0,011 0,009 0,002 0,000 0,019 0,009 0,009 0,002
0,006 0,179 0,237 0,010 0,007 0,014 0,023 0,003 0,004 0,048 0,031 0,005
0,000 0,101 0,013 0,413 0,003 0,005 0,002 0,000 0,001 0,025 0,008 0,002
0,000 0,026 0,052 0,202 0,176 0,115 0,020 0,001 0,007 0,053 0,044 0,005
0,001 0,012 0,037 0,103 0,008 0,092 0,015 0,000 0,001 0,025 0,021 0,002
0,042 0,024 0,035 0,003 0,004 0,014 0,216 0,000 0,002 0,029 0,017 0,001
0,518 0,018 0,015 0,001 0,003 0,010 0,016 0,173 0,002 0,032 0,012 0,002
0,000 0,003 0,087 0,034 0,011 0,029 0,030 0,000 0,015 0,029 0,021 0,002
0,003 0,047 0,033 0,005 0,013 0,010 0,036 0,007 0,011 0,089 0,078 0,004
0,073 0,049 0,035 0,002 0,005 0,040 0,097 0,077 0,086 0,042 0,242 0,025
0,020 0,041 0,050 0,001 0,030 0,042 0,024 0,026 0,035 0,045 0,089 0,112
c
u
1,122 1,374 1,332 1,714 1,223 1,109 1,287 1,244 1,022 1,116 1,355 1,133
Das Ergebnis in Tabelle 4.37 läßt sich nun ganz leicht mit dem Taschenrechner nachvollziehen, indem man den in der letzten Spalte stehenden Wert von сй zeilenweise mit den einzelnen Elementen Ц der Matrix multipliziert und anschließend alle Werte mit 100 multipliziert. Kleine Abweichungen sind darauf zurückzufuhren, daß die gezeigten Werte nur auf 3 Stellen angenähert sind, während in die Berechnung bis zu 8 Stellen eingehen. Tab. 4.37: Die Wichtigkeits-Werte nach der vereinfachten Formel von Gl. (4.25) Wij 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
1 9,591 1,718 2,655 0,574 0,375 0,193 0,364 4,280 0,309 1,075 0,447 0,078
2 0,055 36,307 1,219 1,321 1,389 0,974 0,222 0,032 1,960 1,040 1,264 0,197
3 0,703 24,587 31,556 1,697 0,807 1,559 2,987 0,378 0,374 5,350 4,228 0,523
4 0,032 13,860 1,688 70,716 0,312 0,573 0,264 0,020 0,134 2,766 1,065 0,173
5 0,048 3,549 6,944 34,695 21,503 12,757 2,579 0,087 0,691 5,940 5,969 0,514
6 0,065 1,650 4,969 17,742 0,955 10,200 1,990 0,059 0,147 2,746 2,872 0,171
7 4,661 3,356 4,680 0,474 0,432 1,562 27,871 0,025 0,236 3,270 2,292 0,147
8 58,135 2,535 1,989 0,093 0,323 1,063 2,036 21,570 0,182 3,525 1,693 0,267
9 0,046 0,375 11,603 5,782 1,378 3,209 3,913 0,018 1,499 3,267 2,868 0,204
10 0,365 6,519 4,433 0,933 1,650 1,066 4,593 0,845 1,117 9,959 10,505 0,445
11 8,139 6,666 4,628 0,405 0,585 4,464 12,543 9,552 8,833 4,726 32,835 2,859
12 2,239 5,601 6,630 0,236 3,651 4,636 3,131 3,243 3,536 4,972 12,085 12,682
141
B6_12ICA Abb. 4.17: Wichtigkeiten in der 12 χ 12- Tabelle BRD 1986 Tabelle 4.37 zeigt diesmal die Hauptdiagonalwerte - zur besseren Erfaßbarkeit - in der Tabelle fett und kursiv dargestellt, weil im Gegensatz zu bisherigen Analysen, wie wir noch sehen werden, diese Werte eine Bedeutung haben. Zusätzlich wurden alle Elemente mit einem Wert > 5 fett gestellt. Abbildung 4.17 übersetzt Tabelle 4.37 in eine 3D-Grafik, wobei nur Werte WSj > 5 in sichtbare Säulen transformiert wurden. Es ist deutlich sichtbar, daß vor allem die Hauptdiagonale dominiert. Aber auch außerhalb der Hauptdiagonale sind einige prominente Werte zu erkennen wie insb. z.B. w,g = 58,1 (Landwirtschaft -» Nahrungsmittel, ein alter Bekannter!) oder w45 = 34,6 (Metalle -»Maschinenbau). Daß die Hauptdiagonale (bis auf die Ausnahme W99 wertmäßig die größten Felder stellt, ist von der Berechnungsformel her nicht verwunderlich, wenn man realisiert, daß schon die Elemente bH der B-Matrix in Tabelle 4.35 regelmäßig die größten Elemente der jeweiligen Spalte/Zeile darstellen. Dies ist primär auf den hohen Aggregationsgrad der 1 2 x 1 2 -Tabelle zurückzuführen, die durch Aggregation aus der zugrundeliegenden 58-er Tabelle entstanden ist. Akzeptiert man jedoch einmal die Та-
142
belle als „Modell" der Wirtschaft, so sagt die Interpretation der Wichtigkeit natürlich auch, daß eine Veränderung des Anteils dieser intrasektoralen Ströme (d.h. des Inputkoeffizienten aH die relativ größten Auswirkungen auf die (jeweiligen) Bruttoproduktionswerte hat. Für die Werte außerhalb der Hauptdiagonale gilt natürlich bezüglich ihres „Modellcharakters" in Bezug auf die abgebildete Wirtschaft prinzipiell dasselbe, jedoch zeigt sich hier, daß die Sensitivität - oder umgekehrt die Wichtigkeit - einzelner Sektoren wesentlich inhomogener ist als wir es bezüglich der Hauptdiagonale sahen. Dies läßt den Schluß zu, daß hier eher die „semantischen" Zusammenhänge eine Rolle spielen und uns somit Hinweise auf die Qualität von Verflechtungsstrukturen liefern können. Es wäre jedoch verkehrt, der naheliegenden Annahme zu verfallen, die hier herausgearbeiteten Wichtigkeiten würden dieselbe Information liefern, wie die mit MFA oder DFI herausgearbeiteten charakteristischen Strukturen. Während dort (wie übrigens ähnlich in der QIOA) die Größe der Ströme in Relation zum Durchschnitt zur Bestimmung der Charakteristischen Struktur herangezogen wird, ist es bei der ICA die Kombination aus einem Outputkoeffizienten und dem zeilenbezogenen Multisektoren-Multiplikator der Hauptdiagonalen, also das Produkt zweier „Anteile" wenn man das cH der Hauptdiagonale als Anteil eines Mitzieheffektes ZjCy des betreffenden Sektors interpretiert. Die ICA-Wichtigkeit spiegelt damit eben keine simple Stromgröße, sondern, wie der Begriff „Sensitivität" schon nahelegte, eine Art Reagibilität bzw. Elastizität des Verhaltens von Produktionswerten auf die Veränderung einzelner Feldelemente der Input-Koeffizienten Matrix A. Eine ICA-Wichtigkeit verhält sich also zu den bisherigen „wichtigen" Sektorverknüpfungen von MFA und DFI wie ein einfacher Quotient zu einer Elastizität, spiegelt also eine eher dynamische Relation im Verhältnis zu einer eher statischen dort. ICA einerseits und MFA (bzw. DFI und QIOA) andererseits, stehen also eher in einem Ergänzungs- denn in einem Konkurrenzverhältnis. Die ICA liefert zusätzliche Information über das Potential einer Veränderung von Input-Relationen, während die MFA (und die ähnlich gelagerten übrigen, bisher besprochenen StrukturierungsMethoden) eher Informationen über das bereits Erreichte, d.h. den Zustand der Struktur liefert. Dies dürfte auch deutlich werden, wenn wir die MFA-Struktur und die ICA-Struktur einmal direkt gegenüberstellen, wie dies weiter oben auch schon mit den anderen Methoden geschah. Zunächst sollten wir uns jedoch - angesichts
143
der zunächst etwas willkürlich erscheinenden Schwelle von 5 in der ICA die Ergebnisse bei einer geringfügigen Variation des Schwellenwerts ansehen. Dies ist in Abbildung 4.18 geschehen. Die von AROCHE-REYES vorgeschlagene Schwelle 5 zeigt ein Bild unidirektionaler Verknüpfungen (Abbildung 4.18 a). senken wir diesen Schwellenwert um ca. 10% auf 4,5 ab, so wird das Bild plötzlich differenzierter: es ergeben sich nun auch bilaterale Verknüpfungen, z.B. die aus der MFA hinreichend geläufige bilaterale Verknüpfung Ldw=Nhm (Landwirtschaft = Nahrungsmittel), sowie das auf der Schwelle 4.5 noch nicht ganz vollständige bilaterale Dreieck Chm=mDl=Hdl, das ebenfalls von Abbildung 4.14 als MFA-Ergebnis bekannt ist. Der weiter oben angesprochene Vorschlag der Verwendung des Mittelwerts der Wichtigkeitswerte hätte mit 5,12 zu einem ähnlichen Ergebnis geführt, wie in Abbildung 4.18a zu sehen. Der Vorschlag von AROCHE-REYES liegt also gar nicht so schlecht. Wenn wir die Differenzierung der Struktur durch eine 10%ige Absenkung auf 4,5 betrachten, so sehen wir, daß auch hier eine Abhängigkeit des Ergebnisses von der gewählten Schwelle vorliegt, das allerdings wie bei der MFA monoton mit der Schwelle variiert. Analog zur MFA könnte man auch hier versuchen, mittels Entropie-Maximierung einen besten Schwellenwert zu ermitteln, was die derzeitige noch vorhandene Restwillkür reduziert. Andererseits macht die Option der Schwellenvariation auch deutlich, daß damit trotz einer, im Prinzip bereits erfolgten, „Endogenisierung" der Struktur durch die Verwendung der sensitivsten Elemente der Inversen, das zweite Ziel der Analyse - eine optimale Komplexitätsreduktion des Ergebnisses d.h. notwendige Anpassung an die Grenzen menschlicher Informationsverarbeitung - mit dieser Größe auch gesteuert werden kann Da in die ICA-Struktur die absoluten Endnachfragewerte у nicht eingehen, sondern nur reine Relationen (by, с,,), scheint die geeignete Struktur zur Gegenüberstellung wie schon bei der DFI - die Stawifari/struktur der MFA zu sein. Wir stellen in Abbildung 4.19 die ICA-Struktur noch einmal den beiden Strukturformen der MFA, wie in Abbildung 4.14 bereits geschehen gegenüber, um diese These zu überprüfen. Ein Vergleich von Abbildung 4.196 mit der darüberliegenden aktuellen MFAStruktur und der darunterliegenden Standardstruktur zeigt jedoch, daß die Ähnlichkeit zwischen der Aktuellen Struktur und der ICA-Struktur deutlich größer ist. Wir werden diesen Widerspruch mit Hilfe der Korrelationsanalyse näher untersuchen.
144
Nhm]
86 12ICA/d5
86 12ICA/d 4.5
Abb. 4.18 a,b: Die 86er ICA-Strukturen bei unterschiedlichen Schwellen
Abb. 4.19 a-c: MF Α- und ICA-Ergebnisse
146
Tab. 4.38: Korrelationsmatrix der Hr -Strukturen r
86J2.KNS
86_12.KNA
86J2.KNS
1
86J2.KNA 86_12.ICA
86_12.ICA
0,171
0,656
0,171
1
0,269
0,656
0,269
1
Man sieht, daß die Strukturähnlichkeit zwischen der Standardstruktur und der ICAStruktur, wie theoretisch erwartet, am größten ist, mit einem Korrelationskoeffizienten von r = 0,656. Die ICA-Struktur steht, wie die Tabelle zeigt, „zwischen" den beiden MFA-Strukturen, weil die Ähnlichkeit zwischen der Aktuellen
Struktur
(„KNA") und der Standardstruktur („KNS"), geringer ist, als jeweils zur ICA-Struktur. Insofern ist es also nicht gar so verwunderlich, daß die ICA-Struktur optisch auch der Aktuellen Struktur verwandt erscheint. Warum aber sieht sie für das „naive" Auge des Betrachters sogar deutlich ähnlicher aus ? Diese Frage läßt sich beantworten, wenn wir zum einen die nichtlineare Transformation, die von den Hres-Matrizen (zur Erinnerung: deren Werte schwanken zwischen 0 und 50) zur Graphik fuhrt, nochmals beleuchten und das Endergebnis dieser Transformation dann für beide Strukturmethoden (ICA und MFA) nochmals korrelieren. Durch Anwendung des Schwellenprinzips - wenn auch durch die Abmilderung der „Grauzone" - werden aus dem im Prinzip monotonen Gebirge der Hresbzw. ICA-Strukturmatrizen quasi isoliert stehende „Hochhauslandschaften", da die unter der Schwelle liegenden Höhenabschnitte des Gebirges zu „Null" gemacht werden, während die im Grenzbereich und darüber liegenden Zonen voll abgebildet werden. Weist man nun diesen unterschiedlichen Lageergebnissen unterschiedliche Ziffernwerte zu: 0, falls „isoliert", d.h. keinerlei Verknüpfung, eine 1 für einen gestrichelter Pfeil, eine 4 für einen durchgezogenen Pfeil, eine 5 fur eine gestrichelte bilaterale Verknüpfung und eine 8 für eine echte bilaterale Verknüpfung, so können wir auf dieser Ebene auch Graphiken unmittelbar korrelieren. Die Korrelationsmatrix für die obigen Strukturen sieht folgendermaßen aus:
147
Tab. 4.39: Korrelationsmatrix der Graphiken r
A86_12_17 S86_12_12 I86_12_3,5 I86_12_4,0 I86_12_4,5 I86_12_5,0 0,049
0,635
0,537
0,460
0,332
0,049
1
0,375
0,399
0,439
0,407
0,635
0,375
1
0,907
0,835
0,707
I86_12_4,0
0,537
0,399
0,907
1
0,962
0,834
I86_12_4,5
0,460
0,439
0,835
0,962
1
0,910
I86_12_5,0
0,332
0,407
0,707
0,834
0,910
1
A86_12_17
1
S86_12_12 I86_12_3,5
Die Strukturtypen sind durch einen fuhrenden Buchstaben gekennzeichnet, „A" für Aktuell, oder „I" für ICA-Struktur. Die letzten Ziffern, z.B. 3,5 bei der dritten Analyse „186 12 3,5", bezeichnen den verwendeten Schwellenwert bzw. die sich damit ergebende Struktur. Selbstverständlich sind sich die, lediglich durch Schwellenwertvariation von 3,5 bis 5,0 ergebenden ICA-Strukturen am ähnlichsten. Die obige Irritation bezüglich der stärkeren Ähnlichkeiten von Aktueller Struktur und ICAStruktur gegenüber der eigentlich näher liegenden Standardstruktur findet hier ihre Erklärung. Während die Standardstruktur bei der endogenen Schwelle von 12 (zweite Zeile bzw. zweite Spalte) mit 0,439 die stärkste Korrelation mit der ICAStruktur aufweist - dargestellt bei einer Schwelle von 4,5 - ergibt sich eine deutlich höhere Korrelation (0,635 fettgestellt) zwischen der Aktuellen Struktur und der 1С A bei einer Schwelle von 3,5. Grund hierfür ist die Nichtlinearität der Schwellenwirkung. Der Vergleich sollte jedoch nicht dahingehend verstanden werden, als sollten Verhältnisse gewählt werden, die die Strukturen möglichst ähnlich bzw. vergleichbar machen. Während die MFA eben die Größenordnung von ökonomischen Strömen betrachtet und im Rang ordnet, mißt die ICA ein Dynamik-Potential bei Veränderungen. Diese mag mit der Größe von Strömen und deren spezifischer Verknüpfung eng verknüpft sein, ist aber auf keinen Fall identisch, sondern konstituiert eine eigene Kategorie.
4.6. Fazit Man wird sich nun fragen, welche der oben dargestellten qualitativen Analysemethoden man verwenden soll. Dies hängt letztlich von der Zielsetzung der Analyse und vom Charakter der Analysebasis, d.h. der jeweils zugrunde gelegten IOT ab.
148
So wird u.U. die QIOA die Methode der Wahl sein, wenn die Verflechtungstabelle eine mehr oder weniger „dünne" Matrix ist und das Ziel der Analyse primär auf die reine Existenz von Verknüpfungen abstellt. In diesem Fall kann man die Relation der Stärken einzelner Ströme im Ausdünnungsprozeß eher ignorieren. Die QIOA wird aber vor allem dann die Analyse der Wahl sein, wenn eine detaillierte IOT noch gar nicht existiert, wohl aber Informationen darüber, daß grundsätzlich, bzw. von wo nach wo, Lieferungen vorliegen. Anders sähe die Antwort dagegen aus, wenn eine normale IOT vorliegt und diese noch dazu niedrig dimensioniert ist (z.B. weniger als 40 Sektoren aufweist). In diesem Falle würde die QIOA völlig versagen, während MFA oder DFI durchaus gut strukturierte Ergebnisse liefern. Ob man hier die MFA bevorzugt, die mit ihren beiden Strukturtypen zwei verschiedene Fragestellungen beantwortet {Aktuelle Struktur. Betonung ökonomischer Wertströmen, Standardstruktur: Dominanz eher „technologisch" determinierter Verknüpfungen ohne „Verschmutzung" durch у ) oder eher die DFI, ergibt sich auch danach, ob das Ziel eher auf einen Gesamtüberblick hinausläuft oder eher die Feinstruktur einzelner Cluster im Vordergrund steht. Die DFI kennt andererseits aber nur die „technologische" Brille und hat für ökonomische Nachfragestrukturen keinen Blick übrig. Geht es schließlich um die Abschätzung von Dynamikpotentialen von technologisch stimulierten Veränderungen (der Α-Matrix), so wäre die ICA die richtige Methode. Diese kann somit die MFA oder DFI nicht ersetzen, sie jedoch um wesentliche Aspekte ergänzen. Dies ist möglicherweise das wichtigste Ergebnis dieses Fazits: daß man die einzelnen Methoden nicht in einem gegenseitigen Konkurrenzverhältnis sehen sollte, sondern daß sie allesamt eher in einem Ergänzungsverhältnis stehen. Lediglich wegen der umfassenderen Aussagenbreite (z.B. sowohl Aktuelle wie auch Standardstrukturen als Ergebnis, sowie noch später zu zeigende Potentiale im Rahmen der Subsystem-Analyse) wird im folgenden auf die MFA-Methode als grundlegende Analysemethoden abgestellt. Allerdings würde es auch den Rahmen der Darstellung sprengen, wollte man jede der noch folgenden Analysen mit allen Methoden durchführen und sie dann vergleichen.
KAPITEL 5
Analyse der Innovationsverflechtung Die Bedeutung von Innovationen für den Wandel der Wirtschaft ist im ersten und zweiten Kapitel bereits grundlegend behandelt worden. Wie wir aus diesen Überlegungen bereits wissen, kommt es für eine zutreffende Einschätzung der Auswirkungen von Innovationen vor allem auf den Verflechtungsaspekt an, da der „Innovationsgewinn" eines Sektors nicht nur von seinen eigenen F&E-Ausgaben abhängt, sondern auch - oder gar noch mehr - von den Innovationsaktivitäten jener Sektoren, von denen er Vorleistungen bzw. Investitionsgüter bezieht. Es ist durchaus auch möglich, via Vorleistungen oder Investitionsgüter das technologische Know-how von anderen Sektoren zu kaufen und so in seine eigenen Produkte zu inkorporieren. So unterscheidet SCHERER (1982) z.B. sectors of origin und sectors of use (von Innovationen), die ersteren erzeugen neue Technologien, die letzteren sind die Haup{nutzer. Eine Zurechnung von Produktivitätsveränderungen oder Wachstumsraten muß also beide Quellen berücksichtigen, dies kann auf vielfältige Weise versucht werden. 5.1 Die einzelnen Verfahrensweisen Man kann zum Zwecke der Aufstellung von Technologieverflechtungs-Matrizen einerseits unterschiedliche Indikatoren und andererseits unterschiedliche Methoden verwenden. Die Gliederung der Indikatoren in - Input-Indikatoren - Output-Indikatoren ist uns schon geläufig (Vgl. Abschnitt 1.4) GRUPP
unterscheidet darüber hinaus noch sog. fiyjw/i-Indikatoren (Gruppl997), die
FREEMAN
(1982, S. 9) //гго^/грмг-Indikatoren nennt. Damit ist gemeint, daß diese
dritte Kategorie von Indikatoren Zwischenstadien des Innovationsprozesses betreffen, die als solche noch nicht als Innovationsoutput bezeichnet werden können, weil sie entweder nur Begleiterscheinungen des F&E-Prozesses sind oder eher Zwischenprodukt-Charakter haben (Majer 1978). GRUPP verwendet in seiner Meßstrategie ein davon abweichendes Gliederungskonzept von Ressourcen-, Ertrags- und Fortschritts-
150
Indikatoren, dem wir uns hier jedoch, wegen der anders gelagerten Zielsetzung, nicht anschließen (Grupp 1997, S. 143ff). Eine Konkretisierung der Indikatoren ergibt folgende Übersicht: Tab. 5.1: Übersicht der Indikatoren nach Typus Input-Indikatoren
Byput-Indikatoren
Output-Indikatoren
F&E-Ausgaben
Patentanmeldungen
„gezählte" Innovationen
F&E-Personal
Patenterteilungen
Anteil von Neuprodukten
Innovationsaulwendungen
Patentansprüche
Technometrie Indikatoren
F&E-Kapital
„gewichtete" Patente
Produktionswachstum
Lizenzgebühren
- nach Zitathäufigkeit
Wissensrecherchen
- nach F&E-Kosten
Produktivitätswachstum
Innovative Investitionen
Die einzelnen Indikatoren können sowohl gesamtwirtschaftlich, sektoral wie auch auf betrieblicher Ebene vorliegen. Aufgrund der in Kapitel 1 und 2 abgeleiteten Zusammenhänge sind wir hier vor allem an sektoral basierten Indikatoren interessiert, wobei wir nicht auf den Wirtschaftszweig abstellen, sondern auf eine Sektorengliederung nach „commodities". Damit erhebt sich auch die Frage nach der Datenverfugbarkeit, die auf sektoraler Ebene kritischer ist, als auf makroökonomischer. Gibt es einen vollständig sektoral gegliederten Vektor eines Indikators so ist das Input-Output-Instrumentarium i.d.R. anwendbar. Andernfalls können - wie es in der Literatur auch nachvollziehbar ist - Zusammenhänge nur als einzelne Regressionen gerechnet werden oder u.U. Verflechtungsmatrizen erstellt werden, die den Indikator nach zwei Dimensionen verteilen. Als Beispiel fur den letzteren Fall seien Patent-Verflechtungsmatrizen genannt, die die, in der Patentschrift genannte, Herkunftsbranche und die potentiellen Nutzerbranchen in einer Matrixdarstellung verknüpfen und dadurch einen „technology-flow" sichtbar macht. Wir könnten hier also im Prinzip eine Matrix der Methoden aufstellen, die in der Kopfspalte alle Indikatoren (deren Liste in Tabelle 5.1 natürlich nicht erschöpfend ist) und in der Kopfzeile die drei genannten Methoden (Input-Output, Einzelregressionen, Verflechtungsprojektion) gegenüberstellt. Da die Hauptstoßrichtung der hier gebotenen Analysen jedoch auf der ersten Methode, der Input-Output-Analyse, liegt, werden wir uns hinsichtlich der Darstellung der anderen Methoden kurz fassen.
151
Es ist außerdem klar, daß die Aussagekraft eines Indikators um so höher ist, je besser er mit dem Endzustand korreliert. Ein Output-Indikator bezieht sich viel stärker auf das Ergebnis des Innovationsprozesses, als dies ein Byput-Indikator tut und dieser wiederum korreliert mit Prozeßergebnissen stärker als ein Input-Indikator, der doch nur die Voraussetzungen beschreibt. Im Klartext: Forschungsausgaben sind sicherlich notwendig, sichern aber in keiner Weise einen Erfolg der Forschungsbemühungen, sie können auch in den Sand gesetzt sein. Demgegenüber sind Innovationsaufwendungen (breitere Definition, die jüngst ins Oslo-Manual der OECD Eingang fand und auf Bemühungen seitens des ifo-Instituts zurückgeht) - wenn auch immer noch zu den InputIndikatoren zählend - schon stärker ergebnisorientiert, weil man unterstellen kann, daß Aufwendungen für die Marktvorbereitung nur getätigt werden, wenn schon ein gewisser F&E-Erfolg sichtbar ist. Patente reflektieren Ergebnisse von F&E-Aktivitäten. Sie sind aber bezüglich der damit einher gehenden Innovationen (d.h. faktisch auf Märkten auftretenden Produkten, im Falle von Produktinnovationen) nur ein Zwischenprodukt. Man könnte sie verkaufen, lizenzieren oder auch selbst nutzen, wobei im letzten Fall der Innovationserfolg auch noch nicht sicher ist. Erst wenn die Innovation auf dem Markt erfaßbar wird und dann auch noch erfolgreich ist, haben wir das endgültige Ergebnis vor uns. Nur in diesem Falle könnte man auch von Output-Indikatoren sprechen. Wir beginnen unseren knappen Literaturüberblick mit den OutputIndikatoren. 5.1.1 Output-Indikator nutzende Methoden Die naheliegende Methode, Innovationen im Sinne eines „Ergebnisses" zu behandeln, ist, jede Innovation als „Entität" aufzufassen und diese dann einfach abzuzählen. Dies geschieht überlicherweise in Fragebogen-Surveys, die an Unternehmen verschickt werden. Die Antworten auf die Frage „Wieviele Innovationen haben Sie im letzten Jahr (den letzten drei Jahren) getätigt?" werden dann nach sektoraler Zuordnung aggregiert bzw. nach weiteren Kriterien („Wer war der Nutzer?") sortiert, so kann man auch Verflechtungen dieses einfachen Ergebnisindikators darstellen. Surveys dieser Art wurden in der Bundesrepublik früher vom ifo-Intitut regelmäßig durchgeführt (Scholz & Penzkofer 1995) und werden heute vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW, Mannheim) erhoben. Wegen der Unscharfe des Innovationsbegriffs und der damit in das Zählergebnis eingehenden Subjektivität der Antworten ist dieser Indikator aber umstritten (Griliches 1990), nichtsdestoweniger aber immer
152
noch in Gebrauch. Eine Abart dieser Methode besteht in der Objektivierung der „Nennung" indem man nicht die Firmen selbst befragt sondern das Echo, das eine Innovation in den einschlägigen Fachzeitschriften im Text- oder Reklameteil erzeugt. Analysen die sich auf derartige Literaturrecherchen stützen, wurden z.B. von KLEINKNECHT vorgenommen (Kleinknecht u.a. 1993). Auch gegen diesen Indikator spricht jedoch, daß eine nähere Qualifizierung der erhobenen Innovationen unterbleibt. Ein ganzes Forschungsprogramm, das diesen Indikatortyp im Rahmen von breit angelegten innovation-surveys verwendet und dabei stärker auf die Verknüpfung der jeweiligen Innovation abstellt, wurde von DEBRESSON in ländervergleichenden Analysen ins Leben gerufen und mittlerweile auch zu einem vorläufigen Abschluß gebracht (DeBresson 1996). Hierbei zeigte sich ein, auch für unseren Kontext bedeutsames Ergebnis: Ein Vergleich der italienischen Innovationsmatrix (im Rahmen des Survey aus den Erhebungen direkt abgeleitet, Abbildung 5.1a) und der indirekten F&E-Ausgabenstruktur (Abbildung 5.16), berechnet mittels der italienischen IOT, führte zu sehr ähnlichen Ergebnissen (DeBresson 1994, vgl. Abbildung 5.1a, b). Dies bedeutet, daß man offensichtlich keinen großen Fehler begeht, wenn man statt der originären Innovationserhebung den Weg der Input-Output-Analyse beschreitet und die Innovationsverflechtung nach den dort üblichen Annahmen berechnet. Auf diesen Punkt werden wir weiter unten noch einmal zurückkommen. Differenziert man darüber hinaus den F&E-Anteil der Endprodukte und der Zwischenprodukte, so zeigt sich, daß Italiens Innovationssystem stärker auf die Endnachfrage fixiert ist, als auf die Zwischenprodukte. D.h. daß ein nicht unerheblicher Teil der verwendeten Technologie importiert ist. Im Detail zeigte sich, daß die Struktur der heimischen Vorleistungsmatrix und die Struktur der Innovationsmatrix stark korreliert sind, wie auch die Graphiken zeigen.
153
Innovation %
Rubber and plasL. „ Clothing ^ Aircraft Automobiles· Mechanical machinery Metal products «У Chemicals р1/ъ Metallurgy' fy Petroleum refinery'
/ Consumer __ 'Health Trans service "Construction " R u b b e r and plastic Clothing ""Aircraft -s ""Automobiles , Mechanical machinery , , Metal products / Chemicals ^ f Metallurgy Petroleum refinery
a) Innovation output coefficient in Italy, 1981-85.
Rubber and plasti· Clothing ^ AircraftAutomobiles Mechanical machinery Metal products Sf/ь Chemicals' fil/P Metallurgy ^ Petroleum refinery
b)
/Consumer HelKK 'Trans service 'Construction -Rubber and plastic -Clothing Aircraft s Automobiles , Mechanical machinery « Metal products lemicals Metallurgy ι refinery
Ζ
Total requirement output coefficient in Italy, 1982.
Abb. 5.1 a,b: Innovationsmatrix vs. Input-Output-Zurechnung von F&E-Ausgaben (Quelle: DeBresson u.a. 1994, S. 152f)
154
Ein weiterer Output-Indikator, der die ökonomische Wertigkeit einer Innovationen schon stärker berücksichtigt, ist der Anteil innovativer Produkte am Umsatz. Natürlich wäre es noch besser, eine Verteilungsfunktion des Alters der Produktpalette zu haben statt eines digitalen Schwellenwerts. Der Indikator ist darüber hinaus auch in Bezug auf das Ausmaß der Neuerung, die das Produkt verkörpert „digital", d.h. kann graduelle Veränderungen kaum einbeziehen (Grupp 1997, S. 199). Technometrie-Indikatoren bauen auf dem LANCASTERschen Eigenschaftenansatz auf und „vermessen" die Verbesserung von Produkteigenschaften (Grupp u.a. 1987, Grupp 1997). Dabei werden die Gütereigenschaften eines bestimmten Produkts am Durchschnitt der auf dem Markt repräsentierten Güter „normiert", d.h. in Relation zu den übrigen Gütern gesetzt. Mit dieser Vorgehensweise hat man einerseits ein höchst präzises Instrument zur Messung technischer Fortschrittsraten, andererseits ist sofort zu sehen, daß der Datenaufwand schon für relative wenige Güter erheblich ist und die, für einen Input-Output-Ansatz erforderliche, Durchschnittsbildung gerade der eigentlichen Zielsetzung der Technometrie entgegensteht bzw. - da er für praktisch alle Güterkategorien der IOT ermittelt werden müßte - mit einem ungeheuren Erhebungs- und Rechenaufwand verbunden wäre. Es ist deshalb nicht verwunderlich, wenn wir die Anwendung dieser Indikatoren vor allem im Bereich ausgesuchter makroökonomischer Regressionsanalysen finden (Vgl. Grupp 1997, S. 114 ff). Die weiteren Output-Indikatoren unserer Liste, d.h. Wachstumsraten der Produktion sowie der Produktivität bzw. der Beschäftigung sind einerseits echte Ergebnisindikatoren, andererseits ist ihr Zusammenhang mit bestimmten Innovationen kaum mehr nachvollziehbar, so daß wir hier wohl eher von indirekten Indikatoren sprechen müssen. Die Erhebung der Indikatoren ist sowohl makro- wie auch mesoökonomisch ohne größere Probleme, wenn auch die Datenverfügbarkeit in sektoraler Disaggregation manchmal (insbesondere im Beschäftigungsbereich) verbessert werden könnte. Eine Produktivitätszurechnung kann dabei auf Basis der Arbeits- oder der ATapi'ta/produktivität oder der Totalen Faktorproduktivität (TFP) vorgenommen werden. Makroökonomische Analysen dieser Art sind im Anschluß an die empirischen Analysen zur SOLOWschen Wachstumstheorie (Solow 1957) unter dem Stichwort der „Wachstumsbuchhaltung" (growth accounting) in die Literatur eingegangen (Kendrick 1961, Denison 1961). Im „Ausschlußverfahren" wurde so festgestellt, daß für weite Strecken der amerikanischen Wachstumshistorie etwa 50% des Wachstums
155
nicht den bekannten und bezifferbaren Input-Faktoren sondern eher dem „technischen Fortschritt" (in heutiger Diktion: den Innovationen) zuzurechnen waren. Die theoretische Basis dieser Residualmessung („measure of ignorance" ) ist jedoch alles andere als befriedigend. Beschäftigungsindikatoren
sind zunächst auf Wirtschafts-
zweige bezogen, können aber grundsätzlich (mit Hilfe sog. Make-Matrizen) in die funktionelle
Gliederung von Input-Output-Tabellen umgerechnet werden, so daß ei-
ne derartige Zurechnung prinzipiell auch in sektoraler Gliederung möglich erscheint. 5.1.2 Die Verwendung von Patenten als Innovations-Indikatoren Patente garantieren Schutzrechte bezüglich der Verwendung von Innovationen für eine definierte Zeit, implizieren aber im Gegenzug eine Offenlegung des inkorporierten technischen Know-hows. Nach Ablauf der Schutzfrist wird das Patent damit zum quasi öffentlichen Gut. Derselbe Effekt tritt im internationalen Kontext sofort ein, falls der Patentinhaber versäumt hat, das Patent international (bzw. zumindest in der Triade USA, Europa, Japan) anzumelden. Der Patentschutz kann als Institution verstanden werden, die je nach Ausprägung, quasi parametrisch, auf das Koppelungsverhältnis von Innovation und Imitation wirkt. Kürzere Schutzfristen geben den Imitatoren die Chance sich schneller an Innovationen anzuhängen und steigern die Intensität des Wettbewerbs, länger Fristen gewähren den Innovatoren eine stärkere Monopolstellung. Dies mag für die Durchführung besonders riskanter Innovationen manchmal förderlich sein. Das Patentsystem eines Landes ist damit ein wesentlichere Bestandteil des Nationalen Innovationssystems
(Freeman 1987, Lundvall 1992, vgl. auch
Kapitel 7) und seine Ausgestaltung beeinflußt wiederum dessen Effizienz. Die Gültigkeit eines, aus der Patentierung abgeleiteten, Indikators wird andererseits dadurch beschränkt, daß nicht alle Innovationen patentierbar sind - z.B. organisationeile Innovationen oder bestimmte Softwareprodukte - und bei besonders hektischem Innovationstempo die Geheimhaltung der Patentierung oft vorgezogen wird. Die damit auftretenden „Lücken" sind aber nicht unmittelbar erkennbar und verzerren das Bild. So streut die Patentierneigung national wie sektoral und ist in Japan tendenziell höher (ca. 70%) als in den USA und Deutschland (im Mittel ca. 60%), wobei in allen Ländern die Neigung in den, an der Front technologischer Entwicklungen stehenden, Sektoren höher ist („Elektronische Instrumente" in Japan z.B. 89%) als in traditionellen Sektoren (Mansfield 1986, Bertin & Wyatt 1988).
156
Weitere Einschränkungen sind z.B., daß - analog zum Abzählen der Innovationen im vorigen Abschnitt - alle Patente als gleichwertig angesehen werden, was natürlich nicht stimmt. Ein, die wirtschaftliche Relevanz spiegelnder, Patentindikator müßte danach mindestens zwischen angewandten und nicht angewandten Patenten differenzieren. Untersuchungen ergaben, daß der Anteil der später wirtschaftlich genutzten Patente in Deutschland bei ca. 80% (Täger 1990), in Italien zwischen 40 und 60% liegen soll (Archibugi 1992). Diese Zusammenhänge werden von der schematischen Skizze in Abbildung 5.2 zusammengefaßt.
ί
ALLE ERFINDUNGEN Märkte
•4
PATENTIERBARE ERFINDUNGEN Maria mit niedriger
Markt mit hoher Patentierneigung
Patentanmeldungen ohne wirtschaftliche Anwendungen
Innovationsrelevante Patentanmeldugen
Nichtpatentierte Erfindüngen ohne Wirtschaft• liehe Anwendungen
Innovationsrelevante Erfindungen ohne Patentanmeldung
Abb. 5.2: Zur Reichweite von Patentindikatoren (Quelle: Grupp 1997, S. 162) Die Bedeutung der Ausgestaltung der nationalen Patentsysteme schränkt die unmittelbare internationale Vergleichbarkeit etwas ein. Daher empfiehlt sich, eher intertemporale Vergleiche anzustellen, die absolute Zahlen jeweils nur auf nationaler Ebene miteinander in Beziehung setzen.
157
Eine weitere Differenzierung ergibt sich, wenn man die Tatsache einbezieht, daß eine Patenterhebung grundsätzlich am Vorgang der Patentanmeldung oder der Patenterteilung ansetzen kann und daß schließlich die Unterscheidung hinsichtlich des Umfangs der Patentansprüche für die Aussagekraft des erhobenen Indikators eine nicht zu vernachlässigende Rolle spielt (Grupp 1997). Die Patentanmeldung stellt den ersten Schritt der Patentierung dar und verleiht bereits gewisse Schutzrechte für eine kurze Frist. Da „angemeldete Patente" noch nicht durch das Sieb der Patentprüfung gegangen sind, könnte eine darauf basierende Statistik Mehrfachzählungen enthalten. Immerhin mißt ein derart basierter Indikator die F&EProduktivität der Anmelder, auch wenn die wirtschaftliche Relevanz sich später als nicht gegeben herausstellen sollte (z.B. weil das Patent sich als bereits anderweitig existent herausstellt oder der Markt es nicht entsprechend aufnimmt). Die Patenterteilung stellt demgegenüber zusätzlich eine Bestätigung der Schutzwürdigkeit hinsichtlich Neuigkeit und Innovationshöhe dar und besitzt mithin stärkeren F&E-Outputcharakter als die reine Anmeldung. Zwischen Erteilung und Anmeldung kann ein längerer Zeitraum liegen (in Deutschland bis zu 7 Jahre, Grupp 1997, S. 165). National unterschiedliche faktische Prüfungsfristen und Veröffentlichungspraktiken führen dazu, daß, auf dem Erteilungsvorgang aufbauende, Statistiken international noch schlechter vergleichbar sind, als Anmeldestatistiken, weswegen die Anmeldebasis in empirischen Arbeiten trotz ihres „Vorläufigkeitsaspekts" meist bevorzugt wird, während in den USA wegen der Quellenlage die Nutzung von Erteilungsstatistiken dominiert. Der Aspekt des Patentanspruchs spielt insofern eine Rolle, als grundsätzlich in einem Patent mehrere Ansprüche formuliert sein können oder andererseits für jeden einzelnen Anspruch ein eigenes Patent angemeldet werden kann. Beim reinen Abzählen hätte man im ersten Fall eine geringere Patentziffer als im zweiten. National differierende Patentierungspraktiken führen z.B. dazu., daß in den USA angemeldete Patente bezüglich der „Anspruchsdichte" in der Reihenfolge Japan, USA, Deutschland gestaffelt sind, je nach Herkunftsland der Anmelder (Grupp 1997, S. 169). Daraus ist schon zu ersehen, daß die reine Zählung von Patenten immer dann zu Einschränkungen der Aussagenreichweite führt, wenn mehr als die reine F&E-Produktion damit erfaßt werden soll. Das Methodenspektrum bleibt dann auf makroökonomische Vergleiche oder punktuelle Regressionsanalysen beschränkt. Will man den Verknüp-
158
fungsaspekt analysieren, kommt man um eine Erweiterung des Indikators im Sinne einer Bewertung der Patente nicht herum. Diese verleiht Patenten eine unterschiedliche Gewichtung (vgl. Griliches 1990, S. 1666), die, je nach Fragestellung, forschungsorientiert (z.B. Patentzitate) oder ökonomisch (z.B. F&E-Kosten eines Patents, so z.B. Scherer 1982a) ausgelegt sein kann. SCHERER
(1982b) bewertete z.B. die, mit der USA-Patent-Statistik ermittelten, Patente
mit ihrem (durchschnittlichen) F&E-Kosten-Gehalt und konstruierte daraus eine Matrix, indem er die, in den Patentschriften genannten, potentiellen Nutzer in bis zu drei Sektoren entsprechend klassifizierte. Hieraus konnte er einen „disembodied technology flow" in Lerneinheiten ableiten. Die Konstruktion einer derartigen Matrix hatte SCHMOOKLER
bereits früher vorgeschlagen (Schmookler 1966). Es zeigte sich, daß die
Seite der Technologiekreation inhomogener ist, als die der Nutzer. Der ScHERERsche Ansatz stellt einen herausragenden Schritt, nicht nur in der Verwendung von Patentdaten, dar, sondern auch in dem Bemühen, den technology-yfow abzubilden und damit den Verknüpfungsaspekt herauszustellen. Trotzdem gibt es einige Kritikpunkte, deren Berücksichtigung in der Folgezeit gleichzeitig die weitere Entwicklung beleuchtet: Der Technologietransfer wurde aus den Nennungen potentieller Patentnutzer abgeleitet. Die Nutzung mußte aber nicht effektiv stattfinden. Darüber hinaus erscheint die ausschließliche Weitergabe von technischem Know-how über Patente zu einseitig, da andere Pfade der Innovationsverbreitung nicht abgebildet werden (Marengo & Sterlacchini 1989). Diese Kritik kann man jedoch gegen jede Analyse vorbringen, die nur einen Indikator benützt. Eine weitere Einschränkung bezieht sich auf den hohen Aufwand bei der Erstellung dieser Matrix, der dazu führt, daß eine regelmäßige Wiederholung im Sinne der Erstellung einer Zeitreihe derartiger Matrizen nicht in Sicht ist (Griliches 1990). Vergleicht man die von SCHERER ermittelten Verhältniszahlen von technology-flows, indem man einen Nehmer/Geber-Quotienten ermittelt, mit analogen Zahlen aus England und Italien, so ist festzustellen, daß trotz des Einsatzes abweichender Indikatoren, relativ robuste Technologische Cluster existieren: Zu den Geöer-Sektoren zählen offenkundig ziemlich einheitlich: Elektronik, Chemie, Luftfahrt, Maschinenbau sowie Fahrzeugbau. Ein Ergebnis, das nicht überrascht und das wir auch schon aus verschiedenen Analysen der deutschen Verhältnisse kennen.
159
5.1.3 Die Verwendung von Input-lndikatoren Input-Indikatoren sind am weitesten entfernt vom eigentlichen Ort des Geschehens, d.h. der ökonomischen Realisierung von Innovationen, denn sie beschreiben im Prinzip nur ein Potential. Ihr Vorteil besteht jedoch darin, daß sie in der Regel leichter verfügbar und vor allem wesentlich stärker ökonomisch orientiert sind als die bisher besprochenen Indikatoren. Selbst beim Forschungspersonal, das zunächst auch aus „abzählbaren" Einheiten, nämlich Personen, besteht, läßt sich die ökonomische Dimension sofort gewinnen, wenn man auf die Gehälter dieser Personen abstellt. Der meistgenutzte Indikator dieser Kasse ist wohl der Indikator F&E-Ausgaben, der - wenn auch oft mit Schwierigkeiten - zumeist sogar in sektoraler Gliederung verfügbar ist. Bezieht man diese Ausgaben auf den sektoralen Output, so gewinnt man die normierte und darum besser vergleichbare F&E-Intensität. Etwas weiter gespannt ist die Definition der sog. Innovationsausgaben, die die F&EAusgaben beinhalten, darüber hinaus aber auch noch Kosten der Marktvorbereitung und Markteinßihrung von Produkten. Damit ist dieser Indikator, der ursprünglich vom ifo-Institut vorgeschlagen wurde und 1992 Eingang ins Oslo-Manual der OECD fand, (OECD 1992) dem Innovationsbegriff wesentlich näher als das F&E-Konzept. Er spiegelt nämlich, über das bereitgestellte Forschungspotential hinaus, bereits einen Teilerfolg der Forschung wider, denn sonst würden keine Vorbereitungen zur Markteinführung getroffen. Es ist auch klar, daß dieser Indikator zeitnaher an der Innovation angesiedelt ist, da. der time-lag zwischen Ausgaben und der eigentlichen Innovation geringer ist, als bei den F&E-Ausgaben und auch - wenn auch nur geringfügig - wegen der höheren Marktkomponente stärker fluktuieren dürfte als die vergleichsweise stetigen F&E-Ausgaben. Diese sind in Bezug auf ihre Korrelation zu den Innovationen insofern auch stärkerer Kritik unterworfen, fließen sie doch weitgehend kontinuierlich, während die, irgend wann einmal daraus hervorgehenden, Innovationen wesentlich diskontinuierlicher auftreten. Einen besonderen, aus den F&E-Ausgaben abgeleiteten, Indikator stellt der F&EKapitalstock dar, der als zeitliches Integral über die F&E-Ausgaben gesehen wird, korrigiert um eine bestimmte, als sinnvoll und realistisch angesehene Abschreibungsrate.
160
Mit diesen drei Indikator- Typen sind die wichtigsten Input-Indikatoren des Innovationsprozesses benannt. Lizenzgebühren oder Kosten von Wissensrecherchen spielen in empirischen Analysen bisher keine so große Rolle. Auch für sog. innovative Investitionen als Indikator ist bisher der Datenmangel meist eine restriktive Barriere für eine extensivere Anwendung, doch steht außer Zweifel, daß ein nicht unwesentlicher Teil des technology-flow durch den Einsatz von Investitionsgütern erfolgt, die die neue Technologie inkorporiert haben. Da die genannten Input-Indikatoren zumeist als Wertgrößen gegeben sind oder in solche transformiert werden können, sind sie auch grundsätzlich mit den anspruchsvollsten Methoden kombinierbar, d.h. auch in einem sektoralen Input-Output-Zusammenhang. Es verwundert deshalb auch nicht, wenn wir hier mehr empirische Analysen vorfinden, die in bezug auf die Bundesrepublik zumeist von Wirtschaftsforschungsinstituten wie z.B. dem ifo-Institut oder dem DIW durchgeführt wurden. Im folgenden wollen wir einige dieser Ansätze kurz skizzieren, die sowohl mit F&EAusgaben, als auch mit dem F&E-Kapitalstock arbeiten.
161
5.2 Empirische Analysen zur Innovationsverflechtung in Deutschland Die Wirkung von Innovationsaktivitäten im Sinne der spillovers ( = Know-howTransfer an andere Sektoren) kann auf den unterschiedlichsten Kanälen erfolgen. Wie Abbildung 5.3 (Quelle: Straßberger, Stäglin 1995) zeigt, unterscheidet man zunächst zwischen ungebundenem und gebundenem Know-how. Der Unterschied zwischen den Formen der „Trägerschaft" wird klar, wenn man die Inhalte der beiden oberen Kreise vergleicht: beim gebundenen („embodied") technischen Wissen ist die Innovation entweder in Vorprodukte oder in Investitionsgüter inkorporiert. Beim ungebundenen technischen Wissen sind die Träger entweder Personen, öffentlich zugängliche technische Literatur oder Aktivitäten zur Absorption (noch) externen technischen Wissens, z.B. im Rahmen der Imitation von Innovationen anderer. Der untere Kreis beinhaltet primär die internen Anstrengungen der Firmen bzw. Sektoren, eigene F&E zu betreiben, insbesondere in Form der hierzu nötigen Ausgaben für Sach- und Personalmittel. Die Querbeziehungen zwischen den drei „Säulen" sollen andeuten, daß die unterschiedlichen Kanäle der Technologie-Kreation und -Weitergabe nebeneinander bestehen bzw. interaktiv zusammenwirken.
/ / 1 1 \ \ \
Übertragungen ungebundenen technischen Wissens: - Fachkräfte - Fachliteratur - Imitation von Forschung
\ \ I 1 / J /
Übertragungen gebun\ denen technischen \ Wissens: \ - Bezug (forschungsintenI siver) Vorprodukte 1 - Bezug (forschungsinten/ siver) Investitionsgüter i
/ / ι l \ \ \
/Innovationsaufwendungen - Investitionen in F&E / - F&E-Personalauf/ Wendungen 1 - laufende F&E-Aufwenl düngen \ - weitere Innovationsauf\ Wendungen
\
/
Abb. 5.3: Quellen des technischen Wissens (Straßberger, Stäglin 1995)
162
Die Arbeiten des DIW beziehen sich dabei auf die Querbeziehungen zwischen dem unteren und dem rechten oberen Kreis: F&E-Aufwendungen, transformiert in F&EKapital, werden auf den Know-how-Transfer in Vorprodukten analysiert. Dies ist das zeigt Abbildung 5.3 ganz klar - lediglich ein Transferweg unter anderen, wenn auch ein, vom Umfang her, sehr gewichtiger. Der Kanal innovative Investitionsgüter aus dem oberen rechten Kreis hat demgegenüber schon vom Volumen her keine vergleichbare Bedeutung (Straßberger, Stäglin 1995). Schon SCHERER (Scherer 1982b) hatte bei seiner Analyse der „interindustry technology flows" - zumindest fur einen Teil der Analyse eine Proportionalität der Technologieflüsse gemäß der Input-Struktur zugrunde gelegt. Auch den weiter unten zu besprechenden Analysen des ifo-Instituts liegt diese Annahme zugrunde, allerdings wird hier aus dem unteren Kreis nicht der zu F&E-Kapital „gefrorene" F&E-Aufwand verwendet, sondern die Stromgröße Innovationsaufwendungen, die wie oben bereits erwähnt, ein breiteres, neben dem reinen F&E-Aufwand die Markterschließungskosten einer Innovation mit umfassenden, Konzept darstellt. Verwendet man nun zur Lösung der Frage, „wieviel fremde F&E-Anstrengungen sind in Vorprodukten enthalten", eine der drei Varianten der in der Input-Output-Analyse üblichen Zurechnungsmodelle (vgl. Abschnitt 3.3), so kann man einerseits je nach verfugbarem Indikator-Vektor, d.h. z.B. F&E-Ausgaben, Innovationsaufwendungen oder sektoralem F&E -Kapital und andererseits je nach verwendetem Zurechnungsansatz Technologiegeber- und Technologienehmer-Sektoren ermitteln, deren zeitliche Dynamik auch Aussagen über Wachstumspotentiale der Zukunft beinhaltet 5.2.1 Die F&E-Kapitalstock-Analysen des DIW Da die Wirkungen der Innovationsaktivitäten auf die Produktivität sich erst nach einiger Zeit bemerkbar machen werden, kann man diesen Effekt auch dadurch einfangen, daß man die F&E-Ausgaben über die Zeit kumuliert. Dies führt zum Konzept eines F&E-Kapitalstocks (Meyer-Krahmer 1992). Konsequenterweise muß dann allerdings auch die Wissensentwertung über die Zeit durch eine entsprechende Abschreibung des Kapitalstocks berücksichtigt werden. Seit der OECD-Studie von PATEL und SOETE (Patel & Soete 1987) hat sich hier die Verfahrensweise einer einheitlichen jährlichen Abschreibungsrate von 15% eingebürgert, die zu einem Kapital-Restwert der ursprünglichen Investition von 20% nach 10 Jahren fuhrt. Eine Verfeinerung dieser
163
Durchschnittsabschreibung in Richtung sektoral differierender Abschreibungsbeträge wurde später z.B. von Stäglin und Straßberger vorgenommen (Stäglin, Straßberger 1995). Sie kamen dabei auf Abschreibungsraten von 8% (z.B. Metallgüter) bis 21% (z.B. Elektrotechnik). Nach Berechnungen des DIW auf der Preisbasis 1980 und mit konstanter Abschreibungsrate von 15%, ergab sich von 1970 bis 1986 eine Verdreifachung des gesamten F&E-Kapitalstocks in der Bundesrepublik von ca. 60 Mrd. auf 172 Mrd DM (MeyerKrahmer, Wessels 1989). Für 1985 betrug der F&E-Kapitalstock ca. 200 Mrd. DM (berechnet zu Preisen von 1988, Straßberger, Stäglin 1995, S. 28). Vier Fünftel davon verteilten sich auf die fünf Sektoren Elektrotechnik, Chemie, Straßenfahrzeuge, Maschinenbau sowie Luft- und Raumfahrt, die im übrigen auch in anderen Innovationsstudien immer wieder auftauchen (vgl. Abbildung 5.4). Diese fünf Sektoren sind die herausragenden Technologie-Produzenten, während die Gruppe der TechnologieNehmer beträchtlich breiter gestreut ist. (vgl. auch Kromphardt, Teschner 1986). Durch die regelmäßigen Datenerhebungen des Stifterverbandes über sektorale F&EAusgaben ist es möglich, den F&E-Kapitalstock nach der Formel FEKjit = (1- 6,)*FEKi t_, + A, t_i
t = lfd. Jahr
zu messen und auch sektorenweise darzustellen (der Übergang von einer Wirtschaftszweig-Gliederung zu einer funktionalen Glieder nach Gütern kann durch entsprechende Brückenmatrizen vorgenommen werden). Man erhält dadurch einen Vektor fek des F&E-Kapitalstocks. Die „Widmung" dieser, in fek isolierten, Technologiepotentiale kann man nun gemäß jedem der drei Zurechnungsmodelle von Abschnitt 3.3 analysieren
164
Elektrotechn. Erzeugnisse
50
Chemische Erzeugnisse Straßenfahrzeugbau Maschinenbauerzeugnisse Luft- und Raumfahrzeuge Feinmechan. und opt. Erzeugnisse Stahl- und Leichtmetallbau, Schienenfahrz.
13
II }
Eisen und Stahl Büromaschinen, ADV-Geräte Eisen-, Blech u. Metallwaren
0: D:
Quelle: Stifterverband, Berechnungen des DIW
Abb. 5.3: Die Verteilung des F&E-Kapitals 1985 in Mrd. DM (Preise von 1988) (Quelle: Straßberger, Stäglin 1995) Direkte Zurechnung: Geht man von der Outputstruktur der einzelnen Sektoren (d.h. Endnachfrage und Intermediärnachfrage) aus, verwendet man also das Modell der direkten Zurechnung (Vgl. Abschnitt 3.3.2), und rechnet das, an diese „Empfänger" verteilte bzw. ihnen implizit zur Nutzung angebotene F&E-Kapital nach Gl. (3.12) bzw. (5.1) zu, also: Ζ = *0 = * О
(5.1)
so zeigt sich, daß die Widmung des letztlich zu verteilenden F&E-Kapitals1 in Höhe von rd. 49 Mrd. DM an die Produktionsbereiche geht, während mehr als doppelt soviel, nämlich ca. 118 Mrd. der Endnachfrage „zufließt". Hierbei fließen mehr als die Hälfte des „erzeugten" F&E-Kapitals in die Sektoren Landwirtschaft, Energie und
1
die Hauptdiagonalwerte bleiben außer Ansatz, so daß statt der insgesamt vorhandenen 200 Mrd. F&E-Kapital nur 167,2 Mrd. DM an andere Sektoren „umverteilt" werden, die Differenz, also ca. 33 Mrd. DM als „Eigen-F&E-Kapital", quasi von den Sektoren selbst genutzt wird.
165
Bergbau, Bauwirtschaft, Handel sowie (marktbestimmte und staatliche) Dienstleistungen. Direkte und indirekte Zurechnung auf die Endnachfrage: Verwendet man statt des Modells der direkten Zurechnung das Standardmodell der Zurechnung (vgl. Abschnitt 3.3.3) so ergibt sich nach Gl. (3.13): Ζ = < ζ >*(I - Α)"1 Υ = < fek >*(I - Α)"' Υ
(5.2)
Wie wir wissen, wird bei dieser Methode das F&E-Kapital den einzelnen Endnachfragekomponenten zugerechnet, die in der Endnachfragematrix Y enthalten sind. Diese zweite, sehr verbreitete Zurechnungsform wird auch direkte und indirekte Zurechnung genannt. Die Konsequenz ist, daß die vorhin den Produktionsbereichen zugerechneten 49 Mrd DM vollständig auf die Endnachfrage „umgelegt" werden. Im Ergebnis sind hier vor allem die Anteile von Bedeutung: Dem Export kommt nun ca. die Hälfte des F&E-Kapital zugute (verglichen mit ca. 33% bei der direkten Zurechnung), während Konsum und Ausrüstungsinvestitionen sich mit ca. 20 bzw. 15% „begnügen" müssen (im Vergleich mit 12% bzw. 13% bei der direkten Zurechnung; für Details vgl. Straßberger, Stäglin 1995). Dies kommt vor allem durch die starke Konzentration der Ausfuhr auf die Sektoren Maschinenbau, Chemie, Kraftfahrzeuge und Elektrotechnik zustande, die nicht nur forschungsintensiv sind, sondern auch stark exportorientiert. Setzt man diese Zahlen ins Verhältnis zur Anteilsstruktur der Endnachfragekomponenten, so sind Ausrüstungsinvestitionen und Exporte etwa zwei- bis zweieinhalbfach so F&E-intensiv, wie die Endnachfrage im Durchschnitt, während der private und staatliche Konsum sowie die Bauinvestitionen nur etwa halb so F&E-kapitalintensiv sind wie der Durchschnitt. In den Strukturen hat sich diesbezüglich seit 1978 nicht viel verändert. (vgl. DIW 1988, S. 633)
166
Zurechnung auf das Produktionssystem allein: Die dritte Zurechnungsweise nach Abschnitt 3.3.4, die Sufosystem-Methode, unterstellt daß das F&E-Kapital (FEK) nur den Produktionsbereichen „zufließt", ignoriert also die damit letztlich implizierte Weitergabe an die Endnachfrage, die jedoch ihrerseits die Produktionsaktivitäten der Sektoren stimuliert hat. Diesem Modell liegt Gl. (3.16) zugrunde. Es gilt mithin: X^ = < ζ >*< χ >"'*(I - A)"'* = < fek >*< χ >"'*(I - A)''*
(5.3)
Das DIW rechnet allerdings nicht mit der absoluten Endnachfrage y, sondern setzt statt der Diagonalmatrix die Einheitsmatrix I, so daß ein Struktureinfluß der Endnachfrage auf die Subsystemmatrix unterbunden wird, d.h. primär technische Relationen strukturrelevant werden. Auf diesen Punkt werden wir weiter unten noch zurückkommen. Darüber hinaus bleibt anzumerken, daß alle angesprochenen Analysen, nach heimischer Verflechtung und Importverflechtung getrennt ausgeführt werden. Wir erinnern uns (vgl. Abschnitt 3.3.4), daß man die einzelne Zeile i, i = 1, ..., n, der Subsystemmatrix X? als „Verteilung" des zugerechneten Vektors ζ (bzw. hier: fek) auf die η Subsysteme interpretieren kann, mithin - unter Ausschluß der Hauptdiagonale als „Technologioexport" des Sektors / an die anderen Subsysteme. Analog spiegelt die, diesem Sektor zugehörige Spalte, das ι-te Subsystem, den Technologieieifo//, d.h. den Technologieimport des betreffenden Sektors. Stellt man die Technologieoutputs den zugehörigen -inputs gegenüber, d.h. das jeweils sektoral direkt eingesetzte FEK im Verhältnis zum bezogenen, so sieht man, welche Sektoren primär von der technologischen Verflechtung profitieren und welche in erster Linie Technologiegeöer sind. Stellt man nun - formal gesprochen - die jeweilige Zeilensumme des Sektors i der entsprechenden Spaltensumme (jeweils ohne Hauptdiagonale) gegenüber oder anders formuliert, bildet man den Quotienten Q aus indirektem (zugerechnetem) und direktem (d.h. sektoreigenem) F&E-Kapital, so ergibt sich Abbildung 5.4.
167
Luit- und Raumfahrzeuge • Durch100 vH schnitt: Elektrotechnische Erzeugn. • 26 vH Chemische Erzeugnisse • Stahl- und Leichtmetallerz. ι ι Maschinenbauerzeugnisse ι l Feinm. und opt. Erz., Uhren ι 1 Straßenfahrzeuge ι — ] Musikinstrumente | J Feinkeramische Erzeugnisse ( ZD I Wasserfahrzeuge ι EBM-Waren l I rinmmiPTOiißnissR ( ι 1 Steine lind F.rden 1 1 1 Rrz. der Ziehereien | Rnrnmasnhinen | 1 kisen lind Stahl 1 1 t TlfiHeXI?1Rr7ffllgmKKf·. ( 1 Klag und (llasware.n | 1 Mineralolerzeugnisse 1 1 NF-Metalle. 1 ι Nahrungsmittel 1 1 1 Bekleidung i.. , 1 Holzwaren ( Kjinststoöerzeugmsse 1 — Ixder, 1 ,ederwaren, Schuhe 1 Druckereierzeugnisse ι Hol/ 1 Papier- und Pappewaren 1
1 1 1 1 1 ι
ι 1
200
300
1 0
10 0
1
Abb. 5.4: Zugerechnetes F&E-Kapital in % der eigenen Ausstattung (Q[%J) (Quelle: Straßberger, Stäglin 1995) Relativ einseitig mit Know-how „beliefert" wurden die Sektoren Textilien, Papier und Pappewaren und Holz mit jeweils mehr als 200% „bezogenen" gegenüber direkt eingesetzem F&E-Kapital. Die Sektoren Lederwaren, Kunststoff, Holzwaren, Bekleidung und Nahrungsmittel weisen immerhin noch einen Faktor zwischen 100 und 200% auf. Diese Sektoren sind also die typischen Technologie-Nehmer im Nationalen Innovationssystem der Bundesrepublik, daran erkennbar, daß sie am unteren Ende von Abbildung 5.5 rangieren. Demgegenüber halten die Sektoren Luft- und Raumfahrt, Elektrotechnik und Chemische Industrie die „Spitzenposition" als typische Technologiegeber mit lediglich ca. 10 bis 15%.
168
Ein Vergleich mit ähnlichen Berechnungen für 1978 (DIW 88), diesmal allerdings für die, den Berechnungen zugrunde liegenden F&E-Ausgaben, zeigt, daß sich trotz des alternativen Indikator-Vektors und trotz der seit 1978 verstrichenen Zeit, dieses Muster der typischen Zugehörigkeit zur Technologiegeber- oder -nehmerseite wenig verändert
Gegenüberstellung von eigenem und bezogenem technischen Know-how In ausgewählten Branchen des verarbeitenden Gewerbes 1 )
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existieren. Wie in der MFA ist die Depen-
denzmatrix D auch hier notwendig, um die Konnexitätsmatrix Η entwickeln zu können, die für jedes Matrixelement hy den Verknüpfungsstatus angibt: hij = d ij +d ji
(5.14)
Die Interpretation der Zellenwerte der Konnexitätsmatrix Η entspricht jener der traditionellen QIOA: hy -=
bedeutet
0
keine Verbindung zwischen den Sektoren i und j
1
Unidirektionaler Zusammenhang: i widmet j Technologie
2
Bilateraler (direkter und/oder indirekter) Zusammenhang
Mit der Wahl eines bestimmten Filters F wird - wie wir von der MFA her wissen eine filterbezogene Innovationsverflechtung erfaßt, die jedoch möglicherweise nicht repräsentativ ist. Um eine repräsentative bzw. Charakteristische Struktur der Verflechtung zu ermitteln, werden - wie schon bei der MFA - insgesamt ca. 50 äquidistante Filterwerte angewendet, die zu 50, sich jeweils geringfügig unterscheidenden H-
180
Matrizen fuhren. Durch das im 4. Kapitel fur die MFA bereits beschriebene Verfahren wird aus den ca. 50 ermittelten Konnexitätsmatrizen Hi( eine durchschnittliche, d.h. ermittelt, die anschließend, wie in der MFA üblich, graphisch repräsentiert wird. Damit haben wir dann eine Repräsentation der gegenseitigen Verknüpfungen der Innovationsflüsse zwischen den Sektoren, deren Gesamtheit das Netzwerk der Innovationsaktivitäten - zumindest in gewisser Hinsicht - auf der Ebene der nationalen Innovationsbemühungen spiegelt. Die graphische Repräsentation der Charakteristische Struktur der Innovationsverflechtungsmatrix Zinn könnten wir deshalb auch als Darstellung des Kerns des Nationalen Innovationssystems der Bundesrepublik interpretieren zumindest hinsichtlich einiger wesentlicher Aspekte. 5.3.2 Ein empirisches Beispiel: F&E-Kapitalstock-Zurechnung für 1986 Berechnen wir zunächst nach Gl. (5.5) die Innovationsverflechtungsmatrix Zinn so ergibt sich Tabelle 5.5: Tab. 5.5: Die Innovationsverflechtungsmatrix für 12 Sektoren, BRD 19861 1 1 Ldw 2 Enr 3 Chm 4 Met 5 MaB 6 EU 7 Hlz 8 Nhm 9 Bau 10 Hdl 11 MDI 12 Sta
Σ
2
11 0 37 1477 389 12 88 67 4 19 1 6 4 0 638
3
4
5
6
7
8
9
0 0 1 0 1 20 0 626 254 532 207 176 218 215 289 24682 413 4188 2009 1738 1762 5094 34 44 80 1803 1626 601 51 301 303 482 155 59884 589 309 450 1021 233 707 202 6719 36646 734 762 1864 4 44 6 88 41 1326 51 90 1 2 17 6 7 1440 8 9 4 1 11 3 3 4 506 5 7 18 115 41 38 61 59 45 134 44 64 9 50 12 48 37 2 1 0 1 1 0 1 0 4864 73317 40192 4413 9223 2361 26731 2866
10
11
1 3 288 298 1882 2181 76 81 865 522 786 1759 82 159 22 100 32 9 934 60 127 1024 4 1 5074 6223
Σ 2 40 480 4806 4307 48934 168 4877 2729 67398 3339 53817 115 2011 1709 78 609 30 104 1488 235 1789 219 208 11795 187697 12
Schon optisch zeichnet sich ab, daß die Hauptdiagonalwerte in den meisten Sektoren die größten Werte in Spalten und Zeilen darstellen. Tabelle 5.5 zeigt zeilenweise, wie der vorhandene F&E-Kapitalstock „gewidmet" wird, spaltenweise, wer letztlich der „Verwender" des F&E-Kapitals ist. Wir sehen, daß die größten F&E-Kapitalstöcke in 1
Für die Überlassung der sektoralen F&E-Kapitalstockwerte danke ich Herrn F. Straßberger, DIW
181
der Chemie (3. Zeile), dem Maschinenbau (MaB) sowie der Elektrotechnik (E1T) vorliegen. Die größten TechnologieverweHi/er, d.h. Nutzer von F&E-Kapital sind im Rahmen der Subsysteme in der Reihenfolge der zugerechneten F&E-Kapital-Beträge: Der Maschinenbau {MaB, rd. 73 Mrd), Elektrotechnik (EIT, 40,1 Mrd), die Chemie (Chm, 26,7 Mrd), sowie der Staat (Sta, 11,79 Mrd). Hierbei ist noch nicht unterschieden, ob diese „Verwendung" von F&E-Kapital aus dem eigenen Sektor stammt, oder von anderen Sektoren qua Vorproduktlieferungen bezogen wurde. Während die größten Nutzer zumeist gleichzeitig auch eigenes F&E-Kapital angehäuft haben, gibt es einige Sektoren, die man als „Schmarotzer" der F&E-Bemühungen anderer titulieren kann, da sie selbst keine vergleichbaren Anstrengungen zur Erhöhung ihres F&E-Kapital machen: So beziehen etwa die Landwirtschaft und der Bausektor jeweils etwa das 15-fache ihrer eigenen F&E-Investitionen indirekt von anderen Sektoren. Zerlegen wir nun die Matrix von Tabelle 5.5 gemäß der obigen Vorgehensweise in Layer und benutzen wir diese nach den dargestellten Regeln der SMFA zur Ermittlung des Kerns des „Nationalen Innovationssystems", so ergibt sich das folgende Bild (Abbildung 5.8)
182
Abb. 5.8: Innovationsverflechtung zu Tabelle 5.5, BRD 1986, F&E-Kapital Zentrale Sektoren, d.h. „Relaisstationen" der F&E-Kapitalstock-Zurechnung sind die Sektoren Chm (Chemie), EIT (Elektrotechnik) und MaB (Maschinenbau), die eine, aus zwei Wachstumsdipolen bestehende „bilaterale Kette" bilden. Würde aus dem unilateralen Innovationsfluß von Chm zu MaB ebenfalls ein bilateraler, so hätten wir ein bilaterales Dreieck als Superstruktur. Die Prognose wäre, daß sich die Struktur wahrscheinlich in diese Richtung entwickelt. Zu den primären Technologienehmern zählen die Sektoren Hlz (Holz, Papier etc.), Hdl (Handel) und MDl (Marktbestimmte Dienstleistungen), während zu den primären Technologiegeiera - im Sinne der Bereitstellung von F&E-Kapital - die Sektoren Enr (Energie) und Met (Eisen/Metallverarbeitung) zählen. Diese Ergebnisse sind gleichzeitig - insbesondere, was die Technologiegeier anbelangt - sowohl von der Struktur der Leontief-Inversen bedingt, die hier „durchschlägt", als auch von der Höhe des von
183
den Sektoren bereitgestellten F&E-Kapitals, wobei diese in der Bedeutung eher zurücktritt. Dies ein gutes Beispiel dafür, daß der Verflechtungsaspekt in den Vordergrund zu stellen ist und nicht die reine Bereitstellung eines hohen (eigenen) F&EKapitalstocks. Abbildung 5.8 zeigt die sog. Aktuelle Struktur, d.h. die Struktur der Innovationsflüsse, wie sie sich gemäß der Verwendung der aktuellen Endnachfrage у des Jahres 1986 ergibt. Hinter diesem Ansatz steht die Philosophie, daß, je mehr von einem innovativen Produkt bezogen bzw. verwendet wird, desto intensiver der spillover sein wird. Es ist offenkundig, daß diese spillovers vom Ausmaß und dem Strukturprofil der aktuellen sektoralen Endnachfragewerte beeinflußt sind, aber auch sein müssen.
Nehmen wir die aktuelle y-Komponente heraus, wie es z.B. das DIW und das ifoInstitut in ihren Darstellungen der Innovationsverflechtung getan haben, so entfallt dieser „Verschmutzungseffekt" und übrig bleiben die eher „technologischen" Bezüge
184
der Innovationsverflechtung. Dies wird rechnerisch dadurch erreicht, daß wir = I setzen, also die Einheitsmatrix verwenden (die wir formal gesehen dann auch ganz weglassen können). Dadurch ergibt sich natürlich eine andere Struktur, wie Abbildung 5.9 deutlich zeigt. Diese Struktur entspricht dem, was wir bei der MF Α die Standardstruktur genannt haben. Obwohl wir uns darüber im klaren sein müssen, daß die Input-Output-Tabelle nicht die „Technologie" abbildet, weil eine Vielzahl von Abbildungsprozeduren von der Realität wirtschaftlicher Zusammenhänge in die Modellwelt der Input-Output-Tabelle dies verhindert (z.B. die Messung von Umsätzen, die dann fiktiv als „Mengen" interpretiert werden oder der process-mix und product-mix, um nur einige zu nennen, vgl. Richter 1995), so kommt diese dem Ziel einer Orientierung an technologischen Bezügen der Innovationen doch am nächsten. Abbildung 5.9 zeigt die Standardstruktur der entsprechenden Innovationsverflechtungsmatrix (Es wurde hier verzichtet, die Matrix darzustellen, da eine Orientierung an absoluten Zahlen irreführend ist). Wir erhalten einen Cluster von bilateralen Innovationsflüssen zwischen den Sektoren Chm, MaB, EIT, Enr und Met, der bezüglich der vier erstgenannten sogar so dicht verflochten ist, daß wir von einer bilateralen Komponente im Sinne der traditionellen QIOA sprechen könnten: jeder ist mit jedem der anderen Sektoren bilateral verknüpft. Lediglich der Sektor Met (Metalle) ist etwas schwächer in diese „Superstruktur" integriert. Noch schwächer ist der Sektor Hdl (Handel) eingebunden. Einerseits ist dieses Ergebnis nicht verwunderlich, tauchen doch schon längst bekannte Innovationsträger auf. Die „Fünferbande" ist jedoch nur mit drei Sektoren vertreten, was an der starken Aggregation liegt. Das hohe Ausmaß der Verflechtung könnte aber auch ein Artefakt sein, der durch die Aggregation auf 12 Sektoren zustande kommt. Würde sich der Kern des nationalen Innovationssystems anders darstellen, wenn wir die ursprüngliche Aggregationstiefe von 58 Sektoren verwenden?
KAPITEL 6
Das Nationale Innovationssystem der Bundesrepublik 6.1 Nationale Innovationssysteme (NIS) Aus dem, im letzten Abschnitt gesagten, ist vielleicht schon intuitiv klar geworden, was man unter einem Nationalen Innovationssystem verstehen könnte. Der Begriff des Nationalen Innovationssystems (NIS) geht auf FREEMAN (Freeman 1987, S.l) zurück. Er bezeichnet ein NIS als: „ The network of institutions in the public and private sectors whose activities and interactions initiate, import, modify and diffuse new technologies, may be described as 'the national system of innovation'." Diese Definition ist einerseits umfassend genug für Zwecke der Theorie aber andererseits viel zu breit für eine Operationalisierung, falls man eine solche ins Auge faßt, wie wir es hier vorhaben. Die, dieser Definition folgende, von LUNDVALL, (Lundvall 1992, S. 4) geht schon eher in die von uns favorisierte Richtung. Sie lautet: „The narrow definition would include organisations and institutions involved in searching and exploring - such as R&D departments, technological institutes and universities. The broad definition ... includes all parts and aspects of the economic structure and the institutional set-up affecting learning as well as searching and exploring - the production system, the marketing system and the system of finance present themselves as subsystems in which learning takes place." Die „enge" Definition LUNDVALLS trifft unsere bisherige Vorstellung schon ganz gut, noch besser aber seine als „breit" titulierte, in der er das Produktionssystem in die Betrachtung mit einbezieht. LUNDVALL äußert sich nicht dazu, wie das „Lernen" stattfindet. Eine in dieser Hinsicht ergänzende Formulierung findet sich bei WELSCH (Welsch 1993, S. 243):
186
„Unter institutionellen Gesichtspunkten zählen zu diesem System die staatlich getragenen und finanzierten Forschungs- und Entwicklungskapazitäten, die privaten Forschungs- und Innovationspotentiale, die Bildungs- und Ausbildungsinstitutionen fiir Wissenschaftler, Ingenieure, Techniker und hochqualifizierte Fachkräfte sowie die Institutionen der staatlichen Forschungs- und Technologiepolitik." WELSCHS
Definition beschreibt dabei Institutionen, die in Abbildung 2.5 (S.24) als
Bestandteile des „erweiterten Forschungskegels" von MEYER-KRAHMER auftauchen. Was diese Definition jedoch nicht hinreichend herausstellt, sind die Aktivitäten und Beziehungsmuster zwischen diesen Institutionen, die ihrerseits in der FREEMANschen Definition anklingen. Kann man nach der Breite der obigen Definitionen die aus der Innovationsverflechtungsmatrix abgeleitete Charakteristische Struktur als NIS des betreffenden Landes verstehen? Was wir damit erfassen, sind auf jeden Fall Beziehungen und auch durch die gleichzeitig abgebildeten F&E-Ausgaben - Aktivitäten der abgebildeten Sektoren. Ganz im Sinne LUNDVALLS bilden wir dabei das Produktionssystem mit ab, vernachlässigen dabei jedoch die, in allen Definitionen mehr oder weniger als NIS-relevant herausgestellten, staatlichen Forschungsinstitutionen sowie die ebenfalls dazu zählenden Ausbildungseinrichtungen. Damit ist ganz klar, daß jede Definition immer nur Facetten dessen erfassen wird, was sich als NIS vorstellen läßt. Dies gilt um so mehr, wenn man versucht, dieses „Gebilde" abzugrenzen, ja vielleicht sogar zu visualisieren. Da man bei einer empirischen Herangehensweise ohnehin auf eine karge Datenausstattung verwiesen ist, ist in der Startphase schon klar, daß man nur einen sehr engen Ausschnitt des Phänomens „NIS" in den Griff bekommen wird. Abgesehen davon, daß bei einem empirischen Vorgehen keine andere Lösung existiert, bleibt als „Ausweg" aus dieser Verengung die pluralistische Sicht des Phänomens, die uns schon in Abschnitt 5.2.3 begegnete und die wir hier noch einmal formulieren: Falls das Phänomen des NIS „real" ist, so sollte es sich aus den verschiedensten Blickwinkeln (d.h. mit den verschiedensten Analysemethoden) als einheitliches „Phänomen" darstellen bzw. wiedererkennen lassen. Dies würde auch beinhalten, daß die Wahl des F&EIndikators keine durchschlagende Wirkung auf das Ergebnis hat - wie sich dies in den Untersuchungen von MARENGO und STERLACCHINI schon bestätigt hat -
187
sondern den Kern des NIS herauskristallisiert, den wir schon weiter oben als „Fünferbande der Innovation" tituliert hatten. In diesem Sinne ist klar, daß die Subsystem-Analyse der Technologieverflechtung und ihre qualitative Variante der SMFA nur den Vorproduktaspekt beleuchten kann, d.h. den Fluß der Innovationsgehalte der Vorprodukte, die sich die Sektoren gegenseitig liefern. Dieser Analyseweg ist damit einerseits, was die empirische Basis angeht, sehr beschränkt, liefert andererseits aber einen relevanten Teil der Beziehungsmuster, die für das NIS ebenso relevant sind. Die SMFA läßt damit vieles außen vor, was ein NIS ausmacht, erfaßt aber gleichzeitig zwei wichtige Elemente des NIS simultan, nämlich gewisse Institutionen und F&E-Aktivitäten. 6.2 Die Datenbasis der Analyse Für die folgenden Analysen wurden die funktionellen 58 χ 58-Sektoren-Tabellen des Statistischen Bundesamtes (Stat. Bundesamt 1989) für die Jahre 1980, 1986 und 1990 zugrunde gelegt. Als Innovations-Indikator wurden in derselben (funktionellen) Sektorengliederung vorliegende Vektoren der Innovationsaufwendungen verwendet, die auch der Analyse des ifo-Instituts im Rahmen der META-Studie zugrunde gelegt worden waren (Penzkofer/Schmalholz/Scholz 1989)1. Zusätzlich wurde eine Analyse mit Hilfe der noch stärker outputorientierten Neuproduktanteile vorgenommen. Die Analyse benutzt jeweils korrespondierende Jahre für Vektoren und Tabellen. Dem könnte man entgegenhalten, daß Innovationsaufwendungen eine gewisse Reaktionszeit brauchen um in Technologiefortschritte umgesetzt zu werden. Einerseits ist über diesen Time-lag bisher noch zu wenig bekannt, d.h. es liegen nur Schätzungen vor, andererseits übersieht dieses Argument, daß die Innovationsaufwendungen - im Gegensatz zu den F&E-Ausgaben - einen erheblichen Anteil zeitnaher Marktaktivitäten zur Einführung der Innovation beinhalten und somit eine Synchronisierung durchaus gerechtfertigt erscheint. Während der Innovationsauf-
' Die Vektoren der Innovationsaufwendungen für 1980 und 1986 konnten direkt der METAStudie entnommen werden. Sie sind auch für die Sektoren außerhalb des Verarbeitenden Gewerbes durch Erhebungen abgesichert, was für den Vektor 1990 nicht zutrifft. Der Vektor für 1990 wurde bezüglich des Verarbeitenden Gewerbes freundlicherweise vom ifo-Institut zur Verfugung gestellt ebenso die Vektoren der Neuproduktanteile, wofür an dieser Stelle herzlich gedankt sei. Die Restsektoren wurden nach mehreren Methoden möglichst konsistent geschätzt. Die Struktur für 1990 ist also nicht originär abgesichert, wie die vorhergehenden der Jahre 1980 und 1986.
188
wand vergleichsweise träge in Bezug auf Outputvariationen reagiert, und damit als Prozentsatz größeren Schwankungen unterworfen ist, ist der prozentuale Umsatzanteil neuer Produkte relativ stabil. Damit ergibt sich ein zusätzlicher Vergleichsmaßstab zwischen Neuproduktanteil und Innovationsaufwand (jeweils in %), der gewisse Hinweise auf die Effizienz der Forschungsbemühungen liefert. So gibt es Sektoren, die mit einem relativ konstanten (absoluten) Innovationsaufwand und damit relativ sinkendem prozentualen Anteil eine konstante Rate neuer Produkte auf den Markt bringen, d.h. eine steigende Forschungseffizienz besitzen, wie z.B. Ziehereien, Holzbearbeitung sowie Holzprodukte und Bekleidung/Textilien. Diese Sektoren gehören nicht gerade zu den Promotoren neuerer Technologien. Es steht deshalb zu vermuten, daß sich die Neuheit der Produkte primär auf das Design bzw. die äußere Unterscheidbarkeit der Produkte gegenüber früheren Varianten bezieht. Besonders augenfällig ist dies bei der Bekleidung. Andere Sektoren weisen eine relativ konstante „ineffiziente" Position aus, wie z.B. die Chemie, bei der der Quotient aus Neuproduktanteil und Innovationsaufwand (jeweils in % gemessen) durchgängig unter eins liegt, obwohl der Sektor Chemie zu den herausragenden Innovatoren gezählt werden muß, was seine Innovationsintensität, angeht. Diese Zusammenhänge sind aber noch zu wenig systematisch untersucht worden, um sie hier detaillierter darzustellen. Im folgenden wird versucht den Kern des NIS der Bundesrepublik sowohl anhand der Innovationsaufwendungen als auch des Neuproduktanteils darzustellen, wobei die in Kapitel 5 formulierte These, daß das Innovationssystem sich auch aus verschiedenen „Blickwinkeln" als relativ einheitlich darstellt, am Fall der Bundesrepublik erneut getestet wird.
6 . 3 Ergebnisse
der SMFA
6.3.1 Die Aktuelle Struktur
Verwenden wir für die Analyse die aktuellen Endnachfrage-Vektoren у der entsprechenden Jahre 1980,1986 und 1990, sowie-zunächst-die zugehörigen Vek-
189
Abb. 6.1 Aktuelle IA-NIS-Kerne der Bundesrepublik 1980 - 1990 (Basis: Innovationsaufwendungen)
190
toren fur Innovationsaufwendungen (ΙΑ) der betreffenden Jahre, so ergeben sich die in Abbildung 6.1 gezeigten Strukturen. Um die Struktur systematisch zu analysieren, teilen wir die dargestellten Sektoren einer der folgenden drei Sektor-Gruppen zu: den (fett umrandeten) Zentrumssektoren, den links hiervon befindlichen Quell(Geber-)sektoren oder den rechts von den Zentrumssektoren befindlichen Mündungssektoren (= primäre Technology en-/VeAmer). Tab. 6.1:Übersicht der IA-NIS-Strukturen (aktuelle Struktur, Innovationsaufwand) IOT
Quelle
Zentrum
(T-Geber) 1980 mDL,Wis,Chm, Ldw ,Khl 1986 mDL,Wis,Chm,Gum,Dru Zih
1990 mDL,Wis,Chm,Gum,Dru
KnS,EIT,Ghd
Mündung Sta
KnS,EIT,Ghd,MaB,Elk,Sta
(T-Nehmer) StF,Vrm,Vrs,Vrk Nhm Elk,MaB StF,Vrm,Vrs,Vrk,Nhm,Bur
Ldw KnS,EIT,Ghd,MaB,Elk
StF,Vrm,Vrs,Vrk Sta
Bur
Zu den typischen Technologie-Geber« (vgl. Spalte „Quelle") gehören die Sektoren Wis (Wissenschaft/Verlage), Chm (Chemie), mDL (Sonst, marktbestimmte Dienstleistungen und, ab 1986, Dru (Druckerzeugnisse) und Gum (Gummiprodukte). Der Sektor Khl (Kohlenbergbau) verschwindet 1986 während der Sektor Zih (Ziehereien) sich in diesem Jahr vorübergehend zur Gruppe der Technologie-Geier gesellt. Der Sektor Landwirtschaft verliert 1990, zusammen mit dem Sektor Nhm (Nahrungsmittel), nach einem Wechsel zwischen Quelle und Zentrum, seine Bedeutung völlig - vor allem wegen des verminderten relativen Gewichts der Vorleistungsströme, denn die Innovationsaufwendungen verharren fast auf gleicher Höhe. Die Gruppe der „stabilen" Technologie-Nehmer (vgl. untereinander stehende Sektoren) besteht aus den Sektoren StF (Straßenfahrzeuge), Vrm (Vermietung), Vrs (Versicherungen) und Vrk (Verkehrsdienstleistungen), während Nhm (Nahrungsmittel), bis einschließlich 1986 und Bur (Büromaschinen/ADV) ab 1986 konsistente Zugehörigkeit zur Gruppe der Technologie-A/eA/ner auszeichnet. Bei StF und Bur handelt es sich um Sektoren, die durch „moderne" Technologien gekennzeichnet sind, während die anderen Sektoren typische Dienstleister darstellen. Lediglich Nhm, ein Sektor, der 1990 verschwindet, repräsentiert eine herkömmliche Technologie. Die Sektoren Elk (Elektrizität), MaB (Maschinenbau) und Sta (Staat) spielen wieder gewisse Gastrollen
191
für einzelne Jahre insofern, als sie ihren Platz grundsätzlich in anderen Bereichen haben: MaB, Sta und KnS nehmen normalerweise die Position des Zentrums ein. Zu den Zentrums-Sektoren, die in Bezug auf den Technologiefluß eine Vermittlerposition innehaben, zählen typischerweise Ghd (Großhandel), KnS (Kunststoffprodukte), E1T (Elektrotechnik), MaB (Maschinenbau), Elk (Elektrizität) und Sta (Staat). Die Strukturen in Abbildung 6.1 sind - dies sei hier noch einmal herausgestellt - u.a. auch stark endnachfragebedingt. Die SMFA spiegelt damit im wesentlichen die ökonomische Bedeutung der Innovationsflüsse im Sinne des implizierten Wertevolumens. Andererseits kann auch eine primär technische Relation wie z.B. ab 1986 die Kette Dru-»Wis-»mDL (Druckerzeugnisse-» Wissenschaft/Verlag-»Sonst. Marktbestimmte Dienstleistungen) trotz allem aus der Menge der ökonomischen Innovationsflüsse herausragen, weil ihre eher technisch bedingte Verknüpfung im Zuge der Entwicklung und Diffusion des technischen Paradigmas bereits entsprechendes Gewicht erhalten hat. Unter den Verknüpfungen fallt zunächst 1980 die Verbindung Khl-*Elk auf, die die Bedeutung der Kohleverstromung symbolisiert. Sie fallt nach 1980 weg. 1986 etabliert sich die Druckindustrie Dru als Technologiequelle des Sektors Wissenschaft/ Verlage und 1990 schließlich Sektor Gum (Gummiprodukte) und - allerdings nur vorübergehend - Zih (Ziehereien) in analoger Bedeutung für den Straßenfahrzeugbau. Dies sind sowohl technologisch wie „ökonomisch" leicht nachvollziehbare unidirektionale Technologieflüsse. Von noch größerem Interesse sind jedoch die bilateralen Technologieflüsse, da diese Wachstumszentren - auch in bezug auf Know-how-Transfer - bilden können. Hierzu zählt über die ganze Dekade 1980 bis einschließlich 1990 jedoch nur die Verknüpfung mDL=Chm (Marktbest. Dienstleistungen == Chemie). Ab 1986 erweitert sich dieser Wachstumsdipol allerdings um das Glied Chm=Elk (Chemie = Elektrizität) und wird zusätzlich um die bilaterale Kette StF=MaB=ElT (Straßenfahrzeuge= Maschinenbau=Elektrotechnik) ergänzt, so daß ab diesem Bezugsjahr zwei bilaterale Ketten nebeneinander bestehen. In der zweiten bilateralen Kette taucht somit mindestens ein Teil der von früher schon bekannten „Fünferbande" auf. Die anderen Knowhow-Transfers ordnen sich sinnvoll und plausibel in das Gesamtgeschehen ein.
192
INN80_58.A/d 9
INN86_58.A/d 9
INN90_58.A/d 8
Abb. 6.2: Aktuelle NP-NIS-Kerne der Bundesrepublik 1980 - 1990 (Basis: Anteile der Neuprodukte)
193
Stellen wir nun dem Innovationsaufwands-NIS (IA-NIS) die, sich durch die alternative Verwendung der Neuproduktanteile ergebende, aktuelle Struktur (NP-NIS) gegenüber, so zeigt sich das folgende Bild, das in Abbildung 6.2 dargestellt ist und dessen Sektorzuordnung sich in Tabelle 6.2 findet:
Tab. 6.2 Übersicht der NP-NIS-Strukturen (aktuelle Struktur, Neuproduktanteile) IOT 1980 1986 1990
Quelle
Zentrum
Mündung
(T-Geber) (T-Nehmer) mDL,Ghd,Zih, Ldw EIT StF KnS NEm,EiS Nhm Chm MaB Gst.HIW mDL,Ghd,Zih Mol Ldw KnS EIT,MaB,Chm StF,Vrm,Vrk, Nhm,Bur StF,Vrm,Vrk ,Nhm mDL,Ghd,Zih Mol KnS,EIT,MaB,Chm Wis Vrs Bur, Ldw
Zu den Technologie-Ge6e/7J (= Quellsektoren) zählen diesmal neben mDL (Marktbest. Dienstleistungen) der Großhandel (Ghd), die Ziehereien (Zih) sowie - bis einschließlich 1986 - Nichteisenmetalle (NEm) und Eisen/Stahl (EiS). Die Tatsache, daß die beiden letzteren Sektoren 1990 nicht mehr dabei sind (deshalb als ephemer kursiv gestellt) zeigt ihre sinkende Bedeutung im Hinblick auf die Technologieentwicklung. Die Technologie-Afe/zmer sind neben den bereits aus der IA-NIS-Struktur bekannten Sektoren StF (Straßenfahrzeuge), Vrm (Vermietung) und Vrk (Verkehrsleistungen), bis einschließlich 1990 die Sektoren Gst (Gaststätten) sowie MaB (Maschinenbau). Daneben sind grundsätzlich die Sektoren Chm (Chemie), KnS (Kunsttoffe) und Bur (Büromaschinen) Mitglieder des NP-NIS-Kerns, erscheinen jedoch als Springer zwischen der Kategorie Τ -Nehmer und Τ-Vermittler (Zentrumssektor). Die „typischen" Technologie-Vermittler sind die Landwirtschaft (Ldw), der Sektor Nahrungsmittel Nhm, (beide bis einschließlich 1986, während sie 1990 „auseinander rücken"), sowie durchgängig der Sektor Elektrotechnik. Ab 1986 zählt auch der Sektor Chm zu den Zentrumssektoren.
194
Im Sinne unserer These, daß der Kern des NIS sich bei allen Analyseformen „im Prinzip" erkennen lassen sollte, stellen wir nun die beiden bisher analysierten aktuellen NIS-Kern-Strukturen in Tabelle 6.3 gegenüber. Diese Synopse zeigt die Schnittmengen der, den NIS-Kern bildenden Strukturen, wobei die Unterschiede lediglich auf die Differenzen zwischen den Innovationsaufwendungen (in %) und dem Neuproduktanteil am Umsatz zurückgehen.
Tab. 6.3: Synopse der LA- und NP-NIS-Kern-Strukturen (aktuelle Struktur) IOT
Quelle
Zentrum
Mündung
(T-Geber) (T-Nehmer) 1980 mDL,Wis,Chm KnS.EIT Ghd Sta StF,Vrm,Vrs,Vrk Nhm Ldw.KW Elk.MaB 1986 mDL,Wis,Chm Gum,Dru Ldw,KnS,EIT,MaB,Ghd,Elk,Sta StF,Vrm,Vrs,Vrk,Nhm,Bur Zih
1990 mDL Wis,Chm Gum,Dru 1980 mDL,Ghd,Zih,
KnS,EIT,MaB,Ghd Elk Ldw
Ell
KnS NEm,EiS
1986 mDL,Ghd,Zih 1990 mDL,Ghd,Zih
Mol Ldw,KnS,EIT,MaB Mol KnS.EITMaB Bur.Ldw
Nhm Chm Chm
StF,Vrm,Vrs,Vrk Sta StF Chm M a ß
Bur
Gst.HIW
StF.Vrm Vrk,Nhm,Bur StF,Vrm,Vrs,Vrk,Nhm
Wis
Die fett gestellten und gleichzeitig über alle Tabellenzeilen hinweg untereinander gestellten Sektorsymbole lassen auf einen Blick den Kleinsten Gemeinsamen Nenner beider NIS-Strukturen erkennen, wobei der gemeinsame NIS-Kern noch dadurch vergrößert wird, daß einzelne Sektoren zwar immer mit dabei sind, aber aufgrund der verschiedenen Indikator-Vektoren ein bestimmter Sektor manchmal zu verschiedenen Gruppen (Technologie-Geber/Nehmer/Vermittler) gerechnet wird. In der Quellen-Spalte sehen wir, daß der Sektor mDL (marktbest. Dienstleistungen) über alle Jahre und Indikatoren hinweg Technologie-Geöer ist während der Indikator des Innovationsaufwandes zusätzlich die Sektoren Wis (Wissenschaft/Verlage) und Chm (Chemie) und für die zweite Dekadenhälfte auch Gum (Gummi) und Dru (Druck) in dieser Position sieht, der NP-Indikator stattdessen die Sektoren Ghd (Großhandel), Zih (Ziehereien) sowie Mol (Mineralölprodukte).
195
Bei den Technologie-Nehmern gibt es ebenfalls eine große Übereinstimmung: Hier sind durchgängig die Sektoren StF (Straßenfahrzeuge), Vrm (Vermietung), Vrk (Verkehr) sowie mit temporären Einschränkungen Nhm (Nahrungsmittel) und Bur (Büromaschinen/ADV) Bestandteil des NIS-Kerns, unabhängig vom verwendeten Indikator. Die Gruppe der Technologie- Vermittler (Zentrum) ist deutlich heterogener als die beiden anderen Gruppen und besteht - sieht man von temporären Variationen ab aus den Sektoren Ldw (Landwirtschaft), KnS (Kunststoffe), EIT (Elektrotechnik) sowie Maschinenbau (MdB), ergänzt um indikatorabhängige Positionen von GM (Großhandel), Elk (Elektrizität) einerseits und Chm (Chemie) andererseits (vgl. Tabelle 6.3). Zusammenfassend kann man also festhalten, daß der am Wertevolumen ermittelte NIS-Kern aus den Sektoren (alphabetisch), Bur, Chm, Dru EIT, Gum, Ghd, KnS, Ldw, Maß, mDL, Mol, Nhm, StF, Vrk, Vrm, Vrs, Sta, Wis und Zih besteht. Der NISKern im Sinne einer „Charakteristischen Struktur" besteht also aus rund einem Drittel aller Sektoren. Er ist in der Dekade von 1980 bis 1990 vergleichsweise stabil geblieben, unterlag aber andererseits auch gewissen Veränderungen, die teils auf die Veränderung der Struktur der Vorleistungen, teils auf die Veränderung des Profils der Endnachfrage und der jeweils verwendeten Technologie-Indikatoren (IA vs. NP) zurückgehen. Die Orientierung an der Endnachfrage beinhaltet dabei gleichzeitig die ökonomische Wertung bzw. Bedeutung einzelner Technologien oder Technologiezusammenhänge, die ihrerseits für die Evolution des NIS bedeutsam sind. Verwendet man statt dessen den Einheitsvektor, so wird der Einfluß des Endnachfrage-Profils neutralisiert, sozusagen „abgeschaltet". Die dann ermittelte Struktur spiegelt weitgehend „nur" noch technische Relationen. Hierbei darf allerdings nicht vergessen werden, daß sowohl Inputkoeffizienten wie auch Anteilskoeffizienten LA und NP ihrerseits unter Verwendung von Umsätzen erhoben werden und damit auch Durchschnitte darstellen, die deshalb nur mittelbar technische Relationen spiegeln. 6.3.2 Die Standardstruktur
Benutzen wir statt des laufenden Endnachfragevektors nun ein skalares Vielfaches eines Einheitsvektors, so wird die Subsystemmatrix Z , ^ neben dem Indikator-Vektor (IA bzw. NP) noch weit stärker von den Inputkoeffizienten bzw. der Leontief-
196
Inversen С bestimmt. Die sich daraufhin in Z ^ darstellende Struktur hat damit eine noch stärkere „technologische" Bedeutung, als dies für die vorausgehende Analyse der Aktuellen Struktur der Fall war: Wir beginnen wieder mit der Anwendung des IAVektors. Die Ergebnisübersicht ist in Tabelle 6.4 gezeigt, die Struktur für die Jahre 1980 bis 1990 in Abbildung 6.3.
Tab. 6.4: Übersicht der LA-NIS-Strukturen (Standardstruktur, Innovationsaufwand) IOT
Quelle
Zentrum
(T-Geber) 1980 Chm,EIT Ldw,Nhm,mDL,Wis,Maß,Elk,Khl LRF,EiS,Pap 1986 Chm,EIT Ldw,Nhm,mDL,Wis,MaB,Elk,Khl EiS StF 1990 Chm,EIT Wis Elk,Khl Ldw,mDL,LRF StF, Dru
Mündung (T-Nehmer) KnS,EiB,Vrs,Vrk,Sta,Ghd,Bnk,Dru,NEm,Bur StF, Stn KnS,EiB,Vrs,Vrk Ghd,Bnk,Dru,NEm,Bui Pap Zih KnS,EiB,Vrs, Sta Bnk Bui Nhm,Gum,MaB,Pap
Zu den Technologie-Gebern des technologischen NIS-Kerns zählen, wie die QuellenSpalte von Tabelle 6.4 zeigt, durchgängig die Sektoren Chm (Chemie) und EIT (Elektrotechnik), während die Sektoren EiS (Eisen und Stahl, 1986) sowie Ldw (Landwirtschaft), mDL (Marktbest. Dienstleistungen) und LRF (Luft- und Raumfahrt) ihre Position wechseln. Die Gruppe der Technologie-iVeAmer setzt sich im Kern aus den Sektoren KnS (Kunststoffe), EiB (Schienverkehr), Vrs (Versicherungen), Vrk (sonstiger Verkehr), den Dienstleistungen der Banken (Bnk) und Büromaschinen (Bur) zusammen, die um den Großhandel (Ghd), die Nichteisenmetalle (NEm) sowie Dru (Druck) und staatliche Dienste (Sta) für jeweils eine halbe Dekade erweitert sind. Zu den Technologie- Vermittlern im NIS-Kern zählen durchgängig nur die Sektoren Wissenschaft (Wis), Elektrizität (Elk) und Kohle (Khl), während die Sektoren mDL und Maß nur für die erste Dekadenhälfte Bestandteil des LA-NIS-Kerns sind. Wie Tabelle 6.4 zeigt, gehören weitere Sektoren eher zu den „Springern", d.h., sind aufgrund ihres wechselnden Zentralitätskoeffizienten mal zum Zentrum, zur Quelle oder zur Mündung zuzurechnen.
197
Abb. 6.3: Staniforrf-IA-NIS-Kerne der Bundesrepublik 1980-1990 (Basis: Innovationsaufwendungen)
198
In Bezug auf die Verknüpfungen lassen sich zum einen Erwartungen über „aussterbende" Technologien mit dem Verfolgen gestrichelt dargestellter Technologieflüsse bestätigen, wie z.B. C/zm—> Stn im oberen Graphen von Abbildung 6.3 oder EiS-^Zih im mittleren, die im unteren Graphen verschwunden ist. Im Gegenzug deutet sich eine zunehmende Technologie-Bedeutung z.B. in der Verbindung Pap-» Dru im mittleren Graphen von 6.3 an. Alle drei Graphen von Abbildung 6.3 beinhalten die Wachstumsdipole Chm=mDL, Ldw=Nhm, sowie Elh=Khl, die bis auf den ersten technisch unmittelbar einsichtig sind. In 1990 zeigt sich diese Konfiguration noch um die bilaterale (Teil-)Kette Chm=Wis=Dru erweitert, so daß zusammen mit einem weiteren Dipol mDL=Wis sogar ein bilaterales Dreieck entsteht. Das Dreieck Chm—mDL=Wis
stellt damit
einen hochdynamischen „technologischen" Innovationskern dar, der eine größere Evolutionsgeschwindigkeit erreichen dürfte, als der Rest des NIS. Sehen wir uns nun im nächsten Schritt, analog zur Vorgehensweise in Abschnitt 6.3.1, die SMFA-Standard-Struktur unter Verwendung des Neuproduktanteils an, so ergeben sich gewisse Abweichungen von Abbildung 6.3, die ihren Grund darin haben, daß die sog. Forschungseffizienz in den einzelnen Branchen technik- oder güter- bzw. marketingbedingt unterschiedlich ausfallt. Dies bedeutet, daß der LAIndikator und der NP-Indikator sich durchaus unterscheiden können. Vor allem in Branchen, wo die „Neuheiten" weniger durch Technischen Fortschritt sondern eher von Designelementen geprägt sind, kann sich eine höhere Dominanz derartiger Strukturen im NIS ergeben. Die NP-NIS-Kern-Struktur ist in Abbildung 6.4 zu sehen, die Übersicht der Sektorzuordnungen in Tabelle 6.5.
199
Abb. 6.4: Standard-N?-mS-¥Leme der Bundesrepublik 1980 - 1990
200
Wie schon bei den IA-NIS-Strukturen in Tabelle 6.4 sind die Sektoren Chm (Chemie) und EIT (Elektrotechnik) herausragende Technologie-Geber (Vgl. die Spalte „Quelle" in Tabelle 6.5). Zu den durchgängigen Quellsektoren zählt aber auch der Sektor mDL (marktbest. Dienste). Für die erste Dekadenhälfte gehören noch die Sektoren Dru (Druck) und EiS (Eisen und Stahl) zu den Geber-Sektoren. Der Sektor Druckereien wechselt 1990 zur Gruppe der Τ-Nehmer, während gleichzeitig der Sektor EiS (ebenso übrigens wie Zih, d.h. Ziehereien, bei den Τ -Nehmern) seine Bedeutung völlig einbüßt. Dies zeigt deutlich, daß die Technologien, die auf Eisen und Stahl als Rohstoffen beruhen im Rückzug begriffen sind und durch andere Techniken abgelöst werden, wie z.B. Kunststoff-Technologien. Tab. 6.5: Übersicht der NP-NIS-Strukturen (Standardstruktur, Neuproduktanteil) IOT
Quelle
Zentrum
Mündung
(T-Nehmer) KnS,Vrs,Zih Wis Ldw.Nhm KnS,Vrs,Zih,MaB,Wis,Bur Ldw.Nhm Khl,Gst,Gtr Ldw.Nhm KnS,Vrs MaB Bur Ghd, Wis Dru HIz HIW
(T-Geber) 1980 Chm, mDL,Dru,EiS 1986 Chm,EIT,mDL,Dru,EiS 1990 Chm,EIT,mDL,
Die stabile Gruppe der Technologie-AfeAwer besteht aus den Sektoren KnS (Kunststoff) sowie Vrs (Versicherungen), während der Sektor Wis (Wissenschaft/Verlage) die erste Dekadenhälfte zu den T-Nehmem zählt, um dann 1990 ins Zentrum zu wechseln. Zih (Ziehereien) sind ebenfalls nur die erste Dekadenhälfte Bestandteil des NIS-Kems auf der Ί-Nehmer-Seite, während umgekehrt MaB (Maschinenbau) und Bur (Büromaschinen) die zweite Dekadenhälfte auf der Nehmer-Seite dazustoßen. „Gastspiele" geben die Sektoren Khl, (Kohle), Gst (Gaststätten), Gtr (Getränke) sowie HIW (Holzwaren) Wie schon bei der IA-NIS-Kern-Struktur deuten manche Verbindungen im Zeitvergleich auf das Absterben einer Technologie, oder umgekehrt, ihre Emergenz im Konzert der Technologien hin. Für einen Bedeutungsver/uy/ spricht im oberen Graphen von Abbildung 6.4 die Verknüpfung EiS-^Zih, fur eine Emergenz eher die Beziehung mDL->Bur im unteren Graphen. Die bilateralen Know-how-Transfers sind, verglichen mit den Strukturen der Abbildungen 6.1 bis 6.3, eher dünn gesät.
201
Hier dominiert durch alle Graphen der Dipol Ldw=Nhm, der zeigt, welche Bedeutung die Nahrungsproduktion selbst in unserer hochentwickelten Wirtschaft noch hat, ergänzt um einen neuen und ohne unilateralen Vorläufer etablierten Dipol mDL=Wis (Marktbest. Dienste = Wissenschaft), der einerseits von hoher Dynamik des zugrundeliegenden Innovationsprozesses zeugt, andererseits auch eine zunehmende Wissenschaftsbindung der unternehmensbezogenen Dienstleistungen spiegelt. Stellen wir nun gemäß der „Holografiesthese" in bezug auf den NIS-Kern trotz Nutzung unterschiedlicher Indikator-Variablen die beiden Ergebnisse der Strukturen in Abbildung 6.3 und 6.4 gegenüber, um den engeren Kern bzw. den dazugehörigen „Hof' des NIS herauszuschälen, so ergibt sich Tabelle 6.6
Tab. 6.6: Synopse der LA-NIS-Strukturen (Standardstruktur, Innovationsaufwand) IOT
Quelle
Zentrum
(T-Geber) Ldw,Nhm,mDL,Wis,MaB,Elk,Khl 1980 Chm,EIT LRF.EiS, Pap Ldw.Nhm,rnDL,Wis,MaB,Elk,Khl 1986 Chm,EIT EiS StF Chm,EIT Wis Elk.Khl 1990 Ldw,mDL,LRF StF.Dru 1980 Chm, Ldw,Nhm mDL.Dru 1986 Chm,EIT BS Ldw,Nhm mDL.Dru 1990 Chm,EIT Ldw,Nhm rnDL, Hlz Ghd, Wis
Mündung (T-Nehmer) KnS,EiB,Vrs,Vrk,Sta,Ghd,Bnk,Dru,NEm,Bur StF, Stn KnS,EiB,Vrs,Vrk Ghd,Bnk,Dru,NEm,Bur Pap Zih KnS,EiB,Vrs, Sta Bnk Bur Nhm,Gum MaB.Pap KnS, Vrs, Zih,Wis KnS
Vrs.MaB
KnS Dru
Vrs.MaB
Zih,Wis,Bur Khl,Gst,Gtr
Bur HIW
Durch die „Fett"-Stellung der zusammengehörigen Sektor-Symbole ist auf den ersten Blick schon erkennenbar, daß der technologische NIS-Kern zwar in gewisser Weise auf die Wahl der Indikator-Variablen (LA. vs. NP) reagiert, sich trotzdem aber ein „überlappender" Kern des NIS herauskristallisiert und daß beim ΙΑ-Indikator, nicht aber bei den Neuproduktanteilen die sog. Fünferbande wiederzuerkennen ist. So gehören Chm (Chemie) und EIT (Elektrotechnik) (fast) durchgängig zu den TGebern, KnS (Kunststoffe), Vrs (Versicherungen) sowie Bur (Büromaschinen) zu den Technologie-AfeAmera sowie Ldw (Landwirtschaft) und Nhm (Nahrungsmittel) zu den Technologie- Vermittlern. Die übrigen, von den vorausgehenden Ergebnis-Dis-
202
kussionen bereits bekannten Sektoren (mDL, Wis, Dru, MaB etc) erscheinen ebenso, nehmen aber wegen ihrer differierenden Forschungseffizienz je nach Indikatorwahl unterschiedliche Positionen ein und sind in Bezug auf ihre Positionierung im technologisch orientierten NIS weniger stabil. Ein direkter Vergleich zwischen den Aktuellen d.h. ökonomisch orientierten und den eher technisch orientierten Standard-Strukturen ist nicht sinnvoll, denn es ist von vornherein klar, daß wegen der differierenden y-Vektoren die Ergebnisse der beiden Strukturen deutlich voneinander abweichen müssen. Wie ein Vergleich der Abbildungen 6.1 und 6.3 (bzw. 6.2 und 6.4) zeigt, ist dies auch der Fall. Trotzdem zeigt ein Blick auf die Übersichtstabellen, daß die „Fünferbande" in beiden NIS-Varianten vorkommt, wenn auch die Spezifität der Strukturen im Detail anders zu interpretieren wäre. 6.4 Eine Einschätzung der Methode Wie jedes Analysetool zeigt auch die Anwendung der SMFA Vorteile und Nachteile. Die Fragen, die sich damit verbinden, sind auch in bezug auf das Ergebnis - die Herleitung der Struktur eines NIS-Kerns der Bundesrepublik von Bedeutung, zeigen sie doch wie weit der Interpretationsspielraum reicht, bzw., wo die Ergebnisse überschätzt werden könnten. 6.4.1 Das Potential der SMFA-Technik
Das gegenüber der MFA erweiterte Analyseinstrument der SMFA zeigt die Struktur technologischer Verflechtung in einer bisher nicht verfugbaren Weise. Auch wenn man einbezieht, daß als Indikator der „technologischen Verflechtung" lediglich Proxivariable - die relativ breit definierten Innovationaufwendungen (LA) bzw. alternativ der Anteil der neuen Produkte am Umsatz (NP) - als Innovationsindikatoren verwendet wurden, so ist doch festzustellen, daß damit Strukturen ermittelt werden konnten, die auf der Basis ökonomischer oder technologischer Relevanz (Wertvolumen der in die Vorleistungen „inkorporierten" Technologieströme bzw. relative Gehalte) ein NIS-Kern herauskristallisiert werden konnte. Gegenüber den bereits bekannten Darstellungsformen von Technologie-Geber/Nehmer-Positionen (Vgl. die Abbildungen 5.6 und 5.7) bietet die MFA den zusätzlichen Vorteil, Ausmaß und Struktur der Integration sowie die wechselseitige Verflechtung der Sektoren sichtbar zu machen und darüber hinaus auch Aktivitätszentren zu lokalisieren.
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Ein intertemporaler Vergleich eröffnete darüber hinaus die Möglichkeit, evolutive Aspekte von Technologieströmen zu untersuchen, da stark zu vermuten ist, daß der evolutive Prozeß seinerseits von der Stärke, Richtung und dem Grad der Interdependenz der aktuellen Technologieströmen bestimmt ist. 6.4.2 Die Schwächen der SMFA-Technik In der hier vorgestellten Form weist die SMFA der Technologieströme in einem Subsystem primär zwei Schwächen auf: • Da die SMFA die Technologieflüsse nach Bedeutung, d.h. ihrer Stärke rangordnet, ignoriert sie tendenziell kleine (d.h. im Innovationskontext insbesondere „frühe") technologische Verflechtungen. Damit ist das Instrument ungeeignet, Latenz- oder take-off-Phasen technologischer Entwicklungen in der Struktur aufzufinden. Ganz im Gegenteil hierzu zeigt es den ökonomisch bedeutsamen Impuls technologisch bedingter (Innovations)-Ausgaben, oder neuer Produkte der natürlich auch interessant ist, aber keine Frühindikator-Funktion hat, wie beispielsweise die Ergebnisse technometrischer Analysen (vgl.Grupp/Schmoch 1992). Soll die Analyse also die Pionier-Technologien herauskristallisieren, so ist eine andere Technik als die SMFA anzuwenden. • Wollten wir spezifische Technologie-Flüsse verfolgen z.B. die Bedeutung und Verbreitung von HiTech-Keramik so kann man das SMFA-Instrumentarium vielleicht immer noch verwenden, aber dann nur in einer, die Daten der Fragestellung spezifisch anpassenden Form. Diese alternative Vorgehensweise könnte man am besten als „Semantik der Technologieverflechtung" bezeichnen. Die Lösung dieser spezifischen Fragestellung bedingt vor allem eine Tabellenbasis, die den Sachverhalt hinsichtlich process-mix und product-mix der betreffenden Technologie(n) ausreichend differenziert, d.h. hinreichend disaggregiert ist. In einer derartig modifizierten Tabelle, die u.U. mit akzeptablem Aufwand zu erstellen wäre (z.B. Dimension 120 χ 120), können dann die „semantischen Aspekte" (d.h. wo genau die Nutzung der neuen HiTech-Produkte im einzelnen erfolgt) besser berücksichtigt werden. Dabei dürfte sich - vor allem bei relativ hoch aggregierten 10Tabellen, wie der hier genutzten 58er Tabelle - herausstellen, daß die Struktur der Technologie-iVeAmer-Sektoren noch zu undifferenziert ist. Diese Überlegungen zeigen, daß für eine, auf die Ermittlung eines NIS gerichtete Analyse - an der eigent-
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lieh angesichts der zunehmenden Bedeutung der Technologie jeder moderne Staat interessiert sein müßte - ein wesentlich stärker disaggregiertes Tabellensystem zur Verfügung stehen müßte als dies im europäischen Rahmen (bis auf einige wenige Ausnahmen), insbesondere aber in Deutschland derzeit üblich ist. 6.5 Fazit Werfen wir einen Blick zurück auf das Erreichte. Wie sind die NIS-Ergebnisse einzuschätzen, welchen Stellenwert haben sie? Lassen wir die Entwicklung in der Darstellung des NIS in den letzten 30 Jahren Revue passieren, so können wir in einer Analogie zur Entwicklung der Paradigmen in der Chemie feststellen, daß die Analyse gute Fortschritte gemacht hat. Am Anfang stand die Feststellung, daß gewisse Sektoren zum Innovationssystem gehören, andere nicht. Dem entspräche in der Chemie, daß es verschiedene Substanzen (Molekülklassen) gibt, die gewisse Eigenschaften in größerem oder kleinerem Umfang besitzen und deshalb gewissen Gruppen zugeordnet werden können (z.B. Gase vs. Feststoffe oder Metalle vs. Nichtmetalle). Die nächste Stufe ordnete einzelne Vertreter solcher Gruppen nach Maßgabe der Ausprägung der Eigenschaft (z.B. schwer oder leicht). In der Innovationsökonomik konnte man die Messung der Innovationsaktivitäten durch Nutzung entsprechender Indikatoren (z.B. F&E-Intensität, NP-Anteil am Umsatz etc.) vorantreiben. Bisher wurden die einzelnen Sektoren/Branchen (bzw. Moleküle) aber nur „nebeneinander" betrachtet. Eine Interaktion der jeweils betrachteten Elemente war damit noch nicht ins Auge gefaßt und stellt somit den nächsten Entwicklungsschritt dar. Im Reich der Chemie können damit Vorgänge erklärt werden, die bis dahin noch unverstanden waren z.B. der Vorgang der Verbrennung. Chemische Austauschprozesse wurden damit zum eigentlichen Gegenstand der Chemie. Auf der Ebene der NIS-Kern-Darstellung entspricht dem die Begründung eines Innovationsportfolios durch das ifo-Institut, das bereits Subsysteme (ohne Verwendung des aktuellen Endnachfragevektors) benützt, um die Interaktion zwischen den Sektoren in eine relative Position des Technologie-Gebers oder -Nehmers umzudeuten. Das Verhältnis der Zeilen- und Spaltensummen dieser Interaktionsmatrix zeigt, ob der Export oder der Import von Innovationen dominiert, die ihrerseits nach Maßgabe des Innovations(aufwands)-Gehalts der gelieferten Vorprodukte „gemes-
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sen" werden. Die so abgeleitete „Verortung" einzelner Sektoren im Interaktionsmuster zeigt die Interaktionen allerdings nicht direkt sondern nur als Resultante der Zeilen- und Spaltensummen einzelner Innovationsgehalte. Die im Subsystem eigentlich vorhandene Verflechtungsinformation wird damit noch nicht voll erfaßt. Dies gelingt nur, wenn man die in der Subsystem-Matix der Innovationsgehalte enthaltene Struktur selbst explizit abbildet. Dies ist z.B. mit der SMFA möglich und wurde im vorangehenden Abschnitt ausführlich gezeigt. Damit haben wir einen Punkt erreicht, der in der Chemie in etwa der räumlichen Strukturdarstellung einzelner Moleküle entspricht, bzw. dem damit erreichten Potential auch vorhersagen zu können, welche Moleküle sich bevorzugt mit welchen (anderen) verbinden, weil die Struktur dafür vorteilhaft ist. Die Chemie ist jedoch mittlerweile noch weiter gediehen. Unter den Stichworten Tertiär- und Quartärstruktur eröffnen sich weitere Aspekte zum Verständnis chemischer Bindungsdynamik und Interaktion. Auch wir können hier noch einen Schritt zulegen. Die mit dem Selektionsprinzip der MFA (und damit der SMFA) verbundene Unterscheidung von bilateralen und unilateralen Verknüpfungen impliziert auch die Differenzierung einer prinzipiell nichtlinearen (Hyper)-Dynamik gegenüber einer mehr oder weniger „linearen" (gemässigten) Dynamik des Interaktionsumfeldes. Da bilaterale Verbindungen durch ihre immanente Rückkoppelung besondere Wachstumskerne darstellen, können wir auch gewisse Prognosen über den wahrscheinlichen zukünftigen Verlauf dieser besonderen Interaktionskerne wagen: Aus unilateralen Verbindungen entstehen u.U. Dipole, aus solchen bilaterale Ketten und schließlich Superstrukturen wie z.B. ein bilaterales Dreieck oder ein bilateraler Stern, die gegenüber den einfachen Wachstumsdipolen noch zusätzliche Rückkopplungsdynamik entfalten. Warum diese Perspektive nicht immer zwangsläufig ist, sondern trotz der „Wachstumslogik" auch ein Zerfall bilateraler Strukturen eintreten kann, wird im nächsten Kapitel genauer dargelegt. Es ist zu erwarten, daß die Innovationsökonomik mit der Analyse der NIS nicht an dieser Stelle stehen bleiben wird, sondern durch Kombination mit anderen Methoden oder durch Weiterentwicklung des MFA-Ansatzes (bzw. analoger Methoden, wie z.B. der ICA) weiter in unerforschtes Gebiet vordringt und damit einen ähnlichen Weg gehen wird, wie ihn die Entwicklung der Chemie vorgezeichnet hat. Das
206
Analogem ist nicht nur eine schlichte Parabel, sondern besitzt viel Wesensähnlichkeit - nicht weil Sektoren sich wie Moleküle verhalten - sondern weil hier wie dort dynamische Interaktion vorliegt, die tendenziell mit einem vergleichbaren Vokabular (sprich mathematischen Tools) beschreibbar ist. Zu dem in diesem Buch gestarteten Forschungsprogramm gehört die These, daß die Struktur des NIS-Kerns auch Einfluß auf das sektorale Wachstum hat, d.h. daß ein Mehr oder Weniger an Innovationsaktivität eines Sektors eine Wirkung beim selben Sektor bzw. auch bei anderen Sektoren zeigen wird. Wie wir von der Interaktion im Rahmen des Subsystems wissen, müssen diese Wirkungen keinesfalls linear sein. Der nächste Schritt, um sich einer Überprüfung dieser These wenigstens zu nähern, wäre die systematische Analyse der tatsächlichen Evolution der Produktionsstruktur, die hier aus Platzgründen sowie aus Gründen der Verfügbarkeit alternativer Computerprogramme ausschließlich mit Hilfe der MFA erfolgt. Die Analyse der Strukturevolution ist Gegenstand des nächsten Kapitels.
KAPITEL 7
Die Evolution der Produktionsstrukturen 7.1 Innovation und Produktion Die unterschiedlichen Innovationsanstrengungen der einzelnen Sektoren beeinflussen i.d.R. sowohl deren ProduktionswacAstaw wie auch die Produktivität. Diese Veränderungen müssen sich demnach auch in einem Wandel der Produktionsstruktur niederschlagen, wie sie z.B. mit Hilfe der MFA (oder anderer qualitativer Methoden) darstellbar ist. Die Frage, die sich damit erhebt, ist zweifacher Natur: • (a) gibt es ein typisches Entwicklungsmuster der Produktionsstruktur, das sich praktisch in allen Volkswirtschaften findet ?
und
• (b) hängt ein (ggf. entdecktes) Entwicklungsmuster stark mit der Innovationsaktivität eines Sektors zusammen ? In diesem Kapitel werden wir uns vor allem der ersten Frage widmen. Die Vergleichsanalyse soll dabei auf die Entwicklung der Produktionsstruktur der Bundesrepublik für die Jahre 1978 bis 1990 abgestellt werden. Da 1990 die deutsche Wiedervereinigung erfolgte, bedeutet dies für die Statistiken, daß im Sinne der Vergleichbarkeit mit der IOT 1990 ein Ende gesetzt ist, da die nächste(n) Tabelle(n) für Gesamtdeutschland erstellt wurde(n) und damit im Prinzip mit den früheren, für die alten Bundesländer gültigen, nicht mehr vergleichbar sind. Trotzdem wird, sozusagen „außer Konkurrenz", die IOT 1995 analysiert, nicht, um daraus Schlüsse auf einen Entwicklungspfad zu ziehen, sondern um zu sehen, ob die darin enthaltene neue Produktionsstruktur sich gravierend von der früheren unterscheidet. Darüber hinaus wird ein internationaler Drei-Länder-Vergleich (BRD, Japan, USA) unternommen, um ggf. bei der BRD-Analyse entdeckte Ergebnisse dort zu überprüfen. Frage (b) benötigt wesentlich umfangreicheres Datenmaterial, das uns hier nur für die Bundesrepublik und auch da nur höchst beschränkt, (bzw. mit gewissen Datenunsicherheiten für 1990) zur Verfügung steht. Außerdem stellt dies ein Forschungsprojekt einer Größenordnung dar, die von einem Einzelnen kaum zu leisten
208
ist und im Prinzip nur auf der Ebene eines Forschungsinstituts durchgezogen werden kann. Hierfür dürften jedoch in der Bundesrepublik gegenwärtig noch keine Mittel zur Verfügung stehen. Trotzdem soll, im Rahmen der hier gegebenen Möglichkeiten - insbesondere in Kapitel 8 - das eine oder andere Teilproblem zum Themenkomplex der Frage (b) angegangen werden, wenn es mit den vorhandenen Mitteln bzw. Daten analysierbar erscheint.
7.2. Die Entwicklung
der Produktionsstruktur
Deutschlands
1978
-1995
7.2.1 Die Datenbasis der Deutschland-Analyse Grundlage der Analysen für Deutschland waren die vom Statistischen Bundesamt (Statistisches Bundesamt 1989) veröffentlichten, vereinheitlichten Tabellen des Formats 58 χ 58 für die Jahre 1978, 1982, 1986 sowie vom Statistischen Bundesamt (StaBuA) auf Datenträger zur Verfügung gestellte Tabellen der Jahre 1990 sowie (für Gesamtdeutschland) 1995. Die mittlerweile ebenfalls erhältliche gesamtdeutsche Tabelle für 1993 wurde nicht in die Analyse einbezogen, da es zur Aufrechterhaltung eines äquidistanten Zeitraums und wegen der benötigten Anpassungszeitspanne sinnvoller erschien die Tabelle für 1995 heranzuziehen, die zudem auch noch aktueller ist. Von allen genannten Tabellen wurde jeweils die sog. Version Α (nach UN-Klassifikation) verwendet, d.h. eine Tabelle die das sog. Güteraufkommen abbildet und damit sog. „technische" Koeffizienten bereitstellt. Diese Variante hatte auch schon den NIS-Analysen zugrunde gelegen. Ihre Wahl erscheint sinnvoll, da es sich um eine Analyse der Produktionsstruktur handelt, in der sog. „technische" Relationen eine gewisse Rolle spielen.
209
7.2.2 Der Strukturwandel der deutschen Wirtschaft von 1978-1990
Wie schon im vorangegangenen Kapitel, empfiehlt sich ein systematisches Vorgehen nach Zugehörigkeit eines Sektors zu einer der drei Gruppen Quelle, Zentrum, Mündung. Ein erster grober Überblick zeigt, daß die Strukturentwicklung im wesentlichen einen monotonen Verlauf nimmt. Dies bestätigt sich auch in den Detailanalysen der MFA. Einen systematisierten Gesamtüberblick - analog den vorangehenden Kapiteln erlaubt wieder eine Übersicht nach Tabelle 7.1, die Strukturgraphen befinden sich in den Abbildungen 7.1 a-d Tab.7.1:Übersicht der aktuellen Produktionsstrukturen IOT Quelle Zentrum 1978 Ldw,mDL,EBM,NEm,Zih,PoE Ghd,Bau,AuB KnS.EIk Mol,Gum,EiS Chm ,Khl Gtr,Vrk Nhm.Gst 1982 mDL NEm,Zih,PoE Chm,Ghd,Bau Vrm,KnS,Elk Mol,Gum,EiS Gtr Ldw Vrk Nhm 1986 Ldw,mDL Zih Chm Bau Vrm.KnS Ghd,AuB,Gtr,Vrk EIT 1990 Ldw,mDL Chm,Ghd,Bau,AuB,Vrm.KnS Vrk Sta
Mündung StF,Vrs,EIT,MaB Sta Vrm StF,Vrs,EIT,MaB Gst.Sta AuB StF.Vrs MaB,Nhm.Gst,Sta StF,Vre,EIT,MaB,Nhm.Gst
Zur Gruppe der stabilen Quellsektoren zählen die Sektoren mDl (sonst. Marktbest. Dienstleistungen) und - wenn man von dem Gastspiel des Sektors Ldw (Landwirtschaft) 1982 im Zentrum einmal absieht - auch die Landwirtschaft. Die Sektoren der Materialversorgung, EBM (Eisen, Bleche, Metalle), NEm (Nichteisenmetalle), EiS (Eisen und Stahl) sowie Zih (Ziehereien) fallen ebenso wie die Sektoren Mol (Mineralölprodukte) und Gum (Gummiprodukte) im Zeitablauf aus der Liste der Quellsektoren wie auch der relevanten Sektoren heraus. Auch der Dienstleistungssektor PoE (Private Org. o.E./Haushalte) teilt, wider Erwarten, dieses Schicksal.
210
Abb. 7.1 a,b: Produktionsstrukturen (aktuell) der Jahre 1978 und 1982
211
Abb. 7.1 c,d: Produktionsstrukturen (aktuell) der Jahre 1986 und 1990
212
Sektor Khl (Kohlebergbau), 1978 noch „lose" eingebunden, scheidet bereits 1982 für immer aus dem Kreis der relevanten Sektoren aus. Dieses „Verhalten" ist bei der Kohle äußerst plausibel, ebenso wie das der oben genannten „Material"-Sektoren. Hierin zeigt sich der Wandel der Technologie weg von den „alten" Energie- bzw. Technikfeldern hin zu moderneren. Einige Sektoren, die „auf der Grenze" zwischen Quelle und Zentrum liegen, wie Ghd (Großhandel) und AuB (Ausbaudienstleistungen) (vgl. die Zentralitätskoeffizienten in Zeile 42 und 43 von Tabelle 7.2) sowie Gtr (Getränke) wechseln 1986 vorübergehend in den Quellbereich, der Sektor Vrk (Verkehrsdienstleistungen) verfahrt ebenso, verbleibt aber dann im Quellbereich. Die Zentrums-Sektoren beinhalten durchgängig den Sektor Bau (Bauwirtschaft) und KnS (Kunststoff). Fast durchgängig, bis auf jeweils eine Ausnahme, sind dort auch die Sektoren Ghd (Großhandel) sowie Vrm (Vermietung) und der Sektor Chm (Chemie) zu finden. Die Sektoren Elk (Elektrizität) und Nhm (Nahrungsmittel) gehören 1978 und 1982 zu den Zentrumssektoren, wonach der erstere aus der Liste der relevanten Sektoren verdrängt wird, während Sektor Nhm seine Position in den Mündungsbereich verlegt. Die „Gastspieler" unter den Zentrumssektoren sind in einer zweiten Zeile jeweils links oder rechts am Rande piaziert, je nachdem, woher sie kommen bzw. wohin sie in der folgenden Periode tendieren. Der Sektor EIT gehört eigentlich standardgemäß in den Mündungsbereich, und wechselte nur 1986 vorübergehend in das Lager der Zetnrumssektoren (vgl. die Veränderungen der Zentralitätskoeffizienten (= 1,10 in 1986, d.h. 0.7 < ζ < 1,3 = Zentrum, in Zeile 26 in Tabelle 7.2). Dasselbe gilt für den Staat (Sta) im Jahre 1990 und im umgekehrten Sinne für den Dienstleistungssektor Vrm (Vermietung). Eine wahre Zickzack-Historie hat der Sektor AuB (Ausbau), der 1978 im Zentrum startet, 1982 Mündungssektor ist, 1986 zum Quellsektor mutiert, und schließlich 1990 wieder im Zentrum landet. Zeile 42 (Tabelle 7.2) zeigt, daß der Sektor „im Prinzip" ein Zentrumssektor ist und lediglich 1982 mit ζ = 1,31 bzw. 1986 mit einem ζ = 0,69 geringfügig außerhalb der Grenzen der Zentrumssektoren (0,7 bzw. 1,3) zu liegen kommt. Zu den stabilen Mündungssektoren zählen StF (Straßenfahrzeuge), Vrs (Versicherungen), MaB (Maschinenbau) sowie - wenn man ein Auge zudrückt - EIT (Elektrotechnik), Gst (Gaststätten) und Sta (Staat). Der Sektor Nhm (Nahrungsmittel) wechselt 1986 aus dem Zentrum ins Lager der Mündungssektoren. Abgesehen von Nhm, lassen sich diese Sektoren in die Klasse der Dienstleister einreihen (Vr, Gst, Sta)
213
oder in die der modernen Technologiesektoren (StF, EIT, MaB). In allen sechs Fällen handelt es sich jedoch um sog. endnachfragenahe Sektoren, die ihre Produkte zumeist entweder an Konsumenten abgeben oder als Endprodukte definiert sind, wie die Investitionsgüter, die vornehmlich vom Maschinenbau oder der Elektrotechnik produziert werden. Tab: 7.2: Zentralitätskoeffizienten, Bundesrepublik 1978 bis 1990 (1995) 1978a 1982a 1986a 1990a 1995a
Tab Sekt. 1 3 6 9 10 11 12 13 16 17 19 21 23 26 28 38 39 41 42 43 48 50 51 52 55 56 58
Ldw Elk Khl Chm Mol KnS Gum Stn EiS Nem Zih MaB StF EIT EBM Nhm Gtr Bau AuB Ghd Vrk Vrs Vrm Gst mDL Sta PoE
Sektoren Landwirtschaft Elektrizität.etc Kohlebergbau Chemie Mineralölprodukte Kunststoff Gummi Steine/Erden etc. Eisen/Stahl Nicht-Eisen-Metalle Ziehereien Maschinenbau Straßenfahrzeuge Elektrotechnik Eisen/Blech/Met. Nahrungsmittel Getränke Bau Ausbauleistungen Großhandel Verkehr Versicherungen Vermietung Gaststätt/Hotels sonst.marktb.Dienstl. Staat POoE./ Priv. HH
0,66 1,00 0,00 0,69 0,05 1,25 0,00
0,77 0,82
0,10 0,77
0,77 0,02 1,25 0,00
0,75
0,98
1,23
0,96
0,00 0,00 0,09 1,72 1,84 1,43
0,00 0,00 0,00 1,42 1,87 1,10
1,22 0,00 1,21 1,31 0,82 0,91 1,80 1,02 1,55 0,00 1,59 0,00
1,47 0,00 1,01 0,69 0,65 0,36 1,40 1,09 2,00 0,00 1,31
2,00
0,00 0,00 0,00 0,55 1,52 1,83 1,31 0,00 1,05 0,76 1,20 0,98 0,88 1,03 2,00 1,39 1,24 0,00 1,61 0,00
1,47 2,00 1,36
2,00 2,00 1,00
1,47
1,16
1,20 1,01 0,85 0,00 2,00 0,83 2,00 0,00 1,15
1,23 1,04 0,71 1,66 0,86 2,00 0,00 1,23 0,71
Zusammenfassend kann man also feststellen, daß - abgesehen von einer gewissen Dynamik die zum einen aus dem Wechsel zwischen den drei Listen, zum anderen durch Technologie-Veraltung (Kohle, Metalle etc., Dematerialisierungstendenzen der Produktion) zustande kommt - das Strukturbild über die 12 Jahre von 1978 bis 1990 einen relativ konsistenten Kern besitzt.
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Weitere interessante Erkenntnisse ziehen wir aus der Betrachtung der abgebildeten Verknüpfungen, insbesondere der bilateralen. Es lohnt kaum, an dieser Stelle den einfachen Pfeilen (gleich, ob durchgezogen oder gestrichelt) im Detail nachzugehen. Manchmal deutet sich das Ausscheiden eines Sektors schon vorher durch den Übergang von einem durchgezogenen in einen gestrichelten Pfeil an, wie z.B. beim Gum (Gummi) von 1978 über 1982 (nur noch gestrichelte Anbindung an den Sektor StF, dann völliger Wegfall. Wer an diesen Beziehungen interessiert ist, mag sich selbst in die Beziehungslage der vier Graphen vertiefen. Viel interessanter ist die Entwicklung bilateraler Beziehungen, da diese die Wachstumskerne der deutschen Ökonomie spiegeln. „Einfache" Wachstumsdipole finden sich 1978 in Bezug auf die Sektoren Vrm=Sta (Vermietung=Staat) sowie (gestrichelt, d.h. eine Stufe unterhalb des endogenen Filterwerts), MaB=ElT (Maschinenbau=Elektrotechnik). Eine bilaterale Superstruktur finden wir im Graphen für 1978 in einem bilateralen Stern um den Sektor Nhm herum, d.h. den Stern Nhm=(Ldw,Ghd,Gst,Vrk), wobei der Sektor Ghd sogar noch eine Kettenverlängerung besitzt (Ghd=Chm=Gst), die im Sektor Gst einen Zyklus schließt. Verfolgen wir die Entwicklung dieser Struktur ins Jahr 1982, so sehen wir, daß die ursprüngliche Verbindung Nhm=Gst degeneriert, während die Kette von Ghd=Chm sich in ihrem weiteren Verlauf von Gst auf Vrm mit weiteren Anschlüssen verlagert. Ein Blick auf die Graphen für 1986 und 1990 (Abbildung 7.1 с und d) zeigt, daß der in 1978 voll ausgeprägte bilaterale Stern um Nhm völlig zerfallen ist. Statt dessen dominiert ein neuer bilateraler Stern um Vrm herum, der sich aus dem ursprünglichen Wachstumsdipol
Vrm=Sta entwickelt hat, nämlich
Vrm=(Sta,Bau,AuB, Chm), der in dieser Form stabil von 1982 bis 1990 besteht. Dieser Vorgang wird besonders deutlich, wenn man die intertemporale Sequenz der Strukturen einmal von rückwärts liest, also mit 1990 beginnt, wo die genannte Struktur absolut dominierend hervortritt. Die Entwicklung dieser Superstruktur ist in sich logisch, weil die Bilateralität der einzelnen „Strahlen" zunächst jeden einzelnen Strahl hochschaukelt und über das Zentrum des Sterns (Vrm) auch noch die anderen Strahlen der Struktur positiv, d.h. im Sinne zusätzlichen Wachstums beeinflußt. Wenn diese Logik zutrifft, wieso ist dann aber der, dieser Struktur vorangehende Stern um das Zentrum Nhm herum zusammengebrochen? Diese Degeneration dürfte höchstwahrscheinlich auf die
215
Wirkung des ENGELschen Gesetzes zurückgehen, der wir uns im letzten Abschnitt dieses Kapitels noch ausführlicher widmen werden. Die bilaterale Kette Ldw=Nhm=Gst könnte man nämlich als die nahrungsbezogene Wirbelsäule des Wirtschaftsgeschehens interpretieren, wobei die Sektoren Ghd (Großhandel) und Vrk (Verkehr) als zusätzliche Standbeine die Rolle wichtiger Zulieferer spielen. Den ab 1982 einsetzende Zerfall könnte man deshalb als eine Folgeerscheinung des ENGELschen Gesetzes interpretieren, weil bei steigendem Realeinkommen ein sinkender Anteil der Nahrungsausgaben postuliert wird, was einen entsprechenden Bedeutungsverlust der davon betroffenen Sektoren zur Folge haben muß. Der gleichzeitig zu beobachtende „Aufgang" des anderen Sterns um das Zentrum Vrm herum ist unter dieser Perspektive eine zusätzliche Bestätigung der obigen Annahme. Während nämlich bei Nahrungsmitteln die Einkommenselastitität deutlich unter eins liegt, zeigen Beobachtungen - zumindest in Europa - daß die Elastizität für Wohnungen typischerweise über eins liegt, damit also zusätzlich zur „Pingpong"-Dynamik beitragen dürfte, so daß die Wachstumskerne eine zusätzliche, elastizitätsbegründete Wachstumsdynamik erhalten, die auf steigende Einkommen mit (überproportionalen) Steigerung der Mietausgaben reagiert, was nicht nur für Privatwohnungen sondern auch für Büros etc. gelten dürfte. Die Analysen dieses Abschnitts, die die Strukturevo/ип'ол der bundesrepublikanischen Wirtschaft 1978 bis 1990, also die Zeit vor der Wiedervereinigung, zum Gegenstand hatten, sind damit zu einem interessanten Ergebnis gelangt. Eine Verlängerung der Vergleichsanalyse über 1990 hinaus verbietet sich wegen des damit verbundenen Strukturbruchs. Jedoch ist von großem Interesse, eine Analyse der Struktur des Jahres 1995 anzuschließen, um sozusagen „nachrichtlich" den Effekt der Wiedervereinigung sichtbar zu machen. Dahinter steht auch die Frage, ob die für die Jahre 1978 bis 1990 sichtbar gewordenen Tendenzen sich nach 1990 fortsetzen (was in gewissem Umfang zu erwarten ist) bzw. ob durch die Vereinigung und die damit verbundene Integration der Wirtschaft der Neuen Länder sich die Gesamtstruktur deutlich verändert hat.
216
7.2.3 Die Struktur nach der Wiedervereinigung (1995) Sicher ist den aufmerksamen Lesern nicht entgangen, daß in Tabelle 7.2 die letzte Spalte bereits die Zentralitätskoeffizienten für das Jahr 1995 enthält und daß deren Positionierung bzw. Vorhanden-/Nichtvorhandensein einerseits die Fortsetzung, andererseits auch einen Bruch erwarteter Entwicklungen andeutet. Der Graph hierzu ist in Abbildung 7.2 gezeigt:
Abb. 7.2: Die aktuelle Struktur der BRD fur das Jahr 1995
Die Synopse von Tabelle 7.3 erlaubt gleichzeitig, die Veränderungen gegenüber den rein bundesrepublikanischen Strukturen der vorangehenden Dekade, insbesondere des Jahres 1990, festzustellen:
217
Tab.7.3:Übersicht der aktuellen Produktionsstrukturen bis einschließlich 1995 IOT
Quelle
1978
Ldw,mDL,EBM,NEm,Zih,PoE Mol,Gum,EiS
1982
mDL
Chm,KW NEm,Zih,PoE
Mol,Gum,EiS 1986
Ldw.mDL
Mündung
Zentrum
Gtr Zih
Ghd,Bau,AuB Gtr,Vrk
KnS.EIk Nhm.Gst
Chm,Ghd,Bau
Vrm,KnS,E!k
Ldw Vrk Chm
Nhm Bau
Vrm.KnS
Ghd,AuB,Gtr,Vrk 1990
Ldw.mDL
Sta
Vrm StF,Vrs,EIT,MaB
Gst.Sta
AuB StF.Vrs
MaB,Nhm,Gst.Sta
EIT Chm,Ghd,Bau,AuB,Vrm.KnS
Vrk 1995
StF,Vrs,EIT,MaB
Ldw.mDL
Ghd,Bau,AuB,Vrm Wis, Stn PoE
StF.Vrs,EIT,MaB,Nhm.Gst
Sta
E!T,Nhm,Sta
StF.Vrs
MaB
Gst
Chm
Bei den Quellsektoren kommen 1995 die Sektoren Stn (Steine/Erden) und Wis (Wissenschaft/Verlage) hinzu. Die Bedeutungszunahme des Hauptzuliefersektors für die gesamte Bauwirtschaft ist angesichts des Baubooms nach der Vereinigung nicht verwunderlich. Das Hinzutreten des Sektors Wis dürfte wohl primär auf den Aufschwung der Medien im Rahmen der Modernisierung der Wirtschaft zurückgehen. Im Zentrum bleiben die Sektoren Ghd, Bau, AuB und Vrm (Vermietung) aus der bundesrepublikanischen Struktur erhalten. Es kommen aber durch Positionsverlagerung weitere Sektoren hinzu: so z.B. PoE (Private Organisationen ohne Erwerbscharakter, der bei den alten Ländern bis einschließlich 1982 bereits als Quellsektor diente, analog zu 1990 auch der Sektor Staat (Sta), während die Sektoren EIT (Elektrotechnik) und Nhm (Nahrungsmittel) aus dem Mündungsbereich in das Zentrum vorstoßen. Bei den Mündungssektoren sind die Verhältnisse relativ stabil, vernachlässigt man im Moment einmal die Lücken, die die Sektoren EIT und Nhm durch ihren Wechsel ins Zentrum hinterlassen haben. Lediglich der Sektor Chm (Chemie), in den alten Ländern bisher eher ein Zentrumssektor, taucht nun im Bereich der Mündung auf. Wir können also feststellen, daß die Gesamtstruktur sich im Zuge der Wiedervereinigung nicht sehr stark verändert hat. Außer einigen Positionswechseln, die sich durch Gewichtsverschiebungen erklären lassen dürften und die plausible Emergenz des Sektors Stn, haben wir eigentlich nur mit der Hereinnahme des Sektors Wis einen emergenten Sektor, der noch dazu nichts mit der Strukturveränderung infolge der Vereinigung zu tun haben muß, sondern wahrscheinlich eher die Implikationen
218
der technologischen Entwicklung spiegelt, von der natürlich auch die Neuen Ländern voll betroffen sind. Direkte Schlüsse lassen sich aus diesen Ergebnissen für eine evolutive „Entwicklungssystematik" nicht ziehen, da das Vereinigungsgeschehen grundsätzlich einen Strukturbruch in der Entwicklung darstellt. Andererseits zeigt die „Diagnose" der Strukturveränderung, daß der Bruch offensichtlich nicht sehr stark war, was auch darauf zurückzufuhren sein kann, daß das ökonomische Gewicht der Neuen Länder schon vor der Vereinigung wesentlich geringer war, als das der alten Bundesrepublik und dieses Gewicht als Konsequenz der Vereinigung zusätzlich abnahm. Wir haben im Abschnitt 7.2 bisher die Aktuelle Struktur dargestellt. Natürlich ist grundsätzlich auch die Standardstruktur von Interesse. Ihre Besprechung im gleichen Umfang würde aber sehr viel Platz in Anspruch nehmen. Deshalb werden auf den folgenden Seiten lediglich die, den Abbildungen 7.1 a - d und 7.2 analogen Graphen der Standardstruktur als Anhang gezeigt. Der Leser oder die Leserin möge sich dann selbst, analog der Vorgehensweise in Abschnitt 7.2, ein Bild der Strukturentwicklung machen, stets eingedenk der Tatsache, daß die Standardstruktur zwar ein gegenüber der Aktuellen Struktur stärker technologisch bestimmtes Bild zeigt, da das Profil der Endnachfrage nun keine Rolle mehr spielt, aber damit noch lange nicht „die" technologische Struktur, da die verwendeten Inputkoeffizienten aus t/wsafeanteilen abgeleitet sind und damit wegen ihrer teilweise monetären Orientierung keine echte Abbildung der „Technologie" leisten können. 7.2.3 Anhang: die Standard struktur In den Graphen 7.3 a-d und 7.4 sind nun die Standardstrukturen derselben Jahre dargestellt wie in den Abbildungen 7.1 a-d und 7.2
219
82 58.S/d 7 Abb. 7.3 a, b: Die Standardstrukturen 1978 und 1982
220
Abb. 7.3 c,d: Die Standardstrukturen 1986 und 1990
221
Abb. 7.4: Die Standardstruktur für Deutschland 1995
Die auf der nächsten Seite abgebildete Tabelle der Zentralitätskoeffizienten erlaubt gleichzeitig die Übertragung in eine synoptische Darstellung und eröffnet damit die Möglichkeit, nachzuvollziehen, welche „Sektoren" bzw. Technologien im Verlauf der Jahre „untergehen" bzw. ins Spiel kommen und welche Techniken damit an Bedeutung verlieren bzw. gewinnen.
222
Tab. 7.4: Zentralitätskoeffizienten für die Standardstrukturen 1978-1995 Nr. 1 3 6 8 9 10 11
Symb. Sektor Ldw Landwirtschaft Elk Elektrizität Khl Kohlenbergbau Oel Olgewinnung Chm Chemie Mol
KnS 13 Stn 16 EiS 19 Zih 20 Sth 21 MaB 25 26
LRF EIT
32
Pap PpW
Mineralölprod. Kunststoffe Steine/Erden Eisen Ziehereien Stahlbau
1978S
1982S 0,87 0,83 1,66 1,50 0,25
0,06
0,00
0,00
2,00 0,00 0,00 2,00 2,00
0,50 2,00 0,00 0,00 2,00 2,00
Maschinenbau Luft- und Raumf. Elektrotechnik
1986S 0,78 1,43 0,67 0,00 0,27 2,00 2,00 1,08 0,00
1995S 1990S 0,72 0,58 1,20 0,73 0,00
1,59 0,92 0,00 1,41
0,68 2,00 2,00
2,00
1,63
1,58
2,00 0,00
0,00
0,00
0,00
33 34 Dru 36 Тех 38 Nhm 39 Gtr 41 Bau 42 AuB
0,00 2,00 0,62
1,71 0,04
2,00
Papier,Pappe Papierwaren Druck Textilien
2,00 0,59
1,20
1,30
1,36
Nahrungsmittel Getränke Bauwirtschaft Ausbauleistung.
0,82 0,88 2,00
0,85 0,36 2,00
0,77 1,11
0,80 1,29
2,00
2,00
1,06 1,39 2,00
43 Ghd 45 EIB 48 Vrk 50 Vrs 51 Vrm 52 Gst
Großhandel Eisenbahnverk. Verkehr Versicherungen Vermietung Gaststätten/Hot.
53 Wis 55 mDL 58 PoE
Wissenschaft/V. marktb.Dienstl. Priv. Org. o.Erw.
0,07
2,00 2,00 2,00 2,00 2,00 2,00 2,00 0,00
2,00 1,89 0,00
2,00 1,38 0,00
2,00 0,00 1,77 0,63 0,00
2,00 0,00 1,69 0,53 0,00 1,88
223
7.3. Die Entwicklung der Produktionsstrukturen in Deutschland, Japan und den USA 1980-1990. 7.3.1 Gibt es ein einheitliches Entwicklungsmuster?
Zu den spannendsten Problemen in der Ökonomie zählt die Frage, ob es einheitliche wirtschaftliche Entwicklungsmuster von Industriegesellschaften gibt - unsere Frage (a) aus Abschnitt 7.1. Dahinter steht die Annahme einer Evolution der Ökonomie, die nach gewissen Gesetzen oder Mustern erfolgt, die aber auch infolge unterschiedlicher Startbedingungen oder Umgebungseinflüssen zu verschiedenen Ergebnissen fuhren kann. Demzufolge sollten sich bei ähnlicher Ausgangslage und vergleichbaren Umgebungseinflüssen einer solchen Entwicklung die Grundzüge des evolutiven Prozesses herauskristallisieren lassen. Während in Abschnitt 7.2 die lediglich intertemporale Analyse der Entwicklung der bundesdeutschen Produktionsstruktur im Vordergrund stand, widmen wir uns nun zusätzlich der internationalen Perspektive. Die folgende Untersuchung analysiert die Entwicklung der
(aktuellen) Charakteristischen Strukturen Deutschlands, Japans
und der USA von 1980 bis 1990. Sie basiert auf ΙΟ-Tabellen dieser drei Länder, die als vergleichbare 35 χ 35-Tabellen von einem OECD-Gremium aufbereitet wurden (OECD 1995)'. Über die „Vergleichbarkeit" dieser ΙΟ-Tabellen könnten Experten natürlich leicht die Stirn runzeln, aber es gibt keinen anderen Weg, um das oben genannte Problem anzugehen und so die Möglichkeit zu erhalten, Gemeinsamkeiten zwischen den Ländern, trotz aller statistischen Compilationsschwierigkeiten, auf die die OECDExperten stießen und zu bewältigen hatten, herauszufinden.
' Die Orginalzusammenstellung der Tabellen beinhaltete die 1978er Tabelle (anstatt der 1980er Tabelle) für Deutschland, die jedoch unter Gesichtspunkten der Vergleichbarkeit weniger passend erschien. Deshalb wurde die originale deutsche 1980er Bundesamts-Tabelle dem in der OECD-Veröffentlichung vorgegebenen Aggregationsschema unterworfen, und entsprechend der 35er Aggregation angepaßt. Eine Überprüfung dieser Vorgehensweise anhand der deutschen Orginal-1978er Tabelle lieferte eine perfekte Übereinstimmung mit der von der OECD veröffentlichten Tabelle für 1978, mit Ausnahme der Zeilen 31 (Finanzen und Versicherungen) und Zeile/Spalte 34 (Staat und Soziale Sicherheit); letztere wurden gemäß dem OECDVerfahren in die Endnachfrage (bzw. dem Primäraufwand) verschoben. Unterschiede in Zeile 31 sind auf die spezielle Verfahrensweise des Stat. Bundesamts mit den „unterstellten Bankgebühren" zurückzufuhren, die nach den Vorgaben der 1978er OECD-Tabelle angepaßt wurden.
224
7.3.2 Ergebnisse der Analyse Die Abbildungen 7.5 bis 7.7 zeigen die Ergebnisse der Analyse der Aktuellen Produktionsstruktuen für die drei Länder Deutschland, Japan und die USA für jeweils drei Jahre aus der Dekade 1980 bis 1990, d.h. unter Verwendung der aktuellen Endnachfragevektoren. Die verwendeten ΙΟ-Tabellen betreffen jeweils Anfang, Mitte und Ende der Dekade (mit Ausnahme der USA, für die die erste verwendete Tabelle dem Jahr 1982 gewidmet ist, sowie Deutschlands, für das die 1986er Tabelle statt der 1985er Tabelle die Ausgangsdaten lieferte. Diese beiden „Ausnahme"-Tabellen waren der OECD Expertengruppe jeweils von den nationalen Statistikbehörden zur Verfügimg gestellt worden). Die Analyse kann sich grundsätzlich entweder intertemporal orientieren oder sich als Querschnittsanalyse auf die Länder bei jeweils gleichen (oder nahezu gleichen) Jahren beziehen. Wie wir sehen werden, sind beide Sichtweisen von Interesse. 7.3.2.1 Die Produktionsstruktur Deutschlands Tabelle 7.5 zeigt die Zuordnung der relevanten Sektoren, zu den drei Grundkategorien Quelle, Zentrum, Mündung. Hierbei mag es von Interesse sein, diese Tabelle mit Tabelle 7.1 zu vergleichen, doch sei vor einer Überinterpretation gewarnt, da sich nicht nur die Tabellen-Jahre unterscheiden, sondern vor allem der Aggregationsgrad und damit die Abgrenzung der Sektoren (35 vs. 58 Sektoren) differiert. Tab. 7.5: TAB:
Quelle
ΙΟ-Tabellen Deutschland 1980 - 1990 Mündung
Zentrum
1980 LdF, KrV
GEh
Vrm
Bau
NGT.Gst
H/z 1986 LdF, KrV EIT 1990 LdF, KrV PaD
GEh.Bau.Vrm GEh,Bau,Vrm EIT
WiG, NGT.Gst WiG, NGT
MaB MaB Chm
Man kann auf den ersten Blick sehen, daß die Positionierung der Sektoren in Bezug auf die drei Hauptkategorien relativ stabil ist, aber es gibt auch einen gewissen Wechsel zwischen den Kategorien. Die Sektoren LdF (Land- und Forstwirtschaft)
225
und KrV (Kreditinstitute und Versicherungen) sind, wie Tabelle 7.5 zeigt, durchgängig ßwe//sektoren. Der gleiche Tatbestand trifft auf die Sektoren GEh (Groß- und Einzelhandel) und Vrm (Vermietung) hinsichtlich ihrer stabilen Lokalisation im Zentrum zu. Der Sektor NGT (Nahrungs- und Genußmittel, Tabak) ist der einzige konsistente Mündungssektor für die gesamte Dekade. Sektoren wie WiG (Wissenschaft/Gesundheit), Maß (Maschinenbau) und Gst (Gaststätten / Hotels) werden nur in jeweils zwei Tabellen der betrachteten Zeitspanne als Mündungssektoren identifiziert. Es existieren „Springer" wie z.B. EIT (Elektrotechnik), ein Sektor, der vom Quellsektor (1986) zum Zentrumssektor in 1990 mutiert, oder Bau (Bauwirtschaft), der vom Mündungssektor zum Zentralsektor wird. Wieder andere Sektoren tauchen „aus dem Nichts" auf, wie z.B. PaD (Papier und Druck) bzw. Chm (Chemie) 1990 oder für immer verschwinden, wie Hlz (Holz und Holzprodukte) nach 1980 (in Tabelle 7.5 jeweils kursiv). Ein anderes, bereits aus Abschnitt 7.2.2 bekanntes Entwicklungsmuster (vgl. auch Schnabl 1992) bestätigt sich auch hier in der Aggregationsstufe von 35 Sektoren (statt 58): die sog. Wirbelsäule der Wirtschaft LdF^NGT^Gst
(Land- und Forst-
wirtschaft ^Nahmngsmittel—>Gaststätten/Hotels), die 1980 und 1986 mit teilweise schwacher unilateraler Verbindung (NGT->Gst) auftritt und 1990 zur Restverknüpfung LdF—>NGT degeneriert. Anlaß hierfür dürfte das ENGELsche Gesetz sein (d.h. eine Einkommenselastitität < 1, die dazu fuhrt, daß im Wachstumsprozeß Sektoren mit niedriger Elastizität relativ zurückbleiben (Schnabl 1992).
226
a)
(KRV)
(HIZ)
/
(GEM
/ \
\
ί VrmJ
f Bau 1 G8035.A/d 9
b) (KRV)
USEh) VR^
^ /NGT)
Abb. 7.5 a,b,c: Die Charakteristische Struktur der deutschen Wirtschaft 1980-1990
227
Ein weiterer interessanter Punkt ist die Entwicklung bilateraler Strukturen, die durch fette Striche hervorgehoben sind. So bilden z.B. die Sektoren Vrm=Bau (Vermietung==Bauwirtschaft) im Jahre 1980 eine bilaterale Kette. Diese Kette kann man - wie wir wissen - als Wachstumsdipol interpretieren, weil das Wachstum eines Sektors die Vorproduktlieferungen des anderen stimuliert. Diese reflektieren wegen der engen Bindungen auf den ersten Sektor zurück (Bilateralität der Lieferungen > F e !) so daß dieser erneut zusätzliche Vorleistungslieferungen benötigt. Damit ergibt sich ein positiver Feedback zwischen den beiden Sektoren und folglich eine nichtlineare Kumulierung von Wachstum. Damit können wir die stärksten Dynamik-Quellen einer Wirtschaft und deren Entwicklung identifizieren. Der 1980 auftretende Wachstumsdipol Vrm=Bau, (die Doppellinie im Text entspricht der fetten Linie im Graphen) verlängert sich 1986 durch den Sektor KrV zu einer bilateralen Kette KrV=Vrm=Bau,
die sich 1990 zu einem bilateralen Drei-
eck schließt. Dies ist eine weitere Bestätigung dafür, daß sich die Wachstumseffekte der drei Sektoren KrV, Vrm und Bau gegenseitig aufschaukeln, mit der Wirkung, daß sich 1990 eine zusätzliche bilaterale Verbindung Bau=GEh (Bauwirtschaft== Handel) an das bilaterale Dreieck anlagert. Diese Superstruktur bzw. dieser Wachstumskern wird durch grundlegende wirtschaftliche Aktivitäten (Basisaktivitäten) angetrieben, wie sie in jeder Wirtschaft notwendigerweise vorkommen, wie z.B. Handel, Verkehr, Kreditvergabe, andere, insbesondere einfache Verbindungen wie z.B. Ele -» MaB (Elektrotechnik -> Maschinenbau) sind dagegen eher von technischen Zusammenhängen geprägt und stellen folglich in diesem Fall für Deutschland spezifische Eigenheiten dar, da diese Verbindung - wie wir noch sehen werden - weder in den USA noch in Japan auftritt.
228
7.3.2.2 Die Produktionsstruktur Japans Die gleiche Vorgehensweise wie im vorangehenden Abschnitt ergibt für Japan Tabelle 7.6: Tab. 7.6: ΙΟ-Tabellen für Japan 1980 - 1990 TAB:
Quelle
GEh Vrk EIT 1980 LdF 1985 LdF,KrV,GEh,Vrk,EIT,Chm 1990 LdF,KrV Chm EGW
Zentrum Vrm,WiG, Bau Vrm,WiG Bau GEh,Vrm,WiG Bau EIT,Vrk NGT,Gst
Mündung NGT,Gst NGT,Gst StF
Ein Vergleich mit Tabelle 7.5 zeigt weitreichende Ähnlichkeiten: Bei den japanischen Quellsektoren behaupten LdF und KrV (Land- und Forstwirtschaft inklusive Fischerei und Forsten sowie Kreditwirtschaft & Versicherungen) dieselbe Position über die ganze Dekade. Während der Sektor Vrk (Verkehr)1 in Deutschland überhaupt nicht auftaucht, ist er in Japan 1980 und 1985 Quellsektor (wechselt allerdings 1990 ins Zentrum). Für GEh (Groß- und Einzelhandel) gilt dasselbe, was die Positionen in Laufe der Dekade angeht. EIT (Elektrotechnik) ist in Japan bereits 1980 Quellsektor, verhält sich aber ansonsten genauso wie in Deutschland. EGW (Energie/Gas/Wasser) taucht in Japan erst 1990 als Quellsektor auf, während StF (Strassenfahrzeugbau) ebenfalls in diesem Jahr als Mündungssektor erscheint (wegen des vereinzelten Auftretens in Tabelle 7.6 kursiv dargestellt). Die konsistenten Zentrumssektoren sind - wie in Deutschland - über die volle Dekade hinweg die Sektoren Vrm (Vermietung) und WiG (Wissenschaft und Gesundheit), wobei letzterer in Deutschland Mündungssektor ist. Die Sektoren NGT (Nahrungsmittel, Getränke, Tabak) und Gst (Gaststätten/Hotels) verhalten sich weitgehend ähnlich wie in Deutschland, nämlich als primäre Mündungssektoren (bis auf den Wechsel ins Zentrum 1990). Auch Bau (Bauwirtschaft) gehört in Japan zu den relevanten Sektoren, firmiert dort aber als Mündungssektor.
1 Die Sektorsymbole wurden beibehalten, sofern auch auf der Aggregationsstufe von 35 Sektoren noch weitgehende Übereinstimmung mit der Definition von Abschnitt 7.2 besteht, andernfalls wurden neue Bezeichnungen verwendet (Beispiel LdF f. Land- und Forstwirtschaft, inkl. Fischerei) um den Unterschied deutlich zu machen.
229
Abb. 7.6 a,b,c: Die Charakteristische Struktur der Japanischen Wirtschaft 1980-1990
230
Zusammenfassend können wir also sagen, daß bis auf StF (Straßenfahrzeuge) und EGW (Elektriz./Gas/Wasser) in Japan und Deutschland der Kern der Produktionsstruktur durch dieselben Sektoren gebildet wird, wobei die Zuweisung der Sektoren zu den drei Grundkategorien über die Dekade hinweg gewisse Unterschiede aufweist. Ein Blick auf die Verknüpfungsstrukturen zeigt, daß z.B. die „Wirbelsäule" der Wirtschaft LdF->NGT^>Gst mit einer relativen Abschwächung des Astes NGT-^Gst 1980 und 1985 auch dort vorhanden ist. Die bilaterale Verknüpfung Vrm=Bau ist auch in Japan dekadendurchgängig, wird aber bereits 1980 um die Verbindung Vrm=WiG zur bilateralen Kette verlängert, die ebenfalls die ganze Dekade hält. In 1985 kommt eine zweite bilaterale Kette, nämliche Gst=GEh=NGT für den Rest der Dekade hinzu. Schließlich bildet sich 1990 eine aus Abschnitt 7.2.2 (vgl. Schnabl 1992, 1994) bereits bekannte Superstruktur heraus, nämlich ein Bilateraler Stern mit Vrm im Zentrum (Vrm=(KrV,Vrk,WiG,Bau)). Eine ganz ähnliche Struktur hatte in den Analysen auf Basis der 58er Tabellen für Deutschland dort ab 1986 die „Wirbelsäule" abgelöst, was mit den Nachfrageelastizitäten in Zusammenhang gebracht werden konnte (Schnabl 1997). Es ist klar, daß diese Superstruktur ein noch höheres Wachstumspotential spiegelt, als ein einzelner Wachstumsdipol, da die Aktivitäten eines Sektors über die „Spinnenposition" des Sektors Vrm zusätzlich auch in die anderen „Beine" reflektieren. An der Verbindung KrV—>Vrm kann man dabei auch unmittelbar sehen, wie die vermutete Dynamik abläuft: 1980 „noch nicht vorhanden", zeigt sich diese Verknüpfung zunächst 1986 unilateral, um dann 1990 als bilateraler Wachstumsdipol Bestandteil des Bilateralen Sterns zu werden (ähnlich die Verknüpfung Gst-^GEh NGT die ab 1986 zu einer bilateralen Kette mutieren). Dies sind erste Hinweise auf das Wirken der, in der Einfuhrung angesprochenen, evolutorischen Regeln, die hinter dem Wachstumsprozeß stehen könnten und möglicherweise auch auf eine relative Konvergenz der Produktionsstrukturen verschiedener Länder hinwirken. Zusammenfassend können wir also feststellen, daß die Charakteristische Struktur Japans der deutschen ziemlich ähnlich ist, daß gleichzeitig aber auch gewisse Differenzen bestehen, z.B. bei StF, was sich aber aus den Unterschieden in der Geschichte beider Länder durchaus verstehen läßt.
231
7.3.2.3 Die Produktionsstruktur der USA Die bereits bekannte Vorgehensweise liefert für die USA die Tabelle 7.7: Tab.7.7: ΙΟ-Tabellen USA 1982 - 1990 TAB:
Quelle
1982
LdF,Vrm
1985
LdF,Vrm
1990
Vrm
Zentrum GEh,Bau
Mündung WiG.NGT
KrV Gst
Hlz,Mol
GEh GEh,Bau
WiG
Bau WiG
NGT
KrV KrV
Im Vergleich mit den Tabellen 7.5 und 7.6 zeigen sich auch diesmal viele Ähnlichkeiten. Auch in den USA ist LdF Quellsektor, allerdings nur bis einschließlich 1985. Ähnlich wie in Deutschland gehört Hlz zu den Quellsektoren und verschwindet, ähnlich wie dort, nach 1982. Das selbe Schicksal erleidet der Sektor Mol (Mineralölprodukte). Die Sektoren Vrm (Vermietung), GEh (Handel) und KrV (Kreditinstitute und Versicherungen), Stellvertreter der grundlegenden Wirtschaftsaktivitäten, sind durchgängig Bestandteile der Charakteristischen Struktur der USA, wie schon in Deutschland und Japan, jedoch in den USA anderen Positionen zugeordnet. Während in den beiden anderen Staaten KrV ein Quellsektor ist, tritt dieser in den USA als Mündungssektor auf. Dagegen spielt Vrm in USA die Rolle der Quelle, während es in den beiden andern Ländern Zentrumssektor ist. Der US-Sektor GEh schließlich teilt mit Deutschland die Position des Zentrums, während er in Japan als Quellsektor erscheint. Dasselbe gilt für den Sektor WiG, der, seiner Position nach, eher mit Deutschland vergleichbar ist, in Japan jedoch durchgängig Zentrumssektor ist.
232
Abb.7.7 a,b,c: Die Charakteristische Struktur der USA 1982-1990
233
Wagen wir hier bereits eine erste Verallgemeinerung, so können wir feststellen, daß die Sektoren NGT, Gst und WiG in allen Ländern mehr oder weniger einheitlich Mündungssektoren darstellen, in den USA zusätzlich KrV. Darüber hinaus können wir in allen Ländern teils mehr, teils weniger deutlich ausgeprägt, die Zerfallsdynamik der LdF^NGT-^Gst-Verbindung
beobachten, die in den USA offensichtlich
am ausgeprägtesten ist, denn dort degeneriert die „Wirbelsäule" der Wirtschaft noch schneller als in den beiden anderen Ländern, so daß von ihr im Jahre 1990 überhaupt nichts mehr vorhanden ist. Diese Beobachtung läßt sich gut mit dem ENGELschen Gesetz begründen und paßt andererseits auch zu der Tatsache, daß die USA von den drei analysierten Ländern wohl das in der Entwicklung am weitesten fortgeschrittene Land sein dürften. Hierin könnte sich eine wichtige „evolutorische Regel" andeuten, deren Wirkung sich auch in anderen Ländern nachweisen lassen müßte. Ebenso einsichtig ist es, wenn bestimmte Sektoren, deren Technologie bekanntermaßen im Zuge des technischen Fortschritts an Bedeutung verliert, wie z.B. Hlz, sich aus der Graphik „verabschieden". Ein Blick auf die bilateralen Verknüpfungen zeigt, daß Vrm^Bau, wie schon bei den beiden anderen Ländern, den StandardWachstumsdipol stellt. Während die Bilaterale Kette WiG=Vrm=Bau in Japan die ganze Dekade über stabil ist, wird sie in den USA erst 1985 etabliert, verlängert um den Ast GEh=WiG, wobei 1990 diese Verbindung „springt" und sozusagen die Schiene Vrm=WiG bezüglich ihrer Position in der Kette ersetzt. Wie eine genauere Analyse zeigte, basiert dieser Positionswechsel auf der Existenz eines im Prinzip darunterliegenden Vierecks GEh=WiG=Vrm=Bau, dessen geringfügig wechselnden Gewichte in der Nähe der kritischen Schwelle Fe mal die eine, mal die andere Verbindung stärker in den Vordergrund treten lassen. Dieser Wachstumskern ist in den USA also genauso existent wie in den anderen Ländern, zeigt sich aber im Zeitablauf mit unterschiedlichem Gesicht. Schließlich fallt auf, daß - anders als bei den beiden andern Ländern - die Zahl der Sektoren und der Verknüpfungen in den USA deutlich abnimmt. Man könnte den Verdacht hegen, daß die MFA-Prozedur wesentliche Teile der US-amerikanischen Wirtschaft ausblendet. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. Dies ergibt sich aus zwei Befunden: Senkt man die Filterschwelle willkürlich unter die für Fe gefundene herab, so bleibt die Struktur trotzdem dieselbe, vergleichbar mit der Beobachtung,
234
die wir machen würden, wenn wir eine Stadt mit vielen Hochhäusern fluten: Die aus dem Wasser noch herausragenden Hochhäuser würden über eine weite Variation des Wasserstandes hinweg dieselben sein. Das andere Argument liefert die, in der Analyse verfugbare Kontrolle des „Abbildungs^/itei/s". Während in der deutschen Struktur ungefähr 25 bis 30% aller ökonomischen Aktivitäten in der Graphik ihren Niederschlag finden, und etwa 40 - 45% der japanischen, sind es für USA sogar 50%. Die Schlußfolgerung ist also, daß im Zeitablauf sich eine Veränderung dergestalt ergeben hat, daß immer weniger Sektoren den Löwenanteil der Produktion erstellen. Das beobachtete Phänomen läßt sich also u.U. als Reflex eines kontinuierlich ablaufenden Konzentrationsprozesses deuten, der in den USA offenkundig stärker zum Tragen kommt, als in den beiden anderen Länder. Auch dies könnte eine durch die MFA sich herauskristallisierende „evolutorische Regel" sein, der man in Zukunft mehr Aufmerksamkeit schenken sollte. Tabelle 7.8 faßt die bisherigen Ergebnisse nochmals in einer Synopse, diesmal nach Jahren sortiert, zusammen. Hierbei gelten folgende Konventionen: Sektoren stehen untereinander in „derselben Spalte", falls der betreffende Sektor mehr als einmal in derselben Kategorie (Quelle, Zentrum, Mündung) auftaucht. Falls ein Sektor „auftaucht" oder „verschwindet", wird er kursiv in eine zweite Zeile geschrieben (z.B. Hlz in der Zeile von G1980/Quelle). Zwischen den Kategorien „springende" Sektoren stehen ebenfalls in einer zweiten Zeile in Normalschrift Es zeigt sich, daß einige Sektoren die jeweilige Kategorie über die Länder und Jahre hinweg teilen, wie z.B. LdF. Steht ein Sektor für den selben Zeitraum für alle drei Länder in derselben Kategorie, so wird das Symbol fett/normal geschrieben z.B. LdF als Quelle 1980 oder Gst als Mündung im selben Zeitraum. Gilt das simultane Auftreten nur für 2 Jahre, so wird das Symbol zusätzlich kursiv dargestellt (z.B. Gst als Mündungssektor 1985/6). Normale Schrift signalisiert schließlich, daß der betreffende Sektor in dem, dem Jahr zugeordneten, Bereich nur einmal auftaucht. Hieraus lassen sich also unmittelbar Gleichartigkeiten der Sektorbedeutung über verschiedene Länder hinweg ersehen. Die Tabelle zeigt somit auf einen Blick, daß z.B. der Sektor Land- und Forstwirtschaft (LdF) in allen Ländern und dekadendurchgängig ein stabiler Quellsektor ist (Ausnahme USA 1990). Eine ähnlich konsistente Position nehmen die Sektoren GEh
235
(Handel), Bau (Bauwirtschaft) und Vrm (Vermietung) ein, wenn auch nicht so eindeutig wie bei der Land- und Forstwirtschaft. Ein Blick auf die Spalten der Mündungssektoren zeigt die abnehmende Bedeutung der zum Sektor LdF passenden Sektoren MST und Gst und die zunehmende Bedeutung des Sektors WiG, was andererseits nicht überrascht. Die Sektoren auf der jeweils rechten Seite der Hauptkolumnen zeigen einerseits die „Spezialitäten" der einzelnen Länder, könnten damit auch, als deren Kompetenzbereiche aufgefaßt werden wie z.B. StF für Japan oder MaB für Deutschland bzw., mit den kursiv gestellten Symbolen, die emergenten bzw. untergehenden Sektoren, was man meist ihrer technologischen Orientierung entsprechend zuordnen kann. Tab.7.8: Synopse der Strukturevolution TAB: Gl 980
Mündung
Zentrum
Quelle GEh
LdF,KrV
Vrm
Bau
NGT,Gst
Vrm, WiG
Bau
NGT,Gst
Hlz J 1980
LdF
U1982
LdF
GEh,Vrk,ElT Vrm
GEh,Вau
WiG,NGT,Gst,
KrV
GEh Mau, Vrm
WiG,NGT,G.« MaB
Mol,Hlz G1986
LdF ДгК
E1T
J1985
LdF,ÄrF,GEh,Vrk,ElT
Vrm,WiG
Bau
NGT, Gst
Bau
NGT
Chm U1985
LdF
Gl 990
LdFJCrV
Vrm
GEh
GEh,Bau, Vrm PaD
EGW, Chm ElT.Vrk Vrm
WW,NGT
GEhuß««
KrV MaB Chm
E1T GEh
J 1990 LdFJCrV U1990
WiG
Vrm,WiG
Bau MvH
NGT,Gst WiG
KrV
Zusammenfassend können wir also feststellen, daß der Strukturvergleich zwischen den drei Ländern über eine Dekade hinweg relativ große Ähnlichkeiten aufzeigt. Diese sind gleichzeitig mit gewissen Besonderheiten einzelner Länder verknüpft, die sich aber mit den geschichtlichen Eigenheiten des betreffenden Landes gut in Einklang bringen lassen.
236
Tab. 7.9: Die Zentralitätskoeffizienten der einzelnen IOTs (Aktuelle Struktur) Nr. Symb
Sektor
1 LdF
Land- u.Forstwirtsch.
2 Bgb
Bergbau,Kohle,öl
3 NGT
Nahrung, Getr.,Tabak
4 Тех
Textilien, Leder, Bekleid.
5 Hlz
Holz, -waren
G80A G86A G90A J80A J85A J90A U 82 A U85A U90A 0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
1,45
1,58
1,56
1,48
1,37
1,19
1,33
1,44
0,00
0,00
6 PaD
Papier, Zellstoff,Druck
0,00
7 Chm
Chemische Erzeugn.
1,53
8 Phm
Pharmazeutika
9 Mol
Mineralöl
10 KuG
Kunstoffe & Gummi
11 SKG
Steine, Keramik, Glas
12 EiS
Eisen & Stahl
13 NeM
Nichteisen-Metalle
14 GZS
Gießer.,Zieher. Stahlbau
15 MaB
Maschinenbau
16 Bur
Büromaschinen
17 Ε IT
Elektrotechnik
18 RTK
Radio, TV, Kommunik.
19 Sch
Schiffsbau
20 SVk
Sonst. Verkehr
21 StF
Straßenfahrzeuge
22 LuR
Luft- und Raumfahrt
0,00
0,00 0,38
2,00
2,00
0,24
1,10
0,00
0,00
0,97
1,77
23 FmO Feinmechanik /Optik 24 Mus
Musikinstrumente u.ä. 0,00
25 EGW Elektrizität,Gas,Wasser 26 Bau
Bauwirtschaft
1,36
1,27
27 GEh
Groß- u. Einzelhandel
0,72
0,92
28 Gst
Gaststätten/Hotels
2,00
2,00
29 Vrk
Verkehr
30 PoF
Post und Fernmeldewes.
1,17
1,52
1,52
1,47
1,21
1,40
1,13
1,11
0,46
0,68
0,85
0,94
0,93
0,89
1,33
2,00
1,41
1,28
0,00
0,00
0,71
31 KrV
Kreditwirtsch.&Versichg.
0,09
0,59
0,67
0,42
0,60
1,72
1,56
2,00
32 Vrm
Vermietung
1,08
0,80
0,71
0,89
0,91
0,81
0,65
0,68
0,65
33 WiG
Wissenschaft & Gesndh.
2,00
2,00
1,05
1,04
1,27
1,38
1,16
1,42
34 GSv
Gebietskörp./Soz.Vers.
35 PoE
Priv. Org.o.Erwerbschar.
237
Tabelle 7.9 erlaubt, diesen Prozeß auch anhand der Zentralitätskoeffizienten nochmals nachzuvollziehen. Eine leere Zeile zeigt dabei an, daß der betreffende Sektor in allen Ländern nicht Bestandteil der Charakteristischen Struktur ist. Zeilen, die nur teilweise besetzt sind, erlauben die zeitliche Entwicklung besser einzuschätzen oder auch „ephemeres" Auftreten zu diagnostizieren (dies korrespondiert in Tabelle 7.8 mit den kursiv gedruckten Symbolen, vgl. Zeile 21, StF für Japan 1990) Wie schon im letzten Abschnitt wollen wir damit die Feinanalyse der Charakteristischen Aktuellen Produktionsstruktur beenden. Eine in gleichem Umfang vollzogene Analyse der Standardstruktur würde den vorhandenen Rahmen sprengen. Deshalb seien analog der Vorgehensweise in Abschnitt 7.2 in einem Anhang lediglich die Graphiken dieser Strukturen abgebildet, sowie die Tabelle der Zentralitätskoeffizienten hierzu. 7.3.3 Anhang: Die Standardstrukturen
Der Leser oder die Leserin mögen sich den Spaß (oder die Arbeit) machen in die Analyse nach obigem Muster selbst anhand der hier wiedergegebenen Details einzusteigen. Hierbei ist wieder herauszustellen, daß es keinen Sinn macht, die Standardstrukturen mit ihren Pendants der aktuellen Strukturen zu vergleichen, da die Berechnungsbasis aus logischen Gründen differiert. Die Graphiken der Abbildungen 7.8 bis 7.10 zeigen viel mehr die eher technisch „gefärbten" und dabei von keiner „ökonomischen" Begleiterscheinung „verschmutzten" (da der Endnachfragevektor nun kein „ökonomisch" determiniertes Profil mehr zeigt) Beziehungen zwischen den Sektoren. Die Tatsache, daß damit aber nicht die reine Technologie abgebildet wird, sondern bestenfalls eine gewisse Annäherung an technische Zusammenhänge, braucht nicht mehr besonders hervorgehoben zu werden. Es fällt auf, daß in Tabelle 7.10 wesentlich weniger „leere Zeilen" existieren als in Tabelle 7.9. Hier ist ergänzend hinzuzufügen, daß es sich bei den Zeilen 8 (Phm, Pharmazeutika), und 18 (RTK, Radio, TV, Kommunikation) - wie schon in Tabelle 7.9 - um unechte Leerzeilen handelt, da diese beiden Zeilen aus Gründen einer erzwungenen Kompatibilität zur deutschen IOT in die Zeilen 7 (Chm, Chemie) bzw. 17 (EIT, Elektrotechnik) integriert wurden. Auch die Zeile 34 (GSv, Gebietskörpersch./Soz.Vers.) ist eine unechte Leerzeile, weil deren Inhalt - diesmal in Kompatibilität zur Japanischen und USA-Tabelle in die Endnachfrage bzw. den Primäraufwand wanderte.
238
Abb. 7.8: Standardstrukturen der Bundesrepublik 1980-1990
239
Abb. 7.9: Standardstrukturen Japans 1980 - 1990
240
Abb. 7.10: Standardstrukturen der USA 1982 - 1990
241
Tab. 7.10: Zentralitätskoeffizienten der einzelnen IOTs 1980 - 1990 (Standardstrkt.) Nr Symb
Sektor
G80S G86S G90S J80S J85S J90S U82S U85S U90S
1 LdF
Land- u.Forstwirtsch.
0,90
0,88
2 Bgb
0,04 0,08
Bergbau,Kohle,ÖI
0,00
3 NGT
Nahrung, Getr.,Tabak
0,91 0,90
4 Тех
Textilien, Leder, Bekleid.
5 Hlz
Holz, -waren
6 PZD
Papier, Zellstoff,Druck
7 Chm
Chemische Erzeugn.
8 Phm
Pharmazeutika
9 Mol
Mineralöl
0,86 0,77 1,11 0,89 1,58
0,00 0,00
0,83 0,81
0,93
0,89 0,85
0,00
0,42
0,55 0,60
0,90 0,95
1,03
1,02 0,93
1,22
1,12 0,97
1,25 1,76
1,16 1,56 0,81
0,50 0,78
0,78 0,98 0,93
0,21
0,25
1,75 0,85 0,88
2,00 2,00
1,50
1,41 2,00 2,00 2,00
1,06
1,22 0,38
0,25 0,79
1,57
0,20 0,60
0,66 0,00
0,00 0,00
1,08 0,86 0,43
2,00
1,29
10 KuG
Kunstoffe & Gummi
11 SKG
Steine, Keramik,Glas
0,26
12 EiS
Eisen & Stahl
13 NeM
Nichteisen-Metalle
1,14 0,97
1,24
1,38
1,44
1,35
1,04 0,60
0,55
1,55
1,13
1,11
1,77
1,94
1,13 2,00 2,00
1,72
1,48 2,00
1,40
1,69
1,95 0,65
1,33 2,00
1,07
1,44 0,99
14 GZS
Gießer./Zieher./Stahlbau
15 MaB
Maschinenbau
16 Bur
Büromaschinen
17 EIT
Elektrotechnik
18 RTK
Radio, TV, Kommunik.
19 Sch
Schiffsbau
20 SVk
Sonst. Verkehr
21 StF
Straßenfahrzeuge
22 LuR
Luft- und Raumfahrt
23 FmO
Feinmechanik /Optik
24 Mus
Musikinstrumente u.ä.
25 EGW
1,18
1,07
1,12
2,00 2,00 0,00
2,00
Elektrizität.Gas,Wasser
2,00 2,00 2,00 2,00
26 Bau
Bauwirtschaft
1,60
27 GEh
Groß- u. Einzelhandel
28 Gst
Gaststätten/Hotels
29 Vrk
Verkehr
30 PoF
Post und Fernmeldewes.
31 KrV
Kreditwirtsch.&Versichg.
1,69 0,76
0,51 0,97
1,64 0,51 2,00 2,00 2,00
32 Vrm
0,37
0,21 0,30
0,09
1,22 0,61 2,00
2,00
1,79
1,76 0,73
1,54
1,93 2,00
1,52 0,85 0,61 0,95
2,00 2,00 2,00 2,00 2,00 0,27
Vermietung
0,00
33 WiG
Wissenschaft & Gesndh.
2,00 2,00 2,00
34 GSv
Gebietskörp./Soz.Vers.
35 PoE
Priv. Org.o.Erwerbschar.
1,09
2,00 2,00 2,00 1,26
1,43
0,39 0,09 0,00 0,07 1,14
1,36 0,76 2,00
242
7.4 Evolutorische Aspekte Die vorangehenden Analysen haben gezeigt, daß bestimmte Kräfte bzw. Ursachen am Werk sind, die strukturelle Landschaft sektoraler Produktionsverflechtung zu verändern. Unter evolutorischen Gesichtspunkten wäre es mithin interessant, diese Kräfte zu identifizieren. Dies entspricht der Frage (b) von Abschnitt 7.1. Daß dies im gegenwärtigen Stadium der Analyse noch mehr oder weniger hypothetisch geschehen muß, bedarf kaum der Erwähnung. Betrachten wir z.B. den „sinkenden Stern" der Nahrungsmittelversorgung, so könnte das schon mehr als ein Jahrhundert bekannte ENGELsche Gesetz durchaus eine vernünftige Erklärung für dieses Phänomen beisteuern. Da die MFA eine Rangordnung der Ströme vornimmt und nur die größten in der Darstellung beläßt, ist es nur naheliegend, daß die Bedeutung des Sektors Nahrungsmittel als Zentrum dieses Bereichs langsam aber kontinuierlich schwindet. Da das Umsatzvolumen, das hier in Relation zu dem anderer Sektoren betrachtet wird, aus Produktsummen von Preisen und Mengen besteht, kann eine Volumenreduktion durch einen • Rückgang der Preise (in Relationen zu den übrigen Sektor-Preisen) • Rückgang der Mengen (in Relation zu den anderen Mengen) oder • gleichzeitigen Rückgang von Preisen und Mengen bedingt sein. 7.4.1 Preise und Produktivitätsfortschritt
Die MFA legt ihren Berechnungen die nominalen Absolutwerte aus den von der Transaktionsmatrix abgeleiteten Layer-Matrizen zugrunde, doch wird der säkulare Prozeß der Veränderung dieser Werte letztlich von der Entwicklung der „realen" Preise und deren Relationen bestimmt. Realpreise - z.B. in Arbeitsstunden umgerechnet, die nötig sind, um ein Gut zu kaufen -
sinken regelmäßig (bzw. können
sinken) infolge fortgesetzter Produktivitätssteigerungen eines Sektors, die üblicherweise wieder auf die entsprechenden Innovationsstrategien zurückzuführen sind (vgl. Abbildung 1.1, Abschnitt 1.2, sowie Boyer 1990, Frühstück u. a. 1990, S. 16) Dies ist jedoch nur die eine Seite der Medaille. Ein Sinken der Realpreise impliziert üblicherweise die Existenz eines gut funktionierenden Wettbewerbs. Dieser allein ist jedoch nicht hinreichend um in jedem Falle Preissenkungen zu bewirken. Zur Schaf-
243
fung eines Preissenkungspotentials muß das betreffende Gut auch Innovationen des Produktionsprozesses mit dem Ziel der Produktivitätssteigerung zulassen. Bei den meisten - insbesondere materiellen - Produkten ist dies i.d.R. der Fall. Bei anderen, Gütern wie z.B. dem berühmten Beispiel des Haarschnitts bei FOURASTIE (Schneider, Fourastie 1989), einer Theaterauffuhrung, der Ausbildung oder der Krankenpflege ist dies nicht bzw. kaum möglich. Bezüglich der „Wirbelsäule" der Wirtschaft, läßt sich feststellen, daß der Nahrungsmittelsektor relativ hohe eigene Forschungsaufwendungen hat bzw. die Landwirtschaft i.d.R. hohe F&E-Importe aufweist. Die Preise fur Nahrungsmittel oder landwirtschaftliche Produkte zeigen denn auch über die 30 Jahre von 1958 bis 1988 einen deutlichen Verfall (Vgl. Tabelle 1.1). So kosteten z.B. Speisekartoffel 1988 nur noch ca. 58%, Mischbrot ca. 45%, Vollmilch ca. 35%, Schweinekotelett ca. 26%, Eier ca. 20%, Bier ca. 19% und Markenbutter schließlich nur noch ca. 17% dessen, was sie 1958 gekostet haben - gerechnet in Arbeitsminuten - während Mieten immer noch ca. 70% des durchschnittlichen Zeitaufwandes von 1958 benötigen (Quelle IWD, 1990, vgl. Abbildung 1.1, bzw. S. 6f). Zwar könnte der reine Vermietungsvorgang durch Computereinsatz in der Produktivität gesteigert werden, aber der Bremsklotz der Produktivitätssteigerung liegt hier eher bei der Bauwirtschaft, die heute immer noch in großem Umfang „vor Ort" und im wesentlichen mit menschlicher Arbeitskraft baut, wie auch schon vor 50 und 100 Jahren. Damit soll nicht gesagt werden, daß das Bauen nicht noch stärker rationalisierbar sei, doch ist dies faktisch nicht in dem Umfang erfolgt, wie es angesichts der Produktivitätsentwicklung der übrigen Sektoren hätte geschehen müssen. Niedrigere Produktivitätssteigerungen eines Sektors gegenüber anderen dürften i.d.R. zu geringeren Realpreissenkungen, ihrer Stagnation oder gar zu Realpreissteigerungen fuhren. 7.4.2 Nachfrageausweitung
Wie das sektorale Umsatzvolumen auf eine Preissenkung reagiert, hängt davon ab, wie die Mengennachfrage χ der nachgelagerten Sektoren auf Preisänderungen reagiert, d.h. wie hoch die in Frage stehenden Preiselastizitäten sind. Diese Elastizitäten sind zwar zunächst betriebliche bzw. produktionsbedingte Elastizitäten der nachfragenden Betriebe (bzw. Sektoren), letztlich aber von den Elastizitäten der dahinterstehenden Endnachfragekategorie(n) bestimmt. Nach PLGOU ergibt sich der Be-
244
trag der Preiselastizität eines Gutes in kurzer Frist in gleicher Höhe wie die entsprechende Einkommense,lastizität (vgl. für eine mögliche Erklärung hierzu Schnabl 1979). D.h. daß nach dieser Annahme εχ E ~ | εχ p I = ε, weswegen wir im folgenden nur noch von der Nachfrageelastizität ε sprechen und auf deren Betrag abstellen. Für die Güter der Nahrungssektoren dürften sich die Nachfrageelastizitäten deutlich unter 1 bewegen (ENGELsches Gesetz). Für Wohnungen gilt das SCHWABEsche Gesetz, das ebenfalls ε < 1 postuliert. Konkrete Untersuchungen über verschiedene Perioden in verschiedenen Volkswirtschaften haben ergeben, daß sich die Elastizität für Wohnen aber durchaus auch oberhalb 1 bewegen kann. Dies ist insofern plausibel, als in entwickelteren Volkswirtschaften die Wohnung nicht mehr primär ein Existenzgut darstellt, sondern eher Prestigegutcharakter besitzt und vermehrt zur Selbstdarstellung beiträgt, wie z.B. die Bekleidungsmode, deren Elastizität auch > 1. Neben der elastizitätsbedingten Ausweitung der Nachfrage bei Preissenkungen kann auch noch eine qualitätsbedingte Nachfragesteigerung auftreten, insbesondere im Zusammenhang mit Sättigungsphänomenen. Dies ist das Spielfeld von Innovationen, die - z.B. als inkrementelle Produktinnovationen - die Qualität üblicher Produkte steigern und damit das Interesse der Nachfrager erhalten oder erhöhen oder als völlig neue Produkte (genetische Innovationen) die Neugier und - im Gefolge - die Produktpräferenz bestimmter Käuferschichten stimulieren. Damit haben wir zwei grundlegende Wege, auf denen Innovationen die Nachfrage nach bestimmten Produkten ausweiten können, als • produktivitätssteigernde Prozeßinnovationen (über die hieraus folgende Preissenkungstendenz) und als • qualitätssteigernde Produktinnovation (Präferenzstimulierung) In der wirtschaftlichen Realität sind die beiden Wirkungspfade kaum voneinander zu trennen, weil sie i.d.R. nicht „klinisch isoliert", sondern simultan auftreten. Nichtsdestoweniger ist ihre analytische Trennung aber unverzichtbar. 7.4.3 Wachstumspotential oder „genetische Fitness" eines Sektors
Daß diese beiden Faktoren einen wesentlichen Einfluß auf das hier beschriebene Geschehen zu haben scheinen, ergibt sich nicht nur als plausible Erklärung der hier
245
dargestellten MFA-Strukturergebnisse, es ist auch von anderen Forschern in einem anderen Zusammenhang angesprochenen bzw. als wesentlicher Bestimmungsgrund der Arbeitslosigkeit identifiziert worden (Vgl. z.B. Baumol 1967, Schneider, Fourastie 1989, Appelbaum & Schettkat 1993,1994) Unterstellen wir, wie dies als Arbeitshypothese in der Input-Output-Analyse üblich ist, daß ein Sektor nur ein Gut produziert, so können wir die Nachfrage nach diesem Gut vereinfacht als fallende Nachfragekurve in das übliche Nachfrageschema einzeichnen. Der „Gleichgewichtspreis" ergibt sich dann im Schnittpunkt der Nachfragekurve N mit der ersten Angebotskurve A, (Punkt „1" in Abbildung 7.11), wobei wir die Angebotskurve vereinfacht als horizontale Gerade unterstellen. Steigert der betrachtete Sektor nun seine F&E-Aufwendungen zur Realisierung einer Prozeßinnovation und wird damit produktiver, so bedeutet dies zunächst eine Kostensenkung. Diese könnte nun als Lohnsteigerung an die Belegschaft und/oder als Preissenkung an die Kundschaft „weitergegeben" werden. Im Falle der Preissenkung verschiebt sich die Angebotskurve von A, nach A2 (neues Gleichgewicht bei 2). Ist hierbei - wie dies für frisch in den Markt gekommene innovative Produkte meist der Fall ist - die Nachfrageelastizität ε relativ hoch so nimmt der Gesamtumsatz trotz Preissenkung zu, d.h. steigt von U, auf U2 wie die Umsatzkurve in Abbildung 7.11 zeigt. Gleichzeitig nimmt dabei die Nachfrageelastizität ε ab, wie das Lot von U2 über den Punkt „2" auf die ε-Kurve zeigt. Die ε-Kurve ergibt sich, wenn man für verschiedene Punkte der Nachfragekurve die entsprechende Schätzung der Preiselastizität vornimmt (wie sie in mikroökonomischen Lehrbüchern beschrieben ist) und in Bezug auf den zugehörigen x-Wert vertikal in die Grafik einträgt. Wird der Preis infolge weiterer Produktivitätsfortschritte (funktionierender Wettbewerb vorausgesetzt) weiter gedrückt, so gerät der betreffende Sektor bei Verschiebung der Angebotskurve von A2 auf A3 in die Zone unelastischer Nachfrage (ε unterhalb des kritischen Wertes ε = 1, bzw. U3) was den Umsatz nun wieder unter das Maximum sinken läßt. Dieser Fall dürfte genau für die Nahrungsmittelsektoren (bzw. die „Wirbelsäule der Wirtschaft") zutreffen, die sich, wie die Beobachtung fallender Preise und anhaltender Bemühungen um Produktivitätsfortschritte einerseits und ε < 1 ( = ENGELsches Gesetz) andererseits zeigen, in dieser Phase befinden,
246
die ihr Verschwinden (relativ zu den anderen Sektoren) aus dem MFA - Graphen bewerkstelligen.
Abbildung 7.11 zeigt die cei.par.-Effekte sinkender Preise (bzw. steigender Produktivität) bei konstanter Nachfrage. Abbildung 7.12 beschreibt demgegenüber den alternativen Fall konstanter Preise (d.h. stagnierender Produktivität) bei Ausweitung der Nachfrage (Parallelverschiebung der sektorspezifischen Nachfragekurve nach rechts) als deren Ursache eine qualitätsstimulierte Präferenzsteigerung unterstellt wird. Die Verschiebung der Nachfragekurve von Nj nach N2 und damit, des Marktgleichgewichts von Punkt 1 nach 2 beinhaltet eine Rechtsverlagerung der Elastizitätskurve von ε, nach ε2 und damit - wie auf der Ordinate abzulesen - eine Senkung
247
der Elastizität von ε, auf ε2 (s. Ordinate). Diese Veränderung wird begleitet von einer kräftigen Zunahme des Sektorumsatzes, weil durch die Verschiebung der Nachfragekurve nun auch die neue Umsatzkurve U2 gilt Heben wir schließlich die einschränkende cet-par.-Bedingungen auf, so können wir auch Sekundär- und Tertiär-Effekte des obigen Szenarios analysieren (Abbildung. 7.13): Ein innovativer Sektor mit einer Kombination von „hohem" Produktivitätsfortschritt (=Preissenkungspotential) und vergleichsweise „hoher" Nachfrageelastizität (ε, = a ) wird durch eine Prozeßinnovation mit Verschiebung seiner Angebotskurve von A, nach A2 zunächst einen überproportional wachsenden Output (Zustreben auf das Maximum der U,-Kurve, d.h. Ua -> Ub, analog zu Punkt „A" und Punkt „B" und damit auch zusätzliche Einkommen erzeugen. Dadurch verlagert sich - und zwar um so stärker, je mehr Sektoren sich in der Wirtschaft gleichzeitig in dieser Phase befinden, d.h. je innovativer die Wirtschaft im Durchschnitt ist - die Nachfra-
248
gekurve Ν, nach rechts auf N2, so daß ein neues Gleichgewicht in Punkt "C" entsteht0. Dem entspricht gleichzeitig ein weiteres Umsatzwachstum, hier in Richtung zum Gipfel der Umsatzkurve (Uc auf U2 liegend). Für die Position auf den ε-Kurven bedeutet dies trotz ihrer Rechtsverlagerung eine leichte Abwärtsbewegung hin zum kritischen Punkt ε = 1. Infolge des Umsatzwachstums via U2 kann sich dieser Prozeß
fortsetzen, solange die hieraus resultierende Reduktion von ε noch nicht zu der Situation ε < 1 geführt hat, was man sich in Weiterführung des beschriebenen Prozes-
1 Im Gegensatz zu Abbildung 7.11 ist diesmal keine Parallelverschiebung der Nachfragekurve unterstellt, sondern eine Rechtsverlagerung mit Drehung, wie sie der Realität wohl eher entsprechen dürfte.
249
ses aber leicht vorstellen kann. Ab diesem Punkt dreht sich der Prozeß in seiner Dynamik um und das Umsatzvolumen des betreffenden Sektors beginnt zu schrumpfen. Die Demarkationslinie zwischen Wachstum und Schrumpfprozeß ist die Nachfrageelastizität ε = 1. Man beachte, daß sowohl nach dem, in Abbildung 7.11 beschriebenen Prozeß der Produktivitätssteigerung wie auch bei der, in Abbildung 7.12 dargestellten Nachfrageausweitung die Nachfrageelastizität im Endeffekt stets sinkt. Das Potential des Sektorwachstums besteht also nur solange als sich der Sektor im Bereich ε > 1 bzw. auf dem positiv geneigten Ast der Umsatzkurve bewegt und er beginnt zu schrumpfen, d.h. bewegt sich auf dem negativen Ast seiner Umsatzkurve(n) wenn infolge eigener Prozeßinnovationen und deren Folgen ε < 1 geworden ist. Der beschriebene Mechanismus ist aber nicht nur theoretischer Natur: APPELBAUM und SCHETTKAT sprechen in diesem Zusammenhang von einem positiven Rückkopplungsprozeß, der bis in die siebziger Jahre eine, alle Sektoren umfassende, Aufschwungphase alimentiert habe. Heute sei dieser Prozeß jedoch beendet, was einen (bisher nicht verstandenen und darum vielfach als Mirakel betrachteten) Rückgang der Beschäftigung herbeiführe, der durch eine Reduzierung der Arbeitszeit nur verwaltet, aber nicht bekämpft werde (Appelbaum, Schettkat 1994). Dieser Prozeß kann durch inkrementale Produktinnovationen bestenfalls verlangsamt werden, da auch Rechtsverlagerungen der Nachfragekurven - seien diese nun in allgemeinen Einkommenssteigerungen begründet oder in der Präferenzstimulierung durch verbesserte Produktqualitäten - letztlich zu einer Senkungstendenz der Nachfrageelastizität fuhren und damit den Wachstumsprozeß in einen Schrumpfungsprozeß umkippen lassen. Der einzige „Ausweg" aus diesem Mechanismus ist eine Innovation, die als so neuartig wahrgenommen wird (radikale oder generische Innovation), daß der ganze Prozeß von neuem startet, was auch eine relative hohe Einkommenselastizität ε beinhaltet. Verallgemeinert man den Theorieansatz der Engelkurven, so ergibt sich, daß die Einkommenselastizitäten mit wachsendem Einkommen für eine Vielzahl von traditionellen Gütern sinken. Dieser Prozeß wird somit auch dann in Gang gesetzt, wenn der betrachtete Sektor seine Produktivität und damit seine Angebotskurve konstant
250
hält, aber ε durch die einkommenssteigernden Aktivitäten anderer Sektoren, d.h. kräftiges allgemeines Wirtschaftswachstum sinkt. Die Nachfrageelastizität ergibt sich zwar direkt aus der Nachfrage aller nachgelagerten Sektoren, indirekt damit aber aus der Nachfrage (und damit auch der Elastizität) der jeweiligen Endnachfragekomponenten. Die Produktivität (einschließlich ihrer Dynamik) folgt wiederum nicht nur aus den F&EAufwendungen des betreffenden Sektors, sondern aus den sektoreigenen wie auch sektorfremden Innovationsaktivitäten, die sich - von außen eher unbemerkt - via zugekaufter Vorprodukte und Investitionsgüter produktivitätssteigernd im betrachteten Sektor bemerkbar machen. Zusammenfassend läßt sich das evolutorische Potential eines Sektors mit Hilfe der bekannten AMOROSO-ROBINSON-Formel beschreiben: U' = ρ (l-1/ε)
(7.2)
worin U' den Grenzumsatz, ρ den Preis des Sektorgutes und ε den Betrag der Preiselastizität der Nachfrage bzw. die Einkommenselastizität darstellt, die wegen des Praou-Arguments gleich sein sollten. Ein U' > 0 signalisiert dabei ein positives relatives Wachstumspotential. Der Situation U' < 0 entspricht hingegen ein relatives Schrumpfungsprozeß aufgrund von ε < 1, eine Situation, die letztlich bei anhaltenden Innovationen durch die oben beschriebene Rückkopplung der Nachfrageelastizität auf die beiden Formen der Innovation - inkrementelle Prozeß- und Produktinnovationen - zustande kommt. Aus dieser Entwicklungstendenz gibt es kein Entkommen, es sei denn, daß der Sektor durch radikale oder generische Produktinnovationen, die als völlig neue Produkte wahrgenommen werden, mit grundsätzlich höherem ε den Kreislauf erneut startet. Setzen wir die genetische Fitneß eines Sektors gleich mit dem, in U' sich artikulierenden, Wachstumspotential, so können wir leicht umgeformt auch schreiben: GF
(ε - 1) = U' = ρ — ε
(7.3)
Der Größenvergleich von ε mit dem kritischen Wert 1 (im Nenner) bestimmt dabei die Richtung der Entwicklung (Wachstums- bzw. Schrumpfungstendenz). Die Variation von GF und dem Preis ρ resultiert darin, daß ein relativ hoher Preis ein noch größeres Potential verheißt. Diese Situation ergibt sich in der Startphase des Prozes-
251
ses (man vergleiche Abbildung 7.13 die Situation zu ε = a). Zusätzlich fallt dieser Effekt desto stärker aus, je niedriger in dieser Lage die Nachfrageelastizität ist, da bei Verkleinerung des Nenners der Quotient wächst. Diese Zusammenhänge sind hier lediglich partialanalytisch formuliert und müssen dadurch in Bezug auf das Gesamtbild notgedrungen noch holzschnittartig wirken. Sie machen jedoch bereits deutlich, in welche Richtung sich die Forschung weiterentwickeln muß. Nicht nur daß durch die Herausstellung des Beziehungsgeflechts zwischen Preisen, Produkt- und Prozeßinnovation sowie Nachfrageelastizitäten eine weitgehende Interdependenz thematisiert wurde, eine zukünftige Aufgabe wird es auch sein, die existierenden Querbeziehungen auf sektoraler und makroökonomischer Ebene, sowie angebots- und nachfrageseitiger Elemente, dynamisch zu formulieren. Erst dadurch wird es möglich, durch zusätzliche Einschränkung von Freiheitsgraden, den prinzipiell zukunftsoffenen Entwicklungsprozeß so zu „fassen", daß wir wenigstens Mustervorhersagen wagen können, die mehr Information enthalten, als die lediglich partialanalytische Einordnung eines gegebenen evolutorischen Stadiums. 7.5 Fazit Die dargestellten Analysen haben gezeigt, daß die, von der MFA gelieferten, Strukturgraphen offenkundig ein sektorales Beziehungsgeflecht abbilden, das sowohl in Hinblick auf die typischen Produkteigenschaften wie auch eine damit verknüpfte Entwicklungsdynamik plausibel ist. Das „Aufgehen" bzw. das „Verblassen" eines bilateralen Sterns in aufeinanderfolgenden Graphen deutet an, daß das jeweilige sektorale Umsatzvolumen infolge sektorspezifischer Veränderungen der Produktivität einerseits und der Nachfrageelastizität andererseits, zu- bzw. abgenommen hat. Hierbei ist davon auszugehen, daß die unmittelbar vom einzelnen Sektor wahrgenommene Nachfrageelastizität nicht originär ist, sondern durch die Vorleistungsverknüpfungen von der originären Endnachfragekomponente „vermittelt" wird. Diese Veränderungen können mithin also einerseits von der technologischen Verflechtung abhängen, andererseits aber auch rein endnachfragebestimmt sein (z.B. Abnahme infolge des Wirkens des ENGELschen Gesetzes). Da die Elastizitäten im Sinne eines verallgemeinerten ENGEL sehen Gesetzes grundsätzlich sinken, läßt sich hieraus ein Grundgesetz der Strukturevolution herleiten: „Veraltet" die Produktpa-
252
lette bzw. die Technologie eines Sektors, so bewirkt dies im säkularen Maßstab sein „Verschwinden". Selbst (moderate) Innovationsaktivitäten können diesen Prozeß bestenfalls verlangsamen, weil selbst inkrementelle Innovationen ursächlich an einer Senkung der Elastizitäten mitwirken. Nur radikale bzw. generische Innovationen starten den Prozeß neu, d.h. begründen wegen der wahrgenommenen, fundamentalen „Neuheit" ein Nachfrageverhalten, das mit einer ziemlich hohen Elastizität einhergeht.
KAPITEL 8
Die Wirkungen der Innovation auf Wachstum, Produktivität und Beschäftigung 8.1. Einleitung Wenn Innovationen zu irgend etwas gut sein sollen, so müssen sie auch irgendwelche positiven Effekte haben. Dieser Gedanke ergibt sich schon aus dem ökonomischen Prinzip, schließlich sind Innovationen nicht „umsonst" zu haben, sondern binden knappe ökonomische Ressourcen. Auch wenn sich eine Innovation auf betrieblicher Ebene nicht in jedem Einzelfall als ökonomisch erfolgreich erweisen mag, so gehen wir doch ganz allgemein von der Vorstellung aus, daß Innovationen auf Branchenebene oder auf gesamtwirtschaftlicher Ebene ökonomische Vorteile mit sich bringen, die sich nach einer gewissen „Ausreifungsphase" an verstärktem Wachstum oder an gestiegener Produktivität ablesen lassen. Beide würde sich dann in einem gestiegenen Wohlstand der Bevölkerung niederschlagen. Daß derartige Kräfte wirken, können wir indirekt aus der in Abschnitt 1 (Abbildung 1.1) aufgezeigten durchschnittlichen Senkung der Realpreise ablesen, doch bedeutet dies noch keinen direkten Beweis, sondern begründet lediglich eine Vermutung. Der Zusammenhang zwischen Innovation und Beschäftigung ist ein schon lange etablierter Gegenstand ökonomischer Analyse. Ohne an dieser Stelle in die Tiefen der Literatur hinabzusteigen, sei lediglich an die Diskussionen zur Janusköpfigkeit des technischen Fortschritts erinnert - einerseits führe er zum „Wegrationalisieren" von Arbeitsplätzen, andererseits durch innovativere Produkte zur Entstehung neuer Arbeitsplätze - die sich durch die ganze Literatur bis heute hinzieht (vgl. hierzu den einführenden Überblick bei Grupp in Schnabl 1997). Frühere Untersuchungen der direkten Innovationsausgaben auf Produktivitätseffekte oder Beschäftigungswirkungen schienen keine systematische Beziehung aufdecken zu können. In den späten Siebzigern wurde jedoch klar, daß solche Zusammenhänge - vornehmlich über die
254 indirekten Verflechtungen - durchaus existieren können (Griliches 1979, Griliches, & Lichtenberg 1983, Scherer 1982). Diese neueren Untersuchungen zeigten, daß ein „direktes", d.h. mehr oder weniger lineares, Herangehen an diese Frage wesentliche Zusammenhänge zwischen Innovationen und ihren Wirkungen außer acht ließ. Da einerseits die einzelnen Sektoren in höchst unterschiedlichem Maße F&E-Aktivitäten betreiben, andererseits dies aber nur eine von mehreren möglichen Quellen des technischen Fortschritts darstellt - da dieser auch über Technologie-Zw/w/e via innovative Vorprodukte inkorporiert werden kann - hängen die Effekte eines verbesserten Technikpotentials auch vom Ausmaß solcher „Innovationsimporte" und damit von der strukturellen Einbindung eines Sektors in ein bestimmtes technologisches Umfeld ab, d.h. von der Innovationsverflechtung. Analyseansätze der Siebziger und frühen Achtziger Jahre begegneten diesem Defizit (Griliches, & Lichtenberg 1983, Pavitt 1984, Scherer 1982), indem sie z.B. Patentverflechtungsmatrizen erstellten. Diese Ansätze berücksichtigen jedoch nur die direkten TzcbmYnehmer- und -geöer-Beziehungen, lassen aber die indirekten, d.h. sekundären und tertiären Effekte außer acht. Im Rahmen der vom BMFT in Auftrag gegebenen Studie ΜΕΤΑ II untersuchten sowohl das ifo-Institut wie auch das DIW die Auswirkungen von Innovationen, die sog. F&E-spillovers, mittels eines Zurechnungsansatzes (Penzkofer, Schmalholz & Scholz 1989, Meyer-Krahmer 1989, Schettkat & Wagnerl989), wobei das DIW eine ¥&E-Kapitalstock-Betrachhmg durchführte (Vgl.Abschnitt 5.2). Dieser Ansatz berücksichtigt auch die „Quasi-Diffusion" der spillovers, muß sich aber andererseits als Kritik gefallen lassen, daß er vor allem bei absolut neuen technologischen Gütern nichtrelevanteVerknüpfungen produziere (z.B. die andersartige Verwendung von HighTech-Keramik im Verhältnis zum Eßporzellan, vgl. Gerstenberger 1991). 8.2 Zur Vorgehensweise der Analyse Die hier vorgelegten Analysen versuchen, dem Zusammenhang zwischen Innovationsaktivitäten und ihren Wirkungen nachzugehen, indem Indikatoren ermittelt werden, deren Konstruktion allerdings von bisherigen Untersuchungen teilweise abweicht. Die Innovationsökonomik hat mittlerweile klar gemacht, daß sie es so-
255
wohl mit hochkomplexen wie auch stark interdependenten Sachverhalten zu tun hat, an deren Lösung man bestenfalls mittels „Proxivariablen", d.h., den Sachverhalt nur näherungsweise abbildenden Indikatoren, herangehen kann, schon deshalb, weil „Innovation" kein eindeutig abgrenzbarer bzw. präzise operationalisierbarer Begriff ist. Die üblichen Erwartungen bezüglich der Höhe von Korrelationskoeffizienten bzw. Bestimmtheitsmaßen sind deshalb von vornherein etwas zurückzuschrauben, handelt es sich doch um vielfaltige Einflüsse, von denen Innovation nur einen, wenn auch einen wichtigen, darstellt. Falls - wie durch die bisherigen Untersuchungen nahegelegt - der Zusammenhang der Innovationsve/^ecAiwig eine wichtige Rolle spielt, wird sich kaum eine einfache „lineare" Relationen zwischen dem jeweiligen Wirkungsindikator und den Innovationsaktivitäten herauskristallisieren. Welche Wirkungszusammenhänge bezüglich der Innovationsaktivitäten können wir aber dann in Erwägung ziehen? Hier bieten sich vor allem zwei Konstruktionen an, die beide sowohl für Nichtlinearität „offen" sind, als auch jeweils eine bestimmte, ökonomisch sinnvolle, Interpretation erlauben: Es handelt sich um das Konzept • der F&E-Produktionsfunktion und • der sog. „Eigeninnovation" Beide Optionen werden wir im folgenden prüfen und unter Zuhilfenahme der Korrelationsanalyse testen, inwiefern sie geeignet sind. 8.2.1 Die F&E-Produktionsfunktion Obwohl wir den Ansatz empirisch - wie schon bisher - wieder anhand der „Innovationsaufwendungen" (statt der engeren F&E-Ausgaben) testen werden, handelt es sich hier doch im engeren Sinne um die Vorstellung einer „Produktionsfunktion" der Forschungsaktivitäten. Den Verflechtungsaspekt berücksichtigen wir dadurch, daß wir sowohl eigene - d.h. die direkt getätigten Innovationsaufwendungen eines Sektors - wie auch importierte, d.h. von anderen Sektoren - via Vorleistungen -zugelieferte Innovationsaufwendungen berücksichtigen. Die Produktionstheorie liefert für die simultane Einbeziehung beider Komponenten den Ansatz der sog COBB-DOUGLAS-Funktion, die eine quasi-serielle Verknüpfung zweier Produktionsfaktoren subsumiert. Der Strukturansatz könnte dann so aussehen, wie Gl. (8.1) zeigt:
256 FWj = Aj a Mj p
(8.1)
worin FW; die sektorale Forschungswirkung auf die Produktion, A( die sektoralen F&E-Ausgaben und M, die von anderen Sektoren importierten (impliziten) F&EAusgaben des Sektors i bezeichnen. Die Forschungs-Wirkung FW( könnte nun sowohl im Umsatzwachstum als auch in einer Steigerung der Produktivität sowie in einer Veränderung der Zahl der Beschäftigten eines Sektors resultieren. Die Koeffizienten α und β stellen dabei die „Produktionselastizitäten" dar. Setzen wir - im empirischen Kontext etwas willkürlich, aber einer in der Produktions/Aeon'e üblichen Annahme eines linear-homogenen Zusammenhangs folgend - α = β = 0,5 so erhalten wir die Darstellung von Gl. (8.2): FW; = V(A,*M,)
(8.2)
Der Indikator FWj spiegelt damit in gewisser Weise auch die Einbindung eines Sektors in die Innovationsverflechtung, da nicht nur die eigenen Innovationsanstrengungen - repräsentiert durch die sektoralen Forschungsausgaben Aj - eine Rolle spielen, sondern auch noch der „Fremdbezug" von F&E-Bemühungen anderer Sektoren - via Technologie-Import Mj; beide in einer durch die COBB-DOUGLAS-Funktion strukturierten „seriellen" Kopplung. Rechnerisch werden die sektoralen Innovationsimporte Mi hierfür durch die sektoralen Spaltensummen der Innovationsverflechtungsmatrix Z ^ bereitgestellt. Einen Hinweis, inwiefern dieses Vorgehen sinnvoll ist, erhalten wir, indem wir die beiden alternativen Indikatoren durch eine Korrelation vergleichen. Tab. 8.1: Die Korrelationsmatrix der Indikator-Vektoren Innovat.Aufwand
Cobb-Douglas
Innovat.Aufwand
1,000
0,959
Cobb-Douglas
0,959
1,000
Es zeigt sich, daß für das Jahr 1980 die beiden Indikator-Variablen stark korreliert sind (r = 0,959, d.h. t = 50,3***, vgl. Schaich 1990, S.281), so daß man von einem hochsignifikanten Zusammenhang zwischen den sektoralen Innovationsaufwendun-
257 gen und dem stärker nichtlinear damit verknüpften COBB-DOUGLAS-Indikator sprechen kann. Beide Indikatoren überdecken sich mithin zu einem gewissen Teil, nämlich bezüglich A( und VAj. Es ist deshalb zu erwarten, daß auch der Zusammenhang mit der Wachstumsrate in beiden Fällen zumindest ähnlich ausfallen wird, falls denn überhaupt ein nachweisbarer Zusammenhang existiert. Tabelle 8.2: Korrelation mit den Wachstumsraten Geberposition Nehmerposition Innovat.Aufwand Cobb-Douglas
86/80 0,178
90/86 0,207
0,118 0,484 0,546
0,126 0,492 0,547
Verwendet man den sektoralen Innovationsaufwand aus dem Jahre 1980 als Prädiktor für die Wachstumsrate 1986/1980, so ergibt sich mit einem r = 0,484 nach der tStatistik bereits ein hochsignifikanter Zusammenhang, der mit r = 0,492 für das Jahr 1990 sogar noch geringfügig besser ausfallt (vgl. Tabelle 8.2). Die Sachlage ist in unserer Rechnung also wesentlich besser, als die Pioniere auf diesem Gebiet sie in den Siebziger Jahren vorfanden. Nimmt man zum Vergleich einmal die reine Technologie-Geöer-Position (d.h. Aj - ZH, wobei Ζ für die Innovationsverflechtungsmatrix
ZINN
steht), die für den Zeitraum 1986/80 deutlich abfällt (r = 0,178 bzw. 0,207
für 1990/1980) oder die reine Technologie-Nehmer-Position (d.h. den reinen Technologie-Import Mj - ZH) mit einem r = 0,118 für 1986/80 bzw. r = 0,126 für 1990/1980, so kann man sich schon eher die frühere Resignation in bezug auf linear eingebundene Indikatoren vorstellen. Die beiden letzteren Indikatoren liegen nämlich knapp unter der 5%-Signifikanz-Grenze. Demgegenüber zeigt der COBB-DOUGLAS Ansatzes, der ja auch die Verflechtung spiegelt, ein deutlich besseres Ergebnis: r = 0,546 bzw. 0,547, d.h. jeweils hochsignifikante Zusammenhänge. Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß sich auf diesem Signifikanzniveau sogar noch eine leichte Zunahme für 1990/80 gegenüber dem kürzeren „Prognosehorizont" 1986/80 ergibt, da man eher die umgekehrte Entwicklung erwarten würde. Wir können also festhalten, daß die methodisch linear operierende Korrelationsrechnung im Zusammenhang mit dem nichtlinearen COBB-DOUGLAS-Indikator einen
258 engeren Zusammenhang zwischen den sektoralen Innovationsaktivitäten und der sektoralen Wachstumsrate aufweist, als jeder der anderen hier verwendeten Indikatoren. Dies stärkt die Vermutung, daß die Innovationswirkung eher nichtlinear mit dem ökonomischen System verknüpft ist.
8.2.2 Der Indikator „Eigeninnovation"
Die Subsystemmatrix liefert die oben verwendeten Indikatoren der sektoralen Innovationsaufwendungen, der reinen Technologie-Export- und -Importposition, indem man aus der Innvationsverflechtungsmatrix Zlnn die totale Zeilensumme (= sektoraler Innovationsaufwand), die Zeilensumme ohne Hauptdiagonale (= reiner Technologieexport) oder die Spaltensumme ohne Hauptdiagonale (= reiner Technologiewiport) eines Sektors entnimmt. In den beiden letzten Fällen spiegelt sich jeweils isoliert ein Aspekt der Verflechtung des Sektors mit den anderen Sektoren und damit seine Einbettung in das Geben und Nehmen, das für die Innovationsverflechtung eines NIS typisch ist. Betrachten wir hierbei den Technologie-Outflow eines Sektors, der in der Summe seinem sektoralen Innovationsaufwand entspricht, so wird dieser in der Zurechnung zerlegt in einen Teil, der an die anderen Sektoren „abgegeben" wird, (die reine „Geberposition") und einen Teil Zii5 der letztlich dem innovierenden, bzw. F&Ebetreibenden, Sektor selbst „verbleibt". Wir wollen diesen Teil die Eigeninnovation eines Sektors nennen, da sie ihm in der Zurechnungslogik selbst zugerechnet wird. Diesen Wert finden wir auf der Hauptdiagonalen der Subsystemmatrix. Man kann die Hauptdiagonale der Subsystemmatrix quasi „herausziehen" und als Vektor behandeln. Seine Werte sind ebenfalls nichtlinear mit den andern Größen verknüpft, was wir weiter unten noch im Detail nachweisen werden. Verwenden wir nun diesen Vektor alternativ als Indikator der Innovationsaktivitäten, so ergibt sich, wie Tabelle 8.3 zeigt, nochmals eine Steigerung der Korrelationskoeffizienten bezüglich der beiden Wachstumsraten 1986/80 und 1990/80.
259 Tab. 8.3: Korrelation mit den Wachstumsraten 86/80
90/86
Geberposition
0,178
0,207
Nehmerposition
0,118
0,126
Innovat.Aufwand
0,484
0,492
Cobb-Douglas
0,546
0,547
Eigeninnovation
0,567
0,558
Wie wir aus der letzten Zeile von Tabelle 8.3 ersehen, nimmt die Korrelation auch gegenüber dem bereits recht erfolgreichen COBB-DOUGLAS-Ansatz nochmals zu auf die hochsignifikanten Korrelationskoeffizienten r = 0,567 fur 1986/80 bzw. r = 0,558 für die volle Dekade 1990/1980. Ein Signifikanztest bezüglich der Unterschiede zwischen den einzelnen Korrelationskoeffizienten mit Hilfe der FlSHERschen z-Transformation (Hartung/Elpelt 1984, S. 154) ergibt, daß die letzten drei, in Tabelle 8.3 gezeigten, Korrelationen untereinander nicht signifikant verschieden sind. Hingegen sind die Korrelationen bezüglich der reinen Geber- bzw. Nehmerposition (Zeile 1 und 2) gegenüber den letzten drei zumindest auf dem 5%-Niveau signifikant.
Tab. 8.4: Die Korrelationsmatrix der drei Indikator-Vektoren Innovat.Aufwand
Cobb-Douglas
Eigeninnovation
Innovat.Aufwand
1,000
0,959
0,878
Cobb-Douglas
0,959
1,000
0,979
Eigeninnovation
0,878
0,979
1,000
Die Korrelationsmatrix in Tabelle 8.4 zeigt, daß der Zusammenhang zwischen dem, ebenfalls die Verflechtung spiegelnden - Совв-DouGLAS-Indikator und den Eigeninnovationen mit r =
0,979
noch etwas enger ist, als der zwischen
Indikator und dem sektoralen Innovationsaufwand (r =
0,959).
COBB-DOUGLAS-
Diese Steigerung be-
wegt sich immerhin auf dem 5% Signifikanzniveau. Noch erstaunlicher ist aber mit einem r =
0,878
der Abfall der Korrelation der Eigeninnovation gegenüber dem In-
novationsaufwand, der sich sogar bezüglich der Signifikanz des Unterschieds (mit Hilfe der FlSHERschen z-Transformation) als hochsignifikant herausstellt. Angesichts der höheren Prädiktor-Effizienz der Eigeninnovationen für die Wachstumsrate
260 ist dies u.U. ein Zeichen, daß der Eigeninnovations-Indikator „noch weniger linear" ist als der COBB-DOUGLAS-Indikator bzw. den Verflechtungsaspekt der Innovationsaktivitäten noch besser reflektiert. Dies bestätigt damit im Umkehrschluß, daß ein stärker nichtlinearer, die ImovsXiomverflechtung noch besser spiegelnder Indikator den Innovationsprozeß besser abzubilden vermag als andere Indikatoren. Diesen Gedanken können wir nun auch durch eine kleine mathematische Überlegung stützen: Während im COBB-DOUGLAS-Indikator nur die Randsummen der Innovationsverflechtungsmatrix einbezogen sind, und damit der Verflechtunsaspekt eher etwas stiefmütterlich abgebildet wird, spiegelt der Hauptdiagonalwert - wie die Reihenentwicklung der Inversen zeig - den Einbettungsaspekt ungleich differenzierter (vgl. Gl (8.3)): С = (I - A)"1 = I + А + А2 + А3 +...
(8.3)
Das Hauptdiagonalelement der Leontief-Inversen ci( lautet damit für die ersten vier Glieder in Koeffizientenschreibweise: с и = 1 + а„+ aM2 +
aH3
(8.4)
bzw. Си = 1 + aü + I j a ^ j +
(8.5)
Während die ersten beiden Terme in Gl. (8.5) wertmäßig das Schwergewicht in der Ausprägung des Hauptdiagonalelements darstellen, inkorporieren der zweite und dritte Term (Α2 bzw. Α3) und natürlich alle weiteren Terme höherer Potenz in immer stärkerem Umfang die Verflechtung des Sektors mit den anderen Sektoren. Ein Innovationsindikator, der dies implizit berücksichtigt, scheint deshalb auch besser geeignet, den Verflechtungsaspekt des Innovationsprozesses abzubilden und damit „vorherzusagen". Wir werden für die folgenden exemplarischen Analysen deshalb stets den Indikator Eigeninnovation, d.h. das Hauptdiagonalelement der Innovationsverflechtungsmatrix zugrundelegen, in der (durch Vergleichsrechnungen allerdings auch bestätigten) Annahme, damit den effizientesten Vektor zu verwenden. Als Bezugsbasis dieser Analyse benutzen wir dabei die Innovationsverflechtung des Jahres 1980. Dies stellt jedoch keine besondere Einschränkung dar, da sich in den obigen Analyse von Kapitel 7 wie auch in anderen, hier nicht explizit dargestellten Untersuchungen immer wie-
261 der gezeigt hat, daß das Nationale Innovationssystem vergleichsweise stabil über die Zeit ist. Darüberhinaus hat sich erwiesen, daß eine Bezugnahme der Wachstumsrate 1990/1986 auf die Verflechtung von 1986 im Prinzip dieselben Ergebnisse liefert, wie die hier vorgestellte Analyse. Auf die gesonderte, zusätzliche Darstellung wird deshalb im folgenden verzichtet. In den folgenden Abschnitten werden nun nacheinander die Wirkungen der Innovationsaktivitäten der Sektoren - verkörpert durch den Indikator Eigeninnovation - auf das sektorale Outputwachstum, die Veränderung der sektoralen (stündlichen) Arbeitsproduktivität sowie die sektorale Beschäftigung in Form der Zahl der sektoral beschäftigten Erwerbstätigen genauer untersucht. Damit rücken wir der zweiten und gleichzeitig zentralen Frage von Kapitel 7 auf den Leib, nämlich welche Wirkungen von Innovationsaktivitäten ausgehen, angesichts der Bedeutung des Verflechtungsaspekts.
262
8.3 Innovation und Wachstum Für die Analyse wird die nach 58 Sektoren gegliederte Input-Output-Tabelle des Stat. Bundesamtes für die Jahre 1980, 1986 sowie 1990 zugrunde gelegt, sowie der Vektor der Innovationsaufwendungen des ifo-Instituts für jeweils dasselbe. Diesem Innovations-Indikator liegen einerseits die F&E-Ausgaben des etwa 29 der 58 Tabellensektoren umfassenden Verarbeitenden Gewerbes, erhoben vom Stifterverband, zugrunde, die jedoch vom ifo-Institut für die bereits erwähnte ΜΕΤΑ-Studie durch eine eigene Erhebung auf 58 Sektoren ergänzt wurden. Darüber hinaus wurden diese F&E-Ausgaben um die sog. Markteinfuhrungsaufwendungen erweitert zum sog. Innovationsaufwand des Sektors, so daß der damit vorliegende Indikator kein reiner Input-Indikator mehr ist, sondern durch den Markteinführungsanteil der Aufwendungen als wesentlich zeitnaher bzw. outputorientierter anzusehen ist. Die Wachstumsraten des Outputs (nominal) wurden als prozentuale Differenz der sektoralen Outputwerte 1986 - 1980 bzw., 1990 - 1980 berechnet und dem Indikator der Eigeninnovation (Hauptdiagonale der Innovationsverflechtungsmatrix) in einer Regression gegenübergestellt. Hier ist im Detail noch anzumerken, daß natürlich nicht der absolute Wert auf der Hauptdiagonalen einbezogen wurde, sondern seine Relation zum jeweiligen sektoralen Output, um so auf die relative Wirkung abzustellen. Die Analyse folgte also der Frage „bewirkt eine höhere Innovatonsneigung (repräsentiert durch den Prozentsatz der Eigeninnovation am Output) ein höheres Umsatzwachstum ?" Die Ergebnisse sind in Abbildung 8.1 dargestellt: Die beiden Regressionslinien (dünner für die Wachstumsraten 1990/1980 und etwas dicker für den Vergleich 1986/1980 weisen folgende Charakteristika aus, wie Tabelle 8.5 zeigt: Tab. 8.5: Regression der Wachstumsraten 1986/198 1990/80
mit
a 9,930 (2,574") 34,472 (5,554*")
b 4,298 (5,146***) 6,769 (5,037*")
263
у = а + bx,
(8.6)
worin у für die sektoralen Wachstumsraten, χ für die prozentuale Eigeninnovation und die Werte α bzw. b die entsprechenden Koeffizienten der linearen Schätzung stehen. Ein R2 von 0,32 für die Schätzung 1986/80 und von 0,31 für den Dekadenvergleich ist angesichts der untersuchten Zusammenhänge unter der Perspektive einer Querschnittsanalyse als relativ gut einzustufen. Wie ein Blick auf die t-Statistik in Tabelle 8.5 (t-Werte in Klammem unter den Koeffizientenwerte) zeigt, handelt es sich dabei in drei Fällen um Werte auf dem Signifikanzniveau von 0,1% und einmal immerhin um einen hochsignifikanten Wert. Zusätzlich unternommene nichtlineare Schätzungen (logarithmisch, quadratisch etc.) brachten darüber hinaus keinen oder nur einen unwesentlichen Gewinn im Bestimmtheitsmaß. Wie die Regressionen für beide Zeiträume zeigen (vgl. Abbildung 8.1 sowie Tabelle 8.5), ist der Schätzwert α für den Ordinatenabschnitt für die Gesamtdekade 34,47, während er für die erste Dekadenhälfte bei 9,9 liegt. Dies entspricht einer durchschnittlichen Wachstumsrate, falls ein Sektor einen Eigeninnovationsanteil von 0% aufweist. Abbildung 8.2 zeigt jedoch, daß der Pulk der Sektoren eine relativ niedrige Eigeninnovationsrate von ca. 2% besitzt (während der Mittelwert bei 3.28% liegt). Für den linken Teil der Punktwolke (in Abbildung 8.2 also im Nord-West(Quadrant II) und Süd-West-Quadranten (Quadrant III) gelegen) gilt also ein Durchschnitt von 2% Eigeninnovationsanteil. Rechnen wir diesen Gruppendurchschnitt nun nach der jeweiligen Regressionsgleichung für die erste Dekadenhälfte und die Gesamtdekade hoch, so zeigt sich, daß er im ersten Fall bei ca. 18.5 % und im zweiten Fall bei ca. 48 % liegt. Dies stellt fast eine Verdreifachung des Niveaus dar, während der й-Koeffizient der Regressionslinie der die Zunahme der Wachstumsrate (in % pro 1 % Eigeninnovation) angibt - lediglich von 4,29 auf 6,76 zulegt, also um das ca. l,5fache. Dies deutet daraufhin, daß die Quadrant II/III-Gruppe im Prinzip sogar eine größere Wachstumsdynamik aufweist, als die reinen „Innovatoren", die durch ihre höheren Innovationsaktivitäten gegenüber dem Durchschnitt herausragen Diese Inhomogenität beinhaltet - da nur ca. 32% der vorhandenen Varianz der Wachstumsraten durch den Faktor Eigeninnovation (%) erklärt werden - daß ca. 67% von noch nicht erfaßten Einflüssen herrühren. Diesen kommen wir näher, wenn
264
Wachstumsraten
•
WR%86/80 Linear (WR%90/80)
•
WR% 90/80 Linear (WR%86/80)
Abb. 8.1.: Regression der Wachstumsraten 86/80 und 90/80 auf den Indikator
265 wir uns Abbildung 8.1 bzw. 8.2 genauer ansehen. In Abbildung 8.2 sind die Sektornamen an die entsprechenden Punkte des Scatterplots für die Wachstumsraten 1990/ 1980 angetragen, wobei im linken Teil der Graphik wegen der Dichte auf einige Namen verzichtet wurde, um die andern lesbar zu halten. Es zeigt sich dabei deutlich, daß die Sektoren, die sich gut der oberen Regressionslinie anpassen, i.d.R. als Innovatoren bekannt sind, wie z.B. MaB (Maschinenbau), ΕIT (Elektrotechnik), StF (Straßenfahrzeuge), LRF (Luft- und Raumfahrt), etc. Unterteilen wir das Diagramm, wie wir es von den Graphiken des ifo-Instituts kennen, durch die beiden Mittelwertlinien in vier Quadranten, so liegt im NO-Quadranten genau die uns längst bekannte „Fünferbande" des Innovationssystems: MaB, EIT, Chm, StF, LRF, ergänzt um die Sektoren Bur (Büromaschinen), Vrs (Versicherungen), Szv (Sozialversicherung) und Wis (Wissenschaft). Der Sektor Chm (Chemie) liegt dabei - ebenso wie die Sozialversicherung (SzV) genau an Mittelwertlinie der Wachstumsraten, bei 58% (Vergleichszeitraum 1990/80). Bei einigen Sektoren ist der Wert für 1990/80 (graues Quadrat) durch ein Lot mit dem zugehörigen Wert für 1986/80 (schwarze Raute) verbunden. Der Regelfall ist, daß das graue Quadrat immer über der Raute liegt. Dies ist regelmäßig auch damit verknüpft, daß die schwarze Raute oberhalb der 0%Linie liegt, d.h. grundsätzlich positives Wachstum schon in der ersten Dekadenhälfte vorliegt. Die Wachstumsdynamik der Sektoren im NW-Quadranten kommt aber trotz vergleichsweise unterdurchschnittlicher Innovationsaktivitäten zustande und muß mithin noch aus einer anderen Quelle stammen, der wir näher kommen, wenn wir einmal die Namen ihrer Hauptvertreter näher ins Auge fassen (Abbildung 8.2): Mit den Sektoren mDL (marktbest. Dienstleistungen), Vrm, (Vermietung), PoE, (Private Organisationen o.K), Bnk (Banken) und Vrk (Verkehr) haben wir hier ausgeprägte Dienstleistungssektoren vor uns. Die exemplarisch eingezeichneten Lote haben eine Länge, die der der Innovatoren-Sektoren ebenbürtig ist oder sie - wie bei mDL sogar übertrifft. Die Länge eines Lotes bedeutet, sofern der zugehörige Rautenpunkt oberhalb der 0%-Achse liegt, daß ein Sektor, der in der ersten Dekadenhälfte schon positives Wachstum aufwies, dies in der Gesamtdekade um so stärker zeigte, ganz wie bei einem Radrennen, wo ein Fahrer, der dem Feld nach zwei Stunden Rennen ca. 10 min voraus ist, diesen Vorsprung nach weiteren zwei Stunden wahrscheinlich noch weiter ausgebaut hat. Nur in wenigen Fällen (auf der Graphik schwer zu erken-
266
Wachstumsraten
Abb. 8.2: Die vier Quadranten der Zuordnung von Wachstum und Innovation
267 nen: BgB (Bergbau), und KM (Kohle) sowie Oel) liegt negatives Wachstum bezüglich der ganzen Dekade vor. Wenn ein nicht unerheblicher Teil der Sektorpopulation hohe Wachstumsraten ohne große Innovationsanstrengungen erzielt, und dieser Teil auch noch zu den typischen Dienstleistern gerechnet werden kann, so haben wir hier offenkundig einen wesentlichen Einflußfaktor gefunden, der u.a. die noch offenen 67% der Varianz der Wachstumsraten erklären könnte. Während die Dienstleistungsgruppe bevorzugt den NW-Quadranten einnimmt (mit Ausnahmen der Sektoren Vrs und SzV, die noch weiter in den NO-Quadranten vorgestoßen sind und damit möglicherweise falsch zugeordnet werden) tummeln sich im SW-Quadraten bevorzugt Sektoren mit herkömmlichen bis „veralteten" Technologien. Dies gilt erstaunlicherweise auch für die Energiesektoren Oel, Khl, Mol (Mineralölprodukte), alle mit negativen Wachstumsraten sowie einige „ältere" Technologien, wie die Eisen- oder Holzverarbeitung, oder Sektoren, die mit der Erzeugung bzw. Verarbeitung von Nahrungsmitteln beschäftigt sind. Das darin zum Ausdruck kommende relative „Veralten" ist dabei nicht als Negativwertung zu verstehen, sondern impliziert lediglich, daß andere Produktkategorien sich im Hinblick auf ihre Wachstumsdynamik stärker in den Vordergrund geschoben haben, als die Sektoren des NO-Quadranten. Ordnen wir die in dieser Weise „semantisch" - d.h. in ihrer qualitativ-technologischen „Passung" - klassifizierten Sektoren in möglichst disjunkte Gruppen, so sehen wir, daß die beiden Mittelwertlinien (MW 90) diese nicht sauber getrennt haben. Um die Dienstleister vom Rest zu separieren, müßte die vertikale Trennlinie wohl eher bei ca. 5% Eigeninnovationsanteil verlaufen, so daß MaB noch rechts, Vrs und SzV aber links der Trennlinie liegen, während die horizontale Trennlinie wohl eher etwas höher zu legen wäre, etwa bei Pap (Papier). Lediglich der Staat (Sta) sowie die Schiffahrt (Shf) bildeten dann noch zwei Ausreißer. Zusammenfassend können wir also festhalten, daß in höherer Eigeninnovation resultierende stärkere Innovationsbemühungen einen engen, sogar linearen Zusammenhang mit dem Erfolgsindikator Outputwachstum aufweisen, wenn der Sektor nicht gerade zu den Dienstleistem gehört oder seine Technologie schon vor mehr als 100 Jahren existierte. Trifft diese Tendenzaussage auch noch zu, wenn es um den Zusammenhang zur Produktivität oder zur Beschäftigung geht ?
268
8.4. Innovation und Produktivität Für diese Analyse wurde wieder, wie schon in Abschnitt 8.3, der am Sektoroutput normierte Anteil der Eigeninnovation als Indikator der Innovationsaktivität eines Sektors verwendet. Als Basis der Produktivitätsberechnung dienten die sektoralen Arbeitsstunden der Jahre 1980, 1986 und 1990 für deren Bereitstellung dem Statistischen Bundesamt an dieser Stelle gedankt sei. Als Maßstab der Produktivität füngierte die nominale Stundenproduktivität des Arbeitseinsatzes, d.h. also der Betrag der sich für jeden Sektor als Quotient aus dem nominalen Output und der Anzahl der während eines Jahres im Sektor erbrachten Arbeitsstunden
Nenner) ergibt. Da es
bei der Analyse auf die Sektorrelationen ankommt, wurde auf eine generelle Inflationsbereinigung des nominalen Sektoroutputs verzichtet. Im Gegensatz zur Indikatorberechnung bei den Wachstumsraten wurden keine Differenzen gebildet, sondern die Veränderung der Arbeitsproduktvität durch einen Index ermittelt, der die jeweilige Sektorproduktivität für 1980 gleich 100 setzte und für die beiden Vergleichsjahre dann entsprechend als höheren (niedrigeren) Indexstand abbildete. Ein Index von 120 im Sektor i für das Jahr 1986 bedeutet also eine 20%ige Steigerung gegenüber 1980, eine Abnahme auf 80 hingegen einen Rückgang der Produktivität um diesen Satz. Inhaltlich besteht keinerlei Unterschied zur Differenzbildung, jedoch hat diese Vorgehensweise den Vorteil, daß sie keine negativen Werte erzeugt und damit auch einer logarithmischen Regression offen steht. Wie schon in Abschnitt 8.3. stellen wir also die Frage: „Bewirkt eine höhere Innovatonsneigung (repräsentiert durch den Prozentsatz der Eigeninnovation am Output) eine höhere Arbeitsproduktivität ?" Tab. 8.6: Korrelation von Innovation und Arbeitsproduktivität
Geberposition Nehmerposition Innovat. Aufwand Cobb-Douglas Eigeninnovation
86/80 0,152 0,148 0,277 0,387 0,412
90/86 0,148 0,152 0,270 0,379 0,416
269
Wie Tabelle 8.6 zeigt, ist die Korrelation mit der reinen Geber- und NehmerPosition - wie schon bei den Wachstumsraten - vergleichsweise niedrig. Die Korrelationskoeffizienen steigen zwar dann über die Innovationsausfwendungen, den COBB-DOUGLAS-Indikator sowie die Eigeninnovation bis auf 0,412 für den Vergleich 86/80 bzw. 0,416 für 90/80 an, jedoch ergibt sich im Vergleich zu den Werten bei den Wachstumsraten eine gewisse Enttäuschung in Bezug auf die, dieser Korrelation zugrunde liegende Annahme eines linearen Zusammenhangs. Die Korrelationskoeffizienten erhöhen sich jedoch auf 0,51 bzw. 0,49 wenn wir stattdessen einen logarithmischen Zusammenhang nach Gl. (8.7) unterstellen: у = a + b Ln(x)
(8.7)
wobei у für den Index der Arbeitsproduktivität steht (Basis 1980 = 100), χ für den prozentualen Anteil der Eigeninnovation und α bzw. b entsprechende Regressionskoeffizienten für den Ordinatenabschnitt bzw. die Spezifikation der logarithmischen Kurve darstellen. Tab. 8.7: Regression der Produktivitätssteigerung
1986/198 1990/80
а 124,35 (38,0***) 155,22 (32,25***)
b 12,831 (4,43***) 18,010 (4,233***)
Die beiden - nunmehr „doppelt" nichtlinear geschätzten Regressionen weisen ein Bestimmtheitsmaß von immerhin 0,26 für 1986/80 bzw. 0,24 für 1990/1980 auf, was gegenüber dem linearen Schätzansatz schon eine gewisse Verbesserung darstellt, aber in Bezug auf die dabei erklärte Varianz der Daten noch nicht sehr befriedigend ist. Wie Tabelle 8.7 zeigt, sind alle Koeffizienten der logarithmischen Regression signifikant auf dem 0,1% Niveau, (t-Werte in Klammern). Die beiden Regressionen sind in Abbildung 8.3 dargestellt.
270
Veränderung der Arbeitproduktivität 250,00
200,00
#
150,00
2> s
je О ь. α.
100,00
50,00
0,00
I-
0.00
2,00
4,00
—f 6,00
8,00
10,00
12,00
14,00
16,00
18,00
Eigeninnovation % •
AP86/80 Logarithmisch (AP86/80)
•
AP90/80 Logarithmisch (AP90/80)
Abb. 8.3.: Regression der Arbeitsproduktivität auf den Indikator Eigeninnovation
271
Betrachtet man die beiden Kurvenverläufe in Abbildung 8.3 und zieht man darüber hinaus die Beobachtung aus Abschnitt 8.3 über die Gruppenzuordnung der Sektoren zu Wachstumssektoren einerseits und zu den Dienstleistungssektoren andererseits in die Überlegungen ein, so könnte man auch die beiden logarithmischen Kurven als zusammengesetzt aus zwei getrennten linearen Regressionen auffassen (vgl. Abbildung 8.4): eine Gerade, die ziemlich genau durch die Punkte der Sektoren Maß (Maschinenbau),
EIT
(Elektrotechnik),
StF
(Straßenfahrzeuge)
und
Bur
(Büromaschinen) verläuft (Vgl. Abbildung 8.4) und eine steile, mitten durch die Gruppe der sich eher vertikal türmenden Sektoren, verlaufende von Oel (ganz unten links in Abbildung 8.4) über BgB (Bergbau) bis Bkl (Bekleidung), Тех (Textilien) und Led (Leder) (oben). Hierbei handelt es sich nicht um Sektoren aus der Dienstleistungsgruppe, sondern eher um „alte" Industrien, die wegen ihrer Produktpalette wohl eher gezwungen sind, kostengünstiger zu produzieren und deshalb einen stärkeren Anreiz haben, die Arbeitsproduktivität zu forcieren, als Dienstleistungs- oder Wachstumssektoren. Die Dienstleistungssektoren kumulieren sich eher in der Nähe der Kreuzung der beiden fett gestrichelten Mittelwertlinien, die wieder den Gesamtbereich in vier Quadranten unterteilen. Der NO-Quadrant beinhaltet dabei wieder die schon sattsam bekannte „Fünferbande" der Wachstumssektoren (allerdings ohne Chm, die es nicht mehr ganz „geschafft" hat), der NW- und der SW-Quadrant die gerade herauskristallisierten älteren Technologien, wobei wir die Tendenz beobachten, daß verarbeitungsintensive Industriebereiche eher im NW-Quadranten zu finden sind, während die Energiesektoren in SW-Quadranten liegen. Insgesamt läßt sich dieses Ergebnis als durchaus plausibel bezeichnen. Daß Sektoren, die wegen ihrer größeren Arbeitsintensität einen höheren Druck verspüren, die Arbeitskosten zu dämpfen oder - was dasselbe ist - die Arbeitsproduktivität zu steigern, liegt auf der Hand. Wachstums- und Dienstleistungssektoren unterliegen zwar generell demselben Druck, aber in diesen beiden Kategorien erlaubt der Markt eher über die spezifischen Produkteigenschaften höhere Arbeitskosten auf die Nachfrager zu überwälzen. Ob die Steigerung der Stundenproduktivität des Faktors Arbeit bei den Sektoren des NW-Quadranten eher durch produktivitätssteigernde Maßnahmen oder primär durch Entlassungen von Arbeitskräften erfolgte wird sich in folgenden Abschnitt zeigen.
272
Veränderung der Arbeitsproduktivität
250,00
'Led
•Bur
flStF 200,00
iLRF
iett
Wis •Wis
iiMus
•Ehm MW 90
50,00
MW 90
0,00 0,00
2,00
4,00
• AP86/80
6,00
8,00
10,00
12,00
14,00 16,00 18,00 Eigeninnovation %
• AP90/80
Abb. 8.4: Die Einordnung der beiden Sektorkategorien in die vier Quadranten
273
8.5 Innovation und Beschäftigung Für die Analyse wurde wieder, wie schon in den vorangehenden Abschnitten, der prozentuale Anteil der Eigeninnovation als Indikator sektoraler Innovationsaktivität verwendet. Als Datenbasis der Beschäftigung konnte ein vom Statistischen Bundesamt dankenswerterweise überlassener Datensatz für die Jahre 1980, 1986 und 1990 eingesetzt werden, der bereits auf die funktionale (d.h. güterbezogene statt institutionelle) Gliederung der 58 Sektoren umgesetzt worden war (wie übrigens auch schon die in Abschnitt 8.4 verwendeten Arbeitsproduktivitäten). Ein naheliegender Gedanke wäre, daß die Beschäftigung eine Funktion des Outputs unter Berücksichtigung der Arbeitsproduktivität ist und die Zusammenhänge zur Beschäftigung damit schon berücksichtigt sind. Dieses Argument würde jedoch alle institutionellen Faktoren außer acht lassen, die sich zusätzlich „zwischen" die produktivitätsbestimmte Nachfrage nach Arbeitskräften und die faktische Zahl der Beschäftigten schieben kann. Wie schon in Abschnitt 8.4 wurden die Veränderungsraten nicht als prozentuale Differenzen berechnet, sondern durch einen Index dargestellt, der die jeweiligen Sektorbeschäftigtenzahlen für 1980 gleich 100 setzte und für die beiden Vergleichsjahre dann entsprechend als höheren (oder niedrigeren) Indexstand abbildete. Ein Index von z.B. 140 für Sektor i und das Jahr 1986 bedeutet also eine 40%ige Steigerung gegenüber 1980, eine Abnahme auf 60 hingegen einen Rückgang der Zahl der Beschäftigten um 40%. Auch hier sollte die, damit einhergehende, Vermeidung negativer Werte ermöglichen, logarithmische Regressionen zu rechnen. Der übliche erste Ansatz einer linearen Regression zeigt deutlich schlechtere Regressions-Ergebnisse als die bisherigen Analysen. Auch der logarithmische Ansatz bringt keine Verbesserung. So ergibt sich bei Unterstellung eines linearen Zusammenhangs für den Vergleich 1986/80 nur ein Korrelationskoeffizient von 0,243 bei logarithmischer Schätzung sogar nur von 0,04. Auf der Suche nach „besseren" Strukturen ergibt sich noch die relativ beste Schätzung durch eine quadratische Form, wie sie im Scatterplot sowie den Ergebniszahlen von Abbildung 8.5 dargestellt ist. Doch selbst bei einer theoretisch schwer zu rechtfertigenden „Flucht" in eine quadratische Regression ergibt sich nur ein Korrelationskoeffizienten von 0,353 (für den Zeitraum von 1986/80) bzw. 0,308 (für 1990/80). Sowohl die Lage der, einen Zusammenhang „nachempfindenden" Parabel, wie auch die Clusterung der Punkte
274
Abb. 8.5: Quadratische Regression zwischen Eigeninnovation und Beschäftigung
275
und das daraus resultierende, etwas „magere" Bestimmtheitsmaß von kaum mehr als 12% für 1986/80 deuten darauf hin, daß wir hier wieder eine Überlagerung von (mindestens) zwei verschiedenen Gruppen vor uns haben: Im rechten Ast, bei Eigeninnovationsraten von mehr als rund 4% dominiert - wie wir in Abbildung 8.5 sehen können - die wohlbekannte „Fünferbande" der Wachstumssektoren, während links dieser gedachten vertikalen Trennlinie sich meistens Dienstleistungssektoren mit hohem Beschäftigungszuwachs hervortun. Es ist somit nicht verwunderlich, daß das Bestimmtheitsmaß so niedrig ausfallt, wenn man versucht, einen von mehreren Einflußfaktoren determinierten Zusammenhang auf nur einen Faktor - hier die Eigeninnovation - zurückzuführen. Ein naheliegender Gedanke wäre deshalb, die Sektorpopulation nach einem sinnvollen Kriterium zu separieren und für die beiden Gruppen getrennte Regressionen zu rechnen. Als Trennkriterium wurde ein Wert von 2,35% Eigeninnovationsanteil genommen, der bei einem Durchschnitt der gesamten Population von 3,28% eine sinnvolle Trennung bewirkt. Alle Sektoren mit einer Eigeninnovation > 2,35% wurden in die Gruppe der sog. Wachstumssektoren verschoben und dann für diese Gruppe die übliche Regression gerechnet. Für diese Gruppierung ergab schon die einfache lineare Regression einen deutlichen Sprung im Korrelationskoeffizienten. Obwohl die Separierung anhand des Innovationskriteriums alleine noch nicht sauber genug trennt - so verbleiben z.B. mit Sta (Staat), Ehd (Einzelhandel), Shf (Schiffahrt) und SzV (Sozialversicherung) immer noch einige typische Dienstleistungssektoren in der Wachstumsgruppe (vgl. Abbildung 8.6), sowie mit Led (Leder), Bkl (Bekleidung), Тех (Textilien), Nhm (Nahrungsmittel) und Sth (Stahlbau) auch einige Vertreter eher traditioneller Technologiebereiche - schnellt der Korrelationkoeffizient auf 0,673 (für 1986/80) bzw. 0,653 (1990/80) hoch. Das aus Abbildung 8.6 direkt ersichtliche Bestimmtheitsmaß R2 deckt nun mit 45% bzw. 43% einen erheblich größeren Teil der Varianz ab, so daß wir zumindest auf dieser Ebene sagen können, daß der Innovationsaspekt eine gute, wenn auch nicht die einzige, Erklärung der durchschnittlichen Beschäftigungszunahme in diesen Sektoren darstellt.
276
Tab. 8.8: Lineare Regression der Gruppe der Wachstumssektoren
1986/198 1990/80
а
b
82,249 (22,29"*) 78,233 (14,01)*"
2,169 (4,18***) 3,109 (3,955*")
Tabelle 8.8 zeigt die Regressionskoeffizienten der linearen Schätzgleichung у = a + bx
(8.8)
worin у die Zunahme der sektoral Beschäftigten in der separierten Gruppe, χ den Prozentsatz der Eigeninnovation und α bzw. b die entsprechenden Koeffizienten darstellen. Wie sich zeigt, sind alle Regressionskoeffizienten signifikant auf dem 0,1%Niveau. An Abbildung 8.6 fällt auch noch ins Auge, daß die dünnere, obere Linie steiler verläuft als die untere (fettere), die für den Zeitraum 1986/80 steht. Dies bedeutet, daß alle weiter rechts liegenden Sektoren - d.h. Sektoren mit höherer Eigeninnovation - eine deutlich stärkere Zunahme der Beschäftigten aufweisen wenn sie auch in der ersten Dekadenhälfte schon eine Zunahme der Beschäftigung zeigten. Allerdings ist dieser Effekt nicht ganz linear. Das Steigungsmaß der Geraden für 1990/80 beträgt nämlich mit 3,109 nicht das zehnfache des aufgrund der Steigerungsrate bis 1986 sich ergebenden jährlichen Durchschnittsrate, sondern ca. 20% weniger. Trotzdem zeigen die Kurven einen fundamentalen Zusammenhang mit den Innovationsaktivitäten der sog. Wachstumssektoren: Ein Sektor der innoviert, weitet die Beschäftigung aus und tut dies auch tendenziell immer weiter.
277
278
Steigt die Enge des Zusammenhangs zwischen Innovation und Beschäftigung durch die Separierung an, so tritt bei den Restsektoren, die nun ein buntes Gemisch aus Dienstleistungssektoren, älteren Technologien und „Sonstigen" darstellen, genau das Gegenteil ein. Wie Tabelle 8.9 zeigt, sinken die t-Werte (in Klammern) für das Steigungsmaß b der linearen Regression unter die üblichen Signifikanzgrenzen. Der Korrelationskoeffizient beträgt für 1986/80 nur noch 0,022 und für 1990/80 noch 0,137 (vgl. Abbildung 8.7) Die Dekaden-Regression fallt also noch besser aus, als die für den kürzeren Zeitraum und weist darüber hinaus eine positive Steigung auf, während sie für die erste Hälfte negativ ist. Bis auf die Ordinatenwerte, deren tStatistik hochsignifikant ist, ist eine Interpretation der Regressionen aber kaum sinnvoll. Tab. 8.9: Lineare Regression der Restsektoren
1986/198 1990/80
а
b
99,680 (15,001"*) 93,676 (9,057***)
-1,839 (-0,419) 3,109 (0,805)
Abbildung 8.7 vermittelt denn auch einen guten Eindruck von der starken Streuung der Werte, die einen klaren Zusammenhang zwischen dem Kriterium Innovation und Beschäftigung vermissen lassen. Wie Abbildung 8.7 zeigt, haben praktisch alle Sektoren, die sich oberhalb der 100-Linie befanden ihre Beschäftigung ausgedehnt: Ihre Pfeile weisen nach oben, d.h. das Beschäftigungsniveau hat schon 1986 gegenüber 1980 ( = 100) zugenommen. Zu dieser Gruppe zählen vor allem die Dienstleistungssektoren (fett gestellt) Gsh (Gesundheit), Gst (Gaststätten), Ghd (Großhandel), Pst (Postdienste), mDL, (Marktbest. Dienstleistungen), PoE, (Priv. Organisationen O.E.), AuB (Ausbaudienstleistungen), Vrk (Verkehr), Vrm (Vermietung), Bnk (Banken) und EiB (Eisenbahndienstleistungen). Der Sektor EiB ist der einzige Dienstleistungssektor der nicht in dem gestrichelten Rechteck in der oberen rechten Ecke der Graphik lokalisiert ist. Da es sich hierbei primär um die Verkehrsdienstleistungen der staatlich geführten Deutschen Bundesbahn handelt, dürften diese eher von Sondereinflüssen geprägt sein, so daß wir diesen Sektor aus der Betrachtung ausschließen.
279
Beschäftigung Restsektoren
160,00
140,00
120,00 у
100,00
г = -1,8391 χ * 99,( Ft* = 0,0051
*э S I
+ 93,676 5,0187
80,00
ή
s® CO 60,00
40,00
20,00
0,50
•
1,00
B-lndex86/80
— L i n e a r (B-lndex86/80)
1,50
2,00 •
2,50 3,00 Eigoninnovation %
B-lndex90/80 Linear (B-Index90/80)
Abb. 8.7: Regression der Beschäftigten in der Gruppe der Restsektoren
280
Im „Dienstleistungsrechteck" sind an Nichtdienstleistern außerdem noch die Sektoren Zih (Ziehereien), PpW (Papierwaren), Fis (Fischerei) und Gas enthalten. (Die Sektoren Pap und KnS liegen jeweils gerade außerhalb der Trennlinien. Das Gros der übrigen Sektoren gehört zur Gruppe der traditionellen Technologien, die sich zumeist dadurch auszeichnet, daß sie Beschäftigungseinbußen erlebte. Dies ist daran erkennbar, daß die Pfeile nach unten gerichtet sind, d.h. im Scatterplot liegt die Raute (Beschäftigungsindex f. 1986/80) zumeist über dem Quadrat (1990/80). Diese Beschäftigungsrei/мЛг/ои wirkt entweder relativ, wie z.B. bei Oel oder BgB (Bergbau) oder sogar absolut, wie bei Mol, (Mineralölprodukte), Stn (Bau, Steine, Erden), Hlz (Holz), EiS (Eisen und Stahl), Ldw (Landwirtschaft), Khl (Kohle), Tbk (Tabak) und Bkl (Bekleidung) Wir versuchen nun, diese Gruppenzugehörigkeit noch weiter zu testen, indem wir dafür jeweils eine Dummy-Variable einfuhren und dann eine multiple Regression darauf durchführen. Die sog. Dienstleistungssektoren erhalten in der Datenspalte eine 1 und in der Spalte für traditionelle Technologien eine 0, die Traditionssektoren werden umgekehrt zugeordnet. Der multiple Korrelationskoeffizient steigt aufgrund dieser Maßnahme für den Vergleich 1986/80 auf 0,561 d.h. das Bestimmtheitsmaß erreicht dadurch mit einem Wert von R2 = 0,315 wieder die gewohnte und auch signifikante Größenordnung. Für den Vergleichszeitraum 1990/80 steigt der Wert für den multiplen Korrelationskoeffizienten sogar auf 0,622, das entspricht einem Bestimmtheitsmaß von 0,387 (bei 36 Beobachtungen). Die multiple Regression nach Gleichung (8.9) lautet dann: у = a + bu + cv + dw
(8.9)
worin у den Beschäftigungsindex, u den Prozentsatz der Eigeninnovation, ν die Dummy-Variable für die Zugehörigkeit zu den Dienstleistungssektoren und w die analoge Dummy-Variable für die Traditionssektoren darstellen. Es ergeben sich folgenden, in Tabelle 8.10 dargestellten Regressionskoeffizienten samt der dazugehörigen t-Werte (in Klammern):
281
Tab. 8.10: Multiple Regression der Restsektoren
1986/80 1990/80
a 94,974 (6,19*") 74,309 (3,269**)
to -6,072 (-1,514) -0,989 (-0,166)
с 24,741 (1,766) 51,930 (2,500*)
d 5,362 (0,388) 20,138 (0,982)
Wie die erste Spalte zeigt, sind die Ordinatenabschnitte nach wie vor signifikant auf dem 1% bzw. 0,1%-Niveau. Der Zusammenhang mit den Innovationsbemühungen ist nun durchgängig als negativ ausgewiesen, aber nicht signifikant. Der Zusammenhang mit der Zugehörigkeit zu den Dienstleistungssektoren ist vergleichsweise hoch, rangiert aber nur für die Gesamtdekade auf dem 5% Signifikanzniveau. Bei der Zugehörigkeit zur Gruppe der Traditionellen Technologien sind die Ergebnisse noch schwächer Die Datenlage liefert damit bestenfalls die vage Vermutung, daß die Eigenschaft „Dienstleistungssektor" einen zusätzlichen Erklärungsbeitrag für das Ausmaß der Beschäftigungsveränderung liefert, insbesondere für den Zeitraum 1990/80, wohl, weil sich nach 1986 die darin begründete Dynamik noch stärker entwickelt hat als dies in der ersten Dekadenhälfte bereits sichtbar wurde. Sie reicht jedoch nicht aus, um diese These statistisch zu erhärten. Es wird damit klar, daß die Innovationsbemühungen - selbst wenn wir die Nichtlinearität der Wirkungsweise durch die Verwendung der sog. Eigeninnovation berücksichtigen - als Erklärungsvariable allein nicht hinreichend sind, um die Dynamik der Beschäftigung vollständig zu erklären. Hier wird die Ambivalenz der Innovationen spürbar: bei den sog. Wachstumssektoren nimmt die Beschäftigung trotz erhöhter Arbeitsproduktivität sogar noch zu, während sie in technologisch „älteren" Branchen eher zum Abbau der Beschäftigung genutzt wird. Wie der Versuch einer etwas stärker differenzierenden Analyse im letzten Teil dieses Abschnitts gezeigt hat, wirken neben der Innovativität auch noch zusätzliche Kräfte auf den Prozeß ein, die wir in früheren Abschnitten mit dem Wort „semantische" Elemente zu charakterisieren versuchten. Damit ist gemeint, daß wir es hier mit weiteren, vor allem qualitativen Faktoren zu tun haben, die das Wirtschaftsgeschehen prägen, ohne daß wir dies sofort in einer quantitativen Variablen
282
einfangen könnten. Insbesondere ist damit aber auch gemeint, Unterscheidungen in den Charakteristiken von Sektoren treffen zu können, wie „traditionelle" vs. „modernere" Technologie oder spezifische technologische Affinitäten wie z.B. Kohle und Elektrizitätsgewinnung, EDV und Druck, Elektrotechnik und Maschinenbau etc. als Bestimmungsgrößen isolieren zu können. Daß sich dies nicht immer gleich in entsprechenden Regressionsergebnissen niederschlägt, liegt an der Komplexität des Gegenstandes. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, für solche Querbeziehungen in der Analyse offen zu werden und den sich in den Analysen andeutenden möglichen Zusammenhängen nachzugehen. Die Charakteristik „Dienstleistungsproduktion" ist z.B. nicht als Gegensatz zur Innovatitivität zu verstehen sondern besteht neben ihr. So spielt der technische Fortschritt im Bankgewerbe, im Gesundheitssektor, vor allem aber bei einigen Sparten des „catch-all"-Sektors mDL (Marktbestimmte Dienstleistungen), eine bedeutende Rolle, wenn wir nur an die zunehmende Bedeutung von CAD bei Architekten oder den Computereinsatz in Ingenieurbüros oder Marktforschungseinrichtungen denken. Moderne Dienstleistungen sind zwar auch noch personalintensiv, setzen aber in immer größerem Umfang auch moderne informationsverarbeitende Technologien (IT) ein, um einerseits ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und andererseits den Kostendruck aufzufangen, der im Lohnbereich generell vorhanden ist. 8.6 Das IdentifikationS'Paradox Fassen wir zusammen, was wir bisher in diesem Analysekapitel herausgefunden haben, so ergibt sich, daß die Frage (b) aus Abschnitt 7.1 • „hängt ein (ggf. entdecktes) Entwicklungsmuster stark mit der Innovationsaktivität eines Sektors zusammen ?" mit einem generellen ,ja" beantwortet werden kann. Obwohl in den Abbildungen 8.2, 8.4 und 8.5 die Fragestellungen in den drei Graphiken stark differieren, wird der NO-Quadranten immer von derselben Kerngruppe besetzt - MaB, StF, Chm, EIT sowie LRF - der bekannten „Fünferbande" des Innovationssystems, wobei zusätzlich noch einige weitere „passende" Sektoren auftauchen, wie z.B. Bur (Büromaschinen) oder Wis (Wissenschaft). Der jeweiligen Fragestellung entspricht dagegen, daß die übrigen Sektoren eine jeweils unterschiedliche Position einnehmen. So weisen z.B. die Dienstleistungssektoren bei der Beschäfti-
283
gung sowie beim Wachstum eher hohe Zuwächse, bei der Produktivität aber nur moderate Steigerungsraten auf, während die traditionellen Technologien eher hohe Zuwächse bei der Arbeitsproduktivität erzielen konnten. Diese Dominanz der sog. „Fünferbande" als Hauptrepräsentanten des NIS-Kerns, spiegelt sich auch in den aktuellen NIS-Strukturen, die in Abbildung 8.8a,b noch einmal gezeigt werden. Während drei dieser Kernsektoren - EIT, MaB und StF 1990 ihre, im Jahre 1980 teilweise schon vorhandenen Beziehungen unidirektionaler Art zu einer bilateralen Kette entwickeln konnten, taucht LRF (Luft- und Raumfahrt) mangels hinreichender Integration (weil primär endständiger Sektor) hier überhaupt nicht auf und die Chemie baut ihre schon 1980 bestehende bilaterale Beziehung mit mDL (Marktbestimmte Dienstleistungen) zu einer bilateralen Kette mit dem Energieproduzenten Elk (Elektrizität) aus. Wer sich den formalen Entstehungsweg der Graphiken in Erinnerung ruft und ihn mit dem der Abbildungen 8.1 bis 8.7 vergleicht, wird sofort darauf stoßen, daß wir hier ein merkwürdiges Phänomen vor uns haben: Für die NIS-Kern-Graphen in Abbildung 8.8 wurde lediglich die Information verwendet, die sich aus den Elementen der Innovationsverflechtungsmatrizen Z ^ außerhalb der Hauptdiagonale ergaben. Alle Werte ZH waren dafür eigens Null gesetzt worden, tragen damit also nicht zum Inhalt der Graphiken 8.8a bzw. 8.86 bei. Für die Korrelationen der Abschnitte 8.3 bis 8.5 waren jedoch als endogener Indikator nur die Hauptdiagonalwerte Хн verwendet worden, weil die Analyse ergeben hatte, daß diese die effizientesten Regressionen lieferten. Wie kommt es dann, daß sich die Inhalte der genannten NOQuadranten und die Inhalte der NIS-Keme so stark überlappen, d.h. jeweils den von uns schon früher herauskristallisierten Kern des Nationalen Innovationssystems enthalten ? Wir sind auf den dahinter liegenden Sachverhalt schon in Gl. 8.4 gestoßen, die wir hier noch einmal darstellen: 0ϋ=1+βΗ+ а,,2 +
а,,3 +
(8.4)
284
Abb. 8.8 a,b: Gegenüberstellung der aktuellen NIS-Kerne 1990 vs. 1980
285
Die, den ersten beiden Summanden folgenden Terme а,Д a^3, ... spiegeln die Verflechtung aller Sektorebenen. Damit enthalten die Hauptdiagonalelemente der Leontief-Inversen und damit natürlich auch die Elemente X„ der Innovationsverflechtungsmatrix zu einem nicht unbeträchtlichen Anteil Information über die Verflechtung innerhalb des gesamten Systems. Von daher ist es auch nicht verwunderlich, daß die Überlappung zwischen den mit beiden Informationsbasen erhaltenen Gruppen so groß - wenn auch nicht identisch - ist. Damit ist gezeigt, daß das zunächst vermutete Identifikations - Paradoxon gar keines ist. Die Überlappung der herauskristallisierten Gruppen spiegelt vielmehr die schon in Kapitel 7 beschriebene Erfahrung, daß relativ unabhängig von den gewählten Indikatoren und angewandten Methoden, sich jeweils der „Kern" eines NIS heraushebt, der funktionell eben dadurch zustande kommt, daß er aus sehr dynamischen Beziehungen innerhalb der Gruppe der sog. Wachstumssektoren besteht, deren Reflex in den verschiedensten Ableitungswegen zur Identifikation eben dieser Gruppe führt. Man könnte in diesem Zusammenhang geradezu von einem holographischen Phänomen im Zusammenhang mit der Funktion des NIS-Kerns sprechen: Fast unabhängig vom jeweiligen Betrachtungswinkel „leuchtet" dieselbe Kernstruktur auf, die, wie wir nun auch durch internationale Vergleichsanalysen wissen, auch länderübergreifend ähnlich ist. Dies bestätigt das hier vertretene Konzept eines NISKerns, der mit der SMFA identifiziert und damit weiter hinterfragt werden kann. 8.7 Fazit und Ausblick In den vorangehenden Analysen über den Zusammenhang zwischen Innovation und Wachstum, Arbeitsproduktivität und Beschäftigung eines Sektors haben wir zum Teil signifikante bzw. hochsignifikante Korrelationen gefunden, die den Zusammenhang zwischen dem identifizierten NIS-Kern und dessen Wirkungen auf das Wachstum, die Produktivität und die Beschäftigung erhärtet haben. Darüber hinaus sind wir in der dritten Analyse auf den Sachverhalt gestoßen - der im Rückblick auch bei den vorangehenden Analysen zu sehen gewesen wäre - daß neben der Innovativität auch noch andere Faktoren - vor allem in Form der Dienstleistungscharakteristik - eine Rolle spielen. Dies darf jedoch kein Anlaß sein, sich nun zufrieden zurückzulehnen und hieraus Schlüsse zu ziehen wie etwa: „wenn wir also den Anteil innovativer Dienstlei-
286
stungsektoren bzw. -Betriebe steigern, so wird auch die Beschäftigung steigen". Vielleicht ist diese Schlußfolgerung auch gar nicht so falsch und für politischen Handlungsbedarf wäre sie sogar hinreichend einsichtig und statistisch abgesichert. Für die Forschungszielsetzung die das in diesem Buch vertretene Forschungsprogramm verfolgt, beginnt hier jedoch erst die Arbeit. So wäre als nächstes die Frage zu stellen, was an den Dienstleistungssektoren diese spezifische Dynamik begründet. Ist dies eine besondere Qualität der Produkte, die alle DL-Sektoren gemeinsam haben oder eine besondere Ausprägung der Nachfrageelastizität oder doch der eher geringe Anteil der Gesamtvorleistungen im Verhältnis zur Wertschöpfung, wobei der Profitanteil relativ immer höher tendiert als der Lohnanteil bei insgesamt hoher Arbeitsintensität? Immer dann, wenn wir ein solches Element als signifikant einstufen und mit den andern Nicht-DL-Sektoren kontrastieren können, hätten wir wieder einen wichtigen Einflußfaktor gefunden, um den Zusammenhängen weiter auf die Spur zu kommen. Die hier vorgestellten Techniken der MFA und SMFA stellten einen wichtigen Einstieg hierzu dar, doch werden auch sie ohne Zweifel noch weiter entwickelt bzw. ergänzt werden müssen, um der Herausforderung der Problemstellung voll gerecht zu werden. Besonders erfreulich wäre es, wenn es dem Autor gelungen wäre, mit den verschiedenen Beispielen bis hin zu den - teilweise eben auch weniger erfolgreichen - Regressionen, verdeutlicht zu haben, daß es sich hier um nichtlineare Phänomene handelt, deren Erforschung zwar wesentlich schwieriger ist, als die linearer Zusammenhänge, deren (mögliche) Aufklärung aber auch ein wesentlich tieferes Verständnis des ökonomischen Evolutionsprozesses mit sich bringen dürfte. Diese Einsicht ist zwar auch nicht ganz neu, aber sie wird noch zu wenig umgesetzt. Das Verfolgen der eben angesprochenen, weiterführenden Fragen unter Verwendung der prinzipiell nichtlinearen Tools der MFA und SMFA und der neuen Werkzeuge nichtlinearer Ökonometrie dürfte die kommende Herausforderung zur Begründung einer dann sektoral basierten (mesoökonomischen) Wachstumstheorie sein, die über den bloß quantitativen Wachstumsgedanken hinaus auch das Konzept qualitativen Wachstums (Majer 1997) besser einbeziehen könnte. Hierbei könnte man auch der Eigendynamik der sektoralen Verflechtung besser Rechnung tragen und damit - soweit dies mit wissenschaftlichen Methoden überhaupt möglich ist - dem evolutorischen Aspekt wirtschaftlicher Entwicklung besser gerecht werden.
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Index Absorption 161 Adjazenz 72//,88ff,104 Adoption 2 Aggregation 12,71,144 Aktuelle Struktur 125ff, 151,183,188,220 Arbeitsproduktivität 261,268ff,281ff Ausfuhr 165 Basisgleichung 57/ Beschäftigung 62/70//154,253ff,281ff bilaterale Komponente 83f.92.U4 bilateraler Stern 208,215 bilaterales Dreieck 182,200,208 Binärisierung 72,93f,105 Byput-Indikator 15 Of CCA (Causal Channel Analysis) 92, 127 Charakteristische Struktur 73,105,123 180,231f Cluster 129,133ff,159,184 Dependenzmatrix 80f.,90ff,100,179 DFI (Direct Flow Intensity) 92,127,133ff Dienstleistung 16,66,164,182,190//, 265, 278ff Dienstleistungssektor 72,271,275ff Diffusion 3,30,33f,191,254 direkte Zurechnung 56,58,59 Dynamikpotential 148 Eigenbeschäftigung 70 Eigeninnovation 255,257ff,267ff Elastizität 145,276,225,244,247// Elastizitätskurve 246 Emergenz 203,220 Endnachfragekomponente 55,58,62,251 endogener Filter 107, 112 ENGELsches Gesetz 244f Entropie 101f,115ff, 121// Entwicklung 242,250 ε-Kurve 245,248 Evolution 195,209/,223 F&E
10ff,21ff,149ff, 157-176;180ff,207, 253ff, 262,282 Faktorproduktivität 154 Filter 92f„ lOOff
Forschung Forschungskegel Frascati-Handbuch
251 23f 16
Genetische Fitneß
252,258
Hauptdiagonalfeld Hauptdiagonalwert holografisch Humankapital
79 259f. 175 37
ICA (Important Coefficient Analysis) 139,208 -Struktur 143, 146/. Identifikations - Paradoxon 282 Important Coefficients 139 Informationsmaß 102 Innovation 249/ Innovations-ausgaben 159,253 -portfolio 169,171 -potential 185 -system 37,152,167,176/,185//,.207 -Verflechtung 14,86149,152,172/ -wettlauf 39 Inputindikator 10 IT (Informationstechnologie) 282 Kapital 8/55,59,150,162/181/ Kegeltheorie 23,34 Kernstrukturtyp 86 Komplexitätsreduktion 72, 119 Konnexitätsmatrix 82/90//100,113//, 179 Korrelation 35,151,256,259,268/ Laser layer
95/109//,
28/ 126,177/242
Makroevolution 2 Maximumprinzip 138 MFA (Minimal Flow Analyse) 2//.125 129,135/,144/ 176/, 205//, 250ff Mikroevolution 2 Mitzieheffekt 142 Monotonie-Annahme 106 Nachfrageelastizität
230, 243/, 247jf.
298
Nationales Innovationssystem 155, 167 172ff„ 184, 185 Neuproduktanteil 187, 194, 203 Nichtlinearität 4,21,48, 55,62, 151,255 NIS 176,185ff,200-208,282ff
Triangulation
Oslo-Manual Outputindikator
Wachstum 5,30 -dynamik -tumskern -raten Wegelänge Wissenschaft -sbasierung Wissenstransfer
151 10
Patent 12, 34,150,155,157f Patent-anmeldung 157 -erteilung 157 Pollution 53,61 Preiselastizität 243, 245, 250 Produktinnovation 10, 244 Produktions-Trassen 127 Prozeßinnovation 3, 10, 245, 247, 251 QIOA 73, 85ff, 92ff, 104f.,129,177ff 184 Quasizusammenhang 82 Realpreis Regression Robustheit
6, 242f, 253 262, 264, 268ff, 273ff 139
Schadstoffausstoß 54f, 60f SchadstoffVektor 54 Schlüsseltechnologien 34 SCHWABsches Gesetz 244 Sensitivität 139f,144 SMFA 177f,186f.,200f.205f,285 SNA 42 Spillovers 161, 183, 254 Standardstruktur 125ff,146,149f,184,203 Strukturevolution 4,216, 237 Stundenproduktivität 271 Substitution 50 Subsystemmatrix 65-69;166;196, 257f Superstruktur 182,215f, 228 Surveys 151 Technologie 9,llf,30f,48,152160ff,190 -geber 162, 166ff;175 -nehmer 175 -Verflechtung 39,48,67,72f, 186,206 technology flows 162 Technometrie 149,154 Trajektorien 27, 32f Transaktionsmatrix 95f,.242
85
Verarbeitendes Gewerbe Verflechtungsaspekt Verknüpfungsstatus
31, 32 9,149,183 179
83,129,208,227,248,266 216, 263ff 228,235 154,256/, 262ff 77 22, 29, 34f, 191, 195f 33 161
Zentralitätslkoefizient 125 Zurechnung 55ff, 68, 72, 153,155,164ff, 180, 258 -smodell 162