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German Pages 275 [277] Year 2013
Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 290 Herausgegeben vom
Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren:
Jürgen Basedow, Holger Fleischer und Reinhard Zimmermann
Andrea Aubart
Die Behandlung der dépeçage im europäischen Internationalen Privatrecht
Mohr Siebeck
Andrea Aubart, geboren 1985; Studium der Rechtswissenschaft in Trier; WS 2007/08 Studium an der University of East London; 2010–12 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Zivilrecht, insbesondere Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung der Universität Trier; seit November 2012 Rechtsreferendarin am Landgericht Trier.
e-ISBN PDF 978-3-16-152694-7 ISBN 978-3-16-152666-4 ISSN 0720-1141 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb. dnb.de abrufbar. © 2013 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwer tung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elek tronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruck papier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden.
Meinen Eltern
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2012/2013 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Trier als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung konnten bis März 2013 berücksichtigt werden. Mein Dank gilt allen voran meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Jan von Hein, der die Anregung zu diesem Thema gab und mich bei der Fertigstellung meiner Arbeit stets mit wertvollen Ratschlägen unterstützte. Er gab mir die Möglichkeit, die Dissertation während meiner Tätigkeit an seinem Lehrstuhl zu erstellen. Frau Prof. Dr. Dr. h.c. Monika Schlachter gebührt mein Dank für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Darüber hinaus danke ich Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Basedow vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht für die Aufnahme in diese Schriftenreihe sowie Herrn Prof. Dr. Haimo Schack, LL.M. für die Förderung der Veröffentlichung dieser Arbeit durch die Studienstiftung „ius vivum“. Besonders gefreut habe ich mich über die Auszeichnung meiner Arbeit durch den Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Trier als beste rechtswissenschaftliche Dissertation 2013 und den hierfür von der Juristischen Studiengesellschaft Trier e.V. gestifteten Preis; dafür bedanke ich mich herzlich. Frau Dr. Andrea Löher und Frau Anne Marbach danke ich für ihre ausführlichen Korrekturanmerkungen sowie die hilfreichen und motivierenden Gespräche. Für die gute und herzliche Arbeitsatmosphäre gilt mein Dank dem Lehrstuhlteam des Lehrstuhls Prof. Dr. von Hein an der Universität Trier, insbesondere danke ich Frau mgr Agnieszka Okonska, LL.M. für ihre Diskussionsbereitschaft. Meiner Familie und meinen Freunden gebührt Dank dafür, dass sie mir während der Promotionszeit den nötigen Rückhalt gegeben haben. Bei Herrn Thomas Löw bedanke ich mich herzlich für seine fortwährende Unterstützung und sein Verständnis. Mein besonderer Dank gilt meinen Eltern, die mich während meines Studiums und meiner Promotion immer bedingungslos unterstützt haben. Ihnen widme ich diese Arbeit.
Badem, im April 2013
Andrea Aubart
Inhaltsübersicht Vorwort ..................................................................................................... VII Inhaltsverzeichnis ....................................................................................... XI Abkürzungsverzeichnis .......................................................................... XXIII
Einführung ................................................................................................. 1 A. Die Behandlung der dépeçage im europäischen IPR – Gegenstand der Darstellung ..................................................................... 1 B. Gang und Ziel der Arbeit .......................................................................... 1
Kapitel 1: Begriffliche, methodische und historische Grundlagen............................................................................ 5 A. Begriffsbestimmung .................................................................................. 5 B. Methodische und historische Grundlagen der dépeçage .......................... 28 C. Kritik an der dépeçage ............................................................................ 49
Kapitel 2: Die dépeçage bei vertraglichen Schuldverhältnissen ............................................................................... 58 A. Subjektive Anknüpfung............................................................................ 58 B. Objektive Anknüpfung ........................................................................... 112 C. Exkurs: Dépeçage im Verordnungsvorschlag für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht ................................................. 137
Kapitel 3: Die dépeçage bei außervertraglichen Schuldverhältnissen ............................................................................. 141
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Inhaltsübersicht
A. Entstehungsgeschichte und Methodik der Rom II-VO ............................ 142 B. Subjektive Anknüpfung .......................................................................... 149 C. Objektive Anknüpfung ........................................................................... 172
Kapitel 4: Die dépeçage in sonstigen Bereichen des europäischen Kollisionsrechts ..................................................... 185 A. Internationale Unternehmensübernahmen ............................................. 185 B. Internationales Familienrecht ............................................................... 191 C. Internationales Erbrecht ....................................................................... 211
Schlussbetrachtung ............................................................................... 221 A. Wesentliche Ergebnisse ......................................................................... 221 B. Fazit...................................................................................................... 223
Literaturverzeichnis ................................................................................... 225 Sachregister ............................................................................................... 245
Inhaltsverzeichnis Vorwort ..................................................................................................... VI Inhaltsübersicht .......................................................................................... IX Abkürzungsverzeichnis .......................................................................... XXIII
Einführung ................................................................................................. 1 A. Die Behandlung der dépeçage im europäischen IPR – Gegenstand der Darstellung ..................................................................... 1 B. Gang und Ziel der Arbeit .......................................................................... 1
Kapitel 1: Begriffliche, methodische und historische Grundlagen............................................................................ 5 A. Begriffsbestimmung .................................................................................. 5 I. Definition der dépeçage ........................................................................... 5 1. Dépeçage als kollisions- oder materiellrechtliche Teilverweisung? .... 5 a) Abgrenzung materiell- und kollisionsrechtliche Teilverweisung .... 6 b) Ansicht in der Literatur ................................................................. 7 c) Stellungnahme ............................................................................... 7 2. Dépeçage als Abspaltung von Teilfragen oder Vorfragen?................. 8 a) Teilfrage ........................................................................................ 9 b) Vorfrage ...................................................................................... 10 aa) Materiellrechtliche Vorfrage .................................................. 10 bb) Kollisionsrechtliche Vorfrage (Erstfrage) .............................. 10 c) Abgrenzung und deren Auswirkung auf die Definition der dépeçage ............................................................................... 11 3. Definition ........................................................................................ 12 II. Arten der dépeçage ................................................................................ 12 1. Subjektive und objektive dépeçage .................................................. 12 2. Vertragsspaltung ............................................................................. 12 a) Kleine Vertragsspaltung .............................................................. 13
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Inhaltsverzeichnis
aa) Begriff .................................................................................... 13 bb) Entwicklung der kleinen Vertragsspaltung ............................. 13 b) Große Vertragsspaltung ............................................................... 14 aa) Begriff .................................................................................... 14 bb) Entwicklung der großen Vertragsspaltung .............................. 15 c) Zusammenfassung........................................................................ 16 III. Andere Bezeichnungen für die dépeçage ................................................ 16 1. Sachnormbezogene und objektbezogene Spaltung ............................ 16 2. Vertikale und horizontale Spaltung .................................................. 17 a) Vertikale Spaltung ....................................................................... 17 b) Horizontale Spaltung ................................................................... 18 3. Endogene und exogene Spaltung ...................................................... 18 IV. Abgrenzung der dépeçage zu anderen Konstellationen ........................... 19 1. Mehrere Rechtsverhältnisse ............................................................. 19 a) Zusammengesetzte Verträge ........................................................ 19 aa) Begriff .................................................................................... 19 bb) Beispiele für zusammengesetzte Verträge .............................. 20 (1) Schiedsabrede und Gerichtsstandsvereinbarung .................. 20 (2) Vergleich ............................................................................ 20 b) Komplexe Verträge ...................................................................... 21 aa) Begriff .................................................................................... 21 bb) Beispiele für komplexe Verträge ............................................ 21 (1) Anlagenbauverträge ............................................................ 21 (2) Bau- und Montageverpflichtungen in mehreren Staaten ...... 22 (3) Timesharing ........................................................................ 22 c) Mehrere Lebenssachverhalte ........................................................ 22 d) Mehrere außervertragliche Schuldverhältnisse ............................. 22 e) Dreipersonenverhältnisse ............................................................. 23 f) Konnossement .............................................................................. 23 g) Verfügungsgeschäft ..................................................................... 24 2. Rechtsinstrumente des allgemeinen Teils des IPR ............................ 24 a) Eingriffsnormen, Günstigkeitsvergleich und ordre public ............ 24 b) Rechtsspaltung ............................................................................. 25 c) Doppelrechtswahl ........................................................................ 26 d) Doppel- und Mehrfachqualifikation ............................................. 26 e) Statutenwechsel ........................................................................... 26 3. Berücksichtigung als Tatsache ......................................................... 26 4. Kompetenz-dépeçage ....................................................................... 27 V. Zusammenfassung.................................................................................. 27 B. Methodische und historische Grundlagen der dépeçage .......................... 28 I. Europäisches IPR ................................................................................... 28
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1. Methoden in der Geschichte des europäischen IPR .......................... 28 a) Modernes IPR ............................................................................. 28 aa) Fragestellung vom Sachverhalt her......................................... 28 bb) Suche nach dem Sitz des Rechtsverhältnisses ........................ 29 b) Heutiges europäisches IPR .......................................................... 30 aa) Fragestellung vom Sachverhalt her......................................... 30 bb) Fragestellung vom Gesetz her ................................................ 31 cc) Prinzip der engsten Verbindung ............................................. 31 2. Die methodischen Grundlagen der dépeçage ................................... 32 II. Die Handhabung der dépeçage im ehemaligen deutschen IPR ............... 33 1. Entwicklung vor 1986 ..................................................................... 33 a) Vertragliche Schuldverhältnisse ................................................... 34 b) Außervertragliche Schuldverhältnisse .......................................... 35 2. Die IPR-Reform von 1986 ............................................................... 35 3. Die IPR-Reform von 1999 ............................................................... 36 a) Außervertragliche Schuldverhältnisse .......................................... 36 b) Sachenrecht ................................................................................. 36 4. Fazit ................................................................................................ 38 III. Die dépeçage im US-amerikanischen IPR.............................................. 38 1. Methoden in der Geschichte des US-amerikanischen IPR ................ 38 a) Restatement (First) of Conflict of Laws ........................................ 39 b) Conflicts Revolution .................................................................... 39 c) Restatement (Second) of Conflict of Laws .................................... 41 d) Zusammenfassung ....................................................................... 42 2. Die dépeçage im US-amerikanischen Recht .................................... 42 a) Dépeçage unter dem Restatement (First) ..................................... 42 b) Dépeçage nach den Ansätzen der Conflicts Revolution und dem Restatement (Second) .................................................... 44 aa) Vertragliche Schuldverhältnisse ............................................. 45 bb) Außervertragliche Schuldverhältnisse .................................... 45 c) Kritik an der issue-by-issue analysis und neuere Tendenzen ........ 46 aa) Vorteile der dépeçage in den USA ......................................... 46 bb) Kritik an der dépeçage in den USA........................................ 47 d) Fazit ............................................................................................ 48 C. Kritik an der dépeçage ............................................................................ 49 I. Argumente gegen die Zulässigkeit der dépeçage .................................... 49 1. Beeinträchtigung der Einheit der Rechtsordnung ............................. 49 2. Zerstörung des rechtspolitischen Gleichgewichts ............................. 50 3. Unvereinbarkeit mit Zielen des Kollisionsrechts .............................. 51 4. Vergleich mit der Anwendung nichtstaatlichen Rechts .................... 51 5. Ökonomische Analyse des Rechts ................................................... 52
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6. Zusammenfassung ........................................................................... 53 II. Argumente für die Zulässigkeit der dépeçage ......................................... 54 1. Besonderheiten von Auslandssachverhalten ..................................... 54 2. Sachgerechtere Lösungen in Bezug auf Einzelfragen........................ 54 3. Unvergleichbarkeit mit der Anwendung nichtstaatlichen Rechts ...... 55 4. Förderung des rechtspolitischen Gleichgewichts .............................. 55 III. Fazit ....................................................................................................... 56
Kapitel 2: Die dépeçage bei vertraglichen Schuldverhältnissen .... 58 A. Subjektive Anknüpfung ............................................................................ 58 I. Entstehung der gesetzlichen Regelung der Teilrechtswahl ...................... 58 II. Grundsätzliches zur Teilrechtswahl ........................................................ 59 1. Kollisionsrechtliche Teilrechtswahl.................................................. 59 2. Wahl eines Rechts für eine Teilfrage und Wahl mehrerer Rechte ..... 60 a) Rechtswahl lediglich für eine Teilfrage ........................................ 60 b) Wahl mehrerer Rechte ................................................................. 62 3. Modalitäten der Teilrechtswahl ........................................................ 62 a) Nachträgliche Teilrechtswahl ....................................................... 62 b) Stillschweigende Teilrechtswahl .................................................. 62 4. Sachnormverweisung ....................................................................... 63 III. Die subjektive dépeçage in Art. 3 I 3 Rom I-VO .................................... 64 1. Voraussetzungen für eine Teilrechtswahl ......................................... 64 a) Erforderlichkeit der Voraussetzung der Abspaltbarkeit ................. 65 aa) Wortlaut ................................................................................. 65 bb) Argument aus der Einheit des Vertrags .................................. 66 cc) Argument aus dem Parteiwillen .............................................. 66 dd) Stellungnahme ....................................................................... 66 b) Anforderungen an die Abspaltbarkeit ........................................... 67 aa) Innere und äußere Glieder eines Rechtsinstituts ...................... 67 bb) Autonomer und abtrennbarer Vertragsteil............................... 68 (1) Widersprüchliche Ergebnisse .............................................. 69 (2) Unüberwindbare Widersprüche ........................................... 69 (3) Stellungnahme .................................................................... 70 c) Verbot der Umgehung zwingender Normen ................................. 71 aa) Intern zwingende Normen ...................................................... 71 bb) International zwingende Normen (Eingriffsnormen) ............... 72 (1) Rechtslage unter Geltung des EVÜ/EGBGB a.F. ................ 72 (2) Rechtslage unter Geltung der Rom I-VO ............................. 73 (3) Lösungsvorschlag ............................................................... 74 cc) Fazit ....................................................................................... 75
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d) Zusammenfassung ....................................................................... 75 2. Teilfragen, die Gegenstand einer Teilrechtswahl sein können .......... 75 3. Folgen der Teilrechtswahl für die Form ........................................... 76 4. Folgen bei Ungültigkeit der Teilrechtswahl ..................................... 78 a) Unauflösbare Widersprüche bei Rechtswahl nur für einen Teil des Vertrags ......................................................................... 78 b) Unauflösbare Widersprüche bei mehrfacher Teilrechtswahl ........ 79 aa) Maßgeblichkeit der Rechtswahl für den Rest des Vertrags ..... 79 bb) Objektive Anknüpfung .......................................................... 79 cc) Stellungnahme ....................................................................... 79 (1) Kleinere Teilfrage und Rest des Vertrags............................ 80 (2) Mehrere gleichwertige Vertragsteile ................................... 80 c) Folgen bei Umgehung ausländischer Eingriffsnormen ................. 82 5. Fallgruppen der subjektiven dépeçage ............................................. 82 a) Konsens beim Vertragsschluss ..................................................... 82 aa) Gegen eine Zulässigkeit der Teilrechtswahl ........................... 82 bb) Für eine Zulässigkeit der Teilrechtswahl ................................ 83 cc) Stellungnahme ....................................................................... 83 b) Form des Vertrags ....................................................................... 84 aa) Abwahl einer Anknüpfungsalternative ................................... 84 (1) Ausdrückliche Abwahl einer Alternative ............................ 85 (2) Konkludente Abwahl einer Alternative ............................... 85 bb) Direkte Wahl des Formstatuts ................................................ 86 (1) Gegen die Zulässigkeit der direkten Teilrechtswahl ............ 87 (2) Für die Zulässigkeit der direkten Teilrechtswahl................. 88 (3) Stellungnahme.................................................................... 89 c) Kleine Vertragsspaltung .............................................................. 90 aa) Gegen eine Zulässigkeit der Teilrechtswahl ........................... 90 bb) Für eine Zulässigkeit der Teilrechtswahl ................................ 91 cc) Stellungnahme ....................................................................... 91 d) Große Vertragsspaltung ............................................................... 92 e) Elemente des Art. 12 I Rom I-VO................................................ 93 aa) Auslegung, lit. a ..................................................................... 93 bb) Teilfragen die Leistungspflicht einer Partei betreffend, lit. b ...................................................................... 94 cc) Folgen von Leistungsstörungen, lit. c ..................................... 94 (1) Gegen die Zulässigkeit ....................................................... 94 (2) Für die Zulässigkeit ............................................................ 95 (3) Stellungnahme.................................................................... 95 dd) Arten des Erlöschens der Verpflichtungen, insbesondere Verjährung, lit. d .................................................................... 96 ee) Folgen der Nichtigkeit, lit. e ................................................... 96 f) Bestimmte schuldrechtliche Fragen .............................................. 96
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g) Zahlungsgeschäft ......................................................................... 97 h) Vertragliche Sorgfaltsstandards.................................................... 97 i) Verschiedene Vertragsklauseln ..................................................... 98 aa) Indexklausel ........................................................................... 98 bb) Zinsklausel............................................................................. 98 cc) Weitere Vertragsklauseln ........................................................ 98 j) Fazit ............................................................................................. 99 IV. Teilrechtswahl bei besonderen Vertragstypen der Rom I-VO ................. 99 1. Individualarbeitsverträge, Art. 8 Rom I-VO ..................................... 99 a) Zulässigkeit der Teilrechtswahl bei Art. 8 Rom I-VO ................... 99 aa) Gegen die Zulässigkeit der Teilrechtswahl .............................. 99 bb) Für die Zulässigkeit der Teilrechtswahl ................................ 100 cc) Stellungnahme ...................................................................... 101 b) Voraussetzungen der Teilrechtswahl i.R.d. Art. 8 Rom I-VO ..... 102 c) Folgen unzulässiger Abspaltung ................................................. 103 d) Fallgruppen................................................................................ 103 aa) Kündigung eines Arbeitsverhältnisses .................................. 103 (1) Entscheidung des BAG vom 20. November 1997 .............. 103 (2) Entscheidung des BAG vom 24. April 1998 ...................... 104 (3) Entscheidung der Pariser Cour d’Appel ............................. 104 bb) Betriebliche Altersversorgung .............................................. 105 cc) Wettbewerbsabreden ............................................................ 106 dd) Bonuszahlungen ................................................................... 106 ee) Lohnfortzahlungsanspruch.................................................... 107 ff) Form ..................................................................................... 108 e) Fazit ........................................................................................... 108 2. Verbraucherverträge, Art. 6 Rom I-VO .......................................... 108 a) Zulässigkeit der Teilrechtswahl .................................................. 108 b) Grenzen der Teilrechtswahl ....................................................... 109 3. Versicherungsverträge, Art. 7 Rom I-VO ....................................... 109 a) Rückversicherungsverträge, Art. 7 I 2 Rom I-VO ....................... 110 b) Großrisiken, Art. 7 II Rom I-VO ................................................ 110 c) Massenrisiken, Art. 7 III Rom I-VO ........................................... 110 4. Beförderungsverträge, Art. 5 Rom I-VO ........................................ 111 V. Zusammenfassung................................................................................ 112 B. Objektive Anknüpfung ........................................................................... 112 I. Die Regelung des Art. 28 I 2 EGBGB a.F. ........................................... 112 1. Entstehungsgeschichte ................................................................... 112 2. Voraussetzungen für eine objektive dépeçage ................................ 113 a) Strengere Voraussetzungen als bei Art. 27 I 3 EGBGB a.F......... 113 b) Erfordernis der Abspaltbarkeit eines Vertragsteils ...................... 114
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aa) Erforderlichkeit eines Kriteriums der Abspaltbarkeit ............ 114 bb) Anforderungen an die Abspaltbarkeit .................................. 115 c) Umgehung von Eingriffsnormen................................................ 116 d) Zusammenfassung ..................................................................... 116 3. Reichweite des Art. 28 I 2 EGBGB a.F.......................................... 116 4. Ermessen ....................................................................................... 116 5. Fallgruppen der objektiven dépeçage ............................................. 117 a) Konsens beim Vertragsschluss ................................................... 117 b) Große Vertragsspaltung ............................................................. 118 c) Kleine Vertragsspaltung ............................................................ 119 d) Elemente des Art. 32 I EGBGB a.F. .......................................... 119 e) Zinsklausel ................................................................................ 120 f) Besondere Arten von Verträgen ................................................. 120 aa) Zusammenarbeitsverträge .................................................... 120 bb) Charterverträge .................................................................... 121 cc) Seefrachtverträge ................................................................. 122 dd) Tauschverträge .................................................................... 123 g) Fazit .......................................................................................... 123 6. Objektive dépeçage bei Verträgen mit schwächeren Parteien ......... 124 a) Verbraucherverträge, Art. 29 EGBGB a.F. ................................ 124 b) Individualarbeitsverträge, Art. 30 EGBGB a.F. ......................... 124 7. Fazit .............................................................................................. 125 II. Objektive dépeçage in Art. 4 Rom I-VO .............................................. 125 1. Zulässigkeit der objektiven dépeçage in der Rom I-VO ................. 125 a) Haltung der Rom I-VO zur objektiven dépeçage ....................... 125 aa) Nichtfortführung des Art. 4 I 2 EVÜ .................................... 125 bb) Argument aus der Struktur der Verordnung ......................... 128 cc) Argument aus der Zielsetzung der Verordnung .................... 128 dd) Keine Notwendigkeit der objektiven dépeçage .................... 129 ee) Art. 4 II Var. 2 Rom I-VO und Erwägungsgrund 19 Satz 3 ................................................... 129 ff) Wertung des Art. 7 V Rom I-VO .......................................... 130 gg) Fazit .................................................................................... 131 b) Objektive dépeçage über Art. 4 III Rom I-VO ........................... 131 c) Objektive dépeçage über Art. 4 IV Rom I-VO ........................... 132 d) Fazit .......................................................................................... 133 2. Ausnahmen zum Grundsatz des Verbots der objektiven dépeçage in der Rom I-VO ............................................................ 133 a) Versicherungsverträge, Art. 7 Rom I-VO................................... 133 b) Drittwirkung der Forderungsabtretung in Art. 14 Rom I-VO ..... 135 III. Fazit .................................................................................................... 137
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C. Exkurs: Dépeçage im Verordnungsvorschlag für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht .................................................. 137 I. Subjektive dépeçage ............................................................................ 137 1. Keine dépeçage in Art. 8 Nr. 3 GEK und Erwägungsgrund 24 ....... 138 2. Wahl des GEK als kollisionsrechtliche oder materiellrechtliche Rechtswahl? ..................................................... 138 3. Fazit ............................................................................................... 140 II. Stellungnahme ..................................................................................... 140
Kapitel 3: Die dépeçage bei außervertraglichen Schuldverhältnissen .............................................................................. 141 A. Entstehungsgeschichte und Methodik der Rom II-VO ............................ 142 I. Verordnungsgebungsprozess im Hinblick auf die dépeçage ................. 142 1. Verordnungsvorschlag der Kommission von 2003 ......................... 142 2. Standpunkt des Parlaments ............................................................. 143 a) Issue-by-issue-Analyse in der allgemeinen Kollisionsnorm......... 143 aa) Vorschlag des Parlaments nach US-amerikanischem Vorbild ................................................................................. 143 bb) Kritik aus der Literatur ......................................................... 144 b) Objektive dépeçage bei Verkehrsunfällen .................................. 144 aa) Vorschlag des Parlaments ..................................................... 144 bb) Kritik aus der Literatur ......................................................... 146 3. Geänderter Vorschlag der Kommission von 2006........................... 147 4. Stellungnahme des Parlaments von 2007 ........................................ 147 II. Endgültige Fassung der Rom II-VO ..................................................... 148 B. Subjektive Anknüpfung .......................................................................... 149 I. Art. 14 Rom II-VO ............................................................................... 149 1. Zulässigkeit der subjektiven dépeçage ........................................... 150 a) Gegen die Zulässigkeit der Teilrechtswahl ................................. 150 b) Für die Zulässigkeit der Teilrechtswahl ...................................... 151 c) Stellungnahme ........................................................................... 152 2. Voraussetzungen für eine Teilrechtswahl ....................................... 153 a) Voraussetzung der Abspaltbarkeit .............................................. 153 b) Erforderlichkeit des Verbots der Umgehung zwingender Bestimmungen........................................................................... 154 aa) Intern zwingende Bestimmungen .......................................... 154 bb) International zwingende Bestimmungen ............................... 154 (1) Für eine Sperrwirkung des Art. 16 Rom II-VO.................. 155
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(2) Gegen eine Sperrwirkung des Art. 16 Rom II-VO ............ 155 (3) Stellungnahme.................................................................. 156 c) Fazit .......................................................................................... 156 3. Grundsätzliches zur Teilrechtswahl in der Rom II-VO................... 157 3.Teilfragen, die Gegenstand einer Teilrechtswahl sein können ......... 157 4. Folgen der kollisionsrechtlichen Teilrechtswahl für die Form ........ 158 5. Folgen bei Ungültigkeit der Teilrechtswahl ................................... 158 a) Rechtswahl nur für einen Teil des Schuldverhältnisses .............. 158 b) Mehrfache Teilrechtswahl ......................................................... 159 6. Fallgruppen ................................................................................... 160 a) Elemente des Art. 15 Rom II-VO............................................... 160 aa) Art. 15 lit. a Rom II-VO ....................................................... 160 (1) Haftungsvoraussetzungen und Haftungsfolgen ................. 160 (2) Deliktsfähigkeit ................................................................ 161 bb) Art. 15 lit. c Rom II-VO ...................................................... 162 (1) Bemessung des Schadens ................................................. 162 (2) Art des Schadens .............................................................. 162 cc) Weitere Bestimmungen ........................................................ 163 b) Form, Art. 21 Rom II-VO.......................................................... 163 aa) Abwahl der Ortsform ........................................................... 164 bb) Direkte Teilrechtswahl ........................................................ 164 II. Teilrechtswahl bei besonderen außervertraglichen Schuldverhältnissen ............................................................................. 165 1. Besondere unerlaubte Handlungen................................................. 165 a) Produkthaftung, Art. 5 Rom II-VO ............................................ 165 b) Umweltschädigung, Art. 7 Rom II-VO ...................................... 165 aa) Zulässigkeit der Teilrechtswahl ............................................ 165 bb) Optionsrecht des Geschädigten ............................................ 165 (1) Für eine teilweise Ausübung des Optionsrechts ................ 165 (2) Gegen eine teilweise Ausübung des Optionsrechts ........... 166 (3) Stellungnahme.................................................................. 166 c) Arbeitskampfmaßnahmen, Art. 9 Rom II-VO ............................ 167 d) Unlauterer Wettbewerb, Art. 6 Rom II-VO ................................ 167 aa) Ausschluss der Rechtswahl .................................................. 167 bb) Wahl der lex fori nach Art. 6 III lit. b Rom II-VO ................ 169 e) Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums, Art. 8 Rom II-VO...................................................................... 170 2. Außervertragliche Schuldverhältnisse des Kapitels III ................... 171 a) Ungerechtfertigte Bereicherung, Art. 10 Rom II-VO ................. 171 b) Geschäftsführung ohne Auftrag, Art. 11 Rom II-VO ................. 171 c) Verschulden bei Vertragsverhandlungen, Art. 12 Rom II-VO .... 172 III. Fazit .................................................................................................... 172
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C. Objektive Anknüpfung ........................................................................... 172 I. Zulässigkeit der objektiven dépeçage in der Rom II-VO ...................... 172 1. Keine objektive dépeçage in Art. 4 I und II Rom II-VO ................. 172 2. Ausweichklausel des Art. 4 III 1 Rom II-VO.................................. 173 a) Für die Zulässigkeit der objektiven dépeçage ............................. 173 b) Gegen die Zulässigkeit der objektiven dépeçage ........................ 174 c) Stellungnahme ........................................................................... 175 3. Objektive dépeçage über akzessorische Anknüpfung ..................... 176 a) Keine dépeçage als Folge der akzessorischen Anknüpfung bei einer unerlaubten Handlung ................................................. 176 b) Dépeçage als Folge der akzessorischen Anknüpfung mehrerer Ansprüche aus unerlaubter Handlung .......................... 178 aa) Möglichkeit der dépeçage ..................................................... 178 bb) Ausnahme von der einheitlichen Anknüpfung der unerlaubten Handlung ........................................................... 178 cc) Beispielsfälle ........................................................................ 179 (1) Keine engere Verbindung zu verschiedenen Vertragsteilen ................................................................... 179 (2) Engere Verbindung zu verschiedenen Vertragsteilen ......... 179 dd) Zusammenfassung................................................................ 180 4. Objektive dépeçage über Erwägungsgrund 33 Rom II-VO ............. 180 a) Für eine dépeçage durch Erwägungsgrund 33 Rom II-VO.......... 180 b) Gegen eine dépeçage durch Erwägungsgrund 33 Rom II-VO ..... 181 c) Stellungnahme ........................................................................... 182 5. Fazit ............................................................................................... 182 II. Objektive dépeçage bei besonderen außervertraglichen Schuldverhältnissen ............................................................................. 182 1. Produkthaftung, Art. 5 Rom II-VO ................................................. 182 2. Unlauterer Wettbewerb, Art. 6 Rom II-VO .................................... 183 3. Umweltschädigung, Art. 7 Rom II-VO ........................................... 183 4. Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums, Art. 8 Rom II-VO ........................................................................... 183 5. Arbeitskampfmaßnahmen, Art. 9 Rom II-VO................................. 183 6. Außervertragliche Schuldverhältnisse des Kapitels III Rom II-VO .................................................................. 184 III. Fazit ..................................................................................................... 184
Kapitel 4: Die dépeçage in sonstigen Bereichen des europäischen Kollisionsrechts ..................................................... 185 A. Internationale Unternehmensübernahmen ............................................. 185
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I. Internationale Unternehmensübernahmen zwischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht .................................................. 185 II. Subjektive Anknüpfung ....................................................................... 186 III. Objektive Anknüpfung ........................................................................ 187 1. Sitz der Zielgesellschaft ist mit Handelsort identisch ..................... 187 2. Sitz der Zielgesellschaft ist nicht mit Handelsort identisch............. 188 a) Anwendbarkeit des Rechts des Sitzstaats ................................... 188 b) Spaltung des anwendbaren Rechts ............................................. 189 c) Lösung der Übernahmerichtlinie ................................................ 189 3. Fazit .............................................................................................. 189 B. Internationales Familienrecht ............................................................... 191 I. Rom III-VO ......................................................................................... 191 1. Subjektive Anknüpfung ................................................................. 191 a) Rechtslage vor Inkrafttreten der Rom III-VO ............................. 191 b) Die Regelung in der Rom III-VO .............................................. 192 c) Getrennte Rechtswahl für Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes? ........................................................ 193 aa) Für eine einheitliche Rechtswahl .......................................... 193 (1) Wortlaut des Art. 5 und des Erwägungsgrundes 16 Rom III-VO ................................................................ 193 (2) Einheitlicher Vorgang ...................................................... 195 bb) Für eine separate Rechtswahl ............................................... 195 (1) Wortlaut der anderen Bestimmungen ................................ 195 (2) Gesonderte Rechtsfragen .................................................. 196 cc) Stellungnahme ..................................................................... 196 d) Zusammenfassung ..................................................................... 197 2. Objektive Anknüpfung .................................................................. 197 II. Vorschlag für eine Verordnung über das Internationale Ehegüterrecht ...................................................................................... 198 1. Subjektive Anknüpfung ................................................................. 199 a) Aktuelle Rechtslage ................................................................... 199 aa) Deutsches IPR...................................................................... 199 bb) IPR der Mitgliedstaaten ....................................................... 200 b) Grünbuch zum Internationalen Ehegüterrecht ............................ 200 c) Verordnungsvorschlag zum internationalen Ehegüterrecht ......... 201 2. Objektive Anknüpfung .................................................................. 202 a) Aktuelle Rechtslage ................................................................... 202 aa) Deutsches IPR...................................................................... 202 bb) IPR der Mitgliedstaaten ....................................................... 203 b) Grünbuch zum Internationalen Ehegüterrecht ............................ 203 c) Verordnungsvorschlag zum Internationalen Ehegüterrecht ........ 204
XXII
Inhaltsverzeichnis
3. Fazit ............................................................................................... 204 III. Vorschlag für eine Verordnung über das Internationale Güterrecht bei eingetragenen Lebenspartnerschaften ............................ 205 1. Subjektive Anknüpfung ................................................................. 205 a) Aktuelle Rechtslage ................................................................... 205 b) Verordnungsvorschlag ............................................................... 206 2. Objektive Anknüpfung ................................................................... 206 a) Aktuelle Rechtslage ................................................................... 206 b) Verordnungsvorschlag ............................................................... 207 3. Fazit ............................................................................................... 208 IV. EU-Unterhaltsverordnung .................................................................... 208 1. Subjektive Anknüpfung ................................................................. 209 2. Objektive Anknüpfung ................................................................... 210 3. Fazit ............................................................................................... 210 C. Internationales Erbrecht ....................................................................... 211 I. Subjektive Anknüpfung........................................................................ 211 1. Aktuelle Rechtslage ....................................................................... 211 2. Grünbuch zum Internationalen Erbrecht ......................................... 213 3. Kommissionsvorschlag einer ErbVO ............................................. 213 4. Parlamentsentwurf ......................................................................... 214 5. Endgültiger Verordnungstext ......................................................... 214 II. Objektive Anknüpfung ......................................................................... 215 1. Aktuelle Rechtslage ....................................................................... 215 2. Grünbuch zum Internationalen Erbrecht ......................................... 216 3. Kommissionsvorschlag einer ErbVO ............................................. 217 4. Parlamentsentwurf ......................................................................... 219 5. Endgültiger Verordnungstext ......................................................... 219 III. Fazit ..................................................................................................... 220
Schlussbetrachtung ............................................................................... 221 A. Wesentliche Ergebnisse ......................................................................... 221 B. Fazit...................................................................................................... 223
Literaturverzeichnis ................................................................................... 225 Sachregister ............................................................................................... 245
Abkürzungsverzeichnis a.A. ABl. Abs. AcP a.F. AG AGB Alt. Am. J. Comp. L. Anm. AnwKomm AnwKommArbR AP ArbRB Art./Artt. Aufl. AWD BAG BAGE BB Bd. BeckOK BeckOKArbR Begr. Beil. BG BGB BGBl. BGE BGH BGHZ Brit. Yb. Int. L. BS BT-Drucks. BT-PlPr BWNotZ Cah. dr. europ. Case W. Res. L. Rev. c.i.c.
andere Ansicht Amtsblatt (der Europäischen Gemeinschaften bzw. – ab 2003 – Union) Absatz Archiv für die civilistische Praxis alte Fassung Amtsgericht; Aktiengesellschaft Allgemeine Geschäftsbedingungen Alternative(n) The American Journal of Comparative Law Anmerkung Anwaltkommentar BGB Anwaltkommentar Arbeitsrecht Arbeitsrechtliche Praxis Arbeits-Rechts-Berater Artikel Auflage Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Betriebs-Berater Band Beck’scher Online-Kommentar BGB Beck’scher Online-Kommentar Arbeitsrecht Begründer Beilage (Schweizerisches) Bundesgericht Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen British Yearbook of International Law Belgisches Staatblatt Drucksache des Deutschen Bundestages Plenarprotokoll des Deutschen Bundestages Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg Cahiers de droit européen Case Western Reserve Law Review culpa in contrahendo
XXIV CISG
Clunet CMLR CMR Colum. L. Rev. Cornell Int’l. L. J. DB Der Konzern ders. Die AG dies. D.I.P. DNotZ DZWiR ECFR ed./éd. eds./éds. EG EGBGB EGVVG EheGüterVOE
Einl. ELR ErbVOE
ErfKomm Erg. Erwgr. EU EuGH EuLF Europ. L. J. Europ. Rev. Pr. L. EuUnthVO
EuZ EuZW
Abkürzungsverzeichnis (United Nations) Convention on Contracts for the International Sale of Goods (Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf) Journal du droit international Common Market Law Review Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr Columbia Law Review Cornell International Law Journal Der Betrieb Zeitschrift für Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, Bilanzrecht und Rechnungslegung der verbundenen Unternehmen derselbe Die Aktiengesellschaft dieselbe(n) droit international privé, derecho internacional privado Deutsche Notar-Zeitschrift Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht European Company and Financial Law Review edition, édition, edición; editor, éditeur, editore editors, éditeurs Europäische Gemeinschaft(en) Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Einführungsgesetz zu dem Gesetz über den Versicherungsvertrag Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen im Bereich des Ehegüterrechts vom 16.3.2011 Einleitung European Law Reporter Vorschlag für eine Verordnung über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen und öffentlichen Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses vom 14.10.2009 Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht Ergebnis Erwägungsgrund Europäische Union Gerichtshof der Europäischen Union The European Legal Forum European Law Journal European Review of Private Law (Europäische) Verordnung Nr. 4/2009 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen Zeitschrift für Europarecht (Schweiz) Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
Abkürzungsverzeichnis EVÜ EWCA Civ. EWG EWHC (QB) EWS f., ff. FamRZ Fn. FPR FS FuR GEK gem. GPR GRUR Int. Harvard L. Rev. Hastings L. J. Hdb.EuArbR HGB h.L. h.M. Hrsg. ICLQ IEHC IHR Ind. L. J. Ind. L. Rev. Int. FamR IPG IPR IPRax IPRG IPRspr. i.R.d. JBl J.B.L. JPIL jurisPK JuS JW JZ Kap. krit. LAG LG lit.
XXV
(Europäisches) Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht Court of Appeal (Civil Division) Europäische Wirtschaftsgemeinschaft High Court (Queen’s Bench Division) Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht folgend(e) Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Fußnote Familie, Partnerschaft, Recht Festschrift Familie und Recht Gemeinsames Europäisches Kaufrecht gemäß Zeitschrift für Gemeinschaftsprivatrecht Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Internationaler Teil Harvard Law Review Hastings Law Journal Handbuch des Europäischen Arbeits- und Sozialrechts Handelsgesetzbuch herrschende Lehre herrschende Meinung Herausgeber International and Comparative Law Quarterly Irish High Court Judgments (Online) Internationales Handelsrecht Indiana Law Journal Indiana Law Review Internationales Familienrecht Gutachten zum internationalen und ausländischen Privatrecht Internationales Privatrecht Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts Gesetz über das Internationale Privatrecht (Schweiz/Österreich) Die deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiete des Internationalen Privatrechts im Rahmen der/des Juristische Blätter Journal of Business Law Journal of Private International Law juris Praxiskommentar Juristische Schulung Juristische Woche Juristenzeitung Kapitel kritisch Landesarbeitsgericht Landgericht litera
XXVI LMK L.Q.R. Maastricht J. Eur. & Comp. L. Mich. L. Rev. MittBayNot MMR m.w.N. n. Ned. T. Int. R. NIPR NJ NJOZ NJW NJW-RR NLCC No./no. NomosHkArbR notar n.rkr. NZA NZG ÖJZ OLG OLGR Oregon L. Rev. Pas. lux. PE P.I.L. PLI/Comm. ProdHaftÜbk RabelsZ RdA RDIPP Rec. des Cours Rev. crit. Rev. trim. dr. comm. Rev. trim. dr. europ. RG RGBl. RGZ Riv. dir. int. RIW Rn. Rs. S.
Abkürzungsverzeichnis kommentierte BGH-Rechtsprechung Law Quarterly Review Maastricht Journal of European and Comparative Law Michigan Law Review Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins, der Notarkasse und der Landesnotarkammer Bayern MultiMedia und Recht mit weiteren Nachweisen note Nederlands Tijdschrift voor Internationaal Recht Nederlands Internationaal Privaatrecht Nederlandse Jurisprudentie Neue Juristische Online-Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift NJW-Rechtsprechungs-Report Le nuove leggi civili commentate Number, numéro Nomos Handkommentar Arbeitsrecht Monatsschrift für die gesamte notarielle Praxis nicht rechtskräftig Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Österreichische Juristen-Zeitung Oberlandesgericht OLG-Report Oregon Law Review Pasicrisie luxembourgeoise Parlamentsentwurf Private International Law Practising Law Institute, Commercial Law and Practice Course Handbook Series Haager Produkthaftungsübereinkommen Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Recht der Arbeit Rivista di diritto internazionale privato e processuale Recueil des Cours (Académie de Droit international) Revue critique de droit international privé Revue trimestrielle de droit commercial et de droit économique Revue trimestrielle de droit européen Reichsgericht Reichsgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Rivista di diritto internazionale Recht der Internationalen Wirtschaft Randnummer Rechtssache Seite, Satz
Abkürzungsverzeichnis S. Cal. L. Rev. Schw. Jb. Int. R. Slg. SpKArbR StVUnfallÜbk SZIER SZW TranspR Tulane L. Rev. Uabs. U. Chi. L. Rev. ÜRL
v. VersR VO VOE Vorbem. Willamette J. Int’l. L. & Disp. Res. WM WpÜG Yale L. J. Yb. Europ. L. YbPIL ZEuP ZEuS ZfA ZfRV ZGS zit. ZLW ZPO ZSR ZVglRWiss ZVR
XXVII
Southern California Law Review Schweizerisches Jahrbuch für internationales Recht Sammlung der Rechtsprechung des (Europäischen) Gerichtshofes Schwerpunktkommentar Arbeitsrecht Haager Straßenverkehrsunfallübereinkommen Schweizerische Zeitschrift für internationales und europäisches Recht Schweizerische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Transportrecht Tulane Law Review Unterabsatz University of Chicago Law Review Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 betreffend Übernahmeangebote (Übernahmerichtlinie) versus Versicherungsrecht Verordnung Verordnungsentwurf Vorbemerkung Willamette Journal of International Law and Dispute Resolution Wertpapier-Mitteilungen Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz vom 20. Dezember 2001 Yale Law Journal Yearbook of European Law Yearbook of Private International Law Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Europarechtliche Studien Zeitschrift für Arbeitsrecht Zeitschrift für Rechtsvergleichung, IPR und Europarecht Zeitschrift für das gesamte Schuldrecht zitiert Zeitschrift für Luft- und Weltraumrecht Zivilprozessordnung Zeitschrift für Schweizerisches Recht Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft Zeitschrift für Verkehrsrecht (Österreich)
Einführung A. Die Behandlung der dépeçage im europäischen IPR – Gegenstand der Darstellung Das internationale Privatrecht bestimmt, welches Recht auf ein Rechtsverhältnis angewandt wird. Grundsätzlich gilt dieses durch die Kollisionsnormen zur Anwendung berufene Recht für das gesamte Rechtsverhältnis. Die so bestimmte Rechtsordnung kommt dabei als Ganzes zur Anwendung. Diese Anknüpfungsmethode entspricht der europäischen Rechtstradition und ist sowohl im IPR der Mitgliedstaaten als auch der EU ein anerkanntes Prinzip. Es kann jedoch Situationen geben, in denen dieser Grundsatz durchbrochen wird und ein Rechtsverhältnis verschiedenen Rechtsordnungen unterliegt (sog. dépeçage). Dies kann auf unterschiedliche Weise geschehen: Zunächst ist eine solche Aufspaltung durch Rechtswahl der Parteien denkbar, außerdem kann sie im Ermessen des Gerichts stehen oder sogar gesetzlich angeordnet sein. Die dépeçage ist in verschiedenen Bereichen des Kollisionsrechts vorstellbar: Sie kommt sowohl im IPR der vertraglichen als auch der außervertraglichen Schuldverhältnisse in Betracht. Auch im Familienkollisionsrecht kann theoretisch eine derartige Aufspaltung stattfinden. Jedoch wird der dépeçage häufig mit großer Skepsis begegnet. In der Rechtsprechung ist eine sehr restriktive Haltung ihr gegenüber festzustellen. Dies gilt es im Lichte der neueren EU-Verordnungen zu bewerten.
B. Gang und Ziel der Arbeit B. Gang und Ziel der Arbeit
Die Untersuchung beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der Handhabung der dépeçage in der Rom I-VO1 und der Rom II-VO2. Darüber hinaus wird 1
Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), ABl. 2008 Nr. L 177/6. 2 Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“), ABl. 2007 Nr. L 199/40.
2
Einführung
auf die neueren und geplanten EU-Verordnungen auf dem Gebiet des IPR und die Übernahmerichtlinie (ÜRL) 3, die internationale Unternehmensübernahmen betrifft, eingegangen. Obwohl der Begriff der dépeçage häufig verwendet wird, wenn es um eine irgendwie geartete Aufspaltung von Rechtsverhältnissen geht, wird meist nicht deutlich, was darunter überhaupt zu verstehen ist. Eine einheitliche Definition der dépeçage fehlt, sodass eine eingehende Begriffsbestimmung erforderlich ist (Kap. 1 A). In diesem Zusammenhang trägt eine Abgrenzung der dépeçage von anderen Konstellationen der Aufspaltung zum Begriffsverständnis bei (Kap. 1 A IV). Zur Erläuterung der Methodik der dépeçage ist eine Darstellung der Grundlagen des europäischen IPR erforderlich (Kap. 1 B I und II). Im Hinblick darauf empfiehlt sich auch ein Blick in das US-amerikanische Recht (Kap. 1 B III), wo die Spaltung des anwendbaren Rechts eine sehr viel liberalere Behandlung erfährt. Vor dem Hintergrund des Gegensatzes dieser beiden Rechtstraditionen lassen sich die gegen die dépeçage angeführten Vorbehalte sowie auch die Argumente für ihre Zulässigkeit (Kap. 1 C) besser verstehen. Die Zulässigkeit der dépeçage wie auch ihre Voraussetzungen sind heftig umstritten. In der deutschen Rechtsprechung taucht das Problem der dépeçage in verhältnismäßig wenigen Entscheidungen auf, sodass hieraus auch keine Leitprinzipien entnommen werden können; sie widersprechen sich zum Teil sogar.4 In den Mitgliedstaaten der EU ist zwar eine eher ablehnende Haltung zur dépeçage erkennbar, jedoch gibt es vereinzelt Entscheidungen, die eine solche zulassen. Lediglich in Art. 3 I 3 Rom I-VO findet sich eine ausdrückliche Regelung hierzu. Diese Möglichkeit der Teilrechtswahl in der Rom I-VO wird vor allem im Hinblick auf ihre Voraussetzungen einer eingehenden Betrachtung unterzogen (Kap. 2 A III 1), wobei auch auf die Vorgängernorm des Art. 27 I 3 EGBGB a.F. zurückgegriffen werden kann (Kap. 2 A I). Anschließend wird die Haltung der Rom I-VO zur objektiven dépeçage, die in der Verordnung keine Erwähnung findet, untersucht (Kap. 2 B). Sodann ist auf die dépeçage in der Rom II-VO, die hierzu sowohl in subjektiver als auch in objektiver Hinsicht schweigt, einzugehen (Kap. 3). Für die Beurteilung der Frage der Zulässigkeit der dépeçage in der Rom II-VO ist ein Blick in die Entste3
Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. 2004 Nr. L 142/12. 4 Bspw. OLG Hamm 13.11.1995, NJW-RR 1996, 1145 und LG Aurich 11.7.1973, AWD 1974, 282: Trennung zwischen formellem Zustandekommen und materieller Wirksamkeit eines Vertrags möglich; anders jedoch BGH 4.11.2004, DNotZ 2005, 306, 308 (obiter), der die gespaltene Rechtswahl für die Form eines Vertrags einerseits und dessen Inhalt und Durchführung andererseits für „der natürlichen Betrachtungsweise widersprechend“ hält.
B. Gang und Ziel der Arbeit
3
hungsgeschichte der Verordnung (Kap. 3 A) hilfreich. Ein Fall der ausdrücklich angeordneten dépeçage ist in der ÜRL zu finden (Kap. 4 A). Es drängt sich weiterhin die Frage auf, ob im Anwendungsbereich der neueren familien- und erbrechtlichen Verordnungen und Verordnungsvorschläge der EU eine dépeçage möglich ist: Die Rom IIIVO5, der EheGüterVOE6 sowie der GüterVOE für eingetragene Lebenspartnerschaften7, die EuUnthVO8 und die ErbVO 9 werden im Hinblick darauf einer näheren Betrachtung unterzogen (Kap. 4 B und C). Aus praktischer Sicht soll die Arbeit dazu beitragen, die bei der Anwendung der dépeçage oft noch vorhandenen Unsicherheiten zu verringern. Daher ist es auch Ziel dieser Darstellung, Fallgruppen herauszuarbeiten, in denen eine dépeçage möglich oder gar wünschenswert ist. Es soll aber auch aufgezeigt werden, in welchen Fällen Zurückhaltung geboten ist, um die Kriterien für eine solche Aufspaltung, die in den Rechtsakten nicht bzw. nicht hinreichend festgelegt sind, zu konkretisieren.
5
Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 des Rates vom 20. Dezember 2010 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts, ABl. 2010 Nr. L 343/10. 6 Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen im Bereich des Ehegüterrechts vom 16.3.2011, KOM(2011) 126 endg. 7 Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen im Bereich des Güterrechts eingetragener Partnerschaften, KOM(2011) 127 endg. 8 Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18.12.2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen, ABl. 2009 Nr. L 7/1. 9 Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses.
Kapitel 1
Begriffliche, methodische und historische Grundlagen A. Begriffsbestimmung A. Begriffsbestimmung
I. Definition der dépeçage „Dépeçage“ heißt wörtlich übersetzt aus dem Französischen Zerreißen, Zerlegen oder Auseinandernehmen. 1 Im IPR wird weitgehend unter diesem Begriff die Aufspaltung, sei es durch die Parteien oder durch das Gericht, 2 eines einheitlichen Rechtsverhältnisses in mehrere Teile, die verschiedenen Rechtsordnungen unterstellt werden, verstanden.3 Diese Aufspaltung führt dazu, dass mehrere Rechtsordnungen nebeneinander anwendbar sind. 4 Einen Rechtsbegriff, dessen Bedeutung allgemein bekannt ist, stellt die dépeçage jedoch nicht dar,5 vielmehr bestehen noch Unklarheiten über die Definition des Begriffs. Im Folgenden wird daher der Begriff der dépeçage konkretisiert. 1. Dépeçage als kollisions- oder materiellrechtliche Teilverweisung? Fraglich ist zunächst, ob sich der Begriff der dépeçage auf die kollisionsrechtliche oder materiellrechtliche Teilverweisung bezieht oder gar beide erfasst.
1
Langenscheidts Großwörterbuch Französisch (2007). Anders Ekelmans, in: Mélanges Vander Elst (1986) 243, 245, der lediglich die teilweise Rechtswahl der Parteien als dépeçage im engeren Sinne bezeichnet. 3 Kegel/Schurig, IPR, § 2 II 3 b; Jayme, FS Kegel (1987) 253, 255; Re, RDIPP 2010 407, 420, 435; Ekelmans, in: Mélanges Vander Elst (1986) 243, 244 und Lagarde, RDIPP 1975, 649 sprechen von einer „même situation juridique“, die aufgespalten wird; Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 262: „spaltet einen Anknüpfungsgegenstand“. 4 PWW/Mörsdorf-Schulte, Art. 3 EGBGB Rn. 33; jurisPK/Ludwig, Art. 3, 3a, 4 EGBGB Rn. 303; Reese, Colum. L. Rev. 73 (1973) 58. 5 Polak, 10. 2
6
Kapitel 1: Begriffliche, methodische und historische Grundlagen
a) Abgrenzung materiell- und kollisionsrechtliche Teilverweisung Bei einer materiellrechtlichen Teilverweisung ist eine Rechtsordnung auf das gesamte Rechtsverhältnis (kraft Rechtswahl oder objektiver Anknüpfung) anwendbar und es wird nur im Hinblick auf eine bestimmte Einzelfrage auf ein anderes Recht Bezug genommen. 6 Dabei wird diese Frage so behandelt, als sei die Einzelbestimmung des fremden Rechts als Klausel in den Vertrag (oder in ein sonstiges Rechtsverhältnis) hineingeschrieben worden.7 Die Rechtsordnung, der diese Einzelvorschrift entstammt, kann daher nur insoweit zur Wirkung kommen, als das materielle Recht, welches für das gesamte Rechtsverhältnis gilt, dies zulässt; die Einzelnorm gilt also nur im Rahmen der dispositiven Regeln des insgesamt anwendbaren Rechts.8 Ein Beispiel für eine materiellrechtliche Teilverweisung liefert eine Entscheidung des OLG Hamburg:9 Eine Hamburger Firma verklagte als Konnossementsempfängerin eine Firma in British Columbia auf Schadensersatz wegen schuldhaft falschen Verstauens der Ware, die dadurch verdarb. Das Gericht wandte auf Ansprüche aus dem Konnossement deutsches Recht an, während es Konnossementsklauseln, wonach Streitfragen nach dem Recht von British Columbia zu entscheiden und auf die Verladung eine Verordnung Eduards VII. und der Harter Act der USA anzuwenden seien, lediglich als materiellrechtliche Verweisungen ansah. Dagegen wird unter kollisionsrechtlicher Teilverweisung der Fall verstanden, in dem verschiedene Teile eines Rechtsverhältnisses unterschiedlichen Rechtsordnungen zugewiesen werden. 10 Diese Verweisung bezieht sich auf die Rechtsordnung als Ganzes, einschließlich der zwingenden Normen des gewählten Rechts, und schließt andere Rechtsordnungen aus. 11 6
MüKo/Martiny, Art. 3 Rom I-VO Rn. 69; Palandt/Thorn, Art. 3 Rom I-VO Rn. 2; PWW/Brödermann/Wegen, Art. 3 Rom I-VO Rn. 19; Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 87, 97; Ramming, RIW 2005, 685, 687 bezeichnet dies im Rahmen der von den Parteien gewollten Aufspaltung als „vorschriftenbezogene Teilrechtswahl“; Polak, 20 spricht von einer „materiellrechtlichen dépeçage“. 7 Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 97. 8 MüKo/Martiny, Art. 3 Rom I-VO Rn. 69; von Hoffmann/Thorn, IPR, § 10 Rn. 26; Kegel/Schu-rig, IPR, § 18 I 1 c; Beumayer, Rev. crit. 1957, 579, 602 f. 9 OLG Hamburg 4.3.1930, IPRspr. 1930 Nr. 57. 10 PWW/Brödermann/Wegen, Art. 3 Rom I-VO Rn. 19; Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 97; MüKo/Martiny, Art. 3 Rom I-VO Rn. 68 differenziert zwischen der kollisionsrechtlichen Verweisung im weiteren und im engeren Sinne, wobei danach die kollisionsrechtliche Verweisung im engeren Sinne der hier angesprochenen entspricht; Ramming, RIW 2005, 685, 687 f. bezeichnet dies im Rahmen der von den Parteien gewollten Aufspaltung als „gegenstandsbezogene Teilrechtswahl“. 11 MüKo/Martiny, Art. 3 Rom I-VO Rn. 68; Kegel/Schurig, IPR, § 18 I 1 c; von Hoffmann/Thorn, IPR, § 10 Rn. 26.
A. Begriffsbestimmung
7
b) Ansicht in der Literatur Nur selten wird in der Literatur sowohl auf die kollisionsrechtliche als auch die materiellrechtliche Teilverweisung Bezug genommen, wenn es um die Definition der dépeçage geht, geschweige denn ausdrücklich die eine oder andere Situation in Abgrenzung zueinander als dépeçage bezeichnet. 12 Es findet sich oft der Hinweis, die dépeçage sei eine kollisionsrechtliche Verweisung, bei der Teilfragen gesondert angeknüpft werden.13 Seltener wird allerdings ausdrücklich nur die materiellrechtliche Spaltung unter den Begriff der dépeçage gefasst.14 Oft wird beim Versuch der Definition der dépeçage nicht deutlich, welche Art der Verweisung von ihr erfasst sein soll. 15 Daraus ist ersichtlich, dass in der Literatur noch immer Unsicherheiten in Bezug auf den Begriff der dépeçage bestehen. 16 c) Stellungnahme Die materiellrechtliche Teilverweisung spielt sich ausschließlich auf der Ebene des materiellen Rechts ab, denn ob die dispositiven Bestimmungen des anwendbaren Rechts durch ausländische ersetzt werden können, richtet sich nach dem anwendbaren Sachrecht und nicht nach dem Kollisionsrecht.17 Dies ist also im Falle einer Rechtswahl eine Frage der Privatautonomie und nicht der Parteiautonomie. 18 Die materiellrechtliche Teilverweisung stellt somit die Geltung der inländischen Rechtsordnung auf den Sachverhalt als Ganzes nicht in Frage.19 Die dépeçage spielt sich aber be12 So ausdrücklich lediglich Lagarde, RDIPP 1975, 649 und jurisPK/Ringe, Art. 3 Rom I-VO Rn. 23, die beide Situationen unter den Begriff der dépeçage fassen, sowie Ekelmans, in: Mélanges Vander Elst (1986) 243, 245, der die materiellrechtliche Teilverweisung nicht als dépeçage bezeichnet. 13 MüKo/Spellenberg, vor Art. 11 EGBGB Rn. 23; jurisPK/Ludwig, Art. 3, 3a, 4 EGBGB Rn. 303; AnwKomm/Leible, 1. Aufl. (2005) Art. 27 EGBGB Rn. 39; von Bar/ Mankowski, IPR I, § 1 Rn. 28; von Hoffmann/Thorn, IPR, § 10 Rn. 38; Keller/Siehr, IPR, § 23 IV 2; Biederer, IPR, 208 f.; von Hein, Die AG 2001, 213, 227; ebenso wohl auch Kindler, 18; Kropholler, IPR, § 18 I und Lando, CMLR 1987, 159, 167. 14 So wohl Jayme, FS Kegel (1987) 253, 255; Wengler, Rev. crit. 1990, 657, 662. 15 Unklar z.B. MüKo/Martiny, Art. 3 Rom I-VO Rn. 67; Kegel/Schurig, IPR, § 2 II 3 b und Junker, IPR, Rn. 249, die nur davon sprechen, dass Teile eines Sachverhalts verschiedenen Rechten unterstellt werden; Cocteau-Senn, 14 ff. vertritt einen sehr weiten Begriff der dépeçage und bezeichnet alle Sitationen so, in denen auf irgendeine Weise mehr als eine Rechtsordnung anwendbar ist. 16 Windmöller, 21 verwendet den Begriff der dépeçage aufgrund dieser Unklarheiten überhaupt nicht in seiner Arbeit. 17 von Hoffmann/Thorn, IPR, § 10 Rn. 26; Hartmann, 9 f.; Kaye, 154 f.; Simitis, JuS 1966, 209, 211. 18 So auch von Hoffmann/Thorn, IPR, § 10 Rn. 26; Windmöller, 61; Simitis, JuS 1966, 209, 211. 19 Simitis, JuS 1966, 209, 211.
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Kapitel 1: Begriffliche, methodische und historische Grundlagen
reits auf kollisionsrechtlicher Ebene ab, wo entschieden werden muss, ob ein Teil des Rechtsverhältnisses einer anderen Rechtsordnung unterworfen werden kann. Hierbei soll eine Rechtsordnung als Ganzes mit ihren zwingenden Bestimmungen auf die jeweiligen Teile zur Anwendung kommen. Ferner bereiten die Problemkreise, die sich in Bezug auf die dépeçage stellen, nämlich die Frage nach ihrer Zulässigkeit, die Behandlung auftauchender Widersprüche zwischen den anwendbaren Rechtsordnungen oder die mögliche Umgehung international zwingender Bestimmungen, nur bei der kollisionsrechtlichen Teilverweisung Schwierigkeiten. Bei der materiellrechtlichen Teilverweisung ist die Beantwortung dieser Fragen dagegen unproblematisch:20 Die Zulässigkeit der dépeçage richtet sich nach dem anwendbaren Sachrecht, dieses hat auch bei auftauchenden Widersprüchen Vorrang und die international zwingenden Bestimmungen des nationalen Rechts können nicht umgangen werden. Daher wird lediglich die kollisionsrechtliche Teilverweisung zur dépeçage gerechnet, während die materiellrechtliche nicht darunter fällt. 2. Dépeçage als Abspaltung von Teilfragen oder Vorfragen? Fraglich ist, welche Teile eines Rechtsverhältnisses bei der dépeçage abgespalten werden. Häufig wird lediglich die gesonderte Anknüpfung von Teilfragen als von der dépeçage erfasst angesehen. 21 Vereinzelt wird aber auch die Abspaltung von Vorfragen unter diese gefasst.22 In der Literatur wird bei der Definition des Begriffs der dépeçage vielfach nicht ausdrücklich der Terminus der Teilfrage bzw. der Vorfrage erwähnt, sondern lediglich von „Teilen“23, „Einzelfragen“24, „Anknüpfungsgegenständen“25, „As20 Polak, 21 bezieht sich in seiner Abhandlung ebenfalls auf die kollisionsrechtliche dépeçage, weil sich dort die „interessantesten Probleme“ auftun, wenngleich er auch die materiellrechtliche Spaltung als dépeçage ansieht, siehe Fn. 6. 21 PWW/Mörsdorf-Schulte, Art. 3 EGBGB Rn. 33; Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 94; Junker, IPR, Rn. 249; Keller/Siehr, IPR, § 23 IV 2; Polak, 14; von Hein, FS Kropholler (2008) 553, 564; Jayme, FS Kegel (1987) 253, 255; ebenso wohl von Hoffmann/Thorn, IPR, § 6 Rn. 43 und Wagner, 58, der von verschiedenen Tatbeständen spricht; a.A. jedoch Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 262, der (ohne Begründung) Teilfragen ausdrücklich nicht als von der dépeçage erfasst ansieht und nur von „Anknüpfungsgegenständen“ spricht. 22 JurisPK/Ludwig, Art. 3, 3a, 4 EGBGB Rn. 303; Cocteau-Senn, 41 ff. 23 MüKo/Martiny, Art. 3 Rom I-VO Rn. 67; Kegel/Schurig, IPR, § 2 II, S. 141; Leible/Lehmann, RIW 2008, 528, 536; Mankowski, EuZ 2009, 2, 4; Kadletz, ZLW 1996, 413, 415: „parts“. 24 von Bar/Mankowski, IPR I, § 1 Rn. 28; Jayme, in: Kollisionsrecht in der EU (2008) 63, 73; Symeonides, FS Jayme (2004) 935, 939; ders., Am. J. Comp. L. 56 (2008) 173, 185: „issues“. 25 Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 262.
A. Begriffsbestimmung
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pekten“26 „Tatbeständen“27 oder „Elementen“28 eines Rechtsverhältnisses gesprochen. In den Kodifikationen des IPR, sei es in EU-Verordnungen oder im deutschen Recht, findet sich der Begriff der dépeçage nicht. In den Artt. 27 und 28 EGBGB a.F. sowie in Art. 3 Rom I-VO wird ebenso lediglich von „Teilen“ eines Vertrags gesprochen. Insofern ist die Terminologie uneinheitlich; es ist nicht klar, ob die dépeçage ein Oberbegriff für alle Arten der Aufspaltung ist oder sich lediglich auf Teil- oder Vorfragen bezieht. Um dies beurteilen zu können, muss zunächst eine Klarstellung der Begrifflichkeit der Teilfrage und der Vorfrage in Abgrenzung zueinander erfolgen. a) Teilfrage Eine Teilfrage tritt schon bei der kollisionsrechtlichen Anknüpfung auf, wenn Elemente eines Rechtsverhältnisses gesondert angeknüpft werden.29 Es ist charakteristisch für Teilfragen, dass sie sich schon im Rahmen der Ausgangskollisionsnorm identifizieren und gesondert anknüpfen lassen 30 und nicht erst nach Bestimmung des anwendbaren Sachrechts. Die Teilfrage ist insofern unselbständig, als sie immer im Zusammenhang mit der Hauptfrage auftritt;31 mehrere Teilfragen stehen jedoch gleichrangig nebeneinander. 32 Gesetzliche Sonderanknüpfungen von Teilfragen, die für mehrere Rechtsfragen geregelt sind, sind z.B. die Geschäftsfähigkeit (Art. 7 I EGBGB, Art. 13 Rom I-VO), die rechtsgeschäftliche Form (Art. 11 EGBGB/Rom I-VO) oder die Testamentsform (Art. 26 EGBGB).33 Allgemein anerkannt ist die Sonderanknüpfung von Teilfragen auch bei der Vertretungsmacht sowie der Ehe- und der Testierfähigkeit, 34 wobei hier der Begriff der Teilfrage weiter gefasst ist, da es sich im Ausgangspunkt um einen größeren Rechtskomplex handelt und nicht nur um 26
Hay, EuLF 2007, I-137, I-141; von Hein, Die AG 2001, 213, 228; Lando, CMLR 1987, 159, 167: „aspects“. 27 E. Wagner, 58. 28 Bericht Giuliano/Lagarde, BT-Drucks. 10/503 vom 20.10.1983, 33, 49; Lagarde, RDIPP 1975, 649, 649; ders., RDIPP 1991, 287, 302; Kassis, 355: „éléments“. 29 von Bar/Mankowski, IPR I, § 7 Rn. 185; Kropholler, IPR, § 18 I; Rauscher, IPR, Rn. 499; so wohl auch Junker, IPR, Rn. 248 und von Hoffmann/Thorn, IPR, § 6 Rn. 43. 30 Bamberger/Roth/S. Lorenz, Einl. IPR Rn. 67; von Bar/Mankowski, IPR I, § 7 Rn. 185. 31 Staudinger/Sturm/Sturm, Einl. IPR Rn. 252; von Hoffmann/Thorn, IPR, § 6 Rn. 43; Junker, IPR, Rn. 248. 32 von Bar/Mankowski, IPR I, § 10 Rn. 185; Junker, IPR, Rn. 248. 33 MüKo/Spellenberg, Art. 10 Rom I-VO Rn. 14 ff.; PWW/Mörsdorf-Schulte, Art. 3 EGBGB Rn. 33; von Hoffmann/Thorn, IPR, § 6 Rn. 43; von Bar/Mankowski, IPR I, § 10 Rn. 185; Keller/Siehr, IPR, § 23 IV 2 a; Lando, CMLR 1987, 159, 168. 34 von Hoffmann/Thorn, IPR, § 6 Rn. 43.
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Kapitel 1: Begriffliche, methodische und historische Grundlagen
einen einzelnen Rechtsbegriff. 35 Teilfragen können auch Bestandteile eines bestimmten Rechtsinstituts betreffen, beispielsweise die Deliktsfähigkeit bei der unerlaubten Handlung. 36 Demzufolge ist von einem weiten Verständnis des Begriffs der Teilfrage auszugehen. b) Vorfrage37 aa) Materiellrechtliche Vorfrage Die materiellrechtliche Vorfrage stellt sich, wenn das anzuwendende Sachrecht eines Staates in einem Rechtsinstitut verlangt, dass die Voraussetzungen eines anderen selbständigen Rechtsbegriffs erfüllt sein müssen, 38 z.B. die Volljährigkeit als Voraussetzung einer Eheschließung.39 Nach der Definition der dépeçage (siehe oben Kap. 1 A I 3) ist jedoch nur die kollisionsrechtliche Aufspaltung erfasst, sodass die materiellrechtliche Vorfrage, die sich erst nach Bestimmung des anwendbaren Sachrechts stellt, nicht unter diesen Begriff fallen kann. bb) Kollisionsrechtliche Vorfrage (Erstfrage) Eine kollisionsrechtliche Vorfrage tritt bei der Anknüpfung auf IPR-Ebene auf, wenn die Kollisionsnorm sich auf ein Rechtsverhältnis bezieht, dessen Bestehen Voraussetzung für die Anwendung der Kollisionsnorm ist,40 z.B. die Fragen nach den Ehewirkungen oder der Ehescheidung, die das Bestehen einer wirksamen Ehe voraussetzen.41 In diesem Zusammenhang wird auch oft von einer Erstfrage gesprochen. 42 Da die dépeçage lediglich die
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Kropholler, IPR, § 18 I. Staudinger/Sturm/Sturm, Einl. IPR Rn. 252; Kropholler, IPR, § 18 I. 37 Auf den Streitstand, ob die Anknüpfung der Vorfrage selbständig unselbständig erfolgen soll, wird nicht eingegangen, da vorliegend nur eine Begriffsbestimmung erfolgen soll. Vgl. zu diesem Problem bspw. Staudinger/Sturm/Sturm, Einl. IPR Rn. 231 m.w.N. sowie Kegel/Schurig, IPR, § 9 II, S. 376 ff. m.w.N. 38 Kegel/Schurig, IPR, § 9 I, S. 373 f.; Kropholler, IPR, § 32 I; von Hoffmann/Thorn, IPR, § 6 Rn. 58: „Vorfrage im engeren Sinne“; Melchior, 245 ff.; Serick, RabelsZ 1953, 633, 642; Wengler, RabelsZ 1934, 148. 39 Kropholler, IPR, § 32 I. 40 MüKo/Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 537; PWW/Mörsdorf-Schulte, Art. 3 EGBGB Rn. 46; jurisPK/Ludwig, Art. 3, 3a, 4 EGBGB Rn. 306; von Bar/Mankowski, IPR I, § 10 Rn. 185; Kegel/Schurig, IPR, § 9 I, S. 374 f.; Kropholler, IPR, § 32 I; von Hoffmann/ Thorn, IPR, § 6 Rn. 48; Melchior, 259: „Teil der Hauptfrage“. 41 Kropholler, IPR, § 32 I; von Hoffmann/Thorn, IPR, § 6 Rn. 50. 42 So MüKo/Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 536; Kropholler, IPR, § 32 I; von Hoffmann/Thorn, IPR, § 6 Rn. 47 unterscheiden noch zwischen Erstfrage im weiteren und im engeren Sinne. Der hier verwendete Begriff bezieht sich auf die Erstfrage im engeren Sinne. Erstfrage im weiteren Sinne soll den Fall betreffen, dass die Frage nur zur Um36
A. Begriffsbestimmung
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kollisionsrechtliche Teilverweisung umfasst, ist es also durchaus möglich, dass die gesonderte Behandlung der kollisionsrechtlichen Vorfrage unter diesen Begriff fällt. c) Abgrenzung und deren Auswirkung auf die Definition der dépeçage Die Abgrenzung zwischen kollisionsrechtlicher Vorfrage und Teilfrage bereitet in der Praxis Schwierigkeiten und ist nicht immer klar durchführbar. 43 Beispielsweise wird die Geschäftsfähigkeit teilweise als kollisionsrechtliche Vorfrage44, häufig aber auch als Teilfrage45 angesehen. Die Vorfrage bezieht sich auf präjudizielle Fragen im IPR, die vor der Ermittlung der Rechtsfolge der Norm zu beantworten sind. 46 Vorfragen betreffen damit eigenständige präjudizielle Rechtsverhältnisse. 47 Teilfragen können dagegen auch tatbestandliche Voraussetzungen eines bestimmten Rechtsverhältnisses oder Elemente eines Lebenssachverhalts erfassen; 48 ihre Beantwortung ist nicht zwingend zur Bestimmung der Rechtsfolge der Norm erforderlich. Die Beantwortung der Vorfrage hängt unter Umständen davon ab, welchem Recht die Hauptfrage unterworfen wird; die Teilfrage dagegen wird unabhängig von der Hauptfrage angeknüpft.49 Auch bei einer dépeçage erfolgt die Anknüpfung gerade unabhängig vom Rest des Rechtsverhältnisses. Hierbei wird ein Rechtsverhältnis aufgespalten, wobei die verschiedenen Teile gleichrangig nebeneinander stehen; die Anknüpfung der Teilfragen ist für die Beantwortung der Hauptfrage oder anderer Teilfragen unerheblich. Daraus kann geschlossen werden, dass die dépeçage der wohl herrschenden Meinung im Schrifttum50 folgend lediglich die Abspaltung von Teilfragen betrifft.
schreibung des Anknüpfungsgegenstandes oder zur Bezeichnung des Anknüpfungsmoments dienen soll, ohne dass eine Beantwortung der Erstfrage erforderlich wäre. 43 MüKo/Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 536. 44 Solomon, FS Spellenberg (2010) 355, 356. 45 MüKo/Spellenberg, Art. 10 Rom I-VO Rn. 14 ff.; PWW/Mörsdorf-Schulte, Art. 3 EGBGB Rn. 33; von Hoffmann/Thorn, IPR, § 6 Rn. 43; von Bar/Mankowski, IPR I, § 10 Rn. 185; Keller/Siehr, IPR, § 23 IV 2 a; Lando, CMLR 1987, 159, 168 46 Staudinger/Sturm/Sturm, Einl. zum IPR Rn. 229; MüKo/Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 536; jurisPK/Ludwig, Art. 3, 3a, 4 EGBGB Rn. 306; Kropholler, IPR, § 32 I; von Bar/Mankowski, IPR I, § 10 Rn. 185; Rauscher, IPR, Rn. 494; Siehr, IPR, 470; Wengler, RabelsZ 1934, 148, 149. 47 von Hoffmann/Thorn, IPR, 240. 48 MüKo/Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 536; Rauscher, IPR, Rn. 499. 49 Rauscher, IPR, Rn. 499. 50 Siehe Fn. 21.
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Kapitel 1: Begriffliche, methodische und historische Grundlagen
3. Definition Die dépeçage ist also zu definieren als Abspaltung von Teilfragen, die kraft kollisionsrechtlicher Teilverweisung unterschiedlichen Rechtsordnungen unterliegen. Auf die jeweiligen Teilfragen, die gleichrangig und unabhängig nebeneinander stehen, findet jeweils eine Rechtsordnung als Ganzes mit ihren zwingenden Normen Anwendung. II. Arten der dépeçage Im Folgenden werden verschiedene Möglichkeiten, die zu einer dépeçage führen, aufgezeigt. Überdies tauchen in Schrifttum und Rechtsprechung oft die Begriffe der kleinen und der großen Vertragsspaltung auf, die einer näheren Erläuterung bedürfen. 1. Subjektive und objektive dépeçage Eine dépeçage kann bei verschiedenen Anknüpfungsmethoden auftreten. Zunächst kann das Rechtsverhältnis von den Parteien selbst durch eine Teilrechtswahl gespalten werden (subjektive dépeçage)51. Treffen die Parteien aber keine Teilrechtswahl, so besteht noch die Möglichkeit einer objektiven dépeçage. Diese umfasst einerseits den Fall, dass die Spaltung des Rechtsverhältnisses bei Vorliegen entsprechender Voraussetzungen im Ermessen des Richters liegt (bspw. Art. 28 I 2 EGBGB a.F.), andererseits aber auch die Situation, in der die dépeçage im Gesetz vorgeschrieben ist (bspw. Art. 7 V Rom I-VO).52 2. Vertragsspaltung Die Vertragsspaltung fällt unter den Begriff der dépeçage. Sie bezeichnet die Zerlegung (sei es in subjektiver oder objektiver Hinsicht) des Vertrags in verschiedene Teile, die gesondert angeknüpft werden. Unterschieden wird häufig zwischen kleiner und großer Vertragsspaltung. Besonders in der Rechtsprechung der Schweizer Gerichte fand die kleine wie auch die große Vertragsspaltung starke Beachtung, was auch ihre Behandlung in anderen europäischen Staaten beeinflusste. Daher soll diese Rechtsprechung im Anschluss an die Erläuterung der Vertragsspaltung kurz dargestellt werden.
51 52
Vgl. Polak, 21. Polak, 26.
A. Begriffsbestimmung
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a) Kleine Vertragsspaltung aa) Begriff Der Begriff der kleinen Vertragsspaltung wird häufig gebraucht, um bei einem synallagmatischen Vertrag die gesonderte Anknüpfung der Leistungspflichten beider Parteien zu beschreiben. 53 So kann es passieren, dass die gegenseitigen Pflichten der Vertragsparteien unterschiedlichen Rechtsordnungen unterliegen. Schon Savigny sah diese Art der Anknüpfung von Schuldverhältnissen als die „ursprüngliche und natürliche“ an 54 und gilt als Begründer dieser sog. Spaltungstheorie. 55 bb) Entwicklung der kleinen Vertragsspaltung Ab 1915 wurden in der schweizerischen Rechtsprechung die gegenseitigen Pflichten bei einem Vertrag unterschiedlich angeknüpft.56 Dies ergab sich daraus, dass hinsichtlich der Vertragspflichten auf den Erfüllungsort abgestellt wurde, der bei einem synallagmatischen Vertrag für die Leistungspflicht jeder Partei gesondert ermittelt wurde.57 Die schweizerischen Gerichte begründeten diese objektive dépeçage damit, dass auf den hypothetischen Parteiwillen abgestellt werden müsse, wenn die Parteien keine Rechtswahl getroffen haben, und dass dieser eine Anknüpfung an den jeweiligen locus solutionis fordere.58 Dagegen wurden aber Stimmen aus der Literatur laut, die die kleine Vertragsspaltung scharf kritisierten: Sie widerspreche dem Parteiwillen, denn mangels Rechtswahl sei eine von den Parteien gewollte Zersplitterung des Rechts äußerst abwegig; weiterhin störe sie empfindlich das Gleichgewicht der Rechte und Pflichten zwischen den Vertragsparteien. 59 Schließlich sei die kleine Vertragsspaltung in Wahrheit in der Rechtsprechung zu einer alternativen Anknüpfung verkommen: Die Gerichte knüpften zwar an das Recht der Partei an, deren Rechte und Pflichten Gegenstand des Prozesses seien, blieben aber nach einer Interessenabwägung bei dem auf diesem Wege ermittelten Recht und
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MüKo/Spellenberg, Art. 10 Rom I-VO Rn. 8; Keller/Siehr, IPR, § 27 II 1 b; zum Ganzen siehe Biederer, ZSR 1941, 221a. 54 Savigny, 202, hierzu unten Kap. 1 B I 1 a bb. 55 Dazu Biederer, ZSR 1941, 221a, 227a. 56 BG 22.10.1915, BGE 41 II 591, 594 f.; eine Zusammenfassung aller diesbezüglichen Entscheide des Schweizerischen Bundesgerichts findet sich bei Biederer, ZSR 1941, 221a, 245a ff. 57 Bspw. BG 22.10.1915, BGE 41 II 591, 594 f.; siehe auch Keller/Siehr, IPR, § 27 II 1 b; E. Wagner, 62; Knapp, ZSR 1941, 304a. 58 BG 22.10.1915, BGE 41 II 591, 595; 18.9.1934, BGE 60 II 294, 300 f.; Keller/Siehr, IPR, § 27 II 1 b. 59 Biederer, IPR, 211 f.
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Kapitel 1: Begriffliche, methodische und historische Grundlagen
unterstellten ihm das gesamte Rechtsverhältnis. 60 Das anwendbare Recht hänge also vom Zufall ab, je nachdem, welche Partei Kläger bzw. Beklagter im Prozess sei. 61 Die kleine Vertragsspaltung war ab 1860 auch Bestandteil der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts. 62 Es wurde für jede Verpflichtung gesondert an den Erfüllungsort angeknüpft, woraus oft die Anwendbarkeit zweier Rechtsordnungen auf einen Vertrag resultierte.63 Als die schweizerische Rechtsprechung sich vom Prinzip der kleinen Vertragsspaltung abwandte,64 folgten dem auch die Gerichte in Deutschland und anderen europäischen Staaten. In der Literatur wurde die Zulässigkeit der kleinen Vertragsspaltung oftmals scharf kritisiert.65 In neuerer Zeit werden aber trotz der Abkehr der Rechtsprechung von der kleinen Vertragsspaltung noch immer Stimmen laut, die sie für zulässig halten; diesbezüglich ergibt sich nunmehr ein geteiltes Meinungsbild. 66 b) Große Vertragsspaltung aa) Begriff Unter dem Begriff der großen Vertragsspaltung wird die Aufspaltung eines Vertrags in ein Abschluss- und ein Wirkungsstatut verstanden. Das Zu-
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Biederer, IPR, 212. Biederer, IPR, 212. 62 Z.B. RG 28.4.1900, RGZ 46, 193; 21.4.1902, RGZ 51, 218; 16.6.1903, RGZ 55, 105; 26.4.1907, RGZ 66, 73; siehe hierzu Staudinger/Firsching (1978) vor Art. 12 EGBGB Rn. 144; Drobnig, 266 ff.; Hartmann, 3; Beuner, RabelsZ 1928, 108. 63 Aus der Rechtsprechung bspw.: RG II 24.3.1899, JW 1899, 183; RG I 18.4.1900, RGZ 46, 193, 195; RG II 16.6.1903, RGZ 55, 105, 106 f.; vgl. hierzu Hartmann, 3; Lochner, 102 f.; Beuner, RabelsZ 1928, 108. 64 BG 22.2.1949, abgedruckt bei Knapp, Schw. Jb. int. Recht 1948, 83, 115 f. 65 Schack, 93 ff.; Wahl, RabelsZ 1929, 775, 785 f.; Biederer, ZSR 1941, 221a, 273a; kritisch auch Biederer, IPR, 210, der von einer „unsinnigen Zerreißung“ spricht; so auch Yntema, RabelsZ 1949/50, 513, 529, der dies als „eigentümlich“ bezeichnet. 66 Dafür: Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 3 Rom I-VO Rn. 28, MüKo/Martiny, Art. 3 Rom I-VO Rn. 70; PWW/Brödermann/Wegen, Art. 3 Rom I-VO Rn. 19; Reithmann/ Martiny/Martiny, Rn. 95; von Bar, IPR II, Rn. 426; Beuhaus, IPR, 260 f.; Windmöller, 93 f.; Lagarde, Rev. crit. 1991, 288, 302; W. Lorenz, IPRax 1987, 269, 272. Dagegen: MüKo/Spellenberg, vor Art. 11 EGBGB Rn. 18; von Hoffmann/Thorn, § 10 Rn. 39; Rauscher, IPR, Rn. 1150; Jayme, FS Kegel (1987) 253, 263; Lando, CMLR 1987, 159, 169; Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 266; Rigaux, Cah. dr. europ. 1988, 306, 317; Serick, RabelsZ 1953, 633, 641 f.; wohl auch Ekelmans, in: Mélanges Vander Elst (1986) 243, 250. 61
A. Begriffsbestimmung
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standekommen und die Wirkungen des Vertrags werden unterschiedlich angeknüpft und können so verschiedenen Rechtsordnungen unterliegen. 67 bb) Entwicklung der großen Vertragsspaltung Zunächst lehnte das Schweizerische Bundesgericht die große Vertragsspaltung mit der Begründung ab, dass der vernünftige Verkehrswille einer solchen Spaltung entgegenstehe.68 1906 fand diese Art der dépeçage dennoch Eingang in die Rechtsprechung der schweizerischen Gerichte und war lange Zeit gängige Praxis. 69 Die Vertragsentstehung wurde an das Recht des Abschlussortes angeknüpft, während die Vertragswirkungen dem von den Parteien gewählten Recht, mangels Rechtswahl dem Recht des Erfüllungsortes oder später dem Recht des Staates, mit dem der Vertrag räumlich am engsten verbunden war, unterstellt wurden. 70 Die Rechtsprechung zur großen Vertragsspaltung wurde jedoch in der Literatur heftig kritisiert, bis sich das BG dann 1952 unter Bezugnahme auf diese Kritik (hierzu sogleich) von diesem Prinzip abwandte.71 Seitdem beurteilen die schweizerischen Gerichte die Entstehung und die Wirkungen eines Vertrags nach einem einheitlichen Recht.72 Als Begründung hierfür führte das BG in der maßgeblichen Entscheidung an, eine Spaltung des anwendbaren Rechts sei eine „künstliche Zerreißung zusammengehöriger Vertragsbestandteile“, die insbesondere bei gegenseitigen Verträgen, bei denen es für die Erfüllung primär auf einen wirksamen Vertragsschluss ankommt, zum Vorschein komme. 73 Zudem sei die Abgrenzung zwischen Fragen der Entstehung und der Wirkung eines Vertrags nicht immer eindeutig und führe zu Rechtsunsicherheit. 74 Außerdem sei der Abschlussort, an den die Gerichte Fragen der Entstehung des Vertrags angeknüpft hatten, bei Verträgen unter Abwesenden nur schwer zu be67
MüKo/Spellenberg, Art. 10 Rom I-VO Rn. 8; Soergel/von Hoffmann, Art. 27 EGBGB Rn. 61; Keller/Siehr, IPR, § 27 I 1 b; Windmöller, 27 f.; Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 264; zum Ganzen Knapp, ZSR 1941, 303a. 68 BG 18.7.1885, BGE 11 I 375, 364 f. 69 BG 9.6.1906, BGE 32 II 415, 418; seitdem st. Rspr., z.B.: BG 31.10.1908, BGE 34 II 643, 648; 14.12.1920, BGE 46 II 490, 493 ff.; 12.7.1938, BGE 64 II 346, 349 f.; 3.6.1947, BGE 73 II 102, 105; 28.2.1950, BGE 76 II 33, 36 (bereits mit Hinweisen auf neuere Tendenzen in der Literatur, die Bestand und Wirkungen eines Rechtsverhältnisses nach einem einheitlichen Recht beurteilen wollten); ausführlich zur großen Vertragsspaltung in der Schweiz: Knapp, Schw. Jb. int. Recht 1948, 83. 70 Staudinger/Firsching (1978) vor Art. 12 EGBGB Rn. 146; Moser, 21. 71 BG 12.2.1952, BGE 78 II 74, 83 ff. 72 BG 2.6.1953, BGE 79 II 272, 275 ff.; 12.11.1956, 82 II 550, 552; 26.11.1959, 85 II 452, 453. 73 BG 12.2.1952, BGE 78 II 74, 85. 74 BG 12.2.1952, BGE 78 II 74, 85.
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stimmen oder zufällig. 75 Dem Vertragsstatut, das mangels Rechtswahl anhand der engsten Verbindung ermittelt wurde, wurden nunmehr Zustandekommen, Inhalt und die Fragen betreffend Willensmängel, Scheingeschäfte oder Unmöglichkeit der Leistung unterworfen. 76 Im schweizerischen IPRG77 finden sich keine Bestimmungen mehr, die eine dépeçage bei Verträgen ausdrücklich erlauben. Mit dem Abrücken des Schweizerischen BG von der großen Vertragsspaltung kam es auch in anderen europäischen Ländern zur Aufgabe der dépeçage in diesem Bereich. 78 Heutzutage wird die große Vertragsspaltung dagegen häufig wieder befürwortet.79 c) Zusammenfassung Die Begriffe der kleinen und großen Vertragsspaltung sind sehr geläufig und werden einheitlich benutzt, sodass sie sich dazu eignen, bestimmte Fälle der dépeçage im Vertragsrecht zu beschreiben. Daher sollen sie auch in dieser Arbeit Verwendung finden. III. Andere Bezeichnungen für die dépeçage Im Schrifttum werden oftmals andere Begriffe zur Umschreibung einer Spaltung des anwendbaren Rechts verwendet. Im Hinblick darauf ist zu untersuchen, ob diese Begriffe sich mit der Definition der dépeçage decken oder doch etwas anderes meinen und daher für diese Arbeit nicht brauchbar sind. 1. Sachnormbezogene und objektbezogene Spaltung Windmöller verwendet die Begriffe der sachnormbezogenen und der objektbezogenen Spaltung. 80 Bei einer sachnormbezogenen Spaltung werden aus dem Rechtsverhältnis einzelne Teilbereiche abgetrennt und verschie75
BG 12.2.1952, BGE 78 II 74, 85. BG 12.2.1952, BGE 78 II 74, 85 f. 77 Schweizerisches Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht vom 18. Dezember 1987 (Stand: 1. Januar 2011). 78 Siehe Lando, CMLR 1987, 159, 167, m.w.N. 79 Dafür bspw. BGH 27.3.1968, IPRspr. 1968/69 Nr. 170 (obiter); OLG Hamm 23.11.1995, NJW-RR 1996, 1145; OLG Frankfurt 13.2.1992, IPRax 1992, 314, 316; LG Aurich 11.7.1973, AWD 1974, 28; so auch Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 104, 109; Soergel/von Hoffmann, Art. 27 EGBGB Rn. 61; Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 3 Rom I-VO Rn. 28; Ferrari/Ferrari, Art. 3 Rom I-VO Rn. 40; Reithmann/ Martiny/Martiny, Rn. 94; von Bar, IPR II, Rn. 426; Beuhaus, IPR, 260 f.; Rauscher, IPR, Rn. 1149 und von Hoffmann/Thorn, IPR, § 10 Rn. 39; Beymayer, Rev. crit. 1957, 579, 602; anders dagegen MüKo/Spellenberg, vor Art. 11 Rom I-VO Rn. 17. 80 Windmöller, 20 f., 24 ff., 115 ff. 76
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denen Sachrechten unterstellt; es gibt also mehrere „Rechtsanwendungsbefehle“. 81 Auf die abgetrennten Teile ist jeweils eine Rechtsordnung als Ganzes anwendbar.82 Für eine objektbezogene Spaltung ist Voraussetzung, dass das Rechtsverhältnis mehrere verschiedene Objekte hat, wie beispielsweise ein Vertrag über den Kauf oder die Vermietung mehrerer Sachen. 83 Diesen verschiedenen Teilen des Rechtsverhältnisses werden dann unterschiedliche Rechtsordnungen zugewiesen. 84 Die sachnormbezogene Spaltung entspricht dem bereits erläuterten Begriff der kollisionsrechtlichen Teilverweisung (siehe oben Kap. 1 A I 1) und fällt damit unter den Begriff der dépeçage. Insofern ist die Bezeichnung Windmöllers nicht notwendig. Die objektbezogene Spaltung hingegen erfasst Fälle, in denen auch mehrere selbständige Verträge hätten geschlossen werden können. 85 In diesem Fall handelt es sich aber grundsätzlich nicht um eine dépeçage (dazu näher unten Kap. 1 A IV 1 b). 2. Vertikale und horizontale Spaltung Windmöller differenziert bei der Spaltung von Verträgen ferner zwischen horizontaler und vertikaler Spaltung. 86 a) Vertikale Spaltung Erscheinungsformen der vertikalen Spaltung seien beispielsweise die Anknüpfung in Bezug auf Personen (sog. personen- oder subjektbezogene Spaltung) oder die obligationsbezogene Spaltung, wenn z.B. an den Erfüllungsort einer Vertragspflicht angeknüpft werde.87 Ein Unterfall der vertikalen Spaltung sei auch die objektbezogene Spaltung (oben Kap. 1 A III 1).88 Andere sprechen nur in Bezug auf die kleine Vertragsspaltung von der vertikalen Spaltung. 89 Windmöller fasst dagegen auch die temporale Spaltung, d.h. die zeitlich nachfolgende Anwendung verschiedener Rechtsordnungen auf den gleichen Sachverhalt, unter die vertikale Spaltung.90 In all diesen Fällen kommt eine Rechtsordnung als Ganzes zur Anwendung.
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Windmöller, 24. Windmöller, 24. 83 Windmöller, 115. 84 Windmöller, 115. 85 Windmöller, 115. 86 Zum Ganzen siehe Windmöller, 21. 87 Windmöller, 21. 88 Windmöller, 21. 89 MüKo/Spellenberg, Art. 10 Rom I-VO Rn. 8; Rauscher, IPR, Rn. 1149; Calvo Caravaca/Carrascosa González, D.I.P. II, 528. 90 Windmöller, 21. 82
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Kapitel 1: Begriffliche, methodische und historische Grundlagen
Die temporale Spaltung fällt nicht unter den Begriff der dépeçage (siehe Kap. 1 A IV 2 e). Allerdings kann die subjektbezogene Spaltung eine dépeçage darstellen, wenn sich beispielsweise bei einem gegenseitigen Vertrag die Rechte und Pflichten jeder Partei nach dem Recht ihres gewöhnlichen Aufenthalts richten sollen. Eine solche subjektbezogene vertikale Spaltung wäre dann eine dépeçage in Form einer kleinen Vertragsspaltung (oben Kap. 1 A II 2 a). b) Horizontale Spaltung Im Falle einer horizontalen Spaltung wird nach Windmöller nicht die Rechtsordnung in ihrer Gesamtheit auf die Teilfrage angewandt, sondern es werden bestimmte Sachnormen einer Rechtsordnung durch Vorschriften einer anderen Rechtsordnung ersetzt.91 Die horizontale Spaltung ist somit der materiellrechtlichen Teilverweisung (oben Kap. 1 A I 1 a) gleichzusetzen. Danach ist also die horizontale Spaltung kein Fall der dépeçage. Teilweise wird dagegen unter der horizontalen Spaltung die Aufspaltung eines Vertrags in verschiedene Teile oder verschiedene Phasen der Vertragsdurchführung verstanden, beispielsweise die Abspaltung von Vertragsschluss, Vertragsform oder Vertragserfüllung. 92 Dabei werden verschiedene Teilfragen abgespalten und hierauf jeweils eine Rechtsordnung als Ganzes angewandt, sodass es sich um eine dépeçage handelt. Gelegentlich wird der Begriff der horizontalen Spaltung auch für die kleine Vertragsspaltung (oben Kap. 1 A II 2 a) verwendet.93 Dies steht jedoch im Widerspruch zu Windmöllers Begriffswahl, der die kleine Vertragsspaltung als vertikale Spaltung charakterisiert.94 Die diesbezügliche Terminologie ist also alles andere als einheitlich. Aufgrund der Gefahr von Unklarheiten wird in dieser Arbeit daher auf die Verwendung der Begriffe der vertikalen und horizontalen Spaltung verzichtet. Im Übrigen ist sie auch nicht weiterführend, da kein Unterschied erkennbar ist, der eine solche Differenzierung erforderlich macht. Vielmehr gelten für beide Kategorien der dépeçage die gleichen Voraussetzungen; zudem ziehen sie die gleichen Folgen nach sich. 3. Endogene und exogene Spaltung Die Begriffe der endogenen und exogenen Spaltung wurden von Biederer95 eingeführt. Eine exogene (gewollte) Spaltung liege vor, wenn sie von au91
Hierzu Windmöller, 21 f. Rauscher, IPR, Rn. 1149. 93 W. Lorenz, IPRax 1987, 269, 272. 94 Windmöller, 21. 95 Zum Ganzen Biederer, IPR, 208. 92
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ßen durch den Richter komme, dieser also bestimmte Teilfragen gesondert anknüpfe, ohne dass dies durch die anzuwendenden Kollisionsnormen zwingend vorgegeben sei. Als Beispiel nennt Biederer hier die große Vertragsspaltung, also die unterschiedliche Anknüpfung von Entstehung und Wirkungen eines Vertrags (Kap. 1 A II 2 b). Eine endogene (automatische) Spaltung liege dagegen vor, wenn sie bereits dem verwendeten Anknüpfungsmerkmal immanent sei. Dies sei der Fall, wenn die Natur des Anknüpfungsmerkmals eine gesonderte Anknüpfung für jede Vertragspartei fordere, beispielsweise bei der kleinen Vertragsspaltung, bei der jede der beiden Verpflichtungen gesondert beurteilt werde. Die Begründung dafür, dass eine solche Spaltung als dem Anknüpfungsmerkmal immanent angesehen werde, liege wohl in der von Savigny begründeten Spaltungstheorie (hierzu Kap. 1 A II 2 a). Beide Arten der Spaltung fallen unter den Begriff der objektiven dépeçage. Eine gesonderte Bezeichnung ist für die Beurteilung der Voraussetzungen und Folgen der Spaltung nicht hilfreich. 96 Daher wird in der vorliegenden Arbeit auf eine solche Einteilung verzichtet. IV. Abgrenzung der dépeçage zu anderen Konstellationen Im Folgenden sollen einige Situationen dargestellt werden, in denen zwar auch mehrere Rechtsordnungen zur Anwendung kommen, die jedoch keine dépeçage im soeben erläuterten Sinne darstellen. 1. Mehrere Rechtsverhältnisse a) Zusammengesetzte Verträge aa) Begriff Im Bericht von Giuliano/Lagarde zum EVÜ wird die Meinung einiger Experten erwähnt, die eine Aufspaltung eines Vertrags nur dann für zulässig halten, wenn er „in Wirklichkeit aus mehreren Verträgen“ besteht, er also einen zusammengesetzten Vertrag darstellt.97 Hierbei handelt es sich um vollständig voneinander unabhängige Verträge, die lediglich in einem Vertragsformular zusammengefasst sind. Die gesonderte Anknüpfung solcher Verträge stellt keine dépeçage dar, denn auf die einzelnen Verträge können
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So auch Windmöller, 22. Bericht Giuliano/Lagarde, BT-Drucks. 10/503 vom 20.10.1983, 33, 49; so auch Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 277; Windmöller, 115 ff. bezeichnet dies als objektbezogene Vertragsspaltung, hierzu oben Kap. 1 A III 1. 97
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Kapitel 1: Begriffliche, methodische und historische Grundlagen
ohnehin unproblematisch verschiedene Rechtsordnungen angewandt werden;98 sie stellen gerade keine Teilfragen eines Rechtsverhältnisses dar. bb) Beispiele für zusammengesetzte Verträge Viele der Beispiele, die in Schrifttum und Rechtsprechung angeführt werden, wenn es um Fälle einer zulässigen Spaltung eines Rechtsverhältnisses geht, sind zusammengesetzte Verträge und damit streng genommen keine dépeçage. (1) Schiedsabrede und Gerichtsstandsvereinbarung Ein Beispiel für einen zusammengesetzten Vertrag ist ein Vertrag, in den eine Schieds- oder Gerichtsstandsvereinbarung integriert ist.99 Die Schiedsabrede ist, genau wie die Gerichtsstandsvereinbarung, ein selbständiger Vertrag, da sie nicht vom Hauptvertrag abhängig ist und auch ohne ihn bestehen kann. 100 Es ist somit möglich, dass die Parteien eine Schiedsabrede, auch wenn diese im Hauptvertrag enthalten ist, einem anderen Recht unterstellen als den Hauptvertrag selbst.101 Auch eine Gerichtsstandsvereinbarung kann einer gesonderten Rechtswahl unterliegen. 102 Daher fällt die Teilrechtswahl im Hinblick auf die Schiedsabrede oder die Gerichtsstandsvereinbarung nicht unter den Begriff der dépeçage; eine gesonderte Anknüpfung ist ohne Weiteres möglich. (2) Vergleich Auch hinsichtlich eines Vergleichs ist eine kollisionsrechtliche Teilrechtswahl möglich. 103 Der Vergleich nimmt zwar auf den Hauptvertrag Bezug, ist aber ein eigenständiger Vertrag. Es handelt sich also um zwei selbstän-
98 So auch Calvo Caravaca/Carrascosa González, D.I.P. II, 528 f.; Cheshire/Borth/ Fawcett, P.I.L., 692; Lando, CMLR 1987, 159, 168; Ekelmans, in: Mélanges Vander Elst (1986) 243, 249 f.; ebenso Martiny, FS von Hoffmann (2011) 281, 285, 289, der lediglich dann, wenn die Verpflichtungen miteinander verknüpft und aufeinander bezogen sind, von der Möglichkeit eines einheitlichen Vertrags ausgeht; in diese Richtung wohl auch Bourissat, in: Le règlement communitaire „Rome I“ et le choix de loi dans les contrats internationaux (2011) 205, 217; anders dagegen Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 277, der die Selbständigkeit der einzelnen Teilverträge als Indiz für die Abtrennbarkeit der jeweiligen Teile sieht und nur in diesem Fall eine „dépeçage“ zulässt. 99 Soergel/von Hoffmann, Art. 28 EGBGB Rn. 130. 100 Ebenso Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 76; Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 96; Ekelmans, in: Mélanges Vander Elst (1986) 243, 249 f. 101 BGH 28.11.1963, BGHZ 40, 320, 323. 102 OLG Hamburg 8.3.1973, AWD 1974, 278. 103 BGH 19.1.2000, JZ 2000, 1115, 1116.
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dige, voneinander unabhängige Verträge, die ohnehin einer gesonderten Rechtswahl unterliegen können und daher keine dépeçage darstellen. b) Komplexe Verträge aa) Begriff Im Bericht Giuliano/Lagarde wurden unter anderem „sehr komplexe Verträge“ als mögliches Anwendungsfeld der objektiven Vertragsspaltung genannt.104 Bei komplexen Verträgen sind verschiedene Leistungspflichten in einem Vertrag zusammengefasst. Solche Verträge werden teilweise auch als gemischte Verträge bezeichnet.105 Wie bei zusammengesetzten Verträgen handelt es sich bei ihrer Aufspaltung nicht um eine dépeçage, wenn auch eigenständige Verträge über die jeweiligen Leistungspflichten hätten geschlossen werden können. 106 Jedoch kommt es hierbei auf den Einzelfall an: Wenn nach dem Parteiwillen die Leistungspflichten so eng miteinander verbunden sein sollen, dass sie nur zusammen einen einheitlichen Vertrag bilden, kann ihre unterschiedliche Anknüpfung durchaus als dépeçage anzusehen sein. Wenn die Pflichten jedoch nur zufällig in einem Vertragsformular zusammengefasst sind, kommt keine dépeçage in Betracht. bb) Beispiele für komplexe Verträge (1) Anlagenbauverträge In der Literatur wird vorgeschlagen, eine gesonderte Rechtswahl bei einem Anlagenbauvertrag zuzulassen, wobei Lieferung und Montage verschiedenen Rechten unterstellt werden, beispielsweise die Lieferung dem Recht am Sitz des Lieferanten und die Montage dem Recht am Montageort.107 Lieferung und Montage können unproblematisch Gegenstand von zwei voneinander unabhängigen Verträgen sein, sodass es sich hierbei nicht um eine dépeçage handelt.
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Bericht Giuliano/Lagarde, BT-Drucks. 10/503 vom 20.10.1983, 33, 55; so auch Staudinger/Magnus, Art. 28 EGBGB Rn. 59, MüKo/Martiny, 4. Aufl. (2006) Art. 28 EGBGB Rn. 21; Soergel/von Hoffmann, Art. 28 EGBGB Rn. 130, 135; Ferrari/Ferrari, Art. 28 EGBGB Rn. 29; W. Lorenz, IPRax 1987, 269, 274; AnwKomm/Leible, 1. Aufl. (2005) Art. 28 EGBGB Rn. 33 105 Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 277. 106 A.A. Windmöller, 20 f., der es für möglich hält, dass es sich bei dieser Art der Spaltung um eine dépeçage handeln kann; ebenso Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 278, der eine Aufspaltung komplexer bzw. gemischter Verträge als dépeçage ansieht, bei einer nicht teilbaren Gegenleistung jedoch aufgrund mangelnder Trennbarkeit die dépeçage scheitern lässt. 107 Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 106.
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Kapitel 1: Begriffliche, methodische und historische Grundlagen
(2) Bau- und Montageverpflichtungen in mehreren Staaten Die Spaltung von Bau- und Montageverpflichtungen, die in verschiedenen Staaten zu erbringen sind, wird ebenfalls als mögliches Anwendungsfeld für die (objektive) dépeçage genannt.108 Dabei soll jede Bauleistung nach dem Recht des Ortes, an dem sie ausgeführt werden soll, beurteilt werden. 109 Wenn es sich um verschiedene Bauorte in unterschiedlichen Staaten handelt, sind dies Verpflichtungen, die auch Gegenstand separater Verträge sein können. Somit stellt dieser Fall ebenfalls keine dépeçage dar. (3) Timesharing Grundsätzlich kommt bei Timesharing-Verträgen die Anknüpfung nach Art. 4 I lit. c 2. Var. Rom I-VO zum Zuge, wonach das Recht des Staates, in dem das Timesharing-Objekt belegen ist, anwendbar ist. Wenn der Vertrag jedoch mehrere Objekte in verschiedenen Staaten zum Gegenstand hat, soll über Art. 4 III Rom I-VO mittels einer objektiven dépeçage für jedes Timesharing-Objekt zum Recht des Belegenheitsortes desselben gelangt werden.110 Dies stellt jedoch keine dépeçage im eigentlichen Sinne dar, denn die Verträge über die einzelnen Objekte könnten auch unabhängig voneinander geschlossen werden, wobei die Anwendung unterschiedlicher Rechtsordnungen ohnehin möglich ist. c) Mehrere Lebenssachverhalte Wie bei mehreren separaten Verträgen verhält es sich im Recht der außervertraglichen Schuldverhältnisse, wenn mehrere Schuldverhältnisse aus verschiedenen Lebenssachverhalten entstehen. 111 Diese sind voneinander unabhängig und können ohnehin verschiedenen Rechtsordnungen unterliegen, sodass sie nicht unter den Begriff der dépeçage fallen. d) Mehrere außervertragliche Schuldverhältnisse Im Verhältnis zu mehreren Geschädigten bei einer unerlaubten Handlung wird grundsätzlich für jeden Geschädigten gesondert das anwendbare Recht bestimmt (so auch bei mehreren Schädigern), denn die Rom II-VO basiert auf dem Prinzip der nach Personen gesonderten Anknüpfung. 112 Es 108
Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 276. Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 276. 110 Reithmann/Martiny/Mankowski, Rn. 4326 f.; Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 277. 111 Vgl. Rauscher/Jakob/Picht, Art. 14 Rom II-VO Rn. 35. 112 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art. 4 Rom II-VO Rn. 72 ff.; für eine gesonderte Anknüpfung auch Symeonides, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 173, 185; ders., FS Jayme (2009) 935, 939. 109
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handelt sich hierbei um jeweils separate Schuldverhältnisse, die gesondert angeknüpft werden. Hierfür spricht auch die Formulierung in Art. 4 Rom II-VO, wo es heißt: „ein außervertragliches Schuldverhältnis aus unerlaubter Handlung“ und nicht „die unerlaubte Handlung als Ganzes“. 113 Im Haager Straßenverkehrsunfallübereinkommen von 1971 findet sich in Art. 4 lit. a ausdrücklich die Regelung, dass das anwendbare Recht für jeden Geschädigten gesondert bestimmt werden muss. Diese unterschiedliche Anknüpfung stellt jedoch keine dépeçage nach der hier vertretenen Definition dar, da nicht das Schuldverhältnis selbst aufgespalten wird.114 e) Dreipersonenverhältnisse Dreipersonenverhältnisse bestehen aus mehreren separaten Schuldverhältnissen. Beispiele hierfür sind die Forderungsabtretung nach Artt. 14 und 15 Rom I-VO oder die in den Artt. 18 (Direktklage gegen den Versicherer des Haftenden), 19 (gesetzlicher Forderungsübergang) und 20 Rom II-VO (mehrfache Haftung) geregelten Verhältnisse. Die dépeçage betrifft jedoch nur die Aufspaltung eines einzigen Schuldverhältnisses, sodass die oben genannten Konstellationen nicht unter diesen Begriff fallen. 115 Abzugrenzen sind solche Dreipersonenverhältnisse, die aus mehreren Schuldverhältnissen bestehen, allerdings von der Wirkung eines Schuldverhältnisses Dritten gegenüber, wie z.B. die Drittwirkung der Forderungsabtretung (dazu unten Kap. 2 B II 2 b). f) Konnossement Ein Konnossement, das ein Frachtdokument beim Seetransport darstellt, verbrieft bestimmte Rechte und ist ein handelbares Wertpapier.116 In Deutschland werden Ansprüche aus solchen Wertpapieren zwar als vertraglich angesehen, 117 jedoch werden in verschiedenen Mitgliedstaaten solche Verpflichtungen als außervertraglich eingestuft, sodass das Konnossement hier nicht eindeutig den vertraglichen oder außervertraglichen Schuldverhältnissen zugeordnet werden kann. 118 Jedenfalls ist ein Konnos113 Fentiman, in: The Rome II Regulation on the Law Applicable to Non-Contractual Obligations (2009) 85, 87. 114 Ebenso Kozyris, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 471, 478; anders aber Cocteau-Senn, 23 f., die dies als dépeçage bezeichnet. 115 So auch Polak, 14; a.A. Symeonides, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 173, 185 in Fn. 65. 116 Rauscher/Thorn, Art. 5 Rom I-VO Rn. 47; Staudinger/Magnus, Art. 5 Rom I-VO Rn. 106. 117 Staub/Canaris, § 363 HGB Rn. 57. 118 Bericht Giuliano/Lagarde, BT-Drucks. 10/503 vom 20.10.1983, 33, 49; Rauscher/von Hein, Art. 1 Rom I-VO Rn. 31.
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sement vom Frachtvertrag zu unterscheiden, da es einen eigenständigen Anspruch verbrieft, und ist somit unabhängig von seiner Einordnung als vertraglich oder außervertraglich gesondert anzuknüpfen. 119 Damit begründet es ein eigenständiges Rechtsverhältnis zwischen dem Konnossementinhaber, der vom Frachtführer verschieden sein kann, und dem Verfrachter. Folglich kann ein Konnossement nicht Gegenstand einer dépeçage sein. g) Verfügungsgeschäft Die gesonderte Anknüpfung des Verfügungsgeschäfts stellt ebenfalls keine dépeçage dar. Ungeachtet der Frage, ob Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft voneinander abhängig sind, 120 gilt kollisionsrechtlich das Trennungsprinzip, wonach beide Rechtsgeschäfte getrennt voneinander angeknüpft werden.121 Somit gehört das Verfügungsgeschäft nicht zum Schuldstatut und stellt damit ein separates Rechtsverhältnis dar, das gesondert angeknüpft wird (grds. gilt gemäß Art. 43 EGBGB die lex rei sitae). 2. Rechtsinstrumente des allgemeinen Teils des IPR a) Eingriffsnormen, Günstigkeitsvergleich und ordre public Die Berücksichtigung von Eingriffsnormen im Rahmen der Artt. 9 Rom IVO und 16 Rom II-VO kann dazu führen, dass mehrere Rechte auf den gleichen Sachverhalt anwendbar sind. Teilweise wird dies als dépeçage bezeichnet.122 Die Anwendung mehrerer Rechte auf ein Rechtsverhältnis ist aber im Fall von Eingriffsnormen die Folge eines eigenständigen Mechanismus, der sich in der IPR-Lehre herausgebildet hat.123 Die Anwendung des Rechts, dem das Rechtsverhältnis unterliegt, wird lediglich in einem speziellen Punkt von der Eingriffsnorm durchbrochen, die in Bezug darauf Vorrang hat. Hierbei wird nur die jeweilige Eingriffsnorm auf eine bestimmte Frage angewandt und nicht die Rechtsordnung als Ganzes,124 während bei einer dépeçage eine Rechtsordnung als Ganzes auf eine bestimmte Teilfrage zur Anwendung kommt. Daher handelt es sich bei der 119 OLG Hamburg 9.1.1975, IPRspr. 1975 Nr. 27; Rauscher/Thorn, Art. 5 Rom I-VO Rn. 47; Staudinger/Magnus, Art. 5 Rom I-VO Rn. 107. 120 Anküpfung dieser Frage nach der lex rei sitae: Kegel/Schurig, IPR, § 19 II, S. 768; Junker, IPR, Rn. 479; a.A. MüKo/Wendehorst, Art. 43 EGBGB Rn. 82, der dies als selbständig anzuknüpfende Vorfrage sieht. 121 MüKo/Wendehorst, Art. 43 EGBGB Rn. 82; von Hoffmann/Thorn, IPR, § 12 Rn. 21; Junker, IPR, Rn. 479; Kegel/Schurig, IPR, § 19 II, S. 768. 122 So Cocteau-Senn, 34 ff. und 38 ff.; Symeonides, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 173, 185 in Fn. 63. 123 Polak, 18. 124 Polak, 18.
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Zersplitterung eines Rechtsverhältnisses durch Eingriffsnormen nicht um eine dépeçage.125 Auch durch den Günstigkeitsvergleich können - ähnlich wie im Rahmen der Eingriffsnormen - Vorschriften einer anderen Rechtsordnung maßgeblich sein. Bei einem solchen Günstigkeitsvergleich (innerhalb des Art. 6 II Rom I-VO oder Art. 8 I 2 Rom I-VO) finden lediglich die günstigeren intern zwingenden Bestimmungen eines Staates Anwendung, während die Rechtswahl ansonsten wirksam bleibt; es kommt gerade nicht die günstigere Rechtsordnung als Ganzes zur Anwendung. 126 Bei einer dépeçage findet jedoch jeweils eine Rechtsordnung als Ganzes und nicht nur bestimmte Vorschriften Anwendung. Da im Rahmen des Günstigkeitsvergleichs aber lediglich bestimmte Normen einer Rechtsordnung Geltung erhalten und nicht die Rechtsordnung als Ganzes, handelt es sich hierbei nicht um eine dépeçage.127 Abzugrenzen ist die dépeçage auch von der Problematik des ordre public. Zwar wird geltend gemacht, Art. 21 Rom I-VO bzw. Art. 26 Rom II-VO könnten zu einer dépeçage führen, wenn das anwendbare Recht insoweit ersetzt werde, als es mit dem ordre public unvereinbar sei. 128 Der ordre public greift jedoch erst korrigierend ein, nachdem das anwendbare Recht bereits bestimmt und auch angewendet wurde. Die dépeçage spielt jedoch schon auf der vorhergehenden Stufe eine Rolle, nämlich bei der Bestimmung des anwendbaren Rechts. Somit stellt auch die Anwendung von Normen mehrerer Rechtsordnung bei Eingreifen des ordre public keine dépeçage dar.129 b) Rechtsspaltung Nicht verwechselt werden darf die dépeçage mit dem Begriff der Rechtsspaltung, wie er in Art. 4 III EGBGB oder in Bezug auf Art. 22 I Rom IVO und Art. 25 I Rom II-VO verwendet wird. Dort ist die Situation gemeint, in der ein Staat mehrere Gebietseinheiten hat, in denen eine jeweils andere Rechtsordnung gilt. Das Recht dieses Staates ist also territorial gespalten (interlokale Rechtsspaltung).130 Auch eine personale Rechtsspaltung ist möglich, wenn nämlich für Angehörige verschiedener Ethnien oder Religionen das Recht ihrer jeweiligen Ethnie oder ihrer Religion gilt. 131 Jedoch stellen diese Arten der Spaltung keine dépeçage dar, denn hier wird 125
Ebenso Polak, 18; Hay/Weintraub/Borchers, Comparative Conflict of Laws, 180. Bericht Giuliano/Lagarde, BT-Drucks. 10/503 vom 20.10.1983, 33, 57. 127 A.A. Polak, 31 ff. 128 Symeonides, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 173, 185 in Fn. 63. 129 Ebenso Hay/Weintraub/Borchers, Comparative Conflict of Laws, 179. 130 Siehe bspw. Rauscher, IPR, Rn. 9 ff. 131 Hierzu näher Keller/Siehr, IPR, § 16 II. 126
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kein einheitliches Schuldverhältnis aufgespalten, sondern es gilt je nach Gebiet oder Person eine andere Rechtsordnung. c) Doppelrechtswahl Von der dépeçage zu unterscheiden ist auch die sog. Doppelrechtswahl. Dabei sollen nach dem Willen der Parteien mehrere Rechte parallel auf einen Vertrag oder ein sonstiges Rechtsverhältnis in seiner Gesamtheit anwendbar sein. 132 Eine solche Doppelrechtswahl wird von der h.M. als unzulässig angesehen. 133 Bei einer Doppelrechtswahl sollen also mehrere Rechtsordnungen zeitgleich auf dasselbe Rechtsverhältnis anwendbar sein, während bei der dépeçage lediglich verschiedene Teile eines Rechtsverhältnisses verschiedenen Rechtsordnungen unterliegen. So kommt es bei der dépeçage im Gegensatz zur Doppelrechtswahl nicht dazu, dass für denselben Teil eines Rechtsverhältnisses mehrere Rechtsordnungen gelten. Die Doppelrechtswahl fällt daher nicht unter den Begriff der dépeçage. d) Doppel- und Mehrfachqualifikation Ebenso nicht mit der dépeçage zu verwechseln sind die Doppel- und die Mehrfachqualifikation. Hierunter ist der Fall zu verstehen, dass ein Lebenssachverhalt nicht genau einer Kollisionsnorm zugeordnet werden kann, sondern unter zwei (Doppelqualifikation) oder gar mehrere (Mehrfachqualifikation) Kollisionsnormen zu fassen ist.134 e) Statutenwechsel Auch ein Statutenwechsel kann zur Zersplitterung eines Rechtsverhältnisses führen, wenn mehrere Rechtsordnungen zeitlich nacheinander auf die gleiche Rechtsfrage Anwendung finden. 135 Dies ist jedoch keine dépeçage,136 denn diese umfasst nur die zeitgleiche Anwendung mehrerer Rechtsordnungen auf verschiedene Teilfragen eines Rechtsverhältnisses. 137 3. Berücksichtigung als Tatsache Von der dépeçage abzugrenzen ist außerdem die Berücksichtigung als Tatsache. Als Beispiel hierfür dient Art. 17 Rom II-VO. Dieser verlangt, dass 132
Bälz, IPRax 2005, 44, 46. Bälz, IPRax 2005, 44, 46 m.w.N.; Kondring, IPRax 2007, 241, 244. 134 von Bar/Mankowski, IPR I, § 10 Rn. 178. 135 PWW/Mörsdorf-Schulte, Art. 3 EGBGB Rn. 33. 136 Anders jedoch PWW/Mörsdorf-Schulte, Art. 3 EGBGB Rn. 33 und Cocteau-Senn, 25 ff., die auch in diesem Fall von einer dépeçage sprechen. 137 So auch E. Wagner, 58. 133
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die Sicherheits- und Verhaltensregeln am Ort des haftungsbegründenden Ereignisses faktisch „zu berücksichtigen“ sind. Damit ist aber lediglich eine Berücksichtigung als local data gemeint, nämlich als Tatsache bzw. Sachverhaltselement und nicht als Rechtsregel. 138 Somit wird nicht gesondert angeknüpft, mithin handelt es sich hierbei nicht um eine dépeçage.139 4. Kompetenz-dépeçage Im Zuständigkeitsrecht besteht die Möglichkeit einer Aufspaltung von Kompetenzbereichen; dies wird auch als Kompetenz-dépeçage bezeichnet.140 Eine solche findet sich beispielsweise in der ÜRL (hierzu Kap. 4 A); hierbei wird die Zuständigkeit der Aufsichtsbehörden für gesellschaftsrechtliche Fragen einerseits und kapitalmarktrechtliche Fragen andererseits aufgespalten. Diese Aufspaltung ist jedoch keine dépeçage im oben erläuterten Sinne, denn der Begriff erfasst nach der hier vertretenen Ansicht nur die Aufspaltung des anwendbaren Rechts und nicht die Aufspaltung von Zuständigkeiten. V. Zusammenfassung Eine Vielzahl von Konstellationen, in denen mehrere Rechtsordnungen auf einen Sachverhalt anwendbar sind, werden teilweise als dépeçage bezeichnet. Wie soeben aufgezeigt, kann jedoch nicht jede Art der Rechtsspaltung als dépeçage angesehen werden. Vielmehr muss genau differenziert werden, ob es sich um eine Situation handelt, die der Definition der dépeçage entspricht.
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Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) vom 22.7.2003, KOM(2003) 427 endg., 28; Calliess/von Hein, Art. 17 Rom II-VO Rn. 3; Rauscher/Jakob/Picht, Art. 17 Rom II-VO Rn. 10; von Hein, FS von Hoffmann (2011) 139, 141; ders., VersR 2007, 441, 446; Kozyris, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 471, 483; kritisch dazu jedoch Symeonides, YbPIL 2007, 149, 163 ff.; Kaminsky, Tulane L. Rev. 85 (2010) 55, 89 ff.; a.A. Stoll, FS Reischauer (2010) 389, 408 f., der die Anwendung der Sicherheits- und Verhaltensregeln als Rechtsvorschriften im Sinne einer materiellrechtlichen Teilverweisung befürwortet; anders auch Pfeiffer, Liber Amicorum Schurig (2012), 229, 232 ff., der in Art. 17 Rom II-VO eine „unfertige Kollisionsnorm“ sieht, die dahingehend interpretiert werden müsse, dass zwischen einer Berücksichtigung von Sicherheits- und Verhaltensregeln und ihrer Anwendung alles möglich sei. 139 Ebenso Kadner Graziano, 378; anders Symeonides, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 173, 186 in Fn. 64. 140 Ekelmans, in: Mélanges Vander Elst (1986) 243, 244 in Fn. 4; Jayme, Rec. des Cours 1995, Tome 251, 9, 137; von Hein, Die AG 2001, 213, 228 f.
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B. Methodische und historische Grundlagen der dépeçage B. Methodische und historische Grundlagen der dépeçage
Um die methodischen Grundlagen der dépeçage zu erläutern, ist eine kurze historische Einführung erforderlich. Daher erfolgt zunächst ein auf die wesentlichen Gesichtspunkte beschränkter Überblick über die Theorien und Methoden in der Geschichte des europäischen IPR. Anschließend wird die Handhabung der dépeçage im ehemaligen deutschen IPR dargestellt, bevor auf ihre Behandlung im US-amerikanischen Recht eingegangen wird. I. Europäisches IPR 1. Methoden in der Geschichte des europäischen IPR a) Modernes IPR Der bedeutendste Einfluss auf das kontinentaleuropäische Kollisionsrecht nach Überwindung der Statutentheorie 141 wird Friedrich Carl von Savigny (1779-1861)142 zugeschrieben. Savigny leitete mit seiner „neuen analytischen Methode“143 eine Wende in dieser bisherigen Lehre des Kollisionsrechts ein und legte damit den Grundstein für das noch heute geltende System des IPR.144 aa) Fragestellung vom Sachverhalt her Bereits in den Eingangsworten seines Werkes stellt Savigny die entscheidenden Fragen: „Auf welche Personen erstreckt jede gegebene Rechtsregel das Gebiet ihrer Herrschaft? Oder in umgekehrter Auffassung: Welches sind die Rechtsregeln, denen eine gegebene Person unterworfen oder angehörig ist?“145 In der ersten Frage lässt sich der Ansatz der Statutentheorie erkennen, deren Ausgangspunkt die Rechtsregeln waren. Diesen Ansatz lehnte Savigny jedoch ab. Er stellte die Frage umgekehrt und setzte nicht bei der Person, sondern beim Rechtsverhältnis (bzw. weiter gefasst beim Lebenssachverhalt) an. Die Fragestellung vom Sachverhalt her war eines der wichtigsten Prinzipien Savignys und läutete einen Methodenwechsel im IPR ein: Das Rechtsverhältnis bzw. der Lebenssachverhalt wird den 141
Die Statutentheorie, deren Ausgangspunkt das Gesetz war (für jede Rechtsregel wurde versucht, die Fälle zu bestimmen, die diese Norm regeln wollte), galt seit dem Mittelalter in den europäischen Staaten und sah eine strikte Einteilung in Statuten vor. Siehe dazu Kropholler, IPR, § 2 II; Rauscher, IPR, Rn. 25 ff.; Beitzke, FS Smend (1952) 1, 4. 142 Zu seiner Person und seinen Werken näher Schwarz, AcP 1962, 481. 143 Goldschmidt, FS Wolff (1952) 203, 209. 144 1849 erschien der achte Band seines Werkes „System des heutigen Römischen Rechts“, in dem er neue Lehren zum Kollisionsrecht vorstellte. 145 Savigny, 10 f.
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Rechtsregeln unterworfen, nicht umgekehrt.146 Savigny nannte aber auch bereits Ausnahmen von diesem Grundsatz, nämlich wenn es sich um Vorschriften „streng positiver, zwingender Natur“ handelte.147 Hiermit sind im heutigen Sprachgebrauch die Eingriffsnormen gemeint. Dabei kommt es also ausnahmsweise auf den Inhalt der Sachnorm an, die Frage wird vom Gesetz her gestellt. bb) Suche nach dem Sitz des Rechtsverhältnisses Nach dem Ansatz, der aus Savignys Methode hervorging, besteht die Aufgabe des Kollisionsrechts in der Suche nach dem Sitz des Rechtsverhältnisses: „(…) daß bei jedem Rechtsverhältniß dasjenige Rechtsgebiet aufgesucht werde, welchem dieses Rechtsverhältniß seiner eigenthümlichen Natur nach angehört oder unterworfen ist (worin dasselbe seinen Sitz hat)“.148 Bei der Bestimmung des Sitzes des Rechtsverhältnisses spielen Inhalt der Sachnormen und ihre Regelungszwecke grundsätzlich keine Rolle. Dieser Gedanke beruht auf dem von Savigny aufgestellten Grundsatz von der Gleichrangigkeit der nationalen Rechtsordnungen. 149 Es werden alle Rechtsordnungen als wertneutral angesehen, eine Orientierung am materiell günstigsten Ergebnis gilt es zu vermeiden. Durch diese Vermutung soll internationaler Entscheidungseinklang hergestellt werden.150 Den Sitz der vertraglichen Schuldverhältnisse beispielsweise sah Savigny am Erfüllungsort, denn die Bezüge, die der Abschlussort zum Schuldverhältnis habe, seien lediglich zufällig. 151 Hierbei sollte das auf die Pflichten der Vertragsparteien anzuwendende Recht für jede Partei separat zu bestimmen sein. Diese gesonderte Anknüpfung von Schuldverhältnissen sah er als die „ursprüngliche und natürliche“ an. 152 Er ließ also eine kleine Vertragsspaltung zu (hierzu Kap. 1 A II 2 a). Zwar erkannte Savigny die sich daraus ergebenden Probleme und sah auch die Rechtfertigung für eine einheitliche Anknüpfung des Schuldverhältnisses, jedoch war für ihn diese Spaltung methodisch das einzig Richtige. 153
146
Joerges, 4 f.; Keller/Siehr, IPR, § 9 II 1; Kropholler, IPR, § 3 I; Beitzke, FS Smend (1952) 1, 7. 147 Savigny, 33. 148 Savigny, 28, 108; hierzu eingehend Beuhaus, RabelsZ 1949/50, 364. 149 Savigny, 26 f.; von Hoffmann/Thorn, IPR, § 1 Rn. 12, § 2 Rn. 50; Kropholler, IPR, § 3 I; Junker, IPR, Rn. 84. 150 Savigny, 27, 69 f. 151 Savigny, 207 ff. 152 Savigny, 202. 153 Savigny, 202 f., insbes. Fn. (b).
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b) Heutiges europäisches IPR Waren Savignys Prinzipien zunächst nur in den kontinentaleuropäischen Staaten populär, so hat sich dies mit Beginn der Vereinheitlichung des europäischen Kollisionsrechts geändert. Die Rechtsakte, die beispielsweise zum internationalen IPR der vertraglichen und außervertraglichen Schuldverhältnisse ergangen sind, basieren auf der kontinentaleuropäischen Methodik, gelten jedoch auch für das Vereinigte Königreich und Irland. Diese folgten ursprünglich einem anderen Ansatz, nämlich der sog. comitasLehre, die sich in den Niederlanden unter Huber herausgebildet hatte und später in England und den USA viel Beachtung fand. 154 Dieser Ansatz sah als Grundlage des IPR das freundliche Entgegenkommen der Staaten untereinander an, d.h. die Gesetze anderer Staaten sollten auch im Inland Wirkung erhalten, soweit die Hoheitsgewalt des Staates nicht beeinträchtigt wird.155 Die Ordnungskriterien unter der comitas-Lehre waren nicht mehr die Statuten, vielmehr wurde bei der Anknüpfung bereits auf einzelne Sachbereiche abgestellt, z.B. auf die Geschäftsfähigkeit, den Wohnsitz oder auf Schuldverträge.156 Hierauf gründete sich die vested rightsDoktrin, die Dicey im Vereinigten Königreich und Beale in den USA propagierten (dazu eingehend unten Kap. 1 B III 1 a).157 aa) Fragestellung vom Sachverhalt her Noch heute folgt das System des deutschen und europäischen IPR primär den klassischen Grundsätzen Savignys, wonach der Sachverhalt der Anknüpfungspunkt ist und einem bestimmten Recht unterworfen werden soll. 158 Es soll also diejenige Rechtsordnung ermittelt werden, welche die sich aus dem Sachverhalt ergebende Frage beantwortet.159 Hierbei sind Inhalt und Zweck der Sachnormen grundsätzlich unbeachtlich; es ist also
154
Beaumont/McEleavy, P.I.L., 2.10; Kegel/Schurig, IPR, § 3 VIII; Beuhaus, IPR, 93. Kegel, RabelsZ 1979, 609, 626 f.; Rauscher, IPR, Rn. 31; Junker, IPR, Rn. 71; von Hoffmann/Thorn, IPR, § 2 Rn. 26; von Bar/Mankowski, IPR I, § 6 Rn. 37 f. 156 von Bar/Mankowski, IPR I, § 6 Rn. 38; Junker, IPR, Rn. 71; Kegel/Schurig, IPR, § 3 VIII; von Hoffmann/Thorn, IPR, § 2 Rn. 26; Kegel, RabelsZ 1979, 609, 627 f. 157 Beaumont/McEleavy, P.I.L., 2.29 ff. 158 MüKo/Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 23; Staudinger/Sturm/Sturm, Einl. IPR Rn. 56; Keller/Siehr, IPR, § 13 IV 1; Junker, IPR, Rn. 80, 89; Kropholler, IPR, § 3 I; Weller, IPRax 2011, 429 sieht jedoch einen schleichenden Paradigmenwechsel durch die Europäisierung des Kollisionsrechts. 159 Beitzke, FS Smend (1952) 1, 3; Kropholler, IPR, § 3 I. 155
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nicht das sachlich beste Recht anzuwenden, sondern das räumlich beste Recht.160 Bei der Fragestellung vom Sachverhalt her wird davon ausgegangen, dass eine Verweisung auf eine bestimmte Rechtsordnung zu ihrer Anwendung als Ganzes führt, denn dort habe das Rechtsverhältnis seinen „Sitz“. 161 Beispielsweise ist in Art. 3a EGBGB von den „Rechtsnormen der maßgebenden Rechtsordnung“162 die Rede. Diese Methode wird auch als jurisdiction selection bezeichnet 163 und basiert auf dem Gedanken der Einheit der Rechtsordnung. 164 bb) Fragestellung vom Gesetz her Ausnahmsweise wird heute, wie schon bei Savigny (Kap. 1 B I 1 a aa), auch beim Gesetz angesetzt, wenn das Gesetz an die Besonderheiten eines Staates angepasst ist und sich nicht ohne Weiteres auf andere Staaten übertragen lässt oder wenn das Gesetz spezielle öffentliche Interessen verfolgt (z.B. bei Eingriffsnormen). 165 Man versucht also, mithilfe dieser Methode von der Norm ausgehend die Frage zu beantworten, welche Fälle diese Norm regeln will. 166 Dieser Ansatz wird auch als statutistisch bezeichnet, denn er setzt wie die Statutentheorie beim Gesetz an. 167 cc) Prinzip der engsten Verbindung Aufbauend auf Savignys Lehre vom Sitz des Rechtsverhältnisses gilt heute in den meisten europäischen Staaten das Prinzip der engsten Verbindung bei der Bestimmung der anzuwendenden Rechtsordnung. 168 In einigen IPR160
MüKo/Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 19; Erman/Hohloch, Einl. Art. 3-47 EGBGB Rn. 39; von Hoffmann/Thorn, IPR, § 2 Rn. 52; Kegel/Schurig, IPR, § 2 I, S. 131; Kropholler, IPR, § 4 II 1; Junker, IPR, Rn. 83; Rauscher, IPR, Rn. 49 ff. 161 von Hein, Die AG 2001, 213, 228. 162 Hervorherbung hinzugefügt. 163 Cavers, in: Picone/Wengler, IPR (1974) 166, 167; Keller/Siehr, IPR, § 22 III 2; von Hein, Die AG 2001, 213, 228; Siehr, FS Drobnig (1998) 443, 451; Symeonides, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 174, 181 spricht von einem „system-selecting approach”, meint aber das Gleiche. 164 Stoll, FS Reischauer (2010) 389, 393. 165 Junker, IPR, Rn. 80; Kropholler, IPR, § 3 II; Lehmann, FS Spellenberg (2010) 245, 256 f. 166 Junker, IPR, Rn. 86. Diese Anknüpfung von Eingriffsnormen wird teilweise auch als „Sonderanknüpfung“ bezeichnet und wurde von Wengler „entdeckt“ (Wengler, ZVglRWiss 1941, 168). Zu den heutigen Sonderanknüpfungslehren siehe näher von Bar/Mankowski, IPR I, § 4 Rn. 105 ff. m.w.N. und von Hoffmann, IPRax 1989, 261, 261 f. 167 MüKo/Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 22. 168 Hierzu eingehend Lehmann, FS Spellenberg (2010) 245.
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Kodifikationen wird dieses Prinzip ausdrücklich so genannt (siehe bspw. Art. 28 I EGBGB a.F., Art. 4 III Rom I-VO oder Art. 4 III 1 Rom II-VO), in anderen ist von der „stärksten Beziehung“ (§ 1 I öst. IPRG) oder vom „engen Zusammenhang“ (Art. 15 I schweiz. IPRG169) die Rede. 170 Dieses Prinzip stellt eine Verfeinerung von Savignys Methode dar, es ist nicht mit ihr gleichzusetzen. 171 Während bei Savigny der Sitz des Rechtsverhältnisses nach dessen Natur abstrakt bestimmt wurde, werden nun der jeweilige Lebenssachverhalt und die Interessen, die über die einzelnen Anknüpfungen bestimmen, näher betrachtet, und es werden ausdifferenzierte Möglichkeiten zur Bestimmung der engsten Verbindung eröffnet.172 Es kommt beispielsweise im Vertragsrecht nicht mehr lediglich auf den Erfüllungsort an (so noch bei Savigny, Kap. 1 B I 1 a), sondern es wird mittels eines fein abgestuften Anknüpfungssystems auf den Charakter des jeweiligen Schuldverhältnisses Bezug genommen und so das Anknüpfungsmoment bestimmt. 173 Weitere Maßnahmen zur Ausdifferenzierung des Prinzips der engsten Verbindung sind Ausweich- bzw. Auflockerungsklauseln, 174 wie z.B. Art. 4 III Rom I-VO oder Auffangklauseln wie Art. 4 IV Rom I-VO. Diese Methode soll zu größerer Vorhersehbarkeit des anwendbaren Rechts führen und damit der Rechtssicherheit dienen. 175 2. Die methodischen Grundlagen der dépeçage Im europäischen Kollisionsrecht wird jede Rechtsordnung als einheitliches Ganzes mit in sich ausgewogen gestalteten Rechtsinstituten angesehen; es besteht ein innerer Sinnzusammenhang. 176 Der Erhalt dieses Sinnzusammenhangs, also der innere Entscheidungseinklang (auch materielle Harmo169
Zur Methodik dieser Vorschrift siehe Vischer, FS Heini (1995) 479. Vgl. Junker, IPR, Rn. 82; Kropholler, IPR, § 4 II 1. 171 von Hoffmann/Thorn, IPR, § 2 Rn. 53; Junker, IPR, Rn. 77, 83. 172 von Hoffmann/Thorn, IPR, § 1 Rn. 14, § 2 Rn. 53; Junker, IPR, Rn. 83; Kropholler, IPR, § 4 II 1; Lehmann, FS Spellenberg (2010) 245, 254 f. betont allerdings den Unterschied zwischen Art. 4 Rom I-VO und Savignys Suche nach dem Sitz des Rechtsverhältnisses. 173 So z.B. die verschiedenen Vertragstypen in Art. 4 I Rom I-VO, für die jeweils ein vermuteter Schwerpunkt bestimmt wird; hierzu von Hoffmann/Thorn, IPR, § 1 Rn. 14; Junker, IPR, Rn. 77; Kropholler, IPR, § 4 II 1; Lehmann, FS Spellenberg (2010) 245, 254 f.; Mankowski, IPRax 2006, 101, 103. 174 MüKo/Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 32; Bamberger/Roth/S. Lorenz, Einl. IPR EGBGB Rn. 4; Junker, IPR, Rn. 77; Keller/Siehr, IPR, § 13 IV 3; von Hoffmann/Thorn, IPR, § 2 Rn. 54; Lehmann, FS Spellenberg (2010) 245, 253. 175 Vorschlag der Kommission für eine Rom I-VO vom 15.12.2005, KOM(2005) 650 endg., S. 6. 176 Goldschmidt, FS Wolff (1952) 203, 210; von Schwind, RabelsZ 1958, 449, 456 f.; von Hein, Die AG 2001, 213, 228. 170
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nie genannt), gilt auch heute noch als ein wichtiges Ziel des IPR.177 Normwidersprüche (Normenhäufung und Normenmangel) gilt es daher zu vermeiden. 178 Somit scheint dieses System der dépeçage, die ein Zerreißen dieses Sinnzusammenhanges und damit die Beeinträchtigung des inneren Entscheidungseinklanges bedeuten würde, auf den ersten Blick methodisch entgegenzustehen. Zwar ist die dépeçage beispielsweise in Art. 3 I 3 Rom I-VO zugelassen und war jedenfalls auch nach Art. 28 I 2 EGBGB a.F. für die objektive Anknüpfung möglich. Jedoch ist dabei nicht der Inhalt der Sachnormen maßgeblich. 179 Vielmehr spielt hier immer noch Savignys Einfluss eine bedeutende Rolle, denn die im europäischen Kollisionsrecht praktizierte Abspaltung von Teilfragen stellt eine Verfeinerung des Prinzips der engsten Verbindung dar.180 Dieses Prinzip, bei dem nicht auf den Inhalt der in Frage kommenden Sachnorm geschielt wird, kommt in Cavers‘ Beispiel von der „Augenbinde Savignys“ zum Ausdruck.181 Die dépeçage will kollisionsrechtliche Gerechtigkeit schaffen und das räumlich beste Recht anwenden. 182 Diese Gerechtigkeitsvorstellung galt schon seit jeher im IPR. Daher steht die dépeçage dem europäischen System des IPR vom methodologischen Ausgangspunkt her nicht von vornherein entgegen. 183 II. Die Handhabung der dépeçage im ehemaligen deutschen IPR Die dépeçage fand weder lediglich zu Savignys Zeiten statt, noch ist sie eine Modeerscheinung, die erst mit der Europäisierung des Kollisionsrechts aufkam. Rechtsprechung und Literatur beschäftigten sich in Deutschland im Verlauf des 20. Jahrhunderts immer wieder mit der Spaltung des anwendbaren Rechts. 1. Entwicklung vor 1986 Die dépeçage war bis 1986 nicht kodifiziert. Für das IPR galt zwar das EGBGB in der Fassung vom 18. August 1896184, das am 1. Januar 1900 in Kraft trat, jedoch war das Schuldrecht nicht gesetzlich geregelt; es gab 177
Kegel/Schurig, IPR, § 2 II 3 b; Kropholler, IPR, § 6; von Hein, Die AG 2001, 213,
228. 178
Kegel/Schurig, IPR, § 2 II 3 b. von Hein, Die AG 2001, 213, 228. 180 Kropholler, IPR, § 2 III 3; Cocteau-Senn, 16; Polak, 14 f., 26 f.; von Hein, Die AG 2001, 213, 228; Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 262. 181 Cavers, in: Picone/Wengler, IPR (1974) 166, 167. 182 Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 262. 183 So auch Cavers, in: Picone/Wengler, IPR (1974) 166, 167; Keller/Siehr, IPR, § 22 III 2; Polak, 26 f. 184 RGBl. 1896, 604. 179
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lediglich eine Norm für die unerlaubte Handlung (Art. 12 EGBGB 1900). Im damaligen EGBGB waren neben Vorschriften über das internationale Personen-, Familien- und Erbrecht lediglich allgemeine Normen wie beispielsweise eine Vorbehaltsklausel (Art. 30 EGBGB 1900) oder Bestimmungen bezüglich der Form der Rechtsgeschäfte (Art. 11 EGBGB 1900) oder der Rückverweisung (Art. 27 EGBGB 1900) enthalten. Das internationale Schuld- und Sachenrecht hingegen war in Deutschland Gewohnheitsrecht.185 a) Vertragliche Schuldverhältnisse Die Zulässigkeit der dépeçage bei einer Rechtswahl der Parteien war bereits vom Reichsgericht anerkannt 186 und wurde vom BGH übernommen.187 Die kollisionsrechtliche Teilrechtswahl wurde ebenso in der Literatur für zulässig erachtet.188 Auch ohne Rechtswahl der Parteien war eine Vertragsspaltung nach der Rechtsprechung des BGH möglich und zulässig, wobei hierbei nicht offen objektive Kriterien eine Rolle spielten, sondern der hypothetische Parteiwille als eine Art verkappte objektive Anknüpfung 189 maßgeblich war.190 In der älteren deutschen Rechtsprechung von etwa 1860 an fand die kleine Vertragsspaltung in Deutschland Anwendung.191 Diese Rechtsprechung gründete sich auf Savignys Thesen (oben Kap. 1 B I 1 a).192 Diese Praxis wurde jedoch aufgegeben, bevor es zur Reform des Internationalen Privatrechts 1985/86 kam (Kap. 1 A II 2 a).193 Vereinzelt
185 Staudinger/Sturm/Sturm (1984) Einl. zu Art. 7 ff. EGBGB Rn. 222; Staudinger/Firsching (1978) vor Art. 12 EGBGB Rn. 11. 186 Bspw. RG 23.6.1927, RGZ 118, 370. 187 Z.B. BGH 3.12.1971, BGHZ 57, 337; ebenso noch zur alten Rechtslage BGH 12.12.2008, BGHZ 179, 146 (insoweit nicht ausgeführt), siehe aber WM 2009, 501, 502. 188 Z.B. Staudinger/Firsching (1978) vor Art. 12 EGBGB Rn. 341 m.w.N.; Hartmann, 27; Lochner, 102 f.; Beuhaus, IPR, 260 f.; Raape, IPR, 470 f.; dagegen Simitis, JuS 1966, 209, 213; von Schwind, RabelsZ 1958, 449, 457. 189 Dazu eingehend Beuhaus, IPR, 263 ff.: Der hypothetische Parteiwille wurde ermittelt, wenn die Parteien weder ausdrücklich noch stillschweigend eine Rechtswahl getroffen hatten, und ging der objektiven Anknüpfung an den Abschluss- oder Erfüllungsort vor, um durch flexible Anknüpfung der Eigenart des jeweiligen Vertrags Rechnung zu tragen. 190 Zur Rechtslage vor 1986: BGH 25.10.2005, BGHZ 164, 361, 365 f. 191 Z.B. RG 28.4.1900, RGZ 46, 193; 21.4.1902, RGZ 51, 218; 16.6.1903, RGZ 55, 105; 26.4.1907, RGZ 66, 73; siehe hierzu Staudinger/Firsching (1978) vor Art. 12 EGBGB Rn. 144; Drobnig, 266 ff.; Hartmann, 3; Beuner, RabelsZ 1928, 108. 192 Staudinger/Firsching (1978) vor Art. 12 EGBGB Rn. 144. 193 Kadletz, ZLW 1996, 413, 415 in Fn. 14; Lando, CMLR 1987, 159, 167; hierzu auch Schack, 93 ff.
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findet man Entscheidungen, die eine große Vertragsspaltung zuließen. 194 Darüber hinaus bestand Einigkeit darin, dass die Teilfragen der Handlungsfähigkeit, der Stellvertretung und der Form abgespalten und gesondert angeknüpft werden sollten. 195 b) Außervertragliche Schuldverhältnisse Art. 12 EGBGB 1900 bezog sich auf das internationale Deliktsrecht, enthielt jedoch keine Anknüpfungsregel, sondern lediglich eine spezielle Vorbehaltsklausel. Danach konnten wegen einer im Ausland begangenen unerlaubten Handlung gegen einen Deutschen nicht weitergehende Ansprüche geltend gemacht werden, als nach den deutschen Gesetzen begründet waren. Für unerlaubte Handlungen galt der richterrechtlich entwickelte Grundsatz der lex loci delicti commissi, wonach an den Begehungsort der unerlaubten Handlung angeknüpft wurde.196 Dieses Recht war für alle Elemente des Delikts maßgeblich, sowohl für die Voraussetzungen als auch für die Wirkungen der unerlaubten Handlung, insbesondere auch für die Deliktsfähigkeit. 197 Das Recht des Tatortes war also in vollem Umfang anzuwenden; eine dépeçage wurde im Deliktsrecht nicht praktiziert. 2. Die IPR-Reform von 1986 Die Artt. 27-37 EGBGB 1986 betreffend die vertraglichen Schuldverhältnisse beruhten (mit Ausnahme des Art. 29a EGBGB a.F.) auf dem EVÜ198 und wurden 1986 im Zuge der IPR-Reform eingeführt.199 Artt. 27 I 3 und 28 I 2 EGBGB1986, die den Artt. 3 I 3 und 4 I 2 EVÜ entsprachen, führten sowohl die subjektive als auch die objektive dépeçage in Deutschland gesetzlich ein. 200 Im Schrifttum wurde dies teilweise sehr kritisch gesehen.201 Jedoch ist anzumerken, dass die subjektive dépeçage von der h.M. grundsätzlich als zulässig erachtet wurde (soeben Kap. 1 B II 1 a), wenngleich
194 Z.B. LG Aurich 11.7.1963, AWD 1974, 282; zur großen Vertragsspaltung in Deutschland ausführlich Wahl, RabelsZ 1929, 775, 782 ff. 195 Staudinger/Firsching (1978) vor Art. 12 EGBGB Rn. 144. 196 Staudinger/Raape (1931) Art. 12 A; Binder, RabelsZ 1955, 401, 403. 197 Staudinger/Raape (1931) Art. 12 A IV 2. 198 Römisches EWG-Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 19. Juni 1980, BGBl. 1986 II 810. 199 Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts vom 25. Juli 1986, BGBl. 1986 I 1142. 200 Obwohl die Regelungen schon während der Vorarbeiten zum EVÜ teilweise sehr kritisch beurteilt wurden, siehe den Bericht Giuliano/Lagarde, BT-Drucks. 10/503 vom 20.10.1983, 33, 49. 201 Ablehnend bspw. Juenger, RabelsZ 1982, 57, 65; Firsching, IPRax 1981, 37, 39.
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ihre Grenzen nicht klar definiert waren.202 Der objektiven dépeçage dagegen begegneten viele ablehnend und hielten die Regelung des Art. 28 I 2 EGBGB 1986 für verfehlt. Firsching beispielsweise sprach sich gegen eine gesetzliche Regelung der objektiven dépeçage aus und war dafür, diese Frage der Rechtsprechung zu überlassen; er äußerte sich zu Art. 4 I 2 EVÜ folgendermaßen: „[M]an fordert nicht ohne Not den Teufel auf, mitzumischen“. 203 3. Die IPR-Reform von 1999 a) Außervertragliche Schuldverhältnisse Im Zuge der Reform von 1986 wurde Art. 12 EGBGB 1900 umnummeriert in Art. 38 EGBGB 1986, blieb aber inhaltlich unverändert; eine gesetzliche Regelung zum IPR der außervertraglichen Schuldverhältnisse oder gar der dépeçage in diesem Bereich gab es somit immer noch nicht. Erst 1999 wurden das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht reformiert und die Artt. 38-42 EGBGB eingeführt.204 In all diesen Vorschriften findet sich nichts zur dépeçage; es bleibt bei dem Grundsatz, dass die Haftung für unerlaubte Handlungen einem einheitlichen Recht zu unterstellen ist.205 Jedoch befürwortet die herrschende Lehre die Möglichkeit der Teilrechtswahl im Rahmen des Art. 42 EGBGB.206 b) Sachenrecht Im Zuge der Reform von 1999 wurde mit den Artt. 43-46 auch das deutsche internationale Sachenrecht ins EGBGB eingeführt. Wegen des Ausschlusses der Parteiautonomie im internationalen Sachenrecht 207 kommt 202
Firsching, IPRax 1981, 37, 39 weist daher auf „unerwünschte Schwierigkeiten“ bei der Teilrechtswahl hin. 203 Firsching, IPRax 1981, 37, 40. 204 Gesetz zum Internationalen Privatrecht für außervertragliche Schuldverhältnisse und Sachen vom 21.5.1999, BGBl. 1999 I 1574. 205 Staudinger/von Hoffmann Art. 40 EGBGB Rn. 2. 206 Staudinger/von Hoffmann, Art. 42 EGBGB Rn. 8; Erman/Hohloch, Art. 42 EGBGB Rn. 4; Freitag/Leible, ZVglRWiss 2000, 101, 109; Hohloch/Jaeger, JuS 2000, 1133, 1136; A. Staudinger, DB 1999, 1589, 1590; offenlassend Junker, JZ 1999, 477, 479. 207 So die ganz h.M., bspw. BGH 29.5.2000, IPRspr. 2000 Nr. 43; BGH 25.9.1996, IPRax 1997, 422, 423 m.w.N.; ebenso zuletzt OLG Hamm 12.9.2011, NJOZ 2012, 984; MüKo/Wendehorst, Art. 43 EGBGB Rn. 18; Palandt/Thorn, vor Art. 43 EGBGB Rn. 2; Erman/Hohloch, Art. 43 EGBGB Rn. 6; Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 43 EGBGB Rn. 4; Kegel/Schurig, IPR, § 19 I; befürwortend gegenüber einer Rechtswahl bei beweglichen Sachen aber Kropholler, IPR, § 54 II; Stoll, IPRax 1997, 411, 413; kritisch zum Ausschluss der Rechtswahl im deutschen internationalen Sachenrecht von Hein, in: Party
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eine subjektive dépeçage dort nicht in Betracht. Grundsätzlich gilt das Sachstatut für die Rechte an der Sache und alle damit verbundenen Rechtsfragen (Einheit des Sachenrechtsstatuts),208 es sei denn einzelne Fragen unterliegen einer anderen Rechtsordnung.209 Das heißt, es ist eine objektive dépeçage in dem Sinne möglich, dass bestimmte sachenrechtliche Fragen gesondert angeknüpft werden, während sich das restliche Sachstatut nach Art. 43 I EGBGB richtet.210 Diese Situation kann zum einen in den gesetzlich angeordneten Fällen auftreten (z.B. Art. 44 EGBGB für Grundstücksimmissionen, § 17a DepotG für bestimmte Wertpapiere oder Sammelbestandteile, §§ 5 I und 9 KultGüRückG für Eigentum an rückgeführtem Kulturgut).211 Zum anderen ist eine dépeçage durch die Ausweichklausel des Art. 46 EGBGB möglich, wenn sich nur bezüglich einer konkreten Teilfrage eine wesentlich engere Verbindung zu einem anderen Staat ergibt.212 Würden alle sachenrechtlichen Fragen von der Ausweichklausel erfasst, entstünde wiederum eine Situation, in der verschiedene Fragen engere Verbindungen zu verschiedenen Staaten aufweisen; dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass bspw. Sicherungsrechte, die in Italien entstanden sind, nicht deutschem Recht unterliegen dürfen.213 In diesem Zusammenhang kann angeführt werden, dass die Ausweichklausel der Anwendung des räumlich besten Rechts dient und durch die Artt. 43-45 EGBGB entstandene unangemessene Ergebnisse korrigiert werden sollen, 214 was durch eine teilweise Anknüpfung über Art. 46 EGBGB erreicht werden kann. Darüber hinaus verweist Art. 46 EGBGB auch auf Art. 45 II 1 EGBGB, der gerade nicht das Sachstatut als maßgeblich ansieht; daher kann in der Ausweichklausel auch nicht das gesamte Sachstatut gemeint sein. 215 Dem inneren Entscheidungseinklang ist hinreichend dadurch Rechnung getragen, dass das Eigentum als Vorfrage selbständig angeknüpft wird. 216 Somit ist im deutschen internationalen Sachenrecht eine objektive dépeçage über die Ausweichklausel des Art. 46 EGBGB möglich. Freilich darf von der Autonomy (2011) 103, 106 ff.; zu neueren Tendenzen für eine Rechtswahl Flessner, FS Koziol (2010) 125 ff. 208 Erman/Hohloch, Art. 43 EGBGB Rn. 7, 10. 209 MüKo/Wendehorst, Art. 43 EGBGB Rn. 1. 210 MüKo/Wendehorst, Art. 43 EGBGB Rn. 2. 211 MüKo/Wendehorst, Art. 43 EGBGB Rn. 2; Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 43 EGBGB Rn. 2. 212 MüKo/Wendehorst, Art. 43 EGBGB Rn. 2; Art. 46 EGBGB Rn. 24 f.; Mansel, FS Heldrich (2005) 899, 904 f. 213 MüKo/Wendehorst, Art. 46 EGBGB Rn. 25. 214 Erman/Hohloch, Art. 46 EGBGB Rn. 6; Mansel, FS Heldrich (2005) 899; auch Paffenholz, 61 weist auf die Erreichung von Einzelfallgerechtigkeit hin. 215 MüKo/Wendehorst, Art. 46 EGBGB Rn. 25. 216 MüKo/Wendehorst, Art. 46 EGBGB Rn. 25.
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Kapitel 1: Begriffliche, methodische und historische Grundlagen
Vorschrift als Ausnahmeregel nur sehr zurückhaltend Gebrauch gemacht werden.217 4. Fazit Dies zeigt, dass die dépeçage im Laufe des vorigen Jahrhunderts im deutschen IPR immer wieder thematisiert wurde. Mit Art. 27 I 3 EGBGB 1986 wurde die subjektive dépeçage im IPR der vertraglichen Schuldverhältnisse kodifiziert, was allerdings ohnehin der bis dahin in Deutschland geltenden Rechtslage entsprach. Lediglich gegenüber der objektiven dépeçage bestanden schon immer Vorbehalte, auch wenn sie mit Art. 28 I 2 EGBGB 1986 Eingang ins deutsche Kollisionsrecht fand. Dabei ist anzumerken, dass sich die Diskussion der dépeçage in Deutschland (wie in den anderen kontinentaleuropäischen Staaten) fast ausschließlich auf das Vertragsrecht konzentriert. Bezüglich der dépeçage im IPR der außervertraglichen Schuldverhältnisse gab es keine vergleichbare Regelung; auch die Rechtsprechung und Literatur hierzu sind sehr spärlich. III. Die dépeçage im US-amerikanischen IPR In den Vereinigten Staaten gibt es kein einheitliches Recht, vielmehr hat jeder Bundesstaat seine eigene Rechtsordnung (sog. Mehrrechtsstaat). Mithin besitzt jeder Bundesstaat auch ein eigenes Kollisionsrecht, das sowohl für Konflikte zwischen den Rechten verschiedener US-Staaten (interstate conflicts) gilt, als auch für Fälle, die Berührungspunkte zu einem Bundesstaat und einem anderen Staat, wie z.B. Spanien, aufweisen (international conflicts). Die Spaltung des anwendbaren Rechts ist in den Bundesstaaten der USA eine weit verbreitete Erscheinung. Im Folgenden werden die Ursachen für diese liberale Haltung beleuchtet, wozu ein Überblick über die historischen und methodischen Grundlagen des IPR erforderlich ist. Anschließend wird die Handhabung der dépeçage in den USA untersucht. 1. Methoden in der Geschichte des US-amerikanischen IPR Das US-amerikanische Kollisionsrecht basierte zunächst auf den kontinentaleuropäischen Lehren zum IPR.218 Anschließend hat es sich jedoch in eine andere Richtung entwickelt. Kodifiziertes Kollisionsrecht gibt es in
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Palandt/Thorn, Art. 46 EGBGB Rn. 2; Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 46 EGBGB Rn. 1; Erman/Hohloch, Art. 46 EGBGB Rn. 6; Mansel, FS Heldrich (2005) 899, 902. 218 Grossi, Tulane L. Rev. 86 (2012) 623, 633 f.; Symeonides, Tulane L. Rev. 82 (2008) 1741, 1744. Joseph Story (1779-1845) trug zur Überwindung der Statutentheorie in den USA bei; zu seiner Person näher Kegel, RabelsZ 1979, 609.
B. Methodische und historische Grundlagen der dépeçage
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den meisten Staaten der USA (mit Ausnahme Oregons219 und Louisianas 220) nicht, vielmehr richtet sich die Rechtsprechung nach verschiedenen approaches, die im Folgenden näher betrachtet werden sollen. a) Restatement (First) of Conflict of Laws Das Restatement (First) of Conflict of Laws des American Law Institute von 1934221 hat keine Gesetzeskraft. Es handelt sich hierbei um ein System von Kollisionsnormen, das aus der bisherigen Rechtsprechung abgeleitet wurde.222 Danach soll in einem internationalen Fall das ausländische Recht so angewandt werden, wie das ausländische Gericht es in einem reinen Inlandsfall angewandt hätte, und im Inland als Tatsache betrachtet werden. 223 Das so bestimmte Recht soll ohne Rücksicht auf den Inhalt seiner Sachnormen angewandt werden.224 Genau wie in den kontinentaleuropäischen Staaten versucht das Restatement (First), das räumlich beste Recht zur Anwendung zu berufen und dient daher der kollisionsrechtlichen Gerechtigkeit, nicht der materiellrechtlichen. 225 Das Restatement (First) hatte jedoch keinen großen Erfolg und wird oft kritisiert. Die Kritiker machen geltend, es gebe lediglich die starren und primitiven Regeln der Rechtsprechung wieder, nach denen das anwendbare Recht für den ganzen Sachverhalt bestimmt wurde (traditional method), anstatt diese weiterzuentwickeln. 226 b) Conflicts Revolution Mit der Conflicts Revolution227, die in den 60er Jahren begann und bis in die 90er Jahre andauerte, vollzog sich ein Methodenwechsel von der juris-
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Act Relating to Conflict of Laws Applicable to Contracts, Oregon House Bill No. 2414 of 2001, in Kraft getreten am 1. Januar, 2002, abgedruckt in RabelsZ 2001, 748 ff. 220 Book IV of Louisiana Civil Code, enacted by Act of 1991, in Kraft getreten am 1. Januar 1992, abgedruckt in RabelsZ 1993, 508 ff. 221 American Law Institute, Restatement of the Law, Conflict of Laws (1934). 222 Symeonides, The American Choice-of-Law Revolution, 10. 223 Beale, 55 ff. 224 Grossi, Tulane L. Rev. 86 (2012) 623, 634; Roosevelt III, Mich. L. Rev. 97 (1999) 2448, 2472 ff. 225 Symeonides, The American Choice-of-Law Revolution, 10. 226 Symeonides, The American Choice-of-Law Revolution, 10; ders., Tulane L. Rev. 82 (2008) 1741, 1745; ders., Oregon L. Rev. 88 (2009) 963, 1038; Reppy, Tulane L. Rev. 82 (2008) 2053, 2054 f. 227 Dazu eingehend Symeonides, The American Choice-of-Law Revolution; vgl. auch Hay/Borchers/Symeonides, Conflict of Laws, § 2.8-§ 2.13.
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Kapitel 1: Begriffliche, methodische und historische Grundlagen
diction selection hin zur rule selection.228 Es wurden verschiedene Theorien ausgearbeitet, die zum Ziel hatten, die Lösung internationaler und interstaatlicher Rechtskonflikte flexibler zu machen. Beispielsweise wandten sich Walter W. Cook mit seiner local law-Theorie229, David F. Cavers mit seinen principles of preference230, Brainerd Currie mit der governmental interest-Theorie231 und Robert A. Leflar mit dem von ihm begründeten better law approach 232 gegen das Restatement (First) mit seinem System feststehender Kollisionsnormen. Diese Ansätze haben gemeinsam, dass sie für die Bestimmung des anwendbaren Rechts den Inhalt der in Frage kommenden Sachnorm für maßgeblich erklären. Currie bspw. war der Meinung, das System des Restatement (First) schaffe Konflikte, wo in Wirklichkeit keine seien, da ein Staat immer nur an der Anwendung seines eigenen Rechts ein Interesse habe (false conflicts).233 Für die Bewältigung der wirklichen Kollisionsfälle (true conflicts) sei das herkömmliche IPR aber nicht geeignet. Um diese true conflicts zu ermitteln, soll durch die Auslegung des eigenen Rechts festgestellt werden, ob der eigene Staat ein Interesse (governmental interest) daran habe, die mit seinem materiellen Recht verfolgte Absicht (policy) durchzusetzen.234 Im Rahmen des better law approach sind zwar zunächst die klassischen Kollisionsregeln der Ausgangspunkt. Sie werden jedoch durch allgemeine Erwägungen (choice-influencing principles)235 ergänzt. Diese Methode geht vor allem in Bezug auf die Erwägung der Anwendung der besseren Sachnorm, die der Theorie ihren Namen gab, vom Inhalt des anzuwendenden Rechts aus. Neben der Sachnormorientierung ist diesen approaches auch die rule selection gemeinsam: Es ist im228
Eine Gegenüberstellung der Methoden des traditionellen IPR-Ansatzes mit den moderneren US-Theorien bietet Kegel, Am. J. Comp. L. 27 (1979) 615, 616 ff. 229 Cook, Logical and Legal Bases; ders., Yale L. J. 33 (1924) 457. 230 Cavers, Harvard L. Rev. 43 (1933) 173; ders., Choice-of-Law Process, 75 ff. 231 Currie, Selected Essays on the Conflict of Laws (1963) 183 meinte sogar: „We would be better off without choice-of-law rules“, ders., Selected Essays on the Conflict of Laws (1963) 177-187; für eine Kritik dieses Ansatzes siehe Roosevelt III, Mich. L. Rev. 97 (1999) 2448, 2477 ff. 232 Leflar, American Conflicts Law, 243-265. Zum better law approach eingehend Mühl. 233 Zum Ganzen: Currie, Selected Essays on the Conflict of Laws (1963) 177-187; für eine Kritik dieses Ansatzes siehe Roosevelt III, Mich. L. Rev. 97 (1999) 2448, 2477 ff.; die Begriffe „true conflict“ and „false conflict“ werden von verschiedenen Autoren unterschiedlich verstanden, siehe hierzu Kegel, Am. J. Comp. L. 27 (1979) 615, 629 f. m.w.N. 234 Currie, Selected Essays on the Conflict of Laws (1963) 180. 235 Leflar, American Conflicts Law, 243-265: Vorhersehbarkeit der Ergebnisse, Schutz der zwischenstaatlichen Ordnung, Vereinfachung der Aufgabe des Richters, Förderung der Interessen des Forumsstaates und die Anwendung der besseren Sachnorm.
B. Methodische und historische Grundlagen der dépeçage
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mer nur eine bestimmte Sachnorm oder es sind gegebenenfalls mehrere Sachnormen auf die jeweilige Frage anwendbar; es wird gerade nicht eine Rechtsordnung als Ganzes angewandt.236 c) Restatement (Second) of Conflict of Laws Das 1971 erschienene Restatement (Second) of Conflict of Laws 237 hat wie das Restatement (First) als auf der Rechtsprechung basierende private Kodifikation des American Law Institute keine Gesetzeskraft. Das Werk stellt einen „bewussten Kompromiss und eine Synthese“ sowohl zwischen den alten und den neuen Lehren, als auch zwischen den verschiedenen Theorien der neuen IPR-Lehren dar; die meisten Ansätze der Conflicts Revolution finden sich im Ausgangspunkt hierin wieder.238 In § 6 Restatement (Second) ist zunächst festgelegt, dass jedes Gericht seinen eigenen geschriebenen IPR-Regeln folgen soll. Wenn es solche nicht gibt, ist mit Hilfe der sieben relevant factors die most significant relationship zu bestimmen, nach der sich dann das anwendbare Recht richtet. Dabei kann den einzelnen zu beachtenden Faktoren je nach Fall und Rechtsgebiet unterschiedliches Gewicht zukommen, die Aufzählung ist nicht abschließend.239 Zwar ähnelt das in § 6 des Restatement (Second) formulierte Ziel der Bestimmung der most significant relationship scheinbar Savignys Suche nach dem Sitz des Rechtsverhältnisses, jedoch ist das Restatement (Second) schon vom Ansatz her anders aufgebaut.240 Es basiert auf einer issue-byissue analysis und versucht, nicht für das ganze Rechtsverhältnis, sondern für jedes Problem gesondert die anwendbaren Sachnormen zu bestimmen. 241
236 von Mehren, Harvard L. Rev. 88 (1974) 347; Symeonides, Tulane L. Rev. 82 (2008) 1741, 1782 f.; von Hein, Die AG 2001, 213, 228. 237 American Law Institute, Restatement of the Law Second, Conflict of Laws 2d, Volume 1, §§ 1-331 (1971). 238 Hay/Borchers/Symeonides, Conflict of Laws, § 2.14, S. 62 ff.; Symeonides, The American Choice-of-Law Revolution, 31. 239 § 188 Restatement (Second), Comment on Subsection (1), 576 f.; vgl. auch Hay, Conflict of Laws, 214; Vischer, RabelsZ 1974, 128, 135 f.; Kropholler/von Hein, Essays in Honor of Arthur T. von Mehren (2002) 317, 323. 240 Hay/Borchers/Symeonides, Conflict of Laws, § 2.14, S. 64 f.; Symeonides, The American Choice-of-Law Revolution, 33; Vischer, RabelsZ 1974, 128, 137. 241 Hay/Borchers/Symeonides, Conflict of Laws, § 2.14, S. 64 f.; Symeonides, The American Choice-of-Law Revolution, 33.
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Kapitel 1: Begriffliche, methodische und historische Grundlagen
d) Zusammenfassung Aktuell herrschen in den USA weitgehend ergebnisorientierte Ansätze (interest analysis).242 Die starren Regeln des Restatement (First) wurden vielerorts ersetzt durch verschiedene approaches.243 Je nach Bundesstaat werden aber unterschiedliche approaches angewandt, teilweise ist die Methode auch je nach Rechtsgebiet eine andere: in Bezug auf das Vertragsund/oder Deliktsrecht folgen 14 Staaten dem Restatement (First), 28 Staaten dem Restatement (Second), zwei Staaten der interest analysis (nur für das Deliktsrecht), zwei Staaten folgen dem Grundsatz der lex fori (ebenso nur für das Deliktsrecht), fünf Staaten dem better law approach und zehn Staaten einer Kombination aus verschiedenen Methoden.244 Diese verschiedenen Methoden (mit Ausnahme des traditionellen Ansatzes) haben aber gemeinsam, dass sie je nach dem konkreten Fall, sozusagen issue by issue, jede Frage derjenigen Rechtsordnung zuweisen, die unter wertenden Gesichtspunkten die engste Beziehung zu der jeweiligen Frage hat (auch rule selection oder issue selection245).246 Im Unterschied zur jurisdiction selection bezieht sich die Verweisung bei der rule selection aber lediglich auf bestimmte Rechtsnormen. 247 Hierbei kommt es auf die Funktion und die Interessen der Sachnormen der in Frage kommenden Rechtsordnung an, es herrscht also ein sachnormorientierter (statutistischer) Ansatz.248 2. Die dépeçage im US-amerikanischen Recht a) Dépeçage unter dem Restatement (First) Das Restatement (First) folgt der jurisdiction selection, wonach immer eine Rechtsordnung als Ganzes auf die jeweiligen Teile zur Anwendung 242 Hay, EuLF 2007, I-137, I-138; Symeonides, Tulane L. Rev. 82 (2008) 1741, 1745 f.; Roosevelt III, Mich. L. Rev. 97 (1999) 2448, 2466; Kropholler, IPR, § 11 IV 5. 243 Symeonides, Tulane L. Rev. 82 (2008) 1741, 1746; Roosevelt III, Mich. L. Rev. 97 (1999) 2448, 2466; diese Entwicklung schon andeutend Lüer, Ned. T. Int. R. 1965, 128 f. 244 Siehe die Erhebung bei Symeonides, Am. J. Comp. L. 60 (2012) 291, 309. 245 Siehr, FS Drobnig (1998) 443, 450 f. 246 Hay, EuLF 2007, I-137, I-141; Kropholler/von Hein, Essays in Honor of Arthur T. von Mehren (2002) 317, 318 ff.; Lagarde, RDIPP 1975, 649, 650 f., 661 f.; Lüer, Ned. T. Int. R. 1965, 124, 145 f.; Mills, in: The Rome II Regulation on the Law Applicable to Non-Contractual Obligations (2009) 133, 143; Bafziger, Willamette J. Int’l. L. & Disp. Res. 12 (2004) 287, 289; Reese, Colum. L. Rev. 37 (1973) 58; Stoll, FS Reischauer (2010) 389, 391; Symeonides, Oregon L. Rev. 88 (2009) 963, 1038; Wilde, S. Cal. L. Rev. 41 (1968) 329, 331. 247 von Hein, Die AG 2001, 213, 228; siehe hierzu näher von Mehren, Harvard L. Rev. 88 (1974) 347. 248 Kropholler, IPR, § 11 IV 5; Hay, Rn. 251; ders., EuLF 2007, I-137, I-138; von Hein, Die AG 2001, 213, 228; Kegel, Am. J. Comp. L. 27 (1979) 615, 616 f.; Stoll, FS Reischauer (2010) 389, 391; Vischer, RabelsZ 1974, 128, 137 f.
B. Methodische und historische Grundlagen der dépeçage
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kommt. Da es außerdem zum Ziel hat, das räumlich beste Recht ohne Blick auf das Ergebnis anzuwenden, 249 ist die unter dem Restatement (First) stattfindende dépeçage mit der im europäischen IPR vergleichbar. In Bezug auf Verträge ist die dépeçage im Restatement (First) in Form der großen Vertragsspaltung festgeschrieben. 250 Hiernach werden Fragen bezüglich der Durchführung, der Auslegung und der Wirksamkeit eines Vertrags nach dem Recht des Staates des Vertragsschlusses beurteilt, während alle Fragen, die mit der Vertragserfüllung verbunden sind, vom Recht des Staates am (vom Vertrag bestimmten) Erfüllungsort geregelt werden. 251 Darüber hinaus schien der Spielraum des Restatement (First) mit seinen starren Anknüpfungsregeln für eine Spaltung des anwendbaren Rechts begrenzt zu sein. 252 Aber die traditionelle Methode wurde von den Gerichten nicht konsequent angewandt, so dass auch zum Höhepunkt der vested rights-Lehre internationale Deliktsfälle nicht nach ein und demselben Recht beurteilt wurden. 253 Beispielsweise qualifizierten die Gerichte bestimmte Fragen eines Rechtsverhältnisses als prozessual, um hierauf das Recht des Forumsstaates anwenden zu können, während der Rest des Rechtsverhältnisses gemäß § 379 Restatement (First) beurteilt wurde.254 Eine andere Methode, die durch die Hintertür zu einer dépeçage führte, war die Qualifizierung einer deliktischen Frage als vertraglich, woraufhin
249
Grossi, Tulane L. Rev. 86 (2012) 623, 634. Siehe § 332 Restatement (First): „Law Governing Validity of Contract“ und § 358 Restatement (First): „Law Governing Performance“, wo aufgelistet wird, was genau unter Fragen der Wirksamkeit bzw. Fragen der Vertragserfüllung fällt. 251 Bspw. in Swift & Co. v. Bankers Trust Co., 280 N.Y. 135, 140 f.; 19 N.E. 2d 992 (N.Y. 1939): „(1) All matters bearing upon the execution, the interpretation and the validity of contracts, including the capacity of the parties to contract, are determined by the law of the place where the contract is made. (2) All matters connected with its performance, including presentation, notice, demand, etc., are regulated by the law of the place where the contract, by its terms, is to be performed“. 252 Hay/Weintraub/Borchers, Conflict of Laws, Cases and Materials, 654; E. Wagner, 96; Hay, EuLF 2007, I-137; Weintraub, Case W. Res. L. Rev. 25 (1974) 16, 17; Wilde, S. Cal. L. Rev. 41 (1968) 329, 333. 253 Wilde, S. Cal. L. Rev. 41 (1968) 329, 333; Hay/Weintraub/Borchers, Conflict of Laws, Cases and Materials, 654 und Weintraub, Case W. Res. L. Rev. 25 (1974) 16, 17: „…but with the right chisel even that monolith [the first Restatement’s tort rule] could be cracked“. 254 Hay/Weintraub/Borchers, Conflict of Laws, Cases and Materials, 654; E. Wagner, 96; Wilde, S. Cal. L. Rev. 41 (1968) 329, 333; so z.B. in Kilberg v. Bortheast Airlines, Inc., 9 N.Y. 2d 34, 41 f.; 172 N.E. 2d 526; 211 N.Y.S. 2d 133 (1961), wo die Bemessung von Schadensersatz wegen widerrechtlicher Tötung als prozessrechtlich qualifiziert wurde. 250
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Kapitel 1: Begriffliche, methodische und historische Grundlagen
für diese eine Frage das anwendbare Recht nach anderen Kriterien bestimmt wurde.255 b) Dépeçage nach den Ansätzen der Conflicts Revolution und dem Restatement (Second) Die Theorien der Conflicts Revolution und des Restatement (Second), die heutzutage in den meisten Staaten der USA Anwendung finden, folgen der issue-by-issue analysis. Wird durch diese Methode für jede Frage gesondert das anwendbare Recht bestimmt, ist die gesonderte Beurteilung mehrerer Teilfragen eine geradezu logische Konsequenz. 256 So kann es zur Anwendung mehrerer Rechtsordnungen auf den gleichen Sachverhalt kommen, bspw. werden im Deliktsrecht Fragen der Verhaltenssteuerung (conduct regulating issues) und Fragen des Schadensausgleichs (loss distribution issues) grundsätzlich getrennt angeknüpft.257 Bei dieser Art der dépeçage werden mit Blick auf das Ergebnis nur bestimmte Regeln einer Rechtsordnung auf eine Teilfrage angewendet, während hierzulande immer eine Rechtsordnung als Ganzes Anwendung findet (oben Kap. 1 A I 1). Teilweise wird sogar geltend gemacht, wegen der sehr starken Sachnormorientierung sei eine eindeutige Trennung von Kollisions- und Sachrecht nur schwierig durchführbar;258 diese Einschätzung ist jedoch zu weitgehend. Zwar ist die dépeçage im Rahmen der issue-by-issue analysis aufgrund des soeben Gesagten vor einem anderen Hintergrund zu betrachten, jedoch haben beide Arten der Spaltung die gleiche Konsequenz, nämlich dass auf das gleiche Rechtsverhältnis mehrere Rechte zur Anwendung kommen.
255
Hay/Weintraub/Borchers, Conflict of Laws, Cases and Materials, 654; so bspw. in Handy v. Uniroyal, Inc., 327 F. Supp. 596, 598 f. (D. Del. 1971): Hier wurden deliktische Fragen nach dem Recht des Handlungsortes beurteilt, Fragen der Gewährleistung dagegen nach dem Recht des Ortes, an dem das Produkt erworben worden war. 256 Hay/Borchers/Symeonides, Conflict of Laws, § 2.14, S. 65; Hay/Weintraub/ Borchers, Conflict of Laws, Cases and Materials, 654; Hay, Conflict of Laws, 193; Reese, Colum. L. Rev. 73 (1973) 58, 59; Stevenson, Ind. L. Rev. 37 (2003) 303, 305; Symeonides, The American Choice-of-Law Revolution, 33; ders., Oregon L. Rev. 88 (2009) 963, 1038; Vischer, RabelsZ 1974, 128, 149; Weintraub, Case W. Res. L. Rev. 25 (1974) 16, 18; Wilde, S. Cal. L. Rev. 41 (1968) 329, 354; ebenso Mühl, 28; E. Wagner, 97. 257 Siehe z.B. Babcock v. Jackson, 12 N.Y. 2d 473; 191 N.E. 2d 279; 240 N.Y.S. 2d 743 (1963); ebenso Symeonides, Hastings L. J. 61 (2009) 337, 353 ff.; ders., Am. J. Comp. L. 56 (2008) 173, 189 f.; vgl. auch Kaminsky, Tulane L. Rev. 85 (2010) 55, 83. 258 So etwas überspitzt Kegel, Am. J. Comp. L. 27 (1979) 615, 617: „conflicts law disappears into the ,black hole‘ of substantive law“.
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aa) Vertragliche Schuldverhältnisse Bei Verträgen ist eine subjektive dépeçage der Parteien zulässig. 259 Die Parteien dürfen sowohl eine Rechtswahl nur für einen Teil des Vertrags treffen, 260 wobei dann auf den Teil des Rechtsverhältnisses, der nicht von der Rechtswahl erfasst ist, das nach objektiver Anknüpfung bestimmte Recht Anwendung findet.261 Sie können jedoch auch jede einzelne Rechtsfrage eines Rechtsverhältnisses einem anderen Recht unterstellen. 262 Da das Restatement (Second) im Hinblick auf diese Frage als zu unklar empfunden wurde, wurde im Zuge einer Revision 1988 ein Comment eingefügt, der den Parteien mit Hinweis auf das europäische Recht und Art. 3 I 3 EVÜ ausdrücklich erlaubt, für jeden Teil des Vertrags ein anderes Recht zu wählen. 263 Auch in der Kodifikation Oregons für das IPR der vertraglichen Schuldverhältnisse ist eine subjektive dépeçage zulässig. 264 Die Zulässigkeit der objektiven dépeçage ergibt sich schon aus der Herangehensweise nach dem issue-by-issue approach.265 Diesem Ansatz folgt auch die Kodifikation Oregons.266 bb) Außervertragliche Schuldverhältnisse Seit der Entscheidung Babcock v. Jackson267 spielt die dépeçage in der USamerikanischen Rechtsprechung bezüglich außervertraglicher Schuldver-
259 Gruson, PLI/Comm. 592 (1991) 47, 61; ausdrücklich erlaubt wird dies z.B. in N.Y. Gen. Obligations Law § 5-1401 (McKinney Supp. 1987). 260 Z.B. Chinchilla v. Foreign Tankship Corp., 195 Misc. 895, 900, 91 N.Y.S. 2d 213 (1949): „Panama law shall apply in all cases of illness or injury incurred while in the service of the vessel“; Zion v. Kurtz, 50 N.Y. 2d 92, 100; 405 N.E. 2d 681, 684; 428 N.Y.S. 2d 199, 203 (1980): „governed by and construed and enforced in accordance with the laws of the State of Delaware as to matters governed by the General Corporation Law of that State“. 261 Göthel, ZVglRWiss 2000, 339, 359. 262 Z.B. Shannon v. Irving Trust Co., 246 A.D. 280, 283; N.Y.S. 478 (1936); Joseph L. Wilmotte & Co. v. Rosenman Bros., 258 N.W. 2d 317 (Iowa 1977); Kronovet v. Lipchin, 288 Md. 30; 415 A. 2d 1096 (1980). 263 § 187 Restatement (Second), Revisions of 1988, Comment (i); McLachlan, Brit. Yb. Int. L. 61 (1990) 311, 324. 264 Act Relating to Conflict of Laws Applicable to Contracts, Oregon House Bill No. 2414 of 2001, § 7, siehe dazu Symeonides, RabelsZ 2001, 726, 738 f. 265 Z.B. Berg Chilling Sys., Inc. v. Hull Corp., 435 F.3d 455, 462 (3d Cir.2006); Fieger v. Pitney Bowes Credit Corp., 251 F.3d 386, 397 n. 1 (2d Cir.2001); Hunter v. Greene, 572 F. Supp. 49, 52 f. (S.D.N.Y. 1983) (dictum). 266 Act Relating to Conflict of Laws Applicable to Contracts, § 9; Symeonides, RabelsZ 2001, 726, 742 f., dort in Fn. 57. 267 Babcock v. Jackson, 12 N.Y. 2d 473; 191 N.E. 2d 279; 240 N.Y.S. 2d 743 (1963).
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Kapitel 1: Begriffliche, methodische und historische Grundlagen
hältnisse eine große Rolle 268 und hat sich als Folge der issue-by-issueAnalyse etabliert. Diesem Ansatz folgt auch die Kodifikation des Kollisionsrechts in Louisiana. 269 Auch in die neue Kodifikation des internationalen Deliktsrechts in Oregon,270 die am 1. Januar 2010 in Kraft getreten ist, hat sie Eingang gefunden. 271 Diese Kodifikation beruht auf der issue-byissue analysis272 und begünstigt auf diese Weise die dépeçage.273 Allerdings verbietet sie die dépeçage in Fällen, in denen der Geschädigte die Anwendung des Rechts des Staates verlangt, in dem die Verletzung eingetreten ist.274 c) Kritik an der issue-by-issue analysis und neuere Tendenzen aa) Vorteile der dépeçage in den USA Zur Rechtfertigung für die in den USA gebräuchliche issue-by-issue analysis wird angeführt, dass jede Einzelfrage unterschiedliche Methoden und policies (hierzu oben Kap. 1 B III 1 b) verschiedener Staaten ins Spiel bringen könne. 275 Die dépeçage fördere die Durchsetzung der policies der in Frage kommenden Normen verschiedener Rechtsordnungen. 276 Darüber hinaus hätten in vielen Fällen bestimmte Einzelfragen engere Beziehungen zu be-stimmten Staaten, und der Konflikt sei sehr oft auf eine Einzelfrage beschränkt.277 Daher sei es angemessen, sich auf die begrenzte Frage zu 268 Siehe z.B. Foster v. United States, 768 F.2d 1278, 1281 (11th Cir.1985); Crowder v. American Eagle Airlines, Inc.118 Fed.Appx. 833, 840 (La. 2004); Taylor v. Mooney Aircraft Corp., 265 Fed.Appx. 87 (2008) (dictum). 269 Book IV of Louisiana Civil Code, enacted by Act of 1991, in Kraft getreten am 1. Januar 1992 als erste IPR-Kodifikation in den Vereinigten Staaten, abgedruckt in RabelsZ 1993, 508 ff. Die Kodifikation enthält u.a. verschiedene Kollisionsnormen für verschiedene Teilfragen: art. 3543 (issues of conduct and safety), art. 3544 (issues of loss distribution), art. 3546 (punitive damages); vgl. dazu ausführlich Symeonides, Tulane L. Rev. 83 (2009) 1041, 1068 ff. 270 An Act on Choice of Law for Torts and Other Non-Contractual Obligations, 2009 Oregon Laws Ch. 451 (S.B. 561), Or. Rev. Stat. (ORS), §§ 31.850 – 31.890; eingehend Symeonides, Oregon L. Rev. 88 (2009) 964. 271 Symeonides, Am. J. Comp. L. 58 (2010) 227, 237 f. 272 ORS § 31.878, opening sentence; ORS § 31.878(2). 273 Symeonides, Am. J. Comp. L. 58 (2010) 227, 238; ders., Oregon L. Rev. 88 (2009) 964, 1040. 274 § 31.875(3)(c)(B) ORS. 275 Symeonides, Tulane L. Rev. 82 (2008) 1741, 1782; ders., Oregon L. Rev. 88 (2009) 963, 1038. 276 Reese, Col. L. Rev. 73 (1973) 58, 60; Wilde, S. Cal. L. Rev. 41 (1968) 329, 358; kritisch dazu Kozyris, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 471, 476; Simon v. United States, 805 N.E.2d 798, 803 (Ind. 2004). 277 Reese, Col. L. Rev. 73 (1973) 58, 59; Symeonides, Tulane L. Rev. 82 (2008) 1741, 1782; ders., Oregon L. Rev. 88 (2009) 963, 1038.
B. Methodische und historische Grundlagen der dépeçage
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konzentrieren, anstatt zu versuchen, ein und dasselbe Recht auf den gesamten Fall anzuwenden. 278 Zudem wird argumentiert, die Aufspaltung des Sachverhalts in verschiedene Teilfragen diene dazu, die Anzahl scheinbar unlösbarer Konflikte, die zwischen zwei Rechtsordnungen bestehen, zu reduzieren; denn wenn das Recht eines Staates als Ganzes zur Anwendung kommen solle, so gebe es immer einige „zwingende“ Vorschriften in diesem Recht, die unbedingt auf den Fall angewandt werden wollen, was einen true conflict für den Forumsstaat bedeuten würde.279 Im Wege einer issue-by-issue-Analyse könne dieser Konflikt zwischen beiden Rechtsordnungen in mehrere false conflicts (siehe Kap. 1 B III 1 b) aufgelöst werden, da sich hierbei die anwendbaren Vorschriften beider Rechtsordnungen auf andere Fragen beziehen und daher nicht mehr miteinander in Konflikt geraten können. 280 So sei die dépeçage hilfreich bei der Lösung von Problemen, die nach dem traditionellen jurisdiction-selecting-Ansatz größere Schwierigkeiten bereiten würden. 281 Erst wenn die Anwendung verschiedener Rechte auf einen Fall die Zwecke beider Rechtsordnungen vereitele, sei die dépeçage unzulässig. 282 Die Vermeidung einer solchen unzulässigen dépeçage sei jedoch in den Vereinigten Staaten einfach, da die Gerichte mangels kodifizierten IPR oder anderer starrer Kollisionsregeln ein erhebliches Maß an Flexibilität hätten und so widersprüchliche Ergebnisse verhindern könnten.283 bb) Kritik an der dépeçage in den USA Andererseits wird die Ermutigung zu einer dépeçage im Restatement (Second) auch kritisiert.284 Die Anzahl der anwendbaren Rechte und damit die Komplexität der Rechtsanwendung werde dadurch erheblich gesteigert.285 278
Symeonides, Tulane L. Rev. 82 (2008) 1741, 1782; ders., Oregon L. Rev. 88 (2009) 963, 1038; Wilde, S. Cal. L. Rev. 41 (1968) 329, 362; siehe auch Corporacion Venezolana de Fomento v. Vintero Sales Corp., 629 F.2d 786, 794 Fn. 8 (2d Cir.1980). 279 Wilde, S. Cal. L. Rev. 41 (1968) 329, 346; Stevenson, Ind. L. Rev. 37 (2003) 303, 327 f. 280 Wilde, S. Cal. L. Rev. 41 (1968) 329, 346; Stevenson, Ind. L. Rev. 37 (2003) 303, 327 f. 281 Wilde, S. Cal. L. Rev. 41 (1968) 329, 346 f.; Stevenson, Ind. L. Rev. 37 (2003) 303, 328. 282 Symeonides, Tulane L. Rev. 82 (2008) 1741, 1783; ders., Oregon L. Rev. 88 (2009) 963, 1039. 283 Symeonides, Tulane L. Rev. 82 (2008) 1741, 1783; Wilde, S. Cal. L. Rev. 41 (1968) 329, 357. 284 Hay/Borchers/Symeonides, Conflict of Laws, § 2.14, S. 70; Kozyris, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 471, 474 f, 477; Simon v. United States, 805 N.E.2d 798 (Ind. 2004). 285 Hay/Borchers/Symeonides, Conflict of Laws, § 2.14, S. 70; in diesem Sinne auch Kozyris, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 471, 477.
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Kapitel 1: Begriffliche, methodische und historische Grundlagen
Die Situationen, in denen mehrere Rechtsordnungen angewandt würden, seien nicht vorhersehbar, da es auf die Parteien, den Sachverhalt und das Rechtsgebiet ankomme. 286 Durch diese Herangehensweise reduziere sich der Grad an Einfachheit; zudem werde das Forum Shopping begünstigt.287 Auch die Tatsache, dass der Richter dazu ermutigt werde, ad hoc ein Gemisch aus verschiedenen Normen herzustellen und anzuwenden, wird scharf kritisiert.288 Daher werden Begrenzungen der rule selection der verschiedenen Ansätze vorgeschlagen, wo diese zu unangemessenen Ergebnissen führt.289 Jüngst wird die issue-by-issue analysis zunehmend in Frage gestellt, es wird gar von einer „Gegenrevolution“ gesprochen, die sich dafür ausspricht, dass einheitliche Rechtssysteme im IPR wieder eine größere Rolle spielen sollten. 290 Daher finden sich neuere Ansätze, die sich gegen die geltende Methode wenden und ein Restatement (Third) of Conflict of Laws mit strikteren Kollisionsnormen propagieren. 291 Hierfür fehlt es jedoch bislang an Einigkeit. 292 d) Fazit Aufgrund der issue-by-issue analysis ist die dépeçage im USamerikanischen Kollisionsrecht stark verbreitet. Die durch die starke Zersplitterung des Rechtsverhältnisses hervorgerufene Beeinträchtigung der 286
Hay/Borchers/Symeonides, Conflict of Laws, § 2.14, S. 70; Parisi/O’Hara, in: The New Palgrave Dictionary of Economics and the Law (1998) 387, 392; Bafziger, Willamette J. Int‘l. L. & Disp. Res. 12 (2004) 287, 289 f. 287 Bafziger, Willamette J. Int’l. L. & Disp. Res. 12 (2004) 287, 289 f. 288 Kozyris, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 471, 477: „I am particularly unhappy with the idea that the judge should be encouraged to concoct and apply a crazy-quilt set of provisions on an ad hoc basis”. 289 Z.B. sei sie in dem Fall unzulässig, wenn Regeln zweier Rechtsordnungen den gleichen Zweck erfüllen sollen, diesen aber auf unterschiedliche Art und Weise verwirklichen wollen, so dass im Ergebnis keine der policies der beiden Staaten ihre Wirkung entfalten kann. Hierzu eingehend Wilde, S. Cal. L. Rev. 41 (1968) 329, 358 ff.; Reese, Colum. L. Rev. 73 (1973) 58, 65; Symeonides, The American Choice-of-Law Revolution, 103; ders., Oregon L. Rev. 88 (2009) 963, 1039; ders., Tulane L. Rev. 83 (2009) 1041, 1068 f. 290 Roosevelt III, Mich. L. Rev. 97 (1999) 2448, 2466; Parisi/O’Hara, in: The New Palgrave Dictionary of Economics and the Law (1998) 387, 393; hierzu auch Michaels, YbPIL 2009, 11. 291 Vgl. Hay/Borchers/Symeonides, Conflict of Laws, § 2.14, S. 77 f.; Symeonides, Ind. L. J. 75 (2000) 437; in diese Richtung gehend auch Kaminsky, Tulane L. Rev. 85 (2010) 55, 104; siehe die Nachw. bei Kropholler/von Hein, Essays in Honor of Arthur T. von Mehren (2002) 317, 325 ff.; für eine Rückkehr zum Restatement (First) Parisi/O’Hara, in: The New Palgrave Dictionary of Economics and the Law (1998) 387, 393. 292 Kropholler, IPR, § 11 IV 4; ders./von Hein, Essays in Honor of Arthur T. von Mehren (2002) 317, 330 ff.; zuversichtlich jedoch Michaels, YbPIL 2009, 11, 29 f.
C. Kritik an der dépeçage
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materiellen Harmonie wird in den USA als relativ unproblematisch angesehen, da die Rechtsordnungen der einzelnen Staaten ihre gemeinsame Grundlage im common law haben und sich aus diesem Grund keine gravierenden Unterschiede ergeben, aus denen unauflösbare Widersprüche resultieren können. 293 Die Anpassung und Zusammensetzung der verschiedenen Teile der unterschiedlichen Rechtsordnungen bereitet bei solchen interstate-Konflikten, die wohl den Großteil der Fälle mit Berührungspunkten zu verschiedenen Staaten ausmachen, kaum Schwierigkeiten. 294 Vor diesem Hintergrund stellen sich bei der US-amerikanischen issue-by-issue analysis im Hinblick auf die Ermittlung des anwendbaren Rechts, der Sprache und der mit dem Rechtsstreit verbundenen Kosten weniger praktische Probleme als bei einer Anwendung der dépeçage im europäischen Rechtsraum. 295 Aus diesen Gründen kann für die Betrachtung der dépeçage im europäischen Kollisionsrecht nicht ohne weiteres auf US-amerikanische Rechtsprechung und Literatur zurückgegriffen werden. Dies ist im Folgenden zu beachten.
C. Kritik an der dépeçage C. Kritik an der dépeçage
Viele der Argumente, die gegen oder für die generelle Zulässigkeit einer dépeçage angeführt werden, basieren auf der soeben dargestellten Methodik des IPR. Vor diesem Hintergrund werden sie im Folgenden dargestellt. I. Argumente gegen die Zulässigkeit der dépeçage Die dépeçage wurde und wird vielfach kritisiert. Daher wird ihre Zulassung teilweise grundsätzlich abgelehnt.296 1. Beeinträchtigung der Einheit der Rechtsordnung Die ablehnende Haltung gegenüber der dépeçage wird oft damit begründet, dass jede Rechtsordnung ein einheitliches Ganzes mit in sich ausgewogen gestalteten Rechtsinstituten darstelle; das Auseinanderreißen dieser Ordnung durch das Herausnehmen eines einzelnen Rechtsinstituts oder gar das Zusammensetzen eines Rechtsinstituts aus mehreren - möglicherweise von 293
von Hein, Tulane L. Rev. 82 (2008) 1663, 1690; Vischer, RabelsZ 1974, 128,
149 f. 294
Vischer, RabelsZ 1974, 128, 150. von Hein, Tulane L. Rev. 82 (2008) 1663, 1690. 296 Z.B. MüKo/Martiny, Art. 4 Rom I-VO Rn. 279; MüKo/Spellenberg, Art. 10 Rom I-VO Rn. 13; Vischer, 53 ff., 57 ff.; Lando, CMLR 1987, 159, 169; von Schwind, RabelsZ 1958, 449, 465. 295
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Kapitel 1: Begriffliche, methodische und historische Grundlagen
Grund auf verschiedenen - Rechtsordnungen führe zu widersprüchlichen Ergebnissen und verfehle seinen Zweck. 297 Dadurch werde der innere Entscheidungseinklang bzw. die materielle Harmonie 298 gestört, weswegen solche „Systembrüche“ zu vermeiden seien. 299 Die rechtliche Zersplitterung, die durch die dépeçage hervorgerufen wird, wird häufig sehr bildhaft beschrieben. Raape, der in diesem Zusammenhang oft zitiert wird, beschrieb ein solches aus den verschiedensten Rechtsordnungen zusammengesetztes Mosaik als nicht zu duldendes „rechtliches Potpourri“; 300 Marrella bezeichnet die dépeçage als „rechtliches Kaleidoskop“. 301 Sehr anschaulich ist auch Mills’ Formulierung, der von einem „Frankensteinmonster“ spricht, das aus wiederbelebten Teilen verschiedener nationaler Rechte zusammengestückelt worden sei. 302 Darüber hinaus wird die dépeçage auch als „Cocktail“ dargestellt, bei dem die Mischung anders schmecke als dessen Zutaten separat.303 Weiterhin wird geltend gemacht, die dépeçage schaffe unnötige Komplexität; Widersprüche müssten im Nachhinein wieder durch Anpassung beseitigt werden. 304 Aber durch eine Anpassung komme das ursprünglich gewollte Recht gar nicht mehr zur Anwendung, sondern vielmehr ein auf diesen speziellen Einzelfall zugeschnittenes Recht, sodass dieses Endprodukt kaum mehr als Teil einer Rechtsordnung angesehen werden könne. 305 2. Zerstörung des rechtspolitischen Gleichgewichts Ein weiteres, mit der Einheit der Rechtsordnung zusammenhängendes Argument gegen die Zulässigkeit der dépeçage ist die durch sie verursachte Zerstörung des rechtspolitischen Gleichgewichts. Die dépeçage führe unter Umständen zu Ergebnissen, die sich weder bei Anwendung des Rechts des 297
MüKo/Spellenberg, Vorbem. Art. 11 Rom I-VO Rn. 16 f.; Biederer, IPR, 211 f.; Vischer, 57 f.; Wiesner, 117; Windmöller, 25 f.; Goldschmidt, FS Wolff (1952) 203, 210; mit anschaulichem Beispiel Serick, RabelsZ 1953, 633, 635; O’Hara/Ribstein, U. Chi. L. Rev. 67 (2000) 1151, 1193; von Schwind, RabelsZ 1958, 449, 456 f.; Wilde, S. Cal. L. Rev. 41 (1968) 329, 330. 298 Die Begriffe werden oft synomym verwendet, vgl. Kropholler, IPR, § 6; zum inneren Entscheidungseinklang auch Kegel/Schurig, IPR, § 2 II 3 b. 299 Jayme, in: Rechtsfragen privatfinanzierter Projekte, 65, 71. 300 Raape, IPR, 472. 301 Marrella, in: La nuova disciplina comunitaria della legge applicabile ai contratti (Roma I) (2009) 15, 35. 302 Mills, in: The Rome II Regulation on the Law Applicable to Non-Contractual Obligations (2009) 133, 146. 303 Polak, 41. 304 Mankowsi, FS Spellenberg (2010) 261, 262; so auch MüKo/Spellenberg, Art. 10 Rom I-VO Rn. 8; Bamberger/Roth/Spickhoff, 2. Aufl. (2008) Art. 27 EGBGB Rn. 44. 305 Wiesner, 118 f.
C. Kritik an der dépeçage
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einen Staates, zu dem der Sachverhalt Berührungspunkte aufweist, noch das des anderen betroffenen Staates ergeben hätten (Normenmangel oder Normenhäufung).306 Verschiedene Staaten hätten verschiedene Gerechtigkeitsvorstellungen und setzten diese auf unterschiedliche Weise durch (z.B. hinsichtlich des Verbraucherschutzes oder des Schutzes des Arbeitnehmers), daher sei es durch eine dépeçage zumindest theoretisch möglich, dass die Rechte auf der Seite einer Partei kumulierten und diese dann unangemessen begünstigt würde.307 3. Unvereinbarkeit mit Zielen des Kollisionsrechts Ferner sei die dépeçage unzulässig, da sie mit einigen Grundprinzipien des europäischen IPR nicht zu vereinbaren sei: Erstens führe eine dépeçage zu mangelnder Vorhersehbarkeit des anwendbaren Rechts, was mit einer Erhöhung der Rechtsunsicherheit einhergehe. 308 Darüber hinaus werde das Prinzip der Parteiautonomie beeinträchtigt. Die Aufspaltung von Verträgen, für die keine Rechtswahl vorliege, widerspreche dem Parteiwillen, denn dass die Parteien mangels Rechtswahl eine Zersplitterung ihres Rechtsverhältnisses gewollt hätten, sei äußerst fernliegend. 309 4. Vergleich mit der Anwendung nichtstaatlichen Rechts Ferner sei nicht einzusehen, warum man den Parteien oder dem Richter gestatten solle, ein Rechtsverhältnis mehreren Rechtsordnungen zu unterwerfen, wenn eine Rechtswahl nichtstaatlichen Rechts unzulässig sei. 310 Zwischen einer dépeçage und einem Rechtsverhältnis, das keiner einheitlichen Rechtsordnung unterworfen sei, bestehe lediglich ein gradueller Unterschied, daher sei die einzige vertretbare Lösung, beide Methoden zu
306
MüKo/Spellenberg, Vorbem. Art. 11 Rom I-VO Rn. 17; so z.B. in Lillegraven v. Tengs, 375 P. 2d 139, 141 f. (Alas. 1962), wo das Gericht nur diejenigen Regeln beider Rechtsordnungen kombinierte, die eine Partei begünstigten (Verjährung der Klageerhebung nach der längeren Frist des Rechts von Alaska, alle anderen Fragen jedoch nach dem Recht von British Columbia, wonach Verjährung schon eingetreten wäre). Aus diesem Grund die dépeçage ablehnend dagegen Simon v. United States, 805 N.E.2d 798 (Ind. 2004). Vgl. auch O’Hara/Ribstein, U. Chi. L. Rev. 67 (2000) 1151, 1193. 307 Wiesner, 115 f.; so auch O’Hara/Ribstein, U. Chi. L. Rev. 67 (2000) 1151, 1192 f.; Simon v. United States, 805 N.E.2d 798, 803 (Ind. 2004). 308 Wiesner, 117; von Schwind, RabelsZ 1958, 449, 457; so auch Marrella, in: La nuova disciplina comunitaria della legge applicabile ai contratti (Roma I) (2009) 15, 33. 309 Biederer, IPR, 211; Wilde, S. Cal. L. Rev. 41 (1968) 329, 330. 310 Foyer, Clunet 1976, 555, 598; kritisch hierzu auch Marrella, in: La nuova disciplina comunitaria della legge applicabile ai contratti (Roma I) (2009) 15, 35.
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Kapitel 1: Begriffliche, methodische und historische Grundlagen
untersagen.311 Einige sehen daher die Gefahr, dass durch die dépeçage ein rechtsordnungsloses Rechtsverhältnis kreiert würde.312 5. Ökonomische Analyse des Rechts Auch aus der Perspektive von law and economics wird die dépeçage kritisiert.313 Dadurch, dass die dépeçage die Vorhersehbarkeit des anwendbaren Rechts erschwere, würden auch die Transaktionskosten erhöht.314 Denn die Ermittlung mehrerer Rechtsordnungen ist im Vergleich zur Ermittlung nur einer ausländischen Rechtsordnung mit erheblich höheren Kosten verbunden; die Kosten für Übersetzungen und Rechtsgutachten können sich so unter Umständen verdoppeln. Aus ökonomischer Sicht wird zudem angeführt, der Parteiwille sei typischerweise darauf gerichtet, die Transaktionskosten möglichst niedrig zu halten, was ebenso für die Anwendung lediglich einer Rechtsordnung spricht.315 In diesem Zusammenhang wird auch vorgebracht, dass Parteien mit leichterem Zugang zu juristischer Beratung, z.B. Unternehmen mit eigener Rechtsabteilung, durch die dépeçage bevorteilt würden.316 Darüber hinaus würden Gesetze oft nur aufgrund des erwarteten Zusammenspiels mit anderen Rechtsregeln erlassen. 317 Beispielsweise seien Schadensersatzmöglichkeiten oder niedrigere Anforderungen an die Beweisführung bei bestimmten Delikten innerhalb einer Rechtsordnung nur zugelassen, weil diese durch die Einführung einer Obergrenze für Schadensersatzforderungen oder Immunität für bestimmte Schädiger begrenzt werden.318 Würden diese Bestimmungen aus der Rechtsordnung herausgenommen und mit den Regeln anderer Rechtsordnungen kombiniert, würde diese Intention des Gesetzgebers unterlaufen. 319 311
Foyer, Clunet 1976, 555, 598. Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 3 Rom I-VO Rn. 28; von Bar, IPR II, Rn. 426; Ekelmans, in: Mélanges Vander Elst (1986) 243, 246 m.w.N.; Spickhoff, in: Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung (2012) 117, 127. 313 Parisi/O’Hara, in: The New Palgrave Dictionary of Economics and the Law (1998) 387, 392 f.; O’Hara/Ribstein, U. Chi. L. Rev. 67 (2000) 1151, 1192 f.; vgl. auch Kropholler/von Hein, Essays in Honor of Arthur T. von Mehren (2002) 317, 325 f. 314 O’Hara/Ribstein, U. Chi. L. Rev. 67 (2000) 1151, 1192 f.; Parisi/O’Hara, in: The New Palgrave Dictionary of Economics and the Law (1998) 387, 392; Kropholler/von Hein, Essays in Honor of Arthur T. von Mehren (2002) 317, 325. 315 Rühl, Statut und Effizienz, 406. 316 Simon v. United States, 805 N.E.2d 798, 803 (Ind. 2004). 317 O’Hara/Ribstein, U. Chi. L. Rev. 67 (2000) 1151, 1193; diesen folgend Simon v. United States, 805 N.E.2d 798, 802 f. (Ind. 2004). 318 Beispiel nach Simon v. United States, 805 N.E.2d 798, 802 f. (Ind. 2004). 319 Simon v. United States, 805 N.E.2d 798, 803 (Ind. 2004); O’Hara/Ribstein, U. Chi. L. Rev. 67 (2000) 1151, 1193. 312
C. Kritik an der dépeçage
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Zudem bestehe durch die Anwendung eines einheitlichen Rechts für Interessengruppen ein größerer Anreiz, sich für ihre Belange einzusetzen. 320 Denn wenn ihnen nur eine „Paketlösung“, d.h. eine einheitliche Rechtsordnung angeboten werde, sei die Opposition gegen diese Lösung stärker.321 Bestehe dagegen die Möglichkeit, mehrere Lösungen verschiedener Rechtsordnungen zu kombinieren, so sei eine Opposition gegen die als unzureichend oder einseitig empfundene Lösung einer Rechtsordnung eher unwahrscheinlich, da diese mit Hilfe der dépeçage passend gemacht werden könne. Daher führe die Anwendung eines einheitlichen Rechts zu einer Steigerung des Wettbewerbs der verschiedenen Interessengruppen innerhalb einer Rechtsordnung, was ein ausgewogenes, bestenfalls alle Interessen berücksichtigendes, Handeln des Gesetzgebers zur Folge habe. 322 Es wird allerdings gesehen, dass in subjektiver Hinsicht die restriktive Haltung gegenüber der dépeçage auf eine Beschränkung der Parteiautonomie hinausliefe. 323 Daher wird diese Ansicht teilweise dahingehend eingeschränkt, dass ein Verbot der dépeçage aus ökonomischer Sicht bei der Teilrechtswahl der Parteien grundsätzlich nicht zu rechtfertigen sei. 324 Ein solches Verbot sei nur dann gerechtfertigt, wenn beispielsweise sog. externe Effekte vorliegen. 325 Bei Bestehen externer Effekte tragen die an einer Transaktion beteiligten Parteien nicht alle damit verbundenen Kosten selbst, sondern wälzen zumindest einen Teil auf Dritte ab.326 Aber bei einer Teilrechtswahl mangele es gerade an solchen externen Effekten, denn die Parteien tragen – nach den meisten Rechtsordnungen – ihre Transaktionskosten selbst, d.h. Dritte werden nicht durch Kosten belastet.327 Daher wird eine von den Parteien gewünschte dépeçage nach dieser Ansicht trotz der erhöhten Transaktionskosten akzeptiert. 6. Zusammenfassung Es fällt auf, dass sich die meisten Kritikpunkte an der dépeçage auf die von Savigny begründeten Prinzipien stützen: namentlich die Verweisung auf eine Rechtsordnung als Ganzes und den inneren Entscheidungsein320
O’Hara/Ribstein, U. Chi. L. Rev. 67 (2000) 1151, 1193; zustimmend Rühl, Statut und Effizienz, 404 f. 321 O’Hara/Ribstein, U. Chi. L. Rev. 67 (2000) 1151, 1193; Rühl, Statut und Effizienz, 404 f. 322 O’Hara/Ribstein, U. Chi. L. Rev. 67 (2000) 1151, 1193; ebenso Rühl, Statut und Effizienz, 405. 323 O’Hara/Ribstein, U. Chi. L. Rev. 67 (2000) 1151, 1192; Rühl, Statut und Effizienz, 405. 324 Rühl, Statut und Effizienz, 405. 325 Rühl, Statut und Effizienz, 405. 326 Rühl, Statut und Effizienz, 216 f. m.w.N. 327 Rühl, Statut und Effizienz, 405 f.
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Kapitel 1: Begriffliche, methodische und historische Grundlagen
klang bzw. die materielle Harmonie. Zwar steht diese Methode der dépeçage nicht per se entgegen, jedoch wird die Aufspaltung eines Rechtsverhältnisses durch die Suche nach der Rechtsordnung mit der engsten Verbindung zum Sachverhalt – im Gegensatz zur Suche nach einer einzelnen Rechtsnorm – erschwert. Da die europäischen Rechtsordnungen immer noch von diesem Rechtsdenken geprägt sind, ist die hier herrschende ablehnende Haltung aus diesem Blickwinkel grundsätzlich nachvollziehbar. II. Argumente für die Zulässigkeit der dépeçage Es sprechen jedoch auch gewichtige Argumente für die Anwendung der dépeçage. 1. Besonderheiten von Auslandssachverhalten So wird beispielsweise vorgetragen, es könne durchaus sinnvoll sein, auf einen Sachverhalt eine Rechtsnorm anzuwenden, die von den Regeln für Inlandssachverhalte verschieden sei, um den Besonderheiten eines Auslandssachverhalts Rechnung zu tragen. 328 Es dürfe nicht der konkrete Sachverhalt aus den Augen verloren werden, nur um formal keine Normwidersprüche zu erzeugen; denn was national als Widerspruch erscheine, könne unter Umständen international sogar geboten sein. 329 2. Sachgerechtere Lösungen in Bezug auf Einzelfragen Vom US-amerikanischen Verständnis (hierzu Kap. 1 B III) wird das Argument für die Zulässigkeit der dépeçage geprägt, dass in vielen Fällen bestimmte Einzelfragen engere Beziehungen zu bestimmten Staaten hätten und dass sehr oft der Konflikt auf eine Einzelfrage beschränkt sei. 330 Daher sei es angemessen, sich auf die begrenzte Frage zu konzentrieren, anstatt zu versuchen, ein und dasselbe Recht auf den gesamten Fall anzuwenden. 331 Zwar bestehe in der Tat die Gefahr der Zerstörung der materiellen Harmonie, jedoch dürfe nicht strikt am Ziel des inneren Entscheidungsein328
Polak, 41; Jayme, FS Kegel (1987) 253, 257; Reese, Colum. L. Rev. 73 (1973) 58,
61. 329 Polak, 41; Jayme, FS Kegel (1987) 253, 258, 267; Wilde, S. Cal. L. Rev. 41 (1968) 329, 355 f.; sowie Reese, Colum. L. Rev. 73 (1973) 58, 61, der dies anhand des USFalles Babcock v. Jackson, 12 N.Y. 2d 473; 191 N.E. 2d 279; 240 N.Y.S. 2d 743 (1963) erläutert. 330 Reese, Colum. L. Rev. 73 (1973) 58, 59; Symeonides, Tulane L. Rev. 82 (2008) 1741, 1782; ders., Oregon L. Rev. 88 (2009) 963, 1038. 331 Symeonides, Tulane L. Rev. 82 (2008) 1741, 1782; ders., Oregon L. Rev. 88 (2009) 963, 1038; Wilde, S. Cal. L. Rev. 41 (1968) 329, 362; siehe auch Corporacion Venezolana de Fomento v. Vintero Sales Corp., 629 F.2d 786, 794 Fn. 8 (2d Cir.1980).
C. Kritik an der dépeçage
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klangs festgehalten werden, denn sonst entstünden zugunsten eines übergeordneten Prinzips im Einzelfall nicht sachgerechte Ergebnisse. 332 3. Unvergleichbarkeit mit der Anwendung nichtstaatlichen Rechts Das Argument, dass zwischen einer dépeçage und einem rechtsordnungslosen Rechtsverhältnis lediglich ein gradueller Unterschied bestehe und daher beide unzulässig seien, ist nicht haltbar. Die dépeçage ist von komplett anderer Natur als die Anwendung nichtstaatlichen Rechts; es besteht nicht lediglich ein gradueller Unterschied zwischen beiden. 333 Bei der dépeçage sind verschiedene Rechtsordnungen mitsamt ihren zwingenden Normen nebeneinander anwendbar, während bei der Anwendbarkeit nichtstaatlichen Rechts solche zwingenden Normen gar nicht bestehen. Zudem ist es im Rahmen der dépeçage möglich, dass ein Teil eines Rechtsverhältnisses eine engere Verbindung zu einem bestimmten Staat und damit auch dessen Rechtsordnung aufweist; eine solche räumliche Lokalisation gibt es bei nichtstaatlichem Recht nicht. Daher lässt sich aus diesem Vergleich kein Argument gegen die dépeçage herleiten. 4. Förderung des rechtspolitischen Gleichgewichts In Bezug auf die Zerstörung des rechtspolitischen Gleichgewichts und die damit unter Umständen verbundene Benachteiligung einer Partei greift zwar das Argument, dass sich auf internationaler Ebene meist ohnehin wirtschaftlich stärkere Partner gegenüberstehen, bei denen weniger strenge Maßstäbe anzulegen seien, 334 in der heutigen Zeit nicht mehr. Die Gefahr der Zerstörung des rechtspolitischen Gleichgewichts wiege aber dennoch nicht sehr schwer, denn durch die Schranke des ordre public und die auch in solchen Fällen nicht mögliche Umgehung international zwingender Normen (hierzu Kap. 2 A III 1 c, Kap. 3 A I 2 b) werde eine einseitige Verlagerung der Rechte und Pflichten verhindert.335 Darüber hinaus wird geltend gemacht, dass eine dépeçage das Gleichgewicht der Parteien eines Vertrags fördern könne. 336 Für den Fall, dass Vertragspartner aus verschiedenen Staaten nicht ein drittes, neutrales Recht zur Anwendung berufen wollen, bestehe durch die dépeçage die Möglichkeit, bestimmte Regelungen des Vertrags dem Recht des einen Vertragspartners zu unterwerfen, andere
332
In diesem Sinne auch Kropholler, IPR, § 18 I 2. So auch Kassis, 356; Juris-classeur Europe/Gaudemet-Tallon, Fascicule 3201 („Rome I”) n. 14. 334 So noch Wiesner, 116. 335 Wiesner, 116. 336 Jayme, Rec. des Cours 1995, Tome 251, 9, 137; ders., IPRax 1987, 63, 64. 333
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Kapitel 1: Begriffliche, methodische und historische Grundlagen
dagegen dem Recht des anderen Vertragspartners.337 Durch einen solchen Kompromiss werde keine der beiden Parteien über Gebühr bevorzugt oder benachteiligt. III. Fazit Zwar ist es richtig, dass die Vorhersehbarkeit des anwendbaren Rechts durch die dépeçage erschwert wird. Dies bedeutet aber nicht, dass die dépeçage im generellen Widerspruch zum System des europäischen Kollisionsrechts steht. Mithilfe der Aufspaltung in verschiedene Teilfragen wird das in den meisten europäischen Staaten geltende Prinzip der engsten Verbindung des Sachverhalts verfeinert (oben Kap. 1 B I 2).338 Auf diese Weise kann sich die dépeçage als sinnvolles Instrument zur Anwendung des räumlich besten und damit angemessensten Rechts auf die jeweilige Frage erweisen, wodurch sie kollisionsrechtliche Gerechtigkeit schafft. 339 Kühne drückt dies bildhaft aus: „Man ersetzt gewissermaßen die Schrotflinte durch das Gewehr mit Zielfernrohr“. 340 Ein gewisser Grad an Unvorhersehbarkeit des Ergebnisses ist dabei hinzunehmen, da dies durch eine größere Flexibilität wieder ausgeglichen wird. Ein Verstoß gegen das Prinzip der Parteiautonomie ist ebenso nicht ersichtlich. Es kann durchaus den berechtigten Erwartungen der Parteien entsprechen, wenn ihr Rechtsverhältnis verschiedenen Rechtsordnungen unterstellt wird oder wenn sie das auf ihr Rechtsverhältnis anwendbare Recht gar selbst im Wege einer Teilrechtswahl spalten. In subjektiver Hinsicht ist es sogar erforderlich, eine dépeçage zuzulassen, da die Teilrechtswahl Ausfluss der Parteiautonomie ist.341 Jedoch ist anzumerken, dass die objektive dépeçage nur in Einklang mit den im europäischen Kollisionsrecht geltenden Grundsätzen steht, wenn das auf die einzelnen Teilfragen anwendbare Recht grundsätzlich ohne Blick auf das materiellrechtliche Ergebnis bestimmt wird (Kap. 1 B I 1 b), vielmehr muss das Prinzip der engsten Verbindung gewahrt werden. Die für die Zulässigkeit der dépeçage aufgeführten Argumente, die zeigen, dass ihre Anwendung durchaus vorteilhaft sein kann, überzeugen. Ob und unter welchen Voraussetzungen die dépeçage in den verschiedenen Berei337
Jayme, Rec. des Cours 1995, Tome 251, 9, 137; ders., IPRax 1987, 63, 64. Kühne, Liber Amicorum Schurig (2012) 129, 140; Lagarde, RDIPP 1975, 649, 652; Gaudemet-Tallon, Rev. trim. dr. europ. 1981, 215, 244; Polak, 26 f. 339 Polak, 26 f.; Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 262. 340 Kühne, Liber Amicorum Schurig (2012) 129, 140. 341 Bericht Giuliano/Lagarde, BT-Drucks. 10/503 vom 20.10.1983, 33, 49; jurisPK/Ringe, Art. 3 Rom I-VO Rn. 24; AnwKomm/Leible, 1. Aufl. (2005) Art. 27 EGBGB Rn. 37; Plender/Wil-derspin, 6-044; Windmöller, 71; Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 263; Foyer, Clunet 1991, 601, 606; Gaudemet-Tallon, Rev. trim. dr. europ. 1981, 215, 244 338
C. Kritik an der dépeçage
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chen des europäischen Kollisionsrechts aktuell zulässig ist, soll in den nachfolgenden Kapiteln erörtert werden.
Kapitel 2
Die dépeçage bei vertraglichen Schuldverhältnissen Im Folgenden wird die dépeçage in der Rom I-VO sowohl in subjektiver als auch in objektiver Hinsicht einer eingehenden Betrachtung unterzogen.
A. Subjektive Anknüpfung A. Subjektive Anknüpfung
Art. 3 I 3 Rom I-VO gibt wie Art. 27 I 3 EGBGB a.F. den Vertragsparteien die Möglichkeit, auch nur für einen Teil ihres Vertrags eine Rechtswahl zu treffen. Der Begriff Teilrechtswahl wird in der Literatur häufig synonym für die subjektive dépeçage verwendet; daher ist auch im Folgenden der Begriff der Teilrechtswahl im Sinne einer kollisionsrechtlichen Teilverweisung der Parteien zu verstehen. 1 Wie diese Fälle nach der Rom I-VO zu handhaben sind, wird im folgenden Abschnitt erläutert. I. Entstehung der gesetzlichen Regelung der Teilrechtswahl Die Einführung des Art. 27 I 3 EGBGB a.F. im Jahre 1986 entsprach der bis dahin in Deutschland üblichen Rechtspraxis (dazu Kap. 1 B II 1 a). Die Vorschrift ähnelt Art. 7 I des Haager Übereinkommens über den internationalen Warenkauf2, nach dessen Wortlaut die Rechtswahl auf einen Teil des Vertrags beschränkt werden kann. Dennoch war die Einführung des Art. 3 I 3 EVÜ bzw. des Art. 27 I 3 EGBGB a.F. im Vorfeld sehr umstritten. Es wurde vorgebracht, die ausdrückliche Erlaubnis der Teilrechtswahl im Gesetz sei nicht glücklich, da hierdurch die Parteien gewissermaßen zu einer unter Umständen Schwierigkeiten nach sich ziehenden Aufspaltung des Vertrags ermutigt würden.3 Dies wurde auch von einigen Sachverständigen vorgebracht, die im Rahmen des Berichts Giuliano/Lagarde hierzu 1 Anders E. Lorenz, RIW 1987, 569, 573, der unter Teilrechtswahl nicht die in kollisionsrechtliche Rechtswahl für einen Teil des Vertrages, sondern „die auf Teile des Vertragsrechtes beschränkte Verweisung“ (= materiellrechtliche Verweisung, hierzu Kap. 1 A I 1 a) meint. 2 Haager Übereinkommen vom 22. Dezember 1986 über das anzuwendende Recht bei Verträgen über den internationalen Warenkauf. 3 Firsching, IPRax 1981, 37, 39; Juenger, RabelsZ 1982, 57, 65.
A. Subjektive Anknüpfung
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befragt wurden.4 Jedoch setzten sich diejenigen Sachverständigen durch, die der Meinung waren, die Teilrechtswahl könne nicht verboten werden, da sie Ausfluss der Parteiautonomie sei. 5 Nach Inkrafttreten der Rom I-VO am 17. Dezember 2009 besteht Art. 3 I 3 EVÜ bzw. Art. 27 I 3 EGBGB a.F. nun unverändert in Art. 3 I 3 Rom IVO fort. Aus den Materialien zur Rom I-VO ist nicht ersichtlich, dass über die Fortführung des Art. 3 I 3 EVÜ diskutiert wurde, vielmehr wurde sie ohne Begründung bereits im Verordnungsvorschlag von 2005 übernommen. 6 In diesem Vorschlag wurde ausdrücklich auch die Wahl nichtstaatlichen Rechts zugelassen, was später jedoch nicht in die endgültige Fassung der Verordnung übernommen worden ist. Es wird gefolgert, aus diesem Grund sei die subjektive dépeçage beibehalten worden, denn im Ergebnis entstünde hierdurch ein ähnlicher Mix aus materiellrechtlichen Regeln des europäischen Vertragsrechts und staatlichem Recht wie bei der Wahl nichtstaatlichen Rechts.7 Wie oben bereits erläutert (Kap. 1 C II 3), ist die dépeçage jedoch von der Anwendung nichtstaatlichen Rechts, das unter Umständen aufgrund seiner Lückenhaftigkeit durch staatliches Recht komplettiert wird, von Grund auf verschieden. 8 Damit kann dieses Argument nicht greifen. Überdies handelt es sich hierbei um eine bloße Vermutung, die sich nicht belegen lässt. Die Teilrechtswahl ist bei vertraglichen Schuldverhältnissen also nach wie vor zulässig. II. Grundsätzliches zur Teilrechtswahl 1. Kollisionsrechtliche Teilrechtswahl Fraglich ist, ob die dépeçage als kollisionsrechtliche Teilrechtswahl von Art. 3 I 3 Rom I-VO bzw. Art. 27 I 3 EGBGB a.F. erfasst wird oder ob hier nur eine materiellrechtliche Teilrechtswahl zulässig ist, wonach nur einzelne Vorschriften eines fremden Rechts innerhalb eines einheitlichen Vertragsstatuts anwendbar wären. Früher herrschte Streit darüber, ob eine solche Teilverweisung der Parteien eine echte kollisionsrechtliche Teil4
Bericht Giuliano/Lagarde, BT-Drucks. 10/503 vom 20.10.1983, 33, 49. Bericht Giuliano/Lagarde, BT-Drucks. 10/503 vom 20.10.1983, 33, 49; so auch Plender/Wilderspin, 6-044; Polak, 21; Ekelmans, in: Mélanges Vander Elst (1986) 243, 245; Gaudement-Tallon, Rev. trim. dr. europ. 1981, 215, 245; Horlacher, Cornell Int’l L. J. 27 (1994) 173, 178; Lagarde, RDIPP 1975, 649, 651; Morse, Yb. Europ. L. 1982, 107, 118; Re, RDIPP 2010, 407, 420. 6 15.12.2005, KOM(2005) 650 endg., siehe dort Art. 3 I 4. 7 Bourissat, in: Le règlement communitaire „Rome I“ et le choix de loi dans les contrats internationaux (2011) 205, 218. 8 So auch der Beitrag von Jacquet, Diskussionsbericht von Bogdan zur dépeçage, in: Le règlement communitaire „Rome I“ et le choix de loi dans les contrats internationaux (2011) 221. 5
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Kapitel 2: Die dépeçage bei vertraglichen Schuldverhältnissen
verweisung sei, was teilweise im Schrifttum verneint worden ist.9 Für eine kollisionsrechtliche Teilverweisung des Art. 3 I 3 Rom I-VO spricht jedoch, dass eine materiellrechtliche Teilverweisung, bei der das anwendbare Sachrecht bestimmt, inwieweit vom Vertragsstatut abgewichen werden kann, in einer IPR-Kodifikation nicht erwähnenswert wäre.10 Zudem haben die Parteien ein berechtigtes Interesse daran, intern zwingende Bestimmungen einer primär gar nicht zuständigen Rechtsordnung umgehen zu können. 11 Daher handelt es sich bei der von der Verordnung zugelassenen Teilrechtswahl der Parteien nach einhelliger Meinung um eine kollisionsrechtliche Teilverweisung. 12 2. Wahl eines Rechts für eine Teilfrage und Wahl mehrerer Rechte a) Rechtswahl lediglich für eine Teilfrage Unter die in Art. 3 I 3 Rom I-VO festgeschriebene Teilrechtswahl wird nach unumstrittener Ansicht der Fall gefasst, dass die Parteien nur für eine bestimmte Teilfrage eine Rechtswahl treffen. 13 Auf den Rest des Vertrags ist dann das nach objektiver Anknüpfung bestimmte Recht anwendbar. 14 Teilweise wird allerdings vertreten, dass in einem solchen Fall unter Umständen auf eine Rechtswahl für den gesamten Vertrag zu schließen sei; hierbei spreche eine Vermutung für eine stillschweigende Rechtswahl für den ganzen Vertrag, sofern sich keine gegenteiligen Anhaltspunkte ergeben. 15 So dürfe beispielsweise eine Klausel, in der bestimmt wird, dass die 9 Simitis, JuS 1966, 209, 213; hierzu auch Vischer, 57 ff. sowie Beuhaus, IPR, 260 f., jeweils m.w.N.; zum Ganzen siehe auch Wiesner. 10 Windmöller, 65; W. Lorenz, IPRax 1987, 269, 272. 11 Wiesner, 95. 12 Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 87; Ferrari/Ferrari, Art. 3 Rom I-VO Rn. 38; Schulze/A. Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 1; BeckOK/Spickhoff, Art. 3 Rom IVO Rn. 27; noch zu Art. 27 I 3 EGBGB: Soergel/von Hoffmann, Art. 27 EGBGB Rn. 53, 55; Kegel/Schurig, IPR, § 18 I 1 c; Windmöller, 65; von Hoffmann, IPRax 1989, 261, 262; Kondring, IPRax 2006, 425, 428; W. Lorenz, IPRax 1987, 269, 272; Juenger, RabelsZ 1982, 57, 65; Spickhoff, in: Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung (2012) 117, 126. Erman/Hohloch, Art. 3 Rom I-VO Rn. 21 sieht jedoch sowohl die kollisionsrechtliche als auch die materiellrechtliche Teilrechtswahl als erfasst an. 13 MüKo/Martiny, Art. 3 Rom I-VO Rn. 74; Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 263 f.; Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 94; Cheshire/Borth/Fawcett, P.I.L., 691; W.-H. Roth, FS Jayme (2004) 757, 761 f.; Spickhoff, in: Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung (2012) 117, 126. 14 MüKo/Martiny, Art. 3 Rom I-VO Rn. 73; PWW/Brödermann/Wegen, Art. 3 Rom IVO Rn. 19; Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 94; BeckOK/Spickhoff, Art. 3 Rom I-VO Rn. 27; Kindler, 18; Spickhoff, in: Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung (2012) 117, 126; zu Art. 27 I 3 EGBGB siehe Lagarde, Rev. crit. 1991, 287, 302. 15 Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 3 Rom I-VO Rn. 27; Kropholler, IPR, § 52 II 3 b; Junker, IPR, Rn. 351.
A. Subjektive Anknüpfung
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Erfüllung des Vertrags deutschem Recht unterliegen soll, nicht vorschnell als Teilrechtswahl interpretiert werden; dies sei vielmehr als Rechtswahl für den gesamten Vertrag anzusehen. 16 Dies wird damit begründet, dass die Parteien im Zweifel eine kohärente Regelung für ihren Vertrag anstreben und ihr Rechtsverhältnis nicht zersplittern wollen. 17 Teilweise wird vertreten, dass sogar dann, wenn mehrere Rechte für verschiedene Vertragsteile gewählt worden sind, im Zweifel nur eine Rechtswahl und eine damit verbundene materiellrechtliche Verweisung anzunehmen sei. 18 Dies beuge einer unnötigen Zersplitterung des Vertrags vor.19 Im Vorfeld der Entstehung des EVÜ wurde ausdrücklich abgelehnt, dass eine Rechtswahl nur für einen bestimmten Teil des Rechtsverhältnisses eine Vermutung zugunsten einer Rechtswahl für den gesamten Vertrag enthalte,20 was nun auch der h.M. entspricht.21 Die Wahl des Rechts, das auf den Vertrag Anwendung finden soll, ist bei den Vertragsverhandlungen zwischen den Parteien aufgrund ihrer politischen Auswirkungen oft ein „Stein des Anstoßes“.22 Daher widerspricht es dem Parteiwillen, im Falle der teilweisen Rechtswahl den gesamten Vertrag dem gewählten Recht zu unterstellen, denn die Parteien wollten für den Rest des Vertrags gerade keine Rechtswahl treffen. 23 Vielmehr muss in einem solchen Fall das Recht für den Rest des Vertrags mittels objektiver Anknüpfung bestimmt werden.24 In jedem Fall muss es für die Annahme einer stillschweigenden Rechtswahl für den gesamten Vertrag hinreichende sonstige Anhaltspunkte geben. 25 Dies gilt erst recht unter Geltung der Rom I-VO, denn hier wurden im Vergleich zum EGBGB in Art. 3 I 2 Rom I-VO die Anforderungen an eine stillschweigende Rechtswahl verschärft.26
16
Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 107; Junker, IPR, Rn. 351. Soergel/von Hoffmann, Art. 27 EGBGB Rn. 65, Kropholler, IPR, § 52 II 3 b. 18 Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 97; Kropholler, IPR, § 52 II 3 b. 19 Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 97. 20 Bericht Giuliano/Lagarde, BT-Drucks. 10/503 vom 20.10.1983, 33, 49. 21 Bspw. LG Dortmund 11.7.2005, IPRspr. 2005 Nr. 17; Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 85; Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 110; Soergel/von Hoffmann, Art. 27 EGBGB Rn. 65; Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 94; Polak, 22 f. 22 Lagarde, RDIPP 1975, 649, 654. 23 Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 94. 24 Bericht Giuliano/Lagarde, BT-Drucks. 10/503 vom 20.10.1983, 33, 49; Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 87; Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 110; Soergel/von Hoffmann, Art. 27 EGBGB Rn. 53; Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 94; Kaye, 154; Polak, 23; Lagarde, RDIPP 1975, 649, 654; Morse, Yb. Europ. L. 1982, 107, 118 f. 25 Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 85; Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 94. 26 Darauf weist auch Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 85 hin. 17
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Kapitel 2: Die dépeçage bei vertraglichen Schuldverhältnissen
b) Wahl mehrerer Rechte Ebenso ist der Fall als dépeçage anzusehen, in dem die Parteien ihren Vertrag in verschiedene Teilfragen aufspalten und für jede einzelne Teilfrage ein anderes Recht wählen, auch wenn dies nicht ausdrücklich im Verordnungstext erwähnt ist.27 Dies war auch schon die allgemeine Ansicht zu Art. 27 I 3 EGBGB a.F.28 3. Modalitäten der Teilrechtswahl a) Bachträgliche Teilrechtswahl Wie bei der Rechtswahl für den ganzen Vertrag können die Parteien ihre Teilrechtswahl auch nachträglich treffen. 29 Dies folgt aus Art. 3 II Rom IVO, der sich auch auf Art. 3 I 3 Rom I-VO bezieht. Für die nachträgliche Teilrechtswahl ergeben sich die gleichen Grenzen wie für die nachträgliche Wahl eines Rechts für den ganzen Vertrag.30 b) Stillschweigende Teilrechtswahl Die Sachverständigen, die im Vorfeld zum Bericht Giuliano/Lagarde befragt worden waren, sprachen sich dafür aus, auch eine stillschweigende Teilrechtswahl zuzulassen. 31 Art. 27 I 2 EGBGB a.F. und Art. 3 I 2 Rom IVO lassen die konkludente Rechtswahl ausdrücklich zu, was folglich auch für die Teilrechtswahl gelten muss. 32 Allerdings ist bei der Annahme einer 27 Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 108; MüKo/Martiny, Art. 3 Rom I-VO Rn. 74; Palandt/Thorn, Art. 3 Rom I-VO Rn. 10; Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 78; PWW/Brödermann/Wegen, Art. 3 Rom I-VO Rn. 19; Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 3 Rom I-VO Rn. 27; Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 94; Cheshire/Borth/Fawcett, P.I.L., 691; Kindler, 18; Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 263 f.; W.-H. Roth, FS Jayme (2004) 757, 761 f.: „gehäufte Teilrechtswahl“. 28 So schon die Begründung zum Gesetzesentwurf des EGBGB vom 20.10.1983, BTDrucks. 10/504, 77; Soergel/von Hoffmann, Art. 27 EGBGB Rn. 53; Ferrari/Ferrari, Art. 27 EGBGB Rn. 33; Staudinger/Magnus, Art. 27 EGBGB Rn. 90; von Bar, IPR II, Rn. 426; Calvo Caravaca/Carrascosa González, D.I.P. II, 528; Kassis, 356; Kaye, 154; Polak, 22; Ebenroth/Fischer/Sorek, ZVglRWiss 1989, 124, 125; Ekelmans, in: Mélanges Vander Elst (1986) 243, 248; Horlacher, Cornell Int’l L. J. 27 (1994) 173, 178; Kondring, IPRax 2006, 425, 428; Lagarde, Rev. crit. 1991, 287, 302; Morse, Yb. Europ. L. 1982, 107, 118. 29 Z.B. LG Essen 20.6.2001, IPRspr. 2001, Nr. 29; Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom IVO Rn. 84; Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 105; Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 3 Rom I-VO Rn. 27; Kondring, IPRax 2006, 425, 429; Spickhoff, in: Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung (2012) 117, 126. 30 Kondring, IPRax 2006, 425, 429. 31 Bericht Giuliano/Lagarde, BT-Drucks. 10/503 vom 20.10.1983, 33, 49. 32 So auch BGH 27.3.1968, IPRspr. 1968/69 Nr. 170; Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 84; Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 105; BeckOK/Spickhoff,
A. Subjektive Anknüpfung
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konkludenten Teilrechtswahl höchste Zurückhaltung geboten, denn die Parteien wollen im Zweifel die mit der Anwendung mehrerer Rechte verbundene Komplexität und die höheren Transaktionskosten vermeiden. 33 Beim Fehlen einer ausdrücklichen Teilrechtswahl kann davon ausgegangen werden, dass die Parteien ihren Vertrag einem einheitlichen Recht unterstellen wollten. 34 Zudem wird häufig schwer die Grenze zu ziehen sein zwischen der Annahme einer konkludenten Teilrechtswahl der Parteien und einer objektiven dépeçage.35 Daher gilt eine (schwache) tatsächliche Vermutung gegen die Annahme einer stillschweigenden Teilrechtswahl. 36 4. Sachnormverweisung Die Rom I-VO regelt in Art. 20 ausdrücklich, dass es sich bei dem nach dieser Verordnung maßgeblichen Recht um eine Sachnormverweisung handelt, soweit nichts anderes bestimmt ist. Unter Geltung des EGBGB bzw. EVÜ war noch umstritten, ob den Parteien gestattet sein solle, dennoch durch Rechtswahl eine Gesamtverweisung vorzunehmen. 37 Nunmehr wird teilweise vertreten, dass bei ausdrücklichem Wunsch der Parteien auch eine Gesamtverweisung vorgenommen werden kann. 38 Dies wird vorwiegend darauf gestützt, dass das anwendbare Recht im Rahmen des Art. 3 Rom I-VO nicht durch die Verordnung, sondern erst durch die ParArt. 3 Rom I-VO Rn. 27; Erman/Hohloch, Art. 3 Rom I-VO Rn. 19; Plender/Wilderspin, 6-044; Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 94; Cordero Moss, FS Thue (2007) 367, 373; Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 265; Ekelmans, in: Mélanges Vander Elst (1986) 243, 248; Spickhoff, in: Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung (2012) 117, 126; so auch schon Lagarde, RDIPP 1975, 649, 652. 33 Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 85; Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 265. 34 Erman/Hohloch, Art. 3 Rom I-VO Rn. 19; Lagarde, RDIPP 1975, 649, 668. 35 Kadletz, ZLW 1996, 413, 417. 36 Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 94; Erman/Hohloch, Art. 3 Rom I-VO Rn. 19; Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 105; BeckOK/Spickhoff, Art. 3 Rom I-VO Rn. 27; Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 265; Spickhoff, in: Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung (2012) 117, 126 f.; Serick, RabelsZ 1953, 633, 645. 37 Zu diesem Streitstand eingehend Rugullis, ZVglRWiss 2007, 217. Für eine parteiautonome Gesamtverweisung: Soergel/von Hoffmann, Art. 27 EGBGB Rn. 13, Art. 35 Rn. 7; Kropholler, IPR, § 24 II 5, § 52 II 3 a; Staudinger/Magnus, Art. 27 EGBGB Rn. 14; AnwKomm/Leible, 1. Aufl. (2005) Art. 27 EGBGB Rn. 11. Dagegen: Bericht Giuliano/Lagarde, BT-Drucks. 10/503 vom 20.10.1983, 33, 69; Bamberger/Roth/Spickhoff, 2. Aufl. (2008) Art. 27 EGBGB Rn. 52; Looschelders, Art. 27 EGBGB Rn. 2; von Bar, IPR II, Rn. 424; W. Lorenz, IPRax 1987, 269, 271; Mallmann, NJW 2008, 2953, 2956; Rugullis, ZVglRWiss 2007, 217, 226. 38 So Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 19; PWW/Brödermann/Wegen, Art. 3 Rom I-VO Rn. 6, Art. 20 Rom I-VO Rn. 3; Erman/Hohloch, Art. 20 Rom I-VO Rn. 2; Sandrock, FS Kühne (2009) 881, 893 f.
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Kapitel 2: Die dépeçage bei vertraglichen Schuldverhältnissen
teien bestimmt werde, sodass der Wortlaut des Art. 20 Rom I-VO hier nicht entgegenstehe; zudem würde anderenfalls die Parteiautonomie der Parteien eingeschränkt.39 Darüber hinaus wird aus einem Vergleich mit der Schiedsgerichtsbarkeit, wo Rück- und Weiterverweisungen nicht zu befolgen sind, es sei denn die Parteien haben etwas anderes vereinbart, eine solche Auslegung des Art. 20 Rom I-VO als geboten angesehen. 40 Eine solche Auslegung ist aber mit der h.L. abzulehnen. 41 Art. 20 Rom I-VO enthält gegenüber Art. 15 EVÜ/Art. 35 EGBGB, der im Übrigen unverändert übernommen worden ist, den Zusatz, dass die Rück- und Weiterverweisung ausgeschlossen ist, soweit in der Verordnung nichts anderes bestimmt ist. Zwar bestimmen die Parteien das anwendbare Recht und nicht direkt die Verordnung, jedoch basiert die Rechtswahlfreiheit der Parteien auf Art. 3 Rom I-VO, der folglich eine andere Bestimmung enthalten müsste, damit eine Gesamtnormverweisung möglich wäre; dies ergibt sich auch in einem Umkehrschluss aus Art. 7 III 2 Rom I-VO.42 Daraus folgt, dass auch im Rahmen des Art. 3 Rom I-VO eine Gesamtverweisung durch Rechtswahl der Parteien ausgeschlossen sein muss. 43 Praktisch hat diese Problematik jedoch kaum Bedeutung, da eine Gesamtverweisung wohl nur in den seltensten Fällen im Interesse der Parteien liegt. III. Die subjektive dépeçage in Art. 3 I 3 Rom I-VO Art. 3 I 3 Rom I-VO ist wortgleich mit Art. 27 I 3 EGBGB a.F. Daher kann für die Betrachtung des Art. 3 I 3 Rom I-VO ohne Weiteres auf Rechtsprechung und Literatur zu Art. 27 I 3 EGBGB a.F. bzw. Art. 3 I 3 EVÜ und den Bericht von Giuliano und Lagarde, der zur Vorbereitung des EVÜ diente, zurückgegriffen werden. 1. Voraussetzungen für eine Teilrechtswahl Fraglich ist, unter welchen Voraussetzungen die Parteien eine wirksame Teilrechtswahl treffen können. Zwar gibt es einige wenige Beispiele in der deutschen Rechtsprechung, die sich mit der Aufspaltbarkeit von Verträgen beschäftigen (dazu bspw. Kap. 2 A III 5), eine generelle Antwort auf diese Frage lässt sich aus diesen jedoch nicht ableiten. Auch in der Literatur werden unterschiedliche Ansichten vertreten. Zudem scheint es, als wür39
Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 19. Sandrock, FS Kühne (2009) 881, 893 f. 41 Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 65; MüKo/Martiny, Art. 20 Rom I-VO Rn. 6; Calliess/Rödl, Art. 20 Rn. 7; Palandt/Thorn, Art. 20 Rom I-VO Rn. 1; Bamberger/ Roth/Spickhoff, Art. 3 Rom I-VO Rn. 36, Art. 20 Rom I-VO Rn. 3; Rauscher, IPR, Rn. 1147; Clausnitzer/Woopen, BB 2008, 1798 1806. 42 Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 65. 43 Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 65. 40
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den sich viele Autoren bei der Frage der Zulässigkeit der subjektiven dépeçage eher an den wenigen Beispielen der Rechtsprechung orientieren, als greifbare Voraussetzungen aufzustellen. An dieser Stelle soll daher versucht werden, sich praktikablen Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Teilrechtswahl zumindest zu nähern. a) Erforderlichkeit der Voraussetzung der Abspaltbarkeit Auf den ersten Blick erscheint die Voraussetzung der Abspaltbarkeit bzw. Abtrennbarkeit einer Teilfrage eine Selbstverständlichkeit, daher geht die h.M. auch ohne Weiteres von einem solchen Kriterium in Bezug auf Art. 3 I 3 Rom I-VO aus.44 Im Folgenden soll untersucht werden, woraus das Kriterium der Abspaltbarkeit hergeleitet werden kann. aa) Wortlaut Art. 3 I 3 Rom I-VO verlangt nicht ausdrücklich, dass die Teilfrage, die einer anderen Rechtsordnung unterstellt werden soll als der Rest des Vertrags, von diesem abspaltbar sein muss. Art. 28 I 2 EGBGB a.F. verlangte jedoch im Hinblick auf die objektive dépeçage, dass sich „ein Teil des Vertrags vom Rest des Vertrags trennen“ lassen müsse, während Art. 27 I 3 EGBGB a.F. diese Voraussetzung nicht aufstellte. Zudem enthielt Art. 28 I 2 EGBGB a.F. die Formulierung „ausnahmsweise“, die in Art. 27 I 3 EGBGB a.F. nicht enthalten war. 45 Aus diesem Unterschied wurde vor Inkrafttreten der Rom I-VO hergeleitet, dass das Erfordernis der Abspaltbarkeit bei Art. 27 I 3 EGBGB a.F. überhaupt nicht gelte.46 Jedoch ist die dépeçage in Art. 4 Rom I-VO nicht übernommen worden, sodass dieses Argument innerhalb der Rom I-VO nicht mehr greift. Vielmehr ist daraus zu schließen, dass der Verordnungsgeber durch die Streichung des Art. 28 I 2 EGBGB a.F. der dépeçage Grenzen setzen wollte. Dies spricht dafür, dass auch in Art. 3 I 3 Rom I-VO engere Maßstäbe anzulegen sind, was durch das Erfordernis der Abspaltbarkeit gewährleistet wird. Darüber hin44
MüKo/Martiny, Art. 3 Rom I-VO Rn. 70; Schulze/A. Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 4; Erman/Hohloch, Art. 3 Rom I-VO Rn. 21; BeckOK/Spickhoff, Art. 3 Rom I-VO Rn. 28; noch zu Art. 27 I 3 EGBGB: Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 95; Bureau/Muir Watt, D.I.P. II, Rn. 897; Kropholler, IPR, § 52 II 3 b; von Hoffmann/Thorn, IPR, § 10 Rn. 39; Bälz, IPRax 2005, 44, 46; Kondring, IPRax 2006, 425, 428; Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 264; W.-H. Roth, FS Jayme (2004) 757, 762; Spickhoff, in: Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung (2012) 117, 127. 45 Darauf weist auch Marrella, in: La nuova disciplina comunitaria della legge applicabile ai contratti (Roma I) (2009) 15, 33 hin, der sich allerdings auf „ex Art. 4 del regolamento Roma I“ bezieht. 46 Foyer, Clunet 1991, 601, 606; ebenso Kaye, 154; Windmöller, 80 f.; kritisch auch Kassis, 357 f.
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aus wird aus dem Vergleich mit Art. 14 Rom II-VO, in dem keine Bestimmung bezüglich der Teilrechtswahl enthalten ist, gefolgert, dass Art. 3 I 3 Rom I-VO Ausnahmecharakter habe und daher restriktiv zu handhaben sei, sodass auf jeden Fall ein Kriterium der Abspaltbarkeit erforderlich sei. 47 Dies ergebe sich auch daraus, dass das Vertragsstatut im Wege der akzessorischen Anknüpfung (bspw. in Art. 4 III 2 und Art. 12 I Rom II-VO) Auswirkungen auf außervertragliche Schuldverhältnisse haben könne. 48 bb) Argument aus der Einheit des Vertrags Aus dem Prinzip der Einheit des Vertrags könnte hergeleitet werden, dass es ein Erfordernis der Abtrennbarkeit der Teilfragen vom Rest des Vertrags geben muss, um eben diese Einheit nicht über Gebühr zu beeinträchtigen. Zwar ist die Einheit des Vertrags kein unantastbares Postulat und kann durchbrochen werden, wenn es gute Gründe hierfür gibt, 49 was wegen der hohen Bedeutung der Parteiautonomie bei der Rechtswahl durchaus der Fall sein kann. 50 Jedoch spricht das Prinzip der Einheit des Vertrags eher dafür, die subjektive dépeçage nur unter bestimmten Voraussetzungen zuzulassen. Das Erfordernis der Abtrennbarkeit eines Vertragsteils gewährleistet, dass dieses Prinzip nur in bestimmten Fällen durchbrochen wird. cc) Argument aus dem Parteiwillen Teilweise wird angeführt, der Parteiwille sei typischerweise darauf gerichtet, Komplikationen zu vermeiden und die Rechtsstreitigkeiten, die sich aus einem Vertragsverhältnis ergeben, prozessökonomisch zu bewältigen. 51 Durch das Erfordernis der Abspaltbarkeit solle gewährleistet werden, dass die Parteien ihren Vertrag nicht in einem beliebigen Ausmaß zerstückeln können, was mit unnötigen Komplikationen und hohen Transaktionskosten verbunden wäre. 52 dd) Stellungnahme Vieles spricht für ein Erfordernis der Abspaltbarkeit eines Vertragsteils im Rahmen der Teilrechtswahl. Zwar enthält der Wortlaut des Art. 27 I 3 EGBGB a.F. (nunmehr des Art. 3 I 3 Rom I-VO) im Gegensatz zu Art. 28 I 2 EGBGB a.F. nicht ausdrücklich eine Voraussetzung der Abtrennbarkeit 47
Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 75. Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 75. 49 Lagarde, RDIPP 1975, 649, 667 f. und ihm folgend Kassis, 358, die daraus schließen, dass kein Erfordernis der Abspaltbarkeit erforderlich ist. 50 Lagarde, RDIPP 1975, 649, 668. 51 Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 75. 52 Vgl. Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 75. 48
A. Subjektive Anknüpfung
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eines Teils vom Rest des Vertrags. Da aber nunmehr die objektive dépeçage des Art. 28 I 2 EGBGB a.F. gestrichen worden ist, ist auf eine generell ablehnende Haltung des Verordnungsgebers gegenüber einer ausufernden Handhabung der dépeçage in der Verordnung zu schließen. Daraus ergibt sich, dass auch im Rahmen des Art. 3 I 3 Rom I-VO strengere Maßstäbe angelegt werden müssen, was durch ein Erfordernis der Abspaltbarkeit gewährleistet werden kann. Sieht man den ganzen Art. 3 Rom I-VO als Grundregel der Rechtswahl an, die auch auf das Deliktsrecht übertragen werden kann (hierzu Kap. 3 B I 1), ist der Vergleich mit Art. 14 Rom IIVO zwar eher ein schwaches Indiz für das Erfordernis der Abspaltbarkeit. Schwerer wiegt jedoch die Tatsache, dass Art. 3 I 3 Rom I-VO wegen der Verweisungen der Artt. 6 II und 8 I Rom I-VO ebenso im Verhältnis zu schwächeren Parteien gilt (hierzu näher Kap. 2 A IV 1 und 2). Daher sollte die Parteiautonomie und somit auch die Teilrechtswahl nicht schrankenlos gewährleistet werden, sodass auch vor diesem Hintergrund ein Erfordernis der Abspaltbarkeit durchaus sinnvoll ist. Darüber hinaus kommt es den Parteien zugute, wenn der Zerstückelung ihres Rechtsverhältnisses Grenzen gesetzt sind, sodass die Transaktionskosten im Rahmen bleiben. Somit ist es im Sinne der Parteien, die Parteiautonomie durch die Erforderlichkeit der Abspaltbarkeit des Vertragsteils geringfügig einzuschränken. b) Anforderungen an die Abspaltbarkeit Die Voraussetzung der Abspaltbarkeit ist demnach unter Art. 3 I 3 Rom IVO als notwendig anzusehen. Nun drängt sich die Frage auf, was unter einem abspaltbaren Vertragsteil zu verstehen ist. aa) Innere und äußere Glieder eines Rechtsinstituts Schon in den 50er Jahren stellte Serick die Frage, welche Voraussetzungen die Teilfragen eines Rechtsinstituts aufweisen müssen, damit sie von diesem abtrennbar sind, wobei er zu dem Schluss kam, dass unselbständige Teile nicht abspaltbar seien. 53 Dabei differenzierte er zwischen inneren und äußeren Gliedern eines Rechtsinstituts.54 Die inneren Glieder seien die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale, die dem Rechtsinstitut ihre Prägung geben; diese Glieder könnten mangels Selbständigkeit nicht abgespalten werden.55 Die äußeren Glieder seien solche zwingenden Normen, die zwar für mehrere Rechtsinstitute gälten, die aber für das betreffende Rechtsinstitut wesentlich seien und ihm damit ihren eigenen Stempel aufdrückten, wie
53
Serick, RabelsZ 1953, 633, 636. Serick, RabelsZ 1953, 633, 636. 55 Serick, RabelsZ 1953, 633, 636. 54
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zum Beispiel die Vorschrift des § 138 BGB; auch diese seien nicht abspaltbar.56 Zwar stellt Serick mit seinem Ansatz klare Kriterien für das Erfordernis der Abspaltbarkeit auf. Jedoch darf diese Voraussetzung nicht so verstanden werden, dass nur solche Vertragsteile unterschiedlichen Rechtsordnungen unterworfen werden können, die ohnehin eine solche Selbständigkeit aufweisen, dass sie Gegenstand eines gesonderten Vertrags sein können, da es sich hierbei schon begrifflich nicht immer um eine dépeçage handelt (siehe oben Kap. 1 A IV 1 a und b). Aus diesem Grund ist aber Sericks Ansatz zu eng gefasst, da ansonsten wohl nur noch in solchen Fällen, in denen ohnehin eigenständige Verträge hätten geschlossen werden können, die Voraussetzung der Abspaltbarkeit bejaht werden könnte; für eine dépeçage im eigentlichen Sinne bliebe dann kein Raum mehr. bb) Autonomer und abtrennbarer Vertragsteil Teilweise wird die Abspaltbarkeit dahingehend beschrieben, dass es sich um eine rechtlich gesondert zu lösende Frage handeln müsse, 57 oder es wird von „rechtstechnischen Erfordernissen“ gesprochen, welche die Grenzen für die Aufspaltung eines Rechtsverhältnisses darstellen sollen. 58 Meist wird beim Versuch der Definition der Voraussetzung aber einfach die Formulierung im Bericht Giuliano/Lagarde, dass die Rechtswahl „in sich sachgerecht“ (franz.: cohérente) sein muss, „das heißt, sie muss sich auf Elemente des Vertrags beziehen, die verschiedenen Rechten unterworfen werden können, ohne dass dies zu widersprüchlichen Ergebnissen führt“59, aufgegriffen. 60 Dies hat auch der EuGH im Jahre 2009 für die objektive dépeçage festgestellt. 61 Oft wird für die Abspaltbarkeit einer Teilfrage eine gewisse Selbständigkeit vorausgesetzt.62 Dies bedeutet, dass der 56
Serick, RabelsZ 1953, 633, 636 f. Soergel/von Hoffmann, Art. 28 EGBGB Rn. 132; MüKo/Martiny, 4. Aufl. (2006) Art. 28 EGBGB Rn. 25; Kaye, 175. 58 von Hoffmann, IPRax 1989, 261, 262. 59 Bericht Giuliano/Lagarde, BT-Drucks. 10/503 vom 20.10.1983, 33, 49. 60 So z.B. MüKo/Martiny, Art. 3 Rom I-VO Rn. 70; Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 109; Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 3 Rom I-VO Rn. 28; AnwKomm/ Leible, 1. Aufl. (2005) Art. 27 EGBGB Rn. 37; Kropholler, IPR, § 52 II 3 b; Windmöller, 70 f.; Marrella, in: La nuova disciplina comunitaria della legge applicabile ai contratti (Roma I) (2009) 15, 33; W.-H. Roth, FS Jayme (2004) 757, 762; Spickhoff, in: Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung (2012) 117, 127; dahingehend auch Kondring, IPRax 2006, 425, 428. 61 EuGH 6.10.2009, Rs. C-133/08, Intercontainer Interfrigo SC (ICF)/Balkenende Oosthuizen BV und MIC Operations BV, Slg. 2009, I-09687, Rn. 45 f. 62 MüKo/Martiny, Art. 3 Rom I-VO Rn. 70; Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 95; Roth, FS Jayme (2004) 757, 762. 57
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Grundsatz der materiellen Harmonie (bzw. des inneren Entscheidungseinklangs oder der Kohärenz) nicht verletzt werden darf; 63 durch diese Einschränkung der Teilrechtswahl werden die Rechtsordnung als Ganzes und damit die Souveränität des jeweiligen Staates hinreichend geachtet.64 Der EuGH hat in seiner Entscheidung die Gelegenheit verpasst, die Voraussetzung der Abspaltbarkeit für die dépeçage näher zu konkretisieren. 65 Daher gibt es verschiedene Ansichten darüber, welche Anforderungen an einen autonomen und abtrennbaren Vertragsteil zu stellen sind und wann hiernach eine Teilrechtswahl unwirksam ist. (1) Widersprüchliche Ergebnisse Nach der engsten Auffassung genügen bereits widersprüchliche Ergebnisse, damit die Teilrechtswahl unwirksam ist.66 Dies soll der Fall sein, „wenn sich gegenseitig ausschließende oder auch nur nicht aufeinander abgestimmte Rechtsregeln innerhalb eines Vertrags nebeneinander anzuwenden sind“. 67 (2) Unüberwindbare Widersprüche Einer anderen Ansicht nach darf die Aufspaltung nicht zu Widersprüchen im materiellen Recht führen, die nicht beseitigt werden können. 68 Zunächst müsse versucht werden, solche Widersprüche, die durch das Zerreißen von 63
Bericht Giuliano/Lagarde, BT-Drucks. 10/503 vom 20.10.1983, 33, 49; Calvo Caravaca/Carrascosa González, D.I.P. II, 528; von Hoffmann/Thorn, § 10 Rn. 39; Rauscher, IPR, Rn. 1148; Kassis, 358; Ekelmans, in: Mélanges Vander Elst (1986) 243, 248 f.; Juris-classeur Europe/Gaudemet-Tallon, Fascicule 3201 („Rome I”) n. 15; Bourissat, in: Le règlement communitaire „Rome I“ et le choix de loi dans les contrats internationaux (2011) 205, 218. 64 Mills, in: The Rome II Regulation on the Law Applicable to Non-Contractual Obligations (2009) 133, 147. 65 Dies bedauert Rudolf, ZfVR 2010, 18, 20 f.; nichts Neues im Hinblick auf die Voraussetzungen der objektiven dépeçage sieht auch Bourissat, in: Le règlement communitaire „Rome I“ et le choix de loi dans les contrats internationaux (2011) 205, 210 f. 66 PWW/Brödermann/Wegen, Art. 3 Rom I-VO Rn. 19; Schulze/A. Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 4; Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 3 Rom I-VO Rn. 28; Reithmann/ Martiny/Martiny, Rn. 95; Kropholler, IPR, § 52 II 3 b; Kaye, 154; Polak, 42 f.; Lagarde, RDIPP 1991, 287, 302; Rigaux, Cah. dr. europ. 1988, 306, 317; Roth, FS Jayme (2004) 757, 762; Spickhoff, in: Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung (2012) 117, 127; wohl auch Marrella, in: La nuova disciplina comunitaria della legge applicabile ai contratti (Roma I) (2009) 15, 33. 67 Windmöller, 71. 68 MüKo/Martiny, Art. 3 Rom I-VO Rn. 70; Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 109; Ferrari/Ferrari, Art. 3 Rom I-VO Rn. 39; AnwKomm/Leible, 1. Aufl. (2005) Art. 27 EGBGB Rn. 37; Kropholler, IPR, § 52 II 3 b; Freitag/Leible, ZVglRWiss 2000, 101, 109; Kondring, IPRax 2006, 425, 429.
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Zusammenhängen entstehen, durch Auslegung der Rechtswahl oder Auslegung der gewählten Sachrechte zu beseitigen. 69 Ist dies nicht möglich, könne eine Anpassung auf materiellrechtlicher Ebene erfolgen, mit deren Hilfe versucht werden soll, die Widersprüche zu lösen. 70 Erst dann, wenn dies nicht gelingt, bestehen nach dieser Auffassung absolut unüberwindbare Widersprüche (sog. Perplexität), die die Unwirksamkeit der Teilrechtswahl zur Folge haben. 71 (3) Stellungnahme Die Teilrechtswahl beruht auf dem Prinzip der Parteiautonomie, die gemäß Erwägungsgrund 11 Rom I-VO einen der „Ecksteine“ des Kollisionsrechts der vertraglichen Schuldverhältnisse darstellt. Daher sollte versucht werden, dem Parteiwillen zu entsprechen, selbst wenn sich auf den ersten Blick bei dessen Berücksichtigung Widersprüche ergeben. In einem solchen Fall ist durch Auslegung zu ermitteln, was die Parteien wirklich wollen. Sollten dann immer noch Widersprüche bestehen, so sollte versucht werden, diese durch Anpassung zu beseitigen. Nur so kann dem Parteiwillen in dem Maße, wie es Erwägungsgrund 11 verlangt, Rechnung getragen werden. Ließe man dagegen bereits das bloße Vorliegen von Widersprüchen für die Unwirksamkeit der Teilrechtswahl genügen, so wäre der Anwendungsbereich des Art. 3 I 3 Rom I-VO sehr eingeschränkt. Die Befürchtung, durch Anpassung werde das Recht „verfälscht“ (siehe oben Kap. 1 C I 1), da nicht die gewollte Rechtsordnung selbst zur Anwendung kommt, sondern lediglich ein ähnliches Rechtsinstitut, greift im Falle der subjektiven dépeçage nicht, da hier nicht die Ziele und Interessen der Rechtsordnung im Vordergrund stehen, sondern der Parteiwille. Darüber hinaus kann eine solche Lösung, die in einem rein nationalen Fall niemals zustande gekommen wäre, in einem international gelagerten Fall durchaus geboten sein und den Besonderheiten eines solchen Sachverhalts besser entsprechen als eine einzelne nationale Rechtsordnung (oben Kap. 1 C II 1). Den Parteien ist eher damit gedient, dass ein Rechtsinstitut zur Anwendung kommt, das dem von ihnen gewollten ähnlich ist, anstatt dass die 69
MüKo/Martiny, Art. 3 Rom I-VO Rn. 71; Ferrari/Ferrari, Art. 3 Rom I-VO Rn. 39; zu den verschiedenen Möglichkeiten der Beseitigung von sich durch die dépeçage ergebenden Widersprüchen ausführlich Cocteau-Senn, 62 ff. 70 Erman/Hohloch, Art. 3 Rom I-VO Rn. 21 bspw. bezeichnet als „Anpassung“ auch die sinnvollere Abgrenzung der berufenen Statuten, überwiegend wird hierunter aber lediglich die Korrektur des Ergebnisses auf materiellrechtlicher Ebene mittels modifizierter Anwendung einer Rechtsordnung oder eines einzelnen Rechtsinstituts im Einzelfall verstanden, vgl. statt vieler Kropholler, IPR, § 34 I. 71 MüKo/Martiny, Art. 3 Rom I-VO Rn. 71; Erman/Hohloch, Art. 3 Rom I-VO Rn. 21; Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 263 f.
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Teilrechtswahl unwirksam ist und nach objektiver Anknüpfung ein Recht auf die Teilfrage angewandt wird, das sie gerade nicht gewollt und mit dessen Anwendung sie daher auch nicht gerechnet haben. Daher darf man nicht bei der Feststellung, dass widersprüchliche Ergebnisse vorliegen, stehen bleiben, sondern muss weiter versuchen, diese zu beseitigen, um dem Parteiwillen zu genügen. Das Erfordernis der Abspaltbarkeit zwingt dazu, das materiellrechtliche Ergebnis bereits auf der kollisionsrechtlichen Ebene im Blick zu haben, was grundsätzlich dem Ansatz des europäischen Kollisionsrechts, das traditionell lediglich das räumlich beste Recht bestimmen will, widerspricht und eher mit dem ergebnisorientierten issue-by-issue approach vergleichbar ist. Anders kann aber nicht gewährleistet werden, dass unauflösbare Widersprüche verhindert werden. Mithin ist eine gewisse Ergebnisorientierung bei der dépeçage als Ausnahmeregelung hinzunehmen. c) Verbot der Umgehung zwingender Bormen Es stellt sich ferner die Frage, ob eine weitere Voraussetzung der Teilrechtswahl das Verbot der Umgehung zwingender Normen sein muss. Um dies festzustellen, ist zunächst zu prüfen, ob eine solche Umgehung überhaupt möglich ist. Diesbezüglich ist zwischen intern zwingenden Bestimmungen (Art. 3 III und IV Rom I-VO) und international zwingenden Normen (Eingriffsnormen i.S.d. Art. 9 I Rom I-VO) zu differenzieren. aa) Intern zwingende Bormen Art. 3 III und IV Rom I-VO stellen bei reinen Inlands- bzw. Binnenmarktsachverhalten die Durchsetzung intern zwingender Normen auch bei der Teilrechtswahl sicher. Dies hat zur Folge, dass bei entgegenstehenden intern zwingenden Normen die kollisionsrechtliche Teilrechtswahl zur materiellrechtlichen Teilrechtswahl wird. 72 Dadurch werden der subjektiven dépeçage Grenzen gesetzt.73 In diesen Fällen besteht daher keine Gefahr der Umgehung intern zwingender Vorschriften. Liegt dagegen kein reiner Inlands- oder Binnenmarktsachverhalt vor, so ist eine Ausschaltung intern zwingender Normen durch eine Teilrechtswahl der Parteien möglich, denn dies ist gerade die Konsequenz der Zulässigkeit einer kollisionsrechtlichen Teilrechtswahl und mit der Parteiautonomie zu 72
Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 121; Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom IVO Rn. 112; Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 97. 73 BeckOK/Spickhoff, Art. 3 Rom I-VO Rn. 28; Schulze/A. Staudinger, Art. 3 Rom IVO Rn. 4; Juris-classeur Europe/Gaudemet-Tallon, Fascicule 3201 (“Rome I”) n. 15; Polak, 36; kritisch hierzu Bourissat, in: Le règlement communitaire „Rome I“ et le choix de loi dans les contrats internationaux (2011) 205, 216.
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rechtfertigen. 74 Daher ist mithilfe der subjektiven dépeçage eine „Umgehung“ von intern zwingenden Vorschriften möglich und auch gewollt. 75 Somit hat eine „willkürliche“ Teilrechtswahl mit dem Ziel der Ausschaltung intern zwingender Normen keine Unwirksamkeit derselben zur Folge.76 bb) International zwingende Bormen (Eingriffsnormen) Eingriffsnormen kommen unabhängig von dem für das jeweilige Rechtsverhältnis maßgebliche Recht zur Anwendung. Sie dienen rechtspolitischen Interessen des gesetzgebenden Staates und haben weder den Menschen und die seinen Interessen entsprechende Lösung des Sachverhalts zum Ziel noch fördern sie den internationalen Entscheidungseinklang. 77 (1) Rechtslage unter Geltung des EVÜ/EGBGB a.F. Die Gefahr, dass international zwingende Normen im Wege der kollisionsrechtlichen Teilrechtswahl umgangen werden können, wurde schon bei der Schaffung des EVÜ gesehen, aber man war der Auffassung, diesem Risiko werde durch Art. 7 EVÜ hinreichend entgegengewirkt.78 So wurde vielfach vertreten, eine Umgehung von Eingriffsnormen sei unter dem EVÜ schlichtweg unmöglich. 79 Problematisch war jedoch, dass die Bundesrepublik Deutschland in Bezug auf Art. 7 EVÜ den Vorbehalt nach Art. 22 I lit. a EVÜ erklärt hatte, wonach sie Art. 7 I EVÜ nicht anwendete. Folglich mussten nach Art. 34 EGBGB a.F. lediglich international zwingende deutsche Vorschriften berücksichtigt werden.80 Diesen Vorbehalt hatten neben Deutschland noch einige andere Mitgliedstaaten erklärt, sodass in diesen Staaten streng genommen nur die international zwingenden Normen der lex fori nicht umgangen werden konnten. 81 Aus diesem Grund wurde dafür plädiert, die Teilrechtswahlmöglichkeit der Parteien einzuschrän-
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Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 79; MüKo/Martiny, Art. 3 Rom I-VO Rn. 67; Lagarde, RDIPP 1975, 649, 671. 75 Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 112; Ferrari/Ferrari, Art. 3 Rom I-VO Rn. 38; Polak, 39; W.-H. Roth, FS Jayme (2004) 757, 762. 76 Soergel/von Hoffmann, Art. 27 EGBGB Rn. 56. 77 von Bar/Mankowski, IPR I, § 4 Rn. 91; Kropholler, IPR, § 3 II. 78 Bericht Giuliano/Lagarde, BT-Drucks. 10/503 vom 20.10.1983, 33, 49. 79 Staudinger/Magnus, Art. 27 EGBGB Rn. 97; Ferrari/Ferrari, Art. 27 EGBGB Rn. 35; Ekelmans, in: Mélanges Vander Elst (1986) 243, 251 f. 80 Darauf weisen auch Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 80 und Bamberger/Roth/Spickhoff, 2. Aufl. (2008) Art. 27 EGBGB Rn. 45 hin. 81 So auch Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 80.
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ken. 82 Dagegen wurde jedoch eingewandt, dass deutsche Gerichte trotz des Vorbehalts durchaus auch ausländische Eingriffsnormen berücksichtigen konnten, sodass keine besondere Einschränkung der Teilrechtswahl unter Geltung des EGBGB a.F. erforderlich sei. 83 Im EVÜ bzw. im EGBGB a.F. bestand somit ein ausgeglichenes Wechselsystem zwischen erweiterter Rechtswahlfreiheit der Parteien (durch Zulassung der Teilrechtswahl) einerseits und ihrer Beschränkung durch die Durchsetzung international zwingender Normen in Art. 7 EVÜ andererseits.84 (2) Rechtslage unter Geltung der Rom I-VO In Vergleich zum EVÜ bleibt es unter Geltung der Rom I-VO gemäß ihrem Art. 9 II zwar bei der Berücksichtigung von Eingriffsnormen der lex fori, bezüglich ausländischer Eingriffsnormen besagt Art. 9 III Rom I-VO jedoch, dass ihnen nur Wirkung verliehen werden kann, soweit sie Bestandteil des Rechts am Erfüllungsort sind. 85 Hieraus folgt, dass bei einer Teilrechtswahl in Bezug auf die Erfüllung des Vertrags Eingriffsnormen eines ausländischen Erfüllungsortsrechts durchgesetzt werden können. 86 Fraglich ist jedoch, ob auch in den übrigen Fällen ausländischen Eingriffsnormen zur Durchsetzung verholfen werden kann. Dies wäre nicht der Fall, wenn Art. 9 III Rom I-VO eine Sperrwirkung gegenüber einer darüber hinausgehenden Berücksichtigung ausländischer Eingriffsnormen entfalten würde, was die h.M. bei einer Rechtswahl für den ganzen Vertrag bejaht.87 Konsequenterweise müsste dies dann auch für die Teilrechtswahl gelten.88 Hiergegen spricht jedoch, dass in der Rom I-VO nunmehr unbeabsichtigt ein Ungleichgewicht entstanden ist, denn Art. 3 I 3 EVÜ wurde unverändert in Art. 3 I 3 Rom I-VO übernommen, während Art. 7 I EVÜ 82 Bamberger/Roth/Spickhoff, 2. Aufl. (2008) Art. 27 EGBGB Rn. 45; in diesem Sinne wohl auch von Bar, IPR II, § 4 Rn. 426. 83 Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 80. 84 Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 80 f.; von Hoffmann, IPRax 1989, 261, 263; W.-H. Roth, FS Jayme (2004) 757, 762. 85 Zur Berücksichtigung ausländischer Eingriffsnormen in den Verordnungen Rom I und Rom II ausführlich Günther. 86 Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 81; Schulze/A. Staudinger, Art. 3 Rom IVO Rn. 4. 87 Staudinger/Magnus, Art. 9 Rom I-VO Rn. 123; Calliess/Renner, Art. 9 Rom I-VO Rn. 32; MüKo/Martiny, Art. 9 Rom I-VO Rn. 113; Schulze/A. Staudinger, Art. 9 Rom IVO Rn. 12; BeckOK/Spickhoff, Art. 9 Rom I-VO Rn. 30; Reithmann/Martiny/Freitag, Rn. 653; Bureau/Muir Watt, D.I.P. II, Rn. 915-1; Günther, 177; Freitag, IPRax 2009, 109, 115; Leible/Lehmann, RIW 2008, 528, 543; Mankowski, IHR 2008, 133, 148; Spickhoff, in: Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung (2012) 117, 134; a.A. Rühl, FS Kropholler (2008) 187, 206 f.; offenlassend Palandt/Thorn, Art. 9 Rom I-VO Rn. 14. 88 Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 81; ebenso Schulze/A. Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 4.
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Kapitel 2: Die dépeçage bei vertraglichen Schuldverhältnissen
unter nicht unerheblichen Modifikationen in Art. 9 III Rom I-VO überführt worden ist.89 So besteht das noch unter dem EVÜ herrschende Gleichgewicht zwischen liberaler Handhabung der Parteiautonomie unter gleichzeitiger Beschränkung derselben mittels Durchsetzung staatlicher Interessen in der Rom I-VO nicht mehr, sodass anzudenken wäre, dies mittels einer analogen Anwendung des Art. 9 III Rom I-VO wiederherzustellen. 90 Hiergegen spricht jedoch wiederum die Entstehungsgeschichte des Art. 9 III Rom I-VO, denn insbesondere durch den von britischer Seite ausgeübten Widerstand gegen den Kommissionsvorschlag der Rom I-VO kann die Vorschrift nur als nicht analogiefähige Ausnahmeregelung ausgelegt werden. 91 Andererseits zeigt die Entstehungsgeschichte der Vorschrift aber auch, dass möglicherweise beabsichtigt war, die Parteiautonomie und damit die wirtschaftliche Freiheit der Parteien (mit Blick auf die Erhaltung des Finanzplatzes London) besonders zu stärken, und daher versucht wurde, eine staatliche Regulierung durch ausländisches Eingriffsrecht möglichst gering zu halten. 92 Ob bei dieser Entscheidung jedoch auch die Konsequenzen bezüglich der Teilrechtswahl bedacht wurden, bleibt zweifelhaft, sodass nicht davon ausgegangen werden kann, dass die mögliche Umgehung ausländischer Eingriffsnormen gewollt ist. Daher besteht die Gefahr, dass die Parteien eines Vertrags die Teilrechtswahl nach Art. 3 I 3 Rom I-VO gezielt dazu nutzen können, ausländische Eingriffsnormen, die nicht Vorschriften des Erfüllungsortsrechts sind, zu umgehen. 93 (3) Lösungsvorschlag Um eine solche Umgehung zu verhindern, wird vorgeschlagen, die Hürden für die Zulässigkeit einer Teilrechtswahl zu erhöhen, namentlich die Voraussetzung der Abspaltbarkeit dahingehend zu erweitern, dass ausländische Eingriffsnormen nicht umgangen werden dürfen. 94 Dem Einwand, dass ausländisches Eingriffsrecht auch mithilfe einer Rechtswahl für den ganzen Vertrag umgangen werden kann, kann entgegengehalten werden, dass eine solche Rechtswahl im Gegensatz zur Teilrechtswahl in sich ausgewogen ist.95 Diese Argumentation leuchtet ein. Daher ist auch hier eine 89
Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 81. Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 81. 91 Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 81. 92 W.-H. Roth, FS Kühne (2009) 859, 877. 93 Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 81; BeckOK/Spickhoff, Art. 3 Rom I-VO Rn. 28. 94 Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 81; ihm für „Extremfälle“ folgend Schulze/A. Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 4. 95 Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 81; in diesem Sinne auch von Bar, IPR II, § 4 Rn. 426. 90
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Einschränkung der Voraussetzung der Abspaltbarkeit dahingehend anzunehmen, dass ausländisches Eingriffsrecht durch die Teilrechtswahl nicht umgangen werden darf. 96 cc) Fazit Es ist festzuhalten, dass die Umgehung intern zwingender Normen, soweit kein Inlands- bzw. Binnenmarktsachverhalt vorliegt, durch die Teilrechtswahl gerade gewollt ist und daher eine diesbezügliche Beschränkung nicht erforderlich ist. Bei reinen Inlands- oder Binnenmarktsachverhalten ist eine Umgehung wegen Art. 3 III und IV Rom I-VO ohnehin nicht möglich. Eingriffsnormen der lex fori und des Erfüllungsortes können wegen Art. 9 II bzw. III Rom I-VO nicht umgangen werden. Die mögliche Umgehung ausländischer international zwingender Bestimmungen ist dagegen problematisch, sodass als zusätzliche Bedingung für Abspaltbarkeit gefordert werden muss, dass solche Eingriffsnormen nicht umgangen werden dürfen; anderenfalls ist die Teilrechtswahl unzulässig. d) Zusammenfassung Die subjektive dépeçage in der Rom I-VO erfordert, dass die Teilfrage, für die eine andere Rechtsordnung gewählt worden ist, vom Rest des Vertrags abspaltbar ist. Dies setzt erstens voraus, dass die materielle Harmonie eingehalten wird, d.h. es dürfen keine unauflösbaren Widersprüche entstehen, und zweitens dürfen ausländische Eingriffsnormen nicht umgangen werden. 2. Teilfragen, die Gegenstand einer Teilrechtswahl sein können Nachdem nun die Voraussetzungen für einen Teilrechtswahl konkretisiert wurden, drängt sich die Frage auf, welche Elemente Gegenstand einer Teilrechtswahl sein können. Teilweise wird vorgebracht, dass die Elemente des Art. 12 I Rom I-VO ein Indiz dafür sein könnten, dass solche und ähnliche Teilfragen einem anderen Recht unterliegen können als der Rest des Vertrags; die Teilfrage, die der Rechtswahl unterliegen soll, müsse also Merkmale aufweisen, die beispielsweise der Erfüllung der Vertragspflichten oder den Folgen der Nichterfüllung der Vertragspflichten ähnlich sind. 97 Dies wird allerdings mit dem Argument angezweifelt, dass die Vor-
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Calvo Caravaca/Carrascosa González, D.I.P. II, 528 sehen dies als gesonderte Voraussetzung für die subjektive dépeçage an, was im Ergebnis aber keinen Unterschied macht. 97 MüKo/Martiny, Art. 3 Rom I-VO Rn. 70; Ferrari/Ferrari, Art. 3 Rom I-VO Rn. 40; Schulze/A. Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 4; Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261,
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Kapitel 2: Die dépeçage bei vertraglichen Schuldverhältnissen
schrift gerade das anwendbare Recht auf alle dort aufgelisteten Vertragsbestandteile erstrecke.98 Einer anderen, noch weitergehenden Ansicht nach soll eine subjektive dépeçage immer zulässig sein, solange nicht Konsens und Synallagma betroffen sind; auf die in Art. 12 Rom I-VO (Art. 32 EGBGB a.F.) aufgezählten Elemente komme es nicht an, auch kleinere oder größere Teile könnten gesondert angeknüpft werden.99 Darüber hinaus wird vertreten, dass jedenfalls solche Vertragsteile abgespalten werden können, die Gegenstand internationaler Konventionen sind. 100 Dies sei beispielsweise der Fall beim CISG den Vertragsschluss sowie Rechte und Pflichten der Parteien betreffend und bei der CMR bezüglich der Haftung.101 Dass diese Bereiche international gesondert geregelt sind, zeige, dass sie unterschiedlichen Rechtsordnungen unterworfen werden könnten.102 Zunächst ist festzuhalten, dass das Argument, die in Art. 12 I Rom I-VO aufgelisteten Vertragsteile seien einer Teilrechtswahl nicht zugänglich, weil sie gerade zum Vertragsstatut gehören, nicht überzeugt, denn dies gilt nur, wenn eine einheitliche Rechtswahl für das gesamte Rechtsverhältnis getroffen wurde. Art. 3 I 3 Rom I-VO lässt jedoch eine Aufspaltung des Vertragsstatuts zu, sodass hierfür Art. 12 I Rom I-VO nicht mehr gelten kann. Darüber hinaus ist die Teilfrage eher weit zu verstehen (siehe oben Kap. 1 A I 2 a), sodass es nicht gerechtfertigt wäre, bei den Elementen des Art. 12 I Rom I-VO oder solchen Fragen, die Gegenstand internationaler Konventionen sind, im Hinblick auf die Zulässigkeit der Teilrechtswahl stehen zu bleiben. 103 Vielmehr kann eine weitergehende Spaltung vorgenommen werden. Die Grenze der subjektiven dépeçage stellen auch nicht der Konsens oder das funktionelle Synallagma dar, sondern es kommt darauf an, ob es sich im Einzelfall um eine abspaltbare Teilfrage handelt, d.h. ob die materielle Harmonie eingehalten wurde und das Verbot der Umgehung ausländischen Eingriffsrechts gewahrt wurde (siehe Kap. 2 A III 1). 3. Folgen der Teilrechtswahl für die Form Wenn es möglich ist, für verschiedene Teile eines Vertrags unterschiedliche Rechtsordnungen zu wählen, so stellt sich die Frage, welches Recht im 267; so im Hinblick auf Art. 32 EGBGB auch bereits PWW/Brödermann/Wegen, exArt. 27 EGBGB Rn. 21 f.; Jayme, FS Kegel (1987) 253, 263. 98 Dies macht Martiny, GPR 2011, 48, 49 als Argument gegen die Abspaltung der Elemente des Art. 12 I Rom I-VO im Rahmen der objektiven dépeçage geltend. 99 Soergel/von Hoffmann, Art. 27 EGBGB Rn. 62. 100 Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 106. 101 Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 106. 102 Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 106. 103 So auch Schulze/Lendermann, LMK 2009, 292914.
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Rahmen des Art. 11 I Rom I-VO/EGBGB für die Bestimmung der Formwirksamkeit das Geschäftsstatut sein soll. Im Bericht Giuliano/Lagarde heißt es dazu, dass es vernünftig erscheine, „dasjenige materielle Recht anzuwenden, das für den Vertragsteil gilt, zu dem das strittige Formerfordernis die engste Verbindung aufweist“. 104 Diese engste Verbindung ist jedoch in der Praxis schwierig zu bestimmen; 105 man stelle sich beispielsweise einen Vertrag vor, bei dem sich die Zahlungspflicht nach einem Recht richten soll und der Rest des Vertrags nach einem anderen. 106 Zudem handelt es sich hierbei um einen Zirkelschluss, da es oft gerade vom anwendbaren Recht abhängt, welche Formerfordernisse gelten und damit streitig werden können. 107 Daher wird befürwortet, dass jedes der gewählten Rechte Formstatut im Rahmen des Art. 11 Rom I-VO/EGBGB sein kann, was mit dem liberalen Regime dieser Vorschrift zu vereinbaren sei. 108 Dem ist zuzustimmen. Neben der Einfachheit dieser Lösung spricht dafür auch, dass die Parteien in einer solchen Situation wohl oft nicht wissen, welche Formvorschriften für ihren Vertrag nun einzuhalten sind. Daher soll es ihnen ermöglicht werden, sich entweder nach den Formerfordernissen des einen oder des anderen Staates zu richten, um dem Vertrag möglichst Wirksamkeit zu verleihen. Der Vertrag weist mit allen diesen Rechtsordnungen Verbindungen auf, welche die Parteien durch ihre Rechtswahl auch vorhersehen konnten. Wird Art. 11 I EGBGB/Rom I-VO dahingehend ausgeweitet, dass auch ein drittes Recht als Formstatut gewählt werden kann (siehe unten Kap. 2 A III 5 b bb), so muss erst recht die Möglichkeit bestehen, dass innerhalb des Geschäftsstatuts im Rahmen der alternativen Anknüpfung nach Art. 11 I EGBGB/Rom I-VO durch Rechtswahl verschiedene Rechte auf die Form Anwendungen finden können. Zudem steht in einem solchen Fall alternativ immer noch die Ortsform zur Verfügung. 109 Führt die Spaltung des Formstatuts dazu, dass einzelne Vertragsteile formunwirksam sind, so ist nach den Geschäftsstatuten der wirksamen Vertragsteile zu bestimmen, ob diese auch ohne die formnichtigen Vertragsbestandteile bestehen bleiben können. 110
104 Bericht Giuliano/Lagarde, BT-Drucks. 10/503 vom 20.10.1983, 33, 62; ebenso Rauscher/von Hein, Art. 11 Rom I-VO Rn. 14. 105 Calliess/Loacker, Art. 11 Rom I-VO Rn. 53; so auch Kaye, 283. 106 Beispiel nach Kaye, 283. 107 So Staudinger/Winkler von Mohrenfels, Art. 11 Rom I-VO Rn. 63. 108 Calliess/Loacker, Art. 11 Rom I-VO Rn. 53; Staudinger/Winkler von Mohrenfels, Art. 11 Rom I-VO Rn. 63; Kaye, 283. 109 Staudinger/Winkler von Mohrenfels, Art. 11 Rom I-VO Rn. 63. 110 Staudinger/Winkler von Mohrenfels, Art. 11 Rom I-VO Rn. 63.
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Kapitel 2: Die dépeçage bei vertraglichen Schuldverhältnissen
4. Folgen bei Ungültigkeit der Teilrechtswahl Die subjektive dépeçage kann entweder dadurch unwirksam sein, dass die materielle Harmonie beeinträchtigt ist oder dass durch die Teilrechtswahl ausländisches Eingriffsrecht umgangen wurde. Für die Beurteilung der Folgen der Unwirksamkeit der Teilrechtswahl ist zwischen diesen beiden Situationen zu differenzieren. a) Unauflösbare Widersprüche bei Rechtswahl nur für einen Teil des Vertrags Zunächst sind die Folgen einer unwirksamen Teilrechtswahl zu untersuchen, wenn nur für eine Teilfrage eine Rechtswahl vorliegt und der Rest des Vertrags objektiv angeknüpft wird. Hierfür gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder wird die Teilrechtswahl auf den ganzen Vertrag erstreckt oder sie fällt komplett unter den Tisch und das anwendbare Recht wird für den ganzen Vertrag objektiv bestimmt. Für die erste Lösungsmöglichkeit könnte sprechen, dass so der Wille der Parteien, die sich gerade aus einem bestimmten Grund teilweise auf die jeweilige Rechtsordnung geeinigt haben, erhalten bleibt. Gerade wenn die Teilrechtswahl sich auf den größten Teil des Vertrags bezieht (wenn z.B. für den ganzen Vertrag eine Rechtswahl getroffen worden ist und es lediglich für eine bestimmte Vertragsklausel bei der objektiven Anknüpfung bleiben soll), scheint diese Lösung sinnvoll. Andererseits widerspricht dies der Tatsache, dass bei einer Teilrechtswahl gerade keine Vermutung für eine Rechtswahl bezüglich des gesamten Vertrags besteht (hierzu Kap. 2 A II 2 a). Zudem herrscht in der Literatur weitgehend Einigkeit darin, dass in dieser Konstellation im Falle der Ungültigkeit der Teilrechtswahl das nach objektiven Kriterien zu bestimmende Recht auf den gesamten Vertrag Anwendung finden soll. 111 Dieser Lösung ist zuzustimmen, denn hätten die Parteien gewollt, dass für ihren gesamten Vertrag das gewählte Recht maßgeblich ist, so hätten sie nicht lediglich eine partielle Rechtswahl getroffen. Bei einer subjektiven dépeçage müssen die Parteien sich des Risikos bewusst sein, dass sich möglicherweise unauflösbare Widersprüche ergeben, die ihre Rechtswahl unwirksam machen. Somit ist es gerechtfertigt, in diesem Fall grundsätzlich den kompletten Vertrag objektiv anzuknüpfen. Eine Ausnahme hier111 MüKo/Martiny, Art. 3 Rom I-VO Rn. 73; Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 3 Rom I-VO Rn. 28; Erman/Hohloch, Art. 3 Rom I-VO Rn. 19; Soergel/von Hoffmann, Art. 27 EGBGB Rn. 64; Kropholler, IPR, § 52 II 3 a; Lagarde, Rev. crit. 1991, 287, 302; Marrella, in: La nuova disciplina comunitaria della legge applicabile ai contratti (Roma I) (2009) 15, 34; Spickhoff, in: Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung (2012) 117, 127; ebenso Schulze/A. Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 4, der jedoch alternativ auch die Geltung des gewählten Rechts für den gesamten Vertrag in Betracht zieht.
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von kann lediglich in dem soeben erwähnten Fall gemacht werden, in dem sich die Teilrechtswahl auf den größten Teil des Vertrags bezieht; dann kann die Rechtswahl auf den gesamten Vertrag erstreckt werden. b) Unauflösbare Widersprüche bei mehrfacher Teilrechtswahl Problematischer ist dagegen der Fall, in dem sich bei mehrfacher Teilrechtswahl zwischen den gewählten Rechten unauflösbare Widersprüche ergeben. aa) Maßgeblichkeit der Rechtswahl für den Rest des Vertrags Wenn ein Teil des Vertrags unzulässigerweise einem Recht unterstellt und für den Rest des Vertrags wirksam ein anderes Recht gewählt wurde, ist einer Ansicht nach letzteres auf den gesamten Vertrag anzuwenden. 112 Erst dann, wenn keine wirksame Rechtswahl vorliegt, soll auf die objektive Anknüpfung zurückgegriffen werden. 113 bb) Objektive Anknüpfung Dagegen spricht aber die Auffassung im Bericht Giuliano/Lagarde, wonach bei einer mehrfachen Teilrechtswahl im Falle von unauflöslichen Widersprüchen auf die objektive Anknüpfung zurückgegriffen werden soll, also keines der gewählten Rechte zur Anwendung kommen soll. 114 Teilweise wird jedoch vorsichtiger formuliert, dass bei unüberwindbarer Widersprüchlichkeit „die Rechtswahl insgesamt“ mit der Folge der objektiven Anknüpfung unwirksam sein „kann“. 115 cc) Stellungnahme Aus der Unvereinbarkeit zweier Rechtsordnungen folgt nicht ohne Weiteres, welche Teilrechtswahl unwirksam ist und welche nicht, denn der Widerspruch betrifft grundsätzlich beide Rechtsordnungen. Um die Folgen der Unwirksamkeit einer mehrfachen Teilrechtswahl zu bestimmen, muss differenziert werden zwischen der Situation, in der für eine eher untergeordnete bzw. kleinere Teilfrage eines Vertrags eine Rechtswahl getroffen wird, während auf den Rest des Vertrags ein anderes Recht anwendbar sein 112
Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 95. Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 95. 114 Bericht Giuliano/Lagarde, BT-Drucks. 10/503 vom 20.10.1983, 33, 49; ebenso Ferrari/Ferrari, Art. 3 Rom I-VO Rn. 41; Cheshire/Borth/Fawcett, P.I.L., 691; dahingehend auch Lagarde, Rev. crit. 1991, 287, 302. 115 Erman/Hohloch, Art. 3 Rom I-VO Rn. 21; ebenso Marrella, in: La nuova disciplina comunitaria della legge applicabile ai contratti (Roma I) (2009) 15, 33. 113
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soll, und der Konstellation, in der die Parteien eine Rechtswahl für mehrere in etwa gleichwertige Vertragsteile getroffen haben. (1) Kleinere Teilfrage und Rest des Vertrags In der Situation, in der die Rechtswahl in Bezug auf die Teilfrage nicht mit dem für den restlichen Vertrag gewählten Recht zu vereinbaren ist, stellt sich die Frage, ob nun das für den Rest des Vertrags gewählte Recht oder das nach objektiver Anknüpfung bestimmte Recht zur Anwendung kommen soll. Die Parteien haben sich in Bezug auf den größten Teil des Vertrags auf die Anwendung einer bestimmten Rechtsordnung verlassen, so dass es den Interessen der Parteien entsprechen wird, diese Rechtswahl auf den gesamten Vertrag zu erstrecken, auch wenn dadurch für den Vertragsteil, für den sie ursprünglich ein anderes Recht gewählt haben, nun ebenso diese Rechtsordnung maßgeblich ist. Dies wird den Parteivorstellungen näher kommen, als das objektiv bestimmte Recht, mit dessen Anwendung die Parteien gar nicht gerechnet haben, anzuwenden. (2) Mehrere gleichwertige Vertragsteile Bei der Bestimmung der Folgen einer Situation, in der eine Teilrechtswahl für zwei oder mehrere vom Umfang her etwa gleich große Fragen getroffen wird und diese miteinander in unauflösbarem Widerspruch stehen, stellen sich mehrere Probleme. Zunächst könnte Folge dieser Unvereinbarkeit sein, dass nur eine Teilrechtswahl unwirksam ist, was jedoch die Frage anschließt, wonach sich richten soll, welche dies ist. Zudem könnte in diesem Fall entweder das Recht der wirksamen Teilrechtswahl auf den Rest des Vertrags angewendet oder die Teilfrage, die von der Unwirksamkeit der Rechtswahl betroffen ist, nach objektiven Kriterien angeknüpft werden. Es bestünde aber auch die Möglichkeit, die Rechtswahl im Hinblick auf beide Teilfragen für ungültig zu erklären und den Vertrag insgesamt objektiv anzuknüpfen. 116 Dies wäre praktikabler als die erste Möglichkeit und machte die Entscheidung, welche Teilrechtswahl unwirksam ist und was die Folgen hiervon sind, obsolet. Neben ihrer Einfachheit spricht auch der Schutz der Vertragsparteien für diese Lösung. Durch die Entscheidung für die Wirksamkeit der einen oder der anderen Rechtswahl ist es nämlich möglich, dass eine Partei über Gebühr bevorteilt oder benachteiligt wird. Der wesentliche Nachteil dieser Lösung ist jedoch, dass hier die Parteiautonomie komplett unter den Tisch fällt und nichts mehr von der Rechtswahl der Parteien übrig bleibt. Die Parteien haben wegen ihrer Rechtswahl gerade nicht damit 116
Hierfür bspw. Lagarde, RDIPP 1975, 649, 669.
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gerechnet, dass das objektive Vertragsstatut nun auf den gesamten Vertrag Anwendung findet. Jedoch gibt es einen Weg, dem Parteiwillen in höchstem Maße Rechnung zu tragen und dennoch die unauflösbaren Widersprüche zu berücksichtigen. Dies soll am Beispiel der kleinen Vertragsspaltung erläutert werden. Wird von den Parteien vereinbart, dass für die Rechte und Pflichten jeder Vertragspartei ein anderes Recht gilt, so entstehen häufig unauflösbare Widersprüche, soweit das funktionelle Synallagma betroffen ist; damit wäre eine solche Rechtswahl unwirksam. Um die vollständige Unwirksamkeit der Rechtswahl zu vermeiden, wird vorgeschlagen, dem Parteiwillen insoweit Rechnung zu tragen, als dass diejenigen Teilfragen, welche z.B. die Leistungspflichten der Parteien betreffen und nicht dem Synallagma unterliegen, dennoch dem gewählten Recht unterstehen. 117 Somit wäre die Rechtswahl nicht komplett unwirksam, vielmehr würde nur auf die synallagmatischen Leistungspflichten der Parteien das nach objektiven Kriterien bestimmte Recht angewandt. Für den Fall, dass der Verkäufer sich wegen Nichtzahlung des Kaufpreises vom Vertrag lösen möchte, nachdem die Ware ausgeliefert worden ist, während der Käufer Gewährleistungsrechte wegen eines Sachmangels geltend machen will, bedeutetet dies Folgendes: Die Frage, ob der Verkäufer vom Vertrag zurücktreten kann, ist dem Recht zu entnehmen, das kraft objektiver Anknüpfung anwendbar ist. Dagegen gilt für die Frage, ob der Käufer seiner Kaufpreiszahlungspflicht entsprochen hat, wegen der Rechtswahl Käuferrecht. Nach dem objektiv bestimmten Recht ist zu beurteilen, welchen Einfluss Sachmängel auf die Gegenleistungspflicht haben, während sich die Frage, ob ein Sachmangel vorliegt, nach dem durch Rechtswahl bestimmten Recht richtet, da sie den Umfang der Leistungspflicht des Verkäufers betrifft. Diese Methode kann auch angewandt werden, wenn Fragen, welche die Leistungspflicht einer Partei118 (Kap. 2 A III 5 e bb) oder die Folgen von Leistungsstörungen betreffen (Kap. 2 A III 5 e cc), unterschiedlichen Rechtsordnungen unterworfen werden und bezüglich Konsens und Synallagma nichts vereinbart worden ist. Eine solche Herangehensweise, die zumindest teilweise dem Willen der Parteien und damit der Parteiautonomie Rechnung trägt, ist für die genannten Fälle durchaus in Erwägung zu ziehen, denn die Parteien verlassen sich auf die Anwendung des Rechts, das sie gewählt haben. Somit sollte ihnen die Anwendung dieser Rechtsordnung zumindest in einigen Fragen nicht 117
Vgl. Soergel/von Hoffmann, Art. 27 EGBGB Rn. 60; für eine ähnliche Lösung im Hinblick auf die objektbezogene Vertragsspaltung Windmöller, 124 ff. 118 Soergel/von Hoffmann, Art. 27 EGBGB Rn. 60 führt das Beispiel im Hinblick auf die Teilrechtswahl bezüglich Fragen, welche die Leistungspflicht einer Partei betreffen, an.
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verwehrt werden. Zwar entsteht durch diese Lösung eine nicht unerhebliche Fragmentierung des Vertrags. Dies ist von den Parteien aber hinzunehmen, da sie ohnehin die Anwendung mehrerer Rechte auf ihren Vertrag gewollt haben. Eine solche teilweise Erhaltung der Rechtswahl dient den Parteiinteressen und ist daher der einheitlichen Anknüpfung an eines der gewählten Rechte oder der objektiven Anknüpfung des gesamten Vertrags vorzuziehen. Theoretisch ist dies zwar die sachgerechteste Lösung, jedoch wird eine solch komplexe Anknüpfungstechnik in der Praxis aufgrund beschränkter Kapazitäten wohl kaum möglich sein. Ersatzweise ist dann die Lösung der objektiven Anknüpfung des ganzen Vertrags zu bevorzugen. c) Folgen bei Umgehung ausländischer Eingriffsnormen Wird durch die Teilrechtswahl, die lediglich auf einen Teil des Vertrags bezogen ist, ausländisches Eingriffsrecht umgangen, so ist das kraft objektiver Anknüpfung bestimmte Recht auf den Vertrag als Ganzes anzuwenden. Nur so können die umgangenen Eingriffsnormen zur Geltung kommen. Bei einer mehrfachen Teilrechtswahl ist zu differenzieren, durch welche Rechtswahl international zwingende Normen ausgeschaltet werden; lediglich diese ist unwirksam. Sodann ist zu entscheiden, ob die wirksame Teilrechtswahl auf den unwirksamen Teil erstreckt werden kann oder ob hierauf das objektiv bestimmte Recht zur Anwendung kommt. Dies bestimmt sich danach, welche der beiden in Frage kommenden Rechtsordnungen den umgangenen Eingriffsnormen zur Durchsetzung verhilft. Ist das bei beiden der Fall, ist der Weg über die Ausdehnung der wirksamen Teilrechtswahl auf den ganzen Vertrag zu bevorzugen, da so der Parteiautonomie hinreichend Rechnung getragen werden kann. 5. Fallgruppen der subjektiven dépeçage a) Konsens beim Vertragsschluss Zunächst könnte eine Teilrechtswahl in dem Sinne möglich sein, dass die Parteien die Einigung beim Vertragsschluss aufspalten und unterschiedlichen Rechtsordnungen unterstellen. Danach wäre also ein Recht auf das Angebot und ein anderes Recht auf die Annahme anwendbar. aa) Gegen eine Zulässigkeit der Teilrechtswahl Nach h.M. ist es im Hinblick auf die materielle Harmonie „rechtslogisch ausgeschlossen“, den Konsens unterschiedlichen Rechtsordnungen zu un-
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terstellen. 119 Bei der Anwendung verschiedener Rechte auf den Konsens seien die Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Willenserklärung nicht aufeinander abgestimmt, daraus könnten sich unauflösbare Widersprüche ergeben. Daher könne nur ein Recht beurteilen, ob eine wirksame Einigung und damit ein Vertrag zustande kommt.120 bb) Für eine Zulässigkeit der Teilrechtswahl Als Gegenargument wird der Fall herangezogen, in dem sich das Schweigen auf ein Angebot nach dem am gewöhnlichen Aufenthaltsort dieser Partei geltenden Recht beurteilt und somit einer anderen Rechtsordnung unterliegt als das Angebot selbst. Wenn ein solches Vorgehen sogar beim Schweigen einer Partei möglich sei, dann sei nicht einzusehen, warum nicht auch für eine ausdrückliche Willenserklärung eine vom auf die korrespondierende Willenserklärung anwendbaren Recht abweichende Rechtswahl der Parteien zulässig sein solle. 121 Es sei keinesfalls rechtslogisch ausgeschlossen, dass eine solche Teilrechtswahl für den Konsens beim Vertragsschluss möglich ist; vielmehr komme der Vertrag nur dann zustande, wenn sich die beiden Willenserklärungen nach den gewählten Rechtsordnungen deckten.122 cc) Stellungnahme Es ist denkbar, dass trotz der Anwendbarkeit unterschiedlicher Rechtsordnungen auf Angebot und Annahme keine widersprüchlichen Ergebnisse entstehen. Nur weil die Möglichkeit unauflösbarer Widersprüche besteht, sollte den Parteien nicht generell versagt werden, eine Rechtswahl in Bezug auf den Konsens zu treffen. Zwar ist ihnen davon abzuraten, da es den Vertrag verkompliziert. Wenn die Parteien jedoch trotzdem eine solche Aufspaltung vornehmen, müssen sie sich des damit verbundenen Risikos, nämlich der möglichen Unwirksamkeit des Vertrags, bewusst sein. Daher darf eine solche Rechtswahl in Bezug auf den Konsens nicht pauschal als unzulässig angesehen werden. Dies erscheint vor allem vor dem Hintergrund gerechtfertigt, dass ein solches Vorgehen beim Schweigen auf eine Willenserklärung sogar üblich ist. Es muss daher im Einzelfall beurteilt 119
Soergel/von Hoffmann, Art. 27 EGBGB Rn. 58; von Hoffmann/Thorn, IPR, § 10 Rn. 39; ablehnend auch Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 109; Ferrari/Ferrari, Art. 3 Rom I-VO Rn. 40; BeckOK/Spickhoff, Art. 3 Rom I-VO Rn. 28; Rauscher, IPR, Rn. 1150; Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 266; Spickhoff, in: Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung (2012) 117, 127. 120 Soergel/von Hoffmann, Art. 27 EGBGB Rn. 58. 121 Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 77. 122 Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 77.
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werden, ob sich unauflösliche Widersprüche ergeben oder ob sich die Willenserklärungen nach den gewählten Rechtsordnungen decken. Als Beispiel für unauflösbare Widersprüche lässt sich folgender Fall anführen: A, der in England lebt und dessen Willenserklärung englischem Recht unterliegen soll, schließt mit dem Deutschen B, dessen Erklärung deutschem Recht untersteht, einen Vertrag. Bei A fehlt das Erfordernis der consideration, das nach englischem Recht Voraussetzung für einen wirksamen Vertrag ist. Das deutsche Recht kennt ein solches Rechtsinstitut allerdings nicht. Damit wäre aus englischer Sicht der Vertrag mangels wirksamer Willenserklärung nichtig, während er aus deutscher Sicht wirksam wäre. Dies stellt einen unauflösbaren Widerspruch zwischen den beiden Rechtsordnungen dar, sodass eine dépeçage hier unzulässig ist. Anders wäre es, wenn A einen Vertrag mit C schließt, dessen Willenserklärung dem Recht des US-Bundesstaates Delaware unterliegt, das ebenfalls die Voraussetzung der consideration verlangt123. In diesem Fall würden beide Rechtsordnungen den Vertrag bei fehlender consideration als nichtig ansehen; Widersprüche entstehen nicht. Hier wäre eine dépeçage möglich. b) Form des Vertrags Am häufigsten wird als Beispiel für eine dépeçage der Fall genannt, dass die Vertragsform einem vom Rest des Vertrags verschiedenen Recht unterliegt. Hierzu finden sich auch einige Beispiele in der Rechtsprechung. Im Folgenden wird hinsichtlich Art. 11 I Rom I-VO auch auf Art. 11 I EGBGB Bezug genommen, da beide Vorschriften inhaltlich insoweit übereinstimmen, dass sie alternativ die Orts- oder die Geschäftsform für anwendbar erklären. aa) Abwahl einer Anknüpfungsalternative Fraglich ist zunächst, ob die Parteien für ihren Vertrag eine negative Rechtswahl dahingehend treffen können, dass sie eine Anknüpfungsalternative des Art. 11 I Rom I-VO abbedingen. Eine solche negative Rechtswahl fällt unter den Begriff der dépeçage, da für eine Teilfrage, nämlich die Form, bestimmt wird, welches Recht gerade nicht anwendbar ist, mit der Folge, dass die andere Anknüpfungsalternative greift und somit eine mittelbare Bestimmung des anwendbaren Rechts erfolgt. Meist wird diese Variante im Hinblick auf die Abwahl der Ortsform diskutiert, da eine Abwahl der Geschäftsform wohl eher selten im Interesse der Parteien liegt. Daher soll sich hier auf diese Konstellation beschränkt werden. Eine Abwahl des Ortsrechts ist für die Parteien ferner nur sinnvoll, wenn es form123 Das Recht von Delaware folgt im Vertragsrecht dem Restatement (Second), vgl. Symeonides, Am. J. Comp. L. 60 (2012) 294, 309; siehe § 71 Restatement (Second).
A. Subjektive Anknüpfung
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milder ist als das Wirkungsstatut, denn anderenfalls setzt sich das Geschäftsrecht aufgrund der Alternativität der Anknüpfung ohnehin gegenüber dem Ortsrecht durch, sodass eine Abwahl nicht mehr notwendig ist.124 Nur vereinzelt wird die Möglichkeit der Abwahl des Ortsrechts abgelehnt, da Art. 11 Rom I-VO nicht abdingbar sei. 125 Der BGH hat in einer Entscheidung aus dem Jahre 1969 diese Frage zunächst offen gelassen. 126 (1) Ausdrückliche Abwahl einer Alternative Grundsätzlich besteht aber Einigkeit darin, dass die ausdrückliche Abbedingung des Ortsrechts möglich ist.127 Wenn das Wirkungsstatut disponibel ist, wie es bei Schuldverträgen der Fall ist, so muss auch die Vorschrift des Art. 11 I Rom I-VO abdingbar sein. 128 Darüber hinaus ist den Parteien ohnehin die Möglichkeit gegeben, das Geschäft im Bereich des Wirkungsstatuts abzuschließen, womit das dortige Recht alleiniges Formstatut ist. Es ist aber nicht einzusehen, warum die Parteien diesen „Umweg“ gehen müssen, wenn dies auch ohne erhebliche Schwierigkeiten über die Abwahl des Ortsrechts zu erreichen ist.129 Daher ist von der Zulässigkeit der ausdrücklichen Abwahl des Ortsrechts auszugehen. (2) Konkludente Abwahl einer Alternative Im Jahre 1971 entschied der BGH, dass in einer Rechtswahl deutschen Rechts als Geschäftsstatut eine konkludente Abwahl des Ortsrechts liege.130 Dies begründete er unter anderem damit, dass die Anwendung fremden Rechts oft Unsicherheiten über dessen Auswirkungen mit sich bringe, sodass das gewählte Geschäftsstatut auch für die Form gelten solle, selbst
124
Staudinger/Winkler von Mohrenfels, Art. 11 EGBGB Rn. 213; Staudinger/Winkler von Mohrenfels, Art. 11 Rom I-VO Rn. 103; Soergel/Kegel, Art. 11 EGBGB Rn. 2. 125 Bspw. BeckOK/Mäsch, Art. 11 EGBGB Rn. 10; zu Art. 11 EGBGB a.F.: Jayme, NJW 1972, 1618. 126 BGH 4.7.1969, BGHZ 52, 239, 242; zust. Anm. Samtleben, NJW 1970, 378; kritisch hierzu allerdings Wengler, NJW 1969, 2237 und Frank, BWNotZ 1978, 95, 96. 127 Rauscher/von Hein, Art. 11 Rom I-VO Rn. 12; Staudinger/Winkler von Mohrenfels, Art. 11 Rom I-VO Rn. 102; MüKo/Spellenberg, Art. 11 EGBGB Rn. 68; Calliess/ Loacker, Art. 11 Rom I-VO Rn. 49; AnwKomm/Bischoff, Art. 11 EGBGB Rn. 43; Kropholler, IPR, § 41 III 5; von Bar, IPR II, § 4 Rn. 597; von Hoffmann/Thorn, IPR, § 7 Rn. 46; Rauscher, IPR, Rn. 1149; a.A. lediglich Windmöller, 69 f., der aber mittels Verschärfung der Formvorschriften auf sachrechtlicher Ebene durch die Parteien das gleiche Ergebnis erreichen will, ohne die „Systematik der Vorschrift zu durchbrechen“. 128 So zu Art. 11 EGBGB a.F. Frank, BWNotZ 1978, 95, 97. 129 Staudinger/Winkler von Mohrenfels, Art. 11 Rom I-VO Rn. 102; für einen solchen Umweg plädiert dagegen BeckOK/Mäsch, Art. 11 EGBGB Rn. 10. 130 BGH 3.12.1971, BGHZ 57, 337, 339 f.; a.A. Jayme, NJW 1972, 1618, 1619.
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wenn dies zur Formnichtigkeit des Vertrags führen sollte. 131 Zudem betonte der BGH noch einmal die Bedeutung der Parteiautonomie. 132 Diese Entscheidung wurde heftig im Hinblick darauf kritisiert, dass der BGH aus der Wahl eines Vertragsstatuts die Abbedingung der Ortsform folgerte.133 Eine konkludente Abbedingung der Ortsform wird teilweise für überhaupt nicht zulässig gehalten. 134 Jedenfalls sollte aber eine konkludente Abwahl der Ortsform nur in Ausnahmefällen zulässig sein, denn anderenfalls hätte die Ortsform keine eigenständige Bedeutung mehr, da bei einer Rechtswahl der Parteien immer das Geschäftsstatut anwendbar wäre.135 Zudem sind sich die Parteien womöglich über den Abschlussort nicht im Klaren (z.B. bei Geschäften im Flugzeug oder auf einem Schiff) oder messen ihm keinerlei Bedeutung für ihren Vertrag zu (bspw. bei Geschäften zwischen zwei Deutschen am Urlaubsort), sodass es nicht gerechtfertigt wäre, ihnen in diesem Zusammenhang eine solche Rechtswahl im Hinblick auf die Form zu unterstellen. 136 Weiterhin würde die Zulassung der konkludenten Abwahl des Ortsrechts allein durch Rechtswahl der Parteien für ihren Vertrag der in Art. 11 Rom I-VO verankerten grundsätzlichen Unabhängigkeit des Formstatuts vom Schuldstatut nicht gerecht.137 Somit ist allein in der Wahl des Vertragsstatuts keine konkludente Abwahl des Ortsrechts zu sehen, vielmehr müssen weitere, eindeutige Umstände hinzukommen, die auf einen dahingehenden Willen der Parteien schließen lassen. bb) Direkte Wahl des Formstatuts Weiterhin drängt sich die Frage auf, ob eine direkte Teilrechtswahl für die Vertragsform zulässig ist. Hierbei ist der Fall gemeint, in dem für die Form ein Recht gewählt wird, das sich nicht aus Art. 11 I Rom I-VO ergibt. Dies ist abzugrenzen von der indirekten Wahl des Formstatuts, bei der durch die
131 BGH 3.12.1971, BGHZ 57, 337, 340; a.A. Jayme, NJW 1972, 1618, der das Argument des BGH für „seltsam“ hält, da die Parteien bei einer Rechtswahl doch gerade die Wirksamkeit des Geschäfts wollen. 132 BGH 3.12.1971, BGHZ 57, 337, 340; auch hierzu a.A. Jayme, NJW 1972, 1618, der die Rechtswahl der Parteien im Rahmen der Form als unzulässig ansieht. 133 Staudinger/Winkler von Mohrenfels, Art. 11 Rom I-VO Rn. 104; jurisPK/Ringe, Art. 11 Rom I-VO Rn. 28; von Hoffmann/Thorn, IPR, § 7 Rn. 46; Jayme, NJW 1972, 1618. 134 Staudinger/Winkler von Mohrenfels, Art. 11 Rom I-VO Rn. 104; von Hoffmann/Thorn, IPR, § 7 Rn. 46; Jayme, NJW 1972, 1618; a.A. Rauscher/von Hein, Art. 11 Rom I-VO Rn. 12; Kropholler, IPR, § 41 III 5. 135 Frank, BWNotZ 1978, 95, 97. 136 Staudinger/Winkler von Mohrenfels, Art. 11 Rom I-VO Rn. 104; Frank, BWNotZ 1978, 95, 97. 137 Frank, BWNotZ 1978, 95, 97.
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Wahl des Abschluss-ortes oder die Wahl eines bestimmten Geschäftsstatuts das auf die Form anwendbare Recht beeinflusst werden kann. (1) Gegen die Zulässigkeit der direkten Teilrechtswahl Der BGH spricht sich gegen die direkte Teilrechtswahl im Hinblick auf die Form aus. Er hält die gespaltene Rechtswahl für die Form eines Vertrags einerseits und dessen Inhalt und Durchführung andererseits für „der natürlichen Betrachtungsweise widersprechend“. 138 Diese ablehnende Haltung findet vereinzelt auch Zuspruch in der Literatur.139 Die Zulässigkeit einer direkten Wahl des Formstatuts sei abzulehnen, da Art. 11 I Rom I-VO bereits die Anwendung verschiedener Rechtsordnungen ermögliche. 140 Ferner dürfe die Einheit der Rechtsordnung nur in dem in Art. 11 I Rom I-VO vorgeschriebenen Maße beeinträchtigt werden. 141 Zudem wird daraus, dass die Form aus dem Anwendungsbereich des Art. 3 Rom I-VO (bzw. Art. 27 EGBGB a.F.) ausgenommen wurde und Art. 11 Rom I-VO keine Rechtswahl anerkennt, sondern die Form akzessorisch an das Vertragsstatut anknüpft, geschlossen, dass die Form gerade nicht der Rechtswahl unterliegen dürfe. 142 Ließe man in Bezug auf die Form eine Teilrechtswahl zu, würde diese Akzessorietät ignoriert.143 Vielmehr bestünden zwei Kollisionsnormen mit gleichem Anknüpfungsgegenstand, was zur Folge habe, dass Art. 11 I Rom I-VO im Verhältnis zu Art. 3 Rom I-VO subsidiär sei. 144 Dies sei jedoch wegen der Vorrangigkeit des Art. 11 I Rom I-VO nicht zulässig. 145 Die direkte Wahl des Formstatuts widerspreche außerdem dem gesetzlichen System, denn für die Form sei eine eigene Kollisionsnorm vorgesehen, die Formstatute bereithalte, die mit dem Vertrag eine Verbindung aufweisen. 146 Könnten die Parteien ein drittes Recht wählen, welches überhaupt keinen Bezug zum Vertrag aufweise, so bestünde die Gefahr, dass sie die Formvorschriften dieses Rechts überhaupt nicht einhalten könnten; daher stelle Art. 11 Rom I-VO eine Begrenzung der Rechtswahl zum Schutz der Parteien dar.147 Weiterhin widerspreche eine 138
BGH 4.11.2004, DNotZ 2005, 306, 308 (obiter). Palandt/Thorn, Art. 3 Rom I-VO Rn. 10; Staudinger/Winkler von Mohrenfels, Art. 11 Rom I-VO Rn. 100; Staudinger/Winkler von Mohrenfels, Art. 11 EGBGB Rn. 210; jurisPK/Süß, Art. 11 EGBGB Rn. 17; Reithmann/Martiny/Reithmann, Rn. 757; Reithmann/Martiny/Limmer, Rn. 1504; Windmöller, 67 ff. 140 Reithmann/Martiny/Limmer, Rn. 1504. 141 Reithmann/Martiny/Limmer, Rn. 1504. 142 JurisPK/Süß, Art. 11 EGBGB Rn. 17; Windmöller, 67. 143 JurisPK/Süß, Art. 11 EGBGB Rn. 17. 144 Windmöller, 67 f. 145 Windmöller, 68. 146 Windmöller, 68. 147 Windmöller, 68 f.; in diesem Sinne auch Wengler, RabelsZ 1983, 215, 220 in Fn. 4. 139
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Teilrechtswahl in Bezug auf die Form dem Schutzzweck der Formvorschriften, denn die schwächere Partei müsse davor geschützt werden, dass durch die Wahl bestimmter Formvorschriften der Vertrag uneingeschränkte Wirksamkeit erlange. 148 Zudem handele es sich nicht um einen unabhängigen Teil des Vertrags, sondern um eine Bedingung, die für den gesamten Vertrag gelte, was durch Art. 3 I 2 Rom I-VO bestätigt werde.149 Bei Schaffung des Art. 3 I 3 EVÜ sei überdies vor allem an solche Verträge gedacht worden, die in Wirklichkeit aus mehreren Verträgen bestehen. 150 Die Formwirksamkeit sei aber ein Teil des anwendbaren Rechts und nicht des Vertrags, worauf die Teilrechtswahl nach Art. 3 I 3 Rom I-VO keine Anwendung finde. 151 (2) Für die Zulässigkeit der direkten Teilrechtswahl Häufig wird aber die Zulässigkeit der Wahl eines Rechts befürwortet, das nicht durch Art. 11 I Rom I-VO zur Anwendung kommt.152 Um der überragenden Bedeutung der Parteiautonomie gerecht zu werden, müsse es möglich sein, ein drittes Recht als Formstatut zu vereinbaren. 153 Zudem seien die in Art. 11 I Rom I-VO genannten möglichen Formstatute keinesfalls abschließend. 154 Die Möglichkeit der direkten Wahl des Formstatuts gehe auch daraus hervor, dass Formvorschriften kein zwingendes Recht seien. 155 Selbst wenn Formvorschriften als zwingende Normen angesehen würden, so ergebe sich aus einem argumentum e contrario aus Art. 27 III EGBGB a.F./Art. 3 III Rom I-VO, wonach bei hinreichender Auslandsberührung auch zwingende Formvorschriften nicht beachtet werden müssen, die Zulässigkeit der direkten Teilrechtswahl des Formstatuts.156 Das OLG Hamm sprach sich ausdrücklich für die Zulässigkeit einer Rechtswahl im
148
Staudinger/Winkler von Mohrenfels, Art. 11 Rom I-VO Rn. 100; Staudinger/ Winkler von Mohrenfels, Art. 11 EGBGB Rn. 210. 149 Staudinger/Winkler von Mohrenfels, Art. 11 Rom I-VO Rn. 100. 150 Staudinger/Winkler von Mohrenfels, Art. 11 Rom I-VO Rn. 100. 151 Staudinger/Winkler von Mohrenfels, Art. 11 Rom I-VO Rn. 100. 152 Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 109; Calliess/Loacker, Art. 11 Rom IVO Rn. 50; MüKo/Spellenberg, Art. 11 EGBGB Rn. 68; Soergel/Kegel, Art. 11 EGBGB Rn. 2; Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 94; von Hoffmann/Thorn, IPR, § 7 Rn. 45 f.; von Bar, IPR II, § 4 Rn. 597; Lichtenberger, FS Hagen (1999) 145, 149; Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 265; Samtleben, NJW 1970, 378; in diese Richtung auch Frank, BWNotZ 1978, 95, 96. 153 MüKo/Spellenberg, Art. 11 EGBGB Rn. 68; jurisPK/Ringe, Art. 11 Rom I-VO Rn. 27; von Bar, IPR II, § 4 Rn. 597. 154 Lichtenberger, FS Hagen (1999) 145, 149. 155 JurisPK/Ludwig, § 311b BGB Rn. 331. 156 Lichtenberger, FS Hagen (1999) 145, 149.
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Sinne des Art. 27 I 3 EGBGB a.F. in Bezug auf die Form aus. 157 Es legte eine Klausel in einem Grundstückskaufvertrag dahingehend aus, dass spanisches Recht nicht auf den ganzen Vertrag anwendbar sein solle, sondern lediglich eine Rechtswahl spanischen Rechts im Hinblick auf die Form bestünde, während es für den Rest des Vertrags kraft objektiver Anknüpfung beim deutschen Recht bleiben sollte. (3) Stellungnahme Die Formulierung des BGH, dass eine solche Teilrechtswahl der natürlichen Betrachtungsweise widerspreche, ist im Hinblick darauf, dass die Form gemäß Art. 11 Rom I-VO ohnehin abgespalten und gesondert angeknüpft wird, nicht nachvollziehbar. Dies gilt ebenso für das generelle Argument der Einheit der Rechtsordnung, das hier aus dem gleichen Grund nicht greift. Ferner kann daraus, dass aus Art. 11 Rom I-VO die Möglichkeit der Rechtswahl nicht hervorgeht, nicht geschlossen werden, sie sei in Bezug auf die Form unzulässig. Es ist nicht einzusehen, warum eine Rechtswahl im Hinblick auf die Form der gesetzlichen Systematik widersprechen soll, denn für eine Vorrangigkeit von Art. 11 Rom I-VO im Verhältnis zu Art. 3 Rom I-VO bestehen keine Anhaltspunkte. Dem Argument, dass Art. 11 Rom I-VO dem Schutz der schwächeren Partei diene und dieser Schutz durch eine Rechtswahl umgangen werden könnte, ist zunächst entgegenzuhalten, dass Art. 11 IV Rom I-VO im Hinblick auf Verbraucherverträge das Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Verbrauchers zwingend zur Anwendung beruft (hierzu Kap. 2 A IV 2 b).158 Darüber hinaus liegt die Formwirksamkeit nicht immer im Interesse der schwächeren Partei, also ist auch ein besonders formstrenges Recht nicht immer nachteilig. In diesem Zusammenhang kann erneut das Prinzip der Parteiautonomie angeführt werden, das eine übermäßige Bevormundung der Parteien verbietet und ihnen im Zweifel die Möglichkeit einer Rechtswahl geben will. Darüber hinaus ist das Argument, die Formwirksamkeit sei ein Teil des anwendbaren Rechts und könne daher nicht Gegenstand einer Teilrechtswahl nach Art. 3 I 3 Rom I-VO sein, nicht haltbar. Die Formwirksamkeit ist ebenso Bestandteil eines Rechtsverhältnisses wie der Konsens oder die Wirkungen eines Vertrags. Sie ist nicht Gegenstand des anwendbaren Rechts, vielmehr wird das auf diese Frage anwendbare Recht erst mittels einer Kollisionsnorm bestimmt. Der Umstand, dass sich die Formwirksamkeit auf den ganzen Vertrag bezieht, ist unerheblich, da es sich hierbei jedenfalls um eine Teilfrage handelt (Kap. 1 A I 2 a). Die gegen die Zulässigkeit der direkten Rechtswahl in Bezug auf die Form ge157 158
OLG Hamm 13.11.1995, 22 U 170/94, OLGR Hamm 1996, 74. Rauscher/von Hein, Art. 11 Rom I-VO Rn. 30.
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Kapitel 2: Die dépeçage bei vertraglichen Schuldverhältnissen
nannten Argumente überzeugen somit nicht. Aufgrund dessen sollte die Rechtswahl eines nicht in Art. 11 I Rom I-VO aufgeführten Rechts grundsätzlich als zulässig angesehen werden. c) Kleine Vertragsspaltung aa) Gegen eine Zulässigkeit der Teilrechtswahl Gegen die Zulässigkeit einer kleinen Vertragsspaltung (hierzu Kap. 1 A II 2 a) durch die Parteien wurde zwar vor 1986 angeführt, dass die Rechtswahlvereinbarung Bestandteil des Vertrags selbst sei und daher erst dann wirksam werde, sobald der Vertrag wirksam sei; es sei also rechtslogisch ausgeschlossen, dass die Rechtswahl der Parteien bestimmen könne, welches Recht auf die Wirksamkeit des Vertrags anzuwenden sei. 159 Jedoch lässt sich dieses Argument heute nicht mehr halten, da anerkannt ist, dass die Rechtswahlvereinbarung einen eigenen Vertrag darstellt und das Recht, das bei Wirksamkeit des Vertrags anzuwenden wäre, über das Zustandekommen desselben entscheidet (siehe Art. 31 I EGBGB a.F. bzw. Art. 10 I Rom I-VO).160 Darüber hinaus werden einige andere Argumente gegen die Zulässigkeit einer kleinen Vertragsspaltung, bei der die Leistungspflichten der Parteien beim synallagmatischen Vertrag verschiedenen Rechten unterworfen werden, ins Feld geführt. Zwischen den gegenseitigen Leistungspflichten bestehe ein unauflöslicher Zusammenhang, sodass es bei der Anwendung verschiedener Rechte zu widersprüchlichen Ergebnissen kommen könne und das funktionelle Synallagma zerstört werde.161 Leistungsstörungen auf Seiten einer der Parteien hätten Auswirkungen auf den Bestand des gesamten Vertrags, beispielsweise werde im Falle der nicht zu vertretenden Unmöglichkeit der Schuldner frei von seiner Leistungspflicht, verliere gleichzeitig aber auch den Anspruch auf die Gegenleistung.162 Daher dürfe eine kleine Vertragsspaltung durch Rechtswahl der Parteien nicht zugelassen werden.163 Dies gelte aber natürlich nur für Austauschverträge; bei einsei159
Wiesner, 120 f.; Windmöller, 27 f.; Keller/Siehr, IPR, § 27 I 1 b. So auch Keller/Siehr, IPR, § 27 I 1 b. 161 MüKo/Spellenberg, vor Art. 11 EGBGB Rn. 18; Soergel/von Hoffmann, Art. 27 EGBGB Rn. 59; Calvo Caravaca/Carrascosa González, D.I.P. II, 528; von Hoffmann/ Thorn, IPR, § 10 Rn. 39; Rauscher, IPR, Rn. 1150; Jayme, FS Kegel (1987) 253, 263; Lando, CMLR 1987, 159, 169; Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 266; Rigaux, Cah. dr. europ. 1988, 306, 317; Serick, RabelsZ 1953, 633, 641 f.; wohl auch Ekelmans, in: Mélanges Vander Elst (1986) 243, 250 162 Soergel/von Hoffmann, Art. 27 EGBGB Rn. 59; weitere Beispiele hierzu gibt Schack, 93 ff. 163 So auch die h.M., bspw. MüKo/Spellenberg, vor Art. 11 EGBGB Rn. 18; von Hoffmann/Thorn, § 10 Rn. 39; Rauscher, IPR, Rn. 1150; Cordero Moss, FS Thue (2007) 160
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tig verpflichtenden Verträgen bestehe gerade kein funktionelles Synallagma, das zerstört werden könne. 164 bb) Für eine Zulässigkeit der Teilrechtswahl Die Zulässigkeit einer kleinen Vertragsspaltung wird aber häufig auch befürwortet.165 Es wird angeführt, dass zumindest dann, wenn die Pflichten „sich grundsätzlich ähnelnden Rechtsordnungen“ unterstellt werden, eine kleine Vertragsspaltung durchaus möglich sein müsse. 166 Dass auf diesem Wege eine Regelung in eine andere Rechtsordnung implantiert werde, die nicht auf die Norm abgestimmt sei, sei unproblematisch, wenn diese Rechtsordnung „die Funktion des ursprünglichen Umfelds der Norm auch wahrnehmen könne“. 167 cc) Stellungnahme Zunächst erscheint die Argumentation der Gegner der kleinen Vertragsspaltung, die auf das funktionelle Synallagma abstellen, durchaus plausibel. Jedoch ist es zu kurz gegriffen, allein aufgrund der Tatsache, dass sich in vielen Fällen nicht zu behebende Beeinträchtigungen des Synallagmas ergeben können, die Zulässigkeit der kleinen Vertragsspaltung durch die Parteien schlechthin zu verneinen. Es gibt durchaus Konstellationen, in denen keine Widersprüche entstehen, oder solche, bei denen die Widersprüche ohne Weiteres durch Anpassung beseitigt werden können und ein sachgerechtes Ergebnis entsteht. Voraussetzungen für die Abspaltbarkeit einer Teilfrage bei der subjektiven dépeçage sind lediglich die Einhaltung der materiellen Harmonie und das Verbot der Umgehung ausländischen Eingriffsrechts. Daher kann es den Parteien nicht schlechthin verboten sein, auch eine kleine Vertragsspaltung zu vereinbaren, wenn sie bereit sind, das Risiko der Unwirksamkeit der Rechtswahl im Falle unüberwindbarer Widersprüche zu tragen.
367, 373; Jayme, FS Kegel (1987) 253, 263; Lando, CMLR 1987, 159, 169; Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 266; Rigaux, Cah. dr. europ. 1988, 306, 317; Serick, RabelsZ 1953, 633, 641 f.; wohl auch Ekelmans, in: Mélanges Vander Elst (1986) 243, 250. 164 Rauscher, IPR, Rn. 1150. 165 Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 109; MüKo/Martiny, Art. 3 Rom I-VO Rn. 70; PWW/Brödermann/Wegen, Art. 3 Rom I-VO Rn. 19; Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 3 Rom I-VO Rn. 28; Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 95; von Bar, IPR II, Rn. 426; Beuhaus, IPR, 260 f.; Lagarde, Rev. crit. 1991, 288, 302; W. Lorenz, IPRax 1987, 269, 272. 166 Windmöller, 80. 167 Windmöller, 80.
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d) Große Vertragsspaltung Nach h.M. soll eine große Vertragsspaltung, bei der Zustandekommen und Wirkungen eines Vertrags unterschiedlichen Rechten unterstellt werden (näher hierzu Kap. 1 A II 2 b), zulässig sein. 168 Es finden sich einige Entscheidungen, die eine solche Aufspaltbarkeit ohne Weiteres annehmen. 169 Dagegen spricht aber, dass sich Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Fragen der Entstehung und der Wirkungen eines Vertrags ergeben 170 und widersprüchliche Ergebnisse entstehen können. Beispielsweise ist nach deutschem Recht ein Vertrag trotz anfänglicher objektiver Unmöglichkeit gemäß § 311a I BGB wirksam und es entfällt lediglich die Leistungspflicht; hingegen sind nach englischem Recht solche Fälle unter die Doktrin des mistake zu fassen, wonach gar kein Vertrag zustande gekommen ist.171 Wendet man also auf die Vertragsentstehung deutsches Recht an und auf die Vertragswirkungen englisches Recht, so entsteht das von beiden Rechtsordnungen nicht gewollte Ergebnis, dass der Vertrag wirksam ist (wegen § 311a I BGB), aber aufgrund der Anwendung englischen Rechts auf die Vertragswirkungen uneingeschränkte Leistungspflichten bestehen. Solche Ergebnisse lassen sich jedoch durch Anpassung vermeiden, somit handelt es sich hierbei nicht um unauflösbare Widersprüche, sodass dies nicht schlechthin gegen die Zulässigkeit einer großen Vertragsspaltung durch Rechtswahl der Parteien spricht. Für die Zulässigkeit einer solchen großen Vertragsspaltung spricht ferner, dass es für den Vertragsschluss eine eigene Kollisionsnorm gibt, nämlich Art. 10 Rom I-VO.172 Hiernach fallen Einigung und materielle Wirksamkeit des Vertrags nicht unter die Reichweite der übrigen Kollisionsnormen, obwohl die Anknüpfung an Art. 10 Rom I-VO freilich zum gleichen Recht führt, das auf den Rest des Vertrags anwendbar ist. Eine große Vertragsspaltung führt weiterhin dazu, dass die Parteien ihre Leistungen auch an ausländische Vertragspartner in gewohnter Weise erbringen können, was durchaus sinnvoll sein kann. 173 Somit ist festzuhalten, 168 Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 76; Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom IVO Rn. 104; BeckOK/Spickhoff, Art. 3 Rom I-VO Rn. 28; Erman/Hohloch, Art. 3 Rom IVO Rn. 20; Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 94; von Hoffmann/Thorn, IPR, § 10 Rn. 39; Rauscher, IPR, Rn. 1149; Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 264, 267; Spickhoff, in: Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung (2012) 117, 127; a.A. MüKo/Spellenberg, Vorbem. Art. 11 Rom I-VO Rn. 17; wohl auch Windmöller, 31 ff. 169 Bspw. OLG Frankfurt 13.2.1992, IPRax 1992, 314, 316; LG Aurich 11.7.1973, AWD 1974, 282; von der Möglichkeit einer großen Vertragsspaltung geht auch der BGH 3.12.1971, BGHZ 57, 337 aus. 170 BG 12.2.1952, BGE 78 II 74, 85. 171 Beispiel nach Wiesner, 121. 172 Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 264. 173 Soergel/von Hoffmann, Art. 27 EGBGB Rn. 61.
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dass die große Vertragsspaltung im Wege der subjektiven dépeçage zulässig ist, wenn keine unauflösbaren Widersprüche entstehen. e) Elemente des Art. 12 I Rom I-VO aa) Auslegung, lit. a In Bezug auf die in Art. 12 I lit. a Rom I-VO erwähnte Auslegung wurde vertreten, eine Klausel, wonach der Vertrag nach einem bestimmten Recht auszulegen sei, 174 bedeute ohne Weiteres eine Rechtswahl für den ganzen Vertrag.175 Eine solche construction clause kann jedoch auch so zu verstehen sein, dass lediglich im Hinblick auf die Auslegung das gewählte Recht angewendet wird, während der Rest des Vertrags dem mittels objektiver Anknüpfung ermittelten Recht untersteht.176 Teilweise wurde aber auch vertreten, dass die Frage, nach welchem Recht sich die Auslegung richte, von der Frage der Teilverweisung verschieden sei. 177 Die Parteien könnten zwar bestimmen, welches Recht bei der Auslegung zu berücksichtigen sei, jedoch immer nur im Rahmen der zwingenden Bestimmungen des Vertragsstatuts; bei gesonderter Rechtswahl im Hinblick auf die Auslegung soll es sich also um eine materiellrechtliche und nicht um eine kollisionsrechtliche Rechtswahl handeln. 178 Auch der BGH hat dies in einer Entscheidung angedeutet, indem er feststellte, dass die Auslegungsnormen dem jeweiligen Vertragsstatut folgten. 179 Jedoch ist auch eine kollisionsrechtliche Teilrechtswahl, bei der die zwingenden Bestimmungen des ansonsten geltenden Rechts abgewählt werden können, für die Frage der Auslegung möglich. 180 Dies ergibt sich daraus, dass die Auslegung eine Teilfrage darstellt und in Art. 12 I Rom I-VO genannt wird. Eine ausdrück174 Bspw. LG München I 25.11.1982, IPRax 1984, 318: „This agreement shall be construed under the laws of Iowa“, was vom öffentlich bestellten Übersetzer als „Dieser Vertrag unterliegt dem Recht von Iowa“ übersetzt wurde, während in einem Gutachten des Instituts für Internationales Recht zutreffenderweise „construed“ mit „ausgelegt“ übersetzt wurde. 175 Schröder, IPRax 1985, 131, 132; anders LG München I 25.11.1982, IPRax 1984, 318, das erst aufgrund weiterer Umstände eine stillschweigende Rechtswahl für den ganzen Vertrag annahm. 176 Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 104; Jayme, FS Kegel (1987) 253, 263 f.; a.A. Soergel/von Hoffmann, Art. 27 EGBGB Rn. 65. 177 Vischer, 60 f. 178 Vischer, 61; für eine materiellrechtliche Rechtswahl auch Wengler, RabelsZ 1983, 215, 220 in Fn. 4. 179 BGH 24.11.1989, NJW-RR 1990, 248, 249, allerdings noch zur Rechtslage vor 1986. 180 So auch Cheshire/Borth/Fawcett, P.I.L., 691; J. Gruber, DZWiR 1997, 353, 358; Wengler, RabelsZ 1983, 215, 220 in Fn. 4 hält dies zwar für zulässig, aber nicht für sinnvoll.
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Kapitel 2: Die dépeçage bei vertraglichen Schuldverhältnissen
liche Teilrechtswahl in Bezug auf die Auslegung ist somit möglich, während aber bei der Annahme einer stillschweigenden Vereinbarung über ein gesondertes Auslegungsstatut Vorsicht geboten ist. Es kann nicht daraus, dass ein Vertragsstatut gewählt worden ist, abgeleitet werden, dass dies nicht für die Auslegung gilt. Vielmehr werden die Parteien in diesem Fall gewollt haben, dass der Vertrag nach dem Recht des Vertragsstatuts ausgelegt wird, denn anderenfalls hätten sie eine gesonderte Vereinbarung bezüglich der Auslegung in ihren Vertrag mit aufgenommen. 181 Es gilt also eine Vermutung gegen die stillschweigende Teilrechtswahl im Rahmen der Auslegung, die nur anzunehmen ist, wenn alle Umstände unzweifelhaft darauf hindeuten. 182 bb) Teilfragen die Leistungspflicht einer Partei betreffend, lit. b Es ist durchaus möglich, dass die Parteien eine Teilrechtswahl bezüglich Teilfragen vornehmen, die sich auf die Leistungspflicht einer Partei beziehen. 183 Zum Beispiel kann eine Rechtswahl bezüglich des Erfüllungsortes oder der Art und Weise der Erfüllung getroffen werden. 184 Auch kann die Haftung jeder Partei einem anderen Recht unterworfen werden, 185 soweit die Voraussetzung der Abspaltbarkeit eingehalten wird. Es besteht hier zwar eine größere Gefahr unauflösbarer Widersprüche, wenn das funktionelle Synallagma betroffen ist, solche lassen sich aber in den meisten Fällen vermeiden (Kap. 2 A III 4 b cc (2)). cc) Folgen von Leistungsstörungen, lit. c Die einheitliche Beurteilung der Folgen von Leistungsstörungen, während für den Rest des Vertrags ein anderes Recht gilt, ist zulässig. 186 Es stellt sich jedoch die Frage, ob für die Folgen von Leistungsstörungen auch unterschiedliche Rechtsordnungen, z.B. ein Recht für den Verkäufer und ein Recht für den Käufer, maßgeblich sein können. (1) Gegen die Zulässigkeit Nach dem Bericht Giuliano/Lagarde kann die Beurteilung der Auflösung eines Vertrags wohl nicht zwei verschiedenen Rechten unterworfen wer181
J. Gruber, DZWiR 1997, 353, 358. J. Gruber, DZWiR 1997, 353, 358; Wengler, RabelsZ 1983, 215, 220 in Fn. 4. 183 Soergel/von Hoffmann, Art. 27 EGBGB Rn. 59 f. 184 So BGH 7.7.1980, IPRax 1981, 93, 94 (obiter); MüKo/Martiny, Art. 3 Rom I-VO Rn. 75; kritisch hierzu Schack, 96 f., der auf Abgrenzungsprobleme hinweist. 185 Soergel/von Hoffmann, Art. 27 EGBGB Rn. 61. 186 So OLG Frankfurt 13.2.1992, IPRax 1992, 314, 316; Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 109. 182
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den. 187 Bis heute finden sich auch viele Stimmen in der Literatur, die eine solche Spaltung für nicht zulässig halten, denn sie zerstöre das funktionelle Synallagma. 188 Es sei beispielsweise nicht möglich, dem Käufer bei einem Mangel der Kaufsache ein Selbstvornahmerecht nach dem Recht eines Staates zu gewähren, wenn gleichzeitig dem Verkäufer ein Recht zur zweiten Andienung nach dem Recht eines anderen Staates zustehen soll. 189 (2) Für die Zulässigkeit Andererseits sei diese Argumentation nicht vollends überzeugend, da aus einer solchen dépeçage nicht zwingend widersprüchliche Ergebnisse resultierten.190 Dies sei auch schon im Bericht Giuliano/Lagarde erkannt worden, wo es nur heiße, die Auflösung des Vertrags wegen Nichterfüllung könne „wohl nicht“ verschiedenen Rechten unterworfen werden. 191 Daher vertreten einige Autoren, eine Teilrechtswahl dahingehend, dass die Folgen von Leistungsstörungen für jede Partei einem anderen Recht unterworfen werden könnten, sei zulässig. 192 (3) Stellungnahme Zwar ist es bei einer unterschiedlichen Anknüpfung der Folgen von Leistungsstörungen durchaus möglich, dass das funktionelle Synallagma beeinträchtigt wird. Dadurch besteht eine erhöhte Gefahr unauflösbarer Widersprüche. 193 Dies allein macht die Teilrechtswahl jedoch noch nicht unzulässig, denn es können auch Fälle auftreten, in denen keine solchen Widersprüche entstehen. Darüber hinaus ist diese Situation mit der Teilrechtswahl in Bezug auf Fragen, die die Leistungspflicht einer Partei betreffen, vergleichbar (oben Kap. 2 A III 5 e bb), was somit für eine Zulässigkeit der Teilrechtswahl auch im Hinblick auf die Folgen von Leistungsstörungen spricht. Daher ist auch diesbezüglich eine subjektive dépeçage bei Einhaltung der Voraussetzung der Abspaltbarkeit zulässig.
187
Bericht Giuliano/Lagarde, BT-Drucks. 10/503 vom 20.10.1983, 33, 49. Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 77; Palandt/Thorn, Art. 3 Rom I-VO Rn. 10; Ferrari/Ferrari, Art. 3 Rom I-VO Rn. 40; BeckOK/Spickhoff, Art. 3 Rom I-VO Rn. 28; Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 95; W. Lorenz, IPRax 1987, 269, 272. 189 Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 77. 190 Ekelmans, in: Mélanges Vander Elst (1986) 243, 250. 191 Bericht Giuliano/Lagarde, BT-Drucks. 10/503 vom 20.10.1983, 33, 49. 192 Ekelmans, in: Mélanges Vander Elst (1986) 243, 250; ebenso wohl auch Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 109 und Soergel/von Hoffmann, Art. 27 EGBGB Rn. 59 f.; zurückhaltend Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 95. 193 Zur Vermeidung unauflösbarer Widersprüche siehe unten Kap. 2 A III 4 b cc (2). 188
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Kapitel 2: Die dépeçage bei vertraglichen Schuldverhältnissen
dd) Arten des Erlöschens der Verpflichtungen, insbesondere Verjährung, lit. d Im Rahmen des Art. 12 I lit. d Rom I-VO ist insbesondere fraglich, ob die Verjährung Gegenstand einer Teilrechtswahl sein kann. Das LG Essen hielt eine (nachträgliche) Teilrechtswahl in Bezug auf die Verjährung für zulässig, während das Vertragsstatut, das über die Zulässigkeit eines Erfolgshonorars bestimmen sollte, ein anderes Recht war.194 Dem ist zuzustimmen. Dass die Verjährung in der gewählten Rechtsordnung möglicherweise als prozessual angesehen wird (z.B. im common law), steht der Anwendung dieses Rechts nicht entgegen, da sie wegen Art. 12 I lit. d Rom I-VO in jedem Fall vertragsrechtlich zu qualifizieren ist und damit die die Verjährung in der gewählten Rechtsordnung betreffenden Regeln auch von ausländischen Gerichten angewandt werden müssen. 195 ee) Folgen der Bichtigkeit, lit. e Ebenso können die Folgen der Nichtigkeit eines Vertrags der Teilrechtswahl unterliegen. Wenn die Auflösung eines Vertrags einer anderen Rechtsordnung unterliegen kann als der Rest des Vertrags, so muss dies auch für die Folgen der Nichtigkeit eines Vertrags gelten. f) Bestimmte schuldrechtliche Fragen Der BGH legte in einer Entscheidung aus dem Jahre 2008 die Klausel in einem Anleihevertrag, dass „alles, was mit der Hypothek wie mit der übrigen Sicherheit zusammenhängt, sich nach Deutschem Rechte richten soll“ dahingehend aus, dass dies eine Teilrechtswahl darstelle, die sich auf die mit der Sicherungshypothek zusammenhängenden Fragen dieses Schuldverhältnisses erstrecke.196 Diese schuldrechtlichen Fragen, zu denen laut BGH die Beurteilung des Erlöschens des Anspruchs gehört, stellen im Verhältnis zwischen Schuldnerin und Gläubiger Teilfragen dar. So kommt es dazu, dass alle Fragen im Rechtsverhältnis zwischen Schuldnerin und Gläubiger, die die Hypothek betreffen, nach deutschem Recht beurteilt werden, während für den Rest des Schuldverhältnisses das Recht des Staates New York gilt. Hierbei handelt es sich um eine dépeçage. 194
LG Essen 20.6.2001, IPRspr. 2001, Nr. 29; ebenso Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 76; Kondring, IPRax 2007, 241, 244. 195 Rauscher/Thorn, Art. 12 Rom I-VO Rn. 27; Calliess/Schulze, Art. 12 Rom I-VO Rn. 29; Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 372; umgekehrt sorgt der Foreign Limitation Periods Act 1984 auch dafür, dass englische Gerichte die ausländischen Verjährungsvorschriften der lex causae anwenden. 196 BGH 12.12.2008, BGHZ 179, 146 (insoweit nicht abgedruckt), siehe aber WM 2009, 501, 502.
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g) Zahlungsgeschäft Der BGH erachtete es als möglich, dass auf das Zahlungsgeschäft ein anderes Recht zur Anwendung kommen könne als auf die schuldrechtliche Begründung bzw. die Existenz der Forderung selbst.197 Im vorliegenden Fall handelte es sich um eine objektive dépeçage, da keine Rechtswahl der Parteien vorlag. Diese Entscheidung bezog sich auf das vor 1986 anwendbare Recht; zu jener Zeit wurde die gesonderte Anknüpfung des Zahlungsgeschäfts in der Literatur nur teilweise als zulässig angesehen. 198 Heute, unter Geltung der Rom I-VO, ist es in den allgemeinen Grenzen für eine Teilrechtswahl möglich, dass in einem solchen Fall für das Zahlungsgeschäft ein anderes Recht vereinbart wird als für den Rest des Vertrags.199 h) Vertragliche Sorgfaltsstandards Weiterhin wird als Fall einer zulässigen Teilrechtswahl die gesonderte Anknüpfung vertraglicher Sorgfaltsstandards angeführt.200 Beispiel hierfür ist die Haftung eines Arztes. Wirbt ein mexikanischer Arzt mit seiner Ausbildung in Texas, so soll im Verhältnis zu seinen Patienten eine Abrede dahingehend bestehen, dass er nach dem Sorgfaltsstandard eines amerikanischen Arztes haftet.201 Jedoch dürfe seine Liquidation nicht dem USamerikanischen Recht unterliegen, denn soweit reiche die Werbung nicht.202 Hiernach richtet sich also lediglich der Sorgfaltsmaßstab nach USamerikanischem Recht, während der Rest des Behandlungsvertrags mexikanischem Recht unterliegt. Eine solche subjektive dépeçage ist grundsätzlich zulässig, da es sich bei dem Sorgfaltsstandard um eine abgrenzbare Teilfrage handelt. Ob jedoch schon in Werbeaussagen eine solche Teilrechtswahl, die für den Arzt nachteilige Haftungsfolgen nach sich ziehen kann, hineingelesen werden darf, bleibt zweifelhaft.
197
BGH 25.10.2005, BGHZ 164, 361, 365 ff. Lochner, 103 ff. m.w.N. zur a.A. 199 So auch Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 76; Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 3 Rom I-VO Rn. 28; Cheshire/Borth/Fawcett, P.I.L., 691; kritisch jedoch Freitag, IPRax 2007, 25, 29 f., der im vorliegenden Fall die Annahme einer Teilrechtswahl als überflüssig ansieht, da bei Vereinbarung einer Zahlstelle in den USA ohnehin gem. Art. 32 II EGBGB a.F. das Recht am Erfüllungsort zu berücksichtigen sei. 200 Deutsch, FS von Hoffmann (2011) 89, 95. 201 Beispiel nach Deutsch, FS von Hoffmann (2011) 89, 95. 202 Deutsch, FS von Hoffmann (2011) 89, 95. 198
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Kapitel 2: Die dépeçage bei vertraglichen Schuldverhältnissen
i) Verschiedene Vertragsklauseln aa) Indexklausel Als Beispiel für eine zulässige Teilrechtswahl nennt der Bericht Giuliano/Lagarde die gesonderte Anknüpfung einer sog. Indexklausel. 203 Dem stimmen viele Autoren vorbehaltlos zu.204 Die Indexklausel sei zwar Teil des Vertrags, aber nicht vom Rest des Vertrags abhängig, sodass sie Gegenstand einer dépeçage sein könne. 205 Auf die Abhängigkeit vom Rest des Vertrags kommt es aber nicht an. Es handelt sich bei der Indexklausel um eine Teilfrage, die bei Einhaltung der Voraussetzung der Abspaltbarkeit Gegenstand einer Teilrechtswahl sein kann. bb) Zinsklausel Es wird weiterhin in der Literatur vorgebracht, auch eine Zinsklausel könne Gegenstand einer Teilrechtswahl sein. 206 Ein Beispiel hierfür ist ein Darlehensvertrag, der islamischem Recht unterliegt, während für die Zinsfrage deutsches Recht gewählt wurde.207 Wenn das auf den Vertrag anwendbare islamische Recht einem strikten Zinsverbot folgt, die Parteien aber dennoch die Zahlung von Zinsen vereinbaren wollen, kann es sogar erforderlich sein, diese Einzelfrage einem bestimmten Recht zu unterwerfen, das die Zinsfrage klar regelt.208 Daher ist auch eine Teilrechtswahl in Bezug auf eine Zinsklausel grundsätzlich möglich. cc) Weitere Vertragsklauseln Eine Teilrechtswahl ist auch für Klauseln wie die Vereinbarung einer Vertragsstrafe oder einer Klausel bezüglich höherer Gewalt möglich. 209 In die-
203 Bericht Giuliano/Lagarde, BT-Drucks. 10/503 vom 20.10.1983, 33, 49; kritisch hierzu Soergel/von Hoffmann, Art. 27 EGBGB Rn. 60, der dem zwar zustimmt, jedoch der Meinung ist, die Zulässigkeit einer Indexklausel unterliege nicht dem durch Rechtswahl bestimmten Recht. 204 MüKo/Martiny, Art. 3 Rom I-VO Rn. 75; Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 3 Rom I-VO Rn. 28; Cheshire/Borth/Fawcett, P.I.L., 691; Kropholler, IPR, § 52 II 3 b; Cordero Moss, FS Thue (2007) 367, 373; Gaudemet-Tallon, Rev. trim. dr. europ. 1981, 215, 245. 205 Ekelmans, in: Mélanges Vander Elst (1986) 243, 250. 206 Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 76; Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom IVO Rn. 106; Polak, 12; Kondring, IPRax 2006, 425, 428. 207 Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 106. 208 Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 106. 209 Calvo Caravaca/Carrascosa González, D.I.P. II, 528; Ekelmans, in: Mélanges Vander Elst (1986) 243, 250.
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sen Fällen dürfte die Voraussetzung der Kohärenz wohl eher selten Probleme bereiten. 210 j) Fazit Zwar werden in der Literatur häufig Fälle aufgezeigt, in denen scheinbar nie eine subjektive dépeçage möglich ist. Es ist jedoch zu kurz gegriffen, manche Konstellationen pauschal als der Teilrechtswahl nicht zugänglich zu bezeichnen. Vielmehr können die Parteien grundsätzlich für jede beliebige Teilfrage eine partielle Rechtswahl treffen, wenn die Voraussetzung der Abspaltbarkeit beachtet wird, d.h. soweit die materielle Harmonie nicht beeinträchtigt und das Verbot der Umgehung ausländischen Eingriffsrechts eingehalten wird. Dies ist jeweils im Einzelfall zu prüfen. IV. Teilrechtswahl bei besonderen Vertragstypen der Rom I-VO Nachdem die subjektive dépeçage im Rahmen des Art. 3 I 3 Rom I-VO einer eingehenden Betrachtung unterzogen worden ist, stellt sich nun die Frage, ob das hierzu Gesagte auf die besonderen Vertragstypen der Artt. 58 Rom I-VO übertragen werden kann. 1. Individualarbeitsverträge, Art. 8 Rom I-VO Nach einhelliger Auffassung hat die Rechtswahl der Parteien auch im Rahmen von Verträgen, bei denen die schwächere Partei besonders geschützt werden soll (Verbraucher- oder Arbeitsverträge), kollisionsrechtliche Wirkung. 211 Ansonsten würde die Parteiautonomie übermäßig beeinträchtigt.212 Es stellt sich allerdings die Frage, ob hier auch eine kollisionsrechtliche Teilrechtswahl zulässig ist. Dies ist im Hinblick auf Art. 8 Rom I-VO umstritten. a) Zulässigkeit der Teilrechtswahl bei Art. 8 Rom I-VO aa) Gegen die Zulässigkeit der Teilrechtswahl Teilweise wird die Zulässigkeit einer Teilrechtswahl im Rahmen des Art. 8 Rom I-VO verneint. Dies wird mit dem Ziel der Vorschrift, dem Arbeitnehmerschutz, begründet (vgl. Erwägungsgrund 23 Rom I-VO). Wird eine Rechtswahlvereinbarung im Arbeitsvertrag getroffen, so sei es meist der Arbeitgeber, der deren Inhalt diktiere; daher müsse der Arbeitnehmer besonders davor geschützt werden, dass der Arbeitgeber seine Macht miss210
So auch Ekelmans, in: Mélanges Vander Elst (1986) 243, 250. Soergel/von Hoffmann, Art. 30 EGBGB Rn. 12; ErfK/Schlachter, Art. 8 Rom I-VO Rn. 5; Hdb. EuArbR/Wank, § 31 Rn. 28; von Bar, IPR II, Rn. 440; Windmöller, 99. 212 Ebenso Windmöller, 99 f. 211
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Kapitel 2: Die dépeçage bei vertraglichen Schuldverhältnissen
brauche. 213 Zwar werde durch die Zulässigkeit der Rechtswahl im internationalen Arbeitsrecht der Schutz der abgewählten Rechtsordnung nicht beseitigt, sondern lediglich durch den Schutz der gewählten Rechtsordnung ersetzt, jedoch könne dies im Falle einer dépeçage ein Summieren von Schutzlücken zur Folge haben, was einem Abbedingen des Arbeitnehmerschutzes bedenklich nahekäme. 214 Der Günstigkeitsvergleich, den Art. 8 I 2 Rom I-VO anordnet, käme zwar auch bei der Teilrechtswahl zur Anwendung. Jedoch wird auf die Gefahr hingewiesen, dass der Schutz des Günstigkeitsvergleichs durch die mittels geschickter Teilrechtswahl hervorgerufene Unübersichtlichkeit und Unvergleichbarkeit reduziert oder gar unterlaufen werden könne. 215 Darüber hinaus wird die Einheit der Rechtsordnung als Argument gegen die Zulässigkeit der dépeçage im internationalen Arbeitsrecht bemüht.216 Zudem könne in systematischer Hinsicht angeführt werden, dass die Teilrechtswahl ausdrücklich nur in Art. 3 I 3 Rom I-VO geregelt sei, nicht aber in Art. 8 Rom I-VO.217 Daher sei die Teilrechtswahl im internationalen Arbeitsvertragsrecht im Wege einer teleologischen Reduktion als unzulässig anzusehen. 218 bb) Für die Zulässigkeit der Teilrechtswahl Die subjektive dépeçage soll andererseits ohne Weiteres auch im internationalen Arbeitsvertragsrecht zulässig sein, da sich die Verweisung des Art. 8 I 1 Rom I-VO auf den ganzen Art. 3 Rom I-VO beziehe, womit auch Art. 3 I 3 Rom I-VO erfasst sei. 219 Dies war schon die h.M. zu Art. 30 EGBGB a.F.;220 ebenso lässt die Rechtsprechung eine Teilrechtswahl bei 213
Zu Art. 30 EGBGB a.F. Gamillscheg, FS Kissel (1994) 239, 248. Deinert, RdA 2009, 144, 149; so auch Krebber, IPRax 1999, 164, 166 (zu Art. 30 EGBGB a.F.). 215 Krebber, IPRax 1999, 164, 166 (zu Art. 30 EGBGB a.F.). 216 Gamillscheg, FS Kissel (1994) 239, 248 (zu Art. 30 EGBGB a.F.). 217 Deinert, RdA 2009, 144, 150. 218 Deinert, RdA 2009, 144, 149; noch zum EGBGB: Gamillscheg, ZfA 1983, 307, 328; ders., FS Kissel (1994) 239, 248; Hickl, NZA Beil. 1/1987, 10, 12. 219 So auch ErfK/Schlachter, Art. 8 Rom I-VO Rn. 5; NomosHkArbR/Däubler, EGBGB Rn. 28; Rauscher/von Hein, Art. 8 Rom I-VO Rn. 25; Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 105, Art. 8 Rom I-VO Rn. 62; Palandt/Thorn, Art. 8 Rom I-VO Rn. 7; MüKo/Martiny, Art. 8 Rom I-VO Rn. 29; PWW/Lingemann, Art. 8 Rom I-VO Rn. 6; Henssler/Willemsen/Kalb/Tillmanns, Art. 3, 8, 9 Rom I-VO Rn. 13; AnwKommArbR/ Mauer, EGBGB Rn. 35; Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 8 Rom I-VO Rn. 14; jurisPK/ Sutschet, Art. 8 Rom I-VO Rn. 7; Plender/Wilderspin, 11-026; Junker, Arbeitnehmereinsatz, 16; Knöfel, RdA 2006, 269, 277; Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 263. 220 Bamberger/Roth/Spickhoff, 2. Aufl. (2008) Art. 30 EGBGB Rn. 14; Staudinger/Magnus, Art. 30 EGBGB Rn. 59; Soergel/von Hoffmann, Art. 30 EGBGB Rn. 12; Hdb.EuArbR/Wank, § 31 Rn. 31, 44 f.; Junker, Internationales Arbeitsrecht, 203; Däubler, RIW 1987, 250, 253; Franzen, IPRax 2006, 221, 222; Junker, FS 50 Jahre BAG 214
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Arbeitsverträgen zu.221 Dies lasse sich auch aus dem Wortlaut des Art. 8 Rom I-VO herleiten, denn dieser spreche davon dass, „soweit das auf den Arbeitsvertrag anzuwendende Recht nicht durch Rechtswahl bestimmt ist“222, der Vertrag dem Recht am gewöhnlichen Arbeitsort unterliegen solle. Daraus folge, dass nicht zwingend nur ein einziges Recht von den Parteien gewählt werden dürfe. 223 Lücken im Arbeitnehmerschutz, welche die entgegengesetzte Ansicht befürchtet, werde durch das in Art. 8 I 2 Rom I-VO verankerte Günstigkeitsprinzip begegnet.224 Auch die Wahl mehrerer Rechte für verschiedene Teile des Arbeitsvertrags sei zulässig.225 Jedoch müsse bei mehrfacher Teilrechtswahl der Günstigkeitsvergleich doppelt oder noch öfter durchgeführt werden.226 cc) Stellungnahme Art. 8 I 1 Rom I-VO verweist auf Art. 3 Rom I-VO als Ganzes, ohne dass Art. 3 I 3 Rom I-VO ausdrücklich von dieser Verweisung ausgeschlossen ist. Auch der Wortlaut der Vorschrift („soweit“) spricht für die Möglichkeit einer subjektiven dépeçage. Art. 30 EGBGB a.F. kannte diese Formulierung allerdings nicht, sodass der Streit über die Zulässigkeit der subjektiven dépeçage unter dessen Geltung noch größere Berechtigung hatte. Das Argument der Gegenansicht, das sich darauf stützt, dass die Teilrechtswahl ausdrücklich nur in Art. 3 und nicht in Art. 8 Rom I-VO geregelt sei, greift nicht, da Art. 3 Rom I-VO die Grundregel für die Rechtswahl darstellt, die folglich auch für alle anderen spezielleren Kollisionsnormen gilt, die auf Art. 3 Rom I-VO verweisen. 227 Auch eine mehrfache Teilrechtswahl ist (2004) 1197, 1201; ders., RIW 2001, 94, 96; E. Lorenz, RIW 1987, 569, 577; Markovska, RdA 2007, 352, 353; Thüsing, NZA 2003, 1303, 1304; zu Art. 6 EVÜ siehe Cour d’Appel de Luxembourg 13.10.2010, Pas. lux. 2011, 63, 75. 221 Bspw. BAG 20.04.2004, BAGE 110, 182, 185; 20.11.1997, BAGE 87, 144, 149 f. (noch zu Art. 30 EGBGB a.F.) 222 Hervorhebung hinzugefügt. 223 Rauscher/von Hein, Art. 8 Rom I-VO Rn. 25. 224 ErfK/Schlachter, Art. 8 Rom I-VO Rn. 5; MüKo/Martiny, Art. 8 Rom I-VO Rn. 29; Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 4840; Henssler/Willemsen/Kalb/Tillmanns, Art. 3, 8, 9 Rom I-VO Rn. 13; AnwKommArbR/Mauer, EGBGB Rn. 35; jurisPK/Sutschet, Art. 8 Rom I-VO Rn. 7; dies wurde auch schon zum EGBGB vertreten: Hdb.EuArbR/Wank, § 31 Rn. 31, 45; Junker, Arbeitnehmereinsatz, 16; Däubler, RIW 1987, 250, 253 in Fn. 52. 225 NomosHkArbR/Däubler, EGBGB Rn. 28 (zu Art. 30 EGBGB a.F.), der jedoch vor einer Zerstückelung mit unauflöslichen Friktionen warnt. 226 Darauf weist auch Junker, Internationales Arbeitsrecht, 203 in Fn. 155 (zu Art. 30 EGBGB a.F.) hin, der aus diesem Grund von einer mehrfachen Teilrechtswahl im Arbeitsrecht abrät. 227 In diesem Sinne noch zu Art. 30 EGBGB a.F. auch SpKArbR/Schönbohm, Art. 27 EGBGB Rn. 13.
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Kapitel 2: Die dépeçage bei vertraglichen Schuldverhältnissen
zuzulassen; die mehrfache Durchführung des Günstigkeitsvergleichs muss dabei zum Schutze des Arbeitnehmers hingenommen werden. Zwar ist es denkbar, dass durch eine solche Fragmentierung des Vertrags Lücken im Arbeitnehmerschutz entstehen können, dem werden jedoch durch den Günstigkeitsvergleich und die Voraussetzung, dass Eingriffsnormen nicht umgangen werden dürfen, 228 Schranken gesetzt. Da eine subjektive dépeçage im internationalen Arbeitsrecht durchaus sinnvoll sein kann 229 und die besseren Argumente hierfür sprechen, ist sie im Rahmen des Art. 8 Rom I-VO zulässig. b) Voraussetzungen der Teilrechtswahl i.R.d. Art. 8 Rom I-VO Auch im internationalen Arbeitsrecht gilt das zu Art. 3 I 3 Rom I-VO Gesagte (oben Kap. 2 A III 1): Eine Teilrechtswahl ist im Rahmen des Art. 8 Rom I-VO nur unter der Voraussetzung der Abspaltbarkeit zulässig, das heißt soweit die materielle Harmonie nicht gestört wird 230 und international zwingende Normen nicht umgangen werden. Dies wird zwar im Hinblick auf den Arbeitnehmerschutz teilweise kritisch beurteilt, und es wird gefordert, man solle bei der Zulässigkeit der subjektiven dépeçage nicht so großzügig sein wie in den Fällen des Art. 3 Rom I-VO, vielmehr solle bei Art. 8 Rom I-VO ein strengerer Maßstab an die materielle Harmonie angelegt werden.231 Wegen der uneingeschränkten Verweisung auf den gesamten Art. 3 Rom I-VO kann jedoch eine hiervon abweichende Voraussetzung für die Teilrechtswahl dogmatisch nicht begründet werden. Der Gewährleistung des Arbeitnehmerschutzes dient der Günstigkeitsvergleich.
228 Art. 9 Rom I-VO ist nach h.M. auch im Rahmen des Art. 8 Rom I-VO sowie des Art. 6 Rom I-VO anwendbar: Calliess/Renner, Art. 9 Rom I-VO Rn. 5; MüKo/Martiny, Art. 8 Rom I-VO Rn. 114; ErfK/Schlachter, Art. 9 Rom I-VO Rn. 21, nach der Arbeitnehmerschutzvorschriften und andere Individualansprüche Art. 8 Rom I-VO unterstellt werden sollen, es sei denn, der Gemeinwohlbezug der fraglichen Vorschrift überwiegt deutlich; a.A. Rauscher/Thorn, Art. 9 Rom I-VO Rn. 26; zum Streitstand eingehend Günther, 138 ff. 229 Ebenso Birk, RdA 1989, 201, 204 (zu Art. 30 EGBGB a.F.). 230 In diesem Sinne auch Staudinger/Magnus, Art. 8 Rom I-VO Rn. 62; anders zu Art. 30 EGBGB a.F. Birk, RdA 1989, 201, 204, der dagegen schon bei Beeinträchtigung des funktionellen Synallagmas eine Teilrechtswahl für unzulässig erklärt. 231 Noch zu Art. 30 EGBGB a.F.: Birk, RdA 1989, 201, 204; Junker, FS 50 Jahre BAG (2004) 1197, 1201; Markovska, RdA 2007, 352, 353.
A. Subjektive Anknüpfung
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c) Folgen unzulässiger Abspaltung Für die Folgen der Unzulässigkeit der Teilrechtswahl im internationalen Arbeitsrecht gilt das zu Art. 3 I 3 Rom I-VO Gesagte (Kap. 2 A III 4). Aufgrund der erhöhten Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers sollte jedoch in der Praxis auf eine Methode wie die oben beschriebene (Kap. 2 A III 4 b cc (2)), die das Rechtsverhältnis in hohem Ausmaß fragmentiert, im Arbeitsrecht verzichtet werden. d) Fallgruppen aa) Kündigung eines Arbeitsverhältnisses (1) Entscheidung des BAG vom 20. Bovember 1997 Das BAG nahm in einer umstrittenen Entscheidung eine Teilrechtswahl zugunsten des deutschen Kündigungsschutzrechts an, während der Rest des Vertrags US-amerikanischem Recht unterlag.232 Im vorliegenden Fall wurde im Arbeitsvertrag Bezug auf das Foreign Service Bational Handbook genommen, in dem sich folgende Klausel hinsichtlich des Kündigungsschutzes fand: „FSN und PSC Arbeitsverhältnisse können jederzeit unter Berücksichtigung der deutschen Gesetze und sonstigen Rechtsvorschriften gekündigt werden. Kündigungen können ferner aus Sicherheitsoder Eignungsgründen ausgesprochen werden“. Hierin sah das BAG eine „partiell eindeutige Rechtswahl i.S.v. Art. 27 Abs. 1 Satz 3 EGBGB 2. Alternative“. 233 Dies wurde damit begründet, dass der Kläger die Klausel dahingehend verstehen dürfe, dass nur unter der Berücksichtigung deutschen Rechts gekündigt werden könne. 234 Zudem stelle der zweite Satz der genannten Klausel eindeutig eine Ausnahme zum ersten Satz derselben dar, was zeige, dass die Kündigung nach deutschem Recht als Normalfall vorgesehen sei. 235 Diese Vorgehensweise wurde allerdings in der Literatur teilweise kritisiert.236 Zunächst habe das BAG die Klausel vorschnell als kollisionsrechtliche Rechtswahl interpretiert und das Vorliegen einer materiellrechtlichen Rechtswahl, was die Wortwahl „Berücksichtigung“ nahelege, überhaupt
232 BAG 20.11.1997, BAGE 87, 144, 149; für die Teilrechtswahl im Hinblick auf den Kündigungsschutz auch schon BAG 19.6.1986, NJW 1987, 211, wo dies zwar als möglich angesehen wurde, aber im Fall nicht vorlag (beide Entscheidungen noch zu Art. 30 EGBGB a.F.). 233 BAG 20.11.1997, BAGE 87, 144, 149 (zu Art. 30 EGBGB a.F.). 234 BAG 20.11.1997, BAGE 87, 144, 149 f. 235 BAG 20.11.1997, BAGE 87, 144, 150. 236 Krit. Anm. Krebber, IPRax 1999, 164, 165 f.; krit. auch Junker, FS 50 Jahre BAG (2004) 1197, 1201; ders., Arbeitnehmereinsatz, 16.
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Kapitel 2: Die dépeçage bei vertraglichen Schuldverhältnissen
nicht erwogen.237 Weiterhin wird angeführt, eine Teilrechtswahl in Bezug auf das Kündigungsschutzrecht sei wegen der hieraus entstehenden Unvergleichbarkeit und Unübersichtlichkeit und der sich daraus ergebenden möglichen Benachteiligung des Arbeitnehmers nicht hinnehmbar. 238 Hiernach soll also generell eine Teilrechtswahl hinsichtlich des Kündigungsschutzes unzulässig sein. Dagegen spricht jedoch, dass eine Teilrechtswahl in Bezug auf die (Änderungs-)Kündigung nicht zwingend zu unauflösbaren Widersprüchen führt, vor allem da sie keine Auswirkungen auf Arbeitsund Gegenleistung hat, das funktionelle Synallagma also nicht betroffen ist und somit die Gefahr widersprüchlicher Ergebnisse erheblich reduziert wird.239 Daher besteht kein Anlass, eine diesbezügliche Teilrechtswahl als generell unzulässig anzusehen. 240 Gleiches gilt für einen Aufhebungsvertrag sowie für die Ausgleichsquittung nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses. 241 (2) Entscheidung des BAG vom 24. April 1998 Das BAG sah ferner eine Klausel, wonach „für alle anderen in diesem Vertrag nicht ausdrücklich erwähnten Fälle das in Deutschland geregelte Gesetz maßgebend“ sei, als Teilrechtswahl gem. Art. 27 I 3 EGBGB a.F. im Hinblick auf den Kündigungsschutz an. 242 Das Gericht bestätigte somit, allerdings ohne nähere Begründung, die Zulässigkeit der subjektiven dépeçage im Hinblick auf die Kündigung, was in der Literatur auf Zustimmung traf. 243 (3) Entscheidung der Pariser Cour d’Appel Auch die Pariser Cour d’Appel erachtete eine kollisionsrechtliche Teilrechtswahl bezüglich der Kündigung als zulässig. 244 Zwar fand das EVÜ im vorliegenden Fall keine Anwendung, da es zum fraglichen Zeitpunkt noch nicht in Kraft getreten war, jedoch berücksichtigte das Gericht dessen Prinzipien und wendete auf die Kündigung eines in Paris tätigen amerika237
Kritisch insofern Krebber, IPRax 1999, 164, 166. Krebber, IPRax 1999, 164, 166. 239 Darauf weist auch Birk, RdA 1989, 201, 204 hin. 240 So auch Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 76; MüKo/Martiny, Art. 3 Rom I-VO Rn. 75; Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 106; PWW/Brödermann/ Wegen, Art. 3 Rom I-VO Rn. 20; Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 3 Rom I-VO Rn. 28; Spickhoff, in: Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung (2012) 117, 127; zu Art. 30 EGBGB a.F.: Birk, RdA 1989, 201, 204. 241 Birk, RdA 1989, 201, 204 (zu Art. 30 EGBGB a.F.). 242 BAG 23.04.1998, BAGE 88, 287, 290 (zu Art. 30 EGBGB a.F.). 243 MüKo/Martiny, Art. 8 Rom I-VO Rn. 29; Markovska, RdA 2007, 352, 353. 244 Cour d’Appel Paris 27.11.1986, Rev. crit. 1988, 314, 317 f. 238
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nischen Arbeitnehmers aufgrund einer arbeitsvertraglichen Klausel französisches Recht an.245 bb) Betriebliche Altersversorgung Auch die Zusage einer betrieblichen Altersversorgung könnte als Fall der Teilrechtswahl zulässig sein. Hierzu hat das BAG Stellung bezogen und befand, dass das Versorgungsverhältnis als klar abgrenzbare Rechtsbeziehung einer gesonderten Rechtswahl unterliegen könne. 246 Diese Entscheidung fand weitgehend Zustimmung in der Literatur.247 Aber auch schon vor der Entscheidung des BAG wurde dafür plädiert, dass eine gesonderte Anknüpfung der betrieblichen Altersversorgung nicht nur möglich, sondern sogar zweckmäßig sei. 248 Jedoch geht aus der Entscheidung des BAG nicht hervor, ob es sich bei dieser Teilrechtswahl um eine dépeçage nach der hier vertretenen Definition (Kap. 1 A I 3) handelte oder ob die Betriebsrentenvereinbarung und der Arbeitsvertrag als zwei eigenständige Verträge angesehen wurden, die ohnehin gesondert angeknüpft werden können. Eine dépeçage liegt nur dann vor, wenn die Versorgungsvereinbarung Teil des Arbeitsvertrags ist, ohne dass es sich um ein Vertragsverhältnis handelt, bei dem auch mehrere Verträge hätten geschlossen werden können. Wegen ihres engen Zusammenhangs mit dem Arbeitsvertrag wird die betriebliche Altersversorgung allerdings als Teil desselben angesehen. 249 Die Zusage einer betrieblichen Altersversorgung ist lediglich eine spätere Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag, die sich auf das Entgelt des Arbeitnehmers bezieht.250 Daher ist die Vereinbarung einer Betriebsrente kein selbständiger, lediglich an den Arbeitsvertrag angelehnter Vertrag, sondern Teil des Arbeitsvertrags.251 Es handelt sich also bei der Teilrechtswahl in Bezug auf die betriebliche Altersversorgung um eine subjektive dépeçage.
245
Cour d’Appel Paris 27.11.1986, Rev. crit. 1988, 314, 317 f. BAG 20.4.2004, BAGE 110, 182, 185 (zu Art. 30 EGBGB a.F.). 247 MüKo/Martiny, Art. 8 Rom I-VO Rn. 29; Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 76; Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 4840; Junker, Arbeitnehmereinsatz, 16 f.; Markovska, RdA 2007, 352, 353; Birk, RdA 1989, 201, 204 f.; ders., FS G. Müller (1981) 31, 35 f.; Franzen, IPRax 2006, 221, 223; Mankowski, AP ZPO § 38 Nr. 21. 248 Hdb.EuArbR/Wank, § 31 Rn. 46; Junker, Internationales Arbeitsrecht, 203; Birk, FS G. Müller (1981) 31, 35 f.; Junker, IPRax 1993, 1, 6. 249 Franzen, IPRax 2006, 221, 222 in Fn. 8. 250 Birk, RdA 1989, 201, 205; in diesem Sinne auch Mankowski, AP ZPO § 38 Nr. 21. 251 Birk, RdA 1989, 201, 205. 246
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Kapitel 2: Die dépeçage bei vertraglichen Schuldverhältnissen
cc) Wettbewerbsabreden Das BAG hat ferner die Teilrechtswahl in Bezug auf einen Aktienoptionsplan mit einem darin enthaltenen Wettbewerbsverbot angesprochen, der Bestandteil des Arbeitsvertrags ist.252 Zwar scheiterte im vorliegenden Fall die Teilrechtswahl zugunsten des Rechts des US-Bundesstaates Ohio am Günstigkeitsvergleich des Art. 30 I EGBGB a.F., sodass das Gericht offenlassen konnte, ob wirklich eine subjektive dépeçage vorlag. Jedoch ist zu erkennen, dass es dies durchaus für zulässig hielt.253 Auch im Schrifttum wird befürwortet, in einem solchen Fall eine Teilrechtswahl zuzulassen. 254 dd) Bonuszahlungen Nach einem vom Arbeitsgericht Frankfurt/Main in Auftrag gegebenen Gutachten soll eine Vereinbarung über Bonuszahlungen, die durch Parteivereinbarung einem anderen Recht als der Rest des Arbeitsvertrags unterworfen werden soll, unzulässig sein. 255 Ebenso entschied der englische Court of Appeal, auch wenn es in diesem Fall um die internationale Zuständigkeit ging. 256 Zweck einer Bonuszahlung bzw. Sondervergütung 257 kann beispielsweise sein, den Arbeitnehmer für die während des Jahres erbrachte Arbeitsleistung zu belohnen; dieser Bonus hat dann reinen Entgeltcharakter.258 Ein Bonus kann aber auch mit dem Ziel ausgezahlt werden, die vergangene und zukünftige Betriebstreue des Arbeitnehmers zu honorieren. 259 Auch
252
LAG Frankfurt, 14.8.2000, IPRspr. 2000 Nr. 40 (zu Art. 30 EGBGB a.F.). LAG Frankfurt, 14.8.2000, IPRspr. 2000 Nr. 40. 254 Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 76; Staudinger/Magnus, Art. 8 Rom IVO Rn. 62; MüKo/Martiny, Art. 8 Rom I-VO Rn. 29; Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 4840; noch zu Art. 30 EGBGB a.F.: Hdb. EuArbR/Wank, § 31 Rn. 46; AnwKomm ArbR/Mauer, EGBGB Rn. 69; Junker, Internationales Arbeitsrecht, 203 f.; Markovska, RdA 2007, 352, 353; so auch schon Birk, RdA 1989, 201, 204. 255 IPG 2002 Nr. 29 (Hamburg), noch zu Art. 30 EGBGB a.F.; Knöfel, RdA 2006, 269, 277. 256 Samengo-Turner v. Marsh & McLennan (2007) EWCA Civ. 723; dazu Kropholler/von Hein, Art. 18 EuGVO Rn. 5. 257 Die folgende kurze Darstellung der verschiedenen Arten der Bonuszahlungen basiert auf dem deutschen Recht, solche Bonuszahlungen sind aber freilich auch in anderen Rechtsordnungen bekannt. 258 ErfKomm/Preis, § 611 BGB Rn. 534; Kittner/Zwanziger/Deinert/Schoof, § 35 Rn. 15; NomosHkArbR/Boemke, § 611 BGB Rn. 326; BeckOKArbR/Joussen, § 611 BGB Rn. 183. 259 ErfKomm/Preis, § 611 BGB Rn. 534; NomosHkArbR/Boemke, § 611 BGB Rn. 327; Schaub/Linck, § 78 Rn. 3; Kittner/Zwanziger/Deinert/Schoof, § 35 Rn. 18; Anw KommArbR/Brors, § 611 BGB Rn. 687; BeckOKArbR/Joussen, § 611 BGB Rn. 185. 253
A. Subjektive Anknüpfung
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diese Zahlungen sind dem Arbeitsentgelt zuzurechnen. 260 Ebenso zählt ein Bonus zum Arbeitsentgelt, wenn er aufgrund einer Zielvereinbarung dazu dient, den Arbeitnehmer durch eine besondere Vergütung für das Erreichen persönlicher oder betriebsbezogener Ziele zu belohnen. 261 Grundsätzlich sind Bonuszahlungen also Teil des Arbeitsentgelts und gehören somit zur Hauptleistungspflicht des Arbeitgebers. 262 Bei einer gesonderten Anknüpfung der Bonuszahlung käme es also dazu, dass die Hauptleistung aufgespalten würde. Hierdurch ist die Wahrscheinlichkeit, dass unauflösbare Widersprüche entstehen, sehr hoch. Solche Widersprüche können sich beispielsweise in Bezug auf die Verjährung ergeben, wenn für die Bonuszahlungen eine Rechtsordnung mit einer im Verhältnis zum auf den Arbeitsvertrag anwendbaren Recht kürzeren Verjährungsfrist gewählt wird. Es besteht so die Gefahr, dass eine Teilrechtswahl in Bezug auf die Bonuszahlungen mit dem Ziel vorgenommen wird, dem Arbeitnehmer die Durchsetzung seiner Ansprüche aus der Bonusvereinbarung zu erschweren. Der Arbeitnehmer darf jedoch durch eine solche Aufspaltung – sei es im Bereich der internationalen Zuständigkeit oder des anwendbaren Rechts – nicht seines Schutzes beraubt werden. 263 Daher muss die Voraussetzung der Abspaltbarkeit für Bonusvereinbarungen verneint werden. Mithin ist eine dépeçage hier nicht zulässig. ee) Lohnfortzahlungsanspruch Weiterhin kann die Lohnfortzahlung der Teilrechtswahl unterliegen. 264 Das Lohnfortzahlungsrecht dient der finanziellen Absicherung des Arbeitnehmers im Krankheitsfall und gestaltet die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag dementsprechend aus. 265 Daher gehört es zum Arbeitsvertragsrecht und ist folglich auch der Parteiautonomie zugänglich. 266 Der Lohnfortzahlungsanspruch wird gelegentlich als der aufrechterhaltene Lohnanspruch bezeichnet,267 weswegen er dessen rechtliches Schicksal teilt und als Teil des Arbeitsvertrags anzusehen ist. Daher handelt es sich im Falle der unterschiedlichen Anknüpfung begrifflich um eine dépeçage. 260
BeckOKArbR/Joussen, § 611 BGB Rn. 175 f. Schaub/Linck, § 77 Rn. 6. 262 IPG 2002 Nr. 29 (Hamburg); BeckOKArbR/Joussen, § 611 BGB Rn. 176; Schaub/ Linck, § 78 Rn. 9; MüKo/Müller-Glöge, § 611 BGB Rn. 773; so auch schon BAG 29.6. 1954, BAGE 1, 36; ebenso BAG 16.3.1994, BAGE 76, 134. 263 Kropholler/von Hein, Art. 18 EuGVO Rn. 5. 264 Ebenso P. Hofmann, FS Zajtay (1982) 233, 251; kritisch hierzu aber Junker, Internationales Arbeitsrecht, 203 in Fn. 157, jeweils zu Art. 30 EGBGB a.F. 265 P. Hofmann, FS Zajtay (1982) 233, 245. 266 P. Hofmann, FS Zajtay (1982) 233, 245 f. 267 BAG 26.10.1971, BAGE 24, 1, 6. 261
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Kapitel 2: Die dépeçage bei vertraglichen Schuldverhältnissen
ff) Form Anders als bei Verbraucherverträgen (Art. 11 IV Rom I-VO, dazu Kap. 2 A IV 2 b) gibt es bei Arbeitsverträgen keine Spezialregelung für die Form. 268 Aufgrund des eindeutigen Wortlauts des Art. 11 IV Rom I-VO kann diese Vorschrift nicht auf Arbeitsverträge angewandt werden. 269 Daher gelten die allgemeinen Grundsätze auch im Rahmen des Art. 8 Rom IVO,270 womit eine Teilrechtswahl bezüglich der Form möglich ist. Dies gilt sowohl für die Abwahl einer Anknüpfungsalternative des Art. 11 I Rom I-VO/EGBGB als auch für die direkte Wahl des Formstatuts. e) Fazit Unter Geltung des Art. 8 Rom I-VO ist Teilrechtswahl durchaus als zulässig zu betrachten. Besondere Nachteile für den Arbeitnehmer hat dies grundsätzlich nicht. Eine subjektive dépeçage kann im Bereich des Individualarbeitsvertragsrechts insbesondere in den aufgezeigten Beispielsfällen eine Rolle spielen. 2. Verbraucherverträge, Art. 6 Rom I-VO An der Zulässigkeit der Teilrechtswahl im Rahmen des Art. 6 Rom I-VO können wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers Zweifel bestehen. a) Zulässigkeit der Teilrechtswahl Für die Zulässigkeit der subjektiven dépeçage spricht der Wortlaut des Art. 6 II Rom I-VO: Aufgrund der uneingeschränkten Verweisung des Art. 6 II 1 Rom I-VO auf Art. 3 Rom I-VO wird die Teilrechtswahl auch im Verbrauchervertragsrecht als grundsätzlich zulässig angesehen. 271 Dies war auch schon unter Geltung des Art. 29 EGBGB a.F. die wohl herrschende Ansicht.272 Der befürchteten Benachteiligung des Verbrauchers 268
Kritisch dazu Rauscher/von Hein, Art. 8 Rom I-VO Rn. 22; Deinert, RdA 2009, 144, 152 f.; zu Art. 30 EGBGB: Schlachter, NZA 2000, 57, 63. 269 Rauscher/von Hein, Art. 11 Rom I-VO Rn. 29. 270 MüKo/Martiny, Art. 8 Rom I-VO Rn. 30; Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 4841; Rauscher/von Hein, Art. 8 Rom I-VO Rn. 22; AnwKommArbR/Mauer, EGBGB Rn. 35; so zu Art. 30 EGBGB auch Schlachter, NZA 2000, 57, 63. 271 MüKo/Martiny, Art. 6 Rom I-VO Rn. 41; Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 105, Art. 6 Rom I-VO Rn. 133; Erman/Hohloch, Art. 6 Rom I-VO Rn. 14; Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 263. 272 Soergel/von Hoffmann, Art. 29 EGBGB Rn. 28; Staudinger/Magnus, Art. 29 EGBGB Rn. 97; von Hoffmann/Thorn, IPR, § 10 Rn. 71; von Hoffmann, IPRax 1989, 261, 262; E. Lorenz, RIW 1987, 569, 577.
A. Subjektive Anknüpfung
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wird durch den in Art. 6 II 2 Rom I-VO verankerten Günstigkeitsvergleich entgegengewirkt, insoweit gilt das zu Art. 8 Rom I-VO Gesagte (Kap. 2 A IV 1 a cc). b) Grenzen der Teilrechtswahl Grundsätzlich kommt eine Teilrechtswahl bei Verbraucherverträgen in allen oben (Kap. 2 A III 5) genannten Fällen in Betracht. Lediglich in Bezug auf die Form kann keine Teilrechtswahl getroffen werden, da Art. 11 IV Rom I-VO bei Verbraucherverträgen hierfür zwingend die Geltung des Rechts am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Verbrauchers vorschreibt.273 Dies soll einer Benachteiligung des Verbrauchers durch die Anwendung von für ihn ungünstigen Formvorschriften entgegenwirken. Daher ist weder eine die Ortsform ausschließende Teilrechtswahl noch die direkte Wahl des Formstatuts bei Verbraucherverträgen zulässig. 274 Gleiches galt nach alter Rechtslage wegen Art. 29 III EGBGB a.F. 3. Versicherungsverträge, Art. 7 Rom I-VO Art. 7 Rom I-VO betrifft internationale Versicherungsverträge. Eine mit dieser Norm vergleichbare Regel gab es im früheren EGBGB nicht, vielmehr galten in erster Linie die Artt. 7-14 EGVVG a.F.275, die auf europäischen Richtlinien beruhten und spezielle Kollisionsnormen für Versicherungsverträge enthielten. Art. 15 EGVVG a.F. bestimmte, dass die Normen der Artt. 27-36 EGBGB im Übrigen entsprechende Anwendung finden sollten. Daraus wurde gefolgert, dass auch Art. 27 I 3 EGBGB a.F. anwendbar sein müsse und sich daher die Möglichkeit der kollisionsrechtlichen Teilrechtswahl auf das internationale Versicherungsvertragsrecht erstrecke.276 Das betreffende Kapitel des EGVVG a.F. wurde jedoch durch Gesetz vom 25. Juni 2009277 aufgehoben, da die Rom I-VO nunmehr auch das internationale Versicherungsvertragsrecht erfasst. Aus der Bezugnahme auf die Rechtswahl der Parteien in Art. 7 Rom I-VO folgt jedoch grundsätzlich das Gleiche wie im Rahmen des Art. 15 EGVVG a.F.: Die
273
Rauscher/von Hein, Art. 11 Rom I-VO Rn. 30. Ebenso Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 112. 275 Einführungsgesetz zu dem Gesetz über den Versicherungsvertrag vom 30. Mai 1908, RGBl. I 305, zweites Kapitel eingefügt durch Art. 3 des Gesetzes vom 28. Juni 1990, BGBl. I 1249 und geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 21. Juli 1994, BGBl. I 1630. 276 Zur Zulässigkeit der Teilrechtswahl nach alter Rechtslage eingehend Windmöller, 192 f., 197 ff. 277 Gesetz zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die VO (EG) Nr. 593/2008 – „Rom I“ vom 25. Juni 2009, BGBl. I 1574. 274
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Kapitel 2: Die dépeçage bei vertraglichen Schuldverhältnissen
Verweisung auf Art. 3 Rom I-VO umfasst auch die kollisionsrechtliche Teilrechtswahl nach Art. 3 I 3 Rom I-VO. a) Rückversicherungsverträge, Art. 7 I 2 Rom I-VO Gemäß Art. 7 I 2 Rom I-VO werden Rückversicherungsverträge nicht von der Vorschrift erfasst. Daraus folgt, dass für solche Verträge die allgemeinen Rechtswahlbestimmungen des Art. 3 Rom I-VO gelten, mithin auch die Möglichkeit der Teilrechtswahl nach Art. 3 I 3 Rom I-VO.278 Demzufolge ist eine subjektive dépeçage bei Rückversicherungsverträgen möglich. b) Großrisiken, Art. 7 II Rom I-VO Art. 7 II Rom I-VO verweist bezüglich der Rechtswahl auf Art. 3 Rom IVO, womit auch die kollisionsrechtliche Teilrechtswahl gemäß Art. 3 I 3 Rom I-VO erfasst ist.279 Diese unbeschränkte Möglichkeit der Rechtswahl ergibt sich daraus, dass bei einem Versicherungsvertrag über Großrisiken der Versicherungsnehmer über geschäftliche Erfahrung verfügt und daher gegenüber dem Versicherer nicht schutzbedürftig ist.280 Eine subjektive dépeçage im Rahmen von Verträgen über Großrisiken ist demnach ebenfalls zulässig. c) Massenrisiken, Art. 7 III Rom I-VO Als Massenrisiken werden solche Versicherungsverträge bezeichnet, die nicht unter Art. 7 II Rom I-VO fallen. 281 Für sie gilt eine beschränkte Rechtswahlmöglichkeit; es dürfen nur die in Art. 7 III Rom I-VO erwähnten Rechtsordnungen gewählt werden. Durch die Formulierung, dass die Rechtswahl „in Einklang mit Artikel 3“ getroffen werden soll, wird deutlich, dass auch hier eine Verweisung auf den gesamten Art. 3 Rom I-VO vorliegt, mithin auch auf Art. 3 I 3 Rom I-VO. Auch die Formulierung in Art. 7 V Rom I-VO, der lediglich von den „Zwecke[n] von Absatz 3 Unterabsatz 3 und 4“ spricht, wird als Argument dafür genannt, dass inner278
Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 105; Reithmann/Martiny/Schnyder, Rn. 4753; in diesem Sinne auch Rauscher/Fricke, Art. 7 Rom I-VO Rn. 6; ders., VersR 2008, 443, 445; für eine unbeschränkte Rechtswahlfreiheit auch Looschelders/Smarowos, VersR 2010, 1, 9. 279 So auch MüKo/Martiny, Art. 7 Rom I-VO Rn. 20; Plender/Wilderspin, 10-032; Heinze, NIPR 2009, 445, 447; Looschelders/Smarowos, VersR 2010, 1, 4 und Perner, IPRax 2009, 218, 220, die aber lediglich auf eine Rechtswahlmöglichkeit ohne Einschränkungen hinweisen. 280 Looschelders/Smarowos, VersR 2010, 1, 4. 281 MüKo/Martiny, Art. 7 Rom I-VO Rn. 23; Fricke, VersR 2008, 443, 447.
A. Subjektive Anknüpfung
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halb des Art. 7 III Uabs. 1 und 2 Rom I-VO die Parteien selbst entscheiden können, ob sie eine einheitliche Rechtswahl treffen oder das anwendbare Recht aufspalten. 282 Art. 7 III Uabs. 2 lit. e Rom I-VO eröffnet nur für solche Versicherungsnehmer die Möglichkeit, bei mehreren Risiken in verschiedenen Mitgliedstaaten ein einheitliches Recht für den gesamten Versicherungsvertrag zu wählen, die eine gewerbliche, industrielle oder freiberufliche Tätigkeit ausüben. Daraus wird gefolgert, die Wahl eines einheitlichen Rechts gelte nicht für die übrigen Fälle des Art. 7 III Uabs. 2 und daher könnten die Parteien nur eine Rechtswahl für ein bestimmtes Risiko in einem Mitgliedstaat treffen, nicht aber für mehrere Risiken, die in mehreren Mitgliedstaaten belegen seien. 283 Dies bedeute, dass z.B. eine Rechtswahl nach Art. 7 III lit. a Rom I-VO nur für das Risiko gelte, das in dem jeweiligen Staat belegen ist und nicht für Risiken in anderen Staaten.284 Damit wäre hier eine subjektive dépeçage sogar gesetzlich angeordnet. Mit dieser Schlussfolgerung sollte man jedoch vorsichtig sein, da eine solche Auslegung wohl nicht dem Willen des Verordnungsgebers entspricht, der einer dépeçage grundsätzlich sehr kritisch gegenübersteht. Zumindest besteht aber die Möglichkeit, im Rahmen des Art. 7 III Rom IVO eine Teilrechtswahl vorzunehmen. 285 4. Beförderungsverträge, Art. 5 Rom I-VO Auch im Rahmen von Güterbeförderungsverträgen ist eine Teilrechtswahl zulässig, was sich aus der Verweisung des Art. 5 I Rom I-VO auf Art. 3 Rom I-VO ergibt.286 Hierauf deutet zudem der Wortlaut der Art. 5 I und II Rom I-VO, die nur zur Anwendung kommen, „soweit“ die Parteien keine Rechtswahl getroffen haben, hin (dies wird auch bei Art. 8 Rom I-VO für die Zulässigkeit der subjektiven dépeçage angeführt, Kap. 2 A IV 1 a bb). Bei Personenbeförderungsverträgen ist ebenso eine Teilrechtswahl möglich. Sie ist hier allerdings auf die in Art. 5 II Rom I-VO bezeichneten Rechtsordnungen beschränkt.287
282
Lagarde/Tenenbaum, Rev. crit. 2008, 727, 771. Heiss, FS Kropholler (2008) 459, 466; Armbrüster, FS von Hoffmann (2011) 23, 30 f.; so auch Heinze, NIPR 2009, 445, 450, der aber die Wahl eines einheitlichen Rechts erlauben will, wenn es sich um ein einziges Risiko handelt, das in mehreren Mitgliedstaaten belegen ist (siehe dort Fn. 93). 284 Heinze, NIPR 2009, 445, 450. 285 Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 105; ebenso Windmöller, 193, allerdings noch zum EGVVG. 286 Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 105; Rauscher/Thorn, Art. 5 Rom I-VO Rn. 31, beruft sich bspw. auf eine „freie Rechtswahl“. 287 Staudinger/Magnus, Art. 3 Rom I-VO Rn. 105; in diesem Sinne auch Rauscher/ Thorn, Art. 5 Rom I-VO Rn. 75. 283
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Kapitel 2: Die dépeçage bei vertraglichen Schuldverhältnissen
V. Zusammenfassung Es lässt sich festhalten, dass die subjektive dépeçage unter der Voraussetzung der Abspaltbarkeit, die die Einhaltung der materiellen Harmonie und des Verbots der Umgehung ausländischer Eingriffsnormen umfasst, in der Rom I-VO zulässig ist. Es wurden Fallkonstellationen aufgezeigt, in denen eine solche Teilrechtswahl getroffen werden kann und unter Umständen sogar vorteilhaft gegenüber einer Rechtswahl für den gesamten Vertrag ist. Die Möglichkeit der subjektiven dépeçage erstreckt sich grundsätzlich auch auf die besonderen Vertragstypen, die in den Artt. 5-8 Rom I-VO aufgelistet sind. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass überall dort, wo den Parteien eine Rechtswahlmöglichkeit eingeräumt wird, auch eine Teilrechtswahl zulässig ist.
B. Objektive Anknüpfung B. Objektive Anknüpfung
Die objektive dépeçage findet noch weniger Beachtung in Rechtsprechung und Literatur als die subjektive dépeçage. Zwar war sie bis zum Inkrafttreten der Rom I-VO in Art. 28 I 2 EGBGB a.F. bzw. Art. 4 I 2 EVÜ ausdrücklich zugelassen, jedoch gibt es kaum Entscheidungen, die belegen könnten, dass von dieser Möglichkeit häufig Gebrauch gemacht wurde. Vor Beantwortung der Frage, ob die objektive dépeçage unter Art. 4 Rom I-VO trotz ihrer Nichterwähnung zulässig ist, wird zunächst die Regelung des Art. 28 I 2 EGBGB a.F. näher beleuchtet, um anschließend zu prüfen, ob die hierzu gefundenen Ergebnisse möglicherweise auf die Rom I-VO übertragen werden können. Überdies ist für Verträge, die vor dem 17. Dezember 2009 geschlossen worden sind (insbesondere Dauerschuldverhältnisse) noch immer das EGBGB a.F. maßgeblich, sodass die Vorschrift des Art. 28 I 2 EGBGB a.F. noch praktische Relevanz haben kann. I. Die Regelung des Art. 28 I 2 EGBGB a.F. 1. Entstehungsgeschichte Die ausdrückliche Regelung der objektiven dépeçage im EVÜ wurde bereits im Vorfeld kritisch gesehen. Aus dem Bericht Giuliano/Lagarde ergibt sich, dass keine der Delegationen eine solche Spaltung des Vertrags fördern wollte.288 Dennoch waren die meisten Sachverständigen dafür, eine objektive dépeçage unter engen Voraussetzungen weiterhin zuzulassen und dies auch im Text des Übereinkommens deutlich zu machen. Die ausdrück288
Bericht Giuliano/Lagarde, BT-Drucks. 10/503 vom 20.10.1983, 33, 55.
B. Objektive Anknüpfung
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liche Aufnahme in das EVÜ wurde damit begründet, dass eine bloße Erwähnung im Bericht nicht genüge, da in einigen Staaten eine Berücksichtigung des Berichts bei der Auslegung des Übereinkommens nicht üblich sei. 289 Zudem werde durch die Erwähnung der objektiven dépeçage und deren Voraussetzungen im EVÜ selbst die Gefahr einer unterschiedlichen Anwendung der objektiven Vertragsspaltung in den verschiedenen Staaten verringert.290 Daher wurde sie trotz einiger Bedenken 291 ins EVÜ eingeführt, woraufhin die Regelung auch in Art. 28 I 2 EGBGB a.F. Eingang fand. 2. Voraussetzungen für eine objektive dépeçage In subjektiver Hinsicht ist die dépeçage Ausdruck der Parteiautonomie. Dies gilt natürlich nicht für die objektive dépeçage,292 sodass hierfür andere Maßstäbe gelten. a) Strengere Voraussetzungen als bei Art. 27 I 3 EGBGB a.F. Art. 28 I 2 EGBGB a.F. sprach im Gegensatz zu Art. 3 I 3 Rom I-VO bzw. Art. 27 I 3 EGBGB a.F. davon, dass ein abtrennbarer Vertragsteil, der eine engere Verbindung zu einem anderen Staat aufwies, ausnahmsweise dem Recht dieses Staates unterliegen konnte. Dies machte die im Verhältnis zur subjektiven dépeçage restriktivere Haltung deutlich. 293 Diese Zurückhaltung war auch geboten, da die Parteien von der Möglichkeit der Teilrechtswahl Gebrauch machen konnten, wenn sie eine Spaltung des anwendbaren Rechts wünschten. 294 Zudem mussten die Parteien auch bei objektiver An289
Bericht Giuliano/Lagarde, BT-Drucks. 10/503 vom 20.10.1983, 33, 55. Bericht Giuliano/Lagarde, BT-Drucks. 10/503 vom 20.10.1983, 33, 55. 291 Kritisch hierzu z.B. Juenger, RabelsZ 1982, 57, 72; Firsching, IPRax 1981, 37, 40, der die objektive dépeçage nicht gesetzlich regeln, sondern der Rechtsprechung überlassen möchte. 292 Vereinzelt wird die Funktion der objektiven dépeçage darin gesehen, dass sie den verschiedenen Rechtsordnungen, mit denen der Sachverhalt Verbindungen aufweist, zur Geltung zu verhelfe; auf diese Weise werde die Autorität der verschiedenen Rechtsordnungen berücksichtigt und damit die Souveränität der Staaten geachtet, so Juris-classeur Europe/Gaudemet-Tallon, Fascicule 3201 („Rome I”) n. 28; Lagarde, RDIPP 1975, 649, 651 f., 658 ff. 293 EuGH 6.10.2009, Rs. C-133/08, Intercontainer, Slg. 2009, I-09687 Rn. 44; AnwKomm/Leible, 1. Aufl. (2005) Art. 28 EGBGB Rn. 33; auf diesen absoluten Ausnahmecharakter weisen auch hin: PWW/Brödermann/Wegen, ex-Art. 28 EGBGB Rn. 8; Staudinger/Magnus, Art. 28 EGBGB Rn. 55; Ferrari/Ferrari, Art. 28 EGBGB Rn. 29; von Bar, IPR II, § 4 Rn. 513, der sich in Fn. 476 allerdings kritisch zu dieser Wortwahl äußert; restriktiv auch andere Mitgliedstaaten wie z.B. das Vereinigte Königreich, siehe dazu Stone, EU P.I.L., 304. 294 Ebenso Staudinger/Magnus, Art. 28 EGBGB Rn. 55. 290
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Kapitel 2: Die dépeçage bei vertraglichen Schuldverhältnissen
knüpfung das anwendbare Recht vorhersehen können, sodass sie nur unter besonders engen Voraussetzungen mit einer objektiven Vertragsspaltung konfrontiert werden sollten. Die gegenüber Art. 27 I 3 EGBGB a.F. strengeren Voraussetzungen lagen auch darin begründet, dass hier die Parteiautonomie nicht zu beachten war und somit kein Ausgleich zwischen ihr und der materiellen Harmonie gefunden werden musste.295 Folglich ist festzuhalten, dass eine objektive dépeçage erst recht dann unzulässig war, wenn noch nicht einmal eine Teilrechtswahl möglich gewesen wäre; umgekehrt galt dies jedoch nicht.296 b) Erfordernis der Abspaltbarkeit eines Vertragsteils aa) Erforderlichkeit eines Kriteriums der Abspaltbarkeit Vereinzelt wurde das Erfordernis der Abspaltbarkeit auch bei der objektiven dépeçage als überflüssig abgelehnt.297 Dies wurde damit begründet, dass das Kriterium der Abspaltbarkeit zu formal sei: Es gebe durchaus Fälle, in denen eine Teilfrage zwar als abspaltbar angesehen werden könne, bei ihrer gesonderten Anknüpfung dann aber dennoch Widersprüche entstehen könnten, die mittels Anpassung beseitigt werden müssten; umgekehrt sei es genauso möglich, dass eine Teilfrage zwar nicht als abspaltbar betrachtet werde, sie aber trotzdem an eine Rechtsordnung angeknüpft werden könne, die dem für den Rest des Vertrags geltenden Recht so ähnlich sei, dass es nicht zu Widersprüchen komme. 298 Aufgrund der bei Art. 28 I 2 EGBGB a.F. erforderlichen strengeren Voraussetzungen für eine dépeçage muss jedoch hier die Voraussetzung der Abspaltbarkeit erst recht gelten. Hierfür spricht auch der Wortlaut des Art. 28 I 2 EGBGB a.F., der ausdrücklich verlangte, dass sich ein Teil des Vertrags vom Rest des Vertrags trennen lassen muss. Auch der Bericht Giuliano/Lagarde geht explizit von diesem Kriterium aus und stellt noch einmal klar, dass sich der Vertragsteil vom Rest des Vertrags und nicht vom Streitgegenstand trennen lassen muss. 299 Somit ist für die objektive dépeçage unter Art. 28 I 2 EGBGB a.F. mit der ganz h.M. von einem Kriterium der Abspaltbarkeit eines Vertragsteils auszugehen. 300
295 Soergel/von Hoffmann, Art. 28 EGBGB Rn. 129; von Hoffmann/Thorn, IPR, § 10 Rn. 65; Windmöller, 93. 296 Soergel/von Hoffmann, Art. 28 EGBGB Rn. 131. 297 Windmöller, 93 f. 298 Windmöller, 93 f. 299 Bericht Giuliano/Lagarde, BT-Drucks. 10/503 vom 20.10.1983, 33, 55. 300 So auch die ganz h.M., siehe bspw. MüKo/Martiny, 4. Aufl. (2006) Art. 28 EGBGB Rn. 25; Bamberger/Roth/Spickhoff, 2. Aufl. (2008) Art. 28 EGBGB Rn. 7; Soergel/ von Hoffmann, Art. 28 EGBGB Rn. 132; Staudinger/Magnus, Art. 28 EGBGB Rn. 57;
B. Objektive Anknüpfung
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bb) Anforderungen an die Abspaltbarkeit Teilweise wird die Voraussetzung der Abspaltbarkeit bei der objektiven dépeçage so beschrieben, dass hierbei im Gegensatz zur Teilrechtswahl nur solche Vertragsteile abgespalten werden können, die sich als größere und in sich geschlossene Komplexe eines Vertrags darstellen und für die sich ein eigenständiger Schwerpunkt ermitteln lasse. 301 Auf diese Weise solle eine funktionale Trennung der verschiedenen Aspekte des Vertragsstatutes (wie z.B. der Vertragsverletzung oder der Beschränkung der vertraglichen Haftung) verhindert werden, was der Autorität der Rechtsordnung zuwiderliefe. 302 Jedoch handelt es sich bei dieser Umschreibung nur um eine andere Formulierung für die Einhaltung der materiellen Harmonie. Diese muss auch bei der objektiven dépeçage gewahrt werden, das heißt die Aufspaltung des Vertragsstatuts darf nicht zu widersprüchlichen Ergebnissen führen. 303 Wie bei der Teilrechtswahl gibt es hier verschiedene Möglichkeiten. Entweder es genügt bereits das Vorliegen widersprüchlicher Ergebnisse für eine Störung der materiellen Harmonie, 304 oder die objektive dépeçage ist erst dann nicht mehr möglich, wenn diese Widersprüche nicht durch Anpassung beseitigt werden können. Bei der Beantwortung dieser Frage ist wiederum der Ausnahmecharakter der objektiven dépeçage im Blick zu behalten. Zudem sollen für die Parteien halbwegs vorhersehbare Ergebnisse erzielt werden. Dies spricht dafür, dass schon beim bloßen Vorliegen widersprüchlicher Ergebnisse die materielle Harmonie als gestört angesehen werden muss. Ein aus verschiedenen Rechten zusammengeflickter Vertrag, der möglicherweise noch durch Angleichung passend gemacht werden muss, entspricht nicht den Interessen der Parteien, wenngleich ein solcher bei einer entsprechenden Rechtswahl der Vertragspartner hinzunehmen ist. Daher erfordert die Voraussetzung der materiellen Harmonie im Rahmen der objektiven dépeçage, dass keine widersprüchlichen Ergebnisse entstehen, wobei unerheblich ist, dass diese möglicherweise durch Anpassung beseitigt werden können. 305
AnwKomm/Leible, 1. Aufl. (2005) Art. 28 EGBGB Rn. 33; Kropholler, IPR, § 52 III; Quay, 68; Spellenberg, IPRax 1990, 295, 297. 301 Staudinger/Magnus, Art. 28 EGBGB Rn. 57; für eine logisch abgrenzbare Teilmenge an Rechten und Pflichten auch Mayer/Heuzé, D.I.P., 545, 537 und Stone, EU P.I.L., 304; a.A. MüKo/Martiny, 4. Aufl. (2006) Art. 28 EGBGB Rn. 23. 302 Mayer/Heuzé, D.I.P., 545, 537. 303 Soergel/von Hoffmann, Art. 28 EGBGB Rn. 134. 304 So Soergel/von Hoffmann, Art. 28 EGBGB Rn. 134. 305 Ebenso Windmöller, 94.
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Kapitel 2: Die dépeçage bei vertraglichen Schuldverhältnissen
c) Umgehung von Eingriffsnormen Unter dem EVÜ bzw. dem EGBGB a.F. konnten deutsche Gerichte ausländische Eingriffsnormen trotz des von Deutschland eingelegten Vorbehalts gegen Art. 7 EVÜ berücksichtigen (dazu eingehend oben Kap. 2 A III 1 c bb (1)). Dadurch war eine Umgehung ausländischen Eingriffsrechts durch eine objektive dépeçage nicht möglich, sodass unter Art. 28 I 2 EGBGB a.F. die Einschränkung, dass Eingriffsnormen nicht umgangen wurden, nicht erforderlich war. d) Zusammenfassung Für die objektive dépeçage nach Art. 28 I 2 EGBGB a.F. war die Voraussetzung der Abspaltbarkeit einzuhalten, die besagte, dass die materielle Harmonie eingehalten werden musste. Im Vergleich zur subjektiven dépeçage waren hieran jedoch strengere Anforderungen zu stellen, so genügten bereits widersprüchliche Ergebnisse für eine Beeinträchtigung der materiellen Harmonie und damit für die Unzulässigkeit der dépeçage. Das Erfordernis, dass ausländisches Eingriffsrecht nicht umgangen wird, musste bei Art. 28 I 2 EGBGB a.F. nicht beachtet werden. 3. Reichweite des Art. 28 I 2 EGBGB a.F. Zwar schien die systematische Stellung des Art. 28 I 2 EGBGB a.F. darauf hinzudeuten, dass eine objektive dépeçage nur im Falle der Anwendbarkeit des Abs. 1 vorgenommen werden konnte, also nur dann, wenn die engste Verbindung zu einem bestimmten Staat sich mangels Bestimmbarkeit der charakteristischen Leistung aus dieser Vorschrift ergab. 306 Jedoch war Art. 28 I 2 EGBGB a.F. trotz seiner Stellung in Abs. 1 auch dann anwendbar, wenn das Vertragsstatut nach Art. 28 II-IV EGBGB a.F. ermittelt wurde.307 4. Ermessen Art. 28 I 2 EGBGB a.F. enthielt die Formulierung, dass auf den betreffenden Vertragsteil ausnahmsweise das Recht eines anderen Staates angewandt werden kann. Vereinzelt wird dies so verstanden, dass diejenige Partei, die durch die objektive dépeçage einen Vorteil hätte, die Möglichkeit (und nicht die Pflicht) habe, beim Gericht zu beantragen, eine solche
306
So von Bar, IPR II, § 4 Rn. 513. Staudinger/Magnus, Art. 28 EGBGB Rn. 60; Ferrari/Ferrari, Art. 28 EGBGB Rn. 31; Soergel/von Hoffmann, Art. 28 EGBGB Rn. 133; Cocteau-Senn, 22; Quay, 69; Windmöller, 92, 95. 307
B. Objektive Anknüpfung
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Spaltung vorzunehmen. 308 Dafür spreche, dass anderenfalls eine noch größere Rechtsunsicherheit entstünde und die Vorhersehbarkeit des anwendbaren Rechts für die Parteien geradezu unmöglich werde. 309 Auch der Wortlaut sei ein Argument hierfür. 310 Andererseits könnte die Formulierung aber auch bedeuten, dass das Gericht selbst ein Ermessen hat, ob es eine objektive dépeçage durchführt oder nicht. Hierfür spricht zunächst der Wortlaut der Vorschrift, aus dem nichts zu einem Antrag der Parteien ersichtlich ist. Darüber hinaus ist auch in der Praxis ein solches Vorgehen nicht festzustellen, denn das vorlegende Gericht in der Sache Intercontainer erwog eine objektive dépeçage, ohne dass eine der Parteien im Ausgangsrechtsstreit 311 geltend gemacht hatte, eine solche Vertragsspaltung durchführen zu wollen. Ferner ergibt sich aus Erwägungsgrund 16 Satz 1 der Verordnung, dass den Gerichten bei der Bestimmung desjenigen Rechts, das zum Sachverhalt die engste Verbindung aufweist, ein gewisses Ermessen zustehen soll. Es bleibt den Parteien zwar unbenommen, das Gericht auf die Möglichkeit der objektiven dépeçage hinzuweisen. Ein solches Erfordernis kann jedoch aus Art. 28 I 2 EGBGB a.F. nicht hergeleitet werden. Auch das Argument der besseren Vorhersehbarkeit kann dies über den Wortlaut hinaus nicht begründen. Darin, dass auch nach der Bejahung der Voraussetzungen für eine objektive dépeçage immer noch ein Ermessensspielraum des Gerichts besteht, ob es eine solche tatsächlich durchführt, ist vielmehr noch einmal der absolute Ausnahmecharakter der Vorschrift zu erkennen. Damit ist der Wortlaut der Vorschrift so zu verstehen, dass das Gericht nach eigenem Ermessen entscheiden darf, ob es eine objektive dépeçage im Einzelfall durchführt oder nicht. 5. Fallgruppen der objektiven dépeçage Im Folgenden werden einige Fallkonstellationen daraufhin untersucht, ob eine objektive dépeçage unter Art. 28 I 2 EGBGB a.F. möglich war. a) Konsens beim Vertragsschluss Häufig wurde eine objektive dépeçage bezüglich des Konsenses abgelehnt.312 Die Bindungswirkung der Parteien müsse zwingend einem ein308
So Kaye, 176. Kaye, 176. 310 Kaye, 176 f. 311 Hoge Raad, Vorlageersuchen vom 28.3.2008, C06/318HR, Intercontainer Interfringo (ICF) S.C., zur EuGH-Entscheidung siehe näher unten Kap. 2 B I 5 f bb. 312 Soergel/von Hoffmann, Art. 28 EGBGB Rn. 136; Staudinger/Magnus, Art. 28 EGBGB Rn. 57. 309
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Kapitel 2: Die dépeçage bei vertraglichen Schuldverhältnissen
heitlichen Recht unterstehen. 313 Um die Zulässigkeit einer solchen Vertragsspaltung zu beurteilen, muss festgestellt werden, ob es sich bei den einzelnen Willenserklärungen um abspaltbare Teilfragen handelt. Bei einer gesonderten Anknüpfung der Willenserklärung ist problematisch, wonach sich richtet, ob ein Konsens zustande gekommen ist. Zudem sind möglicherweise die Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Willenserklärung nicht aufeinander abgestimmt. Die Willenserklärungen hängen in hohem Maße voneinander ab, was zur Folge hat, dass die Gefahr widersprüchlicher Ergebnisse extrem hoch ist. Demzufolge handelt es sich hierbei in den meisten Fällen nicht um abspaltbare Teilfragen. Dass die dépeçage beim Konsens in subjektiver Hinsicht für zulässig gehalten wurde, steht dem nicht entgegen. Denn die objektive dépeçage ist, wie bereits erläutert, restriktiv zu handhaben, d.h. es genügt schon, dass Widersprüche entstehen, ohne dass diese auflösbar sein müssen. Folglich ist die objektive dépeçage bezüglich des Konsenses unzulässig. Als Ausnahme von diesem Grundsatz gilt allerdings der Fall, in dem das Schweigen auf ein Angebot dem Recht am gewöhnlichen Aufenthalt dieser Partei unterliegt (Kap. 2 A III 5 a bb). b) Große Vertragsspaltung Gelegentlich wurde vorgebracht, eine große Vertragsspaltung durch das Gericht sei unzulässig. 314 Nur teilweise wurde sie als zulässig erachtet, denn die Frage des Vertragsschlusses sei ein abspaltbarer Teil des Vertrags und daher einer objektiven dépeçage zugänglich. 315 Um die Frage nach der Zulässigkeit der objektiven großen Vertragsspaltung zu beantworten, ist wiederum zu prüfen, ob es sich bei Zustandekommen und Wirkungen eines Vertrags um abspaltbare Fragen handelt. Art. 31 I EGBGB a.F. ordnete für das Zustandekommen und die Wirksamkeit eines Vertrags an, dass hierauf das Recht anwendbar sein soll, das anzuwenden wäre, wenn der Vertrag wirksam wäre. Das funktionelle Synallagma wird hier bei einer gesonderten Anknüpfung nicht beeinträchtigt, sodass die Voraussetzung der Abspaltbarkeit je nach Fallgestaltung durchaus bejaht werden kann. Darüber hinaus war eine Ausnahme in Art. 31 II EGBGB a.F. genannt, die eine Abweichung von Abs. 1 zuließ, wenn sich aus den Umständen ergab, dass die Anwendung dieses Grundsatzes nicht gerechtfertigt wäre. Daraus lässt sich ableiten, dass, wenn im Einzelfall die Anwendung des nach Abs. 1 bestimmten Rechts nicht sachgerecht erschien, durchaus eine andere Lösung angewandt werden konnte. Eine solche andere Lösung könnte die dépeçage sein. Daher war die objektive gro313
Soergel/von Hoffmann, Art. 28 EGBGB Rn. 136. Rammeloo, EuLF 2008, I-241, I-246; so zur Rom I-VO Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 275, beide allerdings ohne Begründung. 315 Soergel/von Hoffmann, Art. 28 EGBGB Rn. 130. 314
B. Objektive Anknüpfung
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ße Vertragsspaltung bei Einhaltung der Voraussetzungen der Abspaltbarkeit, die im Einzelnen zu prüfen waren, zulässig. c) Kleine Vertragsspaltung Größtenteils wurde die kleine Vertragsspaltung bei der objektiven dépeçage wegen der Beeinträchtigung des funktionellen Synallagmas für unzulässig gehalten, 316 nur vereinzelt wurde sie zwar für möglich gehalten, aber dennoch eine restriktive Handhabung gefordert.317 Dabei kommt es wiederum darauf an, ob es sich bei den Leistungspflichten der jeweiligen Vertragsparteien um abspaltbare Vertragsteile handelt. Die Leistungspflichten der Parteien stehen im funktionellen Synallagma zueinander, aufgrund dessen haben Haupt- und Gegenleistungspflicht in vielerlei Hinsicht Einfluss aufeinander (bspw. im Falle der Rückabwicklung des Vertrags). Daher führt die gesonderte Anknüpfung der Leistungspflichten wohl in den meisten Fällen zu widersprüchlichen Ergebnissen, d.h. mangels Abspaltbarkeit der Teilfragen war eine kleine Vertragsspaltung durch das Gericht nicht möglich. d) Elemente des Art. 32 I EGBGB a.F. Fraglich war, ob die in Art. 32 I EGBGB a.F. aufgeführten Vertragsbestandteile mittels einer objektiven dépeçage abgespalten werden konnten. Eine gesonderte Anknüpfung sollte beispielsweise für die Frage der Verjährung nach Ansicht des EuGH nicht möglich sein; vielmehr müsse sie dem Recht unterliegen, das auf den jeweiligen Anspruch anwendbar sei. 318 Die Verjährung gehöre als Beendigungsgrund der vertraglichen Verpflichtung gemäß Art. 32 I Nr. 4 EGBGB a.F. zum Geltungsbereich des Vertragsstatuts, woraus folge, dass die Verjährung kein autonomer Vertragsteil und damit nicht abspaltbar sei. 319 Andere wiederum vertraten genau das Gegenteil, wonach die in Art. 32 I EGBGB a.F. genannten Vertragsbestandteile aufgrund ihrer Eigenständigkeit zumindest in subjektiver Hinsicht Gegenstand einer dépeçage sein konnten (oben Kap. 2 A III 2 und 5 e).320 In diesem Zusammenhang wurde vorgebracht, dass - wie bei der 316
Soergel/von Hoffmann, Art. 28 EGBGB Rn. 136; AnwKomm/Leible, 1. Aufl. (2005) Art. 28 EGBGB Rn. 33. 317 PWW/Brödermann/Wegen, ex-Art. 28 EGBGB Rn. 8. 318 EuGH 6.10.2009, Rs. C-133/08, Intercontainer, Slg. 2009, I-09687 Rn. 47. 319 EuGH 6.10.2009, Rs. C-133/08, Intercontainer, Slg. 2009, I-09687 Rn. 46 f.; zust. Martiny, GPR 2011, 48, 49. 320 PWW/Brödermann/Wegen, ex-Art. 27 EGBGB Rn. 21 f.; Jayme, FS Kegel (1987) 253, 263; so im Hinblick auf Art. 12 Rom I-VO bspw. MüKo/Martiny, Art. 3 Rom I-VO Rn. 70; Ferrari/Ferrari, Art. 3 Rom I-VO Rn. 40; Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 267.
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Teilrechtswahl - auch im Rahmen der objektiven Anknüpfung die Möglichkeit bestehe, Teilfragen, welche die Leistungspflicht einer Partei betreffen, einer anderen Rechtsordnung zu unterwerfen. 321 Dies gelte jedoch nur, soweit es um Erfüllungsmodalitäten der einzelnen Pflichten gehe. 322 Für die Beantwortung dieser Frage war wiederum maßgeblich, ob die Elemente des Art. 32 I EGBGB a.F. abspaltbar waren. Hierfür konnte jedoch keine pauschale Antwort gefunden werden, vielmehr musste im Einzelfall geprüft werden, ob widersprüchliche Ergebnisse entstehen. e) Zinsklausel Die Zinsen stellen einen Teil der Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der Darlehensvaluta dar. Daher ist bei einer gesonderten Beurteilung der Zinsklausel die Gefahr einer Beeinträchtigung des funktionellen Synallagmas besonders groß. Deshalb muss hier die Abspaltbarkeit und damit die Möglichkeit einer objektiven dépeçage in Bezug auf die Zinsklausel abgelehnt werden. 323 f) Besondere Arten von Verträgen aa) Zusammenarbeitsverträge Schon im Bericht Giuliano/Lagarde wurde die Aufspaltung von Zusammenarbeitsverträgen als Beispiel für eine unter dem EVÜ mögliche objektive dépeçage genannt.324 Einen vom OLG Frankfurt entschiedenen Fall eines solchen Zusammenarbeitsvertrags stellt die BGB-Innengesellschaft dar. Nach dem zugrundeliegenden Sachverhalt sollte jede Partei ihre gesellschaftsrechtlichen Beiträge in Form von Dienst- und Arbeitsleistungen an ihrem jeweiligen Wohnsitz erbringen, wobei diese sich in verschiedenen Staaten befanden. 325 Das internationale Vertragsrecht des EGBGB a.F. war trotz des gesellschaftsrechtlichen Charakters anwendbar, da der Ausschluss des Art. 37 Nr. 2 EGBGB a.F. Fragen bloßer Innengesellschaften nicht erfasste.326 Das OLG Frankfurt erkannte, dass Art. 28 II 1 EGBGB a.F. bei einem solchen Kooperationsvertrag nicht anwendbar war, da die Vorschrift für Austauschverträge konzipiert war, bei denen sich eine cha-
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Soergel/von Hoffmann, Art. 28 EGBGB Rn. 136. Soergel/von Hoffmann, Art. 28 EGBGB Rn. 136. 323 Ebenso Staudinger/Magnus, Art. 28 EGBGB Rn. 57, allerdings ohne Begründung. 324 Bericht Giuliano/Lagarde, BT-Drucks. 10/503 vom 20.10.1983, 33, 55; ebenso Staudinger/Magnus, Art. 28 EGBGB Rn. 59. 325 OLG Frankfurt 9.4.1998, RIW 1998, 807. 326 Staudinger/Magnus, Art. 37 EGBGB Rn. 56; Soergel/von Hoffmann, Art. 37 EGBGB Rn. 48. 322
B. Objektive Anknüpfung
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rakteristische Leistung identifizieren ließ.327 Bei einem Gesellschaftsvertrag handelt es sich aber nicht um einen Austauschvertrag. Das Gericht stellte daraufhin fest, dass sich die Pflichten der Parteien voneinander trennen ließen, da sie für jede Partei an deren Wohnsitz zu erbringen und mit diesem Wohnsitzstaat auch am engsten verbunden waren. 328 Somit sah es die Voraussetzungen des Art. 28 I 2 EGBGB a.F. als gegeben an und erklärte in Bezug auf den Inhalt der vertraglichen Verpflichtungen jeweils das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt der jeweiligen Partei für anwendbar. 329 Dieser Entscheidung ist zuzustimmen. Da es sich nicht um einen Austauschvertrag handelt, bei dem das funktionelle Synallagma berührt werden könnte, können die einzelnen Leistungspflichten in den meisten Fällen gesondert angeknüpft werden, ohne dass Widersprüche entstehen, womit die Abspaltbarkeit zu bejahen ist. Auch Joint Venture-Verträge fallen unter die Kategorie der Kooperationsverträge und konnten mittels einer objektiven dépeçage aufgespalten werden.330 bb) Charterverträge Der EuGH hatte sich mit der Zulässigkeit der objektiven dépeçage im Rahmen eines Chartervertrags zu beschäftigen. 331 Es ging um eine Forderung aus einem Chartervertrag zwischen MIC (Sitz in den Niederlanden) und ICF (Hauptsitz in Belgien) im Rahmen eines Eisenbahnprojekts zur Güterbeförderung zwischen Amsterdam und Frankfurt am Main. MIC sollte Waggons zur Verfügung stellen und den Transport sicherstellen. Bei Anknüpfung an Art. 4 IV EVÜ, wonach niederländisches Recht anwendbar wäre, könnte die Forderung noch geltend gemacht werden, bei Anknüpfung an Art. 4 II EVÜ wäre belgisches Recht maßgeblich und die Forderung wäre bereits verjährt. Es stellte sich die Frage, ob bei einem solchen Chartervertrag, der nicht nur eine einzige Fahrt umfasst und auch Elemente der Güterbeförderung enthält, nur der Teil der Güterbeförderung Art. 4 IV EVÜ unterliegen kann und der Rest des Vertrags nach Art. 4 II EVÜ angeknüpft werden kann, sollte der ganze Vertrag nicht unter Art. 4 IV EVÜ fallen. Bei Bejahung dieser Frage und damit der objektiven dépeçage wäre 327 OLG Frankfurt 9.4.1998, RIW 1998, 807, 808; so auch Soergel/von Hoffmann, Art. 37 EGBGB Rn. 49. 328 OLG Frankfurt 9.4.1998, RIW 1998, 807, 808. 329 OLG Frankfurt 9.4.1998, RIW 1998, 807, 808. 330 MüKo/Martiny, 4. Aufl. (2006) Art. 28 EGBGB Rn. 23; Ferrari/Ferrari, Art. 28 EGBGB Rn. 29; AnwKomm/Leible, 1. Aufl. (2005) Art. 28 EGBGB Rn. 33; zur subjektiven dépeçage bei Joint Venture-Verträgen H. Braun, 83 f. 331 EuGH 6.10.2009, Rs. C-133/08, Intercontainer Interfrigo SC (ICF)/Balkenende Oosthuizen BV und MIC Operations BV, Slg. 2009, I-09687.
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Kapitel 2: Die dépeçage bei vertraglichen Schuldverhältnissen
anschließend festzustellen gewesen, nach welcher der beiden Rechtsordnungen sich die Verjährung des Anspruchs richtet. Der Gerichtshof äußerte sich aber eher ablehnend zu einer gespaltenen Anknüpfung. Er betonte, dass nur solche Vertragsteile abgespalten werden könnten, die sich als autonom darstellten. 332 Diese Zurückhaltung wird in der Literatur begrüßt.333 Weshalb genau es sich bei der Güterbeförderung nicht um einen abspaltbaren Vertragsteil handelt, stellt der EuGH nicht dar. Zur Beantwortung dieser Frage ist zu prüfen, ob die materielle Harmonie beeinträchtigt wird, d.h. ob widersprüchliche Ergebnisse eintreten. Die Güterbeförderung stellt einen Teil der Leistungspflicht einer Vertragspartei dar. Diese steht im funktionellen Synallagma zur Gegenleistung. Damit ist aufgrund der hohen Wahrscheinlichkeit, mit der widersprüchliche Ergebnisse eintreten, die Abspaltbarkeit der Teilfrage wohl eher zu verneinen, sodass hier keine objektive dépeçage möglich ist. Im Ergebnis kann dem EuGH daher zugestimmt werden. Jedoch wäre eine Konkretisierung der Erfordernisse für eine dépeçage wünschenswert gewesen. cc) Seefrachtverträge Vereinzelt wird vertreten, eine objektive dépeçage sei dahingehend möglich, dass beim Seefrachtvertrag für die Beladung des Schiffes das Recht des Ortes des Beladehafens und für die Vertragserfüllung das Recht des Entladehafens gelte. 334 Dies scheitert aber an der Voraussetzung der Abspaltbarkeit. Schon eine klare Trennung zwischen Fragen der Beladung und der Vertragserfüllung ist nicht durchführbar; vielmehr sind solche Fragen, die scheinbar nur die Beladung betreffen, in Wirklichkeit Fragen der Vertragserfüllung. 335 Darüber hinaus ist die Beladung ein Teil des Transports; dieser ist ohne Ladung gar nicht möglich. 336 Wenn keine Beladung erfolgt, so ist auch der Transport hinfällig.337 Es besteht also ein so enger Zusammenhang zwischen den Vertragsteilen, dass in den meisten Fällen Widersprüche auftreten. Somit ist in den meisten Fällen eine solche objektive dépeçage mangels Abspaltbarkeit nicht möglich. 332
EuGH 6.10.2009, Rs. C-133/08, Intercontainer, Slg. 2009, I-09687 Rn. 48. Jault-Seseke, Recueil Dalloz 2010, 236, 237; Looschelders, LMK 2009, 293118; Marmisse-d’Abbadie d’Arrast, Rev. trim. dr. comm. 2010, 453, 454; Rammeloo, IPRax 2010, 215, 218; ders., NIPR 2010, 20, 24; ders., EuLF 2008, I-241, I-246; Martiny, GPR 2011, 48, 49; Wittwer, ELR 2009, 436, 438. 334 So die ältere Rechtsprechung, bspw. RG 3.11.1937, IPRspr. 1935-1944, Nr. 130, S. 265; Schaps/Abraham, vor § 556 Rn. 37 f. 335 Ebenso Ebenroth/Fischer/Sorek, ZVglRWiss 1989, 124, 129 f. 336 Mankowski, Seerechtliche Vertragsverhältnisse, 86. 337 Mankowski, Seerechtliche Vertragsverhältnisse, 86. 333
B. Objektive Anknüpfung
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dd) Tauschverträge Es wird des Weiteren vorgeschlagen, dass Tauschverträge der objektiven dépeçage unterliegen können. 338 Ein Beispiel hierfür ist eine Entscheidung des OLG Düsseldorf, das bei einem gegenseitigen Lizenz-Tauschvertrag das Verpflichtungsgeschäft über die französische Lizenz dem französischen und das über die deutsche Lizenz dem deutschen Recht unterworfen hat.339 Dies begründete es damit, dass der Schwerpunkt einer Lizenz in dem Staat liege, für das sie gelte.340 Es könne nur diese Lösung vertretbar sein, denn eine solche Aufspaltung wäre in diesem Fall vermutlich auch von den Parteien vereinbart worden, hätten sie an eine Rechtswahl gedacht.341 Bei einer solchen Aufspaltung werden zwar die Hauptleistungspflichten der jeweiligen Parteien unterschiedlichen Rechten unterstellt. Es handelt sich also um eine kleine Vertragsspaltung, die das funktionelle Synallagma in besonderem Maße beeinträchtigen kann, sodass Zweifel an der Voraussetzung der Abtrennbarkeit bestehen. Der Tauschvertrag weist jedoch einige Besonderheiten auf. Hier sind beide Leistungen gleichwertig, sodass eine charakteristische Leistung nicht bestimmt werden kann. Um den Fall angemessen behandeln zu können, in dem die Leistungspflichten beim Tausch eine engere Verbindung zu jeweils verschiedenen Staaten aufweisen und kein einheitlicher Schwerpunkt bestimmbar war (wie bspw. beim Devisenhandel) 342, war hier also ausnahmsweise eine objektive dépeçage zuzulassen. Um ein Scheitern der dépeçage an der Voraussetzung der Abspaltbarkeit zu verhindern, sollte bei der Einhaltung der materiellen Harmonie nicht zu streng verfahren werden und die dépeçage lediglich abgelehnt werden, wenn unauflösbare Widersprüche auftraten. g) Fazit Es konnte aufgezeigt werden, in welchen Fällen eine objektive dépeçage unter Art. 28 I 2 EGBGB a.F. relevant werden konnte. Jedoch war immer im Einzelfall zu prüfen, ob die materielle Harmonie bei Anwendung der in Frage kommenden Rechtsordnungen beeinträchtigt wurde.
338 Ferrari/Ferrari, Art. 28 EGBGB Rn. 29; Soergel/von Hoffmann, Art. 28 EGBGB Rn. 130; von Bar, IPR II, § 4 Rn. 513; Kleiner, 187; a.A. MüKo/Martiny, Art. 4 Rom IVO Rn. 302. 339 OLG Düsseldorf 4.8.1961, IPRspr. 1960/61 Nr. 152. 340 OLG Düsseldorf 4.8.1961, IPRspr. 1960/61 Nr. 152. 341 OLG Düsseldorf 4.8.1961, IPRspr. 1960/61 Nr. 152. 342 Schimanski/Bunte/Lwowski/Welter, § 26 Rn. 208; Kleiner, 187.
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Kapitel 2: Die dépeçage bei vertraglichen Schuldverhältnissen
6. Objektive dépeçage bei Verträgen mit schwächeren Parteien a) Verbraucherverträge, Art. 29 EGBGB a.F. Art. 29 II EGBGB a.F. schrieb, soweit keine Rechtswahl getroffen worden ist, die Anwendung des Rechts am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Verbrauchers vor. Die ausschließliche Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt galt notwendigerweise für den ganzen Vertrag.343 Dies basiert auf dem Gedanken, dass der Verbraucher durch die Anwendung seines Heimatrechts geschützt werden soll und dieser Schutz nur vollumfänglich zum Tragen kommen kann, wenn dieses Anknüpfungsmoment für alle Teile des Vertrags gilt. Eine Anwendung des Art. 28 I 2 EGBGB a.F. auf Verbraucherverträge war nicht möglich, da Art. 29 EGBGB a.F. als lex specialis die allgemeine Kollisionsnorm verdrängte.344 Daher war bei Verbraucherverträgen eine solche Aufspaltung unzulässig. 345 b) Individualarbeitsverträge, Art. 30 EGBGB a.F. Das BAG hat in seiner Entscheidung vom 20. April 2004 angenommen, dass ein Versorgungsplan mangels Teilrechtswahl nach Art. 27 I 3 EGBGB a.F. kraft objektiver Anknüpfung gemäß Art. 30 II EGBGB a.F. einem anderen Recht als der Arbeitsvertrag selbst unterliegen kann, wenn er eine engere Verbindung zu einem anderen Staat aufweist.346 Diese Entscheidung wurde jedoch zu Recht scharf kritisiert.347 Denn es fand sich in Art. 30 EGBGB a.F. keine dem Art. 28 I 2 EGBGB a.F. vergleichbare Regel, die eine solche objektive dépeçage erlaubt hätte. Ein Rückgriff auf die allgemeine Kollisionsnorm verbot sich, da Art. 30 EGBGB a.F. eine Spezialregelung darstellte, die den gesamten Art. 28 EGBGB a.F. verdrängte.348 Weiterhin hat im internationalen Arbeitsvertragsrecht der Schutz des Arbeitnehmers einen sehr hohen Stellenwert. Eine Spaltung des Arbeitsvertragsstatuts würde dies gerade nicht gewährleisten, denn hierdurch würde die Vorhersehbarkeit des anzuwendenden Rechts beeinträchtigt und die Gefahr der Benachteiligung des Arbeitnehmers erhöht. Zudem kann am Wortlaut der Ausweichklausel des Art. 30 II EG343 In diesem Sinne Erman/Hohloch, 12. Aufl. (2008) Art. 29 EGBGB Rn. 19; so auch zu Art. 6 Rom I-VO Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 278 und Reithmann/ Martiny/Martiny, Rn. 4208. 344 Bamberger/Roth/Spickhoff, 2. Aufl. (2008) Art. 29 EGBGB Rn. 19. 345 Ebenso zu Art. 6 Rom I-VO Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 278. 346 BAG 20.4.2004, BAGE 110, 182, 185 f. 347 Franzen, IPRax 2004, 221, 223 f.; ebenso Mankowski, AP ZPO § 38 Nr. 21 IV 2 a, der zwar die objektive dépeçage unter Art 30 EGBGB a.F. für unzulässig hält, aber die gesonderte Anknüpfung der Versorgungsansprüche Beispiel für eine sinnvolle dépeçage ansieht. 348 Erman/Hohloch, 12. Aufl. (2008) Art. 30 EGBGB Rn. 14.
B. Objektive Anknüpfung
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BGB a.F. nicht festgemacht werden, dass es genügt, wenn nur ein Teil des Vertrags eine engere Verbindung zu einem anderen Staat aufweist; es war dort ausdrücklich „der Arbeitsvertrag oder das Arbeitsverhältnis“349 genannt. Daher war eine objektive dépeçage entgegen der Ansicht des BAG im Rahmen des Art. 30 EGBGB a.F. unzulässig. 350 7. Fazit Die objektive dépeçage unter Art. 28 I 2 EGBGB a.F. unterlag folgenden Voraussetzungen: Die Teilfrage, die einer anderen Rechtsordnung als der nach Art. 28 I-IV EGBGB a.F. ermittelten unterliegen sollte, musste vom Rest des Vertrags abspaltbar sein, das heißt die materielle Harmonie musste eingehalten werden (wobei anders als bei Art. 3 I 3 Rom I-VO schon widersprüchliche Ergebnisse genügten). Das Verbot der Umgehung ausländischen Eingriffsrechts war nicht erforderlich. Dem Gericht stand ein Ermessen zu, ob es eine objektive dépeçage vornahm oder nicht. Es konnten einige Fallgruppen ausgemacht werden, in denen dies möglich und sogar sinnvoll war. Bei Verbraucher- und Individualarbeitsverträgen war eine objektive dépeçage dagegen nicht möglich. II. Objektive dépeçage in Art. 4 Rom I-VO 1. Zulässigkeit der objektiven dépeçage in der Rom I-VO Es drängt sich nun die Frage auf, wie das Schweigen der Rom I-VO zur objektiven dépeçage zu bewerten ist. a) Haltung der Rom I-VO zur objektiven dépeçage aa) Bichtfortführung des Art. 4 I 2 EVÜ Aus dem Fehlen einer dem Art. 28 I 2 EGBGB a.F. vergleichbaren Regelung in der Rom I-VO schließt die ganz herrschende Lehre, die objektive dépeçage sei unter Geltung der Verordnung nicht mehr zulässig. 351 Da es 349
Hervorhebungen hinzugefügt. Franzen, IPRax 2004, 221, 223 f.; Mankowski, AP ZPO § 38 Nr. 21 IV 2 a; in diesem Sinne auch Erman/Hohloch, 12. Aufl. (2008) Art. 30 EGBGB Rn. 14; zu Art. 8 Rom I-VO: Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 280; a.A. wohl A. Braun, ArbRB 2004, 340. 351 MüKo/Martiny, Art. 4 Rom I-VO Rn. 279; Staudinger/Magnus, Art. 4 Rom I-VO Rn. 96; PWW/Brödermann/Wegen Art. 4 Rom I-VO Rn. 6; Rauscher/von Hein, Einl. Rom I-VO Rn. 36; Rauscher/Thorn, Art. 4 Rom I-VO Rn. 21; Calliess/Gebauer, Art. 4 Rom I-VO Rn. 8; Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 4 Rom I-VO Rn. 3; Ferrari/Ferrari, Art. 4 Rom I-VO Rn. 8; Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 189; Stone, EU P.I.L., 304; Magnus, in: Rome I Regulation (2009) 27, 31; Lagarde/Tenenbaum, Rev. crit. 2008, 727, 742; Leible/Lehmann, RIW 2008, 528, 536; Looschelders, LMK 2009, 293118; Martiny, 350
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Kapitel 2: Die dépeçage bei vertraglichen Schuldverhältnissen
aber in den Materialien zum Verordnungsgebungsverfahren keinerlei Hinweise darauf gibt, dass eine dépeçage wirklich nicht mehr gewollt ist und dieses Thema noch nicht einmal erörtert wurde, fordern andere Vorsicht bei dieser Schlussfolgerung. 352 Teilweise wird sogar vertreten, aus den fehlenden Hinweisen in den Materialien könne geschlossen werden, die objektive dépeçage sei unbewusst gestrichen worden und damit weiterhin zulässig. 353 Zur Begründung für die unbeabsichtigte Nichtfortführung der Regelung wird zunächst vorgebracht, dass die Regel des Art. 4 I 2 EVÜ vermutlich in den „Sog“ des Art. 4 I 1 EVÜ geraten sei, der als Programmsatz nicht mehr gewollt war und daher gestrichen worden ist.354 Da der zweite Satz mit dem ersten Satz eng verbunden gewesen ist, sei wahrscheinlich schlichtweg der ganze Absatz gestrichen worden. 355 Trotz der Streichung des Art. 4 I EVÜ und damit der ausdrücklichen Erwähnung des Prinzips der engsten Verbindung gelte dieses Prinzip in Form der Anknüpfung an die charakteristische Leistung in der Rom I-VO fort, sodass aus systematischer Sicht auch der objektiven dépeçage in der Rom I-VO nichts entgegenstehe. 356 Eine weitere Erklärung dafür, dass die objektive dépeçage während des Verordnungsgebungsverfahrens unter den Tisch gefallen sei, sei der zunächst durch die Kommission geäußerte Wille, eine möglichst rigide Struktur in die Rom I-VO einzuführen, um feste Regeln zu erhalten, die wenig Spielraum für Flexibilität und Rechtsunsicherheit lassen. 357 Diese Struktur, der die objektive dépeçage aufgrund ihrer Flexibilität wohl zum Opfer fallen musste, habe sich im Verordnungsvorschlag von 2005358 manifestiert, wurde aber im weiteren Verfahren wieder aufgelockert. Die Vertragsspaltung wurde allerdings trotzdem nicht wieder mit aufgenomGPR 2011, 48, 49; ders., FS von Hoffmann (2011) 283, 290; Okoli/Arishe, JPIL 2012, 513, 530; Re, RDIPP 2010 407, 435 f.; Rudolf, ZfRV 2010, 18, 21; aus USamerikanischer Sicht Hay/Weintraub/Borchers, Comparative Conflict of Laws, 162; so wohl auch Ancel, in: Le nouveau règlement européen „Rome I” relatif à la loi applicable aux obligations contractuelles (2008) 77, 78 ; zweifelnd jedoch Ferrari, RabelsZ 2009, 750, 769 bzw. Rev. crit. 2009, 459, 482. 352 Vgl. Mills, in: The Rome II Regulation on the Law Applicable to Non-Contractual Obligations (2009) 133, 149; Bourissat, in: Le règlement communitaire „Rome I“ et le choix de loi dans les contrats internationaux (2011) 205, 212. 353 Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 267. 354 Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 268; in diesem Sinne auch Bourissat, in: Le règlement communitaire „Rome I“ et le choix de loi dans les contrats internationaux (2011) 205, 212 und Lagarde, Rev. crit. 2006, 331, 340. 355 Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 268. 356 Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 269. 357 Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 268 f.; Bourissat, in: Le règlement communitaire „Rome I“ et le choix de loi dans les contrats internationaux (2011) 205, 212. 358 KOM(2005) 650 endg.
B. Objektive Anknüpfung
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men, vermutlich sei sie schlicht vergessen worden. 359 Somit könne das alleinige Argument aus dem Wortlaut ohne einen dementsprechenden ausdrücklichen Willen des Verordnungsgebers nicht in dem Sinne ausgelegt werden, dass eine objektive dépeçage nicht gewollt und daher nicht mehr zulässig sei. 360 Bei genauerem Hinsehen ist allerdings durchaus ein Wille des Verordnungsgebers erkennbar, die objektive dépeçage nicht in die Rom I-VO mit aufzunehmen. 361 Im Kommissionsvorschlag von 2005 sollte die Ausweichklausel bei der objektiven Anknüpfung gestrichen werden, um die Rechtssicherheit zu erhöhen. 362 Grund dafür war die bisherige Praxis, dass die Ausweichklausel von den nationalen Gerichten oft dazu genutzt wurde, missliebige Ergebnisse zu korrigieren. 363 Dies ist jedoch auf harte Kritik gestoßen, sodass Forderungen nach mehr Flexibilität laut wurden.364 Daraufhin wurde die Ausweichklausel wieder in die endgültige Fassung der Verordnung aufgenommen, wobei sie allerdings nur für den ganzen Vertrag gilt und nicht für Teile des Vertrags. So wurde ein Kompromiss zwischen Rechtssicherheit gewährenden strikten Anknüpfungsregeln und der nötigen Flexibilität gefunden. Bei einer anderen Auslegung wäre die Position der Kommission völlig untergegangen. Darüber hinaus spricht auch der insoweit eindeutige Wortlaut, der sich in allen Absätzen des Art. 4 Rom I-VO findet („der Vertrag“, das Recht „des Staates“)365, gegen die Möglichkeit der objektiven dépeçage. 366 Daher ist aus der Nichtfortführung der objektiven dépeçage darauf zu schließen, dass sie unter Geltung der Rom I-VO nunmehr unzulässig sein soll.
359
Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 268 f. Ebenso Juris-classeur Europe/Gaudemet-Tallon, Fascicule 3201 („Rome I”) n. 28; Leandro, NLCC 2009, 637, 668; Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 267. 361 So auch Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 4 Rom I-VO Rn. 3. 362 KOM(2005) 650 endg, 6; siehe auch Art. 4 des VOE. 363 Mankowski, IPRax 2006, 101, 104 f.; Lein, YbPIL 2007, 391, 403 f.; Martiny, ZEuP 2008, 79, 92 f.; Editorial Comments, CMLR 2006, 913, 916; vgl. auch Lando/Bielsen, JPIL 2007, 29, 36 f. 364 Z.B. Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I)“, KOM(2005) 650 endg. – 2005/0261 (COD), ABl. 2006 Nr. C 318/56, 59 dort Punkt 3.2.4; Dutson, J.B.L. 2006, 608. 613 f.; ders., L.Q.R. 2006, 374, 375; Editorial Comments, CMLR 2006, 913, 916 f.; Kieninger, EuZ 2007, 22, 25; Lagarde, Rev. crit. DIP 2006, 331, 338 f.; Lando/Bielsen, JPIL 2007, 29, 38; Lein, YbPIL 2007, 391, 404; Magnus, Die erste Seite, EWS 2006, Heft 5; Mankowski, IPRax 2006, 101, 105; Martiny, ZEuP 2008, 79, 93. 365 Hervorhebungen hinzugefügt. 366 Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 4 Rom I-VO Rn. 3. 360
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Kapitel 2: Die dépeçage bei vertraglichen Schuldverhältnissen
bb) Argument aus der Struktur der Verordnung Darüber hinaus wird gegen die objektive dépeçage in der Rom I-VO vorgebracht, dass die dépeçage zwar mit einem Ansatz in Einklang stehe, der dasjenige Recht suche, das am engsten mit dem Vertrag als Ganzes verbunden sei, nicht aber mit einem Ansatz, der rigide Kriterien für die Bestimmung des anwendbaren Rechts aufstelle. 367 Einem solchen System, das relativ strikte Anknüpfungsregeln festlege, folge aber die Rom I-VO. Daraus lasse sich ableiten, dass das System der Verordnung einer objektiven dépeçage wohl eher ablehnend entgegenstehe. 368 Umgekehrt wird die Abschaffung der objektiven dépeçage in der Rom I-VO auch als Indiz für die Abkehr vom Grundsatz der engsten Verbindung angesehen. 369 Dem ist aber zu widersprechen, denn wie bereits erläutert (oben Kap. 1 B I 1 b und 2), gilt das Prinzip der engsten Verbindung auch in der Rom I-VO noch immer, zumindest in abgeschwächter Form. 370 Daher greift das Argument der rigiden Struktur der Verordnung gegen eine objektive dépeçage zwar nicht, kann aber auch nicht als Argument für ihre Zulässigkeit herangezogen werden. cc) Argument aus der Zielsetzung der Verordnung Die Rom I-VO hat unter anderem Rechtssicherheit und damit Vorhersehbarkeit des anwendbaren Rechts zum Ziel (vgl. Erwägungsgründe 6 und 16 Satz 1). Gegen die objektive dépeçage spricht, dass sie die Vorhersehbarkeit des anwendbaren Rechts aber erheblich erschwert.371 In diesem Zusammenhang wird Erwägungsgrund 16 Satz 2 der Verordnung angeführt, der zwar die Vorhersehbarkeit des anwendbaren Rechts betont, aber dennoch den Gerichten einen Ermessenspielraum zugesteht, um dasjenige Recht bestimmen zu können, das die engste Verbindung zum Sachverhalt aufweist; dies spreche für die Möglichkeit einer objektiven dépeçage in der Rom I-VO.372 Erwägungsgrund 16 bezieht sich allerdings auf die Ausweich- und Auffangklauseln und nicht auf die dépeçage, sodass hieraus 367
Leandro, NLCC 2009, 637, 667; in diesem Sinne auch Bourissat, in: Le règlement communitaire „Rome I“ et le choix de loi dans les contrats internationaux (2011) 205, 213. 368 Leandro, NLCC 2009, 637, 667. 369 Leandro, NLCC 2009, 637, 667. 370 Kritisch Weller, IPRax 2011, 429, 434, der das Prinzip der engsten Verbindung in der Rom I-VO nur als „gesetzessystematisch herabgestufte Ausnahmeerscheinung“ sieht, und nicht mehr als Leitprinzip zur Bestimmung des anwendbaren Rechts. 371 Bourissat, in: Le règlement communitaire „Rome I“ et le choix de loi dans les contrats internationaux (2011) 205, 213; Magnus, in: Rome I Regulation (2009) 27, 31; in diesem Sinne auch Re, RDIPP 2010 407, 435 f. 372 Leandro, NLCC 2009, 637, 668.
B. Objektive Anknüpfung
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kein Argument für ihre Zulässigkeit hergeleitet werden kann. Zudem deutet der Wortlaut („das Recht“) in keinster Weise auf eine dépeçage hin. Damit spricht die Zielsetzung der Verordnung gegen eine Beibehaltung der objektiven dépeçage. dd) Keine Botwendigkeit der objektiven dépeçage Vereinzelt wird auch vorgebracht, eine objektive dépeçage sei überflüssig, da es keine Rechtsprechung hierzu gebe und sie in der Praxis kaum Beachtung finde. 373 Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass die erste Entscheidung des EuGH zum EVÜ374 sich gerade mit der objektiven dépeçage beschäftigte.375 Selbst wenn es ansonsten kaum Rechtsprechung in diesem Bereich gibt und auch die Praxis sehr zurückhaltend ist, spricht dies nicht dagegen, die Möglichkeit der objektiven dépeçage dennoch beizubehalten; hierdurch verliert sie nicht ihre sachliche Berechtigung. 376 Vor diesem Hintergrund ist das Argument also zweifelhaft. Dennoch kann allein hieraus keine Zulässigkeit der objektiven dépeçage hergeleitet werden. ee) Art. 4 II Var. 2 Rom I-VO und Erwägungsgrund 19 Satz 3 Nach Art. 4 II Var. 2 Rom I-VO soll im Fall gemischter Verträge, deren Verpflichtungen unter mehrere der Vertragstypen des Art. 4 I Rom I-VO fallen, der Vertrag dem Recht des Staates unterliegen, in dem die Partei, welche die charakteristische Leistung zu erbringen hat, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Erwägungsgrund 19 Satz 3 konkretisiert dies dahingehend, dass die charakteristische Leistung eines solchen Vertrags nach ihrem Schwerpunkt bestimmt werden soll. Dies spreche für einen Ausschluss der objektiven dépeçage in der Rom I-VO, da Konstellationen, die auf den ersten Blick als Gegenstand einer dépeçage in Betracht kommen, unter Art. 4 II Var. 2 Rom I-VO fallen. 377 Dagegen wird jedoch geltend gemacht, es werde übersehen, dass die Regelung des Art. 4 II Var. 2 Rom I-VO nur greifen könne, wenn sich überhaupt ein Schwerpunkt identifizieren lasse; in diesem Fall gehe die Anknüpfung nach Art. 4 II Var. 2 Rom I-VO natürlich der dépeçage vor.378 Da bei einem solchen gemischten Vertrag aber häufig kein Schwerpunkt erkennbar sei, bliebe immer noch Spielraum für 373
Magnus, in: Rome I Regulation (2009) 27, 31. EuGH 6.10.2009, Rs. C-133/08, Intercontainer Interfrigo SC (ICF)/Balkenende Oosthuizen BV und MIC Operations BV, Slg. 2009, I-09687. 375 Darauf weist auch Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 274 hin. 376 Ebenso Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 274. 377 Rudolf, ZfRV 2010, 18, 21; in diesem Sinne auch Magnus, in: Rome I Regulation (2009) 27, 31 sowie Martiny, FS von Hoffmann (2011) 283, 296 und Re, RDIPP 2010, 407, 435. 378 So auch Mankowski, IHR 2010, 89, 90; ders., TranspR 2009, 497, 498. 374
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Kapitel 2: Die dépeçage bei vertraglichen Schuldverhältnissen
eine dépeçage. Zudem greife die Konstellation des Art. 4 II Var. 2 Rom IVO auch, wenn sich die verschiedenen Vertragstypen kombinieren oder überlagern. 379 Die dépeçage komme dagegen nur zum Zuge, wenn es sich um mehrere abtrennbare Vertragsteile handele, also nicht im Falle der Überlagerung und Kombination untrennbarer Vertragsbestandteile. 380 Die Regelung des Art. 4 II Var. 2 Rom I-VO sei demnach von der Situation der objektiven dépeçage abzugrenzen. Diese Auslegung geht jedoch zu weit, denn Art. 4 II Var. 2 Rom I-VO zeigt gerade, dass Ziel der Verordnung eine einheitliche Anknüpfung ist, auch wenn der Vertrag mehrere unterschiedliche Vertragsbestandteile aufweist. Daher ist, selbst wenn die Vorschrift nicht alle Fälle erfassen sollte, in denen die Anwendung mehrerer Rechtsordnungen in Frage kommt, in Art. 4 II Var. 2 Rom I-VO ein eindeutiges Indiz dafür zu sehen, dass die objektive dépeçage in der Rom IVO ausgeschlossen sein soll. ff) Wertung des Art. 7 V Rom I-VO Es wird ferner aus Art. 7 V Rom I-VO, der bei Versicherungsverträgen eine objektive dépeçage anordnet, geschlossen, dass die Rom I-VO ihr nicht grundsätzlich ablehnend gegenüberstehe. 381 Diese Regelung, in der die dépeçage nicht nur als Option zur Verfügung gestellt, sondern ausdrücklich angeordnet werde, könne möglicherweise sogar Indiz dafür sein, dass die objektive dépeçage im Rahmen der Rom I-VO angewandt werden könne, wenn sie passe. 382 Zwar sei Art. 7 Rom I-VO als besondere Kollisionsnorm nicht analogiefähig, jedoch könne aus dem in Art. 7 V Rom I-VO enthaltenen Grundsatz, der die dépeçage im Rahmen der objektiven Anknüpfung des gesamten Art. 7 Rom I-VO mit Ausnahme von Großrisiken anordne, eine Verallgemeinerung im Hinblick auf die Grundhaltung der Verordnung gegenüber der dépeçage getroffen werden. 383 Vor dieser Schlussfolgerung ist jedoch Vorsicht geboten, da bei Schweigen der allgemeinen Kollisionsnorm eine Anordnung der objektiven dépeçage in einer besonderen Kollisionsnorm nach dem allgemeinen Auslegungsgrundsatz singularia non sunt extendenda viel eher die gegenteilige Auffassung nahelegt.384 Art. 7 V Rom I-VO ist eine Ausnahmeregelung, die im Umkehrschluss darauf hindeutet, dass ansonsten die objektive dépeçage in der Verordnung unzulässig ist, da sonst ihre ausdrückliche Erwähnung überflüssig wäre. Damit spricht Art. 7 V Rom I-VO dafür, dass 379
Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 275. Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 275. 381 Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 270 f. 382 Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 271. 383 So Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 271. 384 Riesenhuber/Riesenhuber, § 11 Rn. 61 f. 380
B. Objektive Anknüpfung
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eine objektive dépeçage in der Rom I-VO grundsätzlich nicht in Betracht kommt. gg) Fazit Die überzeugenderen Argumente sprechen dafür, dass die objektive dépeçage in der Rom I-VO (mit Ausnahme des Art. 7 V Rom I-VO) nicht zulässig ist. Es ergibt sich zwar nicht ausdrücklich, dass dies vom Verordnungsgeber so gewollt war, jedoch gibt es hinreichend Anhaltspunkte in der Verordnung, an denen festgemacht werden kann, dass die objektive dépeçage bewusst gestrichen worden ist. b) Objektive dépeçage über Art. 4 III Rom I-VO Teilweise wird vorgeschlagen, mit Hilfe der Ausweichklausel des Art. 4 III Rom I-VO zur objektiven dépeçage zu gelangen. 385 Dies wird damit begründet, dass sowohl die Ausweichklausel als auch die dépeçage Durchbrechungen der Grundregel darstellten, die möglichst restriktiv zu handhaben seien. Darüber hinaus verwirklichten beide Institute das Prinzip der engsten Verbindung. 386 Aufgrund dessen seien objektive dépeçage und Ausweichklausel vergleichbar und rechtfertigten die Verankerung der dépeçage in Art. 4 III Rom I-VO.387 Auch der Wortlaut des Art. 4 III Rom IVO, der ausdrücklich fordert, dass „der Vertrag“388 eine engere Verbindung zu einem anderen Staat aufweisen muss, wird nicht als Hindernis gesehen. Die Vorschrift entspreche dem Wortlaut des Art. 4 V EVÜ, der allerdings wegen der damals noch ausdrücklichen Regelung der objektiven dépeçage diese Fälle nicht erfassen musste. Art. 4 V EVÜ wurde unverändert beibehalten, Art. 4 I 2 EVÜ dagegen gestrichen, woraus geschlossen werden könne, dass nunmehr Art. 4 III Rom I-VO die neue Aufgabe zukomme, auch die dépeçage mit zu erfassen. 389 Zudem stehe nur die Wendung „der ganze Vertrag“ einer dépeçage entgegen, was aus dem Vergleich mit Art. 3 I 3 Rom I-VO gefolgert werden könne. 390 Darüber hinaus habe der bestimmte Artikel hier mangels anderer Alternativen keine besondere Betonung, was sich auch aus anderen Sprachfassungen der Ver-
385 Leandro, NLCC 2009, 637, 668; Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 272 ff.; ders., IHR 2010, 89, 90; ders., EuZ 2009, 2, 4; noch offenlassend: Ferrari, RabelsZ 2009, 750, 769. 386 Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 272. 387 Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 272 f.; in diesem Sinne auch Leandro, NLCC 2009, 637, 668. 388 Hervorhebung hinzugefügt. 389 Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 273. 390 Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 273.
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ordnung ergebe. 391 Außerdem bestimme die Formulierung des Art. 4 III Rom I-VO, dass sich die offensichtlich engere Verbindung zu einem anderen Staat „aus der Gesamtheit der Umstände“ ergeben könne, nicht ausdrücklich, dass dieses Recht auf den gesamten Vertrag zur Anwendung kommen müsse. 392 Es könne auch die Situation auftauchen, dass nur ein Teil des Vertrags eine offensichtlich engere Verbindung zu einem anderen Staat aufweise, sodass aus der Wortwahl „Gesamtheit der Umstände“ nicht geschlossen werden dürfe, dass sich das nach Art. 4 III Rom I-VO bestimmte anwendbare Recht nur auf die „Gesamtheit des Vertrags“ beziehe. 393 Auch dass die Vorschrift auf die engere Verbindung zu „einem“ anderen Staat Bezug nehme, stehe der Anwendung der dépeçage nicht entgegen. 394 Zunächst sei die Formulierung im Singular der Regelfall und keine Entscheidung gegen den Plural. 395 Überdies behalte der Singular auch im Falle einer dépeçage noch Recht, denn selbst dann komme immer nur ein Recht auf den jeweiligen Vertragsteil zur Anwendung und nicht mehrere Rechte auf den Vertrag als Ganzes. 396 Allein aus dem vergleichbaren Ausnahmecharakter kann eine Verortung der objektiven dépeçage in der Ausweichklausel nicht gefolgert werden. Vielmehr spricht die Entstehungsgeschichte der Vorschrift gerade gegen eine solche Auslegung. Denn vor dem Hintergrund des soeben erwähnten Kompromisses (Kap. 2 B II 1 a aa), dass zwar die Ausweichklausel wieder in die Verordnung aufgenommen worden ist, aber nur für den ganzen Vertrag gilt, ist eine solche Interpretation nicht tragfähig. Auch die Argumentation über den ausdrücklichen Wortlaut hinaus scheint zu sehr ergebnisorientiert und gründet sich wohl eher auf Vermutungen. Mangels überzeugender Argumente, die auf das Gegenteil hinweisen, ist daher eine dépeçage über die Ausweichklausel unzulässig. c) Objektive dépeçage über Art. 4 IV Rom I-VO Teilweise wird in Anlehnung an die soeben aufgeführte Argumentation dafür plädiert, dass auch über Art. 4 IV Rom I-VO ein Weg zur objektiven dépeçage führen könne. 397 Die Auffangklausel folge ebenfalls dem Prinzip der engsten Verbindung und stelle eine Ausnahmeregelung dar, was sie mit der objektiven dépeçage gemeinsam habe. Zudem spreche Art. 4 IV
391
Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 273. Leandro, NLCC 2009, 637, 668. 393 Leandro, NLCC 2009, 637, 668. 394 Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 274. 395 Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 274. 396 Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 274. 397 Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 276. 392
B. Objektive Anknüpfung
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Rom I-VO nicht gegen die Bestimmung von Teilschwerpunkten.398 Hinsichtlich der Entstehungsgeschichte der Vorschrift könne angeführt werden, dass sie wohl den „Rest eines Nachfolgers“ von Art. 4 I 1 EVÜ darstelle, weswegen der Gedanke des Art. 4 I 2 EVÜ fortgeführt werden müsse. 399 Auch diese Argumentation ist mit Blick auf die Entstehungsgeschichte der Verordnung nicht nachvollziehbar. Dass es sich um eine Nachfolgevorschrift zu Art. 4 I 1 EVÜ handeln soll, erklärt nämlich noch nicht, warum auch die objektive dépeçage, die dagegen in Art. 4 I 2 EVÜ verankert war, nun in dieser Norm enthalten sein soll. Darüber hinaus kann, wie im Rahmen der Ausweichklausel, allein aus der Tatsache, dass es sich um eine Ausnahmeregelung handelt, nicht auf eine Zulässigkeit der dépeçage in der Auffangklausel geschlossen werden. Daher ist über Art. 4 IV Rom I-VO ebenso keine objektive dépeçage möglich. d) Fazit Auch in der Ausweichklausel des Art. 4 III Rom I-VO sowie in der Ausweichklausel des Art. 4 IV Rom I-VO besteht keinerlei Raum für eine objektive dépeçage. Die Haltung der Rom I-VO zu einer solchen Spaltung vertraglicher Schuldverhältnisse ist als eindeutig ablehnend einzustufen, somit ist die objektive dépeçage in der Verordnung unzulässig. 2. Ausnahmen zum Grundsatz des Verbots der objektiven dépeçage in der Rom I-VO Da die objektive dépeçage, wie soeben erläutert, unter Geltung der Rom IVO nun nicht mehr zulässig ist, ist dies erst recht der Fall bei den besonderen Vertragsarten der Beförderungsverträge (Art. 5 Rom I-VO), der Verbraucherverträge (Art. 6 Rom I-VO) sowie der Individualarbeitsverträge (Art. 8 Rom I-VO). Ausnahmen bilden aber eine spezielle Konstellation der Versicherungsverträge sowie die Drittwirkung der Forderungsabtretung, worauf im Folgenden näher eingegangen wird. a) Versicherungsverträge, Art. 7 Rom I-VO Art. 7 V Rom I-VO ordnet für die objektive Anknüpfung an, dass ein Versicherungsvertrag, der Risiken abdeckt, die in mehr als einem Mitgliedstaat belegen sind, im Rahmen des Art. 7 III Uabs. 3 und IV Rom I-VO als aus mehreren Verträgen bestehend anzusehen ist. Erwägungsgrund 33 Rom I-VO enthält eine entsprechende Bestimmung für solche Verträge, die 398 399
Vgl. Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 276. Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 276.
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sich sowohl auf Risiken in Mitgliedstaaten wie auch in Drittstaaten beziehen. Hier sollen die auf Versicherungsverträge anwendbaren Regelungen nur für solche Risiken gelten, die in einem Mitgliedstaat belegen sind. 400 So ergibt sich, dass in beiden Fällen das Vertragsstatut gespalten wird; die dépeçage wird gesetzlich angeordnet. Teilweise wird vorgebracht, diese Regel sei im Hinblick auf den Schutz der schwächeren Partei unbedenklich. Denn wenn der Versicherungsnehmer eines besonderen Schutzes bedürfe, komme eine objektive dépeçage praktisch gar nicht in Betracht.401 In diesem Fall kämen vor allem solche Anknüpfungspunkte zum Zuge, welche der zu schützenden Person räumlich nahe seien, wie beispielsweise der gewöhnliche Aufenthalt dieser Person, der aber nicht teilbar sei. 402 Darüber hinaus sei es den Parteien unbenommen, sich der misslichen Folgen der dépeçage durch die ihnen eröffnete Rechtswahlmöglichkeit in Art. 7 III Uabs. 1, 2 Rom I-VO in einem gewissen Ausmaß zu entledigen. 403 Letztlich gelte die Regelung ohnehin nur für Verträge über Massenrisiken und nicht für solche über Großrisiken. 404 Die Regelung des Art. 7 V Rom I-VO wird jedoch auch häufig kritisiert:405 Die Statutenspaltung widerspreche in der Regel dem Parteiwillen, zudem sei die Vorschrift unpraktikabel. 406 Den in einem Vertrag zusammengefassten Risiken würden gemeinsame Risikobedingungen und Vertragsbeschreibungen zugrunde gelegt, was wiederum die Grundlage für die Berechnung des Beitrags darstelle. 407 All dies beruhe auf einem einheitlichen rechtlichen Umfeld, das jedoch durch die Regelung des Art. 7 V Rom I-VO gar nicht existiere. 408 Daher müsse der Versicherungsvertrag von Anfang an so konstruiert werden, dass er für die verschiedenen Risiken Teilkalkulationen und Versicherungsbedingungen enthalte, die auf die Rechtsordnung, in der das jeweilige Risiko belegen sei, abgestimmt worden seien. 409 Dies führe zu erhöhten Kosten, die an den Versicherungs400 Kritisch hierzu Heinze, NIPR 2009, 445, 448, 450 und Armbrüster, FS von Hoffmann (2011) 23, 29. 401 Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 280. 402 Mankowski, FS Spellenberg (2010) 261, 280. 403 Armbrüster, FS von Hoffmann (2011) 23, 29. 404 Armbrüster, FS von Hoffmann (2011) 23, 29. 405 Armbrüster, FS von Hoffmann (2011) 23, 29; Rauscher/Fricke, Art. 7 Rom I-VO Rn. 44; ders., VersR 2008, 443, 449; Heinze, NIPR 2009, 445, 450; Lagarde/Tenenbaum, Rev. crit. 2008, 727, 771. 406 Calliess/U. Gruber, Art. 7 Rom I-VO Rn. 46; Rauscher/Fricke, Art. 7 Rom I-VO Rn. 44. 407 Rauscher/Fricke, Art. 7 Rom I-VO Rn. 44; ders., VersR 2008, 443, 449. 408 Rauscher/Fricke, Art. 7 Rom I-VO Rn. 44; ders., VersR 2008, 443, 449; in diesem Sinne auch Lagarde/Tenenbaum, Rev. crit. 2008, 727, 771. 409 Rauscher/Fricke, Art. 7 Rom I-VO Rn. 44; ders., VersR 2008, 443, 449.
B. Objektive Anknüpfung
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nehmer, der eigentlich schützenswert sei, weitergegeben würden. 410 So könne es beispielsweise bei Schadensereignissen, die keine erkennbaren Unterschiede aufweisen, vorkommen, dass dem Versicherungsnehmer Summen in unterschiedlicher Höhe ausgezahlt würden oder dass überhaupt keine Zahlung erfolge, je nachdem in welchem Staat das jeweilige Risiko belegen sei. 411 Die objektive dépeçage in Art. 7 V Rom I-VO verkompliziert den Vertrag und kann damit dazu führen, dass die Kosten in unabsehbarem Maße steigen. Außerdem rechnet der Versicherungsnehmer im Zweifel nicht damit, dass sein Vertrag objektiv aufgespalten wird und verschiedene Rechtsordnungen zum Zuge kommen. Daher sind die Bedenken der Kritiker durchaus berechtigt, sodass die Regelung in rechtspolitischer Hinsicht eher unglücklich erscheint. Allerdings ist die dépeçage in Art. 7 V Rom I-VO gesetzlich angeordnet und muss damit, wenn ihre Voraussetzungen vorliegen, angewandt werden. b) Drittwirkung der Forderungsabtretung in Art. 14 Rom I-VO Im Rahmen des Art. 14 Rom I-VO ist nicht (ausdrücklich) geregelt, wonach sich die Drittwirkung der Forderungsabtretung, also die erga omnes bestehende Verfügungswirkung der Forderungsübertragung und die Frage nach der Gläubigerstellung, richtet.412 Diese Frage ist Teil des Abtretungsstatuts, weswegen ihre gesonderte Anknüpfung und die daraus resultierende Anwendbarkeit verschiedener Rechtsordnungen eine objektive dépeçage darstellen würde. Teilweise wird vorgeschlagen, die Frage der Drittwirkung komplett aus dem Anwendungsbereich der Verordnung auszunehmen und nach nationalem IPR zu beurteilen.413 Anderer Ansicht nach soll das am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Schuldners geltende Recht 414 410
Rauscher/Fricke, Art. 7 Rom I-VO Rn. 44; ders., VersR 2008, 443, 449. Rauscher/Fricke, Art. 7 Rom I-VO Rn. 45; ders., VersR 2008, 443, 449. 412 Staudinger/Hausmann, Art. 14 Rom I-VO Rn. 55; MüKo/Martiny, Art. 14 Rom IVO Rn. 33; Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 384; Rauscher/Freitag, Art. 14 Rom I-VO Rn. 42; Einsele, RabelsZ 2010, 91, 99; Mann/Bagel, WM 2011, 1499, 1500; zur Entstehungsgeschichte der Norm siehe Flessner, IPRax 2009, 35, 38. 413 Ferrari/Kieninger, Art. 14 Rom I-VO Rn. 11; Beaumont/McEleavy, P.I.L., 10.265; Bauer, 103 f., 167, 301; Sonnenberger, FS Krop-holler (2008) 227, 230 ff.; dies ablehnend Flessner, IPRax 2009, 35, 38. 414 Dies wird aber kaum noch vertreten, siehe British Institute of International and Comparative Law, Study on the question of effectiveness of an assignment or subrogation of a claim against third parties and the priority oft he assigned or subrogated claim over a right of another person, Final Report, 384, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/ justice/civil/files/report_assignment_ en.pdf; hierzu auch Staudinger/Hausmann, Art. 14 Rom I-VO Rn. 59 ff. m.w.N., i.E. aber ablehnend; ebenso ablehnend Calliess/Bauer, Art. 14 Rom I-VO Rn. 54 m.w.N. 411
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oder das Recht am Zedentenwohnsitz415 hierauf zur Anwendung kommen. Nach der wohl h.M. soll die Drittwirkung aber von Art. 14 Rom I-VO erfasst werden.416 Es werden allerdings verschiedene Auffassungen dazu vertreten, woran die Drittwirkung anzuknüpfen ist; diesbezüglich kommt das zwischen Zedent und Zessionar geltende Recht (Art. 14 I Rom IVO)417 oder das auf die abgetretene Forderung anwendbare Recht (Art. 14 II Rom I-VO)418 in Frage. Wird die Drittwirkung nach Art. 14 I Rom I-VO an das Abtretungsstatut angeknüpft, so werden die Wirkungen der Abtretung zwischen Zedent und Zessionar sowie Dritten gegenüber einheitlich beurteilt.419 Auch bei einer Anknüpfung an die abgetretene Forderung findet ein und dasselbe Recht auf die Wirksamkeit der Abtretung, Fragen des Schuldnerschutzes und die Wirkung erga omnes Anwendung. 420 Eine Spaltung des anwendbaren Rechts entsteht also insoweit nicht. Wird die Drittwirkung allerdings an den Sitz des Zedenten (oder des Schuldners) angeknüpft, so muss neben dem auf das Verhältnis zwischen Zedent und Zessionar und dem auf die abgetretene Forderung anwendbaren Recht eine weitere Rechtsordnung in Betracht gezogen werden. 421 Insoweit kann es also 415
Erman/Hohloch, Art. 14 Rom I-VO Rn. 9; MüKo/Martiny, Art. 14 Rom I-VO Rn. 35; Mankowski, IPRax 2012, 298 ff.; grundsätzlich befürwortend Deutscher Rat für IPR, vgl. Sonnenberger, IPRax 2012, 370 f.; Kieninger, IPRax 2012, 289, 295 ff.; kritisch allerdings Mann/Bagel, WM 2011, 1499, 1501, 1503. 416 Dies ergebe sich schon aus Art. 27 II Rom I-VO: MüKo/Martiny, Art. 14 Rom IVO Rn. 16; Flessner, IPRax 2009, 35, 38 f.; Mann/Bagel, WM 2011, 1499, 1500; im Ergebnis auch Reithmann/Martiny/Martiny, Rn. 384; a.A. Bauer, 104. 417 So die wohl h.M.: Staudinger/Hausmann, Art. 14 Rom I-VO Rn. 71; Einsele, RabelsZ 2010, 91, 114; Flessner/Verhagen, 77 f.; Flessner, IPRax 2009, 35, 39 f.; Mann/Bagel, WM 2011, 1499, 1503; grundsätzlich befürwortend Deutscher Rat für IPR, vgl. Sonnenberger, IPRax 2012, 370 f.; ebenso schon zu Art. 12 I EVÜ Hoge Raad 16.5.1997, NJ 1998, Nr. 585; kritisch, aber so im Ergebnis auch Rauscher/Freitag, Art. 14 Rom I-VO Rn. 40 ff. 418 Palandt/Thorn, Art. 14 Rom I-VO Rn. 6; zu Art. 12 II EVÜ/Art. 33 II EGBGB a.F. BGH 20.6.1990, BGHZ 111, 176, 380 ff.; BGH 8.12.1998, IPRax 2000, 128; ablehnend Mann/Bagel, WM 2011, 1499, 1501 f. sowie der Deutsche Rat für IPR, vgl. Sonnenberger, IPRax 2012, 370 f. 419 Staudinger/Hausmann, Art. 14 Rom I-VO Rn. 67; Calliess/Bauer, Art. 14 Rom IVO Rn. 50; Flessner, IPRax 2009, 35, 40; Mann/Bagel, WM 2011, 1499, 1503; British Institute of International and Comparative Law, 386, abrufbar unter: http://ec.europa. eu/justice/civil/files/report_assignment_en.pdf; Deutscher Rat für IPR, vgl. Sonnenberger, IPRax 2012, 370 f. 420 Staudinger/Hausmann, Art. 14 Rom I-VO Rn. 57; Calliess/Bauer, Art. 14 Rom IVO Rn. 52. 421 Staudinger/Hausmann, Art. 14 Rom I-VO Rn. 61, 65; Calliess/Bauer, Art. 14 Rom I-VO Rn. 56; Einsele, RabelsZ 2010, 91, 106; British Institute of International and Comparative Law, 397, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/civil/files/report_ assignment_en.pdf.
C. Exkurs: Dépeçage im Verordnungsvorschlag für ein GEK
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zu einer objektiven dépeçage kommen. Um diese Unklarheiten und die mögliche Anwendung mehrerer Rechtsordnungen zu vermeiden, wurde nun in einer von der Kommission beauftragten Studie vorgeschlagen, eine Regel in Art. 14 Rom I-VO einzuführen, die alle Wirkungen einer Forderungsabtretung erfasst. 422 III. Fazit Die objektive dépeçage ist im Gegensatz zu Art. 4 I 2 EVÜ bzw. Art. 28 I 2 EGBGB a.F. nicht mehr ausdrücklich in der Rom I-VO enthalten. Ein Blick in die Verordnungsgebungsgeschichte und in den Text der Rom IVO ergibt, dass sie tatsächlich nicht mehr gewollt ist und nicht nur unbeabsichtigt unter den Tisch gefallen ist, sodass jegliche objektive Aufspaltung des Vertrags untersagt ist. Eine Ausnahme bildet die Vorschrift des Art. 7 V Rom I-VO, wo die Spaltung des anwendbaren Rechts durch die Verordnung selbst vorgeschrieben ist. Auch kann es im Rahmen des Art. 14 Rom I-VO, wenn die Drittwirkung der Forderungsabtretung an den Sitz des Zedenten (bzw. des Schuldners) angeknüpft wird, zu einer objektiven dépeçage kommen.
C. Exkurs: Dépeçage im Verordnungsvorschlag für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht C. Exkurs: Dépeçage im Verordnungsvorschlag für ein GEK
Am 11. Oktober 2011 legte die Kommission ihren Verordnungsvorschlag für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht (GEK)423 vor. Es soll ein eigenständiges, einheitliches Regelwerk darstellen, das neben dem nationalen Vertragsrecht der Mitgliedstaaten steht und dabei alle Vertragsstadien umfasst.424 Bei dem GEK soll es sich um ein optionales Instrument handeln, das für grenzüberschreitende Kaufverträge und die in Art. 5 GEK genannten Fälle frei gewählt werden kann (Art. 8 GEK). I. Subjektive dépeçage Es drängt sich die Frage auf, ob das GEK auch nur für einen Teil des Vertrags gewählt werden kann, ob also eine subjektive dépeçage möglich ist (eine objektive dépeçage kommt schon aufgrund des optionalen Charakters des GEK nicht in Betracht). Um dies zu beurteilen, ist vorab zu prüfen, ob es sich bei der hier vorgesehenen Rechtswahlmöglichkeit überhaupt um eine kollisionsrechtliche Rechtswahl handelt, denn nur in diesem Fall wür422 British Institute of International and Comparative Law, 402 ff., abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/civil/files/report_assignment_en.pdf.
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Kapitel 2: Die dépeçage bei vertraglichen Schuldverhältnissen
de eine Teilrechtswahl überhaupt eine dépeçage im Sinne der hier vertretenen Definition (oben Kap. 1 A I) darstellen. 1. Keine dépeçage in Art. 8 Br. 3 GEK und Erwägungsgrund 24 Art. 8 Nr. 3 und Erwägungsgrund 24 GEK machen deutlich, dass das GEK nur in seiner Gesamtheit wählbar sein und die Rechtswahl sich nicht auf bestimmte Teile hiervon beschränken sollte. 425 Dies verbietet aber lediglich eine vorschriftenbezogene und damit materiellrechtliche Teilrechtswahl (oben Kap. 1 A I 1 a). Es handelt sich bei einer solchen teilweisen Rechtswahl folglich nicht um eine dépeçage. 2. Wahl des GEK als kollisionsrechtliche oder materiellrechtliche Rechtswahl? Es ist nun zu untersuchen, ob es sich bei der Wahl des GEK um eine kollisionsrechtliche oder eine materiellrechtliche Rechtswahl handelt. Diese Frage steht in Verbindung mit der Problematik, ob das GEK als sog. „2. Regime“ oder als „28. Regime“ ausgestaltet sein soll. Hierauf soll aber nicht näher eingegangen werden. 426 Für eine kollisionsrechtliche Rechtwahl des GEK wird teilweise vorgebracht, dass durch das GEK entgegen Art. 6 Rom I-VO der Rückgriff auf national zwingende Verbraucherschutzbestimmungen versperrt sei. 427 Denn die Wahl des optionalen Instruments verdränge die zwingenden Bestimmungen der nationalen Rechtsordnung, was gerade charakteristisch für eine kollisionsrechtliche Rechtswahl sei; es handele sich somit um eine Wahl zwischen zwei „Rechtsordnungen“. 428 423 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht vom 11.10.2011, KOM(2011) 635 endg. 424 Siehe Erwägungsgründe 6 und 9 VOE sowie die Begründung des Vorschlags, KOM(2011) 635 endg. S. 4. 425 Art. 8 Nr. 3 beschränkt sich auf das Verhältnis zwischen Unternehmer und Verbraucher, während in Erwägungsgrund 10 eine solche Einschränkung nicht enthalten ist. Auf diese Diskrepanz soll hier jedoch nicht eingegangen werden. Vorliegend wird sich auf die Möglichkeit der kollisionsrechtlichen Teilverweisung konzentriert. 426 Zu dieser Problematik eingehend: Fornasier, RabelsZ 2012, 401 ff.; Fleischer, RabelsZ 2012, 235 ff.; Eidenmüller/Jansen/Kieninger/G. Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269, 269 f.; Hesselink, Europ. Rev. Pr. L. 2012, 195, 198 f.; Mankowski, RIW 2012, 97, 99; W.-H. Roth, EWS 2012, 12, 13; Rühl, Maastricht J. Eur. & Comp. L. 2012, 148 ff.; vgl.auch schon vor der Vorlage des Verordnungsentwurfs Busch, EuZW 2011, 655, 656; Kuipers, Europ. Rev. Pr. L. 2011, 545, 550; Stürner, GPR 2011, 236, 239. 427 W.-H. Roth, EWS 2012, 12, 14; Gebauer, GPR 2011, 227, 233. 428 W.-H. Roth, EWS 2012, 12, 14 bezeichnet das GEK daher als „Kollisionsrecht 2. Stufe“; Gebauer, GPR 2011, 227, 233 differenziert und bezeichnet die Option für das GEK lediglich aus mitgliedstaatlicher Sicht als kollisionsrechtliche Rechtswahl; Riesen-
C. Exkurs: Dépeçage im Verordnungsvorschlag für ein GEK
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Dagegen spricht jedoch der Wortlaut des Verordnungsentwurfs. Nach Erwägungsgrund 10 GEK sollen bei der Wahl des GEK bestehende Kollisionsnormen unberührt bleiben, d.h. die Wahl des Gemeinsamen Kaufrechts findet innerhalb des nationalen Rechts statt, das nach der Rom I-VO oder anderen Kollisionsnormen anwendbar ist. Satz 2 des Erwägungsgrundes präzisiert, dass es sich hierbei nicht um eine kollisionsrechtliche Rechtswahl handeln soll. Das Kollisionsrecht wird also der Vereinbarung des GEK vorgeschaltet („Vorschaltlösung“). 429 Daher kann nur der Schluss gezogen werden, dass das GEK mittels materiellrechlicher Rechtswahl gewählt wird. 430 Dass der Günstigkeitsvergleich des Art. 6 II Rom I-VO nicht greift, ist nur systemkonform, denn das GEK nur teilweise zur Anwendung kommen zu lassen widerspricht dem Ziel des Verordnungsvorschlags, nämlich der Harmonisierung der Kaufvertragsregeln (Erwägungsgrund 9).431 Nur so kann ein einheitliches Verbraucherschutzniveau in allen Mitgliedsstaaten garantiert werden.432 Einer Benachteiligung des Verbrauchers wird ohnehin durch das hohe Schutzniveau der materiellrechtlichen Vorschriften des GEK, die dem Schutzstandard in den Mitgliedstaaten gleichwertig sind oder diesen sogar übertreffen, entgegengewirkt.433 Diese Lösung wird bekräftigt durch Erwägungsgrund 12 Satz 2 GEK. 434 Bei Anwendbarkeit des GEK treten also dessen zwingende Verbraucherschutzvorschriften an die Stelle der Verbraucherschutzvorschriften der maßgeblichen nationalen Rechtsordnungen. 435 Dies ist keineswegs eine Neuerung, denn auch in anderen Auslandssachverhalten (bspw. beim Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters nach § 92c HGB) 436 können durch eine materiellrechtliche Vereinbarung zwingende Bestimmungen des anwendbaren Rechts abbedungen werden. Darüber hinaus ist eine kollisionshuber, GPR 2012, 2 sieht die Wahl des GEK aus diesem Grund als kollisionsrechtliche Rechtswahl nach Art. 3 Rom I-VO an. 429 Balthasar, RIW 2012, 361, 362; Mankowski, RIW 2012, 97, 100; ders., IHR 2012, 1, 2; Staudenmayer, NJW 2011, 3491, 3495; Eidenmüller/Jansen/Kieninger/G. Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269, 273 f.: diese Vorschaltlösung habe wohl allein kompetenzrechtliche Gründe. 430 Mankowski, RIW 2012, 97, 100 f.; Hesselink, Europ. Rev. Pr. L. 2012, 195, 198 ff.; Balthasar, RIW 2012, 361, 362; Basedow, Liber Amicorum Lando (2012) 27, 31 f. 431 Mankowski, RIW 2012, 97, 101 f.; Fornasier, RabelsZ 2012, 401, 409 f. 432 Stürner, GPR 2011, 236, 238; Fornasier, RabelsZ 2012, 401, 409 f.; Rühl, Maastricht J. Eur. & Comp. L. 2012, 148, 155. 433 Fornasier, RabelsZ 2012, 401, 412 f.; Balthasar, RIW 2012, 361, 362; Eidenmüller/Jansen/Kieninger/G. Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269, 273; Hesselink, Europ. Rev. Pr. L. 2012, 195, 200. 434 Mankowski, RIW 2012, 97, 101. 435 Mankowski, RIW 2012, 97, 102 f.; Staudenmayer, NJW 2011, 3491, 3495. 436 MüKo/von Hoyningen-Huene, § 92c HGB Rn. 15 f.
140
Kapitel 2: Die dépeçage bei vertraglichen Schuldverhältnissen
rechtliche Wahl des GEK als supranationales Regelwerk aufgrund des Verbots der Wahl nichtstaatlichen Rechts gar nicht direkt über Art. 3 Rom I-VO möglich, 437 sodass nur eine materiellrechtliche Rechtswahl in Frage kommen kann. 3. Fazit Mithin ist also keine subjektive dépeçage dahingehend möglich, dass für verschiedene Teile des Vertrags eine Wahl des GEK getroffen werden kann, während andere Teile dem nationalen Sachrecht unterliegen. Denn bei der Vereinbarung des GEK handelt es sich um eine materiellrechtliche Wahl, die schon begrifflich nicht unter die dépeçage fällt. II. Stellungnahme Aus dem Verordnungsentwurf für ein GEK ergibt sich dessen Rechtsnatur sowie das Verhältnis zum IPR nicht eindeutig. 438 Insofern ist eine Klarstellung erforderlich, um die sich daraus ergebenden Probleme zu vermeiden. 439 Es bleibt damit zu hoffen, dass das GEK nicht in dieser Fassung in Kraft tritt. Das Inkrafttreten des Verordnungsvorschlags scheint ohnehin fraglich, da einige Mitgliedstaaten Bedenken gegen die Erforderlichkeit eines solchen Instruments haben und der Deutsche Bundestag sogar eine Subsidiaritätsrüge erhoben hat.440
437
Fornasier, RabelsZ 2012, 401, 407; dazu eingehend Rühl, Maastricht J. Eur. & Comp. L. 2012, 148, 151 ff. m.w.N.; a.A. Stürner, GPR 2011, 236, 238 sowie W.-H. Roth, EWS 2012, 12, 14, die das GEK wegen der unmittelbaren Geltung als Verordnung in den Mitgliedstaaten dennoch als staatliches Recht bezeichnen. 438 Dazu eingehend Rühl, Maastricht J. Eur. & Comp. L. 2012, 148 ff. 439 Zur Problematik des Art. 6 Rom I-VO und der „inkonsequenten Auffassung der Kommission“ Eidenmüller/Jansen/Kieninger/G. Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269, 273 f. 440 BT-PlPr 17/146, S. 17501 vom 1.12.2012, siehe auch BT-Drucks. 17/8000 vom 30.11.2011.
Kapitel 3
Die dépeçage bei außervertraglichen Schuldverhältnissen In den autonomen Kollisionsrechten der Mitgliedstaaten der EU herrscht eine eher ablehnende Haltung gegenüber der dépeçage bei außervertraglichen Schuldverhältnissen. 1 Diese Zurückhaltung findet sich auch in der Rom II-VO und in den beiden Haager Übereinkommen zum internationalen Deliktsrecht, dem Haager Produkthaftungsübereinkommen und dem Haager Straßenverkehrsunfallübereinkommen, wieder: 2 Das ProdHaftÜbk enthält keine ausdrückliche Bestimmung für eine dépeçage. In Art. 8 ProdHaftÜbk wird der Anwendungsbereich des anwendbaren Rechts umschrieben, der alle Teile der Haftung (u.a. sowohl die Haftungsbegründung als auch die Schadenszumessung) erfasst, sodass auch hier kein Raum für eine dépeçage besteht. Gleiches gilt für das StVUnfallÜbk, dort findet sich ebenso keine ausdrückliche Bestimmung für eine dépeçage und Art. 8 StVUnfallÜbk bestimmt den Anwendungsbereich des nach dem Übereinkommen anwendbaren Rechts umfassend. Im Rahmen der Rom I-VO konnte auf die Regelungen des EVÜ zurückgegriffen werden, da das Übereinkommen Vorbild für die Rom I-VO war und in den meisten Mitgliedstaaten der EU angewandt wurde. Für die Rom II-VO gibt es solche EU-weiten Vorgängerregelungen gerade nicht. Vor Inkrafttreten der Verordnung galt in den Mitgliedstaaten im Bereich der außervertraglichen Schuldverhältnisse lediglich ihr eigenes Kollisionsrecht, weswegen für die Beurteilung der dépeçage in der Rom II-VO grundsätzlich nicht auf die einschlägigen Regelungen bspw. des EGBGB Bezug genommen werden kann. 1
Einen Überblick hierzu gibt Kadner Graziano, 374 ff. Diese Haltung bestand jedoch nicht schon immer, vielmehr sah der Entwurf eines einheitlichen IPR für die Niederlande, Belgien und Luxemburg in seinem Art. 14 eine solche dépeçage vor, indem die Abspaltung von Wirkungen einer unerlaubten Handlung bei engerer Verbindung zu einem anderen Staat gesondert angeknüpft werden sollten. Projet de loi uniforme relative au droit international privé élaboré par la Commission belgo-néerlando-luxembourgeoise pour l’étude de l’unification du droit (15.3.1950), abgedruckt in Rev. crit. 1951, 710, 713; hierzu näher Kadner Graziano, 372 f.; dieses Vorhaben wurde aber wieder aufgegeben, um nicht Plänen der EU zur Rechtsvereinheitlichung vorzugreifen. 2 Darauf weist auch Kadner Graziano, 378 hin.
142
Kapitel 3: Die dépeçage bei außervertraglichen Schuldverhältnissen
A. Entstehungsgeschichte und Methodik der Rom II-VO A. Entstehungsgeschichte und Methodik der Rom II-VO
In der Rom II-VO findet sich weder in subjektiver noch in objektiver Hinsicht ein Hinweis darauf, ob die dépeçage bei außervertraglichen Schuldverhältnissen zulässig ist. Jedoch kann allein aus dem Schweigen der Verordnung nicht der Schluss gezogen werden, eine dépeçage sei schlechthin unzulässig. 3 Es ist vielmehr vorab ein Blick in die Entstehungsgeschichte der Rom II-VO erforderlich, um deren Haltung zur dépeçage festzustellen. I. Verordnungsgebungsprozess im Hinblick auf die dépeçage Im Folgenden wird sich auf den Verordnungsgebungsprozess ab 2003 beschränkt, da die vorherige Entwicklung in Bezug auf die dépeçage nicht relevant ist.4 1. Verordnungsvorschlag der Kommission von 2003 Im Entwurf der Europäischen Kommission aus dem Jahre 2003 5 war keine ausdrückliche Regelung einer dépeçage vorgesehen. Art. 10 des Vorschlags normierte die nachträgliche Rechtswahl, ohne auf die Zulässigkeit einer Teilrechtswahl einzugehen, während Art. 3 als allgemeine Kollisionsnorm das Recht des Tatorts zur Anwendung berief. Art. 13 VOE bestimmte, dass unabhängig vom anzuwendenden Recht bei der Feststellung der Haftung die Sicherheits- und Verhaltensregeln am Ort und zum Zeitpunkt des Eintritts des schädigenden Ereignisses zu berücksichtigen sein sollten. In der Begründung zum Kommissionsentwurf wurde deutlich gemacht, dass zwischen der Berücksichtigung und der Anwendung fremden Rechts zu unterscheiden sei. 6 In Art. 13 VOE war lediglich die Berücksichtigung als Sachverhaltselement gemeint; eine dépeçage bezüglich der Sicherheits- und Verhaltensregeln war also ausgeschlossen. Insgesamt kann der Verordnungsvorschlag als traditionellen europäischen Methoden folgend angesehen werden.7
3
Calliess/von Hein, Art. 14 Rom II-VO Rn. 35. Zur Entwicklung vor 2003 siehe von Hein, FS Kropholler (2008) 553, 555 ff. sowie ders., ZVglRWiss 2003, 528 ff. 5 Vorschlag für eine Verordnung der Europäischen Parlaments und des Rates für eine Verordnung über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II-VO“) vom 22.7.2003, KOM(2003) 427 endg. 6 KOM(2003) 427 endg., Begründung zu Art. 13. 7 von Hein, Tulane L. Rev. 82 (2008) 1663, 1675. 4
A. Entstehungsgeschichte und Methodik der Rom II-VO
143
2. Standpunkt des Parlaments a) Issue-by-issue-Analyse in der allgemeinen Kollisionsnorm aa) Vorschlag des Parlaments nach US-amerikanischem Vorbild In der Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 6. Juli 2005 zum Kommissionsvorschlag 8 fand sich in Art. 4 IV die Bestimmung, dass das befasste Gericht im Rahmen der allgemeinen Kollisionsnorm bei der Prüfung der Frage des anwendbaren Rechts erforderlichenfalls jede Frage des Rechtsstreits einer gesonderten Prüfung unterziehen soll. Dadurch sollten die Gerichte die Möglichkeit erhalten, mittels einer dépeçage alle in Frage kommenden inakzeptablen Vorschriften abzuwehren. 9 Diese Regelung habe zudem höchstmögliche Rechtssicherheit zum Ziel; die Gerichte sollten nach ihrem Ermessen eine Lösung finden, die geeignet sei, Gerechtigkeitserwägungen und den vernünftigen Erwartungen der Parteien bei möglichst geringem Risiko des Forum Shoppings gerecht zu werden. 10 Denn übermäßig strenge Kollisionsnormen führten nicht zwingend zu höherer Rechtssicherheit oder vorhersehbaren Ergebnissen, vielmehr würden die Gerichte in solchen Fällen die Streitpunkte häufig als prozessrechtlich qualifizieren, um gerechte Ergebnisse im Einzelfall zu erzielen.11 Es ist auffällig, dass diese Haltung und insbesondere die Begründung hierzu vom US-amerikanischen Recht inspiriert ist.12 Die von Wallis beschriebene prozessrechtliche Qualifikation einzelner Fragen wurde, mit dem Ziel, die strikten Kollisionsnormen des Restatement (First) zu umgehen und damit sachgerechte Ergebnisse herbeizuführen, in den USA bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts angewandt.13 Auch die Ausschaltung miss8 Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“), Erste Lesung, Sitzung vom 6.7.2005, (KOM(2003)0427 – C5-0338/2003 – 2003/0168 (COD)), ABl. 2006 Nr. C 157 E/371, abgedruckt in IPRax 2006, 413. 9 Entwurf einer legislativen Entschließung des Europäischen Parlaments über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) vom 27.6.2005, Berichterstatterin: Diana Wallis, Dok. A6-EP 0211/2005 (KOM(2003)0427 – C50338/2003 - 2003/0168(COD)), Begründung zu Änderungsantrag 26. 10 Siehe vorige Fn. 11 Siehe Fn. 9. 12 So auch von Hein, Tulane L. Rev. 82 (2008) 1663, 1666; ders., FS Kropholler (2008) 553, 561; R. Wagner, FS Kropholler (2008) 715, 716. 13 E. Wagner, 96; Wilde, S. Cal. L. Rev. 41 (1968) 329, 333; so z.B. in Kilberg v. Bortheast Airlines, Inc., 9 N.Y. 2d 34, 41 f.; 172 N.E. 2d 526; 211 N.Y.S. 2d 133 (1961), wo die Bemessung von Schadensersatz wegen widerrechtlicher Tötung als prozessrechtlich qualifiziert wurde.
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Kapitel 3: Die dépeçage bei außervertraglichen Schuldverhältnissen
liebiger Normen und die damit verbundene Ergebnisorientierung sind typisch für das US-amerikanische Kollisionsrecht (hierzu oben Kap. 1 B III). bb) Kritik aus der Literatur Der Vorschlag des Parlaments wurde im Schrifttum überwiegend negativ aufgenommen. 14 Zunächst wurde kritisiert, dass eine solche Ausweichklausel die Vorhersehbarkeit des anwendbaren Rechts und den internationalen Entscheidungseinklang beeinträchtige. 15 Zudem bedeute die Einführung einer solchen Norm eine methodologische Abkehr vom traditionellen europäischen IPR, das auf den Prinzipien Savignys beruht.16 Ein solcher Methodenwechsel, der nur auf das internationale Deliktsrecht beschränkt sei, führe zu erheblichen Unklarheiten in der Praxis. 17 Darüber hinaus widerspreche diese Ausweitung der Ausweichklausel den vorherigen Bestrebungen der Kommission, die aufgrund der exzessiven Anwendung der Ausweichklausel in einigen Mitgliedstaaten und der damit einhergehenden Rechtsunsicherheit sogar so weit gingen, die Ausweichklausel in der Rom I-VO ganz zu streichen. 18 b) Objektive dépeçage bei Verkehrsunfällen aa) Vorschlag des Parlaments Darüber hinaus schlug das Parlament in Art. 4 II seines Entwurfs unter Bezugnahme auf die Kraftfahrzeughaftpflichtrichtlinie 19 vor, dass bei Personenschäden infolge von Verkehrsunfällen das befasste Gericht hinsichtlich der Art und der Höhe der Schadensersatzansprüche jene Vorschriften anzuwenden habe, die am üblichen Aufenthaltsort jedes einzelnen Opfers gelten – es sei denn dies wäre für das Opfer unbillig. Konsequenterweise war dies auch in Art. 7 II PE vorgesehen, der speziell auf Verkehrsunfälle zugeschnitten war. Dies wurde damit begründet, dass der Geschädigte nach der Kfz-Haftpflichtrichtlinie direkt eine außergerichtliche Einigung mit dem Schadensregulierungsbeauftragten des Versicherers des Schädigers im 14
Bspw. von Hein, FS Kropholler (2008) 553, 561; Kreuzer, in: The Unification of Choice of Law Rules on Torts (2006) 45, 67 f. 15 von Hein, FS Kropholler (2008) 553, 561; Kreuzer, in: The Unification of Choice of Law Rules on Torts (2006) 45, 67 ff. 16 von Hein, FS Kropholler (2008) 553, 561; Leible, in: Europäisches Gemeinschaftsrecht und IPR (2007) 31, 38 ff. 17 von Hein, FS Kropholler (2008) 553, 561. 18 von Hein, FS Kropholler (2008) 553, 561 f. 19 RL 2005/14/EG vom 11.5.2005 zur Änderung der Richtlinien 72/166/EWG, 84/5/EWG, 88/357/EWG und 90/232/EWG des Rates sowie der Richtlinie 2000/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung.
A. Entstehungsgeschichte und Methodik der Rom II-VO
145
Heimatland des Geschädigten herbeiführen dürfe (und mangels Einigung eine Klage gegen den Versicherer in seinem Heimatland einreichen könne). 20 Daher sei es gerechter für den Geschädigten und praktikabler für die Versicherung und das Gericht, wenn auf Art und Höhe des Schadensersatzes das Recht des Staates Anwendung finde, in dem der Geschädigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt habe. 21 Hiernach wäre also eine dépeçage dahingehend möglich, dass für den Schadensersatz ein anderes Recht gilt als für die Haftungsbegründung. Dies entspricht der im US-amerikanischen Recht praktizierten gesonderten Anknüpfung von loss allocation und conduct regulation (siehe oben Kap. 1 B III 2 b),22 die ausdrücklich in der IPR-Kodifikation von Louisiana enthalten ist.23 Bezüglich Art. 13 des Entwurfs betreffend Sicherheits- und Verhaltensregeln ist anzumerken, dass das Parlament zur Klarstellung den Zusatz „wie ein Sachverhaltselement zu berücksichtigen“ und „sofern dies angemessen ist“ vorschlug. 24 Dies wurde damit begründet, dass die Berücksichtigung örtlicher Sicherheits- und Verhaltensregeln zwar bspw. bei Verkehrsunfällen eine Rolle spiele, nicht aber bei Wettbewerbsverstößen oder Persönlichkeitsrechten. 25 Diese Einschränkung sei dadurch wohl motiviert, dass in diesen Bereichen Schadensverteilung (loss allocation) und Verhaltensregulierung (conduct regulation) so eng miteinander verflochten seien, dass das Gericht frei entscheiden könne, welches Recht es anwende und welche Normen es auf materieller Ebene berücksichtige. 26 Um eine dé-
20
Entwurf einer legislativen Entschließung des Europäischen Parlaments vom 27.6.2005, Dok. A6-EP 0211/2005 (KOM(2003)0427 – C5-0338/2003 - 2003/0168 (COD)), Begründung zu Änderungsantrag 26. 21 Siehe vorige Fn. 22 Näher von Hein, FS Kropholler (2008) 553, 560 f. 23 Book IV of Louisiana Civil Code, enacted by Act of 1991, in Kraft getreten am 1. Januar 1992 als erste IPR-Kodifikation in den Vereinigten Staaten, abgedruckt in RabelsZ 1993, 508 ff. Die Kodifikation enthält verschiedene Kollisionsnormen für Fragen der Schadensverteilung und der Verhaltensregulierung: art. 3543 (issues of conduct and safety), art. 3544 (issues of loss distribution); vgl. dazu ausführlich Symeonides, Tulane L. Rev. 83 (2009) 1041, 1068 ff. 24 Entwurf einer legislativen Entschließung des Europäischen Parlaments, Dok. A6EP 0211/2005 (KOM(2003)0427 – C5-0338/2003 - 2003/0168(COD)), Änderungsantrag 45. 25 Entwurf einer legislativen Entschließung des Europäischen Parlaments, Dok. A6EP 0211/2005 (KOM(2003)0427 – C5-0338/2003 - 2003/0168(COD)), Begründung zu Änderungsantrag 45. 26 Kaminsky, Tulane L. Rev. 85 (2010) 55, 90; ebenso in Bezug auf Wettbewerbsdelikte von Hein, FS von Hoffmann (2011) 139, 143, der von einer Beeinflussung durch die Schweizerische Literaur hierzu ausgeht, denn danach habe das anwendbare Deliktsrecht ohnehin schon verhaltensregelnde Funktion inne.
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Kapitel 3: Die dépeçage bei außervertraglichen Schuldverhältnissen
peçage handelt es sich hierbei allerdings nicht (vgl. dazu auch Kap. 1 A IV 3 sowie Kap. 3 A II). bb) Kritik aus der Literatur Dieser Vorschlag wurde in der Literatur weitgehend abgelehnt.27 Zunächst sei die Abgrenzung von Personen- und Sachschäden nur schwierig durchführbar, Gleiches gelte für die Abgrenzung zwischen Haftungsbegründung und der Art der zu ersetzenden Schäden. 28 Vor allem aber sei es für den Schädiger nicht vorhersehbar, in welchem Staat der Geschädigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt habe und wonach sich damit der Schadensersatz richte.29 Eine solche Regelung könne darüber hinaus zur Folge haben, dass in manchen Staaten die Versicherungsprämien stiegen, da das Risiko abgedeckt werden müsse, dass ein Verkehrsteilnehmer in einen Unfall mit einem Geschädigten aus einem Staat mit einem hohen Haftungsstandard verwickelt werde.30 Dies könne insbesondere in wirtschaftlich schwachen Staaten zu einer Beschränkung der Mobilität führen. 31 Zudem seien Mitverschuldenskonstellationen nur schwer lösbar, weil in einem solchen Fall wechselseitig verschiedene Rechtsordnungen angewandt werden müssen. 32 Bei Massenunfällen erhöhte die Anwendung verschiedener Rechtsordnungen für jedes Opfer die Kosten der Abwicklung und erschwerte den Regress zwischen Versicherungen und Sozialversicherungsträgern.33 Außerdem werde der einheitliche Zusammenhang der Haftung aus unerlaubter Handlung zerstört und die Anwendung verschiedener Rechtsordnungen auf Haftungsbegründung und Haftungsfolgen führe dadurch, dass Rechtsinstitute zerrissen und daher nicht mehr ihren ursprünglichen Zweck verfolgen können, zu Widersprüchen. 34 Überdies sei die Regelung mit der Methodik 27
Adensamer, ZVR 2006, 523, 526 f.; von Hein, VersR 2007, 440, 443; Malatesta, RDIPP 2007, 47, 55 ff.; Malatesta, in: The Unification of Choice of Law Rules on Torts (2006) 85, 93 ff.; A. Staudinger, EuLF 2005, I-61, I-64 f.; Thiede/Ludwichowska, ZVglRWiss 2007, 92, 100 ff.; G. Wagner, IPRax 2006, 372, 379. 28 Adensamer, ZVR 2006, 523, 527. 29 Calliess/von Hein, Art. 4 Rom II-VO Rn. 32; Malatesta, in: The Unification of Choice of Law Rules on Torts (2006) 85, 95; A. Staudinger, EuLF 2005, I-61, I-64; von Hein, VersR 2007, 441, 443; in diesem Sinne auch Thiede/Ludwichowska, ZVglRWiss 2007, 92, 101. 30 Adensamer, ZVR 2006, 523, 527; von Hein, VersR 2007, 441, 444; Thiede/Ludwichowska, ZVglRWiss 2007, 92, 101; G. Wagner, IPRax 2006, 372, 379. 31 Adensamer, ZVR 2006, 523, 527. 32 Adensamer, ZVR 2006, 523, 527; A. Staudinger, ZGS 2005, 121; ders., EuLF 2005, I-61, I-65. 33 von Hein, VersR 2007, 441, 444; G. Wagner, IPRax 2006, 372, 379. 34 Malatesta, in: The Unification of Choice of Law Rules on Torts (2006) 85, 95 f.; Thiede/Ludwichowska, ZVglRWiss 2007, 92, 101 f.
A. Entstehungsgeschichte und Methodik der Rom II-VO
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der Rom II-VO nur schwerlich zu vereinbaren, denn der Parlamentsvorschlag führe dazu, dass die Gerichte immer das für das Opfer günstigste Recht anwenden, was auf eine starke Ergebnisorientierung hinausliefe. 35 3. Geänderter Vorschlag der Kommission von 2006 Die Kommission übernahm die Änderungswünsche des Parlaments nicht in ihren Entwurf vom 21. Februar 200636. Die gesonderte Anknüpfung von Art und Höhe des Schadensersatzes bei Verkehrsunfällen wurde abgelehnt, da insoweit zwei unterschiedliche Rechtsordnungen auf die unerlaubte Handlung Anwendung fänden, was deutlich vom Recht der Mitgliedstaaten abweiche. 37 Eine solche Regelung könne nicht ohne vorherige Prüfung in die Verordnung übernommen werden, daher wurde vorgeschlagen, diese Frage im Rahmen des Berichts über die Anwendung der Verordnung zu untersuchen. 38 Art. 4 IV des Parlamentsvorschlags wurde ersatzlos und ohne Begründung gestrichen. Auch im Gemeinsamen Standpunkt, der hierauf folgte, war eine dépeçage nicht vorgesehen. 39 4. Stellungnahme des Parlaments von 2007 Anschließend erfolgte am 18. Januar 2007 eine erneute Stellungnahme des Europäischen Parlaments.40 In Art. 22 dieses Parlamentsentwurfs fand sich die Bestimmung, dass das befasste Gericht im Zuge der Schadensberechnung bei Personenschäden den Grundsatz des Ersatzes des Integritätsinteresses unter Berücksichtigung der tatsächlichen Umstände des Opfers in dem Land, in dem es seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, anzuwenden habe. Dies wurde noch einmal in Erwägungsgrund 34 klargestellt. Dadurch sollte das gleiche Ergebnis wie durch den abgelehnten Art. 4 II des Parla-
35
von Hein, in: The Rome II Regulation on the Law Applicable to Non-Contractual Obligations (2009) 153, 162; Malatesta, in: The Unification of Choice of Law Rules on Torts (2006) 85, 95 f. 36 Geänderter Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) vom 21.2.2006, KOM(2006) 83 endg., abgedruckt in IPRax 2006, 404. 37 KOM(2006) 83 endg., 3.3, zu Abänderung 26. 38 KOM(2006) 83 endg., 3.3, zu Abänderung 26. 39 Gemeinsamer Standpunkt (EG) Nr. 22/2006 vom Rat festgelegt am 25.9.2006 im Hinblick auf die Annahme der Verordnung (EG) Nr. …/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom … über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („ROM II“), ABl. 2006 Nr. C 289 E/68. 40 Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 18.1.2007, zweite Lesung, Dok. P6_TC2-COD(2003)0168, ABl. 2007 Nr. C 244 E/194.
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Kapitel 3: Die dépeçage bei außervertraglichen Schuldverhältnissen
mentsentwurfs von 2003 erreicht werden.41 Darüber hinaus wurde ein Erwägungsgrund 35 vorgeschlagen, in dem es heißt, dass jeder Kläger oder Beklagte jede durch seinen Anspruch bzw. Gegenanspruch aufgeworfene Frage des anwendbaren Rechts prüfen und dem Gericht bzw. den anderen Parteien mitteilen könne, „welche Rechtsordnung oder welche Rechtsordnungen seiner Meinung nach auf den gesamten Anspruch oder Teile davon anwendbar ist bzw. sind“. 42 Diese ausdrückliche Erwähnung von Teilen eines Anspruchs hätte wohl die Zulässigkeit der dépeçage in der Rom IIVO bedeutet. Die Kommission hat diese Vorschläge jedoch nicht übernommen. 43 II. Endgültige Fassung der Rom II-VO Die endgültige Fassung der Rom II-VO enthält keinen der im Vorfeld diskutierten Ansätze, die eine dépeçage ermöglicht hätten. Lediglich in Erwägungsgrund 33 (dazu Kap. 3 C I 4) ist ein Überbleibsel des umstrittenen Parlamentsvorschlags zu finden. Hiernach sollen bei einem Straßenverkehrsunfall in einem anderen Staat als dem des gewöhnlichen Aufenthalts des Opfers alle relevanten tatsächlichen Umstände des jeweiligen Opfers gemäß den geltenden nationalen Bestimmungen über den Schadensersatz berücksichtigt werden, insbesondere einschließlich tatsächlicher Verluste und Kosten für Nachsorge und medizinische Versorgung. Diese Regelung stellt einen Kompromiss zwischen dem Parlamentsvorschlag und der Auffassung der Kommission dar, der sehr umstritten und bis zuletzt heftig diskutiert worden war.44 Auch über Art. 17 Rom II-VO (aus dem mittlerweile die Einschränkung in Bezug auf Wettbewerbsverletzungen gestrichen wurde)45 können ausländische Sicherheits- und Verhaltensregeln lediglich berücksichtigt werden; eine gesonderte Anknüpfung der Schadensverteilung im Sinne einer dépeçage ist nicht möglich. 46 Die Rom II-VO folgt noch immer der auf Savigny zurückzuführenden traditionellen Methodik des europäischen IPR, indem sie versucht, das räumlich beste Recht zur Anwendung zu berufen und eine Orientierung am 41 Entwurf des Rechtsausschusses des Europäischen Parlaments vom 8.11.2006, Berichterstatterin: Diana Wallis, Dok. 9751/7/2006 - C6-0317/2006 - 2003/0168 (COD), Begründung zu Änderungsantrag 11. 42 Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 18.1.2007, zweite Lesung, Dok. P6_TC2-COD(2003)0168, ABl. 2007 Nr. C 244 E/194. 43 Stellungnahme der Kommission vom 14.3.2007, KOM(2007) 126 endg., 2003/0168 (COD). 44 Siehe hierzu R. Wagner, FS Kropholler (2008) 715, 722 f. 45 Zu den sich daraus ergebenden Problemen von Hein, FS von Hoffmann (2011) 139, 155 f. 46 von Hein, FS von Hoffmann (2011) 139, 141.
B. Subjektive Anknüpfung
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materiellrechtlichen Ergebnis zu vermeiden. 47 Sie folgt weitgehend dem Prinzip der engsten Verbindung, was aber mittels relativ strikter Kollisionsnormen konkretisiert wird. 48 Einer issue-by-issue-Analyse nach USamerikanischem Vorbild, insbesondere der Aufspaltung von loss allocation und conduct regulation, wurde eine Absage erteilt.49 Zwar wird geltend gemacht, dass hierdurch an Flexibilität eingebüßt worden sei. 50 Die strengen Kollisionsnormen werden jedoch durch Ausweichklauseln aufgelockert.51 Damit wurde versucht, einen Ausgleich zwischen Rechtssicherheit und Flexibilität zu finden. Wie die Entstehungsgeschichte der Rom II-VO zeigt, stellte sich dies als schwierig heraus. 52
B. Subjektive Anknüpfung B. Subjektive Anknüpfung
Es gilt nun zu untersuchen, ob trotz der Nichterwähnung der dépeçage in der Rom II-VO möglicherweise eine Teilrechtswahl zulässig ist. I. Art. 14 Rom II-VO Wurde die Parteiautonomie im IPR der außervertraglichen Schuldverhältnisse bis vor ungefähr 50 Jahren noch abgelehnt,53 so entspricht ihre Zulässigkeit heute der allgemeinen Meinung. 54 Art. 14 Rom I-VO gibt den Parteien die Möglichkeit, das auf ihr Schuldverhältnis anwendbare Recht (grundsätzlich erst nach dessen Entstehung) frei zu wählen. Jedoch spielt 47
Hay, EuLF 2007, I-137, I-143; von Hein, VersR 2007, 440, 441; ders., FS Kropholler (2008) 553, 564 f.; ders., ZEuP 2009, 6, 9; ders., Tulane L. Rev. 82 (2008) 1663, 1707; Kozyris, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 471, 480, 487; Symeonides, YbPIL 2007, 149, 150. 48 von Hein, ZEuP 2009, 6, 9. 49 Dies befürwortend bspw. Dickinson, 4.78; Kozyris, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 471, 480. 50 Kritisch hierzu daher Symeonides, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 173, 184 ff.; Plender/ Wilderspin, 18-008; dieser Kritik grundsätzlich zustimmend Mills, in: The Rome II Regulation on the Law Applicable to Non-Contractual Obligations (2009) 133, 144 f.; befürwortend aber Kozyris, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 471, 474 f. 51 Hay, EuLF 2007, I-137, I-143; Symeonides, YbPIL 2007, 149, 157. 52 Kramer, NIPR 2008, 414, 423; hierzu eingehend von Hein, FS Kropholler (2008) 553 sowie Weintraub, Liber Amicorum Hay (2005) 451. 53 Bspw. Raape, FS Boehmer (1954) 111, 121 f.; hierzu auch von Hein, RabelsZ 2000, 595, 597 m.w.N. sowie Leible, FS Jayme (2004) 485, 493 ff. 54 MüKo/Junker, vor Art. 14 Rom II-VO Rn. 1; Staudinger/von Hoffmann, Art. 42 EGBGB Rn. 1; de Boer, YbPIL 2007, 19, 20; Garcimartín Alférez, EuLF 2007, I-77, I82; Hohloch, NZV 1988, 161, 162; Kadner Graziano, RabelsZ 2009, 1, 5; Leible, FS Jayme (2004) 485, 494; so auch schon LG Hamburg 19.12.1973, IPRspr. 1973 Nr. 18; zurückhaltend aber von Bar, IPR II, § 6 Rn. 676 f.
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Kapitel 3: Die dépeçage bei außervertraglichen Schuldverhältnissen
die Parteiautonomie in der Praxis im internationalen Deliktsrecht keine große Rolle, da es einerseits oft unwahrscheinlich ist, dass die Parteien sich vor dem Schadensfall überhaupt treffen (bspw. bei Verkehrsunfällen) und es andererseits nach Eintritt des Schadens im Prozess oft keine Einigung der Parteien über das anwendbare Recht gibt, weil das für den einen günstige Recht für den anderen ungünstig ist.55 Darüber hinaus stellt die Parteiautonomie im internationalen Deliktsrecht für viele europäische Staaten eine Neuerung dar.56 Dennoch hat die Parteiautonomie im europäischen IPR der außervertraglichen Schuldverhältnisse als allgemeines Anknüpfungsprinzip einen hohen Stellenwert – wenn auch nicht in dem Maße wie bei vertraglichen Schuldverhältnissen – und ist nicht lediglich eine „Verlegenheitslösung“. 57 1. Zulässigkeit der subjektiven dépeçage a) Gegen die Zulässigkeit der Teilrechtswahl Die Unzulässigkeit der subjektiven dépeçage wird zunächst mit dem Wortlaut des Art. 14 Rom II-VO begründet, der sich nur auf „ein Recht“ bzw. „das außervertragliche Schuldverhältnis“58 beziehe. 59 Zudem enthielte Art. 14 Rom II-VO keine dem Art. 3 I 3 Rom I-VO vergleichbare Bestimmung, woraus zu schließen sei, dass keine Teilrechtswahl der Parteien zulässig sei. 60 Die Tatsache, dass die subjektive dépeçage nicht in der Vorschrift erwähnt sei, sei auf eine bewusste Entscheidung des Verordnungsgebers zurückzuführen. 61 Denn da Art. 14 Rom II-VO dem Art. 3 EVÜ nachgebildet worden sei, erscheine es unwahrscheinlich, dass hierbei die Teilrechtswahl schlichtweg übersehen worden sei. 62 Zudem könne auch Erwägungsgrund 31 Satz 3 angeführt werden, der im Gegensatz zur legislativen Entschließung des Europäischen Parlaments von 200763 nicht mehr 55
Calliess/von Hein, Art. 4 Rom II-VO Rn. 12; Garcimartín Alférez, EuLF 2007, I77, I-82; von Hein, RabelsZ 2000, 595, 610. 56 von Hein, RabelsZ 2000, 595, 603 ff. 57 Leible, in: Europäisches Gemeinschaftsrecht und IPR (2007) 31, 45 f.; ders., FS Jayme (2004) 485, 503. 58 Hervorhebungen hinzugefügt. 59 Dickinson, 13.20; Stoll, FS Reischauer (2010) 389, 414. 60 de Lima Pinheiro, RDIPP 2008, 5, 13; eher offenlassend PWW/Schaub, Art. 14 Rom II-VO Rn. 2. 61 So Kramer, NIPR 2008, 414, 423 und de Lima Pinheiro, RDIPP 2008, 5, 13, die diese Entscheidung jedoch kritisieren. 62 Calliess/von Hein, Art. 14 Rom II-VO Rn. 35; de Lima Pinheiro, RDIPP 2008, 5, 13. 63 Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende
B. Subjektive Anknüpfung
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die Formulierung „der gesamte Anspruch oder Teile davon“ enthielte.64 Aus dem Verordnungsgebungsverfahren (hierzu Kap. 3 A) sei eine generell ablehnende Haltung der Rom II-VO gegenüber der dépeçage abzuleiten.65 Hierfür spreche außerdem, dass die dépeçage in der Rom I-VO als Ausnahmeregelung nicht analogiefähig sei. 66 Darüber hinaus wird geltend gemacht, aus Art. 15 Rom II-VO, der den Geltungsbereich des nach der Verordnung anzuwendenden Rechts auf die dort aufgelisteten Bereiche erstrecke, ergebe sich die Einheit des Deliktsstatuts und somit die Unzulässigkeit einer Abspaltung von Teilbereichen. 67 Überdies ist bei Wettbewerbsverstößen sowie der Verletzung von Immaterialgüterrechten die Rechtswahl gänzlich ausgeschlossen (Kap. 3 B II 1 e), obwohl dies die wohl praktisch relevantesten Fallgruppen darstellen, in denen eine auf den Schadensersatz begrenzte Teilrechtswahl in Erwägung gezogen werden könnte. Letztlich beruhe Art. 14 I Rom II-VO auf der traditionellen Methodik des europäischen IPR und sei in keiner Weise ergebnisorientiert,68 was einer dépeçage ebenfalls entgegenstehe. Daher wird die Zulässigkeit der Teilrechtswahl innerhalb des Art. 14 Rom II-VO teilweise abgelehnt.69 b) Für die Zulässigkeit der Teilrechtswahl Im Rahmen des Art. 42 EGBGB bejaht die h.L. die Zulässigkeit der subjektiven dépeçage entsprechend zum auf Schuldverträge anzuwendenden Kollisionsrecht.70 Dies wird vielfach auch in Bezug auf Art. 14 Rom II-VO vertreten.71 Hierfür wird angeführt, dass nach Erwägungsgrund 7 Rom IIRecht („ROM II“), (9751/7/2006 – C6-0317/2006 –2003/0168 (COD)) angenommen vom Europäischen Parlament am 18.1.2007, siehe dort Erwägung 29b. 64 Calliess/von Hein, Art. 14 Rom II-VO Rn. 35; Dickinson, 13.20. 65 Calliess/von Hein, Art. 14 Rom II-VO Rn. 35; Reppy, Tulane L. Rev. 82 (2008) 2053, 2086 f. 66 Jayme, in: Kollisionsrecht in der EU (2008) 63, 74, der sich allerdings nicht zur Zulässigkeit der dépeçage in der Rom II-VO äußert. 67 von Hein, FS Kropholler (2008) 553, 564; Kozyris, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 471, 482; Kramer, NIPR 2008, 414, 422. 68 Bertoli, Riv. dir. int. 2009, 397, 705; Symeonides, YbPIL 2007, 149, 150. 69 Calliess/von Hein, Art. 14 Rom II-VO Rn. 35; Hay/Weintraub/Borchers, Comparative Conflict of Laws, 179; Dickinson, 13.20; von Hein, ZEuP 2009, 6, 19 in Fn. 76; ders., in: The Rome II Regulation on the Law Applicable to Non-Contractual Obligations (2009) 153, 160; Kozyris, Am. J. of Comp. L. 56 (2008) 471, 478; Kramer, NIPR 2008, 414, 423; ablehnend wohl auch Bogdan, in: The Rome II Regulation on the Law Applicable to Non-Contractual Obligations (2009) 219, 222 in Fn. 10. 70 Staudinger/von Hoffmann, Art. 42 EGBGB Rn. 8; Erman/Hohloch, Art. 42 EGBGB Rn. 4; Freitag/Leible, ZVglRWiss 2000, 101, 109; Hohloch/Jaeger, JuS 2000, 1133, 1136; A. Staudinger, DB 1999, 1589, 1590; offenlassend Junker, JZ 1999, 477, 479. 71 MüKo/Junker, Art. 14 Rom II-VO Rn. 37; Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 14 Rom II-VO Rn. 2; Rauscher/Jakob/Picht, Art. 14 Rom II-VO Rn. 34; Erman/Hohloch,
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Kapitel 3: Die dépeçage bei außervertraglichen Schuldverhältnissen
VO die Verordnung einheitlich mit der Rom I-VO auszulegen sei, die eine Bestimmung der Teilrechtswahl enthalte. 72 Mangels anderer einschlägiger Regelungen gälten somit für die Rechtswahl in der Rom II-VO die Grundsätze des Art. 3 Rom I-VO, wonach die Rechtswahl ausdrücklich, konkludent oder eben auch partiell erfolgen könne. 73 Auch aus der hohen Bedeutung der Parteiautonomie sei zu folgern, dass eine Teilrechtswahl zulässig sein müsse. 74 c) Stellungnahme Die bloße Tatsache, dass die subjektive dépeçage in der Rom II-VO keine Erwähnung findet, kann nicht als Argument gegen ihre Zulässigkeit angeführt werden.75 Dass diese Nichterwähnung auf eine bewusste Entscheidung des Verordnungsgebers zurückzuführen ist, kann angezweifelt werden. Denn Art. 14 Rom II-VO enthält ebenso keine Regelung dazu, wonach sich Abschluss und Wirksamkeit der Rechtswahl beurteilen, woraufhin die wohl h.M. auf diese Frage Art. 3 V Rom I-VO sowie die Artt. 10, 11 und 13 Rom I-VO analog anwendet.76 Auch im Rahmen der Abänderbarkeit der Rechtswahlvereinbarung wird für die Rom II-VO mangels Regelung auf die Rom I-VO zurückgegriffen. 77 Dies entspricht der in Erwägungsgrund 7 Rom II-VO erwähnten einheitlichen Auslegung der beiden Verordnungen. 78 Da auch die in Art. 3 I 3 Rom I-VO erwähnte Teilrechtswahl keine Entsprechung in Art. 14 Rom II-VO findet, kann im Wege der Art. 14 Rom II-VO Rn. 7; Bertoli, Riv. dir. int. 2009, 397, 704 f.; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; Leible, RIW 2008, 257, 260; Mills, in: The Rome II Regulation on the Law Applicable to Non-Contractual Obligations (2009) 133, 148 f.; Symeonides, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 174, 186; einschränkend Palandt/Thorn, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; offenlassend Jayme, in: Kollisionsrecht in der EU (2008) 63, 74. 72 MüKo/Junker, Art. 14 Rom II-VO Rn. 8, 37; Palandt/Thorn, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; jurisPK/Wurmnest, Art. 14 Rom II-VO Rn. 6; Huber/Bach, Art. 14 Rom II-VO Rn. 10. 73 Palandt/Thorn, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; Leible, RIW 2008, 257, 260; Rudolf, ÖJZ 2010, 300, 301. 74 Rauscher/Jakob/Picht, Art. 14 Rom II-VO Rn. 34; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; Leible, RIW 2008, 257, 260; Mills, in: The Rome II Regulation on the Law Applicable to Non-Contractual Obligations (2009) 133, 149; so zum EGBGB auch: Staudinger/ von Hoffmann, Art. 42 EGBGB Rn. 8; Polak, 21. 75 Ebenso Calliess/von Hein, Art. 14 Rom II-VO Rn. 35; Erman/Hohloch, Art. 14 Rom II-VO Rn. 7. 76 Rauscher/Jakob/Picht, Art. 14 Rom II-VO Rn. 27; BeckOK/Spickhoff, Art. 14 Rom II-VO Rn. 3; Heiss/Loacker, JBl. 2007, 613, 623; Kadner Graziano, RabelsZ 2009, 1, 13. 77 Rauscher/Jakob/Picht, Art. 14 Rom II-VO Rn. 26. 78 Rauscher/Jakob/Picht, Art. 14 Rom II-VO Rn. 27; BeckOK/Spickhoff, Art. 14 Rom II-VO Rn. 3.
B. Subjektive Anknüpfung
153
Lückenfüllung Rückgriff auf erstere genommen werden, um so durch eine einheitliche Auslegung zur Teilrechtswahl in der Rom II-VO zu gelangen. Bei Art. 3 I 3 Rom I-VO handelt es sich nicht um eine Ausnahmeregelung, die nicht analogiefähig ist, vielmehr stellt der gesamte Art. 3 Rom I-VO die Grundregel zur Rechtswahl dar, auf die mangels entsprechender Regelung in der Rom II-VO zurückzugreifen ist. Auch die Entstehungsgeschichte des Erwägungsgrundes 31, der im Verordnungsgebungsverfahren noch die später gestrichene Formulierung „der gesamte Anspruch oder Teile davon“ enthielt (siehe oben Kap. 3 A I 4), kann nicht als strikte Entscheidung gegen die subjektive dépeçage angeführt werden. Es besteht einerseits die Möglichkeit, die dépeçage ausdrücklich zu erwähnen und somit möglicherweise die Parteien erst auf den Gedanken der Spaltung des Deliktsstatuts zu bringen. Andererseits kann die dépeçage auch bewusst nicht im Verordnungstext erwähnt werden, und zwar nicht mit dem Ziel, sie zu untersagen, sondern lediglich um die Parteien nicht auf die Möglichkeit der Spaltung zu stoßen und somit ihren exzessiven Gebrauch zu vermeiden. In letzterem Fall wären die weitere Entwicklung der dépeçage und ihre Konsequenzen der Rechtsprechung und Lehre überlassen. Zwar steht Art. 15 Rom II-VO mit der darin enthaltenen Auflistung, welche Bereiche das Deliktstatut umfasst, auf den ersten Blick der Zulässigkeit der Teilrechtswahl entgegen. Jedoch kann genau wie im Rahmen des Art. 12 Rom I-VO (siehe Kap. 2 A III 5 e, zu dieser Frage in der Rom II-VO unten Kap. 3 B I 7 a) diese Aufzählung auch als Indiz dafür dienen, welche Teilbereiche abgetrennt und einer anderen Rechtsordnung unterworfen werden können. Auch hieraus lässt sich also kein Gegenargument herleiten. Darüber hinaus ist die hohe Bedeutung der Parteiautonomie für die Zulässigkeit der Teilrechtswahl im Rahmen des Art. 14 Rom II-VO anzuführen. Zwar hat die Rechtswahlfreiheit hier keinen solch hohen Stellenwert wie im IPR der vertraglichen Schuldverhältnisse. Wird das Deliktsstatut gespalten, so können allerdings durchaus für die Parteien angemessenere Ergebnisse entstehen als durch die Anwendung eines einheitlichen Rechts. Dies darf den Parteien nicht verwehrt werden. Aus alledem ergibt sich, dass die subjektive dépeçage im Rahmen der Rom II-VO trotz ihrer Nichterwähnung zulässig ist. 2. Voraussetzungen für eine Teilrechtswahl a) Voraussetzung der Abspaltbarkeit In Bezug auf die subjektive dépeçage bei vertraglichen Schuldverhältnissen wurde oben (Kap. 2 A III 1 a) bereits dargelegt, dass die Vorausset-
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Kapitel 3: Die dépeçage bei außervertraglichen Schuldverhältnissen
zung der Abspaltbarkeit eines Vertragsteils erforderlich ist. Fraglich ist, ob dies auch für Art. 14 Rom II-VO gilt. Freilich lässt sich, anders als bei Art. 3 I 3 Rom I-VO, aus dem Wortlaut der Vorschriften in der Rom II-VO nichts zu diesem Erfordernis herleiten, da die subjektive dépeçage dort nicht ausdrücklich erwähnt wird. Jedoch sind die Rom I- und die Rom IIVO gemäß Erwägungsgrund 7 Rom II-VO einheitlich auszulegen, was dafür spricht, die Teilrechtswahl in beiden Verordnungen an die gleichen Voraussetzungen zu knüpfen. Daher ist in der Rom II-VO für die Wirksamkeit der Teilrechtswahl ebenso das Erfordernis der Abtrennbarkeit der Teilfrage notwendig. Dafür ist in kohärenter Auslegung zur Rom I-VO ebenso erforderlich, dass die materielle Harmonie nicht gestört wird, wobei die Teilrechtswahl erst bei unauflösbaren Widersprüchen als unzulässig anzusehen ist. b) Erforderlichkeit des Verbots der Umgehung zwingender Bestimmungen Es stellt sich auch hier die Frage, ob durch die Teilrechtswahl intern zwingende Bestimmungen und Eingriffsnormen umgangen werden können und wie dies zu handhaben ist. aa) Intern zwingende Bestimmungen In Bezug auf intern zwingende Bestimmungen findet sich in Art. 14 II und III Rom II-VO eine Regelung für reine Inlands- oder Binnenmarktsachverhalte, die eine Umgehung intern zwingender Normen durch die (Teil-) Rechtswahl unmöglich macht. Dies entspricht Art. 3 III und IV Rom I-VO (oben Kap. 2 A III 1 c aa). Liegt kein reiner Inlands- oder Binnenmarktsachverhalt vor, so ist eine Umgehung intern zwingender Normen durch eine Teilrechtswahl der Parteien möglich und auch gewollt, was durch den hohen Stellenwert der Parteiautonomie zu rechtfertigen ist. Auch insofern kann auf das zur Rom I-VO Gesagte verwiesen werden. bb) International zwingende Bestimmungen Um zu beurteilen, ob die Voraussetzung des Verbots der Umgehung von Eingriffsnormen, das im Rahmen der Rom I-VO gilt (Kap. 2 A III 1 c bb), auch bei der Rom II-VO erforderlich ist, muss die Frage beantwortet werden, ob bei außervertraglichen Schuldverhältnissen durch eine Teilrechtswahl eine Umgehung von Eingriffsrecht überhaupt möglich ist. Art. 16 Rom II-VO bestimmt, dass Eingriffsnormen der lex fori durch die Verordnung nicht berührt werden. Diese können somit durch Teilrechtswahl nicht umgangen werden. Die Vorschrift enthält aber keine Bestimmung, der ent-
B. Subjektive Anknüpfung
155
nommen werden kann, was für die Behandlung ausländischen Eingriffsrechts gilt, sodass diese Frage einer näheren Untersuchung bedarf. 79 (1) Für eine Sperrwirkung des Art. 16 Rom II-VO Es wird teilweise vertreten, dass Art. 16 Rom II-VO die Berücksichtigung ausländischer Eingriffsnormen nicht zulasse. 80 Während des Verordnungsgebungsprozesses sei die Frage durchaus diskutiert und abgelehnt worden, woraus geschlossen werden könne, dass die Berücksichtigung ausländischer Eingriffsnormen in der Rom II-VO nicht gewollt sei. 81 Dies wird auch mit Erwägungsgrund 32 begründet, der den Ausnahmecharakter des Art. 16 Rom II-VO betont.82 Hiernach wäre durch die Teilrechtswahl eine Umgehung ausländischer Eingriffsnormen also möglich. (2) Gegen eine Sperrwirkung des Art. 16 Rom II-VO Anderer Ansicht nach entfalte Art. 16 Rom II-VO keine solche Sperrwirkung, wonach die Anwendung von Eingriffsnormen, die nicht der lex fori entstammen, durchaus möglich sei. 83 Das Schweigen der Verordnung zur Behandlung ausländischer Eingriffsnormen sei keineswegs so zu interpretieren, dass sie nicht berücksichtigt werden dürften, vielmehr habe lediglich keine Einigkeit dahingehend bestanden, die Mitgliedstaaten zu ihrer Berücksichtigung zu verpflichten. 84 Die Berücksichtigung ausländischer Eingriffsnormen diene öffentlichen Interessen, deren Schutz auch Zielsetzung der Rom II-VO sei. 85 Schriebe man Art. 16 Rom II-VO eine Sperrwirkung zu, so führte dies dazu, dass auch Eingriffsrecht anderer EU-Mitgliedstaaten keine Berücksichtigung finden könnte, was vom Verordnungsgeber nicht gewollt sein könne. 86 Dies hätte also zur Folge, dass ausländi79
Hierzu ausführlich Günther, 197 ff. Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 16 Rom II-VO Rn. 4; Dickinson, 15.25; de Lima Pinheiro, RDIPP 2008, 5, 32; Ofner, ZfRV 2008, 13, 23; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 15; so wohl auch Brière, Clunet 2008, 31, 66. 81 Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 16 Rom II-VO Rn. 4; Dickinson, 15.24 f. 82 de Lima Pinheiro, RDIPP 2008, 5, 32. 83 MüKo/Junker, Art. 16 Rom II-VO Rn. 25; Palandt/Thorn, Art. 16 Rom II-VO Rn. 3; PWW/Remien/Schaub, Art. 16 Rom II-VO Rn. 5; Günther, 199 f.; von Hein, VersR 2007, 440, 446; ders., RabelsZ 2009, 461, 506; Heiss/Loacker, JBl. 2007, 613, 644; Kadner Graziano, Rev. crit. 2008, 445, 508; Leible, RIW 2008, 257, 263; Leible/ Lehmann RIW 2007, 721, 726; Mankowski, RIW 2008, 177, 182; für eine Anwendung von Eingriffsnormen der lex causae Rauscher/Jakob/Picht, Art. 16 Rom II-VO Rn. 10 ff. 84 Palandt/Thorn, Art. 16 Rom II-VO Rn. 3; Günther, 199 f.; Heiss/Loacker, JBl. 2007, 613, 644. 85 PWW/Remien/Schaub, Art. 16 Rom II-VO Rn. 5; Günther, 200. 86 PWW/Remien/Schaub, Art. 16 Rom II-VO Rn. 5; Günther, 200; Leible/Lehmann, RIW 2007, 712, 726; so auch Calliess/von Hein, Art. 16 Rom II-VO Rn. 20; ders., Ra80
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Kapitel 3: Die dépeçage bei außervertraglichen Schuldverhältnissen
sches Eingriffsrecht unter der Rom II-VO zwar berücksichtigt werden kann, aber nicht muss. Die Entscheidung stünde im Ermessen des Gerichts, was eine Teilrechtswahl mit dem Ziel der Umgehung ausländischer Eingriffsnormen zwar erschweren, aber nicht unmöglich machen würde. (3) Stellungnahme Das Schweigen des Art. 16 Rom II-VO zur Berücksichtigung ausländischer Eingriffsnormen trotz einer Diskussion hierüber bedeutet nicht, dass dies schlichtweg verboten sein soll. Vielmehr scheiterte eine solche Regelung am Widerstand einiger Mitgliedstaaten. Zudem spricht auch der Vergleich mit Art. 9 Rom I-VO eher für einen möglichen Rückgriff auf ausländische Eingriffsnormen. Dort ist ausdrücklich lediglich die Möglichkeit der Berücksichtigung ausländischer Eingriffsnormen des Erfüllungsortes erwähnt, was eher auf eine Sperrwirkung der Vorschrift in Bezug auf anderes ausländisches Eingriffsrecht hindeutet als das Schweigen des Art. 16 Rom II-VO hierzu. 87 Außerdem war schon unter Geltung des EVÜ anerkannt, dass trotz des Vorbehalts, den einige Staaten in Bezug auf Art. 7 I EVÜ eingelegt hatten, die Berücksichtigung ausländischer Eingriffsnormen nicht verboten war.88 Somit ist die Berücksichtigung ausländischer Eingriffsnormen auch unter Geltung der Rom II-VO möglich. Dieses Ergebnis zeigt, dass eine Umgehung ausländischen Eingriffsrechts unter der Rom II-VO nicht möglich ist. Damit ist bei der subjektiven dépeçage in der Rom II-VO, im Unterschied zur Rom I-VO, kein Erfordernis des Verbots der Umgehung ausländischer Eingriffsnormen notwendig. c) Fazit Folglich unterliegt die subjektive dépeçage in der Rom II-VO der Voraussetzung der Abspaltbarkeit, wobei dies lediglich bedeutet, dass keine unauflösbaren Widersprüche entstehen dürfen. Weitere Erfordernisse sind nicht einzuhalten, insbesondere ist ein Verbot der Umgehung ausländischen Eingriffsrechts nicht notwendig.
belsZ 2009, 461, 506 der sich gegen eine Sperrwirkung ausspricht und zur Beantwortung der Frage auf die weitere Entwicklung in der europäischen Rechtsprechung und im Schrifttum verweist. 87 Ebenso Günther, 199. 88 Calliess/von Hein, Art. 16 Rom II-VO Rn. 20; Rauscher/von Hein, Art. 3 Rom I-VO Rn. 80; ders., RabelsZ 2009, 461, 506; Günther, 199.
B. Subjektive Anknüpfung
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3. Grundsätzliches zur Teilrechtswahl in der Rom II-VO Die Teilrechtswahl im IPR der außervertraglichen Schuldverhältnisse stellt ebenso wie die im Vertragsrecht eine kollisionsrechtliche Verweisung dar.89 Darüber hinaus handelt es sich um eine Sachnormverweisung, die keinen renvoi zulässt; auch eine Gesamtverweisung durch Parteivereinbarung ist unzulässig, Art. 24 Rom II-VO.90 Grundsätzlich ist die Rechtswahl in Art. 14 I lit. a Rom II-VO beschränkt auf eine nachträgliche Rechtswahl, während Art. 14 I lit. b Rom II-VO eine vorherige Vereinbarung des anwendbaren Rechts nur für den Fall zulässt, in dem alle Parteien einer kommerziellen Tätigkeit nachgehen. Die Teilrechtswahl kann auf verschiedene Arten erfolgen: Es ist es den Parteien möglich, für verschiedene Aspekte des außervertraglichen Schuldverhältnisses verschiedene Rechte zu wählen oder nur eine Rechtswahl für einige Teilelemente und nicht für den Rest des Schuldverhältnisses zu treffen. 91 Dies entspricht der Teilrechtswahl bei vertraglichen Schuldverhältnissen (oben Kap. 2 A II 2). 3.Teilfragen, die Gegenstand einer Teilrechtswahl sein können Es stellt sich die Frage, welche Teilbereiche in der Rom II-VO einer subjektiven dépeçage zugänglich sind. In Entsprechung zu Art. 12 Rom I-VO könnten die in Art. 15 Rom II-VO aufgelisteten Elemente als Indiz dafür gelten, für welche Bereiche eine gesonderte Rechtswahl getroffen werden kann. Dagegen spreche, dass diese Teilbereiche von der Verordnung ausdrücklich als vom Deliktsstatut umfasst angesehen werden. 92 Die Vorschrift solle der Rechtssicherheit dienen, indem sie sicherstelle, dass das durch die Rom II-VO bestimmte Statut möglichst umfassend sei (Prinzip 89
Rauscher/Jakob/Picht, Art. 14 Rom II-VO Rn. 26; Juris-classeur Europe/Brière, Fascicule 3206 („Rome II”) n. 80. 90 So die h.L., vgl. Calliess/von Hein, Art. 14 Rom II-VO Rn. 33; Palandt/Thorn, Art. 24 Rom II-VO Rn. 1; jurisPK/Pabst, Art. 24 Rom II-VO Rn. 4; Bamberger/ Roth/Spickhoff, Art. 24 Rom II-VO Rn. 3; Rühl, FS Kropholler (2008) 187, 195; a.A. MüKo/Junker, Art. 24 Rom II-VO Rn. 9; Erman/Hohloch, Art. 24 Rom II-VO Rn. 2 und Rauscher/Jakob/Picht, Art. 24 Rom II-VO Rn. 5 mit Verweis auf die Rechtslage unter Art. 15 EVÜ. Kritisch zum Verbot der Gesamtverweisung bei Rechtswahl der Parteien im deutschen internationalen Deliktsrecht mit Verweis auf deren Zulässigkeit in der Schiedsgerichtsbarkeit von Hein, ZVglRWiss 2000, 251, 276. 91 Mills, in: The Rome II Regulation on the Law Applicable to Non-Contractual Obligations (2009) 133, 148 f.; Symeonides, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 173, 186, dort in Fn. 62. 92 von Hein, FS Kropholler (2008) 553, 564; ebenso Rauscher/Jakob/Picht, Art. 15 Rom II-VO Rn. 2, die dennoch die Zulässigkeit der Teilrechtswahl innerhalb der Rom IIVO bejahen.
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der Statutseinheit).93 Zudem wird teilweise vertreten, eine Teilrechtswahl sei im Rahmen der Rom II-VO ebenso wie in der Rom I-VO nur für „größere Teilbereiche“ zulässig. 94 Die Elemente des Art. 15 Rom II-VO umfassen jedoch auch relativ kleine Bereiche, wie beispielsweise Haftungsausschlussgründe, die sich häufig auf eine bestimmte Norm beschränken und daher wohl nicht unter die geforderten „größeren Teilbereiche“ fallen, sodass auch nach dieser Ansicht die Teilbereiche nicht der subjektiven dépeçage zugänglich wären. Andererseits sollte aber bezüglich der Frage, welche Elemente Gegenstand einer dépeçage unter der Rom II-VO sein können, auf eine kohärente Auslegung mit der Rom I-VO (siehe Kap. 2 A III 2) zurückgegriffen werden. Daraus folgt, dass die in Art. 15 Rom II-VO aufgelisteten Bereiche ein Indiz dafür sein können, welche Teile der subjektiven dépeçage bei außervertraglichen Schuldverhältnissen zugänglich sein sollten. Es kann auch eine noch weitergehende Spaltung vorgenommen werden, denn grundsätzlich können alle Elemente eines Schuldverhältnisses, die unter den Begriff der Teilfrage fallen (oben Kap. 1 A I), gesondert angeknüpft werden. Die Grenze der subjektiven dépeçage in der Rom II-VO stellt allein die materielle Harmonie dar (siehe Kap. 3 B I 2). 4. Folgen der kollisionsrechtlichen Teilrechtswahl für die Form In Bezug auf die Folgen der kollisionsrechtlichen Teilrechtswahl im IPR der außervertraglichen Schuldverhältnisse für die Form kann auf das zum Vertragsrecht Gesagte verwiesen werden (siehe oben Kap. 2 A III 3). Für die Formwirksamkeit gilt damit entsprechend, dass die lex causae für einseitige Rechtshandlungen, die ein außervertragliches Schuldverhältnis betreffen, alternativ jedes Recht sein kann, dem das Rechtsverhältnis unterliegt (Art. 21 Rom II-VO). 5. Folgen bei Ungültigkeit der Teilrechtswahl Die subjektive dépeçage kann unter der Rom II-VO nur wegen Beeinträchtigung der materiellen Harmonie unwirksam sein. Insofern ist zwischen zwei Konstellationen zu differenzieren. a) Rechtswahl nur für einen Teil des Schuldverhältnisses Wurde nur für einen Teil des außervertraglichen Schuldverhältnisses eine Rechtswahl getroffen und der Rest der objektiven Anknüpfung überlassen, 93
MüKo/Junker, Art. 15 Rom II-VO Rn. 5. Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; dahingehend auch PWW/ Schaub, Art. 14 Rom II-VO Rn. 2. 94
B. Subjektive Anknüpfung
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so ist bei Ungültigkeit dieser Teilrechtswahl grundsätzlich das nach objektiven Kriterien bestimmte Recht auf das gesamte außervertragliche Schuldverhältnis anzuwenden. Insoweit gilt das Gleiche wie im Rahmen der Rom I-VO (siehe oben Kap. 2 A III 4 a). Die dort genannte Ausnahme für den Fall, in dem eine Rechtswahl für den größten Teil des Schuldverhältnisses vorliegt und es für eine kleinere Teilfrage bei der objektiven Anknüpfung belassen wurde, ist im Rahmen der Rom II-VO nicht zu empfehlen, da hier der Parteiautonomie, obwohl sie als oberstes Anknüpfungsprinzip gilt, kein derart überragender Stellenwert zukommen soll wie im Vertragsrecht. Die Rechtswahl hat keine so große praktische Bedeutung wie im Vertragsrecht, was auch durch ihre Stellung in der Verordnung nach den objektiven Anknüpfungen deutlich wird.95 Vielmehr soll die Rom II-VO auch der Durchsetzung öffentlicher Interessen dienen, sodass der Parteiautonomie nicht um jeden Preis zur Durchsetzung verholfen werden darf. b) Mehrfache Teilrechtswahl Es drängt sich weiterhin die Frage auf, wie die der Fall zu handhaben ist, in dem eine mehrfache Teilrechtswahl wegen unauflösbarer Widersprüche unwirksam ist. Bei vertraglichen Schuldverhältnissen wurde für den Fall, in dem eine Rechtswahl für eine größere Teilfrage vorliegt und für einen kleineren, untergeordneten Teilbereich ein anderes Recht gewählt wurde, dafür plädiert, die Rechtswahl in Bezug auf die größere Teilfrage auf den gesamten Vertrag zu erstrecken und die Rechtswahl für die kleinere Teilfrage für ungültig zu erklären (Kap. 2 A III 4 b cc (1)). Diese Herangehensweise bietet sich aufgrund ihrer Einfachheit auch für die Rom II-VO an. Sie kann daher, auch um eine einheitliche Auslegung der beiden Verordnungen zu gewährleisten, auf das Recht der außervertraglichen Schuldverhältnisse übertragen werden. Wird jedoch eine Teilrechtswahl für mehrere gleichwertige Teilfragen getroffen, beispielsweise Haftungsbegründung und Haftungsausfüllung, kann nicht mehr auf das zur Rom I-VO Gesagte zurückgegriffen werden, da sich hier Unterschiede ergeben. Im Hinblick auf vertragliche Schuldverhältnisse wurde eine differenzierte Lösung befürwortet, die zwar kompliziert zu handhaben ist, dem Parteiwillen aber in höchstem Maße Rechnung trägt (Kap. 2 A III 4 b cc (2)). Im internationalen Recht der außervertraglichen Schuldverhältnisse ist die Parteiautonomie aber, wie eben erläutert, nicht um jeden Preis durchzusetzen. Daher stünde eine Lösung wie bei 95
Kommissionsvorschlag für eine Rom II-VO, KOM(2003) 427 endg., 24; von Hein, Tulane L. Rev. 82 (2008) 1663, 1693 f.; Kreuzer, in: The Unification of Choice of Law Rules on Torts (2006) 45, 50.
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der Rom I-VO hier außer Verhältnis zur Bedeutung des Parteiwillens. Somit ist bei der Unvereinbarkeit mehrerer gewählter Rechtsordnungen im IPR der außervertraglichen Schuldverhältnisse der praktikablere Weg über die objektive Anknüpfung des gesamten Schuldverhältnisses zu bevorzugen. 6. Fallgruppen a) Elemente des Art. 15 Rom II-VO Eine Teilrechtswahl im Hinblick auf die in Art. 15 Rom II-VO genannten Elemente ist grundsätzlich möglich. Zwar werden verschiedene Bereiche (wie z.B. die Schadensbemessung) in einigen Mitgliedstaaten prozessual und in anderen materiellrechtlich qualifiziert, durch Art. 15 Rom II-VO wird jedoch klargestellt, dass internationalprivatrechtlich eine materiellrechtliche Qualifikation dieser Bestandteile erfolgen soll. 96 aa) Art. 15 lit. a Rom II-VO (1) Haftungsvoraussetzungen und Haftungsfolgen Zu den in Art. 15 lit. a Rom II-VO genannten Bereichen zählen u.a. Grund und Umfang der Haftung. Die Vorschrift spricht vom „Umfang der Haftung“, 97 jedoch finden sich in lit. c andere Elemente, die der Haftungsausfüllung zuzurechnen sind und sich mit denen der lit. a überschneiden. 98 Da es aber nicht darauf ankommt, ein Element des Deliktsstatuts einem Buchstaben des Art. 15 Rom II-VO zuzuordnen, 99 kann die Abspaltung der gesamten Haftungsfolgen ohne Weiteres unter lit. a diskutiert werden. In den seltenen Fällen, in denen von einer dépeçage im internationalen Deliktsrecht die Rede ist, wird häufig die Trennung von Haftungsgrund und Haftungsausfüllung angeführt. Häufig wird die Zulässigkeit einer solchen Spaltung unter der Rom II-VO verneint.100 Dies wird allerdings nicht näher begründet. Für die Möglichkeit einer solchen Teilrechtswahl kann 96
MüKo/Junker, Art. 15 Rom II-VO Rn. 13; von Hein, ZEuP 2009, 6, 14; zur Problematik der Überlagerung des materiellen Rechts durch nationales Prozessrecht näher Stoll, FS Reischauer (2010) 389, 423 ff. 97 Hierunter sollen etwaige gesetzliche Haftungshöchstgrenzen und bei mehreren Schädigern der Anteil jedes einzelnen Schädigers am Schadensersatz fallen, siehe den Kommissionsvorschlag für eine Rom II-VO, KOM(2003) 427 endg., 26. 98 MüKo/Junker, Art. 15 Rom II-VO Rn. 11; BeckOK/Spickhoff, Art. 15 Rom II-VO Rn. 6. 99 Rauscher/Jakob/Picht, Art. 15 Rom II-VO Rn. 5. 100 MüKo/Junker, Art. 15 Rom II-VO Rn. 14; BeckOK/Spickhoff, Art. 15 Rom II-VO Rn. 6; von Hein, ZEuP 2009, 6, 18 f., dort Fn. 76; in diesem Sinne auch Thiede/ Ludwichowska, ZVglRWiss 2007, 92, 101 f.
B. Subjektive Anknüpfung
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jedoch angeführt werden, dass Haftungsvoraussetzungen und Haftungsfolgen als Teilfragen zu bezeichnen sind, die einer dépeçage unterliegen können. Soweit die Voraussetzung der Abspaltbarkeit eingehalten wird, ist daher eine subjektive dépeçage hier zulässig. 101 (2) Deliktsfähigkeit In Art. 15 lit. a Rom II-VO findet sich weiterhin die Formulierung, dass die „Bestimmung der Personen, die für ihre Handlungen haftbar gemacht werden können“, vom Deliktsstatut umfasst sein sollen. Daraus wird allgemein abgeleitet, dass sich die Deliktsfähigkeit nach dem Deliktsstatut richtet.102 Für die Einbeziehung der Deliktsfähigkeit in das Deliktsstatut spricht zunächst Erwägungsgrund 12 Rom II-VO sowie der möglichst weite Umfang des nach der Rom II-VO bestimmten Statuts.103 Vor einer Abspaltung der Deliktsfähigkeit wird jedoch gewarnt, denn der Zweck der auf die Deliktsfähigkeit anwendbaren Regeln, beispielsweise den Täter von jeder Haftung freizustellen, sei abzuwägen gegen den Zweck der Rechtsregeln, denen der Rest der unerlaubten Handlung unterstehe, nämlich alle Deliktstäter, die auf dem Territorium dieses Staates eine unerlaubte Handlung begehen, gleichermaßen haftbar zu machen.104 Daher wird eine solche dépeçage teilweise abgelehnt.105 Im IPR der vertraglichen Schuldverhältnisse bestimmt sich dagegen die Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit gemäß Art. 1 II lit. a Rom IVO nach den nationalen Kollisionsregeln und wird nicht vom Vertragsstatut mit umfasst. Die Regelung der Rom II-VO stellt somit einen Widerspruch hierzu dar, dessen sachlicher Grund nicht ersichtlich ist.106 Diese unterschiedliche Behandlung kann in seltenen Fällen durchaus zu Wertungswidersprüchen führen, denn nicht immer setzt sich die akzessorische 101
Ebenso G. Wagner, IPRax 2008, 1, 5. MüKo/Junker, Art. 15 Rom II-VO Rn. 10; Rauscher/Jakob/Picht, Art. 15 Rom IIVO Rn. 8; Calliess/Halfmeier, Art. 15 Rom II-VO Rn. 5; BeckOK/Spickhoff, Art. 15 Rom II-VO Rn. 4; Dickinson, 14.09; Heiss/Loacker, JBl. 2007, 613, 645; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 15; dies gilt auch im deutschen internationalen Deliktsrecht, siehe bspw. Erman/Hohloch, Art. 40 EGBGB Rn. 41; Kropholler, IPR, § 53 IV 7; Kegel/Schurig, § 18 IV 2. 103 Rauscher/Jakob/Picht, Art. 15 Rom II-VO Rn. 8; MüKo/Junker, Art. 15 Rom IIVO Rn. 10. 104 Stoll, FS Reischauer (2010) 389, 394. 105 Stoll, FS Reischauer (2010) 389, 394. 106 Rauscher/Jakob/Picht, Art. 15 Rom II-VO Rn. 8; Calliess/Halfmeier, Art. 15 Rom II-VO Rn. 1; hierauf beruft sich auch schon Serick, RabelsZ 1953, 633, 634, der wegen dieser Lücke, die schon im damaligen deutschen IPR bestand, die Norm für die gesonderte Anknüpfung der Geschäftsfähigkeit analog auf die Deliktsfähigkeit anwenden will. 102
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Anknüpfung durch. 107 Zudem kann das Personalstatut vom Vertragsstatut verschieden sein, was bei strenger Anwendung des Art. 15 Rom II-VO dazu führt, dass sich die Haftungs- bzw. Deliktsfähigkeit für außervertragliche Schuldverhältnisse in Fällen des Art. 4 III Rom II-VO nach dem Vertragsstatut richtet, während sich die Geschäftsfähigkeit für das vertragliche Schuldverhältnis, an welches akzessorisch angeknüpft wird, unter der Rom I-VO nach dem Personalstatut beurteilt.108 Daher kann eine subjektive dépeçage im Wege der gesonderten Anknüpfung der Deliktsfähigkeit durchaus sinnvoll sein. Eine Teilrechtswahl bezüglich der Deliktsfähigkeit ist damit bei Einhaltung der materiellen Harmonie zulässig. bb) Art. 15 lit. c Rom II-VO (1) Bemessung des Schadens Art. 15 lit. c Rom II-VO spricht u.a. von der Bemessung des Schadens. Somit könnte für die Höhe des Schadensersatzes ein anderes Recht gewählt werden als für den Rest des Schuldverhältnisses. Auch Erwägungsgrund 33 Rom II-VO (hierzu näher unten Kap. 3 C I 4) regt bei Verkehrsunfällen im Hinblick auf die Schadensberechnung die Berücksichtigung aller relevanten tatsächlichen Umstände des jeweiligen Opfers an, wodurch die Entschädigung des Opfers in seiner gewohnten Umgebung erfolgt. Es steht den Parteien mithin frei, unter Einhaltung der maßgeblichen Voraussetzungen eine kollisionsrechtliche Teilrechtswahl im Hinblick auf die Bemessung des Schadens zu treffen. (2) Art des Schadens Es ist weiterhin eine subjektive dépeçage in dem Sinne möglich, dass für verschiedene Arten von Schäden unterschiedliche Rechtsordnungen gewählt werden können, sodass beispielsweise für Personenschäden ein anderes Recht maßgeblich ist als für Sachschäden. 109 Auch der Ersatz immaterieller Schäden ist eine „Art des Schadens“ und kann somit unter Art. 15 lit. c Rom II-VO gefasst werden. Häufig wird in der Literatur die Möglichkeit einer Teilrechtswahl in Bezug auf den Ersatz des immateriellen Schadens befürwortet.110 Im deutschen IPR wird als Argument für eine An107
Rauscher/Jakob/Picht, Art. 15 Rom II-VO Rn. 8. Rauscher/Jakob/Picht, Art. 15 Rom II-VO Rn. 8, dort auch Fn. 17; auch Calliess/ Halfmeier, Art. 15 Rom II-VO Rn. 1 weist auf die Gefahr von „peculiar results“ hin. 109 So Bogdan, in: The Rome II Regulation on the Law Applicable to Non-Contractual Obligations (2009) 219, 222. 110 MüKo/Junker, Art. 14 Rom II-VO Rn. 37; jurisPK/Wurmnest, Art. 14 Rom II-VO Rn. 6; ebenso zum deutschen IPR: Staudinger/von Hoffmann, Art. 42 EGBGB Rn. 8; von Bar, JZ 1985, 961, 968; ders., JZ 1984, 671, 672; Hohloch, NZV 1988, 161, 165; ders., 108
B. Subjektive Anknüpfung
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knüpfung dieser Teilfrage an den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Geschädigten angeführt, dass das Schmerzensgeld eine engere Verbindung zu diesem Ort als zum Tatort aufweise, denn in diesem Lebenskreis soll sich der Geschädigte mit dem Schmerzensgeld „ein Stück zusätzliche Lebensfreude“ leisten können. 111 Aus diesem Grund kann auch unter Geltung der Rom II-VO eine dahingehende Teilrechtswahl der Parteien durchaus sinnvoll sein. cc) Weitere Bestimmungen Auch die sonstigen in Art. 15 Rom II-VO aufgelisteten Bestandteile des Deliktsstatuts sind einer Teilrechtswahl zugänglich. Beispielsweise sind hier Fragen wie die Haltereigenschaft bei der Gefährdungshaftung im Straßenverkehr und die Tierhaltereigenschaft bei der Gefährdungshaftung für durch Tiere verursachte Schäden zu nennen, die der „Bestimmung der haftenden Personen“ in lit. a zugerechnet werden. 112 Hervorzuheben ist insbesondere die Verjährung, die als Erlöschensgrund unter Art. 15 lit. h Rom II-VO fällt. 113 So ist also beispielsweise eine Teilrechtswahl der Parteien bezüglich der Verjährung, die unter Art. 15 lit. h Rom II-VO gefasst wird, möglich. 114 b) Form, Art. 21 Rom II-VO Art. 21 Rom II-VO ordnet an, dass einseitige Rechtshandlungen in Bezug auf ein außervertragliches Schuldverhältnis (bspw. ein Schuldanerkenntnis) formgültig sind, wenn sie die Formerfordernisse entweder des Deliktsstatuts oder des Vornahmeorts erfüllen. Hier kann also ebenso wie bei vertraglichen Schuldverhältnissen an eine Teilrechtswahl dahingehend gedacht werden, dass die Ortsform abgewählt wird oder ein drittes Recht für die Form bestimmt wird, während für den Rest des Schuldverhältnisses ein anderes Recht maßgeblich ist.
IPRax 1984, 14, 17; Junker, JZ 2000, 477, 479. Ablehnend allerdings AG BerlinCharlottenburg 31.7.1984, VersR 1984 1159; für eine einheitliche Anknüpfung siehe auch BGH 8.1.1985, BGHZ 93, 214; 24.3.1987, NJW 1988, 648. 111 von Bar, IPR II, Rn. 670, 718; ders., JZ 1985, 961, 968. 112 MüKo/Junker, Art. 15 Rom II-VO Rn. 9; Rauscher/Jakob/Picht, Art. 15 Rom IIVO Rn. 9; Heiss/Loacker, JBl. 2007, 613, 645. 113 MüKo/Junker, Art. 15 Rom II-VO Rn. 25. 114 Ebenso zum deutschen IPR Hohloch, NZV 1988, 161, 165; a.A. Rauscher/ Jakob/Picht, Art. 15 Rom II-VO Rn. 17.
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aa) Abwahl der Ortsform Im Hinblick auf die Abwahl des Ortsrechts wurde im Vertragsrecht für die Möglichkeit einer diesbezüglichen Teilrechtswahl entschieden (Kap. 2 A III 5 b aa). Es sind keine Gründe ersichtlich, warum dieses Ergebnis nicht auch auf die Rom II-VO übertragen werden kann. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass Art. 21 Rom II-VO auf Art. 9 EVÜ bzw. Art. 11 EGBGB basiert.115 Ebenso gilt die Parteiautonomie in der Rom II-VO als oberstes Prinzip, 116 auch wenn ihre praktische Bedeutung merklich geringer ist als im Vertragsrecht. Es ist nichts innerhalb der Verordnung ersichtlich, woraus geschlossen werden könnte, dass die Formvorschrift nicht disponibel ist, vielmehr besteht für Art. 21 Rom II-VO gerade kein Ausschluss der Rechtswahl. Darüber hinaus kann die einseitige Rechtshandlung ohnehin im Geltungsbereich des Deliktsstatuts vorgenommen werden, womit das dortige Recht alleiniges Formstatut ist. Es ist aber nicht einzusehen, warum ein solcher „Umweg“ notwendig ist, wenn dies auch ohne erhebliche Schwierigkeiten über die Abwahl des Ortsrechts zu erreichen ist.117 Somit besteht auch im Rahmen des IPR der außervertraglichen Schuldverhältnisse die Möglichkeit der Abwahl des Ortsrechts.118 Hier gilt allerdings, ebenso wie im Hinblick auf vertragliche Schuldverhältnisse (oben Kap. 2 A III 5 b aa (2)), dass nicht aus einer Rechtswahl der lex causae eine konkludente Abwahl des Ortsrechts gefolgert werden darf. 119 bb) Direkte Teilrechtswahl Es stellt sich darüber hinaus die Frage, ob die Parteien auch ein drittes Recht bestimmen können, das auf die Form einseitiger Rechtsgeschäfte Anwendung findet. Aufgrund des hohen Stellenwerts des Prinzips der Parteiautonomie und der einheitlichen Auslegung mit der Rom I-VO (siehe oben Kap. 2 A III 5 b bb) muss hiervon ausgegangen werden. 120 Auch die konkludente Wahl des Formstatuts ist, wenn sie sich eindeutig aus den Umständen ergibt, möglich. 121
115 Kommissionsvorschlag für eine Rom II-VO, KOM(2003) 427 endg., 29; Rauscher/ Jakob/Picht, Art. 21 Rom II-VO Rn. 1; MüKo/Junker, Art. 21 Rom II-VO Rn. 1; Calliess/Halfmeier, Art. 21 Rom II-VO Rn. 1. 116 Rauscher/Jakob/Picht, Art. 21 Rom II-VO Rn. 10. 117 So zum IPR der vertraglichen Schuldverhältnisse Staudinger/Winkler von Mohrenfels, Art. 11 Rom I-VO Rn. 102. 118 Ebenso Rauscher/Jakob/Picht, Art. 21 Rom II-VO Rn. 10. 119 Rauscher/Jakob/Picht, Art. 21 Rom II-VO Rn. 11. 120 Rauscher/Jakob/Picht, Art. 21 Rom II-VO Rn. 11. 121 So Rauscher/Jakob/Picht, Art. 21 Rom II-VO Rn. 11, die jedoch hierbei größere Zurückhaltung für angebracht halten.
B. Subjektive Anknüpfung
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II. Teilrechtswahl bei besonderen außervertraglichen Schuldverhältnissen Nachdem die subjektive dépeçage im Rahmen des Art. 14 Rom II-VO einer näheren Betrachtung unterzogen worden ist, gilt es nun zu untersuchen, ob das hierzu Gesagte auch für die besonderen außervertraglichen Schuldverhältnisse der Artt. 5-12 Rom II-VO gilt. 1. Besondere unerlaubte Handlungen a) Produkthaftung, Art. 5 Rom II-VO Eine Rechtswahl nach Art. 14 Rom II-VO ist im Rahmen der Produkthaftung möglich. 122 Somit besteht auch die Möglichkeit einer Teilrechtswahl. Die Parteien können für alle oben genannten Bestandteile des außervertraglichen Schuldverhältnisses eine gesonderte Rechtswahl treffen. b) Umweltschädigung, Art. 7 Rom II-VO aa) Zulässigkeit der Teilrechtswahl Teilweise wird die Rechtswahl nach Art. 14 Rom II-VO wegen der überragenden Gemeinwohlinteressen, die durch die Vorschrift geschützt werden sollen, für unzulässig gehalten. 123 Aus der Systematik der Verordnung ergibt sich jedoch, dass überall dort eine Rechtswahl der Parteien möglich ist, wo sie nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Daher ist im Rahmen des Art. 7 Rom II-VO eine Rechtswahl nach Art. 14 Rom II-VO zulässig. 124 Aufgrund dessen ist hier auch eine subjektive dépeçage möglich. bb) Optionsrecht des Geschädigten Es drängt sich weiterhin die Frage auf, ob das Optionsrecht des Geschädigten in Art. 7 Rom II-VO ebenso nur teilweise ausgeübt werden kann. (1) Für eine teilweise Ausübung des Optionsrechts Teilweise wird vertreten, der Geschädigte könne sein Optionsrecht für einzelne Ansprüche unterschiedlich ausüben, beispielsweise für Personenschäden das Recht am Erfolgsort zur Anwendung berufen, während für Sachschäden das Handlungsortrecht maßgeblich sein soll. 125 Dies ergebe sich daraus, dass bezüglich dieser unterschiedlichen Schäden auch unterschiedliche Erfolgsorte denkbar seien. 126 Zudem spreche Art. 7 Rom II-VO 122
Rauscher/Unberath/Cziupka, Art. 5 Rom II-VO Rn. 22; Calliess/von Hein, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; von Hein, RabelsZ 2009, 461, 499; Heiss/Loacker, JBl. 2007, 613, 626; Kadner Graziano, RabelsZ 2009, 1, 39; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 7.
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in Bezug auf das Optionsrecht des Geschädigten von „seinem Anspruch“ und nicht vom „ganzen Schuldverhältnis“. 127 (2) Gegen eine teilweise Ausübung des Optionsrechts Das Optionsrecht könne aber nach h.L. nur einheitlich ausgeübt werden.128 Dies ergebe sich aus den Parteiinteressen, denn der Ersatzpflichtige habe regelmäßig ein schützenswertes Interesse daran, dass alle sich aus der unerlaubten Handlung ergebenden Streitgegenstände der gleichen Rechtsordnung unterworfen werden, was insbesondere im Hinblick auf die Rechtsberatungskosten gelte.129 Für eine einheitliche Ausübung könnte zudem sprechen, dass das Optionsrecht einseitig vom Geschädigten ausgeübt wird, sodass der Schädiger keinen Einfluss auf das hiernach anwendbare Recht hat. In diesem Zusammenhang wird geltend gemacht, dass dem Geschädigten aufgrund des ihn bereits begünstigenden Optionsrechts nicht noch eine weitergehende Besserstellung zukommen solle, indem er sich die „Rosinen“ herauspicken dürfe. 130 (3) Stellungnahme Der Wortlaut des Art. 7 Rom I-VO kann nicht in der Weise ausgelegt werden, dass das Optionsrecht für separate Ansprüche gesondert ausgeübt werden kann, denn am Anfang des Artikels ist von „außervertragliche[n] Schuldverhältnisse[n]“ aus einer Umweltschädigung die Rede. Dass später nur von „seinem Anspruch“ gesprochen wird, spricht nicht zwingend für eine mögliche teilweise Ausübung des Optionsrechts. Darüber hinaus wird es eine überaus seltene Konstellation darstellen, dass derselbe Geschädigte einen Personenschaden in einem Staat erleidet, während ihm ein Sachscha123
de Boer, YbPIL 2007, 19, 25; kritisch auch Kramer, NiPR 2008, 414, 422. MüKo/Junker, Art. 7 Rom II-VO Rn. 6; Rauscher/Unberath/Cziupka, Art. 7 Rom II-VO Rn. 28; Calliess/von Hein, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; Juris-classeur Europe/ Brière, Fascicule 3206 („Rome II”) n. 81; Garcimartín Alférez, EuLF 2007, I-77, I-87; von Hein, Tulane L. Rev. 82 (2008) 1663, 1699; ders., ZEuP 2009, 6, 23; ders., RabelsZ 2009, 461, 499; Kadner Graziano, Rev. crit. 2008, 445, 485; ders., RabelsZ 2009, 1, 45. 125 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art. 7 Rom II-VO Rn. 41; Bogdan, in: The Rome II Regulation on the Law Applicable to Non-Contractual Obligations (2009) 219, 222. 126 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art. 7 Rom II-VO Rn. 41. 127 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art. 7 Rom II-VO Rn. 41. 128 Palandt/Thorn, Art. 7 Rom II-VO Rn. 8; MüKo/Junker, Art. 7 Rom II-VO Rn. 30; Calliess/von Hein, Art. 7 Rom II-VO Rn. 20, Art. 14 Rom II-VO Rn. 35; Rauscher/ Unberath/Cziupka, Art. 7 Rom II-VO Rn. 41; Erman/Hohloch, Art. 7 Rom II-VO Rn. 13; Dickinson, 7.24; Bogdan, in: The Rome II Regulation on the Law Applicable to NonContractual Obligations (2009) 219, 222; von Hein, ZEuP 2009, 6, 30. 129 MüKo/Junker, Art. 7 Rom II-VO Rn. 30. 130 Erman/Hohloch, Art. 7 Rom II-VO Rn. 13. 124
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den in einem anderen Staat entsteht. Ein Grund für eine weitergehende Besserstellung des Geschädigten, als sie durch das Optionsrecht ohnehin schon stattfindet, ist nicht ersichtlich. Um die Komplexität der Schadensregulierung und die damit verbundenen Kosten nicht zu erhöhen, ist der h.L. mithin darin zu folgen, dass der Geschädigte sein Optionsrecht nur einheitlich ausüben kann, folglich ist hier keine subjektive dépeçage zulässig. c) Arbeitskampfmaßnahmen, Art. 9 Rom II-VO Im Rahmen des Art. 9 Rom II-VO können die Parteien das auf Arbeitskampfmaßnahmen anwendbare Recht im Einklang mit Art. 14 Rom II-VO frei wählen. 131 Zwar spricht der Zweck des Art. 9 Rom II-VO, nämlich die Verhinderung der Anwendung ausländischen Rechts auf inländische Streiks, um damit einer Aushöhlung des Streikrechts vorzubeugen, 132 wohl eher gegen die Möglichkeit einer Rechtswahl. 133 Ihre Zulässigkeit ergibt sich jedoch daraus, dass in Art. 9 Rom II-VO die Rechtswahl nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist, wohl aber in den Artt. 6 IV und 8 III Rom IIVO.134 Daher können die Parteien theoretisch auch im Rahmen von Arbeitskampfmaßnahmen eine Teilrechtswahl treffen, wenngleich dies äußerst selten sein wird. d) Unlauterer Wettbewerb, Art. 6 Rom II-VO aa) Ausschluss der Rechtswahl In Art. 6 IV Rom II-VO findet sich ausdrücklich ein Ausschluss der Rechtswahl im Hinblick auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus unlauterem Wettbewerb und den freien Wettbewerb einschränkendem Verhalten. Dieser Ausschluss ist dadurch zu begründen, dass unlautere Wettbewerbshandlungen typischerweise eine Verletzung der Interessen Dritter 131
MüKo/Junker, Art. 9 Rom II-VO Rn. 7; ErfKomm/Schlachter, Art. 9 Rom II-VO Rn. 2; Palandt/Thorn, Art. 9 Rom II-VO Rn. 3; Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 9 Rom II-VO Rn. 3; Calliess/von Hein, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; Rauscher/Unberath/ Cziupka, Art. 9 Rom II-VO Rn. 12; Juris-classeur Europe/Brière, Fascicule 3206 („Rome II”) n. 81; Plender/Wilderspin, 23-024; von Hein, ZEuP 2009, 6, 23; ders., RabelsZ 2009, 461, 499 f.; Knöfel, EuZA 2008, 228, 246. 132 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art. 9 Rom II-VO Rn. 2. 133 So G. Wagner, IPRax 2008, 1, 10 und Ofner, ZfRV 2008, 13, 20, der behauptet, die Rechtswahlmöglichkeit bei Arbeitskampfmaßnahmen werde in der Literatur „mehrheitlich verneint“; kritisch zur Rechtswahlmöglichkeit im Rahmen des Art. 9 Rom II-VO auch de Boer, YbPIL 2007, 19, 25. 134 MüKo/Junker, Art. 9 Rom II-VO Rn. 7; Rauscher/Unberath/Cziupka, Art. 9 Rom II-VO Rn. 12; so auch von Hein, RabelsZ 2009, 461, 500, der jedoch die Praktikabilität der Rechtswahlmöglichkeit hier anzweifelt.
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und der Allgemeinheit darstellen. 135 Jedoch wird vielfach vertreten, der Ausschluss der Rechtswahlmöglichkeit in Bezug auf Art. 6 II Rom II-VO sei ein Redaktionsversehen gewesen. 136 Art. 6 IV Rom II-VO ordne einen Ausschluss der Rechtswahl in Bezug auf das „nach diesem Artikel anzuwendende Recht“ an. Aufgrund der Verweisung des Art. 6 II Rom II-VO auf die allgemeine Kollisionsnorm des Art. 4 Rom II-VO bestimme Art. 6 II Rom II-VO das anzuwendende Recht nicht selbst, weswegen der Ausschluss der Rechtswahl nicht für Art. 6 II Rom II-VO gelte.137 Hier werde zudem lediglich ein Wettbewerber beeinträchtigt, folglich falle der Grund des Ausschlusses der Rechtswahl, nämlich die Beeinträchtigung der Interessen Dritter und der Allgemeinheit, weg.138 Daher sei im Hinblick auf unlauteres Wettbewerbsverhalten, das unter Art. 6 II Rom II-VO falle, im Wege teleologischer Reduktion auch Art. 14 Rom II-VO anzuwenden. 139 Dann wäre auch eine Teilrechtswahl im Rahmen des Art. 6 Rom II-VO möglich. Hiergegen spricht aber zunächst der Wortlaut des Art. 6 IV Rom II-VO, der auf die gesamte Vorschrift verweist.140 Zudem bezieht sich Art. 6 II Rom II-VO lediglich auf Art. 4 Rom II-VO und nicht auf Art. 14 Rom IIVO, sodass sich die Ausnahme in Bezug auf Abs. 2 aus dem Wortlaut nicht rechtfertigen lässt.141 Darüber hinaus erscheint fragwürdig, ob eine solche Auslegung sachgerecht wäre; um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, wäre es wohl sinnvoller, Art. 6 II Rom II-VO restriktiv zu hand135 Palandt/Thorn, Art. 6 Rom II-VO Rn. 14; de Boer, YbPIL 2007, 19, 24; Kramer, NiPR 2008, 414, 422; Mankowski, RIW 2008, 177, 192; Heiss/Loacker, JBl. 2007, 613, 631, die jedoch zu bedenken geben, dass nach Art. 14 I 2 Rom II-VO durch eine Rechtswahl ohnehin die Rechte Dritter nicht berührt werden dürfen, sodass die Regelung des Art. 6 IV Rom II-VO unter Umständen gar nicht notwendig ist. 136 Palandt/Thorn, Art. 6 Rom II-VO Rn. 19; Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 6 Rom II-VO Rn. 8; Erman/Hohloch, Art. 6 Rom II-VO Rn. 8; sehr kritisch zum Ausschluss der Rechtswahl Fitchen, JPIL 2009, 337, 344 f. 137 Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 6 Rom II-VO Rn. 8; Dickinson, 6.75; Leible/ Lehmann, RIW 2007, 721, 730 f. 138 Erman/Hohloch, Art. 6 Rom II-VO Rn. 8; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 8; Thorn, in: Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung (2012) 139, 154; so auch schon Kreuzer, in: The Unification of Choice of Law Rules on Torts (2006) 45, 55 f.; kritisch daher auch von Hein, Tulane L. Rev. 82 (2008) 1663, 1700 f. 139 Palandt/Thorn, Art. 6 Rom II-VO Rn. 19; Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 6 Rom II-VO Rn. 8; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 730 f.; Thorn, in: Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung (2012) 139, 154; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 8; kritisch zum Ausschluss der Rechtswahl auch Kramer, NiPR 2008, 414, 422 und Leible, RIW 2008, 257, 259. 140 von Hein, ZEuP 2009, 6, 23, ders., RabelsZ 2009, 461, 500; Sack, GRUR Int. 2012, 601, 603. 141 von Hein, RabelsZ 2009, 461, 500.
B. Subjektive Anknüpfung
169
haben. 142 Dass Interessen Dritter und der Allgemeinheit überhaupt nicht beeinträchtigt werden, ist bei Wettbewerbsdelikten schlichtweg unmöglich. 143 Überdies handelt es sich bei Art. 6 II Rom II-VO um eine Ausnahme, die nach dem Grundsatz singularia non sunt extendenda restriktiv zu handhaben ist.144 Zwar war eine Rechtswahl im Verordnungsvorschlag von 2003145 noch zulässig, ist im nachfolgenden Verordnungsgebungsverfahren wieder gestrichen worden, sodass davon auszugehen ist, dass sie nicht mehr gewollt war. Daher ist eine Rechtswahl und damit auch eine Teilrechtswahl innerhalb des gesamten Art. 6 Rom II-VO abzulehnen. 146 bb) Wahl der lex fori nach Art. 6 III lit. b Rom II-VO Werden die Märkte verschiedener Staaten durch ein den Wettbewerb einschränkendes Verhalten beeinträchtigt (sog. Streuschäden), so wird im Rahmen von Art. 6 III lit. a Rom II-VO grundsätzlich nach dem Mosaikprinzip jeder einzelne Schaden nach dem Recht des Erfolgsorts abgewickelt, d.h. des Staates, in dem der jeweilige Schaden sich auswirkt.147 Art. 6 III lit. b Rom II-VO gibt dem Geschädigten in diesem Fall allerdings die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen den gesamten Schaden dem Recht der lex fori zu unterstellen, sofern er an einem mitgliedstaatlichen Gericht klagt.148 Grundsätzlich sind den verschiedenen nach Art. 6 III lit. a Rom II-VO ermittelten Rechtsordnungen gemäß Art. 15 Rom II-VO jeweils Haftungsgrund – worunter auch die Marktordnungsregeln fallen – und Haftungsfolgen zu unterstellen.149 Wählt der Geschädigte für den gesamten Schaden das Recht der lex fori, so ergibt sich aus der Ersetzung der lit. a durch lit. b, dass lediglich die Marktordnungsregeln der lex fori Anwendung finden. 150 Das Gericht muss also prüfen, ob Wettbe142
von Hein, ZEuP 2009, 6, 23 in Fn. 103. Sack, GRUR Int. 2012, 601, 603. 144 von Hein, RabelsZ 2009, 461, 500. 145 KOM(2003) 427 endg., siehe dort Art. 10. 146 So auch von Hein, RabelsZ 2009, 461, 500; ders., Tulane L. Rev. 82 (2008) 1663, 1700 f.; Sack, GRUR Int. 2012, 601, 603. 147 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art. 6 Rom II-VO Rn. 70; MüKo/Immenga, Internationales Kartell- und Wettbewerbsrecht, Rn. 78; T. Ackermann, Liber Amicorum Slot (2009) 109, 120; Fitchen, JPIL 2009, 337, 355 ff.; Mankowski, RIW 2008, 177, 188; W.H. Roth, FS Kropholler (2008) 623, 644 f. 148 Dazu Rauscher/Unberath/Cziupka, Art. 6 Rom II-VO Rn. 71 ff.; T. Ackermann, Liber Amicorum Slot (2009) 109, 120; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 630; Mankowski, RIW 2008, 177, 189; Rodriguez Pineau, JPIL 2009, 311, 324 f.; W.-H. Roth, FS Kropholler (2008) 623, 646 f. 149 jurisPK/Wurmnest, Art. 6 Rom II-VO Rn. 20; T. Ackermann, Liber Amicorum Slot (2009) 109, 121; W.-H. Roth, FS Kropholler (2008) 623, 646. 150 T. Ackermann, Liber Amicorum Slot (2009) 109, 121; W.-H. Roth, FS Kropholler (2008) 623, 647; ebenso jurisPK/Wurmnest, Art. 6 Rom II-VO Rn. 33. 143
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Kapitel 3: Die dépeçage bei außervertraglichen Schuldverhältnissen
werbsverstöße vorliegen, die sich möglicherweise gar nicht im Geltungsbereich der Verbotsnorm des Gerichtsstaates auswirken; hier wird gerade nicht ein Schadensersatzanspruch aufgrund der Verletzung ausländischer ordnungspolitischer Vorschriften zugesprochen. 151 Sobald Märkte in Drittstaaten beeinträchtigt werden, bereitet diese Regelung Probleme, denn unionsrechtliche Wettbewerbsregeln können nicht darüber entscheiden, ob der Wettbewerb in einem Drittstaat beeinträchtigt wird; außerdem darf das autonome Wettbewerbsrecht dieses Staates nicht ignoriert werden.152 Daher sollte eine restriktive Auslegung des Art. 6 III lit. b Rom II-VO erfolgen, wonach das Wahlrecht des Geschädigten auf die Haftungsregeln des Forumsstaates, also das Deliktsrecht, beschränkt wird, während die anwendbaren Marktordnungsregeln bzw. das Kartellrecht dem Auswirkungsprinzip nach Art. 6 III lit. a Rom II-VO unterliegen. 153 Insofern besteht unter Art. 6 III lit. b Rom II-VO eine auf den Schadensersatz beschränkte Teilrechtswahl zugunsten der lex fori, was eine subjektive dépeçage darstellt. e) Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums, Art. 8 Rom II-VO Wie die Regelung zum unlauteren Wettbewerb enthält auch Art. 8 III Rom II-VO einen Ausschluss der Rechtswahl. 154 Im Verordnungsvorschlag wurde der Ausschluss der Rechtswahl damit begründet, dass sie sich „für den Bereich des geistigen Eigentums nicht eignet“. 155 Dagegen sah das Parlament keinen Grund, die Parteiautonomie im Hinblick auf Vereinbarungen bezüglich des geistigen Eigentums zu verbieten. 156 Eine Rechtswahl in diesem Bereich sei nicht mit dem materiellen Territorialitätsprin-
151
Rauscher/Unberath/Cziupka, Art. 6 Rom II-VO Rn. 81; Scholz/Rixen, EuZW 2008, 327, 331. 152 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art. 6 Rom II-VO Rn. 81; T. Ackermann, Liber Amicorum Slot (2009) 109, 121; Scholz/Rixen, EuZW 2008, 327, 331. 153 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art. 6 Rom II-VO Rn. 81; W.-H. Roth, FS Kropholler (2008) 623, 648; in diese Richtung gehend auch T. Ackermann, Liber Amicorum Slot (2009) 109, 121; so auch in Bezug auf Verstöße gegen nationales Kartellrecht jurisPK/ Wurmnest, Art. 6 Rom II-VO Rn. 33. 154 Kritisch zu diesem Ausschluss jedoch Beaumont/McEleavy, P.I.L., 14.181; ebenso PWW/Schaub, Art. 8 Rom II-VO Rn. 4 und 6 und Dickinson, 8.54, die bei Streudelikten die Möglichkeit der Rechtswahl für sinnvoll halten, um die durch die Mosaikbetrachtung hervorgerufene Rechtszersplitterung in Grenzen zu halten. 155 Kommissionsvorschlag für eine Rom II-VO, KOM(2003) 427 endg., 24; ebenso Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 731. 156 Entwurf einer legislativen Entschließung des Europäischen Parlaments vom 27.6.2005, Dok. A6-EP 0211/2005 (KOM(2003)0427 – C5-0338/2003 - 2003/0168 (COD)), Begründung zu Änderungsantrag 25.
B. Subjektive Anknüpfung
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zip unvereinbar. 157 Darüber hinaus wurde vorgeschlagen, eine Teilrechtswahl in dem Sinne zuzulassen, dass auf bestimmte Fragen der Haftungsfolgen wie die Bestimmung der haftenden Person, Haftungsbeschränkungen oder die Art und Höhe des Schadensersatzes ein von der lex loci protectionis verschiedenes Recht zu Anwendung kommen kann. 158 Eine solche Rechtswahlmöglichkeit sei vor allem dann sinnvoll, wenn gleichzeitig Verletzungen in mehreren Schutzländern vorliegen; dann könne die Wahl der lex fori oder des Rechts eines der betroffenen Staaten für die Haftungsfolgen die Anwendung des Mosaikprinzips vermeiden. 159 Dennoch ist aufgrund des eindeutigen Wortlauts de lege lata die Rechtswahl in Art. 8 Rom II-VO ausgeschlossen, was folglich auch für die Teilrechtswahl gelten muss. 160 2. Außervertragliche Schuldverhältnisse des Kapitels III a) Ungerechtfertigte Bereicherung, Art. 10 Rom II-VO Im Rahmen des Art. 10 Rom II-VO ist eine Rechtswahl gemäß Art. 14 Rom II-VO möglich. 161 Infolgedessen ist auch die Teilrechtswahl bei der ungerechtfertigten Bereicherung zulässig. b) Geschäftsführung ohne Auftrag, Art. 11 Rom II-VO Das auf die Geschäftsführung ohne Auftrag anwendbare Recht kann nach Art. 14 Rom II-VO von den Parteien gewählt werden. 162 Dies schließt die Möglichkeit der subjektiven dépeçage mit ein.
157 Kramer, NiPR 2008, 414, 422, die den Ausschluss der Rechtswahl aufgrund des „veralteten“ Territorialitätsprinzips kritisiert; kritisch auch Leible, RIW 2008, 257, 259. 158 So de Boer, Yb of P.I.L. 2007, 19, 26, der eine solche Teilanknüpfung auch in objektiver Hinsicht befürwortet; für eine Teilrechtswahl bezüglich der Haftungsfolgen ebenso Schack, FS Kropholler (2008) 651, 656. 159 Schack, FS Kropholler (2008) 651, 656. 160 Calliess/Buchner, Art. 8 Rom II-VO Rn. 24. 161 MüKo/Junker, Art. 10 Rom II-VO Rn. 5; Palandt/Thorn, Art. 10 Rom II-VO Rn. 6; Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 10 Rom II-VO Rn. 2; Rauscher/Jakob/Picht, Art. 10 Rom II-VO Rn. 18; Calliess/Schinkels, Art. 10 Rom II-VO Rn. 20; Leible, RIW 2008, 257, 258 f.; Ofner, ZfRV 2008, 13, 22; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 14. 162 Palandt/Thorn, Art. 11 Rom II-VO Rn. 4; Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 11 Rom II-VO Rn. 2; Garcimartín Alférez, EuLF 2007, I-77, I-82; Heiss/Loacker, JBl. 2007, 613, 642; Leible, RIW 2008, 257, 258 f.; Ofner, ZfRV 2008, 13, 22; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 14.
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Kapitel 3: Die dépeçage bei außervertraglichen Schuldverhältnissen
c) Verschulden bei Vertragsverhandlungen, Art. 12 Rom II-VO Auch bei der culpa in contrahendo, die auf unionsrechtlicher Ebene als außervertraglich qualifiziert wird, ist eine Rechtswahl zulässig. 163 Zu beachten ist jedoch, dass sie sich speziell auf Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen beziehen muss. 164 Ist diese Voraussetzung erfüllt, besteht die Möglichkeit einer Teilrechtswahl im Rahmen des Art. 12 Rom II-VO. III. Fazit Aus alledem ergibt sich, dass trotz ihrer Nichterwähnung eine subjektive dépeçage in der Rom II-VO zulässig ist. Hierfür gilt lediglich die Voraussetzung der Einhaltung der materiellen Harmonie. Da Art. 16 Rom II-VO im Gegensatz zu Art. 9 III Rom I-VO keine Sperrwirkung zukommt, ist im Rahmen der Teilrechtswahl unter der Rom II-VO das Erfordernis des Verbots der Umgehung ausländischen Eingriffsrechts nicht notwendig. Die Möglichkeit der subjektiven dépeçage erstreckt sich auf alle Arten der unerlaubten Handlung, in denen eine Rechtswahl zugelassen ist. Jedoch kann der Geschädigte im Rahmen des Art. 7 Rom II-VO sein einseitiges Optionsrecht nicht teilweise ausüben.
C. Objektive Anknüpfung C. Objektive Anknüpfung
I. Zulässigkeit der objektiven dépeçage in der Rom II-VO Die objektive dépeçage ist in der Rom II-VO an keiner Stelle erwähnt. Nachdem die Zulässigkeit der subjektiven dépeçage in der Rom II-VO trotz ihrer Nichterwähnung bejaht wurde, stellt sich die Frage, ob Gleiches für die objektive dépeçage gilt. 1. Keine objektive dépeçage in Art. 4 I und II Rom II-VO In Art. 4 I und II Rom II-VO ist kein Anhaltspunkt für eine objektive dépeçage ersichtlich. Darüber hinaus ergibt sich aus einem Vergleich mit Art. 4 IV PE 2005, der im Gegensatz zur aktuellen Regelung eine solche explizit vorsah (oben Kap. 3 A I 2 a), dass eine Aufspaltung des Deliktsstatuts vom Verordnungsgeber in Betracht gezogen und wieder verworfen worden ist, 163
Palandt/Thorn, Art. 12 Rom II-VO Rn. 5; Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 12 Rom II-VO Rn. 7; Juris-classeur Europe/Brière, Fascicule 3206 („Rome II”) n. 81; Garcimartín Alférez, EuLF 2007, I-77, I-82; Leible, RIW 2008, 257, 258 f.; Ofner, ZfRV 2008, 13, 22; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 14. 164 Palandt/Thorn, Art. 12 Rom II-VO Rn. 5; PWW/Schaub, Art. 12 Rom II-VO Rn. 4.
C. Objektive Anknüpfung
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sodass von einer Entscheidung gegen die dépeçage auszugehen ist.165 Auch die Tatsache, dass Art. 4 Rom II-VO nicht der issue-by-issue-Analyse folgt, sondern dem traditionellen, systembezogenen Ansatz, der eine einheitliche Anknüpfung erforderlich macht, spricht gegen die Möglichkeit einer objektiven dépeçage.166 Sogar Sicherheits- und Verhaltensregeln werden nach Art. 17 Rom II-VO nicht gesondert angeknüpft, sondern sind lediglich im Rahmen des anwendbaren Rechts als Tatsache zu berücksichtigen, was ebenso für eine ablehnende Haltung der Verordnung gegenüber der dépeçage spricht.167 Überdies wird die umfassende Auflistung der vom Deliktsstatut erfassten Bereiche in Art. 15 Rom II-VO aus systematischer Sicht für eine einheitliche Anknüpfung angeführt.168 Dies kann zwar nicht als Argument gegen eine objektive dépeçage herangezogen werden, da die Bereiche des Art. 15 Rom II-VO als der Teilrechtswahl unter der Rom IIVO zugänglich angesehen wurden (oben Kap. 3 B I 7 a). Jedoch überzeugen die übrigen gegen eine objektive Spaltung genannten Argumente. Aus alledem ergibt sich, dass eine objektive dépeçage im Rahmen des Art. 4 I und II Rom II-VO abzulehnen ist.169 2. Ausweichklausel des Art. 4 III 1 Rom II-VO Die objektive dépeçage könnte in der Rom II-VO, wie auch bezüglich der Rom I-VO vorgeschlagen wurde (Kap. 2 B II 1 b), in der Ausweichklausel des Art. 4 III 1 Rom II-VO verortet werden. a) Für die Zulässigkeit der objektiven dépeçage Die Ausweichklausel diene der Schaffung kollisionsrechtlicher Einzelfallgerechtigkeit.170 Daher wird teilweise für eine Auslegung des Art. 4 III Rom II-VO plädiert, die offen gegenüber Gerechtigkeits- und Angemes-
165
von Hein, FS Kropholler (2008) 553, 564; so auch Kramer, NIPR 2008, 414, 422, die jedoch das rigide System des Art. 4 Rom II-VO kritisiert. 166 Dickinson, 4.89; Plender/Wilderspin, 18-097; Stoll, FS Reischauer (2010) 389, 395. 167 von Hein, FS Kropholler (2008) 553, 564. 168 von Hein, FS Kropholler (2008) 553, 564; Kozyris, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 471, 482; Kramer, NIPR 2008, 414, 422; dies gibt auch Symeonides, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 173, 185 zu bedenken; gegen eine gesonderte Anknüpfung der Verjährung siehe insbesondere R. Wagner/ Winkelmann, RIW 2012, 277, 280 f.; dafür allerdings Kadner Graziano, RIW 2007, 336, 337 ff. 169 Ebenso Dickinson, 4.79; Plender/Wilderspin, 18-097; von Hein, VersR 2007, 440, 444; Stoll, FS Reischauer (2010) 389, 395. 170 Palandt/Thorn, Art. 4 Rom II-VO Rn. 10; Rauscher/Unberath/Cziupka, Art. 4 Rom II-VO Rn. 79.
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Kapitel 3: Die dépeçage bei außervertraglichen Schuldverhältnissen
senheitserwägungen sei. 171 Dies wird auch auf Erwägungsgrund 14 in fine gestützt, der präzisiert, dass mittels der Ausweichklausel Einzelfälle in einer angemessenen Weise behandelt werden können. 172 Wenn also im Einzelfall eine Aufspaltung des Deliktsstatuts angemessen erschiene, könne diese auf die Ausweichklausel gestützt werden. b) Gegen die Zulässigkeit der objektiven dépeçage Die Unzulässigkeit der dépeçage innerhalb der Ausweichklausel sei zunächst am Wortlaut festzumachen, der keine Anhaltspunkte für eine gesonderte Anknüpfung enthalte.173 Darüber hinaus wird der Gegensatz zu Art. 4 I Rom II-VO, der von einem außervertraglichen Schuldverhältnis aus unerlaubter Handlung spreche, während in der Ausweichklausel von der unerlaubten Handlung 174 die Rede sei, dahin interpretiert, dass es dem Gericht noch nicht einmal möglich sei, mehrere Schuldverhältnisse, die aus dem gleichen Lebenssachverhalt entstehen, beispielsweise im Fall mehrerer Geschädigter oder Schädiger, gesondert anzuknüpfen (was keine dépeçage darstellt, siehe Kap. 1 A IV 1 d).175 Nur wenn die gesamte unerlaubte Handlung eine engere Verbindung zu einem anderen Staat habe, sei die Ausweichklausel also anwendbar, was sie zu einer „alles oder nichts“Regelung mache. 176 Daher wird die Ausweichklausel des Art. 4 III Rom IIVO teilweise als zu eng und unflexibel angesehen, 177 womit für eine objektive dépeçage kein Raum bliebe. Darüber hinaus beruhe die Ausweichklausel wie der Rest der Rom II-VO letztlich auf der traditionellen kollisionsrechtlichen Methodik nach Savigny, sie sei damit jurisdiction selecting und folge nicht der issue-by-issue-Methode, was einer dépeçage entgegen 171 Garcimartín Alférez, EuLF 2007, I-77, I-84; Mills, in: The Rome II Regulation on the Law Applicable to Non-Contractual Obligations (2009) 133, 145. 172 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art. 4 Rom II-VO Rn. 79; Symeonides, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 173, 199; a.A. Kozyris, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 471, 482 f. 173 Irish High Court 4.8.2011, ICDL GCC Foundation FZ-LLC v The European Computer Driving Licence Foundation Ltd [2011] IEHC 343, 9.7-9.8; Rauscher/ Unberath/Cziupka, Art. 4 Rom II-VO Rn. 89; Hartley, ICLQ 2009, 899, 902; von Hein, FS Kropholler (2008) 553, 564; Okoli/Arishe, JPIL 2012, 513, 543; Stoll, FS Reischauer (2010) 389, 395; ebenso Fentiman, in: The Rome II Regulation on the Law Applicable to Non-Contractual Obligations (2009) 85, 88, der dies jedoch kritisiert, da er die gesonderte Anknüpfung von Haftungsgrund und Haftungsausfüllung durchaus für sinnvoll hält. 174 Hervorhebungen hinzugefügt. 175 Symeonides, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 173, 200; ders., YbPIL 2007, 149, 158 f. 176 Symeonides, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 173, 200; ders., YbPIL 2007, 149, 159. 177 Hartley, ICLQ 2009, 899, 902; Hay, EuLF 2007, I-137, I-144; Kramer, NIPR 2008, 414, 422; Mills, in: The Rome II Regulation on the Law Applicable to NonContractual Obligations (2009) 133, 144 f.; Symeonides, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 173, 200; ders., YbPIL 2007, 149, 161.
C. Objektive Anknüpfung
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stünde.178 Auch wird wiederum geltend gemacht, Art. 15 Rom II-VO, der den Anwendungsbereich des Deliktsstatuts umfassend determiniert, spreche eindeutig gegen eine dépeçage.179 Die Aufspaltung eines außervertraglichen Schuldverhältnisses innerhalb des Art. 4 III 1 Rom II-VO wird daher allgemein abgelehnt.180 c) Stellungnahme Der Ansicht Symeonides’, der aus dem Wortlaut folgert, dass noch nicht einmal zwischen verschiedenen Geschädigten differenziert werden kann, ist zu widersprechen. Die Ausweichklausel darf nach h.M. auch bei Massenunfällen nicht dazu benutzt werden, auf mehrere Geschädigte das gleiche Recht anzuwenden; vielmehr weist das Schuldverhältnis aus unerlaubter Handlung im Hinblick auf die verschiedenen Opfer oft eine jeweils engste Verbindung zu unterschiedlichen Staaten auf. 181 Auch die Entstehungsgeschichte zeigt, dass dieser Begrifflichkeit nicht zu hohe Bedeutung beigemessen werden darf: Art. 4 III PE 2005 enthielt noch die Formulierung: „das außervertragliche Schuldverhältnis“, wurde jedoch bis zur endgültigen Fassung komplett geändert, sodass im Zuge dieser Änderungen hieraus ohne nähere Erörterung „die unerlaubte Handlung“ wurde. Daher darf nicht strikt am Wortlaut festgehalten werden. Es muss die engste Verbindung des außervertraglichen Schuldverhältnisses im Sinne aller Ansprüche zwischen Schädiger und Geschädigtem und nicht der unerlaubten Handlung im Sinne des ganzen Lebenssachverhalts bestimmt werden. Bezüglich der Zulässigkeit der objektiven dépeçage ist Symeonides’ Argumentation ebenfalls zurückzuweisen. Zunächst spricht der Wortlaut, wo es heißt, auf „die unerlaubte Handlung“ sei „das Recht dieses anderen
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Dickinson, 4.89; von Hein, RabelsZ 2009, 461, 484; ders., FS Kropholler (2008) 553, 564 f.; Kramer, NIPR 2008, 414, 422; Okoli/Arishe, JPIL 2012, 513, 543f.; Symeonides, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 173, 186, 198 f.; ders., YbPIL 2007, 149, 158 f.; ders., Tulane L. Rev. 82 (2008) 1741, 1776 ff. 179 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art. 4 Rom II-VO Rn. 89. 180 Irish High Court 4.8.2011, ICDL GCC Foundation FZ-LLC v The European Computer Driving Licence Foundation Ltd [2011] IEHC 343, 9.7-9.8; Calliess/von Hein, Art. 4 Rom II-VO Rn. 51; MüKo/Junker, Art. 4 Rom II-VO Rn. 47; PWW/Schaub, Art. 4 Rom II-VO Rn. 9; Rauscher/Unberath/Cziupka, Art. 4 Rom II-VO Rn. 89; jurisPK/ Wurmnest, Art. 4 Rom II-VO Rn. 23; Plender/Wilderspin, 18-102; Hartley, ICLQ 2009, 899, 902; von Hein, FS Kropholler (2008) 553, 564; ders., ZEuP 2009, 6, 18 f.; ders., VersR 2007, 440, 444; Okoli/Arishe, JPIL 2012, 513, 543 f.; Symeonides, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 173, 200. 181 Palandt/Thorn, Art. 4 Rom II-VO Rn. 14; Staudinger/von Hoffmann, Art. 41 EGBGB Rn. 27; jurisPK/Wurmnest, Art. 4 Rom II-VO Rn. 43; offenlassend MüKo/Junker, Art. 4 Rom II-VO Rn. 59.
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Kapitel 3: Die dépeçage bei außervertraglichen Schuldverhältnissen
Staates“182 anzuwenden, eindeutig gegen eine dépeçage. Darüber hinaus weist die Entstehungsgeschichte eine ablehnende Haltung gegenüber der objektiven dépeçage auf; der Verordnungsgebungsprozess zeigt deutlich, dass eine objektive dépeçage diskutiert und bewusst verworfen wurde (Kap. 3 A I).183 Daher kann innerhalb der Ausweichklausel keine objektive Aufspaltung des Deliktsstatuts stattfinden, wenn nur ein Teil des Schuldverhältnisses eine engere Verbindung zu einem anderen Staat aufweist.184 3. Objektive dépeçage über akzessorische Anknüpfung Die akzessorische Anknüpfung in Art. 4 III 2 Rom II-VO ist ein Unterfall der Ausweichklausel in Satz 1. Daher ist hier ebenso wenig eine objektive dépeçage in dem Sinne möglich, dass nur ein Teil der unerlaubten Handlung akzessorisch an einen bestehenden Vertrag angeknüpft wird. 185 Dennoch verdient Art. 4 III 2 Rom II-VO eine gesonderte Betrachtung, denn es könnte die Möglichkeit bestehen, gemäß Art. 4 III 2 Rom II-VO mittels akzessorischer Anknüpfung an einen Vertrag, der durch Anwendung des Art. 3 I 3 Rom I-VO oder kraft objektiver dépeçage unterschiedlichen Rechtsordnungen untersteht, zur dépeçage in der Rom II-VO zu gelangen. 186 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass sich die akzessorische Anknüpfung nach h.M. auf die engste Verbindung zum auf das Vertragsverhältnis anwendbaren Recht bezieht und nicht auf die objektiv engste Verbindung des Vertrags zu einem bestimmten Staat.187 Insoweit kann also auch eine Rechtswahl der Parteien berücksichtigt werden. a) Keine dépeçage als Folge der akzessorischen Anknüpfung bei einer unerlaubten Handlung Liegt nur eine unerlaubte Handlung vor, ist eine dépeçage im Wege der akzessorischen Anknüpfung an ein vertragliches Schuldverhältnis durchaus denkbar. Dies soll durch einen Beispielsfall verdeutlicht werden: Die Par182
Hervorhebungen hinzugefügt. Darauf weisen auch Rauscher/Unberath/Cziupka, Art. 4 Rom II-VO Rn. 89 hin. 184 Vgl. London High Court 16.2.2010, Jacobs v. MIB [2010] EWHC 231 (QB), Rn. 46, der die Anwendung des Art. 4 III Rom I-VO lediglich in Bezug auf den Schadensersatz ausdrücklich ablehnt: „But the question under Art. 4(3) is not whether the right to compensation is manifestly more closely connected to England and Wales, but whether the tort/delict has such a connection.” 185 Ebenso Plender/Wilderspin, 18-102; Symeonides, Am. J. of Comp. L. 56 (2008) 173, 203; ders., YbPIL 2007, 149, 161. 186 So von Hein, FS Kropholler (2008) 553, 564; auf diese Möglichkeit bezieht sich auch Mills, in: The Rome II Regulation on the Law Applicable to Non-Contractual Obligations (2009) 133, 149 f. 187 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art. 4 Rom II-VO Rn. 95. 183
C. Objektive Anknüpfung
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teien schließen einen Vertrag über die Lieferung einer Sache, für den sie vereinbaren, dass auf die Vertragsentstehung deutsches Recht anwendbar sein soll, während für die Vertragserfüllung französisches gelten soll. Die gelieferte Sache ist mangelhaft, was zu Mangelfolgeschäden führt.188 Führt nun die vertragsakzessorische Anknüpfung zur Anwendung deutschen oder französischen Rechts? Es könnte denkbar sein, dem Vertrag entsprechend eine Spaltung des Deliktsstatuts dahingehend vorzunehmen, dass auf die Haftungsbegründung deutsches Recht anwendbar ist und auf die Haftungsausfüllung französisches. Jedoch ist diese Lösung wenig einleuchtend. Es ist nicht ersichtlich, woraus sich ergeben könnte, dass die Entstehung des deliktischen Anspruchs eine engere Beziehung zum deutschen Recht aufweist und die Haftungsausfüllung enger mit dem französischen Recht verbunden ist. Diese Schlussfolgerung kann allein aus der Bestimmung der Parteien im Vertragsrecht nicht gezogen werden. Es ist nicht Zweck der akzessorischen Anknüpfung, die Spaltung des Vertragsstatuts schlichtweg auf das Deliktsrecht zu übertragen, vielmehr müssen die Interessen der Parteien, die im Zweifel nicht mit einer ins Deliktsrecht hineinreichenden Spaltung ihres Rechtsverhältnisses gerechnet haben, berücksichtigt werden. Gerade wenn das Vertragsstatut objektiv durch das Gericht gespalten wurde, kann diese Aufspaltung aus Gründen der Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit nicht auf das IPR der außervertraglichen Schuldverhältnisse übertragen werden. Richtigerweise muss zur Bestimmung der engsten Verbindung gemäß Art. 4 III 2 Rom II-VO auf den Teil des Vertrags abgestellt werden, zu dem das außervertragliche Schuldverhältnis die engste Beziehung aufweist. Im Beispielsfall handelt es sich um die Haftung für Mangelfolgeschäden, die auf der Lieferung einer mangelhaften Sache beruhen. Die Lieferung ist Teil der Vertragserfüllung, für die kraft Rechtswahl französisches Recht gilt. Somit unterliegt hier das gesamte außervertragliche Schuldverhältnis dem französischen Recht. Insofern kommt es also nicht zu einer dépeçage im Deliktsrecht. Dies wird dem in der Rom II-VO geltenden Prinzip der Statutseinheit gerecht, verleiht aber gleichzeitig der dépeçage im Rahmen der vertraglichen Schuldverhältnisse Wirkung, indem die engste Verbindung zu den jeweiligen Vertragsteilen berücksichtigt wird.
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Dies stellt einen typischen Fall der vertragsakzessorischen Anknüpfung dar. Mangelfolgeschäden werden im europäischen IPR als deliktsrechtlich qualifiziert, Rauscher/ Unberath/Cziupka, Art. 4 Rom II-VO Rn. 93.
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Kapitel 3: Die dépeçage bei außervertraglichen Schuldverhältnissen
b) Dépeçage als Folge der akzessorischen Anknüpfung mehrerer Ansprüche aus unerlaubter Handlung aa) Möglichkeit der dépeçage Verschiedene Schadensersatzansprüche können durchaus engere Verbindungen zu verschiedenen Teilen des Vertragsverhältnisses haben und damit unterschiedlichen Rechtsordnungen unterfallen. 189 Hierbei handelt es sich im Gegensatz zu verschiedenen unerlaubten Handlungen einerseits (mehrere Lebenssachverhalte, Kap. 1 A IV 1 c) und mehreren Schuldverhältnissen andererseits (das Schuldverhältnis ist als Gesamtheit der Ansprüche zwischen Schädiger und Geschädigtem zu verstehen, Kap. 1 A IV 1 d) um eine dépeçage. Somit kann theoretisch auf diesem Wege eine dépeçage in der Rom II-VO herbeigeführt werden.190 bb) Ausnahme von der einheitlichen Anknüpfung der unerlaubten Handlung Eine dépeçage steht zwar im Gegensatz dazu, dass im Rahmen des Art. 4 III Rom II-VO nur das Schuldverhältnis als Ganzes angeknüpft werden kann und nicht die einzelnen Ansprüche (oben Kap. 3 C I 2). Aufgrund der Besonderheiten der vertragsakzessorischen Anknüpfung ist davon jedoch eine Ausnahme zu machen. Die verschiedenen Ansprüche können durchaus engere Verbindungen zu verschiedenen Vertragsteilen aufweisen, und um eine angemessene und mit dem Vertrag kohärente Anknüpfung zu erreichen, muss die dort durchgeführte dépeçage auch auf deliktischer Ebene weiter geführt werden. Dies ist insbesondere dann zu rechtfertigen, wenn die Parteien eine Teilrechtswahl für ihren Vertrag getroffen haben. Dann erwarten sie, dass sich diese Rechtswahl auch auf damit verbundene deliktische Ansprüche auswirkt. Nur so kann der Parteiautonomie hinreichend Rechnung getragen werden. Zudem handelt es sich bei einer unterschiedlichen Verbindung der einzelnen Ansprüche zu unterschiedlichen Vertragsteilen um einen absoluten Ausnahmefall (hierzu sogleich). Auch die akzessorische Anknüpfung soll lediglich im Ausnahmefall zur Anwendung kommen, sodass die objektive dépeçage hier nur sehr selten zum Zuge kommen wird.
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Ebenso von Hein, FS Kropholler (2008) 553, 564. Unklar hierzu jedoch Mills, in: The Rome II Regulation on the Law Applicable to Non-Contractual Obligations (2009) 133, 150, der sich in diesem Falle gegen die Anwendbarkeit des Art. 4 III Rom II-VO ausspricht. 190
C. Objektive Anknüpfung
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cc) Beispielsfälle Um die Anwendung der dépeçage im Rahmen der akzessorischen Anknüpfung zu verdeutlichen, werden nun einige Beispiele erläutert. (1) Keine engere Verbindung zu verschiedenen Vertragsteilen Als Beispiel ist ein Kaufvertrag über eine Kaffeemaschine, die für ein Café gebraucht wird, anzunehmen. Für diesen Vertrag liegt eine Rechtswahl in dem Sinne vor, dass auf das Zustandekommen und die Wirkungen des Vertrags unterschiedliche Rechtsordnungen anwendbar sind. Die Kaffeemaschine wird in mangelhaftem Zustand übereignet und explodiert, wodurch sowohl der Käufer verletzt wird, als auch weitere Einrichtungsgegenstände beschädigt werden. Der Käufer kann nun folgende Schadensposten geltend machen: Schmerzensgeld, Kosten für die Heilbehandlung, Schadensersatz für die beschädigten Einrichtungsgegenstände sowie entgangenen Gewinn für die Zeit, in der er das Café nicht wie gewohnt betreiben konnte. All diese Ansprüche sind durch die Übereignung der mangelhaften Sache entstanden, was unter die Vertragserfüllung fällt. Somit ist an das hierfür gewählte Recht anzuknüpfen. Eine solche Konstellation, in der verschiedene Ansprüche aus demselben Schuldverhältnis eine engere Verbindung zum gleichen Vertragsteil aufweisen, ist wohl der Regelfall. (2) Engere Verbindung zu verschiedenen Vertragsteilen Als Gegenbeispiel soll der Fall einer Busreise dienen. Der Reiseveranstalter hat zwei unterschiedliche Vertragspflichten zu erfüllen, einerseits schuldet er den Transport der Reisenden und andererseits den Transport des Gepäcks. Für beide Vertragspflichten sind jedoch unterschiedliche Rechtsordnungen gewählt worden. Verletzt der Transporteur nun seine Vertragspflichten und verursacht schuldhaft einen Unfall, bei dem sowohl die Reisenden verletzt werden als auch das Gepäck beschädigt wird, so entstehen unter anderem Ansprüche auf Schmerzensgeld wegen der Verletzung der Reisenden und Schadensersatzansprüche für das beschädigte Gepäck. Die jeweiligen Ansprüche haben ihre engste Verbindung zu unterschiedlichen Teilen des Vertrags und unterliegen, wenn die akzessorische Anknüpfung gemäß Art. 4 III 2 Rom II-VO zum Zuge kommt, verschiedenen Rechtsordnungen: die Schmerzensgeldansprüche dem Recht, dem die Verpflichtung auf Personenbeförderung unterliegt und die Schadensersatzansprüche dem Recht, das für die Beförderung des Gepäcks gilt.
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Kapitel 3: Die dépeçage bei außervertraglichen Schuldverhältnissen
dd) Zusammenfassung Es ist festzuhalten, dass der Grundsatz der Ausweichklausel (oben Kap. 3 C I 2), nämlich die einheitliche Anknüpfung des Schuldverhältnisses aus unerlaubter Handlung, auch im Rahmen des Art. 4 III 2 Rom II-VO gilt. Für die vertragsakzessorische Anknüpfung wird jedoch eine Ausnahme gemacht, wenn die einzelnen Ansprüche eine engere Verbindung zu verschiedenen Vertragsteilen aufweisen, die unterschiedlichen Rechtsordnungen unterliegen. Damit wird den Wertungen des IPR der vertraglichen Schuldverhältnisse angemessen Rechnung getragen. Ein solcher Fall scheint freilich sehr konstruiert und wird daher in der Praxis die absolute Ausnahme darstellen. Denn meist weisen die verschiedenen Ansprüche wie im ersten Beispiel trotz einer Teilrechtswahl im Vertragsrecht eine engere Verbindung zum gleichen Vertragsbestandteil auf und unterliegen somit dem gleichen Recht. Jedoch zeigt das zweite Beispiel, dass eine objektive dépeçage durch akzessorische Anknüpfung an einen Vertrag, der unterschiedlichen Rechtsordnungen unterliegt, möglich ist. 4. Objektive dépeçage über Erwägungsgrund 33 Rom II-VO Erwägungsgrund 33 bestimmt, dass bei der Schadensberechnung für Opfer von Straßenverkehrsunfällen alle relevanten tatsächlichen Umstände des jeweiligen Opfers berücksichtigt werden sollen. Es drängt sich die Frage auf, ob dies für den Bereich der Straßenverkehrsunfälle dazu führt, dass als Ausnahme zu Art. 15 lit. c Rom II-VO die Schadensbemessung von der lex causae abgespalten werden kann. a) Für eine dépeçage durch Erwägungsgrund 33 Rom II-VO Die Möglichkeit einer dépeçage in Erwägungsgrund 33 Rom II-VO wird vereinzelt mit der Begründung bejaht, dass zwar der Erwägungsgrund ausdrücklich von tatsächlichen Umständen spreche, hierbei jedoch auch zwangsläufig das Recht des in Frage kommenden Staates berücksichtigt werden müsse. 191 Denn nur, wenn der Geschädigte nach diesem Recht Schadensersatz verlangen könne, spielten auch Tatsachen wie hohe medizinische Kosten eine Rolle. 192 Der Erwägungsgrund genieße zwar nicht den gleichen Status wie eine Norm in der Verordnung, beinhalte aber das Gleiche, was die Möglichkeit einer dépeçage zur Folge habe. 193 Wenn dem Erwägungsgrund nicht die gleiche Bedeutung zuzumessen sei wie der Vorschrift aus dem Verordnungsvorschlag, so sei der „Kompromiss“ zwischen 191
Symeonides, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 173, 183. Symeonides, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 173, 183. 193 Symeonides, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 173, 186 in Fn. 68. 192
C. Objektive Anknüpfung
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Rat und Kommission einerseits und dem Parlament andererseits (hierzu Kap. 3 A I 3) kein wirklicher Kompromiss, da in diesem Fall die Meinung des Parlaments überhaupt nicht berücksichtigt worden sei. 194 b) Gegen eine dépeçage durch Erwägungsgrund 33 Rom II-VO Hiergegen wird eingewandt, eine solche Auslegung gehe zu weit und widerspreche der Verordnungsgebungsgeschichte (hierzu Kap. 3 A I).195 Hätte der Verordnungsgeber der Regelung wirklich eine solche Bedeutung zumessen wollen, so hätte er die Bestimmung in den Text der Verordnung eingefügt und nicht lediglich als Erwägungsgrund vorangestellt.196 Dies sei aber gerade nicht gewollt gewesen. Vielmehr sei in Erwägungsgrund 33 lediglich das in Deutschland schon vorher geltende Prinzip, dass die Gerichte auf materiellrechtlicher Ebene alle relevanten Umstände berücksichtigen sollen, niedergeschrieben worden.197 Handelte es sich bei dem Erwägungsgrund wirklich um eine Kollisionsnorm, so ginge diese Regelung noch weiter als der erste Vorschlag des Parlaments, da er im Gegensatz zu diesem keine Ausweichklausel enthielte. 198 Zudem sei der Erwägungsgrund nicht rechtlich verbindlich, da es der EU an der Kompetenz für eine solche, sich auf das materielle Recht der Mitgliedstaaten beziehende Regelung fehle. 199 Damit sei Erwägungsgrund 33 keine Kollisionsnorm und führe demnach auch nicht zu einer dépeçage, sondern lege den Gerichten lediglich nahe, im Rahmen des materiellen Rechts die Umstände am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Geschädigten bei der Schadensbemessung zu berücksichtigen. 200
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Symeonides, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 173, 186 in Fn. 68. Calliess/Halfmeier, Art. 15 Rom II-VO Rn. 12; Rauscher/Unberath/Cziupka, Art. 4 Rom II-VO Rn. 151; Dickinson, 14.31; von Hein, in: The Rome II Regulation on the Law Applicable to Non-Contractual Obligations (2009) 153, 163; Kozyris, Am. J. Comp. L. 56 (2008) 471, 483; Rushworth, in: The Rome II Regulation on the Law Applicable to Non-Contractual Obligations (2009) 199, 209. 196 Ebenso Calliess/Halfmeier, Art. 15 Rom II-VO Rn. 12. 197 Calliess/Halfmeier, Art. 15 Rom II-VO Rn. 12; MüKo/Junker, Art. 15 Rom II-VO Rn. 17 f.; Dickinson, 14.31; aus der Rpsr. z.B. OLG München 10.12.1982, VersR 1984, 745. 198 Rushworth, in: The Rome II Regulation on the Law Applicable to Non-Contractual Obligations (2009) 199, 209. 199 MüKo/Junker, Art. 15 Rom II-VO Rn. 17; R. Wagner, FS Kropholler (2008) 715, 722. 200 Calliess/von Hein, Art. 4 Rom II-VO Rn. 33; Rauscher/Unberath/Cziupka, Art. 4 Rom II-VO Rn. 151; BeckOK/Spickhoff, Art. 15 Rom II-VO Rn. 6; von Hein, ZEuP 2009, 6, 14; Mills, in: The Rome II Regulation on the Law Applicable to NonContractual Obligations (2009) 133, 147. 195
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Kapitel 3: Die dépeçage bei außervertraglichen Schuldverhältnissen
c) Stellungnahme Obwohl Symeonides dies nicht ausdrücklich erwähnt, so erhebt er mit seiner Argumentation den Erwägungsgrund – nach europäischem Verständnis –201 in den Status einer Kollisionsnorm. 202 Eine solche Auslegung ist abzulehnen. Abgesehen davon, dass die Erwägungsgründe nicht zum Verordnungstext gehören und damit keine Gesetzeskraft in den Mitgliedstaaten entfalten können, spricht die Entstehungsgeschichte gegen diese Interpretation; insofern kann auf die gegen diese Ansicht vorgetragenen Argumente verwiesen werden. Damit ist Erwägungsgrund 33 keine Kollisionsnorm und kann folglich auch nicht zur dépeçage führen. Aus dem Erwägungsgrund kann aus den genannten Gründen auch nicht geschlossen werden, dass eine dépeçage in der Verordnung selbst zulässig ist. Vielmehr handelt es sich lediglich um eine Aufforderung an die Gerichte, für die Schadensberechnung innerhalb des materiellen Rechts alle relevanten tatsächlichen Umstände zu berücksichtigen. 5. Fazit Eine gesonderte Anknüpfung einzelner Teile des außervertraglichen Schuldverhältnisses ist weder in Art. 4 I noch in Art. 4 II Rom II-VO möglich. Gleiches gilt grundsätzlich für die Ausweichklausel des Art. 4 III Rom II-VO. Auch aus Erwägungsgrund 33 ergibt sich keine die objektive dépeçage befürwortende Haltung der Verordnung, geschweige denn eine dépeçage aus dem Erwägungsgrund selbst. Eine Ausnahme ist lediglich im Rahmen der vertragsakzessorischen Anknüpfung zu machen, wenn die einzelnen Ansprüche eine engere Verbindung zu verschiedenen Vertragsteilen aufweisen, die unterschiedlichen Rechtsordnungen unterworfen sind. II. Objektive dépeçage bei besonderen außervertraglichen Schuldverhältnissen 1. Produkthaftung, Art. 5 Rom II-VO Art. 5 II Rom II-VO enthält eine mit Art. 4 III Rom II-VO weitgehend identische Ausweichklausel. Daher ist im Bereich der Produkthaftung eine
201 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der dort verwendete Begriff der dépeçage nicht mit dem hiesigen Verständnis gleichzusetzen ist (Kap. 1 B III 2). 202 Dies sieht auch Rushworth, in: The Rome II Regulation on the Law Applicable to Non-Contractual Obligations (2009) 199, 209 so, weist allerdings darauf hin, dass Symeonides später (56 Am. J. Comp. L. (2008) 173, 205) wiederum konstatiert, der Erwägungsgrund sei lediglich eine Einladung an das Gericht, ausländische Tatsachen zu berücksichtigen.
C. Objektive Anknüpfung
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akzessorische Anknüpfung möglich, 203 woraus sich die Möglichkeit einer dépeçage in der oben (Kap. 3 C I 3 b) beschriebenen Weise ergibt. 2. Unlauterer Wettbewerb, Art. 6 Rom II-VO Art. 6 Rom II-VO enthält zwar selbst keine Bestimmung, die die Möglichkeit einer akzessorischen Anknüpfung beinhaltet, durch den Verweis des Art. 6 II Rom II-VO auf den gesamten Art. 4 Rom II-VO ist jedoch Art. 4 III 2 Rom II-VO mit umfasst.204 Hierüber kann es bei einer Beeinträchtigung der Interessen lediglich eines bestimmten Wettbewerbers zur Anknüpfung an ein bestehendes Vertragsverhältnis und damit zu einer dépeçage kommen. In Bezug auf Art. 6 I und III Rom II-VO ist ein Rückgriff auf Art. 4 III 2 Rom II-VO nicht möglich. 205 3. Umweltschädigung, Art. 7 Rom II-VO Durch die ausdrückliche Verweisung des Art. 7 S. 1 Rom II-VO lediglich auf Art. 4 I Rom II-VO ist ein Rückgriff auf Art. 4 II und III Rom II-VO ausgeschlossen. 206 Folglich ist im Rahmen des Art. 7 Rom I-VO keine akzessorische Anknüpfung an ein bestehendes Vertragsverhältnis und damit auch keine objektive dépeçage möglich. 4. Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums, Art. 8 Rom II-VO Eine akzessorische Anknüpfung ist in Art. 8 Rom II-VO nicht vorgesehen; auch ein Rückgriff auf Art. 4 III 2 Rom II-VO ist nicht möglich. 207 Daher ist im Rahmen des Art. 8 Rom II-VO eine dépeçage im Wege der vertragsakzessorischen Anknüpfung ausgeschlossen. 5. Arbeitskampfmaßnahmen, Art. 9 Rom II-VO Eine mit Art. 4 III Rom II-VO vergleichbare Regelung ist in Art. 9 Rom IIVO nicht vorgesehen. Dabei handelt es sich um eine bewusste Entschei203
Palandt/Thorn, Art. 4 Rom II-VO Rn. 11. Palandt/Thorn, Art. 6 Rom II-VO Rn. 16; von Hein, RabelsZ 2009, 461, 498; Heiss/Loacker, JBl. 2007, 613, 629; Sack, GRUR Int. 2012, 601. 205 Palandt/Thorn, Art. 6 Rom II-VO Rn. 14; von Hein, RabelsZ 2009, 461, 498; Heiss/Loacker, JBl. 2007, 613, 624, die einen Rückgriff auf Art. 4 III Rom II-VO allerdings nur im Rahmen des Art. 6 I Rom II-VO für ausgeschlossen halten. 206 MüKo/Junker, Art. 7 Rom II-VO Rn. 6; Rauscher/Unberath/Cziupka, Art. 7 Rom II-VO Rn. 27; Garcimartín Alférez, EuLF 2007, I-77, I-87; von Hein, RabelsZ 2009, 461, 498; Heiss/Loacker, JBl. 2007, 613, 632; Thorn, in: Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung (2012) 139, 161. 207 Palandt/Thorn, Art. 8 Rom II-VO Rn. 6; Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 8 Rom IIVO Rn. 4; von Hein, RabelsZ 2009, 461, 498; Heiss/Loacker, JBl. 2007, 613, 636 f. 204
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Kapitel 3: Die dépeçage bei außervertraglichen Schuldverhältnissen
dung des Verordnungsgebers, somit kann Art. 4 III 2 Rom II-VO nicht analog angewandt werden.208 Zudem wird explizit nur auf Art. 4 II Rom IIVO verwiesen, woraus sich ein Ausschluss des Rückgriffs auf Art. 4 III 2 Rom II-VO ergibt.209 Eine dépeçage im Wege der akzessorischen Anknüpfung scheidet also aus. 6. Außervertragliche Schuldverhältnisse des Kapitels III Rom II-VO Die Artt. 10, 11 und 12 Rom II-VO enthalten jeweils als Grundsatz die akzessorische Anknüpfung an ein bestehendes vertragliches Schuldverhältnis, womit bei Anwendung dieser Normen eine dépeçage möglich ist. Eine Aufspaltung wird hier vermutlich häufiger vorkommen als bei den unerlaubten Handlungen des Kapitels II, da sie dort nur im Rahmen der Ausweichklausel in Betracht kommt. III. Fazit Es wurde aufgezeigt, dass die objektive dépeçage in der Rom II-VO grundsätzlich unzulässig ist. Dies ist vor allem mit dem eindeutigen Willen des Verordnungsgebers zu begründen. Lediglich in dem Ausnahmefall der akzessorischen Anknüpfung an ein Vertragsverhältnis ist eine dépeçage möglich, um einer im Vertragsrecht bestehenden Spaltung auch im Recht der außervertraglichen Schuldverhältnisse gerecht zu werden und keine Widersprüche zwischen der Rom I-VO und der Rom II-VO hervorzurufen. Doch auch in diesen Fällen kommt es nur ausnahmsweise zur Anwendung zweier unterschiedlicher Rechtsordnungen auf ein und dasselbe außervertragliche Schuldverhältnis, sodass diese Abweichung von der Grundregel das Prinzip der einheitlichen Anknüpfung in der Rom II-VO nicht merklich beeinträchtigt.
208 MüKo/Junker, Art. 9 Rom II-VO Rn. 6; Rauscher/Unberath/Cziupka, Art. 9 Rom II-VO Rn. 14; so auch von Hein, RabelsZ 2009, 461, 498 f., der dies jedoch kritisiert. 209 Bamberger/Roth/Spickhoff, Art. 9 Rom II-VO Rn. 3; Rauscher/Unberath/Cziupka, Art. 9 Rom II-VO Rn. 14; Calliess/Rödl, Art. 9 Rom II-VO Rn. 17; Heiss/Loacker, JBl. 2007, 613, 637; Kadner Graziano, RabelsZ 2009, 1, 58 f.; Ofner, ZfRV 2008, 13, 29 f.; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 10.
Kapitel 4
Die dépeçage in sonstigen Bereichen des europäischen Kollisionsrechts Im Folgenden wird die Zulässigkeit der dépeçage in weiteren Bereichen des europäischen Kollisionsrechts untersucht. Die Übernahmerichtlinie sowie die neuen EU-Verordnungen und Verordnungsentwürfe im europäischen Familien- und Erbrecht werden im Hinblick darauf beleuchtet.
A. Internationale Unternehmensübernahmen A. Internationale Unternehmensübernahmen
Für die Bestimmung des auf internationale Unternehmensübernahmen anwendbaren Rechts ist maßgeblich, in welchem Rechtsgebiet sie zu lokalisieren sind. I. Internationale Unternehmensübernahmen zwischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Für die Bestimmung des auf internationale Unternehmensübernahmen anwendbaren Rechts ist maßgeblich, in welchem Rechtsgebiet sie zu lokalisieren sind. Unternehmensübernahmen sind nicht eindeutig dem Gesellschaftsrecht oder dem Kapitalmarktrecht zuzuordnen, sondern befinden sich im Grenzbereich zwischen beiden Rechtsgebieten.1 Das Kapitalmarktrecht ist stärker öffentlichrechtlich geprägt als das „klassische“ IPR und verfolgt einen besonderen rechtspolitischen Steuerungszweck im öffentlichen Interesse.2 Das Gesellschaftsrecht dagegen ist grundsätzlich zum herkömmlichen IPR zu zählen, das einen solchen Zweck gerade nicht verfolgt; vielmehr gelten hiernach alle Rechtsordnungen als gleichwertig. 3 Da es für beide Ansichten vertretbare Argumente gab, war lange Zeit fraglich, wonach sich das anwendbare Recht bei Unternehmensübernahmen richtet.
1 von Hein, Die AG 2001, 213, 219; Pötzsch/Möller, WM-Sonderbeil. Nr. 2 zu Heft 31/2000, 3, 11. 2 von Hein, Die AG 2001, 213, 219 f. 3 von Hein, Die AG 2001, 213, 220.
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Kapitel 4: Die dépeçage in sonstigen Bereichen
Erst mit der Übernahmerichtlinie (ÜRL) 4, die 2004 als Rahmenrichtlinie verabschiedet worden ist, wurde diese Frage auf europäischer Ebene geklärt. Die Richtlinie betrifft sowohl gesellschaftsrechtliche als auch kapitalmarktrechtliche Fragen, ist also ebenfalls an der Schnittstelle zwischen beiden Bereichen einzuordnen. 5 Sie stellt klar, welches Recht auf welche Fragen anzuwenden ist und dient damit der Harmonisierung der zuvor von erheblichen Unterschieden geprägten nationalen Rechte.6 Die ÜRL verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Schaffung eines richtlinienkonformen Übernahmekollisionsrechts; insofern haben die einschlägigen Vorschriften der ÜRL kollisionsrechtlichen Regelungsgehalt. 7 Die Richtlinie ist in Deutschland 2006 im WpÜG umgesetzt worden. 8 Im Folgenden soll sich auf die Vorschriften der ÜRL bezogen werden. II. Subjektive Anknüpfung Die subjektive Anknüpfung spielt unter Geltung der ÜRL kaum eine Rolle. Dies ist vor allem mit dem ordnungsrechtlichen Charakter der die internationalen Unternehmensübernahmen regelnden Vorschriften und den damit verbundenen staatlichen Interessen zu erklären.9 Aus diesem Grund soll dieser Bereich nicht der Disposition der Parteien unterliegen. Eine Bestimmung des anwendbaren Rechts durch die Zielgesellschaft wird innerhalb der ÜRL lediglich bei einer Mehrfachzulassung für kapitalmarktrechtliche Fragen relevant. Wenn die Wertpapiere einer Gesellschaft nacheinander auf verschiedenen Märkten zum Handel zugelassen werden, gilt 4
Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. 2004 Nr. L 142/12. Zur bewegten und langwierigen Entstehungsgeschichte der ÜRL siehe Veil/Veil, Europäisches Kapitalmarktrecht, § 1 Rn. 29 f.; S. Ackermann, 40 ff.; Josenhans, 206 ff.; Winkelmann, 81 ff.; Edwards, ECFR 2004, 416, 418 ff.; von Hein, ZGR 2005, 238 ff.; Seibt/Heiser, ZGR 2005, 200 ff.; Maul/Muffat-Jeandet, Die AG 2004, 221, 223 ff. 5 Veil/Veil, Europäisches Kapitalmarktrecht, § 1 Rn. 30; Siems, ECFR 2004, 458, 467. 6 Josenhans, 206 f. 7 S. Ackermann, 36, ausführlich 273 ff.; Josenhans, 212 f.; hiervon ausgehend von Hein, Die AG 2001, 213 ff.; Steinmeyer, FS Immenga (2006) 743, 752; Krause, BB 2004, 113, 117; a.A. Mülbert, NZG 2004, 633, 637, der den Vorschriften der ÜRL den kollisionsrechtlichen Gehalt abspricht und meint, es bleibe den Mitgliedstaaten überlassen, ob sie die Richtlinienkonformität durch kollisionsrechtliche Mittel oder „autolimitierte Sachnormen“ auf sachrechtlicher Ebene verwirklichen; hiergegen ausführlich von Hein, ZGR 2005, 541 ff. 8 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote (ÜbernahmerichtlinieUmsetzungsgesetz) vom 8.7.2006, BGBl. 2006 I 1426; die Änderung trat am 14.7.2006 in Kraft; zu den Änderungen im WpÜG Meyer, WM 2006, 1135 ff. 9 Insbesondere in Bezug auf die kapitalmarktrechtlichen Fragen, siehe von Hein, Die AG 2001, 213, 219 und Zimmer, ZGR 2002, 731, 733.
A. Internationale Unternehmensübernahmen
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gemäß Art. 4 II lit. b S. 2 ÜRL das Prioritätsprinzip, d.h. auf die kapitalmarktrechtlichen Fragen ist das Recht anwendbar, auf dessen Markt die Wertpapiere zuerst zum Handel zugelassen worden sind. Ist dagegen die Zulassung in verschiedenen Mitgliedstaaten gleichzeitig erfolgt, so hat die Zielgesellschaft nach Art. 4 II lit. c S. 1 ÜRL das Recht und die Pflicht, die für die Beaufsichtigung des Angebotsvorgangs zuständige Stelle eines Staates zu bestimmen. Damit wird wegen Art. 4 II lit. e ÜRL gleichzeitig das hierauf anwendbare Recht gewählt.10 Dieses Optionsrecht kann allerdings nur einheitlich ausgeübt werden, da eine noch weitergehende Spaltung des anwendbaren Rechts (es geht hier nur um die kapitalmarktrechtlichen Fragen, für die arbeits- und gesellschaftsrechtlichen Aspekte ist ohnehin das Recht des Sitzstaates maßgeblich) gerade vermieden werden soll. Eine subjektive dépeçage ist also in der ÜRL nicht zulässig. III. Objektive Anknüpfung 1. Sitz der Zielgesellschaft ist mit Handelsort identisch Unproblematisch ist die Bestimmung des anwendbaren Rechts bei internationalen Unternehmensübernahmen in dem Fall, in dem die Zielgesellschaft ihren Sitz11 in dem Staat hat, in dem auch ihre Wertpapiere gehandelt werden; maßgeblich ist der Sitz der Börse.12 Für diese Konstellation bestimmt Art. 4 II lit. a ÜRL, dass die Aufsichtsbehörde dieses Staates zuständig ist. Eine ausdrückliche Bestimmung des anwendbaren Rechts enthält Art. 4 II lit. a ÜRL zwar nicht, jedoch ergibt sich aus der Systematik der Vorschrift, dass ein Gleichlauf zwischen zuständiger Aufsichtsbehörde und anwendbarem Recht gewollt ist, sodass die Aufsichtsstelle ihr eigenes 10 S. Ackermann, 37; kritisch zu dieser Wahlmöglichkeit Siems, ECFR 2004, 458, 474 f. 11 Unklar und daher problematisch ist allerdings, ob hierfür der Verwaltungs- oder der Satzungssitz relevant ist, hierzu ausführlich S. Ackermann, 296 ff.; eingehend auch Winkelmann, 108 ff., 132 und von Hein, ZGR 2005, 528, 545 ff., 553 f., die unter Berufung auf die neuere Rechtsprechung des EuGH den Satzungssitz für maßgeblich halten; ebenso Mülbert, NZG 2004, 633, 638; Seibt/Heiser, ZGR 2005, 200, 205 ff.; Siems, ECFR 2004, 458, 470 f.; offenlassend Steinmeyer, FS Immenga (2006) 743, 754 f.; einige nehmen jedoch eine Verweisung auf die mitgliedstaatlichen Kollisionsrechte an, die entweder auf den Satzungs- oder den Verwaltungssitz abstellen, was zu einer uneinheitlichen Handhabung führt: MüKo/Kindler, Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht, Rn. 51 m.w.N.; so auch noch von Hein, Die AG 2001, 213, 215 ff.; Beye, Die AG 2000, 289, 291. Zu dieser Frage soll hier nicht Stellung genommen werden. 12 Beye, Die AG 2000, 289, 291; Steinmeyer, FS Immenga (2006) 743, 754, siehe dort Fn. 36, in der noch einmal hervorgehoben wird, dass dies nur so lange unproblematisch ist, bis mehrere Börsen mit Sitz in unterschiedlichen Mitgliedstaaten (z.B. die Börsen in Frankfurt und London) fusionieren; ebenso Edwards, ECFR 2004, 416, 424, dort in Fn. 30; hierzu auch Winkelmann, 144 ff.
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Kapitel 4: Die dépeçage in sonstigen Bereichen
Sachrecht anzuwenden hat.13 Dabei ist unerheblich, ob die Wertpapiere zusätzlich in einem anderen Mitgliedstaat gehandelt werden, selbst wenn die Zulassung an dem anderen Markt zuerst erfolgt ist oder das dortige Handelsvolumen das des Sitzstaates übersteigt.14 In diesem Fall unterliegen sowohl die gesellschaftsrechtlichen als auch die kapitalmarkrechtlichen Fragen dem Recht des Sitzstaates der Zielgesellschaft.15 Auch vor Inkrafttreten der ÜRL kam nach einhelliger Meinung das Recht dieses Staates zur Anwendung. Eine dépeçage ist damit in diesem Fall ausgeschlossen. 2. Sitz der Zielgesellschaft ist nicht mit Handelsort identisch Problematisch ist jedoch, wenn der Sitzstaat der Zielgesellschaft nicht mit dem Staat identisch ist, in dem die Wertpapiere gehandelt werden. Vor Inkrafttreten der ÜRL herrschte ein reger Streit darüber, wie in dieser Konstellation das auf die Unternehmensübernahme anwendbare Recht bestimmt werden soll, der „fast schon das Ausmaß eines Glaubenskrieges“ 16 erreichte. a) Anwendbarkeit des Rechts des Sitzstaats Nach der von einer Gruppe während der Verhandlungen über die Richtlinie vertretenen Ansicht, die eher den international gesellschaftsrechtlichen Aspekt in den Vordergrund rückte, sollte auch bei Auseinanderfallen von Sitzstaat und Handelsort an den Sitzstaat angeknüpft werden, es sollte dessen Aufsichtsbehörde zuständig und dessen Recht anwendbar sein. 17 Diese Lösung wurde mit ihrer Praktikabilität und der damit verbundenen höheren Rechtssicherheit begründet.18 Das Statut des Sitzstaates sei ferner besser geeignet, weil die Interessen der Aktionäre der Zielgesellschaft und das 13
S. Ackermann, 37; von Hein, Die AG 2001, 213, 214 f.; ders., ZGR 2005, 528, 537; Maul/Muffat-Jeandet, Die AG 2004, 221, 228; Pötzsch/Möller, WM-Sonderbeil. Nr. 2 zu Heft 31/2000, 3, 11; Siems, ECFR 2004, 458, 469. 14 S. Ackermann, 37 f., dort Fn. 60; Josenhans, 213 f.; von Hein, Die AG 2001, 213, 214; ders., ZGR 2005, 528, 537; Pötzsch/Möller, WM-Sonderbeil. Nr. 2 zu Heft 31/2000, 3, 11; Steinmeyer, FS Immenga (2006) 743, 754; Zimmer, ZGR 2002, 731, 739. 15 Josenhans, 213. 16 Beye, Die AG 2000, 289, 291; zu den unterschiedlichen Ansichten siehe auch Winkelmann, 84 ff. 17 Diesen Standpunkt vertrat während der Vorarbeiten zur Richtlinie insbesondere Großbritannien, siehe Winkelmann, 84; Maul/Muffat-Jeandet, Die AG 2004, 221, 227; Zimmer, ZGR 2002, 731, 742 ff. Der ursprüngliche Richtlinienvorschlag (KOM 88/823, ABl. 1989 Nr. C 64) enthielt noch eine an den Sitz der Gesellschaft gekoppelte Zuständigkeit. 18 Meier-Schatz/Gasser, SZW 2000, 121, 124; Beye, Die AG 2000, 289, 291; Zimmer, ZGR 2002, 731, 743; dazu auch S. Ackermann, 41.
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betroffene Kapital den engsten Bezug zu diesem Staat hätten.19 Zudem würden die Aktionäre der Zielgesellschaft hierdurch besser vor Übervorteilung und Überrumpelung geschützt.20 b) Spaltung des anwendbaren Rechts Die andere Ansicht befürwortete hingegen eine Spaltung des anwendbaren Rechts: Fragen verbandsbezogener Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und ihrer Organe sollten gesellschaftsrechtlich qualifiziert werden, hierauf sollte das Recht des Sitzstaates angewendet werden, wohingegen auf Fragen des Angebotsvorgangs das Recht des Marktortes zur Anwendung kommen sollte (kapitalmarktrechtliche Anknüpfung). 21 Dies wurde damit begründet, dass nicht der einzelne Mitgesellschafter Adressat des Übernahmeangebots sei, sondern der Markt als Ganzes; daher habe der Marktort, an dem die Wertpapiere börsennotiert seien, die engste Verbindung zum Übernahmeangebot.22 c) Lösung der Übernahmerichtlinie Nach langen Verhandlungen23 haben sich die Befürworter der zweiten Ansicht durchgesetzt. Die am ÜRL stellt nun in ihrem Art. 4 II lit. b S. 1 klar, dass die Aufsichtsbehörde des Staates, in dem die Wertpapiere der Gesellschaft zum Handel zugelassen sind, für Fragen des Angebotsvorgangs zuständig ist. Gemäß Art. 4 II lit. e S. 1 ÜRL folgt dieser Zuständigkeit das anwendbare Recht (sog. umgekehrter Gleichlauf) 24. Nach Art. 4 II lit. e S. 2 ÜRL ist auf Fragen, die die Unterrichtung der Arbeitnehmer betreffen, sowie auf gesellschaftsrechtliche Fragen das Recht des Sitzstaates der Gesellschaft anwendbar. Diesem Recht folgt nach Art. 4 II lit. e S. 1 ÜRL die Zuständigkeit der Aufsichtsbehörde; es ist insofern also ein Gleichlauf vorgesehen. 25 3. Fazit Diese Lösung führt mithin zu einer Aufspaltung des anwendbaren Rechts, womit die hiermit typischerweise verbundenen Begleiterscheinungen wie
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Meier-Schatz/Gasser, SZW 2000, 121, 124; Zimmer, ZGR 2002, 731, 743. Zimmer, ZGR 2002, 731, 743. 21 Ebenroth/Wilken, ZVglRWiss 1991, 235, 241 f.; Beye, Die AG 2000, 289, 291. 22 Ebenroth/Wilken, ZVglRWiss 1991, 235, 242; dies., JZ 1991, 1061, 1067. 23 Siehe dazu Edwards, ECFR 2004, 416, 424 f. 24 Josenhans, 213; Steinmeyer, FS Immenga (2006) 743, 752; Zimmer, ZGR 2002, 731, 740. 25 Josenhans, 214; Zimmer, ZGR 2002, 731, 740. 20
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Kapitel 4: Die dépeçage in sonstigen Bereichen
Normenmangel und Normenhäufung grundsätzlich einhergehen. 26 Deren Auftreten wird zwar durch die ÜRL und die damit verbundene Harmonisierung des materiellen Rechts der Mitgliedstaaten verringert, aber durch die verbleibenden Umsetzungsspielräume nicht völlig ausgeräumt.27 So kann es einerseits zu einem drohenden Schutzdefizit sowie andererseits zu einer Übersicherung kommen, die den Markt behindert.28 Dies wird deutlich am Beispiel des Zusammenhangs zwischen dem Pflichtangebot, das als gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren ist, und dem Mindestpreis, der dem Kapitalmarktrecht zugeordnet wird.29 Es kommt also darauf an, ob die einzelnen Fragen in den Mitgliedstaaten eindeutig dem Gesellschaftsrecht bzw. dem Kapitalmarktrecht zugewiesen werden; nur so können unauflösbare Widersprüche vermieden werden. 30 Hierbei können sich jedoch Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben. 31 Die ÜRL selbst zählt in ihrem Art. 4 II lit. e lediglich Beispiele für solche Fragen auf, die entweder dem Kapitalmarkt- oder dem Gesellschaftsrecht zuzurechnen sind, lässt aber die Qualifikation vieler Fragen offen. Da eine Qualifikation nach der lex fori zu einer uneinheitlichen Beantwortung der Fragen in den einzelnen Mitgliedstaaten führen würde, ist vielmehr eine richtlinienkonforme Qualifikation vorzunehmen. 32 Nur so kann ein Auftreten von Normenmangel und Normenhäufung durch Anwendung der ÜRL bei Sachverhalten innerhalb der EU ausgeschlossen werden. 33 Trotz der aufgezeigten Mängel stellt die ÜRL jedoch eine deutliche Verbesserung gegenüber der vorherigen Rechtslage, als die nationalen Kollisionsnormen wegen ihres divergierenden Inhalts zu einer Rechtszersplitterung führten, dar.34 In Art. 20 ÜRL wurde eine Überprüfungsklausel aufgenommen, woraus teilweise auf Unsicherheiten in Bezug auf die Regelung geschlossen wurde.35 Seit 2011 überprüft die Europäische Kommission die Richtlinie.36 26
Seibt/Heiser, ZGR 2005, 200, 204; dies., Die AG 2006, 301, 303; Zimmer, ZGR 2002, 731, 740. 27 Winkelmann, 153. 28 Winkelmann, 153; von Hein, Die AG 2001, 213, 229. 29 Winkelmann, 153. 30 Winkelmann, 153; zu dieser Problematik auch S. Ackermann, 45 f.; Siems, ECFR 2004, 458, 474. 31 von Hein, Die AG 2001, 213, 229; Pötzsch/Möller, WM-Sonderbeil. Nr. 2 zu Heft 31/2000, 3, 11; Zimmer, ZGR 2002, 731, 742 f.; kritisch zur Lösung der ÜRL deswegen auch Krause, BB 2004, 113, 117. 32 Winkelmann, 153 f.; von Hein, Die AG 2001, 213, 229 f.; ders., ZGR 2005, 528, 530, 554 ff., mit einigen Beispielen. 33 Winkelmann, 134; von Hein, ZGR 2005, 528, 563; kritisch aus diesem Grund auch Siems, ECFR 2004, 458, 475. 34 S. Ackermann, 285; von Hein, ZGR 2005, 528, 563; Krause, BB 2004, 113, 117; Lehne/Haak, Der Konzern 2003, 163, 167; Siems, ECFR 2004, 458, 474. 35 S. Ackermann, 42; Pötzsch/Möller, WM-Sonderbeil. Nr. 2 zu Heft 31/2000, 3, 11.
B. Internationales Familienrecht
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Aus den Ergebnissen einer Experten-Umfrage ist jedoch nichts dazu ersichtlich, dass die ÜRL in Bezug auf ihre gespaltene Anknüpfung geändert werden soll. 37
B. Internationales Familienrecht B. Internationales Familienrecht
Für das europäische Familienkollisionsrecht sind kürzlich neuere Verordnungen in Kraft getreten bzw. geplant. Diese werden nachfolgend im Hinblick auf die dépeçage einer näheren Betrachtung unterzogen. I. Rom III-VO Die Verordnung zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts38 wurde am 20. Dezember 2010 abschließend vom Rat angenommen. Sie enthält Kollisionsnormen, die das internationale Scheidungsrecht betreffen und ist am 21. Juni 2012 in Kraft getreten. Vor Inkrafttreten der Rom III-VO war das jeweilige nationale Recht der Mitgliedstaaten anwendbar, das jedoch sehr große Unterschiede aufwies. 39 Diese Unterschiede versucht die Verordnung durch die Schaffung einheitlicher Kollisionsnormen auf diesem Gebiet einzuebnen. Im Folgenden wird, nach Darstellung der ehemaligen Rechtslage, untersucht, ob in der Rom III-VO eine dépeçage vorgesehen oder zumindest möglich ist. 1. Subjektive Anknüpfung a) Rechtslage vor Inkrafttreten der Rom III-VO Die Wahl des auf Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anwendbaren Rechts spielte vor Inkrafttreten der Rom III-VO in den Mitgliedstaaten der EU eine sehr geringe Rolle. 40 Eine parteiautonome 36
Veil/Veil, Europäisches Kapitalmarktrecht, § 2 Rn. 86. Seibt, ZIP 2012, 1 ff. 38 Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 des Rates vom 20. Dezember 2010, ABl. 2010 Nr. L 343/10. 39 Begründung zum Kommissionsvorschlag für eine Verordnung (EU) des Rates zur Begründung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts vom 24.3.2010, KOM(2010) 105 endg., 2.1; Franzina, Cuadernos de Derecho Transnacional 2011, 85, 89 f.; Hammje, Rev. crit. 2011, 291, 315. 40 Lediglich im belgischen und niederländischen IPR ist eine direkte Wahl des Scheidungsstatuts vorgesehen (für Belgien: Art. 55 § 2 IPRG, eingeführt mit Gesetz vom 16.7. 2004 zur Einführung des Gesetzbuchs über das internationale Privatrecht, BS 10.11.2005; für die Niederlande: Gesetz vom 25.3.1981, niederländisches Staatsblatt 37
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Kapitel 4: Die dépeçage in sonstigen Bereichen
Bestimmung des anwendbaren Rechts war in Deutschland nur insoweit zulässig, als eine nach Art. 14 II oder III EGBGB für die allgemeinen Ehewirkungen getroffene Rechtswahl sich auf das Scheidungsstatut auswirkte.41 Eine direkte Wahl des auf die Ehescheidung anwendbaren Rechts war dagegen, wie in den meisten anderen Mitgliedstaaten, nicht möglich. 42 b) Die Regelung in der Rom III-VO Art. 5 Rom III-VO gibt den Eheleuten die Möglichkeit einer Rechtswahl für das auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anwendbare Recht. Diese Rechtswahl ist jedoch eingeschränkt: In Art. 5 I litt. a-d Rom III-VO werden die wählbaren Rechtsordnungen festgelegt. Die Zulässigkeit der Rechtswahl in der Rom III-VO soll die Parteiautonomie stärken und dadurch die Rechtssicherheit erhöhen (Erwägungsgrund 15 Rom III-VO).43 Die Verordnung gibt jedoch keine Auskunft darüber, ob auch eine Teilrechtswahl zulässig ist. Art. 14 Rom II-VO erwähnt ebenfalls keine Teilrechtswahl, dennoch wird sie unter Verweis auf die Rom I-VO für zulässig gehalten (siehe oben Kap. 3 B I 1 c). Dies konnte aber mit dem engen Zusammenhang der beiden Verordnungen und der von Erwägungsgrund 7 Rom I-VO geforderten einheitlichen Auslegung beider Rechtsinstrumente begründet werden. Das internationale Scheidungsrecht weist jedoch weder einen solchen engen Zusammenhang zum Vertragsrecht auf, noch gibt es hier einen vergleichbaren Erwägungsgrund. Vielmehr gelten für das internationale Ehescheidungsrecht als Teil des Familienrechts andere Maßstäbe, wie vor allem die Wahrung der Grund- und Menschenrechte.44 Bei einer subjektiven dépeçage müssen oft verschiedene Rechtsordnungen durch Anpassung miteinander in Einklang gebracht werden. Das materielle Scheidungsrecht der verschiedenen Staaten weist jedoch teilweise erhebliche Unterschiede auf, sodass eine Kohärenz zwischen den verschiedenen Rechtsordnungen häuNr. 166), vgl. Winkler von Mohrenfels, FS von Hoffmann (2011) 527, 529 f. m.w.N. zur Rechtslage in den Mitgliedstaaten sowie Kohler, FS von Hoffmann (2011) 208, 210; siehe auch Franzina, Cuadernos de Derecho Transnacional 2011, 85, 86; Kuipers, Europ. L. J. 2012, 201, 203, 208. 41 MüKo/Winkler von Mohrenfels, Art. 17 EGBGB Rn. 41; AnwKomm/U. Gruber, Art. 17 EGBGB Rn. 12; PWW/Martiny, Art. 17 EGBGB Rn. 9; Soergel/Schurig, Art. 17 EGBGB Rn. 21; Andrae, Int. FamR, § 4 A Rn. 6; von Hoffmann/Thorn, IPR, § 8 Rn. 49; Kropholler, IPR, § 46 I 1; Ganz, FuR 2011, 369, 370. 42 AnwKomm/U. Gruber, Art. 17 EGBGB Rn. 13 f. 43 Hierzu näher Franzina, Cuadernos de Derecho Transnacional 2011, 85, 108 ff.; Becker, NJW 2011, 1543, 1544 zweifelt jedoch daran, dass die Bedeutung der Parteiautonomie in diesem Bereich tatsächlich hierdurch ansteigt; begrüßt wird die hierdurch erhöhte Flexibilität dagegen von Kuipers, Europ. L. J. 2012, 201, 208. 44 Franzina, Cuadernos de Derecho Transnacional 2011, 85, 88 f.
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fig nicht erreicht werden kann. 45 Daher riefe die Zulässigkeit der Teilrechtswahl in diesem sensiblen Bereich eine sehr viel höhere Rechtsunsicherheit hervor als beispielsweise im Recht der außervertraglichen Schuldverhältnisse. Darüber hinaus ist vor dem Hintergrund, dass die Zulässigkeit der Rechtswahl in der Rom III-VO gegenüber den meisten mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen eine Neuerung darstellt, 46 hiermit restriktiv zu verfahren. Es handelt sich im Bereich des Familien- und Erbrechts bei der Rechtswahl mithin gerade nicht um ein allgemeines Anknüpfungsprinzip, 47 das auch eine Teilrechtswahl mit umfassen würde. Daher ist das Schweigen der Rom III-VO zur subjektiven dépeçage als deren Unzulässigkeit zu interpretieren. 48 c) Getrennte Rechtswahl für Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes? Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob die Eheleute eine gesonderte Rechtswahl nur für die Ehescheidung oder für die Ehetrennung treffen können, oder ob ihre Rechtswahl für beide Bereiche gelten muss. Ehetrennung und Ehescheidung können nach der oben erläuterten weiten Definition der Teilfrage (Kap. 1 A I 2 a) als eine solche angesehen werden. Sie stellen Teilkomplexe innerhalb eines einheitlichen Rechtsverhältnisses, der Trennung der Ehegatten, dar. Daher ist die separate Rechtswahl für beide Bereiche, sollte sie zulässig sein, als dépeçage anzusehen. aa) Für eine einheitliche Rechtswahl (1) Wortlaut des Art. 5 und des Erwägungsgrundes 16 Rom III-VO Für eine gesonderte Rechtswahl könnte der Wortlaut der Rom III-VO sprechen. Art. 5 I Rom III-VO bestimmt, dass die Ehegatten „das auf die Ehescheidung oder die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendende Recht“49 wählen können. Auch in Erwägungsgrund 16 findet sich in Bezug hierauf das Wort „oder“. Daraus könnte geschlussfolgert werden, dass eine Rechtswahl sowohl lediglich in Bezug auf die Ehescheidung als 45
In diesem Sinne Hammje, Rev. crit. 2011, 291, 315; Queirolo/Carpaneto, RDIPP 2012, 59, 61, 80. 46 Queirolo/Carpaneto, RDIPP 2012, 59, 70. 47 Coester-Waltjen/Coester, Liber Amicorum Schurig (2012) 33, 34 bezeichnen die Rechtswahlfreiheit im internationalen Familienrecht als „(„Verlegenheits-“)Lösung“. 48 Ebenso Franzina, Cuadernos de Derecho Transnacional 2011, 85, 112; Hammje, Rev. crit. 2011, 291, 315; Queirolo/Carpaneto, RDIPP 2012, 59, 80, die als Beispiel für eine solche unzulässige subjektive dépeçage die Wahl italienischen Rechts bezüglich der Scheidungsgründe und des finnischen Rechts für die Scheidungsfolgen anführen. 49 Hervorhebung hinzugefügt.
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Kapitel 4: Die dépeçage in sonstigen Bereichen
auch hinsichtlich der Ehetrennung möglich ist, während für den jeweils anderen Bereich das nach objektiven Kriterien bestimmte Recht gilt. Problematisch ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass der eben beschriebene Wortlaut (sowohl in Art. 5 als auch in Erwägungsgrund 16 Rom III-VO heißt es „oder“) unter den verschiedenen Sprachfassungen der Verordnung eine Ausnahme darstellt. Es sind diesbezüglich erhebliche Diskrepanzen zu verzeichnen. Außer der deutschen verwenden lediglich die schwedische und die griechische Version der Rom III-VO an beiden Stellen „oder“. Die französische, die englische, die niederländische, die italienische, die tschechische, die litauische, die lettische, die ungarische und die rumänische Version der Rom III-VO verwenden dagegen an beiden Stellen „und“, was in diesem Zusammenhang eher impliziert, dass das gewählte Recht zwingend für die Ehescheidung und die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes gilt. Die bulgarische, die spanische, die polnische, die dänische, die estnische, die maltesische, die portugiesische, die slowakische, die slowenische und die finnische Fassung der Verordnung verwenden dagegen nur in Erwägungsgrund 16 das Wort „oder“, während sich in Art. 5 I Rom III-VO „und“ wiederfindet. So ergibt sich folgendes Gesamtbild: In zehn Sprachfassungen findet sich zwei Mal das Wort „und“, in neun Sprachfassungen spricht der Erwägungsgrund von „oder“, während Art. 5 I Rom III-VO das Wort „und“ benutzt, und in drei Sprachfassungen wird in der Verordnung an beiden Stellen das Wort „oder“ verwendet. Fraglich ist nun, welche Fassung die „richtige“ ist. Grundsätzlich sind alle Amtssprachen der EU als gleichwertig anzusehen. 50 Faktisch jedoch finden die Vorarbeiten zu EU-Verordnungen regelmäßig in französischer Sprache statt; auch der Text wird zunächst in dieser Sprache verfasst und anschließend erst in die anderen Amtssprachen übersetzt. Vor diesem Hintergrund spricht viel dafür, diese Version als die ursprüngliche und damit maßgebliche anzusehen. 51 Die Diskrepanzen in den anderen Sprachfassungen können wohl als unsaubere Übersetzung betrachtet werden. Dies würde bedeuten, dass es in Art. 5 I und Erwägungsgrund 16 Rom III-VO richtigerweise „und“ heißen müsste, was eher für eine einheitliche Rechtswahl spricht.52 Jedoch ist diese Auslegung wegen des Grundsatzes der Gleichwertigkeit der Sprachen sowie der Tatsache, dass die Arbeitssprache wäh50 Vgl. Art. 1 der Verordnung Nr. 1 vom 15. April 1958 zur Regelung der Sprachenfrage für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und Verordnung Nr. 1 des Rates vom 15. April 1958 zur Regelung der Sprachenfrage für die Europäische Atomgemeinschaft sowie zur Einführung befristeter Ausnahmeregelungen zu diesen Verordnungen, ABl. 1958 Nr. 17/385; ABl. 2006 Nr. L 363/1; siehe auch Riesenhuber/Riesenhuber, § 11 Rn. 15; Calliess/Ruffert/Wichard, Art. 342 AEUV Rn. 16. 51 Riesenhuber/Rebhahn, § 18 Rn. 17; A.A. Riesenhuber/Riesenhuber, § 11 Rn. 17. 52 Franzina, Cuadernos de Derecho Transnacional 2011, 85, 112, spricht sich trotz dieses Wortlauts in der englischen Fassung für eine separate Rechtswahl aus.
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rend des Verfahrens durchaus wechseln kann und nicht veröffentlicht ist, durchaus problematisch. 53 Daher ist im Zweifel dem Wortlaut lediglich eine untergeordnete Bedeutung zuzumessen. 54 (2) Einheitlicher Vorgang In ihrem Verordnungsvorschlag vom März 2010 führte die Kommission in der Begründung aus, dass nur ein einheitliches Recht für die Ehescheidung und die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes gewählt werden könne, da letzteres in einigen Fällen eine Vorstufe zur Ehescheidung darstelle. 55 Auch in den Fällen, in denen eine Ehetrennung keine zwingende Voraussetzung für eine Ehescheidung sei, mündeten die Verfahren grundsätzlich in der Auflösung der Ehe, woraus sich ergebe, dass die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes und die Ehescheidung als materiell einheitlicher Vorgang anzusehen seien. 56 Dies spreche eher gegen eine gesonderte Rechtswahl für beide Bereiche. bb) Für eine separate Rechtswahl (1) Wortlaut der anderen Bestimmungen Für die Zulässigkeit einer gesonderten Rechtswahl kann zunächst Art. 9 I Rom III-VO angeführt werden. 57 Dieser bestimmt, dass bei Umwandlung einer Trennung ohne Auflösung des Ehebandes in eine Ehescheidung das auf die Ehescheidung anzuwendende Recht dasjenige ist, das auf die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes angewendet wurde, sofern die Parteien nicht gemäß Artikel 5 etwas anderes vereinbart haben.58 Dies bedeutete, dass es den Ehepartnern durchaus möglich wäre, für die Ehescheidung ein anderes Recht zu wählen als für die Ehetrennung, denn anderenfalls wäre Art. 9 I Rom III-VO überflüssig. Auch Erwägungsgrund 23 bestätigt diese Auslegung. Dort heißt es: „Wird das Gericht angerufen, damit eine Trennung ohne Auflösung des Ehebandes in eine Ehescheidung umgewandelt wird, und haben die Parteien keine Rechtswahl getroffen, so sollte das Recht, das auf die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes angewendet wurde, auch auf die Ehescheidung angewandt werden“. 59 Dies ist dahinge53
Riesenhuber/Riesenhuber, § 11 Rn. 17. Riesenhuber/Baldus, § 3 Rn. 188; Riesenhuber/Pechstein/Drechsler, § 8 Rn. 39. 55 Kommissionsvorschlag vom 24.3.2010, KOM(2010) 105 endg., Erläuertung zu Art. 3, S. 8. 56 Pabst, FPR 2008, 230; ebenso Jayme, in: Kollisionsrecht in der EU (2008) 63, 74. 57 Ebenso Erman/Hohloch, Art. 5 Rom III-VO Rn. 1; Queirolo/Carpaneto, RDIPP 2012, 59, 79. 58 Hervorhebung hinzugefügt. 59 Hervorhebung hinzugefügt. 54
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hend zu verstehen, dass die Verordnung von der Möglichkeit der gesonderten Rechtswahl für beide Bereiche ausgeht. (2) Gesonderte Rechtsfragen Zur Begründung für eine gesonderte Rechtswahl wird des Weiteren angeführt, dass Ehescheidung und Ehetrennung zwei separate Institutionen darstellten und für beide grundsätzlich auch gesonderte Verfahren gälten. 60 Es existieren in den nationalen Rechtsordnungen der EU zwei verschiedene Konzeptionen der Trennung ohne Auflösung des Ehebandes: Einerseits ist in einigen Staaten die Trennung zwingende Voraussetzung für eine spätere Scheidung, andererseits besteht die Möglichkeit der Lockerung des Ehebandes separat und lediglich alternativ zur sofortigen Ehescheidung. 61 Dennoch gilt auch in den Staaten, in denen die Ehetrennung eine Voraussetzung für die Ehescheidung ist, ein gesondertes Verfahren für die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes; das Vorliegen desselben ist lediglich als Voraussetzung im Verfahren für die Ehescheidung zu prüfen. Dies spreche dafür, dass zwei unterschiedliche Rechtsfragen vorlägen und damit für die Möglichkeit einer gesonderten Rechtswahl. Diese Einordnung steht der Bezeichnung der beiden Rechtsinstitute als Teilfragen aber nicht entgegen, da sie Teil eines einheitlichen, komplexen Rechtsverhältnisses sind, das auf die endgültige Trennung der Eheleute gerichtet ist. cc) Stellungnahme Zwar sprechen der Wortlaut des Art. 5 I Rom III-VO und Erwägungsgrund 16 in der französischen Ursprungsfassung auf den ersten Blick eher gegen eine separate Rechtswahlmöglichkeit. Jedoch kann diesem erstens aufgrund der Gleichwertigkeit aller Sprachfassungen keine allzu hohe Bedeutung beigemessen werden und zweitens kann er auch dahingehend interpretiert werden, dass „und“ in diesem Zusammenhang nur bedeutet, dass beide Bereiche von der Rechtswahlmöglichkeit erfasst sind, keineswegs aber eine einheitliche Rechtswahl hierfür getroffen werden muss. 62 Diese Auslegung wird unterstützt von Art. 9 I Rom III-VO, der ansonsten überflüssig wäre, sowie von Erwägungsgrund 23. Zwar hat die Kommission im Verlauf des Verordnungsgebungsverfahrens die Möglichkeit begrüßt, dass die Rechtswahl nur einheitlich getroffen werden kann, doch wäre dies in manchen Fällen widersinnig. Denn Ehescheidung und Ehetrennung sind als separate Rechtsfragen zu behandeln, die in einigen Staaten alternativ zur 60 Franzina, Cuadernos de Derecho Transnacional 2011, 85, 112; Pabst, FPR 2008, 230 weist ebenso auf zwei separate, voneinander unabhängige Verfahren hin. 61 Pabst, FPR 2008, 230. 62 So Franzina, Cuadernos de Derecho Transnacional 2011, 85, 112.
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Verfügung gestellt werden. Als Beispiel für eine solche paradoxe einheitliche Rechtswahl soll der Fall dienen, in dem die Ehegatten bei der Eheschließung das deutsche Recht für auf die Ehescheidung anwendbar erklärt, aber bezüglich der Ehetrennung nichts bestimmt haben. Verziehen die Eheleute nach Italien oder wohnen gar schon von Anfang an dort und beantragen später die Trennung von Tisch und Bett, wäre es paradox, hierauf analog die deutschen Scheidungsregeln anzuwenden, nur weil diese als auf die Ehescheidung anwendbar bestimmt wurden, während das italienische Recht ausdrücklich die Lockerung des Ehebandes vorsieht.63 Daher ist festzuhalten, dass die gesonderte Bestimmung des auf die Ehescheidung anwendbaren Rechts einerseits und des für die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes maßgeblichen Rechts andererseits möglich ist. d) Zusammenfassung Eine subjektive dépeçage ist unter der Rom III-VO mithin grundsätzlich nicht zulässig. Einzige Ausnahme ist, dass die Rechtswahl separat für die Ehescheidung oder die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes ausgeübt werden kann. 2. Objektive Anknüpfung Vor Inkrafttreten der Rom III-VO war unter Geltung des Art. 17 EGBGB eine objektive dépeçage dem Wortlaut nach nicht möglich. Soweit ersichtlich wurde ihre Zulässigkeit auch in der Literatur nicht vertreten. Es konnte jedoch durch die Anwendbarkeit des Art. 3a II EGBGB dazu kommen, dass bestimmte Vermögensgegenstände der lex rei sitae unterworfen wurden, wenn diese besonderen Vorschriften unterlagen (dies konnte z.B. bei einer Hausratsteilung relevant werden).64 In Ausnahmefällen konnte auch eine objektive Spaltung auftreten, wenn im Falle eines renvoi das ausländische Scheidungsstatut bestimmte Scheidungsfolgen als selbständig qualifizierte und nur diesbezüglich auf deutsches Recht zurückverwies (z.B. hinsichtlich des nachehelichen Unterhalts).65 Gleiches galt umgekehrt bei
63 In diesem Sinne auch Erman/Hohloch, Art. 5 Rom III-VO Rn. 1, Art. 9 Rom III-VO Rn. 1; ein ähnliches Beispiel bringen Queirolo/Carpaneto, RDIPP 2012, 59, 79 f.: die Parteien können für die Trennung italienisches Recht wählen, während sie für die Scheidung finnisches Recht für anwendbar erklären, um so Zeit und Formalitäten auf ein Minimum zu reduzieren. 64 Palandt/Thorn, Art. 3a EGBGB Rn. 4; MüKo/Sonnenberger, Art. 3a EGBGB Rn. 16; eingehend Stoll, FS Kropholler (2008) 247 ff.; kritisch zu der Regelung Schurig, FS Spellenberg (2010) 343, 350. 65 MüKo/Winkler von Mohrenfels, Art. 17 EGBGB Rn. 162.
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Kapitel 4: Die dépeçage in sonstigen Bereichen
Rückverweisung des Scheidungsstatuts, während einige Scheidungsfolgen hiervon ausgenommen waren. 66 In Art. 8 Rom III-VO, der das mangels Rechtswahl anzuwendende Recht bestimmt, ist nichts dazu ersichtlich, ob eine objektive dépeçage zulässig ist. Es stellt sich also die Frage, ob durch dieses Schweigen die dépeçage grundsätzlich ausgeschlossen ist oder ob doch eine Aufspaltbarkeit des anwendbaren Rechts in der Rom III-VO möglich ist. Die objektive dépeçage wurde im Verordnungsgebungsverfahren nicht angesprochen, weswegen grundsätzlich eher von ihrer Unzulässigkeit auszugehen ist. Auch aus der Konzeption der Verordnung ist nichts dazu ersichtlich, dass eine Spaltung des objektiv anwendbaren Rechts gewollt sein könnte. Darüber hinaus spricht vor allem gegen eine objektive dépeçage, dass der Bereich der Ehescheidung und Ehetrennung wie andere Bereiche des Familienrechts sich in besonderem Maße auf die Beteiligten auswirken und daher einen sensiblen Bereich darstellen, in dem größtmögliche Rechtssicherheit herrschen soll. 67 Dies gilt insbesondere, weil die vor Inkrafttreten der Verordnung geltenden Kollisionsnormen der einzelnen Mitgliedstaaten erhebliche Unterschiede und eine große Komplexität aufwiesen. 68 Eine Spaltung des anwendbaren Rechts durch den Richter wäre mithin für die Parteien kaum vorhersehbar und beeinträchtigte durch die entstehende Rechtsunsicherheit deren Interessen. Zudem bestünde durch die Diversität der verschiedenen nationalen Rechtsordnungen in diesem Bereich eine erhöhte Gefahr widersprüchlicher und nicht miteinander in Einklang zu bringender Ergebnisse. Daher ist eine objektive dépeçage in der Rom III-VO als unzulässig anzusehen. II. Vorschlag für eine Verordnung über das Internationale Ehegüterrecht Ein weiteres Projekt der EU ist die Vereinheitlichung der Kollisionsnormen hinsichtlich des internationalen Ehegüterrechts. Die Vorarbeiten zu einer diesbezüglichen Verordnung sind in vollem Gange. Es wird nun kurz die aktuelle Rechtslage erläutert, bevor der Verordnungsvorschlag daraufhin überprüft wird, ob er eine dépeçage ermöglicht.
66
MüKo/Winkler von Mohrenfels, Art. 17 EGBGB Rn. 162. Vgl. die Begründung zum Kommissionsvorschlag vom 24.3.2010, KOM(2010) 105 endg., 2.1; siehe auch Erwägungsgrund 9 Rom III-VO. 68 Begründung zum Kommissionsvorschlag vom 24.3.2010, KOM(2010) 105 endg., 2.1. 67
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1. Subjektive Anknüpfung a) Aktuelle Rechtslage aa) Deutsches IPR Zunächst ist durch die Verweisung des Art. 15 I EGBGB auf Art. 14 EGBGB eine mittelbare Rechtswahl des Güterstatuts durch eine Wahl des für die allgemeinen Ehewirkungen maßgeblichen Rechts nach Art. 14 II und III EGBGB möglich. 69 Hier ist die Möglichkeit einer subjektiven dépeçage nicht ersichtlich. Weiterhin bestimmt Art. 15 II Nr. 3 EGBGB, dass die Ehegatten für unbewegliches Vermögen das Recht des Lageorts wählen können, während auf die beweglichen Vermögensgegenstände ein anderes Recht anwendbar sein kann. 70 Dabei muss sich die Rechtswahl nicht auf alle Immobilien beziehen, sondern sie kann auch nur für einzelne unbewegliche Vermögensgegenstände erfolgen. 71 Die Rechtswahl kann auch konkludent erfolgen, wobei hieran strenge Anforderungen zu stellen sind. 72 Auch eine mehrfache Teilrechtswahl ist möglich; es können beispielsweise einerseits die Immobilien dem Recht des Belegenheitsstaates unterstellt werden, während für das restliche Vermögen in diesem Staat eine Rechtswahl gemäß Art. 15 II Nr. 1 oder 2 EGBGB getroffen wird, oder es können für verschiedene Immobilien in verschiedenen Staaten jeweils die maßgeblichen leges rei sitae gewählt werden.73 Es wird sogar als zulässig angesehen, dass auch nur ein Teil des in einem anderen Staat belegenen unbeweglichen Vermögens der Rechtswahl unterliegen kann. 74 Diese Möglichkeit, infolge derer die von der Rechtswahl erfassten Vermögensgegenstände als selbständige Vermögensmassen zu behandeln sind, 75 kann also zu einer subjektiven dépeçage in Bezug auf unbewegliche Vermögensgegenstände
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Palandt/Thorn, Art. 15 EGBGB Rn. 1; Staudinger/Mankowski, Art. 15 EGBGB Rn. 79 ff.; MüKo/Siehr, Art. 15 EGBGB Rn. 22; AnwKomm/Sieghörtner, Art. 15 EGBGB Rn. 17; BeckOK/Mörsdorf-Schulte, Art. 15 EGBGB Rn. 57; Andrae, Int. FamR, § 3 B Rn. 87. 70 Hierzu Andrae, Int. FamR, § 3 B Rn. 91 f.; AnwKomm/Sieghörtner, Art. 15 EGBGB Rn. 38 f. 71 LG Mainz 14.12.1992, NJW-RR 1994, 73; Palandt/Thorn, Art. 15 EGBGB Rn. 22; Staudinger/Mankowski, Art. 15 EGBGB Rn. 218 ff. m.w.N.; MüKo/Siehr, Art. 15 EGBGB Rn. 35; Soergel/Schurig, Art. 15 EGBGB Rn. 21; Andrae, Int. FamR, § 3 B Rn. 91. 72 Staudinger/Mankowski, Art. 15 EGBGB Rn. 106; BeckOK/Mörsdorf-Schulte, Art. 15 EGBGB Rn. 72; Andrae, Int. FamR, § 3 B Rn. 97. 73 Staudinger/Mankowski, Art. 15 EGBGB Rn. 99, 217; MüKo/Siehr, Art. 15 EGBGB Rn. 35; AnwKomm/Sieghörtner, Art. 15 EGBGB Rn. 40. 74 AnwKomm/Sieghörtner, Art. 15 EGBGB Rn. 41. 75 Palandt/Thorn, Art. 15 EGBGB Rn. 22; Staudinger/Mankowski, Art. 15 EGBGB Rn. 155; Andrae, Int. FamR, § 3 B Rn. 92.
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Kapitel 4: Die dépeçage in sonstigen Bereichen
führen. Diese Lösung entspricht der des Haager Güterstandsübereinkommens von 1978,76 was als Vorbild für Art. 15 EGBGB diente.77 bb) IPR der Mitgliedstaaten Im geltenden IPR des Ehegüterrechts finden sich in den meisten Staaten der EU Bestimmungen, die eine Rechtswahl der Ehepartner erlauben. 78 Vereinzelt ist wie im deutschen Recht eine Teilrechtswahl dahingehend vorgesehen, dass lediglich in Bezug auf Immobilien ein vom Rest des Güterstatuts abweichendes Recht, nämlich das des Lageorts, gewählt werden kann. Jedoch stellen solche Bestimmungen eine Ausnahme im europäischen Rechtsraum dar; in den meisten Mitgliedstaaten der EU ist eine solche Spaltung nicht vorgesehen. 79 b) Grünbuch zum Internationalen Ehegüterrecht Am 17. Juli 2006 legte die Kommission ein Grünbuch zu den Kollisionsnormen im Güterrecht unter besonderer Berücksichtigung der gerichtlichen Zuständigkeit und der gegenseitigen Anerkennung 80 vor. Dabei erwog sie eine Rechtswahl, der zufolge bestimmte Güter einer anderen Rechtsordnung unterliegen können. 81 Demnach hielt die Kommission also eine dépeçage bei der subjektiven Anknüpfung für möglich. Eine knappe Mehrheit 82 der Antworten auf das Grünbuch befürworteten eine dépeçage dahingehend, dass eine Teilrechtswahl der Parteien in Bezug auf Immobilien
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Haager Übereinkommen über das auf den ehelichen Güterstand anwendbare Recht vom 14.3.1978. Das Übereinkommen gilt lediglich für Frankreich, Luxemburg und die Niederlande; ein Beitritt Deutschlands ist wegen der voranschreitenden Arbeiten auf EUEbene nicht mehr zu erwarten. 77 Staudinger/Mankowski, Art. 15 EGBGB Rn. 96. 78 Siehe hierzu die Übersicht bei Staudinger/Mankowski, Art. 15 EGBGB Rn. 92 ff.; Kroll, in: Unification of Conflict of Laws in Europe – Matrimonial Property Regimes (2008) 379, 383; Dethloff, FS von Hoffmann (2011) 73, 75. 79 Kroll, in: Unification of Conflict of Laws in Europe – Matrimonial Property Regimes (2008) 379, 384 f. 80 Grünbuch zu den Kollisionsnormen im Güterrecht unter besonderer Berücksichtigung der gerichtlichen Zuständigkeit und der gegenseitigen Anerkennung vom 17.7.2006, von der Kommission vorgelegt, KOM(2006) 400 endg. 81 Frage 5b des Grünbuchs, KOM(2006) 400 endg. 82 Ebenso Kroll, in: Unification of Conflict of Laws in Europe – Matrimonial Property Regimes (2008) 379, 387 und R. Wagner, FamRZ 2009, 269, 279; die Zusammenfassung der Kommission bezieht sich lediglich auf „a number of contributors”, diese ist abrufbar unter: http://ec.europa.eu/civiljustice/news/docs/summary_answers_com_2006_400_en. pdf.
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zulässig sein sollte. 83 Jedoch sollte dies unter der Voraussetzung stehen, dass dieses Recht seiner Anwendung nicht entgegensteht.84 Hierfür wird vor allem die Praktikabilität der Lösung angeführt, denn oft sei in der Praxis das anwendbare Recht nur mit großer zeitlicher Verzögerung zu ermitteln, während die Parteien aber ein Grundstück möglichst schnell verkaufen wollten. 85 c) Verordnungsvorschlag zum internationalen Ehegüterrecht Am 16. März 2011 hat die Kommission nunmehr einen Verordnungsvorschlag 86 verabschiedet. In Art. 16 des Verordnungsentwurfs findet sich die Zulässigkeit der Rechtswahl, wobei allerdings die im Grünbuch noch erwogene Teilrechtswahl in Bezug auf Immobilien keine Erwähnung mehr findet. Mithin hat sich die Kommission bewusst gegen eine solche Spaltung des anwendbaren Rechts entschieden, was auch Art. 15 VOE deutlich macht, der bestimmt, dass das gesamte Vermögen der Ehegatten dem durch Rechtswahl zur Anwendung berufenen Recht unterliegen soll. 87 So-
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Z.B. Deutscher Rat für IPR, Stellungnahme Stellungnahme zum Grünbuch der Kommission KOM(2006) 400 endg., abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/news/ consulting_public/matrimonial_property/contributions/others/dripr_de.pdf; Frankreich, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/news/consulting_public/ matrimonial_property/contributions/national_ministries/france_fr.pdf; Deutscher Richterbund, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/news/consulting_ public/matrimonial_property/contributions/others/deutscher_richterbund_de.pdf; Deutscher Juristinnenbund, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/ news/consulting_public/matrimonial_property/contributions/others/djb_deutscher_juristi nnenbun_guterrecht_de.pdf. Gegen eine Rechtsspaltung z.B.: Deutscher Anwaltverein, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/news/consulting_public/matrimonial_property/ contributions/others/dav_stellungnahme_de.pdf; Österreichisches BMJ, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/news/consulting_public/matrimonialproperty/contri butions/national_ministries/austria_de.pdf; Schweizerische Eidgenossenschaft, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/news/consulting_public/matrimonial_ property/contributions/national_ministries/switzerland_fr.pdf; ablehnend ebenso Clarkson, JPIL 2008, 421, 439 f., der sich hierfür auf die englische Rechtsprechung bezieht. 84 Vorschlag des Deutschen Rats für IPR, siehe dort Art. I Abs. 2 S. 2, abgedruckt in FPR 2008, 212; ebenso Martiny, FPR 2008, 206, 208. 85 Ausführlich hierzu Deutscher Botarverein, Stellungnahme, abrufbar unter: http:// www.dnotv.de/_files/Dokumente/Stellungnahmen/StellungnahmeGterrechts-VODNotV. pdf; so auch Döbereiner, MittBayNot 2011, 463, 465. 86 Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen im Bereich des Ehegüterrechts vom 16.3.2011, KOM(2011) 126 endg. 87 Darauf weist auch Martiny, IPRax 2011, 437, 449 hin; vgl. auch Dethloff, FS von Hoffmann (2011) 73, 78.
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Kapitel 4: Die dépeçage in sonstigen Bereichen
mit ist auch in Bezug auf Immobilien das gewählte Recht maßgeblich. 88 Dies wurde damit begründet, dass eine Spaltung zu unerwünschten Komplikationen führe. 89 Hieraus ergibt sich, dass die Teilrechtswahl zwar in Erwägung gezogen, dann aber bewusst abgelehnt wurde. Ob dies zweckmäßig ist und eine gesonderte Rechtswahl in Bezug auf Immobilien nicht durchaus sinnvoll gewesen wäre, ist durchaus zu bezweifeln, 90 ändert jedoch nichts am Willen des Verordnungsgebers, der, sollte der Entwurf in Kraft treten, zu berücksichtigen ist. 2. Objektive Anknüpfung a) Aktuelle Rechtslage aa) Deutsches IPR Im deutschen Internationalen Güterrecht ist eine objektive dépeçage nicht ausdrücklich vorgesehen; insoweit gilt das Prinzip der Einheit des Güterstatuts.91 Eine gesonderte Anknüpfung von unbeweglichem Vermögen ist damit unzulässig. Jedoch bestimmt Art. 3a II EGBGB, dass Verweisungen des Dritten und Vierten Abschnitts, die das Vermögen einer Person dem Recht eines Staates unterstellen, sich nicht auf Gegenstände beziehen, die sich nicht in diesem Staat befinden und nach dem Recht ihres Belegenheitsstaates besonderen Vorschriften unterliegen. Diese Norm greift unabhängig davon ein, ob das Güterstatut durch Rechtswahl oder mittels objektiver Anknüpfung bestimmt wurde.92 Die Vorschrift führt durch die Anwendbarkeit der lex rei sitae auf Vermögensgegenstände dazu, dass keine Regelungswidersprüche zwischen dem Vermögensstatut und dem Sachstatut entstehen. 93 Die Anwendung der Norm kann im Ergebnis somit dazu führen, dass sowohl bewegliches als auch unbewegliches Vermögen sowie Rechte der lex rei sitae unterliegen kann, während für das restliche Ver88
Siehe Begründung zu Art. 15 des Verordnungsvorschlags KOM(2011) 126 endg. Siehe Begründung zu Art. 15 des Verordnungsvorschlags KOM(2011) 126 endg. 90 Kritisch zum Ausschluss der Teilrechtswahl Coester-Waltjen/Coester, Liber Amicorum Schurig (2012) 33, 40; Viarengo, YbPIL 2011, 199, 212; Döbereiner, MittBayNot 2011, 463, 465; Martiny, IPRax 2011, 437, 450; ders., FS Kropholler (2008) 374, 382, für eine solche Spaltung siehe insbesondere Deutscher Rat für IPR, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/news/consulting_public/matrimonial_ property/contributions/others/dripr_de.pdf. 91 Staudinger/Mankowski, Art. 15 EGBGB Rn. 66; Palandt/Thorn, Art. 15 EGBGB Rn. 4; BeckOK/Mörsdorf-Schulte, Art. 15 EGBGB Rn. 4; Andrae, Int. FamR, § 3 B Rn. 125. 92 Staudinger/Mankowski, Art. 15 EGBGB Rn. 18; AnwKomm/Sieghörtner, Art. 15 EGBGB Rn. 8. 93 Palandt/Thorn, Art. 3a EGBGB Rn. 3 f.; MüKo/Sonnenberger, Art. 3a EGBGB Rn. 5 f., der die Regelung allerdings kritisiert. 89
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mögen das Güterrechtsstatut gilt.94 Auch durch Art. 4 I EGBGB kann es zu einer objektiven Spaltung des Güterstatuts kommen, nämlich wenn das nach Art. 15 EGBGB maßgebliche Güterstatut auf das Recht des Belegenheitsortes einer Immobilie weiterverweist, die vom Rest des anwendbaren Rechts verschieden ist.95 bb) IPR der Mitgliedstaaten In den meisten Mitgliedstaaten der EU findet eine objektive Trennung von beweglichem und unbeweglichem Vermögen nicht statt. Heute führt lediglich Belgien, eine solche Trennung durch; bis zum Inkrafttreten des Haager Güterstandsübereinkommens, das keine gesonderte Anknüpfung von Immobilien vorsieht, folgte auch Frankreich dieser Herangehensweise. 96 b) Grünbuch zum Internationalen Ehegüterrecht Im Grünbuch stellte die Kommission die Frage, ob für alle güterrechtlichen Aspekte derselbe Anknüpfungspunkt gelten solle oder ob für verschiedene Aspekte, insbesondere Immobilien, unterschiedliche Anknüpfungspunkte möglich sein sollten. 97 Sie zog also auch in objektiver Hinsicht eine dépeçage in Erwägung. Der deutsche Rat für IPR schlug ebenfalls eine solche Regelung vor, indem das auf unbewegliches Vermögen anwendbare Recht das des Belegenheitsstaates sein solle, soweit diese Rechtsordnung es verlange. 98 In vielen Stellungnahmen zum Grünbuch fand sich Zustimmung zu einer gesonderten Anknüpfung verschiedener güterrechtlicher Aspekte in objektiver Hinsicht; es wurde befürwortet, dass für unbewegliche Sachen die lex rei sitae maßgeblich sein soll. 99
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Staudinger/Mankowski, Art. 15 EGBGB Rn. 18; Palandt/Thorn, Art. 3a EGBGB Rn. 4; Andrae, Int. FamR, § 3 B Rn. 126. 95 Staudinger/Mankowski, Art. 15 EGBGB Rn. 40; AnwKomm/Sieghörtner, Art. 15 EGBGB Rn. 27; Palandt/Thorn, Art. 15 EGBGB Rn. 2; BeckOK/Mörsdorf-Schulte, Art. 15 EGBGB Rn. 4. 96 Staudinger/Mankowski, Art. 15 EGBGB Rn. 40. 97 Frage 3 des Grünbuchs, KOM(2006) 400 endg. 98 Deutscher Rat für IPR, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/ news/consulting_public/matrimonial_property/contributions/others/dripr_de.pdf, siehe dort Art. III des Vorschlags im Anhang zur Stellungnahme; ebenso Martiny, FS Kropholler (2008) 374, 378. 99 Z.B. Regierung der BRD, Stellungnahme zum Grünbuch der Kommission KOM(2006) 400 endg., abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/news/consulting_pub lic/matrimonial_ property/contributions/national_ministries/germany_de.pdf; Deutscher Richterbund, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/news/consulting _public/matrimonial_property/contributions/others/deutscher_richterbund_de.pdf; Deutscher Juristinnenbund, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/jutice/news/
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Kapitel 4: Die dépeçage in sonstigen Bereichen
c) Verordnungsvorschlag zum Internationalen Ehegüterrecht Das mangels Rechtswahl anzuwendende Recht bestimmt sich nach Art. 17 VOE. Eine dépeçage im Hinblick auf unbewegliches Vermögen enthält die Vorschrift nicht, vielmehr gilt auch hierfür Art. 15 VOE, wonach das gesamte Vermögen der Ehegatten dem objektiv bestimmten Recht unterliegen soll. Die Kommission hat sich damit gegen eine gesonderte Anknüpfung von Immobilien an die lex rei sitae entschieden, 100 obwohl eine solche in vielen Stellungnahmen zum Grünbuch begrüßt wurde. Setzt sich der Kommissionsvorschlag durch, so wird eine objektive dépeçage in der künftigen Verordnung über das internationale Ehegüterrecht nicht möglich sein. 3. Fazit Somit ist festzuhalten, dass der EheGüterVOE weder in subjektiver noch in objektiver Hinsicht eine dépeçage ermöglicht. Eine unterschiedliche Behandlung von beweglichem und unbeweglichem Vermögen kraft Rechtswahl der Parteien hätte viele Vorteile mit sich gebracht (oben Kap. 4 B II 1 b), weswegen die Entscheidung der Kommission hiergegen zu bedauern ist. Bezüglich der objektiven Spaltung ist dies wegen des damit verbundenen Auseinanderfallens von Sachstatut und Güterstatut in Bezug auf die Immobilien (bspw. wenn bei einem Erbfall das Recht des Belegenheitsorts zur Anwendung kommt, in ehegüterrechtlicher Hinsicht die Immobilie aber einem anderen Recht unterliegt) zwar als problematisch anzusehen. 101 Andererseits spricht die höhere Rechtssicherheit aber für eine einheitliche Anknüpfung, sodass die Entscheidung der Kommission im Hinblick darauf zumindest nachvollziehbar ist.
consulting_public/matrimonial_property/contributions/others/djb_deutscher_juristinnen bun_guterrecht_de.pdf. Gegen eine gesonderte Anknüpfung: Deutscher Anwaltverein, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/news/consulting_public/matrimonial_property/contri butions/others/dav_stellungnahme_de.pdf; Österreichisches BMJ, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.euro-pa.eu/justice/news/consulting_public/matrimonial_property/con tributions/national_ministries/austria_de.pdf; Schweizerische Eidgenossenschaft, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.euro-pa.eu/justice/news/consulting_public/matrimo nial_property/contributions/national_ministries/switzerland_fr.pdf. 100 Siehe hierzu die Begründung zu Art. 15 des Verordnungsvorschlags KOM(2011) 126 endg. 101 Kritisch daher Martiny, IPRax 2011, 437, 451; ders., FS Kropholler (2008) 374, 378, der sich aber eher für eine dem Art. 3a II EGBGB ähnliche Regelung ausspricht statt für eine ein grundsätzliche gesonderte Anknüpfung von Immobilien.
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III. Vorschlag für eine Verordnung über das Internationale Güterrecht bei eingetragenen Lebenspartnerschaften Das oben (Kap. 4 B II 1 b und 2 b) erwähnte Grünbuch zum Ehegüterrecht diente ebenfalls als Vorbereitung für eine Verordnung bezüglich des Güterrechts für eingetragene Lebenspartnerschaften, wozu die Kommission am 16. März 2011 einen Verordnungsvorschlag 102 erlassen hat. 1. Subjektive Anknüpfung a) Aktuelle Rechtslage Im deutschen IPR ist Art. 17b EGBGB die für eingetragene Lebenspartnerschaften maßgebliche Kollisionsnorm. Sie sieht keine Rechtswahlmöglichkeit vor,103 sodass eine subjektive dépeçage bezüglich des Güterstatuts im Wege einer Rechtswahl für unbewegliches Vermögen de lege lata nicht zulässig ist. Zwar können die Partner gemäß §§ 6 und 7 LPartG einen Güterrechtsvertrag abschließen und darin ein ausländisches Gütermodell übernehmen, 104 dies stellt jedoch keine kollisionsrechtliche Rechtswahl dar, da diese Möglichkeit nur bei Deutschland als Registrierungsstaat besteht. Teilweise wird eine analoge Anwendung des Art. 15 II-IV EGBGB im Hinblick auf die Rechtswahlmöglichkeit vorgeschlagen, denn es bestehe kein sachlicher Grund für eine solche Ungleichbehandlung der eingetragenen Partnerschaft im Vergleich zur Ehe.105 Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Partnerschaft dem Vertragsrecht näher stehe als die Ehe. 106 Kollisionsrechtliche Parteiautonomie wird den Partnern lediglich im IPR einiger weniger Mitgliedstaaten gewährt, wie beispielsweise in Österreich (§ 27c IPRG). In den meisten Mitgliedstaaten sehen die Kollisionsnormen für eingetragene Lebenspartnerschaften, soweit solche überhaupt existieren, keine Rechtswahlmöglichkeit bezüglich des Güterrechts vor.
102 Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen im Bereich des Güterrechts eingetragener Partnerschaften, KOM(2011) 127 endg. 103 Kritisch hierzu aufgrund der Ungleichbehandlung mit der Ehe AnwKomm/ Gebauer, Art. 17b EGBGB Rn. 44. 104 MüKo/Coester, Art. 17b EGBGB Rn. 42. 105 Staudinger/Mankowski, Art. 17b EGBGB Rn. 41; in Bezug auf das schweizerische IPR: Girsberger/Droese, SZIER 2001, 73, 82, 93. 106 Staudinger/Mankowski, Art. 17b EGBGB Rn. 41.
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Kapitel 4: Die dépeçage in sonstigen Bereichen
b) Verordnungsvorschlag Eine Rechtswahl der Partner ist im Verordnungsvorschlag nicht vorgesehen, was damit begründet wird, dass auch die Mitgliedstaaten für eingetragene Lebenspartnerschaften keine Rechtswahlmöglichkeit vorsehen. 107 Dies ist überraschend, da sie in vielen der Stellungnahmen zum Grünbuch begrüßt wurde.108 Zwar wird angeführt, die strikte Anknüpfung an den Ort der Eintragung sei durchaus gerechtfertigt, denn die geplante Verordnung gelte auch für solche Partnerschaften, die nicht mit der Ehe gleichzusetzen seien (wie z.B. die französische PACS). 109 Diesen sollen nicht mehr oder weniger güterrechtliche Auswirkungen zukommen, als den Parteien bekannt ist.110 Der komplette Ausschluss der Rechtswahlmöglichkeit wird allerdings häufig vor allem im Hinblick auf die hierdurch entstandene Ungleichbehandlung im Vergleich zur Ehe häufig kritisiert.111 Außerdem komme der Parteiautonomie im europäischen Familienrecht eine immer größere Bedeutung zu, sodass der Ausschluss der Rechtswahl hier schlichtweg unverständlich sei. 112 Mangels Rechtswahlmöglichkeit ist auch eine subjektive dépeçage nicht möglich. 2. Objektive Anknüpfung a) Aktuelle Rechtslage Nicht alle Mitgliedstaaten der EU verfügen über gesonderte Kollisionsnormen die eingetragene Lebenspartnerschaft betreffend. Daher finden in einigen Staaten die eherechtlichen Güterrechtsbestimmungen weitgehend analog Anwendung (skandinavische Rechtsordnungen), während in anderen Staaten beispielsweise an das Registerrecht (in Deutschland, 107
Vgl. Begründung zu Art. 15, KOM(2011) 127 endg. 5.2. Bspw. Deutscher Rat für IPR, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.europa. eu/justice/news/consulting_public/matrimonial_property/contributions/others/dripr_de. pdf; Deutscher Anwaltverein, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/ news/consulting_public/matrimonial_property/contributions/others/dav_stellungnahme_ de.pdf; hierzu auch Eickelberg, notar 2011, 371, 372, siehe dort Fn. 10. 109 Gonzáles Beilfuss, YbPIL 2011, 183, 194. 110 Gonzáles Beilfuss, YbPIL 2011, 183, 194. 111 Péroz, in: La justice civile européenne (2012) 265, 275 ff.; kritisch hierzu auch Döbereiner, MittBayNot 2011, 463, 467 sowie Buschbaum/Simon, Rev. crit. 2011, 801, 807; dies., GPR 2011, 262, 266 f. und Martiny, IPRax 2011, 437, 456, die die Vereinbarkeit des Vorschlags mit der Europäischen Grundrechtecharta wegen der hierdurch verursachten Schlechterstellung im Vergleich zur Ehe in Frage stellen, auch liege unter dem Gesichtspunkt des deutschen Verfassungsrechts kein sachlicher Grund für diese Ungleichbehandlung vor; für die Zulässigkeit der Rechtswahl auch schon Martiny, FS Kropholler (2008) 374, 390. 112 Péroz, in: La justice civile européenne (2012) 265, 275 f.; Bonomi, YbPIL 2011, 217, 230. 108
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Art. 17b I 1 EGBGB, sowie in einigen anderen Staaten) angeknüpft wird oder Mischsysteme zwischen Ehe- und Registeranknüpfung (Belgien) oder Heimat- und Registeranknüpfung (in den Niederlanden) bestehen. 113 In vielen Staaten sind die kollisionsrechtlichen Wirkungen der eingetragenen Lebenspartnerschaft jedoch auch überhaupt nicht geregelt oder unklar.114 Eine objektive dépeçage hinsichtlich der gesonderten Anknüpfung von Mobilien und Immobilien im Güterrecht sieht, soweit ersichtlich, bisher kein Staat vor. Art. 17b I EGBGB verweist auf die Sachvorschriften des Registerstaates, sodass ein renvoi ausgeschlossen ist 115 und es daher auch auf diesem Wege (anders als bei der Ehe, Kap. 4 B II 2 a aa) nicht zu einer objektiven dépeçage kommen kann. b) Verordnungsvorschlag Es sprachen sich viele Stellungnahmen zum Grünbuch in Einklang mit den auf die Ehe anwendbaren Kollisionsnormen zum Güterrecht dafür aus, dass auch hier auf unbewegliches Vermögen die lex rei sitae anwendbar sein soll. 116 Gemäß Art. 15 des Verordnungsvorschlags ist das für den Güterstand maßgebliche Recht das Recht des Staates, in dem die Partnerschaft eingetragen ist. Diese Vorschrift enthält keine Bestimmung der gesonderten Anknüpfung unbeweglichen Vermögens. Diese einheitliche Anknüpfung wird bestätigt durch die Begründung zu Art. 15 des Entwurfs, in dem es heißt, dass unabhängig von der Beschaffenheit oder Belegenheit des Vermögens ein einziges Sachrecht maßgeblich sein soll. Somit besteht auch im Rahmen der objektiven Anknüpfung kein Raum für eine dépeçage. 113
MüKo/Coester, Art. 17b EGBGB Rn. 9; BeckOK/Heiderhoff, Art. 17b EGBGB
Rn. 7. 114
MüKo/Coester, Art. 17b EGBGB Rn. 9. Staudinger/Mankowski, Art. 17b EGBGB Rn. 48; MüKo/Coester, Art. 17b EGBGB Rn. 14; AnwKomm/Gebauer, Art. 17b EGBGB Rn. 40. 116 Z.B. Regierung der BRD, Stellungnahme zum Grünbuch der Kommission KOM(2006) 400 endg., abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/news/consulting _pu blic/matrimonial_ property/contributions/national_ministries/germany_de.pdf; Deutscher Rat für IPR, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/news/consulting _public/matrimonial_property/ contributions/others/dripr_de.pdf, siehe dort Art. IV des Vorschlags im Anhang zur Stellungnahme; Deutscher Anwaltverein, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/news/consulting_public/matrimonial_property/ contributions/others/dav_stellungnahme_de.pdf. Dagegen (auch schon im Rahmen der Ehe) Schweizerische Eidgenossenschaft, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/news/consulting_public/matrimo nial_property/contributions/national_ministries/switzerland_fr.pdf; Council of the Bars and Law Societies of the EU, Stellungnahme, http://ec.europa.eu/justice/news/consulting _public/matrimonial_property/contributions/others/ccbe_fr.pdf. 115
208
Kapitel 4: Die dépeçage in sonstigen Bereichen
3. Fazit Im Verordnungsvorschlag zum Internationalen Güterrecht für eingetragene Lebenspartnerschaften besteht keinerlei Spielraum für eine dépeçage. Dies entspricht der Lösung in der Verordnung zum Internationalen Ehegüterrecht (oben Kap. 4 B II). Jedoch ist der komplette Ausschluss der Rechtswahlmöglichkeit zu kritisieren. Dies stellt eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung im Vergleich zur Ehe dar. Auch vor dem Hintergrund der immer größer werdenden Bedeutung der Parteiautonomie im Familienkollisionsrecht ist dies unverständlich. IV. EU-Unterhaltsverordnung Die EU-Unterhaltsverordnung (EuUnterhVO)117 ist seit dem 18. Juni 2011 anwendbar. Im Zuge dessen wurde die deutsche Kollisionsnorm bezüglich des Unterhalts, Art. 18 EGBGB, gestrichen. Art. 15 UnterhVO bestimmt, dass sich das für den Unterhalt maßgebliche Recht nach dem Haager Protokoll über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 23. November 2007 (HUP) richtet. Die Mitgliedstaaten (mit Ausnahme Dänemarks, das Vereinigte Königreich folgt dem zwar grundsätzlich 118, es gelten diesbezüglich jedoch Ausnahmen119) sind durch Beschluss des Rates vom 30. November 2009120 an das HUP gebunden. 121
117
Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18.12.2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen, ABl. 2009 Nr. L 7/1. 118 Siehe hierzu die Stellungnahme der Kommission vom 21.4.2009 zum Antrag des Vereinigten Königreichs, sich der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen anzuschließen, KOM(2009) 181 endg. 119 Die englischen Gerichte sind nicht verpflichtet, ausländisches Recht anzuwenden, siehe hierzu Boele-Woelki/Mom, FPR 2010, 485, 485 f. 120 Beschluss des Rates vom 30.11.2009 über den Abschluss des Haager Protokolls vom 23.11.2007 über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht durch die Europäische Gemeinschaft, ABl. 2009 Nr. L 331/17. 121 Rauscher/Andrae, Art. 15 EG-UntVO Rn. 13 ff.; Palandt/Thorn, HUntProt Rn. 2; PWW/Martiny, Art. 18 Anhang II EGBGB Rn. 1; Andrae, GPR 2010, 196; Boele-Woelki/ Mom, FPR 2010, 485, 486 f.; U. Gruber, FS Spellenberg (2010) 177, 179.
B. Internationales Familienrecht
209
1. Subjektive Anknüpfung Die Möglichkeit der Rechtswahl für das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht ist in den Artt. 7 und 8 HUP festgeschrieben und stellt damit eine Neuerung gegenüber den vorangehenden Haager Übereinkommen zum Unterhaltskollisionsrecht 122 dar.123 Art. 7 HUP lässt die Wahl der lex fori für ein bestimmtes Verfahren zu und betrifft nicht die Unterhaltsbeziehungen im Allgemeinen. Wird ein weiterer Prozess geführt, so ist eine erneute Rechtswahl zu treffen, ansonsten kommt das objektive anwendbare Recht zur Anwendung. 124 Art. 8 HUP sieht die Wahl des auf die Gesamtheit der Unterhaltspflichten anzuwendenden Rechts unabhängig von einem bestimmten Verfahren vor, wobei nur bestimmte Rechtsordnungen wählbar sind. Ausdrücklich ist also eine subjektive dépeçage hier nicht erlaubt (zu Art. 8 IV HUP, der eine Spaltung in objektiver Hinsicht anordnet, unten Kap. 4 B IV 2). Denkbar ist jedoch, dass ähnlich wie bei der Rom II-VO (Kap. 3 B I 1) trotz des Schweigens des Wortlauts auch im HUP eine Teilrechtswahl zulässig sein könnte, die sich beispielsweise auf die in Art. 11 HUP genannten Bereiche bezieht. Im Rahmen der Rom II-VO wurde dies mit der einheitlichen Auslegung der Rom II- mit der Rom I-VO begründet, die bezüglich des Unterhaltskollisionsrechts aber nicht gilt und daher nicht für eine Teilrechtswahl ins Feld geführt werden kann. Auch die hohe Bedeutung der Parteiautonomie, die für eine subjektive dépeçage in der Rom II-VO spricht, kann eine solche innerhalb des HUP nicht begründen, denn in diesem Bereich hat die Parteiautonomie gerade keine solch hohe Bedeutung, was sich schon daran zeigt, dass ihre Einführung ein Novum darstellt. Nach alledem kann über den Wortlaut hinaus kein Argument für eine Teilrechtswahl innerhalb des HUP gefunden werden. Eine subjektive dépeçage ist hier somit unzulässig. 122
Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht vom 24. Oktober 1956; Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 2. Oktober 1973. 123 Bonomi, Protocole du 23 novembre 2007 sur la loi applicable aux obligations alimentaires, Rapport explicatif, abrufbar unter: http://www.hcch.net/upload/expl39f.pdf, Rn. 109; Bonomi, YbPIL 2008, 333, 351, der den Trend zur Parteiautonomie in diesem und anderen Bereichen auch im IPR der Mitgliedstaaten sieht; Palandt/Thorn, HUntProt Rn. 25; Andrae, GPR 2010, 196, 200; Coester-Waltjen/Coester, Liber Amicorum Schurig (2012) 33, 35; zur Diskussion um die Zulässigkeit der Rechtswahlmöglichkeit Staudinger/Mankowski, Anh I zu Art. 18 EGBGB Rn. 15 ff. und Kropholler, IPR, § 47 II 3 dort in Fn. 15 m.w.N. 124 Rauscher/Andrae, Art. 7 HUntStProt Rn. 15; AnwKomm/U. Gruber, Anh. Art. 18 EGBGB, Art. 7 HUP Rn. 9; Andrae, GPR 2010, 196, 197; Bonomi, Protocole du 23 novembre 2007 sur la loi applicable aux obligations alimentaires, Rapport explicatif, abrufbar unter: http://www.hcch.net/upload/expl39f.pdf, Rn. 116; Bonomi, YbPIL 2008, 333, 352; U. Gruber, FS Spellenberg (2010) 177, 190.
210
Kapitel 4: Die dépeçage in sonstigen Bereichen
2. Objektive Anknüpfung Die allgemeine Kollisionsnorm des Art. 3 HUP sieht keinerlei Spaltung des anwendbaren Rechts vor. Dass eine objektive dépeçage unter dem HUP nicht zulässig sein soll, stellt der erläuternde Bericht zum Protokoll ausdrücklich klar. 125 Als Ausnahme dazu ist aber in Art. 8 IV HUP geregelt, dass ungeachtet des von den Parteien nach Abs. 1 gewählten Rechts für die Frage, ob die berechtigte Person auf ihren Unterhaltsanspruch verzichten kann, das Recht ihres gewöhnlichen Aufenthalts zum Zeitpunkt der Rechtswahl maßgeblich sein soll. Hierbei handelt es sich um eine objektive dépeçage, die durch das Protokoll selbst vorgeschrieben wird. Diese soll dem Schutz des Berechtigten dienen, wenn ein Recht gewählt wird, das sehr liberal ist und wenige Schutzmechanismen vorsieht.126 Art. 14 HUP verlangt, dass bei der Bemessung des Unterhaltsbetrags die Bedürfnisse der berechtigten Person und die wirtschaftlichen Verhältnisse der verpflichteten Person sowie etwaige der berechtigten Person anstelle einer regelmäßigen Unterhaltszahlung geleistete Entschädigungen zu berücksichtigen sind, selbst wenn das anwendbare Recht etwas anderes bestimmt. Dabei handelt es sich aber nicht um eine kollisionsrechtliche gesonderte Anknüpfung, die unter den Begriff der dépeçage fällt, sondern um eine einheitliche materiellrechtliche Sachnorm. 127 Denn das Unterhaltsstatut umfasst nach Art. 11 lit. a HUP auch den Umfang des Unterhalts, während Art. 14 HUP das Unterhaltsstatut „überlagert“ und übereinkommensautonom auszulegen ist.128 Für eine objektive dépeçage ist somit innerhalb des HUP kein Anhaltspunkt zu finden. 3. Fazit Daraus ergibt sich, dass im HUP weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht eine dépeçage zulässig ist, was aufgrund des in diesem Bereich erhöhten Bedarfs an Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit durchaus zu
125
Bonomi, Protocole du 23 novembre 2007 sur la loi applicable aux obligations alimentaires, Rapport explicatif, abrufbar unter: http://www.hcch.net/upload/expl39f.pdf, Rn. 168. 126 Bonomi, Protocole du 23 novembre 2007 sur la loi applicable aux obligations alimentaires, Rapport explicatif, abrufbar unter: http://www.hcch.net/upload/expl39f.pdf, Rn. 147. 127 Bonomi, Protocole du 23 novembre 2007 sur la loi applicable aux obligations alimentaires, Rapport explicatif, abrufbar unter: http://www.hcch.net/upload/expl39f.pdf, Rn. 179; Rauscher/Andrae, Art. 14 HUntStProt Rn. 1; Palandt/Thorn, HUntProt Rn. 48; Erman/Hohloch, Art. 18 a.F. EGBGB/UnthProt Rn. 56; Rom II-VO Rn. 13; Andrae, GPR 2010, 196, 203; Coester-Waltjen/Coester, Liber Amicorum Schurig (2012) 33, 44. 128 Rauscher/Andrae, Art. 14 HUntStProt Rn. 6.
C. Internationales Erbrecht
211
begrüßen ist. Es gilt also im Unterhaltskollisionsrecht, mit Ausnahme des Art. 8 IV HUP, das Prinzip des einheitlichen Unterhaltsstatuts.
C. Internationales Erbrecht C. Internationales Erbrecht
Die Kommission hat am 14. Oktober 2009 einen Vorschlag für eine Verordnung, die unter anderem der Vereinheitlichung des Kollisionsrechts und der internationalen Zuständigkeit im Erbrecht dienen soll, vorgelegt.129 Hierzu hat das Parlament am 13. März 2012 Stellung genommen. 130 Am 8. Juni 2012 wurde die Verordnung vom Rat angenommen. 131 Die Verordnung 132 trat am 16. August 2012 in Kraft und gilt ab dem 17. August 2015.133 Fraglich ist, ob hier eine dépeçage zulässig ist. I. Subjektive Anknüpfung 1. Aktuelle Rechtslage Art. 25 II EGBGB bestimmt, dass der Erblasser für im Inland belegenes unbewegliches Vermögen deutsches Recht wählen kann, während für das restliche Vermögen das nach objektiver Anknüpfung bestimmte Erbstatut gilt. Diesbezüglich ist anerkannt, dass der Erblasser nicht für sein gesamtes im Inland belegenes Vermögen deutsches Recht wählen muss, sondern 129 Vorschlag für eine Verordnung über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen und öffentlichen Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses vom 14.10.2009, KOM(2009) 154 endg. 130 Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 13. März 2012 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) Nr. …/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen, die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses, Dok.-Nr. P7_TC1-COD(2009)0157, noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht. 131 Verordnung (EU) Nr. …/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom … über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses, Dok.Nr. 2009/0157 (COD), PE-CONS 14/12, JUSTCIV 94, EJUSTICE 25, CODEC 712 OC 142, noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht. 132 Die Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen und öffentlichen Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses, ABl. 2012 Nr. L 201/107. 133 Mit Ausnahme der Artikel 77 und 78, die ab dem 16.1.2014 gelten, und der Artikel 79, 80 und 81, die ab dem 5.7.2012 gelten.
212
Kapitel 4: Die dépeçage in sonstigen Bereichen
auch eine Teilrechtswahl zugunsten einzelner Immobilien treffen kann. 134 Eine solche Rechtswahl kann auch konkludent erfolgen. 135 Sie kann aber mangels planwidriger Regelungslücke nicht auf unbewegliches Vermögen im Ausland ausgedehnt werden.136 Eine solche teilweise Rechtswahlmöglichkeit des Erblassers findet sich gegenwärtig lediglich im IPR einiger weniger Mitgliedstaaten; die meisten Staaten lehnen eine dies ab. 137 Auch im Haager Erbrechtsübereinkommen138 ist keine kollisionsrechtliche Teilrechtswahl zulässig; es folgt dem Prinzip der Nachlasseinheit.139 Eine kollisionsrechtliche Teilrechtswahl wie die in Art. 3 I 3 Rom I-VO, mithilfe derer auch andere Einzelfragen wie beispielsweise Pflichtteilsrechte oder die Erbenhaftung abweichend vom restlichen Erbstatut einer anderen Rechtsordnung unterworfen werden können, ist im deutschen Erbkollisionsrecht unzulässig. 140 Dies sei damit zu begründen, dass für eine solche dépeçage kein praktisches Bedürfnis bestehe.141 Denn lediglich die Anknüpfung unbeweglichen Vermögens an den Belegenheitsort erleichtere die Abwicklung des Nachlasses; die gesonderte Anknüpfung von bewegli134
Palandt/Thorn, Art. 25 EGBGB Rn. 8; Staudinger/Dörner, Art. 25 EGBGB Rn. 537; Soergel/Schurig, Art. 25 EGBGB Rn. 11; AnwKomm/Kroiß, Art. 25 EGBGB Rn. 52; Schulze/A. Staudinger, Art. 25 EGBGB Rn. 13; Erman/Hohloch, Art. 25 EGBGB Rn. 19; Bamberger/Roth/S. Lorenz, Art. 25 EGBGB Rn. 21; BeckOK/S. Lorenz, Art. 25 EGBGB Rn. 21; von Hoffmann/Thorn, IPR, § 9 Rn. 20; Kegel/Schurig, IPR, § 21 I 2; Kropholler, IPR, § 51 III 2, § 45 IV 4c; zustimmend, aber kritisch hierzu MüKo/Birk, Art. 25 EGBGB Rn. 47. 135 Palandt/Thorn, Art. 25 EGBGB Rn. 8; Staudinger/Dörner, Art. 25 EGBGB Rn. 535; MüKo/Birk, Art. 25 EGBGB Rn. 21; Erman/Hohloch, Art. 25 EGBGB Rn. 17; PWW/Martiny/Freitag, Art. 25 EGBGB Rn. 34; Schulze/A. Staudinger, Art. 25 EGBGB Rn. 14; BeckOK/S. Lorenz, Art. 25 EGBGB Rn. 21; Kegel/Schurig, IPR, § 21 I 2; Kropholler, IPR, § 51 III 2 a. 136 Staudinger/Dörner, Art. 25 EGBGB Rn. 500; Soergel/Schurig, Art. 25 EGBGB Rn. 3; Schulze/A. Staudinger, Art. 25 EGBGB Rn. 12; Bamberger/Roth/S. Lorenz, Art. 25 EGBGB Rn. 21; BeckOK/S. Lorenz, Art. 25 EGBGB Rn. 21; von Hoffmann/ Thorn, IPR, § 9 Rn. 15; Kegel/Schurig, IPR, § 21 I 2; Kropholler, IPR, § 51 III 2. 137 Kindler, IPRax 2010, 44, 46 dort in Fn. 25; Lagarde, in: Successions internationales (2010) 11, 17; Stumpf, EuZW 2006, 587, 590; siehe hierzu insbesondere die Nachweise bei Staudinger/Dörner, Anh. Art. 25 f. EGBGB Rn. 1 ff. sowie die Tabelle bei BeckOK/S. Lorenz, Art. 25 EGBGB Rn. 86. 138 Haager Übereinkommens vom 1.8.1989 über das auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendende Recht. 139 Das Übereinkommen ist allerdings nie in Kraft getreten, was aufgrund den neueren Entwicklungen auf unionsrechtlicher Ebene auch in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist. Es wurde lediglich von Argentinien, der Schweiz, den Niederlanden und Luxemburg unterzeichnet und nur von den Niederlanden ratifiziert, daher kommt ihm praktisch keine Bedeutung zu. 140 MüKo/Birk, Art. 25 EGBGB Rn. 49; Bamberger/Roth/S. Lorenz, Art. 25 EGBGB Rn. 18; offenlassend von Hoffmann/Thorn, IPR, § 9 Rn. 21. 141 MüKo/Birk, Art. 25 EGBGB Rn. 49.
C. Internationales Erbrecht
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chen Vermögensgegenständen oder anderen Teilfragen erschwere die Nachlassabwicklung dagegen. Darüber hinaus komme der Parteiautonomie im Erbkollisionsrecht anders als im IPR der vertraglichen Schuldverhältnisse nicht eine solch überragende Bedeutung zu, sondern sei hier nur in den gesetzlich geregelten Fällen überhaupt eine Gestaltungsmöglichkeit des Erblassers zulässig. 142 2. Grünbuch zum Internationalen Erbrecht Im Grünbuch, das dem Verordnungsvorschlag voranging, wurde unter anderem die Frage aufgeworfen, ob eine Rechtswahl bezüglich des Erbstatuts zulässig sein soll und wenn ja, unter welche Voraussetzungen und Modalitäten dies geschehen dürfe. 143 In den Stellungnahmen wurde weitestgehend befürwortet, dass der Erblasser nur eine einheitliche Rechtswahl für die gesamte Erbfolge treffen dürfen sollte und ihm nicht erlaubt sein soll, zwischen beweglichem und unbeweglichem Vermögen zu differenzieren. 144 3. Kommissionsvorschlag einer ErbVO Art. 17 Nr. 1 ErbVOE bestimmt, dass eine Person die Rechtsnachfolge bezüglich ihres gesamten Nachlasses dem Recht des Staates unterwerfen kann, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt. Dies wird noch einmal bekräftigt durch Erwägungsgrund 17 des Verordnungsvorschlags, wonach im Interesse der Rechtssicherheit das Erbstatut für alle Nachlassgegenstände ungeachtet ihrer Art oder Belegenheit gelten soll. Damit ist eine gesonderte Rechtswahl im Hinblick auf Immobilien ausgeschlossen. Für eine subjektive dépeçage im Verordnungsvorschlag besteht somit kein Raum. Dies wird wegen des damit verbundenen einheitlichen Erbstatuts teilweise begrüßt.145 Zudem bestehe so für den Erblasser nicht mehr die Möglichkeit, für Immobilien das Recht des Belegenheitsortes zu wählen, das möglicherweise schwache oder überhaupt keine Pflichtteilsansprüche vorsieht, und so bewusst die Erben zu benachteiligen. 146 Auf diese Weise könne bspw. 142
MüKo/Birk, Art. 25 EGBGB Rn. 49; in diesem Sinne auch schon Leible, FS Jayme (2004) 485, 501. 143 Grünbuch Erb- und Testamentsrecht vom 1.3.2005, KOM(2005) 65 endg., siehe dort Fragen 5 und 6. 144 Regierung der BRD, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/ news/consulting_public/successions/contributions/contribution_bundesministerium_de. pdf; Groupe Européen de Droit International Privé, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/news/consulting_public/successions/contributions/contribution _gedip_fr.pdf; so auch schon Dörner/Hertel/Lagarde/Riering, IPRax 2005, 1, 6. 145 Rauscher/Rauscher, Einf EG-ErbVO-E Rn. 48; Kindler, IPRax 2010, 44, 49; Looschelders, FS von Hoffmann, (2011) 266, 280 f. 146 Rauscher/Rauscher, Einf EG-ErbVO-E Rn. 48.
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Kapitel 4: Die dépeçage in sonstigen Bereichen
der Erbe, dem ein Umzug zu mühsam ist, durch einen pflichtteilsfrei geschlossenen Immobilienfonds in England mit weit weniger Aufwand die Benachteiligung seiner Erben erreichen. 147 Andererseits wird diese Lösung jedoch kritisiert und eine mögliche Teilrechtswahl des Erblassers in Bezug auf verschiedene Vermögensgegenstände bevorzugt.148 Zunächst sei der Wille des Erblassers schützenswert und könne bei Geltung eines einheitlichen Erbstatuts nicht in vollem Umfang zur Geltung kommen. 149 Auch spreche für eine solche gespaltene Rechtswahl die Vereinfachung der Verwaltung und der Abwicklung des Nachlasses aufgrund der Übereinstimmung des Erbstatuts mit dem Sachstatut.150 4. Parlamentsentwurf Im Hinblick auf die subjektive Anknüpfung bleibt es auch nach dem Parlamentsvorschlag dabei, dass eine Teilrechtswahl unzulässig ist. Es ergeben sich in den betreffenden Vorschriften keine wesentlichen Änderungen im Vergleich zum Kommissionsentwurf. Lediglich in Erwägungsgrund 17 PE wird genauer präzisiert, dass der gesamte Nachlass einer einheitlichen Rechtsordnung unterliegen soll, unabhängig von der Art und Belegenheit der Vermögenswerte. 5. Endgültiger Verordnungstext In der vom Rat angenommenen Fassung der Verordnung wurde Art. 17 VOE nunmehr umnummeriert in Art. 22 ErbVO. Inhaltlich wurde er weitgehend beibehalten, zumindest im Hinblick auf die Teilrechtswahl ergeben sich keine Änderungen. Erwägungsgrund 17 PE wurde zu Erwägungsgrund 37 und konkretisiert noch weitergehend, dass eine einheitliche Anknüpfung des gesamten Nachlasses erfolgen soll, ungeachtet der Art der Vermögensgegenstände und unabhängig davon, ob diese in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Drittstaat belegen sind. Eine Teilrechtswahl, bspw. in der Weise, dass für einzelne Nachlassgegenstände eine andere Rechtsordnung gewählt werden kann, ist daher nicht möglich. 151
147
Rauscher/Rauscher, Einf EG-ErbVO-E Rn. 48. Altmeyer, ZEuS 2010, 475, 489; Coester-Waltjen/Coester, Liber Amicorum Schurig (2012) 33, 40; Dutta, RabelsZ 2009, 547, 577 f.; Max Planck Institute for Comparative and International Private Law, RabelsZ 2010, 522, 610. 149 Altmeyer, ZEuS 2010, 475, 489; Dutta, RabelsZ 2009, 547, 577 f. 150 Vgl. Dutta, RabelsZ 2009, 547, 578; ebenso Coester-Waltjen/Coester, Liber Amicorum Schurig (2012) 33, 40. 151 Bordmeier, ZEV 2012, 513, 519 148
C. Internationales Erbrecht
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II. Objektive Anknüpfung 1. Aktuelle Rechtslage Im deutschen IPR ist eine kollisionsrechtliche Spaltung zwischen Mobilien und Immobilien nicht vorgesehen, jedoch führt Art. 3a II EGBGB dazu, dass sich das Erbstatut nicht auf Gegenstände bezieht, die sich nicht in diesem Staat befinden und nach dem Recht ihres Belegenheitsstaates besonderen Vorschriften unterliegen. Dies kann also zur Konsequenz haben, dass sich die Erbfolge im Hinblick auf einen Teil des Vermögens nach der lex rei sitae bestimmt, während für die restlichen Vermögensgegenstände das nach Art. 25 EGBGB ermittelte Recht gilt. 152 Eine andere Möglichkeit, um gegenwärtig zur Anwendung verschiedener Rechte auf den Nachlass zu kommen, ist Art. 4 I EGBGB. Z.B. kann das Heimatrecht des Erblassers hinsichtlich des beweglichen Vermögens auf das deutsche Recht zurückverweisen, hinsichtlich des in Frankreich belegenen unbeweglichen Vermögens dagegen auf französisches Recht weiterverweisen. 153 Tritt eine solche Nachlassspaltung ein, so werden die verschiedenen Teile des Nachlasses als rechtlich selbständig behandelt; auf jeden Nachlassteil kommt eine Rechtsordnung als Ganzes zur Anwendung. 154 Dabei entstehende, nicht durch Auslegung zu vermeidende Widersprüche müssen durch Anpassung behoben werden. 155 Diese Situationen stellen aber Ausnahmen dar; grundsätzlich gilt im deutschen internationalen Erbrecht, genau wie in den meisten anderen Mitgliedstaaten der EU156 und im Haager Erbrechtsübereinkommen, das Prinzip der Nachlasseinheit. 157 Lediglich in einigen 152 Siehe bspw. BGH 21.4.1993, NJW 1993, 1920 (noch zu Art. 3 III EGBGB a.F.); hierzu Dörner, IPRax 1994, 362; Palandt/Thorn, Art. 25 EGBGB Rn. 9; AnwKomm/ Kroiß, Art. 25 EGBGB Rn. 40; Bamberger/Roth/S. Lorenz, Art. 25 EGBGB Rn. 50; Remde, RNotZ 2012, 65, 66. 153 So OLG Köln, FamRZ 1992, 860; hierzu Dörner, IPRax 1994, 362, 364 ff.; Anw Komm/Kroiß, Art. 25 EGBGB Rn. 31; Remde, RNotZ 2012, 65, 66. 154 Eingehend hierzu Palandt/Thorn, Art. 25 EGBGB Rn. 9; AnwKomm/Kroiß, Art. 25 EGBGB Rn. 42; Staudinger/Dörner, Art. 25 EGBGB Rn. 767, 770 ff.; Soergel/ Schurig, Art. 25 EGBGB Rn. 18; MüKo/Birk, Art. 25 EGBGB Rn. 127; Schulze/A. Staudinger, Art. 25 EGBGB Rn. 17; PWW/Martiny/Freitag, Art. 25 EGBGB Rn. 40; Erman/Hohloch, Art. 25 EGBGB Rn. 37; Bamberger/Roth/S. Lorenz, Art. 25 EGBGB Rn. 51. 155 MüKo/Birk, Art. 25 EGBGB Rn. 131; PWW/Martiny/Freitag, Art. 25 EGBGB Rn. 40; Schulze/A. Staudinger, Art. 25 EGBGB Rn. 18; hierzu näher Looschelders, FS von Hoffmann, (2011) 266. 156 Bspw. Estland, Finland, Griechenland, Italien, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien; hierzu Dutta, RabelsZ 2009, 547, 554 bei Fn. 42. 157 Staudinger/Dörner, Art. 25 EGBGB Rn. 21; Erman/Hohloch, Art. 25 EGBGB Rn. 21; Schulze/A. Staudinger, Art. 25 EGBGB Rn. 1; BeckOK/S. Lorenz, Art. 25 EG-
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Kapitel 4: Die dépeçage in sonstigen Bereichen
Mitgliedstaaten, hauptsächlich in den common law-Staaten sowie in den zur französischen Rechtsfamilie gehörenden Rechtsordnungen, wird eine getrennte Anknüpfung von beweglichen und unbeweglichen Vermögensgegenständen vorgenommen. 158 2. Grünbuch zum Internationalen Erbrecht Im Grünbuch der Kommission wurde unter anderem die Frage aufgeworfen, ob das Erbstatut für den gesamten Nachlass gelten soll oder ob verschiedene Anknüpfungspunkte herangezogen werden sollten. In diesem Zusammenhang wurde auch erwogen, ob dem Recht des Staates, in dem unbewegliches Vermögen belegen ist, gewisse Prärogativen vorbehalten werden sollen. In den meisten Stellungnahmen hierzu wurde eine einheitliche Anknüpfung befürwortet.159 Dies wurde mit der Vermeidung gegebe-
BGB Rn. 17; Kropholler, IPR, § 51 II 2; Altmeyer, ZEuS 2010, 475, 487; Remde, RNotZ 2012, 65, 66; Schurig, FS Spellenberg (2010) 343, 344. 158 Bspw. Belgien, Bulgarien, England, Frankreich, Litauen, Luxemburg, Malta, Rumänien, Zypern; hierzu Dutta, RabelsZ 2009, 547, 555 bei Fn. 43 m.w.N.; Lagarde, in: Successions internationales (2010) 11, 16; ferner Kegel/Schurig, IPR, § 21 I 1 und Stumpf, EuZW 2006, 587, 588; Dörner/Hertel/Lagarde/Riering, IPRax 2005, 1, 4; siehe hierzu wiederum die Übersichten zu den ausländischen Erbkollisionsrechten: Staudinger/ Dörner, Anh. Art. 25 f. EGBGB Rn. 1 ff. sowie die Tabelle bei BeckOK/S. Lorenz, Art. 25 EGBGB Rn. 86. 159 Bspw. Regierung der BRD, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.europa. eu/justice/news/consulting_public/successions/contributions/contribution_bundesminister ium_de.pdf; Bundesrechtsanwaltskammer, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.eu ropa.eu/justice/news/consulting_public/successions/contributions/contribution_brak_de. pdf; Bundesnotarkammer, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/ news/consulting_public/successions/contributions/contribution_bnotk_de.pdf; Deutscher Richterbund, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/news/consulting_ public/successions/contributions/contribution_dr_de.pdf; Regierung der Biederlande, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/news/consulting_public/succes sions/contributions/contribution_netherlands_fr.pdf; Bar Council of England and Wales, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/news/consulting_public/succes sions/contributions/contribution_bcew_en.pdf; Council of Bars and Law Societies of Europe, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/news/consulting_ public/successions/contributions/contribution_ccbe_en.pdf; Groupe Européen de Droit International Privé, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/news/ consulting_public/successions/contributions/contribution_gedip_fr.pdf.
C. Internationales Erbrecht
217
nenfalls auftretender unauflösbarer Widersprüche160 sowie mit der Bedeutung der Rechtssicherheit begründet.161 Vereinzelt wurde aber eine gesonderte Anknüpfung von unbeweglichen Vermögensgegenständen an ihren Belegenheitsort befürwortet, vor allem von den ohnehin dem Prinzip der Nachlassspaltung folgenden Staaten.162 Diese Lösung soll dem Umstand gerecht werden, dass die Übertragung von Immobilien an bestimmte formelle Voraussetzungen ihres Belegenheitsstaates gebunden sei und sie daher eine besonders enge Beziehung zu diesem Staat aufwiesen, was unter dem Gesichtspunkt der Praktikabilität wegen der besseren Koordinierung mit den nationalen Registerwesen und der höheren Rechtssicherheit im Wirtschaftsverkehr eine vom Rest des Vermögens verschiedene Behandlung rechtfertige. 163 Darüber hinaus diene eine solche Lösung auch aus fiskalischen Gründen den Mitgliedstaaten, in denen die Immobilien belegen seien. 164 3. Kommissionsvorschlag einer ErbVO In Art. 16 ErbVOE ist die objektive Bestimmung des Erbstatuts geregelt. Hiernach soll die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Recht des Staates unterliegen, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Im Zusammenspiel mit Erwägungsgrund 17 ErbVOE ergibt sich somit auch im Rahmen der objektiven Anknüpfung das Prinzip der Nachlasseinheit, das heißt eine objektive dépeçage ist im Verordnungs-
160
Bundesrechtsanwaltskammer, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/ justice/news/consulting_public/successions/contributions/contribution_brak_de.pdf; dies sieht auch Lagarde, in: Successions internationales (2010) 11, 16, der ein Beispiel hierzu nennt. 161 Regierung der BRD, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/ news/consulting_public/successions/contributions/contribution_bundesministerium_de.p df. 162 Frankreich, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/news/ consulting_public/successions/contributions/contribution_france_fr.pdf; Regierung des Großherzogtums Luxemburg, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/ news/consulting_public/successions/contributions/contribution_luxembourg_fr.pdf; Bundesrat, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/news/consulting_pub lic/successions/contributions/contribution _bundesrat_de.pdf. 163 Frankreich, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/news/consul ting_public/successions/contributions/contribution_france_fr.pdf; Bundesrat, Stellungnahme, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/news/consulting_public/successions/ contributions/contribution_bundesrat_de.pdf; vgl auch Lagarde, in: Successions internationales (2010) 11, 16. 164 Stumpf, EuZW 2006, 587, 588.
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Kapitel 4: Die dépeçage in sonstigen Bereichen
vorschlag nicht zulässig. Dies erfährt weitgehend Zustimmung: 165 Das Prinzip der Nachlasseinheit sei von Vorteil, da sonst eine Nachlassplanung zu Lebzeiten des Erblassers beträchtlich erschwert würde und zu komplizierten und kaum lösbaren Problemen führte.166 Im Zuge dessen sei auch mit einer Erhöhung der Rechtsberatungs- und Gerichtskosten zu rechnen. 167 Vor allem aber ergäben sich schwerwiegende Probleme, wie die verschiedenen anwendbaren Rechtsordnungen miteinander in Einklang zu bringen seien. 168 Den Bedenken der Befürworter einer Nachlassspaltung, dass Friktionen zwischen Erb- und Sachstatut entstehen könnten, wenn das anwendbare Sachenrecht nicht die Art der Eigentumsübertragung vorsehe, die nach dem maßgeblichen Erbrecht erfolgen soll, wird entgegengehalten, dass dies durch eine klare Abgrenzung des Anwendungsbereichs der jeweiligen Kollisionsnormen vermieden werden könne. 169 Darüber hinaus sei eine Nachlassspaltung nicht mit der Zielsetzung des Verordnungsentwurfs vereinbar. 170 Ferner sei die Frage der Qualifikation bestimmter Gegenstände als beweglich oder unbeweglich unter Umständen schwierig und könne von der lex fori und der lex rei sitae unterschiedlich beantwortet werden.171 Weiterhin wird vorgebracht, dass das europäische Kollisionsrecht auch in anderen Bereichen eine einheitliche Anknüpfung vorsehe, wie beispielsweise die Europäische Insolvenzverordnung172, die ohne Rücksicht auf die Belegenheit der Insolvenzmasse an das Recht des Staates anknüpft, in dem das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.173 Da alle Verweisungen des Entwurfs zur ErbVO Sachnormverweisungen sind (Art. 26 ErbVOE), ist eine objektive Spaltung des Erbstatuts durch Rück- und Weiterverweisung, wie es derzeit noch im EGBGB möglich ist (oben Kap. 4 C II 1), ausge165
Max Planck Institute for Comparative and International Private Law, RabelsZ 2010, 522, 602; Dutta, RabelsZ 2009, 547, 555; Dörner, ZEV 2010, 221, 222; Looschelders, FS von Hoffmann, (2011) 266, 280 f.; R. Wagner, DNotZ 2010, 506, 517. 166 Dörner, ZEV 2010, 221, 222; Dutta, RabelsZ 2009, 547, 555; so auch schon Dörner/Hertel/Lagarde/Riering, IPRax 2005, 1, 4. 167 Dutta, RabelsZ 2009, 547, 555; Max Planck Institute for Comparative and International Private Law, RabelsZ 2010, 522, 602; ebenso Dörner/Hertel/Lagarde/Riering, IPRax 2005, 1, 4. 168 Dutta, RabelsZ 2009, 547, 555 f.; Looschelders, FS von Hoffmann, (2011) 266, 281; Max Planck Institute for Comparative and International Private Law, RabelsZ 2010, 522, 602; Dörner/Hertel/Lagarde/Riering, IPRax 2005, 1, 4. 169 Dutta, RabelsZ 2009, 547, 556 f.; Max Planck Institute for Comparative and International Private Law, RabelsZ 2010, 522, 602. 170 Dörner, ZEV 2010, 221, 222. 171 Dutta, RabelsZ 2009, 547, 555; so schon Dörner/Hertel/Lagarde/Riering, IPRax 2005, 1, 4. 172 Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren, ABl. 2000 Nr. L 160/1, siehe dort insbesondere Art. 4. 173 Dutta, RabelsZ 2009, 547, 555.
C. Internationales Erbrecht
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schlossen. 174 Das Prinzip der Nachlasseinheit wird lediglich von Art. 22 ErbVOE durchbrochen. Hiernach sollen auf unbewegliche Sachen, Unternehmen oder andere besondere Arten von Vermögenswerten, für die aufgrund ihrer wirtschaftlichen, familiären oder sozialen Bestimmung besondere Regelungen des Belegenheitsstaates bestehen, diese maßgeblich sein, wenn nach diesem Recht die Regelung unabhängig vom Erbstatut gilt. Diese Vorschrift ist als Ausnahmeregelung allerdings eng auszulegen 175 und bleibt in ihrem Anwendungsbereich hinter Art. 3a II EGBGB zurück.176 4. Parlamentsentwurf Hinsichtlich der objektiven dépeçage ergeben sich im Parlamentsentwurf einige Änderungen. Hervorzuheben ist zunächst, dass in Art. 16 II PE eine Ausweichklausel eingeführt wurde, wonach bei offensichtlich engerer Verbindung zu einem anderen Staat das Recht dieses Staates anzuwenden ist. Jedoch besteht hier aufgrund des eindeutigen Wortlauts kein Raum für eine objektive dépeçage. Zudem wäre dies nicht mit der Entstehungsgeschichte der ErbVO zu vereinbaren, die wie gezeigt eindeutig für das Prinzip der Nachlasseinheit spricht. Daher ist also auch im PE die objektive dépeçage unzulässig. Eine Änderung ergibt sich weiterhin im Hinblick auf den Ausschluss der Rück- und Weiterverweisung: In den Fällen des Art. 26 I PE ist die Rück- und Weiterverweisung ausnahmsweise beachtlich. 177 Somit ergibt sich ein minimal größerer Spielraum für die Anwendung unterschiedlicher Rechtsordnungen. 5. Endgültiger Verordnungstext In der vom Rat angenommenen Fassung der Verordnung wurde Art. 16 PE mitsamt der Ausweichklausel unverändert in Art. 21 ErbVO übernommen. Art. 23 ErbVO (ehemals Art. 19 VOE/PE) bestimmt die Reichweite des Erbstatuts umfassend und stellt in Abs. 1 noch einmal klar, dass die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen dem nach Art. 21 oder 22 ErbVO bezeichneten Recht unterliegt. Insofern ergeben sich demnach keine Änderungen, eine objektive dépeçage ist auch nach der endgültigen Version der 174 Barrière-Brousse, in: La justice civile européenne (2012) 247, 255 f.; Lange, ZVglRWiss 2011, 426, 429; Looschelders, FS von Hoffmann, (2011) 266, 281; Remde, RNotZ 2012, 65, 74 f.; kritisch zum Ausschluss des Renvoi Lagarde, in: Successions internationales (2010) 11, 18. 175 Lange, ZVglRWiss 2011, 426, 431; dies wird begrüßt von Schurig, FS Spellenberg (2010) 343, 350. 176 Remde, RNotZ 2012, 65, 77. 177 Diese Regelung habe jedoch lediglich geringe praktische Bedeutung, so Dörner, ZEV 2012, 505, 511.
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Kapitel 4: Die dépeçage in sonstigen Bereichen
Verordnung nicht möglich. Einfallstore für eine ausnahmsweise unterschiedliche Beurteilung von verschiedenen Vermögensgegenständen sind lediglich Art. 30 ErbVO, der Art. 22 VOE/PE entspricht, sowie Art. 34 ErbVO (Art. 26 PE) betreffend Rück- und Weiterverweisungen. 178 III. Fazit Im Text der neuen ErbVO ist weder in subjektiver noch in objektiver Hinsicht eine dépeçage vorgesehen. In Bezug auf die Abspaltung von Teilfragen wie beispielsweise die Pflichtteilsrechte oder die Erbenhaftung ist dies durchaus zu begrüßen. Was jedoch die gesonderte Anknüpfung von beweglichem und unbeweglichem Vermögen angeht, so ist diese Zurückhaltung der Verordnung zu bedauern. Zumindest im Rahmen der Rechtswahl sollte dem Erblasser ermöglicht werden, sein unbewegliches Vermögen dem sachnäheren Belegenheitsrecht zu unterwerfen, da dies insbesondere unter wirtschaftlichen und registerrechtlichen Gesichtspunkten vorteilhaft wäre, aufgrund der Übereinstimmung des Erbstatuts mit dem Sachstatut wird die Verwaltung und die Abwicklung des Nachlasses vereinfacht. Zudem muss gerade im Erbrecht dem Willen des Erblassers hinreichend Rechnung getragen werden; eine damit möglicherweise verbundene Benachteiligung der Erben ist aus diesem Grund hinzunehmen. 179
178 179
Janzen, DNotZ 2012, 484, 487. Ebenso Dutta, RabelsZ 2009, 547, 578.
Schlussbetrachtung A. Wesentliche Ergebnisse A. Wesentliche Ergebnisse
Schon bei der Bestimmung des Begriffs der dépeçage ergeben sich Probleme: Eine einheitliche Definition fehlte bislang. Im Hinblick darauf wurde herausgearbeitet, dass die dépeçage im IPR als eine Abspaltung von Teilfragen zu verstehen ist, auf die kraft kollisionsrechtlicher Verweisung verschiedene Rechtsordnungen zeitgleich als Ganzes Anwendung finden. Im europäischen Rechtsraum ist die Skepsis gegenüber der dépeçage groß, was überwiegend damit begründet wird, dass sie dem auf Savigny beruhenden System des europäischen Kollisionsrechts widerspreche. Dies steht im Unterschied zur liberaleren Handhabung der dépeçage im USamerikanischen Recht. Dennoch können auch in der EU durch eine Spaltung des anwendbaren Rechts durchaus angemessene und im Gegensatz zur Anwendung eines einheitlichen Rechts vorteilhafte Ergebnisse entstehen. Zwar wäre eine allzu großzügige Handhabung der dépeçage durchaus unangebracht, da sie die Vorhersehbarkeit des anwendbaren Rechts und damit die Rechtssicherheit über Gebühr beeinträchtigen würde. Vor allem darf den Gerichten hier aus diesem Grund nicht ein solch weiter Ermessenspielraum bei der Bestimmung des anwendbaren Rechts zugestanden werden. Werden die herausgearbeiteten Voraussetzungen eingehalten, so wird die Gefahr von Normenmangel und Normenhäufung erheblich reduziert. Die dépeçage widerspricht vom methodologischen Ausgangspunkt her nicht von vornherein dem System des europäischen Kollisionsrechts, sondern dient sogar dessen Zielen: In subjektiver Hinsicht fördert sie die Achtung der Parteiautonomie, während die objektive dépeçage der Verfeinerung des Prinzips der engsten Verbindung dient. Letzteres zeigt sich insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich das IPR weiter entwickelt hat und die Anknüpfungskategorien immer mehr verfeinert werden; die dépeçage kann einer solchen Verfeinerung durchaus zuträglich sein. 1 Einzig in Art. 3 I 3 Rom I-VO wird die subjektive dépeçage aktuell ausdrücklich zugelassen. In der Rom II-VO, die hierzu schweigt, ist sie jedoch aufgrund der hohen Bedeutung der Parteiautonomie auch möglich. 1
Polak, 45 f.
222
Schlussbetrachtung
In objektiver Hinsicht ist eine dépeçage in der Rom I-VO, anders also noch unter Geltung des Art. 28 I 2 EGBGB a.F., dagegen grundsätzlich nicht mehr zulässig. Gleiches gilt für die objektive Aufspaltung außervertraglicher Schuldverhältnisse in der Rom II-VO. In der Rom III-VO besteht die Möglichkeit einer separaten Rechtswahl im Hinblick auf die Ehescheidung und die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes, eine darüber hinausgehende dépeçage ist dort weder in subjektiver noch in objektiver Hinsicht möglich. Auch in den übrigen hier untersuchten neueren und zukünftigen Rechtsakten (Verordnungsvorschlag zum Internationalen Ehegüterrecht, Verordnungsvorschlag über das Internationale Güterrecht für eingetragene Le-benspartnerschaften, EU-Unterhaltsverordnung, ErbVO) ist eine dépeçage nicht zulässig. In den Verordnungsvorschlägen zum Ehegüterrecht bzw. zum Güterrecht bei eingetragenen Lebenspartnerschaften und der ErbVO ist lediglich eine eingeschränkte Teilrechtswahl dahingehend, dass für unbewegliches Vermögen die lex rei sitae gewählt werden kann, aufgrund des damit verbundenen Einklangs mit dem Sachstatut sinnvoll. Die neueren Rechtsakte zeigen, dass im europäischen Kollisionsrecht eine Abkehr von der dépeçage zu beobachten ist. Diese ablehnende Haltung zeigt sich auch durch die Streichung des Art. 28 I 2 EGBGB a.F. Die dépeçage unterliegt zudem gewissen Grenzen, nicht jeder beliebige Teil darf abgespalten und einer anderen Rechtsordnung unterworfen werden. Bezüglich der Teilrechtswahl in der Rom I-VO gilt die Voraussetzung der Abspaltbarkeit der Teilfrage. Diese umfasst erstens die Einhaltung der materiellen Harmonie, das heißt es dürfen keine unauflösbaren widersprüchlichen Ergebnisse entstehen, und zweitens das Verbot der Umgehung ausländischen Eingriffsrechts durch die Teilrechtswahl. In Bezug auf die subjektive dépeçage in der Rom II-VO gilt lediglich die Voraussetzung der Einhaltung der materiellen Harmonie. Da ausländische Eingriffsnormen im Rahmen der Rom II-VO ohnehin nicht umgangen werden können, ist das Erfordernis des Verbots ihrer Umgehung nicht notwendig. Bei der objektiven dépeçage unter Geltung des Art. 28 I 2 EGBGB a.F. war dagegen das Erfordernis der Abspaltbarkeit so zu verstehen, dass bereits widersprüchliche Ergebnisse genügten. Ein weiteres Erfordernis, dass durch die objektive dépeçage international zwingende Bestimmungen nicht umgangen werden durften, brauchte nicht berücksichtigt zu werden. Lagen diese Voraussetzungen vor, so hatte das Gericht ein Ermessen, ob es das anwendbare Recht tatsächlich spaltete. Es gibt auch einige wenige Konstellationen, in denen eine Spaltung des anwendbaren Rechts gesetzlich angeordnet ist. Diese tauchen beispielsweise im Rahmen der objektiven Anknüpfung im internationalen Versicherungsvertragsrecht (Art. 7 V Rom I-VO) und bei internationalen Unternehmensübernahmen (Art. 4 II lit. e ÜRL) auf. In diesen Fällen sind keine
B. Fazit
223
weiteren Voraussetzungen zu prüfen, d.h. das Gericht muss bei Vorliegen der in diesen Vorschriften bestimmten Voraussetzungen eine dépeçage durchführen; ein Ermessen diesbezüglich steht ihm nicht zu.
B. Fazit B. Fazit
Im deutschen und europäischen Rechtsraum ist eine große Zurückhaltung gegenüber der dépeçage festzustellen: Die Rechtsprechung hierzu ist spärlich, und auch in der Literatur findet die Spaltung des anwendbaren Rechts vergleichsweise wenig Beachtung. Diese restriktive Handhabung ist jedoch nicht lediglich mit den Vorbehalten der dépeçage gegenüber zu begründen, die aufgrund ihres angeblichen Widerspruchs zum System des europäischen Kollisionsrechts bestehen. Die dépeçage scheint in der Praxis wenig bekannt zu sein, weswegen Rechtsanwälte, die Parteien bei internationalen Verträgen beraten, im Zweifel wohl von einer Spaltung des anwendbaren Rechts abraten.2 Ebenso spielt eine Rolle, dass die Verhandlungen über das anwendbare Recht oftmals schwierig genug sind, sodass eine Einigung über eine solch komplizierte Frage wie eine dépeçage noch schwieriger zu erzielen ist.3 Darüber hinaus stellt die Entscheidung für eine dépeçage eine komplexe Rechtsfrage dar, die mit vielen verschiedenen Erwägungen verbunden ist, wie z.B. ob eine dépeçage in dem Fall überhaupt die gewünschten Vorteile bringt und ob sie wirksam ist.4 Ferner ist die dépeçage an sich schon eine Ausnahmeerscheinung im europäischen IPR: Neben dem in der Praxis aus den soeben genannten Gründen seltenen Fall, in denen die Parteien sich bewusst auf die Anwendung verschiedener Rechtsordnungen einigen, wird noch seltener die Situation vorkommen, in der das Gericht mangels einer solchen Teilrechtswahl von sich aus verschiedene Rechtsordnungen anwendet. Schon durch die bei der dépeçage zu beachtenden Voraussetzungen sind ihr Grenzen gesetzt. Lediglich in den wenigen gesetzlich angeordneten Fällen wird das Gericht eine dépeçage durchführen müssen. Da sie darüber hinaus mit dem System des europäischen IPR zu vereinbaren ist, ist die im europäischen Rechtsraum übertriebene Vorsicht vor der dépeçage zwar unbegründet. Dennoch ist nicht davon auszugehen, dass sich diese Zurückhaltung in absehbarer Zeit wesentlich ändert: Die dépeçage wird weiterhin eine Ausnahmesituation im IPR bleiben, was sich auch durch die neuen EU-Verordnungen nicht ändern wird;
2
So auch Polak, 25. Polak, 25. 4 Polak, 25. 3
224
Schlussbetrachtung
gleichzeitig ist sie aber auch nicht aus dem europäischen Kollisionsrecht wegzudenken. 5
5
Ebenso Polak, 46.
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Sachregister Abspaltbarkeit/Abtrennbarkeit 20, 65 ff., 74 ff., 91, 94, 99, 102, 112, 114 ff., 118 ff., 125, 130, 153 f., 156, 222 Aktionäre 188 f. Anknüpfung 8 ff., 29 ff. ‒ akzessorische 66, 161, 176 f., 182 ff. ‒ Anknüpfungsalternative 84 f., 108 ‒ einheitliche 29, 130, 173, 180, 204, 207, 214, 216, 218 Arbeitskampfmaßnahmen 167, 183 Auffangklausel 32, 128, 132 f. Auflockerungsklausel siehe Ausweichklausel Auslegung 43 f., 70 ‒ einheitliche 152 ff., 158 f., 164, 192, 209 Ausweichklausel 37, 124, 127, 131 ff., 144, 149, 173 ff., 180 ff., 184, 219 Beale 30 Beförderungsverträge 111, 133 Betriebliche Altersversorgung 105 better law 40 Bonuszahlungen 106 f. Cavers 40 Charterverträge 121 f. comitas-Lehre 30 common law 49, 216 conduct regulation 44, 145, 149 Conflicts Revolution 39 ff., 44 ff. Cook 40 culpa in contrahendo siehe Verschulden bei Vertragsverhandlungen Currie 40 Definition 5 ff., 16, 27 Deliktsfähigkeit 10, 35, 161 f. Doppel- und Mehrfachqualifikation 26 Doppelrechtswahl 26
Ehegüterrecht 200 ff. Ehescheidung 191 ff. eingetragene Lebenspartnerschaft 205 ff. Eingriffsnormen 24 f., 29, 31, 72, 102, 112, 222 ‒ EVÜ 72 f., 115 ‒ Rom I-VO 71, 73 ff., 82 ‒ Rom II-VO 154 ff. Einheit der Rechtsordnung 31, 49 f., 87, 89, 100 Einheit des Vertrags 66 Einzelfallgerechtigkeit 37, 173 engste Verbindung 16, 31 ff., 54, 56, 116 f, 126, 128, 131 f., 149, 175 ff., 179, 189, 221 Entscheidungseinklang ‒ innerer 32 f., 37, 50, 53 f., 69 ‒ internationaler 29, 73, 144 Erbrecht 211 ff. Erlöschen von Verpflichtungen 96, 119 Ermessen 12, 116 f., 125, 128, 143, 221 f. EU-Erbrechtsverordnung 211 ff. EU-Unterhaltsverordnung 208 ff. false conflict 40, 47 Forderungsabtretung 23, 133, 135 ff. Form ‒ Rom I-VO 76 f., 85 ff. ‒ Individualarbeitsverträge 108 ‒ Verbraucherverträge 109 ‒ Rom II-VO 158, 163 ff. geistiges Eigentum 170 f., 183 Gemeinsames Europäisches Kaufrecht 137 ff. Gerichtsstandsvereinbarung 20 Gesamtverweisung 63 f., 157 Geschäftsfähigkeit 9, 11, 30, 162 f. Geschäftsführung ohne Auftrag 171
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Sachregister
Giuliano/Lagarde-Bericht 19, 21, 59, 62, 64, 68, 77, 79, 94 f., 98, 112, 114, 120 Gleichlauf 187, 189 governmental interest 40 Großrisiken 110, 130, 134 Günstigkeitsvergleich 24 f., 100 f., 106, 109, 139 Haager Güterstandsübereinkommen (1978) 200, 203 Haager Produkthaftungsübereinkommen 141 Haager Straßenverkehrsunfallübereikommen 23, 141, 148 Haager Unterhaltsprotokoll 208 ff. Haftungsausfüllung 159 f., 174, 177 Haftungsbegründung/Haftungsgrund 141, 145 f., 160, 169, 174, 177 Haftungsfolgen 97, 146, 160 f., 169, 171 Haftungsvoraussetzungen 160 Harmonisierung 139, 186, 190 Hypothek 96 Immobilien 199 ff., 207, 212 ff., 217 Indexklausel 98 Individualarbeitsverträge 99 ff., 124 f., 133 Intercontainer 68, 113, 117, 119, 121 f., 129 issue-by-issue analysis 41 f., 44 ff., 48 f., 71 jurisdiction selection 31, 39 f., 42 ,47, 174 Kfz-Haftpflichtrichtlinie 144 Kompetenz-dépeçage 27 Konnossement 6, 23 f. Konsens 76, 81 ff., 89, 117 f. Leflar 40 Leistungspflicht 13, 21, 81, 90, 92, 94 f., 119 ff. Leistungsstörungen 81, 90, 94 f. lex causae 96, 155, 158, 164, 180 lex fori 42, 72 f., 75, 154 f., 169 f., 190, 209, 218 lex loci delicti commissi 35 lex loci protectionis 171 lex rei sitae 24, 197, 202 ff., 207, 215, 218, 222
local law theory 40 Lohnfortzahlungsanspruch 107 loss allocation/distribution 44, 46, 145, 149 Louisiana 39, 46, 145 Massenrisikien 110, 134 materielle Harmonie 32 f., 49 f., 54, 69, 75 f., 78, 82, 91, 99, 102, 112, 114 f., 122 f., 125, 154, 158, 162, 172, 222, siehe auch Entscheidungseinklang, innerer mistake 92 Mosaikprinzip 169 ff. Nachlasseinheit 212, 215, 217 ff. Nachlassspaltung 212, 217 f. Nichtigkeit 86, 96 Nichtstaatliches Recht 51, 55, 59, 140 Normenhäufung/Normenmangel 33, 51, 190, 221 ökonomische Analyse des Rechts 52 f. Optionsrecht 165 ff., 172, 187 ordre public 24 f., 55 Oregon 24 f., 55 Parteiwille 21, 51 f., 61, 66, 70 f., 81, 134, 159 f. ‒ hypothetischer 13, 34 Perplexität siehe Widersprüche, unüberwindbare/unauflösliche policy 40, 46, 48 principles of preference 40 Prioritätsprinzip 187 Produkthaftung 165, 182 Rechtssicherheit 32, 127 f., 143, 149, 157, 177, 188, 192, 198, 204, 210, 213, 217, 221 Rechtsspaltung 25, 27 Rechtswahl ‒ nachträgliche 142, 157 ‒ stillschweigende 60 f., 93 Rechtszersplitterung 170, 190 Registeranknüpfung 207 renvoi 157, 197, 207, 219 siehe auch Rückverweisung Restatement (First) of Conflict of Laws 39 ff., 143
Sachregister Restatement (Second) of Conflict of Laws 41 f., 44 f., 47, 84 Rom III-VO 191 ff., 221 Rückversicherungsverträge 110 Rückverweisung 34, 64, 198, 218 ff. rule selection 40, 42, 48 Sachenrecht 34, 36 f., 218 Sachnormverweisung 63, 157, 218 Savigny 13, 19, 28 ff., 41, 53, 144, 148, 174, 221 Schaden 166 f., 169 ‒ Schadensbemessung 160, 180 f. ‒ Art und Höhe des Schadens 145, 147, 162, 171 Scheidungsstatut 191 f., 197 f. Schiedsabrede 20 Schiedsgerichtsbarkeit 64, 157 Schweiz 12 ff., 16, 205, 212 Schwerpunkt eines Rechtsverhältnisses 32, 115, 123, 129, 133 Seefrachtverträge 122 Sicherheits- und Verhaltensregeln 27, 142, 145, 148, 173 Spaltung ‒ sachnormbezogene 16 f. ‒ objektbezogene 16 f., 19, 81 ‒ vertikale 17 f. ‒ horizontale 17 f. ‒ endogene 18 f. ‒ exogene 18 f. Sperrwirkung 73, 155 f., 172 Statutentheorie 28, 30 f., 38 Statutenwechsel 26 Statutseinheit 158, 177 Streuschäden 169 Synallagma 13, 76, 81, 90 f., 94 f., 102, 104, 118 ff. Tauschverträge 123 Teilfrage 8 ff., 18 ff., 33, 35, 37, 44, 47, 56, 60, 62, 65 ff., 71, 75 f., 78 ff., 84, 89, 91, 93 f., 96 ff., 114, 118 ff., 122, 125, 154, 157 ff., 193, 196, 213, 220 ff. Teilrechtswahl ‒ kollisionsrechtliche 20, 34, 59, 71 f., 93, 99, 104, 109 f., 138 ff., 158, 162, 212 ‒ materiellrechtliche 8, 18, 59 ff., 71, 93, 103, 138 ff.
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‒ nachträgliche 62, 96 ‒ stillschweigende 62 f., 94 ‒ mehrfache 79, 82, 101, 159, 199 ‒ direkte 86 ff., 108 f., 164 ‒ indirekte 86 Teilverweisung ‒ kollisionsrechtliche 5 ff., 10 ff., 17, 58 ff., 138, 157, 221 ‒ materiellrechtliche 5 ff., 18, 60 Territorialitätsprinzip 170 f. Timesharing 22 Transaktionskosten 52 f., 63, 66 f. true conflict 40, 47 Übernahmerichtlinie 185 f., 189 ff. Umweltschädigung 165 f., 183 Ungerechtfertigte Bereicherung 171 Unlauterer Wettbewerb 167 f., 170, 183 Unterhalt 208 ff. Unternehmensübernahmen 186 ff., 222 US-amerikanisches Recht 2, 28, 38 ff., 54, 84, 97, 103, 143 ff., 149, 221 Verbraucherschutz 51, 138 f. Verbraucherverträge 89, 108 f., 124, 133 Verjährung 51, 96, 107, 119, 122, 163, 173 Verkehrsunfälle 144 ff., 150, 162, 180 Verschulden bei Vertragsverhandlungen 172 Versicherungsverträge 109 ff., 130, 133 ff., 222 vested rights-Doktrin 30, 43 Vertragsspaltung ‒ kleine 13 f., 17 ff., 29, 34, 81, 90 f., 119, 123 ‒ große 12, 14 ff., 19, 35, 43, 92 f., 118 f. Verträge ‒ zusammengesetzte 19 f. ‒ komplexe 21 Vorfrage 8 ff., 37 Weiterverweisung 64, 203, 215, 218 ff. Wertpapiere 23, 37, 186 ff. Wettbewerbsabreden 106 Wettbewebsverstöße 148, 151, 167 ff. Widersprüche 8, 50, 70, 91, 114 f., 118, 121 f., 146, 184, 215
248 ‒ unüberwindbare/unauflösliche 49, 69 ff., 75, 78 ff., 83 f., 91 ff., 104, 107, 123, 154, 156, 159, 190, 217 WpÜG 186 Zahlungsgeschäft 97
Sachregister Zinsklausel 98, 120 zwingende Normen ‒ intern zwingende Normen 25, 60, 71 f., 75, 154 ‒ internationale zwingende Normen siehe Eingriffsnormen