138 68 4MB
German Pages 337 [360] Year 2019
Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 423 Herausgegeben vom
Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren: Holger Fleischer, Ralf Michaels und Reinhard Zimmermann
Marc Lendermann
Strafschadensersatz im internationalen Rechtsverkehr Die Behandlung ausländischer punitive damages im deutsch-französischen Rechtsvergleich
Mohr Siebeck
Marc Lendermann, Studium der Rechtswissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin und der Université Paris II – Panthéon Assas (Licence en droit, Maîtrise en droit); nach der ersten juristischen Staatsprüfung wissenschaftliche Hilfskraft an der Universität Potsdam und Rechtsreferendariat am Kammergericht Berlin; seit 2013 Tätigkeit als Referent in o bersten Bundesbehörden; 2017 Promotion durch die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und die Université Paris 1 – Panthéon-Sorbonne. orcid.org/0000-0002-1217-1793
ISBN 978-3-16-155868-9 / eISBN 978-3-16-155869-6 DOI 10.1628/978-3-16-155869-6 ISSN 0720-1141 / eISSN 2568-7441 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2019 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und gebunden. Printed in Germany.
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2017 durch die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und die Université Paris 1 – Panthéon-Sorbonne in einem Cotutelle-Verfahren als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur konnten noch bis Mai 2018 berücksichtigt werden. Eine gekürzte Fassung der französischsprachigen Zusammenfassung der Arbeit wurde als Aufsatz in der Revue internationale de droit comparé, n° 1/2018 veröffentlicht. Ich danke in erster Linie den beiden Betreuern der Dissertation, Herrn Prof. Dr. Matthias Lehmann und Herrn Prof. Dr. Bertrand Fages, für die hervorragende Betreuung der Arbeit und ihre Bereitschaft, den mit einem Cotutelle-Verfahren verbundenen Mehraufwand auf sich zu nehmen. Beide Betreuer haben gemeinsam den Anstoß zur Themenstellung der Arbeit gegeben und während ihrer Anfertigung wertvolle Impulse gegeben. Danken möchte ich auch den Berichterstattern Herrn Prof. Dr. Jan von Hein und Herrn Prof. Dr. Jean-Sébastien Borghetti, für ihre Mitwirkung in der Prüfungskommission und die sehr zügige Erstellung der Gutachten. Der Stiftung der deutschen Wirtschaft danke ich für die Förderung durch ein Stipendium während der Anfangsphase der Promotionszeit. Der Deutsch-Französischen Hochschule gebührt Dank für die Gewährung einer Mobilitätskostenbeihilfe. Weiterhin danke ich dem Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht für die Aufnahme in die Schriftenreihe Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht (StudIPR). Außerdem danke ich der Johanna und Fritz Buch Gedächtnis-Stiftung, die die Veröffentlichung durch einen großzügigen Druckkostenzuschuss ermöglicht hat. Von Herzen danke ich meinem Vater, der die Arbeit kritisch gelesen und ausführlich kommentiert hat. Dr. Laurent Dechâtre, David Houssiau und Jonathan Lang bin ich zu Dank verpflichtet für wertvolle sprachliche Anmerkungen zur französischsprachigen Zusammenfassung. Mein größter Dank gilt meiner Ehefrau und meinen Eltern, ohne deren Unterstützung die Arbeit nicht möglich gewesen wäre. Berlin, Juni 2019
Marc Lendermann
Inhaltsübersicht
Vorwort............................................................................................................... V Inhaltsverzeichnis ............................................................................................. IX Abkürzungsverzeichnis ................................................................................ XVII
Einleitung ......................................................................................................... 1 Erster Teil: Strafschadensersatz im materiellen Recht Deutschlands und Frankreichs ................................................................................ 10 Kapitel 1: Pönale Elemente im deutschen und französischen Haftungsrecht................................................................................................ 12 § 1 Funktionen des Haftungsrechts ................................................................... 12 § 2 Durchbrechungen des Ausgleichsprinzips ................................................... 26
Kapitel 2: Versicherbarkeit von Ansprüchen über Strafschadensersatz ..................................................................................... 90 § 1 Diskussion de lege ferenda über die Versicherbarkeit von Strafschadensersatzansprüchen ................................................................... 91 § 2 Versicherbarkeit gegen Strafschadensersatz wegen im Ausland belegener Risiken ......................................................................................... 97
Zweiter Teil: Ausländischer Strafschadensersatz vor deutschen und französischen Gerichten .............................................. 107 Kapitel 3: Der Rechtsrahmen zur Behandlung ausländischen Strafschadensersatzes ............................................................................... 109
VIII
Inhaltsübersicht
§ 1 Rechtsrahmen für die Geltendmachung ausländischen Strafschadensersatzes ................................................................................ 109 § 2 Der Rechtsrahmen betreffend im Ausland geltend gemachten Strafschadensersatz .................................................................................... 117 § 3 Fazit .......................................................................................................... 137
Kapitel 4: Rechtsfragen bei der Behandlung ausländischen Strafschadensersatzes ............................................................................... 138 § 1 Die Qualifikation von Strafschadensersatz ............................................... 138 § 2 Vereinbarkeit mit dem ordre public ........................................................... 149 § 3 Zusammenfassung ..................................................................................... 205
Kapitel 5: Die Umsetzung der Verhältnismäßigkeitskontrolle von Strafschadensersatz ........................................................................... 206 § 1 Kriterien der Verhältnismäßigkeit ............................................................. 206 § 2 Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen den ordre public aufgrund unverhältnismäßiger Höhe: Teilanerkennung und -vollstreckung oder Verweigerung in toto? ................................................................................................ 250
Zusammenfassung und Schlussbetrachtung ...................................... 262 Thesen ............................................................................................................. 267 Résumé ............................................................................................................ 270 Literaturverzeichnis ......................................................................................... 299 Sachverzeichnis ............................................................................................... 335
Inhaltsverzeichnis
Vorwort............................................................................................................... V Inhaltsübersicht ............................................................................................... VII Abkürzungsverzeichnis ................................................................................ XVII
Einleitung......................................................................................................... 1 A. Ausgangspunkt ............................................................................................... 1 B. Problematik und Zielsetzung .......................................................................... 4 C. Eingrenzung der Thematik ............................................................................. 5 D. Definitionen und Begriffe............................................................................... 6 E. Gang der Untersuchung .................................................................................. 8
Erster Teil: Strafschadensersatz im materiellen Recht Deutschlands und Frankreichs ................................................................................ 10 Kapitel 1: Pönale Elemente im deutschen und französischen Haftungsrecht................................................................................................ 12 § 1 Funktionen des Haftungsrechts ................................................................... 12 A. Zwecke von Strafschadensersatz .................................................................. 12 I. Kompensation............................................................................................ 13 II. Bestrafung ................................................................................................ 14 III. Verhaltenssteuerung/Abschreckung ........................................................ 15 IV. Vergeltung des Geschädigten („victim vindication“) .............................. 16 V. Bereicherungsrechtliche Funktion ............................................................ 17 VI. Funktionen im Interesse der Allgemeinheit ............................................ 18 B. Totalreparation als prägender Grundsatz des deutschen und französischen Haftungsrechts ....................................................................... 19 I. Das französische „principe de la réparation intégrale“ .............................. 19 II. Das deutsche Prinzip der Totalreparation und des Bereicherungsverbots ........................................................................................................... 20
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Inhaltsverzeichnis
III. Ausgleichsprinzip im Völkerrecht .......................................................... 21 1. Staatenverantwortlichkeit ..................................................................... 21 2. Regeln betreffend die Haftung Privater ................................................ 22 a) Das Ausgleichsprinzip in internationalen Abkommen ..................... 23 aa) Montrealer Übereinkommen ..................................................... 23 bb) UN-Kaufrecht ........................................................................... 24 b) Das Ausgleichsprinzip im soft law: UNIDROIT-Grundregeln für internationale Handelsverträge .................................................. 25 § 2 Durchbrechungen des Ausgleichsprinzips ................................................... 26 A. De lege lata bestehende Ausnahmen von der Totalreparation ...................... 26 I. Vertragliche Mechanismen ........................................................................ 27 1. Vertragsstrafen ...................................................................................... 27 2. Vertragsähnliche Strafen: Vereinsstrafe und Betriebsbuße ................... 30 II. Ordnungsmittel zur Durchsetzung von Forderungen ............................... 31 1. Astreinte ............................................................................................... 31 2. Ordnungsgeld nach § 890 ZPO ............................................................ 32 III. Immaterieller Schadensersatz ................................................................. 33 1. In Deutschland ..................................................................................... 33 a) Schmerzensgeld nach § 253 Abs. 2 BGB ........................................ 33 b) Geldentschädigung bei Verletzung von Persönlichkeitsrechten ...... 35 2. Schadensersatz für Nichtvermögensschäden im französischen Recht .................................................................................................... 37 IV. Immaterialgüterrecht ............................................................................... 41 1. Die dreifache Schadensberechnung ...................................................... 42 a) Die Schadensberechnung nach dem deutschen Immaterialgüterrecht ....................................................................... 42 b) Die dreifache Schadensberechnung nach dem französischen Immaterialgüterrecht ....................................................................... 45 2. Verletzerzuschlag: Doppelte Lizenzgebühr nach der GEMARechtsprechung ................................................................................... 47 V. Schadensersatz bei Diskriminierung im Arbeitsrecht ............................... 48 VI. Schadensersatz wegen Leistungsverzugs ............................................... 51 1. Zusätzlicher Betrag bei verzögerter Auszahlung der Deckungssumme durch Versicherer ..................................................... 52 a) Art. L. 211-13 Code des assurances ................................................ 52 b) Deutsche Rechtsprechung zur Begründung oder Erhöhung von Ansprüchen aufgrund des Verhaltens des Versicherers ................... 53 2. Schadensersatz wegen unberechtigter Leistungsverweigerung („résistance abusive“) .......................................................................... 56 3. Verzugszinsen ....................................................................................... 57 a) Verzugszinsen nach deutschem Recht ............................................. 57
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b) Verzugszinsen nach französischem Recht ....................................... 58 4. Entschädigungspauschale für Beitreibungsaufwand ............................ 60 VII. Gewinnzusagen ..................................................................................... 61 1. In Deutschland: § 661a BGB ............................................................... 61 2. Gewinnzusagen nach französischem Recht .......................................... 62 VIII. Sanktionen im Wettbewerbsrecht ......................................................... 62 1. Sanktionen für Verstöße gegen das Lauterkeitsrecht ............................ 62 a) Nach deutschem Lauterkeitsrecht .................................................... 63 b) Nach französischem Lauterkeitsrecht .............................................. 64 2. Kein Strafschadensersatz bei auf Kartellrechtsverstöße gestützten Klagen.................................................................................................. 65 IX. Pönale Elemente im Europarecht ........................................................... 69 1. Abweichungen vom Ausgleichsprinzip durch Unionsrecht? ................ 69 2. Abweichung vom Ausgleichsprinzip in der Rechtsprechung des EGMR.................................................................................................. 72 X. Zusammenfassung/Ergebnis .................................................................... 74 B. Reformvorhaben zur Einführung von Strafschadensersatz ........................... 74 I. Reformvorhaben im nationalen Recht ....................................................... 75 1. Vorschläge im deutschen Schrifttum .................................................... 75 2. Französische Reformvorhaben ............................................................. 76 3. Keine Reformvorhaben zur Einführung von Strafschadensersatz auf EU-Ebene ...................................................................................... 82 4. Bestrebungen zur Harmonisierung des europäischen Privatrechts ....... 83 II. Klärungsbedürftige Fragen bei der Ausgestaltung von Strafschadensersatz ................................................................................................. 84 1. Generalklausel oder Beschränkung auf bestimmte Bereiche ............... 84 2. Empfänger der Zahlung ........................................................................ 84 3. Steuerliche Behandlung von Strafschadensersatz ................................ 87 4. Unternehmensstrafrecht als Alternative zur Einführung von Strafschadensersatz? ............................................................................ 88
Kapitel 2: Versicherbarkeit von Ansprüchen über Strafschadensersatz ................................................................................90 § 1 Diskussion de lege ferenda über die Versicherbarkeit von Strafschadensersatzansprüchen ................................................................... 91 § 2 Versicherbarkeit gegen Strafschadensersatz wegen im Ausland belegener Risiken ......................................................................................... 97 A. Möglichkeit der Absicherung gegen ausländischen Strafschadensersatz über deutsche und französische Versicherer ................................................. 98
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Inhaltsverzeichnis
I. Anwendung über das Sachrecht............................................................... 101 II. Anwendung über eine Sonderanknüpfung ............................................. 103 III. Fazit ...................................................................................................... 103 B. Auswirkung von Strafschadensersatz auf die Ausgestaltung der D&OVersicherung: Gerechtfertigter Verzicht auf einen Selbstbehalt? ................ 104
Zweiter Teil: Ausländischer Strafschadensersatz vor deutschen und französischen Gerichten .................................................................. 107 Kapitel 3: Der Rechtsrahmen zur Behandlung ausländischen Strafschadensersatzes ............................................................................... 109 § 1 Rechtsrahmen für die Geltendmachung ausländischen Strafschadensersatzes ................................................................................ 109 A. Kollisionsrechtliche Regeln bei der Anwendung durch staatliche Gerichte ...................................................................................................... 109 I. Unionsrechtliches Kollisionsrecht ........................................................... 109 II. Deutsches Kollisionsrecht ...................................................................... 111 III. Französisches Kollisionsrecht............................................................... 112 B. Schiedssprüche über Strafschadensersatz ................................................... 112 I. Verfahren vor Schiedsgerichten mit Sitz in Deutschland oder Frankreich........................................................................................................ 112 II. Aufhebungsverfahren bezüglich inländischer Schiedssprüche............... 115 1. Aufhebung nach deutschem Recht ..................................................... 116 2. Aufhebung nach französischem Recht ............................................... 116 § 2 Der Rechtsrahmen betreffend im Ausland geltend gemachten Strafschadensersatz .................................................................................... 118 A. Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen ............... 118 I. Anerkennung/Vollstreckung von Entscheidungen staatlicher Gerichte ... 118 1. Entscheidungen aus EU-Mitgliedstaaten............................................ 118 a) Die unionsraechtlichen Anerkennungs- und Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen ............................................... 119 b) Widerspruch zwischen Äquivalenzprinzip und ordre publicKontrolle bei der Anerkennung von Urteilen über Strafschadensersatz? ..................................................................... 121 2. Entscheidungen aus Drittstaaten ........................................................ 124 a) Nach internationalen Übereinkommen .......................................... 124 b) Nach autonomem Recht ................................................................ 127 aa) Voraussetzungen in Deutschland ............................................. 127
Inhaltsverzeichnis
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bb) Voraussetzungen in Frankreich ............................................... 128 II. Anerkennung der Eröffnung ausländischer Insolvenzverfahren und darin ergangener Entscheidungen: Unerheblichkeit von Strafschadensersatz als Ursache der Insolvenz ..................................................... 130 III. Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche........... 132 1. Anerkennung nach internationalen Übereinkommen ......................... 133 2. Anerkennung nach autonomem Recht ................................................ 134 a) Autonomes Recht Deutschlands .................................................... 134 b) Autonomes Recht Frankreichs ....................................................... 135 B. Rechtshilfeverfahren ................................................................................... 136 § 3 Fazit .......................................................................................................... 137
Kapitel 4: Rechtsfragen bei der Behandlung ausländischen Strafschadensersatzes ............................................................................... 138 § 1 Die Qualifikation von Strafschadensersatz ............................................... 138 A. Qualifikation als Zivil- und Handelssache ................................................. 138 I. Für die Qualifikation maßgebliches Recht .............................................. 139 1. Qualifikation nach Unionsrecht.......................................................... 139 2. Qualifikation nach dem nationalen Recht als lex fori......................... 141 a) Qualifikation nach deutschem Recht ............................................. 142 b) Qualifikation nach französischem Recht ....................................... 144 3. Bei internationalen Übereinkommen .................................................. 145 II. Ausnahme bei Zahlung an staatliche Stellen? ........................................ 146 B. Die Schiedsfähigkeit von Strafschadensersatz ........................................... 147 § 2 Vereinbarkeit mit dem ordre public ........................................................... 149 A. Allgemeine Vorbemerkungen zum ordre public ......................................... 150 I. Erfordernis eines Inlandsbezugs .............................................................. 150 II. Unterscheidung nach den verschiedenen Arten des ordre public ........... 152 B. Anerkennungsrechtlicher ordre public........................................................ 153 I. Verstoßen Entscheidungen über Strafschadensersatz per se gegen den ordre public? .......................................................................................... 153 1. Divergierende Rechtsprechung in Deutschland und Frankreich ........ 154 a) Die deutsche „Kalifornien“-Rechtsprechung ................................. 154 aa) Entscheidung des OLG Düsseldorf ......................................... 154 bb) Leitentscheidung des BGH vom 4. Juni 1992 ......................... 155 cc) Folgeentscheidungen ............................................................... 156 b) Die französische Rechtsprechung in „Fountaine Pajot“ ................ 158 aa) Urteile der Vorinstanzen .......................................................... 159
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bb) Urteil der Cour de cassation vom1. Dezember 2010 .............. 160 cc) Folgeentscheidungen ............................................................... 162 2. Auslegung des ordre public: Mögliche Hindernisse für die Vereinbarkeit mit dem ordre public ................................................... 163 a) Grundsätze der Totalreparation und des Bereicherungsverbots ..... 163 b) Staatliches Strafmonopol ............................................................... 168 c) Strafrechtliche Verfahrensgarantien ............................................... 170 aa) Verbot der Mehrfachbestrafung ............................................... 170 bb) Bestimmtheitsgrundsatz .......................................................... 171 d) Zusammenfassung ......................................................................... 172 II. Quantitativer Verstoß gegen den ordre public aufgrund exzessiver Höhe? ..................................................................................................... 173 1. Anwendbarkeit des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf das Exequaturverfahren ........................................................................... 174 a) In Deutschland ............................................................................... 175 b) In Frankreich ................................................................................. 177 c) Im Anwendungsbereich des Unionsrechts ..................................... 179 2. Maßstab der Verhältnismäßigkeit ....................................................... 181 3. Anwendungsbereich der Verhältnismäßigkeitskontrolle .................... 182 4. Kritik an der Anwendung ................................................................... 183 a) Widerspruch zum Strafzweck? ...................................................... 183 b) Verstoß gegen das Verbot der révision au fond? ............................ 184 5. Fazit.................................................................................................... 187 III. Übertragbarkeit auf die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen ..................................................................................... 187 IV. Zusammenfassung und Stellungnahme ................................................. 190 C. Kollisionsrechtlicher ordre public .............................................................. 191 I. In Deutschland: § 40 EGBGB ................................................................. 191 II. In Frankreich: Übertragbarkeit der Rechtsprechung in Fountaine Pajot?...................................................................................................... 192 III. Zusammenfassung und Stellungnahme ................................................. 194 D. Rechtshilferechtliche Vorbehaltsklauseln ................................................... 195 I. Beurteilungsmaßstab ............................................................................... 196 1. Einfachgesetzlicher Beurteilungsmaßstab .......................................... 196 2. Verfassungsrechtlicher Beurteilungsmaßstab ..................................... 198 II. Zustellungsrechtliche Vorbehaltsklauseln als Schutzschild für Inländer vor ausländischen Verfahren? .................................................. 201 1. Ungeeignetheit der Zustellungsverweigerung als Schutzschild vor Klagen im Ausland ............................................................................ 202 2. Alternative: Gegenklage auf Schadensersatz ...................................... 204 § 3 Zusammenfassung ..................................................................................... 205
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Kapitel 5: Die Umsetzung der Verhältnismäßigkeitskontrolle von Strafschadensersatz ........................................................................... 206 § 1 Kriterien der Verhältnismäßigkeit ............................................................. 206 A. Ansätze zur Bestimmung der Verhältnismäßigkeit ..................................... 206 I. Kriterien der Rechtsprechung .................................................................. 207 1. Kriterien der deutschen Rechtsprechung ............................................ 207 a) Keine Aussagen in der Rechtsprechung des BGH ......................... 207 b) Anhaltspunkte in der Rechtsprechung anderer Gerichte ................ 208 2. Kriterien der Cour de cassation ......................................................... 210 a) Der erlittene Schaden..................................................................... 210 b) Verschulden des Schädigers........................................................... 212 II. Ansätze im Schrifttum ............................................................................ 214 1. „Differenzierter Vergleichsmaßstab“ .................................................. 214 2. Bestimmung anhand abstrakter Formeln ............................................ 215 3. Finanzielle Leistungsfähigkeit des Schuldners................................... 216 4. Gesetzliche Haftungshöchstsummen .................................................. 221 5. Grenzkosten-Ansatz („marginal recovery approach“) ........................ 224 6. Vergleich mit strafrechtlichen Sanktionen .......................................... 225 7. Bedeutung des Inlandsbezugs für die Verhältnismäßigkeit ................ 226 8. Höhe des nach nationalem Recht zu pönalen Zwecken möglichen Betrages ............................................................................................. 228 9. Orientierung an Ansätzen im Ausland ................................................ 230 a) Ansätze ausländischer Gerichte zur Vollstreckungsverweigerung wegen ordre public-Verstoßes ................................ 230 b) Ansätze ausländischer Gerichte zur Bestimmung der Höhe von Strafschadensersatz nach der lex fori ............................................ 238 aa) Ansatz des amerikanischen Supreme Court ............................. 238 bb) Das Recht von Québec: Art. 1621 C.c.q. ................................ 240 cc) Das Recht von Louisiana ......................................................... 241 III. Eigener Vorschlag: Effiziente Rechtsdurchsetzung durch Schadensvorsorge als Konkretisierung der Verhältnismäßigkeit – Aufschlag in Form eines pönalen Multiplikators......................................................... 242 1. Pönaler Multiplikator zur Setzung von Anreizen für eine effiziente Schadensvorsorge .............................................................. 242 2. Übertragung auf die anerkennungsrechtliche ordre publicKontrolle ............................................................................................ 244 B. Darlegungslast hinsichtlich der Unverhältnismäßigkeit ............................. 248 § 2 Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen den ordre public aufgrund unverhältnismäßiger Höhe: Teilanerkennung und -vollstreckung oder Verweigerung in toto? ..................................................................................... 250
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Inhaltsverzeichnis
A. Grundsätzliche Möglichkeit der Teilanerkennung ...................................... 251 I. Anerkennung des kompensatorischen Schadensersatzes? ....................... 252 II. Anerkennung und Vollstreckbarkeit eines Teilbetrages des ausgeurteilten Strafschadensersatzes? ................................................................ 255 1. Anerkennung des der Kompensation dienenden Teils ........................ 255 2. Reduzierung auf einen hinnehmbaren Teilbetrag ............................... 256 B. Voraussetzungen und mögliche Hindernisse einer Teilanerkennung .......... 258 I. Vereinbarkeit mit dem Verbot der révision au fond ................................. 258 II. Antragserfordernis oder Teilvollstreckung von Amts wegen? ............... 259
Zusammenfassung und Schlussbetrachtung ...................................... 262 Thesen ............................................................................................................. 267 Résumé ............................................................................................................ 270 Literaturverzeichnis ......................................................................................... 299 Sachverzeichnis ............................................................................................... 335
Abkürzungsverzeichnis a.A. a.a.O. a.E. a.F. ABl. Abs. AcP AEUV AfP AG AGB AGG AktG al. AnwZert HaGesR ArbRAktuell Ariz. J. Int'l & Comp. L. Art. Aufl. BAnz AT BB BBerg Bd. BeckOK BeckRS BFH BGB BGBl. BGH BGHZ BJM BT-Drs. Bull. BVerfG
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XIX
XX Int. A.L.R. Int'l Bus. Law. IPR IPRax IRG IStR i.V.m. JA JCL J.L. & Com. J. World Investment & Trade JCP E JCP G JCP S JDI JETL JIArb JLEO JORF JR JuS JZ KStG KUG La. L. Rev. Loy. L. A. L. Rev. LPA LuftVG m.w.N. MarkenG MMR MüKo n° n.F. NILR NIPR NJ NJOZ NJW NVersZ N.Y.U. J. Int'l L. & Pol. NZFam NZI NZV NZKart
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Abkürzungsverzeichnis ÖJZ OLG p. PHi ProdHG PYIL RabelsZ RCA RdA RDAI RdC RDLF Rev. crit. DIP Rev. dr. unif. Rev. Law Econ. RGDA RHDI RIDC RISF RIW RLC RLDA Rn. RJO RRa Rs. RSC RTD civ. RTD com. Rutgers L.J. S. S. Cal. L. Rev. SchiedsVZ SJZ Slg. StVG t. Tex. L. Rev. TGI Trib. Assur. U. Miami Inter-Am. L. Rev. U. Mich. J.L. Reform U. Pa. L. Rev.
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Einleitung „Le respect du droit étranger fait partie des exigences inhérentes à la formation de [la société internationale].“
Henri Motulsky1
A. Ausgangspunkt Strafschadensersatz ist ein Element des common law, das in Kontinentaleuropa mit einer Mischung aus Faszination und Verwunderung beobachtet wird. 2 Sogenannte „blockbuster awards“ 3, bei denen sehr hohe Summen zugesprochen werden, haben hierzulande für Schlagzeilen gesorgt 4 – allen voran der berühmt gewordene Fall Liebeck v. McDonald's Restaurants 5, in dem einer Frau wegen durch heißen Kaffee erlittener Verbrennungen mehrere hunderttausend Dollar an amerikanischen punitive damages zugesprochen wurden. Für europäische Unternehmen kann Strafschadensersatz ausländischer Rechtsordnungen eine große Bedeutung haben. Bei Unglücksfällen wird häufig versucht, in den Vereinigten Staaten zu klagen, um dort neben kompensatorischer Entschädigung auch Strafschadensersatz geltend machen zu können.6 Europäischen Unternehmen, die auf Märkten wie den USA tätig sind, sehen sich im Falle von Produkthaftung dem Risiko von Strafschadensersatz ausgesetzt. 7 1
Écrits – Études et notes de droit international privé, 1978, p. 153. Mörsdorf-Schulte etwa spricht aus deutscher Perspektive von einer „Hassliebe“: NJW 2006, 1184. 3 Als blockbuster awards werden in der Regel solche Entscheidungen bezeichnet, in denen Strafschadensersatz von mindestens 100 Millionen $ zugesprochen wird, siehe nur Del Rossi/Viscusi, American Law and Economics Review, Vol. 12 (2010), 116. 4 Siehe etwa die Nachweise bei Ryan, Global Jurist Advances, Vol. 3 (2003), Issue 1, 1 (8 ff.). 5 Stella Liebeck v. McDonald's Restaurants, P.T.S., Inc. and McDonald's International, Inc., Urteil des New Mexico District Court vom 18.8.1994. 6 So beispielsweise wegen des Untergangs des Schiffs Costa Concordia vor Italien, siehe zu diesem Fall Perrella, in: van Boom/Wagner (Hrsg.) Mass Torts in Europe: Cases and Reflections, 2014, S. 73 (84 ff., Rn. 4/41 ff.). 7 So wird beispielsweise von manchen gemutmaßt, dass gegen den deutschen Automobilhersteller Volkswagen wegen manipulierter Abgaswerte von in den USA verkauften Fahrzeugen Strafschadensersatzansprüche geltend gemacht werden könnten, siehe etwa Jürgen 2
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Wenngleich kontinentaleuropäische Rechtsordnungen Strafschadensersatz im engeren Sinne nicht kennen, kommt es vor, dass sich auch die dortigen Gerichte mit diesem Rechtsinstitut zu befassen haben, etwa bei der Anerkennung oder Vollstreckung ausländischer Entscheidungen oder der Anwendung ausländischen Rechts.8 In einigen europäischen Ländern hatten Gerichte schon über die Behandlung ausländischen Strafschadensersatzes zu befinden. 9 Die dabei getroffenen Entscheidungen offenbaren bisweilen die kulturellen Unterschiede zwischen common law und civil law.10 Aber auch in Rechtsordnungen, deren Gerichte bislang noch nicht mit ausländischem Strafschadensersatz konfrontiert waren, wird im Schrifttum die Vereinbarkeit mit dem ordre public diskutiert.11 Deutsche Gerichte, bis hin zum Bundesgerichtshof und dem Bundesverfassungsgericht, waren schon in einigen Fällen mit ausländischem Strafschadensersatz befasst, meist in Form amerikanischer punitive damages. Damit stellen deutsche Entscheidungen die Mehrheit unter den Fällen europäischer Gerichte, die sich mit Strafschadensersatz befassen.12 Der deutsche Bundesgerichtshof war dabei die erste höchstrichterliche Instanz in Europa, die sich zur Frage der Anerkennungs- und Vollstreckungsfähigkeit amerikanischer punitive damages äußerte.13 Er entschied im Jahr 1992, dass ein Urteil über Strafschadensersatz grundsätzlich nicht mit dem ordre public vereinbar sei, es sei denn, dass mit dem Strafschadensersatz restliche, nicht besonders abgegoltene oder schlecht nachweisbare wirtschaftliche Nachteile pauschal ausgeglichen oder vom Schädiger durch die unerlaubte Handlung erzielte Gewinne abgeschöpft werden sollen.14 Doch nicht nur die Rechtsprechung hat sich in Deutschland mit ausländischem Strafschadensersatz befasst, sondern auch der Gesetzgeber ist diesbezüglich tätig geworden: In Gestalt von Art. 40 EGBGB erließ er eine Regelung, die sich speziell dem kollisionsrechtlichen Umgang mit Strafschadensersatz widmet. Die intensive Auseinandersetzung mit Strafschadensersatz durch Gerichte und Gesetzgeber hat zu einer lebhaften Debatte im deutschen Schrifttum
Hennemann im Interview mit SpiegelOnline, abrufbar unter folgendem Link (zuletzt abgerufen am 8.1.2018): ‹http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/volkswagen-musszivilklagen-in-den-usa-fuerchten-a-1054805.html›. 8 Dazu Coderch, ZEuP 2001, 604. 9 Etwa in Italien, Spanien, Griechenland und Portugal. Näher zu diesen Entscheidungen unten in Kapitel 5, § 1, A. II. 9. a). 10 Dazu aus Sicht eines im common law praktizierenden Juristen Wells, 70 La. L. Rev. (2009–2010), 557. 11 Zum Beispiel in Bezug auf Slowenien Gutta, The Enforcement of EU Competition Rules by Civil Law, 2015, S. 245 f. 12 Meurkens, in: Liber amicorum van Maanen, 2014, S. 267 (290). 13 Gardette, RGDA 1996, 205. 14 BGH, Urteil vom 4.6.1992 – IX ZR 149/91, BGHZ 118, 312; NJW 1992, 3096.
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geführt. Manche sprechen gar von einer „Lawine von schriftstellerischen Stellungnahmen“, die verfasst wurden.15 Im Hinblick auf die oft sehr kritische Haltung gegenüber diesem ausländischen Rechtsinstitut wird Strafschadensersatz hierzulande ein „denkbar schlechter Ruf“ attestiert.16 Die in Deutschland geführte Debatte hat dabei auch die Rechtsprechung in anderen europäischen Staaten beeinflusst. 17 In Frankreich hingegen scheint schon seit langem eine größere Aufgeschlossenheit gegenüber Strafschadensersatz zu bestehen. Dies zeigt sich etwa darin, dass schon seit einigen Jahren sehr konkret über die Einführung von Strafschadensersatz ins französische Zivilrecht diskutiert wird. Die Frage der Anerkennung und Vollstreckbarkeit ausländischen Strafschadensersatzes in Frankreich blieb aber lange Zeit ungeklärt. 18 Noch im Jahr 2010 merkten Autoren an, dass sich eine Diskussion über die Anerkennungsfähigkeit von Entscheidungen, die Strafschadensersatz zusprechen, weder in der französischen Rechtsprechung noch im Schrifttum abzeichne. 19 Dies änderte sich, als sich noch im selben Jahr der oberste Gerichtshof in Zivilsachen, die Cour de cassation, erstmals zu dieser Frage äußerte. In der Rechtssache Fountaine Pajot entschied der Kassationshof, dass die Vollstreckung von Urteilen über Strafschadensersatz nicht gegen den ordre public verstoße, es sei denn, die zugesprochene Höhe ist unverhältnismäßig. 20 Dadurch unterscheidet sich die Rechtsprechung in Deutschland und Frankreich zur Vollstreckbarkeit von Urteilen über Strafschadensersatz diametral: Das Regel-Ausnahme-Verhältnis ist in beiden Ländern umgekehrt. Diese Divergenz in der Behandlung von Strafschadensersatz bietet Anlass, die unterschiedlichen Ansätze miteinander zu vergleichen.21 Zu Recht wird der Entscheidung in Fountaine Pajot das Potenzial zugeschrieben, nicht nur für die Frage der Anerkennung von Strafschadensersatz
15 So Sandrock, in: FS Sonnenberger, 2004, S. 615 (645). In ähnlichem Sinne Laugwitz, Die Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, 2017, S. 261, die von einer „abundanten deutschen Literatur“ spricht. 16 Medicus, JZ 2006, 808 (809). 17 So ist etwa Machnikowski und Margonski zufolge in der Entscheidung des polnischen Obersten Gerichts vom 11.10.2013 – I CSK 697/12 ein Einfluss aus Deutschland erkennbar: IPRax 2015, 453 (456). 18 Siehe etwa noch im Jahre 2007 Furtak, in: Gottschalk/Michaels/Rühl/von Hein (Hrsg.), Conflict of Laws in a Globalized World, 2007, S. 267 (273 f.): „To what extent France’s highest court would consider American punitive damages awards to be in conflict with French public order remains to be tested.“ 19 So noch Kunkler, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, 2010, S. 279. 20 C. Cass., 1re ch. civ., Urteil vom 1.12.2010, pourvoi n° 09-13-303. 21 In diesem Sinne Meurkens, Punitive Damages, 2014, S. 326: „The French attitude from a private international law perspective can be contrasted to, for example, the German attitude.“
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richtungsweisend zu werden, sondern darüber hinaus die Debatte um die Zwecke deliktischer Haftung europaweit neu zu entfachen. 22 Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass in Deutschland und Frankreich derzeit über eine weitere Pönalisierung des Zivil- und Wirtschaftsrechts, sei es durch die Einführung von Strafschadensersatz oder die Schaffung eines Unternehmensstrafrechts, diskutiert wird.23 Die Forderung nach der Einführung von Strafschadensersatz ins nationale Recht hat nunmehr auch dadurch Auftrieb gewonnen, dass der EuGH kürzlich die Aussage traf, dass die Einführung solcher Maßnahmen durch bestimmte Sekundärrechtsakte nicht verboten sei. 24 Der Behandlung ausländischen Strafschadensersatzes kommt auch insofern eine hohe Aktualität zu, als dieses Rechtsinstitut zunehmend Einzug in andere Rechtsordnungen hält. So hat etwa China in jüngerer Zeit Strafschadensersatz zugunsten von Verbrauchern eingeführt, 25 während über Korea berichtet wird, dass dort Dreifach-Schadensersatz geschaffen worden sei. 26 Auch in den USA, wo Strafschadensersatz in einigen Bundesstaaten eine lange Tradition hat, lässt sich eine Ausweitung der sogenannten punitive damages erkennen.27 Die Bedeutung ausländischen Strafschadensersatzes für europäische Gerichte dürfte daher in Zukunft weiter zunehmen. B. Problematik und Zielsetzung Die Entscheidung in Fountaine Pajot soll zum Anlass genommen werden, zu untersuchen, inwieweit sich das deutsche und französische Recht gegenseitig Orientierung geben können, wie mit ausländischem Strafschadensersatz umzugehen ist. Dass eine solche rechtsvergleichende Betrachtung bei der Entscheidungsfindung zum Umgang mit ausländischem Strafschadensersatz einen Beitrag leisten kann, hat die Rechtssache Fountaine Pajot gezeigt: Der Berichterstatter der Cour de cassation schreibt, dass bei den Beratungen der Kammer rechtsvergleichende Erwägungen einen entscheidenden Einfluss hatten. 28 Im
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So Fuchs, in: FS von Hoffmann, 2011, S. 776 (777). Zu der in Deutschland geführten Diskussion über eine Unternehmensstrafe siehe etwa Heuking/von Coelln, BB 2014, 3016. 24 Urteil der 5. Kammer vom 25.1.2017, Rs. C̻367/15, Rn. 28, in Bezug auf die Richtlinie 2004/48. 25 Dazu Wang, PHi 2014, 94; Johnson, Front. Law China. 2014, 321 sowie aus rechtsvergleichender Sicht Koziol, Front. Law China. 2014, 308. 26 Jeong, in: Hess (Hrsg.), Die Anerkennung im Internationalen Zivilprozessrecht – Europäisches Vollstreckungsrecht, 2014, S. 79 (88). 27 Beispielsweise durch die Zulassung des Supreme Court of the State of New York von Anträgen Asbestgeschädigter auf Strafschadensersatz, siehe die Meldung in PHi 2014, 93. 28 Pluyette, in: Cachard/Nau (Hrsg.), Europäisches Privatrecht in Vielfalt geeint. Einheitsbildung durch Gruppenbildung im Unternehmensrecht?/Droit privé européen: l’unité dans la diversité. Convergences en droit de l’entreprise?, 2012, S. 45 (51). 23
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Hinblick auf diesen Nutzen der rechtsvergleichenden Analyse soll die vorliegende Arbeit untersuchen, ob die deutsche Rechtsprechung zur Anerkennung und Vollstreckbarkeit ausländischer Entscheidungen über punitive damages angesichts des Urteils Fountaine Pajot überdacht werden sollte. Darüber hinaus soll der Frage nachgegangen werden, ob die Rechtslage in Deutschland, wo Gesetzgeber und Justiz sich bereits intensiv mit dem Umgang mit überkompensatorischem Schadensersatz auseinandergesetzt haben, Orientierung geben kann, wie Gerichte in Frankreich mit ausländischem Strafschadensersatz in denjenigen Konstellationen umgehen sollten, zu denen sich die französische Rechtsprechung noch nicht geäußert hat, d.h. in Fällen, in denen es nicht um die Anerkennung oder Vollstreckbarkeit ausländischer Entscheidungen geht, sondern um die Anwendung ausländischen Rechts oder Rechtshilfeverfahren. Schließlich soll auch der Frage nachgegangen werden, wie die von der Cour de cassation getroffene Aussage, dass unverhältnismäßig hohe Strafschadensersatzbeträge nicht vollstreckt werden können, sich in der Praxis durch die Gerichte festmachen lässt. Zu diesem Zweck soll untersucht werden, ob sich dem Recht Deutschlands oder dem dortigen Schrifttum Ansätze entnehmen lassen, die auf die in Frankreich vorzunehmende Verhältnismäßigkeitsprüfung übertragbar wären. C. Eingrenzung der Thematik Ihrer Zielrichtung entsprechend beschränkt sich die vorliegende Arbeit darauf, die Behandlung von Strafschadensersatz durch deutsche und französische Gerichte zu untersuchen und zu vergleichen. Auf die Behandlung von ausländischem Strafschadensersatz durch die Gerichte anderer Rechtsordnungen wird nur punktuell eingegangen, dort wo diese Verweise Erkenntnisse versprechen, die für die Diskussion in Deutschland oder Frankreich nutzbar gemacht werden können. Darüber hinaus wird im Hinblick auf das umfangreiche bereits vorhandene Schrifttum zum Strafschadensersatz im materiellen Recht anderer Rechtsordnungen darauf verzichtet, dieses ausländische Rechtsinstitut näher darzustellen.29
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Siehe zum Strafschadensersatz nach amerikanischen Recht etwa Trapp, in: FS Rauscher, 2005, S. 157; Cordewener, JA 1998, 168; Meurkens, Punitive Damages, 2014, S. 13 ff.; Herbots, in: Liber amicorum Guy Horsmans, 2004, S. 511; Beermann, DAJV-NL 2007, 140; Naumann, in: L’efficacité des mesures de lutte contre la contrefaçon, 2006, S. 87; zum englischen Recht beispielsweise Marx, Exemplary damages im englischen Recht, S. 199; Stoll, in: FS Henrich, 2000, S. 593 und zum Strafschadensersatz im brasilianischen Recht MartinsCosta/Souza Pargendler, RIDC 2006, 1145; da Silva Filho, in: White (Hrsg.), Law and Social Economics, 2015, S. 183; zu Strafschadensersatz und argentinischem Recht Picasso, RdC 2010, 1107; zum Strafschadensersatz in Israel Englard, JETL 2012, 1 (9 f.); zu exemplary damages im australischen Recht Vanleenhove/de Bruyne, University of Western Australia Law Review, Vol. 42 (2017), 166 (170 ff.). Rechtsvergleichend zum Strafscha-
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D. Definitionen und Begriffe Um den Umgang mit ausländischem Strafschadensersatz untersuchen zu können, bedarf es zunächst einer Begriffsfestlegung, da die im Zusammenhang mit pönalem Schadensersatz üblichen Begrifflichkeiten sehr unterschiedlich verwendet werden. Selbst in den Rechtsordnungen, deren nationales Recht Strafschadensersatz kennt, wird dieser nicht einheitlich bezeichnet. Während meist von punitive damages gesprochen wird, werden andere Formen des überkompensatorischen Schadensersatzes oftmals als multiple damages sowie vindicative damages bezeichnet. Sonderfälle davon bilden die double oder treble damages, bei denen der Schadensersatz verdoppelt oder verdreifacht wird. 30 Im englischen Recht wird häufig von exemplary damages gesprochen, wenn von Schadensersatz mit abschreckender Wirkung die Rede ist. 31 Der Begriff punitive damages wird oftmals als Oberbegriff für diese unterschiedlichen Erscheinungsformen verwendet.32 Zu Recht aber wird im Schrifttum auf die Unterschiede zwischen punitive damages und anderen Formen des überkompensatorischen Schadensersatzes hingewiesen.33 Die deutsche Rechtsprechung benutzt im Zusammenhang mit pönalen Elementen oftmals Begriffe wie „Sanktion“ und „Strafe“ – häufig auch in Zusammensetzungen mit „-charakter“ oder „-wirkung“. 34 Von „Privatstrafe“ spricht der BGH im Zusammenhang mit pönalen Elementen des nationalen Zivilrechts, während er im Kontext von ausländischem Schadensersatz, der eine pönale Zielrichtung verfolgt, von „Strafschadensersatz“ spricht.35 Diese Terminologie ähnelt derjenigen der französischen Cour de cassation, welche bezogen auf
densersatz in unterschiedlichen Rechtsordnungen Gotanda, Supplemental Damages in Private International Law, 1998, S. 196 ff.; ders., 42 Colum. J. Transnat'l L. (2003–2004), 391; ders., Recueil des Cours de l’Académie de droit international de La Haye 2007, 73 (324); Jauffret-Spinosi, LPA 20.11.2002 n° 232, 8, sowie die Länderberichte in Koziol/Wilcox (Hrsg.), Punitive Damages: Common Law and Civil Law Perspectives, 2009, S. 7 ff. 30 Drolshammer/Schärer, SJZ 1982, 309 (313). 31 Lew, in: Rovine (Hrsg.), Contemporary Issues in International Arbitration and Mediation, 2008, S. 153 (156); Pierre, RJO 2014, 23 (24). 32 Drolshammer/Schärer, SJZ 1982, 309 (313). 33 Siehe etwa Haas, Multiple damages – Mehrfacher Schadensersatz, 2016, S. 89 ff., dem zufolge multiple damages als rechtlich eigenständig zu erachten sind und diese keinen Unterfall der punitive damages darstellen. 34 Siehe die Nachweise bei Dornheim, Sanktionen und ihre Rechtsfolgen im BGB unter besonderer Berücksichtigung des § 241a BGB, 2005, S. 24 ff. Aus jüngerer Zeit etwa BGH, Beschluss vom 12.01.2012 – I ZB 43/11, NJW-Spezial 2012, 176; BGH, Urteil vom 18. 10. 2012 – III ZR 106/11, NJW 2012, 3718. 35 Von „Privatstrafe“ spricht der BGH etwa in einem Urteil vom 29.11.1994 – VI ZR 93/94, NJW 1995, 781, von „Strafschadensersatz (punitive damages)“ in einem Urteil vom 4.6.1992 – IX ZR 149/91, NJW 1992, 3096.
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Vorschriften des französischen Rechts üblicherweise von peine privée (Privatstrafe) spricht36, während hinsichtlich ausländischen Strafschadensersatzes die Bezeichnung dommages (-intérêts) punitifs gebraucht wird.37 Im französischen Schrifttum wird Strafschadensersatz üblicherweise als Schadensersatz definiert, dessen Ziel darin besteht, über die Wiederherstellung des erlittenen Schadens hinaus zu sanktionieren. 38 Manche französische Autoren wollen zudem begrifflich zwischen Strafschadensersatz im engeren Sinne (dommages-intérêts punitifs stricto sensu) und konfiszierendem Schadensersatz (dommages-intérêts confiscatoires) unterscheiden.39 Letzterer meint eine Abschöpfung von Beträgen, ähnlich wie dies in Deutschland als Gewinnabschöpfung bezeichnet wird. Im deutschsprachigen Schrifttum wird die Übersetzung von punitive damages mit „Strafschadensersatz“ bisweilen kritisiert. Nach Ansicht mancher Stimmen in der Literatur nütze eine Übersetzung nichts, da das deutsche Recht einen solchen Schadensersatzanspruch nicht kenne. 40 Richtig jedenfalls ist, dass der wörtlichen Übersetzung keine allzu große Bedeutung beigemessen werden sollte, da die Unterschiede zwischen den Rechtssystem zu groß sind, als dass sie durch die Übersetzung zum Ausdruck gebracht werden könnten. 41 Manche Autoren wollen statt des Begriffs „Strafschadensersatz“ die Übersetzung „Privatstrafe“ verwenden, da dieser Begriff unseres Rechts den wesentlichen Aspekt, nämlich die Belastung des Schuldners über den Nachteil des Gläubigers und über seinen eigenen Vorteil hinaus, um den Schuldner für ein bestimmtes unerwünschtes Verhandeln mit einer Sanktion zu belegen, am ehesten treffe. 42 Allerdings ist auch der Begriff „Privatstrafe“ nicht eindeutig.43 Manche Autoren wollen nur solche Sanktionen als Privatstrafe auffassen, die nicht dem Ausgleich eines erlittenen Schadens dienen, das heißt allein einen bestrafenden Zweck verfolgen. 44 Andere hingegen wollen den Begriff weiter fassen und da-
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So etwa C. Cass., 1re ch. civ., Urteil vom 9.4.2014, pourvoi n° 13-16348. So beispielsweise in Bezug auf die astreinte in C. Cass., 2 e ch. civ., Urteil vom 7.7.2011, pourvoi n° 10-20296. 38 Zum Begriff auch Mor/Heurton, Évaluation du préjudice corporel, 2010, S. 26 f. sowie Vignon-Barrault, in: Cayrol (Hrsg.), La notion de dommages-intérêts, 2016, S. 299 (300). 39 Laithier, in: Ferrier/Pélissier (Hrsg.), L’entreprise face aux évolutions de la responsabilité civile, 2012, S. 122 ff. 40 So Schwintowski, NJW 2003, 632 (633). 41 Drolshammer/Schärer, SJZ 1982, 309 (313). 42 Gregor, Das Bereicherungsverbot, 2012, S. 227. Von Privatstrafe wird in der Literatur üblicherweise gesprochen, wenn die vom Täter zu zahlende Geldsumme den Schaden übersteigt, siehe Großfeld, Privatstrafe, 1961, S. 11. 43 Jansen, JZ 2005, 160 (169), dem zufolge der Begriff der Privatstrafe gänzlich ungeklärt ist. 44 So Jansen, a.a.O. 37
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runter alle Sanktionen fassen, die über den vermögensrechtlichen Schaden hinausgehen.45 Auch diese Übersetzung wäre demnach nicht so eindeutig, wie dies bisweilen suggeriert wird. Zwecks einheitlicher Verwendung der Begriffe wird sich die vorliegende Arbeit an der deutschen und französischen Rechtsprechung orientieren und in Bezug auf Elemente des deutschen und französischen Rechts den Begriff „Privatstrafe“ verwenden sowie hinsichtlich ausländischen pönalen Schadensersatzes von „Strafschadensersatz“ sprechen. Darüber hinaus wird in Anlehnung an die im BGB verwendete Terminologie der Begriff „Schadensersatz“ statt „Schadenersatz“ verwendet. 46 E. Gang der Untersuchung Für die Behandlung von Strafschadensersatz im internationalen Rechtsverkehr ist die Auslegung des ordre public maßgeblich. Diese wiederum hat sich an den Maßstäben des jeweiligen materiellen Rechts zu orientieren. Zu diesem Zweck werden im ersten Teil dieser Arbeit das französische und deutsche Recht daraufhin untersucht, inwieweit sie Abweichungen vom Ausgleichsprinzip kennen. Ausgehend von den dort vorhandenen pönalen Elementen wird in einem zweiten Schritt die Frage der Versicherbarkeit gegen Privatstrafen zu erörtern sein, da die Absicherung gegen die mit einer Verurteilung zu Strafschadensersatz oftmals einhergehenden weitreichenden wirtschaftlichen Folgen eine große Rolle in der Praxis spielt und sich im Einzelfall die Frage stellen kann, wie sich nationale Regelungen über die Versicherbarkeit von Strafschadensersatz auf den internationalen Rechtsverkehr auswirken. Daran anknüpfend wird auf mögliche Entwicklungen in Richtung einer Einführung von Strafschadensersatz ins deutsche bzw. französische Recht eingegangen. Im zweiten Teil der Arbeit wird der Frage der Behandlung von ausländischem Strafschadensersatz vor deutschen bzw. französischen Gerichten nachgegangen – sowohl hinsichtlich der Anwendung ausländischen Rechts durch französische beziehungsweise deutsche Gerichte als auch der Vollstreckung und Anerkennung ausländischer Entscheidungen. Zu diesem Zweck wird zunächst der Rechtsrahmen beider Länder daraufhin untersucht, ob Unterschiede im prozessualen Recht eine unterschiedliche Behandlung ausländischen Rechts rechtfertigen könnten. In einem zweiten Schritt wird auf die sich im internationalen Rechtsverkehr im Zusammenhang mit Strafschadensersatz stellenden Fragen eingegangen, insbesondere die Qualifikation von Strafschadensersatz und die Vereinbarkeit mit den unterschiedlichen Ausprägungen des ordre public.
45 So etwa Ebert, Pönale Elemente im deutschen Privatrecht, 2004, S. 276; Müller, Punitive Damages und deutsches Schadensersatzrecht, 2000, S. 7 ff. 46 Vgl. etwa die Überschriften von § 280 f. BGB.
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Im abschließenden Kapitel des zweiten Teils wird der für die Praxis bedeutsamen Frage nachgegangen, wie die nach der Rechtsprechung der Cour de cassation bei der Anerkennung bzw. Vollstreckung ausländischer Entscheidungen über Strafschadensersatz vorzunehmende Verhältnismäßigkeit in der Praxis durch die Gerichte vorgenommen werden kann.
Erster Teil
Strafschadensersatz im materiellen Recht Deutschlands und Frankreichs Da für die Auslegung des ordre public in Bezug auf den Umgang mit ausländischem Strafschadensersatz die Maßstäbe der nationalen Rechtsordnung entscheidend sind, ist letztlich maßgeblich, inwieweit das materielle Zivilrecht des Forumsstaats Elemente enthält, in denen weniger die Kompensation eines tatsächlichen erlittenen Schadens, als vielmehr die Sanktionierung eines Verhaltens im Vordergrund steht (Kapitel 1). An diese haftungsrechtliche Frage knüpft sich auch die Frage an, inwieweit andere Regelungen des materiellen Rechts überkompensatorischen Schadensersatz betreffen. Dies gilt namentlich für das Versicherungsrecht (Kapitel 2).
Kapitel 1
Pönale Elemente im deutschen und französischen Haftungsrecht Für die Behandlung ausländischen Strafschadensersatzes in Deutschland und Frankreich ist letztlich maßgeblich, inwieweit das materielle Recht beider Länder Elemente mit pönaler Zielrichtung enthält. Während Strafschadensersatz in denjenigen Rechtordnungen, in denen er ausdrücklich vorgesehen ist, mehrere Funktionen wahrnimmt, bezwecken das deutsche und französische Haftungsrecht grundsätzlich allein den vollständigen Schadensausgleich (§ 1). Trotz dieser unterschiedlichen Konzeptionen des Haftungsrechts lassen sich auch im deutschen und französischen Recht pönale Elemente finden, die aufgrund ihrer Zielrichtungen Ähnlichkeit mit Strafschadensersatz haben (§ 2).
§ 1 Funktionen des Haftungsrechts § 1 Funktionen des Haftungsrechts In denjenigen Rechtsordnungen, die ausdrücklich Strafschadensersatz vorsehen, kommen diesem Rechtsinstitut viele Funktionen zu (A). Das deutsche und französische Schadensersatzrecht hingegen ist in erster Linie vom Prinzip der Totalreparation geprägt, demzufolge der vollständige Schadensausgleich der alleinige Zweck der Haftung sein soll (B). A. Zwecke von Strafschadensersatz Im Rechtssystem der USA ist Strafschadensersatz in Form von punitive damages so stark verwurzelt, dass die Begründung für seine Existenz nur selten untersucht wird.1 Einigkeit besteht jedenfalls darüber, dass Strafschadensersatz mehreren Zwecken dient.2 Markel spricht im Hinblick auf die unterschiedlichen Funktionen von einem Pluralismus der Zwecke („pluralism about 1 So etwa Liptak in der New York Times vom 26.3.2008: „Punitive damages are so embedded in the American legal system that the rationale for them is rarely explored.“ Ähnlich auch Sebok, 78 Chi.-Kent L. Rev. (2003), 163: „The more basic question – what are the purposes or rationales for punitive damages – has not played as great a role as one might think.“ 2 Siehe etwa Owen, 158 U. Pa. L. Rev. PENNumbra (2009), 181 (183): „All agree that punitive damages serve a mixture of purposes.“
§ 1 Funktionen des Haftungsrechts
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purposes“)3. Aufgrund dieser Vielschichtigkeit der Zwecke wird im Strafschadensersatz bisweilen ein hybrides Rechtsinstrument („hybrid remedy“) gesehen.4 Die verschiedenen Zwecke stehen bisweilen sogar im Widerspruch zueinander.5 Die Anzahl der Funktionen unterscheidet sich je nach einzelner Kategorisierung. Der BGH etwa traf in seiner Entscheidung über die Anerkennungsfähigkeit ausländischen Strafschadensersatzes die Aussage, dass dieser bis zu vier Hauptzwecken diene.6 Im Schrifttum werden bisweilen noch mehr Funktionen angeführt. 7 Diese verschiedenen Funktionen sollen im Folgenden näher daraufhin untersucht werden, inwieweit sie sich auf die Behandlung von Strafschadensersatz im internationalen Rechtsverkehr auswirken können. Da dabei vor allem Strafschadensersatz in Form amerikanischer punitive damages eine Rolle spielt, werden die Funktionen von Strafschadensersatz in erster Linie anhand der in den USA geführten Diskussion erläutert. I. Kompensation Wie „normaler“ Schadensersatz dient auch Strafschadensersatz dem Ausgleich erlittener Vermögensschäden. 8 Neben der Kompensation des Schadens selber sollen durch Strafschadensersatz, indem er über den erlittenen Vermögensschaden hinausgeht, auch die durch die Geltendmachung verursachten Prozesskosten, einschließlich derjenigen für anwaltliche Vertretung, erstattet werden. 9 Darüber hinaus wird eine Funktion von Strafschadensersatz darin gesehen, Schäden zu kompensieren, für die andernfalls keine Entschädigung möglich ist. Historisch gesehen diente Strafschadensersatz in England und den USA oftmals dazu, Kompensation in Fällen zu gewähren, in denen Schadenspositionen eigentlich nicht als ersetzbar angesehen wurden, wie etwa für seelisches Leiden, das nicht aus einer körperlichen Beeinträchtigung resultierte. 10 Ob die kompensatorische Funktion auch heute noch eine Rolle spielt, ist umstritten. In der 3
Markel, 157 U. Pa. L. Rev. (2008–2009), 1383 (1403). So etwa Owen, 158 U. Pa. L. Rev. PENNumbra (2009), 181 (184). 5 Fletcher, Tort Liability for Human Rights Abuses, 2008, S. 65. 6 BGH, Urteil vom 4.6.1992 – IX ZR 149/91, NJW 1992, 3096 (3102): 7 Calabresi und Owen etwa listen jeweils fünf verschiedene Funktionen auf: Calabresi, in: Madden (Hrsg.), Exploring Tort Law, 2005, S. 333; Owen, 39 Vill. L. Rev. (1994), 363 (373). Sebok hingegen führt sechs Zwecke auf, 78 Chi.-Kent L. Rev. (2003); Mörsdorf-Schulte, Funktion und Dogmatik US-amerikanischer punitive damages, 1999, S. 60; Ellis, 56 S. Cal. L. Rev. (1982), 1 (3). 8 Zur Kompensation als Funktion von Strafschadensersatz etwa Owen, 74 Mich. L. Rev. (1975–1976), 1257 (1295). Da für die Behandlung von Strafschadensersatz im internationalen Rechtsverkehr vor allem diejenigen Zwecke Relevanz haben können, die ihn von rein kompensatorischem Schadensersatz unterscheiden, wird im Folgenden auf die Funktion der Kompensation nicht näher eingegangen. 9 Dazu Schlueter/Redden, Punitive Damages, Third Edition, Vol. 1, 1995, S. 33 f. 10 Siehe die rechtsgeschichtliche Darstellung bei Colby, 87 Minn. L. Rev. (2002–2003), 583 (613 ff.). 4
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Kapitel 1: Pönale Elemente im deutschen und französischen Haftungsrecht
Entscheidung Cooper Industries, Inc. v. Leatherman Tool Group, Inc. des amerikanischen Supreme Court aus dem Jahr 2001 führte Justice John Paul Stevens aus: „Until well into the 19th century, punitive damages frequently operated to compensate for intangible injuries, compensation which was not otherwise available under the narrow conception of compensatory damages prevalent at the time. […] As the types of compensatory damages available to plaintiffs have broadened, […], the theory behind punitive damages has shifted toward a more purely punitive (and therefore less factual) understanding.“11
Diese Aussage wird dahingehend interpretiert, dass punitive damages nach Ansicht von Justice Stevens heutzutage nicht mehr der Kompensation, sondern der Bestrafung dienen.12 Manche Autoren hingegen erachten die kompensatorische Funktion auch heute noch als maßgeblich. Cala-bresi etwa sieht in ihr sogar den plausibelsten Zweck von Strafschadensersatz. 13 II. Bestrafung Nach weit verbreiteter Auffassung besteht die Funktion von Strafschadenersatz in erster Linie in einer Sanktionierung des Schädigers. 14 Diese Funktion kommt auch im vom American Law Institute herausgegebenen Restatement of Torts, Second zum Ausdruck, dessen § 908 besagt: „Punitive damages are damages, other than compensatory or nominal damages, awarded against a person to punish him for his outrageous conduct and to deter him and others like him from similar conduct in the future.“
Eine Bestätigung für die Bestrafung als vorrangigen Zweck wird von manchen Autoren in den Entscheidungen BMW of North America v. Gore15, State Farm16 sowie Philip Morris USA v. Williams 17 des U.S. Supreme Court gesehen: Die Auffassung des obersten Gerichtshofs der USA, dass die für Strafrecht geltenden verfahrensrechtlichen Anforderungen auch auf Strafschadensersatz anzuwenden seien, könne als Beleg für die sanktionierende Zielrichtung der punitive damages herangezogen werden.18
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532 U.S. 424 /437, dortige Fn. 11. So etwa Sebok, 78 Chi.-Kent L. Rev. (2003), 163 (164). 13 Calabresi, in: Madden (Hrsg.), Exploring Tort Law, 2005, S. 343 f. 14 Dazu Ellis, 56 S. Cal. L. Rev. (1982–1983), 1 (4); Owen, 74 Mich. L. Rev. (1975–1976), 1257 (1279). 15 517 U.S. 559 (1996). 16 State Farm Mutual Automobile Insurance Co. v. Campbell, 538 U.S. 408 (2003). 17 127 S. Ct. 1057 (2007). 18 So Sommers, 124 Yale L.J. (2015), 1295 (1306). 12
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III. Verhaltenssteuerung/Abschreckung Einige Autoren sehen den Hauptzweck von Strafschadensersatz in der Verhaltenssteuerung, sprich der Prävention von schädigendem Verhalten. Da von Strafschadensersatz eine abschreckende Wirkung ausgehe, diene er der Schadensprävention. Dabei wird Strafschadensersatz sowohl eine general- als auch spezialpräventive Funktion zugeschrieben. 19 Die verhaltenssteuernde Funktion von Strafschadensersatz wird hauptsächlich von Autoren der ökonomischen Analyse des Rechts unterstrichen, denen zufolge Strafschadensersatz eine Kosteninternalisierung beim Schädiger erlaubt.20 Optimale Abschreckung werde erreicht, indem der kompensatorische Schadensersatz um den Betrag oder das Verhältnis erhöht werde, welches das Risiko widerspiegelt, dass der Schädiger seiner Haftung entkommt. Ein rational handelnder Akteur nämlich könne im Wissen handeln, dass sein sozial schädliches Verhalten ihm Vorteile bringt, er aber voraussichtlich nur einen Anteil der aus seinem Handeln resultierenden Kosten zu tragen hat. 21 Durch Strafschadensersatz werde sichergestellt, dass ein potentieller Schädiger, selbst wenn er in manchen Fällen der Haftung auf kompensatorischen Schadensersatz entgeht, durch diejenigen Fälle, in denen er haftbar gemacht wird, die gesamten Kosten seines Handelns internalisieren muss und dadurch einen Anreiz hat, Vorkehrungen gegen den Eintritt eines Schadens zu treffen. 22 Im Hinblick auf diese Funktion von Strafschadensersatz spricht sich etwa Markel sogar dafür aus, statt von punitive damages oder retributive damages von „deterrence damages“, also sozusagen „Abschreckungsschadensersatz“, zu sprechen.23 Zur Bestimmung der der optimalen Abschreckung dienenden Höhe des Strafschadensersatzes wird von einigen Autoren vorgeschlagen, den zu zahlenden Schadensersatzbetrag über den tatsächlich erlittenen Schaden hinaus um einen Aufschlag in Form eines pönalen Multiplikators („punitive multiple“) zu erhöhen.24 In der amerikanischen Rechtsprechung hat dieser Ansatz bereits Anwendung gefunden. 25 Calabresi sieht diese Multiplikator-Funktion sogar als eine eigenständige Funktion von Strafschadensersatz an. 26
19 Zur specific deterrence und general deterrence: Sebok, in: Koziol/Wilcox (Hrsg.), Punitive Damages: Common Law and Civil Law Perspectives, 2009, S. 155 (178 ff.). Kritisch zur deterrence theory: Sebok, in: Oberdiek (Hrsg.), Philosophical foundations of the law of torts, 2014, S. 312 (321 ff.). 20 So etwa Polinsky/Shavell, 111 Harvard Law Review (1998), 869 (873 ff.). 21 Polinsky/Shavell, 111 Harvard Law Review (1998) 869 (877 ff.). 22 Polinsky/Shavell, a.a.O. 23 Markel, 157 U. Pa. L. Rev. (2008–2009), 1383 (1406). 24 So etwa Cooter, Alabama Law Review, Vol. 40 (1989), N° 3, 1143; Polinsky/Shavell, Handbook of Law and Economics, Volume 1, S. 166. 25 Siehe die Nachweise bei Sharkey, 113 Yale L.J. (2003–2004), 347(372), dortige Fn. 71. 26 Calabresi, in: Madden (Hrsg.), Exploring Tort Law, 2005, S. 333 (338 ff.).
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Auch der Umstand, dass einige amerikanische Bundesstaaten Regelungen vorsehen, nach denen Ansprüche auf Strafschadensersatz im Falle des Versterbens des Schädigers nicht gegen dessen Erben geltend gemacht werden können, wird bisweilen als Hinweis auf die spezialpräventive Funktion der punitive damages angesehen.27 Manche Autoren indes äußern Zweifel an der verhaltenssteuernden Funktion von Strafschadensersatz. Empirische Studien legen nahe, dass Juries bei der Festsetzung von punitive damages keine optimale Abschreckung verfolgen. 28 Im Hinblick auf den durch diese Untersuchungen aufgezeigten Mangel an Bestimmbarkeit von Strafschadensersatz wird bezweifelt, dass er geeignet ist, Schädiger zu veranlassen, Investitionen in die Schadensverhütung vorzunehmen.29 Im amerikanischen Schrifttum wurde zudem die Frage aufgeworfen, ob der verhaltenssteuernden Funktion das Urteil des Supreme Court in der Rechtssache Philip Morris USA v. Williams entgegenstehe. Darin hatte der Oberste Gerichtshof der USA nämlich entschieden, dass der oder die Beklagte wegen der Due Process Clause der amerikanischen Verfassung nicht zu Strafschadensersatz wegen Schäden an Personen, die nicht am Verfahren beteiligt sind, verurteilt werden.30 Nach überwiegender Ansicht im Schrifttum schließt diese Beschränkung auf den der klagenden Partei, jedoch nicht den der Verhaltenssteuerung dienenden generalpräventiven Zweck von Strafschadensersatz aus. 31 Vielmehr lasse die Entscheidung nach wie vor die Kosteninternalisierung durch Strafschadensersatz zu. 32 IV. Vergeltung des Geschädigten („victim vindication“) Im jüngeren Schrifttum finden sich zunehmend Stimmen, die einen weiteren Zweck von Strafschadensersatz als maßgeblich erachten: Die Genugtuung des Opfers für immaterielle Schäden, insbesondere Ehrverletzungen. 33 Diese den Geschädigten ins Blickfeld nehmende Ansicht wird oftmals als „victim vindication“ bezeichnet.34 Sebok bringt diesen Zweck von Strafschadensersatz zum Ausdruck, indem er ihn als staatlich sanktionierte Vergeltung („state sanctioned 27
So Sommers, 124 Yale L.J. (2015), 1295. Sunstein/Hastie/Payne/Schkade/Viscusi, Punitive Damages. How Juries Decide, 2002, S. 240 f. 29 So Sebok, 92 Iowa L. Rev. (2006–2007), 957 (983 ff.). Siehe auch die Darstellung bei Robinette, 2 Charleston L. Rev. (2007–2008), 327 (331 ff.). 30 549 U.S. 346 (2007). 31 Siehe nur Geistfeld, in: Meurkens/Nordin (Hrsg.), Punitive Damages – Is Europe Missing Out?, 2012, S. 107. 32 So Colby, 118 Yale L. J. (2008–2009), 392. 33 So etwa Markel, 157 U. Pa. L. Rev. (2008–2009), 1383 (1414). 34 Markel, 157 U. Pa. L. Rev. (2008–2009), 1383 (1414), der selber als Alternative den Begriff „aggravated damages“ vorschlägt. 28
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revenge“) bezeichnet 35, die vor allem bei der Verletzung der Ehre des Geschädigten ein adäquates Mittel darstelle. 36 Durch diese vergeltende Funktion dient Strafschadensersatz nach Ansicht mancher Autoren der Sicherung des Friedens.37 Nach Auffassung von Vertretern der vergeltenden Funktion dient Strafschadensersatz weniger der Sanktionierung von public wrongs, als vielmehr der von private wrongs38, also der Beeinträchtigung überwiegend privater statt öffentlicher Interessen. Zipursky begründet diese Aufgabe von Strafschadensersatz damit, dass punitive damages insofern eine Doppelfunktion hätten, als nicht nur der Staat einen Strafanspruch habe, sondern auch der Geschädigte. 39 Die Vergeltung des Geschädigten vor dem Hintergrund der Besonderheiten des amerikanischen Strafverfahrensrechts ist es auch, die nach Ansicht von Fletcher und Sheppard eine Erklärung für punitive damages bietet: Wenn in den USA und anderen common law-Rechtsordnungen eine jury einen Angeklagten freispricht, könne selbst in Fällen offensichtlicher Rechtsfehler die Staatsanwaltschaft keine Berufung einlegen. Strafschadensersatz sei daher eine wirksame Abhilfe für den Geschädigten. 40 V. Bereicherungsrechtliche Funktion Darüber hinaus wird Strafschadensersatz bisweilen eine bereicherungsrechtliche Aufgabe („restitution“) zugeschrieben.41 Owen sieht in der bereicherungsrechtlichen Funktion sogar eine der zentralen Säulen des Rechts über Strafschadensersatz.42 In der Tat kann die mit Strafschadensersatz einhergehende Entreicherung dazu beitragen, dass dem Schädiger aus seiner schädigenden Handlung kein Vorteil oder Gewinn verbleibt. Durch diese Gewinnabschöpfung kann der Strafschadensersatz zur Verhaltenssteuerung beitragen, da der Schädiger von vornherein nicht darauf spekulieren kann, auch im Fall einer Haftung etwaige Vorteile, die den verursachten Schaden übersteigen, behalten zu können.
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Sebok, 92 Iowa L. Rev. (2006–2007), 957 (990). Sebok, 92 Iowa L. Rev. (2006–2007), 957. 37 Dazu Robinette, 2 Charleston L. Rev. (2007–2008), 327. 38 So etwa Colby, 118 Yale L. J. (2008–2009), 392 (414); Calabresi, in: Madden (Hrsg.), Exploring Tort Law, 2005, S. 333 (345 f.). 39 Zipursky, 84 Tex. L. Rev. (2005–2006), 105 (107). 40 Fletcher/Sheppard, American Law in a Global Context – The Basics, 2005, S. 501. 41 Siehe dazu auch die Darstellung bei Mörsdorf-Schulte, Funktionen und Dogmatik USamerikanischer punitive damages, 1999, S. 78 ff. m.w.N. 42 Owen, in: Meurkens/Nordin (Hrsg.), Punitive Damages – Is Europe Missing Out?, 2012, S. 119 (128): „In my judgment, restitution may be viewed as the central pillar of punitive damages law.“ 36
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VI. Funktionen im Interesse der Allgemeinheit Ferner wird Strafschadensersatz bisweilen auch eine der Allgemeinheit dienende Funktion zugeschrieben: Nach Ansicht mancher Autoren nämlich ist diese Rolle des Strafschadensersatz einfordernden Klägers mit derjenigen eines „privaten Staatsanwalts“ (private attorneys general) vergleichbar.43 Indem der Kläger Strafschadensersatz einfordert, verfolge er zugleich ein Interesse der Allgemeinheit. Auch anderen öffentlichen Interessen solle Strafschadensersatz dienen. Calabresi etwa spricht von einer „tragic choice“-Funktion. 44 Diese folgert er vor allem aus der Ford Pinto-Entscheidung 45 des amerikanischen Supreme Court. In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall war der Geschädigte als Insasse eines Personenkraftwagens des Modells Ford Pinto durch die Explosion des Benzintanks geschädigt worden. Dem beklagten Unternehmen Ford war aufgrund von Tests das Risiko bekannt, dass bei Auffahrunfällen die Benzintanks explodieren, es sah aber von dem Einbau eines Aufprallschutzes ab, da die damit verbundenen Kosten die geschätzten Kosten durch Schadensersatz in Schadensfällen überstiegen hätten. Calabresi macht darauf aufmerksam, dass zwar bei der Haftung für Fahrlässigkeit nach der als Maßstab anzuwendenden Learned Hand-Formel 46 eine Kosten-Nutzen-Analyse vorausgesetzt wird, eine solche jedoch nicht der Haftung auf Strafschadensersatz entgegenstehe, da dieser dem Erreichen von im Interesse der Allgemeinheit liegenden Zwecken diene. 47 In Zukunft könnte die der Allgemeinheit dienende Funktion von Strafschadensersatz sogar noch zunehmen: Vereinzelt wird nämlich im Schrifttum vorgeschlagen, dass Strafschadensersatz auch dem Ausgleich von der Gesellschaft als solcher entstandenen Schäden („societal damages“) dienen könne. Strafschadensersatz könne nämlich die Funktion der Herstellung des gesellschaftlichen Gleichgewichts („social equality function“) 48 wahrnehmen. Sharkey ist der Meinung, dass diese Kategorie von Schadensersatz Schäden insbesondere dann kompensieren könne, wenn es sich um Streuschäden handelt, die von einer großen Anzahl an Geschädigten erlitten wurden, die unter Umständen nicht
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So etwa Calabresi, in: Madden (Hrsg.), Exploring Tort Law, 2005, S. 333 (337 f.). Zu dieser Funktion auch Mörsdorf-Schulte, Funktion und Dogmatik US-amerikanischer punitive damages, 1999, S. 70. 44 Calabresi, in: Madden (Hrsg.), Exploring Tort Law, 2005, S. 333 (340 ff.). 45 Grimshaw v. Ford Motor Co., 174 Cal. Rptr. 348 (1981). 46 Gemäß der nach dem Richter Learned Hand benannten Formel handelt fahrlässig, wer Risikovermeidungskosten umgeht, die geringer sind als die Höhe der zu erwartender Schäden. Die Formel wurde zuerst angewandt in dem Urteil U.S. v. Carroll Towing, 159 F.2d 169 (2d Cir. 1947). 47 Calabresi, in: Madden (Hrsg.), Exploring Tort Law, 2005, S. 333 (340 ff.). 48 Bush, 44 Rutgers L.J. (2013–2014), 161.
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einzeln bestimbar sind.49 Während Sharkey diesen Schadensersatz den klagenden Geschädigten zukommen lassen will, schlägt Bush vor, dass die Entschädigungen an den Staat gezahlt werden sollten, damit dieser sie im öffentlichen Interesse einsetzen könne. 50 De lege ferenda könnte diese Funktion daher durchaus an Bedeutung gewinnen. B. Totalreparation als prägender Grundsatz des deutschen und französischen Haftungsrechts Im Gegensatz zu den oben dargestellten Zwecken von Strafschadensersatz gehen das deutsche und französische Privatrecht grundsätzlich davon aus, dass der Umfang der Kompensation in erster Linie einem einzigen Zweck dienen soll: dem vollständigen Schadensausgleich. Während in Deutschland üblicherweise vom Ausgleichsprinzip oder vom Grundsatz der Totalreparation gesprochen wird, wird dieser Grundsatz in Frankreich als Prinzip der „réparation intégrale“ bezeichnet. 51 Dieser Grundsatz findet sich auch in internationalen Übereinkommen verankert. I. Das französische „principe de la réparation intégrale“ In Frankreich richtet sich der ersatzfähige Schaden sowohl schuld- als auch deliktsrechtlicher Ansprüche nach den von der Systematik her eigentlich im Vertragsrecht verankerten Art. 1231-1 ff. (Art. 1147 a.F.) C.civ. 52 Nach Ansicht des französischen Kassationshofs besteht der Zweck der zivilrechtlichen Haftung darin, soweit wie möglich das durch den Schaden gestörte Gleichgewicht wiederherzustellen und den Geschädigten in die Situation zu bringen, in der er sich befände, wenn die schädigende Handlung nicht erfolgt wäre. Er formulierte dies in einem Urteil aus dem Jahr 1954 wie folgt: „[…] le propre de la responsabilité civile est de rétablir aussi exactement que possible l’équilibre détruit par le dommage et de replacer la victime dans la situation où elle se serait trouvée si l’acte dommageable ne s’était pas produit.“ 53
In ständiger Rechtsprechung nimmt die Cour de cassation das principe de la réparation intégrale in Bezug, um zu begründen, dass durch den Schadensersatz weder ein Verlust noch ein Gewinn entstehen dürfe. In einem Urteil aus dem Jahr 2009 hat die Cour de cassation dies treffend mit der Formulierung „principe de la réparation intégrale du préjudice sans perte ni profit“ ausgedrückt.54 Die Einhaltung dieses Grundsatzes durch die unteren Gerichte wird 49
Sharkey, 113 Yale L.J. (2003–2004), 347. So Bush, 44 Rutgers L.J. (2013–2014), 161. 51 Stoll, Haftungsfolgen im bürgerlichen Recht, 1993, S. 179. 52 Périer, JurisClasseur, Fasc. 201-1-1, Stand 21.7.2010, Rn. 53. 53 C. Cass. 2e civ., Urteil vom 28.10.1954, JCP G 1955, II, 8765. 54 C. Cass. 2e civ., Urteil vom 28.5.2009, pourvoi n° 08-16829, Bulletin 2009, II, n° 131. 50
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durch die Cour de cassation streng überwacht. Bereits mehrfach wurden Urteile durch das Gericht aufgehoben, weil der zugesprochene Betrag die Schadenshöhe überschritten habe. 55 Gestützt auf das principe de la réparation intégrale wurde von französischen Gerichten auch schon die Verurteilung zur Zahlung von Strafschadensersatz abgelehnt. Das Pariser Tribunal de grande instance etwa wies in einem Urteil vom 15. September 2004 den Antrag eines Hinterbliebenen eines durch einen Flugzeugabsturz Getöteten auf Verurteilung der Luftfahrtgesellschaft und ihres Versicherers zur Zahlung von Strafschadensersatz in Höhe von 10 Millionen ab, da das Prinzip des vollen Schadensausgleichs der Festsetzung von Strafschadensersatz entgegenstehe. 56 Dazu führte das Gericht aus: „Attendu qu’en droit français, la mise en ouvre [sic] de la responsabilité civile a pour but d’obtenir, autant que faire se peut, une réparation intégrale qui prévaut ; que ce principe indemnitaire s’oppose à l’allocation de dommages et intérêts, qualifiés par M. MOUNIER, à l’instar de droits étranges, de „punitifs“, qui dépendraient de la gravité de la faute commise […]“57
Auch andere Gerichte betonen bisweilen, dass das französische Haftungsrecht keinen Strafschadensersatz vorsehe. 58 II. Das deutsche Prinzip der Totalreparation und des Bereicherungsverbots In Deutschland wird der Umfang des Schadensersatzes, das heißt die Haftungsausfüllung, durch die §§ 249 ff. BGB geregelt.59 § 249 Abs. 1 sieht als Ersatz die Herstellung des schadensfreien Zustands durch den Schädiger vor, während Abs. 2 der Vorschrift dem Geschädigten als Alternative den Anspruch auf Zahlung des für die Herstellung erforderlichen Geldbetrags zuweist. Ist die Herstellung unmöglich oder ungenügend, kann der Geschädigte gemäß § 251 Abs. 1 BGB statt ihrer eine Geldentschädigung fordern. Flankiert wird der in diesen Vorschriften geregelte Schadensausgleich durch die eng miteinander verknüpften Grundsätze der Totalreparation und des Bereicherungsverbots.60 55
In jüngerer Zeit etwa durch C. Cass. com., Urteil vom 5.5.2015, pourvoi n° 4-11148. TGI Paris, 1re chambre, 2e section, Urteil vom 15.9.2004, pourvoi n° 04/00952, abrufbar über die Datenbank LEXBASE (‹ww.lexbase.fr›). 57 TGI Paris, a.a.O. (S. 6 des Urteils). 58 So etwa die CA Versailles, 3 e ch., Urteil vom 7.7.2016, Rs. n° 15/07632: „Il convient de rappeler que le principe qui, en droit positif français, gouverne le régime de la réparation d'un préjudice est celui de la réparation intégrale, qui exclut la prise en compte de la capacité financière de l'auteur du préjudice et est éloigné de la notion de dommages-intérêts 'punitifs'.“ 59 Schubert, in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BeckOK BGB, Edition 31, Stand 1.3.2011, § 249, Rn. 1; Oetker, in: MüKo BGB, 6. Aufl. 2012, § 249, Rn. 1. 60 Poelzig, Normdurchsetzung durch Privatrecht, 2012, S. 312; Schubert, in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BeckOK BGB, Edition 31, Stand 1.3.2011, § 249, Rn. 2; Schiemann, in: Staudinger, §§ 249–254 BGB (Schadensersatzrecht), 2005, Vorbem. zu § 249 ff., Rn. 2. 56
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Der erste Grundsatz besagt, dass die Höhe nicht vom Verschulden des Schädigers oder seiner finanziellen Leistungsfähigkeit abhängt, und wird auf das Werk „Zur Lehre von dem Interesse“ von Friedrich Mommsen aus dem Jahr 1855 zurückgeführt. 61 Das zweite Prinzip besagt, dass der Geschädigte nicht mehr erhalten soll, als er verloren hat. 62 Nach allgemeiner Ansicht dienen die §§ 249 ff. BGB in erster Linie dem Ausgleich erlittener Nachteile, während eine Bestrafung mit der Ersatzpflicht nicht bezweckt sein soll. 63 Dass die Schadensersatzpflicht dabei auch präventiv wirkt, wird dabei von der Mehrheit der Autoren als bestenfalls erwünschte Nebenwirkung betrachtet. 64 III. Ausgleichsprinzip im Völkerrecht Auch Entschädigungen auf Grundlage des Völkerrechts sind durch das Ausgleichsprinzip geprägt. Dies gilt sowohl für die Staatsverantwortlichkeit als auch für die zivilrechtliche Haftung Privater. 1. Staatenverantwortlichkeit Betreffend die völkerrechtliche Haftung von Staaten ist Strafschadensersatz kein allgemein anerkanntes Instrument. 65 Die Rechtsprechung ist zurückhaltend, Strafschadensersatz zuzusprechen, und betont stattdessen das Prinzip der Totalreparation.66. Auch in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ist soweit ersichtlich bislang kein Strafschadensersatz zugesprochen worden. In einem durch das Internationale Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten ICSID67) administrierten Fall, in dem von Ägypten eine Entschädigung gefordert wurde, vertrat das Schiedsgericht die Auffassung, dass Strafschadensersatz
61 Stoll, Haftungsfolgen im bürgerlichen Recht, 1993, S. 179; Magnus, in: Pierre/Leduc (Hrsg.), La réparation intégrale en Europe, 2012, S. 137. 62 Schubert, in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BeckOK BGB, Edition 31, Stand 1.3.2011, § 249, Rn. 2; Stoll, Haftungsfolgen im bürgerlichen Recht, 1993, S. 181, dem zufolge das Bereicherungsverbot ein Aspekt des Kompensationsprinzips ist. 63 Oetker, in: MüKo BGB, 6. Aufl. 2012, § 249, Rn. 8. 64 Dazu Hachem, in: Wolf/Mona/Hürzeler (Hrsg.), Prävention im Recht, 2008, S. 197 (199). Am treffendsten gibt diese Auffassung das Lehrbuchzitat von Larenz wieder: „Immerhin kommt die Prävention, wenn auch nicht als Hauptzweck, so doch als ein in vielen Fällen erwünschtes Nebenprodukt der Schadensersatzpflicht in Betracht.“, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. 1, Allg. Teil, 14. Aufl. 1987, S. 423. 65 Allgemein zu Strafschadensersatz in der Staatenverantwortlichkeit Ferrero/Demaria, 2016 Special Edition Rev. Québécoise de Droit Int´l, 97. 66 Schon der Ständige Internationalen Gerichtshofs äußerte sich in der Rechtssache Fabrik von Chorzów bezüglich der Entschädigung für eine Enteignung im Sinne einer Totalreparation des erlittenen Schadens: Entscheidung vom 26.7.1928, Series A, No. 9. 67 Abkürzung für den englischsprachigen Namen International Centre for Settlement of Investment Disputes.
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nur in Fällen besonders verwerflichen Verhaltens zulässig sei. 68 In Investitionsschutzabkommen wird Strafschadensersatz sogar oftmals ausdrücklich ausgeschlossen. So sieht beispielsweise Art. 1135 Abs. 3 des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (NAFTA) einen Ausschluss von punitive damages vor. Auch das Umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen CETA (Comprehensive Economic Trade Agreement) zwischen Kanada und der EU und ihren Mitgliedstaaten sieht in Art. 8.39 Abs. 4 vor, dass kein Strafschadensersatz zugesprochen werden kann. 69 Aber auch außerhalb der vertraglichen Haftung oder im Falle eines fehlenden Ausschlusses wird Strafschadensersatz von der herrschenden Lehre für nicht anwendbar gehalten. 70 In der Tat dürfte Strafschadensersatz kein anerkannter allgemeiner Rechtsgrundsatz im Sinne von Art. 38 Abs. 1 c) des Statuts des Internationalen Gerichtshofs sein. 71 Die Auffassung, dass Strafschadensersatz keine Anwendung auf die Staatshaftung finden sollte, spiegelt sich auch in den auf ihrer 53. Sitzung im Jahr 2001 angenommenen Artikelentwürfe n der Völkerrechtskommission über die Verantwortlichkeit von Staaten für völkerrechtswidriges Handeln wider. Zumindest aus den Kommentaren zu den Artikelentwürfen wird deutlich, dass kein Strafschadensersatz erfasst sein soll. 72 Dass Strafschadensersatz nicht ausdrücklich zugesprochen wird, bedeutet letztlich nicht, dass mit Verurteilungen zur Zahlung von Entschädigungen keine Bestrafung vorgenommen wird. Vielmehr dürfte diese Sanktionierung verdeckt erfolgen, etwa in Form von immateriellem Schadensersatz. 73 2. Regeln betreffend die Haftung Privater Auch die völkerrechtlichen Regeln, die nicht die Verantwortlichkeit von Staaten betreffen, sondern die Haftung Privater, sind vom Ausgleichsprinzip geprägt. Dies gilt sowohl für rechtlich verbindliche Übereinkommen als auch für internationales soft law.
68 ICSID-Fall No. ARB/05/15 vom 1.6.2009 (Waguih Elie George Siag and Clorenda Vecchi v. The Arab Republic of Egypt), Rn. 545. Zustimmend Grisel, JDI 2011, 545, Fn. 40. 69 ABl. L 11 vom 14.1.2017, S. 23 (73). 70 Siehe nur Wittich, in: Crawford/Pellet/Olleson (Hrsg.), The Law of International Responsibility, 2010, S. 667 (674): „In conclusion it may be stated that, as practice reveals, there is no clear authority for punitive damages in international law, and this scarcity of practice evidences that, at present, punitive damages are certainly not a generally accepted remedy in international law.“ 71 Jørgensen, BYBIL 1997, 247 (259). 72 Yearbook of the International Law Commission, 2001, Vol. II, Part Two, S. 99. 73 So etwa Jørgensen, BYBIL 1997, 247 (266). In Bezug auf Investitionsschiedsgerichtsbarkeiten Jagusch/Sebastian, Arbitration International, Vol. 29 (2013), 45.
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a) Das Ausgleichsprinzip in internationalen Abkommen Internationale Abkommen, in denen sich das Ausgleichsprinzip wiederfindet, sind etwa das Montrealer Übereinkommen sowie das UN-Kaufrecht. aa) Montrealer Übereinkommen Ein Beispiel für einen völkerrechtlichen Vertrag, in dem das Ausgleichsprinzip verankert ist, bildet das Montrealer Übereinkommen von 199974, welches für Deutschland und Frankreich am 28. Juni 2004 in Kraft getreten ist. 75 Nach Art. 29 S. 2 dieses Übereinkommens sind Ansprüche auf Strafschadensersatz, die aus der Beförderung im internationalen Luftverkehr entstehen, nicht möglich.76 Gemäß dieser Vorschrift ist bei einer Klage auf Schadensersatz nach den in dem Übereinkommen vorgesehenen Voraussetzungen „jeder eine Strafe einschließende, verschärfte oder sonstige nicht kompensatorische Schadensersatz ausgeschlossen.“ Mit dieser Regelung wird das in der Präambel des Übereinkommens ausgedrückte Ziel eines „angemessenen Schadensersatzes nach dem Grundsatz des vollen Ausgleichs“ verfolgt. 77 Das oben zitierte Urteil des Pariser Tribunal de grande instance vom 15. September 200478 in einer Rechtssache, in der Strafschadensersatz in Höhe von 10 Millionen € beantragt worden war, zeigt, dass Strafschadensersatz bei Flugzeugkatastrophen eine große praktische Relevanz haben kann. 79 Dass die Haftung von Luftverkehrsbeförderern durch das Montrealer Übereinkommen begrenzt werden sollte, um das wirtschaftliche Überleben der Luftverkehrsunternehmen im Falle eines Flugzeugabsturzes nicht zu gefährden, ist vor diesem Hintergrund nachvollziehbar.
74
Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr vom 28.5.1999. In Deutschland wurde das Übereinkommen durch ein Gesetz vom 6.4.2004 ratifiziert (BGBl. 2004 II S. 458). 75 Schladebach, Luftrecht, 2007, Rn. 208. 76 Weller, Rentsch und Thomale weisen gleichwohl darauf hin, dass auch die von Art. 29 S. 2 des Übereinkommens nicht ausgeschlossenen non-pecuniary damages in den USA durchaus die in anderen Rechtsordnungen üblichen Beträge deutlich übersteigen kö nnen: NJW 2015, 1909 (1913). 77 Chiss/Le Gall-Crissin, RCA n° 5 2005, étude 9, Rn. 12. 78 TGI Paris, 1re ch., 2e section, Urteil vom 15.9.2004, n° 04/00952, abrufbar über die Datenbank LEXBASE (‹www.lexbase.fr›). 79 Ausführlich zu Strafschadensersatz in Form amerikanischer punitive damages in luftrechtlichen Streitigkeiten Schlueter/Redden, Punitive Damages, 3. Aufl., Vol. 2, 1995, S. 75 ff.
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Kapitel 1: Pönale Elemente im deutschen und französischen Haftungsrecht
bb) UN-Kaufrecht Ein weiteres völkerrechtliches Übereinkommen, an dem Deutschland und Frankreich beteiligt sind und das einen Ausschluss von Strafschadensersatz enthält, ist das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf 80 , das sogenannte Wiener UN-Kaufrecht. Art. 74 dieses aufgrund der Abkürzung der englischen Bezeichnung häufig „CISG“ 81 genannten Übereinkommens bestimmt: „Als Schadenersatz für die durch eine Partei begangene Vertragsverletzung ist der der anderen Partei infolge der Vertragsverletzung entstandene Verlust, einschließlich des entgangenen Gewinns, zu ersetzen. Dieser Schadenersatz darf jedoch den Verlust nicht übersteigen, den die vertragsbrüchige Partei bei Vertragsabschluß als mögliche Folge der Vertragsverletzung vorausgesehen hat oder unter Berücksichtigung der Umstände, die sie kannte oder kennen mußte, hätte voraussehen müssen.“
Die Vorschrift zeigt, dass pönale Zwecke der Haftung nach dem UN-Kaufrecht fremd sind.82 Gleichwohl kann es dazu kommen, dass Gerichte in Fällen, in denen das UN-Kaufrecht anwendbar ist, Strafschadensersatz zusprechen. Über ein amerikanisches Gericht wird berichtet, dass es in einem Fall, in dem das CISG anzuwenden war, punitive damages zugesprochen habe, allerdings nicht auf Grundlage von Art. 74 des Übereinkommens, sondern wegen eines Verstoßes gegen vorvertragliche Pflichten, auf die seiner Auffassung nach das nationale Recht des betreffenden Bundesstaates anzuwenden war.83 Daher war zusätzlich zu dem kompensatorischen Schadensersatz nach Art. 74 UN-Kaufrecht eine Verurteilung zu Strafschadensersatz möglich. 84 Bemerkenswert ist, dass auf Grundlage von Art. 74 des Übereinkommens auch schon die Vollstreckung ausländischer Urteile über Strafschadensersatz abgelehnt wurde. Die Cour d’appel de Poitiers wies in einer Entscheidung vom 26. Februar 2009 die Vollstreckung eines amerikanischen Urteils, das punitive damages zugesprochen hatte, ab, da diese eine Bereicherung darstellten, die wegen Art. 74 des Übereinkommens unzulässig sei.85 Dazu führte es aus: „Qu'en effet, en premier lieu, aux termes de l'article 74 de la Convention de Vienne sur les contrats de vente internationale de marchandises du 11 avril 1980, applicable en la cause si 80 Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11. April 1980. Das Übereinkommen wurde von Deutschland ratifiziert mit dem Gesetz vom 5.7.1989 (BGBl. II S. 586). 81 Convention on Contracts for the International Sale of Goods. 82 Huber, in: MüKo BGB, 6. Aufl. 2012, Art. 74 CISG, Rn. 16: „Pönale Zwecke, wie sie zum Beispiel mit ‚punitive damages‘ verfolgt werden, sind dem CISG unbekannt.“ Allgemein zur Unvereinbarkeit von amerikanischem Strafschadensersatz mit dem CSIG Kirby, 16 J.L. & Com. (1996–1997), 215. 83 Magnus, ZEuP 2013, 111 (129). 84 Magnus, a.a.O. 85 CA Poitiers, 1re ch. civ., Urteil vom 26.2.2009, n° 07/02404, JDI 2010, 1230.
§ 1 Funktionen des Haftungsrechts
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est retenue la thèse des époux X […] selon laquelle la vente est intervenue entre eux et la société Fountaine Pajot : ‘Les dommages-intérêts pour une contravention au contrat commise par une partie sont égaux à la perte subie et au gain manqué par l'autre partie par suite de la contravention. Ces dommages-intérêts ne peuvent être supérieurs à la perte subie et au gain manqué que la partie en défaut avait prévus ou aurait dû prévoir au moment de la conclusion du contrat, en considérant les faits dont elle avait connaissance ou aurait dû avoir connaissance, comme étant des conséquences possibles de la contravention au contrat’; qu'en l'espèce, les dommages-intérêts punitifs prononcés dépassent la perte subie ou le gain manqué ainsi définis“
Allerdings dürfte das UN-Kaufrecht auf diesen Fall nicht anwendbar gewesen sein, da es sich um einen Konsumentenkauf handelte, auf den das Übereinkommen gemäß seinem Art. 2 Buchstabe a keine Anwendung findet. Zudem wäre zweifelhaft gewesen, ob das Übereinkommen auf den streitgegenständlichen Kauf eines Katamarans anwendbar gewesen wäre, obwohl es nach seinem Art. 2 Buchstabe e auf den Kauf von Seeschiffen keine Anwendung findet. 86 Das Urteil wurde später durch die Cour de cassation mit Urteil vom 1. Dezember 2010 aus anderen Gründen aufgehoben. 87 Aus dem Umstand, dass die Cour de cassation dabei das Wiener Kaufrechtsübereinkommen nicht erwähnte, ist jedoch nicht zu schließen, dass das Gericht die Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts implizit bejahte. Da die Cour de cassation nicht auf alle vorgebrachten Argumente der Parteien einzugehen braucht und sich nur innerhalb der Grenzen des Kassationsmittels entscheidet, ist vielmehr davon auszugehen, dass die Cour de cassation zur Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts schwieg, da sie diese Frage für unerheblich erachtete. 88 b) Das Ausgleichsprinzip im soft law: UNIDROIT-Grundregeln für internationale Handelsverträge Nicht nur in völkerrechtlichen Verträgen, die eine Vereinheitlichung von Haftung regeln, sondern auch in rechtlich unverbindlichen Instrumenten, im sogenanntem soft law, findet sich das Ausgleichsprinzip. Die von der Organisation UNIDROIT erarbeiteten Grundregeln für internationale Handelsverträge (oft aufgrund ihrer englischsprachigen Bezeichnung Principles for International Commercial Contracts als PICC abgekürzt) sehen in Art. 7.4.2 einen vollständigen Schadensausgleich entsprechend dem Ausgleichsprinzip vor. Die „Full compensation“ (Voller Schadensausgleich) betitelte Vorschrift sieht vor: „(1) The aggrieved party is entitled to full compensation for harm sustained as a result of the non-performance. Such harm includes both any loss which it suffered and any gain of which it was deprived, taking into account any gain to the aggrieved party resulting from its avoidance of cost or harm.
86
Witz/Hlawon, IHR 2011, 93 (96). C. Cass., 1re ch. civ., Urteil vom 1.12.2010, pourvoi n° 09-13-303. 88 Witz/Hlawon, IHR 2011, 93 (96). 87
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(2) Such harm may be non-pecuniary and includes, for instance, physical suffering or emotional distress.“
Auch wenn Strafschadensersatz nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist, so ist in der Regelung gleichwohl zumindest eine Prägung durch den Gedanken des Schadensausgleichs zu sehen.
§ 2 Durchbrechungen des Ausgleichsprinzips § 2 Durchbrechungen des Ausgleichsprinzips Bisweilen wird von Autoren der Eindruck vermittelt, dass pönale Elemente im Privatrecht ein überholtes Phänomen seien. Dabei wird im deutschen Schrifttum häufig auf die Formulierung von Heck verwiesen, der die Privatstrafe als „Saurier der Rechtsgeschichte“ bezeichnete.89 Tatsächlich aber wies dieser in seinem vielzitierten Werk von 1929 zu Recht daraufhin, dass der Vergleich hinke, da „die Bedeutung der Privatdelikte für unser heutiges Rechtsleben […] noch immer eine weit höhere [ist] als die den Nachkommen der Saurier in der heutigen Lebewelt zukommt.“ 90 Eine Analyse des bestehenden Rechts zeigt, dass in der Tat sowohl das deutsche, als auch das französische Schadensersatzrecht viele Elementen mit pönaler Zielrichtung aufweist (A). Im Hinblick auf die in Diskussion befindlichen Reformvorhaben (B) ist eine Ausweitung dieser pönalen Elemente sogar nicht unwahrscheinlich. A. De lege lata bestehende Ausnahmen von der Totalreparation Das oben unter § 1 dargestellte Ausgleichsprinzip kennt sowohl im deutschen als auch im französischen Recht einige Ausnahmen. Nicht nur im Haftungsrecht, sondern auch außerhalb des Schadensersatzrechts enthalten beide Rechtsordnungen Regelungen mit Präventivfunktion, die aufgrund von Rechtsverlust sanktionierend wirken, 91 wie etwa im deutschen Recht der Kondiktionsausschluss gemäß § 817 S. 2 BGB.92 Für die Auslegung des ordre public im Hinblick auf ausländischen Strafschadensersatz sind aber vor allem diejenigen Normen des nationalen Rechts maßgeblich, die ihre präventive Wirkung durch eine Leistungspflicht erzielen. Entsprechend dem Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sollen daher vor allem Regelungen des Haftungsrechts näher betrachtet werden.
89
Heck, Grundriß des Schuldrechts, 1929, S. 437. Heck, a.a.O. 91 Hinsichtlich des deutschen Rechts etwa Klumpp, Die Privatstrafe – eine Untersuchung privater Strafzwecke, 2002, S. 60 ff. 92 Zu dieser Regelung etwa Honsell, in: Zimmermann/Knütel/Meincke (Hrsg.), Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik, 1999, S. 473 ff. 90
§ 2 Durchbrechungen des Ausgleichsprinzips
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I. Vertragliche Mechanismen Aufgrund der Privatautonomie ist es den Parteien eines Vertrages nach deutschem und französischem Recht gestattet, eine Haftung zu vereinbaren, die nicht an das Vorhandensein eines Schadens oder dessen Höhe geknüpft ist. Insofern kann vom Ausgleichsprinzip vertraglich abgewichen werden. 1. Vertragsstrafen Sowohl in Frankreich als auch in Deutschland ist es möglich, dass Parteien vertraglich vereinbaren, dass bei einem Verstoß gegen vertragliche Pflichten eine pauschale Summe zu zahlen ist. Während man in Deutschland dabei von Vertragsstrafen spricht, welche in den §§ 339 ff. BGB geregelt sind 93, wird in Frankreich der Begriff clauses pénales verwendet.94 Eine Legaldefinition der clause pénale findet sich in den Artikeln 1226 und 1229 C. civ. Ersterer besagt, dass es sich dabei um eine Klausel handelt, durch die sich eine Person, um die Erfüllung einer vertraglichen Vereinbarung sicherzustellen, für den Fall der Nichterfüllung zu etwas verpflichtet. 95 Letztere Vorschrift bestimmt, dass die Vertragsstrafe der Ausgleich des Schadens ist, den der Gläubiger durch die Nichterfüllung der Hauptschuld erleidet. 96 Dabei wird klargestellt, dass der Gläubiger nicht sowohl die Hauptschuld als auch die Vertragsstrafe fordern kann. In beiden Ländern haben die Gerichte die Möglichkeit, die Höhe der Vertragsstrafen zu überprüfen. 97 In Frankreich bildet die Rechtsgrundlage dafür Art. 1231-5 al. 2 C. civ. (Art. 1152 al. 2 a.F.). Dessen Wortlaut besagt: „Néanmoins, le juge peut, même d'office, modérer ou augmenter la peine qui avait été convenue, si elle est manifestement excessive ou dérisoire. Toute stipulation contraire sera réputée non écrite.“ [„Gleichwohl kann der Richter, auch von Amts wegen, die vereinbarte Strafe verringern oder erhöhen, wenn sie offensichtlich exzessiv oder viel zu gering ist. Jede anderslautende Vereinbarung gilt als nichtig.“]98
93
Zu Vertragsstrafen nach deutschem Recht etwa Faust, 23 ERPL 2015, 285. Zur clause pénale nach französischem Recht Cannarsa, 23 ERPL 2015, 297. In der deutschsprachigen Literatur siehe etwa Steltmann, Die Vertragsstrafe in einem Europäischen Privatrecht, 2000, S. 31 ff. 95 Der Wortlaut besagt: „La clause pénale est celle par laquelle une personne, pour assurer l'exécution d'une convention, s'engage à quelque chose en cas d'inexécution.“ 96 Der Wortlaut besagt: „La clause pénale est la compensation des dommages et intérêts que le créancier souffre de l'inexécution de l'obligation principale. Il ne peut demander en même temps le principal et la peine, à moins qu'elle n'ait été stipulée pour le simple retard.“ 97 Zur Angemessenheitskontrolle bei Vertragsstrafen nach deutschem Recht etwa Stürner, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Schuldvertragsrecht, 2010, S. 147 ff. 98 Übersetzung des Verfassers. 94
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In Deutschland bildet § 343 Abs. 1 BGB die Rechtsgrundlage für die richterliche Überprüfung der Vertragsstrafe, dem zufolge eine unverhältnismäßige hohe Strafe, sofern sie noch nicht entrichtet wurde, auf Antrag des Schuldners auf den angemessenen Betrag herabgesetzt werden kann. 99 Anders als in Frankreich ist nach deutschem Recht eine Anpassung der Höhe der Vertragsstrafe nicht für den Fall vorgesehen, dass die vereinbarte Summe zu niedrig ist. Eine Korrektur findet vielmehr nur statt, wenn die Summe zu hoch ist. Die richterliche Kontrolle nach § 343 Abs. 1 BGB findet im Übrigen gemäß § 348 HGB nicht statt, wenn die Vertragsstrafe von einem Kaufmann innerhalb seines Handelsgewerbes versprochen wurde. Neben dieser richterlichen Kontrolle der Höhe von Vertragsstrafen ist in Deutschland bei formularmäßigen Vertragsstrafen auch eine Kontrolle der Wirksamkeit nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) möglich. 100 Nach § 309 Nr. 6 BGB etwa ist eine Bestimmung unwirksam, durch die dem Verwender für den Fall der Nichtabnahme oder verspäteten Abnahme der Leistung, des Zahlungsverzugs oder für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst, Zahlung einer Vertragsstrafe versprochen wird. Auch kann die vereinbarte Vertragsstrafe unwirksam gemäß § 309 Nr. 5 Buchstabe a BGB sein, wenn ein pauschalisierter Schadensersatzanspruch vereinbart wurde, bei dem „die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden oder die gewöhnlich eintretende Wertminderung übersteigt“. Darüber hinaus kann die Vertragsstrafe auch nach § 307 BGB unwirksam sein, insbesondere im Hinblick auf das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, wenn die die Vertragsstrafe enthaltende AGB-Bestimmung nicht klar und verständlich ist. 101 Die Rechtsprechung hat formularmäßige Vertragsstrafen auf Grundlage dieser Vorschrift bereits für unwirksam erklärt. 102 Dies wird im Schrifttum bisweilen kritisiert, da dadurch die Möglichkeit, trotz des Fehlens von „punitive damages“ im deutschen Recht eine Strafe mit Abschreckungscharakter sicherzustellen, genommen wird.103 In der Tat stellen die Vertragsstrafen ein Beispiel dafür dar, dass auch im deutschen und französischen Recht ein Schadensersatz möglich ist, der keinen
99 Eine französische Übersetzung der Vorschrift findet sich bei Lardeux/Legeais/Pédamon/Witz, Code civil allemand – Traduction en français du texte en vigueur au 31 octobre 2009, 2010. 100 Nodoushani, Vertragsstrafe und vereinbarter Schadensersatz, 2004, S. 135 ff.; Dreier, Kompensation und Prävention, 2002, S. 535 f. 101 Nodoushani, a.a.O.; Dreier, a.a.O. 102 So etwa LG Erfurt, Urteil vom 1.6.2011, 10 O 1247/10; OLG München, Urteil vom 14.11.2013 – 23 U 2854/13, BB 2014, 1364. 103 In dem Sinne Ayad, BB 2011, 2516.
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kompensatorischen Zwecken dient 104 und durch die spezialpräventive Wirkung 105 der Überkompensation eine verhaltenssteuernde Zielrichtung verfolgt.106 Denn für die Vertragsstrafe ist es grundsätzlich unerheblich, ob dem Gläubiger ein Schaden tatsächlich entstanden ist. 107 Neben ihrer Präventionsfunktion, die Erfüllung der Verbindlichkeit durch den Schuldner zu sichern, ermöglicht die Vertragsstrafe es dem Gläubiger also, sich die Zahlung eines Mindestbetrages auch für solche Fälle zu sichern, in denen ihm gar kein oder nur ein nichtvermögensrechtlicher Schaden entstanden ist.108 Bisweilen wird ein Unterschied zwischen Vertragsstrafen und Strafschadensersatz darin gesehen, dass erstere auf vertragsrechtliche Schuldverhältnisse beschränkt sind und nicht durch Gerichte zugesprochen werden, sondern von diesen sogar abgeändert werden können. 109 Trotz des pönalen Charakters lasse sich aus der Vertragsstrafe keine allgemeine Geltung des Sanktionsprinzips im Zivilrecht ableiten, da sie der Parteiautonomie unterliege. 110 Aufgrund solcher Erwägungen hatte es auch der BGH im Rahmen seiner Leitentscheidung zur Vollstreckbarkeit ausländischer Urteile über Strafschadensersatz ab-
104 In Bezug auf das deutsche Recht etwa Magnus, in: Meurkens/Nordin (Hrsg.), The Power of Punitive Damages – Is Europe Missing Out?, 2012, S. 245 (252 f.); hinsichtlich des französischen Rechts beispielsweise Jourdain, RCA 2013, 57 (58): „La fonction punitive des clauses pénales […] n’est plus à démontrer.“ 105 Die spezialpräventive Zielrichtung der Vertragsstrafe bejahend auch Ebert, Pönale Elemente im deutschen Privatrecht, 2004, S. 254. 106 Klumpp, Die Privatstrafe – eine Untersuchung privater Strafzwecke, 2002, S. 67; Tolani, Annual Survey of International & Comparative Law, Vol. 17 (2011), 185 (203) in Bezug auf § 339 BGB. Gegen die Annahme einer Straffunktion der Vertragsstrafe jedoch Nodoushani, Vertragsstrafe und vereinbarter Schadensersatz, 2004, S. 61 ff. Zur Präventivwirkung der clause pénale auch Malaurie, in: Liber amicorum Calais-Auloy, 2004, S. 683, Rn. 21. 107 Gottwald, in: MüKo BGB, 6. Aufl. 2012, § 343, Rn. 21. 108 Bentert, Das pönale Element – Ein Fremdkörper im deutschen Zivilrecht?, 1996, S. 115 f.; Klumpp, Die Privatstrafe – eine Untersuchung privater Strafzwecke, 2002, S. 65. 109 Borghetti, in: Koziol/Wilcox (Hrsg.), Punitive Damages: Common Law and Civil Law Perspectives, 2009, S. 55 (57), Rn. 8; zustimmend Cavalier, in: Stürner/Kawano (Hrsg.), Comparative Studies on Business Tort Litigation, 2011, S. 219 (223 f., dortige Fn. 22); ebenso Brockmeier, Punitive damages, multiple damages und deutscher ordre public, 1999, S. 47, der den Vergleich mit punitive und multiple damages ablehnt, da Vertragsstrafen nicht dem Delikts-, sondern dem Vertragsrecht angehören und sich der Schädiger freiwillig der Strafe unterworfen hat. Gleichwohl bejaht Brockmeier den pönalen Charakter der Vertragsstrafen und sieht in ihnen einen Beleg dafür, dass dem deutschen Zivilrecht pönale und extrakompensatorische Rechtsinstitute nicht fremd sind. Zum Unterschied zu Privatstrafen auch Ebert, Pönale Elemente im deutschen Privatrecht, 2004, S. 256. 110 Bohn, Der Sanktionsgedanke im Bürgerlichen Recht, 2005, S. 69 f.; ähnlich Müller, Punitive Damages und deutsches Schadensersatzrecht, 2000, S. 60, der die Vertragsstrafe nicht als Argument für die Anerkennung von punitive damages heranziehen will, weil sie eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung voraussetzt.
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gelehnt, die Vertragsstrafe als prägend für den deutschen ordre public anzuerkennen.111 Zwar lasse das deutsche Recht mit dem Rechtsinstitut der Vertragsstrafe in gewissem Umfang Bestrafungsfunktionen im Privatrecht zu. Dies setze „jedoch eine entsprechende rechtsgeschäftliche Vereinbarung zwischen den Parteien voraus“ und sei „deshalb für die Umschreibung der deutschen Grundsätze für die Deliktshaftung bedeutungslos.“ 112 Auch wenn einer Vertragsstrafe ein Rechtsgeschäft zugrunde liegt, wird im Schrifttum zu Recht darauf aufmerksam gemacht, dass die Zustimmung des Schuldners der Vertragsstrafe ohnehin nur im Vorfeld vorliegt, bevor die Strafe überhaupt verwirkt ist. 113 Die Vertragsstrafe hat dementsprechend durchaus eine verhaltenssteuernde Funktion, indem sie es den Parteien ermöglicht, die gesetzlichen Sanktionsinstrumente für den Fall der Nichterfüllung um ein spezifisch auf Prävention und Verhaltenssteuerung zielendes Instrument zu ergänzen. 114 Insofern kommt der Vertragsstrafe eine Doppelfunktion zu. 115 Aufgrund dieser doppelten Funktion ist die Vertragsstrafe für die Auslegung des ordre public im Hinblick auf Strafschadensersatz durchaus relevant. 2. Vertragsähnliche Strafen: Vereinsstrafe und Betriebsbuße Im deutschen Recht gibt es darüber hinaus pönale Elemente, die der Vertragsstrafe vergleichbar sind: zum einen die Vereinsstrafe, die gegen Mitglieder eines Vereins verhängt werden kann, und zum anderen Betriebsbußen, die zum Zwecke der Achtung der betrieblichen Gesamtordnung gegen Arbeitnehmer zugesprochen werden können. 116 Von der Vertragsstrafe unterscheiden sie sich insofern, als sie nicht auf einem Vertrag beruhen, sondern auf der Unterwerfung der Mitglieder unter eine Satzung, und zudem nicht nur der Abschreckung des
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BGH, Urteil vom 4.6.1992 – IX ZR 149/91, BGHZ 118, 312; NJW 1992, 3096. BGH, a.a.O.; NJW 1992, 3096 (3103). Aus rechtsvergleichender Sicht von Interesse ist, dass später der italienische Kassationshof ebenfalls die Vergleichbarkeit von Vertragsstrafen und Strafschadensersatz abgelehnt hat (Corte di Cassazione, sezione III civile, Urteil vom 19.1.2007, n. 1183). Zu dieser Parallele auch Vanleenhove/De Bruyne, 14 Va. Sports & Ent. L.J. (2014), 50 (63): „Fifteen years before Fimez, the German Supreme Court thus already rejected the suggested analogy between punitive damages and contractual penalties.“ 113 Wagner, AcP 206 (2006), 352 (427). 114 Wagner, a.a.O. In dem Sinne auch Bentert, Das pönale Element – Ein Fremdkörper im deutschen Zivilrecht?, 1996, S. 115 f. 115 Zu dieser Doppelfunktion der Vertragsstrafe sowohl nach deutschem als auch französischem Recht Fischer, Vertragsstrafe und vertragliche Schadensersatzpauschalisierung: eine rechtsvergleichende Darstellung der neueren deutschen und französischen Rechtsentwicklung, 1981, S. 159. 116 Zu diesen Instrumenten auch Bohn, Der Sanktionsgedanke im Bürgerlichen Recht, 2005, S. 70 ff. 112
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betroffenen Mitglieds oder Arbeitnehmers von weiteren Verstößen dienen, sondern auch der generalpräventiven Abschreckung der anderen Mitglieder oder Arbeitnehmer. 117 II. Ordnungsmittel zur Durchsetzung von Forderungen Eine verhaltenssteuernde Funktion wird bisweilen auch den Instrumentarien zugeschrieben, die Gerichten zur Verfügung stehen, um Schuldner zur Erfüllung einer Verpflichtung zu zwingen. In Frankreich ist dies die astreinte, in Deutschland das Ordnungsgeld nach § 890 ZPO. 1. Astreinte Bei der astreinte handelt es sich um eine Strafzahlung, die dem Schuldner durch ein Gericht zusätzlich zu der geschuldeten Summe und möglichem Schadensersatz je Tag auferlegt werden kann, bis er seine Forderung erfüllt.118 Während es sich dabei ursprünglich um ein durch die Rechtsprechung entwickeltes Instrument handelte, ist die astreinte seit 1972 gesetzlich geregelt, nach derzeitiger Rechtslage in Art. L. 131-1 bis Art. L. 131-4 Code des procédures civiles d'exécution.119 Oftmals wird die astreinte zu den vertraglichen Mechanismen des französischen Rechts gezählt. 120 Da Grundlage für die Verurteilung zur Zahlung einer astreine aber keine vertragliche Vereinbarung, sondern gesetzliche Regelungen sind, ist es überzeugender, sie als gesetzlichen Mechanismus anzusehen. Auch wenn die zivil- oder strafrechtliche Qualifikation der astreinte dogmatisch umstritten ist, 121 wird sie allgemein als Privatstrafe angesehen, da ihre Höhe nicht vom tatsächlich entstandenen Schaden abhängt und sie an den Gläubiger gezahlt wird. 122 Insofern auf ihrer Grundlage mehr Geld vom Schuldner an den Gläubiger geleistet wird, als es dem tatsächlich entstandenen Schaden entspräche, und die Zahlung demnach über die reine Kompensation hinausgeht, weist die astreinte eine Ähnlichkeit zu Strafschadensersatz auf.123
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Welke, Die Repersonalisierung des Rechtskonflikts, 2008, S. 188 f. Zur pönalen Funktion der Vereinsstrafe und der Betriebsbuße auch Ebert, Pönale Elemente im deutschen Privatrecht, 2004, S. 276 ff. sowie Klumpp, Die Privatstrafe – eine Untersuchung privater Strafzwecke, 2002, S. 66 f. 118 Näher zur astreinte: Klinker, Die astreinte im französischen Zivilrecht, 2002; Schubert, Die Wiedergutmachung immaterieller Schäden im Privatrecht, 2013, S. 310 f. 119 Die Vorschriften wurden durch die Ordonnance n°2011-1895 vom 19.12.2011 geschaffen. Zuvor war die astreinte in Art. 33 bis 37 des Gesetzes n° 91-650 vom 9.7.1991 geregelt. 120 So etwa von Borghetti, in: Koziol/Wilcox (Hrsg.), Punitive Damages: Common Law and Civil Law Perspectives, 2009, S. 55 (56). 121 Boskovic, La réparation du préjudice en droit international privé, 2003, S. 101 ff. 122 Klinker, Die astreinte im französischen Zivilrecht, 2002, S. 53 ff. m.w.N. 123 Borghetti, in: Koziol/Wilcox (Hrsg.), Punitive Damages: Common Law and Civil Law Perspectives, 2011, S. 55 (58); Bruns, ZZP 118 (2005), 3 (21), der von einer Verwandtschaft
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Gleichwohl wird darauf hingewiesen, dass Unterschiede zu Strafschadensersatz insofern bestehen, als die astreinte nur bei Verstoß gegen vertragliche Verpflichtungen in Betracht kommt und der Gesetzgeber sie in Art. L. 131-2 Code des procédures civiles d'exécution 124 ausdrücklich als unabhängig vom Schadensersatz erklärt hat.125 Von einer echten Privatstrafe unterscheidet sie sich insofern, als sie nicht unmittelbar aus einer rechtswidrigen Handlung folgt, sondern aus dem Nichtbefolgen eines gerichtlich angeordneten Verhaltens.126 Gleichwohl hat die astreinte eindeutig einen Doppelcharakter von Schadensersatz und Strafe.127 2. Ordnungsgeld nach § 890 ZPO Das deutsche Ordnungsgeld nach § 890 ZPO wird ebenfalls vereinzelt als Beleg dafür angeführt, dass auch das deutsche Zivilrecht verhaltenssteuernde Regeln mit bestrafender Zielrichtung enthält. 128 Nach Abs. 1 der Vorschrift kann ein Gericht auf Antrag des Gläubigers den Schuldner bei Zuwiderhandlung gegen eine Verpflichtung zu einer Handlung oder Duldung zu einem Ordnungsgeld bis zu 250.000 € verurteilen. Kann der Betrag nicht beigebracht werden, kommt Ordnungshaft in Betracht. Ob der Vorschrift lediglich ein Straf- oder strafähnlicher Charakter oder auch der Charakter einer Beugemaßnahme mit präventiver Rechtsnatur zukommt, ist umstritten. 129 Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass die Vorschrift insofern eine pönale Wirkung entfaltet, als das Ordnungsgeld häufig weniger der Zwangsvollstreckung als vielmehr der Sanktionierung des Rechtsverletzers dient. 130 Eine Ähnlichkeit zu Strafschadensersatz ist jedoch insofern zu verneinen, als das Ordnungsgeld – anders als bei der oben beschriebenen astreinte – nicht an den Geschädigten gezahlt wird, sondern an die Staatskasse.131 Da das Ordnungsgeld nicht dem Geschädigten zugutekommt, tritt bei ihm keine über die Kompensation des erlittenen Schadens
zu den angloamerikanischen punitive damages spricht; Jourdain, RCA mai 2013, 57 (58): „La fonction punitive […] des astreintes judiciaires n’est plus à démontrer.“ 124 Der Wortlaut von Satz 1 der Vorschrift besagt: „L'astreinte est indépendante des dommages-intérêts.“ 125 So Borghetti, in: Koziol/Wilcox (Hrsg.), Punitive Damages: Common Law and Civil Law Perspectives, 2009, S. 55 (58), Rn. 10 unter Verweis auf die Vorgängervorschrift in Art. 34 des Gesetzes n° 91-650 vom 9.7.1991. Zustimmend Koch, in: FS Roth, 2011, S. 379 (385). 126 Klumpp, Die Privatstrafe – eine Untersuchung privater Strafzwecke, 2002, S. 46. 127 Democh, AfP 2002, 375 (377). 128 Tolani, Annual Survey of International & Comparative Law, Vol. 17 (2011), 185 (204). 129 Gruber, in: MüKo ZPO, Bd. 2, 4. Aufl. 2012, § 890, Rn. 2. 130 Müller, Punitive Damages und deutsches Schadensersatzrecht, 2000, S. 61 f. 131 Ebert, Pönale Elemente im deutschen Privatrecht, 2004, S. 334; Klinker, Die astreinte im französischen Zivilrecht, 2002, S. 137, der zufolge aus diesem Grund das Ordnungsgeld
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hinausgehende Bereicherung ein. Gleichwohl zeigt die Vorschrift, dass auch Zivilgerichte unter Anwendung des Zivilrechts Maßnahmen mit sanktionierender Wirkung treffen können. III. Immaterieller Schadensersatz Wie oben in § 1 dargestellt, verfolgt Strafschadensersatz unter anderem das Ziel, dem Geschädigten eine Vergeltung für ihm zugefügte Nichtvermögensschäden zu ermöglichen. Diese Sanktionswirkung wird bisweilen auch dem immateriellen Schadensersatz zugeschrieben, der in Investitionsschiedsverfahren zugesprochen wird.132 Auch in anderen Rechtsordnungen werden Parallelen zwischen immateriellem Schadensersatz und Strafschadensersatz gezogen. 133 Wie im Folgenden dargestellt wird, verfolgt auch der nach deutschem und französischem Recht mögliche Schadensersatz für Nichtvermögensschäden durchaus pönale Zwecke. 1. In Deutschland Nach deutschem Recht ist Ersatz für Nichtvermögensschäden in Form von Schmerzensgeld und als Entschädigung für die Verletzung von Persönlichkeitsrechten möglich. a) Schmerzensgeld nach § 253 Abs. 2 BGB Die Rechtsgrundlage für Verurteilungen zu Schmerzensgeld bildet § 253 Abs. 2 BGB, wonach in Fällen, in denen wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten ist, auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden kann. Im Jahre 1955 äußerte sich der Große Senat des Bundesgerichtshofs dahingehend, dass Schmerzensgeld – das damals auf Grundlage des im Wesentlichen mit dem heutigen § 253 Abs. 2 BGB identischen § 847 BGB a.F. möglich war – zwei Funktionen verfolge: zum einen die Kompensation des Schmerzes und zum anderen Genugtuung.134 Der BGH führte dazu aus: „Das Schmerzensgeld hat rechtlich eine doppelte Funktion. Es soll dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich bieten für diejenigen Schäden, für diejenige Lebenshemmung, die gemäß § 890 ZPO anders als die astreinte keine Privatstrafe darstellt; Klumpp, Die Privatstrafe – eine Untersuchung privater Strafzwecke, 2002, S. 46. 132 Zu der Parallele solchen immateriellen Schadensersatzes zu Strafschadensersatz etwa Jagusch/Sebastian, Arbitration International, Vol. 29 (2013), 45 (58). 133 So beispielsweise hinsichtlich des mexikanischen Rechts Vargas, 35 U. Miami InterAm. L. Rev. (2003–2004), 183 – einschließlich rechtsvergleichender Darstellung zum deutschen und französischen Recht (S. 231 ff.). 134 BGH, Urteil vom 6.7.1955 – GSZ 1/55, BGHZ 18, 149 (157, 159).
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nicht vermögensrechtlicher Art sind. Es soll aber zugleich dem Gedanken Rechnung tragen, daß der Schädiger dem Geschädigten für das, was er ihm angetan hat, Genugtuung schuldet.“135
Ob dieser Genugtuungsfunktion ein Strafcharakter zukommt, ist Gegenstand einer lebhaften Debatte. Einige Autoren verneinen die Straffunktion der Genugtuung, da sie diese lediglich als eine Ausprägung des Gedankens der Wiedergutmachung ansehen.136 Vertreter dieser Auffassung sprechen dem Schmerzensgeld dementsprechend auch die Ähnlichkeit zu Strafschadensersatz ab. 137 Im selben Sinne hatte der Bundesgerichtshof in seiner Leitentscheidung zur Anerkennung ausländischer Entscheidungen über punitive damages vom 4. Juni 1992138 eine Vergleichbarkeit von Schmerzensgeld mit Strafschadensersatz abgelehnt. Seiner Auffassung nach könne Strafschadensersatz (in dem Fall amerikanische punitive damages) „nicht mit der Genugtuungsfunktion verglichen werden, die nach inländischen Grundsätzen im Bereich der Zumessung von Schmerzensgeld […] zu berücksichtigen ist […].“ 139 Die Genugtuungsfunktion begründe keinen unmittelbaren Strafcharakter des Schmerzensgeldes, vielmehr sei sie untrennbar mit der dem Schmerzensgeldanspruch innewohnenden Ausgleichsfunktion verknüpft.140 Tatsächlich aber lässt sich die pönale Zielrichtung der Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes nicht leugnen.141 Denn da die Genugtuung zwingend eine Übelszufügung beim Täter voraussetzt, wirkt sie notwendigerweise pönal.142 135
BGH, Urteil vom 6.7.1955 – GSZ 1/55, BGHZ 18, 149. So etwa Stiefel/Stürner, VersR 1987, 829 (841); Jansen, JZ 2005, 160 (169); wohl auch Müller, Überkompensatorische Schmerzensgeldbemessung?, 2007, S. 309 ff. 137 So etwa Jansen/Rademacher, in: Koziol/Wilcox (Hrsg.), Punitive Damages: Common Law and Civil Law Perspectives, 2009, S. 75 (80), Rn. 9. Ähnlich Magnus, in: Meurkens/Nordin (Hrsg.), The Power of Punitive Damages – Is Europe Missing Out?, 2012, S. 245 (252), dem zufolge keine Ähnlichkeit zu Strafschadensersatz besteht, da beim Schmerzensgeld die Genugtuungsfunktion allenfalls eine untergeordnete Rolle spielt. 138 BGH, Urteil vom 4.6.1992 – IX ZR 149/91, NJW 1992. 139 BGH, a.a.O.; NJW 1992, 3096 (3103). 140 BGH, a.a.O. Kritisch dazu Behr, ZJS 2010, 292 (295). 141 Zur pönalen Funktion von Schmerzensgeld auch Horter, Der Strafgedanke im Bürgerlichen Recht, 2004, S. 93 ff. Die Straffunktion ebenfalls bejahend Bohn, Der Sanktionsgedanke im Bürgerlichen Recht, 2005, S. 101 f.; Brockmeier, Punitive damages, multiple damages und deutscher ordre public, 1999, S. 59 ff.; Koch, in: FS Roth, 2011, S. 379 (384). Ähnlich Körner, NJW 2000, 241 (242): „[…] die umstrittene Genugtuungsfunktion […] trägt aber eindeutig punitive Züge.“; Sonntag, Entwicklungstendenzen der Privatstrafen, 2005, S. 265 ff.; Tolani, Annual Survey of International & Comparative Law, Vol. 17 (2011), 185 (197); ebenso Ebert, Pönale Elemente im deutschen Privatrecht, 2004, S. 464 ff., die sich aber für eine Entpönalisierung des Schmerzensgeldes ausspricht (S. 466 ff.). Ähnlich Kern, AcP 191 (1991), 247, dem zufolge die Genugtuungsfunktion über das Ausgleichsprinzip hinausgeht und die Rechtsprechung unter Genugtuung Privatstrafe versteht. 142 Welke, Die Repersonalisierung des Rechtskonflikts, 2008, S. 200. 136
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b) Geldentschädigung bei Verletzung von Persönlichkeitsrechten Obwohl § 253 BGB seinem Wortlaut nach eine Geldentschädigung nur wegen Verletzung des Körpers, der Gesundheit, Freiheit oder sexuellen Selbstbestimmung vorsieht, ohne das Allgemeine Persönlichkeitsrecht zu nennen, 143 werden in ständiger Rechtsprechung Geldentschädigungen für Nichtvermögensschäden auch bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen zugesprochen. 144 Die soweit ersichtlich bislang höchsten Geldentschädigungen beliefen sich auf 300.000 und 335.000 € zugunsten des ehemaligen Fernsehmoderators Jörg Kachelmann wegen persönlichkeitsrechtsverletzender Berichterstattung in mehreren Fällen.145 Erstmals vom BGH anerkannt wurde eine solche Geldentschädigung im sogenannten Herrenreiter-Fall. 146 In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall begehrte der Kläger Entschädigung, weil das beklagte Unternehmen ein Bild des Klägers zu Werbezwecken für ein Potenzmittel verwendet hatte. Obwohl dem Kläger ein Vermögensschaden nicht entstanden war, befand der Erste Senat des BGH, dass ein Entschädigungsanspruch zu bejahen sei, da es dem Kläger eigentlich nicht um „Ersatz gar nicht vorhandenen Vermögensschadens, sondern […] eine fühlbare Genugtuung für einen widerrechtlichen Eingriff in seine durch „§ 22 KUG, Artikel 1 und Artikel 2 GG geschützte Persönlichkeitssphäre“ gehe. Während der Erste Senat den Anspruch dabei noch auf eine analoge Anwendung der Schmerzensgeldregelung des damaligen § 847 BGB a.F. stützte, sehen das Bundesverfassungsgericht147 und der Sechste Senat des BGH148 die Anspruchsgrundlage unmittelbar in den Grundrechten. Der Sechste Senat führte diesbezüglich etwa aus, dass es sich „im eigentlichen Sinn nicht um ein Schmerzensgeld nach § 847 BGB [handelt], sondern um ein Recht, das auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und 2 I GG zurückgeht.“ 149 Einen vorläufigen Höhepunkt dieser Rechtsprechung über Geldentschädigungen für Persönlichkeitsrechtsverletzungen bilden die Entscheidungen des Sechsten Zivilsenats des BGH in den Entscheidungen Caroline von Monaco.
143
Dazu auch Wagner, JZ 2004, 319 (328). Dabei wird bisweilen sogar schon von „Gewohnheitsrecht“ gesprochen, wie etwa Ludyga, ZEV 2014, 333 (335). 145 LG Köln, Urteil vom 30.9.2015 – 28 O 2/14 und 28 O 7/14. 146 BGH, Urteil vom 14.2.1958 – I ZR 151/56, BGHZ 26, 349. 147 BVerfG, Beschluss vom 14.2.1973 – 1 BvR 112/65, NJW 1973, 1221. In dieser oftmals als „Soraya“ bezeichneten Entscheidung erklärte das Gericht die Rechtsprechung der Zivilgerichte, wonach bei schweren Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts Ersatz in Geld auch für immaterielle Schäden beansprucht werden kann, als mit dem Grundgesetz vereinbar. 148 So erstmals entschieden im Fall Ginsengwurzel, Urteil vom 19.9.1961 – VI ZR 259/60, NJW 1961, 2059, und seitdem ständige Rechtsprechung. 149 So BGH, Urteil vom 12.12.1995 – VI ZR 223/94, NJW 1996, 985 (987). 144
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In der ersten Entscheidung vom 15. November 1994 150 sprachen der BGH und daraufhin als Tatsacheninstanz das OLG Hamburg 151 Prinzessin Caroline von Monaco ein Schmerzensgeld in Höhe von 180.000 DM zu, weil die Beklagte in einer von ihr herausgegebenen Zeitschrift ein fingiertes Interview gedruckt hatte. In der Begründung führte der Senat aus, dass eine Verurteilung zur Geldentschädigung aber nur dann geeignet sei, den aus dem Persönlichkeitsrecht heraus gebotenen Präventionszweck zu erreichen, „wenn die Entschädigung der Höhe nach ein Gegenstück dazu bildet, daß […] die Persönlichkeitsrechte zur Gewinnerzielung verletzt worden sind.“ Von der Höhe der Geldentschädigung müsse deshalb „ein echter Hemmungseffekt auch für solche Vermarktung der Persönlichkeit ausgehen.“ Dem häufig als „Caroline II“ bezeichneten Urteil 152 vom 5. Dezember 1995153 lag eine Klage zugrunde gegen einen Verlag, der in von ihm herausgegebenen Zeitschriften über eine angebliche Krankheit der Klägerin berichtet hatte. Aus rechtsvergleichender Sicht interessant ist, dass der BGH in einem zwei Wochen später ebenfalls zur Veröffentlichung von Bildern von Caroline von Monaco ergangenen Urteil154 auf das französische Recht verwies und dabei feststellte, dass dort der Schutz der Privatsphäre im Verhältnis zur Pressefreiheit weiter reiche als nach deutscher Vorstellung.155 In einem weiteren Urteil des BGH wurde Geldentschädigung auch für die Veröffentlichung von Bildern des Sohnes von Caroline von Monaco zugesprochen.156 Mit diesen Entscheidungen hat der BGH zumindest für die Bestimmung der Entschädigungshöhe die Präventivfunktion ausdrücklich zum maßgeblichen Kriterium gemacht. 157 Aufgrund dieser Präventivfunktion 158 sehen viele Autoren in der Rechtspre-
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BGH, Urteil vom 15.11.1994 – VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1; NJW 1995, 861. OLG Hamburg, Urteil vom 25.7.1996 – 3 U 60/93, NJW 1006, 2870. 152 Die Nummerierung der verschiedenen Caroline-Urteile wird im Schrifttum verwirrenderweise unterschiedlich gehandhabt. Das Urteil vom 5.12.1995 wird üblicherweise als „Caroline II“ bezeichnet, siehe beispielsweise Göbel, Geldentschädigung und Schmerzensgeld, 2004, S. 24, dortige Fn. 125. Bisweilen wird aber auch das eigentlich zeitlich später ergangene Urteil vom 19.12.1995 als „Caroline II“ bezeichnet, siehe GRUR 1996, 923. 153 BGH, Urteil vom 5.12.1995 – VI ZR 332/94, NJW 1996, 984 154 BGH, Urteil vom 19.12.1995 – VI ZR 15/95, BGHZ 131, 332 (344); NJW 1996, 1128 (1131). 155 Kadner Graziano, RIW 2014, 473 (483). Gleichwohl wurde die Rechtsprechung des BGH auf dem Gebiet der Persönlichkeitsrechte als Angleichung an die französische Rechtslage aufgefasst, siehe Marx, Abschöpfung der Bereicherung aus Eingriff in fremde Rechtsgüter im französischen und deutschen Recht, 1999, S. 274. 156 BGH, Urteil vom 12.12.1995 – VI ZR 223/94, NJW 1996, 985. 157 Ludyga, ZEV 2014, 333 (337). 158 Ausführlich zur präventiven Begründung des immateriellen Schadensersatzes bei Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts Möller, Das Präventionsprinzip des Schadensrechts, 2006, S. 157 ff. 151
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chung zu Entschädigungen für Persönlichkeitsrechtsverletzungen eine Ähnlichkeit zu Strafschadensersatz.159 Dabei wird auf den Widerspruch zu den Entscheidungen über die Geldentschädigung einerseits und der Entscheidung des BGH über die Nichtvereinbarkeit von Strafschadensersatz mit dem anerkennungsrechtlichen ordre public andererseits hingewiesen. 160 Richtig ist zwar, dass es sich bei der Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen nicht um eine strafrechtliche Sanktion handelt – wie auch der BGH ausdrücklich festgestellt hat. 161 Gleichwohl handelt es sich bei den nach der Rechtsprechung des BGH vorzunehmenden Entschädigungszahlungen bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen um eine Form der Privatstrafe. 162 2. Schadensersatz für Nichtvermögensschäden im französischen Recht Auch nach französischem Recht ist Schadensersatz für Nichtvermögensschäden, sogenannten dommage moral, möglich. Grundlage dafür bildet die deliktsrechtliche Generalklausel in Art. 1240 C. civ. (Art. 1382 a.F.). Anders als nach deutschem Recht können in Frankreich sogar juristische Personen, einschließlich solcher des öffentlichen Rechts 163, Ersatz für Nichtvermögensschaden erhalten.164 Ein weiterer Unterschied zum deutschen Recht besteht darin, dass die Entschädigung für dommage moral nicht auf die Verletzung bestimmter 159 So etwa Wenker, NZV 2014, 241 (243): „Auch nach deutschem Recht werden bei Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts regelmäßig Entschädigungen zuerkannt, deren Höhe nach den für unfallbedingte Verletzungen geltenden Maßstäben kaum nachvollziehbar ist und durchaus in die Richtung eines Strafschadensersatzes gehen.“ Ähnlich Rosengarten, NJW 1996, 1935, der sich unter anderem im Hinblick auf die Rechtsprechung zur Präventivfunktion von Geldentschädigung für Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts für eine Anerkennung ausländischer Entscheidungen über Strafschadensersatz ausspricht; zustimmend auch Kletečka, ÖJZ 2008, 785 (790). A.A. Jansen, JZ 2005, 160 (170), dem zufolge der Anspruch auf Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen mit der pönalen Bestrafung des Täters nichts zu tun hat. 160 So etwa Honsell, in: FS Westermann, 2008, S. 315 (324 ff.); Göbel, Geldentschädigung und Schmerzensgeld, 2004, S. 158 f., Vollkommer, in: FS Leisner, 1999, S. 599 (603 f.) m.w.N. 161 BGH, Urteil vom 5.10.2004 – VI ZR 255/03, ZUM 2005, 157. 162 So auch Wachs, Entschädigungszahlungen bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen, 2007, S. 242. 163 C. Cass. crim., Urteil vom 11.12.2013, pourvoi n° 12-83.296. 164 Dazu näher Wester-Ouisse, JCP G 2003, I 145. Als Beispiel für einen Fall, in dem einer juristischen Person immaterieller Schadensersatz zugesprochen wurde, kann die Rechtssache Morgan Stanley v. LVMH dienen, in der die Beklagte in einer im späteren Berufungsverfahren aufgehobenen Entscheidung des Pariser Handelsgerichts verurteilt wurde, 30 Millionen € als Ausgleich für dommage moral an LVMH zu zahlen: Tribunal de commerce de Paris, 1re ch. supplémentaire, Urteil vom 12.1.2004, RG 2002093985. Das Urteil wurde später vom Pariser Berufungsgericht aufgehoben (CA Paris, 15 e ch. B, Urteil vom 30.6.2006, RG n° 04/06308).
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Rechtsgüter beschränkt ist. 165 Vergleichbar dem deutschen Schmerzensgeld werden Entschädigungen auch wegen Schmerzen zugesprochen, die durch Beeinträchtigung der körperlichen und psychischen Integrität erlitten wurden. 166 Auch bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen kann immaterieller Schadensersatz verlangt werden, 167 etwa im Fall einer Verletzung des Rechts am eigenen Bild.168 Damit wird Art. 9 C. civ. Rechnung getragen, der das subjektive Recht auf Achtung des Privatlebens garantiert. Interessanterweise hat Caroline von Monaco, deren in Deutschland erhobenen Klagen zu der oben genannten Entscheidungsreihe des BGH geführt hatten, auch in Frankreich erfolgreich Geldentschädigung wegen der Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte durch die Presse geltend machen können. 169 Da im französischen Recht zwischen dem dommage réel und dem immateriellen Schaden, dem dommage moral, unterschieden wird, konnten die französischen Gerichte Schadensersatz für Persönlichkeitsrechtsverletzungen anerkennen, ohne sich dem Vorwurf der Rechtsfortbildung ausgesetzt zu sehen. 170 Auch wenn die in Frankreich zugesprochenen Beträge in der Vergangenheit regelmäßig über den in Deutschland üblichen Summen lagen, ist dort im Gegensatz zum deutschen Recht auch eine Verurteilung zu symbolischen Beträgen, dem sogenannten franc symbolique, möglich. 171 Ähnlich wie im deutschen Recht bei Verletzung von Persönlichkeitsrechten eine Geldentschädigung im Wege der Lizenzanalogie zugesprochen wird, ist in Frankreich eine Entschädigung wegen entgangenen Gewinns (gain manqué) möglich.172 Auch wenn die Rechtsprechung die pönale Funktion des Ersatzes immaterieller Schäden nicht ausdrücklich erwähnt, ist der Strafcharakter des immateriellen Schadensersatzes im Schrifttum weitgehend anerkannt.173 Zwar sollte die 165
Wagner, JZ 2004, 319 (329); Sonnenberger, in: Sonnenberger/Classen (Hrsg.), Einführung in das französische Recht, 4. Aufl. 2012, S. 206. 166 Erger/Kaesling, NZFam 2014, 631 (632). 167 Wagner, JZ 2004, 319 (329). 168 Dazu Bartnik, Der Bildnisschutz im deutschen und französischen Zivilrecht, 2004, S. 254 ff. 169 Stürner, in: FS Großfeld, 1999, S. 1201 (1204) m.w.N. 170 Democh, AfP 2002, 375 (380); Stürner, a.a.O. 171 Vogel, Konvergenz der medienpersönlichkeitsrechtlichen Rechtsbehelfe, 2012, S. 119 ff. Zum franc symbolique als Schadensersatz mit Feststellungszweck auch Stoll, Haftungsfolgen im bürgerlichen Recht, 1993, S. 186, dem zufolge dabei der Genugtuungszweck überwiegt. 172 Erger/Kaesling, NZFam 2014, 631 (633). 173 Dazu Bartnik, Der Bildnisschutz im deutschen und französischen Zivilrecht, 2004, S. 269 ff.; den Strafcharakter bejahend auch Heisig, Persönlichkeitsschutz in Deutschland und Frankreich, 1999, S. 259 m.w.N. Ausführlich dazu, dass die im deutschen und französischen Recht bestehenden pönalen Elemente betreffend Persönlichkeitsverletzungen mit Strafschadensersatz vergleichbar sind: Büyüksagis/Ebert/Fairgrieve/Meurkens/Quarta, EBLR 2016, 137 (149 ff.).
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Bemessung der Entschädigung nur anhand des Ausgleichszwecks erfolgen und daher nur die Schwere der erlittenen Beeinträchtigung, nicht diejenige der Schuld, maßgeblich sein, 174 doch da französische Gerichte weitgehenden Spielraum bei der Bemessung des Schadensersatzes haben und dabei – wenngleich nicht ausdrücklich – auch das Verhalten des Schädigers berücksichtigen, kann in den für Nichtvermögensschäden zugesprochenen Schadensersatzsummen durchaus eine verdeckte Form des Strafschadensersatzes gesehen werden.175 Auch der Umstand, dass immaterieller Schadensersatz nicht nur natürlichen, sondern auch juristischen Personen zusteht, wird bisweilen als Beweis für die pönale Zielrichtung der Geldentschädigung angesehen,176 insbesondere wenn diese Entschädigungen sehr hohe Beträge erreichen.177 Besonders deutlich wird die pönale Funktion des immateriellen Schadensersatzes bei den Geldentschädigungen, die Organisationen wegen mittelbarer oder unmittelbarer Schäden an von ihnen vertretenen öffentlicher Interessen zugesprochen werden können. Die Rechtsgrundlage für solchen Schadensersatz bildet Art. L. 142-2 des Umweltgesetzbuches Code de l’environnement. In der Rechtssache Erika etwa wurde dem Vogelschutzverein Ligue de protection des oiseaux durch das TGI Paris ein Betrag in Höhe von 100.000 € zugesprochen wegen des Schadens, den die durch den Öltanker Erika verursachte Ölpest
174 Wagner, JZ 2004, 319 (321) m.w.N., der aus diesem Grund die Vergleichbarkeit zur Privatstrafe (peine privée) verneint. 175 Borghetti, in: Koziol/Wilcox (Hrsg.), Punitive Damages: Common Law and Civil Law Perspectives, 2009, S. 55 (63 f.); Erger/Kaesling, NZFam 2014, 631 (633) m.w.N.; ähnlich Péchinot, in: Pierre/Leduc (Hrsg.), La réparation intégrale en Europe, 2012, S. 127 (128), dem zufolge man aufgrund der Möglichkeit der Richter, die Schadenshöhe frei zu bestimmen, meinen kann, dass Strafschadensersatz de facto existiere: „les juges ont un pouvoir souverain dans l’évaluation des dommages et intérêts, de telle sorte que certains peuvent penser que les dommages et intérêts punitifs existent de fait.“ 176 So etwa Jourdain, RTD civ. 2014, 122 bezüglich des Urteils der C. Cass. crim. vom 11.12.2013, pourvoi n° 12-83.296: „[…] on a le sentiment que le complément d’indemnisation alloué au titre du préjudice moral fait figure de sanction civile punitive […]“ sowie „L’arrêt confirmerait ainsi l’instrumentalisation de la réparation du préjudice moral à des fins punitives […]“. Ähnlich Hennion-Jacquet, RSC 2015, 517: „on peut constater que certaines réparations confinent à l’octroi de dommages et intérêt punitifs, comme c’est le cas en matière d’indemnisation du dommage moral, dont le montant relève de l’appréciation souveraine des juges du fond, qui peuvent ainsi conférer une fonction sanctionnatrice à la responsabilité civile.“ 177 Ein Beispiel für eine solche Verurteilung liefert das oben genannte Urteil gegen das Unternehmen Morgan Stanley. Diesbezüglich Rouhette, Def. Counsel J. 2007, 320 (326): „The Court’s award of an amount of damages as high as €30 million to remedy an immaterial damage, by essence difficult to measure […] necessarily aims at punishing Morgan Stanley for its allegedly unlawful conduct.“
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Seevögeln zugefügt habe.178 Solchem nichtvermögensrechtlichen Schadensersatz wird zu Recht von einigen Autoren eine pönale Funktion zugeschrieben, da die Organisation selber keinen Schaden – weder vermögens- noch nichtvermögensrechtlicher Art – erlitten hat.179 Die Cour d’appel de Nouméa hat in einem Urteil vom 25. Februar 2014 sogar ausdrücklich angesprochen, dass es sich um Strafschadensersatz handle. 180 Deutlich wird der pönale Charakter von immateriellem Schadensersatz auch dann, wenn eine Entschädigung allein wegen eines Verstoßes gegen eine Pflicht zu einer Handlung oder einem Unterlassen zugesprochen wurde. Durch die französische Rechtsprechung, insbesondere die Erste Zivilkammer der Cour de cassation, wurde schon des Öfteren Schadensersatz zugesprochen, ohne dass ein Schaden entstanden ist, etwa weil gegen vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbote (sogenannte clauses de non-concurrence) verstoßen wurde.181 Dabei stützte sich die Cour de cassation auf Art. 1145 C. civ., dem zufolge derjenige, der gegen eine Verpflichtung verstößt, die in einem Unterlassen besteht, schon allein wegen des Verstoßes Schadensersatz schuldet. 182 Pierre sieht in dieser Rechtsprechung ein Beispiel dafür, dass de facto pönale Zwecke mit dem französischen Zivilrecht verfolgt werden. 183 In ähnlichem Sinne wurde versucht, in einem Verfahren vor der Cour de cassation zu argumentieren, dass die Vertragsstrafe nach Art. 1145 C. civ. eine Strafe im Sinne von Art. 8 der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 darstelle.184 Die Erste Zivilkammer bestätigte in ihrem Urteil vom 6. Februar 2013 178
TGI Paris, Urteil vom 16.1.2008, pourvoi n° 9934895010, D. 2008, 251. Die Verurteilung wurde durch die CA Paris mit Urteil vom 30.3.2010 und durch die C. Cass. mit Entscheidung vom 25.9.2012 bestätigt. 179 Borghetti, in: Koziol/Wilcox (Hrsg.), Punitive Damages: Common Law and Civil Law Perspectives, 2009, S. 55 (65), Rn. 28. Zur zivilrechtlichen Haftung in der Rechtssache wegen des Untergangs des Öltankers Erika auch Neyret, RCA n° 5 2013, 33 (34 f.); Saint-Pau, RCA n° 5 2013, 9 (11). 180 CA Nouméa, ch. corr., 25.2.2014, n° 11/00187, JCP G 2014, 557: „Attendu qu'il convient de rappeler que les associations étant, en tout état de cause, mal fondées à solliciter des dommages et intérêts à caractère punitif […]“. Zustimmend die Anmerkung von Boutonnet an selber Stelle, die die Vergleichbarkeit zu Strafschadensersatz ebenfalls bejaht: „De nouveau naît le sentiment d’être face à des dommages-intérêts punitifs.“ 181 C. Cass., 1re ch. civ., Urteil vom 10.5.2005, pourvoi n° 02-15910; C. Cass., 1re ch. civ., Urteil vom 31.5.2007, pourvoi n° 05-19978. 182 Der Wortlaut der besagt: „Si l'obligation est de ne pas faire, celui qui y contrevient doit des dommages et intérêts par le seul fait de la contravention.“ 183 Pierre, RJO 2014, 23 (27); ders., RdC 2010, 1117. 184 Als Begründung wurde angeführt: „[…] l’article 1145 du Code civil institue des dommages-intérêts punitifs; qu’en tant que peine, au sens de l’article 8 de la Déclaration des droits de l’homme et du citoyen de 1789, ces dommages-intérêts punitifs doivent être proportionnés au subi et aux manquements constatés.“ [„Artikel 1145 des Code civil führt Strafschadensersatz ein; dieser muss als Strafe im Sinne von Art. 8 der Erklärung der Menschen-
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die Entscheidung der Vorinstanz, da darin ein materieller Schaden festgestellt worden sei.185 Aber nicht nur bei einem Verstoß gegen eine Pflicht zum Unterlassen sprechen französische Gerichte trotz Fehlens eines vermögensrechtlichen Schadens Ersatz zu, sondern auch, wenn einer Verpflichtung zu einer Handlung nicht nachgekommen wurde. So hat die Erste Zivilkammer der Cour de cassation auch Entschädigungen zugesprochen, allein weil ein Arzt seiner Pflicht zur Aufklärung über Risiken nicht nachgekommen ist, ohne dass ein kausaler Schaden vorlag.186 Auch darin wird bisweilen ein Beispiel dafür zu sehen, dass mit der Haftung pönale Zwecke verfolgt werden. 187 In der Tat dient die zugesprochene Entschädigung nicht der Kompensation eines Schadens, sondern vielmehr einer auf Schadensprävention abzielenden Verhaltenssteuerung. Eine weiteres Beispiel bietet eine Rechtssache vor der Dritten Zivilkammer des Pariser Berufungsgerichts, in der ein immaterieller Schadensersatz in Höhe von 4.000 € zugesprochen wurde, weil entgegen einer Vereinbarung zwischen zwei Aktionärsgruppen einer Gesellschaft nicht die in der Abmachung vorgesehenen Treffen stattfanden. 188 Mangels durch den Kläger erlittenen Schadens diente die zugesprochene Summe vielmehr der Bestrafung als der Entschädigung, so dass der zugesprochene Betrag de facto Strafschadensersatz gleichkommt.189 IV. Immaterialgüterrecht Das Immaterialgüterrecht stellt einen Bereich dar, in dem der Prävention und damit auch Privatstrafen eine besondere Bedeutung zukommt, da geistiges Eigentum als „unkörperliche“ Sache besonders anfällig für Rechtsverletzungen ist, Schäden schwierig zu bemessen sind und das Risiko des Rechtsverletzers, entdeckt zu werden, gering ist.190 Daher kommt es in Rechtsordnungen, deren
und Bürgerrechte verhältnismäßig in Bezug auf den erlittenen Schaden und das festgestellte Verschulden sein.“, Übersetzung des Verfassers]. 185 C. Cass., 1re ch. civ., Urteil vom 6.2.2013, pourvoi n° 12-12.750. 186 C. Cass., 1re ch. civ., Urteil vom 6.12.2007, pourvoi n° 6-19301; C. Cass., 1re ch. civ., Urteil vom 3.6.2010, pourvoi n° 09-13.591. 187 Pierre, RJO 2014, 23 (27); ders., RdC 2010, 1117. 188 CA Paris, 3 e ch., sect. A, Urteil vom 27.3.2007, n° 05-19892. In der Begründung führte das Gericht aus: „Considérant […] que M. Michel A. justifie seulement d'un préjudice moral pour n'avoir pas pu comme prévu faire valoir son point de vue dans le cadre de réunions semestrielles et trimestrielles; que le préjudice subi sera réparé par l'allocation d'une somme de 4.000 euros […]“. 189 Lucas, Bulletin Joly Sociétés 2007, 1002: „La vérité est que le demandeur ne justifiait d’aucun préjudice et que la réparation qui lui est accordée s’inscrit plus dans une logique de sanction que de réparation. Ce sont des vrais dommages et intérêts punitifs […]“. 190 Koziol, 68 La. L. Rev. (2008), 741 (758).
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Zivilrecht Strafschadensersatz ausdrücklich vorsieht, nicht selten vor, dass dieser wegen Verletzung von Immaterialgüterrechten zugesprochen wird. 191 Insofern ist es nicht verwunderlich, dass sich gerade in diesem Bereich auch im deutschen und französischen Recht pönale Elemente finden lassen. 1. Die dreifache Schadensberechnung Zu diesen pönalen Elementen im Recht des geistigen Eigentums gehört unter anderem die dreifache Schadensberechnung, die es dem Geschädigten ermöglicht, den zu erstattenden Schaden auf unterschiedliche Weise zu ermitteln. Der Geschädigte kann demnach zwischen drei Arten der Berechnung wählen: dem konkreten Nachweis des entgangenen Gewinns, einer Herausgabe des Gewinns und einer Lizenzanalogie. Diese Berechnungsmethode findet mittlerweile sowohl in Deutschland als auch in Frankreich Anwendung. a) Die Schadensberechnung nach dem deutschen Immaterialgüterrecht Das deutsche Recht sieht die dreifache Schadensberechnungsmethode ausdrücklich zur Ermittlung des erstattungsfähigen Schadens vor. 192 Diese Methode war schon zuvor in ständiger Rechtsprechung durch das Reichsgericht und den Bundesgerichtshof hinsichtlich der Verletzung von Urheberrechten entwickelt und zunehmend auf weitere Rechtsgebiete wie das Markenrecht angewendet worden. 193 Im Rahmen der Umsetzung der europäischen Richtlinie 2004/48/EG194 vom 29. April 2004 wurde diese von der Rechtsprechung entwickelte Methodik einheitlich geregelt 195 und in mehreren nahezu wortgleichen Vorschriften des Immaterialgüterrechts festgeschrieben. 196 Nach § 97 Abs. 2 S. 2 UrhG197 etwa kann der Geschädigte wählen, ob er seinen Schaden im Sinne von § 249 ff. BGB anhand des konkreten Schadens einschließlich des 191 Beispielhaft sei der Fall Cinar Inc./Robinson des Obersten Gerichtshofs Kanadas genannt, in dem wegen Verletzung von Urheberrechten Strafschadensersatz zugesprochen wurde, siehe Gardner, RJO 2014, 37. 192 Eine französischsprachige Darstellung zur Berechnung des Schadensersatzes bei Verstößen gegen das deutsche Recht des geistigen Eigentums findet sich bei Gerstner, Cahiers de droit de l’entreprise n° 4/2007, 57. 193 Näher zu der Rechtsprechungsentwicklung etwa Müller, Punitive Damages und deutsches Schadensersatzrecht, 2004, S. 101 ff. 194 Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.4.2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums, ABl. L 157 vom 30.4.2004, S. 45. 195 Köhler, in: Kühler/Bornkamm, UWG, § 9 UWG, 32. Aufl. 2014, Rn. 1.36. 196 Näher zu dieser Umsetzung Amschewitz, Die Durchsetzungsrichtlinie und ihre Umsetzung im deutschen Recht, 2008, S. 385 ff.; Goldmann, WRP 2011, 959 (962 ff.); Stieper, WRP 2010, 624 (627). 197 Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) vom 9.9.1965 (BGBl. I S. 1273), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 1.10.2013 (BGBl. I S. 3728).
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entgangenen Gewinns, über eine Herausgabe des Verletzergewinns nach § 97 Abs. 2 S. 2 UrhG oder auf Grundlage einer fiktiven Lizenzgebühr nach § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG berechnen will. 198 Der Schadensberechnung anhand einer fiktiven Lizenzgebühr liegt dabei der Gedanke zugrunde, dass der Inhaber eines Immaterialgüterrechts insofern schutzbedürftig ist, als er in der Regel nicht in der Lage sein wird, nachzuweisen, welcher Gewinn ihm durch die Verletzung des ihm zustehenden Rechts entgangen ist.199 Mit § 97 Abs. 2 UrhG in der Sache identische Regelungen finden sich in Bezug auf Patentverletzungen in § 139 Abs. 2 PatentG 200, hinsichtlich Markenverletzungen in § 14 Abs. 2 MarkenG201, bezüglich eingetragenen Designs in § 42 Abs. 2 DesignG202 und für Gebrauchsmuster in § 24 Abs. 2 GebrMG203, § 37 Abs. 2 SorSchG204 und § 9 Abs. 1 S. 3 HalblSchG205, der auf § 24 Abs. 2 GebrMG verweist. In diesen Vorschriften und der vorher schon bestehenden Rechtsprechung wird bisweilen eine Parallele zu Strafschadensersatz gesehen. 206 Andere Autoren argumentieren zwar, dass die Regelungen keinen bestrafenden Zweck verfolgen, sondern lediglich der Wiederherstellung der Vermögensverhältnisse dienen,207 doch lässt sich nicht leugnen, dass die dreifache Berechnungsmethode von der sonst in Deutschland für die Bestimmung der Schadensersatzhöhe üblichen Differenzmethode abweicht, der zufolge die Differenz zwischen der Vermögenssituation, die ohne das Schadensereignis bestünde, und derjenigen, die nach der Schädigung besteht, zu ersetzen ist. Zutreffend ist zwar, dass
198 Lettl, Urheberrecht, 2. Aufl. 2013, § 11, Rn. 72; Grobelny, Die Rechtsdurchsetzung im Urheberrecht, 2011, S. 54 ff. 199 Lettl, Urheberrecht, 2. Aufl. 2013, § 11, Rn. 73. 200 Patentgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 16.12.1980 (BGBl. 1981 I S. 1), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 19.10.2013 (BGBl. I S. 3830). 201 Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen (Markengesetz – MarkenG) vom 25.10.1994 (BGBl. I S. 3082; 1995 I S. 156; 1996 I S. 682), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 19.10.2013 (BGBl. I S. 3830). 202 Gesetz über den rechtlichen Schutz von Design (Designgesetz – DesignG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 24.2.2014 (BGBl. I S. 122). 203 Gebrauchsmustergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 28.8.1986 (BGBl. I S. 1455), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 19.10.2013 (BGBl. I S. 3830). 204 Sortenschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.12.1997 (BGBl. I S. 3164), zuletzt geändert durch Artikel 4 Absatz 85 des Gesetzes vom 7.8.2013 (BGBl. I S. 3154). 205 Halbleiterschutzgesetz vom 22.10.1987 (BGBl. I S. 2294), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 19.10.2013 (BGBl. I S. 3830). 206 In diesem Sinne etwa Behr, in: FS Mehle, 2009, S. 33 (40 f.); ders., 78 Chi.-Kent. L. Rev. (2003), 105 (137 ff.); Welke, Die Repersonalisierung des Rechtskonflikts, 2008, S. 125. 207 Jansen/Rademacher, in: Koziol/Wilcox (Hrsg.), Punitive Damages: Common Law and Civil Law Perspectives, 2009, S.75 (82), Rn. 13.
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die Regelungen keinen Strafschadensersatz im engeren Sinne enthalten. Insofern haben das Amtsgericht 208 und das Oberlandesgericht Köln209 durchaus zu Recht die Aussage getroffen, dass es sich bei einem Schadensersatzanspruch nach § 97 Abs. 2 UrhG nicht um Strafschadensersatz handle. Gleichwohl stellt die dreifache Schadensberechnung insofern eine Ausnahme vom Prinzip der Totalreparation dar, als durch die Berücksichtigung des Verletzergewinns bzw. die fiktive Lizenzgebühr der dem Rechtsinhaber zugesprochene Betrag losgelöst vom Vorliegen eines tatsächlichen Schadens ist und, selbst wenn ein Schaden vorliegt, der Schadensersatz dessen Höhe übersteigen kann. 210 Es wird insofern in Kauf genommen, dass die Grenzen des sonst üblichen Schadensersatzes überschritten werden, um dem Präventions- und Sanktionsgedanken Rechnung zu tragen. 211 Insofern ist die dreifache Schadensberechnung wesentlich von den Grundsätzen der Sanktion und der Prävention geprägt. 212 Im Übrigen wird Strafschadensersatz auch als Argument verwendet, um eine kumulative Berücksichtigung der verschiedenen Berechnungsarten nach § 97 Abs. 2 UrhG abzulehnen: Da die Durchsetzungsrichtlinie Strafschadensersatz ausweislich ihres Erwägungsgrundes 26 nicht bezwecke, gelte das sogenannte Verquickungsverbot, dem zufolge die Berechnungsarten nur alternativ anwendbar sind.213
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AG Köln, Urteil vom 10.3.2014 – 125 C 495/13, MMR 2014, 483. Das Gericht führte aus, dass de lege lata Filesharing-Teilnehmern keine Schadensersatzbeträge auferlegt werden können, die zu dem durch den jeweiligen Tatbeitrag eingetretenen Schaden völlig außer Verhältnis stünden. Als obiter dictum führte es aus, ein solcher Schadensersatz sei allenfalls möglich, wenn de lege ferenda Strafschadensersatz geschaffen würde, was das Gericht jedoch für unwahrscheinlich hielt. 209 OLG Köln, Beschluss vom 26.6.2014 – 19 U 17/14, Rn. 29; BeckRS 2015, 03472. 210 Magnus, in: Meurkens/Nordin (Hrsg.), The Power of Punitive Damages – Is Europe Missing Out?, 2012, S. 245 (255); ähnlich Stieper, WRP 2010, 624 (628) in Bezug auf die Lizenzanalogie, bei der die „angemessene Vergütung“ durchaus über der Vergütung liegen kann, die der Verletzte selbst von Dritten verlangt. 211 Sonntag, Entwicklungstendenzen der Privatstrafen, 2005, S. 246, die der dreifachen Schadensberechnung einen eingeschränkt pönalen Charakter zuschreibt (S. 248). Einen Sanktionszweck und damit Ähnlichkeit zu Strafschadensersatz bejahend auch Herrmann, Die Anerkennung US-amerikanischer Urteile in Deutschland unter Berücksichtigung des ordre public, 2000, S. 253, sowie Welke, Die Repersonalisierung des Rechtskonflikts, 2008, S. 120 ff. 212 Fort, Strafelemente im deutschen, amerikanischen und österreichischen Schadensersatzrecht unter besonderer Berücksichtigung des gewerblichen Rechtsschutzes und Urheberrechts, 2001, S. 36. Ausführlich zur dreifachen Schadensberechnung als Erscheinungsform präventiven Schadensersatzes im deutschen Recht auch Möller, Das Präventionsprinzip des Schadensrechts, 2006, S. 117 ff. 213 So Spindler, in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 97 UrhG, Rn. 33.
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b) Die dreifache Schadensberechnung nach dem französischen Immaterialgüterrecht Ins französische Recht wurde die dreifache Schadensberechnung durch die Umsetzung von Art. 13 der oben genannten europäischen Richtlinie 2004/48/EG vom 29. April 2004 eingeführt. Diese sogenannte Durchsetzungsrichtlinie hat der französische Gesetzgeber durch das Gesetz n° 2007-1544 vom 29. Oktober 2007214 umgesetzt. Mit Gesetz vom 11. März 2014 wurden weitere Änderungen vorgenommen. 215 Vor Umsetzung der Richtlinie konnte der Geschädigte seinen Schaden lediglich auf Grundlage von Art. 1382 C. civ. a.F. geltend machen.216 Nach der zur Umsetzung vorgenommenen Neufassung von Art. L. 331-1-3 Code de la propriété intellectuelle sieht die Vorschrift nunmehr die dreifache Schadensberechnung vor. Der Wortlaut besagt:217 „Pour fixer les dommages et intérêts, la juridiction prend en considération distinctement: 1° Les conséquences économiques négatives de l'atteinte aux droits, dont le manque à gagner et la perte subis par la partie lésée; 2° Le préjudice moral causé à cette dernière; 3° Et les bénéfices réalisés par l'auteur de l'atteinte aux droits, y compris les économies d'investissements intellectuels, matériels et promotionnels que celui-ci a retirées de l'atteinte aux droits. […]“ [„Um den Schadensersatz zu bestimmen, berücksichtigt das Gericht getrennt voneinander: 1° die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen, darunter den vom Geschädigten erlittenen Gewinnausfall und erlittenen Verlust; 2° den dem Geschädigten entstandenen immateriellen Schaden; 3°die durch den Verletzer der Rechte erzielten Erlöse, einschließlich der eingesparten Investitionen geistiger, materieller und verkaufsfördernder Art, die dieser durch die Rechtsverletzung erzielt hat.“ 218]
Als Alternative lässt Abs. 2 der Vorschrift eine Entschädigung in Form einer Pauschale zu: „Toutefois, la juridiction peut, à titre d'alternative et sur demande de la partie lésée, allouer à titre de dommages et intérêts une somme forfaitaire. Cette somme est supérieure au montant des redevances ou droits qui auraient été dus si l'auteur de l'atteinte avait demandé l'autorisation d'utiliser le droit auquel il a porté atteinte. […]“
214 Loi n° 2007-1544 du 29 octobre 2007 de lutte contre la contrefaçon (JORF du 30 octobre 2007, p. 17775). 215 Gesetz n° 2014-315 vom 11.3.2014 (JORF n°0060 du 12 mars 2014, p. 5112). Die durch das Gesetz vorgenommenen Änderungen sind aber in erster Linie klarstellender Art, siehe Buffet Delmas d’Autane/Fabre, Propriété industrielle n° 5, Mai 2014, étude 12, S. 10. 216 Goldmann, WRP 2011, 950 (963). 217 Der Wortlaut wurde zuletzt geändert durch das Gesetz n° 2014-315 vom 11.3.2014 (JORF n°0060 du 12 mars 2014, p. 5112). 218 Übersetzung des Verfassers.
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[„Das Gericht kann jedoch, als Alternative und auf Antrag des Geschädigten, als Schadensersatz einen Pauschalbetrag zusprechen. Dieser Betrag ist höher als die Vergütung oder Gebühren, die er geschuldet hätte, wenn der Verletzer die Genehmigung ersucht, das Recht zu nutzen, gegen das er verstoßen hat. […]“219]
Wortgleiche Vorschriften finden sich betreffend Patente in Art. 615-7 Code de la propriété intellectuelle, betreffend Design in Art. 521-7, für Geschäftsgeheimnisse in Art. 623-28, hinsichtlich Marken in Art. 716-14 sowie für Herkunftsangaben in Art. 722-6 desselben Gesetzbuches. Auch die Gewinnabschöpfung wurde in das französische Urheberrecht aufgenommen: Art. L. 331-1-4 Code de la propriété intellectuelle sieht vor, dass im Falle einer rechtswidrigen Nachahmung eines geschützten Werkes ein Zivilgericht anordnen kann, dass der erzielte Erlös an den Rechtsinhaber des verletzten Rechts auszuhändigen ist. Die Vorschrift bestimmt in Abs. 4: „La juridiction peut également ordonner la confiscation de tout ou partie des recettes procurées par la contrefaçon, l'atteinte à un droit voisin du droit d'auteur ou aux droits du producteur de bases de données, qui seront remises à la partie lésée ou à ses ayants droit.“ [„Das Gericht kann ebenfalls ganz oder teilweise die Beschlagnahme der durch die Fälschung, die Verletzung eines verwandten Schutzrechts oder der Rechte des Herstellers von Datenbasen erzielten Erlöse anordnen, welche an die [in ihren Rechten] beeinträchtigte Partei oder an ihre Berechtigten auszuhändigen sind.“ 220]
Da auf Grundlage der Vorschriften über die Berechnung der Entschädigung Schadensersatz zugesprochen werden kann, der die Höhe des erlittenen Schadens übersteigt, wird in ihnen eine Parallele zu Strafschadensersatz gesehen. 221 Andere Autoren hingegen sind der Auffassung, dass der Schädiger nicht bestraft wird, da er lediglich um dasjenige entreichert wird, was er durch die schädigende Handlung erreicht hat, ohne ihn schlechter zu stellen, als er vor dieser Handlung stand.222 Auch durch die letzte Änderung der Vorschriften durch das 219
Übersetzung des Verfassers. Übersetzung des Verfassers. 221 Attal, Droit et patrimoine 2011, n° 205, S. 42 (in Bezug auf Art. L. 615-7); Borghetti, in: Koziol/Wilcox (Hrsg.), Punitive Damages: Common Law and Civil Law Perspectives, 2009, S. 55 (60); Boizard, RCA mai 2013, 53 (54): „Le dispositif n’est pas sans évoquer le principe des dommages et intérêts punitifs consacré outre-Atlantique“; die pönale Funktion bejahend auch Jourdain, RCA mai 2013, 57 (58); Pierre, RJO 2014, 23 (27); Hocquet-Berg, in: Dubuisson/Jourdain (Hrsg.), Le dommage et sa réparation dans la responsabilité contractuelle et extracontractuelle, 2015, S. 215 (225); Büyüksagis/Ebert/Fairgrieve/Meurkens/Quarta, EBLR 2016, 137 (152). Im selben Sinne zur Vorgängervorschrift des Art. L. 335-7 a.F. Kamina, Cahiers de droit de l’entreprise n° 4 2007, dossier 23. In diesem Sinne wirft auch Lefranc die Frage auf, ob ein durch das TGI Paris bei der Ausurteilung von Schadensersatz auf Grundlage von Art. L. 331-1-3 Code de la propriété intellectuelle vorgenommener Zuschlag in Höhe von 50 % auf Strafschadensersatz hinauslaufe: EDPI n° 11 2017, S. 7. 222 Maréchal, RTD com. 2012, 245 (251). 220
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Gesetz n° 2014-315 vom 11. März 2014 sei keine abschreckende Entschädigung eingeführt worden.223 Die abschreckende Wirkung der Regelung besteht in der Tat weniger in einer Bestrafung, als vielmehr darin, dass dem Rechtsverletzer die Aussicht genommen wird, im Falle einer Entschädigung dennoch einen Gewinn zu erzielen, so dass der Schadensersatz weniger einen bestrafenden, als vielmehr einen enteignenden Charakter annimmt. 224 Eine Ähnlichkeit zu Strafschadensersatz ist dennoch insofern zu bejahen, als die Regelungen vom französischen principe de la réparation intégrale abweicht, indem sie dem Richter ermöglicht, Schadensersatz auszusprechen, der den tatsächlichen Schaden überschreitet und damit nicht lediglich kompensatorisch wirkt. 225 2. Verletzerzuschlag: Doppelte Lizenzgebühr nach der GEMA-Rechtsprechung Ein weiteres Beispiel für ein pönales Element im deutschen Immaterialgüterrecht ist die Rechtsprechung zur doppelten Lizenzgebühr an die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA). Nach dieser Rechtsprechung schuldet jemand, der die durch die GEMA wahrgenommenen Rechte der öffentlichen Musikwiedergabe verletzt, abweichend von den sonst geltenden Grundsätzen des Schadensersatzrechts einen pauschalisierten Mindestschaden in Höhe einer doppelten Lizenzgebühr, um einen Anteil der durch die Überwachungsmaßnahmen verursachten Kosten
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Herpe, EDPI n° 5 2014, S. 6: „En revanche, le législateur n’a pas introduit de possibilité d’indemnisation pour mettre un terme à la faute ‘lucrative’ du contrefacteur.“ 224 Huillier, Gaz.Pal., 7.7.2009, n° 188, S. 2: „L’établissement du préjudice à hauteur des bénéfices réalisés par le contrefacteur est réellement dissuasif puisqu’il annihile toute espérance de profit dans le cas où ce dernier est pris la main dans le sac […]. Plutôt que punitifs, les dommages et intérêts prennent un caractère confiscatoire […].“ 225 Maréchal, RTD com. 2012, 245 (252). Ähnlich Dhenne, D. 2014, 1164, Rn. 29 zur Gesetzesänderung von 2014: „L'article 2 de la loi du 11 mars 2014 rapproche encore davantage la somme allouée au propriétaire du bien intellectuel des dommages-intérêts punitifs.“ sowie Rn. 28: „le législateur français tend dans ce domaine, depuis la loi du 29 octobre 2007, à se diriger vers une consécration des dommages-intérêts punitifs, grâce à de nouveaux modes d'évaluation du préjudice.“ A.A. Nussenbaum, Gaz.Pal., 18.12.2010, n° 352, S. 16, der das Ausgleichsprinzip als gewahrt ansieht, da der Geschädigte nicht mehr erhalte, als es seinen Opportunitätskosten entspricht: „[…] la sanction pourra présenter, de fait, un caractère punitif, mais on se situe toujours dans le strict cadre de la réparation intégrale car la victime ne recevra pas plus que ce qui correspond à son coût d’opportunité, c’est-à-dire le gain potentiel dont elle est privée du fait de l’usage illicite.“ Ähnlich Herpe, EDPI n° 2 2014, S. 7 hinsichtlich der Pauschale nach Art. L. 331-1-3 a.F., der im Gegensatz zur derzeitigen Fassung noch statt des Wortlauts „supérieure au montant des redevances ou droits qui auraient été dus“ die weichere Formulierung „qui ne peut être inférieur“ enthielt: „L’expression […] n’est pas un plancher pour des dommages punitifs: les redevances pratiquées permettent simplement un dédommagement fondé sur une base objective […]“.
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abzudecken.226 Demnach werden dem Schädiger Kosten für einen Schaden auferlegt, den er nicht selber verursacht hat, sondern den die Gegenseite vor dem Eintritt des Schadens veranlasst hat. Im Schrifttum besteht Streit darüber, ob dieser Rechtsprechung ein Strafgedanke zugrunde liegt, der sie in die Nähe des Strafschadensersatzes rückt. 227 Aufgrund des dem GEMA-Zuschlag zugrunde liegenden Präventions- und Sanktionsgedankens ist die doppelte Lizenzgebühr in der Tat als ein pönales Element im deutschen Schadensersatzrecht anzusehen.228 Denn indem auch solche Kosten ersetzt werden, die der Verletzer nicht selbst kausal verursacht hat, bricht die Rechtsprechung aus der allgemeinen Dogmatik des deutschen Haftungsrechts aus.229 Sie weist Ähnlichkeiten zu den multiple damages des US-amerikanischen Rechts auf, welche einen Strafzuschlag in Form einer Verdopplung der Tarife, die bei freier Vereinbarung gezahlt worden wären, bedeuten.230 V. Schadensersatz bei Diskriminierung im Arbeitsrecht Schadensersatz, der nicht allein der Kompensation dient, ist nach deutschem Recht auch im Falle von Diskriminierung möglich. Gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 AGG231 muss ein Arbeitgeber einem Bewerber, den er aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität benachteiligt, den dadurch entstandenen Schaden ersetzen. Aus Abs. 2 der Vorschrift folgt, dass auch für Schäden, die nicht Vermögensschäden sind, Geldentschädigung verlangt werden kann. Diese darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei be-
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So beispielsweise BGH, Urteil vom 22.1.1986 – I ZR 194/83, NJW 1987, 1405 (1407 f.). Sonntag, Entwicklungstendenzen der Privatstrafen, 2005, S. 250 ff. m.w.N.; ebenso Grobelny, Die Rechtsdurchsetzung im Urheberrecht, 2011, S. 62 m.w.N. 228 So auch Bohn, Der Sanktionsgedanke im Bürgerlichen Recht, 2005, S. 116; Brockmeier, Punitive damages, multiple damages und deutscher ordre public, 1999, S. 54 f.; Schäfer, AcP 202 (2002), 396 (418 f.); Fort, Strafelemente im deutschen, amerikanischen und österreichischen Schadensersatzrecht unter besonderer Berücksichtigung des gewerblichen Rechtsschutzes und Urheberrechts, 2001, S. 36; Büyüksagis/Ebert/Fairgrieve/Meurkens/Quarta, EBLR 2016, 137 (152). 229 In diesem Sinne auch Bodewig/Wandtke, GRUR 2008, 220 (226), welche die Rechtsprechung als dogmatisch zweifelhaft bezeichnen. 230 Welke, Die Repersonalisierung des Rechtskonflikts, 2008, S. 135; Haas, Multiple damages – Mehrfacher Schadensersatz, 2016, S. 128 ff. Ähnlich Wagner, in: Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2006: Schadensersatz – Zwecke, Inhalte, Grenzen, 2006, S. 127 f., der darin eine praktische Anwendung des Multiplikationsprinzips sieht, bei dem die Höhe des (Straf-)Schadensersatzes mit dem Kehrwert der Durchsetzungswahrscheinlichkeit des Haftungsanspruchs multipliziert wird. 231 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz vom 14.8.2006 (BGBl. I S. 1897), zuletzt geändert durch Art. 8 des Gesetzes vom 3.4.2013 (BGBl. I S. 610). 227
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nachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Die Vorschrift beruht auf der europäischen Richtlinie 76/207/EWG 232, dient auch der Umsetzung von Art. 15 der Richtlinie 2000/43/EG 233 sowie von Art. 17 der Richtlinie 2000/78/EG234 und ist die Nachfolgevorschrift des früheren § 611a BGB a.F., der aufgrund einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs geändert werden musste. 235 Zu Recht weisen manche Autoren darauf hin, dass der nach § 15 Abs. 2 AGG mögliche Schadensersatz für Nichtvermögensschäden eine Form des Strafschadensersatzes darstellt. 236 Andere Stimmen im Schrifttum hingegen verneinen die Ähnlichkeit zu Strafschadensersatz, da die Vorschrift der Kompensation von Nichtvermögensschäden diene und primär auf Prävention im Sinne einer Verhaltenssteuerung und weniger auf Bestrafung gerichtet sei.237 Diese Autoren scheinen die Parallele zu Strafschadensersatz aber in erster Linie deshalb zu verneinen, um zu argumentieren, dass die Vorschrift nicht systemfremd innerhalb des deutschen Rechts sei.238 Richtig ist zwar, dass es sich bei auf Grundlage von § 15 AGG ergehendem Schadensersatz nicht um eine Strafe im engeren Sinne handelt, wie etwa auch das OLG Frankfurt am Main ausgeführt hat, um zu begründen, dass ein solcher Schadensersatz regressfähig
232 Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen (ABl. L 39 vom 14.2.1976, S. 40). 233 Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29.6.2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (ABl. L 180 vom 19.7.2000, S. 22). 234 Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303 vom 2.12.2000, S. 16). 235 Der EuGH hatte in seiner Entscheidung Draempaehl vom 22.4.1997, Rs. C-180/95 (Slg. 1997, I-2195) entschieden, dass § 611a Abs. 2 BGB a.F. die Richtlinie 76/207/EWG nicht hinreichend umsetze. 236 Jansen/Rademacher, in: Koziol/Wilcox (Hrsg.), Punitive Damages: Common Law and Civil Law Perspectives, 2009, S. 75 (85), Rn. 20, die darin jedoch eine unerhebliche Ausnahme vom Kompensationsprinzip des deutschen Rechts sehen; Büyüksagis/Ebert/Fairgrieve/Meurkens/Quarta, EBLR 2016, 137 (156); wohl auch Klode, NJOZ 2009, 1762 (1762 f.). Ebenso Lehmann, Die Höhe des finanziellen Ausgleichs nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH, 2010, S. 153 f. sowie von Hein, RIW 2007, 249 (252) unter Verweis auf die Begründung im Regierungsentwurfs, BT-Drs. 16/1780, S. 46. 237 Thüsing, in: MüKo BGB, 6. Aufl. 2012, § 15 AGG, Rn. 14; zustimmend Jacobs, RdA 2009, 193 (194). Ebenso Kossak, Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot im allgemeinen Zivilrechtsverkehr, 2009, S. 286 f. 238 So insbesondere Stoffels, RdA 2009, 204 (206), der auf die anderen pönalen Elemente im deutschen Haftungsrecht verweist.
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ist.239 Dennoch lässt sich nicht leugnen, dass § 15 AGG ein pönales Element darstellt, mit dem eine präventive Wirkung verfolgt wird.240 Dies ergibt sich daraus, dass nach § 15 Abs. 2 S. 2 AGG ein diskriminierter Bewerber auch dann eine Entschädigung von bis zu drei Monatsgehältern verlangen kann, wenn er selbst bei einer benachteiligungsfreien Auswahl nicht eingestellt worden wäre und daher überhaupt keinen Schaden erlitten hat. Angesichts dieses Umstandes ist die Rechtsnatur der Vorschrift zumindest auch pönal. 241 In Frankreich ergibt sich die Möglichkeit von Bewerbern und Arbeitnehmern, bei Diskriminierung Schadensersatz zu erhalten, aus Art. L. 1134-5 des Arbeitsgesetzbuches Code du travail. Er bestimmt in seinem Satz 3, dass der in diesen Fällen zugesprochene Schadensersatz den auf der Diskriminierung beruhenden Schaden vollständig und für die gesamte Dauer der Diskriminierung ersetzt.242 Da dies aber das Vorhandensein eines tatsächlichen Schadens voraussetzen dürfte, ist darin keine Form der Privatstrafe zu erblicken. Zu beachten ist, dass die europäische Gleichbehandlungsrichtlinie 2006/54/EG243 Strafschadensersatz nicht verpflichtend macht. Der EuGH hat auf ein Vorabentscheidungsersuchen eines spanischen Gerichts 244 hin deutlich
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OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 8.5.2014 – 16 U 175/13, NJW 2014, 3376. In diesem Sinne auch Küster, Strafschadensersatz als Rechtsfolge nach § 15 AGG, 2010, S. 288 ff., 301. Vorsichtiger formulieren Autoren, die in § 15 Abs. 2 S. 2 AGG einen „im deutschen Recht eigentlich nicht existenten symbolischen oder nominellen Schadensersatz“ sehen: Welke, Die Repersonalisierung des Rechtskonflikts, 2008, S. 143 m.w.N. Ebenso Lehmann, Die Höhe des finanziellen Ausgleichs nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH, 2010, S. 153 f., der sich wegen der anderen Vorschriften des deutschen Rechts mit Strafcharakter, die überkompensatorische Wirkung entfalten, für eine weite Auslegung von § 15 Abs. 2 AGG ausspricht. Richtigerweise wird daher auch darauf aufmerksam gemacht, dass die auf Grundlage von § 15 Abs. 2 AGG zugesprochenen Entschädigungen für deutsche Verhältnisse ungewöhnliche Dimensionen annehmen, wenngleich nicht solche, die an diejenigen amerikanischer punitive damages herankommen, so etwa Walker, NZA 2009, 5 (7). 241 So auch Ebert, in: Schulze u.a. (Hrsg.), BGB, 7. Aufl. 2012, § 15 AGG, Rn. 2. Ähnlich Haas, Multiple Damages – Mehrfacher Schadensersatz, 2016, S. 148. Ebenso zur Vorgängervorschrift des § 611a BGB a.F. Ebert, Pönale Elemente im deutschen Privatrecht, 2004, S. 335 ff. 242 Der Wortlaut der Vorschrift besagt: „Les dommages et intérêts réparent l'entier préjudice résultant de la discrimination, pendant toute sa durée.“ 243 Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5.7.2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (Neufassung), ABl. L 204 vom 26.7.2006, S. 23. 244 Vorabentscheidungsersuchen des Juzgado nº 1 de lo Social de Córdoba (Spanien), eingereicht am 27.8.2014 – María Auxiliadora Arjona Camacho/Securitas Seguridad España, S.A. (Rs. C-407/14), ABl. C 409 vom 17.11.2014, S. 28. 240
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gemacht, dass Art. 18 der Richtlinie keine Zahlung von Strafschadensersatz vorsieht, wenn diese Rechtsfigur der jeweiligen Rechtstradition fremd ist. 245 Da das Unionsrecht in den besagten Richtlinien die Schaffung von Strafschadensersatz demnach nicht verlangt, handelt es sich um eine autonome Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, in der Umsetzung über die Vorgaben der Richtlinien hinauszugehen und dadurch ein zumindest auch pönal wirkendes Element zu schaffen. Die Parallele zu Strafschadensersatz wird insbesondere vor dem Hintergrund deutlich, dass der nach dem Recht der USA mögliche Strafschadensersatz auch im Bereich der arbeitsrechtlichen Diskriminierung Anwendung findet. 246 VI. Schadensersatz wegen Leistungsverzugs Eine Parallele zu Strafschadensersatz stellen auch Verzugsaufschläge dar. Die Nähe zu Strafschadensersatz wurde auch schon genutzt, um zu argumentieren, dass die Vollstreckung ausländischer Entscheidungen, die Zuschläge wegen Leistungsverzugs zusprechen, mit dem anerkennungsrechtlichen ordre public unvereinbar sei: So hatte sich das OLG Düsseldorf in einem Fall mit der Zulässigkeit der Vollstreckung eines niederländischen Urteils zu befassen, in dem einem Arbeitnehmer Schadensersatz zuzüglich eines Aufschlags wegen Leistungsverzugs gewährt worden war.247 Der Vollstreckungsgegner hatte vor dem Vollstreckungsgericht vorgetragen, dass die Vollstreckung dem ordre public widerspreche, da es sich bei dem geltend gemachten Betrag um Strafschadensersatz handle.248 Das OLG Düsseldorf jedoch verneinte im Ergebnis einen Verstoß gegen den ordre public.249 Dieser Wertung ist zuzustimmen, da auch das deutsche Recht Verzugsaufschläge kennt. 250 Auch dem französischen Recht sind solche Aufschläge nicht fremd. Wie nachfolgend gezeigt wird, kann in beiden Ländern eine Sanktionierung verspäteter Leistung in zweierlei Form erfolgen: zum einen durch Verzugszinsen und zum anderen durch zusätzlich zu zahlende Beträge bei verzögerter Entschädigung, etwa bei verspäteter Regulierung durch Versicherer.
245 EuGH, Urteil vom 17.12.2015, Rs. C-407/14, Rn. 37 ff. Damit ist der EuGH den Schlussfolgerungen von Generalanwalt Mengozzi vom 3.9.2015 gefolgt. Zu der Entscheidung auch Schubert, EuZA 2016, 480 sowie Looschelders, GPR 2016, 179. 246 Näher zum amerikanischem Strafschadensersatz für Diskriminierung Fiorentino, JCP S, n° 48/2015, 1426, S. 12, Rn. 10 ff. 247 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 4.4.2011 – I-3 W 292/10, IPRax 2013, 349. 248 OLG Düsseldorf, a.a.O. 249 OLG Düsseldorf, a.a.O. 250 So auch Würdinger, IPRax 2013, 322 (324).
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1. Zusätzlicher Betrag bei verzögerter Auszahlung der Deckungssumme durch Versicherer Sowohl das deutsche als auch das französische Recht ermöglichen es, einen Versicherer, der die Regulierung eines Schadens verzögert, durch Erhöhung des zu leistenden Betrages zu sanktionieren.251 Dies ist insofern bemerkenswert, als auch in einigen der Rechtsordnungen, die Strafschadensersatz ausdrücklich kennen, dieser in der Regel auch in Fällen der verzögerten Versicherungsregulierung zugesprochen werden kann. 252 Im Übrigen kennen diese Rechtsordnungen zuweilen auch sonstige Sonderregeln bei verzögerter Versicherungsleistung, die sich zugunsten des Versicherungsnehmers auswirken und Bezüge zu Strafschadensersatz aufweisen können. 253 Wie im Folgenden erläutert wird, ist auch die deutsche und französische Rechtslage weniger auf die Kompensation eines erlittenen Schadens gerichtet, als vielmehr auf die Verhaltenssteuerung des Versicherers. a) Art. L. 211-13 Code des assurances Art. L. 211-13 des französischen Versicherungsgesetzes Code des assurances sieht in Satz 1 vor, dass eine Versicherung, die dem Opfer eines Verkehrsunfalls nicht fristgerecht ein Entschädigungsangebot unterbreitet, den doppelten Zinssatz ab Ablauf der Frist, zu der das Angebot hätte gemacht werden müssen, zahlen muss. Die Vorschrift besagt: „Lorsque l'offre n'a pas été faite dans les délais impartis à l'article L. 211-9, le montant de l'indemnité offerte par l'assureur ou allouée par le juge à la victime produit intérêt de plein droit au double du taux de l'intérêt légal à compter de l'expiration du délai et jusqu'au jour de l'offre ou du jugement devenu définitif.“ [„Wenn das Angebot nicht innerhalb der in Artikel L. 211-9 vorgeschriebenen Fristen gemacht wurde, ist der dem Opfer vom Versicherungsunternehmen angebotene oder richterlich zugesprochene Entschädigungsbetrag in doppelter Höhe des gesetzlichen Satzes ab Ablauf
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Siehe die vergleichende Übersicht bei van Boom, JETL 2011, 77 (88 ff.). So etwa Smeehuijzen, in: Meurkens/Nordin (Hrsg.), The Power of Punitive Damages – Is Europe Missing Out?, 2012, S. 459 (463 ff.). 253 So hat etwa der Oberste Gerichshof Kaliforniens es in der Rechtssache Brandt v. Superior Court (1985) 37 Cal.3d 813 für zulässig erklärt, dass Versicherungsnehmer bei treuwidriger Leistungsverweigerung – abweichend von den allgemeinen Kostenregeln – ihre Anwaltskosten erstattet bekommen können. In der Rechtssache Nickerson v. Stonebridge Life Ins. Co. (2016) hat der Gerichshof mit Urteil vom 9.6.2016 entschieden, dass diese sogenannten „Brandt fees“ zu dem kompensatorischen Schadensersatz hinzuzurechnen sind, dessen Höhe als Maßstab für die Verfassungsmäßigkeit der an punitive damages zugesprochenen Summe heranzuziehen ist. Näher zu der nach amerikanischem Recht vorzunehmenden Verfassungsmäßigkeitsprüfung unter Kapitel 5, § 1, A. II. 9. b). 252
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der Frist und bis zum Tage des Angebotes oder des in Rechtskraft erwachsenen Urteils zu verzinsen.“254]
Die Regelung trifft aber ausweislich des eindeutigen Wortlauts nur den Versicherer, nicht den Versicherten selber, selbst wenn dieser mit der Versicherung gesamtschuldnerisch haftet. 255 In der Regelung sehen einige Autoren zu Recht ein Beispiel für ein pönales Element im französischen Schadensersatzrecht. 256 Auch wenn dem Vergleich zu Strafschadensersatz vereinzelt entgegengehalten wird, dass nicht der Schadensersatz verdoppelt wird, sondern lediglich die Zinsen, so dass die Höhe des überkompensatorischen Betrages verhältnismäßig gering ist,257 vermag dieser Umstand nichts daran zu ändern, dass durch die Regelung eine vom Ausgleichsprinzip abweichende Sanktionierung vorgenommen wird, indem dem Schuldner auferlegt wird, mehr zu zahlen, als der Gläubiger an tatsächlicher Vermögenseinbuße erlitten hat. b) Deutsche Rechtsprechung zur Begründung oder Erhöhung von Ansprüchen aufgrund des Verhaltens des Versicherers Eine der französischen Regelung des Art. L. 211-3 Code des assurances ähnliche Lösung nehmen auch die deutschen Gerichte vor.258 Diese entscheiden in ständiger Rechtsprechung, dass der Geschädigte vom Versicherer einen zusätzlichen Betrag verlangen kann, wenn die Auszahlung der Deckungssumme verzögert wird. Erstmals in diesem Sinne entschied das OLG Karlsruhe im Jahre 1972: „Die Haftpflichtversicherungen sind verpflichtet, die Schadensregulierung von sich aus zu fördern und angemessene Abschlagszahlungen zu leisten, sobald ihre Einstandspflicht bei verständig-lebensnaher, objektiver Betrachtungsweise erkennbar wird. Verstoßen sie hiergegen unter Verletzung von Treu und Glauben in der Weise, daß dies auf den Geschädigten als ein Zermürbungsversuch wirken kann, so sind die Gerichte nach Gesetz und Verfassung dazu verpflichtet, einem Mißbrauch wirtschaftlicher Macht dadurch entgegenzuwirken, daß sie dem Geschädigten als Genugtuung ein erhöhtes Schmerzensgeld zusprechen.“259
Seitdem haben sich einige Gerichte dieser Auffassung angeschlossen. 260 Der 12. Zivilsenat des OLG Frankfurt am Main etwa sprach unter ausdrücklicher
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Übersetzung des Verfassers. Deshalb hat die Cour de cassation auch schon anderslautende Urteile aufgehoben: C. Cass., 2e ch. civ., Urteil vom 3.7.2014, pourvoi n° 13-20.931 256 So etwa Fasquelle/Mésa, RGDA 2005, 351 (381 f.); Jourdain, RCA mai 2013, 57 (58); Koch, in: FS Roth, 2011, S. 379 (385). 257 So Borghetti, in: Koziol/Wilcox (Hrsg.), Punitive Damages: Common Law and Civil Law Perspectives, 2009, S. 55 (60); Pierre, RdC 2010, 1117. 258 Auf diese Parallele aufmerksam macht auch Koch, in: FS Roth, 2011, S. 379 (385). 259 OLG Karlsruhe, Urteil vom 2.11.1972 – 4 U 149/71, NJW 1973, 851. 260 Beispielsweise OLG Nürnberg, Urteil vom 22.12.2006, 5 U 1921/06, VersR 2007, 1137. 255
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Bezugnahme auf das oben genannte Urteil des OLG Karlsruhe eine Verdopplung des Schmerzensgeldes aus.261 Im Schrifttum hingegen ist diese Erhöhung des Schmerzensgeldes wegen verzögerter Schadensregulierung auf heftige Kritik gestoßen, unter anderem, weil mit den Regelungen über Verzug und Verzugszinsen hinreichende Instrumentarien bestehen, um die Verzögerung der Leistung zu entschädigen bzw. zu sanktionieren.262 Zudem wird darauf hingewiesen, dass die verzögerte Erfüllung des Versicherungsanspruchs keine Eigenheit von Schadensersatzverpflichtungen wegen Verletzung der in § 253 Abs. 2 BGB erwähnten Rechtsgüter ist, so dass es willkürlich erscheint, dass unter den vielen Fällen mangelnder Zahlungsmoral gerade die Verzögerung durch Haftpflichtversicherer bei Schmerzensgeldansprüchen zum Anlass genommen wird, eine Erhöhung vorzunehmen.263 Da die Erhöhung des Schmerzensgelds durch die Gerichte ausdrücklich Präventionsfunktion hat, weist diese Rechtsprechung in der Tat eine große Ähnlichkeit zu Strafschadensersatz auf.264 In diesem Sinne hat etwa auch das OLG München die Feststellung getroffen, dass die Rechtsprechung, indem sie uneinsichtiges Verhalten des Versicherers oder Zahlungsverweigerung während eines langen Rechtsstreits in Kenntnis der Zahlungspflicht als anspruchserhöhend bewertet, „dem Institut der punitive damages bereits nahe“ kommt.265 In der Tat geht es den Gerichten bei der Zusprechung dieser Erhöhung des Schmerzensgeldes weniger um die Wiedergutmachung eines Schadens als vielmehr um die Sanktionierung opportunistischen Verhaltens.266 Diese verhaltens-
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OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 7.1.1999 – 12 U 7/98, NJW 1999, 2447. Siehe nur Schreier, VersR 2013, 1232 (1234). 263 So Schiemann, in: Staudinger, BGB, §§ 249–254, 2005, § 253, Rn. 33. 264 So etwa Rosengarten, NJW 1996, 1935 (1936), der darauf hinweist, dass einige USamerikanische Gerichte bei unredlichem Deckungsgebaren eines Versicherungsunternehmens punitive damages zuerkennen; ähnlich Koch, in: FS Roth, 2011, S. 379 (384): „Die punitive damages – und nur als solche ist der Aufschlag erklärbar […]“ sowie in Bezug auf das Urteil des OLG Frankfurt a.M. Wiedemann, NVersZ 2000, 14: „Damit gerät die […] zuerkannte Verdopplung des Schmerzensgeldes in die Nähe des dem deutschen Recht fremden Strafschadensersatzes („punitive damages“) des amerikanischen Rechtskreises.“ Ähnlich auch Spindler, in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BeckOK § 253 BGB, Rn. 4 (Stand: 1.11.2013): „eine solche Bemessung käme der [sic] in der deutschen Rechtsordnung nicht anerkannten punitive damages gleich“. 265 OLG München, Beschluss vom 9.5.1989 – 9 VA 3/89, NJW 1989, 3102. 266 So auch Müller, Punitive Damages und deutsches Schadensersatzrecht, 2000, S. 275. Ähnlich Körner, NJW 2000, 241 (244), der zufolge die Abschreckung bei der Erhöhung des Schmerzensgeldes wegen schleppender Schadensregulierung durch Versicherungen offen eine Rolle spielt. A.A. Löwe, Der Gedanke der Prävention im deutschen Schadensersatzrecht, 2000, S. 251 f., dem zufolge die Rechtsprechung nicht vom Ausgleichsprinzip abweicht, da es zu keiner Überkompensation komme, sondern die präventive Wirkung lediglich aus einer Neubewertung des zu ersetzenden Schadens folge. 262
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steuernde Form der Entschädigung ist völlig losgelöst vom Ausgleichsgedanken267 und dient reinen Präventionszwecken. 268 Bemerkenswert an der Erhöhung des Schmerzensgeldes ist, dass nicht der Schädiger bestraft wird, sondern es der Versicherer ist, dessen Verhalten sanktioniert wird. 269 Ebenso ist aus rechtsvergleichender Sicht interessant, dass die deutsche Rechtsprechung über die Regelung, wie sie der französische Gesetzgeber in Art. L. 211-3 Code des assurances getroffen hat, hinausgeht, indem sie nicht nur die Zinsen erhöht, sondern den gesamten Schmerzensgeldbetrag. Eine weitere Parallele zu Strafschadensersatz, die ebenfalls auf das Verhalten von Versicherern abzielt, findet sich in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Nutzungsausfallentschädigung von Kraftfahrzeugen: Nach dieser Rechtsprechung hat der Schädiger auch dann Entschädigung in Geld für den vorübergehenden Verlust der Gebrauchsmöglichkeit eines Kraftwagens zu leisten, wenn der Geschädigte sich keinen Ersatzwagen beschafft hat. 270 Dies wird unter anderem damit begründet, dass für den Schädiger und seine Haftpflichtversicherung andernfalls „ein starker Anreiz gegeben [wäre], die Erfüllung berechtigter (aber nur transitorischer) Ansprüche abzulehnen und darauf zu vertrauen, der Anspruchsteller werde von der Anmietung eines Ersatzwagens aus Scheu vor einem finanziellen Risiko oder mangels liquider Geldmittel absehen […].“271 Begründet wird der Anspruch also mit der Sorge, dass ein Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherung versucht sein könnte, Anträge auf Vorschüsse abzulehnen und damit von vornherein die Entstehung des materiellen Schadens zu verhindern. Diese Argumentation hat das AG Reinbek zu Recht mit einem Strafschadensersatz in Form amerikanischer punitive damages verglichen.272 Das Gericht führte aus, dass die Begründung des Anspruchs auf Nutzungsausfallentschädigung mit dem Argument, dass sich der Schädiger oder seine Versicherung andernfalls einer Haftung entziehen könnten, eine präventive Bestrafung bezweckt. 273 Unabhängig von der hier nicht weiter zu vertiefenden Debatte über die dogmatische Begründung für Nutzungsausfallent-
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Klumpp, Die Privatstrafe – eine Untersuchung privater Strafzwecke, 2002, S. 74. Eine Durchbrechung des Ausgleichsprinzips bejaht auch Haas, Multiple Damages – Mehrfacher Schadensersatz, 2016, S. 149 f. 268 Bohn, Der Sanktionsgedanke im Bürgerlichen Recht, 2005, S. 100. Ausführlich zur präventiven Funktion als Begründung der Erhöhung des Schmerzensgeldes Möller, Das Präventionsprinzip des Schadensrechts, 2006, S. 206 ff. 269 So Honsell, in: FS Westermann, 2008, S. 315 (327); ders., VersR 1974, 205 (207). 270 BGH, Urteil vom 30.9.1963 – III ZR 137/62, NJW 1964, 542; BGH, Urteil vom 15.4.1966 – VI ZR 271/64, NJW 1966, 1260; Urteil vom 10.3.2009 – VI ZR 211/08, NJW 2009, 1663. 271 BGH, Urteil vom 15.4.1966 – VI ZR 271/64, NJW 1966, 1260 (1261). 272 AG Reinbek, Urteil vom 4.11.2013 – 12 C 271/13, BeckRS 2015, 00994. 273 AG Reinbek, a.a.O.
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schädigung ist dem AG Reinbek jedenfalls insofern zuzustimmen, als die zitierte Argumentation des BGH zeigt, dass die deutsche Rechtsprechung durchaus auf Prävention oder Bestrafung durch haftungsrechtliche Ansprüche abzielt. Die Rechtsprechung stellt insofern eine Durchbrechung des Ausgleichsprinzips dar. 2. Schadensersatz wegen unberechtigter Leistungsverweigerung („résistance abusive“) In Frankreich können darüber hinaus nicht nur Versicherer wegen unberechtigter Verzögerung oder Verweigerung der Leistung zu Schadensersatz verurteilt werden. Denn neben der spezialgesetzlichen Regelung in Art. L. 211-3 Code des assurances wurde durch die Rechtsprechung auch die Generalklausel in Art. 1240 C. civ. (Art. 1382 a.F.) zur Rechtsgrundlage genommen, um entsprechenden Strafschadensersatz wegen sogenannter résistance abusive zuzusprechen.274 Ob ein solcher Schadensersatz für résistance abusive eine Parallele zu Strafschadensersatz aufweist, wurde soweit ersichtlich im französischen Schrifttum bislang nicht thematisiert. Vor ausländischen Gerichten hingegen wurde die möglicherweise pönale Zielrichtung dieses Anspruchs schon erörtert: In der Rechtssache SA Consortium General Textiles v. Sun and Sand Agencies Ltd. 275 vor dem englischen House of Lords war von den Vollstreckungsgegnern eingewandt worden, dass ein ausländisches Urteil, in dem auf Grundlage des französischen Rechts 10.000 Francs für résistance abusive zugesprochen wurden, in England wegen Verstoßes gegen den ordre public (public policy) nicht vollstreckbar sei. Im Ergebnis bejahten die Richter, einschließlich Lord Denning, der zudem in einem obiter dictum die Vereinbarkeit von exemplary damages mit dem ordre public Englands bejahte, die Vollstreckbarkeit, da der Anspruch kompensatorisch und nicht pönal sei. 276 Dem ist jedenfalls dann zuzustimmen, wenn mit dem Schadensersatz für résistance abusive ein tatsächlich erlittener materieller Schaden entschädigt werden soll, wie dies auch im deutschen Recht auf Grundlage von §§ 280 Abs. 2, 286 BGB möglich ist. Geht der Schadensersatz jedoch über materiell erlittenen Schaden hinaus, überwiegt der sanktionierende Charakter, so dass der schmale Grat zwischen kompensatorischem Schadensersatz und Strafschadensersatz überschritten ist. 274
Die Cour de cassation betont allerdings in ihrer Rechtsprechung, dass die Leistungsverweigerung für sich allein noch keinen Schadensersatz begründet, siehe C. Cass., 3e ch. civ., Urteil vom 6.5.2014, pourvoi n°13-14.407. 275 [1978] QB 279. Zu der Entscheidung siehe auch Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, 1998; Vanleenhove, in: De Bruyne/de Potter de ten Broeck/van Hiel (Hrsg.), Policy within and through law, 2015, S. 197 (211 f.); ders., PYIL, Vol. 35 (2015), 235 (260). 276 House of Lords, a.a.O.
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3. Verzugszinsen Auch den Verzugszinsen wird im Schrifttum bisweilen eine Nähe zu Strafschadensersatz zugeschrieben, da sie über die reine Kompensation des tatsächlich erlittenen Schadens hinausgehen können. a) Verzugszinsen nach deutschem Recht In Deutschland sind Geldschulden gemäß § 288 Abs. 1 BGB während des Verzugs zu verzinsen, wobei der Zinssatz für das Jahr fünf Prozentpunkte – bzw. wenn kein Verbraucher an dem Rechtsgeschäft beteiligt ist, gemäß § 288 Abs. 2 BGB acht Prozentpunkte – über dem Basiszinssatz beträgt. Die Vorschrift beruht auf europäischen Vorgaben aus der Zahlungsverzugsrichtlinie 2000/35/EG.277 Wenn die Verzugszinsen den am Markt verfügbaren durchschnittlichen Zinssatz von Kreditinstituten übersteigen, gehen sie über dasjenige hinaus, was zur Kompensation des durch den Verzug verursachten Gewinnausfalls erforderlich wäre. 278 Aus dieser Überkompensation wird von vielen Autoren geschlossen, dass die Verzugszinsen eine bestrafende Wirkung entfalten. 279 Als Begründung wird darauf verwiesen, dass es dem Schädiger verschlossen bleibe, einen geringeren Schaden als den durch die Regelung pauschal angenommenen zu beweisen. 280 Andere Stimmen im Schrifttum hingegen verneinen die Ähnlichkeit zu Strafschadensersatz. 281 Diese Auffassung wird unter anderem damit begründet, dass der Vorschrift trotz ihres verhaltenssteuernden Charakters der Gedanke zugrunde liege, dass dem Schuldner Vorteile aus seinem schädigenden Handeln nicht verbleiben sollen. 282 Die Festsetzung eines Zinssatzes statt 277
Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.6.2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (ABl. L 200 vom 8.8.2000, S. 35). 278 In Niedrigzinsphasen wie der derzeitigen hingegen ist die von Zinsregelungen ausgehende Sanktionswirkung jedoch verringert, siehe dazu etwa in Bezug auf § 494 Abs. 2 S. 2 BGB Danwerth, WM 2015, 1604. 279 So etwa Schäfer, AcP 202 (2002), 397 (413 f.), der aus diesem Grund von „Strafzinsen“ spricht; Wagner, AcP 206 (2006), 352 (386 ff.); zustimmend L. Lehmann, Die Höhe des finanziellen Ausgleichs nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH, 2010, S. 149: „Der hohe Zinssatz soll den Schuldner, der in Verzug geraten ist, bestrafen.“ Ebenso Honsell, ZIP 2008, 621 (627): „[…] man […] erhält den erhöhten Zins quasi als Strafschadensersatz. Der Schuldner zahlt die 8 % + x aus präventiven Gründen, also als Strafe.“ Ähnlich Metzger/Wurmnest, ZUM 2003, 922 (932) sowie Oskierski, Schadensersatz im Europäischen Recht, 2010, S. 91, die in den Verzugszinsen nach der Richtlinie 2000/35/EG ein sanktionierendes Element ähnlich dem Strafschadensersatz sehen. 280 Schäfer, a.a.O. 281 So beispielsweise Gregor, Das Bereicherungsverbot, 2012, S. 238. 282 Jansen/Rademacher, in: Koziol/Wilcox (Hrsg.), Punitive Damages: Common Law and Civil Law Perspectives, 2009, S.75 (84), Rn. 18.
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eines Verweises auf den marktüblichen Zinssatz sei nicht zwecks präventiv wirkender Überkompensation erfolgt, sondern in erster Linie mit dem Ziel der Rechtsklarheit. 283 Der pönale Charakter von § 288 BGB wird zudem deshalb bezweifelt, weil der Verzugsschaden unabhängig vom Verschulden des Gläubigers ist und die im Verzugsmindestschaden enthaltene Sanktion lediglich eine notwendige Voraussetzung der präventiven Wirkung sei. 284 Gleichwohl zeigen die Gesetzesbegründung sowie ein Vergleich mit der vorherigen Rechtslage, dass § 288 BGB weniger kompensatorische, sondern primär präventive Zwecke verfolgt. 285 Der pönale Charakter der Verzugszinsen wird im deutschen Recht bei Schadensersatz wegen Verstößen gegen das im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)286 und den Artikeln 101, 102 AEUV geregelte Kartellrecht sogar verstärkt: Nach § 33 Abs. 3 S. 5 GWB nämlich sind auf solchen Verstößen beruhende Geldsummen ab Eintritt des Schadens zu verzinsen. Damit weicht die Vorschrift von der allgemeinen Regelung des § 288 BGB ab, der zufolge eine Geldschuld während des Verzugs, also erst nach dessen Eintritt gemäß § 286 BGB, zu verzinsen ist. Durch diese schärfere Regelung kommt § 33 Abs. 3 S. 5 GWB ein pönaler Charakter zu.287 In diesem Sinne hatte die Bundesregierung in der Begründung zu ihrem Gesetzentwurf auch ausgeführt, dass die Regelung der „Verstärkung des Abschreckungscharakters von zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen“ diene. 288 b) Verzugszinsen nach französischem Recht In Frankreich wird der gesetzliche Zinssatz in Art. L. 313-2 Code monétaire et financier und auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen und Erlassen geregelt. Eine besondere Regelung für Geschäfte zwischen Kaufleuten findet sich in Art. 441-6 Code de commerce. Dieser enthält eine Verzugsstrafe (pénalité de retard de paiement), die ˗ sofern keine abweichende Vereinbarung getroffen wurde ˗ zehn Prozentpunkte über dem von der Europäischen Zentralbank festgelegten Basiszins liegt. 289 Gemäß Art. L. 313 Code monétaire et financier
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Klumpp, Die Privatstrafe – eine Untersuchung privater Strafzwecke, 2002, S. 69. Ebert, Pönale Elemente im deutschen Privatrecht, 2004, S. 404. 285 Bohn, Der Sanktionsgedanke im Bürgerlichen Recht, 2005, S. 136 f. Dazu auch Schlobach, Das Präventionsprinzip im Recht des Schadensersatzes, 2004, S. 170 ff. 286 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 26.6.2013 (BGBl. I S. 1750, 3245), das durch Artikel 5 des Gesetzes vom 13.10.2016 (BGB l. I S. 2258) geändert worden ist. 287 Weller, ZWeR 2008, 170 (179). 288 Entwurf eines Siebten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, BT-Drs. 15/3640, S. 54. 289 Der Wortlaut besagt: „Sauf disposition contraire qui ne peut toutefois fixer un taux inférieur à trois fois le taux d'intérêt légal, ce taux est égal au taux d'intérêt appliqué par la 284
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werden die Zinsen bei einer aus einer gerichtlichen Entscheidung folgenden Forderung zwei Monate nach Beginn der Vollstreckbarkeit um fünf Prozentpunkte erhöht. Dass eine solche Regelung bestrafend wirkt, wurde bezüglich der fast gleichlautenden Vorgängervorschrift, des Gesetzes n° 75-619 vom 11. Juli 1975290, durch ein amerikanisches Gericht zum Anlass genommen, einem Schiedsspruch die Vollstreckung zu verweigern.291 In einem Schiedsverfahren nämlich hatte das Schiedsgericht auf Grundlage der französischen Vorschrift entsprechend hohe Zinsen zugesprochen. Das mit der Vollstreckung des Schiedsspruchs befasste US-amerikanische Gericht sah jedoch im Falle der Vollstreckung einen Verstoß gegen den ordre public-Vorbehalt nach Art. V Abs. 2(b) des New Yorker Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche als gegeben an, unter anderem da die angewandte ausländische Vorschrift eher bestrafend als kompensatorisch sei.292 Die französische Rechtsprechung hingegen hat in einem anderen Zusammenhang den pönalen Charakter einer Regelung über Verzugszinsen verneint: 293 In der Vorschrift des Art. 1727 al. 1 des Steuergesetzbuches Code général des impôts, dem zufolge der Steuerpflichtige im Falle der verzögerten Zahlung von Steuern zur Zahlung von Verzugszinsen verpflichtet ist, hat der Conseil d’État keine Sanktion im Sinne des nationalen Rechts und des Art. 6 Abs. 1 EMRK sehen wollen, da der Verzugszins im Vergleich zu Zinssätzen bei Privatkrediten nicht unverhältnismäßig hoch sei. 294 Dem ist zwar insofern zuzustimmen, als Verzugszinsen keine Sanktion im strafrechtlichen Sinne sind. Gleichwohl haben sie eine verhaltenssteuernde Zielrichtung und dienen damit der Prävention als der Kompensation. Sie stellen damit eine Durchbrechung des Ausgleichsprinzips dar.
Banque centrale européenne à son opération de refinancement la plus récente majoré de 10 points de pourcentage.“ 290 JORF vom 12.7.1975, S. 7180. 291 Dazu Farnsworth, 20 Stetson Law Review (19901991), 395 (406); ders., in: FS Grönfors, 1991, S. 169 (179). 292 LaminoirsTrefileriesCableries de Lens, S.A. v. Southwire Co., 484 F.Supp. 1063 (1980). Das Gericht führte aus: „The Court concludes that the imposition of an additional 5% interest by the arbitrators in accordance with the French statute is penal rather than compensatory, and bears no reasonable relation to any damage resulting from delay in recovery of the sums awarded.“ 293 Hamdan/Hamdan, IStR 2007, 390 (395). 294 CE, Entscheidung n° 239693 vom 12.4.2002. Dabei führte der Staatsrat aus: „Si l’évolution des taux du marché a conduit à une hausse relative de cet intérêt depuis son institution, cette circonstance ne lui confère pas pour autant la nature d’une sanction, dès lors que son niveau n’est pas devenu manifestement excessif au regard du taux moyen pratiqué par les prêteurs pour un découvert non négocié.“
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Kapitel 1: Pönale Elemente im deutschen und französischen Haftungsrecht
4. Entschädigungspauschale für Beitreibungsaufwand Im Schrifttum wird auch der Entschädigungspauschale für Beitreibungsaufwand, den die EU-Mitgliedstaaten nach der Richtlinie 2011/7/EU 295 einführen müssen, ein pönaler Charakter zugeschrieben. Gemäß Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass in Fällen des Geschäftsverkehrs zwischen Unternehmen oder zwischen Unternehmen und Behörden, in denen Verzugszinsen zu zahlen sind, der Gläubiger gegenüber dem Schuldner einen Anspruch auf Zahlung eines Pauschalbetrags von mindestens 40 € hat. Anders als ein Verzugszins hängt die Pauschale weder von der Höhe der geschuldeten Forderung noch von der Dauer des Verzugs ab. In Frankreich wurde die Regelung durch das Gesetz n° 2012-387 vom 22. März 2012 296 umgesetzt, mittels dessen Art. 121 eine Anpassung von Art. 441-6 Code de commerce vorgenommen wurde. Per Dekret n° 2012-1115 vom 2. Oktober 2012 wurde die Entschädigungspauschale in Art. 441-5 Code de commerce auf 40 € festgelegt. 297 In Deutschland wurde zur Umsetzung § 288 Abs. 5 BGB durch ein Gesetz vom 22. Juli 2014 entsprechend geändert.298 Dieser von der Richtlinie vorgegebenen Entschädigungspauschale wird von manchen Autoren ein pönaler Charakter zugeschrieben, der sie in die Nähe von Strafschadensersatz rücke.299 Der Auffassung wird bisweilen entgegengehalten, dass es bei der Entschädigungspauschale nicht um Bestrafung gehe, sondern um die Schaffung von Anreizen zur Prävention. 300 Dieses Argument verkennt aber, dass – wie oben dargestellt – auch Prävention eine Funktion von Strafschadensersatz bildet.301 Des Weiteren wird die vorgesehene Pauschale in Höhe von 40 € vereinzelt als zu gering anzusehen sei, um eine tatsächliche Sanktion darzustellen.302 Zutreffend ist jedenfalls, dass durch die Einführung der Entschädigungspauschale insofern kein Systembruch vorgenommen wird, als auch der schon bestehende Verzugszins eine abschreckende Wirkung bezweckt. 303 295 Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.2.2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (ABl. L 48 vom 23.2.2011, S. 1). 296 Loi n° 2012-387 du 22.3.2012 relative à la simplification du droit et à l'allégement des démarches administratives (JORF n°0071 du 23.3.2012, p. 5226). 297 Décret n° 2012-1115 du 2.10.2012 fixant le montant de l'indemnité forfaitaire pour frais de recouvrement dans les transactions commerciales prévue à l'article L. 441-6 du code de commerce (JORF n°0231 du 4.10.2012, S. 15521). 298 Gesetz zur Bekämpfung des Zahlungsverzugs im Geschäftsverkehr vom 22.7.2014, BGBl. I S. 1218. 299 So etwa von Weller/Harms, WM 2012, 2305 (2312 f.); Oelsner, EuZW 2011, 940 (942); ders., NJW 2013, 2469 (2471); zustimmend Hülsemann, ArbRAktuell 2015, 146. 300 So Dornis, WM 2014, 677 (679). 301 Dazu oben unter Kapitel 1, § 1, A. III. 302 Klose, NJ 2014, 272 (276). 303 Dornis, WM 2014, 677 (679); Klose, a.a.O.
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Dies ändert jedoch nichts an dem Umstand, dass die Entschädigungspauschale insofern vom Ausgleichsprinzip abweicht, als der Geschädigte mehr erhält, als seinem tatsächlichen Vermögensschaden entspricht. VII. Gewinnzusagen Pönale Elemente finden sich auch in den Rechtsfolgen von Gewinnzusagen, die ein Unternehmer an Verbraucher sendet und dabei durch die Gestaltung den Eindruck erweckt, dass der Verbraucher einen Preis gewonnen habe.304 1. In Deutschland: § 661a BGB Im deutschen Recht ist die Rechtsfolge solcher Gewinnzusagen in § 661a BGB geregelt. Nach dieser Vorschrift hat ein Unternehmer, der Gewinnzusagen oder vergleichbare Mitteilungen an Verbraucher sendet und durch die Gestaltung dieser Zusendung den Eindruck erweckt, dass der Verbraucher einen Preis gewonnen habe, dem Verbraucher diesen Preis zu leisten. 305 Wenngleich die Vorschrift nicht der Kompensation eines Schadens dient, ist insofern eine Parallele zum Schadensersatz gegeben, als beide an eine unerlaubte Handlung anknüpfen und sich in der Rechtsfolge gleichen. 306 In der Tat weist die Regelung des § 661 BGB eine Ähnlichkeit zu Strafschadensersatz auf. 307 Zwar hat der dritte Senat des BGH in einer Entscheidung aus dem Jahre 2003 die Auffassung vertreten, der Anspruch nach § 661a BGB könne nicht „in die Nähe eines zivilrechtlichen Strafschadensersatzes nach Art der punitive damages des US-amerikanischen Rechts […] gerückt und deshalb als Regelung einer Strafe oder strafähnlichen Sanktion angesehen werden.“ 308 Mit seinen diesbezüglichen Ausführungen dürfte der BGH aber primär den Zweck verfolgt haben, die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift und damit das Absehen von einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 S. 1 GG zu begründen. Dass die Regelung des § 661a BGB keine Strafe im Sinne von Art. 103 GG darstellt, ist zutreffend. Gleichwohl zeigen die Gesetzesmaterialien, dass mit der Vorschrift durchaus die Schaffung einer Sanktion intendiert wurde.309 Es 304 Zu Gewinnzusagen als Anwendungsgebiet für Strafschadensersatz auch Herbots, in: Liber amicorum Guy Horsmans, 2004, S. 511 (521 f.). 305 Eine französische Übersetzung der Vorschrift findet sich bei Fages, in: FS Sonnenberger, 2004, S. 223 (228). 306 Lindner, Irreführende Gewinnzusagen nach § 661a BGB, 2007, S. 117. Für die Charakterisierung als Privatsanktion anstelle von Schadensersatz auch Gregor, Das Bereicherungsverbot, 2012, S. 236 f. 307 Lindner, Irreführende Gewinnzusagen nach § 661a BGB, 2007, S. 114 ff. A.A. Lada, Gewinnzusagen im deutschen und französischen Recht, 2013, S. 106 ff., die trotz Parallelen auf Unterschiede zu punitive damages hinweist. 308 BGH, Urteil vom 16.10.2003 – III ZR 106/03, RiW 2004, 78. Zustimmend OLG Jena, Urteil vom 18.2.2004 – 2 U 798/03, NJOZ 2004, 2117 (2119). 309 Bohn, Der Sanktionsgedanke im Bürgerlichen Recht, 2005, S. 186.
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geht letztlich darum, den wettbewerbswidrig handelnden Unternehmer zu sanktionieren.310 Damit sticht die Regelung als pönales Element aus der sonstigen Zivilrechtsdogmatik heraus und vermag daher die Auslegung des ordre public im Hinblick auf Strafschadensersatz zu beeinflussen. 2. Gewinnzusagen nach französischem Recht Auch nach französischem Recht wird dem Verbraucher ein Anspruch auf Auszahlung des ihm zugesagten Gewinnes eingeräumt. 311 Dieser Anspruch wird durch die Rechtsprechung auf schuldrechtliche Grundlagen gestützt, entweder über einen einseitigen, die Annahme nicht voraussetzenden Willensakt (engagement unilatéral de volonté) oder das Instrument des Quasi-Vertrags (quasicontrat). 312 Aufgrund dieser schuldrechtlichen Einbettung des Anspruchs ist der pönale Charakter dieser Folge nicht so augenfällig, wie es im deutschen Recht der Fall ist. Im Ergebnis hat aber auch die Lösung, wie die französische Rechtsprechung sie vornimmt, eine Sanktionierung zur Folge, indem der die Gewinnzusage machende Unternehmer eine Leistung erbringen muss, die nicht die Kompensation eines beim Verbraucher eingetretenen Schadens bezweckt. VIII. Sanktionen im Wettbewerbsrecht Das Wettbewerbsrecht ist insofern ein geeignetes Anwendungsfeld für auf Prävention gerichtete Regeln, als es dort um die Abgrenzung geschützter Rechtskreise geht, bei der die Kompensation hinter den präventiven Zwecken zurücktritt.313 Daher ist es nicht überraschend, dass auf diesem Gebiet häufig die Einführung von Strafschadensersatz diskutiert wird – sowohl im Recht gegen Wettbewerbsbeschränkungen als auch im Lauterkeitsrecht. Aber auch schon de lege lata lassen sich im deutschen und französischen Wettbewerbsrecht Vorschriften mit sanktionierender Wirkung finden. 1. Sanktionen für Verstöße gegen das Lauterkeitsrecht Sowohl das deutsche als auch das französische Wettbewerbsrecht weisen Regelungen auf, durch welche die präventive Wirkung der Haftung erhöht wird, indem der Schädiger eine Zahlung an die Staatskasse vorzunehmen hat. Ein
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Lehmann, Die Höhe des finanziellen Ausgleichs nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH, 2010, S. 150 f. 311 Siehe den deutsch-französischen Rechtsvergleich von Fages, in: FS Sonnenberger, 2004, S. 223. 312 Dazu Kühl, Die Gewinnzusage nach § 661a BGB, 2007, S. 7 ff.; Lada, Gewinnzusagen im deutschen und französischen Recht, 2013, S. 148 ff.; Witz/Reinert, ZEuP 2005, 132 (136 ff.). 313 Dreier, Kompensation und Prävention, 2002, S. 487 f.
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Unterschied besteht jedoch insofern, als dies in Deutschland über eine Gewinnabschöpfung und in Frankreich über eine Geldbuße erfolgt. a) Nach deutschem Lauterkeitsrecht Nach § 10 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) 314 kann jemand, der unlautere geschäftliche Handlungen vornimmt oder einen Marktteilnehmer unzulässig belästigt, zur Herausgabe des dadurch erlangten Gewinns an den Bundeshaushalt in Anspruch genommen werden. Aktivlegitimiert zur Geltendmachung sind die in § 8 Abs. 3 Nummer 2 bis 4 UWG genannten Wirtschafts- und Verbraucherverbände sowie Industrie- und Handelskammern bzw. Handwerkskammern – nicht aber Mitbewerber. In dieser Norm wird bisweilen eine Form des Strafschadensersatzes gesehen, die den amerikanischen punitive damages vergleichbar sei.315 Tatsächlich dient die lauterkeitsrechtliche Gewinnabschöpfung ähnlich wie Strafschadensersatz der Prävention. 316 Der Vergleichbarkeit mit Strafschadensersatz wird jedoch entgegengehalten, dass bei der Gewinnabschöpfung kein Geldbetrag zu zahlen ist, der über das durch die Rechtsverletzung Erlangte hinausgeht. 317 Dies entspricht auch der Wertung des BGH, der in seiner Leitentscheidung zur Vollstreckbarkeit ausländischer Entscheidungen über Strafschadensersatz vom 4. Juni 1992 ausführt:318 „Anders kann es sich möglicherweise verhalten, soweit mit der Verhängung von Strafsc hadensersatz restliche, nicht besonders abgegoltene oder schlecht nachweisbare wirtschaftliche Nachteile pauschal ausgeglichen oder vom Schädiger durch die unerlaubte Handlung erzielte Gewinne abgeschöpft werden sollen.“ 319
Damit hat der BGH Gewinnabschöpfungsansprüche ausdrücklich von seiner Aussage, dass Strafschadensersatz gegen den ordre public verstoße, ausgenommen320 und so implizit die Aussage getroffen, dass Gewinnabschöpfung nicht mit Strafschadensersatz vergleichbar sei. Wie oben dargestellt, hat Strafschadensersatz aber eine bereicherungsrechtliche Funktion, da durch ihn dem Schä-
314 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung der Bekanntmachung vom 3.3.2010 (BGBl. I S. 254), zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 1.10.2013 (BGBl. I S. 3714). 315 So etwa Sack, WRP 2003, 549 (552). 316 Ausführlich dazu van Raay, Gewinnabschöpfung als Präventionsinstrument im Lauterkeitsrecht, 2012. 317 So Amschewitz, Die Durchsetzungsrichtlinie und ihre Umsetzung im deutschen Recht, 2008, S. 332. 318 BGH, Urteil vom 4.6.1992 – IX ZR 149/91; BGHZ 118, 312; NJW 1992, 3096. 319 NJW 1992, 3096 (3103). 320 Goldmann, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 3. Aufl. 2013, § 10 UWG, Rn. 37.
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diger keine aus seiner schädigenden Handlung verbleibenden Vorteile verbleiben. 321 Insofern entfalten Gewinnabschöpfung und Strafschadensersatz dieselbe Wirkung und dienen demselben Zweck. Gleichwohl handelt es sich bei der Gewinnabschöpfung nicht um Strafschadensersatz im engeren Sinne. Im französischen Schrifttum wird deswegen bisweilen auch eine terminologische Unterscheidung zwischen Strafschadensersatz stricto sensu und konfiskatorischem Schadensersatz (dommages-intérêts confiscatoires) vorgenommen.322 § 10 UWG diente im Übrigen auch als Vorbild für den im Jahr 2005 geschaffenen § 34a GWB323, mit dem Wirtschafts- und Verbraucherverbänden ein subsidiärer Anspruch eingeräumt wurde, die Herausgabe des aus einem wettbewerbsbeschränkenden Handeln stammenden wirtschaftlichen Vorteils an den Bundeshaushalt verlangen zu können. Hintergrund der Regelung war das Bestreben des Gesetzgebers, die Prävention zu erhöhen und eine drohende Rechtsdurchsetzungslücke zu schließen. 324 b) Nach französischem Lauterkeitsrecht Das französische Recht hingegen kennt keine dem deutschen § 10 UWG vergleichbare Gewinnabschöpfung. Schadensersatz wegen wettbewerbsschädlichen Verhaltens ist dort aber auf Grundlage der deliktsrechtlichen Generalklauseln der Art. 1240 f. C. civ. (Art. 1382 a.F.) in Form einer sogenannten action en concurrence déloyale möglich.325 Sofern das wettbewerbsschädigende Handeln einen Verstoß gegen die in Art. L. 442-6 des Handelsgesetzbuches Code de commerce aufgeführten Tatbestände darstellt, sind gemäß Abs. III al. 1 nicht nur der Mitbewerber, sondern auch der Staatsanwalt, der Wirtschaftsminister und der Präsident der Wettbewerbsbehörde (Autorité de la concurrence) klagebefugt. Insofern handelt es sich bei dieser Sonderregelung um eine Art „Prozessstandschaft staatlicher Stellen im Privatinteresse“.326 Bei durch die Staatsanwaltschaft oder den Wirtschaftsminister erhobenen Klage können diese auch
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Dazu unter § 1, A. V. So etwa Laithier, in: Ferrier/Pélissier (Hrsg.), L’entreprise face aux évolutions de la responsabilité civile, 2012, S. 122 ff. 323 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 26.6.2013 (BGBl. I S. 1750, 3245), das durch Artikel 5 des Gesetzes vom 13.10.2016 (BGBl. I S. 2258) geändert worden ist. 324 Rehbinder, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, 2. Aufl. 2009, § 34a GWB, Rn. 1; Emmerich, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl. 2014, § 34a GWB, Rn. 3. 325 Sonnenberger/Dammann, Französisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 3. Aufl. 2008, S. 321, Rn. IV 114; Großerichter, in: Sonnenberger/Classen, Einführung in das französische Recht, 4. Aufl. 2012, S. 363. 326 Sonnenberger/Dammann, Französisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 3. Aufl. 2008, S. 326 (Rn. IV 154). 322
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die Verhängung eines Bußgeldes in Höhe von bis zu 2 Mio. € beantragen. Der Wortlaut der Vorschrift besagt: „Ils [le ministre chargé de l'économie et le ministère public] peuvent également demander le prononcé d'une amende civile dont le montant ne peut être supérieur à 2 millions d'euros. Toutefois, cette amende peut être portée au triple du montant des sommes indûment versées. La réparation des préjudices subis peut également être demandée. […]“ („Sie [der für Wirtschaft zuständige Minister und die Staatsanwaltschaft] können ebenso die Festsetzung einer zivilrechtlichen Geldbuße beantragen, deren Höhe 2 Millionen Euro nicht überschreiten darf. Diese Geldbuße kann jedoch auf das Dreifache der zu Unrecht gezahlten Beträge erhöht werden. Die Entschädigung der erlittenen Schäden kann ebenso verlangt werden.“327)
Dieser Geldbuße wird bisweilen ein pönaler Charakter zugeschrieben, der sie in die Nähe von Strafschadensersatz rücke, da sie es Zivilgerichten erlaube, zur Zahlung von über den erlittenen Schaden hinausgehenden Beträgen zu verurteilen.328 Dass die Vorschrift in der Tat einen repressiven Charakter hat, wurde auch bereits vom französischen Verfassungsrat, dem Conseil constitutionnel ausdrücklich festgestellt. 329 Gleichwohl wird dem pönalen Charakter der Regelung bisweilen entgegengehalten, dass ein Unterschied zu Strafschadensersatz insofern bestehe, als die Geldbuße nicht an den durch das wettbewerbsschädigende Verhalten beeinträchtigten Mitbewerber, sondern an die Staatskasse zu zahlen ist.330 Dennoch weist die Geldbuße nach Art. L. 442-6 III Code de commerce eine größere Nähe zu Strafschadensersatz auf, als dies sonstige Bußgelder tun: Dadurch, dass das Bußgeld über die oben beschriebene Prozessstandschaft mit einer Klage verknüpft ist, bei der auch Schadensersatz für den am Prozess nicht beteiligten Geschädigten verlangt werden kann, gehen Entschädigung und Bestrafung Hand in Hand und erhöhen die von der Haftung ausgehende präventive Wirkung. Eine Parallele zu den in manchen US-Bundesstaaten bestehenden punitive damages, bei denen ein Teil des Betrages an die Staatskasse fließt, ist daher nicht zu leugnen. 2. Kein Strafschadensersatz bei auf Kartellrechtsverstöße gestützten Klagen De lege lata sehen weder das nationale französische noch das deutsche Recht oder das Unionsrecht ausdrücklich Strafschadensersatz für Klagen auf Entschädigung von durch wettbewerbswidriges Verhalten verursachte Schäden
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Übersetzung des Verfassers. Attal, Droit et patrimoine 2011, n° 205, S. 42; Kamina, Cahiers de droit de l’entreprise n° 4 2007, dossier 23; Rouhette, Def. Counsel J. 2007, 320 (324). 329 Cons. const., Entscheidung vom 13.1.2011, n° 2010-85, RDC 2011, 536. 330 Borghetti, in: Koziol/Wilcox (Hrsg.), Punitive Damages: Common Law and Civil Law Perspectives, 2009, S. 55 (61). 328
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vor.331 Wenngleich die Europäische Kommission noch in ihrem im Jahr 2005 veröffentlichten Grünbuch zur Verbesserung der Durchsetzung des europäischen Kartellrechts 332 eine Verdoppelung des zu zahlenden Schadensersatzes im Falle eines Kartellrechtsverstoßes vorgeschlagen hatte, hat sich dieser Vorschlag einer Einführung von Strafschadensersatz letztlich nicht durchgesetzt. Die Kartellschadensersatzrichtlinie 333 jedenfalls sieht keinen Strafschadensersatz vor334, sondern belässt es vielmehr bei einem „Bekenntnis zum Kompensationsgedanken“ 335, indem sie in Art. 3 Abs. 3 besagt, dass „der vollständige Ersatz im Rahmen dieser Richtlinie […] nicht zu Überkompensation führen [darf], unabhängig davon, ob es sich dabei um Strafschadensersatz, Mehrfachentschädigung oder andere Arten von Schadensersatz handelt.“ Gleichwohl wäre Strafschadensersatz bei Verstößen gegen Art. 101 oder 102 AEUV auszusprechen, wenn das nationale Recht Deutschlands oder Frankreichs Strafschadensersatz für innerstaatliche Sachverhalte vorsähe. Denn nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist bei Verstößen gegen diese Vorschriften grundsätzlich Strafschadensersatz zuzusprechen, wenn das nationale Recht des betreffenden Mitgliedstaates solchen vorsieht. In der Rechtssache Brasserie du Pêcheur entschied er, dass „besonderer Schadensersatz wie der im englischen Recht vorgesehene ‚exemplarische‘ Schadensersatz gewährt werden können [muss], wenn er, gestützt auf das Gemeinschaftsrecht gegebenenfalls auch in Form einer Klage geltend gemacht wird, sofern ein solcher, auf nationales Recht gestützter Schadensersatz zugesprochen würde.“336 Daran anknüpfend folgte in der Rechtssache Manfredi die Entscheidung betreffend Schadensersatzklagen, die auf eine Verletzung von Art. 81 EG – der Vorgängervorschrift des jetzigen Art. 101 AEUV – gestützt werden: „[…] nach dem Äquivalenzgrundsatz [muss] ein besonderer Schadensersatz wie der exemplarische oder Strafschadensersatz, wenn er im Rahmen von Klagen gewährt werden kann, die das innerstaatliche Recht betreffen und den auf das Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft
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Zur Berechnung des Schadens im Rahmen solcher auf Verstöße von Art. 101 oder 102 AEUV gerichteten Klagen Melloni, RLDA, n° 85 2013, 141. 332 KOM(2005) 672 endgültig. 333 Richtlinie 2014/104/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.11.2014 über bestimmte Vorschriften für Schadensersatzklagen nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union, ABl. L 349 vom 5.12.2014, S. 1. 334 Haus/Serafimova, BB 2014, 2883 (2884). 335 So Bues/Fritzsche, DB 2014, 2881 (2882). 336 EuGH, Urteil vom 5.3.1993, verbundene Rs. C-46/93 und C-48/93, Slg. 1996, I-1029, Rn. 90.
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gegründeten Klagen vergleichbar sind, auch im Rahmen der letztgenannten Klagen gewährt werden können.“337
Für Schadensersatzansprüche wegen Verstoßes gegen Art. 101 und 102 AEUV, die vor deutschen und französischen Gerichten auf Grundlage der jeweiligen lex fori geltend gemacht werden, ist diese Rechtsprechung des EuGH jedoch insofern ohne unmittelbare Relevanz, als das nationale Recht Deutschlands und Frankreichs keinen ausdrücklichen oder allgemeinen Strafschadensersatz vorsehen. Auch wenn Strafschadensersatz demnach nicht ausdrücklich für auf Kartellrechtsverstöße gestützte Klagen vorgesehen ist, kann man sich gleichwohl die Frage stellen, ob nicht die bestehenden Regelungen dennoch einen pönalen Charakter haben, der sie zumindest in die Nähe von Strafschadensersatz rückt. Bisweilen wird etwa gemutmaßt, dass die Kartellschadensersatzrichtlinie trotz des in Art. 3 Abs. 3 enthaltenen Ausschlusses von Überkompensation de facto zu Strafzahlungen führen könnte, da die Verbindung von Schadensvermutung, Beweiserleichterungen und etwaigen Schätzregeln dazu führen könne, dass die von den Gerichten angenommenen Schäden nicht der Realität entsprechen. 338 Darüber hinaus wird vereinzelt die Auffassung vertreten, dass § 33 GWB schon nach derzeitiger Rechtslage einen pönalen Charakter aufweise, insbesondere wenn man Abs. 3 der Vorschrift dahingehend auslege, dass die sogenannte passing-on defence ausgeschlossen ist, das heißt dem in Anspruch genommenen Kartellanten der Einwand abgeschnitten ist, dass der Anspruchsteller den ihm entstandenen Schaden durch entsprechende Preiserhöhungen an eine nachgelagerte Marktstufe weitergereicht hat. 339 Eine solche Auslegung von § 33 GWB hat der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs jedoch mittlerweile abgelehnt. 340 Interessanterweise begründete er die Zulässigkeit des Einwandes der Vorteilsausgleichung mit der vermeintlichen Systemfremdheit von Strafschadensersatz, aufgrund derer es nicht geboten sei, dem Kunden eines Kartellanten auch dann Schadensersatz zu gewähren, wenn dieser seinen Schaden durch Preisaufschläge an seine eigenen Kunden, d.h. die Marktteilnehmer der nächsten Absatzstufe, weitergereicht hat. 341 Die Richter führten aus, dass Prävention eine nützliche Folge der Kompensation sei. Dennoch sei es nicht geboten, „dem Abnehmer auch dann Schadensersatz zu gewähren, wenn er den Schaden auf seine Kunden abgewälzt hat.“ Die Vorteilsanrechnung vermeide die mehrfache 337 EuGH, Urteil vom 13.7.2006, Rs. C-295-07, Slg. 2006, I-6619, Rn. 99. Zu dem Urteil auch Bonnamour, RLDA, n° 10 2006, 72. Die Bedeutung des Äquivalenzprinzips für Strafschadensersatz hat der EuGH in der Rs. C-407/14 in Bezug auf den Bereich des Diskriminierungsrechts bestätigt: Urteil vom 17.12.2015, Rn. 44. 338 So Bues/Fritzsche, DB 2014, 2881 (2882). 339 Für eine solche pönale Charakterisierung von § 33 GWB: Weller, ZWeR 2008, 170 (175 ff.; 192). 340 BGH, Urteil vom 28.6.2011 – KZR 75/10. 341 BGH, a.a.O., Rn. 62.
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Inanspruchnahme des Kartelltäters wegen desselben Schadens, „die den Ersatzanspruch in die Nähe eines dem deutschen Recht fremden Strafschadensersatzes rücken würde […].“342 Dabei konnte der BGH sich auf die zuvor bereits im Schrifttum vertretene Auffassung, dass die Versagung der passing-on defence eine pönale Wirkung entfalte, stützen. 343 Im Ergebnis entspricht die Lösung des BGH im Übrigen derjenigen, die der Kassationshof in Frankreich zur passing-on defence getroffen hat. Dieser ließ den passing-on-Einwand ebenfalls zu344, allerdings ohne wie der BGH zur Begründung eine Parallele zu Strafschadensersatz zu ziehen. Ferner könnte man erwägen, eine pönale Wirkung darin zu sehen, dass Unternehmen, die an einem gegen Art. 101 AEUV verstoßenden Kartell beteiligt waren, zu Schadensersatz verurteilt werden können, weil ein Kunde bei einem Kartellaußenseiter Güter gekauft hat. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist Ersatz nämlich auch für solche Schäden möglich, die dadurch erlitten wurden, dass der Geschädigte bei einem nicht an einem Kartell beteiligten Unternehmen Güter zu einem höheren Preis gekauft hat, als es der Marktlage ohne Kartell entsprochen hätte, weil das verkaufende Unternehmen im Windschatten des Kartells seine Preise dem erhöhten Niveau angepasst hat (sogenannte Preisschirm- bzw. Nachlaufeffekte, oder auf Englisch umbrella effects/pricing).345 In dem Verfahren vor dem EuGH hatten die Kartellanten die Auffassung vertreten, mit Klagen auf Ersatz des Schadens, der durch die aufgrund von umbrella pricing erhöhten Preise entstanden sei, werde Strafschadensersatz verlangt, da dem Schaden des Kunden keine Bereicherung der Kartellanten gegenüberstehe. Zu Recht hat der EuGH dieser Argumentation entgegengehalten, dass ein Strafschadensersatz in solchen Fällen nicht vorliegt, da Schadensersatz dogmatisch nie von einer etwaigen Bereicherung des Schädigers abhängt. 346 Damit ist der EuGH den Schlussanträgen der Generalanwältin Kokott vom 30. Januar 2014 gefolgt, in denen sie ausgeführt hatte, dass keinerlei Anzeichen dafür bestünden, dass die zivilrechtliche Haftung der Kartellbeteiligten
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BGH, a.a.O., Rn. 62. Insbesondere Westermann, in: FS Westermann, 2008, S. 1605 (1625 f.), welche die Versagung der Vorteilsausgleichung ablehnt, weil sie auf eine Bestrafung der Kartellanten hinauslaufe und dem deutschen Schadensersatz jeglicher Strafcharakter fremd sei. Im Schrifttum wird ferner auch in Bezug auf das Missbrauchsverbot vertreten, dass eine Inanspruchnahme durch den Abnehmer der zweiten Markstufe auf einen im deutschen Recht nicht anerkannten Strafschadensersatz hinauslaufe: Thonig, WRP 2014, 526 (530). 344 C. Cass., ch. comm., Urteil vom 15.5.2012, pourvoi n° 11-18.495. 345 EuGH, Urteil vom 5.6.2014, Rs. C̻557/12, GRUR Int. 2014, 864; EuZW 2014, 586; NZKart 2014, 263; RIW 2014, 523; GRUR 2014, 1018; ZIP 2014, 1301. 346 EuGH, a.a.O., Rn. 35. Zustimmend Lettl, WuW 2014, 1032 (1040); Hartmann-Rüppel/Schräder, ZWeR 2014, 300 (308). Siehe auch die Anmerkung von Carval, D. 2014, 1525, n° 7. 343
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für Preisschirmeffekte wie Strafschadensersatz wirke, da eine Überkompensierung des Schadens nicht stattfinde.347 IX. Pönale Elemente im Europarecht Sofern sich auch im Europarecht Ausnahmen vom Ausgleichsprinzip finden, die in Deutschland bzw. Frankreich anzuwenden sind, kann dies über die Auslegung des ordre public die Behandlung von Strafschadensersatz in beiden Ländern grundsätzlich beeinflussen. Solche Durchbrechungen des Ausgleichsprinzips könnten dabei zum einen im EU-Recht als Europarecht im engeren Sinne und zum anderen in der Europäischen Menschenrechtskonvention und der auf ihrer Grundlage ergangenen Rechtsprechung zu finden sein. 1. Abweichungen vom Ausgleichsprinzip durch Unionsrecht? Rechtsakte, durch die Gerichte ausdrücklich zur Festsetzung von Strafschadensersatz ermächtigt werden, finden sich nicht im Unionsrecht.348 Dennoch wird bisweilen die Auffassung vertreten, dass über das Recht der EU Regelungen mit Präventions- oder Strafcharakter Einzug ins nationale Zivilrecht halten.349 So wird bisweilen von Gerichten der Ausgleichsanspruch für Fluggäste nach Art. 7 der Fluggastrechte-Verordnung 261/2004350 in die Nähe von Strafschadensersatz gerückt 351, was zu Recht im Schrifttum kritisiert wird.352 Selbst in pönalen Vorschriften, die nicht auf europäischen Vorgaben beruhen, wie etwa § 661a BGB353, wird bisweilen ein zumindest mittelbarer Einfluss des Europarechts gesehen.354 Man könnte versucht sein, aufgrund der Tatsache, dass 347
Schlussanträge vom 30.1.2014, Rs. C-557/12, Rn. 79–81, WuW 2014, 547 (559). Wagner, in: Basedow/Hopt/Zimmermann (Hrsg.), Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, Bd. II, 2011, S. 1449 f. 349 So etwa Honsell, ZIP 2008, 621 (626 f.). 350 Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.2.2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 (ABl. L 46 vom 17.02.2004, S. 1). 351 So etwa durch das AG Duisburg, Urteil vom 9.4.2014 – 52 C 2806/13, RRa 2014, 252, in dem das Gericht eine Anrechnung der Ausgleichszahlung mit der Begründung ablehnte, dass die Zahlungspflicht der Fluggesellschaft unter anderem auf dem dem deutschen Recht fremden Gedanken des Strafschadensersatzes beruhe. In ähnlichem Sinne hatte das Handelsgericht Wien dem EuGH in einem später zurückgezogenen Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV die Frage vorgelegt, ob der Ausgleichsanspruch als Strafschadensersatz (punitive damages) auszulegen sei, Rs. C-612/14. Nachdem das Handelsgericht Wien das Vorabentscheidungsersuchen zurückzogen hatte, hat der EuGH die Rechtssache mit Beschluss vom 27.2.2015 aus seinem Register gestrichen. 352 Siehe nur Staudinger, RRa 2015, 62 (63). 353 Zu dessen pönaler Funktion oben unter Kapitel 1, § 2, A. VII. 1. 354 So Schröder/Thiessen, NJW 2004, 719 (720). 348
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pönale Elemente auf unionsrechtlichen Vorgaben beruhen, die Aussagekraft dieser Regelungen für die Auslegung des ordre public herunterzuspielen. Der Hintergrund solcher Regelungen ist jedoch unerheblich für die Auslegung des ordre public. Der Umstand, dass präventiv oder sanktionierend wirkende Regelungen im nationalen Recht vorhanden sind, hat der alleinige Maßstab für die Auslegung des ordre public zu sein. Vielmehr zeigt ein näherer Blick auf das Unionsrecht aber sogar, dass es zwar Anklänge an den Strafgedanken enthält, 355 dies aber in weit geringerem Maße, als es durch Stimmen im Schrifttum suggeriert wird. Selbst die Kartellschadensersatzrichtlinie 356 sieht keinen Strafschadensersatz vor, obwohl die Europäische Kommission in ihrem Grünbuch zur Verbesserung der Durchsetzung des europäischen Kartellrechts aus dem Jahr 2005357 noch eine Verdoppelung des zu zahlenden Schadensersatzes im Falle eines Kartellrechtsverstoßes vorgeschlagen hatte. Vielmehr belässt es die Richtlinie gemäß ihrem Art. 3 bei einem Anspruch auf Ersatz des tatsächlich erlittenen Schadens. Auch in anderen europäischen Richtlinien sucht man Strafschadensersatz vergeblich. Dies gilt auch für die oben genannte Zahlungsverzugsrichtlinie 2011/7/EU. 358 In der nach den Vorgaben dieser Richtlinie einzuführenden Entschädigungspauschale für Beitreibungsaufwand ist wie oben bereits ausgeführt 359 kein wirklicher Strafschadensersatz zu sehen, da die vorgesehene Pauschale in Höhe von 40 € zu gering ist, um eine tatsächliche Sanktion darzustellen. 360 Tatsächlich folgt aus dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz keine Pflicht zur Einführung von Strafschadensersatz. 361 Die in vielen Richtlinien verwendete Formulierung, dass Sanktionen „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ sein müssen, ist entgegen der Ansicht mancher Autoren 362 nicht dahingehend zu verstehen, dass die Mitgliedstaaten Strafschadensersatz vorsehen müssen. Die Formulierung, die auf eine Entscheidung des EuGH 363 zurückgeht 364, dürfte eher auf dem Bestreben beruhen, zu betonen, dass Rechtsverletzungen nach aller Möglichkeit zu vermeiden sind, ohne dass der Wortlaut 355
Oskierski, Schadensersatz im Europäischen Recht, 2010, S. 90. Richtlinie 2014/104/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.11.2014 über bestimmte Vorschriften für Schadensersatzklagen nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union, ABl. L 349 vom 5.12.2014, S. 1. 357 KOM(2005) 672 endgültig. 358 Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.2.2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (ABl. L 48 vom 23.2.2011, S. 1). 359 Kapitel 1, § 2, A. VI. 4. 360 So Klose, NJ 2014, 272 (276). 361 Schubert, EuZA 2016, 480 (484 f.). 362 In dem Sinne aber Honsell, ZIP 2008, 621 (626), dortige Fn. 46, der in der Formulierung ein Beispiel für die Einführung von Strafe und Prävention im Zivilrecht sieht. 363 EuGH, Urteil vom 21.9.1989, Rs. 68/88, Kommission/Griechenland, Slg. 1989, 2965. 364 Meurkens, in: Liber amicorum van Maanen, 2014, S. 267. 356
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bezweckt, die Einführung von eine Entschädigung überschreitenden Zahlungen zu verlangen. 365 Dies ergibt sich auch aus dem Umstand, dass die Formulierung nicht nur für zivilrechtliche Sanktionen verwendet wird, sondern auch für Geldbußen.366 Dementsprechend hätte der deutsche Gesetzgeber etwa auch die europäischen Antidiskriminierungsrichtlinien, die diese Formulierung enthalten367, nicht notwendigerweise durch eine dem Strafschadensersatz gleichkommende Regelung, wie sie in § 15 AGG 368 geschaffen wurde, umsetzen brauchen, sondern hätte statt einer Schadensersatzregelung auch einen Geldbußetatbestand schaffen können.369 Dass Art. 18 der Gleichbehandlungsrichtlinie 2006/54/EG 370 die Einführung von Strafschadensersatz nicht zwingend vorgibt, hat der EuGH sogar ausdrücklich bestätigt. 371 Auch in Verordnungen der EU lässt sich Strafschadensersatz bislang nicht finden. So ist etwa Art. 94 der Verordnung über den gemeinschaftlichen Sortenschutz Nr. 2100/94372 nach der Rechtsprechung des EuGH nicht dahingehend auszulegen, „dass der Inhaber dieser Rechtsgrundlage die Verurteilung des Verletzers zu einem pauschal festgesetzten Strafschadensersatz erwirken kann.“373 Selbst im rechtlich unverbindlichen soft law zeigen die EU-Organe in jüngerer Zeit eine große Zurückhaltung hinsichtlich Strafschadensersatzes. In der Empfehlung 2013/396/EU vom 11. Juni 2013 über Gemeinsame Grundsätze für kollektive Unterlassungs- und Schadensersatzverfahren in den Mitgliedstaaten bei Verletzung von durch Unionsrecht garantierten Rechten 374 trifft die Europäische Kommission in Nr. 31 die Aussage, dass ein Strafschadensersatz, „der einen überhöhten Ausgleich des von der Klagepartei erlittenen Schadens zur Folge hätte, [verboten werden sollte].“ Erwägungsgrund 15 besagt dabei, dass „Elemente wie Strafschadensersatz […], die die Rechtstradition der meisten Mitgliedstaaten nicht kennen, vermieden werden [sollten].“ 365 Koch, in: Koziol/Wilcox (Hrsg.), Punitive Damages: Common Law and Civil Law Perspectives, 2009, S. 197 (208, Rn. 39). 366 Koch, in: Koziol/Wilcox (Hrsg.), Punitive Damages: Common Law and Civil Law Perspectives, 2009, S. 197 (202, Rn. 17). 367 Art. 15 der Richtlinie 2000/43/EG, Art. 17 der Richtlinie 2000/78/EG und Art. 8d der Richtlinie 2002/73/EG. 368 Zu der Parallele von § 15 AGG und Strafschadensersatz siehe oben, Kapitel 1, § 2, A. V. 369 Benecke/Kern, EuZW 2005, 360 (363 f.). 370 Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5.7.2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (ABl. L 204 vom 26.7.2006, S. 23). 371 EuGH, Urteil vom 17.12.2015, Rs. C-407/14, Rn. 37 ff. Näher zu der Entscheidung etwa Looschelders, GPR 2016, 179. 372 Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates vom 27.7.1994 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz (ABl. L 227 vom 1.9.1994, S. 1). 373 EuGH, Urteil vom 9.6.2016, Rs. C-481/14, Rn. 34. 374 ABl. L 201 vom 11.6.2013, S. 60.
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Bemerkenswerterweise sehen auch die Standardvertragsklauseln für die Übermittlung personenbezogener Daten in Drittländer, welche die Europäische Kommission im Jahr 2004 verabschiedet hat,375 vor, dass Strafschadensersatzansprüche ausdrücklich ausgeschlossen sind.376 Trotz des Fehlens von Strafschadensersatz gleichkommenden Elementen ist dennoch zu beobachten, dass bei der unionsrechtlichen Ausgestaltung von Schadensersatzansprüchen zunehmend neben der Kompensation auch eine verhaltenssteuernde Funktion intendiert wird. So kann etwa in der jüngeren Entwicklung zur Ausgestaltung der Haftung von Ratingagenturen ein verhaltenssteuernder Ansatz gesehen werden. 377 Nach alledem lässt sich festhalten, dass sich im Unionsrecht zwar Anklänge an den Strafgedanken finden lassen, aber keine eindeutige Regelung zu Strafschadensersatz, durch die vom Ausgleichsprinzip abgewichen würde.378 2. Abweichung vom Ausgleichsprinzip in der Rechtsprechung des EGMR Wenngleich dies nicht für die Behandlung von Strafschadensersatz in Deutschland und Frankreich unmittelbar relevant ist, ist in diesem Zusammenhang bemerkenswert, dass auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) bei der Anwendung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) Strafschadensersatz zuspricht: In ihrem Art. 41 sieht die Konvention eine gerechte Entschädigung im Falle einer Verletzung der durch sie garantierten Rechte vor. Die Vorschrift bestimmt: „Stellt der Gerichtshof fest, daß diese Konvention oder die Protokolle dazu verletzt worden sind, und gestattet das innerstaatliche Recht der Hohen Vertragspartei nur eine unvollkommene Wiedergutmachung für die Folgen dieser Verletzung, so spricht der Gerichtshof der verletzten Partei eine gerechte Entschädigung zu, wenn dies notwendig ist.“
Ob diese „gerechte Entschädigung“ auch nicht-kompensatorischen oder gar pönalen Zwecken dienen kann, ist eine im Schrifttum lebhaft diskutierte Frage.379 Bisweilen wird die Rechtsprechung des EGMR dahingehend interpretiert, dass er es ablehne, pönal wirkenden Schadensersatz zuzusprechen. 380 Andere wiederum folgern aus bisherigen Entscheidungen, dass dem EGMR 375
Entscheidung der Kommission vom 27.12.2004 zur Änderung der Entscheidung 2001/497/EG bezüglich der Einführung alternativer Standardvertragsklauseln für die Übermittlung personenbezogener Daten in Drittländer (ABl. L 385 vom 29.12.2004, S. 74). 376 Dazu Spindler, in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 4c BDSG, Rn. 22. 377 So Berger/Ryborz, WM 2014, 2241 (2249). 378 So im Ergebnis auch Oskierski, Schadensersatz im Europäischen Recht, 2010, S. 90. 379 Zu dieser Frage etwa Meurkens, in: Liber amicorum van Maanen, 2014, S. 267 (271). 380 Meurkens, in: Liber amicorum van Maanen, 2014, S. 101: „The ECtHR is very clear as regards its position […]: punitive damages are simply not awarded by the court“ sowie auf S. 303: „the ECtHR clearly rejects the awarding of punitive damages“.
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Strafschadensersatz nicht fremd sei. 381 Diese Auffassung hat durch eine Entscheidung der Straßburger Richter vom 25. März 2013382 nunmehr Bestätigung gefunden: Auf Grundlage des besagten Art. 41 EMRK sprach der EGMR einem französischen Journalisten, der durch Schüsse belgischer Polizisten verletzt worden war, 50.000 € an immateriellem Schadensersatz zu, obgleich er bereits 170.182,01 € durch einen französischen Entschädigungsfonds und 265.218,75 € durch seine Sozialversicherung erhalten hatte. Interessant dabei ist vor allem das Sondervotum des portugiesischen Richters Pinto de Albuquerque, der, obgleich er der Entscheidung zustimmte, in seinem Sondervotum erläuterte, dass er den zugesprochenen Betrag als Strafschadensersatz erachte und warum dieser seiner Auffassung nach gerechtfertigt sei. Dazu führte er aus: „Je suis d’accord avec la chambre pour octroyer des dommages-intérêts punitifs d’un montant de 50 000 euros en plus des prestations et indemnités que le requérant a déjà reçues de tiers, mais j’estime devoir joindre à son raisonnement la présente opinion concordante, afin d’expliquer pourquoi je considère cette somme comme des dommages-intérêts punitifs et pourquoi il était juste en l’espèce d’octroyer des dommages-intérêts punitifs.“ 383 [„Ich bin einverstanden mit der Entscheidung der Kammer, Strafschadensersatz in Höhe von 50 000 Euro zusätzlich zu den Leistungen und Entschädigungen, die der Kläger bereits von Dritten erhalten hat, zuzusprechen, aber ich glaube, der Begründung das vorliegende zustimmende Votum beifügen zu müssen, um zu erklären, warum ich diesen Betrag als Strafschadensersatz erachte und warum es in diesem Fall gerecht war, Strafschadensersatz zuzusprechen.“384]
Auch wenn der Gerichtshof in der Vergangenheit Verurteilungen zu Strafschadensersatz abgelehnt habe,385 ist dies seiner Meinung nach nicht mehr mit der Entwicklung der Praxis des Gerichtshofs vereinbar. 386 Dabei spricht er offen aus, dass die Verurteilung zu solchen Zahlungen der Sanktionierung der betroffenen Vertragspartei dient, das heißt des Staates, der die EGMR verletzt hat: „Compte tenu du but punitif de la satisfaction équitable, la responsabilité de l’Etat pour les violations de la Convention ou de ses protocoles additionnels ne peut être transférée à un tiers: un tel transfert viderait la satisfaction équitable de son sens punitif.“ 387 [„Angesichts 381 Kocholl, Punitive damages in Österreich, 2001, S. 90 f.; Oskierski, Schadensersatz im Europäischen Recht, 2010, S. 99 f. 382 EGMR, 2. Sektion, Urteil vom 25.6.2013, n° 30812/07, Trévalec/Belgien, D. 2013, 2139. 383 EGMR, a.a.O. 384 Übersetzung des Verfassers. 385 Beispiele für Anträge auf Strafschadensersatz, die der EGMR abgelehnt hat, finden sich bei Oskierski, Schadensersatz im Europäischen Recht, 2010, S. 100. 386 Siehe das Sondervotum zu EGMR, 2. Sektion, Urteil vom 25.6.2013, n° 30812/07, Trévalec/Belgien, D. 2013, 2139. 387 Sondervotum zu EGMR, 2. Sektion, Urteil vom 25.6.2013, n° 30812/07, Trévalec/Belgien, D. 2013, 2139. Dazu kritisch Quézel-Ambrunaz, RDLF 2014, Chron. N° 5; Sabard, D. 2013, 2139 (2142).
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der bestrafenden Zielrichtung der gerechten Entschädigung kann die Staatshaftung für Verstöße gegen die Konvention oder ihre Zusatzprotokolle nicht auf einen Dritten übertragen werden: Eine solche Übertragung würde die gerechte Entschädigung ihres strafenden Zwecks entleeren.“ 388]
Wenngleich es sich dabei um ein Sondervotum handelt, so bestätigt es die Einschätzung, dass der Strafschadensersatz mehr oder weniger offensichtlich Einzug in die Rechtsprechung des EGMR gehalten hat. X. Zusammenfassung/Ergebnis Wie die Untersuchung gezeigt hat, gibt es sowohl im deutschen als auch im französischen Recht einige Regelungen oder durch die Rechtsprechung entwickelte Institute mit Präventions- oder Sanktionscharakter, die vom haftungsrechtlichen Ausgleichsprinzip abweichen. Wie sich zeigt, ist der Präventionszweck in einzelnen Rechtsgebieten bereits längst aus seinem Schattendasein getreten. 389 Wenngleich ein Strafschadensersatz als solcher im Recht beider Länder nicht besteht, so lässt sich dennoch feststellen, dass es in beiden Rechtsordnungen eine Reihe funktionaler Äquivalente gibt, die ebendiese Zwecke verfolgen. Auffällig ist, dass dabei zwischen dem Recht beider Länder eine erhebliche Ähnlichkeit besteht, so dass die pönalen Elemente in vergleichbarem Ausmaß bestehen. Insofern kann eine unterschiedliche Auslegung des ordre public im Hinblick auf Strafschadensersatz jedenfalls nicht mit einer unterschiedlichen Ausprägung des Haftungsrechts begründet werden. B. Reformvorhaben zur Einführung von Strafschadensersatz Die oben dargestellten pönalen Elemente im deutschen und französischen Zivilrecht könnten in Zukunft um weitere Abweichungen vom Ausgleichsprinzip ergänzt werden. Sowohl in Deutschland als auch in Frankreich werden bereits seit längerer Zeit Überlegungen zur Einführung von Strafschadensersatz angestellt. Eine solche gesetzgeberische Maßnahme wäre mit dem Unionsrecht durchaus vereinbar.390 Zu Recht hat daher auch die Generalanwältin am EuGH Kokott in einem obiter dictum ihrer Schlussanträge festgehalten, dass das Unionsrecht die Gewährung von exemplarischem Schadensersatz oder Strafschadensersatz nicht grundsätzlich verbiete. 391 Auch hat der EuGH bereits entschieden, dass der Umstand, dass die Richtlinie 2004/48 392 die Mitgliedstaaten nicht 388
Übersetzung des Verfassers. So für das deutsche Recht auch Hachem, in: Wolf/Mona/Hürzeler (Hrsg.), Prävention im Recht, 2008, S. 197 (200). 390 So etwa durch Staudinger, NJW 2006, 2433 (2436–2438). 391 Schlussanträge vom 20.1.2014, Rs. C-557/12, Rn. 80, WuW 2014, 547 (559). 392 Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.4.2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums, ABl. L 157 vom 30.4.2004, S. 45. 389
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dazu verpflichtet, Strafschadensersatz vorzusehen, nicht bedeutet, dass die Einführung von Strafschadensersatz durch die Richtlinie verboten wäre. 393 Den Mitgliedstaaten ist es demnach unbenommen, einen Strafschadensersatz ins nationale Recht einzuführen. Die Einführung von Strafschadensersatz ins materielle innerstaatliche Recht hätte zwangsläufig Auswirkungen auch auf die Behandlung ausländischen Strafschadensersatzes. Ein Verstoß gegen den ordre public ließe sich kaum rechtfertigen, wenn auch das innerstaatliche Recht Strafschadensersatz kennt. 394 Daher sollen im Folgenden die verschiedenen Reformvorhaben dargestellt und analysiert werden. I. Reformvorhaben im nationalen Recht Die Diskussion über die Einführung haftungsrechtlicher Strafelemente wird in Deutschland und Frankreich in unterschiedlichem Ausmaß geführt. 1. Vorschläge im deutschen Schrifttum Von deutschen Autoren wird bisweilen die Auffassung vertreten, es sei ein Zeichen des Fortschritts, dass der Strafgedanke aus dem Zivilrecht im Laufe der Zeit überwunden worden sei. 395 Oft zitiert wird dabei die Formulierung von Heck, der Privatdelikte als „Saurier der Rechtsgeschichte“ bezeichnete. 396 Trotz dieses vermeintlichen „Fortschritts“ fanden und finden sich unter deutschen Autoren immer wieder Stimmen, die sich für eine Einführung von Strafschadensersatz ins deutsche Zivilrecht aussprechen. Beispielhaft sei Köndgen genannt, der gestützt auf Argumente der ökonomischen Analyse zur Behebung von Kompensationsdefiziten die Einführung überkompensatorischer Sanktionen vorgeschlagen hat. 397 Dennoch ist die Idee bislang nicht in gesetzgeberische Vorhaben übernommen worden. Auch die Schuldrechtsreform des Jahres 2002398, die eine Gelegenheit dargestellt hätte, das Haftungsrecht um Strafschadensersatz zu erweitern, wurde nicht zu diesem Zweck genutzt. Erstmals konkret in Bezug auf ein Gesetzesvorhaben diskutiert wurde die Einführung von Strafschadensersatz im Rahmen der Siebten Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Viele Autoren sprachen 393
Urteil der 5. Kammer vom 25.1.2017, Rs. C̻367/15, Rn. 28. So etwa im Hinblick auf die französischen Reformvorhaben Gotanda, 45 Colum. J. Transnat'l L. (2006–2007), 507 (525 f.). 395 So etwa Honsell, ZIP 2008, 621 (626 f.); ders., in: Staudinger, Einleitung zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2013, Rn. 113a, welcher der Renaissance von Strafe oder Prävention im Privatrecht sehr kritisch gegenübersteht. 396 Heck, Grundriß des Schuldrechts, 1929, S. 437. 397 Köndgen, RabelsZ 56 (1992), 696. 398 Die Reform erging durch das durch das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19.7.2002 (BGBl I S. 2675). 394
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sich anlässlich dieser Reform für die Einführung mehrfachen Schadensersatzes ins Kartellrecht aus.399 Beflügelt wurde dieser Vorschlag durch ein Sondergutachten der Monopolkommission, in dem die Schaffung eines zweifachen Schadensersatzes empfohlen wurde.400 Auch wenn durch die Novelle durchaus Elemente eingeführt wurden, die laut der Begründung des Regierungsentwurfs der „Verstärkung des Abschreckungscharakters von zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen“ dienen, 401 nämlich die oben bereits dargestellte Verzugszinsregelung in § 33 Abs. 3 S. 5 GWB402, wurde ein mehrfacher Schadensersatz letztlich nicht geschaffen. Einen erheblichen Schub bekam die Diskussion über die Einführung von Strafschadensersatz durch den 66. Deutschen Juristentag im Jahr 2006, bei dem diese rechtspolitische Option auf Grundlage eines Gutachtens von Wagner mit dem Titel „Neue Perspektiven im Schadensersatzrecht: Kommerzialisierung, Strafschadensersatz, Kollektivschaden“ 403 diskutiert wurde. Der Vorschlag wurde von anderen Autoren zwar mit Interesse aufgefasst, stieß aber überwiegend auf Ablehnung. 404 Vor diesem Hintergrund ist es nicht überraschend, dass der Vorschlag letztlich mit recht eindeutigem Ergebnis von 14:74 bei 4 Enthaltungen abgelehnt wurde. Seitdem ruht die Debatte um die Einführung von Strafschadensersatz ins deutsche Recht. 2. Französische Reformvorhaben In Frankreich finden sich schon seit längerer Zeit Stimmen, die für eine Einführung von Strafschadensersatz ins französische Zivilrecht plädieren.405 Bereits in den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts sprach sich etwa Boris Starck dafür aus, die vom Schädiger geschuldete Entschädigung von dessen Bereicherung abhängig zu machen und bei besonders schwerem Verschulden dem Geschädigten einen umso höheren Betrag zuzusprechen. 406 Die Diskussion um die Einführung von Strafschadensersatz wird vor allem vor dem Hintergrund eines Eindämmens der faute lucrative geführt. Darunter 399
Alexander, Schadensersatz und Abschöpfung im Lauterkeits- und Kartellrecht, 2010, S. 416 m.w.N. 400 Monopolkommission, Sondergutachten 41/42, 2004, S. 42–46 (Rn. 75–83). 401 Siehe die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drs. 15/3640, S. 54. 402 Dazu unter Kapitel 1, § 2, A. VI. 3. a). 403 Wagner, Verhandlungen des 66. Deutschen Juristentages Stuttgart 2006 Bd. I: Gutachten Teil A: Neue Perspektiven im Schadensersatzrecht ˗ Kommerzialisierung, Strafschadensersatz, Kollektivschaden, 2006. 404 Etwa von Medicus, JZ 2006, 808 (808 f.) und Müller, VersR 2006, 1289. 405 So beispielsweise für Schadensereignisse mit vielen Beteiligten Guégan-Lécuyer, Dommages de masse et responsabilité civile, 2006, S. 452 f. (n° 418). 406 Starck, Essai d’une théorie générale de responsabilité civile considérée en sa double fonction de garantie et de peine privée, 1947, S. 416 ff. (495).
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versteht man den Umstand, dass einem Schädiger, obgleich er Schadensersatz zahlen muss, der auf Grundlage des Schadens des Geschädigten bemessen wird, ein auf seiner Handlung beruhender Gewinn verbleiben kann, so dass er keinen Anreiz hat, seine schädigende Handlung zu unterlassen. 407 Als deutsche Übersetzung passt wohl am ehesten die Bezeichnung „lukratives Delikt“. 408 Ob Strafschadensersatz ein geeignetes Instrument gegen die faute lucrative wäre, ist jedoch durchaus umstritten.409 Anders als in Deutschland, gab es in Frankreich bereits konkrete Entwürfe für die Einführung von Strafschadensersatz: In den letzten Jahren wurden gleich mehrere Gesetzesvorschläge erarbeitet, die entsprechende Regelungen vorsehen. Der erste davon war der unter Federführung von Professor Pierre Catala erstellte und im Jahr 2005 vorgelegte Vorentwurf410 einer Reform des Schuldrechts und des Verjährungsrechts. 411 Dieser Vorentwurf sieht in Art. 1371 die Einführung von Strafschadensersatz vor. Der Entwurf besagt: „L'auteur d'une faute manifestement délibérée, et notamment d'une faute lucrative, peut être condamné, outre les dommages-intérêts compensatoires, à des dommages-intérêts punitifs dont le juge a la faculté de faire bénéficier pour une part le Trésor public. La décision du juge d'octroyer de tels dommages-intérêts doit être spécialement motivée et leur montant distingué de celui des autres dommages-intérêts accordés à la victime. Les dommagesintérêts punitifs ne sont pas assurables.“ [„Hat der Schädiger sich offenkundig pflichtwidrig verhalten, insbesondere wenn dies gewinnbringend war, kann er zusätzlich zu einer ausgleichenden Entschädigung zu einer Entschädigung mit Strafcharakter verurteilt werden, die der Richter teilweise der Staatskasse zuweisen kann. Die Entscheidung des Richters, eine solche Entschädigung aufzuerlegen, muss besonders begründet und ihr Betrag von der übrigen dem Opfer zugestandenen Entschädigung unterschieden werden. Die Entschädigung mit Strafcharakter ist nicht versicherbar.“412]
407
Tapinois, Prévention, précaution et responsabilité civile, 2008, S. 642 (n° 1028). Diese Bezeichnung verwendet etwa Wagner, in: Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2006: Schadensersatz, Zwecke, Inhalte, Grenzen, 2006, S. 110 ff. 409 Ablehnend etwa Méadel, LPA 17.2007, n° 77, 6; Mésa, Gaz.Pal., 21.11.2009, n° 325, 15. A.A. Fasquelle, LPA 20.11.2002, n° 232, 27. 410 Der Begriff „avant-projet“ (Vorentwurf) ist nach deutschem Sprachverständnis etwas verwirrend, erklärt sich aber damit, dass von einem „projet de loi“ erst gesprochen wird, wenn das Gesetz durch die Regierung ins Parlament eingebracht wurde. Der Begriff Vorentwurf bringt damit zum Ausdruck, dass es sich um ein Gesetzesvorhaben handelt, das noch nicht eingebracht wurde. 411 Avant-projet de réforme du droit des obligations (Articles 1101 à 1386 du code civil) et du droit de la prescription (Articles 2234 à 2281), Rapport à Monsieur Pascal Clément, Garde des Sceaux, Ministre de la Justice, 22 septembre 2005. Eine deutsche Übersetzung des Vorentwurfs von Sonnenberger findet sich in ZEuP 2007, 633. Näher zu dem Vorentwurf auf Englisch bei Fauvarque-Cosson, ZEuP 2007, 429 sowie auf Deutsch bei Sonnenberger, ZEuP 2007, 421. 412 Übersetzung von Sonnenberger, ZEuP 2007, 633 (682). 408
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Kapitel 1: Pönale Elemente im deutschen und französischen Haftungsrecht
Von deutschen Autoren wurde zu Recht darauf hingewiesen, dass das französische Recht im Falle einer Übernahme dieser Regelung vom Recht anderer kontinentaler Rechtsordnungen einschließlich Deutschlands abweichen würde.413 Auf den Vorentwurf von Catala aufbauend wurde dem französischen Senat im Juli 2010 ein Gesetzesvorschlag vorgelegt, der auf einem von Alain Anziani und Laurent Béteille erstellten Bericht414 fußt. In Art. 1386-25 sieht der häufig nach seinem Verfasser als Béteille-Entwurf bezeichnete Vorschlag Folgendes vor: „Dans les cas où la loi en dispose expressément, lorsque le dommage résulte d'une faute délictuelle ou d'une inexécution contractuelle commise volontairement et a permis à son auteur un enrichissement que la seule réparation du dommage n'est pas à même de supprimer, le juge peut condamner, par décision motivée, l'auteur du dommage, outre à des dommages et intérêts en application de l'article 1386-22, à des dommages et intérêts punitifs dont le montant ne peut dépasser le double du montant des dommages et intérêts compensatoires.“ [„In den Fällen, in denen das Gesetz dies ausdrücklich vorschreibt, kann der Richter, wenn der Schaden auf einem deliktischen Handeln oder einer vorsätzlichen Nichterfüllung einer vertraglichen Verpflichtung beruht und dem Verursacher eine Bereicherung erlaubt hat, die der Schadensersatz allein nicht beseitigen kann, mit entsprechender Begründung seiner Entscheidung den Verursacher des Schadens, neben der Zahlung zu Schadensersatz gemäß Artikel 1286-22, zu Strafschadensersatz verurteilen, dessen Höhe das Doppelte der Summe des kompensatorischen Schadensersatzes nicht übersteigen darf.“ 415]
Ebenfalls im Jahr 2010 legte eine Arbeitsgruppe um François Terré dem französischen Justizministerium einen Entwurf vor, der im März 2011 veröffentlicht wurde. Dieser sieht in Art. 69 al. 2 die Einführung von Strafschadensersatz für vorsätzliches Handeln vor. Der Entwurf besagt diesbezüglich: „Lorsque le dommage est causé par une faute intentionnelle, le juge peut condamner l’auteur de celle-ci, par une décision spécialement motivée, à une réparation exemplaire." [„Wenn der Schaden durch eine vorsätzliche Handlung verursacht wurde, kann der Richter denjenigen, der sie begangen hat, durch eine gesondert begründete Entscheidung zur Zahlung von exemplarischem Schadensersatz verurteilen.“ 416]
Auch wenn der Entwurf von „exemplarischem Schadensersatz“ spricht, wird aus den Anmerkungen der Verfasser geschlossen, dass dies im Sinne von Strafschadensersatz gemeint ist.417 413
So Lehmann, RdC 2007, 1427; Lorenz, RdC 2007, 57. Anziani/Béteille, Rapport d’information fait au nom de la commission des lois constitutionnelles par le groupe de travail relative à la responsabilité civile, § 558 (2008–2009), verfügbar unter ‹http://www.senat.fr/rap/r08-558/r08-558.html›. 415 Übersetzung des Verfassers. 416 Übersetzung des Verfassers. 417 Mahé, in: Meurkens/Nordin (Hrsg.), The Power of Punitive Damages – Is Europe Missing Out?, 2012, S. 261 (267). 414
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Ein weiterer Vorschlag findet sich in dem Bericht „Rapport de la mission confiée à Corinne Lepage sur la gouvernance écologique“, den das französische Umweltministerium im Jahr 2008 in Auftrag gegeben hat und in dem die Einführung von Strafschadensersatz in Fällen der Umweltverschmutzung empfohlen wird. Zu diesem Zweck wird die Schaffung eines neuen Art. 1382-7 C. civ. vorgeschlagen, der wie folgt lauten solle: „Tout professionnel ou toute personne morale qui commet une faute intentionnelle entraînant un dommage à l’environnement peut être condamné, sans préjudice des autres dispositions relatives à sa responsabilité, à des dommages et intérêts punitifs distincts de ceux éventuellement accordés à la victime. La décision du juge d'octroyer de tels dommages-intérêts doit être spécialement motivée et tenir compte des ressources du responsable. Ces dommages et intérêts, qui ne sont pas assurables, sont versés : 1° ˗ soit à une association agréée de protection de l’environnement ou reconnue d’utilité publique qui s’engage à en affecter au moins les trois quarts à une action proposée par le juge et acceptée par elle. 2° ˗ soit au Fonds de Garantie des Assurances obligatoires de dommages. […].“418 [„Jeder gewerbsmäßig Handelnde oder jede juristische Person, die schuldhaft und absichtlich der Umwelt einen Schaden zufügt, kann unbeschadet der anderen Vorschriften über die Haftung zur Zahlung von Strafschadensersatz zusätzlich zu eventuellem Schadensersatz an Geschädigte verurteilt werden. Die Entscheidung des Richters, Strafschadensersatz zu gewähren, muss besonders begründet werden und die Ressourcen des Schuldners berücksichtigen. Dieser Schadensersatz, der nicht versicherbar ist, ist zu leisten an: 1. eine Vereinigung, die akkreditiert ist als eine Vereinigung für Umweltschutz oder als Vereinigung im öffentlichen Interesses anerkannt ist, und die sich verpflichtet, mindestens dreiviertel davon [des Strafschadensersatzes] für eine durch den Richter vorgeschlagene und durch sie akzeptierte Handlung auszugeben. 2. oder an einen Fond der Haftpflichtversicherungen. […]“ 419]
Wie der Vorentwurf von Catala will auch der Lepage-Bericht die Versicherbarkeit ausschließen, während die anderen Entwürfe zu dieser Frage schweigen. Die drei erstgenannten Entwürfe stimmen insofern überein, als sie allesamt eine besondere Begründung des Strafschadensersatzes vorsehen. 420 Ein Unterschied besteht aber insofern, als der Béteille-Entwurf eine Obergrenze vorsieht.421 Bislang ist keines der oben genannten Gesetzesvorhaben tatsächlich umgesetzt worden. Es bleibt daher abzuwarten, ob ein Strafschadensersatz tatsächlich ins französische Zivilrecht eingeführt wird. Die im Februar 2016 erlassene
418
Mission Lepage, rapport final, 1 ére phase, recommendation n° 71. Übersetzung des Verfassers. 420 Pierre, RJO 2014, 23 (32). 421 Pierre, a.a.O. 419
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Kapitel 1: Pönale Elemente im deutschen und französischen Haftungsrecht
Verordnung zur Reform des Vertragsrechts 422 jedenfalls sieht keinen Strafschadensersatz vor.423 Der im Jahr 2016 zur Konsultation vom französischen Justizministerium veröffentlichte Entwurf zur Reform des Haftungsrechts 424 enthielt eine Regelung, die einem Strafschadensersatz schon sehr nahekommt. In Art. 1266 sah der Entwurf vor, dass der Richter im Falle einer vorsätzlichen Schädigung den Schädiger zur Verurteilung einer amende civile an einen Entschädigungsfonds oder hilfsweise die Staatskasse verurteilen kann. Dieser Vorschlag blieb in abgeänderter Form auch in der auf Grundlage der Konsultation überarbeiteten Fassung, die am 13. März 2017 veröffentlicht wurde, enthalten. 425 In Art. 12661 sieht dieser Entwurf vor: „En matière extracontractuelle, lorsque l’auteur du dommage a délibérément commis une faute en vue d'obtenir un gain ou une économie, le juge peut le condamner, à la demande de la victime ou du ministère public et par une décision spécialement motivée, au paiement d’une amende civile. Cette amende est proportionnée à la gravité de la faute commise, aux facultés contributives de l'auteur et aux profits qu'il en aura retirés. L’amende ne peut être supérieure au décuple du montant du profit réalisé. […] Cette amende est affectée au financement d’un fonds d’indemnisation en lien avec la nature du dommage subi ou, à défaut, au Trésor public. Elle n’est pas assurable.“ [„Im außervertraglichen Bereich kann der Richter den Versucher eines Schadens, wenn er vorsätzlich gehandelt hat um einen Gewinn oder eine Ersparnis zu erzielen, auf Antrag des Geschädigten oder der Staatsanwaltschaft und durch eine besonders begründete Entscheidung zur Zahlung einer Geldbuße verurteilen. Diese Geldbuße hat verhältnismäßig im Hinblick auf die Schwere der Schuld und die Kapazitäten des Schädigers sowie dessen erzielten Gewinn zu sein. Die Geldbuße darf nicht höher sein als das Zehnfache der Höhe des erzielten Gewinns überschreiten. […] Die Geldbuße ist bestimmt zur Finanzierung eines Entschädigungsfonds, der in Bezug zur Art des erlittenen Schadens steht, oder anderenfalls der Staatskasse zu zahlen.
422
Ordonnance n° 2016-131 du 10.2.2016 portant réforme du droit des contrats, du régime général et de la preuve des obligations, JORF n°0035 du 11.2.2016. 423 Kritisch zum vorangegangenen Verordnungsentwurf Jakouloff, RLDC, 134 (2016), 54, der sich für eine Aufnahme eines Strafschadensersatzes in die Verordnung aussprach. 424 Avant-projet de loi – Reforme de la responsabilité civile, abrufbar unter ‹http://www.textes.justice.gouv.fr/textes-soumis-a-concertation-10179/consultationpublique-sur-la-reforme-de-la-responsabilite-civile-28936.html› (zuletzt abgerufen am 22.1.2018). 425 Projet de réforme de la responsabilité civile, Mars 2017, abrufbar unter ‹http://www.justice.gouv.fr/publication/Projet_de_reforme_de_la_responsabilite_civile_13 032017.pdf› (zuletzt abgerufen am 25.1.2018).
§ 2 Durchbrechungen des Ausgleichsprinzips
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Sie ist nicht versicherbar.“426
Zu Recht wird in dem Entwurf dieser Vorschrift die Einführung von Strafschadensersatz bzw. zumindest ein Einfluss amerikanischer punitive damages gesehen. 427 Ob diese Form der Sanktion letztendlich Eingang ins Gesetz finden wird, bleibt jedoch abzuwarten. In jedem Fall kann man festhalten, dass die Rechtsprechung der Cour de cassation in der Rechtssache Fountaine Pajot, in welcher der Gerichtshof punitive damages als vereinbar mit dem ordre public wertete, der Debatte um die Einführung von Strafschadensersatz ins französische Recht bislang nicht den Auftrieb verliehen hat, den Beobachter erwartet hatten.428 Die Wahrscheinlichkeit, dass Strafschadensersatz eingeführt wird, könnte zudem dadurch gemindert worden sein, dass mittlerweile die Gruppenklage in das französische Zivilprozessrecht eingeführt wurde. 429 In dem Umstand, dass das französische Recht keinen den amerikanischen punitive damages vergleichbaren Strafschadensersatz kennt wird nämlich ein Grund dafür gesehen, dass nicht die aus dem US-amerikanischen Recht bekannten Auswüchse von exorbitanten Haftungsrisiken zu befürchten seien. 430 In der Tat sind sowohl Strafschadensersatz als auch Gruppenklagen Mittel, um das wirtschaftliche Interesse an der Geltendmachung von Ansprüchen zu erhöhen. 431 Vor dem Hintergrund, dass letztere nunmehr ins französische Recht eingeführt wurde, könnte man aus rechtspolitischen Erwägungen geneigt sein, Unternehmen neben der Gruppenklage nicht auch noch durch weitere Instrumente zur Stärkung der Rechtsdurchsetzung zunehmenden Haftungsrisiken auszusetzen. 432 Andererseits zeigt die Einführung der Gruppenklage, dass der französische Gesetzgeber der Übernahme von aus dem anglo-amerikanischen Rechtskreis stammenden Rechtsinstituten durchaus
426
Übersetzung des Verfassers. So etwa durch Ferry/Lapillonne, JCP E 2016, p. 25; Zwickel, RIW 2017, 104 (110) in Bezug auf die Fassung aus dem Jahr 2016. 428 Auswirkungen auf die Debatte zu den Reformen erwartet etwa Gaëtan, L’essentiel, Droit des contrats 2011, 6. 429 Die Änderung erfolgte durch das als „loi Hamon“ bezeichnete Gesetz Nr. 2014-344 vom 17.2.2014 (JORF n°0065 vom 18.3.2014 S. 5400). Dazu auch Klein, RIW 2014, Heft 6, S. 1. Mit dem Gesetz n° 2016-1547 vom 18.11.2016 (JORF n°0269 vom 19.11.2016) wurde der Anwendungsbereich der Gruppenklage über Vermmögensschäden von Verbrauchern hinaus ausgedehnt. 430 So Rohlfing-Dijoux, EuZW 2014, 771 (772); Akyurek/de Perthuis, LPA 25.3.2014, n° 60, S. 21. 431 Dazu Bouthinon-Dumas, RLC 2011, 151. 432 Andererseits lässt sich argumentieren, dass es im US-amerikanischen Recht gerade die Kombination von materiellen Anreizen in Form der punitive damages und prozessualer Anspruchsbündelung in Form von class actions ist, die Geschädigten einen effektives Instrumentarium verleiht: in diesem Sinne von Hein, in: Zimmermann (Hrsg.), Zukunftsperspektiven der Rechtsvergleichung, 2016, S. 223 (233). 427
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aufgeschlossen gegenübersteht, was auch die Schaffung von Strafschadensersatz in absehbarerer Zeit durchaus realistisch erscheinen lässt. Möglich ist jedenfalls, dass der französische Gesetzgeber im Falle einer Einführung von Strafschadensersatz diesen auf bestimmte Bereiche beschränkt. Der oben genannte Vorschlag des Senators Béteille etwa sieht vor, dass Strafschadensersatz nur in bestimmten Bereichen eingeführt wird. 433 Indem Verbraucherrecht von seinem Anwendungsbereich ausgenommen wird, könnte vermieden werden, dass es durch die Verknüpfung von Strafschadensersatz und Gruppenklagen zu einem rechtspolitisch möglicherweise ungewollten zu großem Haftungsrisiko kommt. 3. Keine Reformvorhaben zur Einführung von Strafschadensersatz auf EUEbene Neben den auf nationaler Ebene diskutierten Vorhaben zur Einführung von Strafschadensersatz könnte ein solcher auch auf europäischer Ebene eingeführt werden. Derzeit gibt es aber keine in diese Richtung gehenden Vorhaben. Zeitweise diskutiert wurde die Einführung von Strafschadensersatz zur privatrechtlichen Durchsetzung des europäischen Kartellrechts. Die Europäische Kommission hatte nämlich in ihrem im Jahr 2005 veröffentlichten Grünbuch zur Verbesserung der Durchsetzung des europäischen Kartellrechts eine Verdoppelung des zu zahlenden Schadensersatzes im Falle eines Kartellrechtsverstoßes vorgeschlagen, um einen Anreiz für die Geschädigten zu schaffen, den Schadensersatzanspruch gerichtlich geltend zu machen. 434 Im Schrifttum ist dieser Vorschlag auf heftige Kritik gestoßen.435 Im später veröffentlichten Weißbuch fand er sich schließlich nicht mehr wieder. 436 Zu Recht wurde darauf hingewiesen, dass die Kommissionsdienststellen in ihrer das Weißbuch begleitenden Arbeitsunterlage 437 nach wie vor Ausführungen zu Strafschadensersatz trafen.438 Die letztlich beschlossene Richtlinie jedoch sieht keine Form des Strafschadensersatzes mehr vor439, sondern belässt es vielmehr gemäß Art. 3 bei einem
433 Rapport d'information n° 558 (2008–2009), fait au nom de la commission des lois, déposé le 15 juillet 2009, abrufbar unter ‹http://www.senat.fr/rap/r08-558/r08-558_mono.html› (zuletzt abgerufen am 25.1.2018). 434 Grünbuch vom 19.12.2005 „Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts“, KOM(2005) 672 endg. 435 Siehe nur Hazelhorst, European Review of Private Law 2010, 757. 436 Weißbuch – Schadensersatzklagen wegen Verletzung des EG-Wettbewerbsrechts, KOM(2008), 0165 endg. 437 Commission Staff Working Paper accompanying the White Paper on damages actions for breach of the EC antitrust rules, SEK/2008/0404 endg. 438 Dazu etwa Vanleenhove, in: Meurkens/Nordin (Hrsg.), The Power of Punitive Damages – Is Europe Missing Out?, 2012, S. 337 (348). 439 Haus/Serafimova, BB 2014, 2883 (2884).
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Anspruch auf Ersatz des tatsächlich erlittenen Schadens – einschließlich entgangenen Gewinns und Zinsen. 440 4. Bestrebungen zur Harmonisierung des europäischen Privatrechts Eine Einführung von Strafschadensersatz durch die Bestrebungen zur Vereinheitlichung des europäischen Zivilrechts zeichnet sich nach derzeitigem Stand nicht ab.441 Der Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung über ein Europäisches Kaufrecht442 sieht keinen überkompensatorischen Schadensersatz vor, sondern strebt einen vollständigen Schadensausgleich entsprechend dem Ausgleichsprinzip an: In Art. 160 sieht der Entwurf vor, dass die Grundlage für die Bemessung des Schadensersatzes durch den Betrag gebildet wird, der den Gläubiger in die Lage versetzt, in der er sich befunden hätte, wenn die Verpflichtung ordnungsgemäß erfüllt worden wäre. Dementsprechend folgt die Regelung dem Prinzip der Totalreparation und schließt Strafschadensersatz aus.443 Damit folgt der Vorschlag dem in Vorbereitung dazu erarbeiteten akademischen Entwurf eines Gemeinsamen Referenzrahmens, der wiederum auf Art. 9:502 der Grundregeln des Europäischen Vertragsrechts 444 aufbaute. Auch der Entwurf für Grundsätze eines europäischen Deliktsrechts betont in Art. 10.101, dass das Ziel des Schadensersatzes Kompensation und Schadensverhütung ist. 445 Die Studiengruppe European Group on Tort Law, die diesen Entwurf verfasst hat, machte dabei deutlich, dass die Grundsätze keinen Strafschadensersatz vorsehen. 446 Auch wenn die Entwürfe selber Strafschadensersatz nicht ausdrücklich ausschließen, so lässt sich gleichwohl den erläuternden Anmerkungen zu ihnen entnehmen, dass dies zumindest intendiert ist.447
440
Steinle, EuZW 2014, 481. So auch Vanleenhove, in: Meurkens/Nordin (Hrsg.), The Power of Punitive Damages – Is Europe Missing Out?, 2012, S. 337 (349). 442 KOM(2011) 635 endgültig. 443 Remien, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Der Entwurf für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht, 2014, Art. 160 GEK-E, Rn. 6 (S. 771). 444 Wegen ihrer englischsprachigen Bezeichnung Principles of European Contract Law auch unter der Abkürzung „PECL“ bekannt. 445 Die Principles of European Tort Law, abrufbar unter ‹http://www.egtl.org/›. Art. 10.101 des Entwurfs besagt: „Schadensersatz ist als Geldzahlung an den Geschädigten zu leisten, um seinen Schaden auszugleichen und ihn, soweit das durch die Geldzahlung zu erreichen ist, so zu stellen, wie er gestanden hätte, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Schadensersatz dient auch dem Ziel, Schaden zu vermeiden.“ 446 Koziol, 68 La. L. Rev. (2008), 741 (750). 447 Meurkens, in: Liber amicorum van Maanen, 2014, S. 267 (285); dies., Punitive Damages, 2014, S. 164 ff. Ähnlich Wagner, in: Basedow/Hopt/Zimmermann (Hrsg.), Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, Bd. II, 2011, S. 1450, der in den Entwürfen eine implizite Absage an Strafschadensersatz sieht. 441
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II. Klärungsbedürftige Fragen bei der Ausgestaltung von Strafschadensersatz Sollte tatsächlich Strafschadensersatz de lege ferenda in das nationale Haftungsrecht eingeführt werden, stellen sich mehrere Fragen. Neben der weiter unten behandelten Frage der Versicherbarkeit des Strafschadensersatzes ist vor allem klärungsbedürftig, an wen der Strafschadensersatz zu zahlen ist und wie Strafschadensersatz steuerlich zu behandeln wäre. Zum anderen kann man auch die Frage aufwerfen, ob ein Unternehmensstrafrecht nicht eine Alternative zur Einführung von Strafschadensersatz sein könnte. 1. Generalklausel oder Beschränkung auf bestimmte Bereiche Im Falle der Einführung von Strafschadensersatz stellt sich zunächst die grundsätzliche Frage, ob dieser für alle Haftungsfälle möglich sein soll oder ausschließlich für bestimmte Rechtsgebiete. In Deutschland hatte etwa die Monopolkommission in ihrem oben genannten Sondergutachten die Einführung speziell für das Kartellrecht vorgeschlagen. Die oben beschriebenen französischen Reformvorhaben unterscheiden sich hinsichtlich des vorgeschlagenen Anwendungsbereichs: Während die Entwürfe von Catala und Terré Strafschadensersatz ohne Einschränkung auf bestimmte Gebiete vorsehen, wird im LepageBericht eine Beschränkung auf Umweltschäden und im Begleitdokument zum Entwurf von Anziani und Béteille auf bestimmte Bereiche, insbesondere das Wettbewerbsrecht und die Verletzung von Persönlichkeiten, befürwortet. In der Tat scheint es überzeugend, Strafschadensersatz zunächst auf diejenigen Bereiche zu beschränken, in denen eine Verhaltenssteuerung zur Schadensvermeidung besonders geboten scheint. 2. Empfänger der Zahlung Die oben beschriebenen französischen Reformvorhaben unterscheiden sich zudem in der Frage, an wen der Strafschadensersatz zu zahlen ist. Der TerréEntwurf sieht das geschädigte Opfer als alleinigen Empfänger vor, während der Vorentwurf von Catala in Art. 1371 vorsieht, dass der Richter die Entschädigung mit Strafcharakter teilweise der Staatskasse (dem trésor public) zuweisen kann,448 woraus implizit folgt, dass der übrige Betrag dem Geschädigten zufließt.449 Art. 1386-25 des Vorschlags von Béteille sieht vor, dass der Betrag zum Teil an das Opfer und zu einem vom Richter zu bestimmenden Teil an die Staatskasse oder einen Entschädigungsfonds zu zahlen ist. Der Vorentwurf zur Reform des französischen Haftungsrechts sieht in Art. 1266 Abs. 5 vor, dass die amende civile einem Entschädigungsfonds oder hilfsweise der Staatskasse zukommt. 448
Siehe die Übersetzung von Sonnenberger, ZEuP 2007, 633 (682). So auch Mahé, in: Meurkens/Nordin (Hrsg.), The Power of Punitive Damages – Is Europe Missing Out?, 2012, S. 261 (275). 449
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Die Überlegung, die Entschädigungssumme nicht an das Opfer, sondern an Dritte, wie den Staat oder einen Fonds, zu zahlen, kann insofern gerechtfertigt sein, als dadurch eine Bereicherung des Geschädigten, die im englischsprachigen Schrifttum oft als windfall benefit bezeichnet wird 450, vermieden würde.451 Gegen eine vollumfängliche Zuweisung der Schadensersatzsummen an den Geschädigten werden zudem verfassungsrechtliche Bedenken erhoben. 452 Dementsprechend sprechen sich viele Autoren dafür aus, den Strafschadensersatz – zumindest teilweise – nicht dem Geschädigten, sondern einem Fonds zukommen zu lassen. 453 Auch wird vorgeschlagen, die Zahlung an Organisationen, wie etwa Verbraucherschutzvereinigungen, vorzusehen.454 Eine Aufteilung des Strafschadensersatzbetrages zwischen dem Geschädigten bzw. Kläger und der Staatskasse ist auch in einigen der amerikanischen Bundesstaaten, deren Recht punitive damages vorsieht, üblich. Dort wird eine solche Aufteilung auf mehrere Empfänger als split recovery bezeichnet.455 Allerdings ist zu bedenken, dass eine solche Ausgestaltung des Strafschadensersatzes den Anreiz des Geschädigten, seinen Anspruch geltend zu machen, mindern würde.456 Versteht man Strafschadensersatz auch als ein Instrument zur Stärkung des private enforcement, das heißt der Durchsetzung von Recht mittels Klagen aufgrund von Rechtsverstößen, so wird dieses Instrument deutlich geschwächt, wenn dem Kläger nur ein Teil des geltend gemachten Betrages verbleibt, da dieser einen geringeren Anreiz zur Klageerhebung hat.457 Darüber hinaus wird von Autoren der ökonomischen Analysen des Rechts darauf hingewiesen, dass ein Entkoppeln des Empfangs des Strafschadensersatzes vom
450
So etwa von Rowan, in: Cartwright/Whittaker/Vogenauer (Hrsg.), Reforming the French Law of Obligations, 2009, S. 325 (337). 451 Gegen eine Zahlung an das Opfer, die zu dessen Bereicherung führen würde, auch Dreyer, JCP G 2008, n° 43, I 201, 22. 452 Deumier und Gout etwa sprechen sich vor diesem Hintergrund für eine Befassung des Conseil constitutionnel mit der Frage aus: Les Nouveaux Cahiers du Conseil constitutionnel 2/2011, S. 21, Rn. 25. 453 So etwa vertreten von Carval, La responsabilité civile dans sa fonction de peine privée, 1998, n° 322; ähnlich Robineau, Contribution à l’étude du système responsabilité. Les potentialités du droit des assurances, 2006, n° 209 (S. 149). 454 Cohen, in: FS Jauffret-Spinosi, 2013, 247 (268). 455 Sharkey, 113 Yale L.J. (2003–2004), 347 (375 ff.) mit einer Übersicht über die Rechtslage in den verschiedenen Bundesstaaten; Meurkens, Punitive Damages, 2014, S. 76 ff. 456 Dazu Pierre, RJO 2014, 23 (25); sowie Chagny, JCP G 2006, n° 25, 1223–1227 (1226), die sich gleichwohl in Bezug auf das Wettbewerbsrecht für eine Zahlung an die Staatskasse ausspricht. 457 Zu der Abschwächung des Anreizes des Geschädigtes, den Anspruch geltend zu machen, Rowan, in: Cartwright/Whittaker/Vogenauer (Hrsg.), Reforming the French Law of Obligations, 2009, S. 325 (337).
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ihn einfordernden Kläger negative Auswirkungen auf die abschreckende Wirkung des Strafschadensersatzes haben kann. 458 Im Hinblick auf den internationalen Rechtsverkehr ist außerdem zu beachten, dass einer Verurteilung zu Strafschadensersatz, der an jemanden anderes als den Geschädigten zu zahlen ist, unter Umständen die Anerkennung und Vollstreckung im Ausland verweigert wird. Da bisweilen die Auffassung vertreten wird, dass die zivilrechtliche Natur eines Rechtsstreits zu verneinen sei, wenn der Anspruchsinhaber kein Privater ist,459 kann auch in anderen Rechtsordnungen die Anerkennung bzw. Vollstreckung verweigert werden, wenn der geltend gemachte Betrag an die Staatskasse oder eine dem Staat zuzurechnende Einrichtung zu zahlen ist. Bisweilen wird angenommen, dass ein derartiger Strafschadensersatz einer Geldbuße gleichkomme.460 Um nicht die Vollstreckbarkeit der Ansprüche im Ausland zu riskieren, wäre es daher sinnvoll, einen etwaigen de lege ferenda zu schaffenden Strafschadensersatz so auszugestalten, dass er an den Geschädigten zu zahlen ist. Sollte sich der französische oder der deutsche Gesetzgeber doch dafür entscheiden, eine Regelung einzuführen, aufgrund derer die Strafschadensersatzbeträge teilweise an die Staatskasse oder einen Entschädigungsfonds zu zahlen sind, könnte man eine Ausgestaltung vornehmen, die § 668A.1(1)(b) des Gesetzbuchs von Iowa entspräche.461 Gemäß dieser Regelung ist danach zu differenzieren, ob die schädigende Handlung unmittelbar auf den Geschädigten gerichtet war. Ist dies der Fall, erhält der Kläger den vollständigen Betrag. Andernfalls erhält er nur 25 Prozent, während der übrige Teil an einen Entschädigungsfonds gezahlt wird.462 In ähnlicher Weise könnte man auch im Falle der Einführung von Strafschadensersatz ins deutsche oder französische Recht vorsehen, dass ein Teil des zugesprochenen Strafschadensersatzes an eine staatliche Stelle zu zahlen ist, wenn das schädigende Verhalten viele Personen hätte schädigen können und nicht nur den Kläger, der den Schadensersatz geltend macht. Durch den beim Schädiger verbleibenden Teil hat dieser einen Anreiz, die Klage zu erheben, ohne dass eine übermäßige Bereicherung zu befürchten ist.
458
So Ikeda/Mori, Rev. Law Econ., Vol. 11 (2015), 513. Zu der Qualifikation von Strafschadensersatz als zivilrechtlich nach deutschem bzw. französischem Recht unter Kapitel 4, § 1, A. 460 Piedelièvre, RCA, Hors-série Juin 2001, 68 (72). 461 Ähnlich Sharkey, 113 Yale L.J. 347 (2003–2004), 347 (416), die in der Regelung ein Modell für andere Bundesstaaten der USA sieht. 462 Sharkey, a.a.O. Dazu auch Costas-Pörksen, Anwendungsbereich und ordre public-Vorbehalt des Haager Zustellungsübereinkommens, 2016, S. 70. 459
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3. Steuerliche Behandlung von Strafschadensersatz Eine Frage, die soweit ersichtlich bislang keine Aufmerksamkeit im deutschen oder französischen Schrifttum erhalten hat, ist diejenige, wie ein etwaiger Strafschadensersatz steuerlich zu behandeln wäre. Dass auf diese Frage in der Literatur noch nicht eingegangen wurde, ist insofern überraschend, als in den USA die Frage der steuerlichen Behandlung von punitive damages in den letzten Jahren kontrovers diskutiert wurde.463 Manche Autoren nämlich sind der Auffassung, dass als punitive damages zu zahlende Beträge nicht steuerlich abzugsfähig sein sollten, da andernfalls die Sanktion geringer ausfalle, als dies von der Jury bei der Urteilsfindung beabsichtigt wird. 464 Andere wiederum sprechen sich für eine Absetzbarkeit aus, da die mit ihnen verbundenen Kosten nach Steuern andernfalls im Verhältnis zu den mit Sorgfaltsmaßnahmen verbundenen Kosten, welche ihrerseits abzugsfähig sind, künstlich erhöht würden.465 Es scheint sinnvoll, dass ein etwaiger in Deutschland oder Frankreich eingeführter Strafschadensersatz dieselbe steuerliche Behandlung erfahren sollte, wie dies Geldbußen und ähnliche Sanktionen tun. In Deutschland sind von einer Behörde oder EU-Organen festgesetzte Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 S. 1 EStG, der gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 KStG auch auf juristische Personen anwendbar ist, nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig. Etwas anderes gilt jedoch nach S. 4 der Vorschrift, wenn der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde, abgeschöpft worden ist. Ähnlich sieht in Frankreich Art. 39, Abs. 2 CGI vor, dass wegen Gesetzesverstößen zu zahlende Geldbußen nicht vom zu versteuernden Gewinn abziehbar sind.466 Um nicht die von der Sanktionierung ausgehende Präventionswirkung zu schwächen, scheint es sinnvoll, die steuerliche Abzugsfähigkeit zu verneinen. In Deutschland dürfte dies schon nach bestehender Rechtslage möglich sein, indem man Strafschadensersatz unter den Begriff der „sonstigen Rechtsfolgen vermögensrechtlicher Art, bei denen der Strafcharakter überwiegt“ nach § 12 Nr. 4 EStG subsumiert. In Frankreich hingegen müsste wohl eine Gesetzesänderung vorgenommen zu werden, um die Abzugsfähigkeit eines de lege ferenda zu schaffenden Strafschadensersatzes auszuschließen. 463 Siehe etwa Polsky/Markel, 96 Va. L. Rev. (2010), 1295; kritisch dazu Zelenak, 96 Va. L. Rev. (2010), 61 sowie Mogin, 96 Va. L. Rev. (2010), 69 und die Replik dazu von Polsky/Markel, 97 Va. L. Rev. (2011), 73. Allgemein zu steuerrechtlichen Aspekten bei punitive damages: Schlueter/Redden, Punitive Damages, Third Edition, Vol. 2, 1995, S. 309 ff. 464 Polsky/Markel, a.a.O. 465 So Polinsky/Shavell, in: Faure (Hrsg.), Tort Law and Economics, 2009, S. 228 (241). 466 Die Vorschrift bestimmt: „Les sanctions pécuniaires et pénalités de toute nature mises à la charge des contrevenants à des obligations légales ne sont pas admises en déduction des bénéfices soumis à l'impôt.“
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Kapitel 1: Pönale Elemente im deutschen und französischen Haftungsrecht
4. Unternehmensstrafrecht als Alternative zur Einführung von Strafschadensersatz? Abgesehen von der konkreten Ausgestaltung stellt sich aber auch die Frage, ob statt der Schaffung von Strafschadensersatz die mit ihr verfolgten Ziele nicht auch mit der Einführung eines Unternehmensstrafrechts erreicht werden könnten. Aufgeworfen wurde die Idee etwa für den Bereich des Medienrechts, um die Verletzungen des Persönlichkeitsrechts durch Berichterstattung der Presse zu sanktionieren. 467 Manche Autoren sehen ein solches Unternehmensstrafrecht als das am ehesten geeignete Mittel an, um die vom bestehenden Strafrecht bislang nicht abgedeckte Prävention zu erfüllen. 468 In Deutschland wird die Einführung eines solchen Unternehmensstrafrechts derzeit diskutiert,469 insbesondere nachdem das Land Nordrhein-Westfalen einen Gesetzentwurf zur Einführung eines Unternehmensstrafrechts vorgelegt hat.470 Der französische Gesetzgeber hingegen hat die Unternehmensstrafbarkeit bereits im Jahr 1992 durch das Gesetz Nr. 92-1336471 in Art. 121-2, 13137 ff. Nouveau Code pénal eingeführt. 472 Dass man sich in Frankreich dennoch intensive Gedanken zur Einführung von Strafschadensersatz macht, zeigt, dass man das Unternehmensstrafrecht dort offenbar nicht als Alternative zu überkompensatorischem Schadensersatz ansieht. Dies ist insofern schlüssig, als durch Strafschadensersatz auch Privatpersonen betroffen wären. Auch in den USA, wo Strafschadensersatz in Form der punitive damages weite Verbreitung hat, wird Unternehmensstrafrecht in einem so großen Ausmaß angewendet 473, dass Zweifel an einem Alternativitätsverhältnis zwischen Strafschadensersatz und Unternehmensstrafrecht gerechtfertigt sein dürften. Diese Umstände sprechen dafür, Unternehmensstrafrecht und Strafschadensersatz auch in Deutschland oder Frankreich eher als sich ergänzende Instrumente zu betrachten. Gleichwohl könnte man erwägen, statt einer Einführung von Strafschadensersatz eine Verhaltenssteuerung durch Einführung anderer sanktionierend wirkender Instrumente anzustreben. Denkbar ist etwa, durch öffentlich verbreitete
467
So Democh, AfP 2002, 375 (383). So etwa Dreier, Kompensation und Prävention, 2002, S. 527 f. 469 Hellmann, in: FS Seul, 2014, S. 195 (199). Zu der Diskussion auch Heuking/von Coelln, BB 2014, 3016. 470 Zu diesem Vorschlag Haubner, DB 2014, 1358. 471 Loi n° 92-1336 du 16.12.1992 relative à l'entrée en vigueur du nouveau code pénal et à la modification de certaines dispositions de droit pénal et de procédure pénale rendue nécessaire par cette entrée en vigueur (JO n° 298 du 23.12.1992). 472 Rogall, in: Karlsruher Kommentar zum OWiG, 4. Aufl. 2014, § 30, Rn. 267; Hellmann, in: FS Seul, 2014, S. 195 (200). 473 Siehe etwa die Berichterstattung in der amerikanischen Ausgabe von The Economist vom 30.8.2014: ‹http://www.economist.com/news/leaders/21614138-companies-must-bepunished-when-they-do-wrong-legal-system-has-become-extortion›. 468
§ 2 Durchbrechungen des Ausgleichsprinzips
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Information über Rechtsverstöße und deren Urheber die bestehenden Sanktionsmechanismen zu flankieren. 474
474
Zu solchen „Prangern“ als Instrument der Finanz- und Wirtschaftsregulierung Schmieszek/Langner, WM 2014, 1893.
Kapitel 2
Versicherbarkeit von Ansprüchen über Strafschadensersatz Eine der bedeutsamsten Fragen, die durch Strafschadensersatz aufgeworfen werden, stellt sich schon lange bevor eine Klage überhaupt erhoben wird: die Versicherbarkeit gegen solche Haftungsansprüche.1 Rechtspolitisch ist die Versicherbarkeit unter anderem deshalb von Bedeutung, weil davon ausgegangen wird, dass die Einführung von Strafschadensersatz sich negativ auf die Nachfrage nach Versicherungen auswirken würde. 2 Zum anderen kann die Versicherbarkeit insoweit entscheidend sein, als sie dazu beitragen kann, Strafschadensersatz wirtschaftlich erträglich zu machen. Sofern eine Versicherbarkeit ausscheidet, könnte sich im internationalen Rechtsverkehr etwa die Frage stellen, ob die fehlende Versicherbarkeit im Rahmen einer bei der Urteilsanerkennung und -vollstreckung vorzunehmenden Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigen ist. Die praktische Relevanz von Versicherungen für Strafschadensersatz zeigt sich unter anderem auch daran, dass es oftmals die Versicherungsunternehmen sind, die den Rechtsstreit anstelle des Versicherungsnehmers führen, wie dies beispielsweise auch in der Rechtssache Fountaine Pajot der Fall war.3 Darüber hinaus wird die Bedeutung von Ansprüchen aus Versicherungsverträgen über Strafschadensersatz auch dadurch deutlich, dass für sie eine eigene Regelung in Art. 17 Abs. 2 Buchstabe b des Haager Übereinkommens über Gerichtsstandsvereinbarungen vom 30. Juni 2005 geschaffen wurde. 4 Die Frage der Versicherbarkeit stellt sich in zweierlei Hinsicht: Zum einen, ob etwaige de lege ferenda zu schaffende Strafschadensersatzansprüche versicherbar sein sollten (A), und zum anderen im Hinblick auf den internationalen Rechtsverkehr, ob im Inland eine Versicherung gegen Strafschadensersatz aufgrund von im Ausland belegener Risiken möglich ist (B). 1
Licari, JDI 2010, 1263; Piedelièvre, RCA, Hors-série juin 2001, 68 (70), Rn. 12. Zu diesen Auswirkungen Doherty/Eckles, Insurance and Risk Management, Vol. 79 (2011), 31. 3 Dies lässt sich der Entscheidung der CA Paris, pôle 2, 5 e ch. vom 13.12.2011, n° 07/17614: Compagnie AGF c/SA Fountaine Pajot et al. entnehmen, siehe die Anmerkung dazu von Moore, Gaz.Pal., 7.4.2012, 986 f. 4 Näher dazu Wagner/Schüngeler, ZVglRWiss 108 (2009), 399 (422). 2
§ 1 Diskussion de lege ferenda
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§ 1 Diskussion de lege ferenda über die Versicherbarkeit von Strafschadensersatzansprüchen § 1 Diskussion de lege ferenda Ist nach dem deutschen oder französischen Recht überkompensatorischer Schadensersatz verfügbar, so stellt sich die Frage, ob dieser versicherbar ist. Da entsprechende Regelungen in Bezug auf die bestehenden pönalen Regelungen bislang nicht existieren, wird die Diskussion in erster Linie de lege ferenda geführt. Sie ist insofern nicht überraschend, als selbst in den Vereinigten Staaten, wo Strafschadensersatz im Recht einiger Bundesstaaten existiert, die Frage der Versicherbarkeit sehr unterschiedlich geregelt ist. 5 Die bisweilen geäußerte Mutmaßung, dass die Frage der Versicherbarkeit eher theoretischer als praktischer Art sei, da eine Versicherung, die Strafschadensersatz abdeckt, schwer zu finden sein sollte, dürfte nicht zutreffen. 6 Zwar mag die mit Strafschadensersatz verbundene Unvorhersehbarkeit in der Tat ein erhöhtes Risiko für den Versicherer darstellen, doch bedeutet dies keineswegs, dass Versicherer nicht bereit sind, dieses Risiko zu übernehmen, sondern eher, dass sie dies bei der Festlegung der Höhe der Versicherungsprämie entsprechend berücksichtigen. 7 Der Umstand, dass es sogar Versicherer gibt, die ausdrücklich Policen zur Deckung von Strafschadensersatz anbieten, wenn die Versicherbarkeit anderswo ausgeschlossen ist, 8 deutet darauf hin, dass durchaus ein Markt für entsprechende Versicherungen existiert. In Frankreich wird die Debatte über die Versicherbarkeit von Strafschadensersatz derzeit wesentlich lebhafter als in Deutschland geführt, da sie dort durch die Rechtssache Fountaine Pajot angefacht wurde9 und ihr im Hinblick auf die Vorschläge zu einer Reform des Schuldrechts, die eine Einführung von Strafschadensersatz ins französische Haftungsrecht vorsehen, größere Aktualität zu-
5 Näher dazu Bourthoumieux, RGDA 1996, 861; Cohen, in: FS Jauffret-Spinosi, 2013, 247 (262); Hoechst, VersR 1983, 13; Koch, in: FS Reich, 1997, S. 845 (857); Meurkens, Punitive Damages, 2014, S. 82 ff.; Reif/Kapteina, PHi 2000, 193 und ausführlich Ruttmann, Die Versicherbarkeit von Geldstrafen, Geldbußen, Strafschadensersatz und Regressansprüchen in der D&O-Versicherung, 2014, S. 225 ff. Siehe auch die Übersichten über die Rechtslage in den einzelnen Bundesstaaten bei Ruttmann, a.a.O., S. 271 ff. und Schubert, PHi 2015, 110 (114). 6 So aber Rowan, in: Cartwright/Vogenauer/Whittaker (Hrsg.), Reforming the French Law of Obligations, 2009, S. 325 (340). 7 Faure, in: Wagner (Hrsg.), Tort Law and Liability Insurance, 2005, S. 239 (270 f.), Rn. 101. 8 Zu solchen sogenannten wrap around policies: Ebert, in: Koziol/Wilcox (Hrsg.), Punitive Damages: Common Law and Civil Law Perspectives, 2009, S. 213 (216). 9 In dem Sinne Cachard, DMF 2011, 331 (340) a.E.: „Fountaine Pajot invite à ouvrir le débat sur le caractère assurable des dommages et intérêts punitifs.“
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Kapitel 2: Versicherbarkeit von Ansprüchen über Strafschadensersatz
kommt. Unter diesen französischen Reformvorhaben sieht etwa der oben bereits dargestellte10 Vorentwurf von Catala vor, dass Art. 1371 C. civ. dahingehend umformuliert wird, dass eine Entschädigung mit Strafcharakter für offenkundig pflichtwidriges Verhalten verhängt werden kann, diese aber nicht versicherbar ist.11 Der Entwurf für einen neuen Art. 1371 S. 3 C. civ. lautet: „Les dommages-intérêts punitifs ne sont pas assurables.“ [„Die Entschädigung mit Strafcharakter ist nicht versicherbar.“12]
In ähnlicher Weise enthält der unter Vorsitz von François Terré erstellte Reformentwurf der Académie des sciences morales et politiques in seinem Art. 54, der die Einführung eine Gewinnabschöpfung bei vorsätzlichem deliktischem Handeln vorsieht, eine Aussage, dass der den Betrag für kompensatorischen Schadensersatz übersteigende Anteil nicht durch eine Haftpflichtversicherung gedeckt werden könne.13 Der Entwurf der Vorschrift besagt: „La part excédant la somme qu’aurait reçue le demandeur au titre des dommages-intérêts compensatoires ne peut être couverte par une assurance de responsabilité.“ [„Der die Summe, die der Kläger als kompensatorischen Schadensersatz erhalten hätte, übersteigende Anteil kann nicht durch eine Haftpflichtversicherung gedeckt werden.“ 14]
Der von Anziani und Béteille15 dem Senat vorgelegte Entwurf hingegen enthält keine Bestimmung, durch welche die Versicherbarkeit von Strafschadensersatz ausgeschlossen würde. Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Versicherbarkeit gegen Strafschadensersatz für vorsätzliches Handeln möglich wäre. Denn Art. L. 113-1 des französischen Versicherungsgesetzbuches (Code des assurances)16 bestimmt, dass der Versicherer nicht für vorsätzliches Verhalten
10
Dazu unter Kapitel 1, § 2, B. I. 2. Avant-projet de réforme du droit des obligations (Articles 1101 à 1386 du code civil) et du droit de la prescription (Articles 2234 à 2281), Rapport à Monsieur Pascal Clément, Garde des Sceaux, Ministre de la Justice, 22 septembre 2005. Eine deutsche Übersetzung des Vorentwurfs von Sonnenberger findet sich in ZEuP 2007, 633. Näher zu dem Vorentwurf auf Englisch bei Fauvarque-Cosson, ZEuP 2007, 429 sowie auf Deutsch bei Sonnenberger, ZEuP 2007, 421. 12 Übersetzung von Sonnenberger, ZEuP 2007, 633 (682). 13 Terré (Hrsg.), Pour une réforme du droit de la responsabilité civile, 2011. 14 Übersetzung des Verfassers. 15 Anziani/Béteille, Rapport d’information fait au nom de la commission des lois constitutionnelles par le groupe de travail relative à la responsabilité civile, § 558 (2008–2009), verfügbar unter ‹http://www.senat.fr/rap/r08-558/r08-558.html›. 16 Der Wortlaut der Vorschrift besagt: „Toutefois, l'assureur ne répond pas des pertes et dommages provenant d'une faute intentionnelle ou dolosive de l'assuré.“ [„Jedoch steht der Versicherer nicht für Verluste und Schäden ein, die aus einem vorsätzlichen oder absichtlichen Verschulden des Versicherten resultieren“, Übersetzung des Verfassers]. 11
§ 1 Diskussion de lege ferenda
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einsteht, so dass wegen einer solchen Handlung zugesprochener Strafschadensersatz ohnehin nicht von einer Versicherung gedeckt wäre.17 Im Hinblick auf diese Vorschrift wird am oben genannten Art. 54 des Entwurfs von Terré kritisiert, dass die Regelung fälschlicherweise impliziere, dass hinsichtlich des kompensatorischen Schadensersatzes eine Versicherbarkeit auch für absichtliche Schädigung möglich sei. 18 Ein Ausschluss der Versicherbarkeit ist im Übrigen auch in Bezug auf die geplante Einführung einer amende civile vorgesehen. Während der frühere Entwurf für eine Reform des französischen Haftungsrechts aus dem Jahr 2016 diesbezüglich keine Aussage traf, sieht die am 13. März 2017 durch das Justizministerium veröffentlichte überarbeitete Fassung in Art. 1266-1 vor, dass die amende nicht versicherbar ist. 19 Im Schrifttum wird der Ausschluss der Versicherbarkeit weitgehend unterstützt.20 Ähnlich der Diskussion in Frankreich wird auch im deutschen Schrifttum vertreten, dass bei einer Einführung von Strafschadensersatz in das deutsche Haftungsrecht der Strafschadensersatz von der Versicherung auszunehmen sei. 21 Zwar schließt § 81 Abs. 1 VVG, ähnlich wie in Frankreich Art. L. 113-1 Code des assurances, die Leistungsverpflichtung der Versicherung aus, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt hat, doch sei die Vorschrift anzupassen, sofern der Strafschadensersatz auch unvorsätzliche Fälle erfassen sollte. 22 Die Forderung nach einer Ausnahme von der Versicherungsfähigkeit bezieht sich aber bisweilen nicht nur auf de lege ferenda zu schaffenden Strafschadensersatz, sondern auch auf die bereits bestehenden pönalen Elemente im deutschen Zivilrecht: So wird etwa bezüglich des Schmerzensgeldes, das nach dem oben Gesagten aufgrund seiner Genugtuungsfunktion eine sanktionierende Zielrichtung verfolgt 23, vertreten, dass es nicht versicherbar sein solle und die Genugtuung im Urteil gesondert auszuweisen sei, um sie aus der Versicherung herausnehmen zu können. 24 Neben solchen Forderungen nach einem ausdrücklichen Versicherungsverbot finden sich auch Stimmen, denen zufolge ein Versicherungsvertrag, der 17
Mahé, in: Meurkens/Nordin (Hrsg.), The Power of Punitive Damages – Is Europe Missing Out?, 2012, S. 261 (277). 18 So Mésa, LPA 27.2.2012, n° 41, 5 (6). 19 Projet de réforme de la responsabilitécivile, Mars 2017, abrufbar unter folgendem Link: ‹http://www.justice.gouv.fr/publication/Projet_de_reforme_de_la_responsabilite_civile_13 032017.pdf› (zuletzt abgerufen am 1.4.2017). 20 So beispielsweise durch Jakouloff, RLDC 134/2016, 54 (55) und Juen, RTD Civ. 2017, 565, n° 20. 21 Schubert, Die Wiedergutmachung immaterieller Schäden im Privatrecht, 2013, S. 850. 22 Schubert, a.a.O. 23 Dazu unter Kapitel 1, § 2, A. III. 1. a). 24 So schon Deutsch, in: FS Wahl, 1973, S. 339 (342): „[…] auch sollte eine […] Genugtuung nicht von der Haftpflichtversicherung für Schmerzensgeld gedeckt sein.“; Kern, AcP 191 (1991), 247 (269): „Soll die Straffunktion wirklich greifen, so muß die Genugtuung im
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Kapitel 2: Versicherbarkeit von Ansprüchen über Strafschadensersatz
Strafschadensersatz abdeckt, als sittenwidrig und damit nichtig anzusehen ist. 25 Für diese Ansicht könnte sprechen, dass auch bezüglich der Versicherung von Geldstrafen und Bußgeldern angenommen wird, dass diese in Deutschland gegen § 134 BGB verstoßen, weil sie den Sanktionszweck beeinträchtigen. 26 Gleichwohl ist es überzeugender, diese Überlegungen nicht auf Strafschadensersatz zu übertragen, da Strafschadensersatz, wie unter § 1 gezeigt, auch anderen Zwecken als der Sanktionierung dient27 und daher ein legitimes Interesse an einer Versicherbarkeit gegen eine entsprechende Haftung besteht. 28 Der oben dargestellte Zweck der Verhaltenssteuerung durch Kosteninternalisierung spricht sogar dafür, die Versicherbarkeit des durch einen Multiplikator erhöhten Schadensersatzes zuzulassen. 29 Das gewichtigste Argument, das gegen die Versicherbarkeit von Strafschadensersatz vorgebracht wird, ist, dass sie der abschreckenden Wirkung des Strafschadensersatzes abträglich sei.30 Dabei wird darauf verwiesen, dass aus diesem Grund auch Vertragsstrafen nicht versicherbar seien. 31 Das Phänomen, dass die Versicherbarkeit der von deliktischer Haftung ausgehenden Präventionswirkung abträglich sein kann, da sie die Anreize des potentiellen Schädigers, schadensvermeidende Sorgfaltsmaßnahmen zu treffen, mindert, ist allgemein unter dem Stichwort moral hazard bekannt.32
Urteil gesondert ausgewiesen werden. Nur so kann sie aus der Versicherung herausgenommen werden und den Schädiger als fühlbares Vermögensopfer treffen.“ 25 So Mühlenfeld, Die informelle Strafe im deutschen und europäischen Wirtschaftsstrafrecht, 2011, S. 259. 26 Für die Sittenwidrigkeit der Versicherung von Geldbußen und Geldstrafen etwa Fleischer, Handbuch des Vorstandsrechts, 1. Aufl. 2006, § 12, Rn. 54; Gruber/Mitterlechner/Wax, D&O-Versicherung, 2011, § 7, Rn. 7. 27 Zu den verschiedenen Zwecken siehe Kapitel 1, § 1, A. I. 28 Zu diesem Interesse auch Hohenstatt/Naber, DB 2010, 2321 (2323). 29 So auch Calabresi, in: Madden (Hrsg.), Exploring Tort Law, 2005, S. 333 (339): „If, however, the object is internalization of costs, in a transaction cost heavy world, then there is no reason whatever to prohibit insurance coverage of the multiplied damages – quite the contrary.“ 30 So etwa vertreten von Carval, La responsabilité civile dans sa fonction de peine privée, 1998, S. 307; Ewald/Garapon/Martin/Muir Watt/Matet/Molfessis/Nussenbaum (Hrsg.), Les limites à la réparation du préjudice, 2009, S. 440; Pièdelièvre, RCA, Hors-série Juin 2001, 68 (70); Rowan, in: Cartwright/Whittaker/Vogenauer (Hrsg.), Reforming the French Law of Obligations, 2009, S. 325 (340); Saint-Esteben, LPA 20.1.2005 n° 14, S. 53. Dazu, dass die Versicherbarkeit einer Sanktion ihre Spürbarkeit und damit ihre präventive Wirkung mindere, auch Schlobach, Das Präventionsprinzip im Recht des Schadensersatzes, 2004, S. 318 f. Ähnlich auch Parker, 41 Ga. J. Int'l & Comp. L. (2012–2013), 389 (430), der die Ansicht vertritt, der Ausschluss der Versicherbarkeit sei konsistent mit den Grundsätzen des französischen Rechts. 31 Béhar-Touchais, LPA 20.11.2002 n° 232, S. 36. 32 Dazu Wagner, in: Faure (Hrsg.), Tort Law and Economics, 2009, S. 377 (389 f.).
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Um die Stichhaltigkeit des Arguments, dass die Versicherbarkeit die von Strafschadensersatz ausgehenden Abschreckung mindere, zu beurteilen, lohnt sich ein Blick auf die Untersuchungen aus Staaten, in deren Recht Strafschadensersatz bereits existiert: Die herrschende Meinung unter Autoren der ökonomischen Analyse des Rechts, die amerikanische punitive damages untersucht haben, besagt, dass die Versicherbarkeit dieses Strafschadensersatzes langfristig von Vorteil ist. Cooter etwa kommt zu dem Ergebnis, dass die Versicherung von Strafschadensersatz sowohl für den Schädiger als auch für das Opfer günstig sei. 33 Zwar könnten kurzfristig die Anreize zur Schadensverhütung abnehmen, doch langfristig werde der Anreiz für potentielle Schädiger, die Schadensverursachung zu verhindern, steigen, da auf dem Versicherungsmarkt die Versicherungsunternehmer ein sorgsames Verhalten des Versicherungsnehmers verlangen werden und beim Fehlen eines solchen die Versicherungspolice verwehren oder die Prämie erhöhen dürften. 34 Sich dieser Ansicht anschließende Autoren nehmen daher an, dass auch durch den Versicherungsbeitrag eine hinreichend abschreckende Wirkung für den Versicherten ausgehe, um ihn von einer willentlichen Schadensverursachung abzuhalten. 35 Polinsky und Shavell sprechen sich ebenfalls für eine Versicherbarkeit von Strafschadensersatz aus, insbesondere da andernfalls das mit der Haftung verbundene Risiko auf die Preise für Waren und Dienstleistungen aufgeschlagen werde, was dem Kunden wiederum zum Nachteil gereiche. 36 Visscher wiederum stimmt zwar der Ansicht zu, dass die Versicherbarkeit der Abschreckung nicht entgegensteht, sieht aber dennoch den Zweck der Bestrafung durch die Versicherbarkeit beeinträchtigt. 37 Andere Stimmen hingegen sehen die anderen Zwecke von Strafschadensersatz nicht gefährdet. So hat etwa die Law Commission von England und Wales in einem Bericht die Auffassung vertreten, dass eine Versicherbarkeit nicht den Strafzweck unterlaufe, da nach wie vor
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Cooter, Southern California Law Review, Vol. 56 (1982), 79 (96). Cooter, Alabama Law Review, Vol. 40 (1989), 1143 (1182–115). Dazu näher auf Französisch Maitre, La responsabilité civile à l’épreuve de l’analyse économique du droit, 2005, S. 188. 35 So aus dem französischen Schrifttum etwa Nussenbaum, LPA 19.5.2005, n° 99, 78, unter I. E. Im selben Sinne Pierre, RdC 2010, 1117. 36 Polinsky/Shavell, a.a.O.: „[…] prices would rise to cover the liability risks that such providers would now have to bear directly, and the resulting price increase generally would exceed that which would have resulted from the purchase of liability insurance. Both of these consequences of disallowing liability insurance – the possible withdrawal from certain activities and the increased price of other activities – hurt consumers of the affected products and services.“ (S. 934). 37 Visscher, in: Koziol/Wilcox (Hrsg.), Punitive Damages: Common Law and Civil Law Perspectives, 2009, S. 219 (233 f.). 34
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Kapitel 2: Versicherbarkeit von Ansprüchen über Strafschadensersatz
zumindest das Ziel einer Genugtuung des Geschädigten erreicht werden könne. 38 Die Auffassung, dass die präventive Wirkung des Strafschadensersatzes durch eine Versicherbarkeit nicht unterlaufen wird, dürfte im Falle einer Einführung von Strafschadensersatz ins deutsche oder französische Recht auf die dortige Situation übertragbar sein. In manchen Rechtsordnungen wird zwar vereinzelt vertreten, dass entgegen der herrschenden Meinung unter Autoren der ökonomischen Analyse des Rechts die Versicherbarkeit von Strafschadensersatz zumindest im dortigen juristischen Kontext die Funktion des Strafschadensersatzes beeinträchtige und die soziale Funktion der Versicherungshaftung schwäche.39 Für das deutsche und französische Recht jedoch sind keine Gründe ersichtlich, die einer Übertragbarkeit der Erkenntnisse der klassischen ökonomischen Analyse des Rechts entgegenstünden. Dafür, dass die Versicherbarkeit der Präventivfunktion des Deliktsrechts in diesen Rechtsordnungen nicht abträglich ist, spricht auch die weite Verbreitung von Bonus-Malus-Systemen, welche die Höhe der Versicherungsprämien beeinflussen und somit einen Anreiz zur Schadensvermeidung setzen. 40 Darüber hinaus könnte man in Erwägung ziehen, einen Selbstbehalt verpflichtend zu machen, so dass in jedem Fall zumindest ein Teil des Schadens vom Schädiger zu tragen ist. 41 Unabhängig davon, ob die Entscheidung für oder gegen die Versicherbarkeit von Strafschadensersatz ausfällt, sollte berücksichtigt werden, dass dies in jedem Fall erhebliche Auswirkungen auf den Verlauf gerichtlicher Verfahren sowie die Entschädigungssumme für finanzielle Einbußen und letztlich auch den
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The Law Commission, Report LC247, S. 168, Rn. 1.241: „Moreover, regardless of the impact of permitting insurance against the possibility of awards of punitive damages on the aims of punishment and deterrence, the aim of satisfaction of the plaintiff can still coherently be pursued even where a defendant is insured.“ Dieser Ansicht zustimmend Stoll, in: FS Heinrich, 2000, S. 593 (605). 39 So etwa in Bezug auf Argentinien Irigoyen Testa, InDret 3/2011, 1 ff. 40 In diesem Sinne in Bezug auf das deutsche Recht Körner, NJW 2000, 241 (242) sowie hinsichtlich des französischen Rechts Pierre, RJO 2014, 23 (33). Zur präventiven Wirkung von Bonussystemen auch Bohn, Der Sanktionsgedanke im Bürgerlichen Recht, 2005, S. 79. Ebenso Medicus, JZ 2006, 808 (809), dem zufolge die Präventionswirkung des Schadensersatzrechts „selbst da, wo sie durch ein Haftpflichtversicherungssystem aufgehoben sein könnte, durch ein Bonus-Malus-System […] zu einem guten Teil wiederhergestellt“ wird. Ähnlich Alexander, Schadensersatz und Abschöpfung im Lauterkeits- und Kartellrecht, 2010, S. 144, dem zufolge in Fällen, in denen Versicherungen die Schadensabwicklung übernehmen, eine Prävention allenfalls noch durch indirekte Mechanismen wie etwa Bonus/MalusRegelungen erzielt werden kann. A.A. Schlobach, Das Präventionsprinzip im Recht des Schadensersatzes, 2004, S. 318, dem zufolge trotz der Präventionswirkung eines Bonus-Malus-Systems die präventive Wirkung der Sanktion verwässert wird (S. 415). 41 Pierre, RJO 2014, 23 (33).
§ 2 Versicherbarkeit gegen ausländischen Strafschadensersatz
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Versicherungsmarkt haben dürfte. 42 Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass eine ökonomische Untersuchung zeigt, dass in Staaten, in denen die Versicherbarkeit von Strafschadensersatz ausgeschlossen ist, die ausgeurteilten Entschädigungssummen im Durchschnitt sechs bis sieben Prozent niedriger sind als in Staaten, die eine Versicherbarkeit zulassen. 43 Selbst wenn man die Versicherbarkeit von Strafschadensersatz grundsätzlich ausschließen will, erscheint es gerechtfertigt, Ausnahmen zumindest für die Haftung des Arbeitgebers für das Verschulden seiner Angestellten vorzusehen. Die Einsicht, dass Unternehmen sich gegen eine Haftung für das Handeln ihrer Angestellten absichern können sollten, hatte den französischen Gesetzgeber bereits vor Jahrzenten veranlasst, eine entsprechende Änderung von Art. 452-4 des Sozialgesetzbuchs Code de la sécurité sociale vorzunehmen, um Unternehmen zu ermöglichen, sich gegen die Folgen von durch ihre Angestellten verursachten Arbeitsunfällen abzusichern. 44 Es erscheint sinnvoll, dieser Rationale auch bei einer etwaigen Einführung von Strafschadensersatz zu folgen und die Versicherbarkeit für Arbeitgeber gegen Haftung für das Handeln ihrer Angestellten zuzulassen. Dies entspräche im Übrigen auch den Regelungen der meisten Bundesstaaten der USA: Die Mehrheit derjenigen Bundesstaaten, welche die Versicherbarkeit von Strafschadensersatz ausgeschlossen haben, hat Ausnahmen vorgesehen für den Fall, dass ein Arbeitgeber für das Verschulden seiner Angestellten, über die er die Aufsicht hat, einstehen muss (sogenannte vicarious liability).45
§ 2 Versicherbarkeit gegen Strafschadensersatz wegen im Ausland belegener Risiken § 2 Versicherbarkeit gegen ausländischen Strafschadensersatz Die Frage der Versicherbarkeit gegen Ansprüche auf Strafschadensersatz stellt sich aber nicht nur im Falle einer etwaigen Einführung von Strafschadensersatz in das nationale Recht, sondern bereits de lege lata angesichts der nach ausländischem Recht zustehenden Strafschadensersatzansprüche. Für Unternehmen, die auf Märkten tätig sind, deren Rechtsordnungen solche Ansprüche kennen,
42 Coestier, Responsabilité et assurance, in: Deffains/Langlais (Hrsg.), Analyse économique du droit, 2009, S. 71 (98). 43 Coestier, a.a.O. mit Verweis auf Viscusi/Born, The Journal of Risk and Insurance, Vol. 72 (2005), 23. Dort heißt es: „Insurer losses are reduced 6–7 percent in states that do not allow the insurability of punitive damages relative to states that permit these damages to be insured“ (S. 32). 44 Jault, La notion de peine privée, 2005, n° 111, S. 66. 45 Reif/Kapteina, PHi 2000, 193 (197). Siehe auch die Übersicht bei Ruttmann, Die Versicherbarkeit von Geldstrafen, Geldbußen, Strafschadensersatz und Regressansprüchen in der D&O-Versicherung, 2014, S. 236 ff., 271 ff.
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Kapitel 2: Versicherbarkeit von Ansprüchen über Strafschadensersatz
stellt sich die Frage, ob sie sich gegen eine eventuelle dortige Haftung absichern können. 46 Neben der Versicherung des Unternehmens kann auch dieses selber in Erwägung ziehen, die Organe der Gesellschaft gegen eine etwaige Leitungshaftung zu versichern. 47 Dabei stellt sich zum einen die Frage, ob man sich durch deutsche bzw. französische Versicherer gegen die Haftung auf ausländischen Strafschadensersatz absichern kann (A). Zum anderen kann sich auch die Frage stellen, ob wegen der präventiven Wirkung von Strafschadensersatz beim Abschluss einer D&O-Versicherung auf einen Selbstbehalt verzichtet werden kann (B). A. Möglichkeit der Absicherung gegen ausländischen Strafschadensersatz über deutsche und französische Versicherer Unternehmen, die auf ausländischen Märkten aktiv sind und sich gegen dort drohende Haftungsrisiken versichern, wird in der Regel geraten, bei der Auslandsdeckung auf den Einschluss von Entschädigungen mit Strafcharakter zu drängen – insbesondere bei Produkthaftpflichtversicherungen48 (während Versicherungsunternehmen wiederum geraten wird, punitive damages als Auslandsschadenrisiko von der Deckung auszunehmen 49). In der Praxis scheint der Einschluss von ausländischen Verurteilungen zu Strafschadensersatz in die Versicherungspolice jedoch kaum vorzukommen, vielmehr werden diese üblicherweise ausgeschlossen50 – mit Ausnahme von Rückversicherungen. 51 Auch eine Organversicherung gegen Strafschadensersatzansprüche wird üblicherweise ausgeschlossen. 52 In Deutschland etwa scheinen sich die meisten Anbie-
46 Beispielsweise relevant für die Hersteller von Luftfahrzeugen, siehe Chiss/Le Gall-Crissin, RCA n° 5 2005, étude 9, Rn. 17 ff. 47 Während man solche Versicherungen gegen die Organhaftung üblicherweise als D&OVersicherung (Directors-and-Officers-Versicherung) bezeichnet, spricht man in Frankreich in der Regel von assurance RCMS (responsabilité civile des dirigeants et mandataires sociaux). Näher zur assurance RCMS: Gros, Die Leitungshaftung in der französischen société à responsabilité limitée (SARL) und in der deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), 2008, S. 353 ff. 48 So etwa Stempfle, in: Terbille/Höra (Hrsg.), Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht, 3. Aufl. 2013, § 15, Rn. 347. 49 So etwa Teschabai-Oglu, VW 2013, 17. 50 Näher zu der Zurückhaltung von Versicherungsunternehmen, Strafschadensersatz abzudecken: Grenier, Décideurs, n° 155, octobre 2013, S. 10 f. Ebenso Armbrüster, VW 2014, 70: „die üblichen Klauseln [sehen] einen Ausschluss von Ansprüchen auf Entschädigungen mit Strafcharakter (insbesondere punitive damages) vor“. In Bezug auf den Ausschluss von Ansprüchen nach mexikanischem Recht auch Rocha Núñez, RISF 2/2017, 109 f. 51 Ebert, in: Koziol/Wilcox (Hrsg.), Punitive Damages: Common Law and Civil Law Perspectives, 2009, S. 213 (217). 52 Zum Ausschluss von Strafschadensersatz in Unternehmensleiterhaftpflichtversicherungen Rieger-Goroncy, NVersZ 1999, 247 (250).
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ter von D&O-Versicherungen an den vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) herausgegebenen Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Aufsichtsräten, Vorständen und Geschäftsführern (AVB-AVG) zu orientieren.53 Diese sehen in Nr. 5.11 explizit vor, dass Haftpflichtansprüche wegen „Entschädigungen mit Strafcharakter (punitive und exemplary damages)“ vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind.54 Die Verwendung solcher Ausschlüsse ist mittlerweile international üblich. 55 Diese Praxis deckt sich im Übrigen mit der im Schrifttum vereinzelt vertretenen Auffassung, es sei nicht der Sinn einer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung, punitive und exemplary damages abzusichern.56 Wird ein derartiger Ausschluss von Strafschadensersatz im Versicherungsvertrag nicht ausdrücklich vereinbart, wird vereinzelt davon ausgegangen, dass Ansprüche auf Strafschadensersatz im Falle einer Silent-Lösung der D&O-Police von der Versicherung grundsätzlich erfasst werden. 57 Gleichwohl besteht bei Schweigen in der Police für den Versicherungsnehmer durchaus das Risiko einer Deckungslücke 58, insbesondere da der Versicherer die Deckung mit dem Argument ablehnen könnte, dass es sich um eine Buße handle. 59 Findet sich eine deutsche oder französische Versicherung, die bereit ist, ausländischen Strafschadensersatz einzuschließen, stellt sich unter Umständen die Frage, ob der Versicherungsschutz Wirkung entfalten kann. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass die Frage der Vollstreckungsfähigkeit ausländischer Entscheidungen unerheblich für die Möglichkeit ist, sich im Inland gegen Strafschadensersatz zu versichern.60 Es mag sich jedoch die Frage stellen, inwieweit
53 Musterbedingungen des GDV mit Stand von Mai 2011. Bei Vorsatz und wissentlicher Pflichtverletzung greift im Übrigen bereits der Ausschluss nach Nr. 5.1, siehe Ihlas, in: MüKo VVG, 2011, Rn. 575. 54 Dazu auch Gruber/Mitterlechner/Wax, D&O-Versicherung, 2012, § 7, Rn. 8. 55 Voit, in: Prölss/Martin (Hrsg.), Versicherungsvertragsgesetz, 2010, 5, Teil III, F, IX, 5, Rn. 15. 56 So vertreten von Schimmer, in: Patzina/Bank/Schimmer/Simon-Widmann, Haftung von Unternehmensorganen, 2010, 18. Kapitel, Rn. 34. 57 Kullmann (Hrsg.), Lamy Assurances 2014, n° 2624. Ähnlich ders., Bulletin Joly Sociétés 2010, 783 (787). 58 In Bezug auf D&O-Versicherungen Gruber/Mitterlechner/Wax, D&O-Versicherung, 2012, § 12, Rn. 251. Für den Einschluss von Strafschadensersatz auch Hohenstatt/Naber, DB 2010, 2321, die für die Formulierung der Klausel folgenden Wortlaut vorschlagen: „Es besteht Versicherungsdeckung auch für im oder aus dem Ausland und/oder nach ausländischem Recht gegen das Vorstandsmitglied geltend gemachte Ansprüche, insbesondere für Punitive und/oder Exemplary Damages nach US-amerikanischem und kanadischem Recht […], soweit rechtlich zulässig.“ (S. 2323). 59 Gruber/Mitterlechner/Wax, D&O-Versicherung, 2012, § 12, Rn. 251. 60 Ruttmann, Die Versicherbarkeit von Geldstrafen, Geldbußen, Strafschadensersatz und Regressansprüchen in der D&O-Versicherung, 2014, S. 127.
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sich die ausländischen Versicherungsverbote auf deutschem oder französischem Recht unterliegende Versicherungsverträge auswirken können. Während einige Staaten, wie zum Beispiel China 61, die Versicherbarkeit von Strafschadensersatz zulassen, bestehen in anderen Rechtsordnungen Versicherungsverbote, an denen eine Absicherung scheitert. So ist beispielsweise im Recht vieler US-Bundesstaaten, die Strafschadensersatzansprüche kennen, geregelt, dass diese Ansprüche nicht versicherbar sind. 62 In diesen Rechtsordnungen scheidet demnach der Abschluss einer Versicherung gegen Strafschadensersatz aufgrund der Verbotsnormen aus. Stattdessen ist aber unter Umständen der Abschluss einer Versicherung im Ausland in Form sogenannter wrap-around policies möglich,63 die aufgrund des Sitzes der Versicherungsanbieter bisweilen auch als „Bermuda-Verträge“ bezeichnet werden. 64 Nicht immer stehen die Versicherungsverbote einer solchen Versicherung über ausländische Anbieter entgegen. Über die USA etwa wird berichtet, dass einige der dortigen Bundesstaaten, die die Versicherbarkeit von Strafschadensersatz grundsätzlich ausschließen, Regelungen vorsehen, die es ermöglichen, bei einem nicht in dem Bundesstaat zugelassenen Versicherer eine Police in Form eines sogenannten self-procurement abzuschließen.65 Auch wenn es dazu noch keine gerichtliche Entscheidung gibt, wird im Hinblick auf diese Sonderregelungen davon ausgegangen, dass auch in Staaten, in denen eine Versicherbarkeit von Strafschadensersatz grundsätzlich ausgeschlossen ist, eine Abdeckung über deutsche und andere ausländische Versicherer möglich ist. 66 Sofern eine solche Sonderregelung in dem betreffenden Staat nicht existiert, stellt sich die Frage, wie mit den ausländischen Verbotsnormen umzugehen ist. Teilweise werden Policen so ausgestaltet, dass Strafschadensersatz nur dort versichert ist, wo er auch als versicherbar gilt.67 Damit wird die Berücksichtigung der ausländischen Versicherungsverbote bereits beim Abschluss der Versicherung vertraglich geregelt. Fehlt eine solche vertragliche Vereinbarung, ist fraglich, ob das ausländische Versicherungsverbot die Wirksamkeit des Vertrags beeinflussen kann. Vor europäischen Gerichten kann sich daher die Frage stellen, ob die ausländischen Versicherungsverbote zu berücksichtigen sind. Grundsätzlich könn-
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Zur Versicherbarkeit von Strafschadensersatz in China Wang, PHi 2014, 94 (95). Bourthoumieux, RGDA 1996, 861; Hoechst, VersR 1983, 13; Reif/Kapteina, PHi 2000, 193. 63 Ebert, in: Koziol/Wilcox (Hrsg.), Punitive Damages: Common Law and Civil Law Perspectives, 2009, S. 213 (216). 64 Diesen Begriff verwendet etwa Schubert, PHi 2015, 110 (114). 65 Reif/Kapteina, PHi 2000, 193 (201). 66 Reif/Kapteina, a.a.O. 67 Gruber/Mitterlechner/Wax, a.a.O. 62
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ten sie als fremde Eingriffsnormen zum einen im Wege einer Sonderanknüpfung nach Art. 9 Abs. 3 der Rom I-Verordnung 68 und zum anderen auf der Ebene des Sachrechts zu berücksichtigen sein.69 I. Anwendung über das Sachrecht Die ausländischen Verbotsnormen könnten über das Sachrecht anzuwenden sein, wenn ein ihnen widersprechender Versicherungsvertrag gesetzes- oder sittenwidrig wäre. In Deutschland könnte man etwa in Erwägung ziehen, dass sich die Verbotsnormen bereits über § 134 BGB durchsetzen. Nach dieser Vorschrift ist ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Verbotsgesetz im Sinne dieser Vorschrift sind jedoch nur inländische und nicht ausländische Normen.70 Die ausländischen Vorschriften, die eine Versicherung von Strafschadensersatzansprüchen verbieten, führen also nicht dazu, dass ein dem deutschen Recht unterliegender Versicherungsvertrag wegen § 134 BGB nichtig ist. Stattdessen kommt aber auch eine Anwendung der ausländischen Versicherungsverbote über § 138 Abs. 1 BGB in Betracht.71 Dieser bestimmt, dass ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, nichtig ist. Man könnte in Erwägung ziehen, dass eine Versicherung gegen Strafschadensersatzansprüche, die in einer ausländischen Rechtsordnung einem Versicherungsverbot unterliegen, auch nach deutscher Wertung gegen die guten Sitten verstößt. In diese Richtung geht die vereinzelt vertretene Auffassung, dass die Versicherung von im Aus-
68 Ausführlich zur Anwendung ausländischer Versicherungsverbote über eine Sonderanknüpfung nach Art. 9 der Rom I-VO: Ganzer, Internationale Versicherungsprogramme, 2012, S. 255 ff. 69 Spickhoff, in: FS Lorenz, 2014, S. 487 (498 ff.); ders., in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BeckOK VO 593/2008, Stand: 1.2.2013, Edition 30, Art. 7, Rn. 22; Ruttmann, Die Versicherbarkeit von Geldstrafen, Geldbußen, Strafschadensersatz und Regressansprüchen in der D&O-Versicherung, 2014, S. 127 f. 70 Dörner, in: Schulze u.a. (Hrsg.), BGB, 7. Aufl. 2012, § 134, Rn. 3; Koch, VersR 2009, 141 (143); Wendtland, in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BeckOK BGB, Stand 1.11.2013, § 134, Rn. 6. Eine Übersetzung der Vorschrift findet sich bei Lardeux/Legeais/Pédamon/Witz, Code civil allemand, 2010, S. 51: „§ 134 (Interdiction légale): Tout acte juridique qui contrevient à une interdiction légale est nul pour autant que la loi n’en dispose pas autrement.“ 71 Spickhoff, in: FS Lorenz, 2014, S. 487 (501); ders., in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BeckOK VO 593/2008, Stand: 1.2.2013, Edition 30, Art. 7, Rn. 22. Die Vorschrift lässt sich übersetzen mit: „§ 138 (Acte juridique contraire aux bonnes mœurs; usure): (1) Est nul tout acte juridique qui porte atteinte aux bonnes mœurs.“, siehe Lardeux/Legeais/Pédamon/Witz, Code civil allemand, 2010, S. 52.
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land drohendem Strafschadensersatz aus Präventionsgesichtspunkten unzulässig sei.72 Überzeugender ist es aber, eine ausländische Verbotsnorm nur dann im Wege von § 138 Abs. 1 BGB auf einen dem deutschen Recht unterliegenden Versicherungsvertrag anzuwenden, wenn die Norm Zwecken dient, die auch in Deutschland als schutzwürdig anerkannt sind (sogenannter shared value approach).73 Denn da eine Nichtigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB voraussetzt, dass das Rechtsgeschäft mit den grundlegenden Wertungen der deutschen Rechtsund Sittenordnung unvereinbar ist, ist diese Nichtigkeit im Falle eines Verstoßes gegen eine ausländische Verbotsnorm nur dann zu bejahen, wenn die Beachtung der Norm auch im deutschen Interesse liegt oder die Verbotsnorm aufgrund gemeinsamer sittlich-rechtlicher Vorstellungen im Wege einer Wertungskonformität gerechtfertigt ist. 74 Dies dürfte bei ausländischen Verbotsnormen, welche die Versicherbarkeit gegen Strafschadensersatzansprüche ausschließen, keineswegs der Fall sein. Die Zielrichtung der ausländischen Verbotsnormen, die darin besteht, die Wirksamkeit des Straf- und Generalpräventionszwecks des Strafschadensersatzes zu stärken, indem der Schädiger die zugesprochene Summe höchstpersönlich tragen muss und nicht auf einen Versicherer abwälzen kann, steht zu den Wertungen des deutschen Haftungsrechts im Widerspruch.75 Mit der deutschen Rechts- und Sittenordnung ist es durchaus vereinbar, sich gegen Schadensersatzansprüche, die eine pönale Zielrichtung aufweisen, abzusichern. Dies zeigt etwa der Umstand, dass es in Deutschland gängige Praxis ist, dass Unternehmen ihre leitenden Angestellten gegen Haftungsrisiken nach dem arbeitsrechtlichen Teil des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) – das wie oben dargestellt eben auch Sanktionen mit abschreckender Wirkung enthält 76 – versichern.77 Auch die Wertungen des französischen Haftungsrechts scheinen einem pauschalen Versicherungsverbot entgegenzustehen. Denn dort ist ebenso wie in Deutschland Strafschadensersatz nicht uneingeschränkt mit dem ordre public vereinbar. 78 Ausländische Versicherungsverbote, deren Zweck darin besteht, die Wirkung des ausländischen Strafschadensersatzes noch mehr zu verstärken, 72
So etwa Bogner, Versicherung unternehmerischer Risiken, 2009 S. 323, der eine Versicherung allenfalls dann als zulässig erachten will, wenn hohe Selbstvorbehalte und Höchstgrenzen vereinbart werden. Ähnlich auch Ganzer, Internationale Versicherungsprogramme, 2012, S. 261. 73 Armbrüster, VersR 2008, 853 (859); Ruttmann, Die Versicherbarkeit von Geldstrafen, Geldbußen, Strafschadensersatz und Regressansprüchen in der D&O-Versicherung, 2014, S. 128. 74 Koch, VersR 2009, 141 (143). 75 Spickhoff, in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BeckOK VO 593/2008, Stand: 1.2.2013, Edition 30, Art. 7, Rn. 22; ders., in: FS Lorenz, 2014, S. 487 (503). 76 Dazu etwa von Hein, RIW 2007, 249 (252), der in der dortigen Fn. 55 auf die Begründung des AGG-RegE, BT-Drs. 16/1780, S. 46 verweist. 77 Zu dieser Versicherbarkeit Mohr/Grimminger, BB 2008, 1170. 78 Dazu unter Kapitel 4, § 2, B. I. 1. b).
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sind daher auch mit den Wertungen des französischen Zivilrechts ebenso wenig zu vereinbaren wie mit dem deutschen Recht. Für eine solche Auffassung spricht zudem, dass in Frankreich die Cour de cassation in ihrer Rechtsprechung die Übernahme durch Versicherer von astreintes, zu deren Zahlung Versicherungsnehmer verurteilt werden, nicht auszuschließen scheint. 79 Vor diesem Hintergrund wäre es widersprüchlich, einerseits die Versicherung gegen die im nationalen Recht bestehenden pönalen Rechtsinstrumente zuzulassen und gleichzeitig die Versicherung gegen ausländischen Strafschadensersatz aufgrund ausländischer Verbotsnormen zu verwehren. Demnach ist in Frankreich ebenso wie in Deutschland ein ausländisches Versicherungsverbot gegen Strafschadensersatz nicht über das deutsche oder französische Sachrecht anzuwenden. II. Anwendung über eine Sonderanknüpfung Das gleiche Ergebnis gilt auch für eine Anwendung über eine Sonderanknüpfung nach Art. 9 Abs. 3 der Rom I-VO. Zwar stellen ausländische Versicherungsverbote Eingriffsnormen im Sinne dieser Vorschrift dar. 80 Allerdings scheitert auch hier eine Anwendung daran, dass die mit den Versicherungsverboten bezweckte Verstärkung oder „Effektivierung“ 81 des Strafschadensersatzes den Wertungen der deutschen Rechtsordnung entgegenläuft. 82 Im Übrigen führt dies auch keineswegs zu einer Schlechterstellung oder Sanktionierung der betroffenen Versicherungsunternehmen. Diese haben aufgrund des „Leerlaufens“ der Versicherungsverbote letztlich ihrer versicherungsvertraglichen Pflicht nachzukommen, die sie ausschließen oder der sie durch entsprechend erhöhte Versicherungsprämien Rechnung tragen konnten. 83 III. Fazit Zusammenfassend sind demnach ausländische Vorschriften, die eine Versicherbarkeit gegen Strafschadensersatz ausschließen, in beiden Ländern weder im Wege einer Sonderanknüpfung noch auf der Ebene des Sachrechts zu berücksichtigen.
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Jault, La notion de peine privée, 2005, n° 109 (S. 64); Kullmann (Hrsg.), Lamy Assurance 2014, n° 1263. 80 Spickhoff, in: FS Lorenz, 2014, S. 487 (500). 81 Diesen Begriff verwendet Spickhoff, in: FS Lorenz, 2014, S. 487 (504). 82 Spickhoff, in: FS Lorenz, 2014, S. 487 (503 ff.); Ruttmann, Die Versicherbarkeit von Geldstrafen, Geldbußen, Strafschadensersatz und Regressansprüchen in der D&O-Versicherung, 2014, S. 129. 83 Spickhoff, in: FS Lorenz, 2014, S. 487 (505).
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B. Auswirkung von Strafschadensersatz auf die Ausgestaltung der D&OVersicherung: Gerechtfertigter Verzicht auf einen Selbstbehalt? Ein Bereich, in dem oft Parallelen zu Strafschadensersatz gezogen werden, ist die Haftung von Leitungsorganen einer Gesellschaft. Beispielsweise wird bezüglich der Auslegung von § 93 des Aktiengesetzes (AktG)84, der die Verantwortlich der Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften regelt, argumentiert, dass auch für die Haftung nach dieser Vorschrift der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens zulässig sein müsse, da andernfalls ein dem deutschen Privatrecht fremder Strafschadensersatz konstruiert werde. 85 In der Tat wäre eine einschränkende Auslegung, durch die der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens ausgeschlossen würde, fragwürdig, da die Frage, ob die Vorstandshaftung eine den punitive damages vergleichbare Sanktionswirkung haben soll, letztlich allein dem Gesetzgeber überlassen ist.86 Ist demnach die bestehende Organhaftung nicht mit Strafschadensersatz vergleichbar, so kann gleichwohl auf andere Weise eine inhaltliche Verknüpfung zwischen Organhaftung und Strafschadensersatz bestehen, nämlich hinsichtlich der Ausgestaltung einer Versicherung gegen die Organhaftung: Es kann sich die Frage stellen, ob die präventive Funktion ausländischen Strafschadensersatzes es rechtfertigt, beim Abschluss einer D&O-Versicherung für Organmitglieder einer Gesellschaft auf die Vereinbarung eines Selbstbehalts zulasten des versicherten Organmitglieds zu verzichten. Der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK), ein Regelwerk, das an börsennotierte Unternehmen gerichtete Empfehlungen und Anregungen für eine gute Unternehmensführung enthält, gab schon in seiner ersten Fassung 87 in Nr. 3.8 die Empfehlung, dass ein angemessener Selbstbehalt vereinbart werden solle, wenn die Gesellschaft für Vorstand und Aufsichtsrat eine D&O-Versicherung abschließt.88 Da der DCGK nicht rechtlich verbindlich ist, sondern die Gesellschaften gemäß § 161 Abs. 1 S. 1 AktG lediglich in einer Entsprechenserklärung angeben müssen, ob den Empfehlungen entsprochen wird oder welche Empfehlungen nicht angewendet wurden und warum nicht, machen einige Unternehmen von der Möglichkeit Gebrauch, auf die Vereinbarung eines Selbstvorbehalts zu verzichten und dies entsprechend zu erklären. Der Corporate Governance Report zeigt
84 Aktiengesetz vom 6.9.1965 (BGBl. I S. 1089), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 10.5.2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist. 85 So Haarmann/Weiß, BB 2014, 2115 (2117). 86 Pregler, Der Selbstbehalt des Vorstands im Spannungsfeld des Aktien- und Versicherungsrechts, 2012, S. 39. 87 Fassung vom 26.2.2002, Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger vom 30.8.2002, eBAnz AT1 2002 B1. 88 Die aktuelle Fassung des „Deutschen Corporate Governance Kodex“ vom 7.2.2017 wurde bekanntgemacht in BAnz AT 24.4.2017 B2 (Berichtigung in BAnz AT 19.5.2017 B2).
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regelmäßig, dass nur wenige börsennotierte Unternehmen, die eine D&O-Versicherung abgeschlossen haben, auch einen Selbstbehalt vereinbart haben. 89 Welche Rechtsfolgen mit einem fehlenden Selbstbehalt in der Versicherung verknüpft sind, wie beispielsweise eine Nichtigkeit des Versicherungsvertrags, ist umstritten.90 Bei der Bestimmung der Rechtsfolgen eines fehlenden Selbstbehalts wird sich im Einzelfall die Frage stellen, ob es gerechtfertigt war, auf die Vereinbarung eines Selbstbehalts zu verzichten. Dabei könnte man auf die Idee kommen, den Verzicht mit dem Haftungsrisiko durch Strafschadensersatz zu rechtfertigen: In der Vergangenheit wurde nämlich vereinzelt die Auffassung vertreten, die Vereinbarung eines Selbstbehalts sei entbehrlich, wenn bereits über andere präventive Elemente Anreize für das Organmitglied bestehen, eine Haftung der Gesellschaft nicht zu riskieren. 91 Dies komme etwa dann in Betracht, wenn für die Gesellschaft ausländisches Haftpflichtrecht in stärkerem Ausmaß als deutsches Recht relevant sei und die Haftung daher tendenziell über den Höchsthaftungssummen der D&O-Versicherung liege, was etwa im Anwendungsbereich von punitive damages der Fall sei.92 Dieser Logik zufolge wäre der Verzicht auf einen Selbstbehalt gerechtfertigt, weil die Gesellschaft aufgrund ihrer Aktivitäten auf ausländischen Märkten in nicht unerheblichem Maße dem Risiko einer Haftung auf Strafschadensersatz ausgesetzt ist, so dass das Organmitglied einen hinreichenden Anreiz habe, kein Haftungsrisiko einzugehen. Diese Auffassung ist aber insofern überholt, als der deutsche Gesetzgeber mittlerweile in § 93 Abs. 2 S. 3 AktG eine Pflicht zur Vereinbarung eines Selbstbehalts festgeschrieben hat. 93 Im Hinblick auf diese Vorschrift besteht kein Bedarf mehr, durch den Hinweis auf Strafschadensersatz das Fehlen einer Selbstbehaltsvereinbarung zu rechtfertigen. Gleichwohl ist überlegenswert, ob die Auffassung auf das französische Recht übertragbar ist und im Hinblick auf Strafschadensersatz in französischen Versicherungspolicen auf einen Selbstbehalt verzichtet werden kann. In Frank-
89 Der Corporate Governance Report 2014 etwa zeigt, dass von 96 Unternehmen mit einer D&O-Versicherung nur 70,8 Prozent einen Selbstbehalt vereinbart haben: v. Werder/Bartz, DB 2014, 905 (908). Der Corporate Governance Report 2015 zeigt eine Akzeptanz der Empfehlung 3.8 in Höhe von 67,6 Prozent: v. Werder/Turkali, DB 2015, 1357 (1360). 90 Siehe Hüffer/Koch, Aktiengesetz, 11. Aufl. 2014, § 93, Rn. 59. 91 So Baumann, VersR 2006, 455. 92 So Baumann, a.a.O.: „Ein Selbstbehalt kann […] entbehrlich sein, soweit ausländisches in stärkerem Maß als deutsches Haftpflichtrecht präventive Elemente enthält und die Höchsthaftungssummen der D&O-Versicherung tendenziell leicht überschritten werden, etwa im Anwendungsbereich der ‚punitive damages‘.“ 93 Die Änderung erfolgte durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) vom 31.7.2009 (BGBl. I S. 2509).
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reich wird der Selbstbehalt zulasten des Versicherten als franchise bezeichnet.94 Eine dem § 93 Abs. 2 S. 3 AktG vergleichbare Verpflichtung zur Vereinbarung einer solchen franchise existiert im französischen Recht nicht. 95 Jedoch dürfte auch die Frage der Rechtfertigung eines Verzichts weniger relevant sein als noch nach alter Rechtslage in Deutschland, da auch der französische Corporate Governance Kodex96 keine Aussage zur Vereinbarung von Selbstbehalten in der D&O-Versicherung enthält. 97 Damit ist die Vereinbarung eines Selbstbehalts im freien Ermessen der betroffenen Gesellschaft, ohne dass sie das Fehlen einer solchen zu erklären braucht. Die Frage einer Rechtfertigung stellt sich damit gar nicht erst. Ist nach dem oben Gesagten ein Selbstbehalt für die D&O-Versicherung nach deutschem Recht grundsätzlich zu vereinbaren, so mag sich gleichwohl die Frage stellen, ob dieser auch Ansprüche nach ausländischem Recht auf Strafschadensersatz erfassen muss. Anlässlich des Gesetzgebungsverfahrens zum Vorstandsvergütungsgesetz war vom Gesamtverbund der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) die Auffassung vertreten worden, dass der Pflichtvorbehalt keine Ansprüche auf Strafschadensersatz (punitive damages), dessen Höhe nicht vom entstandenen Schaden abhängt, umfassen dürfe.98 Der Wortlaut von § 93 Abs. 2 S. 3 AktG sieht einen solchen Ausschluss nicht ausdrücklich vor. Gleichwohl dürfte es mit der Vorschrift vereinbar sein, Strafschadensersatz vom Selbstbehalt auszunehmen, insbesondere wenn dadurch nur der über die Schadenskompensation hinausgehende Betrag vom Selbstbehalt ausgenommen wird, solange der Selbstbehalt für die kompensatorische Haftung weiterhin gilt.
94 Gros, Die Leitungshaftung in der französischen société à responsabilité limitée (SARL) und in der deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), 2008, S. 361. 95 Siehe auch Haarmann/Weiß, BB 2014, 2115 (2122), denen zufolge sich eine solche Verpflichtung in keiner anderen Rechtsordnung findet. 96 Code de gouvernement d’entreprise des sociétés cotées der Verbände Afep und Medef, Fassung von Juni 2013. 97 Allgemein zu den Unterschieden zwischen dem deutschen und dem französischen Corporate Governance Kodex: Fages, in: Menjucq/Fages (Hrsg.), Actualité et évolutions comparées du droit allemand et français des sociétés, 2010, S. 81 ff. 98 GDV, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (Drucksache 16/12278), hier: Überlegungen zur verpflichtenden Einführung von Selbstbehalten bei D&O-Versicherungen vom 22.5.2009.
Zweiter Teil
Ausländischer Strafschadensersatz vor deutschen und französischen Gerichten Deutsche und französische Gerichte haben nicht nur die im ersten Teil behandelten pönalen Elemente des jeweiligen nationalen Rechts anzuwenden, sondern können auch mit ausländischem Strafschadensersatz befasst sein. Daher soll in Kapitel 3 zunächst untersucht werden, in welchen Konstellationen ausländischer Strafschadensersatz relevant sein kann und welche Regelungen in den beiden Ländern den Rahmen für den Umgang mit diesem ausländischen Rechtsinstitut bilden. In einem zweiten Schritt soll auf die spezifisch mit Strafschadensersatz verbundenen Rechtsfragen eingegangen werden, die sich in diesem Zusammenhang stellen (Kapitel 4). Im anschließenden Kapitel 5 wird eine Untersuchung vorgenommen, wie Gerichte in der Praxis mit Strafschadensersatz umgehen können, insbesondere wie die Verhältnismäßigkeitsprüfung von in ausländischen Entscheidungen zugesprochenen Summen erfolgen kann.
Kapitel 3
Der Rechtsrahmen zur Behandlung ausländischen Strafschadensersatzes Ausländischer Strafschadensersatz kann in unterschiedlichen Konstellationen vor deutschen und französischen Gerichten relevant werden. Diese Konstellationen sollen im Folgenden dargestellt und daraufhin untersucht werden, ob es Unterschiede in der Ausgestaltung des internationalen Privat- und Zivilverfahrensrechts gibt, die zu einer voneinander abweichenden Behandlung ausländischen Strafschadensersatzes durch die Gerichte beider Länder führen könnten. Dabei wird unterschieden zwischen den Situationen, in denen Strafschadensersatz nach ausländischem Recht in Deutschland bzw. Frankreich geltend gemacht wird (§ 1), und Situationen, in denen Strafschadensersatz im Ausland geltend gemacht wird oder wurde (§ 2).
§ 1 Rechtsrahmen für die Geltendmachung ausländischen Strafschadensersatzes § 1 Rechtsrahmen für die Geltendmachung Französische und deutsche Gerichte können unter anderem dann mit Strafschadensersatz befasst sein, wenn aufgrund kollisionsrechtlicher Regeln ausländisches Recht anzuwenden ist, das dieses Rechtsinstitut vorsieht (A). Gleichermaßen kann Strafschadensersatz vor Schiedsgerichten geltend gemacht werden. Befindet sich der Schiedsort in Deutschland bzw. Frankreich, können die dortigen staatlichen Gerichte mit Strafschadensersatz befasst sein, wenn die Aufhebung eines entsprechenden Schiedsspruchs begehrt wird (B). A. Kollisionsrechtliche Regeln bei der Anwendung durch staatliche Gerichte Deutsche und französische Gerichte können bei Sachverhalten mit Auslandsbezug kollisionsrechtlich verpflichtet sein, ausländisches Recht anzuwenden. Dabei ist unter Umständen fraglich, ob sie in Anwendung dieses ausländischen Rechts Strafschadensersatz gewähren dürfen. I. Unionsrechtliches Kollisionsrecht Das Kollisionsrecht wurde innerhalb der EU sekundärrechtlich geregelt. Dabei bestimmt sich das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht
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Kapitel 3: Der Rechtsrahmen zur Behandlung von Strafschadensersatz
nach der sogenannten Rom I-Verordnung.1 Deren Art. 12 Abs. 1 Buchstabe c bestimmt, dass das nach der Verordnung auf einen Vertrag anzuwendende Recht auch für die Schadensbemessung maßgeblich ist. Demnach richtet sich die Frage, ob Strafschadensersatz für die Nichterfüllung eines Vertrages zugesprochen werden kann, nach der lex contractus.2 Dies steht jedoch unter dem Vorbehalt der ordre public-Klausel des Art. 21, der zufolge die Anwendung einer Vorschrift des nach der Rom I-VO bezeichneten Rechts versagt werden kann, wenn ihre Anwendung mit der öffentlichen Ordnung des Staates des angerufenen Gerichts offensichtlich unvereinbar ist. Größere Bedeutung als für vertragliche Schuldverhältnisse dürfte Strafschadensersatz bei außervertraglichen Schuldverhältnissen haben. 3 Das auf solche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht richtet sich nach der sogenannten Rom II-VO.4 Die Verordnung enthält Regelungen darüber, welcher Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des anwendbaren Rechts maßgeblich ist. Auch diese Kollisionsregeln stehen gemäß Art. 26 der Verordnung unter dem Vorbehalt, dass sie nicht gegen den ordre public der Rechtsordnung des entscheidenden Gerichts verstoßen. Demnach steht die Anwendung ausländischen Rechts – sei es Vertrags- oder Deliktsrecht – stets unter dem Vorbehalt des ordre public. Aus deutscher Perspektive spielt der ordre public-Vorbehalt insbesondere dann eine Rolle, wenn das anzuwendende Recht die Möglichkeit der Gewährung von Strafschadensersatz vorsieht.5 Während frühere Entwürfe der Rom II-VO noch eine dem deutschen Art. 40 Abs. 3 EGBGB vergleichbare spezielle ordre public-Klausel enthielten, fehlt eine solche Regelung in der endgültigen Fassung. 6 Daraus folgt jedoch keineswegs zwingend, dass Gerichte der Mitgliedstaaten verpflichtet sind, bei der Anwendung ausländischen Rechts, das Strafschadensersatz vorsieht, diesen zuzusprechen.7 Dies ergibt sich aus Erwägungsgrund 32 der Verordnung, der hervorhebt, dass ein unangemessener, über den Ausgleich des entstandenen Schadens hinausgehender Schadensersatz mit abschreckender Wirkung oder
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Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.6.2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), ABl. L 177 vom 4.7.2008, S. 6. 2 Petsche, Journal of International Arbitration, Vol. 30 (2013), 31 (37); ders., Arbitration International, Vol. 29 (2013), 89 (91). 3 Lehmann, in: MüKo BGB, 6. Aufl. 2015, Internationales Finanzmarktrecht, Rn. 536. 4 Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.7.2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“), ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 40. 5 Lehmann/Duczek, JuS 2012, 788 (794). 6 Zur Entstehungsgeschichte siehe etwa Requejo Isidro, in: Meurkens/Nordin (Hrsg.), The Power of Punitive Damages – Is Europe Missing Out?, 2012, S. 311 (318 f.); Heinze, in: FS Kropholler, 2008, S. 105 (123 f.). 7 Leible, RIW 2008, 257 (263); Leible/Lehmann, RIW 2007, 721 (734).
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Strafschadensersatz je nach der Rechtsordnung des Mitgliedstaates des angerufenen Gerichts durchaus als ordre public-widrig angesehen werden kann. 8 Der ordre public richtet sich dabei nach dem nationalen Recht. 9 Sofern nach dessen materiellem Recht die Verurteilung zu ausländischem Strafschadensersatz als mit dem ordre public als unvereinbar anzusehen ist, lässt sich diese Position auch nach der Rom II-VO durchsetzen.10 II. Deutsches Kollisionsrecht In Deutschland bestimmt sich außerhalb des Anwendungsbereichs europäischen Sekundärrechts das bei Sachverhalten mit einer Verbindung zu einem ausländischen Staat anzuwendende Recht nach dem Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB). Dieses enthält Regelungen darüber, unter welchen Voraussetzungen ausländisches Recht anzuwenden ist. Die Anwendung ausländischen Rechts durch deutsche Gerichte steht jedoch stets unter dem Vorbehalt des ordre public. Art. 6 EGBGB bestimmt nämlich, dass eine Rechtsnorm eines anderen Staates nicht anzuwenden ist, „wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist.“ Eine Konkretisierung dieses ordre public im Hinblick auf Strafschadensersatz hat der Gesetzgeber in Art. 40 Abs. 3 EGBGB vorgenommen. 11 Dieser besagt in den Nummern 1 und 2: „(3) Ansprüche, die dem Recht eines anderen Staates unterliegen, können nicht geltend gemacht werden, soweit sie 1. wesentlich weiter gehen als zur angemessenen Entschädigung des Verletzten erforderlich, 2. offensichtlich anderen Zwecken als einer angemessenen Entschädigung des Verletzten dienen […]“
Während Art. 40 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB vor allem auf mehrfachen Strafschadensersatz (multiple damages) zielt, besteht die Zielrichtung von Nr. 2 in erster Linie in Strafschadensersatz. 12 Da die in Art. 40 Abs. 3 Nr. 1 und 2 enthaltenen Vorbehaltsklauseln dem Schutz allgemeiner Gerechtigkeitsvorstellungen und nicht nur den Interessen Einzelner dienen, sind sie auch dann einschlägig, wenn das anzuwendende Recht von den Parteien im Sinne von Art. 42 EGBGB gewählt wurde.13 8 Leible, a.a.O. Zur gesetzgeberischen Geschichte des Erwägungsgrundes siehe Cavalier, in: Stürner/Kawano (Hrsg.), Comparative Studies on Business Tort Litigation, 2011, S. 221 (229 f.). 9 Leible/Lehmann, RIW 2007, 721 (734). 10 Leible/Lehmann, RIW 2007, 721 (735). 11 Näher dazu unter Kapitel 4, § 2, C. I. 12 Junker, in: MüKo BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 40 EGBGB, Rn. 5 m.w.N., der die in den beiden Nummern enthaltenen Vorbehaltsklauseln als „lex americana“ bezeichnet. 13 Junker, in: MüKo BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 42 EGBGB, Rn. 5.
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Kapitel 3: Der Rechtsrahmen zur Behandlung von Strafschadensersatz
III. Französisches Kollisionsrecht Anders als in Deutschland ist im autonomen Recht Frankreichs die Frage, unter welchen Voraussetzungen ausländisches Recht anzuwenden ist, nicht gesetzlich geregelt. Da die in Art. 3 C. civ. enthaltene allgemeine Vorschrift zum anwendbaren Recht keine ausdrückliche Regelung enthält, wurden die wesentlichen Prinzipien durch die Cour de cassation entwickelt. 14 Nach deren Rechtsprechung steht die Anwendung von ausländischem Recht auch in Frankreich unter dem Vorbehalt des ordre public.15 Eine dem deutschen Art. 40 EGBGB vergleichbare Bestimmung betreffend Strafschadensersatz gibt es mangels gesetzlicher Regelung in Frankreich nicht. Die französische Rechtsprechung hat sich zur Möglichkeit, bei der Anwendung ausländischen Rechts Strafschadensersatz zuzusprechen, bislang nicht geäußert. B. Schiedssprüche über Strafschadensersatz Strafschadensersatz kann nicht nur vor staatlichen Gerichten geltend gemacht werden, sondern auch vor Schiedsgerichten. In solchen Fällen stellt sich die Frage, ob das Schiedsgericht in der Lage ist, Strafschadensersatz auszusprechen (I). Erfolgt dies durch Schiedsgerichte, deren Schiedsort sich in Deutschland oder Frankreich befindet, kann unter Umständen vor den staatlichen Gerichten dieser Länder die Aufhebung begehrt werden (II). I. Verfahren vor Schiedsgerichten mit Sitz in Deutschland oder Frankreich Nicht nur in Verfahren vor staatlichen Gerichten kann Strafschadensersatz eine Rolle spielen, sondern auch in Schiedsverfahren. In Betracht kommen dabei grundsätzlich sowohl Verfahren in der Handelsschiedsgerichtsbarkeit als auch in Investor-Staat-Streitigkeiten. 16 In letzteren ist Strafschadensersatz aber bislang zumindest nicht ausdrücklich zugesprochen worden. In einem durch das Internationale Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (auch als ICSID bekannt17) administrierten Fall etwa vertrat das Schiedsgericht die Auf-
14 Corneloup, RIDC 2014, 363; Sonnenberger, in: Sonnenberger/Classen (Hrsg.), Einführung in das französische Recht, 4. Aufl. 2012, S. 149. 15 Sonnenberger, in: Sonnenberger/Classen (Hrsg.), Einführung in das französische Recht, 4. Aufl. 2012, S. 149. Näher dazu Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, 10. Aufl. 2013, S. 353 ff. 16 In Bezug auf die Investor-Staat-Schiedsgerichtsbarkeit Cremades, RDAI/IBLJ 2002, 329 (342 ff.); Laird, ICSID Review 2011, 171; Michou, RDAI/IBLJ 2011, 41. 17 Abkürzung für den englischsprachigen Namen International Centre for Settlement of Investment Disputes.
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fassung, dass Strafschadensersatz nur in Fällen besonders verwerflichen Verhaltens zulässig sei. 18 Tatsächlich dürfte Strafschadensersatz in Investitionsschiedsverfahren vielmehr verdeckt in Form von immateriellem Schadensersatz zugesprochen werden. 19 In der Handelsschiedsgerichtsbarkeit hingegen spielt Strafschadensersatz durchaus eine Rolle. Über Schiedsgerichte innerhalb der Society of Maritime Arbitrators etwa wird berichtet, dass sie in Fällen mit grenzüberschreitendem Bezug Strafschadensersatz zugesprochen haben. 20 Ob ein Schiedsgericht die Befugnis hat, Strafschadensersatz auszusprechen, hängt in erster Linie von der Schiedsvereinbarung ab. Ratsam für die Parteien ist es daher, sich schon bei der Formulierung der Rechtswahlklausel mit der Frage auseinanderzusetzen, ob Strafschadensersatz verlangt werden können soll.21 Dabei sollten sie, wenn sie die Möglichkeit von Strafschadensersatz ausschließen wollen, eindeutige Formulierungen verwenden. 22 Dies kann zum einen durch einen Ausschluss von Strafschadensersatz geschehen und zum anderen durch eine Beschränkung auf kompensatorischen Schadensersatz. 23 Beim Verfassen der Schiedsklausel kann auch die Wahl der Schiedsinstitution von maßgeblicher Bedeutung sein, etwa wenn deren Schiedsordnung Schiedsrichtern weites Ermessen belässt. 24 Zudem scheinen manche Schiedsinstitutionen das Risiko einer mangelnden Vollstreckbarkeit von Schiedssprüchen, die in durch sie administrierten Verfahren ergangen sind, von vornherein auszuräumen zu wollen, indem sie in ihren Schiedsregeln die Geltendmachung von Strafschadensersatz ausschließen. Das International Centre for Dispute Resolution (ICDR) der American Arbitration Association (AAA) etwa sieht in Art. 31 Abs. 5 seiner Schiedsregeln vor, dass die Parteien auf punitive und exemplary damages sowie ähnliche Rechte verzichten, sofern sie nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbaren oder ein Gesetz verlangt, dass der kompensatorische Schadensersatz in einem bestimmten Umfang erhöht wird. Die Regelung bestimmt:
18 ICSID-Fall No. ARB/05/15 vom 1.6.2009 (Waguih Elie George Siag and Clorenda Vecchi v. The Arab Republic of Egypt), Rn. 545. Zustimmend Grisel, JDI 2011, 545, Fn. 40. 19 Jagusch/Sebastian, Arbitration International, Vol. 29 (2013), 45. 20 Siehe die Nachweise bei Yang, 9 JCL (2014), 353 (357). Zu amerikanischem Strafschadensersatz in seerechtlichen Schiedsverfahren auch Bauer, in: FS Tiberg, 1996, S. 55. 21 Kreindler/Rust, in: Büchting/Heussen (Hrsg.), Beck’sches Rechtsanwalts-Handbuch, 10. Aufl. 2011, § 7, Rn. 58. 22 Farnsworth, in: Lew/Mistelis (Hrsg.), Arbitration Insights, 2007, S. 81 (93 ff.); ders., in: FS Grönfors, 1991, S. 169 (181); Nolan/Leblanc, Dispute Resolution Journal November 2005/January 2006, 50 (53). 23 Farnsworth, in: FS Grönfors, 1991, S. 169 (182). 24 Yang, 9 JCL (2014), 353 (355).
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Kapitel 3: Der Rechtsrahmen zur Behandlung von Strafschadensersatz
„Unless the parties agree otherwise, the parties expressly waive and forego any right to punitive, exemplary or similar damages unless a statute requires that compensatory damages be increased in a specific manner. […]“25
Solche Klauseln in Schiedsordnungen von Schiedsinstitutionen scheinen jedoch eher die Ausnahme zu sein. Die Schiedsordnungen bedeutender Institutionen, wie der Internationalen Handelskammer (International Chamber of Commerce – ICC) und des London Court of International Arbitration etwa sowie auch die UNCITRAL Arbitration Rules, an denen sich einige Schiedsordnungen orientieren, schweigen zu der Möglichkeit, Strafschadensersatz geltend zu machen.26 In jedem Fall sind Parteien gut beraten, bei der Formulierung der Schiedsklausel darauf zu achten, ob die Ansprüche in von der gewählten Institution administrierten Verfahren auch geltend gemacht werden können. Sofern die Schiedsvereinbarung der Parteien und die gewählten Schiedsregeln Strafschadensersatz grundsätzlich zulassen und man diesen für schiedsfähig27 hält, kann sich gleichwohl die Frage stellen, ob Schiedsrichter von einer Verurteilung zu Strafschadensersatz absehen sollten, wenn davon auszugehen ist, dass der Schiedsspruch in einem Staat vollstreckt werden soll, in dem dies wegen Unvereinbarkeit mit dem ordre public versagt würde.28 Manche Autoren sind der Auffassung, dass Schiedsgerichte gegenüber den Parteien verpflichtet sind, einen vollstreckungsfähigen Schiedsspruch zu erlassen, und deshalb davon absehen sollten, einen Schiedsspruch über Strafschadensersatz auszusprechen, wenn dieser Gefahr läuft, aufgehoben oder nicht vollstreckt zu werden. 29 Andere Autoren formulieren vorsichtiger dahingehend, dass Schiedsrichter zumindest sicherstellen sollten, dass die Parteien sich der Vollstreckungsrisiken bewusst sind, sollte Strafschadensersatz zugesprochen werden.30 Anderen Autoren zufolge jedoch soll das Risiko, dass der Schiedsspruch nicht vollstreckt werden kann, Schiedsrichter nicht davon abhalten, Strafschadensersatz zuzusprechen. Bermann zufolge spricht die Möglichkeit, dass der
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Schiedsregeln in der Fassung, die zum 1.6.2014 in Kraft getreten ist. In der früheren Fassung war eine wortgleiche Regelung in Art. 28 Abs. 5 a.F. enthalten. Näher zu der Regelung in der früheren Fassung Gusy/Hosking/Schwarz, A guide to the ICDR international arbitration rules, 2011, Rn. 28.12 (S. 251 f.). 26 Castagno, Arbitraje: Revista de Arbitraje Comercial y de Inversiones, Vol. 4 (2011), 729 (738 f.). 27 Zur Schiedsfähigkeit als Frage der Qualifikation siehe Kapitel 4, § 2, B. 28 Wood, Def. Counsel J. 2004, 402 (410 f.). 29 So etwa Lew, in: Rovine (Hrsg.), Contemporary Issues in International Arbitration and Mediation, 2008, S. 153 (164); Noussia, Journal of International Arbitration 2010, Vol. 27, Issue 3, 277 (290) und Redfern and Hunter, 2009, Rn. 9.50. 30 So Donahey, JIArb, Vol. 10 (1993), 67 (75 f.): „[…] commercial arbitrators should make sure that all parties are aware of the enforcement risks should punitive damages be actually awarded in the matter.“
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Schiedsspruch zumindest hinsichtlich des kompensatorischen Schadensersatzes teilweise anerkannt oder vollstreckt wird, dafür, dass Strafschadensersatz grundsätzlich möglich ist. 31 Aber auch aus anderem Grunde ist es überzeugender, das Risiko einer scheiternden Vollstreckung nicht zum Anlass zu nehmen, von der Verurteilung zu Strafschadensersatz abzusehen. Das Hindernis für die Vollstreckung kann allenfalls ein ordre public-Vorbehalt sein. Spezielle Vorschriften, aufgrund derer die Vollstreckung eines Schiedsspruches über Strafschadensersatz ausgeschlossen wäre, gibt es soweit ersichtlich nicht. Die Auslegung der ordre public-Klauseln durch die Gerichte ist aber durchaus einem Wandel unterlegen. Auch wenn Gerichte sich bereits zur Vollstreckbarkeit von Entscheidungen über Strafschadensersatz geäußert haben, ist damit nicht gesagt, dass sich andere Gerichte dieser Auslegung anschließen oder ein Gericht selber an seiner früheren Rechtsprechung festhält. Da das Vollstreckungsrisiko damit alles andere als eindeutig vorhersehbar ist, sollten sich Schiedsrichter nicht durch bestehende Rechtsprechung von der Zusprechung von Strafschadensersatz abhalten lassen.32 Nach alledem können Schiedsgerichte Strafschadensersatz zusprechen, sofern Schiedsklausel und -ordnung dies zulassen und man die Schiedsfähigkeit von Strafschadensersatz bejaht. II. Aufhebungsverfahren bezüglich inländischer Schiedssprüche Wird durch ein Schiedsgericht, dessen Schiedsort sich in Deutschland oder Frankreich befindet, ein Schiedsspruch erlassen, durch den Strafschadensersatz zugesprochen wird, ist es möglich, dass vor staatlichen Gerichten des jeweiligen Landes die Aufhebung des Schiedsspruches begehrt wird. So wurde beispielsweise schon vor dem Bundesgericht der Schweiz versucht, die Aufhebung von Schiedssprüchen zu erreichen, mit der Begründung, es sei Strafschadensersatz zugesprochen worden, der gegen den ordre public verstoße.33 Während über Russland berichtet wird, dass dort bereits ein Schiedsspruch über Strafschadensersatz durch staatliche Gerichte aufgehoben wurde,34 ist dies so-
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Bermann, RLDA, n° 85 2013, 129 (130). Dies gilt auch für Deutschland, wo manche im Hinblick auf die Rechtsprechung des BGH zur Vollstreckbarkeit staatlicher Urteile das Risiko sehen, dass Schiedssprüche über Strafschadensersatz aufgehoben werden könnten. Ein solches Risiko annehmend etwa Werner, in: Derains/Kreindler (Hrsg.), Evaluation of Damages in International Arbitration, 2006, S. 101 (107). 33 Entscheidung 4A_16/2012 vom 2.5.2012 und Entscheidung 4A_536/2016 und 4A_540/2016 vom 26.10.2016. In beiden Fällen konnte das Bundesgericht die Frage offenlassen, ob ein die Aufhebung des Schiedsspruchs begründender Verstoß gegen den ordre public vorliegt, da es die ausgeurteilten Ansprüche nicht als Strafschadensersatz ansah. 34 Präsidium des Obersten Gerichtshofs in Handelssachen der Russischen Föderation, no. 16497/12, Entscheidung vom 234.2013, Rs. A40-57217/2012, Federal Grid Company OJSC 32
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Kapitel 3: Der Rechtsrahmen zur Behandlung von Strafschadensersatz
weit ersichtlich in Deutschland oder Frankreich noch nicht geschehen. Dennoch ist die Aufhebung eines inländischen Schiedsspruchs auch dort grundsätzlich möglich. 1. Aufhebung nach deutschem Recht In Deutschland ist die Aufhebung von Schiedssprüchen im siebten Abschnitt des Zehnten Buchs der ZPO geregelt. § 1059 Abs. 1 ZPO bestimmt, dass ein Schiedsspruch auf Antrag nach den Absätzen 2 und 3 aufgehoben werden kann. Eine Aufhebung kommt nur bei inländischen Schiedssprüchen in Betracht. Zwar lässt der Wortlaut von § 1062 Abs. 2 ZPO auch eine Aufhebung eines ausländischen Schiedsspruchs zu, doch würde dies gegen den international anerkannten Grundsatz, dass die Zuständigkeit dafür nur den Gerichten des Ursprungslands zusteht, verstoßen. 35 Die eine Aufhebung rechtfertigenden Gründe sind in § 1059 Abs. 2 ZPO genannt, wobei Nr. 1 die vom Antragsteller geltend zu machenden Umstände und Nr. 2 die von Amts wegen zu prüfenden Umstände aufführt. Zu den letzteren gehört der Umstand, dass der Streitgegenstand nach deutschem Recht nicht schiedsfähig ist (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a) und dass die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b).36 2. Aufhebung nach französischem Recht Das französische Schiedsrecht ist im vierten Buch des Code de procédure civile (CPC) geregelt und wurde zuletzt zum 1. Mai 2011 durch das Dekret n° 20114837 reformiert.38 Auch das neue Schiedsrecht unterscheidet zwischen nationalen und internationalen Schiedsverfahren. Ein letzteres liegt gemäß Art. 1504 CPC vor, wenn der Streit die „Interessen des internationalen Handels“ betrifft.39 Nach französischem Verständnis ist das Vorliegen eines internationalen Schiedsspruchs demnach nicht daran gebunden, dass er an einem ausländi-
(Russia) v. FNK Engineering LLC (Russia); berichtet von Nikiforov/Gurkov/Sevastianova, Les Cahiers de l'arbitrage 2014, S. 109 (114). 35 Thomas/Putzo, ZPO, 35. Aufl. 2014, § 1059, Rn. 5. 36 Zur Frage, ob im Fall von Strafschadensersatz ein solcher Widerspruch gegen die öffentliche Ordnung vorliegt, siehe Kapitel 4, § 2. 37 Décret n° 2011-48 du 13.1.2011 portant réforme de l’arbitrage, JORF n° 0011 du 14.1.2011, S. 777. 38 Näher zu der Reform: Asfar Cazenave, RDAI/IBLJ 2011, 577; Béguin/Ortscheidt/Seraglini, JCP G 2011, 545 und 765; Gaillard, D. 2011, 175; Kühner, SchiedsVZ 2011, 125; Vogl, RIW 2011, 359. 39 Der Wortlaut der Vorschrift lautet: „Est international l'arbitrage qui met en cause des intérêts du commerce international.“
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schen Schiedsort erlassen wurde. Ausländische Schiedssprüche sowie internationale Schiedssprüche von Schiedsgerichten mit Sitz in Frankreich werden insofern gleichbehandelt.40 Für in Frankreich erlassene Schiedssprüche hat der Gesetzgeber in Art. 1518 CPC die Aufhebung des Schiedsspruchs als alleinigen Rechtsbehelf vorgesehen. Die Aufhebung muss gemäß Art. 1519 CPC innerhalb eines Monats bei der Cour d’appel beantragt werden, in deren Gerichtsbezirk der Schiedsspruch ergangen ist. In Art. 1520 CPC sind die Gründe aufgeführt, auf die sich der Antragsteller stützen kann. Dazu zählt unter anderem ein Verstoß gegen den internationalen ordre public (Art. 1520 Nr. 5 CPC).41 In einem Verfahren vor der Cour d’appel de Paris wurde bereits versucht, auf Grundlage von Art. 1520 CPC die Aufhebung eines Schiedsspruchs zu erreichen, mit der Begründung, dass in unzulässiger Weise Strafschadensersatz zugesprochen worden sei. In dem zugrunde liegenden Schiedsverfahren hatte ein Investor vor einem Schiedsgericht mit Schiedsort in Frankreich die Republik Venezuela auf Zahlung einer Entschädigung auf Grundlage des kanadischvenezolanischen Investitionsabkommens verklagt. In dem nach den ICSID Additional Facility Rules administrierten Verfahren wurde Venezuela verurteilt, eine Entschädigung in Höhe von 713.032.000 $ zu zahlen. Venezuela beantragte vor der Cour d’appel de Paris die Aufhebung dieses Schiedsspruchs mit der Begründung, dass die zugesprochene Entschädigung über den Ersatz des erlittenen Schadens hinausgehe und Strafschadensersatz darstelle, wodurch das Schiedsgericht seine Befugnisse überschritten habe. Das Pariser Berufungsgericht folgte diesem Argument nicht und führte aus, dass es sich bei der zugesprochenen Summe nicht um Strafschadensersatz, sondern um eine auf ökonomische Kriterien gestützte Entschädigung handle. 42 Eine Aufhebung des Schiedsspruchs wurde daher nicht vorgenommen.
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Kühner, SchiedsVZ 2011, 125 (128). Zur Frage, ob im Falle von Strafschadensersatz ein solcher Verstoß gegen den internationalen ordre public vorliegt, siehe Kapitel 4, § 2. 42 CA Paris, Pôle 1, Chambre 1, arrêt du 7.2.2017, N° 14/21103. Das Gericht führte dazu aus: „le tribunal arbitral n’a pas alloué des dommages-intérêts punitifs, mais une réparation du préjudice fondée sur des critères économiques […]“ (S. 6 des Urteils). Die Auffassung, dass es sich nicht um Strafschadensersatz handelt, teilte im Übrigen auch der United States District Court for the District of Columbia, vor dem der Investor auf Grundlage des amerikanischen Rechts eine Bestätigung des Schiedsspruchs beantragt hatte: Civil Action No 142014 (JEB) (S. 31 des Urteils). 41
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Kapitel 3: Der Rechtsrahmen zur Behandlung von Strafschadensersatz
§ 2 Der Rechtsrahmen betreffend im Ausland geltend gemachten Strafschadensersatz § 2 Rechtsrahmen für im Ausland geltend gemachten Anspruch Deutsche und französische Gerichte können nicht nur dann mit ausländischem Strafschadensersatz befasst sein, wenn dieser im jeweiligen Land geltend gemacht wird. Sie können ebenfalls dann mit ausländischem Strafschadensersatz konfrontiert sein, wenn dieser im Ausland geltend gemacht wird oder wurde. Dies ist der Fall, wenn die Anerkennung oder Vollstreckung einer ausländischen Entscheidung, durch die Strafschadensersatz zugesprochen wurde, in Deutschland bzw. Frankreich begehrt wird (A) oder ein ausländisches Gericht, vor dem in einem dort anhängigen Verfahren Strafschadensersatz begehrt wird, Rechtshilfe bei einem französischen bzw. deutschen Gericht ersucht (B). A. Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen Ausländische Verurteilungen zur Zahlung von Strafschadensersatz, deren Anerkennung oder Vollstreckung begehrt wird, können zum einen Entscheidungen staatlicher Gerichte (I) und zum anderen Schiedssprüche sein (II). Die Voraussetzungen für die Anerkennung und Vollstreckung unterscheiden sich dabei. I. Anerkennung/Vollstreckung von Entscheidungen staatlicher Gerichte Die Voraussetzungen, nach denen sich die Anerkennungs- und Vollstreckungsfähigkeit von Entscheidungen ausländischer staatlicher Gerichte richtet, hängen davon ab, ob das Urteil aus einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Drittstaat stammt. 1. Entscheidungen aus EU-Mitgliedstaaten Die Frage der Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, durch die zur Zahlung von Strafschadensersatz verurteilt wird, stellt sich vor allem angesichts von Entscheidungen aus England und Wales, Irland, Nordirland und Zypern. 43 Ebenso kann sich die Frage der Anerkennung und Vollstreckung aber auch angesichts von Entscheidungen aus anderen Mitgliedstaaten stellen, durch die eine Entscheidung über Strafschadensersatz aus einem Drittstaat das Exequatur erteilt wurde und nun in einem anderen Mitgliedstaat vollstreckt werden soll. 44 43
Vanleenhove, in: Meurkens/Nordin (Hrsg.), The Power of Punitive Damages – Is Europe Missing Out?, 2012, S. 337. Im Falle eines Austritts Großbritanniens aus der EU („Brexit“) werden Entscheidungen britischer Gerichte jedoch als Entscheidungen aus Drittstaaten zu behandeln sein. 44 Requejo Isidro, in: Koziol/Wilcox (Hrsg.), Punitive Damages: Common Law and Civil Law Perspectives, 2009, S. 237 (251).
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a) Die unionsrechtlichen Anerkennungs- und Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen Die Vollstreckung von Zivilurteilen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist sekundärrechtlich durch verschiedene Verordnungen geregelt. 45 Die größte Bedeutung kommt dabei der sogenannten Brüssel I-Verordnung Nr. 44/2001 vom 22. Dezember 2000 zu, die auch als EuGVVO bezeichnet wird 46 und mit Wirkung zum 1. Januar 2015 durch die Verordnung Nr. 1215/2012 neugefasst wurde. 47 Regelungen bezüglich der Anerkennung und Vollstreckung finden sich in Kapitel III der Verordnung (Art. 36 ff.). Art. 36 Abs. 1 EuGVVO legt dabei den Grundsatz fest, dass die in anderen Mitgliedstaaten ergangenen Entscheidungen ipso iure anzuerkennen sind. Anders als noch von Art. 38 Abs. 1 EuGVVO a.F. vorgesehen, bedarf es nach Art. 39 Abs. 1 EuGVVO n.F. keiner Vollstreckbarerklärung mehr, um das Urteil in einem anderen Mitgliedstaat vollstrecken zu können. Nur auf Antrag nach Art. 46 EuGVVO n.F. kann die Vollstreckung verweigert werden, sofern einer der in Art. 45 EuGVVO n.F. aufgeführten Versagungsgründe gegeben ist.48 Dies ist gemäß Art. 45 Abs. 1 Buchstabe a etwa dann der Fall, wenn die Anerkennung der öffentlichen Ordnung (ordre public) des ersuchten Mitgliedstaats offensichtlich widerspräche. Ein solcher Widerspruch gegen den ordre public könnte dann in Betracht kommen, wenn die Entscheidung, deren Vollstreckung begehrt wird, eine Geldentschädigung zuspricht, die auch Strafcharakter hat. Fälle, in denen Entscheidungen über Strafschadensersatz aus anderen Mitgliedstaaten vollstreckt werden sollen, sind bislang selten gewesen. 49 Zu den bereits mit einem Antrag
45
Siehe die Übersicht bei Rauscher, IJPL, Vol. 1 (2011), No 2, 265 (269). Verordnung (EG) des Rates vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. L 12 v. 16.1.2001, S. 1. 47 VO (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Neufassung), ABl. L 351 vom 20.12.2012, S. 1. Näher zu den Änderungen Alio, NJW 2014, 2395; Domej, RabelsZ 78 (2014), 508. 48 Der ursprüngliche Entwurf KOM(2010) 748 der Kommission hatte sogar eine noch weitgehendere Änderung vorgesehen, der zufolge der Rechtsbehelf gegen die Vollstreckung auf den verfahrensrechtlichen ordre public beschränkt ist, so dass eine Berufung auf den materiell-rechtlichen ordre public ausgeschieden wäre; dazu von Hein, RIW 2013, 97 (109), Müller, ZEuS 2012, 329 (356); Timmer, Journal of Private International Law, Vol. 9 (2013), 129 (130 f.); Nuyts, Rev. crit. DIP 2013, 1 (30 ff.). Zu der jetzigen Ausgestaltung der Rechtsschutzmöglichkeiten nach der Reform Sladič, ZEuS 2013, 329. 49 Siehe etwa noch Requejo Isidro, in: Koziol/Wilcox (Hrsg.), Punitive Damages: Common Law and Civil Law Perspectives, 2009, S. 237 (250), Rn. 33, der keine Entscheidung bekannt war: „To date, there have been no requests for the recognition of punitive damages awarded in one Member State by another.“ 46
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Kapitel 3: Der Rechtsrahmen zur Behandlung von Strafschadensersatz
auf Vollstreckung einer Entscheidung über Strafschadensersatz aus einem anderen Mitgliedstaat konfrontierten Gerichten zählt unter anderem das OLG Hamburg. Dieses hatte sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Vollstreckung eines italienischen Urteils, das zur Zahlung von Schadensersatz wegen Nichtvermögensschadens verurteilte, wegen Verstoßes gegen den ordre public verweigert werden müsse. 50 In der dem Urteil zugrundeliegenden italienischen Entscheidung hatte das Gericht von einer „zivilrechtlichen Strafe“ gesprochen. Im Ergebnis verneinte das OLG einen ordre public-Verstoß, da die pönalen Elemente im Ausgangsurteil nicht im Vordergrund gestanden hätten.51 In einem anderen Verfahren bestätigte das OLG, dass ein italienisches Urteil, durch das Schadensersatz wegen einer mutwilligen Klageerhebung zugesprochen wurde, in Deutschland vollstreckbar sei. 52 Ein Verstoß gegen den ordre public liege nicht vor, insbesondere da die Zahlungsverpflichtung nicht mit punitive damages nach US-amerikanischem Recht vergleichbar sei.53 In ähnlicher Weise war das OLG Saarbrücken mit der Frage befasst, ob die Vollstreckung eines französischen Urteils gegen den materiellrechtlichen ordre public nach Art. 34 EuGVVO a.F. verstoße.54 Der Vollstreckungsgegner trug in dem Verfahren vor, dass die zu vollstreckende Entscheidung mangels erlittenen Schadens gegen den ordre public verstoße, da in der Entscheidung auf die prägende Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes verzichtet und ohne die Berücksichtigung kompensierender Vermögenszuwächse „ähnlich wie bei amerikanischen punitive damages eine Art Bestrafung“ vorgenommen werde. 55 Auch in einem Verfahren vor dem OLG Düsseldorf stellte sich die Frage, ob die Vollstreckung eines Urteils wegen Vorliegens eines dem ordre public nach Art. 34 Nr. 1 EuGVVO a.F. zuwiderlaufenden Strafschadensersatzes abzulehnen sei. 56 Der Vollstreckungsgegner hatte die Auffassung vertreten, dass es sich bei dem im ausländischen Ausgangsurteil nach niederländischem Arbeitsrecht zugesprochenen Verzugsaufschlag um einen „Strafschadensersatz ähnlich dem amerikanischen Recht“ handle. 57 Das OLG Düsseldorf jedoch verwarf diese Argumentation und führte aus, dass es sich bei der Forderung „nicht um eine dem ordre public
50 OLG Hamburg, 6. Zivilsenat, Beschluss vom 18.11.2008 – 6 W 50/08; BeckRS 2009, 04376; veröffentlicht in EuLF 2009, II-10. 51 OLG Hamburg, a.a.O. 52 OLG Hamburg, Beschluss vom 23.6.2016 – 6 W 4/16, BeckRS 2016, 2149. 53 Die Entscheidung wurde später mit Beschluss des BGH vom 22.6.2017 bestätigt (IX ZB 61/16), siehe auch die Anmerkung von Wais, IPRax 2018, 397 (400). 54 OLG Saarbrücken, Beschluss vom 12.1.2011 – 5 W 132/09, BeckRS 2011, 01863. 55 Im Ergebnis lehnte das OLG jedoch einen Verstoß gegen den deutschen ordre public ab, da es sich allenfalls um eine falsche Berechnung des Schadens durch das Ausgangsgericht handle. 56 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 4.4.2011 – I-3 W 292/10, IPRax 2013, 349. 57 OLG Düsseldorf, a.a.O., Rn. 3.
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zuwiderlaufende Form des Schadensersatzes“ handle. 58 In ähnlichem Sinne wurde vor französischen Gerichten versucht, die Vollstreckung nach der EuGVVO einer englischen Entscheidung über Gerichtsgebühren unter Behauptung eines Verstoßes gegen den ordre public zu verhindern, mit dem Argument, dass es sich um unverhältnismäßigen Strafschadensersatz handle. Die Cour d’appel de Dijon lehnte dies zu Recht ab, da die Gebühren nicht mit Strafschadensersatz gleichgestellt werden können. 59 Die Frage der Vollstreckbarkeit nach der EuGVVO stellt sich nicht nur in Fällen, in denen ein Gericht eines anderen Mitgliedstaates selber Strafschadensersatz zugesprochen hat. Sie kann unter Umständen auch dann aufkommen, wenn ein Gericht eines anderen Mitgliedstaates einer Entscheidung aus einem Drittstaat, durch die zu Strafschadensersatz verurteilt wurde, das Exequatur erteilt hat. In einem solchen Fall stellt sich gegebenenfalls die Frage, ob die Exequaturentscheidung nach der EuGVVO in einem anderen Mitgliedstaat zu vollstrecken ist. Die Frage wird vor allem im Hinblick auf englische Urteile aufgeworfen, da das dortige Recht Strafschadensersatz in Form von exemplary damages kennt und ein Exequatur in Großbritannien von Entscheidungen über Strafschadensersatz aus Drittstaaten daher nicht unwahrscheinlich ist.60 Eine Vollstreckung von Exequatururteilen ist jedoch abzulehnen. Vielmehr dürfte entsprechend dem Grundsatz exequatur sur exequatur ne vaut pas die Anwendbarkeit der EuGVVO auf Exequatururteile zu verneinen sein.61 Denn auch für die EuGVVO gilt das sogenannte Verbot der Doppelexequatur: die Vollstreckbarerklärung ist zwar eine Sachentscheidung, die das Vollstreckungsrecht für den betreffenden Mitgliedstaat verleiht, aber kein neuer Leistungstitel, der auch in anderen Mitgliedstaaten nach der EuGVVO zu vollstrecken wäre. 62 Auch wenn einer ausländischen Entscheidung über Strafschadensersatz in einem Mitgliedstaat der EU das Exequatur erteilt wird, heißt dies folglich nicht, dass dieses Urteil auch in anderen Mitgliedstaaten vollstreckt werden kann. b) Widerspruch zwischen Äquivalenzprinzip und ordre public-Kontrolle bei der Anerkennung von Urteilen über Strafschadensersatz? In der ordre public-Kontrolle nach der EuGVVO wird im Schrifttum vereinzelt ein Widerspruch zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in den
58
OLG Düsseldorf, a.a.O., Rn. 15 ff., IPRax 2013, 349 (350). CA Dijon , Entscheidung vom 10.11.2016, Rs. n° 15/00383. 60 So von Hay, EuLF 2007, 289 (293). 61 Requejo Isidro, in: Koziol/Wilcox (Hrsg.), Punitive Damages: Common Law and Civil Law Perspectives, 2009, S. 237 (251). 62 Stadler, in: Musielak, ZPO, 12. Aufl. 2015, Art. 32 EuGVVO a.F., Rn. 5. 59
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Rechtssachen Brasserie du Pêcheur63 und Manfredi64 gesehen. In erstgenanntem Urteil entschied der EuGH, dass „besonderer Schadensersatz wie der im englischen Recht vorgesehene ‚exemplarische‘ Schadensersatz gewährt werden können [muss], wenn er, gestützt auf das Gemeinschaftsrecht […] geltend gemacht wird, sofern ein solcher, auf nationales Recht gestützter Schadensersatz zugesprochen würde.“ 65 Daran anknüpfend entschied er in Bezug auf Schadensersatzklagen, die auf eine Verletzung von Art. 81 EG – der Vorgängervorschrift des jetzigen Art. 101 AEUV – gestützt werden, dass „nach dem Äquivalenzgrundsatz ein besonderer Schadensersatz wie der exemplarische oder Strafschadensersatz, wenn er im Rahmen von Klagen gewährt werden kann, die das innerstaatliche Recht betreffen und den auf das Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft gegründeten Klagen vergleichbar sind, auch im Rahmen der letztgenannten Klagen gewährt werden können [muss]“. 66 Demnach müssen nach Unionsrecht diejenigen Mitgliedstaaten, deren nationales Recht Strafschadensersatz vorsieht, diesen auch bei auf Verstößen gegen Unionsrecht zusprechen. Manche Autoren sehen einen de lege ferenda aufzulösenden Widerspruch darin, dass das Unionsrecht demnach einerseits zur Verhängung von Strafschadensersatz verpflichtet und andererseits das zuständige Gericht in einem anderen Mitgliedstaat nicht davon abhält, wegen des ordre public die Vollstreckbarkeit zu versagen. 67 Tatsächlich ist dieser Widerspruch lediglich vermeintlicher Art. Zwischen den Fragen, ob ein Mitgliedstaat nationalrechtliche und unionsrechtliche Schadensersatzansprüche gleichbehandeln muss und ob ein Mitgliedstaat die Vollstreckung aufgrund des eigenen ordre public verweigern kann, ist zu differenzieren. Die Verpflichtung, Strafschadensersatz auszusprechen, betrifft nur diejenigen Situationen, in denen das jeweilige nationale Recht solchen Strafschadensersatz für Verstöße gegen nationales Recht vorsieht. In solchen Fällen müssen die Mitgliedstaaten auch bei einem Verstoß gegen Unionsrecht Strafschadensersatz in demselben Umfang gewähren, wie sie dies bei einem Verstoß gegen nationales Recht tun würden. Im Umkehrschluss gilt: Besteht im nationalen Recht des Mitgliedstaates kein Strafscha-
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EuGH, Urteil vom 5.3.1993, verbundene Rs. C-46/93 und C-48/93, Slg. 1996, I-1029. EuGH, Urteil vom 13.7.2006, Rs. C-295-07, Slg. 2006, I-6619. 65 EuGH, Urteil vom 5.3.1993, verbundene Rs. C-46/93 und C-48/93, Slg. 1996, I-1029, Rn. 90. 66 EuGH, Urteil vom 13.7.2006, Rs. C-295-07, Slg. 2006, I-6619, Rn. 99. Zu dem Urteil auch Bonnamour, RLDA, n° 10 2006, 72. 67 So Cavalier, in: Stürner/Kawano (Hrsg.), Comparative Studies on Business Tort Litigation, 2011, S. 221 (230); Vanleenhove, in: Meurkens/Nordin (Hrsg.), The Power of Punitive Damages – Is Europe Missing Out?, 2012, S. 337. 64
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densersatz, braucht er einen solchen auch nicht bei Verstößen gegen Unionsrecht zuzusprechen.68 Sofern im Recht des Mitgliedstaats Ansprüche auf Strafschadensersatz existieren, beruht dieser nichtkompensatorische Bestandteil als solcher nicht auf Unionsrecht, sondern allein auf dem autonomen nationalen Recht.69 In dem Mitgliedstaat, in dem das Urteil ergangen ist, ist es auch in jedem Fall vollstreckungsfähig. Dass es anderen Mitgliedstaaten unbenommen bleibt, die Anerkennung und Vollstreckung im Hinblick auf den ordre public zu verweigern, ist keineswegs widersprüchlich, sondern entspricht der Logik der EuGVVO. Denn maßgeblich für die Feststellung eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung sind in erster Linie die Kriterien und Wertmaßstäbe des Anerkennungsstaates. 70 Erst wenn unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ein Verstoß bejaht wird, wird nach gesamteuropäischen Kriterien geprüft, ob sich die Feststellung noch innerhalb des vom EuGH bestimmten Spielraums bewegt.71 Wie Hau es formuliert, „obliegt [dem EuGH] nicht etwa die Definition des mitgliedstaatlichen ordre public, sondern nur ein Wächteramt gegen überzogene nationale Kontrollversuche.“ 72 Im Falle einer Vollstreckungs- oder Anerkennungsverweigerung wegen Verstoßes gegen die öffentliche Verordnung von Urteilen über Strafschadensersatz jedenfalls bewegen sich mitgliedstaatliche Gerichte im Rahmen der vom EuGH gesetzten Grenzen. Denn mit seiner oben genannten Rechtsprechung in Brasserie du Pêcheur und Manfredi hat der Gerichtshof keineswegs die Auslegung des ordre public dahingehend eingeschränkt, dass er der Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen über Strafschadensersatz entgegenstehe, sondern urteilte lediglich über die Pflicht zur Gewährung von Strafschadensersatz nach dem Äquivalenzprinzip.73
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Oskierski, Schadensersatz im Europäischen Recht, 2010, S. 93: „Das Gemeinschaftsrecht verlangt aber auch nicht die Möglichkeit des Strafschadensersatzes, wenn dieser im nationalen Recht nicht vorgesehen ist.“ 69 Koch, in: Koziol/Wilcox (Hrsg.), Punitive Damages: Common Law and Civil Law Perspectives, 2009, S. 197 (206). Ähnlich Alexander, Schadensersatz und Abschöpfung im Lauterkeits- und Kartellrecht, 2010, S. 418, der zu Recht darauf hinweist, dass das Europarecht nicht die Existenz eines mehrfachen Schadensersatzes verlangt, sondern der Äquivalenzgrundsatz nur verlangt, dass ein solcher, wenn er für Verstöße gegen nationales Kartellrecht vorgesehen ist, auch bei Verletzung des EU-Kartellrechts zur Anwendung zu kommen hat. 70 Der nationale ordre public ist zwar durch das europäische Recht geprägt, wird aber nicht durch den europäischen ordre public verdrängt, siehe Basedow, in: FS Sonnenberger, 2004, S. 291. 71 Dörner, in: Saenger (Hrsg.), ZPO, 5. Aufl. 2013, Art. 34 EuGVVO, Rn. 3; Stadler, in: Musielak, ZPO, 12. Aufl. 2015, Art. 34 EuGVVO a.F., Rn. 2. 72 Hau, ZVglRWiss 116 (2017), 23 (28), dortige Fn. 20. 73 In dem Sinne auch Poelzig, Normdurchsetzung durch Privatrecht, 2012, S. 312.
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2. Entscheidungen aus Drittstaaten Die Mehrheit ausländischer Verurteilungen zur Zahlung von Strafschadensersatz, deren Vollstreckung in Deutschland oder Frankreich begehrt wird, dürfte aus Staaten außerhalb Europas stammen, insbesondere aus Nordamerika. Nach einem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU („Brexit“) werden aber auch Entscheidungen britischer Gerichte solche aus Drittstaaten darstellen. 74 Da auch das Recht von England und Wales pönalen Schadensersatz in Form von exemplary damages kennt, könnte die Relevanz von drittstaatlichen Entscheidungen über Strafschadensersatz für deutsche und französische Gerichte zunehmen. Oftmals besteht mit den betreffenden Staaten ein völkerrechtliches Abkommen über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen (a). Außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Abkommen richtet sich die Anerkennung und Vollstreckung nach dem autonomen Recht (b). a) Nach internationalen Übereinkommen Die Vollstreckung von zivilrechtlichen Entscheidungen aus Staaten außerhalb der Europäischen Union richtet sich oftmals nach mit diesen Staaten geschlossenen Abkommen, welche sowohl multi- als auch bilateraler Art sein können. 75 Ein Beispiel für ein solches internationales Übereinkommen, zu dessen Parteien sowohl Frankreich als auch Deutschland zählen, ist das mit den EFTAStaaten geschlossene Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16. September 198876, das sogenannte Lugano-Übereinkommen. Dieses trat für Frankreich am 1. Januar 1992 77 und für Deutschland am 1. März 1995 in Kraft und gilt heute noch im Verhältnis der EU-Staaten zu Island, Norwegen und der Schweiz. Ein weiteres Beispiel ist das auch als „EuGVÜ“ bezeichnete
74 Eine Vollstreckung britischer Urteile nach der Brüssel Ia-VO wird daher nach einem Brexit ausscheiden, siehe Ungerer, in: Kramme/Baldus/Schmidt-Kessel (Hrsg.), Brexit und die juristischen Folgen, 2016, S. 297 (298 ff.); Lehmann/Zetzsche, JZ 2017, 62 (70). 75 Eine Übersicht über die wichtigsten von Frankreich geschlossenen Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen findet sich bei Mayer/Heuzé, Droit international privé, 11. Aufl. 2014, S. 332 ff. (n° 482). Näher zu den bilateralen Staatsverträgen Frankreichs auch Laugwitz, Die Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, 2017, S. 353 ff. Eine Übersicht über die Übereinkommen, an denen Deutschland beteiligt ist, findet sich bei Schütze, Das Internationale Zivilprozessrecht in der ZPO, 2. Aufl. 2011, § 328, Rn. 169 ff. Näher zu den deutschen bilateralen Staatsverträgen Laugwitz, a.a.O., S. 351 ff. 76 ABl. L 319 vom 25.11.1988, S. 9. 77 Oetiker/Weibel, in: dies. (Hrsg.), Lugano-Übereinkommen, 2011, Einleitung, Rn. 14.
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Brüsseler Übereinkommen aus dem Jahr 196878, das im Falle eines Ausscheidens des Vereinigten Königreichs aus der EU (Brexit) für Deutschland und Frankreich in Bezug auf die Vollstreckung von Entscheidungen britischer Gerichte wieder „auflebt“.79 Soll auf Grundlage eines internationalen Übereinkommens ein Urteil vollstreckt werden, stellt sich unter Umständen die Frage, ob dies auch dann möglich ist, wenn Strafschadensersatz zugesprochen wurde. In einem vom Oberlandesgericht Hamm zu entscheidenden Fall beispielsweise machte der Vollstreckungsgegner geltend, dass die Vollstreckung eines israelischen Urteils80 wegen Verstoßes gegen den ordre public-Vorbehalt nach Art. 5 Abs. 1 Nr. 2 des deutsch-israelischen Vertrages über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidung in Zivil- und Handelssachen zu versagen sei, da in dem betreffenden Urteil ein überhöhter, nichtkompensatorischer Strafschadensersatz geltend gemacht worden sei, den die deutsche öffentliche Ordnung nicht kenne und für den es kein vergleichbares deutsches Rechtsinstitut gebe.81 Mit den USA, aus denen die meisten in Deutschland und Frankreich zu vollstreckenden ausländischen Urteile kommen, die zur Zahlung von Strafschadensersatz verpflichten, besteht weder für Deutschland noch für Frankreich ein Vollstreckungsabkommen. Das von den USA und der Europäischen Union unterzeichnete Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen vom 30. Juni 200582, das in seinem Kapitel III auch Regelungen zur Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen enthält, ist zwar zum 1. Ok-
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Übereinkommen von Brüssel über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen von 1968, aktuelle Fassung siehe ABl. C 27 vom 26.1.1998, S. 1. 79 Ungerer, in: Kramme/Baldus/Schmidt-Kessel (Hrsg.), Brexit und die juristischen Folgen, 2016, S. 297 (298 ff.); Lehmann/Zetzsche, JZ 2017, 62 (70). A.A. Rühl, JZ 2017, 72 (81), der zufolge nicht das Brüsseler Abkommen, sondern das autonome Recht der Mitgliedstaaten Anwendung findet, sowie Hess, IPRax 2016, 409 (413), der eine Anwendung des EuGVÜ ausschließt. 80 Laut Englard kommt es im Übrigen verhältnismäßig selten vor, dass israelische Gerichte Strafschadensersatz zusprechen, siehe JETL 2012, 1 (10). 81 OLG Hamm, Beschluss vom 7.6.2013 – I-25 W 47/13, BeckRS 2014, 20312. Das Gericht ging auf diese Ausführung jedoch nicht ein, da es die Vollstreckung schon aus anderen Gründen ablehnte. 82 Die zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz abgestimmte deutsche Übersetzung des Übereinkommens findet sich als Anhang I zum Beschluss 2009/397/EG des Rates vom 26.2.2009 über die Unterzeichnung – im Namen der Europäischen Gemeinschaft – des Übereinkommens über Gerichtsstandsvereinbarungen, ABl. L 133 vom 29.5.2009, S. 1–13 sowie als Anhang bei Bläsi, Das Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen, 2010, S. 373 ff.
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tober 2015 für Mexiko und die EU in Kraft getreten, doch steht eine Ratifizierung durch die USA noch aus und ist in absehbarer Zeit nicht zu erwarten.83 Gemäß Art. 8 Abs. 1 des Übereinkommens ist die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen eines Vertragsstaates, die auf Grundlage einer ausschließlichen Gerichtsstandsvereinbarung ergingen und in den Anwendungsbereich des Übereinkommens fallen, in anderen Vertragsstaaten grundsätzlich durchzuführen.84 Anerkennung und Vollstreckung können nur aus den im Übereinkommen genannten Gründen versagt werden. Für Entscheidungen, in denen Strafschadensersatz ausgeurteilt wird, findet sich ein spezieller Versagungsgrund in Art. 11, der es erlaubt, Schadensersatzurteilen in Höhe des Zuspruchs exzessiver Schadensersatzsummen die Anerkennung zu verweigern. 85 Die Vorschrift kann daher dazu führen, dass ausländische Entscheidungen, die Strafschadensersatz zusprechen, lediglich zum Teil anerkannt werden.86 Allerdings trifft Art. 17 Abs. 2 Buchstabe b) eine Klarstellung bezüglich Entscheidungen über Ansprüche aus Versicherungs- oder Rückversicherungsverträgen: Wenn durch die Versicherungsleistung Strafschadensersatz erstattet wird, den der Versicherungsnehmer zu leisten hatte, steht dies der Anerkennung und Vollstreckung einer solchen Entscheidung demnach nicht entgegen. 87 Nicht ausgeschlossen ist zudem, dass ein multilaterales Übereinkommen über die allgemeine Anerkennung ausländischer Entscheidungen, d.h. auch solcher, denen keine Gerichtsstandsvereinbarung zugrunde lag, zustande kommt. Eine Arbeitsgruppe der Haager Konferenz für internationales Privatrecht hat einen vorläufigen Entwurf für eine solche Konvention erarbeitet. Die Entwurfsfassung von November 2017 sieht in Art. 10 Abs. 1 vor, dass ausländischen Entscheidungen über Strafschadensersatz die Anerkennung und Vollstreckung versagt werden kann. Der englischsprachige Wortlaut des Entwurfs besagt:
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So Wagner, NJW 2015, 1796 (1798), dortige Fn. 35. Bläsi, Das Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen, 2010, S. 191 ff. 85 Bläsi, Das Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen, 2010, S. 219 ff.; Eichel, RIW 2009, 289 (296); de Fontmichel, Rev. dr. unif. 2005, 737 (754); Wagner/Schüngeler, ZVglRWiss 108 (2009), 399 (422). Zu den möglichen Auswirkungen dieser Vorschrift auch Gray, 17 Willamette J. Int'l L. & Dis. Res. (2009), 105 (150 ff.). Zur Entstehungsgeschichte von Art. 11 HGÜ siehe auch Tebbens, in: Venturini/Bariatti (Hrsg.), Liber Fausto Pocar, Bd. 2, 2009, S. 274 (283–286); Wagner, RabelsZ 73 (2009), 100 (128–130); Requejo Isidro, in: Meurkens/Nordin (Hrsg.), The Power of Punitive Damages – Is Europe Missing Out?, 2012, S. 311 (325); Bungert, ZIP 1993, 815. 86 Wagner/Schüngeler, ZVglRWiss 108 (2009), 399 (422). 87 Wagner/Schüngeler, a.a.O. 84
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„Recognition or enforcement of a judgment may be refused if, and to the extent that, the judgment awards damages, including exemplary or punitive damages, that do not compensate a party for actual loss or harm suffered.“ 88
Auch wenn ein solches Übereinkommen in Kraft treten sollte, ist also davon auszugehen, dass es nicht dazu verpflichten wird, ausländische Entscheidungen über Strafschadensersatz zwingend anzuerkennen und zu vollstrecken. b) Nach autonomem Recht Außerhalb des Anwendungsbereichs europäischer Verordnungen und völkerrechtlicher Verträge richten sich die Anerkennung und Vollstreckbarkeit nach den allgemeinen Voraussetzungen des nationalen Rechts. Hinsichtlich der Anerkennung und Vollstreckbarkeit ausländischer Urteile über Strafschadensersatz spielt dies eine bedeutende Rolle, da diese Entscheidungen oft aus den USA stammen und mangels Übereinkommen der Vereinigten Staaten mit Deutschland und Frankreich auf die allgemeinen Regeln des autonomen Rechts zurückgegriffen werden muss.89 aa) Voraussetzungen in Deutschland Das autonome Verfahrensrecht Deutschlands regelt die Anerkennung grundsätzlich in § 328 ZPO. Daneben bestehen Sondervorschriften für Entscheidungen in Familiensachen und der freiwilligen Gerichtsbarkeit in §§ 107–109 FamFG. 90 Die Abgrenzung zwischen Zivilprozess (§ 328 ZPO) und freiwilliger Gerichtsbarkeit kann bedeutsam sein, weil für Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit das Gegenseitigkeitserfordernis des § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO gemäß § 109 Abs. 1 FamFG normalerweise nicht gilt, sondern nur ausnahmsweise in den in § 109 Abs. IV FamFG abschließend genannten Fällen.91 Grundsätzlich werden Entscheidungen in Deutschland ipso iure anerkannt, es sei denn, der Anerkennung stehen Versagungsgründe entgegen. 92 § 328 Abs. 1 ZPO enthält fünf von Amts wegen zu prüfende Versagungsgründe, bei deren Vorliegen die Anerkennung der ausländischen Entscheidung ausgeschlossen
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November 2017 Draft Convention, abrufbar auf der Homepage der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht unter ‹https://assets.hcch.net/docs/2f0e08f1-c498-4d159dd4-b902ec3902fc.pdf› (zuletzt abgerufen am 6.2.2018). 89 Bezüglich Deutschland Hermann, Die Anerkennung US-amerikanischer Urteile in Deutschland unter Berücksichtigung des ordre public, 2000, S. 30. 90 Linke/Hau, Internationales Zivilverfahrensrecht, 6. Aufl. 2015, Rn. 12.23. 91 So Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, 9. Aufl. 2004, S. 1061; Kropholler, Internationales Privatrecht, 6. Aufl. 2006, S. 660 bezüglich der Vorgängervorschrift des § 16a FGG, der ebenfalls kein Gegenseitigkeitserfordernis für Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit enthielt. 92 Bach, Grenzüberschreitende Vollstreckung in Europa, 2008, S. 12.
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ist.93 Positiv formuliert bedeutet dies: (1) das ausländische Gericht muss nach den deutschen Gesetzen international zuständig gewesen sein, (2) der Nachweis der ordnungsgemäßen und rechtzeitigen Zustellung des prozesseinleitenden Schriftstücks ist erforderlich, sofern der Beklagte sich auf das Verfahren vor dem fremden Gericht nicht eingelassen hat und sich hierauf beruft, (3) es darf keine Unvereinbarkeit der ausländischen Entscheidung mit einem im Anerkennungsstaat bereits erlassenen Urteil oder einer früheren anerkennungsfähigen Entscheidung des fremden Urteilsstaates vorliegen, (4) es darf kein Verstoß gegen den deutschen ordre public gegeben sein, und (5) zwischen den beiden Staaten muss die Gegenseitigkeit verbürgt sein. Das deutsche Anerkennungsrecht verbietet eine inhaltliche Kontrolle des ausländischen Urteils. Zwar enthält § 328 ZPO keine ausdrückliche Regelung diesbezüglich, doch gilt das in § 723 Abs. 1 ZPO enthaltene Verbot, die „Gesetzmäßigkeit“ der ausländischen Entscheidung nachzuprüfen (sog. Verbot der révision au fond), auch für § 328 ZPO.94 Andernfalls nämlich wäre die Anerkennung von geringem Wert und man könnte fast ebenso gut ein neues Verfahren im Inland verlangen. 95 Soll das ausländische Urteil in Deutschland vollstreckt werden, muss gemäß §§ 722 f. ZPO die Vollstreckbarkeit durch ein Vollstreckungsurteil zugesprochen werden (sogenanntes Exequatur). 96 Die Voraussetzungen für die Vollstreckbarkeitserklärung richten sich gemäß § 728 Abs. 2 S. 2 ZPO wiederum nach § 328 ZPO. Daher hängt auch die Vollstreckbarerklärung letztlich von einer inzidenten Anerkennung des Urteils ab.97 bb) Voraussetzungen in Frankreich In Frankreich sind die Voraussetzungen für die Anerkennung von Urteilen aus Staaten, mit denen kein entsprechendes völkerrechtliches Übereinkommen besteht, anders als in Deutschland nicht gesetzlich geregelt, sondern wurden von der Rechtsprechung entwickelt. Während die französischen Gerichte früher die richtige Anwendung des materiellen Rechts durch das ausländische Gericht überprüften, findet eine solche révision au fond seit der Entscheidung der Cour
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Rauscher, Internationales Privatrecht, 4. Aufl. 2012, Rn. 2458. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, Bd. 5, 22. Aufl. 2006, § 328, Rn. 29. 95 Kropholler, Internationales Privatrecht, 6. Aufl. 2006, S. 666. 96 Kropholler, a.a.O. 97 Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, Bd. 5, 22. Aufl. 2006, § 328, Rn. 6; Bach, Grenzüberschreitende Vollstreckung in Europa, 2008, S. 14. 94
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de cassation in der Rechtssache Munzer98 nicht mehr statt. 99 In dieser Grundsatzentscheidung vom 7. Januar 1964 wurden Anerkennungsvoraussetzungen festgelegt, die später weiter durch die Rechtsprechung modifiziert wurden. Demnach müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein: 100 (1) das ausländische Gericht muss zuständig gewesen sein, (2) das Urteil darf nicht dem französischen ordre public widersprechen und (3) das Urteil darf nicht rechtsmissbräuchlich erlangt worden sein. 101 Ursprünglich hatte das Urteil Munzer besagt, dass auch zwei weitere Voraussetzungen vorliegen müssen. Diese wurden aber später durch die Rechtsprechung aufgegeben: Im Urteil Bachir102 aus dem Jahre 1968 entschied die Cour de cassation, dass es nicht erforderlich sei, dass das ausländische Gericht sein eigenes Recht ordnungsgemäß angewendet hat.103 Ebenso zählt seit dem Urteil Cornelissen et Société Avancia104 vom 20. Februar 2007 nicht mehr zu den Anerkennungsvoraussetzungen, dass das ausländische Gericht das nach dem französischen Kollisionsrecht anzuwendende Recht angewendet hat. 105 Um ein Vermögenswerte betreffendes Urteil – wie es Entscheidungen sind, die Strafschadensersatz zusprechen – in Frankreich vollstrecken
98 C. Cass., 1re ch. civ., Urteil vom 7.1.1964, Bull, I, N° 15 ; Rev. crit. DIP 1964, 344 ; JDI 1964, 302. Siehe auch die Anmerkung in den „grands arrêts de la jurisprudence française de droit international privé“: Ancel/Lequette, 5. Aufl. 2006, S. 357 ff. (arrêt n° 41). Eine deutsche Übersetzung des Urteils mit Anmerkung findet sich in FamRZ 1965, 46. 99 Hübner/Constantinesco, Einführung in das französische Recht, 4. Aufl. 2001, S. 274. 100 So zuletzt noch einmal durch die Cour de cassation mit Urteil vom 30.1.2013 bezüglich eines russischen Urteils bestätigt: „Pour accorder l’exequatur en l’absence de convention internationale comme c’est le cas dans les relations entre la France et la Fédération de Russie, le juge français doit s’assurer que trois conditions sont remplies, à savoir la compétence indirecte du juge étranger fondée sur le rattachement du litige au juge saisi, la conformité à l’ordre public international de fond et de procédure ainsi que l’absence de fraude.“ Siehe dazu auch die deutschsprachige Anmerkung von Corneloup, IPRax 2014, 82. 101 Fricke, IPRax 1989, 202 (203); Janke/Licari, American Journal of Comparative Law, 775 (785); Kessedjian, La reconnaissance et l'exécution des jugements étrangers en France – hors les Convention de Bruxelles et de Lugano, in: Walter/Baumgartner (Hrsg.), Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen außerhalb der Übereinkommen von Brüssel und Lugano, 2000, S. 191; Weissberg, Gaz.Pal., 2002, 1644; Bach, Grenzüberschreitende Vollstreckung in Europa, 2008, S. 58 ff. 102 C. Cass., 1re ch. civ., Urteil vom 4.10.1967, Bull., I, N°277. 103 Janke/Licari, American Journal of Comparative Law 2012, 775 (786). 104 C. Cass., 1re ch. civ., Urteil vom 20.2.2007, Rev. crit. DIP 2007, 420; JDI 2007, 1195; D. 2007, 15. 105 Näher zur Aufgabe dieser zuvor als Einzigartigkeit des französischen Rechts betrachteten Anforderung: Ancel/Muir Watt, in: Liber amicorum Hélène Gaudement-Tallon, S. 135; Chalas, DIP 2014, 39 (42 f.).
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zu können, muss gemäß Art. 509 des Zivilprozessbuchs Code de procédure civile grundsätzlich ein Exequatur-Verfahren durchlaufen werden. 106 Die ausschließliche sachliche Zuständigkeit dafür liegt gemäß Art. 311-11 Code de l’organisation judiciaire beim Tribunal de grande instance, das durch Einzelrichter (juge unique) entscheidet.107 Im Exequaturverfahren werden sodann die Anerkennungsvoraussetzungen nach Munzer geprüft. 108 Im Gegensatz zum Reziprozitätserfordernis im deutschen § 328 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 ZPO verzichtet das französische Recht auf die Gegenseitigkeit. 109 II. Anerkennung der Eröffnung ausländischer Insolvenzverfahren und darin ergangener Entscheidungen: Unerheblichkeit von Strafschadensersatz als Ursache der Insolvenz Entscheidungen über Strafschadensersatz, deren Anerkennung und Vollstreckung in Europa beantragt wird, können ihren Ursprung auch in Insolvenzverfahren haben. So kann Schadensersatz beispielsweise dann gefordert werden, wenn es aufgrund von durch den Insolvenzverwalter getroffenen Entscheidungen in Bezug auf schwebende Rechtsgeschäfte nicht zur ungestörten Abwicklung des Vertrags kommt. Im Hinblick auf die strittige Frage, ob sich ein solcher Schadensersatz nach dem inländischen Insolvenzstatut oder dem Recht des gestörten Schuldverhältnisses richtet, wird bisweilen darauf hingewiesen, dass in letzterem Fall, wenn die lex causae ausländisches Recht ist, auch Strafschadensersatz möglich sein kann. 110 Die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über solche Schadensersatzansprüche mit insolvenzrechtlichem Hintergrund unterscheidet sich aber nicht von der Behandlung anderer ausländischer Entscheidungen über Strafschadensersatz. Von größerem Interesse ist, ob sich die Frage der Vereinbarkeit von Strafschadensersatz mit dem ordre public auch bei der Anerkennung der Eröffnung ausländischer Insolvenzverfahren stellt. In der Tat kommt es vor, dass Personen 106 Chalas, DIP 2014, 39 (46 f.); Kessedjian, La reconnaissance et l'exécution des jugements étrangers en France – hors les Convention de Bruxelles et de Lugano in: Walter/Baumgartner (Hrsg.), Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen außerhalb der Übereinkommen von Brüssel und Lugano, 2000, S. 213; Kropholler, Internationales Privatrecht, 6. Aufl. 2006, S. 666; Kunkler, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, 2010, S. 334 f.; Mayer/Heuzé, Droit international privé, 11. Aufl. 2014, S. 294 (n° 415). 107 Mayer/Heuzé, Droit international privé, 11. Aufl. 2014, S. 304 (n° 430). 108 Kessedjian, La reconnaissance et l'exécution des jugements étrangers en France – hors les Convention de Bruxelles et de Lugano in: Walter/Baumgartner (Hrsg.), Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen ausserhalb der Übereinkommen von Brüssel und Lugano, 2000, S. 204; Niboyet/de Geouffre de la Pradelle, Droit international privé, 4. Aufl. 2013, n° 780 (S. 537). 109 Hübner/Constaninesco, 4. Aufl. 2001, S. 274. 110 So Lüer, in: Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 14. Aufl. 2015, § 355 InsO, Rn. 41.
§ 2 Rechtsrahmen für im Ausland geltend gemachten Anspruch
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oder Unternehmen Insolvenz anmelden müsse, weil sie zur Zahlung von Schadensersatz, ggf. einschließlich Strafschadensersatz, verurteilt wurden.111 Die Anerkennung von in anderen EU-Mitgliedstaaten eröffneten Insolvenzverfahren oder in deren Rahmen ergangenen Entscheidungen steht unter dem ordre public-Vorbehalt nach Art. 33 der EuInsVO112. Bei Insolvenzverfahren aus Drittstaaten richtet sich die Anerkennung in Frankreich nach den allgemeinen Regeln über die Anerkennung ausländischer Entscheidungen staatlicher Gerichte, einschließlich der dabei vorzunehmenden ordre public-Prüfung. 113 Das autonome deutsche Recht sieht den ordre public-Vorbehalt sogar in einer speziellen Vorschrift für Insolvenzverfahren vor: § 343 Abs. 1 Nr. 2 InsO114 bestimmt, dass die Eröffnung des ausländischen Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird, „soweit die Anerkennung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere soweit sie mit den Grundrechten unvereinbar ist.“ Vereinzelt wird im Hinblick auf diese Regelung vertreten, dass die Anerkennung eines Insolvenzverfahrens aufgrund Verstoßes gegen den ordre public ausscheide, wenn die Zahlungsunfähigkeit nur in Folge einer Verurteilung zu Strafschadensersatz in exorbitanter Höhe eintrat. 115 In eine ähnliche Richtung geht die Auffassung, dass Forderungen auf Zahlung von Strafschadensersatz schon gar nicht zur Anmeldung im Insolvenzverfahren zuzulassen seien, da auch eine ausländische Entscheidung über Strafschadensersatz wegen des ordre public nicht anerkennungsfähig sei.116
111 So musste beispielsweise das amerikanische Unternehmen Gawker Media Insolvenz nach Chapter 11 des US-amerikanischen Insvolvenzgesetzbuchs anmelden, nachdem es zur Zahlung von insgesamt 140,1 Millionen $ kompensatorischem Schadensersatz und punitive damages an den unter dem Künstlernamen Hulk Hogan bekannten Wrestler verurteilt hatte. Siehe dazu die Berichterstattung in The Washington Post vom 10.6.2016: ‹https://www.washingtonpost.com/lifestyle/style/gawker-files-for-chapter-11-bankruptcyprotection/2016/06/10/45ef7420-2f2e-11e6-9b37- 42985f6a265c_story.html?utm_term=.df 90af5e5216› (zuletzt abgerufen am 25.1.2018). 112 Verordnung (EU) 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.5.2015 über Insolvenzverfahren (ABl. L 141 vom 5.6.2015, S. 19). Vor der durch diese Verordnung ergangenen Neufassung befand sich eine wortgleiche ordre public-Klausel in Art. 26 der VO (EG) Nr. 1346/2000 (ABl. L 160 vom 30.6.2000, S. 1). 113 Le Corre, Droit et pratique des procédures collectives, 7. Aufl. 2013, S. 134 f. (n° 093.21 f.). 114 Insolvenzordnung vom 5.10.1994 (BGBl. I S. 2866), die zuletzt durch Artikel 16 des Gesetzes vom 20.11.2015 (BGBl. I S. 2010) geändert worden ist. 115 So in Bezug auf amerikanische punitive damages Habscheid, NZI 2003, 238 (241); ders., Grenzüberschreitendes (internationales) Insolvenzrecht der Vereinigten Staaten von Amerika und der Bundesrepublik Deutschland, 1998, S. 320, 448 ff. 116 So vertreten von Kolmann/Keller, in: Gottwald (Hrsg.), Insolvenzrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2015, § 132, Rn. 171.
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Kapitel 3: Der Rechtsrahmen zur Behandlung von Strafschadensersatz
Es ist jedoch abzulehnen, Entscheidungen, die in ausländischen Insolvenzverfahren ergangenen sind, die Anerkennung zu versagen, nur weil sie Strafschadensersatz betreffen. Denn allein die Entscheidung über die Eröffnung und das Verfahren selber sind Gegenstand der ordre public-Kontrolle, nicht aber die Historie des Falles.117 Da es auch bei einer inländischen Insolvenzverfahrenseröffnung unerheblich ist, wodurch die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung eingetreten ist, wäre es inkonsequent, derartige Überlegungen bei der Anerkennung eines ausländischen Verfahrens zu berücksichtigen. 118 Zudem würde eine Berücksichtigung der Insolvenzursachen im Rahmen der Anerkennungsprüfung zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen. 119 Insofern stellt sich die Frage der Vereinbarkeit von Strafschadensersatz mit dem ordre public nicht bei der Anerkennung der Eröffnung ausländischer Insolvenzverfahren. Anders ausgedrückt: Die Anerkennung kann demnach nicht mit der Begründung versagt werden, dass der Schuldner durch eine Verurteilung zur Zahlung von Strafschadensersatz in die Insolvenz getrieben wurde. 120 III. Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche Wie oben ausgeführt, kann sich bei inländischen Schiedssprüchen vor staatlichen Gerichten die Frage stellen, ob diese durch staatliche Gerichte aufzuheben sind.121 Ausländische Schiedssprüche hingegen können relevant werden, wenn ihre Anerkennung bzw. Vollstreckung begehrt wird. Die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen richtet sich in Deutschland und Frankreich entweder nach dem autonomen Recht der beiden Staaten oder nach internationalen Übereinkommen. Europäische Vorgaben über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen existieren bislang nicht. Insbesondere ist die EuGVVO gemäß Art. 1 Abs. 2 Buchstabe d) nicht auf die Schiedsgerichtsbarkeit anwendbar.122 Dieser Ausschluss wurde auch bei der Neufassung der EuGVVO beibehalten.123 Zusätzlich wurde ein Art. 73 Abs. 2 n.F. eingefügt, dem zufolge die Verordnung die Anwendung des Übereinkommens von New York von 1958 unberührt lässt. 124 117
Dahl, in: Andres/Leithaus, InsO, 3. Aufl. 2014, § 343, Rn. 18. Kindler, in: MüKo BGB, 6. Aufl. 2015, § 343 InsO, Rn. 24. 119 Kindler, a.a.O. 120 Dahl, in: Andres/Leithaus, InsO, 3. Aufl. 2014, § 343, Rn. 18. 121 Dazu weiter oben im Kapitel unter § 1, B. 122 Diesen Ausschluss in der mittlerweile aufgehobenen VO Nr. 44/2001 hat auch der EuGH in seiner Rechtsprechung betont, in jüngerer Zeit etwa durch ein Urteil vom 13.5.2015 in der Rs. C̻536/13, RIW 2015, 427. 123 Näher zur Beibehaltung des Ausschlusses Domej, RabelsZ 78 (2014), 508 (540 ff.); Nuyts, Rev. crit. DIP 2013, 1 (11 ff.). 124 Darüber hinaus findet sich in der Neufassung der EuGVVO ein Erwägungsgrund Nr. 12, dem zufolge eine gerichtliche Entscheidung, mit der eine Schiedsvereinbarung für hinfällig, unwirksam oder nicht erfüllbar erklärt wird, durchaus gemäß der EuGVVO anerkannt oder 118
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1. Anerkennung nach internationalen Übereinkommen Das bedeutsamste multilaterale Abkommen im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit ist das New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958, das für Frankreich am 24. September 1959125 und für Deutschland am 28. September 1961126 in Kraft trat. Gemäß Art. I Abs. 1 ist das Übereinkommen auf die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen anzuwenden, die in Rechtsstreitigkeiten zwischen natürlichen oder juristischen Personen in dem Hoheitsgebiet eines anderen Staates als desjenigen ergangen sind, in dem die Anerkennung und Vollstreckung nachgesucht wird bzw. Schiedssprüche, die im Vollstreckungsstaat nicht als inländische anzusehen sind. Die Art. III ff. des Übereinkommens legen die Voraussetzungen fest, unter denen ein Schiedsspruch anzuerkennen und zu vollstrecken ist. Die Anerkennung und Vollstreckbarkeit des ausländischen Schiedsspruchs ist abzulehnen, wenn ein Versagungsgrund im Sinne von Art. V des Übereinkommens vorliegt. 127 Dazu zählt etwa auch der ordre public-Vorbehalt in Art. V Abs. 2 b), auf dessen Grundlage vor griechischen Gerichten bereits versucht wurde, die Vollstreckung eines Strafschadensersatz zusprechenden Schiedsspruches zu verhindern.128 Ein weiteres wichtiges multilaterales Abkommen stellt das Washingtoner Übereinkommen zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten vom 18. März 1965 dar, das für Frankreich am 20. September 1967 und für Deutschland am 18. Mai 1969 in Kraft trat 129 und häufig auch ICSID-Konvention genannt wird. Die auf Grundlage dieses Übereinkommens ergangenen Schiedssprüche sind gemäß Art. 54 Abs. 1 des Übereinkommens in den Vertragsstaaten anzuerkennen und wie inländische Gerichtsurteile zu vollstrecken – ohne dass es eines Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahrens bedarf.130 Dabei kann es sich bei den auf Grundlage des
vollstreckt werden kann. Auch hiervon bleibe aber die Zuständigkeit der Gerichte der Mitgliedstaaten, Schiedssprüche auf Grundlage des Übereinkommens von New York anzuerkennen und zu vollstrecken unberührt. Das New Yorker Übereinkommen habe überdies Vorrang vor der EuGVVO. 125 Siehe die Übersicht bei UNCITRAL: ‹http://www.uncitral.org/uncitral/en/uncitral_texts/arbitration/NYConvention_status.html› (zuletzt abgerufen am 25.1.2018). 126 BGBl. 1962 II, S. 102. 127 Saenger, in: ders., ZPO, 5. Aufl. 2013, § 1061 ZPO, Rn. 8. 128 Siehe dazu Kefalas, in: FS Eisenhardt, 2007, S. 255 (259 f.). 129 Siehe die Übersicht auf der Internetseite von ICSID, abrufbar unter folgendem Link: ‹https://icsid.worldbank.org/ICSID/FrontServlet?requestType=ICSIDDocRH&actionVal=S howDocument&language=English› (zuletzt abgerufen am 10.6.2019). 130 Näher dazu etwa Cuniberti/Normand/Cornette, Droit international de l‘exécution, 2011, S. 169 ff.
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Kapitel 3: Der Rechtsrahmen zur Behandlung von Strafschadensersatz
ICSID-Abkommens ergangenen Schiedssprüchen grundsätzlich auch um solche handeln, die Strafschadensersatz zusprechen.131 Neben diesen multilateralen Übereinkommen bestehen auch viele durch Deutschland oder Frankreich geschlossenen bilateralen Übereinkommen, die die Frage der Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen regeln. Hinsichtlich Fragen der Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen über Strafschadensersatz ist für Deutschland vor allem der Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag mit den USA vom 25. Oktober 1954 132 relevant, da insbesondere amerikanische punitive damages die Frage der Anerkennungsfähigkeit eines sie zusprechenden Schiedsspruchs aufwerfen. 133 Art. VI Nr. 2 S. 3 dieses Abkommens bestimmt, dass das Gericht den Schiedsspruchs für vollstreckbar erklären muss, „außer wenn die Anerkennung des Schiedsspruchs gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen würde.“ Demnach dürfen US-amerikanische Schiedssprüche lediglich im Hinblick auf den ordre public überprüft werden. 134 Da sich der Verstoß gegen die öffentliche Ordnung aber sowohl gemäß dem New Yorker Übereinkommen als auch gemäß dem deutsch-amerikanischen Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag nach dem jeweiligen nationalen Recht richtet, ist das Rangverhältnis zwischen den beiden Abkommen unerheblich. 135 Darüber hinaus steht den Parteien die Meistbegünstigungsklausel des Art. VII des New Yorker Übereinkommens offen, so dass sie die günstigste Möglichkeit für die Anerkennung und Vollstreckung wählen können. 136 2. Anerkennung nach autonomem Recht Außerhalb des Anwendungsbereichs dieser internationalen Übereinkommen richtet sich die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs in Deutschland und Frankreich nach dem jeweiligen autonomen Recht. a) Autonomes Recht Deutschlands Im deutschen Recht wird die Anerkennung und Vollstreckung von inländischen Schiedssprüchen in § 1060 und diejenige von ausländischen in § 1061 ZPO 131
Cremades, RDAI/IBLJ 2002, 329 (342 ff.); Laird, ICSID Review 2011, 171; Michou, RDAI/IBLJ 2011, 41. 132 Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 25.10.1954, BGBl. 1965 II, S. 488. 133 Näher dazu Lüke, Punitive Damages in der Schiedsgerichtsbarkeit, 2003, S. 266, dortige Fn. 80. 134 Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, 7. Aufl. 2013, § 18, Rn. 183, 200 ff. 135 Kühn, in: FS Glossner, 1994, S. 93 (207); Lüke, Punitive Damages in der Schiedsgerichtsbarkeit, 2003, S. 201. 136 Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, 7. Aufl. 2013, § 18, Rn. 200 ff.
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geregelt. Ersterer verweist in Abs. 2 S. 1 auf die Aufhebungsgründe in § 1059 Abs. 2 ZPO. Liegt einer der dort genannten Gründe vor, ist die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung des inländischen Schiedsspruchs abzulehnen. Der für ausländische Schiedssprüche einschlägige § 1061 ZPO hingegen verweist in Abs. 1 S. 1 auf das oben genannte New Yorker Übereinkommen. Damit gilt das Übereinkommen auch im Verhältnis zu Nicht-Vertragsstaaten, nämlich als nationales Recht. 137 Ob es sich bei einem Schiedsspruch um einen ausländischen handelt, bemisst sich nach dem Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens.138 Das Verfahren für die Anerkennung und Vollstreckung richtet sich gemäß § 1025 Abs. 4 ZPO nach den §§ 1061 bis 1065 ZPO. Sachlich zuständig sind gemäß § 1062 ZPO die Oberlandesgerichte. Als Rechtsmittel gegen die Entscheidung des OLG über die Vollstreckbarerklärung steht gemäß § 1065 Abs. 1 S. 1 ZPO die Rechtsbeschwerde zur Verfügung. b) Autonomes Recht Frankreichs Die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen aus internationalen Verfahren ist im dritten Kapitel des vierten Buchs des CPC geregelt. Gemäß Art. 1514 CPC ist der einzige Grund, Schiedssprüchen, die im Rahmen internationaler Schiedsverfahren ergangen sind, die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung zu verweigern, ein offensichtlicher Verstoß gegen den internationalen ordre public.139 Damit ist das französische Schiedsrecht, indem es eine Betrachtung aus internationaler Perspektive statt aus nationaler Sicht fordert, anerkennungsfreundlicher als das New Yorker Übereinkommen. 140 Das Verfahren für die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ist in Art. 1515 bis Art. 1517 CPC geregelt. Danach muss der Schiedsspruch als Original oder in beglaubigter Abschrift vorgelegt werden. Zuständig ist gemäß Art. 1516 Abs. 1 CPC bei im Inland erlassenen Schiedssprüchen das jeweilige am Schiedsort gelegene Tribunal de grande instance (TGI), bei im Ausland erlassenen Schiedssprüchen allein das TGI Paris. Gegen die Entscheidung des TGI über die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs kann gemäß Art. 1523 CPC (bei in Frankreich erlassenen Schiedssprüchen) bzw. Art. 1525 CPC (bei im Ausland erlassenen Schiedssprüchen) innerhalb eines Monats Rechtsmittel bei der Cour d’appel 137
Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, 35. Aufl. 2014, § 1061, Rn. 5. Voit, in: Musielak, ZPO, 12. Aufl. 2015, § 1061, Rn. 4. 139 Der Wortlaut besagt: „Les sentences arbitrales sont reconnues ou exécutées en France si leur existence est établie par celui qui s'en prévaut et si cette reconnaissance ou cette exécution n'est pas manifestement contraire à l'ordre public international.“ Ausführlich zum Verstoß ausländischer Schiedssprüche gegen den französischen ordre public: de VareillesSommières, JDI 2014, 813. 140 Vogl, RIW 2011, 359 (366). Ausführlich zum französischen Recht über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche im Lichte des New Yorker Übereinkommens Train, RIDC 2014, 249. 138
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Kapitel 3: Der Rechtsrahmen zur Behandlung von Strafschadensersatz
eingelegt werden. Im Unterschied zu dem Verfahren auf Anerkennung und Vollstreckbarerklärung vor dem TGI, welches den Schiedsspruch nur summarisch hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem internationalen ordre public prüft, folgt in dem Rechtsmittelverfahren vor der Cour d’appel eine vollständige Überprüfung.141 Aufgrund des Verweises in Art. 1525 CPC auf Art. 1520 CPC wird bei dieser Überprüfung auf die dort genannten Aufhebungsgründe zurückgegriffen. B. Rechtshilfeverfahren Darüber hinaus können deutsche und französische Gerichte mit ausländischem Strafschadensersatz konfrontiert sein, wenn an sie von einem ausländischen Gericht oder einer anderen dafür zuständigen Stelle in einem dort anhängigen Verfahren ein Rechtshilfeersuchen gerichtet wird. Diese Rechtshilfe betrifft in der Regel die Zustellung von Schriftstücken oder die Beweiserhebung in Deutschland bzw. Frankreich. Die Regeln über die Rechtshilfe ergeben sich in erster Linie aus EU-Rechtsakten oder internationalen Übereinkommen. Die Zustellung von Schriftstücken, die aus anderen Mitgliedstaaten der EU stammen, richtet sich nach der Verordnung 1393/2007 (EuZustVO). 142 Bei Schriftstücken aus Staaten außerhalb der EU hingegen richtet sich die Zustellung nach dem Haager Übereinkommen vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen (HZÜ).143 Für Deutschland ist dieses Übereinkommen am 26. Juni 1979 und für Frankreich am 1. September 1972 in Kraft getreten. Gemäß Art. 3 des Übereinkommens richtet die Stelle des ersuchenden Staates einen Antrag an die vom ersuchten Staat gemäß Art. 2 bestimmte Behörde. Die grenzüberschreitende Beweisaufnahme richtet sich bei Ersuchen aus anderen EU-Mitgliedstaaten nach der EU-Beweisaufnahmeverordnung 1206/2001 (EuBVO).144 Bei Ersuchen aus Drittstaaten gilt in der Regel das
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Kühner, SchiedsVZ 2011, 125 (130). Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.11.2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten („Zustellung von Schriftstücken“) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates ABl. L 324 vom 10.12.2007, S. 79. 143 Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 15.11.1965, veröffentlicht in BGBl. 1977, Teil II Nr. 64, S. 1452 ff. 144 Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28.5.2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Ziviloder Handelssachen, ABl. L 174 vom 27.6.2001, S. 1. 142
§ 2 Rechtsrahmen für im Ausland geltend gemachten Anspruch
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Haager Beweisaufnahmeübereinkommen145, das für Deutschland am 26. Juni 1979 und für Frankreich am 6. Oktober 1974 in Kraft getreten ist. 146 All diese Rechtsinstrumente gelten nur für Zivil- und Handelssachen. Während die europäischen Verordnungen (mit Ausnahme jedenfalls des für Strafschadensersatz irrelevanten Sonderfalls in Art. 17 Abs. 5 lit. c der EuBVO) auf einen ordre public-Klausel verzichten, sehen die internationalen Übereinkommen einen solchen Vorbehalt vor.
§ 3 Fazit § 2 Rechtsrahmen für im Ausland geltend gemachten Anspruch Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der durch das internationale Zivilverfahrens- und Privatrecht gesteckte Rahmen in Deutschlands und Frankreich keine entscheidenden Abweichungen von der jeweils anderen Rechtsordnung erkennen lässt. Neben den in beiden Ländern geltenden unions- und völkerrechtlichen Vorgaben weist auch das autonome nationale deutsche und französische Recht keine relevanten Unterschiede auf. Vor diesem Hintergrund kann eine unterschiedliche Behandlung von ausländischem Strafschadensersatz nicht mit Unterschieden in der Ausgestaltung des rechtlichen Rahmens erklärt werden.
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Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 18.3.1970, veröffentlicht in BGBl. 1977 II S. 1472 ff. 146 Siehe die Übersicht bei der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht: ‹http://www.hcch.net/index_en.php?act=conventions.status&cid=82› (zuletzt abgerufen am 6.2.2018).
Kapitel 4
Rechtsfragen bei der Behandlung ausländischen Strafschadensersatzes Wie im vorangegangenen Kapitel aufgezeigt wurde, kann Strafschadensersatz innerhalb des durch das internationale Privat- und Zivilverfahrensrecht gesteckten Rahmens verschiedene Fragen aufwerfen. Diese lassen sich in zwei Arten klassifizieren: zum einen solche betreffend die Qualifikation von Strafschadensersatz (§ 1) und zum anderen solche zur Vereinbarkeit mit dem ordre public (§ 2).
§ 1 Die Qualifikation von Strafschadensersatz § 1 Qualifikation von Strafschadensersatz Die Frage, wie Strafschadensersatz rechtlich zu qualifizieren ist, wird in der Regel in zweierlei Fällen relevant: zum einen bei der Frage, ob Strafschadensersatz als Zivil- und Handelssache einzuordnen ist (A), und zum anderen, ob Strafschadensersatz schiedsfähig ist (B). A. Qualifikation als Zivil- und Handelssache Sowohl bei der Anerkennung ausländischer Entscheidungen als auch bei Rechtshilfeverfahren setzt der Anwendungsbereich der Regelungen voraus, dass es sich um eine Zivil- und Handelssache handelt. Die im vorangegangenen Kapitel erwähnten EU-Verordnungen 1393/2007, 44/2001 und 1206/2001 sowie die Haager Übereinkommen über Beweisaufnahme und Zustellung bestimmen nämlich in ihrem jeweiligen Art. 1 Abs. 1, dass sie in Zivil- oder Handelssachen anzuwenden sind. Im Umkehrschluss gelten die Regelungen demnach nicht für Straf- oder Verwaltungssachen. Bei den autonomen deutschen und französischen Bestimmungen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen ist das Erfordernis einer Zivilsache zwar nicht ausdrücklich geregelt, doch ist allgemein anerkannt, dass die Anerkennungsvoraussetzungen nur auf Entscheidungen anwendbar sind, die eine Zivil- oder Handelssache betreffen.1 1 So bezüglich § 328 ZPO Stadler, in: Musielak, ZPO, 12. Aufl. 2015, § 328, Rn. 6. Hinsichtlich des französischen Rechts Cachard, Droit international privé, 2. Aufl. 2013,
§ 1 Qualifikation von Strafschadensersatz
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Ob Ansprüche auf Strafschadensersatz eine Zivil- oder Handelssache darstellen, die in den Anwendungsbereich dieser Vorschriften fällt, kann im Hinblick auf den pönalen Charakter der Ansprüche fraglich sein. Im Folgenden soll daher untersucht werden, ob Strafschadensersatz als Zivilsache zu qualifizieren ist. I. Für die Qualifikation maßgebliches Recht Bei der Qualifikation stellt sich zunächst die Frage, auf welches Recht abzustellen ist. In Betracht kommen grundsätzlich eine Qualifikation nach der lex causae (welche in der Regel das ausländische Recht des Ausgangsgerichts sein wird), nach der lex fori des ersuchten Gerichts, eine autonome Auslegung der Übereinkommen bzw. Verordnungen sowie eine kumulative Qualifikation nach dem Recht beider betroffener Staaten im Sinne einer Doppelqualifikation.2 Die Beantwortung dieser Frage, nach welchem Recht die Qualifikation zu erfolgen hat, ist Gegenstand einer lebhaften Diskussion in Schrifttum und Rechtsprechung. Dabei wird jedoch in der Regel nicht hinreichend differenziert zwischen den verschiedenen rechtlichen Situationen, in denen die sich die Frage der Qualifikation stellt. 3 Am überzeugendsten ist es, danach zu unterscheiden, ob die Qualifikation aufgrund einer unionsrechtlichen Vorschrift, nach der lex fori Deutschlands oder Frankreichs oder einem internationalen Übereinkommen vorzunehmen ist. Denn bei der „Zivil- und Handelssache“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Dessen Auslegung braucht nicht zwangsläufig identisch auszufallen, sondern kann je nach Vorschrift und deren Kontext unterschiedlich als in anderen Regelungen erfolgen. Daher wird im Folgenden nach den jeweiligen Rechtsgrundlagen differenziert. 1. Qualifikation nach Unionsrecht Im Unionsrecht spielt die Qualifikation von Strafschadensersatz vor allem bei der Zustellungsverordnung 1393/2007, der Beweisaufnahmeverordnung 1206/2001, der Rom I- und Rom II-VO sowie der EuGVVO (VO 44/2001) eine Rolle, deren jeweiliger Art. 1 Abs. 1 den Anwendungsbereich auf Zivil- und
n° 553 ff. (S. 270 ff.); Kessedjian, in: Walter/Baumgartner (Hrsg.), Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen außerhalb der Übereinkommen von Brüssel und Lugano, 2000, S. 187 f.; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, 10. Aufl. 2013, S. 738608, n° 854; Fricke, IPRax 1989, 202 (203); siehe auch Licari, JDI 2010, 1230 (1240) m.w.N. 2 Siehe die Übersicht des Streitstandes bei Bittmann, IPRax 2012, 216 (217). 3 Siehe beispielsweise KG Berlin, Beschluss vom 25.10.2012, 1 VA 11/12 bezüglich eines Rechtshilfeverfahren, in dem zur Begründung auf das Urteil BGH vom 4.6.1992 (NJW 1992, 3096) verwiesen wird, das jedoch kein Rechtshilfeersuchen betraf, sondern eine Urteilsanerkennung.
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Kapitel 4: Rechtsfragen in Bezug auf Strafschadensersatz
Handelssachen beschränkt. Der Begriff der „Zivil- und Handelssache“ ist demnach ein „Schlüsselbegriff für den Europäischen Justizraum.“4 Dem Begriff der Handelssache als Unterfall von Zivilsachen kommt dabei keine eigenständige Funktion zu.5 Zur Qualifikation als Zivil- und Handelssache ist nach ständiger Rechtsprechung des EuGH eine autonome, unionsrechtliche Auslegung vorzunehmen. 6 Dass Klagen auf Schadensersatz grundsätzlich zu den Zivil- und Handelssachen im Sinne der EuGVVO fallen, hat der EuGH bereits mehrfach ausdrücklich bestätigt.7 Fraglich ist aber, ob dies auch für Strafschadensersatz gilt. Im Schrifttum wird die Qualifikation von Strafschadensersatz als Zivil und Handelssache bisweilen bezweifelt. Manche Autoren hätten daher gewünscht, dass er ausdrücklich vom Anwendungsbereich europäischer Verordnungen ausgenommen worden wäre. 8 Dass es zu Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Strafschadensersatz und den in manchen EU-Mitgliedstaaten vorkommenden Privatstrafen kommen mag, wurde schon im sogenannten Schlosser-Bericht zum Beitrittsübereinkommen von Großbritannien und Nordirland zum Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen (EuGVÜ) beschrieben. 9 Teilweise wird vertreten, dass bei solchen Abgrenzungsschwierigkeiten entscheidend sei, ob die Sanktionsleistung dem privaten Kläger oder einem sonstigen Privaten individuell zugutekomme oder nicht. 10 Dieses Kriterium wird aber durch die neuere Rechtsprechung des EuGH zur zivilrechtlichen Qualifikation von Ordnungsgeldern in Zweifel gezogen. 11 Dieser Rechtsprechung lag ein vom Landgericht Düsseldorf auf Grundlage von § 890 ZPO angeordnetes Ordnungsgeld zugrunde, das in den Niederlanden vollstreckt werden sollte. Das niederländische Gericht, das sich mit der Frage der Vollstreckbarkeit zu befassen hatte, legte dem EuGH die Frage vor, ob ein solches Ordnungsgeld als Zivil- und 4
Kohler, IPRax 2015, 52. Pörnbacher, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd. 1, Stand 42. EL (Oktober 2011), B Vor I 10 b, Art. 1, Rn. 1. 6 Siehe nur EuGH, Entscheidung vom 23.10.2014, Rs. C-302/12, Rn. 24, RIW 2014, 830 (832). Näher Mankowski, in: Rauscher (Hrsg.), Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht EuZPR/EuIPR, 2011, Art. 1 Brüssel I-VO, Rn. 2 m.w.N. 7 Siehe nur EuGH, Entscheidung vom 23.10.2014, Rs. C-302/13, Rn. 27, RIW 2014, 830 (832). 8 So etwa durch Mörsdorf-Schulte, RIW Heft 4/2005, Die erste Seite, sowie dies., ZVglRWiss 104 (2005), 192 (253), die eine Klarstellung in der Negativliste in Art. 1 Abs. 2 der Rom II-VO gewünscht hätte. 9 Schlosser-Bericht, ABl. C 59/71 vom 5.3.1979, Rn. 29. 10 Kropholler/Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Auf. 2011, Art. 1 EuGVO, Rn. 13 mit Verweis auf Schlosser-Bericht, Rn. 29; Pörnbacher, in: Geimer/Schütze (Hrsg.), Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd. 1, Stand 42. EL (Oktober 2011), B Vor I 10 b, Art. 1, Rn. 2. 11 EuGH, Urteil vom 18.10.2011, Rs. C-406/09, Realchemie Nederland BV/Bayer CropScience AG, NJW 2011, 3568; EuZW 2012, 157. 5
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Handelssache im Sinne von Art. 1 Abs. 1 EuGVVO zu qualifizieren sei. Generalanwalt Mengozzi verneinte in seinen Schlussfolgerungen das Vorliegen einer Zivilsache, da das Ordnungsgeld nicht dem Gläubiger des Ausgangsverfahrens zukommt, sondern dem deutschen Staat und es automatisch von Angestellten des Gerichts betrieben werde.12 Die Kammer hingegen folgte diesen Schlussfolgerungen nicht, sondern entschied, dass die zugrunde liegende Streitsache eine Verletzung von Patenten betraf und somit zivilrechtlich sei, weshalb für das Verfahren bezüglich der Vollstreckbarkeit der Unterlassungsverpflichtung nichts anderes gelten könne. 13 Folglich sei das Ordnungsgeld eine Zivilsache und damit nach der EuGVVO anzuerkennen und zu vollstrecken. 14 Diese weite Auslegung des Begriffs durch den EuGH spricht dafür, dass auch Strafschadensersatz in den meisten Fällen als Zivil- und Handelssache im Sinne des Unionsrechts anzusehen sein wird. Dies gilt umso mehr, als manche Autoren in der jüngeren Rechtsprechung des EuGH einen Trend in Richtung einer Aufgabe der autonomen Auslegung des Begriffs erkennen wollen, da der EuGH zunehmend auf die lex fori abstelle, um die Einstufung als Zivil- und Handelssache vorzunehmen.15 Sollte sich diese Entwicklung fortsetzen, ist nicht auszuschließen, dass die Gerichte in der EU Strafschadensersatz als zivilrechtlich im Sinne des Unionsrechts einordnen werden, sofern dies der Wertung nach dem innerstaatlichen Recht des Forumsstaates entspräche. 2. Qualifikation nach dem nationalen Recht als lex fori In Bezug auf Anerkennungs- und Exequaturverfahren, die sich nach dem autonomen Recht des jeweiligen Anerkennungs- bzw. Vollstreckungsstaates richten, herrscht im deutschen Schrifttum weitgehend Einigkeit, dass die lex fori für die Bestimmung der Rechtsnatur maßgeblich ist. 16 Der Bundesgerichtshof hatte diese Frage in seiner Leitentscheidung vom 4. Juni 1992 mangels Entscheidungserheblichkeit ausdrücklich offen gelassen, 17 aber in späteren Entscheidungen bei der Anwendung von § 328 ZPO eine Qualifikation nach der lex fori für maßgeblich gehalten. 18 Im französischen Schrifttum wird eine Diskussion über die Frage, welches Recht für die Qualifikation maßgeblich ist, soweit er-
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Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi vom 5.4.2011, Rs. C 406/09, Realchemie Nederland BV/Bayer CropScience AG. 13 EuGH, Urteil vom 18.10.2011, Rs. C-406/09, Realchemie Nederland BV/Bayer CropScience AG, Rn. 44. 14 EuGH, a.a.O. 15 So Kohler, IPRax 2015, 52 mit entsprechenden Nachweisen zur Rechtsprechung. 16 Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 7. Aufl. 2014, Rn. 2867; Gottwald, in: MüKo ZPO, Bd. 1, 4. Aufl. 2012, § 328, Rn. 57; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, Bd. 5, 22. Aufl. 2006, § 328, Rn. 60. 17 BGH, Urteil vom 4.6.1992 – IX ZR 149/91, BGHZ 118, 312; NJW 1992, 3096. 18 BGH, Beschluss vom 17.12.2015 – I ZR 275/14, Rn. 13.
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Kapitel 4: Rechtsfragen in Bezug auf Strafschadensersatz
sichtlich nicht geführt. Gleichwohl dürfte auch in Frankreich im Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren die lex fori entscheidend sein. Ob Strafschadensersatz als Zivilsache einzuordnen ist, wenn deutsches oder französisches Recht die lex fori ist, soll im Folgenden näher untersucht werden. a) Qualifikation nach deutschem Recht Zur Bestimmung der Definition einer Zivilsache wird in Deutschland von der herrschenden Meinung auf den Begriff der „bürgerlichen Rechtsstreitigkeit“ im Sinne von § 13 GVG und § 3 ZPOEG zurückgegriffen. 19 Ob eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit im Sinne der genannten Vorschriften bei ausländischem Strafschadensersatz, etwa in Form amerikanischer punitive damages, vorliegt, ist umstritten. Weitgehend anerkannt aber ist, dass für die Qualifikation unerheblich ist, ob der Strafschadensersatz von einem Zivilgericht zugesprochen wurde. 20 Teilweise wird im Schrifttum die Ansicht vertreten, dass punitive damages nicht als Zivilsache zu qualifizieren seien.21 Dies wird vor allem damit begründet, dass im amerikanischen Recht kein Individualanspruch auf punitive damages besteht, sondern nur der Jury das Recht zur Festsetzung solchen Schadensersatzes zusteht und das Gericht dabei freies Ermessen hat. 22 Überzeugender ist es aber, mit dem Bundesgerichtshof23 und der ganz überwiegenden Ansicht im Schrifttum 24 punitive damages grundsätzlich als Zivilsache
19 BGH, Urteil vom 4.6.1992 – IX ZR 149/91, NJW 1992, 3096 (3102); Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 7. Aufl. 2014, Rn. 2867; ders., in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 328, Rn. 80; Gottwald, in: MüKo ZPO, Bd. 1, 4. Aufl. 2012, § 328, Rn. 57; Linke/Hau, Internationales Zivilverfahrensrecht, 6. Aufl. 2015, Rn. 12.24; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, Bd. 5, 22. Aufl. 2006, § 328, Rn. 60. 20 Statt aller Linke/Hau, a.a.O. 21 Fritz, Punitive/exemplary damages in den USA und ihre Qualifikation als Zivilsache, 2004, 210 ff.; Mörsdorf-Schulte, Funktion und Dogmatik US-amerikanischer punitive damages, 1999, S. 296 f.; dies., ZVglRWiss 104 (2005), 192; Sandrock, in: FS Sonnenberger, 2004, S. 615 (646); Schütze, Deutsch-amerikanische Urteilsanerkennung, 1991, S. 165. Ähnlich Gregor, Das Bereicherungsverbot, 2012, S. 233 ff., der gleichwohl eine Anerkennungsfähigkeit von Strafschadensersatz als Strafurteil nach §§ 48, 54 IRG annimmt. 22 Mörsdorf-Schulte, Funktion und Dogmatik US-amerikanischer punitive damages, 1999, S. 296. 23 BGH, Urteil vom 4.6.1992 – IX ZR 149/91, NJW 1992, 2096 (3102). 24 Bach, in: Vorwerk/Wolf (Hrsg.), BeckOK ZPO (Stand: 1.3.2015), § 328, Rn. 6 und § 722, Rn. 7; Brockmeier, Punitive damages, multiple damages und deutscher ordre public, 1999, S. 76 f., 87; Bungert, ZIP 1992, 1707 (1709); Geimer, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 328, Rn. 19, 80; Gottwald, in: MüKo ZPO, Bd. 1, 4. Aufl. 2012, § 328 ZPO, Rn. 57; Hermann, Die Anerkennung US-amerikanischer Urteile in Deutschland unter Berücksichtigung des ordre public, 2000, S. 231; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, Bd. 5, 22. Aufl. 2006, § 328, Rn. 60; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 6. Aufl. 2014, S. 338, (Rn. 907); Siehr, RIW 1991, 705 (708); Stiefel/Stürner, VersR 1987, 829 (837); Zekoll, US-amerikanisches Pro-
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anzusehen. Diese Auffassung stützt sich vor allem darauf, dass Einleitung und Fortgang des Verfahrens allein im Ermessen der Parteien stehen und die bei echten Kriminalstrafen übliche Eintragung in ein Strafregister unterbleibt. 25 Als Beleg dafür, dass auch der deutsche Gesetzgeber davon ausgehe, dass Strafschadensersatz zivilrechtlich zu qualifizieren sei, wird von manchen Autoren auf Art. 40 Abs. 3 EGBGB verwiesen.26 Diese Vorschrift enthält eine kollisionsrechtliche Vorbehaltsklausel, die laut Gesetzesbegründung ausdrücklich auf punitive damages abzielt.27 Dies wäre in der Tat nicht erforderlich, wenn Strafschadensersatz als strafrechtlich zu qualifizieren sei, da er dann gar nicht vom Deliktsstatut erfasst wäre.28 An der zivilrechtlichen Qualifikation ändert sich im Übrigen auch nichts, wenn die Höhe des Schadensersatzes unverhältnismäßig ist. Eine exzessive Höhe begründet keine strafrechtliche Qualifikation des Strafschadensersatzes. Zu Recht hat daher das OLG München bereits im Jahr 1992 ausgeführt, dass „auch die unverhältnismäßige Höhe des begehrten Schadensersatzes den Anspruch nicht in Strafrecht um[wandelt]. Die Anspruchshöhe wäre auch deshalb kein geeignetes Abgrenzungskriterium, weil Schadensersatzklagen in den USA häufig unbeziffert erhoben werden.“ 29 Bemerkenswert ist im Übrigen auch die Terminologie der Rechtsprechung: Einige Gerichte sprechen bei Strafschadensersatz trotz der von ihnen vorgenommenen zivilrechtlichen Qualifikation von der „Verhängung von Strafschadensersatz“.30 „Verhängt“ werden jedoch in der Regel nur Sanktionen im engeren Sinne. Durch den Gebrauch dieses Verbs wird Strafschadensersatz sprachlich in die Nähe von Strafen gerückt. Will man Strafschadensersatz als grundsätzlich zivilrechtlich qualifizieren, wäre es jedoch sprachlich konsequent,
dukthaftpflichtrecht vor deutschen Gerichten, 1987, S. 151; zur Nieden, Zustellungsverweigerung rechtsmissbräuchlicher Klagen in Deutschland nach Artikel 13 des Haager Zustellungsübereinkommens, 2010, S. 128. 25 Baumbach/Henkel, RIW 1997, 727 (732); Berger/Wilske, RIW 2007, 245 (247); Bungert, ZIP 1992, 1707 (1709); Brockmeier, Punitive damages, multiple damages und deutscher ordre public, 1999, S. 75; Geimer, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 328, Rn. 19; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 6. Aufl. 2014, S. 338, Rn. 907; wohl im Ergebnis auch Burst, Pönale Momente im ausländischen Privatrecht und deutscher ordre public, 1994, S. 155. 26 von Hoffmann, in: Staudinger, BGB, Vorbemerkungen zu Art. 30 EGBGB, Rn. 52 a.E. 27 BT-Drs. 14/434, S. 12. 28 von Hoffmann, in: Staudinger, BGB, Vorbemerkungen zu Art. 30 EGBGB, Rn. 52 a.E. 29 OLG München, Urteil vom 15.7.1992, NJW 1992, 3113; WM 1992, 1465. Zustimmend Hopt/Kulms/von Hein, Rechtshilfe und Rechtsstaat, 2006, S. 141; zur Nieden, Zustellungsverweigerung rechtsmissbräuchlicher Klagen in Deutschland nach Artikel 13 des Haager Zustellungsübereinkommens, 2010, S. 128. 30 Beispielsweise BGH, Urteil vom 4.6.1992 – IX ZR 149/91, NJW 1992, 3096 (3103); OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.4.2006, NJW-RR 2007, 640.
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auch die bei kompensatorischem Schadensersatz gängige Terminologie zu verwenden und statt von „verhängen“ von „zusprechen“ oder neutraler von „Verurteilungen zu Strafschadensersatz“ zu sprechen. b) Qualifikation nach französischem Recht Soweit ersichtlich hat sich die französische Rechtsprechung zur zivilrechtlichen Natur von ausländischem Strafschadensersatz nicht ausdrücklich geäußert. Indem aber die Cour de cassation in ihrem Urteil vom 1. Dezember 2010 in der Rechtssache Fountaine Pajot über die ordre public-Widrigkeit von an Gläubiger gezahlten punitive damages urteilte 31, hat sie damit implizit zum Ausdruck gebracht, dass sie diese als zivilrechtlich qualifiziert, da eine Entscheidung über das Vorliegen der Anerkennungsvoraussetzungen andernfalls überhaupt nicht in Betracht gekommen wäre.32 Auch lässt sich eine Parallele ziehen zu der Entscheidung Blech der Cour de cassation über ein von einem amerikanischen Gericht verhängtes Ordnungsmittel, das durch das Gericht als zivilrechtlich qualifiziert wurde.33 Der Entscheidung lag eine amerikanische injunction für contempt of court zugrunde, durch die das amerikanische Gericht den Betroffenen verpflichtete, an den Kläger 100 $ für jeden Tag Verzögerung zu zahlen, solange er seiner vom Gericht zugesprochenen Pflicht zur Kooperation mit dem Kläger nicht nachkomme. 34 Aus der von der Cour de cassation vorgenommenen zivilrechtlichen Qualifikation dieses Ordnungsmittels folgern manche Autoren, dass Gleiches für eine Verurteilung zur Zahlung von Strafschadensersatz gelten müsse, da diese ebenso wie ein Ordnungsmittel einem pönalen Zweck dienen und dieselben Auswirkungen entfalte. 35 Auch im französischen Schrifttum wird ausländischer Strafschadensersatz grundsätzlich als zivilrechtlich klassifiziert. 36 Dies wird vor allem damit begründet, dass er von amerikanischen Zivilgerichten zugesprochen wird und nur vermögensrechtlicher Natur sein kann.37 Für eine strafrechtliche Qualifikation einer Sanktion bedarf es nach allgemeiner Ansicht entweder einer entsprechenden ausdrücklichen Einordnung durch den Gesetzgeber oder der ausdrücklichen Zuständigkeit der Strafgerichte sowie der Möglichkeit der Ermittlungsbehörden, des ministère public, die Sanktion geltend zu machen – was bei punitive damages 31
C. Cass., 1re ch. civ., Urteil vom 1.12.2010, pourvoi n° 09-13.303. Licari, D. 2011, 423 (425); im selben Sinne Rostan d’Ancezune, Trib. assur. N° 158, mai 2011, 50 (52). 33 C. Cass., 1re ch. civ., Urteil vom 28.1.2009, pourvoi n° 07-11.729, Bull. Civ. 2009, I, n° 15. 34 Cuniberti, Gaz.Pal., 2009, 3455 (3458); Cuniberti/Normand/Cornette, Droit international de l’exécution, 2011, S. 272 ff.; Picard/de Drée, LPA 3.6.2010, n° 110, 16–17. 35 So Licari, JDI 2010, 1230 (1241); ders., D. 2011, 423 (425). 36 Siehe etwa Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, t. 1, 8. Aufl. 1993, n° 247, S. 415 f.; Rouhette, Def. Counsel J. 2007, 320 (328). 37 So Licari, JDI 2010, 1230 (1241); ders., D. 2011, 423 (425). 32
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nicht der Fall ist.38 Nach alledem wird wie in Deutschland auch in Frankreich Strafschadensersatz grundsätzlich als zivilrechtlich zu qualifizieren sein. 3. Bei internationalen Übereinkommen Auch bei der Anwendung völkerrechtlicher Abkommen auf Strafschadensersatz stellt sich unter Umständen die Frage der Qualifikation. Vor allem bei den im vorangegangenen Kapitel erwähnten Haager Zustellungs- und Beweisübereinkommen, aber auch bei Doppelbesteuerungsabkommen, kann es auf die zivilrechtliche Einordnung von Strafschadensersatz ankommen. Bei internationalen Verträgen dürfte es am überzeugendsten sein, eine vertragsautonome Qualifikation vorzunehmen. 39 Denn gemäß Art. 31 Abs. 1 und Abs. 2 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 196940 hat die Auslegung eines Vertrags in erster Linie anhand des Vertragstextes sowie der in der Präambel verankerten Ziele und Zwecke der Vertragsstaaten zu erfolgen. Gemessen an diesen Maßstäben spricht die Auslegung des HZÜ und des HBÜ für eine autonome Qualifikation des Begriffs der Zivil- und Handelssache.41 Ob im Rahmen des HZÜ ausländischer Strafschadensersatz als Zivil- und Handelssache zu beurteilen ist, ist sehr umstritten. Die deutsche Rechtsprechung ist bei der Qualifizierung ausländischer Rechtsinstitute uneinheitlich. In Bezug auf treble damages-Klagen nach amerikanischem Recht entschied das OLG Koblenz etwa, dass diese als öffentlich-rechtlich einzustufen seien und demnach keine Zivil- und Handelssache im Sinne von Art. 1 Abs. 1 HZÜ darstellen 42, während das OLG Frankfurt am Main solche Ansprüche als zivilrechtlich einstufte. 43 Andererseits lehnte ebendieses Gericht die Qualifikation einer Geldbuße nach dem neuseeländischen Wettbewerbsgesetz als Zivil- und Handelssache ab. 44 Das Bundesverfassungsgericht bejahte im Hinblick auf amerikanische punitive damages zumindest implizit den sachlichen Anwendungsbereich gemäß Art. 1 Abs. 1 HZÜ, indem es in einer Entscheidung vom 24. Januar 200745 unmittelbar die Prüfung nach Art. 13 Abs. 1 HZÜ vornahm, ohne sich vorab zur Anwendbarkeit des HZÜ und damit zum Vorliegen einer 38
Licari, JDI 2010, 1230, n° 9. Der BGH hingegen will auf die Rechtsordnung des Urteilsstaates abstellen, siehe Beschluss vom 17.12.2015 – I ZR 275/14, Rn. 14. 40 BGBl. 1985 II, 926. 41 Koch/Horlach/Thiel, RIW 2006, 356 (358 f.). 42 OLG Koblenz, Beschluss vom 27.6.2005 – 12 VA 2/04, NJOZ 2005, 3122; WuW 2005, 1147. Siehe dazu auch die Anmerkung von Piekenbrock, IPRax 2006, 4. 43 OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 15.3.2006 – 20 VA 7/05, NJOZ 2006, 3575 (3578 f.). 44 OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 8.2.2010 – 20 VA 15/09, NJOZ 2010, 1925; IPRax 2012, 242. Siehe die Anmerkung bei Bittmann, IPRax 2012, 216. 45 BVerfG, Beschluss vom 24.1.2007 – 2 BvR 1133/04, RIW 2007, 211; WM 2007, 375. 39
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Zivil- und Handelssache zu äußern.46 Auch das Schrifttum ist zur Frage der Qualifikation von ausländischem Strafschadensersatz als Zivil- und Handelssache gespalten. Vereinzelt wird vertreten, dass US-amerikanische punitive damages nicht privatrechtlich seien.47 Überzeugender ist es aber, mit der wohl herrschenden Lehre ausländischen Strafschadensersatz als zivilrechtlich im Sinne der Abkommen anzusehen.48 Dafür spricht nicht zuletzt, dass bei dem Begriff der Zivil- und Handelssache im Sinne von Art. 1 Abs. 1 HZÜ eine extensive Auslegung geboten ist. 49 Diese Auslegung dürfte auch auf andere Abkommen, wie das HBÜ und Steuerabkommen, übertragbar sein. II. Ausnahme bei Zahlung an staatliche Stellen? Ist Strafschadensersatz nach den obigen Ausführungen grundsätzlich als zivilrechtlich zu qualifizieren, stellt sich gleichwohl die Frage, ob etwas anderes gilt, wenn das Geld nicht an Private fließt, sondern ganz oder teilweise an staatliche Stellen. Das Recht mancher Bundesstaaten in den USA kennt sogenannte split recovery statutes, bei denen Empfänger der punitive damages nicht nur der Geschädigte ist, sondern auch die Staatskasse oder ein staatlicher Fonds – ähnlich wie dies für den Fall einer Einführung von Strafschadensersatz ins französische Recht vorgeschlagen wird. 50 Einige Stimmen im Schrifttum wollen in solchen Fällen denjenigen Teil des Strafschadensersatzes, der an die Staatskasse fließt, nicht als zivilrechtlich qualifizieren. 51 Dieser an den Staat zu zahlende Betrag sei als Strafsache zu qualifizieren und insofern nicht anerkennungsfähig. 52 Überzeugender ist es jedoch, auch in solchen Fällen eine zivilrechtliche Qualifikation vorzunehmen. 53 Tatsächlich bleibt es im Kern bei einer zivilrechtlichen Streitigkeit, bei welcher
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von Hein, RIW 2007, 249 (251). Zum Beispiel vertreten durch Mörsdorf-Schulte, ZVglRWiss 104 (2005), 192, 226 ff.; Merkt, in: FS Leipold, 2009, S. 265 (281); ders., Abwehr der Zustellung von “punitive damages-Klagen“, 1995, S. 112 ff. 48 Eine zivilrechtliche Qualifikation nehmen etwa auch Koch/Horlach/Thiel, RIW 2006, 356 (360) und Piekenbrock, IPRax 2006, 4 (8) vor. 49 Koch/Horlach/Thiel, a.a.O. 50 Zu diesen Reformvorschlägen siehe Kapitel 1, § 2, B. 2. 51 Bungert, ZIP 1992, 1707 (1709); Burst, Pönale Momente im ausländischen Privatrecht und deutscher ordre public, 1994, S. 153 ff.; Brockmeier, Punitive damages, multiple damages und deutscher ordre public, 1999, S. 76; Costas-Pörksen, Anwendungsbereich und ordre public-Vorbehalt des Haager Zustellungsübereinkommens, 2016, S. 71 ff.; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 6. Aufl. 2014, S. 338, Rn. 907. 52 Bungert, a.a.O.; ders., RabelsZ 61 (1997), 388 (393). 53 So auch Rosengarten, Punitive damages und ihre Anerkennung und Vollstreckung in der Bundesrepublik Deutschland, 1994, S. 127 f., der auch dann punitive damages als Zivilsache qualifiziert, wenn ein Teil der von dem privaten Kläger eingeklagten punitive damages an den Staat oder einen staatlichen Fonds zu zahlen sind. 47
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der Staat lediglich eine „Zahlstelle“ ist. 54 Müller zieht zu Recht eine Parallele zum Zwangsgeld nach § 888 BGB, das ebenfalls an den Staat fließt und dennoch nicht als strafrechtlich zu qualifizieren sein dürfte.55 Bezüglich des dem Zwangsgeld vergleichbaren Ordnungsgeld nach § 890 ZPO hat der EuGH zwischenzeitlich sogar entschieden, dass es als zivilrechtlich im Sinne der EuGVVO zu qualifizieren ist.56 Der Umstand, dass Empfänger von Strafschadensersatz eine staatliche Stelle ist, vermag daher die zivilrechtliche Qualifikation nicht in Frage zu stellen. B. Die Schiedsfähigkeit von Strafschadensersatz Eine weitere mit der Qualifikation von Strafschadensersatz zusammenhängende Frage ist diejenige, ob Ansprüche über Strafschadensersatz schiedsfähig sein können. Relevant in diesem Zusammenhang ist primär die objektive Schiedsfähigkeit als Voraussetzung für die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung und für die Zuständigkeit des Schiedsgerichts, über einen bestimmten Streitgegenstand entscheiden zu können.57 Wie im vorangegangenen Kapitel dargestellt, kann die Schiedsfähigkeit einer Rechtsmaterie in verschiedener Hinsicht relevant sein: zum einen kann sich für ein Schiedsgericht die Frage stellen, ob es überhaupt befugt ist, über den Anspruch zu entscheiden. Zum anderen kann die mangelnde Schiedsfähigkeit ein Grund für die Aufhebung eines Schiedsspruchs durch ein staatliches Gericht sein oder dessen Verweigerung der Vollstreckung sein.58 Selbst in Staaten wie den USA, in denen Strafschadensersatz im Recht der einzelnen Bundesstaaten recht verbreitet ist, ist die Schiedsfähigkeit dieser Ansprüche nicht eindeutig geregelt. 59 Der Federal Arbitration Act (FAA) 60 sagt diesbezüglich nichts aus. Nach dem Recht des Bundesstaats New York können gemäß der als „Garrity rule“ bekannt geworden Rechtsprechung des New York Court of 54
Müller, Punitive Damages und deutsches Schadensersatzrecht, 2000, S. 17 ff. Müller, Punitive Damages und deutsches Schadensersatzrecht, 2000, S. 18 f. 56 EuGH, Urteil vom 18.10.2011, Rs. C-406/09, Realchemie Nederland BV/Bayer CropScience AG, Rn. 44. 57 Zum Begriff der objektiven Schiedsfähigkeit in Abgrenzung zur subjektiven etwa Barber, Objektive Schiedsfähigkeit und ordre public in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, 1994, S. 22 f. Die subjektive Schiedsfähigkeit, das heißt die Rechts- und Geschäftsfähigkeit der bei Abschluss der Schiedsvereinbarung beteiligten Personen, weist im Hinblick auf Strafschadensersatz keine Besonderheiten auf und wird deshalb hier nicht weiter behandelt. 58 Siehe dazu oben unter Kapitel 3, § 2, A, III. 59 Dazu etwa Barber, Objektive Schiedsfähigkeit und ordre public in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, 1994, S. 81 ff.; Vorpeil, RIW 1992, 405; Gotanda, Supplemental Damages in Private International Law, 1998, S. 209 ff., fast wortgleich Werner, in: Derains/Kreindler (Hrsg.), Evaluation of Damages in International Arbitration, 2006, S. 101 (104). 60 Kodifiziert in Titel 9 des United States Code (U.S.C.), §§ 1 ff. 55
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Appeals Schiedsrichter keinen Strafschadensersatz zusprechen, da dies staatlichen Gerichten vorbehalten sei. 61 In der Rechtssache Mastrobuono aber entschied der amerikanische Supreme Court, dass auf Grundlage einer Schiedsklausel auch dann Strafschadensersatz zugesprochen werden kann, wenn der die Schiedsklausel enthaltene Vertrag zugleich eine Klausel enthält, der zufolge das Recht des Bundesstaates New York anzuwenden ist.62 Die Rechtswahlklausel sei nicht als Ausschluss der Kompetenz der Schiedsrichter, Strafschadensersatz zuzusprechen, auszulegen. Die Frage, ob Strafschadensersatz schiedsfähig ist, wenn der Schiedsort in Deutschland oder Frankreich gelegen ist, wurde soweit ersichtlich bislang in keinem der beiden Länder durch die Rechtsprechung entschieden. 63 In Deutschland ist für die Beurteilung der Schiedsfähigkeit entscheidend auf § 1030 ZPO abzustellen. Danach kann jeder vermögensrechtliche Anspruch Gegenstand einer Schiedsvereinbarung sein (§ 1030 Abs. 1 S. 1 ZPO). Eine Schiedsvereinbarung über nichtvermögensrechtliche Ansprüche hat nach § 1030 Abs. 1 S. 2 ZPO insoweit rechtliche Wirkung, als die Parteien berechtigt sind, über den Gegenstand des Streites einen Vergleich zu schließen. Ob vor diesem Hintergrund Strafschadensersatz trotz seiner Nähe zum Strafrecht als schiedsfähig anzusehen ist, wird zumindest vereinzelt im Schrifttum in Zweifel gezogen. 64 In Frankreich richtet sich die Schiedsfähigkeit nach Art. 2059 und 2060 C. civ., wobei ersterer Schiedsvereinbarungen über jedes Recht erlaubt, über das sein Inhaber verfügen kann, und letzterer Streitigkeiten auflisten, die der Schiedsgerichtsbarkeit entzogen sind. 65 Von den dort aufgezählten Materien könnte Strafschadensersatz in die Kategorie „toutes les matières qui intéressent l’ordre public“ fallen. Zweifel an der Schiedsfähigkeit könnten insofern bestehen, als Regelungen des Strafrechts aufgrund des Strafmonopols des Staates per se schiedsunfähig sind. 66 Im französischen Schrifttum wird deshalb disku-
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Garrity v. Lyle Stuart, Inc., 40 N.Y.2d 354 (1976). Mastrobuono v. Shearson Lehman Hutton, Inc., 514 U.S. 52 (1995). 63 So in Bezug auf Frankreich Seraglini/Ortscheidt, Droit de l’arbitrage interne et international, 2013, n° 649 (S. 554). 64 So etwa Alvarez de Pfeifle, Der Ordre public-Vorbehalt als Versagungsgrund der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung internationaler Schiedssprüche, 2009, S. 308; Stein, EuZW 1994, 18 (21). 65 Lehmann, Die Schiedsfähigkeit wirtschaftsrechtlicher Streitigkeiten als transnationales Rechtsprinzip, 2003, S. 83 ff. 66 Ortscheidt, LPA 20.11.2002, n° 232, 17; Racine, L’arbitrage commercial international et l’ordre public, 1997, S. 92, n° 155; Seraglini, Lois de police et justice arbitrale internationale, 2001, S. 513, n° 1093. 62
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tiert, ob zumindest sogenannter „quasi-pönaler“ Strafschadensersatz schiedsfähig sei.67 Nach wohl überwiegender Auffassung ist dies der Fall. 68 Dies wird unter anderem damit begründet, dass Schiedsrichter auch andere pönal wirkende Instrumente, wie etwa eine astreinte, festsetzen können 69 und der Conseil constitutionnel es in seiner Rechtsprechung ausdrücklich gebilligt habe, dass auch nicht-gerichtliche Stellen Sanktionen mit Strafcharakter zusprechen können. 70 In der Tat ist es überzeugender, die Schiedsfähigkeit von Strafschadensersatz zu bejahen. Für die Schiedsfähigkeit spricht insbesondere, dass es sich auch bei ausländischem Strafschadensersatz, etwa in Form amerikanischer punitive damages, letztlich um vermögensrechtliche Ansprüche handelt.71
§ 2 Vereinbarkeit mit dem ordre public § 2 Vereinbarkeit mit dem ordre public Wie oben dargestellt, enthalten sowohl das Unionsrecht als auch das deutsche und französische autonome Recht ordre-public-Vorbehalte bezüglich der Anerkennung ausländischer Entscheidungen, der Anwendung ausländischen Rechts und der Gewährung von Rechtshilfe. 72 Ein Verstoß gegen die ordre public-Vorbehalte liegt vor, wenn die Anerkennung der Entscheidung oder Anwendung des ausländischen Rechts zu einem Ergebnis führt, das mit der inländischen Rechtsordnung unvereinbar ist. 73 Ob eine solche Unvereinbarkeit mit der inländischen Rechtsordnung vorliegt, wenn ausländischem Strafschadensersatz zur Entfaltung seiner Wirkung verholfen wird, wird in diesen Konstellationen zu prüfen sein. In diesem Sinne bezeichnet Würdinger die Problematik des Strafschadensersatzes gar als „Musterbeispiel par excellence für die Anwendung des ordre public-Vorbehalts.“74 In der Tat ist Strafschadensersatz ein 67
Racine, L’arbitrage commercial international et l’ordre public, 1997, S. 92, n° 156; Seraglini, Lois de police et justice arbitrale internationale, 2001, S. 513, n° 1095. 68 Cremades, RDAI/IBLJ 2002, 329 (335 ff.); Derains, Intérêts moratoires, dommagesintérêts compensatoires et dommages punitifs devant l’arbitre international, in: Études offertes à Pierre Bellet, 1991, S. 101 (30), n° 30; Ortscheidt, LPA 20.11.2002, n° 232, 17. 69 Derains, a.a.O.; Robin, RDAI 2004, 247 (251). 70 Robin, RDAI 2004, 247 (251, 260) unter Verweis auf entsprechende Fundstellen. 71 So auch Lüke, Punitive Damages in der Schiedsgerichtsbarkeit, 2003, S. 284, 206; für das schweizerische Recht auch Hauenstein, Punitive Damages im internationalen Zivilprozessrecht und der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, 2007, S. 41. 72 Näher zur ordre public-Kontrolle als Bestandteil der Anerkennungsvoraussetzungen nach deutschem und französischem Recht Kunkler, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, 2010, S. 274. 73 Martiny, in: Basedow/Hopt/Zimmermann/Illmer (Hrsg.), Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, Bd. II, 2011, S. 1129 (1130 f.). 74 Würdinger, IPRax 2013, 322 (323).
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„heißes Eisen des ordre public“. 75 Ob ein Verstoß gegen die wesentlichen Grundsätze des deutschen oder französischen Rechts tatsächlich vorliegt, wenn eine Entscheidung über Strafschadensersatz anerkannt und vollstreckt wird oder ausländische Ansprüche über Strafschadensersatz angewendet werden, soll im Folgenden untersucht werden. A. Allgemeine Vorbemerkungen zum ordre public Die Beantwortung der Frage, ob ein ordre public-Verstoß durch Strafschadensersatz zu bejahen ist, erfordert zunächst ein paar allgemeine Erläuterungen zur Anwendung des ordre public-Vorbehalts. I. Erfordernis eines Inlandsbezugs Die Anwendung des ordre public setzt in der Regel voraus, dass ein hinreichender Inlandsbezug zum Forumsstaat besteht. In Deutschland geht die herrschende Lehre davon aus, dass ein solcher Inlandsbezug sowohl im Rahmen der Anerkennung nach § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO als auch bei der Anwendung ausländischen Rechts nach dem Kollisionsrecht erforderlich ist.76 So hat auch der Bundesgerichtshof, als er erstmals über die Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Urteils über Strafschadensersatz entschied, festgehalten, dass dem Inlandsbezug eine entscheidende Bedeutung zukommt.77 Je geringer dieser sei, umso eher könnten abweichende fremde Wertmaßstäbe hingenommen werden. 78 In Bezug auf amerikanische Urteile über punitive damages wird deshalb verlangt, dass die Nähe des Beklagten zum Markt der USA zu berücksichtigen sei – je höher das dortige Engagement sei, desto höhere punitive damages seien bei der Anerkennung und Vollstreckung akzeptabel. 79 Die deutsche Theorie vom Inlandsbezuges des ordre public hat auch das französische Schrifttum beeinflusst, wo sie unter dem Begriff des ordre public de proximité behandelt wird 80 und auch im Bereich des Schadensersatzrechts für erforderlich gehalten wird. 81 Die Rechtsprechung hat sich zu dieser Frage der Notwendigkeit einer Inlandsbeziehung bislang noch nicht ausdrücklich geäußert, aber die Cour de cassation nimmt in ihren Entscheidungen häufig Bezug 75 Thole, in: Hess (Hrsg.), Die Anerkennung im internationalen Zivilprozessrecht – Europäisches Vollstreckungsrecht, 2014, S. 25 (48). 76 So etwa Bungert, ZIP 1993, 815; Geimer, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 328, Rn. 243. 77 BGH, Urteil vom 4.6.1992 – IX ZR 149/91, BGHZ 118, 312 (347); NJW 1992, 3096 (3105). 78 Zur Anwendung einer solchen Je/Desto-Formel Bungert, ZIP 1993, 815 (818). 79 Statt aller Bläsi, Das Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen, 2010, S. 329. 80 Auf die deutschen Wurzeln der Theorie eingehend auch Niboyet/Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, 4. Aufl. 2013, S. 283, n° 381. 81 So etwa Boskovic, La réparation du préjudice en droit international privé, S. 346–347 (n° 412).
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auf Kriterien, die einen Inlandsbezug begründen würden, wie etwa die französische Staatsangehörigkeit oder den gewöhnlichen Aufenthalt in Frankreich einer der Parteien.82 In der Leitentscheidung der Cour de cassation in der Rechtssache Fountaine Pajot zur Vollstreckbarkeit einer ausländische Entscheidung über Strafschadensersatz 83, wurde nicht ausdrücklich auf die Inlandsbeziehung eingegangen. Dies kann aber auch darauf beruhen, dass der Kassationshof diesbezügliche Ausführungen für entbehrlich hielt, da die Inlandsbeziehung aufgrund der Tatsache, dass die Beklagte ein französisches Unternehmen war und das schädigende Ereignis in Frankreich stattfand, zweifelsfrei gegeben war. 84 Ist nach dem oben Gesagten ein Inlandsbezug für die Anwendung des ordre public erforderlich, kann man sich die Frage stellen, ob dieser Bezug zwangsläufig zum Anerkennungsstaat selber gegeben sein muss oder es ausreicht, wenn der Bezug zu irgendeinem Mitgliedstaat besteht. Für das Ausreichen einer EU-Binnenbeziehung wird von Siehr vorgebracht, dass dadurch ein möglicher Regress in einem anderen Mitgliedstaat vermieden würde. 85 Zur Veranschaulichung verweist er auf die Situation im Falle eines amerikanischen Urteils über punitive damages, bei dem der Schuldner in Frankreich wohnt, aber Vermögen in Deutschland hat. Der Schuldner, in dessen Vermögen in Deutschland vollstreckt würde, könne in Frankreich versuchen, einen Anspruch auf Rückzahlung dessen geltend zu machen, was der Gläubiger in Deutschland erhalten hätte. Dieses Ergebnis könne vermieden werden, wenn das amerikanische Urteil auch in Deutschland wegen der aufgrund der – aufgrund der Inlandsbeziehung zu Frankreich gegebenen – EU-Binnenbeziehung nicht anerkannt werde. 86 Dennoch ist dem Ausreichen eines EU-Bezuges entschieden entgegenzutreten. Denn der ordre public-Vorbehalt wird durch die nationalen Rechtsgrundsätze des jeweiligen Anerkennungsstaates bestimmt, die in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr stark voneinander unterscheiden. 87 Von einem einheitlichen unionsrechtlichen ordre public kann angesichts der Unterschied-
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Di Noto, L’ordre public international en droit internationaux privés français et allemand. C. Cass., 1re ch. civ., Urteil vom 1.12.2010, pourvoi n° 09-13-303. 84 So auch Vanleenhove, Punitive Damages in Private International Law, 2016, S. 226 f. (dortige Fn. 1139); ders., Vermont Law Review, Vol. 41 (2016-2017), 347 (395), dortige Fn. 329. 85 Siehr, in: FS von Hoffmann, 2011, S. 424 (435). 86 Siehr, a.a.O. Für das Ausreichen einer EU-Binnenbeziehung auch Niboyet/de Geouffre de la Pradelle, Droit international privé, 4. Aufl. 2013, n° 390 (S. 291): „La frontière ne s’établit plus avec le seul ordre juridique du for mais avec l’ensemble des ordres juridiques des États membres. Les principes de l’ordre public de l’Union européenne dépendent donc des liens de la situation avec un État membre, quel qu’il soit.“ 87 Im französischen Schrifttum spricht man deshalb auch von einer „relativité dans l’espace“ des ordre public, siehe Cachard, Droit international privé, 2. Aufl. 2013, S. 259 f. (n° 531 ff.). 83
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lichkeit des nationalen Schadensersatzrechts keine Rede sein. Vor diesem Hintergrund kann allein der Bezug zum jeweiligen Anerkennungsstaat beachtlich sein. II. Unterscheidung nach den verschiedenen Arten des ordre public Unterschieden wird sowohl in Deutschland als auch in Frankreich zwischen dem verfahrensrechtlichen ordre public (ordre public procédural) und dem materiellen ordre public (ordre public substantiel).88 Hinsichtlich Strafschadensersatz kommt primär ein Verstoß gegen den materiellrechtlichen ordre public in Betracht. 89 Daher ist im Folgenden allein der materiellrechtliche ordre public Gegenstand der Untersuchung. Ein solcher Verstoß gegen den materiellen ordre public liegt in der Regel vor, wenn das Ergebnis mit den Grundprinzipien des nationalen Rechts schlechthin unvereinbar ist. 90 In Frankreich wird zusätzlich auch zwischen ordre public interne und ordre public international unterschieden. Ersterer bezieht sich auf Regeln des nationalen Rechts, die nicht abgedungen werden können. Letzterer hingegen erfasst die im internationalen Privatrecht einschlägigen Wertungen,91 also solche, die einer Anwendung ausländischen Rechts oder einer Anerkennung ausländischer Entscheidungen entgegenstehen. 92 In Deutschland unterscheidet die Rechtsprechung nur bisweilen zwischen ordre public interne und international. Auch in der Leitentscheidung des BGH vom 4. Juni 1992 zur Anerkennung ausländischer Entscheidungen über Strafschadensersatz hat sich das Gericht nicht mit der Differenzierung zwischen den beiden Formen des ordre public befasst.93 Darüber hinaus wird in beiden Ländern grundsätzlich eine Unterscheidung vorzunehmen sein zwischen anerkennungsrechtlichem und kollisionsrechtlichem ordre public. 94 Die „Angriffsintensität“ des anerkennungsrechtlichen 88 In Bezug auf das deutsche Recht Linke/Hau, Internationales Zivilprozessrecht, 6. Aufl. 2015, Rn. 13.34 ff. 89 So auch Coester-Waltjen, in: Heldrich/Kono (Hrsg.), Herausforderungen des internationalen Zivilverfahrensrechts, 1994, S. 15 (27 f.): „Für den verfahrensrechtlichen ordre public bieten Entscheidungen über punitive damages als solche keinen Ansatz.“ sowie „Damit bleibt als mögliches Anerkennungshindernis speziell wegen der Verurteilung in punitive damages nur der materiellrechtliche ordre public.“ 90 Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, 7. Aufl. 2013, § 12, Rn. 172. 91 Martiny, in: Basedow/Hopt/Zimmermann/Illmer (Hrsg.), Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, Bd. II, 2011, S. 1129. 92 Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, 10. Aufl. 2013, S. 356 f. (n° 378). 93 Sandrock, in: FS Sonnenberger, 2004, S. 615 (645). 94 Diese Unterscheidung wird auch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung beider Länder gemacht, in Deutschland etwa im Urteil des BGH vom 26.3.1998, WM 1998, 1637, bezüglich der Anerkennung eines ausländischen Urteils. In Frankreich wurde der Grundsatz durch die Cour de cassation im Urteil Rivière der 1re chambre civile vom 17.4.1953 aufgestellt. Darin entschied die Kammer: „La réaction contre une disposition contraire à, l’ordre
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ordre public ist geringer als die des kollisionsrechtlichen (Theorie vom ordre public atténué de reconnaissance).95 Demnach hat ersterer eine abgeschwächte Wirkung, da bei der Prüfung der Vorbehaltsklausel großzügiger verfahren wird, wenn bereits ein ausländisches Gericht entschieden hat. 96 Um die Frage, ob Strafschadensersatz mit dem ordre public vereinbar ist, beantworten zu können, wird daher im Folgenden nach den unterschiedlichen Formen des ordre public differenziert.97 B. Anerkennungsrechtlicher ordre public Wie im vorangegangenen Kapitel dargestellt, ist eine ordre public-Kontrolle bei der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen sowohl nach dem autonomen Recht Deutschlands und Frankreichs als unter Umständen auch nach Unionsrecht erforderlich. 98 Grundsätzlich ist ein Verstoß gegen den anerkennungsrechtlichen ordre public durch Strafschadensersatz aus zweierlei Hinsicht möglich: Zum einen könnte Strafschadensersatz seiner Art nach gegen den ordre public verstoßen (I) und zum anderen aufgrund seiner Höhe (II). I. Verstoßen Entscheidungen über Strafschadensersatz per se gegen den ordre public? Ein Verstoß gegen den materiellen ordre public könnte wäre zu bejahen, wenn die pönale Zielrichtung von Strafschadensersatz dazu führt, dass Strafschadensersatz schon per se nicht mit den Grundsätzen des deutschen und französischen Haftungsrechts vereinbar ist. Die Positionen der höchstrichterlichen Rechtsprechung beider Länder unterscheiden sich wesentlich. Daher sollen diese unterschiedlichen Positionen im Folgenden zunächst einer eingehenden Untersuchung unterzogen werden, bevor in einem zweiten Schritt untersucht wird, inwieweit ein Verstoß gegen den ordre public durch Strafschadensersatz aufgrund seiner Zielrichtung begründet sein kann.
public n’est pas la même selon qu’il s’agit d’acquérir un droit en France ou de faire produire des effets en France à un droit valablement acquis, sans fraude, à l’étranger.“ [„Die Reaktion auf eine gegen den ordre public verstoßende Vorschrift ist nicht dieselbe, sondern hängt davon ab, ob es darum geht, ein Recht in Frankreich geltend zu machen oder darum, in Frankreich die Wirkung eines im Ausland wirksam, ohne Betrug, erlangten Rechts herbeizuführen“, Übersetzung des Verfassers.] 95 Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 7. Aufl. 2014, Rn. 27; Kunkler, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, 2010, S. 275. Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, 4. Aufl. 2013, S. 282 (n° 380). 96 Martiny, Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrecht, Bd. III/1, 1984, Rn. 1015. 97 Die Notwendigkeit einer Differenzierung zwischen den verschiedenen Ausprägungen des ordre public betonend auch von Hein, zitiert nach Bueren, ZGR 2016, 437 (443). 98 Dazu unter Kapitel 3, § 2, A.
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1. Divergierende Rechtsprechung in Deutschland und Frankreich Sowohl in Frankreich als auch in Deutschland war es ein Urteil eines kalifornischen Gerichts, das zu Leitentscheidungen zur Frage der Anerkennungsfähigkeit ausländischer Entscheidungen über Strafschadensersatz führte. Die den Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalte unterschieden sich aber insofern, als es sich im Fall, über den der BGH zu richten hatte, beim zur Zahlung von Strafschadensersatz verurteilten Schädiger um eine natürliche Person handelte. Die die Haftung auslösende deliktische Handlung bestand in sexueller Belästigung eines Minderjährigen. Im der Entscheidung der Cour de cassation zugrundeliegenden Sachverhalt hingegen war es ein Unternehmen, das zur Zahlung von Strafschadensersatz verurteilt worden war. Die zur Last gelegte Handlung bestand im Verschweigen eines Mangels beim Verkauf einer Ware. Neben diesen Unterschieden in den jeweiligen Sacherhalten unterscheiden sich auch die durch die Rechtsprechung beider Länder getroffenen Entscheidungen grundlegend. a) Die deutsche „Kalifornien“-Rechtsprechung Erstmals befassten sich die deutschen Gerichte mit der Anerkennung eines ausländischen Urteils über Strafschadensersatz in einer Reihe von Entscheidungen, die später als „Kalifornien“-Rechtsprechung bezeichnet wurden. 99 Den Entscheidungen lag ein in der Rechtssache John Doe v. Eckhard Schmitz ergangenes amerikanisches Urteil zugrunde, in dem der Superior Court of California einem Jugendlichen, der aufgrund sexueller Belästigung durch den Beklagten Störungen seiner Entwicklung erlitten hatte, Schadensersatz in Höhe von 750.260 $ zugesprochen hatte, von denen 400.000 $ Strafschadensersatz in Form von punitive damages darstellten.100 Der Beklagte, der sowohl die amerikanische als auch die deutsche Staatsbürgerschaft besaß, war zwischenzeitlich nach Deutschland gezogen, wo nun versucht wurde, das amerikanische Urteil zu vollstrecken. aa) Entscheidung des OLG Düsseldorf Nachdem die Erstinstanz das Urteil des kalifornischen Ausgangsgerichts vollumfänglich für vollstreckbar erklärt hatte, hob das OLG Düsseldorf auf die Berufung des Beklagten hin das Urteil auf und entschied, dass die Entscheidung nur teilweise, nämlich in Höhe von 275.325 $, vollstreckbar sei.101 Zur 99
So etwa Hermann, Die Anerkennung US-amerikanischer Urteile in Deutschland unter Berücksichtigung des ordre public, 2000, S. 226 ff.; Tolani, Annual Survey of International & Comparative Law, Vol. 17 (2011), 185 (201). 100 Unveröffentlichte Entscheidung des Superior Court of California (County of San Joaquin), 24.4.1985, John Doe v. Eckhard Schmitz, No. 168-588. 101 OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.5.1991, r+s 1991, 339.
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Begründung führte das OLG aus, dass die exzessive Höhe des dem Beklagten auferlegten Schadensersatzbetrages gegen den ordre public im Sinne von § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO verstoße und den nach deutschem Rechtsverständnis zu tolerierenden Verurteilungsrahmen sprenge.102 Vollständig anerkannt wurden jedoch die Kosten für die medizinische Behandlung (100.000 $) und für zu erwartende Unterbringungskosten. Die zugesprochenen Beträge für nicht-vermögensrechtliche Schäden hingegen konnten nach Auffassung des Gerichts nicht für vollstreckbar erklärt werden, da sie für die deutsche Rechtsanschauung unerträglich überhöht festgesetzt seien. Da nach deutschen Verhältnissen nicht mehr als 30.000 DM Schmerzensgeld für gerechtfertigt erscheinen, liege die Grenze dessen, was gerade noch erträglich erscheine, bei 120.000 DM. 103 Ein Verstoß gegen den ordre public im Sinne von § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO liege aber insofern nicht vor, als die punitive damages die Anwaltskosten abdecken.104 Auch dies gelte aber nur, soweit das vereinbarte Anwaltshonorar nicht wegen exzessiver Höhe den Grundlagen deutschen Rechtsverständnisses widerspreche.105 Hinnehmbar sei lediglich ein Honorar in Höhe von 25 Prozent – statt der im vorliegenden Fall vereinbarten 40 Prozent der Erfolgssumme. 106 bb) Leitentscheidung des BGH vom 4. Juni 1992 Auf die Revision beider Parteien hin entschied der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs am 4. Juni 1992 über die Anerkennung- und Vollstreckung des amerikanischen Urteils.107 Dabei entschied er, dass ein solches ausländisches Urteil zumindest insoweit es Strafschadensersatz zuspricht, regelmäßig nicht vollstreckbar sei, da dieser Teil am materiellen ordre public nach § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO scheitere. 108 US-amerikanische Schmerzensgeldansprüche seien auch in einer deutsche Maßstäbe übersteigenden Höhe anerkennungsfähig, punitive damages hingegen nicht, da ihre Funktion zuallererst Strafe und Abschreckung sei. 109 Es sei „unerträglich, in einem Zivilurteil eine erhebliche Geldzahlung aufzuerlegen, die nicht dem Schadensausgleich dient […]“. 110 Bestrafung und Abschreckung seien nach deutscher Auffassung Aufgaben des
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OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.5.1991, r+s 1991, 339 (340). OLG Düsseldorf, a.a.O. 104 OLG Düsseldorf, a.a.O. 105 OLG Düsseldorf, a.a.O. 106 OLG Düsseldorf, a.a.O. 107 BGH, Urteil vom 4.6.1992 Urteil vom 4.6.1992 – IX ZR 149/91, BGHZ 118, 312; NJW 1992, 3096; WM 1992, 1451; JZ 1993, 261. Für eine französischsprachige Übersetzung der entscheidenden Passage des Urteils sowie eine Anmerkung siehe Gardette, RGDA 1996, 205, eine weitere Anmerkung findet sich bei Witz/Furkel, RTD civ. 1994, 443 (457 f.). 108 BGH, a.a.O. 109 BGH, a.a.O. 110 BGH, a.a.O., BGHZ 118, 312 (344); NJW 1992, 3096 (3104). 103
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Strafrechts. 111 Seiner Auffassung nach lägen punitive damages „zivilrechtsfremde Beweggründe“ zugrunde, da sie der Abschreckung und Bestrafung dienen und sich damit vorwiegend an den Interessen der Allgemeinheit orientieren.112 Die Instrumentalisierung des Zivilrechts für pönale Zwecke sei mit dem „Bestrafungsmonopol des Staates und den dafür eingeführten besonderen Verfahrensgarantien unvereinbar.“ 113 Ausnahmsweise sollen nach Auffassung des BGH Urteile über punitive damages anerkennungsfähig sein, wenn das ausländische Urteil in seiner Begründung plausible und nachvollziehbare Feststellungen enthält, aus denen sich ergibt, dass mit der Verhängung des Strafschadensersatzes restliche, nicht besonders abgegoltene oder schlecht nachweisbare wirtschaftliche Nachteile ausgeglichen werden sollen. 114 Dass diese Ausnahme jemals Anwendung findet, wird jedoch zu Recht im Schrifttum bezweifelt, da ein etwaiger kompensatorischer Zweck der Zusprechung von punitive damages in amerikanischen Urteilen selten als solcher gekennzeichnet wird. 115 Der BGH verlangt jedoch explizite Ausführungen des ausländischen Gerichts zu den strafzweckfremden Funktionen, ein Forschen nach den impliziten Motiven für die punitive damages sei wegen des Verbots der révision au fond untersagt.116 cc) Folgeentscheidungen Seit seiner Entscheidung vom 4. Juni 1992 hat der BGH seine Position nicht erneut bekräftigt. In einem Urteil vom 8. Mai 2000 – in dem es jedoch nicht um die Anerkennung oder Vollstreckung einer ausländischen Entscheidung, sondern um Schadensersatz wegen nicht gewährten Rechtsschutzes ging – entschied der II. Zivilsenat, dass es offen bleiben konnte, ob die Geltendmachung von punitive damages gegen den deutschen ordre public verstößt.117 Auch eine Umsetzung der Rechtsprechung durch die unteren Instanzgerichte hat soweit ersichtlich bislang nicht stattgefunden. Einen Versuch, die Vollstreckung eines ausländischen Urteils mit Verweis auf die Rechtsprechung des BGH zu verhindern, gab es in einem Verfahren vor dem OLG Düsseldorf: Darin versuchte der 111
BGH, a.a.O., BGHZ 118, 312 (338); NJW 1992, 3096 (3103). BGH, a.a.O. 113 BGH, a.a.O., BGHZ 118, 312 (339); NJW 1992, 3096 (3103). 114 BGH, a.a.O., BGHZ 118, 312 (341 f.); NJW 1992, 3096 (3103). 115 So Wurmnest, 23 Berkeley J. Int’l Law 175 (2005), S. 197. Andererseits hat der BGH hinsichtlich der Vollstreckung eines italienischen Urteil, das Schadensersatz wegen einer mutwilligen Klage zugesprochen hatte, einen ordre public-Verstoß verneint, da die zugesprochene Summe im italienischen Urteil mit den Nachteilen des Anspruchsberechtigen begründet wurde: BGH, Beschluss vom 22.6.2017 – IX ZB 61/16, siehe die Anmerkung von Wais, IPRax 2018, 397 (400). 116 BGH, Urteil vom 4.6.1992 – IX ZR 149/91, BGHZ 118, 312 (341 f.); NJW 1992, 3096 (3103). 117 BGH, Urteil vom 8.5.2000 – II ZR 182/98, NJW-RR 2000, 1372 (1373). 112
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Vollstreckungsgegner, die Vollstreckung einer Entscheidung, in der ein Verzugsschaden nach niederländischem Recht zugesprochen worden war, mit dem Argument zu verhindern, dass es sich bei dem im Ausgangsurteil zugesprochenen Betrag um Strafschadensersatz ähnlich dem amerikanischen Recht handle.118 Wenngleich nicht ausdrücklich auf die Entscheidung des BGH Bezug genommen wurde, lässt sich der Argumentation des Vollstreckungsgegners jedoch entnehmen, dass nach seiner Auffassung im selben Sinne wie in der Kalifornien-Rechtsprechung entschieden werden sollte. Das OLG Düsseldorf jedoch verneinte im Ergebnis einen Verstoß gegen den ordre public, da schon kein Strafschadensersatz vorliege. 119 Dass die Instanzgerichte noch keinen Anlass hatten, die Kalifornien-Rechtsprechung des BGH anzuwenden, könnte vielleicht auch darauf beruhen, dass sich Kläger, denen im Ausland Strafschadensersatz zugesprochen wurde, beim Ersuchen der Vollstreckung in Deutschland auf den kompensatorischen Schadensersatz beschränken, die Vollstreckung des Strafschadensersatzes also im Hinblick auf die Rechtsprechung des BGH gar nicht erst beantragen. So hat beispielsweise eine Klägerin, der in den USA durch ein Gericht des Bundesstaates Wisconsin neben kompensatorischem Schadensersatz auch Strafschadensersatz in Höhe von 1 Millionen $ zugesprochen wurde, die Entscheidung in Deutschland nur hinsichtlich des darin zugesprochenen Ausgleichsschadensersatzes vollstrecken wollen. 120 Diese prozesstaktische Entscheidung dürfte im Hinblick auf die Rechtsprechung des BGH getroffen worden sein. 121 Wenngleich untere Gerichte noch keine Gelegenheit zur Umsetzung der Kalifornien-Rechtsprechung hatten, so lassen sich gleichwohl obiter dicta finden, denen sich entnehmen lässt, dass die Gerichte der Rechtsprechung des BGH durchaus folgen würden. So führte beispielsweise das OLG Saarbrücken in einem Beschluss aus, dass ein Verstoß gegen den ordre public vorläge, „wenn wie im Falle der punitive damages im US-amerikanischen Recht die Rechtsfolge als solche mit dem deutschen Recht schlechthin unvereinbar ist.“122 Im Einklang mit der Kalifornien-Entscheidung steht auch ein Urteil des OLG Stuttgart aus dem Jahr 2009, in dem es entschied, dass eine Verurteilung zur Kostenerstattung aus einem Rechtsstreit über Strafschadensersatz in Form von punitive damages vollstreckbar ist, wenn die Kostenerstattungspflicht unabhängig von der Verurteilung zu Strafschadensersatz festgestellt wird. 123 Da das Gericht lediglich über die Verurteilung zur Kostenerstattung und nicht die Verurteilung in der Hauptsache entschied, ist in dem Urteil kein Widerspruch zur Leitentscheidung des BGH zu sehen. 118
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 4.4.2011 – I-3 W 292/10, IPRax 2013, 349. OLG Düsseldorf, a.a.O. 120 BGH, Urteil vom 29.4.1999 – IX ZR 263/97, BGHZ 141, 286 121 Behr, 24 J.L. & Com. (2004–2005), 197 (205), dortige Fn. 39. 122 OLG Saarbrücken, Beschluss vom 12.1.2011 – 5 W 132/09, BeckRS 2011, 01863. 123 OLG Stuttgart, Urteil vom 27.7.2009 – 5 U 39/09, NJOZ 2009, 4313. 119
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Bemerkenswert ist auch eine Entscheidung vom 19. Februar 2018, in der das LG Leipzig einen Antrag auf dinglichen Arrest zur Sicherung der Zwangsvollstreckung aus einem amerikanischen Urteil abgelehnt hat. Unter Bezugnahme auf die Kalifornien-Entscheidung des BGH lehnte das Landgericht den Antrag ab, da der im amerikanischen Urteil ausgesprochene Betrag von mehr als 8,5 Millionen $ exorbitant hoch sei und die Schadenshöhe selbst nach internationalen Standards zur Schadenskompensation nicht mehr begründbar sei.124 Bei der durch die amerikanische Entscheidung zugesprochenen Summe handelte es sich jedoch laut Tenor des Urteils nicht um punitive damages, wenngleich das LG Leipzig einen Strafcharakter der zugesprochenen Summe annahm. Eine unmittelbare Anwendung der Rechtsprechung des BGH kann in der Entscheidung daher nicht gesehen werden. Bislang ist die Rechtsprechung des BGH demnach nicht durch die unteren Gerichte konkret angewandt worden. Es finden sich aber auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Gerichte abweichende Auffassungen vertreten würden. b) Die französische Rechtsprechung in „Fountaine Pajot“ Die französischen Gerichte sahen sich erstmals in der Rechtssache Schlenzka & Langhorne v. Fountaine Pajot (in der Regel kurz als Fountaine Pajot bezeichnet) mit der Frage konfrontiert, ob ein ausländisches Urteil, durch das Strafschadensersatz zugesprochen wurde, in Frankreich vollstreckt werden kann. 125 In der Rechtssache ging es um ein kalifornisches Urteil, in dem ein französisches Unternehmen mit Sitz in La Rochelle zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt wurde.126 Diesem kalifornischen Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: 127 Im Jahre 1999 kauften die Eheleute Peter Schlenzka und Julie Langhorne bei dem Unternehmen Cruising Cats einen Katamaran des französischen Herstellers Fountaine Pajot S.A. für einen Betrag von insgesamt 826.009 $, bestehend aus einem Kaufpreis in Höhe von 690.000 $ zuzüglich 136.009 $ für Arbeiten an dem Boot und Erledigung der erforderlichen Formalitäten. Der Katamaran wurde am 26. Februar 2000 auf den Bahamas durch die
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LG Leipzig, bislang unveröffentlichter Beschluss vom 19.2.2018 – 05 O 3052/17. So wurde noch im Jahre 2010 geschrieben, dass sich eine Diskussion über die Anerkennungsfähigkeit von Entscheidungen, die Strafschadensersatz zusprechen, weder in der französischen Rechtsprechung noch im französischen Schrifttum abzeichne: Kunkler, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, 2010, S. 279. 126 Siehe die Darstellungen bei Licari, JDI n° 4/2010, 1230 (1237). Für eine deutschsprachige Zusammenfassung siehe Brock/di Meglio/Ponczek; PHi 3/2011, 114 f. 127 Die Tatsachen lassen sich der Darstellung in den Entscheidungen des TGI Rochefort, Urteil vom 12.11.2004, n° 03/01276, abrufbar über die Datenbank CISG France: ‹http://www.cisg.fr/cgi-bin/createpdf.cgi?id=154›, sowie der Cour d’appel de Poitiers, Urteil vom 26.2.2009, abrufbar über die Datenbank CISG France unter ‹http://www.cisg.fr/cgibin/createpdf.cgi?id=102›, entnehmen (Links zuletzt abgerufen am 25.1.2018). 125
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Verkäuferin übergeben. Später stellte sich heraus, dass das Boot zuvor im Hafen von La Rochelle durch einen Sturm beschädigt und durch den Hersteller oberflächlich repariert wurde. Das Ehepaar Schlenzka und Langhorne machte wegen unzureichender Reparatur und weil der Verkäufer die Beschädigung verschwiegen habe Ansprüche geltend und erhoben Klage gegen das Unternehmen vor dem Superior Court of California (County of Alameda). In einem unveröffentlichten128 Urteil vom 26. Februar 2003 sprach dieses Gericht den Klägern kompensatorischen Schadensersatz in Höhe von 1.391.650 $, punitive damages in Höhe von 1.460.000 $ und 402.084 $ für die Anwaltskosten zu. 129 Die Kläger beantragten am 3. Oktober 2003 die Vollstreckung der amerikanischen Entscheidung in Frankreich. aa) Urteile der Vorinstanzen Noch bevor das zuständige Tribunal de grande instance de Rochefort über das Exequatur des kalifornischen Urteils entschie, ließen die Kläger ohne vorherige richterliche Erlaubnis Vermögenswerte des beklagten Unternehmens pfänden. Gegen diese Pfändung legte das Unternehmen Fountaine Pajot erfolgreich Rechtsbehelf vor dem TGI de Rochefort ein und machte Schadensersatz wegen der vorgenommenen Pfändung geltend.130 Im Verfahren auf Vollstreckung wandte die Beklagte in der ersten Instanz vor dem TGI de Rochefort131 sowie in der Berufung vor der Cour d'appel de Poitiers zunächst erfolgreich ein, dass dem Exequatur Art. 15 C. civ. entgegenstehe. Dieser Vorschrift zufolge kann ein französischer Staatsbürger aufgrund von im Ausland eingegangenen Schuldverhältnissen vor einem französischen Gericht verklagt werden, auch wenn die Schuldverhältnisse mit einem Ausländer geschlossen wurden. 132 Im Hinblick auf diese Vorschrift wies die Cour d'appel den Antrag auf Vollstreckbarerklärung ab, da das kalifornische Gericht nicht zuständig gewesen sei, um über die Klage gegen das französische Gericht 128 Eine Veröffentlichung scheint auch anderen Autoren nicht bekannt zu sein, siehe etwa Parker, 41 Ga. J. Int'l & Comp. L. (2012–2013), 389, dortige Fn. 1. 129 Superior Court of California, County of Alameda, Peter X & Julie Y v Fountaine Pajot, 26 February 2003, no 837722-1. 130 Unveröffentlichte Entscheidung der TGI de Rochefort vom 13.7.2007. Im Berufungsverfahren gegen diese Entscheidung wurde das Verfahren ausgesetzt, da die Begründetheit der geltend gemachten Ansprüche von der zu dem Zeitpunkt noch vor der Cour de cassation anhängigen Frage der Vollstreckbarkeit abhängig sei, CA de Poitiers, Urteil vom 28.9.2010, n° 07/02396, abrufbar über die Datenbank LEXBASE (‹www.lexbase.fr›). 131 TGI de Rochefort, Urteil vom 12.11.2004, n° 03/01276, abrufbar über die Datenbank CISG France: ‹http://www.cisg.fr/cgi-bin/createpdf.cgi?id=154› (zuletzt abgerufen am 25.1.2018). 132 Der französische Originalwortlaut lautet: „Un Français pourra être traduit devant un tribunal de France, pour des obligations par lui contractées en pays étranger, même avec un étranger.“
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zu entscheiden. Diese Entscheidung wurde jedoch von der Cour de cassation aufgehoben, mit der Begründung, dass die Vorschrift nur eine fakultative Zuständigkeit für französische Gerichte begründe, nicht jedoch der Zuständigkeit eines ausländischen Gerichts entgegenstehe, sofern der Rechtsstreit einen hinreichenden Bezug zum Forumsstaat (in dem Fall Kalifornien) aufweise und die Wahl des Gerichts nicht rechtsmissbräuchlich war. 133 Mit der Aufhebung des Urteils der Cour d’appel de Poitiers durch die Cour de cassation wurde die Sache zurück an das Ausgangsgericht verwiesen. Dieses entschied erneut, dass das kalifornische Urteil nicht anzuerkennen sei. 134 Diesmal begründete das Gericht die Entscheidung aber damit, dass die zugesprochenen punitive damages offensichtlich unverhältnismäßig seien und eine Bereicherung darstellten, die wegen Art. 74 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf unzulässig sei, 135 mit der Folge, dass eine Anerkennung des Urteils in Frankreich aufgrund des ordre public ausscheide.136 bb) Urteil der Cour de cassation vom 1. Dezember 2010 Gegen das Urteil der Cour d'appel de Poitiers wurde Rechtsmittel zur Cour de cassation eingelegt, die sich dadurch erstmals mit der Frage der Anerkennung oder Vollstreckung eines Urteils über Strafschadensersatz beschäftigen durfte. In ihrer daraufhin am 1. Dezember 2010 gefällten Grundsatzentscheidung entschied die erste Zivilkammer, dass die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung über die Anordnung der Zahlung von punitive damages in Frankreich nicht grundsätzlich ausgeschlossen sei, da Strafschadensersatz nicht dem Grunde nach gegen den ordre public verstoßen.137 Gleichwohl könne ein Widerspruch zum ordre public vorliegen, wenn der ausgeurteilte Betrag in Bezug auf den erlittenen Schaden und die Vertragsverletzung durch den Schuldner unverhältnismäßig sei. Da dies sei im der Entscheidung zugrunde liegenden Fall gegeben sei, scheide ein Exequatur aus. Wörtlich führte die Cour de cassation aus: 133
C. Cass., 1re ch. civ., Urteil vom 22.5.2007, pourvoi n° 05-20.473, Bull. Civ. I, n° 196; D. 2007, 1596. 134 CA Poitiers, Urteil vom 26.2.2009, JDI 2010, 1230, abrufbar über die Datenbank CISG France unter ‹http://www.cisg.fr/cgi-bin/createpdf.cgi?id=102› (zuletzt abgerufen am 25.1.2018). 135 Übereinkommen vom 11.4.1980, auch unter der Abkürzung CISG oder der Bezeichnung UN-Kaufrecht geläufig, veröffentlicht in BGBl. 1989 II S. 588. Dabei sei darauf hingewiesen, dass die Cour d’appel de Poitiers das Übereinkommen zu Unrecht anwendete, siehe Kapitel 1, § 1, B, III. 136 CA Poitiers, Urteil vom 26.2.2009, JDI 2010, 1230. 137 C. Cass., 1re ch. civ., Urteil vom 1.12.2010, pourvoi n° 09-13-303. Eine englische Zusammenfassung des Urteils findet sich bei MEALEY’s International Arbitration Report, Vol. 26 (2011), S. 6–7; auszugsweise auch bei Lahlou/Nioche, RDAI/IBLJ, N° 3 2011, 321 (328) sowie in EuLF 2011, 82.
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„Mais attendu que si le principe d’une condamnation à des dommages intérêts punitifs, n’est pas, en soi, contraire à l’ordre public, il en est autrement lorsque le montant alloué est disproportionné au regard du préjudice subi et des manquements aux obligations contractuelles du débiteur […]“ [„Aber auch wenn der Grundsatz einer Verurteilung zu Strafschadensersatz nicht per se mit dem ordre public unvereinbar ist, gilt anderes, wenn der zugesprochene Betrag im Vergleich zum erlittenen Schaden und den Vertragspflichtverletzungen des Schuldners unverhältnismäßig ist […]“138]
Damit hat der Gerichtshof es implizit abgelehnt, das Prinzip des vollständigen Schadensersatzes als Bestandteil des ordre public zu werten, sondern hat die Anerkennung ausländischer Entscheidungen über Strafschadensersatz grundsätzlich ermöglicht. 139 Im Ergebnis hat er dennoch eine Verweigerung der Anerkennung vorgenommen, indem er die Verhältnismäßigkeit als Kriterium heranzieht und damit zum Gegenstand der ordre public-Kontrolle macht. Aus dem Umstand, dass die Cour de cassation anders als die Vorinstanzen keinen Verweis auf das Wiener Kaufrechtsübereinkommen enthält, ist im Übrigen nicht zu schließen, dass die Cour de cassation die Anwendung des UNKaufrechts implizit bejahte. Da die Cour de cassation nicht auf alle vorgebrachten Argumente der Parteien einzugehen braucht und sich nur innerhalb der Grenzen des Kassationsmittels entscheidet, ist vielmehr davon auszugehen, dass die Cour de cassation zur Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts schwieg, da sie diese Frage für unerheblich erachtete.140 Interessant am Zustandekommen dieser Entscheidung ist im Übrigen, dass bei den Beratungen in der Kammer zu der Rechtssache durch den Berichterstatter rechtsvergleichende Erwägungen eingebracht worden waren. 141 Darüber, ob dabei auch die anders lautende deutsche Rechtsprechung erörtert wurde und inwieweit diese die Entscheidungsfindung des Kassationshofs beeinflusst hat, kann jedoch nur spekuliert werden. Ein späterer Versuch der Vollstreckungskläger, das Urteil nach einer Berichtigung der Begründung teilweise in Bezug auf den kompensatorischen Schadensersatz sowie die Anwaltsgebühren vollstrecken zu lassen, scheiterte im Übrigen. 142 Das TGI de La Rochelle sowie im Berufungsverfahren auch die Cour d’appel de Poitiers versagten die Vollstreckung, da das frühere ablehnende Urteil zwischenzeitlich in Rechtskraft erwachsen sei und die korrigierte 138
Übersetzung angelehnt an Witz/Hlawon, IHR 2011, 93 (96). Brock/di Meglio/Ponczek; PHi 2011, 114 (115); Gallmeister, D. 2011, 423. 140 Witz/Hlawon, IHR 2011, 93 (96). 141 So berichtet durch Pluyette, in: Cachard/Nau (Hrsg.), Europäisches Privatrecht in Vielfalt geeint, 2012, S. 45 (51). 142 Dies erfolge durch eine Entscheidung des Superior Court of California , county of Alameda, vom 11.5.2012 als sogenanntes nunc pro tunc, wodurch in der Begründung die einzelnen Posten für Strafschadensersatz und kompensatorischen Schadensersatz deutlicher dargestellt wurden. 139
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Fassung der Ausgangsentscheidung keine Änderung des Sachverhalts darstelle.143 cc) Folgeentscheidungen Soweit ersichtlich, ist es bislang in nur einem Fall dazu gekommen, dass das Urteil der Cour de cassation in der Rechtssache Fountaine Pajot durch untere Gerichte auf einen anderen Fall angewendet wurde – wenngleich in mehreren Verfahren eine Anwendung durch Vollstreckungsgegner bemüht wurde.144 In einer Entscheidung vom 4. März 2011 hatte die Cour d’appel de Poitiers über die Vollstreckung eines texanischen Urteils zu befinden, das neben der Zahlung von Anwaltskosten in Höhe von 47.750 $ und Zinsen in Höhe von 170.016,26 $ zu 759.001,60 $ an Schadensersatz für erlittenen Schaden sowie 1.500.000 $ Strafschadensersatz 145 verurteilt hatte.146 Die Cour d’appel de Poitiers stellte fest, dass die ausländische Entscheidung den Klägern eine Summe zugesprochen habe, welche die tatsächlichen Schadensposten weit überschreite.147 Daher sei die Höhe des Schadensersatzes offensichtlich unverhältnismäßig in Bezug auf den tatsächlich erlittenen Schaden und die Verletzung der vertraglichen Verpflichtungen, so dass das Urteil in Frankreich nicht anerkannt werden könne. 148 Auch wenn das Gericht nicht ausdrücklich auf Fountaine Pajot verwies, kann in der Entscheidung aufgrund ihrer Bezugnahme auf den erlittenen Schaden und das Verhalten des Schädigers zur Begründung der
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Siehe CA Poitiers, 1re ch. civ., Entscheidung vom 24.6.2016, Rs. n° 15/00523. So wurde etwa auch in einem Verfahren vor der Cour d’appel de Dijon versucht, die Vollstreckung einer englischen Verurteilung zur Zahlung von Gerichtsgebühren mit dem Argument zu verhindern, dass es sich um unverhältnismäßen Strafschadensersatz handle. Da das Argument des Vollstreckungsgegners den Wortlaut der Entscheidung in Fountaine Pajot aufgriff, kann angenommen werden, dass eine Anwendung der Rechtsprechung der C. Cass. angestrebt wurde. Zu Recht jedoch lehnte die CA Dijon dies ab: Entscheidung vom 10.11.2016, Rs. n° 15/00383. 145 Diese werden im Urteil der Cour d’appel de Poitiers als „dommages et intérêts supplémentaires“ bezeichnet. Das der Entscheidung zugrunde liegende ausländische Urteil ist nicht überliefert, doch kann davon ausgegangen werden, es sich um Strafschadensersatz nach dem Recht von Texas handelte. 146 CA Poitiers, 1re ch., Urteil vom 4.2.2011, N° 09/02077, verfügbar über die Datenbank LexisNexis (‹www.lexisnexis.fr›). 147 CA Poitiers, a.a.O. 148 Die Cour d’appel de Poitiers entschied wörtlich: „La cour observe que la décision étrangère a accordé aux demandeurs en plus du montant des travaux de reprise, du trouble de jouissance et de la décote de la valeur de l'immeuble, une indemnité qui dépasse très largement ces sommes. Ainsi il apparaît que le montant des dommages et intérêts est manifestement disproportionné au regard du préjudice subi par Monsieur Philippe D. et Madame Mary-Helen N. et du manquement aux obligations contractuelles de sorte que le jugement étranger ne peut être reconnu en France.“ 144
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Unverhältnismäßigkeit eine unmittelbare Anwendung des zuvor von der Cour de cassation entschiedenen Leiturteils gesehen werden. 149 2. Auslegung des ordre public: Mögliche Hindernisse für die Vereinbarkeit mit dem ordre public Im Ergebnis unterscheiden sich damit die höchstrichterlichen Positionen in beiden Länder zur Anerkennungsfähigkeit ausländischer Entscheidungen über Strafschadensersatz: Während in Deutschland solche Entscheidungen grundsätzlich nicht anerkennungsfähig sind, es sei denn, es sollen durch den Schadensersatz restliche Nachteile ausgeglichen werden, ist in Frankreich eine Anerkennung prinzipiell möglich, es sei denn, die zugesprochene Höhe ist unverhältnismäßig. Damit unterscheidet sich das Regel-Ausnahme-Verhältnis zu dieser Frage in beiden Rechtsordnungen. Dass der anerkennungsrechtliche ordre public trotz der in Kapitel 1 aufgezeigten Ähnlichkeiten im deutschen und französischen Haftungsrecht von den obersten Gerichten beider Länder bezüglich ausländischer Entscheidungen über Strafschadensersatz unterschiedlich ausgelegt wird, vermag zu überraschen. Die Rechtsprechung der Cour de cassation in Fountaine Pajot gibt insofern Anlass dazu, den Umgang mit ausländischem Strafschadensersatz einer grundlegenden Analyse zu unterziehen.150 Vor diesem Hintergrund soll im Folgenden untersucht werden, welche Elemente des nationalen Rechts einer Anerkennungsfähigkeit von ausländischem Strafschadensersatz entgegenstehen könnten und ob die unterschiedliche Rechtsprechung von BGH und Cour de cassation begründet ist. Ein ordre public-Verstoß durch ausländischen Strafschadensersatz dem Grunde nach kommt zunächst vor allem wegen des Grundsatzes der Totalreparation und des Verbots der ungerechtfertigten Bereicherung 151 , dem Fehlen strafrechtlicher Verfahrensgarantien und einer Verletzung des Strafmonopol des Staates in Betracht.152 Ob im Hinblick auf diese Aspekte Strafschadensersatz per se gegen den anerkennungsrechtlichen ordre public verstößt, soll im Folgenden näher untersucht werden. a) Grundsätze der Totalreparation und des Bereicherungsverbots Indem die Cour de cassation in der Rechtssache Fountaine Pajot entschied, dass ausländische Entscheidungen über Strafschadensersatz nicht per se gegen den ordre public international verstoßen, traf sie implizit die Aussage, dass die 149 Bemerkenswerterweise war die erste Zivilkammer der Cour d’appel de Poitiers auch das Ausgangsgericht in der Rechtssache Fountaine Pajot. Dementsprechend hatte die Kammer die Rechtsprechung anzuwenden, die durch die Aufhebung eines eigenen Urteils überhaupt erst ergangen war. 150 Fuchs, in: FS von Hoffmann, 2011, S. 776. 151 In Bezug auf Frankreich Sagot-Duvauroux, Lexbase La lettre juridique n° 425, S. 3. 152 Nagy, NIPR 2012, 4 (5).
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beiden genannten Grundsätze nicht zu den grundlegenden Prinzipien und Werten gehören, die das internationale Privat- bzw. Zivilverfahrensrecht zu schützen hat. Dieser Ansicht ist mit der wohl herrschenden Meinung zuzustimmen.153 Wie im ersten Kapitel festgestellt wurde, lassen sich im französischen Zivilrecht viele pönale Elementen finden.154 Zu Recht wird daher im Schrifttum darauf hingewiesen, dass eine systematische Ablehnung von Strafschadensersatz nicht gerechtfertigt ist, da auch viele Instrumente des französischen Rechts nicht nur den Zweck verfolgen, einen Schaden zu reparieren, sondern auch dazu dienen, weitere Rechtsverletzungen zu verhindern und einen Schuldigen zu bestrafen, indem sein Verhalten als fehlerhaft stigmatisiert wird. 155 Gleichwohl lässt sich überlegen, ob die von der Cour de cassation im Jahr 2010 vertretene liberale Haltung sich nach wie vor aufrechterhalten lässt. Man könnte in Erwägung ziehen, dass der Umstand, dass der Gsetzgeber keine Einführung von Strafschadensersatz vornimmt – woaruf der zwischenzeitlich erarbeiteten Entwurf für eine Reform des französischen Haftungsrechts scließen lässt,156 Berücksichtigung bei der Auslegung des ordre public finden sollte. In einer Entscheidung des französischen Gesetzgebers, von der Einführung von Strafschadensersatz anlässlich der Reform abzusehen, könnte man einen Grund sehen, dass der französische ordre public dahingehend auszulegen ist, dass er Strafschadensersatz per se entgegensteht. Eine solche Interpretation ginge aber zu weit. Der Umstand, dass der Gesetzgeber die Rechtslage in Bezug auf Strafschadensersatz auf dem früheren Stand belässt, bietet keinen Anlass, die Auslegung des ordre public anders vorzunehmen als die Cour de cassation es zur alten Rechtslage getan hat. Die durch die Cour de cassation zum Ausdruck gebrachte Ansicht, dass Strafschadensersatz nicht per se gegen den ordre public verstößt, lässt sich auf das deutsche Recht übertragen. Auch in Deutschland lässt sich die Ablehnung der Anerkennung eines Urteils über Strafschadensersatz mit dem Argument,
153 So etwa Carval, RdC 2011, 459; Fages, Droit des obligations, 3. Aufl. 2013, n° 324 (S. 308); ders., RTD civ. 2011, 122 (124); Gallmeister, D. 2011, 423; Kessedjian: Droit du commerce international, 2013, S. 268 f. (n° 530). Schon vor der Entscheidung durch die Cour de cassation sah die überwiegende Mehrheit im französischen Schrifttum ausländische Entscheidungen über Strafschadensersatz – zumindest bis zu einer vernünftigen Höhe – als mit dem ordre public vereinbar an: Audit, Droit international privé, 5. Aufl. 2008, n° 802 a.E.; Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, t. 1, 8. Aufl., 1993, S. 415 f. (n° 247); Boskovic, JCP G 2006, 163 (S. 1583 ff.); dies., La réparation du préjudice en droit international privé, 2003, S. 346; Bureau/Muir Watt, Droit international privé, t. 2, 2. Aufl. 2010, n° 995; de Fontmichel, Rev. dr. unif. 2005, 737 (756 f.); Mazabraud, La peine privée, 2006, S. 579 (n° 802). 154 Dazu unter Kapitel 1, § 2, A. 155 Gaudemet-Tallon, Rev. crit. DIP 2011, 93 (100) m.w.N.; Bloch/Stoffel-Munck, JCP G 2011, 712. 156 Zu diesem Reformvorschlag unter Kapitel 1, § 2, A.
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Bestrafung und Abschreckung seien keine Aufgaben des Zivilrechts, nicht aufrechterhalten. Denn auch das deutsche Recht kann im Hinblick auf die in Kapitel 1 dargestellten pönale Elemente nicht mehr als so fundamental anders als etwa das amerikanische Recht angesehen werden, dass die Anerkennung und Vollstreckung von nach amerikanischem Recht ergangenen Entscheidungen unerträglich erscheint. 157 Da auch das deutsche Recht Ansprüche zulässt, denen eine andere Funktion als diejenige der Kompensation zukommt, kann die Anerkennung und Vollstreckung von Strafschadensersatz nicht pauschal mit dem Argument verweigert werden, nichtkompensatorische Ansprüche seien mit dem deutschen Recht unvereinbar.158 Dem lässt sich auch nicht entgegengehalten, dass es sich bei den pönalen Elementen des deutschen Rechts um eng begrenzte Ausnahmen handle. 159 Die in Kapitel 1 dargestellten Instrumente des deutschen Rechts zeigen nämlich, dass der Grundsatz des deutschen Haftungsrechts nicht allein der Ausgleich des erlittenen Schadens durch Naturalrestitution ist, sondern die Prävention eine nicht unwesentliche Rolle spielt. 160
157 Auf ’mkolk, Freilaw 2007, 1 (6 ff.); Behr, in: FS Mehle, 2009, S. 33 (47); Bentert, Das pönale Element – ein Fremdkörper im deutschen Zivilrecht?, 1996, S. 152 ff.; Bläsi, Das Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen, 2010, S. 320 f; Brockmeier, Punitive damages, multiple damages und deutscher ordre public, 1999, S. 67 ff., 103, 205 f.; Burst, Pönale Momente im ausländischen Privatrecht und deutscher ordre public, 1994, S. 190; Coester-Waltjen, in: Heldrich/Kono (Hrsg.), Herausforderungen des internationalen Zivilverfahrensrechts, 1994, S. 15 (30); Ebert, Pönale Elemente im deutschen Privatrecht, 2004, S. 528 ff.; Fiebig, Ga. J. Int’l & Comp. L., Vol. 22 (1992), 635 (651–657); Griessbach/Cordero, RIW 1998, 592 (595); Herrmann, Die Anerkennung US-amerikanischer Urteile in Deutschland unter Berücksichtigung des ordre public, 2000, S. 265 ff.; Krätzschmar, in: FS Hay, 2005, S. 248; Lindner, Irreführende Gewinnzusagen nach § 661a BGB, 2007, S. 119, die zu Recht darauf verweist, dass § 661 a BGB zeigt, dass auch das deutsche Haftungsrecht Bestrafungsfunktionen hat; Müller, DB 2001, 83 (84); ders., Punitive Damages und deutsches Schadensersatzrecht, 2000, S. 361; Rosengarten, Punitive damages und ihre Anerkennung und Vollstreckung in der Bundesrepublik Deutschland, 1994, S. 176 ff.; ders., NJW 1996, 1935; Tolani, Annual Survey of International & Comparative Law, Vol. 17 (2011), 185 (205); Völker, Zur Dogmatik des ordre public, 1998, S. 187 ff. Anderer Ansicht vor allem die Autoren, welche die Entscheidung des BGH begrüßten, wie etwa Mörsdorf-Schulte, Funktion und Dogmatik US-amerikanischer punitive damages, 1999, S. 298 f.; Koch, NJW 1992, 3073. Ebenso diejenigen, welche die Position bereits vor dem Urteil vertragen, wie etwa Siehr, RIW 1991, 705 (708 ff.); Zekoll, US-amerikanisches Produkthaftpflichtrecht vor deutschen Gerichten, 1987, S. 152, 156. 158 Coester-Waltjen, in: Heldrich/Kono (Hrsg.), Herausforderungen des internationalen Zivilverfahrensrechts, 1994, S. 15 (32). 159 So aber etwa Rehbinder, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl. 2014, § 130 GWB, Rn. 390. 160 Dazu auch Hachem, in: Wolf/Mona/Hürzeler (Hrsg.), Prävention im Recht, 2008, S. 197 (201).
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Kapitel 4: Rechtsfragen in Bezug auf Strafschadensersatz
Fraglich ist in Bezug auf die deutsche Rechtslage jedoch auch, ob das Prinzip der Totalreparation in Art. 40 Abs. 3 EGBGB eine Konkretisierung gefunden hat, die für den anerkennungsrechtlichen ordre public zu beachten ist. Die Vorschrift wurde erst im Jahre 1999 und damit nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 4. Juni 1992 geschaffen. 161 Die Vorgängervorschrift in Art. 38 EGBGB a.F.,162 der prinzipiell ausschloss, dass gegen deutsche Staatsbürger weitergehende Ansprüche als nach deutschem Recht möglich geltend gemacht werden, hielt der BGH für nicht auf die anerkennungsrechtliche Beurteilung anwendbar.163 Anders als die prinzipielle Sperrklausel in Art. 38 EGBGB a.F. enthält der im Jahre 1999 neu geschaffene Art. 40 Abs. 3 EGBGB jedoch eine weiter gefasste ordre public-Klausel. Aufgrund der somit wesentlich flexibleren Ausgestaltung des Art. 40 Abs. 3 wird bisweilen vertreten, dass seine Wertungen im Rahmen des § 328 Abs. 1 Nr. 4 berücksichtigt werden können. 164 Die Rechtsprechung hat bislang noch nicht über eine Anwendbarkeit der Vorschrift im Rahmen des Exequaturs entschieden. Das OLG Düsseldorf ließ diese Frage in einem obiter dictum sogar ausdrücklich offen. 165 Im Schrifttum wird vereinzelt vorgeschlagen, die Anwendung im Wege einer Analogie vorzunehmen.166 Andere Autoren formulieren vorsichtiger, indem sie der Vorschrift einen „Anhaltspunkt“ für die Auslegung auch des vollstreckungsrechtlichen ordre public entnehmen wollen. 167 Die Vorschrift sei als Konkretisierung auch des anerkennungsrechtlichen ordre public aufzufassen
161 Die Vorschrift wurde durch das Gesetz zum Internationalen Privatrecht für außervertragliche Schuldverhältnisse und für Sachen vom 21.5.1999, BGBl. I 1026, geschaffen. Eine französische Übersetzung des Gesetzes findet sich in Rev. crit. DIP 1999, 870 (871). Zu dem Gesetz auch Sonnenberger, Rev. crit. DIP 1999, 647. 162 Der Wortlaut der Vorschrift lautete: „Aus einer im Ausland begangenen unerlaubten Handlung können gegen einen Deutschen nicht weitergehende Ansprüche geltend gemacht werden, als nach den deutschen Gesetzen begründet sind.“ 163 BGH, Urteil vom 4.6.1992 – IX ZR 149/91, BGHZ 118, 312 (328 ff.); NJW 1992, 3096 (3100 ff.). 164 So etwa Looschelders, Internationales Privatrecht, 2004, S. 605 (Rn. 70). 165 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 4.4.2011 – I-3 W 292/10, Rn. 22, IPRax 2013, 349 (351): „Angesichts dessen ändert sich das Ergebnis auch dann nicht, wenn die Rechtsgedanken der in Art. 40 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 EGBGB enthaltenen Vorbehalte gegen die Höhe von Schadensersatz zur Bestimmung eines ordre public-Verstoßes herangezogen werden könnten.“ 166 So Schäfer, AcP 2002, 397 (429 f.), Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 6. Aufl. 2014, S. 357 (Rn. 960). 167 So Bachmann, in: FS Schlosser, 2005, S. 1 (14); in dem Sinne auch Kropholler/von Hein, in: FS Stoll, 2001, S. 553 (572), denen zufolge zwecks einer möglichst harmonischen Auslegung von Art. 6 und Art. 40 Abs. 3 Nr. 1 und 2 EGBGB die zu letzterer Vorschrift ergangene Rechtsprechung unter Berücksichtigung der im Sinne eines effet atténué abgeschwächten Wirkung auch zur Auslegung des ordre public im internationalen Zivilverfahrensrecht herangezogen werden kann.
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und solle neben dem Erkenntnisverfahren auch auf die Urteilsanerkennung angewandt werden, um den Anreiz für den Kläger zu beseitigen, den deutschen Schädiger im Ausland zu verklagen. 168 Diese Ansicht vermag jedoch nicht zu überzeugen. Art. 40 Abs. 3 EGBGB steht der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen über Strafschadensersatz nicht entgegen, da die Vorschrift weder direkt noch analog auf die Anerkennung ausländischer Urteile anwendbar ist.169 Eine direkte Anwendung der Norm scheidet sowohl angesichts ihres Wortlaut als auch ihrer systematischer Stellung aus, da die Vorschrift in dem Kapitel des EGBGB enthalten ist, welches gemäß Art. 3 das anzuwendende Recht bei Sachverhalten mit einer Verbindung zu einem ausländischen Staat bestimmt. Es handelt sich dementsprechend um Regeln des Kollisionsrechts, Aussagen zur Anerkennungs- oder Vollstreckungsfähigkeit ausländischer Entscheidungen werden darin nicht getroffen. Gegen eine Anwendbarkeit von Art. 40 Abs. 3 spricht darüber hinaus, dass die Norm restriktiv auszulegen ist – wie selbst Autoren zugeben, die eine Anwendbarkeit bejahen. 170 Eine restriktiv auszulegende Vorschrift über Wortlaut und systematische Stellung hinweg auf andere Sachverhalte analog anzuwenden, ist jedoch fragwürdig. Darüber hinaus ist eine analoge Anwendung von Art. 40 Abs. 3 EGBGB auch schon aus grundsätzlicheren Erwägungen abzulehnen. Eine Analogie kommt überhaupt nur dann in Betracht, wenn eine planwidrige Regelungslücke besteht. 171 Dies ist aber bezüglich der Anwendbarkeit von Art. 40 Abs. 3 EGBGB auf die Urteilsanerkennung nach § 328 ZPO keinesfalls gegeben. Dem Gesetzgeber stand es frei, bei der Reform des Art. 40 Abs. 3 EGBGB, bei deren Begründung er ausdrücklich auf die oft hohen Summen bei amerikanischen punitive damages verwies172, auch die Vorschriften der ZPO über die Urteilsanerkennung zu ändern und spezielle Vorbehaltsklauseln über die Anerkennungsfähigkeit und Vollstreckbarkeit von Urteilen über punitive damages zu erlassen oder eine Ausweitung des Anwendungsbereichs von Art. 40 Abs. 3 EGBGB auf die Urteilsanerkennung vornehmen können. Dass er dies nicht getan hat, spricht dafür, dass er bewusst darauf verzichtet hat, den anerkennungsrechtlichen ordre public nicht gesetzlich im Hinblick auf Strafschadensersatz einzuschränken. Dies ist auch insofern schlüssig, als ein grundsätzlicher Unterschied zwischen anerkennungs- und kollisionsrechtlichem ordre public besteht. Denn für ersteren gilt als Maßstab der sogenannte ordre public atténué, bei dem die elementaren Rechtsgrundsätze, denen der deutsche Richter bei der eigenen Anwendung des ausländischen Rechts 168
So Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 6. Aufl. 2014, S. 357 (Rn. 960). Gottwald, in: MüKo ZPO, Bd. 1, 4. Aufl. 2012, § 328, Rn. 122; Hopt/Kulms/von Hein, Rechtshilfe und Rechtsstaat, 2006, S. 130; Junker, in: MüKo BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 40 EGBGB, Rn. 117; Stadler, in: Musielak, ZPO, 12. Aufl. 2015, § 328, Rn. 25. 170 So etwa Looschelders, Internationales Privatrecht, 2004, S. 604 (Rn. 64). 171 Statt aller: Schmalz, Methodenlehre, 4. Aufl. 1998, Rn. 383, 385. 172 BT-Drs. 14/343 vom 1.2.1999, S. 12. 169
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über seinen kollisionsrechtlichen ordre public Geltung verschaffen würde, gegenüber ausländischen Entscheidungen mit geringerer „Angriffsintensität“ durchgesetzt werden. 173 Daher ist im Verhältnis von § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO zur kollisionsrechtlichen Vorbehaltsklausel des Art. 6 EGBGB – die durch Art. 40 EGBGB lediglich konkretisiert wird 174 – zu beachten, dass auch in den Fällen, in denen die Anwendung eines ausländischen Gesetzes durch das deutsche Gericht wegen Art. 6 EGBGB ausgeschlossen ist, die Anerkennung eines ausländischen Urteils, das auf diesem ausländischen Gesetz beruht, nicht per se ausgeschlossen ist. 175 Vor diesem Hintergrund ist es durchaus schlüssig, dass der Gesetzgeber den kollisionsrechtlichen ordre public durch eine Regelung konkretisiert hat, ohne dies auch für den anerkennungsrechtlichen ordre public zu tun. Eine Regelungslücke, die eine analoge Anwendung rechtfertigen könnte, ist daher nicht zu erkennen. b) Staatliches Strafmonopol Sind demnach die Grundsätze der Totalreparation und des Verbots der ungerechtfertigten Bereicherung nicht dem ordre public international zuzurechnen, könnte die Anerkennungsfähigkeit von Strafschadensersatz gleichwohl an anderen Grundsätzen scheitern. So hatte BGH seine Entscheidung vom 4. Juni 1992 auch auf das Argument gestützt, dass Strafschadensersatz mit dem ordre public unvereinbar sei, da er dem Strafmonopol des Staates widerspreche.176 Diese Ansicht vermag jedoch nicht zu überzeugen. 177 Zu Recht wird ihr entgegengehalten, dass auch das deutsche Schadensersatzrecht der Abschreckung und zumindest mittelbar der Bestrafung dient und das Strafmonopol des Staates daher nicht als so wesentlicher Grundsatz der deutschen Rechtsordnung anzusehen ist, dass daran die Anerkennung ausländischen Strafschadensersatzes scheitert.178 Ferner ist nicht ersichtlich, inwieweit das Strafmonopol des Staates durch eine Anerkennung oder Vollstreckung einer Entscheidung über Strafschadensersatz beeinträchtigt sein sollte. Auch bei Verurteilungen zu punitive damages durch amerikanische Gerichte, wie es bei der in dem Verfahren vor 173
Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 7. Aufl. 2014, Rn. 27 m.w.N.; a.A. Mäsch, in: Kindl/Meller-Hannich/Wolf (Hrsg.), Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 2010, Art. 34 EuGVVO, Rn. 10. Zum Streitstand auch Völker, Zur Dogmatik des ordre public, 1998, S. 53 ff. m.w.N. 174 Blumenwitz, in: Staudinger, BGB, 2003, Art. 6 EGBGB, Rn. 38; Feezer/Kloos, in: Staudinger, BGB, 2010, IntWirtschR, Rn. 684. 175 Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 7. Aufl. 2014, Rn. 2910. 176 BGH, Urteil vom 4.6.1992 – IX ZR 149/91, BGHZ 118, 312 (339); NJW 1992, 3096 (3103). 177 A.A. Mörsdorf-Schulte, Funktion und Dogmatik US-amerikanischer punitive damages, 1999, S. 298. 178 Herrmann, Die Anerkennung US-amerikanischer Urteile in Deutschland unter Berücksichtigung des ordre public, 2000, S. 266 f.
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dem BGH streitgegenständlichen Entscheidung der Fall war, sind es staatliche Gerichte, die über den Anspruch entscheiden. Dass die pönal wirkende Verurteilung von einem Kläger initiiert wurde, ist auch aus der Perspektive der deutschen Rechtsordnung nicht fremd. So kennt das deutsche Recht etwa die in den §§ 374–394 StPO geregelte Privatklage, bei der – zumindest für bestimmte Straftaten – nicht die Staatsanwaltschaft, sondern der Verletzte oder ein anderer Antragsberechtigte das Verfahren initiieren kann. Ähnlich kann in Frankreich der Geschädigte eine citation directe des Beschuldigten beantragen. Angesichts dieser Möglichkeiten, dass Private das Verfahren initiieren, mit dem eine Verurteilung mit strafender Wirkung bezweckt, ist Strafschadensersatz nicht so anders als das deutsche oder französische Recht, dass dadurch ein Verstoß gegen das staatliche Strafmonopol vorläge. Gegen eine Unvereinbarkeit mit dem ordre public aufgrund des staatlichen Strafmonopols spricht ferner auch, dass bei der Anerkennung ausländischer Entscheidungen über Strafschadensersatz der zugrunde liegende kulturelle und soziale Kontext Berücksichtigung finden sollte. In den USA etwa dienen private Klagen dazu, die wirksame Durchsetzung des Rechts zu erreichen 179 – eine Funktion die in Deutschland dem Staat zugeschrieben wird – und die aus deutscher Sicht oftmals sehr hohen Beträge des Schadensersatzes auch darauf beruhen könnten, dass die soziale Sicherung dort nicht so ausgeprägt ist wie in Deutschland. 180 Daher sollte berücksichtigt werden, dass das US-amerikanische Recht stärker als das deutsche Recht von einem Ansatz geprägt ist, bei dem mehr Wert auf zivilrechtliche Prävention gelegt wird und private Klagen eine in Deutschland üblicherweise dem Staat zugeschriebene Aufgabe wahrnehmen, indem sie zu marktgerechtem Verhalten, insbesondere zu Schadensverhütung, beitragen. 181 Aufgrund der Funktionen, welche die private Rechtsdurchsetzung in den USA einnimmt, sollte es ausländischen Akteuren, die auf dem amerikanischen Markt aktiv werden und von der dort geringeren staatlichen Regulierungsdichte profitieren, nicht unbeschränkt gestattet werden, sich den Konsequenzen dieses Rechtssystems in weiterem Umfang zu entziehen, als dies heimischen Marktteilnehmern möglich wäre. 182 Die unterschiedlichen Konzeptionen der Rolle des Staates dies- und jenseits des Atlantiks, die sich in der verschiedenen Ausgestaltung von public enforcement und private enforce-
179 Zum US-amerikanischen Verständnis privater Rechtsdurchsetzung im Zivilprozess etwa Roth, JZ 2016, 1134 (1135). 180 So Tolani, Annual Survey of International & Comparative Law, Vol. 17 (2011), 185 (205); Herrmann, Die Anerkennung US-amerikanischer Urteile in Deutschland unter Berücksichtigung des ordre public, 2000, S. 272 f. 181 Herrmann, Die Anerkennung US-amerikanischer Urteile in Deutschland unter Berücksichtigung des ordre public, 2000, S. 265. Zu diesem „private enforcement“ im US-amerikanischen Recht auch Schubert, Normdurchsetzung durch Privatrecht, 2012, S. 51 ff. 182 Bläsi, Das Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen, 2010, S. 319.
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ment widerspiegeln, sprechen dagegen, das staatliche Strafmonopol als Argument für eine Unvereinbarkeit von Strafschadensersatz mit dem ordre public heranzuziehen. c) Strafrechtliche Verfahrensgarantien Des Weiteren könnte die Anerkennung oder Vollstreckung von Strafschadensersatz dem Grunde nach mit dem ordre public unvereinbar sein, wenn sie mit strafrechtlichen Verfahrensgarantien verstieße. Die durch die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen über Strafschadensersatz möglicherweise betroffenen Garantien sind das Verbot der Mehrfachbestrafung und der Bestimmtheitsgrundsatz. aa) Verbot der Mehrfachbestrafung In Deutschland gilt sich das Verbot der Mehrfachbestrafung gemäß Art. 103 Abs. 3 GG. In Frankreich ergibt sich das als ne bis in idem bekannte Prinzip zwar nicht unmittelbar aus der französischen Verfassung, es findet aber über Art. 113-9 Code pénal sowie Art. 4 Abs. 1 des siebten Zusatzprotokolls der der Europäischen Menschenrechtskonvention Anwendung. 183 Der BGH ließ es ausdrücklich offen, „ob die Verurteilung zu Strafschadensersatz neben einer Kriminalstrafe aus deutscher Sicht unter das Verbot der Mehrfachbestrafung (Art. 103 Abs. 3 GG) fiele“. 184 Die herrschende Lehre lehnt eine unmittelbare Anwendung von Art. 103 Abs. 2 und 3 GG auf punitive damages zu Recht ab.185 Gegen eine Anwendung des Verbots der Mehrfachbestrafung auf Strafschadensersatz spricht, dass Art. 103 Abs. 3 GG lediglich vor der mehrfachen Verhängung von Kriminalstrafe schützt. 186 Wie bereits oben ausgeführt, ist Strafschadensersatz jedoch als zivilrechtlich zu qualifizieren. 187 183
Siehe etwa zu Frage der Anwendung von ne bis in idem auf Strafschadensersatz im Falle von dessen Einführung ins französische Recht Schiller, JCP E, n° 36 2015, 48. 184 BGH, Urteil vom 4.6.1992 – IX ZR 149/91, BGHZ 118, 312 (345); NJW 1992, 3096 (3104). 185 Bentert, Das pönale Element – ein Fremdkörper im deutschen Zivilrecht?, 1996, S. 11; Bläsi, Das Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen, 2010, S. 322 ff.; Brockmeier, Punitive damages, multiple damages und deutscher ordre public, 1999, S. 120 ff., 130; Bungert, ZIP 1992, 1707 (1720); Coester-Waltjen, in: Heldrich/Kono (Hrsg.), Herausforderungen des internationalen Zivilverfahrensrechts, 1994, S. 15 (30); Ebert, Pönale Elemente im deutschen Privatrecht, 2004, S. 529; Rosengarten, Punitive damages und ihre Anerkennung und Vollstreckung in der Bundesrepublik Deutschland, 1994, S. 144– 147. Ebenso gegen eine Anwendbarkeit von Art. 103 Abs. 2 und 3 GG auf pönale Elemente im Zivilrecht Bohn, Der Sanktionsgedanke im Zivilrecht, 2005, S. 220 ff. 186 So auch Müller, Punitive Damages und deutsches Schadensersatzrecht, 2000, S. 20 f.; Lüke, Punitive damages in der Schiedsgerichtsbarkeit; 2003, S. 244. 187 Kapitel 4, § 1, A.
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Aber auch wenn man dieses Argument als zu formalistisch erachtet 188 und eine Anwendbarkeit des Verbots der Mehrfachbestrafung nicht nur auf Kriminalstrafen, sondern auf alle Formen der Sanktion annimmt,189 führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn der Anwendungsbereich von Art. 103 Abs. 2 GG ist nur eröffnet, wenn die Erststrafe durch ein inländisches Gericht verhängt wurde.190 Der Anerkennung und Vollstreckung einer ausländischen Entscheidung, durch die zu Strafschadensersatz verurteilt wurde, steht das verfassungsrechtliche Verbot der Mehrfachbestrafung demnach nicht entgegen. Dieses Ergebnis ist auch vor dem Hintergrund gerechtfertigt, dass zum Zeitpunkt, zu dem über die Anerkennung oder Vollstreckbarkeit der ausländischen Entscheidung über Strafschadensersatz nicht zwangsläufig bereits feststeht, ob eine etwaige zusätzliche strafrechtliche Verurteilung auch tatsächlich vollstreckt wird. Der Sachverhalt, welcher der Kalifornien-Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde lag, veranschaulicht dies: Dort hatte sich der Vollstreckungsgegner durch seine Übersiedlung nach Deutschland dem Zugriff der amerikanischen Strafjustiz entzogen. Von einer Mehrfachbestrafung hätte demnach selbst im Falle einer Vollstreckbarkeitserklärung punitive damages kaum die Rede sein können. Ohnehin dürfte es in der Praxis eher selten zu Fällen kommen, in denen sowohl die Verhängung einer Strafe als auch eine Verurteilung zu Zahlung von Strafschadensersatz nebeneinander treten. bb) Bestimmtheitsgrundsatz Der BGH ließ es in seiner oben bereits zitierten Entscheidung ebenfalls offen, „ob die […] Voraussetzungen für den Erlass eines Urteils auf ‚punitive damages‘ und deren Höhe an Art. 103 Abs. 2 GG zu messen sind“.191 Im Schrifttum wird bisweilen ein Verstoß gegen den Grundsatz bejaht, da Verurteilungen zu Strafschadensersatz aufgrund des Ermessensspielraums der jury unvorhersehbar seien.192 Zu Recht wird von anderen Autoren eingewandt, dass ausländischer Strafschadensersatz bezüglich Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen nicht unvorhersehbarer ist als die Regelungen des deutschen Rechts. 193 Insbesondere wird Strafschadensersatz in der Regel auf Grundlage eindeutiger
188 Aus diesem Grunde kritisch gegenüber diesem Argument Gómez Tomillo, Eur J Crim Policy Res, Vol. 19 (2013), 215 (236), dortige Fn. 116. 189 So etwa Brockmeier, Punitive damages, multiple damages und deutscher ordre public, 1999, S. 121. 190 Brockmeier, a.a.O.; Lüke, Punitive damages in der Schiedsgerichtsbarkeit; 2003, S. 243. 191 BGH, Urteil vom 4.6.1992 – IX ZR 149/91, BGHZ 118, 312 (345); NJW 1992, 3096 (3104). 192 So etwa Ebbing, RIW 1994, 993 (1000); Zekoll, US-amerikanisches Produkthaftpflichtrecht vor deutschen Gerichten, 1987, S. 152 f. 193 Lüke, Punitive damages in der Schiedsgerichtsbarkeit, 2003, S. 242.
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Regelungen zugesprochen.194 Zudem verleiht Art. 103 Abs. 2GG in erster Linie ein negatives Abwehrrecht gegen strafrechtliche Verfolgung durch den Staat. Zivilrechtliche Ansprüche, die von Privaten geltend gemacht werden, fallen nicht in den Anwendungsbereich.195 Ähnlich führte der BGH auch bezüglich § 661a BGB, der – wie oben dargestellt196 – ein pönales Element des deutschen Rechts darstellt, aus, dass der Bestimmtheitsgrundsatz „nicht ein[greift], wenn […] zivilrechtliche Verpflichtungen in Rede stehen.“197 Demnach steht auch der Bestimmtheitsgrundsatz einer Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen über Strafschadensersatz nicht entgegen. d) Zusammenfassung Nach alledem verstößt auch in Deutschland Strafschadensersatz nicht schon dem Grunde nach derart gegen die wesentlichen Grundsätze des nationalen Rechts, dass die Anerkennung und Vollstreckung entsprechender ausländischer Entscheidungen aufgrund des ordre public-Vorbehalts ausgeschlossen sein sollte. Daher ist die Vereinbarkeit von ausländischen Entscheidungen über Strafschadensersatz mit dem anerkennungsrechtlichen ordre public auch in Deutschland grundsätzlich zu bejahen. 198 Es wäre dementsprechend begrüßenswert, wenn die deutsche Rechtsprechung ihre reflexartige Ablehnung 199 aufgäbe und sich die schon seit längerem im Schrifttum vorgenommenen differenzierende Betrachtung zu Eigen machte. Die deutschen Gerichte könnten dabei dem französischen Vorbild der Cour de cassation folgen und ausländische Urteile, die Strafschadensersatz zusprechen, grundsätzlich als mit dem ordre public vereinbar ansehen.200 Eine Änderung der Rechtsprechung wäre unproblematisch durchführbar. Denn der maßgebliche Zeitpunkt für die Prüfung, ob die Anerkennung mit wesentlichen Grundsätzen des Rechts offen-
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So auch Gómez Tomillo, Eur J Crim Policy Res, Vol. 19 (2013), 215 (229 f.). Müller, Punitive Damages und deutsches Schadensersatzrecht, 2000, S. 22. 196 Dazu Kapitel 1, § 2, A. VI. 1. 197 BGH, Urteil vom 16.10.2003 – III ZR 106/03, NJW 2003, 3620. 198 Rosengarten, Punitive damages und ihre Anerkennung und Vollstreckung in der Bundesrepublik Deutschland, 1994, S. 207; ders., NJW 1996, 1935 (1937 f.); Burst, Pönale Momente im ausländischen Privatrecht und deutscher ordre public, 1994, S. 211; Brockmeier, Punitive damages, multiple damages und deutscher ordre public, 1999, S. 129 f. 199 Diesen Begriff verwendet etwa Thole, in: Hess (Hrsg.), Die Anerkennung im Internationalen Zivilprozessrecht – Europäisches Vollstreckungsrecht, 2014, S. 25 (48). 200 Zu einer Änderung der Position des BGH auch Baumgartner, 45 N.Y.U. J. Int'l L. & Pol. (2012–2013), 965 (999): „As the limited use of punitive damages gains currency within the European Union, the Bundesgerichtshof may change its jurisprudence on this matter.“ 195
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sichtlich unvereinbar ist, ist die gegenwärtige Auffassung im Moment der gerichtlichen Entscheidung. 201 Aufgrund der seit 1992 eingetretenen Veränderungen in der Rechtslage im deutschen Zivilrecht, kann der ordre public heute anders beurteilt werden, als der BGH dies in seiner damaligen Entscheidung tat. Insofern könnte die Änderung der Rechtsprechung infolge eines Tatsachenoder Wertewandels, möglicherweise auch infolge „besserer Rechtserkenntnis“, vorgenommen werden. 202 II. Quantitativer Verstoß gegen den ordre public aufgrund exzessiver Höhe? Verstößt Strafschadensersatz nach dem oben Gesagten nicht schon seiner Art nach gegen den anerkennungsrechtlichen ordre public Deutschlands und Frankreichs, bedeutet dies noch nicht zwangsläufig, dass Entscheidungen über Strafschadensersatz anzuerkennen oder zu vollstrecken sind. Es stellt sich gleichwohl die Frage, ob ein Verstoß im Falle einer exzessiven Höhe des in der ausländischen Entscheidung zugesprochenen Strafschadensersatzes in Betracht kommt ˗ im Sinne einer quantitativen ordre public-Widrigkeit.203 Wie oben erwähnt, entschied die Cour de cassation in der Rechtssache Fountaine Pajot am 1. Dezember 2010, dass ein ordre public-Verstoß vorliege, wenn der zugesprochene Betrag unverhältnismäßig sei. Bereits zuvor war im französischen Schrifttum die Auffassung vertreten worden, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Anerkennung und Vollstreckung einer ausländischen Entscheidung über Strafschadensersatz entgegenstehen könne. 204 Im selben Sinne wird auch im deutschen Schrifttum schon seit einiger Zeit vertreten, dass die exzessive Höhe von Strafschadensersatz einen ordre public-Verstoß begründen könne. 205 Auch deutsche Gerichte scheinen diese Auffassung zu teilen. Das OLG München etwa entschied schon 1992 in einem obiter dictum, 201 Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, 9. Aufl. 2004, S. 1066 und 537. Zu dieser „relativité dans le temps“ auch Cachard, Droit international privé, 2. Aufl. 2013, n° 530 (S. 258 f.): Ähnlich wird auch von einem „principe d’actualité“ gesprochen: Niboyet/de Geouffre de la Pradelle, Droit international privé, 2. Aufl. 2013, S. 281 (n° 379). 202 Zu diesen Begründungsmöglichkeiten von Rechtsprechungsänderungen Maultzsch, RabelsZ 75 (2015), 322 (339). 203 Diese Terminologie in Abgrenzung zu einer qualitativen Unvereinbarkeit mit dem ordre public verwendet auch Dasser, SJZ 96 (2000), 101 (110) (betreffend die Behandlung nach schweizerischem Recht). 204 So etwa Robin, RDAI/IBLJ 2004, 247 (265). 205 So beispielsweise Coester-Waltjen, in: Heldrich/Kono (Hrsg.), Herausforderungen des internationalen Zivilverfahrensrechts, 1994, S. 15 (33): „Vielmehr kann sich ein ordre public-Verstoß […] aus der Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ergeben: Es ist also nicht der überkompensatorische Charakter, sondern die Unverhältnismäßigkeit von Eingriff und Ausgleichsleistung, die gegen die tragenden Grundsätze des deutschen Rechts verstoßen kann.“ Ähnlich Stadler, in: Musielak, ZPO, 12. Aufl. 2015, § 328, Rn. 25: „Der ordre public-Verstoß wird sich vielfach nur noch aus der exorbitanten Höhe von punitive damages ableiten lassen.“
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dass wegen der unverhältnismäßigen Höhe der dem Rechtsstreit zugrundeliegenden amerikanischen punitive damages nicht mit einer Anerkennung zu rechnen sei.206 Dabei führte es aus: „Bei dieser Beurteilung verbleibt es auch dann, wenn punitive damages, wie hier, in unverhältnismäßiger Höhe beantragt sind, so daß von vornherein nicht mit einer Anerkennung des Urteils nach § 328 ZPO zu rechnen ist.“ 207
Auch der Bundesgerichtshof mag in seiner Kalifornien-Entscheidung vom 4. Juni 1992208 bei der Entscheidung, dass die Vollstreckung der dem Fall zugrundeliegenden punitive damages gegen den ordre public verstößt, davon beeinflusst gewesen sein, dass es sich um ein „Urteil auf Strafschadensersatz von nicht unerheblicher Höhe“ handelte – wenngleich er seine Begründung des ordre public-Verstoßes wie oben dargestellt auf andere Argumente als die Höhe des zugesprochenen Betrags stützte.209 Bei Strafschadensersatz ist ein Verstoß gegen den anerkennungsrechtlichen ordre public im Falle einer exzessiven Höhe durchaus anzunehmen.210 Denn auch wenn im deutschen und französischen Haftungsrecht pönale Elemente vorhanden sind, wie in Kapitel 1 211 dargestellt wurde, nehmen die auf ihrer Grundlage zugesprochen Beträge längst keine solch enormen Höhen an, wie dies im Ausland bisweilen der Fall ist. Die Anerkennung und Vollstreckung exzessiv hoher Beträge vermag daher durchaus einen Verstoß gegen die Wertungen und Grundsätze des deutschen und französischen Rechts zu begründen. Im Folgenden soll daher untersucht werden, inwieweit diese Überprüfung der exzessiven Höhe von zugesprochenen Strafschadensersatz bei der ordre public-Kontrolle ausländischer Entscheidungen erfolgen kann. 1. Anwendbarkeit des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf das Exequaturverfahren Auf den ersten Blick vermag die Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf das Exequaturverfahren aus dogmatischer Sicht zu überraschen, da der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eigentlich dem öffentlichen Recht, genau genommen der Rechtsprechung des preußischen Oberverwaltungsge-
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OLG München, Urteil vom 15.7.1992, NJW 1992, 3113; WM 1992, 1465. OLG München, a.a.O. 208 BGH, Urteil vom 4.6.1992 – IX ZR 149/91, BGHZ 118, 312 (334). 209 So etwa Löwe, Der Gedanke der Prävention im deutschen Schadensersatzrecht, 2000, S. 168, mit der Mutmaßung, dass die Entscheidung bei einem niedrigeren Betrag möglicherweise anders ausgefallen wäre. 210 So betreffend das deutsche Recht auch Bentert, Das pönale Element – Ein Fremdkörper im deutschen Zivilrecht?, 1996, S.159. 211 Kapitel 1, § 2, A. 207
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richts, entstammt worauf auch im französischen Schrifttum aufmerksam gemacht wird.212 In der Tat ist die Anwendbarkeit des Verhältnismäßigkeitsprinzips auf das französische Privatrecht nicht unumstritten. 213 Es stellt sich daher die Frage, auf welche Grundlage die Anwendbarkeit des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf das Exequatur gestützt werden kann. a) In Deutschland Der Bundesgerichtshof traf in seiner oben erwähnten Entscheidung vom 4. Juni 1992, in der er die Anwendbarkeit des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf das Zivilrecht bejahte, die Aussage, dass der Grundsatz aus dem Rechtsstaatsprinzip folge.214 In jedem Fall einer Vollstreckung in inländisches Vermögen seien die Grundrechte zu wahren. In Umsetzung dieser Auffassung wandte er den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht nur auf die Vollstreckung des Strafschadensersatzes an, sondern auch auf die Vollstreckung der ebenfalls streitgegenständlichen Entschädigung für Nichtvermögensschäden. Im Schrifttum wird die Auffassung des BGH zur Anwendbarkeit des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf das Exequaturverfahren geteilt.215 Das Verhältnismäßigkeitsprinzip sei als Grundsatz mit Grundrechtsrang Teil der von § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO geschützten Prinzipien und habe Eingang in das deutsche Schadensrecht gefunden. 216 Generalklauseln, zu denen auch die ordre public-Klausel des § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO gehört, stellen klassischerweise Einfallstore für die Grundrechte und damit auch das aus ihnen folgende Verhältnismäßigkeitsprinzip dar. 217 Manche Autoren wollen die Anwendbarkeit des Grundsatzes auf das zivilrechtliche Exequatur zudem auf die Rechtsprechung zur Bürgschaftshaftung naher Angehöriger stützen. 218 Dem wird aber zu Recht entgegengehalten, dass es bei der Anerkennung von Urteilen über punitive damages anders als bei der Bürgschaft in der Regel nicht um vertragliche, sondern zumeist um deliktische
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Terré, JCP G, n° 25, 15.6.2009, 52 (55). Béhar-Touchais, Rapport introductif, LPA 30.9.1998, n° 117, 3 ff.; Terré, JCP G, n° 25, 15.6.2009, 52 (56) m.w.N. Gleichwohl stellt die jüngere Rechtsprechung in zivilrechtlichen Angelegenheiten, wie etwa bei Bürgschaften, verstärkt auf die Verhältnismäßigkeit ab, siehe dazu beispielsweise C. Cass., com. Urteil vom 22.5.2013, pourvoi n°11-24.812. 214 BGH, Urteil vom 4.6.1992 – IX ZR 149/91; NJW 1992, 3096 (3104). 215 Ebert, Pönale Elemente im deutschen Privatrecht, 2004, S. 531 m.w.N. 216 Bungert, ZIP 1992, 1707 (1720). 217 Näher zu den zivilrechtlichen Generalklauseln als „Einbruchstelle“ für die Grundrechte Hanau, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Schranke privater Gestaltungsmacht, 2004, S. 61 m.w.N. 218 So Bungert, RabelsZ 61 (1997), 742 (744). 213
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Ansprüche geht. 219 Andere sehen im Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sogar einen allgemeinen Grundsatz des Völkerrechts, der als Bestandteil des ordre public international anzusehen sei.220 Am überzeugendsten ist es aber, die Anwendbarkeit des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu bejahen, weil er aus der Abwehrfunktion der Grundrechte folgt. Dass die deutschen Grundrechte im Privatrecht gelten, ist allgemein anerkannt, wenngleich umstritten ist, ob die Einwirkung auf das Privatrecht dadurch erfolgt, dass sie mittelbar auf die Auslegung der zivilrechtlichen Normen ausstrahlen, oder sie über Art. 1 Abs. 3 GG unmittelbare Bindungswirkung entfalten. 221 Damit gilt auch das aus den Grundrechten folgende Verhältnismäßigkeitsprinzip in privatrechtlichen Fällen, wenn auch nicht in dem Sinne, wie bei Eingriffen der öffentlichen Gewalt in den Freiheitsbereich.222 Aufgrund der Wirkung des Verhältnismäßigkeitsprinzips im Privatrecht wird von manchen Autoren vertreten, dass im Rahmen der Festsetzung der Schadensersatzhaftung berücksichtigt werden müsse, ob der Schaden eine exorbitante Höhe erreiche.223 Auch bei der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen geht es letztlich um den Ausgleich widerstreitender Grundrechte, so dass auch dort der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Geltung finden muss. Dafür spricht letztlich auch, dass ebenfalls bei den nach dem nationalen Recht bestehenden pönalen Schadensersatzelementen eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgenommen wird. So ermöglicht es etwa die Regelung des § 343 BGB den Gerichten, unverhältnismäßige Vertragsstrafen herabzusetzen, und damit dem Umstand Rechnung trägt, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von grundlegender Bedeutung für die Beurteilung von Privatstrafen ist. 224 Auch in anderen Bereichen als der Vertragsstrafe prüft deutsche Rechtsprechung die Angemessenheit von nationalen Regelungen mit pönaler Zielrichtung. So hat etwa bezüglich § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG, der nach dem oben Gesagten aufgrund der Abweichung vom Prinzip der Totalreparation durchaus als pönales Element im deutschen Recht angesehen werden kann 225, das Amtsgericht Köln in einem Urteil vom 10. März 2014 entschieden, dass die Vorschrift es nicht zulasse,
219 Brockmeier, Punitive damages, multiple damages und deutscher ordre public, 1999, S. 127. 220 So von Danwitz, DÖV 2004, 501 (507, 510) in Bezug auf Zustellungs- und Beweiserhebungsfragen. 221 Zu dem Streit Hager, JuS 2006, 769 (770 f.) m.w.N. 222 Hager, JuS 2006, 769 (771); Maultzsch, JZ 2012, 1040 (1045). 223 Insbesondere vertreten von Canaris, etwa in JZ 1987, 993 (1001 ff.). 224 Stiefel/Stürner, VersR 1987, 829. 225 Siehe dazu oben, Kapitel 1, § 2, A. IV. 1. a).
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Schadensersatzbeträge aufzuerlegen, die zu dem durch den jeweiligen Tatbeitrag eingetretenen Schaden völlig außer Verhältnis stünden. 226 Auch formularmäßige Vertragsstrafen wurden bereits wegen unangemessener Höhe für unwirksam erklärt.227 Ist auch der nach nationalem Recht mögliche pönale Schadensersatz Gegenstand einer Verhältnismäßigkeitsprüfung, so ist es folgerichtig, die Schadensersatzhöhe auch im Rahmen der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen zu überprüfen. b) In Frankreich Im Urteil Fountaine Pajot, in dem die Cour de cassation die Verhältnismäßigkeitsprüfung auf das Exequatur anwandte, traf sie keine Aussage darüber, auf welche Grundlage sie die Anwendbarkeit stützte. Manche Autoren sehen in der Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips auf das Exequatur einen Einfluss der Rom II-Verordnung228 mit ihrem Erwägungsgrund 32 229 sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention. 230 Ein gewisser Einfluss ist sicherlich nicht zu verkennen, doch ist dem noch nichts über die konkrete Rechtsgrundlage zu entnehmen. Einen Hinweis auf die Rechtsgrundlage könnte die Wortwahl des Gerichts geben. Die Cour de cassation spricht nämlich von einer offensichtlichen Unverhältnismäßigkeit („disproportion manifeste“). Diese Terminologie entspricht derjenigen, welche die Cour de cassation auch für die
226 AG Köln, Urteil vom 10.3.2014 – 125 C 495/13, MMR 2014, 483. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall ging es um Schadensersatz in Höhe von 4.000 € für die Filesharing-Teilnahme mit einem einzigen Musikalbum. Das Gericht sah die Höhe des Schadensersatzes als völlig unangemessen an. 227 So auf Grundlage von § 307 BGB etwa LG Erfurt, Urteil vom 1.6.2011 – 10 O 1247/10, BB 2011, 2516. 228 Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.7.2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 40. 229 Cachard, DMF 2011, 331 (338). 230 Licari, D. 2011, 423 (425). Wenngleich nicht für die Situation einer Urteilsanerkennung – bzw. -vollstreckung relevant, ist im Hinblick auf die EMRK auch interessant, dass der Richter am EGMR Pinto de Albuquerque in seinem Sondervotum zum Urteil vom 25.6.2013 (n° 30812/07) ausführte, dass bei der aus seiner Sicht zulässigen Zusprechung von Strafschadensersatz im Rahmen der Bestimmung des Betrages entsprechend dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bereits an den Geschädigten erfolgte Zahlungen berücksichtigen könne: „la Cour est libre de tenir compte des montants déjà payés, conformément au principe de proportionnalité.“ Dementsprechend geht auch Richter de Albuquerque von einer Anwendbarkeit des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei auf Grundlage von Art. 41 EMRK erfolgender Zusprechung von Entschädigungen aus.
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gerichtliche Überprüfung der Höhe von Vertragsstrafen verwendet. Denn obgleich der Wortlaut von Art. 1231-5 al. 2 (Art. 1152 al. 2 a.F.) C. civ.231 von einer „offensichtlich exzessiven Strafe“ („peine manifestement excessif“) spricht, verwendet die Cour de cassation in ihren Urteilen auch die Formulierung „offensichtliche Unverhältnismäßigkeit“ („disproportion manifeste“). 232 Trotz dieser semantischen Ähnlichkeit zwischen dem Urteil in der Rechtssache Fountaine Pajot und der Auslegung von Art. 1152 al. 2 a.F. (dem jetzigen Art. 1231-5 al. 2) C. civ. in der Anwendung durch die Rechtsprechung spricht der Unterschied zum Wortlaut der Norm selber eher dagegen, dass sich die Cour de cassation bei der Anwendbarkeit der Verhältnismäßigkeit auf das Exequatur auf Art. 1152 al. 2 C. civ. stützen wollte. Stattdessen ist anzunehmen, dass die Cour de cassation die Rechtsgrundlage für die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in Art. 8 der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 sah. Der Wortlaut dieser Vorschrift besagt: „La loi ne doit établir que des peines strictement et évidemment nécessaires, et nul ne peut être puni qu’en vertu d’une loi établie et promulguée antérieurement au délit, et légalement appliquée.“ [„Das Gesetz soll nur solche Strafen festsetzen, die unbedingt und offenbar notwendig sind, und niemand darf anders als auf Grund eines vor Begehung der Straftat beschlossenen, verkündeten und rechtmäßig angewandten Gesetzes bestraft werden.“233]
Diese Vorschrift war nicht nur von der Vorinstanz, der Cour d’appel de Poitiers,234 in Bezug genommen worden, sondern auch schon von der Cour de cassation selber in einer anderen Rechtssache namens Blech235 in einer Entscheidung vom 28. Januar 2009 herangezogen worden, in der sie sich zur Anerkennung eines US-amerikanischen Ordnungsgeldes für contempt of court äußerte. Indem sie dabei die Ausgangsentscheidung des Berufungsgerichts, der zufolge die Sanktion verhältnismäßig war, bestätigte, traf sie implizit die Aussage, dass eine ausländische Zivilstrafe nur anerkennungsfähig sei, wenn sie verhältnismäßig ist. 236 Das Urteil vom 1. Dezember 2010 in der Rechtssache
231 Dessen Originalwortlaut besagt: „Néanmoins, le juge peut, même d'office, modérer ou augmenter la peine qui avait été convenue, si elle est manifestement excessive ou dérisoire. Toute stipulation contraire sera réputée non écrite.“ [„Gleichwohl kann der Richter, selbst von Amts wegen, die vereinbarte Strafe verringern oder erhöhen, wenn sie offensichtlich exzessiv oder gering ist. Jede anderslautende Vereinbarung gilt als nichtig“, Übersetzung des Verfassers]. Näher zu der richterlichen Möglichkeit, Vertragsstrafenklauseln auf Grundlage dieser Vorschrift zu korrigieren: Niggemann/Jonglez de Ligne, RIW 2011, 351 (355). 232 Fages, RTD civ. 2011, 122. 233 Übersetzung nach Autexier auf BIJUS Norm. 234 CA Poitiers, 1re ch. civ., Urteil vom 26.2.2009, RG n° 07/02.404. 235 C. Cass., 1re ch. civ., Urteil vom 28.1.2009, JDI 2009, 1237. 236 Cuniberti, Enforcement in France of a US Financial Penalty, auf ‹http://conflictoflaws.net›. Zu dem Urteil auch Picard/Drée, LPA 3.6.2009, n° 110, 16.
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Fountaine Pajot kann insofern als Bestätigung des Urteils Blech angesehen werden.237 Dass diese Vorschrift nicht nur auf von Strafgerichten zugesprochene Strafen anwendbar ist, sondern auf jede Sanktion mit Strafcharakter, hatte bereits einige Zeit zuvor auch der Verfassungsrat, der Conseil constitutionnel, entschieden. Dieser führte in einer Entscheidung vom 30. Dezember 1987 aus: „Considérant que le principe ainsi énoncé ne concerne pas seulement les peines prononcées par les juridictions répressives mais s'étend à toute sanction ayant le caractère d'une punition même si le législateur a laissé le soin de la prononcer à une autorité de nature non judiciaire.“238 [„In Anbetracht dessen, dass der so lautende Grundsatz nicht nur die von Strafgerichten verhängten Strafen betrifft, sondern sich auch auf jede Sanktion erstreckt, die den Charakter einer Strafe hat, selbst wenn der Gesetzgeber ihre Verhängung einer nicht-justiziellen Stelle übertragen hat.“ 239]
In einem Verfahren vor der Cour de cassation wurde bereits versucht, das Erfordernis einer Verhältnismäßigkeitsprüfung von Vertragsstrafen damit zu begründen, dass Art. 1145 a.F. C. civ.240 Strafschadensersatz ermögliche, der als Strafe im Sinne von Art. 8 der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 verhältnismäßig in Bezug auf erlittenen Schaden und festgestelltes Verschulden sein müsse. 241 Im Schrifttum jedenfalls wurde schon einige Zeit vor diesen gerichtlichen Entscheidungen die Auffassung vertreten, dass der aus Art. 8 der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte folgende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Bestandteil des ordre public anzusehen sei und daher der Anerkennung ausländischer Entscheidungen entgegenstehen könne. 242 c) Im Anwendungsbereich des Unionsrechts Bislang wurde die Verhältnismäßigkeit ausländischer Verurteilungen zu Strafschadensersatz nur im Rahmen einer Vollstreckung nach dem autonomen Recht 237 Cachard, DMF 2011, 331 (337 f.); Wester-Ouisse, RCA, Etude no 5 2011, 7 (9); WesterOuisse/Thiede, JETL 2012, 115 (119). Ebenso Licari, D. 2011, 423 (425), der den Gleichlauf in den Urteilen begrüßt, da punitive damages und astreinte den Charakter der Privatstrafe teilen. 238 Conseil constitutionnel, Entscheidung vom 30.12.1987, n° 87-237, Rn. 15. 239 Übersetzung des Verfassers. 240 Der Originalwortlaut der Vorschrift lautet: „Si l'obligation est de ne pas faire, celui qui y contrevient doit des dommages et intérêts par le seul fait de la contravention.“ [„Wenn die Verpflichtung in einem Unterlassen besteht, schuldet derjenige, der dagegen verstößt, Schadensersatz schon allein wegen des Verstoßes.“, Übersetzung des Verfassers]. 241 C. Cass., 1re ch. civ., Urteil vom 6.2.2013, pourvoi n° 12-12.750. Die Erste Zivilkammer ist diesem Argument jedoch nicht gefolgt. 242 So etwa Rouhette, Def. Counsel J. 2007, 320 (332).
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des jeweiligen Staats geprüft. 243 Es sind aber keine Gründe ersichtlich, warum die Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht im Anwendungsbereich der unionsrechtlichen Regeln vorgenommen werden sollte, d.h. wenn die betreffende Entscheidung aus einem anderen EU-Mitgliedstaat stammt. 244 Dementsprechend kann auch im Rahmen einer ordre public-Prüfung nach Art. 45 Abs. 1 Buchstabe a) EuGVVO die Angemessenheit des zugesprochenen Strafschadensersatz beurteilt werden. Dafür spräche auch Art. 49 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, den die italienische Corte di Cassazione in einer entscheidung i Bezug nahm, um zu begründen, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei der Prüfung der Vollstreckbarkeit ausländischer Entscheidungen über Strafschadensersatz berücksichtigt werden müsse. 245 Die Annahme, dass eine Vollstreckung von Strafschadensersatz in exzessiver Höhe gegen den ordre public verstößt, steht im Übrigen auch nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des EuGH vom 23. Oktober 2014 in der Rechtsache C-302/13.246 In dieser Entscheidung traf der Gerichtshof im Hinblick auf eine Vollstreckung nach der EuGVVO hinsichtlich der Frage, inwiefern die wirtschaftlichen Folgen einer Vollstreckung unter ordre public-Gesichtspunkten relevant sein könnten, die Aussage, „dass die bloße Berufung auf schwerwiegende wirtschaftliche Folgen keinen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung (ordre public) des Mitgliedstaats, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, […] darstellt.“247 Dies dürfte jedoch nicht dahingehend zu verstehen sein, dass eine Verhältnismäßigkeitskontrolle des zu vollstreckenden Betrages ausgeschlossen ist. Vielmehr dürfte es dem EuGH darum gegangen sein, die durch das vorlegende Gericht vertretene Ansicht, dass ein ordre public-Verstoß vorliege, wenn durch die wirtschaftlichen Verluste die Rechtsordnung und die Sicherheit des Staates hinreichend konkret gefährdet sind, zurückzuweisen. Die Aussage ist insofern vor dem Hintergrund der behaupteten Staatsverarmung zu sehen. Das Anliegen des EuGH dürfte es dementsprechend gewesen sein, eine Sonderstellung staatseigener Unternehmen im europäischen Zivilprozessrecht
243 Zum autonomen Recht Deutschlands und Frankreichs über die Anerkennung Vollstreckung ausländischer Entscheidungen siehe Kapitel 3, § 2, A. I. 2. 244 Zu den unionsrechtlichen Bestimmungen über die Vollstreckbarkeit ausländischer Entscheidungen siehe Kapitel 3, § 2, A. I. 1. a). 245 Cass. Civ., SS.UU., 5.7.2017, N°. 16601. Art. 49 Abs. 3 der Grundrechtecharta besagt: „Das Strafmaß darf zur Straftat nicht unverhältnismäßig sein.“ Eine Anwendung der Grundrechtecharta der EU in diesem Fall war aber insofern fragwürdig, als es nicht um die Vollstreckung eines Urteils auf Grundlage der EuGVVO ging, sondern nach dem autonomen Recht Italiens, dem Gesetz N°. 218 vom 31. Mai 1995. Die Grundrechtecharta jedoch findet gemäß ihrem Art. 51 „ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union“ Anwendung. 246 EuGH, Urteil vom 23.10.2014, Rs. C-302/13 (flyLAL – Lithuanian Airlines), RIW 2014, 830; IPRax 2015, 543. 247 EuGH, a.a.O., Rn. 58 des Urteils.
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zu verneinen. Eine Absage an eine Verhältnismäßigkeitsprüfung im Rahmen des ordre public-Vorbehalts ist darin also nicht zu sehen. 2. Maßstab der Verhältnismäßigkeit Ist nach dem oben Gesagten der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Rahmen der ordre public-Kontrolle anwendbar, stellt sich die Frage, welcher Verhältnismäßigkeitsmaßstab gelten soll. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beschreibt nämlich zwei Begriffe, die zwar miteinander verknüpft, aber dennoch verschieden sind: Zum einen die Verhältnismäßigkeit lato sensu, die von staatlichen, in Grundrechte eingreifenden Maßnahmen verlangt, dass sie einen legitimen öffentlichen Zweck verfolgen, dazu geeignet sowie erforderlich und angemessen sind. Zum anderen umfasst er die Verhältnismäßigkeit stricto sensu, die sich lediglich auf diesen letzten Aspekt der Angemessenheit bezieht.248 Im deutschen und französischen Schrifttum scheinen Autoren vereinzelt davon auszugehen, dass der anzulegende Maßstab der verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im weiteren Sinne ist. Ihrer Ansicht nach sei nämlich zu prüfen, ob die Anerkennung und Vollstreckung des Urteils legitime Ziele verfolge und ob sie dazu ein geeignetes, erforderliches und angemessenes Mittel darstellt.249 Licari etwa kritisiert die von der Cour de cassation ohne Prüfung der Geeignetheit und Erforderlichkeit vorgenommene Verhältnismäßigkeitskontrolle gar als „pseudo-test“. 250 Will man sich dieser Auffassung anschließen und die Legitimität des verfolgten Ziels sowie der Geeignetheit und Erforderlichkeit überprüfen, ist am Vorliegen dieser Voraussetzungen in der Regel nicht zu zweifeln, da die Förderung des internationalen Rechtsverkehrs in Zivilsachen ein legitimes Ziel ist, das nur durch eine liberale Haltung gegenüber fremden Rechtsinstituten zu erreichen ist. 251 Dogmatisch überzeugender ist es jedoch, bei der Frage der Anerkennung und Vollstreckung auf die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne als Maßstab abzustellen.252 Dies erschließt sich vor allem, wenn man sich vergegenwärtigt, dass es bei der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen darum geht, über ein Rechtsverhältnis zwischen Privaten zu entscheiden, in dessen Rahmen Grundrechte der Betroffenen kollidieren. In einer solchen Konstellation gilt das Verhältnismäßigkeitsprinzip aber nicht in dem Sinne, wie es bei Eingriffen der öffentlichen Gewalt in den Freiheitsbereich 248
Siehe dazu etwa Wienbracke, ZJS 2013, 148; Medicus, AcP 192 (1992), 35 (50 f.). So in der deutschen Literatur Bläsi, Das Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen, 2010, S. 326. 250 Licari, D. 2011, 423 (426). 251 Brockmeier, Punitive damages, multiple damages und deutscher ordre public, 1999, S. 127. 252 Dafür im Ergebnis auch Brockmeier, a.a.O. 249
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des Bürgers der Fall ist, sondern vielmehr in dem Sinne, dass die durch die Grundrechte abgesteckten Herrschaftsbereiche miteinander ins Verhältnis gebracht werden müssen. 253 Denn in Fällen von Grundrechtskollisionen steht in erster Linie die Zuweisung von Rechtssphären im Vordergrund, und nicht die Verwirklichung staatlicher Zwecke.254 Daher lassen sich der Maßstab der Legitimität des verfolgten Ziels sowie die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Maßnahme nicht sinnvoll auf diese Situation der Drittwirkung von Grundrechten zwischen Privaten anwenden. 255 Aus diesen Gründen kommt etwa auch im Vertragsrecht nur der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne zur Anwendung. 256 Dass bei der Anerkennung und Vollstreckbarkeit ausländischer Entscheidungen allein der Verhältnismäßigkeitsmaßstab im engeren Sinne gelten kann, wird vor allem vor dem Hintergrund deutlich, dass lediglich im Rahmen der Angemessenheitsprüfung die wesentlichen Grundsätze der lex fori zur Geltung kommen können, um die Verhältnismäßigkeit der Anerkennung bzw. Vollstreckung des ausländischen Strafschadensersatzes zu bestimmen. Denn bei der Prüfung der Vereinbarkeit von Strafschadensersatz mit dem ordre public stellt das Merkmal der Angemessenheit das eigentliche Einfallstor für die Maßstäbe des Anerkennungs- und Vollstreckungsstaates dar. 257 Für eine Beschränkung auf eine Prüfung der Angemessenheit spricht schließlich auch, dass die zu prüfende Verhältnismäßigkeit weniger eine qualitative ist, bei der Rechtsgüter gegeneinander abgewogen werden müssen, sondern vielmehr eine quantitative Verhältnismäßigkeit, die sich durch eine Rechenoperation bestimmen lässt.258 Vor diesem Hintergrund haben sich die mit der Frage der Verhältnismäßigkeit von ausländischem Strafschadensersatz befassten deutschen und französischen Gerichten richtigerweise nicht zu Fragen der Legitimität des Zweckes, der Geeignetheit und der Erforderlichkeit geäußert, sondern sich implizit auf eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne beschränkt. 3. Anwendungsbereich der Verhältnismäßigkeitskontrolle Die Cour de cassation hat in ihrer Entscheidung in der Rechtssache Fountaine Pajot ihre Aussage zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit nur in Bezug auf den 253
Hager, JuS 2006, 769 (771). Maultzsch, JZ 2012, 1040 (1045). 255 Maultzsch, a.a.O. In dem Sinne auch zur Entbehrlichkeit der Geeignetheit Béhar-Touchais, LPA 30.9.1998, n° 117, 3: „Quand la proportionnalité vient limiter le pouvoir d’une ou de deux volontés en principe souveraines, il s’agit d’une proportionnalité relative, en ce sens qu’elle ne permet que de sanctionner les déséquilibres graves. On n’a pas dans ce cas, nous semble-t-il, à se soucier de la nécessité de la mesure.“ 256 Stürner, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Schuldvertragsrecht, 2010, S. 326. 257 Bläsi, Das Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen, 2010, S. 330. 258 Zur Abgrenzung zwischen qualitativer und quantitativer Verhältnismäßigkeit etwa Stürner, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Schuldvertragsrecht, 2010, S. 22. 254
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Streitgegenstand bildenden Strafschadensersatz getroffen. In der Vollstreckungspraxis kann sich jedoch die Frage stellen, ob auch bei anderen Ansprüchen als solchen über Strafschadensersatz eine Verhältnismäßigkeitsprüfung in Betracht kommt. Der BGH wandte in seiner oben genannten Kalifornien-Entscheidung aus dem Jahr 1992 eine Verhältnismäßigkeitsprüfung zwar nicht auf Strafschadensersatz – deren Vollstreckbarkeit er schon aus anderen Gründen ablehnte – an, aber gleichwohl auf einen Anspruch auf Schadensersatz für Nichtvermögensschäden. 259 Dies ist insofern schlüssig, als wie in Kapitel 1 aufgezeigt, immaterieller Schadensersatz ebenso pönale Zwecke verfolgt wie Strafschadensersatz.260 Es ist daher überzeugend, solche Ansprüche im Rahmen der Vollstreckung derselben Kontrolle zu unterziehen wie punitive damages. 4. Kritik an der Anwendung Sowohl im deutschen als auch im französischen Schrifttum wird die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips im Rahmen der ordre public-Kontrolle grundsätzlich begrüßt.261 Vereinzelt finden sich im Schrifttum auch kritische Stimmen, deren Argumente im Folgenden näher untersucht werden sollen. a) Widerspruch zum Strafzweck? Vereinzelt wird die von der Cour de cassation vorgenommene Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kritisiert, weil die Verhältnismäßigkeit als Korrektiv für die Anwendung auf Strafschadensersatz ungeeignet sei. 262 Sie verkenne die abschreckende Funktion des Strafschadensersatzes, zu der ein gewisses Maß an Unvorhersehbarkeit erforderlich sei. 263 Diese Kritik vermag jedoch nicht die Anwendbarkeit als solche in Frage zu stellen. Denn da das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu den elementaren Bestandteilen des deutschen und französischen Rechts zählt, ist es im Rahmen der ordre public-Prüfung zwingend anzuwenden. Eine fakultative Anwendung steht dem Anerkennungsrichter nicht zu. Dass dem Strafschadensersatz zu einem gewissen Grad die Unvor-
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BGH, Urteil vom 4.6.1992 – IX ZR 149/91, BGHZ 118, 312, Rn. 85. Dazu unter Kapitel 1, § 2, A. III. 261 Aus dem französischen Schrifttum etwa Mekki, Gaz.Pal., 5.5.2011, 1576; Saint-Pau, RCA, n° 5, Mai 2013, dossier 23, 9; de Fontmichel, Rev. dr. unif. 2005, 737 (757), der schon vor der Entscheidung der Cour de cassation vom 1.12.2010 einen ordre public-Verstoß aufgrund des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzips bei exzessiver Strafschadensersatzhöhe annahm. Aus dem deutschen Schrifttum etwa Baumbach/Henkel, RIW 1997, 727 (732); Bungert, ZIP 1992, 1707 (1725); Müller, Punitive Damages und deutsches Schadensersatzrecht, 2000, S. 363 ff. 262 Licari, D. 2011, 423 (426). 263 Licari, a.a.O. 260
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hersehbarkeit genommen wird, ist zwar eine zwingende Folge der Verhältnismäßigkeitsüberprüfung, doch ist diese hinzunehmen. Aufgabe des Exequaturs ist es nicht, die größtmögliche Effektivität eines ausländischen Rechtsinstituts zu gewährleisten, sondern die Vereinbarkeit der Vollstreckung mit den Grundsätzen des ersuchten Anerkennungsstaates zu gewährleisten. b) Verstoß gegen das Verbot der révision au fond? Darüber hinaus wird im Schrifttum kritisiert, dass eine Verhältnismäßigkeitsprüfung im Rahmen der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen eine verbotene révision au fond darstelle.264 Unter diesem Begriff versteht man eine Überprüfung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht des ausländischen Urteils durch das mit der Anerkennung bzw. Vollstreckbarerklärung befasste Gericht. 265 Das Verbot impliziert, dass das mit der Anerkennung befasste Gericht Achtung vor dem Urteil des Ausgangsgerichts haben und im Zweifelsfall zugunsten der Anerkennung entscheiden solle. 266 Im deutschen Zivilverfahrensrecht ist das Verbot der révision au fond in § 723 Abs. 1 ZPO festgeschrieben, dem zufolge das Vollstreckungsurteil ohne Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Entscheidung zu erlassen ist. Im französischen Recht folgt das Verbot der révision au fond aus der oben genannten Entscheidung Munzer,267 in der die Cour de cassation die zuvor praktizierte révision au fond aufgab und stattdessen Voraussetzungen für die Anerkennung aufstellte. 268 Dieses Verbot der révision au fond wird von der Cour de cassation bei der Überprüfung der Einhaltung der Befugnisse durch die Tatsachengerichte durchaus streng angewandt. 269 Hinsichtlich der Anerkennung bzw. Vollstreckung von Urteile aus Mitgliedstaaten der EU gilt das Verbot der révision au fond gemäß Art. 36 bzw. Art. 45 Abs. 2 EuGVVO, denen zufolge die ausländische Entscheidung „keinesfalls in der Sache selbst nachgeprüft werden [darf].“ Zudem hat der der EuGH mehrfach entschieden, dass das Gericht des Vollstreckungsstaates nicht nachprüfen darf, ob das Gericht des Ursprungsstaates den Fall rechtlich und tatsächlich fehlerfrei gewürdigt hat.270 Im Folgenden soll untersucht werden, wie stichhaltig die Behauptung ist, dass die Verhältnismäßigkeitsprüfung gegen das Verbot der révision au fond verstieße. Grundsätzlich kommt ein Verstoß gegen das Verbot unter zwei Gesichtspunkten in Betracht: zum einen dem 264 So etwa Attal, Droit et patrimoine 2011, n° 205, 42; Jault-Seseke, D. 2011, 1374; Licari, D. 2011, 423 (426 f.); ders., JDI 2010, 1230 (1262). 265 Geimer, Internationales Zivilverfahrensrecht, 7. Aufl. 2014, Rn. 2910. 266 So Nagy, NIPR 2012, 4 (10). 267 Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 6. Aufl. 2014, S. 372, Rn. 1003 268 Siehe dazu etwa die Anmerkung von Sonnenberger in FamRZ 1965, 46. 269 Aus jüngerer Zeit etwa C. Cass., 1 re ch. civ., Urteil 14.1.2009, Rev. crit. DIP 2009, S. 331. 270 EuGH, Urteil vom 23.10.2014, Rs. 302/13, Rn. 48, RIW 2014, 830 (834).
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Grunde nach (aa) und zum anderen im Falle einer vorherigen Verhältnismäßigkeitsprüfung durch das ausländische Ausgangsgericht (bb). aa) Verstoß dem Grunde nach durch die Verhältnismäßigkeitsprüfung? Das Vorliegen eines Verstoßes dem Grunde nach gegen das Verbot der révision au fond wird bezüglich der Rechtsprechung der Cour de cassation damit begründet, dass das Gericht durch das Urteil die französischen Richter dazu einlade, die geistige Leistung des ausländischen Gerichts erneut vorzunehmen und dabei die eigene Beurteilung der Verhältnismäßigkeit durchzusetzen. 271 Ähnlich wurde auch schon bei der durch den Obersten Gerichtshof Griechenlands vorgenommenen Verhältnismäßigkeitsprüfung eines ausländischen Urteils über Strafschadensersatz im Schrifttum angenommen, dass diese Prüfung einen Verstoß gegen das Verbot der révision au fond darstelle, da dadurch „in den Wertungsradius des ausländischen Gerichts“ eingegriffen werde.272 Überzeugender dürfte es aber sein, das Vorliegen eines Verstoßes gegen das Verbot der révision au fond zu verneinen. Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass das Anerkennungsgericht bei Vornahme der Verhältnismäßigkeitsprüfung keineswegs die vom Ausgangsgericht beurteilte Haftung selber, das Verschulden und die Berechnung der Schadenshöhe überprüft. 273 Gegenstand der Überprüfung ist nicht die Gesetzmäßigkeit des ausländischen Urteils, sondern allein die Frage, ob die Vollstreckbarkeit der ausgeurteilten Summe mit den Grund sätzen des nationalen Rechts vereinbar ist. Diese Ergebnis-Kontrolle ist jedoch eine zulässige Form der révision des ausländischen Urteils.274 bb) Verstoß bei vorheriger Verhältnismäßigkeitsprüfung durch das ausländische Ausgangsgericht? Es stellt sich gleichwohl die Frage, ob ein Verstoß gegen das Verbot der révision au fond jedenfalls in solchen Fällen anzunehmen ist, in denen das ausländische Gericht eine der lex fori des Anerkennungsgerichts in etwa vergleichbare Verhältnismäßigkeitsprüfung durchgeführt hat. Eine solche Prüfung könnte etwa in der in einigen Bundesstaaten der USA angewandten reasonable proportion-Prüfung von punitive damages zu sehen sein.275 Sowohl im deutschen als auch im französischen Schrifttum finden sich vereinzelt Stimmen, die eine solche Prüfung durch das Ausgangsgericht berücksichtigen wollen: Bungert etwa vertritt die Auffassung, dass aus dem Verbot der révision au fond folge, dass die reasonable proportion-Prüfung bei der Vollstreckbarerklärung 271
So Licari, D. 2011, 423 (427). Kefalas, in: FS Eisenhardt, 2007, S. 255 (261). 273 Cachard, RLDA, n° 85 2013, 137 (140). 274 In dem Sinne auch Boskovic, JDI 2011, 614 (619); Cachard, a.a.O. 275 So etwa Baumbach/Henkel, RIW 1997, 727 (732). 272
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anerkannt werden müsse. 276 In ähnlicher Weise ist Rosengarten der Meinung, dass die Bestimmung der Höhe der punitive damages in die alleinige Kompetenz des ausländischen Erstgerichts falle.277 Die Kürzung auf ein „erträgliches Niveau“ durch das Anerkennungsrecht verstoße nach seinem Dafürhalten gegen das Verbot der révision au fond.278 Ähnlich äußern sich Licari und Janke, denen zufolge es eine révision au fond darstellt, wenn das französische Gericht ein zweites Mal eine Abwägung vornimmt, obwohl das ausländische Gericht dies bereits getan hatte.279 Diese Ansicht vermag jedoch nicht zu überzeugen. Denn der Maßstab der Verhältnismäßigkeitsprüfung wird durch die lex fori des Anerkennungsgerichts bestimmt und kann daher von den Maßstäben des durch das Ausgangsgericht angewandten Rechts abweichen. Zu Recht wird daher der oben dargestellten Ansicht entgegen gehalten, dass der Begriff der Verhältnismäßigkeit zu konturenlos ist, als dass sich aus seiner Berücksichtigung in einer fremden Rechtsordnung die inhaltliche Vereinbarkeit mit deutschen Vorstellungen ableiten ließe.280 Dies gilt umso mehr, als die in einigen US-Bundesstaaten vorgenommene reasonable proportion-Prüfung lediglich das Verhältnis zwischen Strafschadensersatz und kompensatorischem Schadensersatz betrachtet. 281 Im deutschen Recht hingegen muss das angemessene Verhältnis primär zwischen der Beeinträchtigung des Geschädigten und der Entschädigungssumme bestehen, was durch eine angemessene Relation zwischen der kompensatorischen Entschädigungssumme und dem Strafschadensersatz nicht verzichtbar gemacht wird. 282 Auch die Cour de cassation beschränkte ihre in der Rechtssache Fountaine Pajot vorgenommene Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht auf das Verhältnis zwischen kompensatorischem und pönalem Schadensersatz. 283 Vor diesem Hintergrund sollte die Verhältnismäßigkeitsüberprüfung auch im Falle einer bereits durch das Ausgangsgericht vorgenommenen Prüfung nicht ausgeschlossen sein.
276
Bungert, ZIP 1993, 815 (824); ders., VersR 1994, 15; ders., ZIP 1992, 1707 (1721); Bungert/Stiefel, in: FS Trinkner, 1995, S. 749 (784 f.). 277 Rosengarten, Punitive damages und ihre Anerkennung und Vollstreckung in der Bundesrepublik Deutschland, 1994, S. 201. 278 Rosengarten, a.a.O., S. 169. 279 Janke/Licari, The American Journal of Comparative Law, Vol. 60 (2012), 775 (801). 280 Brockmeier, Punitive damages, multiple damages und deutscher ordre public, 1999, S. 109. 281 Baumbach/Henkel, RIW 1997, 727 (732). 282 Burst, Pönale Momente im ausländischen Privatrecht und deutscher ordre public, 1994, S. 190. 283 C. Cass., 1re ch. civ., Urteil vom 1.12.2010, pourvoi n° 09-13-303. Näher zu den durch die Cour de cassation herangezogenen Kriterien unter Kapitel 5, § 1, A. I. 2.
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5. Fazit Zusammenfassend lässt sich demnach feststellen, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in engerem Sinne als Bestandteil des ordre public bei der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen über Strafschadensersatz zu prüfen ist. Dementsprechend vermag Strafschadensersatz in unverhältnismäßiger Höhe einen Verstoß gegen den anerkennungsrechtlichen ordre public Deutschlands und Frankreichs zu begründen. Nach dem oben Gesagten sollte der deutsche und französische ordre public daher dahingehend ausgelegt werden, dass er der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über Strafschadensersatz nicht per se, sondern nur im Falle einer unverhältnismäßigen Höhe der ausgeurteilten Summe entgegensteht. Vor diesem Hintergrund ist es vorzugswürdig, dass die deutsche Rechtsprechung eine Position einnimmt, die derjenigen der Cour de cassation in der Rechtssache Fountaine Pajot entspricht. Eine solche Fortentwicklung der deutschen Rechtsprechung entspräche auch dem derzeitigen Trend in Europa: Auch in anderen Mitgliedstaaten haben die obersten Gerichte die Vollstreckung von Entscheidungen über Strafschadensersatz nicht mit der Rechtsnatur von Strafschadensersatz begründet, sondern allenfalls mit dessen Höhe. 284 Insofern läge eine Änderung der deutschen Rechtsprechung auf einer Linie mit der derzeitigen Entwicklung zu einer liberaleren Haltung europäischer Gerichte in Bezug auf Strafschadensersatz. III. Übertragbarkeit auf die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen Die obigen Ausführungen zur ordre public-Kontrolle beziehen sich in erster Linie auf Entscheidungen staatlicher Gerichte. Aber wie im vorangegangen Kapitel dargelegt, obliegt auch die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche einem ordre public-Vorbehalt.285 Hinsichtlich der Vollstreckbarkeit ausländischer Schiedssprüche über Strafschadensersatz gibt es wenige Anhaltspunkte. 286 Deutsche und französische Gerichte haben soweit ersichtlich bislang noch nicht über diese Frage befunden.287
284 So etwa der oberste Gerichtshof Polens, Urteil vom 11.10.2013, I CSK 697/12 sowie die Vereinigten Sektionen der italienischen Corte di Cassazione, SS.U., 5.7.2017, N°. 16601. 285 Dazu unter Kapitel 3, § 2, A. III. Grundlegend zur Überprüfung des ordre public bei der Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen Tolson, 20 Loy. L.A. L. Rev. (1986–1987), 455. 286 In dem Sinne etwa Gotanda, Supplemental Damages in Private International Law, 1998, S. 204: „There is little authority on whether, in a country not permitting punitive damages, courts will enforce a foreign arbitral award of such damages.“ 287 So hinsichtlich des französischen Rechts auch schon Rouhette, Def. Counsel J. 2007, 320 (332).
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Dabei sei zunächst festgehalten, dass die Vollstreckung von Schiedssprüchen unproblematisch sein dürfte, wenn das Schiedsgericht davon abgesehen hat, zur Zahlung von Strafschadensersatz zu verurteilen. 288 Dies dürfte selbst dann gelten, wenn die Grundlage für den Schadensersatz eine gesetzliche Anspruchsgrundlage auf mehrfachen Schadensersatz (multiple oder treble damages) wäre, da die Missachtung solcher ausländischer Normen nicht gegen den ordre public Deutschlands bzw. Frankreichs verstieße. 289 Fraglich hingegen könnte die Vollstreckung von Schiedssprüchen sein, in denen zur Zahlung von Strafschadensersatz verurteilt wird. Im Schrifttum ist die Frage, wie solche Schiedssprüche zu behandeln sind, umstritten. Manche Autoren vertreten die Auffassung, dass die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen über Strafschadensersatz zu versagen sei. 290 Diese Autoren scheinen davon auszugehen, dass die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Vollstreckung ausländischer Entscheidungen staatlicher Gerichte auf die Vollstreckung von Schiedssprüchen übertragbar ist. In der Tat dürfte § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b ZPO – gegebenenfalls in Verbindung mit § 1060 Abs. 2 S. 1 ZPO – ebenso auszulegen sein wie § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO. In ähnlichem Sinne äußern sich hinsichtlich des französischen Rechts einige Autoren dahingehend, dass die Rechtsprechung der Cour de cassation in der Rechtssache Fountaine Pajot auf die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen übertragbar sei, da die dort getroffene Aussage, dass Entscheidungen über Strafschadensersatz grundsätzlich anerkennungsfähig sind, erst recht in Bezug auf Schiedssprüche gelte. 291 Demnach wären Schiedssprüche, die in Verfahren mit Schiedsort in Deutschland und Frankreich ergangen sind, nach der hier vertretenen Auffassung zur Auslegung des ordre public grundsätzlich anzuerkennen, es sei denn, die durch sie zugesprochene Summe ist unverhältnismäßig hoch.292
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So auch in Bezug auf die USA Bermann mit der Annahme, dass ein solcher Schiedsspruch grundsätzlich vollstreckbar wäre, da er zwar rechtlich fehlerhaft sein könne, dies aber keinen Grund darstelle, die Anerkennung oder Vollstreckung zu verweigern: RLDA, n° 85 2013, 129 (131). 289 Ein amerikanisches Gericht hingegen könnte im Falle einer kategorischen Ablehnung durch das Schiedsgericht geneigt sein, dem Schiedsspruch die Anerkennung und Vollstreckung zu verweigern: Bermann, a.a.O. 290 So etwa Alvarez de Pfeifle, Der Ordre public-Vorbehalt als Versagungsgrund der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung internationaler Schiedssprüche, 2009, S. 308; Gessner, Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen in den USA und in Deutschland, 2001, S. 158; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl. 2005, Kapitel 30, Rn. 22. 291 Colorado, Versailles International Arbitration and Business Law Review 2011, 141 (153); Bloch/Stoffel-Munck, JCP G 2011, 712 (718). 292 Auch in der oben genannten russischen Entscheidung wurde die Aufhebung des Schiedsspruchs mit der Unverhältnismäßigkeit des zugesprochenen Betrags begründet, siehe Samaylov, Enforcement of award at risk if punitive damages disproportionate (Federal Grid
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Man kann sich aber auch die Frage aufwerfen, ob der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Bezug auf Schiedssprüche überhaupt gilt oder sie nicht sogar ohne Einschränkung durch die Verhältnismäßigkeit zu vollstrecken sind. In ähnlichem Sinne hat in den USA ein Gericht es abgelehnt, die nach der Rechtsprechung des Supreme Court geltenden Verhältnismäßigkeitskriterien auf einen Schiedsspruch anzuwenden – wenngleich dieser Fall nicht die Anerkennung bzw. Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruchs betraf, sondern die Aufhebung eines inländischen Schiedsspruchs.293 In Deutschland ist es denkbar, auf eine Verhältnismäßigkeitsprüfung bei der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche zu verzichten, da der dabei geltende Prüfungsmaßstab weniger streng ist als derjenige nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b ZPO.294 Vor diesem Hintergrund könnte man in Erwägung ziehen, dass ausländische Schiedssprüche über Strafschadensersatz sogar noch eher anzuerkennen sind als wenn es sich um staatliche Entscheidungen handelt. In diese Richtung äußern sich etwa Autoren des französischen Schrifttums, denen zufolge die Entscheidung der Cour de cassation in Fountaine Pajot, wenn sie einen Schiedsspruch betroffen hätte, anders ausgefallen wäre, da der ordre public in Bezug auf Schiedssprüche nur unter strengeren Voraussetzungen der Anerkennung entgegenstehen könne. 295 Gestützt werden könnte dieser Standpunkt durch die bisweilen vertrete Auffassung, dass in Bezug auf Schiedssprüche ein transnationaler ordre public maßgeblich sei, der nur die international allgemein anerkannten Grundsätze schütze, wie etwa diejenigen der lex mercatoria.296 Legt man einen solchen weiten Maßstab zugrunde, könnte man in Erwägung ziehen, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – anders als oben zu Entscheidungen staatlicher Gerichte vertreten – auf die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche nicht anwendbar sei. Man könnte sich auf den Standpunkt stellen, dass das Verhältnismäßigkeitsprinzip als ein Grundsatz des nationalen Rechts nicht der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche über Strafschadensersatz entgegengehal-
Company JSC v FNK Engineering LLC), Blogeintrag vom 29.1.2014 auf lexisnexis Dispute Resolution. 293 In der Rechtssache Stark v. Sandberg, Phoenix & Von Gontard P.C. (381 F.3d 793 (8th Cir. 2004)) lehnte es der United States Court of Appeals for the 8 th Circuit ab, einen Schiedsspruch aufzuheben, in dem Strafschadensersatz zugesprochen wurde, der das 3000fache des kompensatorischen Schadensersatzes betrug, obwohl ein staatliches Gericht Strafschadensersatz in dieser Höhe nicht hätte zusprechen können, siehe dazu Nolan/Leblanc, Dispute Resolution Journal November 2005/January 2006, 50 (51). 294 Zum weniger strengen Prüfungsmaßstab Saenger, ZPO, 5. Aufl. 2013, § 1061, Rn. 15; Voit, in: Musielak, ZPO, 12. Aufl. 2015, § 1061, Rn. 23 m.w.N. 295 In diesem Sinne Grangé, Int. A.L.R. 2011, Issue 2, N-2 f. 296 Castagno, Arbitraje: Revista de Arbitraje Comercial y de Inversiones, Vol. 4 (2011), 729 (745) m.w.N.
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ten werden kann. Schiedssprüche über Strafschadensersatz wären demnach unabhängig von ihrer Höhe vollstreckungsfähig. Eine solche Auffassung würde aber nicht überzeugen. Denn die Verhältnismäßigkeit zwischen Strafe und Verschulden dürfte als einer der international allgemein anerkannten Grundsätze angesehen werden. 297 Dies gilt umso mehr, als manche Autoren im Verhältnismäßigkeitsprinzip sogar einen allgemeinen Grundsatz des Völkerrechts sehen wollen. 298 Selbst wenn man also einen begrenzten Vorbehalt in Form eines transnationalen ordre public als maßgeblich ansähe, wäre der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Bestandteil dieses eingeschränkten Maßstabes anzusehen. Demnach ist auch die Verhältnismäßigkeitskontrolle als Bestandteil des ordre public auf die Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche anwendbar. Folglich gilt für Schiedssprüche über Strafschadensersatz unabhängig von ihrer Herkunft, dass sie grundsätzlich mit dem ordre public vereinbar sind, es sei denn, die durch sie zugesprochene Schadensersatzhöhe ist unverhältnismäßig. IV. Zusammenfassung und Stellungnahme Nach dem oben Gesagten begründet ausländischer Strafschadensersatz sowohl in Frankreich als auch in Deutschland nicht per se einen Verstoß gegen den anerkennungsrechtlichen ordre public. Gleichwohl kommt ein Verstoß aufgrund des zugesprochenen Betrags in Betracht. Die exzessive Höhe kann bei der im Rahmen des Exequaturs vorzunehmenden Verhältnismäßigkeitsprüfung überprüft werden. De lege ferenda scheint es sinnvoll, die anerkennungsrechtliche Behandlung von Strafschadensersatz nicht mehr der Auslegung von ordre public-Klauseln zu überlassen, sondern spezifisch in den jeweiligen Rechtsinstrumenten zu regeln. Einen ersten Schritt in diese Richtung macht das Haager Gerichtsstandsübereinkommen, das in seinem Art. 11 Abs. 1 eine Vorschrift enthält, welche die Möglichkeit, Ansprüchen über Strafschadensersatz die Vollstreckung zu versagen, ausdrücklich erwähnt. 299 Auch der erste Textentwurf der Haager Konferenz zur Erarbeitung eines weltweiten Übereinkommens zur Urteilsanerkennung sieht in seinem Art. 11 eine gleichlautende Vorschrift vor. 300 Bei künftigen Übereinkommen oder Neufassung der europäischen Regelwerke, insbesondere der EuGVVO könnte dies ähnlich gehandhabt werden und dabei die Verhältnismäßigkeitskontrolle textlich verankert werden. 297
In dem Sinne Ortscheidt, LPA 2002, n° 232, S. 17: „En effet, si l’on doit éventuellement trouver un dénominateur commun aux systèmes de droit, qui constituent le vivier des principes et règles transnationaux, il peut tenir à la nécessité d’un rapport entre la peine et la faute.“ 298 So von Danwitz, DÖV 2004, 501 (507, 510). 299 Dazu näher unter Kapitel 3, § 2, A. I. 2. a). 300 Der Entwurf ist abrufbar unter ‹https://assets.hcch.net/docs/d6f58225-0427-4a65-8f8b180e79cafdbb.pdf› (zuletzt abgerufen am 25.1.2018).
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C. Kollisionsrechtlicher ordre public Wie im obigen Kapitel dargestellt, steht auch die Anwendbarkeit ausländischen Rechts durch deutsche und französische Gerichte unter dem Vorbehalt, dass das ausländische Recht mit dem ordre public des deutschen bzw. französischen Rechts vereinbar ist.301 Diese ordre public-Vorbehalte ergeben sich aus Art. 21 der Rom I-VO, Art. 32 der Rom II-VO sowie in Deutschland aus Art. 6 EGBGB und in Frankreich aus der dortigen Rechtsprechung. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob deutsche und französische Gerichte bei der Anwendung ausländischen Rechts etwaigen nach diesem Recht möglichen Strafschadensersatz zusprechen können. I. In Deutschland: § 40 EGBGB In Deutschland wurde im Jahr 1999 der kollisionsrechtliche ordre public im Hinblick auf ausländischen Strafschadensersatz konkretisiert, indem durch die Einführung von Art. 40 Abs. 3 EGBGB eine spezielle Vorbehaltsklausel für Ansprüche aus unerlaubter Handlung geschaffen wurde. 302 Diese Vorschrift enthält Regelungen, denen zufolge Ansprüche, die dem Recht eines anderen Staate unterliegen, nicht geltend gemacht werden können, soweit sie wesentlich weiter gehen als zur angemessenen Entschädigung des Verletzten erforderlich (Nr. 1) oder offensichtlich anderen Zwecken als einer angemessenen Entschädigung des Verletzten dienen (Nr. 2). Art. 40 Abs. 3 Nr. 1 richtet sich demnach gegen mehrfachen Schadensersatz (etwa in Form von treble damages), während Nr. 2 Strafschadensersatz abwehren soll. 303 Gleichwohl lassen sich diese beiden ersten Fallgruppen von Art. 40 Abs. 3 nicht scharf trennen. 304 In beiden Fällen geht es im Ergebnis darum, einen besonderen ordre public-Vorbehalt gegenüber ausländischen Schadensersatzregeln, insbesondere solche des US-amerikanischen Rechts, zu ermöglichen. Deshalb wird die Vorschrift gar als „lex americana“ bezeichnet.305 Art. 40 Abs. 3 EGBGB sieht als Rechtsfolge eine Begrenzung der Höhe des Schadensersatzanspruches im Sinne einer „Kappungsgrenze“ vor, kann aber auch die Anwendung des Haftungsanspruchs
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Dazu unter Kapitel 3, § 1, A. Dethloff, in: FS Stoll, 2001, S. 481 (482). Zur Entstehung der Norm Kropholler/von Hein, in: FS Stoll, 2001, S. 553 (555 ff.). Näher zu Art. 40 Abs. 3 Nr. 2 EGBGB auch Hay, in: FS Stoll, 2001, S. 521. Eine französische Übersetzung des Gesetzes, durch das die Norm geschaffen wurde, findet sich in Rev. crit. DIP 1999, 870 (871), ein französischsprachiger Beitrag zu dem Gesetz von Sonnenberger in Rev. crit. DIP 1999, 647. 303 Spickhoff, in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BeckOK EGBGB (Stand 1.2.2013), Art. 40, Rn. 44. 304 Junker, in: MüKo BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 40 EGBGB, Rn. 113; Spickhoff, in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BeckOK EGBGB (Stand 1.2.2013), Art. 40, Rn. 44. 305 Junker, in: MüKo BGB, 6. Aufl. 2016, Art. 40 EGBGB, Überschrift zu Rn. 113. 302
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dem Grunde nach zur Folge haben. 306 Die Regelungen in Art. 40 Abs. 3 EGBGB sind auch nicht durch die oben genannte Rom II-VO ausgeschlossen. Zwar wird im Schrifttum zu Recht darauf hingewiesen, dass Art. 40 EGBGB durch diese Verordnung grundsätzlich verdrängt wurde307 und sich der Anwendungsbereich von Art. 40 EGBGB wegen Art. 3 Nr. 1 Buchstabe a EGBGB im Wesentlichen auf Altfälle sowie solche Neufälle, die nicht in den sachlichen Anwendungsbereich der VO fallen (z.B. Ansprüche wegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen), beschränkt. 308 Dies mag zwar uneingeschränkt für die kollisionsrechtlichen Regelungen der anderen Absätze von Art. 40 EGBGB gelten. Für die spezielle Vorbehaltsklausel in Art. 40 Abs. 3 EGBGB hingegen lässt sich diese Aussage in dieser Form nicht treffen. Denn für die Ausfüllung des ordre public nach Art. 27 der Rom II-VO ist in erster Linie das nationale Recht maßgeblich. Da Art. 40 Abs. 3 EGBGB letztlich den deutschen ordre public konkretisiert, ist er durch deutsche Gerichte auch im Wege einer nach der Rom II-VO erfolgenden ordre public-Kontrolle zu berücksichtigen.309 Gleichwohl scheint die Praxisrelevanz von Art. 40 Abs. 3 EGBGB recht gering zu sein. Soweit ersichtlich, ist die Vorschrift bislang nicht zur Anwendung gekommen, um die Verurteilung zu ausländischem Strafschadensersatz in einem Erkenntnisverfahren vor einem deutschen Gericht zu versagen. 310 II. In Frankreich: Übertragbarkeit der Rechtsprechung in Fountaine Pajot? In Frankreich ist die Frage, ob die staatlichen Gerichte bei der Anwendung ausländischen Rechts Strafschadensersatz zusprechen dürfen oder dies gegen den ordre public verstieße, bislang weder gesetzlich geregelt noch von der Rechtsprechung entschieden worden. 311 Vor diesem Hintergrund ist zu überlegen, ob sich die Rechtsprechung der Cour de cassation vom 1. Dezember 2010 in der Rechtssache Fountaine Pajot312 auf kollisionsrechtliche Sachverhalte übertragen lässt. In ihrem Urteil traf die Cour de cassation die Aussage, dass eine ausländische Entscheidung, die eine Partei zur Zahlung von Strafschadenser-
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Junker, in: MüKo BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 40 EGBGB, Rn. 115. Behr, in: FS Mehle, 2009, S. 33 (47). 308 Junker, in: MüKo BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 40 EGBGB, Rn. 16 ff. 309 Spickhoff, in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BeckOK VO 864/2007, Edition 33 (Stand: 1.2.2013), Art. 26, Rn. 1. 310 Mörsdorf-Schulte, ZVglRWiss 104 (2005), 192 (250). 311 Zum Fehlen entsprechender Rechtsprechung auch Rouhette, Def. Counsel J. 2007, 320 (330): „there is no report of case law where judges have applied a foreign law granting punitive damages.“ 312 C. Cass., 1re ch. civ., Urteil vom 1.12.2010, pourvoi n° 09-13-303. 307
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satz verurteilt, nicht prinzipiell mit dem materiellrechtlichen ordre public international unvereinbar sei. 313 Man könnte sich auf den Standpunkt stellen, dass aus dieser Rechtsprechung folge, dass auch die Gewährung von Strafschadensersatz bei der Anwendung ausländischen Rechts durch ein französisches Gericht mit dem französischen ordre public international vereinbar sei. 314 Diese Schlussfolgerung würde jedoch voraussetzen, dass der anerkennungsrechtliche und der kollisionsrechtliche ordre public identisch sind. Dies ist jedoch keineswegs zwingend der Fall. Denn auch im französischen Recht ist grundsätzlich zwischen beiden Formen des ordre public zu unterscheiden. Der anerkennungsrechtliche ordre public weist gegenüber dem kollisionsrechtlichen ordre public eine geringere Angriffsintensität auf, er hat eine abgeschwächte Wirkung, einen sogenannten effet atténué.315 Dies wird damit begründet, dass im Gegensatz zum Erkenntnisverfahren, wo ausländisches Recht anzuwenden ist, im Falle einer Anerkennung bzw. Vollstreckung einer Entscheidung das ausländische Recht seine Rechtswirkung bereits entfaltet hat. 316 Anders ausgedrückt besagt der effet atténué, dass es mit dem anerkennungsrechtlichen ordre public zwar vereinbar sein kann, eine ausländische Entscheidung anzuerkennen, bei der eine ausländische Vorschrift angewendet wurde, und dennoch einen Verstoß gegen kollisionsrechtlichen ordre public darstellen kann, wenn ein französisches Gericht genau jene ausländische Vorschrift anwendet. In der oben genannten Rechtssache Fountaine Pajot bezog sich die Cour de cassation lediglich auf den anerkennungsrechtlichen ordre public. Dies ergibt sich neben dem Streitgegenstand auch aus der Formulierung des Urteils, in welcher der Gerichtshof die Aussage traf, dass eine ausländische Entscheidung nicht gegen den ordre public international verstoße („une décision étrangère […] n’est pas […] contraire à l’ordre public international de fond“). Bezugspunkt war also nicht der ausländische Strafschadensersatz als solcher, sondern die Entscheidung, durch die er gewährt wird. Insofern ist der Entscheidung nicht zu entnehmen, dass nach Auffassung der Cour de cassation die Festsetzung von ausländischem Strafschadensersatz durch französische 313 Wörtlich entschied die Cour de cassation: „qu’une décision étrangère condamnant une partie à paiement de dommages-intérêts punitifs n’est pas, par principe, contraire à l’ordre public international de fond“. 314 Für eine Übertragbarkeit der Rechtsprechung in Fountaine Pajot auf kollisionsrechtliche Sachverhalte etwa Laval, 25 Cardozo J. Int'l & Comp. L. (2016), 29 (40 f.): „the reasoning would be identical if the French Court were to directly apply the American law upon which the foreign judgment is based.“ 315 Näher dazu Kunkler, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, 2010, S. 275. Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, 4. Aufl. 2013, S. 282 (n° 380). 316 Basedow, in: FS Sonnenberger, 2004, S. 291 (299), der von einem im Ausland vorliegenden „fait accompli“ spricht und dem zufolge die Anwendung des gleichen ordre publicMaßstabs zu „hinkenden Rechtsverhältnissen“ führt.
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Gerichte mit dem ordre public vereinbar sei. Die Rechtsprechung ist daher nicht zwangsläufig auf kollisionsrechtliche Sachverhalte übertragbar. Hat sich die Cour de cassation demnach lediglich nur hinsichtlich des anerkennungsrechtlichen ordre public geäußert, heißt dies nicht, dass auch der angriffsstärkere kollisionsrechtliche ordre public so auszulegen ist, dass ausländischer Strafschadensersatz mit ihm vereinbar ist. Und in der Tat spricht vieles dafür, dass die kollisionsrechtliche ordre public-Prüfung im Hinblick auf ausländischen Strafschadensersatz in Frankreich anders ausfallen sollte als die anerkennungsrechtliche Kontrolle, wie sie die Cour de cassation vorgenommen hat. Denn nach dem in Kapitel 1 Gesagten existiert im französischen Zivilrecht zwar eine Reihe von pönalen Elementen, die es nicht rechtfertigen, einer ausländischen Entscheidung über Strafschadensersatz die Anerkennung und Vollstreckung zu versagen. 317 Gleichwohl nehmen diese Elemente mit bestrafender Zielrichtung kein solches Ausmaß an, dass sich daraus eine Vereinbarkeit mit dem ordre public ableiten ließe, wenn ein französisches Gericht bei der Anwendung ausländischen Rechts Strafschadensersatz zuspricht. Denn es macht durchaus einen Unterschied, ob ein französisches Gericht lediglich einer ausländischen Entscheidung zur Durchsetzung verhilft oder ob es selber derjenige Spruchkörper ist, der den Schuldner zur Zahlung von Strafschadensersatz verurteilt. Die Gewährung von Strafschadensersatz durch französische Gerichte auf Grundlage ausländischen Rechts verstieße daher per se gegen den ordre public, unabhängig von der Verhältnismäßigkeit des zugesprochenen Betrags.318 Diese Interpretation des ordre public dürfte anders auszufallen haben, wenn in Frankreich tatsächlich wie schon seit längerem vorgeschlagen Strafschadensersatz ins Haftungsrecht aufgenommen wird.319 De lege lata jedoch ist es überzeugender, den kollisionsrechtlichen ordre public des französischen Rechts so auszulegen, dass er der Verurteilung zur Zahlung von sich aus ausländischen Anspruchsgrundlagen ergebenden Strafschadensersatz entgegensteht. III. Zusammenfassung und Stellungnahme Nach dem oben Gesagten ist sowohl in Deutschland als auch in Frankreich eine Verurteilung zur Zahlung von Strafschadensersatz auf Grundlage ausländischer 317
Zu diesen pönalen Elementen unter Kapitel 1, § 2, A. A.A. Laval, 25 Cardozo J. Int'l & Comp. L. (2016), 29 (41), die eine Anwendung des ausländischen Rechts zumindest dann mit dem kollissionsrechtlichen ordre public des französischen Rechts für vereinbar hält, wenn der ausländische Anspruch nur bei bestimmtem Verhalten des Schuldners besteht und er höhenmäßig begrenzt ist: „If this law acknowledges punitive damages, circumscribing the amount of punitive damages and limiting their granting to a specific behavior of the debtor would not be contrary to the public policy.“ 319 Zu der in Frankreich geführten Diskussion unter Kapitel 1, § 2, B. I. 2. 318
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Anspruchsgrundlagen nicht mit dem kollisionsrechtlichen ordre public vereinbar. Während dies in Deutschland aus der speziellen Vorbehaltsklausel in Art. 40 Abs. 3 EGBGB folgt, ergibt es sich in Frankreich aus einer Auslegung des allgemeinen kollisionsrechtlichen ordre public international. Da auch für die ordre public-Kontrolle nach den Rom I- und II-Verordnungen in erster Linie der nationale ordre public maßgeblich ist und sich dem Unionsrecht de lege lata nicht entnehmen lässt, dass Strafschadensersatz mit ihm unvereinbar sei, ist es im Ergebnis unerheblich, ob sich das sachlich anzuwendende Recht nach Unionsrecht oder dem autonomen Recht richtet. 320 D. Rechtshilferechtliche Vorbehaltsklauseln Die Frage der Vereinbarkeit von ausländischem Strafschadensersatz mit dem innerstaatlichen Recht stellt sich darüber hinaus, wenn deutsche bzw. französische Gerichte mit Rechtshilfeersuchen ausländischer Gerichte befasst sind. Wenn diese Ersuchen die Zustellung einer auf Strafschadensersatz gerichteten Klage zum Gegenstand haben oder eine Beweisaufnahme in einem Verfahren, in dem Strafschadensersatz beantragt wird, kann sich für das deutsche bzw. französische Gericht die Frage stellten, ob es das Ersuchen im Hinblick auf das nationale Recht abzulehnen hat. Die Ablehnung einer Zustellung bzw. Beweisaufnahme kommt nach den fast wortgleichen Vorschriften der Art. 13 HZÜ und Art. 12 Abs. 1 Buchstabe b HBÜ in Betracht, wenn der ersuchte Staat sie „für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder nationale Sicherheit zu gefährden“. Entsprechende Regelungen finden sich im französischen Recht bezüglich der Zustellung ausländischer Schriftstücke in Art. 688-8 321 und hinsichtlich der Beweisaufnahme in Art. 743 Code de procédure civile. 322 Auch wenn diese Vorschriften nicht ausdrücklich den ordre public oder die öffentliche Ordnung in Bezug nehmen, wird die Regelung in Art. 13 HZÜ bzw. Art. 12 Buchstabe b
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A.A. Requejo Isidro, in: Meurkens/Nordin (Hrsg.), The Power of Punitive Damages – Is Europe Missing Out?, 2012, S. 311 (319), der zufolge Art. 40 EGBGB im Anwendungsbereich der Rom II-Verordnung keine Bedeutung hat, da Erwägungsgrund 32 der VO Regelungen, die anderen Zwecken als der Kompensation dienen, nicht ausschließe, sondern nur solche exzessiver Art. Diese Ansicht vermag jedoch nicht zu überzeugen, da nach dem oben Gesagten die nationalen Maßstäbe maßgeblich für die Auslegung der ordre public-Klauseln sind. 321 Der Wortlaut der Vorschrift lautet: „L'exécution d'une demande de notification ou de signification peut être refusée par l'autorité française si elle est de nature à porter atteinte à la souveraineté ou à la sécurité de l'Etat. […]“ 322 Die Vorschrift besagt wörtlich: „Le juge commis peut refuser, d'office ou à la demande de toute personne intéressée, l'exécution d'une commission rogatoire s'il estime qu'elle ne rentre pas dans ses attributions. Il doit la refuser si elle est de nature à porter atteinte à la souveraineté ou à la sécurité de l'Etat français.“
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HBÜ häufig als ordre public-Vorbehalt aufgefasst. 323 Manche Autoren sprechen daher sogar von einem „zustellungsrechtlichen ordre public“.324 Da nicht nur die Zustellung von Klagen erfasst wird, sondern auch Beweisaufnahmen, wäre es eigentlich passender, von einem allgemeinen „rechtshilferechtlichen ordre public“ zu sprechen. Die Frage, ob dieser „ordre public“ einer Zustellung von auf Strafschadensersatz gerichteten Klagen oder anderen im Zusammenhang mit Strafschadensersatz stehenden Rechtshilfeersuchen entgegensteht wird im deutschen Schrifttum viel intensiver diskutiert als unter französischen Autoren.325 Im Folgenden soll daher untersucht werden, ob die Vorbehaltsklauseln Strafschadensersatz im Wege stehen und inwieweit die in Deutschland geführte Debatte für die Situation in Frankreich fruchtbar gemacht werden kann. I. Beurteilungsmaßstab Im Hinblick auf die oben genannten Vorbehaltsklauseln stellt sich die Frage, ob französische bzw. deutsche Gerichte den Rechtshilfeersuchen ausländischer Gerichte verweigern können, wenn es Verfahren betrifft, in denen Strafschadensersatz geltend gemacht wird. Dabei ist die Frage zunächst nach dem einfachgesetzlichen 326 Beurteilungsmaßstab (1) zu beantworten, bevor auf die verfassungsrechtliche Perspektive eingegangen wird (2). 1. Einfachgesetzlicher Beurteilungsmaßstab Manche Stimmen im Schrifttum wollen die Zustellung von auf Strafschadensersatz gerichteten Klagen wegen des Vorbehalts nach Art. 13 Abs. 1 HZÜ ablehnen. Diese Autoren vertreten die Auffassung, dass die Zustellung von auf Strafschadensersatz gerichteten Klagen wegen des Grundsatzes des Bereicherungsverbots, des Kompensationsgedanken, des Strafmonopols des Staates, des Bestimmtheitsgebots sowie des Verbots der Mehrfachbestrafung zu verweigern sei.327 Argumentiert wird zudem damit, dass der Adressat durch Aner-
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Coester-Waltjen, in: Heldrich/Kono (Hrsg.), Herausforderungen des internationalen Zivilverfahrensrechts, 1994, S. 15 (24) m.w.N. 324 So etwa von Danwitz, DÖV 2004, 501 (505). 325 Generell scheint die Frage allein in Deutschland in derartigem Umfang problematisiert zu werden, siehe Rogler, IPRax 2009, 223 (227). 326 Die in diesem Zusammenhang verwendete Formulierung „einfachgesetzlich“, wie sie etwa auch von Danwitz (DÖV 2004, 501 (505)) verwendet, mag auf den ersten Eindruck irritieren, da es sich bei HZÜ und HBÜ um völkerrechtliche Rechtsquellen handelt. Die völkerrechtlichen Verträge haben in Deutschland aber denselben Rang wie das nach Art. 59 Abs. 2 GG erlassene Zustimmungsgesetz. Das deutsche Ausführungsgesetz zu HZÜ und HGBÜ vom 22.12.1977 findet sich in BGBl. I S. 3105. In Frankreich wurden die Vorbehaltsklauseln beider Übereinkommen im code de procédure civile in den oben genannten Vorschriften gesetzlich übernommen. 327 Merkt, Abwehr der Zustellung von „punitive damages“-Klagen, 1995, S. 157.
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kennungs- und Vollstreckungsverfahren nicht hinreichend vor dem Kostendruck, der die wirtschaftliche Existenz gefährden könne, geschützt werde, so dass schon die Zustellung als hoheitlicher Akt verweigert werden müsse. 328 Mit ähnlicher Argumentation hat das OLG Koblenz die Zustellung einer auf Strafschadensersatz – in Form kartellrechtlicher treble damages – gerichteten Klage wegen Art. 13 Abs. 1 HZÜ vorläufig verweigert, da die Klage missbräuchlich erhoben worden sei.329 Eine solche Auslegung von Art. 13 Abs. 1 HZÜ setzt aber voraus, dass der Vorbehalt des Art. 13 Abs. 1 HZÜ inhaltsgleich mit dem anerkennungsrechtlichen oder kollisionsrechtlichen ordre public ist. Dies ist jedoch angesichts des engeren Wortlauts zweifelhaft.330 Da dieser nicht einfach auf den ordre public oder die öffentliche Ordnung Bezug nimmt, sondern die Wendungen „Hoheitsrechte oder Sicherheit“ enthält, sollte sich die Konkretisierung des Vorbehalts enger am Wortlaut orientieren. 331 Denn wenn es den Vertragsstaaten tatsächlich darum gegangen wäre, allgemein den Schutz der wesentlichen Grundsätze des ersuchten Staats zu schützen, hätte man sich auf einen entsprechenden Wortlaut einigen können. 332 Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass nur die englische und die französische Fassung des Übereinkommens maßgeblich sind. 333 In ersterer heißt es „infringe“ (verletzen), während letztere – genauso wie Art. 688-8 Code de procédure civile – von „porter atteinte“ (beeinträchtigen) spricht, was für eine engere Auslegung spricht als es die deutsche Formulierung „gefährden“ suggeriert.334 Ebenso zeigen beide Fassungen, die von „sovereignty“ und „security“ bzw. „souveraineté“ und „sécurité“ sprechen, dass es weniger um Hoheitsrechte geht, sondern eher um dem Schutz völkerrechtlicher Souveränität im Sinne einer Selbstbestimmtheit und Unabhängigkeit, wozu etwa auch die Justizhoheit gehört. 335 Tatsächlich ist der Wortlaut also enger als die anerkennungsrechtlichen und kollisionsrechtlichen ordre public-Vorbehalte. Unbeachtlich ist daher auch, dass Art. 13 Abs. 1 HZÜ anders als die ordre
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So Rohe, in: FS Vollkommer, 2006, S. 308 f. OLG Koblenz, Vorlagebeschluss vom 27.6.2005 – 12 VA 2/04, NJOZ 2005, 3122; WuW 2005, 1147. Die Entscheidung des BGH blieb aber aus, da die Rechtssache übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, wie sich dem Beschluss des BGH vom 30.1.2008 – IV AR (VZ) 3/05 (BeckRS 2008, 03080) entnehmen lässt. 330 Rogler, IPRax 2009, 223 (226). 331 zur Nieden, Zustellungsverweigerung rechtsmissbräuchlicher Klagen in Deutschland nach Artikel 13 des Haager Zustellungsübereinkommens, 2010, S. 132. 332 Koch/Horlach/Thiel, RIW 2006, 356 (361). 333 Rogler, IPRax 2009, 223 (227). 334 Rogler, a.a.O. 335 Koch/Horlach/Thiel, RIW 2006, 356 (361); Schack, AG 2006, 823 (829). 329
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Kapitel 4: Rechtsfragen in Bezug auf Strafschadensersatz
public-Vorbehalte keine „offensichtliche Unvereinbarkeit“ voraussetzt. 336 Neben dem Wortlaut spricht auch die systematische Stellung von Art. 13 Abs. 1 HZÜ als Ausnahmetatbestand dafür, die Norm eng auszulegen. 337 Nach alledem ist in Art. 13 Abs. 1 HZÜ ein eingeschränkter ordre public-Vorbehalt zu sehen, der restriktiver als der anerkennungsrechtliche und der kollisionsrechtliche ordre public zu handhaben ist.338 Wie oben dargelegt339, können schon beim anerkennungsrechtlichen ordre public die Grundsätze des Bereicherungsverbots, des Kompensationsgedanken, des Strafmonopols des Staates, des Bestimmtheitsgebot sowie des Verbots der Mehrfachbestrafung keine Unvereinbarkeit begründen. A fortiori muss dies erst recht für den enger auszulegen Vorbehalt der Rechtshilfe gelten. Auch Art. 40 Abs. 3 Nr. 2 EGBGB vermag diese Auslegung in Deutschland nicht zu ändern. 340 Als inländische ordre public-Klausel, die eine Grenze für die Anwendung ausländischen materiellen Rechts darstellt, ist sie bei Zustellungsfragen nicht zu berücksichtigen. 341 Andernfalls würde eine international einheitliche Auslegung verhindert werden, wenn die einzelnen Vertragsstaaten Art. 13 HZÜ im Lichte ihrer nationalen Vorbehaltsklauseln auslegten. 342 Es ist daher anzunehmen, dass der internationale Rechtsverkehr durch die Berücksichtigung von Vorbehaltsklauseln wie Art. 40 Abs. 3 S. 2 EGBGB beeinträchtigt würde.343 2. Verfassungsrechtlicher Beurteilungsmaßstab Über den oben skizzierten Beurteilungsmaßstab hinaus kann sich ein Hindernis für auf Strafschadensersatz gerichtete Verfahren betreffende Rechtshilfeersuchen auch aus Verfassungsrecht ergeben, insbesondere aus den Grundrechten.344 Soweit ersichtlich wird auch dies nur in Deutschland problematisiert. Dort ist für die Strafschadensersatz betreffende Rechtshilfe in erster Linie die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG relevant. 345 Aber auch
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A.A. Merkt, in: FS Leipold, 2009, S. 265 (272), dem zufolge die bloße Gefährdung genügt, das heißt wenn die Möglichkeit zu einer Verurteilung, die mit dem ordre public unvereinbar wäre, besteht. 337 Rogler, IPRax 2009, 223 (227). 338 So auch Ghassabeh, Die Zustellung einer punitive damages-Sammelklage an beklagte deutsche Unternehmen, 2009, S. 273. 339 Dazu unter Kapitel 4, § 2, B. I. 2. 340 Insofern ist der Verweis auf die Vorschrift in der Entscheidung des BVerfG vom 25.7.2003 – 2 BvR 1198/03 verfehlt, siehe Oberhammer, IPRax 2004, 40 (41). 341 Stürner, NJW 2003, 2885 (2887). 342 von Hein, RIW 2007, 249 (253). 343 Rasmussen-Bonne, in: FS Hay, 2005, S. 339. 344 von Danwitz, DÖV 2004, 501 (505 ff.). 345 Koch/Horlach/Thiel, RIW 2006, 356 (361).
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eine Verletzung der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG und der Eigentumsrechte nach Art. 14 GG wurde schon von Beschwerdeführern ins Felde geführt.346 In Deutschland hat die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Zustellung von auf Strafschadensersatz gerichteten Klageschriften zu einer ganzen Reihe an Entscheidungen des Bundeverfassungsgerichts geführt. Die erste davon wurde im Jahr 1994 getroffen, als das BVerfG in einer Eilentscheidung die Zustellung einer auf unbezifferten Strafschadensersatz gerichteten Klage untersagte.347 Im Hauptverfahren hingegen entschied der Erste Senat mit Beschluss vom 7. Dezember 1994, dass die Zustellung verfassungsrechtlich zulässig sei. 348 Zur Begründung, dass in der Zustellung kein Verstoß gegen die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG zu sehen sei, führte das Gericht aus, dass die Zustellung einer Klage, mit der Strafschadensersatz nach US-amerikanischem Recht geltend gemacht wird, jedenfalls nicht unzumutbar sei.349 Dazu führte der Senat aus, dass der Zugriff des ausländischen Gläubigers auf das inländische Vermögen später bei der Anerkennung und Vollstreckung verhindert werden könne. Zudem sei durch die Zustellungsverweigerung eine Verbesserung der Rechtsstellung des Beklagten nicht gewährleistet, da der Fortgang des Verfahrens im Ausland nicht zwangsläufig aufgehalten werde. 350 Im Schrifttum stieß die Entscheidung weitgehend auf Zustimmung. 351 Im Jahr 2003 hingegen schien das Bundesverfassungsgericht eine Kehrtwende zu vollziehen, 352 als es in seinem vielbeachteten Beschluss im sogenannten Napster/Bertelsmann-Verfahren im Rahmen eines Eilverfahrens dem OLG Düsseldorf auferlegte, vorläufig von der Zustellung einer amerikanischen Klage auf Strafschadensersatz abzusehen.353 Hintergrund des Verfahrens war eine in den USA eingereichte Sammelklage gegen die Bertelsmann AG wegen ihrer Partnerschaft mit der Musiktauschbörse Napster und dadurch möglicherweise erfolgten Beteiligung an Urheberrechtsverletzungen. 354 Die Zustellung dieser Klage an die Bertelsmann AG wurde beim OLG Düsseldorf als zentraler
346 So etwa in dem Verfahren vor dem BVerfG, Beschluss vom 9.1.2013 – 2 BvR 2805/12, BeckRS 2013, 45947. 347 Beschluss vom 3.8.1994 – 1 BvR 1279/94, BVerfGE 91, 140; NJW 1994, 3281; JuS 1995, 172; siehe dazu die Anmerkung von Juenger/Reimann, NJW 1994, 3274. Zur Vorinstanz beim LG Berlin siehe die Anmerkung von Zekoll, RIW 1990, 302. 348 BVerfG, Beschluss vom 7.12.1994 – 1 BvR 1279/94, BVerfGE 91, 335; IPRax 1996, 112; JZ 1995, 716; VersR 1995, 1113. 349 BVerfG, a.a.O. 350 BVerfG, a.a.O. 351 Beispielsweise Morisse, RIW 1995, 370; Stadler, JZ 1995, 718. 352 So etwa Rothe, RIW 2003, 859 (864). 353 BVerfG, Beschluss vom 25.7.2003 – 2 BvR 1198/03, CR 2003, 762. 354 Näher dazu Lejeune, CR 2003, 764.
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Behörde im Sinne des HZÜ beantragt.355 Gegen die Entscheidung des OLG Düsseldorf, einen Antrag nach § 23 EGGVG auf Aufhebung der Zustellungsverfügung abzulehnen, legte die Beklagte Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein. Dessen Zweiter Senat untersagte es dem OLG im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG, die angegriffenen Entscheidungen bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu vollziehen. 356 Zur Begründung führte der Senat aus, eine Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip könne nicht ausgeschlossen werden, da das mit der Klage verfolgte Ziel unter Umständen gegen unverzichtbare Grundsätze eines freiheitlichen Rechtsstaates verstoße. Eine Verletzung des deutschen Verfassungsrechts komme in Betracht, wenn Verfahren vor staatlichen Gerichten in einer offenkundig missbräuchlichen Art und Weise genutzt werden. 357 Dabei verwies der Senat auf Art. 40 Abs. 3 Nr. 2 EBGBG, dem ein ähnlicher Gedanke zugrunde liege. 358 Eine endgültige Entscheidung, die endgültige Klarheit über die Position des BVerfG gebracht hätte, blieb aber aus, da die Klage durch die Beschwerdeführerin zurückgenommen wurde. 359 Die Rechtsprechung der Gerichte divergierte in der Folgezeit des Bertelsmann-Beschlusses. Das OLG Koblenz etwa nahm den Beschluss des BVerfG zum Anlass, die Zustellung einer auf amerikanische treble damages gerichteten Klage vorläufig zu verweigern und die Frage dem BGH vorzulegen.360 Dessen Entscheidung blieb aber aus, da die Rechtssache übereinstimmend für erledigt erklärt wurde. 361 Andere Oberlandesgerichte wiederum machten deutlich, dass sie eine Zustellung für zulässig erachten und sich der Auffassung des OLG Koblenz nicht anschließen.362 Diese überwiegend liberale Haltung der Oberlandesgerichte kann als durch die jüngere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im sogenannten „Puerto-Rico“-Fall 363 als bestätigt angesehen werden. Dieses bestätigte mit Kammerbeschluss vom 24. Januar 2007 364 die 355
Eine ausführliche Darstellung des Verfahrens findet sich bei Rasmussen-Bonne, in: FS Hay, 2005, S. 323 (325 f.) sowie bei Rothe, RIW 2003, 859. 356 BVerfG, Beschluss vom 25.7.2003 – 2 BvR 1198/03, CR 2003, 762. 357 BVerfG, a.a.O. 358 BVerfG, a.a.O. 359 Siehe BVerfG, Beschluss vom 9.11.2005 – 2 BvR 1198/03; BVerfGE 114, 396. 360 OLG Koblenz, Vorlagebeschluss vom 27.6.2005 – 12 VA 2/04, NJOZ 2005, 3122; WuW 2005, 1147. 361 Dies lässt sich dem Beschluss des BGH vom 30.1.2008 – IV AR (VZ) 3/05 entnehmen (BeckRS 2008, 03080). 362 So etwa OLG München, Beschluss vom 7.6.2006 – 9 VA 3/04, OLGReport München 2006, 801. 363 Diese Bezeichnung verwendet Stadler, JZ 2007, 1046 (1048). 364 BVerfG, Kammerbeschluss vom 24.1.2007 – 2 BvR 113/04, Rn. 13; RIW 2007, 211; JZ 2007, 1046; IPRax 2009, 249. Einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hatte das BVerfG mit Beschluss vom 11.6.2004 abgelehnt, BVerfG, WM 20014, 1402.
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vorherige Rechtsprechung, derzufolge die Grenzen für eine Zustellung einer Klage nach Art. 13 HZÜ dort erreicht werden, wo das mit der Klage verfolgte Ziel „offensichtlich gegen unverzichtbare Grundsätze eines freiheitlichen Rechtsstaates verstoße.“ Die Möglichkeit der Gewährung von Strafschadensersatz verletze jedoch noch nicht unverzichtbare rechtsstaatliche Grundsätze. Das Gericht traf dabei die Aussage: „Bei Forderungen von Strafschadensersatz in für einen Beschwerdeführer existenzgefährdender Höhe […], einer entsprechenden Klageforderung und einer begleitenden Medienkampagne scheint die Unvereinbarkeit einer Zustellung mit unverzichtbaren Grundsätzen eines freiheitlichen Rechtsstaates aber jedenfalls dann nicht schlechthin ausgeschlossen zu sein, wenn diese Forderungen als offensichtlich rechtsmissbräuchlich erscheinen.“ 365
In dieser Rechtsprechung ist jedoch weniger eine Aufgabe der Napster/Bertelsmann-Formel aus dem Jahre 2003 zu sehen, als vielmehr eine Konkretisierung der dort getroffenen Aussage.366 Das BVerfG stellte damit aber immerhin fest, dass die Geltendmachung von Strafschadensersatz nicht schon per se eine Zustellungsverweigerung rechtfertigt. Hinzukommen muss demnach, dass die Klageforderung darüber hinaus offensichtlich oder offenkundig rechtsmissbräuchlich erscheint. 367 Damit erteilt das BVerfG der restriktiven einfachgesetzlichen Auslegung von Art. 13 Abs. 1 HZÜ seinen verfassungsrechtlichen Segen. 368 Diese Rechtsprechung wurde in jüngerer Zeit durch Beschlüsse des BVerfG vom 9. Januar 2013369 und vom 3. November 2015370 bestätigt, in denen das Gericht Verfassungsbeschwerden gegen die Zustellung von auf Strafschadensersatz gerichtete Klagen verwarf. Auch dort traf das Gericht unter Verweis auf die frühere Rechtsprechung die Aussage, dass eine auf Strafschadensersatz gerichtete Schadensersatzklage nicht von vornherein gegen unverzichtbare Grundsätze eines freiheitlichen Rechtsstaats verstoße.371 II. Zustellungsrechtliche Vorbehaltsklauseln als Schutzschild für Inländer vor ausländischen Verfahren? Im Ergebnis ist die Auffassung des BVerfG, dass auf Strafschadensersatz gerichtete Klagen grundsätzlich zustellungsfähig sind, zu begrüßen. Sie entspricht ferner der bisherigen Praxis der meisten Fachgerichte 372 sowie der wohl 365
BVerfG, a.a.O. Stadler, JZ 2007, 1046 (1048). 367 Rogler, IPRax 2009, 223 (230). 368 Rogler, a.a.O. 369 BVerfG, Beschluss vom 9.1.2013 – 2 BvR 2805/12, NJW 2013, 990; NZG 2013, 628; WM 2013, 288. Siehe dazu auch die Anmerkungen von Eidam, PHi 2013, 136; Müller, GRUR-Prax 2013, 148; Reddemann/Böhm, GRUR Int 2013, 496; Toussaint, FD-ZVR 2013, 343453. 370 BVerfG, Beschluss vom 3.11.2015 – 2 BvR 2019/15, BeckRS 2015, 55670. 371 BVerfG, Beschluss vom 9.1.2013 – 2 BvR 2805/12, Rn. 14. 372 So etwa OLG Naumburg, Beschluss vom 9.2.2006 – 4 VA 1/04, BeckRS 2006, 04720. 366
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herrschenden Lehre. 373 Allerdings stößt die vom BVerfG vorgenommene „individualrechtliche Aufladung“ 374 von Art. 13 Abs. 1 HZÜ durch die Anwendung der Grundrechte auf Bedenken (1). Als Alternative könnte Schutz gegen rechtsmissbräuchliche Klagen durch Gegenklagen auf Schadensersatz erreicht werden (2). 1. Ungeeignetheit der Zustellungsverweigerung als Schutzschild vor Klagen im Ausland Die Anwendung von Grundrechten im Rahmen der rechtshilferechtlichen Vorbehaltsklausel ist insofern zweifelhaft, als Art. 13 Abs. 1 HZÜ eben keinen allgemeinen ordre public-Vorbehalt enthält, der als Einfallstor für die Grundrechte dienen könnte.375 Die zustellungsrechtliche Vorbehaltsklausel zum „Einfallstor“ verfassungsrechtlicher Vorbehalte im internationalen Verfahrensrecht zu machen, ist aber insofern kritisch zu betrachten, als es das Risiko birgt, dass das Regel-Ausnahme-Verhältnis von Gewährung der Rechtshilfe und Versagung wegen Verstoßes gegen Verfassungsprinzipien ins Gegenteil verkehrt wird.376 Auch wenn die Grundrechte in Privatrechtsverhältnissen, zu denen eine zivilrechtliche Klage zählt, wirken – sei es mittelbar über die über die Auslegung offener Tatbestände oder unmittelbar gemäß Art. 1 Abs. 3 GG in ihrer Funktion als Abwehrrechte oder Schutzgebote 377 – dürfte in Bezug auf die Zustellung ausländischer Klagen Zweifel an der Eröffnung der Schutzbereiche gegeben sein. Eine Verletzung der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG hat das Bundesverfassungsgericht zu Recht in seiner Entscheidung vom 9. Januar 2013 aufgrund der mangelnden berufsregelnden Tendenz einer Klagezustellung abgelehnt. 378 Richtigerweise führt das Gericht aus, dass auch eine Beeinträchtigung des Vermögensschutz nach Art. 14 Abs. 1 GG ausscheidet, da der Empfänger der Klage zwar in ein Gerichtsverfahren einbezogen werde, aber noch 373 Coester-Waltjen, in: Heldrich/Kono (Hrsg.), Herausforderungen des internationalen Zivilverfahrensrechts, 1994, S. 15 (24 f.): „Die Geltendmachung von punitive damages allein begründet einen Verstoß nicht.“; Ghassabeh, Die Zustellung einer punitive damages-Sammelklage an beklagte deutsche Unternehmen, 2009, S. 261; zur Nieden, Zustellungsverweigerung rechtsmissbräuchlicher Klagen in Deutschland nach Artikel 13 des Haager Zustellungsübereinkommens, 2010, S. 131. 374 Diesen Begriff verwenden etwa Hau, ZZPInt 6 (2001), 245 (251) und Schack, AG 2006, 823 (829). 375 Schack, a.a.O. 376 Hess, JZ 2003, 923 (926). 377 Zu dem dogmatischen Streit etwa Hager, JuS 2006, 769 (770 f.). Für eine Anwendbarkeit der Grundrechte auf die Zustellung ausländischer Klagen über Art. 1 Abs. 3 GG etwa Ghassabeh, Die Zustellung einer punitive damages-Sammelklage an beklagte deutsche Unternehmen, 2009, S. 261; Koch/Horlach/Thiel, RIW 2006, 356 (362). 378 BVerfG, Beschluss vom 9.1.2013 – 2 BvR 2805/12, BeckRS 2013, 45947.
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keine Entscheidung über den Ausgang des Verfahrens getroffen werde. 379 Das einzige Grundrecht, dessen Schutzbereich das Bundesverfassungsgericht als betroffen ansieht, ist die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG. In der Tat stellt das Bundesverfassungsgericht seit seiner Rechtsprechung in der Entscheidung „Reiten im Walde“ jedes menschliche Verhalten dem Schutzbereich dieser Vorschrift. 380 Dass das Bundesverfassungsgericht durch seine oben dargestellte Rechtsprechung auch den Empfang einer rechtsmissbräuchlichen Klage der allgemeinen Handlungsfreiheit wertet, ist jedoch insofern nicht plausibel, als auch bei der Zustellung inländischer Klagen keine Prüfung auf Rechtsmissbräuchlichkeit vorgenommen wird. Sieht man den Schutzbereich der Grundrechte als eröffnet an, so sind aber jedenfalls Zweifel am Vorliegen eines Grundrechtseingriffs berechtigt. Dieser läge nämlich lediglich in der Zustellung einer Klage und besteht demnach allenfalls in der hypothetischen Gefährdung von Vermögen, wodurch der Beklagte aber nicht mehr belastet ist als jeder andere Teilnehmer am internationalen Rechtsverkehr. 381 Überzeugend wäre es daher, die Zustellung von auf Strafschadensersatz gerichteten Klagen bereits deshalb zuzulassen, weil durch die Erledigung des Rechtshilfeersuchens noch keine unmittelbar vollendeten Tatsachen geschaffen werden, da eine Verurteilung des Beklagten eben noch nicht feststeht und sich selbst im Falle einer solchen dessen Auswirkungen auf im Inland befindliches Vermögen noch im Rahmen des Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahrens verhindern lässt. 382 Vor diesem Hintergrund bleibt zu hoffen, dass die „individualrechtliche Aufladung“ des Art. 13 Abs. 1 HZÜ eine deutsche Besonderheit bleibt und nicht auch die Gerichte anderer Staaten versuchen werden, die Vorbehaltsklausel zum Schutzschild für Inländer vor Klagen im Ausland zu machen. In Frankreich wäre nicht auszuschließen, dass die liberale Haltung der Cour de cassation zur Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über Strafschadensersatz, die der Gerichtshof in seiner Entscheidung Fountaine Pajot vom 1. Dezember 2010 383 zum Ausdruck brachte, dazu führt, dass Parteien sich schon vor der Verurteilung schützen wollen, indem sie die Zustellung durch französische Rechtshilfestellen unter Berufung auf Grundrechte verhindern zu versuchen. Dabei könnten sie sich etwa auf die Grundrechte aus der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (EMRK) stützen. 384 Es bleibt zu hoffen, dass dem interna-
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BVerfG, a.a.O. BVerfG, Beschluss vom 6.6.1989 – 1 BvR 921/85, NJW 1989, 2525. 381 Koch/Diedrich, ZIP 1994, 1830 (1832). 382 Hau, ZZPInt 6 (2001), 245 (252). 383 Siehe dazu oben, Kapitel 4, § 2, B. I. 1. b). 384 Für eine Anwendbarkeit der Rechte aus der EMRK im Rahmen von Art. 13 Abs. 1 HZÜ etwa Hau, ZZPInt 6 (2001), 245 (252). 380
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tionalen Rechtsverkehr ein solcher Justizkonflikt erspart bleibt. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass eine Zustellungsverweigerung ohnehin nicht geeignet ist, den Beklagten vor dem ausländischen Prozess zu bewahren. Zu Recht wird vielfach darauf aufmerksam gemacht, dass etwa in den USA, aus denen die überwiegende Anzahl der auf Strafschadensersatz gerichteten Klagen stammen dürfte, die fehlende Zustellung in der Regel kein Hindernis für den Fortgang des Verfahrens ist, etwa weil Ersatzzustellungen in Frage kommen.385 Zudem wird richtigerweise darauf hingewiesen, dass nach Maßgabe des Art. 15 Abs. 2 HZÜ auch ohne ein Zeugnis über die Zustellung ein Verfahren weitergeführt werden kann. 386 Ist demnach die Verweigerung der Erledigung des Rechtshilfeersuchens ohnehin nicht geeignet, inländische Beklagte vor Verfahren im Ausland zu schützen, scheint es nicht sinnvoll, den internationalen Rechtsverkehr durch die Verweigerung der Erledigung von Rechtshilfeersuchen zu belasten. Des Weiteren wird zu Recht eingewandt, dass in nur wenigen Fällen vor USGerichten, in denen Strafschadensersatz eingeklagt wird, auch tatsächlich eine entsprechende Verurteilung erfolgt. 387 Angesicht der geringen Wahrscheinlichkeit, dass Strafschadensersatz tatsächlich zugesprochen wird, dürfte es kaum gerechtfertigt sein, bereits die Zustellung der Klage zu verweigern. 388 2. Alternative: Gegenklage auf Schadensersatz Anstatt die Abwehr einer rechtsmissbräuchlichen Klage durch eine Verweigerung der Zustellung zu bemühen, könnten Unternehmen auch im jeweiligen Staat, in dem sie ihren Sitz haben, eine Gegenklage auf Ersatz des durch die im Ausland erhobene Klage entstehenden Schadens erheben. Im Schrifttum findet sich in Bezug auf deutsche Unternehmen der Vorschlag, dass diese auf Grundlage von § 826 BGB i.V.m. § 259 ZPO Ersatz des künftigen Schadens geltend machen könnten. 389 Der ersatzfähige Schaden entstehe dabei nicht erst, wenn die ausländische Entscheidung in Rechtskraft erwächst, sondern bereits mit der Klageerhebung. 390 In der Tat kann eine Klage nach § 826 BGB zur Abwehr sittenwidriger Schädigung durch im Ausland erhobene Klagen dienen. Zwar kann nicht für jede auf Strafschadensersatz gerichtete Klage Entschädigung verlangt werden, doch zumindest in Fällen solcher Verfahren, die rechtsmissbräuchlich 385 So etwa Ghassabeh, Die Zustellung einer punitive damages-Sammelklage an beklagte deutsche Unternehmen, 2009, S. 290 f.; Schack, AG 2006, 823 (827); Stürner, JZ 2006, 60 (62 ff.). Kritisch dazu Merkt, in: FS Leipold, 2009, S. 265 (277 ff.). 386 Zekoll, NJW 2003, 2885 (2887). 387 Costas-Pörksen, Anwendungsbereich und ordre public-Vorbehalt des Haager Zustellungsübereinkommens, 2016, S. 224. 388 Costas-Pörksen, a.a.O. 389 So Fölsing, IHR 2016, 17. 390 So Fölsing, IHR 2016, 17 (23).
§ 3 Zusammenfassung
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im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts initiiert wurden. 391 Auch nach französischem Recht dürfte eine Gegenklage in Betracht kommen. Grundlage für eine solche Klage könnte die Generalklausel nach Art. 1240 (Art. 1382 a.F.) C. civ. sein.
§ 3 Zusammenfassung § 3 Zusammenfassung Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass Gründe für eine unterschiedliche Behandlung des ordre public in Bezug auf Strafschadensersatz nach deutschem und französischem Recht nicht bestehen. In beiden Rechtsordnungen ist nach der jeweiligen Form des ordre public-Vorbehalts zu differenzieren: In Rechtshilfeverfahren stehen die Vorbehaltsklauseln der Zustellung von Schriftstücken in auf Strafschadensersatz gerichteten Verfahren und der Beweisaufnahme in solchen Verfahren nicht entgegen. Bei der Anwendung eines ausländischen Statuts ist die Gewährung von Strafschadensersatz durch deutsche und französische Gerichte jedoch nicht mit dem kollisionsrechtlichen ordre public vereinbar. Beim anerkennungsrechtlichen ordre public hingegen verstößt Strafschadensersatz sowohl in Deutschland als auch in Frankreich nicht per se gegen den ordre public. Gleichwohl kommt ein Verstoß gegen den ordre public dann in Betracht, wenn die zugesprochene Schadensersatzsumme unverhältnismäßig hoch ist.
391
So Fölsing, IHR 2016, 17 (24).
Kapitel 5
Die Umsetzung der Verhältnismäßigkeitskontrolle von Strafschadensersatz Nach den im vorangegangenen Kapitel getroffen Ausführungen kommt ein Verstoß gegen den ordre public in Betracht, wenn der in der ausländischen Entscheidung ausgeurteilte Strafschadensersatz unverhältnismäßig ist. Bei der Anwendung der demnach erforderlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung stellt sich zum einen die Frage, nach welchen Kriterien die Verhältnismäßigkeit zu beurteilen ist (§ 1) und zum anderen die Frage, welche Rechtsfolgen mit einem solchen Verstoß gegen den ordre public verbunden sind (§ 2).
§ 1 Kriterien der Verhältnismäßigkeit § 1 Kriterien der Verhältnismäßigkeit Kommt nach dem oben Gesagten ein Verstoß gegen den ordre public aufgrund der Höhe des ausgeurteilten Strafschadensersatz in Betracht, so stellt sich die Frage, anhand welcher Kriterien die Verhältnismäßigkeit der Höhe beurteilt werden kann. Aus Gründen der Rechtssicherheit ist es erstrebenswert, dass die von den Gerichten vorgenommene Verhältnismäßigkeitsprüfung einheitlich erfolgt.1 Daher gilt es, zuverlässige Kriterien zu finden, die von den Gerichten angewendet werden können. A. Ansätze zur Bestimmung der Verhältnismäßigkeit Um die Frage nach den anzuwendenden Kriterien zu beantworten, soll zunächst die bisherige Rechtsprechung deutscher und französischer Gerichte daraufhin untersucht werden, worauf die Entscheidungsbegründungen bei der Beurteilung der Höhe ausländischen Strafschadensersatzes gestützt wurden. In einem zweiten Schritt werden die im Schrifttum zu findenden Vorschläge dargestellt und einer Bewertung unterzogen.
1
Fages, RTD civ. 2011, 122 (126).
§ 1 Kriterien der Verhältnismäßigkeit
207
I. Kriterien der Rechtsprechung Wie in Kapitel 4 dargestellt, haben die obersten Gerichte Deutschlands und Frankreichs bei ihren Aussagen zur Verhältnismäßigkeit von Strafschadensersatz unterschiedliche Anknüpfungspunkte gewählt.2 Daher ist es nicht verwunderlich, dass sie ihre Aussagen zur Verhältnismäßigkeit auf unterschiedliche Argumente gestützt haben. 1. Kriterien der deutschen Rechtsprechung Während der BGH selber in seiner Rechtsprechung zu möglichen Kriterien zur Bestimmung der verhältnismäßigen Höhe ausländischen Strafschadensersatzes schwieg, lassen sich den Entscheidungen anderer Gerichte zumindest Anhaltspunkte entnehmen, welchen Maßstab sie anlegen würden. a) Keine Aussagen in der Rechtsprechung des BGH Als der Bundesgerichtshof in seiner oben genannten „Kalifornien“-Entscheidung aus dem Jahr 1992 entschied, dass ausländische Urteile über Strafschadensersatz wegen Verletzung des ordre public – für den auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit maßgeblich sei – in Deutschland nicht vollstreckt werden können, entschied er, dass Strafschadensersatz schon dem Grunde nach nicht anerkennungsfähig und vollstreckbar sei. Seine Ausführungen zur eigentlichen Bestimmung der Verhältnismäßigkeit der Höhe bezogen sich daher nicht auf die als Strafschadensersatz zugesprochene Summe, sondern auf die ebenfalls streitgegenständliche Entschädigung für Nichtvermögensschaden. 3 Nach seinen Ausführungen sei die Grenze, bei deren Überschreiten demnach ein im Ausland gewährter Schadensersatzanspruch nicht mehr anerkannt werden kann, in jedem Einzelfalle gesondert zu bestimmen. 4 Konkrete Kriterien zur Bestimmung der Verhältnismäßigkeit nannte der BGH in seiner Entscheidungsbegründung nicht. Er führte lediglich aus, dass die im Schrifttum vereinzelt vorgeschlagene formelhafte Typisierung der Verhältnismäßigkeitsprüfung 5 für den
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Dazu unter Kapitel 4, § 2, B. II. Demnach lässt sich entgegen der Annahme von manchen Autoren den Aussagen des BGH nicht entnehmen, dass das Verhältnis zwischen Strafschadensersatz und kompensatorischem Schadensersatz 1:1 nicht übersteigen dürfe [so aber Vanleenhove, in: De Bruyne, de Potter de ten Broeck, van Hiel (Hrsg.), Policy within and through law, 2015, S. 197 (206); ders., PYIL, Vol. 35 (2015), 235 (246); ders., Vermont Law Review, Vol. 41 (2016-2017), 347 (367)]. 4 BGH, Urteil vom 4.6.1992 – IX ZR 149/91, BGHZ 118, 312 (347); NJW 1992, 3096 (3105). 5 Dabei zitierte der BGH Stiefel/Stürner, VersR 1987, 829. Zu dieser formelhaften Typisierung weiter unten im Kapitel unter § 1, A. II. 1. 3
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Kapitel 5: Umsetzung der Verhältnismäßigkeitskontrolle
zu entscheidenden Sachverhalt nicht anwendbar sei, da der Inlandsbezug zu stark sei.6 Wie der BGH die Verhältnismäßigkeit von Strafschadensersatz beurteilen würde, wenn er wie hier vorgeschlagen als Anknüpfungspunkt der Prüfung die Höhe des Strafschadensersatz nähme, lässt sich der Entscheidung demnach nicht entnehmen. Jedoch lassen die Formulierungen in der Begründung vermuten, dass aus Sicht des BGH für die Verhältnismäßigkeit der Höhe von Strafschadensersatz insbesondere das Verhältnis zum tatsächlich erlittenen Schaden maßgeblich wäre. Der Senat spricht nämlich von „ohne festes Verhältnis zum eingetretenen Schaden“ zugesprochenen Summen und scheint sich daran zu stören, dass „der verhängte Strafschadensersatz […] höher [ist] als die Summe aller zugesprochenen Ausgleichsbeträge.“ 7 Ergänzend stellt er fest: „Sogar das hierauf anfallende Anwaltshonorar zusammen könnte nur gut ein Drittel der punitive damages ausmachen.“ In einem solchen Fall aber „würde eine Vollstreckung den Beklagten übermäßig treffen.“ 8 Parallelen könnten in der Rechtsprechung zur Verhältnismäßigkeit der Höhe von Vertragsstrafen zu finden sein. Gemäß § 343 Abs. 1 BGB kann eine unverhältnismäßig hohe Vertragsstrafe auf Antrag des Schuldners durch Urteil auf den angemessenen Betrag herabgesetzt werden. Zur Bestimmung dieser Angemessenheit bezieht sich die Rechtsprechung vor allem auf die Schwere und das Ausmaß der Zuwiderhandlung und den Grad des Verschuldens sowie das Interesse des Gläubigers an der Verhinderung der Handlung. 9 Die Übertragbarkeit dieser Maßstäbe auf die Situation der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen ist aber insoweit fragwürdig, als § 343 Abs. 1 S. 2 BGB ausdrücklich besagt, dass bei der Beurteilung der Angemessenheit jedes berechtigte Interesse des Gläubigers in Betracht zu ziehen ist, nicht bloß das Vermögensinteresse. b) Anhaltspunkte in der Rechtsprechung anderer Gerichte Wenngleich der BGH selber in seiner Leitentscheidung keine Kriterien aufgestellt hat, anhand derer sich die Verhältnismäßigkeit von ausländischem Strafschadensersatz beurteilen ließen, lassen sich gleichwohl den Entscheidungen anderer Gerichte Indizien entnehmen, welche Höhe diese Gerichte als vollstreckungsfähig erachten würden.
6 BGH, Urteil vom 4.6.1992 – IX ZR 149/91, BGHZ 118, 312 (347); NJW 1992, 3096 (3105). 7 BGH, Urteil vom 4.6.1992 – IX ZR 149/91, BGHZ 118, 312 (347); NJW 1992, 3096, Rn. 76. 8 BGH, a.a.O. 9 Gottwald, in: MüKo BGB, 6. Aufl. 2012, § 343, Rn. 18; Janoschek, in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BeckOK BGB, Edition 30 (Stand: 1.2.2014), § 343, Rn. 8.
§ 1 Kriterien der Verhältnismäßigkeit
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Eine gewisse Ahnung dessen, was das OLG München in Bezug auf ausländische Entscheidungen für unverhältnismäßig hielt, gibt ein Urteil aus dem Jahr 1992, in dem der Senat die dem Rechtsstreit zugrundeliegenden amerikanischen punitive damages als unverhältnismäßig bezeichnete.10 Dem Rechtsstreit lag ein Rechtshilfesuchen bezüglich eines Verfahrens vor dem Circuit Court of Jefferson County, Alabama zugrunde, mit dem die Zustellung einer Klage begehrt wurde, in der Schadensersatz einschließlich punitive damages in Höhe von insgesamt 500.000 $ verlangt wurde. Kurz vor der Entscheidung des OLG München verurteilte der Circuit Court of Jefferson County die Beklagten zu Schadensersatz (compensatory damages) in Höhe von 4000 $ und zu einem weiteren Schadensersatz wegen punitive damages von 4.000.000 $. Worauf das OLG die aus seiner Sicht bestehende Unverhältnismäßigkeit stützte, lässt sich seinen Ausführungen nicht entnehmen. Da in der Entscheidung außer den zugesprochen Summen jedoch kaum Tatsachen aus dem Sachverhalt des Ausgangsurteils erwähnt werden, kann angenommen werden, dass für das OLG das Verhältnis zwischen Strafschadensersatz und tatsächlichem Schaden maßgeblich war. Man könnte ferner meinen, dass das Bundesverfassungsgericht bestimmten Kriterien eine Abfuhr erteilt habe, als es mit Beschluss vom 9. Januar 2013 über die Verfassungsmäßigkeit der Zustellung einer auf Strafschadensersatz gerichteten Klage entschied.11 In der Entscheidung traf es die Aussage, dass ein Schaden nicht mit dem Nutzen für den Schädiger korrelieren müsse.12 Auch sei es nicht Aufgabe der deutschen Hoheitsträger, selbständig eine mögliche Schadenssumme zu ermitteln und diese ins Verhältnis zum schädigenden Ereignis oder gar der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Zustellungsempfängers zu setzen.13 Im Hinblick auf diese Ausführungen könnte man in Erwägung ziehen, dass das Gericht damit gleichzeitig die Aussage getroffen habe, dass der tatsächliche Schaden oder die finanzielle Leistungsfähigkeit des Schuldners aus Sicht des BVerfG nicht als Kriterien für die Verhältnismäßigkeit des Strafschadensersatzes heranzuziehen seien. Eine solche Lesart der Entscheidung würde jedoch zu weit gehen. Die Aussagen sind vielmehr im Lichte der Situation einer Klagezustellung zu sehen. Bei der Zustellung einer Klage ist es nämlich nicht praktikabel, eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen, da eine Teillösung im Falle einer Unverhältnismäßigkeit nicht möglich ist. Liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit aufgrund der Höhe des geltend gemachten Strafschadensersatzes vor, ist eine Teilzustellung nicht denkbar, 10 OLG München, Urteil vom 15.7.1992, NJW 1992, 3113; WM 1992, 1465: „Bei dieser Beurteilung verbleibt es auch dann, wenn punitive damages, wie hier, in unverhältnismäßiger Höhe beantragt sind […]“. 11 BVerfG, Beschluss vom 9.1.2013 – 2 BvR 2805/12, NJW 2013, 990; NZG 2013, 628; WM 2013, 288. 12 BVerfG, a.a.O. 13 BVerfG, a.a.O.
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Kapitel 5: Umsetzung der Verhältnismäßigkeitskontrolle
wenn nicht schon durch den Kläger eine Aufspaltung in Teilklagen vorgenommen wurde.14 Es geht also letztlich um eine „Ja oder Nein“-Entscheidung bezüglich der Zustellung, vor deren Hintergrund es in der Tat nicht Aufgabe des Gerichts sein kann, eine mögliche Schadenssumme zu ermitteln. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der spätere Ausgang des Verfahrens zum Zeitpunkt der Klagezustellung noch völlig offen sein dürfte. Im Hinblick auf diese Besonderheiten der Situation einer Klagezustellung ist die Entscheidung des BVerfG daher nicht dahin zu interpretieren, dass das Gericht gleichzeitig Kriterien für die Bestimmung der Verhältnismäßigkeit im Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren eine Absage erteilen wollte. 2. Kriterien der Cour de cassation In dem Urteil in der Rechtssache Fountaine Pajot vom 1. Dezember 2010 hat sich die Cour de cassation zweier Kriterien bedient, um die Unverhältnismäßigkeit der in der dem Urteil zugrunde liegenden Entscheidung ausgeurteilten punitive damages zu bestimmen. Maßgeblich seien zum einen der erlittene Schaden (préjudice subi) und zum anderen der Verstoß gegen die Verpflichtungen des Schuldners („manquements aux obligations contractuelles du débiteur“).15 Trotz der Verwendung der Präposition „et“ (und) wird aus der Entscheidung gefolgert, dass es für das Exequatur ausreiche, wenn der ausländische Strafschadensersatz im Hinblick auf nur eines der beiden Kriterien verhältnismäßig sei. 16 Demnach können die Kriterien kumulativ berücksichtigt werden, müssen dies aber nicht. 17 Aus der Verwendung des Begriffs manifeste (offensichtlich) – im Gegensatz zum Wortlaut des Art. 1231-5 al.2 (Art. 1152 al. 2 a.F.) C. civ. – wird gefolgert, dass die richterliche Kontrolle in ihrem Umfang beschränkt ist. 18 Um zu beurteilen, inwiefern diese beschränkte Kontrolle möglich ist, sollen die von der Cour de cassation herangezogen Kriterien einer näheren Betrachtung unterzogen werden. a) Der erlittene Schaden Inwiefern die Höhe des erlittenen Schadens den noch als verhältnismäßig anzusehenden Strafschadensersatz bestimmt, hat die Cour de cassation nicht festgelegt. Überwiegend wird das Urteil aber dahingehend verstanden, dass die Höhe des tatsächlich erlittenen Schadens die Obergrenze für den Strafschadensersatz darstellt, der Strafschadensersatz also nicht höher ausfallen dürfe 14
Dazu Stadler, JZ 1995, 718 (721). Auch die Entscheidungen der Gerichte, welche die Entscheidung der C. Cass. in Fountaine Pajot bislang auf andere Fälle angewendet haben, haben sich dieser Kriterien bedient, siehe CA Poitiers, Urteil vom 4.3.2011, N° 09/02077. 16 Delebecque, RTD com. 2011, 666 f. 17 So auch Juen, RTD Civ. 2017, 565, n° 25. 18 Juvénal, JCP G, 2011, 257 (259). 15
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als der kompensatorische Schadensersatz.19 Grundlage für diese Interpretation ist, dass in dem der Entscheidung der Cour de cassation zugrunde liegenden Ausgangsverfahren die zugesprochenen punitive damages die Höhe des kompensatorischen Schadensersatzes leicht überstiegen (1.391.650 $ gegenüber punitive damages in Höhe von 1.460.000 $), so dass es sich quasi um ein Verhältnis von 1:1 handelte. 20 Im Schrifttum ist dieses von der Cour de cassation herangezogenen Kriterium auf Kritik gestoßen. Zum einen wird diesem Kriterium entgegengehalten, dass die Bezugnahme auf den erlittenen Schaden dem Sinn und Zweck von Strafschadensersatz zuwiderlaufe, da dieser darauf abziele, zu bestrafen und abzuschrecken – unabhängig von einem Schaden. 21 Der Geschädigte habe nicht mehr Gegenstand der Betrachtung zu sein, sondern es gehe darum, den Verursacher von einer solchen Handlung abzuhalten. Aus diesem Grund sei der erlittene Schaden kein geeigneter Parameter, um die Verhältnismäßigkeit der Höhe zu beurteilen.22 Auch liege der Schwerpunkt der Begründung letztlich allein auf dem Schaden und dem mathematischen Verhältnis zwischen kompensatorischem Schadensersatz und Strafschadensersatz, ohne dass eine wirkliche Abwägung stattfinde. 23 Aus diesen Gründen sei die von der Cour de cassation nach oben genannter Lesart aufgestellte Regel, dass der Strafschadensersatz den kompensatorischen Schaden nicht überschreiten dürfe, abzulehnen. 24 Ferner wird angemerkt, dass das Kriterium für schuldrechtliche Angelegenheiten ungenau sei, da nicht feststehe, ob nur das positive oder auch das negative Interesse des Gläubigers erfasst ist. 25 Ob der Strafschadensersatz in einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden steht, lässt sich allenfalls dann mit einiger Sicherheit beurteilen, wenn er lediglich einen Bruchteil des kompensatorischen Schadensersatzes
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Nourissat, JCP G, 2011, n° 158, 288 (289). Entgegen der Annahme von Vanleenhove (in: De Bruyne, de Potter de ten Broeck, van Hiel (Hrsg.), Policy within and through law, 2015, S. 197 (206) sowie PYIL, Vol. 35 (2015), 235 (246)) folgte die Cour de cassation dabei aber nicht demselben Ansatz wie der Bundesgerichtshof. Dessen Aussagen bezogen sich vielmehr auf Ersatz für Nichtvermögensschaden, nicht auf das Verhältnis zwischen Strafschadensersatz und kompensatorischer Entschädigung, siehe dazu oben unter Kapitel 5, § 1, A. 1. a). 20 Requejo Isidro, in: Meurkens/Nordin (Hrsg.), The Power of Punitive Damages – Is Europe Missing Out?, 2012, S. 311 (322); Vanleenhove/De Bruyne, 14 Va. Sports & Ent. L.J. (2014), 50 (68). 21 D’Avout, D. 2011, 2434; Licari, D. 2011, 423 (426); Wester-Ouisse, RCA 2011, 7 (10); Cartier-Frenois, Dommages-intérêts punitifs et ordre public international: une compatibilité soumise à réserve. 22 Carval, RdC 2011, 459 (462); Wester-Ouisse, a.a.O. 23 Licari, D. 2011, 423 (426). 24 Attal, Droit et Patrimoine, n° 205 2011, 42. 25 Cachard, DMF 2011, 331 (339).
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ausmacht. Hinsichtlich eines kanadischen Urteils 26, in dem einer der Beklagten zu 100.000 $ Schadensersatz bei einem Gesamtschaden in Höhe von mehr als einer Millionen $ zugesprochen wurde, geht etwa Gardner in wohl zutreffender Weise davon aus, dass der Strafschadensersatz verhältnismäßig in Bezug auf den erlittenen Schaden sein dürfte.27 Wie die Bewertung aus Sicht der Cour de cassation vorzunehmen wäre, wenn der Strafschadensersatz einen größeren Anteil des erlittenen Schadens ausmacht oder diesen sogar übersteigt, lässt sich jedoch nur mutmaßen. b) Verschulden des Schädigers Das zweite Kriterium, das die Cour de cassation zur Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der ausländischen Verurteilung zu punitive damages zu beurteilen, ist das Verschulden des Schuldners beim Nachkommen seiner vertraglichen Verpflichtungen („manquements aux obligations contractuelles du débiteur“). Damit unterscheidet sich die von der Cour de cassation vollzogene Überprüfung der Schadensersatzhöhe bei der Urteilsanerkennung von derjenigen bei Vertragsstrafen nach Art. 1231-5 al. 2 (Art. 1152 al. 2 a.F.) C. civ., wo das Verhalten des Schuldners keine Rolle spielt, sondern die exzessive Höhe allein anhand des Schadens beurteilt wird.28 Dem Kriterium des Verschuldens hinsichtlich der vertraglichen Pflichten wird von manchen Autoren entgegengehalten, dass nach US-amerikanischem Recht punitive damages üblicherweise nur dann für Verletzung vertraglicher Pflichten zugesprochen werden, wenn dieses Verhalten gleichzeitig eine deliktische Handlung (tort) darstellt.29 Ein geeigneteres Kriterium wäre gewesen, auf die Schwere des Fehlverhaltens des Schuldners zu verweisen. 30 In der Tat bestimmt auch das kalifornische Recht, das in dem der Entscheidung Fountaine Pajot zugrundeliegenden Urteil angewandt worden war, in § 3924(a) Civil code31, dass punitive damages nur bei der Verletzung solcher Pflichten, die nicht aus einem Vertrag folgen, möglich sind. 32 26
Cour suprême du Canada, Urteil vom 23.12.2013, 2013 CSC 73, Cinar Corporation c. Robinson. 27 Gardner, RJO 2014, 37 (47, dortige Fn. 8). 28 Fages, RTD civ. 2011, 122. 29 So Boskovic, JDI 2011, 614 (618); Meyer Fabre, Mealy’s International Arbitration Report, Vol. 26 (2011), 1 (4). 30 Boskovic, a.a.O; Meyer Fabre, a.a.O. 31 Der Wortlaut der Vorschrift lautet: „In an action for the breach of an obligation not arising from contract, where it is proven by clear and convincing evidence that the defendant has been guilty of oppression, fraud, or malice, the plaintiff, in addition to the actual damages, may recover damages for the sake of example and by way of punishing the defendant.“ 32 Näher zur Rechtslage für punitive damages nach kalifornischem Recht etwa MörsdorfSchulte, USA. Punitive Damages – Begrenzende Gesetzgebung zu Punitive Damages in den USA, 1993, S. 20 ff.
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Darüber hinaus wird im Schrifttum auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die der Verweis auf das Verhalten des Schuldners aufwirft: Zum einen kann auf dieses Kriterium nur dann abgestellt werden, wenn der schuldhafte Charakter des Verhaltens des Schädigers und seine Schwere eindeutig in der ausländischen Entscheidung selber festgestellt und begründet sind. 33 Zum anderen müssten ergänzende Kriterien herangezogen werden, da keine gesetzliche Bestimmung die Untergrenze oder Berechnungsweise des Strafschadensersatzes regelt, so dass die Bemessung der Folgen der unterschiedlichen Vorsatzformen schwierig sei. 34 Darüber hinaus wird die Frage aufgeworfen, nach welchem Recht die Schwere des Verschuldens zu beurteilen ist – nach dem durch das Ausgangsgericht angewendeten nationalen Rechts oder der lex fori des Vollstreckungsgerichts.35 Auch wird die Ansicht vertreten, dass das Urteil der Cour de cassation zeige, wie unzuverlässig das in Bezug genommene Kriterium ist, da der Gerichtshof keinerlei Aussage zur Schuld der beklagten Gesellschaft Fountaine Pajot traf, obwohl ihr Verhalten sogar nicht nur in einer reinen Nicht-Ausführung der vertraglichen Verpflichtung bestand, sondern sogar in einer vorsätzlichen Täuschung. 36 Diese Kritik zeigt in der Tat die Schwächen auf, die das Kriterium des Verschuldens aufweist. Angesichts der Schwierigkeiten, die sich bei diesem Kriterium stellen, ist davon auszugehen, dass Gerichte sich primär auf das Kriterium des erlittenen Schadens stützen werden, um eine Unverhältnismäßigkeit zu begründen. Bestätigt wird diese Einschätzung durch die in Kapitel 4 37 erwähnte Entscheidung der Cour d’appel de Poitiers, mit der das Gericht einer texanischen Entscheidung über Strafschadensersatz die Vollstreckung verweigerte. 38 Dort nahm das Gericht zwar auf beide von der Cour de cassation aufgeführten Kriterien Bezug, ohne aber näher auf das Verschulden der Beklagten des Ausgangsverfahrens einzugehen. Angesichts dieser fehlenden Ausführungen zu der konkreten Anwendung der Kriterien in Fountaine Pajot lässt sich ähnlich wie dem Urteil des US Supreme Court zur Höhe von Strafschadensersatz in BMW of North America, Inc. v. Gore39 auch der Cour de cassation vorwerfen, dass sie letztlich eine „just too big“-Argumentation vorgenommen hat. 40
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Juvénal, JCP G 2011, 257 (259). Wester-Ouisse, RCA 2011, 7 (10). 35 Sagot-Duvauroux, Lexbase La lettre juridique n° 425, 1 (6). 36 Licari, D. 2011, 423 (426). 37 Dazu unter Kapitel 4, § 2, B. I. 1. b). 38 CA Poitiers, 1re ch., Urteil vom 4.2.2011, n° 09/02077. 39 517 U.S. 559, 585–586 (1996). 40 Diesen Begriff der „just too big rationale“ verwendet Zipursky, 84 Tex. L. Rev. (2005– 2006), 105 (119 f.). 34
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II. Ansätze im Schrifttum Die oben dargestellten Kriterien der Rechtsprechung dürften den Fachgerichten Schwierigkeiten bereiten, die Verhältnismäßigkeit der Höhe ausländischen Schadensersatzes zu bestimmen. 41 Denn auch wenn die Cour de cassation Kriterien aufgezeigt hat, anhand derer die Verhältnismäßigkeit zu bemessen sei, sagt das Urteil nichts darüber aus, auf welche Weise die Kriterien durch die Gerichte angewendet werden sollen.42 Manche Autoren fühlen sich daher durch die Entscheidung der Cour de cassation an die durch den Richter am amerikanischen Supreme Court Potter Stewart verwendete Formulierung „I know it when I see it“ erinnert.43 In der Rechtssache Jacobellis v. Ohio44 aus dem Jahre 1964 sah sich Justice Stewart nicht in der Lage, eine Definition für nicht die unter das Recht auf Meinungsäußerung fallende „hard-core pornography“ zu geben, derartige Medien aber bei Augenschein als solche erkennen zu können. 45 In der Tat scheint ähnlich wie Justice Stewart in besagter Rechtssache auch die Cour de cassation in Fountaine Pajot sich außerstande gesehen zu haben, eine Definition des entscheidenden Begriffes in diesem Fall der Begriff der Verhältnismäßigkeit abzugeben, gleichwohl im Hinblick auf Tatsachen (in dem Fall die ausgeurteilte Summe) die Definition aber als erfüllt ansehen zu wollen. Wenn die Unverhältnismäßigkeitsprüfung aber mehr sein soll als ein bequemes Argument, um die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen abzulehnen, sind Kriterien erforderlich, die es den Gerichten ermöglichen, die Verhältnismäßigkeit objektiv zu bestimmen. Solche Kriterien könnten durch das Schrifttum entwickelt werden, um die von der Rechtsprechung offen gelassenen Fragen zu beantworten. Bei deutschen und französischen Autoren finden sich bereits einige Vorschläge, wie man die Verhältnismäßigkeit von in ausländischen Entscheidungen zugesprochenen Strafschadensersatzes beurteilen könnte. Diese Ideen sollen im Folgenden auf ihre Anwendbarkeit hin untersucht werden. 1. „Differenzierter Vergleichsmaßstab“ Im deutschen Schrifttum schlagen Stiefel und Stürner eine Vorgehensweise vor, die sie im Hinblick auf amerikanische punitive damages entwickelt haben und
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So auch Vanleenhove/De Bruyne, 14 Va. Sports & Ent. L.J. (2014), 50 (68). Zu den auch nach der Entscheigung bestehenden Unsicherheiten auch Juen, RTD Civ. 2017, 565, n° 27. 43 Grangé, Int. A.L.R. 2011, N-3. 44 378 U.S. 184. 45 Wörtlich heißt es in dem Urteil: „I shall not today attempt further to define the kinds of material I understand to be embraced within that shorthand description, and perhaps I could never succeed in intelligibly doing so. But I know it when I see it, and the motion picture involved in this case is not that.“ 42
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die sie selbst als „differenzierten Vergleichsmaßstab“ bezeichnen. 46 Dabei werden die verschiedenen Bereiche des Schadensersatzrechts auf die ihnen jeweils zugrundeliegenden Prinzipien untersucht und im Anschluss geprüft, ob punitive damages mit den Grundsätzen der einzelnen Bereiche vereinbar sind. Hinsichtlich des Ersatzes immaterieller Schäden soll der Betrag zunächst durch einen Kaufkraftzuschlag oder -abschlag an amerikanische Binnenmarktverhältnisse angepasst werden und darauf ein Toleranzzuschlag in Höhe von 50 Prozent gegeben werden. Dies sei sodann in die ausländische Währung, in der die Summe ausgeurteilt wurde, umzurechnen.47 Der anhand dieser Formel errechnete Betrag sei anerkennungsfähig, während der darüber hinausgehende Teil des vom ausländischen Gericht zugesprochenen Betrages gegen den deutschen ordre public verstoße und dementsprechend nicht anerkannt werden könne.48 Dieser Ansatz weist gewisse Parallelen zu der oben genannten Entscheidung des OLG Düsseldorf49 auf, in der das Gericht im Ergebnis das Vierfache dessen, was nach deutschen Verhältnissen als Schmerzensgeld für gerechtfertigt erscheine, für die Grenze dessen hielt, was anerkennungsfähig sei.50 In der Kalifornien-Entscheidung des BGH vom 4. Juni 1992 lehnte der Gerichtshof eine Anwendung dieser formelhaften Typisierung der Verhältnismäßigkeitsprüfung, wie sie von Stiefel und Stürner vorgeschlagen wird, für den zu entscheidenden Sachverhalt ab, da der dort vorliegende Inlandsbezug zu schwach sei.51 Ob er in Fällen mit stärkeren Inlandsbezug anwendbar sei, ließ das Gericht somit offen. Zu Recht wird dem Ansatz aber entgegengehalten, dass durch die isolierende Betrachtungsweise kein echter funktionaler Vergleich durchgeführt werden könnte, da die Einbindung von punitive damages in das US-amerikanische System des Schadensausgleichs bzw. der Schadensverhütung sowie die hinter dem deutschen Haftungssystem stehenden Ziele nicht berücksichtigt werden. 52 2. Bestimmung anhand abstrakter Formeln Ferner wird im Schrifttum vorgeschlagen, den anerkennungsfähigen Betrag mit Hilfe fester Toleranzquoten zu berechnen, etwa indem die nach deutschem Recht in vergleichbaren Fällen zu erwartende Schmerzensgeldsumme mit diesen Quoten multipliziert wird. Deutsch etwa vertritt die Auffassung, dass eine 46
Stiefel/Stürner, VersR 1987, 829 (837). Stiefel/Stürner, VersR 1987, 829 (840). 48 Stiefel/Stürner, a.a.O. 49 OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.5.1991, r+s 1991, 339. 50 Zu dieser Parallele auch Rosengarten, Punitive damages und ihre Anerkennung und Vollstreckung in der Bundesrepublik Deutschland, 1994, S. 170. 51 BGH, Urteil vom 4.6.1992 – IX ZR 149/91, NJW 1992, 3096 (3105). 52 So Rosengarten, Punitive damages und ihre Anerkennung und Vollstreckung in der Bundesrepublik Deutschland, 1994, S. 169. 47
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Summe, die das Fünf- oder Zehnfache des hier Üblichen beträgt, dem ordre public widerspreche.53 In eine ähnliche Richtung argumentiert von Danwitz, der für die Bestimmung eines angemessenen Verhältnisses von Schaden und Strafe auf eine angeblich im Kriegsvölkerrecht entwickelte Erkenntnis zurückgreifen will, derzufolge ein Verhältnis von 1:10 nicht mehr als verhältnismäßig anzusehen ist.54 Andere Autoren sehen eine Überschreitung des tatsächlichen Schadens um 50 Prozent als nicht mit dem ordre public vereinbar an.55 Im jüngeren Schrifttum schlägt Vanleenhove ein Verhältnis von 1:1 als grundsätzliche Grenze vor.56 Solchen festen Toleranzquoten wird jedoch zu Recht entgegengehalten, dass eine solche formelhafte Typisierung willkürlich ausfällt. 57 Wie George P. Fletcher es in Bezug auf die Rechtsprechung des U.S. Supreme Court anschaulich zum Ausdruck bringt, wäre ein solcher starrer Ansatz ebenso willkürlich wie die biblische Aussage zum Diebstahl von Ochsen und Schafen. 58 3. Finanzielle Leistungsfähigkeit des Schuldners Ein weiterer Vorschlag sieht vor, die finanziellen Kapazitäten des Schuldners bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Strafschadensersatzes zu berücksichtigen.59 Der Gedanke ist insofern nicht fernliegend, als auch bei der
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Deutsch, JZ 1993, 266 (267). von Danwitz, DÖV 2004, 501 (510). 55 Strebel, 21 Loy. L.A. Int´l & Comp. L.J. (1999), 55 (104–105), dortige Fn. 291. 56 Vanleenhove, Vermont Law Review, Vol. 41 (2016-2017), 347 (389 ff.); ders., Punitive Damages in Private International Law, 2016, S. 221 ff. Dieser Wert sei in Einzelfällen jedoch entsprechend dem Inlandsbezug einerseits und der Art der geschützten Interessen andererseits anzupassen. Unklar dabei bleibt jedoch, wie diese Beurteilung im Einzelfall ausfallen soll. Zu den Gründen gegen eine Berücksichigung der Stärke des Inlandsbezungs siehe Kapitel 5, § 1, A. II. 7. 57 Burst, Pönale Momente im ausländischen Privatrecht und deutscher ordre public, 1994, S. 182. Kritisch zu quantitativen Grenzen auch Tescaro, ZEuP 2018, 459 (476), dortige Fn. 43. 58 Fletcher, Tort Liability for Human Rights Abuses, 2008, S. 61: „if it [Supreme Court] set a specif number – say, punitive four or five times compensatory – it would seem just as arbitrary as the biblical rule on stealing oxen and sheep.“ Gemeint sein dürfte Exodus 21, 37: „Wenn jemand einen Ochsen oder ein Schaf stiehlt und schlachtet's oder verkauft's, der soll fünf Ochsen für einen Ochsen wiedergeben und vier Schafe für ein Schaf.“ Diese Passage wird im Übrigen bisweilen als Beleg dafür herangezogen, dass die Bibel Ansätze von Strafschadensersatz enthalte, z.B. durch Vanleenhove, Punitive Damages in Private International Law, 2016, S. 13, Rn. 32. 59 So etwa Cachard, DMF 2011, 331 (339); Licari, JDI 2010, 1230 (1260); Mekki, Gaz.Pal., n° 124–125 vom 5.5.2011, 1576. 54
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Verurteilung zu Strafschadensersatz durch ausländische Gerichte die finanzielle Situation des Schädigers Berücksichtigung findet. 60 Die Überlegung, die finanzielle Leistungsfähigkeit beim Exequatur einer ausländischen Entscheidung zu berücksichtigen, klang in der Leitentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 4. Juni 1992 an, wurde dort aber für den zu entscheidenden Fall offen gelassen. 61 Aufgeschlossener gegenüber der Berücksichtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit schien das Bundesverfassungsgericht zu sein. Dessen Beschluss zur Zustellung einer auf punitive damages gerichteten Klage, in dem es ausführte, dass eine Unvereinbarkeit einer Zustellung mit unverzichtbaren Grundsätzen eines freiheitlichen Rechtsstaates bei „Forderungen von Strafschadensersatz in für einen Beschwerdeführer existenzgefährdender Höhe“ jedenfalls dann nicht schlechthin ausgeschlossen ist, wenn diese Forderungen als offensichtlich rechtsmissbräuchlich erscheinen, 62 wurde vereinzelt dahingehend verstanden, dass das Gericht die Existenzgefährdung als Grenze der Verfassungs- und damit der Verhältnismäßigkeit ansehe. 63 Diese Auslegung geht jedoch insofern zu weit, als das Bundesverfassungsgericht die Möglichkeit einer ordre public-Widrigkeit nicht auf die Existenzgefährdung selber stützte, sondern auf einen etwaigen rechtsmissbräuchlichen Charakter der Klage. In jedem Fall ist dieser Interpretation der Rechtsprechung durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Januar 2013 die Grundlage entzogen worden. In dieser ebenfalls zur Zustellung einer auf Strafschadensersatz gerichteten Klage ergangenen Entscheidung ist hinsichtlich der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Schuldners als Kriterium für die Verhältnismäßigkeit insofern Skepsis herauszulesen, als das Gericht zum durch die Beschwerdeführerin vorgetragenen Argument, der geltend gemachte Betrag sei maßlos überhöht, ausführte, es sei „nicht Aufgabe der um Zustellung ersuchten 60 Zur Berücksichtigung des Schuldnervermögens bei der Gewährung von amerikanischen punitive damages etwa Hylton, 17 Widener L.J. (2007–2008), 927; Sebok, in: Koziol/Wilcox (Hrsg.), Punitive Damages: Common Law and Civil Law Perspectives, 2009, S. 155 (186). Ferner auch Polinsky/Shavell, in: Faure (Hrsg.), Tort Law and Economics, 2009, S. 228 (239), die sich zu diesem Ansatz kritisch äußern, da bei risikoneutralem Verhalten das Handeln nicht von der Vermögenssituation abhängt und daher kein Grund bestehe, Schadensersatz und Vermögenssituation zu verknüpfen. Ein Beispiel aus jüngerer Zeit, in dem ein amerikanisches Gericht die finanzielle Leistungsfähigkeit des beklagten Unternehmens berücksichtigt hat, bietet das Urteil des U.S. District Court for the Eastern District of California vom 3.12.2014 in der Rechtssache Mitri v. Walgreen Company, Case No. 1:10-CV-00538 AWI SKO. Darin begründete das Gericht das Verhältnis zwischen Strafschadensersatz und kompensatorischem Schadensersatz in Höhe von 13:1 mit dem Vermögen der Beklagten. 61 BGH, Urteil vom 4.6.1992 – IX ZR 149/91, BGHZ 118, 312; ZIP 1992, 1256 (1270). Der Senat führte dabei aus: „Ob anderes gelten müßte, wenn die dem Kl. zuerkannten Schadensersatzbeträge zu der finanziellen Leistungskraft des Bekl. außer jedem Verhältnis stünden, kann offenbleiben.“ 62 BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 24.1.2007, 2 BvR 1133/04, JZ 2007, 1046. 63 In diesem Sinne Poelzig, Normdurchsetzung durch Privatrecht, 2012, S. 358.
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deutschen Hoheitsträger, selbständig eine mögliche Schadenssumme zu ermitteln und diese ins Verhältnis zu […] der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Zustellungsempfängers zu setzen.“64 Auch in Frankreich hat sich die höchstrichterliche Rechtsprechung bislang nicht auf die finanzielle Leistungsfähigkeit als Argument für die Unverhältnismäßigkeit gestützt. In ihrer Entscheidung in Fountaine Pajot hat die Cour de cassation keine diesbezüglichen Ausführungen gemacht. Gleichwohl wird bisweilen angenommen, dass die finanziellen Kapazitäten des Vollstreckungsgegners einen gewissen Einfluss gehabt haben. In dem der dortigen Entscheidung zugrunde liegenden ausländischen Urteil hatte das kalifornische Gericht angemerkt, dass die zugesprochenen punitive damages etwa 20 Prozent des Umsatzes des Beklagten entspreche. Auch wenn die Cour de cassation auf diesen Umstand in ihrer Begründung keinen Bezug genommen hat, wird vereinzelt angenommen, dass sie sich von ihm zumindest hat beeinflussen lassen. 65 In Frankreich wird angesichts der Überlegung, die finanzielle Leistungskraft des Schuldners zu berücksichtigen, gleichwohl darauf hingewiesen, dass auch dort die Verurteilungen zu Schadensersatz die finanziellen Möglichkeiten des Verurteilten außer Acht lassen und diese daher um ein Vielfaches übersteigen können, wie etwa die Verurteilung des ehemaligen Börsenhändlers Jerôme Kerviel zur Zahlung einer Rekord-Summe von mehr als 4,9 Milliarden € an seinen ehemaligen Arbeitgeber, die Bank Société Générale, verdeutliche. 66 Begründet wird der Vorschlag, das Einkommen oder den Umsatz des Schuldners zu berücksichtigen, damit, dass er die für die Strafe erforderliche Vorhersehbarkeit biete und es gewährleiste, dass die Höhe des Schadensersatzes keine dermaßen erdrückende Wirkung entfalte, dass das wirtschaftliche Überleben gefährdet werde.67 Vorschläge, auf welche Weise der als zulässig zu erachtende Strafschadensersatz an einen Teilbetrag des Einkommens oder Umsatzes geknüpft werden könnte, bleiben die Autoren, die diese Idee befürworten, schuldig. Sofern man 64
BVerfG, Beschluss vom 9.1.2013 – 2 BvR 2805/12, NJW 2013, 990; NZG 2013, 628; WM 2013, 288. Siehe dazu auch die Anmerkung von Müller in GRUR-Prax 2013, 148. 65 Ancel, Revue de Jurisprudence Commerciale 2011, 270 (288). 66 So Fages, RTD civ. 2011, 122, mit Verweis auf TGI Paris, Urteil vom 5.10.2010, Bulletin Joly Bourse 2011, 37; zustimmend Terré/Simler/Lequette, Droit civil – Les obligations, 11. Aufl. 2013, Rn. 689, S. 743, dortige Fn. 2. Die Rechtssache wird im Übrigen als Beispiel für eine zunehmende Wechselwirkung zwischen strafrechtlicher Sanktionierung und zivilrechtlicher Haftung gesehen, siehe Corgas-Bernard, RCA n° 5 2005, 7. Die Cour de cassation hat die zivilrechtliche Verurteilung zwischenzeitlich aufgehoben, da das Verschulden der Société générale bei der Bestimmung durch das Berufungsgericht nicht hinreichend berücksichtigt worden sei: C. Cass., ch. crim., pourvoi n° 1193. In der darauffolgenden Entscheidung der CA Versailles vom 23.9.2016 (Rs. n° 14/01570) hat diese eine deutlich niedrigere Summe zugesprochen. 67 Wester-Ouisse, RCA 2011, 7 (10).
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dieser Auffassung folgen wollte, würde es sich aber anbieten, sich an den bereits bestehenden gesetzlichen Regelungen zu Geldbußen für Wettbewerbsbeschränkungen zu orientieren, welche ebenfalls an den Umsatz der betreffenden Unternehmen anknüpfen. So bestimmt im deutschen Recht etwa § 81 Abs. 4 S. 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) 68 , dass eine Geldbuße gegen ein Unternehmen oder eine Unternehmensvereinigung 10 Prozent des der Behördenentscheidung vorausgegangenen Geschäftsjahrs erzielen Gesamtumsatz nicht übersteigen darf. Vergleichbare Regelungen, die ebenfalls auf die Höhe von 10 Prozent des Umsatzes abstellen, finden sich für das französische Recht in Art. L. 464-2 al. 1 Code de commerce und für das Unionsrecht in Art. 23 Abs. 2 S. 2 der Verordnung 1/2003.69 Diese Grenze von 10 Prozent scheint allgemein als am ehesten geeignet, um der vielgestaltigen Unternehmenslandschaft Rechnung zu tragen. Es wäre daher denkbar, für die Bestimmung der Höhe des anerkennungsfähigen Strafschadensersatzes auf diese Schwelle von 10 Prozent des Umsatzes zurückzugreifen, sofern man – entgegen der hier vertretenen Auffassung – auf den Umsatz zur Bestimmung der Verhältnismäßigkeit abstellen möchte. Diese Schwelle dürfte auch im Einklang stehen mit der Rechtsprechung der Cour de cassation in der Rechtssache Fountaine Pajot. In dem der dortigen Entscheidung zugrunde liegenden ausländischen Urteil hatte das kalifornische Gericht wie oben erwähnt angemerkt, dass die zugesprochenen punitive damages etwa 20 Prozent des Umsatzes des Beklagten entspreche. Mit einer Schwelle von 10 Prozent hingegen befände man sich jedenfalls unterhalb dieses Wertes. Überzeugender ist es aber, die finanzielle Leistungskraft des Schuldners bei der Bestimmung der Verhältnismäßigkeit der anerkennungs- und vollstreckungsfähigen Höhe außer Betracht zu lassen. Die Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit wäre nämlich insofern systemfremd, als sie im deutschen und französischen Schadensrecht unbeachtlich für den Bestand eines Haftungsanspruchs nach Grund und Höhe ist.70 Zwar hat die deutsche Rechtsprechung frü-
68 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 26.6.2013 (BGBl. I S. 1750, 3245), das durch Artikel 5 des Gesetzes vom 13.10.2016 (BGBl. I S. 2258) geändert worden ist. 69 Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16.12.2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln, ABl. L 1 vom 4.1.2003, S. 1. 70 Zur Unbeachtlichkeit der finanziellen Leistungsfähigkeit im deutschen Schadensersatzrecht Bungert, ZIP 1993, 815 (822), dortige Fn. 77. Bezüglich des deutschen Rechts Schadensersatzrecht Le Gallou, La notion d’indemnité en droit privé, 2007, S. 257 f. (n° 306). Auch die französische Rechtsprechung betont gelegentlich, dass die finanzielleLeistungsfähigkeit für die Höhe des Schadensersatzes unbeachtlich ist, so z.B. CA Versailles, 3 e ch., Urteil vom 7.7.2016 in der Rechtssache n° 15/07632: „Il convient de rappeler que le principe qui, en droit positif français, gouverne le régime de la réparation d'un préjudice est
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her für den Ersatz immaterieller Schäden nach § 847 BGB a.F. Vermögensverhältnisse des Schädigers als maßgebliches Kriterium für die Bemessung der Entschädigung herangezogen, 71 doch ist aufgrund eines Vorlagebeschlusses an den Großen Senat des BGH zweifelhaft, ob an dieser Rechtsprechung festgehalten oder wie der vorlegende Zweite Strafsenat vorschlägt, die wirtschaftlichen Verhältnisse bei der Bemessung der billigen Entschädigung in Geld nach § 253 Abs. 2 BGB unberücksichtigt bleiben.72 Vor dem Hintergrund dieser Systemfremdheit der Berücksichtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit hat auch zu Recht das OLG Düsseldorf zur Frage der Vollstreckbarkeit eines Schiedsspruchs auf das Argument einer Partei, der ordre public stehe der Vollstreckung entgegen, wenn die dem Kläger zuerkannten Schadensersatzbeträge außer jedem Verhältnis zu der finanziellen Leistungskraft des Beklagten stünden, in einem obiter dictum erwidert, dass „das deutsche Recht keinen Schutz davor [gewährleistet], dass Geschädigten Schadensersatzansprüche zuerkannt werden, die die Leistungskraft des Schädigers weit übersteigen.“73 Dass auch in Frankreich die finanzielle Leistungsfähigkeit bei Haftungsfragen unbeachtlich ist, zeigt auch die Rechtsprechung zur richterlichen Überprüfung von Vertragsstrafen. Zu Recht wird im Schrifttum darauf hingewiesen, dass die Cour de cassation in einem Urteil vom 14. November 1995 74 entschied, dass bei der Bestimmung der exzessiven Höhe einer Vertragsstrafe gemäß Art. 1152 Abs. 2 a.F. (dem jetzigen Art. 1231-5 al. 2) C. civ. die finanzielle Situation des Schuldners für die Bestimmung der exzessiven Höhe der Vertragsstrafe außer Betracht zu bleiben hat. 75
celui de la réparation intégrale, qui exclut la prise en compte de la capacité financière de l'auteur du préjudice […].“ 71 Der Große Senat des BGH hatte in einem Urteil vom 6.7.1955 GSZ 1/55, BGHZ 18, 149, entschieden: „Endlich können auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers bei Ausmessung der Entschädigung nach § 847 BGB berücksichtigt werden.“ 72 BGH, Vorlagebeschluss vom 8.10.2014 – 2 StR 137/14, 2 StR 337/14, r+s 2015, 94. 73 OLG Düsseldorf, Urteil vom 3.7.1997 – 6 U 67/96 (BeckRS 1997, 15713), Rn. 104. 74 C. Cass., 1re civ., pourvoi n° 94-04008. Das Gericht entschied: „Attendu que pour réduire le montant de la clause pénale, l'arrêt attaqué retient que le premier juge a réduit le taux d'intérêt compte tenu de la capacité de remboursement des débiteurs par rapport à leur surendettement, que, pour les mêmes raisons, il convient de considérer que la clause pénale est excessive; qu'en s'abstenant de rechercher en quoi, compte tenu de son but, la pénalité contractuelle était manifestement excessive, la cour d'appel a privé sa décision de base légale au regard du texte susvisé […]“ 75 Fages, RTD civ. 2011, 122 (125).
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Im deutschen und französischen Recht ist die finanzielle Leistungskraft des Schuldners vielmehr auf Ebene des Vollstreckungsschutzes zu berücksichtigen.76 Dieser Schutz auf Vollstreckungsebene gilt auch bei der Vollstreckung ausländischer Urteile über Strafschadensersatz. 77 Die mangelnde finanzielle Leistungsfähigkeit des Schuldners kann dabei insofern berücksichtigt werden, als ein bestimmter Teil des Arbeitseinkommens unpfändbar ist. Im deutschen Recht etwa bestimmen die die §§ 850 ff. ZPO, dass ein gewisser Anteil des Einkommens nicht gepfändet werden kann. Eine ähnliche Regelung findet sich im französischen Recht in Art. 331-2 Code de la consommation, durch den sichergestellt wird, dass dem Vollstreckungsschuldner ein Teil seines Einkommens zum Leben, der sogenannte reste à vivre, verbleibt. Dadurch wird gewährleistet, dass die Zwangsvollstreckung eines Zivilurteils den Vollstreckungsschuldner nicht derart belastet, dass er aus seinem laufenden Einkommen nicht mehr seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Eine darüber hinausgehende Berücksichtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Vollstreckungsschuldners schon bei der Bestimmung der vollstreckungsfähigen Höhe ist vor diesem Hintergrund systemfremd und daher abzulehnen. 4. Gesetzliche Haftungshöchstsummen Ferner findet sich im Schrifttum der Vorschlag, zur Bestimmung des vollstreckungsfähigen Betrags auf Regelungen des Forumsstaates zurückzugreifen. Dabei werden zwei Arten von Vorschlägen gemacht: Zum einen wird vorgeschlagen, auf de lege lata bestehende Haftungshöchstgrenzen zurückzugreifen. Zum anderen wird de lege ferenda vorgeschlagen, Vorschriften über die maximal zu vollstreckende Summe zu schaffen. Hinsichtlich ersterer Möglichkeit ist im deutschen Schrifttum umstritten, ob auf die im nationalen Recht vorhandenen Haftungshöchstgrenzen abgestellt werden kann, um die Verhältnismäßigkeit des ausländischen Strafschadensersatzes aus ordre public-Gesichtspunkten zu beurteilen. Solche Haftungsbegrenzungen finden sich etwa in § 10 Abs. 1 ProdHG78, § 15 UmweltHG 79 und
76 Bezüglich des deutschen Rechts Bungert, ZIP 1993, 815 (822), dortige Fn. 77. Ähnlich argumentierte auch der Zweite Strafsenat des BGH in seinem oben genannten Vorlagebeschluss, dass gegen eine Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse bei der Bestimmung des Schmerzensgeldes spreche, dass etwaige unbillige Härten für den Schädiger im Zwangsvollstreckungs- oder Insolvenzverfahren berücksichtigt werden könnten (BGH, Vorlagebeschluss vom 8. 10. 2014 – 2 StR 137/14, 2 StR 337/14, Rn. 37 d). 77 Dazu ausführlich Müller, Punitive Damages und deutsches Schadensersatzrecht, 2000, S. 366 ff. 78 Produkthaftungsgesetz vom 15.12.1989 (BGBl. I S. 2198), das zuletzt durch Art. 9 Abs. 3 des Gesetzes vom 19.7.2002 (BGBl. I S. 2674) geändert worden ist. 79 Umwelthaftungsgesetz vom 10.12.1990 (BGBl. I S. 2634), das zuletzt durch Art. 9 Abs. 5 des Gesetzes vom 23.11.2007 (BGBl. I S. 2631) geändert worden ist.
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§ 33 GenTG80, die jeweils einen Höchstbetrag von 85 Millionen € vorsehen. Haftungsbegrenzungen mit niedrigeren Beträgen finden sich in §§ 9 ff. HaftPflG, § 12 StVG81, § 117 BBergG 82, § 88 AMG83, und § 37 LuftVG84. Manche Autoren wollen zur Bestimmung der Verhältnismäßigkeit der Höhe von Strafschadensersatz auf diese Vorschriften zurückgreifen, da in ihnen eine Konkretisierung des Verhältnismäßigkeitsprinzips zu sehen sei. 85 In eine ähnliche Richtung geht der Vorschlag, § 15 Abs. 2 AGG als Berechnungshilfe heranzuziehen, der eine Begrenzung auf einen dreifachen Wert des Schadens enthält.86 Nach § 15 Abs. 2 S. 2 AGG darf die Entschädigung in Geld für einen Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Im französischen Schrifttum findet eine Debatte über die Anwendung gesetzlicher Haftungsobergrenzen soweit ersichtlich nicht statt. Dies dürfte daran liegen, dass absolute Haftungshöchstgrenzen im dortigen Schadensersatzrecht in geringerem Ausmaß bestehen als in Deutschland.87 Insbesondere hat Frankreich – anders als Deutschland durch die Schaffung von § 10 ProdHG – keinen Gebrauch von der Möglichkeit nach Art. 16 Abs. 1 der europäischen Produkthaftungs-Richtlinie 88 gemacht, die Gesamthaftung des Herstellers auf einen 80 Gentechnikgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 16.12.1993 (BGBl. I S. 2066), das durch Art. 55 der Verordnung vom 31.8.2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist. 81 Straßenverkehrsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 5.3.2003 (BGBl. I S. 310, 919), das zuletzt durch Art. 4 des Gesetzes vom 8.6.2015 (BGBl. I S. 904) geändert worden ist. 82 Bundesberggesetz vom 13.8.1980 (BGBl. I S. 1310), das durch Art. 303 der Verordnung vom 31.8.2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist. 83 Arzneimittelgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 12.12.2005 (BGBl. I S. 3394), das durch Art. 52 der Verordnung vom 31.8.2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist. 84 Luftverkehrsgesetz vom 1.8.1922 (RGBl. 1922 I S. 681), das zuletzt durch Art. 2 Abs. 175 des Gesetzes vom 7.8.2013 (BGBl. I S. 3154) geändert worden ist. 85 So etwa Bungert, ZIP 1993, 815 (821). 86 So Schubert, JR 2008, 138 (143). § 15 Abs. 2 S. 2 AGG bestimmt, dass bei einem Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsgebot die Entschädigung für einen Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen darf. Zu dem pönalen Charakter dieser Vorschrift oben unter Kapitel 1, § 2, A. V. 87 Die im französischen Recht vorhandenen Haftungsbeschränkungen sind in erster Linie relative, mithin auf die Höhe des Schadens Bezug nehmende. Näher zu Haftungsbeschränkungen im französischen Recht Niggemann/Jonglez de Ligne, RIW 2011, 351; ebenso die Übersicht bei Steltmann, Die Vertragsstrafe in einem Europäischen Privatrecht, 2000, S. 122 ff. 88 Richtlinie 85/374/EWG des Rates vom 25.7.1985 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte, ABl. L 210 vom 7.8.1985, S. 29–33.
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Betrag von nicht weniger als 70 Millionen ECU zu begrenzen.89 Eine absolute Haftungsbeschränkung, die als Obergrenze für anerkennungsfähige Beträge herangezogen werden könnte, findet sich im Recht über Schadensersatz für nukleare Unfälle. Art. L. 594-4 des französischen Umweltgesetzbuchs (Code de l’environnement) bestimmt, dass der Haftungshöchstbetrag des Betreibers einer nuklearen Anlage für die nuklearen Schäden, die durch einen Reaktorunfall verursacht wurden, 700 Millionen € beträgt, bei als mit geringem Risiko behaftet eingestuften Anlagen 70 Millionen €.90 Zumindest die letztere Summe könnte grundsätzlich herangezogen werden, um die maximale Höhe eines anerkennungsfähigen Betrages zu bestimmen. Da es in den wenigsten Fällen um Ansprüche in dieser Größenordnung gehen dürfte, wäre die praktische Relevanz allerdings sehr gering. Ferner könnte man erwägen, eine Parallele in der Begrenzung der nach Art. 442-6-III Code de commerce möglichen Geldbuße für wettbewerbsschädliches Verhalten zu sehen. Diese Geldbuße wird durch die Vorschrift auf einen Höchstbetrag von 2 Millionen € begrenzt, der jedoch gegebenenfalls verdreifacht werden kann. 91 Da es sich um die Begrenzung einer an den Staat fließenden Geldbuße und nicht von Schadensersatz handelt, lässt sich diese Begrenzung aber nicht als Konkretisierung der Verhältnismäßigkeit einer Haftung ansehen. 92 Die nach geltendem französischem Recht bestehenden Haftungshöchstsummen sind nach alledem kaum geeignet, um zur Konkretisierung der Verhältnismäßigkeit in Bezug genommen zu werden. Neben der Bezugnahme auf schon bestehende Obergrenzen ist denkbar, de lege ferenda Maximalbeträge für die Anerkennung von Strafschadensersatz festzuschreiben: Im französischen Schrifttum etwa wird vorgeschlagen, Höchstgrenzen zu schaffen, durch die das Verhältnis zwischen Schaden und
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Wagner, in: MüKo BGB, 6. Aufl. 2013, § 10 ProdHG, Rn. 1; Witz/Wolter, RIW 1998, 832 (836); Lardeux, ZEuP 2007, 448 (476). Eine französischsprachiger Beitrag zum deutschen ProdHaftG einschließlich Übersetzung findet sich in Witz/Zierau, JCP E 1990, 544. 90 Die Vorschrift wurde zuletzt durch die Ordonnance n° 2012-6 vom 5.1.2012 (JORF n°0005 vom 6.1.2012) geändert. Der Wortlaut besagt: „Le montant maximum de la responsabilité de l'exploitant est fixé à 700 millions d'euros pour les dommages nucléaires causés par chaque accident nucléaire. Toutefois, le montant ci-dessus est réduit à 70 millions d'euros pour un même accident nucléaire lorsque ne sont exploitées sur un site déterminé que des installations, dont les caractéristiques sont définies par voie réglementaire, présentant un risque réduit. […]“ 91 Der Originalwortlaut besagt: „[…] Ils peuvent également demander le prononcé d'une amende civile dont le montant ne peut être supérieur à 2 millions d'euros. Toutefois, cette amende peut être portée au triple du montant des sommes indûment versées […]“. 92 In dem Sinne auch Pierre, RdC 2010, 1117; ebenso gegen die Vergleichbarkeit einer Geldbuße (amende civile) und Strafschadensersatz Sintez, La sanction préventive en droit de la responsabilité civile, 2011, S. 124 (n° 195).
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anerkennungsfähigem Strafschadensersatz geregelt wird, ähnlich wie der Gesetzesvorschlag Béteille93 für den Fall einer Einführung von Strafschadensersatz ins französische Recht vorsieht, dass die Höhe des Strafschadensersatzes höchstens doppelt so hoch sein darf wie diejenige des kompensatorischen Schadensersatzes.94 Überzeugender ist es aber, eine Fixierung des ordre public auf die in Vorschriften des nationalen Rechts enthaltenen Haftungshöchstsummen abzulehnen. 95 Die Existenz von Haftungshöchstsummen bei Erfolgs- und Gefährdungshaftung kann nicht als Argument für die Einschränkung von ausländischem Strafschadensersatz herangezogen werden, da diese nicht auf Erfolgsbzw. Gefährdungshaftung beruhen, sondern nur zugebilligt werden können, wenn ein besonders rücksichtsloses Verhalten vorliegt. Für solche Fälle bestehen aber auch im deutschen und erst recht im französischen Recht keine Höchstgrenzen. 96 Die bestehenden Höchstgrenzen zur Auslegung des ordre public heranzuziehen, obwohl die ausländischen Ansprüche nicht auf Gefährdungshaftung beruhen, ist daher in der Sache nicht gerechtfertigt. Darüber hinaus wären die bestehenden Haftungshöchstgrenzen von 70 oder 85 Millionen € als Konkretisierung des ordre public in der Praxis ohnehin nur von begrenztem Nutzen, da die zu vollstreckenden Beträge nur in den seltensten Fällen über diese Höhe hinausgehen dürften. 5. Grenzkosten-Ansatz („marginal recovery approach“) Ein an volkswirtschaftliche Betrachtungen angelehnter Vorschlag findet sich bei Nagy: Dieser schlägt einen Ansatz vor, der sich am ökonomischen Begriff der Grenzkosten orientieren soll und für den er als englischsprachige Bezeichnung marginal recovery approach vorsieht.97 Unter Grenzkosten versteht man in der Volkswirtschaftslehre die zusätzlichen Kosten der letzten produzierten bzw. als nächstes zu produzierenden Einheit eines Gutes. 98 Auf die Anerken-
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Proposition de loi portant réforme de la responsabilité civile; bei der Präsidentschaft des Senats am 9.7.2010 eingetragen. Näher zu diesem Gesetzesvorschlag oben unter Kapitel 1, § 2, B. I. 2. 94 So Attal, Droit et Patrimoine 2011, n° 205, 42. 95 So etwa Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 6. Aufl. 2014, S. 357 (Rn. 960); Oechsler, in: Staudinger, BGB, 2009, § 10 ProdHaftG, Rn. 10; Wagner, in: MüKo BGB, 6. Aufl. 2013, § 10 ProdHG, Rn. 10. 96 So in Bezug auf das deutsche Recht Rosengarten, Punitive damages und ihre Anerkennung und Vollstreckung in der Bundesrepublik Deutschland, 1994, S. 160. 97 Nagy, NIPR 2012, 4 (11). 98 Hohlstein/Pflugmann/Sperber/Sprink, Lexikon der Volkswirtschaft, 3. Aufl. 2009, S. 314. Im Französischen spricht man dabei von „coût marginal“, siehe Guerrin/Gun, Dictionnaire d’analyse économique, 4. Aufl. 2012, S. 123: „Coût de la dernière unité produite, qui est souvent assimilé à la dérivée de la fonction de coût. […]“; Bezbakh/Gherardi (Hrsg.),
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nung ausländischer Urteile übertragen bedeutet dies nach Nagy, dass das Gericht den pönalen Anteil des Schadensersatzes in dem Umfang anerkennen solle, bis die Anerkennung die Schwelle zur Unerträglichkeit erreicht.99 Demnach müsse sich das Gericht die Frage stellen, ob die Anerkennung eines zusätzlichen Dollars, der über die Kompensation hinausgehe, den ordre public verletze.100 Ist dies nicht der Fall, müsse dieser Dollar zu dem anerkennungsfähigen Betrag hinzugezählt werden und die gesamte Fragestellung, ob die Anerkennung eines weiteren Dollars mit dem ordre public vereinbar wäre, stelle sich immer wieder erneut, bis die Schwelle zur Unerträglichkeit erreicht sei.101 Dazu führt er aus: „The question to be answered is whether the recognition of an additional dollar would violate public policy. If not, then this dollar is to be included in the recognizable part and the exercise starts once again: would the recognition of an additional dollar violate public policy. The court of recognition should stop at the point where the recognition of an additional doll ar would reach its point of intolerance.“ 102
Diese an jede einzelne Währungseinheit anknüpfende Betrachtungsweise ist für die Praxis aber untauglich. Der Ansatz beschreibt lediglich die durch die Gerichte zu erbringende intellektuelle Leistung. Er gibt aber keinen Bezugspunkt für die Toleranzgrenze, um den anerkennungsfähigen Betrag zu bestimmen.103 Damit leistet der Ansatz keinen Beitrag zur Bestimmung der Verhältnismäßigkeit. Die entscheidende Frage, ab welchem Dollar der Richter die Toleranzgrenze als überschritten anzusehen hat, lässt sich mithilfe dieses Ansatzes nämlich nicht ermitteln. 6. Vergleich mit strafrechtlichen Sanktionen Ein weiterer Ansatz findet sich im französischen Schrifttum: Dort wird von Cartier-Frenois vorgeschlagen, die Verhältnismäßigkeit der Strafschadensersatzhöhe durch einen Vergleich mit einer im jeweiligen Einzelfall möglichen strafrechtlichen Sanktion zu bestimmen.104 Für den von der Cour de cassation entschiedenen Fall in Fountaine Pajot wäre dementsprechend Art. 313-1 des Dictionnaire de l’économie, 2011, S. 215: „le coût marginal représente l’accroissement du coût quand la production augmente, à la limite d’une seule unité […]“; Silem/Albertini (Hrsg.), Lexique d’économie, 12. Aufl. 2012, S. 237: „Coût de la dernière unité produite. Variation du coût variable total due à la production d’une unité supplémentaire. […]“. 99 Nagy, NIPR 2012, 4 (11). 100 Nagy, a.a.O. 101 Nagy, a.a.O. 102 Nagy, a.a.O. 103 Ebenso kritisch auch Vanleenhove, Vermont Law Review, Vol. 41 (2016-2017), 347 (391); ders., Punitive Damages in Private International Law, 2016, S. 222 f. (Rn. 517). 104 So Cartier-Frenois, Dommages-intérêts punitifs et ordre public international: une compatibilité soumise à réserve, auf dem Blog Village de la Justice.
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Code pénal105 einschlägig gewesen, da dem Rechtsstreit ein Betrug zugrunde gelegen habe. Angesichts des in der Vorschrift vorgesehenen Strafrahmens von fünf Jahren Haft und 375.000 € Geldstrafe seien die in der dem Rechtsstreit zugrunde liegenden ausländischen Entscheidung ausgeurteilten punitive damages nicht unverhältnismäßig gewesen. 106 Der Vergleich mit strafrechtlichen Sanktionen vermag jedoch nicht zu überzeugen. Zum einen lassen sich den strafrechtlichen Vorschriften nur bedingt Wertungen entnehmen, die auf die Frage der Anerkennung übertragbar wären. Gerade der von Cartier-Frenois in Bezug genommene Fall Fountaine Pajot verdeutlich dies: Dort waren aufgrund des täuschenden Verhaltens der Beklagten punitive damages in Höhe von 1.460.000 $ zugesprochen worden. Ob diese Summe im Hinblick auf den vom französischen Strafrecht für Betrug vorgesehene Strafrahmen von fünf Jahren Freiheitsstrafen und 375.000 € Geldbuße verhältnismäßig ist, ist allenfalls bezüglich der Geldbuße zu beurteilen. Inwieweit eine durch Strafschadensersatz entstehende finanzielle Belastung für den Betroffenen mit einer Freiheitsstrafe vergleichbar ist, hängt letztlich von seiner finanziellen Leistungsfähigkeit ab. Diese zu berücksichtigen, ist aber nach dem oben bereits Gesagten aufgrund der Systemfremdheit zum deutschen und französischen Recht abzulehnen. Zum anderen wäre dieser Vorschlag ohnehin nur dort anwendbar, wo vergleichbare Tatbestände im Strafrecht vorhanden sind. Das die Haftung auslösende Verhalten stellt jedoch nicht zwangsläufig gleichzeitig eine Straftat dar. Aus diesen Gründen ist es überzeugender, von einem Vergleich mit strafrechtlichen Sanktionen abzusehen, um die Verhältnismäßigkeit zu beurteilen. 7. Bedeutung des Inlandsbezugs für die Verhältnismäßigkeit Manche Autoren wollen den Inlandsbezug zum Maßstab machen, anhand dessen zu differenzieren sei:107 Je schwächer dieser Inlandsbezug ist, desto weniger seien durch eine Anerkennung die Grundsätze der Rechtsordnung des Anerkennungsgerichts tangiert und daher umso eher die Höhe des ausgeurteilten Betrages als verhältnismäßig anzusehen. 108 In ähnlichem Sinn hat auch der 105 Eine deutsche Übersetzung dieser Vorschrift findet sich in Bauknecht/Lüdicke, Das französische Strafgesetzbuch, 2. Aufl. 2009, S. 266. 106 Cartier-Frenois, Dommages-intérêts punitifs et ordre public international: une compatibilité soumise à réserve, auf dem Blog Village de la Justice. 107 So etwa Coester-Waltjen, in: Heldrich/Kono (Hrsg.), Herausforderungen des internationalen Zivilverfahrensrechts, 1994, S. 15 (33). Ähnlich auch Vanleenhove, Vermont Law Review, Vol. 41 (2016-2017), 347 (393 ff.) sowie ders., Punitive Damages in Private International Law, 2016, S. 221 ff. (Rn. 512 ff.), der eine Vollstreckbarkeit grundsätzlich bei einem Verhältnis von Strafschadesersatz zu kompensatorischem Schadensersatz von 1:1 annimmt, dieses Verhältnis in Einzelfällen aber unter anderem entsprechend dem Inlandsbezug erhöhen will. 108 Bungert, RabelsZ 61 (1997), 388 (399).
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oberste Gerichtshof Spaniens in Bezug auf ein texanisches Urteil über punitive damages die Aussage getroffen, dass Gerichte bei der Entscheidung über die Vollstreckbarkeit die Verbindung zwischen der Angelegenheit und dem Forum berücksichtigen sollten.109 Darin wird eine Referenz auf den Inlandsbezug gesehen. 110 Wie in Kapitel 4 ausgeführt, ist das Vorhandensein eines Inlandsbezugs sowohl in Frankreich als auch in Deutschland Voraussetzung, damit der ordre public überhaupt zur Geltung kommen kann. 111 Wollte man über diese Anforderung hinaus den Inlandsbezug zum Kriterium für die Verhältnismäßigkeit und damit die Höhe des vollstreckbaren Betrags machen, so bedürfte es dazu konkreter Kriterien zur Bestimmung der Intensität des Inlandsbezugs. In welcher Höhe beispielsweise sollte ein ausländisches Urteil vollstreckt werden, wenn eine der beiden Parteien inländisch ist, das schädigende Verhalten aber im Ausland stattfand? Und in welcher Höhe, wenn das schädigende Verhalten im Inland stattfand, aber beide Parteien Ausländer sind? Konkrete Kriterien müssten erst noch entwickelt werden. Interessant ist der Vorschlag, Fallgruppen zu bilden, die sich an dem strukturell verwandten Konzept der extraterritorialen Anwendung nationalen Kapitalanlegerschutzrechts orientieren sollen, welche sich insbesondere bezüglich der amerikanischen Vorschriften stellt. 112 Diese Fallgruppen hängen jeweils davon ab, welche Staatsangehörigkeit die beteiligten Parteien hatten, an welchem Ort das Wertpapier gehandelt wurde und wo die mutmaßliche Rechtsverletzung stattgefunden hat. Dieser Ansatz ist insofern grundsätzlich interessant, als ähnlich wie bei der Geltung des ordre public, sich auch bei der Frage der extraterritorialen Anwendung von Vorschriften die Frage stellt, ob hinreichende Anknüpfungspunkte vorhanden sind, die eine Anwendbarkeit von nationalen Normen oder Rechtsgrundsätzen in einem transnationalen Sachverhalt rechtfertigen. Ob und inwieweit diese Fallgruppen zur extraterritorialen Anwendung des Kapitalanlegerrechts auf den anerkennungsrechtlichen ordre public übertragbar sind, ist jedoch sehr fragwürdig. Die Vertreter dieser Idee bleiben konkrete Vorschläge schuldig. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass diese Fallgruppen auch in den USA selber mittlerweile hinfällig sind, da sich die US-amerikanische Rechtsprechung zur extraterritorialen Anwendung des Wertpapierrechts in jüngerer Zeit radikal gewandelt hat, nachdem der amerikanische Supreme Court in der Rechtssache
109 Miller Import Corp. v. Alabastres Alfredo, S.L., STS, Entscheidung vom 13.11.2001. Näher zu der Entscheidung unter 9. a). 110 Vanleenhove/de Bruyne, University of Western Australia Law Review, Vol. 42 (2017), 166 (194). 111 Dazu näher unter Kapitel 4, § 2, A. I. 112 Bungert, RabelsZ 61 (1997), 388 (399), dortige Fn. 50, der auf die Darstellung bei Kiel, Internationales Kapitalanlegerschutzrecht, 1994, S. 95–141, verweist.
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Kapitel 5: Umsetzung der Verhältnismäßigkeitskontrolle
Morrison v. National Australia Bank entschied, dass Section 10 (b) des Securities Exchange Act mangels ausdrücklicher Erklärung nicht auf extraterritoriale Sachverhalte anwendbar ist.113 Überzeugender ist es jedoch, die Verhältnismäßigkeit der Vollstreckung schon aus grundsätzlicheren Erwägungen nicht von der Intensität der Inlandsbeziehung abhängig zu machen. Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass es keine Grundlage gibt, die es rechtfertigen würde, den durch den ordre publicVorbehalt gewährten Schutz in einem größeren Umfang zu gewähren, wenn der Vollstreckungsgegner über einen stärkeren Bezug zum Forum verfügt. 114 Zudem würde der Ansatz zu erheblicher Unsicherheit hinsichtlich der Reichweite des anerkennungsrechtlichen ordre public führen.115 8. Höhe des nach nationalem Recht zu pönalen Zwecken möglichen Betrages Ein weiterer Vorschlag im Schrifttum besteht darin, Urteile über ausländischen Strafschadensersatz bis zu derjenigen Höhe anzuerkennen und zu vollstrecken, zu der auch ein Richter des Forumsstaates bei Anwendung der lex fori Schadensersatz mit bestrafender oder abschreckender Zielsetzung hätte zusprechen können. 116 Zur Bestimmung der Kappungsgrenze, bis zu der vollstreckt werden kann, wird von Müller der Schmerzensgeldanspruch nach § 847 BGB a.F. – der sich nun in anderer Form in § 253 Abs. 2 BGB wiederfindet – herangezogen, mit dem die Rechtsprechung ein den punitive damages vergleichbares Instrument geschaffen habe. 117 Aus diesem Grund solle man sich bei der Frage der Anerkennungshöhe an den Spitzenwerten der zugesprochenen Schmerzensgeldbeträge orientieren. 118 Die Höhe bis zu der punitive damages anerkennungsfähig seien, wurde im Jahr 1999 bei DM 500.000 bis 800.000 gesehen erst eine Anerkennung über diesen Betrag hinaus verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. 119 Dieser Ansatz hat insofern einen gewissen Charme, als er im Gegensatz zu den anderen Vorschlägen an Maßstäben der lex fori des Anerkennungsgerichts anknüpft, anstatt auf Elemente des der ausländischen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalts abzustellen. Die Bezugnahme auf die deutsche Rechtsprechung zu Schmerzensgeld ist auch insofern schlüssig, als in ihr eine ähnliche Vorgehensweise gesehen wird wie der-
113 Dazu Aulepp, IPRax 2012, 95; Fages/Perchet, Bulletin Joly Sociétés 2010, 738; Gaillard, JCP G 2010, 1381; Lehmann, RIW 2010, 841; Mankowski, NZG 2010, 961. 114 Zekoll, 30 Colum. J. Transat´l L. (1992), 641 (653). 115 Zekoll, a.a.O. (654). 116 Müller, Punitive Damages und deutsches Schadensersatzrecht, 2000, S. 363 ff.; Attal, Droit et Patrimoine 2011, n° 205, 42. 117 Müller, Punitive Damages und deutsches Schadensersatzrecht, 2000, S. 364. 118 Müller, a.a.O. 119 Müller, a.a.O.
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jenigen der englischen Gerichte zur Festlegung der Höhe von punitive damages.120 Darüber hinaus könnte dieses Vorgehen Aussicht darauf haben, auf Akzeptanz im internationalen Rechtsverkehr zu stoßen, da es im Ergebnis einer Regelung entspräche, welche die Amerikaner bei den Verhandlungen zum Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen vom 30. Juni 2005 vorgeschlagen hatten. 121 Wollte man diesem Ansatz folgen, so stellten sich aus Sicht des Untersuchungsgegenstandes dieser Arbeit zwei Fragen: Zum einen, inwiefern diese vor der Schuldrechtsreform entwickelte Vorgehensweise nach aktueller Rechtslage in Deutschland angewendet werden kann und zum anderen, ob und wie der Ansatz auf das französische Recht übertragbar ist. Erstere Frage stellt sich vor allem deshalb, weil im Jahre 1999 die zulässige Grenze aufgrund der damaligen deutschen Rechtsprechung zu § 847 BGB a.F. bei DM 500.000 bis 800.000 gesehen wurde. Seitdem ist die Rechtsprechung in Anwendung des zwischenzeitlich eingeführten § 253 Abs. 2 BGB aber zu zunehmend höheren Schmerzensgeldbemessungen gelangt, mit Schmerzensgeldern bis zu 500.000 Euro.122 Demnach wäre auf Grundlage dieses Ansatzes nach heutiger Lage in Deutschland eine Vollstreckung bis zu dieser Höhe möglich. 123 Bei Übertragung dieses Ansatzes auf das französische Haftungsrecht könnten die höchsten dort gängigen Summen für den Ersatz von Nichtvermögensschaden herangezogen werden. Einen Anhaltspunkt dafür können etwa die von der Rechtsprechung häufig zur Schadensersatzbestimmung herangezogenen Bemessungstabellen geben, wie etwa der im März 2013 verabschiedete und auf die Initiative der Präsidenten mehrerer Cours d’appel erarbeitete recueil méthodologique commun. Dieser sieht für Nichtvermögensschäden Schadensersatz von bis zu 70.000 € vor. Ob diese Bemessungstabellen Bestand haben werden, ist im Hinblick auf die Kritik der Cour de cassation124 jedoch fraglich. Trotz der Argumente, die für ihn sprechen, vermag dieser Ansatz letztlich nicht vollends zu überzeugen. Zu Recht wird ihm entgegengehalten, dass eine
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So Schubert, JR 2008, 138 (143). Dazu Attal, Droit et Patrimoine 2011, n° 205, 42; Tebbens, in: Venturini/Bariatti (Hrsg.), Liber Fausto Pocar Bd. 2, Nuovi strumenti del diritto internazionale private, 2009, S. 273 (284). 122 Neuner, JuS 2013, 577 (585) m.w.N. Zur Tendenz zur Anhebung der Schmerzensgelder auch Dethloff, in: FS Stoll, 2001, S. 481 (485). 123 Eine Orientierung könnten die üblichen Schmerzensgeldtabellen geben, wie beispielsweise Hacks/Wellner/Häcker, Schmerzensgeldbeträge, 33. Aufl. 2015; Slizyk, Beck’sche Schmerzensgeld-Tabelle, 11. Aufl. 2015. 124 So etwa C. Cass., 2 e civ., Urteil vom 22.11.2012, pourvoi n° 11-25.988. Zu der Ablehnung durch die Cour de cassation des Gebrauchs der barèmes auch Borghetti, in: Koziol/Wilcox (Hrsg.), Punitive Damages: Common Law and Civil Law Perspectives, 2009, S. 55 (63). 121
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Kapitel 5: Umsetzung der Verhältnismäßigkeitskontrolle
einheitliche Kappungsgrenze abzulehnen ist, da eine Einzelfallprüfung vorzunehmen ist.125 9. Orientierung an Ansätzen im Ausland Im Schrifttum wird des Weiteren vorgeschlagen, die im Ausland angewandten Verhältnismäßigkeitsformeln heranzuziehen, um die Angemessenheit des zu vollstreckenden Betrages zu bestimmen. Vereinzelt wird sogar in Erwägung gezogen, die Verhältnismäßigkeitsformeln des Rechts des Ausgangsgerichts, welches das anzuerkennende Urteil erlassen hat, für den deutschen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu übernehmen. 126 Eine unmittelbare Übernahme ausländischer Verhältnismäßigkeitsmaßstäbe ist jedoch abzulehnen, da die Maßstäbe der lex fori des ersuchten Anerkennungsgerichts und diejenigen des Rechts des ausländischen Erstgerichts in der Regel divergieren. Gleichwohl können die ausländischen Regelungen und Entscheidungen über die Verhältnismäßigkeit zumindest Anhaltspunkte geben, anhand welcher Kriterien die Prüfung vorgenommen werden kann. Als Inspirationsquellen können zum einen die Rechtsordnungen dienen, in denen bereits über die Vollstreckbarkeit ausländischer Entscheidungen über Strafschadensersatz befunden wurde (a), und zum anderen diejenigen, deren innerstaatliches Recht selber Strafschadensersatz vorsieht (b). a) Ansätze ausländischer Gerichte zur Vollstreckungsverweigerung wegen ordre public-Verstoßes Es liegt nahe, nach geeigneten Kriterien bei denjenigen Rechtsordnungen Ausschau zu halten, in denen sich Gerichte mit der Vollstreckung ausländischer Entscheidungen über Strafschadensersatz befasst haben. Ein Blick nach Großbritannien drängt sich geradezu auf, da das Recht von England und Wales exemplary damages kennt – wenn auch gemäß der Rechtsprechung des House of Lords in der Rechtssache Rookes v. Barnard127 nur in bestimmten Fällen.128 Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht verwunderlich,
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So Ebert, Pönale Elemente im Privatrecht, 2004, S. 531, dortige Fn. 694. In diesem Sinne Bungert, ZIP 1992, 1707 (1720). 127 Entscheidung vom 29.1.1964, [1964] AC 1129. 128 Danach sind exemplary damages nur möglich, wenn sie per Gesetz ausdrücklich vorgesehen sind, der Schädiger bei Ausübung hoheitlicher Gewalt in unterdrückender, willkürlicher oder verfassungswidriger Weise handelte oder er darauf spekulierte, dass sich die Handlung auch im Falle einer Haftung auszahlt. Im Übrigen hat sich die englische Rechtsprechung in jüngerer Zeit gegenüber Schadenspauschalen aufgeschlossener gezeigt als zuvor: Mit Entscheidung vom 4.11.2015 in der Rechtssache Cavendish/Parking Eye hat der Supreme Court die bisher geltende penalty rule aufgegeben und die Zulässigkeit von Zahlungspauschalen erweitert. 126
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dass Entscheidungen über Strafschadensersatz in England und Wales vollstreckbar sind. In der Rechtssache S.A. Consortium General Textiles v. Sun & Sand Agencies Ltd.129 führte Lord Denning in einem obiter dictum aus, dass pönal wirkender Schadensersatz nicht wegen der öffentlichen Ordnung die Vollstreckung zu versagen sei.130 Aussagen zur Verhältnismäßigkeit und entsprechender Kriterien, finden sich dementsprechend nicht in der Entscheidung. Vielversprechender könnte ein Blick auf diejenigen Rechtsordnungen sein, in denen ausländischen Entscheidungen über Strafschadensersatz die Vollstreckung verweigert wurde. Dies galt bis kürzlich etwa für den italienischen Kassationshof, die Corte di Cassazione.131 Dieser hatte in einem Urteil vom 19. Januar 2007 in der Rechtssache Parrott v. Fimez132 entschieden, dass ein amerikanisches Urteil, das punitive damages zusprach, wegen Verstoßes gegen den ordre public nicht in Italien vollstreckt werden könne. 133 Im Jahr 2012 noch bestätigte der Kassationshof in einer anderen Rechtssache seine Auffassung, dass Strafschadensersatz wegen Verstoßes gegen den ordre public in Italien nicht vollstreckbar sei. 134 Bisweilen wurde über die Rechtsprechung in Parrott v. Fimez geschrieben, dass das Gericht die ordre public-Widrigkeit auf die exzessive Höhe gestützt habe.135 In diesem Fall wäre es interessant gewesen, welche Kriterien der Kassationshof herangezogen hat, um die Exzessivität zu begründen. Tatsächlich verwies das Gericht in seiner Begründung auf die fehlende Verhältnismäßigkeit zwischen tatsächlich erlittenem Schaden und der zugesprochenen Ersatzhöhe bei den punitive damages.136 Diese Argumentation erfolgte jedoch nicht konkret auf den zu entscheidenden Fall bezogen, sondern 129 [1978] QB 279. Lord Denning führte dabei aus: „I see nothing contrary to English public policy in enforcing a claim for exemplary damages, which is still considered to be in accord with the public policy in the United States and many of the great countries of the Commonwealth.“ 130 Kritisch im deutschen Schrifttum zu dieser Rechtsprechung Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Uteile in England, 1998, S. 75 ff. 131 Das italienische Reche Recht kennt keinen Strafschadensersatz im engeren Sinne. Zu den gleichwohl bestehenden pönalen Elementen im Privatrecht Italiens siehe Patti, in: FS Stoll, 2001, S. 311. 132 Corte di Cassazione, sezione III civile, Urteil vom 19.1.2007, n. 1183. 133 Eine englischsprachige Übersetzung des Urteils der Vorinstanz, der Corte d'appello di Venezia, findet sich bei Ostoni, 24 J.L. & Com. (2004–2005), 245 (251 ff.). Zu dem Urteil auch Cappelletti, 32 Ariz. J. Int'l & Comp. L. (2015), 799 (822 ff.). 134 Corte di Cassazione, Urteil vom 8.2.2012, no. 1781, Ruffinatti v Oyola-Rosado. Dazu Quarta, in: Fairgrieve/Lein (Hrsg.), Extraterritoriality and Collective Redress, 2012, S. 269 (275), dortige Fn. 32 sowie Perrella, in: van Boom/Wagner (Hrsg.), Mass Torts in Europe, 2014, S. 73 (85). 135 So Rouhette, Def. Counsel J. 2007, 320 (332). 136 Gebauer, ZEuP 2009, 409 (413). Zu dem Urteil auch Quarta, 31 Hastings Int'l & Comp. L. Rev. (2008), 753, sowie Scarso, in: Koziol/Wilcox (Hrsg.), Punitive Damages: Common Law and Civil Law Perspectives, 2009, S. 103 (106 ff.), Rn. 10 ff.
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losgelöst vom zugrundeliegenden Sachverhalt, um zu begründen, inwiefern sich die italienischen Rechtsinstitute der Vertragsstrafe und des Ersatzes für Nichtvermögensschaden von den punitive damages unterscheiden. Auf die Verhältnismäßigkeit ging die Corte di Cassazione aber in einem Urteil vom 5. Juli 2017 ein, mit dem der Gerichtshof eine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung vollzog. 137 Die Vereinigten Senate (Sezioni Unite) entschieden, dass die Vollstreckung eines amerikanischen Urteils über punitive damages nicht grundsätzlich gegen den ordre public verstoße, sondern unter bestimmten Bedingungen möglich sei. 138 Eine Anerkennung komme für solche Entscheidungen in Betracht, die auf der Grundlage von Gesetzen ergangen sind, die die Zuerkennung von punitive damages auf bestimmte Fallgruppen begrenzen und damit die Vorhersehbarkeit dieses Schadenstyps gewährleisten. 139 Eine Vereinbarkeit mit dem ordre public sei gewahrt, sofern die ausländische Rechtsordnung die Fälle, in denen punitive damages zugesprochen werden können, typologisiert und quantitativ vorhersehbar regelt. 140 Ähnlich wie die Cour de cassation in Frankreich verwiesen die italienischen Richter darauf, dass Verhältnismäßigkeit bestehen müsse zwischen Strafschadensersatz und dem kompensatorischen Schadensersatz einerseits und dem Verhalten des Schädigers andererseits. 141 Konkrete Kriterien zur Bestimmung dieser Verhältnismäßigkeit nannte der Kassationshof demnach nicht. 142 Auch der japanischen Rechtsprechung lassen sich keine Kriterien entnehmen:143 In Japan haben Gerichte ausländischen Entscheidungen die Anerkennung und Vollstreckung über Strafschadensersatz vollends versagt. 144 Dies 137
Cass. Civ., SS. UU., 5.7.2017, N°. 16601. Ausführlich zur vorherigen Rechtsprechung in Italien und das “Revirement” durch den italienischen Kassationshof: Tescaro, ZEuP 2018, 459 (464 ff.); bzw. zur neuen Rechtsprechung Venchiarutti, JETL 2018, 104. 138 Siehe auch die Meldung in MMR-Aktuell 2017, 394431. 139 Siehe die Meldung in IPRax 2017, Heft 5, XII f. 140 IPrax, a.a.O. 141 Quarta übersetzt die entsprechende Passage folgendermaßen ins Englische: „[…] proportionality between restorative-compensatory damages and punitive damages and between the latter and the wrongful conduct, in order to shed light on the nature of the sanction/punishment inflicted.“, The Italian Law Journal, Vol. 3 (2017), No. 02, S. 277. (S. 288). Eine deutsche Übersetzung von Tescaro findet sich in ZEuP 2018, 459 (462). 142 Ähnlich Tescaro, ZEuP 2018, 459 (476). 143 Gray mutmaßt, dass die Ähnlichkeit in der japanischen und deutschen Rechtsprechung zur Vollstreckung ausländischer Entscheidungen über Strafschadensersatz auf die historisch bedingten Verbindungen zwischen japanischem und deutschem Recht zurückzuführen ist: 17 Willamette J. Int'l L. & Dis. Res. (2009), 105(138), dortige Fn. 173. Ausführlich zu der japanischen Rechtsprechung und ihrer Ähnlichkeit zu derjenigen in Deutschland Braslow, 16 Ariz. J. Int'l & Comp. L. (1999), 285. Zu den Unterschieden bei den jeweiligen kollisionsrechtlichen Vorschriften siehe von Hein, in: Bruns/Suzuki (Hrsg.), Preventive Instruments of Social Governance, 2017, S. 143 (149 ff.). 144 Dazu Nishitani, IPRax 2001, 365 ff.; Kono, in: Heldrich/ders. (Hrsg.), Herausforderungen des internationalen Zivilverfahrensrechts, 1994, S. 35 ff.; ders., ZJapanR Nr. 4 (1997),
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wurde jedoch mit einer Unvereinbarkeit von Strafschadensersatz per se mit dem ordre public begründet und nicht – wie im japanischen Schrifttum bisweilen vorgeschlagen – mit der Höhe der zugesprochenen Beträge. 145 Anhaltspunkte zur Bestimmung der anerkennungsfähigen Höhe, die man auf das deutsche oder französische Recht übertragen könnte, lassen sich der japanischen Rechtsprechung daher nicht entnehmen. Über die koreanische Rechtsprechung wird berichtet, dass diese vergleichbar mit der japanischen sei. 146 Auch dort haben Gerichte die Vollstreckung wegen der unverhältnismäßigen Höhe unter Verweis auf den ordre public abgelehnt.147 Allerdings ist auch in Korea nicht eindeutig, wie die Verhältnismäßigkeit zu bestimmen sei. 148 Zwar wird im Hinblick auf den im koreanischen Recht existierenden Dreifach-Schadensersatz (vergleichbar amerikanischer treble damages) vorgeschlagen, dass dieser als Maßstab dienen könne. 149 Eine Übertragbarkeit auf französische oder deutsche Maßstäbe scheidet jedoch aus, da nach dem oben Gesagten solche starren Formeln abzulehnen sind. 150 Auch der schweizerische Rechtsprechung lassen sich keine Kriterien entnehmen. Zwar haben das Bezirksgericht von Sargans und das Zivilgericht Basel 151 in den 1980er Jahren über die Vollstreckungsfähigkeit amerikanischer Entscheidungen über punitive damages geurteilt, allerdings ohne etwas zu der Verhältnismäßigkeit der Schadensersatzhöhe zu sagen. 152 Auch in Griechenland könnte sich Inspiration für die Bestimmung der Verhältnismäßigkeit finden lassen. Der oberste Gerichtshof Griechenlands (Areo-
129; Brand, NILR 1996, 143 (167 f.); Yamauchi, Das globale Internationale Privatrecht im 21. Jahrhundert, 2009, S. 9; Braslow, a.a.O. 145 Nishitani, a.a.O.; Kono, a.a.O. 146 So Jeong, in: Hess (Hrsg.), Die Anerkennung im Internationalen Zivilprozessrecht – Europäisches Vollstreckungsrecht, 2014, S. 79 (87). Die kollisionsrechtliche Vorschrift im koreanischen IPR hingegen wurde in Anlehnng an den deutschen Art. 40 Abs. 3 EGBGB formuliert, siehe von Hein, in: Bruns/Suzuki (Hrsg.), Preventive Instruments of Social Governance, 2017, S. 143 (151). 147 Jeong, a.a.O. (87 f.). 148 Jeong, a.a.O.: „Allerdings ist nicht eindeutig zu bestimmen, wie die Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit im konkreten Fall […] erfolgen soll.“ 149 So Jeong, a.a.O. 150 Siehe dazu unter Kapitel 5, § 1, A. II. 2. 151 ZG Basel-Stadt, Entscheidung vom 1.12.1989, veröffentlicht in BJM 1991, 31. 152 Zu den Urteilen Dörig, Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Entscheidungen in der Schweiz, 1998, S. 357; Dasser, SJZ 96 (2000), 101 (109 f.); Drolshammer/Schärer, SJZ 1982, 309; Lenz, Amerikanische Punitive Damages vor dem Schweizer Richter, 1992, S. 146 ff.; Bernet/Ulmer, 22 Int'l Bus. Law. (1994), 272; Nater-Bass, DAJVNL 2003, 154; Brand, NILR 1996, 143 (169 ff.); Siehr, RIW 1991, 705; Heizmann, Strafe im schweizerischen Privatrecht, 2015, S. 111 f. (Rn. 236). Allgemein zu amerikanischen punitive damages aus schweizerischer Sicht auch Widmer Lüchinger, ZBJV 7–8/2015, 545 (550 ff.)
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pag) entschied nämlich in seiner Entscheidung 17/1999, dass ausländische Entscheidungen über Strafschadensersatz mit dem ordre public vereinbar seien, sofern ihr Betrag nicht exzessiv ist. 153 Dabei stützte er sich ausdrücklich auf den Grundsatz Verhältnismäßigkeit. 154 Die zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit heranzuziehenden Kriterien seien demnach Art und Bedeutung der durch den Schuldner nicht erfüllten Verpflichtung, das Ausmaß seines Verschuldens sowie die Interessen des Gläubigers. 155 Diese Kriterien sind aber zu vage, um sich an ihnen orientieren zu können. Auch über griechische Tatsacheninstanzen wird berichtet, dass für sie die Höhe der zugesprochenen Summe ein Grund war, eine Vollstreckung zu versagen – wenn auch nicht in Bezug auf Strafschadensersatz:156 Nach Darstellung im Schrifttum hat das Berufungsgericht von Korfu einer Entscheidung des York County Court, in der eine Kostenerstattung in Höhe von £ 80.000 für einen Rechtsstreit, dessen Streitgegenstand £ 17.000 betrug, die Vollstreckung mit der Begründung versagt, dass der zugesprochene Betrag offensichtlich unverhältnismäßig und exzessiv sei. 157 Zudem haben die Berufungsgerichte von Piräus158 und Athen159 ausländischen Schiedssprüchen die Vollstreckbarkeit wegen Verstoßes gegen den ordre public aufgrund der Höhe der zugesprochenen Beträge verweigert. Letzteres Gericht führte aus, dass der Umstand, dass der Schiedsspruch wegen eines Verzuges der Zahlung um fünf Monate einen Strafzuschlag in Höhe von beinahe 65 Prozent der Hauptsache unverhältnismäßig im Hinblick auf die Interessen der Parteien, das Ausmaß des Verschuldens des Käufers, die unterschiedlichen wirtschaftlichen Bedingungen und die Umstände der Transaktion im Allgemeinen sei. 160 Für eine Übertragung auf deutsche oder französische Verhältnisse dürften diese Kriterien aber zu vage sein. Sie geben keinen konkreten Anhaltspunkt, anhand dessen die verhältnismäßige Höhe bestimmt werden könnte.
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Georgiades, RHDI 2005, 145 (158); Kefalas, in: FS Eisenhardt, 2007, S. 255 (257 ff.); Panopoulos, RHDI 2013, 319 (320); Vrellis, Private International Law in Greece, 2011, S. 51. 154 Kefalas, a.a.O.; Triadafillidis, IPRax 2002, 236 (238). 155 Kefalas, in: FS Eisenhardt, 2007, S. 255 (260), dortige Fn. 32. 156 Dazu Anthimos auf dem Blog conflictoflaws.net. Zu den Urteilen griechischer Gerichte auch Vrellos/Scorinis, in: van Lynden (Hrsg.), Enforcement of Judgments, Awards & Deeds in Commercial Matters, 2013, S. 133. 157 Anthimos, a.a.O. 158 Dazu Anthimos, a.a.O. 159 Dazu Tsavdaridis, Punitive damages awarded in arbitration refused enforcement. 160 Tsavdaridis, a.a.O.
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Vielversprechender ist ein Blick nach Spanien 161, dessen nationales Recht zwar keinen Strafschadensersatz kennt 162, aber gleichwohl Offenheit gegenüber der Anerkennung ausländischer Entscheidungen über Strafschadensersatz zeigt. 163 Der dortige oberste Gerichtshof Tribunal Supremo urteilte im Jahr 2001 in der Rechtssache Miller Import Corp. V. Alabastres Alfredo, dass ein texanisches Urteil über punitive damages in Spanien vollstreckbar ist.164 Dabei äußerte er sich auch zu der Frage, ob die Vollstreckbarkeit einen Verstoß gegen den ordre public begründen könnte, weil der Strafschadensersatz sich auf das Dreifache des materiellen Schadens belief. Um die unter Umständen exzessive Natur des Strafschadensersatzes zu beurteilen, bezog sich das Gericht auf zwei Kriterien: 1) die Vorhersehbarkeit der Urteilshöhe und 2) die Natur des mit dem Strafschadensersatz geschützten Interesses. 165 Erstere sei gegeben, da die Verurteilung zu Strafschadensersatz ex lege erfolgt sei und die Vorschriften, auf deren Grundlage die Verurteilung ergangen ist, eine Berücksichtigung des vorsätzlichen Charakters sowie der Schwere des Verschuldens als maßgebliche Kriterien und eine Verdreifachung der Schadenshöhe vorsieht. 166 Hinsichtlich des zweiten Kriteriums, der Art des geschützten Kriteriums, führte das Gericht aus, dass der Schutz geistigen Eigentums von vielen Rechtsordnungen als schutzwürdig erachtet werde und die zu schützenden Interessen es rechtfertigten, ein Mehrfaches des erlittenen Schadens zusätzlich zum kompensatorischen Schadensersatz zuzusprechen. 167 Wollte man sich in Deutschland oder Frankreich an diesem Ansatz orientieren und die Verhältnismäßigkeit der Vollstreckung ausländischen Strafschadensersatzes ähnlich bestimmen wie der spanische Tribunal Supremo es tat, würde sich die Frage stellen, welche Rechtsgüter so schützenswert sind, dass zu ihrem Schutz zugesprochener Strafschadenser-
161 Eine mögliche Vorbildrolle der spanischen Rechtsprechung zur Beurteilung der Verhältnismäßigkeit sieht auch Requejo Isidro, in: Meurkens/Nordin (Hrsg.), The Power of Punitive Damages – Is Europe Missing Out?, 2012, S. 311 (327): „Spanish case law provides some useful information when it comes to assessing the quantum of an award in civil liability sentences, both in respect to shortness and excess.“ 162 Zu Strafschadensersatz im spanischen Recht del Olmo, in: Koziol/Wilcox (Hrsg.), Punitive Damages: Common Law and Civil Law Perspectives, 2009, S. 137. 163 Dazu näher Otero Crespo, in: Meurkens/Nordin (Hrsg.), The Power of Punitive Damages – Is Europe Missing Out?, 2012, S. 283 (289). 164 Miller Import Corp. v. Alabastres Alfredo, S.L., STS, Entscheidung vom 13.11.2001 (Exequatur No. 2039/1999). Eine englische Übersetzung des Urteils findet sich bei Jablonski, 24 J.L. & Com. (2004–2005), 225 (231 ff.). 165 Tribunal Supremo, a.a.O. 166 Tribunal Supremo, a.a.O. 167 Näher dazu Requejo Isidro, in: Meurkens/Nordin (Hrsg.), The Power of Punitive Damages – Is Europe Missing Out?, 2012, S. 311 (327 f.); dies., in: Koziol/Wilcox (Hrsg.), Punitive Damages: Common Law and Civil Law Perspectives, 2009, S. 237 (247 f.), Rn. 28; Vanleenhove/De Bruyne, 14 Va. Sports & Ent. L.J. (2014), 50 (72 f.).
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Kapitel 5: Umsetzung der Verhältnismäßigkeitskontrolle
satz anerkannt werden sollte. Denkbar wäre es, in denjenigen Fällen Strafschadensersatz anzuerkennen und zu vollstrecken, in denen Rechtsgebiete betroffen sind, in denen auch das deutsche und französische Recht – wie in Kapitel 1 168 aufgezeigt – pönale Elemente kennen. Dies wäre aber eine Einschränkung der Position der Cour de cassation. Diese hatte in der Rechtssache Fountaine Pajot entschieden, dass ausländischer Strafschadensersatz grundsätzlich nicht gegen den ordre public verstoße.169 Zur Bestimmung der Verhältnismäßigkeit nur solchen Strafschadensersatz als anerkennungsfähig abzustellen, der dem Schutz bestimmter Interessen dient, wäre wiederum eine Einschränkung der grundsätzlich liberalen Position der Cour de cassation. Vorzugswürdig ist daher ein allgemeiner Ansatz, der über verschiedene Rechtsgebiete hinweg auf Strafschadensersatz Anwendung finden kann. Einen Anhaltspunkt könnte auch die polnische Rechtsprechung geben. Der Oberste Gerichtshof Polens entschied in einem Urteil aus dem Jahr 2013, dass ein amerikanisches Urteil, in dem Strafschadensersatz in Höhe von 4 Millionen $ wegen Persönlichkeitsrechte verletzender Berichterstattung in den Medien zugesprochen wurde, hinsichtlich dieser punitive damages in Polen nicht vollstreckbar sei.170 Die ordre public-Widrigkeit begründete das Gericht dabei vor allem mit der Unverhältnismäßigkeit. 171 Bemerkenswerterweise erachtete das Gericht aber auch die actual damages, das heißt den kompensatorischen Schadensersatz, als nur teilweise vollstreckungsfähig. 172 Maßgeblich für die unter Gesichtspunkten des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vollstreckbare Höhe sei die Stärke des Inlandsbezugs. 173 Das Warschauer Appellationsgericht, an den das oberste Gericht den Fall verwies, setzte den vollstreckungsfähigen Betrag auf 50.000 $ (von den zugesprochenen 750.000 $) fest.174 Zur Begründung führte das Gericht aus, dass in Polen bei vergleichbaren Fällen höchstens Schadensersatz von PLN 150 000 in Betracht komme.175 Der Inlandsbezug sei stark und die Verbreitung des Magazins, in dem die ehrverletzende Berichterstattung erfolgte, in den USA sehr begrenzt. 176 Im Ergebnis nimmt die polnische Rechtsprechung in gewisser Weise eine Zwischenposition zwischen der deutschen und der französischen Rechtsprechung ein. Wie der deutsche BGH lehnt das oberste Gericht Polens die Vollstreckung ausländischer Entscheidungen über Strafschadensersatz dem Grunde nach ab. Ähnlich wie die Cour de 168
Dazu oben unter Kapitel 1, § 2, A. Dazu oben unter Kapitel 4, § 2, B. I. 1. b). 170 Oberster Gerichtshof Polens, Urteil vom 11.10.2013, I CSK 697/12. 171 Siehe die deutschssprachige Zusammenfassung der Entscheidung bei Machnikowski/Margonski, IPRax 2015, 453 (455). 172 Siehe Machnikowski/Margonski, IPRax 2015, 453 (456). 173 Siehe Machnikowski/Margonski, a.a.O. 174 Siehe Machnikowski/Margonski, IPRax 2015, 453 (456, dortige Fn. 18). 175 Siehe Machnikowski/Margonski, a.a.O. 176 Siehe Machnikowski/Margonski, a.a.O. 169
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cassation nimmt es aber auch die exzessive Höhe der ausländischen Entscheidung zum Anlass, die Vollstreckbarkeit (wenn auch nur teilweise) zu versagen – allerdings nicht wie in der französischen Rechtssache Fountaine Pajot in Bezug auf die punitive damages, sondern auf den kompensatorischen Schadensersatz (actual damages). Die vom Warschauer Appellationsgericht zugrunde gelegten Kriterien sind jedoch nicht auf die in Frankreich und Deutschland vorzunehmende Verhältnismäßigkeitsprüfung von Strafschadensersatz übertragbar. Wie oben ausgeführt, ist weder ein Vergleich mit nach inländischem Recht möglichen Beträgen noch eine Berücksichtigung der Stärke des Inlandsbezugs geeignet, die vollstreckbare Höhe zu bestimmen. Aus diesen Gründen sollte auch der polnische Ansatz nicht zum Vorbild genommen werden. Auch ein Blick nach Russland könnte von Interesse sein. Dort wurde nämlich die Aufhebung eines Schiedsspruchs über Strafschadensersatz mit der Unverhältnismäßigkeit der zugesprochenen Summe begründet. 177 Wenngleich diese Entscheidung keine internationale Schiedsgerichtsbarkeit, sondern einen inländischen Schiedsspruch betraf, ist nicht auszuschließen, dass der darin enthaltene Ansatz auch im Zusammenhang mit der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche Anwendung finden kann 178 und kommt damit als Inspirationsquelle für französische und deutsche Gerichte zur Bestimmung der Verhältnismäßigkeit durchaus in Betracht. Es wird berichtet, dass der Entscheidung zufolge folgende Kriterien zu berücksichtigen sind, um zu bestimmen, ob die Höhe des Strafschadensersatzes verhältnismäßig ist: das Verhältnis zwischen dem Strafschadensersatz und der Höhe der vertraglichen Hauptschuld, das Verhältnis zum Wert des Vertragsbruchs sowie die Dauer des Zeitraums, für den Strafschadensersatz anfällt.179 Ausschlaggebend in dem Fall scheint gewesen zu sein, dass der geforderte Strafschadensersatz den Wert der vertraglichen Leistung überstieg. 180 Für eine Übertragbarkeit auf deutsche oder französische Fälle dürften diese Kriterien nicht hinreichend konkret sein. Zudem macht der Bezug auf den Wert der vertraglichen Leistung eine Übertragung auf deliktische Fälle schwierig. Da Strafschadensersatz aber vor allem
177 Präsidium des Obersten Gerichtshofs in Handelssachen der Russischen Föderation, no. 16497/12, Entscheidung vom 234.2013, Rs. A40-57217/2012, Federal Grid Company OJSC (Russia) v. FNK Engineering LLC (Russia); berichtet von Nikiforov/Gurkov/Sevastianova, Les Cahiers de l'arbitrage 2014, S. 109 (114). 178 Samaylov, Enforcement of award at risk if punitive damages disproportionate (Federal Grid Company JSC v FNK Engineering LLC), Blogeintrag vom 29.1.2014 auf lexisnexis Dispute Resolution: „Despite the fact that this controversial decision concerns only domestic arbitration and says nothing of international arbitration, there is a possibility that the same approach could apply in the context of the recognition and enforcement of international arbitral awards.“ 179 So Samaylov, a.a.O. 180 Samaylov, a.a.O.
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Kapitel 5: Umsetzung der Verhältnismäßigkeitskontrolle
bei außervertraglicher Haftung eine Rolle spielt, dürften die Kriterien in diesen Fällen wenig Hilfestellung geben. Nach alledem lassen sich der ausländischen Rechtsprechung über die Anerkennung bzw. Vollstreckung ausländischer Entscheidungen über Strafschadensersatz keine Anhaltspunkte entnehmen, die durch deutsche oder französische Gerichte übernommen werden können. b) Ansätze ausländischer Gerichte zur Bestimmung der Höhe von Strafschadensersatz nach der lex fori Unter Umständen können aber die Rechtsordnungen, in denen Strafschadensersatz nach dem innerstaatlichen Recht zugesprochen wird, als Inspirationsquelle für die Bestimmung der verhältnismäßigen Höhe dienen. Rechtsvergleichende Untersuchungen zeigen, dass die Rechtsordnungen, deren materielles Recht Ansprüche auf Strafschadensersatz vorsieht, eine exzessive Höhe der Verurteilungen zu Strafschadensersatz ausschließen, wenngleich die Ansätze zur Bestimmung der Unverhältnismäßigkeit voneinander abweichen. 181 Denkbar könnte es sein, einen dieser Ansätze auf das nach deutschem oder französischem Recht erfolgende Exequatur zu übertragen. aa) Ansatz des amerikanischen Supreme Court Sowohl im deutschen als auch im französischen Schrifttum wird vorgeschlagen, der Rechtsprechung des Supreme Court der Vereinigten Staaten Anhaltspunkte zu entnehmen, um die Anwendbarkeit des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf Strafschadensersatz zu definieren. 182 Nach der Rechtsprechung des obersten Gerichtshofs der USA nämlich können punitive damages auf Grundlage der Due Process Clause des 14. Zusatzes zur amerikanischen Verfassung beschränkt werden, der zufolge ein Verfahren rechtsstaatlichen Grundsätzen genügen muss.183 In Anwendung dieser Rechtsprechung kommt es nicht selten vor, dass Verurteilungen zu punitive damages von oberen Gerichten gekürzt werden.184 In dem Urteil BMW of North America v. Gore185 stellte der Supreme 181 Gotanda, 42 Colum. J. Transnat'l L. (2003–2004), 391 (442); ders., 45 Colum. J. Transnat'l L. (2006–2007), 507 (511); ders., Recueil des Cours de l’Académie de droit international de La Haye 2007, 73 (398). 182 So etwa im französischen Schrifttum Gaudemet-Tallon, Rev. crit. DIP 2011, 93 (101); Licari, JDI 2010, 1230 (1258); in der deutschen Literatur beispielsweise Bläsi, Das Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen, 2010, S. 328 f. 183 Pacific Mutual Life Insurance Co. v. Haslip, 499 U.S. 1 (1991); TXO Procduction Corp. v. Alliance Resources Corp., 509 U.S. 433 (1993). 184 So in jüngerer Zeit etwa durch ein Urteil des U.S. Distric Court fort he Nothern District of Georgia, Atlanta, Division vom 5.4.2016, dazu PHi 2016, 101. 185 517 U.S. 559 (1996). Eine deutsche Übersetzung des Urteils findet sich in JZ 1997, 156. Zu dem Urteil auch Baumbach/Henkel, RIW 1997, 727; Baumgartner, JZ 1997, 158; Ebbing,
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Court Kriterien auf, anhand derer zu beurteilen sei, ob punitive damages grob exzessiv sind:186 (1) die Vorwerfbarkeit des Verhaltens; (2) das Ungleichgewicht zwischen dem kompensatorischen Schadensersatz und den punitive damages; (3) der Unterschied zwischen den punitive damages und dem in vergleichbaren Entscheidungen gewährten Ausgleich. 187 Das zweite Kriterium wurde später in der Entscheidung State Farm Mutual Automobile Insurance Co. v. Campbell188 dahingehend präzisiert, dass das Verhältnis zwischen kompensatorischem Schadensersatz und punitive damages weniger oder gleich 1:9 betragen müsse.189 Im Fall Exxon Shipping Co. et. al. v. Baker et al. entschied der Supreme Court zudem, dass in dem zugrundeliegenden maritimen Fall ein Verhältnis von 1:1 zwischen dem kompensatorischen Schadensersatz und dem Strafschadensersatz angemessen sei. 190 Ob dieses Verhältnis auch auf andere als maritime Sachverhalte anwendbar ist, ist allerdings zweifelhaft.191 Im französischen Schrifttum wird auf die Parallelen zwischen den in der Rechtsprechung des amerikanischen Supreme Court herangezogenen Kriterien und denen der Cour de cassation im Urteil Fountaine Pajot hingewiesen. 192 Gleichwohl besteht ein Unterschied insofern, als die vom Supreme Court gezogene Grenze das der Entscheidung der Cour de cassation zugrunde liegende Verhältnis zwischen kompensatorischem und nicht-kompensatorischem Schadensersatz um ein Vielfaches überstieg, da es dort bei weit weniger als 1:9,
RIW 1996, 993; Eisenhart, EuZW 1996, 523; Chanenson/Gotanda, 37 U. Mich. J.L. Reform (2003–2004), 441; Griessbach/Cordero, RIW 1998, 592; Herrmann, Die Anerkennung USamerikanischer Urteile in Deutschland unter Berücksichtigung des ordre public, 2000, S. 237; Koch, in: FS Reich, 1997, S. 845 (854 f.); Nodoushani, VersR 2005, 1313 (1315); Schmitz, JuS 1999, 941 (944 ff.); Wenglorz/Ryan, RIW 2003, 598 (604 ff.); Zekoll, IPRax 1997, 198 (201) sowie auf Französisch Sauvageot, Global Jurist Advances, Vol. 4 (2004), Issue 1, 1. 186 Dazu Berch, Minnesota Journal of Int’l Law, Vol. 19:1 (2010), S. 65; Fiorentino, JCP S n° 48/2015, 12; Klode, NJOZ 2009, 1762 (1768); Requejo Isidro, in: Meurkens/Nordin (Hrsg.), The Power of Punitive Damages – Is Europe Missing Out?, 2012, S. 311 (320 f.). 187 U.S. Supreme Court, 517 U.S. 559 (1996). 188 538 U.S. 408 (2003). Zu dem Urteil auch Berger/Wilske, RIW 2007, 245; Buchner, VersR 2003, 1203; Corrigan/Wilske, RIW 2007, 32; Chanenson/Gotanda, 37 U. Mich. J.L. Reform (2003–2004), 441; Göthel, RIW 2003, 610; Lenenbach, WM 2003, 2398; Mazabraud, La peine privée, 2006, S. 559 ff.; Nodoushani, VersR 2005, 1313 (1316); Schwarze, NZG 2003, 804; Wenglorz/Ryan, RIW 2003, 598 (606 ff.). 189 Berch, Minnesota Journal of Int’l Law, Vol. 19:1 (2010), S. 67. 190 Siehe die Anmerkung von Mastor, Constitutions 2010, 144. 191 Rendleman, 7 U. St. Thomas L.J. (2009–2010), 1 (15 ff.); ebenso Sebok, in: Meurkens/Nordin (Hrsg.), The Power of Punitive Damages – Is Europe Missing Out?, 2012, S. 133, der es für unwahrscheinlich hält, dass die Entscheidung außerhalb des Seerechts Anwendung finden wird. Allgemein zu Strafschadensersatz im amerikanischen Seerecht: Bauer, in: FS Tiberg, 1996, S. 55. 192 So etwa Fages, RTD civ. 2011, 122 (125).
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nämlich vielmehr bei 1:1 lag.193 Auch in Deutschland wäre eine Orientierung an solch starren Regeln nach dem oben bereits Gesagten abzulehnen. 194 Insofern scheint es schwierig, sich an den Maßstäben des amerikanischen Rechts zu orientieren. bb) Das Recht von Québec: Art. 1621 C.c.q. Darüber hinaus ist denkbar, sich daran zu orientieren, wie in der kanadischen Provinz Québec die Höhe von auszusprechenden Summen bei der Verurteilung zur Zahlung von Strafschadensersatz bemessen wird. Da es sich beim Strafschadensersatz um ein Element des common law handelt, das Einzug in das zivilistische Haftungsrecht von Québec gehalten hat195, ist denkbar, dass sich daraus Anhaltspunkte entnehmen lassen, wie das französische oder deutsche Recht bei der Exequatur mit ihm umgehen kann. 196 Ähnlich wird etwa auch vertreten, das Recht von Québec könne bei der Einführung von Strafschadensersatz ins französische Haftungsrecht als Vorbild dienen.197 In Québec bildet Art. 1621 des Code civil du Québec (C.c.q.) die Rechtsgrundlage für Strafschadensersatz. Dessen Wortlaut sieht vor: „Lorsque la loi prévoit l'attribution de dommages-intérêts punitifs, ceux-ci ne peuvent excéder, en valeur, ce qui est suffisant pour assurer leur fonction préventive. Ils s'apprécient en tenant compte de toutes les circonstances appropriées, notamment de la gravité de la faute du débiteur, de sa situation patrimoniale ou de l'étendue de la réparation à laquelle il est déjà tenu envers le créancier, ainsi que, le cas échéant, du fait que la prise en charge du paiement réparateur est, en tout ou en partie, assumée par un tiers. “ [„Wenn das Gesetz die Zuerkennung von Strafschadensersatz vorsieht, so darf dieser nicht dasjenige überschreiten, was seinem Wert nach ausreicht, um seine präventive Funktion zu gewährleisten. Er [der Strafschadensersatz] bemisst sich unter Berücksichtigung des Verschuldens des Schuldners, seiner Vermögenssituation oder dem Umfang der Haftung zu der
193 Boskovic, JDI 2011, 614 (618); de Kezel, in: Meurkens/Nordin (Hrsg.), The Power of Punitive Damages – Is Europe Missing Out?, 2012, S. 213 (238). 194 Dazu weiter oben im Kapitel unter § 1, A. II. 2. 195 Dazu Baudouin, Les dommages punitifs: un exemple réussi à la Common law, in: Études offertes au professeur Philippe Malinvaud, 2007, S. 1 ff.; Gardner, RCA mai 2013, 18. In ähnlichem Sinne Fuchs, in: FS von Hoffmann, 2011, S. 776 (780), mit der Mutmaßung, dass die Ausstrahlungen des Common Law die Schaffung von Art. 1621 C.c.q. im von der französischen Rechtstradition geprägten Québec begünstigt hat. 196 In diesem Sinne Tescaro, ZEuP 2018, 459 (476), dortige Fn. 45, der in Bezug auf eine Vollstreckung in Italien im Recht von Québec „hilfreiche Ansätze“ für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit sieht. 197 So z.B. Lacroix, La Revue du barreau canadien, Vol. 85 (2006), 569 ff.; Guégan-Lécuyer, Dommages de masse et responsabilité civile, 2006, S. 453 (n° 419) ; Hocquet-Berg, in: Dubuisson/Jourdain (Hrsg.), Le dommage et sa réparation dans la responsabilité contractuelle et extracontractuelle, 2015, S. 215 (229) ; Juen, RTD Civ. 2017, 565, n° 29.
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er bereits dem Gläubiger verpflichtet ist, sowie, sofern einschlägig, dem Umstand dass ein Dritter ganz oder teilweise für die Ausgleichszahlung aufkommt.“ 198]
Ein Beispiel für eine Anwendung dieser Norm, bei der auf Grundlage der Vorschrift deutsche und französische Beklagte zur Zahlung von Strafschadensersatz verurteilt wurden, bietet die Entscheidung des obersten Gerichtshof Kanadas vom 23. Dezember 2013 in der Rechtssache Cinar Inc./Robinson.199 Der Gesetzgeber hat in der Norm eine Liste bestimmter Kriterien zur Bestimmung der Höhe des Strafschadensersatzes aufgestellt, wobei diese Kriterien von der Rechtsprechung nicht als abschließend angesehen werden. 200 Die Vorschrift wird im kanadischen Schrifttum als geeignet angesehen, um adäquat das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu gewährleisten und gleichzeitig eine hinreichende Kulanz zu lassen, um rein ökonomische Berechnungen auszuschließen.201 Für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit nach deutschen und französischen Maßstäben ist die Vorschrift aber zu vage, um als Vorbild dienen zu können. Sie nennt lediglich die zu berücksichtigenden Kriterien, ohne Orientierung zu geben, wie diese ins Verhältnis zueinander gesetzt werden könnten. 202 Darüber hinaus ist wie oben dargestellt die nach der kanadischen Vorschrift vorzunehmende Berücksichtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Schuldners für die Situation in Deutschland oder Frankreich kein geeignetes Kriterium.203 cc) Das Recht von Louisiana Des Weiteren liegt die Idee nahe, einen Blick auf das Recht des amerikanischen Bundesstaates Louisiana zu werfen. Denn vereinzelt wird vorgeschlagen, dass das Recht von Louisiana hinsichtlich seines Umgangs mit amerikanischen punitive damages als Modell für die Behandlung von Strafschadensersatz Kontinentaleuropa dienen könne, da es in gewissem Umfang vom französischen Code civil geprägt ist und damit aus dem common law-System der übrigen
198
Übersetzung des Verfassers. Ausführlich zu dieser Entscheidung Gardner, ROJ 2014, 37. 200 Baudouin, Les dommages punitifs: un exemple réussi à la Common law, in: Études offertes au professeur Philippe Malinvaud, 2007, S. 8; Gardner, RCA mai 2013, 18 (21), Rn. 29; Lacroix, La Revue du barreau canadien, Vol. 85 (2006), 569 (602). Ausführlich zur Behandlung von punitive damages im Recht von Québec: Guillemard, RLDA, n° 85 2013, 120; Jobin, in: Liber amicorum Calais-Auloy, 2004, S. 537 ff. 201 So sinngemäß Lacroix, La Revue du barreau canadien, Vol. 85 (2006), 569 (587). 202 Zu der Schwierigkeit, die vagen Kriterien auszulegen auch Jobin, in: Liber amicorum Calais-Auloy, 2004, S. 546. 203 Dazu weiter oben im Kapitel unter § 1, A. II. 3. 199
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Kapitel 5: Umsetzung der Verhältnismäßigkeitskontrolle
Bundesstaaten der USA heraussticht. 204 Insbesondere für kollisionsrechtliche Fragen im Zusammenhang mit Strafschadensersatz könne das Recht von Louisiana als Quelle der Inspiration dienen. 205 Für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der Höhe von Strafschadensersatz scheint das Recht von Louisiana jedoch keine Orientierung geben zu können. Soweit ersichtlich gibt es weder rechtliche Regelungen noch Urteile aus Louisiana, die sich mit dieser Frage befassen und dabei Kriterien aufstellen, die auf das deutsche oder französische System übertragbar wären. III. Eigener Vorschlag: Effiziente Rechtsdurchsetzung durch Schadensvorsorge als Konkretisierung der Verhältnismäßigkeit – Aufschlag in Form eines pönalen Multiplikators Die vorzunehmende Verhältnismäßigkeitsprüfung ist letztlich eine Abwägungsprozess, bei dem sich widerstreitende Interessen in Einklang gebracht werden müssen: Dies ist zum einen das Interesse des Schädigers an einer nicht übermäßigen Belastung. Die oben dargestellten Vorschläge von Rechtsprechung und Schrifttum wägen dies primär mit dem Interesse des Geschädigten an einer größtmöglichen Entschädigung ab. Das Interesse, mit dem das Interesse des Schädigers abgewogen werden muss, sollte aber weniger dasjenige des Geschädigten sein, als vielmehr das öffentliche Interesse der Allgemeinheit an einer effizienten Rechtsdurchsetzung, indem dem potentiellen Schädiger Anreize zu einer effizienten Schadensvorsorge gegeben werden. Ein Ansatz, wie dies geschehen könnte, ließe sich der ökonomischen Analyse des Rechts entnehmen. 1. Pönaler Multiplikator zur Setzung von Anreizen für eine effiziente Schadensvorsorge Wie in Kapitel 1 dargestellt, dient Strafschadensersatz unter anderem der Verhaltenssteuerung, indem er dazu beiträgt, dass ein potentieller Schädiger die durch sein schädigendes Verhalten verursachten Kosten internalisiert. 206 Ersatzansprüche leiden nämlich in der Regel an einem Durchsetzungs- oder Geltendmachungsdefizit, da aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen 207 nicht 204
So Licari, RLDA, n° 85 2013, 117. Näher zur Behandlung von punitive damages nach dem Recht von Louisiana deGravelles/deGravelles, 70 La. L.Rev. (2010), 579; Maraist/Church, Corbett/Johnson/Richard, Tort Law – The American and Louisiana Perspectives, 2. Aufl. 2012, S. 435 ff. Zum IPR von Louisiana Sturm, in: Mélanges Gauthier, 1996, S. 359 (367 f.). Der Text des IPR-Gesetzes von Louisiana findet sich mit Einleitung von Jayme in IPRax 1993, 56. Zu neueren Entwicklungen bei der kollisionsrechtlichen Behandlung von punitive damages in Louisiana: Bonvillain, 74 La. L. Rev. 327. 205 Janke/Licari, RLDA, n° 85 2013, 132. 206 Dazu unter Kapitel 1, § 1, A. III. 207 Ausführlich zu den möglichen Gründen Polinsky/Shavell, in: Faure (Hrsg.), Tort Law and Economics, 2009, S. 228 (231).
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alle geschädigten Anspruchsinhaber ihren Anspruch durchsetzen können oder unter Umständen, wie etwa bei Streuschäden, von vornherein auf die Geltendmachung verzichten.208 Da demnach nicht alle Schadenskosten vom potentiellen Schädiger internalisiert werden, wird dieser unter Umständen davon absehen, die Kosten für eine effiziente Schadensvorsorge einzugehen. Um dies zu korrigieren, wird von Autoren der ökonomischen Analyse des Rechts vorgeschlagen, auf der Rechtsfolgenseite eine Korrektur vorzunehmen, indem der zu zahlende Schadensersatzbetrag über den tatsächlich erlittenen Schaden hinaus um einen Aufschlag in Form eines pönalen Multiplikators („punitive multiple“), erhöht wird.209 Dies führe dazu, dass die Gesamtzahl der Schädiger langfristig statistisch gesehen trotz des Geltendmachungsdefizits den verursachten Schaden zu ersetzen hat und damit ein Anreiz für potentielle Schädiger zu effizienter Vorsorge bestehe. Zur Bestimmung der Überhöhung des Schadensersatzbetrages wird bei Vermögensschäden üblicherweise die sogenannte Kehrwertberechnung vorgeschlagen, der zufolge die dem Schädiger auferlegte Haftungssumme gleich der Höhe des tatsächlichen Schadens (h) ist, multipliziert mit dem Kehrwert der Wahrscheinlichkeit (p), dass der Schädiger entsprechend einer rechtlichen Verpflichtung vollkompensatorischen Ersatz leisten muss. 210 Anders ausgedrückt: Der optimale Sanktionswert wäre das Produkt aus Schadensersatzhöhe und Sanktionswahrscheinlichkeit. 211 Die Formel dieser Kehrwertberechnung lautet dementsprechend: h (1/p) = h/p. 212 Der zusätzlich zu 208 Dazu Bost, Effiziente Verhaltenssteuerung durch den Ersatz von Nichtvermögensschäden, 2009, S. 248 f. 209 Cooter, Alabama Law Review, Vol. 40 (1989), n° 3, 1143; Polinsky/Shavell, Handbook of Law and Economics, Volume 1, S. 166; Näher zu diesem Ansatz Bost, a.a.O.; Ferey, RLDA, n° 85 2013, 112 (II A); Köndgen, RabelsZ 56 (1992), 696 (732); Maitre, La responsabilité civile à l’épreuve de l’analyse économique du droit, 2005, S. 182 f.; Nussenbaum, LPA 19.5.2005, n° 99, S. 78; Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 5. Aufl. 2013, S. 414; Sharkey, New York University Law and Economics Working Papers. Paper 289. 210 Polinsky/Shavell, in: Faure (Hrsg.), Tort Law and Economics, 2009, S. 238 (232). Zu diesem Ansatz auch Visscher, in: Koziol/Wilcox (Hrsg.), Punitive Damages: Common Law and Civil Law Perspectives, 2009, S. 219 (222 ff.); Calandrillo, 78 Geo. Wash. L. Rev. (2009–2010), 774 (799); Mackaay/Rousseau, Analyse économique du droit, 2. Aufl. 2008, S. 355 (n° 1272); ebenso Wagner, in: Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2006: Schadensersatz, Zwecke, Inhalte, Grenzen, 2006, S. 125 f., der dabei vom „Multiplikationsprinzip“ spricht. Kritisch zu dem Ansatz etwa Sharkey, 113 Yale L.J. (2003–2004), 347. Andere Autoren wollen statt der Kehrwertmethode andere an der Wahrscheinlichkeit orientierte Multiplikatoren heranziehen, wie etwa Hylton, 87 Geo. L.J. (1998–1999), 421; Hylton/Miceli, JLEO 2005, 388, denen zufolge u.a. aufgrund der Prozesskosten die Kehrwertberechnung für Zivilklagen nicht die optimale Abschreckung bietet und die deshalb eine andere Berechnung des Mulitiplikators vorschlagen. 211 Poelzig, Normdurchsetzung durch Privatrecht, 2012, S. 377. 212 Polinsky/Shavell, in: Faure (Hrsg.), Tort Law and Economics, 2009, S. 238 (232).
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dem kompensatorischen Schadensersatz zu zahlende Strafschadensersatz berechnet sich demnach durch die Multiplikation des erlittenen Vermögensschadens mit dem Multiplikator (1-p)/p.213 In den USA ist dieser Ansatz bereits von Gerichten aufgegriffen worden. 214 2. Übertragung auf die anerkennungsrechtliche ordre public-Kontrolle Bei einem ausländisches Urteil, in dem mit der oben genannten Methode oder einem vergleichbaren Ansatz die Höhe des Strafschadensersatzes bestimmt wurde, dürfte die Verhältnismäßigkeit als gewahrt anzusehen sein, da die Höhe nicht über dasjenige hinausgeht, was zur optimalen Abschreckung und damit der effizienten Rechtsdurchsetzung erforderlich ist. Aber auch wenn das Ausgangsgericht die Höhe des Strafschadensersatzes nicht anhand des Durchsetzungsdefizits ermittelt hat, könnte die oben dargestellte Vorgehensweise zur Bestimmung der Verhältnismäßigkeit im Rahmen der ordre public-Kontrolle Anwendung finden. Im Ergebnis würde dies bedeuten, dass bei einem ausländischen Urteil über Strafschadensersatz der kompensatorische Schadensersatz zuzüglich eines Aufschlags anerkannt und vollstreckt werden kann, wobei sich die Höhe dieses Aufschlags nach dem Kehrwert der Haftungswahrscheinlichkeit (1/p) bemisst. Für eine solche Anwendung ökonomischer Erwägungen im Rahmen des Exequaturs spricht insbesondere, dass die Verhältnismäßigkeitsprüfung als eine „Ableitung aus dem ökonomischen Effizienzprinzip im Recht“ verstanden werden kann 215 und Verhältnismäßigkeit ein potentielles Scharnier zwischen Rechts- und Wirtschaftswissenschaft darzustellen vermag. 216 Richtig ist, dass es de lege lata deutschen und französischen Gerichten nicht erlaubt ist, einem Geschädigten bei der Gewährung von Schadensersatz nach der lex fori eine Überkompensation zuzusprechen. 217 Durchaus möglich wäre es den Gerichten
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Polinsky/Shavell, a.a.O.; van Velthoven, in: Faure (Hrsg.), Tort Law and Economics, 2009, S. 453 (469). 214 Siehe die Nachweise bei Sharkey, 113 Yale L.J. (2003–2004), 347(372), dortige Fn. 71. 215 Zur Verhältnismäßigkeit als „Schlüsselbegriff juristisch-ökonomischer Forschung“ van Raay, Gewinnabschöpfung als Präventionsinstrument im Lauterkeitsrecht, 2012, S. 458 mit Verweis auf Bizer, Die Ökonomik der Verhältnismäßigkeitsprüfung, S. 2. 216 Kleinewefers, in: FS Schürmann, 1987, S. 83 (92, dortige Fn. 15); dazu auch van Raay, Gewinnabschöpfung als Präventionsinstrument im Lauterkeitsrecht, 2012, S. 467, dortige Fn. 2377. Im selben Sinne Führ, in: Bizer/Führ/Hüttig (Hrsg.), Responsive Regulierung, 2002, S. 91 ff., der den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als methodischen Brückenschlag bezeichnet. Ähnlich Hager, JuS 2006, 769 (772), dem zufolge beim Prozess der Abwägung kollidierender Grundrechte Raum für Nachbardisziplinen wie Ökonomie ist. 217 So bezüglich des deutschen Rechts Bost, Effiziente Verhaltenssteuerung durch den Ersatz von Nichtvermögensschäden, 2009, S. 322. Ähnlich Alexander, Schadensersatz und Ab-
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beider Länder aber, eine Überkompensation bei dem Exequatur einer ausländischen Entscheidung zuzulassen – jedenfalls sofern man der hier vertretenen Auffassung folgt und in Übereinstimmung mit der mittlerweile wohl herrschenden Lehre Strafschadensersatz auch in Deutschland als grundsätzlich mit dem ordre public vereinbar ansieht. Die Berücksichtigung der Effizienz der Durchsetzung würde insofern eine zulässige Gesetzesauslegung darstellen. 218 Im Ergebnis liefe dieser Ansatz auf die Anwendung eines Multiplikators hinaus, wie er wie oben erwähnt auch von anderen Autoren vorgeschlagen wird. 219 Während diese jedoch starre Formeln vorschlagen, würde bei dem hier vorgeschlagenen Ansatz die Höhe des Multiplikators variieren. Die zu Recht gegen starre Quoten eingewandte Kritik, dass eine formelhafte Typisierung willkürlich ausfällt 220, würde bei dem hier vorgeschlagenen Ansatz nicht greifen, da er es ermöglicht, den Multiplikator einzelfallbezogen zu bestimmen und damit Willkür zu vermeiden. Die Umsetzung dieses Ansatzes in der Praxis sollte jedenfalls dann problemlos möglich sein, wenn aus der ausländischen Entscheidung hervorgeht, zu welchem Anteil sich der Gesamtbetrag jeweils aus kompensatorischem und nicht-kompensatorischem Schadensersatz zusammenhängt, was bei amerikanischen punitive damages-Urteilen üblicherweise in Form eines special verdict der Fall ist.221 Auch in der kalifornischen Ausgangsentscheidung in der Rechtssache Fountaine Pajot, die dem Urteil der Cour de cassation vom 1. Dezember 2010 zugrunde lag, war der Anspruch über punitive damages gesondert ausgewiesen. 222 Lässt sich der kompensatorische Anteil der Entscheidung nicht eindeutig entnehmen, so ließe sich der tatsächlich erlittene Schaden auch im Exequaturverfahren im Wege einer Beweisaufnahme bestimmen. Eine größere Herausforderung dürfte die Bestimmung des Geltendmachungsdefizits darstellen. 223 Dies sollte aber kein Hindernis für die Umsetzung dieses Ansatzes sein. Vielmehr ist zu hoffen, dass die durch diesen Ansatz auf-
schöpfung im Lauterkeits- und Kartellrecht, 2010, S. 418: „Eine Vervielfachung des Schadensersatzes bedürfte einer gesetzgeberischen Maßnahme und erfordert damit eine rechtspolitische Grundsatzentscheidung.“ 218 Zur effizienzorientierten Auslegung als zulässiger Gesetzeskonkretisierung Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 1995, S. 454 ff. 219 Näher dazu weiter oben im Kapitel unter § 1, A. II. 2. 220 So Burst, Pönale Momente im ausländischen Privatrecht und deutscher ordre public, 1994, S. 182. 221 Zur Unterscheidung zwischen special verdict und general verdict: Lenz, Amerikanische Punitive Damages vor dem Schweizer Richter, 1992, S. 190 ff. 222 Dies lässt sich der Darstellung des Sachverhalts in der Entscheidung der Cour de cassation entnehmen. 223 Köndgen, RabelsZ 56 (1992), 696 (736) hinsichtlich der Situation im Erkenntniserfahren: „[…] in der Praxis wird jedes Gericht überfordert sein, den Strafzuschlag auch nur annähernd überprüfbar zu quantifizieren.“
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gezeigte Praxisrelevanz empirische Untersuchungen zum Durchsetzungsdefizit befördert. Fehlt es an verlässlichen Daten, müsste das Durchsetzungsdefizit geschätzt werden. 224 Empirische Untersuchungen oder verlässliche Annahmen zum Durchsetzungsdefizit, die eine solche Schätzung erleichtern könnten, liegen soweit ersichtlich bislang nicht vor.225 In diesem Fall sollten Gerichte einen Aufschlag pauschal festlegen. Dies ist mit dem deutschen Haftungsrecht insofern vereinbar, als die deutsche Rechtsprechung auch in anderen Fällen auf sogenannte gegriffene Größen zurückgreift, um die Höhe von Aufschlägen festzulegen. 226 Gut vertretbar dürfte es sein, wenn Gerichte in diesem Fall einen Aufschlag in Höhe von 50 Prozent vornehmen, was einer Durchsetzungswahrscheinlichkeit von ungefähr 0,67 Prozent entspräche. Dafür spricht, dass deutsche Gerichte in der Vergangenheit nach ausländischem Recht vorgenommene Aufschläge in Höhe von 50 Prozent als mit dem deutschen ordre public vereinbar angesehen haben 227, so dass davon auszugehen ist, dass eine Erhöhung des kompensatorischen Betrags um die Hälfte als mit deutschen Wertmaßstäben konform anzusehen sein dürfte. 228 Darauf, dass auch in Frankreich Zuschläge in dieser Höhe als zulässig angesehen werden dürften, deutet hin, dass französische Gerichte auch bei der Zusprechung von Schadensersatz nach nationalem Recht Aufschläge in dieser Größenordnung gewährt haben. 229 Im Ergebnis liefe dieser Ansatz auf eine Anwendung des „differenzierten Vergleichsmaßstabs“ von Stiefel/Stürner230 hinaus – mit dem Unterschied jedoch, dass hier
224 Eine Schätzung schlagen auch die Vertreter der Kehrwertberechnung für die Bestimmung bei der Zusprechung von punitive damages durch die Ausgangsgerichte vor, siehe Cooter, Alabama Law Review, Vol. 40 (1989), n° 3, 1143. 225 So auch Ehlgen, Probabilistische Proportionalhaftung und Haftung für den Verlust von Chancen, 2013, S. 109: „Verlässliche Daten zum Verfolgungsverhalten stehen, soweit ersichtlich, nicht zur Verfügung.“ Ähnlich Alexander, Schadensersatz und Abschöpfung im Lauterkeits- und Kartellrecht, 2010, S. 417, der zu Recht darauf hinweist, dass es für die Bestimmung der Durchsetzungswahrscheinlichkeit aufwendiger Studien bedürfte. 226 Siehe Korch, VersR 2015, 542 (544), der ausführt, dass der vom BGH vorgenommene Integritätszuschlag in Höhe von 30 % zu den Wiederbeschaffungskosten bei Fahrzeugschäden nicht auf empirischen Untersuchungen beruht, sondern eine gegriffene Größe darstellt. 227 Das OLG Düsseldorf entschied mit Beschluss vom 4.4.2011, dass eine Erhöhung einer titulierten Forderung um 50 % wegen Verzugs für sich genommen kein Anerkennungshindernis wegen Verstoßes gegen den ordre public begründe, I-3 W 292/10, IPRax 2013, 349. 228 Auch im Schrifttum wird bisweilen ein Aufschlag in Höhe 50 % als Grenze angesehen, siehe beispielsweise Strebel, 21 Loy. L.A. Int’l & Comp. L.J. (1999), 55 (107), dortige Fn. 291. 229 TGI Paris, 3e ch., 22.9.2017. Statt des durch den Kläger geforderten Aufschlags in Höhe von 100 Prozent sprach das Gericht diesen nur in Höhe von 50 Prozent zu. Lefranc deutet diesen Zuschlag zu Recht als einen Multiplikator: EDPI n° 11 2017 S. 7. 230 Zu diesem Ansatz oben unter Kapitel 5, § 1, A. II. 1.
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der Aufschlag in Höhe von 50 Prozent nicht als Standard, sondern nur hilfsweise im Falle mangelnder Daten zur Durchsetzungswahrscheinlichkeit vorgenommen würde. Gegen den hier vorgeschlagenen Ansatz könnte man zwar den Einwand erhebe, dass es nicht Aufgabe der deutschen und französischen Exequaturgerichte sei, die effiziente Durchsetzung ausländischen Rechts zu fördern. Dieser Einwand wäre aber nicht überzeugend. Zum einen ist eine effiziente Schadensvorsorge aus Sicht des Forumsstaates durchaus erstrebenswert, auch wenn damit Schaden wegen im Ausland belegener Risiken verhütet werden. Zum anderen hat der Ansatz den Vorteil, dass er am ehesten den in Kapitel 1 dargestellten Zwecken von Strafschadensersatz 231 Rechnung tragen kann. Nach der Argumentation des BGH in seiner oben dargestellten Entscheidung vom 4. Juni 1992232 ist es vor allem das Strafmonopol des Staates, das der Anerkennung und Vollstreckung einer ausländischen Entscheidung über Strafschadensersatz entgegensteht. Es ist also vor allem die bestrafende Funktion von Strafschadensersatz, die aus seiner Sicht nicht mit dem deutschen ordre public vereinbar sei. 233 Der verhaltenssteuernde Funktion, auf die der BGH in seinem Urteil überhaupt nicht eingeht, ließe sich mit dem hier vorgeschlagenen Ansatz durchaus Rechnung tragen, da allein der der optimalen Abschreckung dienende Betrag anerkannt und vollstreckt würde, welcher eben nicht der Bestrafung, sondern allein der Verhaltenssteuerung dient. 234 Zusammenfassend vollzieht sich der hier vorgeschlagene Ansatz in drei Schritten: Zunächst ist zu prüfen, ob das ausländische Gericht die Höhe des zugesprochen Strafschadensersatzes anhand eines auf Grundlage der Durchsetzungswahrscheinlichkeit bemessenen Multiplikators festgesetzt hat. Ist dies der Fall, kann das Urteil in voller Höhe anerkannt und vollstreckt werden. Andernfalls hat das Gericht selbst anhand der Durchsetzungswahrscheinlichkeit einen Multiplikator festzulegen, mit dessen Hilfe der anerkennungsfähige und vollstreckbare Betrag bestimmt werden kann. Sind keine empirischen Untersuchungen über die Durchsetzungswahrscheinlichkeit verfügbar, ist der Aufschlag hilfsweise pauschal zu schätzen. Um den hier vorgeschlagenen Ansatz zu veranschaulichen, soll anhand des Sachverhalts, welcher der Entscheidung der Cour de cassation in der Rechtssache Fountaine Pajot zugrunde lag, dargestellt werden, wie seine Anwendung hätte ausfallen können: In der ausländischen Ausgangsentscheidung hatte das kalifornische Gericht kompensatorischen Schadensersatz in Höhe von 231
Dazu unter Kapitel 1, § 1, A. BGH, Urteil vom 4.6.1992 – IX ZR 149/91, BGHZ 118, 312; NJW 1992, 3096. 233 In diesem Sinne wird auch die Auffassung vertreten, dass Schadensersatz wie treble damages, die allein der Verhaltenssteuerung und nicht auch der Sühne und Vergeltung dienen, anerkennungsfähig seien: Wagner, AcP 2006, 355 (476). 234 Zu der nicht-pönalen Funktion von durch Kosteninternalisierung der optimalen Abschreckung dienendem Schadensersatz Colby, 118 Yale L. J. (2008–2009), 392 (474) m.w.N. 232
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1.391.650 $, punitive damages in Höhe von 1.460.000 $ und 402.084 $ für die Anwaltskosten zugesprochen. Unter Annahme einer statistischen Durchsetzungswahrscheinlichkeit von 80 Prozent betrüge die nach diesem Ansatz als verhältnismäßig zu betrachtende Summe 1.391.650 $ * (1/0,8) = 1.739.562,50 $. Von den 1.460.000 $ punitive damages wären demnach 347.912,50 $ vollstreckbar gewesen. B. Darlegungslast hinsichtlich der Unverhältnismäßigkeit Unabhängig davon, welche Kriterien man zur Bestimmung der Verhältnismäßigkeit der Höhe heranziehen möchte, stellt sich im Zweifelsfall die Frage, welche der Parteien das (Nicht-)Vorliegen einer Unverhältnismäßigkeit darzulegen hat. Anders ausgedrückt: Zu wessen Lasten geht es, wenn die Verhältnismäßigkeit nicht dargelegt werden kann? Die Schwierigkeiten, die sich in der Praxis ergeben können, haben in Frankreich bereits in einer Rechtssache betreffend die Vollstreckung eines kalifornischen Urteils entschieden werden müssen: In einem Urteil vom 30. Juni 2011 urteilte die Cour d’appel de Paris, dass der Beklagte nicht dargelegt habe, inwiefern die gegen ihn im ausländischen Urteil zugesprochene Verurteilung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletze bzw. Strafschadensersatz darstelle und damit dem ordre public international zuwiderlaufe. 235 Nach Auffassung des Gerichts hätte es demnach dem Vollstreckungsgegner oblegen, den Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz darzulegen. Wörtlich führte das Gericht aus: „Considérant que M. H. ne démontre pas plus en quoi les condamnations prononcées à son encontre méconnaîtraient les principes fondamentaux régissant la responsabilité civile, celui de la proportionnalité des peines […], comporteraient des dommages intérêts punitifs et heurteraient l'ordre public international français de fond […]“ [„Herr H. hat nicht dargelegt, inwiefern die zu seinen Lasten zugesprochenen Verurteilungen die grundlegenden Grundsätze der zivilrechtlichen Haftung, namentlich den der Verhältnismäßigkeit von Strafen […] verkannt haben, Strafschadensersatz darstellen und den materiellrechtlichen französischen ordre public international verletzen […]“ 236]
Die Entscheidung wurde jedoch von der Cour de cassation am 7. November 2012 unter Verweis auf Art. 455 des Zivilprozessbuchs Code de procédure civile wegen mangelnder Auseinandersetzung mit der Argumentation der Parteien aufgehoben. 237 Die Cour d’appel de Versailles wiederum, an welche die 235
CA Paris, 1 re ch. civ., Urteil n° 10/00293vom 30.6.2011. Übersetzung des Verfassers. 237 C. Cass., 1re ch. civ., vom 7.11.2012, pourvoi n° 11-23.871. Dabei führte das Gericht aus: „Attendu que, pour prononcer l’exequatur des décisions californiennes, l’arrêt retient que M. X… ne démontre pas que les condamnations prononcées à son encontre heurtent l’ordre public international de fond; Qu’en statuant ainsi, sans répondre aux conclusions de M. X… qui soutenait que les condamnations étaient disproportionnées au regard du préj udice subi par la société Sierra […], la cour d’appel n’a pas satisfait aux exigences de ce 236
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Rechtssache im Anschluss an die Kassation zur Entscheidung verwiesen wurde, lehnte die Vollstreckung des kalifornischen Urteils ab, da die unzureichenden Begründung der ausländischen Entscheidung es dem Gericht nicht ermögliche, zu überprüfen, ob die Verurteilung in einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden stehe und daher den Anforderungen des materiellrechtlichen ordre public international nicht genüge: „Que la cour observe, au surplus, que cette motivation défectueuse ne lui permet pas d'apprécier si les condamnations ainsi prononcées se situent dans un rapport de proportionnalité avec le préjudice subi par la société SIERRA, ce dont il résulte que le jugement ne satisfait pas aux exigences de l'ordre public international de fond.“ 238 [„Der Gerichtshof stellt fest, dass die unzureichende Urteilsbegründung es ihm nicht ermöglicht, einzuschätzen, ob die Verurteilungen in einer verhältnismäßigen Beziehung stehen zum durch die Gesellschaft SIERRA erlittenen Schaden, woraus folgt, dass das Urteil nicht den Anforderungen des materiellrechtlichen ordre public international genügt.“239]
Dieser Logik nach geht es zu Lasten des Vollstreckungsklägers, wenn sich der ausländischen Entscheidung keine Anhaltspunkte entnehmen lassen, die eine Überprüfung der Verhältnismäßigkeit ermöglichen. Im deutschen Recht sollte die Lösung genauso ausfallen. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass es sich bei der Verhältnismäßigkeit des im Ausland ausgeurteilten Strafschadensersatzes um eine dem Beweis zugängliche Tatsache handelt, und nicht um eine Frage des ausländischen Rechts, welche gemäß § 293 ZPO als Recht zu behandeln wäre. Bei der Bestimmung der Verhältnismäßigkeit im Rahmen der Anerkennung oder des Exequaturs geht es nämlich nicht um die Darlegung oder den Beweis ausländischen Rechts, sondern derjenigen Tatsachen, welche die Überprüfung der Verhältnismäßigkeit nach den Maßstäben des deutschen Rechts als der lex fori ermöglichen. 240 Die Frage der Beweislast im Rahmen der Anerkennung oder Vollstreckung ist umstritten. Bisweilen wird die Auffassung vertreten, dass die Darlegungs- und Beweislast eines Anerkennungshindernisses der Partei obliege, welche die Anerkennung zu verhindern sucht.241 Im Ergebnis texte.“ [„Um das Exequatur der kalifornischen Entscheidungen auszusprechen, hat das Urteil [des Berufungsgerichts] ausgeführt, dass Herr X. nicht dargelegt habe, dass die zu seinen Lasten zugesprochenen Verurteilungen den materiellrechtlichen ordre public international verletzen; indem das Berufungsgericht so entscheiden hat, ohne auf die Schlussfolgerungen von Herrn X. einzugehen, der vortrug, dass die Verurteilungen unverhältnismäßig in Bezug auf den durch die Gesellschaft SIERRA erlittenen Schaden sei […], hat es den Anforderungen dieser Vorschrift nicht Rechnung getragen.“, Übersetzung des Verfassers]. 238 CA Versailles, 1re ch. civ., Urteil vom 19.9.2013 (N° 13/02154), Georgia Lee/ JeanFrançois Henin. 239 Übersetzung des Verfassers. 240 Etwas anders mag jedoch gelten, wenn man entgegen der hier vertreten Ansicht eine etwaige vom ausländischen Recht vorgenommene Verhältnismäßigkeitsprüfung berücksichtigen will (zu dieser Frage siehe weiter oben in Kapitel 4, § 2, B. II. 4. b) bb). 241 Dörner, in: Saenger, ZPO, 5. Aufl. 2013, § 328, Rn. 20.
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identisch dürfte dies mit der Auffassung derjenigen sein, die darauf verweisen, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung bzw. Vollstreckung von Amts wegen zu prüfen sind, das Gericht aber von Ermittlungen absehen kann, wenn die klagende Partei einer Aufforderung nicht nachkommt, Unterlagen beizubringen.242 Andere wiederum sehen die Darlegungs- und Beweislast für Tatsachen grundsätzlich bei demjenigen, der die Anerkennung bzw. Vollstreckung der ausländischen Entscheidung betreibt. 243 Für die Verhältnismäßigkeit des ausgeurteilten Strafschadensersatzbetrages jedenfalls dürfte letztere Auffassung sachgerecht sein. 244 Dafür spricht, dass der Vollstreckungskläger Gelegenheit hat, im Ausgangsverfahren darauf hinzuwirken, dass in dem Urteil die erforderlichen Tatsachen ausdrücklich festgehalten werden, die es dem Vollstreckungsgericht ermöglichen, die Verhältnismäßigkeit zu überprüfen. Über amerikanische Gerichte etwa wird berichtet, dass sie häufig bereit sind, ihre Urteile zu ändern und den Strafschadensersatz herauszunehmen, um eine Vollstreckung in Deutschland zu ermöglichen. 245 Angesichts solcher Sensibilität für etwaige Vollstreckungsprobleme ist davon auszugehen, dass sie auch bereit sind, auf Antrag des Klägers den kompensatorischen Schadensersatz gesondert von den punitive damages auszuweisen, um eine Bestimmung des Verhältnisses beider Beträge zueinander zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund scheint es sachgerecht, dass in beiden Ländern die Abwägung zwischen Vollstreckungsinteresse und dem Erfordernis, die Vereinbarung mit dem ordre public zu wahren, im Zweifelsfall zulasten dessen geht, der die Anerkennung oder Vollstreckung begehrt.
§ 2 Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen den ordre public aufgrund unverhältnismäßiger Höhe: Teilanerkennung und -vollstreckung oder Verweigerung in toto? § 2 Rechtsfolgen eines ordre public-Verstoßes Ist nach dem oben Gesagten ein Verstoß gegen den ordre public aufgrund der Unverhältnismäßigkeit der Höhe des Strafschadensersatzes möglich, stellt sich die Frage, was die Rechtsfolge eines solchen Verstoßes ist. Im Falle eines Verstoßes gegen den zustellungsrechtlichen ordre public ist eine Teillösung nicht umsetzbar, da eine Teilzustellung nicht denkbar ist, wenn nicht schon durch den Kläger eine Aufspaltung in Teilklagen vorgenommen wurde, etwa im Wege 242
In diesem Sinne etwa Stadler, in: Musielak, ZPO, 12. Aufl. 2015, § 328, Rn. 33. Bach, in: Vorwerk/Wolf (Hrsg.), BeckOK ZPO, Edition 12 (Stand: 15.3.2014), § 328, Rn. 50, der diese Auffassung als die mittlerweile herrschende Meinung bezeichnet. 244 So bezüglich des Falls einer Vollstreckung in Japan auch Kono, ZJapanR Nr. 4 (1997), 129 (131 f.) 245 So Neumann, AnwZert HaGesR 4/2014, Anm. 2. 243
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einer Teilklage mit späterer Klageerweiterung. 246 Bei einem Verstoß gegen den anerkennungsrechtlichen ordre public hingegen kommt eine Teillösung durchaus in Betracht. Es stellt sich dabei die Frage, ob ein Urteil, das zu Schadensersatz verurteilt, der zum Teil der Kompensation des erlittenen Schadens dient, und zum anderen Teil Strafschadensersatz darstellt, zumindest teilweise in Höhe des kompensatorischen Teils oder auch des als verhältnismäßig anzusehenden Teilbetrags der ausgeurteilten Strafschadensersatz anerkannt und vollstreckt werden kann. A. Grundsätzliche Möglichkeit der Teilanerkennung Hinsichtlich gerichtlicher Entscheidungen aus anderen Mitgliedstaaten der EU sah die in den meisten Fällen einschlägige EuGVVO in ihrer alten Fassung noch ausdrücklich die Möglichkeit der Teilvollstreckbarerklärung vor (Art. 48 a.F.). Da durch Neufassung der EuGVVO 247 das Verfahren der Vollstreckbarerklärung von Titeln abgeschafft wurde und Entscheidungen anderer Mitgliedstaaten damit ipso iure vollstreckbar sind, ist die Regelung der Teilvollstreckbarkeit obsolet geworden. Stattdessen sieht nun Art. 44 Abs. 1 Buchstabe c EuGVVO n.F. vor, dass bei einem Antrag auf Versagung der Vollstreckung das Verfahren insgesamt oder teilweise ausgesetzt werden kann. Bei Entscheidungen aus Staaten außerhalb der EU richtet sich die Möglichkeit der Teilanerkennung und -vollstreckung wiederum nach dem autonomen Recht.248 Das deutsche und französische Recht enthalten dabei keine Sonderregel bezüglich einer Teilanerkennung bzw. -vollstreckung.249 Nach allgemeiner Auffassung ist in beiden Ländern eine Teilanerkennung möglich, sofern Teilbarkeit gegeben ist.250 Während man in Deutschland dabei zwischen horizontaler und vertikaler Teilung unterscheidet, spricht man in Frankreich von reduktivem und selektivem Teilexequatur (exequatur partiel sélectif bzw. réductif). Während jeweils ersteres den Umfang des ausländischen Urteils (die einzelnen Ansprüche) betrifft, bezieht sich jeweils letzteres auf die Urteilsbestandteile, d.h. die Anerkennung eines Teils einer Tenorziffer.251 Unproblematisch ist eine Teilvollstreckbarerklärung in der Regel, wenn die Entscheidung 246
Stadler, JZ 1995, 718 (721). Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. L 351 vom 20.12.2012, S. 1. 248 Siehe dazu oben unter Kapitel 3, § 2, A. I. 2. 249 Bezüglich des deutschen Rechts Herrmann, Die Anerkennung US-amerikanischer Urteile in Deutschland unter Berücksichtigung des ordre public, 2000, S. 46. 250 Bezüglich des deutschen Rechts statt aller Martiny, Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrecht, Bd. III/1, 1984, Rn. 325; zu der Unterscheidung in Frankreich de Vareilles-Sommières, Jugement étranger, in: Guinchard (Hrsg.), Répertoire de procédure civile, Stand Januar 2013, n° 379. 251 Martiny, Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrecht, Bd. III/1, 1984, Rn. 325. 247
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über mehrere Ansprüche erging, während die Teilanerkennung eines einheitlichen Anspruchs nur ausnahmsweise möglich sein soll 252 , da das reduktive Teilexequatur nicht mit dem Verbot der révision au fond in Einklang steht.253 Eine teilweise Vollstreckung kommt auch bei Schiedssprüchen in Betracht. Art. V Abs. 1 Buschstabe c) des New Yorker Übereinkommens lässt dies ausdrücklich zu.254 I. Anerkennung des kompensatorischen Schadensersatzes? Ist nach dem oben Gesagten eine Teilanerkennung sowohl in Frankreich als auch in Deutschland grundsätzlich möglich, so stellt sich die Frage, ob demnach bei einer ausländischen Entscheidung, die gleichzeitig zur Zahlung von kompensatorischem Schadensersatz einerseits und zur Zahlung von Strafschadensersatz andererseits verurteilt, eine Teilanerkennung bzw. -vollstreckung nur des ersteren in Betracht kommt. Der Bundesgerichtshof urteilte in seiner Grundsatzentscheidung vom 4. Juni 1992 zur Vollstreckbarkeit von Strafschadensersatz, dass bei einem ausländischen Urteil, das mehrere rechtlich selbstständige Ansprüche zuerkennt, diese auch jeweils einzeln auf ihre Anerkennungsvoraussetzungen geprüft werden können. 255 Liegen die Anerkennungsvoraussetzungen nicht für alle Ansprüche vor, sei eine Teilanerkennung als ein Weniger möglich. 256 In konsequenter Anwendung dieser Aussage unterzog der Senat die in der dem Urteil zugrunde liegenden amerikanischen Entscheidung zugesprochenen Schadensersatzposten einer von den punitive damages getrennten ordre public-Kontrolle und bejahte letztlich die Anerkennung dieses kompensatorischen Schadensersatzes. Dieser Rechtsprechung folgend ist in Deutschland der kompensatorische Schadensersatz bei einer gemischten Entscheidung ohne ausdrücklichen Antrag des Klägers anerkennungs- und vollstreckungsfähig. In der französischen Leitentscheidung zur Anerkennung und Vollstreckbarkeit von Urteilen über ausländischen Strafschadensersatz, dem Urteil in Fountaine Pajot, wurde die Vollstreckbarerklärung durch die Cour de cassation vollumfänglich abgelehnt, ohne dass über eine Teilanerkennung hinsichtlich des kompensatorischen Schadensersatzes befunden wurde. Dies ist aber entgegen der vereinzelt vertretenen Ansicht mancher Autoren nicht dahingehend zu verstehen, dass die Cour de cassation damit implizit entschied, dass
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Martiny, a.a.O., Rn. 328. So etwa Gaudemet-Tallon, Rev. crit. DIP 2011, 93 (101); Licari, JDI, n° 4 2010, 1230 (1261). 254 King/Meredith, Arbitration International, Vol. 26 (2010), 381 (382). 255 BGH, Urteil vom 4.6.1992 – IX ZR 149/91, NJW 1992, 3096 (3105). 256 BGH, a.a.O. 253
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der kompensatorischer Schadensersatz und der Strafschadensersatz voneinander unteilbar seien.257 Vielmehr dürfte das Schweigen zur Frage der Teilanerkennung darauf beruhen, dass die Kläger eine Teilanerkennung nicht beantragt hatten258 und die Cour de cassation eine teilweise Anerkennung nicht von Amts wegen vornehmen wollte.259 Als die Kläger später eine teilweise Vollstreckung hinsichtlich des kompensatorischen Schadensersatzes sowie der Anwaltsgebühren anstrebten, ging die Cour d’appel de Poitiers auf die Frage, ob ein solches partielles Exequatur möglich ist, offen. Sie ließ den Antrag bereits daran scheitern, dass die frühere, die Vollstreckung ablehnende Entscheidung zwischenzeitlich in Rechtskraft erwachsen sei. 260 Die Tatsache, dass den Klägern im Ergebnis nicht nur die Vollstreckung ihres Anspruchs auf Zahlung der punitive damages verwehrt wurde, sondern auch die des kompensatorischen Schadensersatzes, ist im Schrifttum jedoch auf Kritik gestoßen.261 Die Mehrheit der Autoren ist der Meinung, dass eine Teilanerkennung im ersten Vollstreckungsverfahren grundsätzlich möglich gewesen wäre.262 Dies wird damit begründet, dass es in dem Fall einfach gewesen wäre, den Strafschadensersatz vom kompensatorischen Schadensersatz zu trennen. 263 Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass es für die Kläger gerechter gewesen, den erlittenen Schaden ersetzt zu bekommen.264 Eine partielle Anerkennung und Vollstreckung des kompensatorischen Schadensersatzes eines Urteils, das daneben zu Strafschadensersatz verurteilt, sollte nach dem oben Gesagten sowohl in Frankreich als auch in Deutschland mög-
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So aber Bailly/Pagès, Option Finance n° 1108 (2011), 32 (33). Vanleenhove zufolge war es eine taktische Entscheidung der Prozessbevollmächtigten, auf einen entsprechenden Antrag zu verzichten: Punitive Damages in Private International Law, 2016, S. 215, dortige Fn. 1079; ders., Vermont Law Review, Vol. 41 (2016-2017), 347 (382), dortige Fn. 255. Tatsächlich beantragten die Vollstreckungskläger ein teilweises Exequatur hinsichtlich des kompensatorischen Schadensersatzes sowie der Anwaltsgebühren erst, nachdem sie eine Korrektur der Begründung des amerikanischen Urteils beantragt hatten, wie sich der ablehnenden Entscheidung der CA Poitiers, 1 re ch. civ. vom 24.6.2016, Rs. 15/00523, entnehmen lässt. 259 So auch Gaudemet-Tallon, Rev. crit. DIP 2011, 93 (102); Janke/Licari, American Journal of Comparative Law, Vol. 60 (2012), 775 (803); Licari, D. 2011, 423 (427), dortige Fn. 42. 260 CA Poitiers, 1re ch. civ., Entscheidung vom 24.6.2016, Rs. 15/00523. Damit bestätigte der Gerichtshof die Entscheidung in der Vorinstanz des TGI de La Rochelles vom 8.8.2014. 261 So etwa Gaëtan, L’essentiel, Droit des contrats, 2011, 6; Jault-Seseke, D. 2011, 1374; Legrand, LPA 10.1.2013, n° 8, S. 9 ff.; Cartier-Frenois, Dommages-intérêts punitifs et ordre public international: une compatibilité soumise à réserve. 262 de Lummen, RDAI/IBLJ, N° 1 2013, 41 (55); Gaudemet-Tallon, Rev. crit. DIP 2011, 93 (102). 263 So Gaudemet-Tallon, a.a.O. 264 Siehe Gaudemet-Tallon, a.a.O. 258
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lich, sofern die Ansprüche voneinander trennbar sind. Neben den oben dargestellten Argumenten spricht insbesondere im Hinblick auf amerikanische Urteile über punitive damages ein weiterer Aspekt für eine Teilvollstreckung solcher Entscheidungen: In den USA wird nämlich seit längerem diskutiert, welche Kriterien amerikanische Gerichte berücksichtigen sollten, wenn sie über die Anerkennung und Vollstreckung vermögensrechtlicher Entscheidungen aus dem Ausland entscheiden. Eines der vorgeschlagenen Kriterien ist das der Gegenseitigkeit. Demnach wäre es erforderlich, dass das Ausgangsgericht der ausländischen Entscheidung in umgekehrter Situation auch ein entsprechendes amerikanisches Urteil anerkennen würde. 265 Ein Vorschlag des American Law Institute, wie dieses Gegenseitigkeitserfordernis angewandt werden könnte, sieht vor, dass die Vollstreckungsverweigerung eines amerikanischen Urteils über punitive damages durch ein ausländisches Gericht jedenfalls dann nicht als Verweigerung der gegenseitigen Vollstreckung gewertet werden solle, wenn die Gerichte dieses ausländischen Staates den kompensatorischen Teil solcher Urteile anerkennen. 266 Dementsprechend wäre auch bei Vollstreckung nur des kompensatorischen Teils die Gegenseitigkeit der Vollstreckung als Bedingung der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile als erfüllt anzusehen. Für den Fall, dass sich der Vorschlag des American Law Institute durchsetzt, wäre es sinnvoll, in Frankreich und Deutschland amerikanische Urteile über Strafschadensersatz zumindest hinsichtlich des kompensatorischen Anspruchs anzuerkennen und zu vollstrecken. Dadurch würde sichergestellt, dass französischen bzw. deutschen Urteilen nicht aufgrund fehlender Gegenseitigkeit die Vollstreckbarkeit verwehrt wird. Auch bei Schiedssprüchen sollte eine teilweise Vollstreckung ausschließlich des kompensatorischen Schadensersatzes möglich sein. 267 Deutsche und französische Gerichte haben sich zu einer solchen teilweisen Vollstreckung jedoch bislang nicht geäußert. Interessanterweise hat aber ein amerikanisches Gericht bereits in diesem Sinne entschieden: In der Rechtssache Laminoirs-TrefileriesCableries de Lens, S.A. v. Southwire Co. entschied der U.S. District Court for the Northern District of Georgia, dass ein Schiedsspruch, in dem französisches Recht angewandt worden war, nur hinsichtlich des kompensatorischen Schadensersatzes, nicht aber bezüglich der als Strafschadensersatz qualifizierten französischen Verzugszinsen vollstreckbar sei. 268 In ähnlichem Sinne dürften auch deutsche und französische Gerichte eine teilweise Vollstreckung von Schiedssprüchen zulassen. Um eine teilweise Aufrechterhaltung hinsichtlich 265
Dazu Coyle, 92 N.C. L. Rev. (2014), 1109. American Law Institute: Recognition and Enforcement of Foreign Judgments: Analysis and proposed federal statute, S. 16. Näher dazu Coyle, 92 N.C. L. Rev. (2014), S. 1112 ff. 267 Eine teilweise Anerkennung und Vollsreckung hinsichtlich des kompensatorischen Schadensersatzes annehmend auch Bermann, RLDA, n° 85 2013, 29 (130). 268 484 F.Supp. 1063 (1980). Zu der Entscheidung auch King/Meredith, Arbitration International, Vol. 26 (2010), 381 (383 f.) sowie Farnsworth, in: FS Grönfors, 1991, S. 169 (179). 266
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des kompensatorischen Schadensersatzes zu ermöglichen, ist es jedenfalls ratsam, in Schiedssprüchen Strafschadensersatz als eigenständigen Anspruch auszusprechen.269 II. Anerkennung und Vollstreckbarkeit eines Teilbetrages des ausgeurteilten Strafschadensersatzes? Es stellt sich darüber hinaus die Frage, ob eine Teilanerkennung auch dann in Betracht kommt, wenn – wie nach der hier vertretenen Auffassung grundsätzlich möglich270 – ein ordre public-Verstoß aufgrund der Unverhältnismäßigkeit der Höhe des zugesprochenen Strafschadensersatzes bejaht wird. Ist in einem solchen Fall das Urteil – sozusagen im Wege einer Art geltungserhaltender Reduktion 271 – als eine Art „Teilteilanerkennung“ 272 ? Denkbar ist sowohl eine Vollstreckung in Höhe zumindest des der Kompensation dienenden Teils des Schadensersatzanspruchs als auch eine Reduzierung des Anspruchs auf einen hinnehmbaren Teilbetrag. 1. Anerkennung des der Kompensation dienenden Teils Wie oben dargestellt, dient Strafschadensersatz unter anderem dem Ausgleich tatsächlich entstandener Schäden. 273 Dieser Funktion kann Rechnung getragen werden, indem ein ausgeurteilter Strafschadensersatzanspruch zumindest insoweit für vollstreckbar erklärt wird, als er der Kompensation dient. In seiner Entscheidung vom 4. Juni 1992 führte der Bundesgerichtshof aus, dass eine Vollstreckung in Betracht komme, „soweit mit der Verhängung von Strafschadensersatz restliche, nicht besonders abgegoltene oder schlecht nachweisbare wirtschaftliche Nachteile pauschal ausgeglichen […] werden sollen“, wofür „auch die Abwälzung der Prozeßkosten oder anderer nicht selbständig ersatzfähiger Verzugsschäden auf den Beklagten in Betracht“ komme. 274 In der Tat ist es überzeugend, die Vollstreckung eines Anspruchs über Strafschadensersatz jedenfalls zu dem Teil zuzulassen, zu der er der Kompensation dient. 275 Dies setzt allerdings voraus, dass aus dem zu vollstreckenden ausländischen Urteil eindeutig hervorgeht, inwieweit der ausgeurteilte Strafschadensersatz 269
In dem Sinne Redfern and Hunter, 2009, Rn. 9.51; Gotanda, 10 J. World Investment & Trade (2009), 553 (559); ders., 38 Harv. Int'l L. J. (1997), 59 (104 f.); Lew, in: Rovine (Hrsg.), Contemporary Issues in International Arbitration and Mediation, 2008, S. 153 (165). 270 Dazu oben unter Kapitel 4, § 2, B. II. 271 Diese Terminologie verwendet Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, Bd. 5, 22. Aufl. 2006, § 328, Rn. 108. 272 Den Begriff der „Teilteilanerkennung“ verwendet Bungert, ZIP 1992, 1707 (1724). 273 Dazu unter Kapitel 1, § 1, A. I. 274 BGH, Urteil vom 4.6.1992 – IX ZR 149/91, NJW 1992, 3096 (3103). 275 So auch Vanleenhove, Punitive Damages in Private International Law, 2016, S. 215 ff. (Rn. 501 ff.).
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dem Ausgleich von Schäden dienen soll. Daran scheiterte es im durch den Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall. Zu Recht führte der BGH daher aus, dass „das um die Vollstreckbarerklärung angegangene deutsche Gericht gehindert [ist], die tatsächlichen Beweggründe im Einzelfall zu erforschen“ und es unzulässig wäre, „stets den für eine Anerkennung ‚günstigsten‘ denkbaren Fall einer möglichst vollständigen Wahrung der Ausgleichsfunktion zu unterstellen“. 276 2. Reduzierung auf einen hinnehmbaren Teilbetrag Unabhängig von dem mit dem ausgeurteilten Strafschadensersatz verfolgten Zweck ist denkbar, den Anspruch zumindest in Höhe eines hinnehmbaren Teilbetrags anzuerkennen bzw. zu vollstrecken. Die Rechtsprechung der obersten Gerichte Deutschlands und Frankreichs ist diesbezüglich nicht eindeutig. 277 Der Bundesgerichtshof ließ die Frage, ob ein solcher einheitlicher Anspruch teilweise anerkannt werden kann, in seiner oben genannten Entscheidung vom 4. Juni 1992 ausdrücklich offen, verwies aber auf den diesbezüglichen Streit im Schrifttum. 278 Tatsächlich scheinen die Autoren des deutschen Schrifttums, die eine Teilanerkennung und -vollstreckbarkeit bejahen, mittlerweile in der Mehrheit zu sein. 279 Es sei vorzugswürdig, die ausgeurteilte Summe im Wege eines Teilexequaturs auf den für deutsche Rechtsvorstellungen noch hinnehmbaren Teil zurückzuführen. 280 Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Teilanerkennung der völligen Anerkennungsverweigerung vorzuziehen sei, da sonst die Prozessbeteiligten der Last einer erneuten Leistungsklage ausgesetzt wären.281 Ferner sei auch der einheitlich titulierte Zahlungsanspruch teilbar, so dass der Vollstreckungskläger den anerkennungsfähigen Teil der punitive damages schätzen und seinen Antrag auf diesen Betrag beschränken könne.282
276
BGH, Urteil vom 4.6.1992 – IX ZR 149/91, NJW 1992, 3096 (3103 f.). In diesem Sinne auch Vanleenhove/De Bruyne, 14 Va. Sports & Ent. L.J. (2014), 50 (65): „Whereas the French Supreme Court seems to have decided that exceeding the maximum ratio leads to the rejection of the whole punitive award, the Bundesgerichtshof’s judgment gave no indication as to the enforcement of the excessive part of the punitive damages award.“ 278 BGH, Urteil vom 4.6.1992 – IX ZR 149/91, NJW 1992, 3096 (3105). 279 Bungert, ZIP 1992, 1707 (1724); Coester-Waltjen, in: Heldrich/Kono (Hrsg.), Herausforderungen des internationalen Zivilverfahrensrechts, 1994, S. 15 (34); Gottwald in: MüKo ZPO, Bd. 1, 4. Aufl., § 328, Rn. 117, dem zufolge bei einer quantitativ teilbaren Entscheidung eine teilweise Anerkennung in Betracht kommt; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, Bd. 5, 22. Aufl. 2006, § 328, Rn. 108. A.A. bezüglich der Teilanerkennung von Schiedssprüchen Voit, in: Musielak, ZPO, 12. Aufl. 2015, § 1061, Rn. 27, dortige Fn. 135. 280 Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, Bd. 5, 22. Aufl. 2006, § 328, Rn. 108. 281 Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 6. Aufl. 2014, S. 411, Rn. 1129. 282 Stiefel/Stürner, VersR 1987, 829 (843). 277
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In Frankreich hatte die Cour de cassation im Urteil in der Rechtssache Fountaine Pajot vom 1. Dezember 2010 die Klage als Ganzes abgewiesen. Dies hat im französischen Schrifttum eine Diskussion darüber ausgelöst, ob eine Teilvollstreckung dieses Anspruchs statt der vorgenommenen Klageabweisung in toto nicht vorzugswürdig gewesen wäre. In der französischen Literatur finden sich Stimmen, die eine Korrektur der Höhe des durch das ausländische Gericht zugesprochenen Betrages im Wege einer Teilanerkennung befürworteten. 283 Zur Begründung wird darauf aufmerksam gemacht, dass eine vollständige Ablehnung des Exequaturs einer déni de justice, mithin einer Rechtsverweigerung 284 , nahekomme. 285 Ferner weisen manche Autoren zur Begründung einer Teilanerkennung auf die Parallele im Kollisionsrecht hin: So erlaubt die Rom II-Verordnung286 zwar, dass eine ausländische Norm als mit dem ordre public unvereinbar angesehen wird, wenn ihre Anwendung dazu führen würde, dass ein unangemessener, über den Ausgleich des entstandenen Schadens hinausgehender Schadensersatz mit abschreckender Wirkung oder Strafschadensersatz zugesprochen werden könnte, die Folge soll jedoch nach Erwägungsgrund 32 nur darin bestehen, die Höhe dieses Schadensersatzes auszuschließen oder zu verringern, nicht aber darin, die Anwendung der Norm auszuschließen. 287 Zudem spreche für eine Teilanerkennung auch, dass dies der Regelung entspräche, die in Art. 11 Abs. 1 des Haager Übereinkommens über Gerichtsstandsvereinbarungen vom 30. Juni 2005 getroffen wurde, und durch die eine „Alles oder Nichts“-Lösung vermieden werden sollte.288 Dieser Vorschrift zufolge kann die Anerkennung oder Vollstreckung einer Entscheidung versagt werden, sofern und soweit mit ihr Schadensersatz, einschließlich exemplarischen Schadensersatzes oder Strafschadensersatzes, zugesprochen wird, der eine Partei nicht für einen tatsächlich erlittenen Schaden oder Nachteil entschädigt.
283
Boskovic, La réparation du préjudice en droit international privé, 2003, S. 347 f. (n° 413); Droz, Rev. crit. DIP 2000, 182; de Fontmichel, Rev. dr. unif. 2005, 737 (757). 284 Zum Begriff des déni de justice im Kontext des internationalen Privatrechts: Corbion, Le déni de justice en droit international privé, 2004. 285 So Grangé, Int.A.L.R. 2011, N-2; Licari, JDI 2010, 1230. 286 Verordnung (EG) 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.6.2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 40. 287 Remy-Corlay, RTD civ. 2011, 317. Zu der Parallele zwischen dem Urteil der Cour de cassation in Fountaine Pajot und dem Erwägungsgrund 32 der Rom II-VO auch de Bérard, Gaz.Pal. 2011, 849 (851). 288 So Gaudemet-Tallon, Rev. crit. DIP 2011, 93 (102); Licari, JDI, 2010, 1230 (1261 f.); Boskovic, JDI 2011, 614 (620). Zur Teilanerkennung nach Art. 11 HGÜ Bläsi, Das Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen, 2010, S. 221 f. Näher zur Entstehungsgeschichte von Art. 11 HGÜ: Tebbens, in: Venturini/Bariatti (Hrsg.), Liber Fausto Pocar, Bd. 2, 2009, S. 274 (283 ff.); Wagner, RabelsZ 73 (2009), 100 (128 ff.).
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Einer Teilanerkennung wird jedoch von anderen Autoren entgegengehalten, dass der Unterschied zwischen einer Überprüfung des ausländischen Verfahrens und einer Anerkennung nach festgelegten Voraussetzungen gerade darin bestehe, dass die Folge einer Verweigerung des Exequaturs so radikal ist, dass die ausländische Entscheidung als Ganzes ausgeschlossen ist und nicht nur insoweit, als sie der eigenen öffentlichen Ordnung entgegenstehe. 289 Zudem werden Bedenken geäußert, dass die Möglichkeit einer Teilanerkennung die ausländischen Gerichte dazu verleiten könnte, ungehemmt Strafschadensersatz auszusprechen, da im Falle eines „Exzesses“ der französische Exequatur-Richter ohnehin den Betrag reduzieren wird. 290 Diese Sorge dürfte jedoch unbegründet sein. Vielmehr scheinen ausländische Gerichte eine gewisse Sensibilität für Probleme bei der Vollstreckung des Urteils zu zeigen. Über amerikanische Gerichte etwa wird berichtet, dass sie häufig bereit sind, ihre Urteile zu ändern und den Strafschadensersatz herauszunehmen, um eine Vollstreckung in Deutschland zu ermöglichen. 291 Angesichts dieser Bereitschaft, Vollstreckungsprobleme zu berücksichtigen, scheint es eher fernliegend, dass ausländische Gerichte die Möglichkeit einer Teilanerkennung zum Anlass nehmen, sich darauf zu verlassen, dass ihr Urteil im Wege einer Teilanerkennung vollstreckbar sein wird. B. Voraussetzungen und mögliche Hindernisse einer Teilanerkennung Ist eine Teilanerkennung nach dem oben Gesagten grundsätzlich möglich, kann sich gleichwohl die Frage stellen, ob Hindernisse einer Teilanerkennung entgegenstehen. Diese Fragen stellen sich vor allem in Bezug darauf, ob die Teilanerkennung gegen das Verbot der révision au fond verstieße (I) und ob für die Teilvollstreckung ein Antrag erforderlich ist (II). I. Vereinbarkeit mit dem Verbot der révision au fond Ein Hindernis für die Teilanerkennung des Urteils läge vor, wenn diese einen Verstoß gegen das oben dargestellte Verbot der révision au fond darstellt.292 Im Schrifttum beider Länder finden sich vereinzelt Stimmen, die einen solchen Verstoß bejahen. Im französischen Recht wird dies damit begründet, dass eine Teilanerkennung ein reduktives Teilexequatur (exequatur partiel réductif) darstelle, das einer révision au fond gleichkomme.293 Dem lässt sich jedoch ent-
289 Remy-Corlay, RTD civ. 2011, 317; in dem Sinne auch Attal, Droit et patrimoine 2011, n° 205, 42: „il nous semble que les dommages et intérêts punitifs devrait être, soit intégralement admis, soit intégralement rejetés“. 290 d'Avout, D. 2011, 2434. 291 So Neumann, AnwZert HaGesR 4/2014 Anm. 2. 292 Dazu oben unter Kapitel 4, § 2, B. II. 4. b). 293 So etwa Sagot-Duvauroux, Lexbase La lettre juridique n° 425, 1 (6).
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gegenhalten, dass jede Prüfung einer ausländischen Entscheidung durch nationale Gerichte in gewissem Maße eine – zumindest partielle – révision darstellt.294 Insofern stellt die ordre public-Kontrolle – und ein auf ihr beruhendes Anerkennungshindernis – eine Ausnahme vom Verbot der révision au fond dar.295 Dadurch, dass die Wirkung der ordre public-Kontrolle gemäßigt wird, indem das Urteil trotz des Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung zumindest teilweise vollstreckt wird, anstatt die Vollstreckbarkeit vollständig zu versagen, stellt dies insoweit wiederum eine Gegenausnahme dar. Mit anderen Worten: Wenn schon eine ordre public-Kontrolle als Ausnahme vom Verbot der révision au fond möglich ist, so muss es erst recht zulässig sein, die Wirkung dieser ordre public-Kontrolle abzuschwächen, um die Vollstreckung der ausländischen Entscheidung – zumindest teilweise – zu sichern.296 Das Verbot der révision au fond wird durch eine Teilanerkennung vielmehr gefördert, da so immerhin ein Teil der ausländischen Entscheidung unangetastet bleibt. 297 Dementsprechend wird auch dem Sinn und Zweck des Verbots der révision au fond, der darin besteht, Achtung vor dem Urteil des Ausgangsgerichts zu haben und im Zweifelsfall zugunsten der Anerkennung zu entscheiden 298 , am ehesten durch die Zulässigkeit einer Teilvollstreckung entsprochen. II. Antragserfordernis oder Teilvollstreckung von Amts wegen? Ist nach dem oben Gesagten eine Teilanerkennung oder -vollstreckung möglich, so schließt sich die Folgefrage an, ob diese von der klagenden Partei beantragt
294 d'Avout, Rev. crit. DIP 2009, 331; Remy-Corlay, RTD civ. 2011, 317. In diesem Sinne dazu im deutschen Schrifttum Bentert, Das pönale Element – ein Fremdkörper im deutschen Zivilrecht?, 1996, S. 160; Bungert, ZIP 1992, 1707 (1724): „Strukturell stellt schließlich jeder ordre public-Vorbehalt eine partielle révision au fond dar, wenn auch in eng umgrenztem Rahmen.“; Gottwald, in: MüKo ZPO, Bd. 1, 4. Aufl., § 328, Rn. 117; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 6. Aufl. 2014, S. 411, Rn. 1129: „jede ordre-public-Kontrolle bedeutet eine partielle révision au fond“; Stiefel/Stürner, VersR 1987, 829 (842): „Ordrepublic-Kontrolle ist immer ein Vergleich des ausländischen Rechts, wie es dem Urteil zugrunde liegt, mit Grundsätzen des Rechts des Forumsstaates und damit eine révision au fond“. Ähnlich für das schweizerische Recht Lenz, Amerikanische Punitive Damages vor dem Schweizer Richter, 1992, S. 173. 295 Bläsi, Das Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen, 2010, S. 318. 296 In dem Sinn auch Legrand, LPA 10.1.2013, n° 8, S. 9 ff.: „Néanmoins, on peut concevoir un tel contrôle légitime, surtout lorsqu’a fortiori, il s’agit d’assouplir comme en l’espèce notre conception de l’ordre public pour sauver une décision étrangère.“ 297 Bentert, Das pönale Element – ein Fremdkörper im deutschen Zivilrecht?, 1996, S. 160; Bungert, ZIP 1992, 1707 (1724); in dem Sinne auch Mörsdorf-Schulte, Funktion und Dogmatik US-amerikanischer punitive damages, 1999, S. 44, der zufolge der Zweck des Verbots der révision au fond, dass das ausländische Urteil möglichst unangetastet bleiben soll, für eine weitgehende Zulassung einer Teilanerkennung spricht. 298 Diesbezüglich Nagy, NIPR 2012, 4 (10).
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werden braucht oder auch von Amts wegen durch das Exequaturgericht gewährt werden kann. In Frankreich ist das Antragserfordernis umstritten. Während sich die Rechtsprechung zu der Frage bislang nicht geäußert hat, scheint das Schrifttum diesbezüglich gespalten zu sein. Manche Autoren gehen offenbar davon aus, dass ein Antrag in jedem Fall erforderlich sei, 299 während andere die Auffassung vertreten, dass das Vollstreckungsgericht von Amts wegen eine Teilvollstreckung vornehmen kann. 300 Bezüglich des deutschen Rechts hingegen hält die ganz herrschende Meinung einen Antrag auf Teilvollstreckung einzelner Ansprüche für entbehrlich: Der Bundesgerichtshof nahm in seiner Entscheidung vom 4. Juni 1992 eine Teilvollstreckbarerklärung der verschiedenen Ansprüche von Amts wegen vor. Wenn die Anerkennungsvoraussetzungen nicht für alle Ansprüche vorliegen, sei aus seiner Sicht eine Teilanerkennung als ein Weniger möglich, ohne dass der Kläger dem mit seinem Klageantrag Rechnung tragen müsse. 301 Auch die herrschende Lehre will auf ein Antragserfordernis verzichten.302 Zum Erfordernis eines Antrags für die teilweise Vollstreckung eines einheitlichen materiellen Anspruchs hingegen äußerte sich der BGH in seiner Entscheidung nicht, da er die Frage der Zulässigkeit einer solchen Teilvollstreckung in Bezug auf den Rechtsstreit für unerheblich hielt. 303 Überzeugend wäre es aber, auch einen einheitlichen materiellen Anspruch von Amts wegen teilweise zu vollstrecken. Denn in dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung der gesamten Entscheidung ist stets ein Hilfsantrag auf Teilvollstreckung zu sehen. 304 Andernfalls stünde der Kläger vor der Schwierigkeit, ex ante beurteilen zu müssen, welcher Teilbetrag seines Anspruchs bei der Teilanerkennung vollstreckungsfähig ist. 305 Zudem müsste das Gericht vor voller Klageabweisung den Gläubiger wegen der richterlichen Hinweispflicht, die in Deutschland aus § 139 Abs. 1 ZPO folgt, ohnehin auf die Möglichkeit des Teilantrags hinweisen. 306 Sachgerecht wäre es daher, von vornherein ein Teilexequatur von Amts wegen zuzulassen. 307 Diese Argumente sind gleichermaßen auf das französische Zivilverfahrensrecht und das Unionsrecht übertragbar,
299 In dem Sinne Janke/Licari, American Journal of Comparative Law, Vol. 60 (2012), 775 (803); Licari, D. 2011, 423 (427), dortige Fn. 42. 300 So Boskovic, JDI 2011, 614 (621). 301 BGH, Urteil vom 4.6.1992 – IX ZR 149/91, NJW 1992, 3096 (3105). 302 So etwa Bungert, ZIP 1992, 1707 (1725) m.w.N.; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 6. Aufl. 2014, S. 411 (Rn. 1129); Stiefel/Stürner, VersR 1987, 829 (843). 303 BGH, Urteil vom 4.6.1992 – IX ZR 149/91, NJW 1992, 3096. 304 So auch Siehr, RIW 1991, 705 (709). 305 Bungert, ZIP 1992, 1707 (1725). 306 Stiefel/Stürner, VersR 1987, 829 (843). 307 Stiefel/Stürner, a.a.O.
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so dass auch dort eine Reduzierung des vollstreckbaren Betrages von Amts wegen bejaht werden sollte. Im Ergebnis ist es deutschen und französischen Gerichten möglich, auch ohne ausdrücklichen Antrag auf Teilanerkennung bzw. -vollstreckung einer ausländischen Verurteilung zu Strafschadensersatz zur Geltung zu verschaffen, indem sie jedenfalls in derjenigen Höhe, die noch als verhältnismäßig anzusehen ist, von Amts wegen teilanerkannt bzw. -vollstreckt wird.
Zusammenfassung und Schlussbetrachtung Zusammenfassung und Schlussbetrachtung Obwohl der Supreme Court der Vereinigten Staaten die extraterritoriale Anwendung des amerikanischen Rechts in seiner jüngeren Rechtsprechung zunehmend eingeschränkt hat, 1 sind Unternehmen mit wirtschaftlichem Bezug zum US-Markt nach wie vor einem nicht unerheblichen Risiko ausgesetzt, zu punitive damages verurteilt zu werden.2 Der Umfang, in dem europäische Gerichte mit ausländischem Strafschadensersatz befasst sind, dürfte durch das bislang zumindest vorläufig in Kraft getretene Abkommen der Europäischen Union mit den USA und Kanada Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) sogar noch zunehmen. Gleiches gilt, wenn es zu einem Abkommen der EU mit den USA kommen sollte. Da davon auszugehen ist, dass diese transatlantischen Freihandels- und Investitionsabkommen zu einer Zunahme der wirtschaftlichen Aktivitäten zwischen der EU und den USA bzw. Kanada führen werden, kann damit gerechnet werden, dass es auch zu einer größeren Anzahl an Rechtstreitigkeiten kommen wird, in denen Strafschadensersatz nach US-amerikanischem oder kanadischem Recht gefordert wird. 3 Schon jetzt sind die USA noch vor Frankreich der größte Handelspartner Deutschlands bei Warenexporten.4 Im Hinblick auf die zu erwartende Zunahme der Bedeutung von amerikanischem Recht für deutsche Unternehmen ist es geboten, sich intensiv mit dem Umgang mit Strafschadensersatz in Europa zu befassen. Auch im Falle eines Ausscheidens des Vereinigten Königreichs aus der EU könnte die Zahl der Fälle, in denen sich deutsche und französische Gerichte mit der Vollstreckung von Urteilen über Strafschadensersatz befassen müssen, zunehmen. Denn im Falle eines „Brexit“ werden britische Entscheidungen, in
1
So insbesondere im Hinblick auf das Wertpapierrecht in der Rechtssache Morrison v. National Australia Bank (561 U.S. 247 [2010]) und hinsichtlich des Alien Tort Claims Act in der Rechtssache Kiobel v. Royal Dutch Petroleum Co. (133 S.Ct. 1659 [2013]). 2 So bezüglich der Haftung für Menschenrechtsverstöße von Hein, ZGR 2016, 414 (436). 3 Wenngleich aufgrund des vorgesehenen Ausschlusses von Strafschadensersatz dies nicht für auf Grundlage der Abkommen geführten Investor-Staat-Streitigkeiten gelten wird. 4 Statistisches Bundesamt, Rangfolge der Handelspartner im Außenhandel der Bundesrepublik Deutschland 2016, erschienen am 24.10.2017.
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denen exemplary damages nach dem Recht von England und Wales zugesprochen wurden, nicht mehr nach der EuGVVO vollstreckbar sein, sondern auf Grundlage bestehender Abkommen bzw. des autonomen Rechts.5 Damit wird eine Prüfung der Vereinbarkeit mit dem ordre public nicht mehr nur auf Antrag des Vollstreckungsgegners erfolgen, sondern in jedem Fall kraft Amtes. 6 Zugleich bleibt abzuwarten, ob der Austritt Großbritanniens aus der EU dazu führen wird, dass bei künftigen Novellierungen der Rom II-Verordnung sich die Befürworter einer speziellen Klausel zu Strafschadensersatz durchsetzen können werden.7 Wie die Arbeit aufzeigt, unterscheidet sich die französische Rechtsprechung zur Vollstreckbarkeit ausländischen Strafschadensersatzes deutlich von der beinahe zwanzig Jahre zuvor ergangenen deutschen Entscheidung. Während in Deutschland die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen über Strafschadensersatz in der Regel ausscheidet, ist sie in Frankreich grundsätzlich möglich, außer im Falle einer unverhältnismäßigen Höhe.8 Ob die Richter dabei auch von dem Umstand beeinflusst waren, dass es sich im von den deutschen Gerichten zu entscheidenden Fall um eine natürliche Person als Vollstreckungsgegner handelte, während der im durch die französischen Gerichte zu entscheidenden Fall um ein beklagtes Unternehmen betraf, kann nur gemutmaßt werden. 9 In jedem Fall sollte aus dem Umstand, dass es sich im der deutschen Rechtsprechung zugrunde liegenden Fall beim Beklagten um eine natürliche Person handelte, nicht geschlossen werden, dass es dem BGH nicht letztlich um den Schutz deutscher Unternehmen ging.10 Denn da ausländischer Strafschadensersatz vor allem im Bereich des Unternehmen betreffenden Produkthaftungsrechts zugesprochen wird, kann angenommen werden, dass dem BGH die Bedeutung seiner Position für die deutsche Wirtschaft durchaus bewusst war. Mit ihrer gegenüber der deutschen Rechtsprechung liberaleren Haltung hat die Cour de cassation durchaus eine Trendwende in Europa eingeleitet: Wäh-
5 Ungerer, in: Kramme/Baldus/Schmidt-Kessel (Hrsg.), Brexit und die juristischen Folgen, 2016, S. 297 (298 ff.); Lehmann/Zetzsche, JZ 2017, 62 (70). 6 Zum Erfordernis eines Exequaturs zur Vollstreckung britischer Entscheidungen auch Rühl, JZ 2017, 72 (82). 7 Dazu von Hein, in: Bruns/Suzuki (Hrsg.), Preventive Instruments of Social Governance, 2017, S. 143 (157). 8 Dazu unter Kapitel 4, § 2, B. I. 1. 9 Rosengarten etwa mutmaßt, dass die restriktive Haltung des Bundesgerichtshofs dadurch beeinflusst worden sein könnte, dass insofern ein „etwas untypischer Fall“ vorgelegen habe, als es nicht um ein rücksichtslos handelndes Unternehmen ging, sondern um eine Privatperson, der nach ihrer strafrechtlichen Verurteilung durch die Vollstreckung des zivilrechtlichen Urteils „eine Art Doppelbestrafung“ drohte: NJW 1996, 1935 (1937 f.). 10 So aber offenbar Hau, ZVglRWiss 116 (2017), 23 (27), dortige Fn. 17.
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Zusammenfassung und Schlussbetrachtung
rend es zunächst danach aussah, dass die in der Folgezeit ergangene Rechtsprechung ebenso wie der BGH Strafschadensersatz dem Grunde nach ablehnte 11, hat mittlerweile die italienische Corte di Cassazione sich – ohne ausdrücklich Bezug auf die französische Rechtsprechung zu nehmen – ganz im Sinne der Entscheidung in Fountaine Pajot positioniert und unter Abkehr ihrer bisherigen Rechtsprechung die Vollstreckung ausländischer Entscheidungen über Strafschadensersatz für grundsätzlich möglich erklärt. 12 Diese unterschiedlichen Ansätze verdeutlichen, dass eine Auseinandersetzung mit der Behandlung ausländischen Strafschadensersatzes mehr denn je erforderlich ist. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung sprechen für eine Konvergenz der Behandlung ausländischen Strafschadensersatzes in Deutschland und Frankreich. Eine solche Annäherung der Positionen wäre ferner insofern kohärent, als sich auch im materiellen Haftungsrecht eine zunehmende Angleichung beobachten lässt, etwa indem der deutsche Gesetzgeber kürzlich ein Hinterbliebenengeld eingeführt hat, während in Frankreich Angehörige schon seit einiger Zeit einen Anspruch auf Schmerzensgeld haben. 13 Wie gezeigt wurde, bestehen im deutschen und französischen Recht weder verfahrensrechtliche noch materiellrechtliche Unterschiede, die einen divergierenden Umgang mit Strafschadensersatz erklären könnten. 14 Zugleich wurde aufgezeigt, dass sich beide Rechtsordnungen einander Orientierung beim Umgang mit ausländischem Strafschadensersatz geben können: In Deutschland sollte entgegen der bisherigen Rechtsprechung des BGH ausländischen Entscheidungen, durch die Strafschadensersatz zugesprochen wird, nicht grundsätzlich die Anerkennung oder Vollstreckung verweigert werden. Ähnlich wie dies die Cour de cassation für das französische Recht entschieden hat, sollte auch in Deutschland ein Verstoß gegen den ordre public nur angenommen werden, wenn die zugesprochene Höhe unverhältnismäßig hoch ist. Es ist daher zu hoffen, dass die deutschen Gerichte in Zukunft von der mehr als zwanzig Jahre alten Rechtsprechung des BGH abweichen und sich im selben Sinne äußern werden, wie die Cour de 11 Dies gilt für das Urteil des obersten Gerichts Polens vom 11.10.2013 – I CSK 697/12, siehe dazu Machnikowski/Margonski, IPRax 2015, 453. Das Gericht scheint eine Zwischenposition einzunehmen, indem es wie der BGH Strafschadensersatz dem Grunde nach ablehnt, aber gleichwohl eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vornimmt, wenn auch nicht wie die Cour de cassation hinsichtlich Strafschadensersatz, sondern in Bezug auf den immateriellen Schadensersatz. 12 Cass. Civ., SS.UU., 5.7.2017, N°. 16601. Dass die italienische Rechtsprechung im Wesentlichen dem französischen Vorbild gefolgt ist konstatiert auch Tescaro, ZEuP 2018, 459 (474). Gleichwohl weist er darauf hin, dass die italienischen Richter insofern zurückhaltender waren, als sie neben der Verhältnismäßigkeit auch die Typizität und und die Vorhersehbarkeit der ausländischen Sanktion als Voraussetzungen für die Anerkennung nannten. 13 Das deutsche Hinterbliebenengeld ist nun in § 844 Abs. 3 BGB n.F. geregelt, der durch das Gesetz zur Einführung eines Anspruchs auf Hinterbliebenengeld vom 17.7.2017 (BGBl. I S. 2787) geschaffen wurde. 14 Zum Verfahrensrecht siehe Kapitel 3. Zum materiellen Recht Kapitel 1, § 2, A.
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cassation es in ihrer Entscheidung Fountaine Pajot tat, und die Anerkennung ausländischer Entscheidungen über Strafschadensersatz als grundsätzlich mit dem ordre public vereinbar erklären. Der BGH wäre damit nicht das erste Gericht, das seine ablehnende Haltung gegenüber ausländischem Strafschadensersatz aufgibt. Wie oben erwähnt, hat der italienische Kassationshof im Jahr 2017 eine Abkehr von seiner zehn Jahre zuvor eingenommenen Position vollzogen und sich im selben Sinne geäußert wie die französischen Richter 2010 in Fountaine Pajot. Für die französischen Gerichte wiederum sprechen gute Gründe dafür, in denjenigen Fällen betreffend Strafschadensersatz, zu denen es noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung gibt, sich an den Lösungen zu orientieren, die in Deutschland durch die Gerichte und den Gesetzgeber gefunden wurden: Bei der Gewährung von Rechtshilfe für ausländische Verfahren, in denen Strafschadensersatz verlangt wird, sollte ein Verstoß gegen die einschlägigen Vorbehaltsklauseln nicht angenommen werden. Bei der Anwendung ausländischen Rechts, das Ansprüche auf überkompensatorischen Schadensersatz vorsieht, durch französische Gerichte, sollten diese von der Anwendung des ausländischen Rechts Abstand nehmen. Insofern könnte das deutsche Recht für die französischen Gerichte als Inspirationsquelle dienen. Wenngleich von einem europäischen ordre public noch keine Rede sein kann, so kann eine einheitliche Interpretation der jeweiligen nationalen öffentlichen Ordnung, wie sie hier in Bezug auf Strafschadensersatz vorgeschlagen wird, zu einer Angleichung des europäischen Privat- und Verfahrensrechts beitragen. Wie dargelegt wurde, vermögen die bislang von der Rechtsprechung angewandten sowie die im Schrifttum vorgeschlagenen Ansätze zur Bestimmung der Verhältnismäßigkeit nicht zu überzeugend. Für die nach der hier dargelegten Auffassung bei der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen über Strafschadensersatz vorzunehmenden Verhältnismäßigkeitsprüfung wird vorgeschlagen, Entscheidungen jedenfalls dann anzuerkennen und zu vollstrecken, wenn die Höhe des zugesprochenen Schadensersatzes denjenigen Betrag nicht überschreitet, der zur optimalen Schadensvorsorge erforderlich ist. 15 Entscheidend jedenfalls wird sein, ob die Gerichte zwecks Rechtssicherheit einen möglichst einheitlichen Ansatz zur Bestimmung der Verhältnismäßigkeit anwenden sollten. Andernfalls gilt bei der Vollstreckung ausländischen Strafschadensersatzes, was der französische Schriftsteller
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Kapitel 5, § 1, A. III.
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Georges Courteline einst zu Strafen schrieb: „La gravité du châtiment est quelquefois moins en raison de la gravité du délit que du talent du magistrat qui en a réclamé la sanction.“16
16 La Philosophie de Georges Courteline, 2000, S. 91. „Die Schwere der Bestrafung hängt bisweilen weniger von der Schwere des Delikts ab als vielmehr vom Talent des Richters, der die Strafe gefordert hat.“, Übersetzung des Verfassers
Thesen Thesen 1. Strafschadensersatz ist in Deutschland und Frankreich grundsätzlich als zivilrechtlich zu qualifizieren – unabhängig davon, ob er an Private oder an staatliche Stellen zu zahlen ist. 2. Gleichwohl sollte, um nicht die Vollstreckbarkeit im Ausland zu gefährden, ein etwaiger de lege ferenda im deutschen oder französischen Recht zu schaffender Strafschadensersatz so ausgestaltet werden, dass er an den Geschädigten statt an eine staatliche Stelle zu zahlen ist. 3. Im Falle einer Einführung von Strafschadensersatz ins deutsche oder französische Recht sollte die Versicherbarkeit des Risikos einer Verurteilung zu Strafschadensersatz nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. 4. Ausländische Vorschriften, die eine Versicherbarkeit Verurteilung zu Strafschadensersatz ausschließen, sind französische Gerichte unbeachtlich. Die Vorschriften sind weder über eine Sonderanknüpfung noch auf der Ebene berücksichtigen.
des Risikos einer für deutsche und in beiden Ländern des Sachrechts zu
5. In etwa gleichem Umfang existieren sowohl im französischen als auch im deutschen Zivilrecht pönale Elemente. Eine unterschiedliche Auslegung des jeweiligen anerkennungsrechtlichen ordre public in Bezug auf Strafschadensersatz kann daher nicht mit Unterschieden im materiellen Recht beider Länder begründet werden. 6. Angesichts der pönalen Elemente im Zivilrecht Deutschlands und Frankreichs ist der anerkennungsrechtliche ordre public beider Länder nicht dahingehend auszulegen, dass er dem Grunde nach der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen über Strafschadensersatz entgegensteht. Auch deutsche Gerichte sollten ausländische Entscheidungen über Strafschadensersatz grundsätzlich anerkennen. 7. Ein Verstoß gegen den deutschen und französischen anerkennungsrechtlichen ordre public kommt gleichwohl in Betracht, wenn die zugesprochene Höhe des Strafschadensersatzes unverhältnismäßig ist. Wenngleich seine Anwendbarkeit in beiden Ländern auf unterschiedlichen Grundlagen fußt, bildet der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowohl in
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Frankreich als auch in Deutschland einen Bestandteil des anerkennungsrechtlichen ordre public. Der dabei geltende Maßstab ist derjenige der Verhältnismäßigkeit stricto sensu. 8. Die Verhältnismäßigkeit einer Verurteilung zur Zahlung von Strafschadensersatz ist jedenfalls dann gewahrt, wenn der zugesprochene Betrag nicht diejenige Höhe, die zur optimalen Abschreckung und damit Verhaltenssteuerung erforderlich ist, übersteigt. Wurden Effizienzerwägungen nicht schon in der ausländischen Ausgangsentscheidung bei der Festsetzung der Höhe des Strafschadensersatz berücksichtigt, so sollte der anerkennungsfähige und vollstreckbare Betrag grundsätzlich bestimmt werden durch eine Erhöhung des kompensatorischen Schadensersatzes um einen pönalen Multiplikator, der sich nach dem Kehrwert der Wahrscheinlichkeit der Durchsetzung des Haftungsanspruchs bemisst. 9. Verstößt die Höhe des Strafschadensersatzes aufgrund ihrer Unverhältnismäßigkeit gegen den ordre public, ist gleichwohl eine Teilvoll-streckung des noch als verhältnismäßig anzusehenden Betrages möglich. Eine solche Teilanerkennung bzw. -vollstreckung verstößt insbesondere nicht gegen das Verbot der révision au fond. 10. Die Teilvollstreckung eines in einer ausländischen Entscheidung titulierten Anspruchs über Strafschadensersatz bedarf keines ausdrücklichen Antrags, sondern kann von Amts wegen zugesprochen werden. 11. Die Darlegungslast hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit des Strafschadensersatzes im Anerkennungs- oder Exequaturverfahren obliegt derjenigen Partei, welche die Anerkennung oder Vollstreckung einer Entscheidung begehrt. 12. Wenngleich die Gerichte in denjenigen Mitgliedstaaten der EU, deren nationales Recht Strafschadensersatz vorsieht, aufgrund des unionsrechtlichen Äquivalenzprinzips verpflichtet sein können, bei der Haftung wegen Verstößen gegen Unionsrecht Strafschadensersatz auszusprechen, schließt dies nicht aus, dass diesen Entscheidungen in Deutschland oder Frankreich aufgrund des ordre public die Vollstreckung versagt wird. 13. Wird eine Entscheidung über Strafschadensersatz aus einem Drittstaat durch ein Gericht eines Mitgliedstaats der EU für vollstreckbar erklärt, ist die Entscheidung nicht zwingend auch in anderen Mitgliedstaaten der EU zu vollstrecken. 14. Beruht im Falle eines ausländischen Insolvenzverfahrens die Zahlungsunfähigkeit auf einer Verurteilung zu Strafschadensersatz, hindert dies nicht die Anerkennung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder der in dem Verfahren ergangenen Entscheidungen in Deutschland oder Frankreich. 15. Bei der Behandlung ausländischen Strafschadensersatzes ist nach der
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jeweils einschlägigen Art des ordre public zu differenzieren. Wegen seines effet attenué kann die Beurteilung des kollisionsrechtlichen ordre public anders ausfallen als diejenige des anerkennungsrechtlichen ordre public. 16. Wenngleich die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen über Strafschadensersatz mit dem anerkennungsrechtlichen ordre public Frankreichs vereinbar ist, verstößt die Verurteilung durch französische Gerichte zur Zahlung von Strafschadensersatz auf Grundlage ausländischen Rechts gegen den gegenüber dem anerkennungsrechtlichen ordre public strengeren kollisionsrechtlichen ordre public. Französische Gerichte können daher bei der Anwendung ausländischen Rechts keinen Strafschadensersatz zusprechen – wie dies für deutsche Gerichte aus § 40 Abs. 3 EGBGB folgt. 17. Die grundsätzliche Anerkennungs- und Vollstreckungsfähigkeit von Verurteilungen zur Zahlung von Strafschadensersatz gilt nicht nur betreffend Entscheidungen staatlicher Gerichte, sondern auch für Schiedssprüche. 18. Ansprüche auf Strafschadensersatz sind nach deutscher und französischer Wertung objektiv schiedsfähig, so dass Schiedsgerichte, deren Schiedsort in Deutschland und Frankreich gelegen ist, grundsätzlich Strafschadensersatz zusprechen können, sofern die Parteien dies in ihrer Schiedsklausel nicht ausdrücklich ausgeschlossen haben.
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Les dommages-intérêts punitifs dans les relations juridiques internationales – Étude comparée des droits français et allemand A. Introduction Les dommages-intérêts punitifs constituent un élément de la common law observé en Europe continentale avec autant de fascination que de mépris. Bien que les droits des États d’Europe continentale ne les prévoient pas expressément, leurs tribunaux peuvent être confrontés aux dommages-intérêts punitifs lorsqu’il s’agit de la reconnaissance ou de l’exécution d’une décision étrangère, ou bien encore lorsque la notification d’un acte judiciaire est demandée. Alors que les droits civils français et allemand suivent le principe de la réparation intégrale, selon lequel la responsabilité civile a pour objectif de réparer aussi exactement que possible le préjudice subi sans enrichir la victime de l’infraction, la jurisprudence des cours suprêmes civiles des deux pays se distingue quant à la reconnaissance et l’exécution des jugements étrangers allouant des dommages-intérêts punitifs. En 1992, la Cour fédérale de justice allemande (Bundesgerichtshof) a été la première juridiction suprême d’un État d’Europe continentale à statuer sur l’exécution d’un jugement étranger allouant des dommages et intérêts punitifs. Elle a jugé que l’exécution d’un tel jugement violait l’ordre public allemand. Saisie de la même question de principe en 2010, la Cour de cassation française a quant à elle jugé dans un arrêt Fountaine Pajot qu’une condamnation à des dommages-intérêts punitifs n’était pas en soi contraire à l’ordre public – sauf si le montant alloué était disproportionné. Cette divergence dans la jurisprudence invite à rouvrir le débat sur le traitement des dommages punitifs en Europe continentale. 1 Cette thèse a pour objectif d’expliquer les différences d’interprétation de l’ordre public international dans les deux pays. Elle vise à fournir des solutions 1
Certains auteurs de la doctrine allemande voient dans la jurisprudence Fountaine Pajot l‘occasion de rouvrir le débat en Europe sur la finalité de la responsabilité civile : A. FUCHS, « Schadensausgleich und Verhaltenssteuerung – Rechtsvergleichende Überlegungen zu den Zwecken deliktischer Haftung », in: FS von Hoffmann, dir. H. KRONKE/K. THORN, 2011, p. 776 (777).
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aux questions posées, en analysant les différences entre les deux ordres juridiques. L’affaire Fountaine Pajot a déjà démontré l’utilité du droit comparé pour statuer sur le destin des dommages punitifs étrangers. Le conseiller rapporteur a ainsi présenté une étude générale de droit comparé aux autres magistrats, avant de discuter le raisonnement de l’arrêt attaqué au regard du droit d’autres systèmes juridiques continentaux. 2 Compte tenu de l’utilité potentielle du droit comparé, l’étude se veut également être une contribution à la mise en œuvre du contrôle de proportionnalité du montant des dommages-intérêts punitifs qui a été édicté par la Cour de cassation à destination des juges du fond. I. Terminologie Les dommages-intérêts punitifs sont généralement définis comme des dommages et intérêts servant une finalité autre que la réparation d’un dommage, à savoir notamment la punition ou la dissuasion. Cependant, cette notion n’est pas dénuée d’équivoques : aux États-Unis, on parle normalement de « punitive damages », de « treble damages » ou de « multiple damages », alors que dans d’autres pays, comme la Grande-Bretagne, la notion d’ « exemplary damages » est souvent utilisée. La jurisprudence française emploie le terme « dommages (-intérêts) punitifs ». Cependant, lorsqu’il s’agit d’une disposition de droit interne, la jurisprudence et la doctrine recourent à la notion de « peine privée ». Dans notre thèse, la notion de « dommages (-intérêts) punitifs » sera employée pour qualifier l’ensemble des dommages-intérêts qui visent des objectifs autres que l’indemnisation d’un dommage patrimonial. II. Plan de la thèse Le traitement des dommages-intérêts punitifs est déterminé par l’interprétation de l’ordre public, sachant que celle-ci dépend elle-même fortement des principes et valeurs du droit interne. C’est pourquoi la première partie se concentrera sur l’examen du droit matériel dans ce domaine en France et en Allemagne. Un premier chapitre analysera les éléments punitifs existant dans le droit civil de ces deux États. Le deuxième chapitre sera consacré quant à lui à la question de l’assurabilité des dommages-intérêts punitifs, question qui fait l’objet d’un vif débat doctrinal. La deuxième partie examinera les cas dans lesquels les dommages-intérêts punitifs étrangers jouent un rôle devant les tribunaux français et allemands. Après avoir analysé dans un troisième chapitre le cadre juridique général régissant le traitement des dommages punitifs, et notamment leur
2 G. PLUYETTE, « L’application du droit comparé par la Cour de cassation », in: Droit privé européen: l’unité dans la diversité. Convergences en droit de l’entreprise?, dir. O. CACHARD/L. NAU, 2012, p. 45 (51).
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qualification et leur compatibilité avec l’ordre public, le dernier chapitre portera sur la mise en œuvre du contrôle de proportionnalité du montant des dommages-intérêts punitifs. III. Résumé de la thèse Les résultats de la recherche peuvent être résumés de la manière suivante : Première partie : Dommages-intérêts punitifs dans le droit matériel interne Chapitre 1 : Les éléments préventifs et punitifs dans les droits civils français et allemand a) La finalité de la responsabilité civile Dans les ordres juridiques dans lesquels, à l’instar des États fédérés américains, le droit national les prévoit, les dommages-intérêts punitifs servent plusieurs objectifs. Outre l’indemnisation de la victime, ils visent tout d’abord à punir l’auteur du préjudice. Ils ont ensuite pour finalité la prévention du dommage, en incitant l’auteur d’un préjudice à prendre des précautions. Les auteurs de l’école de l’analyse économique du droit estiment ainsi que les dommagesintérêts punitifs assurent que lorsqu’il est tenu pour responsable, l’auteur d’un préjudice internalise les coûts. Pour ce faire, il est condamné à payer plus que le préjudice de la victime. De plus, selon certains auteurs, les dommages-intérêts punitifs constituent également une forme de peine, au profit de la victime qui complète son indemnisation. Enfin, ils ont une fonction restitutoire en assurant que l’auteur d’une infraction ne tire pas de gain de son comportement illicite. En France et en Allemagne, le droit de la responsabilité civile n’a, en revanche, qu’une seule finalité : celle d’établir aussi exactement que possible le préjudice de la victime. La Cour de cassation l’a formulé comme suit: « le propre de la responsabilité civile est de rétablir aussi exactement que possible l’équilibre détruit par le dommage et de replacer la victime dans la situation où elle se serait trouvée si l’acte dommageable ne s’était pas produit. »3
En 2009, elle l’a exprimé en parlant de « principe de la réparation intégrale du préjudice sans perte ni profit ». 4 En Allemagne, ce principe est contenu dans les §§ 249 et suivants du Code civil allemand « BGB ». La réparation intégrale est aussi reconnue par des conventions internationales liant les deux pays, à
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C. Cass., 2e civ., jugement du 28.10.1954, JCP G 1955, II, 8765. C. Cass. 2e civ., jugement du 28.5.2009, pourvoi n° 08-16829, Bulletin 2009, II, n° 131.
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l’article 29 de la Convention de Montréal 5 et l’article 74 de la Convention de Vienne.6 b) Dérogations au principe de la réparation intégrale : Pourtant, ce principe de la réparation intégrale qui régit le droit civil des deux pays connaît une grande variété de dérogations. Ces exceptions peuvent être résumées comme suit : (1) Les clauses pénales En France tout comme en Allemagne, les parties à un contrat peuvent stipuler qu’une violation des obligations contractuelles sera sanctionnée par le paiement d’une certaine somme. En droit français, une définition de ces clauses pénales peut être trouvée dans les articles 1226 et 1229 du Code civil. En Allemagne, la clause pénale est gouvernée par les §§ 339 et suivants du BGB. Même si la clause pénale est basée sur la volonté autonome des parties, son acceptation par le droit montre que la punition pour des manquements à des obligations contractuelles est admise en France et en Allemagne. (2) L’astreinte De même, les instruments auxquels les juges peuvent recourir pour inciter les parties à respecter leurs obligations servent à punir. Ainsi, l’astreinte prévue par les articles L131-1 à L131-4 du Code des procédures civiles d’exécution a un double caractère de compensation et de peine de droit privé. En droit allemand, l’amende qu’un juge civil peut prononcer sur la base de § 890 du Code de la procédure allemande (ZPO) a la même double fonction (3) Les dommages-intérêts pour les dommages moraux Au-delà, les dommages-intérêts qui peuvent être alloués pour compenser des dommages moraux, tels que l’atteinte au droit de la personnalité, illustrent que la réparation d’un dommage n’est pas la seule finalité que le droit de la responsabilité poursuit en France et en Allemagne. Ces dommages-intérêts moraux permettent en effet aussi aux juges de conférer une fonction sanctionnatrice à la responsabilité civile. Parfois, les tribunaux français allouent des dommages-intérêts pour violation d’une obligation contractuelle alors qu’il n’y a eu aucun préjudice patrimonial. Cette jurisprudence illustre qu’il existe des dommages-intérêts de facto 5 Convention pour l'unification de certaines règles relatives au transport aérien international, signée à Montréal le 28.5.1999. 6 Convention des Nations unies sur les contrats de vente internationale de marchandises, signée à Vienne le 11.4.1980.
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en droit français. Cette jurisprudence est souvent basée sur l’article 1145 du Code civil, selon lequel celui qui contrevient à une obligation de ne pas faire « doit des dommages et intérêts par le seul fait de la contravention. » 7 La première chambre de la Cour de cassation a même expressément déclaré que « l’article 1145 du Code civil institue des dommages-intérêts punitifs. » 8 (4) Les dommages-intérêts pour les dommages immatériels Après la transposition de l’article 13 de la directive 2004/48/CE 9, les méthodes de calcul des dommages-intérêts pour les infractions aux droits de la propriété intellectuelle sont identiques en France et en Allemagne. 10 Les dispositions des codes de la propriété intellectuelle des deux pays permettent aux juges de prendre en considération trois critères distincts pour déterminer le montant des dommages-intérêts. Cette méthode de calcul montre là encore que la compensation économique du dommage n’est pas le seul objectif de la responsabilité civile en France et en Allemagne. En droit allemand, il est en outre accepté que dans le cas d’une infraction aux droits d’auteur sur des œuvres musicales gérées par la GEMA, la société allemande de gestion des droits d'auteur, des redevances calculées sur la base d’une double licence peuvent être allouées afin de couvrir ses frais de surveillance. L’auteur de l’infraction paie ici pour des coûts qu’il n’a pas engendrés lui-même, ces dommages-intérêts se rapprochent ainsi des dommages-intérêts punitifs. (5) Une compensation plus élevée en cas de discrimination Le § 15 de la loi allemande sur l’égalité de traitement (AGG) fournit un autre exemple. Il permet aux candidats qui ont postulé pour un emploi et ont été rejetés sur la base d’un motif discriminatoire d’obtenir des dommages-intérêts, quand bien même d’autres motifs expliquaient également le rejet de la candidature et qu’aucun préjudice n’existait donc au sens strict. Par conséquent, cette règle ne vise pas seulement la compensation, mais présente aussi un effet dissuasif. Il est intéressant de noter que la Cour de justice a précisé que les directives européennes visant à lutter contre différents motifs de discrimination n’obligent pas les États membres à introduire des dommages-intérêts punitifs. 11
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Par exemple C. Cass., 1re ch. civ., jugement du 10.5.2005, pourvoi n° 02-15910 ; C. Cass., 1 ch. civ., jugement du 31.5.2007, pourvoi n° 05-19978. 8 C. Cass., 1re ch. civ., jugement du 6.2.2013, pourvoi n° 12-12.750. 9 Directive 2004/48/CE du parlement européen et du conseil du 29.4.2004 relative au respect des droits de propriété intellectuelle, JOUE L 157 du 30.4.2004, p. 45. 10 Sur le calcul en Allemagne des dommages pour les infractions de la propriété intellectuelle : L. GERSTNER, Cahiers de droit de l’entreprise, n° 4/2007, p. 57. 11 CJUE, jugement du 17 décembre 2015 dans l’affaire C-407/14. re
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L’introduction d’un tel élément punitif dans le droit national est donc une décision autonome du législateur allemand. (6) Les dommages-intérêts pour retard de prestation Une fonction sanctionnatrice peut également être attribuée aux dommages-intérêts qui sont à payer pour un retard de prestation. En droit français, l’article L. 211-13 du Code des assurances stipule pour les assurances des véhicules terrestres à moteur que lorsque l'offre de l’assureur « n'a pas été faite dans les délais impartis à l'article L. 211-9, le montant de l'indemnité offerte par l'assureur ou allouée par le juge à la victime produit intérêt de plein droit au double du taux de l'intérêt légal à compter de l'expiration du délai et jusqu'au jour de l'offre ou du jugement devenu définitif. » Cette disposition sert non seulement à la compensation, mais aussi à inciter l’assureur à faire une offre dans un certain délai. Elle constitue donc une dérogation au principe de la réparation intégrale. En droit allemand, il n’existe pas d’équivalent à cette disposition. Néanmoins, la jurisprudence a adopté une approche similaire en condamnant les assureurs qui tardent à régler les dégâts à payer des dommages et intérêts moraux plus élevés. Contrairement à la France, ce ne sont pas seulement les intérêts qui sont augmentés, ce sont également les dommages et intérêts eux-mêmes. Au-delà, les indemnisations pour les frais de recouvrement que les États membres de l’Union européenne doivent créer en vertu de l’article 6 de la directive 2011/7/UE12 constituent aussi une dérogation au principe de la réparation intégrale. Selon cette disposition, le créancier doit obtenir du débiteur un montant forfaitaire minimum de 40 €. Cette indemnisation, transposée en Allemagne par une modification de § 288 BGB et en France par la loi n° 2012387 du 22 mars 2012, montre que les sommes qu’un débiteur doit payer ne correspondent pas toujours au préjudice subi. Vu son montant plutôt faible, cette indemnisation n’est pas comparable à des dommages-intérêts punitifs au sens strict. Néanmoins, elle constitue une dérogation au principe de la réparation intégrale. (7) Les sanctions pour l’annonce d'un gain à des fins publicitaires En droit allemand, les conséquences de l’annonce d’un gain à des fins publicitaires sont régies par § 661a BGB. Selon cette disposition, le consommateur peut réclamer ce gain de l’entreprise qui a fait une fausse promesse. En droit français, la même solution est appliquée par les juges sur le fondement d’un engagement unilatéral de volonté ou d’un quasi-contrat. La solution retenue ne
12 Directive 2011/7/UE du parlement européen et du conseil du 16 février 2011 concernant la lutte contre le retard de paiement dans les transactions commerciales (JOUE L 48 du 23.2.2011, p. 1).
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vise donc pas à dédommager le consommateur, mais bien à sanctionner celui qui a fait une fausse promesse en annonçant un gain. (8) Les sanctions en droit de la concurrence déloyale Selon le § 10 de la loi allemande sur la concurrence déloyale (UWG), il est possible de confisquer les gains obtenus par une entreprise grâce à une pratique commerciale abusive. En France, une telle action en concurrence déloyale peut être fondée sur l’article 1240 du Code civil. Cette action peut être combinée à une amende, qui est à payer à l’État, selon l’article L 442-6 III du Code de commerce. Comme c’est un concurrent qui peut demander la confiscation des gains ou l’imposition d’une amende, cette sanction se rapproche de dommagesintérêts punitifs. (9) Remarques conclusives Au regard des exemples cités, il peut être relevé que l’étendue des exceptions au principe de la réparation intégrale est à peu près la même en France et en Allemagne. Il n’est dès lors pas possible de conclure que l’un des deux ordres juridiques est moins favorable que l’autre en matière de dommages et intérêts punitifs. En outre, on peut observer que les éléments punitifs et préventifs dans le droit des deux pays ne trouvent pas tant leur origine dans le droit de l’Union européenne que dans les décisions autonomes du législateur national. Le droit de l’Union européenne ne connaît pas de peines de droit privé au sens strict. De même, la Cour Européenne des droits de l’homme (CEDH) n’a encore jamais expressément prononcé de dommages-intérêts punitifs en statuant sur les demandes de satisfactions équitables fondées sur l’article 41 de la Convention Européenne de sauvegarde des Droits de l’Homme et des Libertés fondamentales. Dans ce dernier cas, le juge Pinto de Albuquerque a toutefois déclaré dans son opinion concordante annexée à l’arrêt Trévalec c. Belgique du 25 juin 2013 qu’il voyait en l’espèce des dommages-intérêts punitifs. 13 Bien qu’il ne s’agisse que d’une opinion concordante, elle confirme que les dommages-intérêts punitifs existent sous une forme cachée dans la jurisprudence de la CEDH. c) Projets de réforme visant l’introduction des dommages-intérêts punitifs : En France tout comme en Allemagne, l’introduction des dommages-intérêts dans le droit civil fait depuis longtemps l’objet d’un vif débat doctrinal. Contrairement à ce qui est le cas outre-Rhin, des projets de réforme ont déjà vu le
13 CEDH, 2ième section, jugement du 25 juin 2013, n° 30812/07, Trévalec/Belgique, D. 2013, 2139.
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jour dans l’hexagone. 14 L’avant-projet Catala15 prévoit par exemple l’introduction de dommages punitifs à l’article 1371 du Code civil. Il propose la règle suivante : « L'auteur d'une faute manifestement délibérée, et notamment d'une faute lucrative, peut être condamné, outre les dommages-intérêts compensatoires, à des dommages-intérêts punitifs dont le juge a la faculté de faire bénéficier pour une part le Trésor public. La décision du juge d'octroyer de tels dommages-intérêts doit être spécialement motivée et leur montant distingué de celui des autres dommages-intérêts accordés à la victime. Les dommages-intérêts punitifs ne sont pas assurables. » 16
De même, le rapport de François Terré prévoit dans son article 69 al. 2 des dommages-intérêts exemplaires, voire punitifs: « Lorsque le dommage est causé par une faute intentionnelle, le juge peut condamner l’auteur de celle-ci, par une décision spécialement motivée, à une réparation exemplaire. »17
Au niveau européen, aucun projet de réforme visant l’introduction de dommages-intérêts punitifs n’est à l’ordre du jour. En 2005, la Commission européenne avait proposé dans un livre vert d’introduire des dommages-intérêts punitifs pour les actions en responsabilité pour infraction aux règles sur les ententes et les abus de position dominante. 18 Mais, elle a par la suite abandonné cette idée, qui n’était plus mentionnée dans le livre blanc qui a suivi. 19 En cas d’introduction de dommages-intérêts punitifs, plusieurs questions se poseraient. L’une d’entre elles, qui fait polémique dans la doctrine est celle du bénéficiaire des dommages punitifs. Ceux-ci doivent-ils être versés à la victime ou à un tiers, tel que l’État ou un fonds d’indemnisation. Dans le cas où des dommages-intérêts punitifs seraient introduits, il paraîtrait souhaitable qu’ils soient versés à la victime et non à l’État ou à une tierce personne. Sinon, un jugement qui allouerait des dommages-intérêts punitifs risquerait de ne pas pouvoir être exécuté à l’étranger. En effet, la nature civile du jugement pourrait être mise en doute.
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Pour un point de vue allemand sur ces propositions de réforme voir M. LEHMANN, RdC 2007, p. 1427; S. LORENZ, RdC 2007, p. 57. 15 Avant-projet de réforme du droit des obligations (Articles 1101 à 1386 du Code civil) et du droit de la prescription (Articles 2234 à 2281), Rapport à Monsieur Pascal Clément, Garde des Sceaux, Ministre de la Justice, 22 septembre 2005. 16 Pour une traduction allemande : P. SONNENBERGER, ZEuP 2007, 633 (682). 17 Ph. TERRÉ (dir.), Pour une réforme du droit de la responsabilité civile, 2011. 18 Livre vert ˗ Actions en dommages et intérêts pour infraction aux règles communautaires sur les ententes et les abus de position dominante, COM(2005) 672 final. 19 Livre blanc sur les actions en dommages et intérêts pour infraction aux règles communautaires sur les ententes et les abus de position dominante, COM(2008) 165 final.
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Chapitre 2 : L’assurabilité des dommages-intérêts punitifs Un autre aspect du droit matériel pertinent pour les dommages-intérêts punitifs est celui de leur assurabilité. Les droits français et allemand font-ils obstacle à ce qu’une assurance soit conclue pour couvrir des dommages-intérêts punitifs? La question gagnera en importance en cas d’introduction de dommages-intérêts punitifs en droit interne français ou allemand. Mais elle peut déjà se poser actuellement dans le cas des dommages-intérêts punitifs étrangers. a) Discussion de lege ferenda Dans la doctrine, la question est surtout discutée de lege ferenda concernant les projets de réforme visant à l’introduction de dommages punitifs en droit français. L’avant-projet Catala20 mentionné ci-dessus prévoit que « les dommagesintérêts punitifs ne sont pas assurables ». De même, l’article 54 issu du rapport Terré21 dispose que « la part excédant la somme qu’aurait reçue le demandeur au titre des dommages-intérêts compensatoires ne peut être couverte par une assurance de responsabilité. » Or, les résultats des auteurs de l’école de l’analyse économique du droit qui ont examiné les dommages-intérêts punitifs américains montrent que les polices d’assurance ne diminuent pas leur effet préventif. 22 Ainsi, il ne semble pas justifié d’exclure l’assurabilité. Même dans le cas où l’introduction de dommages-intérêts punitifs en droit français ou allemand s’accompagnait d’une exclusion de leur assurabilité, il conviendrait de poser une exception à cette exclusion dans le cas de la responsabilité civile pour faute d’un préposé. Une telle solution correspondrait aux règles qui existent dans la plupart des États fédérés américains qui connaissent les dommagesintérêts punitifs. En outre, elle correspondrait également à la règle que le législateur français a posée à l’article 452-4 du Code de la sécurité sociale. Cette disposition permet à l’employeur de s'assurer contre les conséquences financières de sa propre faute inexcusable ou de la faute de ceux auxquels il s’est substitué dans la direction de l'entreprise ou de l'établissement. Il ne semble pas justifié de déroger à cette disposition en cas de dommages-intérêts punitifs. b) Assurances contre les dommages-intérêts punitifs étrangers La question se pose de la possibilité de recourir à une assurance allemande ou française destinée à se couvrir contre le risque d’être condamné à des dommages-intérêts punitifs prévus par des droits étrangers. A priori, ni le droit français ni le droit allemand ne fait obstacle à ces assurances. Mais, certains des 20
Avant-projet de réforme du droit des obligations (Articles 1101 à 1386 du Code civil) et du droit de la prescription (Articles 2234 à 2281), Rapport à Monsieur Pascal Clément, Garde des Sceaux, Ministre de la Justice, 22 septembre 2005. 21 Ph. TERRÉ (dir.), Pour une réforme du droit de la responsabilité civile, 2011. 22 R. COOTER, Alabama Law Review, Vol. 40 (1989), 1143 (1182–1185).
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droits étrangers concernés, notamment ceux de plusieurs États fédérés américains, excluent l’assurabilité des dommages-intérêts punitifs prévus par le droit interne. Les tribunaux français et allemands sont-ils tenus de respecter ces règles ? On pourrait considérer que oui en partant de l’idée qu’un contrat d’assurance ignorant cette prohibition risquerait sinon d’être caduc. En outre, on pourrait interpréter ces règles comme des lois de police au sens de l’article 9 du règlement (CE) N° 593/2008 (« Rome I »). L’analyse de ce règlement montre néanmoins que les tribunaux français et allemands ne sont pas obligés de donner effet aux règles étrangères excluant l’assurabilité des dommages punitifs. Par ailleurs, la caducité d’un contrat d’assurance couvrant les dommages punitifs ne peut être déduite de ces règles, compte tenu que ce contrat est régi par le droit français ou allemand. Par conséquent, il est possible pour les entreprises qui sont actives sur des marchés dont le système juridique les prévoit de se couvrir contre le risque d’une condamnation au paiement de tels dommagesintérêts punitifs en souscrivant une assurance régie par le droit français ou allemand.
Deuxième partie : Les dommages-intérêts punitifs étrangers devant les tribunaux français et allemands Chapitre 3 : Le cadre juridique régissant le traitement des dommages punitifs étrangers Les différences entre les approches prises par les tribunaux allemands et français en cas de dommages punitifs étrangers pourraient être expliquées par l’existence de différences entre les règles régissant leur traitement dans les deux États. C’est la raison pour laquelle notre thèse analyse le cadre juridique en la matière des deux côtés du Rhin. Les dommages punitifs étrangers peuvent survenir dans deux cas de figure. Ils peuvent tout d’abord être demandés devant des tribunaux nationaux. Ils peuvent ensuite l’être devant des tribunaux étrangers ou devant des tribunaux arbitraux. Dans le premier cas, ce sont les règles de conflit de lois qui régissent la question de savoir si le juge français ou allemand peut appliquer la règle étrangère et allouer des dommages punitifs. Dans le second cas, les tribunaux français ou allemands peuvent être confrontés aux dommages punitifs étrangers dans les situations suivantes : si la notification des actes judiciaires émanant de procédures étrangères est demandée en France ou en Allemagne, les tribunaux nationaux doivent décider si cette notification est licite; si l’une des parties cherche à faire reconnaître ou à exécuter une décision rendue à l’étranger ou dans une procédure arbitrale qui alloue des dommages punitifs, les tribunaux français ou allemands doivent décider si la reconnaissance ou l’éxecution est conforme à l’ordre public du for.
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Beaucoup de règles régissant les questions mentionnées ci-dessus sont identiques en Allemagne et en France, car elles émanent du droit de l’UE ou de conventions internationales. Mais, au-delà, l’analyse conduite dans cette partie de la thèse montre que même les règles dans ce domaine adoptées par le législateur national de manière autonome sont aussi très similaires dans les deux ordres juridiques. 23 Par conséquent, les différences dans le traitement des tribunaux des deux États ne peuvent être expliquées par les divergences en matière de droit procédural ou de règles de conflit de lois entre les deux ordres juridiques. Le droit de l’Union européenne peut parfois influencer le cadre juridique régissant les situations dans lesquelles les dommages punitifs sont applicables. Selon la jurisprudence de la Cour de justice de l’Union européenne, par exemple, il résulte du principe de l'équivalence que « si des dommages-intérêts particuliers, tels que des dommages-intérêts exemplaires ou punitifs, peuvent être alloués dans le cadre d'actions nationales semblables aux actions fondées sur les règles communautaires de concurrence, ils doivent également pouvoir l'être dans le cadre de ces dernières actions. »24 Mais comme ni le droit français ni le droit allemand ne connaissent le principe des dommages-intérêts punitifs, les tribunaux de ces pays ne sont pas obligés d’en accorder en cas d’infraction au droit de l’UE. D’ailleurs, contrairement à l’opinion de certains auteurs 25, l’obligation éventuelle des tribunaux de certains États membres à condamner au paiement de dommages punitifs n’est pas en contradiction avec la possibilité pour les autres États membres de refuser l’exécution de ces jugements en se référant à leur ordre public interne. A première vue, il est surprenant que, d’un côté, le droit de l’UE puisse rendre obligatoire l’allocation des dommages-intérêts punitifs, et que de l’autre, il permette aux tribunaux de refuser la reconnaissance et l’exécution d’un jugement allouant des tels dommages. Toutefois, ceci s’explique par le fait que l’obligation d’allouer des dommages-intérêts punitifs ne concerne que les situations purement internes, c’est-à-dire celles où le droit national prévoit des dommages-intérêts punitifs. Dans ce cas, il est logique que le principe d’équivalence oblige les États membres à allouer des dommagesintérêts punitifs également pour des infractions du droit de l’UE. La faculté des tribunaux de refuser la reconnaissance ou l’exécution d’une décision étrangère 23 Pour une présentation en français des conditions de reconnaissance et d’exécution en droit allemand voir P. KLÖTGEN, RLDA n° 85 2013, 124 (126). 24 CJUE, arrêt du 13 juillet 2006, affaires jointes C-295/04 à C-298/04 (« Manfredi »), n° 99. 25 Dans ce sens G. CAVALIER, « Punitive Damages and French International Public Policy », in: Comparative Studies on Business Tort Litigation, dir. R. STÜRNER/M. KAWANO, 2011, p. 221–232 (230); C. VANLEENHOVE, « Punitive Damages and European Law: Quo Vademus? », in: The Power of Punitive Damages – Is Europe Missing Out?, dir. L. MEURKENS/E. NORDIN, 2012, p. 337.
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ne s’applique que dans les situations contenant un élément d’extranéité, c’està-dire ou la reconnaissance ou l’exécution d’une décision est recherchée dans un autre État membre que celui où elle a été rendue. Chapitre 4 : Les enjeux dans le traitement des dommages punitifs étrangers Lorsque les tribunaux français et allemands sont confrontés aux dommages punitifs étrangers, plusieurs questions peuvent se poser. Ces questions tiennent d’une part à la qualification juridique de ces dommages punitifs, et d’autre part à leur conformité à l’ordre public. 1. La qualification juridique des dommages punitifs a) Le rattachement des dommages punitifs à la « matière civile » Si la notification d’actes judiciaires émanant de procédures entamées à l’étranger est demandée en France ou en Allemagne, ou si une partie y cherche la reconnaissance ou l’exécution d’une décision étrangère, se pose la question de savoir si les règles ayant fondé l’allocation de dommages punitifs sont applicables. Ceci n’est le cas que si ces derniers peuvent être rattachés à la matière civile, car autrement ils n’entrent pas dans le champ d’application des conventions internationales et des actes juridiques internes français ou allemands pertinents. L’analyse conduite dans cette partie de la thèse montre que les dommages punitifs peuvent être considérés comme relevant de la matière civile, dès lors que les dommages sont versés à la victime de l’infraction et non à un fonds public ou à une autre institution étatique. b) L’arbitrabilité des dommages punitifs La qualification juridique des dommages punitifs joue également un rôle en ce qui concerne leur arbitrabilité. Des dommages punitifs peuvent en effet être réclamés devant un tribunal arbitral ou l’annulation ou l’exécution d’une sentence arbitrale qui en ont alloués peut être est demandée. Il est à première vue permis de douter de la recevabilité de telles actions car l’arbitrabilité de la matière pénale est niée par la jurisprudence et la doctrine. Mais, compte tenu de la possibilité de rattachement des dommages punitifs à la matière civile évoquée ci-dessus, la réponse à la question de leur arbitrabilité doit être affirmative. Par conséquent, les tribunaux arbitraux sont en principe autorisés à allouer des dommages punitifs, sous réserve qu’ils ne soient pas exclus par la clause d’arbitrage conclue entre les parties. 2. La conformité à l’ordre public Au-delà, la question principale qui se pose par rapport au traitement des dommages punitifs étrangers en France et en Allemagne est celle de savoir s’ils sont
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conformes à l’ordre public international. Pour cela, il paraît essentiel de faire la distinction entre différents types d’ordre public : a) L’ordre public en cas de reconnaissance et d’exécution d’une décision étrangère En ce qui concerne la conformité de l’exécution de décisions étrangères à l’ordre public, il existe déjà dans les deux ordres juridiques des arrêts rendus par les cours suprêmes en matière civile. En Allemagne, la Cour fédérale a décidé dans un arrêt du 4 juin 1992 que l’exécution d’une décision d’une juridiction californienne allouant des dommages punitifs ne pourrait pas être exécutée car celle-ci violait l’ordre public international au sens du § 328 alinéa 1, n° 4 du Code de procédure civile (ZPO). Elle a estimé en l’espèce que cette décision qui reconnaissait forfaitairement des dommages punitifs d’un montant considérable, en plus des dommages-intérêts accordés au titre de préjudice économique et non-économique, ne pouvait faire l’objet d’une exequatur concernant les dommages punitifs. 26 Selon la Cour, la reconnaissance heurterait l’ordre public car, d’une part, c’est l’État qui a le monopole de la répression, et notamment du prononcé des peines, et parce que, d’autre part, la victime ne saurait se voir érigée en « procureur privé » à la place du Ministère public.27 La Cour a ainsi condamné le principe même des dommages punitifs, et non pas simplement leur montant 28, même si elle admet quelques tempéraments dans le cas où les dommages-intérêts punitifs réparent un dommage moral ou un dommage dont le montant est difficile à prouver. Au contraire, la Cour de cassation a décidé par un arrêt de la première chambre civile du 1 er décembre 2010 rendu dans une affaire Fountaine Pajot qu’une « condamnation à des dommages intérêts punitifs, n’est pas, en soi, contraire à l’ordre public ».29 Néanmoins, la Cour affirme qu’il en est autrement lorsque le montant alloué est disproportionné au regard du préjudice subi et des manquements aux obligations contractuelles du débiteur. Ainsi, ce n’est pas le caractère pénal des dommages punitifs qui heurte l’ordre public, mais leur montant. La jurisprudence des deux Cours se distingue donc relativement à la question de ce qui constitue l’atteinte à l’ordre public. Cette divergence dans la jurisprudence est surprenante étant donné que – comme on l’a vu dans la première partie de la thèse ˗ le droit de la responsabilité civile des deux pays est très similaire et qu’aucun des deux ordres juridique n’est hostile aux éléments
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Cf. la traduction de J.-M. GARDETTE, RGAT 1996, p. 205 (206). Voir les notes de C. W ITZ/F. FURKEL, RTD civ. 1994, p. 443 (457) et de J.-M. GARDETTE, op. cit. (208). 28 J.-M. GARDETTE, op. cit. 29 Arrêt n° 1090 du 1 décembre 2010 (09-13.303). 27
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pénaux que l’autre. Les différentes approches prises par les deux Cours suprêmes invitent dès lors à s’interroger sur la conformité à l’ordre public des dommages-intérêts punitifs. (1) Une violation de principe de l’ordre public? Il convient tout d’abord de se demander si les dommages-intérêts contreviennent en soi à l’ordre public international. Compte tenu des multiples dérogations au principe de la réparation intégrale qui ont été présentées au premier chapitre, il semble que, ni en France ni en Allemagne, l’ordre public international ne puisse être interprété comme faisant en soi obstacle à la reconnaissance de décisions étrangères allouant des dommages-intérêts punitifs. De même, le monopole de la répression ne s’applique pas car il ne s’agit pas de peines au sens strict. Pour toutes ces raisons, il convient de rejeter le refus de reconnaissance de décisions étrangères au motif que les dommages-intérêts punitifs ne sont pas en soi compatibles avec l’ordre public. C’est pourquoi un revirement de la jurisprudence allemande à cet égard serait souhaitable. (2) Le critère quantitatif, condition de l’atteinte à l’ordre public? L’analyse comparative montre qu’en Allemagne, tout comme en France, le principe de proportionnalité fait partie de l’ordre public et ferait obstacle à la reconnaissance et à l’exécution d’un jugement étranger allouant des dommages punitifs dont le montant serait excessif. Alors qu’en France, le principe de proportionnalité découle de l’article 8 de la Déclaration des Droits de l'Homme et du Citoyen de 1789, la Cour fédérale allemande a motivé l’applicabilité de ce principe à l’exequatur en se référant au principe d’État de droit. Certains auteurs critiquent l’application du principe de la proportionnalité qui a été effectuée par la Cour de cassation dans l’affaire Fountaine Pajot, car elle ne s’est pas prononcée sur tous les éléments du contrôle de proportionnalité. Licari qualifie par exemple le contrôle effectué par la Cour de cassation de « pseudo-test ».30 En effet, le test exige normalement un contrôle de la légitimité du but poursuivi, de la nécessité de la mesure ainsi que de la proportionnalité stricto sensu. Toutefois, lorsqu’il ne s’agit pas d’un contrôle d’une mesure prise par la puissance publique, mais d’une application sur des relations juridiques entre deux personnes privées, seul le dernier élément de la proportionnalité peut jouer un rôle, la légitimité de la finalité et la nécessité ne pouvant être mis en cause. 31 C’est donc à bon droit que la Cour de cassation a
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F.-X. LICARI, D. 2011, 423 (426). Dans ce sens M. BEHAR-TOUCHAIS, LPA 30.9.1998, n° 117, 3: « Quand la proportionnalité vient limiter le pouvoir d’une ou de deux volontés en principe souveraines, il s’agit 31
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renoncé à statuer sur ces deux critères. Il serait souhaitable que la jurisprudence allemande se rapproche de la position adoptée par son homologue français dans l’affaire Fountaine Pajot. Enfin, il serait raisonnable que l’approche adoptée par la Cour de cassation concernant un jugement étranger étatique soit appliquée aux sentences arbitrales. En effet, la solution retenue dans l’affaire « Fountaine Pajot » semble transposable à l’arbitrage 32. A l’instar des jugements étatiques, les sentences arbitrales allouant des dommages punitifs devraient donc également être reconnues et exécutées, sauf si leur montant est excessif. b) L’ordre public dans les conflits de lois Lorsque les tribunaux nationaux sont tenus d’appliquer le droit d’un État étranger en vertu des règles de conflit de lois, et que ce droit prévoit la possibilité d’allouer des dommages punitifs, il est possible que l’ordre public national fasse obstacle à l’application des règles étrangères en la matière. Le droit de l’UE laisse aux États membres la possibilité de refuser leur application sur la base des réserves d’ordre public contenues à l’article 21, paragraphe 1 du règlement « Rome I »33 et à l’article 26 du règlement « Rome II » 34. Selon le considérant n° 32 du règlement « Rome II », l’application d’une disposition de la loi désignée par la règle de conflit qui conduirait à l’octroi de dommages et intérêts exemplaires ou punitifs non compensatoires excessifs peut être considérée comme contraire à l’ordre public du for, compte tenu des circonstances de l’espèce et de l’ordre juridique de l’État membre de la juridiction saisie. En 1999, le législateur allemand a posé le principe de la non-conformité des dommages punitifs à l’ordre public dans les conflits de lois dans un article 40, alinéa 3, ajouté à la loi d’Introduction au Code civil allemand (EGBGB) qui contient les règles du droit international privé.35 En vertu de cette disposition, la victime ne peut réclamer davantage de droits que ceux qui lui sont accordés par la lex delicti, dès lors qu’ils (1) dépassent considérablement ce que requiert une indemnisation convenable de la personne lésée, ou (2) servent manifestement d’autres objectifs que l’indemnisation convenable de la personne lésée ou d’une proportionnalité relative, en ce sens qu’elle ne permet que de sanctionner les déséquilibres graves. On n’a pas dans ce cas, nous semble-t-il, à se soucier de la nécessité de la mesure. » 32 Y. COLORADO, Versailles International Arbitration and Business Law Review, n° 2, 2011, p. 141 (153). 33 Règlement (CE) n°593/2008 du Parlement européen et du Conseil du 17 juin 2008 sur la loi applicable aux obligations contractuelles (JOUE, L 177, du 4.7.2008, p. 6). 34 Règlement (CE) No 864/2007 du Parlement européen et du Conseil du 11 juillet 2007 sur la loi applicable aux obligations non contractuelles (JOUE L 199 du 31.7.2007, p. 40). 35 Cette modification du Code civil allemand a été effectuée par la loi du 21 mai 1999 sur le droit international privé des obligations extracontractuelles et des biens (Bundesgesetzblatt, année 1999, 1 ère partie, n° 26, 31 mai 1999, p. 1026).
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(3) sont en contradiction avec des dispositions en matière de droit de la responsabilité d’une convention liant la République fédérale d’Allemagne. 36 En France, par contre, le traitement des dommages punitifs dans le conflit de lois n’a pas été réglé par le législateur. Par conséquent, la question de l’applicabilité des dommages-intérêts punitifs dépend de l’interprétation opérée par les juges. Les tribunaux n’ont pas encore eu l’occasion de statuer expressément sur cette question. On pourrait certes considérer que la décision de la Cour de cassation dans Fountaine Pajot, en vertu de laquelle la condamnation à des dommages-intérêts punitifs n’est pas en soi contraire à l’ordre public, vaut également en cas d’application du droit étranger sur la base des règles de conflit de lois. Toutefois, ceci semble douteux. Dans sa décision, la Cour de cassation n’a en effet visé que le cas dans lequel l’exécution d’une décision étrangère est demandée. Or, l’ordre public en matière de reconnaissance de jugements étrangers n’est pas forcément le même que celui dans les conflits de lois. Il est ainsi admis que le premier a un effet atténué par rapport au second. 37 En d’autres termes, même si la reconnaissance d’une décision dans laquelle une règle étrangère accordant des dommages punitifs est conforme à l’ordre public, l’application de cette même règle par les tribunaux nationaux en vertu d’une règle de conflit de lois peut néanmoins violer l’ordre public, les valeurs du pays du for jouant un plus grand rôle dans ce dernier cas. Dans le cas français, il semble que l’ordre public doive être interprété dans le cas des conflits de lois comme faisant obstacle à l’application d’une règle étrangère permettant l’allocation de dommages punitifs. Bien que, comme nous l’avons présenté dans la première partie de cette thèse, des dérogations au principe de la réparation intégrale en droit français de la responsabilité civile existent, elles ne sont pas suffisamment importantes pour qu’il soit possible de conclure que la condamnation par un juge français au paiement de dommages punitifs étrangers est conforme à l’ordre public. En conséquence, le juge français devrait adopter la même position que celle du législateur allemand, à s’avoir que les tribunaux ne peuvent allouer des dommages punitifs en application d’un droit étranger. c) L’ordre public dans le cadre de l’entraide juridictionnelle La même question de compatibilité des dommages punitifs se pose dans le cas de l’entraide juridictionnelle avec les valeurs des droits français et allemand, car les textes encadrant la coopération judiciaire incluent des clauses permettant aux tribunaux d’un État de refuser une demande d’entraide judiciaire faite 36 Voir pour un commentaire en français de ce texte : P. SONNENBERGER, Rev. crit. DIP 1999, p. 647 et P. KLÖTGEN, RLDA n° 85 2013, 124 (128). 37 C. Cass., 1re civ., jugement du 17 avril 1953 dans l’affaire ‘Rivière’: « La réaction contre une disposition contraire à, l’ordre public n’est pas la même selon qu’il s’agit d’acquérir un droit en France ou de faire produire des effets en France à un droit valablement acquis, sans fraude, à l’étranger. »
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par les tribunaux d’un autre État. Ainsi, l’article 13 de la Convention du 15 novembre 1965 relative à la signification et la notification à l'étranger des actes judiciaires et extrajudiciaires en matière civile ou commerciale et l’article 12 de la Convention du 18 mars 1970 sur l'obtention des preuves à l'étranger en matière civile ou commerciale prévoient que l’exécution d’une demande peut être refusée si l'État requis juge que cette exécution est de nature à porter atteinte à sa souveraineté ou à sa sécurité. Même si ces dispositions ne mentionnent pas explicitement l’ordre public, elles peuvent être interprétées comme des clauses de réserve se référant à l’ordre public international. Les tribunaux allemands ont déjà, à plusieurs reprises, eu l’occasion de statuer sur la question du refus de notification d’actes judiciaires provenant de procédures étrangères dans lesquelles le paiement de dommages punitifs est demandé. En 1992, année où la Cour fédérale décidait que la reconnaissance d’un jugement allouant des dommages punitifs était contraire à l’ordre public, l’Oberlandesgericht de Munich (cour d’appel au niveau du Land) a estimé qu’une demande de notification d’une décision judicaire comprenant l’octroi de dommages punitifs qui est faite par une juridiction américaine peut être acceptée.38 Le Cour constitutionnelle fédérale a confirmé à deux reprises que la notification d’un acte judiciaire comprenant l’octroi de dommages punitifs peut être notifiée en Allemagne et ne violait pas les droits fondamentaux de l’assigné. 39 En France, les tribunaux n’ont pas encore eu l’occasion de statuer sur le destin des demandes d’entraide judiciaire émises dans le cadre de procédures étrangères dans lesquelles des dommages punitifs sont octroyés. Il est permis de penser que, dans un tel cas, l’approche de la Cour de cassation dans l’affaire Fountaine Pajot s’appliquerait. Si la reconnaissance et l’exécution d’un jugement allouant des dommages punitifs ne portent en principe pas atteinte à l’ordre public international, on ne voit en effet pas en quoi la notification d’une décision étrangère pourrait le faire. Au-delà, l’intérêt d’une action en refus de notification d’une décision étrangère octroyant des dommages-intérêts punitifs est limité pour le défendeur, car même si la notification n’a pas lieu en France et en Allemagne, la procédure aux États-Unis peut être poursuivie. Un moyen de défense potentiellement plus efficace contre des demandes abusives serait pour lui d’introduire une action en responsabilité. Cette action, qui pourrait être initiée dans l’État du siège de l’entreprise défenderesse, viserait à compenser les dommages causés par la procédure juridictionnelle étrangère ayant abouti à l’allocation de dommages punitifs. En Allemagne, le fondement d’une telle action pourrait être le § 826 38
OLG München, décision du 3 août 1994 – 1 BvR 1279/94. Pour la première fois dans une décision provisoire de 1994 et plus récemment dans deux jugements du 9 janvier 2013 (affaire 2 BvR 2805/12) et du 3 décembre 2015 (affaire 2 BvR 2019/09). 39
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du Code civil allemand (BGB). En France, on pourrait envisager de fonder une telle action sur l’article 1240 du Code civil. Chapitre 5 : La mise en œuvre du contrôle de proportionnalité des dommages punitifs Comme nous l’avons vu précédemment, des décisions étrangères allouant des dommages punitifs ne peuvent être reconnues et exécutées que si leur montant est proportionné. En pratique, se pose pour les juges du fond la question de la détermination du cadre du contrôle de proportionnalité. En outre, s’ils estiment que le montant est excessif, ils doivent décider des conséquences de cette violation à l’ordre public. 1. Le contrôle de proportionnalité effectué par les tribunaux du fond Lorsque les tribunaux doivent effectuer un contrôle de proportionnalité dans le cadre d’un recours visant à la reconnaissance et l’exécution d’une décision étrangère allouant des dommages-intérêts punitifs, deux questions peuvent se poser : quels critères les juges peuvent-ils appliquer afin de déterminer la conformité des dommages punitifs au principe proportionnalité ? Et quelle partie a la charge de la preuve en la matière ? a) Les critères de proportionnalité Il résulte des éléments précédemment évoqués dans notre thèse que, dans aucun des ordres juridiques analysés, une décision étrangère allouant des dommages punitifs dont le montant est excessif ne peut être reconnue ou exécutée. Néanmoins, la question de savoir comment on peut déterminer ce caractère excessif demeure. Quels sont les critères à prendre en compte pour statuer sur la proportionnalité ? Dans sa décision Fountaine Pajot, la Cour de cassation s’est référée au préjudice subi « et aux manquements aux obligations contractuelles du débiteur ». On peut conclure de l’usage de la préposition « et » qu'il suffira que les dommages-intérêts punitifs soient proportionnés soit au regard du préjudice, soit au regard de l'importance de la faute, pour que l'exequatur puisse être accordé. 40 L’utilisation du terme « manifeste » montre que le contrôle est limité.41 Néanmoins, les critères auxquels la Cour de cassation s’est référée sont trop vagues pour permettre aux juges du fond confrontés à une décision étrangère de décider si le montant alloué est excessif ou non. Or, il est souhaitable que l’appréciation par les tribunaux du caractère excessif des dommages-intérêts punitifs soit la plus uniforme possible. 42 Il convient donc de chercher des critères plus 40
Ph. DELEBECQUE, RTD com. 2011, p. 666 et s. J. JUVENAL, JCP G 2011, p. 257 (259). 42 B. FAGES, RTD civ. 2011, p. 122 (126). 41
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concrets. Dans les doctrines française et allemande, plusieurs propositions ont été faites pour déterminer la proportionnalité. Compte tenu du caractère crucial de la résolution de cette question pour une mise en œuvre effective par les juges de fonds de la jurisprudence de la Cour de cassation, les différentes approches méritent d’être présentées plus en détails. (1) Le recours à un ratio fixe Des auteurs allemands ont proposé un ratio fixe entre les dommages compensatoires et les dommages punitifs. Certains estiment, par exemple, que des dommages punitifs étrangers peuvent être reconnus lorsque leur montant ne dépasse pas un certain multiple de ce qui aurait pu être alloué en droit allemand au titre de dommages compensatoires. 43 Similairement, l’Oberlandesgericht de Düsseldorf a, dans une décision de 1991, conclu que des dommages punitifs étrangers peuvent être reconnus si leur montant ne dépasse pas quatre fois ce qu’aurait pu être alloué comme dommages immatériels en Allemagne. 44 Selon d’autres auteurs, un principe du droit international humanitaire pourrait être appliqué, en vertu duquel un ratio entre les dommages compensatoires et les dommages punitifs de 1 :10 ne pourrait plus être considéré comme étant proportionné.45 Pourtant, l’application d’un ratio fixe ne semble pas convainquant, car elle ne trouve aucune base dans la loi et parce que de telles formule s paraissent arbitraires. (2) La comparaison avec des peines pénales Selon d’autres auteurs, une façon de vérifier la proportionnalité du montant des dommages-intérêts punitifs serait de comparer le montant alloué avec celui d’une peine pénale.46 Dans l’affaire Fountaine Pajot, il aurait été possible d’appliquer la qualification de délit d’escroquerie, pour lequel l’article 313-1 du Code pénal prévoit une peine maximale de cinq ans d’emprisonnement et de 375 000 € d’amende.47 Cependant, cette approche n’est pas tout à fait convainquant car elle ne peut être appliquée de manière générale. D’abord, elle n’est 43
Par exemple E. DEUTSCH, JZ 1993, p. 266 (267). Selon E. STIEFEL et R. STÜRNER, le montant reconnaissable ne peut pas être plus que deux à 2,5 fois ce qu’aurait pu être alloués en Allemagne : VersR 1987, p. 829 (837). 44 OLG Düsseldorf, jugement du 28 mai 1991, r+s 1991, p. 339. 45 Ainsi von T. v. DANWITZ, DÖV 2004, p. 501 (510). 46 M. CARTIER-FRENOIS, contribution du 7.4.2014 sur le blog Village de la Justice : ‹http://www.village-justice.com/articles/Dommages-interets-punitifs-ordre-public,10007. html#kwYw187PKsBaqYV0.99›. 47 M. CARTIER-FRENOIS en conclut que les dommages punitifs alloués dans l’affaire Fountaine Pajot n’ont pas été disproportionnés au regard de la condamnation pénale dans un délit d’escroquerie.
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possible que dans les cas où le comportement contesté constitue également un délit, à l’exclusion de toute affaire purement civile. Ensuite, il est difficile d’évaluer une peine d’emprisonnement en argent pour la comparer avec les dommages-intérêts alloués. (3) La prise en compte des capacités financières D’autres auteurs proposent de tenir en compte des capacités financières de l’auteur de l’infraction pour déterminer la proportionnalité. 48 A première vue, cette approche semble logique car dans les pays où le droit les connaît, le montant des dommages punitifs est souvent déterminé au regard des capacités financières du débiteur.49 Quand le Bundesgerichtshof s’est prononcé sur la reconnaissance des dommages punitifs étrangers en Allemagne, il a laissé explicitement ouverte la question de savoir s’il pouvait être tenu compte des capacités financières.50 En France, la Cour de cassation n’a pas fait référence à ce critère pour déterminer la proportionnalité dans l’affaire Fountaine Pajot. Pourtant, certains auteurs estiment qu’elle s’est laissée influencer par le fait qu’il résultait du jugement étranger que les dommages-intérêts punitifs prononcés équivalaient à 20 % du chiffre d’affaires du débiteur. 51 Ceux qui plaident en faveur de la prise en compte des capacités financières du débiteur, en tenant par exemple compte du chiffre d’affaires d’une entreprise condamnée pour vérifier la proportionnalité, arguent que cette proposition contribuerait à la prévisibilité des dommages et qu’elle assurait la survie économique. 52 Mais, à bon droit, d’autres auteurs font remarquer qu’aussi en droit français, une condamnation en responsabilité peut largement dépasser la capacité économique, comme le montre par exemple la condamnation de Jerôme Kerviel à payer 4,9 milliards d’euros à son ancien employeur, la Société Générale. 53 L’idée visant à tenir compte des capacités financières du débiteur pour déterminer la proportionnalité des dommages-intérêts punitifs n’est pas convaincante, car cette approche apparaîtrait étrange au regard des droits français et
48 O. CACHARD, DMF 2011, 331 (339); F.-X. LICARI, JDI 2010, 1230 (1260); M. MEKKI, Gaz.Pal., n° 124–125 du 5.5.2011, 1576. 49 Par exemple aux États-Unis, voir dans la doctrine américaine K.N. H YLTON, 17 Widener L.J. (2007–2008), 927; A. J. SEBOK, « Punitive Damages in the United States », in: Punitive Damages: Common Law and Civil Law Perspectives, dir. H. KOZIOL/V. WILCOX, 2009, p. 155 (186). 50 BGH, jugement du 4 juin 1992 – IX ZR 149/91, BGHZ 118, 312; ZIP 1992, 1256 (1270). 51 M. E. ANCEL, Revue de Jurisprudence Commerciale 2011, p. 270 (288). 52 V. WESTER-OUISSE, RCA 2011, p. 7 (10). 53 Ainsi B. FAGES, RTD civ. 2011, p. 122, en se référant au jugement du TGI Paris du 5.10.2010, Bulletin Joly Bourse 2011, 37; aussi F. T ERRE/PH. SIMLER/Y. LEQUETTE, Droit civil – Les obligations, 11e édition. 2013, n° 689.
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allemand. Normalement, la capacité financière joue uniquement un rôle au moment de l’exécution 54, et non dans la détermination du montant des dommagesintérêts. Ceci est aussi illustré par la jurisprudence française qui énonce que la capacité financière est sans incidence sur la réduction du montant d’une clause pénale en vertu de l’ancien article 1152, alinéa 2 (devenu l’article 1231-5, alinéa 2) du Code civil.55 Comme la capacité financière est en soi sans influence sur la responsabilité civile, il serait contraire à la systématique générale d’en tenir compte pour vérifier la proportionnalité des dommages-intérêts punitifs étrangers. C’est pourquoi il semble préférable de ne pas se référer à la capacité financière pour déterminer le montant proportionné au stade de l’exequatur. (4) Les limitations légales Une autre idée proposée par la doctrine allemande consiste à appliquer les limitations légales qui existent pour la responsabilité civile, car celles-ci peuvent être considérées comme une concrétisation du principe de la proportionnalité. 56 En France, par contre, un tel débat n’a pas lieu ; cela pourrait être dû au fait que le droit français ne connait pas autant de limitations absolues de la responsabilité civile que le droit allemand. 57 Les rares limitations absolues qui existent en droit français prévoient des montants à une telle hauteur qu’elles ne joueraient quasiment aucun rôle dans la pratique si on voulait les appliquer pour vérifier la proportionnalité. 58 Une disposition envisageable pour déduire un plafonnement est l’article 442-6 III du Code de commerce qui dispose que l’amende prononcée pour une restriction de la concurrence ne peut pas être supérieure à deux millions d’euros. Mais, s’agissant d’une amende civile et non
54 En droit français, l’article 331-2 du Code de la consommation assure que le débiteur garde un « reste à vivre » si son salaire est saisi. 55 B. FAGES, RTD civ. 2011, p. 122 (125). Dans un jugement du 14 novembre 1995 (pourvoi n° 94-04008), la première chambre civile de la Cour de cassation avait statué : « Attendu que pour réduire le montant de la clause pénale, l'arrêt attaqué retient que le premier juge a réduit le taux d'intérêt compte tenu de la capacité de remboursement des débiteurs par rapport à leur surendettement, que, pour les mêmes raisons, il convient de considérer que la clause pénale est excessive; qu'en s'abstenant de rechercher en quoi, compte tenu de son but, la pénalité contractuelle était manifestement excessive, la cour d'appel a privé sa décision de base légale au regard du texte susvisé […] ». 56 Ainsi H. BUNGERT, ZIP 1993, p. 815 (821). 57 Cette différence peut être illustrée par le fait que contrairement à l’Allemagne, la France n’a pas utilisé l’option ouverte par l’article 16, alinéa 1 de la directive 85/374/CEE du Conseil, du 25.7.1985 (JO n° L 210 du 7.8.1985, p. 29) pour limiter la responsabilité du producteur pour des produits défectueux. 58 L’article L. 594-4 du Code de l’environnement par exemple fixe le montant maximum de la responsabilité de l’exploitant d’un site nucléaire présentant un risque réduit à 70 millions d’euros.
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de dommages-intérêts, il est difficile d’y voir une concrétisation de la proportionnalité.59 Au-delà, l’idée de se référer aux limitations absolues pour déterminer la proportionnalité est à rejeter pour un motif plus fondamental : les plafonnements qui existent en droit allemand et français s’appliquent à la responsabilité du fait des choses. Or, les dommages-intérêts punitifs qui sont prononcés à l’étranger le sont normalement pour sanctionner un comportement intentionnel très condamnable. Il est dès lors difficile d’expliquer pourquoi les limitations absolues devraient être appliquées pour plafonner la responsabilité pour un tel comportement. (5) La « marginal recovery approach » Nagy propose une approche, qu’il appelle « marginal recovery approach », qui est inspirée par le concept économique de coût marginal 60, c’est-à-dire le coût de la dernière unité produite. 61 Appliquée à l’exequatur d’une décision étrangère, cette approche consiste à vérifier si la reconnaissance ou l’exécution de chaque dollar alloué est conforme à l’ordre public. Si c’est le cas, la question doit être répétée pour chaque dollar jusqu’à ce que le niveau de disproportionnalité soit atteint. Cette approche ne fait en réalité que décrire le travail intellectuel que le juge doit effectuer. Elle ne donne aucun critère auquel le juge pourrait se référer pour déterminer la conformité à l’ordre public. Par conséquent, cette approche est d’une valeur très limitée pour la pratique. (6) L’intensité de l’ordre public de proximité Une autre idée exprimée par les auteurs allemands est la détermination de la proportionnalité du montant des dommages-intérêts punitifs sur la base de l’intensité de la proximité du litige avec le for. Moins le litige est proche du for, moins les principes de cet État sont affectés, et plus le montant des dommages doit être considéré comme proportionné. 62 Selon la théorie de l’ordre public de proximité, il doit en effet y avoir un certain lien pour que l’ordre public soit 59
V. Ph. PIERRE, RdC 2010, 1117, selon qui le plafonnement ex ante contribue à éloigner les sommes du droit de la responsabilité civile. 60 C.I. NAGY, NIPR 2012, p. 4. 61 Voir les définitions dans B. G UERRIN/O. GUN, Dictionnaire d’analyse économique, 4e édition 2012, p. 123: « Coût de la dernière unité produite, qui est souvent assimilé à la dérivée de la fonction de coût. […] » ; P. BEZBAKH/S. GHARARDI (dir.), Dictionnaire de l’économie, 2011, p. 215: « le coût marginal représente l’accroissement du coût quand la production augmente, à la limite d’une seule unité […] » ; A. SILEM/J.-M. ALBERTINI (dir.), Lexique d’économie, 12 e édition 2012, p. 237: « Coût de la dernière unité produite. Variation du coût variable total due à la production d’une unité supplémentaire. […] ». 62 H. BUNGERT, RabelsZ 61 (1997), p. 388 (399).
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déclenché.63 Toutefois, il est difficile de voir comment l’intensité peut être déterminée. Les auteurs qui proposent cette approche ne suggèrent pas de critères concrets pour le faire. C’est pourquoi il est préférable de ne pas y recourir pour déterminer la proportionnalité. (7) Le montant des dommages-intérêts extrapatrimoniaux selon le droit du for Parmi les suggestions faites dans la doctrine, la plus pertinente au premier abord semble être la suivante : reconnaître les jugements allouant des dommages-intérêts punitifs à condition que leur montant n’excède pas ce que les tribunaux de l’État d’accueil auraient pu accorder en appliquant leur propre droit, c’est-à-dire le droit du for. 64 Cette approche consisterait donc en une comparaison avec les sommes allouées en France et en Allemagne pour des dommages extrapatrimoniaux. Ainsi, si, en France, il est possible que les tribunaux allouent des dommages-intérêts extrapatrimoniaux allant jusqu’à 50.000 €, par exemple, des dommages-intérêts punitifs étrangers dont le montant n’excède pas cette somme pourraient être exécutés. Si on voulait adopter cette approche, on pourrait se référer au recueil méthodologique commun qui prévoit jusqu’à 70.000 € pour des dommages extrapatrimoniaux. Néanmoins, compte tenu de la critique de ces barèmes effectuée par la Cour de cassation 65, on peut douter qu’elle y recoure. En outre, cette approche aboutirait à un plafonnement unique, alors qu’un contrôle au cas par cas est préférable. 66 (8) L’inspiration des approches étrangères D’autres auteurs proposent de s’inspirer des critères appliqués par des tribunaux étrangers pour déterminer le montant des dommages-intérêts punitifs. Des tribunaux en Italie67, au Japon68, en Suisse, en Pologne 69 et en Grèce70 ont déjà refusé la reconnaissance ou l’exécution de décisions étrangères allouant des dommages-intérêts à cause de la disproportionnalité des sommes accordées. De même, un tribunal russe a annulé une sentence arbitrale interne allouant des 63 V. M.-L. NIBOYET/G. DE GEOUFRE DE LA PRADELLE, Droit international privé, 4e édition 2013, n° 381. 64 Ainsi P. MÜLLER, Punitive Damages und deutsches Schadensersatzrecht, 2000, p. 363 et s.; M. ATTAL, Droit et Patrimoine 2011, n° 205, 42. 65 C. Cass., 2e civ., jugement du 22 novembre 2012, n° 11-25.988. 66 Ainsi I. EBERT, Pönale Elemente im Privatrecht, 2004, p. 531, note en bas de page n° 694. 67 Corte di Cassazione, sezione III civile, jugement du 19.1.2007, n° 1183. 68 Voir Y. NISHITANI, IPRax 2001, 365 (en allemand); R. B RAND, NILR 1996, p. 143 (167 et s.) (en anglais). 69 Jugement du 11.10.2013, I CSK 697/12. 70 Voir G. PANOPOULOS, RHDI 2013, p. 319 (320); S. VRELLIS, Private International Law in Greece, 2011, p. 51.
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dommages-intérêts punitifs au motif que leur montant était excessif. 71 La Cour suprême espagnole a, à l’inverse, accepté l’exécution d’un tel jugement en Espagne en affirmant sa conformité au principe de proportionnalité.72 Toutefois, une analyse de ces décisions montre que les critères appliqués sont trop vagues ou inaptes pour servir de modèle. Cela vaut également pour les règles dans les ordres juridiques dont le droit connaît des dommages-intérêts punitifs. Aux États-Unis, la Cour suprême a limité le montant des dommages-intérêts punitifs au regard de la Constitution. 73 Dans son arrêt BMW of North America v. Gore74, trois critères sont mis en exergue afin de déterminer si des dommages-intérêts punitifs sont excessifs : (1) le caractère répréhensible du comportement du défendeur, (2) le rapport entre les dommages-intérêts compensatoires et les dommages-intérêts punitifs ; (3) les sanctions civiles ou pénales prévues pour une conduite illégale comparable. 75 Le deuxième critère a été précisé par la Cour dans son arrêt State Farm Mutual Automobile Insurance Co. v. Campbell76 : en pratique, les exigences de procès équitable sont satisfaites si le ratio entre dommages-intérêts punitifs et compensatoires n’excède pas un certain chiffre (‘singe digit ratio’).77 Dans son arrêt Exxon Shipping Co. et. al. v. Baker et al., qui concernait un cas de droit maritime, la Cour suprême a en outre précisé qu’un ratio de 1:1 entre les dommages-intérêts compensatoires et les dommages-intérêts punitifs serait approprié. 78 Cependant, on peut se demander si ce dernier ratio s’appliquerait également à des cas extérieurs au droit maritime. 79 Des auteurs français soulignent quant à eux les parallèles entre la jurisprudence de la Cour suprême des États-Unis et les critères appliqués par la Cour de cassation.80 Toutefois, il existe une différence importante car le ratio jugé disproportionné par la Cour de cassation était loin de la limite posée par la Cour 71 Voir I. NIKOFOROV/A. GURKOV/V. SEVASIANOVA, Les Cahiers de l'arbitrage 2014, p. 109 (114). 72 Tribunal Supremo, Miller Import Corp. v. Alabastres Alfredo, S.L., STS, arrêt du 13.11.2001 (Exequatur No. 2039/1999). Une traduction en anglais a été publiée dans S. R. JABLONKSI, 24 J.L. & Com. (2004–2005), p. 225 (231 et s.). 73 Sur cette jurisprudence M. V AN DE KERCHOVE, Revue interdisciplinaire d'études juridiques 2/2008, p. 1 et s., n° 54. 74 517 U.S. 559 (1996). 75 Sur ces critères K.L. SAUVAGEOT, Global Jurist Advances, Vol. 4 (2004), Issue 1, p. 1 (7, 28 et s.). 76 538 U.S. 408 (2003). 77 Voir J. J. B ERCH, Minnesota Journal of Int’l Law, Vol. 19:1 (2010), p. 67. 78 Voir la note de W. M ASTOR, Constitutions 2010, p. 144. 79 D. RENDLEMAN, 7 U. St. Thomas L.J. (2009–2010), p. 1 (15 et s.); A. J. SEBOK, “The U.S. Supreme Court’s Theory of Common Law Punitive Damages: An Inauspicious Start”, dans: The Power of Punitive Damages – Is Europe Missing Out?, dir. L. MEURKENS/E. NORDIN, 2012, p. 133. 80 Voir B. FAGES, RTD civ. 2011, p. 122 (125).
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américaine. 81 Pour cette raison, il semble difficile de s’inspirer de l’approche utilisée aux États-Unis. Une autre possibilité serait de prendre appui sur le modèle du droit québécois. Comme il s’agit d’un système du civil law qui a incorporé les dommagesintérêts punitifs, il y est souvent fait référence comme modèle en vue d’une potentielle introduction des dommages-intérêts punitifs en Europe. 82 Par extension, on pourrait donc envisager de s’inspirer du droit québécois en ce qui concerne la proportionnalité des dommages-intérêts punitifs étrangers dont la reconnaissance ou l’exécution est demandée. L’article 1621 du Code civil du Québec (C.c.q.) dispose: « Lorsque la loi prévoit l'attribution de dommages-intérêts punitifs, ceux-ci ne peuvent excéder, en valeur, ce qui est suffisant pour assurer leur fonction préventive. Ils s'apprécient en tenant compte de toutes les circonstances appropriées, notamment de la gravité de la faute du débiteur, de sa situation patrimoniale ou de l'étendue de la réparation à laquelle il est déjà tenu envers le créancier, ainsi que, le cas échéant, du fait que la prise en charge du paiement réparateur est, en tout ou en partie, assumée par un tiers. »
Un exemple de l’application de cette disposition est fourni par l’arrêt Cinar Corp. v. Robinson de la Cour suprême du Canada.83 Dans cet article, le législateur québécois a certes établi certains critères, non exhaustifs, pour déterminer le montant des dommages-intérêts punitifs. 84 Mais ils sont trop vagues pour servir de modèle aux tribunaux allemand et français. 85 En outre, l’article ne fait que les mentionner, sans préciser comment ils doivent être mis en relation. Enfin, comme nous l’avons déjà mentionné, la situation patrimoniale n’est pas un critère auquel les tribunaux français et allemand devraient recourir pour déterminer la proportionnalité. Une autre source d’inspiration pourrait être le droit de la Louisiane, qui se distingue du droit des autres États américains en raison de l’influence que le Code civil français a eu sur lui. 86 Cependant, le, il n’existe aucune disposition 81
O. BOSKOVIC, JDI 2011, p. 614 (618); E. DE KEZEL, “The Protection and enforcement of private interests by the recognition of US punitive damages in Belgium: limits and opportunities”, dans: The Power of Punitive Damages – Is Europe Missing Out?, dir. L. MEURKENS/E. NORDIN, 2012, p. 213 (238). 82 Voir M. LACROIX, La Revue du barreau canadien, Vol. 85 (2006), p. 569 et s. : A. GUEGAN-LECUYER, Dommages de masse et responsabilité civile, 2006, p. 453 (n° 419). 83 Sur cette décision D. G ARDNER, ROJ 2014, p. 37. 84 Voir J. L. B AUDOUIN, « Les dommages punitifs: un exemple réussi à la Common law », in: Études offertes au professeur Philippe Malinvaud, 2007, S. 8; D. GARDNER, RCA mai 2013, p. 18 (21), n° 29; M. LACROIX, La Revue du barreau canadien, Vol. 85 (2006), p. 569 (602). Plus détaillé sur le traitement des punitive damages en droit québécois: S. GUILLEMARD, RLDA 2013, p. 120; P.-G. JOBIN, « Les dommages punitifs en droit québécois », in: Liber amicorum Calais-Auloy, 2004, p. 537 et s. 85 Sur la difficulté d’interpréter ces critères vagues, v. aussi P.-G. JOBIN, op.cit., p. 546. 86 Voir F.-X. LICARI, RLDA 2013, 117. Sur le traitement des punitive damages par le droit de la Louisiane v. J. W. DE GRAVELLES/J. N. DE GRAVELLES, 70 La. L.Rev. (2010), p. 579
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ni aucun jugement qui pourrait servir d’orientation pour l’interprétation des critères dans la perspective du contrôle du montant des dommages-intérêts punitifs. (9) Approche proposée : la prise en compte de l’efficacité L’approche suivante, qui part de l’idée que la proportionnalité a pour objet de garantir un équilibre entre l’intérêt de l’auteur du préjudice à ne pas être puni trop fortement et l’intérêt général à ce que le droit soit respecté nous semble préférable. Selon cette perspective, l’intérêt général prévaut sur l’intérêt de la victime à un dédommagement, si bien que c’est l’efficacité de la mise en œuvre du droit qui est déterminante. Par ailleurs, l’analyse économique du droit pourrait servir de source d’inspiration afin de déterminer les critères permettant d’atteindre l’équilibre susvisé. Dans la doctrine américaine, certains auteurs ont proposé de calculer le montant des dommages-intérêts qui doit être payé en ayant recours à une règle dite « de réciprocité ». 87 Selon cette règle, on détermine d’abord la probabilité de condamnation de l’auteur du dommage. Ensuite, cette probabilité est inversée, exprimée sous forme de fraction, puis multipliée par le montant du préjudice subi. 88 Les dommages-intérêts compensatoires sont ainsi augmentés par le biais d’un multiplicateur dont le montant dépend des risques de condamnation et donc par extension de l’intérêt de l’auteur à prendre des précautions afin de prévenir le préjudice. Il nous semble pertinent d’appliquer cette méthode à l’exequatur de décisions étrangères allouant des dommages punitifs. Les juges devraient estimer la probabilité de l’auteur de l’infraction d’être condamné et en déduire un multiplicateur. Afin de l’illustrer, la thèse tente de démontrer comment la Cour de cassation aurait pu appliquer cette approche dans l’affaire Fountaine Pajot. Dans le jugement étranger dont l’exécution était cherchée, la défenderesse avait été condamnée à payer 1.391.650 $ de dommages-intérêts compensatoires et 1.460.000 $ au titre de dommages-intérêts punitifs. En supposant que la probabilité de la défenderesse d’être tenue responsable était de 60 %, le calcul du montant proportionné aurait donc été le suivant : (1/0,6)* 1.391.650 $ = 2.319.417 $. Il est vrai que la détermination de la probabilité d’une condamnation constitue un défi dans la pratique. Néanmoins, des études empiriques en la matière pourraient faciliter la tâche des juges. Au cas où la probabilité ne pourrait pas être déterminée, il est proposé d’appliquer un multiplicateur de 0,5, une augmentation de 50 % nous semblant pouvoir être acceptée en règle générale.
Sur les développements récents concernant le traitement des dommages punitifs dans le conflit de lois de la Louisiane: B. L. BONVILLAIN, 74 La. L. Rev. 327. 87 R. COOTER, Alabama Law Review, Vol. 40 (1989), n° 3, p. 1143. 88 Pour une description de cette méthode voir G. M AITRE, La responsabilité civile à l’épreuve de l’analyse économique du droit, 2005, p. 182, n° 317.
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b) La charge de la preuve/de l’allégation Quels que soient les critères auxquels on a recours, se pose la question de savoir sur qui pèse la charge de « prouver » la proportionnalité.89 Est-ce au requérant de démontrer que le montant dont il recherche l’exécution est proportionné ou est-ce au défendeur de démontrer son caractère excessif ? En France, cette question a déjà mené à une série d’arrêts. Dans un arrêt du 30 juin 2011, la cour d’appel de Paris a jugé que le défendeur n’était pas parvenu à démontrer « en quoi les condamnations prononcées à son encontre méconnaîtraient les principes fondamentaux régissant la responsabilité civile, celui de la proportionnalité des peines […], comporteraient des dommages intérêts punitifs et heurteraient l'ordre public international français de fond ». 90 Selon cette logique, il appartiendrait au défendeur de démontrer la non-proportionnalité. Mais, la Cour de cassation a annulé cet arrêt pour insuffisance de motivation en se référant à l’article 455 Code de procédure civile.91 La cour d’appel de Versailles, à laquelle l’affaire a été renvoyée après la cassation, a refusé l’exécution du jugement étranger, estimant quelles motivations que ce dernier fournissait ne lui permettaient pas d’apprécier la proportionnalité. 92 En effet, elle « observe, […], que cette motivation défectueuse ne lui permet pas d'apprécier si les condamnations ainsi prononcées se situent dans un rapport de proportionnalité avec le préjudice subi par la société SIERRA, ce dont il résulte que le jugement ne satisfait pas aux exigences de l'ordre public international de fond. »
Cette approche se fait au détriment du demandeur, la proportionnalité du jugement dont l’exécution ou reconnaissance est demandée ne pouvant pas être contrôlée. En Allemagne, la solution devrait être la même. En effet, s’agissant d’une question de fait, et non d’une question de droit au sens de l’article 293 du Code de procédure civile, il incombe au demandeur de démontrer la proportionnalité du montant dont il réclame la reconnaissance ou l’exécution. S’il ne réussit pas à le faire, sa demande doit être rejetée. 2. Les effets d’une violation de l’ordre public Si le montant des dommages punitifs dont l’exécution ou la reconnaissance est demandé heurte l’ordre public international, la question des conséquences d’une telle atteinte se pose alors. L’exécution doit-elle être refusée totalement 89
Comme il ne s’agit pas d’une question de fait, mais d’une question de droit, il serait plus précis de parler d’une « charge de l’allégation », pour reprendre le terme employé par Henri Motulsky. Sur l’influence du droit allemand sur cette notion voir F. F ERRAND, Procédures n° 3, Mars 2012, dossier 11. 90 CA Paris, 1 re ch. civ., jugement du 30 juin 2011, n° 10/00293. 91 C. Cass., 1re ch. civ., jugement n° 1252 du 7 novembre 2012 (pourvoi n° 11-23.871). 92 CA Versailles, 1re ch. civ., jugement du 19 septembre 2013, n° 13/02154, Georgia Lee/ Jean-François Henin.
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ou une exécution partielle, correspondant à un montant proportionné, peut-elle être envisagée ? Dans sa décision du 4 juin 1992 mentionnée ci-dessus, la Cour fédérale allemande a délibérément choisi de laisser cette question ouverte. La Cour de cassation a, quant à elle, rejeté l’exequatur dans son arrêt Fountaine Pajot, sans répondre à la question de savoir si une exécution partielle était possible. Ce refus peut s’expliquer par le fait qu’aucun exequatur partiel n’avait demandé par les parties. Il est ainsi possible de considérer que la Cour de cassation n’a pas voulu implicitement exclure cette possibilité. Il semble qu’une exécution partielle pourrait être admise dans les deux pays. Un tel exequatur partiel ne contreviendrait en effet pas à la prohibition d’une révision au fond. Certes, selon certains auteurs, l’exécution partielle s’approcherait à une révision au fond, en tant qu’il s’agirait d'un exequatur partielle, réductive (et non sélective), assimilable à une révision au fond du jugement étranger.93 Mais, tout contrôle sur un jugement étranger comporte une part de révision et constitue donc une exception à la prohibition de la révision au fond.94 En admettant une exécution partielle, on ne fait qu’assouplir l’effet de cette exception à la prohibition. En d’autres termes, si le contrôle de l’ordre public est admis comme exception à la prohibition de la révision au fond, il doit a foritori être licite de limiter l’effet de ce contrôle afin d’assurer l’exécution au moins partielle de la décision étrangère. 95 Par conséquent, la finalité de la prohibition de la révision au fond est même promue par une exécution partielle. Enfin, se pose la question de savoir si une telle exécution partielle peut être accordée d’office ou si elle doit être demandée par les parties. En Allemagne, la jurisprudence et la doctrine acceptent qu’un exequatur partiel puisse être opéré d’office.96 En France, par contre, la situation n’est pas aussi claire. En effet, la jurisprudence ne s’est pas prononcée sur cette question, et la doctrine n’est pas unanime. Certains auteurs estiment qu’une demande des parties est nécessaire et qu’autrement, le tribunal jugerait ultra petita.97 D’autres considèrent au contraire que l’exequatur partiel peut être prononce d’office. 98 En effet, il est possible de supposer qu’une demande en exequatur contient implicitement une demande en exequatur partielle, au cas où le jugement ne peut pas complètement être exécuté. Sinon, le demandeur serait confronté au défi de déterminer ex ante quelle est la partie proportionnée susceptible d’être reconnue. En outre, le tribunal serait de toute façon tenu d’indiquer au demandeur 93
J. SAGOT-DUVAUROUX, Lexbase La lettre juridique n° 425, 1 (6). P. REMY-CORLAY, RTD civ. 2011, p. 317. 95 V. LEGRAND, LPA 10.1.2013, n° 8, p. 9 et s. 96 Ainsi, dans l’arrêt du 4.6.1992 sur l’exécution d’un jugement américain allouant des dommages-intérêts punitifs, le Bundesgerichtshof a accordé d’office un tel exequatur partiel. 97 F.-X. LICARI, D. 2011, p. 423 (427), note au bas de page 42. 98 Ainsi O. BOSKOVIC, JDI 2011, p. 614 (621). 94
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Résumé
qu’un exequatur complet ne pourrait pas être accordé. Pour ces différentes raisons, il est plus convainquant d’accorder l’exequatur partielle d’office sans que d’exiger une demande expresse. Conclusion : A l’issue de l’étude de l’état du droit, la thèse plaide pour une convergence des droits français et allemand en ce qui concerne le traitement des dommagesintérêts punitifs étrangers. Il est souhaitable que la Cour de justice allemande opère un revirement de sa jurisprudence sur la reconnaissance et l’exécution des jugements étrangers en adoptant l’approche de la Cour de cassation en vertu de laquelle une condamnation à l’étranger au paiement de dommages intérêts punitifs n’est pas en soi contraire à l’ordre public. A l’inverse, il serait bon que les tribunaux français s’inspirent des solutions adoptées outre-Rhin par les juges et le législateur pour trancher les questions que la Cour de cassation n’a pas encore traitées : ils devraient accepter l’entraide juridictionnelle concernant les procédures étrangères où des dommages punitifs sont réclamés, et s’abstenir d’allouer les dommages punitifs prévus par le droit étranger applicable en vertu des règles de conflit de lois.
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Sachverzeichnis AEUV 58, 66–68, 122 AGG 48–50, 71, 102, 222 Ägypten 21 Aktiengesetz 104–106 Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) 28 Antragserfordernis 260 Arbeitsrecht 48 Argentinien 5, 96 astreinte 31, 32, 103, 149 Australien 5 Betriebsbuße 30 Beweisaufnahme 195, 196 Beweislast 249 Brasilien 5 Brexit 123, 124, 262 Bundesverfassungsgericht 2, 35, 62, 145, 199–203, 209, 210, 217 CETA 22, 262 China 4, 100 CISG siehe UN-Kaufrecht clause pénale siehe Vertragsstrafe Code civil 19, 40, 148, 178, 179, 210, 212, 241 Code de commerce 58, 60, 64, 65, 219, 223 Code des assurances 52, 53, 55, 93 Code pénal 226 Conseil constitutionnel 65, 149, 179 Conseil d’État 59 Corporate Governance 104, 106 D&O-Versicherung 98, 99, 104–106 Darlegungslast 248, 250 Diskriminierung 48, 50 Doppelexequatur 121
dreifache Schadensberechnung 42 Eingriffsnorm 101, 103 England 5, 6, 13, 56, 96, 118, 121, 123, 229–231, 263 Entschädigungspauschale 60, 61 EuBVO 136 EuGH 50, 71, 132 Europäische Kommission 72, 82, 83 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) 59, 73, 170, 177, 203 Europäischer Gerichtshof (EuGH) 66–69, 71, 75, 121, 123, 140, 141, 180, 184 Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) 72–74 EuZustVO 136 exemplary damages 6, 99, 113, 121, 263 faute lucrative 77 Fountaine Pajot 3–5, 81, 90, 92, 144, 158, 159, 162, 163, 173, 177, 178, 179, 187–189, 192, 193, 203, 210, 212–214, 218, 219, 225, 226, 236, 239, 245, 247, 252, 257, 265 GEMA 47, 48 Gewinnabschöpfung 46, 64 Gewinnzusagen 61, 62 Grenzkosten 224 Griechenland 185, 233 Großbritannien 121, 230 Grundgesetz 62, 170, 176, 198–200, 202, 203 Grundrechte 35, 175, 176, 181, 182, 198, 202, 203 Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen 90, 125, 229,
336
Sachverzeichnis
257 HBÜ 136, 138, 145, 195, 196 House of Lords 56, 230 HZÜ 136, 138, 145, 146, 195, 197, 198, 200–204 ICSID 21, 112, 117, 133 Immaterialgüterrecht 41, 45 immaterieller Schadensersatz 33, 73 injunction 144 Inlandsbezug 151, 208, 215, 226, 227 Insolvenzverfahren 130, 131 Investitionsstreitigkeiten 33, 133 Iowa 86 Israel 5, 125 Italien 119, 120, 231 Japan 232 Jury 16 Kalifornien 52, 160, 218, 219, 245, 247, 248, 249 Kanada 42, 240, 241 Kartellrecht 58, 66, 67, 70, 76, 82 Kollisionsrecht 2, 109, 111, 112, 129, 143, 150, 167, 168, 191–195, 197, 242, 257 Korea 4, 233 Lauterkeitsrecht 63, 64 Leistungsverzug 51 Lizenzgebühr 47 Louisiana 241 Lugano-Übereinkommen 124 Marken 46 Mexiko 33, 98, 125 Monopolkommission 76, 84 Montrealer Übereinkommen 23 multiple damages 6, 48, 111
Prävention 15, 30, 54, 64 Québec siehe Kanada Rechtshilfe 136, 195 réparation intégrale 19, 47 révision au fond 156, 184, 185, 186, 252, 259 Rom I-Verordnung 101, 103, 110, 139, 191, 195 Rom II-Verordnung 110, 111, 139, 177, 191, 192, 195, 257 Russland 115, 188 Schiedsfähigkeit 116, 147, 148, 149 Schiedsgerichte 109, 112–117, 147 Schiedsinstitution 113 Schiedsklausel 113 Schiedsspruch 59 Schiedsverfahren 33, 59, 113, 116, 117, 135 Schmerzensgeld 33, 54 Schweiz 115, 124, 233 Selbstbehalt 105, 106 Slowenien 2 soft law 22, 25, 72 Spanien 235 Steuern 59, 87 Strafmonopol 148, 163, 168, 169, 196, 198, 247 Strafrecht 31, 37, 59, 88, 89, 143, 144, 148, 156, 163, 170, 225, 226 Supreme Court 16, 227, 238, 239, 262 Texas 162 Totalreparation 19, 20, 44, 83 treble damages 6, 145, 191, 197, 200
Ökonomische Analyse des Rechts 15, 76, 86, 95, 96, 242, 243 Ordnungsgeld 31, 32
Umweltrecht 39 UNIDROIT 25 Unionsrecht 66, 69, 70, 72 UN-Kaufrecht 24, 160, 161 Urhebergesetz 43, 44, 176 USA 4, 12–14, 16, 17, 87, 89, 97, 100, 125, 150, 227, 262
Patente 43, 46 Persönlichkeitsrechte 35, 37, 38 Polen 236
Venezuela 117 Vereinigtes Königreich britannien
ne bis in idem 170
siehe Groß-
Sachverzeichnis Verfassungsrecht 16, 198 Verhaltenssteuerung 15, 30, 41, 49, 94 Versicherbarkeit 90, 91, 93–97 Versicherungsunternehmen 52, 53, 54 Versicherungsverbot 94, 100, 101–103 Vertragsstrafe 27–30 Verzugszinsen 57–59
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Völkerrecht 24, 176, 196, 197, 216 Vorentwurf Catala 77, 78, 84, 85, 92 Wettbewerbsrecht siehe Kartellrecht, Lauterkeitsrecht Zustellung 136, 1