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German Pages 589 Year 2015
Kölner Kriminalwissenschaftliche Schriften Band 65
Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen zur Bereitstellung von Informationen vor Pakettransaktionen
Von Benjamin Pesch
Duncker & Humblot · Berlin
BENJAMIN PESCH
Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen zur Bereitstellung von Informationen vor Pakettransaktionen
Kölner Kriminalwissenschaftliche Schriften Herausgegeben von C l a u s K r e ß, M i c h a e l Ku bi c i e l C o r n e l iu s Ne s t l e r, F r a n k Ne u b a c h e r Jü r g e n S e i e r, M a r t i n Wa ßm e r, T h o m a s We i g e n d Professoren an der Universität zu Köln
Band 65
Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen zur Bereitstellung von Informationen vor Pakettransaktionen
Von Benjamin Pesch
Duncker & Humblot · Berlin
Die Drucklegung dieser Arbeit wurde durch einen Druckkostenzuschuss aus Mitteln der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder gefördert, der durch die Graduiertenschule der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln vergeben wurde.
Die Hohe Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln hat diese Arbeit im Sommersemester 2014 als Dissertation angenommen.
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© 2015 Duncker & Humblot GmbH, Berlin
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Rolf Pesch Ellen Pesch Sara Pesch Helmut Lingen Elisabeth Lingen Wilhelm Pesch Irmgard Pesch
Vorwort Die vorliegende Schrift wurde von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln im Sommersemester 2014 als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur konnten daher inhaltlich bis zu diesem Zeitpunkt berücksichtigt werden. Eine letztmalige Aktualisierung der Quellenangaben erfolgte im Sommersemester 2015. Es ist mir zunächst ganz besonders daran gelegen, Herrn Professor Dr. Waßmer als Betreuer meiner Dissertation meinen Dank auszusprechen. Er zeigte nicht zuletzt aufgrund der Aktualität und Relevanz der vorliegenden Thematik ein erhebliches Interesse und stand für Rückfragen und Anregungen stets zur Verfügung. Daneben bedanke ich mich auch recht herzlich bei Herrn Professor Dr. Seier für die Beurteilung dieser Arbeit als Zweitgutachter und für die angenehme Disputation. Auf der einen Seite eine positive Eigenschaft, die einen stetig motiviert, so kann sich der Drang nach Perfektion auf der anderen Seite als größte Hürde einer solchen Arbeit entpuppen. In diesen Momenten war ich stets dankbar, dass mich Menschen umgaben, die in meine Fähigkeiten vertrauten, an mich glaubten, die mich anspornten, noch intensiver an diesem Werk zu arbeiten und Zweifel zerstreuten. Es sind eben diese Menschen, die mich bereits ein Leben lang begleiten, auf die ich mich immer verlassen konnte, die mir alles ermöglichten, was ich bis heute erreicht habe und auch in Zukunft erreichen werde und die mich letztlich zu dem gemacht haben, der ich bin. Ein unschätzbarer Dank nicht nur für die Unterstützung im Rahmen des Dissertationsvorhabens, sondern im Allgemeinen für alles, was mir in meinem Leben zugute gekommen ist, gilt daher meiner Familie. Meine Hochachtung und meine unermessliche Dankbarkeit möchte ich zunächst gegenüber meiner Mutter Ellen Pesch aussprechen, die als Nichtjuristin die kritische Durchsicht des Manuskripts nicht scheute und stets ein offenes Ohr hatte. Ihr gebührt ein ganz wesentlicher Verdienst an der Entstehung und am erfolgreichen Gelingen dieser Arbeit und mein höchster Respekt. Des Weiteren richtet sich mein Dank an meinen Vater Rolf Pesch, der mich sowohl durch sportliche Ertüchtigungen ablenkte als auch mit Lebens-Ratschlägen aus Sicht eines erfahrenen Betriebsratsvorsitzenden und Managers dienen konnte und mir damit neue Denkanstöße im Hinblick auf
8 Vorwort
die Bewältigung von Problemstellungen gab. Auch meiner Schwester Sara Pesch gegenüber, die sich regelmäßig Zeit für mich nahm und mich motivierte, meine ganze Energie in diese Arbeit zu investieren, möchte ich meine Wertschätzung aussprechen. Dies auch insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass sie als erfolgreiche Geschäftsfrau selbst über wenig Freizeit verfügt und dennoch stets für mich da war und an mich glaubte. Schließlich aber nicht minder dankbar bin ich für die Unterstützung, die ich von Seiten meiner Großeltern Helmut Lingen und Elisabeth Lingen erhielt, die mich durch ihre Besuche und Einladungen stets erfreuten und immer an mich geglaubt haben. Düsseldorf, im April 2015
Benjamin Pesch
Inhaltsübersicht Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Teil 1
Das Institut der Due Diligence und der Gang der Untersuchung 30
A. Zum Institut der Due Diligence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 B. Gang der Untersuchung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Teil 2
Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen 64
A. Zur Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 17 Abs. 1 UWG. . . . . . . 64 B. Zur Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG. . 263 C. Zur Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG. . . . . . . . 296 D. Zur Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 4 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG. . . . . . . . 413 E. Zum Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425 F. Zum Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510 Teil 3
Die Ergebnisse der Untersuchung im Überblick 527
A. Zur Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 17 Abs. 1 UWG. . . . . . . 528 B. Zur Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG. . 533 C. Zur Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG. . . . . . . . 534 D. Zur Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 4 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG. . . . . . . . 539
10 Inhaltsübersicht E. Zum Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 540 F. Zum Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 546 Teil 4 Ausblick 549 A. Geheimnisschutz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 549 B. Wertpapierhandelsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 552 Literaturverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 556 Sachverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 584
Inhaltsverzeichnis Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Teil 1
Das Institut der Due Diligence und der Gang der Untersuchung 30
A. Zum Institut der Due Diligence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 I. Begriffsbestimmung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 II. Funktionale Herkunft des Begriffs der Due Diligence . . . . . . . . . . . . . 32 1. US-amerikanisches Kapitalmarkt- und Anlegerschutzrecht. . . . . . . . 32 a) Securities Act von 1933 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 b) US-amerikanisches Unternehmenskaufrecht / Securities Exchange Act von 1934. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 2. Der Sorgfaltsmaßstab der beteiligten Personen. . . . . . . . . . . . . . . . . 37 3. Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 III. Funktionen der Due Diligence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 1. Wertermittlungsfunktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 2. Gewährleistungs- und Risikoermittlungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . 40 3. Haftungsvermeidefunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 4. Dokumentations- und Beweissicherungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . 43 IV. Facetten der Due Diligence. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 1. Financial Due Diligence. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 2. Tax Due Diligence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 3. Commercial / Marketing Due Diligence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 4. Legal Due Diligence. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 a) Corporate. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 b) Commercial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 c) Estate. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 d) Litigation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 5. Human Resources / Organisational Due Diligence. . . . . . . . . . . . . . . 51 6. Environmental Due Diligence. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 7. Intellectual Property / Information Technology / Technical and Logistics Due Diligence. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 8. Cultural / Psychological Due Diligence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
12 Inhaltsverzeichnis V. Due Diligence als Teil des Akquisitionsprozesses. . . . . . . . . . . . . . . . . 54 1. Zeitpunkt der Due Diligence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 2. Die pre acquisition Due Diligence im Transaktionsprozess. . . . . . . 56 B. Gang der Untersuchung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Teil 2
Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen 64
A. Zur Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 17 Abs. 1 UWG. . . . . . . 64 I. Allgemeines. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 1. Ein kurzer Überblick über die historische Entwicklung des § 17 Abs. 1 UWG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 2. Das durch § 17 Abs. 1 UWG geschützte Rechtsgut. . . . . . . . . . . . . 67 a) Individualrechtsschutz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 aa) Das Vertrags- beziehungsweise Vertrauensverhältnis . . . . . . 69 bb) Das Vermögen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 cc) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 dd) Der Geheimbereich als Ausfluss des Rechts am Unternehmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 b) Kollektivrechtsschutz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 c) Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 II. Tauglicher Täter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 1. Beschäftigter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 a) Vor der UWG-Reform 2004. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 aa) Arbeitnehmereigenschaft entscheidend . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 bb) Beschäftigungsverhältnis zum Geheimnisträger ausreichend. 85 b) Heutiger Stand der Diskussion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 c) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 aa) Entbehrlichkeit des Entscheids wegen Arbeitnehmereigenschaft der Vorstandsmitglieder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 (1) Arbeitnehmereigenschaft nach bisher herrschendem Begriffsverständnis des Arbeitnehmerbegriffs. . . . . . . . . . . 88 (2) Arbeitnehmereigenschaft auf Grund erweiterter Auslegung des Arbeitnehmerbegriffs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 (3) Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 bb) Entbehrlichkeit der Arbeitnehmereigenschaft – Vorstandsmitglieder als Täter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 (1) Grammatikalische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 (2) Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 (3) Historische Auslegung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 (4) Teleologische Auslegung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 cc) Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
Inhaltsverzeichnis13 2. Bei einem Unternehmen beschäftigt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 III. Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 1. Unternehmensbezug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 2. Fehlende Offenkundigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 3. Geheimhaltungsinteresse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 a) Das Erfordernis eines Geheimhaltungsinteresses nach herrschender Ansicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 b) Kritik am Erfordernis eines Geheimhaltungsinteresses (reine „Willenstheorie“). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 c) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 d) Geheimhaltungsinteresse an den bereitgestellten Informationen. 120 4. Geheimhaltungswille. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 a) Das Erfordernis eines Geheimhaltungswillens nach herrschender Ansicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 b) Kritik am Erfordernis eines Geheimhaltungswillens (reine „Interessentheorie“). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 c) Ansichten, die das Willenserfordernis modifizieren. . . . . . . . . . . 127 aa) Erkennbarkeit des Geheimhaltungswillens entbehrlich. . . . . 127 bb) Der viktimodogmatische Ansatz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 d) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 e) Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 5. Geheimnischarakter der bereitgestellten Informationen. . . . . . . . . . . 133 6. Verzicht auf den Geheimnischarakter im Kontext der Due Diligence. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 a) Entscheidungsbefugnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 aa) Rechtsgutsinhaberschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 bb) Ausübung der Dispositionsbefugnis zugunsten der Aktiengesellschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 (1) Das zuständige Organ. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 (a) Die Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 (b) Der Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 (aa) Alleinige Zuständigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 (bb) Teilzuständigkeit gemäß § 111 Abs. 4 S. 2 AktG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 (c) Der Vorstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 (2) Zuständigkeit innerhalb des Vorstands. . . . . . . . . . . . . . 144 (a) Gesamtvorstand oder einzelnes Vorstandsmitglied. . 144 (b) Einstimmigkeit oder Stimmmehrheit. . . . . . . . . . . . 147 (3) Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 b) Wille zum Verzicht auf den Geheimnischarakter. . . . . . . . . . . . . 150 c) Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
14 Inhaltsverzeichnis IV. Im Rahmen des Dienstverhältnisses anvertraut oder zugänglich geworden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 V. Mitteilung an jemand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 1. Allgemeines. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 2. Zeitpunkt der Vollendung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 a) Kenntnisnahme notwendig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 b) Zugang und Möglichkeit der Kenntnisnahme ausreichend. . . . . 156 c) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 3. Notwendigkeit der Neuheit der Information. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 4. Das Bereitstellen der Geheimnisse als Mitteilen an jemand . . . . . . 160 VI. Während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses. . . . . . . . . . . . . . . 161 1. Eigenständige Bedeutung des Merkmals. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 2. Auslegung des Merkmals. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 3. Das Bereitstellen als Mitteilen während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 VII. Unbefugt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 1. Das Merkmal der Befugnis als normatives Tatbestandsmerkmal. . . 164 2. Das Merkmal der Befugnis als Blankettbegriff. . . . . . . . . . . . . . . . . 166 3. Das Merkmal der Befugnis als Hinweis auf das Merkmal der Rechtswidrigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 4. Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 a) Bewertung der Positionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 b) Aufdeckung der eigentlichen Problematik. . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 c) Die Einwilligung als stets tatbestandsausschließende Zustimmung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 d) Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 VIII. Tatbestandsausschluss durch Einwilligung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 1. Rechtsgutsinhaberschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 2. Ausübung der Dispositionsbefugnis zugunsten der Aktiengesellschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 a) Das zuständige Organ. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 b) Zuständigkeit innerhalb des Vorstands. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 aa) Gesamtvorstand oder einzelnes Vorstandsmitglied . . . . . . . . 175 bb) Einstimmigkeit oder Stimmmehrheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 c) Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 3. Einwilligungsfähigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 a) Einsichts- und Urteilsfähigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 b) Geschäftsfähigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 c) Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 4. Einwilligungserklärung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 5. Einwilligungsschranke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 a) Einhaltung der formellen Beschlussanforderungen nicht ausreichend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182
Inhaltsverzeichnis15 b) Grundsätze ordnungsgemäßer Unternehmensführung gemäß § 93 Abs. 1 AktG maßgeblich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 c) Allgemeine Ausführungen zu § 93 Abs. 1 AktG. . . . . . . . . . . . . 186 aa) Sorgfaltspflicht gemäß § 93 Abs. 1 S. 1 AktG. . . . . . . . . . . . 186 bb) Verschwiegenheitspflicht gemäß § 93 Abs. 1 S. 3 AktG. . . . 189 cc) Business Judgement Rule gemäß § 93 Abs. 1 S. 2 AktG . . . 193 d) Das Unternehmensinteresse als Konkretisierung der sich aus § 93 Abs. 1 AktG ergebenden Einwilligungsschranke. . . . . . . . . 195 e) Der Begriff des Unternehmensinteresses. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 aa) Stakeholder Value. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 bb) Shareholder Value. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 cc) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 f) Die erforderliche Qualität des Unternehmensinteresses an der Bereitstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 aa) Ungewöhnliches, überragendes Unternehmensinteresse erforderlich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 bb) Einfaches Unternehmensinteresse ausreichend . . . . . . . . . . . 203 cc) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 (1) Das mit der Bereitstellung verbundene Gefahrenpotenzial. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 (2) Der Anspruch der übrigen Aktionäre auf Mitteilung. . . 206 (a) Zum Anspruch aus § 131 Abs. 4 S. 1 AktG . . . . . . 207 (aa) Zur Relevanz des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG. . . . 207 (α) Zulässigkeit der Stufenbefragung. . . . . . . . 208 (β) Unzulässigkeit der Stufenbefragung. . . . . . 208 (γ) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 (bb) Aktionärseigenschaft des Primärempfängers . . 210 (α) Bereits Aktionär . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 (β) Noch kein Aktionär. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 (αα) Aktuelle Aktionärseigenschaft entscheidend. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 (ββ) Aktuelle Aktionärseigenschaft nicht entscheidend. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 (γγ) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 (γ) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 (cc) Auskunftserteilung wegen der Eigenschaft als Aktionär. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 (α) Bereits Aktionär . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 (αα) Auskunft wegen der Eigenschaft als Erwerbsinteressent . . . . . . . . . . . . . . . 214 (ββ) Auskunft wegen der Eigenschaft als Aktionär . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 (γγ) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217
16 Inhaltsverzeichnis (β) Noch kein Aktionär. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 (γ) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 (dd) Notwendigkeit eines Bezugs der begehrten Ge schäfts- und B etriebsgeheimnisse zur Tagesordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 (ee) Teleologische Reduktion des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 (ff) Verweigerungsrecht des Vorstands gemäß § 131 Abs. 3 S. 1 AktG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 (α) § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG i. V. m. § 404 Abs. 1 AktG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 (αα) Rückgriff auf § 404 Abs. 1 AktG möglich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 (ββ) Unbefugtes Offenbaren im Sinne des § 404 Abs. 1 AktG. . . . . . . . . . . . . . . 229 (γγ) Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . 231 (β) § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG i. V. m. § 17 Abs. 1 UWG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 (γ) § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG i. V. m. § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG. . . 233 (αα) Befugnis zur Mitteilung nur bei vorheriger Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . 233 (ββ) Befugnis zur Mitteilung. . . . . . . . . . . 235 (γγ) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 (gg) Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 (b) Anspruch der übrigen Aktionäre aus § 53a AktG. . 237 (aa) Aktionärseigenschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 (α) Bereits Aktionär . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 (β) Noch kein Aktionär. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 (αα) Aktuelle Aktionärseigenschaft entscheidend. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 (ββ) Aktuelle Aktionärseigenschaft nicht entscheidend. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 (γγ) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 (γ) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 (bb) Ungleichbehandlung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 (cc) Sachliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 (dd) Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 (c) Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 (3) Einfaches Unternehmensinteresse ausreichend. . . . . . . . 241 g) Ermittlung des Unternehmensinteresses. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 aa) Potenzielle Nachteile und Risiken der Bereitstellung. . . . . . 242
Inhaltsverzeichnis17 bb) Potenzielle Vorteile der Bereitstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 cc) Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Vor- beziehungsweise Nachteile. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 dd) Größe des Aktienpakets. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 ee) Eignung und Erforderlichkeit der Bereitstellung. . . . . . . . . . 249 ff) Person des Erwerbers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 h) Entscheidung des Vorstands im Sinne des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 i) Risikobegrenzung durch Ergreifen von Schutzmechanismen . . . 252 aa) Letter of Intent. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 bb) Vertraulichkeitsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 cc) Art und Weise der Bereitstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 dd) Einschaltung neutraler Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 j) Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 k) Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 IX. Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 B. Zur Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG. . 263 I. Allgemeines. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 1. Ein kurzer Überblick über die historische Entwicklung des § 404 Abs. 1 AktG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 2. Das durch § 404 Abs. 1 AktG geschützte Rechtsgut. . . . . . . . . . . . . 265 a) Individualrechtsschutz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 aa) Das Vermögen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 bb) Der Geheimbereich der Aktiengesellschaft. . . . . . . . . . . . . . 266 (1) Die Aktiengesellschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 (2) Die Aktionäre. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 (3) Die Gesellschaftsgläubiger und Arbeitnehmer. . . . . . . . 270 (4) Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 b) Kollektivrechtsschutz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 c) Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 II. Tauglicher Täter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 III. Geheimnis der Gesellschaft, namentlich ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 1. Geheimnisbegriff. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 2. Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 3. Geheimnis der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 a) Gesellschaftsgeheimnis als übergeordneter Begriff. . . . . . . . . . . 274 b) Betriebs- und Geschäftsgeheimnis als alleiniges Handlungsobjekt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 c) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 aa) Grammatikalische Auslegung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 bb) Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276
18 Inhaltsverzeichnis cc) Systematische Auslegung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 dd) Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 d) Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 e) Geheimnischarakter der bereitgestellten Informationen. . . . . . . . 279 4. Vertrauliche Angaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 a) Vertrauliche Angaben als Gesellschaftsgeheimnisse . . . . . . . . . . 281 b) Anwendung des § 404 Abs. 1 AktG auf sonstige vertrauliche Angaben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 IV. In seiner Eigenschaft bekannt geworden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 V. Offenbaren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 1. Bedeutung des Merkmals. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 2. Vollendung des Tatbestands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 3. Das Bereitstellen der Geheimnisse als Offenbaren. . . . . . . . . . . . . . 289 VI. Unbefugt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 1. Das Merkmal der Befugnis als normatives Tatbestandsmerkmal. . . 289 2. Das Merkmal der Befugnis als Blankettbegriff. . . . . . . . . . . . . . . . . 291 3. Das Merkmal der Befugnis als Hinweis auf das Merkmal der Rechtswidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 4. Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 VII. Tatbestandsausschluss durch Einwilligung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 VIII. Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 C. Zur Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG. . . . . . . . 296 I. Allgemeines. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 1. Ein kurzer Überblick über die historische Entwicklung des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 2. Keine unionsrechtliche Verpflichtung zur strafrechtlichen Ahndung. 300 3. Das durch § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG geschützte Rechtsgut. . . . . . . . . . 301 a) Die Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte. . . . . . . 302 b) Das Vermögen des einzelnen Marktteilnehmers . . . . . . . . . . . . . 304 c) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 II. Tauglicher Täter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 1. Statusbezogener Primärinsider i. S. d. § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WpHG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 a) Mitglied eines Geschäftsführungs- oder Aufsichtsratsorgans des Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 b) Verfügen über Insiderinformationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 c) Verfügen „als“ Mitglied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 aa) Kausalzusammenhang zwischen Organmitgliedschaft und Verfügen erforderlich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 bb) Kein Kausalzusammenhang erforderlich. . . . . . . . . . . . . . . . 312 cc) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 dd) Anforderungen an die Kausalität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314
Inhaltsverzeichnis19 ee) Kausalzusammenhang im Kontext der Due Diligence . . . . . 314 d) Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 2. Berufsbedingter Primärinsider i. S. d. § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) WpHG. 315 a) Verhältnis zu § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WpHG. . . . . . . . . . . . . . . 315 b) Beruf, Aufgabe oder Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 c) Verfügen über Insiderinformationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 d) Auf Grund des Berufs, der Aufgabe oder der Tätigkeit. . . . . . . 318 e) Bestimmungsgemäßes Verfügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 aa) Keine eigenständige Bedeutung des Merkmals. . . . . . . . . . . 320 bb) Extensive Auffassung: Erleichterter Zugang. . . . . . . . . . . . . 321 cc) Intermediäre Auffassung: Üblich und vorhersehbar . . . . . . . 322 dd) Restriktive Auffassung: Zur Kenntnisnahme bestimmt / Kenntnisnahme notwendig. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 ee) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 f) Bestimmungsgemäße Kenntnis im Kontext der Due Diligence . 324 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 III. Insiderinformation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 1. Konkrete Information über Umstände. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 a) Allgemeine Erwägungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 aa) Information über eingetretene Umstände. . . . . . . . . . . . . . . . 328 bb) Information über künftige Umstände. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 (1) Hohe Eintrittswahrscheinlichkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 (2) Überwiegende Eintrittswahrscheinlichkeit . . . . . . . . . . . 331 (3) Die Eintrittswahrscheinlichkeit als bewegliche Größe. . 332 (4) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 b) Häufig auftretende Informationstypen im Kontext der Due Diligence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 aa) Tatsachen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 bb) Ansichten, Meinungen, Werturteile, Bewertungen . . . . . . . . 338 cc) Rechtsauffassungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 dd) Absichten, Pläne, Vorhaben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 2. Nicht öffentlich bekannt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 a) Öffentlichkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 aa) Kenntnisnahmemöglichkeit durch die Bereichsöffentlichkeit. 343 bb) Kenntnisnahmemöglichkeit durch die breite Öffentlichkeit . 345 cc) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 b) Vorliegen der Bereichsöffentlichkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 c) Fehlende öffentliche Bekanntheit der bereitgestellten Informa tionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 3. Emittenten- oder Insiderpapierbezug. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 a) Eigenständige Bedeutung des Merkmals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 b) Emittentenbezug. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350
20 Inhaltsverzeichnis c) Insiderpapierbezug. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 d) Marktinformationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 e) Emittenten- oder Insiderpapierbezug der bereitgestellten Informationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 4. Kursbeeinflussungspotenzial. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 a) Eignung zur Kursbeeinflussung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 aa) Prognose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 bb) Erforderlicher Wahrscheinlichkeitsgrad. . . . . . . . . . . . . . . . . 357 cc) Blickwinkel der Prognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 (1) Durchschnittlich vernünftiger Anleger . . . . . . . . . . . . . . 359 (2) Börsenkundiger Anleger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 (3) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 b) Im Falle des öffentlichen Bekanntwerdens der Information. . . . 361 c) Erheblichkeitsschwelle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 d) Kursbeeinflussungspotenzial der bereitgestellten Informationen. 367 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 IV. Einem anderen mitteilen oder zugänglich machen . . . . . . . . . . . . . . . . 368 1. Allgemeines. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 a) Empfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 b) Mitteilen oder zugänglich machen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 c) Zeitpunkt der Vollendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 aa) Kenntnisnahme notwendig. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 bb) Zugang und Möglichkeit der Kenntnisnahme ausreichend. . 372 cc) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 d) Neuheit der Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 aa) Bekanntheit schadet nicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 bb) Notwendigkeit der Neuheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 cc) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 2. Die Bereitstellung als Mitteilen beziehungsweise Zugänglichmachen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 V. Unbefugt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 1. Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 a) Das Merkmal der Befugnis als Blankettbegriff. . . . . . . . . . . . . . 378 b) Das Merkmal der Befugnis als normatives Tatbestandsmerkmal. 379 c) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 2. Allgemeine Grundsätze zur Auslegung des Merkmals der Befugnis. 381 a) Befugnis bereits bei Vorliegen einer Verschwiegenheitspflicht des Empfängers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 b) Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie als Ausgangspunkt. . . . 384 c) Konkretisierung der Vorgabe des Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 aa) Normative Auslegung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386 bb) Interessenabwägung maßgeblich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386
Inhaltsverzeichnis21 cc) Weitere Konkretisierung in Rechtsprechung und Literatur. . 388 (1) Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 (a) Weitergabe zwingend erforderlich. . . . . . . . . . . . . . 388 (b) Vernünftige Gründe für die Weitergabe. . . . . . . . . . 389 (c) Weitergabe erforderlich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 (2) Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 (3) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 d) Mindestvoraussetzungen für die Annahme einer Befugnis. . . . . 393 aa) Primärinsidereigenschaft des Empfängers. . . . . . . . . . . . . . . 393 bb) Verschwiegenheitspflicht des Empfängers. . . . . . . . . . . . . . . 394 e) Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 3. Befugnis der Vorstandsmitglieder zur Bereitstellung von Insider informationen zwecks Durchführung einer Due Diligence. . . . . . . . 399 a) Institutioneller Vorbehalt zugunsten der Weitergabe von Insiderinformationen im Kontext von Pakettransaktionen . . . . . . . . . . . 399 aa) Institutioneller Vorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 bb) Kein institutioneller Vorbehalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 cc) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 b) Interessen des Unternehmens – Zulässigkeit der Bereitstellung gemäß § 93 Abs. 1 AktG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 c) Ziele des Insiderrechts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 d) Interessenabwägung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 aa) Keine Befugnis zur Weitergabe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 bb) Befugnis zur Weitergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 cc) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409 e) Größe des Aktienpakets. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413 VI. Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413 D. Zur Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 4 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG. . . . . . . . 413 I. Allgemeines. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 1. Ein kurzer Überblick über die historische Entwicklung des § 38 Abs. 1 Nr. 3 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 2. Keine unionsrechtliche Verpflichtung zur strafrechtlichen Ahndung. 414 3. Das durch § 38 Abs. 1 Nr. 3 WpHG geschützte Rechtsgut . . . . . . . 415 II. Tauglicher Täter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 III. Empfehlen oder Verleiten eines anderen zum Erwerb oder zur Veräußerung von Insiderpapieren auf der Grundlage einer Insiderinforma tion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416 1. Auslegung der einzelnen Merkmale. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416 a) Empfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416 b) Empfehlen oder Verleiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 c) Auf der Grundlage einer Insiderinformation. . . . . . . . . . . . . . . . 418
22 Inhaltsverzeichnis d) Taterfolg im Sinne eines tatsächlich vorgenommenen Erwerbs oder einer Veräußerung von Insiderpapieren. . . . . . . . . . . . . . . . 419 aa) Taterfolg nicht erforderlich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 bb) Taterfolg erforderlich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420 cc) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 2. Die Bereitstellung der Informationen als Empfehlen beziehungsweise Verleiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 a) Kein Verleiten wegen Initiative des potenziellen Erwerbers und bereits vorhandenen Erwerbsentschlusses. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 b) Teleologische Reduktion des Tatbestandsmerkmals des Verleitens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 IV. Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425 E. Zum Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425 I. Allgemeines. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 1. Ein kurzer Überblick über die historische Entwicklung des § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG (im Zusammenhang mit § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 2. Das durch § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG geschützte Rechtsgut . . 429 a) Die Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte. . . . . . . 429 b) Das Vermögen des einzelnen Marktteilnehmers als zusätzlich geschütztes Rechtsgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 c) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 II. Normadressat. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 1. Inlandsemittent gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG. . . . . . . . . . . . . . . . 434 a) Herkunftsstaatsprinzip. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 b) Emittent von Finanzinstrumenten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 c) Finanzinstrumente, die zum Handel an einem inländischen organisierten Markt zugelassen sind. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436 2. Inlandsemittent gemäß § 15 Abs. 1 S. 2 WpHG. . . . . . . . . . . . . . . . 438 3. Emittenteneigenschaft der Aktiengesellschaft, an der die Beteiligung erworben werden soll . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438 4. Die Vorstandsmitglieder der Aktiengesellschaft als Adressaten der Bußgeldandrohung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439 III. Insiderinformationen, die den Inlandsemittenten unmittelbar betreffen. 440 1. Auslegung des Merkmals. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 440 a) Insiderinformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 440 b) Informationen, die den Emittenten unmittelbar betreffen. . . . . . 441 c) Informationen, die die emittierten Finanzinstrumente unmittelbar betreffen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444 2. Vorliegen von den Emittenten unmittelbar betreffenden Insiderinformationen in der vorliegend zu untersuchenden Konstellation. . . 446 a) Die bevorstehende Pakettransaktion und die damit einhergehende Veränderung der Aktionärsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447
Inhaltsverzeichnis23 aa) Konkrete Information über Umstände. . . . . . . . . . . . . . . . . . 447 bb) Nicht öffentlich bekannt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 450 cc) Unmittelbare Betroffenheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 dd) Kursbeeinflussungspotenzial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452 ee) Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453 b) Die einzelnen Stadien hin zur Pakettransaktion. . . . . . . . . . . . . . 454 aa) Die Stadien im Vorfeld der Gestattung der Due Diligence und der Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454 (1) Vorfrage: Zwischenschritte innerhalb eines gestreckten Sachverhalts als Gegenstand einer Insiderinformation oder Sperrwirkung des § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG. . . . . . 455 (a) § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG sperrt Rückgriff . . . . . . . . 455 (b) § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG sperrt Rückgriff nicht. . . . 456 (c) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459 (2) Konkrete Information über Umstände . . . . . . . . . . . . . . 460 (3) Nicht öffentlich bekannt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 (4) Unmittelbare Betroffenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 (5) Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462 bb) Die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462 (1) Konkrete Information über Umstände . . . . . . . . . . . . . . 462 (2) Nicht öffentlich bekannt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463 (3) Unmittelbare Betroffenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463 (4) Kursbeeinflussungspotenzial. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463 (a) Hinreichende Eintrittswahrscheinlichkeit und entsprechende Auswirkung der Transaktion auf den Börsen- oder Marktpreis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 464 (b) Unabhängig von der hinreichenden Eintrittswahrscheinlichkeit bei besonderer Bedeutung der Transaktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 465 (c) Losgelöst vom bevorstehenden Zustandekommen der Transaktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 cc) Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 3. Die bereitgestellten Informationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 468 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469 IV. Folgerung: Pflicht zur unverzüglichen Veröffentlichung. . . . . . . . . . . . 469 V. Befreiung von der Ad-hoc-Publizitätspflicht gemäß § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471 1. Befreiungsentscheidung des Emittenten oder Befreiung ex lege. . . 471 a) Streitstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472 aa) Aktive Entscheidung erforderlich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472 bb) Befreiung ex lege. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474
24 Inhaltsverzeichnis cc) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477 b) Zuständigkeit hinsichtlich der Befreiungsentscheidung. . . . . . . . 479 c) Form der Entscheidung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 480 d) Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481 2. Erfordernis der Befreiung zum Schutz berechtigter Interessen des Emittenten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481 a) Berechtigte Interessen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 482 b) Erfordernis der Befreiung zum Schutz der Interessen. . . . . . . . . 485 c) Schutzwürdige, berechtigte Interessen in der vorliegend zu untersuchenden Konstellation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 486 aa) Die bevorstehende Pakettransaktion und die damit einhergehende Veränderung der Aktionärsstruktur. . . . . . . . . . . . . . . 486 bb) Die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487 cc) Die bereitgestellten Insiderinformationen . . . . . . . . . . . . . . . 488 d) Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489 3. Keine Irreführung der Öffentlichkeit zu befürchten. . . . . . . . . . . . . 489 a) Allgemeines. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 490 aa) Befürchtung der Irreführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 490 bb) Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 490 cc) Das bloße Vorenthalten der Informationen ist keine Irreführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491 dd) Bedeutung des Merkmals und Vorliegen einer Irreführung . 492 (1) Schaffen, Aufrechterhalten oder Verstärken einer Fehlvorstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 (2) Keine eigenständige Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494 (3) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495 (4) Unterscheidung zwischen positiven und negativen Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 496 b) Die Befürchtung einer Irreführung der Öffentlichkeit in der vorliegend zu untersuchenden Konstellation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497 4. Gewährleistung der Vertraulichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497 a) Ausgangspunkt der Auslegung des Merkmals. . . . . . . . . . . . . . . 498 aa) § 7 WpAIV / Art. 3 Abs. 2 Durchführungsrichtlinie. . . . . . . . 498 bb) Keine Eignung der § 7 WpAIV. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500 cc) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500 b) Auslegung des Merkmals der Gewährleistung der Vertraulichkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 501 aa) § 7 Nr. 1 WpAIV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 501 bb) § 15b Abs. 1 S. 3 WpHG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 504 cc) § 7 Nr. 2 WpAIV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 505 c) Gewährleistung der Vertraulichkeit bei Auftreten von Gerüchten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 505
Inhaltsverzeichnis25 aa) Regelmäßig keine Gewährleistung der Vertraulichkeit. . . . . 505 bb) Gewährleistung der Vertraulichkeit, sofern das Gerücht nicht einer dem Emittenten zurechenbaren Vertraulichkeitslücke entspringt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 506 cc) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 507 d) Gewährleistung der Vertraulichkeit in der vorliegend zu untersuchenden Konstellation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 508 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 508 VI. Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 509 F. Zum Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510 I. Allgemeines. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 511 1. Ein kurzer Überblick über die historische Entwicklung des § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG (im Zusammenhang mit § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 511 2. Das durch § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG geschützte Rechtsgut . . 512 II. Normadressat. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 512 III. Insiderinformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513 1. Allgemeines. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513 a) Insiderinformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513 b) Die Qualität der von § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG erfassten Insiderinformationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513 aa) § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG erfasst den Emittenten lediglich mittelbar betreffende Insiderinformationen. . . . . . . . . . . . . . . . . 514 bb) § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG erfasst nur den Emittenten unmittelbar betreffende Insiderinformationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515 cc) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517 2. Die zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 518 IV. Einem anderen mitgeteilt oder zugänglich gemacht . . . . . . . . . . . . . . . 519 V. Im Rahmen seiner Befugnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 520 VI. Rechtliche Verpflichtung zur Vertraulichkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522 1. Erfordernis einer besonderen Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . 523 2. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG als hinreichende Verschwiegenheitspflicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 524 3. Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 525 VII. Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 526
26 Inhaltsverzeichnis Teil 3
Die Ergebnisse der Untersuchung im Überblick 527
A. Zur Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 17 Abs. 1 UWG. . . . . . . 528 B. Zur Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG. . 533 C. Zur Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG. . . . . . . . 534 D. Zur Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 4 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG. . . . . . . . 539 E. Zum Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 540 F. Zum Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 546 Teil 4
Ausblick 549
A. Geheimnisschutz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 549 B. Wertpapierhandelsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 552 Literaturverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 556 Sachverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 584
Einleitung „Vor zehn Jahren ging man noch davon aus, dass sich das Institut der Due Diligence in Deutschland nicht durchsetzen werde, heute ist es auf dem besten Weg, fester Bestandteil auch rein nationaler Unternehmenstransaktionen zu werden.“1
An dieser bereits 1998 getroffenen Feststellung dürfte im Jahre 2014 keinerlei Zweifel mehr bestehen. Denn wie erste Studien um die Jahrtausendwende2 und eine weitere Studie im Jahre 20053 belegen konnten, erfreut sich das Institut der Due Diligence im Sinne einer professionellen, intensiven und ganzheitlichen Unternehmensanalyse4 – insbesondere im Kontext nationaler und internationaler Unternehmensakquisitionen und Beteiligungstransaktionen – zunehmender Beliebtheit und Verbreitung. In der Literatur wird es bereits seit geraumer Zeit als „Standardrepertoire“5 beziehungsweise „Analysestandard“6 im Bereich Mergers & Acquisitions, als „fester Bestandteil“7 des Transaktionsvorgangs, als „internationaler Stan dard“8 mit zunehmender nationaler Bedeutung9, als „Industriestandard“10 1 Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (434); ähnlich auch Kiethe, NZG 1999, 976 (976); Spill, DStR 1999, 1786 (1786); Storck, FB 2004, 363 (363); Zumbansen / Lachner, BB 2006, 613 (614). 2 Berens / Strauch, Wpg 2002, 511 (511 ff.); Marten / Köhler, FB 1999, 337 (337 ff.). 3 Böttcher, S. 154. 4 So und ähnlich Beisel, in: Beisel / Klumpp, Unternehmenskauf, Kap. 1 Rn. 62; Böttcher, NZG 2005, 49 (49); Bussian, S. 23; Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 19; Kiethe, NZG 1999, 976 (976); Klie, S. 28; Körber, NZG 2002, 263 (263); Rittmeister, M&A Review 2008, 528 (528); Schiffer / Bruß, BB 2012, 847 (848); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 ( 364). 5 Hassel, S. 29; Körber, NZG 2002, 263 (264); Krömker, NZG 2003, 418 (420); Schiffer / Bruß, BB 2012, 847 (848); Wegmann / Koch, DStR 2000, 1027 (1027). 6 Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 20; Wegmann / Koch, DStR 2000, 1027 (1027). 7 Kemnitz, S. 16; Kiethe, NZG 1999, 976 (976); Koch, S. 80; Merbecks, BB 2012, 2423 (2423); Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1955); Oppenländer, GmbHR 2000, 535 (535); Zumbansen / Lachner, BB 2006, 613 (614). 8 Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (135); Kiethe, NZG 1999, 976 (976, 979); Mertens, AG 1997, 541 (541); Oppenländer, GmbHR 2000, 535 (535); Zumbansen / Lachner, BB 2006, 613 (614). 9 Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (135); Kiethe, NZG 1999, 976 (976). 10 Wardenbach, KSzW 2011, 389 (389).
28 Einleitung
und schließlich sogar als „Verkehrssitte“11 charakterisiert. Auch dies ist ein Beleg dafür, dass es sich zu einem Kernelement, einer eigenständigen und bedeutungsvollen Phase von Transaktionsprozessen entwickelt hat, das in der Praxis – insbesondere bei Unternehmenskäufen und Akquisitionen größerer Beteiligungen – ein unverzichtbares Element zur Vorbereitung geplanter Transaktionen darstellt.12 Und das mit gutem Grund. Denn zum einen zeichnen sich diese Transaktionsformen durch hohe Investitionssummen und erhebliche Risikopotenziale zulasten des potenziellen Erwerbers aus, was die Rentabilität der geplanten Investition gefährdet. Zum anderen verfolgt der Erwerbsinteressent mit der bevorstehenden Akquisition regelmäßig – jedenfalls bei Transaktionen entsprechenden Umfangs – strategische Ziele, deren Realisierbarkeit für ihn nicht ohne Weiteres abschätzbar ist.13 Beide Faktoren bedingen, dass sich dieser im Vorfeld der geplanten Transaktion ein umfassendes Bild von den gegenwärtigen Gegebenheiten des Unternehmens machen will, da er nur auf Basis einer angemessenen Informationsgrundlage dessen Stärken und Schwächen identifizieren, die Chancen und Risiken der geplanten Investition eruieren und die Erfolgsaussichten der Transaktion im Hinblick auf die Realisierung der strategischen Ziele prognostizieren kann.14 Die Durchführung einer Due Diligence stellt in diesem Zusammenhang ein probates Mittel dar, da sie den Informationszustand des potenziellen Erwerbers über das jeweilige Unternehmen verbessert und die Qualität seiner Entscheidung im Hinblick auf die mit ihr verfolgte Zielsetzung erhöht.15 Nur dann, wenn der Kaufinteressent die Möglichkeit erhält, sich infolge der Bereitstellung relevanter Informationen im Vorfeld der geplanten Transaktion ein umfassendes Bild über den status quo des Unternehmens und dessen Entwicklungspotenzial in der Zukunft zu machen, also nicht dazu gezwungen ist, die sprichwörtliche „Katze im Sack“16 zu erwerben, dürfte heute regelmäßig noch davon aus-
11 Böttcher,
NZG 2005, 49 (50); Krömker, M&A-Review 2008, 201 (202). S. 28; Koch, S. 79; Wardenbach, KSzW 2011, 389 (389). 13 Böttcher, NZG 2007, 481 (483); Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (276); Kiethe, NZG 1999, 976 (981); Rieder, in: Althuber / Shopper, Hdb. Unternehmenskauf und DD, S. 349 (350); Rittmeister, M&A-Review 2008, 578 (582); Spill, DStR 1999, 1786 (1786); Storck, FB 2004, 363 (363). 14 Böttcher, NZG 2005, 49 (49); Hasselbach, NZG 2004, 1087 (1087); Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (275); Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (135); Krömker, M&A-Review 2008, 201 (201); Mertens, AG 1997, 541 (541); Oppenländer, GmbHR 2000, 535 (535); Rieder, in: Althuber / Shopper, Hdb. Unternehmenskauf und DD, S. 349 (350); Rittmeister, M&A-Review 2008, 528 (528); ders., M&A-Review 2008, 578 (578); Schroeder, DB 1997, 2161 (2162). 15 Berens / Strauch, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 10; Bihr, BB 1998, 1198 (1198). 12 Kemnitz,
Einleitung29
gegangen werden können, dass sich dieser dazu bereit erklärt, die Vertragsverhandlungen fortzuführen und die Transaktion zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen.17 16
16 Hierzu ausdrücklich Böttcher, NZG 2005, 49 (49); ders., NZG 2007, 481 (484); Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (275); Körber, NZG 2002, 363 (364); Müller, NJW 2000, 3452 (3454). 17 Götze, ZGR 1999, 210 (211); Krömker, NZG 2003, 418 (420); Oppenländer, GmbHR 2000, 535 (535); Rieder, in: Althuber / Shopper, Hdb. Unternehmenskauf und DD, S. 349 (350); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (368); Wardenbach, KSzW 2011, 389 (389).
Teil 1
Das Institut der Due Diligence und der Gang der Untersuchung In diesem Teil der vorliegenden Untersuchung sollen zunächst einige allgemeine Ausführungen zum Institut der Due Diligence, in concreto zur Begriffsbestimmung, zur funktionalen Herkunft des Begriffs, zu den wesentlichen Funktionen der Due Diligence, zu ihren unterschiedlichen Facetten und zur Einordnung der Due Diligence in den Transaktionsprozess erfolgen, bevor hieran anknüpfend der weitere Gang der Untersuchung dargestellt wird.
A. Zum Institut der Due Diligence I. Begriffsbestimmung Der Begriff der Due Diligence entstammt ursprünglich dem US-amerikanischen Recht18 und wird dort umschrieben als the diligence reasonably expected from, and ordinarily exercised by, a person who seeks to satisfy a legal requirement or to discharge an obligation.19 Wörtlich übersetzt bedeutet er also zunächst einmal nichts Anderes als „erforderliche“, „gebotene“ oder „verkehrsübliche Sorgfalt“.20 Originär handelt es sich somit bei der Due Diligence um ein grundlegendes Institut des Haftungsrechts, das im US-amerikanischen Recht an unterschiedlicher Stelle den geforderten Sorg18 Beisel, in: Beisel / Klumpp, Unternehmenskauf, Kap. 2 Rn. 2; Eggenberger, S. 49; Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 19; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (136); Kiethe, NZG 1999, 976 (977); Körber, NZG 2002, 263 (263); Liekefett, S. 26. 19 Hassel, S. 3. 20 Beisel, in: Beisel / Klumpp, Unternehmenskauf, Kap. 2 Rn. 2; Bihr, BB 1998, 1198 (1198); Böttcher, NZG 2005, 49 (49); Bussian, S. 23; Eggenberger, S. 50; Ehring, S. 17; Gran, NJW 2008, 1409 (1410); Hassel, S. 3; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (274); Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (136); Kemnitz, S. 15; Kiethe, NZG 1999, 976 (977); Klie, S. 27; Koch, S. 79; Krömker, S. 1; Liekefett, S. 26; Rittmeister, NZG 2004, 1032 (1032); ders., M&A-Review 2008, 528 (528); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (363); Uhl, S. 157; Werner, ZIP 2000, 989 (989).
A. Zum Institut der Due Diligence31
falts- und Verhaltensstandard beschreibt.21 So sind zum Beispiel der Stellvertreter, der Gesellschafter einer Personengesellschaft oder auch der Treuhänder dazu verpflichtet, die due diligence im Rahmen der Ausübung ihrer Tätigkeit walten zu lassen.22 Auch die Geschäftsführer einer Gesellschaft haben im Rahmen der Wahrnehmung ihrer Aufgaben den Verhaltensmaßstab der due diligence beziehungsweise der gleichbedeutenden due care zu beachten.23 Aus deutscher Sicht lässt insoweit eine Parallele insbesondere zum Sorgfaltsmaßstab der „im Verkehr erforderlichen Sorgfalt“ im Sinne des § 276 BGB erblicken.24 Über die soeben geschilderte Bedeutung hinaus kommt dem Begriff der Due Diligence allerdings noch eine weitere Bedeutung zu, die bereits einleitend angedeutet wurde und für die vorliegende Untersuchung von maßgeblicher Bedeutung ist. So wird dieser Begriff auch als Abkürzung beziehungsweise Synonym für den Vorgang der sogenannten due diligence review verwendet.25 Hierunter versteht man allgemein formuliert die professionelle, intensive und ganzheitliche Analyse eines Unternehmens. Diese kann in ganz unterschiedlichen Kontexten Bedeutung erlangen, so etwa im Rahmen von Unternehmensfusionen, Sanierungen, Umstrukturierungen wie Verschmelzungen oder Spaltungen vom Unternehmen, größeren Kreditfinanzierungen, Börseneinführungen, Emissionen von Anleihen oder Ratings.26 Am häufigsten wird sie in der Praxis allerdings im Rahmen von Unternehmensakquisitionen und Beteiligungstransaktionen durchgeführt. Dementsprechend haben sich präzisere Definitionen des Begriffs der Due Diligence insbesondere mit Blick auf diesen Kontext herausgebildet. Gesprochen wird in diesem Zusammenhang unter anderem von der gründlichen Durchleuchtung des zu erwerbenden Unternehmens27 oder der systematischen und detaillierten Prüfung, Analyse und Bewertung von Geschäftsabläufen und rechtlichen Beziehungen eines Unternehmens mit dem Ziel, ein Gesamtbild der Zielgesellschaft zu erstellen und Synergieeffekte zu erkennen.28 Geläu21 Eggenberger, S. 50; Ehring, S. 17; Hassel, S. 3; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (136); Klie, S. 27. 22 Hassel, S. 3; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (136); Merkt, WiB 1996, 145 (145). 23 Eggenberger, S. 50; Ehring, S. 17; Hassel, S. 3; Kiethe, NZG 1999, 976 (977); Klie, S. 27; Merkt, WiB 1996, 145 (146). 24 Eggenberger, S. 50; Merkt, WiB 1996, 145 (145). 25 Kemnitz, S. 15. 26 Eggenberger, S. 45 ff.; Koch, S. 79 ff.; Körber, NZG 2002, 263 (263); Spill, DStR 1999, 1786 (1786); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (362, 363) Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (434). 27 Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (434). 28 Böttcher, NZG 2005, 49 (49).
32
Teil 1: Das Institut der Due Diligence und der Gang der Untersuchung
fig ist auch die Deutung als zukunftsorientierte und umfassende Untersuchung eines Unternehmens oder Unternehmensteils zu dem Zweck, eine auf das untersuchte Unternehmen bezogene Investitionsentscheidung vorzubereiten.29
II. Funktionale Herkunft des Begriffs der Due Diligence Dass der Begriff der Due Diligence dem US-amerikanischen Recht entstammt, wurde vorausgehend bereits festgestellt und ist insofern unstreitig. Uneinheitlich beurteilt wird demgegenüber allerdings die Frage, wo der Begriff der Due Diligence im Sinne der intensiven und ganzheitlichen Überprüfung eines Unternehmens seine funktionale Provenienz hat.30 1. US-amerikanisches Kapitalmarkt- und Anlegerschutzrecht Teile der Literatur sind der Auffassung, der funktionale Ursprung der Due Diligence sei im US-amerikanischen Kapitalmarkt- und Anlegerschutzrecht – den sogenannten Securities Laws – zu erblicken. Hierbei handelt es sich um einen bundesgesetzlichen Normenkomplex bestehend aus insgesamt neun Gesetzen, der dem Schutz der Anleger und der Öffentlichkeit dienen soll und durch die sogenannte Securities and Exchange Commission (SEC) – einer Bundesbehörde vergleichbar der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht – durchgesetzt wird.31 Für die Herleitung des Konzepts der Due Diligence sollen insbesondere der Securities Act von 1933 und der Securities Exchange Act von 1934 – letzterer in Zusammenschau mit dem US-amerikanischen Unternehmenskaufrecht – von Bedeutung sein. a) Securities Act von 1933 Einerseits wird das Konzept der Due Diligence aus dem Securities Act von 1933 hergeleitet. Dieser enthält in erster Linie Vorschriften im Hinblick auf die Neuemission von Wertpapieren und anderen Kapitalbeteiligungen, wie sie in sec. 2 (a) (1) SA 1933 näher erläutert werden. Sec. 5 SA 1933 stellt in diesem Zusammenhang eine der maßgeblichen Vorschriften dar. Hiernach ist die erstmalige Einführung von securities regelmäßig dann un29 Bussian, S. 23; zu weiteren Definitionen Berens / Strauch, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 10. 30 Zu diesem Begriff Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (137). 31 Berens / Strauch, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 6; Eggenberger, S. 51; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (137).
A. Zum Institut der Due Diligence33
zulässig, wenn nicht zuvor ein entsprechender Zulassungsbericht – ein sogenanntes registration statement – bei der Securities and Exchange Commission eingereicht und damit eine Registrierung der securities vorgenommen wurde.32 Die Form des registration statements ist wiederum in sec. 7 SA 1933 i. V. m. Schedule A oder B geregelt, je nachdem, ob es sich um securities, die von ausländischen Staaten oder Gebietskörperschaften ausgegeben wurden, oder um sonstige securities handelt. Nach dieser Vorschrift hat der Zulassungsbericht umfassende Angaben über die ausgebende Gesellschaft und die auszugebende Beteiligung zu enthalten.33 Zu diesen zählen ausweislich der Aufzählung in den schedules unter anderem der Firmenname des Emittenten, der Verwaltungssitz, Namen und Anschriften der geschäftsführenden Personen, die geschäftliche Vorgeschichte des Emittenten, die Kapitalstruktur, die Beschreibung der eingetragenen Effekten, Gehälter, Beteiligungen des höheren Managements, geprüfte Jahresabschlüsse, weitere finanzielle Informationen, eine Beschreibung der wesentlichen Verträge und der Zeichnungsverträge und die erwarteten Nettoerlöse der Ausgabe der entsprechenden Beteiligung und deren Verwendung.34 Die Angaben müssen vollständig und zutreffend erfolgen und dürfen nicht zur Irreführung geeignet sein. Im Falle unvollständiger, unrichtiger oder irreführender Angaben werden die Käufer über sec. 11 SA 1933 geschützt.35 Hiernach verfügen diese über einen Anspruch auf Schadensersatz hinsichtlich entstandener Verluste, sofern wesentliche Informationen im registration statement nicht mitgeteilt oder unzutreffend dargestellt wurden. Dies gilt unabhängig davon, ob sie nachweisen können, dass sie auf die Informationen vertraut haben (reliance) oder ein Kausalzusammenhang zwischen den falschen Angaben und dem entstandenen Schaden besteht (causation). Sie müssen lediglich den Nachweis erbringen, dass das registration statement durch eine wesentliche Falschdarstellung – material misstatement –, eine irreführende Tatsache – missleading fact – oder eine Unterlassung – omission of material facts – geprägt ist.36 Als Anspruchsgegner sieht sec. 11 SA 1933 den Emittenten, diejenigen Personen, die die Registrierungsunterlagen unterschrieben haben, Direktoren oder Personen in vergleichbaren Positionen wie die zuvor genannten oder Partner des die securities ausgebenden Unternehmens und die 32 Eggenberger, S. 51; Hassel, S. 4; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (137); Klie, S. 27. 33 Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (137); Klie, S. 27; Krömker, S. 3; Merkt, WiB 1996, 145 (146). 34 Schedule A Securities Act 1933; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (137). 35 Böttcher, S. 30; Eggenberger, S. 51; Hassel, S. 5; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (137); Koch, S. 79. 36 Berens / Strauch, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 7.
34
Teil 1: Das Institut der Due Diligence und der Gang der Untersuchung
in den Registrierungsunterlagen benannten Verantwortlichen wie Wirtschaftsprüfer, Ingenieure oder andere Experten vor.37 Allerdings führt nicht jedes Defizit des registration statements zu einem durchsetzbaren Schadensersatzanspruch gegen die benannten Personen. Bis auf den Emittenten der securities können sich die übrigen Anspruchsgegner vielmehr unter bestimmten Umständen von ihrer Haftung befreien.38 Diese Möglichkeit resultiert vor allem aus sec. 11 (b) 3 SA 1933, der insoweit eine Einrede sorgfaltsgerechten Verhaltens vorsieht.39 Welche Voraussetzungen im Einzelnen erfüllt sein müssen, damit eine Berufung hierauf möglich und erfolgsträchtig ist, richtet sich ausweislich des Wortlauts der Vorschrift nach der Person des Haftenden und der Art der in den Registrierungsunterlagen gemachten Angaben.40 Im Wesentlichen dürfte von einer Exkulpa tionsmöglichkeit allerdings dann ausgegangen werden können, wenn der jeweilige Anspruchsgegner den Beweis führen kann41, dass eine verantwortungsbewusste Untersuchung– reasonable investigation – des Zulassungsberichts den Schluss zuließ – reasonable ground to believe –, dass dieser vollständig, zutreffend und nicht irreführend war.42 Eine Präzisierung der unbestimmten Rechtsbegriffe reasonable investigation und reasonable ground to believe lässt sich wiederum sec. 11 (c) entnehmen. Hiernach muss der jeweilige Anspruchsgegner diejenige Sorgfalt bei der Mitwirkung am Zulassungsbericht angewendet haben, die ein umsichtiger Mensch bei der Verwaltung seines eigenen Eigentums walten lassen würde – „[…] a prudent man in the management of his own property“. Da sich dieser Entlastungsbeweis somit maßgeblich auf die Beachtung der erforderlichen Sorgfalt stützt, hat er im Laufe der Zeit den Namen due diligence defense beziehungsweise reasonable investigation defense erhalten.43 Hierin soll der funktionale Ursprung des Konzepts der Due Diligence zu erblicken sein. 37 Berens / Strauch, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 6; Bussian, S. 24, 25; Hassel, S. 5; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (137); Klie, S. 27, 28. 38 Eggenberger, S. 52; Hassel, S. 5; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (137). 39 Böttcher, S. 30; Bussian, S. 24; Eggenberger, S. 52; Hassel, S. 5; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (137); Klie, S. 28; Koch, S. 79; Krömker, S. 3; Liekefett, S. 26; Merkt, WiB 1996, 145 (146); Wardenbach, KSzW 2011, 389 (389). 40 Hassel, S. 5; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (138). 41 Eggenberger, S. 52. 42 Berens / Strauch, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 7; Bussian, S. 25; Eggenberger, S. 52; Hassel, S. 5; Wardenbach, KSzW 2011, 389 (389). 43 Berens / Strauch, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 7; Böttcher, S. 30; Bussian, S. 25; Eggenberger, S. 52; Hassel, S. 5; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (137); Klie, S. 28; Koch, S. 79; Krömker, S. 3; Merkt, WiB 1996, 145 (146); Wardenbach, KSzW 2011, 389 (389).
A. Zum Institut der Due Diligence35
b) US-amerikanisches Unternehmenskaufrecht / Securities Exchange Act von 1934 Andererseits wird der Ursprung des Konzepts der Due Diligence im USamerikanischen Unternehmenskaufrecht und im Securities Act von 1934 beziehungsweise den dortigen Defiziten im Bereich des Gewährleistungsrechts gesehen. Das US-amerikanische Unternehmenskaufrecht ist im Uniform Commercial Code – einem Bundesgesetz, das praktisch von allen Einzelstaaten übernommen wurde – geregelt. Nach dessen sec. 8-306 (3) sichert der Verkäufer eines verbrieften Anteils dem Erwerber zu, dass die Übertragung wirksam und rechtmäßig, die verbriefende Urkunde echt und ihm nichts bekannt ist, was die Gültigkeit des Anteils beeinträchtigen könnte. Er haftet damit ausschließlich für die Wirksamkeit der Transaktion und den Bestand der entsprechenden Beteiligung.44 Eine darüber hinausgehende gesetzliche Gewährleistung, insbesondere eine die Gesellschaft an sich betreffende Gewährleistung, trifft ihn demgegenüber nicht.45 Weiterhin erlangt auch der Securities Exchange Act von 1934 hinsichtlich der Frage bestehender Gewährleistungsrechte des Käufers im Rahmen des Erwerbs einer Beteiligung maßgebliche Bedeutung. Dieser regelt neben Publizitätspflichten von Unternehmen vor allen Dingen den Handel mit Wertpapieren, die bereits zugelassen sind.46 Hierzu gehört auch der Verkauf ganzer Unternehmen im Wege der Anteilsübertragung (share deal).47 Sec. 10 (b) in Verbindung mit der von der Securities and Exchange Commission im Jahre 1942 erlassenen Verordnung Rule 10b-5 untersagt in diesem Zusammenhang dem Veräußerer von Wertpapieren jegliche betrügerische oder manipulative Verhaltensweise – to employ any device, scheme, or artifice to defraud –, jede Vornahme unvollständiger, unzutreffender oder irreführender Erklärungen – to make any untrue statement of a material fact or to omit to state a material fact necessary in order to make the statements made, in the light of the circumstances under which they were made, not misleading – und jede Teilnahme an betrügerischen und manipulativen Verhaltensweisen anderer – to engage in any act, practice, or course of business which operates or would operate as a fraud or deceit upon any person.48 Verstößt er gegen 44 Hörmann, 45 Hörmann,
in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (137). in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (137); Merkt, BB 1995, 1041
(1042). 46 Berens / Strauch, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 6; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (138). 47 Berens / Strauch, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 7; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (138); Merkt, BB 1995, 1041 (1042). 48 Berens / Strauch, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 8; Eggenberger, S. 51; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (139); Merkt, BB 1995, 1041 (1042).
36
Teil 1: Das Institut der Due Diligence und der Gang der Untersuchung
diese Vorgaben – sei es durch Angaben im Kaufvertrag selbst oder durch schriftliche Angaben im Zusammenhang mit dem Vertrag –, so ist er dem Erwerber nach allgemeiner Auffassung zum Ersatz des hieraus entstandenen Schadens verpflichtet.49 Neben diesem speziellen Anspruch im Rahmen fehlerhafter, unvollständiger oder irreführender Angaben sieht allerdings auch der Securities Exchange Act von 1934 keine weiteren Gewährleistungsrechte des Käufers – insbesondere auch im Hinblick auf das dem Anteilserwerb zugrunde liegende Unternehmen – vor.50 Es lässt sich damit im Ergebnis feststellen, dass das US-amerikanische Unternehmenskaufrecht beziehungsweise spezieller das Gewährleistungsrecht im Wesentlichen verkäuferfreundlich ausgestaltet ist, im Ergebnis also kaum gesetzliche Gewährleistungsrechte zugunsten des Erwerbers bestehen und dieser letztlich das Risiko dafür trägt, dass der jeweilige Kaufgegenstand keine Sach- oder Rechtsmängel aufweist.51 Der Verkäufer haftet ausschließlich für die im Kontext des Kaufvertrags gemachten oder in betrügerischer Absicht unterlassenen Angaben, sofern er nicht ausnahmsweise von sich aus eine Garantie gewährt.52 Im Common Law wird diese Risikoverteilung mit dem Begriff des caveat emptor beziehungsweise mit der Formel let the buyer be aware beschrieben.53 Da die Rechtslage dem Käufer im Hinblick auf potenzielle Gewährleistungsrechte nicht gut gesonnen ist, liegt es in seiner Sphäre, sich durch Prüfung des jeweiligen Kaufgegenstandes über dessen status quo zu informieren und sich durch Vereinbarung eines vertraglichen Gewährleistungssystems gegen bestehende oder absehbare Mängel abzusichern.54 Zum Schutze seines Äquivalenzinteresses trifft ihn die Obliegenheit, vorhandene Informationsasymmetrien und Ungewissheiten zu minimieren, auf Basis angemessener Information vertragliche Gewährleistungsregelungen mit dem Veräußerer auszuhandeln und Vorkehrungen für eventuell auftretende Enttäuschungen nach erfolgter Abwicklung zu 49 Berens / Strauch, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 8; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (138); Merkt, BB 1995, 1041 (1042). 50 Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (138). 51 Böttcher, S. 31; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (139); Merkt, BB 1995, 1041 (1042); Uhl, S. 157. 52 Eggenberger, S. 52; Ehring, S. 18; Hassel, S. 8; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (139). 53 Böttcher, S. 31; Eggenberger, S. 52; Ehring, S. 17; Federlin, S. 118; Fleischer / Körber, BB 2001, 841 (842); Hassel, S. 8; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (139); Kemnitz, S. 15; Krömker, S. 4; Krüger / Kalbsfleisch, DStR 1999, 174 (174); Liekefett, S. 26; Loges, DB 1997, 965 (965); Merkt, BB 1995, 1041 (1041); ders., WiB 1996, 145 (146); Speier, S. 124; Uhl, S. 157; Werner, ZIP 2000, 989 (990). 54 Bussian, S. 24; Hassel, S. 8; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (139); Krüger / Kalbsfleisch, DStR 1999, 174 (174).
A. Zum Institut der Due Diligence37
treffen. Der Begriff der Due Diligence soll sich in diesem Zusammenhang im Sinne der dem Erwerb vorausgehenden Prüfung des Kaufgegenstands auf der Grundlage von Informationen des Veräußerers entwickelt haben.55 2. Der Sorgfaltsmaßstab der beteiligten Personen Schließlich geht ein weiterer Erklärungsansatz davon aus, der Begriff der Due Diligence im Sinne einer intensiven und ganzheitlichen Unternehmensanalyse habe seine funktionale Provenienz im Sorgfaltsmaßstab der Mitglieder des Managements der Erwerbergesellschaft und der beteiligten Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und externen Berater entwickelt, die diese Prüfung vornehmen.56 Denn diese sind nach US-amerikanischem Recht im Rahmen der Ausübung ihrer Tätigkeit und der Erfüllung ihrer Aufgaben grundsätzlich zur due diligence, also zur Beachtung der gebotenen Sorgfalt verpflichtet, was auch für die ganzheitliche Untersuchung des Unternehmens – beispielsweise Kontext einer bevorstehenden Transaktion – gelte.57 3. Stellungnahme Geht es um die Identifikation des funktionalen Ursprungs des Begriffes der Due Diligence im Sinne einer professionellen, intensiven und ganzheitlichen Unternehmensanalyse, so erscheint es vorzugswürdig, diese primär im US-amerikanischen Unternehmenskaufrecht und im Securities Exchange Act von 1934 zu erblicken. Der Rekurs auf die due diligence defense im Kontext des Securities Act von 1933 mag zwar aus terminologischer Sicht plausibel erscheinen. Allerdings übernimmt diese ausschließlich die Funk tion einer positiven Verteidigung im Rechtsstreit und kann daher nicht als funktionaler Ursprung für eine vorbeugende Maßnahme zur Entdeckung von Risiken im Geschäftsverkehr erachtet werden, wie es für die Due Diligence im Transaktionskontext zutrifft.58 Auch die Anknüpfung an den Sorgfaltsmaßstab der beteiligten Personen kann letztlich nicht überzeugen. Zutreffend mag zwar der Umstand sein, dass alle an der jeweiligen Transaktion beteiligten Personen mit due diligence vorgehen müssen, da sie sich anderenfalls 55 Berens / Strauch, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 8; Böttcher, S. 31; Eggenberger, S. 52; Hassel, S. 8; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (139); Körber, NZG 2002, 263 (264); Krömker, S. 4; Oppenländer, GmbHR 2000, 535 (535). 56 Eggenberger, S. 53; Hassel, S. 9. 57 Bussian, S. 23, 24; Eggenberger, S. 53; Hassel, S. 9; Krüger / Kalbsfleisch, DStR 1999, 174 (174); Merkt, WiB 1996, 145 (145); Werner, ZIP 2000, 989 (989). 58 Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, 135 (138).
38
Teil 1: Das Institut der Due Diligence und der Gang der Untersuchung
Haftungsansprüchen aussetzen.59 Bei der Due Diligence im vorausgehend genannten Sinne geht es aber in erster Linie zunächst einmal um den Abbau von Informationsasymmetrien zwischen Verkäufer und Käufer und die Untersuchung des Transaktionsobjektes zu Zwecken der weiteren Ermittlung des status quo und zur Schaffung einer informationellen Ausgangsbasis für die weiteren Vertragsverhandlungen. Dieser Funktion entspricht am ehesten die Herleitung aus dem US-amerikanischen Unternehmenskaufrecht und dem Securities Exchange Act von 1934 beziehungsweise genauer aus dem caveat emptor-Grundsatz, der insoweit die Notwendigkeit der Untersuchung des Kaufgegenstands zur Absicherung der Käuferinteressen beschreibt.
III. Funktionen der Due Diligence Einleitend wurde bereits festgestellt, dass die Due Diligence und die damit einhergehende Möglichkeit der Kenntnisnahme wesentlicher Informa tionen für den potenziellen Erwerber von maßgeblicher Bedeutung sind, da er auf diesem Wege insbesondere die Stärken und Schwächen des Unternehmens identifizieren, die Chancen und Risiken der geplanten Investition eruieren und die Erfolgsaussichten im Hinblick auf die Realisierung der strategischen Ziele prognostizieren kann. Diese Funktionsbestimmung der Due Diligence vermag zwar bereits einen wesentlichen Kern der Bedeutung der Due Diligence zu erfassen. Allerdings lassen sich die Funktionen der Due Diligence durchaus noch einer näheren Konkretisierung zuführen. Unterschieden werden kann insoweit im Wesentlichen zwischen (1) der Wertermittlungsfunktion, (2) der Gewährleistungs- und Risikoermittlungsfunk tion, (3) der Haftungsvermeidefunktion und der (4) Dokumentations- und Beweissicherungsfunktion der Due Diligence. 1. Wertermittlungsfunktion Das Hauptaugenmerk des potenziellen Erwerbers – und ebenso des Veräußerers – im Rahmen der Vertragsverhandlungen im Vorfeld der geplanten Transaktion wird darauf gerichtet sein, die Verhandlungen mit der Vereinbarung eines angemessenen Kaufpreises abzuschließen. Dieses Vorhaben wird ihm regelmäßig nur dann gelingen, wenn er zuvor entsprechende Informationen über das Unternehmen erlangt hat. Die Due Diligence dient in diesem Zusammenhang dazu, die wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse des Unternehmens zu erschließen und dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und künftige Ertragskraft zu prognostizieren, um anhand 59 Vgl.
Teil 1, A. III. 3.
A. Zum Institut der Due Diligence39
dessen den gegenwärtigen Unternehmenswert zu ermitteln, der wiederum für die Evaluierung eines adäquaten Kaufpreises von maßgeblicher Bedeutung ist.60 Folglich übernimmt sie in erster Linie eine Wertermittlungsfunktion.61 Verfügt der Veräußerer bereits über konkrete Vorstellungen im Hinblick auf den anvisierten Kaufpreis, so kann der potenzielle Erwerber diese Kaufpreisvorstellung anhand der mittels der Due Diligence gewonnenen Erkenntnisse überprüfen und ihm gegebenenfalls ein aus seiner Sicht im Verhältnis zum Unternehmenswert adäquateres Angebot unterbreiten. Hat der Veräußerer demgegenüber noch keine konkrete Vorstellung hinsichtlich des geplanten Kaufpreises, so können die entsprechenden Informationen dazu genutzt werden, diesem eine entsprechende Offerte zu machen.62 Oftmals werden die Verhandlungen über den Kaufpreis letztlich zugunsten des potenziellen Erwerbers ausfallen. Insoweit konnten erste empirische Untersuchungen zeigen, dass die Durchführung einer Due Diligence in der überwiegenden Zahl der Fälle zu einer Verringerung des Kaufpreises führt. Nur in seltenen Fällen mündete sie demgegenüber in einer Erhöhung des Kaufpreises.63 Zu Recht wird daher auch davon gesprochen werden, dass sie in der Praxis ein wirksames Instrument für den Käufer darstellt, den Kaufpreis zu seinen Gunsten zu beeinflussen.64 Dennoch hat auch der Veräußerer unter dem Blickwinkel der Kaufpreisbestimmung regelmäßig ein Interesse an der Durchführung der Due Diligence im Vorfeld der geplanten Transaktion. Denn als Alternative hierzu verbliebe einzig und allein die Möglich60 Böttcher, S. 33; Eggenberger, S. 56; Hassel, S. 11; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, 135 (142); Klie, S. 45; Rittmeister, NZG 2004, 1032 (1032); Uhl, S. 157; Wardenbach, KSzW 2011, 389 (389); Zirngibl, S. 7; zum Unterschied von Unternehmenswert und Kaufpreis vgl. Berens / Schmitting / Strauch, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 72: „Der Wert des Unternehmens – i. S. d. subjektiven Grenzwertes – ergibt sich aus der Beziehung des Käufers zur Zielgesellschaft und drückt den Grad der Nützlichkeit des Aktionsobjekts zur Erreichung der finanziellen und strategischen Ziele aus. Hiervon zu unterscheiden ist der Prozess der Ermittlung des Preises durch Verhandlungen.“ 61 Beisel, in: Beisel / Klumpp, Der Unternehmenskauf, Kap. 2 Rn. 4; Berens / Schmitting / Strauch, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 72; Böttcher, S. 33; Bussian, S. 26; Eggenberger, S. 56; Ehring, S. 22; Götze, ZGR 1999, 202 (203); Hassel, S. 11; Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 20; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, 135 (142); Kemnitz, S. 18; Kiethe, NZG 1999, 976 (977); Klie, S. 45; Labbé / Schirmer, M&A-Review 2008, 565 (565); Lutter, ZIP 1997, 613 (613); Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1955); Rittmeister, M&A-Review 2008, 528 (528); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (364); Uhl, S. 157; Zirngibl, S. 7. 62 Zirngibl, S. 7; ähnlich Rittmeister, NZG 2004, 1032 (1032); Schroeder, DB 1997, 2161 (2161); Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (436). 63 Berens / Strauch, Wpg 2002, 511 (522); vgl. auch Hassel, S. 12, Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, 135 (142). 64 Hassel, S. 12.
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Teil 1: Das Institut der Due Diligence und der Gang der Untersuchung
keit, die Bestimmung des Kaufpreises im Kaufvertrag noch offen zu lassen und diese erst im Nachgang des Abschlusses vorzunehmen.65 Hiervon wird der Veräußerer allerdings nach Möglichkeit absehen wollen, da er zum einen um Planungssicherheit bemüht ist und zum anderen das Risiko besteht, dass der potenzielle Erwerber diesen Umstand zu seinen Gunsten ausnutzen wird, etwa durch Bestehen auf einen geringeren Kaufpreis ohne ordentliche Geltendmachung von Gewährleistungsrechten. Insofern stellt die Bestimmung des Kaufpreises im Nachgang des Abschlusses des Kaufvertrags für den Verkäufer rechtlich und wirtschaftlich im Verhältnis zur Durchführung der Due Diligence die schlechtere Alternative dar.66 2. Gewährleistungs- und Risikoermittlungsfunktion Transaktionen stellen je nach Vertragsgegenstand und Investitionssumme ein risikoträchtiges Unterfangen dar. Im Rahmen von Unternehmens- und Beteiligungskäufen gilt dies insbesondere deshalb, da sich die Beschaffenheit des Unternehmens – also dessen status quo – nicht ohne Weiteres durch eine einfache Betrachtung erschließen lässt und der potenzielle Erwerber damit rechnen muss, dass einzelne Aspekte nicht seiner Idealvorstellung und gegebenenfalls nicht einmal den gewöhnlichen Anforderungen entsprechen werden. Zwar sieht das deutsche Zivilrecht – anders als das Common Law, nach dem der Käufer letztlich das Risiko dafür trägt, dass der jeweilige Kaufgegenstand keine Sach- oder Rechtsmängel aufweist67 – im Grundsatz kaufrechtliche Mängelgewährleistungsrechte vor, die zugunsten des Erwerbers eingreifen und dessen (unverschuldetes, vgl. § 442 BGB) Informationsdefizit ausgleichen sollen.68 Allerdings existieren gerade im Hinblick auf den Erwerb eines Unternehmens oder einer Beteiligung keine speziellen Vorschriften, sodass einzig ein Rückgriff auf die allgemeinen kaufrechtlichen Mängelgewährleistungsrechte verbleibt, die sich aber in dieser Hinsicht als nur bedingt praktikabel erweisen und dem Erwerber nur einen mäßigen Schutz gewährleisten.69 Des Weiteren gilt es zu beachten, dass der Veräußerer – je65 Berens / Schmitting / Strauch, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 65; Mertens, AG 1997, 541 (542); Zirngibl, S. 8. 66 Mertens, AG 1997, 541 (542); Zirngibl. S. 8. 67 Vgl. Teil A. II. 1. b). 68 Zirngibl, S. 9. 69 Beisel, in: Beisel / Klumpp, Der Unternehmenskauf, Kap. 1 Rn. 62; Böttcher, NZG 2005, 49 (49); ders., NZG 2007, 481 (481); Ehring, S. 18; Hassel, S. 11; Kiethe, NZG 1999, 976 (976); Klie, S. 46 ff.; Schiffer / Bruß, BB 2012, 847 (848); Wardenbach, KSzW 2011, 389 (389); Westermann, ZHR 169 (2005), 248 (248, 251); Zirngibl, S. 9–11; a. A. wohl Loges, DB 1997, 965 (968); Lutter, ZIP 1997, 613 (614).
A. Zum Institut der Due Diligence41
denfalls im Rahmen von Beteiligungsveräußerungen unterhalb der Schwelle, die als Unternehmenskauf qualifiziert werden können70 – von Gesetzes wegen ausschließlich im Bezug auf den Bestand der Beteiligung und das Vorliegen von Rechtsmängeln haftet, nicht hingegen im Bezug auf die Beschaffenheit des Unternehmens an sich71, da ein Einstehen hierfür nur dann gerechtfertigt erscheint, wenn der Veräußerer die Kontrolle über das Unternehmen auf den Käufer überträgt und damit zugleich ein Unternehmenskauf vorliegt. Denn anderenfalls würde man dem Veräußerer von Anteilen an einem Rechtsträger einer Haftung für Mängel an Sachen unterwerfen, die originär dem Rechtsträger zugeordnet sind, was sich nur schwerlich mit § 453 BGB und § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 2 BGB vereinbaren ließe.72 Angesichts dieser ungünstigen Ausgangsbedingungen ist der potenzielle Erwerber gut beraten, mit dem Veräußerer im Vorfeld der geplanten Transaktion ein vertragliches Gewährleistungsregime auszuarbeiten und sich hinsichtlich besonders bedeutsamer Aspekte Garantien zusichern zu lassen, um sich im Hinblick auf die Risiken der Transaktion, die Schwächen des Unternehmens und damit einhergehende enttäuschte Erwartungen abzusichern.73 Die Durchführung der Due Diligence erlangt in diesem Zusammenhang insofern Bedeutung, als dass mit ihrer Hilfe die jeweiligen Informationen eruiert werden, die der potenzielle Erwerber zu Zwecken der Vertragsverhandlungen und der Ausarbeitung der entsprechenden Gewährleistungsvereinbarungen benötigt. Zugleich gibt die Due Diligence darüber Aufschluss, ob und in welchem Umfang die Implementation von Gewährleistungsregeln in den Kaufvertrag überhaupt erforderlich ist. Damit wird ihr weiterhin eine Gewährleistungs- und Risikoermittlungsfunktion zuteil.74 70 Westermann, in: MüKo, BGB, Bd. 3, § 453 Rn. 23: „Wie hoch der gekaufte Anteil i. E. sein muss, damit von einem Unternehmenskauf ausgegangen werden kann, hat der BGH bisher nicht festgelegt, was sich auch nicht empfiehlt, da das Kriterium, die Herrschaft des Erwerbers über das Unternehmen, nicht ohne Ansehung der gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse des Einzelfalls angewendet werden kann.“ 71 BGH NJW 1976, 236 (237); LG Berlin, NJW-RR 1994, 807 (809); Grunewald, NZG 2003, 372 (373). 72 Grunewald, NZG 2003, 372 (373); a. A. Wolf / Kaiser, DB 2002, 411 (417). 73 Hassel, S. 10; Uhl, S. 157; Zirngibl, S. 11. 74 Beisel, in: Beisel / Klumpp, Der Unternehmenskauf, Kap. 2 Rn. 4; Böttcher, S. 33; Bussian, S. 26; Eggenberger, S. 59, 60; Ehring, S. 21; Hassel, S. 11; Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 20; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, 135 (141); Kiethe, NZG 1999, 976 (977); Koch, S. 82; Körber, NZG 2002, 263 (264); Krüger / Kalbsfleisch, DStR 1999, 174 (175); Mertens, AG 1997, 541 (542); Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1955); Mutschler / Mersmann, DB 2003, 79 (80); Rittmeister, NZG 2004, 1032 (1032); ders., M&A-Review 2008, 528 (528); Schroeder, DB 1997, 2161 (2161); Spill, DStR 1999, 1786 (1786); Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (436); Uhl, S. 157; Zirngibl, S. 9–11.
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Teil 1: Das Institut der Due Diligence und der Gang der Untersuchung
3. Haftungsvermeidefunktion Als eine weitere Funktion der Due Diligence, die allerdings von der Literatur häufig nicht ausdrücklich benannt wird – obwohl das eigentliche Problem zu einer der im Kontext der Due Diligence meist diskutierten zählt –, lässt sich darüber hinaus die sogenannte Haftungsvermeidefunktion iden tifizieren.75 In der Mehrzahl der Fälle werden Unternehmen oder größere Beteiligungen an Unternehmen von anderen Unternehmen beziehungsweise Gesellschaften, insbesondere auch Aktiengesellschaften, erworben. Die Entscheidung über den jeweiligen Erwerb trifft der Vorstand als leitungsund geschäftsführungsbefugtes Organ der Erwerbergesellschaft im Sinne der §§ 76 ff. AktG. Nach § 93 Abs. 2 S. 1 AktG kann die Gesellschaft einen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Vorstand geltend machen, wenn dieser im Rahmen der Ausübung der Geschäftsführungsbefugnis die ihm auferlegten Pflichten verletzt. Zu diesen Pflichten zählt wiederum vor allen Dingen gemäß § 93 Abs. 1 S. 1, 2 AktG die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden und bei unternehmerischen Entscheidungen auf Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Grundsätzlich verfügt der Vorstand im Rahmen der Geschäftsführung über einen weiten unternehmerischen Handlungsspielraum, ohne den ein unternehmerisches Handeln schlechterdings nicht denkbar ist. Dieser ist allerdings dann überschritten, wenn ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältige Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln fehlt, die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt worden ist oder das Verhalten aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten muss.76 Der Erwerb eines Unternehmens oder einer größeren Beteiligung an einem Unternehmen ist in Anbetracht der hohen Investitionssumme und der potenziellen Schwächen des Unternehmens und den damit einhergehenden Risiken mit erheblichen Gefahren für die Erwerbergesellschaft verbunden.77 Die gesetzlich 75 So ausdrücklich Berens / Schmitting / Strauch, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 77; Bussian, S. 26; Kiethe, NZG 1999, 976 (982) Klie, S. 53; andeutend Koch, S. 93. 76 BGH NJW 1997, 1926 (1927, 1928); vgl. auch Dauner-Lieb, in: Henssler / Strohn, GesR, § 93 AktG Rn. 17, 18; Fleischer, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 1 Rn. 50; § 7 Rn. 3, 47; ders., in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 93 Rn. 13, 61; Geiser, S. 27; Heinz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 22 Rn. 54; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 32; Koch, in: Hüffer, AktG, § 93 Rn. 11; Mutschler / Mersmann, DB 2003, 79 (80); Rittmeister, M&A Review 2008, 578 (581); Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 93 Rn. 47, 56; Wiesner, in: Münch. Hdb. GesR, Bd. 4, § 19 Rn. 17. 77 Böttcher, NZG 2007, 481 (483); Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (276); Kiethe, NZG 1999, 976 (981); Rittmeister, M&A-Review 2008, 578 (582); Storck, FB 2004, 363 (363).
A. Zum Institut der Due Diligence43
vorgesehenen Mängelgewährleistungsrechte erweisen sich – wie vorausgehend bereits angedeutet wurde – als untauglich, diese Umstände in angemessener Weise zu kompensieren.78 In der Regel dürfte daher davon auszugehen sein, dass die Entscheidung des Vorstands zum Erwerb eines Unternehmens oder einer größeren Beteiligung an einem Unternehmen nur dann der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters entspricht, wenn sich dieser im Vorfeld der geplanten Transaktion umfassend über das Unternehmen informiert, dessen Stärken und Schwächen identifiziert und die Chancen und Risiken der geplanten Investition analysiert hat und in der Folge zu dem Ergebnis gelangt, dass die Transaktion im Interesse der Erwerbergesellschaft liegt. Die Durchführung der Due Diligence fungiert damit im Ergebnis als Einrede gegen den Vorwurf unachtsamen Vorstandshandels und als Indiz für eine pflichtbewusste Ermessensentscheidung.79 4. Dokumentations- und Beweissicherungsfunktion Schließlich kann der Due Diligence auch eine Dokumentations- und Beweissicherungsfunktion attestiert werden.80 Die Manuskripte, die während und in Folge der Due Diligence erstellt werden, dokumentieren sowohl den derzeitigen status quo des Unternehmens als auch den Informationsfluss zwischen dem Unternehmen und dem potenziellen Erwerber und geben damit im Wesentlichen Aufschluss über sämtliche Faktoren, die letzterer seiner Entscheidung im Hinblick auf die vorgenommene Investition zugrunde gelegt hat.81 Dieser Umstand kann gleich in mehrfacher Hinsicht im 78 Vgl.
Teil 1, A. III. 2. i. E. auch OLG Oldenburg, NZG 2007, 434 (436); Böttcher, NZG 2007, 481 (484); Fietz, in: Umnuß, Corporate Compliance Checklisten, Kap. 9 Rn. 57; Fleischer / Körber, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 315; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (276); Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, 135 (147); Kiethe, NZG 1999, 976 (982); Klie, S. 60; Körber, NZG 2002, 263 (264); Krömker, M&A-Review 2008, 201 (202); Rittmeister, M&A-Review 2008, 578 (582); Schiffer / Bruß, BB 2012, 847 (848); Storck, FB 2004, 363 (364); Wardenbach, KSzW 2011, 389 (390); Werner, ZIP 2000, 989 (990, 996). 80 Beisel, in: Beisel / Klumpp, Der Unternehmenskauf, Kap. 2 Rn. 4; Berens / Hoffjan / Strauch, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 138; Bussian, S. 26; Ehring, S. 22; Hassel, S. 12; Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 20; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (142); Kemnitz, S. 19; Kiethe, NZG 1999, 976 (978); Klie, S. 61; Koch, S. 82; Körber, NZG 2002, 263 (264); Krüger / Kalbsfleisch, DStR 1999, 174 (175); Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1955); Mutschler / Mersmann, DB 2003, 79 (80); Rittmeister, NZG 2004, 1032 (1032). 81 Beisel, in: Beisel / Klumpp, Der Unternehmenskauf, Kap. 2 Rn. 4; Hassel, S. 12; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (142); Kiethe, NZG 1999, 976 79 So
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Teil 1: Das Institut der Due Diligence und der Gang der Untersuchung
Nachgang der Transaktion Bedeutung erlangen. Zum einen im Verhältnis zwischen den Vertragsparteien der Akquisition. Denn häufig wird vor dem Hintergrund des § 442 BGB, nach dem Gewährleistungsansprüche des Käufers ausgeschlossen sind, wenn ihm der geltend gemachte Mangel bekannt war, die Frage im Raum stehen, ob dieser auf Grund der Durchführung der Due Diligence im Zeitpunkt des Vertragsabschluss vom wertmindernden Mangel Kenntnis hatte oder grob fahrlässig nicht hatte.82 Ein Blick in die erstellten Due Diligence Reports wird hierüber in der Regel Auskunft geben können. Zum anderen kann die Beweissicherungsfunktion der Due Diligence im Verhältnis zwischen der Erwerbergesellschaft und der Geschäftsführung der Erwerbergesellschaft Bedeutung erlangen. Denn wie bereits vorausgehend festgestellt wurde, kann die Gesellschaft – beispielsweise eine Aktiengesellschaft – gegen die Geschäftsführung gemäß § 93 Abs. 2 S. 1 AktG unter Umständen einen Anspruch auf Schadensersatz geltend machen, wenn diese im Rahmen der Ausübung der Geschäftsführungsbefugnis die ihr auferlegten Pflichten verletzt. Die Geschäftsführung trifft nach § 93 Abs. 2 S. 2 AktG die Beweislast dafür, dass sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewendet hat. Auch in diesem Zusammenhang erweisen sich die angefertigten Due Diligence Reports als dienlich, da sie Aufschluss darüber geben, inwieweit das vorhandene Informa tionsmaterial die Annahme zuließ, dass die Durchführung der Transaktion im Interesse der Gesellschaft lag.83
IV. Facetten der Due Diligence Aber nicht nur unterschiedliche Funktionen können der Due Diligence attestiert werden. Vielmehr lässt sich die Due Diligence weiterhin auch in unterschiedliche Typen und Facetten auffächern, je nachdem, welchen Bereich des Unternehmens sie betrifft beziehungsweise welches Sachgebiet sie im Hinblick auf die Informationsbeschaffung und -analyse fokussiert.84 Die Prüfung eines Unternehmens erfolgt also letztlich nicht durch eine einzige Due Diligence, sondern durch eine ganze Reihe von Einzeluntersuchungen.85 Je nach gegebenem Anlass können dabei die Prioritäten unterschiedlich gesetzt beziehungsweise lediglich einzelne Prüfungen durchgeführt (978); Koch, S. 82; Körber, NZG 2002, 263 (264); Schroeder, DB 1997, 2161 (2161); Uhl, S. 158. 82 Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (143) Klie, S. 61. 83 Hassel, S. 12; Klie, S. 61; Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1955); Schroeder, DB 1997, 2161 (2161). 84 Böttcher, S. 34; Gran, NJW 2008, 1409 (1412); Hassel, S. 16; Koch, S. 82. 85 Ehring, S. 28; Klie, S. 28; Koch, S. 82.
A. Zum Institut der Due Diligence45
werden.86 Im Folgenden sollen die wesentlichen Arten der Due Diligence kurz dargestellt werden. Eine ausführliche Darstellung ist an dieser Stelle nicht möglich, sodass auf die einschlägige Literatur verwiesen wird. Die nachfolgenden Erörterungen dienen im Wesentlichen der Benennung der unterschiedlichen Facetten und der Identifikation der maßgeblichen Informationen und Informationsquellen. 1. Financial Due Diligence Die Financial Due Diligence dient in erster Linie der Beschaffung und Analyse von Informationen über die betriebswirtschaftlichen Gegebenheiten und die wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung des Unternehmens.87 Sie zählt in der Praxis zu den am häufigsten durchgeführten Formen der Due Diligence und wird von Teilen der Literatur sogar als „Fokus“ der gesamten Due Diligence bezeichnet88, was angesichts ihrer maßgeblichen Bedeutung im Hinblick auf die Bewertung des Unternehmens und die Ermittlung dessen Ertragswertes nicht weiter verwundert.89 Gegenstand der Untersuchung sind im Wesentlichen die Vermögens-, Ertrags- und Finanz lage, das externe Rechnungswesen – namentlich die Bilanz des Unternehmens, die Gewinn- und Verlustrechnung und, falls vorhanden, auch der Lagebericht samt Anhang – und das Controlling des Unternehmens.90 Da insbesondere die Gewinn- und Verlustrechnung und die Bilanz auf Grund gesetzlicher Vorgaben sehr stark vorstrukturiert sind, wird regelmäßig zu Zwecken ihrer Prüfung auf strukturierte Due Diligence-Checklisten zurückgegriffen.91 Zudem wird der Umfang der Analyse üblicherweise auf den Zeitraum der vergangenen drei bis fünf abgeschlossenen Wirtschaftsjahre beschränkt, da dieses Datenmaterial einen hinreichenden Einblick über die 86 Beisel, in: Beisel / Klumpp, Der Unternehmenskauf, Kap. 2 Rn. 6; Berens / Strauch, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 12; Ehring, S. 29. 87 Berens / Hoffjan / Strauch, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 125; Bredy / Strack, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 418; Ehring, S. 26; Gran, NJW 2008, 1409 (1412); Hassel, S. 16; Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 24; Koch, S. 83; Mutter, in: Gummert, MAH PGesR, § 6 Rn. 347; Picot, HdB. M&A, S. 267; Zirngibl, S. 23. 88 Picot, HdB. M&A, S. 267. 89 Böttcher, S. 38; Bredy / Strack, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 419; Mutter, in: Gummert, MAH PGesR, § 6 Rn. 347; Zirngibl, S. 23. 90 Barthel, DStZ 1999, 365 (366); Beisel, in: Beisel / Klumpp, Der Unternehmenskauf, Kap. 2 Rn. 44, 46; Berens / Hoffjan / Strauch, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 125; Brauner / Neufang, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 444; Ehring, S. 26; Gran, NJW 2008, 1409 (1412); Hassel, S. 16; Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 24; Koch, S. 83; Picot, HdB. M&A, S. 267. 91 Picot, HdB. M&A, S. 267.
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Teil 1: Das Institut der Due Diligence und der Gang der Untersuchung
wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung des Unternehmens verschafft.92 Trotz der Tatsache, dass die der Financial Due Diligence zugrunde liegenden Informationen überwiegend vergangenheits- beziehungsweise gegenwartsbezogen sind, beschränken sich die mit ihr erzielbaren Erkenntnisse nicht auf die bloße Nachbildung der wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklung des Unternehmens in der Vergangenheit und die Ermittlung des finanziellen Ist-Zustands.93 Vielmehr fungieren die gewonnenen Informationen daneben auch – in Zusammenschau mit den Erkenntnissen der übrigen Due Diligence Reviews – als Ausgangspunkt für die Überprüfung der Plausibilität vorhandener Planungen oder die Entwicklung neuer Pläne im Zusammenhang mit der bevorstehenden Transaktion und als Indikator für die künftige wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens.94 Darüber hinaus werden sie häufig auch zur Erstellung einer Stärken-Schwächen-Analyse fruchtbar gemacht, die das Zielunternehmen mit seinen wesentlichen Vorund Nachteilen darstellt.95 2. Tax Due Diligence Die Tax Due Diligence wird häufig zusammen mit der Financial oder der nachfolgend noch zu erörternden Legal Due Diligence durchgeführt.96 Zudem zählt sie ebenso wie die Financial Due Diligence zu den in der Praxis am häufigsten auftretenden Formen der Due Diligence.97 Dies dürfte nicht zuletzt daran liegen, dass sie sich in Teilbereichen mit der Financial Due Diligence überschneidet98 und gleich in zweierlei Hinsicht wesentliche Bedeutung erlangt. Zum einen soll mit ihrer Hilfe eine umfassende Durchleuchtung des Unternehmens aus steuerrechtlicher Sicht erfolgen, um steuerrechtswidrige Sachverhalte und daraus resultierende steuerrechtliche Risiken für das Unternehmen zu identifizieren (vergangenheitsorientierte Tax Due Diligence).99 Dabei erstreckt sich die Untersuchung in der Regel aus92 Ehring, S. 26; Hassel, S. 16; Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 24; Krüger / Kalbsfleisch, DStR 1999, 174 (175); Picot, HdB. M&A, S. 268; Spill, DStR 1999, 1786 (1788). 93 Hassel, S. 16; Picot, HdB. M&A, S. 267. 94 Böttcher, S. 36; Hassel, S. 16; Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 24; Koch, S. 83; Picot, HdB. M&A, S. 267. 95 Mutter, in: Gummert, MAH PGesR, § 6 Rn. 347. 96 Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 23; Krüger / Kalbsfleisch, DStR 1999, 174 (175). 97 Koch, S. 83; Trimborn, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 477. 98 Mutter, in: Gummert, MAH PGesR, § 6 Rn. 348. 99 Beisel, in: Beisel / Klumpp, Der Unternehmenskauf, Kap. 2 Rn. 38; Böttcher, S. 39; Ehring, S. 25; Hassel, S. 19; Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 23;
A. Zum Institut der Due Diligence47
schließlich auf die noch offenen Veranlagungszeiträume, also diejenigen, die noch nicht verjährt beziehungsweise verfahrensrechtlich abgeschlossen sind. Nur ausnahmsweise sind auch die verjährten oder durch steuerliche Betriebsprüfungen abgeschlossenen Veranlagungszeiträume von Interesse. Dies dann, wenn sie im Einzelfall steuerrechtliche Relevanz im Sinne einer Änderung der Steuerfestsetzung erlangen könnten, etwa weil das Unternehmen Steuern hinterzogen oder leichtfertig verkürzt hat.100 Den Untersuchungsgegenstand bilden in diesem Zusammenhang Steuererklärungen, Steuerbescheide, Steuerbilanzen, Ergänzungsbilanzen, Berichte über die Prüfung der Jahresabschlüsse, die Jahresabschlüsse selbst, Steuerkalkulation, Rückstellungen, Betriebsprüfungsberichte, Außenprüfungen, Ankündigungen von Außenprüfungen, außergewöhnliche Geschäftsvorfälle, das Ausschüttungsverhalten, der Schriftverkehr mit Finanzbehörden, Steuervergünstigungen, Verlustvorträge, Abschreibungen, etwaige Steuerrückerstattungen, Zölle, Sozialversicherungen und andere Abgaben.101 Zum anderen wird die Tax Due Diligence – vornehmlich im Rahmen von Unternehmenskäufen – dazu genutzt, die geplante Transaktion steuerlich optimal auszugestalten und die steuerrechtlichen Voraussetzungen für die Abwicklung der Transaktion zu ermitteln (zukunftsorientierte Tax Due Diligence).102 Hierbei werden sowohl die Steuerwirkungen des eigentlichen Transaktionsvorgangs, diejenigen der Finanzierung desselben, aber auch beispielsweise diejenigen einer Weiterveräußerung näher betrachtet. Gestaltungsüberlegungen, die in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen können, sind beispielsweise die steuerliche Nutzung von Verlustvorträgen, eine steuermindernde Behandlung der Finanzierungskosten oder ergebnisbelastenden Förderungsmaßnahmen wie Sonderabschreibungen.103
Koch, S. 83; Krüger / Kalbsfleisch, DStR 1999, 174 (177); Mutter, in: Gummert, MAH PGesR, § 6 Rn. 348; Picot, HdB. M&A, S. 274; Trimborn, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 477; Zirngibl, S. 21. 100 Ehring, S. 25; Hassel, S. 19. 101 Barthel, DStZ 1999, 365 (370); Böttcher, S. 40; Ehring, S. 25; Gran, NJW 2008, 1409 (1412); Hassel, S. 19; Krüger / Kalbsfleisch, DStR 1999, 174 (177 ff.); Picot, HdB. M&A, S. 274; Trimborn, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 481. 102 Böttcher, S. 38, 39; Ehring, S. 26; Hassel, S. 20, 21; Koch, S. 83; Picot, HdB. M&A, S. 274; Trimborn, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 477, 495; Zirngibl, S. 20. 103 Picot, HdB. M&A, S. 274; vgl. zur steuerrechtlichen Gestaltung der Akquisitionsstruktur bei Unternehmenskäufen ausführlicher auch Merbrecks, BB 2012, 2423 (2423 ff.).
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Teil 1: Das Institut der Due Diligence und der Gang der Untersuchung
3. Commercial / Marketing Due Diligence Die Commercial Due Diligence, die auch als Marketing Due Diligence bezeichnet wird, stellt häufig einen Teil der Financial Due Diligence dar.104 Allerdings unterscheidet sie sich von dieser und auch von der bereits erwähnten Tax Due Diligence dadurch, dass sie rein zukunftsorientiert und darauf gerichtet ist, zukünftige Entwicklungen zu erkennen.105 Ihre Aufgabe liegt im Wesentlichen darin, die unternehmens- und marktbezogenen Chancen und Risiken, die die zukünftige Entwicklung des Unternehmens bestimmen und damit den Erfolg der Transaktion absichern, zu identifizieren und die mit der geplanten Investition verfolgten Motive und Ziele auf ihre Realisierbarkeit und Machbarkeit hin zu untersuchen.106 Dabei spaltet sich die Untersuchung dieser Gesichtspunkte in eine interne und eine externe Analyse des Unternehmens auf. Den Gegenstand der internen Unternehmensanalyse bilden all diejenigen Teilbereiche des Unternehmens, die Aufschluss über das Marketing und die Strategie des Unternehmens geben.107 Als hilfreich erweisen sich in diesem Zusammenhang beispielsweise Informationen über das Produktportfolio des Unternehmens, das Produktimage, Funktionen und Eigenschaften bestimmter Produkte, Preisentwicklungen einzelner Produkte, die Preispolitik im Allgemeinen, die Kundenstruktur des Unternehmens, Grundstrategien im Absatzbereich, die Absatzorganisation, Vertriebsarten und Vertriebskanäle, Marketing-Maßnahmen und die Höhe und Verteilung des Werbebudgets.108 Die externe Unternehmensanalyse fokussiert demgegenüber die Durchleuchtung des Marktes, dem das Unternehmen auf Grund seines Geschäftsfeldes zuzuordnen ist, sowie die Ermittlung der Wettbewerbsposition, in der sich das Unternehmen aktuell befindet.109 104 Krüger / Kalbsfleisch, DStR 1999, 174 (175); Mutter, in: Gummert, MAH PGesR, § 6 Rn. 350. 105 Hassel, S. 17; Lauszus / Kolat, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 553; Picot, HdB. M&A, S. 269, 554. 106 Barthel, DStZ 1999, 365 (366); Ehring, S. 26; Gran, NJW 2008, 1409 (1412); Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 25; Krüger / Kalbsfleisch, DStR 1999, 174 (175); Niederdrenk / Maak, M&A-Review 2008, 229 (229 ff.); Picot, HdB. M&A, S. 269. 107 Gran, NJW 2008, 1409 (1412); Hassel, S. 17; Lauszus / Kolat, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 564 ff.; Picot, HdB. M&A, S. 270. 108 Böttcher, S. 35; Gran, NJW 2008, 1409 (1412); Hassel, S. 17; Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 25; Krüger / Kalbsfleisch, DStR 1999, 174 (175); Picot, HdB. M&A, S. 270, 271. 109 Berens / Hoffjan / Strauch, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 136; Gran, NJW 2008, 1409 (1412); Hassel, S. 17; Krüger / Kalbsfleisch, DStR 1999, 174 (175); Lauszus / Kolat, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 555 ff.; Mutter, in: Gummert, MAH PGesR, § 6 Rn. 350; Niederdrenk / Maak, M&A-Review 2008, 229 (230, 231); Picot, HdB. M&A, S. 272.
A. Zum Institut der Due Diligence49
In der Sache geht es hier also um eine Markt- und Umfeldanalyse. In diesem Zusammenhang erlangen vor allem Informationen über die Struktur des Marktes, dessen Wachstum, Veränderungen der Marktbedingungen, Konkurrenten am Markt, die Verhandlungsmacht auf Seite der Abnehmer und Kunden, die Verhandlungsstärke der Lieferanten oder die mögliche Bedrohung durch Ersatzprodukte an Bedeutung.110 4. Legal Due Diligence Ebenso wie der Tax Due Diligence kommt auch der Legal Due Diligence, die – wie vorausgehend bereits angedeutet – häufig mit der Tax Due Diligence kombiniert wird111, gleich in zweierlei Hinsicht eine erhebliche Bedeutung zu. Zum einen dient sie der Ermittlung der wesentlichen rechtlichen Faktoren, die für die Abwicklung der geplanten Transaktion erforderlich sind (zukunftsorientierte Legal Due Diligence). Dabei geht es in der Sache sowohl um alle rechtlichen Fragen, die für die Strukturierung der bevorstehenden Akquisition von Bedeutung sind, daneben aber auch um solche, die die Realisierbarkeit von Maßnahmen, die für die Zeit nach der Akquisition geplant sind, betreffen.112 Zu denken ist hier beispielsweise an die kartellrechtliche Machbarkeit der Transaktion.113 Zum anderen ist die Legal Due Diligence darauf gerichtet, das Unternehmen rechtlich einzuordnen, unternehmensinterne und unternehmensexterne Rechtsstrukturen zu entschlüsseln und die rechtlichen Rahmenbedingungen des Unternehmens sowie hieraus resultierende Risiken zu identifizieren (vergangenheitsorientierte Legal Due Diligence).114 In Anbetracht der Vielfalt der rechtlichen Gesichtspunkte, die im Rahmen der Legal Due Diligence von Bedeutung sein können, wird diese wiederum in einzelne Teilbereiche untergliedert, namentlich die Bereiche Corporate, Commercial, Real Estate und Litigation Litigation.
110 Böttcher, S. 35; Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 25; Lauszus / Kolat, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 555; Picot, HdB. M&A, S. 272. 111 Krüger / Kalbsfleisch, DStR 1999, 174 (175). 112 Fritzsche / Hitter, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 508; Koch, S. 84. 113 Böttcher, S. 41; Fritzsche / Hitter, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 508; Krüger / Kalbsfleisch, DStR 1999, 174 (176, 177). 114 Berens / Hoffjan / Strauch, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 133; Böttcher, S. 40; Ehring, S. 24, 25; Fritzsche / Hitter, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 505; Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 21; Koch, S. 84; Krüger / Kalbsfleisch, DStR 1999, 174 (175, 176); Picot, HdB. M&A, S. 273; Zirngibl, S. 19.
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Teil 1: Das Institut der Due Diligence und der Gang der Untersuchung
a) Corporate Zunächst erlangen insbesondere gesellschaftsrechtliche Faktoren im Rahmen der Legal Due Diligence maßgebliche Bedeutung. In diesem Zusammenhang geht es vor allem um die Beschaffung und Analyse von Infor mationen über die Rechtsform der Gesellschaft, die Gesellschafts- und Konzernstruktur, die Entwicklung der Gesellschaftsstruktur, die Beteili gungsverhältnisse, die aktuelle und künftige Organisation, aktuelle Handelsregisterauszüge oder Handelsregisteranmeldungen, die Gründungssatzung, die Gründungsurkunde, die aktuelle Satzung, den Gesellschaftsvertrag, die Geschäftsordnung des Vorstands, Protokolle von Aufsichtsratssitzungen und Hauptversammlungen, Gesellschafterbeschlüsse, Beherrschungs-, Gewinnabführungs-, Organschafts- oder Ergebnisabführungsverträge, Gewinnverwendungsbeschlüsse, Verträge des Unternehmens mit verbundenen Unternehmen oder Gesellschaften, Geschäftsbesorgungsverträge, Darlehensverträge oder Sicherheiten.115 b) Commercial Des Weiteren betrachtet die Legal Due Diligence auch die kommerzielle Tätigkeit des Unternehmens. In der Sache geht es dabei im Wesentlichen um die Analyse der maßgeblichen Vertragsbeziehungen etwa zu Wettbewerbern, Lieferanten oder Kunden, in denen sich das Unternehmen derzeit befindet.116 Den Untersuchungsgegenstand bilden insbesondere Informationen über die Vertragsparteien, die Vertragsbezeichnung, die Vertragsart, den Vertragsgegenstand, den Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung, die Vertragslaufzeit, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, das anwendbare Recht, den Gerichtsstand, die Leistungsbestimmungsrechte, Vergütungsregelungen, Exklusivität oder Wettbewerbsbeschränkungen, aufschiebende oder auflösende Bedingungen, die Haftung / Mängelhaftung, Verlängerungs- oder Kündigungsmöglichkeiten und die Folgen der Beendigung.117 115 Berens / Hoffjan / Strauch, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 133, 134; Ehring, S. 24; Fritzsche / Hitter, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 509 ff.; Gran, NJW 2008, 1409 (1412); Hassel, S. 18; Krüger / Kalbsfleisch, DStR 1999, 174 (176); Picot, HdB. M&A, S. 273; Zirngibl, S. 19, 20; ausführlich zur gesellschaftsrechtlichen Due Diligence auch Zedler / Hasselmann, AnwBl 2013, 154 (154 ff.). 116 Ehring, S. 25; Fritzsche / Hitter, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 514 ff.; Gran, NJW 2008, 1409 (1412); Hassel, S. 18; Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 21; Krüger / Kalbsfleisch, DStR 1999, 174 (176); Mutter, in: Gummert, MAH PGesR, § 6 Rn. 349; Picot, HdB. M&A, S. 273. 117 Berens / Hoffjan / Strauch, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 134; Ehring, S. 25; Gran, NJW 2008, 1409 (1412).
A. Zum Institut der Due Diligence51
c) Estate Von ebenso erheblicher Bedeutung wie die beiden vorausgehend angesprochenen Bereiche ist im Kontext der Legal Due Diligence weiterhin auch der vermögensrechtliche Bereich. Insoweit soll mit ihrer Hilfe vor allem auch eine rechtliche Bewertung des Immobilienvermögens des Unternehmens erfolgen. Zu diesem Zwecke bedarf es unter anderem einer Analyse der Rechte des Unternehmens an Immobilien einschließlich bestehender Kauf-, Miet-, Pacht- oder Leasing-Verträge, der aktuellen Grundbuchauszüge bezogen auf Eigentum und Erbbaurecht, noch ausstehender Grundbucheintragungen, vorhandener Grundschuld- und Sicherungsurkunden, bestehender Überbauten, des Baulastenverzeichnisses, vorhandener Katasterpläne / Flurkarten, vorhandener oder ausstehender Baugenehmigungen, bestehender Bebauungspläne oder erhaltener Behördenauskünfte.118 Daneben findet aber auch eine recht liche Untersuchung der Eigentumsverhältnisse des Unternehmens im Hinblick auf bewegliche Sachen, also beispielsweise die Gegenstände des An lage- und Umlaufvermögens oder sonstige Wirtschaftsgüter, statt.119 d) Litigation Schließlich dient die Legal Due Diligence der Identifikation anhängiger und drohender Gerichtsverfahren und sonstiger Rechtsstreitigkeiten und der Beschaffung und Analyse der in diesem Zusammenhang bedeutsamen Informationen. Zu diesen zählen beispielsweise Stellungnahmen der Prozessbevollmächtigten hinsichtlich möglicher Verfahrensrisiken, Sachberichte der Prozessbevollmächtigten und Informationen über Schiedsverfahren oder abgeschlossene Vergleiche.120 5. Human Resources / Organisational Due Diligence Sowohl die Qualität und Qualifikation des Managements und der Mitarbeiter als auch der effektive Einsatz der personellen Ressourcen und die effiziente Ausgestaltung der Organisation stellen wertbildende Faktoren des Unternehmens dar, sodass auch Informationen hierüber für den potenziellen Erwerber regelmäßig von Interessen sind.121 Mit Hilfe der Human Resourc 118 Fritzsche / Hitter, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 521; Gran, NJW 2008, 1409 (1413); Picot, HdB. M&A, S. 273. 119 Krüger / Kalbsfleisch, DStR 1999, 174 (176). 120 Berens / Hoffjan / Strauch, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 133, 134; Gran, NJW 2008, 1409 (1413); Picot, HdB. M&A, S. 273, 274. 121 Ähnlich Beisel, in: Beisel / Klumpp, Der Unternehmenskauf, Kap. 2 Rn. 8; Berens / Hoffjan / Strauch, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 129; Böttcher, S. 44;
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Teil 1: Das Institut der Due Diligence und der Gang der Untersuchung
es Due Diligence sollen das Management und die Mitarbeiter des Unternehmens, mittels der Organisational Due Diligence die innerbetriebliche Organisation und Ausgestaltung der Arbeitsabläufe einer näheren Untersuchung unterzogen werden. Beide Prüfungen sind in wesentlichen Bereichen miteinander verflochten und werden daher oftmals gemeinsam durchgeführt. Zu den in diesem Zusammenhang ausschlaggebenden Informationen zählen insbesondere solche über die Personalstruktur innerhalb des Unternehmens, die Art und Weise des Zustandekommens von Entscheidungen auf den unterschiedlichen Ebenen, die Führungsqualifikation des Managements, die Art der Arbeitsverträge, Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen, kol lektive oder einzelvertragliche Regelungen, Lohn- und Gehaltsregelungen, Vollzeit- oder Teilzeitbeschäftigung, Pensionsverpflichtungen, Regeln zur betrieblichen Altersversorgung, nachvertragliche Wettbewerbsverbote, Arbeitszeitenregelungen, Arbeitnehmermitbestimmung und Weiterbildungsprogamme.122 6. Environmental Due Diligence Bei der Environmental Due Diligence handelt es sich um eine Form der Due Diligence, die noch relativ neu ist und sich erst in letzter Zeit zunehmender Beliebtheit – nicht nur im Bereich unternehmenssensibler Industrien – erfreut.123 Gleichwohl haben sich in der Praxis bereits gewisse Standards herausbilden können.124 Wie ihr Name bereits verrät, beschäftigt sie sich mit dem Bereich des Umweltrechts und dient der Analyse von Informationen, die Aufschluss über die umweltrechtliche Situation des Unternehmens und bestehende oder absehbare Umweltrisiken geben.125 Im Fokus stehen dabei sowohl die Untersuchung der umweltrelevanten Rechtsverhältnisse des Unternehmens zu Dritten oder zu Sachen als auch die Prüfung interner Umweltrechtsverhältnisse.126 Aufschlussreiches Datenmaterial bilden in dieHassel, S. 24; Labbé / Schirmer, M&A-Review 2008, 565 (565); Picot, HdB. M&A, S. 275; speziell zu arbeitsrechtlichen Aspekten auch Dzida, AnwBl 2013, 159 (159 ff.). 122 Aldering / Högemann, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 573 ff.; Berens / Hoffjan / Strauch, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 130; Gran, NJW 2008, 1409 (1413); Hassel, S. 24; Koch, S. 85; Mutter, in: Gummert, MAH PGesR, § 6 Rn. 351; Picot, HdB. M&A, S. 276; Zirngibl, S. 20, 23; der Legal Due Diligence zuordnend Fritzsche / Hitter, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 518 ff. 123 Ehring, S. 27; Gran, NJW 2008, 1409 (1413); Hassel, S. 21; Zirngibl, S. 21. 124 Gran, NJW 2008, 1409 (1413). 125 Betko / Reiml / Schubert, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 627; Hassel, S. 21; Koch, S. 86; Mutter, in: Gummert, MAH PGesR, § 6 Rn. 352; Picot, HdB. M&A, S. 280; Turiaux / Knigge, BB 1999, 913 (914). 126 Ehring, S. 27; Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 26.
A. Zum Institut der Due Diligence53
sem Zusammenhang beispielsweise Informationen über öffentlich-rechtliche Genehmigungen, die Genehmigungsbedürftigkeit von Anlagen, behördliche oder gerichtliche Bescheide, vorhandene oder in Auftrag gegebene Umweltgutachten, die Morphologie von Betriebsstätten, die Lage der Betriebsstätten, das Vorhandensein von Umwelt-, Emissions-, Störfall- oder Abfallbeauftragten, Entsorgungsnachweise für anfallenden Gewerbeabfall, die ordnungsgemäße Lagerung, Verwendung und Entsorgung von Gefahrstoffen, Vorgaben nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und der Störfallverordnung und Deckungsvorsorgepflichten nach Umwelthaftungsgesetz.127 Zudem sind im Rahmen der Environmental Due Diligence auch bevorstehende oder absehbare Änderungen der Rechtslage in Anbetracht der Vielzahl geltender Umweltgesetze zu beachten.128 7. Intellectual Property / Information Technology / Technical and Logistics Due Diligence Weitere wichtige Formen der Due Diligence sind auch die Intellectual Property, die Information Technology und die Technical and Logistics Due Diligence. Die Intellectual Property Due Diligence dient der Untersuchung der immateriellen Vermögensgegenstände, des Know-How, der gewerb lichen Schutzrechte, Patente, Marken, Handelsmarken und Warenzeichen, Urheberrechte, Lizenzen, Gebrauchs- und Geschmacksmuster129 und erlangt insoweit Bedeutung, als dass sich der Wert des Unternehmens entscheidend auch nach der Werthaltigkeit des geistigen Eigentums des Unternehmens richtet.130 Die Information Technology Due Diligence soll die Bewertung der Qualität der im Unternehmen vorhandenen Informationstechnologie ermöglichen und fokussiert zu diesem Zwecke insbesondere Informationen über die im Unternehmen verwendete Hard- und Software, den Umfang speziell für das Unternehmen entwickelter Software, den Netzwerkplan, die Qualität bestehender Management-Informationssysteme, IT-Lizenzverträge, die Abhängigkeit von IT-Unternehmen und die Internetpräsenz.131 Die Tech127 Betko / Reiml / Schubert, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 628; Böttcher, S. 43; Gran, NJW 2008, 1409 (1413); Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 26; Mutter, in: Gummert, MAH PGesR, § 6 Rn. 352; Picot, HdB. M&A, S. 280. 128 Hassel, S. 21; Picot, HdB. M&A, S. 280; Turiaux / Knigge, BB 1999, 913 (919). 129 Gran, NJW 2008, 1409 (1413); Koch, S. 86; der Legal Due Diligence zuordnend Fritzsche / Hitter, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 524 ff. 130 Zirngibl, S. 22; ausführlich zur Intellectual Property Due Diligence auch Brenner / Knauer / Wömpener, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 6735 ff.; Weidert / Lux / Klüsendorf, AnwBl 2013, 163 (163 ff.). 131 Böttcher, S. 44; Gran, NJW 2008, 1409 (1414); Koch / Menke, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 673 ff.; Picot, HdB. M&A, S. 282; ausführlich zur Informa
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Teil 1: Das Institut der Due Diligence und der Gang der Untersuchung
nical and Logistics Due Diligence befasst sich schließlich mit den logistischen Gegebenheiten und technischen Entwicklungspotenzialen des Unternehmens.132 In der Sache geht es hierbei um die Analyse der Modernität und der technischen Ausstattung der Betriebsstätten, des Werkverkehrs, der Supply Chain, der regulatorischen Vorgaben für Betriebsabläufe und der Abhängigkeit von externen Logistikunternehmen.133 8. Cultural / Psychological Due Diligence Schließlich lassen sich noch die Cultural und die Psychological Due Diligence als spezielle Ausprägungen der Due Diligence benennen. Die Cultural Due Diligence beschäftigt sich mit Fragestellungen der Unternehmenskultur, der gesellschaftlichen Akzeptanz des Unternehmens oder der Unterstützung der Belegschaft bei der Überwindung kultureller Unterschiede, die für den Betriebsfrieden und den flüssigen Ablauf der Arbeitsprozesse innerhalb des Unternehmens von wesentlicher Bedeutung sind.134 Die Psychological Due Diligence geht in eine ähnliche Richtung. Sie dient der Untersuchung der Mitarbeitermotivation, der Ethik und der Philosophie des Unternehmens, dem Betriebsklima und dem Ablauf der internen Kommunikation.135
V. Due Diligence als Teil des Akquisitionsprozesses Nachdem vorausgehend bereits die Primärfunktionen der Due Diligence identifiziert und die Haupterscheinungsformen der Due Diligence kurz dargestellt wurden, stellt sich schließlich die Frage der Einordnung der Due Diligence in den gewöhnlichen Akquisitionsprozess. tion Technology Due Diligence auch Weidert / Lux / Klüsendorf, AnwBl 2013, 163 (163 ff.). 132 Beisel, in: Beisel / Klumpp, Der Unternehmenskauf, Kap. 2 Rn. 8; Berens / Hoffjan / Strauch, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 137; Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 28; Mutter, in: Gummert, MAH PGesR, § 6 Rn. 353. 133 Beisel, in: Beisel / Klumpp, Der Unternehmenskauf, Kap. 2 Rn. 8; Böttcher, S. 44; Gran, NJW 2008, 1409 (1414); Mutter, in: Gummert, MAH PGesR, § 6 Rn. 353; Zirngibl, S. 24. 134 Gran, NJW 2008, 1409 (1413); Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 27; Koch, S. 86; Picot, HdB. M&A, S. 275; zur Bedeutung bei Unternehmenstransaktionen Blöcher, M&A-Review 2008, 234 (234 ff.); Böttcher, S. 44; Ehring, S. 27; Hassel, S. 24; Högemann, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 599 ff. 135 Picot, HdB. M&A, S. 276 (diese Aspekte der Human Resources Due Diligence zuordnend); Zirngibl, S. 24.
A. Zum Institut der Due Diligence55
1. Zeitpunkt der Due Diligence Von maßgeblicher Bedeutung ist insofern zunächst der Zeitpunkt, zu dem die Due Diligence durchgeführt wird beziehungsweise werden soll. Dieser kann von Transaktion zu Transaktion variieren und richtet sich nach den Interessen der Vertragsparteien. Denkbar sind in diesem Zusammenhang allerdings im Wesentlichen drei Strategien.136 Zunächst kann die Durchführung der Due Diligence im Vorfeld der Unterzeichnung und des Abschlusses des Kaufvertrags erfolgen.137 In Anbetracht der aufgezeigten Funktionen der Due Diligence, namentlich der Wertermittlungsfunktion einerseits und der Risikoermittlungs- und Gewährleistungsfunktion andererseits, dürfte es sich bei dieser sogenannten pre acquisition Due Diligence um den Regelfall handeln.138 Denn nur, wenn die entsprechenden Informationen im Vorfeld der geplanten Transaktion zu Tage gefördert werden, können sie als Grundlage der Vertragsverhandlungen fungieren und im Rahmen der Vertragsgestaltung Berücksichtigung finden. Weiterhin besteht aber auch die Möglichkeit, die Durchführung der Due Diligence in den Zeitraum nach Abschluss des Kaufvertrags – sogenanntes signing –, aber im Vorfeld der dinglichen Abwicklung – sogenanntes closing – zu legen.139 Die Aktiengesellschaft als diejenige, die die zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Informationen bereitstellt, wird diese Vorgehensweise oftmals begrüßen, da dem potenziellen Erwerber erst zu einem Zeitpunkt Zugang zu sensiblen Informationen gewährt wird, wo der Vertragsabschluss schon erfolgt und ein Scheitern der Transaktion entsprechend nicht mehr zu erwarten ist.140 Für den potenziellen Erwerber ist eine derartige post acquisition Due Diligence von Vorteil, da die Durchführung der Due Diligence zumeist mit erheblichen Kosten verbunden ist und diese Kosten hier erst dann anfallen, wenn auf Grund des Kaufvertrags bereits eine rechtliche Bindung besteht und er
136 Berens / Schmitting / Strauch, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 79: „The t iming of the due diligence exercise varies … It may occur bevore an agreement of purchase and sale is signed, after an agreement of purchase and sale is signed but bevor closing, or after closing with a post-closing adjustment.“ 137 Berens / Schmitting / Strauch, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 79; Hassel, S. 25 (sogar auf drei Zeitpunkte abstellend); Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 41; Koch, S. 105; Merkt, WiB 1996, 146 (147); Picot, in: MAH GmbHR, § 21 Rn. 61; Pollanz, BB 1997, 1351 (1354); Zirngibl, S. 13. 138 So ausdrücklich beispielsweise Zirngibl, S. 13, unausgesprochen aber auch der Großteil der Literatur. 139 Berens / Schmitting / Strauch, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 79; Merkt, WiB 1996, 146 (147); Picot, in: MAH GmbHR, § 21 Rn. 61; Pollanz, BB 1997, 1351 (1354); Zirngibl, S. 14. 140 Godefroid, FLF 2000, 46 (47); Hassel, S. 26; Zirngibl, S. 14.
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Teil 1: Das Institut der Due Diligence und der Gang der Untersuchung
davon ausgehen kann, dass die Transaktion zustande kommt.141 Nachteilhaft ist demgegenüber allerdings der Umstand, dass die Due Diligence in dieser Konstellation im Regelfall ihrer Wertermittlungs- und Gewährleistungsfunktion beraubt wird. Etwas Anderes mag im Einzelfall nur dann gelten, wenn der Kaufpreis im Kaufvertrag noch offen gelassen beziehungsweise variabel ausgestaltet wurde.142 Schließlich kann die Due Diligence auch erst nach Vollzug des Kaufvertrags und dinglicher Abwicklung der Transaktion er folgen. Eine Wertermittlungs- beziehungsweise Gewährleistungsfunktion kommt ihr in diesem Fall definitiv nicht mehr zu. Durchgeführt wird sie zu diesem Zeitpunkt vielmehr vor allen Dingen deshalb, um die im Rahmen des Vertrags festgelegten Konditionen einer Überprüfung zu unterziehen und Mängel, die eine Gewährleistungshaftung auslösen zu identifizieren oder im Falle des Unternehmenskaufs die Integration des Unternehmens vorzubereiten.143 2. Die pre acquisition Due Diligence im Transaktionsprozess Steht damit fest, dass die Due Diligence zumeist im Vorfeld der Unterzeichnung und des Abschlusses des Kaufvertrags erfolgt, stellt sich schließlich die Frage, wie eine Transaktion für gewöhnlich abläuft und wie die Due Diligence innerhalb dieses Prozesses einzuordnen ist. Im Wesentlichen lässt sich ein Transaktionsvorhaben in drei Phasen untergliedern.144 Die erste Phase des Transaktionsprozesses wird dadurch eingeleitet, dass die potenziellen Vertragsparteien erste vorbereitende Sondierungsgespräche führen und unter Umständen bereits Berater wie Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte oder andere Sachverständige beauftragen, die den weiteren Fortgang der Transaktion begleiten sollen.145 Zugleich werden in diesem Zeitraum seitens des potenziellen Erwerbers bereits erste Informationen über das Unternehmen eruiert und gesichtet.146 Der Fokus liegt hierbei allerdings in Anbetracht des frühen Stadiums, in dem sich die Vertragsverhandlungen befinden, zunächst auf der Heranziehung öffentlich verfügbarer Informationen über das Unternehmen. Als Quellen fungieren beispielsweise der Jah141 Hassel,
S. 26; Zirngibl, S. 14. S. 14; ähnlich Wegen, WiB 1994, 291 (291). 143 Godefroid, FLF 2000, 46 (47); Gunßer, in: GmbH-Geschäftsführung, § 36 Rn. 20; Hassel, S. 27; Werner ZIP 2000, 989 (995); Zirngibl, S. 14. 144 Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (436); in noch mehr Phasen untergliedernd Krüger / Kalbsfleisch, DStR 1999, 174 (174); Zirngibl, S. 14. 145 Berens / Mertes / Strauch, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 46; Koch, S. 105; Krüger / Kalbsfleisch, DStR 1999, 174 (174) Zirngibl, S. 14. 146 Oppenländer, GmbHR 2000, 535 (535); Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (436). 142 Zirngibl,
A. Zum Institut der Due Diligence57
resabschluss – bestehend aus der Bilanz und der Gewinnverlustrechnung – und der Lagebericht des Unternehmens, die gemäß § 325 i. V. m. 242 Abs. 3 HGB beziehungsweise § 325 HGB i. V. m. 289 HGB im Bundesanzeiger veröffentlicht sind, Auszüge aus öffentlichen Registern wie dem Handelsregister gemäß § 9 Abs. 1 HGB oder aus faktisch öffentlich zugänglichen Registern wie dem Grundbuchregister gemäß § 12, 12a GBO, Finanzberichte, Research Reports, Roadshow Präsentationen, Ad-hoc- oder Stimmrechtsmitteilungen oder die Satzung der Gesellschaft.147 Verlaufen die ersten Gespräche zwischen den potenziellen Vertragsparteien und die erste Analyse der verfügbaren Informationen zufriedenstellend und verfestigt sich in der Folge das Interesse an der Vornahme der anvisierten Transaktion, unterfertigen die Parteien einen Letter of Intent, der die Beziehungen zwischen diesen weiter verdichtet, die wesentlichen Eckdaten der Transaktion regelt und den weiteren Verlauf des Transaktionsprozesses abzeichnet. Zudem werden in diesem Stadium regelmäßig auch bereits umfangreiche Verschwiegenheitsverpflichtungen getroffen.148 Die zweite Phase betrifft den Zeitraum zwischen dem Abschluss des Letter of Intent und dem eigentlichen Vertragsabschluss. Sie ist für den weiteren Fortgang des Transaktionsprozesses von maßgeblicher Bedeutung, da der potenzielle Erwerber nunmehr die Gesellschaft um die Durchführung einer Due Diligence ersuchen wird.149 Dies erfolgt typischerweise dadurch, dass er Due Diligence-Checklisten mit Fragen zu den ihn interessierenden Sachgebieten der Gesellschaft übermittelt. Die Gesellschaft wird daraufhin über die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Informationen entscheiden und diese dem potenziellen Erwerbers in gesonderten Räumen – sogenannte physical data rooms – oder über ein Computernetzwerk – sogenannte virtual data rooms – zur Verfügung stellen150, damit sich dieser ein umfassendes Bild über den status quo des Unternehmens machen, dessen Stärken und Schwächen identifizieren, die Chancen und Risiken der geplanten Investition eruieren und die Erfolgsaussichten im Hinblick auf die Realisierung der strategischen Ziele prognostizieren kann. Parallel zur Due Diligence führen die Vertragsparteien zudem die eigentlichen Vertragsverhandlungen fort und ergänzen das Vertragswerk 147 Eggenberger,
S. 74; Koch, S. 108; Spill, DStR 1999, 1786 (1787). in: DD beim Unternehmenskauf, S. 47; Krüger / Kalbsfleisch, DStR 1999, 174 (174); Oppenländer, GmbHR 2000, 535 (535); Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (436); Zirngibl, S. 15; vgl. hierzu auch noch ausführlicher S. 263 ff. 149 Koch, S. 105; Krüger / Kalbsfleisch, DStR 1999, 174 (174); Oppenländer, GmbHR 2000, 535 (535); Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (436); Wegmann / Koch, DStR 2000, 1027 (1028); Zirngibl, S. 15. 150 Vgl. hierzu auch noch ausführlicher Teil 2, A. VIII. 5. i) cc). 148 Berens / Mertes / Strauch,
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Teil 1: Das Institut der Due Diligence und der Gang der Untersuchung
um weitere relevante Regelungen wie Gewährleistungsvereinbarungen oder Garantien.151 Konnte der potenzielle Erwerber die Due Diligence zu seiner Zufriedenheit abschließen und sind die Vertragsverhandlungen soweit fortgeschritten, dass die Vertragsparteien zu einer Einigung über die wesentlichen Eckpunkte des Kaufvertrags gelangt sind, so mündet der Transaktionsprozess schließlich in seine dritte Phase. Diese ist im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet, dass die Parteien den eigentlichen Kaufvertrag abschließen und im Anschluss die Transaktion dinglich vollziehen.152 In der Sache geht es hierbei um die Vornahme aller zum Vollzug des Rechtsgeschäfts vorzunehmenden Rechtshandlungen, also insbesondere die Abtretung der Beteiligung.153
B. Gang der Untersuchung Bestehen heute keinerlei Zweifel mehr daran, dass sich das Institut der Due Diligence als Analysestandard im nationalen und internationalen Transaktionskontext etabliert hat, so lässt sich gleichfalls allerdings feststellen, dass der Vorgang der Bereitstellung der Informationen, die zur Durchführung einer Due Diligence erforderlich sind, mit einigen rechtlichen Fragestellungen verbunden ist, die sich nicht ohne Weiteres beantworten lassen und trotz der vermehrten Befassung der Literatur mit dem Institut der Due Diligence bislang noch keiner näheren Betrachtung unterzogen wurden. In der Literatur wurde der Vorgang der Bereitstellung von Informationen durch den Vorstand einer Aktiengesellschaft zu Zwecken der Durchführung einer Due Diligence bislang überwiegend als Vorbereitungsmaßnahme im Rahmen von Unternehmenskäufen aus einem zivilrechtlichen Blickwinkel, in diesem Kontext allerdings bereits recht umfangreich begutachtet und einer rechtlichen Bewertung zugeführt.154 In diesem Zusammenhang galt die Auf151 Koch,
S. 105; Krüger / Kalbsfleisch, DStR 1999, 174 (174). in: DD beim Unternehmenskauf, S. 51; Krüger / Kalbsfleisch, DStR 1999, 174 (174); Oppenländer, GmbHR 2000, 535 (535); Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (436); Zirngibl, S. 15. 153 Zirngibl, S. 15. 154 Vgl. hierzu nur die Monographien Eggenberger, Gesellschaftsrechtliche Voraussetzungen und Folgen einer due-diligence Prüfung, Frankfurt am Main 2001; Liekefett, Due Diligence bei M&A-Transaktionen, Voraussetzungen und Grenzen bei Börsengängen, Fusionen, Übernahmen, Beteiligungskäufen, Private Equity und Joint Ventures, Berlin 2005; Zirngibl, Die Due Diligence bei der GmbH und bei der Aktiengesellschaft, Die Geschäftsführungsorgane im Konflikt zwischen Geheimhaltung und Informationsoffenlegung, Berlin 2003 und die in den nachfolgenden Fußnoten angeführten Veröffentlichungen. 152 Berens / Mertes / Strauch,
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merksamkeit insbesondere Fragen wie der Verletzung der zivilrechtlichen Geheimhaltungspflicht nach § 93 Abs. 1 S. 3 AktG155 oder des wertpapierhandelsrechtlichen Weitergabeverbots nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG156, der Pflicht des Vorstands der Erwerbergesellschaft zur Durchführung einer Due Diligence nach § 93 Abs. 1 S. 1 AktG157 oder dem Ausschluss der gesetzlichen Gewährleistung nach § 442 BGB in Folge des Unterlassens einer Due Diligence158. Die vorliegende Untersuchung weicht demgegenüber in ihrer Zielsetzung in zweierlei Hinsicht von dieser Ausrichtung des Untersuchungsgegenstands ab. Zum einen bildet vorliegend nicht die Preisgabe von Informationen im Vorfeld eines Unternehmenskaufs, sondern die Bereitstellung dieser im Vorfeld einer sogenannten Pakettransaktion den Anknüpfungspunkt der nachfolgenden Erörterungen. Unter einer Pakettransaktion – zum Teil auch als Pakethandel bezeichnet – versteht man den privat ausgehandelten, außerbörslichen Erwerb einer großen Aktienanteilsmenge in Form eines Aktienpakets durch einen oder mehrere Aktionäre, der nicht zu einem Kontrollwechsel in der jeweiligen Gesellschaft führt, faktisch aber zumeist eine Einflussnahme auf diese ermöglicht und daher regelmäßig von strategischen 155 Beisel, in: Beisel / Klumpp, Der Unternehmenskauf, Kap. 2 Rn. 24; Bihr, BB 1998, 1198 (1199); Bruse / Keinath, in: FS Pöllath & Partners, S. 363 (367); Eggenberger, S. 103, 104; Kiethe, NZG 1999, 976 (977); Kirchner / Iversen, NZG 2008, 921 (921); Krömker, S. 22; Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (499); Mertens, AG 1997, 541 (545, 546); Müller, NJW 2000, 3452 (3454); Oppenländer, GmbHR 2000, 535 (536); Rittmeister, M&A Review 2008, 528 (530); Roschmann / Frey, AG 1996, 449 (449); Rubner, KSzW 2011, 412 (413); Schroeder, DB 1997, 2161 (2162); Stoffels, ZHR 165 (2001); 362 (374); Traugott, BB 2001, 2277 (2279); Treeck in FS: Fikentscher, 434 (444); Wardenbach, KSzW 2011, 389 (390); Ziegler, DStR 2000, 249 (252, 253). 156 Assmann, AG 1997, 50 (56); Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (647); Eggenberger, S. 315; Hasselbach, NZG 2004, 1087 (1089); Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (283); Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 61; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (153); Jäger, JZ 2003, 1048 (1053); Kemnitz, S. 46; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 304; Rittmeister, NZG 2004, 1032 (1035); Roschmann / Frey, AG 1996, 449 (454); Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 137; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 14 WpHG Rn. 15; Zirngibl, S. 223–225. 157 Böttcher, NZG 2007, 481 (484); Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (276); Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, 135 (147); Kiethe, NZG 1999, 976 (982); Körber, NZG 2002, 263 (264); Krömker, M&A-Review 2008, 201 (202); Rittmeister, M&AReview 2008, 578 (582); Schiffer / Bruß, BB 2012, 847 (848); Storck, FB 2004, 363 (364); Wardenbach, KSzW 2011, 389 (390); Werner, ZIP 2000, 989 (990, 996). 158 Krömker, M&A-Review 201 (202); Müller, NJW 2004, 2196 (2197); Rittmeister, NZG 2004, 1032 (1032); ders., M&A-Review 2008, 578 (579); Schiffer / Bruß, BB2012, 847 (848); Storck, FB 2004, 363 (367); Westermann, ZHR 169 (2005), 248 (264).
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Teil 1: Das Institut der Due Diligence und der Gang der Untersuchung
Investoren getätigt wird.159 Die Bereitstellung von Informationen im Rahmen dieser Transaktionsform ist mit einigen spezifischen Fragestellungen verbunden, die insoweit einer besonderen Erörterung bedürfen. Zum anderen beschäftigt sich die vorliegende Untersuchung nicht mit zivilrechtlichen, sondern mit straf- und ordnungswidrigkeitenrechtlichen Überlegungen im Hinblick auf die Bereitstellung von Informationen zu Zwecken der Durchführung der Due Diligence. Dabei sollen die spezialgesetzlichen Strafvorschriften und Ordnungswidrigkeitentatbestände des Lauterkeitsrechts, des Aktienrechts und des Wertpapierhandelsrechts im Fokus der Betrachtung stehen. Als Erstes widmet sich die vorliegende Arbeit der Untersuchung der Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 17 Abs. 1 UWG wegen Verrats von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Dabei stehen schwerpunktmäßig drei Fragestellungen im Vordergrund der Erörterungen. Zunächst geht die Untersuchung der Frage nach, ob Vorstandsmitglieder als Mitglieder des leitungs- und geschäftsführungsbefugten Organs der Aktiengesellschaft „bei einem Unternehmen beschäftigte Personen“ und damit überhaupt taugliche Täter des Geheimnisverrats darstellen können.160 In diesem Zusammenhang bemüht sie sich um eine vollumfängliche Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals und einen Blick über den Tellerrand hinaus auf gegenwärtige europarechtliche Entwicklungen. Des Weiteren befasst sie sich mit der Fragestellung, ob die Informationen, die zu Zwecken der Durchführung der Due Diligence dem potenziellen Erwerber bereitgestellt werden, Geschäftsoder Betriebsgeheimnisse darstellen, was wiederum eine Identifikation der begriffskonstituierenden Merkmale des Geheimnisbegriffs und eine dezi159 Bussian, S. 17, Koch, S. 101; der im Übrigen unter Verweis auf Federlin, S. 118 zutreffend darauf hinweist, dass der Begriff des Pakethandels von demjenigen des Blockhandels abzugrenzen ist. Anders als der Begriff des Pakethandels beschreibt dieser allein die zahlenmäßig bestimmte Größe eines Aktienpakets. Seine Bedeutung beschränkt sich hierbei auf die Abwicklung des Geschäfts und die Ermittlung der anfallenden Gebühren; zu einer anderen Begriffsbestimmung des Blockhandels Koch, S. 101. 160 Oftmals dürfte sich die Due Diligence so gestalten, dass der Vorstand als Kollegialorgan über die Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse entscheidet und die Mitteilung der Informationen delegiert. Im Einzelnen kann sich die Ermittlung der Strafbarkeit des einzelnen Vorstandsmitglieds im Hinblick auf Täterschaft, Kausalität und objektive Zurechnung als schwierig darstellen, wenn man an die Problematik der Kollegialentscheidung und der Aufgabendelegation denkt. Aus Gründen der Schwerpunktsetzung und Vereinfachung wird unter Verzicht auf diese Problematik davon ausgegangen, dass alle Vorstandsmitglieder für die Durchführung der Due Diligence gestimmt haben und die Bereitstellung ebenfalls durch die Vorstandsmitglieder erfolgt. Vgl. zur Problematik der Kollegialentscheidung Freund, in: MüKo StGB, Bd. 2, Vorbe. §§ 13 ff. Rn. 346 und die Literaturnachweise in Rn. 347; Raum, in: Wabnitz / Janovsky, 4. Kapitel, Rn. 27 ff.; Schilha, S. 362 ff.
B. Gang der Untersuchung61
dierte Analyse und Konkretisierung dieser Merkmale voraussetzt, da eine Legaldefinition des Begriffs nicht existiert und einzelne Merkmale in Rechtsprechung und Literatur kontrovers diskutiert werden. Dabei steht neben der umfassenden Analyse vor allem auch die Überlegung im Raum, ob der Geheimnisträger den Geheimnischarakter der Informationen durch die Bildung eines Offenbarungswillens aufheben kann, wer für die Bildung eines entsprechenden Willens zuständig wäre und ob im Kontext der Due Diligence ein entsprechender Wille vorliegen könnte. Schließlich und maßgeblich ist die Untersuchung im Rahmen des § 17 Abs. 1 UWG darauf gerichtet, ob die Bereitstellung der Informationen zu Zwecken der Durchführung einer Due Diligence unbefugt erfolgt. Das Augenmerk liegt in diesem Zusammenhang auf der dogmatischen Einordnung des Merkmals der mangelnden Befugnis und der Möglichkeit des Vorliegens einer Einwilligung in die Bereitstellung, die einige Fragestellungen aufwirft. Insbesondere die Identifikation des Dispositionsbefugten und die Reichweite der Einwilligungsbefugnis beziehungsweise die Voraussetzungen, die an die Wirksamkeit der Einwilligung im Kontext der Due Diligence zu stellen sind, bilden den maßgeblichen Gegenstand dieses Prüfungsschrittes. Anknüpfend an § 17 Abs. 1 UWG erfolgt die Untersuchung der Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG. Dies deshalb, da auch diese Vorschrift den Verrat von Geheimnissen unter Strafe stellt und dementsprechend einige Überschneidungen zu den im Rahmen des § 17 Abs. 1 UWG erarbeiteten Erkenntnisse zu erwarten sind. Der Fokus der Prüfung richtet sich an dieser Stelle vor allen Dingen auf die Unterschiede der beiden Strafvorschriften. So lässt sich beispielsweise feststellen, dass § 17 Abs. 1 UWG nur das Geschäfts- und Betriebsgeheimnis als Angriffsobjekte erfasst, § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG hingegen vom „Geheimnis der Gesellschaft, namentlich Betriebs- und Geschäftsgeheimnis“ spricht. Des Weiteren steht auch die Frage im Raum, ob § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG in Anlehnung an die zivilrechtliche Verschwiegenheitspflicht des § 93 Abs. 1 S. 3 AktG auch vertrauliche Angaben als Handlungsobjekte erfasst und dementsprechend über einen im Verhältnis zu § 17 Abs. 1 UWG noch weiteren Anwendungsbereich verfügt. Schließlich befasst sich die Untersuchung wie im Rahmen des § 17 Abs. 1 UWG mit der Frage, ob die Bereitstellung der Informationen unbefugt erfolgt. Die weitere Untersuchung widmet sich straf- und ordnungswidrigkeitenrechtlichen Vorschriften des Wertpapierhandelsrechts. Zunächst steht hier als Pendant zu den Straftatbeständen des Geheimnisverrats die Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder wegen Mitteilens oder Zugänglichmachens von Insider informationen gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG im Vordergrund. Analog zum vorausgehenden Prüfungsaufbau geht es auch hier zunächst wiederum um die
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Teil 1: Das Institut der Due Diligence und der Gang der Untersuchung
Frage der Tätertauglichkeit der Vorstandsmitglieder. Weiterhin befasst sich die Untersuchung mit der Fragestellung, ob die Informationen, die zu Zwecken der Durchführung der Due Diligence dem potenziellen Erwerber bereitgestellt werden, Insiderinformationen darstellen. Anders als im Hinblick auf den Geheimnisbegriff existiert in § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG eine Legaldefinition, sodass an dieser Stelle „lediglich“ eine nähere Konkretisierung und Auslegung der begriffskonstituierenden Merkmale erforderlich ist, die allerdings ebenso wie im Kontext des Geheimnisbegriffs in Anbetracht bestehender Meinungsverschiedenheiten in Rechtsprechung und Literatur eines gewissen Erörterungsaufwands bedarf. Schließlich steht auch an dieser Stelle die Untersuchung der Frage im Fokus, ob die Bereitstellung der Informationen als unbefugt zu qualifizieren ist, was allerdings nicht wie im Rahmen der § 17 Abs. 1 UWG und § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG mit der Überlegung des Vorliegens einer Einwilligung verbunden ist, sondern in Anbetracht der europarechtlichen Wurzeln des WpHG auf Basis einer richtlinienkonformen Auslegung des Merkmals analysiert wird. Im Anschluss an die Untersuchung der Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder wegen Verletzung des Weitergabeverbots geht die vorliegende Untersuchung kurz auf die Strafbarkeit wegen Empfehlens oder Verleitens zum Erwerb oder zur Veräußerung von Wertpapieren auf Grundlage einer Insider information gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 4 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG ein. Den Kernaspekt dieser Prüfung bildet die Frage, ob die Vorstandsmitglieder den potenziellen Erwerber durch die Bereitstellung der zu Zwecken der Durchführung der Due Diligence erforderlichen Informationen zum Erwerb des Aktienpakets verleiten. Schließlich beschäftigt sich die vorliegende Untersuchung – nicht mehr ganz die rechtliche Bewertung der Weitergabe der Informationen an sich betreffend, aber im Kontext mit dieser stehend – mit der Frage des Vorliegens einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG wegen Nichtnachkommens einer Publizitätspflicht. Dabei geht es zunächst um die Publizitätspflicht nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG, die im Hinblick auf drei unterschiedliche Anknüpfungspunkte untersucht wird: zum einen (1) die bevorstehende Pakettransaktion beziehungsweise die mit ihr verbundene Veränderung der Aktionärsstruktur; zum anderen (2) die einzelnen Stationen hin zur bevorstehenden Transaktion, insbesondere die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der Informationen und deren erfolgreiche Durchführung; und schließlich (3) diejenigen Informationen, die der Vorstand zu Zwecken der Durchführung der Due Diligence zugunsten des potenziellen Erwerbers bereitstellt. In diesem Kontext befasst sich die Untersuchung vor allen Dingen mit der Frage, inwieweit die benannten Sachverhalte überhaupt den Gegenstand einer publizitätspflichtigen Insiderinformation darstellen können und ab welchem Zeitpunkt vom Vorliegen einer
B. Gang der Untersuchung63
entsprechenden Information ausgegangen werden kann. Daneben geht sie schwerpunktmäßig auf die Frage ein, ob eine vorübergehende Befreiung von der Publizitätspflicht nach § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG im Hinblick auf die herausgearbeiteten Insiderinformationen in Betracht kommt, was wiederum eine nähere Erörterung der Voraussetzungen des Befreiungstatbestands erfordert, zumal auch an dieser Stelle in Rechtsprechung und Literatur einzelne Merkmale kontrovers diskutiert werden. Neben § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG fokussiert die vorliegende Untersuchung weiterhin die Publizitätspflicht gemäß § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG im Hinblick auf die zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informa tionen. Diese Vorschrift ist durch einige Ungereimtheiten geprägt und wird von Teilen der Literatur als konzeptionell verfehlt erachtet. Im Fokus der Untersuchung steht an dieser Stelle zunächst die Frage, inwieweit § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG neben § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG überhaupt eigenständige Bedeutung erlangt, was maßgeblich davon abhängt, ob sie wie § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG ausschließlich Insiderinformationen erfasst, die den Emittenten unmittelbar betreffen, oder auch solche einer Veröffentlichungspflicht unterwirft, die diesen lediglich mittelbar betreffen. Daneben gewinnt vor allen Dingen die Fragestellung an Bedeutung, welche Voraussetzungen an das Vorliegen einer Pflicht zur Vertraulichkeit des Empfängers der Informationen zu knüpfen sind. Nachdem die vorliegende Untersuchung die lauterkeits-, aktien- und ertpapierhandelsrechtlichen Vorschriften und die Frage nach einem strafw beziehungsweise ordnungswidrigkeitenrechtlich relevantem Verhalten der Vorstandsmitglieder der Aktiengesellschaft erörtert hat, erfolgt eine Zusammenfassung der wesentlichen Erkenntnisse. Zu guter Letzt ist schließlich der Blick auf absehbare Entwicklungen der Rechtslage gerichtet, da sich bereits jetzt Gesetzesänderungen sowohl im Bereich des Geheimnisschutzes als auch im Bereich des Wertpapierhandelsrechts abzeichnen und diese eine Neubewertung des untersuchten Sachverhalts in Zukunft erforderlich machen könnten.
Teil 2
Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen A. Zur Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 17 Abs. 1 UWG Durch die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der hierzu erforderlichen Informationen im Vorfeld einer geplanten Pakettransaktion könnten sich die Vorstandsmitglieder der Aktiengesellschaft zunächst gemäß § 17 Abs. 1 UWG strafbar machen. Hiernach wird derjenige mit Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, der als eine bei einem Unternehmen beschäftigte Person ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis, das ihr im Rahmen des Dienstverhältnisses anvertraut oder zugänglich geworden ist, während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses an jemand zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen, unbefugt mitteilt.
I. Allgemeines 1. Ein kurzer Überblick über die historische Entwicklung des § 17 Abs. 1 UWG161 Während der strafrechtliche Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen in anderen Ländern wie Frankreich bereits seit Anbeginn der Gewerbefreiheit gewährleistet ist162, mangelte es sowohl dem preussischen Strafgesetzbuch von 1851 als auch dem daran anknüpfenden Reichsstrafgesetzbuch von 1871 an entsprechenden Vorschriften, obwohl in früheren Partiku161 Ein ausführliche Darstellung zur historischen Entwicklung findet sich in: Aldoney, S. 91 ff.; Arians, S. 307 (347 ff.); Krüger, S. 6 ff.; Schafheutle, S. 22 ff.; Tuffner, S. 9 ff.; Wawrzinek, S. 45 ff.; zum Grundrechtsschutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen vgl. BGH NJW 1955, 628 (629); Kloepfer / Greve, NVwZ 2011, 577 (577–579) m. w. N.; Stancke, BB 2013, 1418 (1419); Wolff, NJW 1997, 98 ff. 162 Art. 418 Code Pénal 1804; Krüger, S. 6, 7; Pfeiffer, in: FS Nirk, S. 861 (861); Wawrzinek, S. 45, 46.
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)65
largesetzen solche bereits enthalten waren.163 Dass es eines gesteigerten Schutzes von Wirtschaftsgeheimnissen bedurfte, war jedoch im Rahmen zunehmender Industrialisierung und wachsenden Wettbewerbs in weiten Teilen anerkannt. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass vorhandene Strafvorschriften wie §§ 242, 246 StGB beziehungsweise §§ 259, 263, 266 StGB nur bedingt geeignet waren, dem Problem des Geheimnisverrats in angemessener Weise Einhalt zu gebieten.164 Doch erst das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 27.05.1896 regelte erstmals den Geheimnisverrat einheitlich für das gesamte Deutsche Reich.165 Die heutige Version des § 17 Abs. 1 UWG entspricht weitestgehend derjenigen des UWG vom 07.06.1909, wonach derjenige mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe bis zu 5000 Mark oder mit einer dieser Strafen bestraft wurde, der als Angestellter, Arbeiter oder Lehrling eines Geschäftsbetriebes Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse, die ihm vermöge des Dienstverhältnisses anvertraut oder sonst zugänglich geworden sind, während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses unbefugt an andere zu Zwecken des Wettbewerbs oder in der Absicht, dem Inhaber des Geschäftsbetriebes Schaden zuzufügen, mitteilte.166 Eine erste Änderung erfuhr die 163 Siehe dazu die Anlage zu Reichstag, Anl. Bd. I, Nr. 35, Aktenstück Nr. 35 (3.12.1895), Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs, S. 98 (111); Arians, S. 307 (347, 348); Krüger, S. 7, 8; Nastelski, GRUR 1957, 1 (2); Schafheutle, S. 22, 23; Schmidt, in: Verhandlungen des 36. DJT, S. 101 (160); Tuffner, S. 9; Wawrzinek, S. 48. 164 Schmidt, in: Verhandlungen des 36. DJT, S. 101 (164). 165 Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 1; Erdmann, in: Gloy / Loschelder / Erdmann, WettbewerbsR, § 1 Rn. 5; Föbus, S. 31; Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 1; Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 3; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 1; Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 3; Otto, GK-UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 1; Schafheutle, S. 31; Taeger, S. 28; Tuffner, S. 9; Wawrzinek, S. 51; § 9 Abs. 1 UWG 1896 lautete: Mit Geldstrafe bis zu dreitausend Mark oder mit Gefängnis bis zu einem Jahr wird bestraft, wer 1. als Angestellter, Arbeiter oder Lehrling eines Geschäftsbetriebs Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, die ihm vermöge des Dienstverhältnisses anvertraut oder sonst zugänglich geworden sind, während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses oder 2. wer Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, die ihm als Angestellten, Arbeiter oder Lehrling eines Geschäftsbetriebs gegen die schriftliche, den Gegenstand des Geheimnisses ausdrücklich bezeichnende und für einen bestimmten Zeitraum gegebene Zusicherung der Verschwiegenheit anvertraut worden sind, dieser Zusicherung entgegen nach Ablauf des Dienstvertrags unbefugt an andere zu Zwecken des Wettbewerbs oder in der Absicht, dem Inhaber des Geschäftsbetriebs Schaden zuzufügen, mitteilt. 166 Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 1; Harte-Bavendamm, in: Gloy / Loschelder / Erdmann, WettbewerbsR, § 77 Rn. 3; Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 4, 5; Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 2; Schafheutle, S. 33; Taeger, S. 29; Tuffner, S. 10; Wawrzinek, S. 52.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
Vorschrift zunächst durch die Notverordnung von 1932. Hierdurch wurde der „Eigennutz“ als weiteres Absichtsmerkmal und Verratsmotiv eingeführt, das Tatbestandsmerkmal „an andere“ durch „an jemand“ ersetzt und der Strafrahmen von einem auf drei Jahre angehoben. Des Weiteren stellte man auch den Auslandsverrat und den untauglichen Versuch des Geheimnisverrats in § 17 Abs. 3, 4 UWG a. F. unter Strafe.167 Im Zuge des im Jahre 1986 in Kraft getretenen Zweiten Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität (2. WiKG) erfolgte eine weitere Ergänzung der Absichtsmerkmale um das Mitteilen des Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses „zugunsten eines Dritten“. Zudem wurde auch die Strafbarkeit des (tauglichen) Versuchs eingeführt und der Auslandsverrat als Regelbeispiel eines besonders schweren Falls des Geheimnisverrats umgestaltet.168 Eine redaktionelle Überarbeitung des § 17 Abs. 1 UWG resultierte schließlich aus der UWG-Reform im Jahre 2004, durch die die Täterumschreibung „Angestellte, Arbeiter oder Lehrlinge eines Geschäftsbetriebs“ durch das Merkmal der „bei einem Unternehmen beschäftigten Person“ ersetzt wurde.169 Daneben stellt nunmehr auch die Fallgruppe des gewerblichen Handelns mit Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen einen besonders schweren Fall im Sinne des § 17 Abs. 4 UWG dar.170 Hingewiesen sei an dieser Stelle zudem auf das für Deutschland verbindliche Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte am geistigen Eigentum („TRIPS-Abkommen“), das am 01.01.1995 in Kraft trat und erstmals auf internationaler Ebene den Schutz nicht offenbarter Informationen vorsieht.171 Nach dessen Art. 39 Abs. 2 haben natürliche und juristische 167 Arians, S. 307 (349); Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 1; Wawrzi nek, S. 55. 168 Aldoney, S. 99; Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 1; Wawrzinek, S. 61. 169 Vgl. Aldoney, S. 100; Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 1; Ditt rich, in: Müller-Gugenberger / Bienek, WStR, § 33 Rn. 45; Föbus, S. 32; Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 6–8; Möhrenschläger, in: Wabnitz / Janovsky, Kap. 15 Rn. 2; Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 3; Wawrzinek, S. 61, 64; so auch BT-Drucks. 15 / 1487, 26; Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 1; Többens, WRP 2005, 552 (554). 170 Wawrzinek, S. 64. 171 Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums, BGBl. II S. 1730; vgl. Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, Vor § 17 Rn. 9, 10; den Ausgangspunkt der Bemühungen um einen internationalen Schutz bildet die Pariser Verbandsübereinkunft vom 20.03.1883, die jedoch in ihrer Fassung vom 14.07.1967 in Art. 10 bis Abs. 2 lediglich vorsieht, dass unlautere Handlungen zu unterbinden sind, wobei hierunter „jede Wettbewerbshandlung“ zu verstehen ist, „die den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel zuwiderläuft“; vgl. BGBl. 1970 II S. 39; vgl. im Allgemeinen zu den internationalen Standards gegen unlauteren Wettbewerb Henning-Bodewig, GRUR-Int. 2013, 1 (1 ff.).
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)67
Personen die Möglichkeit zu verhindern, dass Informationen, die rechtmäßig unter ihrer Kontrolle stehen, ohne ihre Zustimmung auf eine Weise, die den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel zuwiderläuft, Dritten offenbart, von diesen erworben oder benutzt werden, solange diese Informationen a) in dem Sinne geheim sind, dass sie entweder in ihrer Gesamtheit oder in der genauen Anordnung und Zusammenstellung ihrer Bestandteile Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit den fraglichen Informationen zu tun haben, nicht allgemein bekannt oder leicht zugänglich sind, b) wirtschaftlichen Wert haben, weil sie geheim sind, und c) Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen seitens der Person waren, unter deren Kontrolle sie rechtmäßig stehen. Allerdings begründet die Vorschrift für private Rechtspersonen keine eigenständigen, durchsetzbaren Rechte.172 Art. 39 Abs. 1 TRIPS legt Deutschland als Mitgliedstaat der World Trade Organization vielmehr die Pflicht auf, den Schutz nicht offenbarter Informationen nach Maßgabe der vorausgegangenen Erwägungen zu gewährleisten. 2. Das durch § 17 Abs. 1 UWG geschützte Rechtsgut Nach herrschender Ansicht liegen Aufgabe und Legitimation strafrecht licher Tatbestände im Schutz von Rechtsgütern vor spezifischen Verletzungen oder Gefährdungen durch menschliches Verhalten.173 Über die genaue Definition des Begriffs des Rechtsguts und die Anforderungen, die an ein bestimmtes „Objekt“ zu stellen sind, damit es als Rechtsgut klassifiziert werden kann, herrscht allerdings Uneinigkeit. Vorgeschlagen wird in diesem Zusammenhang beispielsweise, unter dem Begriff des Rechtsguts „alle Lebensgüter, Sozialwerte, und rechtlich anerkannten Interessen des Einzelnen oder der Allgemeinheit“ zu verstehen, „die wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Gesellschaft Rechtsschutz genießen“.174 Andere wollen unter diesen Begriff alle „Gegebenheiten oder Zwecksetzungen, die dem Einzelnen und seiner freien Entfaltung im Rahmen eines auf dieser Zielvorstellung 172 Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, Vor § 17 Rn. 11; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 3a. 173 BVerfG NJW 1977, 1525 (1531): Die allgemeine Aufgabe des Strafrechts ist darin zu erblicken, „die elementaren Werte des Gemeinschaftslebens zu schützen“; Freund, in: MüKo StGB, Bd. 1, Vorbe. §§ 13 ff. Rn. 153; Hassemer / Neumann, in: Kindhäuser / Neumann / Paeffgen, StGB, Bd. 1, Vorbe. § 1 Rn. 109; Jescheck / Weigend, StrafR AT, § 1 III 1; Joecks, in: MüKo StGB, Bd. 1, Einleitung Rn. 30 ff.; Lackner, in: Lackner / Kühl, StGB, Vorbe. § 13–§ 21 Rn. 4; Radtke, in: MüKo StGB, Bd. 2, Vorbe. §§ 38 ff. Rn. 2, 3; Rönnau, JuS 2009, 209 (209); Walter, in: LK-StGB, Bd. 1, Vorbe. §§ 13 ff. Rn. 8. 174 Wessels / Beulke / Satzger, StrafR AT, Rn. 7.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
aufbauenden sozialen Gesamtsystems oder dem Funktionieren dieses Systems selbst nützlich sind“175 oder „alle Güter, die für das menschliche Zusammenleben wichtig sind und daher Aufnahme in den Schutzbereich der Rechtsordnung gefunden haben“176, fassen. Die Vielzahl der unternommenen Konkretisierungsversuche des Rechtsgutsbegriffs erweist sich als kaum überschaubar, was letztlich der Schwierigkeit geschuldet sein dürfte, eine auf alle legitimen Straftatbestände gleichermaßen anwendbare und dennoch aussagekräftige Definition zu formulieren.177 Einig ist man sich heute jedenfalls darin, dass zwischen dem Rechtsgut als ideellem „Gut“, dem Rechtsgutsobjekt, das das Rechtsgut in der Tatsachenwelt repräsentiert, und dem Angriffsobjekt, an dem die strafbare Handlung durchgeführt wird und welches nicht zwangsläufig mit dem Rechtsgutsobjekt identisch ist, unterschieden werden muss.178 Weiterhin besteht Übereinstimmung dahingehend, dass sich Rechtsgüter in solche eines Individuums (Individualrechtsgüter) und solche der Allgemeinheit (Kollektivrechtsgüter) unterscheiden lassen.179 Schließlich darf es heute als im Wesentlichen unbestritten gelten, dass die Bestimmung des jeweils durch die strafrechtliche Vorschrift geschützten Rechtsguts für ihre sinngemäße Auslegung und Anwendung von erheblicher Bedeutung ist.180 Dies gilt umso mehr, wenn der entsprechende Tatbestand nicht nur durch deskriptive, sondern auch durch normative Merkmale geprägt ist.181 In Anbetracht der vorausgehend dargestellten Grundsätze stellt sich daher zunächst die Frage, welches Rechtsgut beziehungsweise welche Rechtsgüter durch § 17 Abs. 1 UWG geschützt werden sollen. In Rechtsprechung und Literatur werden diesbezüglich unterschiedliche Auffassungen vertreten.
175 Roxin,
StrafR AT, Bd. 1, § 2 Rn. 7. in: LK-StGB, Bd. 1, Vorbe. §§ 13 ff. Rn. 13. 177 Vgl. zu diesem Aspekt und Weiteren Konkretisierungsversuchen in der Literatur Freund, in: MüKo StGB, Bd. 1, Vorbe. §§ 13 ff. Rn. 45; Rönnau, JuS 2009, 209 (210). 178 Rönnau, JuS 2009, 209 (210); Roxin, StrafR AT, Bd. 1, § 2 Rn. 65; Walter, in: LK-StGB, Bd. 1, Vorbe. §§ 13 ff. Rn. 14; Wessels / Beulke / Satzger, StrafR AT, Rn. 8. 179 Freund, in: MüKo StGB, Bd. 1, Vorbe. §§ 13 ff. Rn. 47; Hoyer, in: SK-StGB, Bd. 1, Vor § 1 Rn. 8, 9; Rönnau, JuS 2009, 209 (211): „Reichweite und Geltung dieser Differenzierung […] sind aber zwischen monistischen und dualistischen Lehren umstritten.“; Walter, in: LK-StGB, Bd. 1, Vorbe. §§ 13 ff. Rn. 13. 180 Arians, S. 307 (339); Eser / Hecker, in: Schönke / Schröder, StGB, § 1 Rn. 48; Freund, in: MüKo StGB, Bd. 1, Vorbe. §§ 13 ff. Rn. 45; Lackner, in: Lackner / Kühl, StGB, Vorbe. § 13–§ 21 Rn. 4; Walter, in: LK-StGB, Bd. 1, Vorbe. §§ 13 ff. Rn. 8; Wawrzinek, S. 75. 181 So zu § 17 UWG Arians, S. 307 (339); Wawrzinek, S. 75 hinsichtlich des Geheimnisbegriffs. 176 Walter,
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)69
a) Individualrechtsschutz aa) Das Vertrags- beziehungsweise Vertrauensverhältnis Bereits vor Inkrafttreten des § 9 UWG 1896 waren Teile der Literatur der Ansicht, der Strafgrund des Geheimnisverrats sei in dem Bruch eines Vertrags- oder Vertrauensverhältnisses zu sehen.182 Vertreten wurde diese Auffassung insbesondere im Zusammenhang mit der Forderung nach einer zeitlichen Begrenzung des Strafrechtsschutzes durch § 9 UWG 1896 auf die Geltungsdauer des Dienstverhältnisses des Angestellten, Arbeiters oder Lehrlings als potenzielle Täter des Geheimnisverrats.183 Denn erachte man den Bruch eines Vertrags- oder Vertrauensverhältnisses als das ausschlaggebende und sanktionswürdige Moment des Geheimnisverrats, dürften grundsätzlich auch nur solche Mitteilungen von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen an Dritte unter Strafe gestellt werden, die während der Geltungsdauer des jeweiligen Dienstverhältnisses erfolgten, weil anderenfalls gerade keine besondere Beziehung zwischen dem Geheimnisträger und dem mitteilenden Angestellten, Arbeiter oder Lehrling mehr bestehe, die durch den Geheimnisverrat gebrochen werde, und damit auch die Sanktionswürdigkeit des Mitteilens entfalle. Dass der Gesetzgeber in der Folge den Tatzeitraum des Mitteilens sowohl in § 9 UWG 1896 als auch in § 17 Abs. 1 UWG tatsächlich auf die Geltungsdauer des Dienstverhältnisses beschränkt hat, wird denn auch heute vereinzelt dahingehend interpretiert, dass der Gedanke, § 17 Abs. 1 UWG diene der Ahndung des Bruchs eines Vertrags- oder Vertrauensverhältnisses, tatsächlich Niederschlag im Wortlaut der Vorschrift gefunden habe.184 Dieses Rechtsgutsverständnis vermag allerdings im Ergebnis nicht zu überzeugen und darf heute als überholt erachtet werden.185 Begründen lässt sich dies zunächst aus systematischer Sicht damit, dass die übrigen Vorschriften des UWG zum Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen – namentlich § 17 Abs. 2 UWG, der die Fälle der Geheimnishehlerei und 182 Katz, in: Verhandlungen des 19. DJT, S. 255 (256, 258); vgl. Aldoney, S. 223; Arians, S. 307 (339, 340); Schmidt, in: Verhandlungen des 36. DJT, S. 101 (148, 149) m. w. N.; Wawrzinek, S. 77. 183 Katz, in: Verhandlungen des 19. DJT, S. 255 (256, 258); vgl. Arians, S. 307 (341); Schmidt, in: Verhandlungen des 36. DJT, S. 101 (149) Wawrzinek, S. 77. 184 Wawrzinek, S. 77, der allerdings der Ansicht, der Strafgrund des Geheimnisverrats sei in dem Bruch eines Vertrags- oder Vertrauensverhältnisses zu sehen, dennoch nicht folgt; vgl. auch Schmidt, in: Verhandlungen des 36. DJT, S. 101 (149, 150). 185 Aldoney, S. 223, 224; Arians, S. 307 (341); Kohlrausch, ZStW 50 (1930), 30 (43); Schmidt, in: Verhandlungen des 36. DJT, S. 101 (149, 150); Wawrzinek, S. 80.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
der Betriebsspionage regelt, und § 19 UWG, der das Verleiten und Erbieten zum Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen sanktioniert – tatbestandlich kein Vertrags- oder Vertrauensverhältnis zwischen dem Geheimnisträger und dem Täter voraussetzen.186 Bereits dieser Umstand spricht dafür, dass der Gesetzgeber bei Schaffung der Geheimnisschutztatbestände des UWG einen anderen Strafgrund als den Bruch eines Vertrags- oder Vertrauensverhältnis vor Augen gehabt haben dürfte (vgl. insofern auch schon bereits §§ 9 Abs. 2 UWG 1986). Bestärkt wird diese Annahme dadurch, dass der bloße Vertrags- oder Treubruch jenseits des gesetzlich normierten Ausnahmefalls in § 266 StGB – und auch dort nach herrschender Auffassung nur unter der weiteren Voraussetzung einer Vermögensbetreuungspflicht – typischerweise keine strafbare Handlung darstellt.187 Man müsste dem Gesetzgeber daher eine Art „Systembruch“ unterstellen, wenn man dennoch den § 17 Abs. 1 UWG zugrunde liegenden Strafgrund in einem Vertrags- beziehungsweise Vertrauensbruch erblickte. Schließlich kann auch der Umstand, dass der durch § 17 Abs. 1 UWG gewährleistete Strafrechtsschutz auf die Geltungsdauer des Dienstverhältnisses begrenzt ist, nicht zugunsten dieser Auffassung ins Feld geführt werden. Denn nicht der Gedanke des Strafgrunds des Vertrags- oder Vertrauensbruchs hat den Gesetzgeber zu der zeitlichen Beschränkung des tatbestandlich relevanten Verhaltens veranlasst, sondern allein der Gesichtspunkt, dass die berufliche Entwicklung des Beschäftigten – nach Beendigung des Dienstverhältnisses – mitunter erheblich von der Möglichkeit der Nutzbarmachung seiner erworbenen Kenntnisse abhängt und dem aus Art. 12 Abs. 1 GG resultierenden Recht auf freie Berufsausübung daher hinreichend Rechnung getragen werden muss.188 bb) Das Vermögen Sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart wird in der Literatur weiterhin der Standpunkt vertreten, § 17 Abs. 1 UWG bezwecke ausschließlich den Schutz des Vermögens des jeweiligen Unternehmens, dem die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zuzuordnen sind.189 Begründet 186 Aldoney, S. 223, Arians, S. 307 (340); Kohlrausch, ZStW 50 (1930), 30 (43); Schmidt, in: Verhandlungen des 36. DJT, S. 101 (150); Wawrzinek, S. 80. 187 Aldoney, S. 224; Arians, S. 307 (340); Wawrzinek, S. 80; vgl. bereits Reichstag, Bd. III, 70. Sitzung vom 17.04.1896, S. 1723 (1724): „Endlich sind wir der Meinung, dass wenn ein Vergehen in der Verletzung der Vertragstreue liegt, dies nicht immer zu krimineller Verfolgung zu führen braucht.“ 188 Vgl. Teil 2, A. VI. 2. 189 BGH GRUR 1988, 634 (634): „Auch bei § 17 UWG handelt es sich um ein Vermögensverschiebungsdelikt“; Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 4; Föbus, S. 32, 33, 47, 48; Otto, wistra 1988, 125 (126); Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2,
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)71
wird diese Auffassung damit, dass Deliktsstruktur und Deliktscharakter des § 17 Abs. 1 UWG ausschließlich durch die „wirtschaftliche Funktion des Gutes ‚Wirtschaftsgeheimnis‘, seiner Eignung als grundlegendes Mittel zur Sicherung eigenverantwortlicher Lebensführung und wirtschaftlicher Entfaltung (-sfreiheit) [und] seiner Werthaftigkeit als selbstständiges Objekt im alltäglichen Leben, das heißt vom Gebrauchswert im Rahmen der wirtschaftlichen Betätigung“ geprägt seien.190 Weiterhin stellten Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse nicht nur aus strafrechtlicher Sicht, sondern auch aus zivilrechtlicher Sicht anerkannte Bestandteile des Vermögens dar, wenn auch ihre sachenrechtliche Behandlung noch nicht abschließend geklärt sei.191 Schließlich führe die Mitteilung gegenüber Dritten – unabhängig von der Werthaltigkeit der konkreten Information192 – stets zu einem Vermögensschaden193 beim Unternehmen, da das jeweilige Geheimnis mangels Fortbestand der Geheimniseigenschaft nicht mehr dem Vermögen des Unternehmens zugeordnet werden könne.194 Aber auch diesem Rechtsgutverständnis stehen durchgreifende Bedenken entgegen, sodass ihm letztlich nicht zugestimmt werden kann. Weder dem Wortlaut des § 17 Abs. 1 UWG noch der Entstehungsgeschichte der Vor§ 17 Rn. 4; wohl auch Schafheutle, S. 87; vgl. Aldoney, S. 226 ff.; Arians, S. 307 (340); Schmidt, in: Verhandlungen des 36. DJT, S. 101 (149) Wawrzinek, S. 77. 190 Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 4. 191 Föbus, S. 32, 47, 48; vgl. zum sachenrechtlichen Streitstand Wolff, NJW 1997, 98 (100) m. w. N. 192 Auf den Umstand hinweisend, dass Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse oftmals einen finanziellen Wert haben, vgl. Arians, S. 307 (340); Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 2; Otto, wistra 1988, 125 (126); Schmidt, in: Verhandlungen des 36. DJT, S. 101 (151); Wawrzinek, S. 80. 193 Einen Gefährdungsschaden annehmend im Falle der Preisgabe von Geschäftsgeheimnissen bei der Vertragsanbahnung vgl. BGH NStZ 2000, 260 (261); BGH NJW 1996, 268 (271); Kindhäuser, in: Kindhäuser / Neumann / Paeffgen, StGB, Bd. 3, § 266 StGB Rn. 110; a. A. Haft, NJW 1996, 238 (238). 194 Föbus, S. 47, 48; vgl. zur Zuordnung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zum Vermögen des Unternehmens auch Cramer / Perron, in: Schönke / Schröder, StGB, § 263 Rn. 85: „[Bestandteile des Vermögens sind] alle subjektiven Vermögensrechte von wirtschaftlichem Wert. Hierher gehören z. B. das Eigentum, dingliche oder obligatorische Ansprüche oder Immaterialgüterrechte wie z. B. Geschäfts geheimnisse“; Hefendehl, in: MüKo StGB, Bd. 5, § 263 Rn. 407: „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind handelbar, haben einen Geldwert und sind durch Rechtsnormen wie §§ 1, 17 ff. UWG, 404 AktG, 85 GmbHG, 826 BGB geschützt, sie sind dem Inhaber des Geheimnisses von Rechts wegen zugeordnet und stehen damit dem Eigentum als Ausschlussrecht nahe. Damit gehören sie zum rechtlich geschützten Vermögen.“; Kindhäuser, in: Kindhäuser / Neumann / Paeffgen, StGB, Bd. 3, § 266 Rn. 235: „Übertragbare Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die rechtlichen Schutz genießen (z. B. durch §§ 826 BGB, 1, 17 ff. UWG, 404 AktG, 85 GmbHG), gehören zum Vermögen ihres berechtigten Inhabers.“
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
schrift lässt sich entnehmen, dass der Gesetzgeber den Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen ausschließlich unter vermögensrechtlichen Gesichtspunkten gewährleisten wollte. Vielmehr sprechen im Gegenteil sowohl die systematische Verortung des § 17 Abs. 1 UWG im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb als auch die aufgeführten Absichtsmerkmale, die nicht ausschließlich vermögensrechtlich geprägt sind, sondern beispielsweise auch wie im Fall des Handelns zugunsten Dritter staatspolitische, wissenschaftliche oder umweltpolitische Motive erfassen,195 dafür, dass die Schutzwirkung der Vorschrift nicht auf das Vermögen des Geheimnisträgers verengt werden sollte.196 Gleiches ergibt sich weiterhin auch daraus, dass § 17 Abs. 1 UWG als relatives Antragsdelikt ausgestaltet ist, während Vermögensdelikte im engeren Sinne wie §§ 253, 263, 264a, 265, 265a, 265b, 266, 266b, 283 ff., 291 oder 298 StGB Offizialdelikte darstellen. Dem Gesetzgeber müsste daher ein Systembruch unterstellt werden, wenn man tatsächlich das Vermögen des Unternehmens als das durch § 17 Abs. 1 UWG geschützte Rechtsgut erachtete. § 248a StGB (i. V. m. §§ 263 Abs. 4, 263a Abs. 2, 265a Abs. 3, 266 Abs. 2, 266b Abs. 2 StGB), der für Fälle der „geringwertigen“ Vermögensbeeinträchtigung eine Deklassierung der Tatbestände zu relativen Antragsdelikten vorsieht, steht dieser Annahme nicht entgegen, da ihm im Übrigen die Wertung des Gesetzgebers entnommen werden kann, dass die Verletzung des Rechtsguts „Vermögen“ prinzipiell bereits das Erfordernis des Eingreifens einer Kriminalstrafe begründet.197 Richtig ist zwar, dass Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse regelmäßig Vermögensobjekte im strafrechtlichen Sinn darstellen. Dies gilt sowohl aus Sicht derjenigen strafrechtlichen Vermögenslehren, die die Übertragbarkeit oder Verschiebbarkeit eines Objekts als ausschlaggebendes Kriterium für dessen Vermögenscharakter erachten, als auch aus Sicht der strengeren Auffassungen, die einen Marktwert des Gegenstands voraussetzen, da die den Geheimnissen zugrunde liegenden Informationen grundsätzlich verschoben werden können und auch eine Nachfrage bestünde, sofern sie auf dem Markt tatsächlich angeboten würden.198 Die Tatsache, dass Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse als Tatobjekte des § 17 Abs. 1 UWG in der Regel einen Vermögenscharakter aufweisen, präjudiziert jedoch nicht die Deutung des Rechtsguts, das durch die Vorschrift geschützt werden soll.199 Auch 195 Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 31; Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 63; Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 25. 196 Ähnlich Wawrzinek, S. 81. 197 Wawrzinek, S. 81. 198 Vgl. hierzu Aldoney, S. 246; ders., in: FS Tiedemann, S. 1041 (1148, 1149) m. w. N.; andeutend auch Föbus, S. 32, 33. 199 Aldoney, S. 254; ders., in: FS Tiedemann, S. 1041 (1149, 1150).
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)73
andere Straftatbestände wie beispielsweise die Brandstiftungsdelikte gemäß §§ 306a ff. StGB beziehen sich zwar eindeutig auf Tatobjekte mit Vermögenscharakter, zählen aber nach herrschender Auffassung dennoch nicht zu den Vermögensdelikten.200 Gleiches dürfte im Ergebnis auch für den Straftatbestand des Geheimnisverrats gemäß § 17 Abs. 1 UWG gelten. Denn nur so findet letztlich auch der Umstand hinreichend Würdigung, dass Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse für das jeweilige Unternehmen auch geistig-ideelle Bedeutung haben und bereits unter diesem Gesichtspunkt Schutz verdienen.201 cc) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht Wiederum vornehmlich in den Anfängen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vertraten andere Teile der Literatur die Auffassung, § 17 Abs. 1 UWG diene dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der hinter dem Unternehmen stehenden natürlichen Person des Unternehmensinhabers.202 Konkretisierend wurde in diesem Zusammenhang auch vom Schutz des „Rechts auf Verwertung des Ergebnisses eigener Arbeit“203 beziehungsweise vom Schutz des „Rechts auf wirtschaftliche Betätigung“, das den einzelnen nicht nur gegen Beschränkungen seiner Wettbewerbsfreiheit, sondern auch gegen unlautere Maßnahmen Dritter schütze204, gesprochen. Geltend gemacht wurde für diese Auffassung von Seiten ihrer Vertreter insbesondere, dass die Errungenschaften des jeweiligen Unternehmens im Wesentlichen von dem Wert und der Wirkungskraft der Persönlichkeit des Unternehmensinhabers abhingen. Da es sich auch bei Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen um Errungenschaften des Unternehmens handle und diese damit Wirkungsformen der Persönlichkeit des Unternehmensinhaber darstellten, könne ihr Schutz durch § 17 Abs. 1 UWG nur als Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Unternehmensinhabers interpretiert 200 Aldoney, in: FS Tiedemann, S. 1041 (1148); nach herrschender Ansicht schützen §§ 306a ff. StGB das Leben und die körperliche Unversehrtheit, vgl. Heine, in: Schönke / Schröder, StGB, § 306a Rn. 1; Herzog / Kargl, in: Kindhäuser / Neumann / Paeffgen, StGB, Bd. 3, § 306a Rn. 1; Radtke, in: MüKo StGB; Bd. 5, § 306a Rn. 4. 201 Arians, S. 307 (340); Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 2; Schmidt, in: Verhandlungen des 36. DJT, S. 101 (151, 153); Wawrzinek, S. 80; andeutend auch Möhrenschläger, in: Wabnitz / Janovsky, Kap. 15 Rn. 4. 202 Kohlrausch, ZStW 50 (1930), 30 (40 ff.); von Gierke, Zeitschrift für gewerblichen Rechtsschutz, IV. Jahrgang (1895), S. 109 (109 ff.); vgl. Aldoney, S. 224; Arians, S. 307 (341) m. w. N.; Schmidt, in: Verhandlungen des 36. DJT, S. 101 (149); Wawrzinek, S. 78. 203 Kohlrausch, ZStW 50 (1930), 30 (70), vgl. Aldoney, S. 224. 204 Fikentscher, Wettbewerb und gewerblicher Rechtsschutz, S. 209; vgl. Arians, S. 307 (341); Wawrzinek, S. 79.
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werden.205 Dies umso mehr, als dass auch nur so – und damit anders als nach der Ansicht, die § 17 Abs. 1 UWG dem Vermögensschutz unterwerfen will – der geistig-ideellen Bedeutung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse hinreichend Rechnung getragen werde.206 Wenngleich diese Auffassung auch insoweit veraltet erscheint, als dass „die modernen Erscheinungsformen des Wirtschaftslebens in hohem Maße über den Wirkungskreis der Einzelpersönlichkeit hinausgewachsen“ sind und heute zunehmend juristische Personen hinter dem Unternehmen stehen, dementsprechend die „Einzelperson zunehmend in den Hintergrund tritt“207, so dürfte sie unter Zugrundelegung eines aktualisierten Verständnisses des Persönlichkeitsrechts und der wirtschaftlichen Gegebenheiten dennoch einen richtigen Kern enthalten. Nicht einwenden lässt sich gegen diese Auffassung jedenfalls zunächst entgegen früher zum Teil vertretener Auffassung, dass der Persönlichkeitsrechtsbegriff viel zu vage und vieldeutig sei, um das Schutzgut des § 17 Abs. 1 UWG darzustellen.208 Denn insoweit lässt sich feststellen, dass das Persönlichkeitsrecht (mittlerweile) als in Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG verwurzeltes, sogenanntes Quell- beziehungsweise Rahmenrecht anerkannt ist, als solches eine Vielzahl von Einzelrechten wie das Recht am eigenen Bild und Wort, das Recht auf wirtschaftliche Betätigung, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder das Recht auf Resozialisierung in sich vereint und als „unbenanntes Freiheitsrecht“ neben die speziellen Freiheitsrechte tritt, die jedenfalls mittelbar ebenso dem Schutz der Persönlichkeit dienen.209 Auch der weiterhin in der Vergangenheit geltend gemachte Kritikpunkt, dass „das Institut des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als generalklauselartiger Begriff […] zum Zwecke der rechtlichen Präzisierung nach einer konkreten, rechtlich eindeutigen Beziehung des Rechts zu seinem Träger“ verlange und dies „angesichts der zur ‚Entpersönlichung‘ drängenden Tendenz [der] heutigen Wirtschaftsorganisation“ Schwierigkeiten bereite, lässt sich nicht mehr gegen die Anerkennung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als Rechtsgut des § 17 Abs. 1 UWG an205 von Gierke, Zeitschrift für gewerblichen Rechtsschutz, IV. Jahrgang (1895), S. 109 (116). 206 Vgl. Arians, S. 307 (341); Schmidt, in: Verhandlungen des 36. DJT, S. 101 (149). 207 Arians, S. 307 (341). 208 So schon Schmidt, in: Verhandlungen des 36. DJT, S. 101 (151, 152); zustimmend Aldoney, S. 224; a. A. Arians, S. 307 (341); Wawrzinek, S. 78. 209 BGH ZUM-RD 2012, 488 (490); BGH NJW 1962, 32 (33, 34); BVerfG NJW 1980, 2070 (2070); Arians, S. 307 (341); Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. 1, Art. 2 Rn. 128, 129; Schmidt, in: ErfKomm ArbR, 10. Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Art. 2 GG Rn. 37; Wawrzinek, S. 79; vgl. allgemein zum Persönlichkeitsrecht auch Jarass, NJW 1989, 857 (857 ff.); Martini, JA 2009, 839 (839 ff.).
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führen.210 Zwar wird von Teilen der Literatur sowohl in zivilrechtlicher als auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht bestritten, dass juristische Personen Träger des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sein könnten.211 Dies deshalb, da unter Persönlichkeitsrechten diejenigen subjektiven Rechte zu verstehen seien, welche die individuelle Persönlichkeit des Menschen in ihrer leiblichen, seelischen und geistigen Existenz und in den Gütern schützten, sodass nur ein geistig-sittliches Wesen mit Individualität und Selbstwert über Persönlichkeitsrechte verfüge, von dem allerdings eine juristische Person in Anbetracht des lediglich blassen Anklangs dessen, was Persönlichkeit und Personsein bei natürlichen Personen bedeutet, weit entfernt sei.212 Diese Auffassung vermag jedoch nicht zu überzeugen, da sie die Bedeutung der Verbände als Medien der Persönlichkeitsentfaltung natürlicher Personen verkennt.213 Zudem ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht primär in Art. 2 Abs. 1 GG verankert, der ohne Weiteres auf juristische Personen anwendbar ist. Art. 1 Abs. 1 GG wird in diesem Zusammenhang lediglich insoweit als Grundlage des allgemeinen Persönlichkeitsrechts mit benannt, da er als Auslegungsrichtlinie zur Bestimmung von Grenzen und Inhalt des Persönlichkeitsrechts fungiert.214 Dementsprechend sind auch juristische Personen über Art. 19 Abs. 3 GG grundsätzlich Träger des allgemeinen Persönlichkeitsrechts215, wenn auch das Schutzniveau im Vergleich zu betroffenen natürlichen Personen auf Grund der Anknüpfung an Art. 1 Abs. 1 GG abgesenkt ist.216 Schließlich greift auch der von Teilen der Literatur geltend 210 Arians, S. 307 (341); vgl. auch heute z. B. Cierniak / Pohlit, in: MüKo StGB, Bd. 3, § 203 Rn. 4. 211 Aus Sicht des Zivilrechts z. B. Leßmann AcP 170 (1970), 266, (268 ff.); aus Sicht des Verfassungsrechts z. B. Jarass, NJW 1989, 857 (860). 212 Vgl. Fork, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 1 Rn. 20, 21; Jarass, NJW 1989, 857 (860). 213 Reuter, in: MüKo BGB, Bd. 1, Vorbe. Rn. 17. 214 Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. 1, Art. 2 Rn. 128, 129, 224. 215 Aus Sicht des Verfassungsrechts BVerfG NJW 1967, 195 (195); BVerfG NJW 2002, 3619 (3622); Schmidt, in: ErfKomm ArbR, 10. Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Art. 2 GG Rn. 51; aus Sicht des Zivilrechts Fork, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 1 Rn. 20, 21; Merkt, in: MüKo GmbHG, Bd. 1, § 13 Rn. 32; Michalski / Funke, in: Michalski, GmbHG, § 13 Rn. 53; offen lassend BVerfG NJW 1994, 1784 (1784). 216 Vgl. aus Sicht des Zivilrechts BGH NJW 2005, 883 (883): „Eher dürfte der Schutz schwächer sein, da die juristische Person sich anders als die natürliche nicht auch auf den im allgemeinen Persönlichkeitsrecht mitumfassten Schutz der Menschenwürde i. S. des Art. 1 Abs. 1 GG berufen kann“; BGH NJW 1994, 1281 (1282): „Eine Ausdehnung der Schutzwirkung dieses Rechts über natürliche Personen hinaus auf juristische Personen ist nur insoweit gerechtfertigt, als sie aus ihrem Wesen als Zweckschöpfung des Rechts und ihren Funktionen dieses Rechtsschutzes bedürfen.“; BGH NJW 1986, 2951 (2951); Reuter, in: MüKo BGB, Bd. 1, Vorbe.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
gemachte Einwand, dass die Vielschichtigkeit und Allgemeinheit des allgemeinen Persönlichkeitsrechts seinen Anwendungsbereich nach wie vor zu unbestimmt erscheinen lasse, um als tauglicher Anknüpfungspunkt für die Rechtsgutsbestimmung zu fungieren217, im Ergebnis nicht durch. Denn das durch § 17 Abs. 1 UWG geschützte Rechtsgut ließe sich ohne Weiteres insoweit konkretisieren, als dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, also die Befugnis des einzelnen, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden, geschützt wird.218 So erfasst das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zum einen nach vorzugswürdiger Auffassung auch Informationen über die wirtschaftliche Tätigkeit und damit auch Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse.219 Zum anderen bestehen auch im Hinblick auf dieses Recht als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts keine Bedenken hinsichtlich der Trägerschaft juristischer Personen, wobei die verfassungsrechtliche Grundlage in Art. 2 Abs. 1 GG zu erblicken ist.220 Dass es sich bei Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen um keine personenbezogenen Daten handelt221 und juristische Personen über keine Privatsphäre verfügen222, trifft demgegenüber nicht zu. Denn selbstverständlich betreffen auch Informationen, die zum Bereich des wirtschaftlichen Handelns der Person zu zählen sind, die Person selbst.223 Gleiches muss auch für juristische Personen gelten, sodass auch sie insoweit über eine Art Privatsphäre verfügen. Grundsätzlich könnte damit der Schutz der Geschäfts- oder BeRn. 17; aus Sicht des Verfassungsrechts Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. 1, Art. 2 Rn. 224; Herdegen, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 1 GG Rn. 72: „Keinen Würdeschutz nach Art. 1 Abs. 1 GG genießen juristische Personen des Privatrechts. Denn die Würde als Mensch bezieht sich ausschließlich auf Angehörige der mensch lichen Gattung. Dieser scheinbar banale Befund hat vor allem auf den Schutz juristischer Personen des Privatrechts durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht und dessen einzelne Ausprägungen Auswirkungen.“; Jarass, NJW 1989, 857 (860); Schmidt, in: ErfKomm ArbR, 10. Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Art. 2 GG Rn. 51. 217 Vgl. Aldoney, S. 224. 218 Aus verfassungsrechtlicher Sicht BVerfG NJW 1984, 419 (421); BVerfG NJW 2001, 879 (880); BVerfG NJW 1988, 2031 (2031); BVerfG NJW 2001, 503 (505); BVerfG NJW 2007, 2464 (2465); Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. 1, Art. 2 Rn. 175; aus zivilrechtlicher Sicht Teichmann, in: Jauernig, BGB, § 823 Rn. 65. 219 BVerfG NJW 1988, 3009 (3009); OLG Frankfurt NJW 1988, 423 (423); Breuer, NVwZ 1986, 171 (171, 172); Cosack / Tomerius, NVwZ 1993, 841 (843); jeweils i. V. m. Art. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 GG. 220 BVerfG NJW 2007, 2464 (2471); OVG Lüneburg NJW 2009, 2697 (2697). 221 Jarass, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 2 Rn. 45; andeutend auch BGH NJW 1955, 628 (629). 222 Schmidt-Glaeser, in: Isensee / Kirchhof, Hdb. StaatsR, Bd. 6, § 129 Rn. 88. 223 BVerfG NJW 1988, 3009 (3009).
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triebsgeheimnisse durch § 17 Abs. 1 UWG als Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung erachtet werden.224 Gleichwohl erscheint es trotz der vorausgehenden Erwägungen im Ergebnis vorzugswürdig, im Rahmen des § 17 Abs. 1 UWG nicht auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als Schutzgut abzustellen. Denn nicht unterbetont bleiben darf der Umstand, dass sich die Vorschrift in den wettbewerblichen Kontext des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb einfügt und durch die Beschränkung des Handlungsobjekts auf Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse die wirtschaftlich-wettbewerbliche Bedeutung des Geheimnisschutzes hervorgehoben wird. Auch aus verfassungsrechtlicher Sicht herrscht insoweit Einigkeit, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung im Hinblick auf den Schutz vor Weitergabe von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen, an deren Geheimhaltung der Unternehmensinhaber ein wirtschaftliches Interesse hat, gegenüber spezielleren Grundrechten, die ebenfalls den Schutz aspekt der informationellen Selbstbestimmung partiell in sich tragen, als subsidiär zu erachten ist.225 In Anbetracht der wirtschaftlich-wettbewerblichen Prägung des § 17 Abs. 1 UWG ist daher davon auszugehen, dass auch das ihr zugrunde liegende Rechtsgut eine derartige Prägung aufweist. dd) Der Geheimbereich als Ausfluss des Rechts am Unternehmen Schließlich hat sich in der Literatur die Ansicht herausgebildet, das durch § 17 Abs. 1 UWG geschützte Rechtsgut sei in dem Recht am Unternehmen beziehungsweise dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu erblicken.226 Auch die Rechtsprechung hat sich in der Vergangenheit im Anschluss an die Literatur vereinzelt dafür ausgesprochen, dass das Schutzgut des § 17 UWG in der „uneingeschränkten Ausübung der gewerb224 Für den Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht beziehungsweise das Recht auf informationelle Selbstbestimmung vgl. BVerfG NJW 1994, 1784 (1784, 1785); BGH NJW 1994, 1281 (1282); auch Merkt, in: MüKo GmbHG, Bd. 1, § 13 Rn. 32; Schünemann, in: LK-StGB, Bd. 6, § 203 Rn. 32; andeutend auch BGH NJW 1955, 628 (629). 225 OVG Lüneburg NJW 2009, 2697 (2697); Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. 1, Art. 2 Rn. 172, 224; Knemeyer, NJW 1984, 2241 (2245); a. A. Wilms / Roth, JuS 2004, 577 (580). 226 Arians, S. 307 (342, 344); Schmidt, in: Verhandlungen des 36. DJT, S. 101 (152); Tuffner, S. 75; Wawrzinek S. 79, 82 bezieht sich auf diese Auffassung, spricht aber vom Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis als eigenständiges immaterielles Rechtsgut und führt dann noch den Wortlaut der Vorschrift und die zusammenhangslose Systematik der Geheimnisschutzvorschriften als Argumente für diese Auffassung auf.
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lichen Betätigung“227 beziehungsweise in der „ungestörten Ausübung des Gewerbebetriebs“228 zu sehen sei. Konkretisierend wird auch vom Schutz des Interesses des Unternehmens an der Geheimhaltung seiner Informationen als wesentliche Faktoren der eigentümlichen Wettbewerbsfähigkeit229 und vom Schutz des Interesses, „die Eigenart und die spezifisch wettbewerbliche Funktion des Unternehmens zu wahren und zu erhalten und das Unternehmen dieser seiner Individualität entsprechend sich entwickeln zu lassen“, gesprochen.230 Da der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb im Zivilrecht nach herrschender Ansicht als sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB dem Schutz der Rechtsordnung unterliege, könne hieraus gefolgert werden, dass es sich hierbei um ein Recht handle, das selbstständig neben dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht existiere.231 Dieses Recht schütze den Gewerbebetrieb „nicht nur in seinem Bestand, sondern auch in seinen einzelnen Erscheinungsformen, wozu der gesamte gewerbliche Tätigkeitskreis und damit die freie wirtschaftliche Entfaltung des Unternehmens zu rechnen“ seien.232 Betrachte man nun die in § 17 Abs. 1 UWG als Tatobjekte angeführten Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse, so ließen sich diese als „Ausdruck der Individualität des Unternehmens im Bereich der wettbewerblichen Beziehungen“233 klassifizieren, die als wesentliche Individualisierungsmomente Bestandteile des Unternehmens selbst darstellten und diesem als Immaterialgüter unmittelbar anhafteten. In Anbetracht der Tatsache, dass diese für den Bestand und die freie wirtschaftliche Entfaltung des Gewerbebetriebs von wesentlicher Bedeutung seien, könne davon ausgegangen werden, dass § 17 Abs. 1 UWG letztlich dem Schutz des Rechts am Unternehmen beziehungsweise dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb diene.234 227 RGZ
144, 41 (52 ff.). 149, 329 (332). 229 Arians, S. 307 (342). 230 Schmidt, in: Verhandlungen des 36. DJT, S. 101 (152, 154). 231 Für den Schutz der Geheimsphäre des Unternehmens durch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb aus zivilrechtlicher Sicht (§ 823 Abs. 1 BGB) BGH NJW 1963, 856 (857); Ann, GRUR 2007, 39 (42); Enders, GRUR 2012, 25 (28); Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 50; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 53; Merkt, in: MüKo GmbHG, Bd. 1, § 13 Rn. 32; Michalski / Funke, in: Michalski, GmbHG, § 13 Rn. 56; Nastelski GRUR 1957, 1 (6); Teichmann, in: Jauernig, BGB, § 823 Rn. 95 ff. 232 Arians, S. 307 (342); Wawrzinek S. 82; vgl. auch BGH NJW 2012, 2579 (2580); BGH NJW 1960, 1995 (1995); BGH NJW 1959, 479 (479); BGH NJW 1952, 660 (661) Papier, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. 1, Art. 14 Rn. 95; Teichmann, in: Jauernig, BGB, § 823 Rn. 95. 233 Schmidt, in: Verhandlungen des 36. DJT, S. 101 (153). 234 Arians, S. 307 (342). 228 RGZ
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Dieser Auffassung dürfte im Ergebnis zu folgen sein. Wie auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung würdigt sie zunächst die Bedeutung von Informationen und im Speziellen von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen für den Geheimnisträger. Allerdings wird sie im Gegensatz zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung stärker der systematischen Stellung des § 17 Abs. 1 UWG im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und der Beschränkung des Angriffsobjekts auf Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse gerecht. Diese sind letztlich „durch eigenen Aufwand an Geld, Zeit, Forschungskapazitäten und Erfahrungswissen begründet worden und […] dazu bestimmt und geeignet, gewerblich, insbesondere durch Realisierung des Entwicklungsvorsprungs, genutzt zu werden.“235 Sie tragen wesentlich zur Individualität des jeweiligen Unternehmens und seiner eigentümlichen Wettbewerbsfähigkeit bei, prägen es in seiner wirtschaftlichen und wirtschaftenden Tätigkeit und seinen wesensgemäßen und eigentüm lichen Erscheinungsformen und Beziehungen und sichern in Anbetracht der diesbezüglichen Monopolstellung die Wettbewerbsposition des Unternehmens und damit dessen Bestand und Rentabilität.236 Dann aber erscheint es nur konsequent, das durch § 17 Abs. 1 UWG geschützte Rechtsgut im Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu erblicken. Um dies noch weitergehend zu konkretisieren und auf den Geheimnisschutz einzuschränken, empfiehlt es sich, vom Schutz des Geheimnisbereichs des Unternehmens im Interesse der ungestörten Ausübung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu sprechen. b) Kollektivrechtsschutz Bislang konnte festgestellt werden, dass § 17 Abs. 1 UWG den Geheimnisbereich des Unternehmens im Interesse der ungestörten Ausübung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als Individualrechtsgut schützt. Es stellt sich jedoch die Frage, ob der durch § 17 Abs. 1 UWG gewährleistete Schutz auf den Individualrechtsgüterschutz beschränkt ist oder ob der Vorschrift auch eine soziale Funktion im Sinne der Regulierung der Marktordnung zuzusprechen ist.237 Ein Anhaltspunkt hierfür könnte sich der Vorschrift des § 1 UWG entnehmen lassen. Der Gesetzgeber hat hierin die Zielsetzung artikuliert, dass das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb den Schutz der Mitbewerber, der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der Marktteilnehmer (Abs. 1) und zugleich den Schutz des 235 Papier,
in: Maunz / Dürig, GG, Bd. 1, Art. 14 Rn. 99. GRUR 2011, 884 (884); Teichmann, in: Jauernig, BGB, § 823 Rn. 95. 237 Arians, S. 307 (343). 236 Mayer,
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
Interesses der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb (Abs. 2) bezweckt.238 Da § 1 UWG als „Programmnorm“239 aber lediglich den Gesetzeszweck des gesamten Normkatalogs des UWG vorgibt, kann hieraus nicht ohne Weiteres die Annahme abgeleitet werden, dass § 17 Abs. 1 UWG auch dem Schutz von Kollektivrechtsgütern dient.240 Dennoch ist nach zutreffender Ansicht heute davon auszugehen, dass § 17 Abs. 1 UWG neben dem Schutz des Geheimbereichs des Unternehmens als individuelles Rechtsgut auch den Schutz des Interesses der Allgemeinheit an der Unverfälschtheit des Wettbewerbs bezweckt.241 Anders, als dies zum Teil vertreten wird, kann zwar hierfür nicht bereits der Umstand angeführt werden, dass § 17 Abs. 1 UWG gemäß § 17 Abs. 5 UWG als relatives Antragsdelikt ausgestaltet ist, der Geheimnisverrat durch den Beschäftigten des Unternehmens folglich auch im Falle des Nichtvorliegens eines Strafantrags verfolgt wird, wenn die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.242 Denn gemäß § 260a RiStBV wird dieses öffentliche Interesse insbesondere dann angenommen, wenn der Täter wirtschaftsstrafrechtlich vorbestraft ist, ein erheblicher Schaden droht oder eingetreten ist, die Tat Teil eines gegen mehrere Unternehmen gerichteten Plans zur Ausspähung von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen ist oder den Verletzten in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht. Der Gesetzgeber hat § 17 Abs. 1 UWG folglich nicht (ausschließlich) im Interesse der Allgemeinheit an der Unverfälschtheit des Wettbewerbs als relatives Antragsdelikt ausge238 Bereits vor Schaffung dieser Vorschrift wurde teilweise sogar die Ansicht vertreten, § 17 Abs. 1 UWG schütze kein Individualrecht oder Immaterialgut, sondern allein die Interessen der Mitbewerber, der übrigen Marktbeteiligten und der Allgemeinheit gegen eine Beeinträchtigung durch unlauteres Verhalten im Wettbewerb, vgl. hierzu Arians, S. 307 (343). 239 Keller, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, A. Entwicklungen und gegenwärtiger Stand des deutschen Lauterkeitsrechts, Rn. 25. 240 Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 10. 241 Arians, S. 307 (344); Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 2; Ebert-Weidenfeller, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 3 Kap. 3 Rn. 63; Grunewald, WRP 2007, 1307 (1307); Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 2; Helbach, S. 29; Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 10; Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 1; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 2; Otto, wistra 1988, 125 (126); Möhrenschläger, in: Wabnitz / Janovsky, Kap. 15 Rn. 4; Pfeiffer, in: FS Nirk, S. 861 (865); Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 4; Többens, WRP 2005, 552 (556); Tuffner, S. 76; Wittig, WStR, § 33 Rn. 30; als Zweckrechtsgut betrachtend hingegen Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 4; Föbus, S. 48. 242 So aber Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 2; Föbus, S. 48; Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 2; Wawrzinek, S. 84; Pfeiffer, in: FS Nirk, S. 861 (865).
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staltet.243 Für die Annahme, dass die Vorschrift auch das Allgemeininteresse an einem unverfälschten Wettbewerb schützt, spricht allerdings insbesondere ein Vergleich des Strafrahmens des § 17 Abs. 1 UWG mit denjenigen anderer Geheimnisschutzvorschriften. So sehen beispielsweise § 404 AktG, § 85 GmbHG oder § 203 StGB selbst in Form ihrer Qualifizierungstatbestände – vgl. insofern § 404 Abs. 2 S. 1 AktG, § 85 Abs. 2 S. 1 GmbHG oder § 203 Abs. 5 StGB – lediglich einen Strafrahmen von bis zu zwei Jahren vor, während dem Täter bei Verwirklichung des § 17 Abs. 1 UWG eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren droht. Dieser Umstand dürfte sich wohl allein dadurch erklären lassen können, dass § 17 Abs. 1 UWG über den Individualrechtsgüterschutz hinaus auch den Schutz des Interesses der Allgemeinheit an der Unverfälschtheit des Wettbewerbs gewährleistet.244 § 404 Abs. 2 S. 1 AktG, der ausnahmsweise ebenfalls eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren für den Fall vorsieht, dass Geheimnisse einer börsennotierten Aktiengesellschaft preisgegeben werden, bestärkt diese Argumentation, da auch dort der Strafrahmen nur deshalb höher angesetzt ist, weil neben den Individualrechtsgüterschutz weitere Gesichtspunkte – namentlich die typischerweise besonders große wirtschaftlichen Tragweite eines Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen bei diesen Gesellschaften und die Gefährdung des Deutschen Corporate-Governance-Systems – hinzutreten.245 Weiterhin lässt sich für den Schutz des Interesses der Allgemeinheit an der Unverfälschtheit des Wettbewerbs ins Feld führen, dass der Geheimnisverrat auf Grund seiner immateriellen Auswirkungen auf die wirtschaftliche Ordnung und das ökonomische Verhalten der Wettbewerber weit über die Beeinträchtigung von Einzelinteressen hinausgeht und zu einer Störung der im Wirtschaftsleben herrschenden Ordnungsprinzipien führt. Bereits dieser Umstand muss letztlich „zwangsläufig zur Annahme eines über das Individualgut hinausreichenden Schutzrechtes führen“.246 Einschränkend ist allerdings zu konstatieren, dass der Schutz des Allgemeininteresses an der Unverfälschtheit des Wettbewerbs durch den Schutz des Individualrechtsguts determiniert wird. Verzichtet der Geheimnisträger auf den Schutz seiner Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse, so wird auch die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs nicht tangiert.247 Daher ist der Schutz 243 Aldoney,
S. 330, 331. zu § 203 StGB Wawrzinek, S. 84. 245 Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 41; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 63; Ransiek, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 8 Kap. 2 Rn. 21; Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 32; ders., in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 72. 246 Arians, S. 307 (344). 247 Ähnlich Föbus, S. 48; vgl. zu § 203 StGB Cierniak / Pohlit, in: MüKo StGB, Bd. 4, § 203 Rn. 54; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, StGB, § 203 Rn. 22. 244 Vgl.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
des Interesses der Allgemeinheit an der Unverfälschtheit des Wettbewerbs als lediglich sekundär zu klassifizieren. c) Zwischenergebnis § 17 Abs. 1 UWG schützt damit im Ergebnis sowohl den Geheimbereich des Unternehmens im Interesse der ungestörten Ausübung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als individuelles Rechtsgut als auch – sekundär – das Interesse der Allgemeinheit an der Unverfälschtheit des Wettbewerb im Sinne eines sozialen Rechtsguts.248
II. Tauglicher Täter Ob sich die Vorstandsmitglieder wegen der Bereitstellung von Informationen zwecks Durchführung der Due Diligence im Vorfeld einer Pakettransaktion gemäß § 17 Abs. 1 UWG strafbar machen, hängt zunächst maßgeblich davon ab, ob diese als „bei einem Unternehmen beschäftigte Personen“ im Sinne der Vorschrift klassifiziert werden können. Der Gesetzgeber hat § 17 Abs. 1 UWG als echtes Sonderdelikt ausgestaltet, das nur durch den beschriebenen Personenkreis verwirklicht werden kann. Die Beschäftigteneigenschaft innerhalb eines Unternehmens ist daher strafbarkeitsbegründender Natur im Sinne des § 28 Abs. 1 StGB.249 Andere Personen kommen lediglich als Anstifter oder Gehilfen des Haupttäters in Betracht.250 1. Beschäftigter Zunächst müssen die Vorstandsmitglieder Beschäftigte darstellen. Was unter dem Begriff des Beschäftigten zu verstehen ist und ob auch Vor248 Arians, S. 307 (344); Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 2; Ebert-Weidenfeller, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 3 Kap. 3 Rn. 63; Grunewald, WRP 2007, 1307 (1307); Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 10; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 2; Möhrenschläger, in: Wabnitz / Janovsky, Kap. 15 Rn. 4; Pfeiffer, in: FS Nirk, S. 861 (865); Többens, WRP 2005, 552 (556); Wittig, WStR, § 33 Rn. 30; wohl auch Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 1. 249 Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 65; Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 18; Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 22; Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 13. 250 Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 18, 58; Ebert-Weidenfeller, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 3 Kap. 3 Rn. 72; Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 22; Pfeiffer, in: FS Nirk, S. 861 (870); Wawrzinek, S. 133.
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)83
standsmitglieder einer Aktiengesellschaft zum Täterkreis des § 17 Abs. 1 UWG gezählt werden können, vermag sich auf den ersten Blick nicht ohne Weiteres zu erschließen, da in § 17 Abs. 1 UWG beziehungsweise im UWG im Allgemeinen keine Legaldefinition des Beschäftigtenbegriffs vorgesehen ist. Ein diesbezüglicher Anhaltspunkt könnte sich jedoch aus der Gesetzesbegründung zur UWG-Reform von 2004 entnehmen lassen. Der Gesetzgeber hat hierin die Aussage getroffen, dass § 17 Abs. 1–3 UWG in ihrer neuen Fassung den Absätzen der alten Fassung entspricht.251 § 17 Abs. 1 UWG a. F. führte noch „Angestellte, Arbeiter und Lehrlinge eines Geschäftsbetriebes“ als taugliche Täter des Geheimnisverrats auf.252 Ausgehend von der seinerzeit herrschenden Auffassung, dass es sich hierbei nur um eine exemplarische Aufzählung potenzieller Täter handelte253, war jedoch bereits unter diesem Wortlaut umstritten, welche Anforderungen an die Tätertauglichkeit zu stellen sind und ob auch Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft den Tatbestand des Geheimnisverrats des § 17 Abs. 1 UWG verwirklichen können. a) Vor der UWG-Reform 2004 aa) Arbeitnehmereigenschaft entscheidend Teile der Literatur vertraten insofern den Standpunkt, als tauglicher Täter im Sinne des § 17 Abs. 1 UWG komme grundsätzlich nur derjenige in Betracht, der aus arbeitsrechtlicher Sicht der Arbeitnehmerseite zugeordnet werden könne.254 Nur, wenn die jeweilige Person auf Grund eines privat251 BT-Drucks. 15 / 1487, S. 26; vgl. Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 33; GaugenRieder / Unger-Hellmich, WRP 2011, 1364 (1368); Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 42; Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 22; Noak, wistra 2006, 245 (247); Wawrzinek, S. 134. 252 Reichstag, Anl. Bd. I, Nr. 35, Aktenstück Nr. 35 (3.12.1895), Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs, S. 98 (99); Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 33; Dittrich, in: Müller-Gugenberger / Bienek, WStR, § 33 Rn. 53; Ebert-Weidenfeller, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 3 Kap. 3 Rn. 72; Föbus, S. 112; Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 8; Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 22; Krüger, S. 38; Noak, wistra 2006, 245 (247); Pfeiffer, in: FS Nirk, S. 861 (862); Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 26; Wawrzinek, S. 134. 253 Arians, S. 307 (351) m. w. N.; Otto, wistra 1988, 125 (127); Pfeiffer, in: FS Nirk, S. 861 (868); vgl. auch Föbus, S. 117; Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 8; Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 42; Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 22; Liekefett, S. 194; Temming, in: FS Achenbach, S. 545 (546). 254 Arians, S. 307 (351); Krüger, S. 38; von Stebut, DB 1974, 613 (613 ff.); wohl auch Többens, NStZ 2000, 505 (507).
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
rechtlichen Vertrages zur Arbeitsleistung im Dienste des Betriebsinhabers als Arbeitgeber verpflichtet sei, sich auf Grund des Weisungsrechts des Betriebsinhabers in persönlicher Abhängigkeit befinde und infolgedessen fremdbestimmte, unselbstständige Tätigkeiten vollrichte, könne sie zum Täterkreis des § 17 Abs. 1 UWG gezählt werden.255 Dies ergebe sich bereits ausdrücklich aus dem Wortlaut der Vorschrift, denn die Aufzählung „Angestellte, Arbeiter und Lehrlinge eines Geschäftsbetriebs“ stelle letztlich die klassische Umschreibung des Arbeitnehmers dar, auf die lediglich deshalb zurückgegriffen wurde, weil „keine anderen allgemein geläufigen Begriffe mit vergleichbar bekanntem Bedeutungsgehalt zur Verfügung [gestanden hätten], um das gesamte Spektrum der höchst vielfältigen Arbeitnehmer positionen knapp und prägnant zu umreißen.“256 Was hieraus allerdings für die Tätertauglichkeit der Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft folgen sollte, das heißt, ob auch diese den Straftatbestand des Geheimnisverrats gemäß § 17 Abs. 1 UWG durch die Mitteilung von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen an einen Dritten verwirklichen konnten, war innerhalb dieser Auffassung wiederum umstritten. So gelangte eine teilweise vertretene Auffassung zu dem Ergebnis, Vorstandsmitglieder schieden als taugliche Täter im Sinne des § 17 Abs. 1 UWG aus, da ihnen keine Arbeitnehmereigenschaft im arbeitsrechtlichen Sinne attestiert werden könne.257 Zwar seien sie grundsätzlich in gewissem Umfang durch die übrigen Gesellschaftsorgane in ihrer Selbstständigkeit beschränkt. In einer durch das Weisungsrecht eines Arbeitgebers begründeten persönlichen Abhängigkeit befänden sie sich allerdings nicht. Im Gegenteil übten sie vielmehr in ihrer Position als Willensträger der Aktiengesellschaft gegenüber den Arbeitnehmern gerade die Funktion des Arbeitgebers aus.258 Erstreckte man den Tatbestand des § 17 Abs. 1 UWG trotz des Mangels der Arbeinehmereigenschaft dennoch auch auf die Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft, stellte dies daher eine unzulässige Tatbestandsausweitung im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG dar.259 Man könnte zwar aus systematischer Sicht erwägen, dass auch Vorstandsmitglieder als Täter des § 17 Abs. 1 UWG in Betracht kommen müssen, da nur § 17 Abs. 3 UWG den Versuch des Geheimnisverrats unter Strafe stellt, während § 404 255 Arians,
(507).
S. 307 (351); Krüger, S. 39; wohl auch Többens, NStZ 2000, 505
256 So ausdrücklick, aber in anderem Kontext Brammsen, RdA 2010, 267 (268); andeutend Arians, S. 307 (351); Többens, NStZ 2000, 505 (507); vgl. auch Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 42. 257 Arians, S. 307 (352) m. w. N. 258 Arians, S. 307 (352). 259 Arians, S. 307 (353); vgl. auch Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 42.
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)85
AktG als speziell die Organmitglieder der Aktiengesellschaft adressierende Geheimnisschutzvorschrift hiervon absieht. Allerdings stehe der eindeutige Wortlaut der Vorschrift dem entgegen. Zudem obliege es einzig dem Gesetzgeber, Gesetzeslücken durch entsprechende Neuregelungen zu schließen.260 Demgegenüber vertrat ein nicht minderstarker Teil der Literatur die Auffassung, auch Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft könnten den Tatbestand des § 17 Abs. 1 UWG verwirklichen, da sie aus arbeitsrechtlicher Sicht der Arbeitnehmerseite zuzuordnen seien und damit taugliche Täter des Straftatbestands des Geheimnisverrats darstellten.261 Richtig sei zwar, dass sie grundsätzlich den Willensträger der Gesellschaft bildeten und sich insofern nicht in einer durch das Weisungsrecht eines Arbeitgebers begründeten persönliche Abhängigkeit befänden, wie es das klassische Begriffsverständnis des Arbeitnehmerbegriffs voraussetze. Ob eine Person als Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne klassifiziert werden könne, richte sich allerdings primär vielmehr danach, ob sie als Hilfskraft in den Herrschaftsbereich eines anderen eintrete, dort fremdnützig beschäftigt werde und dadurch die Möglichkeit eigennütziger unternehmerischer Tätigkeit verliere, da gerade dieser Verlust der Möglichkeit des eigenen unternehmerischen Handelns arbeitsrechtlich die Schutzbedürftigkeit und Schutzwürdigkeit des Arbeitnehmers rechtfertige.262 Da Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft ab dem Zeitpunkt ihrer Bestellung bis hin zu ihrem Widerruf oder der Niederlegung ihres Amtes an einer anderweitigen unternehmerischen Tätigkeit durch das Wettbewerbsverbot des § 88 AktG gehindert seien und insofern ihre gesamte Arbeitskraft der Gesellschaft widmeten, ohne daneben die Möglichkeit zur Selbstvorsorge zu haben, müssten sie als Arbeitnehmer erachtet werden, sodass sie auch den Tatbestand des Geheimnisverrats im Sinne des § 17 Abs. 1 UWG verwirklichen könnten.263 bb) Beschäftigungsverhältnis zum Geheimnisträger ausreichend Andere Stimmen in der Literatur waren hingegen der Ansicht, als tauglicher Täter des Geheimnisverrats im Sinne des § 17 Abs. 1 UWG komme grundsätzlich jeder Beschäftigte eines Geschäftsbetriebs in Betracht, der seine Arbeitskraft ganz oder teilweise dem Geschäft eines anderen widme, unabhängig davon, ob er höhere oder niedere Dienste leiste, ob er weitergehende oder eng begrenzte Befugnisse habe oder ob und wie hoch er 260 Arians,
S. 307 (353). S. 40 ff. m. w. N. 262 Krüger, S. 41, 42. 263 Krüger, S. 44. 261 Krüger,
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
entlohnt werde.264 Weder die förmliche Stellung als Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne noch das Bestehen eines Dienstverhältnisses gemäß § 611 BGB, eines Arbeits- oder Lehrvertrags sei hierfür maßgeblich. Auch ein Werkvertrag, ein Geschäftsbesorgungsvertrag oder ein sonstiges Auftragsverhältnis reiche beispielsweise aus, um die Tätertauglichkeit der jeweiligen Person annehmen zu können.265 Die Aufzählung „Angestellte, Arbeiter und Lehrlinge eines Geschäftsbetriebes“ stehe dem nicht entgegen, da sie lediglich zum Ausdruck bringen solle, dass sich der potenzielle Täter im Zeitraum der Tatbegehung in einem Beschäftigungsverhältnis mit dem Betriebsinhaber befinden müsse, ohne hiermit allerdings zugleich das Erfordernis der Weisungsgebundenheit zu postulieren.266 Dies entspreche im Übrigen auch dem Zweck des § 17 Abs. 1 UWG, einen möglichst umfassenden Schutz gegen den Verrat von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen von innen heraus zu gewährleisten. Auch Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft kämen demnach als Täter des Geheimnisverrats im Sinne des § 17 Abs. 1 UWG in Betracht.267 Wenn diese zwar auch grundsätzlich auf Grund ihrer Position als Willensträger der Aktiengesellschaft gegenüber den Arbeitnehmern die Funktion des Arbeitgebers ausübten, so bestehe gleichzeitig zwischen ihnen und der Aktiengesellschaft ein Anstellungsverhältnis, was für die Annahme ihrer Tätertauglichkeit als ausreichend zu erachten sei.268 b) Heutiger Stand der Diskussion Nicht zuletzt in Anbetracht der Tatsache, dass § 17 Abs. 1 UWG einer gesetzlichen Definition des Beschäftigtenbegriffs ermangelt und den unpräzisen Ausführungen des Gesetzgebers in der Begründung zur UWG-Reform von 2004 nicht entnommen werden kann, welche der dargestellten Auffassungen dieser Auslegung des Beschäftigtenbegriffs mit dem Verweis in der Gesetzesbegründung auf die Fassung des § 17 Abs. 1 UWG a. F. zugrunde legen wollte, erscheint es nicht verwunderlich, dass auch unter dem nunmehr verwendeten Begriff des Beschäftigten nach wie vor umstritten ist, welche Anforderungen an die Tätertauglichkeit zu stellen sind und ob auch Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft den Tatbestand des Geheimnisverrats des § 17 Abs. 1 UWG verwirklichen können. 264 Otto, wistra 1988, 125 (127); Pfeiffer, in: FS Nirk, S. 861 (869); vgl. auch Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 8. 265 Pfeiffer, in: FS Nirk, S. 861 (869). 266 Vgl. Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 22. 267 Pfeiffer, in: FS Nirk, S. 861 (869); Schafheutle, S. 88. 268 So i. E. Pfeiffer, in: FS Nirk, S. 861 (869).
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)87
So vertreten Teile der Literatur weiterhin die Auffassung, als tauglicher Täter des Geheimnisverrats im Sinne des § 17 Abs. 1 UWG komme grundsätzlich nur derjenige in Betracht, der in persönlicher Abhängigkeit fremdbestimmte unselbstständige Tätigkeiten vollrichte und damit aus arbeitsrechtlicher Sicht der Arbeitnehmerseite zuzuordnen sei.269 Zwar ergebe sich dies nicht mehr zwangsläufig aus dem Wortlaut der Vorschrift, da es vom Wortsinn her tendenziell sogar eher unzutreffend sei, aus dem Begriff des Beschäftigten das Erfordernis der Arbeitnehmereigenschaft abzuleiten. Eine Erstreckung des Anwendungsbereichs der Vorschrift auf Vorstandsmitglieder sei allerdings aus teleologischer Sicht nicht vonnöten, da auch ohne diese ein umfassender Schutz gegen den Verrat von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen gewährleistet sei.270 Dies deshalb, da sich diese durch die unbefugte Mitteilung von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen bereits gemäß § 404 Abs. 1 AktG strafbar machten. Es erscheine insofern nicht weit hergeholt, dem Gesetzgeber die Absicht zu unterstellen, er habe für diesen Täterkreis eine eigene Strafvorschrift geschaffen, sodass § 17 Abs. 1 UWG ausschließlich Arbeitnehmer nach klassischer Couleur erfasse.271 Andere Stimmen in der Literatur vertreten demgegenüber die Ansicht, der Begriff des Beschäftigten im Sinne des § 17 Abs. 1 UWG erfasse grundsätzlich jeden, der seine Arbeitskraft ganz oder teilweise dem Geschäft eines anderen widmet, unabhängig davon, ob dieser höhere oder niedere Dienste leistet, ob er weitergehende oder eng begrenzte Befugnisse hat oder ob und wie hoch er entlohnt wird. Da folglich nicht das Krite rium der Arbeitnehmereigenschaft im arbeitsrechtlichen Sinn ausschlag gebend sei, zählten auch Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft zum Täterkreis des Geheimnisverrats.272 Begründet wird diese Auffassung heute mehr denn je mit dem Wortlaut der Vorschrift. So stelle der Arbeitnehmer bloß eine ausdifferenzierte Unterform des Beschäftigten dar.273 Selbst, wenn der Gesetzgeber mit dem Verweis auf § 17 Abs. 1–3 UWG a. F. im Zweifel das Erfordernis der Arbeitnehmereigenschaft als ausschlaggeben269 Temming,
in: FS Achenbach, S. 545 (546). in: FS Achenbach, S. 545 (546). 271 Temming, in: FS Achenbach, S. 545 (547). 272 Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 35; Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 18; Ebert-Weidenfeller, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 3 Kap. 3 Rn. 72; Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 24; Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 42; Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 22; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 14; Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 13; Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 28; Többens, WRP 2005, 552 (557); von Pelchrzim, CCZ 2009, 25 (27); Wittig, WStR, § 33 Rn. 34. 273 Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 34. 270 Temming,
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
des Kriterium der Tätertauglichkeit erachtet haben könnte, spiegle sich dieser Gedanke in dem Begriff des Beschäftigten nicht wider.274 Denn sowohl dieser als auch die in § 17 Abs. 1 UWG erfolgte Bezugnahme auf das „Dienstverhältnis“ deuteten ausschließlich auf das Erfordernis eines wie auch immer gearteten Beschäftigungsverhältnisses hin, ohne damit zugleich den Täterkreis auf Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne zu beschränken.275 Da der Beschäftigtenbegriff eine weite Auslegung zulasse und der Gesetzgeber mit § 17 Abs. 1 UWG das Ziel verfolgt habe, einen möglichst umfassenden Schutz gegen den Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen zu gewährleisten276, würden sämtliche Beschäftigte eines Unternehmens und damit auch Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft, die zu dieser in einem schuldrechtlichen Anstellungsverhältnis stehen, vom Tatbestand erfasst. Etwas Anderes ergebe sich im Übrigen auch nicht aus § 404 Abs. 1 AktG.277 c) Stellungnahme aa) Entbehrlichkeit des Entscheids wegen Arbeitnehmereigenschaft der Vorstandsmitglieder Ein Streitentscheid hinsichtlich der Frage, ob Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft zum Täterkreis des § 17 Abs. 1 UWG zählen, wäre dann entbehrlich, wenn sich diese aus arbeitsrechtlicher Sicht der Arbeitnehmerseite zuordnen ließen. Denn dann stellten sie nach allen vertretenen Ansichten taugliche Täter im Sinne des § 17 Abs. 1 UWG dar. (1) Arbeitnehmereigenschaft nach bisher herrschendem Begriffsverständnis des Arbeitnehmerbegriffs Der Gesetzgeber hat den Begriff des Arbeitnehmers nicht legaldefiniert.278 Zwar nehmen einzelne Vorschriften wie § 2 Abs. 2 ArbZG, § 17 Abs. 1 S. 1 BetrAVG, § 2 S. 1 BUrlG, § 5 Abs. 1 S. 1 ArbGG oder § 5 Abs. 1 S. 1 274 Janssen / Maluga,
in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 42. in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 14; Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 13; Többens, WRP 2005, 552 (557). 276 Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 18; Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 22; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 14; Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 28; Többens, WRP 2005, 552 (557); von Pelchrzim, CCZ 2009, 25 (27). 277 Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 28. 278 Vgl. zum Arbeitnehmerbegriff aus rechtsvergleichender Perspektive Rebhahn, RdA 2009, 154 (154 ff.). 275 Köhler,
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)89
etrVG auf ihn Bezug und versuchen ihn näher zu umschreiben. Inhaltlich B kann ihnen jedoch kein definitorischer Gewinn abgerungen werden, da sie keine Definition im eigentlichen Sinne liefern, sondern lediglich einzelne Arbeitnehmergruppen aufzählen, ohne zugleich wesenstypische Merkmale des Arbeitnehmers zu identifizieren, und damit letztlich den Begriff des Arbeitnehmers mit sich selbst erklären wollen.279 In Ermangelung einer gesetzlichen Definition wird der Begriff des Arbeitnehmers maßgeblich durch Rechtsprechung und Literatur bestimmt. Durchgesetzt hat sich hier im Grundsatz die Auffassung, dass die Arbeitnehmereigenschaft einer Person davon abhängt, ob diese auf Grund eines privatrechtlichen Dienstvertrags zur Erbringung unselbstständiger Dienste in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist.280 Als entscheidendes Kriterium für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses wird dabei – wie auch bereits teilweise dem vorausgehenden Streitstand entnommen werden kann – der Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete gegenüber dem zur Dienstleistung Berechtigten befindet, erachtet. Denn hierin unterscheidet sich nach Ansicht der Rechtsprechung und herrschenden Lehre der Arbeitnehmer vom selbstständig Tätigen, der Arbeitsvertrag vom freien Dienstvertrag.281 Auf eine konkrete Definition dessen, was unter dem Kriterium der persönlichen Abhängigkeit zu verstehen ist, wird allerdings verzichtet. Dies erscheint auf den ersten Blick in Anbetracht der Bedeutung dieses Merkmals einerseits und dessen inhaltlicher Unbestimmtheit und Konturlosigkeit andererseits verwunderlich. Begründen lässt sich dieser Umstand jedoch dadurch, dass sich keine abstrakten, für alle Arbeitsverhältnisse geltenden Kriterien aufstellen lassen und damit letztlich immer die Umstände des konkreten Einzelfalls für die Einstufung als Arbeitnehmer entscheidend sind.282 Rechtsprechung und herrschende Lehre tendieren aus diesem Grund dazu, den Arbeitnehmerbegriff als Typusbegriff zu begreifen und den Arbeitsvertrag vom freien Dienstvertrag über 279 Richardi, in: MüKo Hdb. ArbR, Bd. 1, § 16 Rn. 4; ders., NZA 2010, 1101 (1102); Vogelsang, in: Schaub, Hdb. ArbR, § 8 Rn. 1. 280 BAG NJW 2012, 2903 (2904); BAG NZA 2002, 787 (787); BAG NZA 2000, 385 (387); BAG NZA 1991, 856 (857); BAG NJW 2003, 161 (162); BAG NZA 2004, 39 (39); Müller-Glögge, in: MüKo, BGB, Bd. 4, § 611 Rn. 171; Preis, in: ErfKomm ArbR, § 611 BGB Rn. 3, 4; ders., in: Ascheid / Preis / Schmidt, KündigungsR, Teil 1 Kap. C Rn. 2; Steinau-Steinrück / Mosch, NJW-Spezial 2011, 178 (178); Vogelsang, in: Schaub, Hdb. ArbR, § 8 Rn. 4, 7. 281 BAG NJW 2012, 2903 (2904); Richardi, in: MüKo Hdb. ArbR, Bd. 1, § 16 Rn. 22; Vogelsang, in: Schaub, Hdb. ArbR, § 8 Rn. 21. 282 BAG NJW 2012, 2903 (2904); BAG NZA 2010, 877 (879); BAG NZA-RR 2007, 424 (425); Müller-Glögge, in: MüKo BGB, Bd. 4, § 611 Rn. 171; Preis, in: ErfKomm ArbR, § 611 BGB Rn. 53.
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die Leerformel der persönlichen Abhängigkeit typologisch abzugrenzen.283 Dazu greifen sie auf einen Katalog wesenstypischer Merkmale des klassischen Arbeitnehmers zurück, die in unterschiedlichem Maße vorliegen und dennoch im Einzelfall zur Erfüllung des Arbeitnehmerbegriffs führen können.284 Als maßgeblicher Indikator der persönlichen Abhängigkeit wird hierbei vor allem das Weisungsrecht des Arbeitgebers in fachlicher, örtlicher und zeitlicher Hinsicht – also ein arbeitsbegleitendes und tätigkeitsbezogenes Weisungsrecht – erachtet, da sich dieses Wesensmerkmal des Arbeitnehmerbegriffs bereits aus einem Umkehrschluss zu § 84 Abs. 1 S. 2 HGB herleiten lässt, nach dem derjenige selbstständig ist, der im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.285 Daneben wird ferner Aspekten wie der Eingliederung der betreffenden Person in eine fremde Arbeitsorganisation, der Erbringung der gesamten Arbeitskraft für den Betrieb, der fremdnützigen Leistungserbringung in eigener Person, der Entgeltfortzahlung bei Krankheit oder Urlaub oder der Freistellung von arbeits-, steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Pflichten durch den Arbeitgeber indizielle Bedeutung beigemessen.286 Legt man dieses Begriffsverständnis des Arbeitnehmerbegriffs der Frage zugrunde, ob Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne sind, so ergibt sich diesbezüglich Folgendes: Vorstandsmitglieder stehen prinzipiell in einer doppelten Rechtsbeziehung zur jeweiligen Aktiengesellschaft. Zum einen repräsentieren sie gemäß § 84 Abs. 1 S. 1 AktG auf Grund eines sozial- beziehungsweise körperschaftsrechtlichen Bestellungsakts den Vorstand der Gesellschaft.287 Bei der Bestellung handelt es sich allerdings nach herrschender Lehre um eine mitwirkungsbedürftige Maßnahme der organschaftlichen Selbstverwaltung und nicht um einen privatrechtlichen Dienstvertrag288, sodass hierin keine Grundlage für einen Arbeitsvertrag gesehen werden kann. Weiterhin stehen 283 BAG 23.04.1980 AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 34 (5 AZR 426 / 79); Müller-Glögge, in: MüKo BGB, Bd. 4, § 611 Rn. 171; Richardi, in: MüKo Hdb. ArbR, Bd. 1, § 16 Rn. 22. 284 Müller-Glögge, in: MüKo BGB, Bd. 4, § 611 Rn. 171; Preis, in: ErfKomm ArbR, § 611 BGB Rn. 53; Richardi, in: MüKo Hdb. ArbR, Bd. 1, § 16 Rn. 22. 285 BAG NJW 2012, 2903 (2904); Preis, in: ErfKomm ArbR, § 611 BGB Rn. 50. 286 Müller-Glögge, in: MüKo BGB, Bd. 4, § 611 Rn. 179 ff.; Reiserer, in: Moll, MAH ArbR, § 6 Rn. 7 ff.; Vogelsang, in: Schaub, Hdb. ArbR, § 8 Rn. 21 ff.; von Hoyningen-Huene, in: MüKo HGB, Bd. 1, § 84 Rn. 27; Wawrzinek, S. 136. 287 Dauner-Lieb, in: Henssler / Strohn, GesR, § 84 AktG Rn. 3; Schulze / Hintzen, ArbRAktuell 2012, 263 (263); Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 84 Rn. 9; Weber, in: Hölters, AktG, § 84 Rn. 3. 288 Dauner-Lieb, in: Henssler / Strohn, GesR, § 84 AktG Rn. 3; Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 84 Rn. 5; Weber, in: Hölters, AktG, § 84 Rn. 3; vgl. auch Koch, in: Hüffer, AktG, § 84 Rn. 4.
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)91
die Vorstandsmitglieder aber auch auf Grund eines Anstellungsverhältnisses in einem Dienstverhältnis zur Gesellschaft, wie sich aus § 84 Abs. 1 S. 5, Abs. 3 S. 5 AktG ergibt.289 Folglich werden sie – zumindest auch – als Angestellte im Rahmen eines privatrechtlichen Dienstvertrags für die Ak tiengesellschaft tätig. Der Anstellungsvertrag selbst regelt allerdings wiederum nachrangig zum gesellschaftsrechtlichen Organverhältnis ausdrücklich nur diejenigen Rechtsbeziehungen zwischen den Vorstandsmitgliedern und der Gesellschaft, welche nicht bereits durch die organschaftliche Stellung der Vorstandsmitglieder vorgegeben sind – wie beispielsweise das Bestehen eines Vergütungsanspruchs oder eines (nach-)vertraglichen Wettbewerbsverbots – und verpflichtet diese im Übrigen dazu, Gesetz, Satzung und Geschäftsordnung einzuhalten und ihren Organpflichten nachzukommen.290 Daher ist die dienstrechtliche Stellung der Vorstandsmitglieder maßgeblich dadurch geprägt, dass sie in ihrer Organstellung gemäß §§ 76 ff. AktG zur Leitung der Gesellschaft in eigener Verantwortung, zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft, zur organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft gegenüber Dritten und zur Wahrnehmung gesetzlicher Mindestzuständigkeiten des Vorstands berufen sind.291 Auf Grund der ihnen zuteilwerdenden autonomen Leitungsbefugnis und der ihnen eingeräumten Vertretungsmacht üben sie selbst das Weisungsrecht des Arbeitgebers und seine sonstigen Funktionen gegenüber den Arbeitnehmern der Gesellschaft aus.292 Eine Weisungsgebundenheit in fachlicher, örtlicher und zeitlicher Hinsicht, wie sie für die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers charakteristisch ist, kann ihnen in Anbetracht dieser exponierten Stellung nicht attestiert werden. Organstellung und arbeitsrechtliche Weisungsabhängigkeit schließen sich vielmehr im Grundsatz gegenseitig aus. Eine Qualifizierung der Vorstandsmitglieder als Arbeitnehmer scheidet daher im Ergebnis – jedenfalls 289 BGH NJW 1954, 505 (507); Dauner-Lieb, in: Henssler / Strohn, GesR, § 84 AktG Rn. 14; Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 84 Rn. 24; Koch, in: Hüffer, AktG, § 84 Rn. 14, 15; Schulze / Hintzen, ArbRAktuell 2012, 263 (263); Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 84 Rn. 56; Weber, in: Hölters, AktG, § 84 Rn. 34. 290 BGH NJW 2010, 2343 (2343); Dauner-Lieb, in: Henssler / Strohn, GesR, § 84 AktG Rn. 20; Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 84 Rn. 10, 56 ff.; 104 ff.; Weber, in: Hölters, AktG, § 84 Rn. 44, 53. 291 Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 84 Rn. 5; Koch, in: Hüffer, AktG, § 84 Rn. 9; Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 84 Rn. 57; Wiesner, in: Münch. Hdb. GesR, Bd. 4, § 21 Rn. 66. 292 BGH NJW 1954, 505 (507); BGH NJW 1962, 340 (343); Dauner-Lieb, in: Henssler / Strohn, GesR, § 84 AktG Rn. 21; Imping, in: Breithaupt / Ottersbach, Kompendium GesR, Teil 2 Kap. E Rn. 878; Koch, in: Hüffer, AktG, § 84 Rn. 14; Kruse / Stenslik, NZA 2013, 596 (601); Richardi, in: Münch. Hdb. ArbR, § 17, Bd. 1, Rn. 53; Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 84 Rn. 57; Vogelsang, in: Schaub, Hdb. ArbR, § 14 Rn. 3; Weber, in: Hölters, AktG, § 84 Rn. 35.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
nach dem dargestellten tradierten Begriffsverständnis des Arbeitnehmerbegriffs – aus.293 (2) Arbeitnehmereigenschaft auf Grund erweiterter Auslegung des Arbeitnehmerbegriffs Möglicherweise kann jedoch an diesem bislang herrschenden Begriffsverständnis in unveränderter Form in Zukunft nicht länger festgehalten werden mit der Folge, dass Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft unter Umständen doch als Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne zu erachten sind. Anlass zu dieser Erwägung könnte der Umstand geben, dass sich in jüngerer Zeit auf unionsrechtlicher Ebene eine erweiterte Auslegung des Arbeitnehmerbegriffs abzeichnet, die eine rein gesellschaftsrechtlich begründete Weisungsunterworfenheit für die Arbeitnehmereigenschaft von Organmitgliedern ausreichen lässt.294 So vertrat die europäische Rechtsprechung erst kürzlich in Bezug auf die Arbeitnehmerstellung einer Fremdgeschäftsführerin im Kontext der Mutterschutzrichtilinie 92 / 85 / EWG die Ansicht, dass diese als Arbeitnehmerin zu qualifizieren sei.295 Hierzu führte sie aus, dass nicht bereits die Eigenschaft als Mitglied der Unternehmensleitung einer Kapitalgesellschaft als solche ausschließen könne, dass es sich bei dieser Person um einen Arbeitnehmer handle.296 Ausschlaggebend sei vielmehr, ob das jeweilige Mitglied in einem durch Weisungsgebundenheit begründeten Unterordnungsverhältnis zur betreffenden Gesellschaft stehe, was im Einzelfall nach Maßgabe aller Gesichtspunkte und aller Umstände, die die Beziehungen zwischen den Beteiligten kennzeichnen, zu beurteilen sei.297 Vor allem die Bedingungen, unter denen es bestellt wurde, die Art der ihm übertragenen Aufgaben, der Rahmen, in dem diese Aufgaben ausgeführt werden, der Umfang der Befugnisse des Betroffenen und die Kontrolle, der 293 BGH NJW 1954, 505 (507); BGH NJW 1962, 340 (343); Baeck / Winzer, NZG 2011, 101 (101); Imping, in: Breithaupt / Ottersbach, Kompendium GesR, Teil 2 Kap. E Rn. 878; Kruse / Stenslik, NZA 2013, 596 (601); Richardi, in: Münch. Hdb. ArbR, § 17, Bd. 1,Rn. 53; Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 84 Rn. 57; Vogelsang, in: Schaub, Hdb. ArbR, § 8 Rn. 2, 3; Wiesner, in: Münch. Hdb. GesR, Bd. 4, § 21 Rn. 5. 294 Junker, NZA 2011, 950 (951); Oberthür, NZA 2011, 253 (254); Schulze / Hintzen, ArbRAktuell 2012, 263 (263); Stagat, NZA-RR 2011, 617 (622); von Alvensleben / Haug / Schnabel, BB 2012, 774 (778); diese Auffassung wird tendenziell auch vereinzelt in der deutschen Literatur vertreten, konnte sich jedoch bislang nicht durchsetzen, weil sie die strenge Trennung zwischen Organverhältnis und Anstellungsverhältnis des Fremdgeschäftsführers missachtet; vgl. Preis / Sagan, ZGR 2013, 26 (27, 28). 295 EuGH NZA 2011, 143 (146). 296 EuGH NZA 2011, 143 (145). 297 EuGH NZA 2011, 143 (145).
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)93
es innerhalb der Gesellschaft unterliegt, sowie die Umstände, unter denen es abberufen werden kann, müssten hinreichend gewürdigt werden.298 Daraus ergebe sich, dass die Arbeitnehmereigenschaft eines Mitglieds der Unternehmensleitung einer Kapitalgesellschaft, das dieser gegenüber Leistungen erbringt und in sie eingegliedert ist, jedenfalls dann zu bejahen sei, wenn es seine Tätigkeit für eine bestimmte Zeit nach der Weisung oder unter der Aufsicht eines anderen Organs dieser Gesellschaft ausübe und als Gegenleistung für die Tätigkeit ein Entgelt erhalte.299 Selbst, wenn es über einen Ermessensspielraum bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben verfüge, reiche es für die Qualifizierung als Arbeitnehmer aus, wenn es gegenüber dem Aufsichtsrat Rechenschaft über seine Geschäftsleitung ablegen und mit diesem zusammenarbeiten müsse und jederzeit durch ein Organ, das von ihm jedenfalls nicht kontrolliert wird und das jederzeit gegen seinen Willen entscheiden kann, abberufbar sei.300 Es muss allerdings gleich in mehrfacher Hinsicht bezweifelt werden, dass Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft in Anbetracht dieser europäischen Entwicklungen in Zukunft (auch) nach nationalem Recht allgemein als Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinn zu qualifizieren sind. Zum einen erfolgten die Ausführungen der europäischen Rechtsprechung zur Arbeitnehmereigenschaft von Mitgliedern der Unternehmensleitung einer Kapitalgesellschaft speziell im Kontext der Mutterschutzrichtlinie 92 / 85 / EWG und des vom deutschen Arbeitnehmerbegriffs abweichenden, zur Arbeitnehmerfreizügigkeit gemäß Art. 45 Abs. 1 AEUV entwickelten allgemeinen unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs.301 Damit stellt sich bereits die Frage, ob hieraus überhaupt Auswirkungen für den innerstaatlichen Arbeitnehmerbegriff entstehen. Jedenfalls dort, wo ein nationales Gesetz eine europäische Richtlinie umsetzt, die nicht auf den Arbeitnehmerbegriff des jeweiligen Mitgliedstaats zurückgreift, sondern den unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff zum Bezugspunkt macht, und dieses Gesetz eine richt linienkonforme Auslegung im Sinne des Art. 288 AEUV zulässt, müsste der Arbeitnehmerbegriff in Zukunft im unionsrechtlichen Sinne und damit dementsprechend weit zu interpretieren sein.302 Nicht gesagt ist damit aller298 EuGH
NZA 2011, 143 (145). NZA 2011, 143 (146). 300 EuGH NZA 2011, 143 (146). 301 Baeck / Winzer, NZG 2011, 101 (101); Fischer, NJW 2011, 2329 (2330); Junker, NZA 2011, 950 (950); Oberthür, NZA 2011, 253 (254); Reiserer, DB 2011, 2262 (2265); Schelp, GmbH-Stpr. 2011, 265 (265); Stagat, NZA-RR 2011, 617 (622); von Alvensleben / Haug / Schnabel, BB 2012, 774 (776); von Medem, ArbRAktuell 2010, 654 (654). 302 Vgl. diesbezüglich Baeck / Winzer, NZG 2011, 101 (101); Bauer, GWR 2010, 586 (586); Fischer, NJW 2011, 2329 (2331, 2332); Kort, NZG 2013, 601 (606, 607); 299 EuGH
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
dings, dass der nationale Arbeitnehmerbegriff insgesamt eine Modifikation erfährt. Diesbezüglich könnte man zwar die These aufstellen, dass sich das europäische Begriffsverständnis des Arbeitnehmerbegriffs im Kontext der Mitglieder der Unternehmensleitung einer Kapitalgesellschaft auf Dauer insgesamt auch für das deutsche Recht durchsetzen wird.303 Hierfür ließe sich anführen, dass der innerstaatliche Arbeitnehmerbegriff bereits bisher nach herrschender Ansicht für das gesamte Arbeitnehmerschutzrecht einheitlich ist und die prinzipiell vorzunehmende richtlinienkonforme Auslegung einzelner EU-induzierter, nationaler Schutzgesetze daher zwangsläufig zu einer vollständige Einbeziehung aller Arbeitnehmer im unionsrechtlichen Sinn, mithin auch der Mitglieder der Unternehmensleitung einer Kapitalgesellschaft, in das innerstaatliche Arbeitnehmerschutzrecht führen müsste.304 Dies erschiene auch aus Gründen der Rechtssicherheit nachvollziehbar.305 Andererseits erscheint es allerdings ebenso gut denkbar, dass die Rechtsprechung in Zukunft vom Grundsatz des einheitlichen Arbeitnehmerbegriffs abzuweichen und diesen – je nach Schutzzweck der entsprechenden Norm – uneinheitlich auszulegen wird306, sodass eine grundsätzliche Modifikation des nationalen Arbeitnehmerbegriffs nicht zu befürchten wäre.307 Ein Anhaltspunkt hierfür könnte sich daraus ergeben, dass auch einige Richtlinien ausdrücklich auf den nationalen Arbeitnehmerbegriff verweisen.308 Selbst, wenn man aber davon ausginge, dass das nationale Begriffsverständnis des Arbeitnehmerbegriffs aus unionsrechtlichen Gründen insgesamt zu modifizieren ist, so stellten die Vorstandsmitglieder gleichwohl auch nach diesem weiten Arbeitnehmerbegriff keine Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne dar, da ihnen auch eine rein gesellschaftsrechtliche begründete Weisungsgebundenheit nicht attestiert werden kann.309 Wie sich aus § 76 Abs. 1 AktG ergibt, sind sie in ihrer Gesamtheit zur Leitung der Oberthür, NZA 2011, 253 (256); Preis / Sagan, ZGR 2013, 26 (52 ff.); Reiserer, DB 2011, 2262 (2266); Reufels / Molle, NZA-RR 2011, 281 (283); Schelp, GmbH-Stpr. 2011, 265 (269); Stagat, NZA-RR 2011, 617 (622); von Alvensleben / Haug / Schnabel, BB 2012, 774 (776 ff.); von Medem, ArbRAktuell 2010, 654 (654). 303 Junker, NZA 2011, 950 (951); i. E. auch von Alvensleben / Haug / Schnabel, BB 2012, 774 (778). 304 Oberthür, NZA 2011, 253 (257). 305 von Alvensleben / Haug / Schnabel, BB 2012, 774 (778). 306 Oberthür, NZA 2011, 253 (257). 307 So i. E. Preis / Sagan, ZGR 2013, 26 (27, 28); Reiserer, DB 2011, 2262 (2267); Stagat, NZA-RR 2011, 617 (622); von Medem, ArbRAktuell 2010, 654 (654). 308 von Medem, ArbRAktuell 2010, 654 (654). 309 Baeck / Winzer, NZG 2011, 101 (101); Bauer, GWR 2010, 586 (586); Junker, NZA 2011, 950 (951); Kruse / Stenslik, NZA 2013, 596 (601); Oberthür, NZA 2011, 253 (254); Reufels / Molle, NZA-RR 2011, 281 (283); zweifelnd von Medem, ArbRAktuell 2010, 654 (654); a. A. Fischer, NJW 2011, 2329 (2331).
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)95
Gesellschaft in eigener Verantwortung berufen.310 Anders als Geschäftsführer einer GmbH gemäß § 37 Abs. 1 GmbHG sind sie in der Regel311 nicht an die Weisungen eines anderen Organs der Gesellschaft gebunden, wie sich aus §§ 111 Abs. 4 S. 2, 119 Abs. 2 AktG ergibt.312 Zwar unterstehen sie gemäß § 111 Abs. 1 AktG der Aufsicht des Aufsichtsrats und sind gegenüber diesem gemäß § 90 AktG zum Bericht über die beabsichtigte Geschäftspolitik und andere grundsätzliche Fragen der Unternehmensplanung, die Rentabilität der Gesellschaft, insbesondere die Rentabilität des Eigenkapitals, den Gang der Geschäfte, insbesondere den Umsatz, und die Lage der Gesellschaft und die Geschäfte, die für die Rentabilität oder Liquidität der Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sein können, verpflichtet. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um eine Rechenschaftspflicht im eigentlichen Sinn, sondern um eine Kommunikationspflicht zwischen Vorstand und Aufsichtsrat zwecks effektiver und vorbeugender Überwachung der Geschäftsführung und damit letztlich um ein zu genuin gesellschaftsrechtlichen Zwecken bestehendes Instrument der checks and balances innerhalb der Gesellschaft.313 Schließlich können Vorstandsmitglieder gemäß § 84 Abs. 3 AktG zwingend auch nur aus wichtigem Grund und damit gerade nicht jederzeit abberufen werden, was ebenfalls ihre unabhängige Stellung stärkt. Denn hierdurch wird letztlich sichergestellt, dass der Aufsichtsrat nicht mittelbar durch Drohung mit der Abberufung auf die Leitung der Aktiengesellschaft Einfluss nehmen kann.314 Damit üben sie weder Tätigkeit für eine bestimmte Zeit nach der Weisung oder unter der Aufsicht eines anderen Organs dieser Gesellschaft aus noch können sie jederzeit abberufen werden. (3) Zwischenergebnis Im Ergebnis lässt sich damit festhalten, dass eine Qualifikation der Vorstandsmitglieder als Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne sowohl nach 310 Baeck / Winzer, NZG 2011, 101 (101); Junker, NZA 2011, 950 (951); Kruse / Stenslik, NZA 2013, 596 (601); Reufels / Molle, NZA-RR 2011, 281 (284). 311 Ausnahmen sind insofern § 111 Abs. 4 S. 2 AktG und § 119 Abs. 2 AktG; Heinz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 22 Rn. 22. 312 Junker, NZA 2011, 950 (951); Kort, NZG 2013, 601 (606); Kruse / Stenslik, NZA 2013, 596 (601). 313 Kort, NZG 2013, 601 (606). 314 Baeck / Winzer, NZG 2011, 101 (101); Bauer, GWR 2010, 586 (586); Junker, NZA 2011, 950 (951); Kort, NZG 2013, 601 (605); Kruse / Stenslik, NZA 2013, 596 (601); Reufels / Molle, NZA-RR 2011, 281 (284); von Medem, ArbRAktuell 2010, 654 (654); a. A. Fischer, NJW 2011, 2329 (2331); Ziemons, KSzW 2013, 19 (20).
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
bisher herrschendem Begriffsverständnis des Arbeitnehmerbegriffs als auch unter dem Gesichtspunkt einer möglicherweise erfolgenden Neuinterpreta tion des Arbeitnehmerbegriffs auf Grund unionsrechtlicher Entwicklungen ausscheidet. Die umfassenden Leitungs-, Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnisse gemäß §§ 76 ff. AktG räumen dem Vorstand eine derart eigenverantwortliche Position innerhalb der Gesellschaft ein, dass er weder aus einem arbeitsrechtlichen noch aus gesellschaftsrechtlichen Blickwinkel als weisungsgebunden und damit als persönlich abhängig erachtet werden kann. bb) Entbehrlichkeit der Arbeitnehmereigenschaft – Vorstandsmitglieder als Täter In Anbetracht dieses Ergebnisses können Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft folglich allenfalls dann zum Täterkreis des § 17 Abs. 1 UWG gezählt werden, wenn dieser nicht auf Personen mit Arbeitnehmerstellung beschränkt ist. Der eingangs dargestellte Streitstand315 bedarf daher einer Entscheidung. Ob die Tätertauglichkeit im Sinne des § 17 Abs. 1 UWG an die Eigenschaft als Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinn geknüpft ist oder ob und unter welchen Voraussetzungen auch weitere Personen wie Vorstandsmitglieder den Tatbestand verwirklichen können, ist nach gängiger Methodenlehre im Wege der Auslegung zu ermitteln.316 (1) Grammatikalische Auslegung Nach Art. 103 Abs. 2 GG ist der Gesetzgeber dazu verpflichtet, „die Voraussetzungen der Strafbarkeit so genau zu umschreiben, dass Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände für den Normadressaten schon aus dem Gesetz selbst zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln und konkretisieren lassen“, sogenanntes Bestimmtheitsgebot.317 Zum einen soll diese Verpflichtung dem potenziellen Täter ermöglichen, die Strafbarkeit seines eigenen Handelns mit hinreichender Gewissheit vo315 Vgl.
Teil 2, A. II. 1. Auslegung im Allgemeinen vgl. Eser / Hecker, in: Schönke / Schröder, StGB, § 1 Rn. 37 ff.; Hassemer / Kargl, in: Kindhäuser / Neumann / Paeffgen, StGB, Bd. 1, § 1 Rn. 104 ff.; Lackner, in: Lackner / Kühl, StGB, § 1 Rn. 6 ff.; Schmitz, in: MüKo StGB, Bd. 1, § 1 Rn. 70 ff. 317 BVerfG NJW 2007, 1666 (1666); BVerfG NJW 1978, 933 (934); BVerfG NJW 1986, 1671 (1671); BVerfG NJW 2001, 1848 (1849); BGH NJW 2007, 524 (525); Hassemer / Kargl, in: Kindhäuser / Neumann / Paeffgen, StGB, Bd. 1, § 1 Rn. 14; Rogall, in: KarlsKomm OWiG, § 3 Rn. 26; Schmitz, in: MüKo StGB, Bd. 1, § 1 Rn. 39. 316 Zur
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)97
rauszusehen beziehungsweise zumindest das Risiko einer Strafbarkeit abzuschätzen.318 Zum anderen soll hierdurch gewährleistet werden, dass nur der Gesetzgeber und nicht die vollziehende oder rechtsprechende Gewalt über die Strafbarkeit entscheidet.319 Aus dem Bestimmtheitsgebot folgt zugleich, dass der mögliche Wortsinn des Gesetzes die äußerste Grenze zulässiger richterlicher Auslegung markiert und damit grundsätzlich ein Verbot täterbelastender Analogie besteht.320 Denn eine Ausdehnung des Tatbestands über den für den Normadressaten verständlichen Wortgehalt der Vorschrift hinaus würde gerade die mit dem Bestimmtheitsgebot verfolgten Zwecke konterkarieren. Verboten ist damit im Ergebnis jede Rechtsanwendung, die tatbestandsausweitend über den Inhalt der gesetzlichen Sanktion hinausgeht.321 Der Wortlaut der Vorschrift bildet folglich natura rerum den Ausgangspunkt der Auslegung.322 Betrachtet man also zunächst vor diesem Hintergrund die Vorschrift des § 17 Abs. 1 UWG, so lässt sich insoweit feststellen, dass die eigentliche Täterumschreibung durch den Begriff der „bei einem Unternehmen beschäftigten Person“ erfolgt und daneben noch vom Bestehen eines „Dienstverhältnisses“ gesprochen wird. Weder hat der Gesetzgeber explizit auf den Begriff des Arbeitnehmers oder Arbeitsvertrags zurückgegriffen noch etwaige Andeutungen in der Vorschrift vorgenommen, aus denen sich das Erfordernis der Arbeitnehmerstellung beziehungsweise der persönlichen Abhängigkeit des Normadressaten ergeben könnte.323 Dass der Begriff des Beschäftigten als Synonym zum Begriff des Arbeitnehmers zu erachten ist und ihm somit das Merkmal der persönlichen Abhängigkeit innewohnt, dürfte vom Wortsinn her eher unzutreffend sein.324 Denn nach allgemeinem Sprachverständnis ist unter einem Beschäftigten bereits eine solche Person 318 BVerfG NJW 2007, 1666 (1666); BVerfG NJW 1978, 933 (934); BVerfG NJW 1986, 1671 (1671); BVerfG NJW 2001, 1848 (1849); BGH NJW 2007, 524 (525). 319 BVerfG NJW 2002, 1779 (1780); BVerfG NJW 1986, 1671 (1671); BVerfG NJW 1978, 933 (934); BVerfG NJW 2007, 1666 (1666); BVerfG NJW 2010, 754 (755); BGH NJW 2007, 524 (525); Schmitz, in: MüKo StGB, Bd. 1, § 1 Rn. 70. 320 BVerfG NJW 2003, 1030 (1030); BVerfG NJW 1995, 1141 (1141); BVerfG NJW 2001, 1848 (1849); BGH NJW 2007, 524 (525); Eser / Hecker, in: Schönke / Schröder, § 1 Rn. 37; Kertai, JuS 2011, 976 (978); Rengier, StrafR AT, § 4 Rn. 31; Wessels / Beulke / Satzger, StrafR AT, Rn. 52. 321 BVerfG NJW 2010, 3209 (3211); BVerfG NJW 1986, 1671 (1672); BVerfG NJW 1995, 1141 (1141); BVerfG NJW 2007, 1666 (1666); Schmitz, in: MüKo StGB, Bd. 1, § 1 Rn. 60. 322 BGH NJW 1963, 914 (914); BGH NStZ 1987, 323 (324); Eser / Hecker, in: Schönke / Schröder, § 1 Rn. 37; Rogall, in: KarlsKomm OWiG, § 3 Rn. 76. 323 Föbus, S. 119; Wawrzinek, S. 144. 324 Temming, in: FS Achenbach, S. 545 (546).
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
zu verstehen, die einer Tätigkeit oder Arbeit nachgeht325, ohne dass weitere Voraussetzungen wie das Vorliegen von Weisungsgebundenheit erfüllt sein müssen. Daher steht jedenfalls der Wortsinn des Begriffs des Beschäftigten der Erfassung auch solcher Personen wie Vorstandsmitglieder, die keine Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne darstellen, nicht entgegen. Auch der Begriff des Dienstverhältnisses lässt die Auslegung zu, dass der Täterkreis des § 17 Abs. 1 UWG nicht durch das Kriterium der Arbeitnehmerstellung beschränkt ist.326 Denn § 611 BGB, der den Dienstvertrag normiert, macht deutlich, dass ein Dienstverhältnis nicht ausschließlich zu Arbeitnehmern bestehen muss, da der Arbeitsvertrag lediglich einen Spezialfall des allgemeinen Dienstvertrags darstellt. Es erscheint daher mit dem Wortlaut der Vorschrift durchaus vereinbar, dass auch Personen ohne Arbeitnehmereigenschaft, die in einem Dienstverhältnis zum Unternehmen stehen, den Tatbestand des § 17 Abs. 1 UWG verwirklichen können. Dies gilt auch für Vorstandsmitglieder, die – wie gezeigt – nicht nur in einem Organverhältnis, sondern auch in einem Anstellungsverhältnis zur jeweiligen Aktiengesellschaft stehen. (2) Systematische Auslegung Bestärken lässt sich diese Auffassung auch durch eine systematische Betrachtung. Der Gesetzgeber hat zwar im UWG auf eine gesetzliche Definition des Beschäftigtenbegriffs verzichtet. Gleichzeitig hat er ihn allerdings auch in einer Vielzahl weiterer Gesetze verwendet und zwar dort – vergleichbar wie im Hinblick auf den Arbeitnehmerbegriff – eine nähere Bestimmung allgemeingültiger Kriterien des Beschäftigtenbegriffs unterlassen, zumindest aber bestimmte Beschäftigtengruppen ausdrücklich benannt.327 So sieht § 2 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG beispielsweise vor, dass Beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, zur Berufsbildung Beschäftigte, arbeitnehmerähnliche Personen im Sinne des § 5 Abs. 1 des ArbGG – ausgenommen die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten –, Beamtinnen und Beamte, Richterinnen und Richter, Soldatinnen und Soldaten und die in Werkstätten für Behinderte Beschäftigten sind. Ähnlich klassifiziert § 3 Nr. 12 GenDG Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, zur Berufsbildung Beschäftigte, Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Abklärungen der beruflichen Eignung oder Arbeitserprobung (Rehabilitanden), die in anerkannten Werkstätten für behinderte 325 Mackensen,
Deutsches Wörterbuch, Stichwort „Beschäftigung“. S. 118, 119; so wohl auch Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 14; Többens, WRP 2005, 552 (557) als ausschlaggebendes Argument für die Erstreckung der Tätertauglichkeit auf Vorstandsmitglieder. 327 Kortstock, in: Nipperdey Lexikon ArbR, Stichwort „Beschäftigte“. 326 Föbus,
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)99
Menschen Beschäftigten, Personen, die nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz beschäftigt werden, Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind wie die in Heimarbeit Beschäftigten ihnen Gleichgestellte und Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis sowie Personen, deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist, als Beschäftigte. Eine nahezu identische Aufzählung lässt sich in § 3 Abs. 11 BDSG finden, der allerdings zusätzlich noch Beamtinnen, Beamte, Richterinnen und Richter des Bundes, Soldatinnen und Soldaten sowie Zivildienstleistende als Beschäftigte benennt. Nach § 6 Abs. 1 AGG sind demgegenüber lediglich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, zur Berufsbildung Beschäftigte, und Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind wie die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten Beschäftigte. Wie diese und weitere Vorschriften328 zeigen, kann der Beschäftigtenbegriff zwar je nach Regelungszusammenhang variieren. Dies entspricht dem allgemeinen und seit jeher anerkannten Grundsatz der Relativität von Rechtsbegriffen.329 Keine der genannten Vorschriften kann somit unmittelbar zur Auslegung des Beschäftigtenbegriffs in § 17 Abs. 1 UWG herangezogen werden. Dies gilt umso mehr, als dass auch keine Konnexität zwischen letzterer und dem ArbSchG, GenDG, BDSG, AGG, BPersVG, PflegeZG, BGleiG oder SGB IV festgestellt werden kann. Allerdings lässt sich nicht bestreiten, dass alle genannten, aus den unterschiedlichsten Gesetzen entspringenden Vorschriften den Begriff des Beschäftigten als Oberbegriff und den Arbeitnehmer als spezialisierte Unterform betrachten, eine Synonymisierung beider Begriffe gerade nicht erfolgt330 und die Nennung weiterer Personengruppen jenseits des Arbeitnehmers den Schluss zulässt, dass auch Personen ohne Arbeitnehmerstellung im Zweifel unter den Beschäftigtenbegriff fallen können. In Anbetracht der Tatsache, dass der Begriff des Beschäftigten in § 17 Abs. 1 UWG letztlich den Wandlungen im arbeits- und sozialversicherungsrecht lichen Sprachgebrauch entlehnt sein dürfte331 und der Begriff des Beschäftigten augenscheinlich der allgemeinen juristischen Begriffsverwendung ent328 Z. B. § 4 Abs. 1 BPersVG, § 7 Abs. 1 PflegeZG, § 4 Abs. 1 BGleiG, § 7 Abs. 1 SGB IV. 329 Wawrzinek, S. 145; vgl. auch beispielhaft zur Relativität von Rechtsbegriffen allgemein BGH NStZ 2009, 83 (85), nach dem zwar die Einheit der Rechts ordnung unter „Begriffsspaltungen“ leidet, die „Relativität der Rechtsbegriffe“ jedoch als gegenläufiges Phänomen seit jeher anerkannt sei; BGH NJW 1999, 299 (300); Eser / Hecker, in: Schönke / Schröder, StGB, Vorbe. §§ 11, 12 Rn. 1; Rogall, in: KarlsKomm OWiG, § 9 Rn. 26. 330 Zur Gefahr der Synonymisierung vgl. Brammsen, RdA 2010, 267 (270). 331 Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 33; Föbus, S. 117.
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sprechend nicht mit demjenigen des Arbeitnehmers identisch ist, kann davon ausgegangen werden, dass auch in § 17 Abs. 1 UWG nicht nur Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne gemeint sind. Im Hinblick auf Vorstandsmit glieder sei im Übrigen darauf verwiesen, dass beispielsweise § 24 SpKG diese ausdrücklich als Beschäftigte klassifiziert.332 (3) Historische Auslegung Aus historischer Sicht könnte allerdings zu bezweifeln sein, dass der Täterkreis des § 17 Abs. 1 UWG auch andere Personen wie Vorstandsmitglieder, die keine Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne sind, erfasst. Wie bereits vorausgehend festgestellt wurde, sah der ursprüngliche Wortlaut der Vorschrift „Angestellte, Arbeiter und Lehrlinge eines Geschäftsbetriebs“ als Täter des Geheimnisverrats vor. Hierbei handelt es sich eigentlich um die klassische Umschreibung des Arbeitnehmers333, wie sie auch heute noch teilweise in unterschiedlichen Gesetzen in leicht modifizierter Form zu finden ist.334 In der Gesetzesbegründung zur UWG-Reform von 2004 hat der Gesetzgeber zudem bezüglich der Neuformulierung des Täterkreises durch die Wendung der „beim Unternehmen beschäftigten Person“ ausgeführt, dass § 17 Abs. 1–3 UWG in seiner neuen Fassung der alten Fassung entspricht335, was dahingehend zu interpretieren sein könnte, dass er nur Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne als Täter der Vorschrift erfassen wollte. Allerdings lässt sich gegen diese Zweifel einwenden, dass der Gesetzesbegründung zu § 9 UWG 1896 nicht entnommen werden kann, dass sich der Gesetzgeber überhaupt mit der Frage auseinander gesetzt hätte, welche Personen konkret unter den Begriff „Arbeiter, Angestellte und Lehrlinge“ fallen sollen.336 Den Grund hierfür könnte man zwar darin sehen, dass er 332 Zur strittigen Frage, ob Vorstandsmitglieder Beschäftigte im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV sind, vgl. BSG NZA 1990, 668 (669); Rolfs, in: ErfKomm ArbR, § 7 SGB IV Rn. 23; für den Vorstand eines Vereins BSG NZA-RR 2002, 494 (495); a. A. BSG NZA-RR 2000, 434 (435 ff.); Heinz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 22 Rn. 69; Sagan / Hübner, AG 2011, 852 (853). 333 Brammsen, RdA 2010, 267 (268). 334 So z. B. in § 5 Abs. 1 S. 1 BetrVG, § 5 Abs. 1 S. 1 ArbGG, 2 Abs. 2 ArbZG, § 17 Abs. 1 BetrAVG, § 2 S. 1 BUrlG. 335 BT-Drucks. 15 / 1487, S. 26; vgl. Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 33; GaugenRieder / Unger-Hellmich, WRP 2011, 1364 (1368); Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 22; Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 42; Noak, wistra 2006, 245 (247); Wawrzinek, S. 134. 336 Reichstag, Anl. Bd. I, Nr. 35, Aktenstück Nr. 35 (3.12.1895), Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs, S. 98 (107–109).
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das Begriffspaar „Arbeiter, Angestellte und Lehrlinge“ für hinreichend deutlich und durch die Rechtsprechung in anderen Rechtsgebieten als ausreichend konkretisiert erachtete, sodass er tatsächlich lediglich Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne als Täter erfassen wollte. Hiergegen lässt sich allerdings anführen, dass er sich im Rahmen der Erläuterungen zum Geheimnisbegriff mit dem Verweis auf den allgemeinen Sprachgebrauch und den Geheimnisbegriff in anderen Vorschriften ausdrücklich auf „Altbekanntes“ bezog, während er dies im Hinblick auf die Tätertauglichkeit gerade unterließ.337 Vorstellbar erscheint daher ebenso, dass der Gesetzgeber zwar möglicherweise primär Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne als Täter vor Augen hatte, mit der Aufzählung „Angestellte, Arbeiter und Lehrlinge“ aber auch andere Personengruppen, die in einem Dienstverhältnis zum Unternehmens stehen, – insbesondere vor dem Hintergrund eines umfassenden Geheimnisschutzes – nicht aus dem Täterkreis ausschließen wollte. Dies müsste dann folglich auch für den Begriff des Beschäftigten gelten. Aber selbst, wenn man dem Gesetzgeber unterstellt, er habe mit der Aufzählung nur Arbeitnehmer im klassischen Sinne erfassen und dies trotz Einführung des Begriffs des „Beschäftigten“ beibehalten wollen, spiegelt sich dieser Wille im Wortlaut der Vorschrift nicht hinreichend wider. Der (hier allenfalls zu unterstellende) Wille des Gesetzgebers kann jedoch nur dann für die Auslegung eines unbestimmten Rechtsbegriffs ausschlaggebend sein, sofern dieser im Wortlaut der Norm Niederschlag gefunden hat.338 Daher stehen auch aus historischer Sicht keine – jedenfalls keine durchgreifenden – Bedenken der Annahme entgegen, dass auch Personen ohne Arbeitnehmerstellung wie Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft Täter des § 17 Abs. 1 UWG sein können. (4) Teleologische Auslegung Schließlich lässt sich maßgeblich der Sinn und Zweck des § 17 Abs. 1 UWG dafür anführen, dass der Täterkreis auch andere Personen als Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne wie Vorstandsmitglieder erfasst. § 17 Abs. 1 UWG bezweckt nach den bereits vorausgegangen Erörterungen sowohl den Schutz des Geheimbereichs des Unternehmens als individuelles Rechtsgut als auch sekundär den Schutz des Wettbewerbs als Institution der Wirtschaftsordnung im Sinne eines sozialen Rechtsguts.339 Eine weite 337 Reichstag, Anl. Bd. I, Nr. 35, Aktenstück Nr. 35 (3.12.1895), Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs, S. 98 (109): § 300 RStGB, §§ 107 und 108 des Unfallversicherungsgesetzes, § 92 RStGB. 338 Hassemer / Kargl, in: Kindhäuser / Neumann / Paeffgen, StGB, Bd. 1, § 1 Rn. 108e); Schmitz, in: MüKo StGB, Bd. 1, § 1 Rn. 77. 339 Vgl. Teil 2, A. I. 2. c).
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Auslegung des Tatbestandsmerkmals des „Beschäftigten“ erscheint bereits vor dem Hintergrund geboten, einen möglichst umfassenden Geheimnisschutz zu gewährleisten.340 Denn dieser umfassende Schutz kann nur erreicht werden, wenn der Geheimnisträger vor jeglichem Geheimnisverrat „von innen heraus“ geschützt wird, also sämtliche Personen, die bei diesem beschäftigt sind und zu diesem in einem Dienstverhältnis stehen, von § 17 Abs. 1 UWG erfasst werden. Dies gilt insbesondere auch für die Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft. Denn diese verfügen nicht nur rein faktisch betrachtet auf Grund ihrer Stellung als leitungs- und geschäftsführungsbefugtes Organ der Aktiengesellschaft im Sinne der §§ 76 ff. AktG über die kompetenziell gegebene Möglichkeit, sich umfassend über alle essenziellen Informationen innerhalb des Unternehmens in Kenntnis zu versetzen. Vielmehr sind sie gesetzlich sogar dazu verpflichtet, von wesentlichen Vorgängen innerhalb des Unternehmens Kenntnis zu haben, da sie nur so die ihnen zugewiesenen Aufgaben sachgerecht wahrnehmen und ihrem Organauftrag gerecht werden können. Diese Pflicht ergibt sich beispielsweise aus § 93 Abs. 1 S. 2 AktG, nach dem eine Pflichtverletzung der Vorstandsmitglieder dann vorliegt, wenn sie bei einer unternehmerischen Entscheidung nicht vernünftigerweise annehmen durften, auf Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Zwar sind sie hiernach nicht zur umfassenden Informationseinholung verpflichtet, sondern haben vielmehr Kosten und Nutzen der Informationsbeschaffung gegeneinander abzuwägen und hiernach den Umfang der zu beschaffenden Informationen zu bestimmen.341 Dennoch wird dies in der Regel dazu führen, dass sie zumindest von den wesentlichen Unternehmensvorgängen und -interna Kenntnis haben (müssen). Auch die im AktG verstreuten Informationspflichten des Vorstands gegenüber dem Aufsichtsrat oder der Hauptversammlung, wie sie exemplarisch in §§ 83 Abs. 1, 90 Abs. 1, 92 Abs. 1, 121 Abs. 3, 124 Abs. 1–3, 125 Abs. 1, 3, 4, 175 Abs. 1 bis 3, 176 Abs. 1, 179a Abs. 2, 186 Abs. 4 S. 2, 293a, 293f, 293g Abs. 1, 2, 319 Abs. 3 S. 1–3, 320 Abs. IV S. 1, 2, 337 Abs. 1–3 AktG zu finden sind, setzen im Umkehrschluss voraus, dass die Vorstandsmitglieder sich in Kenntnis der entsprechenden Informationen befinden beziehungsweise sich in deren Kenntnis versetzen können. Verfügen die Vorstandsmitglieder daher aber nicht nur über einen kompentenziell bedingten, vereinfachten Zu340 Ebert-Weidenfeller, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 3 Kap. 3 Rn. 72; Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 22; Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 28; Többens, WRP 2005, 552 (557); von Pelchrzim, CCZ 2009, 25 (27); Wawrzinek, S. 148; Wittig, WStR, § 33 Rn. 33. 341 Dauner-Lieb, in: Henssler / Strohn, GesR, § 93 AktG Rn. 22; Heinz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 22 Rn. 58; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 34; a. A. BGH NZG 2008, 705 (706).
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gang zu den Informationen des Unternehmens, sondern kann sogar darüber hinaus unterstellt werden, dass sie sich oftmals in Kenntnis einer Vielzahl von Unternehmensinterna befinden, so erschiene es teleologisch betrachtet geradezu paradox, diese nicht dem Täterkreis des § 17 Abs. 1 UWG zu unterstellen, obwohl gerade diese als taugliche Täter eines Geheimnisverrats besonders prädestiniert sein dürften.342 Etwas Anderes ergibt sich speziell für die Vorstandsmitglieder auch nicht daraus, dass diese bereits nach § 404 Abs. 1 AktG mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr beziehungsweise bei börsennotierten Gesellschaften von bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden, die ein Geheimnis der Gesellschaft, namentlich ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis, das ihnen in ihrer Eigenschaft als Vorstandsmitglieder bekannt geworden ist, unbefugt offenbaren. Zwar könnte man auf den ersten Blick der Annahme unterliegen, dass ein ausreichender Schutz der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse vor Verrat durch die Vorstandsmitglieder bereits durch diese Vorschrift gewährleistet ist, sodass die Notwendigkeit der Erfassung durch § 17 Abs. 1 UWG unter diesem Gesichtspunkt entbehrlich erschiene.343 Gegen diese Argumentation lässt sich jedoch einwenden, dass § 404 Abs. 1 AktG im Gegensatz zu § 17 Abs. 3 UWG den Versuch des Geheimnisverrats nicht unter Strafe stellt.344 Zudem übersteigt der Strafrahmen des § 17 Abs. 1 UWG mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder Geldstrafe den des § 404 Abs. 1 AktG, was letztlich dem Umstand geschuldet sein dürfte, dass § 17 Abs. 1 UWG auch ein soziales Rechtsgut schützt und zudem durch die überschießende Innentendenz ein größeres Handlungsunrecht verwirklicht wird. Der durch § 17 Abs. 1 UWG gewährleistete Schutz ist daher umfassender und intensiver als derjenige des § 404 Abs. 1 AktG.
342 Lücker, S. 35; Wawrzinek, S. 139, 148; daher verwundert es auch nicht, dass in einer Studie festgestellt werden konnte, dass das Management des Unternehmens mit zu den Haupttätergruppen des § 17 UWG zählt (17,1%), vgl. Föbus, S. 26. 343 Temming, in: FS Achenbach, S. 545 (547). 344 Diesen Umstand scheint Temming in seiner Argumentation zu verkennen, der insofern davon ausgeht, dass es allein wegen des Bestehens des § 404 Abs. 1 AktG zu keinen Strafbarkeitslücken käme, vgl. Temming, in: FS Achenbach, S. 545 (547); Strafbarkeitslücken dürfen grundsätzlich als Argument für die Auslegung eines unbestimmten Rechtsbegriffs nicht herangezogen werden, wenn hierdurch eine Abweichung von den gesetzlichen Vorgaben des Gesetzgebers erfolgte, vgl. Kertai, JuS 2011, 976 (980). Allerdings konnte bereits gezeigt werden, dass der Wortlaut des § 17 Abs. 1 UWG die Erfassung von Personen ohne Arbeitnehmerstellung wie Vorstandsmitgliedern zulässt.
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cc) Zwischenergebnis Im Ergebnis lässt sich somit festhalten, dass auch Personen ohne Arbeitnehmerstellung und damit auch Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft Beschäftigte im Sinne des § 17 Abs. 1 UWG sind.345 Den Erkenntnissen der Auslegung entsprechend kann die Ansicht, nach der die Tätertauglichkeit der jeweiligen Person von der Eigenschaft als Arbeitnehmer im arbeitsrecht lichen Sinne abhängt, nicht überzeugen. Stellen die Vorstandsmitglieder zwecks Durchführung einer Due Diligence im Vorfeld einer Pakettransaktion Informationen bereit, so können sich diese folglich bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen durchaus gemäß § 17 Abs. 1 UWG strafbar machen. 2. Bei einem Unternehmen beschäftigt Weiterhin müssten die Vorstandsmitglieder bei einem Unternehmen beschäftigt sein. Eine gesetzliche Definition dessen, was unter dem Begriff des Unternehmens zu verstehen ist, enthält das UWG nicht, obwohl dieser beispielsweise auch in § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Nr. 8 oder § 8 Abs. 2 UWG vorausgesetzt wird. Rechtsprechung und herrschende Lehre gehen unter Befürwortung eines weiten Begriffsverständnisses davon aus, dass eine wirtschaftliche Betrachtungsweise346 vorzunehmen ist, die nicht auf die Rechtsform, sondern auf die tatsächliche Stellung im Wettbewerb abstellt.347 Hiernach ist der Unternehmensbegriff im Sinne einer auf Dauer angelegten, selbstständigen, wirtschaftlichen Betätigung zu verstehen, die darauf gerichtet ist, Waren oder Dienstleistungen gegen Entgelt zu vertreiben.348 Auf eine Gewinnerzielungsabsicht kommt es nicht an, sodass es sich nicht um 345 So i. E. auch Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 35; Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 18; Föbus, S. 120; Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 42; Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 23; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 14; Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 13; Wawrzinek, S. 149; Wittig, WStR, § 33 Rn. 34. 346 Auf Grund dieses Umstands betrachtet die herrschende Meinung den bei einer Tochtergesellschaft Beschäftigten auch als Beschäftigten der Muttergesellschaft, vgl. Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 19; Kiethe / Hohmann, NStZ 2006, 185 (186); Otto, wistra 1988, 125 (127); von Pelch zrim, CCZ 2009, 25 (27); Wawrzinek, S. 151, 152; a. A. Föbus, S. 115. 347 BGH GRUR 1976, 370 (371); Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 2 Rn. 21; Wawrzinek, S. 150. 348 Aldoney, S. 34; Keller, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 2 Rn. 23; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 2 Rn. 21; Sosnitza, in: Ohly / Sosnit za, UWG, § 2 Rn. 42; Wawrzinek, S. 150; auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG, § 14 BGB abstellend Föbus, S. 113; Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 27.
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einen Gewerbebetrieb im klassischen Sinne handeln muss. Vielmehr erfüllen beispielsweise auch gemeinnützige Unternehmen, kulturelle oder soziale Einrichtungen den Unternehmensbegriff, sofern sie wirtschaftlich tätig sind.349 Damit entspricht das Begriffsverständnis des Unternehmensbegriffs in weiten Teilen dem Begriff des Betriebs, wie er zu den §§ 5 Nr. 7, 14 StGB entwickelt wurde. Denn dort wird unter einem Betrieb gemeinhin eine nicht nur vorübergehende organisatorische, meist auch räumlich zusammengefasste Einheit von Personen und Sachmitteln unter einheitlicher Leitung zu dem arbeitstechnischen Zweck, bestimmte Leistungen hervorzubringen oder zur Verfügung zu stellen, verstanden. Diese begriffliche Parallele erscheint im Ergebnis durchaus plausibel. Denn zum einen stellte § 17 Abs. 1 UWG vor der UWG-Reform 2004 selbst auf die Zugehörigkeit zu einem Geschäftsbetrieb350 ab, was in Anbetracht der Gesetzesbegründung, nach der § 17 Abs. 1–3 UWG in seiner jetzigen Fassung § 17 Abs. 1–3 UWG a. F. entspricht, auch für die Auslegung des Unternehmensbegriffs ausschlaggebend sein dürfte.351 Des Weiteren verweist § 17 Abs. 6 UWG ausdrücklich auf § 5 Nr. 7 UWG – der nicht zuletzt auch die Begriffe „Betrieb“ und „Unternehmens“ gleichstellt –, sodass auch dem denkbaren Kritikpunkt der Relativität der Rechtsbegriffe die Grundlage entzogen ist. Schließlich differenziert auch § 17 Abs. 1 UWG selbst in seiner aktuellen Fassung nicht zwischen dem Begriff des Unternehmens und dem des Betriebs, wenn der Täter zwar eine beim Unternehmen beschäftigte Person sein muss, das Tatobjekt demgegenüber mit dem Begriff des Geschäftsoder Betriebsgeheimnisses umschrieben wird.352 Aktiengesellschaften betreiben als Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit gemäß § 1 AktG in der Regel ein Unternehmen mit erwerbswirtschaftlicher Zielsetzung.353 Wie das Aktiengesetz selbst in § 3 Abs. 1 AktG andeutet, können sie aber auch andere als primär wirtschaftliche Zwecke verfolgen.354 Die Vorstandsmitglieder, die gemäß § 76 Abs. 1 AktG die Aktiengesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben, sind zugleich zur 349 BGH GRUR 2008, 810 (812); BGH GRUR 1981, 823 (825); BGH GRUR 1976, 370 (371); Aldoney, S. 33, 34; Keller, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bode wig, UWG, § 2 Rn. 23; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 2 Rn. 24; Sosnitza, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 2 Rn. 42. 350 Vgl. hierzu auch Aldoney, S. 33, 105; Arians, S. 307 (353); Wawrzinek, S. 92. 351 Andeutend Wawrzinek, S. 150. 352 Aldoney, S. 32, 33. 353 Drescher, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 3 Rn. 4; Schneider, in: Breithaupt / Ottersbach, Kompendium GesR, E. Kapitalgesellschaften, Teil 1 Kap. B Rn. 17; Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 76 Rn. 59. 354 BayObLG NZA-RR 1996, 10 (10); Lange, in: Henssler / Strohn, GesR, § 1 AktG Rn. 4; Solveen, in: Hölters, AktG, § 3 Rn. 4; von Stebut, S. 40.
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Leitung des von der Gesellschaft betriebenen Unternehmens berufen, wie sich aus ihrer Stellung als Handlungsorgan und aus ihrem Anstellungsvertrag ergibt.355 In dieser Position haben sie beispielsweise die für die Unternehmenszielverwirklichung erforderlichen Führungsentscheidungen wie Unternehmensplanung, Unternehmenskoordinierung und Unternehmenskontrolle zu treffen.356 Damit besteht kein Zweifel daran, dass Vorstandsmitglieder prinzipiell bei einem Unternehmen beschäftigt sind. Im Kontext der Due Diligence ergibt sich zudem aus der Natur der Sache, dass es sich um die Vorstandsmitglieder desjenigen Unternehmen beziehungsweise derjenigen Aktiengesellschaft handelt, dem die Informationen zustehen, da es dem potenziellen Erwerber gerade darauf ankommt, Informationen über diese konkrete Aktiengesellschaft zu erhalten. 3. Zwischenergebnis Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft lassen sich unter die Täterumschreibung der „bei einem Unternehmen beschäftigten Person“ subsumieren. Damit können sie durch die Bereitstellung von Informationen im Kontext der Durchführung einer Due Diligence im Vorfeld einer Pakettransaktion den Tatbestand des § 17 Abs. 1 UWG verwirklichen.
III. Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis Voraussetzung für eine Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 17 Abs. 1 UWG ist weiterhin, dass es sich bei den zwecks Durchführung der Due Diligence zur Verfügung gestellten Informationen um Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse handelt. Obwohl dieses Begriffspaar das Angriffsobjekt des § 17 Abs. 1 UWG beschreibt und damit zugleich ihr zentrales Tatbestandsmerkmal darstellt, hat der Gesetzgeber von einer Begriffsbestimmung abgesehen. Dies ausweislich der Gesetzesbegründung deshalb, da er die Auffassung vertrat, dass der Begriff des Geheimnisses dem allgemeinen Sprachgebrauch des täglichen Lebens wie auch der Gesetzessprache – unter Verweis auf §§ 92, 300 StGB a. F., §§ 107, 108 Unfallversicherungsgesetz a. F. und § 349 Nr. 3 ZPO a. F. – geläufig sei. Zudem war er der Ansicht, dass eine zufriedenstellende Legaldefinition nicht gebildet werden könne 355 Spindler,
in: MüKo AktG, Bd. 2, § 76 Rn. 59. S. 189, 190; Dauner-Lieb, in: Henssler / Strohn, GesR, § 76 AktG Rn. 7; Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 76 Rn. 18, 53; Heinz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 22 Rn. 19, 33; Koch, in: Hüffer, AktG, § 76 Rn. 9; Kort, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 2 Rn. 71; Wiesner, in: Münch. Hdb. GesR, Bd. 4, § 19 Rn. 14. 356 Böttcher,
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und eine Herleitung der konstituierenden Merkmale des Geheimnisbegriffs der richterlichen Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalles unterliegen solle.357 Letztlich hat er damit bewusst Rechtsprechung und Lehre die Präzisierung des Geheimnisbegriffs überlassen.358 Einigkeit herrscht heute im Wesentlichen zunächst darüber, dass Betriebsgeheimnissen eher technische, Geschäftsgeheimnissen hingegen kaufmännische Informationen zugrunde liegen.359 Zutreffenderweise wird der Begriffsdoppelung allerdings lediglich eine klarstellende Funktion dahingehend attestiert360, dass ein möglichst umfassender Geheimnisschutz gewährleistet und der Richter von „der Müh’ genauerer Unterscheidung“ entbunden werden soll.361 Beide Geheimnistypen sind durch § 17 Abs. 1 UWG in gleichem Umfang rechtlichen Schutz unterstellt.362 Es erscheint daher im Ergebnis durchaus praktikabel, wenn Rechtsprechung und Lehre den Begriff des Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses durch Oberbegriffe wie denjenigen des Unternehmens-363, Wirtschafts-364 oder Gesellschaftsgeheimnisses substituieren.365 Was die eigentliche Definition des Begriffs des Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses anbelangt, so hat sich in Rechtsprechung und herrschender 357 Reichstag, Anl. Bd. I, Nr. 35, Aktenstück Nr. 35 (3.12.1895), Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs, S. 98 (109); Arians, S. 307 (323); Krüger, S. 16; Schmidt, in: Verhandlungen des 36. DJT, S. 101 (120, 156). 358 Wawrzinek, S. 90. 359 Arians, S. 307 (324) spricht insofern von „kommerziell-ideellen“ und „technisch-industriellen“ Geheimnissen; Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 8; Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 17; Kiethe / Hohmann, NStZ 2006, 185 (186); Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 12; Krüger, S. 19; Nastelski, GRUR 1957, 1 (1); Schafheutle, S. 79; Stancke, BB 2013, 1418 (1421); Többens, WRP 2005, 552 (556). 360 McGuire / Joachim / Künzel / Weber, GRUR Int. 2010, 829 (829). 361 Aldoney, S. 28; Arians, S. 307 (324); Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 8; Helbach, S. 27; Schmidt, in: Verhandlungen des 36. DJT, S. 101 (121); Wawrzinek, S. 90. 362 Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 1; Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 5; Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 8; Taeger, S. 31; Többens, WRP 2005, 552 (556). 363 OLG Celle GRUR 1969, 548 (549); Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 8; Mayer, GRUR 2011, 884 (885); Nastelski, GRUR 1957, 1 (1). 364 Arians, S. 307 (320); Kiethe / Hohmann, NStZ 2006, 185 (186); Otto, in: GKUWG, Bd. 2, § 17 Rn. 10. 365 Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 1; ders., in: Gloy / Loschelder / Erdmann, WettbewerbsR, § 77 Rn. 8; Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 5; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 4a; McGuire / Joachim / Künzel / Weber, GRUR Int. 2010, 829 (829).
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
Lehre – ausgehend von der allgemeinsprachlichen Verwendung des Begriffs des Geheimnisses366 – die Ansicht herausgebildet, dass hierunter jede im Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb stehende nicht offenkundige, sondern nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannte Tatsache zu verstehen ist, die nach dem bekundeten Willen des Betriebsinhabers, der auf einem berechtigten wirtschaftlichen Interesse beruht, geheim gehalten werden soll.367 Damit werden sowohl objektive als auch subjektive Merkmale als begriffskonstituierende Elemente des Geheimnisbegriffs erachtet. Allerdings ist dieses Begriffsverständnis nicht ohne Kritik geblieben. Während bezüglich der Merkmale des Unternehmensbezugs und der fehlenden Offenkundigkeit der Informationen in Rechtsprechung und Lehre heute durchgehend Einigkeit herrscht, sind die (vermeintlichen) Charakteristika des (zu bekundenden) Geheimhaltungswillens und des Geheimhaltungsinteresses nach wie vor Gegenstand heftiger Kontroversen.368 Im Folgenden ist daher der Frage nachzugehen, welche Anforderungen an das Vorliegen eines Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses zu stellen sind und ob die zwecks Durchführung einer Due Diligence bereitgestellten Informationen als solche klassifiziert werden können. 1. Unternehmensbezug Sowohl aus dem Begriff des Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses selbst als auch dem Umstand, dass § 17 Abs. 1 UWG im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb positioniert ist und dem Schutz des Geheimbereichs des 366 Vgl. hierzu Aldoney, S. 8 ff.; Arians, S. 307 (325 ff.); Föbus, S. 49; Krüger, S. 18 ff.; andeutend Schmidt, in: Verhandlungen des 36. DJT, S. 101 (121); Wawrzinek, S. 90, 91. 367 So und in vergleichbarer Fassung BGH GRUR 1955, 424 (425); BGH NJW 1960, 1999 (2000); BGH NJW 1995, 2301 (2301); BGH GRUR 2003, 356 (358); BGH GRUR 2006, 1044 (1046); BGH wistra 2007, 147 (149); BGH GRUR 2009, 603 (604); Aldoney, S. 27, 28; Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 9; GaugenRieder / Unger-Hellmich, WRP 2011, 1364 (1365); Kloepfer / Greve, NVwZ 2011, 577 (580); Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 7; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 4; Meincke, WM 1998, 749 (750); Nastelski, GRUR 1957, 1 (2); Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 5; Söbbing, GWR 2010, 237 (237); Stancke, BB 2013, 1418 (1421); Taeger, S. 23; Ulsenheimer, NJW 1975, 2000 (2001); interessant ist insofern auch § 5 Abs. 1 Nr. 3 des Brandenburgischen Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes (AIG), der nach seinem Wortlaut nicht das kumulative Vorliegen eines Geheimhaltungswillens und eines berechtigten Geheimhaltungsinteresses, sondern lediglich das alternative Vorliegen erfordert; vgl. Helbach, S. 31. 368 Ähnlich Arians, S. 307 (326); Wawrzinek, S. 91, die allerdings beide davon ausgehen, dass lediglich das Geheimhaltungsinteresse Gegenstand heftiger Kontroversen sei.
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jeweiligen Unternehmens vor unredlichen Eingriffen zu dienen bestimmt ist, lässt sich im Einklang mit Rechtsprechung und Lehre entnehmen, dass nur solche Informationen als Gegenstand eines Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses in Betracht kommen, die eine Beziehung zu einem Unternehmen aufweisen, also im Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb oder Unternehmen stehen.369 Gesprochen werden kann insofern auch vom Erfordernis eines betrieblichen Charakters der den Geheimnissen zugrunde liegenden Informationen.370 Sie müssen einem Unternehmen hinreichend eindeutig zugeordnet werden können, um das Objekt eines Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses darstellen zu können.371 Ob ein solcher hinreichender Unternehmensbezug der Information im Einzelfall besteht, hängt nicht davon ab, ob die Information auch in anderen Betrieben oder Unternehmen bekannt ist, dort zur Anwendung gelangen oder auch einfach nur vorkommen kann.372 Entscheidend ist vielmehr die Frage, ob die Information der Sphäre des jeweils konkret zu betrachtenden Unternehmens zuzurechnen ist373, ihm zur Verfügung steht, von ihm genutzt wird und damit dem Unternehmen anhaftet.374 Keinen Unternehmensbezug weisen damit solche Informationen auf, die die Privatsphäre oder ausschließlich die Sphäre Dritter betreffen, Forschungsergebnisse nicht erwerbstätiger öffentlicher Einrichtungen enthalten (wissenschaftliche Geheimnisse) oder der öffentlichen Verwaltung zuzuordnen sind (staatliche Geheimnisse). Sie werden daher vom Tatbestand des § 17 Abs. 1 UWG nicht erfasst.375 369 Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 12; Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 2; Kiethe / Hohmann, NStZ 2006, 185 (188); Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 5; Noak, wistra 2006, 245 (246); Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 8; Wawrzinek, S. 92. 370 Dittrich, in: Müller-Gugenberger / Bienek, WStR, § 33 Rn. 50; Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 7; Kloepfer / Greve, NVwZ 2011, 577 (580); Möhrenschläger, in: Wabnitz / Janovsky, Kap. 13 Rn. 9; Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 10; Wittig, WStR, § 33 Rn. 38. 371 Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 2; ders., in: Gloy / Loschelder / Erdmann, WettbewerbsR, § 77 Rn. 9; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 5; Möhrenschläger, in: Wabnitz / Janovsky, Kap. 15 Rn. 9; Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 6. 372 Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 2; ders., in: Gloy / Loschelder / Erdmann, WettbewerbsR, § 77 Rn. 9. 373 Helbach, S. 32; Mayer, GRUR 2011, 884 (885) Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 10. 374 Ähnlich Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 12. 375 Aldoney, S. 32; Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 14; Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 9; Föbus, S. 82; Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 7; Helbach, S. 32; Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 18; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 5; Möhrenschläger, in: Wabnitz / Janovsky, Kap. 15 Rn. 9;
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Dass die zwecks Durchführung der Due Diligence an den potenziellen Erwerber mitgeteilten Informationen einen Unternehmensbezug aufweisen, dürfte regelmäßig unproblematisch anzunehmen sein. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Erwerbsinteressent durch die Durchführung der Due Diligence einen möglichst detaillierten Einblick in das Unternehmen erhalten möchte, um so dessen Stärken und Schwächen und damit einhergehend die Chancen und Risiken seiner geplanten Investition zu ermitteln. Die Erfassung des status quo des Unternehmens ermöglicht es ihm insoweit, den derzeitigen Unternehmenswert und hieran anknüpfend einen angemessenen Kaufpreis für das in Rede stehende Aktienpaket zu kalkulieren, die künftige Entwicklung des Unternehmens und damit auch den Ertragswert seiner Investition zu prognostizieren und bestehenden Haftungsrisiken durch entsprechende Vertragsvereinbarungen mit dem veräußerungswilligen Aktionär entgegen zu wirken. Zwar wird es sich nicht bei allen zu Zwecken der Due Diligence mitgeteilten Informationen um solche mit einem betrieblichen Charakter und einem hinreichenden Unternehmensbezug handeln; man denke beispielsweise an allgemeine Marktinformationen. Insbesondere aber Informationen über die Umsätze des Unternehmens, die geschäftspolitischen Ziele, geplante Investitionen, praktizierte Marktstrategien oder genutzte Herstellungsverfahren und Fertigungsmethoden weisen eine Beziehung zum jeweiligen Unternehmen auf, sodass diese Gegenstand von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen sein können.376 2. Fehlende Offenkundigkeit Es dürfte kein Zweifel daran bestehe, dass nur dasjenige rechtlich geschützt werden kann, was objektiv überhaupt noch schützbar ist.377 Im Hinblick auf Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse bedeutet dies – und auch hierüber herrscht grundsätzlich Einigkeit –, dass nur solche Informationen als Geheimnisobjekte in Betracht kommen und vor einer unbefugten Mitteilung durch Beschäftigte an Dritte geschützt werden können, die geheim und noch nicht bereits offenkundig sind.378 Haben sie demgegenüber bereits Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 6; Többens, WRP 2005, 552 (557); Wawrzinek, S. 92. 376 Zu Aufzählungen von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen vgl. Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 16; Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 7; ders., in: Gloy / Loschelder / Erdmann, WettbewerbsR, § 77 Rn. 14; Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 40; Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 20, 21; Möhrenschläger, in: Wabnitz / Janovsky, Kap. 15 Rn. 6, 7; Noak, wistra 2006, 245 (246); Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 23. 377 RGSt. 29, 426 (430); RGSt. 40, 406 (407).
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Offenkundigkeit erlangt, kann hingegen von einem Anspruch auf exklusiven Schutz der Informationen als Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse nicht mehr ausgegangen werden.379 Unzweifelhaft dürfte eine Information, die nur einer Person bekannt ist, ein Geheimnis darstellen. Andererseits entspricht es wohl dem gängigen Verständnis des Geheimnisbegriffs, dass es sich um eine Information handeln muss, die jedenfalls nicht jedermann bereits kennt.380 Fraglich ist allerdings, wann Informationen jenseits dieser beiden Extreme, also im Falle der Kenntnis einer Personenmehrheit, als offenkundig zu erachten sind. 378
Rechtsprechung und herrschende Lehre präzisieren das Merkmal der fehlenden Offenkundigkeit zunächst dahingehend, dass die Information nur einem begrenzten Personenkreis bekannt sein dürfe.381 Diese Konkretisierung wirkt für sich allein jedoch irreführend, könnte man hieraus den Schluss ziehen, dass die Offenkundigkeit einer Information anhand einer zu beziffernden Anzahl an Mitwissenden zu ermitteln sei.382 Eine derartige Ansicht führte jedoch zu pauschalisierenden und nur bedingt funktionalen Aussagen. Erachtete man die Zahl der Mitwissenden als entscheidendes Kriterium zur Beurteilung der Frage der Offenkundigkeit, so hätte dies zur Folge, dass eine ursprünglich geheime Sache irgendwann ihren Geheimnischarakter verlöre, wenn sie noch an eine weitere Person mitgeteilt würde.383 Diese Überlegung widerstrebt jedoch bereits der Annahme, dass der Geheimnisträger über das Geheimnis nach seinen Vorstellungen disponieren können soll, ohne dadurch einen Nachteil zu erleiden.384 Es bedarf daher grundsätzlich eines anderen Wertmaßstabs, um die Frage der Offenkundig378 So schon RGSt. 29, 426 (430); RGSt. 40, 406 (407); BGH GRUR 1955, 424 (425); BGH NJW 1960, 1999 (2000); Aldoney, S. 35; Arians, S. 307 (326); Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 9; HarteBavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 3; ders., in: Gloy / Loschelder / Erdmann, WettbewerbsR, § 77 Rn. 10; Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 18; Kiethe / Hohmann, NStZ 2006, 185 (186); Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 5; Krüger, S. 21; Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 7. 379 Taeger, S. 68. 380 Wawrzinek, S. 97. 381 BGH GRUR 1955, 424 (425); BGH GRUR 1964, 31 (32); BGH NJW 1960, 1999 (2000); BGH NJW 1995, 2301 (2301); BGH GRUR 2003, 356 (358); Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 22; Kloepfer / Greve, NVwZ 2011, 577 (581); Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 10; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 7a; Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 8; Pfeiffer, in: FS Nirk, S. 861 (866); Taeger, S. 71; Többens, WRP 2005, 552 (557); von Stebut, S. 12. 382 Aldoney, S. 37; Wawrzinek, S. 97. 383 Vgl. zu § 404 AktG von Stebut, S. 13. 384 Andeutend Föbus, S. 52, 53; von Stebut, S. 13, 14.
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keit einer Information zu beantworten. Auch Rechtsprechung und Literatur verharren nicht bei der Formel der Kenntnis eines begrenzten Personenkreises, sondern sind sich hinsichtlich der Notwendigkeit einer weitergehenden Präzisierung des Offenkundigkeitsbegriffs einig. Teilweise wird vorgeschlagen, die Offenkundigkeit einer Information anhand des Kriteriums des „gemeinsamen Interesses“ beziehungsweise der „inneren Geschlossenheit“ der Mitwissenden an der Geheimhaltung zu ermitteln. Hiervon ausgehend soll die Offenkundigkeit dann anzunehmen sein, „wenn vom Standpunkt praktischer Erfahrung aus nicht mehr damit gerechnet werden [könne], dass das Wissen um die Tatsachen noch auf einen geschlossenen Kreis gleichmäßig am Geheimbleiben Interessierter beschränkt [sei]“.385 Allerdings weist dieser Ansatz ebenso wie der Gedanke einer zahlenmäßigen Begrenzung Schwächen auf, die ihn als taugliche Grundlage für die Ermittlung der Offenkundigkeit einer Information disqualifizieren.386 Zum einen engt er den Geheimnisbegriff zu sehr ein und verkürzt damit den strafrechtlichen Schutz. Dies zeigt sich bereits anhand des Falls, dass einzelne Personen aus dem geschlossenen Kreis der „Beteiligten am Geheimnis“ ausscheiden.387 Zum anderen dürfte die Auffassung im Widerspruch zur gesetzlichen Wertung des § 17 Abs. 1 UWG selbst stehen. Fernliegend erscheint insoweit die Tatsache, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer immer gleichmäßig an der Geheimhaltung bestimmter Informationen interessiert sind. Viel eher dürfte dies regelmäßig nur dann anzunehmen sein, wenn im Ernstfall der Bestand des Arbeitsplatzes des Arbeitnehmers betroffen ist oder sonstige geldwerte Vorteile im Raum stehen. Kann ein gleichmäßiges Interesse an der Geheimhaltung einer Information jedoch damit zumindest nicht grundsätzlich angenommen werden, erlangten Informationen nach dieser Ansicht durch Mitteilung an den Arbeitnehmer Offenkundigkeit. § 17 Abs. 1 UWG zeigt jedoch bereits, dass die Weitergabe von Informationen an Beschäftigte regelmäßig nicht mit der Erlangung der Offenkundigkeit einhergeht, denn diese sanktioniert gerade die Weitergabe von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen durch den Beschäftigten.388 Im Ergebnis stellt daher auch der Aspekt des „gemeinsamen Interesses“ der Mitwissenden keinen tauglichen Maßstab zur Feststellung der Offenkundigkeit von Informationen dar. 385 So schon RGSt 40, 406 (407); Nastelski, GRUR 1957, 1 (2); Schafheutle, S. 80; Schmidt, in: Verhandlungen des 36. DJT, S. 101 (122, 123) m. w. N.; vgl. auch OLG Karlsruhe, GRUR 1994, 133 (134, 135); a. A. Aldoney, S. 38; Arians, S. 307 (327); Föbus, S. 57; Krüger, S. 21; Wawrzinek, S. 98; vgl. zu § 404 AktG Klug, AktStR, § 404 Rn. 5. 386 Aldoney, S. 38; Arians, S. 307 (327); Föbus, S. 52; Otto, in: GK-UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 13. 387 Aldoney, S. 38; Arians, S. 307 (327); Krüger, S. 24; Wawrzinek, S. 99. 388 Föbus, S. 57, 58; Krüger, S. 21, 23, 24; i. E. auch Wawrzinek, S. 99.
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Ob die dem Geschäfts- und Betriebsgeheimnis zugrunde liegende Information offenkundig ist, richtet sich nach zutreffender Auffassung vielmehr danach, ob sie aus einem objektiv-faktischen Blickwinkel allgemein bekannt oder leicht zugänglich ist.389 Dies entspricht auch der Vorgabe des Art. 39 Abs. 2 lit. a) TRIPS-Abkommen, nach dem Informationen nur dann als Geheimnisobjekte in Betracht kommen, wenn „sie entweder in ihrer Gesamtheit oder in der genauen Anordnung und Zusammenstellung ihrer Bestandteile Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit den fraglichen Informationen zu tun haben, nicht allgemein bekannt oder leicht zugänglich sind“.390 Allgemein bekannt sind Informationen dann, wenn ein verständiger Mensch regelmäßig Kenntnis von ihnen hat beziehungsweise er sich aus zuverlässigen Quellen ohne besondere Fachkunde sicher unterrichten kann.391 Leicht zugänglich sind Informationen demgegenüber bereits dann, wenn sich jeder Interessierte392 ohne größere Schwierigkeiten und Opfer – und damit ohne größeren Zeit- und Kostenaufwand393 – mit lauteren Mitteln Kenntnis von ihr verschaffen kann.394 Ob Informationen nach diesen Grundsätzen offenkundig sind, ist letztlich eine oftmals schwer abzugrenzende Tat- und Beweisfrage des konkreten Einzelfalls, die sich nicht anhand von Schwellenwerten ermitteln lässt.395 Anzunehmen ist die Offenkundigkeit 389 Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 15; Dittrich, in: Müller-Gugenberger / Bienek, WStR, § 33 Rn. 49; Föbus, S. 51, 52, 60 ff.; Helbach, S. 34; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 6; Möhrenschläger, in: Wabnitz / Janovsky, Kap. 15 Rn. 9; Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 7; Otto, in: GK-UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 13; ders., wistra 1988, 125 (126); Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 12; Többens, WRP 2005, 552 (557); von Stebut, S. 7 spricht von „Erkennbarkeit“, definiert dies doch ähnlich der Zugänglichkeit danach, dass die Informa tion „von jedem Fachmann mit legalen Mitteln erreichbar“ ist. 390 Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 7. 391 BGH NJW 1954, 1656 (1656); Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 10; Föbus, S. 60; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 7. 392 Zu diesem Aspekt genauer Föbus, S. 62. 393 BGH GRUR 2008, 727 (728, 729); Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 10. 394 BGH GRUR 1958, 297 (299); BayObLG GRUR 1991, 694 (695); Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 15; Föbus, S. 61; Grunewald, WRP 2007, 1307 (1309); Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 9; Helbach, S. 34; Kloep fer / Greve, NVwZ 2011, 577 (581): Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 12; Möhrenschläger, in: Wabnitz / Janovsky, Kap. 15 Rn. 9; Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 7; Otto, wistra 1988, 125 (126); Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 12; Többens, WRP 2005, 552 (557); Wawrzinek, S. 100; Wittig, WStR, § 33 Rn. 39. 395 RG GRUR 1939, 733 (735); BGH GRUR 1955, 424 (425); BGH NStZ 1990, 595 (596); Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 16; Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 10; Ebert-Weidenfeller, in:
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von Informationen jedenfalls dann, wenn sie bereits – beispielsweise in allgemein zugänglichen Medien wie der Presse oder dem Internet – öffentlich bekannt gemacht wurden und wenn sich jeder Interessierte die Informationen jederzeit ohne großen Aufwand beschaffen kann.396 Unerheblich ist dabei, ob der Geheimnisträger die Zugänglichkeit der Informationen selbst zu verantworten hat.397 Abzulehnen dürfte die Offenkundigkeit der Informationen demgegenüber beispielsweise dann sein, wenn „der freie Lauf des Informationsflusses […] durch gegenständliche oder normative Kontrollmittel gehemmt beziehungsweise domestiziert wird“398, der Empfänger mithin einer vertraglichen oder gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegt.399 Gesprochen wird insofern auch davon, dass der Geheimnisträger den Kreis der Mitwissenden kontrollieren können muss.400 Legt der Geheimnisträger hingegen erkennbar keinen Wert auf die vertrauliche Behandlung der Informationen, kann durchaus Offenkundigkeit eintreten.401 Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 3 Kap. 3 Rn. 70; Föbus, S. 52; Grunewald, WRP 2007, 1307 (1309); Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 13; Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 22; Kloepfer / Greve, NVwZ 2011, 577 (581); Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 10; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 7; Mayer, GRUR 2011, 884 (886); Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 8; Otto, wistra 1988, 125 (126); Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 14; Temming, in: FS Achenbach, S. 545 (550); Többens, WRP 2005, 552 (557). 396 Föbus, S. 65 ff.; Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 12; HarteBavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 3, 4; Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 23; Kiethe / Hohmann, NStZ 2006, 185 (187); Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 12; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 7, 8. 397 Föbus, S. 65; Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 29; Kloepfer / Greve, NVwZ 2011, 577 (581); Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 12. 398 Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 16. 399 BGH GRUR 2003, 356 (356); Ebert-Weidenfeller, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 3 Kap. 3 Rn. 69; Föbus, S. 53; Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 4; Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 10; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 7a; Möhrenschläger, in: Wabnitz / Janovsky, Kap. 15 Rn. 9; Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 8; sich mit der Frage auseinandersetzend, ob nur strafrechtlich sanktionierte Verschwiegenheitspflichten ausreichen, vgl. von Stebut, S. 15. 400 Föbus, S. 53; Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 4; Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 22; Kloepfer / Greve, NVwZ 2011, 577 (581); Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 10; Kraßer, GRUR 1977, 177 (179); Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 8; Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 14; Taeger, S. 70; Többens, WRP 2005, 552 (557). 401 Kloepfer / Greve, NVwZ 2011, 577 (581); Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 7; Többens, WRP 2005, 552 (557); einschränkend Föbus, S. 54 ff.
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)115
Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn nach den Umständen damit zu rechnen ist, dass die Informationen in der Folge auch an Dritte und vor allem Wettbewerber weitergeben werden.402 Im Kontext der Due Diligence dürfte es sich bei einem Großteil der mitgeteilten Informationen um solche handeln, die bislang weder allgemein bekannt noch unter Zuhilfenahme lauterer Mittel leicht zugänglich sind.403 Zwar wird ein Teil der bereitgestellten Informationen möglicherweise auch bereits beispielsweise über das Internet, Handelsregister, Grundbücher oder speziell geschaffene M&A-Informationsdienste erlangt werden können und damit als offenkundig einzustufen sein.404 Der Großteil der Informationen wird sich allerdings gerade dadurch charakterisieren lassen können, dass der potenzielle Erwerber sie nicht ohne Mitwirkung der Unternehmensleitung erhalten kann und sie daher als nicht offenkundig einzustufen sind. 3. Geheimhaltungsinteresse a) Das Erfordernis eines Geheimhaltungsinteresses nach herrschender Ansicht Weiterhin gehen Rechtsprechung und herrschende Lehre davon aus, dass eine Information nur dann Gegenstand eines Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses sein kann, wenn an ihr ein Geheimhaltungsinteresse besteht. Die Rede ist auch vom Erfordernis eines „berechtigten“405, „wirtschaftlichen“406 oder „berechtigten wirtschaftlichen“407 Geheimhaltungsinteresse. Begründet wird die Notwendigkeit dieses Merkmals – unter der Prämisse, dass auch 402 Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 13; Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 4; Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 10. 403 Böttcher, S. 58; Liekefett, S. 90; Roschmann / Frey, AG 1996, 449 (450). 404 Vgl. Teil 2, A. III. 2. 405 BVerfG NVwZ 2006, 1041 (1042); BGH NJW 1995, 2301 (2301), Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 14, 15; Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 33. 406 BGH GRUR 2009, 603 (604); BGH GRUR 2006, 1044 (1046); BGH GRUR, 1955, 424 (426); Helbach, S. 37; Noak, wistra 2006, 245 (246). 407 BGH GRUR 1961, 40 (43); Ebert-Weidenfeller, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 3 Kap. 3 Rn. 71; Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 17; Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 6; Kiethe / Hohmann, NStZ 2006, 185 (187); Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 9; Maume, WRP 2008, 1275 (1276); Möhrenschläger, in: Wabnitz / Janov sky, Kap. 15 Rn. 10; Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 12; Pfeiffer, in: FS Nirk, S. 861 (867); Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 20; Többens, WRP 2005, 552 (557); von Pelchzrim, CCZ 2009, 25 (26).
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
ein Geheimhaltungswille begriffskonstituierendes Merkmal des Geheimnisbegriffs sei408 – vor allen Dingen damit, dass der Geheimnisträger nicht in der Lage sein dürfe, willkürlich die Geheimhaltung von Informationen zu verlangen und damit letztlich über die Strafbarkeit des Verhaltens des jeweiligen Beschäftigten disponieren zu können.409 Zudem solle Strafrechtsschutz grundsätzlich nur dort gewährleistet werden, wo ein anerkennenswertes Bedürfnis hieran bestehe. Dass eine Information nicht offenkundig ist, einen Unternehmensbezug aufweist und von einem Geheimhaltungswillen erfasst wird, sei allerdings für sich gesehen noch nicht ausreichend, um dieses Bedürfnis zu begründen. Vielmehr würde das bloße Ausreichenlassen dieser Kriterien als konstituierende Merkmale des Geheimnisbegriffs im Gegenteil dazu führen, dass „das individuelle wie auch gesamtgesellschaftliche Interesse an einem möglichst ungehinderten und kontinuierlichen Informationsaustausch, wie er unter anderem in Art. 5 GG zum Ausdruck gekommen ist“, erheblich beeinträchtigt würde.410 Wann von einem entsprechenden Geheimhaltungsinteresse an der jeweiligen Information ausgegangen werden kann, bestimmt sich nach Auffassung der Rechtsprechung und herrschenden Lehre danach, ob die Information für die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens von Bedeutung ist, die Mitteilung der Information an Dritte geeignet ist, den Wettbewerb zumindest eines Konkurrenten zu fördern oder die Stellung des eigenen Betriebs im Wettbewerb zu schmälern411 oder zu einem wirtschaftlichen Schaden des eigenen Betriebs zu führen.412 Dies ergebe sich zum einen aus der systematischen Stellung des § 17 Abs. 1 UWG im Gesetz gegen den unlauteren Wettbe408 Vgl.
Teil 2, A. III. 4. S. 53; Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 14, 15; Ebert-Weidenfeller, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 3 Kap. 3 Rn. 71; Föbus, S. 85; Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 6; Kiethe / Hohmann, NStZ 2006, 185 (187); Krüger, S. 31; Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 12; Maume, WRP 2008, 1275 (1276); Taeger, S. 23, 33; Wawrzinek, S. 110. 410 Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 19. 411 Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 14, 15; Föbus, S. 85; GaugenRieder / Unger-Hellmich, WRP 2011, 1364 (1367); Kloepfer / Greve, NVwZ 2011, 577 (583); Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 9; Mayer, GRUR 2011, 884 (887); Möhrenschläger, in: Wabnitz / Janovsky, Kap. 15 Rn. 10; Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 33; Otto, wistra 1988, 125 (126); Pfeiffer, in: FS Nirk, S. 861 (867); Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 20; Wawrzinek, S. 114. 412 BGH NJW 1995, 2301 (2301); Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 14, 15; Föbus, S. 85; Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 5, 17; Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 33; Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 20; Többens, WRP 2005, 552 (556). 409 Aldoney,
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)117
werb413 und aus dem Begriff des Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses414, da sich aus diesen beiden Gesichtspunkten entnehmen lasse, dass die wirtschaftliche Betätigung des Unternehmens und dessen Wettbewerbsfähigkeit für die Ermittlung des Geheimhaltungsinteresses von entscheidender Bedeutung seien. Zum anderen wird insoweit geltend gemacht, dass sich das Geheimhaltungsinteresse objektiv nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Unternehmensführung bestimme und damit vor dem Hintergrund der dauerhaften Existenz- und Bestandssicherung und dem „möglichst störungsfreien Funktionsablauf bei der unternehmenspezifischen Zweckverfolgung“ zu ermitteln sei.415 Keine Voraussetzung für die Annahme eines berechtigten Geheimhaltungsinteresses stelle der Umstand dar, dass den Informationen selbst ein wirtschaftlicher Wert zugrunde liege.416 Auch der Nachweis eines konkreten Schadens oder einer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eintretenden, messbaren wirtschaftlichen Einbuße müsse für die Annahme eines berechtigen Geheimhaltungsinteresses nicht erbracht werden.417 Entscheidend sei vielmehr allein, dass die Kenntnis Dritter nachteilhafte Auswirkungen für das Unternehmen im Sinne eines wirtschaftlichen Schadens haben könne.418 Dies gelte beispielsweise auch für Informationen, die im Unternehmen nicht aktuell, aber in einigen Jahren genutzt werden sollen und ein wirtschaftliches Potenzial aufweisen.419 Auch an gesetzesoder sittenwidrigen Informationen – beispielsweise über kartellrechtswidrige Absprachen oder Verstöße gegen das Steuer- oder Umweltrecht – kann nach herrschender Ansicht ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse bestehen, da deren Bekanntwerden ebenfalls geeignet sei, die Wettbewerbsposition des 413 Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 33; Wawrzinek, S. 114. 414 Arians, S. 307 (334); Krüger, S. 34; Wawrzinek, S. 114. 415 Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 21; Otto, in: GK-UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 15; ders., wistra 1988, 125 (126). 416 BGH GRUR 2006, 1044 (1046); Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 8a; Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 18; Helbach, S. 37; Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 33; Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 18; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 9; Mayer, GRUR 2011, 884 (886); Schmidt, in: Verhandlungen des 36. DJT, S. 101 (151). 417 BGH NJW 1995, 2301 (2302); Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 17; Wawrzinek, S. 115. 418 BGH GRUR 2006, 1044 (1046) BGH NStZ 1995, 551 (552); Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 8a; Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 18; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 11; dies unterscheidet § 17 Abs. 1 UWG beispielsweise von § 404 Abs. 1 AktG, der auch rein immaterielle Schäden umfasst, vgl. Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 22. 419 BGH GRUR 1983, 179 (181); Föbus, S. 85.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
Unternehmens zu beeinträchtigen, und Schäden eintreten könnten, die über die Herstellung des wettbewerbsrechtlichen Gleichgewichts hinausgehen.420 Abzulehnen sei das Vorliegen eines Geheimhaltungsinteresses hingegen immer dann, wenn die Offenlegung der Informationen nicht die Eignung aufwiesen, den Marktkonkurrenten exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen zugänglich zu machen und hierdurch die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen.421 b) Kritik am Erfordernis eines Geheimhaltungsinteresses (reine „Willenstheorie“) Teile der Literatur wenden sich demgegenüber gegen das Erfordernis eines berechtigten Geheimhaltungsinteresses und erachten nur den – von der Rechtsprechung und herrschenden Lehre ebenfalls geforderten – Geheimhaltungswillen neben dem Unternehmensbezug und der fehlenden Offenkundigkeit der Information als konstituierendes Merkmal des Geheimnisbegriffs.422 Angeführt wird hierfür insbesondere, dass auch der Gewahrsam, das Leben, die Gesundheit und die Freiheit durch das Strafrecht ohne Rücksicht darauf geschützt werden, ob an den verletzten Rechtsgütern ein zusätzliches berechtigtes Interesse bestehe.423 Es sei insofern „nicht einzusehen, warum die Verletzung [eines] fremden Willens kein ‚materielles Unrecht‘ sein und der Staat kein Interesse haben sollte, den Geheimhaltungswillen zu schützen“.424 Ob eine Information als Geheimnis zu werten sei, müsse im Hinblick auf einen umfassenden Rechtsschutz allein der Dispositionsbefugnis des Geheimnisträgers unterliegen, was durch das Erfordernis eines berechtigten Geheimhaltungsinteresses zu Lasten des Geheimnisträgers konterkariert würde.
420 Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 36; Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 20; vgl. zum Ganzen auch Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 24; Ebert-Weidenfeller, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 3 Kap. 3 Rn. 71; Föbus, S. 100 ff.; Möhrenschläger, in: Wabnitz / Janovsky, Kap. 15 Rn. 10; Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 12; Wawrzinek, S. 123 ff. 421 BVerwG NVwZ 2009, 1114 (1116); Helbach, S. 37. 422 Vgl. Arians, S. 307 (333); Krüger, S. 29 ff.; Maume, WRP 2008, 1275 (1276); Otto, wistra 1988, 125 (126); Schmidt, in: Verhandlungen des 36. DJT, S. 101 (128); Taeger, S. 23; Wawrzinek, S. 108. 423 Vgl. Arians, S. 307 (333); Schafheutle, S. 84. 424 Vgl. Schmidt, in: Verhandlungen des 36. DJT, S. 101 (128).
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c) Stellungnahme Im Ergebnis dürfte der Ansicht zu folgen sein, nach der das berechtigte Geheimhaltungsinteresse ein konstituierendes Merkmal des Geheimnisbegriffs darstellt. Verneinte man die Notwendigkeit eines berechtigten Geheimhaltungsinteresses, so führte dies im Ergebnis dazu, dass grundätzlich jede noch so belanglose Information zu einem Geheimnis herauf gestuft werden könnte, sofern sich ein entsprechender Geheimhaltungswille auf diese Information erstreckt. Dies erscheint jedoch bereits im Hinblick auf den Charakter des Strafrechts als ultima ratio problematisch, weil durch das alleinige Abstellen auf einen Geheimhaltungswillen eine erhebliche Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Vorschrift erreicht würde. Sofern man mit der herrschenden Meinung davon ausgeht, dass der Geheimhaltungswille tatsächlich ein konstituierendes Merkmal des Geheimnisbegriffs ist, ergibt sich daher das Erfordernis des Merkmals des berechtigten Geheimhaltungsinteresses bereits aus der Funktion als Willkürausschluss und Korrektur des Willenselements.425 Daneben verkennt die Kritik am begriffskonstituierenden Charakter des berechtigten Geheimhaltungsinteresses aber auch, dass es niemals der individuelle Wille als solcher ist, der das Rechtsgut, also den rechtlich anerkannten und geschützten Kulturwert, konkretisiert, sondern immer etwas dazukommen muss, was den Willen wertvoll erscheinen lässt.426 Zutreffend wird insofern beispielsweise auch im Hinblick auf § 239 StGB davon gesprochen, dass derjenige, der die Freiheitsberaubung als ein Delikt der Willenswidrigkeit verstehe, die gesetzliche Kontrolle über den objektiven Unrechtstatbestand zugunsten der individuellen Opferentscheidung suspendierte.427 Auch § 17 Abs. 1 UWG schützt nicht den Willen des Geheimnisträgers, sondern den Geheimbereich des Unternehmens und die ihm zuzuordnenden Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse als bestandssichernde Faktoren einer effizienten und konkurrenzfähigen Unternehmensführung. Infolgedessen erscheinen aber auch nur solche Informationen strafrechtlich schützenswert und als Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse klassifizierbar, 425 Aldoney, S. 53; Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 14, 15; Ebert-Weidenfeller, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 3 Kap. 3 Rn. 71; Föbus, S. 85; Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 6; Kiethe / Hohmann, NStZ 2006, 185 (187); Krüger, S. 31; Maume, WRP 2008, 1275 (1276); Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 12; Taeger, S. 23, 33; Wawrzinek, S. 110. 426 Schmidt, in: Verhandlungen des 36. DJT, S. 101 (130); ähnlich Schafheutle, S. 84; Wawrzinek, S. 110, 112. 427 Sonnen, in: Kindhäuser / Neumann / Paeffgen, StGB, Bd. 3, § 239 Rn. 4; ähnlich wohl auch Joecks, in: MüKo StGB, Bd. 4, Vorbe. §§ 223 ff. Rn. 8; Zaczyk, in: Kindhäuser / Neumann / Paeffgen, StGB, Bd. 3, § 303 Rn. 1.
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die als „rechtsgutskompatibel“ erachtet werden und dementsprechend im Falle ihrer Mitteilung an Dritte zu einer Beeinträchtigung der Wettbewerbsposition des Unternehmens führen können.428 Lässt sich eine derartige Eignung hingegen nicht attestieren und entbehren die Informationen einer Relevanz für die wirtschaftliche Tätigkeit und den Bestand und die Rentabilität und damit auch für die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens, kann auch nicht mehr vom Vorliegen eines Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses gesprochen werden.429 Schlussendlich spricht maßgeblich gegen die Entbehrlichkeit des berechtigten Geheimhaltungsinteresses, dass der Geheimhaltungswille entgegen der herrschenden Meinung gar kein konstituierendes Merkmal des Geheimnisbegriffs darstellt, wie nachfolgend noch zu zeigen sein wird.430 Dies bedeutet zwar auch, dass das Geheimhaltungsinteresse jedenfalls nicht als Korrektur dieses Willens erforderlich ist, wie es die herrschende Meinung für den begriffskonstituierenden Charakters dieses Merkmals anführt.431 Davon unberührt ist aber der Umstand, dass Informationen nicht schon allein auf Grund ihres Unternehmensbezugs und ihrer fehlenden Offenkundigkeit als schutzwürdig zu erachten sind und dass „das [bereits angesprochene] individuelle wie auch gesamtgesellschaftliche Interesse an einem möglichst ungehinderten und kontinuierlichen Informationsaustausch, wie er unter anderem in Art. 5 GG zum Ausdruck gekommen ist“, nicht vernachlässigt werden darf.432 Das Merkmal des berechtigten Geheimhaltungsinteresses übernimmt insofern die elementare Aufgabe, aus der Gesamtheit aller Informationen, die einen Unternehmensbezug aufweisen und nicht offenkundig sind, all diejenigen herauszufiltern, die bei einer Mitteilung an Dritte dazu geeignet wären, die Wettbewerbsposition des Unternehmens zu gefährden und einen wirtschaftlichen Schaden herbeizurufen und diese zu schützenswerten Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen zu erheben.433 Das berechtigte Geheimhaltungsinteresse ist daher im Ergebnis unzweifelhaft konstituierendes Merkmal des Geheimnisbegriffs. d) Geheimhaltungsinteresse an den bereitgestellten Informationen Bei der Vielzahl von Informationen, die zu Zwecken der Durchführung der Due Diligence an den potenziellen Erwerber mitgeteilt werden, dürfte zu § 404 AktG ähnlich auch von Stebut, S. 36. zu § 404 AktG von Stebut, S. 31. 430 Vgl. Teil 2, A. III. 4. d). 431 Föbus, S. 99. 432 Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 19. 433 Andeutend auch Föbus, S. 99. 428 Vgl. 429 Vgl.
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)121
es sich mitunter um sensible und für den Bestand und die Rentabilität des Unternehmens bedeutsame Informationen handeln. Man denke insofern beispielsweise an Angaben über die geschäftspolitischen Ziele des Unternehmens, Kundenlisten, Bezugsquellen, geplante Investitionen oder Geschäftsplanungen oder Herstellungsverfahren und Fertigungsmethoden, die im Unternehmen angewandt werden. Diese haben einen wesentlichen Einfluss auf die ungestörte Ausübung des Gewerbebetriebs und sichern die Wettbewerbsposition des Unternehmens, denn sie sind im Falle ihres Bekanntwerdens beziehungsweise ihrer Mitteilung an Dritte dazu geeignet, den Wettbewerb eines Konkurrenten zu fördern und die Stellung des eigenen Unternehmens im Wettbewerb zu schmälern. So könnten sie beispielsweise durch Wettbewerber dazu genutzt werden, Prozesse im eigenen Unternehmen zu optimieren oder neu auszurichten, neue Geschäftsbeziehungen zu bislang noch nicht vorhandenen Kunden oder Lieferanten aufzubauen oder geplante Vorhaben des Konkurrenzunternehmens zu torpedieren und zu verhindern. Auch, wenn dies im Ergebnis nicht auf alle im Kontext der Due Diligence bereitgestellten Informationen zutreffen dürfte, wird jedoch gerade an solchen wie den exemplarisch genannten regelmäßig ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse des Geheimnisträgers bestehen.434 4. Geheimhaltungswille a) Das Erfordernis eines Geheimhaltungswillens nach herrschender Ansicht Schließlich fordern Rechtsprechung und herrschende Lehre neben dem berechtigten Geheimhaltungsinteresse einen nach außen erkennbar gewordenen Geheimhaltungswillen des Geheimnisträgers als konstituierendes Merkmal des Geheimnisbegriffs.435 Angeführt wird hierfür vor allem, dass nur so zwischen Geheimnissen einerseits und bloß unbekannten Tatsachen anderer434 Roschmann / Frey,
AG 1996, 449 (450). GRUR 1955, 424 (425); BGH NJW 1960, 1999 (2000); BGH NJW 1995, 2301 (2301); BGH GRUR 2003, 356 (358); BGH GRUR 2006, 1044 (1046); BGH wistra 2007, 147 (149); BGH GRUR 2009, 603 (604); Dannecker, BB 1987, 1614 (1615); Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 9, 13; Ebert-Weidenfeller, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 3 Kap. 3 Rn. 70; Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 15, 16, 19; Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 30, 31; Kiethe / Hohmann, NStZ 2006, 185 (187); Kloepfer / Greve, NVwZ 2011, 577 (582); Meincke, WM 1998, 749 (750); Möhrenschläger, in: Wabnitz / Janovsky, Kap. 15 Rn. 10; Noak, wistra 2006, 245 (246); Pfeiffer, in: FS Nirk, S. 862 (867); Söbbing, GWR 2010, 237 (237); Temming, in: FS Achenbach, S. 545 (551); Többens, WRP 2005, 552 (557); Wawrzinek, S. 110. 435 BGH
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seits unterschieden werden könne436 und dem Geheimnisträger kein Geheimnis oktroyiert werden dürfe.437 Ein Geheimnis liege grundsätzlich nur dann vor, sofern eine durch den Willen des Geheimnisträgers qualifizierte Nichtkenntnis Dritter von einer Information angenommen werden könne.438 Was die Bildung des Geheimhaltungswillens an sich und dessen Erkennbarkeit angelangt, so stellen Rechtsprechung und herrschende Lehre allerdings keine allzu strenge Anforderungen. Zwar wird insofern ausgeführt, es müsse ein Wille des Geheimnisträgers vorliegen, der ausdrücklich439 oder zumindest konkludent nach außen erkennbar gemacht wurde440, sodass ein durchschnittlich begabter Beschäftigter den Geheimnischarakter der Information zur Kenntnis nehmen könne441. Tatsächlich erfährt jedoch das Element des erkennbaren Geheimhaltungswillens insofern erhebliche Aufweichungen, als dass es sich auch aus der Natur der geheim zu haltenden Sache, der Verkehrsüblichkeit der Geheimhaltung oder den Umständen des Einzelfalls ergeben könnte.442 So sei vom Vorliegen eines Geheimhaltungswillens 436 BGH GRUR 1964, 31 (31); Arians, S. 307 (330); Föbus, S. 87; Grunewald, WRP 2007, 1307 (1310); Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 15; HarteBavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 5; ders., in: Gloy / Loschelder / Erdmann, WettbewerbsR, § 77 Rn. 12; Helbach, S. 35; Kiethe / Hohmann, NStZ 2006, 185 (187); Mayer, GRUR 2011, 884 (886); Pfeiffer, in: FS Nirk, S. 862 (867). 437 Aldoney, S. 45. 438 Aldoney, S. 10; Otto, in: GK-UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 17. 439 Dannecker, BB 1987, 1614 (1615) lässt nur die ausdrückliche Kenntlichmachung für das Vorliegen eines Geheimnisses ausreichen; vgl. auch die weiteren Nachweise bei Krüger, S. 26. 440 BGH GRUR 1969, 341 (343); OLG Stuttgart wistra 1990, 277 (278); Dannecker, BB 1987, 1614 (1615); Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 30; Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 18; Taeger, S. 33; früher hingegen bestanden auch Forderungen nach einem konkret geäußerten und erkennbaren Geheimhaltungswillen, vgl. Aldoney, S. 46; Arians, S. 307 (331); Kloepfer / Greve, NVwZ 2011, 577 (582); Krüger, S. 26; Wawrzinek, S. 116. 441 Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 13; Otto, in: GK-UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 17; teilweise wird dafür plädiert, Einzelanweisungen, generelle Verschwiegenheitspflichten und das Gesamtumfeld des Unternehmens zu berücksichtigen, vgl. Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 32. 442 BGH NJW 2006, 3424 (3425); BGH NStZ 1995, 551 (552); Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 13; Föbus, S. 87; Grunewald, WRP 2007, 1307 (1310); Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 15; Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 5; ders., in: Gloy / Loschelder / Erdmann, WettbewerbsR, § 77 Rn. 12; Helbach, S. 36; Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 30, 31; Kiethe / Hohmann, NStZ 2006, 185 (187); Kloepfer / Greve, NVwZ 2011, 577 (582); Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 16; Köhler, in: Köh-
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)123
beispielsweise bereits dann auszugehen, wenn auf Grund der Bedeutung der Information für das Unternehmen ein hypothetischer Wille des Unternehmensinhabers, die Tatsache geheim halten zu wollen, angenommen werden könne.443 Selbst eine sich über längere Zeit erstreckende Unkenntnis des potenziellen Geheimnisträgers von der entsprechenden Information stehe der Annahme eines Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses nicht entgegen.444 Für die Annahme des Vorliegens eines entsprechenden Geheimnisses genüge es in einem solchen Fall vielmehr, dass der Unternehmensinhaber die Tatsache bei erlangter Kenntnis als Geheimnis behandelt hätte.445 Auch der Umstand, dass letzterer beispielsweise bei der Weitergabe an einen Vertragspartner keine ausdrückliche Geheimhaltungsvereinbarung getroffen habe, stehe der Annahme eines Geheimhaltungswillens nicht grundsätzlich entgegen.446 Bei Betriebsinterna, die nicht offenkundig sind, sei ein Geheimhaltungswille regelmäßig ohne Berücksichtigung weiterer Anforderungen zu vermuten, sodass der Täter diesbezüglich den Gegenbeweis erbringen müsse.447 Insoweit ergebe er sich zumeist bereits aus der üblichen Betriebs praxis, die den Beschäftigten durchaus erkennbar sei.448 ler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 10; Maume, WRP 2008, 1275 (1277); Mayer, GRUR 2011, 884 (886); McGuire / Joachim / Künzel / Weber, GRUR Int. 2010, 829 (830); Möhrenschläger, in: Wabnitz / Janovsky, Kap. 15 Rn. 10; Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 11; Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 18. 443 BayObLG GRUR 1991, 694 (695); Grunewald, WRP 2007, 1307 (1310); Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 16; Harte-Bavendamm, in: HarteBavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 5; Noak, wistra 2006, 245 (246); Pfeiffer, in: FS Nirk, S. 861 (867); Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 18; Taeger, S. 71; Többens, NStZ 2000, 505 (506); ders., WRP 2005, 552 (557). 444 BGH NJW 1977, 1062 (1063); Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 16; Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 11. 445 BGH NJW 1977, 1062 (1063); BayObLG NStZ 1990, 595 (597); Mayer, GRUR 2011, 884 (886); Möhrenschläger, in: Wabnitz / Janovsky, Kap. 15 Rn. 10; von Stebut, S. 22. 446 Ebert-Weidenfeller, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 3 Kap. 3 Rn. 70; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 10; a. A. Grunewald, WRP 2007, 1307 (1310); McGuire / Joachim / Künzel / Weber, GRUR Int. 2010, 829 (830); problematisch hieran ist jedoch, dass die Information durch Weitergabe an Dritte ohne Verpflichtung zur Verschwiegenheit Offenkundigkeit erlangen könnte, vgl. insofern bereits Teil 2, A. III. 2. 447 OLG Düsseldorf AfP 1999, 75 (76); Grunewald, WRP 2007, 1307 (1310); Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 4, 5; Kloepfer / Greve, NVwZ 2011, 577 (582); Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 10; Mayer, GRUR 2011, 884 (886); McGuire / Joachim / Künzel / Weber, GRUR Int. 2010, 829 (830); Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 11; Többens, WRP 2005, 552 (557); von Stebut, S. 22. 448 Ebert-Weidenfeller, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 3 Kap. 3 Rn. 70; Möhrenschläger, in: Wabnitz / Janovsky, Kap. 15 Rn. 10; von Stebut, S. 22.
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Begründet werden diese geringen Anforderungen an das Vorliegen des Geheimhaltungswillens und dessen Erkennbarkeit zum Teil unter Heranziehung des zivilrechtlichen Rechtsinstituts der Besitzergreifung gemäß §§ 854 ff. BGB.449 Dort seien zwar ebenfalls ein Wille (zur Besitzerlangung) und die Erkennbarkeit nach außen dieses Willens erforderlich, um von einer Besitzbegründung ausgehen zu können450; beides werde jedoch auch dort selbst bei Unkenntnis des potenziellen Besitzers von dem konkreten Gegenstand angenommen, da ein allgemeiner Besitzwille genüge, der nicht auf einen individuell bestimmten Gegenstand gerichtet sein müsse.451 Dies Grundsätze müssten auf Grund der Vergleichbarkeit zwischen Besitzwille und Geheimhaltungswille auch für letzteren gelten.452 Andererseits werden das allgemeine Unternehmensinteresse und der „Wille [des Unternehmensinhabers], die Unternehmensinteressen zu wahren“, herangezogen, um das extensive Verständnis im Hinblick auf die Annahme des Vorliegens des Geheimhaltungswillens und dessen Erkennbarkeit zu begründen. Der Geheimhaltungswille stelle einen integralen Bestandteil des omnipräsenten Willens des Unternehmensinhabers zur Wahrung der Unternehmensinteressen dar.453 Würde man hingegen einen auf die einzelne Information zugeschnittenen Geheimhaltungswillen voraussetzen, so führte dies im Einzelfall unter Berücksichtigung der Fülle möglicher Geheimnisse zu erheblichen Beweisschwierigkeiten.454 Schlussendlich dürfte allerdings jenseits dieser Begründungsansätze das Hauptargument für die geringen Anforderungen an den Geheimhaltungswillen und dessen Erkennbarkeit in dem Ziel, einen möglichst umfassenden Geheimnisschutz zu gewährleisten, zu sehen sein. b) Kritik am Erfordernis eines Geheimhaltungswillens (reine „Interessentheorie“) Teile der Literatur wenden sich demgegenüber gegen das Erfordernis eines Geheimhaltungswillens und erachten ausschließlich den Unternehmensbezug, die fehlende Offenkundigkeit und das berechtigte Geheimhaltungsinteresse als konstituierende Merkmale des Geheimnisbegriffs.455 Dabei stütSchmidt, in: Verhandlungen des 36. DJT, S. 101 (125); von Stebut, S. 22. zumindest die herrschende Meinung zu § 854 BGB, vgl. BGH NJW 1958, 1286 (1286); BGH NJW 1987, 2812 (2813); Berger, in: Jauernig, BGB, § 854 BGB Rn. 11; Joost, in: MüKo BGB, Bd. 6, § 854 Rn. 8–10. 451 Vgl. von Stebut, S. 24, 25; vgl. zu § 854 BGB Joost, in: MüKo BGB, Bd. 6, § 854 Rn. 10. 452 Vgl. von Stebut, S. 24, 25. 453 Otto, wistra 1988, 125 (127). 454 Otto, in: GK-UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 18; ders., wistra 1988, 125 (127). 449 Vgl. 450 So
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zen sie sich argumentativ zunächst auf allgemeine Erwägungen. Geltend gemacht wird insofern, dass bereits die objektive Konzeption des UWG gegen das Erfordernis eines Geheimhaltungswillens und für das Ausreichenlassen eines berechtigten Geheimhaltungsinteresses spreche.456 Weiterhin bestätige auch ein Blick auf Art. 39 Abs. 2 TRIPS die Entbehrlichkeit des Geheimhaltungswillens.457 Denn hiernach sei einzig entscheidend, dass die Informationen (a) in dem Sinne geheim sind, dass sie entweder in ihrer Gesamtheit oder in der genauen Anordnung und Zusammenstellung ihrer Bestandteile Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit den fraglichen Informationen zu tun haben, nicht allgemein bekannt oder leicht zugänglich sind, (b) wirtschaftlichen Wert haben, weil sie geheim sind, und (c) Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen seitens der Person waren, unter deren Kontrolle sie rechtmäßig stehen. Das Vorliegen eines Geheimnisses werde folglich gerade nicht an einen Willen, sondern primär an tatsächliche Umstände geknüpft.458 Zudem ließe auch ein systematischer Vergleich zu anderen Strafvorschriften wie § 353b StGB oder § 93 StGB, die ebenso den Schutz von Geheimnissen betreffen und lediglich ein objektiv zu bestimmendes Geheimhaltungsbedürfnis voraussetzen, den Schluss zu, ein erkennbarer Geheimhaltungswille stelle keine konstituierendes Merkmal des Geheimnisbegriffs dar.459 Gleiches ergebe sich im Übrigen auch anhand eines Blicks in kartellrechtlichen Gruppenfreistellungsverordnungen GVO 772 / 2004 und VO 2659 / 2000, die lediglich verlangten, dass die geheime Information für die Herstellung der betroffenen Vertragsprodukte nützlich (Art. 1 Abs. 1 lit. i GVO 772 / 2004) beziehungsweise unerlässlich (Art. 2 Nr. 10 VO 2659 / 2000) ist und in den Vertragsunterlagen identifiziert wurde.460 455
Jenseits dieser allgemeineren Erwägungen werden vor allen Dingen die Schwächen des Willenserfordernisses gegen die Annahme eines begriffskonstituierenden Charakters angeführt. So erschienen die Bildung eines Geheimhaltungswillens und dessen Kenntlichmachung grundsätzlich nur dort möglich, wo der Betroffene die entsprechende Information kenne, die 455 Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 28; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 10; Maume, WRP 2008, 1275 (1275 ff.); Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 11; vgl. Wawrzinek, S. 109. 456 Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 11. 457 Maume, WRP 2008, 1275 (1279); McGuire / Joachim / Künzel / Weber, GRUR Int. 2010, 829 (830). 458 Maume, WRP 2008, 1275 (1279). 459 Kuhlen, in: Kindhäuser / Neumann / Paeffgen, StGB, Bd. 3, § 353b Rn. 10; Perron, in: Schönke / Schröder, StGB, § 353b Rn. 5; Sternberg-Lieben, in: Schönke / Schröder, § 93 Rn. 22. 460 Maume, WRP 2008, 1275 (1278).
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
der Geheimhaltung unterliegen solle. Informationen, die ihm nicht bekannt seien, könne er demgegenüber auch nicht geheim halten wollen.461 Tendierte man nun – wie die Rechtsprechung und herrschende Lehre – dazu, den Geheimhaltungswillen in diesen Konstellationen aus der Natur der geheim zu haltenden Sache herzuleiten oder das hypothetische Vorhandensein eines Geheimhaltungswillens im Falle der Kenntnis der Information als ausreichend zu erachten, werde dieser letztlich vermutet beziehungsweise fingiert.462 Nicht nur, dass dieser Umstand bereits auf rechtsstaatliche Bedenken stoße463, weil er den Gegenbeweis des potenziellen Täters zu dessen Entlastung erforderlich mache464 und die Grenzen der Bestimmtheit des strafrechtlichen Tatbestandsmerkmals gemäß Art. 103 Abs. 2 GG tangiere.465 Konstruierte man den Geheimhaltungswillen und dessen Erkennbarkeit mittels Fiktionen und „pauschalisierender Rekurse auf unspezifische Aspekte“ wie die Natur der geheim zu haltenden Tatsache, so erschien der Wille als Mittel zur Unterscheidung zwischen bloß unbekannten Informationen einerseits und Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen andererseits – wie dies argumentativ von der Rechtsprechung und herrschenden Lehre für das Erfordernis eines Willenselements angeführt wird – denkbar ungeeignet.466 Denn in den Fällen, in denen der Unternehmensinhaber keine Kenntnis von der geheim zu haltenden Information habe und Rechtsprechung und herrschende Lehre dennoch das Vorliegen eines Geheimhaltungswillens bejahten, werde letztlich nicht nur auf die Erkennbarkeit des Geheimhaltungswillens, sondern prinzipiell auch auf dessen Vorliegen selbst verzichtet.467 Wenn Rechtsprechung und herrschende Lehre in diesen Konstellationen den Geheimhaltungswillen aus den Umständen des Einzelfalles herleiten, so bedienten sie sich damit letztlich objektiver Kriterien und rückten damit dicht an das Merkmal des berechtigten Geheimhaltungsinteresses heran468, was die Lehre zumindest teilweise auch selbst einge-
461 von
Stebut, S. 21; andeutend auch Föbus, S. 93. WRP 2007, 1307 (1310); Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 5; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 10; McGuire / Joachim / Künzel / Weber, GRUR Int. 2010, 829 (830); Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 11; Otto, wistra 1988, 125 (126). 463 Grunewald, WRP 2007, 1307 (1310); Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Norde mann, UWG, § 17 Rn. 17; Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 11. 464 Grunewald, WRP 2007, 1307 (1310); Noak, wistra 2006, 245 (246). 465 Grunewald, WRP 2007, 1307 (1310). 466 Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 27. 467 Maume, WRP 2008, 1275 (1277). 468 Föbus, S. 91; Krüger, S. 30; Maume, WRP 2008, 1275 (1277); weniger kritisch Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 17; Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 19; Wawrzinek, S. 112. 462 Grunewald,
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steht.469 Im Ergebnis erscheine dann aber auch das Erfordernis eines Geheimhaltungswillens entbehrlich.470 c) Ansichten, die das Willenserfordernis modifizieren Weiterhin lassen sich vereinzelt vertretene Ansichten in der Literatur finden, die das Erfordernis eines erkennbaren Geheimhaltungswillens Modifikationen unterziehen. aa) Erkennbarkeit des Geheimhaltungswillens entbehrlich Teilweise wird am Erfordernis des Geheimhaltungswillens festgehalten, einschränkend jedoch davon ausgegangen, dass dessen Erkennbarkeit keine zwingende Voraussetzung für das Vorliegen eines Geheimnisses darstelle. Begründet wird diese Auffassung damit, dass das jeweilige Geheimnis anderenfalls all denjenigen Personen gegenüber, denen der Geheimhaltungswille nicht erkennbar geworden ist, als nicht existent zu erachten sei, sofern man auf Willensfiktionen verzichten wolle.471 Zudem spreche gegen das Erfordernis der Erkennbarkeit auch, dass diese letztlich oftmals zur Preisgabe der entsprechenden Informationen führe und damit den Geheimnischarakter gerade aufhebe.472 Ihre eigentliche Bedeutung erlange die Frage der Erkennbarkeit beziehungsweise der Bekanntheit des Geheimhaltungswillens vielmehr im Bereich des subjektiven Tatbestandes. Der Täter muss im Rahmen des § 17 Abs. 1 UWG vorsätzlich hinsichtlich aller objektiven Tatbestandsmerkmale handeln. Dies setzt voraus, dass er zumindest für möglich hält und billigend in Kauf nimmt, dass es sich bei der Information um ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis handelt.473 Wenn ihm der nach herrschender Meinung erforderliche Geheimhaltungswille des Geheimnisträgers nicht bekannt ist, scheidet eine Strafbarkeit gemäß § 17 Abs. 1 UWG mangels Vorsatzes im Sinne des § 16 Abs. 1 StGB aus.474 469 Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 17; Mayer, GRUR 2011, 884 (886); Schmidt, in: Verhandlungen des 36. DJT, S. 101 (139); so wohl auch Veil, ZHR 172 (2008), 239 (243). 470 Föbus, S. 93; Maume, WRP 2008, 1275 (1277). 471 Arians, S. 307 (331). 472 Wawrzinek, S. 117. 473 Föbus, S. 90; Krüger, S. 27, 28; Maume, WRP 2008, 1275 (1276); Schmidt, in: Verhandlungen des 36. DJT, S. 101 (125); vgl. zu § 333 HGB Sorgenfrei, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 333 HGB Rn. 43. 474 Föbus, S. 90; Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 5; ders., in: Gloy / Loschelder / Erdmann, WettbewerbsR, § 77 Rn. 12; Wawrzinek, S. 119; wohl auch Krüger, S. 26; Maume, WRP 2008, 1275 (1276).
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bb) Der viktimodogmatische Ansatz475 Um den vorausgehend aufgezeigten rechtsstaatlichen Bedenken gegen die Fiktion oder Vermutung des Geheimhaltungswillens bei Unkenntnis des Geheimnisträgers von der jeweiligen Information entgegen zu wirken und dennoch nicht vollends auf das Erfordernis eines erkennbaren Geheimhaltungswillens verzichten zu müssen, hat sich schließlich in jüngerer Zeit eine weitere Ansicht herausgebildet, die eine differenziertere Betrachtung vorschlägt. Ausgangspunkt ist hier die Differenzierung zwischen verschiedenen Kenntnisebenen, die zur widerspruchsfreien Aufklärung der Frage der Notwendigkeit eines nach außen in Erscheinung getretenen Geheimhaltungswillens wesentlich sei: auf der ersten Ebene müsse differenziert werden zwischen der Situation, in der der Geheimnisträger die Information kenne und entweder keinen Geheimhaltungswillen bilde oder diesen nicht nach außen erkennbar mache, und der Situation, in der die Information nicht bekannt und somit auch keine Willensbildung und Bekundung des Willens möglich sei, die zweite Ebene betreffe demgegenüber die Kenntnis beziehungsweise Unkenntnis des Täters vom Geheimhaltungswillen und der Bekundung dieses Willens durch den Geheimnisträger.476 Sofern der Geheimnisträger in Unkenntnis der Information ist, soll nach dieser Ansicht allein auf das berechtigte Geheimhaltungsinteresse abzustellen sein („normativer Geheimnisbegriff“), da hierdurch das Problem der Willensvermutung vermieden und dennoch ein ausreichender Geheimnisschutz gewährleistet werde.477 Kannte der Geheimnisträger die Information hingegen und unterließ er es, entsprechende Selbstschutzmaßnahmen in Form einer äußeren Bekundung des Geheimhaltungswillens zu ergreifen, erscheine er hingegen nicht mehr schutzwürdig in dem Sinne, dass ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse als ausreichend zu erachten wäre. Sofern er Kenntnis von der Information habe, müsse vielmehr ein entsprechender Geheimhaltungswille nach außen kenntlich gemacht werden.478 d) Stellungnahme Im Ergebnis dürfte der Ansicht zu folgen sein, nach der nur der Unternehmensbezug, die fehlende Offenkundigkeit und das berechtigte Geheimhaltungsinteresse als konstituierende Merkmale des Geheimnisbegriffs zu Aldoney, S. 72 selbst. S. 47, 48. 477 Aldoney, S. 50. 478 Aldoney, S. 50. 475 So
476 Aldoney,
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erachten sind. Ein nach außen erkennbarer Geheimhaltungswille stellt kein konstituierendes Merkmal des Geheimnisbegriffs dar. Wenn Rechtsprechung und herrschende Lehre davon ausgehen, dass ein Geheimhaltungswille erforderlich sei, um das Geheimnis vom bloßen Unbekanntsein der Tatsache zu unterscheiden, müsste man eigentlich annehmen, dass von ihnen auch nur solche Informationen als Gegenstand von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen betrachtet werden, hinsichtlich derer ein Geheimhaltungswille tatsächlich gebildet und nach außen bekundet wurde. Dies ist jedoch oftmals gerade nicht der Fall. Vielmehr werden Fiktionen und „pauschalisierende Rekurse auf unspezifische Aspekte“ wie die Natur der geheim zu haltenden Tatsache, die Betriebsüblichkeit der Geheimhaltung oder die Umstände des jeweiligen Einzelfalls bemüht, um das Vorliegen eines erkennbaren Geheimhaltungswillens noch irgendwie begründen zu können. Dabei wird aber verkannt, dass die Beurteilung der Frage des Vorliegens eines Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses so letztlich regelmäßig auf Basis objektiver Kriterien erfolgt, die gerade in keinem Zusammenhang zu einem irgendwie gearteten Geheimhaltungswillen des Geheimnisträgers stehen. Wenn das Vorliegen eines Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses aber so gesehen eigentlich gar keinen tatsächlichen Willen voraussetzt, erfüllt dieses vermeintlich begriffskonstituierende Merkmal auch nicht die ihm seitens Rechtsprechung und herrschender Lehre zugesprochene Funktion der Unterscheidung zwischen dem Geheimnis einerseits und dem bloßen Unbekanntsein einer Tatsache andererseits.479 Bereits unter diesem Blickwinkel der Funktionsentkleidung des Willenselements müsste demzufolge die Notwendigkeit eines erkennbaren Geheimhaltungswillens abzulehnen sein. Darüber hinaus erscheint es aber auch abstrakter betrachtet verfehlt, einen erkennbaren Geheimhaltungswillen als konstituierendes Merkmal des Geheimnisbegriffs zu erachten. Bereits der Begriff des Geheimnisses an sich setzt nicht voraus, dass Dritten eine Information willentlich und erkennbar vorenthalten wird.480 Vielmehr erfordert er lediglich ein faktisches Bezie479 Föbus,
S. 93. zu § 85 GmbHG Dannecker, in: Michalski, GmbHG, § 85 Rn. 33; Wißmann, in: MüKo GmbHG, Bd. 3, § 85 Rn. 35; konkreter Temming, in: FS Achenbach, S. 545 (552): „im verborgenen, von anderen unbemerkt“, demgegenüber aber auch „vor anderen, vor der Öffentlichkeit absichtlich verborgen halten“, letzterem entsprechend auch Aldoney, S. 9, der von einer „durch den Willen des Geheimhaltenden qualifizierten Nichtkenntnis der Information“ spricht und damit schon etymologisch betrachtet einen Willen voraussetzt.“; Föbus, S. 87: „Erst dieser Wille soll die ansonsten bloß unbekannte Tatsache zum Geheimnis machen, was sich mit der allgemeinen Definition des Wortes Geheimnis deckt: Hiernach beinhaltet der Geheimnischarakter eine Subjektivkomponente“; Krüger, S. 18: „Nicht in einem bestimmten geschäftlichen oder betrieblichen Vorgang, sondern in dem Willen des 480 Vgl.
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hungsgefüge zwischen Subjekten und Informationen, nämlich die Zuordnung von objektiv geheimhaltungsbedürftigen Informationen zu einzelnen Personen unter gleichzeitiger Unkenntnis einer Mehrzahl von Personen.481 Geheimnisse entstehen und bestehen real, solange die ihnen zugrunde liegende Information einen Bezug zum Geheimnisträger aufweist, nicht offenkundig ist und von einem berechtigten Geheimhaltungsinteresse erfasst wird, ohne dass es auf ein willentliches und erkennbares Vorenthalten dieser Information gegenüber Dritten ankäme.482 Ein so verstandener Geheimnisbegriff entspricht weiterhin auch dem Bedürfnis nach einem umfassenden Geheimnisschutz. Denn will man einerseits die vorausgehend kritisierte Fiktion und Vermutung des Geheimhaltungswillens vollumfänglich vermeiden und andererseits dem Umstand hinreichend Rechnung tragen, dass der Geheimnisträger oftmals auch von einzelnen Informationen keine Kenntnis hat und dementsprechend auch keinen tatsächlichen Geheimhaltungswillen bilden und diesen erkennbar machen kann, in der Regel aber an der Geheimhaltung aller sein Unternehmen betreffenden, nicht offenkundigen Informationen interessiert sein wird, so kann ein entsprechender Schutz geheimhaltungsbedürftiger Informationen nur erreicht werden, indem man auf das Willenselement als begriffskonstitutives Merkmal völlig verzichtet.483 Unzutreffend erscheint es in diesem Zusammenhang, wenn die Bildung eines Geheimhaltungswillens und dessen Kenntlichmachung nach außen von Teilen der Literatur zumindest für den Fall der tatsächlichen Kenntnis des Geheimnisträgers von der Information als erforderlich erachtet werden, weil letzterer anderenfalls nicht schutzwürdig sei. Denn zum einen muss bereits daran gezweifelt werden, dass an das Vorliegen eines objektiven Tatbestandsmerkmals wie dem Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis variable Voraussetzungen geknüpft werden können. Insofern wurde bereits festgestellt, dass von einem faktischen, vom Willen des Geheimnisträgers losgelösten Begriffsverständnis des Geheimnisses auszugehen ist. Zum anderen kann die Forderung nach einem erkennbaren Geheimhaltungswillen aus Gründen der anderenfalls mangelnden Schutzbedürftigkeit des Geheimnisträgers im Falle der Kenntnis der jeweiligen InUnternehmers (= Geheimnisträgers), ein nicht offenkundiges Geschehen geheim zu halten, ist also das entscheidende Merkmal zu erblicken.“ 481 Ähnlich, aber auf die Kenntnis abstellend der sogenannte relative Geheimnisbegriff, vgl. Aldoney, S. 9; Arians, S. 307 (325); Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 10; Krüger, S. 17, 18. 482 Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 27; vgl. zu § 85 GmbHG Haas, in: Baumbach / Hueck, GmbHG § 85 Rn. 10. 483 Vgl. zu § 85 GmbHG Dannecker, in: Michalski, GmbHG, § 85 Rn. 33; Wißmann, in: MüKo GmbHG, Bd. 3, § 85 Rn. 35; vgl. zu § 333 HGB Sorgenfrei, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 333 HGB Rn. 24.
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formation aber auch deshalb nicht überzeugen, da ein nachlässiges oder gutgläubiges Verhalten des Opfers auch in anderen Bereichen des Strafrechts nicht zur Verwirkung des Strafrechtsschutzes führt.484 Vielmehr ist die Berücksichtigung eines irgendwie gearteten Mitverschuldens des Opfers dem Strafrecht – nicht zuletzt aus kriminalpolitischen Erwägungen485 – grundsätzlich fremd.486 Der Beschäftigte, der die Information im Einzelfall an Dritte mitteilt, wird hierdurch nicht einem unverhältnismäßigem Strafbarkeitsrisiko ausgesetzt, da er zumindest für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen haben muss, dass es sich bei der Information um den Gegenstand eines Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses handelt, um sich gemäß § 17 Abs. 1 UWG strafbar gemacht zu haben.487 Schlussendlich berührt die Verneinung des konstituierenden Charakters des Geheimhaltungswillens weder die individualrechtliche Orientierung der Vorschrift noch die Dispositionsbefugnis des Geheimnisträgers, wie es von Rechtsprechung und herrschender Lehre für das Erfordernis des Geheimhaltungswillens geltend gemacht wird.488 Insbesondere führt sie nicht zu einer unverhältnismäßigen Oktroyierung von Geheimnissen.489 Denn die Tatsache, dass vom Vorliegen eines Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses bereits dann ausgegangen werden kann, wenn die ihm zugrunde liegende Information einen hinreichenden Unternehmensbezug aufweist, nicht offenkundig ist und von einem berechtigten Geheimhaltungsinteresse erfasst wird, steht nicht der Annahme entgegen, dass der Geheimnisträger auf die Geheimhaltung dieser Informationen verzichten und ihren Geheimnischarakter aufheben kann.490 Auch in anderen individualrechtsschützenden Vorschriften wie 484 Im Rahmen des § 263 StGB vertritt die herrschende Meinung die Ansicht, dass auch Zweifel beziehungsweise Leichtgläubigkeit des Opfers hinsichtlich der Wahrheit der vorgetäuschten Tatsache nicht geeignet sind, das Merkmal des Irrtums auszuschließen, vgl. BGH NStZ 2003, 313 (314); Wer im Rahmen einer Urkundenfälschung im Sinne des § 274 StGB auf eine Kopie „reinfällt“, weil er sich das Original beziehungsweise eine beglaubigte Urkunde nicht vorlegen lässt, verwirkt nach herrschender Ansicht nicht den strafrechtlichen Schutz, vgl. Freund, in: MüKo StGB, Bd. 5, § 274 Rn. 15. 485 Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, StGB, Vorbe. §§ 13 ff. Rn. 70b; Denn „die ohnehin bedrohte öffentliche Sicherheit würde bei Ablösung des Strafrechtsschutzes durch das Erfordernis eines zumutbaren Selbstschutzes schweren Schaden nehmen und das Vertrauen der Rechtsgenossen gegeneinander verschärfen“, vgl. Jescheck / Weigend, StrafR AT, § 25 V 2. 486 BGH NStZ 2003, 313 (314). 487 Föbus, S. 96. 488 Vgl. zu diesen Aspekten Föbus, S. 94. 489 Föbus, S. 94; vgl. zu diesem Aspekt Aldoney, S. 45. 490 Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 27; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 10; Maume, WRP 2008, 1275 (1279); Ohly, in: Ohly / Sos-
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
§ 242 BGB stellt der Wille des potenziellen Opfers zwar kein unmittelbar konstituierendes Merkmal im Hinblick auf das jeweilige Angriffsobjekt dar. Dennoch verfügt der Betroffene über die Möglichkeit, das Angriffsobjekt durch Bildung eines entsprechenden „Freigabewillens“ dem durch die jeweilige Strafvorschrift gewährleisteten Schutz zu entziehen.491 Nichts Anderes kann im Rahmen des § 17 Abs. 1 UWG gelten. Eigenständige Bedeutung erlangt das Kriterium des Geheimhaltungswillens daher in Form eines generellen Offenbarungswillens. Hierdurch ist der Geheimnisträger auch bei Verneinung des begriffskonstituierenden Charakters des Geheimhaltungswillens in der Lage, den Geheimnischarakter der ihm zuzuordnenden Geheimnisse aufzuheben492, mag man hierin im Einzelfall die Beseitigung des berechtigten Geheimhaltungsinteresses493 oder die Herstellung der Offenkundigkeit im Sinne der allgemeinen Zugänglichkeit494 erblicken. e) Zwischenergebnis Anhand einer differenzierten Auseinandersetzung konnte gezeigt werden, dass ein erkennbarer Geheimhaltungswille kein begriffskonstituierendes Merkmal des Geheimnisbegriffs ist. Vom Vorliegen eines Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses kann vielmehr bereits dann ausgegangen werden, wenn die ihm zugrunde liegende Information einen Unternehmensbezug aufweist, nicht offenkundig ist und von einem berechtigten Geheimhalnitza, UWG, § 17 Rn. 27; Temming, in: FS Achenbach, S. 545 (552); vgl. zu § 85 GmbHG Dannecker, in: Michalski, GmbHG, § 85 Rn. 35; Haas, in: Baumbach / Hueck, GmbHG § 85 Rn. 10; Servatius, in: Henssler / Strohn, GesR, § 85 GmbHG Rn. 4; Wißmann, in: MüKo GmbHG, Bd. 3, § 85 Rn. 35. 491 Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 28. 492 Das Erfordernis des Geheimhaltungswillens ablehnend und von der Möglichkeit der Aufhebung des Geheimnischarakters ausgehend („Einverständnis“:) Brammsen, in: MüKo, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 23, 52; Föbus, S. 96; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 11; Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 11; vgl. zu § 404 AktG Altenhain, in: KölnKomm AktG, Bd. 7, § 404 Rn. 15; vgl. zu § 85 GmbHG Dannecker, in: Michalski, GmbHG, § 85 Rn. 35, 66; wohl auch Altmeppen, in: Roth / Altmeppen, GmbHG, § 85 Rn. 9, 11, 13; („genereller Offenbarungswille“): Haas, in: Baumbach / Hueck, GmbHG § 85 Rn. 10; Servatius, in: Henssler / Strohn, GesR, § 85 GmbHG Rn. 4; vgl. zu § 333 HGB Sorgenfrei, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 333 HGB Rn. 43, 51; Waßmer, in: MüKo BilanzR, Bd. 2, § 333 HGB Rn. 39. 493 Temming, in: FS Achenbach, S. 545 (552); vgl. zu § 85 GmbHG Dannecker, in: Michalski, GmbHG, § 85 Rn. 35; („genereller Offenbarungswille“): Haas, in: Baumbach / Hueck, § 85 Rn. 10; Servatius, in: Henssler / Strohn, GesR, § 85 GmbHG Rn. 4; Wißmann, in: MüKo GmbHG, Bd. 3, § 85 Rn. 35, 46. 494 Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 56; Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 11.
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tungsinteresse erfasst wird. Davon unberührt ist die Möglichkeit des Geheimnisträgers, über die ihm zuzuordnenden Geheimnisse zu disponieren und den Geheimnischarakter hierdurch aufzuheben. 5. Geheimnischarakter der bereitgestellten Informationen Auch, wenn es sich bei den für die Durchführung der Due Diligence erforderlichen Informationen nicht ausnahmslos um Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse handeln wird – etwa, weil bestimmte Informationen bereits öffentlich zugänglich sind oder ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse nicht angenommen werden kann –, so dürfte sich das Interesse des potenziellen Erwerbers doch regelmäßig gerade auch auf den Erhalt solcher Informationen richten, die einen Unternehmensbezug aufweisen, noch keine Offenkundigkeit erlangt haben und von einem berechtigten Geheimhaltungsinteresse erfasst werden und die damit als Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Aktiengesellschaft klassifiziert werden können.495 Denn Informationen wie solche über Produktionsabläufe, Forschungsergebnisse zu neuen Produktreihen, Patentanmeldungen, Fusionsvorhaben, geschäftspolitische Ziele, Investitionsplanungen, Marktstrategien, Lieferantenbeziehungen, den Kundenstamm oder Produktions- und Absatzpläne496 werden für diesen von besonderem Interesse sein, da sich nur anhand dieser der status quo des Unternehmens und dessen Entwicklungspotenzial in der Zukunft und damit auch die Sinnhaftigkeit der geplanten Investition hinreichend abschätzen lässt. Im Ergebnis werden damit zumindest ein Teil der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Informationen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse darstellen.
495 Kemnitz, S. 32; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 59; Müller, NJW 2000, 3452 (3453); Rittmeister, M&A Review 2008, 528 (529); ders., NZG 2004, 1032 (1033); Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (441); Zumbansen / Lachner, BB 2006, 613 (615). 496 Bussian, S. 47; zu beispielhaften Aufzählungen von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 16; Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 7; ders., in: Gloy / Loschelder / Erdmann, WettbewerbsR, § 77 Rn. 14; Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 40; Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 20, 21; Möhrenschläger, in: Wabnitz / Janovsky, Kap. 15 Rn. 6, 7; Noak, wistra 2006, 245 (246); Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 23.
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6. Verzicht auf den Geheimnischarakter im Kontext der Due Diligence Es stellt sich allerdings die Frage, ob im Fall des Bereitstellens der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zwecks Durchführung der Due Diligence im Vorfeld der geplanten Pakettransaktion nicht zugleich ein genereller Offenbarungswille des Geheimnisträgers und damit ein Verzicht auf den Geheimnischarakter der Informationen der Aktiengesellschaft vorliegt mit der Folge, dass die Geheimniseigenschaft der Informationen in diesem Zeitpunkt entfällt. Im Folgenden muss daher geklärt werden, wer grundsätzlich für die Bildung des Offenbarungswillens hinsichtlich der zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informationen der Gesellschaft zuständig wäre und ob im Kontext der Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zwecks Durchführung einer Due Diligence von einem entsprechenden Willen zur Aufgabe des Geheimnischarakters ausgegangen werden kann. a) Entscheidungsbefugnis Zunächst stellt sich die Frage, wer grundsätzlich über die Entscheidungsbefugnis hinsichtlich der Bildung des generellen Offenbarungswillens und dem damit einhergehenden Verzicht auf den Geheimnischarakter der Informationen der Aktiengesellschaft verfügte und damit zur Bildung des Offenbarungswillens hinsichtlich der zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informationen berufen wäre. aa) Rechtsgutsinhaberschaft Bei der Bildung des generellen Offenbarungswillens und dem damit einhergehenden Verzicht auf den Geheimnischarakter der Informationen handelt es sich letztlich um nichts Anderes als die Ausübung der aus Art. 2 Abs. 1 GG resultierenden Dispositionsbefugnis über das durch § 17 Abs. 1 UWG geschützte Rechtsgut, sodass sich die Frage der Zuständigkeit – in Anlehnung an die geltenden allgemeinen Regeln, die im Hinblick auf die Wirksamkeit eines Einverständnisses beziehungsweise einer Einwilligung entwickelt wurden – an der Rechtsgutsinhaberschaft des durch § 17 Abs. 1 UWG geschützten Rechtsguts orientiert.497 Wie bereits im Rahmen der Erörterungen zum Rechtsgut des § 17 Abs. 1 UWG gezeigt werden konnte, 497 Vgl. Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 24; Rönnau, JuS 2007, 18 (18); Rosenau, in: SSW-StGB, Vor §§ 32 ff. Rn. 32; Schlehofer, in: MüKo StGB, Bd. 1, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 135; Wessels / Beulke / Satzger, StrafR AT, Rn. 361, 362.
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schützt diese Vorschrift primär den Geheimbereich des Unternehmens als Individualrechtsgut und daneben – sekundär und durch das Individualrechtsgut determiniert – das Interesse der Allgemeinheit an der Unverfälschtheit des Wettbewerbs.498 Dispositionsbefugter Rechtsgutsinhaber ist damit in der vorliegend zu untersuchenden Konstellation grundsätzlich die Aktiengesellschaft als Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit gemäß § 1 Abs. 1 AktG, die das jeweilige Unternehmen betreibt, dem die Informationen kraft Unternehmensbezugs, fehlender Offenkundigkeit und berechtigten Geheimhaltungsinteresses zuzuordnen sind. bb) Ausübung der Dispositionsbefugnis zugunsten der Aktiengesellschaft Problematisch an der Rechtsgutsinhaberschaft der Aktiengesellschaft ist allerdings wie bei anderen Kapitalgesellschaften im Übrigen auch, dass diese auf Grund ihres Status als juristische Person zwar eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit und damit rechtsfähig, andererseits aber selbst nicht in der Lage ist, die ihr als Rechtsgutsinhaber zustehende Dispositionsbefugnis auszuüben, da sie als Rechtsgebilde weder aus sich selbst heraus eigenständig einen Willen bilden kann noch natürlich handlungsfähig ist.499 Ihre von der Rechtsfähigkeit abzugrenzende Handlungs- und Willensbildungsfähigkeit erlangt sie vielmehr durch ihre Organe.500 Es stellt sich damit die Frage, welches Organ für die Bildung des generellen Offenbarungswillens und den damit einhergehenden Verzicht auf den Geheimnischarakter der zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informationen der Aktiengesellschaft zuständig wäre und wie diese Entscheidung innerorganschaftlich getroffen werden müsste.
498 Vgl. Teil 2, A. II.; allgemein zur Problematik bifunktionaler Straftatbestände vgl. Amelung / Eymann, JuS 2001, 937 (939); Jescheck / Weigend, StrafR AT, § 34 II 3, III 5; Kindhäuser, LPK-StGB, Vor § 13 Rn. 164; Lenckner / Sternberg-Lieben, in: Schönke / Schröder, StGB, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 36; Rengier, StrafR AT, § 23 Rn. 9; Rönnau, JuS 2007, 18 (19); Rosenau, in: SSW-StGB, Vor §§ 32 ff. Rn. 36; Roxin, StrafR AT, Bd. 1, § 13 Rn. 34; Schlehofer, in: MüKo StGB, Bd. 1, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 135. 499 Fock, in: Spindler / Stilz, Bd. 1, § 1 Rn. 33; Heider, in: MüKo AktG, Bd. 1, § 1 Rn. 41; Lange, in: Henssler / Strohn, GesR, § 1 AktG Rn. 2; Temming, in: FS Achenbach, S. 545 (553). 500 Zum Teil wird die Ansicht vertreten, juristische Personen seien grundsätzlich handlungsunfähig und die zuständigen Organe träten für sie als Vertreter auf (Vertretertheorie); nach anderer Auffassung erlangt die jeweilige juristische Person durch ihre Organe unmittelbar Handlungsfähigkeit (Organtheorie); vgl. Beuthien, NJW 1999, 1142 (1142 ff.); Reuter, in: MüKo, BGB, Bd. 1, § 26 Rn. 11.
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(1) Das zuständige Organ (a) Die Hauptversammlung Zunächst könnte man erwägen, dass die Hauptversammlung zur Bildung des generellen Offenbarungswillens und dem damit einhergehenden Verzicht auf den Geheimnischarakter der bereitgestellten Informationen der Aktiengesellschaft berufen wäre. Und so wird zum Teil denn auch in der Literatur die Auffassung vertreten, dass zumindest bei besonders bedeutsamen Entscheidungen, etwa dem Verzicht auf den Geheimnischarakter sämtlicher wettbewerbsrelevanter Informationen der Aktiengesellschaft, von der Zuständigkeit der Hauptversammlung auszugehen sei.501 Einer näheren Begründung wird diese Auffassung allerdings nicht zugeführt. Gegen die Zuständigkeit der Hauptversammlung zur Bildung des generellen Offenbarungswillens lässt sich allerdings einwenden, dass die gesellschaftsrechtliche Kompetenzverteilung eine derartige Zuständigkeit nicht vorsieht. Der Gesetzgeber hat lediglich bestimmte Konstellationen gesetzlich normiert, die einen Beschluss der Hauptversammlung erfordern. Hierzu gehören beispielsweise Grundlagenentscheidungen im Sinne des § 119 Abs. 1 AktG, Satzungsänderungen gemäß § 179 AktG, die Verpflichtung zur Übertragung des gesamten Gesellschaftsvermögens gemäß 179a AktG, die Erhöhung des Grundkapitals gegen Einlagen gemäß § 182 AktG oder der Abschluss von Beherrschungs- oder Gewinnabführungsverträgen gemäß § 293 Abs. 1 AktG.502 Die Bildung des generellen Offenbarungswillens und der Verzicht auf den Geheimnischarakter der Informationen der Aktiengesellschaft werden jedoch von keiner der ausdrücklich normierten Kompetenzzuweisungen erfasst.503 Man könnte zwar erwägen, dass der Hauptversammlung – zumindest bei besonders bedeutsamen Entscheidungen, etwa wegen des Stellenwerts bestimmter Geheimnisse für die Aktiengesellschaft oder wegen des Umfangs der Informationen, hinsichtlich derer der Geheimnischarakter aufgehoben werden soll, wie dies vorliegend der Fall wäre – eine ungeschriebene Zuständigkeit kraft offener Rechtsfortbildung zur Bildung des generellen Offenbarungswillens und dem damit einhergehenden 501 Vgl. zu § 404 AktG Ransiek, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 8 Kap. 2 Rn. 18. 502 Zu diesen und weiteren Kompetenzen vgl. Drinhausen, in: Hölters, AktG, § 119 Rn. 6; Heinz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 22 Rn. 23 ff.; Hoffmann, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 119 Rn. 4 ff.; Kort, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 2 Rn. 12; Liebscher, in: Henssler / Strohn, GesR, § 119 AktG Rn. 3 ff. 503 Altenhain, in: KölnKomm AktG, Bd. 7, § 404 Rn. 15; Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 31; Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (497); Roschmann / Frey, AG 1996, 449 (451); Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (443); von Stebut, S. 95.
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Verzicht auf den Geheimnischarakter hinsichtlich der Informationen der Aktiengesellschaft zuteil wird.504 So vertreten Rechtsprechung und herrschende Lehre heute zutreffenderweise und nahezu einhellig die Auffassung, dass „es neben den klassischen Hauptversammlungszuständigkeiten eine Reihe [von] Grundlagenentscheidungen gibt, die den Investmentkontrakt zwischen Anteilseignern und Gesellschaft so einschneidend verändern“, dass die Hauptversammlung trotz fehlender ausdrücklicher Kompetenzzuweisung für die jeweilige Entscheidung zuständig sei.505 Allerdings erfüllt die Entscheidung über den Verzicht auf den Geheimnischarakter der Informationen der Aktiengesellschaft nicht die Voraussetzungen, die Rechtsprechung und herrschende Lehre an das Bestehen einer derartigen ungeschriebenen Zuständigkeit der Hauptversammlung stellen. Denn erforderlich ist hiernach, dass die jeweilige Entscheidung „tief in die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre und deren im Anteilseigentum verkörpertes Vermögensinteresse“ eingreift506 (Mediatisierungs- und Wertverwässerungseffekt507), und „an die Kernkompetenz der Hauptversammlung, über die Verfassung der Aktiengesellschaft zu bestimmen, rührt, weil sie zu Veränderungen führt, die einer Satzungsänderung vorbehalten sind oder ihr zumindest nahe kommen.“508 Durch den Verzicht auf den Geheimnischarakter der Informationen der Aktiengesellschaft wird allerdings weder die Einwirkungsmöglichkeit der Aktionäre auf diese Informationen verkürzt, das im Anteilseigentum verkörperte Vermögensinteresse der Aktionäre unmittelbar und erheblich tangiert, noch eine Maßnahme ergriffen, die von ihrer Intensität und Wirkungsweise – etwa wie die Veränderung des Unternehmensgegenstands – 504 Im zivilrechtlichen Kontext zur Gestattung der Due Diligence wird teilweise die Ansicht vertreten, diese erfordere eine Zustimmung der Hauptversammlung, wenn die im Anschluss geplante Transaktion selbst eine Zustimmung erfordere, vgl. Krömker, S. 31; Zirngibl, S. 197; a. A. zutreffend Bussian, S. 37: „Wie sich die Transaktion auf die Aktionärsinteressen auswirkt, ist kein geeigneter Gradmesser dafür, wie schwer die Due Diligence die Aktionärsstellung beeinträchtigt“; bei Pakettransaktionen spielt dies keine Rolle, da die Aktionäre hier auch nicht der Transaktion zustimmen müssten, denn die Aktiengesellschaft ist nicht Partei der Pakettransaktion, vgl. Bussian, S. 38. 505 BGH NJW 1982, 1703 (1703); BGH NZG 2004, 571 (574); BGH NZG 2004, 575 (579); Fleischer, NJW 2004, 2335 (2336); Hoffmann, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 119 Rn. 29; Koch, in: Hüffer, AktG, § 119 Rn. 18; Kubis, in: MüKo AktG, Bd. 3, § 119 Rn. 38. 506 BGH NJW 1982, 1703 (1703); vgl. auch Bussian, S. 38; Eggenberger, S. 79; Hoffmann, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 119 Rn. 22, Koch, in: Hüffer, AktG, § 119 Rn. 16; Liekefett, S. 63; Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (498). 507 Fleischer, NJW 2004, 2335 (2336); ähnlich Krömker, S. 31; Kubis, in: MüKo AktG, Bd. 3, § 119 Rn. 48. 508 BGH NZG 2004, 571 (574); BGH NZG 2004, 575 (579); Wellhöfer, in: Wellhöfer / Peltzer / Müller, Haftung, § 4 Rn. 290.
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unmittelbar eine Satzungsänderung erforderlich machte, da die Gesellschaft nach wie vor über die entsprechenden Informationen verfügte.509 Insbe sondere ist allein das Potenzial des Verzichts auf den Geheimnischarakter der Informationen, die Vermögensinteressen der Aktionäre zu gefährden, nicht dazu geeignet, eine Hauptversammlungszuständigkeit zu begründen, da zahlreiche Entscheidungen der alltäglichen Geschäftsführung ein derartiges Potenzial aufweisen.510 Aber selbst, wenn man davon ausginge, dass die Hauptversammlung auf Grund einer ungeschriebenen Zuständigkeit kraft offener Rechtsfortbildung rein kompetenziell betrachtet eigentlich zur Bildung des generellen Offenbarungswillens und dem Verzicht auf den Geheimnischarakter der Informationen der Aktiengesellschaft berufen wäre, spricht zwingend das Wesen des Geheimnisses gegen deren Zuständigkeit. Geheim sein können grundsätzlich nur solche Informationen, die nicht offenkundig, also weder allgemein bekannt noch leicht zugänglich sind.511 Der überwiegende Teil aller Aktiengesellschaften dürfte sich dadurch auszeichnen, dass der Aktienbesitz weit gestreut ist.512 Dass es sich hierbei sogar um einen gesetzlich wünschenswerten Zustand handelt, ergibt sich beispielsweise aus § 8 AktG, nach dem der Mindestnennbetrag der Nennbetragsaktien nur auf einen Euro lauten muss.513 Die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft wird daher in der Regel aus einer Vielzahl von Aktionären bestehen. Gesprochen wird insofern auch davon, dass die Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften oftmals „wegen der hohen Anonymitätsrate bei den Aktionären“ „durch eine ‚Quasi-Öffentlichkeit‘ gekennzeichnet“ sind.514 Zudem unterliegen diese – anders als Aufsichtsrats- und Vorstandsmitglieder gemäß §§ 116 S. 1, 93 Abs. 1 S. 3 AktG – keiner gesetzlich normierten Verschwiegenheitspflicht. Zwar könnte sich eine Pflicht zur Verschwiegenheit im Einzelfall aus ihrer mitgliedschaftlichen Treuepflicht zur Aktiengesellschaft und der hieran anknüpfenden Pflicht, auf die Interessen der Gesellschaft und die gesell509 So i. E. auch Krömker, S. 13; die herrschende Meinung erachtet zwar die Weitergabe von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen als schadensgleiche Vermögensgefährdung (BayObLG NJW 1996, 268 (271); Kindhäuser, in: Kindhäuser / Neumann / Paeffgen, StGB, Bd. 3, § 266 Rn. 110); dies lässt sich aber im Hinblick auf den Unmittelbarkeitszusammenhang zwischen Weitergabe und Schaden zumindest bezweifeln, (Haft, NJW 1996, 238 (238)) und dürfte jedenfalls zur Annahme eines Wertverwässerungseffekts nicht ausreichen. 510 Im Hinblick auf Zuständigkeit zur Gestattung der Due Diligence im Kontext des § 93 Abs. 1 AktG Bussian, S. 40. 511 Vgl. Teil 2, A. III. 2. 512 von Stebut, S. 96. 513 Heider, in: MüKo AktG, Bd. 1, § 8 Rn. 12. 514 Kubis, in: MüKo AktG, Bd. 3, § 118 Rn. 7.
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schaftsbezogenen Belange der Mitaktionäre Rücksicht zu nehmen, herleiten lassen.515 Angesichts der Vielzahl der Aktionäre und der damit einhergehenden Unkontrollierbarkeit und Undurchsetzbarkeit dieser Verpflichtung dürfte jedoch deren Wirksamkeit zu bezweifeln sein.516 Schließlich kann es heute in nahezu allen größeren Unternehmen als Usus erachtet werden, dass Pressevertreter an den stattfindenden Hauptversammlungen partizipieren.517 Insgesamt lässt sich damit feststellen, dass bereits durch die Befassung der Hauptversammlung mit der Frage des Verzichts auf den Geheimnischarakter hinsichtlich der Informationen der Aktiengesellschaft deren Offenkundigkeit einträte, sodass auch dieser Gesichtspunkt gegen die Annahme der Zuständigkeit der Hauptversammlung spricht.518 Im Ergebnis kann daher nicht von der Zuständigkeit der Hauptversammlung zur Bildung des generellen Offenbarungswillens und dem damit einhergehenden Verzicht auf den Geheimnischarakter der zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informationen der Aktiengesellschaft ausgegangen werden.519
515 Zur Treuepflicht vgl. BGH NJW 1995, 1739 (1741); NJW 1999, 3197 (3197); Solveen, in: Hölters, AktG, § 53a Rn. 17; Wiesner, in: Münch. Hdb. GesR, Bd. 4, § 17 Rn. 17. 516 von Stebut, S. 96. 517 Kubis, in: MüKo AktG, Bd. 3, § 118 Rn. 109; von Stebut, S. 96. 518 Vgl. zu § 404 AktG von Stebut, S. 96; i. E. auch Altenhain, in: KölnKomm AktG, Bd. 7, § 404 Rn. 15; Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 31; Roschmann / Frey, AG 1997, 449 (451); Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (433); vgl. zu § 333 HGB Janssen, in: Park, KapMStR, § 333 HGB Rn. 16; Quedenfeld, in: MüKo HGB, Bd. 4, § 333 Rn. 13; Waßmer, in: MüKo BilanzR, Bd. 2, § 333 HGB Rn. 15, 39; im Hinblick auf Zuständigkeit zur Gestattung der Due Diligence im Kontext des § 93 Abs. 1 AktG Eggenberger, S. 88; Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (498); Zirngibl, S. 198; ähnlich auch Bussian, S. 61; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (288); Menke, NZG 2004, 697 (700); Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1957); Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 93 Rn. 140; Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (445). 519 Allgemein zur Unzuständigkeit der Hauptversammlung Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 29; Föbus, S. 109; Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 20; Krömker, S. 15; Temming, FS Achenbach, S. 545 (554, 555); vgl. zu § 404 AktG Altenhain, in: KölnKomm AktG, Bd. 7, § 404 Rn. 15; Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 31; konkludent auch Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 24; Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 30; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 32; Raum, in: Henssler / Strohn, GesR, § 404 AktG Rn. 4; Schaal, in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 24; ders.in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 9; vgl. zu § 333 HGB Janssen, in: Park, KapMStR, § 333 HGB Rn. 16; Quedenfeld, in: MüKo HGB, Bd. 4, § 333 Rn. 13; Waßmer, in: MüKo BilanzR, Bd. 2, § 333 HGB Rn. 15.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
(b) Der Aufsichtsrat Erwogen werden könnte weiterhin, dass der Aufsichtsrat für die Bildung des generellen Offenbarungswillens und den Verzicht auf den Geheimnischarakter der zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informationen zuständig wäre. (aa) Alleinige Zuständigkeit Gegen eine alleinige Zuständigkeit des Aufsichtsrats zur Bildung des generellen Offenbarungswillens spricht, dass sich dessen Wirkungsradius nach der gesellschaftsrechtlichen Kompetenzverteilung im Wesentlichen gemäß §§ 84, 111 Abs. 1 AktG auf die Überwachung der durch den Vorstand erfolgenden Geschäftsführung beschränkt, sodass ihm insofern primär lediglich eine Kontrollfunktion attestiert werden kann. Selbst in diesem Zusammenhang wird diskutiert, ob der in § 111 Abs. 1 AktG verwendete Begriff der „Geschäftsführung“ auf Leitungsmaßnahmen und sonstige wesentliche Handlungen des Vorstands zu beschränken ist, sodass die Überwachungsfunktion des Aufsichtsrats als dessen Kernkompetenz sogar noch restriktiv zu interpretieren wäre.520 Weiterhin sieht § 111 Abs. 4 S. 1 AktG vor, dass Maßnahmen der Geschäftsführung nicht auf den Aufsichtsrat übertragen werden können, was ebenfalls den Umstand unterstreicht, dass dieser im Allgemeinen eher eine Kontroll- als eine Führungs- und Entscheidungsfunktion übernimmt.521 Zwar werden dem Aufsichtsrat auch einzelne über seine Überwachungsfunktion hinausgehende Kompetenzen zuteil, die eine Disposition über ein Geheimnis und die Aufhebung dessen Geheimnischarakters notwendig machen können. Exemplarisch lässt sich insofern die aus § 171 Abs. 2 AktG folgende Berichtpflicht gegenüber der Hauptversammlung und die damit teils auch einhergehende Offenlegung von Unternehmensgeheimnissen522 anführen, da – wie bereits gezeigt – die Kenntnisnahme durch die Hauptversammlung zur Offenkundigkeit der Information führt.523 Eine Zuständigkeit des Aufsichts520 Böttcher, S. 187; Hambloch-Gesinn / Gesinn, in: Hölters, AktG, § 111 Rn. 11; Henssler, in: Henssler / Strohn, GesR, § 111 AktG Rn. 8; Kort, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 2 Rn. 79. 521 Vgl. zu § 404 AktG Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 32; Roschmann / Frey, AG 1996, 449 (451); Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (443); von Stebut, S. 97; im zivilrechtlichen Kontext Borsch, DB 2005, 2175 (2176); Eggenberger, S. 91; Fleischer, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 1 Rn. 4; Hambloch-Gesinn / Gesinn, in: Hölters, AktG, § 111 Rn. 70; Kort, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 2 Rn. 79; Krömker, S. 34; Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (497); Spindler, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 111 Rn. 61; Zirngibl, S. 198. 522 Hennrichs / Pöschke, in: MüKo AktG, Bd. 4, § 171 Rn. 195; von Stebut, S. 99. 523 Vgl. Teil 2, A. III. 6. a) bb) (1) (b).
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)141
rats zur Bildung des Offenbarungswillens hinsichtlich aller zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informationen lässt sich allerdings hieraus nicht ableiten, da dieser Vorgang in keinerlei Zusammenhang mit den gesetzlich fixierten Aufgaben des Aufsichtsrats steht. Folglich wäre der Aufsichtsrat im Ergebnis jedenfalls nicht alleine zur Bildung des generellen Offenbarungswillens und dem Verzicht auf den Geheimnischarakter der bereitgestellten Informationen berufen.524 (bb) Teilzuständigkeit gemäß § 111 Abs. 4 S. 2 AktG Möglicherweise wäre der Aufsichtsrat aber – unter bestimmten Umständen – teilzuständig insoweit, als dass er an der Bildung des generellen Offenbarungswillens und dem damit einhergehenden Verzicht auf den Geheimnischarakter der bereitgestellten Informationen durch seine Zustimmung mitwirken müsste. So sieht § 111 Abs. 4 S. 2 AktG vor, dass die Zustimmung des Aufsichtsrats beispielsweise dann erforderlich ist, wenn die Satzung der Gesellschaft eine derartige Beteiligung des Aufsichtsrats vorsieht. Kein Zweifel besteht zunächst daran, dass der Verzicht auf den Geheimnischarakter von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen der Aktiengesellschaft grundsätzlich von der Zustimmung des Aufsichtsrats abhängig gemacht und eine derartige Regelung in die Satzung der Gesellschaft implementiert werden kann. Denn ein Zustimmungsvorbehalt darf immer dann in die Satzung aufgenommen werden, wenn er ein aus dem gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Gesellschaft herausragendes Geschäft betrifft.525 Hierzu dürften die Bildung des generellen Offenbarungswillens und der damit einhergehende Verzicht auf den Geheimnischarakter der zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informationen unzweifelhaft zählen. Darüber hinaus könnte man dazu geneigt sein, sogar eine Verpflichtung dahingehend anzunehmen, einen derartigen Vorgang in den Katalog mitwirkungspflichtiger Geschäfte mit aufzunehmen und von der Zustimmung des Aufsichtsrats abhängig zu machen.526 Denn der Verzicht auf den Geheimnis 524 Allgemein zur Unzuständigkeit des Aufsichtsrats vgl. zu § 404 AktG Altenhain, in: KölnKomm AktG, Bd. 7, § 404 Rn. 15; Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 32; Roschmann / Frey, AG 1996, 449 (451); Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (442). 525 Habersack, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 111 Rn. 106, 109; Hambloch-Gesinn / Gesinn, in: Hölters, AktG, § 111 Rn. 72; Henssler, in: Henssler / Strohn, GesR, § 111 AktG Rn. 20; Koch, in: Hüffer, AktG, § 111 Rn. 43, 44; Spindler in Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 111 Rn. 64. 526 So schon für die Weitergabe von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen im Kontext der Due Diligence unter Wahrung ihres Geheimnischarakters annehmend Liekefett, S. 78 ff.; a. A. Bussian, S. 33, 34.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
charakter einer Vielzahl von Informationen kann für das künftige Schicksal der Gesellschaft erhebliche Bedeutung haben.527 Andererseits soll § 111 Abs. 4 S. 2 AktG allerdings nicht die grundlegende Kompetenzverteilung in der Gesellschaft aushöhlen528, sondern vielmehr nur dann die Mitwirkung des Aufsichtsrats erforderlich machen, wenn es sich um Geschäfte handelt, die die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage grundlegend verändern529 und das Unternehmen in der Folge mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht in seiner bisherigen Gestalt fortgeführt werden könnte.530 Das Unternehmen verlöre durch den Verzicht auf den Geheimnischarakter allerdings nicht die Möglichkeit, die Informationen zu verwenden, sondern „lediglich“ die Monopolstellung hinsichtlich dieser Informationen, sodass es zunächst einmal auch in seiner bisherigen Gestalt weiterbetrieben werden könnte. Unabhängig von der Beantwortung der Frage, ob eine Pflicht besteht, die Bildung des generellen Offenbarungswillens und den Verzicht auf den Geheimnischarakter einer Vielzahl von Informationen der Aktiengesellschaft von der Mitwirkung des Aufsichtsrats abhängig zu machen, dürfte für die vorliegend zu untersuchende Frage der Teilzuständigkeit des Aufsichtsrats von Bedeutung sein, ob eine derartige Satzungsregelung im strafrechtlichen Kontext beachtlich wäre, da die Bildung des Offenbarungswillens zugleich einen Verzicht auf den durch § 17 Abs. 1 UWG gewährleisteten Rechtsgüterschutz bedeutete. Es ist allerdings kein Grund ersichtlich, warum dies nicht der Fall sein sollte. Wenn auf Gesellschafterebene grundsätzlich eine Mitwirkung des Aufsichtsrats bei der Bildung des generellen Offenbarungswillens hinsichtlich der zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informationen erforderlich wäre, so muss eine solche Mitwirkung auch aus strafrechtlicher Sicht für den Verzicht auf den Geheimnischarakter und den damit einhergehenden Verzicht auf den durch § 17 Abs. 1 UWG gewährleisteten Rechtsgüterschutz erforderlich sein. Dies deshalb, da die Aktiengesellschaft der eigentliche Rechtsgutsinhaber des durch § 17 Abs. 1 UWG geschützten Geheimbereichs ist und der durch ihre Organe gebildete Offenbarungswille nur dann als Ausdruck der Autonomie der Aktiengesellschaft betrachtet und dieser zugerechnet werden kann, wenn diejenige 527 Zum Aspekt der existenziellen Bedeutung als Aufnahmekriterium einer Geschäftsführungsmaßnahme in den Katalog zustimmungsbedürftiger Geschäftsführungsmaßnahmen BT-Drucks. 14 / 8769, S. 39. 528 Bussian, S. 33; Henssler, in: Henssler / Strohn, GesR, § 111AktG Rn. 18. 529 Habersack, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 111 Rn. 109; Hambloch-Gesinn / Gesinn, in: Hölters, AktG, § 111 Rn. 72; Koch, in Hüffer, AktG, § 111 Rn. 36; Spindler in Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 111 Rn. 64. 530 Bussian, S. 34; Dietrich, DStR 2003, 1577 (1577); Lange, DStR 2003, 376 (377).
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)143
Kompetenzverteilung eingehalten wird, die gerade im Hinblick auf die Bildung des generellen Offenbarungswillens vorgegeben ist. Im Ergebnis lässt sich damit festhalten, dass den Aufsichtsrat hinsichtlich des Verzichts auf den Geheimnischarakter der zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informationen eine Teilzuständigkeit des Aufsichtsrats dergestalt träfe, dass dieser durch seine Zustimmung mitwirken müsste, sofern die Satzung der Aktiengesellschaft nach § 111 Abs. 4 S. 2 AktG eine solche Zustimmung vorsieht.531 In Anbetracht der Tatsache, dass ein derartiger Zustimmungsvorbehalt in der Praxis – soweit ersichtlich – allerdings unüblich ist, ist die Bedeutung dieser Feststellung allerdings gering und bei der nachfolgenden Betrachtung zu vernachlässigen. (c) Der Vorstand Wie bereits im Kontext der Tätertauglichkeit der Vorstandsmitglieder festgestellt wurde, ist der Vorstand gemäß § 76 Abs. 1 AktG zur Leitung der Aktiengesellschaft in eigener Verantwortung berufen. Hiermit einher geht die nicht delegierbare Verpflichtung, sich mit wesentlichen Kernfragen der Unternehmenspolitik und Unternehmensleitung, etwa der Unternehmensplanung, der Unternehmenskoordinierung und der Unternehmenskontrolle auseinanderzusetzen, Leitlinien und Zielvorgaben in diesen Bereichen zu definieren und auf deren Verwirklichung hinzuwirken.532 Daneben hat der Vorstand allgemeiner gemäß § 77 Abs. 1 AktG die Geschäfte der Aktiengesellschaft zu führen.533 Die Geschäftsführungsbefugnis wiederum berechtigt und verpflichtet ihn zur Vornahme rechtsgeschäftlicher und tatsächlicher Handlungen jeglicher Art zugunsten der Aktiengesellschaft.534 Die Bildung des generellen Offenbarungswillens und der damit einhergehende Verzicht 531 Roschmann / Frey,
AG 1996, 449 (451); von Stebut, S. 99. S. 189, 190; Dauner-Lieb, in: Henssler / Strohn, GesR, § 76 AktG Rn. 7; Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 76 Rn. 18, 53; Heinz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 22 Rn. 19, 33; Hüffer, AktG, § 76 Rn. 9; Kort, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 2 Rn. 71; Wiesner, in: Münch. Hdb. GesR, Bd. 4, § 19 Rn. 14. 533 Die herrschende Meinung betrachtet die Leitung der Aktiengesellschaft als wesentlichen Bestandteil und herausgehobenen Teilbereich der allgemeineren Geschäftsführungsbefugnis im Sinne des § 77 Abs. 1 S. 1 AktG; vgl. Böttcher, S. 186; Fleischer, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 1 Rn. 11, Heinz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 22 Rn. 19; Koch, in: Hüffer, AktG, § 77 Rn. 3; Kort, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 2 Rn. 69, 72; Weber, in: Hölters, AktG, § 77 Rn. 3; Wiesner, in: Münch. Hdb. GesR, Bd. 4, § 19 Rn. 13. 534 Heinz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 22 Rn. 18; Koch, in: Hüffer, AktG, § 77 Rn. 3; Kort, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 2 Rn. 82; Weber, in: Hölters, AktG, § 77 Rn. 3. 532 Böttcher,
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auf den Geheimnischarakter hinsichtlich der zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informationen erfolgten für die Aktiengesellschaft und stellten demnach eine (außerordentliche) Maßnahme der Geschäftsführung im Sinne des § 77 Abs. 1 AktG dar.535 Daher wäre im Ergebnis von der Zuständigkeit des Vorstands auszugehen.536 (2) Zuständigkeit innerhalb des Vorstands (a) Gesamtvorstand oder einzelnes Vorstandsmitglied Gelangt man zu der Erkenntnis, dass der Vorstand für die Bildung des generellen Offenbarungswillens und den Verzicht auf den Geheimnischarakter der zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informationen zuständig wäre, so folgt hieraus in einem zweiten Schritt in Anbetracht des Organcharakters des Vorstands die Frage, ob er diesbezüglich als Gremium handeln müsste oder ob unter Umständen auch ein einzelnes Vorstandsmitglied die Entscheidung hierüber treffen könnte. Da es sich bei der Bildung des Offenbarungswillens um eine Geschäftsführungsmaßnahme handelt, dürfte sich die Lösung dieser Fragestellung aus § 77 AktG ergeben. § 77 Abs. 1 S. 1 AktG regelt zunächst, dass sämtliche Vorstandsmitglieder grundsätzlich nur gemeinschaftlich zur Geschäftsführung befugt sind, sofern der Vorstand aus mehreren Personen besteht. Nach der gesetzlichen Ausgangslage darf der Vorstand folglich nur dann handeln, wenn alle Mitglieder an der jeweils zu treffenden Entscheidung mitgewirkt haben.537 Würde das 535 Altenhain, in: KölnKomm AktG, Bd. 7, § 404 Rn. 15; Fuhrmann, in: Geßler / Hefendehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 404 Rn. 6; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 32; Raum, in: Henssler / Strohn, GesR, § 404 AktG Rn. 8; Roschmann / Frey, AG 1996, 449 (452); Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 9; ders., in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 24; eine Leitungsaufgabe annehmend Temming, in: FS Achenbach, 545 (560); Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (443). 536 Föbus, S. 109; Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 30; wohl auch Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 13; vgl. zu § 404 AktG Altenhain, in: KölnKomm AktG, Bd. 7, § 404 Rn. 15; Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 24; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 32; Krömker, S. 15; Raum, in: Henssler / Strohn, GesR, § 404 AktG Rn. 4; Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 9; ders., in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 24; Ulsenheimer, NJW 1975, 2000 (2001); Ziemons, AG 1999, 492 (493); vgl. zu § 333 HGB Janssen, in: Park, KapMStR, § 333 HGB Rn. 16; Quedenfeld, in: MüKo HGB, Bd. 4, § 333 Rn. 13; Waßmer, in: MüKo BilanzR, Bd. 2, § 333 HGB Rn. 15. 537 Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 77 Rn. 8; Koch, in: Hüffer, AktG, § 77 Rn. 6; Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 77 Rn. 8, 9; Weber, in: Hölters, AktG, § 77 Rn. 5.
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Gesetz allerdings auf dieser Position verharren, so stünde dies in einem unauflösbaren Widerspruch zu den Gegebenheiten der Praxis, da sich die vielfältigen vom Vorstand zu treffenden Geschäftsführungsmaßnahmen insbesondere bei größeren Aktiengesellschaften grundsätzlich nicht sämtlich von allen Vorstandsmitgliedern gemeinschaftlich wahrnehmen lassen.538 Um diesem Umstand hinreichend Rechnung zu tragen, sieht § 77 Abs. 1 S. 2 AktG vor, dass die Satzung der Aktiengesellschaft oder die Geschäftsordnung des Vorstands vom Grundsatz der Gesamtgeschäftsführung abweichen können. Daher können bestimmte Aufgaben auch beispielsweise einzelnen Vorstandsmitgliedern zugewiesen werden – etwa im Rahmen einer sogenannten Ressortaufteilung –, sodass diese für einen bestimmten Geschäftsbereich allein verantwortlich und geschäftsführungsbefugt sind.539 In Anbetracht der mangelnden Flexibilität und Schwerfälligkeit der nach § 77 Abs. 1 S. 1 AktG erforderlichen Befassung sämtlicher Vorstandsmitglieder mit der Entscheidung wird es sich bei der Ressortaufteilung sogar um den Regelfall in Aktiengesellschaften handeln.540 Trotz des scheinbar abschließenden Wortlauts des § 77 Abs. 1 S. 2 AktG ist dies allerdings nicht ausnahmslos möglich. Vielmehr ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt und insoweit im Wesentlichen unbestritten, dass nicht jede Art von Geschäftsführungsmaßnahme auf einzelne Organmitglieder übertragen werden kann, da vielmehr auch organschaftliche Mindestzuständigkeiten des Gesamtvorstands und damit auch unübertragbare Geschäftsführungsmaßnahmen existieren, mit denen sich notwendigerweise alle Vorstandsmitglieder befassen müssen. Ob es sich im Einzelfall um eine solche handelt, kann sich zum einen aus der öffentlich-rechtlichen Funktion der jeweiligen Maßnahme, ihrer besonderen Bedeutung für die Aktiengesellschaft, zum anderen aber auch aus gesetzlichen Vorschriften, die zwingend die Zuständigkeit des Gesamtvorstands vorsehen, ergeben.541 Vergegenwärtigt man sich diese Grundsätze im Hinblick auf die Frage, ob der Vorstand im Rahmen der Bildung des generellen Offenbarungswillens bezüglich der zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten 538 von
Stebut, S. 109; Weber, in: Hölters, AktG, § 77 Rn. 27. zur Geschäftsverteilung im Allgemeinen; Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 77 Rn. 36 ff.; ders., NZG 2003, 449 (449 ff.); Koch, in: Hüffer, AktG, § 77 Rn. 10; Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (498); Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 77 Rn. 9, 31; Weber, in: Hölters, AktG, § 77 Rn. 27 ff. 540 Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404, Rn. 10; Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 77 Rn. 10; Weber, in: Hölters, AktG, § 77 Rn. 6. 541 Vgl. zu § 404 AktG von Stebut, S. 100; allgemein zu unübertragbaren Geschäftsführungsmaßnahmen z. B. §§ 83 Abs. 2, 90, 91, 92 Abs. 1, 2, 119 Abs. 2, 170 Nr. 2, 242, 245 Nr. 4, 264 Abs. 1 AktG; Fleischer, NZG 2003, 449 (450); Koch, in: Hüffer, AktG, § 77 Rn. 17; Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (498); Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 77 Rn. 10, 64; von Stebut, S. 109; Weber, in: Hölters, AktG, § 77 Rn. 29. 539 Vgl.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
Informationen als Gremium handeln müsste oder ob unter Umständen auch ein einzelnes Vorstandsmitglied die Entscheidung hierüber treffen könnte, so dürften die besseren Gründe dafür sprechen, auch im Falle des Vorliegens einer vom Grundsatz der Gesamtgeschäftsführung abweichenden Zuständigkeitsregelung in der Satzung der Aktiengesellschaft oder der Geschäftsordnung des Vorstands gemäß § 77 Abs. 1 S. 2 AktG von der Zuständigkeit des Gesamtvorstands auszugehen. Bereits im Hinblick auf den Verzicht auf den Geheimnischarakter einzelner, ressortbezogener Informationen muss bezweifelt werden, dass ein einzelnes Vorstandsmitglied hierfür zuständig sein kann, selbst wenn eine entsprechende Ressortaufteilung in der Satzung oder Geschäftsordnung vorgesehen ist.542 Denn insofern darf nicht missachtet werden, dass an den Informationen, hinsichtlich derer der Geheimnischarakter im Einzelfall aufgehoben werden soll, zunächst einmal ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse bestehen muss, um überhaupt vom Vorliegen eines aufhebbaren Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses ausgehen zu können. Dieses Interesse kann wiederum nur dann angenommen werden, wenn eine Mitteilung der Informationen an Dritte geeignet wäre, eine Wettbewerbsverzerrung hervorzurufen, also den Wettbewerb des Konkurrenten zu fördern oder die Stellung des eigenen Betriebs im Wettbewerb zu schmälern und damit zu einem wirtschaftlichen Schaden des eigenen Betriebs zu führen. Es lässt sich daher kaum bestreiten, dass die Informationen für die Aktiengesellschaft stets einen gewissen Stellenwert haben und der Verzicht auf ihren Geheimnischarakter infolgedessen auch eine entsprechend intensive und außerhalb der gewöhnlichen Geschäftsführungstätigkeit liegende Maßnahme, eine Maßnahme von grundlegender Bedeutung für die Gesellschaft und damit letztlich eine unübertragbare Geschäftsführungsmaßnahme darstellt, die nur durch den Vorstand als Gremium vorgenommen werden dürfte.543 Wenn aber bereits bei einzelnen, ressortbezogenen Informationen bezweifelt werden muss, dass ein einzelnes Vorstandsmitglied für die Bildung des Offenbarungswillens zuständig sein kann, selbst wenn eine entsprechende Zuständigkeitsregelung in der Satzung oder Geschäftsordnung vorgesehen ist, so muss dies erst recht für den Fall gelten, dass der Vorstand beabsichtigt, auf den Geheimnischarakter einer Vielzahl von Informationen zu 542 So aber zu § 404 AktG Fuhrmann, in: Geßler / Hefendehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 404 Rn. 6; Ransiek, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 8 Kap. 2 Rn. 18; Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 9; ders., in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 24; von Stebut, S. 110. 543 So i. E. Temming, in: FS Achenbach, S. 545 (554); wohl auch Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 20; vgl. zu § 404 AktG Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 32; Krömker, S. 16; Oetker, in: Lutter / Schmidt, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 10; Temming, in: Graf / Jäger / Wittig, § 404 AktG Rn. 14; nur für Fälle zu erwartender, folgenschwerer Auswirkungen Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 34.
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)147
verzichten, wie dies vorliegend hinsichtlich der zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informationen der Fall wäre. Dies zum einen deshalb, weil diese Entscheidung hierüber im Regelfall ohnehin die Ressortkompetenz eines einzelnen Vorstandsmitglieds überschritte und damit selbst nach der jeweiligen Satzungs- oder Geschäftsordnungsregelung ein Handeln des Gesamtvorstands erforderlich wäre. Zum anderen gerade auch deshalb, weil die Bildung des Offenbarungswillens wegen des Umfangs der bereitgestellten Informationen und des damit einhergehenden besonders großen Gefahrenpotenzials für die Aktiengesellschaft noch viel erheblichere, nachteilhafte Auswirkungen auf die Stellung des Unternehmens im Wettbewerb haben könnte und damit erst recht als nicht deligierbare Geschäftsführungsmaßnahme des Vorstands erachtet werden muss.544 Im Ergebnis lässt sich damit festhalten, dass der Vorstand als Gremium über die Bildung des Offenbarungswillens und den damit einhergehenden Verzicht auf den Geheimnischarakter der zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informationen entscheiden müsste. (b) Einstimmigkeit oder Stimmmehrheit Lägen die Bildung des generellen Offenbarungswillens und der Verzicht auf den Geheimnischarakter der zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informationen somit im Zuständigkeitsbereich des Vorstands als Kollegialorgan, wäre schließlich noch der Frage nachzugehen, ob der Vorstand hierüber einstimmig entscheiden müsste oder ob auch eine Entscheidung mit Stimmmehrheit ausreichte. Wie bereits im Kontext der vorausgehenden Frage der organinternen Zuständigkeit dürfte sich auch an dieser Stelle auf Grund des Charakters der Entscheidung über den Verzicht auf den Geheimnischarakter als Geschäftsführungsmaßnahme ein Blick in § 77 AktG als ergiebig erweisen. In § 77 Abs. 1 S. 1 AktG ist grundsätzlich das Einstimmigkeitsprinzip vorgesehen, nach dem die Vorstandsmitglieder Entscheidungen über Geschäftsführungsmaßnahmen in Willensübereinstimmung fassen müssen.545 Dementsprechend muss eine Maßnahme der Geschäftsführung nach der gesetzlichen Ausgangslage immer schon dann unterbleiben, wenn auch nur ein Vorstandsmitglied widerspricht. Allerdings macht das Einstimmigkeitsprinzip das Vorstandshandeln ebenso unbeweglich wie der Grundsatz der Gesamtgeschäftsführung im Allgemeinen. Denn in zu § 404 AktG Krömker, S. 16. S. 42; Dauner-Lieb, in: Henssler / Strohn, GesR, § 77 AktG Rn. 3; Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 77 Rn. 8; Heinz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 22 Rn. 39; Koch, in: Hüffer, AktG, § 77 Rn. 6; Kort, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 2 Rn. 89; Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 77 Rn. 11; Weber, in: Hölters, AktG, § 77 Rn. 5; Wiesner, in: Münch. Hdb. GesR, Bd. 4, § 22 Rn. 6. 544 Vgl.
545 Bussian,
148
Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
Anbetracht der Tatsache, dass bereits die Gegenstimme eines einzelnen Vorstandsmitglieds ausreicht, um eine Geschäftsführungsmaßnahme zu verhindern, kann das Einstimmigkeitsprinzip die Handlungsfähigkeit des Vorstands bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vorstandsmitgliedern erheblich beeinträchtigen.546 Dem wird aber von Seiten des Gesetzgebers durch § 77 Abs. 1 S. 2 AktG begegnet, nach dem die Satzung der Gesellschaft oder die Geschäftsordnung des Vorstands vom Einstimmigkeitsprinzip abweichen können, sodass bei Vorliegen einer entsprechenden Regelung grundsätzlich auch eine Entscheidung des Vorstands mit einfacher oder eine qualifizierter Mehrheit ausreichen kann.547 Vergegenwärtigt man sich diese Grundsätze im Hinblick auf die Frage, ob der Vorstand über die Bildung des generellen Offenbarungswillens und den Verzicht auf den Geheimnischarakter der zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informationen einstimmig entscheiden müsste oder auch eine Entscheidung mit Stimmmehrheit ausreichte, so sprechen die besseren Gründe dafür, bei Vorliegen einer entsprechenden Satzungsregelung oder Geschäftsordnungsregelung das dort vorzufindende Mehrheitserfordernis für die Bildung des generellen Offenbarungswillens als ausreichend zu erachten. Ebenso wie im Hinblick auf die Teilzuständigkeit des Aufsichtsrats548 stellt sich auch hier die Frage, warum eine in der Satzung oder Geschäftsordnung vorgesehene Mehrheit nicht auch aus strafrechtlicher Sicht für den Verzicht auf den Geheimnischarakter hinsichtlich der zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informationen und den damit einhergehenden Verzicht auf den durch § 17 Abs. 1 UWG gewährleisteten Rechtsgüterschutz ausreichen sollte, wenn auf Gesellschafterebene mit dieser Beschlussmehrheit über die Bildung des generellen Offenbarungswillens entschieden werden könnte.549 Der Vorstand stellt letztlich nur das zur Bildung des Offenbarungswillens und zum Verzicht auf den Rechtsgüterschutz berufene Organ dar, nicht hingegen den eigentlichen Rechtsgutsinhaber. Die eigentliche Rechtsgutsinhaberschaft und Dispositionsbefugnis über die Geheimnisse steht vielmehr der Aktiengesellschaft zu, die allerdings in 546 Weber,
in: Hölters, AktG, § 77 Rn. 8. in: Henssler / Strohn, GesR, § 77 AktG Rn. 8; Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 77 Rn. 10; Koch, in: Hüffer, AktG, § 77 Rn. 11; Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 77 Rn. 12, 13; Weber, in: Hölters, AktG, § 77 Rn. 8. 548 Vgl. Teil 2, A. III. 6. a) bb) (1) (b) (bb). 549 So hinsichtlich des tatbestandsausschließenden Einverständnisses der Gesellschafter im Rahmen des § 266 StGB Dierlamm, in: MüKo StGB, Bd. 5, § 266 StGB Rn. 136, 140; i. E. auch OLG Hamm, NJW 1982, 190 (192); a. A. in diesem Kontext BGH NStZ 2006, 214 (217); offenlassend BGH NJW 2010, 3458 (3461); vgl. diesbezüglich auch zu Mehrheitsentscheidungen der Gesellschafter einer GmbH im Rahmen des § 85 GmbHG Wicke, in: Wicke, GmbHG, § 85 Rn. 4; Wißmann, in: MüKo GmbHG, Bd. 3, § 85 Rn. 41. 547 Dauner-Lieb,
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)149
Anbetracht ihres Charakters als juristische Person weder aus sich selbst heraus eigenständig einen Willen bilden kann noch natürlich handlungsfähig ist. Für die Frage, ob der Vorstand über die Bildung des generellen Offenbarungswillens und den Verzicht auf den Geheimnischarakter der zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informationen einstimmig oder bei Vorliegen einer entsprechenden Regelung auch bereits mit Stimmmehrheit entscheiden könnte, kann daher ausschließlich von Bedeutung sein, ob die Entscheidung des Vorstands zugleich als Ausdruck der Autonomie der Aktiengesellschaft gewertet und ihr als eigene Entscheidung zugerechnet werden kann. Dies muss aber unstreitig immer dann angenommen werden können, wenn die für die jeweilige Entscheidung vorgesehenen Zuständigkeitsregelungen eingehalten wurden. Die jeweilige Satzungs- oder Geschäftsordnungsregelung, die abweichend von der gesetzlichen Ausgangslage ein Mehrheitserfordernis für die Entscheidung vorsieht, führt insoweit zu einer Delegation der Zuständigkeit zur Ausübung der Disposi tionsbefugnis der Aktiengesellschaft über den durch § 17 Abs. 1 UWG geschützten Geheimbereich des Unternehmens auf die mehrheitlich entscheidenden Vorstandsmitglieder. Bedenken hiergegen bestehen auch nicht insoweit, als dass man die Annahme vertreten könnte, dass nur bei einer einstimmigen Entscheidung des Vorstands davon ausgegangen werden könne, dass das Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaft bei der Entscheidung hinreichend Berücksichtigung gefunden hat.550 Denn auch eine Entscheidung, die vom Gesamtvorstand getroffen wurde, kann im Ergebnis dem Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaft widersprechen.551 In Anbetracht dessen ist davon auszugehen, dass bei Vorliegen einer entsprechenden Regelung in der Satzung der Aktiengesellschaft oder der Geschäftsordnung des Vorstands die dort vorgesehenen Mehrheitsverhältnisse für die Bildung des generellen Offenbarungswillens und den damit einhergehenden Verzicht auf den Geheimnischarakter hinsichtlich der Informationen der Aktiengesellschaft entscheidend wären.552 (3) Zwischenergebnis Die vorausgehenden Erörterungen haben gezeigt, dass der Vorstand als Kollegialorgan für die Bildung des generellen Offenbarungswillens und den Verzicht auf den Geheimnischarakter hinsichtlich der zwecks Durchführung 550 Vgl.
(494).
argumentativ Meincke, WM 1998, 749 (751); Ziemons, AG 1999, 492
551 Vgl. argumentativ Liekefett, S. 84; Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (498); Schroeder, DB 1997, 2161 (2162). 552 So ausdrücklich auch Temming, in: FS Achenbach, S. 545 (555).
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
der Due Diligence erforderlichen Informationen zuständig wäre und diesen gemäß § 77 Abs. 1 S. 1 AktG im Grundsatz einstimmig, bei Vorliegen einer hiervon abweichenden Regelung in der Satzung der Aktiengesellschaft oder seiner Geschäftsordnung gemäß § 77 Abs. 1 S. 2 AktG auch mit der dort vorgesehenen Stimmmehrheit erklären müsste. b) Wille zum Verzicht auf den Geheimnischarakter Weiterhin müsste der Vorstand im Kontext der Gestattung der Due Diligence und der Bereitstellung der hierzu erforderlichen Informationen aber auch überhaupt vollständig auf deren Geheimnischarakter verzichten wollen, um vom Vorliegen eines generellen Offenbarungswillens und einem Verzicht auf die Geheimniseigenschaft dieser Informationen ausgehen zu können. Geht es dem Vorstand hingegen lediglich darum, den Kreis derer, die von den Informationen Kenntnis haben, um einzelne zu erweitern, den grundsätzlichen Geheimnischarakter der Informationen allerdings zu wahren, kann nicht von einem generellen Offenbarungswillen und einem Verzicht auf den Geheimnischarakter die Rede sein. Der Vorstand adressiert mit der Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, die zum Zwecke der ordnungsgemäßen Durchführung der Due Diligence erforderlich sind, ausschließlich den potenziellen Erwerber des zur Veräußerung stehenden Aktienpakets. Nur diesem soll durch die Bereitstellung der Informationen die Möglichkeit eröffnet werden, einen umfassenden Einblick in das Unternehmen und die dahinterstehende Aktiengesellschaft zu erlangen, um so deren Stärken und Schwächen zu ermitteln und die Chancen und Schwächen der geplanten Investition zu identifizieren. Der Vorstand erklärt sich – bei unterstellt ordnungsgemäßem Verhalten – nur diesem gegenüber bereit, den Zugang zu den entsprechenden Informationen zu eröffnen, da er sich hieraus und aus dem Zustandekommen der Transaktion Vorteile für das Unternehmen beziehungsweise die Aktiengesellschaft erhofft, die die mit der Offenlegung verbundenen Nachteile und Risiken überwiegen.553 Im Kontext der Due Diligence soll daher in der Regel nur der Kreis derer erweitert werden, die von den Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen Kenntnis haben, ohne hierdurch zugleich den Geheimnischarakter dieser Informationen aufzuheben.554 Dies ergibt sich auch aus dem Verfahren, das der Vorstand im Zusammenhang mit der Bereitstellung der Informationen regelmäßig wählen wird – beziehungsweise wählen muss, um sich nicht aktienrechtlich und strafrechtlich angreifbar zu machen – 553 Vgl.
Teil 2, A. VIII. 5. g). JZ 2003, 1048 (1049); Roschmann / Frey, AG 1996, 449 (450); Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (443). 554 Jäger,
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)151
und das noch an anderer Stelle näher auszuführen sein wird.555 So kann der Vorstand zum einen die Informationen rechtmäßig nur dann bereitstellen, wenn der Erwerber eine Verschwiegenheitsvereinbarung unterfertigt hat, in der auch ein Verbot der zweckwidrigen Verwendung und Weitergabe an Dritte vorgesehen ist. Zum anderen erfolgt die Bereitstellung der Informationen in speziellen, dafür vorgesehenen Datenräumen oder in einem virtuellen Datenraum, zu dem nur der potenzielle Erwerber Zugang erhält. In Anbetracht dieser Umstände ist davon auszugehen, dass der Vorstand im Kontext der Due Diligence nicht vorhat, den Geheimnischarakter der Informationen aufzuheben, sondern lediglich die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse dem potenziellen Erwerber unter Wahrung des Geheimnischarakters offenzulegen. c) Zwischenergebnis Im Ergebnis lässt sich damit festhalten, dass das Bereitstellen der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zwecks Durchführung der Due Diligence im Vorfeld einer geplanten Pakettransaktion nicht mit der Bildung eines generellen Offenbarungswillens des Geheimnisträgers und einem Verzicht auf den Geheimnischarakter hinsichtlich dieser Informationen verbunden ist. Vielmehr soll lediglich der Kreis der Mitwisser um einen begrenzten Personenkreis erweitert, der Geheimnischarakter der Informationen allerdings gewahrt werden.556 Zumindest bei einem Teil der zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informationen wird es sich daher im Ergebnis um Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse im Sinne des § 17 Abs. 1 UWG handeln.
IV. Im Rahmen des Dienstverhältnisses anvertraut oder zugänglich geworden Weiterhin müssen die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, die von den Vorstandsmitgliedern zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellt werden, diesen als beim Unternehmen Beschäftigte im Sinne des § 17 Abs. 1 UWG im Rahmen ihres Dienstverhältnisses anvertraut oder zugänglich geworden sein. Zugänglich geworden sind dem Beschäftigten Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse dann, wenn er von diesen auf irgendeine Art und Weise während der Dauer seines Dienstverhältnisses erfahren hat.557 555 Vgl.
Teil 2, A. VIII. 5. i). S. 92; Jäger, JZ 2003, 1048 (1049); Roschmann / Frey, AG 1996, 449 (450); Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (443). 557 Arians, S. 307 (354); Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 20; Ebert-Weidenfeller, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, 556 Eggenberger,
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
Dies kann sowohl durch jede eigene, aber auch durch jede fremde Handlung oder Unterlassung geschehen sein.558 Die konkrete Form der Kenntniserlangung spielt ebenso wenig eine Rolle wie die Frage, ob die Information für den Beschäftigten bestimmt war oder seinen üblichen Geschäftskreis betrifft.559 Auch die Tatbestandsalternative des „anvertraut worden Seins“ wird als Spezialfall von der Variante des „zugänglich geworden Seins“ erfasst.560 Hierunter versteht man wiederum jeden Erhalt der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, der durch einen Erklärungsakt unter Hinweis auf die Pflicht zur Geheimhaltung erfolgt.561 Der Beschäftigte muss im Rahmen der Kenntnisverschaffung ausdrücklich oder konkludent auf seine Verschwiegenheitspflicht hingewiesen worden sein.562 Die ausdrückliche Erwähnung dieser Art der Kenntniserlangung in § 17 Abs. 1 UWG neben der insofern weiteren Variante des „zugänglich geworden Seins“ dürfte sich dadurch erklären lassen, dass in der Weitergabe einer anvertrauten Information ein im Verhältnis zur Weitergabe einer sonst zugänglich gewordenen Information ein gesteigerter Unrechtsgehalt beim Täter zu sehen ist.563 Teil 3 Kap. 3 Rn. 73; Föbus, S. 124; Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 26; Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 9; Kiethe / Hohmann, NStZ 2006, 185 (188); Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 28; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 17; Krüger, S. 40; Otto, wistra 1988, 125 (127); Többens, WRP 2005, 552 (557); von Pelchrzim, CCZ 2009, 25 (27). 558 Föbus, S. 124; Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 9. 559 Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 39; Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 14; Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 33. 560 Aldoney, S. 105; Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 46; Wawrzinek, S. 158. 561 Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 20; Dittrich, in: Müller-Gugenberger / Bienek, WStR, § 33 Rn. 55; Föbus, S. 123; Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 25; Harte-Bavendamm, in: HarteBavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 9; Kiethe / Hohmann, NStZ 2006, 185 (188); Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 16; Otto, wistra 1988, 125 (127); Többens, WRP 2005, 552 (557); Wawrzinek, S. 158. 562 Aldoney, S. 106; Arians, S. 307 (354); Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 38; Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 20; Dittrich, in: Müller-Gugenberger / Bienek, WStR, § 33 Rn. 55; EbertWeidenfeller, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 3 Kap. 3 Rn. 73; Föbus, S. 124; Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 26; Harte-Bavendamm, in: Gloy / Loschelder / Erdmann, WettbewerbsR, § 77 Rn. 19; Kiethe / Hohmann, NStZ 2006, 185 (188); Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 27; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 16; Krüger, S. 39; Otto, wistra 1988, 125 (127); Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 32; Többens, WRP 2005, 552 (557); von Pelchrzim, CCZ 2009, 25 (27); Wawrzinek, S. 158. 563 Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 46.
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)153
Sowohl das „zugänglich geworden Sein“ als auch das „anvertraut worden Sein“ müssen sich zudem im Rahmen des Dienstverhältnisses ereignet haben. Dies ist dann der Fall, wenn das jeweilige Dienstverhältnis in einem funktionalen Zusammenhang zur Kenntniserlangung durch den Beschäftigten steht, das Dienstverhältnis und die daraus resultierende Stellung der Beschäftigen ursächlich für das Anvertrauen oder die sonstige Kenntnisnahme der geheim zu haltenden Information waren.564 Ohne das entsprechende Dienstverhältnis dürfte der Beschäftigte mithin keine Kenntnis von dem jeweiligen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis erlangt haben, wobei etwaige hypothetische Möglichkeiten einer Alternativerlangung außer Betracht bleiben.565 Die bloß zufällige Kenntniserlangung außerhalb oder unabhängig vom Dienstverhältnis oder die Kenntnisnahme des Geheimnisses im Vorfeld des Eintritts in das Unternehmen sind damit nicht vom Tatbestand umfasst.566 Andererseits plädiert die herrschende Meinung aber beispielsweise dafür, solche Informationen als „im Rahmen des Dienstverhältnisses anvertraut oder zugänglich geworden“ zu erachten, die der Beschäftigte zwar bereits vor Beginn seines Dienstverhältnisses kannte, dann aber in das Unternehmen einbringt und sich gegenüber dem Unternehmensinhaber zur Verschwiegenheit verpflichtet, obwohl auch hier eine Kausalität der Kenntniserlangung eigentlich verneint werden müsste.567 Es ist davon auszugehen, dass die Vorstandsmitglieder von einem Großteil der für die Durchführung der Due Diligence interessanten und erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse regelmäßig im Rahmen ihrer Dienstverhältnisse Kenntnis erlangt haben. Auf welche konkrete Art und Weise diese Kenntnisnahme erfolgte, hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. Auf Grund der exponierten Stellung des Vorstands als leitungs- und geschäftsführungsbefugtes Organ der Aktiengesellschaft im 564 Arians, S. 307 (354); Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 37; Ditt rich, in: Müller-Gugenberger / Bienek, WStR, § 33 Rn. 54; Ebert-Weidenfeller, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 3 Kap. 3 Rn. 73; Föbus, S. 124; Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 26; Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 45; Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 26; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 15; Krüger, S. 39; Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 31; Többens, WRP 2005, 552 (557); Wawrzinek, S. 159. 565 Föbus, S. 125; Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 33. 566 RGSt. 33, 354 (356); Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 37; Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 26; Kiethe / Hohmann, NStZ 2006, 185 (188); Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 26; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 15 Krüger, S. 39; Otto, wistra 1988, 125 (127); Pfeiffer, in: FS Nirk, S. 861 (871); Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 31. 567 So Föbus, S. 127; zur herrschenden Meinung vgl. Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 38.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
Sinne der §§ 76 ff. AktG und als „Herr der Gesellschaftsgeheimnisse“, der sowohl über den Verzicht auf den Geheimnischarakter von Informationen der Aktiengesellschaft568 als auch über die Weitergabe der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse an einzelne Dritte unter grundsätzlicher Wahrung des Geheimnischarakters entscheidet569, dürfte aber regelmäßig davon auszugehen sein, dass den Vorstandsmitgliedern diese Geheimnisse zugänglich geworden sind.
V. Mitteilung an jemand Ferner muss die Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zwecks Durchführung der Due Diligence eine Mitteilung an jemand im Sinne des § 17 Abs. 1 UWG darstellen, um von einer Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder nach dieser Vorschrift ausgehen zu können. 1. Allgemeines Wie sich aus dem Begriff „jemand“ zunächst ergibt, kann grundsätzlich jeder beliebige Dritte Empfänger der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse sein, unabhängig davon, ob es sich um eine außerhalb des Unternehmens stehende Person handelt oder nicht.570 Der Kreis der Empfänger ist grundsätzlich unbeschränkt.571 Eine restriktive Auslegung des Merkmals „an jemand“ dahingehend, dass eine „indiskriminierte und auf keinen präzisierten Adressaten gerichtete Veröffentlichung [von Informationen] nicht der spezifischen Mitteilung an jemanden genüge“572, erscheint angesichts des offenen Wortlauts und dem Gedanken eines möglichst umfassenden Geheimnisschutzes verfehlt, sodass auch beispielsweise Veröffentlichungen in Massenmedien „jemand“ im Sinne des § 17 Abs. 1 UWG adressieren. Unter dem Begriff des Mitteilens eines Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses ist grundsätzlich jede ausdrückliche oder konkludente Bekanntgabe an einen Dritten zu verstehen, die irgendeine Verwertung oder Weitergabe des Geheimnisses durch den unmittelbaren Empfänger oder einen Dritten 568 Vgl.
Teil 2, A. III. 6. a) bb) (1) (c). Teil 2, A. VIII. 2. 570 Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 12; Kiethe / Hohmann, NStZ 2006, 185 (188); Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 32; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 20; Krüger, S. 71; Otto, wistra 1988, 125 (127); Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 34; Többens, WRP 2005, 552 (558); Wawrzinek, S. 162. 571 Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 43; Föbus, S. 138; Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 47. 572 Vgl. Aldoney, S. 109. 569 Vgl.
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)155
nach sich ziehen kann.573 Die Art und Weise der Bekanntgabe spielt dabei grundsätzlich keine Rolle. Sie kann sowohl durch aktive Handlungen des Täters wie mündliche oder schriftliche Äußerungen, die Zugänglichmachung von Aufzeichnungen, das Aushändigen eines Zugangsschlüssels oder das Beseitigen von Schutzvorrichtungen als auch durch pflichtwidriges Unterlassen in Form des Duldens der Kenntnisnahme erfolgen, sofern der Täter eine Garantenstellung im Sinne des § 13 StGB innehat.574 Weiterhin hängt die Annahme einer Mitteilung auch nicht davon ab, ob der Empfänger die Informationen infolge der Kenntnisnahme tatsächlich selbst verwendet oder an Dritte weiterleitet.575 2. Zeitpunkt der Vollendung Umstritten ist allerdings in der Literatur, wann von einer Vollendung der Mitteilung gesprochen werden kann. Der Streit dreht sich im Wesentlichen um die Frage, ob die Mitteilung bereits bei Zugang des entsprechenden Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses beim Empfänger (vgl. § 130 Abs. 1 BGB) und der hieraus resultierenden Möglichkeit ihrer Kenntnisnahme vollendet ist oder ob eine Kenntnisnahme durch den Empfänger erfolgen muss. a) Kenntnisnahme notwendig Zum Teil wird in dieser Hinsicht die Ansicht vertreten, der Empfänger müsse das jeweilige Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis tatsächlich zur Kenntnis genommen haben, um von der Vollendung des Mitteilungsvorgangs im Sinne des § 17 Abs. 1 UWG ausgehen zu können.576 Begründet 573 Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 10; Kiethe / Hohmann, NStZ 2006, 185 (188); Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 19; Otto, wistra 1988, 125 (127); Többens, WRP 2005, 552 (558). 574 Aldoney, S. 108; Arians, S. 307 (356); Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 42; Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 22; Ebert-Weidenfeller, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 3 Kap. 3 Rn. 74; Föbus, S. 130; 131, 135; Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 10; Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 48; Kiethe / Hohmann, NStZ 2006, 185 (188); Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 30, 31; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 19; Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 15; Krüger, S. 70; von Pelchrzim, CCZ 2009, 25 (27). 575 Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 22; Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 10. 576 Aldoney, S. 108; Többens, NStZ 2000, 505 (508); widersprüchlich insofern Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17, der in Rn. 19 für die Mitteilung die
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
wird diese Auffassung damit, dass der tatbestandliche Erfolg des Unternehmensgeheimnisschutzes im Informationsfluss hin zu einer zuvor unwissenden Person und damit letztlich in einer Kenntnisnahme durch diese zu sehen sei.577 Des Weiteren verbliebe aus systematischer Sicht für die Versuchsstrafbarkeit gemäß § 17 Abs. 3 UWG kaum noch ein Anwendungsbereich, wenn man die Vollendung des Tatbestands auf den Zeitpunkt des Zugangs der Geheimnisse beim Empfänger und der Möglichkeit der Kenntnisnahme vorverlagerte.578 Teleologisch lasse sich schließlich einwenden, dass für das durch § 17 Abs. 1 UWG geschützte Rechtsgut durch die bloße Mitteilungshandlung bei fehlender Kenntnisnahme durch den Empfänger keinerlei Gefahren entstünden.579 b) Zugang und Möglichkeit der Kenntnisnahme ausreichend Nach anderer Ansicht sollen hingegen bereits der Zugang des Geschäftsoder Betriebsgeheimnisses beim Empfänger (vgl. § 130 Abs. 1 BGB) und die hieraus resultierende Möglichkeit der Kenntnisnahme zur Vollendung des Tatbestands führen.580 Hierfür wird insbesondere geltend gemacht, dass es sich bei § 17 Abs. 1 UWG um ein Tätigkeitsdelikt handle, das gerade nicht den Eintritt eines Erfolgs voraussetze und damit auch nicht die Kenntnisnahme durch den Empfänger für die Vollendung des Tatbestands erforderlich mache.581
Kenntniserlangung durch den Dritten voraussetzt, in Rn. 28 demgegenüber von der Vollendung der Tat jedoch bereits bei Zugang des Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses ausgeht, ohne die tatsächliche Kenntnisnahme vorauszusetzen; ebenso Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 22 (Kenntnisnahme), 55 (Zugang). 577 Aldoney, in: FS Tiedemann, S. 1141 (1151). 578 Aldoney S. 108; Föbus, S. 133; vor Einführung der Versuchsstrafbarkeit wurde der Standpunkt vertreten, dass der Tatbestand gerade wegen der mangelnden Versuchsstrafbarkeit über das Ausreichenlassen des Zugangs des Geheimnisses ausgeweitet werden müsse, vgl. Schmidt, in: Verhandlungen des 36. DJT, S. 101 (167). 579 Föbus, S. 133. 580 Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 31; Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 49, 50; Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 30; Möhrenschläger, in: Wabnitz / Janovsky, Kap. 15 Rn. 13; Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 15; Otto, in: GK-UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 57; ders., wistra 1988, 125 (127); Pfeiffer, in: FS Nirk, S. 861 (871); Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 34. 581 Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 50.
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)157
c) Stellungnahme Im Ergebnis sprechen die besseren Gründe dafür, von der Vollendung des Tatbestands des § 17 Abs. 1 UWG bereits bei Zugang des Empfängers zu den Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen und der damit einhergehenden Möglichkeit der Kenntnisnahme auszugehen. Weder der Wortlaut noch die Historie der Vorschrift geben Grund zu der Annahme, dass eine Vollendung des Tatbestands erst bei Kenntnisnahme durch den Empfänger vorliege.582 Im Gegenteil lässt der Wortlaut des § 17 Abs. 1 UWG vielmehr darauf schließen, dass es sich bei dieser Vorschrift um ein Tätigkeitsdelikt handelt, das nicht den Eintritt eines tatsächlichen Erfolges im Sinne der Kenntnisnahme voraussetzt583, sondern bereits das Mitteilen des Geschäftsoder Betriebsgeheimnisses und die Schaffung der Möglichkeit der Kenntnisnahme unter Strafe stellt. Weiterhin kann auch aus systematischer Sicht für das Ausreichenlassen der Ermöglichung der Kenntnisnahme anführt werden, dass auch im Rahmen des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG und dem dort unter Strafe gestellten Verwerten von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen nicht der tatsächliche Eintritt eines bestimmten Erfolgs in Form eines vermögensrechtlichen Gewinns für die Vollendung des Tatbestands voraussetzt wird, sondern die Vornahme einer auf Gewinn abzielenden Handlung zur Verwirklichung des Tatbestands als ausreichend erachtet wird.584 Wenn die Gegenaufassung systematisch für die Notwendigkeit der Kenntnisnahme des Empfängers anführt, für die Versuchsstrafbarkeit gemäß § 17 Abs. 3 UWG verbliebe anderenfalls kein Anwendungsbereich, so vermag dies nicht zu überzeugen, da diese jedenfalls dann einschlägig sein dürfte, wenn der Empfänger die mitgeteilten Informationen bereits kannte.585 Aus teleologischer Sicht könnte man schließlich zwar zunächst vermuten, dass eine Kenntnisnahme durch den Empfänger für die Vollendung des § 17 Abs. 1 UWG notwendig sei, da der Geheimbereich des Unternehmens und das – sekundär geschützte – Interesse der Allgemeinheit an der Unverfälschtheit des Wettbewerbs als die durch § 17 Abs. 1 UWG geschützte Rechtsgüter durch den bloßen Zugang der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse beim 582 Föbus,
S. 133. vgl. zu § 14 WpHG Gimnich, S. 149; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 14 WpHG Rn. 10. 584 Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 50: „[…] wobei es aber nicht darauf ankommt, dass ein Gewinn tatsächlich erzielt wird“; vgl. zum Charakter der Verwertungsvariante als Tätigkeitsdelikt auch zu § 85 GmbHG Dannecker, in: Michalski, GmbHG, § 85 Rn. 14; Wißmann, in: MüKo GmbHG, Bd. 3, § 85 Rn. 11; argumentativ vgl. zu § 14 WpHG Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 122. 585 Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 10; vgl. Teil 2, A. V. 3. 583 A. A.
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Empfänger und der damit einhergehenden Möglichkeit der Kenntnisnahme noch nicht beeinträchtigt werden. Vielmehr führt erst deren tatsächliche Kenntnisnahme zu einer Einbuße des Geheimnisträgers und einer Verletzung der geschützten Rechtsgüter.586 Allerdings handelt es sich bei § 17 Abs. 1 UWG nicht um ein Verletzungsdelikt, sondern um ein abstraktes Gefährdungsdelikt587, das bereits die Schaffung einer Gefahr im Hinblick auf die durch sie geschützten Rechtsgüter sanktioniert.588 Eine solche liegt für den Geheimbereich des Unternehmens und das – sekundär geschützte – Interesse der Allgemeinheit an der Unverfälschtheit des Wettbewerbs allerdings schon dann vor, wenn Dritten Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse unbefugterweise zugänglich sind und die Möglichkeit der Kenntnisnahme besteht, ohne dass es zu deren Kenntnisnahme tatsächlich gekommen sein muss.589 Daneben erscheint es auch unter dem Blickwinkel eines möglichst umfassenden Geheimnisschutzes zielführend, das bloße Mitteilen des Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses und die Ermöglichung der Kenntnisnahme als ausreichend zu erachten, da der Täter hierdurch bereits alles seinerseits Erforderliche getan hat, „die Aufnahme der Information in einer vom [ihm] nicht mehr zu beeinflussenden Weise ausschließlich in der Sphäre des Empfängers liegt und dadurch der Punkt einer als endgültige Preisgabe anzusehenden Geheimnisverletzung erreicht ist“.590 Die Vollendung des § 17 Abs. 1 UWG tritt damit bereits mit der unbefugten Mitteilung des Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses und Ermöglichung der Kenntnisnahme ein. 3. Notwendigkeit der Neuheit der Information Daneben stellt sich im Rahmen des Merkmals des Mitteilens weiterhin die Frage, ob das jeweilige Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis dem Empfänger bislang noch nicht bekannt gewesen sein darf, um von einer tatbestandsmäßigen Handlung ausgehen zu können. Während dies in vergleichbaren Vorschriften wie § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG kontrovers diskutiert wird591, scheint im Rahmen des § 17 Abs. 1 UWG insoweit unbestritten zu sein, dass eine tatbestandsmäßige Mitteilungshandlung nur bei Neuheit der Information für den Empfänger beziehungsweise nicht sicherer Bekanntheit 586 Föbus,
S. 133. S. 80; Wawrzinek, S. 86. 588 Vgl. zu § 333 HGB Waßmer, in: MüKo BilanzR, Bd. 2, § 333 HGB Rn. 4. 589 Ähnlich zu § 14 WpHG Lücker, S. 105, 106; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 122. 590 Vgl. zu § 404 AktG Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 66; andeutend im Rahmen des § 17 UWG Föbus, S. 133. 591 Vgl. Teil 2, C. IV. 3. 587 Krüger,
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)159
angenommen werden kann, wobei dies jedoch nicht argumentativ untermauert wird.592 In Anbetracht der vorausgehenden Erörterungen zur Frage der Vollendung der Mitteilungshandlung könnte man sich allerdings auf den ersten Blick zu der Annahme verleiten lassen, dass die Frage der Bekanntheit des Geschäftsoder Betriebsgeheimnisses seitens des Empfängers im Gegensatz zur Ansicht der herrschenden Meinung nicht für das Vorliegen einer tatbestandsmäßigen Handlung ausschlaggebend sein dürfte. Denn lässt man bereits den Zugang zu dem Geheimnis und die Möglichkeit der Kenntnisnahme im Hinblick auf die Vollendung des Tatbestands ausreichen, ohne dass es tatsächlich zur Kenntnisnahme gekommen sein muss, so drängt sich insoweit die Frage auf, warum dann aber die bisherige Unbekanntheit der Informationen seitens des Empfängers zu fordern sein soll. Auch hinge die Tatbestandsmäßigkeit der Mitteilung letztlich vom Zufall ab, wenn man die Unbekanntheit der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse als eine Art ungeschriebene Einschränkung der tatbestandsmäßigen Handlung erachtete.593 Weiterhin könnte man bereits vor dem Hintergrund des Charakters des § 17 Abs. 1 UWG als abstraktes Gefährdungsdelikt bezweifeln, dass die durch die Vorschrift geschützten Rechtsgüter nicht zumindest abstrakt und unabhängig davon gefährdet werden, ob der Empfänger die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse bereits kannte.594 Schließlich ließe sich auch dem Umstand, dass im Einzelfall eine konkrete Gefährdung auf Grund der Bekannteit der Geheimnisse ausgeblieben ist, hinreichend durch das prozessuale Mittel der Einstellung wegen geringer beziehungsweise nicht schwerer Schuld nach §§ 153, 153a StPO Rechnung tragen, ohne dass durch das ungeschriebene Merkmal der Unbekanntheit materiell-rechtlich ein Bagatellprinzip eingeführt werden müsste.595 Im Ergebnis vermögen diese Argumente jedoch nicht zu überzeugen, sodass mit der herrschenden Meinung die Unbekanntheit der Geschäfts- und 592 Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 43; Föbus, S. 138; Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 10; Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 30; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 19. 593 Vgl. zu § 14 WpHG Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 195. 594 Umkehrschluss zu Föbus, S. 132, der die Neuheit der Information als erforderlich erachtet, wenn man § 17 Abs. 1 UWG als Erfolgsdelikt klassifiziert, ähnlich zu § 14 WpHG vgl. Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 124. 595 Ähnlich zu § 14 WpHG vgl. Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 124; zum Gedanken des Geringfügigkeitsprinzips im WpHG vgl. Vogel, in: Assmann / Schneider, WpHG, Vor § 38 Rn. 20; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 5; allgemein zum materiell-rechtlichen Geringfügigkeitsprinzip vgl. Freund, in: MüKo StGB, Bd. 1, Vorbe. §§ 13 ff. Rn. 208, 209, 210; Lackner, in: Lackner / Kühl, Vorbe. § 32–§ 35 StGB Rn. 29; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, StGB, Vorbe. §§ 13 ff. Rn. 70a.
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Betriebsgeheimnisse als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal zu fordern ist. Zunächst erscheint die Feststellung, die Tatbestandsmäßigkeit der Mitteilung im Sinne des § 17 Abs. 1 UWG werde letztlich oftmals vom Zufall abhängen, als Argument gegen das Erfordernis der Unbekanntheit der Informationen untauglich, da auch in anderen Straftatbeständen die Tatbestandsmäßigkeit eines Verhaltens oftmals von Faktoren abhängt, die außerhalb der Einflusssphäre des Täters liegen.596 Zutreffend ist zwar, dass man diejenigen Fälle, in denen dem Empfänger die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse bereits bekannt waren, auch auf prozessualem Wege über §§ 153, 153a StPO lösen könnte. Allerdings findet der Gedanke des „Bagatellunrechts“ auch in anderen Vorschriften wie beispielsweise § 223 Abs. 1 StGB auf materiellrechtlicher Ebene Berücksichtigung und erscheint insofern auch notwendig, um „die massive Rechtsfolge der Bestrafung“ legitimieren zu können597, sodass auch dieser Aspekt nicht gegen das Erfordernis der Unbekanntheit der Geheimnisse seitens des Empfängers angeführt werden kann. Entscheidend spricht schließlich für die Relevanz der Frage, ob die Informationen dem Adressaten zum Zeitpunkt der Mitteilung bereits bekannt waren, dass § 17 Abs. 1 UWG zwar ein abstraktes Gefährdungsdelikt darstellt, die Mitteilung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen, die dem Adressaten bereits bekannt sind, jedoch auf Grund des mangelnden Novitätswerts nicht einmal abstrakt eine Gefahr für den Geheimbereich des Unternehmens und das – sekundär geschützte – Interesse der Allgemeinheit an der Unverfälschtheit des Wettbewerbs begründet, sodass teleologisch betrachtet von einer Verwirklichung des Tatbestands nicht gesprochen werden kann.598 Daher erscheint im Ergebnis ein tatbestandsmäßiges Verhalten im Sinne des § 17 Abs. 1 UWG nur dann annehmbar, wenn das Geheimnis dem Empfänger bislang noch nicht bekannt war. 4. Das Bereitstellen der Geheimnisse als Mitteilen an jemand Im Kontext der Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse wird dem potenziellen Erwerber des Aktienpakets der Zugang zu diesen Informationen eingeräumt und hierdurch die Kenntnisnahme ermöglicht. In Anbetracht der Tatsache, dass dieser in der Regel gerade an die Aktiengesellschaft herantritt, um die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der hierfür 596 Vgl. zu § 14 WpHG Gimnich, S. 149; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 44. 597 Freund, in: MüKo StGB, Bd. 1, Vorbe. §§ 13 ff. Rn. 210. 598 Vgl. zu § 404 AktG Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 53.
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erforderlichen Informationen zu erbitten, da er sich nur so über die Stärken und Schwächen der Gesellschaft hinreichend informieren, die Chancen und Risiken der geplanten Investition kalkulieren und eine vernünftige Ausgangsposition für die weiteren Vertragsverhandlungen mit dem veräußerungswilligen Aktionär erlangen kann, ist davon auszugehen, dass er die Möglichkeit der Einsicht auch tatsächlich nutzen und sich zumindest von einem Großteil der Gesellschaftsgeheimnisse Kenntnis verschaffen wird, sodass durch die Bereitstellung auch der bisherige Kreis derjenigen Personen, die Kenntnis von diesen Geheimnissen haben, erweitert wird. Zudem dürfte es sich bei den bereitgestellten Gesellschaftsgeheimnissen zumindest zu einem Großteil auch gerade um solche Informationen handeln, die dem potenziellen Erwerber bislang unbekannt oder zumindest nicht sicher bekannt sind. Das Bereitstellen von Gesellschaftsgeheimnissen im Zusammenhang mit der Durchführung einer Due Diligence kann daher als Mitteilen an jemand im Sinne des § 17 Abs. 1 UWG qualifiziert werden.
VI. Während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses Zudem muss die Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zwecks Durchführung der Due Diligence während der Geltungsdauer der Dienstverhältnisse der Vorstandsmitglieder erfolgt sein. 1. Eigenständige Bedeutung des Merkmals Zum Teil wird der Standpunkt vertreten, das Merkmal entbehre einer eigenständigen Bedeutung, da bereits das Merkmal „im Rahmen des Dienstverhältnisses anvertraut oder zugänglich geworden“ zeitlich an das Bestehen eines Dienstverhältnisses anknüpfe. Diese Ansicht verkennt jedoch, dass zwei unterschiedliche Kontexte betroffen sind: zum einen die Erlangung der Information durch den Beschäftigten, zum anderen die Weitergabe durch den Beschäftigten. Da diese beiden Zeiträume auseinanderfallen können und damit eine Prüfung des Bestands des Dienstverhältnisses zu beiden Zeitpunkten notwendig ist, kommt dem Merkmal der Mitteilung „während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses“ auch eine eigenständige Bedeutung zu.599
599 Vgl.
zum Ganzen Föbus, S. 129.
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2. Auslegung des Merkmals Grund für die von Teilen der Literatur kritisierte600 Verkürzung des Tatzeitraums auf die Geltungsdauer des Dienstverhältnisses ist die Absicht, dem aus Art. 12 Abs. 1 GG resultierenden Recht des Beschäftigten auf freie Berufsausübung gerecht zu werden, dessen berufliche Entwicklung mitunter von der Möglichkeit der Nutzbarmachung seiner erworbenen Kenntnisse abhängt.601 Ihm soll grundsätzlich gestattet sein, die erlangten Fertigkeiten und Erfahrungen auch nach einem Wechsel seines Arbeitsplatzes im Rahmen einer neuen Tätigkeit zu gebrauchen.602 Ob die Mitteilung an Dritte während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses erfolgt, ist eine Frage des rechtlichen Bestands des Dienstverhältnisses zum Zeitpunkt der Weitergabe.603 Auch das Vorliegen eines fehlerhaften und faktischen Dienstverhält600 Otto, wistra 1988, 125 (125); zum Teil wurde gefordert, § 17 Abs. 1 UWG müsse trotz des eindeutigen Wortlautes mittels Auslegung auch für den Zeitraum nach Fortfall des Dienstverhältnisses Anwendung finden; vgl. die Ausführungen bei Arians, S. 307 (355 ff.); Wawrzinek, S. 176 ff. Hierin wäre jedoch eine verbotene Analogie zu Lasten des Beschäftigten im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG zu sehen; Schmidt, in: Verhandlungen des 36. DJT, S. 101 (140 ff., 172) weist darauf hin, dass der Geheimnisverrat auch nach Ende des rechtlichen Bestands des Arbeitsverhältnisses hätte in § 17 Abs. 1 UWG vorgesehen sein können, ohne dass der Arbeitnehmer dadurch in erheblicher Weise beeinträchtigt worden wäre, wenn man klarer herausgestellt hätte, dass Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse nicht mit Fähigkeiten und Fertigkeiten des Arbeitnehmers gleichzustellen sind. 601 Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 44; Dannecker, BB 1987, 1614 (1615); Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 34; Harte-Bavendamm, in: Gloy / Loschelder / Erdmann, WettbewerbsR, § 77 Rn. 1; Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, 2010, § 17 UWG Rn. 6; Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 37. 602 BGH NJW 1955, 463 (463); BGH NJW 1984, 239 (240); Reichstag, Anl. Bd. I, Nr. 35, Aktenstück Nr. 35 (3.12.1895), Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs, S. 98 (108); Aldoney, S. 112; Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 44; Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 27; Ebert-Weidenfeller, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 3 Kap. 3 Rn. 75; Föbus, S. 128; Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 34; Krüger, S. 52; Pfeiffer, in: FS Nirk, S. 861 (873, 874); Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 37; Többens, WRP 2005, 552 (558). 603 BGH NJW 1955, 463 (463); Aldoney, S. 113; Arians S. 307 (355); Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 27; Dittrich, in: Müller-Gugenberger / Bienek, WStR, § 33 Rn. 56; Föbus, S. 128; Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 36; Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 12; ders., in: Gloy / Loschelder / Erdmann, WettbewerbsR, § 77 Rn. 20; Janssen / Maluga, MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 53; Kiethe / Hohmann, NStZ 2006, 185 (188); Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 33; Krüger, S. 53; Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 16; Otto, wistra 1988, 125 (127); Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 38; Többens, WRP 2005, 552 (558); Wawrzinek, S. 174.
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nisses reicht auf Grund der einem fehlerfreien Dienstverhältnis entsprechenden Behandlung604 grundsätzlich aus, sofern diese nicht durch einseitige Erklärung beendet wurde.605 Eine über die rechtliche Beendigung des Dienstverhältnisses hinaus bestehende strafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschäftigten beispielsweise aus einer vertraglichen Geheimhaltungspflicht kann hingegen auf Grund des Wortlaut des § 17 Abs. 1 UWG nicht angenommen werden, da anderenfalls die für die strafrechtliche Beurteilung besonders notwendige Klarheit, Bestimmtheit und Abgrenzbarkeit des gesetzlichen Tatbestandes nicht mehr gewährleistet ist.606 Zudem verlängert eine sich auf die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses beziehende vertragliche Verschwiegenheitspflicht auch nicht die Geltungsdauer des Dienstverhältnisses, sondern schafft lediglich eine neue vertragliche Verpflichtung, die neben das neue Dienstverhältnis zu einem anderen Unternehmen tritt.607 Sie ist folglich nach unumstritterner Ansicht nicht geeignet, strafrechtliche Folgewirkungen zu entfalten.608 3. Das Bereitstellen als Mitteilen während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses In Anbetracht der Tatsache, dass weder der veräußerungswillige Aktionär noch der potenzielle Erwerber über einen eigenständigen Zugang zu den zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Informationen verfügen, werden diese an die Aktiengesellschaft herantreten, um die Bereitstellung der notwendigen Informationen zu erbitten. Zuständig für die Ge604 BAG NJW 1958, 397 (398); BAG NZA 2000, 385 (387); BAG NZA 2007, 1422 (1424). 605 Föbus, S. 128; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 22. 606 BGH NJW 1955, 463 (463). 607 Aldoney, S. 113; Ebert-Weidenfeller, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 3 Kap. 3 Rn. 75; Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 12; ders., in: Gloy / Loschelder / Erdmann, WettbewerbsR, § 77 Rn. 20; vgl. zu früheren Tendenzen in der Literatur Arians S. 307 (354, 355); Krüger, S. 53. 608 RG GRUR 1939, 706 (708); Aldoney, S. 113; Arians S. 307 (354); Brammsen, in: MüKo UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 45; Dannecker, BB 1987, 1614 (1615); Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 27; Föbus, S. 129; Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 12; Janssen / Maluga, MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 54; Koehler / Hasselblatt, in: Götting / Nordemann, UWG, § 17 Rn. 33; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 22; Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 16; Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 38; Schmidt, in: Verhandlungen des 36. DJT, S. 101 (172); sogar die zivilrechtliche Rechtsprechung fühlte sich an diese Wertung gebunden und ließ nur ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt des Sittenverstoßes einen Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nach Ende des Arbeitsverhältnisses zu, vgl. BGH GRUR 2002, 91 (92).
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stattung der Due Diligence und die Entscheidung über die Bereitstellung der Informationen sind ausschließlich die zum Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen amtierenden und mit der Gesellschaft zugleich in einem Anstellungsverhältnis stehenden Vorstandsmitglieder in ihrer Gesamtheit als Vorstand, da diese zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft nach § 77 Abs. 1 AktG berufen sind.609 Da das Stocken der Vertragsverhandlungen zwischen den Parteien der geplanten Pakettransaktion nachteilhafte Auswirkungen auf den Börsenwert und den Kurs der Aktie der Aktiengesellschaft haben kann, wird diese in der Regel ein Interesse an der zügigen Abwicklung der Transaktion haben610, sodass der Vorstand möglichst zeitnah nach Eingang des Gesuchs des veräusserungswilligen Aktionärs oder des potenziellen Erwerbers über die Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse entscheiden und diese gegebenenfalls auch zur Verfügung stellen wird. Daher erfolgt die Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse im Ergebnis in aller Regel während der Geltungsdauer der Dienstverhältnisse der Vorstandsmitglieder im Sinne des § 17 Abs. 1 UWG.
VII. Unbefugt Schließlich muss das Bereitstellen der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zu Zwecken der Durchführung der Due Diligence unbefugt erfolgen, um von einer Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 17 Abs. 1 UWG ausgehen zu können. Wie auch in einigen anderen strafrechtlichen Vorschriften611 ist allerdings auch im Rahmen des § 17 Abs. 1 UWG umstritten, welche dogmatische Bedeutung diesem Merkmal innerhalb der Vorschrift zukommt. 1. Das Merkmal der Befugnis als normatives Tatbestandsmerkmal Zum Teil wird in der Literatur die Ansicht vertreten, das Merkmal der Befugnis stelle ein normatives Tatbestandsmerkmal dar.612 Begründet wird diese Ansicht zunächst anhand des Wortlauts und der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Da sich die Notwendigkeit der Prüfung des Vorliegens von Rechtfertigungsgründen bereits aus allgemeinen Grundsätzen ergebe, hätte 609 Vgl.
Teil 2, A. II. 1. c) aa) (1). Teil 2, A. VIII. 5. g). 611 Vgl. insofern nur im Kontext des Geheimnisverrats §§ 404 Abs. 1 AktG, § 85 Abs. 1 GmbhG, § 333 HGB, § 203 Abs. 1, 2 StGB oder § 353b StGB. 612 Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 51, 52. 610 Vgl.
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)165
es hierzu des Tatbestandsmerkmals der Befugnis nicht bedurft.613 Des Weiteren lasse sich aus systematischer Sicht anführen, dass das Merkmal der Befugnis auch im Rahmen des § 17 Abs. 2 UWG ein normatives Tatbestandsmerkmal darstelle.614 Diese Einordnung sei ihrerseits jedenfalls als unstreitig zu erachten. Denn einerseits führte der Gesetzgeber selbst in den Gesetzesmaterialien zu § 17 Abs. 2 UWG a. F. aus, dass sich derjenige unbefugt ein Geheimnis verschafft, der „gegen oder ohne den Willen des Geheimnisträgers“ handelt, was dahingehend interpretiert werden müsse, dass nur ein Handeln gegen oder ohne den Willen des Geheimnisträgers tatbestandsmäßig sei.615 Andererseits ergebe sich diese Einordnung auch aus einer Zusammenschau des § 17 Abs. 2 UWG mit § 263a Abs. 1 StGB. Dies deshalb, da beide Vorschriften vergleichbare Schutzgegenstände aufwiesen, durch eine – mit Blick auf das Zweite Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität – gemeinsame Historie verbunden seien und jedenfalls in § 263a Abs. 1 StGB das Merkmal der Befugnis unzweifelhaft als normatives Tatbestandsmerkmal zu erachten sei616, sodass dies auch für das gleichlautende Merkmal in § 17 Abs. 2 UWG gelten müsse.617 Und schließlich bestehe auch eine Vergleichbarkeit des § 17 Abs. 2 UWG zu den Vorschriften der §§ 242, 246, 253, 249, 263 StGB, bei denen das Merkmal der Rechtswidrigkeit im Sinne der „Rechtswidrigkeit der Zueignung“, der „Absicht einer rechtswidrigen Zueignung“ oder der „Absicht der Verschaffung eines rechtswidrigen Vermögensvorteils“ als Tatbestandsmerkmal klassifiziert werde, was ebenso für die Einordnung des Merkmals der Befugnis auf Tatbestandsebene spreche.618 Da das Merkmal der Befugnis im Rahmen des § 17 Abs. 2 UWG folglich unstreitig als normatives Tatbestandsmerkmal zu qualifizieren sei, müsse dies auch für das gleichlautende Merkmal in § 17 613 Janssen / Maluga,
in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 52. dieser Hinsicht erweist sich die Kommentierung von Janssen / Maluga im Gegensatz zu der hier gewählten Darstellung der Auffassung als ungenau, da sie die in den nachfolgenden Fußnoten zitierten Urteile direkt auf § 17 Abs. 1 UWG beziehen, obwohl sich diese eigentlich primär mit § 17 Abs. 2 UWG befassen. 615 BT-Drucks. 8 / 2145, S. 27, 28; BT-Drucks. 9 / 1707, S. 30; vgl. Wawrzinek, S. 168. 616 Lackner, in: Lackner / Kühl, StGB, § 263a Rn. 24; Perron, in: Schönke / Schröder, StGB, § 263a Rn. 27; Neumann, JuS 1990, 535 (536); Wohlers, in: MüKo StGB, Bd. 5, § 263a Rn. 64. 617 BayObLG GRUR 1991, 694 (697); in der Entscheidung ging es allerdings eigentlich um die Frage der inhaltlichen Ausgestaltung des Merkmals der Befugnis in § 263a Abs. 1 StGB. 618 BayObLG GRUR 1988, 634 (634); in der Entscheidung ging es um die Frage, ob eine Befugnis zum sich Verschaffen von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen im Sinne des § 17 Abs. 2 UWG beziehungsweise zur Mitteilung im Sinne des § 17 Abs. 1 UWG angenommen werden kann, wenn der Empfänger einen zivilrechtlichen Anspruch auf Überlassung hat. 614 In
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
Abs. 1 UWG gelten, da dem Gesetzgeber eine unterschiedliche Einordnung ein- und desselben Merkmals innerhalb einer Vorschrift nicht unterstellt werden könne. 2. Das Merkmal der Befugnis als Blankettbegriff Andere Stimmen in der Literatur vertreten demgegenüber den Standpunkt, das Merkmal der Befugnis stelle einen Blankettbegriff dar. Dieser verweise einerseits auf das Fehlen eines tatbestandsausschließenden Einverständnisses, daneben aber auch auf die Rechtswidrigkeit und sogar auf die Schuld als allgemeine Verbrechensmerkmale.619 Für diese Auffassung wird geltend gemacht, dass es der Rechtsprechung überlassen bleiben müsse, festzustellen, aus welchen Gründen im jeweiligen Fall die Straflosigkeit eintrete, sodass eine Zuordnung des Merkmals zur jeweiligen Deliktsebene der tatrichterlichen Würdigung des konkreten Sachverhalts unterliege.620 Daneben wird dem Merkmal zum Teil aber auch „lediglich“ eine Doppelfunktion insofern zugeschrieben, als dass es sowohl auf das Fehlen eines tatbestandsausschließenden Einverständnisses als auch auf das Deliktsmerkmal der Rechtswidrigkeit verweise.621 3. Das Merkmal der Befugnis als Hinweis auf das Merkmal der Rechtswidrigkeit Schlussendlich deutet die derzeit herrschende Lehre das Merkmal der Befugnis als bloßen Hinweis auf das allgemeine Deliktsmerkmal der Rechtswidrigkeit.622 Begründet wird diese Ansicht insbesondere damit, dass das Mitteilen von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen bereits an sich „so619 Arians,
S. 307 (358). S. 307 (358). 621 Aldoney, S. 110, 111. 622 Brammsen, in: MüKo, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 55; Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 23; Dittrich, in: Müller-Gugenberger / Bienek, WStR, § 33 Rn. 57; Ebert-Weidenfeller, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 3 Kap. 3 Rn. 74; Föbus, S. 137; Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 64, 69; Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 11; ders., in: Gloy / Loschelder / Erdmann, WettbewerbsR, § 77 Rn. 22; Kiethe / Hohmann, NStZ 2006, 185 (188); Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 21; Krüger, S. 71, 72; Liekefett, S. 169, 197; McGuire / Joachim / Künzel / Weber, GRUR Int. 2010, 829 (831); Noak, wistra 2006, 245 (247); Otto, in: GK-UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 36; ders., wistra 1988, 125 (126, 127); Pfeiffer, in: FS Nirk, S. 861 (872); Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 45; Többens, NStZ 2000, 506 (507); von Pelchzrim, CCZ 2009, 25 (27); Wawrzinek, S. 169; Wittig, WStR, § 33 Rn. 52. 620 Arians,
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)167
zialinadäquat“, weil weder typisch, sozialüblich noch wertneutral sei, sodass das Merkmal der Befugnis auf Tatbestandsebene keine eigenständige Bedeutung mehr erlangen könne. Dies wiederum ergebe sich zum einen daraus, dass (heutzutage) jedem Dienstverhältnis eine Verschwiegenheitspflicht des Beschäftigten inhärent sei.623 Zum anderen bestehe grundsätzlich immer ein erhöhtes Risiko, dass die Mitteilung von Informationen an Dritte zu ihrer Offenkundigkeit führen und sie hierdurch ihren Geheimnischarakter verlören könnten.624 Trete dieser Fall jedoch tatsächlich ein, so entfalle dauerhaft der strafrechtliche Schutz der Informationen, da die Monopolstellung hinsichtlich dieser Information nicht wiederhergestellt werden könne, was demgegenüber bei anderen Delikten wie beispielsweise § 242 StGB, wo sich das Handlungsobjekt – also die fremde, bewegliche Sache – wiederbeschaffen lasse, nicht der Fall sei. Auf Grund dieser „Fragilität“ der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse und dem grundsätzlich bestehenden Wertunterschied zwischen Tatbestand und Rechtswidrigkeit könne das Merkmal der Befugnis nur auf Ebene der Rechtswidrigkeit zu verorten sein.625 4. Stellungnahme a) Bewertung der Positionen Im Kontext der Erörterungen zum Merkmal des Mitteilens der Geschäftsund Betriebsgeheimnisse an jemand wurde festgestellt, dass nur solche Mitteilungshandlungen tatbestandsmäßig sind, die dem Empfänger die Möglichkeit der Kenntnisnahme bislang unbekannter Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse des Geheimnisträgers eröffnen und die damit bereits eine gewisse Sozialinadäquanz aufweisen.626 Zieht man nun als Maßstab zur Beurteilung der Frage, ob das Merkmal der Befugnis ein normatives Tatbestandsmerkmal oder lediglich einen Hinweis auf das allgemeine Deliktsmerkmal der Rechtswidrigkeit darstellt, die von der Literatur entwickelte Formel heran, ob der verbleibende Normtext des § 17 Abs. 1 UWG im Falle der hypothetischen Streichung des Merkmals noch für sich betrachtet ein strafwürdiges Unrecht enthielte627, so dürfte dies auf Grund der beschriebenen Filterfunktion des Merkmals des Mitteilens durchaus zu bejahen sein. Denn 623 BAG NJW 1988, 1686 (1686, 1687); Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 11; Möhrenschläger, in: Wabnitz / Janov sky, Kap. 15 Rn. 13. 624 Wawrzinek, S. 169. 625 Wawrzinek, S. 170. 626 Vgl. Teil 2, A. V. 627 Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, StGB, Vorbe. §§ 13 ff. Rn. 65; Rönnau, in: LK-StGB, Bd. 2, Vor § 32 Rn. 57; Roxin, StrafR, Bd. 1, § 10 Rn. 30.
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so gesehen beschreibt der Tatbestand auch ohne das Merkmal der Befugnis bereits solche Verhaltensweisen, die eine gewisse Gefährlichkeit für die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse des Geheimnisträgers und damit für dessen durch § 17 Abs. 1 UWG geschützten Geheimbereich aufweisen. Weiterhin vermögen aber auch die gegen die Einordnung des Merkmals der Befugnis als Hinweis auf das allgemeine Deliktsmerkmal der Rechtswidrigkeit und für die Betrachtung als normatives Tatbestandsmerkal geltend gemachten Einwände nicht zu überzeugen. Wenn insofern angeführt wird, dass es des Merkmals der Befugnis als allgemeines Kennzeichen der Rechtswidrigkeit nicht bedurft hätte, weil sich die Notwendigkeit der Prüfung des Vorliegens von Rechtfertigungsgründen bereits aus allgemeinen Grundsätzen ergebe, so ist diese Aussage zwar im Kern richtig. Gleichwohl steht es dem Gesetzgeber allerdings offen, bei gegebenem Anlass ausdrücklich auf die Möglichkeit des Eingreifens von Rechtfertigungsgründen hinzuweisen628, etwa weil er der Einschätzung unterliegt, dass hinsichtlich der jeweiligen tatbestandsmäßigen Handlung Rechtfertigungsgründe besonders häufig in Betracht kommen.629 Auch der systematische Vergleich zu § 17 Abs. 2 UWG und der dortigen Einordnung des Merkmals der Befugnis vermag nicht zu überzeugen. Denn auch dort ist die Einordnung letztlich umstritten und keinesfalls durch ein unantastbares Maß an Einstimmigkeit geprägt. Wenn dort für die Einordnung als normatives Tatbestandsmerkmal angeführt wird, dass es sich bei § 17 Abs. 2 UWG um ein Vermögensverschiebungsdelikt und damit um eine Vorschrift zum Schutz des Vermögens handle und deshalb das Merkmal der Befugnis genauso wie in anderen Vermögensdelikten eingeordnet werden müsse, so stehen dem erhebliche Bedenken entgegen. Dies deshalb, da die Vorschrift ebenso wie § 17 Abs. 1 UWG letztlich nicht das Vermögen des Geheimnisträgers, sondern vielmehr dessen Geheimbereich als eigenständiges Rechtsgut und als Ausfluss des Rechts am Unternehmen schützt und es auch nicht zu einer Verschiebung von Vermögen, sondern „lediglich“ zu einem Verlust der Monopolstellung hinsichtlich der jeweiligen Informationen unter gleichzeitigem Erhalt der Verfügbarkeit dieser Informationen kommt.630 628 Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, StGB, Vorbe. §§ 13 ff. Rn. 65; Rönnau, in: LK-StGB, Bd. 2, Vor § 32 Rn. 57; Roxin, StrafR, Bd. 1, § 10 Rn. 30. 629 Vgl. Hoyer, in: SK-StGB, Bd. 4, Vorbe. §§ 201 ff. Rn. 13; Vorbe. § 203 Rn. 67; Kargl, in: Kindhäuser / Neumann / Paeffgen, StGB, Bd. 2, § 203 Rn. 50; Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 12; Waßmer, in: MüKo BilanzR, Bd. 2, § 333 HGB Rn. 24. 630 Zur Einordnung des Befugnismerkmals in § 17 Abs. 2 UWG als Hinweis auf das allgemeine Deliktsmerkmal der Rechtswidrigkeit Harte-Bavendamm, in: HarteBavendamm / Henning-Bodewig, UWG, § 17 Rn. 25; Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 17 Rn. 21, 36, 43; Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 19, 22; Rengier, in: Fezer, UWG, Bd. 2, § 17 Rn. 45; a. A. Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Straf-
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b) Aufdeckung der eigentlichen Problematik Mögen die vorausgehenden Erwägungen eher für die Klassifikation des Merkmals der Befugnis als Hinweis auf das Deliktsmerkmal der Rechtswidrigkeit sprechen, erscheint die Einordnung dieses Merkmals bei genauerer Betrachtung im Ergebnis jedoch weniger bedeutsam, als es zunächst den Anschein erwecken mag. Im Wesentlichen besteht die Frage um die dogmatische Einordnung dieses Merkmals in § 17 Abs. 1 UWG ebenso wie in vielen anderen Vorschriften des Strafrechts letztlich primär deshalb, weil die bislang herrschende Ansicht in Rechtsprechung und Lehre zwischen dem tatbestandsausschließenden Einverständnis einerseits und der rechtfertigenden Einwilligung andererseits unterscheidet.631 Ersteres soll immer und ausschließlich dann in Betracht kommen, wenn der Tatbestand der Vorschrift bereits ein Handeln gegen oder ohne den Willen des Betroffenen voraussetzt, letztere hingegen in den übrigen Fällen, in denen der Tatbestand ein solches Verhalten nicht erfordert.632 Die Einordnung des Befugnismerkmals hat damit nach dieser Auffassung maßgeblichen Einfluss darauf, ob die Zustimmung des Rechtsgutsinhabers bereits die Tatbestandsmäßigkeit des jeweiligen Verhaltens oder erst dessen Rechtswidrigkeit beseitigt. Im Übrigen bestimmen sich je nach Einordnung als tatbestandsausschließendes Einverständnis oder als rechtfertigende Einwilligung nach herrschender Ansicht auch die Voraussetzungen, die an deren Wirksamkeit zu stellen sind.633 Es muss allerdings bezweifelt werden, ob an dieser traditionellen Unterscheidung überhaupt festgehalten werden kann oder ob nicht vielmehr jede Einwilligung des Rechtsgutsinhabers die Tatbestandsmäßigkeit des Täterverhaltens entfallen lässt.634 rechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 40; Janssen / Maluga, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 17 UWG Rn. 85, 87, 109. 631 Erstmals Geerds, GA 1954, 262 (262 ff.); BGH NJW 1969, 1582 (1583); BGH NJW 1975, 269 (269); BGH NStZ 2004, 204 (205); Baumbach / Weber / Mitsch, StrafR AT, § 17 Rn. 95; Fischer, in: Fischer, StGB, Vor § 32 Rn. 3b; Jescheck / Weigend, StrafR AT, § 34 I 1–3; Lackner, in: Lackner / Kühl, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 10; Lenckner / Sternberg-Lieben, in: Schönke / Schröder, StGB, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 33a; Paeffgen, in: Kindhäuser / Neumann / Paeffgen, StGB, Bd. 2, § 228 Rn. 5; Rosenau, in: SSW-StGB, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 32, 34; Wessels / Beulke Satzger, StrafR AT, Rn. 362. 632 Fischer, in: Fischer, StGB, Vor § 32 Rn. 3b; Jescheck / Weigend, StrafR AT, § 34 I 1; Lenckner / Sternberg-Lieben, in: Schönke / Schröder, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 31, 33; Rosenau, in: SSW-StGB, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 32. 633 Geerds, GA 1954, 262 (266); Rosenau, in: SSW-StGB, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 43; Wessels / Beulke / Satzger, StrafR AT, Rn. 364. 634 Im Kontext des Geheimnisverrats andeutend Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 49; Ohly, in: Ohly / Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 27.
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c) Die Einwilligung als stets tatbestandsausschließende Zustimmung Der herrschenden Auffassung, dass der Zustimmung des Rechtsgutsinhabers in Fällen, in denen der Tatbestand nicht „ausdrücklich“ ein Handeln gegen oder ohne dessen Willen, lediglich rechtfertigende Wirkung zukomme, liegt die Vorstellung zugrunde, dass das Strafrecht Individualrechtsgüter unabhängig vom Willen des Berechtigten als anerkannte abstrakte Werte in ihrer Unversehrtheit schütze, um ihrer Bedeutung als objektive Werte der Gemeinschaft hinreichend Rechnung zu tragen.635 Setze der Tatbestand kein Handeln gegen oder ohne den Willen des Rechtsgutsinhabers voraus, so werde folglich das durch die jeweilige Vorschrift geschützte Rechtsgut auch dann beeinträchtigt und damit eine Werteinbuße bewirkt, wenn die Tat mit Willen des Rechtsgutsinhabers erfolge.636 Die Tatbegehung sei trotz Zustimmung des Rechtsgutsinhabers zunächst einmal strafrechtlich bedeutsam und nicht direkt von vornherein gleichgültig und könne daher allenfalls gerechtfertigt sein.637 Bestätigung finde diese Auffassung auch in § 228 StGB, der als einzige Vorschrift im Strafrecht ausdrücklich die Einwilligung betreffe, da hier die Einwilligung in einen unmittelbaren Bezug zur Rechtswidrigkeit gesetzt werde.638 Gegen diese Ansicht lässt sich allerdings einwenden, dass bereits bezweifelt werden muss, dass der Staat sich überhaupt anmaßen darf, Individualrechtsgüter durch Strafvorschriften völlig unabhängig vom Willen des jeweiligen Rechtsgutsinhabers zu schützen. Zutreffend erscheint es vielmehr, den Individualrechtsgüterschutz primär als Sicherung der eigenverantwortlichen Selbstverwirklichung zu erachten.639 Individualrechtsgüter werden gerade nicht in ihrem abstrakten Bestand, sondern vor allem unter dem Blickwinkel der Verfügungsbefugnis und autonomen Herrschaft hierüber geschützt.640 „Das Rechtsgut und die Verfügungsbefugnis hierüber bilden eine 635 Jescheck / Weigend, StrafR AT, § 34 I 2, 3; Lenckner / Sternberg-Lieben, in: Schönke / Schröder, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 33a; Paeffgen, in: Kindhäuser / Neumann / Paeffgen, StGB, Bd. 2, § 228 Rn. 5; Rosenau, in: SSW-StGB, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 34; Wessels / Beulke / Satzger, StrafR AT, Rn. 363. 636 Baumbach / Weber / Mitsch, StrafR AT, § 17 Rn. 96; Jescheck / Weigend, StrafR AT, § 34 I 1; Rosenau, in: SSW-StGB, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 34; Wessels / Beulke / Satzger, StrafR AT, Rn. 363. 637 Jescheck / Weigend, StrafR AT, § 34 I 3. 638 Jescheck / Weigend, StrafR AT, § 34 I 3; Lenckner / Sternberg-Lieben, in: Schönke / Schröder, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 33a; Paeffgen, in: Kindhäuser / Neumann / Paeffgen, StGB, Bd. 2, § 228 Rn. 5; Rengier, StrafR AT, § 23 Rn. 1; Rosenau, in: SSW-StGB, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 34; Wessels / Beulke / Satzger, StrafR AT, Rn. 363. 639 Roxin, StrafR AT, Bd. 1, § 13 Rn. 12. 640 Roxin, StrafR AT, Bd. 1, § 13 Rn. 12; Rudolphi, in: SK-StGB, Bd. 1, Vorbe. § 1 Rn. 9; Weigend, ZStW 98 (1986), 44 (61); ähnlich Rönnau, Jura 2002, 595 (598).
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Einheit, der Verfügungsgegenstand und die Verfügungsbefugnis sind in ihrem Aufeinanderbezogensein das geschützte Rechtsgut.“641 Dies hat aber zwangsläufig zur Folge, dass eine durch das Täterverhalten vermeintlich bewirkte Rechtsgutsverletzung immer dann zu verneinen ist, wenn der Rechtsgutshaber hierin eingewilligt hat, da dieser hierdurch letztlich seine aus Art. 2 Abs. 1 GG resultierende Handlungsfreiheit wahrnimmt und somit seine autonome Herrschaft über das jeweilige Rechtsgut nicht verletzt wird, sondern vielmehr gerade zur Anwendung gelangt.642 Auch, wenn der jeweilige Tatbestand nicht ausdrücklich ein Handeln gegen oder ohne den Willen des Rechtsgutsinhabers voraussetzt, besteht kein Anlass dazu, der Verbotsnorm zunächst eine selbstständige Erlaubnisnorm in Form der rechtfertigenden Einwilligung gegenüber zu stellen und dieser dann unbedingten Vorrang gegenüber der Verbotsnorm einzuräumen.643 Dies umso mehr, als dass sich die Einwilligung – anders als klassische Rechtfertigungsgründe – nicht durch die Wesensmerkmale der Erforderlichkeit und der Interessenabwägung kennzeichne und damit letztlich einen Fremdkörper im Bereich der Rechtswidrigkeit darstellte.644 Auch dem Wortlaut des § 34 StGB lässt sich entnehmen, dass durch das Verhalten des Täters nicht nur Leben, Leib, Freiheit, Ehre und Eigentum als klassische Rechtsgüter betroffen sein müssen, sondern vielmehr auch ein dahinter stehendes Interesse an der Erhaltung beeinträchtigt werden muss, um von der Tatbestandsmäßigkeit ausgehen zu können.645 Schließlich vermag auch der Einwand, § 228 StGB weise unverkennbar darauf hin, dass die Einwilligung grundsätzlich auf Ebene der Rechtswidrigkeit einzuordnen sei, nicht zu überzeugen. Denn, wenn die Vorschrift von „der rechtswidrigen Tat“ spricht, so ist hiermit gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB lediglich gemeint, dass die Tat den Tatbestand eines Gesetzes verwirklicht.646 § 228 StGB muss also zutreffend dahingehend verstanden werden, „dass eine Körperverletzung mit Einwilligung des Verletzten nur dann tatbestandsmäßig rechtswidrig ist, wenn sie trotz der Einwilligung gegen die guten Sitten verstößt“.647 Folglich verfügt die Einwilligung stets über tatbestandsausschließende Wirkung. In Anbetracht der Tat641 Rudophi, ZStW 86 (1974) 68 (78); bejahend auch Roxin, StrafR AT, Bd. 1, § 13 Rn. 14. 642 Rönnau, Jura 2002, 595 (598); Roxin, StrafR AT, Bd. 1, § 13 Rn. 12, 14; Weigend, ZStW 98 (1986), 44 (61). 643 Hoyer, in: SK-StGB, Bd. 1, Vor § 32 ff. Rn. 30. 644 Hoyer, in: SK-StGB, Bd. 1, Vor § 32 ff. Rn. 31; Roxin, StrafR AT, Bd. 1, § 13 Rn. 22. 645 Schlehofer, in: MüKo StGB, Bd. 1, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 128. 646 Roxin, StrafR AT, Bd. 1, § 13 Rn. 29; Schlehofer, in: MüKo StGB, Bd. 1, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 127. 647 Roxin, StrafR AT, Bd. 1, § 13 Rn. 29.
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sache, dass sich zudem jede schematische Lösung im Hinblick auf die Anforderungen an das tatbestandsausschließende Einverständnis und die vermeintlich rechtfertigende Einwilligung als unangemessen erwiesen hat und die Einwilligung nach der hier vertretenen Auffassung stets auf Tatbestandsebene wirkt, ist zudem davon auszugehen, dass sich die Wirksamkeitsvoraussetzungen der Zustimmung des Rechtsgutsinhabers aus der Struktur des jeweiligen Tatbestands ergeben.648 d) Zwischenergebnis Im Ergebnis lässt sich damit festhalten, dass die besseren Argumente grundsätzlich für die Einordnung des Merkmals der Befugnis als Hinweis auf das allgemeine Deliktsmerkmal der Rechtswidrigkeit sprechen, der Streit aber insoweit maßgeblich an Bedeutung verliert, als dass die Einwilligung des Rechtsgutsinhabers nach vorzugswürdiger Ansicht stets auf Tatbestandsebene Wirkung entfaltet.
VIII. Tatbestandsausschluss durch Einwilligung Nachdem bereits im Rahmen der Erörterungen zum Handlungsobjekt des § 17 Abs. 1 UWG festgestellt wurde, dass es sich bei den zwecks Durchführung einer Due Diligence im Vorfeld der geplanten Pakettransaktion bereitgestellten Informationen zumindest zum Teil um Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse des Unternehmens beziehungsweise der hinter dem Unternehmen stehenden Aktiengesellschaft handelt und mit der Gestattung der Due Diligence und der Bereitstellung der Geheimnisse kein Verzicht auf ihren Geheimnischarakter einhergeht, könnte allerdings eine – nach den vorausgehenden Erörterungen bereits die Tatbestandsmäßigkeit ausschließende – Einwilligung des Geheimnisträgers in die Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse vorliegen, durch die die Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder entfällt. Daher ist im Folgenden der Frage nachzugehen, welche Voraussetzungen an die Einwilligung zu knüpfen sind und wann von der Wirksamkeit einer derartigen Einwilligung ausgegangen werden kann.
648 Für das Einverständnis Lenckner / Sternberg-Lieben, in: Schönke / Schröder, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 32; Maurach / Zipf, StrafR AT, Bd. 1, § 17 Rn. 40; Roxin, StrafR AT, Bd. 1, § 13 Rn. 11; für die Einwilligung Jescheck / Weigend, StrafR AT, § 34 I 2; Roxin, StrafR AT, Bd. 1, § 13 Rn. 11.
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)173
1. Rechtsgutsinhaberschaft Ebenso wie die Bildung des generellen Offenbarungswillens und der Verzicht auf den Geheimnischarakter stellt auch die Einwilligung in die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence benötigten Geschäftsund Betriebsgeheimnisse eine Ausübung der aus Art. 2 Abs. 1 GG resultierenden Dispositionsbefugnis über das durch § 17 Abs. 1 UWG geschützte Rechtsgut dar, sodass grundsätzlich nur der Rechtsgutsinhaber zur Erteilung der Einwilligung berufen ist.649 Wie bereits im Rahmen der Untersuchung des Vorliegens eines Verzichts auf den Geheimnischarakter der Geschäftsund Betriebsgeheimnisse festgestellt wurde, schützt § 17 Abs. 1 UWG primär den Geheimbereich des Unternehmens, sodass in der vorliegend zu untersuchenden Fallkonstellation die Aktiengesellschaft als Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit als Rechtsgutsinhaber zu qualifizieren ist. Ihre Dispositionsbefugnis wird nicht durch das gleichzeitig durch § 17 Abs. 1 UWG geschützte Interesse der Allgemeinheit an der Unverfälschtheit des Wettbewerbs beeinträchtigt, da dieses lediglich sekundär geschützt und durch das Individualrechtsgut determiniert wird. Denn verzichtet die Aktiengesellschaft auf den strafrechtlichen Schutz ihres Geheimbereichs, so liegt gleichzeitig auch keine Beeinträchtigung des Interesses der Allgemeinheit an der Unverfälschtheit des Wettbewerbs vor, da die Mitteilung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse in lauterer Weise erfolgt.650 2. Ausübung der Dispositionsbefugnis zugunsten der Aktiengesellschaft Da die Aktiengesellschaft als Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit zwar rechtsfähig, nicht hingegen handlungsfähig und eigenständig zur Bildung eines Willens fähig ist, bedarf sie ihrer Organe, die für sie die Dispositionsbefugnis ausüben. a) Das zuständige Organ Im Rahmen der Erörterungen zum möglichen Vorliegen eines generellen Offenbarungswillens im Hinblick auf die zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse wurde festgestellt, dass weder die Hauptversammlung noch – im Regelfall – der Aufsichtsrat für den Verzicht auf den Geheimnischarakter dieser Information zuständig wären, es sich vielmehr um eine (außergewöhnliche) Geschäfts649 Rönnau, 650 Vgl.
JuS 2007, 18 (18); Roxin, StrafR AT, Bd. 1, § 13 Rn. 14. Teil 2, A. I. 2. c).
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
führungsmaßnahme im Sinne des § 77 Abs. 1 AktG handelte und damit der Vorstand hierzu berufen wäre. In Anbetracht der Tatsache, dass sowohl die Bildung des generellen Offenbarungswillens als auch die Einwilligung in die Mitteilung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen Dispositionen über das durch § 17 Abs. 1 UWG geschützte Rechtsgut des Geheimbereichs des Unternehmens darstellen und die Einwilligung in die Mitteilung auf Grund der ihr zugrunde liegenden Absicht der grundsätzlichen Wahrung des Geheimnischarakters im Verhältnis zum generellen Offenbarungswillen eine geringere Intensität im Hinblick auf den Rechtsgutsverzicht aufweist und damit erst recht eine – wenn auch ebenfalls außerordentliche – Geschäftsführungsmaßnahme im Sinne des § 77 Abs. 1 AktG darstellt, liegt auch die Zuständigkeit zur Einwilligung in die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse beim Vorstand651, nicht hingegen beim Aufsichtsrat652 oder bei der Hauptversammlung653.
651 Für die Zuständigkeit des Vorstands im Kontext des § 93 Abs. 1 S. 3 AktG Borsch, DB 2005, 2175 (2176); Böttcher, S. 53; Bruse / Keinath, in: FS Pöllath & Partners, S. 363 (369); Bussian, S. 32; Eggenberger, S. 85; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (282); Kiethe, NZG 1999, 976 (978, 979); Koch, in: Hüffer, AktG, § 93 Rn. 32; Körber, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 10 Rn. 20; ders., NZG 2002, 263 (268); Krömker, S. 31; Liekefett, S. 62; Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (497); Lutter, ZIP 1997, 613 (617); Meincke, WM 1998, 749 (751); Mertens, AG 1997, 541 (546); Müller, NJW 2000, 3452 (3453, 3455); Oppenländer, GmbHR 2000, 535 (536); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (358); Rittmeister, NZG 2004, 1032 (1035); Roschmann / Frey, AG 1996, 449 (452); Schroeder, DB 1997, 2161 (2163); Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 93 Rn. 141; Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (376); Traugott, BB 2001, 2277 (2280); Ziegler, DStR 2000, 249 (252). 652 Für die Unzuständigkeit des Aufsichtsrats im Rahmen des § 93 Abs. 1 S. 3 AktG Borsch, DB 2005, 2175 (2176); Bussian, S. 32; Eggenberger, S. 91; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (282); Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 185; Körber, NZG 2002, 263 (268); Krömker, S. 34; Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (497); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (359); Zirngibl, S. 198; sofern die Satzung dies vorsieht allerdings Bussian, S. 33, 34; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (282); Liekefett, S. 76 ff.; Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (360); allgemein befürwortend Beisel, in: Beisel / Klumpp, Unternehmenskauf, Kap. 2 Rn. 23; Bihr, BB 1998, 1198 (1200); Ziemons, AG 1999, 492 (494); andeutend Bruse / Keinath, in: FS Pöllath & Partners, S. 363 (369). 653 Für die Unzuständigkeit der Hauptversammlung im Rahmen des § 93 Abs. 1 S. 3 AktG Borsch, DB 2005, 2175 (2176); Bruse / Keinath, in: FS Pöllath & Partners, S. 363 (369); Bussian, S. 38–40; Eggenberger, S. 87; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (282); Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, 135 (157); Körber, NZG 2002, 263 (268); Krömker, S. 33; Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (497); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (359).
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)175
b) Zuständigkeit innerhalb des Vorstands aa) Gesamtvorstand oder einzelnes Vorstandsmitglied Weiterhin ist davon auszugehen, dass die Entscheidung über die Einwilligung in die Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, die für die Durchführung der Due Diligence notwendig sind, vom Gesamtvorstand getroffen werden muss, die Zuständigkeit eines einzelnen Vorstandsmitglieds selbst bei Vorliegen einer entsprechenden Zuständigkeitsregelung in der Satzung der Aktiengesellschaft oder der Geschäftsordnung der Vorstands im Sinne des § 77 Abs. 1 S. 2 AktG zu verneinen ist. Dies ergibt sich einerseits bereits daraus, dass die Einwilligung in die Bereitstellung dieser Informationen in der Regel die Ressortkompetenz des einzelnen Vorstandsmitglieds überscheitet und damit auch nach der jeweiligen Satzungs- oder Geschäftsordnungsregelung ein Handeln des Gesamtvorstands erforderlich wäre. Andererseits lässt sich hierfür aber auch darüber hinaus anführen, dass die Einwilligung wegen des Umfangs der bereitgestellten Informationen und des damit einhergehenden Gefahrenpotenzials erhebliche, nachteilhafte Auswirkungen auf die Stellung des Unternehmens im Wettbewerb haben kann und damit als nicht delegierbare Geschäftsführungsmaßnahme des Vorstands erachtet werden muss.654 bb) Einstimmigkeit oder Stimmmehrheit Schließlich erscheint ebenso wie im Kontext der Bildung des generellen Offenbarungswillens auch im Hinblick auf die Einwilligung in die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäftsund Betriebsgeheimnisse die Annahme gerechtfertigt, dass der Vorstand grundsätzlich einstimmig, im Falle des Vorliegens einer hiervon abweichenden Regelung in der Satzung der Gesellschaft oder der Geschäftsordnung des Vorstands im Sinne des § 77 Abs. 1 S. 2 AktG hingegen „lediglich“ mit dem dort vorgesehenen Mehrheitsverhältnis über die Einwilligung entscheiden 654 Für die Zuständigkeit des Gesamtvorstands im Rahmen des § 93 Abs. 1 S. 3 AktG Böttcher, S. 53; Bruse / Keinath, in: FS Pöllath & Partners, S. 363 (369); Bussian, S. 41, 42; Eggenberger, S. 88; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (282); Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 185, 216 (mit Ausnahmen für sehr große und sehr kleine Unternehmen); Körber, NZG 2002, 263 (268); Krömker, S. 15, 16; Liekefett, S. 83; Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (497, 498); Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1956); Müller, NJW 2000, 3452 (3455); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (359); Rittmeister, NZG 2004, 1032 (1035); Schiffer / Bruß, BB 2012, 847 (849); Schroeder, DB 1997, 2161 (2163); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (376); Traugott, BB 2001, 2277 (2280); Ziegler, DStR 2000, 249 (253); Ziemons, AG 1999, 492 (494); Zirngibl, S. 220.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
muss. Auch an dieser Stelle lässt sich hierfür anführen, dass die jeweilige Regelung als Delegation der Zuständigkeit zur Ausübung der Dispositionsbefugnis über den durch § 17 Abs. 1 UWG geschützten Geheimbereich des Unternehmens auf die mehrheitlich entscheidenden Vorstandsmitglieder erachtet werden kann, an die die Vorstandsmitglieder gebunden sind. Wenn diese das entsprechende Mehrheitsverhältnis beachten, kann die Einwilligung als Ausdruck der Autonomie der Aktiengesellschaft als eigentlicher Rechtsgutsinhaber gewertet und dieser zugerechnet werden. Der Einwand, dass nur bei einer einstimmigen Entscheidung der Vorstandsmitglieder von einer hinreichenden Berücksichtigung des Geheimhaltungsinteresses der Aktiengesellschaft ausgegangen werden könne, vermag auch hier insoweit nicht zu überzeugen, als dass sich anhand der erzielten Abstimmungsverhältnisse gar nicht ermitteln lässt, ob die Entscheidung des Vorstands das Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaft hinreichend berücksichtigt, auch eine Entscheidung, die vom Gesamtvorstand getroffen wurde, grundsätzlich dem Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaft widersprechen kann.655 c) Zwischenergebnis Im Ergebnis lässt sich damit festhalten, dass der Vorstand als geschäftsführungsbefugtes Organ der Aktiengesellschaft zur Erteilung der Einwilligung in die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse berufen ist und hierüber nach der gesetzlichen Ausgangslage einstimmig und als Gremium, im Falle des Vorliegens einer hiervon abweichenden Regelung in der Satzung der Aktiengesellschaft oder seiner Geschäftsordnung mit dem jeweils vorgesehenen Mehrheitsverhältnis entscheiden muss. 3. Einwilligungsfähigkeit Weiterhin kann von einer wirksamen Einwilligung nach anerkannten Grundsätzen nur dann ausgegangen werden, wenn die Vorstandsmitglieder über die hierfür erforderliche Einwilligungsfähigkeit verfügen.656 Denn in 655 Für das Ausreichen einer Stimmmehrheit im Rahmen des § 93 Abs. 1 S. 3 AktG Bussian, S. 43, 44; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (282); Körber, NZG 2002, 263 (268); Liekefett, S. 84; Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (498); Müller, NJW 2000, 3452 (3455); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (359); Schroeder, DB 1997, 2161 (2163); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (376); Traugott, BB 2001, 2277 (2280); a. A. Meincke, WM 1998, 749 (751); Ziemons, AG 1999, 492 (494). 656 Für die Geheimnisschutzvorschriften so die hM vgl. zu § 85 GmbHG Haas, in: Baumbach / Hueck, GmbHG § 85 Rn. 17; Servatius, in: Henssler / Strohn, GesR,
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)177
Anbetracht der Tatsache, dass diese durch die Einwilligung über das durch § 17 Abs. 1 UWG geschützte Rechtsgut disponieren, sollen sie respektive die Aktiengesellschaft als eigentlicher Rechtsgutsinhaber vor unbedachten und übermäßig schadensgeneigten Entscheidungen bewahrt werden.657 Fraglich ist allerdings, welche Anforderungen an die Einwilligungsfähigkeit zu stellen sind. a) Einsichts- und Urteilsfähigkeit Unstreitig setzt die Einwilligungsfähigkeit des Einwilligenden voraus, dass dieser die Einsichts-, Urteils- und Steuerungsfähigkeit besitzt, Wesen, Bedeutung und Tragweite der jeweiligen Verletzungshandlung voll zu erfassen und seinen Willen danach zu bestimmen.658 Er muss nach seiner geistigen und sittlichen Reife im Stande sein, Bedeutung und Tragweite des Rechtsgutsverzichts zu erkennen und sachgerecht zu beurteilen.659 Wirksam ist die Einwilligung daher nur dann, wenn „sie mit vollem Verständnis der Sachlage erteilt worden ist und der Einwilligende namentlich eine zutreffende Vorstellung vom voraussichtlichen Verlauf und den möglichen Folgen des zu erwartenden Angriffs hatte; er muss bei einer Herausforderung die nötige Urteilskraft und Gemütsruhe besitzen, um die Tragweite seiner Erklärung zu erkennen und das Für und Wider verständig gegeneinander abzuwägen“.660 Dies setzt nicht voraus, dass die Einwilligung objektiv vernünftig ist; der Einwilligende muss vielmehr einzig und allein in der Lage sein, überhaupt vernünftige Entscheidungen fällen zu können.661 Kann dem Einwilligenden diese Fähigkeit nicht attestiert werden, ist sein tatsäch§ 85 GmbHG Rn. 8; Wißmann, in: MüKo GmbHG, Bd. 3, § 85 Rn. 67; vgl. zu § 203 StGB Cierniak / Pohlit, in: MüKo StGB, Bd. 4, § 203 Rn. 58, 59; Kargl, in: Kindhäuser / Neumann / Paeffgen, StGB, Bd. 2, § 203 Rn. 52; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, StGB, § 203 Rn. 24. 657 Amelung / Eymann, JuS 2001, 937 (941); Rönnau, Jura 2002, 665 (669). 658 Fischer, in: Fischer, StGB, Vor § 32 Rn. 3c; Kindhäuser, LPK-StGB, Vor § 13 Rn. 170; Lenckner / Sternberg-Lieben, in: Schönke / Schröder, StGB, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 40; Rengier, StrafR AT, § 23 Rn. 16; Rönnau, in: LK-StGB, Bd. 2, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 193; ders., JuS 2007, 18 (19); ders., Jura 2002, 665 (668); Roxin, StrafR AT, Bd. 1, § 13 Rn. 84; Schlehofer, in: MüKo StGB, Bd. 1, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 148, 149; Wessels / Beulke / Satzger, StrafR AT, Rn. 374. 659 Jescheck / Weigend, StrafR AT, § 34 IV 4; Kindhäuser, LPK-StGB, Vor § 13 Rn. 170; Lenckner / Sternberg-Lieben, in: Schönke / Schröder, StGB, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 40; Rönnau, in: LK-StGB, Bd. 2, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 192; Rosenau, in: SSWStGB, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 38; Schlehofer, in: MüKo StGB, Bd. 1, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 149; Wessels / Beulke / Satzger, StrafR AT, Rn. 374. 660 BGH NJW 1953, 912 (912); BGH NStZ 2000, 87 (88). 661 Amelung / Eymann, JuS 2001, 937 (942); Baumbach / Weber / Mitsch, StrafR AT, § 17 Rn. 103; Roxin, StrafR AT, Bd. 1, § 13 Rn. 87.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
lich geäußerter Wille strafrechtlich unbeachtlich, da hier nicht mehr von der Ausübung autonomer Herrschaft gesprochen werden kann.662 b) Geschäftsfähigkeit Zum Teil wird darüber hinausgehend gerade mit Blick auf die Einwilligung in die Mitteilung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen die Ansicht vertreten, der Einwilligende müsse nicht nur über die vorausgehend geschilderte Einsichts- und Urteilsfähigkeit, sondern auch über die Geschäftsfähigkeit im Sinne der §§ 104 ff. BGB verfügen, um von einer wirksamen Einwilligung ausgehen zu können.663 Geltend gemacht wird hierfür, dass Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse in der Regel einen Vermögenswert aufwiesen664 und die Einwilligung in die Mitteilung dieser Informationen Befugnisse des Täters begründe und daher als Rechtshandlung zu qualifizieren sei.665 Dieser Auffassung dürfte allerdings im Ergebnis entgegenzutreten sein.666 Die Annahme, dass die Wirksamkeit der Einwilligung in die Mitteilung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen von der Geschäftsfähigkeit des Einwilligenden abhänge, erscheint zwar auf den ersten Blick verlockend, mag sie doch letztlich Ausdruck des Postulats der „Einheit der Rechtsordnung“ sein.667 Insofern könnte man durchaus die Sinnhaftigkeit, eine zivilrechtliche unwirksame Handlung als strafrechtlich wirksam zu behandeln, bezweifeln. Allerdings steht außer Zweifel und darf insofern nicht missachtet werden, dass das Strafrecht eine ganz andere Aufgabe wahrnimmt als das Zivilrecht, denn es dient als „ultima ratio der Sozialpolitik“ dazu, besonders sozialschädliche Verhaltensweisen zu bekämpfen, während das Zivilrecht primär einen Interessenausgleich zwischen unterschiedlichen Parteien schaf662 Amelung / Eymann, JuS 2001, 937 (941); Kindhäuser, LPK-StGB, Vor § 13 Rn. 169. 663 Cierniak / Pohlit, in: MüKo StGB, Bd. 4, § 203 Rn. 58; Kargl, in: Kindhäuser / Neumann / Paeffgen, StGB, Bd. 2, § 203 Rn. 53; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, StGB, § 203 Rn. 24. 664 Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, StGB, § 203 Rn. 24. 665 Cierniak / Pohlit, in: MüKo StGB, Bd. 4, § 203 Rn. 58. 666 Gegen die Heranziehung der §§ 104 ff. BGB im Allgemeinen Baumbach / Weber / Mitsch, StrafR AT, § 17 Rn. 103; Fischer, in: Fischer, StGB, Vor § 32 Rn. 3c; Jescheck / Weigend, StrafR AT, § 34 IV 1; Lackner, in: Lackner / Kühl, Vorbe. § 32–§ 35 Rn. 16; Lenckner / Sternberg-Lieben, in: Schönke / Schröder, StGB, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 39, 40; Rönnau, in: LK-StGB, Bd. 2, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 193; Rosenau, in: SSW-StGB, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 38; Roxin, StrafR AT, Bd. 1, § 13 Rn. 90; Wessels / Beulke / Satzger, StrafR AT, Rn. 375. 667 Lenckner, ZStW 72 (1960), 446 (454, 455); andeutend auch Schlehofer, in: MüKo StGB, Bd. 1, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 135.
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)179
fen soll.668 Die Einwilligung lässt sich insofern nicht mit einer Rechtshandlung im Sinne des BGB vergleichen, da im Strafrecht allein die Frage der Strafwürdigkeit des Verhaltens und nicht der Schutz des Minderjährigen oder des Rechtsverkehrs im Raum stehe.669 In Anbetracht dessen erscheint es dann aber auch gerechtfertigt davon auszugehen, dass sich die Wirksamkeit von Verträgen nach anderen Regeln bestimmt als die Einwilligung in eine Verletzungshandlung und eine Anwendbarkeit der §§ 104 ff. BGB damit ausscheidet.670 Als eigenständige Figur des Strafrechts und als Ausfluss der in der Rechtsordnung anerkannten, allgemeinen Handlungsfreiheit des Rechtsgutsinhabers gemäß Art. 2 Abs. 1 GG kann für die Wirksamkeit der Einwilligung ausschließlich von Bedeutung sein, ob diese Handlungsfreiheit in der Einwilligung zum Ausdruck kommt, wovon unabhängig vom Vorliegen der zivilrechtlichen Geschäftsfähigkeit im Sinne der §§ 104 ff. BGB bereits bei Vorliegen der Einsichts- und Urteilsfähigkeit des Einwilligenden ausgegangen werden kann.671 c) Zwischenergebnis Die Vorstandsmitglieder müssen für die Annahme einer wirksamen Einwilligung in die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse über die erforderliche Einwilligungsfähigkeit verfügen, also Einsichts-, Urteils- und Steuerungsfähigkeit besitzen, Wesen, Bedeutung und Tragweite der jeweiligen Bereitstellung der und daraus resultierenden Beeinträchtigung des durch § 17 Abs. 1 UWG geschützten Geheimbereichs des Unternehmens abschätzen und nach dieser Einschätzung handeln zu können. 4. Einwilligungserklärung Weiterhin kann von einer wirksamen Einwilligung in die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse nur dann ausgegangen werden, wenn eine entsprechende Einwilligungserklärung vorliegt. Mit der allgemein im Kontext der Einwilligung herrschenden und auch speziell im Hinblick auf die Einwilligung in die 668 Lenckner / Sternberg / Lieben, in: Schönke / Schröder, StGB, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 39; Rönnau, in: LK-StGB, Bd. 2, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 193; ders., Jura 2002, 665 (668). 669 Jescheck / Weigend, StrafR AT, § 34 IV 1; Roxin, StrafR AT, Bd. 1, § 13 Rn. 90. 670 Jescheck / Weigend, StrafR AT, § 34 IV 1; Wessels / Beulke / Satzger, StrafR AT, Rn. 375. 671 Jescheck / Weigend, StrafR AT, § 34 IV 1; Rönnau, in: LK-StGB, Bd. 2, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 193; Wessels / Beulke / Satzger, StrafR AT, Rn. 375.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
Mitteilung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen augenscheinlich unbestrittenen Meinung dürfte dabei davon auszugehen sein, dass der Vorstand die Einwilligung ausdrücklich oder zumindest konkludent erklärt haben muss.672 Grundsätzlich bestehen zwar Bedenken gegen diese sogenannte Willensbekundungstheorie. Denn insofern lässt sich anführen, dass bereits die innere Zustimmung des Einwilligenden das schutzwürdige Interesse an der Unversehrtheit des durch die Strafvorschrift geschützten Rechtsguts entfallen lässt.673 Erachtet man die Dispositionsbefugnis und die Möglichkeit der Einwilligung als Ausfluss der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG, so stellt auch der innere Wille bereits eine Freiheitsbetätigung des Einwilligenden dar, der entsprechend Berücksichtigung finden und für die Annahme einer wirksamen Einwilligung ausreichen muss.674 Hiergegen lässt sich auch nicht einwenden, durch das Ausreichenlassen einer inneren Zustimmung werde die Rechtssicherheit gefährdet, „ein im forum internum bleibender Gedanke […] keine rechtlich relevante Willensbetätigung“ sei und das Recht Konsequenzen vernünftigerweise nur an solche Kriterien anknüpfen könne, die sich prinzipiell beweisen ließen.675 Denn auch in anderen Bereichen des Rechts, beispielsweise im Kontext des Vorsatzes des Täters, bestehen mitunter erhebliche Beweisschwierigkeiten676, sodass bezweifelt werden muss, dass die Frage der Wirksamkeit der Einwilligung von Beweisfragen abhängig gemacht werden darf.677 Dies umso mehr, als dass 672 Für die Geheimnisschutzvorschriften so die hM vgl. zu § 404 AktG Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 48; Müller-Michaels, in: Hölters, AktG, § 404 Rn. 26; Schaal, in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 34; vgl. zu § 85 GmbHG Altmeppen, in: Roth / Altmeppen, GmbHG, § 85 Rn. 9; Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 2, § 85 GmbHG Rn. 9; Wißmann, in: MüKo GmbHG, Bd. 3, § 85 Rn. 67; vgl. zu § 203 StGB Cierniak / Pohlit, in: MüKo StGB, Bd. 4, § 203 Rn. 60, 61; Kargl, in: Kindhäuser / Neumann / Paeffgen, StGB, Bd. 2, § 203 Rn. 57, 58; Lackner, in: Lackner / Kühl, StGB, § 203 Rn. 18; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, StGB, § 203 Rn. 24b; zum Offenbarungswillen bereits vgl. zu § 85 GmbHG Altmeppen, in: Roth / Altmeppen, GmbHG, § 85 Rn. 6; Haas, in: Baumbach / Hueck, GmbHG § 85 Rn. 10; Michalski, GmbHG, § 85 Rn. 35; Wicke, in: Wicke, GmbHG, § 85 Rn. 4; Wißmann, in: MüKo GmbHG, Bd. 3, § 85 Rn. 35; vgl. zu § 333 HGB Sorgenfrei, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 333 HGB Rn. 24; Waßmer, in: MüKo BilanzR, Bd. 2, § 333 HGB Rn. 15. 673 Schlehofer, in: MüKo StGB, Bd. 1, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 146. 674 Rönnau, in: LK-StGB, Bd. 2, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 162; ders., Jura 2002, 665 (666). 675 Roxin, StrafR AT, Bd. 1, § 13 Rn. 73; zum Aspekt der Rechtssicherheit auch Lenckner / Sternberg-Lieben, in: Schönke / Schröder, StGB, Vorbe. §§ 32 ff. StGB Rn. 43; Amelung / Eymann, JuS 2001, 937 (941). 676 Schlehofer, in: MüKo StGB, Bd. 1, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 146. 677 Rönnau, in: LK-StGB, Bd. 2, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 162; ders., Jura 2002, 665 (666).
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)181
die Willensbekundungstheorie zwar die ausdrückliche oder konkludente Erklärung der Einwilligung verlangt, nicht hingegen, dass diese dem Täter gegenüber artikuliert wird oder diesem bekannt ist oder zumindest ein Dritter Kenntnis hiervon erlangt hat.678 Schließlich hinge das Vorliegen einer Einwilligung bei Annahme der Notwendigkeit einer ausdrücklichen oder konkludenten Erklärung letztlich auch von Zufälligkeiten im Ausdrucksverhalten des Rechtsgutsinhabers ab, was ebenso zu Rechtsunsicherheit führen könnte.679 Damit sprechen grundsätzlich die besseren Argumente dafür, dass für die Wirksamkeit der Einwilligung bereits ein innerer Wille des Rechtsgutsinhabers als ausreichend zu erachten ist. Anders als im klassischen Fall, in dem ein einzelner Rechtsgutsinhaber seine Einwilligung in die Vornahme der Verletzungshandlung, die Herbeiführung des tatbestandlichen Erfolgs und die Beeinträchtigung des durch die Strafvorschrift geschützten Rechtsguts erklärt, entspricht es allerdings gerade dem Wesen mehrheitlicher Willensbildung der vorliegenden Art, dass von einer der Gesellschaft zurechenbaren Einwilligung der entscheidungsbefugten Personen nur dann ausgegangen werden kann, wenn diese gemeinsam über den Verzicht auf den Rechtsgüterschutz entschieden haben. Die Einwilligungserklärung kann der Gesellschaft nur dann zugerechnet werden, die Einwilligung nur dann als Ausdruck der Autonomie der Aktiengesellschaft erachtet werden, wenn die Willensbildung in dem dafür vorgesehenen Verfahren stattgefunden hat.680 Dies bedingt wiederum angesichts des im Vorfeld erfolgenden Diskurses und der Feststellung der Übereinkunft der (Mehrheit der) Vorstandsmitglieder zwangsläufig einen irgendwie gearteten Erklärungsakt nach außen. Damit besteht kein Zweifel, dass von einer wirksamen Einwilligungserklärung in die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse nur dann ausgegangen werden kann, wenn hierüber ein entsprechender Beschluss im Sinne des § 77 Abs. 1 AktG gefasst wurde. 5. Einwilligungsschranke Vorausgehend wurde festgestellt, dass der Vorstand als Gremium für die Erteilung der Einwilligung in eine Mitteilung im Sinne des § 17 Abs. 1 678 So Jescheck / Weigend, StrafR AT, § 34 IV 2; Kindhäuser, LPK-StGB, Vor § 13 Rn. 172; Lenckner / Sternberg-Lieben, in: Schönke / Schröder, StGB, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 43; Roxin, StrafR AT, Bd. 1, § 13 Rn. 75; a. A. Baumbach / Weber / Mitsch, StrafR AT, § 17 Rn. 104. 679 Rönnau, in: LK-StGB, Bd. 2, Vorbe. §§ 32 ff. Rn. 162; ders., Jura 2002, 665 (666). 680 So ausdrücklich auch Temming, in: FS Achenbach, S. 545 (554).
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UWG zuständig ist und hierüber nach der gesetzlichen Ausgangslage einstimmig – beziehungsweise bei Vorliegen einer entsprechenden Regelung in seiner Geschäftsordnung oder in der Satzung der Aktiengesellschaft mit der dort vorgesehenen Mehrheit – entscheiden muss, um von der Wirksamkeit der Einwilligung ausgehen zu können. In der vorliegend zu untersuchenden Konstellation der Bereitstellung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen zwecks Durchführung der Due Diligence im Vorfeld einer Pakettransaktion führte dies nun allerdings – bei Ausbleiben einer Einschränkung der Dispositionsbefugnis – dazu, dass der Vorstand selbst über die Strafbarkeit eines eigens begangenen Geheimnisverrats entscheiden könnte und der durch § 17 Abs. 1 UWG gewährleistete Strafrechtsschutz gegen den Geheimnisverrat einen disponiblen Charakter erhielte.681 Dies erscheint allerdings insoweit problematisch, als dass die Vorstandsmitglieder in ihrer Gesamtheit nur das die Dispositionsbefugnis zugunsten der Aktiengesellschaft ausübende Organ bilden. Denn prinzipiell stehen die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse als Angriffsobjekte des § 17 Abs. 1 UWG beziehungsweise der Geheimbereich des Unternehmens als das durch § 17 Abs. 1 UWG geschützte Rechtsgut der Aktiengesellschaft als eigentlichen Rechtsgutsinhaber zu. Auch losgelöst vom Fall des durch den Vorstand eigens bewirkten Geheimnisverrats muss in Anbetracht des insoweit lediglich stellvertretenden und über den Rechtsgüterschutz der Aktiengesellschaft disponierenden Charakters der Einwilligung durch den Vorstand bezweifelt werden, dass dieser grenzenlos über die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Gesellschaft disponieren können soll. Vielmehr dürfte er an bestimmte Grundrichtlinien gebunden sein, die er bei der Ausübung der Dispositionsbefugnis zu beachten hat. Es stellt sich daher die Frage, ob und inwieweit die Wirksamkeit der Einwilligung durch den Vorstand zum Schutz der Gesellschaft an weitere Voraussetzungen geknüpft werden muss. a) Einhaltung der formellen Beschlussanforderungen nicht ausreichend Obwohl die Vorstandsmitglieder die Dispositionsbefugnis letztlich nur als Vertreter und Willensbildungsorgan für die Aktiengesellschaft ausüben und § 17 Abs. 1 UWG bei Annahme einer schrankenlosen Dispositionsbefugnis einen disponiblen Charakter erhielte, könnte man gleichwohl zunächst erwä681 Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 20; Temming, in: FS Achenbach, S. 545 (555); vgl. zu § 404 AktG Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 35; Temming, in: Graf / Jäger / Wittig, § 404 AktG Rn. 14; vgl. zu § 85 GmbHG Dannecker, in: Michalski, GmbHG, § 85 Rn. 37; Haas, in: Baumbach / Hueck, GmbHG § 85 Rn. 10; Servatius, in: Hennsler / Strohn, GesR, § 85 GmbHG Rn. 4; Wißmann, in: MüKo GmbHG, Bd. 3, § 85 Rn. 46.
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)183
gen, dass der Vorstand lediglich die im Gesellschaftsrecht vorgeschriebenen Kompetenzen und Abstimmungsprozesse einhalten muss, ansonsten aber über die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Aktiengesellschaft frei disponieren kann, da er auch sonst die wirtschaftlichen Geschicke der Gesellschaft in seinen Händen hält.682 Dies erschiene jedenfalls dann plausibel, wenn man eine streng wirtschaftliche Betrachtung vornimmt, „wonach das Wirtschaftsrecht zwar wirtschaftliche Zusammenhänge anhand der in den gesetzlichen Regelungen enthaltenen Bewertungskriterien begrenzt, dabei aber ungeachtet der vom Recht ausgehenden Wertungsunabhängigkeit im Verhältnis zu den Wirtschaftswissenschaften die ökonomischen Erkenntnisse, die die Wirtschaftswissenschaft bei der Untersuchung der realen wirtschaftlichen Zusammenhänge auf ihre Typizität gefunden hat, zu berücksichtigen hat“.683 Gegen diese Erwägung lässt sich allerdings einwenden, dass wirtschaftliche Zusammenhänge nicht das Recht determinieren, sondern umgekehrt vielmehr das Recht die Grenzen gesellschaftlichen Verhaltens bestimmt. Es mag zwar kein Zweifel daran bestehen, dass sowohl die Gesetzgebung als auch in gewissen Grenzen die Gesetzesauslegung durch den Wandel einer gesellschaftlichen Bewertung eines bestimmten Phänomens beeinflusst werden. Dies kann auch zur Folge haben, dass wirtschaftliche Erwägungen im Einzelfall zur Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe heranzuziehen sind. Allerdings lässt sich hieraus kein „Postulat wirtschaftlicher Notwendigkeiten formulieren, denen sich das Recht zu unterwerfen hat.“684 Das Ausreichenlassen des Einhaltens der im Gesellschaftsrecht vorgeschriebenen Kompetenzen und Abstimmungsprozesse durch die Vorstandsmitglieder als Wirksamkeitserfordernis der Einwilligung kann daher im Ergebnis nicht überzeugen. Um einen uferlosen Freiraum der Vorstandsmitglieder, über die Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse und damit letztlich über die eigene Strafbarkeit nach ihrem Belieben zu disponieren, zu vermeiden, bedarf es vielmehr eines objektiven Maßstabs, anhand dessen die Wirksamkeit der Disposition zu ermitteln ist.685 b) Grundsätze ordnungsgemäßer Unternehmensführung gemäß § 93 Abs. 1 AktG maßgeblich Es kann grundsätzlich kein Zweifel daran bestehen, dass der Vorstand bei der Ausübung der Dispositionsbefugnis zugunsten der Aktiengesellschaft 682 Temming,
in: in: 684 Temming, in: 685 Temming, in: 683 Temming,
FS FS FS FS
Achenbach, Achenbach, Achenbach, Achenbach,
S. 545 S. 545 S. 545 S. 545
(558). (558, 559). (559). (559).
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
einer objektiven Schranke unterworfen sein muss. In der vorliegend zu untersuchenden Konstellation ist die Notwendigkeit einer solchen Einwilligungsschranke bereits deshalb anzunehmen, weil dieser anderenfalls selbst über die Strafbarkeit eines eigens begangenen Geheimnisverrats entscheiden und den durch § 17 Abs. 1 UWG gewährleisteten Strafrechtsschutz letztlich leerlaufen lassen, Geheimnisse an Dritte preisgeben könnte, ohne sich der Gefahr einer Strafbarkeit gemäß § 17 Abs. 1 UWG auszusetzen. Dass dies im Ergebnis nicht zutreffend sein kann, ergibt sich wiederum daraus, dass der Vorstand lediglich das die Dispositionsbefugnis zugunsten der Aktiengesellschaft ausübende Organ bildet und die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse als Angriffsobjekt des § 17 Abs. 1 UWG beziehungsweise der Geheimbereich des Unternehmens als das durch § 17 Abs. 1 UWG geschützte Rechtsgut der Aktiengesellschaft als eigentlichen Rechtsgutsinhaber zustehen, § 17 Abs. 1 UWG also dem Schutz der Aktiengesellschaft dient. Aber auch losgelöst vom Fall des eigenständigen Geheimnisverrats muss in Anbetracht des lediglich stellvertretenden und über den Rechtsgüterschutz der Aktiengesellschaft disponierenden Charakters der Einwilligung durch den Vorstand bezweifelt werden, dass dieser grenzenlos über die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Gesellschaft disponieren können soll. Denn diesem wird ausschließlich deshalb die Zuständigkeit zur Ausübung der Disposi tionsbefugnis zugunsten der Aktiengesellschaft zuteil, weil letztere als Rechtsgebilde weder aus sich selbst heraus eigenständig einen Willen bilden kann noch natürlich handlungsfähig ist und damit die ihr als Rechtsgutsinhaber zustehende Dispositionsbefugnis nicht selbst ausüben kann und die Einwilligung eine außergewöhnliche Maßnahme der Geschäftsführung im Sinne des § 77 Abs. 1 AktG darstellt.686 In der Folge muss dieser Umstand denn auch der Ausgangspunkt für die Bestimmung der Schranken sein, denen die Vorstandsmitglieder bei der Erteilung der Einwilligung zugunsten der Aktiengesellschaft unterworfen sind. Grundsätzlich leiten die Vorstandsmitglieder die Aktiengesellschaft zwar gemäß § 76 Abs. 1 AktG unter eigener Verantwortung, was bedeutet, dass sie im Wesentlichen Weisungsfreiheit genießen und in dem qua Gesetz, Satzung oder Geschäftsordnung vorgegebenen Handlungsrahmen über einen breiten unternehmerischer Ermessensspielraum verfügen.687 Allerdings obliegt ihnen hierbei gemäß § 93 Abs. 1 AktG im Verhältnis zur Gesellschaft die Pflicht, die Grundsätze ordnungsgemäßer Unternehmensführung zu beachten. Auch für die Wirksamkeit der Einwilligung in die Mitteilung von 686 Vgl.
Teil 2, A. VIII. 2. a). in: Henssler / Strohn, GesR, § 76 AktG Rn. 8, 10; Koch, in: Hüffer, AktG, § 76 Rn. 10; Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 76 Rn. 22, 24; Weber, in: Hölters, AktG, § 76 Rn. 35, 38. 687 Dauner-Lieb,
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)185
Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen als Geschäftsführungsmaßnahme im Sinne des § 77 Abs. 1 AktG muss daher letztlich gelten, dass die Entscheidung des Vorstands an § 93 Abs. 1 AktG als insofern „eindeutigen gesellschaftsrechtlichen Maßstab an die Handlungspflichten“ der Vorstandsmitglieder zu messen ist.688 Nur, wenn der Vorstand im Rahmen der Einwilligung die ihm aus § 93 Abs. 1 AktG gegenüber der Aktiengesellschaft erwachsenen Verhaltensanforderungen beachtet, kann von deren Wirksamkeit ausgegangen werden, da nur dann dem Schutz der Gesellschaft hinreichend Rechnung getragen wurde.689 Verletzen die Vorstandsmitglieder hingegen den ihnen auferlegten Sorgfaltsmaßstab, so ist die Einwilligung als pflichtwidrig und damit als unwirksam zu erachten.690 Dass diese Art der Schrankenbestimmung im Ergebnis überzeugt, wird auch durch eine weitere Erwägung bestätigt: So wurde bereits im Rahmen der Erörterungen zum Merkmal des berechtigten Geheimhaltungsinteresses festgestellt, dass das Vorliegen eines entsprechenden Geheimhaltungsinteresses nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Unternehmensführung zu beurteilen ist.691 Der Geheimnischarakter der Informationen entfällt daher unter anderem dann, wenn nach diesen Grundsätzen eine Geheimhaltung der Informationen nicht geboten ist und ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse an den Informationen nicht angenommen werden kann. Durch die Einwilligung des Vorstands soll zwar nicht der Geheimnischarakter der Informationen aufgehoben werden. Gleichwohl bedeutet die Einwilligung zumindest eine partielle Durchbrechung des grundsätzlich bestehenden Geheimhaltungsinteresses insoweit, als dass der Geheimnischarakter zwar objektiv fortbesteht, der Kreis derer, die von den Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen Kenntnis haben, allerdings um weitere Personen erweitert wird und die Aktiengesellschaft diesen gegenüber die Monopolstellung in Bezug auf die entsprechenden Informationen verliert. In dieser Hinsicht kann die 688 Temming,
in: FS Achenbach, S. 545 (559). i. E. unbestritten Temming, in: FS Achenbach, S. 545 (559); vgl. zu § 404 AktG Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 35; Ransiek, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 8 Kap. 2 Rn. 18; Raum, in: Henssler / Strohn, GesR, § 404 AktG Rn. 8; zum generellen Offenbarungswillen bereits Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 13; Föbus, S. 109; Rubner, KSzW 2011, 412 (413); Ulsenheimer, NJW 1975, 1999 (2002); vgl. zu § 85 GmbHG Dannecker, in: Michalski, GmbHG, § 85 Rn. 37; Haas, in: Baumbach / Hueck, GmbHG § 85 Rn. 10; Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 2, § 85 GmbHG Rn. 6; Servatius, in: Henssler / Strohn, GesR, § 85 GmbHG Rn. 4; Wißmann, in: MüKo GmbHG, Bd. 3, § 85 Rn. 46. 690 Zum Offenbarungswillen bereits Diemer, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 17 UWG Rn. 13; vgl. auch zu § 85 GmbHG Dannecker, in: Michalski, GmbHG, § 85 Rn. 37; Wißmann, in: MüKo GmbHG, Bd. 3, § 85 Rn. 46. 691 Vgl. Teil 2, A. III. 3. 689 So
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Einwilligung als „Minus“ zur Bildung des generellen Offenbarungswillens und zum Verzicht auf den Geheimnischarakter erachtet werden. Wenn aber ein Entfallen oder Aufheben des Geheimnischarakters nur dann angenommen werden kann, wenn dies den Grundsätzen ordnungsgemäßer Unternehmensführung entspricht, so muss dies auf Grund der ähnlichen Wirkungsweise von generellem Offenbarungswillen und Einwilligung im Hinblick auf die Disposition über Geheimnisse und damit letztlich auch im Hinblick auf den Verzicht auf den durch § 17 Abs. 1 UWG gewährleisteten Rechtsgüterschutz der Aktiengesellschaft auch für die Einwilligung in die Mitteilung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen an Dritte unter Wahrung des Geheimnischarakters gelten. Im Ergebnis lässt sich damit festhalten, dass die Wirksamkeit der Einwilligung in die Mitteilung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen generell und damit auch in die Bereitstellung von derartigen Geheimnissen zwecks Durchführung einer Due Diligence im Vorfeld einer geplanten Pakettransaktion nur dann angenommen werden kann, wenn sie den Grundsätzen ordnungsgemäßer Unternehmensführung im Sinne des § 93 Abs. 1 AktG entspricht, der Vorstand bei der Entscheidung über die Einwilligung den aus § 93 Abs. 1 AktG erwachsenden Verhaltens- und Sorgfaltsanforderungen nachgekommen ist. c) Allgemeine Ausführungen zu § 93 Abs. 1 AktG Mit dem bloßen und recht pauschal anmutenden Hinweis darauf, dass der Vorstand bei der Einwilligung in das Bereitstellen der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zwecks Durchführung der Due Diligence die Grundsätze ordnungsgemäßer Geschäftsführung im Sinne des § 93 Abs. 1 AktG zu beachten hat, um von der Wirksamkeit der Einwilligung ausgehen zu können, wird noch keine nähere Aussage darüber getroffen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Einwilligung konkret als wirksam erachten erachtet werden kann. Denn § 93 Abs. 1 AktG enthält lediglich eine generalklauselartige Umschreibung der Verhaltenspflichten von Vorstandsmitgliedern.692 Um sich dieser Frage anzunähern, empfiehlt sich zunächst einleitend eine allgemeine Betrachtung der Vorschrift und der hieraus erwachsenden Pflichten. aa) Sorgfaltspflicht gemäß § 93 Abs. 1 S. 1 AktG § 93 Abs. 1 S. 1 AktG sieht zunächst ganz allgemein vor, dass die Vorstandsmitglieder im Rahmen der Geschäftsführung die Sorgfalt eines or692 Dauner-Lieb, in: Henssler / Strohn, GesR, § 93 AktG Rn. 1; Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 93 Rn. 1; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 1.
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)187
dentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters zu beachten haben. Die herrschende Meinung geht zutreffenderweise davon aus, dass dieser Vorschrift zugleich eine Doppelfunktion zuteil wird: Zum einen enthält sie eine generalklauselartige Umschreibung der den Vorstandsmitgliedern obliegenden Sorgfaltspflicht; zum anderen werden aus ihr Verhaltenspflichten des Vorstands abgeleitet, die sich in Konkretisierung der aus § 76 Abs. 1 AktG resultierenden Leitungsverantwortung ergeben.693 Zunächst umschreibt § 93 Abs. 1 S. 1 AktG einen auf die speziellen Aufgaben des Unternehmensleiters zugeschnittenen Sorgfaltsmaßstab, der in seiner Funktion im Wesentlichen demjenigen des § 276 Abs. 2 BGB oder § 347 HGB entspricht. Da nicht „der eine ordentliche Geschäftsleiter“ für alle Geschäftsführungsmaßnahmen existiert, eine Art „Prototyp“ nur für die jeweilige Geschäftsführungsmaßnahme denkbar erscheint und Verallgemeinerungen im Hinblick auf den Sorgfaltsmaßstab daher nur begrenzt möglich sind, richtet sich dieser nicht nach festen Maßstäben, sondern nach einer Reihe unterschiedlicher Faktoren, die von Situation zu Situation variieren. Zu diesen zählen beispielsweise die Art und Größe des jeweiligen Unternehmens, seine wirtschaftliche und finanziellen Lage, die Art und Bedeutung der jeweiligen Geschäftsführungsmaßnahme, die Aufgabenverteilung innerhalb eines mehrköpfigen Vorstands oder das durch die aktuelle wirtschaftliche Lage beeinflusste konjunkturelle Umfeld.694 Um die Sorgfaltsanforderungen zu ermitteln, die die Vorstandsmitglieder im Rahmen der jeweiligen Entscheidung einhalten müssen, ist die Frage aufzuwerfen, wie ein pflichtbewusster, selbstständig tätiger Leiter eines Unternehmens der konkreten Art, der nicht mit eigenen Mitteln wirtschaftet, sondern ähnlich wie ein Treuhänder fremden Vermögensinteressen verpflichtet ist, handeln würde.695 Dabei gilt es wiederum zu beachten, dass das Vorstandshandeln grundsätzlich darauf gerichtet sein muss, den Vorteil der Gesellschaft zu 693 Eckert, in: Wachter, AktG, § 93 Rn. 5, 6, 7; Fleischer, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 7 Rn. 1; ders., in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 93 Rn. 10; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 2, 3; Koch, in: Hüffer, AktG, § 93 Rn. 5; Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 93 Rn. 1, 22. 694 Böttcher, S. 193; Eckert, in: Wachter, AktG, § 93 Rn. 6; Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 93 Rn. 41; ders., in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 7 Rn. 27; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 26; Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 93 Rn. 25. 695 OLG Düsseldorf AG 1997, 231 (235); OLG Hamm AG 1995, 512 (514); OLG Koblenz ZIP 1991, 870 (871); Bürgers / Israel, in: Bürgers / Körber, AktG, § 93 Rn. 3; Dauner-Lieb, in: Henssler / Strohn, GesR, § 93 AktG Rn. 7; Eckert, in: Wachter, AktG, § 93 Rn. 6; Fleischer, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 7 Rn. 27; ders., in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 93 Rn. 41; Geiser, S. 54; Koch, in: Hüffer, AktG, § 93 Rn. 6; Mutschler / Mersmann, DB 2003 S. 79 (79); Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 93 Rn. 25; Storck, FB 2004, 363 (363); Wiesner, in: Münch. Hdb. GesR, Bd. 4, § 25 Rn. 2.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
wahren und Schaden von ihr abzuwenden hat.696 Die Vorstandsmitglieder haben Entscheidungen prinzipiell am Unternehmensinteresse auszurichten und losgelöst von sachfremden Erwägungen zu treffen.697 Darüber hinaus müssen sie ihre individuellen Fähigkeiten und Kenntnisse bei der Vornahme der jeweiligen Geschäftsführungsmaßnahme einsetzen. Die tatsächlichen Usancen im betroffenen oder in vergleichbaren Unternehmen entlasten die Vorstandsmitglieder insoweit also nicht.698 Des Weiteren stellt § 93 Abs. 1 S. 1 AktG eine Generalklausel dar, aus der sich unterschiedliche unternehmerische Verhaltenspflichten ergeben beziehungsweise aus der Rechtsprechung und Lehre unterschiedliche situa tionsbezogene Einzelpflichten ableiten, die nicht bereits spezialgesetzlich normiert sind.699 Zu den insofern wesentlichen und damit als Kardinalpflichten klassifizierbaren Verpflichtungen des Vorstands zählt insbesondere die ordnungsgemäße Leitung der Aktiengesellschaft, wie sie in § 76 Abs. 1 AktG bereits angedeutet, aber nicht näher konkretisiert wird. Damit einher geht wiederum die Pflicht zur Organisation der Gesellschaftsabläufe, zur Unternehmensplanung und Steuerung der Unternehmensabläufe, zur Überwachung und Steuerung der Finanzen und zur Steuerung der Informationsflüsse im Unternehmen.700 Weiterhin obliegt dem Vorstand die sogenannte Legalitätspflicht. Hinter diesem Begriff verbirgt sich die Verpflichtung des Vorstands, die Vorgaben des Aktiengesetzes, der Satzung und der Geschäftsordnung im Innenverhältnis zur Gesellschaft zu beachten (interne Pflichtenbindung) und für die Einhaltung von Recht und Gesetz durch die Gesellschaft im Außenverhältnis zu sorgen (externe Pflichtenbindung).701 696 BGH NJW 1956, 1753 (1753); Fleischer, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 7 Rn. 2; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 26; Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 93 Rn. 26. 697 BGH NJW 1962, 864 (866); OLG Frankfurt CCZ 2012, 236 (237); OLG Oldenburg NZG 2007, 434 (434); Fleischer, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 1 Rn. 18 ff.; ders., in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 76 Rn. 24 ff.; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 26; Koch, in: Hüffer, AktG, § 76 Rn. 12 ff.; Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 76 Rn. 63 ff.; Weber, in: Hölters, AktG, § 76 Rn. 19 ff. 698 Dauner-Lieb, in: Henssler / Strohn, GesR, § 93 AktG Rn. 7; Eckert, in: Wachter, AktG, § 93 Rn. 6; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 27; Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 93 Rn. 25; Wiesner, in: Münch. Hdb. GesR, Bd. 4, § 25 Rn. 2. 699 Bürgers / Israel, in: Bürgers / Körber, AktG, § 93 Rn. 2; Dauner-Lieb, in: Henssler / Strohn, GesR, § 93 AktG Rn. 6; Eckert, in: Wachter, AktG, § 93 Rn. 5; Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 93 Rn. 10; ders., in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 7 Rn. 1; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 2, 3; Koch, in: Hüffer, AktG, § 93 Rn. 4, 5. 700 Dauner-Lieb, in: Henssler / Strohn, GesR, § 93 AktG Rn. 7; Eckert, in: Wachter, AktG, § 93 Rn. 8; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 42 ff. 701 Dauner-Lieb, in: Henssler / Strohn, GesR, § 93 AktG Rn. 7; Eckert, in: Wachter, AktG, § 93 Rn. 8; Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 93 Rn. 14 ff.;
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)189
Selbst solche Gesetzesverstöße, die vermeintlich im Unternehmensinteresse oder gar objektiv zu ihrem Nutzen erfolgen, hat der Vorstand zu unterlassen, da die Einhaltung der Gesetzesbestimmungen dem Unternehmensinteresse vorgeordnet und eine Theorie des effizienten Gesetzesbruchs – „efficient breach of public law“ – nicht anzuerkennen ist.702 Schließlich erwächst dem Vorstand unmittelbar aus § 93 Abs. 1 S. 1 AktG auch eine Kontroll- und Überwachungspflicht inklusive einer Compliance-Pflicht. Hiernach hat er für die Überwachung im Bereich der horizontalen Arbeitsverteilung innerhalb eines mehrköpfigen Vorstands, die Überwachung im Bereich der vertikalen Arbeitsverteilung bei der Delegation von Aufgaben an Unternehmensangehörige zu sorgen und Gesetzesverstöße von Unternehmensangehörigen schon im Vorfeld durch geeignete und zumutbare Schutzvorkehrungen zu verhindern703. bb) Verschwiegenheitspflicht gemäß § 93 Abs. 1 S. 3 AktG Teilweise wird der in § 93 Abs. 1 S. 1 AktG verankerte, soeben näher dargestellte allgemeine Sorgfaltsmaßstab der Vorstandsmitglieder durch spezielle, ausdrücklich normierte Verhaltenspflichten näher konkretisiert.704 So hat der Vorstand beispielsweise gemäß § 91 Abs. 1 AktG dafür zu sorgen, dass die erforderlichen Handelsbücher geführt werden. Nach § 91 Abs. 2 AktG hat er geeignete Maßnahmen zu treffen, insbesondere ein Überwachungssystem einzurichten, damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden. Nach § 92 Abs. 1 AktG obliegt ihm die Pflicht, die Hauptversammlung unverzüglich einzuberufen und ihr einen Verlust in Höhe der Hälfte des Grundkapitals anzuzeigen, sofern sich dieser bei Aufstellung der Jahresbilanz oder einer Zwischenbilanz ergibt oder bei pflichtmäßigem Ermessen anzunehmen ist. Eine weitere ausdrückliche Konkretisierung der Sorgfaltspflicht hält § 93 AktG selbst in § 93 Abs. 1 S. 3 AktG bereit. Hiernach haben die Vorstandsmitglieder über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich BetriebsHölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 54 ff.; Koch, in: Hüffer, AktG, § 93 Rn. 6; Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 93 Rn. 73 ff. 702 Dauner-Lieb, in: Henssler / Strohn, GesR, § 93 AktG Rn. 20; Fleischer, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 7 Rn. 22; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 75; Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 93 Rn. 91. 703 Dauner-Lieb, in: Henssler / Strohn, GesR, § 93 AktG Rn. 7; Eckert, in: Wachter, AktG, § 93 Rn. 8; Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 93 Rn. 94 ff.; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 80 ff.; Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 93 Rn. 98; Wiesner, in: Münch. Hdb. GesR, Bd. 4, § 25 Rn. 6. 704 Eckert, in: Wachter, AktG, § 93 Rn. 7; Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 93 Rn. 16 ff.; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 28.
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oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekannt geworden sind, Stillschweigen zu bewahren. Es handelt sich sowohl um eine ausdrücklich geregelte Ausprägung der organschaftlichen Treuepflicht705 als auch um eine Konkretisierung der Sorgfaltspflicht gemäß § 93 Abs. 1 S. 1 AktG706, mit der der Gesetzgeber den Zweck verfolgt, die Aktiengesellschaft vor der Preisgabe von sensiblen Informationen an Dritte und den damit verbundenen Gefahren und potenziellen Nachteilen zu schützen.707 Des Weiteren korreliert sie auch mit der aus § 91 Abs. 2 AktG erwachsenden Pflicht des Vorstands, ein Frühwarn- und Überwachungssystem zu installieren.708 Die herrschende Meinung geht davon aus, dass § 93 Abs. 1 S. 3 AktG zwingendes Recht darstellt und folglich weder durch Satzung, Erlass einer Geschäftsordnung noch durch Einzelbeschluss der Hauptversammlung verschärft oder gemildert werden kann.709 Denkbar sei einzig eine Konkretisierung der Verschwiegenheitspflicht durch Richtlinien, um dem Vorstandsmitglied, „besser als das Gesetz es vermag, eine auf die Praxis bezogene Handhabe zu geben, wann es besonders auf die Gefahr einer Verletzung gesetzlich geschützter Geheimhaltungsinteressen achten muss“.710 Verstoßen die Vorstandsmitglieder gegen die ihnen auferlegte Verschwiegen705 BGH NJW 1975, 1412, 1413; Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 93 Rn. 160; Heinz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 22 Rn. 49; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (279); Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 133; Koch, in: Hüffer, AktG, § 93 Rn. 29; Meincke, WM 1998, 749 (750); Rittmeister, M&A Review 2008, 528 (528); ders., NZG 2004, 1032 (1033); Roschmann / Frey, AG 1996, 449 (449); Schroe der, DB 1997, 2161 (2162); Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 93 Rn. 113; Wiesner, in: Münch. Hdb. GesR, Bd. 4, § 25 Rn. 40; Ziegler, DStR 2000, 249 (252); Ziemons, AG 1999, 492 (493); Zirngibl, S. 201; Zumbansen / Lachner, BB 2006, 613 (614). 706 BGH NJW 1975, 1412 (1412); Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (279); Koch, in: Hüffer, AktG, § 93 Rn. 29; Zumbansen / Lachner, BB 2006, 613 (614). 707 Bruse / Keinath, in: FS Pöllath & Partners, S. 363 (367); Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 93 Rn. 160; Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1957); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (354); Rittmeister, NZG 2004, 1032 (1033); ders., M&A Review 2008, 528 (529); Roschmann / Frey, AG 1996, 449 (451); Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 93 Rn. 133; Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (444); Ziemons, AG 1999, 492 (493); Zumbansen / Lachner, BB 2006, 613 (614). 708 Heinz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 22 Rn. 47 ff.; Zimmermann, WM 2008, 433 (435). 709 BGH NJW 1975, 1412 (1412); Eggenberger, S. 93; Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 93 Rn. 162; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 151; Liekefett, S. 92; Meincke, WM 1998, 749 (750); Roschmann / Frey, AG 1996, 449 (451); Schroeder, DB 1997, 2161 (2161); Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 93 Rn. 114; Wiesner, in: Münch. Hdb. GesR, Bd. 4, § 25 Rn. 45; Zumbansen / Lachner, ZVglRWiss 105 (2006), 1 (7). 710 BGH NJW 1975, 1412 (1412); Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 93 Rn. 162.
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)191
heitspflicht, so kann dies nicht nur eine Schadensersatzpflicht gemäß § 93 Abs. 2 S. 1 AktG zur Folge haben, sondern sogar zum Widerruf der Bestellung gemäß § 84 Abs. 3 AktG und zur Kündigung des Anstellungsverhältnisses gemäß § 626 BGB führen, wobei der Verschuldensgrad der Verletzung der Schweigepflicht und die Auswirkungen auf das Unternehmen im Einzelfall ausschlaggebend sind.711 Der Wortlaut des § 93 Abs. 1 S. 3 AktG gibt Anlass zu der Annahme, dass die Vorstandsmitglieder einer ausnahmslos geltenden Verschwiegenheitspflicht unterliegen. Denn hiernach „haben“ diese über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekannt geworden sind, Stillschweigen zu bewahren. Weiterhin könnte auch ein Blick in § 394 Abs. 1 AktG für die Annahme einer absolut geltenden Verschwiegenheitspflicht sprechen. Hiernach unterliegen Aufsichtsratsmitglieder, die auf Veranlassung einer Gebietskörperschaft in den Aufsichtsrat gewählt oder entsandt worden sind, hinsichtlich der Berichte, die sie der Gebietskörperschaft im dienstlichen Verkehr zu erstatten haben, entgegen §§ 116 S. 2 AktG i. V. m. § 93 Abs. 1 S. 3 AktG keiner Verschwiegenheitspflicht.712 Da diese Ausnahme von der Verschwiegenheitspflicht gesetzlich normiert ist, könnte man folglich im Umkehrschluss annehmen, dass sonstige Ausnahmen gerade nicht vorgesehen sind und die Pflicht zur Verschwiegenheit daher in allen anderen Fällen absolute Geltung entfalte.713 Trotz dieser Erwägungen ist jedoch in Rechtsprechung und Lehre zutreffenderweise anerkannt, dass der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht keine absolute Geltung zuteil wird, sondern vielmehr Ausnahmen hiervon bestehen.714 Maßgebliche Bedeutung erlangt an dieser Stelle vor allem das Unternehmensinteresse, an das der Vorstand die von ihm ergriffenen Geschäftsführungsmaßnahmen zu auszurichten hat. Von einem Verstoß der Vorstandsmitglieder gegen die aus § 93 Abs. 1 S. 3 AktG resultierende Verschwiegenheitspflicht kann demnach dann nicht ausgegangen werden, wo das Unternehmensinteresse eine Offenbarung dieser Informationen erfordert 711 Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 93 Rn. 172; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 151; Koch, in: Hüffer, AktG, § 93 Rn. 35; Körber, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 10 Rn. 35; Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 93 Rn. 113. 712 von Stebut, S. 90. 713 Zwingend erscheint diese Überlegung natürlich nicht, da man ebenso die Ansicht vertreten könnte, dass der Gesetzgeber durch die Vorschrift eine Ausnahme von der Verschwiegenheitspflicht exemplarisch regeln wollte und weitere Offenbarungstatbestände denkbar sind. 714 Dauner-Lieb, in: Henssler / Strohn, GesR, § 93 AktG Rn. 15; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (278); Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 138; Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 93 Rn. 133.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
beziehungsweise wo überwiegende Interessen der Gesellschaft der Geheimhaltung der Informationen entgegenstehen.715 Begründen lässt sich diese limitierte Geltung der Verschwiegenheitspflicht anhand ihrer Rechtsnatur und des ihr zugrunde liegenden Schutzzwecks. Wie bereits eingangs festgestellt wurde, stellt sie eine ausdrücklich geregelte Ausprägung der allgemeinen organschaftlichen Treuepflicht und zugleich eine Konkretisierung der allgemeinen Sorgfaltspflicht dar.716 Der Gesetzgeber verfolgt mit ihr den Zweck, die Gesellschaft vor der Preisgabe von sensiblen Informationen an Dritte und den damit verbundenen Gefahren und potenziellen Nachteilen zu schützen.717 Dies muss aber im Umkehrschluss zur Folge haben, dass eine Verschwiegenheitspflicht der Vorstandsmitglieder dann nicht angenommen werden kann, wenn die Offenbarung der Geheimnisse an Dritte gegenüber der Gesellschaft nicht treue- oder sorgfaltspflichtwidrig ist, die Treue- und Sorgfaltspflicht vielmehr eine Offenbarung gebietet, weil diese gerade im Unternehmensinteresse liegt.718 Nähme man demgegenüber eine ausnahmslos geltende Verschwiegenheitspflicht der Vorstandsmitglieder an, so würde § 93 Abs. 1 S. 3 AktG seiner Rechtsnatur und seinem Schutzzweck in Konstellationen, in denen die Mitteilung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnis715 BGH NJW 1974, 1412 (1413); Borsch, DB 2005, 2175 (2175); Bruse / Keinath, in: FS Pöllath & Partners, S. 363 (367); Dauner-Lieb, in: Henssler / Strohn, GesR, § 93 AktG Rn. 15; Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 93 Rn. 169; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 138, 142; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (151); Koch, in: Hüffer, AktG, § 93 Rn. 29, 31; Körber, NZG 2002, 263 (269); Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (499); Menke, NZG 2004, 697 (698); Mertens, AG 1997, 541 (542); Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1957); Müller, NJW 2000, 3452 (3453); Rittmeister, NZG 2004, 1032 (1033); ders., M&A Review 2008, 528 (529); Roschmann / Frey, AG 1996, 449 (452); Schroeder, DB 1997, 2161 (2162); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (373); Traugott, BB 2001, 2277 (2279); Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (444); Ziegler, DStR 2000, 249 (252); Ziemons, AG 1999, 492 (493); Zumbansen / Lachner, BB 2006, 613 (614, 618). 716 Vgl. Teil 2, A. VIII. 5. c) bb). 717 Bruse / Keinath, in: FS Pöllath & Partners, S. 363 (367); Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 93 Rn. 160; Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1957); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (354); Rittmeister, NZG 2004, 1032 (1033); ders., M&A Review 2008, 528 (529); Roschmann / Frey, AG 1996, 449 (451); Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 93 Rn. 133; Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (444); Ziemons, AG 1999, 492 (493); Zumbansen / Lachner, BB 2006, 613 (614). 718 Borsch, DB 2005, 2175 (2175); Bruse / Keinath, in: FS Pöllath & Partners, S. 363 (367); Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 93 Rn. 169; Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (499); Menke, NZG 2004, 697 (698); Mertens, AG 1997, 541 (542); Rittmeister, NZG 2004, 1032 (1033); Roschmann / Frey, AG 1996, 449 (452); Schroeder, DB 1997, 2161 (2162); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (373); Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 93 Rn. 133; Traugott, BB 2001, 2277 (2279); Ziegler, DStR 2000, 249 (251); Zumbansen / Lachner, BB 2006, 613 (614, 618).
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)193
se aus Sicht der Treue- und Sorgfaltspflicht geboten ist und dem Unternehmensinteresse entspricht, gerade zuwiderlaufen. Es kann daher kein Zweifel daran bestehen, dass die Verschwiegenheitspflicht keine absolute Geltung für sich beansprucht, sondern dann nicht besteht, wenn die Treue- und Sorgfaltspflicht der Vorstandsmitglieder beziehungsweise das Unternehmensinteresse die Offenbarung gebieten. cc) Business Judgement Rule gemäß § 93 Abs. 1 S. 2 AktG Der Vorstand hat die Gesellschaft gemäß § 76 Abs. 1 AktG unter eigener Verantwortung zu leiten. Damit einher geht der Umstand, dass dieser über einen Kompetenzbereich verfügt, in dem er unternehmerische Entscheidungen innerhalb der durch Gesetz, Satzung, Geschäftsordnung oder Anstellungsvertrag vorgezeichneten Grenzen eigenständig treffen kann. Da einerseits diese unternehmerischen Entscheidungen typischerweise Entscheidungen unter Unsicherheit darstellen, da sie durch prognostische Elemente und nicht justiziable Einschätzungen geprägt sind, andererseits die Geschäftsführungstätigkeit des Vorstands nicht infolge der Angst vor haftungsrechtlichen Konsequenzen zum Erliegen kommen soll, räumt § 93 Abs. 1 S. 2 AktG den Vorstandsmitgliedern einen nicht nachprüfbaren unternehmerischen Ermessensspielraum ein. Hiernach liegt eine Pflichtverletzung der Vorstandsmitglieder dann nicht vor, wenn sie vernünftigerweise annehmen durften, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Mit dieser Regelung wurde die aus dem anglo-amerikanischen Recht stammende Business Judgement Rule in das deutsche Aktienrecht aufgenommen und damit ein ausdrücklich normierter Haftungsfreiraum, ein sogenannter safe harbour, zugunsten der Vorstandsmitglieder geschaffen.719 Eine über eine Klarstellungsfunktion hinausgehende Bedeutung kann der Vorschrift allerdings nicht attestiert werden, da es bereits vor Inkrafttreten der Vorschriften gängiger Rechtspraxis entsprach, dass der Vorstand bei unternehmerischen Entscheidungen über einen nicht überprüfbaren unter719 Dauner-Lieb, in: Henssler / Strohn, GesR, § 93 AktG Rn. 17; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 29; Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 93 Rn. 37; als Tatbestandsausschlussgrund beziehungsweise als Tatbestandsbeschränkung einstufend: BT-Drucks. 15 / 5092, S. 11; Dauner-Lieb, in: Henssler / Strohn, GesR, § 93 AktG Rn. 19; Fleischer, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 1 Rn. 50; § 7 Rn. 51; ders., in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 93 Rn. 65; Heinz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 22 Rn. 56; a. A. unwiderlegbare Rechtsvermutung, vgl. Hopt / Roth, in: GK-AktR, Bd. 3, § 93 Abs. 1 S. 2, 4 Rn. 10; Koch, in: Hüffer, AktG, § 93 Rn. 14; a. A. Konkretisierung der dem Vorstand abverlangten objektiven Pflichten, vgl. Hopt / Roth, in: GK-AktR, Bd. 3, § 93 Abs. 1 S. 2, 4 Rn. 12; Körber, NZG 2002, 263 (269); Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 93 Rn. 39.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
nehmerischen Ermessensspielraum verfügt, der dessen Erfolgshaftung einschränkt.720 So führte die Rechtsprechung bereits im Vorfeld der Schaffung des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG aus, dass dem Vorstand bei der Leitung der Geschäfte des Gesellschaftsunternehmens ein weiter Handlungsspielraum zugebilligt werden müsse, ohne den eine unternehmerische Tätigkeit schlechterdings nicht denkbar sei. Dazu gehöre neben dem bewussten Eingehen geschäftlicher Risiken grundsätzlich auch die Gefahr von Fehlbeurteilungen und Fehleinschätzungen, der jeder Unternehmensleiter, mag er auch noch so verantwortungsbewusst handeln, ausgesetzt sei. Von einer Pflichtverletzung durch den Vorstand könne erst dann ausgegangen werden, wenn die Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen müsse, deutlich überschritten seien, die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt worden sei oder das Verhalten des Vorstands aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten müsse.721 Genau dieser Gedanke findet heute in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG seinen Niederschlag. „Die gesetzliche Einfügung der Business Judgement Rule ist also lediglich eine kodifizierte Festschreibung der auch vor ihrem Inkrafttreten geltenden Rechtsprechungspraxis.“722 Sie trägt allerdings zur Ausgewogenheit des § 93 Abs. 1 AktG insoweit bei, als dass es durchaus sachgerecht erscheint, im Gesetzestext selbst zum Ausdruck zu bringen, dass für unternehmerische Entscheidungen ein Freiraum existiert, der sich gegenüber dem Haftungsrecht behauptet.723
720 Bussian, S. 59; Dauner-Lieb, in: Henssler / Strohn, GesR, § 93 AktG Rn. 18; Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 93 Rn. 13; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 29; Hopt / Roth, in: GK-AktR, Bd. 3, § 93 Abs. 1 S. 2, 4 Rn. 2; Koch, in: Hüffer, AktG, § 93 Rn. 11. 721 BGH NJW 1997, 1926 (1927, 1928); vgl. auch Dauner-Lieb, in: Henssler / Strohn, GesR, § 93 AktG Rn. 17, 18; Fleischer, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 1 Rn. 50; § 7 Rn. 3, 47; ders., in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 93 Rn. 13, 61; Geiser, S. 27; Heinz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 22 Rn. 54; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 32; Koch, in: Hüffer, AktG, § 93 Rn. 11; Mutschler / Mersmann, DB 2003, 79 (80); Rittmeister, M&A Review 2008, 578 (581); Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 93 Rn. 36 ff., 54; Wiesner, in: Münch. Hdb. GesR, Bd. 4, § 19 Rn. 17. 722 Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 32. 723 Kock / Dinkel, NZG 2004, 441 (443).
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d) Das Unternehmensinteresse als Konkretisierung der sich aus § 93 Abs. 1 AktG ergebenden Einwilligungsschranke Nachdem vorausgehend die wesentlichen Eckpunkte der aus § 93 Abs. 1 AktG resultierenden Grundsätze ordnungsgemäßer Unternehmensführung dargestellt wurden, stellt sich nunmehr die Frage, wie die zulasten des Vorstands und zum Schutz der Aktiengesellschaft als eigentlichen Rechtsgutsinhaber wirkende Einwilligungsschranke im Kontext des § 17 Abs. 1 UWG näher konkretisiert werden kann. In Anbetracht der Tatsache, dass es bei der Frage der Einwilligung in die Mitteilung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen um die Disposition über diese Informationen und den Verzicht auf ihren strafrechtlichen Schutz geht, bietet es sich an, die zu der Verschwiegenheitspflicht des § 93 Abs. 1 S. 3 AktG erarbeiteten Erkenntnisse als Ausgangspunkt der Konkretisierung der Einwilligungsschranke heranzuziehen. Insoweit konnte festgestellt werden, dass die Pflicht der Vorstandsmitglieder zur Verschwiegenheit nicht ausnahmslos gilt, sondern diese vielmehr unter Umständen zur Offenbarung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen befugt sein können. Als maßgeblich hat sich in diesem Zusammenhang die Frage erwiesen, inwieweit die Treue- und Sorgfaltspflicht des Vorstands eine Verschwiegenheit gebietet beziehungsweise das Unternehmensinteresse eine Mitteilung der Informationen erfordert und legitimiert.724 Begründet wurde dies damit, dass der Gesetzgeber mit § 93 Abs. 1 S. 3 AktG den Zweck verfolgt, die Gesellschaft vor der Preisgabe von sensiblen Informationen durch den Vorstand an Dritte und den damit verbundenen Gefahren und potenziellen Nachteilen zu schützen, ein solcher Schutz allerdings nicht geboten ist, wenn die Offenbarung gerade dem Unternehmensinteresse entspricht. Auch die im Kontext des § 17 Abs. 1 UWG und der Disposition über Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Aktiengesellschaft als erforderlich erachtete Einwilligungsschranke soll dazu dienen, die Gesellschaft vor willkürlichen und nachteilhaften Dispositionen des Vorstands als das zur Ausübung der Dispositionsbefugnis berufene Organ zu schützen. Daher erscheint es sachgemäß, auch die Wirksamkeit der Einwilligung des Vorstands in die Mitteilung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen als Ausübung der Dispositionsbefugnis der Aktiengesellschaft und als Geschäftsführungsmaßnahme im Sinne des § 77 Abs. 1 AktG davon abhängig zu machen, inwieweit diese im Unternehmensinteresse liegt. Eine eindeutig dem Unternehmensinteresse zuwiderlaufende Einwilligung ist demnach als unwirksam zu erachten.725 Diese entspricht im Übrigen auch dem im Rah724 Vgl.
Teil 2, A. VIII. 5. c) bb). i. E. unbestritten, vgl. Hammer, in: Graf / Jäger / Wittig, § 17 UWG Rn. 20; vgl. zu § 404 AktG Müller-Michaels, in: Hölters, AktG, § 404 Rn. 10; Ransiek, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 8 Kap. 2 Rn. 18; Ziegler, DStR 2000, 249 (252); 725 So
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
men der Erörterungen zu § 93 Abs. 1 S. 1 AktG zu Geschäftsführungsmaßnahmen im Allgemeinen identifizierten Grundsatz, dass der Vorstand den Vorteil der Gesellschaft zu wahren und Schaden von ihr abzuwenden und seine Entscheidungen am Unternehmensinteresse auszurichten und losgelöst von sachfremden Erwägungen zu treffen hat. Ob die Einwilligung des Vorstands in die Mitteilung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse im Unternehmensinteresse liegt, richtet sich wiederum danach, ob die hierdurch „erlaubte“ Bereitstellung dieser Informationen selbst dem Unternehmensinteresse entspricht. Denn der Verzicht auf den durch § 17 Abs. 1 UWG gewährleisteten Rechtsgüterschutz kann nur dann im Unternehmensinteresse liegen, wenn die hierdurch legitimierte Tathandlung dem Unternehmensinteresse entspricht. e) Der Begriff des Unternehmensinteresses Nachdem das Unternehmensinteresse vorausgehend bereits schon mehrfach angesprochen und schließlich auch als maßgeblicher Faktor für die Wirksamkeit der Einwilligung des Vorstands in die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Informationen identifiziert wurde, stellt sich zunächst die Frage, was genau unter diesem Begriff als Handlungsmaxime der Geschäftsführung zu verstehen ist, bevor der Frage nachgegangen wird, ob und unter welchen Voraussetzungen die Einwilligung in die Bereitstellung der zu Zwecken der Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse im Unternehmensinteresse liegt und als wirksam erachtet werden kann. Da weder das Gesetz selbst noch die einschlägige Rechtsprechung eine nähere Definition dafür bereit halten, was unter dem Begriff des Unternehmensinteresses zu verstehen ist, verwundert es nicht, dass dieser und die hieraus erwachsenden Vorgaben an das Vorstandshandeln in der Literatur seit geraumer Zeit kontrovers diskutiert werden.726 Im Wesentlichen haben sich dabei zwei unterschiedliche Ansatzpunkte herauskristallisiert. zum generellen Offenbarungswillen vgl. zu § 85 GmbHG Altmeppen, in: Roth / Altmeppen, GmbHG, § 85 Rn. 11; Haas, in: Baumbach / Hueck, GmbHG § 85 Rn. 10; Servatius, in: Henssler / Strohn, GesR, § 85 GmbHG Rn. 4; Wißmann, in: MüKo GmbHG, Bd. 3, § 85 Rn. 37, 44. 726 Da die Rechtsprechung die Begriffe des Unternehmensinteresses und Gesellschaftsinteresses teilweise synonym verwendet (BGH NJW 1975, 1412 (1413); BGH DStR 1997, 1460 (1462)) und es ein vom Gesellschaftsinteresse zu unterscheidenes Interesse des Unternehmens als eigenständigen Interessenträger nicht gibt (Koch, in: Hüffer, AktG, § 76 Rn. 36; Weber, in: Hölters, AktG, § 76 Rn. 23; a. A. Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 76 Rn. 66 ff.), ist von der inhaltlichen Identität der beiden Begriffe auszugehen. Andere Deutungen, die das Unternehmen selbst zum Interessenträger machen und damit gegenüber der Gesellschaft mehr oder minder verselbst-
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aa) Stakeholder Value Die herrschende Meinung tendiert in diesem Kontext zu der Annahme, der Begriff des Unternehmensinteresses lasse sich als das Ergebnis des Ausgleichs der unterschiedlichen, im Unternehmen zusammentreffenden Interessen definieren, das der Vorstand zu ermitteln und seinem Verwaltungshandeln zugrunde zu legen habe. Gesprochen wird insofern auch vom Konzept des sogenannten Stakeholder Value.727 Grundsätzlich sei für jedes Unternehmen einer Aktiengesellschaft eine pluralistische Struktur kennzeichnend, die in drei Interessenbereichen zum Ausdruck komme: dem Kapital, der Arbeit und dem Gemeinwohl.728 Denn jedes Unternehmen werde durch verschiedene Anspruchsgruppen konstituiert, namentlich durch die Anteilseigner, die Arbeitnehmer und die Öffentlichkeit.729 Dies habe wiederum zur Folge, dass das Unternehmensinteresse als Leitmotiv des Vorstands in Sinne einer interessenpluralen Zielkonzeption verstanden werden müsse, in der sämtliche Interessen angemessen zu berücksichtigen seien.730 Da die Interessen der einzelnen Anspruchsgruppen und auch die Interessen innerhalb dieser Gruppen mitunter sehr stark voneinander divergieren könnten, obliege dem Vorstand die Aufgabe, die verschiedenen widerstreitenden Interessen im Einzelfall gegeneinander abzuwägen und im Wege praktischer Konkordanz zum Ausgleich zu bringen.731 Er sei weder berechtigt noch verpflichtet, sich bei der Erfüllung seiner Leitungsaufgabe allein von den Aktionärsinteressen leiten zu lassen.732 Vielmehr müsse er dafür Sorge tragen, dass sich die Aktiengesellschaft auch „in die Interessen der Gesamtwirtschaft und in die Interessen ständigen oder Gesellschaft und Unternehmen integrieren, sind hingegen abzulehnen, weil sie dazu führten, dass nach Herkunft und Inhalt nicht näher definierte Interessen zur Richtschnur des Vorstandshandelns erhoben werden könnten (Koch, in: Hüffer, AktG, § 76 Rn. 36; Ringleb, in: DCGK, Rn. 565, 566). 727 OLG Frankfurt CCZ 2012, 236 (238); OLG Hamm AG 1995, 512 (514); Böttcher, S. 62; Bürgers / Israel, in: Bürgers / Körber, AktG, § 76 Rn. 13; Henze, BB 2000, 209 (212); Koch, in: Hüffer, AktG, § 76 Rn. 29; Liekefett, S. 98; Ringleb, in: DCGK, Rn. 566; Wellhöfer, in: Wellhöfer / Peltzer / Müller, Haftung, § 2 Rn. 18, § 4 Rn. 25. 728 Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 76 Rn. 60. 729 OLG Frankfurt CCZ 2012, 236 (238); Koch, in: Hüffer, AktG, § 76 Rn. 28; Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 76 Rn. 60; 71. 730 OLG Frankfurt CCZ 2012, 236 (238); Bürgers / Israel, in: Bürgers / Körber, AktG, § 76 Rn. 13; Koch, in: Hüffer, AktG, § 76 Rn. 28, 30; Wellhöfer, in: Wellhöfer / Peltzer / Müller, Haftung, § 2 Rn. 18. 731 Eggenberger, S. 105; Henze, BB 2000, 209 (212); Koch, in: Hüffer, AktG, § 76 Rn. 28, 30; Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (499); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (374); Wellhöfer, in: Wellhöfer / Peltzer / Müller, Haftung, § 4 Rn. 25. 732 OLG Frankfurt CCZ 2012, 236 (238); Koch, in: Hüffer, AktG, § 76 Rn. 28; Wellhöfer, in: Wellhöfer / Peltzer / Müller, Haftung, § 2 Rn. 18, § 4 Rn. 25.
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der Allgemeinheit“ einfüge und „das Wohl ihrer Arbeitnehmer“ beachtet werde.733 Zudem folge aus der Interessenpluralität weiterhin, dass keine bestimmte Rangfolge der maßgeblichen Interessen existiere.734 Der Vorstand verfüge daher über einen breiten Spielraum zur praktischen Konkordanz dieser Interessen.735 Lediglich eine tendenzielle Aufwertung der Aktionärsinte ressen komme im Einzelfall in Betracht, sofern der Gedanke der Interessenpluralität im Grundsatz gewahrt werde.736 bb) Shareholder Value Andere Stimmen in der Literatur vertreten demgegenüber die Auffassung, das Unternehmensinteresse entspreche im Wesentlichen dem Interesse der Aktionäre an der Maximierung des Marktwerts des Unternehmens verstanden als Wert des Eigenkapitals, da dem Aktionärsinteresse Vorrang vor anderen Gruppen einzuräumen sei.737 Gesprochen wird in diesem Zusammenhang auch vom Konzept des sogenannten Shareholder Value, das ebenso unter den Schlagworten „Value-Management“, „Wertmanagement“ oder „Wertsteigerungsmanagement“ bekannt ist.738 Wenn auch grundsätzlich unterschiedliche Interessen im Unternehmen einer Aktiengesellschaft aufeinanderträfen, so stehe es dennoch letztlich im Eigentum der Aktionäre und sei dementsprechend als deren Veranstaltung zu betrachten.739 Damit trügen diese zugleich auch als ultimate riskbearers das größte Risiko der Unternehmung.740 Bereits hieraus ergebe sich zwingend die Folge, dass der Vorstand 733 Koch,
in: Hüffer, AktG, § 76 Rn. 28; Kropff, S. 98. BB 2000, 209 (212); Koch, in: Hüffer, AktG, § 76 Rn. 30; Wellhöfer, in: Wellhöfer / Peltzer / Müller, Haftung, § 2 Rn. 18. 735 Bürgers / Israel, in: Bürgers / Körber, AktG, § 76 Rn. 13; Koch, in: Hüffer, AktG, § 76 Rn. 30; Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 76 Rn. 71. 736 OLG Frankfurt CCZ 2012, 236 (238); Bürgers / Israel, in: Bürgers / Körber, AktG, § 76 Rn. 15; Hüffer, AktG, § 76 Rn. 12b; Wellhöfer, in: Wellhöfer / Peltzer / Müller, Haftung, § 2 Rn. 18, § 4 Rn. 26. 737 Fleischer, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 1 Rn. 30; ders., in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 76 Rn. 37: Groh, DB 2000, 2153 (2158); tendenziell Dauner-Lieb, in: Henssler / Strohn, GesR, § 76 AktG Rn. 11; Heinz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 22 Rn. 30; Weber, in: Hölters, AktG, § 76 Rn. 22. 738 Fleischer, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 1 Rn. 30; ders., in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 76 Rn. 37: Groh, DB 2000, 2153 (2158); vgl. zur Begriffsvielfalt Weber, in: Hölters, AktG, § 76 Rn. 20. 739 Fleischer, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 1 Rn. 30; ders., in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 76 Rn. 37; Heinz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, 2. Aufl. 2010, § 22 Rn. 30; vgl. Ringleb, in: DCGK, Rn. 566. 740 Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 76 Rn. 31; Hopt, in: Hopt / Wohlmannstetter, Hdb. Corporate Governance von Banken, Teil 1 Kap. B Rn. 2; Wymeersch, ZGR 2001, 294 (303). 734 Henze,
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primär diesen gegenüber Rechenschaft schuldig und nur ihren Interessen verpflichtet sei, das Unternehmensinteresse im Wesentlichen durch das Aktionärsinteresse bestimmt werde.741 Gleiches lasse sich des Weiteren aber auch aus dem Umstand ableiten, dass den Vorstand durch seine Bindung an den Gesellschaftszweck gemäß § 82 Abs. 2 AktG stets die Pflicht zu einem renditeorientierten Verwaltungshandeln treffe, soweit die Satzung nichts hiervon Abweichendes bestimme.742 Denn renditeorientiertes Verwaltungshandeln sei ein auf die Maximierung des Marktwerts des Unternehmens gerichtetes Verhalten und entspreche damit primär dem Aktionärsinteresse. Darüber hinaus habe auch der Gesetzgeber selbst in einigen neueren Vorschriften des Aktiengesetzes anklingen lassen, dass der Vorstand eine wertorientierte Unternehmensführung betreiben und dementsprechend sein Handeln primär am Aktionärsinteresse ausrichten könne. Anführen lasse sich insoweit beispielsweise § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG und die darin vorgesehene erleichterte Möglichkeit des Rückerwerbs eigener Aktien durch die Aktiengesellschaft oder § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG, nach dem die Hauptversammlung eine Kapitalerhöhung zur Gewährung von Bezugsrechten an Arbeitnehmer und Mitglieder der Geschäftsführung der Gesellschaft oder eines verbundenen Unternehmens im Wege des Zustimmungs- oder Ermächtigungsbeschlusses beschließen kann.743 Schließlich werde den StakeholderInteressen ohnehin bereits dadurch hinreichend Berücksichtigung im Rahmen des Vorstandshandelns gewährleistet, dass diese durch das geltende Mitbestimmungs- oder Arbeitsrecht beziehungsweise Gesellschafts- und Konzernrecht geschützt seien, zahlreiche Vorschriften außerhalb des Aktienrechts zur Wahrung von Arbeitnehmer- und Allgemeininteressen beitrügen und deren Einhaltung dem Vorstand damit heteronom vorgegeben sei. Die Aktionäre bedürften hingegen eines besonderen Schutzes ihrer Interessen durch das Aktiengesetz.744 cc) Stellungnahme Die vorausgehende Darstellung soll zur Veranschaulichung des allgemeinen Streitstands um den Begriff des Unternehmensinteresses an dieser Stelle genügen. Für das Konzept des sogenannten Shareholder Value und 741 Weber,
in: Hölters, AktG, § 76 Rn. 22. in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 1 Rn. 31; ders., in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 76 Rn. 38. 743 Vgl. Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 76 Rn. 37; Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 76 Rn. 72; Weber, in: Hölters, AktG, § 76 Rn. 20. 744 Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 76 Rn. 38; ders., in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 1 Rn. 31; Weber, in: Hölters, AktG, § 76 Rn. 22; Wymeersch, ZGR 2001, 294 (303). 742 Fleischer,
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die Ausrichtung des Unternehmensinteresses primär am Aktionärsinteresse und damit an der Maximierung des Marktwerts des Unternehmens spricht sicherlich, dass sie insofern als die besserere regulatorische Lösung erscheint, da hierdurch das Unternehmensinteresse im Hinblick auf Träger und Inhalt bisweilen besser konkretisiert werden kann.745 Für die Deutung des Unternehmensinteresses als interessenplurale Zielkonzeption im Sinne des Ergebnisses des Ausgleichs der im Unternehmen zusammentreffenden Interessen der Aktionäre, Arbeitnehmer und der Öffentlichkeit lässt sich allerdings anführen, dass der Vorstand gemäß § 76 Abs. 1 AktG zur Leitung des Unternehmens in eigener Verantwortung berufen ist und daher nicht als Mandatar der Aktionäre betrachtet werden kann.746 Zudem steht ein monistisches, im Wesentlichen am Aktionärsinteresse angelehntes Unternehmensinteresse im Widerspruch zur Entstehungsgeschichte des § 76 Abs. 1 AktG und dem hieraus ableitbaren Willen des Gesetzgebers.747 § 70 Abs. 1 AktG 1937 sah als Vorgängervorschrift des § 76 Abs. 1 AktG insoweit noch vor, dass der Vorstand die Gesellschaft unter eigener Verantwortung so zu leiten hat, „wie das Wohl des Betriebs und seiner Gefolgschaft und der gemeine Nutzen von Volk und Reich es fordern“.748 Es war daher ursprünglich sogar gesetzlich vorgesehen, dass der Vorstand die verschiedenen widerstreitenden Interessen im Einzelfall gegeneinander abzuwägen und im Wege praktischer Konkordanz zum Ausgleich zu bringen hat, dass also das Unternehmensinteresse interessenplural zu verstehen ist. § 76 Abs. 1 AktG sieht zwar demgegenüber nur noch vor, sieht nur noch vor, dass der Vorstand die Gesellschaft unter eigener Verantwortung zu leiten hat, wobei keine Aussage mehr darüber getroffen wird, wie dies zu erledigen ist. Die Ursache hierfür liegt allerdings ausweislich der Regierungsbegründung zum Entwurf des § 76 Abs. 1 AktG lediglich darin, dass der Gesetzgeber bei Schaffung der Vorschrift davon ausging, dass es sich ohnehin von selbst verstehe und deshalb nicht ausdrücklich im Gesetz bestimmt werden brauche, dass der Vorstand im Rahmen der Leitung und Geschäftsführung die Belange der Aktionäre und der Arbeitnehmer sowie auch die der Allgemeinheit zu berücksichtigen habe.749 Auch im Rahmen der Beratungen des Rechts- und Wirtschaftsausschusses zu der Frage, ob ein § 75a AktG eingeführt werden müsse, nach 745 Hopt, in: Hopt / Wohlmannstetter, Hdb. Corporate Governance von Banken, Teil 1 Kap. B Rn. 2. 746 Koch, in: Hüffer, AktG, § 76 Rn. 30. 747 Koch, in: Hüffer, AktG, § 76 Rn. 30. 748 Vgl. Böttcher, S. 61; Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 76 Rn. 22; Liekefett, S. 96; Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 76 Rn. 60. 749 Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 76 Rn. 23: ders., in: Fleischer, Hdb.VorstandsR, § 1 Rn. 20; Kropff, S. 97; Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 76 Rn. 60.
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dem „die Gesellschaft das Unternehmen unter Berücksichtigung des Wohls seiner Arbeitnehmer, der Aktionäre und der Allgemeinheit zu betreiben“ habe, war die Mehrheit der Ansicht, dass dies überflüssig sei, weil in einem sozialen Rechtsstaat gemäß Art. 20, 28 GG die Berücksichtigung der Faktoren Arbeit, Kapital und öffentliches Interesse eine selbstverständliche Pflicht sei.750 Zudem wurde für bedenklich gehalten, dass eine derartige Vorschrift als Vorgabe der Rangfolge der unterschiedlichen Interessen missinterpretiert werden könne.751 Mögen damit grundsätzlich die besseren Gründe dafür sprechen, dass der Begriff des Unternehmensinteresses als das Ergebnis des Ausgleichs der unterschiedlichen, im Unternehmen zusammentreffenden Interessen zu definieren ist, das der Vorstand zu ermitteln und seinem Verwaltungshandeln zugrunde zu legen hat, so besteht zwischen beiden Ansichten jedenfalls Einigkeit darüber, dass das Unternehmensinteresse als verbindliches Mindestziel des Vorstandshandelns die Wahrung des Bestands und der Rentabilität des Unternehmens vorschreibt.752 Gesprochen wird auch vom Ziel der Bestandserhaltung des Unternehmens und der angemessenen Gewinnerzielung.753 Der Fortbestand der Aktiengesellschaft muss folglich allgemeines Ziel jeglichen Vorstandshandeln sein.754 Ableiten lässt sich dies zum einen aus § 91 Abs. 2 AktG, nach dem der Vorstand zur Einrichtung eines Überwachungssystems für bestandsgefährdende Risiken verpflichtet ist.755 Zum anderen ist gemäß § 93 Abs. 1 S. 2 AktG für die Pflichtgemäßheit des Vorstandshandelns auf ein „Handeln zum Wohle der Gesellschaft“ abzustellen, was nach der Gesetzesbegründung als Handeln zur „langfristigen Ertragsstärkung und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens“ zu verstehen ist.756 Eingehender sollen der Streitstand zum Begriff des Unternehmensinteresses in der vorliegenden Untersuchung allerdings nicht beleuchtet werden. Dies deshalb, weil die vorausgehende Darstellung bereits einen groben Überblick über die Problematik vermittelt und sie für die vorliegende Un750 Böttcher, S. 61; Kropff, S. 97; Liekefett, S. 97; Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 76 Rn. 60. 751 Böttcher, S. 62; Kropff, S. 98; Liekefett, S. 97; Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 76 Rn. 60. 752 Borsch, DB 2005, 2175 (2175); Eggenberger, S. 106; Heinz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 22 Rn. 29; Krömker, S. 35; Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 76 Rn. 68, 69; Wellhöfer, in: Wellhöfer / Peltzer / Müller, Haftung, § 4 Rn. 26; Wiesner, in: Münch. Hdb. GesR, Bd. 4, § 19 Rn. 21; Ziemons, AG 1999, 492 (493). 753 Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 76 Rn. 69. 754 Heinz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 22 Rn. 29. 755 Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 76 Rn. 69; Weber, in: Hölters, AktG, § 76 Rn. 19. 756 BT-Drucks. 15 / 5092, S. 11; Weber, in: Hölters, AktG, § 76 Rn. 19.
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tersuchung letztlich nur von untergeordneter Relevanz ist. Denn für die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Einwilligung des Vorstands in die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse als wirksam erachtet werden kann, ist weniger von Interesse, wie das Unternehmensinteresse abstrakt zu definieren ist. Von entscheidender Bedeutung ist vielmehr, ob und unter welchen Voraussetzungen die Einwilligung konkret als im Interesse des Unternehmens liegend klassifiziert werden kann und welche Gesichtspunkte in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen sind.757 f) Die erforderliche Qualität des Unternehmensinteresses an der Bereitstellung Wurde vorausgehend festgestellt, dass die Einwilligung des Vorstands in die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforder lichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse nur dann wirksam ist, wenn die Bereitstellung dieser Informationen im Unternehmensinteresse liegt, so herrscht allerdings Uneinigkeit darüber, welche Qualität dieses Unternehmensinteresse aufweisen muss, um nicht von der Unwirksamkeit der Einwilligung ausgehen zu müssen.758 aa) Ungewöhnliches, überragendes Unternehmensinteresse erforderlich Zum Teil wird in der Literatur die Auffassung vertreten, die Einwilligung des Vorstands in die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse könne nur dann als wirksam erachtet werden, wenn „ein ungewöhnliches und überragendes, anders nicht erreichbares eigenes unternehmerisches Interesse der Gesellschaft“ an der Bereitstellung der Informationen bestehe.759 Begründet wird diese Auffassung im Wesentlichen anhand zweier Argumente: zum einen wird insofern angeführt, dass die Bereitstellung letztlich die Offenlegung einer Vielzahl von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen zur Folge habe, die das gesamte Unternehmen betreffen und den gesamten strategischen Infor757 Krömker,
S. 36, ähnlich auch Eggenberger, S. 106. nachfolgenden Fußnoten befassen sich eigentlich mit der Zulässigkeit der Bereitstellung von Informationen am Maßstab des § 93 Abs. 1 S. 3 AktG. Sie lassen sich allerdings insoweit auf die Frage der Wirksamkeit der Einwilligung übertragen, als dass festgestellt wurde, dass sich die Wirksamkeit der Einwilligung nach § 93 Abs. 1 AktG beziehungsweise der Frage richtet, ob diese im Unternehmensinteresse liegt. 759 Lutter, ZIP 1997, 613 (617); Ziemons, AG 1999, 492 (495). 758 Die
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mationsbestand des Unternehmens ausmachen, was zugleich mit erheblichen Gefahren für das Unternehmen verbunden sei760; zum anderen müsse beachtet werden, dass der Vorstand im Falle der Bereitstellung auf Grund des Gebots der Gleichbehandlung dazu verpflichtet wäre, die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse auch allen anderen Aktionären mitzuteilen, was angesichts des damit eintretenden Publizitätseffekts der Bekanntmachung der Informationen in der Öffentlichkeit gleichkäme.761 In Anbetracht dieser Umstände dürfe die Einwilligung nur ausnahmsweise dann als wirksam erachtet werden, wenn die Bereitstellung der Informationen der Verwirklichung einer einmaligen und unwiederbringlichen unternehmerischen Chance diene, zur Wahrung von Bestand und Rentabilität der Gesellschaft geboten erscheine oder sich das Unternehmen in einer Extremsituation befinde, was etwa in seiner Existenz bedroht und eine Sanierung notwendig sei oder am Markt nicht mehr alleine bestehen könne.762 bb) Einfaches Unternehmensinteresse ausreichend Andere Stimmen in der Literatur gehen demgegenüber davon aus, dass die Einwilligung des Vorstands in die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse immer schon dann als wirksam zu erachten ist, wenn ein „einfaches“ Unternehmensinteresse an der Bereitstellung der Informationen besteht.763 Für diese Auffassung wird geltend gemacht, dass keine Gründe dafür ersichtlich seien, die Wirksamkeit der Einwilligung ausschließlich im Falle des Vorliegens eines ungewöhnlichen und überragenden, anders nicht erreichbaren eigenen unternehmerischen Interesses der Gesellschaft an der Bereitstellung der Informationen anzunehmen und es auch nicht gerechtfertigt erscheine, 760 Lutter,
ZIP 1997, 613 (617). ZIP 1997, 613 (618). 762 Lutter, ZIP 1997, 613 (617); Ziemons AG 1999, 492 (493). 763 Beisel, in: Beisel / Klumpp, Unternehmenskauf, Kap. 2 Rn. 24; Bihr, BB 1998, 1198 (1199); Böttcher, S. 69; Bruse / Keinath, in: FS Pöllath & Partners, S. 363 (367); Eggenberger, S. 103, 104; Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 19; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (152); Kemnitz, S. 34; Kiethe, NZG 1999, 976 (977); Kirchner / Iversen, NZG 2008, 921 (921); Koch, S. 95; Krömker, S. 22; ders., M&A Review 2008, 201 (204); Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (499); Meincke, WM 1998, 749 (751); Mertens, AG 1997, 541 (545, 546); Müller, NJW 2000, 3452 (3454); Oppenländer, GmbHR 2000, 535 (536); Roschmann / Frey, AG 1996, 449 (449); Rittmeister, NZG 2004, 1032 (1034); ders., M&A Review 2008, 528 (530); Rubner, KSzW 2011, 412 (413); Schroeder, DB 1997, 2161 (2162); Stoffels, ZHR 165 (2001); 362 (374); Traugott, BB 2001, 2277 (2279); Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (444); Wardenbach, KSzW 2011, 389 (390); Ziegler, DStR 2000, 249 (252, 253). 761 Lutter,
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diese nur in extremen Ausnahmefällen wie der Existenzbedrohung des Unternehmens als wirksam zu erachten.764 Vielmehr ließen sich auch neben den angedeuteten Extremsituationen „gute, rechtlich anerkannte Gründe“ identifizieren, die „im Interesse der Unternehmenspolitik der Gesellschaft“ lägen und damit für die Annahme der Wirksamkeit der Einwilligung des Vorstands in die Bereitstellung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen zu Zwecken der Durchführung einer Due Diligence ausreichen müssten.765 Es leuchte nicht ein, die Befugnis des Vorstands zur Erteilung der Einwilligung auf Fälle zu beschränken, in denen die Bereitstellung der Verwirklichung einer einmaligen und unwiederbringlichen unternehmerischen Chance diene, da ihm somit letztlich die Möglichkeit beschnitten würde, für das Unternehmen vorteilhafte Transaktionen zu ermöglichen und zu fördern.766 Die Vielzahl und Qualität der bereitzustellenden Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse habe zwar gewiss einen Einfluss auf die Sorgfalt, die der Vorstand bei der Entscheidung über die Einwilligung walten lassen müsse. Nicht hingegen dürfe sie zur grundsätzlichen Reduktion der Möglichkeit der Einwilligung auf bestimmte Ausnahmekonstellationen führen.767 Denn dies hätte eine gravierende Beschränkung des Handlungsrahmens des Vorstands als Organ, das zur eigenverantwortlichen Leitung der Aktiengesellschaft berufen ist, zur Folge, die den Geheimnisschutz des Unternehmens überdeterminierte und die im Einzelfall bestehenden Interessen des Unternehmens an der Mitteilung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse völlig verkannte.768 cc) Stellungnahme Die Ausübung der Dispositionsbefugnis und die Möglichkeit der Erteilung einer Einwilligung in die Mitteilung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen durch den Vorstand sind deshalb anhand des Unternehmensinteresses zu beschränken, weil nicht dieser, sondern die jeweilige Aktiengesellschaft der eigentliche Rechtsgutsinhaber des durch § 17 Abs. 1 UWG geschützten Geheimbereichs ist und diese vor willkürlichen und nachteilhaften Dispositionen des Vorstands als das zur Ausübung der Dispositionsbefugnis berufene Organ geschützt werden muss. Der darüber hinausgehenden, teilweise geltend gemachten Forderung, nach der stets ein ungewöhnliches und überragendes, anders nicht erreichbares eigenes unternehmerisches Interesse 764 Mertens,
AG 1997, 541 (546); Schroeder, DB 1997, 2161 (2162). AG 1997, 541 (546); Ziegler, DStR 2000, 249 (252). 766 Meincke, WM 1998, 749 (751); Müller, NJW 2000, 3452 (3454); Oppenländer, GmbHR 2000, 535 (536). 767 Schroeder, DB 1997, 2161 (2162); Ziegler, DStR 2000, 249 (252). 768 Meincke, WM 1998, 749 (751); Müller, NJW 2000, 3452 (3454); Oppenländer, GmbHR 2000, 535 (536); Stoffels, ZHR 165 (2001); 362 (375). 765 Mertens,
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der Gesellschaft an der Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse bestehen müsse, um von der Wirksamkeit der Einwilligung des Vorstands hierin ausgehen zu können, liegt die Annahme zugrunde, dass die Bereitstellung dieser Informationen für die Aktiengesellschaft mit erheb lichen Konsequenzen und Risiken verbunden sei und daher der Verwirklichung einer einmaligen und unwiederbringlichen unternehmerischen Chance dienen müsse. Ob dieser Auffassung im Ergebnis zu folgen ist, hängt damit allerdings maßgeblich davon ab, ob die Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse tatsächlich mit den aufgezeigten Konsequenzen und Gefahren für die Gesellschaft verbunden ist. Denn nur dann erscheint es auch sachgemäß, die Wirksamkeit der Einwilligung des Vorstands davon abhängig zu machen, ob ein überragendes Interesse an der Bereitstellung der Informationen besteht. Es bedarf daher einer Auseinandersetzung mit den von dieser Auffassung vorgebrachten Argumenten. (1) Das mit der Bereitstellung verbundene Gefahrenpotenzial Zunächst wird für das Erfordernis eines überragenden Unternehmensinteresses an der Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse geltend gemacht, dass die Bereitstellung letztlich die Offenlegung einer Vielzahl von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen zur Folge habe, die die Gesamtbewertung des Unternehmens betreffen und den gesamten strategischen Informationsbestand des Unternehmens ausmachen, was zugleich mit erheblichen Gefahren für das Unternehmen verbunden sei. Diese Erkenntnis mag zwar grundsätzlich richtig sein. Eine Beschränkung der Wirksamkeit der Einwilligung des Vorstands allein aus diesem Grund auf Fälle, in denen die Bereitstellung einer einmaligen und unwiederbringlichen unternehmerischen Chance dient, erscheint allerdings dennoch nicht geboten. Dies lässt sich bereits damit begründen, dass den aus der Bereitstellung resultierenden Gefahren für das Unternehmen auch auf anderem Wege, namentlich durch die konkrete Ausgestaltung des Informationsvorgangs, begegnet werden kann. Hierdurch verfügt der Vorstand über die Möglichkeit, dem Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaft hinreichend Rechnung tragen und dennoch die jeweilige Pakettransaktion zu ermöglichen und zu fördern, wenn sie für das Unternehmen vorteilhaft ist und damit im Unternehmensinteresse liegt. Die Sensibilität und Vielzahl der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, in deren Bereitstellung der Vorstand einwilligt, ist daher nicht geeignet, die Forderung nach einem ungewöhnlichen und überragenden, anders nicht erreichbaren eigenen unternehmerischen Interesse der Gesellschaft als Wirksamkeitserfordernis der Einwilligung zu rechtfertigen.
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(2) Der Anspruch der übrigen Aktionäre auf Mitteilung Das zweite Argument, das für das Erfordernis eines überragenden Unternehmensinteresses an der Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse angeführt wird, beruht auf der Annahme, dass der Vorstand infolge der Bereitstellung der Informationen auf Grund des Gebots der Gleichbehandlung dazu verpflichtet sei, diese auch den übrigen, nicht an der Pakettransaktion beteiligten Aktionären mitzuteilen. Dieser Erwägung dürfte jedenfalls insoweit zuzustimmen sein, als dass die Auskunft gegenüber den übrigen Aktionären tatsächlich mit derart nachteilhaften Konsequenzen und Gefahren für die Aktiengesellschaft verbunden wäre, dass nur ein überragendes Interesse an der Bereitstellung die Inkaufnahme der nachfolgenden Pflicht zur Information der Aktionäre rechtfertigen könnte.769 Denn in Anbetracht der Tatsache, dass Aktiengesellschaften in der Regel über eine Vielzahl von Aktionären verfügen, stünde die Mitteilung an diese einer Offenlegung der betreffenden Informationen gegenüber einer nicht überschaubaren Öffentlichkeit gleich.770 Problematisch erschiene dies vor allen Dingen auch deshalb, weil die Aktionäre ihrerseits keiner strafrechtlich sanktionierten Verschwiegenheitspflicht unterliegen und die Gesellschaft allenfalls Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der ihr gegenüber bestehenden Treuepflicht geltend machen könnte.771 Es bestünde mithin die Gefahr, dass die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zum Gegenstand einer öffentlichkeitswirksamen Diskussion würden, welche zum Beispiel auch Konkurrenten über diese Informationen in Kenntnis setzen könnte.772 Schließlich wären auch alle vom Vorstand im Rahmen der Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zwecks Durchführung einer Due Diligence zu ergrei769 Eggenberger, S. 116 vertritt sogar die Ansicht: „Einen der due-diligencePrüfung zwingend entgegenstehenden Hinderungsgrund stellt es dar, wenn sie unter Umständen erfolgt, die zu einem durchsetzbaren Anspruch eines Aktionärs auf Auskunftserteilung […] führen. Wegen der dadurch entstehenden Gefahren für die Gesellschaft darf der Vorstand die Prüfung in diesem Fall nicht zulassen […].“ und S. 125: „Führt die Informationsweitergabe im Rahmen der due-diligence-Prüfung zur Begründetheit des Auskunftsverlangens [der übrigen Aktionäre], droht der Gesellschaft durch die Weiterverbreitung erhebliche Gefahr. Zwingende Auswirkung auf die Interessenabwägung des Vorstands ist, dass die due-diligence-Prüfung nicht zugelassen werden darf.“; vgl. auch Bussian, S. 61; Kirchner / Iversen, NZG 2008, 921 (921); Lutter, ZIP 1997, 613 (618); Mertens, AG 1997, 541 (547); Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (446). 770 Bussian, S. 61; Eggenberger, S. 124; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (288); Liekefett, S. 209; Menke, NZG 2004, 697 (700); Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1957); Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 93 Rn. 140; Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (445). 771 Roschmann / Frey, AG 1996, 449 (445). 772 Ziegler, DStR 2000, 249 (254).
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fenden – nachfolgend noch genauer zu spezifizierenden773 – Sicherheitsvorkehrungen gegen einen Missbrauch und ein öffentliches Bekanntwerden dieser Informationen obsolet774, wenn der Vorstand die Informationen gegenüber den übrigen Aktionären offenlegen müsste. Es stellt sich allerdings die Frage, ob der Vorstand im Falle der Einwilligung und der Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse tatsächlich dazu verpflichtet ist, diese Informationen auch den übrigen Aktionären mitzuteilen. Denn nur in diesem Fall erscheint es sachgemäß, ein überragendes Interesse des Unternehmens an der Bereitstellung der Informationen zu fordern und die Wirksamkeit der Einwilligung auf das Vorliegen eines derartigen Interesses zu beschränken. Dabei soll in der nachfolgenden Untersuchung eines entsprechenden Anspruchs der Aktionäre davon ausgegangen werden, dass die Informationen primär dem potenziellen Erwerber bereitgestellt werden. (a) Zum Anspruch aus § 131 Abs. 4 S. 1 AktG Ein Anspruch der übrigen Aktionäre könnte sich zunächst aus § 131 Abs. 4 S. 1 AktG ergeben. Hiernach sind jedem Aktionär auf dessen Verlangen in der Hauptversammlung all diejenigen Informationen zu geben, die einem anderen Aktionär wegen seiner Eigenschaft als Aktionär außerhalb der Hauptversammlung gegeben worden, auch wenn diese Informationen zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung nicht erforderlich sind. (aa) Zur Relevanz des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG Bevor auf die Frage näher eingegangen wird, ob die Aktionäre im Falle der Bereitstellung der zwecks Durchführung einer Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zugunsten des potenziellen Erwerbers über einen Anspruch auf diese Informationen gemäß § 131 Abs. 4 S. 1 AktG verfügen, stellt sich zunächst die Frage, ob § 131 Abs. 4 S. 1 773 Vgl.
Teil 2, A. VIII. 5. i). S. 61, 87; Eggenberger, S. 124, 126; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (288, 289): „Eine im Zusammenhang mit der Due Diligence abgeschlossene Vertraulichkeitsvereinbarung und andere Maßnahmen zur Sicherung der Vertraulichkeit wären obsolet“; Körber, NZG 2002, 263 (265); Meincke, WM 1998, 749 (751); Mertens, AG 1997, 541 (547); Schröder, DB 1997, 2161 (2165); Zirngibl, S. 214; wohl auch Kirchner / Iversen, NZG 2008, 921 (921); Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (502); Ziegler, DstR 2000, 249 (254); Ziemons, AG 1999, 492 (496). 774 Bussian,
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AktG in diesem Kontext überhaupt maßgebliche Bedeutung erlangen kann. Dies dürfte nämlich dann zu bezweifeln sein, wenn man für ein hinreichendes „Auskunftsverlangen“ der übrigen Aktionäre im Sinne des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG voraussetzte, dass diese benennen können, wem der Vorstand welche Auskünfte außerhalb der Hauptversammlung erteilt hat, demgegenüber eine Ausforschungs- oder Stufenbefragung dergestalt, dass zunächst Person und Anlass der Auskunft erfragt werden können, bevor die inhaltliche Bekanntgabe der mitgeteilten Informationen erbeten wird, unzulässig ist. (α) Zulässigkeit der Stufenbefragung Nach zum Teil vertretener Auffassung verfügen die Aktionäre im Rahmen des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG über die Möglichkeit der Stufenbefragung, sodass sie zunächst Auskunft darüber verlangen können, ob und wem welche Auskünfte seitens des Vorstands außerhalb der Hauptversammlung erteilt worden sind, um dann die Mitteilung der in diesem Zusammenhang preisgegebenen Informationen zu fordern.775 Begründet wird diese Ansicht damit, dass der Anspruch aus § 131 Abs. 4 S. 1 AktG anderenfalls letztlich oftmals leer liefe, da die Aktionäre nur in seltenen Fällen wissen könnten, ob und wem der Vorstand Informationen außerhalb der Hauptversammlung mitteilt, und damit oftmals keine Kenntnis darüber hätten, ob sie überhaupt über einen Anspruch aus § 131 Abs. 4 S. 1 AktG verfügen.776 Kennten die auskunftsbegehrenden Aktionäre den jeweiligen Informationsvorgang nicht, so könnten sie die Auskunft regelmäßig allenfalls durch Auskunftsverlangen „ins Blaue hinein“ und „Zufallstreffer“ erlangen, was nicht Ziel der Vorschrift sein könne.777 (β) Unzulässigkeit der Stufenbefragung Rechtsprechung und herrschende Lehre vertreten hingegen die Ansicht, der Vorstand müsse den nach § 131 Abs. 4 S. 1 AktG auskunftsbegehrenden Aktionären nicht die Frage beantworten, ob und wem er welche Auskünfte außerhalb der Hauptversammlung erteilt hat.778 Ein Ausforschungsverlangen 775 Meilicke / Heidel, DStR 1992, 113 (114); Schneider, in: FS Lutter, S. 1193 (1202). 776 Anerkennend Eggenberger, S. 126; Kubis, in: MüKo AktG, Bd. 3, § 131 Rn. 152. 777 Vgl. Eggenberger, S. 126; Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (446). 778 LG Flensburg AG 2004, 623 (625); BayObLG NJW-RR 2002, 1558 (1558); LG Düsseldorf AG 1992, 461 (461); OLG Dresden AG 1999, 274 (276); Bussian,
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)209
beziehungsweise eine Stufenbefragung dahingehend, dass zunächst Person und Anlass der Primärauskunft erfragt werden können, bevor die inhaltliche Bekanntgabe der mitgeteilten Informationen verlangt wird, sei unzulässig. Geltend gemacht wird für diese Auffassung, dass der Vorstand die Frage, ob und aus welchem Anlass einem anderen Aktionär außerhalb der Hauptversammlung Auskunft gegeben worden ist, nach dem gesetzgeberischen Willen allenfalls dann beantworten müsse, wenn zugleich die Voraussetzungen des § 131 Abs. 1 S. 1 AktG erfüllt seien. Dies sei jedoch praktisch nicht vorstellbar, da diese Informationen im Hinblick auf einen bestimmten Tagesordnungspunkt nur selten relevant sein würden, sodass eine derartige Ausforschung erfolglos bleiben müsse.779 Richtig sei zwar, dass der Anspruch aus § 131 Abs. 4 S. 1 AktG letztlich oftmals leerlaufe, da sich die Aktionäre regelmäßig in Unkenntnis über Informationsvorgänge außerhalb der Hauptversammlung befänden und damit Person und Anlass der Primärauskunft nicht benennen könnten. Ein Blick in das Gesetzgebungsverfahren zu § 131 Abs. 4 S. 1 AktG zeige allerdings, dass diese Gefahr durchaus erkannt worden ist, man allerdings der Auffassung war, dass die Möglichkeit einer Stufenbefragung bestanden hätte, zu weitgehend sei.780 (γ) Stellungnahme Im Ergebnis dürfte der Ansicht zu folgen sein, dass die auskunftsbegehrenden Aktionäre nicht zu einer Ausforschungs- oder Stufenbefragung berechtigt sind, der Vorstand nicht darüber Auskunft erteilen muss, ob und wem er welche Auskünfte außerhalb der Hauptversammlung erteilt hat. Richtig ist zwar, dass der Anspruch gemäß § 131 Abs. 4 S. 1 AktG wesentlich an Bedeutung einbüßt, wenn man voraussetzt, dass die auskunftsbegehrenden Aktionäre das Bestehen dieses Anspruches eigenständig hinreichend konkretisieren müssen. Andererseits würde die Zulässigkeit von Stufenbefragungen im Ergebnis faktisch dazu führen, dass der Vorstand unaufgefordert alle zuvor erteilten Auskünfte nachholen müsste, weil dem lediglich eine pauschale Abfragemöglichkeit vorgeschaltet wäre.781 Im Kontext der S. 83; Drinhausen, in: Hölters, AktG, § 131 Rn. 41; Eggenberger, S. 126; Kubis, in: MüKo AktG, Bd. 3, § 131 Rn. 152; Siems, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 131 Rn. 73, 80; Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (446). 779 Hoffmann-Becking, in: FS Rowedder, S. 155 (161); Koch, in: Hüffer, AktG, § 131 Rn. 41; Kubis, in: MüKo AktG, Bd. 3, § 131 Rn. 152; Siems, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 131 Rn. 80; vgl. aber zuletzt OLG Frankfurt NZG 2013, 23 (24, 25) explizit auch zur Due Diligence. 780 Bussian, S. 84; Eggenberger, S. 126; Hoffmann-Becking, in: FS Rowedder, S. 155 (161). 781 Kubis, in: MüKo AktG, Bd. 3, § 131 Rn. 152.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse dürfte der Streitentscheid allerdings letztlich nur eine untergeordnete Rolle spielen. In Anbetracht der Tatsache, dass der potenzielle Erwerber dem Vorstand der Aktiengesellschaft in der Regel – wenn auch auf die Bedürfnisse der konkreten Transaktion angepasste – Due Diligence-Checklisten übermittelt, in denen die benötigten Informationen abgefragt werden, brauchen die auskunftsersuchenden Aktionäre lediglich die üblicherweise verwendeten Due Diligence-Checklisten abzufragen, um eine Informationserteilung auszulösen.782 Gelingt es ihnen gar, die käuferseitig tätigen Berater zu identifizieren, können sie deren spezifische Checklisten zum Gegenstand ihrer Fragen machen und damit eine weitgehende inhaltliche Bekanntgabe der Ergebnisse der Due Diligence erzwingen.783 Damit lässt sich im Ergebnis festhalten, dass § 131 Abs. 4 S. 1 AktG im Kontext der Bereitstellung von Informationen zwecks Durchführung einer Due Diligence maßgebliche Relevanz erlangen kann, sofern dessen übrige Voraussetzungen erfüllt sind. (bb) Aktionärseigenschaft des Primärempfängers Voraussetzung für das Vorliegen eines Anspruchs der Aktionäre gemäß § 131 Abs. 4 S. 1 AktG ist zunächst, dass der Vorstand einem Aktionär außerhalb der Hauptversammlung Informationen mitgeteilt hat. In der vorliegend zu untersuchenden Konstellation könnte bereits dieser Umstand zu bezweifeln sein, da die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Informationen primär an den potenziellen Erwerber des Aktienpakets erfolgt. (α) Bereits Aktionär Keine Probleme hinsichtlich der Frage der Aktionärseigenschaft bestehen dann, wenn es sich bei dem potenziellen Erwerber bereits um einen Aktionär handelt, der lediglich seine Beteiligung aufstocken möchte. (β) Noch kein Aktionär Problematisch hingegen ist der Fall, dass der Kaufinteressent noch kein Aktionär der Aktiengesellschaft ist und diesem die zwecks Durchführung einer Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse 782 Eggenberger, 783 Treeck,
S. 126; Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (446). in: FS Fikentscher, S. 434 (446).
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)211
bereitgestellt werden sollen. Auf den ersten Blick erscheint die Annahme naheliegend, in dieser Konstellation einen Anspruch der übrigen Aktionäre gemäß § 131 Abs. 4 S. 1 AktG abzulehnen, da dem potenziellen Erwerber keine aktuelle Aktionärseigenschaft attestiert werden kann. (αα) Aktuelle Aktionärseigenschaft entscheidend Und so geht die Mehrheit der Stimmen in der Literatur davon aus, dass die Bereitstellung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen zugunsten des potenziellen Erwerbers, der nicht bereits zum Zeitpunkt der Bereitstellung Aktionär der Aktiengesellschaft ist, nicht von § 131 Abs. 4 Abs. 1 AktG erfasst wird, ein Anspruch der übrigen Aktionäre aus § 131 Abs. 4 S. 1 AktG mangels Aktionärseigenschaft des potenziellen Erwerbers dementsprechend ausscheidet.784 Begründet wird diese Ansicht damit, dass der Wortlaut der Vorschrift eindeutig sei und eine aktuelle Aktionärsstellung voraussetze, während der potenzielle Erwerber in dieser Konstellation allenfalls als zukünftiger Aktionär betrachtet werden könne.785 (ββ) Aktuelle Aktionärseigenschaft nicht entscheidend Andere Stimmen in der Literatur sind hingegen der Auffassung, dass auch die Bereitstellung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen an den potenziellen Erwerber, der zum Zeitpunkt der Bereitstellung kein aktueller Ak tionär der Aktiengesellschaft ist, ausreicht, um von einer Auskunft an einen Aktionär im Sinne des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG ausgehen zu können.786 Für diese Ansicht wird geltend gemacht, dass der potenzielle Erwerber die Informationen gerade mit Blick auf seine künftige Aktionärsstellung erhalte und dies für die Annahme der Aktionärseigenschaft im Sinne des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG als ausreichend zu erachten sei.787 In Anbetracht des Zwecks des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG, den Informationsvorsprung eines Aktio 784 LG Düsseldorf, AG 1992, 461 (462); Drinhausen, in: Hölters, AktG, § 131 Rn. 38; Kirchner / Iversen, NZG 2008, 921 (921); Körber, NZG 2002, 263 (265); Kubis, in: MüKo AktG, Bd. 3, § 131 Rn. 145; Meincke, WM 1998, 749 (751); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (381); Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (446, 447); Zirngibl, S. 214; wohl auch Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, 135 (153). 785 Drinhausen, in: Hölters, AktG, § 131 Rn. 38; Kirchner / Iversen, NZG 2008, 921 (921); Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (502); Meincke, WM 1998, 749 (751). 786 Bussian, S. 64; Eggenberger, S. 140; Krömker, S. 59; Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1958); Schroeder, DB 1997, 2161 (2165); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (381). 787 Bussian, S. 64; Krömker, S. 59; Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1958); Schroe der, DB 1997, 2161 (2165).
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
närs gegenüber den übrigen Aktionären zu beseitigen, müsse die Aktionärs eigenschaft des potenziellen Erwerbers im Sinne der Vorschrift grundsätzlich unabhängig davon bejaht werden, wann er diese erlange und wann er die Auskunft erhalten habe, sofern auch nach Erlangung der Aktionärseigenschaft eine durch den Vorstand begründete Informationsasymmetrie zwischen dem Neuaktionär und den übrigen Aktionären festzustellen sei.788 Eine Verneinung des Anspruchs der übrigen Aktionäre allein auf Grund der formalen Rechststellung des Erwerbsinteressenten im Zeitpunkt der Bereitstellung der Informationen müsse daher als unangemessene und gesetzlich auch nicht gewollte Einschränkung erachtet werden.789 Dies erscheine umso plausibler, wenn man sich im Übrigen auch vergegenwärtige, dass die Verweigerung des Anspruchs der übrigen Aktionäre aus § 131 Abs. 4 S. 1 AktG infolge mangelnder aktueller Aktionärseigenschaft des potenziellen Erwerbers letztlich Umgehungsmöglichkeiten im Hinblick auf diesen Anspruch schaffe.790 Denn der Vorstand wäre in diesem Fall in der Lage, das Entstehen eines Auskunftsanspruchs der übrigen Aktionäre dadurch zu verhindern, dass er Informationen an Externe preisgibt. Aber auch unabhängig von der Stellung des potenziellen Erwerbers erscheine die Verneinung des Anspruchs der übrigen Aktionäre gemäß § 131 Abs. 4 S. 1 AktG infolge mangelnder aktueller Aktionärseigenschaft des potenziellen Erwerbers verfehlt, da sie den Vorgang der Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse lediglich auf einen Teilausschnitt verengte, den Grund der Bereitstellung nicht hinreichend berücksichtigte.791 So nütze diese nicht nur dem potenziellen Erwerber, sondern insbesondere auch dem veräußerungswilligen Aktionär, indem sie den Verkauf des Aktienpakets ermögliche oder zumindest erleichtere.792 Deshalb sei es auch nicht zuletzt häufig gerade dieser, der die Bereitstellung der erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse veranlasse, fordere oder erbete.793 Infolgedessen könne es aber auch im Ergebnis keinen Unterschied machen, ob die Informationen zugunsten des veräußerungswilligen Aktionärs oder zugunsten des Erwerbsinteressenten bereitgestellt werden.794 Dies umso mehr, als dass der veräuße 788 Bussian, S. 64; zum Zweck des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG Koch, in: Hüffer, AktG, § 131 Rn. 36; Kubis, in: MüKo AktG, Bd. 3, § 131 Rn. 141; Siems, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 131 Rn. 72. 789 Eggenberger, S. 140; Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (381). 790 Eggenberger, S. 141; diesen Umstand hinnehmend Treck, in: FS Fikentscher, S. 434 (446). 791 Krömker, S. 60. 792 Eggenberger, S. 140; Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1958). 793 Eggenberger, S. 140; Krömker, S. 60. 794 Eggenberger, S. 140; Krömker, S. 60; Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1958).
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rungswillige Aktionär zwar nicht selbst der primäre Adressat der Informationen sei, aber regelmäßig während der Due Diligence ebenfalls Gelegenheit zur Einsichtnahme erhalte, da letztlich beide Seiten auf die Informationen angewiesen sind, und den Kaufpreis sowie die weiteren Vertragsbedingungen zu bestimmen.795 (γγ) Stellungnahme Im Ergebnis dürfte der Ansicht zu folgen sein, dass die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse an den potenziellen Erwerber, der im Zeitpunkt der Bereitstellung noch nicht aktueller Aktionär der Aktiengesellschaft ist, eine Auskunft gegenüber einem Aktionär im Sinne des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG darstellt. Richtig mag zwar sein, dass der Wortlaut der Vorschrift tendenziell eher für die Notwendigkeit des Vorliegens der Aktionärseigenschaft im Zeitpunkt der Auskunft spricht. Wenn der Gesetzgeber allerdings mit § 131 Abs. 4 S. 1 AktG den Zweck verfolgt, die Gleichbehandlung von Aktionären durch den Vorstand zu gewährleisten und Informationsmono pole einzelner Aktionäre zu verhindern796, und ein derartiges Informationsmonopol aber unzweifelhaft auch dann besteht, wenn dem potenziellen Erwerber im Vorfeld der Transaktion Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse bereitgestellt werden und dieser im Anschluss hieran die Aktionärseigenschaft erwirbt, so ist kein Grund ersichtlich, auch in diesem Fall – über den Gedanken der zukünftigen Aktionärseigenschaft – eine Auskunft an einen Aktionär zu unterstellen, um der Zielsetzung des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG hinreichend Rechnung zu tragen. Bedenkt man zudem, dass nicht nur der Erwerbsinteressent, sondern auch der veräußerungswillige Aktionär des Aktienpakets maßgeblich von der Bereitstellung profitiert, ihm also die Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse durch den Vorstand ebenso wie dem potenziellen Erwerber zugute kommt und auch er in der Regel im Verlaufe der Vorbereitungen der Pakettransaktionen Zugang zu den Informationen erhält, so liegt es auf der Hand, dass eine Auskunft des Vorstands an einen Aktionär im Sinne des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG angenommen werden muss.
795 Bussian, S. 62; Eggenberger, S. 141; Kirchner / Iversen, NZG 2008, 921 (922); Krömker, S. 60. 796 Koch, in: Hüffer, AktG, § 131 Rn. 36; Kubis, in: MüKo AktG, Bd. 3, § 131 Rn. 141; Siems, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 131 Rn. 72.
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(γ) Zwischenergebnis Die Bereitstellung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen zu Zwecken der Durchführung der Due Diligence zugunsten des potenziellen Erwerbers ist, unabhängig davon, ob dieser zum Zeitpunkt der Bereitstellung bereits Aktionär der Aktiengesellschaft ist oder nicht, als Auskunft an einen Aktio när im Sinne des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG zu werten. (cc) Auskunftserteilung wegen der Eigenschaft als Aktionär Neben der Aktionärseigenschaft des Primärempfängers setzt § 131 Abs. 4 S. 1 AktG weiterhin voraus, dass die Primärauskunft auch gerade wegen der Eigenschaft des Empfängers als Aktionär erfolgt, der Grund für die Auskunft im Gesellschaftsverhältnis zwischen Aktionär und Aktiengesellschaft liegt.797 Es stellt sich damit in der vorliegend zu untersuchenden Konstellation die Frage, ob der Vorstand die zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse dem potenziellen Erwerber im Vorfeld der geplanten Pakettransaktionen gerade wegen seiner aktuellen beziehungsweise künftigen Stellung als Aktionär bereitstellt. (α) Bereits Aktionär Zunächst soll der Fall betrachtet werden, in der der potenzielle Erwerber im Zeitpunkt der Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse bereits Aktionär der Aktiengesellschaft ist. (αα) Auskunft wegen der Eigenschaft als Erwerbsinteressent Zum Teil wird in dieser Hinsicht die Ansicht vertreten, dass nicht die Aktionärsstellung des potenziellen Erwerbers für die Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse ausschlaggebend ist, sondern dessen Erwerbsinteresse.798 Der Kaufinteressent erhielte den Zugang zu den Informa797 Bussian, S. 66; Drinhausen, in: Hölters, AktG, § 131 Rn. 38; Koch, in: Hüffer, AktG, § 131 Rn. 37; Kubis, in: MüKo AktG, Bd. 3, § 131 Rn. 145; 146; Siems, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 131 Rn. 76. 798 Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (288); Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 187; Kirchner / Iversen, NZG 2008, 921 (921); Koch, in: Hüffer, AktG, § 131 Rn. 37; Körber, NZG 2002, 263 (265); Liekefett, S. 208; Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (502); Meincke, WM 1998, 749 (751); Roschmann / Frey, AG 1996, 449 (454); Schroeder, DB 1997, 2161 (2165); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (381, 382); Treeck, in: FS Fikentscher, 435 (447); Ziemons, AG 1999, 492 (495).
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tionen nicht auf Grund seiner Eigenschaft als Aktionär, sondern als potenzieller Erwerber und damit auf Grund seiner Position als Kaufinteressent. In der Folge könne von einem Anspruch der übrigen Aktionäre gemäß § 131 Abs. 4 S. 1 AktG nicht ausgegangen werden. Begründet wird diese Auffassung damit, dass eine Mitteilung von Informationen an einen Aktionär nicht zwangsläufig immer wegen dessen Eigenschaft als Aktionär erfolge, sondern auch aus anderen Gründen vorgenommen werden könne. So lasse sich bereits der Gesetzesbegründung entnehmen, dass eine Auskunft an einen Aktionär dann nicht wegen dieser Eigenschaft erteilt werde, wenn zwischen der Gesellschaft und dem Aktionär eine besondere rechtliche Beziehung besteht, die von der Eigenschaft als Aktionär abstrahiert werden kann.799 Auch in Rechtsprechung und Literatur sei durchaus anerkannt, dass eine sogenannte Doppelfunktion des Aktionärs die Aktionärsstellung als Anlass für die Informationserlangung verdrängen könne, sodass die Informationserteilung wegen einer andersartigen Beziehung des Aktionärs zur Gesellschaft erfolge.800 So hat die Rechtsprechung erst kürzlich einen Anspruch der übrigen Aktionäre gemäß § 131 Abs. 4 S. 1 AktG für den Fall verneint, dass ein Insolvenzverwalter eines Aktionärs Informationen für die Verwertung der Beteiligung erhalten hat, da hierbei nicht die Aktionärsstellung, sondern das Verwertungsinteresse im Vordergrund stehe.801 Auch in solchen Fällen, in denen der Aktionär zugleich Aufsichtsratsmitglied, Kreditgeber, Abschlussprüfer, prozessführender Rechtsanwalt oder Vertragspartner der Gesellschaft sei, liege eine neben die Aktionärseigenschaft tretende Sonderbeziehung vor, die eine Auskunftserteilung losgelöst von der Aktionärseigenschaft denkbar erscheinen lasse.802 Betrachte man auf dieser Grundlage den Fall der Bereitstellung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen zwecks Durchführung einer Due Diligence zugunsten des potenziellen Erwerbers, so müsse auch an dieser Stelle eine Kausalität der Aktionärsstellung für die Bereitstellung der Informationen verneint werden, da diese vielmehr mit Blick auf die Stellung als potenzieller Erwerber erfolgte.803 Zudem sei letzt799 Kropff,
S. 187. zu diesem Aspekt Drinhausen, in: Hölters, AktG, § 131 Rn. 38; Koch, in: Hüffer, AktG, § 131 Rn. 37; Kubis, in: MüKo AktG, Bd. 3, § 131 Rn. 146; Liekefett, S. 208; Menke, NZG 2004, 697 (700); Siems, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 131 Rn. 76. 801 LG Bremen vom 04.01.2007 – 13 O 411 / 05; vgl. auch Kirchner / Iversen, NZG 2008, 921 (921). 802 Bussian, S. 66; Drinhausen, in: Hölters, AktG, § 131 Rn. 38; Koch, in: Hüffer, AktG, § 131 Rn. 37; Kubis, in: MüKo AktG, Bd. 3, § 131 Rn. 146. 803 Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (288); Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 187; Kirchner / Iversen, NZG 2008, 921 (921); Koch, in: Hüffer, AktG, § 131 Rn. 37; Körber, NZG 2002, 263 (265); Liekefett, S. 208; Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (502); Meincke, WM 1998, 749 (751); Roschmann / Frey, AG 1996, 449 (454); 800 Vgl.
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lich das Unternehmensinteresse am Zustandekommen der Pakettransaktion für die Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse ausschlaggebend.804 In Anbetracht dessen müsse ein Anspruch der übrigen Aktionäre aus § 131 Abs. 4 S. 1 AktG mangels hinreichenden Aktionärsbezugs der Bereitstellung abgelehnt werden. (ββ) Auskunft wegen der Eigenschaft als Aktionär Andere Stimmen in der Literatur sind hingegen der Auffassung, dass die Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zugunsten des potenziellen Erwerbers wegen der Stellung als Aktionär und damit ganz im Sinne des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG erfolgte. Die Stellung als potenzieller Erwerber stünde nicht der Annahme entgegen, dass ihm die zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse auf Grund seiner Eigenschaft als Aktionär bereitgestellt würden.805 Begründet wird diese Ansicht damit, dass es grundsätzlich keinen Unterschied mache, zu welchem Zweck der Aktionär die Informationen erhielte, solange der Grund für die Auskunft in dem Gesellschaftsverhältnis zwischen Aktionär und Aktiengesellschaft liege.806 Richtig sei zwar im Allgemeinen, dass eine Auskunft an einen Aktionär dann nicht auf Grund dieser Eigenschaft erteilt werde, wenn zwischen diesem und der Gesellschaft eine besondere rechtliche Beziehung bestehe, die von dem Gesellschaftsverhältnis abstrahiert werden könne. Die Stellung als potenzieller Erwerber begründe für sich gesehen allerdings keine derartige Sonderbeziehung zur Aktiengesellschaft außerhalb des Gesellschaftsverhältnisses, denn während sämtliche von Rechtsprechung und Literatur anerkannte Sonderbeziehungen nicht notwendig mit der Aktionärsstellung verbunden seien, Aufsichtsratsmitglied, Kreditgeber, Abschlussprüfer, prozessführender Rechtsanwalt, oder Vertragspartner der Gesellschaft vielmehr auch derjenige sein könne, der kein Aktionär sei, stehe der Erwerbsinteressent mit der Gesellschaft in keiner über die Aktionärsstellung hinausgehenden vertraglichen oder organschaftlichen Beziehung zur Gesellschaft.807 Schroeder, DB 1997, 2161 (2165); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (381, 382); Treeck, in: FS Fikentscher, 435 (447); Ziemons, AG 1999, 492 (495). 804 Liekefett, S. 208. 805 Bussian, S. 67, 68; Kubis, in: MüKo AktG, Bd. 3, § 131 Rn. 145; zum veräußerungswilligen Aktionär Kirchner / Iversen, NZG 2008, 921 (922); Ziemons, AG 1999, 492 (496); Zirngibl, S. 314. 806 Bussian, S. 67; Eggenberger, S. 144; zum veräußerungswilligen Aktionär Zirngibl, S. 214. 807 Bussian, S. 67, 68; i. E. auch Kubis, in: MüKo AktG, Bd. 3, § 131 Rn. 145; zum veräußerungswilligen Aktionär Kirchner / Iversen, NZG 2008, 921 (922); Körber, NZG 2002, 263 (265); Ziemons, AG 1999, 492 (496); Zirngibl, S. 314.
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Daher erhalte dieser die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zwar mit Blick auf seine Käufereigenschaft, aber zu Zwecken des Erwerbs von Aktien und damit zur Stärkung des Gesellschaftsverhältnisses.808 Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Bereitstellung letztlich aus Gründen des Unternehmensinteresses erfolge. Denn stünde dieser Umstand der Annahme entgegen, dass dem potenzielle Erwerber die zwecks Durchführung einer Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse wegen seiner Eigenschaft als Aktionär bereitgestellt werden, so könnten die übrigen Aktionäre aus dieser Norm nie einen Anspruch auf Auskunft der dem Primärempfänger mitgeteilten Informationen geltend machen.809 (γγ) Stellungnahme Zutreffend dürfte im Ergebnis die Auffassung sein, dass der Vorstand dem potenziellen Erwerber, der zum Zeitpunkt der Bereitstellung bereits Aktionär der Aktiengesellschaft ist, die zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse nicht auf Grund seiner Aktionärsstellung, sondern auf Grund seiner Stellung als potenziellen Erwerber und damit aus Gründen des Erwerbsinteresses bereitstellt. Die Gegenauffassung, die davon ausgeht, dass sich die Bereitstellung innerhalb des Gesellschaftsverhältnisses abspiele und dementsprechend gerade wegen der Eigenschaft als Aktionär erfolge, verkennt, dass nicht nur eine über die Aktionärsstellung hinausgehende vertragliche oder organschaftliche Beziehung zur Gesellschaft eine Sonderbeziehung zwischen dieser und dem Aktionär begründen kann, sondern auch eine neben die Aktionärsstellung tretende tatsächliche Beziehung zur Gesellschaft810, die hier in Form der Erwerberstellung und des Erwerbsinteresses im Hinblick auf die Beteiligung an der Gesellschaft zum Ausdruck kommt. Entscheidend für die Frage der Kausalität der Aktionärseigenschaft im Hinblick auf die Auskunftserteilung kann allein sein, ob dem potenziellen Erwerber dieselben Informationen auch ohne dessen Eigenschaft als Aktionär erteilt würden.811 Nur wenn diese Frage zu verneinen ist, ergibt sich zugunsten der übrigen Aktionäre aus § 131 Abs. 4 S. 1 AktG die widerlegliche Vermutung, dass die Aktionärs eigenschaft des potenziellen Erwerbers für die Bereitstellung ausschlagge-
808 Bussian,
S. 68. S. 68. 810 Drinhausen, in: Hölters, AktG, § 131 Rn. 38; Kubis, in: MüKo AktG, Bd. 3, § 131 Rn. 146; Siems, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 131 Rn. 76. 811 Kubis, in: MüKo AktG, Bd. 3, § 131 Rn. 145; Seifert, AG 1967, 1 (2); Siems, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 131 Rn. 76. 809 Bussian,
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bend ist.812 Im Hinblick auf die Vorbereitung der geplanten Pakettransaktion sollen dem Erwerbsinteressenten allerdings nicht primär wegen seiner Ak tionärsstellung, sondern allein deshalb die zwecks Durchführung einer Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse bereitgestellt werden, weil sich die Gesellschaft von der Transaktion Vorteile erhofft, die das Risiko des Missbrauchs der Informationen überwiegen, also ein Unternehmensinteresse an der Bereitstellung der Informationen und am Erfolg der Transaktion besteht.813 Anders, als die Gegenansicht behauptet, lässt sich dieses Argument auch nicht dadurch entkräften, dass letztlich jede Primärauskunft, die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zum Gegenstand hat, im Unternehmensinteresse liegen muss, um am Maßstab des § 93 Abs. 1 AktG rechtmäßig zu sein, und somit häufig ein Anspruch der übrigen Ak tionäre aus § 131 Abs. 4 S. 1 AktG mit der Begründung abgelehnt werden könne, dass die Primärauskunft im Interesse des Unternehmens erfolgt. Denn im Kern geht es nicht allein um das Vorliegen des Unternehmensinteresses an sich, sondern darum, dass hierdurch die Bedeutung der Aktionärseigenschaft als Motiv für die Primärauskunft verdrängt wird. Es sind aber durchaus Konstellationen vorstellbar, in denen sich das Unternehmensinteresse gerade auch im Zusammenhang mit der Aktionärsstellung des Empfängers ergibt, die Aktionärsstellung mit dem Unternehmensinteresse ein Motivbündel bildet und die Auskunft in diesem Fall hinreichend mit der Eigenschaft als Aktionär verknüpft ist. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Vorstand einen Großaktionär über eine geplante Kapitalerhöhung oder eine grundlegende Entscheidung wie der Übertragung des wesentlichen Gesellschaftsvermögens auf eine hierfür gegründete Tochtergesellschaft informiert, um sachgerecht reagieren und Schaden von der Gesellschaft abwenden zu können oder wenn der Vorstand einen Aktionärspool über eine bevorstehende feindliche Übernahme informiert, um eine Abwehr der Übernahme zu organisieren.814 In beiden Konstellationen liegt die Auskunft im Unternehmensinteresse und ist dennoch derart mit der Aktionärsstellung verknüpft, dass sie wegen der Eigenschaft als Aktionär im Sinne des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG erfolgt. Ein Leerlauf des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG entsteht folglich nicht. Im Ergebnis lässt sich damit festhalten, dass der Vorstand dem potenziellen Erwerber, der zum Zeitpunkt der Bereitstellung bereits Aktionär der Aktiengesellschaft ist, die zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse nicht wegen seiner Stellung als Aktionär im Sinne des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG mitteilt. 812 Kubis,
in: MüKo AktG, Bd. 3, § 131 Rn. 145. Teil 2, A. VIII. 5. g). 814 Zu diesen Beispielen in anderem Kontext Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 119, 120. 813 Vgl.
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)219
(β) Noch kein Aktionär Gelangt man anhand der vorausgehenden Erwägungen beim potenziellen Erwerber, der zum Zeitpunkt der Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse bereits Aktionär der Aktiengesellschaft ist, zu dem Ergebnis, dass die Bereitstellung nicht auf Grund der Eigenschaft des Kaufinteressenten als Aktionär erfolgt, so dürfte dies erst recht für den potenziellen Erwerber gelten, der zum Zeitpunkt der Bereitstellung der Informationen noch kein Aktionär der Aktiengesellschaft ist und allenfalls als künftiger Aktionär erachtet werden kann. Auch hier erfolgt die Bereitstellung deshalb, weil sich die Gesellschaft von der Transaktion Vorteile erhofft, die das Risiko des Missbrauchs der Informationen überwiegen, also ein Unternehmensinteresse an der Durchführung der Due Diligence und am Erfolg der Transaktion besteht. (γ) Zwischenergebnis Sowohl im Fall, dass der potenzielle Erwerber bereits Aktionär der Aktiengesellschaft ist, als auch dann, wenn ihm noch keine Aktionärseigenschaft attestiert werden kann, erfolgt die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse nicht wegen der Stellung als (künftiger) Aktionär. Ein Anspruch der übrigen Aktionäre auf Mitteilung dieser Informationen schiede daher schon in Ermangelung dieser Voraussetzung des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG aus. In Anbetracht der maßgeblichen Bedeutung des Bestehens eines derartigen Anspruchs der Aktionäre für die Frage, ob die Einwilligung des Vorstands in die Bereitstellung der Informationen, die für die Durchführung einer ordnungsgemäßen Due Diligence notwendig sind, nur dann als wirksam erachtet werden kann, wenn ein ungewöhnliches und überragendes, anders nicht erreichbares unternehmerisches Interesse der Gesellschaft an der Bereitstellung besteht, soll die Prüfung dennoch hilfsgutachterlich fortgesetzt werden, um weitere Einwände gegen dessen Bestehen zu identifizieren und damit dessen Wirkungskraft als Argument für die Notwendigkeit eines überragenden Unternehmensinteresses an der Bereitstellung für die Wirksamkeit der Einwilligung vollends zu neutralisieren. Es wird daher im Folgenden unterstellt, dass die Auskunft an den potenziellen Erwerber des Aktienpakets wegen seiner Eigenschaft als (künftiger) Aktionär erfolgt.
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(dd) N otwendigkeit eines Bezugs der begehrten Geschäftsund Betriebsgeheimnisse zur Tagesordnung Zum Teil wird in der Literatur die Auffassung vertreten, ein Anspruch der übrigen Aktionäre gemäß § 131 Abs. 4 S. 1 AktG setze über die Auskunftserteilung an den Primärempfänger wegen seiner Eigenschaft als Aktionär hinaus voraus, dass der Gegenstand der Primärauskunft in irgendeinem Zusammenhang mit der Tagesordnung der Hauptversammlung stehen müsse. Bezogen auf die vorliegend zu untersuchende Konstellation bedeutete dies, dass ein Anspruch der Aktionäre auf Mitteilung der bereitgestellten Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse nur dann angenommen werden könnte, wenn diese einen irgendwie gearteten Bezug zur Tagesordnung der Hauptversammlung aufwiesen.815 Geltend gemacht wird für diese Auffassung der Wortlaut des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG. Wenn hiernach die Informationen nicht zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich sein müssen, bedeute dies nicht zugleich, dass jeglicher Zusammenhang zur Tagesordnung entbehrlich sei. Denn anderenfalls stellte die Vorschrift letztlich einen „abstrakten Gleichbehandlungsvollzug mit dem Charakter einer Strafsanktion“ dar.816 Diese Ansicht vermag allerdings im Ergebnis nicht zu überzeugen. Wenn der Wortlaut des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG darauf hinweist, dass die Informationen nicht zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich sein müssen, ist dies dahingehend zu verstehen, dass keinerlei Bezug zur Tagesordnung bestehen muss. Auch der Gesetzesbegründung zu § 131 Abs. 4 S. 1 AktG lässt sich entnehmen, dass der Anspruch selbst dann bestehen soll, wenn die Informationen nicht erforderlich sind, um den Gegenstand der Tagesordnung sachgemäß beurteilen zu können.817 Aus systematischer Sicht kann gegen die Notwendigkeit eines Zusammenhangs zwischen den Informationen und der Tagesordnung eingewandt werden, dass § 131 Abs. 4 S. 1 AktG gegenüber § 131 Abs. 1 S. 1 AktG einen erweiterten Auskunftsanspruch darstellen soll. Diese Erweiterung ginge allerdings verloren, wenn man auch im Rahmen des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG einen Bezug der Informationen zur Tagesordnung verlangte.818 Schließlich ist aus teleologischer Sicht zu beachten, dass § 131 Abs. 4 S. 1 AktG dazu dienen soll, ein Informationsungleichgewicht zwischen Aktionären zu beseitigen. Damit muss dieser Anspruch aber auch in solchen Fällen 815 Zöllner,
in: KölnKomm AktG, Bd. 1, § 131 Rn. 70. in: KölnKomm AktG, Bd. 1, § 131 Rn. 70. 817 Bussian, S. 71; Drinhausen, in: Hölters, AktG, § 131 Rn. 38; Koch, in: Hüffer, AktG, § 131 Rn. 42; Kropff, S. 187; Kubis, in: MüKo AktG, Bd. 3, § 131 Rn. 141; Liebscher, in: Henssler / Strohn, GesR, § 131 AktG Rn. 9. 818 Bussian, S. 71. 816 Zöllner,
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)221
Bedeutung erlangen können, in denen die Informationen nicht die Tagesordnung der Hauptversammlung betreffen, da selbstverständlich auch in diesen Fällen eine Informationsasymmetrie bestehen kann.819 Im Ergebnis lässt sich damit festhalten, dass ein Zusammenhang der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse mit der Tagesordnung im Ergebnis nicht erforderlich ist.820 (ee) Teleologische Reduktion des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG Unter denjenigen, die in der Bereitstellung der zwecks Durchführung einer Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse eine Auskunft an einen Aktionär wegen dessen Eigenschaft als Aktionär erblicken, wird zum Teil davon ausgegangen, dass § 131 Abs. 4 S. 1 AktG teleologisch zu reduzieren sei mit der Folge, dass ein Anspruch der übrigen Aktionäre dennoch in der Regel nicht zur Entstehung gelange.821 Begründet wird diese Auffassung damit, dass § 131 Abs. 4 S. 1 AktG Ausfluss des allgemeineren Gleichbehandlungsgrundsatzes des § 53a AktG sei und dementsprechend im Lichte des § 53a AktG ausgelegt werden müsse.822 Die Wertungen des allgemeinen Gleichbehandlungsgebots des § 53a AktG seien „hineinzuverlängern in den Regelungsgehalt des § 131 Abs. 4 AktG“.823 Da § 53a AktG nicht jegliche Ungleichbehandlung von Aktionären untersage, sondern ausschließlich diejenige, die nicht sachlich gerechtfertigt sei, könne auch vom Bestehen eines Anspruchs gemäß § 131 Abs. 4 S. 1 AktG nur dann ausgegangen werden, wenn die Ungleichbehandlung zwischen dem Empfänger der Primärauskunft und den übrigen Aktionären nicht sachlich gerechtfertigt sei.824 Eine solche Rechtfertigung liege allerdings im Falle der Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zugunsten des potenziellen Erwer819 Bussian,
S. 71. 2002, 227 (229); LG Flensburg NZG 2004, 677 (680); Bussian, S. 71; Kubis, in: MüKo AktG, Bd. 3, § 131 Rn. 141; Siems, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 131 Rn. 74. 821 Bruse / Keinath, in: FS Pöllath & Partners, S. 363 (368); Drinhausen, in: Hölters, AktG, § 131 Rn. 38; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (288); Koch, in: Hüffer, AktG, § 131 Rn. 37; Krömker, S. 61; Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (502); Mertens, AG 1997, 541 (547); Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1958); Ziemons, AG 1999, 492 (496). 822 Drinhausen, in: Hölters, AktG, § 131 Rn. 38; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (288); Koch, in: Hüffer, AktG, § 131 Rn. 37; Krömker, S. 61; ders., NZG 2003, 418 (423); Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1958). 823 Vgl. Bussian, S. 87. 824 Drinhausen, in: Hölters, AktG, § 131 Rn. 38; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (288); Koch, in: Hüffer, AktG, § 131 Rn. 37; Krömker, S. 61; Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1958). 820 BayObLGZ
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bers vor. Dies ergebe sich wiederum aus mehreren Erwägungen. Maßgeblich sei insofern vor allen Dingen, dass die Bereitstellung der Informationen im Vorfeld der geplanten Pakettransaktion vorgenommen werde, weil sich die Gesellschaft aus deren Zustandekommen Vorteile verspreche, die das Risiko des Missbrauchs der Informationen überwögen, also ein Unternehmensinteresse an der Bereitstellung der Informationen und am Erfolg der Transak tion bestehe.825 Demgegenüber widerspräche es gerade dem Unternehmensinteresse, wenn diese Informationen über § 131 Abs. 4 S. 1 AktG auch allen anderen Aktionären mitgeteilt und offengelegt werden müssten.826 Denn nicht nur, dass die Auskunft gegenüber den übrigen Aktionären keine vergleichbaren Vorteile für die Aktiengesellschaft verspräche. Vielmehr käme sie auch der Offenlegung der betreffenden Informationen gegenüber einer nicht überschaubaren Öffentlichkeit gleich und führte dazu, dass alle hinsichtlich der Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zugunsten des potenziellen Erwerbers zu ergreifenden – und nachfolgend noch näher darzustellenden – Sicherheitsvorkehrungen gegen den Missbrauch dieser Informationen obsolet wären.827 In Anbetracht dessen müsse ein Anspruch der übrigen Aktionäre gemäß § 131 Abs. 4 S. 1 AktG in der Regel ausscheiden. Etwas Anderes gelte im Einzelfall nur dann, wenn ein anderer Aktionär ebenfalls beabsichtige, sein Aktienpaket außerhalb der Börse zu veräußern, und die gleichen Voraussetzungen vorliegen wie bei der Erstauskunft.828 Trotz der vordergründigen Plausibilität dieser Auffassung ist ihr im Ergebnis dennoch entschieden entgegen zu treten. Bereits der Wortlaut des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass ein Anspruch der übrigen Aktionäre nur dann bestehen soll, wenn die mit der Primärauskunft einhergehende Ungleichbehandlung nicht sachlich gerechtfertigt ist. Vielmehr sieht die Vorschrift ausdrücklich vor, dass die Auskunft „jedem anderen Aktionär“ auf dessen Verlangen zu erteilen „ist“, wenn einem Aktionär wegen seiner Eigenschaft als Aktionär Auskunft außerhalb der Hauptversammlung gegeben worden ist.829 Weiterhin lässt sich die te825 Krömker, S. 62; Liekefett, S. 215; Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (502); Mertens, AG 1997, 541 (549); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (372); Schroeder, DB 1997, 2161 (2166); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (382); Ziegler, DStR 2000, 249 (254). 826 Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (502). 827 Körber, NZG 2002, 263 (265); Krömker, S. 63; Meincke, WM 1998, 749 (751); Mertens, AG 1997, 541 (547); Schroeder, DB 1997, 2161 (2165); Zirngibl, S. 214. 828 Körber, NZG 2002, 263 (265); Krömker, S. 62; Mertens, AG 1997, 541 (549); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (372); Ziegler, DStR 2000, 249 (254); Zirngibl, S. 217. 829 Bussian, S. 88.
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leologische Reduktion des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG auch nicht damit begründen, dass die Vorschrift Ausfluss des allgemeineren Gleichbehandlungsgrundsatzes des § 53a AktG ist und dementsprechend im Lichte des § 53a AktG ausgelegt werden muss. Hiergegen spricht zwar nicht bereits, dass § 131 Abs. 4 S. 1 AktG über ein Jahrzehnt vor § 53a AktG in das Aktiengesetz aufgenommen wurde. Denn der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz war schon vorher von Rechtsprechung und herrschender Lehre anerkannt830, sodass er auch durchaus in § 131 Abs. 4 S. 1 AktG hinein zu verlängern sein könnte. Allerdings ergibt sich unmittelbar aus § 131 Abs. 4 S. 1 AktG selbst, dass es sich nicht um einen Ausfluss des § 53a AktG handeln kann. Denn, wenn § 131 Abs. 4 S. 1 AktG als Rechtsfolge vorsieht, dass die im Rahmen der Primärauskunft mitgeteilten Informationen den übrigen Aktionären erst auf Verlangen im Rahmen der nächsten Hauptversammlung mitzuteilen sind831, so bewirkt sie gerade keine Gleichbehandlung, sondern eine kraft Gesetzes zugelassene Ungleichbehandlung, die den Gleichbehandlungsgrundsatz relativiert und damit gerade nicht den Wertungen des § 53a AktG entspricht.832 Dann aber muss auch bezweifelt werden, dass der Tatbestand des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG im Lichte des § 53a AktG ausgelegt werden muss. Dies umso mehr, als dass § 131 Abs. 4 S. 1 AktG auch durch das § 53a AktG zu entnehmende anspruchsbegründende Erfordernis gleicher Voraussetzungen bei den Aktionären noch weiter eingeschränkt würde und damit letztlich gegenüber § 53a AktG seine eigenständige Bedeutung verlöre.833 Auch aus teleologischer Sicht vermag die Einschränkung des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG im Lichte des § 53a AktG nicht zu überzeugen, da zwar beide Vorschriften im Ergebnis eine Gleichbehandlung der Aktionäre erreichen wollen, § 131 Abs. 4 S. 1 AktG darüber hinaus aber primär Informationsmonopole unter den Aktionären verhindern will und dieses Monopolverbot absolut und daher unabhängig vom Vorliegen gleicher Voraussetzungen gilt.834 Schließlich lässt sich die Notwendigkeit gleicher Voraussetzungen bei den Aktionären im Sinne des § 53a AktG auch aus praktischer Sicht nicht mit der Rechtsfolge des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG vereinbaren, da dieser die Auskunft in der Hauptversammlung vorsieht, in der Regel jedoch nicht bei allen übrigen Aktionären die gleichen Voraussetzungen wie beim Primärempfänger vorliegen. Ein Anspruch einzelner Ak tionäre würde damit im Ergebnis trotz des Erfordernisses gleicher Voraussetzungen dazu führen, dass auch solche Aktionäre Kenntnis von den Infor830 Bungeroth,
MüKo AktG, Bd. 2, § 53a Rn. 1, Bussian, S. 89. in: Hölters, AktG, § 131 Rn. 42; Kubis, in: MüKo AktG, Bd. 3, Siems, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 131 Rn. 74. S. 90; Kubis, in: MüKo AktG, Bd. 3, § 131 Rn. 152. S. 90. S. 95; Zirngibl, S. 215.
831 Drinhausen,
§ 131 Rn. 153; 832 Bussian, 833 Bussian, 834 Bussian,
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mationen erlangten, bei denen gerade nicht die gleichen Voraussetzungen vorliegen.835 In Anbetracht dieser Erwägungen kann im Ergebnis kein Zweifel daran bestehen, dass eine teleologische Reduktion des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG im Lichte des § 53a AktG abzulehnen ist. (ff) Verweigerungsrecht des Vorstands gemäß § 131 Abs. 3 S. 1 AktG Geht man trotz und entgegen der vorausgehend erarbeiteten Erkenntnisse davon aus, dass die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zugunsten des potenziellen Erwerbers als Auskunft an einen Aktionär wegen seiner Eigenschaft als Aktionär im Sinne des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG gewertet werden muss, so könnte ein Anspruch der übrigen Aktionäre auf Mitteilung der bereitgestellten Informationen dennoch zu bezweifeln sein. Denn § 131 Abs. 3 S. 1 AktG räumt dem Vorstand unterschiedliche Verweigerungsgründe ein, die einem Anspruch aus § 131 Abs. 4 S. 1 AktG entgegen stehen können. Bei unbefangenem Blick erschiene es zunächst denkbar, dass der Vorstand im Falle der Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse über die Möglichkeit verfügt, die Auskunft an die übrigen Aktionäre gemäß § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AktG zu verweigern, weil diese nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung geeignet wäre, der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufügen. So wurde eingangs bereits festgestellt, dass eine Auskunft gegenüber den übrigen Aktionären einer Offenlegung der betreffenden Informationen gegenüber einer nicht überschaubaren Öffentlichkeit gleichkäme836 und dies mit weiteren Gefahren für die Gesellschaft verbunden wäre, weil die Aktionäre ihrerseits keiner strafrechtlich sanktionierten Verschwiegenheitspflicht unterliegen und allenfalls Schadensersatzansprüche auf Grund der Verletzung der gegenüber der Gesellschaft bestehenden Treuepflicht in Betracht kämen.837 Die Informa tionen könnten zum Gegenstand einer öffentlichkeitswirksamen Diskussion werden, welche möglicherweise auch Konkurrenten über diese Informationen in Kenntnis setzte.838 835 Bussian,
S. 92. S. 61; Eggenberger, S. 124; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (288); Liekefett, S. 209; Menke, NZG 2004, 697 (700); Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1957) Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 93 Rn. 140; Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (445). 837 Roschmann / Frey, AG 1996, 449 (445). 838 Ziegler, DStR 2000, 249 (254). 836 Bussian,
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Einer Verweigerung der Auskunft über § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AktG steht allerdings der eindeutige Wortlaut des § 131 Abs. 4 S. 2 AktG entgegen. Hiernach darf der Vorstand die Auskunft an die übrigen Aktionäre nicht gemäß § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1–4 AktG verweigern. Zum Teil wird zwar gegen den Ausschluss des Verweigerungsgrundes des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AktG durch § 131 Abs. 4 S. 2 AktG eingewandt, dass durch dessen Nichtanwendbarkeit unter Umständen „alle Aktionäre, ja sogar Arbeitnehmer und Gläubiger des Unternehmens“ von den negativen Folgen der Auskunftserteilung gegenüber den Aktionären betroffen werden könnten und der Eingriff in deren Recht vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Übermaßverbotes den Grundsätzen der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit widerspreche.839 Diese Auffassung vermag allerdings nicht zu überzeugen. Denn zum einen lässt sich feststellen, dass der Gesetzgeber die Gefahr nachteilhafter Folgen für die Gesellschaft im Gesetzgebungsverfahren gesehen, aber bewusst hingenommen hat, um die Herstellung der Gleichbehandlung aller Aktionäre zu ermöglichen.840 Zum anderen ist das Übermaßverbot auch deshalb nicht verletzt, weil die möglichen Gefahren für das Unternehmensinteresse nicht zwingend aus Gesetz, sondern allenfalls aus einem Fehlverhalten des Vorstands resultierten, wenn dieser trotz der Gefahr des Entstehens eines Anspruchs der übrigen Aktionäre gemäß § 131 Abs. 4 S. 1 AktG Informationen an den potenziellen Erwerber gibt.841 In Anbetracht dessen steht dem Vorstand im Hinblick auf den Anspruch der Aktionäre aus § 131 Abs. 4 S. 1 AktG der Verweigerungsgrund des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AktG nicht zur Verfügung.842 Möglicherweise verfügt der Vorstand allerdings im Falle der Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäftsund Betriebsgeheimnisse über die Möglichkeit, die Auskunft gegenüber den übrigen Aktionären gemäß § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG zu verweigern. Hiernach besteht ein Verweigerungsrecht des Vorstands dann, soweit er sich durch die Auskunft gegenüber den Aktionären strafbar machen würde. § 131 Abs. 4 S. 2 AktG stünde diesem Verweigerungsgrund – anders als dem Verweigerungsgrund des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AktG – nicht entgegen, da hiernach nur die Berufung auf die Verweigerungsgründe der § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1–4 AktG ausgeschlossen ist.843 Diskutiert werden im Kontext der 839 Zöllner,
in: KölnKomm AktG, Bd. 1, § 131 AktG Rn. 73. S. 148; Kropff, S. 187. 841 Bussian, S. 72; Eggenberger, S. 148; Hoffmann-Becking, in: FS Rowedder, S. 155 (163). 842 Bussian, S. 72; Eggenberger, S. 148; Hoffmann-Becking, in: FS Rowedder, S. 155 (163); Roschmann / Frey, AG 1996, 449 (454). 843 Zudem besteht weitestgehend Einigkeit, dass § 131 Abs. 4 S. 2 AktG auch auf § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 AktG zu erstrecken ist, da dieser mit § 131 Abs. 3 S. 1 840 Eggenberger,
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Due Diligence im Wesentlichen eine drohende Strafbarkeit des Vorstands gemäß § 404 Abs. 1 AktG wegen Verletzung seiner Geheimhaltungspflicht, § 17 Abs. 1 UWG wegen Verletzung seiner Geheimhaltungspflicht und gegen § 38 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG wegen unbefugter Mitteilung von Insiderinformationen, um als Grundlage des Verweigerungsgrundes gemäß § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG.844 (α) § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG i. V. m. § 404 Abs. 1 AktG Zunächst könnte sich der Vorstand durch die Mitteilung der Geschäftsund Betriebsgeheimnisse gegenüber den übrigen Aktionären gemäß § 404 Abs. 1 AktG strafbar machen. Umstritten ist allerdings sowohl die Frage, ob § 404 Abs. 1 AktG überhaupt als Grundlage für den Verweigerungsgrund des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG herangezogen werden kann, als auch die Frage, ob die Mitteilung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse an die übrigen Aktionäre als unbefugte Offenbarung im Sinne des § 404 Abs. 1 AktG zu erachten wäre. (αα) Rückgriff auf § 404 Abs. 1 AktG möglich Zum Teil wird zunächst die Ansicht vertreten, § 404 Abs. 1 AktG dürfe nicht als Grundlage für den Verweigerungsgrund des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG und die Frage, ob der Vorstand sich durch die Mitteilung der Informationen an die übrigen Aktionäre strafbar machte, herangezogen werden. Begründet wird diese Auffassung damit, dass § 131 Abs. 4 S. 1 AktG eine gegenüber § 404 Abs. 1 AktG vorrangige Spezialregelung sei, die einem Rückgriff auf § 404 Abs. 1 AktG im Kontext des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG entgegen stehe.845 Dies ergebe sich wiederum daraus, dass anderenfalls ein Widerspruch im aktienrechtlichen System angenommen werden müsse. Denn ginge man davon aus, dass § 404 Abs. 1 AktG als Grundlage Nr. 1–4 AktG vergleichbar und daher von einem Redaktionsversehen auszugehen sei; vgl. Drinhausen, in: Hölters, AktG, § 131 Rn. 42; Kubis, in: MüKo AktG, Bd. 3, § 131 Rn. 155; Siems, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 131 Rn. 83. 844 Bussian, S. 73, vgl. auch die Literatur zum Verweigerungsgrund des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG im Allgemeinen und im Kontext der Bereitstellung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen zwecks Durchführung einer Due Diligence, Drinhausen, in: Hölters, AktG, § 131 Rn. 38; Koch, in: Hüffer, AktG, § 131 Rn. 31; Kropff, S. 187; Kubis, in: MüKo AktG, Bd. 3, § 131 Rn. 141; Liebscher, in: Henssler / Strohn, GesR, § 131 AktG Rn. 17. 845 Vgl. Eggenberger, S. 151.
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)227
für den Verweigerungsgrund des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG fungieren könne, so resultierte hieraus ein Konflikt zwischen § 131 Abs. 4 S. 1 AktG und § 404 Abs. 1 AktG. Ein solcher Normenwiderspruch könne aber vom Gesetzgeber nicht gewollt sein.846 Weiterhin lasse sich auch nicht bestreiten, dass der Auskunftsanspruch aus § 131 Abs. 4 S. 1 AktG weitgehend leer liefe, wenn der Verweigerungsgrund des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG auf den – oftmals einschlägigen – § 404 Abs. 1 AktG gestützt werden könne.847 Dass der Gesetzgeber aber ein derartiges Leerlaufen des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG gerade vermeiden und insofern selbst potenzielle Nachteile für die Gesellschaft als Verweigerungsgrund für das Bestehen eines Anspruchs vermeiden wollte, ergebe sich aus § 131 Abs. 4 S. 2 AktG, der den Verweigerungsgrund des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AktG ausschließt, nach dem die Auskunft gegenüber den übrigen Aktionären verweigert werden kann, soweit sie nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung geeignet ist, der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen einen nicht unerheb lichen Nachteil zuzufügen.848 Nach anderer Auffassung hingegen soll § 404 Abs. 1 AktG als Grundlage für den Verweigerungsgrund des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG und die Frage, ob der Vorstand sich durch die Mitteilung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse an die übrigen Aktionäre strafbar machte, fungieren können. Angeführt wird hierfür insbesondere der eindeutige Wortlaut der § 131 Abs. 4 S. 2 AktG und § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG, der keinen Hinweis darauf erkennen lasse, dass ein Verweigerung wegen drohender Strafbarkeit nicht in Betracht kommen solle, wenn die Strafbarkeit aus § 404 Abs. 1 AktG resultierte. Des Weiteren wird geltend gemacht, dass die übrigen Aktionäre bei Ausschluss des § 404 Abs. 1 AktG als Verweigerungsgrund vom Vorstand auch dann Auskunft verlangen könnten, wenn die Primärauskunft bereits gegen § 404 Abs. 1 AktG verstieß, da der drohende zweite Verstoß gegen § 404 Abs. 1 AktG kein Verweigerungsrecht des Vorstands begründete. Dies könne aber unzweifelhaft nicht richtig sein, da zwar durch die Primärauskunft trotz des Verstoßes gegen § 404 Abs. 1 AktG noch keine nachteiligen Folgen eingetreten sein müssten, durch die daran anknüpfende und nicht durch § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG i. V. m. § 404 Abs. 1 AktG abwendbare Auskunftspflicht gegenüber den übrigen Aktionären und die damit einhergehende Publizität der Informationen ein Geheimhaltung erhebliche Gefahren bärge.849 Schließlich lasse sich zwar nicht bestreiten, dass 846 Bussian, 847 Koch,
S. 76. in: Hüffer, AktG, § 131 Rn. 31; Kubis, in: MüKo AktG, Bd. 3, § 131
Rn. 127. 848 Liekefett, S. 210; ähnlich Zirngibl, S. 216. 849 Eggenberger, S. 151.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
die Berücksichtigung des § 404 Abs. 1 AktG im Kontext des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG zu einem gewissen Leerlaufen des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG führen könnte, zumal § 404 Abs. 1 AktG sicherlich den häufigsten Anwendungsfall des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG darstellen dürfte. Zudem lasse sich auch aus § 131 Abs. 4 S. 2 AktG und den Ausschluss des Verweigerungsgrundes des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AktG ableiten, dass ein Anspruch der übrigen Aktionäre nach dem Willen des Gesetzgebers sogar dann bestehen solle, wenn die Erteilung der Auskunft nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung geeignet ist, der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufügen. Ginge man allerdings davon aus, dass § 404 Abs. 1 AktG keinen Verweigerungsgrund im Sinne des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG begründen kann, so wäre der Auskunftsanspruch der übrigen Aktionäre letztlich in der Regel uneingeschränkt, sodass mögliche Nachteile der Gesellschaft vollkommen unberücksichtigt blieben.850 Die besseren Gründe sprechen für die Annahme, dass § 404 Abs. 1 AktG prinzipiell als Grundlage für den Verweigerungsgrund des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG fungieren kann. § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG dient neben der Gewährleistung der Einheit der Rechtsordnung insbesondere auch dem Interesse der Vorstandsmitglieder selbst.851 Denn durch diese Vorschrift wird garantiert, dass die Vorstandsmitglieder durch das Auskunftsverlangen der Aktionäre nach § 131 Abs. 4 S. 1 AktG nicht zur Verwirklichung eines Straftatbestands gezwungen werden können, was ein fundamentales Rechtsprinzip der bestehenden Rechtsordnung darstellt.852 Unabhängig von der nachfolgend noch zu erörternden Frage, ob sich die Vorstandsmitglieder durch die Mitteilung der im Falle der Einwilligung zugunsten des potenziellen Erwerbers bereitgestellten Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse gegenüber den übrigen Aktionäre nach § 404 Abs. 1 AktG strafbar machten, kann dieser Zielsetzung allerdings nur dann hinreichend Rechnung getragen werden, wenn man im Grundsatz zunächst einmal jede potenziell verwirklichte Strafvorschrift und damit auch § 404 Abs. 1 AktG im Rahmen des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG berücksichtigt und dann die Frage aufwirft, ob sich die Vorstandsmitglieder nach dieser Vorschrift strafbar machten. Die Ansicht, die gegen die Anwendbarkeit des § 404 Abs. 1 AktG einwendet, dass § 131 Abs. 4 S. 1 AktG anderenfalls faktisch leerliefe und dies nicht dem im Ausschluss des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AktG zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Willen entspreche, verkennt, dass § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AktG dem Schutz der Gesellschaft, § 131 Abs. 3 850 Eggenberger,
S. 152. in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 131 Rn. 48. 852 Kubis, in: MüKo AktG, Bd. 3, § 131 Rn. 126. 851 Siems,
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)229
S. 1 Nr. 5 AktG hingegen dem Schutz der Vorstandsmitglieder dienen soll, und dieser unterschiedliche Schutzzweck es durchaus gerechtfertigt erscheinen lässt, auch die Anwendbarkeit des § 404 Abs. 1 AktG im Kontext des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG anzunehmen. Es ist daher im Ergebnis von der grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 404 Abs. 1 AktG im Kontext des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG auszugehen. (ββ) Unbefugtes Offenbaren im Sinne des § 404 Abs. 1 AktG Umstritten ist des Weiteren die Frage, ob die Mitteilung der Geschäftsund Betriebsgeheimnisse an die übrigen Aktionäre unbefugt erfolgte. Teilweise wird in der Literatur die Auffassung vertreten, die Mitteilung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse gegenüber den übrigen Aktionären wäre als unbefugt zu qualifizieren und führte damit zu einer Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder im Sinne des § 404 Abs. 1 AktG.853 Angeführt wird für diese Ansicht, dass die Auskunft an die übrigen Aktionäre für die Aktiengesellschaft keine vergleichbaren Vorteile mit sich brächte, wie sie mit der mit Bereitstellung an den potenziellen Erwerber erwartet werden, und somit nicht dem Unternehmensinteresse entspräche, der Vorstand daher nicht von seiner Verschwiegenheitspflicht entbunden wäre und eine Befugnis zur Mitteilung an die übrigen Aktionäre im Sinne des § 404 Abs. 1 AktG in der Folge nicht angenommen werden könnte.854 Auch § 131 Abs. 4 S. 1 AktG könne keine Befugnis zur Mitteilung der Informationen an die übrigen Aktionäre begründen, da man anderenfalls das Bestehen eines Anspruchs der Aktionäre nach § 131 Abs. 4 S. 1 AktG annähme, obwohl dies vorliegend gerade geprüft werde, ein Zirkelschluss folglich vermieden werden müsse. Ob ein entsprechender Anspruch bestehe, hänge aber wiederum davon ab, ob der Vorstand sich im Fall der Auskunft gegenüber den übrigen Aktionären gemäß § 404 Abs. 1 AktG strafbar machte und daher die Auskunft gemäß § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG verweigern könne. Da die Auskunft gegenüber den übrigen Aktionären nicht im Unternehmensinteresse liege und dementsprechend unbefugt im Sinne des § 404 Abs. 1 AktG erfolgte, könne sich der Vorstand auf § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG i. V. m. § 404 Abs. 1 AktG berufen.855 853 Eggenberger, S. 151 ff.; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (289); Körber, NZG 2002, 263 (266); Schroeder, DB 1997, 2161 (2165); Ziegler, DStR 2000, 249 (254). 854 Eggenberger, S. 151, 153; Körber, NZG 2002, 263 (266); Schroeder, DB 1997, 2161 (2165); Ziegler, DStR 2000, 249 (254). 855 Eggenberger, S. 152; i. E. auch Siems, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 131 Rn. 49.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
Andere Stimmen in der Literatur sind hingegen der Auffassung, die Mitteilung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse gegenüber den übrigen Aktionären wäre als befugt zu qualifizieren und begründete damit keine Strafbarkeit des Vorstands im Sinne des § 404 Abs. 1 AktG.856 Geltend gemacht wird für diese Ansicht, dass von einem unbefugten Handeln der Vorstandsmitglieder gemäß § 404 Abs. 1 AktG nicht ausgegangen werden könne, wenn diese mit der Auskunft gegenüber den Aktionären zugleich deren Anspruch aus § 131 Abs. 4 S. 1 AktG erfüllten.857 Grundsätzlich scheide ein Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 404 Abs. 1 AktG immer dann aus, wenn der Vorstand im Rahmen seines Ermessens und innerhalb seiner Leitungsbefugnis aus §§ 76, 77 AktG zum Wohle der Gesellschaft entscheide, dass ein Geheimnis offenbart werden solle. Erst recht müsse dann aber eine Strafbarkeit nach § 404 Abs. 1 AktG auch dann verneint werden, wo der Vorstand über kein Ermessen verfüge, weil er gesetzlich dazu verpflichtet sei, eine Auskunft zu geben, wie dies gemäß § 131 Abs. 4 S. 1 AktG der Fall sei.858 Wenn die Gegenansicht hiergegen einwendet, dass in der Herleitung der Befugnis aus § 131 Abs. 4 S. 1 AktG ein Zirkelschluss zu sehen sei, weil man hierdurch das Bestehen eines Anspruchs der Aktionäre aus § 131 Abs. 4 S. 1 AktG vorausgesetze, was vorliegend aber gerade untersucht werde, so vermöge diese Auffassung nicht zu überzeugen. Denn der Anspruch der Aktionäre ergäbe sich allein aus § 131 Abs. 4 S. 1 AktG. Die Verweigerungsgründe gemäß § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG stellten bereits nach ihrem Wortlaut lediglich Einreden dar, die vom Vorstand zwar erhoben werden können und in diesem Fall die Durchsetzbarkeit des Anspruchs hinderten, grundsätzlich aber dem Entstehen und Bestehen des Anspruchs nicht entgegen stünden. Daher müssten diese bei der Frage der Rechtfertigung des Vorstandshandelns und der Befugnis zur Mitteilung im Sinne des § 404 Abs. 1 AktG außer Betracht bleiben.859 Im Ergebnis dürfte davon auszugehen sein, dass die Mitteilung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse gegenüber den übrigen Aktionären unbefugt im Sinne des § 404 Abs. 1 AktG erfolgte und sich die Vorstandsmitglieder hierdurch gemäß § 404 Abs. 1 AktG strafbar machten. Kein Zweifel besteht in der Tat zunächst daran, dass die Auskunft an die übrigen Aktionäre keine vergleichbaren Vorteile für die Aktiengesellschaft mit sich bräch856 Bussian, S. 75, 76; Drinhausen, in: Hölters, AktG, § 131 Rn. 34; HoffmannBecking, in: FS Rowedder, S. 155 (164); Krömker, S. 60; Liekefett, S. 210; Zirngibl, S. 216. 857 Drinhausen, in: Hölters, AktG, § 131 Rn. 34; Hoffmann-Becking, in: FS Rowedder, S. 155 (164); Zirngibl, S. 216. 858 Bussian, S. 75, 76; Hoffmann-Becking, in: FS Rowedder, S. 155 (164); Zirngibl, S. 216. 859 Krömker, S. 60; Zirngibl, S. 216.
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)231
te, wie sie mit der mit Bereitstellung an den potenziellen Erwerber erwartet werden, und somit nicht im Unternehmensinteresse läge. Aus diesem Blickwinkel muss daher eine Befugnis des Vorstands zur Mitteilung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse gegenüber den übrigen Aktionären unzweifelhaft abgelehnt werden. Darüber hinaus ist mit Recht davon auszugehen, dass auch aus § 131 Abs. 4 S. 1 AktG keine Befugnis zur Auskunft im Sinne des § 404 Abs. 1 AktG abgeleitet werden kann. Wenn die Verweigerungsgründe des § 131 Abs. 3 S. 1 AktG von der Gegenauffassung als Einreden klassifiziert werden, die dem Bestehen des Anspruchs aus § 131 Abs. 4 S. 1 AktG nicht entgegenstünden, sondern allenfalls dessen Durchsetzbarkeit hinderten, so mag dies zwar grundsätzlich richtig sein. Insofern erscheint es in der Tat auf den ersten Blick naheliegend, in § 131 Abs. 4 S. 1 AktG eine Befugnis zur Mitteilung gegenüber den Aktionären zu sehen. Für die Frage, ob der Vorstand befugt im Sinne des § 404 Abs. 1 AktG handelte, ist aber nicht allein entscheidend, ob der Anspruch aus § 131 Abs. 4 S. 1 AktG besteht, sondern vielmehr, ob den Vorstand hieraus eine Pflicht zur Mitteilung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse gegenüber den übrigen Aktionären aus § 131 Abs. 4 S. 1 AktG trifft, der Anspruch also durchsetzbar ist. Dies kann aber nur in Zusammenschau mit den Verweigerungsgründen des § 131 Abs. 3 S. 1 AktG beantwortet werden. Denn der Wortlaut des § 131 Abs. 3 S. 1 AktG spricht zwar insoweit davon, dass der Vorstand die Auskunft im Falle des Vorliegens eines Verweigerungsgrundes verweigern „darf“. Unstreitig ist der Vorstand aber gemäß § 93 Abs. 1 S. 1 AktG dazu verpflichtet, die Auskunft bei Vorliegen eines Verweigerungsgrundes zu verweigern.860 Dann aber muss dies auch dazu führen, dass die Auskunft an die übrigen Aktionäre als unbefugt im Sinne des § 404 Abs. 1 AktG zu klassifizieren wäre. (γγ) Zwischenergebnis Geht man davon aus, dass § 404 Abs. 1 AktG als Grundlage für den Verweigerungsgrund des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG fungieren kann, so liegt tatsächlich auch ein Verweigerungsgrund zugunsten des Vorstands vor, da die Mitteilung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse gegenüber den übrigen Aktionären als unbefugt im Sinne des § 404 Abs. 1 AktG zu qualifizieren wäre und die Vorstandsmitglieder sich hierdurch gemäß § 404 Abs. 1 AktG strafbar machten.
860 Drinhausen in Hölters, AktG, § 131 Rn. 29: Koch, in: Hüffer, AktG, § 131 Rn. 23; Siems, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 131 Rn. 34.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
(β) § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG i. V. m. § 17 Abs. 1 UWG Seltener diskutiert wird in der Literatur die Frage, ob sich der Vorstand gemäß § 17 Abs. 1 UWG strafbar machte, wenn er die dem potenziellen Erwerber bereitgestellten Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse gegenüber den übrigen Aktionären mitteilte. Diejenigen, die diese Fragestellung aufwerfen, gehen davon aus, dass der Auskunftsanspruch der Aktionäre praktisch ausgehöhlt wäre, wenn der Vorstand die Auskunft unter Berufung auf § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG i. V. m. § 17 Abs. 1 UWG verweigern könnte. Dies widerspreche aber gerade dem Willen des Gesetzgebers, der mit dem Ausschluss des Verweigerungsgrundes des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AktG zeige, dass der Anspruch der Aktionäre nicht zu stark und insbesondere nicht allein auf Grund zu erwartender Nachteile für die Gesellschaft eingeschränkt werden dürfe.861 Aber auch an dieser Stelle greifen die vorgebrachten Argumente im Ergebnis nicht durch. Die Argumentation hiergegen entspricht letztlich derjenigen, die im Rahmen des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG i. V. m. § 404 Abs. 1 AktG entwickelt wurde. Das Argument, dass der Anspruch aus § 131 Abs. 4 S. 1 AktG durch einen Verweigerungsgrund im Sinne des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG i. V. m. § 17 Abs. 1 UWG ausgehöhlt würde, ist bereits insofern wenig überzeugend, als dass sich umgekehrt auch einwenden lässt, dass der Auskunftsanspruch der übrigen Aktionäre bei Nichtanwendbarkeit des § 17 Abs. 1 UWG (und des § 404 Abs. 1 AktG) im Rahmen des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG letztlich in der Regel uneingeschränkt bestünde und damit überbetont würde. Auch der in diesem Zusammenhang angeführte Hinweis auf den Ausschluss des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AktG vermag zwar auf den ersten Blick einleuchtend erscheinen, verkennt aber bei näherer Betrachtung – wie bereits im Rahmen des § 404 Abs. 1 AktG festgestellt wurde –, dass § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AktG und § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG ganz unterschiedliche Schutzzwecke verfolgen. Denn während § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AktG den Schutz der Gesellschaft bezweckt, soll § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG neben der Gewährleistung der Einheit der Rechtsordnung insbesondere auch dem Schutz der Vorstandsmitglieder gegen den Zwang zur Vornahme einer Straftat dienen. Dann aber erscheint es auch verfehlt, die Annahme der Nichtanwendbarkeit des § 17 Abs. 1 UWG im Rahmen des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG damit zu begründen, dass der Ausschluss des Verweigerungsgrundes des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AktG andernfalls keinen Sinn ergäbe. Im Ergebnis kann § 17 Abs. 1 UWG daher als Grundlage für den Verweigerungsgrund des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG fungieren. In Anbetracht der Tatsache, dass die Mitteilung der Geschäfts- und Betriebsgeheim861 Liekefett,
S. 211.
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)233
nisse an die Aktionäre – der Argumentation im Rahmen des § 404 Abs. 1 AktG entsprechend – als unbefugt zu erachten wäre, bestünde folglich auch ein Verweigerungsgrund im Sinne des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG i. V. m. § 17 Abs. 1 UWG. (γ) § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG i. V. m. § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG Schließlich könnten sich die Vorstandsmitglieder durch die Mitteilung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse gegenüber den übrigen Aktionären gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG strafbar machen mit der Folge, dass auch deswegen ein Verweigerungsrecht nach § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG bestünde. Hiernach machen sich die Vorstandsmitglieder dann strafbar, wenn sie einem anderen eine Insiderinformation unbefugt mitzuteilen oder zugänglich zu machen. Ausgehend von der Annahme, dass die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zumindest zum Teil Insiderinformationen darstellen862, ist allerdings auch hier umstritten, ob die Mitteilung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse an die übrigen Aktionäre als unbefugt im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 AktG zu erachten wäre. (αα) Befugnis zur Mitteilung nur bei vorheriger Publizität Zum Teil wird in dieser Hinsicht die Ansicht vertreten, die Mitteilung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse gegenüber den übrigen Aktionären wäre regelmäßig auch im Kontext des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG als unbefugt zu erachten, sodass ein Verweigerungsgrund zugunsten des Vorstands gemäß § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG bestehe.863 Für diese Auffassung wird angeführt, dass eine Befugnis des Vorstands zur Mitteilung von Insiderinformationen gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG entsprechend Art. 3 lit.a) Marktmissbrauchsrichtlinie nur dann angenommen werden könne, wenn diese im normalen Rahmen der Ausübung der Arbeit oder des Berufes oder der Erfüllung von Aufgaben geschehe.864 Während aber dem potenziellen Erwer862 Vgl.
Teil 2, C. III. AG 1997, 50 (57); Eggenberger, S. 149; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (289); Liekefett, S. 210; Meincke, WM 1998, 749 (751); Park, BB 2001, 2069 (2072); Roschmann / Frey, AG 1996, 449 (454); Schroeder, DB 1997, 2161 (2165); Süßmann, AG 1999, 162 (168); Ziegler, DStR 2000, 249 (254); Ziemons, AG 1999, 492 (498); Zirngibl, S. 217. 864 Vgl. Teil 2, C. V. 2. b). 863 Assmann,
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
ber die Informationen im Zusammenhang mit der bevorstehenden, im Unternehmensinteresse liegenden Pakettransaktion und unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen bereitgestellt würden und hierin eine Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie entsprechende Mitteilung zu erblicken sei865, läge die Mitteilung an die übrigen Aktionäre nicht im Unternehmensinteresse und ermangelte am rechtfertigenden Zusammenhang des Erwerbs einer unternehmerischen Beteiligung.866 Des Weiteren habe der Gesetzgeber mit § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG mitunter das Ziel verfolgt, die informationelle Chancengleichheit zwischen den Anlegern zu gewährleisten.867 Dieses Ziel würde durch eine Mitteilung der Insiderinformationen an die übrigen Aktionäre aber gerade beschnitten, da diese nicht geeignet wäre, eine die Chancengleichheit wahrende Bereichs öffentlichkeit868 der Informationen im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG herzustellen, sondern lediglich einen Teil der Bereichsöffentlichkeit erreichte.869 Jedenfalls dann, wenn der Vorstand die Insiderinformationen nicht im Vorfeld der Mitteilung an die übrigen Aktionäre gemäß § 15 WpHG veröffentlichte – und damit die Informationen ihren Charakter als Insiderinformationen einbüßten – und auch kein schützenswertes Interesse der Gesellschaft bestünde, die Veröffentlichung der Insider informationen gemäß § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG nicht vorzunehmen, müsste daher von einer Strafbarkeit gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG im Falle der Auskunft an die übrigen Aktionäre ausgegangen werden.870
865 Vgl.
Teil 2, C. V. 3. AG 1996, 449 (454); Schroeder, DB 1997, 2161 (2166); Ziegler, DStR 2000, 249 (254); Zirngibl, S. 217. 867 Vgl. Teil 2, C. I. 3. 868 Vgl. Teil 2, C. III. 2. 869 Liekefett, S. 211; ähnlich Liebscher, in: Henssler / Strohn, GesR, § 131 AktG Rn. 17; andeutend auch Bussian, S. 80, 81; Körber, NZG 2002, 263 (265); Meincke, WM 1998, 749 (751); Park, BB 2001, 2069 (2073); Süßmann, AG 1999, 162 (168); Ziemons, AG 1999, 492 (498). 870 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 85; ders., AG 1997, 50 (57); Bussian, S. 81; Götz, DB 1995, 1949 (1951, 1952); Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 59; Joussen, DB 1994, 2485 (2488); Körber, NZG 2002, 263 (266); Kubis, in: MüKo AktG, Bd. 3, § 131 Rn. 128; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 279; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 52; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 132; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 14 WpHG Rn. 14; andeutend auch Siems, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 131 Rn. 50, der hieraus einen Verweigerungsgrund wegen Begehung einer Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 2 Nr. 5a i. V. m. § 15 Abs. 1 WpHG herleitet. 866 Roschmann / Frey,
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)235
(ββ) Befugnis zur Mitteilung Demgegenüber sind andere Stimmen in der Literatur der Auffassung, die Mitteilung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse gegenüber den übrigen Aktionären, wäre nicht als unbefugt im Sinne der § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG zu erachten, sodass ein Verweigerungsgrund gemäß § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG ausscheide.871 Begründet wird diese Ansicht damit, dass die Mitteilung durch den Vorstand an die übrigen Aktionäre infolge des Anspruchs aus § 131 Abs. 4 S. 1 AktG im normalen Rahmen der Ausübung der Arbeit oder des Berufes oder der Erfüllung von Aufgaben im Sinne des Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie geschähe und damit bei europarechtskonformer Auslegung des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG nicht unbefugt erfolgte.872 Dies müsse umso mehr gelten, weil es nicht dem Sinn des im Interesse der Aktionäre erlassenen WpHG entsprechen könne, elementare Aktionärs- und Anlegerrechte wie das Auskunftsrecht gemäß § 131 Abs. 4 S. 1 AktG auszuhebeln, sodass ein Vorrangverhältnis des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG anzunehmen sei.873 (γγ) Stellungnahme Vorzugswürdig erscheint im Ergebnis die Annahme, dass die Mitteilung gegenüber den übrigen Aktionären auch im Rahmen des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG im Regelfall unbefugt erfolgte und der Vorstand sich hierdurch strafbar machte. Wie auch im Rahmen des § 404 Abs. 1 AktG festgestellt wurde, kann § 131 Abs. 4 S. 1 AktG keine Befugnis zur Mitteilung der Informationen an die übrigen Aktionäre der Aktiengesellschaft begründen. Wenn zum Teil in dieser Hinsicht behauptet wird, dass die Mitteilung an die übrigen Aktionäre infolge des Anspruchs gemäß § 131 Abs. 4 S. 1 AktG im normalen Rahmen der Ausübung der Arbeit oder des Berufes oder der Erfüllung von Aufgaben geschähe im Sinne des Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie und damit bei europarechtskonformer Auslegung des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG nicht unbefugt erfolgte, so wird auch an dieser Stelle verkannt, dass nicht allein das Bestehen des Anspruchs aus § 131 Abs. 4 871 LG Koblenz DB 2003, 2766 (2767); Drinhausen, in: Hölters, AktG, § 131 Rn. 34; Siems, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 131 Rn. 50; andeutend Bussian, S. 79. 872 Benner-Heinacher, DB 1995, 765 (766); Siems, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 131 Rn. 50; andeutend Bussian, S. 79. 873 Benner-Heinacher, DB 1995, 765 (766); Kiethe, NZG 2003, 401 (408).
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
S. 1 AktG für die Annahme der Befugnis zur Mitteilung der Informationen an die übrigen Aktionäre entscheidend sein kann, sondern vielmehr ausschlaggebend ist, ob den Vorstand hieraus eine Pflicht zur Mitteilung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse gegenüber den übrigen Aktionären trifft, der Anspruch aus § 131 Abs. 4 S. 1 AktG durchsetzbar ist. Dies kann aber – wie bereits im Rahmen der Erörterungen zur drohenden Strafbarkeit nach § 404 Abs. 1 AktG festgestellt wurde – nur in Zusammenschau mit den Verweigerungsgründen des § 131 Abs. 3 S. 1 AktG beantwortet werden, da der Vorstand aus § 93 Abs. 1 S. 1 AktG unstreitig dazu verpflichtet, die Auskunft bei Vorliegen eines Verweigerungsgrundes zu verweigern.874 Dann aber kann auch nicht davon die Rede sein, dass die Mitteilung entsprechend der Vorgabe des Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie befugt im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG erfolgte. Vielmehr machten sich die Vorstandsmitglieder hierdurch im Regelfall gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG strafbar. Vom Ausscheiden des Verweigerungsgrundes des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG auf Basis des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG kann allenfalls dann ausgegangen werden, wenn der Vorstand im Vorfeld der Mitteilung an die übrigen Aktionäre die Bereichsöffentlichkeit herstellte und hierdurch den Charakter der Informationen als Insiderinformationen aufhöbe. Eine Pflicht hierzu besteht allerdings jedenfalls dann nicht, wenn ein schützenswertes Interesse der Gesellschaft existiert, die Veröffentlichung der Insiderinformationen nicht vorzunehmen, vgl. § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG. (gg) Zwischenergebnis Die vorausgehenden Erörterungen haben gezeigt, dass die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäftsund Betriebsgeheimnisse zugunsten des potenziellen Erwerbers keinen Anspruch der übrigen Aktionäre gemäß § 131 Abs. 4 S. 1 AktG zur Folge hat. Die Bereitstellung zugunsten des potenziellen Erwerbers lässt sich zwar im Ergebnis als Auskunft an einen Aktionär bewerten. Allerdings erfolgt sie nicht wegen dessen Eigenschaft als (künftiger) Aktionär, sondern wegen der Stellung als potenzieller Erwerber und aufgrund des Unternehmensinteresses am Zustandekommen der Transaktion. Selbst, wenn man hiervon jedoch ausginge, stünde dem Vorstand der Verweigerungsgrund des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG zur Verfügung, der sowohl auf § 404 Abs. 1 AktG und § 17 Abs. 1 UWG, unter Umständen auch auf § 38 874 Drinhausen in Hölters, AktG, § 131 Rn. 29; Koch, in: Hüffer, AktG, § 131 Rn. 23; Siems, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 131 Rn. 34.
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)237
Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG gestützt werden könnte. (b) Anspruch der übrigen Aktionäre aus § 53a AktG Möglicherweise ergibt sich ein Anspruch der Aktionäre auf Mitteilung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, die zwecks Durchführung der Due Diligence zugunsten des potenziellen Erwerbers bereitgestellt werden, jedoch aus dem allgemeineren Gleichbehandlungsgrundsatz in § 53a AktG. Hiernach sind Aktionäre unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln. (aa) Aktionärseigenschaft Ebenso wie der Anspruch aus § 131 Abs. 4 S. 1 AktG setzt auch derjenige aus § 53a AktG zunächst voraus, dass ein Aktionär durch den Vorstand eine bevorzugte Behandlung erfahren hat. Auch an dieser Stelle könnte allerdings bereits am Vorliegen dieser Voraussetzung zu zweifeln sein, da die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Informationen an den potenziellen Erwerber des Aktienpakets erfolgt. (α) Bereits Aktionär Keine Probleme hinsichtlich der Frage der Aktionärseigenschaft des Primärempfängers bestehen dann, wenn es sich bei dem potenziellen Erwerber zum Zeitpunkt der Bereitstellung bereits um einen Aktionär handelt, der lediglich seine Beteiligung aufstocken möchte. (β) Noch kein Aktionär Anders stellt sich hingegen wiederum die Lage dar, wenn der Kaufinteressent noch kein Aktionär der Aktiengesellschaft ist und diesem die zwecks Durchführung einer Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse bereitgestellt werden. In Anbetracht des Wortlauts des § 53a AktG, der eine Gleichbehandlung zwischen Aktionären fordert, könnte davon auszugehen sein, dass die übrigen Aktionäre in dieser Konstellation über keinen Anspruch auf Mitteilung der Informationen verfügen, weil dem potenziellen Erwerber keine Aktionärseigenschaft attestiert werden kann.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
(αα) Aktuelle Aktionärseigenschaft entscheidend Und so verwundert es nicht, dass auch im Kontext des § 53a AktG zum Teil die Ansicht vertreten wird, die Bereitstellung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen zugunsten des potenziellen Erwerbers, der nicht bereits zum Zeitpunkt der Bereitstellung Aktionär der Aktiengesellschaft ist, begründe keinen Anspruch der übrigen Aktionäre, da § 53a AktG nur eine Gleichbehandlung zwischen aktuellen Aktionären gewährleisten solle.875 (ββ) Aktuelle Aktionärseigenschaft nicht entscheidend Andere hingegen sind auch im Kontext des § 53a AktG der Auffassung, dass die Bereitstellung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen an den potenziellen Erwerber eines Aktienpakets, der zum Zeitpunkt der Bereitstellung noch kein Aktionär der Aktiengesellschaft ist, ausreicht, um einen Anspruch der übrigen Aktionäre gemäß § 53a AktG begründen zu können.876 Angeführt wird für diese Ansicht primär, dass die Person des veräußerungswilligen Aktionärs unberücksichtigt bliebe, wenn man einen Anspruch der übrigen Aktionäre verneinte. Denn dieser profitiere letzten Endes maßgeblich von der Bereitstellung der Informationen, weil hierdurch die Übertragung seiner Beteiligung ermöglicht oder zumindest erleichtert werde.877 Die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse komme mittelbar dem veräußerungswilligen Aktionär zugute, sodass die Auskunft an den potenziellen Erwerber als Auskunft an einen Aktionär gewertet werden müsse.878 (γγ) Stellungnahme Nicht zuletzt auch in Anbetracht der Erwägungen, die bereits im Rahmen des § 131 Abs. 4 S. 1 AktG hinsichtlich des Vorliegens der Aktionärseigen875 Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 187; Körber, NZG 2002, 263 (265); Liekefett, S. 212; wohl auch Cahn / v. Spannenberg, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 53a Rn. 5. 876 Bungeroth, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 53a Rn. 6; Kiethe, NZG 1999, 976 (980); Lutter, ZIP 1997, 613 (618); Meincke, WM 1998, 749 (751); Mertens, AG 1997, 541 (547); Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1958); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (373); Schroeder, DB 1997, 2161 (2166); Solveen, in: Hölters, AktG, § 53a Rn. 5; Ziegler, DStR 2000, 249 (254). 877 Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1958); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (373). 878 Allgemein zum Ausreichen einer mittelbaren Begünstigung Bungeroth, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 53a Rn. 6; Solveen, in: Hölters, AktG, § 53a Rn. 5.
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)239
schaft des potenziellen Erwerbers, der zum Zeitpunkt der Bereitstellung noch kein aktueller Aktionär der Aktiengesellschaft ist, angestellt wurden, ist im Ergebnis der Auffassung zu folgen, dass auch die Bereitstellung an einen solchen Erwerbsinteressenten als Auskunft an einen Aktionär zu werten ist. Insofern wurde bereits dort zutreffend festgestellt, dass die Bereitstellung an den potenziellen Erwerber letztlich auch dem veräußerungswilligen Aktionär zum Vorteil gereicht, da hierdurch die Übertragung seiner Beteiligung ermöglicht oder zumindest erleichtert wird. Insofern ist es häufig auch gerade dieser, der den Vorstand um die Bereitstellung der erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse ersucht. In Anbetracht dessen kann es aber im Ergebnis keinen Unterschied machen, ob die Informationen zugunsten des veräußerungswilligen Aktionärs selbst oder direkt zugunsten des Erwerbsinteressenten bereitgestellt werden. Dies umso mehr, als dass der veräußerungswillige Aktionär zwar selbst nicht der primäre Adressat der Informationen ist, aber regelmäßig während der Due Diligence ebenfalls Gelegenheit zur Einsichtnahme erhält, da letztlich beide Seiten auf die Informationen angewiesen sind, um den Kaufpreis sowie die weiteren Vertragsbedingungen zu bestimmen. (γ) Zwischenergebnis Die Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zwecks Durchführung der Due Diligence zugunsten des potenziellen Erwerbers ist unabhängig davon, ob dieser zum Zeitpunkt der Bereitstellung bereits Ak tionär der Aktiengesellschaft ist oder nicht, als Begünstigung eines Aktionärs im Sinne des § 53a AktG zu erachten. (bb) Ungleichbehandlung Weiterhin kann von einem Anspruch der Aktionäre gemäß § 53a AktG nur dann ausgegangen werden, wenn eine Ungleichbehandlung vorliegt. Diese ist unproblematisch in die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zugunsten des potenziellen Erwerbers und der daran anknüpfenden Bereitstellung zu erblicken. (cc) Sachliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung Schließlich lässt sich dem Wortlaut des § 53a AktG entnehmen, dass eine Ungleichbehandlung nur dann zu einem Anspruch der übrigen Aktionäre führt, wenn bei diesen die gleichen Voraussetzungen wie bei dem bevorzug-
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
ten Aktionär vorliegen. Hieraus ergibt sich, dass ein Anspruch der übrigen Aktionäre gemäß § 53a AktG dann abzulehnen ist, wenn die Ungleichbehandlung der Aktionäre sachlich gerechtfertigt ist. Es stellt sich damit die Frage, ob eine sachliche Rechtfertigung dafür existiert, dass dem potenziellen Erwerber Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zur Verfügung gestellt werden, den übrigen Aktionären hingegen nicht. In diesem Zusammenhang kann auf die Argumente zurückgegriffen werden, die bereits im Rahmen der Erörterung der Frage, ob § 131 Abs. 4 S. 1 AktG im Lichte des § 53a AktG teleologisch zu reduzieren ist, dargestellt wurden.879 Als maßgeblich wurde in diesem Zusammenhang herausgestellt, dass die Bereitstellung der Informationen im Vorfeld der geplanten Pakettransaktion vorgenommen wird, weil sich die Gesellschaft aus deren Zustandekommen Vorteile verspricht und daher ein Unternehmensinteresse an der Durchführung der Due Diligence und am Erfolg der Transaktion besteht.880 Ein vergleichbares Unternehmensinteresse liegt aber im Fall der Mitteilung der entsprechenden Informationen an die übrigen Aktionäre in der Regel nicht vor. Im Gegenteil stünde diese einer Offenlegung gegenüber einer nicht überschaubaren Öffentlichkeit gleich und führte dazu, dass alle vom Vorstand im Rahmen der Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zugunsten des potenziellen Erwerbers zu treffenden – und nachfolgend noch näher zu erörternden881 – Sicherheitsvorkehrungen gegen den Missbrauch dieser Informationen obsolet wären. Hieraus erwüchsen der Gesellschaft unüberschaubare Gefahren, denen in der Regel keine Vorteile entgegenstünden. Es besteht damit ein maßgeblicher Unterschied zwischen der Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zugunsten des potenziellen Erwerbers und dem Mitteilen dieser Informationen gegenüber den übrigen Aktionären, der eine Ungleichbehandlung rechtfertigt. Etwas Anderes kann im Einzelfall nur dann gelten, wenn ein weiterer Großaktionär beabsichtigt, sein Aktienpaket außerhalb der Börse zu veräußern. In diesem Fall ist der Vorstand aus § 53a AktG verpflichtet, auch diesem den Zugang zu den zwecks Durchführung einer Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen zu ermöglichen, sofern die gleichen Voraussetzungen vorliegen wie bei der Erstauskunft.882 879 Vgl.
Teil 2, A. VIII. 5. f) cc) (2) (a) (ee). S. 215; Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (502); Mertens, AG 1997, 541 (549); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (372); Schroeder, DB 1997, 2161 (2166); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (382); Storck, FB 2004, 363 (366); Ziegler, DStR 2000, 249 (254). 881 Vgl. Teil 2, A. VIII. 5. i). 882 Körber, NZG 2002, 263 (265); Krömker, S. 62; Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (372); Mertens, AG 1997, 541 (549); Ziegler, DStR 2000, 249 (254); Zirngibl, S. 217. 880 Liekefett,
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)241
(dd) Zwischenergebnis Die vorausgehenden Erörterungen haben gezeigt, dass die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zugunsten des potenziellen Erwerbers keinen Anspruch der übrigen Aktionäre gemäß § 53a AktG begründet. Die Bereitstellung lässt sich zwar im Ergebnis als Auskunft an einen Aktionär bewerten, ist jedoch im Verhältnis zu den übrigen Aktionären sachlich gerechtfertigt. (c) Zusammenfassung Anhand einer dezidierten Darstellung konnte gezeigt werden, dass die Aktionäre im Falle der Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse weder aus § 131 Abs. 4 S. 1 AktG noch aus § 53a AktG über einen Anspruch gegen den Vorstand auf Mitteilung dieser Informationen verfügen. Bezogen auf die Ausgangsfrage, ob an der Bereitstellung der Informationen stets ein ungewöhnliches und überragendes, anders nicht erreichbares eigenes unternehmerisches Interesse der Gesellschaft bestehen muss, um von der Wirksamkeit der Einwilligung ausgehen zu können, hat dies zur Folge, dass das Bestehen eines Anspruchs der übrigen Aktionäre nicht als Argument für das Erfordernis eines überragenden Interesses angeführt werden kann. (3) Einfaches Unternehmensinteresse ausreichend In Anbetracht der Tatsache, dass (1) den Gefahren aus der Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse durch das Ergreifen von Sicherheitsvorkehrungen begegnet werden kann und (2) die übrigen Aktionäre aus der Bereitstellung keinen Anspruch auf Mitteilung der Informationen erlangen, ist davon auszugehen, dass die Einwilligung immer schon dann als wirksam erachtet werden kann, wenn ein einfaches Unternehmensinteresse an der Bereitstellung besteht. Hierdurch wird dem Schutz der Aktiengesellschaft vor willkürlichen Dispositionen des Vorstands über ihre Geschäftsund Betriebsgeheimnisse und einem willkürlichen Verzicht auf den durch § 17 Abs. 1 UWG gewährleisteten Schutz des Geheimbereichs des Unternehmens hinreichend Rechnung getragen. g) Ermittlung des Unternehmensinteresses Daran anknüpfend stellt sich nunmehr die Frage, wann die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse im Unternehmensinteresse liegt, welche Faktoren also
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für die Ermittlung des Unternehmensinteresses an der Bereitstellung der Informationen ausschlaggebend sind, um von der Wirksamkeit der Einwilligung ausgehen zu können. aa) Potenzielle Nachteile und Risiken der Bereitstellung Zunächst sind die potenziellen Nachteile und Risiken, die sich aus der Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse ergeben können, bei der Ermittlung des Unternehmensinteresses zu berücksichtigen. Betrachtet man in dieser Hinsicht zuvörderst den Vorgang der Bereitstellung der Informationen an sich, so lässt sich diesbezüglich feststellen, dass dieser je nach Ausgestaltung und Umfang mit einem erheblichen Arbeitsaufwand verbunden ist. Dies führt dazu, dass Arbeitskraft und Managementressourcen aufgebracht und investiert werden müssen, die für gewöhnlich an anderer Stelle zum Einsatz gelangen, sodass zwangsläufig mit Verzögerungen im Betriebsablauf zu rechnen ist.883 Von maßgeblicherer Bedeutung ist allerdings der Umstand, dass die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse stets zumindest eine abstrakte Gefahr für das Unternehmen beziehungsweise die dahinterstehende Aktiengesellschaft darstellt, weil mit jeder Ausweitung des Kreises derer, die Kenntnis von den Informationen haben, die Möglichkeit schwindet, die Geheimhaltung sicherzustellen, und zugleich die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die Informationen ungewollt weiter verbreitet werden.884 Diese Gefahr ist im Kontext der Due Diligence in Anbetracht der Fülle der bereitgestellten Informationen und der Betroffenheit des gesamten Unternehmens sogar besonders evident.885 Vorstellbar erscheint in diesem Zusammenhang beispielsweise, dass die Transaktion trotz der Gestattung und Durchführung der Due Diligence letztlich nicht zustande kommt und die Informationen zum Nachteil des Unternehmens eingesetzt werden886, etwa durch Fruchtbarmachung bestimmter Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse im eigenen Betrieb oder die Abwerbung von Kunden und Lieferanten. Im Extremfall könnte sich die Situation sogar so gestalten, dass der potenzielle Erwerber gar kein Interesse am Erwerb des Aktienpakets hat, sondern dieses nur vortäuscht, um an sensible Informationen des Unternehmens zu gelan883 Mielke / Molz,
DB 2008, 1955 (1957). S. 107; Körber, NZG 2002, 263 (269); Krömker, S. 40; Mertens, AG 1997, 541 (544); Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1957); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (364); Stoffels, ZHR 165 (2001); 362 (366). 885 Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (363). 886 Bussian, S. 52; Krömker, NZG 2003, 418 (422); Mertens, AG 1997, 541 (544); Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1957). 884 Eggenberger,
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)243
gen und diesen Wissensvorsprung zunutze zu machen.887 Dass dies mit dramatischen Konsequenzen für die Position des Unternehmens am Markt und in der Folge für dessen Bestand und Rentabilität des Unternehmens verbunden sein kann, dürfte keinen Zweifeln begegnen. bb) Potenzielle Vorteile der Bereitstellung Andererseits spielen aber auch die potenziellen Vorteile der Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse bei der Ermittlung des Unternehmensinteresses hieran eine maßgebliche Rolle. Zunächst lässt sich in diesem Zusammenhang feststellen, dass einige Vorteile unmittelbar aus der Bereitstellung der Informationen selbst erwachsen. In Anbetracht der Tatsache, dass der Erwerb eines Aktienpakets mit erheblichen Risiken verbunden ist und diese für den potenziellen Erwerber ohne entsprechende Informationen im Vorfeld der Transaktion nicht kalkulierbar sind, wird dieser in der Regel von der Transaktion Abstand nehmen oder zumindest auf umfangreiche, vertragliche Gewährleistungsvereinbarungen und einen variablen Kaufpreis bestehen, sofern der Vorstand nicht bereit ist, die zwecks Durchführung einer Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse bereitzustellen.888 Aus diesem Blickwinkel übernimmt die Möglichkeit der Due Diligence eine Schlüsselposition, weil sie entweder dazu beiträgt, dass der potenzielle Erwerber überhaupt bereit ist, die geplante Transaktion zu erwägen, oder im Falle der Bereitschaft einer Veräußerung zu schlechteren Konditionen entgegenwirkt. Der Vorstand ist zwar nicht dazu verpflichtet, an der optimalen Verwertung der Beteiligung zugunsten des veräußerungswilligen Aktionärs mitzuwirken, sodass sich hieraus keine unmittelbaren Folgerungen für das Vorliegen des Unternehmensinteresses an der Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse ableiten lassen.889 Was die mittelbaren Folgen für die Gesellschaft anbelangt, ist allerdings zu beachten, dass das Scheitern beziehungsweise Stocken der Transaktion und das Zustandekommen der Transaktion zu schlechteren Konditionen den übrigen Marktteilnehmern in der Regel nicht verborgen bleibt und negative Auswirkungen auf das Unternehmen haben kann.890 Nicht nur, dass die Verweige887 Krömker, S. 41: sogenannter „Raider“; Mertens, AG 1997, 541 (544); Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (444). 888 Bussian, S. 54; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (152); Mertens, AG 1997, 541 (545); Müller, NJW 2000, 3452 (3454); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (363); Rittmeister, NZG 2004, 1032 (1034); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (374). 889 Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (355). 890 Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (152); Kemnitz, S. 35; Klie, S. 97; Körber, NZG 2002, 263 (269); Krömker, S. 39; Liekefett, S. 157; Mertens, AG 1997,
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rung der Bereitstellung der erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse und die daraus resultierende „Behinderung“ der Transaktion zulasten des veräußerungswillen Aktionärs in der Öffentlichkeit zu nachteiligen Irritationen über das Unternehmensbild, zu einem Imageverlust und Einbußen an Reputation führen kann und es hierdurch für das Unternehmen schwieriger wird, überzeugend am Markt aufzutreten.891 Vielmehr liegt es auch deshalb im Interesse des Unternehmens, das Scheitern beziehungsweise Stocken der Transaktion und das Zustandekommen der Transaktion zu schlechteren Konditionen zu vermeiden, weil dies regelmäßig mit negativen Auswirkungen für den Börsenwert des Unternehmens und des Kurses der Aktien verbunden ist.892 Denn die übrigen Marktteilnehmer ziehen derartige Ereignisse als Indikatoren zur Feststellung des Unternehmenswertes heran und passen ihr Verhalten am Markt dementsprechend an. Zusammenfassend lässt sich daher sagen, dass bei der Ermittlung des Unternehmensinteresses an der Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse berücksichtigt werden muss, inwieweit sich ihre Verweigerung als Hindernis oder preisreduzierender Faktor im Rahmen der jeweils geplanten Transaktion herauskristallisieren könnte.893 Es besteht insoweit ein maßgebliches Interesse der Gesellschaft am image- und kursschonenden Zustandekommen der Pakettransaktion.894 „Die Erhaltung des Börsenwertes im Zuge einer Veräußerung durch einen Großaktionär ist […] von eminenter Bedeutung und liegt in höchstem Maße im Interesse der Gesellschaft.“895 Dies insbesondere auch mit Blick auf die künftige Eigenkapitalbeschaffung durch Kapitalmaßnahmen.896
541 (545); Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1957); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (362); Rittmeister, NZG 2004, 1032 (1034); ders., M&A-Review 2008, 528 (529); Rubner, KSzW 2011, 412 (413); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (373); Ziegler, DStR 2000, 249 (252, 253). 891 Bussian, S. 54; Krömker, S. 39; Mertens, AG 1997, 541 (545); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (362); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (373). 892 Bussian, S. 54; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (152); Kemnitz, S. 35; Körber, NZG 2002, 263 (269); Krömker, S. 39; Mertens, AG 1997, 541 (545); Liekefett, S. 157; Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1957); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (363); Rittmeister, NZG 2004, 1032 (1034); ders., M&A-Review 2008, 528 (529); Rubner, KSzW 2011, 412 (413); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (372); Ziegler, DStR 2000, 249 (252, 253). 893 Mertens, AG 1997, 541 (545). 894 Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (152); Körber, NZG 2002, 263 (269); Mertens, AG 1997, 541 (545); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (362); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (372); Ziegler, DStR 2000, 249 (252, 253). 895 Mertens, AG 1997, 541 (545).
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Weitere Vorteile, die unmittelbar an die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse anknüpfen, betreffen die Aspekte der Beschleunigung und der Sicherheit der Transaktion. Zunächst ist zu bedenken, dass der veräußerungswillige Aktionär und der potenzielle Erwerber in der Regel ohne die Mitwirkung der Vorstands der Aktiengesellschaft nur über die öffentlich zugänglichen Informationen verfügen, dies für den potenziellen Erwerber oft erhebliche Risiken birgt und er somit nach Möglichkeit – sofern er nicht von der Transaktion ohnehin Abstand nimmt – versuchen wird, sich bestmöglich gegen diese Risiken abzusichern. In der Konsequenz wird dies zu langwierigen Vertragsverhandlungen unter erschwerten Bedingungen führen. Für die Gesellschaft kann dies allerdings durchaus nachteilhafte Auswirkungen haben, da Unsicherheiten über die Aktionärsstruktur der Gesellschaft Unsicherheit bei Geschäftspartnern hervorrufen könnte, was wiederum insbesondere die Begründung langfristiger Geschäftsbeziehungen, Investitionen oder Kooperationen erschweren dürfte.897 Die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence notwendigen Informationen ermöglicht in dieser Hinsicht eine Beschleunigung des Transaktionsprozesses, weil die Transaktionsparteien hierdurch schneller die erforderliche Informationsbasis für die anstehenden Vertragsverhandlungen erlangen.898 Zugleich ergibt sich aus der Bereitstellung durch den Vorstand der Aktiengesellschaft ein weiterer wesentlicher Vorteil, der in der Möglichkeit der Kontrolle des Informationsflusses zu erblicken ist. Verweigert der Vorstand die Einräumung des Zugangs zu den für die Due Diligence benötigten Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen, so besteht die Gefahr, dass eine unvollständige Informationsbasis den Vertragsverhandlungen zugrunde gelegt wird oder dass der Versuch unternommen wird, die erforderlichen Informationen über „graue Kanäle“ zu beschaffen.899 Willigt der Vorstand hingegen in die Bereitstellung der Informationen ein, so ergibt sich hieraus zugleich die Möglichkeit – beziehungsweise sogar die Pflicht, wie nachfolgend noch näher ausgeführt wird –, den Informationsfluss zu kontrollieren. 896
Aber nicht nur die Vorteile, die sich unmittelbar aus der Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse für das Unternehmen ergeben, sind bei der Ermittlung des Unternehmensinteresses zu berücksichtigen. Von mindestens ebenso großer Bedeutung sind auch diejenigen Vorteile, die sich 896 Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 44; Kemnitz, S. 35; Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (363). 897 Klie, S. 97; Körber, NZG 2002, 263 (269); Krömker, S. 40; Mertens, AG 1997, 541 (545). 898 Bussian, S. 53; Mertens, AG 1997, 541 (545). 899 Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (363).
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für das Unternehmen mittelbar aus der Bereitstellung ergeben können, womit diejenigen Vorteile angesprochen sind, die mit dem Zustandekommen der Pakettransaktion und dem daran anknüpfenden Aktionärswechsel einhergehen könnten. Denkbar ist in dieser Hinsicht zunächst, dass der Kaufinteressent im Falle des Erwerbs der Beteiligung und des Einrückens in die Aktionärsstellung der Gesellschaft neues Eigenkapital zuführen wird oder zumindest die Beschaffung von Fremdkapital zu günstigeren Konditionen über neue Finanzierungsquellen ermöglicht.900 Weiterhin kann die Transaktion für die Aktiengesellschaft deshalb erstrebenswert sein, weil der Aktionärswechsel dazu beiträgt, gegenwärtig bestehende Kooperationen und strategische Allianzen zu verstärken oder zukünftig zu begründen oder die Partizipation an einem größeren Unternehmensverbund zu ermöglichen.901 Insbesondere auch das gemeinsame Auftreten der Aktiengesellschaft und des Unternehmens des Erwerbers am Markt kann für erstere von großem Interesse sein, soweit damit zu rechnen ist, dass dies zu einer Stärkung der Wettbewerbsposition und zu einer Verbesserung der Reputation führen wird. Zudem kann die Beteiligung eines „befreundeten“ Unternehmens als wirksamer Schutz vor der Einflussnahme oder gar Übernahme durch unliebsame Private-Equity- oder Hedge-Fonds dienen.902 Schließlich könnte die Transaktion auch Synergieeffekte zwischen der Gesellschaft und dem Unternehmen des Erwerbers bewirken, von der die Gesellschaft profitiert. So besteht beispielsweise die Möglichkeit, dass die Gesellschaft infolge der Transak tion verbesserte Einkaufskonditionen erlangt, durch eingebrachtes Kapital und Know-How die Möglichkeit zur Rationalisierung oder Restrukturierung des Unternehmens erhält, Produktion und Vertrieb optimieren kann, bereits vorhandene Geschäftsfelder verfestigt oder ausgeweitet oder neue Märkte erschlossen werden.903 900 Bihr, BB 1998, 1198 (1199); Borsch, DB 2005, 2175 (2177); Böttcher, S. 70; Bruse / Keinath, in: FS Pöllath & Partners, S. 363 (368); Bussian, S. 54; Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 44; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (152); Klie, S. 99; Körber, NZG 2002, 263 (269); Krömker, S. 38; Liekefett, S. 157; Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (500); Mertens, AG 1997, 541 (545); Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1957); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (362); Rittmeister, NZG 2004, 1032 (1034); ders., M&A-Review 2008, 528 (530); Rubner, KSzW 2011, 412 (413); Schroeder, DB 1997, 2161 (2165); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (374). 901 Borsch, DB 2005, 2175 (2177); Böttcher, S. 70; Mertens, AG 1997, 541 (545); Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1957); Müller, NJW 2000, 3452 (3453); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (368, 374). 902 Bussian, S. 54. 903 Bihr, BB 1998, 1198 (1199); Borsch, DB 2005, 2175 (2177); Böttcher, S. 69; Bruse / Keinath, in: FS Pöllath & Partners, S. 363 (368); Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 44; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (152); Kemnitz, S. 35; Körber, NZG 2002, 263 (269); Krömker, S. 36, 37; Liekefett, S. 157; Lin-
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)247
cc) Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Vor- beziehungsweise Nachteile Nachdem vorausgehend die mit der Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse potenziell einhergehenden Vor- und Nachteile beziehungsweise Chancen und Risiken dargestellt wurden, dürfte weiterhin kein Zweifel daran bestehen, dass für die Frage, ob die Bereitstellung im Unternehmensinteresse liegt, die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der jeweiligen Umstände von maßgeblicher Bedeutung ist.904 Denn regelmäßig kann weder mit absoluter Gewissheit davon ausgegangen werden, dass sich die bestehenden Risiken realisieren, noch, dass die mit dem Zustandekommen der Transaktion erhofften Vorteile tatsächlich eintreten werden.905 Je wahrscheinlicher der Erfolg der Pakettransaktion und der Eintritt der damit einhergehenden, erhofften Vorteile ist, umso eher kann davon ausgegangen werden, dass die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Informationen im Unternehmensinteresse liegt. Allerdings dürfte die Notwendigkeit einer hohen Eintrittswahrscheinlichkeit der erstrebten Vorzüge der Transaktion bis zu einem gewissen Grad am Maßstab der Bedeutung der Vorteile für die Gesellschaft zu relativieren sein. Dies bedeutet, dass die Bereitstellung der Informationen unter Umständen auch dann im Unternehmensinteresse liegen kann, wenn die geplante Transaktion nur mit mäßiger Wahrscheinlichkeit tatsächlich eintreten wird, sofern diese für das Überleben des Unternehmens von maßgeblicher Bedeutung ist. dd) Größe des Aktienpakets Mit dem Aspekt der zu erwartenden Vorteile der Pakettransaktion und der Wahrscheinlichkeit deren Eintritts stark verbunden ist zudem die Notwendigkeit einer gewissen Größe des zum Verkauf stehenden Aktienpakets, um von einem Unternehmensinteresse an der Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse ausgehen zu können. Dies deshalb, da der Aktionärswechsel bei ker / Zinger, NZG 2002, 497 (500); Mertens, AG 1997, 541 (545); Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1957); Müller, NJW 2000, 3452 (3453); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (362); Rittmeister, NZG 2004, 1032 (1034); ders., M&A-Review 2008, 528 (530); Rubner, KSzW 2011, 412 (413), Schroeder, DB 1997, 2161 (2165); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (374). 904 Bussian, S. 55; Eggenberger, S. 108; Jäger, JZ 2003, 1048 (1050), Krömker, NZG 2003, 418 (422); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (363); Schroeder, DB 1997, 2161 (2162); Ziegler, DStR 2000, 249 (253). 905 Eggenberger, S. 109.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
bloß marginalen Beteiligungen die Interessen des Unternehmens beziehungsweise der dahinterstehenden Aktiengesellschaft in der Regel kaum sonderlich beeinflussen wird.906 Erst mit wachsender Beteiligungsgröße nähern sich die Interessen des Unternehmens beziehungsweise der dahinterstehenden Aktiengesellschaft und die des zukünftigen Aktionärs an, bindet sich letzterer stärker an die Gesellschaft und hat der gewonnene Einfluss für die Geschicke der Gesellschaft besondere Bedeutung.907 Fraglich ist allerdings, ab welchem Transaktionsvolumen davon ausgegangen werden kann, dass ein Unternehmensinteresse am Aktionärswechsel besteht. Eine pauschale Aussage kann in dieser Hinsicht nicht getroffen, insbesondere keine allgemeingültige Mindestgröße aufgestellt werden. Unstreitig dürfte die Transaktion das Unternehmensinteresse in der Regel dann berühren, wenn die Veräußerung einer Beteiligung in Höhe von über 25% der Stimmrechte im Raum steht, die ihrem Eigentümer eine sogenannte Sperrminorität in der Hauptversammlung einräumt.908 „Denn ein Anteil von einem Viertel an der Gesamtheit der Aktien sichert seinem Inhaber ein unter Umständen ausschlaggebendes Mitspracherecht gerade auch in solchen Angelegenheiten, die für die Geschicke der Gesellschaft besonders wichtig sind und über die daher die Hauptversammlung mit qualifizierter Mehrheit zu beschließen hat, und es ist davon auszugehen, dass der Inhaber eines Anteils von 25% oder mehr Anteilen einer Aktiengesellschaft auch ein seiner Beteiligung entsprechendes Unternehmensinteresse verfolgt.“909 Auf der anderen Seite dürfte ein Anteil von unter 5% der Stimmrechte demgegenüber in der Regel nicht ausreichen, um ein Unternehmensinteresse an der Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence notwendigen Informationen und am Zustandekommen der Transaktion annehmen zu können. Denn in diesem Fall kann nicht mehr von einer unternehmerischen Beteiligung – also einer solchen, die unternehmerischen Einfluss vermittelt – die Rede sein, da der neue Aktionär unterhalb der 5%-Hürde Opfer eines Squeeze-outs nach den §§ 327a ff. AktG, also gegen seinen Willen aus der Gesellschaft heraus gedrängt werden kann und erst ab dieser Schwelle Minderheitsrechte – wie etwa der Antrag auf Bestellung eines 906 Bussian, S. 57; Eggenberger, S. 115; Götze, ZGR 1999, 202 (217, 218); Krömker, NZG 2003, 418 (422), Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1958); Oppenländer, GmbHR 2000, 535 (538); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (362); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (374). 907 Bussian, S. 57. 908 Bussian, S. 54; Götze, ZGR 1999, 202 (217, 218); Krömker, NZG 2003, 418 (423), Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1958); Oppenländer, GmbHR 2000, 535 (538); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (362). 909 Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1958), die davon ausgehen, dass dem potenziellen Erwerber in diesem Fall die zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Informationen bereitgestellt werden müssen.
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Sonderprüfers nach §§ 258 Abs. 2, 260 Abs. 1 AktG oder das Verlangen auf Einberufung der Hauptversammlung nach § 122 Abs. 1 AktG – vorgesehen sind.910 Zudem wird der Wechsel einer derart marginalen Beteiligung auch regelmäßig nicht zu den vom Vorstand erhofften Vorteilen führen.911 Etwas Anderes kann im Einzelfall allerdings dann gelten, wenn ein sukzessiver Aufbau einer größeren Beteiligung oder eine Kooperation erfolgen soll, da hier auch kleinere Beteiligungen Vorteile verschaffen könnten, die ein Unternehmensinteresse an der Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Informationen begründen können.912 Letztlich dürfte die Frage, ab welcher Größe des Aktienpakets von einem unternehmerischen Interesse an der Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse ausgegangen werden kann, maßgeblich davon abhängen, in welcher Beziehung der neue Aktionär zum Unternehmen und der dahinterstehenden Aktiengesellschaft steht und ob sich die restlichen Aktien im Streubesitz befinden, wobei die Schwelle von 5% der Stimmrechte als Mindestmaß zu erachten ist.913 ee) Eignung und Erforderlichkeit der Bereitstellung Weiterhin kann nur dann davon ausgegangen werden, dass die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäftsund Betriebsgeheimnisse im Unternehmensinteresse liegt, wenn diese geeignet und erforderlich ist, die zwischen dem potenziellen Erwerber und dem veräußerungswilligen Aktionär geplante Transaktion zu fördern und die seitens des Unternehmens erhofften Vorteile zu erlangen.914 Von der Eignung der Bereitstellung der Informationen in dieser Hinsicht ist immer dann auszugehen, wenn sie tatsächlich zum erfolgreichen Abschluss der Transaktion beitragen kann. Dies ist beispielsweise dann nicht der Fall, wenn der Erwerbsinteressent gar nicht über die notwendigen Mittel verfügt, das Aktienpaket des veräußerungswilligen Aktionärs zu erwerben, oder gar nicht ernsthaft beabsichtigt, die Transaktion durchzuführen, sondern die Ge910 Krömker,
S. 119; ders., NZG 2003, 418 (422, 423). S. 115. 912 Eggenberger, S. 115. 913 Krömker, S. 119; ders., NZG 2003, 418 (423). 914 Böttcher, S. 75, 76; Götze, ZGR 1999, 202 (213); Krömker, NZG 2003, 418 (422); Liekefett, S. 110; Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (499); Mertens, AG 1997, 541 (546); Müller, NJW 2000, 3452 (3454); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (361); Rittmeister, NZG 2004, 1032 (1034); ders., M&A-Review, 2008, 528 (530). 911 Eggenberger,
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
schäfts- und Betriebsgeheimnisse für andere Zwecke erlangen will.915 Ebenfalls ist die Bereitstellung der Informationen auch dann nicht geeignet, die Transaktion zu fördern, wenn diese für die Transaktion nicht entscheidungsrelevant sind.916 Erforderlich ist die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence benötigten Informationen insbesondere dann, wenn der potenzielle Erwerber sich nicht mit anderen Maßnahmen wie günstigeren Gewährleistungsvereinbarungen oder einem variablen Kaufpreis zufrieden geben wird und ohne die Bereitstellung der Informationen mit dessen Abstandnahme von der Transaktion zu rechnen ist. Zudem wird die Erforderlichkeit der Bereitstellung der Informationen auch durch die Größe des Aktienpakets und die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der erhofften Vorteile bestimmt.917 ff) Person des Erwerbers Schließlich dürfte auch kein Zweifel daran bestehen, dass die Person des potenziellen Erwerbers einen Einfluss darauf hat, ob die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Informationen im Unternehmensinteresse liegt, da die Wahrscheinlichkeit und Intensität der Missbrauchsgefahr mitunter auch von diesem Faktor abhängt.918 Insbesondere dann, wenn der Kaufinteressent am Markt als unmittelbarer Wettbewerber, Konkurrent des Unternehmens oder aber wichtiger Kunde oder Lieferant auftritt, ist die Bereitstellung aus Unternehmenssicht mit Vorsicht zu genießen.919 So könnten diese auf Grund der Bereitstellung Informationen erhalten, deren Zugang ihnen sonst verwehrt geblieben wäre. Dies erscheint aber insoweit problematisch, als dass bei diesen ein besonders großes Risiko besteht, dass sie ein Erwerbsinteresse nur vortäuschen, um an die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse des Unternehmens beziehungsweise der dahinterstehenden Aktiengesellschaft zu gelangen und diese zum Nachteil der Gesellschaft zu verwenden.920 Handelt es sich hingegen bei dem poten915 Götze, ZGR 1999, 202 (213); Liekefett, S. 114, 115; Meincke, WM 1998, 749 (751); Müller, NJW 2000, 3452 (3455). 916 Müller, NJW 2000, 3452 (3454); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (361); Ziegler, DStR 2000, 249 (251). 917 Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (374). 918 Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (280); Körber, NZG 2002, 263 (270). 919 Bihr, BB 1998, 1198 (1198); Bussian, S. 55; Eggenberger, S. 107; Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 93 Rn. 171; Götze, ZGR 1999, 202 (214); Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (280); Müller, NJW 2000, 3452 (3455); Rieder, in: Alt huber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (366); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (374); Körber, NZG 2002, 263 (270). 920 Götze, ZGR 1999, 202 (214); Müller, NJW 2000, 3452 (3454); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (366).
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)251
ziellen Erwerber um bloße Finanzinvestoren, für die lediglich von Bedeutung ist, dass das Unternehmen gute Aussichten hat, den Unternehmenswert in absehbarer Zeit zu steigern, so dürfte hier die Gefahr für die Gesellschaft, dass ein Missbrauch der Informationen erfolgt, als überschaubarer einzustufen sein.921 h) Entscheidung des Vorstands im Sinne des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG Bei der Entscheidung über die Bereitstellung der Informationen hat der Vorstand die vorausgehend erörterten Vor- und Nachteile, Chancen und Risiken mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäfts leiters zu ermitteln, einzuschätzen und gegeneinander abzuwägen.922 Hierbei verfügt er über eine Einschätzungsprärogative im Sinne eines weiten unternehmerischen Ermessensspielraums, wobei er dasjenige Ergebnis anstreben muss, das ex ante dem Unternehmensinteresse am ehesten gerecht wird.923 Er muss bei seiner Entscheidung diejenigen Grenzen beachten, „in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss“.924 Im Einzelfall kann sein Ermessen auf null reduziert sein und sich zu einer Verpflichtung verdichten: entweder zu einer Pflicht zur Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, etwa wenn ein überragendes Unter921 Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (280); Körber, NZG 2002, 263 (270); Müller, NJW 2000, 3452 (3454); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (366). 922 Bussian, S. 58; Bruse / Keinath, in: FS Pöllath & Partners, S. 363 (368); Fleischer / Körber, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 304, 305; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (152); Krömker, S. 34; Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (499); Lutter, ZIP 1997, 613 (617); Mertens, AG 1997, 541 (546); Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1957); Müller, NJW 2000, 3452 (3453); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (360, 361); Rittmeister, NZG 2004, 1032 (1033); ders., M&A-Review 2008, 528 (529); Rubner, KSzW 2011, 412 (413); Schroeder, DB 1997, 2161 (2162); Traugott, BB 2001, 2277 (2279); Wardenbach, KSzW 2011, 389 (390). 923 Bihr, BB 1998, 1198 (1199); Böttcher, S. 69; Bruse / Keinath, in: FS Pöllath & Partners, S. 363 (367); Eggenberger, S. 104; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (279); Kiethe, NZG 1999, 976 (976); Körber, NZG 2002, 263 (269); Lutter, ZIP 1997, 613 (617); Menke, NZG 2004, 697 (698); Mertens, AG 1997, 541 (542); Müller, NJW 2000, 3452 (3453); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (360, 361); Rittmeister, NZG 2004, 1032 (1033); Schroe der, DB 1997, 2161 (2163); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (372); Wardenbach, KSzW 2011, 389 (390); Ziegler, DStR 2000, 249 (253). 924 BGH NJW 1997, 1926 (1928).
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
nehmensinteresse eindeutig für die Bereitstellung der Informationen spricht und der Erfolg der Pakettransaktion für das Überleben des Unternehmens und der dahinterstehenden Aktiengesellschaft notwendig ist925; oder aber zu einer Pflicht, die Bereitstellung der Informationen zu unterlassen, weil etwa konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass die Informationen zum Nachteil der Gesellschaft missbraucht werden sollen oder weil das Scheitern der Transaktion evident ist.926 Unwirksam ist die Einwilligung des Vorstands in die eigens bewirkte Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse allerdings nur dann, wenn er gemäß § 93 Abs. 1 S. 2 AktG nicht mehr vernünttigerweise annehmen darf, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.927 i) Risikobegrenzung durch Ergreifen von Schutzmechanismen Allein die Erkenntnis des Vorstands, dass gute Gründe für die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäftsund Betriebsgeheimnisse sprechen, ist allerdings für sich gesehen noch nicht geeignet, die Annahme zu begründen, dass die Bereitstellung der Informationen im Unternehmensinteresse liegt und die Einwilligung hierin als wirksam zu erachten ist. Gelangt der Vorstand zu dem Ergebnis, dass die Bereitstellung der Informationen aus Unternehmenssicht mit begrüßenswerten Vorteilen verbunden ist, so verdichtet sich das Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaft zu der Pflicht, den Informationsvorgang so auszugestalten, dass die mit der Offenlegung der Informationen verbundenen Risiken für das Unternehmen und die dahinterstehende Aktiengesellschaft möglichst gering gehalten werden.928 Die Einwilligung des Vorstands in die Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse kann nur dann als wirksam erachtet werden, wenn letztere unter weiteren Sicherheitsvorkehrungen er925 Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (280); Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, 135 (152); Körber, NZG 2002, 263 (270); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (364). 926 Eggenberger, S. 113; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (279); Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, 135 (152); Körber, NZG 2002, 263 (270); Mertens, AG 1997, 541 (547); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (364); Rubner, KSzW 2011, 412 (413); Schroeder, DB 1997, 2161 (2163). 927 Bruse / Keinath, in: FS Pöllath & Partners, S. 363 (368); Bussian, S. 58; Mertens, AG 1997, 541 (542); Müller, NJW 2000, 3452 (3453); Schroeder, DB 1997, 2161 (2163). 928 Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (368); Schroeder, DB 1997, 2161 (2163); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (376); Storck, FB 2004, 363 (363).
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folgt, da anderenfalls eine pflichtwidrige Missachtung des Geheimhaltungsinteresses der Gesellschaft vorliegt. aa) Letter of Intent Wenn vorausgehend bereits festgestellt wurde, dass die Wahrscheinlichkeit des Zustandekommens der Pakettransaktion und des Eintritts der mit dem Aktionärswechsel erhofften Vorteile für die Ermittlung des Unternehmensinteresses an der Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse von maßgeblicher Bedeutung ist, so kann von der Wirksamkeit der Einwilligung auch nur dann ausgegangen werden, wenn sich diese Wahrscheinlichkeit bereits im Vorfeld in irgendeiner Art und Weise manifestiert hat und den Vorstand zur Bereitstellung veranlassen durfte. In Anbetracht dessen herrscht in der Literatur Einigkeit, dass die Bereitstellung der Informationen ausschließlich dann als im Unternehmensinteresse liegend und die Einwilligung damit ausschließlich dann wirksam erachtet werden kann, wenn sich der Vorstand über die Solvenz des potenziellen Erwerber informiert hat929 und der potenzielle Erwerber einen sogenannter Letter of Intent unterfertigt hat.930 Hierbei handelt es sich ebenso wie bei der Due Diligence selbst um einen Import aus der angelsächsischen Transaktionspraxis, der zwar keinen fest umrissenen Bestandteil des deutschen Rechts darstellt, aber gleichwohl auch in der deutschen Transaktionspraxis und insbesondere auch im Hinblick auf die Frage der Zulässigkeit der Bereitstellung von Informationen im Kontext der Due Diligence Bedeutung erlangt, insoweit eine der Minimalvoraussetzun929 Klie, S. 96; Krömker, S. 44; Liekefett, S. 115; Meincke, WM 1998, 749 (751); die Zahlungsfähigkeit sollte in einem plausiblen Verhältnis zur Größe und zum Marktwert des zu erwerbenden Aktienpakets stehen; vgl. Müller, NJW 2000, 3452 (3455). 930 Beisel, in: Beisel / Klumpp, Unternehmenskauf, Kap. 1 Rn. 67; Böttcher, S. 76; Bussian, S. 58; Bruse / Keinath, in: FS Pöllath & Partners, S. 363 (368); Eggenberger, S. 121; Fleischer / Körber, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 307; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (275, 281); Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 186; Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 45; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (152); Kiethe, NZG 1999, 976 (979); Klie, S. 94, 95; Krömker, S. 44; Krüger / Kalbsfleisch, DStR 1999, 174 (174); Liekefett, S. 114; Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (501); Meincke, WM 1998, 749 (751); Mertens, AG 1997, 541 (544); Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1957); Müller, NJW 2000, 3452 (3455); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (366); Schroe der, DB 1997, 2161 (2163); Spill, DStR 1999, 1786 (1787); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (366, 377); Traugott, BB 2001, 2277 (2279); Wardenbach, KSzW 2011, 389 (390); Ziemons, AG 1999, 492 (494); Zumbansen / Lachner, BB 2006, 613 (618).
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
gen im Hinblick auf die Wirksamkeit der Einwilligung darstellt.931 Denn zum einen bringt der Kaufinteressent mit ihm zum Ausdruck, dass er in engere Vertragsverhandlungen mit dem veräußerungswilligen Aktionär treten will – firm intention932 genannt – und ein ernsthaftes Interesse am Erwerb des Aktienpakets besteht.933 Dies wird oftmals in Form eines einseitigen, in Briefform verfassten Schreibens geschehen, das der potenzielle Erwerber an den veräußerungswilligen Aktionär adressiert und das mit der Bitte um Bestätigung durch diesen auf einer Kopie versehen ist, sodass beiden Parteien gleichlautende Erklärungen vorliegen.934 Es muss sich allerdings nicht stets um eine lediglich einseitige Erklärung des Erwerbsinteressenten handeln. Vielmehr kann der Letter of Intent auch dergestalt sein, dass beide Parteien die Absicht zum Erwerb beziehungsweise zur Veräußerung bekunden.935 Zum anderen wird der Letter of Intent oftmals zugleich bereits dazu genutzt, die wesentlichen Punkte der Transaktion festzulegen, den gegenwärtigen Verhandlungsstand und bereits feststehende Verhandlungsergebnisse zu dokumentieren, einen zeitlichen Transaktionsfahrplan zu erstellen oder den zeitlichen und inhaltlichen Plan und Ablauf der Due Diligence im Falle der Gestattung des Vorstands vorzuzeichnen.936 Regelmäßig werden die Parteien bestrebt sein, den Letter of Intent so konkret und verbindlich wie möglich zu formulieren.937 Denn auch, wenn die Erklärungen in der Regel ohne Rechtsbindungswillen erklärt werden und somit weder ein 931 Beisel, in: Beisel / Klumpp, Unternehmenskauf, Kap. 1 Rn. 67; Jäger, JZ 2003, 1048 (1050); Kiethe, NZG 1999, 976 (979); Liekefett, S. 114; Mertens, AG 1997, 541 (544); Müller, NJW 2000, 3452 (3455). 932 Krömker, S. 45. 933 Beisel, in: Beisel / Klumpp, Unternehmenskauf, Kap. 1 Rn. 67; Bruse / Keinath, in: FS Pöllath & Partners, S. 363 (368); Eggenberger, S. 121; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (275, 281); Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (152); Kemnitz, S. 35; Kiethe, NZG 1999, 976 (979); Klöpper, in: Hauschka, Corporate Compliance, § 28 Rn. 11; Krömker, S. 44; Krüger / Kalbsfleisch, DStR 1999, 174 (174); Liekefett, S. 114; Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (501); Meincke, WM 1998, 749 (751); Mertens, AG 1997, 541 (544); Mielke / Molz, DB 2008, 1955 (1957); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (366); Schroeder, DB 1997, 2161 (2163); Spill, DStR 1999, 1786 (1787); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (366, 377); Traugott, BB 2001, 2277 (2279); Wardenbach, KSzW 2011, 389 (390); Ziemons, AG 1999, 492 (494). 934 Beisel, in: Beisel / Klumpp, Unternehmenskauf, Kap. 1 Rn. 67; Krömker, S. 45. 935 Beisel, in: Beisel / Klumpp, Unternehmenskauf, Kap. 1 Rn. 67; Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 12; Spill, DStR 1999, 1786 (1787). 936 Fietz, in: Umnuß, Corporate Compliance Checklisten, Kap. 9 Rn. 52, 53; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (275); Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 45; Klöpper, in: Hauschka, Corporate Compliance, § 28 Rn. 11; Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (501); Mertens, AG 1997, 541 (542); Schroeder, DB 1997, 2161 (2161, 2163); Spill, DStR 1999, 1786 (1787). 937 Fietz, in: Umnuß, Corporate Compliance Checklisten, Kap. 9 Rn. 53.
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)255
Zwang zur tatsächlichen Aufnahme von Vertragsverhandlungen noch zum Abschluss eines entsprechenden Vertrags besteht, so kann sich hieraus zumindest eine Haftung der Parteien aus Verschulden im Rahmen der Vertragsverhandlungen im Sinne der §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB ergeben, sofern ohne anerkennenswerte Gründe von den Vereinbarungen des Letter of Intent abgewichen oder gar vollständig von der Transaktion Abstand genommen wird.938 Beide Aspekte – also sowohl das Vorliegen von Absichtserklärungen als auch die hinreichend detaillierte Vorzeichnung des Transaktionsprozesses – stellen wichtige Indizien für die Wahrscheinlichkeit des Zustandekommens der Pakettransaktion und den Eintritt der mit dem Aktionärswechsel erhofften Vorteile für die Gesellschaft und damit letztlich für das Vorliegen des Unternehmensinteresses an der Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse dar. Daher ist die Einwilligung in die Bereitstellung der Informationen nur dann als zulässig zu erachten, wenn zuvor ein Letter of Intent unterfertigt worden ist. bb) Vertraulichkeitsvereinbarung In Anbetracht der Tatsache, dass der Letter of Intent in der Regel keine Bindungswirkung im Hinblick auf die geplante Transaktion entfaltet und damit in dieser Hinsicht nur eine bedingte Sicherheit bietet und überdies auch keine Regeln zum Umgang des potenziellen Erwerbers mit den zu Zwecken der Due Diligence erlangten Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen enthält, kann die Pflichtgemäßheit der Bereitstellung und die Wirksamkeit der Einwilligung nicht allein vom Vorhandensein eines solchen Letter of Intent abhängen. Um den Gefahren zu begegnen, die sich aus der Erweiterung des Kreises derer, die von den Informationen Kenntnis haben, ergeben, ist es vielmehr weiterhin erforderlich, dass der potenzielle Erwerber im Vorfeld der Bereitstellung eine Vertraulichkeitsvereinbarung – ein sogenanntes confidentiality oder non-disclosure agreement – unterfertigt hat.939 Hier938 Beisel, in: Beisel / Klumpp, Unternehmenskauf, Kap. 1 Rn. 68; Eggenberger, S. 121; Fietz, in: Umnuß, Corporate Compliance Checklisten, Kap. 9 Rn. 52, 53; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 186; Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 13, 14; Klie, S. 95; Klöpper, in: Hauschka, Corporate Compliance, § 28 Rn. 11, 13; Krömker, 46. 939 Böttcher, S. 76; Bruse / Keinath, in: FS Pöllath & Partners, S. 363 (368); Bussian, S. 57; Eggenberger, S. 121; Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 93 Rn. 171; Götze, ZGR 1999, 202 (218); Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (281); Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 46; Jäger, JZ 2003, 1048 (1050); Klie, S. 101; Koch, in: Hüffer, AktG, § 93 AktG Rn. 32; Körber, NZG 2002, 263 (271); Krömker, S. 48; Liekefett, S. 118; Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (501); Meincke, WM 1998, 749 (751); Mertens, AG 1997, 541 (544); Müller, NJW 2000, 3452 (3455); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (366,
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
durch verpflichtet sich dieser, über die im Rahmen des Transaktionsprozesses zur Verfügung gestellten Informationen Verschwiegenheit zu bewahren und diese ohne Zustimmung des Vorstands nicht zu anderen Zwecken jenseits der Transaktionsverhandlungen zu nutzen oder an Dritte weiterzugeben.940 Um einen möglichst lückenlosen Informationsschutz zu gewährleisten, sollte die Vertraulichkeitsvereinbarung so präzise wie möglich ausgestaltet werden. In dieser Hinsicht empfiehlt es sich zunächst, den Zweck der Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse hinreichend zu konkretisieren und die Verwendung der Informationen an die Prüfung des Anteilserwerbs zu binden.941 Weiterhin sollten in der Vertraulichkeitsvereinbarung diejenigen Personen bezeichnet werden, die auf Seiten des potenziellen Erwerbers mit den bereitgestellten Informationen in Berührung kommen werden und dürfen, um diese ebenfalls der Geheimhaltungsverpflichtung zu unterwerfen.942 Auch die Erstreckung der Vereinbarung auf alle Informationen, die dem Erwerbsinteressenten in mündlicher, schriftlicher, elektronischer oder sonstiger Form zur Kenntnis gelangen erscheint ebenso wie die Aufstellung prozeduraler Regeln dahingehend, in welcher Weise die Kenntnisnahme der Informationen zu autorisieren, kontrollieren und dokumentieren ist, unentbehrlich, um einen angemessenen Schutz der Informationen zu gewährleisten.943 Schließlich sollte das confidentiality agreement einen Passus enthalten, nach dem die bereitgestellten Informationen im Falle des Scheiterns der Transaktionsverhandlungen oder auf jederzeit mögliche Aufforderung durch den Vorstand hin zurückzugeben oder zu vernichten sind.944 367); Roschmann / Frey, AG 1996, 449 (452); Rubner, KSzW 2011, 412 (414); Schroeder, DB 1997, 2161 (2163); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (378); Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (444); Ziemons, AG 1999, 492 (494); Zirngibl, S. 208; Zumbansen / Lachner, BB 2006, 613 (618). 940 Bruse / Keinath, in: FS Pöllath & Partners, S. 363 (368); Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (281); Klie, S. 102; Krömker, S. 49; Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (501); Mertens, AG 1997, 541 (542); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (366, 369); Schroeder, DB 1997, 2161 (2163); Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (445). 941 Eggenberger, S. 121; Jäger, JZ 2003, 1048 (1050); Klie, S. 102; Krömker, S. 49; Mertens, AG 1997, 541 (542, 547); Schroeder, DB 1997, 2161 (2163); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (378); Zumbansen / Lachner, BB 2006, 613 (618). 942 Bussian, S. 57; Jäger, JZ 2003, 1048 (1050); Krömker, S. 49; Liekefett, S. 118; Müller, NJW 2000, 3452 (3455); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (369); Schroeder, DB 1997, 2161 (2163); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (378). 943 Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (275); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (369); Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (445). 944 Bruse / Keinath, in: FS Pöllath & Partners, S. 363 (368); Bussian, S. 58; Eggenberger, S. 121; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (281); Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 46; Krömker, S. 49; Liekefett, S. 118; Linker / Zinger, NZG
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)257
In Anbetracht der Tatsache, dass die Durchsetzung eines Anspruchs wegen Verletzung der Vertraulichkeitsvereinbarung auf Grund der Schwierigkeiten beim Nachweis der Verletzung und der Bezifferung eines hieraus entstandenen Schadens für das Unternehmen nur schwer möglich ist, sollte ihre Einhaltung durch Vertragsstrafen, Schadensersatzpauschalen und Beweislastvereinbarungen abgesichert werden, um so die Schutzwirkung zu intensivieren.945 cc) Art und Weise der Bereitstellung Weiterhin hat der Vorstand auch im Hinblick auf die Art und Weise der Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse bestimmte Verhaltensanforderungen zu erfüllen, damit diese als pflichtgemäß und die Einwilligung hierin als wirksam erachtet werden kann. In örtlicher Hinsicht ist in diesem Zusammenhang zunächst zu beachten, dass zwar praktisch die Möglichkeit bestünde, die Informationen in den Räumen der Aktiengesellschaft zur Verfügung zu stellen, was mit Kostenersparnissen einherginge und auch dem Umstand hinreichend Rechnung trüge, dass der Eindruck vor Ort in vielen Branchen von erheblicher Bedeutung ist. Problematisch hieran ist jedoch, dass dies in der Regel in einen ungefilterten Zugriff auf die Informationen mündete und eine Kontrolle des Informationsflusses erheblich erschwert wäre, sodass auch Informationen zur Kenntnis des potenziellen Erwerbers gelangen könnten, die weder für die Förderung der Transaktion geeignet noch erforderlich sind, darüber hinaus aber vor allen Dingen auch zum Nachteil des Unternehmens verwendet oder ungewollt verbreitet werden könnten.946 In der Regel sollte daher die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse in einem physischen Datenraum – sogenannter physical data room – erfolgen.947 Denn 2002, 497 (501); Schroeder, DB 1997, 2161 (2163); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (378); Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (445). 945 Böttcher, S. 76; Bruse / Keinath, in: FS Pöllath & Partners, S. 363 (368, 369); Eggenberger, S. 121; Götze, ZGR 1999, 202 (218); Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (281); Klie, S. 102; Körber, NZG 2002, 263 (271); Krömker, S. 50; Liekefett, S. 119; Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (501); Meincke, WM 1998, 749 (751); Mertens, AG 1997, 541 (544); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (369); Rubner, KSzW 2011, 412 (414); Schroeder, DB 1997, 2161 (2163); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (378); Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (445); Ziemons, AG 1999, 492 (494); Zirngibl, S. 208; Zumbansen / Lachner, BB 2006, 613 (618). 946 Bussian, S. 28; Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (368). 947 Bussian, S. 28, 57; Eggenberger, S. 120; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (282); Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 33, 46; Körber, NZG 2002, 263
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
dieser bietet dem Vorstand die Möglichkeit, den Zugang zu den bereitgestellten Informationen besser zu steuern.948 Zunächst insoweit, als dass zugleich eine Auskunftsperson beauftragt werden sollte, die die Einsicht in die Informationen betreut und kontrolliert und den Zugang zu dem data room gewährt, da hierdurch verhindert wird, dass auf Grund nicht eindeutig definierter Kompetenzen der Zugang ermöglicht wird, obwohl der Vorstand dies zu diesem Zeitpunkt gar nicht wollte.949 Darüber hinaus aber auch beispielsweise dahingehend, dass die Möglichkeit der Vervielfältigung kontrollierbar ist und bestimmte Informationen von vornherein von der Einsicht herausgenommen werden können.950 Des Weiteren erlaubt diese Art der Bereitstellung auch eine Kategorisierung der Informationen nach Sensibilität und Vertraulichkeitsstufe. Empfehlenswert erscheint in diesem Zusammenhang die Unterteilung des Datenraums in einen „grünen“ und einen „roten“ Datenraum, wobei im „grünen“ all diejenigen Informationen aufzubewahren sind, die das Unternehmen betreffen, jedoch keine maßgebliche Sensibilität und Wettbewerbsrelevanz begründen und dementsprechend nur einem verminderten Missbrauchsrisiko unterliegen, während im „roten“ demgegenüber diejenigen Informationen platziert werden, die einen detaillierten und umfassenden Einblick in Unternehmensinterna gewähren und daher als hochsensibel und wettbewerbsrelevant einzustufen sind – sogenannte red files.951 Dies erscheint sinnvoll, zumal es dem Vorstand zugleich auch die Möglichkeit eröffnet, die Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse auch aus zeitlicher Sicht besser zu koordinieren. Insoweit dürfte kaum zu bezweifeln sein, dass von der Unzulässigkeit der Bereitstellung dieser Informationen ausgegangen werden muss, wenn diese bereits in einem frühen Stadium der Transaktionshandlungen preisgegeben werden. Durch die Aufsplittung des Datenraums wird diesem Umstand dadurch Rechnung ge(271); Krömker, S. 52; ders., NZG 2003, 418 (422); Liekefett, S. 122; Menke, KSzW 2011, 347 (348); Mertens, AG 1997, 541 (542); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (367); Schroeder, DB 1997, 2161 (2163). 948 Bussian, S. 28; Eggenberger, S. 120; Krömker, S. 52; Liekefett, S. 121 Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (368); Schroeder, DB 1997, 2161 (2163). 949 Eggenberger, S. 120; Krömker, S. 50; Liekefett, S. 121; Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (368); Schroeder, DB 1997, 2161 (2163). 950 Bussian, S. 29; Eggenberger, S. 120; Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 33, Krömker, S. 52; Liekefett, S. 122, 124; Mertens, AG 1997, 541 (542, 547); Müller, NJW 2000, 3452 (3454); Oppenländer, GmbHR 2000, 535 (538); Schroe der, DB 1997, 2161 (2163). 951 Polley / Kuhn, CFL 2012, 117 (125); ähnlich Bussian, S. 57; Körber, NZG 2002, 263 (270); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (367).
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tragen, dass der Vorstand den Zugang zu den Informationen zeitlich je nach Fortschritt des Verhandlungsstadiums und Wahrscheinlichkeit des Zustandekommens der Transaktion und des Eintritts der mit dem Aktionärswechsel erhofften Vorteile für die Gesellschaft staffeln und ein abgestufter Informationsprozess stattfinden kann – sogenannte staged due diligence.952 Dabei gilt wiederum als Faustregel, dass je mehr sich die Erwerbsabsicht des Kaufinteressenten verdichtet, desto umfangreicher, detaillierter und sensibler die zugänglich gemachten Informationen sein dürfen.953 In Anbetracht der fortgeschrittenen technischen Entwicklung im Bereich der Datenspeicherung und Datenübermittlung kann der Vorstand in neuerer Zeit alternativ auch auf die Verwendung eines virtuellen Datenraums – sogenannter virtual data room – zurückgreifen.954 Um den Zugang zu den erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen auf diesem Wege zu ermöglichen, wird ein besonders gesichertes Computernetzwerk eingerichtet, in das die entsprechenden Informationen eingestellt werden und das mit Passwörtern und anderen Kontrollmechanismen gesichert ist.955 Vorteilhaft an dieser Vorgehensweise ist im Verhältnis zum klassischen Weg über den physischen Datenraum der Umstand, dass die Beweisführung in einem später möglicherweise zu führenden Prozess dadurch erleichtert wird, dass die genutzten Programme genauestens aufzeichnen, wann der potenzielle Erwerber zu welchem Zeitpunkt in welchem Umfang auf die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zugegriffen hat.956 Zudem werden die Kosten dadurch minimiert, dass nur die Einrichtung und Kontrolle des Netzwerks finanziert werden muss, während im Falle der Bereitstellung in einem physischen Datenraum erhebliche Kopierkosten, unter Umständen Raummieten und weitere Personalkosten anfielen. Andererseits ist zu beachten, dass die virtual due diligence anders als die physical due diligence technische Anfälligkeiten und mögliche Sicherheitslücken bergen kann.957
952 Böttcher, S. 77; Bussian, S. 30, 57; Eggenberger, S. 120; Fleischer / Körber, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 307; Hemeling, ZHR 169 (2005); 274 (280); Klie, S. 103; Krömker, S. 51; Liekefett, S. 120, 132; Linker / Zinger, NZG 2002, 497, (501); Meincke, WM 1998, 749 (751); Müller, NJW 2000, 3452 (3454); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (366). 953 Linker / Zinger, NZG 2002, 497, (501); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (366). 954 Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 33; Bussian, S. 29; Middelhoff, M&A-Review 2007, 278 (278 ff.); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (368). 955 Bussian, S. 29; Middelhoff, M&A-Review 2007, 278 (280). 956 Bussian, S. 29; Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 33. 957 Bussian, S. 29.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
dd) Einschaltung neutraler Dritter Ein besonders großes Risiko des Missbrauchs der zwecks Durchführung der Due Diligence bereitzustellenden Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse besteht vor allen Dingen dann, wenn es sich bei dem potenziellen Erwerber des Aktienpakets beispielsweise um ein Konkurrenzunternehmen oder einen wichtigen Kunden oder Lieferanten handelt und hochsensible Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, die für die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens von wesentlicher oder sogar elementarer Bedeutung sind, angefordert werden.958 Dies umso mehr, wenn sich auf Grund bestimmter Erfahrungswerte die Gefahr abzeichnet, dass es tatsächlich zu einem Missbrauch der Informa tionen kommen wird. Weder das Vorliegen eines Letter of Intent, der Abschluss einer strafbewehrten Vertraulichkeitsvereinbarung noch die kontrollierte Bereitstellung mittels eines Datenraums ist in diesen Fällen geeignet, den Gefahren für das Unternehmen in angemessener Weise zu begegnen. Die Bereitstellung an den potenziellen Erwerber muss daher in derartigen Konstellationen als pflichtwidrig und die Einwilligung hierin als unwirksam erachtet werden, sodass sich die Vorstandsmitglieder in Ermangelung des Vorliegens einer Einwilligung gemäß § 17 Abs. 1 UWG strafbar machten. Da das vollständige Unterlassen der Due Diligence aber diejenigen Nachteile heraufbeschwören könnte, die bereits vorausgehend dargestellt wurden959, besteht die Möglichkeit – und zugleich auch die Verpflichtung, wenn der Vorstand die Transaktionsverhandlungen fördern will –, neutrale, zur Berufsverschwiegenheit verpflichtete Dritte wie Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte oder andere Sachverständige einzuschalten.960 Hierbei handelt es sich um solche Personen, die bislang weder mit dem Unternehmen, dem veräußerungswilligen Aktionär noch mit dem Kaufinteressenten in einem 958 Liekefett, S. 125; Körber, NZG 2002, 263 (271); Meincke, WM 1998, 749 (751); Müller, NJW 2000, 3452 (3455); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (369); Rubner, KSzW 2011, 412 (414); Stoffels, ZHR 165 (2001); 362 (377); Ziemons, AG 1999, 492 (494); Zirngibl, S. 208. 959 Vgl. Teil 2, A. VIII. 5. g) aa). 960 Bihr, BB 1998, 1198 (1200); Fleischer / Körber, in: DD beim Unternehmenskauf, S. 309; Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 93 Rn. 171; Götze, ZGR 1999, 202 (216); Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (282); Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 184; Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 46; Kiethe, NZG 1999, 976 (978, 979); Klie, S. 105; Körber, NZG 2002, 263 (271); Krömker, S. 52; Liekefett, S. 125; Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (501); Meincke, WM 1998, 749 (751); Müller, NJW 2000, 3452 (3455); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (364. 368); Rittmeister, NZG 2004, 1032 (1034); Schroe der, DB 1997, 2161 (2165); Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 93 Rn. 137; Stoffels, ZHR 165 (2001); 362 (377); Traugott, BB 2001, 2277 (2280); Ziegler, DStR 2000, 249 (253); Ziemons, AG 1999, 492 (494); Zirngibl, S. 208.
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)261
Mandatsverhältnis gestanden haben, von diesen gemeinsam zur (teilweisen) Durchführung der Due Diligence beauftragt werden und daher als unabhängig erachtet werden können.961 Ihre Aufgabe liegt darin, einen sogenannten Due Diligence-Bericht zu erstellen, nachdem sie Zugang zu den sensiblen Informationen erlangt und diese eingesehen und ausgewertet haben. Dieser wird im Anschluss dem potenziellen Erwerber zugeleitet und enthält ausschließlich die Ergebnisse der Due Diligence in verallgemeinerter, anonymisierter Form.962 Durch ein derartiges Vorgehen wird gewährleistet, dass der Erwerbsinteressent vor der geplanten Pakettransaktion zumindest einen gewissen Kenntnisstand erlangt und zumindest in gewissem Umfang die Sinnhaftigkeit der Investition abschätzen kann, auf der anderen Seite aber auch die Geheimhaltungsinteressen der Gesellschaft hinreichend gewahrt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass der Vorstand den Bericht vor Weiterleitung an den potenziellen Erwerber kontrolliert, da er sich nur dann absolut sicher sein kann, dass keine sensiblen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse an den Erwerbsinteressenten preisgegeben werden.963 Wie bereits einleitend angedeutet wurde, beschränkt sich die Notwendigkeit der Einschaltung von neutralen Dritten auf Konstellationen, in denen die Missbrauchsgefahr der Informationen besonders groß ist. Eine Grund voraussetzung dafür, dass die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderliche Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse pflichtgemäß ist und die Einwilligung hierin als wirksam erachtet werden kann, stellt sie hingegen – anders, als dies zum Teil vertreten wird964 – nicht dar.965 Die Attestierung eines derartigen Ausnahmecharakters der Zwischenschaltung von unabhängigen Dritten in den Transaktionskontext erscheint insbesondere deshalb geboten, weil sich der potenzielle Erwerber regelmäßig nicht mit einem in anonymisierter Form verfassten, lediglich die Ergebnisse der Due Diligence zusammenfassenden Due Diligence-Bericht zufrieden geben wird 961 Liekefett, S. 125; Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (370); Schroeder, DB 1997, 2161 (2165). 962 Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (282); Körber, NZG 2002, 263 (271); Müller, NJW 2000, 3452 (3455); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (364, 370); Schroeder, DB 1997, 2161 (2163); Stoffels, ZHR 165 (2001); 362 (377); Ziemons, AG 1999, 492 (494). 963 Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (370). 964 Bihr, BB 1998, 1198 (1200), wohl auch Ziemons, AG 1999, 492 (494, 495). 965 Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 184; Kiethe, NZG 1999, 976 (979); Körber, NZG 2002, 263 (271); Körber, NZG 2002, 263 (271); Krömker, S. 52; Liekefett, S. 126, 128, 134; Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (501); Meincke, WM 1998, 749 (751); Mertens, AG 1997, 541 (547); Müller, NJW 2000, 3452 (3455); Oppenländer, GmbHR 2000, 535 (536); Rieder, in: Althuber / Schopper, Hdb. Unternehmenskauf & DD, S. 349 (364); Rittmeister, NZG 2004, 1032 (1034); Traugott, BB 2001, 2277 (2280).
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
und somit die Bedürfnisse der Praxis verkannt würden. Denn die Interessen des Erwerbsinteressenten werden vielmehr dahin gehen, dass er alle für die Transaktion erforderlichen positiven sowie negativen bewertungserheblichen Tatsachen erlangt, da er erst auf dieser Basis die Stärken und Schwächen des Unternehmens und die Chancen und Risiken der geplanten Investition im Hinblick auf sein eigenes, mit dem Paketerwerb verfolgtes Anliegen identifizieren kann. Die Bewertung einzelner Details des Unternehmens ist gerade vom individuellen Kaufinteressenten im Hinblick auf dessen Bedürfnisse und dementsprechend von seiner Kaufentscheidung abhängig.966 Da auch aus Sicht des Unternehmens kein gesteigertes Geheimhaltungsinteresse besteht, sofern nicht die jeweilige Situation besondere Gefahren erwarten lässt, kommt es auf die Einschaltung neutraler Dritter für die Pflichtgemäßheit der Bereitstellung und die Wirksamkeit der Einwilligung im Normalfall nicht an. j) Zusammenfassung Der Vorstand übt als das zur Geschäftsführung im Sinne des § 77 Abs. 1 AktG berufene Organ für die Aktiengesellschaft die Dispositionsbefugnis aus und ist daher für die Erteilung der Einwilligung in die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zuständig. Dabei muss er allerdings einer Einwilligungsschranke unterworfen sein, da er anderenfalls zulasten des Unternehmens beziehungsweise der dahinterstehenden Aktiengesellschaft schrankenlos über die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse disponieren könnte. Als wirksam kann die Einwilligung nach den erarbeiteten Erkenntnissen nur dann erachtet werden, wenn der Vorstand die Verhaltensanforderungen des § 93 Abs. 1 AktG beachtet, was letztlich bedeutet, dass die Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse im Unternehmensinteresse liegen muss. Um dies festzustellen, hat der Vorstand die mit der Bereitstellung einhergehenden Vor- und Nachteile, Chancen und Risiken gegeneinander abzuwägen. Dabei kommt ihm ein weiter unternehmerischer Ermessensspielraum zu, der erst dann überschritten ist, wenn er die Grenzen missachtet, in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss. Selbst, wenn der Vorstand im Rahmen dieser Abwägung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Chancen und Vorteile der Bereitstellung die Risiken und Nachteile überwiegen, reicht dies allerdings noch nicht aus, um 966 Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 184; Kiethe, NZG 1999, 976 (979); Körber, NZG 2002, 263 (271); Krömker, S. 52, 53; Liekefett, S. 126, 128; 134; Oppenländer, GmbHR 2000, 535 (536); Traugott, BB 2001, 2277 (2280).
B. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG)263
davon ausgehen zu können, dass die Bereitstellung im Unternehmensinteresse liegt und die Einwilligung hierin als wirksam zu erachten ist. Vielmehr kann hiervon nur dann ausgegangen werden, wenn der Vorstand weiterhin – um das Geheimhaltungsinteresse der Aktiengesellschaft zu wahren – Sicherheitsvorkehrungen getroffen hat, die einen gewissen Schutz der bereitgestellten Informationen gewährleisten. Zu diesen Vorkehrungen zählt die Absicherung über die Solvenz des potenziellen Erwerbers und das Vorliegen eines Letter of Intent, das Unterfertigen einer Vertraulichkeitsvereinbarung seitens des Erwerbsinteressenten und die zeitlich gestaffelte Bereitstellung der Informationen in einem Datenraum. Bei besonderen Risiken dürfte die Einwilligung in die Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse nur dann als wirksam zu erachten sein, wenn die Bereitstellung zugunsten neutraler, zur Verschwiegenheit verpflichteter Dritter erfolgt, die dem potenziellen Erwerber lediglich einen abgekürzten Due Diligence-Bericht weiterleiten. k) Zwischenergebnis Hält sich der Vorstand an die dargestellten Grundsätze im Rahmen der Einwilligung, kann diese als wirksam klassifiziert werden.
IX. Ergebnis Beachten die Vorstandsmitglieder bei der Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse die aufgezeigten Vorgaben, so machen sie sich nicht nach § 17 Abs. 1 UWG wegen Verrats von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen strafbar.
B. Zur Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG Möglicherweise machen sich die Vorstandsmitglieder aber durch die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen gemäß § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG strafbar. Hiernach droht demjenigen eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr – beziehungsweise bei börsennotierten Gesellschaften von bis zu zwei Jahren – oder eine Geldstrafe, der ein Geheimnis der Gesellschaft, namentlich ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis, das ihm in seiner Funktion als Mitglied des Vorstands oder Aufsichtsrats oder als Abwickler bekannt geworden ist, unbefugt offenbart.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
I. Allgemeines 1. Ein kurzer Überblick über die historische Entwicklung des § 404 Abs. 1 AktG § 404 Abs. 1 AktG geht weitestgehend auf § 302 Nr. 2 AktG 1937. Hiernach wurde ursprünglich derjenige mit Gefängnis oder Geldstrafe bestraft, der als Prüfer oder als Gehilfe eines Prüfers seine Pflicht zur Verschwiegenheit verletzt oder unbefugt Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse, die er bei Wahrnehmung seiner Obliegenheiten erfahren hat, verwertet.967 Ihre heutige Prägung erfuhr die Vorschrift des § 404 Abs. 1 AktG im Wesentlichen durch die Aktienrechtsreform von 1965. Diese führte zum einen dazu, dass Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats sowie Abwickler als taugliche Täter aufgenommen, der Begriff des Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses um das Merkmal des „Geheimnisses der Gesellschaft“ ergänzt und die Tatbestandshandlung des „Verletzens der Verschwiegenheitspflicht“ durch das „Offenbaren“ der Geheimnisse ersetzt wurde.968 Zum anderen gestaltete der Gesetzgeber die Vorschrift in ein absolutes Antragsdelikt um und passte den Strafrahmen an denjenigen der §§ 203, 204 StGB an.969 Weitere Änderungen des § 404 Abs. 1 AktG erfolgten durch das Bilanzrichtliniengesetz von 1985, das in Anbetracht der zwischenzeitlichen spezialgesetzlichen Regelung der Strafbarkeit des Abschlussprüfers wegen Verletzung der Geheimhaltungspflicht in § 333 HGB zu einer subsidiären Ausgestaltung der Tatbestandsvariante des § 404 Abs. 1 Nr. 2 AktG führte970, und das Transparenz967 RGBl. I, 107 (165); vgl. Fuhrmann, in: Geßler / Hefendehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 404 Rn. 1; Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 1; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 11; Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 1; ders., in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 1; Temming, in: Graf / Jäger / Wittig, § 404 AktG Rn. 1. 968 Altenhain, in: KölnKomm AktG, Bd. 7, § 404 Rn. 1; Fuhrmann, in: Geßler / Hefendehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 404 Rn. 1; Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 4; Janssen, in: Park, KapMStR, § 404 AktG Rn. 42; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 11; Temming, in: Graf / Jäger / Wittig, § 404 AktG Rn. 1. 969 Fuhrmann, in: Geßler / Hefendehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 404 Rn. 1; Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 5, 6; Janssen, in: Park, KapMStR, § 404 AktG Rn. 42; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 11; Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 1; ders., in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 1; Temming, in: Graf / Jäger / Wittig, § 404 AktG Rn. 1. 970 Altenhain, in: KölnKomm AktG, Bd. 7, § 404 Rn. 1; Fuhrmann, in: Geßler / Hefendehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 404 Rn. 1; Jansen, in: Park, KapMStR, § 404 AktG Rn. 42;Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 12; Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 1;
B. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG)265
und Publizitätsgesetz von 2002, durch das der Strafrahmen des Offenbarens von Gesellschaftsgeheimnissen börsennotierter Unternehmen auf bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe erhöht wurde.971 2. Das durch § 404 Abs. 1 AktG geschützte Rechtsgut Auch im Rahmen des § 404 Abs. 1 AktG stellt sich zunächst die Frage, welches Rechtsgut durch diese Strafvorschrift geschützt werden soll, da dies für ihre sinngemäße Auslegung und Anwendung von erheblicher Bedeutung ist. a) Individualrechtsschutz aa) Das Vermögen Wie im Rahmen der Rechtsgutsbestimmung des § 17 Abs. 1 UWG vertreten auch im Hinblick auf § 404 Abs. 1 AktG Teile der Literatur die Ansicht, das durch die Vorschrift geschützte Rechtsgut sei im Vermögen der Aktiengesellschaft zu erblicken.972 Geltend gemacht wird insoweit, § 404 Abs. 1 AktG solle verhindern, dass die genannten Täterkreise aus den ihnen anvertrauten Geheimnissen für sich selbst Kapital schlagen.973 Wie allerdings vergleichbar im Rahmen der Rechtsgutsbestimmung des § 17 Abs. 1 UWG bereits gegen die Annahme des Vermögens als geschütztes Rechtsgut angeführt wurde, lässt sich auch an dieser Stelle hiergegen ders., in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 1; Temming, in: Graf / Jäger / Wittig, § 404 AktG Rn. 1. 971 Altenhain, in: KölnKomm AktG, Bd. 7, § 404 Rn. 1; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 12; Janssen, in: Park, KapMStR, § 404 AktG Rn. 42; Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 1; ders., in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 1; Temming, in: Graf / Jäger / Wittig, § 404 AktG Rn. 1. 972 So explizit Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 4; MüllerMichaels, in: Hölters, AktG, § 404 Rn. 1; das Vermögeninteresse nennend, aber nicht (vollständig) hierauf beschränkend Fuhrmann, in: Geßler / Hefendehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 404 Rn. 2; Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 10; Schaal, in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 2; vgl. zu § 85 GmbHG das Vermögensinteresse nennend, aber nicht (vollständig) hierauf beschränkend Dannecker, in: Michalski, GmbHG, § 85 Rn. 3, 8; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 85 GmbHG Rn. 2; Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 2, § 85 GmbHG Rn. 1; Wißmann, in: MüKo GmbHG, Bd. 3, § 85 Rn. 5. 973 Fuhrmann, in: Geßler / Hefendehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 404 Rn. 2; Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 10; Müller-Michaels, in: Hölters, AktG, § 404 Rn. 1; Schaal, in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 2; vgl. zu § 85 GmbHG Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 2, § 85 GmbHG Rn. 1.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
einwenden, dass diese Ansicht die geistig-ideelle Bedeutung der Geheimnisse für den Geheimnisträger und die Qualität des Geheimnisses als Indivi dualisierungsmomente der Gesellschaft verkannte und die Schutzzweck betrachtung zu einseitig auf vermögensrechtliche Gesichtspunkte verengte. Anders als im Rahmen des § 17 Abs. 1 UWG hat dieser Gedanke sogar unmittelbar im Wortlaut des § 404 Abs. 1 AktG Eingang gefunden, wie noch an anderer Stelle genauer zu erörtern sein wird.974 Denn betrachtet man das Tatobjekt des § 404 Abs. 1 AktG im Verhältnis zu demjenigen in § 17 Abs. 1 UWG, so fällt auf, dass nicht nur von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen die Rede ist, die nur solche Informationen erfassen, deren Bekanntwerden geeignet ist, den Wettbewerb des Konkurrenten zu fördern oder die Stellung des eigenen Betriebes im Wettbewerb zu schmälern oder dem Geheimnisträger wirtschaftlichen Schaden zuzufügen. Vielmehr benennt dieser auch allgemeiner Geheimnisse der Gesellschaft als Angriffsobjekte, was nach vorzugswürdiger Ansicht dahingehend zu deuten ist, dass § 404 Abs. 1 AktG auch solche Informationen erfasst, deren Bekanntwerden geeignet ist, dem Geheimnisträger immaterielle Schäden zuzufügen.975 Wenn aber im Rahmen des § 17 Abs. 1 UWG festgestellt wurde, dass bereits Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nicht allein aus vermögensrechtlichen Gesichtspunkten geschützt werden, muss dies auf Grund des weiten Geheimnisbegriffs erst recht im Rahmen des § 404 Abs. 1 AktG gelten.976 Zudem lässt sich gegen die Annahme des Vermögensschutzes ebenso wie im Rahmen des § 17 Abs. 1 UWG – und hier noch stärker, da § 17 Abs. 1 UWG zumindest ein relatives Antragsdelikt ist – einwenden, dass § 404 Abs. 1 AktG gemäß § 404 Abs. 3 AktG ein absolutes Antragsdelikt darstellt, während klassische Vermögensdelikte von Amts wegen verfolgt werden, sofern es nicht ausnahmsweise um geringfügige Vermögensbeeinträchtigungen geht.977 bb) Der Geheimbereich der Aktiengesellschaft Im Rahmen der Erörterungen zum Rechtsgut des § 17 Abs. 1 UWG wurde die Ansicht vertreten, dass der Geheimbereich des Unternehmens das geschützte Individualrechtsgut darstelle. Auch im Hinblick auf § 404 Abs. 1 AktG dürfte diese Rechtsgutsbestimmung in vergleichbarer Weise zutreffend 974 Vgl.
Teil 2, B. III. 3. dieses Argument Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404
975 Gegen
Rn. 4.
976 A. A. Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 4, der den Standpunkt vertritt, dass sich die Vermögensrelevanz des Geheimnisses noch nicht manifestiert haben muss und auch das Vorliegen der Voraussetzungen einer vermögenswerten Expektanz nicht erforderlich ist. 977 Vgl. Teil 2, A. I. 2. a) bb).
B. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG)267
sein. Letztlich ist davon auszugehen, dass § 404 Abs. 1 AktG ebenso wie § 17 Abs. 1 UWG auf den Schutz des Geheimbereichs des Unternehmens als eigenständiges Rechtsgut gerichtet ist. Denn nur so wird der geistigideellen Bedeutung der Geheimnisse für die Aktiengesellschaft hinreichend Rechnung getragen. Der Umstand, dass § 404 Abs. 1 AktG ebenso wie § 17 Abs. 1 UWG Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse als Tatobjekte erfasst und Aktiengesellschaften zumeist zu unternehmerischen Zwecken gegründet und unterhalten werden, gibt zudem Grund zu der Annahme, dass der Geheimbereich in dieser Hinsicht primär als Ausfluss des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb geschützt wird. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse tragen wesentlich zur Individualität des jeweiligen Unternehmens und seiner eigentümlichen Wettbewerbsfähigkeit bei, prägen es in seiner wirtschaftlichen und wirtschaftenden Tätigkeit und seiner wesensgemäßen und eigentümlichen Erscheinungsformen und Beziehungen und sichern in Anbetracht der diesbezüglichen Monopolstellung die Wettbewerbsposition des Unternehmens und damit dessen Bestand und Rentabilität.978 Da § 404 Abs. 1 AktG neben Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen aber – wie noch an anderer Stelle ausführlicher zu erörtern sein wird979 – auch noch Gesellschaftsgeheimnisse im Allgemeinen erfasst und Aktiengesellschaften – wie § 3 Abs. 1 AktG erkennen lässt – nicht zwangsläufig immer wirtschaftlich tätig sein müssen, wäre es verfehlt, den Schutz des Geheimbereichs des Unternehmens nur mit dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu begründen. Vielmehr gewinnt in diesen Konstellationen das Recht der Aktiengesellschaft auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG an Bedeutung. Um diesen – wenn auch praktisch seltenen – Fall bei der Rechtsgutsbenennung zum Ausdruck zu bringen, empfiehlt es sich, in Abweichung zu den Ausführungen zu § 17 Abs. 1 UWG nicht vom Schutz des Geheimbereich des Unternehmens, sondern vom Schutz des Geheimbereichs der Aktiengesellschaft zu sprechen.980 978 Mayer,
GRUR 2011, 884 (884); Teichmann, in: Jauernig, BGB, § 823 Rn. 95. Teil 2, B. III. 3. 980 Ausdrücklich auf den Geheimbereich als Rechtsgut abstellend Raum, in: Henssler / Strohn, GesR, § 404 AktG Rn. 1; primär das Geheimhaltungsinteresse als Rechtsgut erachtend: Altenhain, in: KölnKomm AktG, Bd. 7, § 404 Rn. 3; Fuhrmann, in: Geßler / Hefendehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 404 Rn. 2; Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 10; Janssen, in: Park, KapMStR, § 404 AktG Rn. 43; Klug, in: Gadow / Barz, AktG, § 404 Anm. 2; Oetker, in: Lutter / Schmidt, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 2; Schaal, in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 3; vgl. zu § 85 GmbHG Altmeppen, in: Roth / Altmeppen, GmbHG, § 85 Rn. 1; Dannecker, in: Michalski, GmbHG, § 85 Rn. 3, 8; Janssen, in: Park, KapMStR, § 85 GmbHG Rn. 74; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 85 GmbHG Rn. 2; Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 2, § 85 GmbHG Rn. 1; Wißmann, in: MüKo GmbHG, Bd. 3, § 85 Rn. 5; vgl. zu § 333 HGB Quedenfeld, in: MüKo HGB, Bd. 4, 979 Vgl.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
Diskutiert wird allerdings im Kontext des § 404 Abs. 1 AktG weiterhin die Frage, wie weit der persönliche Schutzbereich der Vorschrift zu ziehen ist. (1) Die Aktiengesellschaft Da § 404 Abs. 1 AktG den Geheimbereich der Aktiengesellschaft schützt, kann zunächst kein Zweifel daran bestehen, dass die Vorschrift primär den Schutz der Gesellschaft selbst als juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit bezweckt.981 Bestätigt wird diese Annahme durch einen Blick in § 404 Abs. 3 S. 1 AktG, wonach der Geheimnisverrat nur auf Antrag der Aktiengesellschaft verfolgt wird. (2) Die Aktionäre Zum Teil wird darüber hinaus die Auffassung vertreten, der persönliche Schutzbereich des § 404 Abs. 1 AktG erstrecke sich nicht nur auf die Ak tiengesellschaft selbst, sondern erfasse auch die Aktionäre der jeweiligen Gesellschaft.982 Geltend gemacht wird hierfür vor allen Dingen, dass die Aktionäre der Gesellschaft angehörten und die Antragsberechtigung nach § 404 Abs. 3 S. 1 AktG daher nicht nur auf den Schutz der Gesellschaft selbst, sondern auch auf den Schutz der Aktionäre hindeute.983 Zudem bezwecke § 404 Abs. 1 AktG nicht nur die Abwendung kommerziell oder § 333 Rn. 1; Sorgenfrei, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 333 HGB, Rn. 7; Waßmer, in: MüKo BilanzR, Bd. 2, § 333 HGB Rn. 2. 981 Altenhain, in: KölnKomm AktG, Bd. 7, § 404 Rn. 3; Fuhrmann, in: Geßler / Hefendehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 404 Rn. 2; Janssen, in: Park, KapMStR, § 404 AktG Rn. 43; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 2; Klug, in: Gadow / Barz, AktG, § 404 Anm. 2; Müller-Michaels, in: Hölters, AktG, § 404 Rn. 2; Raum, in: Henssler / Strohn, GesR, § 404 AktG Rn. 1; Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 2; ders., in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 3; vgl. zu § 85 GmbHG Altmeppen, in: Roth / Altmeppen, GmbHG, § 85 Rn. 1; Janssen, in: Park, KapMStR, § 85 GmbHG Rn. 74; Wißmann, in: MüKo GmbHG, Bd. 3, § 85 Rn. 7; vgl. zu § 333 HGB Quedenfeld, in: MüKo HGB, Bd. 4, § 333 Rn. 1; Sorgenfrei, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 333 HGB Rn. 7; Waßmer, in: MüKo BilanzR, Bd. 2, § 333 HGB Rn. 2. 982 Fuhrmann, in: Geßler / Hefendehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 404 Rn. 2; Klug, in: Gadow / Barz, AktG, § 404 AktG Anm. 2; Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG AktG Rn. 2; ders., in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 3; vgl. zu § 85 GmbHG Dannecker, in: Michalski, GmbHG, § 85 Rn. 9; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 85 GmbHG Rn. 4. 983 Fuhrmann, in: Geßler / Hefendehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 404 Rn. 2; Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 7; Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 2; ders., in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 2; vgl. zu § 85 GmbHG Dannecker, in: Michalski, GmbHG, § 85 Rn. 9.
B. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG)269
sonst individuell schädlicher Auswirkungen der Geheimnisoffenbarung im Hinblick auf die Gesellschaft, sondern auch die Sicherung des öffentlichen Vertrauens, sodass ihm eine sozialrechtliche Dimension attestiert werden könne und damit auch Aktionäre der Gesellschaft vom Schutz erfasst seien.984 Dass die Interessen der Aktionäre und diejenigen der Aktiengesellschaft unter Umständen nicht immer identisch sein, lasse sich gegen die Erstreckung des Schutzbereichs auf die Aktionäre im Übrigen nicht einwenden, da ein Gleichlauf der Interessen für die Annahme der Erfassung der Aktionäre keine Notwendigkeit darstelle.985 Vorzugswürdig erscheint es demgegenüber allerdings, die Aktionäre nicht in den persönlichen Schutzbereich des § 404 Abs. 1 AktG mit einzubeziehen986 beziehungsweise sie allenfalls reflexartig über die Gesellschaft selbst als geschützt zu erachten.987 Bereits der Wortlaut des § 404 Abs. 1 AktG enthält keinen Anhaltspunkt dafür, dass Aktionäre in den Schutzbereich der Vorschrift mit einbezogen sein sollen. Auch der systematische Verweis auf die Antragsberechtigung gemäß § 404 Abs. 3 S. 1 AktG vermag nicht zu überzeugen. Wenn dort die Rede davon ist, dass der Geheimnisverrat nur auf Antrag der Gesellschaft verfolgt wird, so erscheint es alles andere als plausibel, dem Gesetzgeber zu unterstellen, er habe hiermit auch die Aktionäre in den Schutzbereich des § 404 Abs. 1 AktG mit einbeziehen wollen.988 Daneben räumen auch § 93 Abs. 2 S. 1 AktG und § 323 Abs. 1 S. 4 HGB lediglich der Aktiengesellschaft selbst einen Anspruch auf Schadensersatz gegenüber den in § 404 Abs. 1 AktG aufgeführten Tätern ein, sodass bereits ein zivilrechtlicher Schutz nicht besteht und dementsprechend auch ein strafrechtlicher Schutz aus Gründen des ultima ratio-Grundsatzes abzulehnen sein dürfte.989 Die Aktionäre unterfallen daher nicht dem persönlichen Schutzbereich des § 404 Abs. 1 AktG.
984 Kiethe / Hohmann,
in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 3. in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 3. 986 Janssen, in: Park, KapMStR, § 404 AktG Rn. 43; Raum, in: Henssler / Strohn, GesR, § 404 AktG Rn. 1; vgl. zu § 85 GmbHG Janssen, in: Park, KapMStR, § 85 GmbHG Rn. 74; Wißmann, in: MüKo GmbHG, Bd. 3, § 85 Rn. 7; vgl. zu § 333 HGB Quedenfeld, in: MüKo HGB, Bd. 4, § 333 Rn. 1; Sorgenfrei, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 333 HGB Rn. 7; Waßmer, in: MüKo BilanzR, Bd. 2, § 333 HGB Rn. 2. 987 Müller-Michaels, in: Hölters, AktG, § 404 Rn. 2. 988 Altenhain, in: KölnKomm AktG, Bd. 7, § 404 Rn. 3; vgl. ähnlich zu § 85 GmbHG Wißmann, in: MüKo GmbHG, Bd. 3, § 85 Rn. 7; anerkennend auch Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 85 GmbHG Rn. 4, der aber dennoch von der Erstreckung des Schutzbereichs auf die Aktionäre ausgeht. 989 Altenhain, in: KölnKomm AktG, Bd. 7, § 404 Rn. 3. 985 Kiethe / Hohmann,
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
(3) Die Gesellschaftsgläubiger und Arbeitnehmer Weiterhin lassen sich Stimmen in der Literatur finden, die den persönlichen Schutzbereich des § 404 Abs. 1 AktG auf die Gesellschaftsgläubiger990 oder die Arbeitnehmer991 der Gesellschaft erstrecken wollen. Eine nähere Begründung wird hierfür allerdings nicht angeführt. Aber auch gegen die Erstreckung des Schutzbereichs des § 404 Abs. 1 AktG auf Gesellschaftsgläubiger und Arbeitnehmer der Gesellschaft lässt sich anführen, dass der Geheimnisverrat gemäß § 404 Abs. 3 S. 1 AktG nur auf Antrag der Gesellschaft verfolgt wird.992 und auch § 93 Abs. 2 S. 1 AktG und § 323 Abs. 1 S. 4 HGB lediglich der Aktiengesellschaft selbst einen Anspruch auf Schadensersatz gegenüber den in § 404 Abs. 1 AktG aufgeführten Tätern einräumen. Zudem haben die Arbeitnehmer und Gesellschaftsgläubiger regelmäßig lediglich ein allgemeines Interesse am Wohlergehen der Gesellschaft, sodass sie durch einen etwaigen Geheimnisverrat auch nicht unmittelbar betroffen sind.993 Zutreffend erscheint daher die Annahme, dass sie ebenso wie die Aktionäre durch § 404 Abs. 1 AktG allenfalls994 reflexartig über die Gesellschaft selbst geschützt werden.995 (4) Zwischenergebnis Der persönliche Schutzbereich des § 404 Abs. 1 AktG erstreckt sich damit ausschließlich auf den Schutz der Aktiengesellschaft als Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit. 990 Klug,
in: Gadow / Barz, AktG, § 404 Anm. 2. ZRP 1990, 393 (395). 992 Fuhrmann, in: Geßler / Hefendehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 404 Rn. 2; vgl. zu § 85 GmbHG Dannecker, in: Michalski, GmbHG, § 85 Rn. 11. 993 Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 7; Schaal, in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 3; vgl. zu § 85 GmbHG Dannecker, in: Michalski, GmbHG, § 85 Rn. 11; Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 2, § 85 GmbHG Rn. 1; Wißmann, in: MüKo GmbHG, Bd. 3, § 85 Rn. 8. 994 Ablehnend Fuhrmann, in: Geßler / Hefendehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 404 Rn. 2; Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 7; Janssen, in: Park, KapMStR, § 404 AktG Rn. 43; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 4; Raum, in: Henssler / Strohn, GesR, § 404 AktG Rn. 1; vgl. zu § 85 GmbHG Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 85 GmbHG Rn. 5; vgl. zu § 333 HGB Quedenfeld, in: MüKo HGB, Bd. 4, § 333 Rn. 1; Waßmer, in: MüKo BilanzR, Bd. 2, § 333 HGB Rn. 2. 995 Altenhain, in: KölnKomm AktG, Bd. 7, § 404 Rn. 3; Müller-Michaels, in: Hölters, AktG, § 404 Rn. 2; vgl. zu § 85 GmbHG Dannecker, in: Michalski, GmbHG, § 85 Rn. 11; Wißmann, in: MüKo GmbHG, Bd. 3, § 85 Rn. 8. 991 Heldmann,
B. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG)271
b) Kollektivrechtsschutz Zum Teil wird schließlich über die Annahme des Schutzes eines Individualrechtsguts hinaus dafür plädiert, § 404 Abs. 1 AktG schütze als kollektives Rechtsgut das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität der benannten Tätergruppen.996 Ähnlich wie im Hinblick auf die Erstreckung des Schutzbereichs auf Gesellschaftsgläubiger und Arbeitnehmer der Gesellschaft ermangelt aber auch diese Ansicht einer näheren Begründung. Daneben ließe sich zudem erwägen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die Funktionsfähigkeit der Institution der Aktiengesellschaft als Rechtsgut des § 404 Abs. 1 AktG zu erachten ist. Beiden Erwägungen dürften aber – selbst, wenn man den Schutz des § 404 Abs. 1 AktG hierauf erstrecken wollte – letztlich keine eigenständige beziehungsweise allenfalls eine untergeordnete Bedeutung zukommen, da der Gesetzgeber wohl anderenfalls § 404 Abs. 1 AktG nicht gemäß § 404 Abs. 3 AktG als absolutes Antragsdelikt ausgestaltet hätte.997 c) Zwischenergebnis Im Ergebnis lässt sich damit festhalten, dass § 404 Abs. 1 AktG den Geheimbereich der Aktiengesellschaft ausschließlich im Interesse derselbigen schützt.
II. Tauglicher Täter Um von einer Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 404 Abs. 1 AktG ausgehen zu können, muss es sich bei diesen zunächst um taugliche Täter im Sinne der Vorschrift handeln. Anders als § 17 Abs. 1 UWG sieht der Gesetzeswortlaut des § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG Vorstandsmitglieder ausdrücklich als taugliche Täter des Geheimnisverrats vor. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass der Gesetzgeber mit § 404 Abs. 1 AktG den Zweck verfolgte, den Verstoß gegen die aus § 93 Abs. 1 S. 3 AktG resultierende zivilrechtliche Verschwiegenheitspflicht einer strafrechtlichen Sanktion zuzuführen.998 In der Folge bestehen bezüglich der Tätertauglichkeit in der 996 Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 10; andeutend auch Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 3. 997 Vgl. zu § 85 GmbHG Dannecker, in: Michalski, GmbHG, § 85 Rn. 10; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 85 GmbHG Rn. 5; Wißmann, in: MüKo GmbHG, Bd. 3, § 85 Rn. 8. 998 Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 22; Hefendehl, in: Spindler / Stilz, Bd. 2, § 404 Rn. 13; Janssen, in: Park, KapMStR, § 404 AktG Rn. 50;
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
vorliegend zu untersuchenden Konstellation der Gestattung der Due Diligence und der Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen keine Bedenken.
III. Geheimnis der Gesellschaft, namentlich ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis Weiterhin muss es sich bei den zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informationen um Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse handeln, um von einer Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 404 Abs. 1 AktG ausgehen zu können. 1. Geheimnisbegriff Da auch im Bereich des Aktiengesetzes keine Legaldefinition des Geheimnisbegriffs existiert und auch der Gesetzgeber innerhalb der Gesetzesbegründung zu § 93 Abs. 1 S. 3 AktG beziehungsweise § 404 Abs. 1 UWG keine diesbezüglichen Feststellungen getroffen hat, verwundert es nicht, dass die herrschende Auffassung unter teils ausdrücklicher Bezugnahme auf die Begriffsdefinition des Geheimnisbegriffs zurückgreift, die im Rahmen des § 17 Abs. 1 UWG entwickelt wurde.999 Begriffskonstituierende Merkmale des Geheimnisbegriffs sollen daher auch im Rahmen des § 404 Abs. 1 AktG der Bezug der Information zum Geheimnisträger, die fehlende Offenkundigkeit, der Geheimhaltungswille des Geheimnisträgers und das berechtigte Geheimhaltungsinteresse sein.1000 Besteht im Hinblick auf die KriteriKiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 14; Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG, Rn. 8; ders., in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 15. 999 Fuhrmann, in: Geßler / Hefendehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 404 Rn. 6; Hefendehl, in: Spindler / Stilz, Bd. 2, § 404 Rn. 17; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 24, 25; Müller-Michaels, in: Hölters, AktG, § 404 Rn. 17, 18; Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 8; ders., in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 21; vgl. zu § 85 GmbHG Altmeppen, in: Roth / Altmeppen, GmbHG, § 85 Rn. 5; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 85 GmbHG Rn. 25; Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 2, § 85 GmbHG Rn. 6; Wißmann, in: MüKo GmbHG, Bd. 3, § 85 Rn. 21, 22; vgl. zu § 333 HGB Janssen, in: Park, KapMStR, § 333 HGB Rn. 17; Quedenfeld, in: MüKo HGB, Bd. 4, § 333 Rn. 9; Sorgenfrei, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 333 HGB Rn. 18; Waßmer, in: MüKo BilanzR, Bd. 2, § 333 HGB Rn. 8. 1000 Fuhrmann, in: Geßler / Hefendehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 404 Rn. 6 ff.; Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 20 ff.; Hefendehl, in: Spindler / Stilz, Bd. 2, § 404 Rn. 17 ff.; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 24 ff.; Müller-Michaels, in: Hölters, AktG, § 404 Rn. 17 ff.; Raum, in: Henssler /
B. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG)273
en des Bezugs der Information zum Geheimnisträger, der fehlenden Offenkundigkeit und des berechtigten Geheimhaltungsinteresses weitestgehend Einigkeit über ihre Notwendigkeit und die an sie zu stellenden Anforderungen, so vertreten allerdings ebenso wie im Rahmen des § 17 Abs. 1 UWG auch im Kontext des § 404 Abs. 1 AktG Teile der Literatur die Ansicht, dass der Geheimhaltungswille kein begriffskonstituierendes Merkmal des Geheimnisbegriffs sei.1001 Dieser Streitstand dürfte jedoch letzten Endes bei § 404 Abs. 1 AktG nicht anders zu lösen sein als bei § 17 Abs. 1 UWG.1002 Aus den bereits im Kontext des § 17 Abs. 1 UWG angeführten Gründen ist daher der Ansicht zu folgen, dass der Geheimhaltungswille kein positives Begriffsmerkmal des Geheimnisbegriffs ist, ein Offenbarungswille allerdings den Geheimnischarakter der jeweiligen Information beseitigen kann. Nur so wird dem Umstand hinreichend Rechnung getragen, dass der Geheimhaltungswille ohnehin auf Grund der seitens der herrschenden Meinung zugelassenen Fiktionen und Vermutungen und des Rekurses auf objektive Umstände seiner ihm zugeschriebenen Funktion, Geheimnisse von bloß unbekannten Tatsachen zu unterschieden, nicht gerecht wird, ein umfassender Geheimnisschutz unter Verzicht auf das Kriterium des Geheimhaltungswillens besser erreicht werden kann und dem Geheimnisträger schließlich keine Geheimnisse oktroyiert werden, da dieser jederzeit über das Geheimnis disponieren und den Geheimnischarakter der betreffenden Information aufheben kann. Da im Übrigen keine Bedenken gegen die Übernahme des zu § 17 Abs. 1 UWG entwickelten Geheimnisbegriffs bestehen, sind hierunter unter Berücksichtigung der bereits im Rahmen des § 17 Abs. 1 UWG erarbeiteten Erkenntnisse alle im Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb stehenden nicht offenkundige, sondern nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannten Tatsachen zu verstehen, an denen ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse besteht. Strohn, GesR, § 404 AktG Rn. 3; Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 8 ff.; ders., in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 21 ff.; vgl. zu § 85 GmbHG Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 85 GmbHG Rn. 22 ff.; Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 2, § 85 GmbHG Rn. 6; vgl. zu § 333 HGB Quedenfeld, in: MüKo HGB, Bd. 4, § 333 Rn. 9 ff.; Sorgenfrei, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 333 HGB Rn. 17 ff.; Waßmer, in: MüKo BilanzR, Bd. 2, § 333 HGB Rn. 8 ff. 1001 Altenhain, in: KölnKomm AktG, Bd. 7, § 404 Rn. 14; Ransiek, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 8 Kap. 2 Rn. 16; vgl. zu § 85 GmbHG Haas, in: Baumbach / Hueck, § 85 Rn. 10; Dannecker, in: Michalski, GmbHG, § 85 Rn. 33; Servatius, in: Hennsler / Strohn, GesR, § 85 GmbHG Rn. 3, 4; Wißmann, in: MüKo GmbHG, Bd. 3, § 85 Rn. 35. 1002 Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 22; Schaal, in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 27; ders., in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 8, die allerdings deshalb den Geheimhaltungswillen als begriffskonstituierendes Merkmal einordnen.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
2. Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis Wie § 17 Abs. 1 UWG nennt auch § 404 Abs. 1 AktG zunächst Betriebsund Geschäftsgeheimnisse als Tatobjekte des Geheimnisverrats. Hierdurch werden alle Informationen gegen einen Geheimnisverrat geschützt, deren Bekanntwerden geeignet ist, den Wettbewerb des Konkurrenten zu fördern oder die Stellung des eigenen Betriebes im Wettbewerb zu schmälern und dem Geheimnisträger wirtschaftlichen Schaden zuzufügen.1003 3. Geheimnis der Gesellschaft Anders als § 17 Abs. 1 UWG beschreibt § 404 Abs. 1 AktG jedoch das Tatobjekt nicht nur mit dem Begriff des Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses, sondern durch die Wendung „Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse“. Es stellt sich daher die Frage, inwieweit das Handlungsobjekt des § 404 Abs. 1 AktG von demjenigen des § 17 Abs. 1 UWG abweicht, welche Bedeutung also der Begriff des Gesellschaftsgeheimnisses neben dem des Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses erlangt. a) Gesellschaftsgeheimnis als übergeordneter Begriff Zum Teil wird in der Literatur die Auffassung vertreten, die ausdrückliche Nennung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen entfalte lediglich beispielhaften Charakter, sodass auch sonstige Geheimnisse der Gesellschaft von § 404 Abs. 1 AktG erfasst würden. Dies habe zur Folge, dass § 404 Abs. 1 AktG nicht nur solche Informationen schütze, deren Bekanntwerden geeignet ist, den Wettbewerb des Konkurrenten zu fördern oder die Stellung des eigenen Betriebes im Wettbewerb zu schmälern und dem Geheimnisträger wirtschaftlichen Schaden zuzufügen, sondern zusätzlich auch solche, deren Bekanntwerden geeignet ist, dem Geheimnisträger immaterielle Schäden zuzufügen.1004 Zwar lasse sich nicht bestreiten, dass der Großteil an Informa1003 Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 24; Raum, in: Henssler / Strohn, GesR, § 404 AktG Rn. 3; Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 8; vgl. zu § 85 GmbHG Dannecker, in: Michalski, GmbHG, § 85 Rn. 30; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 85 GmbHG Rn. 30; Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 2, § 85 GmbHG Rn. 6; Wißmann, in: MüKo GmbHG, Bd. 3, § 85 Rn. 21; vgl. zu § 333 HGB Quedenfeld, in: MüKo HGB, Bd. 4, § 333 Rn. 12; Sorgenfrei, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 333 HGB Rn. 23; Waßmer, in: MüKo BilanzR, Bd. 2, § 333 HGB Rn. 12. 1004 Eggenberger, S. 98; Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 93 Rn. 164; Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 45; Hefendehl, in: Spindler / Stilz,
B. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG)275
tionen einer Aktiengesellschaft Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse darstelle.1005 Dennoch gehe der durch § 404 Abs. 1 AktG gewährleistete Schutz zumindest theoretisch über denjenigen des § 17 Abs. 1 UWG hinaus.1006 b) Betriebs- und Geschäftsgeheimnis als alleiniges Handlungsobjekt Andere Stimmen in der Literatur sind hingegen der Auffassung, bei dem Nachschub „Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse“ handle es sich um eine tatbestandliche Begrenzung, sodass dem Begriff der „Geheimnisse der Gesellschaft“ keine eigenständige Bedeutung verbleibe.1007 Dies ergebe sich aus dem Wortlaut der Vorschrift, der den Begriff des Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses nicht als Regelbeispiel aufnehme, sondern ihn als Konkretisierung des Merkmals des Geheimnisses der Gesellschaft nachschiebe.1008 Demnach würden durch § 404 Abs. 1 AktG nur solche Informationen geschützt, deren Bekanntwerden geeignet ist, den Wettbewerb des Konkurrenten zu fördern oder die Stellung des eigenen Betriebes im Wettbewerb zu schmälern und dem Geheimnisträger wirtschaftlichen Schaden zuzufügen.1009 c) Stellungnahme Da die Ansichten zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen, bedarf es eines Streitentscheids. Es ist daher im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob die Umschreibung „Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse“ lediglich einen beispielhaften Charakter des Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses andeutet und damit auch immaterielle Interessen durch § 404 Abs. 1 AktG geschützt werden oder ob der TatbeAktG, Bd. 2, § 404 Rn. 17; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 24; Körber, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 10 Rn. 8; Müller-Michaels, in: Hölters, AktG, § 404 Rn. 17; Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 8; ders., in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 22. 1005 Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 17; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 24; Müller-Michaels, in: Hölters, AktG, § 404 Rn. 17. 1006 Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 24. 1007 Vgl. zu § 333 HGB Janssen, in: Park, KapMStR, § 333 HGB Rn. 14; Nach Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 5 handelt es sich um eine Art Zweifelsregelung, nach der ein Gesellschaftsgeheimnis angenommen werden kann, wenn nicht evidentermaßen ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis besteht. 1008 Vgl. zu § 333 HGB Janssen, in: Park, KapMStR, § 333 HGB Rn. 14. 1009 Diesen Schluss zieht Janssen, in: Park, KapMStR, § 333 HGB Rn. 17 überraschenderweise allerdings nicht.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
stand durch den Nachschub „namentlich Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse“ auf wirtschaftliche relevante Informationen begrenzt werden sollte. aa) Grammatikalische Auslegung Der Gesetzgeber bedient sich des Wortes „namentlich“, um eine Verbindung zwischen dem „Geheimnis der Gesellschaft“ einerseits und dem „Betriebs- und Geschäftsgeheimnis“ andererseits herzustellen. Nach allgemeinem Sprachverständnis wird das Wort „namentlich“ synonym für Begriffe wie „besonders“, „vor allem“, „hauptsächlich“ verwendet.1010 All diese Begrifflichkeiten haben gemein, dass sie nicht begrenzend oder ausgrenzend wirken, sondern vielmehr einen betonenden, hervorhebenden, exemplarisierenden Charakter aufweisen. Die Verwendung des Wortes „namentlich“ spricht folglich dafür, dass der Gesetzgeber das Tatobjekt des § 404 Abs. 1 AktG nicht auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse beschränken, sondern diese lediglich exemplarisch – als wichtigsten Anwendungsbereich – anführen wollte und folglich auch solche Informationen durch § 404 Abs. 1 AktG geschützt werden, deren Bekanntwerden geeignet ist, dem Geheimnisträger immaterielle Schäden zuzufügen.1011 Hätte der Gesetzgeber den Anwendungsbereich hingegen auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse und damit auf solche Informationen beschränken wollen, deren Bekanntwerden geeignet ist, den Wettbewerb des Konkurrenten zu fördern oder die Stellung des eigenen Betriebes im Wettbewerb zu schmälern und dem Geheimnisträger wirtschaftlichen Schaden zuzufügen, so hätte er ohne Weiteres auf die Wendung „Geheimnis der Gesellschaft“ verzichten können. Der Wortlaut der Vorschrift spricht folglich dafür, dass der durch § 404 Abs. 1 AktG gewährte Schutz nicht auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse beschränkt ist. bb) Historische Auslegung Der historischen Entwicklung des § 404 Abs. 1 AktG lässt sich nicht unmittelbar entnehmen, ob Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse lediglich exemplarisch im Wortlaut der Vorschrift aufgeführt werden oder ob hierdurch eine Begrenzung des Handlungsobjekts auf solche Informationen erfolgen sollte, deren Bekanntwerden geeignet ist, den Wettbewerb des Konkurrenten zu fördern oder die Stellung des eigenen Betriebes im Wettbewerb zu schmälern und dem Geheimnisträger wirtschaftlichen Schaden zuzufügen. Allerdings kann der Entstehungsgeschichte des § 93 Abs. 1 S. 3 AktG, der inhaltlich mit § 404 Abs. 1 AktG in weiten Teilen übereinstimmt, entnom1010 Temming, 1011 Temming,
in: FS Achenbach, S. 545 (548). in: FS Achenbach, S. 545 (548).
B. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG)277
men werden, dass der Nachschub „namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse“ nur exemplarischen Charakter haben soll. In der Vorgängervorschrift des § 93 Abs. 1 S. 3 AktG – § 84 AktG 1937 – wurde den Vorstandsmitgliedern lediglich die Pflicht auferlegt, über vertrauliche Angaben Stillschweigen zu bewahren. Über § 99 AktG 1937 galt diese Regelung auch für Aufsichtsratsmitglieder. Demgegenüber traf die nach dem BetrVG gewählten Arbeitnehmervertreter gemäß § 76 Abs. 2 S. 5 BetrVG i. V. m. § 55 Abs. 1 S. 1 BetrVG 1972 eine Verschwiegenheitspflicht hinsichtlich vertraulicher Angaben und Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse des jeweiligen Betriebs. In Anbetracht der verfassungsrechtlichen Bedenken, die diese Ungleichbehandlung der Aufsichtsratsmitglieder auf den Plan rief, sollte durch die Aktienrechtsreform von 1965 unter anderem eine Angleichung des § 84 AktG 1937 an § 76 Abs. 2 S. 5 BetrVG i. V. m. § 55 Abs. 1 S. 1 BetrVG 1972 erfolgen.1012 Der Begriff des Geheimnisses der Gesellschaft wurde in diesem Zusammenhang bewusst als Oberbegriff vorangestellt.1013 Da der Gesetzgeber mit der Schaffung des § 404 Abs. 1 AktG den Zweck verfolgte, den Verstoß gegen die aus § 93 Abs. 1 S. 3 AktG resultierende zivilrechtliche Verschwiegenheitspflicht einer strafrechtlichen Sanktion zuzuführen1014, kann daher davon ausgegangen werden, dass der Begriff des Geheimnisses der Gesellschaft auch in § 404 Abs. 1 AktG als Oberbegriff zu verstehen ist, der den Schutz auf solche Informationen erstreckt, deren Bekanntwerden geeignet ist, dem Geheimnisträger immaterielle Schäden zuzufügen. cc) Systematische Auslegung Betrachtet man § 17 Abs. 1 UWG, dessen Anwendungsbereich auf Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse und damit auf solche Informationen beschränkt ist, deren Bekanntwerden geeignet ist, den Wettbewerb des Konkurrenten zu fördern oder die Stellung des eigenen Betriebes im Wettbewerb zu schmälern und dem Geheimnisträger wirtschaftlichen Schaden zuzufügen, so erscheint diese Beschränkung aus systematischer Sicht plausibel, da die Vorschrift in das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb eingebettet ist, sich also in einen Normenkatalog einfügt, der das geronnene Ergebnis wettbewerblicher Erwägungen darstellt und einen wettbewerblich-wirtschaft lichen Bezug aufweist, wie sich bereits aus § 1 UWG ergibt. § 404 Abs. 1 1012 Kropff,
S. 122. S. 98. 1014 Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 13; Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 22; Janssen, in: Park, KapMStR, § 404 AktG Rn. 50; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 14; Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 8; ders., in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 15. 1013 Eggenberger,
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
AktG hingegen ist im Aktiengesetz verortet und damit in einen Normenkomplex integriert, der allgemein das Recht der Aktiengesellschaften in mannigfaltiger Hinsicht regelt. Richtig ist zwar, dass sich Aktiengesellschaften als rechtliche, durch das Aktiengesetz getragene Gebilde auf Grund ihrer Natur als Kapitalgesellschaften und nicht zuletzt auch wegen ihres gemäß § 7 AktG erforderlichen Grundkapitals von 50.000 Euro primär zur Verfolgung wirtschaftlicher Interessen eignen, sodass auch dem Aktiengesetz eine gewisse wirtschaftliche Fokussierung unterstellt werden kann und somit die Verortung der Geheimnisschutzvorschrift im Aktiengesetz dafür sprechen könnte, dass sie wohl primär und ausschließlich Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse und damit solche Informationen schützen soll, deren Bekanntwerden geeignet ist, den Wettbewerb des Konkurrenten zu fördern oder die Stellung des eigenen Betriebes im Wettbewerb zu schmälern und dem Geheimnisträger wirtschaftlichen Schaden zuzufügen. Andererseits zeigt beispielsweise § 3 Abs. 1 AktG, dass Aktiengesellschaften auch andere als primär wirtschaftliche Zwecke verfolgen können, sodass ein zum Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vergleichbarer wettbewerblich-wirtschaftlicher Kontext nicht angenommen werden kann und die systematische Stellung des § 404 Abs. 1 AktG eher die Annahme nahelegt, dass das Tatobjekt der Vorschrift nicht auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse beschränkt ist, sondern allgemeiner alle Geheimnisse der Gesellschaft und damit auch solche Informationen schützt, deren Bekanntwerden geeignet ist, dieser einen immateriellen Schaden zuzufügen. dd) Teleologische Auslegung Schließlich gilt es zu beachten, dass ein umfassender Schutz des Geheimbereichs der Aktiengesellschaft vor Eingriffen nur dann gewährleistet wird, wenn man davon ausgeht, dass § 404 Abs. 1 AktG grundsätzlich alle Gesellschaftsgeheimnisse als Tatobjekt erfasst und der Anwendungsbereich nicht auf Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse beschränkt ist. Es lässt sich zwar nicht bestreiten, dass die Mehrzahl aller Aktiengesellschaften zu unternehmerischen Zwecken gegründet und unterhalten wird, sodass es sich bei dem Großteil der ihnen zuzuordnenden Geheimnisse um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse handeln dürfte. Wie allerdings vorausgehend bereits festgestellt wurde, zeigt § 3 Abs. 1 AktG eindeutig, dass Aktiengesellschaften auch andere als primär wirtschaftliche Zwecke verfolgen können. Auch in diesen Fällen kann aber nicht ernsthaft bestritten werden, dass an der Geheimhaltung bestimmter Informationen ein Interesse bestehen kann, selbst wenn durch deren Offenbarung keine wirtschaftlichen Einbußen zu erwarten sind.1015 1015 von
Stebut, S. 40, 41.
B. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG)279
Deutete man die Wendung „Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse“ in § 404 Abs. 1 AktG dahingehend, dass die Vorschrift nur solche Informationen schützen soll, deren Bekanntwerden geeignet ist, den Wettbewerb des Konkurrenten zu fördern oder die Stellung des eigenen Betriebes im Wettbewerb zu schmälern und dem Geheimnisträger wirtschaftlichen Schaden zuzufügen, könnten solche Informationen ohne strafrechtliche Konsequenzen preisgegeben werden, die unter gesamtwirtschaftlichem, politischem oder sozialem Blickwinkel für die Gesellschaft von Bedeutung sind.1016 d) Zwischenergebnis Im Ergebnis lässt sich damit festhalten, dass das Angriffsobjekt des § 404 Abs. 1 AktG nicht lediglich in Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, sondern auch in sonstigen Gesellschaftsgeheimnissen zu erblicken ist und daher auch solche Informationen geschützt werden, deren Bekanntwerden geeignet ist, dem Geheimnisträger immaterielle Schäden zuzufügen. Dies hat zur Folge, dass der durch § 404 Abs. 1 AktG bewirkte Schutz über denjenigen des § 17 Abs. 1 UWG hinausgeht. e) Geheimnischarakter der bereitgestellten Informationen Im Rahmen der Erörterungen zu § 17 Abs. 1 UWG wurde bereits festgestellt, dass es sich bei den für die Durchführung der Due Diligence erforderlichen Informationen nicht ausnahmslos um Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse handeln wird – etwa, weil bestimmte Informationen bereits öffentlich zugänglich sind oder ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse an ihnen nicht angenommen werden kann –, das Interesse des potenziellen Erwerbers jedoch regelmäßig gerade auch auf den Erhalt solcher Informa tionen gerichtet ist, die einen Unternehmensbezug aufweisen, noch keine Offenkundigkeit erlangt haben und an denen ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse seitens des Geheimnisträgers besteht.1017 Zumindest ein Teil der zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informationen wird daher einen Geheimnischarakter aufweisen. In Anbetracht der Tatsache, dass der Kaufinteressent regelmäßig aus wirtschaftlichen Interessen das jeweilige Aktienpaket erwerben möchte und die Due Diligence ihm zur 1016 Geilen,
in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 45. S. 32; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 59; Müller, NJW 2000 S. 3452 (3453); ders., NZG 2004, 1032 (1033); Rittmeister, M&A-Review 2008, 528 (529); Treeck, in: FS Fikentscher, S. 434 (441); Zumbansen / Lachner, BB 2006, 613 (615). 1017 Kemnitz,
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
Ermittlung der Stärken und Schwächen der Aktiengesellschaft und der mit der Investition verbundenen Chancen und Risiken dienen soll, wird es sich dabei überwiegend um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse und damit um solche Informationen handeln, deren Bekanntwerden geeignet ist, den Wettbewerb des Konkurrenten zu fördern oder die Stellung des eigenen Betriebes im Wettbewerb zu schmälern und dem Geheimnisträger wirtschaftlichen Schaden zuzufügen. Im Einzelfall kann die Bereitstellung allerdings auch sonstige Geheimnisse der Gesellschaft betreffen, deren Bekanntwerden zu einem immateriellen Schaden des Geheimnisträgers führen könnte. Eine Aufhebung des Geheimnischarakters durch Bildung eines generellen Offenbarungswillens erfolgt, wie bereits im Rahmen des § 17 Abs. 1 UWG gezeigt werden konnte, im Kontext der Bereitstellung zu Zwecken der Due Diligence nicht. 4. Vertrauliche Angaben Wie bereits an anderer Stelle angedeutet wurde, ist die Vorschrift des § 404 Abs. 1 AktG der zivilrechtlichen Norm des § 93 Abs. 1 S. 3 AktG in weiten Teilen nachempfunden, da sie den Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht einer strafrechtlichen Sanktion zuführen soll. Nach § 93 Abs. 1 S. 3 AktG haben die Vorstandsmitglieder allerdings nicht nur im Bezug auf die Geheimnisse der Gesellschaft und insbesondere der ihr zuzuordnenden Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Stillschweigen zu bewahren. Vielmehr erstreckt sich ihre zivilrechtliche Verschwiegenheitspflicht auch auf vertrauliche Angaben, die ihnen durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekanntgeworden sind. Hierunter versteht man grundsätzlich Informationen, die der Mitteilende als geheimhaltungsbedürftig ansieht und bei denen bei verständiger wirtschaftlicher Betrachtungsweise davon auszugehen ist, dass eine Offenbarung zu einer Interessenverletzung der Gesellschaft führen könnte.1018 In Anbetracht der Tatsache, dass der potenzielle Erwerber eines Aktienpakets unter Umständen auch ein Interesse an der Erlangung solcher Informationen zwecks Durchführung einer Due Diligence haben und die Vorstandsmitglieder ihm daher auch diese im Einzelfall mitteilen dürften, stellt sich die Frage, ob § 404 Abs. 1 AktG auch vertrauliche Angaben als Angriffsobjekte erfasst.
1018 Eggenberger, S. 93; Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 93 Rn. 166; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 137; Koch, in: Hüffer, AktG, § 93 Rn. 30.
B. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG)281
a) Vertrauliche Angaben als Gesellschaftsgeheimnisse Unstreitig dürften vertrauliche Angaben jedenfalls dann als Handlungsobjekte des § 404 Abs. 1 AktG in Betracht kommen, wenn diese zugleich Geheimnisse der Gesellschaft beziehungsweise Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse darstellen. Dass eine derartige Identität jedenfalls nicht grundsätzlich angenommen werden kann, ergibt sich zum einen bereits aus dem Wortlaut des § 93 Abs. 1 S. 3 AktG, der zwischen vertraulichen Angaben einerseits und Geheimnissen der Gesellschaft andererseits unterscheidet, und zum anderen aus § 116 S. 2 AktG, der eine explizite Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder hinsichtlich erhaltener vertraulicher Berichte und vertraulicher Beratungen enthält.1019 Auch ein Vergleich der Definition des Begriffs der vertraulichen Informationen und derjenigen des Geheimnisses spricht gegen die Annahme, dass vertrauliche Angaben stets zugleich auch Gesellschaftsgeheimnisse darstellen. So kommen als Geheimnisobjekte beispielsweise grundsätzlich nur solche Informationen in Betracht, die bislang weder allgemein bekannt noch leicht zugänglich sind, während vertrauliche Angaben auch solche Informationen beinhalten können, die bereits offenkundig sind, sofern die Aktiengesellschaft nur ein Interesse an der Vermeidung der Streuung der Information hat.1020 Vertrauliche Angaben stellen folglich jedenfalls nicht immer zugleich auch Geheimnisse der Gesellschaft dar.1021 Nicht bestreiten lässt sich andererseits allerdings, dass vertrauliche Angaben und Gesellschaftsgeheimnisse auch grundsätzliche Gemeinsamkeiten aufweisen. Wie bereits an anderer Stelle festgestellt wurde, ist vom Vorliegen eines Geheimnisses dann nicht mehr auszugehen, wenn der Geheimnisträger einen generellen Offenbarungswillen gebildet hat. Ebenso ist auch die Vertraulichkeit einer Angabe abzulehnen, sofern der Mitteilende über einen Willen zur Verbreitung der Informationen verfügt.1022 Weiterhin kommen nur solche Informationen als Gegenstand eines Gesellschaftsgeheimnisses in 1019 Schaal,
in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 22. S. 94; Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 93 Rn. 117, 120; Taeger, S. 131; von Stebut, S. 59, 62. 1021 Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 93 Rn. 166; Fuhrmann, in: Geßler / Hefendehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 404 Rn. 7; Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 37; Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 17; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 36; Koch, in: Hüffer, AktG, § 93 Rn. 30; Oetker, in: Lutter / Schmidt, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 4; Schaal, in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 22; Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 93 Rn. 120; von Stebut, S. 61; vgl. zu § 85 GmbHG Haas, in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 85 Rn. 8; Schroeder, DB 1997, 2161 (2162); a. A. wohl Klug, in: Gadow / Barz, AktG, § 404 Rn. 4; ders., in: AktStR, § 404 Rn. 4. 1022 von Stebut, S. 60. 1020 Eggenberger,
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
Betracht, an denen ein objektives Geheimhaltungsinteresse besteht. Dass vertrauliche Angaben nur solche Informationen sein können, deren Mitteilung sich für die Gesellschaft nachteilig auswirken kann1023, lässt sich ebenfalls dahingehend umdeuten, dass an den Informationen ein objektives Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaft bestehen muss.1024 Schließlich können vertraulichen Angaben zwar auch Informationen zugrunde liegen, die bereits offenkundig sind, wie vorausgehend festgestellt wurde; dies muss jedoch nicht zwangsläufig der Fall sein. Vielmehr dürften häufig gerade nicht offenkundige Informationen Gegenstand vertraulicher Angaben sein. Im Ergebnis lässt sich damit festhalten, dass vertrauliche Angaben zwar nicht immer zugleich auch Gesellschaftsgeheimnisse darstellen, andererseits aber durchaus auch als Gesellschaftsgeheimnisse zu klassifizieren sein können, sofern sie die Wesensmerkmale eines Geheimnisses aufweisen.1025 Ist letzteres der Fall, stellen sie unproblematisch auch taugliche Angriffsobjekte im Sinne des § 404 Abs. 1 AktG dar. b) Anwendung des § 404 Abs. 1 AktG auf sonstige vertrauliche Angaben Es verbleibt damit allerdings die Frage, ob auch solche vertraulichen Angaben, die nicht zugleich Geheimnisse der Gesellschaft darstellen, Handlungsobjekte des § 404 Abs. 1 AktG darstellen.1026 Für die Erfassung dieser Informationen als Angriffsobjekte des § 404 Abs. 1 AktG könnte man anführen, dass im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur Aktienrechtsreform von 1965 mehrfach gefordert wurde, dass „die zivilrechtliche Schweigepflicht und die entsprechende Strafvorschrift so aufeinander abgestimmt sein sollen, dass sie sich decken“.1027 Auf Basis dieses Umstands ließe sich durchaus bezweifeln, dass der Gesetzgeber durch die insoweit unglückliche Formulierung des § 404 Abs. 1 AktG nur die Offenbarung von Gesell1023 Fleischer, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 1, § 93 Rn. 166; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 137; Koch, in: Hüffer, AktG, § 93 Rn. 30. 1024 A. A. Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 37. 1025 Fuhrmann, in: Geßler / Hefendehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 404 Rn. 7; Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 37; Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 17; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 36; Oetker, in: Lutter / Schmidt, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 4; Schaal, in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 22; Schroeder, DB 1997, 2161 (2162); vgl. zu § 85 GmbHG Haas, in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 85 Rn. 8. 1026 Klug, in: Gadow / Barz, AktG, § 404 Rn. 4; ders., AktStR, § 404 Rn. 4. 1027 Kurzprotokolle des Untersuchungsausschusses „Aktienrecht“ des Rechtsausschusses, 11. Sitzung am 23.10.1963, Protokoll Nr. 11, S. 19).
B. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG)283
schaftsgeheimnissen sanktionieren wollte.1028 Weiterhin könnte auch der Gedanke eines möglichst umfassenden Schutzes der Aktiengesellschaft hin sichtlich der Bewahrung solcher Informationen, deren Veröffentlichung zu ihrem Nachteil gereichen kann, für die Annahme fruchtbar gemacht werden, auch vertrauliche Angaben, die nicht zugleich Geheimnisse der Gesellschaft darstellen, müssten durch § 404 Abs. 1 AktG erfasst werden. Allerdings ist zu beachten, dass § 404 Abs. 1 AktG anders als § 93 Abs. 1 S. 3 AktG, der vertrauliche Angaben explizit als Bezugspunkt der Verschwiegenheitspflicht nennt, ausdrücklich nur das Offenbaren von Geheimnissen der Gesellschaft, namentlich Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen unter Strafe stellt. Erachtete man auf dieser Basis dennoch auch vertrauliche Angaben, die nicht zugleich Geheimnisse der Gesellschaft darstellen, als taugliche Handlungsobjekte des § 404 Abs. 1 AktG, überschritt man hierdurch die Wortlautgrenze der Vorschrift und verletzte damit das aus Art. 103 Abs. 2 GG resultierende Verbot täterbelastender Analogie, nach dem grundsätzlich jede Rechtsanwendung verboten ist, die tatbestandsausweitend über den Wortlaut einer gesetzlichen Sanktionsnorm hinausgeht.1029 Im Ergebnis stellen daher vertrauliche Angaben, die nicht zugleich die begriffskonstituierenden Merkmale des Gesellschaftsgeheimnisses aufweisen, keine Angriffsobjekte im Sinne des § 404 Abs. 1 AktG dar.1030
IV. In seiner Eigenschaft bekannt geworden Weiterhin müssen den Vorstandsmitgliedern die dem potenziellen Erwerber zwecks Durchführung einer Due Diligence zur Verfügung gestellten Gesellschaftsgeheimnisse in ihrer Eigenschaft als Mitglieder des Vorstands bekannt geworden sein. Bekannt geworden sind die Gesellschaftsgeheimnisse den Vorstandsmitgliedern dann, wenn sie ihnen in dieser Eigenschaft in irgendeiner Weise zugänglich geworden sind.1031 Die Art und Weise der Kenntniserlangung spielt ebenso wie im Rahmen des § 17 Abs. 1 UWG keine Rolle und kann sowohl durch jede eigene, aber auch durch jede frem1028 Eggenberger,
S. 157 ff. NJW 2010, 3209 (3211); BVerfG NJW 1986, 1671 (1672); BVerfG NJW 1995, 1141 (1141). 1030 Ausdrücklich auf das Analogieverbot und den Wortlaut abstellend zu § 85 GmbHG Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 85 GmbHG Rn. 38; Schroe der, DB 1997, 2161 (2162). 1031 Müller-Michaels, in: Hölters, AktG, § 404 Rn. 8; Schaal, in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 16; ders., in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 7; vgl. zu § 85 GmbHG Wißmann, in: MüKo GmbHG, Bd. 3, § 85 Rn. 17. 1029 BVerfG
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
de Handlung oder Unterlassung geschehen.1032 In ihrer Eigenschaft als Vorstandsmitglieder sind den Mitgliedern des Vorstands die Gesellschaftsgeheimnisse bekannt geworden, wenn zwischen der Kenntniserlangung und der Eigenschaft als Vorstandsmitglied sowohl ein zeitlicher als auch ein funktionaler Zusammenhang besteht.1033 In zeitlicher Hinsicht müssen sie von den Gesellschaftsgeheimnissen während ihrer durch Bestellung gemäß § 84 Abs. 1 AktG begründeten Amtszeit Kenntnis erlangt haben.1034 Informationen, über die sie bereits zuvor verfügten oder von denen sie nach Beendigung ihrer Amtszeit Kenntnis nehmen, sind ihnen folglich nicht in ihrer Eigenschaft als Vorstandsmitglieder bekannt geworden.1035 Dies gilt selbst dann, wenn ihnen diese Informationen in ihrer Eigenschaft als Vorstandsmitglieder erneut bekannt werden.1036 Von einem funktionalen Zusammenhang zwischen der Kenntniserlangung und der Eigenschaft als Vorstandsmitglied ist dann auszugehen, wenn die Funktionsträgerschaft für die Kenntnisnahme zumindest mitursächlich ist, die Vorstandsmitglieder im Hinblick auf die Kenntnisnahme von ihrer Eigenschaft als Funktionsträger profitieren.1037 Abzulehnen dürfte diese Art der Ursächlichkeit daher in der Regel dann sein, wenn die Vorstandsmitglieder von den Informationen außerdienstlich – also beispielsweise durch private Mitteilung in ihrem Bekanntenkreis – Kenntnis erlangt haben.1038 1032 Altenhain,
in: KölnKomm AktG, Bd. 7, § 404 Rn. 19. in: Hölters, AktG, § 404 Rn. 8, 9; Oetker, in: Lutter / Schmidt, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 6; Raum, in: Henssler / Strohn, GesR, § 404 AktG Rn. 11: „Es reicht […] aus, wenn er die geheimhaltungsbedürftigen Umstände im Zusammenhang mit seiner Organstellung erfahren hat“; Schaal, in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 17: „Seine Eigenschaft als Funktionsträger muss also mindestens mitursächlich dafür gewesen sein, dass er das Geheimnis kennengelernt hat“; vgl. zu § 333 HGB Quedenfeld, in: MüKo HGB, Bd. 4, § 333 Rn. 20; Sorgenfrei, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 333 HGB Rn. 33. 1034 Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 16; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 42; Oetker, in: Lutter / Schmidt, AktG, Bd. 2, 2. Aufl. 2010, § 404 Rn. 6; Schaal, in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 17; ders., in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 7. 1035 Altenhain, in: KölnKomm AktG, Bd. 7, § 404 Rn. 18; Fuhrmann, in: Geßler / Hefendehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 404 Rn. 4; Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 17; Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 16; Janssen, in: Park, KapMStR, § 404 AktG Rn. 52; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 42; Müller-Michaels, in: Hölters, AktG, § 404 Rn. 9; Schaal, in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 17; ders., in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 7. 1036 Janssen, in: Park, KapMStR, § 404 AktG Rn. 52; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 42; a. A. wohl Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 16. 1037 Altenhain, in: KölnKomm AktG, Bd. 7, § 404 Rn. 19; Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 14; Müller-Michaels, in: Hölters, AktG, § 404 Rn. 8. 1033 Müller-Michaels,
B. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG)285
Ob die seitens der Vorstandsmitglieder zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informationen diesen in ihrer Eigenschaft als Vorstandsmitglieder bekannt geworden sind, hängt letztlich von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab. Da bereits eine Mitursächlichkeit der Eigenschaft als Vorstandsmitglied ausreicht und die Vorstandsmitglieder erst auf Grund ihrer Amtsstellung über eine vermehrte Kenntnis und gesteigerte Kenntnisnahmemöglichkeit hinsichtlich der Gesellschaftsgeheimnisse und Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse verfügen, dürfte allerdings davon auszugehen sein, dass ihnen zumindest ein Großteil der bereitgestellten Informationen in ihrer Eigenschaft als Vorstandsmitglieder bekannt geworden ist. 1038
V. Offenbaren Ferner ist Voraussetzung für die Annahme einer Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 404 Abs. 1 AktG, dass die Bereitstellung der für die Durchführung der Due Diligence erforderlichen Informationen als Offenbaren von Gesellschaftsgeheimnissen qualifiziert werden kann. 1. Bedeutung des Merkmals Adressat des Offenbarens kann – ebenso wie im Rahmen des § 17 Abs. 1 UWG – grundsätzlich jede natürliche oder juristische Person sein.1039 Entscheidend ist allein, ob diese nach dem Willen des Geheimnisträgers „zum Kreis derjenigen Personen gehört, denen das betreffende Geheimnis nicht zugänglich gemacht werden durfte“.1040 Auch der Umstand, dass der Emp1038 Fuhrmann, in: Geßler / Hefendehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 404 Rn. 4; Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 18; Janssen, in: Park, KapMStR, § 404 AktG Rn. 52; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 43; Klug, in: Gadow / Barz, AktG, § 404 Anm. 6; Müller-Michaels, in: Hölters, AktG, § 404 Rn. 8; Schaal, in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 19; ders., in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 7; Fälle des Missbrauchs, in denen die außerdienstliche Kenntnisnahme doch mit der Funktionsstellung im Zusammenhang steht, sind demgegenüber im Wege einer weiten Auslegung des Begriffs des „bekannt geworden Seins“ als tatbestandsmäßig zu erachten. 1039 Nach teilweise vertretener Ansicht ist das Merkmal des Offenbarens allerdings dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass die Mitteilung der Geheimnisse an andere Vorstandsmitglieder, Aufsichtsratsmitglieder oder solche Personen, die das Geheimnis zweckentsprechend einsetzen, nicht tatbestandsmäßig ist, vgl. Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 31; Temming, in: Graf / Jäger / Wittig, § 404 AktG Rn. 14; über das Merkmal der Sozialadäquanz beziehungsweise die mangelnde Befugnis Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1,§ 404 AktG Rn. 48. 1040 Altenhain, in: KölnKomm AktG, Bd. 7, § 404 Rn. 22; Fuhrmann, in: Geßler / Hefendehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 404 Rn. 9; Hefendehl, in: Spindler / Stilz,
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
fänger im Einzelfall einer Verschwiegenheitspflicht unterliegt, steht der Annahme der Tatbestandsmäßigkeit nicht entgegen.1041 Unter dem Begriff des Offenbarens an sich versteht man grundsätzlich jede Mitteilung, Weitergabe oder sonstige Zugänglichmachung eines Gesellschaftsgeheimnisses an einen anderen in einer Weise, dass sich der bisherige Kreis derjenigen Personen, die Kenntnis von diesem Geheimnis haben, erweitert, und sei es auch nur um eine einzige Person, oder in einer vom Täter nicht mehr kontrollierbaren Weise erweitern kann.1042 Auf welche Art und Weise dieser Vorgang erfolgt, ist für die Annahme des Vorliegens dieses Tatbestandsmerkmals unerheblich.1043 Insofern kommen sowohl aktive Handlungen des Täters wie die Mitteilung oder Zusendung der Gesellschaftsgeheimnisse oder das Deponieren an einem für den Adressaten zugänglichen Ort als auch pflichtwidriges Unterlassen in Form des Duldens der Kenntnisnahme in Betracht.1044 Gleichgültig ist auch, ob die Mitglieder des Vorstands das Geheimnis von sich aus preisgeben oder lediglich eine Frage beantworten oder beispielsweise Einsicht in bestimmte Unterlagen gewähren.1045 Entscheidend ist allein, dass dem Empfänger durch den Täter die Ausnutzung AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 30; Schaal, in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 32; ders., in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 11; Temming, in: Graf / Jäger / Wittig, § 404 AktG Rn. 14. 1041 Fuhrmann, in: Geßler / Hefendehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 404 Rn. 9; Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 30; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 46; Müller-Michaels, in: Hölters, AktG, § 404 Rn. 10; Raum, in: Henssler / Strohn, GesR, § 404 AktG Rn. 7; Schaal, in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 32; ders., in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 11. 1042 Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 52; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 45; ähnlich Bernsmann, in: Heidel, AktR+KapMR, § 404 AktG Rn. 4; Roschmann / Frey, AG 1996, 449 (450). 1043 Fuhrmann, in: Geßler / Hefendehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 404 Rn. 9; Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 29; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 45; Raum, in: Henssler / Strohn, GesR, § 404 AktG Rn. 7; Schaal, in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 31; Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 53. 1044 Fuhrmann, in: Geßler / Hefendehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 404 Rn. 9; Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 53; Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 29; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1,§ 404 AktG Rn. 45; Müller-Michaels, in: Hölters, AktG, § 404 Rn. 11; Ransiek, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 8 Kap. 2 Rn. 19; Raum, in: Henssler / Strohn, GesR, § 404 AktG Rn. 7; Schaal, in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 31; ders., in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 11; Temming, in: Graf / Jäger / Wittig, § 404 AktG Rn. 14, 15. 1045 Müller-Michaels, in: Hölters, AktG, § 404 Rn. 10; Raum, in: Henssler / Strohn, GesR, § 404 AktG Rn. 7; Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 11.
B. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG)287
der Gesellschaftsgeheimnisse ermöglicht wird.1046 Keine Rolle spielt zudem – anders als im Rahmen des § 17 Abs. 1 UWG – die Frage, ob der Täter das Geheimnis erst nach Verlust seiner Amtsinhaberschaft gegenüber Dritten offenbart.1047 Es kommt lediglich darauf an, dass die Vorstandsmitglieder das Geheimnis in ihrer Eigenschaft als Funktionsträger zur Kenntnis genommen haben. Damit handelt es sich bei § 404 Abs. 1 AktG um eine nachwirkende Verpflichtung.1048 2. Vollendung des Tatbestands Umstritten ist allerdings auch im Rahmen des § 404 Abs. 1 AktG, ob die Vollendung des Tatbestands nur bei tatsächlicher Kenntnisnahme der Gesellschaftsgeheimnisse durch den Empfänger1049 oder bereits bei ihrem Zugang und der hieraus resultierenden Möglichkeit der Kenntnisnahme seitens des Empfängers angenommen werden kann1050 und ob die bereits zum Zeitpunkt des Offenbarens bestehende Bekanntheit der Informationen seitens des Empfängers der Tatbestandsmäßigkeit entgegen steht.1051 Letztlich dürf1046 Fuhrmann, in: Geßler / Hefendehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 404 Rn. 9; Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 11; ders., in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 29; Temming, in: Graf / Jäger / Wittig, § 404 AktG Rn. 14. 1047 Altenhain, in: KölnKomm AktG, Bd. 7, § 404 Rn. 18; Fuhrmann, in: Geßler / Hefendehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 404 Rn. 4; Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 16; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 17; Müller-Michaels, in: Hölters, AktG, § 404 Rn. 9; Oetker, in: Lutter / Schmidt, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 6; Pelz, in: Bürgers / Körber, AktG, § 404 Rn. 2; Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 18; ders., in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 19. 1048 Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 16. 1049 So wohl Klug, in: Gadow / Barz, AktG, § 404 Anm. 11; ders., AktStR, § 404 Rn. 11; unklar Bernsmann, in: Heidel, AktR+KapMR, § 404 AktG Rn. 4, 7; vgl. Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 66; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 70; vgl. zu § 333 HGB Quedenfeld, in: MüKo HGB, Bd. 4, § 333 Rn. 19; Sorgenfrei, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 333 HGB Rn. 38. 1050 Altenhain, in: KölnKomm AktG, Bd. 7, § 404 Rn. 21; Fuhrmann, in: Geßler / Hefendehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 404 Rn. 16; Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 53; Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 29, 45; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 45, 70; Müller-Michaels, in: Hölters, AktG, § 404 Rn. 10, 35; Oetker, in: Lutter / Schmidt, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 8; Ransiek, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 8 Kap. 2 Rn. 24; Schaal, in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 29, 57; ders., in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 24. 1051 Altenhain, in: KölnKomm AktG, Bd. 7, § 404 Rn. 21; Fuhrmann, in: Geßler / Hefendehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 404 Rn. 9; Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 29; Müller-Michaels, in: Hölters, AktG, § 404 Rn. 10; Oetker,
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
ten diese Streitstände analog zu den Ausführungen in § 17 Abs. 1 UWG zu beantworten sein, sodass der Zugang der Geheimnisse beim Empfänger und die Ermöglichung der Kenntnisnahme als ausreichend zu erachten sind, die Informationen diesem allerdings bislang unbekannt gewesen sein müssen. Denn zum einen stellt auch § 404 Abs. 1 AktG ein abstraktes Gefährdungsdelikt dar1052, sodass es nicht zu einer Verletzung des Geheimbereichs des Unternehmens als das durch die Vorschrift geschützte Rechtsgut, sondern nur zu einer Gefährdung kommen muss, die in der Schaffung der Möglichkeit der Kenntnisnahme einer bislang unbekannten Information zu sehen ist.1053 Zum anderen gebietet auch aus teleologischer Sicht das Ziel eines umfassenden Geheimnisschutzes die Annahme, die Vollendung des Geheimnisverrats trete bereits mit Schaffung der Möglichkeit der Kenntnisnahme derartiger Informationen ein, da der Täter bereits alles seinerseits Erforderliche getan hat und die tatsächliche Kenntnisnahme allein vom Verhalten des Empfängers abhängt, sodass „der Punkt einer als endgültige Preisgabe anzusehenden Geheimnisverletzung erreicht ist“.1054 Im Übrigen lässt sich schließlich ergänzend im Rahmen des § 404 Abs. 1 AktG für diese Ansicht über die Argumentation im Rahmen des § 17 Abs. 1 UWG hinaus auch anführen, dass der Gesetzgeber die versuchte Offenbarung nicht unter Strafe gestellt hat und daher eine weite Tatbestandsauslegung im Interesse eines umfassenden Geheimnisschutzes geboten erscheint.1055 Damit lässt sich auch an dieser Stelle im Ergebnis festhalten, dass ein Offenbaren von Gesellschaftsgeheimnissen dann vorliegt, wenn die Vorstandsmitglieder die Möglichkeit zur Kenntnisnahme dem Empfänger bislang unbekannter Gesellschaftsgeheimnisse geschaffen haben.
in: Lutter / Schmidt, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 8; Ransiek, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 8 Kap. 2 Rn. 19; Raum, in: Henssler / Strohn, GesR, § 404 AktG Rn. 7; Schaal, in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 29; ders., in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 11. 1052 Zum Charakter als abstraktes Gefährdungsdelikt Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 8; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1,§ 404 AktG Rn. 70; Müller-Michaels, in: Hölters, AktG, § 404 Rn. 4; Schaal, in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 6; ders., in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 3; zum Charakter als Tätigkeitsdelikt vgl. zu § 85 GmbHG Dann ecker, in: Michalski, GmbHG, § 85 Rn. 14; Wißmann, MüKo GmbHG, Bd. 3, § 85 Rn. 11; vgl. zu § 333 HGB Janssen, in: Park, KapMStR, § 333 HGB Rn. 6; a. A. Altenhain, in: KölnKomm AktG, Bd. 7, § 404 Rn. 6 (Erfolgsdelikt). 1053 Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 53. 1054 Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 66. 1055 Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 66; freilich kommt hier eine Lückenschließung nur deshalb in Betracht, da der Wortlaut des Tatbestands nicht ausdrücklich eine Kenntnisnahme des Empfängers fordert; vgl. Eser / Hecker, in: Schönke / Schröder, StGB, § 1 Rn. 37.
B. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG)289
3. Das Bereitstellen der Geheimnisse als Offenbaren Das Bereitstellen der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse erfolgt zugunsten des potenziellen Erwerbers des Aktienpakets, sodass dieser Zugang zu den besagten Informationen und hierdurch die Möglichkeit der Kenntnisnahme erhält. Da dieser sich nur mittels der bereitgestellten Informationen über die Stärken und Schwächen der Gesellschaft hinreichend informieren, die Chancen und Risiken der geplanten Investition kalkulieren und eine vernünftige Ausgangsposition für die weiteren Vertragsverhandlungen mit dem veräußerungswilligen Aktionär erlangen kann, ist davon auszugehen, dass er die Möglichkeit der Einsicht auch tatsächlich nutzen und sich zumindest von einem Großteil der Geselschaftsgeheimnisse Kenntnis verschaffen wird, sodass durch die Bereitstellung auch der bisherige Kreis derjenigen Personen, die Kenntnis von diesen Geheimnissen haben, erweitert wird. Zudem dürfte es sich bei den bereitgestellten Gesellschaftsgeheimnissen zumindest zu einem Großteil auch gerade um solche Informationen handeln, die dem potenziellen Erwerber bislang unbekannt oder zumindest nicht sicher bekannt sind. Das Bereitstellen von Gesellschaftsgeheimnissen im Zusammenhang mit der Durchführung der Due Diligence kann daher als Offenbaren an jemand im Sinne des § 404 Abs. 1 AktG qualifiziert werden.
VI. Unbefugt Schließlich muss die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Dil igence erforderlichen Gesellschaftsgeheimnisse durch die Vorstandsmitglieder unbefugt erfolgen. Ebenso wie im Rahmen des § 17 Abs. 1 UWG kursiert allerdings auch an dieser Stelle in der Literatur darüber Streit, auf welcher Ebene im dreistufigen Deliktsaufbau das Merkmal der Befugnis dogmatisch einzuordnen ist, wobei im Wesentlichen die gleichen Positionen – allerdings unter zum Teil abweichender Argumentation – vertreten werden. 1. Das Merkmal der Befugnis als normatives Tatbestandsmerkmal Von Teilen der Literatur wird auch im Rahmen des § 404 Abs. 1 AktG die Ansicht vertreten, das Merkmal der Befugnis stelle ein normatives Tatbestandsmerkmal dar.1056 Begründet wird diese Auffassung zunächst damit, 1056 Janssen, in: Park, KapMStR, § 404 AktG Rn. 61; Raum, in: Henssler / Strohn, GesR, § 404 AktG Rn. 8; wohl auch Jäger, JZ 2003, 1049 (1051); Temming, in: Graf / Jäger / Wittig, § 404 AktG Rn. 17; vgl. zu § 333 HGB Janssen, in: Park, KapM-
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
dass die Vorschrift als Pendant zu § 266 Abs. 1 StGB im Sinne einer „informationellen Untreue“ zu betrachten sei.1057 Das Kriterium der Befugnis dürfe daher nicht als Hinweis auf das allgemeine Deliktsmerkmal der Rechtswidrigkeit, aber auch nicht als tatbestandsbschränkendes Merkmal verstanden werden, sondern stelle vielmehr sogar ein tatbestandsausfüllendes Merkmal dar, da hierdurch Inhalt und Grenzen der Treuepflicht der Vorstandsmitglieder gegenüber der Aktiengesellschaft beschrieben würden.1058 Begründen lasse sich diese Parallele zu § 266 StGB anhand der Tatsache, „dass bei § 404 AktG eine tatsächlich eingeräumte informationelle Herrschaft unbefugt ausgenutzt [werde] und dadurch wie bei § 266 StGB die im Innenverhältnis bestehenden Treuepflichten rechtlich missbraucht werden“.1059 Zwar unterschieden sich § 266 Abs. 1 StGB und § 404 Abs. 1 AktG insofern, als dass ersterer den Missbrauch einer dem Vorstandsmitglied durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumten Befugnis als Tatbestandshandlung voraussetze, während letztere Vorschrift lediglich an eine unbefugte Offenbarung anknüpfe.1060 Anders als die Vermögensherrschaft im Rahmen des § 266 Abs. 1 StGB werde die informa tionelle Herrschaft jedoch regelmäßig nicht rechtsgeschäftlich oder kraft Rechtsakts, sondern auf faktischem Wege übertragen.1061 Daher habe dieser Unterschied keine Auswirkung auf die Tatsache, dass es sich im Kern um vergleichbare Strafvorschriften handle. Daneben wird für die Einordnung des Befugnismerkmals als normatives Tatbestandsmerkmal geltend gemacht, dass die Informationspflichten innerhalb der Organe und gegenüber den übrigen Organen der Gesellschaft gemäß §§ 90 Abs. 1 Nr. 1, 90 Abs. 1 S. 2, 90 Abs. 3 S. 2, 90 Abs. 4 und 5, 107 Abs. 3, 111 Abs. 4 S. 2 und 116 S. 2 AktG bereits die Tatbestandsmäßigkeit und nicht erst die Rechtswidrigkeit einer im Übrigen tatbestandsmäßigen Handlung ausschließen müssten, da diese bei ihrer Einhaltung vom Gesetzgebungszweck her schon keinen tatbestandsmäßigen Geheimnisverrat darstellen könnten.1062
StR, § 333 HGB Rn. 16, 18, 30; Quedenfeld, in: MüKo, HGB, Bd. 4, § 333 Rn. 20, 35; Sorgenfrei, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 333 HGB Rn. 43; vgl. zu § 203 StGB OLG Köln NJW 1962, 686 (687, 688). 1057 Jäger, JZ 2003, 1049 (1051). 1058 Jäger, JZ 2003, 1049 (1051). 1059 Jäger, JZ 2003, 1049 (1051). 1060 Jäger, JZ 2003, 1049 (1051). 1061 Jäger, JZ 2003, 1049 (1050). 1062 Janssen, in: Park, KapMStR, § 404 AktG Rn. 61; von Stebut, S. 89, 90; vgl. zu § 333 HGB ähnlich Quedenfeld, in: MüKo HGB, Bd. 4, § 333 HGB Rn. 20.
B. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG)291
2. Das Merkmal der Befugnis als Blankettbegriff Andere hingegen sind der Auffassung, beim Merkmal der Befugnis handle es sich um einen Blankettbegriff, dem eine Doppelfunktion zuteil werde und der sowohl auf Ebene des Tatbestands als auch als Hinweis auf das allgemeine Verbrechensmerkmal der Rechtswidrigkeit Bedeutung erlange.1063 Hierfür wird geltend gemacht, der Gesetzgeber habe durch dieses Merkmal bewusst der Rechtsprechung die Abgrenzung überlassen, „nach den besonderen Umständen des Falles zu entscheiden, ob das Handeln als nicht tatbestandsmäßig oder zumindest als gerechtfertigt“ anzusehen sei.1064 Bei Offenbarungen von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen innerhalb des Vorstands oder gegenüber den Mitgliedern des Aufsichtsrates gebiete bereits die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht, von einer Zustimmung des Geheimnisträgers auszugehen, die die Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens entfallen lasse.1065 Gesprochen wird auch davon, dass § 404 Abs. 1 AktG als Reflex gerade auch den Informationsfluss innerhalb der Gesellschaft als „kanalisierte, durch die gesetzliche Ausgestaltung der Aktiengesellschaft vorprogrammierte“ Kommunikationsform sichere, die „keinen an sich tatbestandsmäßigen, nur ausnahmsweise zu rechtfertigenden Vorgang“ darstellen dürfte.1066 Im Übrigen müsse auch der partielle Offenbarungswille des Geheimnisträgers, also der Wille zur Mitteilung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen an einen beschränkten Personenkreis unter grundsätzlicher Wahrung des Geheimnischarakters, grundsätzlich als tatbestandsausschließendes Einverständnis qualifiziert werden mit der Folge, dass das Befugnismerkmal zumindest partiell als normatives Tatbestandsmerkmal zu erachten sei.1067 Dies ergebe sich wiederum aus dem Umstand, dass der generelle 1063 Altenhain, in: KölnKomm AktG, Bd. 7, § 404 Rn. 28; Kiethe, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 35, 48, 54, 75, 76; wohl auch Bernsmann, in: Heidel, AktR+KapMR, § 404 AktG Rn. 10; Ransiek, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 8 Kap. 2 Rn. 17, 20, 25; vgl. zu § 85 GmbHG Haas, in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 85 Rn. 13; 17; Kiethe / Hohmann, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 85 GmbHG Rn. 58, Servatius, in: Henssler / Strohn, GesR, § 85 GmbHG Rn. 5, 8; Wißmann, MüKo GmbHG, Bd. 3, § 85 Rn. 64; vgl. zu § 203 StGB BverfG NJW 1981, 329 (336); Cierniak / Pohlit, in: MüKo StGB, Bd. 4, § 203 Rn. 54; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, StGB, § 203 Rn. 21. 1064 Wißmann, MüKo GmbHG, Bd. 3, § 85 Rn. 64; vgl. zu § 203 StGB OLG Schleswig, NJW 1985, 1090 (1092). 1065 Kiethe, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 48, 56, 75; vgl. zu § 85 GmbHG Kiethe, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 85 GmbHG Rn. 51, 58. 1066 Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 76; vgl. zu § 85 GmbHG Wißmann, MüKo GmbHG, Bd. 3, § 85 Rn. 72; wohl auch Haas, in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 85 Rn. 13. 1067 Altenhain, in: KölnKomm AktG, Bd. 7, § 404 Rn. 28; Kiethe, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 35, 54, 76; vgl. zu § 85 GmbHG Kiethe / Hohmann,
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
Offenbarungswille und der Verzicht auf den Geheimnischarakter als „wesensgleiches Plus“ zum partiellen Offenbarungswillen bereits die Tatbestandsmäßigkeit entfallen ließen und die Einordnung letzteren als rechtfertigende Einwilligung nach herrschendem Verständnis dazu führte, dass hieran strengere Anforderungen zu stellen seien als an den vollständigen Verzicht, obwohl dieser die eingriffsintensivere Disposition darstelle.1068 3. Das Merkmal der Befugnis als Hinweis auf das Merkmal der Rechtswidrigkeit Schließlich tendiert auch im Rahmen des § 404 Abs. 1 AktG die herrschende Meinung zu der Ansicht, bei dem Merkmal der Befugnis handle es sich lediglich um einen Hinweis auf das allgemeine Deliktsmerkmal der Rechtswidrigkeit.1069 Hierfür lasse sich insbesondere anführen, dass Rechtfertigungsgründe im Zusammenhang mit der Offenbarung von Gesellschaftsgeheimnissen besonders häufig in Betracht kämen und das Merkmal der Befugnis daher auf bestehende Offenbarungsrechte hinweise.1070 Die Rechtswidrigkeit des Offenbarens entfalle grundsätzlich nur dann, wenn eine Gegennorm das Handeln des Täters im Einzelfall rechtfertige.1071 Der in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 85 GmbHG Rn. 58; vgl. zu § 203 StGB Cierniak / Pohlit, in: MüKo StGB, Bd. 4, § 203 Rn. 55; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, StGB, § 203 Rn. 22; a. A. insofern Vgl. zu § 85 GmbHG Haas, in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 85 Rn. 13, 17; Servatius, in: Henssler / Strohn, GesR, § 85 GmbHG Rn. 5, 8; Wißmann, MüKo GmbHG, Bd. 3, § 85 Rn. 66. 1068 Altenhain, in: KölnKomm AktG, Bd. 7, § 404 Rn. 28. 1069 Eggenberger, S. 91; Fuhrmann, in: Geßler / Hefendehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 404 Rn. 10; Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 74; Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 33, 47; Krömker, S. 15; Liekefett, S. 169; Müller-Michaels, in: Hölters, AktG, § 404 Rn. 12, 25, 26, 27; Oetker, in: Lutter / Schmidt, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 10; Pelz, in: Bürgers / Körber, AktG, § 404 Rn. 5; Roschmann / Frey, AG 1996, 449 (450); Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 12; ders., in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 33, 41; von Stebut, S. 105; Zirngibl, S. 203; Ziegler, DStR 2000, 249 (252); vgl. zu § 85 GmbHG Dannecker, in: Michalski, GmbHG, § 85 Rn. 58, 70, 72; Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 2, § 85 GmbHG Rn. 9, 12; vgl. zu § 333 HGB Waßmer, in: MüKo BilanzR, Bd. 2, § 333 HGB Rn. 24, 38; vgl. zu § 203 StGB OLG Köln NJW 2000, 3656 (3657); Kargl, in: Kindhäuser / Neumann / Paeffgen, StGB, Bd. 2, § 203 Rn. 50. 1070 Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 12; ders., in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 33; vgl. zu § 85 GmbHG Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 2, § 85 GmbHG Rn. 9; vgl. zu § 333 HGB Waßmer, in: MüKo BilanzR, Bd. 2, § 333 HGB Rn. 24; vgl. zu § 203 StGB Kargl, in: Kindhäuser / Neumann / Paeffgen, StGB, Bd. 2, § 203 Rn. 50. 1071 Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 12; ders., in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 33; vgl. zu § 333 HGB Waßmer, in:
B. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG)293
Wille des Geheimnisträgers zur Mitteilung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen an einen beschränkten Personenkreis unter grundsätzlicher Wahrung des Geheimnischarakters könne lediglich rechtfertigende Wirkung attestiert werden.1072 4. Stellungnahme Ähnlich wie das Tatbestandsmerkmal des Mitteilens im Rahmen des § 17 Abs. 1 UWG übernimmt auch das Merkmal des Offenbarens bereits eine Filterfunktion dahingehend, dass nur solche Mitteilungshandlungen als tatbestandsmäßig erachtet werden können, die für den Empfänger die Möglichkeit der Kenntnisnahme bislang unbekannter Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse des Geheimnisträgers eröffnen und damit bereits durch eine gewisse Sozialinadäquanz geprägt sind. Da der verbleibende Normtext des § 404 Abs. 1 AktG somit auch im Falle der hypothetischen Streichung des Merkmals der Befugnis noch für sich betrachtet ein strafwürdiges Unrecht enthielte, kommt diesem Merkmal auf Tatbestandsebene keine eigenständige Bedeutung zu. Denn so gesehen beschreibt der Tatbestand auch ohne das Merkmal der Befugnis bereits solche Verhaltensweisen, die auf Grund der Gefährlichkeit für die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse des Geheimnisträgers und damit für dessen Geheimbereich einen Unrechtsgehalt aufweisen. Wenn für die Einordnung des Merkmals der Befugnis als Tatbestandsmerkmal beziehungsweise als Blankettbegriff eingewandt wird, dass beispielsweise Offenbarungen von Gesellschaftsgeheimnissen zwischen Organmitgliedern oder zwischen Organen bereits nicht als tatbestandsmäßig erachtet werden dürfe, da sie kanalisierte, durch die gesetz liche Ausgestaltung der Aktiengesellschaft vorprogrammierte Kommunika tionsprozesse darstellten, so ist diese Aussage zwar zutreffend. Allerdings handelt es sich bei der innerorganschaftlichen und interorganschaftlichen Kommunikation ebenfalls um einen Mitteilungsvorgang, der bereits im Wege der Auslegung des Tatbestandsmerkmals des Offenbarens dem Bereich des tatbestandlichen Unrechts entzogen werden kann und zu entzieMüKo BilanzR, Bd. 2, § 333 HGB Rn. 24; vgl. zu § 203 StGB Kargl, in: Kindhäuser / Neumann / Paeffgen, StGB, Bd. 2, § 203 Rn. 50. 1072 Geilen, in: KölnKomm AktG, Bd. 3, § 404 Rn. 76; Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 33, 48; Müller-Michaels, in: Hölters, AktG, § 404 Rn. 27; Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 1, § 404 AktG Rn. 13; ders., in: MüKo AktG, Bd. 6, § 404 Rn. 34; vgl. zu § 85 GmbHG Dann ecker, in: Michalski, GmbHG, § 85 Rn. 58, 70, 72; Schaal, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 2, § 85 GmbHG Rn. 9; vgl. zu § 333 HGB Waßmer, in: MüKo BilanzR, Bd. 2, § 333 HGB Rn. 39; vgl. zu § 203 StGB Kargl, in: Kindhäuser / Neumann / Paeffgen, StGB, Bd. 2, § 203 Rn. 50.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
hen ist.1073 Damit kann auch dieser Aspekt nicht für die Einordnung des Merkmals der Befugnis als Tatbestandsmerkmal angeführt werden. Im Übrigen lässt sich auch im Rahmen des § 404 Abs. 1 AktG feststellen, dass die Frage um die dogmatische Einordnung dieses Merkmals der Befugnis wie in vielen anderen Vorschriften des Strafrechts letztlich primär deshalb entsteht und besteht, weil die bislang herrschende Ansicht zwischen dem tatbestandsausschließenden Einverständnis einerseits und der rechtfertigenden Einwilligung andererseits unterscheidet und die Einordnung des Befugnismerkmals daher nach diese Verständnis maßgeblichen Einfluss darauf hat, ob die Zustimmung des Rechtsgutsinhabers bereits die Tatbestandsmäßigkeit des jeweiligen Verhaltens oder erst dessen Rechtswidrigkeit beseitigt. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass die Einwilligung stets tatbestandsausschließende Wirkung entfaltet, sodass der Streit um die Einordnung des Merkmals der Befugnis letztlich weniger bedeutsam, als es zunächst den Anschein erwecken mag. Damit lässt sich auch im Rahmen des § 404 Abs. 1 AktG im Ergebnis festhalten, dass die besseren Argumente zwar grundsätzlich für die Einordnung des Merkmals der Befugnis als Hinweis auf das allgemeine Deliktsmerkmal der Rechtswidrigkeit sprechen, der Streit aber insoweit maßgeblich an Bedeutung verliert, als dass die Einwilligung des Rechtsgutsinhaber nach vorzugswürdiger Ansicht stets auf Tatbestandsebene Wirkung entfaltet.
VII. Tatbestandsausschluss durch Einwilligung Damit verbleibt es wie im Rahmen des § 17 Abs. 1 UWG bei der Frage, welche Voraussetzungen an die Einwilligung in die Bereitstellung der zu Zwecken der Durchführung der Due Diligence erforderlichen Gesellschaftsgeheimnisse zu stellen sind. Dort wurde anhand einer dezidierten Untersuchung festgestellt, dass dem Vorstand als das zur Geschäftsführung im Sinne des § 77 Abs. 1 AktG berufene Organ die Zuständigkeit zuteil wird, die Dispositionsbefugnis zugunsten der Aktiengesellschaft auszuüben und die Einwilligung zu erteilen, hierbei allerdings einer Einwilligungsschranke unterworfen sein muss, da er anderenfalls zulasten des Unternehmens beziehungsweise der dahinterstehenden Aktiengesellschaft grenzenlos über die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse disponieren könnte. Als taugliche und sachgemäße Einwilligungsschranke wurde dabei das Anforderungsprofil des § 93 Abs. 1 AktG respektive das Unternehmensinteresse identifiziert. Die Einwilligung des Vorstands kann demnach nur dann als wirksam erachtet werden, wenn die Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse im 1073 Hefendehl, in: Spindler / Stilz, AktG, Bd. 2, § 404 Rn. 33; andeutend auch Kiethe, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 404 AktG Rn. 48.
B. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG)295
Unternehmensinteresse liegt. Ob dies der Fall ist, hat der Vorstand durch Abwägung der mit der Bereitstellung verbundenen Vor- und Nachteile, Chancen und Risiken zu ermitteln, wobei er diesbezüglich über einen weiten unternehmerischen Ermessensspielraum verfügt, der erst dann überschritten ist, wenn er die Grenzen missachtet, in denen sich ein von Ver antwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss. Um von einem Unternehmensinteresse an der Bereitstellung und damit von der Wirksamkeit der Einwilligung hierin ausgehen zu können, reicht allerdings allein die Annahme, dass aus Unternehmenssicht gute Gründe für die Bereitstellung sprechen, nicht aus. Vielmehr muss der Vorstand – um das Geheimhaltungsinteresse der Aktiengesellschaft zu wahren – Sicherheitsvorkehrungen treffen, die einen gewissen Schutz der bereitgestellten Informationen gewährleisten. Zu diesen Vorkehrungen zählt die Absicherung über die Solvenz des potenziellen Erwerbers und das Vorliegen eines Letter of Intent, das Unterfertigen einer Vertraulichkeitsvereinbarung seitens des Erwerbsinteressenten und die zeitlich gestaffelte Bereitstellung der Informationen in einem Datenraum. Bei besonderen Risiken dürfte die Einwilligung in die Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zudem nur dann als wirksam zu erachten sein, wenn sie zugunsten neutraler, zur Verschwiegenheit verpflichteter Dritter erfolgt, die dem potenziellen Erwerber lediglich einen abgekürzten Due Diligence-Bericht weiterleiten. Da keine entgegenstehenden Gründe ersichtlich sind, lassen sich diese Erwägungen unzweifelhaft auch auf die Einwilligung im Kontext des § 404 Abs. 1 AktG übertragen. Hält sich der Vorstand an die dargestellten Grundsätze, ist die Einwilligung auch im Rahmen des § 404 Abs. 1 AktG als wirksam zu erachten.
VIII. Ergebnis Die Vorstandsmitglieder machen sich durch die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Informationen nicht gemäß § 404 Abs. 1 AktG wegen Verrats von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen strafbar, wenn diese nach den erarbeiteten Erkenntnissen erfolgt.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
C. Zur Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG Indem die Vorstandsmitglieder Informationen zu Zwecken der Durchführung der Due Diligence bereitstellen, könnten sie sich allerdings gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG strafbar machen. Hiernach wird derjenige mit Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, der als Primärinsider im Sinne der § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. a)–d) WpHG einem anderen Insiderinformationen unbefugt mitteilt oder zugänglich macht, vgl. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG.
I. Allgemeines 1. Ein kurzer Überblick über die historische Entwicklung des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG Vor Inkrafttreten des WpHG bestand lediglich ein lückenhafter Strafrechtsschutz im Bezug auf die unbefugte Mitteilung von Insiderinformationen an Dritte, der im Wesentlichen auf den Geheimnisschutzvorschriften des § 17 Abs. 1 UWG und § 404 Abs. 1 AktG basierte.1074 Dieser Schutz erwies sich deshalb als ineffektiv, da beide Vorschriften zunächst nur als Antragsdelikte ausgestaltet waren und § 404 Abs. 1 AktG im Hinblick auf den Täterkreis, § 17 Abs. 1 UWG im Hinblick auf das Tatobjekt zu eng gefasst war, als dass sie der Weitergabe von Insiderinformationen wirksam Einhalt gebieten konnten.1075 Der Gesetzgeber sah sich dennoch zunächst nicht veranlasst, diesen defizitären Zustand zu verändern.1076 Stattdessen wurde der Insiderhandel im Allgemeinen und mit ihm auch die unbefugte Weitergabe von Insiderinformationen spezifisch ausschließlich durch die erstmals am 13.11.1970 von der Börsensachverständigenkommission erlassenen Insiderhandels-Richtlinien reguliert.1077 Diese erwiesen sich allerdings 1074 Ulsenheimer, NJW 1975, 1999 (2003); Villeda, S. 143; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 38–40b Rn. 2. 1075 Ulsenheimer, NJW 1975, 1999 (2003). 1076 Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 8. 1077 Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 8; Barta, DZWIR 2012, 176 (177); Christoph, S. 26; Dierlamm, NStZ 1996, 519 (519); Hilgendorf, in: Park, KapMStR, Vor § 12 WpHG Rn. 1; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 14; Schwark / Zimmer, in: Schwark / Zimmer, KapMR, Vor § 12 WpHG Rn. 2, § 14 WpHG Rn. 2; Uhl, S. 6; Villeda, S. 46; Vogel, in: Assmann / Schneider, Vor § 38 Rn. 1; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 38–40b Rn. 2.
C. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG)297
zugleich in mehrfacher Hinsicht als ungeeignet, dem Problem in angemessener Weise zu begegnen: zum einen verfügte die Kommission über keine Rechtssetzungsbefugnis, sodass die Richtlinie nur dann zur Anwendung gelangen konnte, wenn sich das jeweilige Unternehmen und deren Insider dieser rechtsgeschäftlich unterworfen hatte („Selbstregulierung durch Selbstverpflichtung“)1078; in Anbetracht der Tatsache, dass die Anerkennung in der Wirtschaft nur schleppend verlief, war auch die Wirksamkeit der Richtlinien gering; zum anderen entfalteten sie selbst im Falle der Selbstverpflichtung keine abschreckende Wirkung, da sie einer entsprechenden Sanktionswirkung ermangelten.1079 Dennoch war der deutsche Gesetzgeber letztlich bis 1994 untätig. Die entscheidenden Impulse für die Schaffung einer die Mitteilung von Insiderinformationen unterbindenden, spezialgesetzlichen Regelung gingen Ende der 80er Jahre von der EU aus. Infolge einer knapp drei Jahrzehnte geführten Kontroverse1080 trat am 17.11.1989 die EG-Insiderrichlinie1081 (nachfolgend Insiderrichtlinie) in Kraft, die die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft unter anderem in Art. 3 lit. a) Insiderrichtlinie dazu verpflichtete, Primärinsidern die Weitergabe von Insiderinformationen zu untersagen, soweit dies nicht in einem normalen Rahmen in Ausübung ihrer Arbeit oder ihres Berufes oder in Erfüllung ihrer Aufgaben geschehe.1082 Der deutsche Gesetzgeber setzte diese Vorgabe zwei Jahre nach Ablauf der eigentlichen Umsetzungsfrist durch das Zweite Finanzmarktförderungsgesetz um, mit dem das WpHG und innerhalb dessen erstmals auch das Mitteilungsverbot von Insiderinformationen eingeführt wurde.1083 Er begründete sein Eingreifen allerdings nicht damit, dass er 1078 Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 8; Barta, DZWIR 2012, 176 (177); Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 14 Rn. 31; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 14; Schwark / Zimmer, in: Schwark / Zimmer, KapMR, Vor § 12 WpHG Rn. 2; Villeda, S. 47; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 38–40b Rn. 2. 1079 Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 9; Christoph, S. 27; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 14; Villeda, S. 49; Vogel, in: Assmann / Schneider, Vor § 38 Rn. 1; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 38–40b Rn. 2. 1080 Zu nennen sind hier beispielsweise der Segré-Bericht von 1966, die Europäischen Wohlverhaltensregeln für Wertpapiertransaktionen von 1977 oder der Vorschlag einer Verordnung des Rates über das Statut für Europäische Aktiengesellschaften vom 1970; vgl. Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 8; Barta, DZWIR 2012, 176 (177); Christoph, S. 25; Lücker, S. 8, 9; Uhl, S. 5; Villeda, S. 50, 51. 1081 Richtlinie 1989 / 592 / EG vom 13. November 1989, ABl. EG Nr. L 334 vom 18.11.1989, S. 30. 1082 Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 11; Barta, DZWIR 2012, 176 (177); Schwark / Zimmer, in: Schwark / Zimmer, KapMR, Vor § 12 WpHG Rn. 3; Uhl, S. 6; Villeda, S. 51; Vogel, in: Assmann / Schneider, Vor § 38 Rn. 1; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 38–40b Rn. 2; Weber, BB 1995, 157 (157). 1083 Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 11; Barta, DZWIR 2012, 176 (177); Christoph, S. 27; Dierlamm, NStZ 1996, 519 (519); Hilgendorf, in: Park,
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
einer europarechtlichen Verpflichtung unterliegt, sondern damit, dass die derzeitige Rechtslage in Deutschland unbefriedigend sei und es inzwischen einhelliger Meinung entspreche, dass Regelungen geschaffen werden müssten, die sicherstellen, dass ein für Wertpapiergeschäfte relevanter Informa tionsvorsprung nicht selektiv weitergegeben werde.1084 Die Mitteilung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen durch Primärinsider war nunmehr gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG (i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG) a. F. unter Strafe gestellt. Hiernach wurde derjenige mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, der als Insider entgegen dem Verbot nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a. F. eine Insidertatsache einem anderen mitteilte oder zugänglich machte. Wer als Insider in Betracht kam und was unter einer Insidertatsache zu verstehen war, regelte § 13 WpHG a. F.1085 Die heutige Fassung des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG (i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG) beruht auf dem Anlegerschutzverbesserungsgesetz, das am 30.10.2004 in Kraft trat und der Umsetzung der Marktmissbrauchsrichtlinie1086 und der zu ihr erlassenen Durchführungsrichtlinien1087 diente.1088 Hierdurch hat die Vorschrift des § 38 KapMStR, Vor § 12 WpHG Rn. 1; Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 14 Rn. 34; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 14; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.453; Uhl, S. 6; Villeda, S. 53; Vogel, in: Assmann / Schneider, Vor § 38 Rn. 2; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 2; Weber, BB 1995, 157 (157). 1084 BT-Drucks. 12 / 6679, S. 34; vgl. Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 11. 1085 § 13 Abs. 1 WpHG lautete: „Insider ist, wer (1) als Mitglied des Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgans oder als persönlich haftender Gesellschafter des Emittenten oder eines mit dem Emittenten verbundenen Unternehmens, (2) aufgrund seiner Beteiligung am Kapital des Emittenten oder eines mit dem Emittenten verbundenen Unternehmens oder (3) aufgrund seines Berufs oder seiner Tätigkeit oder seiner Aufgabe bestimmungsgemäß Kenntnis von einer nicht öffentlich bekannten Tatsache hat, die sich auf einen oder mehrere Emittenten von Insiderpapieren oder auf Insiderpapiere bezieht und die geeignet ist, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Kurs der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen (Insidertatsache).“ 1086 Richtlinie 2003 / 6 / EG vom 28. Januar 2003, ABl. EG Nr. L 96 vom 12.04. 2003, S. 16. 1087 Für die vorliegende Untersuchung ist insbesondere die Richtlinie 2003 / 124 / EG vom 22.12.2003 von Bedeutung (abgedruckt in ABl. EG Nr. L 339 vom 24.12.2003, S. 70); daneben existieren aber auch noch die Durchführungsrichtlinien 2003 / 125 / EG, 2004 / 72 / EG und die Verordnung (EG) Nr. 2273 / 2003. 1088 Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 12; Barta, DZWIR 2012, 176 (177); Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (642); Bürgers, BKR 2004, 424 (424); Christoph, S. 29; Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 38 WpHG Rn. 200; Hupka, EuZW 2011, 860 (861); Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 14; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.453; Uhl, S. 7; Villeda, S. 55; Vogel, in: Ass mann / Schneider, Vor § 38 Rn. 3; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 38–40b Rn. 5, § 38 Rn. 2; Zimmer / Cloppenburg, in: Schwarz / Zimmer, KapMR, § 38 WpHG Rn. 2.
C. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG)299
Abs. 1 Nr. 2 WpHG insoweit eine Umgestaltung erfahren, als dass sie nunmehr selbst den Täterkreis – die Primärinsider – benennt, während dies vorher im Rahmen des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a. F. i. V. m. § 13 Abs. 1 WpHG a. F. erfolgte.1089 Gleichzeitig wurde der Täterkreis auf solche Personen ausgeweitet, die auf Grund der Vorbereitung oder Begehung einer Straftat über eine Insiderinformation verfügen.1090 Eine weitere Ausdehnung des Anwendungsbereichs hat die Vorschrift zudem dadurch erfahren, dass der Begriff der Insidertatsache in § 13 Abs. 1 WpHG a. F. durch den insofern offeneren Begriff der Insiderinformation ersetzt wurde und nunmehr nach § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG auch solche Umstände Gegenstand einer Insiderinformation sein können, bei denen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass sie in Zukunft eintreten werden.1091 Schließlich wurde durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz auch die Strafbarkeit des Versuchs des Mitteilens von Insiderinformationen an Dritte in § 38 Abs. 3 WpHG unter Strafe gestellt.1092 Eine Ergänzung erfährt das WpHG und damit auch § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG (i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG) durch den Emittentenleitfaden der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, der erstmals im Juli 2005 veröffentlicht und letztmals im November 2013 überarbeitet wurde. Dieser stellt mangels gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage keine Rechtsverordnung, sondern vielmehr eine norminterpretierende Verwaltungsvorschrift dar, die keine Bindungswirkung für die Gerichte entfaltet, sondern lediglich die Verwaltungspraxis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht wiedergibt.1093 1089 Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 12; Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (642); Cahn, DK 2005, 5 (11); Diekmann / Sustmann, NZG 2004, 929 (931); Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 14 WpHG Rn. VI91; Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 14 Rn. 264; Merkner / Sustmann, NZG 2005, 729 (733); Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 16; Royé / zu Cramburg, in: Heidel, AktR+KapMR, § 38 WpHG Rn. 1, 2; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 2; Zimmer / Cloppenburg, in: Schwarz / Zimmer, KapMR, § 38 WpHG Rn. 2. 1090 Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 12; Cahn, DK 2005, 5 (11); Hilgendorf, in: Park, KapMStR, Vor § 12 WpHG Rn. 4; § 38 WpHG Rn. 200. 1091 Cahn, DK 2005, 5 (6, 7); Diekmann / Sustmann, NZG 2004, 929 (930); Hilgendorf, in: Park, KapMStR, Vor § 12 WpHG Rn. 4; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 16. 1092 Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 12; Hilgendorf, in: Park, KapMStR, Vor § 12 WpHG Rn. 4; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 16; Royé / zu Cramburg, in: Heidel, AktR+KapMR, § 38 WpHG Rn. 1, 4; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 38–40b Rn. 5, § 38 Rn. 2; Zimmer / Cloppenburg, in: Schwarz / Zimmer, KapMR, § 38 WpHG Rn. 2. 1093 Emittentenleitfaden der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, 2013, abrufbar auf: http: / / www.bafin.de / SharedDocs / Downloads / DE / Leitfaden / WA / dl_
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
2. Keine unionsrechtliche Verpflichtung zur strafrechtlichen Ahndung Wurde auch vorausgehend festgestellt, dass die Insiderrichtlinie als Ausgangspunkt der gesetzlichen Regelung des § 38 WpHG erachtet werden kann und diese Vorschrift durch das auf Grundlage der Marktmissbrauchsrichtlinie erlassene Anlegerschutzverbesserungsgesetz weitere Modifikationen erfahren hat, so lässt sich allerdings bei genauerer Betrachtung feststellen, dass nach derzeitiger Gesetzeslage keine zwingende unionsrechtliche Verpflichtung besteht, Verstöße gegen das Weitergabeverbot im Speziellen oder gegen die Insiderhandelsverbote im Allgemeinen mit Kriminalstrafe zu bewehren. Bereits Art. 13 S. 1 Insiderrichtlinie überließ es insoweit jedem Mitgliedstaat selbst, im Einzelnen festzulegen, wie Verstöße gegen die auf Grund der Richtlinie erlassenen Insiderhandelsverbote der §§ 14, 20a WpHG zu ahnden sind. Vorgegeben war lediglich nach Art. 13 S. 2 Insiderrichtlinie, dass die vorgesehenen Sanktionen so weit gehen müssen, dass sie einen hinreichenden Anreiz zur Einhaltung dieser Vorschriften darstellen.1094 Auch die Marktmissbrauchsrichtlinie zwingt die Mitgliedstaaten nicht zur Einführung von Kriminalstrafen, wie sie in § 38 WpHG ihren Niederschlag gefunden haben. Art. 14 Abs. 1 Marktmissbrauchsrichtlinie sieht insoweit lediglich vor, dass die Mitgliedstaaten – unbeschadet des Rechts der Mitgliedstaaten, strafrechtliche Sanktionen zu verhängen – entsprechend ihrem jeweiligen innerstaatlichen Recht dafür zu sorgen haben, dass bei Verstößen gegen die gemäß der Richtlinie erlassenen Vorschriften gegen die verantwortlichen Personen geeignete Verwaltungsmaßnahmen ergriffen oder im Verwaltungsverfahren zu erlassende Sanktionen verhängt werden können, die wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sind.1095 Der europäische Gesetzgeber hat sich zwar ausweislich des Richtlinien-Entwurfs der Marktmissbrauchsrichtlinie durchaus mit der Frage beschäftigt, ob diese die Mitgliedstaaten zum Erlass von Strafvorschriften verpflichten soll. So sah Art. 14 Abs. 1 des Entwurfs noch vor, dass die Mitgliedstaaten bei Verstößen gegen die Richtlinie gegen die verantwortlichen natürlichen oder jurisemittentenleitfaden_2013.pdf?__blob=publicationFile&v=12 (Stand: 20.04.2015); vgl. Barta, DZWIR 2012, 176 (178); Claussen / Florian, AG 2005, 745 (747); Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1899); Merkner / Sustmann, NZG 2005, 729 (730); Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 17; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.454; Speier, S. 33, 34; Widder, BB 2009, 967 (970). 1094 Vgl. Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 27; Lücker, S. 147; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.516; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 38–40b Rn. 6. 1095 Vgl. Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 27; Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, Bd. 2, § 38 WpHG Rn. VI384; Park, NStZ 2007, 369 (372); Waßmer, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 38–40b Rn. 6.
C. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG)301
tischen Personen die geeigneten Maßnahmen einschließlich im Verwaltungsverfahren erlassene Sanktionen und strafrechtliche Sanktionen entsprechend dem jeweiligen innerstaatlichen Recht zu ergreifen haben.1096 Diese Überlegung wurde allerdings nach der Beratung des Europäischen Parlaments mit der Begründung fallen gelassen, dass die in einigen Mitgliedstaaten zulässige Kumulation von Straf- und Verwaltungssanktionen zu vermeiden sei.1097 Darüber hinaus dürfte diese Entscheidung auch dadurch bedingt gewesen sein, dass bis zum Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon am 01.12.2009 nicht abschließend geklärt war, ob der europäische Gesetzgeber für den Bereich des Kapitalmarktrechts über eine Kompetenz zur verpflichtenden Einführung strafrechtlicher Sanktionen verfügt, die herrschende Meinung jedenfalls dazu tendierte, dies zu verneinen.1098 3. Das durch § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG geschützte Rechtsgut1099 Wie bereits im Rahmen des § 17 Abs. 1 UWG und des § 404 Abs. 1 AktG stellt sich auch im Kontext des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG zunächst die Frage, welches Rechtsgut durch die Strafvorschrift geschützt werden soll. Dabei sei bereits an dieser Stelle auf zwei Aspekte hingewiesen: Zum einen geht die herrschende Meinung davon aus, dass Insiderhandelsverbote im Wesentlichen ein einheitliches Rechtsgut schützen. Die für die einzelnen Auffassungen angeführten Argumente sind daher nicht speziell auf die unbefugte Mitteilung von Insiderinformationen zugeschnitten. Zum anderen muss beachtet werden, dass § 38 WpHG auf Grund seines Blankettcharakters über kein eigenständiges Rechtsgut gegenüber §§ 14, 20a WpHG verfügt, sondern vielmehr vollinhaltlich auf die Schutzzweckrichtung des §§ 14, 20a WpHG abzustellen ist, das Schutzobjekt des § 38 WpHG also nach demjenigen des § 14 WpHG zu bestimmen ist.1100 1096 Vorschlag der Kommission für eine Marktmissbrauchsrichtlinie vom 30.05. 2001, KOM (2001) 281, ABl. C 240 E / 265. 1097 Schmitz, ZStW 115 (2003), 501 (513, 514); Waßmer, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 38–40b Rn. 6. 1098 Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 19; Park, NStZ 2007, 369 (372); Schmitz, ZStW 115 (2003), 501 (513 ff.); Vogel, in: Assmann / Schneider, Vor § 38 Rn. 5; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 38–40b Rn. 6; zu den gegen wärtigen Entwicklungen im Wertpapierhandelsrecht auf europäischer Ebene vgl. Teil 4, B. 1099 Zur allgemeinen Notwendigkeit der Regulierung des Wertpapierhandels vgl. Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 14 Rn. 5; Kemnitz, S. 38 ff.; Koch, S. 32 ff.; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 38–40b Rn. 7 m. w. N. 1100 Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 2; Diversy, in: Graf / Jäger / Wittig, Vorbe. §§ 38, 39 WpHG Rn. 3; Vogel, in: Assmann / Schneider, Vor § 38 Rn. 18.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
a) Die Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte Die herrschende Meinung vertritt die Auffassung, § 38 Abs. 1 WpHG diene dem Schutz des überindividuellen Rechtsguts der Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte.1101 Begründet wird diese Auffassung zunächst damit, dass sich sowohl der deutsche als auch der europäische Gesetzgeber für eine rein marktbezogene, auf die Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte abstellende Regelungsperspektive entschieden hätten.1102 Für den deutschen Gesetzgeber ergebe sich dies bereits aus der Gesetzesbegründung zum Zweiten Finanzmarktförderungsgesetzes, in der ausgeführt wird, dass die internationale Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft in entscheidendem Maße von der Funktionsfähigkeit ihrer Finanzmärkte abhängt und Insiderregelungen notwendig sind, um das „reibungslose Funktionieren des Marktes“ zu gewährleisten.1103 Für den europäischen Gesetzgeber folge dies zum einen aus der Wahl des Art. 95 EGV a. F. als Ermächtigungsgrundlage der Marktmissbrauchsrichtlinie, der die Rechtsangleichung zur Verwirklichung des Binnenmarkts zum Gegenstand hatte1104, zum anderen aus Erwägungsgrund Nr. 12 Marktmissbrauchsrichtlinie, nach dem die Vorschriften zur Bekämpfung von Insidergeschäften zum Ziel haben, die Integrität der Finanzmärkte der Gemeinschaft sicherzustellen.1105 Des Weiteren spreche auch die gegenwärtige Gesetzeslage innerhalb des WpHG für die Annahme des Funktionsschutzes. Denn betrachte man insoweit die Verbote der §§ 14, 20a WpHG, so könne feststellt werden, dass diesen nur bestimmte Finanzinstrumente unterfielen und Papiere, die an keiner Börse in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in den Vertragsstaaten des Ab1101 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14, Rn. 6; Dierlamm, NStZ 19996, 519 (519); Hasselbach, NZG 2004, 1087 (1088); Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (283); Hilgendorf, in: Park, KapMStR, Vor 12 WpHG Rn. 12; Kiethe, NZG 1999, 976 (980); Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 14 Rn. 5, 6, 12; Körber, NZG 2002, 263 (267); Roschmann / Frey, AG 1996, 449 (452); Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 7, 8; Stoffels, ZHR 165 (2001), 363 (380); Vogel, in: Assmann / Schneider, Vor § 38 Rn. 18; Villeda, S. 82; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 38–40b Rn. 7, § 38 Rn. 3; Ziegler, DStR 2000, 249 (253). 1102 Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.456. 1103 BT-Drucks. 12 / 6679, S. 33; vgl. Christoph, S. 31, 32; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 4; Villeda, S. 86; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 38–40b Rn. 3; Weimann, DStR 1998, 1556 (1556). 1104 Die Insiderrichtlinie basierte auf Art. 100 EGVa a. F., der die Rechtsangleichung zur Verwirklichung des Binnenmarkts zum Gegenstand hatte; vgl. Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 7. 1105 Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 4; vgl. auch bereits Erwägungsgrund Nr. 3 Insiderrichtlinie: „Damit dieser Markt seine Aufgabe effizient wahrnehmen kann, müssen alle für dessen reibungsloses Funktionieren zweckdienlichen Maßnahmen getroffen werden.“
C. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG)303
kommens über den europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind, demgegenüber nicht erfasst würden. Dies lasse sich nur überindividuell mit dem Schutz der Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte erklären. Denn hätte insofern der Schutz individueller Interessen – insbesondere des Vermögens der Anleger – im Vordergrund gestanden, so hätte der Gesetzgeber nicht gerade den Bereich aus dem Anwendungsbereich der §§ 14, 20a WpHG ausgeschlossen, in denen besonders häufig mit einer Schädigung der Anleger zu rechnen sei.1106 Schließlich werde auch der erheblichen Bedeutung der Kapitalmärkte für die Wirtschaft und die Gesellschaft nur dann hinreichend Rechnung getragen, wenn man deren Funktionstüchtigkeit im Rahmen der Schutzzweckbestimmung in den Vordergrund rücke und sie als das durch § 38 Abs. 1 WpHG geschützte Rechtsgut erachte. Diese bestehe darin, Kapitalangebot und Kapitalnachfrage zusammenzuführen, den Marktausgleich durch Finden eines Marktpreises zu bewirken und das Kapital in möglichst positive Verwendungen zu steuern (Kapitalaufbringung und Kapitalallokation). Werde das Kapital der ökonomisch vorteilhaftesten Verwendung zugeführt, so profitierten hiervon nicht nur die Kapitalmarktteilnehmer selbst, sondern insgesamt die Wohlfahrt der gesamten Marktwirtschaft.1107 Der Schutz der Kapitalmärkte sei daher zwingend erforderlich, um ihre Allokationsfunktion und die damit einhergehenden Vorteile zu sichern.1108 Schutzwirkungen für die Marktteilnehmer sollen sich hingegen nach dieser Auffassung aus § 38 WpHG lediglich mittelbar ergeben.1109 Zum einen komme der Schutz der Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte jedenfalls im Sinne einer Reflexwirkung den Anlegern zugute.1110 Denn in Anbetracht der Tatsache, dass sich Maßnahmen zugunsten des Funktionsschutzes notwendigerweise zugleich zugunsten des Anlegerschutzes auswirkten und damit allenfalls eine theoretische Trennung dieser beiden Schutzaspekte vorgenommen werden könne, stellten diese letztlich „zwei Seiten derselben Medaille“ dar.1111 Zum anderen werde über den Schutz der 1106 Caspari, ZGR 1994, 530 (533, 534); Federlin, S. 90; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 6; Vogel, in: Assmann / Schneider, Vor § 38 Rn. 18. 1107 Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 4; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 38–40b Rn. 7. 1108 Koch, S. 39; Lücker, S. 25; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 4. 1109 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 10; Hilgendorf, in: Park, KapMStR, Vor 12 WpHG Rn. 13, § 38 WpHG Rn. 198; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 5; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 12; Villeda, S. 86; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 3. 1110 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 10. 1111 Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 6; ders., ZHR 159 (1995) 135 (159); Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 5; Rodewald / Siems, BB 2001, 2437 (2439).
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte zugleich die Chancengleichheit der Marktteilnehmer im Interesse des Marktes gewährleistet.1112 Dies ergebe sich daraus, dass die Funktionsfähigkeit der Märkte ihrerseits maßgeblich vom Vertrauen der Marktteilnehmer abhänge1113 und dieses wiederum insbesondere auf der Zusicherung beruhe, „dass die Anleger gleichbehandelt und gegen die unrechtmäßige Verwendung einer Informationen geschützt werden“.1114 Verlören die Anleger dieses Vertrauen in einen Markt, so wendeten sie sich von diesem ab und tätigten ihre Kapitalanlagen künftig auf einem anderen Markt.1115 Denn in Anbetracht der ohnehin mit Aktiengeschäften einhergehenden Risiken, die sich aus der Eigendynamik des Wertpapierhandels und der aus der Beteiligung an der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens ergeben, seien sie nicht willens, darüber hinaus noch das Risiko zu tragen, von einem Insider übervorteilt zu werden.1116 Der Schutz der Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte bedinge daher zwangsläufig die Gewährleistung der Chancengleichheit der Marktteilnehmer und den Schutz des hierauf basierenden Vertrauens der Anleger in die Ordnungsmäßigkeit der Kapitalmärkte. b) Das Vermögen des einzelnen Marktteilnehmers Andere Stimmen in der Literatur vertreten demgegenüber den Standpunkt, § 38 WpHG bezwecke ausschließlich und unmittelbar den Schutz des Vermögens der einzelnen Kapitalmarktteilnehmer. Ziel der Vorschrift sei insofern, die Marktteilnehmer vor nachteilhaften Vermögensdispositionen zu bewahren, die sie im irrigen Vertrauen auf einen einheitlichen Zugang zu den richtigen Informationen tätigen.1117 Für diese Auffassung wird zunächst 1112 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 10; Christoph, S. 33; Dierlamm, NStZ 19996, 519 (519); Jäger, JZ 2003, 1048 (1052); Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 14 Rn. 5; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 5; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.458; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 8, 12; Weimann, DStR 1998, 1556 (1556); Ziemons, AG 1999, 492 (497). 1113 Christoph, S. 32; Hilgendorf, in: Park, KapMStR, Vor 12 WpHG Rn. 12; Jäger, JZ 2003, 1048 (1052); Kiethe, NZG 1999, 976 (980); Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 14 Rn. 5; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 5; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.458; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 8, 12; Villeda, S. 82; Ziegler, DStR 2000, 249 (253). 1114 BT-Drucks. 12 / 6679, S. 33; vgl. Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 5. 1115 Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.458. 1116 Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 14 Rn. 3. 1117 Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 3; ders., BB 2002, 1874 (1875); Fuchs / Dühn, BKR 2002, 1063 (1065); Streinz / Ohler, WM 2004, 1309 (1316).
C. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG)305
geltend, dass insbesondere der nationale Gesetzgeber vom Gedanken eines intermediären Universalrechtsguts im Sinne des Schutzes der Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte abgerückt sei und das Ziel des Anlegerschutzes mehr und mehr betont habe.1118 So lag § 88 BörsG a. F. als Vorläufer des heutigen Straftatbestands der Marktmanipulation noch die Vorstellung zugrunde, dass es um den Schutz der „Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung und damit erst mittelbar auch um den Schutz des Anlegers gehe“1119. Doch bereits die Schaffung des WpHG durch das Zweite Finanzmarktförderungsgesetz habe zu einer Akzentverschiebung zugunsten des Anlegerschutzes geführt, da der Fokus vor allem auf die Schaffung von „Maßnahmen zur Stärkung des Vertrauens der Kapitalanleger“ und die Verbesserung der „Attraktivität und internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Deutschland durch Erweiterung des Anlegerschutzes“ gelegt worden sei.1120 Noch deutlicher habe sich die Änderung der Schutzrichtung zugunsten des Anlegerschutzes im Rahmen des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes herauskristallisiert, das primär darauf gerichtet gewesen sei, den „Anlegerschutz zu stärken, indem die Transparenz auf den Wertpapiermärkten erhöht und die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, das Verbot der Kurs- und Marktpreismanipulation und des Missbrauchs von Ad-hoc-Meldungen wirksam durchzusetzen“.1121 Das Anlegerschutzverbesserungsgesetz habe schließlich den Anlegerschutz sogar explizit nach außen hin zum Programm erhoben.1122 Des Weiteren sei die Annahme des Anlegerschutzes auch durchaus mit der gegenwärtigen Gesetzeslage vereinbar. Insbesondere der Anwendungsbereich der Verbote der §§ 14, 20a WpHG stünde einem derartigen Rechtsgutsverständnis nicht entgegen. Wenn die Gegenauffassung insofern behauptet, dass diesen Vorschriften nur bestimmte Finanzinstrumente unterfielen und Papiere, die an keiner Börse in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in den Vertragsstaaten des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind, nicht von § 38 WpHG erfasst würden, obwohl in diesem Bereich besonders häufig mit einer Schädigung der Anleger zu rechnen sei, und dieser Umstand nur durch das Ziel des Schutzes der Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte erklärt werden könne, so überzeuge dies nicht.1123 Denn zum einen erfasse jedenfalls § 38 Abs. 2 WpHG i. V. m. § 20a WpHG tatsächlich auch Manipulationen inländischer Marktpreise und damit nicht nur börsenüberwachte Werte, sodass bereits aus diesem Grund 1118 Altenhain,
in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 4. S. 38. 1120 BT-Drucks. 12 / 6679, S. 1; BT-Drucks. 12 / 7918, S. 95. 1121 BT-Drucks. 14 / 8017, S. 62, 63. 1122 BT-Drucks. 15 / 3174, S. 1, 26. 1123 Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 5. 1119 BT-Drucks. 10 / 5058,
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
die Stichhaltigkeit der Gegenauffassung bezweifelt werden müsse. Zum anderen erschienen darüber hinaus auch ein Festhalten an der überkommenen Zweiteilung des deutschen Kapitalmarkts in einen organisierten und einen nicht organisierten („grauen“) Kapitalmarkt und die Ausgrenzung letzteren – wie sie der Gegenansicht zugrunde liege – nicht mehr sachgerecht, da sich insoweit eine sachliche und zunehmend auch eine rechtliche Konvergenz der beiden Märkte feststellen lasse und der Gesetzgeber auch außerhalb des WpHG deutliche Anstrengungen zur Verbesserung des Anlegerschutzes auf dem grauen Kapitalmarkt unternommen habe. Es sei insofern gerade der übergreifende Gedanke des Anlegerschutzes, der sowohl außerhalb als auch innerhalb des WpHG die Schutzrichtung bestimme.1124 Daneben spreche schließlich maßgeblich für die Annahme des Anlegerschutzes, dass nur ein derartiges Rechtsgutsverständnis die eigentlichen „Opfer“ von Insiderdelikten in den Fokus rücke.1125 Richtig sei zwar grundsätzlich, dass die Begehung von Insiderdelikten die Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte beeinträchtige. Beließe man es bei dieser Erkenntnis und erachtete man dementsprechend die Kapitalmärkte als den primär durch die Begehung von Insiderdelikten Betroffenen, verkannte man allerdings den Umstand, dass sich dieser wiederum aus den Marktteilnehmern und ihren Anlageentscheidungen zusammensetzt.1126 Das Börsenpublikum partizipiere am Markt und treffe Anlageentscheidungen mit dem Ziel, das von den Unternehmen benötige Kapital aufzubringen und an diejenigen Unternehmen zu leiten, bei denen es wirtschaftlich am dringendsten benötigt und mit dem größten Erfolg eingesetzt wird. Insiderdelikte wirkten sich abträglich auf die Erreichung dieser Ziele aus, da sie verhinderten, dass die Marktteilnehmer gleichmäßig informiert und manipuliert über ihr eigenes und das ihnen anvertraute Vermögen verfügen.1127 Das eigentliche Opfer von Insiderdelikten stellten damit die Marktteilnehmer dar, die im irrigen Vertrauen auf einen einheitlichen Zugang aller zu den richtigen Informationen nachteilhafte Vermögensdispositionen tätigen.1128 Dann aber könne auch nur das Vermögen der einzelnen Kapitalmarktanleger als das durch § 38 WpHG geschützte Rechtsgut erachtet werden.
1124 Altenhain,
in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 5. in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 3. 1126 Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 3; Fuchs / Dühn, BKR 2002, 1063 (1065). 1127 Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 3. 1128 Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 3. 1125 Altenhain,
C. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG)307
c) Stellungnahme Im Ergebnis dürften die besseren Argumente dafür sprechen, dass § 38 Abs. 1 WpHG dem Schutz der Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte verschrieben ist und Schutzwirkungen zugunsten der Anleger lediglich mittelbar erreicht werden. Richtig ist zwar zunächst, dass insbesondere der deutsche Gesetzgeber im Laufe der Zeit vermehrt auch den Anlegerschutz betont hat. Dass er hierdurch zugleich das Vermögen der einzelnen Kapitalmarktteilnehmer zum Schutzgut des § 38 Abs. 1 WpHG erklären wollte, muss allerdings bezweifelt werden. So hat ausweislich der Regierungsbegründung zum Gesetzesentwurf des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes primär die Zielsetzung im Vordergrund gestanden, „den Kapitalmarkt und die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Deutschlands weiter zu stärken“.1129 Wenn im Anschluss hieran ausgeführt wird, dass hierzu „nicht nur praxisorientierte Rahmenbedingungen für einen innovativen und international wettbewerbsfähigen Finanzmarkt“ von Bedeutung sind, sondern „auch das Vertrauen der Anleger in den Kapitalmarkt“ eine „entscheidende Rolle“ spielt1130, so kommt hierin lediglich zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber das Vertrauen der Anleger als einen von mehreren Faktoren erachtet, die für die Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte von elementarer Bedeutung sind, nicht hingegen, dass er den Fokus weg vom Schutz der Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte hin zum Anlegerschutz verschieben wollte. Bestätigt wird dies auch durch die Ausführungen zur Strafbarkeit des Versuchs der Begehung eines Insiderdelikts gemäß § 38 Abs. 3 WpHG, in denen er betont, dass die Einführung der Versuchsstrafbarkeit sachgerecht ist, „da der versuchte Insiderhandel ebenso wie der erfolgreich abgeschlossene Handel geeignet ist, das Vertrauen in den Kapitalmarkt zu erschüttern und damit die Funktionsfähigkeit der Börsen und Märkte zu gefährden“.1131 Denn dies kann nur dahingehend interpretiert werden, dass der Funktionsschutz der Kapitalmärkte an erster Stelle steht und das Vertrauen der Anleger lediglich ein Bindeglied zwischen den Insiderverboten und der Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte darstellt.1132 Bereits der Wille des Gesetzgebers spricht daher dafür, die Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte als das durch § 38 WpHG geschützte Rechtsgut zu erachten. Des Weiteren ist auch der derzeitigen Gesetzeslage entnehmbar, dass § 38 WpHG primär die Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte schüt1129 BT-Drucks. 15 / 3174,
S. 26. S. 26. 1131 BT-Drucks. 15 / 3174, S. 40. 1132 Koch, S. 40. 1130 BT-Drucks. 15 / 3174,
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zen soll. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass § 38 Abs. 2 WpHG i. V. m. 20a WpHG nur bestimmte Finanzinstrumente unterfallen und Papiere, die an keiner Börse in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in den Vertragsstaaten des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind, demgegenüber nicht erfasst werden. Denn dies lässt sich nur überindividuell mit dem Schutz der Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte erklären. Hätte der Gesetzgeber hingegen tatsächlich den Schutz des Vermögens der einzelnen Kapitalmarktteilnehmer bezweckt, so hätte er gerade nicht denjenigen Bereich aus dem Anwendungsbereich der §§ 14, 20a WpHG ausgeklammert, in dem am häufigsten mit Schäden für die Anleger gerechnet werden dürfte. Das gegen diese Sichtweise geltend gemachte Argument, dass §§ 14, 20a WpHG auch Manipulationen inländischer Marktpreise erfasse und damit auch den Kapitalmarkt nicht unmittelbar betreffende Manipulationen strafrechtlich sanktioniere und daher ein Rechtsgutsverständnis, das die Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte in den Fokus rücke, nicht zutreffend sein könne, kann demgegenüber nicht überzeugen. Denn der Gesetzgeber dürfte diesen Sachverhalt allein deshalb miterfasst haben, weil die Einwirkung auf den Marktpreis eines börsenüberwachten Finanzinstruments auch auf dessen Börsenpreis Einfluss nehmen und damit wiederum die Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte beeinträchtigen kann.1133 Dies ergibt sich aus der Gesetzesbegründung zum Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes, in dem er ausdrücklich darauf hinweist, dass „auch außerbörslich vorgenommene Manipulationen die Funktionsfähigkeit der Wertpapiermärkte beeinträchtigen können“.1134 Schließlich lässt sich maßgeblich für die Annahme des Schutzes der Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte und gegen den Schutz des Vermögens der Kapitalmarktteilnehmer anführen, dass sich ein Vermögensschutz der Anleger durch die Insiderhandelsverbote im Ergebnis gar nicht erreichen lässt.1135 Bezweifelt werden muss bereits, dass die mit dem Wertpapierhandel verbundenen Gewinnchancen überhaupt zum strafrechtlich geschützten Vermögen hinzugezählt werden können, da diese regelmäßig als unsicher und spekulativ einzustufen sein dürften.1136 Aber selbst, wenn man dies einmal unterstellt, kann § 38 WpHG keinen Vermögensschutz leisten, da der jeweilige Marktpartner des Insiders das von ihm anvisierte, ungünstige Wertpapiergeschäft in jedem Fall vornehmen wollte. Seine Anlageentscheidung ist gerade nicht das Produkt der Bestrebungen hierzu kritisch Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 5. S. 249. 1135 Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 6; i. E. Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 7. 1136 Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 6. 1133 Vgl.
1134 BT-Drucks. 936 / 01,
C. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG)309
des jeweiligen Insiders, sondern vielmehr das Ergebnis eigenständiger Investitionsüberlegungen und dem Vertrauen darauf, durch den Markt über alle entscheidungsrelevanten Informationen in Kenntnis gesetzt worden zu sein. Wenn er die jeweiligen Wertpapiere nicht vom Insider erworben oder an diesen veräußert hätte, so hätte er die Transaktion – jedenfalls bei einem ausreichenden Umsatzvolumen – auch mit einem anderen Marktteilnehmer zu den gleichen Konditionen getätigt. Ein „Verlust“ des Marktteilnehmers tritt damit in jedem Fall und unabhängig vom Verhalten des Insiders ein.1137
II. Tauglicher Täter Voraussetzung für eine Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG ist zunächst, dass es sich bei diesen um Primärinsider im Sinne der Vorschrift handelt, sie also einem der in Buchstaben § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) – d) WpHG genannten Personenkreise angehören. Ebenso wie § 17 Abs. 1 UWG und § 404 Abs. 1 UWG stellt folglich auch § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG ein echtes Sonderdelikt dar, das nur durch die bezeichneten Täter verwirklicht werden kann.1138 1. Statusbezogener Primärinsider i. S. d. § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WpHG Die Vorstandsmitglieder könnten zunächst statusbezogene Insider im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WpHG sein. Hiernach ist derjenige Primärinsider, der als Mitglied eines Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgans oder als persönlich haftender Gesellschafter des Emittenten oder eines mit dem Emittenten verbundenen Unternehmens über eine Insiderinformation verfügt.
1137 Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 6; i. E. Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 7; Ulmer, JZ 1975, 625 (628). 1138 Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 47; Diversy, in: Graf / Jäger / Wittig, § 38 WpHG Rn. 85; Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 38 WpHG Rn. VI389; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 10; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 90; Park, NStZ 2007, 369 (371); Royé / zu Cramburg, in: Heidel, AktR+KapMR, § 38 WpHG Rn. 2; Vogel, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 38 Rn. 9, 10; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 38 WpHG Rn. 7; die Weitergabe durch Sekundärinsider stellt demgegenüber eine Ordnungswidrigkeit dar gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 3, Nr. 4 WpHG.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
a) Mitglied eines Geschäftsführungs- oder Aufsichtsratsorgans des Emittenten Voraussetzung für das Vorliegen der Primärinsidereigenschaft der Vorstandsmitglieder im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WpHG ist damit zunächst, dass sie Mitglieder eines Geschäftsführung- oder Aufsichtsratsorgans des Emittenten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens sind. Wer Mitglied des Geschäftsführungs- und Aufsichtsratsorgans des Emittenten ist, richtet sich nach der Rechtsform des Emittenten oder des mit ihm verbundenen Unternehmens und den Vorgaben des jeweiligen Verfassungsgesetzes.1139 Bei der Aktiengesellschaft stellt der Vorstand gemäß § 77 Abs. 1 AktG das zur Geschäftsführung befugte Organ dar. Emittiert diese selbst Insiderpapiere, wie dies im Rahmen der vorliegenden Untersuchung der Fall ist, zählen die Vorstandsmitglieder zu den potenziellen statusbezogenen Insidern des § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WpHG.1140 b) Verfügen über Insiderinformationen Weiterhin kommt eine Primärinsidereigenschaft der Vorstandsmitglieder im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WpHG nur dann in Betracht, wenn diese über Insiderinformationen verfügen. Unzweifelhaft setzt dies voraus, dass die Vorstandsmitglieder positive Kenntnis von der Insiderinformation haben; ein Kennen-Müssen der Insiderinformationen reicht demgegenüber nicht aus.1141 Erforderlich ist allerdings nicht, dass sie die Informationen auch inhaltlich zur Kenntnis genommen haben oder zumindest über einen derartigen Kenntnisstand verfügen, dass sie von hieraus die Insiderinforma1139 Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 51; Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 38 WpHG Rn. 223; Koch, S. 131; Lücker, S. 36; Vogel, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 38 Rn. 13. 1140 Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 52; Bruse / Keinath, in: FS Pöllath & Partners, S. 363 (369); Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 38 WpHG Rn. VI390; Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 38 WpHG Rn. 215, 217; Kemnitz, S. 46; Koch, S. 243; Krömker, S. 65; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 91; Schröder, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 10 Kap. 2 Rn. 104; Royé / zu Cramburg, in: Heidel, AktR+KapMR, § 38 WpHG Rn. 2; Vogel, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 38 Rn. 13; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 18; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 38 WpHG Rn. 9; Zimmer / Cloppenburg, in: Schwarz / Zimmer, KapMR, § 38 WpHG Rn. 6; zur alten Rechtslage vor Inkrafttreten des AnSVG Dierlamm, NStZ 1996, 519 (520); Kiethe, NZG 1999 S. 976 (980); Körber, NZG 2002, 263 (267); Müller, NJW 2000, 3452 (3456); Rittmeister, NZG 2004, 1032 (1035); Roschmann / Frey, AG 1996, 449 (452); Schroeder, DB 1997, 2161 (2163); Storck, FB 2004, 363 (365); Ziegler, DStR 2000, 249 (253). 1141 Koch, S. 130.
C. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG)311
tion erschließen können.1142 Von einem „Verfügen“ im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG kann vielmehr bereits dann ausgegangen werden, wenn sie in einem rein faktischen Herrschaftsverhältnis gegenüber der betreffenden Informationen stehen, also Herrschaftsgewalt über die Informationen ausüben, auch wenn ihnen gleichzeitig deren Inhalt nicht geläufig ist.1143 Sie müssen die Insiderinformation lediglich im Sinne einer tatsächlichen Zugriffsmöglichkeit, einen unmittelbaren Zugang zu der Insiderinformation inne haben.1144 Nicht nur der Wortlaut lässt eine derartige Auslegung zu. Vielmehr entspricht ein derartiges Verständnis auch dem Telos des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG. Wenn die Vorschrift dem Schutz der Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte und der Wahrung der Chancengleichheit der Marktteilnehmer dienen soll, so darf dieser Schutzzweck nicht dadurch umgangen werden können, dass die Vorstandsmitglieder sich bewusst der Kenntnisnahme des Inhalts der Informationen verschließen und diese infolgedessen weitergeben dürfen, obwohl sie tatsächlich über diese Informationen verfügen und wissen, dass es sich um Insiderinformationen handelt.1145 Selbst, wenn die Vorstandsmitglieder im Rahmen der Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Informationen nicht sämtliche Informationen auch inhaltlich zur Kenntnis nehmen werden, so stehen sie jedenfalls diesen gegenüber in einem Herrschaftsverhältnis und disponieren über diese im Bewusstsein, dass es sich bei Teilen dieser Informationen – wie nachfolgend noch zu zeigen sein wird1146 – um Insiderinformationen handelt. Da dies für ein „Verfügen“ im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG ausreicht, ist auch diese Voraussetzung als erfüllt zu erachten. c) Verfügen „als“ Mitglied Schließlich kann von einer statusbezogenen Insidereigenschaft der Vorstandsmitglieder ausweislich des Wortlauts des § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WpHG nur dann ausgegangen werden, wenn diese „als“ Mitglieder des Vorstands über die Insiderinformationen verfügen. Was sich hinter diesem Merkmal verbirgt, ist allerdings in der Literatur umstritten. 1142 So z. B. noch Hilgendorf, in: Park, KapMStR1, §§ 38 Abs. 1 Nr. 1–3, 12, 13, 14 WpHG Rn. 57 zur alten Rechtslage vor Inkrafttreten des AnSVG. 1143 Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 38 WpHG Rn. 217; Wehowsky, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 38 WpHG Rn. 7. 1144 Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 38 WpHG Rn. 217; Koch, S. 242. 1145 Koch, S. 130. 1146 Vgl. Teil 2, C. III. 1.; die Qualität der Informationen als Insiderinformationen wird an dieser Stelle vorweg genommen, um einen im Verhältnis zu den übrigen Vorschriften einheitlichen Prüfungsaufbau zu erreichen.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
aa) Kausalzusammenhang zwischen Organmitgliedschaft und Verfügen erforderlich Die herrschende Meinung geht davon aus, dass die Vorstandsmitglieder nur dann „als“ Mitglieder des Vorstands über Insiderinformationen verfügen, wenn zwischen ihrer Organmitgliedschaft einerseits und dem Verfügen über Insiderinformationen andererseits ein Kausalzusammenhang besteht.1147 Die Insiderinformationen müssen hiernach in Ausübung statusbedingter Funktionen zur Kenntnis der Vorstandsmitglieder gelangt sein.1148 Eine rein zufällige oder private Kenntnisnahme reiche demgegenüber nicht aus.1149 Angeführt wird für diese Ansicht insbesondere der Telos des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG. Grund dafür, dass nur Primärinsider den Tatbestand des Weitergabe- und Empfehlungsverbots erfüllen können, sei grundsätzlich, dass diese auf Grund ihrer Emittentennähe einen unmittelbaren Zugang zu Insiderinformationen hätten und mit solchen besonders leicht, zwangsläufig und nahezu unvermeidbar oder gar planmäßig und vorhersehbar in Berührung kämen. Denn damit gehe in der Regel auch ein besonders großes Risiko der Weiterverbreitung von Insiderinformationen einher. Diese besondere Beziehung des Insiders zum Emittenten und das daraus resultierende gesteigerte Risiko habe sich allerdings dann nicht verwirklicht, wenn die Kenntniserlangung nur zufällig oder privat erfolgt ist, ein Kausalzusammenhang zwischen dem Verfügen über die Insiderinformationen und der Organmitgliedschaft nicht besteht.1150 bb) Kein Kausalzusammenhang erforderlich Andere Stimmen in der Literatur vertreten demgegenüber die Auffassung, der Status als Mitglieder des Vorstands und das Verfügen über Insiderinformationen reiche für die Annahme der Primärinsidereigenschaft im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WpHG aus. Ein Kausalzusammenhang zwischen der 1147 Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 55; Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 38 WpHG Rn. 229; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 94; Vogel, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 38 Rn. 16; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 18; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 38 WpHG Rn. 12. 1148 Vogel, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 38 Rn. 16; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 38 WpHG Rn. 12. 1149 Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 38 WpHG Rn. 229; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 94; Vogel, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 38 Rn. 6, 16; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 18; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 38 WpHG Rn. 12; ausführlich auch Weber, BB 1995, 157 (158). 1150 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG3, § 13 Rn. 9; Koch, S. 132.
C. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG)313
Organmitgliedschaft und dem Verfügen über die Informationen sei darüber hinausgehend nicht erforderlich.1151 Begründet wird diese Auffassung insbesondere mit dem grammatikalisch-systematischen Argument, dass § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. b) und c) WpHG ein Verfügen über Insiderinformationen „auf Grund“ der Beteiligung oder der Tätigkeit voraussetzen, was auf das Erfordernis eines Kausalzusammenhangs hindeute. § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WpHG verlangt demgegenüber nur ein Verfügen über die Insiderinforma tionen „als“ Vorstandsmitglied, sodass an dieser Stelle nicht von der Notwendigkeit einer Kausalität gesprochen werden könne.1152 cc) Stellungnahme Im Ergebnis dürfte der Ansicht zu folgen sein, nach der ein Kausalzusammenhang zwischen der Mitgliedschaft im Vorstand und dem Verfügen über die Insiderinformationen bestehen muss. Auch in anderen Vorschriften des Strafrechts wie beispielsweise in § 258a StGB wird das Merkmal „als“ dahingehend gedeutet, dass der Täter die Tathandlung gerade im Zusammenhang mit seinem besonderen Statusverhältnis begehen muss.1153 Warum dies bei § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WpHG anders sein sollte, erschließt sich insoweit nicht. Wenn die Gegenauffassung hiergegen einwendet, dass der Gesetzgeber durch das Merkmal des Verfügens über Insiderinformationen „auf Grund“ der Beteiligung oder der Tätigkeit in § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. b) und c) WpHG auf das Erfordernis eines Kausalzusammenhangs hindeute und in diesem Verhältnis dem Merkmal „als“ keine vergleichbare Bedeutung zuteil werden könne, so vermag dies nicht zu überzeugen. Denn es drängt sich insoweit die Frage auf, warum Mitglieder von Gesellschaftsorganen anders zu behandeln sein sollten als beteiligungs- oder berufsbedingte Insider. Es ist nicht ersichtlich, dass die Mitteilung von Insiderinformationen durch Organmitglieder – wie vorliegend die Vorstandsmitglieder – die Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte mehr erschüttert und die Chancengleichheit der Kapitalmarktteilnehmer mehr beeinträchtigt als die Weitergabe durch beteiligungs- oder berufsbedingte Insider, sodass insoweit an die Insidereigenschaft auch die gleichen Voraussetzungen geknüpft werden müssen, also ein Kausalzusammenhang zwischen der Stellung und dem Verfügen über die Insiderinformationen bestehen muss.1154
1151 Andeutend Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG3, § 13 Rn. 9; vgl. auch Koch, S. 132. 1152 Vgl. Koch. S. 132. 1153 Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 55. 1154 Koch, S. 132.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
dd) Anforderungen an die Kausalität Geht man davon aus, dass zwischen der Organmitgliedschaft einerseits und dem Verfügen über Insiderinformationen andererseits ein Kausalzusammenhang bestehen muss, damit die Vorstandsmitglieder „als“ Mitglieder des Vorstands über Insiderinformationen verfügen, stellt sich weiterhin die Frage, welche Anforderungen an diese Kausalität zu stellen sind. Zum Teil wird insoweit jeglicher Zusammenhang zwischen der Organstellung und der Kenntnisnahme als ausreichend erachtet.1155 Andere Stimmen in der Literatur fordern hingegen einen „spezifischen inneren und zeitlichen Zusammen hang“1156 oder einen engen „berufsspezifischen Zusammenhang“1157, ohne dies allerdings überhaupt beziehungsweise in überzeugender Weise näher zu begründen. Für das Ausreichenlassen eines irgendwie gearteten Zusammenhangs zwischen der Organmitgliedschaft und dem Verfügen über Insiderinformationen spricht sowohl der Wortlaut der Vorschrift, der insoweit nicht erkennen lässt, dass strengere Anforderungen an die Kausalität zu stellen sind, als auch der Telos der Vorschrift, denn der Anwendungsbereich des § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WpHG würde zu stark eingeschränkt, wenn man das Kausalitätserfordernis auf einen „spezifischen inneren und zeitlichen Zusammenhang“ oder einen engen „berufsspezifischen Zusammenhang“ beschränkte. Bedenkt man, dass die aufgezählten Personenkreise deshalb als Täter vorgesehen sind, weil sie auf Grund ihrer Emittentennähe einen unmittelbaren Zugang zu Insiderinformationen haben, mit solchen besonders leicht, zwangsläufig und nahezu unvermeidbar oder gar planmäßig und vorhersehbar in Berührung kommen, und damit in der Regel ein besonders großes Risiko der Weiterverbreitung von Insiderinformationen einhergeht, kann für die notwendige Kausalität nur ein irgendwie gearteter Zusammenhang zwischen der Organmitgliedschaft und dem Verfügen über Insiderinformationen gefordert werden. ee) Kausalzusammenhang im Kontext der Due Diligence Die Due Diligence fokussiert solche Informationen, die dem potenziellen Erwerber einen Einblick in das Unternehmen beziehungsweise die dahinterstehende Aktiengesellschaft ermöglichen, damit dieser deren Stärken und 1155 So wohl die hM Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 55; Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 38 WpHG Rn. 229; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 94; Vogel, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 38 Rn. 16; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 18; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 38 WpHG Rn. 12. 1156 Dierlamm, NStZ 1996, 519 (520); ähnlich Weber, BB 1995, 157 (158). 1157 Lücker, S. 75, 76.
C. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG)315
Schwächen identifizieren und die Chancen und Risiken der geplanten Investition besser abschätzen kann. Über diese Informationen, die zumindest zu einem gewissen Teil – wie nachfolgend noch zu erörtern sein wird1158 – Insiderinformationen darstellen, werden die Vorstandsmitglieder in der Regel auf Grund ihrer Mitgliedschaft im Vorstand verfügen. Dies lässt sich insbesondere auch deshalb annehmen, weil sie gerade auf Grund ihrer Zugehörigkeit zur Leitungsebene regelmäßig am Entstehen der Insiderinformationen mitwirken.1159 Der notwendige Kausalzusammenhang zwischen der Organmitgliedschaft und der Kenntnis der Informationen besteht daher regelmäßig. d) Zwischenergebnis Die Vorstandsmitglieder der Aktiengesellschaft, an der der potenzielle Erwerber ein Aktienpaket vom veräußerungswilligen Aktionär erwerben möchte, stellen Primärinsider im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WpHG dar. 2. Berufsbedingter Primärinsider i. S. d. § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) WpHG Weiterhin könnten die Vorstandsmitglieder auch berufsbedingte Insider im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) WpHG sein. Hiernach ist derjenige Primärinsider, der auf Grund seines Berufs oder seiner Tätigkeit oder seiner Aufgabe bestimmungsgemäß über eine Insiderinformation verfügt. a) Verhältnis zu § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WpHG Es stellt sich allerdings zunächst die Frage, in welchem Verhältnis § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) WpHG und der soeben erörterte § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WpHG zueinander stehen.1160 So könnte man in Anbetracht der Tatsache, dass die Primärinsidereigenschaft von Organmitgliedern explizit in § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WpHG geregelt ist, die Ansicht vertreten, dass beide Vorschriften in einem Exklusivitätsverhältnis zueinander stünden. Gegen diese Ansicht lässt sich allerdings einwenden, dass der Wortlaut des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG für eine solche Sichtweise keinen Anlass bietet. Auch teleologisch sprechen die besseren Gründe gegen ein Exklusivitätsverhält1158 Vgl.
Teil 2, C. III. in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 55. 1160 Vgl. zu dieser Erwägung Koch, S. 135. 1159 Altenhain,
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
nis. Denn hierdurch entstünden in solchen Fällen Strafbarkeitslücken, in denen zwar ein Mitglied eines Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgans oder ein persönlich haftender Gesellschafter Insiderinformationen an Dritte weitergibt, die Kenntnisnahme von diesen Informationen allerdings nicht im Kausalzusammenhang mit der Organmitgliedschaft oder der Gesellschafterstellung erfolgte und eine Primärinsidereigenschaft im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WpHG folglich nicht attestiert werden kann. § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) WpHG ist dementsprechend als Auffangtatbestand zu erachten.1161 b) Beruf, Aufgabe oder Tätigkeit Um von einer Primärinsidereigenschaft der Vorstandsmitglieder gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) WpHG ausgehen zu können, müssten diese zunächst über die Informationen auf Grund ihres Berufs, ihrer Tätigkeit oder ihrer Aufgabe verfügen. Was unter der Aufzählung „Beruf, Tätigkeit und Arbeit“ im Einzelnen zu verstehen ist, also wie die Abgrenzung und Auslegung der Tatbestandsmerkmale zu erfolgen hat, ist allerdings unklar. Teile der Literatur nehmen eine Trennung dergestalt vor, dass sie unter den Begriff des Berufs jedes auf Dauer angelegtes Handeln fassen, das in der Regel der Sicherung oder Unterstützung des Lebensunterhalts dient, während die Begriffe „Aufgabe“ und „Tätigkeit“ ein lediglich vorübergehendes, auf Verdienst gerichtetes Handeln beziehen sollen und damit ein solches beschreiben sollen, das in Abgrenzung zum Beruf weder auf Dauer angelegt noch der Schaffung und Sicherung der Lebensgrundlage dienen muss.1162 Andere Stimmen in der Literatur vertreten die Ansicht, unter vom Begriff des Berufs würden allein die dem Unternehmen angehörenden Berufsgruppen unabhängig von ihrer Stellung im Unternehmen qualifiziert, während die Begriffe „Tätigkeit“ und „Aufgabe“ solche Personengruppen erfassten, die nicht dem emittierenden oder einem verbundenen Unternehmen angehören, sofern sie eine Tätigkeit wahrnähmen, in deren Rahmen sie regelmäßig und vorhersehbar Insiderinformationen erlangten.1163 Letztlich handelt es sich hierbei aber eher um einen akademischen Streitstand, da jedenfalls Einigkeit darüber herrscht, dass mit den Begriffen die gesamte Bandbreite möglicher 1161 Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 38 WpHG Rn. VI392 spricht insofern von einer „kleinen Generalklausel“; Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 38 WpHG Rn. 233; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 93; Royé / zu Cramburg, in: Heidel, AktR+KapMR, § 38 WpHG Rn. 2; zur alten Rechtslage vor Inkrafttreten des AnSVG Dierlamm, NStZ 1996, 519 (520); Koch, S. 138; ähnlich auch Weimann, DStR 1998, 1556 (1558). 1162 Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 64; Vogel, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 38 Rn. 21; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 20. 1163 Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 38 WpHG Rn. 234.
C. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG)317
legaler, nicht notwendig entgeltlicher oder auf Dauer angelegter Betätigungen abgedeckt wird und somit zunächst einmal jede Informationserlangung mit einbezogen werden soll, die nicht auf Grund familiärer, partnerschaftlicher oder freundschaftlicher und damit privater Beziehung erfolgt ist.1164 Keine Voraussetzung ist zudem nach einhelliger Auffassung, dass ein irgendwie geartetes vertragliches, rechtliches, Vertrauens-, Funktions- oder sonstiges Näheverhältnis zum Unternehmen besteht.1165 Eine weitere Konkretisierung oder Abgrenzung der einzelnen Merkmale ist nicht erforderlich und insoweit „wenig ertragreich und müßig“, als dass sie gleichermaßen von § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) WpHG erfasst werden.1166 Wie bereits im Rahmen der Erörterungen zur Tätertauglichkeit der Vorstandsmitglieder hinsichtlich des Geheimnisverrats nach § 17 Abs. 1 UWG festgestellt wurde, stehen diese zugleich in einer doppelten Beziehung zur Aktiengesellschaft. Zum einen repräsentieren sie gemäß § 84 Abs. 1 S. 1 AktG auf Grund eines sozial- beziehungsweise körperschaftsrechtlichen Bestellungsakts den Vorstand der Gesellschaft. Zum anderen stehen sie aber auch auf Grund eines Anstellungsverhältnisses in einem Dienstverhältnis zur Gesellschaft. Damit werden sie unzweifelhaft für die Aktiengesellschaft tätig. Da sie oftmals ihre gesamte Arbeitskraft der Gesellschaft widmen und die Vorstandstätigkeit zugleich auch regelmäßig ihre Haupteinnahmequelle darstellt und damit wesentlich zur Schaffung und Sicherung der Lebensgrundlage beiträgt1167, zählen die Vorstandsmitglieder unzweifelhaft zu den potenziellen berufsbedingten Insidern des § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) WpHG. c) Verfügen über Insiderinformationen Weiterhin ist auch für die Annahme der Berufsinsidereigenschaft im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) WpHG erforderlich, dass die Vorstandsmit1164 Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 63; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 99; Vogel, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 38 Rn. 21; Wehowsky, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 38 WpHG Rn. 14. 1165 Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 38 WpHG Rn. VI392; Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 38 WpHG Rn. 235; Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 72; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 99; Royé / zu Cramburg, in: Heidel, AktR+KapMR, § 38 Rn. 2; Vogel, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 38 Rn. 20; Wehowsky, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 38 WpHG Rn. 14; Zimmer / Cloppenburg, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 38 WpHG Rn. 8. 1166 Vogel, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 38 Rn. 21; Wehowsky, in: Erbs / Kohl haas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 38 WpHG Rn. 14. 1167 Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 84 Rn. 57; Wiesner, in: Münch. Hdb. GesR, § 21 Rn. 5.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
glieder über Insiderinformationen verfügen. Wie bereits im Rahmen des § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WpHG ausgeführt, ist hierfür nicht die inhaltliche Kenntnis der Informationen erforderlich. Ausreichend ist vielmehr bereits ein rein faktisches Herrschaftsverhältnis gegenüber den betreffenden Informationen. Selbst, wenn die Vorstandsmitglieder im Rahmen der Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Informa tionen nicht sämtliche Informationen auch inhaltlich zur Kenntnis nehmen werden, so stehen sie jedenfalls diesen gegenüber in einem Herrschaftsverhältnis und disponieren über diese im Bewusstsein, dass es sich zumindest zum Teil – wie nachfolgend noch zu erörtern sein wird1168 – um Insider informationen handelt. Daher verfügen sie auch im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) WpHG über Insiderinformationen. d) Auf Grund des Berufs, der Aufgabe oder der Tätigkeit Des Weiteren kommt eine Primärinsidereigenschaft der Vorstandsmitglieder gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) WpHG nur dann in Betracht, wenn sie über die Informationen „auf Grund“ ihres Berufs, ihrer Aufgabe oder ihrer Tätigkeit verfügen. Wie bereits im Rahmen der Ausführungen zum Merkmal „als Mitglied des Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgans“ im Kontext des § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WpHG kurz angedeutet wurde, setzt dies unzweifelhaft voraus, dass zwischen der Berufsausübung und der Kenntniserlangung der Informationen ein Kausalzusammenhang besteht.1169 Die Berufsausübung muss also im Sinne der conditio sine qua non-Formel für die Kenntniserlangung kausal gewesen sein.1170 Eine rein private Erkenntniserlangung genügt demgegenüber wie auch im Rahmen des § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WpHG nicht.1171 Vereinzelt wird darüber hinaus in der Literatur zum Teil gefordert, dass das Merkmal des Kausalzusammenhangs zwischen dem Verfügen über Insiderinformationen einerseits und dem Beruf, der Tätigkeit oder der Aufgabe andererseits restriktiv auszulegen sei.1172 Hiernach sollen 1168 Vgl.
Teil 2, C. III. in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 66; Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 73; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 100; Vogel, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 38 Rn. 20; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 20. 1170 Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 38 WpHG Rn. 239; Royé / zu Cramburg, in: Heidel, AktR+KapMR, § 38 Rn. 2; Vogel, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 38 Rn. 21; Zimmer / Cloppenburg, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 38 WpHG Rn. 8; 1171 Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 38 WpHG Rn. 239; Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 73; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 100; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 20; Zimmer / Cloppenburg, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 38 WpHG Rn. 8. 1172 Zur alten Rechtslage vor Inkrafttreten des AnSVG Assmann, AG 1997, 50 (54). 1169 Altenhain,
C. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG)319
nur solche Personen als Primärinsider im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) WpHG zu erachten sein, „deren Beruf, Tätigkeit oder Arbeit es der Anlage nach vorhersehbar mit sich bringt, dass ihnen zum Zwecke der Ausübung des Berufs, der Tätigkeit oder der Aufgabe [Insiderinformationen] der fraglichen Art mitgeteilt werden müssen und mitgeteilt werden“. Personen, „die [hingegen] lediglich gelegentlich ihrer solches Wissen nicht erfordernden Berufsausübung Insiderkenntnisse mitgeteilt erhalten“, dürften demgegenüber nicht als berufsbedingte Primärinsider im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) WpHG qualifiziert werden.1173 Richtigerweise dürfte eine derartige Einschränkung allerdings allenfalls im Rahmen des Merkmals der „Bestimmungsgemäßheit“ des Verfügens über die Informationen diskutabel sein.1174 Das Merkmal „auf Grund“ deutet zunächst einmal einzig und allein an, dass eine kausale Beziehung zwischen der Kenntniserlangung und der Ausübung des Berufs, der Tätigkeit oder der Aufgabe bestehen muss, ohne dass hieran noch einschränkende Anforderungen zu stellen sind. Es ist davon auszugehen, dass die Vorstandsmitglieder von einem Großteil der für die Durchführung einer Due Diligence interessanten und erforderlichen Informationen im Rahmen ihrer Berufsausübung Kenntnis erlangt haben. Dies lässt sich – ebenso wie bereits im Rahmen des § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WpHG auch an dieser Stelle – insbesondere deshalb annehmen, weil sie gerade auf Grund ihrer Zugehörigkeit zum geschäftsführungsbefugten Organ – und damit zugleich durch ihre Berufsausübung – regelmäßig am Entstehen von Insiderinformationen mitwirken.1175 Von eine Kausalzusammenhang zwischen der Berufsausübung und der Verfügung über die betroffenen Informationen dergestalt, dass die Berufsausübung für die Kenntniserlangung conditio sine qua non ist, kann daher in der Regel ausgegangen werden. Die Vorstandsmitglieder verfügen folglich auf Grund ihrer Berufsausübung über die fraglichen – nachfolgend noch genauer zu betrachtenden1176 – Insiderinformationen. e) Bestimmungsgemäßes Verfügen Schließlich kann von einer berufsbedingten Insidereigenschaft der Vorstandsmitglieder nach dem Wortlaut des § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) WpHG nur dann ausgegangen werden, wenn diese „bestimmungsgemäß“ auf Grund ihres Berufs oder ihrer Tätigkeit oder ihrer Aufgabe über die Insiderinformationen verfügen. Was sich hinter diesem Merkmal verbirgt, ist in der alten Rechtslage vor Inkrafttreten des AnSVG Assmann, AG 1997, 50 (54). in: Assmann / Schneider, WpHG, § 38 Rn. 21. 1175 Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 55. 1176 Vgl. Teil 2, C. III. 1173 Zur
1174 Vogel,
320
Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
Literatur allerdings umstritten. Dies dürfte nicht zuletzt auch maßgeblich dem Umstand geschuldet sein, dass Art. 2 Abs. 1 UAbs. 2 lit. c) Marktmissbrauchsrichtlinie, den § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) WpHG umsetzt, selbst lediglich vorsieht, dass der Berufsinsider über die Informationen auf Grund seiner Arbeit, seines Berufs oder seiner Aufgaben Zugang zu den betreffenden Informationen hat.1177 aa) Keine eigenständige Bedeutung des Merkmals Man könnte zunächst die Ansicht vertreten, dass dem Merkmal „bestimmungsgemäß“ keine weitergehende Bedeutung als der Hinweis auf das im Merkmal „auf Grund“ zum Ausdruck kommende Erfordernis des Kausalzusammenhangs zwischen der Berufsausübung und der Verfügung über Insiderinformationen zukommen solle.1178 Anführen ließe sich hierfür der bereits zuvor benannte Umstand, dass Art. 2 Abs. 1 UAbs. 2 lit. c) Marktmissbrauchsrichtlinie, den § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) WpHG umsetzt, kein vergleichbares Merkmal enthält. Im Ergebnis vermag diese Sichtweise allerdings nicht zu überzeugen. Denn gegen sie spricht bereits maßgeblich der nullum crimen nulla poena sine lege-Grundsatz im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG, nach dem eine Handlung, die nicht durch das Gesetz unter Strafe gestellt ist, nicht willkürlich zur Straftat erklärt werden kann.1179 Der Gesetzgeber hat durch das Merkmal „bestimmungsgemäß“ zweifellos die Vorschrift klarer konturieren und zum Ausdruck bringen wollen, dass über den bloßen Kausalzusammenhang zwischen der Berufsausübung und der Verfügung über Insiderinformationen hinaus ein irgendwie gearteter innerer Zusammenhang bestehen muss.1180 Dies ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung zum Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz, mit der die Insiderrichtlinie in nationales Recht umgesetzt wurde. Denn hiernach hat ein Berufsinsider nur dann bestim1177 Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 38 WpHG Rn. VI392; Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 38 WpHG Rn. 240; Vogel, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 38 Rn. 20; zur alten Rechtslage vor Inkrafttreten des AnSVG und der Insiderrichtlinie bereits Weber, BB 1995, 157 (160). 1178 Den Gedanken aufwerfend noch zur alten Rechtslage vor Inkrafttreten des AnSVG Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG3, § 13 Rn. 19. 1179 Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 38 WpHG Rn. 240; zum nullum crimen nulla poena sine lege-Grundsatz im Allgemeinen Ambos, in: MüKo StGB, Bd. 1, Vorbe. §§ 3–7 Rn. 70 ff.; Lackner, in: Lackner / Kühl, StGB, § 1 Rn. 1; Paeffgen, in: Kindhäuser / Neumann / Paeffgen, StGB, Bd. 1, Vor §§ 32 ff. Rn. 57 ff. 1180 Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 38 WpHG Rn. VI393; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 100; Zimmer / Cloppenburg, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 38 WpHG Rn. 8.
C. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG)321
mungsgemäß Kenntnis von den Insiderinformationen erlangt, wenn diese nicht „lediglich zufällig oder bei Gelegenheit“ erlangt wurde.1181 Zudem wäre das Merkmal „bestimmungsgemäß“ als reiner Hinweis auf das Kausalitätserfordernis zwischen der Berufsausübung und der Verfügung auch entbehrlich gewesen, da sich dieser Umstand – wie gesehen – bereits aus dem Merkmal „auf Grund“ ergibt. Unzweifelhaft ist daher im Ergebnis davon auszugehen, dass dem Merkmal „bestimmungsgemäß“ eine eigenständige, sich über den bloßen Hinweis auf die Notwendigkeit einer Kausalität erhebende Bedeutung zuteil wird. Dies insoweit, als dass jedenfalls eine solche Kenntnisnahme nicht bestimmungsgemäß erfolgt, die sich rein zufällig oder bei Gelegenheit der Berufsausübung beziehungsweise der Tätigkeit ereignet oder durch widerrechtliches Verhalten erlangt wird.1182 bb) Extensive Auffassung: Erleichterter Zugang Teilweise wird in der Literatur die Ansicht vertreten, dass der potenzielle Primärinsider bereits dann bestimmungsgemäß über die Insiderinformationen verfügt, wenn auf Grund des Berufs, der Tätigkeit oder der Aufgabe ein erleichterter Zugang zu diesen besteht.1183 Ein solcher könne sich beispielsweise aus einer besonderen vertraglichen Beziehung zum Emittenten oder einer sonstigen Person mit Insiderkenntnissen oder durch eine besondere Nähe zu dem die Insiderinformationen begründenden Sachverhalt ergeben. Ausreichend sei insoweit aber beispielsweise auch, dass der potenzielle Insider gerade auf Grund seines Berufs von einem Dritten über die Insider informationen instruiert werde oder er auf eigene Initiative hin Untersuchungen im Umfeld anstelle, die ihn auf die Informationen stoßen ließen. Begründet wird diese extensive Ansicht insbesondere damit, dass die Primärinsidereigenschaft im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) WpHG nicht an zu enge Anforderungen geknüpft sein dürfe, da anderenfalls der Sinn und Zweck der Vorschrift verkannt würde. So verfolge die Vorschrift die Absicht, all diejenigen Personen weitergehenden Verpflichtungen zu unterwer1181 BT-Drucks. 12 / 6679,
S. 46. in: Park, KapMStR, § 38 WpHG Rn. 240, 241; Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 74; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 100; Royé / zu Cramburg, in: Heidel, AktR+KapMR, § 38 WpHG Rn. 2; Vogel, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 38 Rn. 23; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 20, 21; Wehowsky, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 38 WpHG Rn. 15, 16; Zimmer / Cloppenburg, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 38 WpHG Rn. 8. 1183 Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 38 WpHG Rn. 16; wohl auch Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 38 WpHG Rn. VI393. 1182 Hilgendorf,
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
fen, die unter erleichterten Bedingungen Insiderinformationen erlangen können. Dann aber dürfe auch nur ein erleichterter Zugang zu den Insiderinformationen als erforderlich und zugleich als ausreichend erachtet werden.1184 cc) Intermediäre Auffassung: Üblich und vorhersehbar Andere Stimmen in der Literatur sind hingegen der Auffassung, dass ein bestimmungsgemäßes Verfügen über Insiderinformationen nur dann angenommen werden kann, wenn dieses üblich und vorhersehbar, es also typischer Bestandteil des Berufsbildes oder der jeweils ausgeübten Tätigkeit ist.1185 Auch für diese intermediäre Auffassung wird der Telos des § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) WpHG geltend gemacht. In Anbetracht der Tatsache, dass Primärinsider nur diejenigen Personen seien, die in einem besonderen Näheverhältnis zum Emittenten stehen und damit in der Regel zugleich über unmittelbaren Zugang zu Insiderinformationen verfügten, könne das Merkmal „bestimmungsgemäß“ auch nur derart auszulegen sein, dass die Kenntniserlangung einen Bezug zum Verantwortungsbereich des potenziellen Insiders aufweise oder in einem Einsatzbereich erfolge, der regelmäßig Zugang zu Informationen eröffne.1186 Das Weitergabeverbot sei dementsprechend auf diejenigen Fälle der Informationserlangung zu beschränken, die aus einer berufs-, tätigkeits- oder aufgabenspezifischen Zugangsmöglichkeit resultierten, also solche, in denen der jeweilige Beruf, die Tätigkeit oder die Aufgabe üblicherweise und vorhersehbar das Verfügen über Insiderinformationen mit sich bringe.1187 dd) Restriktive Auffassung: Zur Kenntnisnahme bestimmt / Kenntnisnahme notwendig Wiederum andere tendieren zu dem Standpunkt, der potenzielle Insider verfüge nur dann „bestimmungsgemäß“ über Insiderinformationen, wenn der jeweilige Beruf, die Tätigkeit oder die Aufgabe zur Kenntnis von Insiderinformationen bestimmt ist1188 beziehungsweise die Kenntnis notwendig mit der Beschäftigung einhergeht, weil die Informationen zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung des Berufs, der Tätigkeit oder der Aufgabe benötigt 1184 Wehowsky, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 38 WpHG Rn. 16. 1185 Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 38 WpHG Rn. 243; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 100. 1186 Vogel, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 38 Rn. 25. 1187 Vogel, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 38 Rn. 26. 1188 Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 21.
C. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG)323
werden oder eine Mitwirkung bei dem Sachverhalt erfolgt, auf den sie sich bezieht.1189 Begründet wird diese restriktive Auffassung damit, dass aus Sicht des Strafrechts als ultima ratio eine restriktive Auslegung geboten sei und damit weder ein erleichterter Zugang zu den Informationen noch eine übliche und vorhersehbare Kenntnisnahme ausreichen dürfen, um eine Primärinsidereigenschaft im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) WpHG zu begründen.1190 Zudem gehe es auch zu weit, eine übliche und vorhersehbare Kenntnisnahme und damit letztlich eine adäquate Kausalität zwischen dem jeweiligen Beruf, der Tätigkeit oder der Aufgabe und der Kenntniserlangung als ausreichend zu erachten, da nicht alles, was vorhersehbar sei, auch bestimmungsgemäß geschehe. Der Wortlaut stehe damit bereits einem derartigen Verständnis entgegen und spreche für eine Auslegung im Sinne des Erfordernisses der Bestimmtheit des Berufs, der Tätigkeit oder der Aufgabe zur Kenntnisnahme der Informationen beziehungsweise für die Notwendigkeit der Kenntnisnahme zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung des Berufs, der Tätigkeit oder der Aufgabe.1191 ee) Stellungnahme Im Ergebnis dürfte der Auffassung zu folgen sein, nach der von einem bestimmungsgemäßen Verfügen nur dann ausgegangen werden kann, wenn der jeweilige Beruf, die Tätigkeit oder die Aufgabe zur Kenntnis von Insiderinformationen bestimmt ist beziehungsweise die Kenntnis notwendig mit der Beschäftigung einhergeht. Dies ergibt sich maßgeblich aus einem systematischen Vergleich des § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) WpHG zu § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. a), b) und d). Die Primärinsidereigenschaft der Mitglieder des Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgans oder der persönlich haftenden Gesellschafter des Emittenten oder eines mit dem Emittenten verbundenen Unternehmens ist deshalb in § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WpHG vorgesehen, weil diese auf Grund ihrer Emittentennähe einen unmittelbaren Zugang zu Insiderinformationen haben, daher mit solchen besonders leicht, zwangsläufig und nahezu unvermeidbar oder gar planmäßig und vorhersehbar in Berührung kommen und ein besonders großes Risiko der Weiterverbreitung von Insiderinformationen besteht. Zugleich stellt eine Weitergabe durch diese auf Grund der Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft auch einen besonders verwerflichen Vertrauensbruch dar.1192 Auch die Primärinsidereigenschaft der am Kapital 1189 Altenhain,
in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 66. in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 21. 1191 Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 67. 1192 Zur Treuepflicht der Vorstandsmitglieder Fleischer, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 9 Rn. 1 ff.; Heinz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 22 Rn. 52; Herfs, 1190 Waßmer,
324
Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
des Emittenten oder eines mit dem Emittenten verbundenen Unternehmens Beteiligten dürfte deshalb in § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. b) WpHG vorgesehen sein, weil diese zur Aktiengesellschaft auf Grund der Beteiligung in einem Näheverhältnis stehen und zudem – maßgeblich auf dem Wege über die Hauptversammlung – mit Informationen des Emittenten in Berührung kommen. Auch hier spielt der Umstand eine Rolle, dass eine Weitergabe durch diese einen erheblichen Vertrauensbruch darstellt, da diese ebenfalls gegenüber der Gesellschaft zur Treue verpflichtet sind.1193 Die Primärinsider eigenschaften nach § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) WpHG und d) WpHG zeichnen sich demgegenüber nicht durch eine derart prädestinierte und zwangsläufige Kenntnisnahmemöglichkeit und ein besonderes Treueverhältnis zur Gesellschaft aus, sodass an diese Stelle ein anderes Kriterium rücken muss, das die Erfassung als Primärinsider und die damit einhergehenden Strafbarkeitsrisiken rechtfertigt. Bei § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. d) WpHG ist es ausweislich des Art. 2 Abs. 1 UAbs. 2 lit. d) der Umstand, dass die betroffenen Personen auf Grund ihrer kriminellen Aktivitäten über Insiderinformationen verfügen und dieses Verfügen Teil eines weitergehenden Unrechtskomplexes ist. Bei § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) WpHG kann dieses Substitut nur darin gesehen werden, dass der jeweilige Beruf, die Tätigkeit oder die Aufgabe zur Kenntnis von Insiderinformationen bestimmt ist beziehungsweise die Kenntnis notwendig mit der Beschäftigung einhergeht. Denn nur eine derartige Sichtweise entspricht systematisch betrachtet den Anforderungen, die eine Primärinsidereigenschaft rechtfertigen. Nur die Weitergabe eine Insiderinformation, die der potenzielle Insider bestimmt oder notwendig zur Kenntnis genommen hat, entspricht von ihrem Unrechtsgehalt her einer Weitergabe durch die übrigen aufgezählten Primärinsider. f) Bestimmungsgemäße Kenntnis im Kontext der Due Diligence Die Vorstandsmitglieder stellen in ihrer Gesamtheit das zur Leitung und Geschäftsführung berufene Organ der Aktiengesellschaft dar. Wichtige Entscheidungen zugunsten der Gesellschaft können nur dann gefällt werden, wenn zuvor die notwendigen Informationen gesichtet wurden. Die bereits an anderer Stelle näher erörterte Business Judgement Rule in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG setzt sogar ausdrücklich für eine Haftungsfreistellung voraus, dass die Vorstandsmitglieder auf Grundlage angemessener Information handeln. Zudem obliegt den Vorstandsmitgliedern auch die gesetzliche Pflicht in: Münch. Hdb. GesR, Bd. 4, § 77 Rn. 27; Spindler, in: MüKo AktG, Bd. 2, § 84 Rn. 98. 1193 Zur Treuepflicht der Aktionäre BGH NJW 1988, 1579 (1579 ff.); BGH DStR 1995, 1232 (1232 ff.); Sudmeyer, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 10 Rn. 151 ff.
C. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG)325
zur Gewährleistung und Sicherung des unternehmensinternen Informationsflusses und zur Erfüllung von Publikationspflichten der Gesellschaft. Die Tätigkeit als Vorstandsmitglied ist daher im Grundsatz notwendig damit verknüpft, von wesentlichen, den Emittenten betreffenden Informationen Kenntnis zu nehmen. Auch im Hinblick auf die Informationen, die zwecks Durchführung der Due Diligence im Vorfeld der Pakettransaktion bereitgestellt werden, dürfte regelmäßig ein derartiger Zusammenhang anzunehmen sein, sodass diese bestimmungsgemäß über die Informationen verfügen. 3. Zwischenergebnis Die Vorstandsmitglieder der Aktiengesellschaft, an der der potenzielle Erwerber ein Aktienpaket vom veräußerungswilligen Aktionär erwerben möchte, stellen damit nicht nur Primärinsider im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WpHG, sondern regelmäßig auch Primärinsider im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) WpHG dar.
III. Insiderinformation Voraussetzung für eine Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG ist weiterhin, dass es sich bei den zwecks Durchführung der Due Diligence zur Verfügung gestellten Informationen um Insiderinformationen handelt. In Anbetracht der maßgeblichen Bedeutung dieses Begriffs1194 unter anderem für die Reichweite der Insiderdelikte gemäß §§ 38 ff. WpHG und der Publizitätspflicht gemäß § 15 WpHG hat der Gesetzgeber diesen in § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG legaldefiniert. Hiernach ist eine Insiderinformation eine konkrete Information über nicht öffentlich bekannte Umstände, die sich auf einen oder mehrere Emittenten von Insiderpapieren oder auf die Insiderpapiere selbst beziehen und die geeignet sind, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen. Diese Definition beruht im Wesentlichen auf Art. 1 Abs. 1 Marktmissbrauchsrichtlinie.1195 Hiernach ist eine Insiderinformation eine nicht öffentlich bekannte präzise Information, die direkt oder indirekt einen oder mehrere Emittenten von Finanzinstru1194 Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 66 spricht insoweit von einem „der zentralen Begriffe des Insiderstrafrechts“; Koch, S. 114. 1195 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 13 Rn. 6; Christoph, S. 101; Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 13 WpHG Rn. VI80; Klie, S. 72; Krause / Brellochs, AG 2013, 309 (311); Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 22; Uhl, S. 14; Villeda, S. 153.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
menten oder ein oder mehrere Finanzinstrumente betrifft und die, wenn sie öffentlich bekannt würde, geeignet wäre, den Kurs dieser Finanzinstrumente oder den Kurs sich darauf beziehender derivativer Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen. Zwar lassen sich insoweit einzelne Abweichungen der deutschen von der europäischen Begriffsbestimmung erkennen. Man vergleiche insofern beispielsweise die Begriffspaare „konkrete Information“ in der deutschen Fassung und „präzise Information“ in der europäischen Fassung. Allerdings ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber nicht von den europäischen Vorgaben abweichen wollte und die Begrifflichkeiten daher als synonym zu erachten sind.1196 Dies wird bereits anhand der Gesetzesbegründung zum Anlegerschutzverbesserungsgesetz deutlich, in der der Gesetzgeber ausdrücklich auf Art. 1 Abs. 1 Marktmissbrauchsrichtlinie Bezug genommen hat.1197 Mögen damit bereits die begriffskonstituierenden Merkmale des Begriffs der Insiderinformation verbindlich vorgegeben sein, herrscht allerdings im Hinblick auf die einzelnen Merkmale zum Teil Uneinigkeit darüber, wie diese inhaltlich ausgestaltet und welche Voraussetzungen an deren Vorliegen zu knüpfen sind. Im Folgenden ist daher der Frage nachzugehen, wie die einzelnen Begriffsmerkmale auszulegen sind und ob die zwecks Durchführung einer Due Diligence bereitgestellten Informationen diese Merkmale erfüllen und als Insiderinformationen klassifiziert werden können. 1. Konkrete Information über Umstände Zunächst kann ausweislich der Legaldefinition des Begriffs der Insiderinformation in § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG vom Vorliegen einer solchen nur dann ausgegangen werden, wenn konkrete Informationen über Umstände vorliegen. Was hierunter zu verstehen ist, erschließt sich auf den ersten Blick nicht. Auch der Umschreibung „präzise Information“ im Art. 1 Abs. 1 Marktmissbrauchsrichtlinie lassen sich keine näheren Anhaltspunkte diesbezüglich entnehmen. Wegen der – wie vorausgehend bereits angedeutet – anzunehmenden Übereinstimmung zwischen den Merkmalen „konkrete Information über Umstände“ und „präzise Information“ könnte sich allerdings ein Blick in Art. 1 Abs. 1 Durchführungsrichtlinie für die nähere Konkretisierung dieses Merkmals als hilfreich erweisen.1198 Hiernach ist eine Infor1196 OLG Stuttgart, BB 2007, 565 (567); Diekmann / Sustmann, NZG 2004, 929 (930); Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 13 WpHG Rn. VI80; Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 66; Koch, S. 239; Krause / Brellochs, AG 2013, 309 (311); Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 22; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 34; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 7; Speier, S. 47. 1197 BT-Drucks. 15 / 3174, S. 33.
C. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG)327
mation im Sinne des Art. 1 Abs. 1 Marktmissbrauchsrichtlinie dann als präzise – und folglich auch eine Information im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG als konkret – zu erachten, wenn damit eine Reihe von Umständen gemeint ist, die bereits existieren oder bei denen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen kann, dass sie in Zukunft existieren werden, oder ein Ereignis, das bereits eingetreten ist oder mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in Zukunft eintreten wird, und diese Information darüber hinaus spezifisch genug ist, um einen Schluss auf die mögliche Auswirkung dieser Reihe von Umständen oder dieses Ereignisses auf die Kurse von Finanzinstrumenten oder damit verbundenen derivativen Finanzinstrumenten zuzulassen. Auch der Gesetzgeber macht diese Vorgabe zur Grundlage des Merkmals der „konkreten Information über Umstände“, da er in der Begründung zum Anlegerschutzverbesserungsgesetz ausdrücklich auf Art. 1 Abs. 1 Durchführungsrichtlinie Bezug nimmt.1199 Entscheidend ist damit für das Vorliegen einer konkreten Information über Umstände zweierlei: Zum einen muss es sich um eine Information handeln, die als solche über einen existierenden Umstand oder ein eingetretenes Ereignis oder als solche über einen zukünftig existierenden Umstand oder eintretendes Ereignis zu qualifizieren ist, wobei zukünftige Umstände oder Ereignisse eine hinreichende Eintrittswahrscheinlichkeit aufweisen müssen. Zum anderen muss die Information spezifisch genug sein, um als Grundlage für eine Aussage über den zukünftigen Verlauf des Börsen- oder Marktpreises eines Insiderpapiers, also dessen Kursrelevanz, fungieren zu können.1200 1198
1198 Christoph, S. 105; Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 13 WpHG Rn. VI81; Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 66; Klie, S. 72; Krause / Brellochs, AG 2013, 309 (311); Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 25; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 34; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 6; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 38; Uhl, S. 16; Villeda, S. 153. 1199 BT-Drucks. 15 / 3174, S. 33; im Übrigen sieht auch die BaFin eine Information dann als konkret an, wenn so bestimmt ist, dass sie hinreichende Grundlage für eine Einschätzung über den zukünftigen Verlauf des Börsen- oder Marktpreises eines Insiderpapiers bilden kann, vgl. Emittentenleitfaden, S. 32. 1200 Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 68; Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 18; Kalss / Hasenauer, GesRZ 2010, 301 (304); Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 13 Rn. 75; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 25; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 7, 13; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 38.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
a) Allgemeine Erwägungen aa) Information über eingetretene Umstände Zunächst können solche Informationen „konkrete Informationen über Umstände“ darstellen, die einen existierenden Umstand oder ein eingetretenes Ereignis zum Gegenstand haben. Vom Vorliegen eines solchen Umstands oder Ereignisses kann abstrakt formuliert dann ausgegangen werden, wenn er / es äußerlich wahrnehmbar in Erscheinung getreten, dem Beweis zugänglich oder in irgendeiner Art und Weise überprüfbar ist.1201 bb) Information über künftige Umstände Daneben kommen weiterhin auch solche Informationen als „konkrete Informationen über Umstände“ in Betracht, die einen zukünftig existierenden Umstand oder ein zukünftig eintretendes Ereignis zum Gegenstand haben, soweit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass diese in Zukunft eintreten oder existieren werden. Der nationale Gesetzgeber hat diese Art. 1 Abs. 1 Durchführungsrichtlinie zu entnehmende Vorgabe im Rahmen des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes aufgegriffen und ausdrücklich in § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG geregelt. Weder Art. 1 Abs. 1 Durchführungsrichtlinie noch § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG geben allerdings Auskunft darüber, wann vom Vorliegen einer hinreichenden Eintrittswahrscheinlichkeit des künftigen Umstands ausgegangen werden kann.1202 Auch der Regierungsbegründung zum Anlegerschutzverbesserungsgesetz lässt sich lediglich die Aussage entnehmen, dass der Eintritt des künftigen Umstands dann hinreichend wahrscheinlich ist, wenn konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die den Eintritt des Umstands voraussehbar erscheinen lassen.1203 In Anbetracht dessen verwundert es nicht, dass die Auslegung des Merkmals der hinreichenden Wahrscheinlichkeit in Rechtsprechung und Literatur noch nicht abschließend geklärt ist und bis heute kontrovers diskutiert wird. Einig ist man sich lediglich dahingehend, dass einerseits die bloß vage Möglichkeit des Eintritts des zukünftigen Umstands nicht ausreicht, andererseits eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit nicht erforderlich sein kann.1204 Dies erscheint plausibel, denn während 1201 Vgl.
zu Tatsachen Teil 2, C. III. 1. b) aa). Stuttgart, NZG 2007, 352 (358); Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 13 Rn. 25; Veil, AG 2006, 690 (692, 693); Wilsing / von der Linden, EWiR 2008, 317 (318). 1203 BT-Drucks. 15 / 3174, S. 34. 1204 OLG Stuttgart, NZG 2007, 352 (358); Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 71; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 66; Pananis, in: 1202 OLG
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das Ausreichenlassen der bloß vagen Möglichkeit des Eintritts zu einer erheblichen Ausdehnung des Begriffs der Insiderinformation führte, die der Sicherung der Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte sogar zuwiderlaufen könnte, bewirkte das Erfordernis einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit eine zu starke Verengung des Begriffs der Insiderinformation, sodass die Insidervorschriften im Hinblick auf künftige Ereignisse und Umstände faktisch leerliefen. Die weitere Konkretisierung des Merkmals ist hingegen umstritten.1205 (1) Hohe Eintrittswahrscheinlichkeit Teile der Rechtsprechung und Literatur vertreten die Ansicht, ein künftiger Umstand komme nur dann als Gegenstand einer Insiderinformation im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG in Betracht, wenn dessen Eintritt mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartet werden könne.1206 Begründet wird diese Auffassung zunächst anhand des Wortlauts der Vorschrift. Wenn § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG insoweit zunächst fordere, dass der Eintritt des Umstands wahrscheinlich sein müsse, so deute dieser Begriff für sich bereits darauf hin, dass zumindest eine überwiegende Wahrscheinlichkeit des Eintritts vorliegen müsse. Dies deshalb, da der allgemeine Sprachgebrauch dahin tendiere, den Begriff der Wahrscheinlichkeit synonym als überwiegende oder überdurchschnittliche Wahrscheinlichkeit zu verstehen, während Eintrittswahrscheinlichkeiten von unter 50% regelmäßig mit dem Begriff der Möglichkeit umschrieben würden. Da der Gesetzgeber dem Begriff der Wahrscheinlichkeit dann auch noch den Begriff „hinreichend“ vorangestellt hat, müsse dies dahingehend gedeutet werden, dass eine über eine überwiegende Wahrscheinlichkeit hinausgehende Eintrittswahrscheinlichkeit des künftigen Umstands für die Annahme eines konkreten Umstands erforderlich sei.1207 Des Weiteren ergebe sich die Notwendigkeit einer hohen Eintrittswahrscheinlichkeit auch aus systematischen Erwägungen. Wie sich insoweit zunächst aus § 13 Abs. 1 S. 2 WpHG und Erwägungsgrund Nr. 1 der DurchführungsMüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 41; Parmentier, NZG 2007, 407 (411); Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.483; Veil, ZHR 172 (2008), 239 (250); ders., AG 2006, 690 (694). 1205 Ähnlich Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 11a. 1206 OLG Stuttgart NZG 2007, 352 (358); Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 13 Rn. 25; ders., ZHR 172 (2008), 635 (647); Gunßer, NZG 2008, 855 (858); Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 23; Koch / Widder, NZI 2010, 925 (926); Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 41; Parmentier, NZG 2007, 407 (411); Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 12; Widder / Kocher, CFL 2011, 88 (90 ff.). 1207 Widder / Kocher, CFL 2011, 88 (90).
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richtlinie entnehmen lasse, sei für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit auf die Sicht eines verständigen Anlegers abzustellen. Von diesem sei allerdings zu erwarten, dass er sich durch zukunftsbezogene Informationen nicht zu spekulativem Handeln verleiten lasse, sondern eine Investitionsentscheidung auf der Grundlage eines noch ungewissen Ereignisses nur dann treffen werde, wenn dessen Eintritt mit deutlich mehr als bloß überwiegender Wahrscheinlichkeit und damit mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei.1208 Daneben müsse § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG auch in Relation zu § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG betrachtet werden. Das Wissen um einen zukünftigen Umstand müsse daher einem normativen Vergleich mit dem Wissen um einen bereits eingetretenen Umstand standhalten. Dies könne allerdings nur bei einer hohen Wahrscheinlichkeit des künftigen Eintritts angenommen werden.1209 Schließlich werde die Notwendigkeit einer hohen Eintrittswahrscheinlichkeit des künftigen Umstands auch durch teleologischen Erwägungen bestätigt. Zum einen lasse sich insoweit der Telos der Insidertatbestände des § 38 Abs. 1 WpHG anführen. Denn tendierte man zu der Auffassung, dass bereits ein geringerer Wahrscheinlichkeitsgrad ausreichte, um einen Umstand als Gegenstand einer konkreten Information klassifizieren zu können, so führte dies in Verbindung mit der damit einhergehenden Ausweitung des Anwendungsbereichs des § 14 Abs. 1 WpHG dazu, dass erhebliche Teile der an den Börsen üblichen Spekulationen kriminalisiert würden, was gerade dem Ziel der Sicherung der Funktionsfähigkeit des organisierten Kapitalmarkts zuwiderliefe.1210 Zum anderen sprächen auch die Regelungszwecke der Ad-hoc-Publizitätspflicht nach § 15 Abs. 1 WpHG – die Prävention von Insiderhandel und die ausreichende Information des Kapitalmarkts1211 – für das Erfordernis einer hohen Eintrittswahrscheinlichkeit. Denn einerseits seien keine Kapitalfehlentscheidungen durch unverständige Anlegerentscheidungen infolge frühzeitiger Veröffentlichungen zukunftsbezogener Sachverhalte zu erwarten, da der Information bei einer hohen Eintrittswahrscheinlichkeit des Umstands kein Unsicherheitsfaktor mehr zukomme. Andererseits werde die Veröffentlichung zugunsten der Präventivfunktion der Publizitätspflicht aber auch nicht hinausgezögert, bis der Eintritt des künftigen Umstands mit vollkommenen Sicherheit eintreten wird.1212
1208 OLG Stuttgart NZG 2007, 352 (358); Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 13 Rn. 25; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 41. 1209 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 13 Rn. 25. 1210 Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 12. 1211 Vgl. Teil 2, E. I. 2. 1212 Gunßer, NZG 2008, 855 (858).
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(2) Überwiegende Eintrittswahrscheinlichkeit Andere Teile der Rechtsprechung und der Literatur sind hingegen der Auffassung, dass bereits eine überwiegende Wahrscheinlichkeit im Sinne einer Wahrscheinlichkeit von 50% + X ausreichend ist, damit der Umstand Grundlage einer Insiderinformation im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG darstellen kann.1213 Gesprochen wird auch davon, dass es sich um solche Umstände und Ereignisse handeln müsse, bei denen eine umfassende Würdigung der bereits verfügbaren Anhaltspunkte ergebe, dass tatsächlich erwartet werden könne, dass sie in Zukunft eintreten oder existieren werden.1214 Auch für diese Auffassung wird zunächst der Wortlaut des § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG geltend gemacht. So verlange das Gesetz ausdrücklich nur eine hinreichende Eintrittswahrscheinlichkeit, nicht hingegen eine hohe Eintrittswahrscheinlichkeit. Hätte der Gesetzgeber einen derartigen Wahrscheinlichkeitsgrad vorsehen wollen, so hätte er dies explizit zum Ausdruck gebracht. Darüber hinaus müsse weiterhin aber auch beachtet werden, dass ohnehin nur der deutsche Gesetzgeber die Vorgaben des Art. 1 Abs. 1 Durchführungsrichtlinie mit dem Begriff der hinreichenden Wahrscheinlichkeit übersetzt hat. Andere Sprachfassungen stellen hingegen darauf ab, ob der Eintritt des künftigen Umstands „vernünftigerweise angenommen werden kann“1215, „vernünftigerweise erwartet werden kann“1216, ob die Umstände „vernünftigerweise vorhanden sein können“1217 beziehungsweise ob sie „vernünftigerweise vorhersehbar“1218 sind. Auch dieser Umstand müsse bei der Auslegung des Merkmals der hinreichenden Wahrscheinlichkeit Berücksichtigung finden.1219 Als Rekurs auf die „Regeln der allgemeinen Erfahrung“ könne der Begriff „vernünftigerweise“ allerdings nur dahingehend 1213 BGH NJW 2013, 2114 (2115); EuGH NJW 2012, 2787 (2789); BGH NZG 2008, 300 (300); OLG Düsseldorf, WM 2009, 1655 (1658); Bingel, AG 2012, 685 (689); Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 72; Ihrig / Kranz, AG 2013, 515 (517); Klöhn, ZIP 2012, 1885 (1892); ders., in: KölnKomm WpHG, § 13 Rn. 89, 98, 103; Krause / Brellochs, AG 2013, 309 (312, 313); Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.483; Veil, AG 2006, 690 (694); Wilsing / Goslar, DStR 2012, 1709 (1711). 1214 BGH NJW 2013, 2114 (2115); EuGH NJW 2012, 2787 (2789), als 50% + X deutend Heider / Hirte, GWR 2012, 429 (429); Klöhn, ZIP 2012, 1885 (1892); Schall, ZIP 2012, 1286 (1288); Wilsing / Goslar, DStR 2012, 1709 (1712); kritisch Bingel, AG 2012, 685 (688). 1215 So die französische, italienische und niderländische Fassung, vgl. EuGH NJW 2012, 2787 (2789). 1216 So die dänische, griechische, englische und schwedische Fassung, vgl. EuGH NJW 2012, 2787 (2789). 1217 So die spanische Fassung, vgl. EuGH NJW 2012, 2787 (2789). 1218 So die portugisische Fassung, vgl. EuGH NJW 2012, 2787 (2789). 1219 OLG Stuttgart NZG 2009, 624 (628).
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gedeutet werden, dass mit dem Eintritt des künftigen Ereignisses lediglich eher zu rechnen sein muss als mit seinem Ausbleiben, damit der Umstand Gegenstand einer konkreten Information sein könne. Andere Wahrscheinlichkeitsgrade, insbesondere eine hohe Eintrittswahrscheinlichkeit, seien demgegenüber unter diesem Blickwinkel nicht zu fordern.1220 Dies umso mehr, als dass sich weiterhin auch ein Wahrscheinlichkeitsgrad oberhalb einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit und unterhalb einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nur schwer in der Praxis prognostizieren lasse und der verständige Anleger den künftigen Umstand bereits bei einer überwiegenden Eintrittswahrscheinlichkeit im Rahmen seiner Anlageentscheidungen berücksichtigen werde.1221 Daneben spreche schließlich auch der Telos des § 38 Abs. 1 WpHG für das Erfordernis einer „lediglich“ überwiegenden Wahrscheinlichkeit. Denn das für die Sicherung der Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte notwendige Vertrauen der Kapitalmarktteilnehmer in deren Ordnungsmäßigkeit werde bereits dann beeinträchtigt, wenn einzelne Insider oder Insidergruppen über Informationen verfügten, bei denen es sich um mehr als bloß offensichtlich ungesicherte Informationen und Vermutungen ins Blaue hinein handelt, da bereits derartige Informationen Wissensvorsprünge vermitteln, ungerechtfertigte Sondervorteile verschaffen und damit die Chancengleichheit der Marktteilnehmer beeinträchtigen könnten.1222 Setzte man demgegenüber eine hohe Eintrittswahrscheinlichkeit des künftigen Umstands voraus, so könnten Insider alle Informationen über Umstände, deren Eintritt noch nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, in unrechtmäßiger Weise nutzen, ohne sich insiderrechtlichen Risiken auszusetzen, was dem Schutzzweck des § 38 Abs. 1 WpHG zuwiderliefe.1223 (3) Die Eintrittswahrscheinlichkeit als bewegliche Größe Schließlich plädieren vereinzelt Stimmen in Rechtsprechung und Literatur dafür, das Erfordernis der Eintrittswahrscheinlichkeit des künftigen Umstands in Anlehnung an den dem US-amerikanischen Kapitalmarktrecht entstammenden probability magnitude test nicht isoliert, sondern im Zu sammenhang mit dessen zu erwartenden Auswirkungen beim Emittenten im jeweiligen Einzelfall und damit als bewegliche Größe zu betrach1220 BGH NJW 2013, 2114 (2118); EuGH, NJW 2012, 2787 (2789); ähnlich Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 72. 1221 Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 13 Rn. 93. 1222 Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 72; Wilsing / Goslar, DStR 2012, 1709 (1711). 1223 EuGH NJW 2012, 2787 (2789).
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ten.1224 Entscheidend sei hiernach für das Vorliegen einer hinreichenden Eintrittswahrscheinlichkeit, ob unter Berücksichtigung des Grades der Wahrscheinlichkeit des Ereignisses einerseits und dessen wirtschaftlicher Bedeutung für den Emittenten andererseits davon ausgegangen werden könne, dass ein verständiger Anleger den künftigen Umstand trotz der noch bestehenden Unsicherheiten bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen werde.1225 Oder auf eine einfache Formel gebracht: Einerseits könnten zu erwartende, ganz erhebliche Auswirkungen auf den Börsen- oder Marktpreis der emittierten Wertpapiere die geringe Eintrittswahrscheinlichkeit des künftigen Umstands bis zu einem gewissen Grad ausgleichen, andererseits könne eine besonders hohe Eintrittswahrscheinlichkeit des künftigen Umstands dessen erwartete, geringe Auswirkungen auf den Börsen- oder Marktpreis der emittierten Wertpapiere wettmachen.1226 Angeführt wird auch für diese Auffassung zunächst der Wortlaut des § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG. Durch den Umstand, dass das Gesetz von einer hinreichenden Eintrittswahrscheinlichkeit und demgegenüber gerade nicht von einer überwiegenden oder einer hohen Eintrittswahrscheinlichkeit spreche, gebe es zu erkennen, dass eben nicht ein für alle Fälle einheitlicher Wahrscheinlichkeitsgrad zu fordern sei, sondern vielmehr die Umstände des jeweiligen Einzelfalls Berücksichtigung finden müssten.1227 Auch die anderen Sprachfassungen des Art. 1 Abs. 1 Durchführungsrichtlinie, die nicht wie die deutsche Fassung auf eine hinreichende Eintrittswahrscheinlichkeit des künftigen Umstands, sondern darauf abstellen, ob der Eintritt des künftigen Umstands „vernünftigerweise angenommen werden kann“, „vernünftigerweise erwartet werden kann“, ob die Umstände „vernünftigerweise vorhanden sein können“ beziehungsweise ob sie „vernünftigerweise vorhersehbar“ sind, und die bei der Auslegung des Merkmals der hinreichenden Wahrscheinlichkeit zu berücksichtigen seien1228, machten deutlich, dass der erforderliche Wahrscheinlichkeitsgrad nicht isoliert zu betrachten und am jeweiligen Einzelfall zu ermitteln sei.1229 Des Weiteren werde die Annahme der Eintrittswahrscheinlichkeit als be1224 OLG Stuttgart NZG 2009, 624 (628); Bachmann, ZHR 172 (2008), 597 (606); Fleischer, NZG 2007, 401 (405); Harbarth, ZIP 2005. 1898 (1901); Klöhn, NZG 2011, 166 (169); Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 68; Möllers, NZG 2008, 330 (332). 1225 Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1901). 1226 Bachmann, ZHR 172 (2008), 597 (606); Fleischer, NZG 2007, 401 (405, 406); Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1902); Klöhn, NZG 2011, 166 (169, 171); Möllers, NZG 2008, 330 (332). 1227 Fleischer, NZG 2007, 401 (405); Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1901). 1228 OLG Stuttgart NZG 2009, 624 (628). 1229 OLG Stuttgart NZG 2009, 624 (628); Fleischer, NZG 2007, 401 (405); Möllers, NZG 2008, 330 (332); zunächst auch erwägend BGH NJW 2011, 309 (312).
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wegliche Größe auch durch einen Blick in den Erwägungsgrund Nr. 1 Durchführungsrichtlinie und § 13 Abs. 1 S. 2 WpHG bestätigt, nach denen der Blickwinkel des verständigen Anlegers für die Ermittlung des erforderlichen Wahrscheinlichkeitsgrads ausschlaggebend ist. Dieser werde seine Anlageentscheidung ausweislich des Erwägungsgrunds Nr. 1 Durchführungsrichtlinie insbesondere auch auf die „möglichen Auswirkungen der Information“ für „die Gesamttätigkeit des Emittenten“ stützen. Dies bedeute zugleich aber auch, dass die Kursrelevanz des künftigen Umstands auch für die Ermittlung der Höhe der erforderlichen Eintrittswahrscheinlichkeit von Bedeutung sei. Art. 1 Abs. 1 Durchführungsrichtlinie enthalte insoweit letztlich keine andere Aussage als die Grundeinsicht der modernen Finanzierungstheorie, nach der der Kapitalwert einer Investition das Produkt der möglichen Ergebnisse der Investition und der jeweiligen Eintrittswahrscheinlichkeit unter Abzinsung auf den jeweiligen Bewertungsstichtag darstellt.1230 Schließlich ließen sich auch teleologische Erwägungen für die Konnexität zwischen der erforderlichen Höhe der Eintrittswahrscheinlichkeit des künftigen Umstands und dessen Kursrelevanz anführen. Denn betrachte man insoweit den Umstand, dass die Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte maßgeblich von der Chancengleichheit zwischen den Kapitalmarktteilnehmern abhängt, so könne nur eine Auslegung des Merkmals der hinreichenden Wahrscheinlichkeit überzeugen, die dem Merkmal gegenüber der Kursrelevanz keine eigenständige Bedeutung beimesse, da ein Informationsvorteil bereits immer dann entstehe, wenn ein Marktteilnehmer über nicht öffentlich bekannte, kursrelevante Informationen über ein Finanz instrument verfüge.1231 Wolle man effektiv die Möglichkeit unterbinden, dass Insider Informationen, auf Grund derer sie geringeren Marktrisiken unterliegen als andere Anleger, ausnutzen, Vorteile zum Nachteil Dritter ziehen und damit letztlich die Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte beeinträchtigen, so müsse ein künftiger Umstand auch bereits dann als potenzieller Gegenstand einer Insiderinformation erachtet werden können, wenn dessen Eintrittswahrscheinlichkeit noch offen sei, eine entsprechende Kursrelevanz im Falle seines öffentlichen Bekanntwerdens aber unzweifelhaft angenommen werden können.1232 (4) Stellungnahme Im Ergebnis sprechen die besseren Argumente dafür, von einer hinreichenden Eintrittswahrscheinlichkeit des künftigen Umstands dann auszuge1230 Fleischer,
NZG 2007, 401 (405); Klöhn, ZIP 2012, 1885 (1887, 1888). NZG 2011, 166 (169); ders., ZIP 2012, 1885 (1888). 1232 So aufwerfend BGH NJW 2011, 309 (312). 1231 Klöhn,
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hen, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann, dass dieser in Zukunft eintreten wird. Gegen die Annahme, das Merkmal der hinreichenden Wahrscheinlichkeit sei nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit den zu erwartenden Auswirkungen des künftigen Umstands auf den Börsen- oder Marktpreis der emittierten Wertpapiere und damit als bewegliche Größe zu erachten, lässt sich bereits einwenden, dass diese Sichtweise nicht mit dem Wortlaut des § 13 Abs. 1 S. 1, 3 WpHG zu vereinbaren ist. Denn hier kommt ganz eindeutig zum Ausdruck, dass es sich bei der Eintrittswahrscheinlichkeit des künftigen Umstands und dessen Kurserheblichkeit andererseits um zwei unterschiedliche Merkmale, zwei eigenständige Mindestvoraussetzungen für das Vorliegen einer Insiderinformation handelt, die unabhängig voneinander zu betrachten sind und in keinerlei Konnexität zueinander stehen.1233 Damit entspricht § 13 Abs. 1 WpHG den Vorgaben des Art. 1 Abs. 1, 2 Durchführungsrichtlinie, die ebenfalls deutlich machen, dass beide Merkmale isoliert voneinander zu betrachten und auszulegen sind und eine Relativität zwischen ihnen nicht besteht.1234 Nähme man demgegenüber eine Verbundenheit beider Merkmale dergestalt an, dass unter Umständen auch eine Eintrittswahrscheinlichkeit von sogar unter 50% als ausreichend erachtet werden könne, sofern nur die zu erwartenden Auswirkungen auf den Börsen- oder Marktpreis der emittierten Wertpapiere das Wahrscheinlichkeitsdefizit ausgleichen, mündete dies de facto in einer Aufgabe des Merkmals der Eintrittswahrscheinlichkeit, was der klaren Benennung dieses Merkmals in § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG nicht gerecht würde.1235 Dies erschiene umso problematischer, wenn man bedenkt, dass der Begriff der Insiderinformation insbesondere auch im Rahmen der Insiderdelikte des § 38 Abs. 1 WpHG und der Ordnungswidrigkeiten nach § 39 WpHG Bedeutung erlangt und der Wortlaut des § 13 Abs. 1 WpHG bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der hinreichenden Wahrscheinlichkeit daher nicht überschritten werden darf, da man anderenfalls in den Bereich einer verbotenen, täterbelastenden Analogie im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG rückte.1236 Eine andere Sicht der Dinge – also die Richtigkeit der Auslegung des erforderlichen Wahrscheinlichkeitsgrads als bewegliche Größe – lässt sich auch nicht aus dem Umstand herleiten, dass die anderen Sprachfassungen des Art. 1 Abs. 1 Durchführungsrichtlinie darauf abstellen, ob der Eintritt des künftigen Umstands „vernünftigerweise angenommen werden kann“, „vernünftigerweise erwartet werden 1233 EuGH NJW 2012, 2787 (2789); Kocher / Widder, CFL 2011, 88 (90); Parmentier, NZG 2007, 407 (411); Wilsing / Goslar, DStR 2012, 1709 (1711). 1234 EuGH NJW 2012, 2787 (2789). 1235 Kocher / Widder, CFL 2011, 88 (91); Leuring, DStR 2008, 1287 (1290); Widder, GWR 2011, 1 (3); Wilsing / Goslar, DStR 2012, 1709 (1711). 1236 Parmentier, NZG 2007, 407 (411).
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kann“, ob die Umstände „vernünftigerweise vorhanden sein können“ beziehungsweise ob sie „vernünftigerweise vorhersehbar“ sind, und dies bei der Auslegung des Merkmals der hinreichenden Wahrscheinlichkeit zu berücksichtigen ist. Auch diese Fassungen dürften letztlich dahingehend auszulegen sein, dass jedenfalls eine Wahrscheinlichkeit von unter 50% in keinem Fall als ausreichend zu erachten ist.1237 Denn davon, dass man den Eintritt eines künftigen Umstands „vernünftigerweise annehmen kann“ oder „vernünftigerweise erwarten kann“, wird man nur in denjenigen Fällen sprechen können, in denen der Eintritt des künftigen Umstands jedenfalls wahrscheinlicher ist als dessen Ausbleiben.1238 Im Übrigen vermag die Auslegung des Merkmals der hinreichenden Eintrittswahrscheinlichkeit als bewegliche Größe auch aus teleologischen Erwägungen nicht zu überzeugen. Von einer Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte und des hierfür erforderlichen Vertrauens der Kapitalmarktteilnehmer in deren Ordnungsmäßigkeit und der Chancengleichheit zwischen diesen kann nicht bereits dann ausgegangen werden, wenn einzelne Insider oder Insiderkreise über Informationen über Umstände verfügen, deren Eintritt mehr als unwahrscheinlich ist, die zu erwartenden Auswirkungen dieses Umstands auf den Börsenoder Marktpreis der Wertpapiere hingegen von erheblichem Umfang sein würden. Denn es dürfte nicht davon auszugehen sein, dass Insider offensichtlich ungesicherte Informationen und bloßer Vermutungen ins Blaue hinein bei seinen Anlageentscheidungen Bedeutung zukommen lassen, auf dieser Basis Vorteile zum Nacheil Dritter erzielen und hierdurch die Chancengleichheit der Kapitalmarktteilnehmer verzerren.1239 Andererseits wäre es der Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte gerade abträglich, wenn der Emittent höchst ungewisse Informationen publizieren müsste, da der Markt in diesem Fall unter Umständen mit Informationen über künftige, aber nie eintretende Ereignisse überschwemmt würde und dies zu einer informationellen Überlastung führte.1240 Verbleibt es damit letztlich bei der Frage, ob das Merkmal der hinreichenden Wahrscheinlichkeit des Eintritts des künftigen Umstands im Sinne des Erfordernisses einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit oder einer hohen Wahrscheinlichkeit auszulegen ist, so lässt sich auch dies maßgeblich auf Basis teleologischer Erwägungen beantworten. Bereits Informationen über solche Umstände, die mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% + X in Zukunft eintreten werden, verschaffen dem Insider beziehungsweise der 1237 Kocher / Widder,
CFL 2011, 88 (91). NJW 2013, 2114 (2118); EuGH, NJW 2012, 2787 (2789). 1239 Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 72. 1240 Möllers / Seidenschwann, NJW 2012, 2762 (2763); vgl. Klöhn, NZG 2011, 166 (168). 1238 BGH
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Gruppe von Insidern einen Informationsvorsprung, der die Einschätzung von Marktrisiken erleichtert, und deren Ausnutzung daher geeignet ist, Vorteile zum Nachteil Dritter zu erzielen. Damit führt bereits die Kenntnis derartiger Informationen zu einer Wettbewerbsverzerrung zwischen den Kapitalmarktteilnehmern und in der Folge zu einer Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte. Dementsprechend erscheint es nur folgerichtig, wenn derartige Informationen bereits als Insider informationen erachtet werden und sowohl dem Verbot des § 14 WpHG als auch der Publizitätspflicht des § 15 WpHG unterliegen. Eine übermäßige Kriminalisierung der an den Börsen üblichen Spekulationen erfolgt hierdurch nicht und ist auch insoweit hinzunehmen, als dass der Kapitalmarkt stärker vom Vertrauen des breiten Anlegerpublikums profitiert, das nur dann gewährleistet ist, wenn die Erzielbarkeit von Sondervorteilen durch Insider entsprechend unterbunden wird. Zum anderen entsteht auch eine Überlastung der Kapitalmärkte durch die Publikation derartiger Informationen nicht, da insoweit nur solche Informationen zu veröffentlichen sind, die auch ein verständiger Anleger bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde und an denen der Kapitalmarkt dementsprechend ein gerechtfertigtes Interesse hat.1241 b) Häufig auftretende Informationstypen im Kontext der Due Diligence Im Rahmen der Due Diligence werden dem potenziellen Erwerber eine Vielzahl unterschiedlicher Informationen zur Verfügung gestellt. Daher drängt sich die Frage auf, ob jedenfalls die regelmäßig in diesem Zusammenhang bereitgestellten Informationentypen als „konkrete Informationen über Umstände“ qualifiziert werden und damit Insiderinformationen darstellen können. aa) Tatsachen Bei einem Großteil der zugunsten des potenziellen Erwerbers bereitgestellten Informationen dürfte es sich um solche Informationen handeln, denen bestimmte Tatsachen zugrunde liegen. Hierunter versteht man in Anlehnung an den Tatsachenbegriff der §§ 185 ff., 263 StGB grundsätzlich alle gegenwärtigen oder vergangenen Verhältnisse, Zustände oder Geschehnisse der Außenwelt sowie des menschlichen Innenlebens, die dem Beweis zugänglich sind.1242 Derartige Informationen werden stets deshalb im Vorderin: KölnKomm WpHG1, § 13 Rn. 93. S. 33; Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 13 Rn. 12; Barta, DZWIR 2012, 176 (179); Dierlamm, NStZ 1996, 519 (521); Diversy, 1241 Pawlik,
1242 Emittentenleitfaden,
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grund stehen, da der Erwerbsinteressent mit der Durchführung der Due Diligence das Ziel verfolgt, sich einen umfassenden Einblick über das Unternehmen zu verschaffen, auf Basis der erlangten Informationen den Unternehmenswert zu identifizieren und der Bestimmung eines adäquaten Kaufpreises des Aktienpakets zugrunde zu legen, die mit der Transaktion verbundenen Risiken zu ermitteln und diesen durch entsprechende Gewährleistungsvereinbarungen zu begegnen. Diese Ziele werden allerdings maßgeblich und am besten dann erreicht, wenn dem potenziellen Erwerber harte und belastbare Fakten zur Verfügung stehen, beispielsweise Informationen über die Finanzlage, die Ertragslage, den allgemeinen Geschäftsablauf, Kooperationsvereinbarungen, Beherrschungs- oder Gewinnabführungsverträge, den Abschluss, die Änderung oder die Kündigung besonders bedeutender Vertragsverhältnisse, Strukturentscheidungen und Restrukturierungsmaßnahmen, personelle Faktoren wie die Besetzung von Schlüsselposi tionen im Unternehmen oder Rechtsstreitigkeiten von besonderer Bedeutung.1243 Dass es sich bei derartigen Informationen um konkrete Informa tionen über Umstände handelt, steht außer Frage. Denn sie haben existente und dem Beweis zugängliche Umstände zum Gegenstand und sind in der Regel spezifisch genug, um einen Schluss auf die möglichen Auswirkungen dieser Umstände auf die Kurse von Finanzinstrumenten oder damit verbundenen derivativen Finanzinstrumenten zuzulassen.1244 bb) Ansichten, Meinungen, Werturteile, Bewertungen Aber nicht nur Tatsachen im klassischen Sinne wird der Vorstand dem potenziellen Erwerber zwecks Durchführung einer Due Diligence in der Regel zur Verfügung stellen. Vielmehr dürfte beispielsweise auch davon auszugehen sein, dass die bereitgestellten Informationen Meinungen, Ansichten, Werturteile oder vor allen Dingen auch Bewertungen bestimmter Aspekte enthalten, etwa die Bewertung des derzeitigen Unternehmensstatus oder der Entwicklung des Unternehmens in den vergangenen Jahren. Hierin: Graf / Jäger / Wittig, § 38 WpHG Rn. 33; Federlin, S. 35; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 31; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 35; Schröder, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 10 Kap. 2 Rn. 126; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 8; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 47; Wölk, AG 1997, 73 (77). 1243 Vgl. unter anderem Emittentenleitfaden, S. 53. 1244 So i. E. Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 8; auch Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 19; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 29, 30; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 35; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 47; Villeda, S. 154.
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bei handelt es sich nicht um Tatsachen im klassischen Sinne1245, sondern um Äußerungen, die durch Elemente der subjektiven Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt sind und deshalb nicht wahr oder unwahr, sondern je nach der persönlichen Überzeugung nur falsch oder richtig sein können.1246 Dass auch derartige Informationen konkrete Informationen über Umstände im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG darstellen können, ergibt sich bereits aus einem Umkehrschluss zu § 13 Abs. 2 WpHG. Denn, wenn dort davon die Rede ist, dass eine Bewertung, die ausschließlich auf Grund öffentlich bekannter Umstände erstellt wird, keine Insiderinformation ist, selbst, wenn sie den Kurs von Insiderpapieren erheblich beeinflussen kann, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass andere subjektive Ansichten potenziell Insiderinformationen darstellen können.1247 Allerdings trifft dies nicht auf jede subjektive Ansicht zu1248, da sie spezifisch genug sein müssen, um einen Schluss auf die möglichen Auswirkungen dieser Umstände auf die Kurse von Finanzinstrumenten oder damit verbundenen derivativen Finanzinstrumenten zuzulassen. Dies wird jedenfalls regelmäßig dann der Fall sein, wenn sie einen Tatsachenkern aufweisen, da sie dann auf einer verlässlichen und nachvollziehbaren Grundlage beruhen und überprüfbar sind.1249 Aber auch in dem Fall, dass ihnen kein Tatsachenkern zugrundeliegt, können sie durchaus Gegenstand einer Insiderinformation sein. Dies dann, wenn sie – im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens – von den die Kursbildung beeinflussenden Marktteilnehmern als Tatsachen behandelt würden.1250 Wann dies der Fall ist, bestimmt sich maßgeblich danach, in 1245 Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 39; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.480. 1246 BVerfG NJW 1983, 1415 (1415, 1416); BGH NJW 1998, 3047 (3048); Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, StGB, § 186 Rn. 3; Regge / Pegel, in: MüKo StGB, Bd. 4, § 186 Rn. 6. 1247 Koch, S. 118; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 43; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 34. 1248 Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 38 WpHG Rn. 4. 1249 Bürgers, BKR 2004, 424 (424); Claussen / Florian, AG 2005, 745 (748, 749); Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 41; Merkner / Sustmann, NZG 2005, 729 (731); Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 35; Park, NStZ 2007, 369 (371); Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.480; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 54; Speier, S. 53, 55; Walz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 48 Rn. 7; Veith, NZG 2005, 254 (255); Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 38 WpHG Rn. 6; allein auf den Tatsachenkern abstellend Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 15; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 48; Villeda, S. 157; das Erfordernis des Tatsachenkerns als entbehrlich erachtend Uhl, S. 17. 1250 Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 13 WpHG Rn. VI81; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 43; Pananis, in: MüKo StGB,
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
welcher Beziehung die die subjektive Auffassung äußernde Person zum Emittenten steht, ob dieser von der Öffentlichkeit eine Stellung zugesprochen wird, die es ihr ermöglicht, zu dem den Ansichten zugrunde liegenden Sachverhalten Stellung zu beziehen und ob diese nach Ansicht der Öffentlichkeit hinreichend qualifiziert und mit den notwendige Fachkenntnissen ausgestattet ist, um die jeweiligen Sachverhalte zutreffend zu beurteilen.1251 Begründen lässt sich diese Annahme anhand des Sinns und Zwecks des § 14 WpHG. Denn, wenn diese Vorschrift die Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte dadurch gewährleisten soll, dass sie die Erzielung von Sondervorteilen unter Verstoß gegen die Chancengleichheit verhindert, so müssen auch gerade solche Informationen als konkrete Informationen über Umstände und damit als potenzielle Insiderinformationen erachtet werden, die der Markt als Tatsache behandeln würde.1252 cc) Rechtsauffassungen Denkbar erscheint weiterhin auch, dass die bereitgestellten Informationen Rechtsauffassungen enthalten. Dies deshalb, da den potenziellen Erwerber in der Regel auch die rechtliche Situation des Unternehmens interessieren und der Vorstand bei Interesse an einem Aktionärswechsel bemüht sein wird, bestehende Rechtsstreitigkeiten so darzustellen, dass sie das Unternehmen nicht in ein (allzu) ungünstiges Licht rücken. Versteht man unter Rechtsauffassungen „Ansichten über die Anwendung objektiven Rechts auf objektive Sachverhalte“ so erscheint es zunächst zweifelhaft, ob es sich hierbei um konkrete Informationen über Umstände handeln kann, da sie jedenfalls in Ermangelung einer Beweisbarkeit keine Tatsachen im klassischen Sinne darstellen.1253 Vorausgehend wurde allerdings bereits festgestellt, dass auch subjektive Ansichten als „konkrete Informationen über Umstände“ in Betracht kommen, sofern sie über einen Tatsachenkern verfügen oder – im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens – von den die Kursbildung beeinflussenden Marktteilnehmern als Tatsachen behandelt würden. Dementsprechend können auch Rechtsauffassungen bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG Insiderinformationen darstellen.1254 Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 35; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.480; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 54. 1251 Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 13 WpHG Rn. VI81; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 43; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 54. 1252 Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 43. 1253 Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 84; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 44.
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dd) Absichten, Pläne, Vorhaben Schließlich dürfte kein Zweifel daran bestehen, dass die Vorstandsmitglieder dem potenziellen Erwerber auch Informationen über Absichten, Pläne und Vorhaben des Unternehmens zur Verfügung stellen werden, da dessen zukünftige Entwicklung für den potenziellen Erwerber im Hinblick auf die Rentabilität der geplanten Transaktion von regem Interesse ist. Ob derartige Absichten, Pläne und Vorhaben für die Vorstandsmitglieder als diejenigen, die diese als Leitungsorgan der Gesellschaft verfolgen, konkrete Informa tionen über Umstände im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG darstellen, könnte mit Blick auf die Rechtsprechung zu bezweifeln sein. Denn jedenfalls für den Fall des sogenannten Scalpings – also dem Fall, dass jemand Wertpapiere mit der Absicht erwirbt, sie kurz danach weiterzuempfehlen, um sie anschließend gewinnbringend wieder zu veräußern – hat diese den Standpunkt vertreten, dass ein Verwenden einer Insiderinformation im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG nicht angenommen werden könne, da selbstgeschaffene (innere) Tatsachen wie Absichten oder Pläne für denjenigen, der diese gefasst habe, keine Insiderinformationen darstellten, der Begriff der Information vielmehr einen Drittbezug voraussetze, da sich eine Person nicht über einen von ihr selbst gefassten Gedanken informieren könne.1255 Dass diese Feststellung aber jedenfalls im Rahmen der vorliegend zu untersuchenden Mitteilung der Absichten oder Pläne an den potenziellen Erwerber im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG keine Relevanz erlangen kann, ergibt sich bereits daraus, dass durch die Weitergabe gerade ein Drittbezug hergestellt wird. Zudem verfügte der Vorstand anderenfalls auch über die Möglichkeit, Informationen über eigens gefasste Absichten und Pläne, die durchaus spezifisch genug sein können, um einen Schluss auf die möglichen Auswirkungen dieser des jeweiligen Plans oder Vorhabens auf die Kurse von Finanzinstrumenten oder damit verbundenen derivativen Finanzinstrumenten zuzulassen – und auch den Börsen- oder Marktpreis im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens erheblich zu beeinflussen1256 –, sanktionslos einem Dritten mitzuteilen oder zugänglich zu machen. Dies liefe aber gerade dem Zweck der Vorschrift zuwider, die informationelle Chancengleichheit zugunsten der Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte zu 1254
1254 Lücker, S. 53; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 44, 45; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 35; Villeda, S. 160. 1255 BGH NJW 2004, 302 (303); dem folgend auch Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 83; Wittig, WStR, § 30 Rn. 23; a. A. beispielsweise Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 42; Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 13 Rn. 10; Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 13 Rn. 16; Pananis, in: MüKo, StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 39. 1256 Vogel, NStZ 2004, 252 (253).
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gewährleisten und die Zahl der Insider so klein wie möglich zu halten. Dementsprechend kommen – jedenfalls vorliegend – auch Absichten, Pläne und Vorhaben als Gegenstand einer Insiderinformation in Betracht.1257 2. Nicht öffentlich bekannt Weiterhin kann vom Vorliegen von Insiderinformationen nur dann ausgegangen werden, wenn es sich um Informationen über nicht öffentlich bekannte Umstände handelt. Denn öffentlich bekannte Umstände weisen natura rerum keine Insiderrelevanz auf.1258 Der Insider verfügt ausschließlich dann über einen die Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte und die Chancengleichheit der Marktteilnehmer beeinträchtigenden Informationsvorsprung, wenn die Informationen nur ihm oder einem kleinen Personenkreis bekannt sind. Genießen die Informationen hingegen bereits allgemeine Bekanntheit, so kann kein Sondervorteil mehr gegenüber den übrigen Marktteilnehmern erzielt werden, sodass auch eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte nicht zu befürchten ist.1259 Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber auch gerade das Institut der Ad-hoc-Publizität in § 15 WpHG geregelt, mit dem Insiderdelikten durch eine Pflicht zur frühzeitigen Veröffentlichung der Informationen begegnet werden soll.1260 a) Öffentlichkeit In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim Merkmal der fehlenden öffentlichen Bekanntheit um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, bedarf dieser allerdings einer näheren Konkretisierung und Präzisierung. Einigkeit herrscht insoweit jedenfalls dahingehend, dass die Informationen weder – wie es für § 17 Abs. 1 UWG und § 404 Abs. 1 AktG Voraussetzung war – einen Geheimnischarakter aufweisen noch vertrauliche Angaben darstellen müssen.1261 Umstritten ist allerdings die Frage, wann eine Informa1257 Zur Eigenschaft von Absichten, Plänen und Vorhaben als Insiderinformationen vgl. auch Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 80; Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 13 Rn. 67; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 57 ff.; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 39; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 17; Walz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktG, § 48 Rn. 7. 1258 Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 77. 1259 Wehowsky, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 8. 1260 Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 29. 1261 Aldoney, S. 194; Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 13 Rn. 26; Diversy, in: Graf / Jäger / Wittig, § 38 WpHG Rn. 42; Hilgendorf, in: Park, KapMStR,
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tion dann als öffentlich bekannt im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG zu erachten ist. aa) Kenntnisnahmemöglichkeit durch die Bereichsöffentlichkeit Zum Teil wird insoweit die Ansicht vertreten, Informationen seien bereits dann als öffentlich bekannt im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG zu erachten, wenn eine unbestimmte Anzahl von Personen aus dem Kreis der Marktteilnehmer faktisch in der Lage ist, von diesen Kenntnis zu nehmen. Eine Publikation über Massenmedien und eine Kenntnisnahme der breiten Öffentlichkeit sei insoweit nicht erforderlich. Es genüge vielmehr jede Art der Veröffentlichung, die dazu geeignet ist, der sogenannten Bereichsöffentlichkeit die Möglichkeit zur Kenntnisnahme der Informationen zu verschaffen.1262 Geltend gemacht wird für diese Auffassung zunächst die Gesetzesbegründung zum Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz, die eindeutig davon spreche, dass eine Information bereits dann öffentlich bekannt sei, „wenn die sogenannte Bereichsöffentlichkeit hergestellt“ werde, die dann vorliege, „wenn die Marktteilnehmer von [der jeweiligen Information] Kenntnis nehmen“ könnten.1263 Da weder die Marktmissbrauchsrichtlinie noch die Gesetzesbegründung zum Anlegerschutzverbesserungsgesetz gegenläufige Anhaltspunkte enthielten, könne davon ausgegangen werden, dass der Gesetz§ 13 WpHG Rn. 96, Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 13 Rn. 125; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 78; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 47; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 55; zur alten Rechtslage Federlin, S. 31; Lücker, S. 55; Menke, NZG 2004, 697 (700); a. A. Claussen, ZBB 1992, 267 (275), der zumindest Vergleichbarkeit verlangt. 1262 Emittentenleitfaden, S. 34; Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 13 Rn. 34; ders., AG 1994, 237 (242); Claussen / Florian, AG 2005, 745 (749); Diversy, in: Graf / Jäger / Wittig, § 38 WpHG Rn. 42; Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 96; Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 25; Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 13 Rn. 128; Koch, S. 241; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 81 ff.; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 48; Park, NStZ 2007, 369 (373); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 114; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.489; Schneider, NZG 2005, 702 (703); Schröder, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 10 Kap. 2 Rn. 142; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 30; Speier, S. 60; Uhl, S. 20; Walz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 48 Rn. 9; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 9; Zumbansen / Lachner, BB 2006, 613 (616); zur alten Rechtslage vgl. Koch, S. 121; Park, BB 2001, 2069 (2072); Weber, BB 1995, 157 (163). 1263 BT-Drucks. 12 / 6679, S. 46; Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 13 WpHG Rn. VI84; Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 98; Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 13 Rn. 134; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 81, 83; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.489; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 56; Speier, S. 60; Villeda, S. 162.
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geber nach wie vor die Kenntnisnahmemöglichkeit durch die Bereichsöffentlichkeit als ausreichend erachte.1264 Bestätigt werde diese Auffassung dadurch, dass eine Information, „die nach Maßgabe des § 15 Abs. 5, 7 i. V. m. § 5 S. 1 Nr. 1 WpAIV über ein elektronisch betriebenes Informa tionsverbreitungssystem wie Reuters, VWD oder Bloomberg veröffentlicht wird, das bei Kreditinstituten, nach § 53 Abs. 1 Satz 1 KWG tätigen Unternehmen, anderen Unternehmen, die ihren Sitz im Inland haben und an einer inländischen Börse zur Teilnahme am Handel zugelassen sind, sowie Versicherungsunternehmen weit verbreitet ist, bereits mit der Herstellung dieser Bereichsöffentlichkeit ihren Charakter als Insiderinformation verliert“.1265 Zwar sieht § 5 Abs. 1 Nr. 2 WpAIV ergänzend vor, dass die Informationen auch unter der Adresse des Emittenten für die Dauer von mindestens einem Monat verfügbar sein muss, sofern dieser über eine Adresse im Internet verfügt. Dies könnte darauf hindeuten, dass nur die Kenntnisnahmemöglichkeit durch die breite Öffentlichkeit für die Annahme der öffentlichen Bekanntheit der Informationen ausreiche. Allerdings stellt § 5 S. 2 WpAIV insoweit klar, dass die Veröffentlichung nach § 5 S. 1 Nr. 2 WpAIV nicht vor der Veröffentlichung gemäß § 5 S. 1 Nr. 1 WpAIV erfolgen darf, sodass für die Frage der öffentlichen Bekanntheit der Informationen primär auf das Konzept der Bereichsöffentlichkeit abzustellen sei.1266 Auch § 3a WpAIV stehe diesem Verständnis nicht entgegen. Zwar gibt dieser vor, dass die Insiderinformationen zur Veröffentlichung auch solchen Medien zuzuleiten sind, bei denen davon ausgegangen werden kann, dass sie die Information in der gesamten Europäischen Union und in den übrigen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum verbreiten. Allerdings müsse auch an dieser Stelle systematisch § 5 S. 1 Nr. 1 WpAIV beachtet werden, sodass bereits die Herstellung der Bereichsöffentlichkeit zur öffentlichen Bekanntheit der Informationen führe.1267 Aber auch neben diesen gesetzessystematischen Erwägungen sprächen weiterhin teleologische Gesichtspunkte und Praktikabilitätsgründe für die Richtigkeit des Abstellens auf das Konzept der Bereichsöffentlichkeit. Eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte und des Vertrauens der Anleger sei bei Ausreichenlassen der Kenntnisnahmemöglichkeit durch die 1264 Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 98; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 81. 1265 Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 25; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 85; Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 114; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 48; Uhl, S. 20, Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 9. 1266 Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 85; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 48; Villeda, S. 163. 1267 Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 86; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 48.
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professionellen Marktteilnehmer für die Annahme der öffentlichen Bekanntheit der Informationen nicht zu befürchten, da damit gerechnet werden könne, dass der Markt durch die Herstellung der Bereichsöffentlichkeit bereits so stark beeinflusst werde, dass eine Erzielung von wesentlichen Insidergewinnen ab diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich sei.1268 Im Gegensatz dazu erschiene es der Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte gerade abträglich, wenn man für die öffentliche Bekanntheit der Informationen die Kenntnisnahmemöglichkeit durch die breite Öffentlichkeit forderte, da deren Information einige Zeit in Anspruch nähme und die jeweilige Insiderinformation während dieses Zeitraums einem immer größer werdenden Personenkreis bekannt würde, was die Gefahr der Vornahme von Insidergeschäften stark ansteigen ließe.1269 Zudem ließe sich im Falle der Notwendigkeit der Kenntnisnahme durch das breite Anlegerpublikum auch schwerer ermitteln, zu welchem Zeitpunkt die Information ihren Charakter als Insiderinformation verlöre und damit nicht mehr Basis von Insiderdelikten sein könne.1270 bb) Kenntnisnahmemöglichkeit durch die breite Öffentlichkeit Andere Stimmen sind hingegen der Auffassung, von einer öffentlichen Bekanntheit der Informationen im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG könne nur dann gesprochen werden, wenn die breite Öffentlichkeit faktisch in der Lage sei, von dieser Kenntnis zu nehmen. Erforderlich sei demnach, dass die Informationen über Massenmedien publiziert worden sind.1271 Begründet wird diese Auffassung zunächst damit, dass die Bereichsöffentlichkeit – wie sie die Gegenauffassung für die Annahme der öffentlichen Bekanntheit der Informationen als ausreichend erachtet – gemäß § 15 Abs. 1 S. 1, Abs. 7 WpHG i. V. m. §§ 4 ff. WpAIV nur durch den Emittenten hergestellt werden könne. Habe hingegen ein Anleger von bestimmten Insiderinformationen Kenntnis erlangt, dürfe er diese weder weitergeben noch verwenden, 1268 BT-Drucks. 12 / 6679, S. 46; Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 13 Rn. 35; Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 13 WpHG Rn. VI84; Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 98; Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 13 Rn. 29; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.490; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 31; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 56; Speier, S. 60; Uhl, S. 20. 1269 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 13 Rn. 35; Dierlamm, NStZ 1996, 519 (522); Pawlik, in: KölnKomm WpHG, § 13 Rn. 26; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 31; Uhl, S. 21. 1270 Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 13 Rn. 26, 29. 1271 Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 13 WpHG Rn. VI84; zur alten Rechtslage vor Inkrafttreten des AnSVG Lücker, S. 58, 59; Schwark, ZBB 1996, 261 (263).
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da er sich anderenfalls strafbar machen könnte. Da sie die erlangten Informationen aber auch nicht publizieren dürften, seien sie bis zur entsprechenden Veröffentlichung durch den Emittenten handlungsunfähig. Folglich müsse auch für Anleger die Möglichkeit bestehen, Publizität herzustellen, was nur über die allgemein zugänglichen Massenmedien erfolgen könne.1272 Des Weiteren ergäbe sich die Notwendigkeit der Kenntnisnahmemöglichkeit durch die breite Öffentlichkeit mittels Verbreitung über Massenmedien daraus, dass nur eine derartige Auslegung der Zielsetzung der Insiderdelikte hinreichend Rechnung trage, die Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte und als dessen Grundvoraussetzungen das Vertrauen der Anleger und die Chancengleichheit zwischen diesen zu gewährleisten. Denn werde diesen kein gleichberechtigter Zugang zu den fraglichen Informationen ermöglicht, so habe dies zwangsläufig zur Folge, dass sie ihr Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit der Kapitalmärkte verlören und sich von diesen abwendeten, was wiederum nachhaltige negative Konsequenzen für die Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte habe.1273 Dass die professionellen Marktteilnehmer von den Informtionen Kenntnis nehmen können, steuere dem nicht entgegen und könne daher auch nicht als ausreichend für die Annahme der öffentlichen Bekanntheit der Informationen ausreichen, da für das Vertrauen der Anleger nicht nur die strukturelle Bevorzugung von Insidern, sondern auch diejenige von professionellen Marktteilnehmern abträglich sei. Denn auch hier bestehe eine Informationsasymmetrie zulasten der Anleger, die diese neben den ohnehin mit Aktiengeschäften einhergehenden Risiken, die sich aus der Eigendynamik des Wertpapierhandels und der aus der Beteiligung an der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens ergeben, nicht willens seien, in Kauf zu nehmen.1274 cc) Stellungnahme Unter Berücksichtigung der vorgetragenen Argumente dürfte im Ergebnis der Ansicht zu folgen sein, dass von einer öffentlichen Bekanntheit der Informationen bereits dann ausgegangen werden kann, wenn die Bereichsöffentlichkeit in der Lage ist, sich über diese in Kenntnis zu versetzen. Nicht nur, dass diese Auffassung dem Willen des Gesetzgebers entspricht, der zum einen bereits bei Schaffung des WpHG zum Ausdruck gekommen ist und auch heute an einigen Stellen innerhalb des Gesetzes zugrunde gelegt wird. Vielmehr trägt dieses Verständnis auch dem Umstand Rechnung, dass sich die Insiderinformationen bei Herstellung der Bereichsöffentlichkeit zumeist um1272 Sethe,
in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 115. alten Rechtslage vor Inkrafttreten des AnSVG Lücker, S. 58, 59. 1274 Vgl. Teil 2, C. I. 3. b). 1273 Zur
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gehend in den Börsenkursen widerspiegeln und eine Übervorteilung der einfachen Kapitalmarktteilnehmer kaum zu erwarten ist. Die Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte und das Vertrauen der Anleger in deren Ordnungsmäßigkeit sowie die Chancengleichheit zwischen den Anlegern würden weitaus intensiver beeinträchtigt, wenn man statt der Kenntnisnahmemöglichkeit der Bereichsöffentlichkeit diejenige der breiten Öffentlichkeit forderte, da auch in letzterem Fall eine Informationssymmetrie entstünde, die allerdings in Anbetracht der zeitlichen Erstreckung des Publikationsvorgangs ein viel größeres Risikopotenzial für Insiderkriminalität birgt. b) Vorliegen der Bereichsöffentlichkeit Von der Bereichsöffentlichkeit einer Information kann allgemein dann ausgegangen werden, wenn der gewöhnliche Lauf der Dinge erwarten lässt, dass die professionellen Marktteilnehmer Zugang zu den betreffenden Insiderinformationen haben.1275 Unzweifelhaft ist dies jedenfalls dann der Fall, wenn die Informationen nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 S. 1, Abs. 7 WpHG i. V. m. §§ 4 ff. WpAIV oder über ein im Finanzsektor verbreitetes Informationsverbreitungssystem veröffentlicht wurden.1276 Es ist allerdings nicht zwangsläufig erforderlich, dass die Veröffentlichung nach Maßgabe der einschlägigen Veröffentlichungsvorschriften erfolgt ist, da grundsätzlich auch andere Arten der Veröffentlichung ausreichen können, um die Bereichs öffentlichkeit herzustellen.1277 In Betracht kommt daher selbstverständlich beispielsweise auch die Veröffentlichung über Massenmedien wie Fernsehen oder Rundfunk.1278 Weiterhin ist auch die Publikation im überregionalen Börsenpflichtblatt oder im elektronischen Bundesanzeiger als ausreichend zu erachten.1279 Umstritten ist hingegen, ob das Internet zur Herstellung der 1275 Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 87, 94; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.491. 1276 Benner, in: Wabnitz / Janovsky3, Kap. 9 Rn. 105; Hilgendorf, in: Park, Kap MStR, § 13 WpHG Rn. 99; Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 13 Rn. 134; Men nicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 92; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.491; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 32. 1277 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 13 Rn. 31; Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 97; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 88; Park, NStZ 2007, 369 (373); Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 9. 1278 Diversy, in: Graf / Jäger / Wittig, § 38 WpHG Rn. 43; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 30. 1279 Benner, in: Wabnitz / Janovsky3, Kap. 9 Rn. 104; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 95; Schneider, NZG 2005, 702 (706); Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 34.
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Bereichsöffentlichkeit herangezogen werden kann. Während dies einerseits verneint wird, da es nicht hinreichend durch die Marktteilnehmer beobachtet werde und der Gesetzgeber mit § 5 Abs. 2 WpAIV zum Ausdruck gebracht habe, dass der Emittent auf ein Informationsinstrumentarium zurückgreifen müsse, das die Anleger gezielt über Insiderinformationen in Kenntnis setzt1280, wird andererseits die Ansicht vertreten, das auch das Internet angesichts der Akzeptanz in der breiten Bevölkerung zur Herstellung der öffentlichen Bekanntheit genutzt werden könne, sofern die Publikation auf einer Internetpräsenz erfolge, die von Anlegern regelmäßig aufgesucht werde.1281 Veröffentlichungen in Hauptversammlungen oder auf Pressekonferenzen sind demgegenüber nicht geeignet, Bereichsöffentlichkeit herzustellen.1282 Auch Informationen, die außerhalb der beschriebenen Kommunikationswege beispielsweise innerhalb von Vertrags- oder geschäftsbezogenen Beziehungen kommuniziert werden, können nicht als offenkundig deklariert werden.1283 c) Fehlende öffentliche Bekanntheit der bereitgestellten Informationen Im Hinblick auf die Informationen, die dem potenziellen Erwerber des Aktienpakets zu Zwecken der Durchführung einer Due Diligence durch die Vorstandsmitglieder bereitgestellt werden, ist – wie bereits im Rahmen der § 17 Abs. 1 UWG und § 404 Abs. 1 AktG unter dem Gesichtspunkt der mangelnden Offenkundigkeit – nach Art der konkreten Informationen zu differenzie1280 Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 93; i. E. ablehnend auch Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 25; Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 13 Rn. 35; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 54. 1281 Diversy, in: Graf / Jäger / Wittig, § 38 WpHG Rn. 43; Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 13 WpHG Rn. VI84; Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 100; Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 25; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 32; ähnlich Klöhn, in: KölnKomm WpHG § 13 Rn. 137. 1282 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 13 Rn. 39, 40; Claussen / Florian, AG 2005, 745 (749); Diversy, in: Graf / Jäger / Wittig, § 38 WpHG Rn. 44; Federlin, S. 44; Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 101; Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 25; Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 13 Rn. 138, 139; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 98; Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 118; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.492; Schneider, NZG 2005, 702 (706); Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 35, 36; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 57; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 9; Wittig, WStR, § 30 Rn. 25. 1283 Zumbansen / Lachner, BB 2006, 613 (616).
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ren. Sicherlich werden sich unter den bereitgestellten Informationen zum Teil auch solche befinden, die bereits über das Internet, Handelsregister, Grundbücher oder speziell geschaffene M&A-Informationsdienste erlangt werden können, damit zumindest den professionellen Marktteilnehmern bereits bekannt sein werden und folglich als öffentlich bekannt einzustufen sind. Andererseits wird der potenzielle Erwerber den Vorstand vor allem auch um die Offenlegung solcher Informationen bitten, deren Kenntnisnahme dem professionellen Börsenpublikum bislang noch nicht ermöglicht wurde. Zumindest ein Teil der zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informationen kann daher als nicht öffentlich bekannt qualifiziert werden. 3. Emittenten- oder Insiderpapierbezug Ferner kann den zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informationen nur dann die Eigenschaft als Insiderinformationen im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG attestiert werden, wenn diese einen Emittentenoder einen Insiderpapierbezug aufweisen. a) Eigenständige Bedeutung des Merkmals Zum Teil wird in der Literatur die Eigenständigkeit des Merkmals des Emittenten- oder Insiderpapierbezugs der Informationen bezweifelt.1284 Begründet wird diese Auffassung damit, dass kaum ein Sachverhalt denkbar erscheine, in dem Umstände zwar hinreichend konkret und kurserheblich seien, ein Bezug zum Emittenten oder zum Insiderpapier jedoch verneint werden müsse.1285 Das Merkmal könne aufgegeben werden, da eine hinreichende Begrenzung des Begriffs der Insiderinformation über das Merkmal der „Eignung zur erheblichen Beeinflussung des Börsen- und Marktpreises“ erfolgen könne. Auch die Gesetzesbegründung zum Anlegerschutzverbesserungsgesetz diskutiere den Aspekt des Emittenten- und Insiderpapierbezugs ausschließlich im Kontext der Kurserheblichkeit.1286 Dem steht jedoch der eindeutige Wortlaut des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG entgegen, der den Emittenten- und Insiderpapierbezug ausdrücklich als ei1284 So vor allem Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 13 Rn. 46; ders., AG 1994, 237 (243) Clausen / Florian, AG 2005, 745 (749); Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 13 Rn. 121 ff.; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 41; Speier, S. 65. 1285 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 13 Rn. 46; ders., AG 1994, 237 (243); Clausen / Florian, AG 2005, 745 (749); Speier, S. 65. 1286 BT-Drucks. 12 / 6679, S. 33, 34; so auch schon BT-Drucks. 12 / 6679, S. 46; dies feststellend Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 106.
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genständiges Tatbestandsmerkmal anführt.1287 Auch, wenn man davon ausgeht, dass nur sehr wenige Fälle denkbar erscheinen, in denen ein Umstand trotz hinreichender Konkretheit und Kurserheblichkeit keinen Emittentenoder Insiderpapierbezug aufweist, so führte die Streichung dieses Tatbestandsmerkmals in diesen Fällen zu einer unzulässigen Ausdehnung der Strafbarkeit zu Lasten des betroffenen Primärinsiders im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG. Daher stellt der Emittenten- und Insiderpapierbezug ein eigenständiges Begriffsmerkmal des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG dar.1288 b) Emittentenbezug Von einem Bezug der fraglichen Umstände zum Emittenten kann zunächst dann ausgegangen werden, wenn es sich um solche handelt, die im Unternehmen selbst begründet und in dessen Tätigkeitsbereich eingetreten sind (unternehmensinterne Umstände).1289 Dies ergibt sich bereits systematisch aus einer Zusammenschau mit § 15 Abs. 1 S. 3 WpHG, der beispielhaft solche Umstände als den Emittenten „unmittelbar betreffend“ charakterisiert, die in seinem Tätigkeitsbereich eingetreten sind. Zwar könnten hinsichtlich dieser Parallele Zweifel dadurch aufkommen, dass § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG von einem „Bezug“ zum und § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG von einer „Betroffenheit“ des Emittenten spricht. Hierbei handelt es sich allerdings lediglich um eine unpräzise Übersetzung der Marktmissbrauchsrichtlinie, sodass beide Begriffe letztlich als synonym zu erachten sind.1290 Zu den tätigkeitsbereichsbezogenen Informationen in diesem Sinne zählen beispielsweise solche über die Finanzlage, die Ertragslage, den allgemeinen Geschäftsablauf, Eingliederungen, Kooperationsvereinbarungen, Investitionen, Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge, Umwandlungen oder sonstige wesentliche Strukturveränderungen, den Erwerb oder die Veräußerung wesentlicher Beteiligungen, bedeutende Erfindungen oder die personelle 1287 Caspari, ZGR 1994, 530 (540); Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 107; Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 13 Rn. 38. 1288 Caspari, ZGR 1994, 530 (540); Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 103; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 107; Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 13 Rn. 38. 1289 Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 13 WpHG Rn. VI87; Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 104; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 110; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 43; Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 13 Rn. 39; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.495; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 38. 1290 Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 121, der darauf hinweist, dass die Marktmissbrauchsrichtlinie in Erwägungsgrund Nr. 16 für beide Begriffe das Wort „relat ed“ verwendet und somit keine Unterscheidung vorgibt.
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und organisatorische Struktur des Emittenten wie personelle Veränderungen in Schlüsselpositionen des Unternehmens.1291 Daneben können weiterhin auch solche Umstände emittentenbezogene Informationen darstellen, die ihren Ursprung außerhalb des Unternehmens haben beziehungsweise die Beziehung des Emittenten zur Umwelt betreffen, sofern sie einen Bezug zu diesem aufweisen (unternehmensexterne Umstände).1292 Hierunter fallen beispielsweise die Einleitung staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen oder eines Gerichtsverfahrens gegen den Vorstand oder einzelne Vorstandsmitglieder des Unternehmens, das Fusionsangebot eines anderen Unternehmens oder die kartellbehördliche Untersagung eines Zusammenschlusses.1293 c) Insiderpapierbezug Weiterhin reicht ausweislich des Wortlauts des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG auch ein Bezug der fraglichen Umstände zum emittierten Wertpapier aus, damit diese Gegenstand einer Insiderinformation sein können. Hierzu zählen beispielsweise Umstände wie das Vorliegen eines bestimmten Ordervolumens, die Erteilung einer Order zum Erwerb oder zur Veräußerung einer namenhaften Menge an Wertpapieren, Umwandlungen von Namensaktien in Inhaberaktien, die geplante Empfehlung eines Wertpapiers, Veränderungen in der Aktionärsstruktur, beabsichtigte Kursaussetzungen oder Kurspflege1291 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 13 Rn. 48; Dierlamm, NStZ 1996, 519 (521); Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 104; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 110; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 43; Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 13 Rn. 39; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.495; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, Kap MR, § 13 WpHG Rn. 38; Villeda, S. 164; Walz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 48 Rn. 12; Weber, BB 1995, 157 (163); Wehowsky, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 10. 1292 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 13 Rn. 48; Dierlamm, NStZ 1996, 519 (521); Diversy, in: Graf / Jäger / Wittig, § 38 WpHG Rn. 46; Federlin, S. 46; Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 104; Hopt, in: Schiman sky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 26; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 111; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 43; Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 13 Rn. 40; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.495; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 38; Walz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 48 Rn. 12; Weber, BB 1995, 157 (163). 1293 Dierlamm, NStZ 1996, 519 (521); Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 104; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 111; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 43; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.495; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 38.
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maßnahmen.1294 Eine klare Konturierung und Abgrenzung zu Informationen, die einen Emittentenbezug aufweisen, gestaltet sich oftmals als schwierig. Deutlich wird dies unter anderem am Beispiel der Dividendenhöhe einer Kapitalbeteiligung. Denn diese entsteht einerseits unternehmensintern und hat Auswirkungen auf den im Unternehmen verbleibenden Gewinnanteil, andererseits ist sie aber auch gerade für die Beurteilung des Wertpapiers von Bedeutung.1295 Da jedoch sowohl Informationen mit Emittentenbezug als auch solche mit Insiderpapierbezug als Insiderinformationen in Betracht kommen, ist eine genaue Abgrenzung auch nicht erforderlich.1296 d) Marktinformationen Ein Sonderproblem stellen sogenannte Marktinformationen dar. Hierbei handelt es sich um solche Informationen, die sich unmittelbar auf die Märkte selbst oder deren Rahmenbedingungen beziehen.1297 Gemeint sein können hiermit Informationen über unternehmens- und kapitalmarktnahe Ereignisse bis hin zu wirtschaftlichen oder politischen Vorkommnissen, die die gesamte Wirtschaft oder aber einzelne Branchen betreffen.1298 Ob auch derartige Informationen einen ausreichenden Emittenten- oder Wertpapierbezug im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG aufweisen und damit als Insiderinformationen in Betracht kommen, ist in der Literatur umstritten. Zum Teil wird insoweit die Ansicht vertreten, Marktinformationen wiesen regelmäßig keinen ausreichenden Emittenten- oder Wertpapierbezug auf, um als Insiderinformationen in Betracht kommen zu können.1299 Etwas Anderes 1294 Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 106; Hopt, in: Schiman sky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 26; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 113, 115; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 44; Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 13 Rn. 41; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.496; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 39; Villeda, S. 165; Wehowsky, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 10. 1295 Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 113. 1296 Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 109; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 39. 1297 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 8; Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 13 WpHG Rn. VI87; Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 105; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 116; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 44, 45; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 40. 1298 Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 104; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 116; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 46; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 40. 1299 Dierlamm, NStZ 1996, 519 (521); Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 45; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.481; Sethe, in:
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sei nach einzelnen Stimmen innerhalb dieser Auffassung nur dann der Fall, wenn sich die Informationen entweder – unmittelbar oder mittelbar – auf einen fest umrissenen Kreis von Emittenten bezögen oder ein spezifischer Insiderpapierbezug vorliege, der sich nicht in der bloßen Kursrelevanz der Informationen erschöpfe1300, oder aber sie sich auf einen fest umrissenen Kreis von Wertpapieren bezögen und sich ihre potenzielle Kursauswirkung auf diese beschränke1301. Begründet wird diese Auffassung damit, dass dem Merkmal des Emittenten- oder Insiderpapierbezugs innerhalb des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG eine Begrenzungsfunktion zuteil werde und ein bloß mittelbarer Insiderpapierbezug, allein bestehend in der möglichen Auswirkung der Information auf den Kurs des betreffenden Finanzinstruments, nicht ausreichen könne.1302 Da sich die Möglichkeit profitablen Insiderhandels vor allem dort ergebe, wo Schwankungen im Wert eines Emittenten gerade auf unternehmensspezifischen Risiken beruhten, entstünde zudem durch eine derartige Auslegung aus kriminalpolitischer Sicht auch keine wesentlichen Nachteile.1303 Zutreffend dürfte demgegenüber allerdings die Auffassung sein, nach der auch Marktinformationen Insiderinformationen im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG darstellen können.1304 § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG sieht keinerlei Einschränkung dahingehend vor, dass nur solche Informationen Insiderinformationen darstellen können, die einen spezifischen Bezug zu einem oder mehreren Emittenten oder einem oder mehreren Finanzinstrumenten aufweisen.1305 Es wäre allerdings – wie sich aus einem Umkehrschluss zu § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG, der sich ausdrücklich nur auf unmittelbar den Emittenten betreffende Insiderinformationen bezieht, ergibt –, zu erwarten gewesen, dass der Gesetzgeber eine derartige Einschränkung ausdrücklich vorgenommen hätte. Dass er dies aber auch tatsächlich nicht beabsichtigte, lässt sich der Gesetzesbegründung zum Anlegerschutzverbesserungsgesetz entnehmen, in der er insoweit ausführte, dass eine Insiderinformation bereits dann geAssmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 39; Tippach, WM 1993, 1269 (1270); wohl auch Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 13 Rn. 9, 45. 1300 Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 46. 1301 Tippach, WM 1993, 1269 (1270). 1302 Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 46. 1303 Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 46. 1304 Emittentenleitfaden, S. 34; Claussen / Florian, AG 2005, 745 (749); Diversy, in: Graf / Jäger / Wittig, § 38 WpHG Rn. 47; Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 13 WpHG Rn. VI87; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 120, 122; Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 13 Rn. 40; Schröder, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 10 Kap. 2 Rn. 138; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 39; Speier, S. 64; Uhl, S. 23; Walz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 48 Rn. 12; Wittig, WStR, § 30 Rn. 26. 1305 Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 118.
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geben ist, wenn der betreffende Emittent mittelbar von einem den Kurs erheblich beeinflussenden Ereignis oder Umstand betroffen ist.1306 Damit entspricht er letztlich den Vorgaben, die sich auch aus der Marktmissbrauchsrichtlinie ergeben. So legt Art. 1 Abs. 1 Marktmissbrauchsrichtlinie ausdrücklich fest, dass auch solche Informationen als Insiderinformationen in Betracht kommen, die einen oder mehrere Emittenten von Finanzinstrumenten oder ein oder mehrere Finanzinstrumente lediglich indirekt betreffen. Damit hat der europäische Gesetzgeber bewusst den Weg dafür geebnet, auch Marktinformationen als Insiderinformationen zu erfassen, denn „indirekt“ bedeutet gemäß Erwägungsgrund Nr. 16 der Marktmissbrauchsrichtlinie nichts Anderes, als dass sämtliche Informationen erfasst werden sollen, die Einfluss auf die Preisbildung und -entwicklung des Marktes haben können.1307 Schlösse man demgegenüber Marktinformationen vom Anwendungsbereich des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG und damit auch vom Anwendungsbereich der Insidertatbestände aus, so widerspräche dies nicht nur dem aufgezeigten Willen des Gesetzgebers, sondern liefe zudem auch dem Schutzzweck dieser Vorschriften zuwider. Denn gerade die Verwendung von Marktinformationen ist geeignet, das Vertrauen der Anleger in die Funk tionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte in besonderer Weise zu erschüttern.1308 e) Emittenten- oder Insiderpapierbezug der bereitgestellten Informationen Durch die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Informationen im Vorfeld der geplanten Pakettransaktion soll der potenzielle Erwerber die Möglichkeit erhalten, sich umfassend über das Unternehmen zu informieren, dessen Stärken und Schwächen zu identifizieren und hierdurch die Chancen und Risiken der geplanten Investition besser abschätzen zu können. Es liegt in der Natur der Sache, dass er nur dann über diese Möglichkeit verfügt, wenn die zur Verfügung gestellten Informationen einen entsprechenden Bezug zum Unternehmen beziehungsweise zum von diesem emittierten Wertpapier aufweisen, da sie auch nur in diesem Fall die möglichen Rückschlüsse auf das Unternehmen zulassen. Da selbst Marktinformationen und damit solche Informationen, die sich lediglich unmittelbar auf die Märkte selbst oder deren Rahmenbedingungen be1306 BT-Drucks. 15 / 3174, S. 33; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 118; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 41. 1307 Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 41; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 10; ähnlich Federlin, S. 48. 1308 Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 118.
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ziehen, zum Emittenten oder dem emittierten Wertpapier hingegen allenfalls einen mittelbaren Bezug aufweisen, dürfte davon auszugehen sein, dass ein Großteil der zu Zwecken der Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informationen den notwendigen Emittenten- oder Insiderpapierbezug aufweist. 4. Kursbeeinflussungspotenzial Schließlich können nur solche Informationen Insiderinformationen im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG darstellen, die geeignet sind, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen. In Anbetracht der Tatsache, dass die vorausgehend erörterten Begriffsmerkmale lediglich eine weiche Konturierung des Begriffs der Insiderinformation vornehmen, dürfte es sich bei diesem Merkmal um das wesentliche Kriterium zur Bestimmung des Vorliegens einer Insiderinformation handeln.1309 Daher verwundert es auch nicht, dass der Gesetzgeber diesbezüglich in § 13 Abs. 1 S. 2 WpHG eine nähere Konkretisierung dessen vorgesehen hat. In inhaltlicher Übereinstimmung mit Art. 1 Abs. 2 Durchführungsrichtlinie1310 soll hiernach den fraglichen Informationen dann eine Eignung zur Beeinflussung des Börsen- oder Marktpreises der Insiderpapiere im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens attestiert werden können, wenn ein verständiger Anleger die Information bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde. Damit hat der Gesetzgeber bereits einige wichtige Auslegungsfragen abschließend geklärt. a) Eignung zur Kursbeeinflussung Voraussetzung ist zunächst, dass die Informationen die Eignung aufweisen, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere zu beeinflussen. Durch die Ausgestaltung des Merkmals des Kursbeeinflussungspotenzials als abstraktes Gefährdungsmerkmal trägt der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung, dass die Insiderstraftatbestände des § 38 Abs. 1 WpHG ebenso wie bereits § 17 Abs. 1 UWG und § 404 Abs. 1 AktG abstrakte Gefährdungsdelikte darstellen.1311 1309 Mennicke / Jakovou,
in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 121. in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 122; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 42; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 65. 1311 Christoph, S. 47; Lücker, S. 64; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 123; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 44; Villeda, S. 145. 1310 Mennicke / Jakovou,
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
aa) Prognose Ob die Informationen die nötige Eignung aufweisen, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere zu beeinflussen, ist im Wege einer ex ante-Betrachtung unter Berücksichtigung aller sich aus dieser Perspektive ergebenden Umstände des jeweiligen Einzelfalls – und damit nicht nur der fraglichen Informationen, sondern unter Zugrundelegung der bekannten Marktverhältnisse – zu ermitteln.1312 Aus Erwägungsgrund Nr. 1 Durchführungsrichtlinie ergibt sich insoweit, dass die Ermittlung der Eignung der fraglichen Information zur Kursbeeinflussung auf Basis aller ex ante verfügbaren Informationen erfolgen und auch die möglichen Auswirkungen der Insiderinformationen in Betracht ziehen sollte, insbesondere unter Berücksichtigung der Gesamttätigkeit des Emittenten, der Verlässlichkeit der Informationsquelle und sonstiger Marktvariablen, die das entsprechende Finanzinstrument beeinflussen dürften.1313 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prognose ist die Vornahme der zur Rede stehenden Tathandlung durch den Insider.1314 Aus dieser Betrachtungsweise folgt zugleich, dass dem Umstand, ob im Nachhinein eine tatsächliche Kursänderung eingetreten ist, keine maßgebliche Bedeutung zuteil werden kann, der Eintritt einer tatsächlichen Kursveränderung weder notwendige noch hinreichende Bedingung für das Vorliegen der Eignung zur Kursbeeinflussung ist.1315 Ausschlaggebend kann vielmehr nur sein, ob eine Kursveränderung zum Zeitpunkt der Tathandlung zumindest möglich oder wahrscheinlich erschien.1316 Tritt aller1312 So bereits Erwägungsgrund Nr. 1 der Durchführungsrichtlinie; Emittentenleitfaden, S. 35; Benner, in: Wabnitz / Janovsky3, Kap. 9 Rn. 84; Federlin, S. 49; Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 13 WpHG Rn. VI88; Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1902); Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 108; Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 13 Rn. 157, 165; Koch, S. 125; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 130, 132; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.498; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 44; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 67; Uhl, S. 24; Weimann, DStR 1998, 1556 (1558). 1313 BGH NJW 2013, 2114 (2117); Christoph, S. 103. 1314 Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 13 Rn. 159, 165; Koch, S. 125; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 130; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.498; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 44; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 66. 1315 Emittentenleitfaden, S. 35; Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 13 WpHG Rn. VI88; Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 108; Kalss / Hasenauer, GesRZ 2010, 301 (304); Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 13 Rn. 157; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 131; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 52; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.498; Speier, S. 66. 1316 Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 131.
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dings tatsächlich eine Kursveränderung im Nachhinein ein, so kann dieser Umstand als Indiz dafür herangezogen werden, dass zum Zeitpunkt der Tathandlung bereits ein Kursbeeinflussungspotenzial der entsprechenden Informationen bestand.1317 bb) Erforderlicher Wahrscheinlichkeitsgrad Da es sich bei der vorzunehmenden Prognose um ein Wahrscheinlichkeitsurteil handelt, stellt sich die Frage, mit welcher Wahrscheinlichkeit aus der ex ante-Perspektive mit der Beeinflussung des Börsen- oder Marktpreises der Insiderpapiere zu rechnen sein muss, um von einer Eignung zur Kursbeeinflussung im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG ausgehen zu können. Dies wird in der Literatur uneinheitlich beantwortet. In der Vergangenheit vertraten Teile der Literatur die Ansicht, jede „mögliche“ Kursveränderung reiche aus, um die Eignung der Information zur Kursbeeinflussung annehmen zu können.1318 Andere waren demgegenüber der Auffassung, dass eine „realistische Möglichkeit“ bestehen müsse, dass die Information im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens zu einer Kursbewegung führen werde.1319 Wiederum andere attestierten den fraglichen Informationen nur dann eine Eignung zur Kursbeeinflussung, wenn eine „hohe Wahrscheinlichkeit“ bestand, dass infolge ihres öffentlichen Bekanntwerdens eine Kursveränderung eintrete.1320 Heute herrscht im Wesentlichen Einigkeit darüber, dass einerseits die bloße Möglichkeit der Kursbeeinflussung keinen angemessenen Maßstab darstellt, da das Merkmal des Kursbeeinflussungspotenzials gerade dazu dient, den weiten Begriff der Insiderinformation einzugrenzen1321, andererseits aber auch eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit nicht gefordert werden kann, da hierdurch der Begriff der Insiderinformation zu sehr eingeschränkt wird.1322 Von einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit im 1317 Emittentenleitfaden, S. 35; Diversy, in: Graf / Jäger / Wittig, § 38 WpHG Rn. 50; Federlin, S. 49; Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 13 WpHG Rn. VI88; Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1902); Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 108; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 131; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 52; Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 13 Rn. 42; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.498; Schröder, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 10 Kap. 2 Rn. 145; Weber, BB 1995, 157 (163). 1318 Fürhoff / Wölk, WM 1997, 449 (454). 1319 Kümpel, WM 1994, 2137 (2140). 1320 Weber, BB 1995, 147 (164). 1321 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 13 Rn. 60; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 137. 1322 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 13 Rn. 60; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 69.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
Hinblick auf die Eignung zur Kursbeeinflussung ist daher nach vorzugswürdiger Ansicht dann auszugehen, wenn die Information im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit im Sinne einer Wahrscheinlichkeit von 50% + X zu einer Veränderung des Börsen- oder Marktpreises führte.1323 Hierdurch wird nicht nur dem Umstand Rechnung getragen, dass erhebliche Unsicherheiten im Rahmen der Prognose über die Veränderungen des Börsen- und Marktpreises bestehen. Vielmehr erscheint diese Auslegung auch am ehesten mit dem Schutzzweck der Insiderstraftatbestände vereinbar, die Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte durch Förderung des Vertrauens der Anleger und Gewährleistung der Chancengleichheit zwischen diesen zu sichern, da hierdurch der Kreis der Insiderinformationen weder zu eng noch zu weit gespannt wird.1324 cc) Blickwinkel der Prognose Des Weiteren stellt sich die Frage, aus welcher Perspektive die Eignung der Informationen zur Beeinflussung des Börsen- oder Marktpreises der Insiderpapiere zu beurteilen ist, welcher Blickwinkel für die Prognose über den Eintritt einer Kursveränderung maßgeblich ist. § 13 Abs. 1 S. 2 WpHG enthält insoweit einen ersten Anhaltspunkt, als dass die Perspektive eines verständigen Anlegers maßgeblich sein soll. Damit dürfte jedenfalls unstreitig sein, dass nicht die individuelle Sicht des jeweiligen potenziellen Anlegers, sondern ein verobjektivierter Standpunkt ausschlaggebend für die Beurteilung der Eintrittswahrscheinlichkeit der Kursänderung ist.1325 Unklar ist allerdings mangels weiterer Anhaltspunkte, was unter dem Begriff des verständigen Anlegers genauer zu verstehen ist. Und so verwundert es nicht, dass auch diese Frage in der Literatur kontrovers diskutiert wird. Dabei herrscht jedenfalls dahingehend Einigkeit, dass weder auf einen völlig unerfahrenen, andererseits aber auch nicht auf einen professionellen Anleger im Sinne eines „Prototyps“ abzustellen sein dürfte. Zur Debatte kann folglich abseits dieser Extreme nur stehen, ob auf einen „durch1323 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 13 Rn. 60; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 137; Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 13 Rn. 42; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.501; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 47; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 69; a. A. wohl Klöhn, in: KölnKomm WpHG § 13 Rn. 187 ff. 1324 Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 137. 1325 Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 13 WpHG Rn. VI82; Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 109; Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 27; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 139; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 47; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 66; Villeda, S. 167.
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schnittlich vernünftiger Anleger“ oder auf einen „börsenkundigen Anleger“ abzustellen ist.1326 (1) Durchschnittlich vernünftiger Anleger Teile der Literatur vertreten die Ansicht, für die einzelfallbezogene Prognose über die Eignung der Informationen zur Beeinflussung des Börsen- oder Marktpreises der Insiderpapiere sei auf die Sicht eines durchschnittlich vernünftigen Anleger abzustellen.1327 Angeführt wird für diese Auffassung, dass die Erheblichkeit der Kapitalanlageentscheidung auch in zivilrechtlichen Vorschriften wie der Prospekthaftung oder in Straftatbeständen wie §§ 264a, 265b StGB vom Standpunkt eines durchschnittlichen Kapitalanlegers zu beurteilen sei.1328 Zudem beruhe die Feststellung einer Kursbeeinflussung gerade auf der Ermittlung einer hypothetischen Marktreaktion und könne dementsprechend nur aus der Sicht eines durchschnittlichen Anlegers beurteilt werden.1329 (2) Börsenkundiger Anleger Andere Stimmen in der Literatur sind hingegen der Auffassung, für die einzelfallbezogene Prognose über die Eignung der Informationen zur Beeinflussung des Börsen- oder Marktpreises der Insiderpapiere sei die Sicht eines börsenkundigen Anlegers maßgeblich, der mit den Gegebenheiten und Gesetzlichkeiten des Marktes vertraut ist.1330 Für diese Ansicht wird zu1326 Speier,
S. 68, 69. ZGR 1994, 530 (540); Fleischer, BKR 2004, 339 (343); Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 13 WpHG Rn. VI82; Walz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 48 Rn. 13; wohl auch Benner, in: Wabnitz / Janov sky3, Kap. 9 Rn. 88; Diversy, in: Graf / Jäger / Wittig, § 38 WpHG Rn. 43. 1328 BGH NJW 2005, 2242 (2244); Hellmann, in: Kindhäuser / Neumann / Paeffgen, StGB, Bd. 3, § 264a Rn. 61; Lackner, in: Lackner / Kühl, StGB, § 264a Rn. 13. 1329 Vgl. Speier, S. 69. 1330 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 13 Rn. 58; Bachmann, ZHR 172 (2008), 597 (603); Bussian, S 136; Federlin, S. 50; Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 109; Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 27; Koch, S. 125; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 141; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 56; Pawlik, in: KölnKomm WpHG, § 13 Rn. 87; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.500; Schröder, KapMStR, Kap. 2 Rn. 183; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 47; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 66; Veil, ZHR 172 (2008), 239 (249); Villeda, S. 167; Wehowsky, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 12; ähnlich Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 8 Rn. 249, aber: „Der verständige Anleger ist die Personifikation bzw. das Über Ego eines solchen effizienten Marktes.“ (Rn. 248). 1327 Caspari,
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nächst geltend gemacht, dass nur eine derartige Sichtweise dem Umstand hinreichend Rechnung trage, dass die Adressaten der Insiderhandelsverbote faktisch zu einem maßgeblichen Teil kapitalmarktkundige Primärinsider seien.1331 Des Weiteren ergebe sich die Richtigkeit dieser Auffassung auch aus einem Blick in Erwägungsgrund Nr. 1 Durchführungsrichtlinie, der sich ausdrücklich mit dem Vorliegen des Kursbeeinflussungspotenzials beschäftigt. Denn, wenn dort davon die Rede ist, dass die Prüfung der Frage, ob ein verständiger Investor einen bestimmten Sachverhalt oder ein bestimmtes Ereignis im Rahmen seiner Investitionsentscheidung berücksichtigt hätte, auch die möglichen Auswirkungen der Informationen in Betracht ziehen sollte, insbesondere unter Berücksichtigung der Gesamttätigkeit des Emittenten, der Verlässlichkeit der Informationsquelle oder sonstiger Marktvariablen, die das entsprechende Finanzinstrument oder unter den gegebenen Umständen damit verbundene derivative Finanzinstrumente beeinflussen dürften, lasse sich hieraus zwangsläufig schließen, dass für die Ermittlung des Kursbeeinflussungspotenzials auf die Sicht eines börsenkundigen Anlegers abzustellen ist. Denn nur bei diesen sei gewährleistet, dass sie die genannten Punkte verstünden.1332 Im Übrigen vereinfache das Abstellen auf den börsenkundigen Anleger weiterhin auch die Arbeit der Verfolgungsbehörden und Gerichte, die sich anderenfalls „auf einen ihnen so fremden Verständnishorizont eines ‚durchschnittlichen Anlegers‘ verkrümmen“ müssten.1333 Zudem sei der Rekurs auf einen durchschnittlich vernünftigen Anwender auch bereits im Grundsatz nicht praktikabel, da er voraussetzte, dass man abstrakt-generell das „Weniger“ an Börsenwissen des durchschnittlichen Anleger im Verhältnis zum börsenkundigen Anleger ermitteln könnte, was bei Lichte betrachtet aber nicht möglich erscheine.1334 Schließlich folge aus dem Rekurs auf den börsenkundigen Anleger im Übrigen auch kein zu hohes Anforderungprofil an die Marktteilnehmer, da es nur um das Vorliegen des Merkmals der Eignung der Informationen zur Beeinflussung des Börsen- oder Marktpreises der Insiderpapiere und nicht um die Festlegung von Sorgfaltspflichten beziehungsweise die Feststellung der subjektiven Vorstellung des Täters gehe.1335
1331 Mennicke / Jakovou,
in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 141. in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 56; Speier, S. 70. 1333 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 13 Rn. 58. 1334 Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 109; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 66; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 11. 1335 Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 142: Uhl, S. 24; Wehowsky, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 12. 1332 Pananis,
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(3) Stellungnahme Im Ergebnis sprechen die besseren Gründe dafür, die Sicht eines börsenkundigen Anlegers, der mit den Gegebenheiten und Gesetzlichkeiten des Marktes vertraut ist, für die einzelfallbezogene Prognose über die Eignung der Informationen zur Beeinflussung des Börsen- oder Marktpreises der Insiderpapiere als ausschlaggebend zu erachten. Zwar kommen nach dem Wortlaut des § 13 Abs. 1 S. 2 WpHG – „verständiger Anleger“ – grundsätzlich beide Auslegungsvarianten in Betracht. Auch könnte man meinen, dass es eher den Zielen des WpHG – der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte durch Stärkung des Vertrauens der Anleger und Sicherung der Chancengleichheit – entspräche, auf die Sicht eines durchschnittlich vernünftigen Anlegers abzustellen und hierdurch den Radius möglicher Insiderinformationen entsprechend weit zu ziehen. Zu beachten ist allerdings, dass das Vorliegen einer Insiderinformation für die Strafund Ordnungswidrigkeitentatbestände der §§ 38, 39 WpHG von maßgeb licher Bedeutung ist und die Tatbestände auf Grund des Merkmals der „Eignung zur erheblichen Beeinflussung des Börsen- und Marktpreises“ im Rahmen des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG und dessen Konkretisierung in § 13 Abs. 1 S. 2 WpHG durch eine gewisse Unbestimmtheit geprägt sind. Daher erscheint es geboten, diese restriktiv und unter hinreichender Würdigung der Notwendigkeit der Voraussehbarkeit der Strafbarkeit als Ausfluss des Bestimmtheitsgrundsatzes gemäß Art. 103 Abs. 2 GG auszulegen. Diesem Aspekt dürfte eher dadurch Rechnung getragen werden, dass man im Rahmen der Prognose über die Eignung der Informationen zur Beeinflussung des Börsen- oder Marktpreises der Insiderpapiere auf die Sicht eines börsenkundigen Anlegers abstellt. Gleichzeitig wird hierdurch auch dem Umstand entgegengewirkt, dass im Handel tätige Personen anderenfalls bei nahezu jeglicher Kenntnis von bestimmten Informationen von weiteren Geschäften Abstand nehmen müssen, was der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts abträglich wäre.1336 b) Im Falle des öffentlichen Bekanntwerdens der Information Weiterhin müssen die Informationen im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens geeignet sein, den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen. Wie sich aus dem Wortlaut des § 13 Abs. 1 WpHG bereits ergibt, hängt das Vorliegen des Kursbeeinflussungspotenzials der Informationen nicht davon ab, dass die Informationen tatsächlich öffentlich bekannt geworden sind. Erforderlich ist vielmehr ausschließlich ein hypo1336 Schwark / Kruse,
in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 42.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
thetisch-kausaler Zusammenhang zwischen dem öffentlichen Bekanntwerden der Informationen und der Entwicklung des Börsen- oder Marktpreises. Die Notwendigkeit einer solchen Verknüpfung ergibt sich aus der allgemeinen Erkenntnis, dass sich eine Kursveränderung als das Ergebnis der Reaktion der Marktteilnehmer auf das Bekanntwerden von Informationen darstellt.1337 c) Erheblichkeitsschwelle Schließlich kann den fraglichen Informationen nur dann ein Kursbeeinflussungspotenzial im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG attestiert werden, wenn diese dazu geeignet sind, den Börsen- oder Marktpreis der Wertpapiere im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens erheblich zu beeinflussen. Vor Inkrafttreten des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes war in der Literatur noch kontrovers diskutiert, wann von einer erheblichen Kursbeeinflussung im Sinne der Vorschrift ausgegangen werden könne, welcher Maßstab zur Bestimmung der Erheblichkeit der Kursbeeinflussung heranzuziehen sei.1338 Zum Teil wurde insoweit die Ansicht vertreten, die Ermittlung der Kurserheblichkeit richte sich nach den Plus- und Minusankündigungen erwarteter Preisveränderungen, wie sie § 8 der „Bedingungen für Geschäfte an den deutschen Wertpapierbörsen“ vorsah. Hiernach oblag dem Kursmakler die Pflicht, bei Vorliegen eines bestimmten Orderaufkommens die erwarteten Kursschwankungen von mehr als 5% des Preises bei Aktien und von mehr als 1,5% des Nennwerts bei Schuldverschreibungen mit Plusoder Minuszeichen anzukündigen.1339 Begründet wurde diese Ansicht damit, dass auch die Gesetzesbegründung zum Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz ausdrücklich auf die Bedingungen für Geschäfte an den deutschen Wertpapierbörsen verwies und die Plus- oder Minusankündigungen regelmäßig verdeutlichten, dass die Marktteilnehmer selbst nicht mehr von einer üblichen Marktschwankung ausgingen.1340 Andere Stimmen in der Literatur teilten zwar grundsätzlich die Auffassung, dass für die Ermittlung der Kurserheblichkeit der Informationen auf fixe Grenzwerte abzustellen sei. Denn diese sei bereits aus Gründen der Rechtssicherheit und der praktischen zu diesem Merkmal Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 143. hierzu insgesamt die Darstellungen bei Federlin, S. 52 ff.; Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 110 ff.; Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 28; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 151 ff.; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 55; Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 48 Rn. 14. 1339 Vgl. Caspari, ZGR 1994, 530 (540); Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 151; Walz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 48 Rn. 14. 1340 BT-Drucks. 12 / 6679, S. 47. 1337 Einzig 1338 Vgl.
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Handhabung letztlich unumgänglich.1341 Allerdings sahen sie die Schwelle zur Erheblichkeit nur zum Teil bei 5%1342, teilweise hingegen auch bereits bei 2%1343 oder erst bei 10%1344 als erreicht an. Wiederum andere waren der Auffassung, die Frage der Kurserheblichkeit von Informationen sei anhand des DVFA / SG-Ergebnisses1345 je Aktie zu ermitteln.1346 Hiernach sollte eine Information dann kurserheblich sein, wenn diese geeignet war, eine Veränderung des DVFA / SG-Ergebnisses je Aktie im jeweils laufenden Jahr oder im Folgejahr um über 5% gegenüber dem Vorjahr, in den darauf folgenden fünf Jahren zusammen um über 10%, basierend auf dem Ergebnis des laufenden Jahres, herbeizuführen.1347 Schließlich ließ sich in der Literatur auch die Auffassung finden, dass jede prognostizierte Kursänderung erheblich sei, die über die üblichen Volatilitätsgrenzen des fraglichen Insiderpapiers hinausging.1348 Doch schon vor Inkrafttreten des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes bestanden erhebliche Bedenken gegen diese objektiven Ansätze. Geltend gemacht wurde insofern vor allen Dingen – und Gleiches gilt auch noch heute –, dass die Vorgabe fester Prozentsätze in Wahrheit nur eine Scheingenauigkeit vermittle, denn dem Insider sei es objektiv gar nicht möglich zu prognostizieren, um welchen konkreten Prozentsatz sich der Kurs im Falle der Veröffentlichung der Insiderinformation verändern werde.1349 Es fehlten insofern auch theoretisch abgesicherte und gleichzeitig praktikable Modelle zur exakten Bestimmung der Kursentwicklung von Wertpapieren nach dem Eintritt bestimmter Ereignisse oder Ereigniskonstellationen.1350 1341 Dierlamm, NStZ 1996, 519 (522); heute wohl noch Spindler, NJW 2004, 3449 (3451). 1342 Assmann, AG 1994, 237 (244); Caspari, ZGR 1994, 530 (541); Hopt, ZHR 159 (1995), 135 (154, 155); Jäger, JZ 2003, 1048 (1052); Kiethe, NZG 1999, 976 (980); Rittmeister, NZG 2004, 1032 (1035); Weber, BB 1995, 157 (163, 164). 1343 Möller, BFuP 1994, 99 (106). 1344 Claussen, DB 1994, 27 (30); Dierlamm, NStZ 1996, 519 (522). 1345 Mit der Abkürzung DVFA / SG sind die Empfehlungen der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Anlageberatung sowie der Schmalenbach-Gesellschaft / Deutsche Gesellschaft für Betriebswirtschaft gemeint, vgl. Claussen, AG 1997, 306 (306 ff.); Koch, S. 127. 1346 Loistl, Die Bank 1995, 232 (235). 1347 Vgl. Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 13 Rn. 163; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 155. 1348 Kümpel, AG 1997, 66 (70); Loesche, WM 1998, 1849 (1852 ff.). 1349 Cahn, ZHR 1998, 1 (17); Federlin, S. 55; Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 110; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 154, 155; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 53; Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 13 Rn. 62; Speier, S. 67. 1350 Federlin, S. 55; Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 13 Rn. 57.
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Die Bestimmtheit bestehe damit nicht im Zeitpunkt der Prognose, sondern realisiere sich vielmehr erst nachträglich nach Bekanntwerden der Informationen durch Verweis auf die tatsächlich eingetretenen Kursveränderungen.1351 Des Weiteren missachteten derartige Ansätze auch die Unterschiede zwischen den einzelnen Wertpapieren auch innerhalb der Wertpapiergattungen im Hinblick auf ihre unterschiedlichen Volatilität. So stehe außer Frage, dass eine kursrelevante Information bei marktengen Wertpapieren regelmäßig wesentlich größere Kursveränderungen bewirken dürfte als bei marktbreiten Wertpapieren.1352 Schließlich bestehe speziell bei den Ansichten, die auf das DVFA / SG-Ergebnis beziehungsweise die auf die Überschreitung der üblichen Volatilitätsschwankungen abstellen, das Problem, dass die hierfür erforderlichen Kennzahlen in ersterem Fall nicht von allen Unternehmen errechnet würden und zudem von freiwilligen, über den Inhalt der Bilanz hinausgehenden Zusatzangaben abhingen, in letzterem Fall von der BaFin derzeit überhaupt nicht berechnet würden, sodass bereits aus diesen Gründen die dargestellten Auffassungen keine geeignete Grundlage zur Feststellung der Kurserheblichkeit von Informationen darstellen könnten.1353 Da den objektiven Ansätzen dementsprechend erhebliche Schwächen inhärent sind, verwundert es nicht, dass bereits vor Inkrafttreten des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes auch auf subjektive Lösungsansätze zurückgegriffen wurde, um eine gewisse Flexibilität bei der Feststellung der Kurs erheblichkeit zu erreichen. Von der Erheblichkeit der Kursbeeinflussung sollte insoweit nach teilweise vertretener Ansicht dann auszugehen sein, wenn die fraglichen Informationen beim Anleger einen Kauf- oder Verkaufsanreiz schafften und das Anlagegeschäft als lohnend erscheinen ließen1354. Dies sei dann der Fall, wenn ein vernünftiger Investor eine Kursveränderung erwarte, die sowohl das allgemeine Kursrisiko als auch die entsprechenden Anschaffungs- und Veräußerungskosten kompensiere und einen nicht bloß geringfügigen Gewinn verspreche.1355 Die nach dem Bekanntwerden der Insiderinformation zu erwartende Kursänderung müsse groß genug sein, „um einen rational handelnden Investor in Ansehung der 1351 Assmann,
AG 1994, 237 (244). in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 11; Kümpel, WM 1994, 2137 (2141); Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 154; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 55; Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 13 Rn. 58; Süßmann, AG 1997, 63 (64); Wittich, AG 1997, 1 (3). 1353 Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 155; Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 13 Rn. 66, 72. 1354 Cahn, ZHR 162 (1998), 1 (17); Federlin, S. 57; Fürhoff / Wölk, WM 1997, 449 (455); Kümpel, WM 1996, 653 (656); Süßmann, AG 1997, 63 (64); Wölk, AG 1997, 73 (79); Zirngibl, S. 212. 1355 Kümpel, AG 1997, 66 (71). 1352 Hilgendorf,
C. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG)365
mit einer Wertpapiertransaktion verbundenen Kosten und Risiken zum Erwerb beziehungsweise zur Veräußerung des betreffenden Wertpapiers zu veranlassen“.1356 Andere Stimmen in der Literatur stellten demgegenüber beispielsweise darauf ab, ob die Information beziehungsweise der ihr zugrunde liegende Umstand derart gewichtig sei, dass der fachkundige Investor sie in seiner Anlagestrategie berücksichtigen würde (sogenannter materiality-Ansatz).1357 Nach Inkrafttreten des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes darf der Streitstand als hinfällig erachtet werden. Der Gesetzgeber hat in § 13 Abs. 1 S. 2 WpHG nunmehr ausdrücklich festgelegt, dass von einer Eignung der fraglichen Informationen zur erheblichen Beeinflussung des Börsen- oder Marktpreises der Wertpapiere im Falle ihres Bekanntwerdens dann ausgegangen werden kann, wenn ein verständiger Anleger diese Informationen bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde. Ausweislich der Gesetzesbegründung zum Anlegerschutzverbesserungsgesetz verzichtete der Gesetzgeber wegen der Unvorhersehbarkeit von Marktvolatilitäten bewusst auf die Fixierung bestimmter Schwellenwerte zur Feststellung der Kurserheblichkeit und verwirft damit die von der Literatur bislang vorgebrachten objektiven Ansätze.1358 Entscheidend ist damit für die Frage der Kurserheblichkeit, ob die nicht öffentlichen Informationen einen Anreiz erzeugen, eine Transaktion in dem von den Informationen betroffenen Finanzinstrument zu tätigen.1359 Die Kenntnis der jeweiligen Information müsste für einen rational handelnden Investor einen Kauf- oder Verkaufsanreiz schaffen, also die Investition in das entsprechende Wertpapier für diesen lohnend erscheinen lassen.1360 Dies wird dann anzunehmen sein, wenn der zu erwar1356 Cahn, ZHR 162 (1998), 1 (17); Federlin, S. 57; Fürhoff / Wölk, WM 1997, 449 (455); Kümpel, WM 1996, 653 (656); Süßmann, AG 1997, 63 (64); Wölk, AG 1997, 73 (79); Zirngibl, S. 212. 1357 So wohl Koch, S. 127. 1358 BT-Drucks. 15 / 3174, S. 34; Bürgers, BKR 2004, 424 (425); Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (642); Bussian, S. 135; Claussen / Florian, AG 2005, 745 (750); Diekmann / Sustmann, NZG 2004, 929 (930); Diversy, in: Graf / Jäger / Wittig, § 38 WpHG Rn. 54; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 146; Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 13 Rn. 44; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 46; Spindler, NJW 2004, 3449 (3451); Uhl, S. 23; Ziemons, NZG 2004, 537 (538). 1359 Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 159; Villeda, S. 168. 1360 Emittentenleitfaden, S. 35; Appenzeller, GesKR 2009, 463 (473); Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 27; Kalss / Hasenauer, GesRZ 2010, 301 (304); Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 161; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 54; Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 13 Rn. 74; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 67; Uhl, S. 23; Walz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 48 Rn. 14; Wehowsky, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 11.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
tende Kursanstieg ausreichend ist, um diesen in Ansehung der mit der Transaktion verbundenen Kosten und Risiken zum Erwerb oder zur Veräußerung des betreffenden Wertpapiers zu veranlassen.1361 Ökonomisch betrachtet muss die Erzielung einer Rendite möglich sein, die nach Abzug der Transaktionskosten den jeweiligen risikoäquivalenten Zinssatz übersteigt.1362 Zum Teil wird dieser subjektive Ansatz – auch „Theorie des Handlungsanreizes“ genannt – in der Literatur kritisch betrachtet. Eingewandt wird insofern vor allem, dass der Ansatz auf Grund seines Einzelfallbezugs mit einer gewissen Rechtsunsicherheit1363 und mangelnden Griffigkeit1364 einherginge und damit nicht zuletzt auch im Hinblick auf das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot problematisch erscheine.1365 So biete diese Art der Ermittlung der Erheblichkeit in Zweifelsfällen für Insider und Emittenten kein verlässliches Kriterium.1366 Im Interesse der Rechtssicherheit soll es daher nach wie vor vorzugswürdig sein, die von Gesetzes wegen gebotene Einzelfallbetrachtung bei der Ermittlung der Kurserheblichkeit durch Berücksichtigung von objektiven Grenzwerten zu ergänzen, sodass etwa bei Aktien bei einer zu erwartenden Kursveränderung in Höhe von 5% im Regelfall von einer entsprechenden Anlageentscheidung des rational handelnden Investors und damit von der Eignung der fraglichen Informationen zur erheblichen Kursbeeinflussung auszugehen sei.1367 Zutreffend dürfte aber demgegenüber sein, den dargelegten Ansatz als hinreichend bestimmt zu erachten beziehungsweise die Unbestimmtheit als dem Erheblichkeitskriterium inhärentes Merkmal hinzunehmen, da sich die Unsicherheiten im Rahmen des bei einer Prognoseentscheidung Üblichen halten.1368 Nur dieser Ansatz trägt dem Umstand hinreichend Rechnung, dass die Anlageentscheidungen der einzelnen Kapitalmarktteilnehmer und damit deren Erwartungen hinsichtlich der zukünftigen Erträge des Emittenten für die Börsenpreisbildung verantwortlich sind.1369 Zudem weist er im 1361 Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 161; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.503; Wehowsky, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 13. 1362 Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 161. 1363 Spindler, NJW 2004, 3449 (3451). 1364 Koch, DB 2005, 267 (267). 1365 Bürgers, BKR2004 (424 (425); Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 113; Holzborn / Israel, WM 2004, 1948 (1951). 1366 Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 113. 1367 Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 113. 1368 Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 13 WpHG Rn. VI82; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 160; Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 13 WpHG Rn. 78. 1369 Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 46.
C. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG)367
Verhältnis zu den objektiven Ansätzen nicht nur den Vorteil auf, dass er eine realistische Prognose der Kurserheblichkeit im Zeitpunkt der Tathandlung erlaubt, da insoweit lediglich eine Prognose gefällt werden muss, dass der Börsen- beziehungsweise Marktpreis der Wertpapiere den Einstiegspreis überschreitet, dass ein über der Bagatellgrenze liegender Gewinn nach Spesen und vor Steuern erreicht werden kann.1370 Vielmehr wird er auch der Funktionsweise der Börse und Praxis der Anlageentscheidung gerecht, denn insoweit besteht nicht nur die Möglichkeit, Gewinne aus absoluten Preisdifferenzen zu erzielen – also Aktien zu einem höheren Preis als dem Kaufpreis zu verkaufen –, sondern beispielsweise auch über die Stückzahl der erworbenen oder veräußerten Wertpapiere – also dem Volumen der Geschäfte – selbst bei nur geringen Kursveränderungen Gewinne zu erzielen.1371 d) Kursbeeinflussungspotenzial der bereitgestellten Informationen Der potenzielle Erwerber des Aktienpakets wird den Vorstand im Vorfeld der geplanten Transaktion um die Bereitstellung solcher Informationen bitten, mit denen er sich umfassend über das Unternehmen informieren, dessen Stärken und Schwächen identifizieren und hierdurch die Chancen und Risiken der geplanten Investition besser abschätzen kann. Daher handelt es sich zu einem nicht unwesentlichen Teil gerade um solche, die für die Einschätzung des Unternehmenswerts von Bedeutung sind. Sind diese Informationen bislang nicht öffentlich bekannt, so dürfte – abhängig von der jeweiligen Information – mit einiger Gewissheit davon ausgegangen werden können, dass ihr Bekanntwerden eine solche Kursveränderung zur Folge hätte, dass ein rational handelnder Anleger trotz der mit einer Transaktion verbundenen Kosten und Risiken Wertpapiere erwürbe oder veräußerte. Dementsprechend werden einige der bereitgestellten Informationen dazu geeignet sein, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Wertpapiere erheblich zu beeinflussen.1372 5. Zwischenergebnis Die vorausgehenden Erörterungen konnten zeigen, dass es sich zumindest bei einem Teil der zwecks Durchführung der Due Diligence im Vorfeld der in: KölnKomm WpHG1, § 13 WpHG Rn. 83. in: KölnKomm WpHG1, § 13 WpHG Rn. 81. 1372 Christoph, S. 143; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (283); Kiethe, NZG 1999, 976 (980); Krömker, S. 65; Rittmeister, NZG 2004, 1032 (1035); Schroeder, DB 1997, 2161 (2164); Storck, FB 2004, 363 (365); Ziegler, DStR 2000, 249 (253); einschränkend Bussian, S. 170. 1370 Pawlik, 1371 Pawlik,
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
geplanten Pakettransaktion zugunsten des potenziellen Erwerbers bereitgestellten Informationen um Insiderinformationen im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG handeln wird.1373
IV. Einem anderen mitteilen oder zugänglich machen Ferner muss die Bereitstellung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zwecks Durchführung der Due Diligence im Vorfeld einer Pakettransaktion ein Mitteilen oder Zugänglichmachen an einen anderen im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG darstellen, um von einer Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder nach dieser Vorschrift ausgehen zu können. 1. Allgemeines a) Empfänger Nach einhelliger Auffassung kommt als Empfänger der Insiderinforma tionen grundsätzlich jede andere natürliche oder juristische Person in Betracht.1374 Weiterhin herrscht Einigkeit darüber, dass das Mitteilen oder Zugänglichmachen jedenfalls dann an einen anderen erfolgt, wenn es sich bei dem Empfänger um eine bestimmte Person oder einen nach Zahl und Identität bestimmten Personenkreis handelt. Umstritten war hingegen insbesondere vor Inkrafttreten des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes, ob auch ein Mitteilen oder Zugänglichmachen an einen nach Anzahl und Identität unbestimmten Personenkreis eine Kundgabe an einen anderen im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG darstellt. Geltend gemacht wurde für diese Auffassung zum einen – und insoweit könnte dieses Argument auch noch heute Platz greifen – der Wortlaut der Vorschrift, der von „einem“ anderen spricht und insoweit den Eindruck erwecke und auf Grund des strafrechtlichen Bestimmtheitsgebots zu dem Schluss zwinge, dass nur die Weitergabe der Insiderinformation an einen bestimmten Empfänger als tatbestandsmäßig 1373 So i. E. auch Bruse / Keinath, in: FS Pöllath & Partners, S. 363 (370); Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (283); Kiethe, NZG 1999, 976 (980); Koch, S. 242; Körber, NZG 2002, 263 (267); Krömker, S. 65; Liekefett, S. 165; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 130; Rittmeister, M&A Review 2008, 528 (531); ders., NZG 2004, 1032 (1035); Schroeder, DB 1997, 2161 (2164); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (379); Ziegler, DStR 2000, 249 (253); einschränkend Bachmann, ZHR 172 (2008), 597 (627); Bussian, S. 132. 1374 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 67; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 184; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.547.
C. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG)369
erachtet werden könne.1375 Zum anderen wurde auf Art. 3 lit. a) Insiderrichtlinie verwiesen, nach dem jeder Mitgliedstaat Primärinsidern die Weitergabe „an einen Dritten“ zu untersagen hatte, die nicht in einem normalen Rahmen in Ausübung ihrer Arbeit oder ihres Berufs oder der Erfüllung ihrer Aufgaben geschah, und der zu einer richtlinienkonformen Auslegung dahingehend zwinge, dass der Insider eine bestimmte Person oder einen bestimmten Personenkreis adressiert haben müsse.1376 Aus heutiger Sicht dürfte dieser Streitstand allerdings als geklärt erachtet werden. Zwar hat sich der Wortlaut des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG insoweit nicht verändert, als dass er nach wie vor von „einem“ anderen spricht. Allerdings lässt dieser – anders, als die Gegenauffassung meint – durchaus eine Auslegung in dem Sinne zu, dass auch eine Kundgabe an einen nach Anzahl und Identität unbestimmten Personenkreis tatbestandsmäßig ist. Denn die Verwendung des Wortlauts „einem anderen“ findet beispielsweise auch dann Anwendung, wenn eine Person lediglich abstrakt beschrieben werden soll. Zudem ist auch in einer Reihe anderer strafrechtlicher Vorschriften wie beispielsweise § 34 StGB oder § 184 StGB anerkannt, dass die Beschreibung „einem anderen“ auch eine Vielzahl anderer Personen erfasst.1377 Weiterhin spricht ebenso der Sinn und Zweck des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG für eine weite Auslegung. Denn, wenn mit dieser Vorschrift der Zweck verfolgt wird, die Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte zu schützen und die Chancengleichheit der Marktteilnehmer zu bewahren, so muss die Vorschrift erst recht eingreifen, wenn die Insiderinformationen einer Vielzahl von Personen mitgeteilt oder zugänglich gemacht werden, da hierdurch zweifellos eine stärkere Beeinträchtigung dieser Schutzziele erfolgen kann.1378 Schließlich wird auch dem Argument der richtlinienkonformen Auslegung am Wortlaut des Art. 3 lit. a) Insiderrichtlinie dadurch die Überzeugungskraft entzogen, dass der an dessen Stelle getretene Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie von einer Weitergabe „an Dritte“ spricht und damit ausdrücklich auch die Kundgabe an eine Vielzahl von Personen erfasst.1379 Damit ist grundsätzlich auch diejenige Kundgabe der Insiderinformationen als tatbestandsmäßig zu 1375 Vgl. Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 67; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 118. 1376 Vgl. Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 67; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 43; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 118. 1377 Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 118; Villeda, S. 186. 1378 Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 118. 1379 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 67; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.547; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 43; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 118; Villeda, S. 186.
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erachten, die an einen nach Anzahl und Identität unbestimmten Personenkreis erfolgt.1380 b) Mitteilen oder zugänglich machen Die Insiderinformationen müssen zudem an einen anderen mitgeteilt oder zugänglich gemacht worden sein. Unter dem Begriff des Mitteilens ist grundsätzlich jede willentliche oder unter grober Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt erfolgende Weitergabe von Insiderinformationen an einen anderen zu verstehen.1381 Auf welche Art und Weise und mittels welchen Mediums die Weitergabe erfolgt, spielt keine Rolle.1382 Sie kann schriftlich oder mündlich, ausdrücklich oder konkludent erfolgen.1383 Ausreichend ist insoweit jede Äußerung, Gestik, Mimik oder jedes sonstige Verhalten, das bezweckt, den Inhalt der Insiderinformationen einem oder mehreren Dritten durch dieses Verhalten bekannt zu geben.1384 Auch die Weitergabe der Insiderinformationen an einen Dritten über einen Mittler stellt ein Mitteilen an den Dritten im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG dar.1385 Zudem kommt es nicht darauf an, ob der Insider den Empfänger der Insiderinformationen 1380 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 67; Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 14 Rn. 274; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 184; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.547; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 25; a. A. wohl Schneider, NZG 2005, 702 (703), der von einem „abgegrenzten Personenkreis“ spricht. 1381 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 65; Christoph, S. 144; Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 56; Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 14 Rn. 276; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 188; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 109; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.549; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 41; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 118; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 25; Wehowsky, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 14 WpHG Rn. 10. 1382 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 65; Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 14 Rn. 278; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 188; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 109; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.549; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 41; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 118; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 25; Wehowsky, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 14 WpHG Rn. 10. 1383 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 65; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 188; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 109; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 118; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 25. 1384 Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 188. 1385 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 65; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 188; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.549.
C. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG)371
auf deren Charakter als Insiderinformationen hinweist oder ob der Empfänger diese als solche erkennt.1386 Zugänglich gemacht werden dem Empfänger Insiderinformationen demgegenüber dann, wenn der Insider bewusst die Voraussetzungen geschaffen hat, die es dem Empfänger ermöglichen, von diesen Insiderinformationen Kenntnis zu nehmen und die Informationen selbst zum Gegenstand einer Weitergabe an Dritte zu machen.1387 Anders als beim Mitteilen von Insider informationen lässt sich das Zugänglichmachen dadurch charakterisieren, dass die Informationen dem Empfänger nicht unmittelbar zur Verfügung gestellt werden, sondern dieser nur in die Lage versetzt wird, sich selbst von den Informationen Kenntnis zu verschaffen, sodass ein eigenständiger Mitwirkungsakt erforderlich ist.1388 Auf welche Art und Weise die Voraussetzungen für den Zugriff auf die Informationen geschaffen werden, ist unerheblich.1389 Exemplarisch lässt sich hier ausweislich der Gesetzesbegründung zum Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz der Fall nennen, dass der Insider dem Empfänger ein Passwort überlässt, mit dem dieser Zugriff auf gesicherte Insiderinformationen erhält.1390 Auch ein Unterlassen kann Zugänglichmachen von Informationen darstellen, etwa wenn vertrauliche Unterlagen, Akten oder Korrespondenz, in denen sich auch Insiderinformationen verbergen, unverschlossen herumliegen gelassen werden.1391 Ein 1386 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 65; Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 14 Rn. 276; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 189; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.549. 1387 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 66; Christoph, S. 144; Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 57; Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 14 Rn. 281; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 190; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 109; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.550; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 121; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 25; Wehowsky, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 14 WpHG Rn. 10. 1388 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 66; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 190; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.550; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 42. 1389 Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 25. 1390 BT-Drucks. 12 / 6679, S. 48; Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 66; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 191; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 109; Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 14 Rn. 43; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.550; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 42; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 121; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 25; Wehowsky, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 14 WpHG Rn. 10. 1391 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 66; Hopt, in: Schiman sky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 57; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 109; Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 14 Rn. 43; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.550.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
Rückgriff auf § 13 StGB ist ebenso wenig wie eine gesonderte Garantenstellung erforderlich, da die Variante des Zugänglichmachens auch ein echtes Unterlassensdelikt enthält.1392 c) Zeitpunkt der Vollendung Wie bereits im Rahmen des § 17 Abs. 1 UWG und des § 404 Abs. 1 AktG wird auch im Kontext des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG in der Literatur kontrovers diskutiert, wann der Tatbestand als vollendet erachtet werden kann. Die angeführten Positionen entsprechen dabei denjenigen, die auch im Rahmen des § 17 Abs. 1 UWG und § 404 Abs. 1 AktG vertreten werden und greifen im Wesentlichen auch auf ähnliche Argumentationsmuster zurück. aa) Kenntnisnahme notwendig Nach teilweise in der Literatur vertretener Auffassung muss der Empfänger die Insiderinformationen tatsächlich zur Kenntnis genommen haben, um von der Vollendung des Weitergabeverbots ausgehen zu können.1393 Im Hinblick auf die Variante des „Mitteilens“ ergebe sich dies bereits aus dem allgemeinen Sprachgebrauch des Wortes. Für die Variante des Zugänglichmachens müsse dementsprechend das Gleiche gelten, da nur so von einem vergleichbaren Erfolgsunwert beider Tathandlungen ausgegangen werden könne.1394 Zudem würde anderenfalls auch die Variante des Zugänglichmachens in ein Unternehmensdelikt umgedeutet.1395 bb) Zugang und Möglichkeit der Kenntnisnahme ausreichend Andere Stimmen in der Literatur sind demgegenüber der Auffassung, dass der Tatbestand des Weitergabeverbots in dem Zeitpunkt vollendet ist, indem 1392 Mennicke,
in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 191. in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14, Rn. 69; ders., AG 1994, 237 (247); Federlin, S. 85; Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 14 WpHG Rn. VI109; Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 14 WpHG Rn. 163; Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 56; Koch, S. 163; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.551; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 3, 42, 44; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 14 WpHG Rn. 10. 1394 Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 41. 1395 Gimnich, S. 149; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 42; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 14 WpHG Rn. 10. 1393 Assmann,
C. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG)373
der Empfänger die Möglichkeit der Kenntnisnahme der Insiderinformationen erlangt.1396 Begründet wird diese Ansicht zunächst damit, dass der Wortlaut der Vorschrift nicht zwangsläufig für die Notwendigkeit der Kenntnisnahme spreche. Vielmehr lasse er durchaus auch die Auslegung zu, dass nur die Möglichkeit der Kenntnisnahme geschaffen werden muss, um den Tatbestand zu verwirklichen.1397 Stehe damit der Wortlaut der Vorschrift einer derartigen Auslegung nicht entgegen, so spreche bereits systematisch für das Ausreichenlassen der Möglichkeit der Kenntnisnahme, dass selbst beim Verwendungsverbot des § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG unbeachtlich sei, ob der Insider tatsächlich den von ihm mit der Transaktion beabsichtigten und verfolgten Gewinn erzielt, sodass auch für das Weitergabeverbot nicht von Bedeutung sein könne, ob ein tatsächlicher Erfolg eintrete.1398 Bestätigt werde dies auch durch den Umstand, dass es sich bei § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG um ein Tätigkeitsdelikt und ein abstraktes Gefährdungsdelikt handle. Denn durch den Kundgabeakt werde bereits eine abstrakte Gefahr für das Rechtsgut der Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte geschaffen.1399 Ohnehin lasse sich aus teleologischer Sicht feststellen, dass das für die Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte maßgebliche Vertrauen der Anleger bereits in dem Moment erschüttert werde, wenn der Insider die Informationen an Dritte weiterleite.1400 Mit der Weitergabe der Informationen oder der Eröffnung der Zugriffsmöglichkeit auf diese habe der Insider sie derart aus der Hand gegeben, dass bereits die konkrete Gefahr der Verbreitung bestehe mit der Folge der abstrakten Gefährdung des Rechtsguts der Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte und der Chancengleichheit der Marktteilnehmer.1401
1396 Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 189, 193; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 110; Schröder, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 10 Kap. 2 Rn. 175; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 122, 123; Villeda, S. 187; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 25. 1397 Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 110; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 25; vgl. auch Lücker, S. 105. 1398 Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 122. 1399 Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 122; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 25; zum Charakter als Tätigkeits- und Gefährdungsdelikt auch Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 30; Christoph, S. 47, 48; Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 14 WpHG Rn. VI92; Koch, S. 42; Villeda, S. 145, 187; a. A. Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 3 (Erfolgsdelikt). 1400 Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 122; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 25. 1401 Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 193.
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cc) Stellungnahme Ebenso wie bereits im Rahmen der § 17 Abs. 1 UWG und § 404 Abs. 1 AktG sprechen auch im Kontext des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG die besseren Gründe dafür, von der Vollendung des Tatbestands bereits mit Schaffung der Möglichkeit der Kenntnisnahme der Insiderinformation auszugehen. Im Wesentlichen kann auf die dort angeführten und vorausgehend ebenfalls vorgebrachten Argumente zurückgegriffen werden. Insoweit gilt es zunächst zu beachten, dass der Wortlaut „mitteilen“ oder „zugänglich machen“ nicht zwangsläufig für die Notwendigkeit der tatsächlichen Kenntnisnahme spricht, sondern auch dahingehend gedeutet werden kann, dass die Möglichkeit der Kenntnisnahme ausreicht. Auch das systematische Argument, dass § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG bereits keinen Erfolg verlangt und dies dementsprechend auch für die Weitergabe gelten muss, vermag zu überzeugen. Man könnte zwar systematisch ebenfalls erwägen, dass in § 38 Abs. 3 WpHG der Versuch der Weitergabe von Insiderinformationen unter Strafe gestellt ist und dieser seine Funktion verlöre, wenn man bereits die Möglichkeit der Kenntnisnahme für die Vollendung des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG ausreichen ließe. Hiergegen lässt sich allerdings – wie auch bereits im Rahmen des § 17 Abs. 1 UWG und wie nachfolgend noch genauer auszuführen sein wird – einwenden, dass der Versuch jedenfalls auch diejenigen Fälle erfasst, in denen die Insiderinformationen dem Empfänger bereits bekannt sind1402, und damit durchaus eigenständige Bedeutung erlangt, auch wenn man die Möglichkeit der Kenntnisnahme zur Tatbestandsvollendung ausreichen lässt. Schließlich spricht maßgeblich der Charakter der Vorschrift als abstraktes Gefährdungsdelikt und deren Telos dafür, die Möglichkeit der Kenntnisnahme als Schwelle zur Vollendung des Weitergabeverbots zu erachten. Eine abstrakte Gefährdung der Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte und der Chancengleichheit der Kapitalmarktteilnehmer liegt bereits dann vor, wenn der Insider alles seinerseits Erforderliche getan hat, dass die Aufnahme der Information in einer vom ihm nicht mehr zu beeinflussenden Weise ausschließlich in der Sphäre des Empfängers liegt und dadurch der Punkt einer als endgültige Preisgabe anzusehenden Kundgabe von Insiderinformationen erreicht ist.
1402 Vgl.
Teil 2, C. IV. 1. d).
C. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG)375
d) Neuheit der Informationen Weiterhin wird – wie dies bereits im Rahmen des § 17 Abs. 1 UWG angedeutet wurde – in der Literatur kontrovers diskutiert, ob die Insiderinforma tionen für den Empfänger bislang unbekannt gewesen sein müssen, um von einer Verwirklichung des Tatbestands im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG ausgehen zu können oder ob die Neuheit der Information hierfür unerheblich ist. aa) Bekanntheit schadet nicht Nach zum Teil vertretener Ansicht müssen die seitens des Insiders weitergegebenen Insiderinformationen für den Empfänger nicht unbekannt sein, um eine Verwirklichung des Tatbestands im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG annehmen zu können.1403 Begründet wird diese Auffassung zunächst mit dem Wortlaut der Vorschrift, der keinerlei Hinweise darauf enthalte, dass die Tatbestandsverwirklichung von der Neuheit der Insiderinformationen für den Empfänger abhängen solle. Weiterhin ergebe sich die Unbeachtlichkeit der Neuheit der Informationen auch aus dem Charakter des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG als abstraktes Gefährdungsdelikt und dem Umstand, dass bereits die Schaffung der Möglichkeit der Kenntnisnahme für die Vollendung des Weitergabeverbots ausreiche. Denn, wenn der Empfänger die Informationen nicht zur Kenntnis genommen haben müsse, damit der Insider den Tatbestand des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG verwirklicht, könne es auch keine Rolle spielen, ob ihm die erlangbaren Informationen bereits bekannt seien oder nicht.1404 Ginge man demgegenüber davon aus, dass dennoch die Unbekanntheit der Informationen seitens des Empfängers zu fordern sei, da anderenfalls eine Gefährdung im konkreten Einzelfall und damit letztlich auch eine Tatbestandsverwirklichung verneint werden müsse, so liefe dies auf ein materiell-rechtliches Bagatellprinzip hinaus, das dem deutschen Strafrecht fremd sei.1405 Und schließlich spreche maßgeblich auch der Telos der § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG 1403 Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 14 WpHG Rn. 163; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 195; Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 14 Rn. 42; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 124; ders., ZBB 2006, 243 (247); Villeda, S. 188. 1404 Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 124. 1405 Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 124; vgl. allgemein auch Vogel, in: Assmann / Schneider, Vor § 38, Rn. 20; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 5.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG für die Annahme, dass die Bekanntheit der Insiderinformationen seitens des Empfängers keine Auswirkungen auf die Verwirklichung des Tatbestands habe. Denn insoweit werde die Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte auch dann beeinträchtigt, wenn die Weitergabe lediglich dem Empfänger bereits bekannte Insiderinformationen betreffe, da auch diese Verhaltensweise die Eignung aufweise, das Vertrauen der Anleger in die Ordnungsgemäßheit der Kapitalmärkte zu erschüttern und dementsprechend zu einer Abkehr von diesen zu führen.1406 Zudem hätte die Annahme der Notwendigkeit der Neuheit der Informationen für die Verwirklichung des Tatbestands letztlich zur Konsequenz, dass die Strafbarkeit des Insiders vom Zufall abhinge.1407 bb) Notwendigkeit der Neuheit Andere Stimmen in der Literatur sind hingegen der Auffassung, dass die bereits vorhandene Kenntnis des Empfängers bezüglich der seitens des Insiders weitergegebenen Insiderinformationen der Vollendung des Tatbestands im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG entgegensteht.1408 Auch für diese Auffassung wird insbesondere der Schutzzweck der Vorschrift geltend gemacht. Wenn dieser darin liege, die Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte zu sichern und die Chancengleichheit der Kapitalmarktteilnehmer zu gewährleisten, sie vor Übervorteilung durch Ausnutzung von Informationsasymmetrien zu schützen und ihr Vertrauen in die Ordnungsgemäßheit der Kapitalmärkte zu stärken, so müsse eine strafrechtlich relevante Weitergabe von Insiderinformationen jedenfalls dann ausscheiden, wenn diese Information dem Empfänger bereits bekannt waren, da hierdurch weder das Vertrauen der Anleger erschüttert noch die Chancengleichheit zwischen ihnen verzerrt und damit auch nicht die Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte beeinträchtigt werde.1409 Zwar hänge die Strafbarkeit des Insiders letztlich 1406 Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 14 WpHG Rn. 163; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 124. 1407 Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 195. 1408 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 70; Gimnich, S. 150; Koch, S. 163; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 110; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 44; Wehowsky, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 14 WpHG Rn. 11; differenzierend: Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 13 Rn. 277, 282. 1409 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14, Rn. 70; Gimnich, S. 150; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 110; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 44; Wehowsky, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 14 WpHG Rn. 11.
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durchaus vom Zufall ab, wenn man sie von der Frage der Bekanntheit der Information abhängig machte. Allerdings sei Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs bei vielen Straftatbeständen durch Umstände bedingt, die außerhalb der Einflusssphäre des Täters lägen.1410 cc) Stellungnahme Wie auch im Rahmen der § 17 Abs. 1 UWG und § 404 Abs. 1 AktG dürfte auch an dieser Stelle der Auffassung zu folgen sein, nach der von der Verwirklichung des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG nur dann ausgegangen werden kann, wenn die dem Empfänger weitergegebenen Insiderinformationen diesem bislang noch nicht bekannt waren. Hierfür lässt sich entscheidend anführen, dass das Weitergabeverbot zwar ein abstraktes Gefährdungsdelikt darstellt, die Weitergabe von dem Empfänger bereits bekannten Insiderinformationen jedoch auf Grund des mangelnden Novitätswerts nicht einmal abstrakt eine Gefahr für die Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte und die Chancengleichheit der Marktteilnehmer begründet, sodass aus teleologischer Sicht nicht von einer Verwirklichung des Straftatbestands gesprochen werden kann. Zudem vermag auch das Argument, dass hierdurch ein dem Strafrecht grundsätzlich fremdes materiell-rechtliches Bagatellprinzip eingeführt werde, nicht zu überzeugen, da sich der Gedanke des „Bagatell unrechts“ durchaus auch in anderen Vorschriften wie beispielsweise § 223 Abs. 1 StGB auf materiell-rechtlicher Ebene Berücksichtigung findet und insofern auch notwendig erscheint, um „die massive Rechtsfolge der Bestrafung“ legitimieren zu können.1411 2. Die Bereitstellung als Mitteilen beziehungsweise Zugänglichmachen Die Vorstandsmitglieder stellen die zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Informationen bereit, um dem potenziellen Erwerber, der um die Möglichkeit der Durchführung im Vorfeld der geplanten Pakettransaktion gebeten hat, zu diesen Zugang zu gewähren. In Anbetracht des Gesuchs des Kaufinteressenten und der Absicht, sich mit Hilfe der Informationen über die Stärken und Schwächen der Gesellschaft hinreichend informieren, die Chancen und Risiken der geplanten Investition zu kalkulieren und eine vernünftige Ausgangsposition für die weiteren Vertragsver1410 Gimnich,
Rn. 44.
1411 Freund,
S. 149; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG
in: MüKo StGB, Bd. 1, Vorbe. §§ 13 ff. Rn. 210.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
handlungen mit dem veräußerungswilligen Aktionär zu erlangen, ist zudem davon auszugehen, dass dieser auch bemüht sein wird, von möglichst vielen Informationen Kenntnis zu nehmen. Zwar werden ihm unter Umständen einzelne Informationen bereits im Vorfeld bekannt sein. Allerdings ist die Bitte um Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Informationen gerade auf solche Informationen gerichtet, von denen er keine Kenntnis hat. Das Bereitstellen der Insiderinformationen im Vorfeld der Pakettransaktion kann daher als Mitteilen beziehungsweise Zugänglichmachen an einen anderen im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG qualifiziert werden.
V. Unbefugt Schließlich müsste die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Insiderinformationen zugunsten des potenziellen Erwerbers des Aktienpakets im Vorfeld der geplanten Pakettransaktion durch die Vorstandsmitglieder unbefugt erfolgt sein, um von einer Strafbarkeit im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG ausgehen zu können. 1. Einordnung Wie bereits im Rahmen der § 17 Abs. 1 UWG und § 404 Abs. 1 AktG stellt sich auch im Rahmen des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG zunächst die Frage, auf welcher Ebene im dreistufigen Deliktsaufbau das Merkmal der mangelnden Befugnis dogmatisch einzuordnen ist. a) Das Merkmal der Befugnis als Blankettbegriff Vor Inkrafttreten des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes wurde zum Teil die Ansicht vertreten, das Merkmal der Befugnis sei als Blankettbegriff ausgestaltet und übernehme insoweit eine Doppelfunktion. Sofern die Weitergabe ausschließlich an Personen erfolge, die hierdurch ihrerseits zum Primärinsider würden, sei die Frage der Befugnis auf Ebene des Tatbestands aufzuwerfen, da noch keine hinreichende Indizwirkung im Hinblick auf die Rechtswidrigkeit der Weitergabe vorliege. Würden die Adressaten der Weitergabe ihrerseits hingegen nicht zu Primärinsidern, so begründe dieser Umstand bereits ein hinreichendes tatbestandliches Unrecht, sodass nur noch auf Ebene der Rechtswidrigkeit diskutiert werden könne, ob eine Befugnis im Sinne eines allgemeinen Rechtfertigungsgrunds zugunsten der
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Weitergabe bestand.1412 Begründet wurde diese Auffassung damit, dass auf diese Weise Strafbarkeitslücken vermieden würden, da sie auch die Sekundärinsider, die nicht dem Verbot des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a. F. unterliegen – hinreichend in die Strafbarkeit mit einbeziehe.1413 Des Weiteren spreche für diese Art der dogmatischen Einordnung auch der Charakter des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a. F. als abstraktes Gefährdungsdelikt. Denn insbesondere durch die Weitergabe von Insiderinformationen an Sekundärinsider werde die Gefahr eines Missbrauchs geschaffen und die informationelle Chancengleichheit der Kapitalmarktteilnehmer beeinträchtigt, sodass hier allenfalls eine Rechtfertigung noch in Betracht komme.1414 b) Das Merkmal der Befugnis als normatives Tatbestandsmerkmal Heute wird demgegenüber einhellig die Auffassung vertreten, das Merkmal der Befugnis stelle ein normatives Tatbestandsmerkmal dar.1415 Angeführt wird hierfür zum einen das systematische Argument, dass § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG und § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG ein vergleichbares Merkmal nicht enthalten, sodass dem Merkmal der Befugnis in § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG eine besondere tatbestandliche Bedeutung zuteil werden müsse.1416 Zum anderen wird geltend gemacht, dass der Gesetzgeber durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz den Zweck verfolgte, das WpHG in Anlehnung an die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts – namentlich die Marktmissbrauchsrichtlinie und die Durchführungsrichtlinie – zu modernisieren und 1412 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 72; wohl auch Eggenberger, S. 315; Ziemons, AG 1999, 492 (498). 1413 Vgl. Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 45; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 125. 1414 Lücker, S. 109. 1415 Christoph, S. 146; Eggenberger, S. 315; Gimnich, S. 151; Götz, DB 1995, 1949 (1949); Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 14 WpHG Rn. 164; Jäger, JZ 2003, 1048 (1052); Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 14 Rn. 289; Koch, S. 166, 252; Krömker, S. 65; Lücker, S. 110; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 197; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 111; Roschmann / Frey, AG 1996, 449 (453); Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.552; Schmidt-Diemitz, DB 1996, 1809 (1810); Schröder, in: Achenbach / Ransiek, HWStR, Teil 10 Kap. 2 Rn. 176; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 45; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 125; Storck, FB 2004, 263 (265); Veil, ZHR 172 (2008), 239 (252); Villeda, S. 190; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 26, Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 14 WpHG Rn. 12; Ziegler, DStR 2000, 249 (253). 1416 Gimnich, S. 151; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 111; Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 14 Rn. 44; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 45; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 125.
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unionisieren. Daher habe sich die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe an den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben zu orientieren. Aus Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie ergibt sich insoweit, dass die Weitergabe von Insiderinformationen zu untersagen ist, soweit diese nicht in einem normalen Rahmen der Ausübung ihrer Arbeit oder ihres Berufes oder der Erfüllung ihrer Aufgaben geschieht. Daraus folge, dass das Mitteilen oder Zugänglichmachen von Insiderinformationen im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG dann nicht als tatbestandsmäßig erachtet werden könne, wenn sie in dem durch die Richtlinie vorgegebenen Rahmen erfolge.1417 Schließlich lasse sich für diese Auffassung anführen, dass die unternehmerische Entfaltung regelmäßig Informationsflüsse voraussetze und daher nicht jede Weitergabe automatisch als tatbestandsmäßig erachtet werden dürfe.1418 c) Stellungnahme Unzweifelhaft ist im Ergebnis der Ansicht zu folgen, dass das Merkmal der Befugnis dogmatisch auf Ebene des Tatbestands einzuordnen ist. Die vor Inkrafttreten des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes zum Teil vertretene Lehre von der Doppelfunktion entspricht nicht mehr der gegenwärtigen Gesetzeslage. Sie beruhte im Wesentlichen auf dem Umstand, dass § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a. F. ausschließlich ein Weitergabeverbot zulasten von Primärinsidern vorsah, während Sekundärinsider nicht durch die Vorschrift erfasst wurden. Mit Inkrafttreten des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes ist diese Differenzierung jedoch in § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG weggefallen und spielt nur noch auf Rechtsfolgenseite in § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG beziehungsweise § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG eine Rolle. Damit weist weder die bloße Weitergabe an Primärinsider noch diejenige an Sekundärinsider einen Unrechtsgehalt auf, der diese bereits für sich als tatbestandsmäßig erscheinen lässt.1419 Bereits aus diesem Grund hat die dogmatische Einordnung des Befugnismerkmals auf Ebene des Tatbestands zu erfolgen. Daneben stützt sich die heute herrschende Meinung zu Recht auch auf die europäischen Vorgaben der Marktmissbrauchsrichtlinie, die insoweit keinen Zweifel daran lassen, dass das Befugnismerkmal bereits auf Tatbestandsebene Bedeutung erlangt. 1417 Federlin, S. 86; Götze, DB 1995, 1949 (1949); Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 14 Rn. 286; Koch, S. 166; Lücker, S. 108 ff. 1418 Lücker, S. 109; ähnlich Federlin, S. 86. 1419 So i. E. Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 72; Klie, S. 82; Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 14 Rn. 45; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 45; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 125.
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2. Allgemeine Grundsätze zur Auslegung des Merkmals der Befugnis Bevor nachfolgend der Frage nachgegangen werden kann, ob die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Insiderinformationen durch die Vorstandsmitglieder zugunsten des potenziellen Erwerbers unbefugt im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG erfolgt, empfiehlt sich zunächst, die allgemeinen Grundlagen der Auslegung des Merkmals der Befugnis zu erarbeiten und das Merkmal zu konkretisieren, um anhand dessen auf die Frage der Befugnis der Vorstandsmitglieder einzugehen. Da es sich bei diesem Merkmal neben dem der Insiderinformationen um eines der maßgeblichen Merkmale für das Vorliegen der Strafbarkeit nach § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG und zudem um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, verwundert es nicht, dass die Auslegung dieses Merkmals bereits in ihren allgemeinen Zügen in Rechtsprechung und Literatur uneinheitlich beurteilt wird. a) Befugnis bereits bei Vorliegen einer Verschwiegenheitspflicht des Empfängers Zum Teil wird in der Literatur zunächst die Auffassung vertreten, das Mitteilen oder Zugänglichmachen von Insiderinformationen erfolge bereits immer dann befugt im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG, wenn der Empfänger der Informationen einer besonderen Verschwiegenheitspflicht unterliege. Insiderrechtlich irrelevant sei daher zunächst in jedem Fall die Weitergabe von Informationen an Berufsträger wie Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, da diese gesetzlich zur Vertraulichkeit verpflichtet sind, vgl. § 43a Abs. 2 BRAO, § 2 BORA, § 57b WPO, § 57 Abs. 1 StBerG, § 203 StGB. Aber auch die Weitergabe an sonstige Personen könne ohne insiderrechtliche Konsequenzen erfolgen, wenn diese auf Grund einer Vereinbarung einer Verschwiegenheitspflicht unterlägen. Begründet wird diese Auffassung unter Zugrundelegung des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG. Wenn hiernach die Veröffentlichungspflicht des Emittenten oder einer in dessen Auftrag oder auf dessen Rechnung handelnden Person im Falle der Weitergabe an Dritte dann entfällt, wenn der Empfänger seinerseits rechtlich zur Vertraulichkeit verpflichtet ist, so lasse sich hieraus im Umkehrschluss entnehmen, dass die Weitergabe an diese Personen auch als befugt im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG erachtet werden müsse.1420 1420 Hopt, ZGR 2002, 333 (340) zu Art. 6 Abs. 3 UAbs. 2 Marktmissbrauchsrichtlinie; Rodewald / Tüxen, BB 2004, 2249 (2252).
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
Dieser Auffassung stehen allerdings durchgreifende Bedenken entgegen.1421 Zunächst einmal verkennt sie völlig den Willen des Gesetzgebers und den europarechtlichen Hintergrund der Vorschrift.1422 Wie bereits im Rahmen der dogmatischen Einordnung des Befugnismerkmals festgestellt wurde, ergibt sich aus Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie, dass die Mitgliedstaaten die Weitergabe von Insiderinformationen zu untersagen haben, soweit diese nicht in einem normalen Rahmen der Ausübung ihrer Arbeit oder ihres Berufes oder der Erfüllung ihrer Aufgaben geschieht. Der nationale Gesetzgeber hat diesen Wortlaut zwar in § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG nicht übernommen, sondern stattdessen auf das Merkmal der Befugnis zurückgegriffen, allerdings bereits in der Regierungsbegründung zum Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz angeführt, dass ein unbefugtes Mitteilen oder Zugänglichmachen dann nicht vorliegt, wenn die Information im normalen Rahmen der Berufs- und Geschäftsausübungstätigkeit weitergegeben wird, und damit auf Art. 3 lit. a) Insiderrichtlinie verwiesen, der von Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie abgelöst wurde, aber mit diesem inhaltlich identisch ist.1423 Dass der Empfänger einer besonderen Verschwiegenheitspflicht unterliegt, gibt jedoch keinerlei Auskunft darüber, ob die Weitergabe in einem derartigen Kontext geschieht. Dann aber kann das bloße Vorliegen einer besonderen Vertraulichkeitsverpflichtung auch nicht als Äquivalent für das Bestehen einer Befugnis im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG erachtet werden. Des Weiteren lässt sich auch einwenden, dass der Empfänger der Insiderinformationen in der Regel seinerseits ohnehin bereits dem straf- beziehungsweise ordnungswidrigkeitenrechtlich sanktionierten Weitergabeverbot des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG unterliegt und sich daher die Frage stellt, warum dann gerade das Vorliegen einer besonderen Verschwiegenheitspflicht des Empfängers für die Annahme der Befugnis der Weitergabe der Insiderinformationen entscheidend sein soll, wo doch insoweit bereits eine hinreichende Gewähr dafür besteht, dass der Empfänger die Insiderinformationen nicht weitergibt. Es vermag in dieser Hinsicht nicht einzuleuchten, warum die insiderrechtliche Verschwiegenheitspflicht des Empfängers nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG im Vergleich zu einer speziellen Verschwiegenheitspflicht für die Annahme der Befugnis nicht ausreichen sollte, wenn man schon erwägt, dass eine Verschwiegenheitspflicht allein die Befugnis zur Weitergabe von Insiderinformationen begründe.1424 Weiterhin ergibt sich 1421 Bussian, S. 181; Claussen / Florian, AG 2005, 745 (752); Gimnich, S. 155; Koch, S. 254; Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 14 Rn. 47; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.555; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 127; Speier, S. 127; von Falkhausen / Widder, BB 2005, 225 (225 (226). 1422 Federlin, S. 92; Gimnich, S. 155; Koch, S. 254; Speier, S. 127. 1423 BT-Drucks. 12 / 6679, S. 47. 1424 Speier, S. 127; von Falkhausen / Widder, BB 2005, 225 (226).
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auch nicht aus § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG, dass von einer Befugnis zur Weitergabe von Insiderinformationen nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG nicht bereits dann ausgegangen werden kann, wenn der Empfänger einer Verschwiegenheitspflicht unterliegt.1425 Dies gleich in mehrfacher Hinsicht. Zunächst ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber den Umstand, dass die Befugnis ausschließlich am Vorliegen einer Verschwiegenheitspflicht zu beurteilen sein soll, nicht in § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG versteckt, sondern dies unmittelbar in § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG vorgesehen hätte.1426 Des Weiteren lässt sich der Vorschrift des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG auch gar nicht die Aussage entnehmen, dass die Befugnis zur Weitergabe von Insiderinformationen ausschließlich am Vorliegen einer Verschwiegenheitspflicht zu bemessen sei. Denn einerseits kann bei genauerer Betrachtung der Vorschrift festgestellt werden, dass sie selbst zwischen der befugten Weitergabe der Insider informationen einerseits und dem Vorliegen einer Verschwiegenheitspflicht andererseits unterscheidet, wenn sie davon spricht, dass derjenige, der als Emittent oder als eine Person, die in dessen Auftrag oder auf dessen Rechnung handelt, „im Rahmen seiner Befugnis“ einem anderen Insiderinformationen mitteilt oder zugänglich macht, diese nur dann gleichzeitig nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG zu veröffentlichen und dem Unternehmensregister im Sinne des § 8b HGB zur Speicherung zu übermitteln hat, wenn der andere nicht rechtlich zur Vertraulichkeit verpflichtet ist.1427 Zum anderen ist darüber hinaus zu beachten, dass die herrschende Meinung – wie noch zu zeigen sein wird – zutreffenderweise davon ausgeht, dass bereits die aus § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG resultierende Verschwiegenheitspflicht eine „rechtliche Verpflichtung zur Vertraulichkeit“ im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG darstellt1428, sodass sich dementsprechend aus § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG keinerlei Anhaltpunkt entnehmen lässt, dass sich die Befugnis zur Weitergabe von Insiderinformationen allein nach dem Vorliegen einer besonderen Verschwiegenheitspflicht richten soll. Schließlich spricht auch entscheidend der Telos des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG gegen die Annahme, dass von einer Befugnis zur Weitergabe von Insiderinformationen bereits bei Vorliegen einer besonderen Verschwiegenheitspflicht ausgegangen werden können soll. Denn dient die Vorschrift dem Zweck, die Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte dadurch zu erhalten, dass sie die informationelle Chancengleichheit der Kapitalmarktteilnehmer gewährleistet und 1425 Claussen / Florian, AG 2005, 745 (752); Gimnich, S. 155; Speier, S. 128; Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 14 Rn. 47; von Falkhausen / Widder, BB 2005, 225 (225, 226). 1426 Bussian, S. 181; Gimnich, S. 155; von Falkhausen / Widder, BB 2005, 225 (226). 1427 Bussian, S. 181; Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 14 Rn. 47. 1428 Vgl. Teil 2, F. VI. 1.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
den Kreis derjenigen, die Kenntnis von Insiderinformationen haben, so klein wie möglich hält, so würde dieses Ziel konterkariert, wenn man für die Annahme der Befugnis bereits das Vorliegen einer besonderen Verschwiegenheitspflicht ausreichen ließe.1429 Im Ergebnis reicht das bloße Bestehen einer besonderen gesetzlichen oder vertraglichen Verschwiegenheitspflicht des Empfängers damit nicht aus, um von einer Befugnis des Insiders zum Mitteilen oder Zugänglichmachen von Insiderinformationen im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG ausgehen zu können. b) Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie als Ausgangspunkt Welche konkreten Anforderungen an das Vorliegen einer Befugnis im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG zu stellen sind, ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Vorschrift noch aus deren systematischen Kontext. Es stellt sich daher maßgeblich die Frage, wie die befugte Weitergabe von Insiderinformationen von der unbefugten abzugrenzen ist. Wie bereits vorausgehend festgestellt wurde, sieht die Marktmissbrauchsrichtlinie in Art. 3 lit. a) vor, dass die Mitgliedstaaten die Weitergabe von Insiderinformationen nur insoweit zu untersagen haben, als dass diese nicht in einem normalen Rahmen der Ausübung ihrer Arbeit oder ihres Berufes oder der Erfüllung ihrer Aufgaben geschieht. Diese Vorgabe ist auf Grund der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung der Vorschriften des WpHG bei der Auslegung des Merkmals der Befugnis zu berücksichtigen. Von einem unbefugten Mitteilen oder Zugänglichmachen von Insiderinformationen im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG ist daher zunächst einmal dann auszugehen, wenn diese nicht in einem normalen Rahmen der Ausübung der Arbeit oder des Berufes oder der Erfüllung von Aufgaben des jeweiligen Insiders geschieht.1430 Bestätigt wird dieser erste Konkretisierungsschritt des Befugnis1429 Claussen / Florian, AG 2005, 745 (752); Gimnich, S. 156; Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 14 Rn. 47; Speier, S. 127; von Falkhausen / Widder, BB 2005, 225 (226). 1430 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 73; Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (647); Christoph, S. 149; Eggenberger, S. 315; Federlin, S. 91; Gimnich, S. 151; Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 14 WpHG Rn. 166; Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 58; Kemnitz, S. 47; Kiethe, NZG 1999, 976 (980); Klie, S. 82; Koch, S. 168; Lücker, S. 111; Meincke, WM 1998, 749 (756); Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 111; Rittmeister, NZG 2004, 1032 (1035); ders., M&A-Review, 528 (531); Schroeder, DB 1997, 2161 (2164); Schmidt-Diemitz, DB 1996, 1809 (1810); Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 46; Speier, S. 126; Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (380); Storck, FB 2004, 263 (265); Veil, ZHR 172 (2008), 239 (252); Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 14 WpHG Rn. 12; Ziegler, DStR 2000, 249 (253); Ziemons, AG 1999, 492 (497).
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merkmals auch durch einen Blick in die Regierungsbegründung zum Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz. Dieser lässt sich insoweit entnehmen, dass ein unbefugtes Mitteilen oder Zugänglichmachen im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG dann nicht vorliegt, wenn die Information im normalen Rahmen der Berufs- und Geschäftsausübungstätigkeit weitergegeben wird. Zudem wird hinsichtlich dieser Konkretisierung ausdrücklich auf Art. 3 lit. a) Insiderrichtlinie verwiesen, der durch Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie abgelöst wurde, mit diesem aber inhaltlich identisch ist.1431 Die Regierungsbegründung zum Anlegerschutzverbesserungsgesetz geht zwar nicht mehr derart ausdrücklich auf die Auslegung des Befugnismerkmals unter Heranziehung des Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie ein. Allerdings weist auch sie darauf hin, dass § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG auf Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie beruht und § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a. F. entspricht1432, womit zugleich zum Ausdruck kommt, dass die Auslegung des Merkmals der Befugnis weiterhin anhand der europäischen Vorgabe zu erfolgen hat und demnach von entscheidender Bedeutung ist, ob die Weitergabe in einem normalen Rahmen der Ausübung der Arbeit oder des Berufes oder der Erfüllung von Aufgaben des jeweiligen Insiders geschieht. c) Konkretisierung der Vorgabe des Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie Die Erkenntnis, dass sich das Vorliegen einer Befugnis zum Mitteilen oder Zugänglichmachen von Insiderinformationen entsprechend Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie danach richtet, ob die Weitergabe in einem normalen Rahmen der Ausübung der Arbeit oder des Berufes oder der Erfüllung von Aufgaben des jeweiligen Insiders geschieht, vermag zwar bereits einen ersten wichtigen Schritt in Richtung Abgrenzung zwischen unbefugter und befugter Weitergabe darstellen. Allerdings ist diese Formel angesichts ihrer Abstraktheit und des Rückgriffs auf unbestimmte Rechtsbegriffe ihrerseits auslegungsbedürftig und muss daher selbst einer näheren Konkretisierung zugeführt werden. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang unklar, wann eine Weitergabe von Insiderinformationen „im normalen Rahmen“ der Ausübung der Arbeit oder des Berufes oder der Erfüllung von Aufgaben geschieht.1433
1431 BT-Drucks. 12 / 6679, 1432 BT-Drucks. 15 / 3174, 1433 Koch,
S. 169.
S. 47. S. 34.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
aa) Normative Auslegung Kein Zweifel kann zunächst daran bestehen, dass ein Mitteilen oder Zugänglichmachen von Insiderinformationen jedenfalls nicht bereits deshalb in einem normalen Rahmen der Ausübung der Arbeit oder des Berufes oder der Erfüllung von Aufgaben des jeweiligen Insiders geschieht, weil es in einem bestimmten Kontext oder in einer bestimmten Erscheinungsform eine gewisse Üblichkeit aufweist beziehungsweise im Laufe der Zeit erlangt hat.1434 Begründen lässt sich dieser Umstand damit, dass eine Verhaltensweise auch gegen die Anordnungen des Gesetzes auf Grund der regelmäßigen Durchführung in der Praxis eine gewisse Üblichkeit erlangen kann. Zudem muss das Insiderrecht in der Lage sein, auch Verhaltensweisen, die sich vor Inkrafttreten des WpHG in der Praxis etabliert haben, auf ihre Vereinbarkeit mit dessen Zielsetzungen hin hinterfragen zu können. Dies insbesondere auch in solchen Fällen, in denen ein bereits zuvor gesetzeswidriges Verhalten, etwa auf Grund von Nachweisproblemen, nicht verfolgt worden ist und dadurch eine gewisse Üblichkeit erlangt hat.1435 Um diesen Faktoren angemessen Rechnung zu tragen, darf die Ausnahmeregel des Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie als Auslegungsindiz des Merkmals der Befugnis beziehungsweise konkreter das Merkmal „im normalen Rahmen“ nicht objektiv-empirisch in dem Sinne verstanden werden, dass allein aus der Üblichkeit eines Weitergabevorgangs die Befugnis zu dessen Vornahme resultiert. Erforderlich ist vielmehr eine normative Bestimmung des Begriffs des „normalen Rahmens“.1436 bb) Interessenabwägung maßgeblich Damit stellt sich allerdings die Frage, wie diese des Merkmals zu erfolgen hat. Dies lässt sich nur worten, wenn man sich vergegenwärtigt, worum es geht und hierbei den Telos des Weitergabeverbots
normative Bestimmung dann zutreffend beantin der Sache eigentlich einerseits und den der
1434 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 74; ders., AG 1997, 50 (55); Lücker, S. 111; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 114; Park, BB 2001, 2069 (2072); Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 47; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 14 WpHG Rn. 13. 1435 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 74; ders., AG 1997, 50 (55); Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 14 WpHG Rn. 13. 1436 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 74; ders., AG 1997, 50 (55); Lücker, S. 111; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 114; Park, BB 2001, 2069 (2072); Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 47; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 14 WpHG Rn. 13.
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Ausnahmevorschrift des Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie andererseits hinreichend berücksichtigt. Mit dem Weitergabeverbot verfolgt der europäische wie auch der nationale Gesetzgeber – wie bereits einleitend festgestellt wurde – den Zweck, die Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte zu gewährleisten, was zugleich mit der Stärkung des Vertrauens der Anleger in deren Ordnungsmäßigkeit und der Sicherung der Chancengleichheit zwischen den Marktteilnehmern verbunden ist. Der Kreis der potenziellen Insider soll möglichst klein gehalten werden, um eine Übervorteilung der übrigen Marktteilnehmer durch status- oder funktionsbedingte, aber auch zufallsbedingte Insider auszuschließen und einer Verzerrung der für ein reibungsloses Funktionieren der Kapitalmärkte erforderlichen Chancengleichheit entgegen zu wirken.1437 Vor diesem Hintergrund erschiene es auf den ersten Blick plausibel, ein möglichst umfassendes Verbot des Mitteilens oder Zugänglichmachens von Insiderinformationen vorzusehen, da so am effektivsten den aufgezeigten Gefahren begegnet würde. Allerdings hätte ein derart umfassendes Weitergabeverbot zugleich auch zur Folge, dass die unternehmerische Tätigkeit der Emittenten oder Insider unverhältnismäßig eingeschränkt und damit letztlich in unerwünschter und zugleich einschneidender Weise in Informationsflüsse eingegriffen würde, die für die Funktionsfähigkeit anerkannter rechtlicher und wirtschaftlicher Institutionen erforderlich und teilweise sogar gesetzlich geboten sind.1438 Der Gesetzgeber hat diesen Umstand erkannt und im WpHG mit dem Merkmal der Befugnis, in der Marktmissbrauchsrichtlinie mit Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie, Rechnung tragen wollen. In der Sache kann daher bei der Ermittlung des „normalen Rahmens“ im Sinne des Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie und damit bei der Ermittlung des Vorliegens einer Befugnis zum Mitteilen oder Zugänglichmachen von Insiderinformationen nur eine Interessenabwägung zwischen den genannten Positionen – also den Zielen des Insiderrechts einerseits und den Funktionserfordernissen anerkannter rechtlicher und wirtschaftlicher Institutionen andererseits – maßgeblich sein.1439 Dabei darf nicht allzu schnell im Wege einer abstrakten Abwägung 1437 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 73; Federlin, S. 87; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (283); Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 58; Jäger, JZ 2003, 1048 (1052); Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 14 Rn. 294; Koch, S. 171; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 201, 202; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG1 Rn. 112; Pawlik, in: KölnKomm WpHG, § 14 Rn. 46; Rittmeister, M&A Review 2008, 528 (531); ders., NZG 2004, 1032 (1035); Ziemons, AG 1999, 492 (497). 1438 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 73; ders., AG 1997, 50 (55); Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 14 WpHG Rn. 165; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 203; Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 14 Rn. 46. 1439 EuGH NZG 2006, 60 (61); Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 73, 79; ders., AG 1997, 50 (55); Federlin, S. 100; Hilgendorf, in: Park, KapM-
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zugunsten der einen oder anderen Seite entschieden werden. Vielmehr ist im jeweils konkreten Fall eine Abwägung zwischen den Zielen des Insiderrechts und den Interessen des jeweiligen Unternehmens beziehungsweise des Insiders an der Weitergabe der Insiderinformationen vorzunehmen.1440 cc) Weitere Konkretisierung in Rechtsprechung und Literatur Über den Umstand, dass im Ergebnis eine Interessenabwägung im vorgenannten Sinne für das Vorliegen einer Befugnis zum Mitteilen oder Zugänglichmachen von Insiderinformationen im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG ausschlaggebend ist, herrscht in Rechtsprechung und Literatur im Wesent lichen Einigkeit. Uneinheitlich wird allerdings die Frage beantwortet, wie die unterschiedlichen Interessen zu gewichten und welche Anforderungen dementsprechend an die Weitergabe der Informationen zu stellen sind. (1) Literatur (a) Weitergabe zwingend erforderlich Teile der Literatur vertreten in diesem Zusammenhang die Ansicht, die Weitergabe von Insiderinformationen geschehe nur dann im normalen Rahmen der Ausübung der Arbeit oder des Berufes oder der Erfüllung von Aufgaben des jeweiligen Insiders entsprechend Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie und damit befugt im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG, wenn sie hierfür zwingend erforderlich sei.1441 Gegen diese Auffassung wird allerdings zutreffend eingewandt, dass sie zu einseitig zugunsten des Kapitalmarkts entscheidet und betriebliche Abläufe zu sehr einschränkt.1442 Denn sie schließt beispielsweise auch Vorgänge wie die Heranziehung eines fachkompetenten Beraters aus dem Bereich StR, § 14 WpHG Rn. 165; Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 58; Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 14 Rn. 294; Koch, S. 171; Meincke, WM 1998, 749 (756); Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 203; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 112; Park, BB 2001, 2069 (2072); Rittmeister, NZG 2004, 1032 (1035); Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 47; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 127; Wehow sky, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 14 WpHG Rn. 13; Ziemons, AG 1999, 492 (497). 1440 Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 204. 1441 Assmann, AG 1994, 237 (247); ders., ZGR 1994, 495 (520); Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 14 WpHG Rn. VI 109; Lücker, S. 111, 113. 1442 Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 14 WpHG Rn. 14; Ziemons, AG 1999, 492 (497).
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des befugten Mitteilens oder Zugänglichmachens von Insiderinformationen im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG aus, in denen die Weitergabe der Informationen an den jeweiligen Empfänger zur Ausübung der Arbeit oder des Berufs oder zur Erfüllung einer Aufgabe zwar nicht unverzichtbar ist, aber gleichwohl sachlich auf Basis vernünftiger Gründe gerechtfertigt und in Abwägung gegenüber dem mit der Ausweitung des Insiderkreises verbundenen erhöhten Risikos von Insidergeschäften hinnehmbar erscheint.1443 Weiterhin handelt es sich bei § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG auch lediglich um einen Vorfeldtatbestand, der zwar die Wahrscheinlichkeit des Zustandekommens einer Transaktion erhöht, nicht aber zwangsläufig in einer solchen auch mündet, sodass die Anforderungen an das Vorliegen einer Befugnis zur Weitergabe von Insiderinformationen nicht zu streng ausfallen dürfen.1444 (b) Vernünftige Gründe für die Weitergabe Andere Stimmen in der Literatur vertreten den Standpunkt, dass bereits das Vorliegen vernünftiger Gründe im Bezug auf das Mitteilen oder Zugänglichmachen von Insiderinformationen ausreiche, um von einer Weitergabe im normalen Rahmen der Ausübung der Arbeit oder des Berufes oder der Erfüllung von Aufgaben entsprechend Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie und damit von einer befugten Weitergabe im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG ausgehen zu können.1445 Aber auch gegen diese Ansicht wird zutreffenderweise Kritik geltend gemacht. Für sie spricht zwar der Umstand, dass sie – anders als die vorausgehend aufgezeigte, restriktive Auffassung – nicht zum nahezu vollständigen Erliegen auch notwendiger oder gebotener Informationsflüsse führt. Ließe man allerdings tatsächlich bereits das Vorliegen vernünftiger Gründe für die Annahme einer Weitergabe im normalen Rahmen der Berufs- und Geschäftsausübungstätigkeit ausreichen, so setzte man lediglich einer missbräuchlichen Verwendung der Insiderinformationen zum eigenen Nutzen oder entgegen gesetzlicher oder vertraglicher Bestimmungen Grenzen. In Anbetracht der Tatsache, dass Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie beziehungsweise das Vorliegen einer Befugnis aber den Ausnahmefall zum regelmäßig bestehenden Weitergabeverbot bildet, ginge es zu weit, alle anderen in Betracht kommenden Fälle des Mitteilens oder Zugänglichmachens von Insiderinformationen als rechtmäßig zu erachten.1446 1443 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 74; Gimnich, S. 158; Klie, S. 107; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 206. 1444 Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 206. 1445 Götz, DB 1995, 1949 (1950); Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 207; Süßmann, AG 1999, 162 (164). 1446 Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 47.
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(c) Weitergabe erforderlich Der überwiegende Teil der Literatur geht heute davon aus, das Mitteilen oder Zugänglichmachen von Insiderinformationen geschehe nur dann im normalen Rahmen der Ausübung der Arbeit oder des Berufes oder der Erfüllung von Aufgaben des jeweiligen Insiders im Sinne des Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie und damit befugt im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG, wenn es nach dem need to know-Prinzip hierfür erforderlich sei.1447 Diese Auffassung erscheint im Grundsatz zutreffend. Denn zum einen unterbindet sie die Weitergabe von Insiderinformationen auf Grund bloßer Zweckmäßigkeitserwägungen und trägt damit den Zielen des Insiderrechts hinreichend Rechnung.1448 Zum anderen schränkt sie die Möglichkeit der Weitergabe aber auch nicht zu sehr ein und gewährleistet insoweit eine effiziente und schnelle Bearbeitung betrieblicher Vorgänge, was wiederum den Interessen der Emittenten und der jeweiligen Insider entspricht.1449 (2) Rechtsprechung Die Rechtsprechung hat allerdings in jüngerer Zeit wiederum den Standpunkt vertreten, dass die Ausnahme des Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie und damit letztlich auch das Merkmal der Befugnis restriktiv auszulegen sei und eine Weitergabe dementsprechend nur dann als im normalen Rahmen der Ausübung der Arbeit oder des Berufes oder der Erfüllung von Aufgaben des Insiders liegend und damit als befugt erachtet werden könne, wenn ein enger Zusammenhang zwischen dieser und den beruflichen Aufgaben bestehe, sie für die Aufgabenerfüllung unerlässlich sei und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspreche.1450 Nur so werde den Zielen der Marktmissbrauchsrichtlinie hinreichend Rechnung getragen, das reibungslose Funktionieren des Sekundärmarktes für Wertpapiere zu gewährleisten und das Vertrauen der Kapitalmarktteilnehmer zu erhalten, das insbesondere darauf beruhe, dass sie gleichgestellt und gegen die unrechtmäßige Verwendung einer Insiderinformation geschützt sind.1451 Denn insoweit müsse beachtet 1447 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 74; Bachmann, ZHR 172 (2008), 597 (623); Christoph, S. 149; Park, BB 2001, 2069 (2072); Schmidt-Diemitz, DB 1996, 1809 (1810); Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 47; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 14 WpHG Rn. 14; von Falkhausen / Widder, BB 2005, 225 (226); Ziemons, AG 1999, 492 (497). 1448 Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 114. 1449 Veil, ZHR 172 (2008), 239 (252). 1450 EuGH NZG 2006, 60 (61). 1451 EuGH NZG 2006, 60 (61).
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werden, dass grundsätzlich jede zusätzliche Weitergabe von Insiderinforma tionen die Gefahr vergrößern könne, dass diese mit einem der Marktmissbrauchsrichtlinie zuwiderlaufenden Ziel ausgenutzt werden.1452 Ob die Weitergabe der Insiderinformationen berufsbedingt unerlässlich sei und demnach im normalen Rahmen der Ausübung der Arbeit oder des Berufes oder der Erfüllung von Aufgaben des Insiders und damit befugt geschehe, bestimme sich im Übrigen „in Ermangelung einer Harmonisierung in diesem Bereich […] weitestgehend nach den Vorschriften, die diese Fragen in den einzelnen nationalen Rechtsordnungen regeln.“ Zudem müsse auch die Sensibilität der weitergegebenen Informationen Berücksichtigung finden.1453 (3) Stellungnahme Entgegen vereinzelter Stimmen in der Literatur1454 dürfte nicht davon auszugehen sein, dass diese jüngere Rechtsprechung zu einem grundlegenden Paradigmenwechsel im Verhältnis zur vorzugswürdigen Auffassung in der Literatur führt, sondern sich im Wesentlichen mit ihr auf einer Linie befindet.1455 Insoweit lässt sich zwar durch die maßgebliche Betonung der Ziele des Insiderrechts feststellen, dass sie diesen im Verhältnis zu den Interessen des Insiders an der Weitergabe ein wesentliches Gewicht beimisst. Dass sie aber allgemein das Weitergabeverbot so weit spannen und die Ausnahmeklausel des Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie so restriktiv auslegen will, dass letztlich nur ein solches Mitteilen oder Zugänglichmachen von Insiderinformationen als im normalen Rahmen der Ausübung der Arbeit oder des Berufes oder der Erfüllung von Aufgaben des jeweiligen Insiders liegend erachtet werden kann, das für die Aufgabenerfüllung unerlässlich beziehungsweise in Anlehnung an die restriktivste Auffassung in der Literatur zwingend erforderlich ist, lässt sich ihr nicht zwingend entnehmen. Der Wortlaut „unerlässlich“ und die Betonung der Notwendigkeit einer restriktiven Auslegung mögen zwar hierauf zunächst hindeuten. Andererseits spricht die Rechtsprechung gleichzeitig aber auch von der „bloßen“ Erforderlichkeit der Weitergabe1456, wie es auch die herrschende Meinung in der Literatur als 1452 EuGH
NZG 2006, 60 (61). NZG 2006, 60 (61). 1454 Bachmann, ZHR 172 (2008), 597 (624); Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 128; ders., ZBB 2006, 243 (250); Veil, ZHR 172 (2008), 239 (254). 1455 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 74b; Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 14 Rn. 325; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 46a; wohl auch Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 59; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 206. 1456 EuGH NZG 2006, 60 (61). 1453 EuGH
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
ausreichend erachtet.1457 Auch die Betonung des Umstands, dass sich die Bestimmung des normalen Rahmens der Ausübung der Arbeit oder des Berufes oder der Erfüllung von Aufgaben nach den nationalen Vorschriften richtet, legt den Schluss nahe, dass sie die Ausnahmeregel des Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie nicht so restriktiv verstehen wollte, dass auch solche Informationsmitteilungen dem Weitergabeverbot unterfallen, die zwar nicht zwingende Voraussetzung für die Aufgabenerfüllung sind, aber sachlich gerechtfertigt und für diese erforderlich sind. Für die Rechtspraxis dürfte die Rechtsprechung daher vielmehr eine Bestätigung dahingehend darstellen, dass bloße Zweckmäßigkeitserwägungen nicht genügen, sondern die Weitergabe der Insiderinformation nach dem need to know-Prinzip nur erfolgen darf, wenn dies aus berufs- oder tätigkeitsbedingten Gründen erforderlich ist.1458 Im Übrigen stünden einem anderen und insoweit restriktiveren Verständnis aber auch gewichtige Bedenken entgegen, wie sie bereits im Kontext der Literaturansicht, nach der die Weitergabe für die Ausübung der Arbeit oder des Berufes oder die Erfüllung von Aufgaben zwingend erforderlich sein muss, geltend gemacht wurden. Insbesondere wäre sie in Anbetracht ihrer insiderfundamentalistischen Tendenz1459 als zu einseitig im Hinblick auf die Funktionserfordernisse anerkannter rechtlicher und wirtschaftlicher Institutionen und insoweit als überzogen und praxisfern zu erachten1460, zumal sich dem Telos der Marktmissbrauchsrichtlinie auch die Notwendigkeit eines derart restriktiven Verständnisses nicht entnehmen lässt.1461 Es lässt sich damit im Ergebnis festhalten, dass die Weitergabe von Insiderinformationen dann im normalen Rahmen der Ausübung der Arbeit oder des Berufes oder der Erfüllung von Aufgaben des jeweiligen Insiders entsprechend Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie geschieht und damit als befugt im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG zu erachten ist, wenn sie hierfür erforderlich ist. Dies darf allerdings nicht allzu schematisch dahingehend verstanden werden, dass solche Vorgänge, die das jeweilige Unternehmen auch auf anderem Wege als durch die Weitergabe von Insiderinformation durchführen kann, eine unbefugte Weitergabe nach sich ziehen. Vielmehr verbleibt es dabei, dass stets eine Abwägung der widerstreitenden Interessen – also der Ziele des Insiderrechts einerseits und den Interessen des Unternehmens beziehungsweise des Insiders an der Weitergabe der Informationen andererseits – im konkreten Einzelfall vorzunehmen ist und nunmehr auch feststellend Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 14 Rn. 325. in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 114; zum need to knowPrinzip auch Pawlik, in: KölnKomm WpHG1, § 14 Rn. 46. 1459 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 74. 1460 Widder, EWIR 2009, 687 (688). 1461 Gimnich, S. 158. 1457 So
1458 Pananis,
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vom Vorliegen einer Befugnis dann ausgegangen werden kann, wenn die Mitteilung durch berechtigten und gegenüber den Zielen des Insiderrechts überwiegenden Interessen des Unternehmens gerechtfertigt wird.1462 d) Mindestvoraussetzungen für die Annahme einer Befugnis Steht damit der Ausgangspunkt der Auslegung des Merkmals der Befugnis fest, wird weiterhin in der Literatur diskutiert, ob an das Vorliegen einer Befugnis zur Weitergabe von Insiderinformationen Mindestvoraussetzungen zu stellen sind. Namentlich ging es dabei zunächst um das Vorliegen einer Primärinsidereigenschaft des Empfängers, aktuell um das Vorliegen einer besonderen gesetzlichen oder vertraglichen Verschwiegenheitspflicht des Empfängers. aa) Primärinsidereigenschaft des Empfängers Vor Inkrafttreten des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes vertrat die herrschende Meinung die Auffassung, von einer Befugnis zum Mitteilen oder Zugänglichmachen von Insiderinformationen im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a. F. könne überhaupt nur dann ausgegangen werden, wenn der Empfänger seinerseits Primärinsider sei und damit dem Weitergabe- und Empfehlungsverbot des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a. F. unterliege.1463 Begründet wurde diese Auffassung damit, dass nur in diesem Fall von einem wirksamen Schutz gegen die Verbreitung der Informationen durch den Empfänger ausgegangen werden könne. Würde man hingegen auf die Notwendigkeit dieses Charakteristikums des Empfängers verzichten, so entstünde ein Informationsleck, das letztlich zur Wirkungslosigkeit des Weitergabeverbots nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a. F. führte. Dies könne allerdings unzweifelhaft nicht richtig sein, da so das Ziel der Sicherung der Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte unter Gewährleistung der Chancengleichheit zwischen den Kapitalmarktteilnehmern und der Stärkung ihres Vertrauens in die Ordnungsmäßigkeit der Kapitalmärkte verfehlt würde.1464 Vermochte diese Auffassung noch vor Inkrafttreten des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes zu überzeugen, so stellt die Primärinsidereigenschaft des Empfängers nach der heutigen Gesetzeslage keine Mindestvoraussetzung 1462 Assmann, AG 1997, 50 (55); Koch, S. 174; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 207; Pawlik, in: KölnKomm WpHG, § 14 Rn. 46; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 47. 1463 Eggenberger, S. 320; Federlin, S. 92; Götz, DB 1995, 1949 (1950); Koch, S. 167, 174; Schmidt-Diemitz, DB 1996, 1809 (1810); Süßmann, AG 1999, 162 (163). 1464 Koch, S. 167.
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mehr für die Annahme einer Befugnis zum Mitteilen oder Zugänglichmachen von Insiderinformationen des Insiders dar.1465 Durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz ist die zuvor in § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a. F. vorgenommene Differenzierung zwischen Primär- und Sekundärinsidern entfallen und auf Rechtsfolgenebene in den § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG verschoben worden. Damit unterfallen Primärinsider und Sekundärinsider nunmehr gleichermaßen dem Weitergabeverbot des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG, sodass in jedem Fall ein wirksamer Schutz gegen die Verbreitung der Informationen durch den Empfänger besteht.1466 Man könnte zwar erwägen, dass dennoch eine Primärinsidereigenschaft des Empfängers zu fordern ist, da im Hinblick der Weitergabe an einen Primärinsider und der Weitergabe an einen Sekundärinsider jedenfalls insoweit ein unterschiedliches Schutzniveau besteht, als dass ersterem bei Weiterverbreitung der Informationen nach § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG eine Kriminalstrafe droht, während letzterer allenfalls mit einer Geldbuße auf Grund der Begehung einer Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG rechnen muss, sodass bei diesem auch tendenziell eher die Gefahr der Weitergabe an Dritte besteht. Dies vermag allerdings im Ergebnis nicht zu überzeugen, da das Merkmal der Befugnis richtlinienkonform auszulegen ist und die Marktmissbrauchsrichtlinie selbst keine Aussagen zur Einführung von Kriminalstrafen trifft und damit auch keine Unterscheidung des Sanktionsmaßes vorsieht. Daher kann die Primärinsidereigenschaft des Empfängers auch keine zwingende Voraussetzung für die Annahme einer Befugnis zum Mitteilen oder Zugänglichmachen von Insiderinformationen darstellen.1467 bb) Verschwiegenheitspflicht des Empfängers Teile der Literatur vertreten den Standpunkt, von einer Befugnis des Insiders zum Mitteilen oder Zugänglichmachen von Insiderinformationen könne nur dann ausgegangen werden, wenn der Empfänger dieser Informationen neben der aus § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG folgenden Verschwiegenheitspflicht einer ausdrücklichen, gesetzlichen oder vertraglichen Verschwiegenheitspflicht unterliege.1468 Angeführt wird hierfür zunächst eine systematische Auslegung unter Bezugnahme auf § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG, der Art. 6 Abs. 3 S. 2 Marktmissbrauchsrichtlinie in nationales Recht umsetzt.1469 So 1465 Koch,
S. 253. S. 155. 1467 Koch, S. 253. 1468 Eggenberger, S. 318; Götz, DB 1995, 1949 (1950); Grothaus, ZBB 2005, 62 (65); Hopt, ZGR 1997, 1 (17); Liekefett, S. 183; wohl auch Bachmann, ZHR 172 (2008), 597 (626). 1469 Liekefett, S. 183. 1466 Christoph,
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sehe diese Vorschrift vor, dass der Emittent Insiderinformationen, die er im Rahmen seiner Befugnis einem anderen Insiderinformationen mitteilt oder zugänglich macht, nur dann gleichzeitig zu veröffentlichen und dem Unternehmensregister im Sinne des § 8b HGB zur Speicherung zu übermitteln hat, wenn der Empfänger der Informationen nicht rechtlich zur Vertraulichkeit verpflichtet ist. Wenn aber die Veröffentlichungspflicht im Falle der Weitergabe von Insiderinformationen nur dann entfalle, wenn dem eine Verpflichtung zur Verschwiegenheit obliege, so könne auch nur in diesem Fall von einer Befugnis zur Weitergabe der Insiderinformationen im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG ausgegangen werden.1470 Daneben ergebe sich das Erfordernis einer zusätzlichen Verschwiegenheitspflicht auch aus dem Telos des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG, die Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalsmärkte zu sichern. Denn nur durch das Erfordernis einer über § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG hinausgehenden Verschwiegenheitspflicht werde dem Risiko des Missbrauchs und der Weiterverbreitung der Informationen in angemessener Weise begegnet und ein ordnungsgemäßer Umgang mit diesen gewährleistet.1471 Verzichtete man demgegenüber hierauf, so führte dies in vielen Fällen zu keinen befriedigenden Ergebnissen. Dies insbesondere dann, wenn es sich bei dem Empfänger der Informationen um eine solche Person handle, die nicht ständig mit Insiderinformationen in Berührung komme, da dieser die aus § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG resultierende Verschwiegenheitspflicht oftmals nicht präsent und dementsprechend ein sachgerechter Umgang mit den Informationen auch nicht garantiert sei, sofern sie nicht einer zusätzlichen Verschwiegenheitspflicht unterlägen.1472 Gegen diese Auffassung sprechen allerdings durchgreifende Bedenken.1473 Zunächst lässt sich insoweit anführen, dass bereits der Wortlaut des § 14 1470 Liekefett,
S. 184. DB 1995, 1949 (1950). 1472 Bachmann, ZHR 172 (2008), 597 (626); Götz, DB 1995, 1949 (1950). 1473 Emittentenleitfaden, S. 41; Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 75 ff.; ders., AG 1997, 50 (55); Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (648); Bussian, S. 181 (beachte aber. S. 186); Diversy, in: Graf / Jäger / Wittig, § 38 WpHG Rn. 102; Federlin, S. 94; Gimnich, S. 157; Hasselbach, NZG 2004, 1087 (1090); Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 60; Koch, S. 167, 254; Körber, NZG 2002, 263 (267); Meincke, WM 1998, 749 (756); Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 211 ff.; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 113; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.555; Schmidt-Diemitz, DB 1996, 1809 (1810); Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 47; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 126; Speier, S. 127; Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (380); Veil, ZHR 172 (2008), 239 (257); Villeda, S. 190; Wehowsky, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 14 WpHG Rn. 13; Ziegler, DstR 2000, 249 (253). 1471 Götz,
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
Abs. 1 Nr. 2 WpHG und auch die Regierungsbegründung zum Anlegerschutzverbesserungsgesetz keine Anhaltspunkte dafür enthalten, dass das Mitteilen oder Zugänglichmachen von Insiderinformationen durch den Insider an einen Dritten nur dann als befugt erachtet werden kann, wenn letzterer einer gesonderten Verschwiegenheitspflicht unterliegt.1474 Auch aus Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie lässt sich ein entsprechender Schluss nicht ziehen. Des Weiteren vermag auch die systematische Auslegung unter Bezugnahme auf § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG beziehungsweise der europäischen Vorgabe in Art. 6 Abs. 3 S. 1, 2 WpHG aus mehreren Gründen nicht zu überzeugen. Zunächst erscheint bereits grundsätzlich die Heranziehung einer Vorschrift zur Ad-hocPublizität zur Auslegung des Befugnismerkmals im Rahmen des Weitergabeverbots verfehlt, da der Gesetzgeber, hätte er die Befugnis zur Weitergabe von Insiderinformationen an das Vorliegen einer vertraglich vereinbarten oder gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht anknüpfen wollen, dies ausdrücklich im Rahmen des Weitergabeverbots geregelt hätte beziehungsweise hätte regeln müssen.1475 Bereits aus diesem Grund kann nicht davon ausgegangen werden, dass er mit § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG Einfluss auf die Auslegung des Merkmals der Befugnis nehmen wollte. Dies umso mehr, da sich die Vorschrift des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG auch bereits insoweit von § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG unterscheidet, als dass sie nur Emittenten und in deren Auftrag handelnde Dritte adressiert und auch nur solche Informationen fokussiert, die den Emittenten unmittelbar betreffen, sodass der Anwendungsbereich im Verhältnis zu § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG deutlich enger ausgestaltet ist und damit keine allgemeine Aussage zur Auslegung des Befugnismerkmal liefern kann.1476 Darüber lässt sich aber auch inhaltlich aus § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG nicht die Aussage ableiten, dass eine Weitergabe von Insiderinformationen nur dann als befugt erachtet werden kann, wenn der Empfänger einer zusätzlichen, zu der aus § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG resultierenden Verschwiegenheitspflicht hinzutretenden, gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Verschwiegenheitspflicht unterliegt. Denn zum einen lässt sich bei genauerer Betrachtung der Vorschrift feststellen, dass sie selbst eine befugte Weitergabe der Insiderinformationen voraussetzt, wenn sie davon spricht, dass derjenige, der als Emittent oder als eine Person, die in dessen Auftrag oder auf dessen Rechnung handelt, „im Rahmen seiner Befugnis“ einem anderen Insiderin1474 Assmann, AG 1997, 50 (55); Federlin, S. 94; Gimnich, S. 155; Meincke, WM 1998, 749 (756); Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 211; Schmidt-Diemitz, DB 1996, 1809 (1810); Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 126; Ziegler, DstR 2000, 249 (254). 1475 Ähnlich auch Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 76; Bussian, S. 181; Koch, S. 254; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 213; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 126. 1476 Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 126; Villeda, S. 191.
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formationen mitteilt oder zugänglich macht, diese nur dann gleichzeitig nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG zu veröffentlichen und dem Unternehmensregister im Sinne des § 8b HGB zur Speicherung zu übermitteln hat, wenn der andere nicht rechtlich zur Vertraulichkeit verpflichtet ist. Sie unterscheidet vielmehr selbst ausdrücklich zwischen dem Vorliegen einer befugten Weitergabe und dem Bestehen einer über § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG hinausgehenden, gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Verschwiegenheitspflicht.1477 Zum anderen ist darüber hinaus zu beachten, dass die herrschende Meinung – wie noch zu zeigen sein wird1478 – zutreffenderweise davon ausgeht, dass bereits die aus § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG resultierende Verschwiegenheitspflicht eine „rechtliche Verpflichtung zur Vertraulichkeit“ im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG darstellt. Dies ergibt sich bereits aus einer richtlinienkonformen Auslegung des Merkmals anhand des Art. 6 Abs. 3 S. 2 Marktmissbrauchsrichtlinie, nach dem sich die Verpflichtung sowohl aus Rechts- und Verwaltungsvorschrift als auch aus Satzung oder Vertrag ergeben kann.1479 Schließlich ist eine neben der aus § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG resultierenden Verschwiegenheitspflicht hinzutretende, gesetzliche oder vertraglich vereinbarte Verschwiegenheitspflicht aber auch aus teleologischen Gründen gar nicht er forderlich. Denn ein hinreichender Schutz der Funktionsfähigkeit der or ganisierten Kapitalmärkte und der Chancengleichheit zwischen den Kapitalmarktteilnehmern wird bereits dadurch erreicht, dass der Empfänger der Insiderinformation seinerseits dem Weitergabe- und Empfehlungsverbot des § 14 Abs. 1 WpHG unterliegt, durch die Weiterverbreitung der Informationen im Falle seiner Sekundärinsidereigenschaft eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG, im Falle der Primärinsidereigenschaft, die häufig in Form der berufsbedingten Insidereigenschaft nach § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) WpHG anzunehmen sein dürfte, sogar eine Straftat begeht. Bereits hierdurch ist hinreichend sichergestellt, dass die Informationen nicht rechtswidrig verwendet und Sondervorteile zum Nachteil der übrigen Marktteilnehmer erwirtschaftet werden.1480 Warum darüber hinaus noch eine zusätzliche, gesetzliche oder vertraglich vereinbarte Verschwiegenheitspflicht für die Annahme der Befugnis des Mitteilens oder des Zugänglichmachens der Insider1477 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 76; Koch, S. 255; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 213; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 113; Veil, ZHR 172 (2008), 239 (257). 1478 Vgl. Teil 2, F. VI. 1. 1479 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 76; Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (648); Gimnich, S. 157. 1480 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 75; Federlin, S. 94; Körber, NZG 2002, 263 (267); Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 211; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 113; Schmidt-Diemitz, DB 1996, 1809 (1810); Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 126; Speier, S. 127; Wehowsky, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 14 WpHG Rn. 13.
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informationen an Dritte erforderlich sein soll, erschließt sich daher nicht, zumal eine solche wohl auch keine über das mit der Verletzung des § 14 WpHG verbundene Risiko einer Kriminalstrafe oder Geldbuße hinausgehende Abschreckungswirkung entfalten dürfte.1481 Vielmehr ist davon auszugehen, dass ein solches Erfordernis sogar der Funktionsfähigkeit des organisierten Kapitalmarkts abträglich wäre, da es notwendige Informationsflüsse erschwerte und damit wichtige Abläufe am Kapitalmarkt beeinträchtigte.1482 e) Zusammenfassung Unter Zugrundelegung der vorausgehenden Erörterungen lässt sich im Ergebnis zunächst allgemein festhalten, dass die Befugnis zum Mitteilen oder Zugänglichmachen von Insiderinformationen im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG maßgeblich davon abhängt, ob diese entsprechend Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie in einem normalen Rahmen der Ausübung der Arbeit oder des Berufes oder der Erfüllung von Aufgaben des jeweiligen Insiders geschieht. Ob dies im konkreten Fall angenommen werden kann, ist anhand einer Interessenabwägung zwischen den Zielen des Insiderrechts einerseits – namentlich dem Ziel, die Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte zu sichern, indem die informationelle Chancengleichheit zwischen den Kapitalmarktteilnehmern gewährleistet, der Kreis der Insider auf möglichst wenige Personen beschränkt wird und Sondervorteile Einzelner durch die Erlangung von Insiderinformationen unterbunden werden – und den Interessen des Emittenten beziehungsweise Insiders, im Rahmen seiner Geschäftstätigkeit Insiderinformationen weiterzugeben, ohne sich hierdurch einem Sanktionsrisiko auszusetzen, andererseits zu ermitteln. Keine zwingende Voraussetzung für die Annahme einer Befugnis zur Weitergabe der Insiderinformationen ist, ob der Empfänger seinerseits zum Primärinsider hinsichtlich der Informationen wird oder einer besonderen gesetzlichen oder vertraglichen Verschwiegenheitspflicht unterliegt, da § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG hinreichende Gewähr dafür bietet, dass der Empfänger die Insiderinformationen seinerseits nicht weiter verbreitet. Liegen allerdings diese Aspekte im konkreten Fall vor, so sind sie im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung zu berücksichtigen.1483 1481 Koch, S. 167, 200; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 211; SchmidtDiemitz, DB 1996, 1809 (1810); Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 47; Speier, S. 127; Wehowsky, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 14 WpHG Rn. 13; Ziegler, DstR 2000, 249 (254). 1482 Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 47. 1483 Assmann, AG 1994, 50 (55); Koch, S. 253; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 214.
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3. Befugnis der Vorstandsmitglieder zur Bereitstellung von Insiderinformationen zwecks Durchführung einer Due Diligence Nachdem vorausgehend die allgemeinen Grundsätze der Auslegung des Merkmals der Befugnis dargestellt wurden, stellt sich nunmehr die Frage, ob die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Insiderinformationen durch die Vorstandsmitglieder zugunsten des potenziellen Erwerbers des Aktienpakets als befugte Weitergabe im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG qualifiziert werden kann, sodass eine Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder nach § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG ausscheidet. a) Institutioneller Vorbehalt zugunsten der Weitergabe von Insiderinformationen im Kontext von Pakettransaktionen aa) Institutioneller Vorbehalt Ein Großteil der Stimmen in der Literatur geht davon aus, dass das Mitteilen oder Zugänglichmachen von Insiderinformationen zwecks Durchführung einer Due Diligence im Vorfeld einer Pakettransaktion in der Regel bereits deshalb als zulässig zu erachten sei, da § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG zugunsten der Funktionsfähigkeit des Pakethandels und des Marktes für Unternehmenskäufe einem institutionellen Vorbehalt unterstehe.1484 Begründet wird diese Auffassung zunächst unter Berufung auf den Willen des Gesetzgebers. So lässt sich der Regierungsbegründung zum Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz im Hinblick auf das Insiderhandelsverbot nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG a. F. entnehmen, dass der Pakethandel bereits deshalb regelmäßig nicht unter den Insidertatbestand fällt, da es sich um eine selbstgeschaffene Insiderinformation handelt, deren Kenntnis derjenige, der diese Entscheidung getroffen hat, nicht ausnutzt, wenn er seinen Plan, das Ak tienpaket zu erwerben, ausführt. „Der Erwerb eines Aktienpakets ist grundsätzlich erlaubt. Er dient nicht dazu, sich unter Missachtung der Chancengleichheit der Anleger einen missbilligenswerten Vorteil zu verschaffen. 1484 Assmann, AG 1997, 50 (56); Böttcher, S. 80; Eggenberger, S. 315; Jäger, JZ 2003, 1048 (1053); Körber, NZG 2002, 263 (267); Krömker, S. 67; Liekefett, S. 178, 179; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 304; Müller, NJW 2000, 3452 (3456); Rittmeister, NZG 1032 (1035); ders., M&A-Review 2008, 528 (531); Schmidt-Diemitz, DB 1996, 1809 (1810); Schroeder, DB 1997, 2161 (2164); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (380); Storck, FB 2004, 363 (366); Süßmann, AG 1999, 162 (169); Ziegler, DstR 2000, 249 (253).
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
Dies ist auch dann nicht der Fall, wenn sich der potenzielle Erwerber im Rahmen von Vertragsverhandlungen die Unterlagen des zu veräußernden Unternehmens vorlegen lässt und hierdurch Kenntnis von Insiderinforma tionen erhält.“1485 Wie sich diesen Ausführungen entnehmen lasse, stuft der Gesetzgeber den Erwerb eines Aktienpakets selbst bei vorheriger Kenntnisnahme von Insiderinformationen infolge einer Vorlage als unbedenklich ein.1486 Dann aber könne im Umkehrschluss kein Zweifel daran bestehen, dass dieser auch die Vorlage der Insiderinformationen selbst im Kontext des Pakethandels als zulässig erachte und hierin eine befugte Weitergabe im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG erblicke.1487 Des Weiteren wird diese Auffassung mit dem Interesse der Allgemeinheit und der Notwendigkeit der Aufrechterhaltung der Funktionsvoraussetzungen der Transaktionsform des Pakethandels begründet. Erachtete man die Bereitstellung von Insiderinformationen zu Zwecken der Durchführung einer Due Diligence im Vorfeld einer Pakettransaktion als Verstoß gegen das Weitergabeverbot des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG, so führte dies faktisch dazu, dass jeder Pakethandel nahezu unmöglich wäre, weil Aktienpakete nur noch auf Basis öffentlich bekannter Informationen gehandelt werden könnten, der potenzielle Erwerber also nur noch einen Bruchteil der erforderlichen Informationen erhielte und in der Folge regelmäßig von der Transaktion Abstand nähme.1488 Das Zurverfügungstellen der für die Durchführung einer Due Diligence erforderlichen Insiderinformationen stelle folglich eine wesentliche Funktionsvoraussetzung für den Pakethandel dar. Dann aber müsse sie zugleich auch als befugt im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG erachtet werden, da das Weitergabeverbot nicht dazu führen dürfe, dass die gesetzlich gewollte Handelbarkeit von Aktien außerordentlich erschwert werde und der Pakethandel unter Umständen sogar vollständig zum Erliegen komme.1489 Dies umso 1485 BT-Drucks. 12 / 6679,
S. 47. NZG 1032 (1035). 1487 Assmann, AG 1997, 50 (56); Böttcher, S. 80; Eggenberger, S. 315; Federlin, S. 111; Jäger, JZ 2003, 1048 (1053); Körber, NZG 2002, 263 (267); Krömker, S. 67; Liekefett, S. 178, 179; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 304, 305; Müller, NJW 2000, 3452 (3456); Rittmeister, NZG 2004, 1032 (1035); ders., M&AReview 2008, 528 (531); Schmidt-Diemitz, DB 1996, 1809 (1810); Schroeder, DB 1997, 2161 (2164); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (380); Süßmann, AG 1999, 162 (169); Ziegler, DstR 2000, 249 (253). 1488 Eggenberger, S. 315; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, 135 (153); Kiethe, NZG 1999, 976 (980); Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 131; Rittmeister, NZG 2004, 1032 (1035); ders., M&A-Review 2008, 528 (531); Süßmann, AG 1999, 162 (169); Weimann, DStR 1998, 1556 (1561); Werner, ZIP 2000, 989 (992). 1489 Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 305; Pawlik, in: KölnKomm WpHG, § 14 Rn. 57. 1486 Rittmeister,
C. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG)401
mehr, als dass auch ein Interesse der Allgemeinheit an der Funktion des Marktes für Unternehmenskäufe und dem Erwerb von Aktienpaketen existiere.1490 bb) Kein institutioneller Vorbehalt Andere Stimmen in der Literatur stehen hingegen der Annahme kritisch gegenüber, dass § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG zugunsten des Mitteilens oder Zugänglichmachens von Insiderinformationen im Kontext von Pakettransaktionen einem institutionellen Vorbehalt unterliege.1491 Für diese Auffassung wird zunächst geltend gemacht, dass sich ein derartiger Vorbehalt aus der Regierungsbegründung zum Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz – jedenfalls zweifelsfrei – nicht entnehmen lasse. Denn zunächst müsse insoweit beachtet werden, dass die von der Gegenauffassung angeführte Passage sich formal nur auf das Insiderhandelsverbot des § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG und den Erwerb nach erfolgter Vorlage von Insiderinformationen beziehe und damit jedenfalls keine unmittelbare Aussage über § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG und die Befugnis zur Weitergabe treffe.1492 Des Weiteren erfasse sie auch nur die Vorlage von Insiderinformationen im Vorfeld eines Unternehmenserwerbs, nicht hingegen in sonstigen Konstellationen einer Pakettransaktion unterhalb dieser Größenordnung.1493 Damit treffe sie im Ergebnis keine weitere Aussage, als dass das tatsächliche Bereitstellen von Insiderinformationen zwecks Durchführung einer Due Diligence im Kontext von Unternehmenskäufen nicht bereits zum Ausnutzen dieser Informationen im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG a. F. führt. Nicht entnehmen lasse sich ihr hingegen, dass die Bereitstellung von Insiderinformationen im Vorfeld von Pakettransaktionen rechtmäßig, also befugt im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG erfolge, sodass sie dementsprechend auch keinen belastbaren Beleg hierfür darstelle.1494 Darüber hinaus könnten weiterhin auch die Interessen der Allgemeinheit und die Notwendigkeit der Schaffung oder Aufrechterhaltung der Funktionsvoraussetzungen der Transaktionsform des Pakethandels nicht angeführt werden, um davon ausgehen zu können, dass § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG einem institutionellen Vorbehalt zugunsten des Pakethandels unterliege. Es ließe sich zwar grundsätzlich feststellen, dass das Kapitalmarktrecht Zusammenschlussvorhaben neutral gegenüber stehe und dementsprechend nicht dahingehend ausgelegt werden sollte, dass eine bestimmte 1490 Rittmeister,
NZG 2004, 1032 (1035); Ziemons, AG 1999, 492 (497). ZHR 172 (2008), 597 (624); Bussian, S. 182; Hasselbach, NZG 2004, 1087 (1089); Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 14 Rn. 299, 419; Koch, S. 180. 1492 Bussian, 182. 1493 Hasselbach, NZG 2004, 1087 (1089). 1494 Bussian, S. 182; Koch, S. 181. 1491 Bachmann,
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
Anteilseignerstruktur – vorliegend also der Streubesitz – begünstigt werde. Andererseits dürfe dies allerdings nicht eine pauschale Gestattung des Bereitstellens von Insiderinformationen zwecks Durchführung einer Due Diligence zur Folge haben, da diese keinen Raum für Differenzierungen ließe, wie sie insbesondere mit Blick auf den Normzweck der Insidervorschriften geboten seien.1495 Des Weiteren stünde die Annahme eines derartigen Vorbehalts aber ohnehin auch eindeutig im Widerspruch zur gebotenen richtlinienkonformen Auslegung des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG und des Befugnismerkmals, da keine weiteren Hinweise für eine entsprechende Privilegierung ersichtlich seien, sondern eine Weitergabe vielmehr nach Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie ausschließlich dann als zulässig erachtet werden könne, wenn sie im normalen Rahmen der Ausübung der Arbeit oder des Berufs oder in Erfüllung der Aufgaben des jeweiligen Insiders geschieht.1496 Da das Vorliegen einer Befugnis zur Weitergabe dementsprechend – in Anlehnung an die bereits vorausgehend erarbeiteten Erkenntnisse – ausschließlich anhand einer Interessenabwägung zwischen den Interessen des Unternehmens beziehungsweise des Insiders an der Weitergabe einerseits und den Zielen des Insiderrechts andererseits im konkreten Einzelfall zu bemessen sei, könne ein übergeordnetes, allgemeines, kapitalmarktrechtliches Interesse an der Funktionsfähigkeit des Marktes für den Pakethandel die Weitergabe der Insiderinformationen nicht legitimieren.1497 cc) Stellungnahme Tatsächlich sprechen die besseren Gründe dafür, davon auszugehen, dass § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG keinem institutionellen Vorbehalt zugunsten des Mitteilens oder Zugänglichmachens von Insiderinformationen zwecks Durchführung einer Due Diligence im Vorfeld einer Pakettransaktion unterliegt. Der Wortlaut der Regierungsbegründung zum Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz vermag zwar auf den ersten Blick in diese Richtung zu deuten, wenn er davon spricht, dass der Erwerb eines Aktienpakets auch dann erlaubt ist, wenn sich der potenzielle Erwerber im Rahmen von Vertragsverhandlungen die Unterlagen des zu veräußernden Unternehmens vorlegen lässt und hierdurch Kenntnis von Insiderinformationen erhält. Denn ein unkritischer Blick ließe insoweit durchaus den Schluss zu, als habe der Gesetzgeber hiermit zugleich zum Ausdruck gebracht, dass auch die Weitergabe ihrerseits im Kontext einer derartigen Transaktion als zulässig zu erachten sei. Tatsächlich geht dieser Schluss jedoch auf Grund der 1495 Bachmann,
ZHR 172 (2008), 597 (624, 625). NZG 2004, 1087 (1089). 1497 Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 14 Rn. 419; Koch, S. 180. 1496 Hasselbach,
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ausschließlichen Bezugnahme dieser Ausführungen auf das Insiderhandelsverbot des § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG a. F. zu weit. Hätte der Gesetzgeber mit dieser Ausführung zugleich klarstellen wollen, dass auch die Bereitstellung von Insiderinformationen ihrerseits keine Insiderrelevanz aufweist, sondern befugt im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG erfolgt, so hätte er dies vermutlich ausdrücklich im nächsten Absatz der Begründung, der sich explizit mit dem Merkmal der Befugnis zur Weitergabe von Insiderinformationen befasst, klargestellt. Stattdessen hat er seine Ausführungen aber in diesem Bereich darauf beschränkt, dass ein unbefugtes Mitteilen oder Zugänglichmachen von Insiderinformationen dann nicht vorliegt, wenn die Information im normalen Rahmen der Berufs- und Geschäftsausübungstätigkeit weitergegeben wird und damit auf Art. 3 lit. a) Insiderrichtlinie, die dem heutigen Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie entspricht, verwiesen. Dann aber muss auch davon ausgegangen werden, dass die Frage der Befugnis zur Weitergabe von Insiderinformationen allein anhand dieses Maßstabs und damit anhand einer Interessenabwägung zwischen den Interessen des Unternehmens beziehungsweise des Insiders an der Weitergabe und den Zielen des Insiderrechts zu ermitteln ist, ein institutioneller Vorbehalt nicht besteht und allein ein übergeordnetes, allgemeines, kapitalmarktrechtliches Interesse an der Funktionsfähigkeit des Marktes für den Pakethandel die Weitergabe der Insiderinformationen nicht legitimieren kann, sondern einzig ein Interesse des jeweiligen Unternehmens oder Insiders, dass die Ziele des Insiderrechts im Einzelfall überwiegt. b) Interessen des Unternehmens – Zulässigkeit der Bereitstellung gemäß § 93 Abs. 1 AktG Ist mit der vorzugswürdigen Auffassung davon auszugehen, dass ein institutioneller Vorbehalt zugunsten des Mitteilens oder Zugänglichmachens von Insiderinformationen zwecks Durchführung einer Due Diligence im Vorfeld von Pakettransaktionen nicht existiert, so verbleibt es hinsichtlich der Ermittlung des Vorliegens einer Befugnis zur Weitergabe – entsprechend der erarbeitete Erkenntnisse – ausgehend von Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie dabei, dass eine Interessenabwägung vorzunehmen ist. Auf der einen Seite dieses Abwägungsvorgangs stehen dabei die Interessen des Unternehmens und die Frage, ob der Vorstand als handelnder Insider diese Interessen mit der Bereitstellung der Informationen zugunsten des potenziellen Erwerbers zwecks Durchführung der Due Diligence im Vorfeld des Paketerwerbs wahrt.1498 In der Sache entspricht dies letztlich der Frage, ob 1498 Assmann, ZHR 172 (2008), 635 (652); ders., AG 1997, 50 (56); Bachmann, ZHR 172 (2008), 597 (625); Borsch, DB 2005, 2175 (2176); Christoph, S. 152;
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die Bereitstellung der Informationen seitens der Vorstandsmitglieder gemäß § 93 Abs. 1 AktG zulässig ist1499, wie dies bereits im Kontext der Wirksamkeit der Einwilligung in die Bereitstellung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen in § 17 Abs. 1 UWG und § 404 Abs. 1 AktG diskutiert wurde. Denn nur dann kann entsprechend Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie davon die Rede sein, dass die Bereitstellung im Rahmen der Berufs- und Geschäftsausübungstätigkeit der Vorstandsmitglieder erfolgt.1500 Da insoweit auf die Ausführungen in § 17 Abs. 1 UWG und § 404 Abs. 1 AktG zur Wirksamkeit der Einwilligung in die Bereitstellung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen nach Maßgabe des § 93 Abs. 1 AktG verwiesen werden kann, sollen an dieser Stelle nur noch einmal kurz die wesentlichen Aspekte zusammengefasst werden. Der Gesamtvorstand hat im Rahmen seines unternehmerischen Ermessens gemäß § 93 Abs. 1 S. 2 AktG zu ermitteln, ob die Bereitstellung der Informationen im Unternehmensinteresse liegt.1501 Diesbezüglich muss er eine Abwägung vornehmen zwischen den Nachteilen und Risiken, die aus dem Zurverfügungstellen der Informationen zugunsten des potenziellen Erwerbers für das Unternehmen resultieren könnten, und den Vorteilen, die das Zustandekommen der Pakettransaktion und der damit einhergehende Aktionärswechsel erwarten lassen. Für die Annahme des Bestehens des Unternehmensinteresses an der Bereitstellung lässt sich dabei beispielsweise in die Waagschale werfen, dass das Unternehmen infolge des Aktionärswechsels neues Eigenkapital oder Fremdkapital zu günstigeren Konditionen erlangt, von verbesserten Einkaufskonditionen profitiert, bestehende Kooperationen und strategische Allianzen begründet oder ausbaut oder sogar künftig an einem größeren Unternehmensverbund partizipiert.1502 Weiterhin hat der Vorstand die Eignung und Erforderlichkeit der Bereitstellung der Informatio Hasselbach, NZG 2004, 1087 (1089); Jäger, JZ 2003, 1048 (1052); Kemnitz, S. 48; Koch, S. 185; Krömker, M&A-Review 2008, 201 (204); Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 131; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 58; Zumbansen / Lachner, BB 2006, 613 (617); Ziemons, AG 1999, 492 (497). 1499 Bachmann, ZHR 172 (2008), 597 (625); Bruse / Keinath, in: FS Pöllath & Partners, S. 363 (370); Federlin, S. 107; Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 61; Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (154); Klie, S. 84; Koch, S. 185; Krömker, M&A-Review 2008, 201 (204); Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (500); Meincke, WM 1998, 749 (756); Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 307; Schroeder, DB 1997, 2161 (2164); Uhl, S. 166; Veil, ZHR 172 (2008), 239 (263). 1500 Böttcher, S. 79; Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (647); Bruse / Keinath, in: FS Pöllath & Partners, S. 363 (370); Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (283); Krömker, S. 67; Schroeder, DB 1997, 2161 (2164). 1501 Vgl. Teil 2, A. VIII. 5. g). 1502 Vgl. Teil 2, A. VIII. 5. g) bb).
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nen zur Förderung der geplanten Transaktion und zur Erreichung der erwarteten Vorteile zu hinterfragen1503 und die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der besagten Vor- und Nachteile abzuschätzen.1504 Ebenso einzubeziehen in die Abwägung ist auch die Größe des zu veräußernden Aktienpakets, da die Veräußerung lediglich kleinerer Aktienpakete keine allzu großen Vorteile für das Unternehmen erhoffen lassen dürfte und dementsprechend das Unternehmensinteresse nicht tangiert.1505 Kommt der Vorstand unter Berücksichtigung dieser Umstände zu dem Ergebnis, dass die Bereitstellung der Informationen aus Sicht des Unternehmens prinzipiell vorteilhaft ist, so entspricht sie dem Unternehmensinteresse und damit der Vorgabe des § 93 Abs. 1 AktG weiterhin nur dann, wenn er den Informationsprozess derart gestaltet, dass das Interesse der Gesellschaft an der Geheimhaltung während der Bereitstellung bestmöglich gewahrt werden. Er hat sich daher über die Ernsthaftigkeit des Erwerbsinteresses des potenziellen Erwerbers – also das Vorliegen eines sogenannten Letter of Intent – zu informieren1506 und auf den Abschluss einer Verschwiegenheitsvereinbarung zu bestehen, die nicht nur die Verwendung der Informationen ausschließlich zum Zwecke der geplanten Pakettransaktion und ein Weitergabeverbot, sondern auch die Rückgabe oder Vernichtung der Informationen für den Fall des Scheiterns der Vertragsverhandlungen und Schadensersatzpauschalen und Beweislastregeln vorsieht.1507 Weiterhin muss der Zugang zu den Informationen im Wege eines physical oder virtual data rooms kontrolliert und auf eine kleine Anzahl an Personen beschränkt und zugleich unter Ausrichtung an das jeweilige Transaktionsstadium zeitlich gestaffelt werden, um nicht vorschnell sensible Informationen aus den Händen zu geben, die der potenzielle Erwerber im Falle des Scheiterns der Verhandlungen für eigene Zwecke und zum Nachteil des Unternehmens einsetzen könnte.1508 Schließlich muss der Vorstand die Zwischenschaltung neutraler, zur Berufsverschwiegenheit verpflichteter Dritter in Betracht ziehen und hierauf bestehen, sofern die Bereitstellung auf Grund der Person des potenziellen Erwerbers oder der Sensibilität der Informationen mit besonders großen Gefahren verbunden ist.1509 Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass mannigfaltige unternehmerische Interessen an der Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Dili1503 Vgl. 1504 Vgl. 1505 Vgl. 1506 Vgl. 1507 Vgl. 1508 Vgl. 1509 Vgl.
Teil Teil Teil Teil Teil Teil Teil
2, 2, 2, 2, 2, 2, 2,
A. A. A. A. A. A. A.
VIII. VIII. VIII. VIII. VIII. VIII. VIII.
5. 5. 5. 5. 5. 5. 5.
g) ee). g) cc). g) dd). i) aa). i) bb). i) cc). i) dd).
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
gence erforderlichen Informationen im Vorfeld des Paketerwerbs denkbar erscheinen und bestehen können und der Vorstand entsprechend Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie im Rahmen der Ausübung seiner Arbeit oder seines Berufs oder in Erfüllung seiner Aufgaben handelt, wenn er die Vorgabe des § 93 Abs. 1 AktG und die sich hieraus ergebenden, dargelegten Anforderungen beachtet, das Zustandekommen der Transaktion im Unternehmensinteresse liegt. c) Ziele des Insiderrechts Aus dem Umstand allein, dass die Bereitstellung der Insiderinformationen, die für die Durchführung einer ordnungsgemäßen Due Diligence erforderlich sind, durchaus im Einzelfall im unternehmerischen Interesse liegt und dementsprechend nach § 93 Abs. 1 AktG zulässig ist, kann allerdings – entgegen augenscheinlich zum Teil vertretener Auffassung1510 – allein noch nicht abgeleitet werden, dass diese auch insiderrechtlich zulässig – also befugt im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG – ist. Denn zum einen wurde bereits festgestellt, dass das Vorliegen einer Befugnis im Wege einer Interessenabwägung zwischen den Interessen des Unternehmens beziehungsweise dem jeweiligen Insider an der Weitergabe der Insiderinforma tionen einerseits und den Zielen des Insiderrechts andererseits zu ermitteln ist. Zum anderen kann eine ausschließlich aktienrechtliche Konkretisierung des Befugnismerkmals auch bereits deshalb nicht zutreffend sein, weil so der Umstand vernachlässigt würde, dass das insiderrechtliche Weitergabeverbot teleologisch nicht wie § 93 Abs. 1 AktG auf den Schutz des Unternehmens, sondern auf die Sicherung der Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte gerichtet ist.1511 Bei der Beantwortung der Fragestellung, ob die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforder lichen Insiderinformationen an den potenziellen Erwerber des Aktienpakets als befugt im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG zu qualifizieren ist, müssen daher weiterhin die Ziele des Insiderrechts Berücksichtigung finden. Wie bereits vorausgehend festgestellt wurde, dient dabei das Weitergabeverbot des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG maßgeblich dem Zweck, den Kreis der potenziellen Insider möglichst klein zu halten, um eine Übervorteilung der übrigen Marktteilnehmer durch status- oder funktionsbedingte, aber auch 1510 Assmann, ZHR 172 (2008), 635 (652); Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, 135 (154); Krömker, M&A-Review 2008, 201 (204); Linker / Zinger, NZG 2002, 475 (500). 1511 Bachmann, ZHR 172 (2008), 597 (623); Bussian, S. 184; Eggenberger, S. 317; Federlin, S. 108, 109, 125; Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 61; Koch, S. 186; Liekefett, S. 162, 165; Speier, S. 125; Veil, ZHR 172 (2008), 239 (261, 263).
C. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG)407
zufallsbedingte Insider auszuschließen und einer Verzerrung der für ein reibungsloses Funktionieren des Kapitalmarkts erforderlichen Chancengleich heit entgegen zu wirken. d) Interessenabwägung Wurde vorausgehend festgestellt, dass im Einzelfall durchaus berechtigte Interessen an der Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Insiderinformationen im Vorfeld der geplanten Pakettransaktion bestehen können, andererseits das Insiderrecht aber auch mit dem Weitergabeverbot gewichtige Ziele verfolgt, stellt sich schließlich die Frage, wie die Interessenabwägung regelmäßig zu entscheiden sein wird. Auch diesbezüglich herrscht in der Literatur ein uneinheitliches Meinungsspektrum. aa) Keine Befugnis zur Weitergabe Vereinzelt wird in der Literatur die Auffassung vertreten, dass die Ziele des Insiderrechts die Interessen des Unternehmens an der Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Insiderinformationen regelmäßig überwiegen mit der Folge, dass sie als unbefugt im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG zu erachten ist.1512 Begründet wird diese Auffassung anhand der maßgeblichen Bedeutung des Schutzes der Funk tionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte und des hierfür erforderlichen Vertrauens der Kapitalmarktteilnehmer in deren Ordnungsmäßigkeit. So gehe die überwiegende Zahl der Marktteilnehmer in Anbetracht des Bestehens einschlägiger Insidervorschriften davon aus, dass eine informationelle Gleichbehandlung zwischen ihnen gewährleistet sei. Dürften nun aber dem potenziellen Erwerber eines Aktienpakets Insiderinformationen zu Zwecken einer Due Diligence im Vorfeld einer Pakettransaktion bereitgestellt werden, führt dies zu einer informationellen Ungleichbehandlung und zu der Möglichkeit der Parteien des Paketgeschäfts, eine günstigere Transaktion vorzunehmen als die übrigen Marktteilnehmer, die weiterhin ohne Kenntnis von den entsprechenden Insiderinformationen über die Börse kontrahierten.1513
1512 Weimann, DStR 1998, 1556 (1560), wobei sich diese Ansicht allerdings ausdrücklich auch nur mit der Frage der Weitergabe durch den Veräußerer an den potenziellen Erwerber beschäftigt. 1513 Weimann, DStR 1998, 1556 (1561).
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
bb) Befugnis zur Weitergabe Die überwiegende Meinung in der Literatur geht demgegenüber davon aus, dass die Interessen des Unternehmens an der Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Insiderinformationen zugunsten des potenziellen Erwerbers im Vorfeld einer geplanten Pakettransaktion in der Regel die Ziele des Insiderrechts überwiegen, sodass die Bereitstellung als befugt im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG zu qualifizieren ist.1514 Für diese Auffassung wird im Wesentlichen geltend gemacht, dass das Zurverfügungstellen der Informationen in dieser Konstellation weder die Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte noch das Vertrauen der Kapitalmarktteilnehmer in deren Ordnungsmäßigkeit und in die Chancengleichheit am Markt beeinträchtige, sodass die Ziele des Insiderrechts auch nicht die unternehmerischen Interessen an der Bereitstellung überwiegen könnten.1515 Dies ergebe sich wiederum zum einen aus dem Umstand, dass sich Pakettransaktionen von alltäglichen, anlagemotivierten Erwerbsgeschäften in erheblicher Weise unterschieden. Denn insofern sei zunächst zu beachten, dass der Pakethandel eine Transaktionsform darstelle, die im Wesentlichen außerhalb des amtlichen Börsenhandels praktiziert werde und damit keinen unmittelbaren Börsenbezug aufweise.1516 Des Weiteren habe der Erwerb von Aktienpaketen regelmäßig die Erlangung unternehmerischen Einflusses auf das jeweilige Unternehmen zum Ziel, womit 1514 Die Befugnis bejahend Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 113; ders., AG 1997, 50 (55); Eggenberger, S. 317; Hasselbach, NZG 2004, 1087 (1089); Hörmann, in: FS Pöllath & Partners, S. 135 (153); Jäger, JZ 2003, 1048 (1053); Kemnitz, S. 49, 50; Kiethe, NZG 1999, 976 (980); Körber, NZG 2002, 263 (267); Krömker, M&A-Review 2008, 201 (204); Linker / Zinger, NZG 2002, 497 (500); Meincke, WM 1998, 749 (756); Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 304; Müller, NJW 2000, 3452 (3456); Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 130; Rittmeister, NZG 2004, 1032 (1036); ders., M&A-Review 2008, 528 (531); Schröder, DB 1997, 2161 (2164); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (380); Storck, FB 2004, 363 (366); Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 14 WpHG Rn. 15; Ziegler, DStR 2000, 249 (253); Zumbansen / Lachner, BB 2006, 613 (617). 1515 Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (647); Bussian, S. 186; Jäger, JZ 2003, 1048 (1053); Kemnitz, S. 50; Kiethe, NZG 1999, 976 (980); Krömker, M&A-Review 2008, 201 (204); Müller, NJW 2000, 3452 (3452); Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 130; Roschmann / Frey, AG 1996, 449 (453); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (380); Storck, FB 2004, 363 (366); Werner, ZIP 2000, 989 (992); Ziegler, DStR 2000, 249 (253). 1516 Christoph, S. 156; Jäger, JZ 2003, 1048 (1053); Kiethe, NZG 1999, 976 (980); Klie, S. 109; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 305; Müller, NJW 2000, 3452 (3452); Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 130; Schroeder, DB 1997, 2161 (2164); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (380); Storck, FB 2004, 363 (366).
C. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG)409
automatisch ein größeres Informationsbedürfnis zum herkömmlichen Anleger einhergehe, da dieser in der Lage sein müsse, die Erfolgsaussichten seiner unternehmerischer Beteiligung abschätzen zu können.1517 In Anbetracht dieser offensichtlichen Divergenzen könne nicht die Rede davon sein, dass die Bereitstellung der zwecks Durchführung einer Due Diligence erforderlichen Insiderinformationen zugunsten des potenziellen Erwerbers eines Aktienpakets geeignet sei, das Vertrauen der Marktteilnehmer in die Ordnungsgemäßheit der Kapitalmärkte und die Chancengleichheit am Markt zu beeinträchtigten, sodass auch negative Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit des organisierten Kapitalmarkts nicht zu erwarten seien.1518 Zum anderen werde die Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte durch die Bereitstellung der Insiderinformationen auch deshalb nicht tangiert, weil sie in keinem Fall mit insiderrechtlich relevanten Folgen einhergehe. Komme die Transaktion nach Vorlage der Insiderinformationen zustande, so setze der potenzielle Erwerber lediglich einen bereits vorher gefassten Plan um, der nicht auf die Erlangung von Insiderkenntnissen zurückgehe. Scheitere die Transaktion hingegen, so führe das Insiderwissen erst gar nicht zu einem Kauf oder Verkauf von Insiderpapieren, sodass auch in diesem Fall keine Insiderrelevanz vorliege.1519 cc) Stellungnahme Im Ergebnis dürfte der Ansicht zu folgen sein, nach der die unternehmerischen Interessen des Emittenten an der Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Informationen im Vorfeld der geplanten Pakettransaktion regelmäßig die Ziele des Insiderrechts überwiegen. Das Vertrauen der Kapitalmarktteilnehmer in die informationelle Chancengleichheit und in die Ordnungsgemäßheit der organisierten Kapitalmärkte wird durch die Bereitstellung von Insiderinformationen zugunsten des potenziellen Erwerbers eines Aktienpakets nicht beeinträchtigt, wenn sich die geplante Transaktion außerhalb des amtlichen Börsenhandels abspielt und sich dadurch von herkömmlichen Anlagenentscheidungen an der Börse unterscheidet, dass sie auf den Erwerb einer wesentlichen Beteiligung gerichtet ist, die dem Erwerbsinteressenten einen unternehmerischen Einfluss auf das Unternehmen verschaffen soll. Denn weder beeinträchtigt sie den 1517 Böttcher, S. 80; Kemnitz, S. 50; Kiethe, NZG 1999, 976 (980); Klie, S. 110; Liekefett, S. 178; Schroeder, DB 1997, 2161 (2164); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (380). 1518 Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (647); Bussian, S. 186; Jäger, JZ 2003, 1048 (1052); Schroeder, DB 1997, 2161 (2164); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (380); Storck, FB 2004, 363 (366). 1519 Körber, NZG 2002, 263 (267).
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
Börsenhandel mit Wertpapieren1520 noch mündet sie in Nachteilen zulasten der übrigen Kapitalmarktteilnehmer. Es lässt sich zwar nicht bestreiten, dass der Kreis derer, die Kenntnis von kursrelevanten Informationen haben, durch die Bereitstellung erweitert wird, was zunächst einmal aus insiderrechtlicher Sicht problematisch erscheint.1521 Andererseits erfolgt das Zurverfügungstellen der Informationen ausschließlich deshalb, um einen bereits vorhandenen Erwerbsentschluss zu bestärken1522, sodass eine Verzerrung der Chancengleichheit und eine Übervorteilung der übrigen Kapitalmarktteilnehmer nicht droht und damit auch die Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte nicht beeinträchtigt wird. Aber selbst, wenn man der Bereitstellung eine insiderrechtliche Relevanz attestiert, weil sie jedenfalls zu einer informationellen Ungleichbehandlung der Kapitalmarktteilnehmer führt1523, so wird diese in der Regel durch die überwiegenden, wirtschaftlichen Interessen des Emittenten gerechtfertigt, eben weil sie in Anbetracht der geschilderten Umstände zu keiner weiteren Beeinträchtigung des Kapitalmarkts führt und der Kreis der „neuen“ Insider überschaubar ist.1524 e) Größe des Aktienpakets Wie sich dem vorausgehend dargestellten Streitstand entnehmen lässt, hängt die insiderrechtliche Zulässigkeit der Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Insiderinformationen im Vorfeld der Pakettransaktion maßgeblich davon ab, dass eine wesentliche Beteiligung veräußert werden soll, die einen unternehmerischen Einfluss vermittelt.1525 In der insiderrechtlichen Literatur wird bisweilen kontrovers diskutiert, wann dies der Fall ist. Einigkeit herrscht im Wesentlichen darüber, dass jedenfalls ab dem Erreichen der Schwelle von 50%–75% der Stimmrechte unproblematisch von einer unternehmerischen Beteiligung ge1520 Jäger,
JZ 2003, 1048 (1053). S. 156; Liekefett, S. 174; Schroeder, DB 1997, 2161 (2164). 1522 Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (647). 1523 Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (284); Kemnitz, S. 49; Schroeder, DB 1997, 2161 (2164); Ziegler DStR 2000, 249 (253). 1524 Ähnlich Kemnitz, S. 49; Koch, S. 193; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 305; Schroeder, DB 1997, 2161 (2164). 1525 Bruse / Keinath, in: Pöllath & Partners, S. 363 (370); Christoph, S. 129; Claussen / Florian, AG 2005, 745 (753); Eggenberger, S. 319; Hasselbach, NZG 2004, 1087 (1089); Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 61; Koch, S. 195; Körber, NZG 2002, 263 (267); Krömker, S. 68; Liekefett, S. 179; Pananis, in: MüKo StGB, § 38 WpHG Rn. 132; Schmidt-Diemitz, DB 1996, 1809 (1811); Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 58; Wehowsky, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 14 WpHG Rn. 15; Ziemons, AG 1999, 492 (498); Zumbansen / Lachner, BB 2006, 613 (617). 1521 Christoph,
C. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG)411
sprochen werden kann.1526 Aber auch bei einer Beteiligungshöhe von 25% – 30% wird übereinstimmend davon ausgegangen, dass eine unternehmerische Beteiligung zur Rede steht.1527 Angeführt wird hierfür zum einem § 29 Abs. 2 WpÜG, aus dem sich entnehmen lässt, dass die Kontrolle über eine börsennotierte Gesellschaft bereits dann erlangt wird, wenn der jeweilige Aktionäre mindestens 30% der Stimmrechte hält.1528 Zum anderen soll ab einer Beteiligung von 25% der Stimmrechte – der sogenannten Sperrminorität – regelmäßig davon ausgegangen werden können, dass der Aktionär über die absolute Mehrheit in der Hauptversammlung verfügt, was auf die sinkende Hauptversammlungspräsenz von Aktionären in börsennotierten Aktiengesellschaften zurückzuführen sei.1529 Wann allerdings unterhalb der Schwelle von 25% der Stimmrechte von einer unternehmerischen Beteiligung gesprochen werden kann, die für die Annahme der Befugnis zur Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Insiderinformationen erforderlich ist, wird uneinheitlich beurteilt. Teile der Literatur gehen insofern davon aus, dass mindestens eine Beteiligung von 10% der Stimmrechte erforderlich sei, um von einer unternehmerischen Beteiligung sprechen zu können.1530 Für diese Auffassung wird insbesondere § 1 Abs. 9 KWG ins Feld geführt, der für das Vorliegen einer bedeutenden Beteiligung mindestens 10% der Stimmrechte fordert. Andere Stimmen tendieren dazu, eine unternehmerische Beteiligung bereits bei 5% der Stimmrechte anzunehmen, sofern eine entsprechende Börsenkapitalisierung vorliegt. Für diese Auffassung wird § 21 WpHG a. F. geltend gemacht, nach dem unter anderem derjenige, der durch Erwerb 5% der Stimmrechte an einer börsennotierten Gesellschaft erreicht, überschreitet oder unterschreitet (Meldepflichtiger), der Gesellschaft sowie der Bundesanstalt unverzüglich, spätestens innerhalb von sieben Kalendertagen, das Erreichen, Überschreiten oder Unterschreiten der genannten Schwelle sowie die Höhe seines Stimmrechtsanteils schriftlich mitzuteilen hatte.1531 Zudem wird auch § 31 Abs. 3 S. 1 WpÜG hierfür in die Waagschale geworfen, nach dem der Bieter den Aktionären der Zielgesellschaft eine Geldleistung in Euro anzubieten 1526 Hasselbach
NZG 2004, 1087 (1089). AG 2004, 642 (648); Christoph, S. 130; Claussen / Florian, AG 2005, 745 (753); Hasselbach NZG 2004, 1087 (1089); Klie, S. 112; Krömker, S. 69; Schmidt-Diemitz, DB 1996, 1809 (1811). 1528 Christoph, S. 130; Claussen / Florian, AG 2005, 745 (753); Hasselbach, NZG 2004, 1087 (1089); Klie, S. 112; Liekefett, S. 180; Speier, S. 131. 1529 Vgl. Gimnich, S. 131. 1530 Schmidt-Diemitz, DB 1996, 1809 (1811). 1531 Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (648); Eggenberger, S. 319; Gimnich, S. 131; Klie, S. 113; Krömker, S. 69; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 130; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 58; Speier, S. 132; Süßmann, AG 1999, 162 (168). 1527 Brandi / Süßmann,
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
hat, wenn er, mit ihm gemeinsam handelnde Personen oder deren Tochterunternehmen in den sechs Monaten vor der Veröffentlichung gemäß § 10 Abs. 3 S. 1 WpÜG bis zum Ablauf der Annahmefrist insgesamt mindestens 5% der Aktien oder Stimmrechte an der Zielgesellschaft gegen Zahlung einer Geldleistung erworben haben.1532 Vereinzelt wird schließlich sogar der Standpunkt vertreten, dass eine Beteiligung von 2% der Stimmrechte eine unternehmerische Beteiligung darstellen könne, wenn eine hohe Börsenkapitalisierung vorliege und sich die Aktien dementsprechend im Streubesitz befänden.1533 Tatsächlich handelt es sich bei der Frage der erforderlichen Beteiligungshöhe – anders, als die Literatur den Anschein erweckt – nicht um ein Spezifikum der insiderrechtlichen Zulässigkeit der Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Insiderinformationen, genauer des Überwiegens der Interessen des Unternehmens an der Weitergabe der Insiderinformationen gegenüber den Zielen des Insiderrechts.1534 Vielmehr ist die Größe des Aktienpakets, das von der geplanten Pakettransak tion betroffen ist, bereits für die Frage ausschlaggebend, ob überhaupt ein Interesse des Unternehmens am Zustandekommen der Pakettransaktion und dem damit einhergehenden Aktionärswechsel besteht, da hiervon mitunter abhängt, ob die Transaktion überhaupt mit maßgeblichen Vorteilen für das Unternehmen verbunden sein kann. Daher kann auf die dortigen Ausführungen zur erforderlichen Höhe des zu veräußernden Aktienpakets verwiesen werden.1535 Wann von einer hinreichend großen, unternehmerischen Einfluss vermittelnden und damit die Weitergabe von Insiderinformationen legitimierenden Weitergabe ausgegangen werden kann, dürfte demnach maßgeblich davon abhängen, in welcher Beziehung der neue Aktionär zum Unternehmen und der dahinterstehenden Aktiengesellschaft steht und ob sich die restlichen Aktien im Streubesitz befinden, wobei die Schwelle von 5% der Stimmrechte als Mindestmaß zu erachten sein dürfte.1536
1532 Krömker,
S. 69. NZG 2004, 1087 (1089); Koch, S. 197; wohl auch Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 61. 1534 Dies erkennend wohl ausschließlich Kemnitz, S. 48. 1535 Vgl. Teil 2, A. VIII. 5. g) dd). 1536 Zum Verzicht auf eine starre Grenze im insiderrechtlichen Kontext auch Eggenberger, S. 319; Koch, S. 195; Krömker, S. 69; Schmidt-Diemitz, DB 1996, 1809 (1811) (Mindestgrenze allerdings 10%). 1533 Hasselbach,
D. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 3 WpHG)413
4. Zwischenergebnis Stellt der Vorstand unter Beachtung der zu § 93 Abs. 1 AktG erarbeiteten Erkenntnisse dem potenziellen Erwerbers eines Aktienpakets, das mindestens 5% der Stimmrechte vermittelt, zu Zwecken der Durchführung der Due Diligence Insiderinformationen bereit, weil das Zustandekommen der Transaktion und der damit einhergehende Aktionärswechsel im Interesse des Unternehmens liegen, so erfolgt diese regelmäßig befugt im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG. Denn die Bereitstellung beeinträchtigt weder die Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte noch das Vertrauen der Anleger in deren Ordnungsgemäßheit und in die informationelle Chancengleichheit, sodass die unternehmerischen Interessen im Rahmen der Interessenabwägung, die nach den erarbeiteten Erkenntnissen unter Zugrundelegung des Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie vorzunehmen ist, die Ziele des Insiderrechts überwiegen.
VI. Ergebnis Beachten die Vorstandsmitglieder bei der Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Insiderinformationen die aufgezeigten Vorgaben, machen sie sich nicht gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG wegen unbefugten Mitteilens oder Zugänglichmachens von Insiderinformationen strafbar.
D. Zur Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 4 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG Indem der Vorstand dem potenziellen Erwerber zwecks Durchführung der Due Diligence im Vorfeld der geplanten Pakettransaktion Informationen zur Verfügung stellt, könnte er sich aber gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 4 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG strafbar machen. Hiernach wird derjenige mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, der als Primärinsider im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) – d) WpHG einem anderen auf der Grundlage einer Insiderinformation den Erwerb oder die Veräußerung von Insiderpapieren empfiehlt oder einen anderen auf sonstige Weise dazu verleitet.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
I. Allgemeines 1. Ein kurzer Überblick über die historische Entwicklung des § 38 Abs. 1 Nr. 3 WpHG Hinsichtlich der historischen Entwicklung des § 38 Abs. 1 Nr. 3 WpHG kann insbesondere im Hinblick auf die Zeit vor Inkrafttreten des WpHG und die europarechtlichen Entwicklungen auf die Ausführungen im Rahmen der Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG verwiesen werden. Im Übrigen lässt sich sagen, dass die Vorschrift des § 38 Abs. 1 Nr. 3 WpHG a. F. in ihrer Form, die sie durch das Zweite Finanzmarktförderungsgesetz in Umsetzung des Art. 3 lit. b) Marktmissbrauchsrichtlinie erhalten hatte, zunächst nur die Empfehlung des Erwerbs oder der Veräußerung eines Insiderpapiers unter Strafe stellte. Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wurde hiernach bestraft, wer entgegen einem Verbot nach § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG a. F. den Erwerb oder die Veräußerung eines Insiderpapiers empfahl. Die derzeitige Fassung des § 38 Abs. 1 Nr. 3 WpHG (i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 4 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG) beruht auf dem Anlegerschutzverbesserungsgesetz, das am 30.10.2004 in Kraft trat und der Umsetzung der Marktmissbrauchsrichtlinie und der zu ihr erlassenen Durchführungsrichtlinien diente. Hierdurch hat die Vorschrift insoweit eine Veränderung erfahren, als dass nunmehr auch das Verleiten eines anderen durch den Primärinsider unter Strafe gestellt und das Empfehlen zum bloßen Unterfall degradiert worden ist, was sich als Folge der Umsetzung des von europäischer Seite in Art. 3 lit. b Marktmissbrauchsrichtlinie vorgegebenen Verleitungsverbots in § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG darstellt.1537 2. Keine unionsrechtliche Verpflichtung zur strafrechtlichen Ahndung Ebenso wie im Rahmen der Untersuchung der Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG sei auch an dieser Stelle noch einmal kurz darauf hingewiesen, dass eine unionsrechtliche Verpflichtung zur strafrechtlichen Ahndung des Empfehlens oder Verleitens zum Erwerb oder zur 1537 Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 14 WpHG Rn. 186; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 69; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 143.
D. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 3 WpHG)415
Veräußerung von Insiderpapieren nicht besteht, dem nationalen Gesetzgeber vielmehr freistand, einen derartigen Straftatbestand einzuführen. 3. Das durch § 38 Abs. 1 Nr. 3 WpHG geschützte Rechtsgut Auch im Hinblick auf die Bestimmung des durch § 38 Abs. 1 Nr. 3 WpHG geschützten Rechtsguts kann auf den Streitstand verwiesen werden, der bereits im Rahmen der Untersuchung der Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG aufgezeigt wurde. Dementsprechend dient auch § 38 Abs. 1 Nr. 3 WpHG (i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 4 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG) nach vorzugswürdiger Ansicht dem Schutz der Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte und lediglich reflexartig der Gewährleistung der informationellen Chancengleichheit zwischen den Kapitalmarktteilnehmern und der Stärkung deren Vertrauens. Diesen Schutz gewährleistet die Vorschrift dadurch, dass sie der Gefahr entgegen wirkt, dass sich der Insider einer Strafbarkeit gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 1 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG beziehungsweise nach § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG dadurch entzieht, dass er sich – ohne Insiderinformationen mitzuteilen oder zugänglich zu machen – eines Dritten bedient oder mit einem Dritten kollusiv zusammenarbeitet.1538
II. Tauglicher Täter Wiederum setzt die Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder zunächst voraus, dass diese überhaupt als taugliche Täter im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 4 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG in Betracht kommen. Wie sich aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt, knüpft die Strafbarkeit auch an dieser Stelle an das Vorliegen der Primärinsidereigenschaft im Sinne der § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) – lit. d) WpHG an.1539 Insoweit kann auf die Ausführungen im Rahmen der Untersuchung der Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG verwiesen werden. Die Vorstandsmitglieder stellen im Hinblick auf die zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informationen im Ergebnis sowohl gemäß 1538 BT-Drucks. 15 / 3174, S. 34; Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 13 WpHG Rn. VI110; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 27; Wehowsky, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 14 WpHG Rn. 19. 1539 Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 136.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
§ 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WpHG als auch regelmäßig gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) WpHG Primärinsider dar.
III. Empfehlen oder Verleiten eines anderen zum Erwerb oder zur Veräußerung von Insiderpapieren auf der Grundlage einer Insiderinformation Weiterhin müssen die Vorstandsmitglieder durch die Bereitstellung der Informationen zwecks Durchführung der Due Diligence einem anderen auf der Grundlage einer Insiderinformation den Erwerb oder die Veräußerung von Insiderpapieren empfohlen oder auf sonstige Weise dazu zu verleitet haben. 1. Auslegung der einzelnen Merkmale a) Empfänger § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG setzt zunächst die Empfehlung oder Verleitung eines anderen zum Erwerb oder zur Veräußerung von Insiderpapieren voraus. Als Adressat kommt insoweit grundsätzlich wie auch im Rahmen des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG jede vom Täter verschiedene natürliche oder juristische Person in Betracht.1540 Zwar erweckt auch an dieser Stelle der Wortlaut „einen anderen“ zunächst den Eindruck, dass die Empfehlung oder das Verleiten eine bestimmte Person oder einen nach Anzahl und Identität bestimmten Personenkreis adressieren müsse. Allerdings spricht Art. 3 lit. b) Marktmissbrauchsrichtlinie davon, dass die Mitgliedstaaten Primärinsidern zu untersagen haben, auf der Grundlage von Insiderinformationen zu empfehlen oder „andere Personen“ zu verleiten, Finanzinstrumente, auf die sich die Information bezieht, zu erwerben oder zu veräußern oder sie von einem Dritten erwerben oder veräußern zu lassen, sodass das Empfehlen oder Verleiten infolge einer richtlinienkonformen Auslegung auch einen nach Anzahl und Identität unbestimmten Personenkreis adressieren kann. Im Übrigen lassen sich hierfür auch die Argumente anführen, die bereits im Rahmen des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG für diese Auslegung angeführt wurden.1541
1540 Park, BB 2001, 2069 (2073); Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 144. 1541 Vgl. Teil 2, C. IV.
D. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 3 WpHG)417
b) Empfehlen oder Verleiten Empfohlen wird dem Dritten der Erwerb oder die Veräußerung von Insiderpapieren in Anlehnung an die Begriffsbestimmung, wie sie im Rahmen des bis zur siebten GWB-Novelle in dem in den §§ 22, 23 GWB a. F. enthaltenen kartellrechtlichen Empfehlungsverbot erfolgte, dann, wenn der Insider eine einseitige und rechtlich unverbindliche Erklärung abgibt, mit der er ein Verhalten als für den Dritten vorteilhaft bezeichnet und dieses Verhalten anrät und dessen Willen beeinflussen kann.1542 Zwar handelt es sich hierbei nach der Vorstellung des Gesetzgebers um einen Unterfall der Tatbestandsmodalität des Verleitens, da ein Verleiten zum Erwerb oder zur Veräußerung von Insiderpapieren auch durch eine Empfehlung erfolgen kann.1543 Andererseits wird sie allerdings von der Literatur als die wichtigere Tatbestandsalternative eingestuft.1544 Ob die Empfehlung ausdrücklich oder konkludent, schriftlich oder mündlich vorgenommen wird, spielt keine Rolle. Auch das indirekte Nahelegen einer Transaktion kann insoweit ein Empfehlen im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG darstellen.1545 Weiterhin macht es ausweislich des Art. 3 lit. b) Marktmissbrauchsrichtlinie auch keinen Unterschied, ob sich die Empfehlung darauf bezieht, Wertpapiere für eigene oder für fremde Rechnung zu erwerben oder zu veräußern.1546 Nicht ausreichend ist allerdings eine Erklärung des Primärinsiders, die darauf gerichtet ist, jemanden von einer Transaktion abzubringen, sofern nicht hierin unterschwellig die Aufforderung enthalten ist, die Transaktion vorzunehmen.1547
1542 Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 14 WpHG Rn. 188 (auf § 38 Abs. 1 Nr. 10 GWB a. F. abstellend); Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 138; Park, BB 2001, 2069 (2073); Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 71; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 144; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 27; Wehowsky, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 14 WpHG Rn. 19. 1543 BT-Drucks. 15 / 3174, S. 34; Christoph, S. 117; Diekmann / Sustmann, NZG 2004, 929 (932); Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 63; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 138; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 27. 1544 Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 71. 1545 Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski / Hopt, Bankrechts-Handbuch, § 107 Rn. 42; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 138. 1546 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 124; Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 14 WpHG Rn. 191; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 71. 1547 Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 63; Park, BB 2001, 2069 (2073).
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
Die Tatbestandsvariante des Verleitens erfasst demgegenüber als Oberbegriff sämtliche Verhaltensweisen, die ein Verhalten als derart positiv darstellen, dass sie den Willen des Empfängers beeinflussen können und auch auf die entsprechende Beeinflussung des Willens gerichtet sind.1548 Ihr kommt nach Auffassung der Literatur gegenüber der Variante des Empfehlens in der Praxis geringere Bedeutung zu.1549 Zum Teil wird in der Literatur die Ansicht vertreten, es handle sich dogmatisch um einen besonders geregelten Fall der mittelbaren Täterschaft. Hiergegen lässt sich allerdings einwenden, dass sich die mittelbare Täterschaft – abgesehen von umstrittenen Fallkonstellationen wie dem „Täter hinter dem Täter“ – dadurch auszeichnet, dass der Tatmittler einen „Defekt“ aufweist und in Anbetracht dessen nicht strafbar ist, während dies auf den Verleiteten im Rahmen des § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG nicht zutreffen muss, ein Verleiten auch dann strafbar ist, wenn der Empfänger sich selbst nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG strafbar machen kann.1550 c) Auf der Grundlage einer Insiderinformation Das Empfehlen oder Verleiten muss zudem auf der Grundlage einer Insiderinformation erfolgt sein. Dies bedeutet nicht, dass die Erklärung selbst Insiderinformationen enthalten oder das Vorliegen solcher andeuten muss.1551 Erforderlich ist vielmehr, dass die Kenntnis von Insiderinformationen seitens des Primärinsiders kausal im Sinne der conditio sine qua non-Formel für die Empfehlung oder das Verleiten ist.1552 Hieran fehlt es vor allen Dingen dann, wenn das Empfehlen oder Verleiten aus anderen Gründen erfolgt.1553 Aber auch die bloße Mitursächlichkeit der Insiderinformationen 1548 Christoph, S. 118; Diekmann / Sustmann, NZG 2004, 929 (932); Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 14 WpHG Rn. 189; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 136; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 148; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 27. 1549 Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 73. 1550 Bussian, S. 189. 1551 Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 14 WpHG Rn. 190; Hopt, in: Schiman sky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 63; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 139; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 144, 148. 1552 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 120; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 375; Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 139; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 70; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 144, 148; Wehowsky, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 14 WpHG Rn. 20. 1553 Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 139; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 71; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 144, 148; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 27.
D. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 3 WpHG)419
für die Empfehlung oder das Verleiten reicht nicht aus, um von einem Empfehlen oder Verleiten auf der Grundlage einer Insiderinformation im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG ausgehen zu können.1554 Dies lässt sich daraus ableiten, dass der Gesetzgeber im Rahmen des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes – anders als im Rahmen des § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG – davon abgesehen hat, auf die insoweit offenere und weitere Formulierung „unter Verwendung der Insiderinformationen“ zurückzugreifen, womit er wohl zum Ausdruck bringen wollte, dass die Kenntnis der Insiderinformationen monokausal für das Verleiten oder Empfehlen sein muss.1555 d) Taterfolg im Sinne eines tatsächlich vorgenommenen Erwerbs oder einer Veräußerung von Insiderpapieren Uneinigkeit herrscht in der Literatur über die Frage, ob es tatsächlich zu einem Erwerb oder einer Veräußerung von Insiderpapieren infolge des Empfehlens oder Verleitens gekommen sein muss, um von einer Vollendung des Tatbestands ausgehen zu können. aa) Taterfolg nicht erforderlich Teile der Literatur vertreten in diesem Zusammenhang die Auffassung, weder die Vollendung der Tatbestandsalternative des Empfehlens noch diejenige des Verleitens setze einen Taterfolg im Sinne eines tatsächlich vorgenommenen Erwerbs oder einer Veräußerung von Insiderpapieren seitens des Empfängers voraus.1556 Begründet wird dies vor allen Dingen anhand des Umstands, dass es sich bei § 38 Abs. 1 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 4 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG um ein abstraktes Gefährdungsdelikt handelt1557, sodass bereits die bloße Gefahrschaffung für das Rechtsgut der Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte sanktioniert werde und nicht erst die konkrete Beeinträchtigung.1558 Des Weiteren folge die Richtigkeit dieser Auffassung aus dem Wortlaut „empfehlen“, der 1554 Wehowsky, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 14 WpHG Rn. 20; a. A. Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 27. 1555 Wehowsky, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 14 WpHG Rn. 20. 1556 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 14 Rn. 127; Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 14 WpHG Rn. 192; Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 146, 148; wohl auch Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 27. 1557 Zu diesem Charakter vgl. Altenhain, in: KölnKomm WpHG, § 38 Rn. 30; Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 123; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 44. 1558 Sethe, in: Assmann / Schütze, Hdb. KapAnlR, § 8 Rn. 146, 148.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
keinen tatbestandsmäßigen Erfolg voraussetze, und dem Umstand, dass der Gesetzgeber das Empfehlen als Unterfall des Verleitens klassifiziert, sodass auch eine Vollendung des Verleitens bereits bei Abgabe einer Verleitungserklärung angenommen werden müsse.1559 bb) Taterfolg erforderlich Andere Stimmen in der Literatur vertreten hingegen den Standpunkt, dass jedenfalls die Tatbestandsvariante des Verleitens einen tatbestandlichen Erfolg im Sinne eines tatsächlich vorgenommenen Erwerbs oder einer Veräußerung von Insiderpapieren seitens des Empfängers voraussetze.1560 Für diese Auffassung wird zunächst geltend gemacht, es entspreche bereits dem allgemeinen Sprachgebrauch des Begriffs „Verleiten“, dass diese zu einer entsprechenden Handlung des Adressaten geführt haben müsse. Dementsprechend stellte das Ausreichenlassen einer bloßen Verleitungserklärung eine verbotene, täterbelastende Analogie dar. Des Weiteren spreche auch ein systematischer Vergleich des Merkmals mit der Auslegung dieses Begriffs in anderen Vorschriften dafür, dass ein tatbestandlicher Erfolg im Sinne der Erwerbs oder der Veräußerung von Insiderpapieren für die Vollendung des Tatbestands erforderlich sei. Denn auch im Rahmen der §§ 29, 49 BörsG oder in §§ 120 Abs. 1, 160, 323b, 357 StGB werde das Merkmal des Verleitens jeweils so ausgelegt, dass die Handlung, die durch das Verleiten erreicht werden sollte, auch tatsächlich ausgeführt worden sein muss, um von einer Vollendung des Verleitens ausgehen zu können. Darüber hinaus unterscheide beispielsweise § 357 Abs. 1 StGB sogar ausdrücklich zwischen dem „Verleiten“ und dem „Unternehmen zu verleiten“, was deutlich dafür spreche, dass die Variante des Verleitens den Eintritt eines Taterfolgs voraussetze. Schließlich ergebe sich die Notwendigkeit eines Taterfolgs für die Annahme der Vollendung des Verleitens auch aus Wertungsgesichtspunkten im Vergleich zur Tatbestandsmodalität des Empfehlens. Wenn der Gesetzgeber beide Tatbestandsalternativen als gleichwertig nebeneinander gestellt hat, so müssten diese auch im Hinblick auf das durch sie verwirklichte Unrecht als gleichwertig erachtet werden können. Dies sei in Anbetracht der Tatsache, dass mit der direkten Empfehlung und der damit einhergehenden, im Verhältnis zum Verleiten stärkeren Wirkung auf den Empfänger in der Regel ein größeres Risiko verbunden ist, aber nur dann der Fall, wenn man hinsichtlich der Tatbestandsvariante des Verleitens als Kompensation den Eintritt des Taterfolgs fordert. Der Umstand, dass der Gesetzgeber das Emp1559 Hilgendorf, 1560 Wehowsky,
WpHG Rn. 21.
in: Park, KapMStR, § 14 WpHG Rn. 192. in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 14
D. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 3 WpHG)421
fehlen als Unterfall des Verleitens erachtet, stehe dem nicht entgegen, da eine Auslegung dergestalt möglich erscheine, dass ein Empfehlen nur bei Erfolgseintritt ein vollendetes Verleiten darstellt, anderenfalls nur ein versuchtes.1561 cc) Stellungnahme Im Ergebnis sprechen die besseren Gründe dafür, von der Vollendung des Tatbestands des § 38 Abs. 1 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 4 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG unabhängig vom Eintritt eines Taterfolgs im Sinne eines tatsächlich vorgenommenen Erwerbs oder einer Veräußerung von Insiderpapieren seitens des Empfängers auszugehen. Weder der Wortlaut noch die Historie der Vorschrift geben Grund zu der Annahme, dass eine Vollendung des Tatbestands erst mit Eintritt eines Taterfolgs im genannten Sinne vorliege. Vielmehr sprechen die Ausführungen im Rahmen der Gesetzesbegründung zum Anlegerschutzverbesserungsgesetz, nach denen die Tatbestandsvariante des Empfehlens einen Unterfall des Verleitens darstellt, und der Umstand, dass die Variante des Empfehlens unbestrittenermaßen bereits mit Aussprechen der Erklärung vollendet ist, dafür, dass auch die Modalität des Verleitens bereits mit Vornahme der Verleitungshandlung vollendet ist, ohne dass es auf den tatsächlichen Erwerb oder die Veräußerung eines Insiderpapiers seitens des Dritten ankommt. Wenn hiergegen eingewandt wird, dass die Ausführungen des Gesetzgebers auch dahingehend ausgelegt werden könnten, dass ein Empfehlen nur bei Erfolgseintritt ein vollendetes Verleiten darstellt, anderenfalls nur ein versuchtes, so mag dies zwar theoretisch möglich erscheinen, in Anbetracht des eindeutigen und in dieser Hinsicht unmissverständlichen Wortlauts aber eher fernliegen. Auch der systematische Verweis auf andere Vorschriften, die das Tatbestandsmerkmal des Verleitens enthalten und bei denen davon ausgegangen wird, dass eine Vollendung nur dann vorliegt, wenn die Handlung, die durch das Verleiten erreicht werden sollte, auch tatsächlich ausgeführt worden ist, vermag nur auf den ersten Blick für eine vergleichbare Auslegung im Rahmen des § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG zu sprechen. Denn zum einen können gleichlautende Tatbestandsmerkmale in unterschiedlichen Vorschriften – und insbesondere auch in unterschiedlichen Gesetzen, wie dies vorliegend der Fall ist – unterschiedlich auszulegen sein, was nicht zuletzt auch maßgeblich durch den Telos der jeweiligen Vorschrift beeinflusst wird. Zum anderen handelt es sich bei § 38 Abs. 1 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 S. 4 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG – anders als bei den anderen aufgezeigten Vorschriften – um ein abstraktes Gefährdungsdelikt, das eben 1561 Wehowsky,
Rn. 21.
in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 14 WpHG
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
nicht die Beeinträchtigung des geschützten Rechtsguts voraussetzt, sondern bereits dessen abstrakte Gefährdung als sanktionsbedürftig erachtet. Dieser Schluss findet seine Bestätigung nicht zuletzt in dem Umstand, dass die Modalität des Empfehlens unstreitig keinen Taterfolg im Sinne eines tatsächlich vorgenommenen Erwerbs oder einer Veräußerung von Insiderpapieren seitens des Empfängers voraussetzt und man anderenfalls der Vorschrift des § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG einen gespaltenen Deliktscharakter unterstellen müsste, der vom Gesetzgeber nicht vorgesehen gewesen sein dürfte. 2. Die Bereitstellung der Informationen als Empfehlen beziehungsweise Verleiten Betrachtet man auf Basis der vorausgehend dargestellten Erkenntnisse den vorliegend zu untersuchenden Sachverhalt, so stellt sich die Frage, ob die Bereitstellung der Informationen und die damit einhergehende Ermöglichung der Due Diligence als Empfehlen oder Verleiten des potenziellen Erwerbers zum Erwerb oder zur Veräußerung von Insiderpapieren qualifiziert werden kann. Ein Empfehlen dürfte hierin nicht zu sehen sein, denn dieses setzte – wie gezeigt – eine einseitige und rechtlich unverbindliche Erklärung voraus, mit der die Vorstandsmitglieder den Erwerb des Aktienpakets als für den potenziellen Erwerber vorteilhaft bezeichnen und diesen anraten. Allerdings könnte die weitere Variante des Verleitens vorliegend einschlägig sein. Denn für diese ist lediglich erforderlich, dass der Erwerb des Aktienpakets als derart positiv dargestellt wird, dass der Wille des Kaufinteressenten in Richtung der Vornahme der Transaktion beeinflusst wird, ohne dass es tatsächlich hierzu gekommen sein muss. Die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen ist aber – in Anbetracht des Umstands, dass der Vorstand diese jedenfalls nur dann vornehmen darf, wenn die anstehenden Transaktion im Unternehmensinteresse liegt und daher ein Interesse am Zustandekommen der Transaktion besteht – unzweifelhaft darauf gerichtet, den Erwerbsinteressenten von der Investition zu überzeugen.1562 a) Kein Verleiten wegen Initiative des potenziellen Erwerbers und bereits vorhandenen Erwerbsentschlusses Zum Teil wird in der Literatur dennoch die Ansicht vertreten, dass der Vorstand den Kaufinteressenten nicht zum Erwerb des Aktienpakets verleite. Begründet wird diese Auffassung zunächst anhand des Umstands, dass der potenzielle Erwerber selbst den Vorstand des Unternehmens darum bitte, 1562 Bussian,
S. 190.
D. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 3 WpHG)423
Informationen zu Zwecken der Durchführung einer Due Diligence bereitzustellen, um sich im Vorfeld der geplanten Transaktion einen Einblick in das Unternehmen zu verschaffen. Wenn aber die Initiative zur Vornahme der Due Diligence und auch zur Vornahme der anvisierten Transaktion vom Kaufinteressenten selbst ausgehe, könne nicht gleichzeitig davon die Rede sein, dass er zum Erwerb des Aktienpakets verleitet werde. Bestätigt werde dieses Ergebnis des Weiteren dadurch, dass der Vorstand auch nur dem jenigen die Durchführung der Due Diligence gestatten und die hierfür erforderlichen Insiderinformationen bereitstellen dürfe, der bereits über eine hinreichend gefestigte – wenn auch unter den Vorbehalt des erfolgreichen Ausgangs der Due Diligence gestellte – Erwerbsabsicht verfüge, da er anderenfalls § 93 Abs. 1 AktG zuwider handelte. Wer allerdings einen entsprechenden Entschluss zum Erwerb des Aktienpakets gefasst habe, könne nicht mehr zum Erwerb des Aktienpakets im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG verleitet werden.1563 Diese Auffassung vermag im Ergebnis allerdings nur bedingt zu überzeugen. Zutreffend erscheint sie lediglich in den Fällen, in denen der potenzielle Erwerber eine so gefestigte Erwerbsabsicht aufweist, dass die Durchführung der Due Diligence nur noch dem Nachkommen der Sorgfaltspflicht gemäß § 93 Abs. 1 AktG und der Bestätigung der Erwartungen im Hinblick auf die geplante Transaktion dient. Denn dann kann wahrlich nicht mehr davon die Rede sein, dass er zum Erwerb des Aktienpakets verleitet wurde. Überwiegend wird der Fall jedoch anders liegen. Der potenzielle Erwerber wird zwar oftmals bereits ein gewisses Interesse am Erwerb der Beteiligung haben und dies auch in einem Letter of Intent gegenüber dem veräußerungswilligen Aktionär und dem Unternehmen versichern. Gleichwohl ist die Due Diligence in der Regel gerade darauf gerichtet, sich über den status quo des Unternehmens zu informieren und anhand dessen die Sinnhaftigkeit der geplanten Investition zu hinterfragen. Von einer gefestigten Erwerbsabsicht kann insofern noch nicht die Rede sein, da negative Informationen den Kaufinteressenten durchaus von seiner Überlegung zum Erwerb des Aktienpakets abbringen können. Zudem darf der Vorstand die Due Diligence und die Bereitstellung der Insiderinformationen auch nur dann gestatten, wenn die Transaktion und die damit einhergehende Veränderung in der Aktionärsstruktur Vorteile für das Unternehmen beziehungsweise die dahinterstehende Gesellschaft erwarten lässt, was aber zugleich bedeutet, dass er die Gestattung zur Due Diligence gerade deswegen erteilt und die Bereitstellung der Informationen gerade deshalb vornimmt, weil er den Kaufinteressenten von der anvisierten Investition überzeugen möchte. Dann aber liegt in derartigen Fällen, in denen noch keine hinreichend gefestigte Erwerbsabsicht besteht, 1563 Bussian,
S. 190.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
entgegen der in der Literatur vertretenen Meinung zunächst einmal die Annahme nahe, dass der Vorstand den potenziellen Erwerber objektiv zum Erwerb des Aktienpakets verleitet (wobei es – wie gezeigt – nicht auf den tatsächlichen Zustandekommen der Transaktion ankommt). Dies muss umso mehr gelten, weil sich die Literaturmeinung selbst auch im Rahmen ihrer Argumentation in Widersprüchlichkeiten verstrickt. Denn sie selbst geht ausdrücklich davon aus, dass § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG einen gesondert geregelten Fall der Anstiftung im Sinne des § 26 StGB darstellt.1564 Im Rahmen der Anstiftung ist allerdings allgemein anerkannt, dass derjenige, der hinsichtlich der Begehung der Haupttat noch schwankt, durchaus hierzu angestiftet werden kann.1565 Nicht anders aber liegt der Fall in der vorausgehend geschilderten Situation, in der die Erwerbsentschluss noch nicht gefestigt ist. b) Teleologische Reduktion des Tatbestandsmerkmals des Verleitens Dennoch dürfte im Ergebnis davon auszugehen sein, dass der Vorstand den potenziellen Erwerber durch die Bereitstellung von Insiderinformationen nicht zum Erwerb des anvisierten Aktienpakets verleitet. Dies ergibt sich aus einer teleologischen Reduktion der Tatbestandsvariante des Verleitens. So wurde bereits im Rahmen der Bestimmung des durch § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG geschützten Rechtsguts festgestellt, dass das Verleitungs- und Empfehlungsverbot der Sicherung der Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte dienen und diese dadurch gewährleisten soll, dass sie der Gefahr entgegen wirkt, dass sich der jeweilige Insider einer Strafbarkeit gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 1 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG beziehungsweise § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG dadurch entzieht, dass er sich – ohne Insiderinformationen mitzuteilen oder zugänglich zu machen – eines Dritten bedient oder mit einem Dritten kollusiv zusammenarbeitet.1566 Eine derartige Konstellation ist allerdings in den Fällen der Bereitstellung von Insiderinformationen zu Zwecken der Durchführung der Due Diligence im Vorfeld einer geplanten Pakettransaktion regelmäßig nicht zu erblicken. Denn zum einen wurde bereits vorausgehend festgestellt, dass die Bereitstellung der Informationen im genannten Kontext unter den dargestellten Grundsätzen 1564 Bussian,
S. 189. in: Schönke / Schröder, StGB, § 26 Rn. 7, 8; Lackner, in: Lackner / Kühl, StGB, § 26 Rn. 2a. 1566 Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 13 WpHG Rn. VI110; Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 27; Wehowsky, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrecht liche Nebengesetze, Bd. 4, § 14 WpHG Rn. 19. 1565 Heine,
E. Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit (§ 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG)425
nicht gegen das Verbot des unbefugten Mitteilens oder Zugänglichmachens von Insiderinformationen nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG verstößt.1567 Zum anderen kann – jedenfalls, wenn der potenzielle Erwerber ausschließlich seine ursprüngliche Erwerbsabsicht umsetzt – auch nicht die Rede davon sein, dass er sich des potenziellen Erwerbers des Aktienpakets bedient beziehungsweise mit diesem kollusiv zusammenwirkt, um ein Insidergeschäft unter Verstoß gegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG vorzunehmen.1568 Dann aber erscheint es nur folgerichtig, wenn man in diesen Fällen ein Verleiten im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG und damit die Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder nach § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 4 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG bereits auf Ebene des objektiven Tatbestands verneint.
IV. Ergebnis Die Vorstandsmitglieder machen sich durch die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen regelmäßig nicht gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 4 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG strafbar.
E. Zum Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG Weiterhin könnten die Vorstandsmitglieder auf Grund der Missachtung einer bestehenden Ad-hoc-Publizitätspflicht gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG der Bußgeldandrohung des § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG ausgesetzt sein. Gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG handelt derjenige ordnungswidrig, der vorsätzlich oder leichtfertig entgegen § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG, auch in Verbindung mit § 15 Abs. 1 S. 2 WpHG, § 15 Abs. 1 S. 4 oder 5 WpHG, jeweils in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 WpHG eine Veröffentlichung nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig vornimmt oder nicht oder nicht rechtzeitig nachholt. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG sieht insoweit 1567 Vgl.
Teil 2, C. V. 3. Zulässigkeit der Umsetzung des eigenen Erwerbsplans nach erfolgter Due Diligence vgl. Cahn, DK 2005, 5 (10); Diekmann / Sustmann NZG 2004, 929 (931); Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 14 WpHG Rn. 153; Koch, DB 2005, 267 (269); Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 61; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 14 WpHG Rn. 24; Wehowsky, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 14 WpHG Rn. 6; Ziemons, NZG 2004, 537 (539, 540). 1568 Zur
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
vor, dass ein Inlandsemittent von Finanzinstrumenten Insiderinformationen, die ihn unmittelbar betreffen, unverzüglich veröffentlichen muss. In der vorliegend zu untersuchenden Konstellation der Vorbereitung einer Pakettransaktion durch die Bereitstellung von Informationen zur Ermöglichung einer Due Diligence kommen drei Ansatzpunkte für das Bestehen einer Publizitätspflicht nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG aus Sicht des Unternehmens in Betracht. Zunächst könnten (1) die geplante Pakettransaktion und die damit einhergehende Veränderung der Aktionärsstruktur publizitätspflichtig sein. Des Weiteren besteht (2) die Möglichkeit, dass auch bereits die einzelnen Stationen hin zur bevorstehenden Transaktion, insbesondere die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der Informationen und deren erfolgreiche Durchführung, Umstände darstellen, die vom Emittenten veröffentlicht werden müssen. Schließlich steht (3) die Frage im Raum, ob eine Verpflichtung zur Veröffentlichung der Informationen besteht, die der Vorstand im Kontext der Due Diligence zugunsten des potenziellen Erwerbers bereitstellt.1569
I. Allgemeines 1. Ein kurzer Überblick über die historische Entwicklung des § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG (im Zusammenhang mit § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG) Vor Inkrafttreten des WpHG waren bereits im Börsengesetz eine Publizitätspflicht hinsichtlich kursrelevanter Insidertatsachen in § 44 BörsG a. F.1570 und ein hierauf aufbauender Ordnungswidrigkeitentatbestand in § 90 Abs. 1 Nr. 2 BörsG a. F.1571 vorgesehen. Nach letzterem handelte derjenige ordnungswidrig, der vorsätzlich oder leichtfertig entgegen § 44a Abs. 1 S. 1 BörsG a. F. die zu veröffentlichenden Tatsachen nicht, nicht vollständig, Bussian, S. 191. BörsG a. F. lautete: „Der Emittent der zugelassenen Wertpapiere muss unverzüglich alle Tatsachen veröffentlichen, die in seinem Tätigkeitsbereich eingetreten und dem Publikum nicht bekannt sind, wenn sie wegen der Auswirkungen auf die Vermögens- und Finanzlage oder auf den allgemeinen Geschäftsablauf des Emittenten zu einer erheblicher Kursänderung zugelassener Aktien führen können oder, im Falle zugelassener Schuldverschreibungen, die Fähigkeit des Emittenten, seinen Verpflichtungen nachzukommen, beeinträchtigen können.“ 1571 § 90 Abs. 1 Nr. 2 BörsG a. F. lautete: „Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig entgegen § 44a Abs. 1 S. 1 BörsG auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 44a Abs. 2 BörsG oder auch in Verbindung mit § 76 BörsG die zu veröffentlichenden Tatsachen nicht, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Form oder nicht rechtzeitig veröffentlicht.“ 1569 Ähnlich 1570 § 44
E. Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit (§ 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG)427
nicht in der vorgeschriebenen Form oder nicht rechtzeitig veröffentlicht. Eingeführt wurden beide Vorschriften durch das Börsenzulassungsgesetz vom 16.12.1986, durch das die Börsenzulassungsrichtlinie vom 05.03.1979 in nationales Recht umgesetzt wurde.1572 Die praktische Relevanz der Vorschriften blieb jedoch weit hinter den Erwartungen zurück, die an ihre Einführung geknüpft wurden, was neben dem Fehlen einer zentralen Überwachungsinstanz und dem generell zurückhaltenden Informationsverhalten der Emittenten und deren Ungewissheit über das Ausmaß der Publizitätspflicht nicht zuletzt auch darauf zurückzuführen sein dürfte, dass die Begehung einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 90 Abs. 1 Nr. 2 BörsG a. F. nach § 90 Abs. 4 BörsG a. F. lediglich mit einem Bußgeld von maximal hunderttausend Deutsche Mark geahndet und dementsprechend kein ausreichender Druck auf die Emittenten ausgeübt werden konnte.1573 Fortentwickelt und erweitert wurde die Publizitätspflicht auf europäischer Ebene. Hiernach sollte sie flankierend zur Regelung des Insiderhandelsverbots als präventive Maßnahme gegen den Insiderhandel fungieren und wurde dementsprechend in Art. 7 Insiderrichtlinie aufgenommen.1574 Zudem ergab sich aus Art. 13 S. 2 Insiderrichtlinie die Pflicht der Mitgliedstaaten, Sanktionen vorsehen, die so weit gehen, dass sie einen hinreichenden Anreiz zur Einhaltung der Publizitätspflicht darstellen. Der nationale Gesetzgeber setzte diese Vorgaben durch das Zweite Finanzmarktförderungsgesetz vom 26.07.1994 in nationales Recht um, hob § 44 BörsG a. F. und § 90 BörsG a. F. auf und normierte diese in § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG a. F.1575 und § 39 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) 1572 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 15 Rn. 20; Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 15 WpHG Rn. VI116; Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 17; Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 3, 6; Speier, S. 281; Walz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 48 Rn. 44; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 1; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 1. 1573 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 15 Rn. 21; Barta, DZWIR 2012, 176 (177); Caspari, NZG 2005, 98 (100); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 6; Walz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 48 Rn. 44; Weber, BB 1995, 157 (157); Wittich, AG 1997, 1 (2); Wölk, AG 1997, 73 (73); Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 1. 1574 Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 15 WpHG Rn. VI116; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 1. 1575 § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG a. F. lautete: „Der Emittent von Wertpapieren, die zum Handel an einer inländischen Börse zugelassen sind, muß unverzüglich eine neue Tatsache veröffentlichen, die in seinem Tätigkeitsbereich eingetreten und nicht öffentlich bekannt ist, wenn sie wegen der Auswirkungen auf die Vermögens- und Finanzlage oder auf den allgemeinen Geschäfts- verlauf des Emittenten geeignet ist, den Börsenpreis der zugelassenen Wertpapiere erheblich zu beeinflussen, oder im Fall zugelassener Schuldverschreibungen die Fähigkeit des Emittenten, seinen Verpflichtungen nachzukommen, beeinträchtigen kann.“
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
WpHG a. F.1576, die am 01.01.1995 in Kraft traten.1577 Beide Vorschriften entsprachen allerdings inhaltlich im Wesentlichen ihren Vorgängerversionen im BörsG.1578 Um der bisherigen Funktionslosigkeit der Vorschriften entgegen zu wirken, wurde jedoch die Bußgeldandrohung auf drei Millionen Deutsche Mark angehoben und das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel als Institution der Überwachung eingesetzt.1579 Aktuell wird der Verstoß gegen die aus § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG resultierende Publizitätspflicht als Ordnungswidrigkeit in § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG geregelt. Diese Neuverortung der Vorschrift geht auf das Anlegerschutzverbesserungsgesetz vom 30.10.2004 zurück, mit dem die Marktmissbrauchsrichtlinie und die zu ihr erlassenen Durchführungsrichtlinien in nationales Recht umgesetzt wurden. Inhaltlich ist ihre Fassung allerdings im Wesentlichen zu der in § 39 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WpHG a. F. unverändert geblieben. Nur die Bußgeldandrohung wurde in § 39 Abs. 4 WpHG nunmehr auf fünfhunderttausend Euro festgesetzt. Eine Ausdehnung ihres Anwendungsbereichs hat sie allerdings gleichwohl erfahren, da sich der Anwendungsbereich des in Bezug genommenen § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG im Laufe der Zeit weiter ausgedehnt hat.1580 Denn während § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG ursprünglich voraussetzte, dass neue Tatsachen unverzüglich veröffentlicht werden müssen, die in seinem Tätigkeitsbereich eingetreten und nicht öffentlich bekannt sind, wenn sie wegen der Auswirkungen auf die Vermögens- und Finanzlage oder auf den allgemeinen Geschäftsverlauf des Emittenten geeignet sind, den Börsenpreis der zugelassenen Wertpapiere erheblich zu beeinflussen, oder im Fall zugelassener Schuldverschreibungen die Fähigkeit des Emittenten, seinen Verpflichtungen nachzukommen, beeinträchtigen können, setzt die derzeitige Fassung des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG allein das Vorliegen von Insiderinformationen voraus, die den Emittenten unmittelbar betreffen.1581 Auch der Kreis der Normadressaten hat 1576 § 39 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WpHG a. F. lautete: „Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig entgegen § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG in Verbindung mit Absatz 3 Satz 1 WpHG eine Veröffentlichung nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Form oder nicht rechtzeitig macht.“ 1577 Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 15 WpHG Rn. VI116; Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 18; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 1; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 1. 1578 Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 1. 1579 Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 8; Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 19. 1580 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 15 Rn. 10 ff.; Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1898); Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 20; Speier, S. 286; Veith, NZG 2005, 254 (254); Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 1.
E. Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit (§ 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG)429
insoweit eine Erweiterung erfahren, als dass nicht mehr nur Emittenten von Wertpapieren, sondern nunmehr (Inlands-)Emittenten von Finanzinstrumenten der Publizitätspflicht unterliegen.1582 Schließlich ist entgegen der früheren Gesetzeslage auch nicht mehr eine Zulassung der Finanzinstrumente zum Handel an einem inländischen organisierten Markt erforderlich, sondern es reicht bereits für die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität aus, dass der Emittent hinsichtlich des jeweiligen Finanzinstruments einen Antrag auf Zulassung gestellt hat, vgl. § 15 Abs. 1 S. 2 WpHG.1583 1581
Darüber hinaus sei ebenso wie im Rahmen des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG auch an dieser Stelle auf den Emittentenleitfaden hingewiesen, der zwar keine Bindungswirkung entfaltet, aber die Verwaltungspraxis der BaFin wiedergibt und einige wesentliche Ausführungen zur Ad-hoc-Publizität enthält.1584 2. Das durch § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG geschützte Rechtsgut Wie auch bereits im Rahmen der vorausgehenden Vorschriften stellt sich wiederum zunächst die Frage, welches Rechtsgut durch die Vorschrift des § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG geschützt werden soll. Entsprechend der Ausführungen zu § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG lässt sich auch an dieser Stelle zunächst einleitend feststellen, dass § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG als Blanketttatbestand über kein im Verhältnis zu § 15 Abs. 1 WpHG eigenständiges Rechtsgut verfügt, sondern darauf gerichtet ist, § 15 Abs. 1 WpHG durchzusetzen und damit den durch diesen verfolgten Schutzzweck zu intensivieren.1585 a) Die Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte Auch im Rahmen des § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG vertritt der überwiegende Teil der Stimmen der Literatur die Auffassung, geschützt werde primär die Funktionsfähigkeit der organisier1581 Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 20; Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 19; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 1. 1582 Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 1 im Vergleich zu Zimmer, in: Schwark, KapMR3, § 15 WpHG Rn. 22. 1583 Zimmer, in: Schwark, KapMR3, § 15 WpHG Rn. 22. 1584 Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 27. 1585 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, Vor § 38 Rn. 21.
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ten Kapitalmärkte.1586 Die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität trage zur Erreichung dieses Schutzziels gleich in zweifacher Weise bei. Zum einen werde durch die zeitnahe Information der Kapitalmärkte die Bildung „realistischer Börse- und Marktpreise“ – also solcher Preise, die dem inneren Wert des Wertpapiers und damit der Summe der auf den gegenwärtigen Zeitpunkt abgezinsten, zukünftigen Erträge entsprechen – gewährleistet.1587 Dies sei insbesondere für die allokative Effizienz der Kapitalmärkte von erheblicher Bedeutung. Denn die Preisbildung auf dem Sekundärmarkt, für den die Ad-hoc-Publizität gilt, wirke sich über die Kurse der Wertpapiere auf die Kapitalbeschaffungskosten der Emittenten auf dem Primärmarkt aus.1588 Daneben trage dieser Umstand und die damit einhergehende verbesserte Vergleichbarkeit der Anlagen auch zur Stärkung des Vertrauens in die Kapitalmärkte und damit zur institutionellen Effizienz der Kapitalmärkte bei.1589 Zum anderen leiste die frühzeitige Herstellung von Transparenz einen wesentlichen Beitrag zur Aufrechterhaltung der Chancengleichheit und zur Stärkung des Vertrauens der Kapitalmarktteilnehmer in die Ordnungsmäßigkeit der Kapitalmärkte, indem sie dem Auftreten von Insidergeschäften und der Erzielung von Sondervorteilen entgegenwirke, insbesondere den Zeitraum verkürze, indem Insiderhandel überhaupt möglich sei, und den Kreis der Insider möglichst klein halte.1590 Denn je schneller 1586 Emittentenleitfaden, S. 45; Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 15 Rn. 28, 30; Götze, DB 1998, 2326 (2327); Gunßer, NZG 2008, 855 (857); Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 4, 5; Kümpel, AG 1997, 66 (66); Mennicke, NZG 2009, 1059 (1060); Oulds, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 14.233; Parmentier, NZG 2007, 407 (408); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 34; Simon, DK 2005, 13 (13); Speier, S. 281; Staake, BB 2007, 1573 (1574); Veil, ZHR 172 (2008), 240 (252); Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 2; Widder, BB 2009, 967 (967); Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 6. 1587 Emittentenleitfaden, S. 45; Appenzeller, GesKR 2009, 463 (467); Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 5; Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 35; Simon, DK 2005, 13 (13); Walz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 48 Rn. 43; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 2; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 7. 1588 Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 7; i. E. auch Appenzeller, GesKR 2009, 463 (467); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 35. 1589 Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 7. 1590 Emittentenleitfaden, S. 45; Appenzeller, GesKR 2009, 463 (466, 467); Barta, DZWIR 2012, 176 (178); Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (648); Götze, DB 1998, 2326 (2327); Gunßer, NZG 2008, 855 (857); Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1899); Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 5; Kümpel, AG 1997, 66 (66); Oulds, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 14.235; Parmentier, NZG 2007, 407 (408); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 34, 36; Simon, DK 2005, 13 (13); Speier, S. 282; Veil, ZHR 172 (2008), 240 (252); Versteegen, in: KölnKomm WpHG1; § 15 Rn. 10; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 2; Widder, BB 2009, 967 (967).
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Informationsasymmetrien eliminiert würden, desto stärker werde die Möglichkeit der Ausnutzung von Insiderwissen eingeschränkt und Insiderhandel ausgetrocknet.1591 Die Ad-hoc-Publizität erweise sich daher als nützliches Instrument und effektive Präventivmaßnahme gegen Insidergeschäfte und trete damit flankierend neben die Insiderdelikte des § 38 WpHG i. V. m. § 14 WpHG.1592 Geltend gemacht wird für diese Auffassung vor allen Dingen die Entstehungsgeschichte der Vorschrift des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG. So führte der Finanzausschuss im Rahmen seiner Beschlussempfehlung aus, dass die unverzügliche Offenlegung kursbeeinflussender Tatsachen nicht nur „in einem engen Zusammenhang mit dem Insiderrecht steht, da sie verbotenen Insidergeschäften den Boden entziehen soll“, sondern auch dazu beträgt, „das Entstehen von unzutreffenden Börsen- und Marktpreisen von Wertpapieren durch fehlerhafte und unvollständige Informationen des Marktes zu verhindern“.1593 Wenn er erst im Anschluss hieran die Feststellung treffe, dass § 15 WpHG für „das Vertrauen der Anleger in die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes“ von wesentlicher Bedeutung sei und in diesem Zusammenhang die wirtschaftlichen Dimensionen eines Verstoßes gegen die Publizitätspflicht betone, könne dies nur dahingehend gedeutet werden, dass der Schutzzweck des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG primär an der Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte selbst zu orientieren sei.1594 Bestätigt werde dies sogar ausdrücklich durch die späteren Ausführungen des Finanzausschusses, dass § 15 WpHG „ausschließlich der Sicherung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts dient“, es sich um ein Schutzgut handelt, dass „ausschließlich dem öffentlichen Interesse dient“.1595 Gleiches zeige des Weiteren auch ein Blick in Erwägungsgrund Nr. 24 Marktmissbrauchsrichtlinie, nach dem die unverzügliche und angemessene öffentliche Bekanntgabe von Informationen die Integrität des Marktes fördert.1596 Richtig sei zwar, dass das Vertrauen der Anleger in die Ordnungsmäßigkeit der Kapitalmärkte für deren Funktionsfähigkeit von erheblicher Bedeutung ist. Hieraus könne allerdings nicht gefolgert werden, dass auch die individuellen Interessen der Anleger ge1591 BT-Drucks. 12 / 7918, S. 102; Appenzeller, GesKR 2009, 463 (467); Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 15 WpHG Rn. VI117; Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 10. 1592 Oulds, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 14.231; Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 10; Walz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 48 Rn. 42. 1593 BT-Drucks. 12 / 7918, S. 96; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 6. 1594 Wohl Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 6. 1595 BT-Drucks. 12 / 7918, S. 102; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 6. 1596 EuGH NJW 2012, 2787 (2788).
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
schützt werden sollen. § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG könne im Hinblick auf den individuellen Anlegerschutz allenfalls ein Schutzreflex attestiert werden.1597 b) Das Vermögen des einzelnen Marktteilnehmers als zusätzlich geschütztes Rechtsgut Teile der Literatur sind demgegenüber der Auffassung, § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG bezwecke nicht nur den Schutz der Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte, sondern primär auch den Schutz des Vermögens des individuellen Anlegers.1598 Der einzelne Anleger solle vor Nachteilen geschützt werden, die sich aus der Durchführung von Transaktionen ergäben, denen ein falsches Informationsmaterial und damit auch ein falscher Börsen- oder Marktpreis zugrunde lag.1599 Begründet wird diese Ansicht insbesondere unter Verweis auf § 15 Abs. 6 WpHG i. V. m. §§ 37b, c WpHG, nach dem der Emittent wegen eines Verstoßes gegen die die Publizitätspflicht aus § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG einem unter den Voraussetzungen der §§ 37b und 37c WpHG zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet ist.1600 Denn dem Anleger werde hier gerade Schadensersatz für den Fall eingeräumt, dass die jeweilige Transaktion auf Grund des Versäumnisses der Veröffentlichung auf Basis eines „falschen“ Kurses zustande kommt.1601 c) Stellungnahme Wie im Rahmen der § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG dürften auch im Rahmen des § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG die besseren Argumente dafür sprechen, dass die Vorschrift unmittelbar ausschließlich den Schutz der Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte bezweckt und lediglich mittelbar einen Anlegerschutz dergestalt gewährleistet, dass das Vertrauen der Kapitalmarktteilnehmer in die Ordnungsmäßigkeit der 1597 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 15 Rn. 31; Oulds, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 14.234; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 6. 1598 Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 15 WpHG Rn. VI119; Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 7; wohl auch Leuering, DStR 2008, 1287 (1287). 1599 Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 12. 1600 Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 15 WpHG Rn. VI119; Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 12. 1601 Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 12.
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Märkte gestärkt und die Chancengleichheit zwischen diesen gewährleistet werden soll, indem der Kreis der Insider möglichst klein gehalten und die Erzielung von Sondervorteilen unterbunden wird. Dies ergibt sich nicht nur aus den bereits dargestellten Gründen wie den Ausführungen des Finanzausschusses, den aufgezeigten Passagen in der Marktmissbrauchsrichtlinie und dem allgemein dem WpHG zugrunde liegenden marktbezogenen Regelungsansatz. Vielmehr vermag auch das von den Vertretern eines Individualschutzes vorgebrachte Argument, dass die Anleger im Falle des Versäumnisses der (rechtzeitigen) Veröffentlichung von Insiderinformationen über einen Schadensersatzanspruch unter den Voraussetzungen der § 15 Abs. 6 WpHG i. V. m. §§ 37b, c WpHG verfügen, nicht zu verfangen. Denn allein der Umstand, dass dem Anleger im Fall der Verletzung der Ad-hoc-Publizitätspflicht ein Schadensersatzanspruch zustehen kann, sagt noch nicht zwangsläufig etwas darüber aus, dass die Vorschrift unmittelbar dem Schutz der Individualinteressen der Anleger verschrieben ist. Zudem deuten die §§ 37b, c WpHG gegenläufig zu der Ansicht der Vertreter eines Individualschutzes darauf hin, dass § 15 WpHG gerade nicht als individualrechtliches Schutzgesetz betrachtet werden kann, da es anderenfalls der Schaffung dieser Anspruchsvorschrift auf Grund des § 823 Abs. 2 BGB nicht bedurft hätte.1602 Betrachtet man insbesondere auch die systematische Verflochtenheit der Vorschriften des § 15 WpHG und des § 14 WpHG und die im Rahmen des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG vorgebrachten Argumente für einen Funktionsschutz, so kann kein Zweifel daran bestehen, dass auch § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte verpflichtet ist.
II. Normadressat Nach § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG handelt – auf den vorliegend zu untersuchenden Sachverhalt gekürzt – derjenige ordnungswidrig, der entgegen § 15 Abs. 1 S. 1, Abs. 7 S. 1 Nr. 1 WpHG in Verbindung mit den Verfahrensvorschriften des WpAIV eine Veröffentlichung nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig vornimmt. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG, auf den insoweit verwiesen wird, sieht vor, dass ein Inlandsemittent von Finanzinstrumenten Insiderinformationen, die ihn unmittelbar betreffen, unverzüglich veröffentlichen muss. Primärer Normadressat der Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG ist damit der Inlandsemittent von Finanz instrumenten. 1602 Assmann,
in: Assmann / Schneider, WpHG, § 15 Rn. 28.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
1. Inlandsemittent gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG Damit stellt sich zunächst die Frage, was unter dem Begriff des Inlands emittenten zu verstehen ist. Für den allgemeinen Emittentenbegriff hält das WpHG keine Definition bereit. Einen Anhaltspunkt diesbezüglich ergibt sich allerdings aus der sogenannten Transparenzrichtlinie, die der Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Emittenten dient, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und die unter anderem durch § 2 WpHG umgesetzt wurde. Diese sieht in Art. 2 Abs. 2 lit. d) vor, dass ein Emittent jede juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts einschließlich eines Staates ist, deren Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind.1603 Was speziell unter einem Inlandsemittenten zu verstehen ist, lässt sich wiederum der Legaldefinition in § 2 Abs. 7 WpHG entnehmen.1604 Hiernach sind Inlandsemittenten zunächst solche Emittenten, für die die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, mit Ausnahme solcher Emittenten, deren Wertpapiere nicht im Inland, sondern lediglich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind, soweit sie in diesem anderen Staat Veröffentlichungs- und Mitteilungspflichten nach Maßgabe der Richtlinie 2004 / 109 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001 / 34 / EG (ABl. EU Nr. L 390 S. 38) unterliegen. Daneben stellen aber auch solche Emittenten Inlandsemittenten im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG dar, für die nicht die Bundesrepublik Deutschland, sondern ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union oder ein anderer Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum der Herkunftsstaat ist, deren Wertpapiere aber nur im Inland zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind. a) Herkunftsstaatsprinzip Damit knüpft die Eigenschaft als Inlandsemittent in Umsetzung des Art. 2 Abs. 2 lit. i) Transparenzrichtlinie im Wesentlichen an das Herkunftsstaats1603 Richtlinie 2004 / 109 / EG vom 15. Dezember 2004, ABl. EG Nr. L 390 vom 21.12.2004, S. 38. 1604 Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 40; Speier, S. 289; Walz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 48 Rn. 45; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 4; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 21.
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prinzip an.1605 Wann die Bundesrepublik Deutschland als Herkunftsstaat des Emittenten zu erachten ist, bestimmt sich dabei wiederum nach § 2 Abs. 6 WpHG.1606 Danach sind Emittenten, für die die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, insbesondere Emittenten von Schuldtiteln mit einer Stückelung von weniger als 1.000 Euro oder dem am Ausgabetag entsprechenden Gegenwert in einer anderen Währung oder von Aktien, die ihren Sitz im Inland haben und deren Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind, vgl. § 2 Abs. 6 Nr. 1 WpHG. Abstrakter formuliert richtet sich die Frage, welcher Staat als Herkunftsstaat des jeweiligen Emittenten zu erachten ist, in Anschauung der Aufzählung in § 2 Abs. 6 Nr. 1–3 WpHG danach, welche Art von Finanzinstrument er an organisierten Märkten der Europäischen Union beziehungsweise des Europäischen Wirtschaftsraums zugelassen hat und in welchem Staat sich der Sitz des Emittenten befindet.1607 Ob hierbei nach der im internationalen Gesellschaftsrecht zur Bestimmung des Gesellschaftsstatus entwickelten Sitztheorie der faktische Sitz der Verwaltungsorgane des Unternehmens ausschlaggebend ist oder nach der Gründungstheorie der satzungsmäßige Sitz des Emittenten, lässt der Wortlaut des § 2 Abs. 6 WpHG offen. Für die Gründungstheorie spricht allerdings die Gesetzesbegründung zu § 1 BörsZulG, die ausdrücklich auf den satzungsmäßigen Sitz des Emittenten abstellt und damit nahe legt, dass dieser auch im Rahmen des § 2 Abs. 6 WpHG entscheidend sein soll.1608 b) Emittent von Finanzinstrumenten Aus dem Begriff des Inlandsemittenten in § 2 Abs. 7 WpHG und § 2 Abs. 6 Nr. 1–3 WpHG ergibt sich des Weiteren, dass es sich beim Emittenten um einen Emittenten von Finanzinstrumenten handeln muss. Auch für den Begriff des Finanzinstruments hält § 2 WpHG eine Legaldefinition bereit.1609 Gemäß § 2 Abs. 2 lit. b) WpHG versteht man unter Finanzinstrumenten Wertpapiere im Sinne des § 2 Abs. 1 WpHG, Geldmarktinstrumente 1605 BR-Drucks. 579 / 06, S. 59; Emittentenleitfaden, S. 46; Speier, S. 289; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 21. 1606 Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 40; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 21. 1607 Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 40; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 21. 1608 Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 52. 1609 Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 15 WpHG Rn. VI123; Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 456; Oulds, in: Kümpel / Wit-
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
im Sinne des § 2 Abs. 1a WpHG, Derivate im Sinne des § 2 Abs. 2 WpHG, Rechte auf Zeichnung von Wertpapieren und sonstige Instrumente, die zum Handel an einem organisierten Markt im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der EU zugelassen sind oder für die eine solche Zulassung beantragt worden ist. Es muss sich daher nicht um einen Emittenten von Wertpapieren im engeren Sinne handeln. Vielmehr reicht die Emittenteneigenschaft hinsichtlich eines der aufgezeigten Finanzinstrumente aus, um die Normadressatenschaft der Ad-hoc-Publizität zu begründen.1610 Gleichwohl stellt der in der Praxis relevante Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG im Wesentlichen die Konstellation des Emittenten von Wertpapieren im engeren Sinne dar, da von den übrigen Finanzinstrumenten nur wenige an organisierten Märkten gehandelt werden.1611 Wertpapiere in diesem Sinne sind wiederum gemäß § 2 Abs. 1 WpHG alle Gattungen von übertragbaren Wertpapieren mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten, die ihrer Art nach auf den Finanzmärkten handelbar sind, auch wenn keine Urkunden über sie ausgestellt sind, und damit insbesondere Aktien, Schuldverschreibungen, Genussscheine, Optionsscheine und Zertifikate. c) Finanzinstrumente, die zum Handel an einem inländischen organisierten Markt zugelassen sind Des Weiteren ergibt sich aus den Ausführungen zum Inlandsemittenten nach § 2 Abs. 7 WpHG und zum Herkunftstaatsprinzip nach § 2 Abs. 6 WpHG, dass es sich bei den Finanzinstrumenten des Emittenten prinzipiell um solche handeln muss, die zum Handel an einem inländischen organisierten Markt zugelassen sind.1612 In dieser Hinsicht weicht die Ad-hoc-Publizitätspflicht von den Verboten des § 14 Abs. 1 WpHG ab, die grundsätzlich alle Insiderpapiere im Sinne des § 12 WpHG und damit auch beispielsweise solche erfassen, die nicht zu einem Handel am organisierten Markt zugelassen sind.1613 Was unter einem organisierten Markt zu verstehen ist, kann der Legaldefinition in § 2 Abs. 5 WpHG entnommen werden. Die Rede ist dort von einem im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der tig, BKapMR, Rn. 14.239; Parmentier, NZG 2007, 407 (413); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 42; Versteegen, in: KölnKomm, WpHG, § 15 Rn. 60. 1610 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 15 Rn. 46; Oulds, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 14.239; Pfüller, in: Fuchs, WpHG1, § 15 Rn. 42; Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 61. 1611 Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 42. 1612 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 15 Rn. 46; Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1899); Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 48; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 21, 25. 1613 Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 58.
E. Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit (§ 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG)437
Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betriebenen oder verwalteten, durch staatliche Stellen genehmigten, geregelten und überwachten multilateralen System, das die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von dort zum Handel zugelassenen Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach festgelegten Bestimmungen in einer Weise zusammenbringt oder das Zusammenbringen fördert, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt.1614 Hinsichtlich der Frage der Zulassung von Finanzinstrumenten ergibt sich zunächst aus § 32 Abs. 1 BörsG, dass Wertpapiere, die im regulierten Markt an einer Börse gehandelt werden sollen, der Zulassung oder der Einbeziehung durch die Geschäftsführung bedürfen. Nach § 32 Abs. 2 BörsG ist ein Wertpapier immer dann zuzulassen, wenn der Emittent und die Wertpapiere den Anforderungen nach Art. 35 der VO 1287 / 2006 sowie den Bestimmungen entsprechen, die zum Schutz des Publikums und für einen ordnungsgemäßen Börsenhandel nach § 34 BörsG erlassen worden sind, und ein nach den Vorschriften des WpPG gebilligter oder bescheinigter Prospekt oder ein ausführlicher Verkaufsprospekt im Sinne des § 42 des Investmentgesetzes oder ein Prospekt im Sinne des § 137 Abs. 3 InvG veröffentlicht worden ist, soweit nicht nach § 1 Abs. 2 WpPG oder § 4 Abs. 2 WpPG von der Veröffentlichung eines Prospekts abgesehen werden kann.1615 Die Anforderungen an den Zulassungsantrag ergeben sich aus § 48 BörsZulV.1616 Liegen diese Voraussetzungen vor, erfolgt die Zulassung durch Erteilung einer – regelmäßig öffentlich-rechtlichen – Erlaubnis, nach der eine Börseneinrichtung für den Handel mit dem betreffenden Wertpapier in dem jeweiligen Marktsegment genutzt werden darf.1617 Sind die jeweiligen Wertpapiere an keiner deutschen Wertpapierbörse zugelassen, sondern allenfalls in den Handel am geregelten Markt gem. §§ 49 Abs. 1, 56 BörsG oder in den Freiverkehr gem. § 57 BörsG einbezogen, unterliegt ihr Emittent nicht der Ad-hoc-Veröffentlichungspflicht. Dies deshalb, da die Einbeziehung auf Antrag eines Handelsteilnehmers ohne Mitwirkung des Emittenten stattfindet und diesen daher nicht mit Pflichten belasten kann.1618
1614 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 15 Rn. 43; Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 49; Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 43. 1615 Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 26. 1616 Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 71. 1617 Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 43. 1618 Parmentier, NZG 2007, 407 (413); Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 26; i. E. auch Oulds, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 14.240; Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 68; Walz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 48 Rn. 45.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
2. Inlandsemittent gemäß § 15 Abs. 1 S. 2 WpHG Aber nicht nur Inlandsemittenten von Finanzinstrumenten, die zum Handel an einem inländischen organisierten Markt zugelassen sind, unterliegen der Ad-hoc-Publizitätspflicht des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG. Wie sich aus dem mit dem Anlegerschutzverbesserungsgesetz eingeführten § 15 Abs. 1 S. 2 WpHG ergibt, gelten als Inlandsemittenten im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG auch ein solcher, für deren Finanzinstrumente erst ein Antrag auf Zulassung gestellt ist.1619 Hiermit hat der Gesetzgeber die Vorgabe des Art. 9 Abs. 3 Marktmissbrauchsrichtlinie umgesetzt und zugleich dem Informationsbedürfnis der Kapitalmarktteilnehmer Rechnung getragen, die auch in dem Stadium ab Beantragung der Zulassung ein berechtigtes Interesse an der Veröffentlichung potenziell kursbeeinflussender Informationen haben.1620 Eine unangemessene Belastung der Emittenten erfolgt hierdurch nicht, weil sie selbst den Zeitpunkt der Antragstellung und Zulassung bestimmen.1621 Erforderlich ist allerdings, dass der Emittent tatsächlich bereits einen Antrag auf Zulassung des jeweiligen Finanzinstruments zum Handel an einem inländischen organisierten Markt im Sinne des bereits angesprochenen § 32 BörsG und § 48 BörsZulV gestellt hat. Nicht ausreichend ist hingegen, wenn der Emittent lediglich den Antrag auf Zulassung öffentlich angekündigt hat.1622 3. Emittenteneigenschaft der Aktiengesellschaft, an der die Beteiligung erworben werden soll In der vorliegend zu untersuchenden Fallgestaltung geht es um die Bereitstellung von Informationen zu Zwecken der Durchführung einer Due Diligence im Vorfeld einer Pakettransaktion. Im Falle des satzungsmäßigen Sitzes der Aktiengesellschaft in Deutschland stellt diese unzweifelhaft als Emittent von Aktien und damit von Wertpapieren im Sinne des § 2 Abs. 1 WpHG einen Inlandsemittenten von Finanzinstrumenten dar, sodass sie als Adressat der Bußgeldandrohung des § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG in Betracht kommt. 1619 Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 53; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 4; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 26. 1620 Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 71; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 26. 1621 Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 71. 1622 Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 53; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 26.
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4. Die Vorstandsmitglieder der Aktiengesellschaft als Adressaten der Bußgeldandrohung Vorliegend wird allerdings nicht die Frage untersucht, ob gegen die Aktiengesellschaft als Inlandsemittent von Finanzinstrumenten eine Geldbuße nach § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG verhängt werden kann, sondern inwieweit die Vorstandsmitglieder der Aktiengesellschaft auf Grund des möglichen Versäumnisses der Veröffentlichung einer publizitätspflichtigen Insiderinformation von einer Bußgeldandrohung nach § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG betroffen sein können. In Anbetracht der vorausgehenden Erkenntnisse ließe sich dies zunächst bezweifeln, zumal das WpHG auch an anderer Stelle keinen Anhaltspunkt dafür bietet, dass auch die Vorstandsmitglieder des Emittenten als Adressaten der Geldbuße in Betracht kommen. Da es sich bei § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG allerdings um einen Ordnungswidrigkeitentatbestand handelt, finden auf diesen die allgemeinen Regeln und Grundsätze des Ordnungswidrigkeitenrechts Anwendung.1623 Der Gesetzgeber hat zwar in § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG von der im Ordnungswidrigkeitenrecht bestehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Geldbuße gegen den Emittenten als juristische Person zu verhängen, sodass dieser als primärer Adressat der Bußgeldandrohung zu betrachten ist. Aus § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG ergibt sich allerdings in diesem Zusammenhang, dass ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Eigenschaften, Verhältnisse oder Umstände (besondere persönliche Merkmale) die Möglichkeit der Ahndung begründen, auch auf das vertretungsberechtigte Organ einer juristischen Person oder das Mitglied eines solchen Organs anzuwenden ist, wenn diese Merkmale zwar nicht beim diesem, aber bei dem Vertretenen vorliegen und der Vertreter gerade als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs handelt. Selbst, wenn also die Emittenteneigenschaft als besonderes persönliches Merkmal ausschließlich beim Unternehmen – nicht hingegen bei dem sie vertretenden Vorstand beziehungsweise den einzelnen Vorstandsmitgliedern – vorliegt, ist § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG dennoch über die Zurechnungsnorm des § 9 Abs. 1 Nr. 1 WpHG auch auf diese anzuwenden mit der Folge, dass auch sie Adressaten der Bußgeldandrohung sein können.1624
1623 Waßmer,
in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 38–40b Rn. 19. in: Park, KapMStR, Teil 4 Kap. 1 Rn. 17; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 39 WpHG Rn. 5; Zimmer / Cloppenburg, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 39 WpHG Rn. 3; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 19. 1624 Eggers,
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
III. Insiderinformationen, die den Inlandsemittenten unmittelbar betreffen Weiterhin setzt das Bestehen einer Ad-hoc-Publizitätspflicht gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG und damit auch das Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG voraus, dass Insiderinformationen vorliegen, die die Aktiengesellschaft als den in der vorliegend zu untersuchenden Konstellation zur Rede stehenden Inlandsemittenten unmittelbar betreffen. 1. Auslegung des Merkmals a) Insiderinformationen Ebenso wie die Insidervorschrift des § 14 WpHG knüpft auch die Adhoc-Publizitätspflicht des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG in Umsetzung des Art. 6 Abs. 1 Marktmissbrauchsrichtlinie zunächst an den Begriff der Insiderinformation im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG an. Dies erscheint nicht weiter verwunderlich, da § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG die Insiderverbote des § 14 WpHG nach den bereits getroffenen Ausführungen im Rahmen der Rechtsgutsbestimmung mitunter gerade auch als präventive Maßnahme flankieren soll. Wie bereits im Rahmen der Ausführungen zur Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder infolge der Bereitstellung von Insiderinformationen zugunsten des potenziellen Erwerbers zwecks Durchführung einer Due Diligence nach § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG festgestellt wurde, versteht man unter einer Insiderinformation entsprechend der Legaldefinition in § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG grundsätzlich jede konkrete Information über nicht öffentlich bekannte Umstände, die sich auf einen oder mehrere Emittenten von Insiderpapieren oder auf die Insiderpapiere selbst beziehen und die geeignet sind, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen. Zudem gelten nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG auch solche Umstände als solche im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG, bei denen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass sie in Zukunft eintreten werden. Im Übrigen sei an dieser Stelle hinsichtlich der näheren Konkretisierung und Auslegung der einzelnen Begriffsmerkmale des Begriffs der Insiderinformation auf die Ausführungen im Rahmen der Untersuchung der Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG verwiesen.1625 1625 Vgl.
Teil 2, C. III.
E. Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit (§ 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG)441
b) Informationen, die den Emittenten unmittelbar betreffen Wie dem Gesetzeswortlaut des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG allerdings weiterhin entnommen werden kann, löst nicht jede Insiderinformation im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG die Ad-hoc-Publizitätspflicht des Inlandsemittenten aus. Denn während der Begriff der Insiderinformation in § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG in Anlehnung an Art. 1 Nr. 1 Marktmissbrauchsrichtlinie sowohl solche Umstände mit einem unmittelbaren aber auch solche mit einem bloß mittelbaren Bezug zum Emittenten oder zum emittierten Wertpapier erfasst, ist die Publizitätspflicht nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG in Umsetzung des Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Marktmissbrauchsrichtlinie ausdrücklich auf solche Informationen beschränkt, die den Emittenten unmittelbar betreffen.1626 Hierdurch erfährt der Tatbestand des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG im Verhältnis zu demjenigen des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG eine erhebliche Einschränkung.1627 Dies verwundert zwar zunächst in Anbetracht des flankierenden Charakters der Publizitätspflicht, erscheint allerdings im Ergebnis gerechtfertigt. Denn während dem Insider stets zugemutet werden kann, die Nutzung kursrelevanter Informationen im Sinne des § 14 WpHG unabhängig von ihrer Herkunft zu unterlassen, „würden Emittenten, die allein wegen [des] Kursbeeinflussungspotenzials [von Informationen] Veröffentlichungspflichten unterlägen, potenziell zu Pressehäusern für alle Vorfälle dieser Welt“ mit Sanktionsfolgen schon bei leichtfertiger Unkenntnis, vgl. § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG.1628 Zudem entspricht es bereits der allgemeinen Dogmatik von Aufklärungspflichten, dass den Betroffenen keine unbegrenzte Informationseruierungspflicht für nicht präsentes Wissen trifft.1629 Ginge man demgegenüber davon aus, dass der Emittent grundsätzlich alle Insider informationen im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG veröffentlichen müsste, so missachtete man den Umstand, dass dieser Umstände, die ihn nicht unmittelbar betreffen, häufig gar nicht kennen kann und die Kapitalmarktteil-
1626 Die Begriffe „Bezug“ in § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG und „Betroffenheit“ sind synonym zu verstehen. Sie resultieren aus einer unpräzisen deutschen Sprachfassung der Marktmissbrauchsrichtlinie, vgl. Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 15 WpHG Rn. VI129; Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 56; Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 121; Uhl, S. 30; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 39 WpHG Rn. 5; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 30, 33. 1627 Emittentenleitfaden, S. 51; Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 15 WpHG Rn. VI129; Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 79; Walz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 48 Rn. 49; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 33. 1628 Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 15 WpHG Rn. VI129. 1629 Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 15 WpHG Rn. VI129.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
nehmer oftmals unter den gleichen Kostenbedingungen von ihnen Kenntnis erlangen können.1630 Damit verbleibt die Frage, wann eine Information den Inlandsemittenten unmittelbar im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG betrifft und damit die Ad-hoc-Publizitätspflicht auslöst. Einen ersten Anhaltspunkt zur Konkretisierung des Unmittelbarkeitsmerkmals lässt sich § 15 Abs. 1 S. 3 WpHG entnehmen.1631 Hiernach betrifft eine Insiderinformation den Emittenten insbesondere dann unmittelbar, wenn sie sich auf Umstände bezieht, die in seinem Tätigkeitsbereich eingetreten sind. Damit weisen jedenfalls all diejenigen Insiderinformationen einen unmittelbaren Bezug zum Emittenten auf, die in einer besonderen Beziehung zum unternehmerischen Handeln des Emittenten stehen.1632 Hierdurch stellt der Gesetzgeber klar, dass der Emittent im Hinblick auf die Herstellung von Kapitalmarkttransparenz grundsätzlich nur für solche Informationen Verantwortung zu übernehmen hat, die seiner Sphäre zugerechnet werden können.1633 Publizitätspflichtig sind damit zunächst einmal Informationen über solche Umstände, die als unmittelbare Folge der unternehmerischen Tätigkeit des Emittenten qualifiziert werden können (unternehmensinterne Umstände).1634 Gemeint sind damit insbesondere Umstände, die auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage oder den allgemeinen Geschäftsablauf Auswirkungen haben, also Posten, die bilanzrechtlich als Aktiva und Passiva erscheinen, daneben aber auch Werte und Risiken, die nicht zu aktivieren und passivieren sind, sowie die Ertragslage.1635 Zu diesen tätigkeitsbereichsbezogenen Insiderinformationen zählen 1630 Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 15 WpHG Rn. VI129; Kümpel, AG 1997, 66 (67); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 121; ähnlich auch Appenzeller, GesKR 2009, 463 (471); Klöhn, WM 2010, 1869 (1878); Uhl, S. 31, 37; Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 86; a. A. Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 58, 64. 1631 OLG Stuttgart NZG 2007, 352 (354); Dreyling, DK 2005, 1 (3); Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 15 WpHG Rn. VI126; Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 76; Oulds, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 14.242; Parmentier, NZG 2007, 407 (413); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 121; Walz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 48 Rn. 49; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 39 WpHG Rn. 6; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 33, 34. 1632 Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 123, 124; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 39 WpHG Rn. 6. 1633 Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 121. 1634 Speier, S. 290, 294; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 39 WpHG Rn. 6; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 35. 1635 Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 15 WpHG Rn. VI132; Umkehrschluss zu Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1903); Parmentier, NZG 2007, 407 (413); Walz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 48 Rn. 49.
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beispielsweise Vorstands- und Aufsichtsratsbeschlüsse, Abschlüsse von Verträgen, die Abgabe von Willenserklärungen im Allgemeinen, eine erhöhte Kapazitätsauslastung, personelle Veränderungen im Vorstand oder im Aufsichtsrat, Kapitalherabsetzungen oder -erhöhungen, die Höhe des erzielten Gewinns, Erfindungen und Entdeckungen, Veränderungen in der Unternehmensstruktur oder Ergebniszahlen der gewöhnlichen oder außergewöhnlichen Geschäftsaktivität.1636 Wie sich dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 S. 3 WpHG – eine Insiderinformation betrifft den Emittenten „insbesondere“ dann unmittelbar – allerdings entnehmen lässt, müssen sich die Insiderinformationen nicht zwangsläufig auf Umstände beziehen, die im Tätigkeitsbereich des Emittenten eingetreten sind, um diesen im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG unmittelbar zu betreffen. § 15 Abs. 1 S. 3 WpHG stellt vielmehr lediglich ein nicht abschließendes Regelbeispiel dar, das als Auslegungshilfe des Unmittelbarkeitsbegriffs fungiert, ihn allerdings nicht erschöpfend und abschließend konkretisiert.1637 Entsprechend den Ausführungen zum Merkmal des Emittenten- und Wertpapierbezugs im Rahmen des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG, die im Kontext der Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG bereits getroffen wurden, betreffen vielmehr auch solche Informationen den Emittenten unmittelbar, die ihren Ursprung außerhalb des Unternehmens haben beziehungsweise die Beziehung des Emittenten zur Umwelt betreffen, sofern sie zugleich auf das unternehmerische Handeln Einfluss ausüben und speziell den jeweiligen Emittenten betreffen.1638 Es muss sich um Informationen über Umstände handeln, die von außen an den Emittenten herangetragen werden oder auf diesen einwirken und zugleich eine gewisse Spezifität zu diesem, zu seinem Status oder zu seiner geschäftlichen Tätigkeit aufweisen (unternehmensexterne Umstände).1639 Ein ausreichender Bezug zum Emittenten besteht daher insbesondere auch dann, wenn sich die Umstände entweder unmittelbar auf die Betriebsmittel des Emittenten auswirken oder Willensbetätigungen unmittelbar gegenüber dem Emittenten erfol1636 Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 39 WpHG Rn. 6; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 35. 1637 Emittentenleitfaden, S. 51; Dreyling, DK 2005, 1 (3); Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 15 WpHG Rn. VI130; Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 78; Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 121, 132; Spindler, NJW 2004, 3449 (3451); Uhl, S. 32; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 33. 1638 Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (649); Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1903); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 123, 124, 132; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 39 WpHG Rn. 6. 1639 Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 123, 124; Speier, S. 290; Uhl, S. 33; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 36.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
gen.1640 Beispielhaft nennen lässt sich in diesem Zusammenhang die Zerstörung einer Produktionsstätte durch ein Erdbeben oder die Kündigung eines wichtigen Vertrages.1641 Ausgenommen von der Publizitätspflicht sind hingegen allgemeine Marktdaten. Diese stellen zwar nach den im Rahmen der Untersuchung der Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG erarbeiteten Erkenntnissen Insiderinformationen im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG dar. In Ermangelung eines unmittelbaren Bezugs zum Emittenten lösen sie allerdings keine Ad-hoc-Publizitätspflicht aus.1642 Allgemeine Marktstatistiken, wirtschaftliche Entwicklungen, Veränderungen von Zinssätzen oder Rohstoffpreisen, Entscheidungen über Regeln der Marktaufsicht, Entscheidungen über Regeln der Indexsetzung und -berechnung oder Entscheidungen der Wettbewerbs- und Marktüberwachungsbehörden hinsichtlich börsennotierter Unternehmen sind daher nicht vom Emittenten zu publizieren.1643 Auf eine Formel gebracht können im Ergebnis alle sich in den Betriebsstätten des Emittenten vollziehenden Vorgänge, von ihnen selbst getroffenen Maßnahmen und dadurch herbeigeführte Zustände, Veränderungen im Bestand seines aktivischen und passivischen Vermögens, Veränderungen in seinen rechtlichen und tatsächlichen Beziehungen einschließlich behörd licher Erlaubnisse oder Verbote oder Interaktionen, an denen der Emittent beteiligt ist, Gegenstand der Publizitätspflicht nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG sein.1644 c) Informationen, die die emittierten Finanzinstrumente unmittelbar betreffen Zum Teil wird in der Literatur darüber hinaus die Auffassung vertreten, dass grundsätzlich auch all diejenigen Insiderinformationen, die jedenfalls das emittierte Finanzinstrument unmittelbar betreffen – wie zum Beispiel Squeeze-outs gemäß §§ 327a ff. AktG –, publizitätspflichtige Insiderinfor1640 Zimmer / Kruse,
in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 37. in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 6; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 37. 1642 Oulds, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 14.243; Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 121, 125; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 39 WpHG Rn. 7; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 36. 1643 Emittentenleitfaden, S. 51; Uhl, S. 33; Walz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 48 Rn. 49, 50; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 38. 1644 Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 73; ähnlich Oulds, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 14.243. 1641 Wehowski,
E. Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit (§ 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG)445
mationen im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG darstellen.1645 Angeführt wird hierfür, dass sich dies zwar nicht aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG ergebe, da dieser ausdrücklich nur von einer unmittelbaren Betroffenheit des Emittenten spricht, während § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG entweder auf den Emittenten oder das emittierte Wertpapier abstellt. Auch die europarechtlichen Vorläufer in Art. 1 Abs. 1 Marktmissbrauchsrichtlinie und Art. 6 Abs. 1 Marktmissbrauchsrichtlinie weisen eine entsprechende Systematik auf. Allerdings könne in Anbetracht der Entstehungsgeschichte des Art. 6 Abs. 1 Marktmissbrauchsrichtlinie beziehungsweise des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG nicht ernsthaft bezweifelt werden, dass eine unmittelbare Betroffenheit des Emittenten auch dann vorliege, wenn sich die jeweilige Information unmittelbar auf das emittierte Finanzinstrument beziehe. Ziel der Marktmissbrauchsrichtlinie beziehungsweise des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes sei insoweit – maßgeblich auch auf Basis der Einführung des Begriffs der Insiderinformation – gewesen, den Anwendungsbereich der Insiderhandelsverbote und der Publizitätspflicht weitestgehend anzugleichen.1646 Ausgeklammert werden sollten durch das Merkmal der unmittelbaren Betroffenheit des Emittenten in § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG ausschließlich solche Informationen, die den Emittenten beziehungsweise die emittierten Finanzinstrumente nur mittelbar betreffen wie allgemeine Marktinformationen.1647 Diese Auffassung vermag allerdings im Ergebnis nicht zu überzeugen.1648 Gegen sie spricht bereits der ausdrückliche Wortlaut des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG, der den Anwendungsbereich der Publizitätspflicht ausdrücklich auf solche Informationen beschränkt, die den Emittenten unmittelbar betreffen.1649 Erstreckte man die Pflicht zur Veröffentlichung gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG dennoch auch auf solche Informationen, die lediglich die emittierten Finanzinstrumente unmittelbar betreffen, als publizitätspflichtige Insiderinformationen im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG, so stellte dies vor dem Hintergrund des Ordnungswidrigkeitentatbestands des § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG eine verbotene Analogie gemäß Art. 103 Abs. 2 GG, § 3 OWiG dar.1650 Darüber hinaus erschiene es zwar aus rechtspolitischer Sicht 1645 Simon,
DK 2005, 13 (15); Ziemons, NZG 2004, 537 (541). wohl Simon, DK 2005, 13 (15). 1647 Ziemons, NZG 2004, 537 (541). 1648 Emittentenleitfaden, 51; Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 123 ff.; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 34; Speier, S. 291; Uhl, S. 32; Walz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 48 Rn. 49. 1649 Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 125; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 34. 1650 Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 34; Uhl, S. 32. 1646 So
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im Interesse der Insiderprävention durchaus wünschenswert, dass § 14 WpHG und § 15 WpHG über einen im Wesentlichen deckungsgleichen Anwendungsbereich verfügten. Der Gesetzgeber hat allerdings das Merkmal der unmittelbaren Betroffenheit – wie gezeigt – nicht ohne Grund in § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG vorgesehen, sondern um dessen Anwendungsbereich zu begrenzen. Denn in Anbetracht der Tatsache, dass der Emittent Umstände, die ihn nicht unmittelbar betreffen, häufig gar nicht kennen kann und muss, kann ihm auch nicht zugemutet werden, entsprechende Informationen zu eruieren und dann zu veröffentlichen.1651 Dann aber darf dieser Filter auch nicht dadurch unterlaufen werden, indem man die Publizitätspflicht auf solche Informationen erstreckt, die lediglich die emittierten Finanzinstrumente unmittelbar betreffen. Von einer Publizitätspflicht auch derartiger Informationen wird man daher im Ergebnis ausschließlich und ausnahmsweise nur dann ausgehen können, wenn zugleich der Emittent unmittelbar betroffen ist.1652 2. Vorliegen von den Emittenten unmittelbar betreffenden Insiderinformationen in der vorliegend zu untersuchenden Konstellation Einleitend wurde bereits festgestellt, dass in der vorliegend zu untersuchenden Konstellation der Bereitstellung von Informationen zwecks Durchführung einer Due Diligence im Vorfeld einer geplanten Pakettransaktion regelmäßig drei unterschiedliche Ansatzpunkte für das Bestehen einer Publizitätspflicht des Emittenten in Betracht kommen könnten: Zum einen (aa) die bevorstehende Pakettransaktion beziehungsweise die mit ihr verbundene Veränderung der Aktionärsstruktur; zum anderen (bb) die einzelnen Stationen hin zur bevorstehenden Transaktion, insbesondere die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der Informationen beziehungsweise die erfolgreiche Durchführung der Due Diligence; und schließlich (cc) diejenigen Informationen, die der Vorstand im Kontext der Due Diligence zugunsten des potenziellen Erwerbers bereitstellt. Insoweit ist für jeden einzelnen Ansatzpunkt nachfolgend zu klären, ob im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG vom Vorliegen einer Insiderinformation ausgegangen werden kann, die den Emittenten unmittelbar betrifft.
1651 Schwark / Kruse,
in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 34. in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 123 ff.; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 34; Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 89 ff. 1652 Pfüller,
E. Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit (§ 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG)447
a) Die bevorstehende Pakettransaktion und die damit einhergehende Veränderung der Aktionärsstruktur1653 Zunächst stellt sich die Frage, ob die bevorstehende Pakettransaktion und die damit einhergehende Veränderung der Aktionärsstruktur einen publizitätspflichtigen Umstand im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG darstellen. aa) Konkrete Information über Umstände Unzweifelhaft kommen die Pakettransaktion und die damit einhergehende Veränderung der Aktionärsstruktur jedenfalls dann als Umstand einer konkreten Information im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG in Betracht, wenn sie tatsächlich vollzogen worden sind. Denn dann handelt es sich bei diesen Vorgängen um Tatsachen – also um gegenwärtige Geschehnisse der Außenwelt, die dem Beweis zugänglich sind –, die spezifisch genug sind, um einen Schluss auf die mögliche Auswirkung des Vorgangs auf den Kurs des emittierten Finanzinstruments zuzulassen. Nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG kann allerdings auch schon früher vom Vorliegen einer konkreten Information über Umstände ausgegangen werden. Erforderlich ist nach den bereits erarbeiteten Erkenntnissen insoweit, dass das Zustandekommen der Pakettransaktion und die damit einhergehende Veränderung der Aktionärsstruktur hinreichend wahrscheinlich, also nach den erarbeiteten Erkenntnissen überwiegend wahrscheinlich im Sinne von 50% + X sind.1654 Zu welchem Zeitpunkt dies der Fall ist, lässt sich nicht pauschal beantworten und hängt von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab.1655 Indizielle Wirkung im Hinblick auf Realisierungswahrscheinlichkeit kommt dabei den einzelnen Stadien hin zur bevorstehenden Transaktion zu.1656 1653 Die Prüfung des Vorliegens einer zu veröffentlichenden Insiderinformation beginnt an dieser Stelle mit der bevorstehenden Pakettransaktion und der damit einhergehenden Veränderung der Aktionärsstruktur, da die Qualität als Insiderinformation im Hinblick auf die unmittelbare Betroffenheit des Emittenten umstritten ist und die Qualifikation als Insiderinformation Auswirkungen auf die Frage der Publizitätspflicht hinsichtlich der Due Diligence als „Zwischenschritt“ haben könnte (Sperr wirkung des § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG – kein Rückgriff auf Zwischenschritte, vgl. Teil 2, E. III. 2. b)). 1654 Vgl. Teil 2, C. III. 1. a) bb). 1655 Vom objektiven Entstehen einer publizitätspflichtigen Insiderinformation ist die Frage zu trennen, ob der Emittent beziehungsweise der Vorstand als leitendes Organ die Information kennen musste und die Veröffentlichung vorsätzlich oder leichtfertig unterlassen hat. 1656 OLG Stuttgart NZG 2009, 624 (627); Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 10a, 17, 20.
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Betrachtet man vor diesem Hintergrund den gewöhnlichen Ablauf einer Pakettransaktion, so lässt sich zunächst feststellen, dass jedenfalls die Stadien der Aufnahme von Gesprächen zwischen dem potenziellen Erwerber und dem veräußerungswilligen Aktionär, die durch diese erfolgende Beauftragung von Beratern für den weiteren Verlauf der Verhandlungen, der Abschluss eines Letter of Intent im Vorfeld der Durchführung der Due Diligence und der Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung in der Regel noch nicht die Annahme begründen, die Pakettransaktion und die damit einhergehende Veränderung der Aktionärsstruktur werden mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in Zukunft eintreten.1657 Vielmehr handelt es sich hierbei um bloße Vorbereitungshandlungen der Transaktion, um Maßnahmen in einem noch frühen Verhandlungsstadium, die zwar bereits auf die Möglichkeit des Zustandekommens des Pakethandels und den Aktionärswechsel hindeuten können, gleichwohl aber nach wie vor auch ein Scheitern der Verhandlungen denkbar erscheinen lassen. Dies umso mehr, als dass in der Regel noch die Durchführung der Due Diligence aussteht, mit der sich der potenzielle Erwerber einen umfassenden Einblick in das Unternehmen verschaffen will, um die Stärken und Schwächen des Unternehmens zu identifizieren, die Chancen und Risiken der geplanten Investition zu ermitteln, eine hinreichend aussagekräftige informationelle Grundlage für die weiteren Vertragsverhandlungen zu haben und letzten Endes auch die Sinnhaftigkeit des Erwerbs der Beteiligung zu hinterfragen, und selbst hieran anknüpfend auch oftmals noch weitere Vertragsverhandlungen – etwa im Hinblick auf die Kaufpreisbestimmung und die Vereinbarung von Gewährleistungsregeln – stattfinden.1658 Selbst, wenn beispielsweise der Letter of Intent bereits verbindliche Vereinbarungen enthält und wesentliche Eckpunkte der geplanten Transaktion regelt, dürfte in der Mehrzahl der Fälle davon auszugehen sein, dass das Zustandekommen der Transaktion noch offen, also zwar weder besonders unwahrscheinlich, aber auch nicht hinreichend wahrscheinlich ist, da nach wie vor die Möglichkeit besteht, dass der potenzielle Erwerber von der geplanten Transaktion Abstand nimmt.1659 Auch im Zeitpunkt der Gestattung der Due Diligence und der Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen zugunsten des Kaufinteressenten wird regelmäßig noch nicht davon ausgegangen werden können, dass 1657 Emittentenleitfaden, S. 58; Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 15 Rn. 75; Eggenberger, S. 335; Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 92; Kocher / Widder, CFL 2011, 88 (93); Meyer / Kiesewetter, WM 2009, 340 (341); a. A. Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 205, der schon den Letter of Intent als „Meilenstein“ erachtet. 1658 Götze, DB 1998, 2326 (2328); Kalss / Hasenauer, GesRZ 2010, 301 (310); Zirngibl, S. 211. 1659 Kalss / Hasenauer, GesRZ 2010, 301 (310).
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die Pakettransaktion zustande kommen und die damit einhergehende Veränderung in der Aktionärsstruktur mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eintreten wird.1660 Wie vorausgehend bereits festgestellt wurde, versetzt die Einsichtnahme in die bereitgestellten Informationen den potenziellen Erwerber erst in die Lage, sich einen umfassenden Einblick in das Unternehmen zu verschaffen, den status quo des Unternehmens zu ermitteln, die Möglichkeit der Umsetzung der mit dem Erwerb der Beteiligung verfolgten Ziele zu prognostizieren und damit die Sinnhaftigkeit der Transaktion zu überprüfen.1661 Zudem bilden die Ergebnisse der Due Diligence das Fundament für die weiteren Vertragsverhandlungen zwischen dem potenziellen Erwerber und dem veräusserungswilligen Aktionär, etwa im Hinblick auf die Einigung über einen angemessenen Kaufpreis oder die Vereinbarung sachgemäßer Gewährleistungsregeln.1662 Auch zu diesem Zeitpunkt besteht daher noch durchaus die Möglichkeit, dass die Transaktion scheitert. Dies ist etwa dann denkbar, wenn die Due Diligence zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis aus Sicht des Kaufinteressenten führt oder dieser und der veräußerungswillige Aktionär sich im Nachgang der Due Diligence über wesentliche Vertragsbedingungen nicht einigen können. Nur ausnahmsweise wird man davon ausgehen können, dass das Zustandekommen der Pakettransaktion und die damit einhergehende Veränderung der Aktionärsstruktur bereits in diesem Zeitpunkt hinreichend wahrscheinlich sind. Dies dürfte dann anzunehmen sein, wenn es sich bei der Gestattung der Due Diligence und der Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen um das einzig nennenswerte Hindernis handelt, das dem Beteiligungserwerb noch entgegensteht, die Due Diligence mit aller Voraussicht nach zu einem zufriedenstellenden Ergebnis führen wird und bereits die wesentlichen Eckdaten der Transaktion feststehen, sodass nur noch Einzelpunkte im Nachgang der Due Diligence verhandelt werden müssen, die ein Scheitern der Transaktion nicht mehr ernsthaft erwarten lassen.1663 Dies dürfte selten der Fall sein, da die Due Diligence – wie gesagt – gerade dazu dient, die Chancen und Risiken der geplanten Investition aufzudecken und anhand dessen die Entscheidung für oder gegen die Transaktion zu treffen.1664 1660 Bingel, AG 2012, 685 (695), Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (655); Götze, DB 1998, 2326 (2328); Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (285); Kalss / Hasenauer, GesRZ 2010, 301 (310); Zirngibl, S. 211. 1661 Götze, DB 1998, 2326 (2328); Kalss / Hasenauer, GesRZ 2010, 301 (310); Zirngibl, S. 211. 1662 Götze, DB 1998, 2326 (2328); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 205. 1663 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 15 Rn. 75; Bingel, AG 2012, 685 (695); Borsch, DB 2005, 2175 (2177); Götze, DB 1998, 2326 (2328, 2329); Kalss / Hasenauer, GesRZ 2010, 301 (310); Kocher / Widder, CFL 2011, 88 (93); Zirngibl, S. 211. 1664 Zirngibl, S. 211, 212.
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Unzweifelhaft wird man in der Regel jedenfalls dann von der hinreichenden Eintrittswahrscheinlichkeit der geplanten Pakettransaktion und der Veränderung der Aktionärsstruktur im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG in dem Zeitpunkt ausgehen können, in dem die Due Diligence zu einem zufriedenstellenden Abschluss gelangt ist und sich der potenzielle Erwerber und der veräußerungswillige Aktionär über die wesentlichen Aspekte des Vertrags geeinigt haben.1665 Denn ab diesem Zeitpunkt dürfte nicht mehr damit zu rechnen sein, dass eine der Parteien von den Vertragsverhandlungen noch Abstand nimmt und damit die Transaktion zum Scheitern bringt. bb) Nicht öffentlich bekannt Weiterhin dürfen die bevorstehende Pakettransaktion und die damit einhergehende Veränderung in der Aktionärsstruktur entsprechend § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG noch nicht öffentlich bekannt sein. Der Bereichsöffentlichkeit darf also nach den bereits erarbeiteten Erkenntnissen noch nicht die Möglichkeit offen stehen, von diesem Vorgang Kenntnis zu nehmen.1666 Dies wird regelmäßig der Fall sein, sofern nicht Informationen hierüber von Seiten des veräußerungswilligen Aktionärs, des potenziellen Erwerbers oder des Emittenten durchgesickert und auf diesem Wege an die Öffentlichkeit gelangt sind. Der potenzielle Erwerber und der veräußerungswillige Aktionär des Aktienpakets dürften regelmäßig daran interessiert sein, dass die geplante Transaktion nicht publik wird, um so auf einen reibungslosen Ablauf der Transaktion zu hoffen. Nicht zuletzt auch in Anbetracht dieses Umstands sind alle an der Transaktion Beteiligten auf Basis speziell getroffener Vertraulichkeitsvereinbarungen zur Verschwiegenheit nicht nur im Hinblick auf die zirkulierenden Informationen, sondern auch auf den Vorgang der Transaktion an sich verpflichtet. Auch der Emittent wird gewillt sein, die geplante Transaktion geheim zu halten, sofern er an deren Zustandekommen ein eigenes unternehmerisches Interesse hat – etwa in Anbetracht der aus dem Aktionärswechsel resultierenden Vorteile wie die Erlangung neuen Know-Hows oder verbesserter Einkaufskonditionen, der Bildung von Allianzen oder Kooperationen oder der Aufnahme in einen Unternehmensverbund – und die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Bekanntwerdens scheitern könnte.
1665 Emittentenleitfaden, S. 33; Bingel, AG 2012, 685 (696); Kalss / Hasenauer, GesRZ 2010, 301 (310); Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 13 Rn. 317, 318. 1666 Vgl. Teil 2, C. III. 2.
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cc) Unmittelbare Betroffenheit Zweifelhaft erscheint allerdings der Umstand, dass die bevorstehende Pakettransaktion und die damit einhergehende Veränderung der Aktionärsstruktur den Emittenten unmittelbar betreffen, wie es § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG voraussetzt. Aus gesellschaftsrechtlicher Sicht mögen zwar die Anleger als Aktionäre die Gesellschaft bilden und dementsprechend deren Sphäre zuzuordnen sein. Aus kapitalmarktrechtlicher Sicht hingegen liegt der Fall anders. Denn hier stehen sich die Gesellschaft – vertreten durch den Vorstand – als Kapitalnachfrager und die – aktuellen und potenziellen – Anleger als Kapitalgeber gegenüber. Da der Auslegung des Merkmals der unmittelbaren Betroffenheit des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG diese kapitalmarktrechtliche Sichtweise zugrunde zu legen ist, muss bezweifelt werden, dass ein Umstand aus der Sphäre der aktuellen oder potenziellen Anleger wie der Erwerb oder die Veräußerung eines Aktienpakets und der damit einhergehende Eintritt oder Austritt aus dem Kreis der Aktionäre einem solchen entspricht, der den Emittenten unmittelbar betrifft. Dies umso mehr, da der eindeutige Wortlaut des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG ausdrücklich vorsieht, dass nur solche Umstände als publizitätspflichtig zu erachten, die den Emittenten selbst unmittelbar betreffen, während Umstände, die aus der Sphäre der potenziellen Anleger stammen und ausschließlich die emittierten Finanzinstrumente betreffen, in der Regel nicht der Publizitätspflicht unterliegen.1667 Dennoch können im Ergebnis auch die bevorstehende Pakettransaktion und die damit einhergehende Veränderung in der Aktionärsstruktur einen Umstand darstellen, der den Emittenten unmittelbar betrifft und damit nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG zu veröffentlichen ist.1668 Dies ist jedenfalls zunächst dann der Fall, wenn der Vorstand im Bereich der Unternehmensverwaltung Entscheidungen im Bezug auf die Veränderung in der Aktionärsstruktur treffen muss. Zu denken ist hier beispielsweise an die Meldung der Veränderung der Stimmrechtsanteile in der Gesellschaft gemäß § 26 Abs. 1 1667 Vgl. zum Ganzen Parmentier, NZG 2007, 407 (413); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 128; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 41. 1668 BT-Drucks. 15 / 3174, S. 35; Emittentenleitfaden, S. 52; Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 15 Rn. 81; Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (657); Bussian, S. 196, 197; Dreyling, DK 2005, 1 (3); Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 15 WpHG Rn. VI132; Hopt ZHR 159 (1995), 135 (153); Kocher / Widder, CFL 2011, 88 (93); Lebherz, WM 2010, 154 (161); Oulds, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 14.243; Parmentier, NZG 2007, 407 (413, 414); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 128 ff.; 181, 182; Schander / Lucas, DB 1997, 2109 (2112); Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 42; Simon, DK 2005, 13 (16); Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 6.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
S. 1 WpHG i. V. m. § 21 Abs. 1 S. 1, Abs. 1a WpHG i. V. m. § 25 Abs. 1 S. 1 WpHG. Denn in diesem Fall rechtfertigt die Involvierung des Emittenten in den im Übrigen ihn nur mittelbar betreffenden Sachverhalt die Annahme, dass er hierdurch im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG unmittelbar betroffen ist.1669 Des Weiteren wird man von einer unmittelbaren Betroffenheit des Emittenten aber auch dann ausgehen können, wenn es – wie bei Pakettransaktionen regelmäßig der Fall – um die Transaktion eines Aktienpakets geht, das einen unternehmerischen Einfluss auf die Gesellschaft vermittelt, zu einer signifikanten Verschiebung der Mehrheitsverhältnisse in der Hauptversammlung führt und über diesen Weg Auswirkungen auf die Gesellschaft hat, weil der potenzielle Erwerber mit seiner geplanten Beteiligung eine strategische Zielsetzung verfolgt, die mittelfristig auch Einfluss auf den Vorstand und damit auf die künftige Entwicklung des Emittenten haben wird.1670 Auch in diesen Fällen lässt sich eine unmittelbare Betroffenheit des Emittenten durchaus begründen. Dies muss insbesondere dann gelten, wenn bereits konkrete kursrelevante Maßnahmen des Kaufinteressenten absehbar sind.1671 dd) Kursbeeinflussungspotenzial Schließlich müssen die bevorstehende Pakettransaktion und die damit einhergehende Veränderung der Aktionärsstruktur geeignet sein, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen. Sie müssen also aus der ex ante-Sicht eines börsenkundigen Anlegers im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens unter Zugrundelegung aller vorhandenen Informationen und unter besonderer Berücksichtigung der Gesamttätigkeit des Emittenten, der Verlässlichkeit der Informationsquelle und sonstiger Marktvariablen, die das entsprechende Finanzinstrument beeinflussen dürften, eine solche Schwankung des Börsen- oder Marktpreises erwarten lassen, dass sie bei diesem einen Kaufoder Verkaufsanreiz schafft und das Anlagegeschäft als lohnend erscheinen lässt.1672 Auch dies dürfte sich letztlich nach den Umständen des jeweiligen 1669 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 15 Rn. 81; Kocher / Widder, CFL 2011, 88 (93); Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 42; auf die Folgemaßnahme als publizitätspflichtigen Umstand abstellend Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 181, 182. 1670 Kocher / Widder, CFL 2011, 88 (93); Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 140; Lebherz, WM 2010, 154 (161); Parmentier, NZG 2007, 407 (413, 414); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 128 ff.; Simon, DK 2005, 13 (16); strenger wohl Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (657). 1671 Oulds, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 14.243; auf die Maßnahme des potenziellen Erwerbers abstellend Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 93. 1672 Vgl. Teil 2, C. III. 4. c).
E. Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit (§ 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG)453
Einzelfalls richten, in einer Vielzahl der Fälle allerdings im Ergebnis anzunehmen sein.1673 Eine ausschlaggebende Rolle wird auch in diesem Zusammenhang der Umstand spielen, ob der Erwerb eines unternehmerischen Einfluss vermittelnden Aktienpakets im Raum steht und ob der potenzielle Erwerber bekanntermaßen beabsichtigt, auf die Aktiengesellschaft unternehmerischen Einfluss auszuüben und deren strategische Ausrichtung zu ändern.1674 Soll demgegenüber lediglich eine Umplatzierung von Aktien von einem auf einen anderen Aktionär erfolgen, ohne dass hiermit zugleich strategische Ziele verfolgt werden, wird die geplante Transaktion und die damit einhergehende Veränderung der Aktionärsstruktur demgegenüber kein Kursbeeinflussungspotenzial aufweisen.1675 Etwas Anderes kann wiederum beispielsweise dann gelten, wenn die Zielgesellschaft in der Öffentlichkeit als Übernahmekandidat angesehen wird und der Anteilserwerb wegen der hieraus resultierenden weiteren Kursphantasien der Anleger einen klaren Kaufreiz hinsichtlich der Aktien der Gesellschaft gibt.1676 Auch die absehbar erhebliche Bedeutung der Transaktion für die Entwicklung des Unternehmens in der Zukunft, etwa im Hinblick auf die Erlangung neuen KnowHows, die Erstreckung des Tätigkeitsbereichs auf weitere Geschäftsfelder, die Begründung oder Stärkung bestehender Kooperationen und strategischer Allianzen oder die Eingliederung in einem größeren Unternehmensverbund, kann im Einzelfall dazu führen, dass die bevorstehende Transaktion und die damit einhergehende Veränderung der Aktionärsstruktur die Eignung aufweisen, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen.1677 Dies umso mehr, wenn die Kapitalmarktteilnehmer mit derartigen Entwicklungen bislang nicht gerechnet haben und hieraus konkrete Rückschlüsse auf eine entsprechende, künftige Unternehmensentwicklung möglich sind. ee) Zwischenergebnis Die bevorstehende Pakettransaktion und die damit einhergehende Veränderung der Aktionärsstruktur können durchaus einen publizitätspflichtigen Umstand im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG darstellen. Dies jedenfalls dann, wenn es um den Erwerb einer unternehmerischen Einfluss vermittelnden Beteiligung geht und der potenzielle Erwerber offenkundig plant, diesen 1673 Bussian,
S. 195. AG 2012, 685 (697); Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (657); Bürgers, BKR 2004, 424 (426); Speier, S. 358. 1675 Emittentenleitfaden, 59, 60; Bingel, AG 2012, 685 (697). 1676 Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (657). 1677 Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (656); Speier, S. 359. 1674 Bingel,
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
Einfluss auch auszuüben und die strategische Ausrichtung der Gesellschaft zu ändern oder die Transaktion auf Grund absehbarer Entwicklungen im Hinblick auf die Zukunft des Emittenten von erheblicher Bedeutung ist. Zu veröffentlichen ist sie bereits dann, wenn ihr Eintritt im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG hinreichend wahrscheinlich, also überwiegend wahrscheinlich ist. Wann dies der Fall ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. In der Regel wird davon auszugehen sein, dass ihr Eintritt dann mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann, wenn die Due Diligence zu einem zufriedenstellenden Abschluss gelangt ist und bereits wesentliche Eckdaten des Vertrags zwischen dem veräußerungswilligen Aktionär und dem potenziellen Erwerber abgesprochen sind. Im Einzelfall kann aber auch bereits die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen die Annahme einer hinreichenden Eintrittswahrscheinlichkeit begründen. Dies dann, wenn es sich hierbei um das einzig nennenswerte Hindernis handelt, das dem Beteiligungserwerb noch entgegensteht, die Due Diligence mit aller Voraussicht nach zu einem zufriedenstellenden Ergebnis führen wird und bereits die wesentlichen Eckdaten der Transaktion feststehen, sodass nur noch Einzelpunkte im Nachgang der Due Diligence verhandelt werden müssen, die ein Scheitern der Transaktion nicht mehr ernsthaft erwarten lassen. b) Die einzelnen Stadien hin zur Pakettransaktion Weiterhin könnten allerdings auch bereits die einzelnen Stadien hin zur bevorstehenden Transaktion, insbesondere die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der Informationen und deren erfolgreiche Durch führung Umstände darstellen, die gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG zu publizieren sind. aa) Die Stadien im Vorfeld der Gestattung der Due Diligence und der Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen Zunächst soll dies hinsichtlich der Stadien im Vorfeld der Gestattung der Due Diligence und der Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen untersucht werden, also im Hinblick auf die Aufnahme von Gesprächen zwischen dem potenziellen Erwerber und dem veräußerungswilligen Aktionär, die durch diese erfolgende Beauftragung von Beratern für den weiteren Verlauf der Verhandlungen, den Abschluss eines Letter of Intent im Vorfeld der Durchführung der Due Diligence und den Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung.
E. Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit (§ 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG)455
(1) V orfrage: Zwischenschritte innerhalb eines gestreckten Sachverhalts als Gegenstand einer Insiderinformation oder Sperrwirkung des § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG Wie der Begriff des Stadiums bereits andeutet, stellen die genannten Vorgänge keine insolierten Einzelereignisse dar, sondern Vorstufen und standardisierte Etappen hin zur eigentlichen Transaktion, Zwischenschritte im Kontinuum des voranschreitenden Erwerbsprozesses dar.1678 In Rechtsprechung und Literatur wird kontrovers diskutiert, ob derartige Zwischenschritte überhaupt Gegenstand einer Insiderinformation sein können. Dies deshalb, da bereits das hinreichend wahrscheinliche Endereignis gemäß § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG zu publizieren ist und § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG daher den Rückgriff auf die Zwischenschritte als eigenständigen Gegenstand einer Insiderinformation sperren könnte. (a) § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG sperrt Rückgriff Und so wird zum Teil in Rechtsprechung und Literatur denn auch tatsächlich die Auffassung vertreten, § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG schließe die Betrachtung von Zwischenschritten als Gegenstand einer Insiderinformationen aus. Eine Insiderinformation liege bei gestreckten Sachverhalten dementsprechend erst dann vor, wenn der Eintritt des künftigen Ereignisses hinreichend wahrscheinlich ist.1679 Die Zwischenschritte übernähmen insoweit ausschließlich eine Indizfunktion für die Realisierungswahrscheinlichkeit des künftigen Umstands.1680 Begründet wird diese Auffassung anhand des Umstands, dass der Gesetzgeber mit § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG in Umsetzung der Art. 1 Abs. 1 Marktmissbrauchsrichtlinie, Art. 1 Abs. 1 Durchführungsrichtlinie ausdrücklich eine Norm geschaffen habe, die Umstände, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in Zukunft eintreten werden, zum Gegenstand von Insiderinformationen erhebt. Dies lasse im Umkehrschluss die Annahme zu, dass bei Sachverhalten, die auf den Eintritt eines künftigen Umstands gerichtet seien, ausschließlich dieser Umstand als Insiderinformation erachtet werden solle.1681 Es bestehe zwar kein Zweifel, dass Zwischenschritte 1678 Götze,
BB 1998, 2326 (2327). NZG 2008, 300 (303); OLG Stuttgart NZG 2009, 624 (626); OLG Stuttgart NZG 2007, 352 (357); Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 13 Rn. 28; Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (649); Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 40; Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 10, 10a, 17, 19, 20. 1680 OLG Stuttgart NZG 2009, 624 (627); Schwark / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 13 WpHG Rn. 10a, 17, 20. 1681 OLG Stuttgart NZG 2009, 624 (627); Pananis, in: MüKo StGB, Bd. 6 / 1, § 38 WpHG Rn. 40. 1679 BGH
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grundsätzlich einen konkreten Umstand im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG darstellen könnten. Allerdings erscheine es nicht notwendig, diese Umstände als eigenständigen Gegenstand einer Insiderinformation zu erachten, da bereits das künftige Ereignis eine Insiderinformation nach § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG darstelle. Dies im Übrigen umso mehr, als dass die Zwischenschritte aus der maßgeblichen Sicht des verständigen, börsenkundigen Anlegers ohnehin nur kursrelevant sein könnten, wenn der Eintritt des künftigen Ereignisses hinreichend wahrscheinlich sei.1682 (b) § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG sperrt Rückgriff nicht Nach anderer Auffassung in Rechtsprechung und Literatur soll demgegenüber § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG keine Sperrwirkung im Hinblick auf die Klassifikation von Zwischenschritten als Gegenstand einer Insiderinformation entfalten. Eine Insiderinformation liege dementsprechend bei gestreckten Sachverhalten zum einen dann vor, wenn der Eintritt des künftigen Ereignisses im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG hinreichend wahrscheinlich ist, zum anderen dann, wenn der jeweilige Zwischenschritt die Merkmale einer Insiderinformation nach § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG aufweist, also insbesondere auch kursrelevant ist.1683 Für diese Auffassung wird zunächst die Legaldefinition des Merkmals der Konkretheit der Information in Art. 1 Abs. 1 Durchführungsrichtlinie geltend gemacht. Hiernach ist eine Information dann als konkret – beziehungsweise präzise im Sinne des Art. 1 Abs. 1 Marktmissbrauchsrichtlinie – anzusehen, wenn damit eine Reihe von Umständen gemeint ist, die bereits existieren oder bei denen man mit 1682 OLG
Stuttgart NZG 2009, 624 (627). NJW 2012, 2787 (2788); BGH NJW 2013, 2114 (2116); OLG Frankfurt NZG 2009, 646 (647); Apfelbacher / Polke, CFL 2012, 275 (277); Bingel, AG 2012, 685 (689); Cahn, DK 2005, 5 (6); Diekmann / Sustmann, NZG 2004, 929 (935); Fleischer, NZG 2007, 401 (403); Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 13 WpHG Rn. VI82; Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1901); Hilgendorf, in: Park, KapMStR, § 13 WpHG Rn. 85; Hitzer, NZG 2012, 860 (861); Holzapfel / Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 458; Hopt, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Hdb. BankR, § 107 Rn. 20; Klöhn, ZIP 2012, 1885 (1886); ders., in: KölnKomm WpHG, § 13 Rn. 111; Kocher / Widder, CFL 2011, 88 (89); Krause / Brellochs, AG 2013, 309 (312); Langenbucher, BKR 2012, 145 (146); Leuering, DStR 2008, 1287 (1288); Mennicke / Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 72, 74, 75; Mennicke, NZG 2009, 1059 (1060); Parmentier, NZG 2007, 407 (408); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 83, 102; Rothenhöfer, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 3.486; Simon, DK 2005, 13 (15); Speier, S. 75; Uhl, S. 18; Veith, NZG 2005, 254 (256); Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 81; Villeda, S. 158, 159; von Bonin / Böhmer, EuZW 2012, 694 (696); Walz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 48 Rn. 8; Wehowsky, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 5; Wilsing / Goslar, DStR 2012, 1709 (1711); Ziemons, NZG 2004, 537 (541). 1683 EuGH
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hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen kann, dass sie in Zukunft existieren werden, oder ein Ereignis, das bereits eingetreten ist oder mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in Zukunft eintreten wird, und diese Information darüber hinaus spezifisch genug ist, um einen Schluss auf die mögliche Auswirkung dieser Reihe von Umständen oder dieses Ereignisses auf die Kurse von Finanzinstrumenten oder damit verbundenen derivativen Finanzinstrumenten zuzulassen. Da die Richtlinie nicht definiere, was unter den Begriffen „eine Reihe von Umständen“ und „ein Ereignis“ gemeint ist, müsse auf ihren allgemeinen Sinn abgestellt werden. Ohne Zweifel könne aber auch ein Zwischenschritt eines zeitlich gestreckten Vorgangs eine Reihe von Umständen oder ein Ereignis darstellen. Eine Einschränkung dahingehend, dass bei gestreckten Sachverhalten mit Ausrichtung auf ein künftiges Ereignis nur letzteres Gegenstand einer konkreten Information sein könne, lasse sich der Definition demgegenüber nicht entnehmen.1684 Des Weiteren sprächen auch die Gesetzesbegründung zu § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG und die Vorschrift des § 6 S. 2 WpAIV, die beide inhaltlich Art. 3 Abs. 1 Durchführungsrichtlinie entlehnt sind, für die Annahme, dass auch Zwischenschritte eines gestreckten Sachverhalts unabhängig von ihrer Klassifikation als Zwischenschritt Gegenstand einer Insiderinformation sein können. Denn diese sehen unter teils divergierendem Wortlaut vor, dass ein Aufschub der Veröffentlichung gemäß § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG insbesondere dann in Betracht kommt, wenn (1) das Ergebnis oder der Gang laufender Verhandlungen über Geschäftsinhalte, die geeignet wären, im Fall ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis erheblich zu beeinflussen, von der Veröffentlichung wahrscheinlich erheblich beeinträchtigt würden und eine Veröffentlichung die Interessen der Anleger ernsthaft gefährdete, oder (2) durch das Geschäftsführungsorgan des Emittenten abgeschlossene Verträge oder andere getroffene Entscheidungen zusammen mit der Ankündigung bekannt gegeben werden müssten, dass die für die Wirksamkeit der Maßnahme erforderliche Zustimmung eines anderen Organs des Emittenten noch aussteht, und dies die sachgerechte Bewertung der Information durch das Publikum gefährden würde. Wenn aber in den geschilderten Konstellationen ein Aufschub der Veröffentlichungspflicht in Betracht komme, müsse dies gleichzeitig bedeuten, dass diese als typische Fälle von Zwischenschritten gradueller Prozesse grundsätzlich publizitätspflichtige Insiderinformationen darstellten.1685 Daneben lasse sich 1684 EuGH
NJW 2012, 2787 (2788); BGH NJW 2013, 2114 (2115). NJW 2012, 2787 (2788); OLG Stuttgart NZG 2007, 352 (357); Emittentenleitfaden, S. 60; Diekmann / Sustmann, NZG 2004, 929 (935); Fleischer, NZG 2007, 401 (403); Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1901); Holzapfel / Pöllath, Unter nehmenskauf, Rn. 458; Mennicke, NZG 2009, 1059 (1060); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 104; Simon, DK 2005, 13 (15); Uhl, S. 38; Veith, NZG 2005, 254 1685 EuGH
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schließlich auch der Telos der Publizitätspflicht zugunsten der Annahme anführen, dass bereits Zwischenschritte eines gestreckten Sachverhalts Gegenstand einer Insiderinformation sein könnten und § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG insoweit keine Sperrwirkung entfalte. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG verfolge insofern den Zweck, die Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte zu sichern und das Vertrauen der Anleger in deren Ordnungsmäßigkeit zu stärken.1686 Letzteres wiederum beruhe maßgeblich darauf, dass sie gleich behandelt und vor unrechtmäßiger Verwendung von Insiderinformationen geschützt werden, wozu die Pflicht zur Veröffentlichung von Insiderinformationen einen gewichtigen Beitrag leiste.1687 Stellte man nun Zwischenschritten eines gestreckten Sachverhalts die Eignung in Abrede, Gegenstand einer Insiderinformation zu sein, obwohl die Information über diese im Einzelfall spezifisch genug ist, um einen Schluss auf die möglichen Auswirkungen dieses Zwischenschritts auf den Kurs eines Finanzinstruments zuzulassen, und auch im Übrigen alle Charakteristika einer Insiderinformation aufweise, und schlösse man diese folglich aus dem Anwendungsbereich der Publizitätspflicht aus, so liefe dies den dargelegten Zielen des Funktionsschutzes und der Stärkung des Anlegervertrauens gerade zuwider.1688 Denn diejenigen, die von den besagten Zwischenschritten Kenntnis haben, könnten sich hierdurch im Verhältnis zu den übrigen Anlegern in einer besseren Lage befinden und hieraus zum Nachteil dieser einen Nutzen ziehen.1689 Letztlich eröffnete die Annahme einer Sperrwirkung des § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG sogar die Möglichkeit, die Publizitätspflicht vollständig zu umgehen, da eine Information ihren Charakter als Insiderinformation immer dann verlöre, wenn man es nur schaffte, sie als Zwischenschritt eines gestreckten Sachverhalts einzuordnen.1690 Tatsächlich dürfte diese Gefahr sogar bei fast allen Insiderinformationen bestehen, denn wohl jedes eingetretene Ereignis lasse sich als Zwischenschritt eines noch viel weiterreichenden Geschehensablaufs erfassen.1691 Nur die Qualifikation von Zwischenschritten als Insiderinformationen und deren Veröffentlichung der Informationen könne dieser entgegen wirken, zur Schaffung der notwenige Markttransparenz beitragen, die Möglichkeit des Missbrauchs von (256); Walz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 48 Rn. 54; Ziemons, NZG 2004, 537 (541). 1686 EuGH NJW 2012, 2787 (2788); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 102. 1687 EuGH NJW 2012, 2787 (2788). 1688 EuGH NJW 2012, 2787 (2788). 1689 EuGH NJW 2012, 2787 (2788); Wilsing / Goslar, DStR 2012, 1709 (1711); dies., DStR 2013, 1610 (1611). 1690 EuGH NJW 2012, 2787 (2788); Klöhn, ZIP 2012, 1885 (1891); ähnlich Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1901). 1691 Klöhn, ZIP 2012, 1885 (1891).
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kursrelevanten Informationen hinreichend beschränken und damit letztlich die Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte beschränken.1692 (c) Stellungnahme Im Ergebnis dürfte der Auffassung zu folgen sein, dass auch Zwischenschritte eines gestreckten Sachverhalts als Gegenstand einer Insiderinformation in Betracht kommen und § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG dementsprechend keine Sperrwirkung dahingehend entfaltet, dass nur auf den Eintritt des künftigen Umstands abgestellt werden dürfe. Die Gesetzeslage ist insoweit eindeutig. Wenn sowohl Art. 3 Abs. 1 Durchführungsrichtlinie als auch § 6 S. 2 WpAIV als Beispiele für das Vorliegen eines berechtigten Interesses am Aufschub der Veröffentlichung einer Insiderinformation laufende Verhandlungen sowie vom Geschäftsführungsorgan eines Emittenten getroffene Entscheidungen oder abgeschlossene Verträge, die der Zustimmung durch ein anderes Organ dieses Emittenten bedürfen, um wirksam zu werden, benennen, so kommt hierin unzweifelhaft zum Ausdruck, dass auch Zwischenschritte innerhalb eines gestreckten Sachverhalts grundsätzlich (publizitätspflichtige) Insiderinformationen darstellen können. Denn bei diesen Beispielen handelt es sich gerade um typische Fälle von Zwischenschritten gradueller Prozesse. Auch eine teleologische Betrachtung trägt dieses Ergebnis. Ginge man tatsächlich davon aus, dass § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG den Rückgriff auf Zwischenschritte als eigenständige Insiderinformationen im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG sperrte, so führte dies dazu, dass Informationen, die unter Umständen spezifisch genug sind, um einen Schluss auf die möglichen Auswirkungen dieses Zwischenschritts auf den Kurs eines Finanzinstruments zuzulassen, und die auch im Übrigen alle Charakteristika einer Insiderinformation aufweisen, weder dem Insiderhandelsverbot nach § 14 WpHG noch der Ad-hoc-Publizitätspflicht nach § 15 WpHG unterlägen. Insider könnten daher von der Kenntnis derartiger Informationen profitieren, sie zur Grundlage von Anlageentscheidungen machen und sie zum Nachteil der übrigen Kapitalmarktteilnehmer ausnutzen, ohne sich hierdurch einem insiderrechtlichen Risiko auszusetzen. Dies liefe jedoch erheblich dem Schutzzweck der §§ 14, 15 WpHG zuwider, die Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte zu sichern und das hierfür erforderliche Vertrauen der Anleger in deren Ordnungsmäßigkeit zu stärken. Schließlich lässt sich maßgeblich gegen die Annahme, § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG schließe eine Qualifikation von Zwischenschritten als Gegenstand einer Insiderinformation im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG aus, anführen, dass zukunftsorientierte Sachverhalte nicht nur über einen mög1692 Mennicke,
NZG 2009, 1059 (1060).
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lichen Ausgang verfügen1693 und Zwischenschritte aus der maßgeblichen Sicht des verständigen, börsenkundigen Anlegers – anders, als die Gegenauffassung meint – unter Umständen auch dann kursrelevant sein können, wenn der Eintritt des jeweiligen künftigen Ereignisses noch nicht hinreichend wahrscheinlich ist. Bei gestreckten Sachverhalten handelt es sich um Prozesse mit offenem oder multidimensionalem Ausgang. Die Liste der möglichen Ausgänge ist so lang wie die Wirklichkeit komplex und hängt von den Umständen des jeweiligen Falles ab.1694 Der Begriff des gestreckten Sachverhalts verwässert diese Komplexität der Wirklichkeit, da er den Eindruck vermittelt, als gäbe es nur das eine Endereignis. Dann aber dürfen aus ihm auch nicht so weitreichende Schlussfolgerungen gezogen werden wie die Sperrwirkung des § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG, die Auswirkungen auf den Anwendungsbereich des Insiderhandelsverbots und der Publizitätspflicht hat.1695 Dies umso mehr, als dass der Zwischenschritt auch unabhängig von der hinreichenden Eintrittswahrscheinlichkeit des jeweiligen künftigen Umstands Kursrelevanz aufweisen kann, wie noch an anderer Stelle näher ausgeführt wird.1696 Dies etwa dann, wenn das zukünftige Ereignis von herausragender Bedeutung ist oder der Zwischenschritt über ein stark ausgeprägtes gegenwartsbezogenes Element verfügt, sodass seine Bedeutung nur teilweise auf dem künftigem Umstand basiert.1697 (2) Konkrete Information über Umstände Sowohl die Aufnahme von Gesprächen zwischen dem potenziellen Erwerber und dem veräußerungswilligen Aktionär, die durch diese erfolgende Beauftragung von Beratern für den weiteren Verlauf der Verhandlungen, der Abschluss eines Letter of Intent im Vorfeld der Durchführung der Due Diligence und der Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung haben zunächst gemein, dass sie zum Zeitpunkt ihrer Vornahme objektiv wahrnehmbar und dem Beweis zugänglich sind und damit gegenwärtige Umstände darstellen. Zudem sind Informationen über sie im Grundsatz wohl auch so spezifisch, dass sie einen Schluss auf die mögliche Auswirkung dieser Vorgänge auf 1693 BGH NJW 2011, 309 (311); Herfs, DB 2013, 1650 (1654), der gleichzeitig darauf hinweist, dass das Endereignis, auf das die Zwischenschritte zusteuern in der Regel leicht zu identifizieren sein wird; Klöhn, in: KölnKomm WpHG § 13 Rn. 141; ders., NZG 2011, 166 (170); ders., ZIP 2012, 1885 (1890); Wilsing / Goslar, DStR 2012, 1709 (1710); dies., DStR 2013, 1610 (1612). 1694 Klöhn, ZIP 2012, 1885 (1890). 1695 Klöhn, ZIP 2012, 1885 (1891). 1696 Vgl. Teil 2, E. III. 2. b) bb) (4). 1697 Bingel, AG 2012, 685 (690, 691); wohl i. E. auch BGH NJW2013, 2114 (2117); BGH NJW 2011, 309 (311), vgl. Teil 2, E. III. 2. b) bb) (4).
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den Kurs des emittierten Finanzinstruments zulassen. Eine Kursspezifität im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG setzt nur die Eignung zur Beeinflussung des Börsen- oder Marktpreises voraus, ohne dass an dieser Stelle bereits ein bestimmtes, potenzielles Beeinflussungsniveau angenommen werden können muss, da nur so dem Merkmal des Kursbeeinflussungspotenzials ein eigenständiger Anwendungsbereich verbleibt. Von einer derartigen Kursspezifität dürfte aber im Regelfall immer bereits dann ausgegangen werden, wenn der betreffende Umstand über den engen persönlichen Bereich des Urhebers hinausgeht und hierdurch eine gewisse Präzision erlangt, da er ein bereits eingetretenes Ereignis darstellt.1698 (3) Nicht öffentlich bekannt Weiterhin dürfte in der Regel davon auszugehen sein, dass die genannten Vorgänge zum Zeitpunkt ihrer Vornahme bislang noch nicht öffentlich bekannt sind, die Bereichsöffentlichkeit also noch nicht die Möglichkeit hatte, von ihnen Kenntnis zu nehmen, sofern sie jedenfalls nicht durch eine Vertraulichkeitslücke auf Seiten des veräußerungswilligen Aktionärs oder des potenziellen Erwerbers an die Öffentlichkeit geraten sind. Wie bereits im Rahmen der Erörterungen zur Qualifikation der bevorstehenden Pakettransaktion und der damit einhergehenden Veränderung der Aktionärsstruktur als publizitätspflichtigen Umstand ausgeführt wurde, werden die Beteiligten im Rahmen ihrer Möglichkeiten und in Anbetracht ihres Interesses am Zustandekommen der Transaktion bemüht sein, die frühzeitige Kenntnisnahme der Öffentlichkeit vom Transaktionsvorgang zu vermeiden, um einen ungestörten Fortgang des Vorhabens erwarten zu können. (4) Unmittelbare Betroffenheit Weiterhin müssten die Aufnahme von Gesprächen zwischen dem potenziellen Erwerber und dem veräußerungswilligen Aktionär, die durch diese erfolgende Beauftragung von Beratern für den weiteren Verlauf der Verhandlungen, der Abschluss eines Letter of Intent im Vorfeld der Durchführung der Due Diligence und der Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung aber auch Umstände darstellen, die den Emittenten unmittelbar betreffen. Dies dürfte allerdings im Ergebnis abzulehnen sein. Denn insoweit lässt sich feststellen, dass der Emittent an diesen Vorgängen in der Regel noch überhaupt nicht beteiligt ist, sondern sich diese ausschließlich zwischen dem potenziellen Erwerber und dem veräußerungswilligen Aktionär 1698 BGH NJW 2013, 2114 (2116); Herfs, DB 2013, 1650 (1652, 1653); Ihrig / Kranz, AG 2013, 515 (516, 517).
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abspielen. Er ist folglich durch diese Maßnahmen nicht einmal mittelbar betroffen.1699 (5) Zwischenergebnis Die Aufnahme von Gesprächen zwischen dem potenziellen Erwerber und dem veräußerungswilligen Aktionär, die durch diese erfolgende Beauftragung von Beratern für den weiteren Verlauf der Verhandlungen, der Abschluss eines Letter of Intent im Vorfeld der Durchführung der Due Diligence und der Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung stellen folglich aus Sicht des Emittenten keine publizitätspflichtigen Umstände im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG dar. bb) Die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen Weiterhin könnten aber die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen einen ad hoc zu veröffentlichenden Umstand im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG darstellen. Hierbei handelt es sich in der Regel um den ersten Zeitpunkt, in dem der Emittent in den Transaktionsprozess involviert wird.1700 (1) Konkrete Information über Umstände Auch die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen können als Vorgang qualifiziert werden, der objektiv nachprüfbar und dem Beweis zugänglich ist, insoweit also einen gegenwärtigen Umstand darstellt.1701 Dass die Information hierüber auch spezifisch genug sein kann, um einen Schluss auf die mögliche Auswirkung des Vorgangs auf den Kurs des emittierten Finanzinstruments zuzulassen, dürfte ebenso wenig zu bezweifeln sein. Somit stellt die Information über die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen eine konkrete Information über Umstände im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG dar. Dies umso mehr, als dass es sich bei ihr um eine vorstandsautonome Entscheidung und damit das Endstadium der unternehmerischen Willensbildung handelt, deren Ergebnis sich auch gerade nach außen hin manifestiert.1702 1699 Götze,
DB DB 1701 Götze, BB 1702 Götze, BB 1700 Götze,
1998, 1998, 1998, 1998,
2326 2326 2326 2326
(2328). (2328). (2327); Zirngibl, S. 209. (2327); Zirngibl, S. 209.
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(2) Nicht öffentlich bekannt Ebenso wie im Hinblick auf die bevorstehende Transaktion und der damit einhergehenden Veränderung der Aktionärsstruktur an sich und die einzelnen Stadien im Vorfeld der Gestattung der Due Diligence ist auch hinsichtlich der Gestattung der Due Diligence und der daran anknüpfenden Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen davon auszugehen, dass diese im Zeitpunkt der Vornahme noch nicht öffentlich bekannt ist, die Bereichsöffentlichkeit also bislang noch nicht die Möglichkeit hatte, von ihr Kenntnis zu nehmen. Dies jedenfalls dann, sofern dieses Vorhaben nicht durch eine Ver traulichkeitslücke auf Seiten des veräußerungswilligen Aktionärs, des potenziellen Erwerbers oder des Emittenten an die Öffentlichkeit geraten ist. Denn wie bereits vorausgehend ausgeführt wurde, werden alle Beteiligten im Rahmen ihrer Möglichkeiten und in Anbetracht ihrer Interessen am Zustandekommen der Transaktion bemüht sein, die frühzeitige Kenntnisnahmemöglichkeit der Öffentlichkeit vom Transaktionsvorgang zu vermeiden, um einen ungestörten Fortgang des Vorhabens erwarten zu können. (3) Unmittelbare Betroffenheit Keine Probleme bereitet weiterhin die Frage, ob die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen den Emittenten im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG unmittelbar betrifft. Bei der Entscheidung des Vorstands über die Gestattung und Ermöglichung der Due Diligence handelt es sich um eine Maßnahme des zur Leitung, Geschäftsführung und Vertretung des Emittenten berufenen Organs nach Maßgabe der §§ 76 ff. AktG.1703 Diese ist im Tätigkeitsbereich des Emittenten im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 3 WpHG eingetreten und kann als unmittelbare Folge der unternehmerischen Tätigkeit des Emittenten qualifiziert werden. Daher weisen die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen den erforderlichen unmittelbaren Emittentenbezug auf.1704 (4) Kursbeeinflussungspotenzial Um davon ausgehen zu können, dass die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Insiderinformationen einen 1703 Götze, BB 1998, 2326 (2328); Liekefett, S. 231; Wölk, AG 1997, 73 (77); Zirngibl, S. 210. 1704 Fürhoff / Wölk, WM 1997, 449 (451); Götze, BB 1998, 2326 (2328); Zirngibl, S. 209.
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publizitätspflichtigen Umstand im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG darstellen, muss die Information hierüber schließlich die Eignung aufweisen, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen. Dafür muss sie wiederum aus der ex ante-Sicht eines börsenkundigen Anlegers im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens unter Zugrundelegung aller vorhandenen Informationen und unter besonderer Berücksichtigung der Gesamttätigkeit des Emittenten, der Verlässlichkeit der Informationsquelle und sonstiger Marktvariablen, die das entsprechende Finanzinstrument beeinflussen dürften, eine solche Schwankung des Börsen- oder Marktpreises erwarten lassen, dass sie bei diesem einen Kauf- oder Verkaufsanreiz schafft und das Anlagegeschäft als lohnend erscheinen lässt.1705 (a) H inreichende Eintrittswahrscheinlichkeit und entsprechende Auswirkung der Transaktion auf den Börsen- oder Marktpreis In Anbetracht der Tatsache, dass die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen zwar als eigenständiger Umstand im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG klassifiziert werden können, allerdings letztlich einen Zwischenschritt hin zur bevorstehenden Pakettransaktion und zur Veränderung der Aktionärsstruktur darstellt, wird von einem Kursbeeinflussungspotenzial der Information über diesen Vorgang jedenfalls dann ausgegangen werden können, wenn die Transaktion mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in Zukunft eintreten und diese eine entsprechende Auswirkung auf den Börsen- oder Marktpreis des jeweiligen Finanzinstruments haben wird.1706 Dies setzt nach den vorausgehend erarbeiteten Erkenntnissen zweierlei voraus. Zum Einen muss es entweder um den Erwerb einer unternehmerischen Einfluss vermittelnden Beteiligung gehen und der potenzielle Erwerber offenkundig planen, diesen Einfluss auch auszuüben und die strategische Ausrichtung der Gesellschaft zu ändern, oder die Transaktion auf Grund absehbarer Entwicklungen im Hinblick auf die Zukunft des Emittenten von erheblicher Bedeutung sein.1707 Zum anderen ist erforderlich, dass die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der Informationen andererseits das einzig nennenswerte Hindernis darstellen, das dem Beteiligungserwerb noch entgegensteht, die Due Diligence mit aller Voraussicht nach zu einem zufriedenstellenden Ergebnis führen wird und bereits die wesentlichen Eckdaten der Transaktion festste1705 Vgl.
Teil 2, C. III. 4. c). ZHR 172 (2008), 597 (604); Bingel, AG 2012, 685 (690, 695); Cahn, DK 2005, 5 (6); Klöhn, ZIP 2012, 1885 (1886); Kocher / Widder, CFL 2011, 88 (90). 1707 Vgl. Teil 2, E. III. 2. b) cc). 1706 Bachmann,
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hen, sodass nur noch Einzelpunkte im Nachgang der Due Diligence verhandelt werden müssen, die ein Scheitern der Transaktion nicht mehr ernsthaft erwarten lassen.1708 (b) U nabhängig von der hinreichenden Eintrittswahrscheinlichkeit bei besonderer Bedeutung der Transaktion Zum Teil wird in der Literatur die Ansicht vertreten, dass die Information über die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen ausschließlich dann kurserheblich sei, wenn das Zustandekommen der Transaktion in diesem Zeitpunkt hinreichend wahrscheinlich sei.1709 Die Due Diligence müsse de facto das letzte Nadelöhr vor dem geplanten Beteiligungserwerb darstellen und zu einem Zeitpunkt erfolgen, in dem die wesentlichen Eckdaten der geplanten Transaktion bereits vereinbart wurden.1710 Anderenfalls werde ihr Bekanntwerden bei einem rational handelnden Investor keinen Kauf- oder Verkaufsanreiz auslösen, da die weitere Entwicklung des Transaktionsprozesses noch nicht absehbar sei, die Due Diligence regelmäßig noch wenig über den bevorstehenden Vertragsabschluss zwischen dem potenziellen Erwerber und dem veräußerungswilligen Aktionär aussage.1711 Tendenziell mag dies insoweit richtig sein, als dass die Information über die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen tatsächlich oftmals nur dann das notwendige Kursbeeinflussungspotenzial aufweisen wird, wenn das Zustandekommen der Transaktion zu diesem Zeitpunkt überwiegend wahrscheinlich ist.1712 Davon auszugehen, dass diesem Vorgang ausschließlich dann die Eignung zur erheblichen Kursbeeinflussung attestiert werden könne, wenn der Abschluss der Pakettransaktion mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dürfte allerdings nicht zutreffend sein. Vielmehr kann die Information über die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der entsprechenden Informationen unter Umständen auch dann die Eignung aufweisen, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen, wenn das Zustandekommen der Transak1708 Vgl.
Teil 2, E. III. 2. a). DB 2005, 2175 (2177); Cahn, DK 2005, 5 (6); Fleischer, NZG 2007, 1 (4); Götze, BB 1998, 2326 (2329); Hitzer, NZG 2012, 860 (862); Widder / Kocher, CFL 2011, 88 (92); Zirngibl, S. 211, 212; wohl auch Krause / Brellochs, AG 2013, 309 (314). 1710 Götze, BB 1998, 2326 (2329); Zirngibl, S. 211, 212. 1711 Götze, BB 1998, 2326 (2329); Zirngibl, S. 213. 1712 Bachmann, DB 2012, 2206 (2209); Kocher / Widder, BB 2012, 2837 (2839). 1709 Borsch,
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tion noch nicht hinreichend wahrscheinlich im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG ist. Hiervon dürfte jedenfalls dann ausgegangen werden können, wenn der Abschluss der Transaktion von herausragender Bedeutung für den Emittenten ist wie etwa im Fall der notwendigen Sanierung des Unternehmens. In derartigen Konstellationen kompensieren die zu erwartenden Auswirkungen der bevorstehenden Transaktion auf den Börsen- und Marktpreis des jeweiligen Finanzinstruments die unter Umständen noch nicht vorhandene hinreichende Wahrscheinlichkeit der Transaktion.1713 Man könnte zwar erwägen, dass diese Annahme im Widerspruch zu den Erkenntnissen steht, die im Rahmen des Merkmals der hinreichenden Eintrittswahrscheinlichkeit eines künftigen Umstands im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG erarbeitet wurden, im Speziellen zur dort getroffenen Entscheidung gegen den sogenannten probability magnitude test, nach dem die erforderliche Wahrscheinlichkeit des Eintritts des künftigen Umstands in Relation zu dessen Kursbeeinflussungspotentital steht. Tatsächlich trifft dies jedoch nicht zu. Denn während es dort ausschließlich um die Auslegung des Merkmals der hinreichenden Wahrscheinlichkeit im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG ging, steht vorliegend die Frage des Kursbeeinflussungspotenzials eines Zwischenschritts – namentlich der Gestattung der Due Diligence und der Bereitstellung der erforderlichen Informationen – im Raum.1714 Würde man an dieser Stelle davon ausgehen, dass dieser Vorgang nur dann eine Eignung zur erheblichen Kursbeeinflussung aufweist, wenn das Zustandekommen der Transaktion überwiegend wahrscheinlich ist, so würde man de facto die vorausgehend abgelehnte Sperrwirkung des § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG über das Merkmal des Kursbeeinflussungspotentitals „durch die Hintertür“ wieder einführen.1715 Daher muss der Gestattung der Due Diligence und der Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen unter Umständen bereits auch dann ein Kursbeeinflussungspotenzial attestiert werden können, wenn die Transaktion für das Unternehmen von ganz besonderer Bedeutung, deren Zustandekommen allerdings noch offen oder zumindest nicht überwiegend unwahrscheinlich ist.1716 1713 Bingel, AG 2012, 685 (690, 695); Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1902); Herfs, DB 2013, 1650 (1654); Klöhn, ZIP 2012, 1885 (1891, 1892); Meyer / Kiesewetter, WM 2009, 340 (341); Schall, ZIP 2012, 1286 (1288); Wilsing / Goslar, DStR 2013, 1610 (1611); tendenziell wohl auch BGH NJW 2013, 2114 (2117); Ihrig / Kranz, AG 2013, 515 (516). 1714 Bingel, AG 2012, 685 (690); Klöhn, ZIP 2012, 1885 (1891, 1892); Schall, ZIP 2012, 1286 (1287); Wilsing / Goslar, DStR 2013, 1610 (1611). 1715 Bingel, AG 2012, 685 (690); Herfs, DB 2013, 1650 (1654); Klöhn, ZIP 2012, 1885 (1891, 1892); Schall, ZIP 2012, 1286 (1288); Wilsing / Goslar, DStR 2013, 1610 (1611). 1716 Ausdrücklich Bingel, AG 2012, 685 (690), i. E. auch Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1902); Herfs, DB 2013, 1650 (1654); Klöhn, ZIP 2012, 1885 (1891, 1892);
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(c) L osgelöst vom bevorstehenden Zustandekommen der Transaktion Schließlich sei an dieser Stelle kurz darauf hingewiesen, dass Zwischenschritten eines gestreckten Sachverhalts in seltenen Fällen auch vollkommen unabhängig von der Eintrittswahrscheinlichkeit und der zu erwartenden Auswirkung des künftigen Ereignisses auf den Börsen- und Marktpreis des emittierten Finanzinstruments ein Kursbeeinflussungspotenzial attestiert werden kann.1717 Vorstellbar ist dies beispielsweise dann, wenn sich in dem in Rede stehenden Zwischenschritt selbst bereits ein Ereignis manifestiert, dass beim verständigen, börsenkundigen Anleger einen Kauf- oder Verkauf anreiz weckt, etwa in dem Fall, dass der Zwischenschritt bereits auf einen grundlegenden Strategiewechsel der Gesellschaft hindeutet.1718 Die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen im Vorfeld einer geplanten Pakettransaktion dürfte allerdings ein derart stark ausgeprägtes, gegenwartsbezogenes Element in der Regel nicht besitzen, da sich ihre Bedeutung maßgeblich in der Vorbereitung der Transaktion erschöpft und damit die Ausrichtung aus diesen künftigen Umstand bei der Frage des Vorliegens des Kursbeeinflussungspotenzials im Vordergrund steht.1719 cc) Zwischenergebnis Die Stadien im Vorfeld der Gestattung der Due Diligence und der Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen, namentlich die Aufnahme von Gesprächen zwischen dem potenziellen Erwerber und dem veräußerungswilligen Aktionär, die durch diese erfolgende Beauftragung von Beratern für den weiteren Verlauf der Verhandlungen, der Abschluss eines Letter of Intent im Vorfeld der Durchführung der Due Diligence und der Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung stellen aus Sicht des Emittenten keine publizitätspflichtigen Umstände im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG dar, da sie diesen nicht unmittelbar betreffen. Die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen können Meyer / Kiesewetter, WM 2009, 340 (341); Schall, ZIP 2012, 1286 (1288); Wilsing / Goslar, DStR 2013, 1610 (1611). 1717 BGH NJW 2013, 2114 (2116); Bingel, AG 2012, 685 (690); Klöhn, ZIP 2012, 1885 (1890); Kocher / Widder, CFL 2011, 88 (89); Wilsing / Goslar, DStR 2013, 1610 (1611). 1718 Bingel, AG 2012, 685 (691); Klöhn, ZIP 2012, 1885 (1890); Wilsing / Goslar, DStR 2013, 1610 (1611). 1719 Ähnlich Herfs, DB 2013, 1650 (1654).
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demgegenüber im Einzelfall zu publizieren sein.1720 Wann dies der Fall ist, hängt maßgeblich davon ab, ob dieser Vorgang über das notwendige Kursbeeinflussungspotenzial im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 2 WpHG verfügt. Dieses wird im Grundsatz ausschließlich in zwei Fällen angenommen werden können: zum einen dann, wenn die geplante Transaktion mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in Zukunft eintreten und diese eine entsprechende Auswirkung auf den Börsen- oder Marktpreis des jeweiligen Finanzinstruments haben wird; zum anderen dann, wenn das Zustandekommen der Transaktion noch offen oder jedenfalls nicht überwiegend unwahrscheinlich ist, sie allerdings erhebliche Bedeutung für den Emittenten hat und dementsprechend erhebliche Auswirkungen auf den Börsen- und Marktpreis des emittierten Finanzinstruments erwarten lässt. 3. Die bereitgestellten Informationen Schließlich stellt sich die Frage, inwieweit die zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informationen veröffentlichungspflichtige Informationen im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG darstellen. Diese lässt sich vor dem Hintergrund der bereits im Rahmen der Erörterungen zur Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG wegen der Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Informationen erarbeiteten Erkenntnisse relativ leicht beantworten. Denn dort wurde bereits festgestellt, dass diese regelmäßig zumindest zum Teil Insiderinformationen im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 1, 3 WpHG, also konkrete Information über nicht öffentlich bekannte Umstände, die sich auf einen oder mehrere Emittenten von Insiderpapieren oder auf die Insiderpapiere selbst beziehen und die geeignet sind, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen, darstellen.1721 Weiterhin werden sich auch einige dieser Informationen unmittelbar auf die Aktiengesellschaft selbst beziehen, da die Due Diligence und das damit einhergehende Informationsinteresse des Erwerbsinteressenten gerade auch auf solche Informationen gerichtet sind, anhand derer er einen Einblick in das Unternehmen erlangen und den Wert des Unternehmens ermitteln kann. Genannt werden können in diesem Zusammenhang exemplarisch Informationen über die Vermögens-, Finanzund Ertragslage, den allgemeinen Geschäftsablauf, Vorstands- und Auf1720 Uhl, S. 160, 199 geht demgegenüber davon aus, dass die Information über die Gestattung und Durchführung der Due Diligence nie Kursbeeinflussungspotential aufweise, da es sich hierbei um ein Standardprozedere der M&A-Praxis handle. 1721 Vgl. Teil 2, C. IV.
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sichtsratsbeschlüsse, Abschlüsse von Verträgen, personelle Veränderungen im Vorstand oder im Aufsichtsrat, Kapitalherabsetzungen oder -erhöhungen, Strukturentscheidungen oder Gerichtsverfahren von besonderer Bedeutung. Damit handelt es sich zumindest bei Teilen der zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informationen um Insiderinformationen, die die Aktiengesellschaft als Emittenten des vom Verkauf betroffenen Aktienpakets darstellen. 4. Zwischenergebnis Im Ergebnis lässt sich zusammenfassend festhalten, dass sowohl die Information über die bevorstehende Pakettransaktion und die damit einhergehende Veränderung der Aktionärsstruktur gemäß § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG, daneben unter Umständen aber auch bereits diejenige über die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen und schließlich unzweifelhaft auch derjenige Teil der bereitgestellten Insiderinformationen, die den Emittenten unmittelbar betreffen, Insiderinformationen darstellen, die grundsätzlich nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG zu veröffentlichen sind.
IV. Folgerung: Pflicht zur unverzüglichen Veröffentlichung Stellen die zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informationen zumindest zum Teil unzweifelhaft und die Information über Gestattung der Due Diligence und Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen und über die geplante Pakettransaktion im Einzelfall nach den vorausgehend erarbeiteten Erkenntnissen den Emittenten unmittelbar betreffende Insiderinformationen im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG dar, so hat er diese grundsätzlich unverzüglich zu veröffentlichen. Denn die Adhoc-Publizitätspflicht verfolgt das Ziel, die Kapitalmarktteilnehmer über kursrelevante Informationen möglichst zeitnah zu ihrem Entstehen in Kenntnis zu setzen.1722 Zur Auslegung des Merkmals der Unverzüglichkeit kann dabei auf § 121 Abs. 1 S. 1 BGB zurückgegriffen werden, sodass die Veröffentlichung „ohne schuldhaftes Zögern“ zu erfolgen hat.1723 Ähnlich sieht Art. 6 Abs. 1 S. 1 Martkmissbrauchsrichtlinie, der durch § 15 Abs. 1 1722 Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 238; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 51. 1723 Oulds, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 14.243; Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 255; Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 115; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 8; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 49.
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S. 1 WpHG in nationales Recht umgesetzt wurde, vor, dass die Information „so bald als möglich“ zu veröffentlichen ist.1724 Beide Auslegungen deuten an, dass die Publizitätspflicht im Regelfall sofort zu erfüllen ist, unter bestimmten Umständen allerdings auch unter gewisser Verzögerung erfolgen kann.1725 Dies erscheint plausibel, da dem Emittenten je nach Komplexität des jeweiligen Sachverhalts ein gewisser Prüfungszeitraum hinsichtlich der möglichen Auswirkungen des Ereignisses und des Vorliegens der Voraussetzungen der Publizitätspflicht gebilligt werden muss.1726 Auch verfügt er über den zeitlichen Spielraum, sich des Rates eines Experten, insbesondere des emissionsbegleitenden Kreditinstitutes oder einer anderen mit den Marktverhältnissen vertrauten Person, zu bedienen.1727 Der Zeitraum, der dem Emittenten letztlich bezüglich der Prüfung des Sachverhalts offen steht, richtet sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls.1728 Allerdings muss er innerorganisatorische Maßnahmen getroffen haben, dass die entsprechenden Informationen den entscheidungsbefugten Stellen schnellstmöglich zugeleitet werden, um Verzögerungen zu vermeiden.1729 Wenn der jeweils publizitätspflichtige Umstand vorhersehbar ist, muss er zudem frühzeitig entsprechende Vorarbeiten im Hinblick auf die zu erfüllende Publizitätspflicht leisten, um eine Verzögerung der Veröffentlichung im Zeitpunkt des Entstehens einer Insiderinformation zu verhindern.1730 Verzögert er demgegenüber schuldhaft die Entscheidungsfindung, so liegt keine unverzügliche Veröffentlichung mehr vor.1731
1724 Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 15 WpHG Rn. VI150; Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 98. 1725 Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 116. 1726 Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 116, 117; Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 261; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 8; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 49. 1727 Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 8; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 49. 1728 Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 116; Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 261. 1729 Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 114; Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 259; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 8. 1730 Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 117; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 8; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 50. 1731 Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 116, 117; Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 261.
E. Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit (§ 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG)471
V. Befreiung von der Ad-hoc-Publizitätspflicht gemäß § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG Unter Umständen kann der Emittent allerdings trotz des grundsätzlichen Vorliegens der Voraussetzungen, die eine Veröffentlichungspflicht im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG auslösen, zumindest vorübergehend von einer solchen absehen. Diese Möglichkeit steht ihm gemäß § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG dann offen, wenn es der Schutz seiner berechtigten Interessen erfordert, keine Irreführung der Öffentlichkeit zu befürchten ist und der Emittent die Vertraulichkeit der Insiderinformation gewährleisten kann. Der Gesetzgeber hat hierdurch die Vorgabe des Art. 6 Abs. 2 Marktmissbrauchsricht linie in nationales Recht umgesetzt und dem Umstand Rechnung getragen, dass bestimmte Konstellationen denkbar sind, in denen die frühzeitige Veröffentlichung von Insiderinformationen den Interessen des Emittenten abträglich wäre und zugleich aus Sicht des Kapitalmarkts nicht geboten oder zwingend erforderlich erscheint.1732 Über die Bedeutung der Befreiungsmöglichkeit herrscht in der Literatur Uneinigkeit. Zum Teil wird sie als Ausnahme zur Ad-hoc-Publizitätspflicht betrachtet, die auf Grund dieses Charakters restriktiv ausgelegt werden müsse.1733 Gegenläufig hierzu betonen andere die Bedeutung der Befreiungsmöglichkeit, indem sie ihr eine Korrekturfunktion im Bezug auf die Ad-hoc-Publizität zuschreiben.1734 Richtig dürfte im Ergebnis jedenfalls sein, dass der Vorschrift auf Grund des weiten Anwendungsbereichs des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG für die veröffentlichungspflichtigen Emittenten eine wesentliche Bedeutung zukommt. 1. Befreiungsentscheidung des Emittenten oder Befreiung ex lege Vor Inkrafttreten war die Befreiung von der Ad-hoc-Publizitätspflicht noch in § 15 Abs. 1 S. 5 WpHG a. F. geregelt. Hiernach konnte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht den Emittenten auf Antrag von der Veröffentlichungspflicht befreien, wenn die Veröffentlichung der Tatsache 1732 Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 177; Schneider, BB 2005, 897 (897); Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 143; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 52. 1733 Dreyling, DK 2005, 1 (3); Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 15 WpHG Rn. VI145; Widder, BB 2009, 967 (967); Wittich, AG 1997, 1 (4); kritisch Versteegen, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 145. 1734 Emittentenleitfaden, S. 59, Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 15 Rn. 134, 149; Merkner / Sustmann, NZG 2005, 729 (737); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 355; Schneider, BB 2005, 897 (897); auch hierzu kritisch kritisch Versteegen, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 145.
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geeignet ist, den berechtigten Interessen des Emittenten zu schaden. Erforderlich war damit, dass ein Befreiungsantrag bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht gestellt wurde. Heute sieht § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG demgegenüber vor, dass der Emittent von der Pflicht zur Veröffentlichung nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG solange befreit ist, wie es der Schutz seiner berechtigten Interessen erfordert, keine Irreführung der Öffentlichkeit zu befürchten ist und der Emittent die Vertraulichkeit der Insiderinformation gewährleisten kann. Ein Antrag bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ist demnach nicht mehr erforderlich. Uneinheitlich wird allerdings die Frage beantwortet, ob der Emittent eine aktive Entscheidung über die Befreiung treffen muss oder ob die Befreiung bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen ex lege eintritt. a) Streitstand aa) Aktive Entscheidung erforderlich Zum Teil wird in Rechtsprechung und Literatur die Auffassung vertreten, der Emittent müsse aktiv eine Entscheidung über die Befreiung von der Ad-hoc-Publizitätspflicht treffen. Das bloße objektive Vorliegen der in § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG aufgeführten Voraussetzungen reiche demgegenüber für den Eintritt der Befreiung nicht aus.1735 Begründet wird diese Auffassung zunächst anhand einer richtlinienkonformen Auslegung des § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG. Zwar erwecke der Wortlaut des § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG zunächst den Eindruck, dass eine Befreiung von der Publizitätspflicht ex lege eintrete, da der Emittent hiernach von der Pflicht zur Veröffentlichung gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG solange „befreit ist“, wie es der Schutz seiner berechtigten Interessen erfordert, keine Irreführung der Öffentlichkeit zu befürchten ist und der Emittent die Vertraulichkeit der Insiderinformation gewährleisten kann.1736 Allerdings spricht Art. 6 Abs. 2 S. 1 Marktmissbrauchsrichtlinie, der durch § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG in nationales Recht umgesetzt wurde, demgegenüber ausdrücklich davon, dass ein Emittent die 1735 OLG Frankfurt NStZ 2009, 646 (647); Emittentenleitfaden, S. 59; Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (649); Claussen / Florian, AG 2005, 745 (757); Diekmann / Sustmann, NZG 2004, 929 (935); Dreyling, DK 2005, 1 (3); Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1906); Kocher / Widder, CFL 2011, 88 (95); Mennicke, NZG 2009, 1059 (1061); Merkner / Sustmann, NZG 2005, 729 (735); Oulds, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 14.248; Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 343 ff.; Schneider, BB 2005, 897 (900); Simon, DK 2005, 13 (19); Staake, BB 2007, 1573 (1575); Speier, S. 338; Spindler, NJW 2004, 3449 (3452); Uhl, S. 48, 49; Veith, NZG 2005, 254 (255); Widder, BB 2009, 967 (968). 1736 Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1906); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 344; Schneider, BB 2005, 897 (900); Schneider / Gilfrich, BB 2007, 53 (54, 55).
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Bekanntgabe von Insiderinformationen „auf eigene Verantwortung aufschieben darf“, wenn diese Bekanntgabe seinen berechtigten Interessen schaden könnte, sofern diese Unterlassung nicht geeignet ist, die Öffentlichkeit in die Irre zu führen, und der Emittent in der Lage ist, die Vertraulichkeit der Informationen zu gewährleisten. Hierin komme das Erfordernis einer aktiven Entscheidung deutlich zum Ausdruck.1737 Auch die übrigen Sprachfassungen des Art. 6 Abs. 2 S. 1 Marktmissbrauchsrichtlinie wie die englische – „may under his responsibility delay the public disclosure“ – oder die französische – „un émetteur peut, sous a propre responsabilité, diffèrer la publication d’une inforamtion priviliégée“ – stellten allesamt auf eine bewusste Entscheidung des Emittenten ab.1738 Ebenso weise weiterhin auch Art. 6 Abs. 2 S. 2 Marktmissbrauchsrichtlinie auf das Erfordernis einer aktiven Entscheidung des Emittenten hin. Denn, wenn dieser zugunsten der Mitgliedstaaten die Möglichkeit vorsieht, die Befreiung von der Ad-hocPublizitätspflicht davon abhängig zu machen, dass der Emittent die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unverzüglich von der Entscheidung über den Aufschub der Publizität unterrichtet, lasse dies zugleich erkennen, dass ihm das Verständnis zugrunde liegt, der Emittent müsse eine Entscheidung über die Befreiung treffen.1739 Dementsprechend könne eine richtlinienkonforme Auslegung des § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG nur zu dem Ergebnis führen, dass der Emittent eine aktive Entscheidung über den Aufschub der Publizität zu treffen habe. Des Weiteren sprächen aber auch die historische Entwicklung des § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG und systematische Erwägungen für ein derartiges Erfordernis. Aus historischer Sicht lasse sich insoweit geltend machen, dass die Befreiung von der Publizitätspflicht vor Inkrafttreten des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes noch von einem Antrag des Emittenten und einer Entscheidung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht abhängig war. Durch die Neufassung der Vorschrift habe der Gesetzgeber zwar diese beiden Voraussetzungen zugunsten einer Deregulierung und Reduzierung des Verwaltungsaufwands beseitigen wollen. Hinweise dafür, dass er die Befreiung aber nunmehr ex lege eintreten lassen wolle, seien demgegenüber nicht ersichtlich.1740 Vielmehr spreche die Gesetzes begründung zum Anlegerschutzverbesserungsgesetz ausdrücklich von der „Möglichkeit der Entscheidung des Emittenten über den Aufschub der Veröffentlichung“ und davon, dass dem Emittenten durch die Möglichkeit 1737 Mennicke, NZG 2009, 1059 (1061); Pattberg / Bredol, NZG 2013, 87 (87); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 345; Schneider, BB 2005, 897 (900); Speier, S. 338; Widder, BB 2009, 967 (969). 1738 Widder, BB 2009, 967 (969). 1739 Pattberg / Bredol, NZG 2013, 87 (87); Widder, BB 2009, 967 (969). 1740 Mennicke, NZG 2009, 1059 (1061); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 346; Widder, BB 2009, 967 (968).
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der zeitweisen Befreiung von der Veröffentlichung „mehr Eigenverantwortung bei der Entscheidung über die Veröffentlichung sensibler Insiderinformationen übertragen“ werde.1741 Auch der systematische Kontext des § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG bestätige die Notwendigkeit einer aktiven Befreiungsentscheidung. Zum einen sieht insoweit § 15 Abs. 3 S. 4 WpHG vor, dass der Emittent die Gründe für die Befreiung zusammen mit der Mitteilung gemäß § 15 Abs. 4 WpHG der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unter Angabe des Zeitpunktes der Entscheidung über den Aufschub der Veröffentlichung mitzuteilen hat. Zum anderen ergibt sich aus § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 lit. a) WpHG i. V. m. § 8 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 lit. a) WpAIV, dass die Mitteilung an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht gemäß § 15 Abs. 3 S. 4 WpHG die Angabe des Zeitpunktes der Entscheidung über den Aufschub der Veröffentlichung, der späteren Termine, an denen der Fortbestand der Gründe überprüft wurde, und des Zeitpunktes der Entscheidung über die nunmehr vorzunehmende Mitteilung und Veröffentlichung zu enthalten hat. Beide Vorschriften setzen damit sowohl nach dem Wortlaut, der von einer Entscheidung spricht, aber auch nach dem Inhalt der Mitteilung, die an die Bundesanstalt erfolgen muss, voraus, dass der Emittent sich bewusst mit der Frage des Vorliegens der Befreiungsvoraussetzungen auseinandergesetzt und eine Entscheidung über die Befreiung getroffen hat.1742 Daneben spreche schließlich entscheidend auch der Charakter des § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG als abstraktes Gefährdungsdelikt und der Schutzzweck der Vorschrift für ein derartiges Erfordernis. Denn eine Befreiung ex lege allein auf Grund des Vorliegens der übrigen Befreiungsvoraussetzungen würde dazu führen, dass dem Emittenten selbst dann eine Befreiung zugute käme, wenn sich dieser gar nicht mit dem Vorliegen der hierfür erforderlichen Voraussetzungen auseinandergesetzt habe oder ihm nicht einmal bewusst ist, dass im Grundsatz veröffentlichungspflichtige Insiderinformationen vorliegen. Dies könne allerdings angesichts der Bedeutung der Veröffentlichung dieser Informationen für die Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte und der Prävention von Insiderhandel nicht zutreffend sein.1743 bb) Befreiung ex lege Andere Stimmen in Rechtsprechung und Literatur sind demgegenüber der Auffassung, dass die Befreiung von der Ad-hoc-Publizitätspflicht eintrete, S. 35; Widder, BB 2009, 967 (970). S. 59; Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1906); Mennicke, NZG 2009, 1059 (1061); Oulds, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 14.248; Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 346; Widder, BB 2009, 967 (971). 1743 Widder, BB 2009, 967 (970). 1741 BT-Drucks. 15 / 3174, 1742 Emittentenleitfaden,
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sobald die in § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG ausdrücklich benannten Voraussetzungen im jeweiligen Fall vorliegen. Einer aktiven Entscheidung des Emittenten über die Befreiung bedürfe es demgegenüber nicht.1744 Für diese Ansicht wird insbesondere der Wortlaut des § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG angeführt. Denn, wenn hiernach der Emittent von der Pflicht zur Veröffentlichung nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG solange „befreit ist“, wie es der Schutz seiner berechtigten Interessen erfordert, keine Irreführung der Öffentlichkeit zu befürchten ist und er die Vertraulichkeit der Insiderinformation gewährleisten kann, so weise dies eindeutig darauf hin, dass die Befreiung von der Publizitätspflicht automatisch bei Vorliegen der ausdrücklich benannten Voraussetzungen eintrete.1745 Forderte man dennoch eine aktive Entscheidung des Emittenten für den Aufschub der Publizität, so stellte dies in Anbetracht des § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG ein Verstoß gegen das Verbot täterbelastender Analogie gemäß Art. 103 Abs. 2 GG, § 3 OWiG dar.1746 Auch eine richtlinienkonforme Auslegung des § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG am Maßstab des Art. 6 Abs. 2 Marktmissbrauchstrichtlinie oder eine systematische Auslegung unter Heranziehung der § 15 Abs. 3 S. 4 WpHG und § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 8 Abs. 5 Nr. 2 lit. a) WpHG könne daher zu keinem anderen Ergebnis führen, selbst wenn hieraus das Erfordernis einer Befreiungsentscheidung deutlich würde, da der Wortlaut des § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG bindend sei und ein derartiges Erfordernis nicht vorsehe.1747 Im Übrigen müsse allerdings auch bezweifelt werden, dass die benannten Auslegungsmethoden zu einer anderen Bewertung im Hinblick auf die Notwendigkeit einer aktiven Entscheidung führten. Richtig sei zwar zunächst, dass Art. 6 Abs. 2 S. 1 Marktmissbrauchsrichtlinie, nach dem ein Emittent die Bekanntgabe von Insiderinformationen „auf eigene Verantwortung aufschieben darf“, wenn diese Bekanntgabe seinen berechtigten Interessen schaden könnte, sofern diese Unterlassung nicht geeignet ist, die Öffentlichkeit in die Irre zu führen, und der Emittent in der Lage ist, die Vertraulichkeit der Informationen zu gewährleisten, auf den ersten Blick den Anschein erwecke, dass eine aktive Entscheidung des Emittenten erforderlich sei. Aller1744 OLG Stuttgart, NZG 2009, 624 (635); Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 15 Rn. 165d; Bachmann, ZHR 172 (2008), 597 (610); Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 15 WpHG Rn. VI141; Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 315 ff.; Kuthe, ZIP 2004, 883 (885); Veith, NZG 2005, 254 (254); Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 11; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 54. 1745 OLG Stuttgart, NZG 2009, 624 (635); Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 15 Rn. 165d; Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 315; Veith, NZG 2005, 254 (254); Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 11; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 54. 1746 Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 54. 1747 Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 54.
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dings habe der Gesetzgeber den Wortlaut der Vorschrift nur deshalb gewählt, weil er hiermit deutlich machen wollte, dass die Befreiung von der Publizitätspflicht zugunsten des Emittenten keiner Entscheidung durch eine zuständige Behörde bedarf, wie dies zuvor nach § 15 Abs. 1 S. 5 WpHG a. F. der Fall war.1748 Auch aus Art. 6 Abs. 2 S. 2 Marktmissbrauchsrichtlinie, nach dem die Mitgliedstaaten über die Möglichkeit verfügen, die Befreiung von der Ad-hoc-Publizitätspflicht davon abhängig zu machen, dass der Emittent die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unverzüglich von der „Entscheidung“ über den Aufschub der Publizität unterrichtet, ergebe sich nichts Anderes, zumal der nationale Gesetzgeber von dieser Möglichkeit überhaupt keinen Gebrauch gemacht hat.1749 Art. 6 Abs. 2 S. 1, 2 Marktmissbrauchsrichtlinie postuliere daher keineswegs das Erfordernis einer aktiven Entscheidung des Emittenten, sodass auch eine richtlinienkonforme Auslegung das Ergebnis einer Befreiung ex lege trage. Gleiches gelte auch für die Vorschriften der § 15 Abs. 3 S. 4 WpHG und § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 8 Abs. 5 Nr. 2 lit. a) WpAIV.1750 Zwar erweckten auch diese zunächst den Anschein, dass eine aktive Entscheidung des Emittenten über den Aufschub der Publizität erforderlich sei. Denn § 15 Abs. 3 S. 4 WpHG verpflichtet den Emittenten, die Gründe für die Befreiung zusammen mit der Mitteilung nach § 15 Abs. 4 WpHG unter Angabe des Zeitpunktes der Entscheidung über den Aufschub der Veröffentlichung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht mitzuteilen. § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 8 Abs. 5 Nr. 2 lit. a) WpHG erweitert diese Mitteilungspflicht noch dahingehend, dass die Mitteilung neben der Angabe der Gründe und des Zeitpunktes der Entscheidung über den Aufschub der Veröffentlichung auch noch die Angabe der späteren Termine, an denen der Fortbestand der Gründe überprüft wurde und des Zeitpunktes der Entscheidung über die nunmehr vorzunehmende Mitteilung und Veröffentlichung zu enthalten hat. Aber auch hieraus lasse sich letztlich nicht das Erfordernis einer aktiven Entscheidung des Emittenten ableiten. Denn zum einen seien beide Vorschriften dahingehend auszulegen, dass entsprechende Angaben nur dann vorzunehmen seien, wenn tatsächlich eine bewusste Entscheidung stattgefunden habe.1751 Zum anderen beträfen die Vorschriften ausweislich ihres Wortlauts eine der Befreiung nachgelagerte Pflicht, deren Zweck einzig und allein darin liege, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsauf1748 Zimmer / Kruse,
in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 54. in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 316; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 54. 1750 OLG Stuttgart, NZG 2009, 624 (635); Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 317; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 54. 1751 Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 317; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 54. 1749 Klöhn,
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sicht lediglich die Überprüfbarkeit der Befreiungsvoraussetzungen zu ermöglichen. Nicht hingegen solle das Begründungserfordernis dazu führen, dass eine Befreiung von der Publizitätspflicht nicht in Betracht kommt, wenn der Emittent nicht im Vorfeld eine entsprechende Entscheidung getroffen habe.1752 Keine der aufgezeigten Vorschriften postuliere daher tatsächlich das Erfordernis einer bewussten Entscheidung des Emittenten über den Aufschub der Veröffentlichung. Daneben spreche schließlich auch der Telos des Befreiungstatbestands für den Eintritt einer Befreiung ex lege. Denn lägen die ausdrücklich aufgeführten Befreiungsvoraussetzungen des § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG objektiv vor, so werde die Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte nicht mehr oder weniger stark dadurch beeinträchtigt, dass der Emittent sich unter Umständen nicht bewusst für eine Befreiung entschieden habe oder sich nicht einmal dessen bewusst war, dass überhaupt eine veröffentlichungspflichtige Insiderinformation vorlag.1753 cc) Stellungnahme Was den Wortlaut der Vorschrift anbelangt, so steht dieser dem Erfordernis einer bewussten Entscheidung des Emittenten nicht entgegen. Dies ergibt sich daraus, dass § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG davon spricht, dass der Emittent nur „solange“ von der Ad-hoc-Publizitätspflicht „befreit ist“, wie es der Schutz seiner berechtigten Interessen erfordert, keine Irreführung der Öffentlichkeit zu befürchten ist und der Emittent die Vertraulichkeit der Insiderinformation gewährleisten kann. Durch den Begriff „solange“, der nach dem alltäglichen Sprachgebrauch mit dem Begriff „währenddessen“ gleichgesetzt werden kann, wird dabei insbesondere der Zeitraum akzentuiert, über den sich die Befreiung erstreckt und in dem die ausdrücklich benannten Voraussetzungen für die Befreiung konstant vorliegen müssen. Keine Aussage wird hierdurch allerdings im Hinblick auf die Frage getroffen, ob vor dem Eintritt der Befreiungswirkung eine Befreiungsentscheidung erfolgen muss. Ein Verstoß gegen das Verbot täterbelastender Analogie im Sinne der § 3 OWiG i. V. m. Art. 103 Abs. 2 GG wird daher durch die Annahme des Erfordernisses einer bewussten Entscheidung des Emittenten nicht begründet. Der Wortlaut des § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG lässt insofern vielmehr einen gewissen Auslegungsspielraum zu, der mittels historischer, systematischer und teleologischer Erwägungen konkretisiert werden muss. Aus historischer Sicht dürfte davon auszugehen sein, dass der Emittent eine Entschei1752 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 15 Rn. 165d; Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 170; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 54. 1753 Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 11; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 54.
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dung über den Aufschub der Veröffentlichung treffen muss. Diesen Schluss fordert insbesondere die Gesetzesbegründung zum Anlegerschutzverbesserungsgesetz, die ausdrücklich von der „Möglichkeit der Entscheidung des Emittenten über den Aufschub der Veröffentlichung“ spricht und insoweit feststellt, dass dem Emittenten durch die Möglichkeit der zeitweisen Befreiung von der Veröffentlichung „mehr Eigenverantwortung bei der Entscheidung über die Veröffentlichung sensibler Insiderinformationen übertragen“ wird.1754 Hätte der Gesetzgeber demgegenüber eine Befreiung kraft Gesetzes ausreichen lassen wollen, so wäre ihm eine derartige Klarstellung durchaus möglich und zumutbar gewesen. Auch aus systematischer Sicht erscheint die Annahme des Erfordernisses einer aktiven Entscheidung des Emittenten über den Aufschub der Veröffentlichung unumgänglich. Sowohl § 15 Abs. 3 S. 4 WpHG als auch § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 8 Abs. 5 Nr. 2 lit. a) WpAIV geben eindeutig zu verstehen, dass das Gesetz von der Entscheidung des Emittenten im Vorfeld der Befreiung von der Ad-hoc-Publizitätspflicht ausgeht. Die von der Gegenauffassung angedeutete Auslegung dieser Vorschriften dahingehend, dass eine entsprechende Mitteilung an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht nur erfolgen müsse, wenn eine Befreiungsentscheidung tatsächlich im Einzelfall getroffen wurde, im Übrigen aber entbehrlich sei, mag demgegenüber nicht zu überzeugen. Der Gesetzgeber ist durchaus in der Lage, fakultative Mitteilungen – also Mitteilungen, die vom Vorliegen eines Umstands abhängig sind oder abhängen sollen – deutlich zu formulieren, wie beispielsweise § 10 Abs. 2 S. 1 GmbHG zeigt, nach dem Bestimmungen über die Zeitdauer der Gesellschaft oder über das genehmigte Kapital im Handelsregister einzutragen sind, sofern der Gesellschaftsvertrag derartige Bestimmungen enthält. Hätte er also die Mitteilung an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht nach § 15 Abs. 3 S. 4 WpHG und § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 8 Abs. 5 Nr. 2 lit. a) WpAIV davon abhängig machen wollen, ob der Emittent eine Entscheidung über die Befreiung getroffen hat, so kann unterstellt werden, dass er dies ausdrücklich in diesen Vorschriften zum Ausdruck gebracht und eine Ausgestaltung gewählt hätte, die von ihrer Typik derjenigen des § 10 Abs. 2 S. 1 GmbHG beispielsweise entspricht. Daneben sprechen schließlich auch aus teleologischer Sicht die besseren Gründe für das Erfordernis einer bewussten Entscheidung des Emittenten über den Aufschub der Veröffentlichung. Verfolgt der Gesetzgeber mit der Ad-hoc-Publizitätspflicht das Ziel, die Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte zu sichern, indem er die informationelle Chancengleichheit der Kapitalmarktteilnehmer gewährleistet und Insiderhandel präventiv entgegenwirkt, so schlägt sich diese Zielsetzung auch in den Anforderungen an eine Befreiung nieder, was die 1754 BT-Drucks. 15 / 3174,
S. 35.
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Eindämmung unsorgsamen Umgangs der Emittenten mit Insiderinformationen erforderlich macht. Richtig ist zwar, dass der Kapitalmarkt lediglich in zumutbarer Weise durch den Aufschub der Veröffentlichungspflicht beeinträchtigt wird, wenn die objektiven Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG erfüllt sind, sodass aus diesem Blickwinkel eine Befreiungsentscheidung zunächst entbehrlich erscheint. Die Sensibilität der Emittenten im Hinblick auf den Umgang mit Insiderinformationen wird allerdings nicht dadurch gefördert, dass man auch in solchen Fällen von einer Befreiung von der Ad-hoc-Publizitätspflicht ausgeht, in denen der Emittent sich überhaupt keine Gedanken vom Bestehen einer entsprechenden Verpflichtung gemacht hat.1755 Insofern zeigt auch die Gesetzesbegründung, die von der „Eigenverantwortlichkeit“ des Emittenten spricht1756, dass dieser nicht losgelöst von einem verantwortungsbewussten Verhalten begünstigt werden solle, weil der Marktfunktionsschutz eben auch voraussetzt, dass sich Emittenten dessen bewusst sind, dass und wie sie mit veröffentlichungspflichtigen Insiderinformationen umgehen. Im Ergebnis kommt eine Befreiung von der Ad-hoc-Publizitätspflicht gemäß § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG daher nur dann in Betracht, wenn der Emittent aktiv eine Entscheidung hierüber getroffen hat. b) Zuständigkeit hinsichtlich der Befreiungsentscheidung Ist damit eine aktive Befreiungsentscheidung des Emittenten Voraussetzung für den Eintritt der Befreiung von der Veröffentlichungspflicht, stellt sich hieran anknüpfend die Frage der Zuständigkeit hinsichtlich der Entscheidung innerhalb des Emittenten, da die Aktiengesellschaft zwar gemäß § 1 Abs. 1 AktG eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit ist, sie ihre Handlungsfähigkeit jedoch erst durch ihre Organe erlangt. Wie bereits mehrfach festgestellt wurde, stellt der Vorstand gemäß § 76 ff. AktG das zur Leitung, Geschäftsführung und Vertretung der Aktiengesellschaft berufene Organ dar. Daher ist zunächst im Grundsatz unstreitig davon auszugehen, dass diesem auch die Entscheidung über die Befreiung von der Ad-hocPublizitätspflicht obliegt.1757 Umstritten ist allerdings die Frage, inwieweit die Entscheidung über den Aufschub der Veröffentlichung durch den Vorstand delegiert werden kann. Zum Teil wird insoweit die Ansicht vertreten, dass ein Beschluss des Vorstands über die Befreiung herbeizuführen ist. Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 15 Rn. 165 f. S. 27. 1757 Emittentenleitfaden, S. 59; Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1906); Mennicke, NZG 2009, 1059 (1062); Pattberg / Bredol, NZG 2013, 87 (88); Schneider, BB 2005, 897 (900); Widder, BB 2009, 967 (971). 1755 A. A.
1756 BT-Drucks. 15 / 3174,
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Zumindest aber müsse an der Entscheidung ein ordentliches Vorstandsmitglied mitzuwirken.1758 Eine nähere Begründung für diese Auffassung wird allerdings nicht angeführt. Andere Stimmen sind demgegenüber der Auffassung, der Vorstand könne die Entscheidung über die Befreiung delegieren, etwa an sogenannte „Disclosure Committees“, die Rechts- oder ComplianceAbteilung, die ihm unmittelbar unterstehen und ihm gegenüber verantwortlich sind.1759 Dieser Auffassung dürfte im Ergebnis zu folgen sein. In Ermangelung einer speziellen Zuständigkeitenregelung im Kontext des § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG richtet sich die Beantwortung der Frage wer für die Entscheidung über die Befreiung von der Publizitätspflicht zuständig ist, allein nach der inneren Kompetenzordnung des jeweiligen Emittenten, wie sie sich aus AktG, Satzung und Geschäftsordnung ergibt.1760 Damit ist zwar zunächst der Vorstand hierfür verantwortlich. Allerdings steht ihm im Rahmen seiner Geschäftsführungsbefugnis gemäß § 77 Abs. 1 AktG durchaus die Möglichkeit offen, die Entscheidung an ihm unterstehende Unternehmensebenen zu delegieren, da es sich bei dieser nicht um eine originäre und damit nicht delegierbare Führungs- und Leitungsaufgabe handelt.1761 Dies wiederum ergibt sich bereits im Umkehrschluss daraus, dass auch die Zuständigkeit hinsichtlich der Veröffentlichung publizitätspflichtiger Insiderinformationen delegiert werden kann.1762 Zu beachten ist allerdings, dass der Vorstand auch im Falle der Übertragung der Entscheidungskompetenz auf eine andere Instanz die Verantwortung für das Vorliegen der Voraussetzungen der Selbstbefreiung trägt und daher laufend überprüfen muss, ob die Befreiungsmöglichkeit nach wie vor besteht.1763 c) Form der Entscheidung Schließlich stellt sich die Frage, ob die Entscheidung über die Befreiung von der Ad-hoc-Publizität an eine bestimmte Form gebunden ist. Auch hierzu hält § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG keine Ausführungen parat. Verfügt der Vorstand über die Möglichkeit, die Entscheidung über den Aufschub der Veröffentlichung der Insiderinformationen zu delegieren, so ergibt sich hieraus zunächst, dass eine entsprechende Entscheidung jedenfalls keinen formalen Beschluss des Vorstands voraussetzt.1764 Zudem dürfte weiterhin aber 1758 Emittentenleitfaden,
S. 59. NZG 2013, 87 (88); Widder, BB 2009, 967 (971); auch Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1906); Mennicke, NZG 2009, 1059 (1062); Schneider, BB 2005, 897 (900). 1760 Mennicke, NZG 2009, 1059 (1062); Pattberg / Bredol, NZG 2013, 87 (88). 1761 Pattberg / Bredol, NZG 2013, 87 (88). 1762 Pattberg / Bredol, NZG 2013, 87 (88). 1763 Mennicke, NZG 2009, 1059 (1063). 1759 Pattberg / Bredol,
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auch davon auszugehen sein, dass sie auch ansonsten keiner konkreten Form bedarf und dementsprechend letztlich sogar mündlich erfolgen kann.1765 Angesichts der dem Emittenten durch § 15 Abs. 3 S. 4 WpHG und § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 8 Abs. 5 Nr. 2 lit. a) WpAIV auferlegten Verpflichtung zur Mitteilung der Gründe für die Befreiung, des Zeitpunktes der Entscheidung über den Aufschub der Veröffentlichung, der späteren Termine, an denen der Fortbestand der Gründe überprüft wurde und des Zeitpunktes der Entscheidung über die nunmehr vorzunehmende Mitteilung und Veröffentlichung empfiehlt sich jedoch, den Befreiungsvorgang hinreichend zu dokumentieren.1766 1764
d) Zwischenergebnis Im Ergebnis lässt sich damit zunächst festhalten, dass eine Befreiung von der Ad-hoc-Publizitätspflicht gemäß § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG nur dann in Betracht kommt, wenn der Emittent eine entsprechende Entscheidung getroffen hat. Da dieser selbst nicht handlungsfähig ist, obliegt die Entscheidung im Grundsatz dem Vorstand als leitungs- und geschäftsführungsbefugtes Organ im Sinne der §§ 76 ff. AktG. Sie kann allerdings delegiert werden, etwa auf sogenannte „Disclosure Committees“, die Rechts- oder Compliance-Abteilung, die ihm unmittelbar unterstehen und ihm gegenüber verantwortlich sind. Speziellen Formerfordernissen unterliegt die Befreiungsentscheidung nicht, allerdings empfiehlt sich in Anbetracht der Verpflichtungen des Emittenten aus § 15 Abs. 3 S. 4 WpHG und § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 8 Abs. 5 Nr. 2 lit. a) WpAIV eine sorgfältige Dokumentation des gesamten Befreiungszeitraums. 2. Erfordernis der Befreiung zum Schutz berechtigter Interessen des Emittenten Weiterhin kommt eine Befreiung des Emittenten von der Ad-hoc-Publizitätspflicht nach § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG nur dann in Betracht, wenn der Schutz berechtigter Interessen des Emittenten eine Befreiung von dieser erfordert. 1764 Mennicke, NZG 2009, 1059 (1062); Pattberg / Bredol, NZG 2013, 87 (88); Schneider, BB 2005, 897 (900). 1765 Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1906); Simon, DK 2005, 13 (21); Widder, BB 2009, 967 (972). 1766 Pattberg / Bredol, NZG 2013, 87 (88); Simon, DK 2005, 13 (21); andeutend Emittentenleitfaden, S. 59.
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a) Berechtigte Interessen Fraglich ist zunächst, was unter dem Begriff der berechtigten Interessen zu verstehen ist und wann von deren Vorliegen im konkreten Fall ausgegangen werden kann. § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG selbst enthält keine näheren Ausführungen, wie dieses Merkmal konkret auszulegen ist. Auch ein Blick in Art. 6 Abs. 2 S. 1 Marktmissbrauchsrichtlinie, der durch § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG in nationales Recht umgesetzt wurde, erweist sich in dieser Hinsicht als wenig aufschlussreich, da er ebenfalls nur den Begriff der berechtigten Interessen rekurriert, ohne diesen einer inhaltlichen Konkretisierung zuzuführen.1767 Eine Legaldefinition des Merkmals der berechtigten Interessen lässt sich allerdings in § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 6 S. 1 WpAIV finden.1768 Hiernach liegen berechtigte Interessen, die nach § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG von der Pflicht zur sofortigen Veröffentlichung nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG befreien können, dann vor, wenn die Interessen des Emittenten an der Geheimhaltung der Information die Interessen des Kapitalmarktes an einer vollständigen und zeitnahen Veröffentlichung überwiegen. § 6 S. 2 WpAIV ergänzt diese allgemeine Definition in Umsetzung des Art. 3 Abs. 1 Durchführungsrichtlinie noch dahingehend, dass berechtigte Interessen des Emittenten jedenfalls dann vorliegen können, wenn (1) das Ergebnis oder der Gang laufender Verhandlungen über Geschäftsinhalte, die geeignet wären, im Fall ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis erheblich zu beeinflussen, von der Veröffentlichung wahrscheinlich erheblich beeinträchtigt würden und eine Veröffentlichung die Interessen der Anleger ernsthaft gefährden würde, vgl. auch § 6 S. 2 Nr. 1 WpAIV, oder (2) durch das Geschäftsführungsorgan des Emittenten abgeschlossene Verträge oder andere getroffene Entscheidungen zusammen mit der Ankündigung bekannt gegeben werden müssten, dass die für die Wirksamkeit der Maßnahme erforderliche Zustimmung eines anderen Organs des Emittenten noch aussteht, und dies die sachgerechte Bewertung der Information durch das Publikum gefährden würde, vgl. auch § 6 S. 2 Nr. 2 WpAIV. Damit werden zwei Regelbeispiele angeführt, die allerdings ausweislich des Wortlauts der Vorschrift nicht als abschließend zu erachten sind.1769 1767 Speier,
S. 322; Ziemons, NZG 2004, 537 (542). S. 60; Assmann, ZHR 172 (2008), 635 (645); Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1904); Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 226; Oulds, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 14.252; Parmentier, NZG 2007, 407 (415); Pattberg / Bredol, NZG 2013, 87 (89); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 351; Walz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 48 Rn. 60; Veith, NZG 2005, 254 (257); Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 13; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 58. 1769 Emittentenleitfaden, S. 60; Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (649); Gunßer, NZG 2008, 855 (856); Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1904); Merkner / Sustmann, NZG 1768 Emittentenleitfaden,
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Ausgangspunkt für die Ermittlung des Bestehens berechtigter Interessen des Emittenten ist entsprechend § 6 S. 1 WpAIV zunächst einmal eine Interessenabwägung. Auf der einen Seite dieses Abwägungsvorgangs steht dabei das Interesse des Emittenten an der Geheimhaltung der Insiderinformationen auf Basis unternehmerischer Gründe und Motive. Zu denken ist hier jenseits der in § 6 S. 2 WpAIV explizit genannten Konstellationen beispielsweise an das Interesse des Emittenten an der Geheimhaltung negativer, die Reputa tion des Unternehmens beeinträchtigender Informationen oder die Befürchtung, die Veröffentlichung der Insiderinformationen werde der weiteren Geschäftsentwicklung des Unternehmens abträglich sein.1770 Weiterhin lässt sich beispielhaft auch das Interesse des Emittenten an der Geheimhaltung von Neuentwicklungen von Produkten, Patenten oder Erfindungen oder von Unternehmensgeheimnissen im Allgemeinen nennen, weil diese für Bestand und Rentabilität des Unternehmens von erheblicher Bedeutung sind oder weil wichtige Wettbewerber mangels Börsenzulassung im Gegensatz zum Emittenten nicht den Pflichten des § 15 Abs. 2–5 WpHG unterliegen und solchermaßen bei gleichartigen Informationen der Wettbewerb verzerrt wird.1771 Eventuelle Interessen dritter Personen wie diejenigen von Organmitgliedern, Aktionären oder (potenziellen) Verhandlungspartnern an einem Aufschub der Veröffentlichung sind hingegen unbeachtlich, im Übrigen aber für die Bewertung des eigenen Aufschubinteresses des Emittenten jedenfalls unschädlich, sofern sie sich inhaltlich decken und gleichlaufen.1772 Auf der anderen Seite des Abwägungsvorgangs sind die Interessen des Kapitalmarktes an der vollständigen und zeitnahen Veröffentlichung zu lokalisieren. Gemeint sind damit in Anlehnung an den Regelungszweck der Ad-hoc-Publizitätspflicht insbesondere das Interesse der Kapitalmarktteilnehmer an der Bildung „realistischer Börsen- und Marktpreise“, der Gewährleistung informationeller Chancengleichheit zwischen ihnen und der damit einhergehenden Vermeidung der Erzielung von Sondervorteilen durch einen kleinen
2005, 729 (735); Oulds, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, 14.249; Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 359, 380; Schneider, BB 2005, 897 (898); Speier, S. 322; Uhl, S. 52; Veith, NZG 2005, 254 (255); Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 13; Ziemons, NZG 2004, 537 (542); Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 60. 1770 Pattberg / Bredol, NZG 2013, 87 (89); ähnlich Simon, DK 2005, 13 (19). 1771 Emittentenleitfaden, S. 60; Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 15 WpHG Rn. VI144; Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 381. 1772 Emittentenleitfaden, S. 60; Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (655); Oulds, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 14.250; Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 352; Schneider, BB 2005, 897 (898); Simon, DK 2005, 13 (19); Speier, S. 329; Veith, NZG 2005, 254 (257); Walz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 48 Rn. 60; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 58.
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Kreis von Insidern.1773 Auch an dieser Stelle kommt es ausschließlich auf die Interessen des Kapitalmarkts an der unverzüglichen Veröffentlichung der fraglichen Insiderinformationen an. Partikularinteressen einzelner Anlegerkreise spielen demgegenüber keine Rolle. Um von berechtigten Interessen des Emittenten im Sinne des § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG beziehungsweise § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 6 S. 1 WpAIV sprechen zu können, muss die Abwägung zu dem Ergebnis gelangen, dass das Interesse des Emittenten an der Geheimhaltung der Insiderinformationen das Interesse der Kapitalmarktteilnehmer an der vollständigen und zeitnahen Veröffentlichung überwiegt.1774 Dies ergibt sich zum einen bereits ausdrücklich aus dem Wortlaut des § 6 S. 1 WpAIV. Zum anderen lässt sich dies allerdings auch anhand der Zielsetzung des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG erklären. Denn der Aufschub der Veröffentlichung hat einerseits zur Folge, dass den Kapitalmarktteilnehmern kursrelevante Informationen vorenthalten werden, sodass diese bis zur späteren Veröffentlichung der Informationen zu falschen Börsenkursen Transaktionen abschließen. Andererseits schafft er auch einen größeren Zeitraum, in dem Insider die entsprechenden Informationen zur Erzielung von Sondervorteilen zum Nachteil der übrigen Kapitalmarktteilnehmer einsetzen können, sodass die Befreiung zunächst einmal stets zulasten der Kapitalmarktteilnehmer geht.1775 Ein erhebliches Überwiegen der Interessen des Emittenten an der Geheimhaltung der Insiderinformationen gegenüber dem Interesse der Kapitalmarktteilnehmer an einer vollständigen und zeitnahen Veröffentlichung ist allerdings nicht zu fordern.1776 Denn zum einen ist der Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG durch den Rekurs auf den Begriff der Insiderinformation zum Nachteil der Emittenten sehr weit gezogen, sodass die Möglichkeit der Befreiung von der Publizitätspflicht nicht noch zusätzlich durch ein nicht dem Wortlaut entnehmbares Erheblichkeitsmerkmal eingeschränkt werden darf.1777 Zum anderen dient der Aufschub der Veröffentlichung letzten Endes auch nie nur dem Partikularinteresse des Emittenten allein, denn mittelbar werden hierdurch auch die an ihm beteiligten Anleger geschützt, die als Teil der Kapitalmarktteilnehmer selbst ein erhebliches Interesse an der Geheimhaltung der Insiderinformationen haben 1773 Pattberg / Bedrol, NZG 2013, 87 (90); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 354; Uhl, S. 51; Veith, NZG 2005, 254 (257); Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 57. 1774 Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 356, 357; Uhl, S. 50; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 57. 1775 Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 57. 1776 Emittentenleitfaden, S. 60, 61; Parmentier, NZG 2007, 407 (415); Pattberg / Bredol, NZG 2013, 87 (89); a. A. Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 356, 357. 1777 Pattberg / Bredol, NZG 2013, 87 (89).
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können.1778 Daher dürfen im Ergebnis an das Überwiegen der Interessen des Emittenten und das Vorliegen eines berechtigten Interesses keine allzu strengen Voraussetzungen geknüpft werden.1779 b) Erfordernis der Befreiung zum Schutz der Interessen Des Weiteren muss der Schutz der berechtigten Interessen des Emittenten einen Aufschub von der Veröffentlichung erfordern. Der Wortlaut des § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG erweckt insoweit zunächst den Eindruck, dass es im Falle der Veröffentlichung der Insiderinformationen tatsächlich zu einer Beeinträchtigung der berechtigten Interessen kommen müsse, um vom Erfordernis einer Befreiung ausgehen zu können.1780 Art. 6 Abs. 2 S. 1 Marktmissbrauchsrichtlinie als europarechtliche Vorgabe des § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG spricht allerdings davon, dass ein Emittent die Bekanntgabe von publizitätspflichtigen Insiderinformationen in eigener Verantwortung bereits dann aufschieben darf, wenn diese seinen berechtigten Interessen schaden könnte. Hieraus lässt sich entnehmen, dass eine tatsächliche Beeinträchtigung der berechtigten Interessen des Emittenten durch die Veröffentlichung der Insiderinformationen nicht eintreten oder unmittelbar bevorstehen, sondern bloß zu erwarten sein muss. In Anlehnung an die Grundsätze, die im Kontext der Ermittlung des Kursbeeinflussungspotenzials einer Informationen erarbeitet wurden1781, muss vom ex ante-Standpunkt eines vernünftigen und börsenkundigen Kapitalmarktteilnehmers mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu rechnen sein, dass eine Beeinträchtigung der berechtigten Interessen eintreten wird, sofern der Emittent die fraglichen Insiderinformationen veröffentlichen muss.1782 Zudem müssen die zu erwartenden nachteilhaften Auswirkungen auf die Interessen des Emittenten über das hinausgehen, was typischerweise bei der Veröffentlichung von Insiderinformationen zu erwarten ist.1783
1778 Zimmer / Kruse,
in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 59. S. 61; Parmentier, NZG 2007, 407 (415); Pattberg / Bredol, NZG 2013, 87 (89); Uhl, S. 55. 1780 Schneider, BB 2005, 897 (898). 1781 Vgl. Teil 2, C. III. 4. d). 1782 Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 15 WpHG Rn. VI142; Pattberg / Bedrol, NZG 2013, 87 (89); Schneider, BB 2005, 897 (898); Uhl, S. 51; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 56. 1783 Pattberg / Bedrol, NZG 2013, 87 (89). 1779 Emittentenleitfaden,
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c) Schutzwürdige, berechtigte Interessen in der vorliegend zu untersuchenden Konstellation In Anbetracht der vorausgehend erarbeiteten Erkenntnisse stellt sich nunmehr die Frage, ob die Aktiengesellschaft über ein berechtigtes Interesse am Aufschub der Veröffentlichung (1) der Information über die bevorstehende Transaktion und den damit einhergehenden Aktionärswechsel, (2) die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen und (3) der bereitgestellten Informationen verfügt. aa) Die bevorstehende Pakettransaktion und die damit einhergehende Veränderung der Aktionärsstruktur Dass der Emittent stets ein berechtigtes Interesse daran hat, die Veröffentlichung der bevorstehenden Pakettransaktion und die damit einhergehende Veränderung der Aktionärsstruktur bis zum Zeitpunkt des tatsächlichen Eintritts aufzuschieben, dürfte jedenfalls zu bezweifeln sein.1784 Man könnte zwar zunächst überlegen, ob nicht ein berechtigtes Interesse am Aufschub bereits deshalb immer schon besteht, weil die frühzeitige Veröffentlichung der bevorstehenden Transaktion zu einem steigenden Börsenkurs führen und der Erwerbsinteressent in der Folge zum Nachteil der Zukunftschancen des Emittenten von der Transaktion doch noch Abstand nehmen könnte.1785 Diese Erwägung erscheint allerdings bei genauerer Betrachtung wenig überzeugend, da sich Pakettransaktionen gerade dadurch auszeichnen, dass sie nicht über die Börse erfolgen, sondern außerhalb des amtlichen Börsenhandels stattfinden, und der Kaufpreis nicht primär anhand des Börsenkurses, sondern anhand einer individuellen, unter anderem auch die Ergebnisse der Due Diligence Rechnung tragenden Unternehmensbewertung ermittelt wird.1786 Ein Interesse des Emittenten am Aufschub der Veröffentlichung, das das Interesse der Kapitalmarktteilnehmer an der vollständigen und zeitnahen Veröffentlichung überwiegt, dürfte daher vielmehr nur dann anzunehmen sein, wenn ein konkretes Interesse am Zustandekommen der Transaktion und am Eintritt des potenziellen Erwerbers als Aktionär besteht und dieser Vorgang durch die Veröffentlichung vereitelt werden könnte.1787 Zu den konkreten Interessen zählen beispielsweise – wie sie auch schon für das 1784 Brandi / Süßmann,
AG 2004, 642 (657); Bussian, S. 195, Speier, S. 359. Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (657); Götze, DB 1998, 2326 (2329); Speier, S. 359. 1786 Götze, DB 1998, 2326 (2329). 1787 Appenzeller, GesKR 2009, 463 (475); Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (657); Speier, S. 359. 1785 Andeutend
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Vorliegen eines Unternehmensinteresses an der Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Informationen angeführt wurden1788 – die Erlangung zusätzlicher Finanz- und Produktionsmittel oder wertvollen Know-hows, die Erstreckung des Tätigkeitsbereichs auf neue Geschäftsfelder, die Begründung oder Stärkung von Kooperationen und strategischen Allianzen, die Möglichkeit der Partizipation an einem größeren Unternehmensverbund oder aber in Krisensituationen beispielsweise auch die Sicherung der finanziellen Überlebensfähigkeit und die Aussicht auf eine Sanierung. Von einem Überwiegen dieser Interessen gegenüber dem Interesse der Kapitalmarktteilnehmer an der vollständigen und zeitnahen Veröffentlichung dürfte in der Regel nur dann ausgegangen werden können, wenn die frühzeitige Veröffentlichung die Gefahr des Scheiterns der Transaktion und damit die Gefährdung dieser Interessen zur Folge hätte. Dies wird beispielsweise dann anzunehmen sein, wenn absehbar ist, dass infolge der Veröffentlichung der bevorstehenden Transaktion andere Interessenten die Erwerbsabsicht des Kaufinteressenten, von dessen Eintritt die Gesellschaft maßgeblich profitieren würde, vereiteln, indem sie beispielsweise dem veräußerungswilligen Aktionär ein interessanteres Angebot unterbreiten.1789 Gleiches dürfte für den Fall gelten, dass auf Grund des frühzeitigen Bekanntwerdens der geplanten Transaktion im weiteren Fortgang mit Störmanövern von politischer Seite, durch Arbeitnehmer, Wettbewerber oder Geschäftspartner zu rechnen ist oder wenn Unsicherheiten bei (potenziellen) Vertragspartnern der Gesellschaft auftreten könnten, die zu Kündigungen der Vertragsbeziehungen führten.1790 Damit sind durchaus Konstellationen vorstellbar, in denen der Emittent ein Interesse am Aufschub der Veröffentlichung der bevorstehenden Pakettransaktion und die damit einhergehende Veränderung der Aktionärsstruktur haben kann. bb) Die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen Auch hinsichtlich der Frage, ob der Emittent am Aufschub der – unter Umständen vorzunehmenden1791 – Veröffentlichung der Information über die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen ein berechtigtes Interesse haben kann, lässt sich insoweit feststellen, dass dies eine Frage des jeweiligen Einzelfalls ist und 1788 Vgl.
Teil 2, A. VIII. 5. g) bb). entlehnt Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1904). 1790 Argumentativ entlehnt Appenzeller, GesKR 2009, 463 (467); Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1905); Parmentier, NZG 2007, 407 (416). 1791 Vgl. Teil 2, E. III. 2. b) cc). 1789 Argumentativ
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sich jedenfalls nicht ohne Weiteres annehmen lässt.1792 Im Wesentlichen kann auf die Ausführungen zurückgegriffen werden, die vorausgehend bereits für das Vorliegen berechtigter Interessen am Aufschub der Veröffent lichung der Information über die bevorstehende Pakettransaktion und die damit einhergehende Veränderung der Aktionärsstruktur angeführt wurden, da auch die Veröffentlichung der Gestattung der Due Diligence und der Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen das Anlegerpublikum mittelbar über die Möglichkeit einer bevorstehenden Transaktion in Kenntnis setzte und damit unter den gleichen Bedingungen geheimhaltungswürdig sein muss wie die geplante Transaktion selbst. cc) Die bereitgestellten Insiderinformationen Ob im Hinblick auf die zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten, den Emittenten unmittelbar betreffenden Insiderinformationen ein berechtigtes Interesse am Aufschub der Veröffentlichung im Sinne des § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG besteht, lässt sich ebenfalls nicht pauschal beantworten und richtet sich nach der Art der jeweiligen Information. Bei einer Vielzahl der Informationen wird man nicht ohne Weiteres davon ausgehen können, dass ein besonderes Interesse des Emittenten an der vorübergehenden Befreiung von der Veröffentlichung besteht, da er keine Beeinträchtigung seiner Interessen im Falle der Veröffentlichung zu befürchten hat, die Veröffentlichung sogar unter Umständen zu einer positiven Entwicklung des Börsenkurses des emittierten Wertpapiers führen kann, wie etwa im Falle des kürzlich gefassten Entschlusses zur Erschließung neuer Geschäftsfelder oder das Eingehen einer Kooperation oder Allianz mit einem anderen Unternehmen, wodurch der Emittent eine stärkere Stellung am Markt erlangt. Andererseits werden natürlich unter Umständen auch Insiderinformationen wie Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse an den potenziellen Erwerber weitergegeben, die für die Wettbewerbsfähigkeit und für den Bestand und Rentabilität des Unternehmens von wesentlicher Bedeutung sind und daher unter keinen Umständen der Öffentlichkeit und insbesondere auch Wettbewerbern des Emittenten bekannt werden dürfen. Dementsprechend kann und wird zumindest an einem Teil der zwecks Durchführung der Due Diligence zur Verfügung gestellten Insiderinformationen ein berechtigtes Interesse am Aufschub der Veröffentlichung bestehen.
1792 Götze,
DB 1998, 2326 (2326).
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d) Zwischenergebnis Sowohl im Hinblick auf die Information über die bevorstehende Transaktion und die damit einhergehende Veränderung der Aktionärsstruktur, die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der hierfür erforder lichen Informationen als auch im Hinblick auf die bereitgestellten Informationen an sich kann je nach den konkreten Umständen des Einzelfalls ein berechtigtes Interesse des Emittenten am Aufschub der Veröffentlichung anzunehmen sein. 3. Keine Irreführung der Öffentlichkeit zu befürchten Ferner kann der Emittent die Veröffentlichung von Insiderinformationen nur dann gemäß § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG aufschieben, wenn eine Irreführung der Öffentlichkeit nicht zu befürchten ist. Inhalt und Umfang dieses Merkmals sind unklar.1793 Weder § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG selbst noch andere Vorschriften innerhalb des WpHG vermögen hierüber Auskunft zu geben. Auch Art. 6 Abs. 2 S. 1 Marktmissbrauchsrichtlinie als europarechtliche Vorgabe des § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG lässt sich zwar entnehmen, dass die Unterlassung der Veröffentlichung nicht geeignet sein darf, die Öffentlichkeit irrezuführen. Eine nähere Konturierung dieses Tatbestandsmerkmals erfolgt jedoch nicht.1794 Schließlich erweist sich auch ein Rückgriff auf die Vorschriften des WpAIV an dieser Stelle – anders, als im Rahmen der Auslegung des Merkmals des berechtigten Interesses – als wenig hilfreich. Es verwundert daher nicht, dass Bedeutung und Auslegung dieses Merkmals letztlich in Rechtsprechung und Literatur kontrovers diskutiert werden. Dies umso mehr, als dass das Interesse des Kapitalmarkts an der vollständigen und zeitnahen Veröffentlichung der fraglichen Insiderinformationen entsprechend den vorausgehenden Erörterungen zu § 6 S. 1 WpAIV bereits im Rahmen der Ermittlung des berechtigten Interesses des Emittenten am Aufschub berücksichtigt wird und daher die eigenständige Bedeutung des Merkmals der Irreführung der Öffentlichkeit zu bezweifeln sein könnte.
1793 Schneider, BB 2005, 897 (898); Simon, DK 2005, 13 (20); Uhl, S. 61; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 14. 1794 Simon, DK 2005, 13 (20).
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
a) Allgemeines aa) Befürchtung der Irreführung Einig ist man sich im Wesentlichen zunächst dahingehend, dass der Aufschub der Veröffentlichung der Insiderinformationen nicht zu einer tatsächlichen Irreführung der Öffentlichkeit führen muss. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG, der davon spricht, dass die Irreführung der Öffentlichkeit lediglich zu befürchten sein muss. Auch dem Wortlaut des Art. 6 Abs. 2 S. 1 Marktmissbrauchsrichtlinie lässt sich insoweit entnehmen, dass die Unterlassung der Veröffentlichung der Insiderinformationen nicht geeignet sein darf, die Öffentlichkeit irrezuführen. Beide Vorschriften geben damit eindeutig zu erkennen, dass eine Irreführung der Öffentlichkeit im Falle des Aufschubs der Veröffentlichung lediglich zu erwarten sein muss. Erforderlich ist daher eine Prognose über den möglichen Eintritt der Irreführung.1795 In Anlehnung an die Grundsätze, die im Kontext der Ermittlung des Kursbeeinflussungspotenzials einer Informationen erarbeitet wurden und die auch im Rahmen der Beurteilung des Erfordernisses des Schutzes der berechtigten Interessen des Emittenten zur Anwendung gelangen1796, ist diese vom ex ante-Standpunkt eines vernünftigen und börsenkundigen Kapitalmarktteilnehmers zu beurteilen.1797 Da sich auch jenseits des Aufschubs der Veröffentlichung von Insiderinformationen abstrakt nicht ausschließen lässt, dass Fehlvorstellungen des Kapitalmarkts über bestimmte Umstände entstehen oder sich verfestigen, kann allerdings nicht jede erwartete Irreführung ausreichen. Vielmehr müssen im jeweiligen Einzelfall konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die die Befürchtung einer Irreführung der Öffentlichkeit begründet erscheinen lassen.1798 bb) Öffentlichkeit Des Weiteren herrscht Einigkeit darüber, dass der Aufschub der Veröffentlichung keine Irreführung der allgemeinen Öffentlichkeit befürchten lassen muss. Vielmehr ist der Begriff der Öffentlichkeit in § 15 Abs. 3 S. 1 1795 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 15 Rn. 158; Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15. Rn. 281, 294; Schneider, BB 2005, 897 (899); Speier, S. 330; Ziemons, NZG 2004, 537 (543); Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 66. 1796 Vgl. Teil 2, C. III. 4. 1797 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 15 Rn. 158; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 66. 1798 Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 157.
E. Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit (§ 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG)491
WpHG mit demjenigen der Bereichsöffentlichkeit gleichzusetzen.1799 Bereits im Rahmen der Ausführungen zum Begriff der Insiderinformation und dem begriffskonstituierenden Merkmal der fehlenden öffentlichen Bekanntheit des Umstands, der der jeweiligen Information zugrunde liegt, wurde festgestellt, dass hiermit nicht die Kenntnismöglichkeit der breiten Öffentlichkeit von der Information gemeint ist, sondern diejenige der Bereichs öffentlichkeit. Begründet wurde diese Annahme insbesondere anhand des Umstands, dass eine Information, die nach Maßgabe des § 15 Abs. 5, 7 iVm. § 5 S. 1 Nr. 1 WpAIV über ein elektronisch betriebenes Informationsverbreitungssystem wie Reuters, VWD oder Bloomberg veröffentlicht wird, das bei Kreditinstituten, nach § 53 Abs. 1 Satz 1 KWG tätigen Unternehmen, anderen Unternehmen, die ihren Sitz im Inland haben und an einer inländischen Börse zur Teilnahme am Handel zugelassen sind, sowie Versicherungsunternehmen weit verbreitet ist, ihren Charakter als Insiderinformation verliert.1800 Die Ad-hoc-Publizitätspflicht wird folglich dann gewahrt, wenn der Emittent der Bereichsöffentlichkeit die Möglichkeit zur Kenntnisnahme eingeräumt hat. Dann aber kann es im Umkehrschluss für die Frage der zu befürchtenden Irreführung der Öffentlichkeit auch nur auf die Vorstellung der Bereichsöffentlichkeit ankommen.1801 cc) Das bloße Vorenthalten der Informationen ist keine Irreführung Schließlich kann es als in Rechtsprechung und Literatur unumstritten erachtet werden, dass eine Irreführung der Bereichsöffentlichkeit im Sinne des § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG nicht schon deshalb zu befürchten ist, weil auf Grund der Befreiung von der Ad-hoc-Publizitätspflicht eine Informations asymmetrie entsteht und das Risiko steigt, dass die Kapitalmarktteilnehmer Anlageentscheidungen treffen oder unterlassen, die sie in Kenntnis der jeweiligen Insiderinformation derart nicht getroffen oder durchgeführt hätten.1802 Denn erachtete man bereits diesen Umstand als hinreichend für die Annahme einer Irreführung, so mündete dies in einem faktischen Leerlau1799 Schneider, BB 2005, 897 (899); Speier, S. 330; Uhl, S. 63; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 67. 1800 Vgl. Teil 2, C. III. 2. 1801 Schneider, BB 2005, 897 (899). 1802 OLG Stuttgart NZG 2009, 624 (631); Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 15 Rn. 159; Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1905); Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 291; Pattberg / Bredol, NZG 2013, 87 (90); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 385; Schneider, BB 2005, 897 (899); Simon, DK 2005, 13 (20); Speier, S. 330; Uhl, S. 61, 62; Veith, NZG 2005, 254 (257); Walz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 48 Rn. 61; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
fen des Befreiungstatbestands. Emittenten verfügten nie über die Möglichkeit, sich von der Publizitätspflicht zu befreien, selbst wenn gewichtige Interessen hierfür sprächen.1803 Der Umstand, dass ein Informationsungleichgewicht zwischen den Kapitalmarktteilnehmern entsteht und die nicht veröffentlichten Informationen bei Anlageentscheidungen nicht berücksichtigt werden können, ist insoweit immante Folge einer jeden Befreiung von der Ad-hoc-Publizitätspflicht. Die Vorenthaltung von kursrelevanten Insider informationen ist zwangsläufig und unausweichlich mit dem Entstehen einer Informationsasymmetrie und einer Nichteinbeziehung der Informationen in den aktuellen Börsenkurs und der damit einhergehenden Verfälschung des Börsenkurses verbunden.1804 Um den Befreiungstatbestand des § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG nicht vollständig seines Regelungszwecks zu berauben, zugunsten unternehmerischer berechtigter Interessen des Emittenten eine vorübergehende Befreiung von der Ad-hoc-Publizitätspflicht zu ermöglichen, darf die Befürchtung der Irreführung der Öffentlichkeit nicht mit den typischen Folgen eines Aufschubs der Veröffentlichung begründet werden können. dd) Bedeutung des Merkmals und Vorliegen einer Irreführung Besteht hinsichtlich der vorausgehend dargestellten Aspekte jedenfalls ein gewisser Grundkonsens, scheiden sich allerdings die Geister darüber, wann vom Vorliegen einer Irreführung der Öffentlichkeit ausgegangen werden kann und welche Bedeutung dem Merkmal tatsächlich zukommt, da das Interesse des Kapitalmarkts an der vollständigen und zeitnahen Veröffentlichung der fraglichen Insiderinformationen entsprechend der vorausgehenden Erörterungen zu § 6 S. 1 WpAIV bereits im Rahmen der der Interessenabwägung zur Ermittlung des berechtigten Interesses des Emittenten berücksichtigt wird.
Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 14; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 67. 1803 OLG Stuttgart NZG 2009, 624 (631); Emittentenleitfaden, S. 61; Pattberg / Bredol, NZG 2013, 87 (90); Simon, DK 2005, 13 (20); Veith, NZG 2005, 254 (257); Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 155; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 14. 1804 OLG Stuttgart NZG 2009, 624 (631); Kocher / Widder, CFL 2011, 88 (96); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 385; Schneider, BB 2005, 897 (899); Simon, DK 2005, 13 (20); Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 154; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 67.
E. Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit (§ 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG)493
(1) S chaffen, Aufrechterhalten oder Verstärken einer Fehlvorstellung Rechtsprechung und herrschende Lehre gehen davon aus, dass dem Merkmal der Befürchtung einer Irreführung der Öffentlichkeit eine eigenständige Bedeutung zukommt, es nicht durch die Berücksichtigung des Interesses des Kapitalmarkts an der vollständigen und zeitnahen Veröffentlichung der fraglichen Insiderinformationen bereits im Rahmen der Ermittlung des berechtigten Interesses des Emittenten am Aufschub der Veröffentlichung an Bedeutung verliert.1805 Was das Vorliegen einer solchen Irreführung anbelange, so lasse sich aus dem Wortlaut zunächst ableiten, dass hiermit ein Vorgang gemeint sei, auf Grund dessen sich eine Fehlvorstellung bei der Öffentlichkeit gebildet oder verfestigt haben müsse.1806 Der bloße Umstand, dass ihr bestimmte Informationen durch den Aufschub vorenthalten und diese folglich in den aktuellen Börsenkurs nicht mit einbezogen werden, sei hierfür – entsprechend der vorausgehenden Ausführungen – noch nicht als ausreichend zu erachten. Um zwar die Kapitalmarktteilnehmer hinreichend vor Fehlentscheidungen zu schützen, andererseits aber zugleich auch die Interessen der Emittenten am Aufschub der Veröffentlichung nicht zu vernachlässigen, müsse die Schaffung, Aufrechterhaltung oder Verstärkung der Fehlvorstellung vielmehr eine gewisse, über das bloße Vorenthalten der Informationen hinausgehende insiderrechtlich missbilligenswerte Komponente enthalten.1807 Erforderlich sei daher, dass entweder dem Publikum vor oder während des Aufschubs der Veröffentlichung andere Informationen vorlägen, die mit der zu veröffentlichenden Insiderinformation im Widerspruch stehen, oder aber der Emittent durch ein neben das Vorenthalten der Insiderinformationen tretendes sonstiges Verhalten, insbesondere auf Grund anderweitiger Information, falsche Vorstellungen oder Erwartungen im Hinblick auf die zurückgehaltene Information hervorrufe.1808 Eine Irreführung der Öffentlichkeit sei also zum einen dann zu befürchten, wenn im Markt schon konkrete Informationen gehandelt würden, die sich allerdings im Hinblick auf die vorenthaltene Information als fehlerhaft erwiesen und damit zu Fehlvorstellungen über 1805 OLG Stuttgart NZG 2009, 624 (631); Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1905); Kocher / Widder, CFL 2011, 88 (96); Oulds, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 14.253; Pattberg / Bredol, NZG 2013, 87 (90); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 387; Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 153; Walz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 48 Rn. 61. 1806 Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 155; ähnlich Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 289. 1807 Simon, DK 2005, 13 (20); Uhl, S. 62. 1808 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 15 Rn. 160; Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 387; Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 155.
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den jeweiligen Sachverhalt führten1809, zum anderen dann, wenn der Emittent während des Befreiungszeitraums aktive Signale – beispielsweise durch Dementi – setze, die zu der vorenthaltenen Insiderinformationen in Widerspruch stünden und damit geeignet seien, tatsächliche und gegenläufige Vorstellungen über den jeweiligen Sachverhalt hervorzurufen.1810 Eine no comment policy dürfe der Emittent hingegen verfolgen.1811 (2) Keine eigenständige Bedeutung Andere Stimmen in der Literatur vertreten demgegenüber die Auffassung, dem Merkmal der Irreführung der Öffentlichkeit komme keine eigenständige Bedeutung zu, da das Interesse des Kapitalmarkts an der vollständigen und zeitnahen Veröffentlichung der fraglichen Insiderinformationen entsprechend der vorausgehenden Erörterungen zu § 6 S. 1 WpAIV bereits im Rahmen der Interessenabwägung zur Ermittlung des berechtigten Interesses des Emittenten berücksichtigt wird und somit im Falle einer zu befürchtenden Irreführung bereits das Vorliegen berechtigter Interessen des Emittenten zu verneinen sei.1812 Begründet wird diese Auffassung damit, dass von einer eigenständigen Bedeutung des Merkmals nur dann ausgegangen werden könne, wenn die im Rahmen der Ermittlung der berechtigten Interessen des Emittenten vorzunehmende Abwägung ergebe, dass das Geheimhaltungsinteresse des Emittenten überwiege, obwohl die Anleger durch den Aufschub der Veröffentlichung in die Irre geleitet zu werden drohten. Sowohl in dem Fall, dass im Markt schon konkrete Informationen gehandelt würden, die sich im Hinblick auf die vorenthaltene Information als fehlerhaft erwiesen und damit mit Fehlvorstellungen über den jeweiligen Sachverhalt einhergingen, als auch dann, wenn der Emittent während des Befreiungszeitraums aktive Signale setze, die zu der noch nicht veröffentlichten Information in Widerspruch stünden, läge allerdings ein marktmanipulatives Verhalten des Emittenten vor, welches bereits das berechtigte Interesse an der Geheimhal1809 OLG Stuttgart, NZG 2009, 624 (631); Cahn / Götz, AG 2007, 221 (226); Simon, DK 2005, 13 (20); Uhl, S. 62; Veith, NZG 2005, 254 (257); Versteegen, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 153, 155. 1810 Emittentenleitfaden, S. 61; Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1905); Kocher / Widder, CFL 2011, 88 (96); Oulds, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 14.253; Pattberg / Bredol, NZG 2013, 87 (90); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 387, 388; Simon, DK 2005, 13 (20); Uhl, S. 63; Versteegen, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 158; Walz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 48 Rn. 61. 1811 Emittentenleitfaden, S. 61; Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 295; Kocher / Widder, CFL 2011, 88 (96); Pattberg / Bredol, NZG 2013, 87 (90). 1812 Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 68; tendenziell auch Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 15 WpHG Rn. 14.
E. Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit (§ 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG)495
tung entfallen lasse, sodass dem Merkmal der Irreführung der Öffentlichkeit kein eigenständiger Anwendungsbereich verbleibe.1813 (3) Stellungnahme Bereits der Wortlaut des § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG und derjenige des Art. 6 Abs. 2 S. 1 Marktmissbrauchsrichtlinie sehen ausdrücklich vor, dass es sich bei der Befürchtung der Irreführung der Öffentlichkeit um ein eigenständiges Merkmal handelt, dessen Bedeutung nicht durch das bereits im Rahmen des berechtigten Interesses des Emittenten zu berücksichtigenden Interesse des Kapitalmarkts an der vollständigen und zeitnahen Veröffentlichung der fraglichen Insiderinformationen seiner eigenständigen Bedeutung beraubt wird. Aber auch inhaltlich lässt sich durchaus eine klare Abgrenzung beider Merkmale vornehmen. Bei der Ermittlung der berechtigten Interessen des Emittenten erfolgt zunächst einmal lediglich eine Abwägung zwischen den unternehmerischen Interessen des Emittenten am Aufschub der zur Rede stehenden Insiderinformationen und den Interessen der Kapitalmarktteilnehmer an ihrer unverzüglichen Veröffentlichung. Aus der Beschränkung des Interesses der Kapitalmarktteilnehmer auf das Interesse an der unverzüglichen Veröffentlichung der Insiderinformation lässt sich insoweit die Annahme herleiten, dass hiermit nur solche Interessen gemeint sind, die unmittelbar durch den Aufschub der Veröffentlichung beeinträchtigt werden, zum Beispiel das unmittelbar durch das Vorenthalten der Information beeinträchtigte Interesse an der Bildung „realistischer Börsen- und Marktpreise“. Das Merkmal der Irreführung der Öffentlichkeit adressiert hingegen die Folgewirkungen des Aufschubs, die sich aus einem zusätzlichen Verhalten des Emittenten oder einer bereits am Markt gehandelten Information ergeben. Des Weiteren geht es bei der Interessenabwägung im Rahmen der Ermittlung des Vorliegens berechtigter Interessen des Emittenten auch zunächst einmal nur um eine Gegenüberstellung gegenläufiger Interessen und der Frage des Schutzbedürfnisses der Interessen des Emittenten durch eine vorübergehende Befreiung von der Publizitätspflicht. Das Merkmal der Befürchtung der Irreführung der Öffentlichkeit akzentuiert hingegen auch die Frage der Eintrittswahrscheinlichkeit von Fehlvorstellungen der Öffentlichkeit. Richtig dürfte daher im Ergebnis die Auffassung sein, dass dem Merkmal der „Irreführung der Öffentlichkeit“ eine eigenständige Bedeutung in Kontur der Ansicht der Rechtsprechung und herrschenden Lehre zuteil wird. Zu hinterfragen ist im Rahmen dieses Merkmals, ob entweder der Bereichs öffentlichkeit vor oder während des Aufschubs der Veröffentlichung andere Informationen vorlagen, die mit der zu veröffentlichenden Insiderinforma 1813 Zimmer / Kruse,
in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 67, 68.
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tion im Widerspruch stehen, oder aber ob der Emittent durch ein neben das Vorenthalten der Insiderinformationen tretendes sonstiges Verhalten, insbesondere auf Grund anderweitiger Information, falsche Vorstellungen oder Erwartungen im Hinblick auf die zurückgehaltene Information hervorruft. (4) U nterscheidung zwischen positiven und negativen Informationen Weiterhin wird zum Teil in der Literatur noch weiter eingrenzend die Auffassung vertreten, hinsichtlich des Irreführungspotenzials des Aufschubs der Veröffentlichung von Insiderinformationen sei zwischen positiven und negativen Informationen zu unterscheiden.1814 Bei positiven Informationen erfolge regelmäßig keine Irreführung der Öffentlichkeit durch die vorübergehende Befreiung von der Ad-hoc-Publizitätspflicht. Im Gegenteil könne mit einer solchen vielmehr allenfalls dann gerechnet werden, wenn die Informationen zu früh veröffentlicht würden und das sich in diesen andeutende positive Ereignis dann letztlich doch ausbleibe. Anders läge der Fall hingegen bei negativen Informationen.1815 Werde hinsichtlich solcher die Veröffentlichung vorübergehend in der Erwartung einer positiven Wende aufgeschoben und trete diese allerdings im Ergebnis doch nicht ein, so läge der Vorwurf nahe, die aufgeschobene Veröffentlichung sei irreführend gewesen.1816 Dieser Auffassung stehen allerdings durchgreifende Bedenken entgegen.1817 Zum einen lässt sich hiergegen bereits der Wortlaut des § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG und derjenige des Art. 6 Abs. 2 S. 1 Marktmissbrauchsrichtlinie anführen, die beide keine Hinweise darauf enthalten, dass negativen Informationen in der Regel ein Irreführungspotenzial zuteil wird, positiven Informationen hingegen nicht. Auch den Gesetzgebungsmaterialien und dem systematischen Kontext, in den sich die Normen einfügen, lässt sich eine derartige Unterscheidung nicht entnehmen.1818 Des Weiteren stellte sich auch die Frage, aus welcher Perspektive zu beurteilen sein sollte, ob eine Information als positiv oder negativ klassifiziert werden kann.1819 Denn 1814 Brandi / Süßmann,
AG 2004, 642 (650); Ziemons, NZG 2004, 537 (543). AG 2004, 642 (650); Ziemons, NZG 2004, 537 (543). 1816 Ziemons, NZG 2004, 537 (543). 1817 Oulds, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 14.253; Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 389; Simon, DK 2005, 13 (20); Speier, S. 331; Uhl, S. 64; Veith, NZG 2005, 254 (257); Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 156; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 67. 1818 Simon, DK 2005, 13 (20); Speier, S. 331. 1819 Speier, S. 331, der insofern ausführt, dass eine klare Einordnung selbst dann zweifelhaft sei, wenn man nur auf die Sicht des Emittenten abstellt, sofern es sich beispielsweise um ambivalente Ereignisse handelte; Uhl, S. 64. 1815 Brandi / Süßmann,
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beispielsweise bei Transaktionen können bestimmte Informationen für den einen Transaktionspartner positive Auswirkungen haben, für den anderen hingegen als negativ einzustufen sein. Schließlich muss entscheidend auch bezweifelt werden, dass die Differenzierung zwischen positiven und negativen Informationen inhaltlich zutreffend ist. Denn soweit diese Auffassung davon ausgeht, dass der Aufschub der Veröffentlichung positiver Informationen in der Regel keine Irreführung der Öffentlichkeit zur Folge habe, kann dem nicht zugestimmt werden. Vielmehr besteht die Gefahr der unzutreffenden Bewertung eines bestimmten Sachverhalts und der Bildung falscher Börsenkurse auf Grund des mit dem Aufschub der Veröffentlichung einhergehenden Informationsdefizits in gleicher Weise wie bei negativen Informationen.1820 b) Die Befürchtung einer Irreführung der Öffentlichkeit in der vorliegend zu untersuchenden Konstellation Ob im Falle des Aufschubs der Veröffentlichung der Information über die bevorstehende Transaktion und den damit einhergehenden Aktionärswechsel, die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen und der bereitgestellten Informationen an sich die Irreführung der Öffentlichkeit zu befürchten lässt, richtet sich nach den vorausgehenden Erkenntnissen danach, ob dem Anlegerpublikum entweder vor oder während des Aufschubs der Veröffentlichung der jeweiligen Insiderinformation andere Informationen vorliegen, die mit der prinzipiell zu veröffentlichenden Insiderinformation im Widerspruch stehen, oder aber der Emittent durch ein neben das Vorenthalten der Insiderinformationen tretendes sonstiges Verhalten, insbesondere auf Grund anderweitiger Information, falsche Vorstellungen oder Erwartungen im Hinblick auf die zurückgehaltene Information hervorruft. Dies kann losgelöst von den tatsächlichen Gegebenheiten der jeweiligen Konstellation nicht allgemein beantwortet werden. Daher soll es an dieser Stelle genügen darauf hinzuweisen, dass jedenfalls bei unauffälligem Verhalten des Emittenten und Verfolgen einer no comment policy keine Irreführung der Öffentlichkeit zu befürchten ist. 4. Gewährleistung der Vertraulichkeit Schließlich kommt eine Befreiung von der Ad-hoc-Publizitätspflicht gemäß § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG nur dann in Betracht, wenn der Emittent die 1820 Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1905); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 389; Simon, DK 2005, 13 (20); Veith, NZG 2005, 254 (257); Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 156.
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Vertraulichkeit der Insiderinformationen gewährleisten kann. Die Notwendigkeit dieser Voraussetzung ergibt sich unmittelbar aus dem Regelungszweck der Ad-hoc-Publizität. Denn soll § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG der Sicherung der Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte dienen, indem die durch die Veröffentlichungspflicht erreichte Markttransparenz die Bildung „realistischer Börsen- und Marktpreise“ gewährleistet, die Chancengleichheit zwischen den Kapitalmarktteilnehmern herstellt und Insiderhandel präventiv unterbindet, so erscheint der Aufschub der Veröffentlichung aus diesem Blickwinkel auch nur dann vertretbar, wenn Maßnahmen ergriffen werden, die das vorübergehende Ausbleiben der Information der Kapitalmärkte und die damit einhergehenden gesteigerten Risiken des Insiderhandels kompensieren.1821 Unter welchen Voraussetzungen der Emittent allerdings die Vertraulichkeit der Insiderinformationen gewährleisten können soll, lässt sich nicht ohne Weiteres beantworten. § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG gibt hierüber jedenfalls keinerlei Auskunft. Auch ein Blick in Art. 6 Abs. 2 S. 1 Marktmissbrauchsrichtlinie hilft an dieser Stelle nicht weiter, da auch dieser lediglich das Erfordernis postuliert, dass der Emittent in der Lage sein muss, die Vertraulichkeit der Information zu gewährleisten, ohne dieses Kriterium allerdings einer Konkretisierung zuzuführen. a) Ausgangspunkt der Auslegung des Merkmals aa) § 7 WpAIV / Art. 3 Abs. 2 Durchführungsrichtlinie Rechtsprechung und herrschende Lehre vertreten die Auffassung, der Ausgangspunkt für die Auslegung und weitere Konkretisierung des Merkmals der Gewährleistung der Vertraulichkeit sei in § 7 WpAIV unter Berücksichtigung der europarechtlichen Vorgabe des Art. 3 Abs. 2 Durchführungsrichtlinie zu erblicken.1822 Nach § 7 WpAIV hat der Emittent den Zugang zur Insiderinformation zu kontrollieren, indem er wirksame Vorkehrungen dafür trifft, dass zum einen andere Personen als solche, deren Zugang zu Insiderinformationen für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben beim Emittenten unerlässlich ist, keinen Zugang zu dieser Information erlangen 1821 Ähnlich Pattberg / Bredol, NZG 2013, 87 (90); Schneider, BB 2005, 897 (900); Versteegen, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 162. 1822 BGH NJW 2013, 2114 (21119); OLG Stuttgart NZG 2009, 624 (631); Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (650); Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1905); Herfs, DB 2013, 1650 (1655); Krause / Brellochs, AG 2013, 309 (316); Oulds, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 14.254; Pattberg / Bredol, NZG 2013, 87 (90); Schneider, BB 2005, 897 (900); Simon, DK 2005, 13 (20, 21); Speier, S. 334; Uhl, S. 65; Veith, NZG 2005, 254 (257); Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 15; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 69.
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und er zum anderen die Information unverzüglich bekannt geben kann, wenn er nicht länger in der Lage ist, ihre Vertraulichkeit zu gewährleisten. Darüber hinaus sieht Art. 3 Abs. 2 Durchführungsrichtlinie als europarechtliche Vorgabe des § 7 WpAIV in S. 2 lit. b) vor, dass der Emittent die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen hat um zu gewährleisten, dass jede Person, die Zugang zu den Insiderinformationen hat, die sich daraus ergebenden rechtlichen und regulatorischen Pflichten anerkennt und sich der Sanktionen bewusst ist, die bei einer missbräuchlichen Verwendung beziehungsweise einer nicht ordnungsgemäßen Verbreitung derartiger Informationen verhängt werden. Aus nationaler Sicht ergebe sich diese Verpflichtung aus § 15b Abs. 1 S. 3 WpHG.1823 Begründet wird die Heranziehung des § 7 WpAIV zur Konkretisierung des Merkmals der Gewährleistung der Vertraulichkeit mittels einer richtlinienkonformen Auslegung des § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 7 WpAIV. So spreche Art. 3 Abs. 2 S. 1 Durchführungsrichtlinie ausdrücklich davon, dass der Emittent, um die Befreiung von der Ad-hoc-Publizitätspflicht in Anspruch nehmen zu können, „zwecks Gewährleistung der Vertraulichkeit von Insiderinformationen“ den Zugang zu diesen Informationen kontrollieren muss. Diese Kontrolle setzt nach Art. 3 Abs. 2 S. 2 Durchführungsrichtlinie insbesondere voraus, dass der Emittent wirksame Vorkehrungen treffe, um (1) zu verhindern, dass andere Personen als solche, deren Zugang zu Insiderinformationen für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben innerhalb des emittierenden Instituts unerlässlich ist, Zugang zu diesen Informationen erlangen, um (2) zu gewährleisten, dass jede Person, die Zugang zu den Insiderinformationen hat, die sich daraus ergebenden rechtlichen sowie regulatorischen Pflichten anerkennt und sich der Sanktionen bewusst ist, die bei einer missbräuchlichen Verwendung beziehungsweise einer nicht ordnungsgemäßen Verbreitung derartiger Informationen verhängt werden und um (3) für den Fall, dass er nicht in der Lage war, die Vertraulichkeit der entsprechenden Insiderinformationen zu gewährleisten, diese unmittelbar bekanntgeben zu können. Hieraus werde deutlich, dass die Ergreifung dieser Maßnahmen im unmittelbaren Zusammenhang mit der Gewährleistung der Vertraulichkeit stehe. Bestätigt werde dies auch durch andere Sprachfassungen des Art. 3 Abs. 2 Durchführungsrichtlinie wie der englischen – „in order to be able to ensure the confidentiality of inside information, an issuer controls access to such information and, in particular […]“ – oder der französischen – „les États membre exigent que l’émetteur, afin d’être en mesure d’assure la confidentialité s’un 1823 BGH NJW 2013, 2114 (21119); OLG Stuttgart NZG 2009, 624 (631); Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1906); Pattberg / Bredol, NZG 2013, 87 (90); Simon, DK 2005, 13 (21); Speier, S. 336; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 15; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 69.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
information priviligée, contrôle l’accès à cette information, et en particulier […]“ –, die eindeutig die Vorgaben des Art. 3 Abs. 2 Durchführungsrichtlinie zur Voraussetzung der Gewährleistung der Vertraulichkeit machten. Eine richtlinienkonforme Auslegung der § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 7 WpAIV müsse daher ergeben, dass diese unmittelbar für die Gewährleistung der Vertraulichkeit im Sinne des § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG von Bedeutung seien.1824 bb) Keine Eignung der § 7 WpAIV Andere Stimmen in der Literatur vertreten demgegenüber die Auffassung, § 7 WpAIV (und § 15b Abs. 1 S. 3 WpHG) könnte(n) nicht als Ausgangspunkt für die weitere Konkretisierung des Merkmals der Gewährleistung der Vertraulichkeit herangezogen werden, da die in ihm zum Ausdruck kommenden Pflichten des Emittenten ausschließlich Folgepflichten für den Fall des berechtigten Aufschubs der Veröffentlichung der fraglichen Insiderinformationen seien, die Inanspruchnahme der Befreiung nicht die Erfüllung dieser Pflichten voraussetze.1825 Für diese Ansicht wird zunächst der Wortlaut der § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG und § 15 Abs. 7 WpHG geltend gemacht, der nicht darauf hindeute, dass die Inanspruchnahme der Möglichkeit des Aufschubs der Veröffentlichung vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 7 WpAIV abhänge. Der Wortlaut des § 7 WpAIV spreche sogar ausdrücklich davon, dass die von ihm aufgestellten Verhaltenspflichten des Emittenten „während der Befreiung nach § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG“ zu ergreifen sind. Zudem dürfe auch kein Zweifel daran bestehen, dass jedenfalls die durch § 7 Nr. 2 WpAIV auferlegte Pflicht des Emittenten, wirksame Vorkehrungen zu treffen, dass er die Insiderinformation unverzüglich bekannt geben kann, wenn er nicht länger in der Lage ist, ihre Vertraulichkeit zu gewährleisten, in der Sache kein Element der Vertraulichkeit darstelle.1826 cc) Stellungnahme Im Ergebnis dürfte der Auffassung zu folgen sein, dass § 7 WpAIV unter Berücksichtigung des Art. 3 Abs. 2 Durchführungsrichtlinie als Ausgangspunkt der weiteren Konkretisierung des Merkmals der Gewährleistung der Vertraulichkeit herangezogen werden kann und heranzuziehen ist. Zwar erweckt der Wortlaut des § 7 WpAIV tatsächlich auf Grund des Wortlauts „während der Befreiung“ zunächst den Eindruck, dass dieser ausschließlich 1824 OLG
Stuttgart NZG 2009, 624 (632). in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 164. 1826 Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 164. 1825 Versteegen,
E. Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit (§ 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG)501
Pflichten beschreibt, die den Zeitraum während der Befreiung betreffen, aber nicht für die Inanspruchnahme der Befreiung ausschlaggebend sind. Allerdings weist § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 3 WpHG ausdrücklich darauf hin, dass das Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen erlassen kann über berechtigte Interessen des Emittenten und die Gewährleistung der Vertraulichkeit nach § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG. Dies hat der Verordnungsgeber ausweislich des Titels der Vorschrift – „Gewährleistung der Vertraulichkeit während der Befreiung von der Veröffentlichungspflicht“ – in § 7 WpAIV geregelt. Trotz der Ungenauigkeit des Wortlauts, die durch den Begriff „während“ entsteht, lässt sich an dieser Stelle eine Verzahnung der Vorschriften erkennen, die eindeutig dafür spricht, dass § 7 WpAIV der weiteren Konkretisierung der Voraussetzungen an die Gewährleistung der Vertraulichkeit dient. Auch eine richtlinienkonforme Auslegung des § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 7 WpAIV trägt dieses Ergebnis, denn Art. 3 Abs. 2 S. 1 Durchführungsrichtlinie kann eindeutig entnommen werden, dass die seitens des Emittenten zu ergreifenden Maßnahmen des Art. 3 Abs. 2 S. 2 Durchführungsrichtlinie, die im nationalen Recht in § 7 WpAIV und § 15b Abs. 1 S. 3 WpHG verortet sind, in unmittelbarem Kontext zur Gewährleistung der Vertraulichkeit stehen und dieses Merkmal näher konkretisieren. b) Auslegung des Merkmals der Gewährleistung der Vertraulichkeit Fest steht damit zunächst, dass § 7 WpAIV und § 15b Abs. 1 S. 3 WpHG das Merkmal der Gewährleistung der Vertraulichkeit in § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG näher konkretisieren. Noch nicht gesagt ist allerdings damit, welche konkreten Voraussetzungen dem Emittenten aus diesen Vorschriften erwachsen. aa) § 7 Nr. 1 WpAIV Nach § 7 Nr. 1 WpAIV hat der Emittent zunächst den Zugang zu den fraglichen Insiderinformationen zu kontrollieren, indem er wirksame Vorkehrungen dafür trifft, dass andere Personen als solche, deren Zugang zu den Informationen für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben beim Emittenten unerlässlich ist, keinen Zugang zu diesen Informationen erlangen. Der Begriff „unerlässlich“ wurde aus der deutschen Fassung des Art. 3 Abs. 2 S. 2 lit. a) Durchführungsrichtlinie übernommen. Er beruht allerdings auf einer ungenauen Übersetzung der Vorschrift aus der englischen Fassung, die insoweit davon spricht, dass nur Personen zu den Insiderinformationen Zu-
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gang haben dürfen, „who require it for the exercise of their functions“.1827 Zugunsten der Emittenten ist § 7 Nr. 1 WpHG daher entsprechend der englischen Fassung des Art. 3 Abs. 2 S. 1 lit. a) Durchführungsrichtlinie und in Anlehnung in Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie und der zum Merkmal der Befugnis in § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG erarbeiteten Erkenntnisse dahingehend auszulegen, dass nur solche Personen Zugang zu den Insiderinformationen erhalten dürfen, deren Zugang für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlich ist.1828 Auch an dieser Stelle hat daher eine Abwägung der widerstreitenden Interessen – dem Interesse des Emittenten an der Weitergabe von Insiderinformationen und dem im Insiderhandelsverbot zum Ausdruck kommenden Interesse des Kapitalmarkts – zu erfolgen.1829 Weiterhin muss der Emittent Vorkehrungen treffen, dass nur solche Personen, deren Zugang zu den Insiderinformationen für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben beim Emittenten erforderlich ist, Zugang zu diesen haben. Welche Vorkehrungen in diesem Sinne erforderlich sind, lässt der Verordnungsgeber allerdings offen. Auch aus Art. 3 Abs. 2 S. 2 lit. a) Durchführungsrichtlinie lassen sich keine weiteren Erkenntnisse ziehen. Letztlich dürfte das Maß der zu ergreifenden Maßnahmen von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängen. Dabei wird man in der Regel davon ausgehen können, dass jedenfalls die Schaffung oder die Inanspruchnahme von umfangreichen Compliance-Strukturen zur Kontrolle des Zugangs aus Rechtsgründen keine unabdingbare Voraussetzung für die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Befreiung von der Ad-hoc-Publizitätspflicht darstellt.1830 Zwar lässt sich nicht bestreiten, dass börsennotierte Unternehmen bei der Ermittlung veröffentlichungspflichtiger Informationen eine gewisse Sorgfalt aufbringen müssen, sodass sie bereits aus diesem Grund gut beraten sind, entsprechende Strukturen vorzusehen, die eine zügige Identifika tion und Veröffentlichung kursrelevanter Informationen gewährleisten. Je größer allerdings der mit einer derartigen Struktur einhergehende Personalaufwand wird, desto weniger entspricht eine solche Struktur dem von § 7 WpAIV verfolgten Zweck, die Vertraulichkeit der Insiderinformation zu 1827 OLG Stuttgart NZG 2009, 624 (632); Pattberg / Bredol, NZG 2013, 87 (90); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 393; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 70. 1828 OLG Stuttgart NZG 2009, 624 (632); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 393; Simon, DK 2005, 13 (21); Speier, S. 334; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 70; ähnlich auch Walz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 48 Rn. 62. 1829 Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 70; vgl. Teil 2, C. V. 2. c) bb). 1830 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 15 Rn. 165; Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 305; Oulds, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 14.254; a. A. Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (650).
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gewährleisten und den Kreis der Insider möglichst klein zu halten.1831 Weiterhin stellt auch die Aufnahme der Personen, die Zugang zu den Insiderinformationen erhalten, in das Insiderverzeichnis gemäß § 15b WpHG keine zwingende Voraussetzung für das Vorliegen eine wirksamen Zugangskontrolle im Sinne des § 7 S. 1 WpAIV dar.1832 Zwar lässt sich Erwägungsgrund Nr. 6 Durchführungsrichtlinie insoweit entnehmen, dass die Führung von Insiderverzeichnissen nicht nur die effektive Kontrolle durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht als Aufsichtsbehörde, sondern den Emittenten auch die Kontrolle der Vertraulichkeit hinsichtlich der von ihm dem Kapitalmarkt vorenthaltenen Insiderinformationen ermöglichen soll. Hieraus allein lässt sich allerdings nicht der Schluss ableiten, dass die Aufnahme der Personen, die Zugang zu den Insiderinformationen haben, in das Insiderverzeichnis zwingende Voraussetzung für die Annahme einer hinreichenden Zugangskontrolle im Sinne des § 7 Nr. 1 WpAIV ist.1833 Im Gegensatz dazu wird man beispielsweise in Anlehnung an die Organisationspflichten, die Wertpapierdienstleistern im Kontext des § 33 Abs. 1 Nr. 3 WpHG auferlegt werden, allerdings verlangen können, dass der Emittent zumindest Vertraulichkeitsbereiche einrichtet, um den Zugang zu den Insiderinformationen, deren Veröffentlichung er aufschiebt, zu kontrollieren.1834 Die Einrichtung spezieller Räumlichkeiten wird in diesem Zusammenhang allerdings – anders als bei Wertdienstleistern1835 – nicht erforderlich sein, da der Aufschub der Veröffentlichung von Insiderinformationen seitens eines Emittenten lediglich einen gelegentlich auftretenden Vorgang darstellt, während Wertpapierdienstleister geschäftlich mit Insiderinforma tionen zu tun haben.1836 Ratsam ist allerdings wiederum, strikte Regeln vorzusehen, nach denen sich der Zugang zu den Insiderinformationen richtet1837, sowie Vertraulichkeitsvereinbarungen mit den Personen, die Zugang zu den Insiderinformationen erhalten, abzuschließen.1838 Schließlich dürfte davon auszugehen sein, dass dem Emittenten zwar nicht zwingend eine Stuttgart NZG 2009, 624 (632); Nietsch, BB 2005, 785 (787). Stuttgart NZG 2009, 624 (632); a. A. wohl Veith, NZG 2005, 254 (258); Ziemons, NZG 2004, 537 (543). 1833 OLG Stuttgart NZG 2009, 624 (632); a. A. wohl Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 71. 1834 Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (650); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 394. 1835 Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 33 WpHG Rn. 3; Schwark / Zimmer, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 33 WpHG Rn. 28, 39 ff. 1836 Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 394. 1837 Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (650). 1838 Parmentier, NZG 2007, 407 (416); Uhl, S. 66, 77; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 71. 1831 OLG 1832 OLG
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Dokumentationspflicht im Hinblick auf den Zugang zu den Insiderinformationen und die von ihm ergriffenen Maßnahmen hinsichtlich der Beschränkung des Zugangs obliegt. Sie ist ihm allerdings dringend aus Beweissicherungsgründen und im Hinblick auf seine Begründungspflichten aus § 15 Abs. 3 S. 4 WpHG und § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 8 Abs. 5 Nr. 2 lit. a) WpAIV anzuraten.1839 Dies insbesondere auch deshalb, weil die Befreiung je nach den Umständen des konkreten Einzelfalls über einen längeren Zeitraum in Anspruch genommen werden kann und der Emittent im Rahmen der Nachholung der Veröffentlichung in der Lage sein muss, die ursprüngliche Entscheidung und den Befreiungszeitraum rekonstruieren zu können.1840 bb) § 15b Abs. 1 S. 3 WpHG Des Weiteren geht die herrschende Meinung entsprechend Art. 3 Abs. 2 S. 2 lit. b) Durchführungsrichtlinie davon aus, dass der Emittent die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen hat um zu gewährleisten, dass jede Person, die Zugang zu den Insiderinformationen hat, die sich daraus ergebenden rechtlichen sowie regulatorischen Pflichten anerkennt und sich der Sanktionen bewusst ist, die bei einer missbräuchlichen Verwendung beziehungsweise einer nicht ordnungsgemäßen Verbreitung derartiger Informationen verhängt werden.1841 Das Bundesamt für Finanzen hat von dessen Umsetzung in § 7 WpAIV bewusst abgesehen, da bereits § 15b Abs. 1 S. 3 WpHG eine entsprechende Pflicht des Emittenten enthält, deren Erfüllung auch dem Zweck des § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG genügen soll.1842 Auch der Gesetzesbegründung zum Anlegerschutzverbesserungsgesetz lässt sich entnehmen, dass der Gesetzgeber jedenfalls in Anlehnung an Art. 3 Abs. 2 S. 2 lit. b) Durchführungsrichtlinie davon ausgegangen ist, dass der Emittent nur dann die Befreiung von der Ad-hoc-Publizität in Anspruch nehmen kann, wenn er gegenüber jede Person, die Zugang zu den Insiderinformationen hat, einer entsprechenden Belehrungs- und Aufklärungspflicht nachgekommen ist.1843 1839 OLG Stuttgart NZG 2009, 624 (632); Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 15 Rn. 165; Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (650); Diekmann / Sustmann, NZG 2004, 929 (935); Oulds, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 14.254; Simon, DK 2005, 13 (21); Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 71. 1840 Simon, DK 2005, 13 (21). 1841 BGH NJW 2013, 2114 (2119); OLG Stuttgart, NZG 2009, 624 (633); Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1906); Pattberg / Bredol, NZG 2013, 87 (90); Simon, DK 2005, 13 (21); Speier, S. 336; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 15; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 69. 1842 OLG Stuttgart NZG 2009, 624 (633); Simon, DK 2005, 13 (21). 1843 BT-Drucks. 15 / 3174, S. 35.
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cc) § 7 Nr. 2 WpAIV Schließlich hat der Emittent den Zugang zu den Insiderinformationen, deren Veröffentlichung aufgeschoben werden soll, auch dadurch zu kontrollieren, dass er wirksame Vorkehrungen dafür trifft, dass er die Information unverzüglich bekannt geben kann, wenn er nicht länger in der Lage ist, ihre Vertraulichkeit zu gewährleisten. Auch an dieser Stelle entbehren jedoch sowohl die Vorschrift des § 7 Nr. 2 WpAIV als auch Art. 3 Abs. 2 S. 2 lit. c) Durchführungsrichtlinie einer näheren Auskunft darüber, welche konkreten Vorkehrungen der Emittent zu treffen hat. Letztlich dürfte sich dies ebenso wie im Rahmen der Maßnahmen, die hinsichtlich der Kontrolle des Zugangs zu den Insiderinformationen zu ergreifen sind, nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls richten.1844 Unstreitig dürfte dem Emittenten jedenfalls die Pflicht obliegen zu beobachten, ob die Vertraulichkeit der Informationen gewährleistet ist, um gegebenenfalls zügig mit der Nachholung der Veröffentlichung auf das Entfallen der Voraussetzungen zu reagieren.1845 c) Gewährleistung der Vertraulichkeit bei Auftreten von Gerüchten Umstritten ist schließlich die Frage, inwieweit die Vertraulichkeit der Insiderinformationen, deren Veröffentlichung aufgeschoben wird, noch gewährleistet ist und der Emittent die Befreiung weiterhin in Anspruch nehmen kann, wenn Gerüchte am Markt auftreten oder bestimmte Details bekannt werden. aa) Regelmäßig keine Gewährleistung der Vertraulichkeit Teile der Literatur vertreten in dieser Hinsicht den Standpunkt, sobald Gerüchte am Markt aufträten, sei in der Regel davon auszugehen, dass der Emittent die Vertraulichkeit der dem Kapitalmarkt vorenthaltenen Insiderinformationen nicht mehr gewährleisten kann.1846 Dies gelte unabhängig davon, ob die Gerüchte nachweislich aus der Sphäre des Emittenten stammten oder gezielt von Dritten in Umlauf gebracht würden. Erforderlich sei lediglich, dass es sich bei dem Gerücht nicht um ein bloß rein spekulatives Gerede mit gut erfundenem und plausiblem Inhalt handle, sondern es eine 1844 OLG
Stuttgart NZG 2009, 624 (634). DK 2005, 13 (21). 1846 Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (657); Holzborn / Israel, WM 2004, 883 (885); Kuthe, ZIP 2004, 883 (885); Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 165; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 15. 1845 Simon,
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
gewisse inhaltliche Qualität aufweise und den Schluss auf das Vorliegen realer Umstände zulasse.1847 In diesem Fall müsse der Emittent die Veröffentlichung unverzüglich nachholen; eine bloße no comment policy sei nicht als ausreichend zu erachten.1848 Begründet wird diese Auffassung damit, dass das Auftreten des Gerüchts am Markt zu einer Störung des Informationsgleichgewichts zwischen den Kapitalmarktteilnehmern führe und deshalb ein Fortbestehen der Befreiung von der Publizitätspflicht nicht in Betracht kommen dürfe.1849 bb) Gewährleistung der Vertraulichkeit, sofern das Gerücht nicht einer dem Emittenten zurechenbaren Vertraulichkeitslücke entspringt Andere Stimmen in der Literatur sind demgegenüber der Auffassung, nicht jedes Auftreten von Gerüchten am Markt begründe die Annahme, dass der Emittent die Vertraulichkeit der dem Kapitalmarkt vorenthaltenen Insiderinformationen nicht mehr gewährleisten könne. Entscheidend sei insofern, ob Grund zu der Annahme bestehe, dass das Gerücht aus einer Vertraulichkeitslücke im Herrschaftsbereich des Emittenten resultiere, das Auftreten des Gerüchts auf ein zurechenbare Vertraulichkeitslücke beim Emittenten zurückzuführen sei. Könne der Emittent hingegen davon ausgehen, dass die Gerüchte nicht aus seiner Sphäre stammen, so stehe ihm weiterhin die Möglichkeit offen, die Befreiung von der Veröffentlichung aufrecht zu erhalten.1850 Allerdings dürfe er keine Kommentare geben, die das Gerücht bestätigen oder dementieren, sondern müsse sich diesbezüglich einer Äußerung enthalten und eine no comment policy verfolgen, da er anderenfalls eine Irreführung der Öffentlichkeit provozieren könnte.1851 Angeführt wird für diese Auffassung, dass nicht bereits jedes Auftreten eines 1847 Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (657); Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 165. 1848 Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (657); Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 165. 1849 Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 15. 1850 Emittentenleitfaden, S. 61; Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 15 Rn. 168; Bachmann, ZHR 172 (2008), 597 (610, 611); Diekmann / Sustmann, NZG 2004, 929 (935); Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1907); Liekefett, S. 234; Oulds, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 14.255; Veith, NZG 2005, 254 (258); Pattberg / Bredol, NZG 2013, 87 (90); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 395; Walz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 48 Rn. 62; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 72. 1851 Emittentenleitfaden, S. 61; Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 15 Rn. 170; Diekmann / Sustmann, NZG 2004, 929 (935); Harbarth, ZIP 2005, 1898
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Gerüchts am Markt zur Verpflichtung der Nachholung der Veröffentlichung führen dürfe, da dem Emittenten anderenfalls letztlich eine Kommentierungspflicht auferlegt werde, die den Regelungszweck des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG im Sinne der Prävention von Insiderhandel überbetonte und die weiterhin bestehenden, berechtigten Interessen des Emittenten am Aufschub der Veröffentlichung vernachlässigte.1852 Dies erscheine umso bedenklicher, als dass Dritte es somit letztlich in der Hand hätten, durch bewusste Streuung von Gerüchten den Emittenten zur Veröffentlichung bislang dem Kapitalmarkt vorenthaltener Insiderinformationen zu nötigen und von diesem anvisierte, mögliche Geschäfte auf diese Weise scheitern zu lassen.1853 cc) Stellungnahme Im Ergebnis dürfte der Auffassung zu folgen sein, dass die Vertraulichkeit der Insiderinformationen nur dann nicht mehr als gewährleistet erachtet werden kann, wenn das am Markt aufgetretene Gerücht der Sphäre des Emittenten entspringt und insofern auf eine Vertraulichkeitslücke bei diesem hindeutet. Der Wortlaut der § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG i. V. m. § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 7 Nr. 2 WpHG spricht ausdrücklich davon, dass der Emittent die Vertraulichkeit der Insiderinformationen gewährleisten können muss. Bereits hieraus lässt sich entnehmen, dass nur solche Gerüchte den Emittenten zur unverzüglichen Nachholung der Veröffentlichung zwingen dürften, die gerade aus dem Umstand resultieren, dass der Emittent die Vertraulichkeit der Insiderinformationen eben nicht gewährleisten kann, sodass eine Vertraulichkeitslücke zumindest angenommen werden können muss. Man mag zwar im Ergebnis kaum bestreiten können, dass die Verbreitung von plausiblen Gerüchten durch Stellen, die über Marktautorität verfügen, ein gewisses Bedürfnis begründet, dass der Emittent sich zu den aufgeworfenen Sachverhalten äußert und damit letztlich auch zumindest Teile der zurückgehaltenen Insiderinformationen veröffentlicht. Allerdings darf in dieser Hinsicht nicht der Regelungszweck des Befreiungstatbestands des § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG vernachlässigt werden. Grundsätzlich hat der Emittent zwar seine Publizitätspflicht nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG zu erfüllen, weil hierdurch die Bildung „realistischer Börsen- und Marktpreise“ gewährleistet und Insiderhandel präventiv begegnet wird, was für die Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte von wesentlicher Bedeutung ist. Durch (1906); Veith, NZG 2005, 254 (257); Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 72. 1852 Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 72. 1853 Bachmann, ZHR 172 (2008), 597 (611); Diekmann / Sustmann, NZG 2004, 929 (935); Liekefett, S. 234; Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 396; Schneider, BB 2005, 897 (899); Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 72.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
§ 15 Abs. 3 S. 1 WpHG soll ihm jedoch die Möglichkeit eingeräumt werden, seine unternehmerischen Interessen ohne die Gefährdung durch eine frühzeitige Veröffentlichung verfolgen zu können, wenn er für den Zeitraum der Befreiung die damit einhergehenden Gefahren seinen Möglichkeiten und den Vorgaben des § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG und des § 7 WpAIV entsprechend kompensiert. Würde man nun davon ausgehen, dass jegliches halbwegs plausible Gerücht unabhängig davon, ob es aus einer tatsächlichen Vertrauenslücke beim Emittenten resultiert, die Gewährleistung der Vertraulichkeit der dem Kapitalmarkt vorenthaltenen Insiderinformationen in Frage stellte, bedeutete dies eine einseitige Überbetonung des Regelungszwecks des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG zum Nachteil der Interessen des Emittenten und damit des Regelungszwecks des § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG, die sich dem Gesetz nicht entnehmen lässt und auch vor dem Hintergrund einer möglichen Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG nicht angenommen werden darf. d) Gewährleistung der Vertraulichkeit in der vorliegend zu untersuchenden Konstellation Ob die Vertraulichkeit im Hinblick auf die Insiderinformationen über (1) die bevorstehende Transaktion und den damit einhergehenden Aktionärswechsel, (2) die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen und (3) die bereitgestellten Insiderinformationen an sich gewährleistet ist, lässt sich ebenso wie die Frage einer zu befürchtenden Irreführung der Öffentlichkeit ausschließlich unter Berücksichtigung der weiteren Umstände und tatsächlichen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls beurteilen. Nur hinsichtlich der zu Zwecken der Due Diligence bereitgestellten Informationen kann an dieser Stelle konstatiert werden, dass diese – bei sorfaltsgemäßem Verhalten des Vorstands des Emittenten – in einem speziellen Datenraum aufbewahrt werden und einer Zugangskontrolle unterliegen und dementsprechend nur solche Personen Zugang zu diesen haben, die sie für die normale Berufs- und Geschäftsausübungstätigkeit benötigen, was den Vorgaben des § 7 S. 1 WpAIV entspricht. Ansonsten hängt das Vorliegen der übrigen Voraussetzungen von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. 5. Zwischenergebnis Sowohl die Veröffentlichung der Insiderinformation über die bevorstehende Transaktion und die damit einhergehende Veränderung der Aktionärsstruktur, über die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen – sofern es sich hierbei im konkreten
E. Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit (§ 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG)509
Fall um einen publizitätspflichtigen Umstand handelt – als auch die Veröffentlichung der bereitgestellten Insiderinformationen kann unter den dargelegten Bedingungen aufgeschoben werden.
VI. Ergebnis Jedenfalls insoweit, wie die Möglichkeit der Befreiung von der Publizitätspflicht nach § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG im Hinblick auf die bevorstehende Transaktion und die damit einhergehende Veränderung der Aktionärsstruktur, die – ausnahmsweise zu veröffentlichende – Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen und die bereitgestellten Insiderinformationen an sich besteht und der Vorstand als leitungs- und geschäftsführungsbefugtes Organ des Emittenten im Sinne des § 76 ff. AktG diese Möglichkeit – durch eine aktive Entscheidung – in Anspruch nimmt, sind die Vorstandsmitglieder nicht der Bußgeldandrohung des § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG wegen Versäumnisses der Veröffent lichung der entsprechenden Insiderinformationen ausgesetzt. Hingewiesen sei an dieser Stelle allerdings darauf, dass der Emittent respektive die Vorstandsmitglieder oder die hierfür Verantwortlichen die Veröffentlichung gemäß § 15 Abs. 3 S. 2 WpHG unverzüglich nachzuholen haben, wenn die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Publizitätspflicht gemäß § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG entfallen. Unverzüglich heißt auch an dieser Stelle in Anlehnung an § 121 Abs. 1 S. 1 BGB nichts anderes als ohne schuldhaftes Zögern.1854 Die Anforderungen an die Unverzüglichkeit der Veröffentlichung sind allerdings im Rahmen des § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG strenger als im Rahmen des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG. Denn dem Emittent obliegt – wie die vorausgehenden Ausführungen darlegen – während des Befreiungszeitraums die Pflicht, wirksame Vorkehrungen zu treffen, dass er die Information unverzüglich bekannt geben kann, wenn er nicht länger in der Lage ist, ihre Vertraulichkeit zu gewährleisten.1855 Fraglich ist allerdings, wie das Merkmal des Nachholens auszulegen ist. Der Wortlaut legt zunächst die Annahme nahe, dass die ursprüngliche Information zu veröffentlichen ist, wie sie zum Zeitpunkt des Aufschubs vorlag.1856 Dies kann allerdings richtigerweise nur insoweit gelten, als dass die fragliche Information nach Wegfall der Befreiungsvoraussetzungen überhaupt noch als Insi1854 Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 399; Schneider, BB 2005, 897 (901); Uhl, S. 67; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 16. 1855 Uhl, S. 67; Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 188. 1856 Schneider, BB 2005, 897 (901); Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 185; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 75.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
derinformation qualifiziert werden kann.1857 § 15 Abs. 3 S. 2 WpHG stellt insoweit einen Rechtsgrundverweis auf § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG dar.1858 Dies erscheint plausibel, denn zum einen liegt der Zweck der Publizitätspflicht darin, den Anlegern durch das zeitnahe Veröffentlichen kursrelevanter Informationen die Bildung realistischer Börsen- und Marktpreise zu ermöglichen.1859 War eine Information allerdings zwar ursprünglich einmal insiderrechtlich relevant, hat sich dieser Status allerdings verändert, so erscheint eine Nachholung deren Veröffentlichung aus diesem Blickwinkel nicht erforderlich, da insoweit kein Informationsinteresse des Kapitalmarkts mehr besteht.1860 Zum anderen droht infolge des Entfallens des Charakters als Insiderinformation auch nicht die Gefahr, dass Insider auf deren Grundlage Insiderhandel betreiben und die übrigen Kapitalmarktteilnehmer übervorteilen.1861 Gleiches muss im Übrigen auch für den Fall gelten, dass sich die ursprüngliche Information überholt, also die Tatsachenlage sich zwischenzeitig geändert hat. Auch in dieser Konstellation ist nur der aktuelle und nicht der ursprüngliche Sachverhalt zu veröffentlichen, um eine Irreführung der Kapitalmarktteilnehmer zu vermeiden.1862
F. Zum Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG Schließlich könnten die Vorstandsmitglieder auf Grund der Missachtung einer bestehenden Ad-hoc-Publizitätspflicht gemäß § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG der Bußgeldandrohung des § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG ausgesetzt sein. Nach § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG handelt – wie bereits vorausgehend 1857 Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 325; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 16; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 75; undeutlich Parmentier, NZG 2007, 407 (416); Pattberg / Bredol, NZG 2013, 87 (91); Schneider, BB 2005, 897 (901); Spindler, in: NJW 2004, 3449 (3452). 1858 Uhl, S. 70; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 75. 1859 Vgl. Teil 2, C. I. 3. 1860 Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1907); Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 325; Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 400; Uhl, S. 70; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 16; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 75. 1861 Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 186. 1862 Harbarth, ZIP 2005, 1898 (1907); Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 325; Oulds, in: Kümpel / Wittig, BKapMR, Rn. 14.257; Pattberg / Bredol, NZG 2013, 87 (91); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 399, 400; Uhl, S. 70, 71; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 75.
F. Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit (§ 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG)511
festgestellt – derjenige ordnungswidrig, der vorsätzlich oder leichtfertig entgegen § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG, auch in Verbindung mit § 15 Abs. 1 S. 2 WpHG, § 15 Abs. 1 S. 4 oder 5 WpHG, jeweils in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 WpHG eine Veröffentlichung nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig vornimmt oder nicht oder nicht rechtzeitig nachholt. § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG sieht insoweit vor, dass derjenige, der als Emittent oder als eine Person, die in dessen Auftrag oder auf dessen Rechnung handelt, im Rahmen seiner Befugnis einem anderen Insiderinformationen mitteilt oder zugänglich macht, diese gleichzeitig nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG zu veröffentlichen und dem Unternehmensregister im Sinne des § 8b HGB zur Speicherung zu übermitteln hat, es sei denn, der andere ist rechtlich zur Vertraulichkeit verpflichtet.
I. Allgemeines 1. Ein kurzer Überblick über die historische Entwicklung des § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG (im Zusammenhang mit § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG) Zur historischen Entwicklung des § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG wurden vorausgehend bereits einige wesentliche Eckdaten herausgearbeitet. Eine § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG vergleichbare ausdrückliche Publizitätspflicht enthielten weder das BörsG noch das WpHG in der Fassung des Zweiten Finanzmarktförderungsgesetzes. Eingeführt wurde sie vielmehr erstmals durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz vom 30.10.2004 in Umsetzung des Art. 6 Abs. 3 UAbs. 1, 2 Marktmissbrauchsrichtlinie.1863 Die Gesetzesbegründung führt zu dieser Vorschrift aus, dass sie geschaffen wurde um zu gewährleisten, dass Dritte von Insiderinformationen grundsätzlich nicht zu einem früheren Zeitpunkt als die Öffentlichkeit erfahren. Ausnahmen sollen dann gelten, wenn der Dritte seinerseits zur besonderen Vertraulichkeit verpflichtet ist, wie beispielsweise ein vom Emittenten eingeschalteter Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt.1864 Mit Schaffung des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG wurde auch der Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG auf diese erstreckt.
1863 Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 344; Leurering, NZG 2005, 12 (12); Simon, DK, 13 (14); Zimmer / Kruse, Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 80. 1864 BT-Drucks. 15 / 3174, S. 35.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
2. Das durch § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG geschützte Rechtsgut Im Rahmen der Erörterungen zum Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG wurde bereits festgestellt, dass § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG respektive die Publizitätspflichten des Emittenten nach vorzugswürdiger Ansicht die Funk tionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte schützen, indem sie einerseits die Bildung „realistischer Börsen- und Marktpreise“ ermöglichen und damit die allokative Effizienz des Kapitalmarkts steigern, zum anderen Insiderhandel präventiv entgegenwirken, indem sie die informationelle Chancengleichheit gewährleisten und das Vertrauen der Kapitalmarktteilnehmer in die Ordnungsmäßigkeit des Kapitalmarkts stärken, den Zeitraum verkürzen, indem Insiderhandel überhaupt möglich ist, und den Kreis der Insider minimieren.1865 Auf die entsprechenden Ausführungen kann an dieser Stelle verwiesen werden.
II. Normadressat Der Publizitätspflicht des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG unterliegen nach ihrem eindeutigen Wortlaut ausschließlich Inlandsemittenten von Finanzinstrumenten. Dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG lässt sich hingegen eine derartige Einschränkung des Adressatenkreises nicht entnehmen. Dieser spricht vielmehr ganz allgemein von der Veröffentlichungspflicht des Emittenten – und der in der vorliegend zu untersuchenden Fallkonstellation zu vernachlässigenden Veröffentlichungspflicht einer in dessen Auftrag oder auf dessen Rechnung handelnden Person wie Anwälte, Steuerberater oder Notare.1866 Gleichwohl herrscht in der Literatur Einigkeit darüber, dass auch § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG ausschließlich Inlandsemittenten von Finanzinstrumenten adressiert.1867 Dies ergibt sich bereits aus der systematischen Stellung des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG.1868 Der abweichende Wortlaut im Verhältnis zu § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG dürfte insoweit lediglich ein Redaktionsversehen darstellen.1869 Es sind keine Gründe dafür ersichtlich, warum § 15 1865 Vgl.
Teil 2, E. I. 2. in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 283. 1867 Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 364; Leuering, NZG 2005, 12 (13); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 280; Simon, DK 2005, 13 (17); Speier, S. 310; Widder / Gallert, NZG 2006, 451 (452); Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 82. 1868 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 15 Rn. 112; Speier, S. 310; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 82. 1869 Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 280. 1866 Pfüller,
F. Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit (§ 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG)513
Abs. 1 S. 4 WpHG einen anderen Adressatenkreis haben sollte als § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG. Dementsprechend adressiert auch § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG im Ergebnis ausschließlich Inlandsemittenten von Finanzinstrumenten. Hinsichtlich der Auslegung dieses Merkmals kann daher auf die Ausführungen im Rahmen des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG verwiesen werden.1870
III. Insiderinformationen Weiterhin setzt die Vorschrift des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG und damit auch der Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG voraus, dass Insiderinformationen weitergegeben werden. 1. Allgemeines a) Insiderinformationen Wie § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG knüpft auch die Publizitätspflicht des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG an den Begriff der Insiderinformation an. Es müssen folglich konkrete Informationen über nicht öffentlich bekannte Umstände vorliegen, die sich auf einen oder mehrere Emittenten von Insiderpapieren oder auf die Insiderpapiere selbst beziehen und die geeignet sind, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen. Hinsichtlich der weiteren Erläuterung der einzelnen Begriffsmerkmale kann auf die Ausführungen im Rahmen der § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG verwiesen werden.1871 b) Die Qualität der von § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG erfassten Insiderinformationen Die Vorschrift des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG sieht nach ihrem Wortlaut eine Ad-hoc-Publizitätspflicht des Emittenten nur für solche Insiderinformationen vor, die diesen unmittelbar betreffen. § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG enthält demgegenüber eine derartige Beschränkung im Bezug auf die zu veröffentlichenden Informationen nicht. Ausweislich des Wortlauts der Vorschrift kann es sich bei diesen vielmehr sowohl um den Emittenten unmittelbar als auch den Emittenten lediglich mittelbar betreffende Insiderinformationen handeln. Ob dies allerdings wirklich zutrifft, insbesondere, ob § 15 Abs. 1 1870 Vgl. 1871 Vgl.
Teil 2, E. II. Teil 2, C. III.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
S. 4 WpHG tatsächlich auch den Emittenten lediglich mittelbar betreffende Insiderinformationen erfasst, wird in der Literatur bisweilen kontrovers diskutiert. Die Beantwortung dieser Frage ist von wesentlicher Bedeutung, da Informationen, die den Emittenten unmittelbar betreffen, bereits nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG zu veröffentlichen sind und § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG dementsprechend anderenfalls keine eigenständige Bedeutung als Publizitätspflicht attestiert werden könnte.1872 aa) § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG erfasst den Emittenten lediglich mittelbar betreffende Insiderinformationen Zum Teil wird in der Literatur insoweit die Auffassung vertreten, § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG erfasse auch solche Insiderinformationen, die den Emittenten lediglich mittelbar betreffen. Dementsprechend stelle die Vorschrift neben § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG eine eigenständige Publizitätspflicht für den Fall dar, dass ein Emittent oder eine in dessen Auftrag oder auf dessen Rechnung handelnde Person derartige Insiderinformationen im Rahmen seiner Befugnisse an einen nicht zur Vertraulichkeit verpflichteten Dritten weitergibt.1873 Begründet wird diese Auffassung zunächst anhand des Wortlauts des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG, der – abweichend von demjenigen des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG – nur das Vorliegen von Insiderinformationen voraussetze, ohne eine Einschränkung dahingehend zu treffen, dass diese den Emittenten unmittelbar betreffen müssten. Gleiches ergebe sich auch aus einer richtlinienkonformen Auslegung unter Heranziehung des Art. 6 Abs. 3 UAbs. 1 Marktmissbrauchsrichtlinie, der ebenfalls allgemein von Insider informationen spricht, ohne eine Beschränkung dahingehend vorzunehmen, dass diese den Emittenten unmittelbar betreffen müssten.1874 Systematisch ließe sich zwar gegen die Erfassung von den Emittenten lediglich mittelbar betreffenden Insiderinformationen durch § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG anführen, dass die Vorschrift nicht als eigener Absatz des § 15 WpHG, sondern lediglich als Satz des ersten Absatzes ausgestaltet ist und daher unter Orientierung an § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG auszulegen sein müsse.1875 Gleichermaßen 1872 Klöhn,
in: KölnKomm, WpHG, § 15 Rn. 367; Leuering, NZG 2005, 12 (14). AG 2004, 642 (656); Leuering, NZG 2005, 12 (14); Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 368; Simon, DK 2005, 13 (18); wohl auch Klöhn, WM 2010, 1869 (1869, 1878); Speier, S. 307 ff.; Veil, ZHR 172 (2008); 239 (257); explizit zum Fall der Weitergabe von Insiderinformationen im Rahmen der Due Diligence Bussian, S. 191. 1874 Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 368; Leuering, NZG 2005, 12 (14); Simon, DK 2005, 13 (18); Speier, S. 308; Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 218. 1875 Versteegen, in: KölnKomm, WpHG1, § 15 Rn. 218. 1873 Brandi / Süßmann,
F. Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit (§ 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG)515
könne allerdings genauso gut im Umkehrschluss geltend gemacht werden, dass § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG gerade deshalb auch auf Insiderinformationen gerichtet sein müsse, die den Emittenten lediglich mittelbar betreffen, da § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG bereits die Veröffentlichung von Insiderinformationen zum Gegenstand hat, die den Emittenten unmittelbar betreffen, und der Vorschrift anderenfalls kein Anwendungsbereich als Publizitätspflicht verbliebe.1876 Schließlich entspreche es auch dem Sinn und Zweck des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG, dass dieser Insiderinformationen erfasse, die den Emittenten lediglich mittelbar betreffen, und in dieser Hinsicht eine eigenständige Publizitätspflicht für den Fall der befugten Weitergabe dieser Informa tionen an nicht zur Vertraulichkeit verpflichtete Dritte darstelle. Dieser Sinn und Zweck liege darin zu vermeiden, dass Dritte, die nicht zur Vertraulichkeit verpflichtet sind, vor der Bereichsöffentlichkeit Kenntnis von Insiderinformationen erlangen. Denn in diesen Konstellationen liege die Gefahr nahe, dass die Informationen durchsickerten, die Chancengleichheit am Märkt verzerrten und Insiderhandel begünstigten und damit die Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte beeinträchtigten. Um dieser Zielsetzung bestmöglich gerecht zu werden und den genannten Gefahren zu begegnen, müssten allerdings auch Insiderinformationen einer entsprechenden Publizitätspflicht unterliegen, die den Emittenten lediglich mittelbar betreffen.1877 Dem Emittenten beziehungsweise der in dessen Auftrag oder auf dessen Rechnung handelnden Person sei dies zumutbar, da diese sich in Kenntnis der Informationen befänden und durch die Weitergabe an nicht zur Vertraulichkeit verpflichtete Personen die entsprechenden Gefahren für die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts schufe.1878 bb) § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG erfasst nur den Emittenten unmittelbar betreffende Insiderinformationen Andere Stimmen inder Literatur sind hingegen der Auffassung, § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG erfasse ebenso wie § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG ausschließlich solche Insiderinformationen, die den Emittenten unmittelbar betreffen. Dies habe zur Folge, dass § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG neben § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG keine eigenständige Bedeutung als Publizitätspflicht attestiert werden könne.1879 1876 Leuering, NZG 2005, 12 (14); Speier, S. 308, Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 218. 1877 Ähnlich Leuering, NZG 2005, 12 (14); Simon, DK 2005, 13 (18); Speier, S. 308; Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 214. 1878 Leuering, NZG 2005, 12 (14); Simon, DK 2005, 13 (18); Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 214. 1879 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 15 Rn. 111a; Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 15 WpHG Rn. VI146; Pfüller, in: Fuchs,
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
Uneinheitlich wird allerdings die Frage beantwortet, welche Funktion § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG zukommt. Zum Teil wird insoweit die Ansicht vertreten, es handle sich um eine Präzisierung des Befreiungstatbestands des § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG für den Fall der Weitergabe von Insiderinformationen. Angeführt wird hierfür der Zweck des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG, der darin bestehe, Chancengleichheit zwischen den Kapitalmarktteilnehmern dadurch zu gewährleisten, dass er die Möglichkeit einer Befreiung von der Publizitätspflicht nach § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG im Falle der Weitergabe von Insider informationen im Rahmen der Befugnisse zusätzlich davon abhängig machte, dass der Empfänger zur Vertraulichkeit kraft Gesetzes verpflichtet ist.1880 Andere sind demgegenüber der Ansicht, § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG stelle eine Verschärfung der Nachholungspflicht nach § 15 Abs. 3 S. 2 WpHG für den Fall des Wegfalls der Befreiungsvoraussetzungen dar. Dürfe die Befreiung von der Ad-hoc-Publizitätspflicht nicht mehr aufrecht erhalten werden, weil der Emittent auf Grund einer Weitergabe der Insiderinformationen an Dritte deren Vertraulichkeit nicht mehr gewährleisten könne, so genüge es nicht, dass er die Veröffentlichung nach § 15 Abs. 3 S. 2 WpHG unverzüglich nachhole. § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG modifiziere die Nachholungspflicht des Emittenten vielmehr dahingehend, dass die Veröffentlichung der Informationen bereits gleichzeitig mit der Weitergabe erfolgen müsse.1881 Für die Annahme, dass § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG ebenso wie § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG lediglich solche Insiderinformationen erfasse, die den Emittenten unmittelbar betreffen, wird geltend gemacht, dass der Wortlaut der Vorschrift zwar auch ein anderes Verständnis zulasse, demgegenüber allerdings weder die Begründung zum Anlegerschutzverbesserungsgesetz noch die Marktmissbrauchsrichtlinie Hinweise darauf enthielten, dass § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG abweichend von § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG auch Insiderinformationen mit lediglich mittelbarem Emittentenbezug zum Gegenstand haben sollte.1882 Des Weiteren müsse auch bezweifelt werden, das überhaupt ein Bedürfnis an einer entsprechenden, eigenständigen Veröffentlichungspflicht nach § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG für den Fall des Mitteilens oder Zugänglichmachens im Rahmen der Befugnisse an nicht zur Vertraulichkeit verpflichWpHG, § 15 Rn. 278; Ziemons, NZG 2004, 537 (542); Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 81; wohl auch Merkner / Sustmann, NZG 2005, 729 (735); Veith, NZG 2005, 254 (258). 1880 Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 15 WpHG Rn. VI146: „Wird eine Insiderinformation nicht weitergegeben, trägt Abs. 3 allein die Befreiung; wird hingegen eine Insiderinformation an einzelne Dritte weitergegeben, muss – neben den Voraussetzungen des in Abs. 3 – noch hinzukommen, dass der Dritte zur Vertraulichkeit kraft Gesetzes verpflichtet ist.“ 1881 Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 81. 1882 Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 85.
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tete Dritte bestehe. Dies deshalb, da eine Weitergabe im Rahmen der Befugnisse wohl überhaupt nicht ohne eine entsprechende Verschwiegenheitspflicht des Empfängers erfolgen könne, sodass die in § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG geschilderte Fallkonstellation faktisch nie vorkomme.1883 Schließlich erschiene eine derartige Veröffentlichungspflicht, die den Emittenten lediglich mittelbar betreffende Insiderinformationen zum Gegenstand hätte, aber auch unverhältnismäßig, da § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG nicht nur den Emittenten selbst, sondern auch in dessen Auftrag oder auf dessen Rechnung handelnde Personen adressiere.1884 cc) Stellungnahme Im Ergebnis sprechen die besseren Argumente für die Annahme, dass § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG auch Insiderinformationen erfasst, die den Emittenten lediglich mittelbar betreffen, und damit eine eigenständige Publizitätspflicht für den Fall darstellt, dass derartige Informationen durch den Emittenten oder eine in dessen Auftrag oder auf dessen Rechnung handelnde Person im Rahmen seiner Befugnisse an einen nicht zur Vertraulichkeit verpflichteten Dritten weitergegeben werden. Begründen lässt sich dies bereits anhand des Wortlauts des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG und desjenigen des Art. 6 Abs. 3 UAbs. 1 Marktmissbrauchsrichtlinie, die beide keinerlei Hinweise darauf beinhalten, dass sie lediglich den Emittenten unmittelbar betreffende Insiderinformationen erfassen sollen. Auch die sonstige Ausgestaltung der beiden Vorschriften erweckt den Eindruck, als sollte hiermit eine eigenständige Publizitätspflicht geschaffen werden. Aus systematischer Sicht erscheint es zwar durchaus fraglich, warum der Gesetzgeber § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG keinen eigenen Absatz gewidmet hat, wenn er hiermit eine eigenständige, von § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG losgelöste Publizitätspflicht einführen wollte, die auch den Emittenten lediglich mittelbar betreffende Insiderinformationen erfasst. Genauso gut könnte man allerdings fragen, warum die Vorschrift nicht in § 15 Abs. 3 WpHG verankert wurde, wenn sie doch – wie die Gegenauffassung behauptet – den Befreiungstatbestand des § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG modifizieren beziehungsweise die Nachholungspflicht gemäß § 15 Abs. 3 S. 2 WpHG verschärfen soll. Zu beachten ist vielmehr, dass die entsprechende europarechtliche Vorschrift jedenfalls in Art. 6 Abs. 3 UAbs. 1 Marktmissbrauchsrichtlinie einen eigenständigen Absatz darstellt, was die Annahme zulässt, dass es sich um eine eigenständige, von Art. 6 Abs. 1 Marktmissbrauchsrichtlinie losgelöste Publizitätspflicht handeln soll, die eben solche Informationen einer Veröffentlichungspflicht un1883 Zimmer / Kruse, 1884 Zimmer / Kruse,
in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 86. in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 86.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
terwirft, die den Emittenten lediglich mittelbar betreffen und die durch den Emittenten oder eine in dessen Auftrag oder auf dessen Rechnung handelnde Person im Rahmen seiner Befugnisse an einen nicht zur Vertraulichkeit verpflichteten Dritten weitergegeben werden. Dieser Umstand muss im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung auch im Rahmen des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG berücksichtigt werden. Schließlich erscheint es auch aus teleologischen Gründen durchaus plausibel, davon auszugehen, dass § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG gerade auch den Emittenten lediglich mittelbar betreffende Insiderinformationen erfasst und insoweit eine eigenständige Publizitätspflicht für den Fall der Weitergabe dieser Informationen schafft. Die Publizitätspflicht soll der Sicherung der Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte im Wesentlichen dadurch dienen, dass sie die Bildung „realistischer Börsen- und Marktpreise“ ermöglicht, die Chancengleichheit zwischen den Kapitalmarktteilnehmern gewährleistet und den Insiderverboten nach § 14 WpHG als Präventivmaßnahme gegen Insiderhandel flankierend zur Seite tritt. Dass sie diesen Zielen prinzipiell am besten gerecht würde, wenn sie im Grundsatz alle Insiderinformationen unabhängig von der Unmittelbarkeit der Betroffenheit des Emittenten erfasste, dürfte außer Frage stehen. Gleichwohl erfolgt in § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG jedenfalls eine Einschränkung auf solche Insiderinformationen, die den Emittenten unmittelbar betreffen. Begründen lässt sich dieser Umstand allerdings dadurch, dass der Emittent Umstände, die ihn nicht unmittelbar betreffen, häufig gar nicht kennen kann und diese den Kapitalmarktteilnehmern oftmals unter den gleichen Kostenbedingungen zugänglich sind.1885 Liegt allerdings ein Fall der Weitergabe von Insiderinformationen vor, sind diese dem Weitergebenden unzweifelhaft bekannt, sodass ihm auch zugemutet werden kann, diese zu veröffentlichen, selbst, wenn es sich nur um solche Informationen handelt, die den Emittenten lediglich mittelbar betreffen.1886 2. Die zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informationen Bei vielen der zwecks Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Insiderinformationen wird es sich um solche handeln, die den Emittenten unmittelbar betreffen, da die Due Diligence dem potenziellen Erwerber gerade ermöglichen soll, den status quo des Unternehmens zu ermitteln und anhand dessen seinen Erwerbsentschluss zu hinterfragen und für die weite1885 Grundmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 15 WpHG Rn. VI129; Klöhn, WM 2010, 1869 (1878); Kümpel, AG 1997, 66 (67); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 121; ähnlich auch Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 86. 1886 Ähnlich Klöhn, WM 2010, 1869 (1878).
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ren Vertragsverhandlungen mit dem veräußerungswilligen Aktionär gewappnet zu sein. Nichtsdestotrotz erscheint es durchaus vorstellbar, dass der Vorstand dem Kaufinteressenten beispielsweise auch Informationen über eine für den Emittenten relevante Veränderung der Situation eines Konkurrenten, Informationen, die nur die Finanzinstrumente des Emittenten betreffen, Informationen über Veränderungen in den Handelsbedingungen der Wertpapiere oder Entscheidungen der Wettbewerbs- oder Marktüberwachungsbehörden zur Verfügung stellt und die den Emittenten lediglich mittelbar betreffen.1887 Hinsichtlich derartiger Informationen ist der Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG eröffnet.
IV. Einem anderen mitgeteilt oder zugänglich gemacht Ferner setzt § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG voraus, dass der Emittent die Insiderinformationen einem Dritten mitgeteilt oder zugänglich gemacht hat. Die Merkmale des Mitteilens und des Zugänglichmachens decken sich dabei mit den bereits erörterten Tatbestandsalternativen des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG1888, sodass auf die dort an dieser Stelle dargestellten Grundsätze verwiesen werden kann.1889 Hinsichtlich des Merkmals „einem anderen“ weicht demgegenüber die Auslegung in § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG gegenüber derjenigen in § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG ab. Denn während dort jede vom Insider personenverschiedene Person unabhängig davon, ob diese im Lager des Emittenten steht oder nicht, als „anderer“ qualifiziert werden kann1890, beschränkt sich der Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG auf Grund seines systematischen Kontextes auf solche Personen als Empfänger der Insiderinformationen, die dem Emittenten rechtlich oder wirtschaftlich nicht zuzuordnen sind.1891 Dem Merkmal kommt damit im Rahmen des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG eine begrenzende Funktion zu.1892 Unterschiede zeigen sich beispielsweise bei der Weitergabe an betriebsinterne Personen, die zwar einen Verstoß gegen § 14 Abs. 1 S. 2 WpHG darstellen kann, jedoch nicht in den Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG fällt. 1887 Emittentenleitfaden,
S. 51. in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 376; Leuering, NZG 2005, 12 (14); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 303, 304; Simon, DK 2005, 13 (18); Widder / Gallert, NZG 2006, 451 (452); Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 84. 1889 Vgl. Teil 2, C. IV. 1890 Leuering, NZG 2005, 12 (14); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 285. 1891 Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 286; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 15 WpHG Rn. 9. 1892 Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 286. 1888 Klöhn,
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Im Rahmen der vorliegend zu untersuchenden Konstellation stellen die Vorstandsmitglieder dem potenziellen Erwerber des Aktienpakets Informa tionen zwecks Durchführung einer Due Diligence bereit, damit sich dieser einen umfassenden Einblick in das Unternehmen verschaffen kann. Wie bereits im Rahmen der Erörterungen zur Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG festgestellt wurde, kann die Bereitstellung unter die Tatbestandsmerkmale des Mitteilens beziehungsweise Zugänglichmachens von Insiderinformationen subsumiert werden.1893 Zudem handelt es sich bei dem Erwerbsinteressenten auch regelmäßig um eine Person, die dem Emittenten rechtlich und wirtschaftlich nicht zuzuordnen ist. Damit sind die zwecks Durchführung der Due Diligence dem potenziellen Erwerber zur Verfügung gestellten Insiderinformationen im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG einem anderen mitgeteilt beziehungsweise zugänglich gemacht worden.
V. Im Rahmen seiner Befugnis Weiterhin muss die Bereitstellung der Insiderinformationen gemäß § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG im Rahmen der Befugnisse des Emittenten erfolgt sein. Was hierunter zu verstehen ist, lässt sich der Vorschrift nicht entnehmen. Allerdings wurde bereits darauf hingewiesen, dass § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG Art. 6 Abs. 3 UAbs. 1, 2 Marktmissbrauchsrichtlinie in nationales Recht umsetzt, sodass dieser bei der Auslegung des Merkmals zu berücksichtigen ist.1894 Hiernach ist erforderlich, dass die Weitergabe von Insiderinformationen an einen Dritten im normalen Rahmen der Ausübung der Arbeit oder des Berufes oder der Erfüllung der Aufgaben des Emittenten im Sinne von Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie geschieht. Folglich richtet sich die Beantwortung der Frage, wann das Mitteilen oder Zugänglichmachen von Insiderinformationen im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG „im Rahmen der Befugnis“ des Emittenten erfolgt ist, trotz des insoweit unterschliedlichen Wortlauts der Vorschriften im Ergebnis nach den gleichen Grundsätzen wie die Ermittlung der „Befugnis“ zum Mitteilen oder Zugänglichmachen von Insiderinformationen im Rahmen des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG.1895 Erforderlich ist damit, dass die Informationsweitergabe aus rechtlichen, betrieblichen, auf1893 Vgl.
Teil 2, C. IV. NZG 2005, 12 (14); Simon, DK 2005, 13 (18); Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 87. 1895 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 15 Rn. 116; Gimnich, S. 157; Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 376; Leuering, NZG 2005, 12 (14); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 290; Simon, DK 2005, 13 (18); Speier, S. 309; Veil ZHR 172 (2008), 239 (257); Walz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 48 Rn. 53; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 15 WpHG 1894 Leuering,
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gabenspezifischen oder berufsspezifischen Gründen erforderlich ist. Für eine detaillierte Erläuterung dieses Merkmals sei auch an dieser Stelle auf die Ausführungen im Rahmen des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG verwiesen.1896 Der Fall der unbefugten Weitergabe wird ausweislich des Wortlauts des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG nicht erfasst.1897 Dies erscheint auf den ersten Blick verwunderlich, da dem Emittenten die Veröffentlichung der Insiderinformationen gerade in Fällen der unbefugten Weitergabe von Insiderinformationen zugemutet werden kann und hieran auch ein erhebliches Bedürfnis bestehen dürfte, da die Gefahr einer unkontrollierten Verbreitung infolge einer unbefugten Weitergabe besonders groß ist.1898 Dass § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG beziehungsweise dessen europarechtlicher Vorreiter in Art. 6 Abs. 3 UAbs. 1 Marktmissbrauchsrichtlinie den Akzent auf das Vorliegen einer befugten Weitergabe setzen, resultiert jedoch aus dem Umstand, dass diese rechtlich zulässig ist und gerade deswegen der Publizitätspflicht unterliegen muss, während die unbefugte Weitergabe bereits gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG unter Strafe steht.1899 Die Erstreckung des Anwendungsbereichs des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG auf den Fall der unbefugten Weitergabe kommt angesichts des eindeutigen Wortlauts nicht in Betracht und stellte eine täterbelastende Analogie dar, die gemäß Art. 103 Abs. 2 GG, § 3 OWiG untersagt ist. Darüber hinaus liefe eine solche Ausdehnung der Vorschrift auch dem nemo-tenetur-Grundsatz zuwider, da die unbefugte Weitergabe von Insiderinformationen nach § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG unter Strafe gestellt ist und die Publizitätspflicht daher nicht dazu führen darf, dass sich jemand selbst dieser Straftat bezichtigen muss.1900 Wie im Rahmen der Untersuchung zur Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG festgestellt wurde, erfolgt die Bereitstellung der Rn. 9; Widder / Gallert, NZG 2006, 451 (452); Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 87. 1896 Vgl. Teil 2, C. V. 2. 1897 A. A. Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 379 ff. 1898 Klöhn, WM 2010, 1869 (1888); Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 215, 223. 1899 Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 223; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 4, § 15 WpHG Rn. 9; andeutend auch Leuering, NZG 2005, 12 (15), kritisch – allerdings aus zivilrechtlicher Sicht – Klöhn, WM 2010, 1869 (1888). 1900 Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 291; Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 215; Widder / Gallert, NZG 2006, 451 (453).
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zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Insiderinformationen zugunsten des potenziellen Erwerber des Aktienpakets unter Beachtung der dort genannten Voraussetzungen „befugt“.1901 Damit handelt der Emittent – vertreten durch den Vorstand als das zur Leitung und Geschäftsführung nach §§ 76, 77 AktG berufene Organ – auch „im Rahmen seiner Befugnis“ im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG.
VI. Rechtliche Verpflichtung zur Vertraulichkeit § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG sieht vor, dass an Dritte mitgeteilte oder zugänglich gemachte Insiderinformationen grundsätzlich unverzüglich zu veröffentlichen sind. Ausweislich des Wortlauts der Vorschrift darf die Ad-hoc-Publizität allerdings dann unterbleiben, wenn der Empfänger rechtlich zur Vertraulichkeit verpflichtet ist.1902 Zurück geht dieser Vorbehalt auf Art. 6 Abs. 3 UAbs. 2 Marktmissbrauchsrichtlinie.1903 Hierdurch wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der organisierte Kapitalmarkt durch die selektive, befugte Weitergabe an zur Vertraulichkeit verpflichtete Personen keinen besonderen Gefahren ausgesetzt ist und daher auch eine Ad-hocPublizitätspflicht nicht erforderlich erscheint. Umstritten ist allerdings in der Literatur, wie das Merkmal der rechtlichen Verpflichtung zur Verschwiegenheit auszulegen ist, welche Anforderungen an die erforderliche Verschwiegenheitspflicht zu stellen sind, um von einer Befreiung von der Ad-hoc-Publizitätspflicht gemäß § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG ausgehen zu können. Art. 6 Abs. 3 UAbs. 2 Marktmissbrauchsrichlinie gibt insoweit vor, dass die Verschwiegenheitspflicht sowohl aus Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, aber auch aus einer Satzung oder einem Vertrag resultieren kann.1904 In Anbetracht dieser breiten Formulierung reichen die Auslegungsvorschläge vom Ausreichenlassen der bereits aus § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG resultierenden Verschwiegenheitspflicht, einer vertraglichen Nebenpflicht zur Vertraulichkeit beziehungsweise einer Vertraulichkeitsverpflichtung aus der Aufnahme eines geschäftlichen Kontakts bis hin zum Erfordernis einer besonderen gesetzlichen oder ausdrücklich vereinbarten vertraglichen Verpflichtung zur Verschwiegenheit. Im Wesentlichen geht es bei dem Streit allerdings um die Frage, ob die aus § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG resultierende Verschwiegenheitspflicht als ausreichend erachtet werden kann. 1901 Vgl.
Teil 2, C. V. 3. in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 88. 1903 Gimnich, S. 156; Simon, DK 2005, 13 (18); Speier, S. 312. 1904 Leuering, NZG 2005, 12 (15); Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 225; Wehowski, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13 WpHG Rn. 9; Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 88. 1902 Zimmer / Kruse,
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1. Erfordernis einer besonderen Verschwiegenheitspflicht Teile der Literatur vertreten in dieser Hinsicht die Auffassung, der Empfänger der Insiderinformationen müsse einer besonderen gesetzlichen oder vertraglichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen, um von einer rechtlichen Verpflichtung zur Vertraulichkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG ausgehen zu können.1905 Voraussetzung sei eine über § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG hinausgehende Verpflichtung zur Verschwiegenheit, die sich entweder aus einer spezialgesetzlichen Regelung oder aber aus einer vertraglichen Vereinbarung ergibt. Welche Anforderungen an die vertragliche Verschwiegenheitsvereinbarung zu stellen sind, wird allerdings innerhalb dieser Auffassung uneinheitlich beantwortet. Zum Teil wird diesbezüglich die Ansicht vertreten, in Anbetracht der Funktion des § 15 WpHG, die notwendige Kapitalmarktpublizität herzustellen und Insiderhandel durch die frühzeitige Veröffentlichung von Insiderinformationen zu unterbinden, die durch die Verschwiegenheitspflicht suspendiert wird, müssten strenge Anforderungen an die vertragliche Vereinbarung gestellt werden. Erforderlich sei ein gewisser Mindestinhalt dergestalt, dass die Verpflichtung zur Verschwiegenheit ausdrücklicher und spezifischer Gegenstand der Vereinbarung ist, sodass eine bloße Vereinbarung, die als Vertraulichkeitsvereinbarung oder Confidentiality Agreement tituliert wird, aber inhaltlich nicht spezifisch diesen Aspekt fokussiert, nicht als ausreichend erachtet werden könne.1906 Eine Vertragsstrafe für den Fall des Verstoßes gegen die Verschwiegenheitsvereinbarung sei zwar nicht zwingend, aber durchaus sinnvoll.1907 Andere sind hingegen der Auffassung bereits eine vertragliche Nebenpflicht zur Verschwiegenheit im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB1908 oder die Aufnahme eines geschäftlichen Kontakts1909 und eine daraus resultierende Verschwiegenheitsverpflichtung reichten für das Vorliegen einer rechtlichen Verpflichtung zur Vertraulichkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG aus, da dies bereits allgemeinen zivilrechtlichen Regeln entspreche.1910 Begründet wird das Erfordernis einer besonderen gesetzlichen oder vertraglichen Verschwiegenheitspflicht von Seiten der Vertreter dieser Auffas1905 Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 312; Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 226; wohl auch Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 383 ff.; Leuering, NZG 2005, 12 (15); Uhl, S. 89; Walz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 48 Rn. 53. 1906 Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 312. 1907 Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 312; Walz, in: Schüppen / Schaub, MAH AktR, § 48 Rn. 53. 1908 Leuering, NZG 2005, 12 (16); Uhl, S. 89; Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 227. 1909 Leuering, NZG 2005, 12 (15, 16). 1910 Leuering, NZG 2005, 12 (15).
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sung zunächst damit, dass bereits die Gesetzesbegründung zum Anlegerschutzverbesserungsgesetz ausdrücklich darauf hinweise, dass der Empfänger „zur besonderen Vertraulichkeit“ verpflichtet sein muss, um vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG ausgehen zu können. Hieraus lasse sich entnehmen, dass der Gesetzgeber eine über § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG hinausgehende Verschwiegenheitspflicht für erforderlich, gleichzeitig aber auch für ausreichend erachte, um der unkontrollierten Verbreitung von Insiderinformationen nachhaltig entgegen zu wirken.1911 Des Weiteren könne § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG auch deshalb nicht als hinreichende Verschwiegenheitspflicht erachtet werden, da sie sich dem Wortlaut nach an jedermann richte, also nicht adressatenspezifisch sei und dementsprechend auch keine rechtliche Vertraulichkeitsverpflichtung im eigentlichen Sinne darstelle.1912 Schließlich müsste § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG auch als konzeptionell verfehlt erachtet werden, wenn man die Verschwiegenheitspflicht des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG als rechtliche Verpflichtung zur Vertraulichkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG qualifizierte, da ihr so kein eigenständiger Anwendungsbereich verbliebe. Dies könne allerdings offensichtlich nicht vom Gesetzgeber beabsichtigt gewesen sein.1913 2. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG als hinreichende Verschwiegenheitspflicht Andere Stimmen in der Literatur sind hingegen der Auffassung, § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG stelle eine hinreichende Verschwiegenheitspflicht im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG dar.1914 Da die sich aus § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG ergebende Pflicht zur Unterlassung der Weitergabe von Insiderinformationen für jedermann unbestreitbar eine gesetzliche, teilweise straf- und im Übrigen ordnungswidrigkeitenrechtliche Pflicht zur Verschwiegenheit begründe, sei diese im Hinblick auf das Erfordernis einer rechtlichen Verpflichtung zur Vertraulichkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG als ausreichend zu erachten.1915 Für diese Auffassung wird zunächst der WortNZG 2005, 12 (15); Versteegen, in: KölnKomm WpHG1, § 15 Rn. 226. in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 312. 1913 Klöhn, in: KölnKomm WpHG, § 15 Rn. 384; Leuering, NZG 2005, 12 (15); Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 312; die konzeptionelle Verfehlung feststellend Widder / Gallert, NZG 2006, 451 (453); Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 89. 1914 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 15 Rn. 117; Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (648); Bussian, S 192; Gimnich, S. 156; Simon, DK 2005, 13 (19); Veil, ZHR 172 (2008); 239 (258); von Falkhausen / Widder, BB 2005, 225 (227); Widder / Gallert, NZG 2006, 451 (453); Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 89. 1915 Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 89. 1911 Leuering, 1912 Pfüller,
F. Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit (§ 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG)525
laut der Vorschrift geltend gemacht, der lediglich eine rechtliche Verpflichtung zur Vertraulichkeit verlange und dementsprechend auch diejenige aus § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG genügen lasse. Die Forderung nach einer zusätz lichen Verschwiegenheitspflicht sei dementsprechend bereits mit dem Wortlaut nicht zu vereinbaren und in Anbetracht des § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG als verbotene, täterbelastende Analogie im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG, § 3 OWiG zu qualifizieren.1916 Wenn die Gegenauffassung hiergegen einwende, dass § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG nicht adressatenspezifisch genug sei, um eine rechtliche Verpflichtung zur Vertraulichkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 4 WpHG darstellen zu können, so überzeuge dieses Argument nicht, weil dieser Umstand allenfalls zur Folge haben könnte, dass der Emittent den Empfänger über seine aus § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG resultierende Verschwiegenheitspflicht belehren muss, nicht aber, dass die Verschwiegenheitspflicht des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG als solche nicht als ausreichend erachtet werden könne.1917 Des Weiteren sei auch zu bezweifeln, dass eine andere Verschwiegenheitspflicht eine stärkere Wirkung auf den Betroffenen entfalten könne als die durch § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG beziehungsweise § 39 Abs. 2 S. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG strafrechtlich oder ordnungswidrigkeitenrechtlich sanktionierte, sodass auch unter dem Gesichtspunkt der Schutzwirkung der Vertraulichkeitspflicht § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG als ausreichend erachtet werden könne.1918 3. Stellungnahme Für die Beantwortung der Frage, ob die Verschwiegenheitspflicht des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG im Kontext des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG als ausreichend zu erachten ist, kann in Anbetracht des ordnungswidrigkeitenrechtlichen Charakters des § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG allein ausschlaggebend sein, ob der Wortlaut der Vorschrift diese Auslegung trägt oder ihr entgegensteht. Wenn diese davon spricht, dass der Empfänger rechtlich zur Verschwiegenheit verpflichtet sein muss, so sind allerdings aus grammatikalischer Sicht keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, die gegen die Erfassung der Verschwiegenheitspflicht des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG sprechen könnten. Gleiches gilt auch im Hinblick auf den Wortlaut des Art. 6 Abs. 3 UAbs. 2 Marktmissbrauchsrichtlinie, nach dem sich die Verschwiegenheitspflicht sowohl aus Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, aber auch aus einer Sat1916 Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (648); Widder / Gallert, NZG 2006, 451 (453); Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 89. 1917 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 15 Rn. 119. 1918 Assmann, in: Assmann / Schneider, WpHG, § 15 Rn. 117; Bussian, S 192.
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Teil 2: Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Erwägungen
zung oder einem Vertrag resultieren kann. Daher muss zugunsten des Emittenten als Normadressaten der Ordnungswidrigkeit des § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG davon ausgegangen werden, dass die Verschwiegenheitspflicht des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG eine hinreichende rechtliche Verpflichtung zur Vertraulichkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG darstellt. Weder der vermeintlich gegenläufige Wille des Gesetzgebers, der nach Auffassung der Gegenansicht in der Gesetzesbegründung zum Anlegerschutzverbesserungsgesetzes durch die Forderung einer „besonderen Vertraulichkeit“ des Empfängers zum Ausdruck kommen soll, noch der Umstand, dass § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG als konzeptionell verfehlt erachtet werden muss, wenn man die Verschwiegenheitspflicht des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG ausreichen lässt, vermögen an diesem Ergebnis etwas zu ändern. Denn sie dürfen in Anbetracht des Verbots täterbelastender Analogie im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG, § 3 OWiG nicht zu einer Einengung des Merkmals der rechtlichen Verpflichtung zur Vertraulichkeit entgegen dem Wortlaut der Vorschrift führen.1919 Im Übrigen stellt sich auch die Frage, ob die Vorschrift des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG nicht selbst dann zumindest zum Teil als konzeptionell verfehlt erachtet werden müsste, wenn man die Verschwiegenheitspflicht des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG nicht ausreichen ließe. Denn spezialgesetzliche Verschwiegenheitspflichten wie § 93 Abs. 1 S. 3 AktG erklären nicht Insider informationen, wie sie von § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG betroffen sind, zum Gegenstand der Schweigepflicht, sondern Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse. Dies ist allerdings insoweit problematisch, als dass nicht alle Insider informationen zugleich auch Geheimnisse darstellen, sodass unter Umständen auch nicht hinsichtlich aller weitergegebenen Insiderinformationen über § 93 Abs. 1 S. 3 WpHG Vertraulichkeit gewährleistet ist. Im Ergebnis sprechen damit die besseren Gründe dafür, die Verschwiegenheitspflicht des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG als rechtliche Verpflichtung zur Vertraulichkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG zu erachten.
VII. Ergebnis In Anbetracht der Tatsache, dass der potenzielle Erwerber selbst dem Weitergabeverbot des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG unterliegt und damit rechtlich zur Vertraulichkeit verpflichtet ist, sind die Vorstandsmitglieder trotz der Weitergabe von Insiderinformationen, die den Emittenten mittelbar betreffen, nicht einer Geldbuße nach § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG ausgesetzt.
1919 Widder / Gallert, NZG 2006, 451 (453); Zimmer / Kruse, in: Schwark / Zimmer, KapMR, § 15 WpHG Rn. 89.
Teil 3
Die Ergebnisse der Untersuchung im Überblick Während man zu Beginn der Neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts noch davon ausging, dass sich das dem anglo-amerikanischen Recht entstammende Institut der Due Diligence im Sinne einer professionellen, intensiven und ganzheitlichen Unternehmensanalyse in der deutschen Transak tionspraxis nicht etablieren werde, kann es heute unzweifelhaft als Analysestandard und fester Bestandteil des Transaktionsprozesses sowohl im Rahmen innerdeutscher als auch internationaler Transaktionen qualifiziert werden. Seine Daseinsberechtigung ergibt sich dabei nicht aus einer entsprechenden rechtlichen Kodifikation, denn spezialgesetzliche Regelungen, die sich mit der Due Diligence befassen, existieren insoweit nicht. Sie resultiert vielmehr aus den wirtschaftlichen und rechtlichen Bedürfnissen der Vertragsparteien. In diesem Sinne werden ihr im Wesentlichen vier Funk tionen zuteil. Zunächst dient sie der Beschaffung und Analyse von Informationen, die dem potenziellen Erwerber die Möglichkeit vermitteln, den Wert des Unternehmens festzustellen und darauf aufbauend einen angemessenen Kaufpreis zu kalkulieren (Wertermittlungsfunktion). Weiterhin kann das gewonnene Informationsmaterial dazu genutzt werden, Stärken und Schwächen des Unternehmens zu identifizieren und daran anknüpfend das Vertragswerk durch entsprechende Gewährleistungsvereinbarungen oder Garantien zu ergänzen (Risikoermittlungs- und Gewährleistungsfunktion). Darüber hinaus dient die Durchführung der Due Diligence der Absicherung des Vorstands der Erwerbergesellschaft für den Fall, dass die Erwerbergesellschaft gegen diesen einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung seiner Pflichten nach § 93 Abs. 2 S. 1 AktG geltend machen will (Haftungsvermeidefunktion). Schließlich ermöglicht sie die Dokumentation des status quo des Unternehmens und des Informationsflusses zwischen den beteiligten Parteien zu Beweiszwecken (Dokumentations- und Beweissicherungsfunk tion). Da die zwecks Durchführung der Due Diligence benötigten Informationen die unterschiedlichsten Bereiche des Unternehmens betreffen können, lassen sich ferner unterschiedliche Facetten der Due Diligence identifizieren, namentlich die Financial, Tax, Commercial, Legal, Human Resources / Organisational, Environmental, Intellectual Property / Information Tecnology / Technical and Logistics und die Cultural / Psychological Due Diligence. Je nach gegebenem Anlass können die Prioritäten der Untersuchung unter-
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Teil 3: Die Ergebnisse der Untersuchung im Überblick
schiedlich gesetzt beziehungsweise lediglich einzelne Prüfungen durchgeführt werden. Ebenso eindeutig wie die Tatsache, dass jede mittlere oder größere, auch rein innerdeutsche Unternehmensakquisition oder Beteiligungstransaktion ohne Durchführung einer Due Diligence praktisch nicht mehr denkbar ist, stellt sich allerdings der Umstand dar, dass der Vorgang der Bereitstellung der Informationen, die zur Durchführung einer Due Diligence erforderlich sind, mit einigen rechtlichen Fragestellungen verbunden ist, die sich nicht so leicht beantworten lassen. Die Literatur hat diesen Vorgang bislang überwiegend als Vorbereitungsmaßnahme für Unternehmenskäufe aus einem zivilrechtlichen Blickwinkel begutachtet und sich insbesondere mit Fragen wie der Verletzung der zivilrechtlichen Geheimhaltungspflicht gemäß § 93 Abs. 1 S. 3 AktG oder des wertpapierhandelsrechtlichen Weitergabeverbots gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG durch den Vorstand des Unternehmens, der Pflicht des Vorstands der Erwerbergesellschaft zur Durchführung einer Due Diligence gemäß § 93 Abs. 1 S. 1 AktG oder dem Ausschluss der gesetzlichen Gewährleistung gemäß § 442 BGB in Folge des Unterlassens einer Due Diligence befasst. Die vorliegende Untersuchung hat sich demgegenüber zum Ziel gesetzt, den Vorgang der Bereitstellung der zwecks Durchführung einer Due Diligence erforderlichen Informationen im Kontext von Pakettransaktionen zu betrachten und einer straf- und ordnungswidrigkeitenrechtlichen Bewertung zu unterziehen, wobei der Fokus auf lauterkeitsrechtliche, aktienrechtliche und wertpapierhandelsrechtliche Vorschriften gerichtet war. Wie nachfolgend noch einmal unter Aufbereitung der wesentlichen Erkenntnisse der Arbeit verkürzt dargestellt wird, gelangte sie hierbei zu dem Ergebnis, dass sich die Vorstandsmitglieder des Unternehmens, dessen Informationen zu Zwecken der Durchführung einer Due Diligence bereitgestellt werden, keinen straf- beziehungsweise ordnungswidrigkeitenrechtlichen Risiken aussetzen, sofern sie bestimmte Verhaltensstandards erfüllen.
A. Zur Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 17 Abs. 1 UWG I. Nach § 17 Abs. 1 UWG wird derjenige mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, der als eine bei einem Unternehmen beschäftigte Person ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis, das ihr im Rahmen des Dienstverhältnisses anvertraut worden oder zugänglich geworden ist, während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses unbefugt an jemand zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen, mitteilt.
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)529
II. Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft lassen sich als „bei einem Unternehmen beschäftigte Personen“ qualifizieren und kommen daher grundsätzlich als taugliche Täter im Sinne des § 17 Abs. 1 UWG in Betracht. Wurde vor allen Dingen vor der UWG-Reform von 2004 zum Teil auf Basis des Wortlauts der Vorschrift, der von „Arbeitnehmern, Angestellten oder Lehrlingen“ sprach, aber auch noch heute unter Rekurs auf die Vorschrift des § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG, die Vorstandsmitglieder ausdrücklich als Täter eines Geheimnisverrats adressiert, die Täterqualität von Organmitgliedern im Rahmen des § 17 Abs. 1 UWG bestritten und die Eigenschaft als Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne gefordert, sprechen die besseren Gründe für die Erfassung auch von Organmitgliedern als potenzielle Täter. Anführen lassen sich insofern jedenfalls eindeutig der Wortlaut der Vorschrift, der vom Beschäftigten spricht und nur ein Dienstverhältnis – nicht hingegen ein Arbeitsverhältnis – fordert, ein systematischer Vergleich zu anderen Vorschriften, die zu erkennen geben, dass der Begriff des Beschäftigten weiter ist als derjenige des Arbeitnehmers im klassischen Sinn, und der Telos des § 17 Abs. 1 UWG, einen umfassenden Geheimnisschutz zu gewährleisten, der gerade auch bei Organmitgliedern relevant wird, die sowohl rechtlich als auch faktisch am ehesten Zugang zu den Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen des Unternehmens haben. Nur am Rande sei zudem angemerkt, dass jedenfalls auf europäischer Ebene Entwicklungen erkennbar sind, den Begriff des Arbeitnehmers zumindest auf Fremd-Geschäftsführungsorgane – also solche, die keine Beteiligung an der Gesellschaft halten – zu erstrecken, was in absehbarer Zeit auch Auswirkungen auf den nationalen Arbeitnehmerbegriff haben könnte, sodass der Streitstand im Rahmen des § 17 Abs. 1 UWG an Bedeutung verlöre. III. Bei einer Vielzahl der zu Zwecken der Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informationen wird es sich um Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse des Unternehmens handeln. Nur beispielhaft sei an d ieser Stelle auf Informationen über Produktionsabläufe, Forschungsergebnisse zu neuen Produktreihen, Patentanmeldungen, Fusionsvorhaben, geschäftspolitische Ziele, Investitionsplanungen, Marktstrategien, Lieferantenbeziehungen, den Kundenstamm oder Produktions- und Absatzpläne verwiesen. Anders, als die herrschende Meinung bislang die Auffassung vertritt, setzt sich der Begriff des Geheimnisses dabei nicht aus vier, sondern lediglich aus drei begriffskonstituierenden Merkmalen zusammen, namentlich dem Unternehmensbezug der Information, der fehlenden öffentlichen Bekanntheit und dem berechtigten Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich der Information. Ein positiver Geheimhaltungswille ist demgegenüber kein Wesensmerkmal des Geheimnisses. Denn zum einen gibt der Begriff des Geheimnisses bereits keinerlei Hinweise auf ein derartiges Erfordernis. Zum anderen erfordert es der Telos des § 17 Abs. 1 UWG im Sinne eines umfassenden Ge-
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Teil 3: Die Ergebnisse der Untersuchung im Überblick
heimnisschutzes, all diejenigen Informationen als Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse des Unternehmens zu qualifizieren, an denen dieses ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse hat, sofern man den Geheimhaltungswillen nicht fingieren oder aus objektiven Umständen herleiten will. Denn dem Vorstand als Repräsentanten der Aktiengesellschaft, die den eigent lichen Geheimnisträger darstellt, werden oftmals nicht sämtliche geheimhaltungsbedürftige Informationen bekannt sein, sodass hinsichtlich dieser auch kein Geheimhaltungswille gebildet werden kann. Da dem Geheimnisträger auf der anderen Seite allerdings Geheimnisse auch nicht oktroyiert werden sollen, verfügt dieser trotz der Verneinung des Erfordernisses eines positiven Geheimhaltungswillens über die Möglichkeit, den Geheimnischarakter der Informationen durch die Bildung eines generellen Offenbarungswillens aufzuheben. Zuständig hierfür ist grundsätzlich der Vorstand als leitungsund geschäftsführungsbefugtes Organ der Aktiengesellschaft. Im Einzelfall kann die Beteiligung des Aufsichtsrats von Nöten sein, wenn die Satzung der Gesellschaft eine derartige Beteiligung vorsieht. Der Vorstand hat die Entscheidung auch in dem Fall, dass die Satzung der Gesellschaft oder die Geschäftsordnung der Gesellschaft eine Ressortaufteilung vorsehen, als Gesamtvorstand zu treffen, da sie über das einzelne Ressort hinausgeht und in Anbetracht der Bedeutung der Geheimnisse für das Unternehmen nicht delegierbar ist. Sehen die Satzung oder die Geschäftsordnung allerdings die Beschlussmöglichkeit mit einem bestimmten Mehrheitsverhältnis vor, so kann der Vorstand die Entscheidung über den Verzicht auf den Geheimnischarakter mit diesem Mehrheitsverhältnis treffen. Selbst, wenn die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforder lichen Informationen auf Basis eines Beschlusses des Vorstands erfolgt, der die vorausstehenden Voraussetzungen erfüllt, verfolgt dieser allerdings nicht die Absicht, den Geheimnischarakter der Informationen aufzugeben. Vielmehr sollen diese nur einem begrenzten Personenkreis, namentlich den mit der Transaktion befassten Personen auf Seiten des potenziellen Erwerbers, zur Verfügung gestellt werden, wie bereits die üblichen Vorkehrungen der Bereitstellung – der Abschluss von Vertraulichkeitsvereinbarungen oder die Bereitstellung in einem Datenraum unter Kontrolle des Zugangs – eindeutig erkennen lassen. IV. Da auch die weiteren Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 UWG erfüllt sind, stellt sich schließlich maßgeblich die Frage, ob die Bereitstellung der Informationen, die der potenzielle Erwerber für die Durchführung der Due Diligence benötigt, unbefugt erfolgt. Tendenziell dürfte es sich bei diesem Merkmal eher um einen Hinweis auf das allgemeine Deliktsmerkmal der Rechtswidrigkeit handeln. Letztlich besteht der Streitstand um die dogmatische Einordnung des Merkmals allerdings vor allen Dingen deshalb, weil die herrschende Meinung zwischen dem tatbestandsausschließenden Einver-
A. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 17 Abs. 1 UWG)531
ständnis einerseits und der rechtfertigenden Einwilligung andererseits unterscheidet und die Einordnung des Befugnismerkmals maßgebliche Bedeutung erlangt, da an beide Institute unterschiedliche Anforderungen geknüpft werden. Die besseren Gründe sprechen allerdings dafür davon auszugehen, dass die Zustimmung des Rechtsgutsinhabers stets tatbestandsausschließend wirkt. Dies insbesondere deshalb, da das Strafrecht Rechtsgüter vor allem unter dem Blickwinkel der Verfügungsbefugnis und der autonomen Herrschaft hierüber schützen soll und es nicht plausibel erscheint, der jeweiligen Verbotsnorm zunächst eine selbstständige Erlaubnisnorm in Form der rechtfertigenden Einwilligung gegenüber zu stellen und dieser dann unbedingten Vorrang gegenüber der Verbotsnorm einzuräumen. Damit verbleibt es schließlich bei der Frage, ob die Strafbarkeit der Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse auf Grund einer Einwilligung des Geheimnisträgers entfällt. Wie bereits im Kontext der Bildung des generellen Offenbarungswillens festgestellt wurde, übt der Vorstand als Kollegialorgan mit entsprechendem Mehrheitserfordernis die Dispositionsbefugnis zugunsten der Aktiengesellschaft aus. Wäre dessen Einwilligungsmöglichkeit allerdings uneingeschränkt, so hätte dies zur Folge, dass er sich selbst und anderen schrankenlos Einwilligungen zum Geheimnisverrat erteilen und den durch § 17 Abs. 1 UWG zugunsten der Aktiengesellschaft bestehenden Geheimnisschutz letztlich leerlaufen lassen könnte. Dementsprechend muss die Dispositionsbefugnis einer Schranke unterliegen. Als Ausgangspunkt für eine sinnvolle Begrenzung entpuppt sich in diesem Zusammenhang die Vorschrift des § 93 Abs. 1 AktG, die die allgemeinen Verhaltensanforderungen an das Vorstandshandeln regelt. Als Kernelement dieser Verhaltensanforderungen lässt sich im Kontext unternehmerischer Entscheidungen und im Hinblick auf den Umgang mit Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen die Pflicht identifizieren, Entscheidungen im Unternehmensinteresse zu treffen. Die Einwilligung in die Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse kann dementsprechend nur dann als wirksam erachtet werden, wenn sie dem Unternehmensinteresse entspricht, was wiederum dann der Fall ist, wenn die Bereitstellung ihrerseits im Unternehmensinteresse liegt. Umstritten ist in diesem Zusammenhang, ob jegliches Unternehmensinteresse an der Bereitstellung ausreicht oder ob ein überragendes, nicht anders erreichbares Interesse vorliegen muss. Letzteres wird vor allen Dingen damit begründet, dass die übrigen Aktionäre im Falle der Bereitstellung der Informationen ebenfalls einen Anspruch auf diese Informationen aus § 131 Abs. 4 AktG beziehungsweise § 53a AktG hätten. Dies ist allerdings im Ergebnis zu verneinen. Im Hinblick auf § 131 Abs. 4 AktG lässt sich insoweit feststellen, dass die Bereitstellung der Informationen nicht als Auskunft gegenüber einem Ak
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Teil 3: Die Ergebnisse der Untersuchung im Überblick
tionär in seiner Eigenschaft als Aktionär qualifiziert werden kann und ein Anspruch der übrigen Aktionäre daher nicht besteht, der Vorstand aber selbst bei Annahme des Bestehens eines Anspruchs gegen diesen die Einrede des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG geltend machen könnte. Gegen einen Anspruch nach § 53a AktG lässt sich anführen, dass durch die Bereitstellung der Informationen zugunsten des potenziellen Erwerbers und dem Vorenthalten gegenüber den Aktionären zwar eine Ungleichbehandlung erfolgt, diese allerdings in Anbetracht des Unternehmensinteresses, das an der Bereitstellung zugunsten des Erwerbsinteressenten besteht, sachlich gerechtfertigt ist. Wirksam ist die Einwilligung in das Zurverfügungstellen der Informationen daher dann, wenn an dieser ein einfaches Unternehmensinteresse besteht. Ob dies wiederum der Fall ist, richtet sich nach Faktoren wie den potenziellen Nachteilen und Risiken der Bereitstellung, den potenziellen Vorteile, der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Vor- beziehungsweise Nachteile, der Größe des Aktienpakets, der Eignung und Erforderlichkeit der Bereitstellung zur Förderung der Transaktion und der Person des Erwerbers. Der Vorstand hat seine Entscheidung auf Basis einer angemessenen Informationsgrundlage zu treffen. Fällt diese im Grundsatz zugunsten der Bereitstellung der Informationen, die für die Durchführung der Due Diligence erforderlich sind, aus – etwa, weil das Unternehmen infolge des Aktionärswechsels neues Eigenkapital oder Fremdkapital zu günstigeren Konditionen erlangt, von verbesserten Einkaufskonditionen profitiert, bestehende Kooperationen und strategische Allianzen begründet oder ausbaut oder sogar künftig an einem größeren Unternehmensverbund partizipiert –, so ist allerdings zu beachten, dass das Unternehmensinteresse an der Bereitstellung hieran weiterhin nur dann angenommen werden kann, wenn im Vorfeld Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz der Geheimnisse ergriffen worden sind. Zu diesen zählen insbesondere das Unterfertigen eines Letter of Intent und einer Vertraulichkeitsvereinbarung (confidentiality oder nondisclosure agreement) seitens des potenziellen Erwerbers, die zeitlich gestaffelte Bereitstellung in einem Datenraum unter Kontrolle des Zugangs und unter Umständen auch die Einschaltung neutraler, zur Berufsverschwiegenheit verpflichteter Dritter. Sind die vorausgehend erörterten Voraussetzungen erfüllt, ist die Einwilligung des Vorstands in die eigens bewirkte Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse als wirksam zu erachten, sodass eine Strafbarkeit nach § 17 Abs. 1 UWG ausscheidet.
B. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG)533
B. Zur Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG I. Nach § 404 Abs. 1 AktG wird unter anderem derjenige mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, bei börsennotierten Gesellschaften bis zu zwei Jahren, oder mit Geldstrafe bestraft, der ein Geheimnis der Gesellschaft, namentlich ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, das ihm in seiner Eigenschaft als Mitglied des Vorstands bekanntgeworden ist, unbefugt offenbart. II. § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG stellt eine zu § 17 Abs. 1 UWG in wesentlichen Punkten vergleichbare Geheimnisschutzvorschrift dar, sodass namentlich im Hinblick auf die Ausführungen zum Vorliegen von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen, zum Befugnismerkmal und zum Vorliegen einer Einwilligung auf die Erörterungen vorausgehenden Erörterungen verwiesen werden kann. An dieser Stelle sollen daher nur die Unterschiede dargestellt werden. III. Anders als § 17 Abs. 1 UWG benennt § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft ausdrücklich als taugliche Täter. IV. Das Tatobjekt des § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG erstreckt sich dem Wortlaut nach nicht nur auf Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, sondern auch auf Gesellschaftsgeheimnisse. Während zum Teil davon ausgegangen wird, dass dieser Zusatz keinerlei Bedeutung habe, also wie im Rahmen des § 17 Abs. 1 UWG nur solche Informationen als Gegenstand eines Geheimnisses in Betracht kommen sollen, die im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens geeignet sind, bei der Gesellschaft zu einem materiellen Schaden zu führen, ist zutreffenderweise davon auszugehen, dass die Vorschrift anders als § 17 Abs. 1 UWG auch solche Geheimnisse einem strafrechtlichen Schutz unterstellt, die im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens geeignet sind, bei der Gesellschaft zu einem immateriellen Schaden zu führen. Dass dem Merkmal „Gesellschaftsgeheimnis“ eine eigenständige Bedeutung zuteil wird, ergibt sich nicht nur bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, der mit dem Begriff „namentlich“ darauf hindeutet, dass Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse nur einen Beispielsfall des allgemeinen Gesellschaftsgeheimnisses darstellen. Auch historische und systematische Erwägungen ebenso wie der Gedanke eines umfassenden Geheimnisschutzes sprechen für dieses Ergebnis. V. In Anbetracht der Tatsache, dass die zivilrechtliche Verschwiegenheitspflicht gemäß § 93 Abs. 1 S. 3 AktG auch vertrauliche Angaben als Handlungsobjekte erfasst und § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG als strafrechtliches Pendant zu dieser Vorschrift erachtet werden kann, stellt sich die Frage, inwieweit auch vertrauliche Angaben als Angriffsobjekte von § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG erfasst werden, da diese jedenfalls nicht ausdrücklich als solche benannt werden. Eine Analyse des Merkmals „vertrauliche Angaben“ führt
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Teil 3: Die Ergebnisse der Untersuchung im Überblick
insoweit zu dem Ergebnis, dass diese zum Teil gleichzeitig auch Geschäftsund Betriebsgeheimnisse darstellen und jedenfalls insoweit von § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG erfasst werden. Fraglich bleibt allein, wie es um solche vertraulichen Angaben bestellt ist, die nicht zugleich auch als Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse qualifiziert werden können. Letztlich können diese nicht als dem durch § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG gewährten strafrechtlichen Schutz unterstellt erachtet werden, da dies in einer täterbelastenden Analogie mündete, die mit Art. 103 Abs. 2 GG nicht zu vereinbaren ist.
C. Zur Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG I. Gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG wird derjenige mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, der als Mitglied des Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgans oder als persönlich haftender Gesellschafter des Emittenten oder eines mit dem Emittenten verbundenen Unternehmens, auf Grund seiner Beteiligung am Kapital des Emittenten oder eines mit dem Emittenten verbundenen Unternehmens, auf Grund seines Berufs oder seiner Tätigkeit oder seiner Aufgabe bestimmungsgemäß oder auf Grund der Vorbereitung oder Begehung einer Straftat über eine Insiderinformation verfügt und diese einem anderen unbefugt mitteilt oder zugänglich macht. II. Zum einen benennt § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WpHG ausdrücklich Mitglieder von Geschäftsführungsorganen, wozu auch Vorstandsmitglieder zählen, als taugliche Täter des Weitergabeverbots. Zum anderen werden diese des Weiteren regelmäßig auch von § 38 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) WpHG als solche, die auf Grund ihres Berufs oder ihrer Tätigkeit oder ihrer Aufgabe bestimmungsgemäß über Insiderinformationen verfügen, erfasst. Bestimmungsgemäß ist das Verfügen über Insiderinformationen nach vorzugswürdiger Auffassung dann, wenn der jeweilige Beruf, die Tätigkeit oder die Aufgabe zur Kenntnis von Insiderinformationen bestimmt ist beziehungsweise die Kenntnis notwendig mit der Beschäftigung einhergeht, was beim Vorstandsamt in Anbetracht der Leitungs- und Geschäftsführungsbefugnis unzweifelhaft anzunehmen sein dürfte. Extensivere Auslegungen des Merkmals „bestimmungsgemäß“ sind demgegenüber in Anbetracht des strafrechtlichen Bestimmtheitsgebots und eines systematischen Vergleichs mit den anderen Täterumschreibungen im § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG abzulehnen. III. Zumindest bei einem Teil der zu Zwecken der Durchführung der Due Diligence bereitgestellten Informationen wird es sich um Insiderinformationen handeln. Nach § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG versteht man hierunter konkrete
C. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG)535
Informationen über nicht öffentlich bekannte Umstände, die sich auf einen oder mehrere Emittenten von Insiderpapieren oder auf die Insiderpapiere selbst beziehen und die geeignet sind, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen. 1. Konkret ist eine Information gemäß Art. 1 Abs. 1 Durchführungsrichtlinie dann, wenn damit eine Reihe von Umständen gemeint ist, die bereits existieren oder bei denen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass sie in Zukunft existieren werden, oder ein Ereignis, das bereits eingetreten ist oder mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in Zukunft eintreten wird, und diese Information darüber hinaus spezifisch genug ist, um einen Schluss auf die mögliche Auswirkung dieser Reihe von Umständen oder dieses Ereignisses auf die Kurse von Finanzinstrumenten oder damit verbundenen derivativen Finanzinstrumenten zuzulassen. Hinsichtlich solcher Umstände, die erst künftig eintreten werden, sieht § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG vor, dass diese nur dann als konkret erachtet werden können, wenn sie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in Zukunft eintreten werden. Dabei ist nach vorzugswürdiger Auffassung von einer hinreichenden Eintrittswahrscheinlichkeit dann auszugehen, wenn der Eintritt überwiegend wahrscheinlich ist. Das Erfordernis einer hohen Eintrittswahrscheinlichkeit kann hingegen ebenso wie die Verknüpfung der notwendigen Eintrittswahrscheinlichkeit mit der Erheblichkeit der zu erwartenden Auswirkungen des Umstands (probability magnitude test) nicht überzeugen. 2. Nicht öffentlich bekannt im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG ist eine Information dann, wenn eine unbestimmte Anzahl von Personen aus dem Kreis der Marktteilnehmer faktisch in der Lage ist, von diesen Kenntnis zu nehmen. Entscheidend ist insofern die Möglichkeit der Kenntnisnahme der Informationen durch die sogenannte Bereichsöffentlichkeit. Auf eine Kenntnisnahmemöglichkeit durch das breite Anlegerpublikum oder eine Publikation der Information über Massenmedien kommt es demgegenüber nicht an. Für diese Auffassung spricht, dass der Gedanke des Eintritts der öffentlichen Bekanntheit im Falle der Möglichkeit der Kenntnisnahme durch die Bereichsöffentlichkeit bereits im Gesetz, beispielsweise in § 15 Abs. 5, 7 i. V. m. § 5 S. 1 Nr. 1 WpAIV angelegt ist, ausweislich der Gesetzesbegründung zum Anlegerschutzverbesserungsgesetz dem Willen des Gesetzgebers entspricht und schließlich auch der Zielsetzung des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG am ehesten gerecht wird, den Kreis der Insider möglichst klein zu halten. Dies deshalb, da die Information des breiten Anlegerpublikums einige Zeit in Anspruch nähme und während dieses Zeitraums die jeweilige Insiderinfor-
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Teil 3: Die Ergebnisse der Untersuchung im Überblick
mation einem immer größer werdenden Personenkreis bekannt würde, was die Gefahr der Vornahme von Insidergeschäften stark ansteigen ließe. 3. Ein Emittentenbezug der jeweiligen Umstände liegt dann vor, wenn es sich um solche handelt, die im Unternehmen selbst begründet und in dessen Tätigkeitsbereich eingetreten sind (unternehmensinterne Umstände) oder die zwar ihren Ursprung außerhalb des Unternehmens haben beziehungsweise die Beziehung des Emittenten zur Umwelt betreffen, allerdings einen Bezug zu Emittenten aufweisen (unternehmensexterne Umstände). Auch ein Insiderpapierbezug der entsprechenden Umstände reicht aus, damit diese Gegenstand einer Insiderinformation sein zu können. Selbst Marktinformationen – also solche, die sich unmittelbar auf die Märkte selbst oder deren Rahmenbedingungen beziehen – kommen nach vorzugswürdiger Ansicht letztlich als Insiderinformationen in Betracht. Dies ergibt sich bereits ausweislich der Gesetzesbegründung zum Anlegerschutzverbesserungsgesetz daraus, dass der Gesetzgeber auch dann vom Vorliegen einer Insiderinformation ausgeht, wenn der betreffende Emittent mittelbar von einem den Kurs erheblich beeinflussenden Ereignis oder Umstand betroffen ist. Zudem ist die Verwendung von Marktinformationen oftmals besonders geeignet, das Vertrauen der Anleger in die Funktionsfähigkeit des organisierten Kapitalmarkts in besonderer Weise zu erschüttern, sodass auch der Telos eine Erfassung von Marktinformationen gebietet. 4. Schließlich müssen die betreffenden Umstände auch kurserheblich sein, um den Gegenstand einer Insiderinformation bilden zu können. Die Frage der Kurserheblichkeit ist grundsätzlich aus der ex ante-Sicht zu beurteilen, wobei der Prognose alle ex ante verfügbaren Informationen zugrunde zu legen und auch die möglichen Auswirkungen der Informationen, insbesondere unter Berücksichtigung der Gesamttätigkeit des Emittenten, der Verlässlichkeit der Informationsquelle und sonstiger Marktvariablen, die das entsprechende Finanzinstrument beeinflussen dürften, zu betrachten sind. Ausschlaggebender Blickwinkel ist die Perspektive eines verständigen, börsenkundigen Anlegers und nicht derjenige eines lediglich durchschnittlichen Anlegers, da nur ersterer mit den vorausgehend genannten Faktoren vertraut sein wird und die Adressaten der Insiderhandelsverbote faktisch zu einem maßgeblichen Teil kapitalmarktkundige Primärinsider sind. Hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit der Beeinflussung des Börsen- oder Marktpreises ist eine überwiegende Wahrscheinlichkeit zu fordern, um nicht den Kreis der Insiderinformationen zu sehr einzugrenzen, auf der anderen Seite aber auch nicht zu weit zu ziehen. Während vor Inkrafttreten des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes noch umstritten war, wann von der Erheblichkeit der potenziellen Kursbeeinflussung ausgegangen werden kann, hat der Gesetzgeber durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz die Frage dahingehend
C. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG)537
geklärt, dass dies dann der Fall ist, wenn ein verständiger Anleger diese Informationen bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde, was dahingehend zu verstehen ist, dass die Informationen einen Anreiz erzeugen müssen, eine Transaktion in dem von den Informationen betroffenen Finanz instrument zu tätigen. IV. Da auch die übrigen Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG erfüllt sind, kommt es auch an dieser Stelle schließlich entscheidend darauf an, ob das Bereitstellen der Insiderinformationen zu Zwecken der Durchführung der Due Diligence als unbefugt zu qualifizieren ist. Anders als im Rahmen der § 17 Abs. 1 UWG und § 404 Abs. 1 AktG entspricht es hier nahezu einhelliger Auffassung, dass das Merkmal ein normatives Tatbestandsmerkmal darstellt, was sich aus einem systematischen Vergleich zu § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG und § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG und einer richtlinienkonformen Auslegung ergibt. Unter Heranziehung des Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie lässt sich das Merkmal der Befugnis dahingehend konkretisieren, dass eine strafbares Mitteilen oder Zugänglichmachen von Insiderinforma tionen dann vorliegt, wenn dies nicht in einem normalen Rahmen der Ausübung der Arbeit oder des Berufes oder der Erfüllung von Aufgaben der Vorstandsmitglieder erfolgt. Nicht ausreichend für die Annahme der Befugnis ist hingegen, dass der Empfänger einer besonderen Verschwiegenheitspflicht unterliegt, da hierbei der europarechtlichen Vorgabe des Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie nicht hinreichend Rechnung getragen würde. Auch aus § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG ergibt sich entgegen vereinzelt vertretener Auffassung nichts Gegenteiliges, da dieser bereits seinem Wortlaut nach zwischen dem Vorliegen einer Befugnis und dem Bestehen einer besonderen Verschwiegenheitspflicht unterscheidet, das Befugnismerkmal also nicht durch das Bestehen einer besonderen Verschwiegenheitspflicht substituiert. Letztlich ist auf Basis des Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie eine Interessenabwägung zwischen den Zielen des Insiderrechts einerseits und den Funktionserfordernissen anerkannter rechtlicher und wirtschaftlicher Institutionen – vorliegend also dem Interesse der Aktiengesellschaft an der Weitergabe der Insiderinformationen – andererseits vorzunehmen. Ob der Empfänger der Insiderinformationen – also hier der potenzielle Erwerber – selbst als Primärinsider im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG qualifiziert werden kann oder einer besonderen Verschwiegenheitspflicht unterliegt, stellt kein zwingendes Erfordernis für das Vorliegen einer Befugnis zur Weitergabe dar, ist allerdings im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen. Anders, als dies zum Teil in der Literatur vertreten wird, kann für die Befugnis zur Weitergabe von Insiderinformationen zu Zwecken der Durch-
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Teil 3: Die Ergebnisse der Untersuchung im Überblick
führung einer Due Diligence nicht bereits ins Feld geführt werden, dass das Weitergabeverbot im Hinblick auf den Pakethandel einem institutionellen Vorbehalt unterliege. Zwar führte der Gesetzgeber in der Begründung zum Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz aus, dass der Erwerb eines Aktienpakets auch dann erlaubt ist, wenn sich der potenzielle Erwerber im Rahmen von Vertragsverhandlungen die Unterlagen des zu veräußernden Unternehmens vorlegen lässt und hierdurch Kenntnis von Insiderinformationen erhält, woraus man auf den ersten Blick die Annahme ableiten könnte, dass auch die Vorlage der Insiderinformationen selbst im Kontext des Pakethandels als zulässig erachtet wird. Gegen diese Auffassung lässt sich allerdings einwenden, dass sich die Begründung ausdrücklich allein auf den Erwerb von Aktienpaketen bezieht und keine rechtliche Bewertung der Vorlage der Informationen trifft. Zudem wurde bereits vorausgehend festgestellt, dass von einer Befugnis zum Mitteilen oder Zugänglichmachen von Insiderinforma tionen nur dann ausgegangen werden kann, wenn die Interessen des Insiders an der Weitergabe die Bedeutung der Ziele des Insiderrechts überwiegen, sodass ein übergeordnetes Kapitalmarktinteresse an Pakettransaktionen nicht ausschlaggebend sein kann. Entscheidend ist damit zunächst, dass die Aktiengesellschaft ein Interesse an der Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Insiderinformationen hat – die Weitergabe also im Unternehmensinteresse liegt und damit nach § 93 Abs. 1 AktG zulässig ist –, was beispielsweise dann der Fall ist, wenn das Unternehmen infolge des Aktionärswechsels neues Eigenkapital oder Fremdkapital zu günstigeren Konditionen erlangt, von verbesserten Einkaufskonditionen profitiert, bestehende Kooperationen und strategische Allianzen begründet oder ausbaut oder sogar künftig an einem größeren Unternehmensverbund partizipiert. Zudem muss der Vorstand im Rahmen der Weitergabe Schutzmaßnahmen ergreifen, um die Geheimhaltung der Informationen zu sichern. Insoweit kann auf die Ausführungen im Rahmen des § 17 Abs. 1 UWG verwiesen werden. Des Weiteren müssen die Interessen der Aktiengesellschaft die Bedeutung der Ziele des Insiderrechts im konkreten Fall überwiegen. Hieran dürfte jedenfalls bei Pakettransaktionen, die eine unternehmerische Beteiligung betreffen, kein Zweifel bestehen. Denn insoweit lässt sich feststellen, dass sich Pakettransaktionen von alltäglichen anlagemotivierten Erwerbsgeschäften in erheblicher Weise unterscheiden. Zum einen werden diese im Wesentlichen außerhalb des amtlichen Börsenhandels praktiziert und weisen damit keinen unmittelbaren Börsenbezug auf; zum anderen haben die Parteien aufgrund des Aktienvolumens und der Bedeutung der Investition ein größeres Informationsbedürfnis. In Anbetracht dieser Divergenzen kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Vertrauen der Marktteilnehmer in die Ordnungsgemäßheit der Kapitalmärkte und die Chancengleichheit am Markt beeinträchtigt wird, sodass auch negative Auswirkungen
D. Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder (§ 38 Abs. 1 Nr. 3 WpHG)539
auf die Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte nicht zu erwarten sind und dementsprechend das Ziel des Insiderrechts nicht berührt wird. Aber selbst, wenn man von einer insiderrechtlichen Relevanz der Weitergabe ausginge, weil der Kreis derer, die Kenntnis von kursrelevanten Informationen haben, durch die Bereitstellung erweitert wird, so wird dies durch die überwiegenden, wirtschaftlichen Interessen des Emittenten gerechtfertigt, weil die Bereitstellung ausschließlich deshalb erfolgt, um einen bereits vorhandenen Erwerbsentschluss zu bestärken, und dementsprechend zu keiner weiteren Beeinträchtigung der Kapitalmärkte führt und auch der Kreis der „neuen“ Insider überschaubar ist.
D. Zur Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 4 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG I. Nach § 38 Abs. 1 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 4 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG wird derjenige mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, der als Mitglied des Geschäftsführungsoder Aufsichtsorgans oder als persönlich haftender Gesellschafter des Emittenten oder eines mit dem Emittenten verbundenen Unternehmens, auf Grund seiner Beteiligung am Kapital des Emittenten oder eines mit dem Emittenten verbundenen Unternehmens, auf Grund seines Berufs oder seiner Tätigkeit oder seiner Aufgabe bestimmungsgemäß oder auf Grund der Vorbereitung oder Begehung einer Straftat über eine Insiderinformation verfügt und einem anderen auf der Grundlage dieser Information den Erwerb oder die Veräußerung von Insiderpapieren empfiehlt oder einen anderen auf sonstige Weise dazu verleitet. II. Wie vorausgehend bereits festgestellt wurde, stellen Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft sowohl als Mitglieder des Geschäftsführungsorgans als auch als Personen, die auf Grund ihres Berufs oder ihrer Tätigkeit oder ihrer Aufgabe bestimmungsgemäß über Insiderinformationen verfügen, taugliche Täter im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG dar. III. Das Bereitstellen der Insiderinformationen zwecks Durchführung der Due Diligence zugunsten des potenziellen Erwerbers dürfte regelmäßig nicht als Empfehlen oder Verleiten eines anderen zum Erwerb oder zur Veräußerung von Insiderpapieren auf der Grundlage von Insiderinforma tionen zu qualifizieren sein. Hinsichtlich der Variante des Empfehlens deshalb, weil diese eine einseitige und rechtlich unverbindliche Erklärung voraussetzte, mit der die Vorstandsmitglieder den Erwerb des Aktienpakets als für den potenziellen Erwerber vorteilhaft bezeichneten und diesen anrieten. Im Hinblick auf die Variante des Verleitens wird zum Teil in der
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Teil 3: Die Ergebnisse der Untersuchung im Überblick
Literatur die Auffassung vertreten, diese könne nicht einschlägig sein, da die Due Diligence auf Initiative des potenziellen Erwerbers erfolge und dieser bereits über eine Erwerbsabsicht verfüge und daher nicht mehr zum Erwerb verleitet werden könne. Diese Ansicht verkennt allerdings, dass die Due Diligence in der Mehrzahl der Fälle gerade deshalb durchgeführt wird, um einen bislang noch schwankenden Erwerbsbeschluss auf Basis von Unternehmensinformationen zu hinterfragen. Zudem widerspricht sich die Literaturmeinung selbst, da sie § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG als Sonderfall der Anstiftung im Sinne des § 26 StGB klassifiziert, hinsichtlich dieser allerdings gerade anerkannt ist, dass eine im Bezug auf die Begehung der Haupttat noch schwankende Person durchaus angestiftet werden kann. Dennoch ist im Ergebnis auch die Tatbestandsvariante des Verleitens zu verneinen. Dies ergibt sich allerdings aus einer teleologischen Betrachtung des Verleitungsverbots. Ziel der Vorschrift ist es, die Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte zu sichern und dies dadurch zu gewährleisten, dass sie der Gefahr entgegen wirkt, dass sich der jeweilige Insider einer Strafbarkeit gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 1 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG beziehungsweise nach § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG dadurch entzieht, dass er sich – ohne Insiderinformationen mitzuteilen oder zugänglich zu machen – eines Dritten bedient oder mit einem Dritten kollusiv zusammenarbeitet. Eine derartige Konstellation ist allerdings in den Fällen der Bereitstellung von Insiderinformationen zu Zwecken der Durchführung der Due Diligence im Vorfeld der geplanten Pakettransaktion nicht zu erblicken, wenn der potenzielle Erwerber lediglich seinen ursprünglichen Erwerbsplan verwirklicht.
E. Zum Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG I. Nach § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG handelt derjenige ordnungswidrig, der als Inlandsemittent von Finanzinstrumenten vorsätzlich oder leichtfertig Insiderinformationen, die ihn unmittelbar betreffen, nicht unverzüglich veröffentlicht. II. Ausweislich des Wortlauts richtet sich die Publizitätspflicht des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG und dementsprechend auch der Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG primär an Inlandsemittenten von Finanzinstrumenten. Einen solchen stellt in der vorliegend untersuchten Fallkonstellation die Aktiengesellschaft dar. Aber auch der Vorstand der Gesellschaft kann dem Risiko einer Geldbuße nach § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a)
E. Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit (§ 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG)541
WpHG i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG ausgesetzt sein. Da es sich um einen Ordnungswidrigkeitentatbestand handelt, finden auf diesen die allgemeinen Vorschriften des Ordnungswidrigkeitenrechts Anwendung und damit auch § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG. Hiernach ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Eigenschaften, Verhältnisse oder Umstände (besondere persönliche Merkmale) die Möglichkeit der Ahndung begründen, auch auf das vertretungsberechtigte Organ einer juristischen Person oder das Mitglied eines solchen Organs anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht beim diesem, aber bei dem Vertretenen vorliegen und der Vertreter gerade als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs handelt. III. Publizitätspflichtig sind gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG ausschließlich Insiderinformationen über solche Umstände, die den Emittenten unmittelbar betreffen. Dies deshalb, da er ihn lediglich mittelbar betreffende Umstände in der Regel nicht kennt und ihm insoweit keine unbegrenzte Informationseruierungspflicht für nicht präsentes Wissen auferlegt werden soll. Unmittelbar betroffen ist er durch einen Umstand dann, wenn dieser in seinem Tätigkeitsbereich eingetreten ist beziehungsweise als unmittelbare Folge der unternehmerischen Tätigkeit des Emittenten qualifiziert werden kann (unternehmensinterne Umstände) oder von außen an den Emittenten herangetragen wird oder auf diesen einwirkt und zugleich eine gewisse Spezifität zu diesem, zu seinem Status oder zu seiner geschäftlichen Tätigkeit aufweist (unternehmensexterne Umstände). Marktdaten stellen zwar – wie gezeigt – Insiderinformationen im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG dar und fallen dementsprechend unter das Weitergabeverbot gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG. In Ermangelung eines unmittelbaren Bezugs zum Emittenten lösen sie allerdings keine Ad-hoc-Publizitätspflicht aus. Auch Insiderinformationen, die lediglich die emittierten Finanzinstrumente unmittelbar betreffen, sind in Anbetracht des eindeutigen Wortlauts des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG nicht publizitätspflichtig, sofern sie nicht zugleich den Emittenten unmittelbar betreffen. IV. In der vorliegend zu untersuchenden Konstellation der Vorbereitung einer Pakettransaktion durch die Bereitstellung von Informationen zur Ermöglichung einer Due Diligence kommen drei Ansatzpunkte für das Bestehen einer Publizitätspflicht nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG in Betracht. Zunächst könnten (1) die geplante Pakettransaktion und die damit einher gehende Veränderung der Aktionärsstruktur publizitätspflichtig sein. Des Weiteren besteht (2) die Möglichkeit, dass auch die einzelnen Stationen hin zur bevorstehenden Transaktion, insbesondere die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der Informationen beziehungsweise die erfolg-
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reiche Durchführung der Due Diligence, Umstände darstellen, die vom Emittenten veröffentlicht werden müssen. Schließlich steht (3) die Frage im Raum, ob eine Verpflichtung zur Veröffentlichung der Informationen besteht, die der Vorstand im Kontext der Due Diligence zugunsten des potenziellen Erwerbers bereitstellt. 1. Die geplante Pakettransaktion und die damit einhergehende Veränderung der Aktionärsstruktur können einen publizitätspflichtigen Umstand im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG darstellen. Dies bereits dann, wenn ihr Eintritt gemäß § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG mit hinreichender – also überwiegender – Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann. Hiervon wird man in der Regel frühestens dann ausgehen können, wenn es sich bei der Gestattung der Due Diligence und der Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen um das einzig nennenswerte Hindernis handelt, das dem Beteiligungserwerb noch entgegensteht, die Due Diligence mit aller Voraussicht nach zu einem zufriedenstellenden Ergebnis führen wird und bereits die wesentlichen Eckdaten der Transaktion feststehen, sodass nur noch Einzelpunkte im Nachgang der Due Diligence verhandelt werden müssen, die ein Scheitern der Transaktion nicht mehr ernsthaft erwarten lassen. Zum Teil wird bezweifelt, dass die Pakettransaktion und die damit einhergehende Veränderung der Aktionärsstruktur den Emittenten unmittelbar betreffen. Von einer unmittelbaren Betroffenheit ist allerdings nach zutreffender Auffassung auch dann auszugehen, wenn der Vorstand im Bereich der Unternehmensverwaltung Entscheidungen im Bezug auf die Veränderung in der Aktionärsstruktur treffen muss oder wenn es – wie bei Pakettransaktionen regelmäßig der Fall – um die Transaktion eines Aktienpakets geht, das einen unternehmerischen Einfluss auf die Gesellschaft vermittelt, zu einer signifikanten Verschiebung der Mehrheitsverhältnisse in der Hauptversammlung führt und über diesen Weg Auswirkungen auf die Gesellschaft hat, weil der potenzielle Erwerber mit seiner geplanten Beteiligung eine strategische Zielsetzung verfolgt, die mittelfristig auch Einfluss auf den Vorstand und damit auf die künftige Entwicklung des Emittenten haben wird. Auch Kursbeeinflussungspotenzial kann der zu erwartenden Veränderung der Transaktionsstruktur in der Regel dann, wenn der Erwerb eines unternehmerischen Einfluss vermittelnden Aktienpakets im Raum steht und der potenzielle Erwerber bekanntermaßen beabsichtigt, auf die Aktiengesellschaft unternehmerischen Einfluss auszuüben und deren strategische Ausrichtung zu ändern, attestiert werden. 2. Die Zwischenschritte im Vorfeld der Gestattung der Due Diligence und der Bereitstellung der zwecks Durchführung der Due Diligence erforderlichen Informationen wie die Aufnahme von Gesprächen zwischen dem potenziellen Erwerber und dem veräußerungswilligen Aktionär, die durch
E. Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit (§ 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG)543
diese erfolgende Beauftragung von Beratern für den weiteren Verlauf der Verhandlungen, der Abschluss eines Letter of Intent im Vorfeld der Durchführung der Due Diligence und der Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung stellen aus Sicht des Emittenten bereits deshalb keine publizitätspflichtigen Umstände dar, da sie diesen nicht unmittelbar betreffen. 3. Die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen können im Einzelfall einen zu veröffentlichenden Umstand darstellen. Hiergegen spricht nicht, dass es sich lediglich um einen Zwischenschritt auf dem Weg zur Pakettransaktion und zur Veränderung der Aktionärsstruktur handelt und dieser Umstand wiederum bereits gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG i. V. m. § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG veröffent lichungspflichtig ist. Denn wie sich aus der Gesetzesbegründung zum § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG und aus § 6 Nr. 2 WpAIV und Art. 3 Abs. 1 Durchführungsrichtlinie ergibt, sind sowohl der deutsche als auch der europäische Gesetzgeber davon ausgegangen, dass auch Zwischenschritte der Publizitätspflicht unterliegen. Dies erscheint auch aus dem Blickwinkel des Schutzes der Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte und der damit einhergehenden Notwendigkeit, den Kreis der Insider möglichst klein zu halten und die Erzielung von Sondervorteilen zu unterbinden, plausibel. Erforderlich ist allerdings, dass die Information über die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Informationen die Eignung besitzt, den Börsen oder Marktpreis des Wertpapiers erheblich zu beeinflussen. Dies wird regelmäßig ausschließlich dann der Fall sein, wenn der Eintritt der geplanten Pakettransaktion und der Veränderung der Aktionärsstruktur bereits hinreichend wahrscheinlich ist und eine entsprechende Auswirkung auf den Börsen- oder Marktpreis erwarten lässt. Ausnahmsweise erscheinen zudem Konstellationen denkbar, in denen zwar der Eintritt der bevorstehenden Pakettransaktion noch nicht hinreichend wahrscheinlich, die zu erwartende Auswirkung allerdings besonders erheblich ist und deshalb von einem Kursbeeinflussungspotenzial der Gestattung und Durchführung der Due Diligence ausgegangen werden kann. Eine hinreichende Eintrittswahrscheinlichkeit der Pakettransaktion kann kein zwingendes Erfordernis für die Annahme darstellen, dass die Gestattung der Due Diligence und das Zurverfügungstellen der Informationen kurserheblich ist, da man anderenfalls die Sperrwirkung des § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG, die im Rahmen der Anerkennung der Möglichkeit, dass Zwischenschritte Insiderinformationen darstellen können, abgelehnt wurde, „durch die Hintertür“ über das Merkmal des Kursbeeinflussungspotenzials wieder einführte. 4. Schließlich stellen auch die zu Zwecken der Due Diligence bereitgestellten Insiderinformationen zumindest zum Teil publizitätspflichtige Informationen dar, soweit sie den Emittenten unmittelbar betreffen.
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V. Grundsätzlich hat der Vorstand die benannten Insiderinformationen unverzüglich zu veröffentlichen. In Betracht kommt jedoch eine Befreiung von der Publizitätspflicht gemäß § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG. Hiernach ist der Emittent von der Pflicht zur Veröffentlichung gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG solange befreit, wie es der Schutz seiner berechtigten Interessen erfordert, keine Irreführung der Öffentlichkeit zu befürchten ist und der Emittent die Vertraulichkeit der Insiderinformation gewährleisten kann. 1. Voraussetzung ist zunächst nach vorzugswürdiger Auffassung, dass der Emittent respektive der Vorstand oder derjenige, dem die Aufgabe übertragen wurde, eine entsprechende Entscheidung hinsichtlich der Befreiung trifft. Sie tritt – anders, als dies zum Teil vertreten wird – nicht ex lege ein. Dies entspricht zum einen dem Willen des Gesetzgebers, der in der Gesetzesbegründung von der „Möglichkeit der Entscheidung des Emittenten über den Aufschub der Veröffentlichung“ spricht und feststellt, dass dem Emittenten „mehr Eigenverantwortung bei der Entscheidung über die Veröffentlichung sensibler Insiderinformationen übertragen“ wird. Zum anderen lassen sich hierfür die Vorschriften des § 15 Abs. 3 S. 4 WpHG und § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 8 Abs. 5 Nr. 2 lit. a) WpAIV, nach denen der Emittent die Gründe für die Befreiung der Bundesanstalt unter Angabe des Zeitpunktes der Entscheidung über den Aufschub der Veröffentlichung mitzuteilen hat. Schließlich ergibt sich das Erfordernis einer bewussten Entscheidung aus dem Telos der Vorschriften, da die Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte auch voraussetzt, dass die Emittenten einen sorgfältigen und gewissenhaften Umgang mit Insiderinformationen pflegen. 2. Sowohl am Aufschub der Veröffentlichung der Information über die geplante Pakettransaktion und die damit einhergehende Veränderung der Aktionärsstruktur als auch der Information über die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der Informationen und deren erfolgreiche Durchführung und schließlich auch am Aufschub der Veröffentlichung zumindest eines Teils der Informationen, die der Vorstand im Kontext der Due Diligence zugunsten des potenziellen Erwerbers bereitstellt, kann ein berechtigtes Interesse bestehen. Ein solches Interesse liegt gemäß § 6 S. 1 WpAIV allgemein dann vor, wenn eine Abwägung ergibt, dass das Interesse des Emittenten an der Geheimhaltung der Insiderinformationen auf Basis unternehmerischer Gründe und Motive die Interessen des Kapitalmarktes an einer vollständigen und zeitnahen Veröffentlichung überwiegt. An der vorübergehenden Befreiung von der Veröffentlichungspflicht hinsichtlich der geplanten Pakettransaktion und der Gestattung der Due Diligence und der Bereitstellung der Informationen beziehungsweise deren erfolgreicher Durchführung besteht dann ein berechtigtes Interesse, wenn der Emittent ein konkretes Interesse am Zustandekommen der Transaktion und am Eintritt
E. Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit (§ 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG)545
des potenziellen Erwerbers als Aktionär hat und dieser Vorgang durch die Veröffentlichung vereitelt werden könnte. Im Bezug auf die Insiderinformationen, die zu Zwecken der Due Diligence zur Verfügung gestellt werden, dürfte ein berechtigtes Interesse vor allem dann zu bejahen sein, wenn die Veröffentlichung der jeweiligen Information die Wettbewerbsfähigkeit und den Bestand und Rentabilität des Unternehmens beeinträchtigten könnte. 3. Ob infolge des Aufschubs der Veröffentlichung der Information über die geplante Pakettransaktion und die damit einhergehende Veränderung der Aktionärsstruktur, der Information über die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der Informationen und deren erfolgreiche Durchführung und schließlich auch der Informationen, die der Vorstand im Kontext der Due Diligence zugunsten des potenziellen Erwerbers bereitstellt, eine Irreführung der Öffentlichkeit – genauer der Bereichsöffentlichkeit – zu befürchten ist, hängt davon ab, ob im Markt bereits konkrete Informationen gehandelt werden, die sich im Hinblick auf die vorenthaltenen Informationen als fehlerhaft erweisen und damit zu Fehlvorstellungen über den jeweiligen Sachverhalt führen oder der Emittent während des Befreiungszeitraums aktive Signale – beispielsweise durch Dementi – setzt, die zu den vorenthaltenen Insiderinformationen in Widerspruch stehen und damit geeignet sind, tatsächliche und gegenläufige Vorstellungen über den jeweiligen Sachverhalt hervorzurufen. Der bloße Umstand, dass der Öffentlichkeit bestimmte Informationen durch den Aufschub vorenthalten und diese folglich in den aktuellen Börsenkurs nicht mit einbezogen werden, stellt noch keine Irreführung dar, da es sich hierbei um ein wesensimmanentes Charakteristikum eines jeden Aufschubs handelt. Auch eine Unterscheidung dahingehend, dass regelmäßig nur der Aufschub der Veröffentlichung negativer Informationen eine Irreführung befürchten lässt, der Aufschub der Veröffentlichung positiver Informationen hingegen nicht, kann im Ergebnis nicht überzeugen, da sie im Gesetzeswortlaut keine Anknüpfung findet und die Gefahr der unzutreffenden Bewertung eines bestimmten Sachverhalts und der Bildung falscher Börsenkurse auf Grund des mit dem Aufschubs der Veröffent lichung einhergehenden Informationsdefizits in gleicher Weise bei positiven und bei negativen Informationen besteht. 4. Schließlich kommt eine vorübergehende Befreiung von der Veröffentlichung der Information über die geplante Pakettransaktion und die damit einhergehende Veränderung der Aktionärsstruktur, der Information über die Gestattung der Due Diligence und die Bereitstellung der Informationen und deren erfolgreiche Durchführung und schließlich auch der Informationen, die der Vorstand im Kontext der Due Diligence zugunsten des potenziellen Erwerbers bereitstellt, nur dann in Betracht, wenn hinsichtlich dieser während des Zeitraums der Befreiung die Wahrung der Vertraulichkeit der In-
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Teil 3: Die Ergebnisse der Untersuchung im Überblick
formationen gewährleistet ist. Aus § 7 WpAIV und § 15b Abs. 1 Nr. 3 WpHG ergibt sich insoweit, dass der Emittent den Zugang zu den fraglichen Insiderinformationen kontrollieren muss, indem er wirksame Vorkehrungen dafür trifft, dass andere Personen als solche, deren Zugang zu den Informationen für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben beim Emittenten unerlässlich ist, keinen Zugang zu diesen Informationen erlangen. Des Weiteren muss er die erforderlichen Maßnahmen ergriffen haben um zu gewährleisten, dass jede Person, die Zugang zu den Insiderinformationen hat, die sich daraus ergebenden rechtlichen sowie regulatorischen Pflichten anerkennt und sich der Sanktionen bewusst ist, die bei einer missbräuchlichen Verwendung beziehungsweise einer nicht ordnungsgemäßen Verbreitung derartiger Informationen verhängt werden. Und schließlich hat er den Zugang zur Insiderinformation auch dadurch zu kontrollieren, dass er wirksame Vorkehrungen dafür trifft, dass er die Information unverzüglich bekannt geben kann, wenn er nicht länger in der Lage ist, ihre Vertraulichkeit zu gewährleisten. VI. Liegen die vorausgehend dargestellten Voraussetzungen vor, ist der Emittent solange von der Veröffentlichung befreit, bis eine der Voraussetzungen entfällt. Da es sich bei § 15 Abs. 3 S. 2 WpHG um einen Rechtsgrundverweis handelt, ist der ursprüngliche Sachverhalt nur dann zu veröffentlichen, wenn er noch eine Insiderinformation im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG darstellt. Hat sich der Sachverhalt weiterentwickelt, so ist der im Zeitpunkt des Entfallens der Befreiungsvoraussetzungen gegenwärtige Sachverhalt zu veröffentlichen.
F. Zum Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG I. Nach § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG verhält sich derjenige ordnungswidrig, der als Emittent oder als eine Person, die in dessen Auftrag oder auf dessen Rechnung handelt, im Rahmen seiner Befugnis einem anderen Insiderinformationen mitteilt oder zugänglich macht und diese vorsätzlich oder leichtfertig nicht gleichzeitig nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG veröffentlicht, es sei denn, der andere ist rechtlich zur Vertraulichkeit verpflichtet. II. Auch an dieser Stelle ist zunächst festzustellen, dass primär Emittenten von der Bußgeldandrohung adressiert werden. Zwar spricht § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG nur vom Emittenten. In Anlehnung an § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG ist allerdings davon auszugehen, dass auch im Rahmen des § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG ausschließlich Inlandsemittenten von Finanzinstrumenten gemeint
F. Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit (§ 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG)547
sind. Über § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG können daneben auch die Vorstandsmitglieder des Emittenten einer Geldbuße ausgesetzt sein. III. § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG betrifft den Fall, dass Insiderinformationen weitergegeben werden. Im Fokus können daher in der vorliegenden Untersuchung nur die Informationen stehen, die zu Zwecken der Durchführung der Due Diligence bereitgestellt werden. Allerdings sind Insiderinformationen – jedenfalls solche, die den Emittenten unmittelbar betreffen – bereits nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG zu veröffentlichen, sodass sich die Frage stellt, welche Bedeutung § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG überhaupt zuteil wird. Zutreffenderweise dürfte davon auszugehen sein, dass § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG eine eigenständige Publizitätspflicht für solche Informationen darstellt, die den Emittenten lediglich mittelbar betreffen und die an Dritte weitergegeben werden. Hierfür lässt sich maßgeblich ins Feld führen, dass die allgemeine Publizitätspflicht gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG nur deshalb auf den Emittenten unmittelbar betreffende Insiderinformationen beschränkt ist, weil er ihn lediglich mittelbar betreffende Umstände in der Regel nicht kennt und kennen muss und ihm insoweit keine unbegrenzte Informationseruierungspflicht für nicht präsentes Wissen auferlegt werden soll. Im in § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG vorgesehenen Fall der Weitergabe von Insiderinformationen kennt der Emittent hingegen die ihn lediglich mittelbar betreffende Insiderinformation, sodass ihm auch zugemutet werden kann, diese zu veröffentlichen. IV. Die betreffenden Insiderinformationen werden auch im Rahmen der Befugnisse dem potenziellen Erwerber zur Verfügung gestellt. Trotz des insoweit unterschiedlichen Wortlauts bedeutet „im Rahmen der Befugnisse“ nichts Anderes als befugt im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG und damit „in einem normalen Rahmen in Ausübung der Arbeit oder des Berufes oder in Erfüllung der Aufgaben“ entsprechend Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie. Daher kann auf die Ausführungen im Rahmen des § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG verwiesen werden. V. Schließlich lässt sich allerdings feststellen, dass die Publizitätspflicht nach § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG konzeptionell verfehlt ist. Denn, wenn sie entfällt, sofern der Empfänger zur Vertraulichkeit verpflichtet ist, so besteht insoweit kein Zweifel, dass dies regelmäßig auf Grund des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG der Fall ist, sodass der Veröffentlichungspflicht letztlich kein Anwendungsbereich verbleibt. Hiergegen lässt sich nicht einwenden, dass nur eine besondere Verschwiegenheitspflicht die Publizitätspflicht entfallen lassen könne. Denn der Wortlaut der Vorschrift sieht eine derartige Einschränkung nicht vor, sodass es sich hierbei um eine täterbelastende verbotene Analogie im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG handelte. Zudem stellt sich auch
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aus teleologischer Sicht die Frage, warum eine besondere Verschwiegenheitspflicht zu fordern sein sollte, da diese wohl regelmäßig keine stärkere Wirkung auf den Betroffenen entfalten wird als die durch § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG beziehungsweise § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG strafrechtlich oder ordnungswidrigkeitenrechtlich sanktionierte des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG. Schließlich wäre die Publizitätspflicht gemäß § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG auch bei Annahme des Erfordernisses einer speziellen Verschwiegenheitspflicht konzeptionellen Bedenken ausgesetzt, da spezialgesetzliche Verschwiegenheitspflichten wie § 93 Abs. 1 S. 3 AktG gar nicht Insiderinformationen, wie sie von § 15 Abs. 1 S. 4 WpHG betroffen sind, zum Gegenstand der Schweigepflicht erklären, sondern Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse betreffen und nicht alle Insiderinformationen zugleich Geheimnisse in diesem Sinne darstellen, sodass unter Umständen auch nicht hinsichtlich aller weitergegebenen Insiderinformationen aus § 93 Abs. 1 S. 3 AktG Vertraulichkeit gewährleistet ist.
Teil 4
Ausblick Schlussendlich soll im Rahmen der vorliegenden Untersuchung kurz auf absehbare Entwicklungen in der Gesetzgebung eingegangen werden, die eine Neubewertung der vorliegend erörterten Thematik erforderlich machen könnten. Dies deshalb, da sowohl der Geheimnisschutz als auch das Marktmissbrauchsrecht Themen darstellen, die durch eine entsprechende Aktualität gekennzeichnet sind und sich im Wandel befinden.
A. Geheimnisschutz Was den Schutz von Geschäftsgeheimnissen anbelangt, so hat die Europäische Kommission am 28.11.2013 auf Basis der Ermächtigung des Art. 114 AEUV den Entwurf einer Richtlinie über den Schutz vertraulichen Know-Hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung veröffentlicht.1920 Wie sie innerhalb der Begründung des Richtlinienvorschlags ausführt, stützt sich diese Rechtssetzungsinitiative auf eine Bewertung der Bedeutung, die Geschäftsgeheimnisse für Innovationen und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen haben, des Umfangs, in dem auf das Instrument des Geschäftsgeheimnisses zurückgegriffen wird, der Rolle, die Geschäftsgeheimnisse – auch im Zusammenhang mit den Rechten des geistigen Eigentums – bei der Generierung und wirtschaftlichen Nutzung von Wissen und immateriellen Vermögenswerten spielen, sowie des einschlägigen Rechtsrahmens.1921 Die Bewertung selbst erfolgte wiederum im Wesentlichen anhand zweier externer Studien, die im Januar 2012 und im Mai 2013 veröffentlicht wurden. Die erste Studie beschäftigte sich insoweit mit einer vergleichenden Bewertung der in den EU-Mitgliedstaaten beste1920 EU-Kommission, Vorschlag für Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung, COM(2013) 813 final vom 28.11.2013, abrufbar auf: http: / / ec.europa.eu / internal_market / iprenforcement / docs / trade-secrets / 131128_pro posal_de.pdf (Stand: 20.04.2015). 1921 COM(2013) 813 final, S. 4.
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henden Rechtsvorschriften zum Schutz vor einer widerrechtlichen Aneignung von Geschäftsgeheimnissen.1922 Die zweite Studie hatte die Bewertung der wirtschaftlichen Grundlagen von Geschäftsgeheimnissen und ihres Schutzes vor widerrechtlicher Aneignung und eine eingehendere Analyse des rechtlichen Schutzes von Geschäftsgeheimnissen in der Europäischen Union zum Gegenstand.1923 Neben der maßgeblichen Bedeutung von Geschäftsgeheimnissen für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen am Markt und damit für ihre Rendite1924 und der Zunahme unlauterer Praktiken, die auf eine rechtswidrige Aneignung von Geschäftsgeheimnissen abzielen wie der Diebstahl, das unbefugte Kopieren, Wirtschaftsspionage oder die Verletzung von Geheimhaltungsvorschriften1925 ließ sie vor allen Dingen deutlich erkennen, dass eine hohe Fragmentierung und Heterogenität des bestehenden Schutzes vor einer rechtswidrigen Aneignung von Geschäftsgeheimnissen innerhalb der Union besteht und dass der gewährleistete Schutz im Allgemeinen intransparent und mit unnötigen Kosten und Risiken für die Unternehmen verbunden ist.1926 In Anbetracht dieser Erkenntnisse erscheint es aus Sicht der Kommission unerlässlich, auf Unionsebene Vorschriften zur Annäherung der nationalen Rechtssysteme vorzusehen, damit im gesamten Binnenmarkt ein effizienter und kohärenter Rechtsschutz bei rechtswidrigem Erwerb oder rechtswidriger Nutzung oder Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses gewährleistet wird.1927 Als ausreichend erachtet sie dabei allerdings die Herstellung der Konvergenz der zivilrechtlichen Rechtsvorschriften, also insbesondere der zivilrechtlichen Rechtsbehelfe, der Vorschriften über die Beurteilung der Unrechtmäßigkeit von Handlungen zur widerrechtlichen Aneignung von Geschäftsgeheimnissen, der Vorschriften über den Schutz von Geschäftsgeheimnisse während und nach Gerichtsverfahren und der Schadensberechung. Die Konvergenz der nationalen strafrechtlichen Vorschriften und die Schaffung von Vorschriften, die einen Mindestmaßstab der zu verhängenden Strafen vorgeben, werden demgegenüber nicht als erforderlich eingestuft.1928 1922 Study on Trade Secrets and Parasitic Copying (Look-alikes), MARKT / 2010 / 20 / D, abrufbar auf http: / / ec.europa.eu / internal_market / iprenforcement / docs / tradesecrets / 120113_study_en.pdf (Stand: 20.04.2015). 1923 Study on Trade Secrets and Confidential Business Information in the Internal Market, Contract number: MARKT / 2011 / 128 / D, abrufbar auf http: / / ec.europa.eu / internal_market / iprenforcement / docs / trade-secrets / 130711_final-study_en.pdf (Stand: 20.04.2015). 1924 Erwägungsgrund Nr. 1 COM(2013) 813 final. 1925 Erwägungsgrund Nr. 3 COM(2013) 813 final. 1926 Erwägungsgrund Nr. 5 COM(2013) 813 final. 1927 Erwägungsgrund Nr. 8 COM(2013) 813 final. 1928 COM(2013) 813 final, S. 7.
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Trotz dieser insoweit primär zivilrechtlichen Orientierung und der damit einhergehenden auf den ersten Blick geringeren Bedeutung für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand können einzelne Vorgaben der Richtlinie – sofern diese in der jetzigen Form in Kraft tritt – allerdings unter Umständen dennoch in Zukunft auch im Rahmen der Schaffung neuer nationaler strafrechtlicher Geheimnisschutzvorschriften oder der Auslegung vorhandener Geheimnisschutzvorschriften an Bedeutung gewinnen. Dies jedenfalls insoweit, als die Auslegung einzelner Merkmale betroffen ist. In diesem Zusammenhang erscheinen vor allem zwei Vorgaben des Richtlinienentwurfs erwähnenswert. Zum einen enthält Art. 2 Richtlinienentwurf eine Definition des Begriffs des Geschäftsgeheimnisses und des Trägers des Geschäftsgeheimnisses. Als letzteren klassifiziert der Richtlinienentwurf jede natürliche oder juristische Person, die die rechtmäßige Kontrolle über das Geschäftsgeheimnis besitzt. Die Definition des Begriffs des Geschäftsgeheimnisses entspricht im Wesentlichen derjenigen in Art. 39 Abs. 2 TRIPS. Geschäftsgeheimnisse sind dementsprechend Informationen, die (1) weder in ihrer Gesamtheit noch in der genauen Anordnung oder Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personenkreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne weiteres zugänglich sind, (2) auf Grund ihrer Geheimheit über einen kommerziellen Wert verfügen und (3) den Gegenstand von den Umständen entsprechenden angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen der Person, die rechtmäßige Kontrolle über die Information besitzt, sind. Wesentliche Unterschiede zur bisherigen Begriffsbestimmung lassen sich im Ergebnis nicht feststellen. Zum anderen enthalten Art. 3 und 4 Richtlinienentwurf Vorgaben, wann die Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen als rechtswidrig beziehungsweise rechtmäßig erachtet werden kann. Rechtswidrig soll die Offenlegung gemäß Art. 3 Richtlinienentwurf dann sein, wenn sie ohne Zustimmung des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses vorsätzlich oder grob fahrlässig durch eine Person erfolgt, die entweder auf rechtswidrige Weise in Besitz des Geschäftsgeheimnisses gelangt ist (Nr. 3 lit. a)), gegen eine Vertraulichkeitsvereinbarung oder eine andere Verpflichtung zur Geheimhaltung des Geschäftsgeheimnisses (Nr. 3 lit. b)) oder gegen eine vertragliche oder andere Verpflichtung zur Beschränkung der Nutzung des Geschäftsgeheimnisses verstößt (Nr. 3 lit. c)). Als rechtmäßig wird die Offenlegung demgegenüber gemäß Art. 4 Richtlinienentwurf dann eingestuft, wenn sie erfolgt ist zum Zwecke der rechtmäßigen Wahrnehmung des Rechts auf Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit (Nr. 2 lit. a)), zum Zwecke der Aufdeckung eines ordnungswidrigen Verhaltens, einer strafbaren Handlung oder einer illegalen Tätigkeit des Antragsstellers, sofern die angebliche Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses für die Aufdeckung erforderlich war und die Beklagte im öffentlichen Interesse handelte (Nr. 2
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lit. b)), seitens Arbeitnehmern gegenüber ihren Vertretern im Rahmen der rechtmäßigen Ausübung von deren Vertretungsbefugnissen (Nr. 2 lit. c)), zur Erfüllung einer nichtvertraglichen Verpflichtung (Nr. 2 lit. d)) oder zum Schutz eines legitimen Interesses (Nr. 2 lit. e)). Ein Neubewertung des vorliegend untersuchten Sachverhalts wird der Richtlinienentwurf selbst in dem Fall, dass die Richtlinie in Zukunft in dieser Form in Kraft treten wird und die vorausgehend genannten Bestimmungen auch im Rahmen der Auslegung strafrechtlicher Geheimnisschutzvorschriften Bedeutung erlangen werden, nicht erforderlich machen. Denn Art. 3 Richtlinienentwurf stuft die Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen dann als rechtmäßig ein, wenn eine Zustimmung seitens des Inhabers der Geschäftsgeheimnisse vorliegt. Dementsprechend wird die Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder auf Grund der Bereitstellung von Geschäftsgeheimnissen zu Zwecken der Durchführung der Due Diligence durch den potenziellen Erwerber eines Aktienpakets auch weiterhin immer dann entfallen, wenn der Vorstand als Repräsentant der Aktiengesellschaft als eigentlichen Träger des Geheimnisses eine wirksame Einwilligung erteilt hat.
B. Wertpapierhandelsrecht Im Bereich des Wertpapierhandelsrechts hat die Europäische Kommission vor dem Hintergrund der zunehmenden Globalisierung der Finanzmärkte, die mit dem Aufkommen neuer Handelsplattformen und -technologien einherging und neue Möglichkeiten zur Manipulation dieser Märkte eröffnete, und dem Vorhandensein von Umsetzungs- und Anwendungsdefiziten im Hinblick auf die Marktmissbrauchsrichtlinie im Rahmen ihrer Maßnahmen zur Verbesserung der Solidität und Transparenz der Finanzmärkte bereits am 20.11.2011 zwei durchgreifende Maßnahmen initiiert1929: Zum einen soll die bisherige Marktmissbrauchsrichtlinie durch eine Verordnung, namentlich die Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch), ersetzt werden, die gemäß Art. 288 Abs. 2 AEUV in sämtlichen Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar sein wird und eine weitgehende Vereinheitlichung des EU-Marktmissbrauchsrechts auf Tatbestandsebene1930 zum Ziel hat, um so der unterschiedlichen Anwendung 1929 Kiesewetter / Parmentier, BB 2013, 2371 (2371); Sorgenfrei, in: Park, KapMStR, § 39 WpHG Rn. 11; vgl. weiterhin auch Koch, BB 2012, 1365 (1365 ff.); Parmentier, BKR 2013, 133 (133 ff.); Teigelack, BB 2012, 1361 (1361 ff.); Veil / Koch, WM 2011, 2297 (2297 ff.); Viciano-Gofferje / Cascante, NZG 2012, 968 (968 ff.). 1930 Hinsichtlich der verwaltungsrechtlichen Sanktionen sieht die Verordnung wegen der engen Beziehungen zu den nationalen Rechtsordnungen weiterhin lediglich eine Mindestharmonisierung vor, die in nationales Recht umgesetzt werden muss, Kiesewetter / Parmentier, BB 2013, 2371 (2371).
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und Durchsetzung des Marktmissbrauchsrechts, wie sie bislang praktiziert wurde, entgegen zu wirken.1931 Zum anderen soll dieser Verordnung auf Basis der Ermächtigung des Art. 83 Abs. 2 AEUV eine neu geschaffene Richtlinie – die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über strafrechtliche Sanktionen für Insider-Geschäfte und Marktmanipulation – flankierend zur Seite treten, die aufbauend auf den Grundtatbeständen der Verordnung sämtliche Mitgliedstaaten erstmals dazu verpflichtet, wirksame, verhältnismäßige und abschreckende strafrechtliche Sanktionen für die schwerwiegendsten Verstöße gegen das Insiderhandels- und Marktmanipulationsverbot vorzusehen, da strafrechtliche Sanktionen eine stärkere abschreckende Wirkung als verwaltungsrechtliche Maßnahmen haben.1932 Im Gegensatz zum Gesetzgebungsvorhaben im Bereich des Geheimnisschutzes fand das Gesetzgebungsverfahren im vorliegenden Kontext kürzlich – nämlich am 12.06.2014 – durch Veröffentlichung der Verordnung Nr. 596 / 2014 über Marktmissbrauch1933 und der Richtlinie 2014 / 57 / EU über strafrechtliche Sanktionen bei Marktmanipulation1934 im Amtsblatt der Europäischen Union „seinen Abschluss“, nachdem das Europäische Parlament bereits am 10.09. 2013 den Vorschlag zu der Marktmissbrauchsverordnung und am 04.02.2014 den Richtlinienvorschlag in seinen Standpunkt übernommen und der Europäi sche Rat diese am 16.04.2014 angenommen hat. Nunmehr ist es an der Europäischen Kommission, binnen 24 Monaten Bestimmungen zur Durchführung der Verordnung zu erlassen. Zeitgleich sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Richtlinie in nationales Recht umsetzen, vgl. Art 13 Richtlinie 2014 / 57 / EU und Art. 39 Verordnung Nr. 596 / 2014. Was die vorliegend untersuchten Problemfelder des Mitteilens oder Zugänglichmachens von Insiderinformationen, des Empfehlens oder Verleitens zum Erwerb oder zur Veräußerung von Wertpapieren und der Pflicht zur Veröffentlichung von Insiderinformationen anbelangt, so lässt sich allerdings feststellen, dass jedenfalls wohl keine erheblichen Veränderungen der bisherigen Gesetzeslage zu erwarten sind. Einen wesentlichen Punkt in diesem Zusammenhang bildet vor allen Dingen der Umstand, dass der Begriff der 1931 EU-Kommission, Vorschlag für Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch) KOM (2011) 651 endg. v. 20.10.2011, abrufbar unter http: / / eur-lex.europa.eu / Lex UriServ / LexUriServ.do?uri=COM:2011:0651:FIN:de:PDF (Stand: 20.04.2015). 1932 EU-Kommission, Vorschlag für Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über strafrechtliche Sanktionen für Insider-Geschäfte und Marktmanipulation, KOM (2011) 654 endg. v. 20.10.2011, abrufbar unter http: / / eur-lex.europa.eu / LexUriServ / LexUriServ.do?uri=COM:2011:0654:FIN:de:PDF (Stand: 20.04.2015). 1933 Abrufbar unter http: / / eur-lex.europa.eu / legal-content / DE / TXT / ?uri=uriserv: OJ.L_.2014.173.01.0001.01.DEU (Stand: 20.04.2015). 1934 Abrufbar unter http: / / eur-lex.europa.eu / legal-content / DE / TXT / ?uri=uriserv: OJ.L_.2014.173.01.0179.01.DEU (Stand: 20.04.2015).
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Teil 4: Ausblick
Insiderinformation seinem bisherigen Verständnis treu bleibt.1935 Nach Art. 7 Abs. 1 lit. a) VO versteht man hierunter nach wie vor nicht öffentlich bekannte präzise Informationen, die direkt oder indirekt einen oder mehrere Emittenten oder ein oder mehrere Finanzinstrumente betreffen und die, wenn sie öffentlich bekannt würden, geeignet wären, den Kurs dieser Finanz instrumente oder den Kurs damit verbundener derivativer Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen. Dementsprechend gilt auch weiterhin, dass nicht nur äußere Ereignisse, sondern auch subjektive Umstände und sogar künftige Umstände, deren Eintritt vernünftigerweise zu erwarten ist, den Gegenstand einer Insiderinformation bilden können. Eine erfreuliche Klarstellung – vor allem mit Blick auf die Publizitätspflicht – enthält Art. 7 Abs. 2, 3 VO, nach dem im Fall eines gestreckten Vorgangs, der einen bestimmten Umstand oder ein bestimmtes Ereignis herbeiführen soll oder hervorbringt, nicht nur der betreffende zukünftige Umstand beziehungsweise das betreffende zukünftige Ereignis als präzise Information betrachtet werden kann, sondern auch die Zwischenschritte in diesem Vorgang, die mit der Herbeiführung oder Hervorbringung dieses künftigen Umstands oder Ereignisses verbunden sind, sofern diese für sich genommen die Merkmale einer Insiderinformation aufweisen. Daneben kann des Weiteren festgestellt werden, dass die Tatbestände des Mitteilens oder Zugänglichmachens von Insiderinformationen, des Empfehlens oder Verleitens zum Erwerb oder zur Veräußerung von Wertpapieren und der Publizitätspflicht dem Wortlaut nach in ihren wesentlichen Merkmalen und auch hinsichtlich deren Auslegung gleich bleiben.1936 So sieht Art. 14 lit. c) VO i. V. m. Art. 10 VO vor, dass eine nicht ordnungsgemäße Offenlegung von Insiderinformationen dann vorliegt, wenn eine Person, die über Insiderinformationen verfügt, diese gegenüber Dritten offenlegt, es sei denn, die Offenlegung geschieht im Zuge der normalen Ausübung einer Arbeit oder eines Berufs oder der normalen Erfüllung von Aufgaben. Dies entspricht den auch bereits bislang in Art. 3 lit. a) Marktmissbrauchsrichtlinie enthaltenen Vorgaben. Auch das Empfehlungs- beziehungsweise Verleitungsverbot hat ausweislich des Art. 14 lit. b) VO wohl primär lediglich eine redaktionelle Modifikation insoweit erfahren, als dass es nunmehr verboten ist, Dritten zu empfehlen oder dazu anzustiften, Insidergeschäfte zu tätigen. Art. 8 Abs. 2 1935 Zunächst wurde angedacht, eine neue Kategorie „relevanter Informationen“ zu schaffen, die auf das Tatbestandsmerkmal der Präzision verzichtet und dementsprechend den Anwendungsbereich der entsprechenden Vorschriften erheblich ausgeweitet hätte. In Anbetracht ihrer Unbestimmtheit konnte sie sich allerdings nicht durchsetzen, vgl. Kiesewetter / Parmentier, BB 2013, 2371 (2372); Parmentier, BKR 2013, 133 (135); Teigelack, BB 2012, 1361 (1363); Veil / Koch, WM 2011, 2297 (2302); Viciano-Gofferje / Cascante, NZG 2012, 968 (970). 1936 Kiesewetter / Parmentier, BB 2013, 2371 (2373 ff.).
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VO stellt zwar hierzu ergänzend klar, dass ein Empfehlen zum Tätigen von Insidergeschäften oder die Anstiftung Dritter hierzu dann vorliegt, wenn eine Person über Insiderinformationen verfügt und a) auf der Grundlage dieser Informationen Dritten empfiehlt, Finanzinstrumente, auf die sich die Informationen beziehen, zu erwerben oder zu veräußern, oder sie dazu anstiftet, einen solchen Erwerb oder eine solche Veräußerung vorzunehmen, oder b) auf der Grundlage dieser Informationen Dritten empfiehlt, einen Auftrag, der ein Finanzinstrument betrifft, auf das sich die Information bezieht, zu stornieren oder zu ändern, oder sie dazu anstiftet, eine solche Stornierung oder Änderung vorzunehmen. Hierin ist durchaus eine gewisse Erweiterung des Anwendungsbereiches des Empfehlungsverbotes zu erkennen. Allerdings dürfte diese keine maßgeblichen Auswirkungen auf die bisherige materiellrechtliche Behandlung des vorliegenden Sachverhalts haben. Schließlich entsprechen auch die Publizitätspflichten der Marktmissbrauchsverordnung jedenfalls im Hinblick auf ihre Tatbestandsvoraussetzungen im Wesentlichen den bisherigen Publizitätspflichten. So hat der Emittent von Finanzinstrumenten gemäß Art. 17 Abs. 1 VO weiterhin Insiderinformationen, die ihn unmittelbar betreffen, der Öffentlichkeit so bald wie möglich bekannt zu geben. Eine auf eigene Verantwortung des Emittenten erfolgende Befreiung hiervon kommt gemäß Art. 17 Abs. 4 VO weiterhin ausschließlich dann in Betracht, wenn die unverzügliche Veröffentlichung geeignet wäre, die berechtigten Interessen des Emittenten zu beeinträchtigen, die Unterlassung der Veröffentlichung nicht geeignet ist, die Öffentlichkeit irrezuführen und die Geheimhaltung der Informationen sichergestellt werden kann. Erfreulicherweise erfolgt auch an dieser Stelle eine Klarstellung dahingehend, dass ein Emittent im Falle eines zeitlich gestreckten Vorgangs, der aus mehreren Schritten besteht und einen bestimmten Umstand oder ein Ereignis herbeiführen soll oder hervorbringt, auf eigene Verantwortung die Veröffentlichung von Insiderinformationen zu diesem Vorgang aufschieben kann. Daneben sieht Art. 17 Abs. 8 VO vor, dass ein Emittent oder ein Teilnehmer am Markt für Emissionszertifikate oder eine in ihrem Auftrag oder für ihre Rechnung handelnde Person Insiderinformationen, die sie im Zuge der normalen Ausübung ihrer Arbeit oder ihres Berufs oder der normalen Erfüllung ihrer Aufgaben gemäß Art. 10 Abs. 1 Insiderinformationen gegenüber einem Dritten offenlegt, vollständig und wirksam veröffentlicht, und zwar zeitgleich bei beabsichtigter Offenlegung und unverzüglich im Fall einer nicht beabsichtigten Offenlegung, sofern nicht der Empfänger zur Verschwiegenheit verpflichtet ist, unabhängig davon, ob sich diese Verpflichtung aus Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, einer Satzung oder einem Vertag ergibt. Dementsprechend lässt sich im Ergebnis festhalten, dass eine grundsätzliche Neubewertung des untersuchten Sachverhalts wohl nicht erforderlich sein wird.
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Sachverzeichnis Ad-hoc-Publizität 342, 396, 429, 430, 436, 471, 480, 498, 504, 522 Aktienpaket 59, 62, 150, 160, 210, 212, 213, 219, 237, 238, 242, 243, 247, 249, 250, 253, 254, 260, 280, 289, 338, 348, 367, 378, 399, 400–402, 405–410, 412, 413, 422–425, 450–453, 469, 520, 522, 532, 538, 539, 542, 552 Aktionär 110, 161, 163, 164, 206, 207, 209, 210–217, 219, 220–224, 235–241, 243, 244, 245, 248, 249, 254, 260, 289, 315, 325, 378, 411, 412, 423, 448–450, 453, 454, 460–463, 465, 467, 486, 519, 532, 542, 545 Aktionärswechsel 246, 247, 253, 259, 340, 404, 412, 413, 448, 450, 486, 497, 508 Anlegerschutz 303, 305–307, 432 Arbeitnehmer 84, 85, 88–91, 97, 99, 100, 112, 162, 529 Arbeitnehmerbegriff 85, 88–90, 92–94, 96, 98, 529 Arbeitnehmereigenschaft 83, 84, 87–89, 92, 93, 96, 98 Aufsichtsrat 93, 95, 102, 140, 141, 143, 173, 191, 443, 469, 530 Aufsichtsratsmitglied 191, 215, 216, 277, 281, 285 Auskunftserteilung 206, 214, 215, 217, 220, 225
Befugnis 61, 76, 164–167, 169, 172, 204, 229, 230, 231, 233, 235, 285, 289, 291–293, 378, 379–382, 384–390, 393, 394, 396, 398, 399, 401, 403, 406–408, 411, 502, 511, 520, 522, 537, 546 Bereichsöffentlichkeit 234, 236, 343, 345–347, 450, 461, 463, 491, 495, 515, 535, 545 Bereitstellung 28, 57–62, 64, 82, 106, 134, 150, 154, 160, 161, 164, 172–176, 179, 181, 182, 186, 196, 202, 203, 205–208, 210–217, 219, 221, 224–226, 229, 231, 236–243, 245, 247, 249–253, 255, 257, 259–263, 272, 280, 285, 289, 294, 295, 311, 318, 354, 367, 368, 377, 378, 381, 399–401, 403–410, 412, 413, 416, 422–426, 438, 440, 446, 448, 454, 462–469, 486, 487, 489, 497, 508, 509, 520, 521, 528, 530, 531, 538, 540–545, 552 Beschäftigungsverhältnis 85, 86, 99 Beweissicherungsfunktion 38, 43, 527 Börsenkurs 347, 484, 486, 492, 493, 497, 545 Business Judgement Rule 193, 324
Befreiung 63, 471, 472, 474, 477, 479, 480, 481, 484, 485, 488, 491, 495–497, 499, 500, 502, 504, 505, 506, 508, 509, 516, 522, 544, 545, 555
Datenraum 151, 257–260, 263, 295, 508, 530, 532 Dispositionsbefugnis 118, 131, 134, 135, 148, 173, 176, 180, 182, 183, 195, 204, 262, 294, 531
Chancengleichheit 234, 304, 311, 313, 332, 334, 336, 340–342, 346, 347, 358, 361, 369, 373, 374, 376, 377, 379, 383, 387, 393, 397–399, 407–409, 413, 415, 430, 432, 478, 483, 498, 512, 515, 516, 518, 538
Sachverzeichnis585 Dokumentationsfunktion 38, 43, 527 Due Diligence 27, 30–32, 34, 35, 37, 38, 41–46, 48–58, 60, 62–64, 82, 104, 106, 108, 110, 115, 120, 133–135, 137–142, 144, 145, 147, 148, 150, 151, 153, 154, 160, 161, 163, 164, 172, 173, 175, 176, 179, 181, 182, 186, 196, 202, 203, 206–217, 219, 221, 224–226, 236–245, 247–252, 253, 255, 257, 260–263, 272, 279, 280, 283, 285, 289, 294–296, 311, 314, 318, 319, 324, 325, 337, 338, 348, 349, 354, 367, 368, 377, 378, 381, 399, 401–403, 406–410, 412, 413, 415, 416, 422–426, 438, 440, 446–448, 450, 454, 460–465, 467–469, 486–489, 497, 508, 509, 514, 518, 520, 522, 527–531, 534, 537, 538, 539, 541–545, 547, 552 –– Commercial 48–50, 527 –– Corporate 49, 50, 81 –– Cultural 54, 527 –– Environmental 52, 53, 527 –– Financial 45, 46, 48, 527 –– Human Resources 51, 52, 54, 527 –– Information Technology 53, 54 –– Intellectual Property 53, 527 –– Legal 46, 49–53, 527 –– Litigation 49, 51 –– Logistics 53, 54, 527 –– Marketing 48 –– Organisational 51, 52, 527 –– Psychological 54, 527 –– Real Estate 49, 51 –– Tax 46–49, 527 –– Technical 53, 54, 527 Durchführungsrichtlinie 326, 328, 330, 331, 333, 335, 355, 356, 360, 379, 455, 456, 459, 482, 498, 500–502, 504, 505, 535, 543 Einstimmigkeit 147, 168, 175 Eintrittswahrscheinlichkeit 247, 250, 327–329, 331, 332, 334, 336, 358,
405, 450, 454, 460, 464–467, 495, 532, 535, 543 Einverständnis 132, 134, 148, 166, 169, 172, 291, 294, 531 Einwilligung 61, 62, 134, 169, 170–181, 183–186, 195, 196, 202–205, 207, 219, 228, 241, 242, 252, 253, 255, 257, 260–263, 292, 294, 295, 404, 531, 533, 552 Einwilligungserklärung 179, 181 Einwilligungsfähigkeit 176, 177, 179 Einwilligungsschranke 181, 184, 195, 262, 294 Emittent 33, 34, 63, 298, 309, 310, 312, 321–325, 332–334, 336, 340, 344–346, 348–353, 354–356, 360, 366, 381, 383, 387, 390, 395, 396, 398, 409, 410, 426, 427–430, 432, 434–447, 450–452, 454, 457, 459, 461–464, 466–498, 500–509, 511–522, 525, 526, 534–536, 539, 541–547, 554, 555 Emittentenbezug 349, 350, 352–355, 463, 516, 536 Erfolgsdelikt 159, 288, 373 Finanzinstrument 302, 305, 308, 326, 327, 334, 338, 339, 341, 353, 354, 356, 360, 365, 416, 426, 429, 433, 435, 436, 437, 438, 439, 444–446, 451, 452, 457, 464, 512, 513, 519, 535, 536, 540, 541, 546, 554, 555 Gefährdungsdelikt 158–160, 288, 355, 373–375, 377, 379, 419, 421, 474 Geheimbereich 77, 82, 119, 135, 149, 157, 160, 168, 173, 176, 182, 184, 266, 267, 268, 271, 293 Geheimhaltungsinteresse 108, 115– 121, 124–126, 128, 130–133, 135, 146, 149, 176, 185, 205, 252, 253, 262, 263, 267, 272, 273, 279, 282, 295, 494, 529 Geheimhaltungswille 108, 116, 118–132, 272, 273, 530
586 Sachverzeichnis Geheimnischarakter 61, 111, 122, 127, 129, 131–136, 138, 140–142, 144, 146–151, 154, 167, 172–174, 185, 186, 273, 279, 280, 291–293, 342, 530 Geheimnisträger 61, 69, 70, 72, 79, 81, 85, 102, 111, 114, 116, 118, 119, 121–123, 127–131, 133, 134, 151, 158, 165, 167, 168, 172, 266, 272, 274–277, 279–281, 285, 291, 293, 530, 531 Gesellschaftsgeheimnis 107, 154, 161, 267, 274, 275, 278, 281–289, 294, 533 Gewährleistungsfunktion 38, 40, 41 Gleichbehandlung 203, 206, 213, 223, 225, 237, 238, 407 Haftungsvermeidefunktion 38, 42, 527 Hauptversammlung 102, 136–140, 173, 174, 189, 199, 207–210, 220–222, 248, 324, 411, 452, 542 Inlandsemittent 426, 433, 434, 438, 439, 540 Insiderinformation 61–63, 226, 233, 234, 236, 296, 297, 299, 301, 309–326, 329, 331, 334, 335, 337, 339, 340–342, 344–349, 352–356, 358, 361, 363, 364, 368–403, 406–413, 415, 416, 418, 419, 423–426, 428, 433, 439–447, 455, 457–459, 463, 468, 469, 471, 472, 474, 475, 478–480, 483–485, 488–511, 513–526, 534, 536–541, 543–546, 547, 548, 553–555 Insiderpapier 298, 310, 325, 327, 339, 355–361, 363, 409, 413–417, 419–422, 436, 440, 452, 453, 464, 465, 468, 513, 535, 539 Insiderpapierbezug 349–355, 536 Insiderrecht 386–388, 390–393, 398, 402, 403, 406–409, 412, 413, 431, 537–539 Insiderrichtlinie 297, 300, 302, 320, 369, 382, 385, 403, 427
Interessenabwägung 171, 206, 386–398, 402, 403, 406, 407, 413, 483, 492, 494, 495, 537 Irreführung 33, 471, 472, 475, 477, 489, 490–497, 506, 508, 510, 544, 545 Kapitalmarkt 32, 302–308, 311, 313, 329, 330, 332, 334, 336, 337, 340–342, 344–347, 354, 358, 361, 369, 373, 374, 376, 377, 383, 387, 388, 393, 397, 398, 406–410, 413, 415, 419, 424, 429–433, 458, 459, 471, 474, 477, 478, 484, 489, 490, 492–495, 498, 502, 503, 505–507, 510, 512, 515, 518, 522, 536, 538, 539, 540, 543, 544 Kenntnisnahme 38, 140, 153, 155–157, 159, 160, 167, 256, 284–289, 293, 311, 312, 314, 316, 321–323, 343, 349, 372–375, 400, 461, 491, 535 Kursbeeinflussungspotenzial 355, 357, 360–362, 367, 441, 452, 453, 461, 463–468, 485, 490, 542, 543 Kurserheblichkeit 335, 349, 350, 362, 364–367, 536 Letter of Intent 57, 253, 255, 260, 263, 295, 405, 423, 448, 454, 460–462, 467, 532, 543 Marktinformation 110, 352–354, 445, 536 Marktmissbrauchsrichtlinie 233, 235, 298, 300–302, 320, 325, 326, 343, 350, 354, 369, 379–382, 384–392, 394, 396, 398, 402, 403, 406, 413, 414, 416, 417, 428, 431, 433, 438, 440, 441, 445, 455, 456, 471, 472, 475, 482, 485, 489, 490, 495, 498, 502, 511, 514, 516, 517, 520–522, 525, 537, 547, 552, 554 Marktmissbrauchsverordnung 553, 555 Marktpreis 305, 308, 325, 333, 335, 341, 355, 356, 361, 362, 367, 430, 432, 440, 452, 457, 464, 465, 467,
Sachverzeichnis587 468, 482, 483, 495, 498, 507, 510, 512, 513, 518, 535, 536, 543 Offenkundigkeit 108, 110–113, 118, 120, 123, 124, 128, 132, 133, 135, 139, 140, 167, 272, 279, 348 Pakettransaktion 59, 62, 64, 82, 104, 106, 134, 137, 151, 164, 172, 182, 186, 205, 206, 213–215, 218, 222, 234, 240, 244, 246, 247, 252, 253, 261, 325, 354, 368, 377, 378, 399, 401–405, 407–410, 412, 413, 424, 426, 438, 446–454, 461, 464–467, 469, 486, 488, 528, 538, 540–545 Persönlichkeitsrecht 73–78 Primärinsider 296, 298, 299, 309, 312, 315, 319, 321, 322, 324, 325, 350, 360, 378, 380, 393, 394, 398, 413, 414, 416–418, 536, 537 Primärinsidereigenschaft 310, 312, 315, 316, 318, 321, 323, 324, 393, 394, 397, 415 Probability magnitude test 332, 466, 535 Publizitätspflicht 62, 63, 325, 330, 337, 425, 426, 428, 431–433, 436, 438, 440–442, 444–447, 451, 458, 459, 469, 471, 472, 474, 477, 479, 481, 483, 484, 491, 495, 496, 497, 499, 502, 506, 507, 509–515, 517, 521, 522, 540, 541, 543, 544, 547, 554 Rechtsgut 67, 68, 72, 75, 76–80, 82, 101, 103, 119, 134, 156, 168, 170, 173, 174, 177, 182, 184, 265–267, 271, 288, 301, 303, 306, 307, 373, 415, 419, 429, 432, 512 Rechtsgutsbegriff 68 Rechtsgutsbestimmung 440 Rechtsgutsinhaber 135, 142, 148, 169, 170–173, 176, 177, 179, 181, 182, 184, 195, 204, 294, 531 Rechtsgutsinhaberschaft 134, 135, 148, 173
Rechtswidrigkeit 165–172, 290–292, 294, 378, 530 Risikoermittlungsfunktion 38, 40, 41 Sekundärinsider 309, 379, 380, 394 Sekundärinsidereigenschaft 397 Shareholder Value 198, 199 Sorgfalt 30, 34, 37, 42, 44, 186, 204, 251, 370, 502 Stakeholder Value 197 Stimmmehrheit 147, 148, 150, 175, 176 unbefugt 61, 62, 64, 65, 87, 103, 110, 158, 164, 165, 226, 229, 230, 231, 233, 235, 263, 264, 289, 290, 296, 301, 378, 381, 382, 384, 385, 392, 403, 407, 413, 425, 521, 528, 530, 533, 534, 537, 550 Ungleichbehandlung 221, 222, 239, 277, 407, 410, 532 Unternehmensbezug 108, 109, 110, 116, 118, 120, 124, 128, 131–133, 279, 354, 529 Unternehmensführung 117, 119, 183, 184–186, 195, 199 Unternehmensgeheimnis 140, 483 Unternehmensinteresse 124, 188, 189, 191, 195–206, 215, 217, 218, 219, 222, 225, 229, 231, 234, 236, 240–245, 247, 249, 250–253, 255, 262, 294, 404–406, 422, 487, 531, 532, 538 Vermögen 45, 70–72, 142, 168, 265, 303, 304, 306–308, 426–428, 432, 442, 444, 468 Veröffentlichung 154, 234, 236, 283, 330, 342, 343, 346, 347, 363, 412, 425, 426, 428, 432, 433, 437–439, 445, 447, 457, 459, 469, 471, 472, 475, 478–480, 482–490, 492–498, 500, 502, 503, 505–509, 511, 515, 516, 521, 523, 542, 544, 545, 546, 553, 555
588 Sachverzeichnis Verschwiegenheitspflicht 61, 114, 138, 152, 153, 163, 167, 189, 190, 191, 195, 206, 224, 229, 264, 271, 277, 280, 281, 283, 286, 381, 382, 393, 394, 396, 398, 517, 522–525, 533, 537, 547, 555 Verschwiegenheitsvereinbarung 151, 206, 207, 224, 405, 523 Vertraulichkeitsvereinbarung 255–257, 260, 263, 295, 448, 450, 454, 460–462, 467, 503, 523, 530, 532, 543, 551 Vorstand 42, 43, 50, 58–60, 62, 90, 91, 95, 96, 100, 102, 140, 143–150, 153, 164, 174–176, 180–191, 193–214, 217, 219, 224–227, 229–237, 239–241, 243, 245, 249, 251–253, 254, 256, 257, 259, 260, 262, 263, 280, 284, 291, 294, 295, 310, 313, 315, 317, 338, 340, 341, 349, 351, 367, 403–406, 413, 422–424, 426, 439, 442, 443, 446, 447, 451, 463, 468, 469, 479, 480, 481, 508, 509,
519, 522, 527, 528, 530–533, 538, 540, 542, 544, 545, 552 Vorstandsmitglied 60–64, 8–88, 90–98, 100–106, 138, 143–147, 149, 153, 154, 161, 164, 172, 175, 176, 179, 181–184, 185–193, 195, 228–233, 236, 260, 263, 264, 271, 272, 280, 283–290, 295, 296, 309–319, 323–325, 341, 348, 351, 368, 377, 378, 381, 399, 404, 413, 414–416, 422, 425, 439, 440, 443, 444, 468, 480, 509, 510, 520, 521, 526, 528, 529, 533, 534, 537, 539, 547, 552 Wertermittlungsfunktion 38, 39, 55, 527 Wertpapier 32, 35, 62, 309, 333, 335, 336, 341, 351–354, 362–367, 390, 410, 417, 426–431, 434–438, 441, 445, 488, 519, 543, 553, 554 Wertpapierbezug 352, 443 Zuständigkeit 134, 136, 138–140, 144–147, 149, 174–176, 184, 294, 479