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German Pages 169 Year 1990
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 585
Staatliche Rechnungsprüfung Privater unter besonderer Berücksichtigung der Freien Wohlfahrtspflege Von
Walter Leisner
Duncker & Humblot · Berlin
WALTER LEISNER
Staatliche Rechnungsprüfung Privater
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 585
Staatliche Rechnungsprüfung Privater unter besonderer Berücksichtigung der Freien Wohlfahrtspflege
Von
Prof. Dr. Walter Leisner
Duncker & Humblot * Berlin
CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Leisner, Walter: Staatliche Rechnungsprüfung Privater unter besonderer Berücksichtigung der freien Wohlfahrtspflege / von Walter Leisner. — Berlin: Duncker u. Humblot, 1990 (Schriften zum Öffentlichen Recht; Bd. 585) ISBN 3-428-06941-2 NE: GT
Alle Rechte vorbehalten © 1990 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Satz: Werksatz Marschall, Berlin 45 Druck: Werner Hildebrand, Berlin 65 Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-06941-2
Vorwort Die hier vorgelegte Untersuchung geht auf eine rechtsgutachtliche Stellungnahme zurück, welche der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Bonn erstattet wurde. Anlaß war eine Prüfung bei Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege durch einen Landesrechnungshof. Dieser Fall wirft allgemeine und grundsätzliche Fragen zu dem Problemkreis der staatlichen Rechnungsprüfung Privater auf, insbesondere dort, wo diese staatlich gefördert werden. Diese Problematik, welche auch für das Subventionsrecht von zentraler Bedeutung ist, kann nur aufgehellt werden, wenn auch die Stellung der Rechnungshöfe als solche und deren Prüfungsmaßstäbe vertiefend untersucht werden. Diese Arbeit versteht sich daher als ein Beitrag zum Staatsrecht der Rechnungsprüfung und ihrer Organe, vor allem aber auch zu den Maßstäben dieser Kontrolle, insbesondere zu dem problematischen Begriff der „Wirtschaftlichkeit". Sie wendet sich also nicht nur an das Interesse des weiten Kreises staatlich geförderter Privater, sondern auch an jene Verwaltungen, die nach der Grundthese dieser Untersuchung die eigentlichen, ja die alleinigen Adressaten staatlicher Rechnungsprüfung sind. Hier geht es schließlich nicht allein um Fragen staatlicher Finanztechnik, sondern um die wirtschaftliche Gestaltungsautonomie des Bürgers, der auch als geförderter Rechtsträger in privater Freiheit soll wirtschaften dürfen. Unangebracht ist Mißtrauen gegen eine staatliche Rechnungsprüfung, die sich, von gelegentlichen Grenzüberschreitungen abgesehen, insgesamt voll bewährt hat. Doch gerade wer sie als strenge Kontrolle der Staatlichkeit erhalten und fördern will, darf sie nicht durch eine Wirtschaftlichkeitskontrolle der Verwaltungen überfordern, welche deren Gestaltungsfreiheit beschneidet, und durch eine Rechnungskontrolle Privater, welche diese behandelt, als seien sie ein „verlängerter A r m der Verwaltung". So ist denn hier eine Grundsatzfrage der Gewaltenteilung und des StaatBürger-Verhältnisses gestellt. München, den 20. April 1990 Walter Leisner
Inhaltsverzeichnis Α. Die Problematik der Prüfung privater Wohlfahrtseinrichtungen durch die Rechnungshöfe I.
Das grundsätzliche Prüfungsrecht
II.
Der Anlaßfall: Prüfung Nordrhein-Westfalen
Wohlfahrtseinrichtungen
Beeinträchtigung der privaten Landesrechnungshofs
/V.
Die hauptsächlichen
Träger durch die Feststellungen des 16
Meinungsverschiedenheiten
Form der Prüfung Privater
13 in 14
III.
V.
der Rechnungshöfe
der privaten
über Umfang und
durch den Rechnungshof
17
1. Probleme des Prüfungsumfangs
18
2. Kritik am Prüfungs verfahren
20
Aufbau der Untersuchung
22
B. Prüfungsgegenstand und Prüfungsumfang der staatlichen Rechnungskontrolle I.
13
Die Rechnungshöfe — Grundstrukturen
und Aufgaben
1. Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Rechnungsprüfung a) Art. 114 GG
26 26 26 26
b) „Verfassungskontrolle" durch Rechnungshöfe?
27
c) Rechnungshöfe — Verfassungsorgane?
28
d) Folgerungen für die allgemeine Stellung der Rechnungshöfe und ihre Prüfungsbefugnis gegenüber Privaten 2. Die Rechnungshöfe — „Hilfsorgane" für Parlament und Regierung a) Der Rechnungshof — Kontrolleur der Verwaltung aa) Organ der Exekutive bb) Kontrolleur der Verwaltung i m Rahmen von deren Befugnissen cc)
Der Rechnungshof — keine Verwaltungsinstanz sui generis für das Staatsvermögen
dd) Der Grundsatz der nachträglichen Prüfung
31 35 35 35 36 38 40
Inhaltsverzeichnis
8 ee) ff)
„Vorgängige" oder „begleitende" Prüfung — ein Mitbestimmungs-Problem
45
„Beratung" — bedenkliche „Vor-Kontrollen"
46
b) Der Rechnungshof — Berichterstatter an die Volksvertretung, nicht Entlaster der Regierung oder Beiaster der Bürger . . . aa)
Prüfungsberichte — gesetzlich vorgesehene Gutachten
bb) Keine „entscheidenden Bemerkungen" cc)
51 53
Der Rechnungshof — kein „negativer Ombudsmann" für den Bürger
55
dd) Das parlamentarische Kontrolldefizit — Grund der Ausweitung der Rechnungsprüfung
56
c) Der Rechnungshof — ein Gericht?
59
aa) Die herrschende Lehre: keine gerichtliche Instanz
...
bb) Die Unabhängigkeit der Rechnungshöfe — doch Grundlage eines erweiternden Verständnisses der Rechnungsprüfungskompetenzen?
59
60
3. Die Rechnungshöfe — Berichterstatter für die Öffentlichkeit?
63
a) Publizität der Rechnungsprüfung über die Berichtsempfänger
63
b) Die „parlamentsunabhängige" Publizität der Rechnungsprüfung — direkter Zugang der Rechnungshöfe zur Öffentlichkeit?
66
aa)
Fragestellung
66
bb) Zugang zur Öffentlichkeit bei Berichtsabgabe cc)
....
Grundsätzliche Unzulässigkeit eines direkten Zugangs der Rechnungshöfe zur Öffentlichkeit
c) Folgerungen für die Rechnungsprüfung Privater II.
51
Die Prüfungsmaßstäbe „Wirtschaftlichkeit'
der Rechnungsprüfung,
insbesondere
66 67 69
die 71
1. Die Kritik an der übermäßigen Prüfungsintensität — die Weite der Prüfungsmaßstäbe, Notwendigkeit ihrer Begrenzung
71
a) Bestimmte Maßstäbe — sonst willkürliche Rechnungsprüfung
72
b) Weite des Prüfungsgegenstandes — und damit nicht Weite, sondern Bestimmtheit der Maßstäbe
73
2. Normative Prüfungsmaßstäbe
75
a) Beachtung aller Normen — „Ordnungsmäßigkeit" als Maßstab
75
b) Normenhierarchie
76
c) Verwaltungsvorschriften
77
Inhaltsverzeichnis 3. Der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz als Maßstab der Rechnungsprüfung
80
a) Zentralbegriff der Rechnungsprüfung, wichtiger Prüfungsmaßstab
80
b) Verhältnismäßigkeit — ein unbestimmter, „offener" Maßstab — oder gar ein Ermessensbegriff?
III.
81
c) Der „Zweck" — Vorgabe für den Rechnungshof
83
d) Die Diskussion um die „Kontrollen politischer Vorgaben" — ein MißVerständnis
86
e) Kostenminimierung oder auch Nutzenmaximierung? — Zwecksetzung durch den Standard der eingesetzten Mittel
89
4. Sparsamkeit als selbständiger Prüfungsmaßstab?
94
Die Überprüfung Privater nen
94
— Grundlagen und Schranken im einzel-
1. Rechnungsprüfung Privater — bisher kaum vertiefend behandelt — die Fragestellung
94
2. Staatliche Rechnungsprüfung privaten Verhaltens — notwendig, zulässig?
96
a) Der Ausgangspunkt: Kontrolle des Staates, nicht der Privaten
96
b) Notwendigkeit der Prüfung privaten Verhaltens für die Prüfung des Staatsverhaltens?
97
3. Zuweisung der Befugnisse zur Prüfung Privater durch Gesetz?
103
a) Fragestellung — die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts i m VW-Fall
103
b) Kritik — Unzulässigkeit so allgemeiner Aufgabenübertragungen
104
4. Die Auffassungen zu den „Privatprüfungsbestimmungen" der H O — eher eine Begründung für deren Unzulässigkeit
108
a) Allgemeines — Appelle zur Zurückhaltung
108
b) Voraussetzung der Gewährung von Zuwendungen (§§ 23, 44 HO, § 43 HGrG) — „institutionelle Förderung" und „Prüfung der gesamten Wirtschaftsführung" des Privaten
109
c) Prüfungsgegenstand bei Zuwendungen — „nach Entscheidung des Rechnungshofs" (§ 91 Abs. 2 HO)
111
d) Prüfung „bei" Privaten — Prüfung „der" Privaten
114
e) § 104 H O — Prüfung von juristischen Personen des Privatrechts bei Zuschußgewährung — ebenfalls problematisch
115
f)
Subventionszweck: auch Förderung der Autonomiekräfte der Privaten
116
Inhaltsverzeichnis
10
/V.
5. Schranken von Aufsicht und Rechnungsprüfung i m Sachbereich Wohlfahrtspflege
119
Grundrechtsverletzung digung
121
durch Rechnungsprüfung
— Ansehensschä-
1. Bisherige Ergebnisse — Fragestellung
121
2. Grundrechte der Privaten als Maßstäbe der Rechnungsprüfung
123
a) Grundrechtsträgerschaft der Träger der Wohlfahrtspflege
freigemeinnützigen
privaten 123
b) Möglicherweise beeinträchtigte Grundrechts-Schutzbereiche
123
c) Die Verhältnismäßigkeit — grundsätzliches staatlicher Veröffentlichungsbelange?
127
Überwiegen
d) „Indirekte" Grundrechtsbeeinträchtigung — dennoch mögliche Grundrechtsverletzungen
128
3. Rechtsverletzung Privater durch herabsetzende Kritik seitens einer Behörde
130
a) Die Zivilrechtsprechung zur Problematik des allgemeinen Persönlichkeitsrechts — Vergleich mit den Medienprivilegien
131
b) Die öffentlich-rechtliche Judikatur zu den Maßstäben i m Falle der Ansehensminderung durch Behörden
133
c) Die „richterähnlichen Rechnungshöfe" — Vergleich mit herabsetzenden Äußerungen in Gerichtsentscheidungen
134
C. Verfahrensrechtliche Probleme I.
II.
Verfahrensrechtliche fung Privater
139
Bindungen des Rechnungshofs bei seiner Prü139
1. Die Verfahrensautonomie
139
2. „Herausgreif-Prüfungen"?
142
3. Das Informationsrecht
143
4. Die von der Rechnungsprüfung zu wahrende Diskretion
145
a) Amtsverschwiegenheit
145
b) Anonymisierung der Private betreffenden Prüfungsergebnisse
146
Recht auf Gehör gegenüber den Instanzen der Rechnungsprüfung 1. Fragestellung — Rechtliches Gehör : in welcher Phase? — § 96 H O
148 148
a) Zuleitung des Berichts zur Äußerung (§ 96 HO)
149
b) Keine Anhörung Privater nach der H O
150
c) Die besondere Bedeutung des Rechts auf Gehör
151
Inhaltsverzeichnis 2. Gründe gegen rechtliches Gehör im Rechnungsprüfungsverfahren a) Kein rechtliches Gehör vor dem Parlament?
152
b) Keine Außen Wirkung?
152
c) Nur vorbereitende Tätigkeit?
154
3. Begründung des rechtlichen Gehörs für Private
III.
152
155
a) Grundsätze des Verwaltungsverfahrensrechts
155
b) Begründung aus dem Wesen der Rechnungsprüfung
157
Der gerichtliche
Rechtsschutz Privater
1. Streitigkeiten über den Inhalt des Prüfungsberichts
160 160
a) Klage auf Rücknahme eines Rechnungshofberichts
160
b) Klage gegen einzelne Feststellungen oder Bewertungen in Prüfungsberichten
161
c) Feststellungsklage
162
2. Klage gegen Anordnungen der Rechnungsprüfer
162
3. Schadensersatzklage
162
4. Verfassungsbeschwerde
163
Gesamtergebnis
164
Α. Die Problematik der Prüfung privater Wohlfahrtseinrichtungen durch die Rechnungshöfe
I. Das grundsätzliche Prüfungsrecht der Rechnungshöfe „Zuwendungen" des Bundes oder der Länder, d. h. „Ausgaben- und Verpflichtungsermächtigungen für Leistungen an Stellen außerhalb der betreffenden Verwaltung zur Erfüllung bestimmter Zwecke", dürfen von diesen Körperschaften in ihren Haushalten nur veranschlagt werden, wenn sie an der Erfüllung durch solche Stellen ein erhebliches Interesse haben, das ohne die Zuwendung nicht oder nicht i m notwendigen Umfang befriedigt werden könnte (§ 23 BHO sowie die wortgleichen entsprechenden Bestimmungen der Landeshaushaltsordnungen). Der Zuwendunggeber hat den Empfängern den Nachweis der zweckentsprechenden Verwendung aufzugeben, ein Prüfungsrecht der zuständigen Dienststelle vorzusehen und im Einvernehmen mit dem jeweiligen Rechnungshof Verwaltungsvorschriften über dessen Prüfungsrecht zu erlassen (§ 44 BHO). Der Rechnungshof prüft aufgrund dessen bei Stellen außerhalb der (Zuwendung gebenden) Verwaltung, wenn diese „vom Bund Zuwendungen erhalten" (§ 91 Abs. 1 Ziff. 3 BHO). „Die Prüfung erstreckt sich auf die bestimmungsmäßige und wirtschaftliche Verwaltung und Verwendung. Bei Zuwendungen kann sie sich auch auf die sonstige Haushalts- und Wirtschaftsprüfung des Empfängers erstrecken, soweit es der Bundesrechnungshof für notwendig hält" (§ 91 Abs. 2 BHO). Der Rechnungshof prüft darüber hinaus „die Haushalts- und Wirtschaftsführung" einer juristischen Person des privaten Rechts selbst — und nicht nur „bei ihr die Haushalts- und Wirtschaftsführung der (staatlichen) Vergabestelle — wenn die private Institution „aufgrund eines Gesetzes vom Bund Zuschüsse erhält oder eine Garantieverpflichtung des Bundes gesetzlich begründet ist" (§ 104 Abs. 1 Ziff. 1 BHO). Der Bereich der Wohlfahrtspflege in einem weiteren Sinn gehört, nach ganz h. L. 1 , zu jenen Feldern von Aufgaben, an deren Erfüllung insbesondere 1 Rinken, Α., Die caritative Betätigung der Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: Handb. des Staatskirchenrechts, 2. Bd. 1975, S. 383 ff. (396 ff.) ; Listi, J. Kirche und Staat in der Bundesrepublik Deutschland, in: Handb. des Katholischen Kirchen-
14
Α. Die Rechnungshofs-Prüfung privater Wohlfahrtseinrichtungen
die Länder ein hohes Interesse iSd. BHO haben, ohne daß hier vertiefend auf die umstrittene Frage einzugehen wäre, wie der Begriff der „öffentlichen Aufgabe" i m einzelnen zu definieren ist 2 , und in welchem Sinn hier eine solche vorliegt. Von jeher arbeiten die Körperschaften des öffentlichen Rechts daher eng mit den privaten Diensten und Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege (vgl. § 17 Abs. 3 SGBI, § § 10,93 BSHG) zusammen, welche in der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e. V. zusammengeschlossen sind. Diese Privaten gehören jedoch zum Kreise derjenigen, welche nach den § § 91, 104 BHO (Landeshaushaltsordnungen) der Prüfung durch den Rechnungshof unterliegen — indirekt über die Kontrolle der Vergabebehörden, unmittelbar nach § 104 BHO.
II. Der Anlaßfall: Prüfung der privaten Wohllahrtseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen
Anerkannt ist, daß diese Prüfungsbefugnis der Rechnungshöfe nach dem Gesetz grundsätzlich besteht; es sind jedoch, vor allem in neuester Zeit, erhebliche Meinungsverschiedenheiten darüber aufgetreten, wie weit sie gehen kann und in welchen Formen sie auszuüben ist. Dies ist eine ganz allgemeine Problematik von grundsätzlicher Bedeutung. Der konkrete Anlaß zu ihrer Untersuchung ergab sich jedoch in einem Fall aus letzter Zeit, der zugleich als verdeutlichendes Beispiel berichtet werden soll. Nicht um seine Einzelheiten geht es hier, sondern um die prinzipiellen Fragen, welche er aufwirft; sie stellen sich ähnlich auch in zahlreichen anderen Fällen. Der Landesrechnungshof von Nordrhein-Westfalen hat i m Jahre 1987 bei einer größeren Zahl von Einrichtungen der privaten Wohlfahrtspflege teils stichprobenartige, zum Teil aber auch sehr eingehende Prüfungen vorgenommen. Vor allem betrafen diese die „Beratungsstellen für Schwangerschaftsprobleme und Familienplanung", sowie die „Familien- und Lebensberatungsstellen". Für erstere erhalten die privaten Träger Zuwendungen nach Maßgabe von Verwaltungsvorschriften, welche zu § 44 LHO erlassen rechts, 1983, S. 1050 ff. (1967 ff.) ; Wegener, R., Staat und Verbände im Sachbereich Wohlfahrtspflege, 1978, S. 279ff., 289ff.; Kotigen, Α., DÖV 1961, S. 1 ff. (3. f., 6); Bender, B., DVB1 1963, S. 87 ff. (90); BVerfGE 22, S. 180 (199 ff.). 2 Maurer, H., Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 1988, § 1, Rdnm. 9ff.; Obermayer, K., in: Maunz/Obermayer/Berg/Knemeyer, Staats- und Verwaltungsrecht in Bayern, 5. Aufl. 1988, S.91f. ; Faber, H., Verwaltungsrecht, 2. Aufl. 1989, S. 121; Mayer/Kopp, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 1985, S. 30 ff.
II. Der Anlaßfall
15
worden sind 3 ; Bewilligungsbehörde ist der Regierungspräsident. Die Familien- und Lebensberatungsstellen der Freien Träger dagegen werden zwar nach denselben Grundsätzen gefördert 4 , Bewilligungsstelle ist hier aber der zuständige Landschaftsverband. Ob die Prüfungen des LRH i m Rahmen der Kontrolle der Bewilligungsbehörden (§91 LHO) oder der Zuwendungsempfänger selbst (§ 104 LHO) in Nordrhein-Westfalen erfolgt sind, läßt sich aus den diesbezüglichen Feststellungen des Landesrechnungshofs 5 nicht mit Sicherheit entnehmen. Der Landesrechnungshof spricht eingangs von der Prüfung der Gewährung von Zuwendungen, was allerdings eher i m Sinne der Prüfung der Bewilligungsstellen zu verstehen ist — sonst hätte es wohl „Prüfung der Verwendung von Zuwendungen" heißen müssen. Sodann aber wird gesagt (unter 1, Allgemeines), Erhebungen seien „bei" den Behörden und den Zuwendungsempfängern stichprobenweise durchgeführt worden. „Insbesondere" seien Mängel „auf der Ebene der Bewilligungsbehörden" festgestellt worden. Diese seien so gravierend gewesen, daß „den vielen Zuwendungsempfängern die mißbräuchliche Ausnützung von Unzulänglichkeiten . . . gerade erleichtert worden" sei. Unter Ziff. 2 seiner Bemerkungen bezieht sich sodann der Landesrechnungshof wieder ausdrücklich auf § 91 LHO, weil sich ein Zuwendungsempfänger der Zweckmäßigkeitsprüfung nicht habe beugen wollen. Mögen also auch überwiegende Gesichtspunkte dafür sprechen, dies alles habe eine „Prüfung bei" den Privaten, nicht „der" Privaten sein sollen, so kann doch nicht ausgeschlossen werden, daß sich, bei der hier entscheidenden objektiven Betrachtung, (zugleich auch) die Prüfung als eine solche der Träger selbst herausstellt, insbesondere als eine derartige von den untersuchten Privaten verstanden werden konnte oder gar werden mußte. Für die folgenden Untersuchungen ist also sowohl § 91 LHO als auch § 104 LHO als mögliche Prüfungsgrundlage anzusehen.
3 Verwaltungsvorschriften für Zuwendungen an Gemeinden — W G — Rit. Erl. des Finanzministers vom 21.7.1972 — SMB1 N W ; vgl. Richtlinien für die Gewährung von Zuwendung zur Förderung von Beratungsstellen für Schwangerschaftsprobleme und Familienplanung, Runderlaß des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 28.4.1983 V A 3 — 0302.11. 4 Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Familien- und Lebensberatungsstellen, Runderlaß des Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 28.4.1983 — IV/1 — 6704.1/6705.1. 5
V. Senat, V Β — 7502 — 1/87 vom 25.2.1988.
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Α. Die Rechnungshofs-Prüfung privater Wohlfahrtseinrichtungen
I I I . Beeinträchtigung der privaten Träger durch die Feststellungen des Landesrechnungshofs Die Feststellungen des LRH wurden dem zuständigen Landesminister offiziell zugeleitet. Schon vorher waren sie jedoch einer Fraktion des Landtages von Nordrhein-Westfalen bekannt geworden, welche die Öffentlichkeit darüber informierte. In den Feststellungen ist von zahlreichen und schweren Mängeln materiell-und verfahrensrechtlicher A r t bei der Vergabe und der Verwendung der Zuwendungen die Rede, die bei der Bewilligungsbehörde wie bei den privaten Trägern aufgetreten seien. In mehreren Fällen liege der Verdacht strafbarer Mittelerschleichung seitens der Geförderten so nahe, daß Strafanzeige erstattet werden solle. Die Medien griffen dies sogleich intensiv auf und sprachen mit großer Publizitätswirkung von einem Bewilligungsskandal in Millionenhöhe. Die betroffenen Institutionen und Verbände bestritten die Richtigkeit der Feststellungen mit Nachdruck: Von wenigen Fällen abgesehen basierten die Ergebnisse des LRH auf fehlerhaften oder unrichtigen Recherchen oder auf mangelhafter Bewertung. Überdies sei den Betroffenen keine hinreichende Aufklärungsmöglichkeit gegeben worden, was aber in den meisten Fällen zu ganz anderen Feststellungen geführt hätte. Sie seien durch dieses Vorgehen der staatlichen Rechnungsprüfung in schwerster Weise betroffen: In besonders aufwendiger und belastender A r t müßten sie sich nun zur Wehr setzen und „Gegenbeweise" antreten; in der Öffentlichkeit sei es jedoch, durch das unzulässige Vorgehen des LRH und der Fraktion des Landtages, bereits zu gravierenden „Vorverurteilungen" gekommen, die sich durch keine Richtigstellung mehr vollständig ausräumen ließen. Die privaten Träger müßten daher nun nicht nur mit einem verbreiteten „Fördermißtrauen" seitens der staatlichen Stellen rechnen, das auf Dauer zu schwer tragbaren Mittelkürzungen führen könne. Darüber hinaus sei ihr Ansehen, das in diesem sozialen Bereich besonders wichtig und hochzuhalten sei, durch diese insgesamt völlig ungerechtfertigten Feststellungen auf das Schwerstwiegende in der Öffentlichkeit herabgesetzt worden. Die Folgen — Mißtrauen, ja Ablehnung bei den zu Beratenden, geringerer Zufluß von Fördermitteln seitens des Staates und nichtstaatlicher Herkunft — würden mit Sicherheit nicht ausbleiben, denn wer wolle schon derart zwielichtigen Einrichtungen Mittel zuwenden, wie sie der Bericht des LRH schildere, wer sich von ihnen beraten und helfen lassen? Die Konsequenzen reichten also mit Sicherheit weit über die oben erwähnten Beratungsstellen hinaus, sie seien gar nicht abzusehen; ein solcher Vorfall diskreditiere die gesamte Freie Wohlfahrtspflege. Überdies bestehe naturgemäß hier gesteigerte Wiederholungsgefahr: Wenn der LRH nicht jetzt in seine Schranken gewiesen werde — materiell-
IV. Die Meinungsverschiedenheiten über die Prüfung Privater
17
wie verfahrensrechtlich — so würden bald weitere derartige, ungerechtfertigte oder jedenfalls willkürlich herausgegriffene und dann verallgemeinerte „Feststellungen" einer Einrichtung, welche jedenfalls allgemein als neutral und sachkundig angesehen werde wie der Rechnungshof, das Ansehen der Freien Wohlfahrtspflege überhaupt schwerstens beeinträchtigen, wenn nicht ruinieren. Derartiges sei unverhältnismäßig mehr zu befürchten als i m Falle etwa kritischer Bemerkungen der staatlichen Subventionen an private Unternehmen — bei diesen unterstelle der Bürger gewisse privatwirtschaftliche Egoismen, die er aber Freien Wohlfahrtspflegeeinrichtungen gegenüber mit Recht scharf verurteile. Der zuständige Landesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) hat sich in seiner Stellungnahme zu den Feststellungen des LRH sehr weitgehend hinter die Regierungspräsidien und Landschaftsverbände, aber auch hinter die angesprochenen Zuwendungsempfänger gestellt: In den meisten Fällen seien die Feststellungen des LRH unrichtig und dies hätte durch sachgerechte Prüfung, insbesondere Gespräche mit den Geprüften, aufgeklärt werden können. In wenigen Fällen nur seien Unkorrektheiten festzustellen gewesen, nur in einem Fall eine solche in „Millionenhöhe 11 — allerdings unter Zusammenrechnung vieler Jahre. Gewisse Verbesserungen der Vergabepraxis könnten eintreten, der in der Öffentlichkeit entstandene Skandal-Eindruck sei jedoch keineswegs berechtigt.
IV. Die hauptsächlichen Meinungsverschiedenheiten über Umfang und Form der Prüfung Privater durch den Rechnungshof
Der geschilderte Fall hat bei allen Betroffenen — insbesondere bei den Trägern der Freien Wohlfahrtspflege — eine Reihe von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung i m Hinblick auf Umfang und verfahrensrechtliche Formen der staatlichen Rechnungsprüfung Privater aufgeworfen, die i m folgenden zu klären sind; sie treten auch bei entsprechenden Rechnungsprüfungen anderer privater Einrichtungen auf, sind insoweit also von grundsätzlicher Bedeutung. Insbesondere geht es um Einwendungen der Privaten gegen die sachlichen Maßstäbe und den Gegenstand der Überprüfungen in ihrem Bereich, sodann aber auch um das Vorgehen der Rechnungsprüfung und den Rechtsschutz dagegen. Sie sollen i m folgenden, ohne Anspruch auf systematische und erschöpfende Darstellung, kurz skizziert werden.
2 Leisner
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Α. Die Rechnungshofs-Prüfung privater Wohlfahrtseinrichtungen
1. Probleme des Prüfungsumfangs Die durch die Feststellungen Betroffenen rügen vor allem: a) Die Prüfung orientiere sich nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit an den Förderungsrichtlinien, die übrigens ihrerseits nicht hinreichend klar gefaßt seien. Deren Bestimmungen würden vor allem besonders restriktiv ausgelegt, was die Förderwürdigkeit betreffe, die Aufgaben und Zielsetzungen der geförderten Einrichtungen. Der eigentliche, unter Umständen eben auch weitere Sinn solcher Förderung werde nicht hinreichend gesehen, weil die Prüfer unzulässigerweise an den Buchstaben der Richtlinien hafteten. So würden etwa allgemeinere Fortbildungsveranstaltungen als nicht förderungswürdig erklärt, obwohl doch ohne sie ein sinnvoller Personaleinsatz gar nicht möglich sei. b) Die Prüfer maßten sich ein sachliches Urteil über Wesen und Notwendigkeit der geförderten Tätigkeit an, wozu ihnen aber die Sachkunde fehle, so etwa, wenn sie den Bedarf für schwangerschaftsberatende Aktivitäten aus der Zahl der dabei gestellten Indikationen zu erschließen versuchten, was in dieser Form sachlich unberechtigt sei. c) Die Feststellungen beruhten auf einem Verständnis von Sollvorschriften der Richtlinien als Mußvorschriften, so etwa im Falle der Anwesenheit von Ärzten in den Beratungsstellen. d) Die Prüfer mischten sich in unerträglicher Weise in die Organisationsfreiheit der geförderten Privaten ein. Sie beanstandeten es zu Unrecht, wenn da und dort einmal gewisse Veränderungen in der Tätigkeitsstruktur von geförderten Mitarbeitern nicht sogleich gemeldet würden, gefördertes Personal auch einmal in anderen Bereichen eingesetzt werde, oder Aufgabenabgrenzungen, die in der Praxis eben oft trennscharf nur sehr schwer oder überhaupt nicht möglich seien, nach ihrer Meinung nicht ausreichend herausgestellt würden. e) Die Untersuchenden glaubten sich zu Einzelbeurteilungen der Qualifikation des eingesetzten geförderten Personals berechtigt und leiteten daraus Urteile über die zweckentsprechende Verwendung von Fördermitteln ab; dabei seien sie weder qualifiziert noch berechtigt, daraus derartige höchst pauschalierende Urteile abzuleiten. f) Der Rechnungshof nehme i m Ergebnis eine Prüfung der gesamten Wirtschaftstätigkeit der Zuwendungsempfänger vor, die weit über eine Verwendungskontrolle der empfangenen staatlichen Mittel hinausgehe und auch zur Beurteilung von deren wirtschaftlichem Einsatz gar nicht erforderlich sei: Es sei in der Zukunft zu befürchten, daß die Rechnungsprüfung dergestalt, unter dem Vorwand der Verwendungskontrolle staatlicher Gelder, das wirtschaftliche Gebaren der Privaten als solcher nahezu vollständig
IV. Die Meinungsverschiedenheiten über die Prüfung Privater
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„durchleuchte", was schon unter Gesichtspunkten des Datenschutzes höchst bedenklich sei und weit über die Prüfungsverpflichtungen hinausgehe, denen die Freien Träger nach anderen, insbesondere gesellschaftsrechtlichen gesetzlichen Bestimmungen unterlägen. Damit würde dann im Ergebnis nicht nur eine unzulässige totale staatliche Effizienzkontrolle über privates Wirtschaften ausgeübt, der Staat maße sich darüber hinaus auch ein Urteil über Einzelheiten der Zwecksetzung an, welche die privaten Träger aber in der Autonomie ihrer rechtlich geschützten Freiheit selbst bestimmen dürften. g) Die Prüfungstätigkeit verstoße in zunehmendem Maße gegen das auch hier stets streng zu beobachtende Prinzip des Übermaßverbotes. Unverhältnismäßig sei es insbesondere, wenn zur Aufdeckung allenfalls kleinerer unbedeutender Unregelmäßigkeiten weit über stichprobenhafte Nachforschungen hinausgehende, „flächendeckende" und zugleich entsprechend vertiefte Nachforschungen angestellt würden. h) Die Prüfer hätten lediglich Feststellungen zu treffen. Tatsächlich ergingen sie sich aber, wie gerade das oben II, III berichtete Beispiel zeige, nicht selten in urteilsähnlichen Ausführungen, wie sie nur einem Richter zustünden. Sie stellten eben nicht nur Sachverhalte fest, sondern subsumierten sogleich auch rechtlich, wenn sie etwa die Verwirklichung einer „ungerechtfertigten Bereicherung" seitens eines Zuwendungsempfängers behaupteten. i) Andererseits glaubten sie wieder, lediglich pauschale Vorwürfe vorbringen zu können, wenn sie etwa dem Leser suggerierten, hier habe ein Schwindel in Millionenhöhe stattgefunden. Die Rechnungsprüfung, die doch selbst ständig nach Belegen suche, glaube oft, auf Einzelbelege ihrer eigenen Auffassung verzichten zu können. k) Zu rügen sei schließlich die nicht selten unklare Sprache der Feststellungen, die immer wieder (nur) Zweifel zum Ausdruck brächten, statt etwas zu konstatieren, oder sich in Vermutungen ergingen, dann aber deren Inhalt doch wiederum offenließen. Alle diese materiellen Befugnisüberschreitungen seien an sich schon gravierende Fehler der staatlichen Rechnungsprüfung. Ihr negatives Gewicht verstärke sich aber insbesondere dadurch noch entscheidend, daß sie zu Lasten von Privaten erfolgten und allesamt dazu geeignet, wenn nicht geradezu darauf gerichtet seien, diese in der Meinung der Allgemeinheit herabzusetzen, ja unter Umständen sogar generell als „Subventionsbetrüger" erscheinen zu lassen. Angesichts der besonderen Sensibilisierung der Öffentlichkeit durch die Häufigkeit anfechtbarer staatlicher „Subventionierungen" belaste all dies die Freien Träger der Wohlfahrtspflege in speziellerem Maße, obwohl diese doch von jeher besonderen Wert auf die Feststellung legten, daß die ihnen gewährte Förderung nicht Subvention, sondern 2·
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Α. Die Rechnungshofs-Prüfung privater Wohlfahrtseinrichtungen
vielmehr Abgeltung von privaten Leistungen sei, die zwar in voller privater Freiheit erbracht würden, aber doch auch in unmittelbarem staatlichem Interesse lägen, in ganz anderem Maß jedenfalls als die Produktion gewisser Wirtschaftsgüter zu privatem Profit.
2. Kritik am Prüfungsverfahren Die privaten Träger kritisieren nicht nur Gegenstand, Umfang und Intensität der staatlichen Rechnungsprüfung, sie werfen dieser auch — gerade die berichteten Anlässe zeigten dies eben — schwerwiegendes verfahrensrechtliches Fehlverhalten bei der Prüfung vor; vor allem machen sie insoweit geltend: a) Die Prüfer legten häufig ein völlig unangemessen rigides Verhalten bei ihren Recherchen an den Tag. Anstatt eine kooperative, dialoggeneigte Prüfungsatmosphäre zu schaffen, verbreiteten sie, unnötigerweise, eine streng hoch-amtliche Stimmung um sich. Dies sei insbesondere im Verkehr mit Privaten unangebracht, die eben nicht, wie staatliche Verwaltungsbeamte, an derartige bürokratische Umgangsformen i m negativen Sinne gewöhnt seien, wie sie auch für die Prüfung weder erforderlich noch dieser auch nur förderlich seien. Wenn schon Private geprüft würden — oder „bei Privaten", was praktisch weitestgehend auf dasselbe hinauslaufe — so müßten auch besondere Prüfungsformen dafür entwickelt werden, da stets der Autonomie der Privaten Rechnung zu tragen sei, die ja schließlich den Beamten — anders als andere öffentliche Bedienstete — durch keinerlei Kollegialität verbunden und zu keiner Form von Amtshilfe irgendwie verpflichtet seien. b) Die Prüfer beanstandeten nicht selten deutlich zu Lasten der privaten Träger Verhaltensweisen, welche jedoch den Bewilligungsbehörden bekannt und von diesen — jedenfalls implizit — gebilligt worden seien. Darin liege, neben einem materiell-rechtlichen Fehler (unrichtiger Prüfungsgegenstand), insbesondere ein Verfahrensfehler, weil die Recherchen i m Ergebnis „gegen die falsche Institution" gerichtet schienen, und diese praktisch in die Rolle eines Beschuldigten drängten — jedenfalls der Öffentlichkeit gegenüber. c) Untersuchungen würden durchgeführt, ohne daß ihr Gegenstand oder ihr Ziel den Betroffenen auch nur mitgeteilt würde. Dadurch würden einerseits die Recherchen übermäßig aufwendig und für die Untersuchten belastend, zum anderen verstoße dies gegen elementare rechtsstaatliche Grundsätze, nach denen doch jeder Bürger das Recht habe, nicht einfach ohne erkennbares Ziel ausgeforscht zu werden, sondern zu erfahren, wonach staatliche Bedienstete unter Berufung auf zwingendes öffentliches Interesse
IV. Die Meinungsverschiedenheiten über die Prüfung Privater
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denn bei ihm fahndeten. Aufgrund dessen komme es dann zu „Überfallsfeststellungen", welche für die privaten Träger besonders belastend seien; denn gegen solche vollendete Tatsachen könnten sie sich dann kaum mehr wirksam zur Wehr setzen. d) Das Recht der Privaten auf rechtliches Gehör werde überhaupt in schwerstwiegender Weise bei dieser Art von Prüfungen verletzt. Den Betroffenen werde keinerlei Gelegenheit gegeben, zu dem Material, das nachher die Feststellungen des betreffenden Senates trage, Stellung zu nehmen, obwohl sich jene in der Öffentlichkeit und gegenüber den Bewilligungsbehörden eindeutig als Beschuldigungen gegenüber den Zuwendungsempfängern darstellten und ja sogar nach Meinung der Prüfer selbst zu Strafverfahren gegen deren Bedienstete führen sollten. Es sei vollends unerträglich, daß staatliche Inquisiteure Material für spätere Strafverfahren sammelten, zu dem sich die dadurch unter Umständen Belasteten gar nicht hätten äußern können. Der Rechnungshof habe sich demgegenüber, abwegigerweise, auf seine Unabhängigkeit berufen. e) Ein schwerwiegender Verfahrensfehler liege darin, daß vom Rechnungshof Feststellungen hinausgegeben worden seien, die offensichtlich noch nicht „den Prüfungsbericht" dargestellt hätten oder dies auch nur nach außen hätten sein sollen. Zwar könne der Rechnungshof Regierung und Parlament jederzeit, wenn dies nötig sei, berichten. Dies dürfe dann aber nicht in „provisorischer", es dürfe nur, schon wegen nicht auszuschließender Publizitätswirkungen, in „endgültig feststellender Form" erfolgen, wenn auch nur der Anschein erweckt werde, es würden eben doch „Feststellungen" getroffen. Wenn andererseits den betroffenen Staatsstellen ein Äußerungsrecht zugebilligt werde, so widerspreche es elementaren Rechtsgrundsätzen, wenn dieses selbe Recht nicht auch den betroffenen privaten Trägern und ihren Verbänden — mindestens ebenso rechtzeitig — gewährt werde. Dies aber sei nicht erfolgt. Die Privaten seien auch darin überrumpelt worden. f) Vollends unerträglich sei dieses ganze Verfahren in dem berichteten Fall dadurch geworden, daß die betroffenen Privaten und ihre Verbände von sie schwer belastenden „Feststellungen" des LRH aus der Presse, infolge der gezielten Indiskretion seitens einer Fraktion, habe erfahren müssen. Wenn der LRH derartiges schon nicht verhindern könne, so müsse er gerade deshalb die so Belasteten rechtzeitig vorher informieren. Keinesfalls dürfe dies der Beginn einer systematischen Flucht einer Rechnungsprüfung in die Öffentlichkeit sein, nur um ihren Feststellungen den angeblich „erforderlichen Nachdruck" zu verleihen. Eine derartige Publizität sei schon gegenüber der geprüften öffentlichen Verwaltung höchst bedenklich, gänzlich unerträglich aber und schwerstens grundrechtsgefährdend werde es im Falle von Privaten, deren Wirtschaftlichkeitsverhalten, mit kritischen Be-
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Α. Die Rechnungshofs-Prüfung privater Wohlfahrtseinrichtungen
merkungen versehen, in schwerstwiegend „geschäftsschädigender" Weise (im weiteren Sinn) der Öffentlichkeit dargeboten werde, noch dazu in Fällen, in denen es an der Beachtung elementarer Regeln eines due process of Law vorher gefehlt habe. Vor allem weisen die Betroffenen und ihre Verbände kritisch darauf hin, daß der Versuch, sie zu reinen „Recherchenöbjekten" staatlicher Rechnungsprüfung herabzuwürdigen, für sie inakzeptabel sei, so daß es überdies eine unhaltbare rechtliche Fiktion darstelle, wenn angeblich (nur) die Bewilligungsstellen geschlagen werden sollten, die Zuwendungsempfänger damit aber, primär und entscheidend, getroffen würden. Betroffene und Verbände werfen daher nachdrücklich die Frage nach materiell-rechtlichen, insbesondere grundrechtlichen Schranken bei der staatlichen Rechnungskontrolle Privater sowie nach Rechtsbehelfen auf, mit denen sie sich gegen etwaige Rechtsverletzungen seitens der Rechnungshöfe wehren können.
V. Aufbau der Untersuchung Gegenstand der folgenden Darlegungen ist die Frage, inwieweit die unter IV dargestellte Kritik berechtigt ist, unter Berücksichtigung der Aufgaben der Rechnungshöfe, deren notwendige Erfüllung von den privaten Trägern in keiner Weise in Zweifel gezogen werden kann. Es geht dabei um eine Problematik, die, soweit ersichtlich, bisher systematisch vertieft noch nicht behandelt worden ist. Die vorliegenden Urteile und Untersuchungen zu Fragenkreisen wie „Autonomie und Rechnungskontrolle 11 — etwa zur Rechnungsprüfung der Stiftung V W 6 —, zu den Prüfungsbefugnissen gegenüber den Rundfunkanstalten 7 , den Wissenschaftseinrichtungen 8 , die ja auch, wenn nicht vor allem, gegenüber privatrechtlichen Organisationen eingesetzt werden 9 , sowie zur Prüfung von Körperschaften des öffentlichen Rechts 10 — all dies bringt wertvolle Ansatzpunkte, erschöpft jedoch die Problematik „Private unter staatlicher Rechnungskontrolle" nicht. 6
Dazu grundlegend vor allem Oppermarui, Th., Zur Finanzkontrolle der Stiftung VW, 1972, S. 69 ff. m. Nachw.; Krebs, W., VerwArch 1980, S. 77 (81 ff.) BVerwGE 74, S. 58 ff. 7 Grundlegend Ossenbiihl, F., Rundfunkfreiheit und Rechnungsprüfung, 1984; Sauer/Blasius, DÖV 1986, S. 554 ff., beide m. weit. Nachw. 8 Vgl. für viele Redeker, K., DÖV 1986, S. 946 ff.; Sauer/Blasius, aaO., S. 554 ff. Karpen, U., Die Verwaltung 1986, S. 230 ff. 9
Dazu Oppermann, (FN 6), S. 97. Hierzu neuerdings Knöpf le, F., Die Zuständigkeit der Rechnungshöfe für die Prüfung der Körperschaften des öffentlichen Rechts, 1988. 10
V. Aufbau der Untersuchung
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Folgender Aufbau wird hier gewählt: In einem ersten Hauptteil (B) werden die materiell-rechtlichen Probleme, insbesondere der Prüfungsgegenstand, Prüfungsmaßstäbe, Prüfungsumfang und -tiefe behandelt. Dabei ist zunächst die „Institution Rechnungshof grundsätzlich in ihren Organisationsstrukturen zu untersuchen sowie hinsichtlich ihrer allgemeinen Prüfungsmaßstäbe und -aufgaben, die nicht nur gegenüber Privaten, sondern vor allem gegenüber der öffentlichen Verwaltung zum Tragen kommen, aber eben auch bei Prüfung Privater eingesetzt werden. Es wird sich fragen, ob sich daraus nicht schon gewisse Grenzziehungen für die Tätigkeit der Rechnungshöfe gegenüber Privaten ergeben (im folgenden Β, I). Insbesondere ist sodann die vielumstrittene „Wirtschaftlichkeitskontrolle" zu prüfen und zu fragen, ob in ihr eine Ausuferungstendenz liegt und wie diese, aus dem Begriff dieser Prüfung selbst heraus, zu begrenzen ist (im folgenden II). Anschließend sind die Besonderheiten der Prüfung Privater, insbesondere aus deren grundrechtlichen Freiheitspositionen heraus, zu würdigen (im folgenden Β, IV). Ein weiterer Hauptteil (C) befaßt sich mit den verfahrensrechtlichen Fragen. Hier wird das Verfahren des Rechnungshofes allgemein, mit Blick auf möglicherweise berührte oder gar verletzte private Rechte, untersucht (C, I). Es folgen Untersuchungen zum „Recht auf Gehör" gegenüber der Rechnungsprüfung (C, II). Die Arbeit schließt mit Bemerkungen zum Rechtsschutz der Privaten (C, III).
Ergebnis Die Rechnungshöfe des Bundes und der Länder dürfen nach BHO und LHOen „bei" Privaten die Vergabepraxis der zuständigen staatlichen Stellen prüfen (§ 91 HO), darüber hinaus steht ihnen auch das Recht zur Prüfung „der Privaten" selbst zu, welche Zuwendungen aus öffentlichen Kassen erhalten. Zumindest ersteres ist u. a. seit langem bei den Trägern der privaten Wohlfahrtspflege in größerem Umfang der Fall. Der LRH N R W hat vor kurzem bei zahlreichen privaten Einrichtungen der Wohlfahrtspflege derartige Prüfungen durchgeführt, ohne daß eindeutig festzustellen wäre, ob er „bei diesen" oder ob er diese selbst prüfen wollte. Nachdem kritische Feststellungen des LRH an die Öffentlichkeit gelangten, in denen den staatlichen Bewilligungsbehörden, aber auch den privaten Zuwendungsnehmern, schwerwiegendes Fehlverhalten, bis hin zum Vorwurf strafrechtlich relevanter Erschleichung von Förderungsmitteln, unterstellten, ist in weiten Teilen der Öffentlichkeit ein ungünstiges Bild dieser Träger, ja der Freien Wohlfahrtspflege überhaupt, entstanden; daran änder-
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Α. Die Rechnungshofs-Prüfung privater Wohlfahrtseinrichtungen
te auch die Feststellung des zuständigen Landesministers nichts Wesentliches, der nur einen kleinen Teil der Beanstandungen anerkennnen wollte und dem LRH unsachgemäßes Vorgehen vorhielt. Die privaten Träger befürchten, aus verständlichen Gründen, erhebliche Förderungseinbußen und einen sie auch finanziell i m Ergebnis treffenden Ansehensverlust in der Öffentlichkeit durch derartige sie „herabsetzende Feststellungen" der Rechnungsprüfung. Für den nicht auszuschließenden Wiederholungsfall wünschen sie daher eine Klärung von Umfang und Verfahren zulässiger staatlicher Rechnungsprüfung ihnen gegenüber. Insbesondere bemerken sie zu den bisherigen Prüfungen kritisch: Diese orientierten sich nicht hinreichend eindeutig an den Förderrichtlinien, die ihrerseits die nötige Genauigkeit oft vermissen ließen; zu Unrecht wollten die Prüfer Wesen und Notwendigkeit der geförderten Tätigkeit sachlich beurteilen; Sollvorschriften der Förderrichtlinien würden als Mußvorschriften verstanden, die Richtlinien insgesamt zu Unrecht restriktiv ausgelegt; unerträglich mischten sich die Prüfer in die Organisationsfreiheit der Privaten, insbesondere den Einsatz von deren Personal ein, dessen Qualifikation sie zu Unrecht beurteilen wollten; über die gesamte Wirtschaftstätigkeit der Privaten fällten sie Urteile, nicht nur über die Verwendung der staatlichen Gelder; sie verletzten das Übermaß verbot durch Prüfungsaufwand und Prüfungstiefe; sie träfen urteilsähnliche Rechtsfeststellungen, anstatt sich auf Tatsachenerhebungen zu beschränken; pauschale Vorwürfe würden gemacht, die zudem noch unklar formuliert würden, zum Teil beschränke man sich auf unbelegte Vermutungen. Nicht minder schwer wiegt die Kritik am Verfahren der Prüfung: Hier sei ein unangemessen rigides Prüferverhalten zu beanstanden, das den Besonderheiten einer Prüfung bei Privaten nicht Rechnung trage; beanstandet werde zu Lasten der Privaten, was von den staatlichen Bewilligungsstellen (implizit) gebilligt sei; Gegenstand und Ziel der Recherchen würden den Privaten nicht mitgeteilt; ihr Recht auf rechtliches Gehör gegen sie belastende Feststellungen werde ignoriert; der Rechnungshof gebe „vorläufige" Prüfungsberichte hinaus, zu denen sich aber die Privaten nicht äußern könnten. Im Anlaßfall hätten die betroffenen Privaten aus der Presse von den Anschuldigungen erfahren, die in den Feststellungen gegen sie enthalten seien. Es sei daher zu befürchten, daß der Rechnungshof zunehmend die „Flucht in die Öffentlichkeit" antreten werde, um seinen Beurteilungen den angeblich erforderlichen Nachdruck zu verleihen. Durch derartige Praktiken, die der staatlichen Rechnungsprüfung völlig unangemessen seien, würden sie schwerwiegend in ihren Grundrechten verletzt. Es ist zu prüfen, welche Schranken der staatlichen Rechnungsprüfung Privater sich bereits aus der allgemeinen Organisation, den Aufgaben und
V. Aufbau der Untersuchung
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Maßstäben der Rechnungskontrolle ergeben. Sodann ist dies für den umstrittenen Begriff der Wirtschaftlichkeitskontrolle zu vertiefen und darauf sind die Besonderheiten einer Rechnungsprüfung gerade privaten Trägern gegenüber i m folgenden darzustellen, auch mit Blick auf deren Grundrechte. In einem weiteren Hauptteil werden die verfahrensrechtlichen Probleme untersucht, insbesondere das „Recht auf rechtliches Gehör" der Privaten und ihr Rechtsschutz gegenüber belastenden „Feststellungen" der Rechnungshöfe.
Β. Prüfungsgegenstand und Prüfungsumfang der staatlichen Rechnungskontrolle I. Die Rechnungshöfe — Grundstrukturen und Aufgaben 1. Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Rechnungsprüfung a) Art. 114 GG Art. 114 Abs. 2 GG lautet 1 1 : „Der Bundesrechnungshof, dessen Mitglieder richterliche Unabhängigkeit besitzen, prüft die Rechnung sowie die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung. Er hat außer der Bundesregierung unmittelbar dem Bundestage und dem Bundesrate jährlich zu berichten. Im übrigen werden die Befugnisse des Bundesrechnungshofs durch Bundesgesetz geregelt." Unter „der Rechnung" ist nach Abs. 1 zu verstehen die Rechnungslegung seitens des Bundesministers der Finanzen gegenüber den beiden Kammern über alle Einnahmen und Ausgaben sowie über das Vermögen und die Schulden am Ende des jeweils diesem Bericht vorausgehenden Rechnungsjahres, zum Zwecke der Entlastung der Bundesregierung durch das Parlament. Die Stellung der Rechnungshöfe in den Ländern entspricht in den hier wesentlichen Punkten diesen grundgesetzlichen Bestimmungen, ihre Aufgabenstellung ist mit der der Bundesrechnungsprüfung durch die in den im folgenden Zusammenhang bedeutsamen Fragen wortgleichen Fassungen von BHO und LHOen gewährleistet. Insoweit kann hier von einem einheitlichen, verfassungsrechtlich vorgegebenen Begriff der „Rechnungsprüfung" ausgegangen werden, welche durch die Rechnungshöfe, und nur durch sie, von Verfassungs wegen durchgeführt wird. Wenn dabei von einer „Einrichtung" gesprochen werden soll, so ist es die der Rechnungshöfe; dagegen gibt es keinen verfassungsrechtlichen Begriff einer von diesem Organ zu trennenden Rechnungsprüfung als Institution. 11 In der Fassung des Verfassungsänderungsgesetzes vom 12. 5. 1969 (BGBl I, S. 357).
I. Die Rechnungshöfe — Grundstrukturen und Aufgaben
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Im Namen ihrer Verfassungsautonomie (Art. 28 GG) könnten die Länder Aufgaben und Befugnisse ihrer Rechnungsprüfung abweichend von Art. 114 GG regeln oder auf eine derartige Rechnungskontrolle überhaupt verzichten. Diese letztere gehört nicht zu dem Minimalbestand der nach dem GG auch in den Ländern zu wahrenden Verfassungshomogenität 12 . Insbesondere ist sie weder durch das die parlamentarische Kontrolle erzwingende Demokratieprinzip, noch durch die Rechtsstaatlichkeit (Art. 20,28 GG) auch nur in den Grundstrukturen unabänderlich (Art. 79 Abs. 3 GG) vorgesehen. Vielmehr stellt sie eine bestimmte, zwar traditionelle, aber keineswegs notwendige Organisationsform der Staatlichkeit dar, die in den Einzelheiten weitgehend zur Disposition des Gesetzgebers (Art. 114 Abs. 2 S. 3 GG), in ihrer Unabhängigkeit und der Bestimmung ihrer zentralen Aufgabe zur Disposition des Verfassungsgesetzgebers steht; dieser kann die Kompetenzen des Rechnungshofs ebenso einschränken, wie er sie vor zwei Jahrzehnten ersichtlich hat erweitern wollen 1 3 . Die Rechnungshofsprüfung — wie es aus der Sicht des Verfassungsrechts heißen müßte — ist also eine unbestritten sehr gewichtige, nicht aber eine staatsfundamentale Einrichtung in der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland. Dies ist am Ausgangspunkt dieser Untersuchung bereits zu betonen, wo es schon, i m Hinblick auf spätere Grundrechtsabwägungen, klar zu gewichten gilt.
b) „Verfassungskontrolle"
durch Rechnungshöfe?
Von einem „Verfassungsauftrag zur Rechnungsprüfung" kann gesprochen werden 14 , doch der Begriff ist als solcher ohne wesentliches normatives Gewicht; hier soll — mit dem Bundesverfassungsgericht — von der „Befugnis zur Rechnungsprüfung nach Art. 114 GG" die Rede sein 15 . Das Bundesverfassungsgericht hat insbesondere die Befugnis dieser Instanz klar von der von ihm selbst vorzunehmenden Verfassungskontrolle (des Haushaltsgesetzes) unterschieden 16 , die dem Rechnungshof gerade nicht obliegt. Vielmehr ist diese Einrichtung — wie auch die Richter — an Gesetz und 12 Schmidt-Bleibtreu/Klein, 6. Aufl. 1983, Art. 28 GG, Rdnr. 1 ; Maunz/Dürig, Art. 28, Rdnrn. 21 ff. ; von Mangoldt/Klein, Bd. 1, 2. Aufl. 1957, Art. 28 GG, Anm. II. 2. 13 So die wohl allg. Meinung, vgl. Reger, H., VerwArch 66 (1975), S. 319 (346); Haverkate G., AöR 107 (1982), S. 539 (543). Wenn Reger (aaO., S. 348) die Regelung der Rechnungsprüfung als ein „wesentliches demokratisches Element" bezeichnet und es daher als „unentbehrlich" i m deutschen Verfassungsgefüge bezeichnet, so bleibt er dafür den Nachweis schuldig. 14 15 16
So etwa Sauer/Blasius DÖV 1986, S. 554. BVerfGE 20, S. 56 (95/96). aaO.
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Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
Recht, also auch an jede Rechtsnorm i m materiellen Sinne gebunden; sie darf solche Bestimmungen nicht generell an der Verfassung messen und für nichtig erklären, vielmehr steht ihr ein Nichtanwendungsrecht allenfalls i m Rahmen dessen zu, was auch den Fachgerichten gestattet ist 1 7 . Ein Recht zur „Nichtanwendung" könnte sich jedenfalls gegenüber niederrangigen Verfahrensnormen für die Rechnungshöfe ergeben. Mißverständlich und daher zu vermeiden ist die Anwendung des Begriffs „Verfassungskontrolle" auf die Tätigkeit der Rechnungshöfe 18. Das Bundesverfassungsgericht spricht in kritischer Distanz von der „sogenannten Verfassungskontrolle". „Diese gilt jedoch nur der Prüfung, ob der gesetzlich festgestellte Haushaltsplan ... von der Verwaltung eingehalten worden ist. Grundsätzlich sind Haushaltsgesetz und Haushaltsplan nicht Gegenstand, sondern Maßstab für die Rechnungsprüfung" 19 . „Verfassungskontrolle" bezeichnet aber, i m gängigen juristischen Sprachgebrauch, gerade eine Überprüfung der Gesetze. Damit würde also der Tätigkeit der Rechnungshöfe ein allzu hoher verfassungsrechtlicher Rang zuerkannt. Wenig dogmatischen Sinn hat es auch, einer solchen „Verfassungskontrolle" die „Verwaltungskontrolle" der Rechnungshöfe gegenüberzustellen — der Rechnungshof übt immer Verwaltungskontrolle — in einem weiteren Sinn — aus, und nur diese; und nicht jeder Organträger, der „einem Verfassungskontrollorgan zuarbeitet", betreibt „deshalb schon Verfassungskontrolle". Der Begriff „Verfassungskontrolle" sollte also, im Zusammenhang mit den Rechnungshöfen, überhaupt nicht mehr verwendet werden, schon weil er zu einer unrichtigen verfassungsorganrechtlichen Einordnung der Rechnungshöfe führen könnte. c) Rechnungshöfe — Verfassungsorgane? Die umstrittene Frage 20 , ob die Rechnungshöfe „Verfassungsorgane" darstellen, zeigt, ganz allgemein, die unterschiedlichen Auffassungen über die „Bedeutung" dieser Einrichtung: Über die wertungsmäßige Stellung, der 17
Wobei hier i m allgemeinen wohl besser nicht von „Verwerfung", als vielmehr von „Nichtbeachtung" zu sprechen wäre; denn der Rechnungshof „wendet" insbesondere materielles Recht nicht „an", im eigentlichen Sinne der Subsumtion von Sachverhalten unter Normen, er erhebt ja lediglich Sachverhalte und trifft dazu Feststellungen. 18 So aber der Reg. Entw. zum BRHG, BT-Drucks 1/1141, S. 9, und i m Anschluß daran etwa Heuer/Dommach, Handbuch der Finanzkontrolle, Art. 114, Rdnr. 88,108; Dreßler, K., Stellung und Aufgaben des Bundesrechnungshofes, in: 250 Jahre Rechnungsprüfung, 1964, S. 173. 19 aaO., S. 96. 20 Literaturangaben bei Sigg, W., Die Stellung der Rechnungshöfe im politischen System der Bundesrepublik Deutschland, 1983, S. 86.
I. Die Rechnungshöfe — Grundstrukturen und Aufgaben
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man ihr insgesamt, vor allem aber bei verfassungsrechtlichen Abwägungen, einräumt. Es gilt jedoch, die Fragestellung zunächst zu präzisieren. Sie geht einmal dahin, ob Meinungsverschiedenheiten über die Tätigkeit von Rechnungshöfen zu „Verfassungsstreitigkeiten" i m Sinne von § 40 VwGO führen, zum anderen geht es darum, ob die Rechnungshöfe Parteien bei Organstreitigkeiten i m Sinne von Art. 93 Abs. 1 Ziff. 1 GG sein können. Die Frage, ob eine „Verfassungsstreitigkeit", nicht aber eine von den Verwaltungsgerichten zu entscheidende Frage vorliegt, wird auch im Zusammenhang mit dem Rechtsschutz gegen Feststellungen der Rechnungshöfe (vgl. unten C, III) zu prüfen sein. Ihre Entscheidung ist jedoch für die Organstellung und vor allem für die Bedeutung der Rechnungshöfe nicht primär von Gewicht, denn sie ist nach der sedes materiae des anzuwendenden Rechts — „Verfassungs"-, oder eben Verwaltungsrecht — zu entscheiden. Ganz wesentlich für die hier untersuchte Stellung der Rechnungshöfe und die Bedeutung ihrer Prüfungstätigkeit ist es jedoch, ob diese Parteien eines Verfassungs-Organstreits sein können, ob sie also als solche vom GG „mit eigenen Rechten" ausgestattet worden sind. Dies ergibt sich für den Bundesrechnungshof nicht bereits aus seiner Eigenschaft als oberste Bundesbehörde (§1 S. 1 BRHG) oder für die Landesrechnungshöfe als „oberste Landesorgane" 21 ; „oberste Behörden" sind in der Regel gerade nicht zugleich Verfassungsorgane 22 , weil diese Qualifikation nicht so sehr „Staatsorganen" als vielmehr eben „Staatsgewalten" zukommt. Entscheidend ist vielmehr, ob von einem durch Verfassungsrecht begründeten „eigenen Recht" der Rechnungshöfe ausgegangen werden kann. Nach dem Wortlaut des Art. 114 GG trifft dies zwar für Recht und Pflicht zur Prüfung und zum Bericht an Regierung und Parlament zu23,· doch das Bundesverfassungsgericht hat dafür mehr verlangt 2 4 : Die spezifische Funktion und Wesensart eines solchen Verfassungsorgans müsse „einheitsbegründend und integrierend auf den Staat wirken." Die h. L. 2 5 hat sich daher dagegen entschieden: „Trotz aller Bedeutung nach Art. 114 Abs. 2 GG erfüllt der Bundesrechnungshof diese hohen Voraussetzungen nicht, da er nicht unmittelbar an der obersten staatlichen Willensbildung beteiligt ist und nicht selber verbindliche Maßnahmen treffen kann. Der BRH ist daher kein repräsentatives Verfassungsorgan, sondern nur ein in der Verfassung genanntes Verwaltungsorgan" 26. 21 22
Für Nordrhein-Westfalen VG Düsseldorf, N J W 1981, S. 1397. Zutr. insoweit der Gegenschluß bei Maunz/Dürig, Art. 114, Rdnr. 25.
23 Nicht genügen könnten dazu weitere, dem Rechnungshof etwa nach Art. 114 Abs. 2 S. 3 GG durch einfaches Bundesgesetz zugewiesene Befugnisse; zur Bedeutung dieser Bestimmung vgl. näher unten 2 am Ende. 24
BVerfG, Status-Denkschrift, JöR 1957, S. 197. Nachw. bei Klein, F., 250 Jahre Rechnungsprüfung, 1964, S. 133 (142), der selbst dies als h. L. bezeichnet. 26 Maunz/Dürig, Art. 114, Rdnr. 25. 25
Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
30
Die Nennung allein eines Staatsorgans in der Verfassung kann in der Tat auch dann nicht zur Anerkennung der Verfassungs-Organqualität i m Sinne von Art. 93 Abs. 1 Ziff. 1 GG genügen, wenn damit, wie etwa im Falle der Bundesbank angenommen wird 2 7 , auch eine gewisse Rechts- und Pflichtenstellung von Verfassungs wegen (implizit) begründet sein sollte. Anderenfalls nämlich müßten etwa auch sämtliche Obersten Gerichtshöfe des Bundes nach Art. 95 Abs. 1 GG derartige Verfassungsorgane sein; denn hinsichtlich ihrer Rechte und Organisation ist, einschlußweise oder ausdrücklich, in der Verfassung Vergleichbares vorgesehen wie für den BRH — sogar a fortiori, denn hier liegt „echte", eben richterliche, Entscheidungsbefugnis vor. Nicht zuletzt um eine solche unangemessene Heraushebung des BRH aus dem Kreis derartiger Organe zu vermeiden, hat sich die h. L. wohl in dieser Weise, und i m Ergebnis zu Recht, entschieden. Daß übrigens nicht jede i m GG erwähnte Instanz diesen herausgehobenen Status beanspruchen kann, ergibt sich etwa schon daraus, daß dann etwa auch die Bundeswasserstraßenverwaltung (nach Art. 98 Abs. 2 GG) oder gar noch nach Landesrecht zuständige Selbstverwaltungskörperschaften i m Organstreit vor dem Bundesverfassungsgericht auftreten könnten, welche die Bundesautobahnen und sonstige Bundesstraßen des Fernverkehrs i m Auftrag des Bundes verwalten (Art. 90 Abs. 2 GG) 28 . Zutreffend führt also § 63 BVerfGG den BRH unter den möglichen Parteien eines Organstreitverfahrens nicht auf. Dies ist nicht ein „verblüffendes Ergebnis" 29 , so daß etwa das BVerfGG in diesem Punkte verfassungswidrig wäre oder doch durch Erweiterung des Begriffs der sonstigen „Beteiligten" der BRH organstreitfähig gemacht werden müßte 30 . Entscheidend ist vielmehr allein die Befugnisstruktur eines solchen Staatsorgans — sie aber ist die einer vorbereitenden und unterstützenden Tätigkeit gegenüber Bundesregierung und Bundesparlament (vgl. i m folgenden 2). Niemand würde denn auch auf den Gedanken kommen, die gesetzlich vorgesehenen — gesellschaftsrechtlichen — Wirtschaftsprüfungen als Ausdruck einer „gesellschaftsrechtlichen Organtätigkeit 11 und die Wirtschaftsprüfer deshalb als zentrale Gesellschaftsorgane anzusehen. Daß die Prüfung beim Staat „intern selbst erledigt" wird, begründet hier keinen wesentlichen Unterschied. Das in der Literatur 3 1 betonte Bedürfnis für einen derartigen Rechtsschutz der 27
Schmidt-Bleibtreu/Klein, 6. Aufl., 1983, Art. 88 GG, Rdnr. 2; Maunz/Dürig, Art. 88, Rdnr. 6; von Mangoldt/Klein, Bd. 3,2. Aufl. 1974, Art. 88 GG, Anm. IV. 3.; Stem, K., Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, 1980, S. 449 ff. 28 Die mehr oder weniger große Unabhängigkeit, in welcher solche Aufgaben erledigt werden, kann, wie dieses Beispiel zeigt, auch kein Kriterium sein. 29 So Klein (FN 25) S. 143; wiederholt von Reger (FN 13) S. 349 und Tiemann, S., D Ö V 1975, S. 405 (408). 30 W i e etwa Tiemann, aaO. vorschlägt. 31 Ζ. B. von Klein oder Tiemann.
I. Die Rechnungshöfe — Grundstrukturen und Aufgaben
31
Rechnungsprüfung — der überdies nach dem Verfassungsrecht der Länder dann gar nicht durchgehend vorgesehen wäre — besteht auch gar nicht, gerade nicht nach der Verfassungsnovelle von 1969: Nunmehr ist die Rechnungskontrolle — zutreffend — voll in das Spannungsfeld der parlamentarischen Kontrolle gestellt. Sollte der BRH in seiner Tätigkeit von der Regierung behindert werden — nur daraus könnte sich ja praktisch seine verfassungsgerichtliche Schutznotwendigkeit ergeben — so stünde es ihm frei, dem Parlament entsprechend zu berichten, und dieses kann dann, über einen Organstreit, die Bundesregierung in ihre Schranken weisen, ist es doch in seinem unzweifelhaften verfassungsrechtlichen Recht auf parlamentarische Kontrolle durch die Bundesregierung, durch Behinderung der Rechnungskontrolle, seinerseits behindert.
d) Folgerungen für die allgemeine Stellung der Rechnungshöfe und ihre Prüfungsbefugnis gegenüber Privaten Diese Feststellungen zur verfassungsrechtlichen Position der Rechnungsprüfung i m allgemeinen haben nicht nur Gewicht für die Bedeutung dieser Kontrolle i m verfassungsrechtlichen Gefüge des Staatsorganisationsrechts, sondern auch als verfassungsrechtliche Rahmendaten für die Beurteilung einer etwaigen Erweiterung der Prüfungsbefugnisse der Rechnungshöfe über die Staatsorganisation hinaus: — Bei all ihrer praktischen Bedeutung — die Rechnungsprüfung ist Erfüllung einer nachgeordneten Staatsfunktion, die lediglich der Unterstützung der „eigentlichen", der obersten Verfassungsorgane dient; dies ergibt sich bereits aus den bisherigen Feststellungen. Die Rechnungshöfe können nicht für sich Befugnisse der „obersten Staatsleitung" in Anspruch nehmen, der sich notwendig auch der Bürger i m „allgemeinen Gewaltverhältnis 11 in all seinen gesellschaftlichen Bezügen zu beugen hätte. Dies allein kann der Sinn der erwähnten Feststellung sein, welche den Rechnungshöfen die staatsintegrative Entscheidungsbefugnis abspricht, damit eben auch die Organqualität i m Sinne von Art. 93 Abs. 1 S. Ziff. 1 GG. Daraus ergibt sich: Die Wirkungen dieser Kontrolle müssen notwendig wesentlich im Innenraum, im Raum eben der kontrollierten, verfassungsrechtlich auf einer höheren Ebene angesiedelten, der eigentlichen Verfassungsorgane, verbleiben, denen sie in nachgeordneter Hilfsfunktion zugeordnet sind. Dies spricht entscheidend, wenn auch nur höchst allgemein, für größte Zurückhaltung dort, wo sich wesentliche Auswirkungen auf den Bürger ergeben könnten, im Sinne seiner Integration in die staatliche Gemeinschaft. — Die Rechnungshöfe sind vor allem deshalb keine obersten Staatsorgane, weil ihnen, wie noch zu vertiefen sein wird (im folgenden 2), Entschei-
32
Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
dungsbefugnis durch die Verfassung ausdrücklich gerade nicht zuerkannt worden ist: Sie haben nur zu berichten, sonst nichts. Dann aber muß, schon von dieser verfassungsrechtlich klaren Aufgabenstellung her, alles tunlichst vermieden werden, wodurch sich dieses Berichtsrecht eben doch im Ergebnis zu einem Entscheidungsrecht wandeln könnte, und sei es auch i m Wege wesentlicher, in ihren Wirkungen nicht mehr beherrschbarer Nebeneffekte. — Die Rechnungshöfe sind keine Repräsentativorgane einer demokratischen Verfassung. Bei ihnen ist entscheidend weniger an repräsentativer Anbindung an die Volkswahl verwirklicht als eben sogar bei den obersten Gerichtshöfen des Bundes: Nur Präsident und Vizepräsident werden vom Parlament gewählt, die übrigen Mitglieder, und damit die entscheidenden Mehrheiten, werden auf Vorschlag des Präsidenten durch die Bundesregierung bestimmt (§ 5 b BRHG) — ein deutliches Zeichen dafür, daß hier eben „Beamte" tätig werden, nicht Verfassungsorgan-Träger 32 . Gewiß verlangt das GG nicht die unmittelbare Volkswahl aller Verfassungsorgane, eine auch „mehrfach mediatisierte" Rückkoppelung an den durch Wahl erklärten Volkswillen genügt. Hier aber kann von einer Verbindung zu diesem kaum noch gesprochen werden. Es ist jedoch ein Grundprinzip demokratischer Verfassung, und gerade des GG, daß sich der Bürger desto mehr an Staatseinwirkung auf seine Rechtspositionen — vor allem auf seine Grundrechte — gefallen lassen muß, je mehr diese Staatsorgane, und sei es auch nur über die sie überwachenden „Spitzenorgane", in einer, wenngleich mediatisierten, Anbindung an den „Volkswillen" tätig sind. Daran aber fehlt es hier ersichtlich. Aus dem Demokratiegebot ergibt sich vielmehr eher eine gewisse Redimensionierung der Rechnungsprüfung, gerade in ihrer Ausgestaltung seit 1969: Der eigentliche, der demokratisch legitimierte Kontrolleur ist ja gerade das Parlament. Abwegig wäre es, wollte man demokratische Rechnungshof-Legitimation eben dieser Institution im Verfassungsstreit entgegensetzen, diesen also prozessual zulassen, oder sie auch nur bei „Abwägungen" berücksichtigen; der volle demokratische Kontrollprimat liegt eindeutig beim Parlament 33 . 32 Bezeichnend ist übrigens, daß beim Bund auch das Ernennungsrecht der übrigen Beamten grundsätzlich ebenso geregelt ist wie das der „Mitglieder", vgl. § 5 Abs. 2 BRHG. 33 Die oft beklagte Behandlung der Rechungsprüfung i m Parlament, der angeblich dort fehlende Kontrollwille (dazu Tiemarui, DVB11976, S. 323 (324 ff.) ; von Arnim, H., DVB1 1983, S. 664 (666); Sigg (FN 20) S. 78 ff. rechtfertigt keine andere Betrachtung und erst recht keine grundsätzliche Aufwertung der Prüfungsbefugnisse der Rechnungshöfe gegenüber Privaten. Wenn das Parlament, jener Vertreter des Volkssouveräns, der grundsätzlich die Staats-Bürger-Beziehungen zu gestalten hat, keine
I. Die Rechnungshöfe — Grundstrukturen und Aufgaben
33
— Dieses Kapitel hat aber, in der Ablehnung der Verfassungsorganqualität der Rechnungshöfe, vor allem eines von vorneherein verdeutlicht: die „richtige Grundstimmung", in der die hier aufgeworfenen schwierigen grundsätzlichen Fragen zu klären sind. Keine Rede kann davon sein, daß hier „eindeutige Spitzenfunktionen der Staatlichkeit" erfüllt würden, i m Sinne etwa jener „höchstrangigen Gemeinschaftsgüter", vor denen die Grundrechte der Bürger generell zurücktreten müßten 34 . Die Rechnungsprüfung als solche, ja sogar ein ohne sie etwa gar nicht zu gewährleistendes wirtschaftliches „Funktionieren der Verwaltung", kann nicht in einem Atemzug genannt werden mit höchstrangigen Verfassungswerten wie etwa der Landesverteidigung, dem Funktionieren der Gerichtsbarkeit, oder dem Schutz der Volksgesundheit; abgesehen davon, daß die Rechnungskontrolle allenfalls das „bessere" Funktionieren, nicht die Funktionsfähigkeit der Verwaltung in deren Kern betrifft, nur das Funktionieren innerhalb von diesem jedoch allenfalls ein „höchstes Gemeinschaftsgut" darstellen könnte. Dies wird bei allen folgenden Überlegungen stets zu beachten sein: Vor Übersteigerungen der Bedeutung der Rechnungskontrolle, bis hinauf in die „höchsten Verfassungsebenen 0 ist zu warnen; dort oben hat sie als solche keinen verfassungsrechtlichen Standort, ihr „Abwägungsgewicht gegenüber Rechten des Bürgers" muß daher schon grundsätzlich vorsichtig, es darf nicht in der gelegentlich i m Schrifttum zu beobachtenden hochsteigernden Tendenz betrachtet werden, als gehe es hier grundsätzlich um die Existenz des Staates — und wenn dies schon gelten sollte, so bleibt doch die entscheidende, grundsätzliche Frage, ob nicht auch darin der Staat vor dem Bürger Halt zu machen hätte: Einer obersten, demokratisch legitimierten Staatsgewalt steht er jedenfalls hier nicht gegenüber, sondern einer „technisch-effizienzsteigernden", darin allerdings für die Staatsorganisation höchst bedeutsamen Behörde. Politische Vorverständnisse im weiteren Sinne lassen sich gerade zu den hier behandelten Fragen deutlich feststellen, aus ihnen wird dann, mehr oder weniger ausdrücklich, vielfach wohl auch unbewußt, zu Einzelfragen deduziert. Vermeiden läßt sich dies nicht, gerade wenn es um Staatsgrundsatzfragen geht, und wenn sich dazu — legitimerweise — Vertreter der Veranlassung sieht, seinerseits über die Prüfungsintensität des Rechnungshof hinauszugehen, so legitimiert dies nicht eine immer weitere Ausdehnung der letzteren, denn die Zurückhaltung des Parlaments beruht sicher nicht auf einer solchen Erweiterung, etwa darauf, daß sich die Volksvertretung gerade nur auf einen ausufernd prüfenden Rechnungshof verlassen wollte. 34 Im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG zu Art. 12 GG (vgl. BVerfGE 7, S. 398 ff. — Apothekenurteil), die aber ganz allg. die Orientierung von Grundrechtsabwägungen gegenüber staatlichen Organisationsnotwendigkeiten bietet.
3 Leisner
34
Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
staatlichen Finanzen und der Rechnungskontrolle zu Wort melden. Doch gerade deshalb ist eben die erwähnte Vorsicht schon i m Vorfeld geboten: Im Staat-Bürger-Verhältnis jedenfalls muß alle Staatsgewalt, auch die der Rechnungshöfe, immer wieder redimensioniert werden.
Ergebnis Stellung und Aufgabe der Rechnungshöfe ergeben sich in ihren Grundzügen — i m Ergebnis auch für die Länder — aus Art. 114 GG. Diese Bestimmung zeigt die Rechnungshöfe als gewichtige, nicht jedoch als verfassungsfundamentale Einrichtungen; von „Verfassungsaufgaben" sollte hier nicht gesprochen werden. Die Rechnungshöfe üben nicht, neben der ihnen zustehenden „Verwaltungskontrolle" i m weiteren Sinn, auch noch etwas wie eine selbständige „Verfassungskontrolle" aus. Ihre Tätigkeit unterscheidet sich grundlegend von der des Bundesverfassungsgerichts. Die Rechnungshöfe sind oberste Bundes- und Landesbehörden, nicht aber „Verfassungsorgane", welche Parteien in einem verfassungsrechtlichen Organstreit sein könnten (Art. 93 Abs. 1 Ziff. 1, § 63 BVerfGG). Eine solche Entscheidungsbefugnis steht ihnen, infolge der mangelnden Staatsintegrationswirkung ihrer Tätigkeit und der fehlenden Repräsentativst i m demokratischen Sinn, nach h. L. — und zu Recht — nicht zu. Für eine Aufwertung besteht schon deshalb kein Anlaß, weil Behinderungen der Rechnungskontrolle durch die Regierung seitens des Parlaments i m Organstreit entgegengetreten werden kann. Diese Feststellungen haben Gewicht für die Bestimmung der Bedeutung der Rechnungsprüfung allgemein, insbesondere auch in deren Verhältnis zu den Rechten der Bürger: Da die Rechnungshöfe lediglich oberste Staatsorgane zu unterstützen haben, muß sich ihre Tätigkeit schon deshalb „streng in deren Rahmen halten". Sie haben nur zu berichten — also ist alles zu vermeiden, was zu einer Entscheidungswirkung erstarken könnte. Da die Rechnungsprüfung kaum mehr „repräsentativ" genannt werden kann — was die Ernennung ihrer Beamten belegt — steht der Bürger hier nicht einem demokratisch legitimierten Staatsorgan i m engeren Sinne gegenüber. Dessen Befugnisse zur Beeinträchtigung seiner Rechtssphäre sind daher zurückhaltend zu beurteilen, überhaupt ist die „rechtliche Grundstimmung" i m Hinblick auf die hier zu klärende Frage i m Sinne der Vorsicht gegenüber möglichen Übersteigerungen der Bedeutung der Rechnungsprüfung zu bestimmen, deren Funktionieren als solchem nicht das Gewicht von „höchsten Gemeinschaftsgütern" zuerkannt werden kann, vor welchen Grundrechtspositionen des Bürgers generell zurücktreten müßten.
I. Die Rechnungshöfe — Grundstrukturen und Aufgaben
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2. Die Rechnungshöfe — „Hilfsorgane" für Parlament und Regierung a) Der Rechnungshof — Kontrolleur der Verwaltung aa) Organ der Exekutive Der Rechnungshof wird von der wohl noch immer h. L. als Organ der Exekutive angesehen 35 . Dies wird zutreffend einerseits aus den Schwerpunktaufgaben dieser Instanz geschlossen — gerade nach der Reform von 1969 — Vorschläge für zweckmäßigere Verwaltungsverfahren im Namen der Wirtschaftlichkeitskontrolle gegenüber der Administration zu machen — dies bedeutet detaillierte, tief eindringende Einwirkung auf die Verwaltung, die i m Zweifel nicht zum Gewaltbereich eines anderen Pouvoir gehört. Die Exekutive ist dem Rechnungshof gegenüber auch mit einer Reihe von Verpflichtungen durch das Haushaltsrecht belastet 36 , welche einer völlig exekutivexternen Instanz schwerlich eingeräumt werden könnten 3 7 . Zutreffend ist also das Verständnis der Rechnungsprüfung als einer Selbstkontrolle der Verwaltung 38. Dem steht nicht entgegen, daß sie sich „immer mehr von einem Hilfsorgan für Parlament und Regierung zu einem Instrument unabhängiger Verwaltungskontrolle und vorbereitender Selbstdisziplinierung der Verwaltung" entwickelt 3 9 ; diese Unabhängigkeit sichert dem Rechnungshof nur den erforderlichen ministerialfreien Raum 40. Dagegen richtet sich Kritik, vor allem unter Berufung auf eben jene Hilfsfunktionen, welche der Rechnungshof gegenüber den beiden Staatsgewalten, der Exekutive und der Legislative erfülle 41 . Zwar entspricht es der h. L., und auch dem BRHG, daß der Rechnungshof insoweit „zwischen" diesen Gewalten steht 42, sich also nicht an eine der beiden anlehnen darf 43 ; 35
Dazu ausführlich Grupp, K., Die Stellung der Rechungshöfe in der BRD, 1972, S. 159, ebenda Nachw. zum Schrifttum, siehe dort auch S. 161/162. 36 Vgl. etwa § 95 H O (Vorlage von Unterlagen); § 100 Abs. 4 — Weisungen gegenüber verwaltungsinternen Vorprüfungsstellen; Aufsichtsrechte nach § § 222 und 224 AO. 37 Wobei es insoweit gleichgültig ist, ob der Rechnungshof dies alles auch erzwingen kann, also voll in den hierarchischen Aufbau integriert ist; dies ist für eine Zuordnung zur Exekutive nicht entscheidend. 38
Grupp (FN 35) S. 164 ff. Kirchhof, P., N V w Z 1983, S. 505 (515) — i m Gegenteil: Zutreffend ist dort von Selbstkontrolle, die Rede — eben seitens Exekutive selbst. 39
40
Maunz/Dürig,
41
Vgl. etwa Krebs, W., VerwArch 1980, S. 77 (82/83). Dazu Eickenboom/Heuer, D Ö V 1985, S. 997 (1000). Das galt von jeher, vgl. bereits Bank, B., DÖV 1962, S. 526 (530).
42 43
3·
Art. 114, Rdnr. 24; Grupp (FN 35) S. 163.
Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
36
doch dies betrifft eben nur die Unabhängigkeit der Instanz von der politisch verantwortlichen Exekutivspitze, nicht ihre Zuordnung zur Exekutive. Der Rechnungshof kann hinsichtlich des Berichtsaspekts seiner Tätigkeit zwanglos als eines jener gerade in der gewaltenteilenden Demokratie so wichtigen Kontaktorgane zwischen zwei Gewalten verstanden werden. Im übrigen sollte hier die Gewaltenteilung nicht übersteigert werden 4 4 ; in sie darf zwar der Rechnungshof nicht eingezwängt werden 45 , dies geschieht aber auch nicht bei einer Zuordnung zur Exekutive. Damit wird nur Vorstellungen von der Rechnungsprüfung als Ausübung einer „vierten Gewalt" 46 eine Absage erteilt, welche lediglich auf die — unrichtige — Vorstellung von einer „Verfassungsorganqualität 11 dieser Einrichtung hinauslaufen müßten (dazu oben 1, c) — ebenso wie es auch unrichtig wäre, hier eine zwischengewaltliche Bürgerbeauftragtenstellung anzunehmen 47 . Damit bestätigt sich die wichtige, im folgenden noch zu vertiefende Erkenntnis, daß das „(unabhängige) Verwaltungsorgan" Rechnungshof nur sehr zurückhaltend — in einem Rechtsstaat — zur Überprüfung Privater eingesetzt werden darf (siehe oben 1, d). bb) Kontrolleur der Verwaltung i m Rahmen von deren Befugnissen Der Rechnungshof prüft „die Rechnung und die Wirtschaftsführung" der Exekutive — nach dem Wortlaut der Verfassung — damit wichtige Aspekte der Verwaltungstätigkeit. Zutreffend wird daher von der h. L. betont, daß er „die Verwaltung prüft" 48, deren Kontrolle seitens der Regierung damit zugleich erleichtert 49 . Nie darf also die Prüfung weiterreichen als bis zu den Schranken der Befugnisse der kontrollierten Staatsinstanzen 50. Dies wird meistens im Sinne der Ausdehnung der Rechnungshofs-Zuständigkeiten betont, die eben soweit reichen müßten, wie die Gestaltungsmöglichkeiten der Berichtsempfänger 51 . Dies ist aber ein Mißverständnis; gemeint ist damit nur, daß der Gegenstand der Rechnungsprüfung durch die Kompetenz44 45
Zutr. Maunz/Dürig, FN 40. Krebs, (FN 41), S. 83.
46
Nachw. bei Maunz/Dürig, aaO. Zutr. Kisker, G., N J W 1983, S. 2167 (2170). 48 Die (un)mittelbare Staatsverwaltung ist das „eigentliche Prüfungsfeld" der öffentlichen Finanzkontrolle (Oppermann) (FN 6), S. 69; immer steht „hinter der Rechnungskontrolle die mögliche planende, korrigierende, anordnende Veranlassung durch Parlament und Regierung" (aaO., S. 105); siehe für viele in demselben Sinne Hansmeyer/König/Oppermann, Öffentliche Finanzkontrolle bei externen Dienstleistungen, S. 31, 50, 59; Vogel/Kirchhof, BK, Art. 114, Rdnr. 110 f. 47
49 50 51
Grupp (FN 35) S. 143. Krebs, W., Kontrolle in staatl. Entscheidungsprozessen, 1984, S. 189/190. So etwa Krebs, aaO.
I. Die Rechnungshöfe — Grundstrukturen und Aufgaben
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schranken der geprüften Staatsorgane begrenzt wird. Sie darf darüber hinaus in keiner Weise, unter keinem Vorwand, erstreckt werden. Überall dort also, wo es nicht mehr primär darum geht, daß die Verwaltung ihre Praxis ändert, sondern daß verwaltungsexterne, insbesondere private Instanzen, dazu angehalten werden sollen, sind sogleich die Befugnisse der staatlichen Rechnungsprüfung überschritten. Nun lassen sich allerdings, i m hier i m Mittelpunkt stehenden Förderfall durch staatliche Mittel, mit Hilfe einer Überleitungskonstruktion, stets der Staat, die Verwaltung in den Mittelpunkt der Kontrolle stellen und dort halten: Sie hätten ja vergeben, dabei hätten sie bestimmte Auflagen machen, auf die Verwendungsziele einwirken, die Verwendung überwachen müssen. Nur dies werde gerügt, nicht das Verhalten Privater. Hier muß nun aber vertieft nachgedacht, der Begriff des „primären Prüfungsgegenstands' muß ernster als bisher genommen und eingegrenzt werden. Von vorneherein darf nicht jedes private Verhalten der Kontrolle unterworfen werden, mit der alleinigen Behauptung, es habe eben Auswirkungen auf die Staatsfinanzen, die Verwaltungen müßten dies erkennen und sich darauf einstellen. W i r d nämlich diese Argumentation rigoros durchgeführt, so endet dies bei einer (möglichen) allumfassenden Rechnungskontrolle des Bürgerverhaltens, unter dem Vorwand des Staatsverhaltens, die erwähnte „Überleitung auf die Verwaltung" wird zum juristischen Trick: Mit derselben Begründung könnte dann etwa das gesamte polizeirechts- oder jedes umweltrelevante Verhalten Privater vom Rechnungshof überprüft werden, mit der Begründung allein, man wolle ja nicht diese Privaten kontrollieren, sondern nur überprüfen, ob die zuständigen Staatsstellen nicht wirkungsvoller und billiger hätten kontrollieren können; denn auch dies verursacht ja staatliche Aufwendungen, betrifft also das Vermögen der staatlichen Verwaltungsträger. Daß all dies abwegig wäre, liegt auf der Hand. Es gilt daher, strenge Zurückhaltung bei all jenen Kontrollschritten zu üben, die, in welcher Weise immer, zu etwas wie einer „primären Überprüfung privaten Verhaltens durch die Rechnungshöfe" geraten könnten. Sicher ist die Abgrenzung zur primären Staatskontrolle schwierig, mit ihren Einzelheiten werden wir uns im folgenden befassen. Wichtig ist aber, daß stets die Abgrenzungsfrage gestellt bleibt, und daß man sich um Kriterien bemüht, wie die „Kontrolle über, d. h. im Rahmen ' der Exekutivbefugnisse (und -möglichkeiten) sichergestellt werden kann: Der Staat soll sich ja ändern, nicht die Privaten. Unter diesem Gesichtspunkt ist es wohl in der Regel gar nicht sachgerecht, daß der Rechnungshof staatliche Stellen zu Strafanzeigen gegenüber Privaten auffordert — das ist nicht seine Aufgabe, es bringt dem Staat nichts außer Arbeit und Kosten, oder nur sehr indirekt etwas, durch „Verbesserung der privaten Moral" — doch eben dies könnte ja auch bei vielen anderen
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Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
Einwirkungen auf Private gesagt werden und würde den Rechnungshof sogar noch zum Sachwalter der allgemeinen Bürgermoral und generell der Strafverfolgung werden lassen. Dieses Beispiel zeigt bereits, wie leicht die Kontrollen ausufern können, wenn sie sich nicht streng i m Rahmen der Befugnisse und Möglichkeiten der geprüften Exekutive halten, nur auf deren Verhalten, jedenfalls eindeutig primär auf dieses gerichtet sind. cc) Der Rechnungshof — keine Verwaltungsinstanz sui generis für das Staatsvermögen Die Rechnungsprüfung diene, so heißt es, dem Schutz des öffentlichen Vermögens; sie dürfe daher soweit ausgedehnt werden, wie dies zur Erfüllung der Sicherungsfunktion erforderlich sei 52 . Das ist zumindest mißverständlich und könnte zu einer unrichtigen und Privaten gegenüber zu weitreichenden Legitimation des Rechnungshofes führen. „Schutz des Vermögens" des Staates ist einerseits nicht weit genug, um die Aufgaben des Rechnungshofs abzudecken 53, denn die Rechnungsprüfung mag ja noch dieser Sicherung insgesamt dienen, die Wirtschaftlichkeitskontrolle richtet sich jedoch auch, ja vor allem, darauf, was eingespart hätte werden können, wie also allenfalls das Vermögen wachsen könnte. M i t dem Schutz des — bestehenden — Vermögens des Staates läßt sich dies aber nicht begründen. Dehnt man diesen Begriff aus bis zu dem der „vermögensrechtlichen Interessen", so wird die Legitimation jedoch kontur- und damit nutzlos. Vom „Schutz des öffentlichen Vermögens' als Aufgabe und Legitimation der Rechnungskontrolle sollte aber vor allem deshalb nicht gesprochen werden, weil dies — verbunden mit der in der Tat anzunehmenden Qualifikation der Rechnungshöfe als Verwaltungsorgane (vgl. oben aa) — dazu führen könnte, daß sie als Verwaltungsinstanzen sui generis für das Staatsvermögen aufgefaßt würden, das sie vor unberechtigtem Zugriff zu sichern hätten. „Der Rechnungshof als Hüter des Staatsvermögens" — dies würde einer solchen Institution an sich schon ein allgemeines „Abwägungsgewicht 52 Heuer/Dommach, F N 18, § 53 HGrG unter Zit. von Vogel, K., DVB1 1970, S. 200, allerdings nur in dem Sinne, daß Private nicht weitergehend geprüft werden dürften; vgl. auch Vogel/Kirchhof, Art. 114, Rdnr. 11. 53 Wenn man sich nun hier schon auf den Standpunkt stellen will, das „Vermögen" (des Staates) genieße verfassungsrechtlich gewährleisteten Schutz, was — eben i m Namen der Vertretung von Fiskalinteressen — beim Zugriff der Steuergewalt auf das Eigentum Privater lange Zeit überwiegend, und heute gelegentlich noch immer, nachdrücklich geleugnet wird, vgl. Kirchhof/Leisner, Bodengewinnbesteuerung, 1985, Schriftenreihe des BMELF A , 306, S. 139 ff., 177 ff. m. Nachw.
I. Die Rechnungshöfe — Grundstrukturen und Aufgaben
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gegenüber Belangen Privater" zuerkennen, welches dann eben doch einem „wirklichen obersten Staatsorgan" zukäme und die Grundrechte Privater i m Namen eines „höchsten Gemeinschaftsgutes" zurückzudrängen vermöchte; denn rasch würde ja dann der — aus der „Legitimation" jeder, auch der bescheidensten Abgabenforderung gegenüber dem Bürger — bekannte Schritt der Fiskalbegründung folgen, hier stehe geradezu „die Existenz des Staates auf dem Spiel". Nicht zuletzt würde damit der Fehlvorstellung Vorschub geleistet, der Rechnungshof dürfe eben als eine solche „Sonderbehörde allseitigen Vermögensschutzes auch Privaten gegenüber tätig werden", habe sich also gar nicht mehr auf die primäre Einwirkung auf die staatliche Verwaltung zu beschränken (so aber oben bb). Solchen grundsätzlichen Fehleinschätzungen der Stellung des Rechnungshofs gilt es von vorneherein entgegenzutreten, weil sie dann bürgerbelastende Einzelfolgerungen tragen würden. Nicht der Rechnungshof, sondern allein die von ihm geprüften Stellen haben die Verwaltungsmacht im Sinne der Entscheidungsbefugnis über das „Staatsvermögen", was ja auch von der h. L. betont wird 5 4 , welche daher eine „Visakontrolle 11 zutreffend ablehnt 5 5 und selbst bei der Beratungstätigkeit der Rechnungshöfe einschränkend von diesen eine gewisse Zurückhaltung erwartet 56 : Es darf auch hier nicht dazu kommen, daß die Willensbildung der Verwaltung allzu früh nachhaltig beeinflußt wird, oder daß der Beratene — gar nicht mehr anders entscheiden kann 5 7 . Würde dagegen der Rechnungshof mißverstanden als eine „Mitverwaltungsinstanz des Staatsvermögens", was etwa dann naheliegt, wenn man ihn auf dieselbe Stufe stellt wie die verwaltungsexternen (Vor-)Prüfungen, so käme man weit eher zu dem Ergebnis, daß er, i m Namen derartiger Befugnisse, auf Private unmittelbar und primär einwirken dürfe, hier eben einen allgemeinen sozialgestaltenden Auftrag wahrnehmen solle. Dies steht Exekutive und Legislative — in grundrechtlichen Grenzen — zu, der Rechnungshof ist dazu jedoch nicht berufen; diese aus dem Begriff der Rechnungsprüfung und der Wirtschaftlichkeits/coniroiie folgende Verfassungs54 Siehe für viele Bank (FN 43) S. 530; Kirchhof, P.f N V w Z 1983, S. 505 (515); Reger, FN 13, S. 195 (249); Tiemann, S., Die staatsrechtliche Stellung der Finanzkontrolle des Bundes, 1974, S. 112; Gotham, R., Der Umfang der Prüfungskompetenz der Rechnungshöfe, 1969, S. 152 f.; Battis, U., DÖV 1976, S. 721 (726) spricht vom „Wertungsvorgang der zum Handeln befugten Exekutive". 55 Kirchhof, aaO.; vgl. dazu auch Lange, B.-R, Verfassungsrechtliche Probleme i m Zusammenhang mit Rechnungsprüfung und Rechnungshof, 1967, S. 164 ff., der über die frühere Diskussion über die Einführung einer Visakontrolle berichtet, welche damals etwa von Hettlage, Κ. M., D Ö V 1955, S. 33 (36) befürwortet wurde (krit. aber schon Dahlgrün, H. G., D Ö V 1955, S. 72/73). 56 Vgl. dazu Maunz/Dürig Art. 114, Rdnr. 30; Reger, FN 13, S. 252 unter Hinw. auf Karehnke; Stern, K., Staatsrecht II, 1980, S. 262; vgl. auch Grupp, K., D Ö V 1983, S. 661 (664). 57 Diese Gefahr klingt auch an bei Kirchhof, aaO.
40
Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
entscheidung muß betont werden, weil sonst das Verhältnis RechnungshofPrivate von vorneherein in ein unrichtiges rechtliches Koordinatensystem gerät. dd) Der Grundsatz der nachträglichen Prüfung Der Rechnungshof „prüft Rechnungs- und Wirtschaftsführung" (Art. 114 Abs. 2 S. 1 GG). Hier gilt es, begriffliche Unklarheiten auszuräumen, die um die Begriffe „vorgängige — nachgängige" Prüfung, „gegenwartsnahe — begleitende" Kontrolle, insbesondere i m Bestreben entstanden sind, eine „wirksame" Prüfung zu gewährleisten. Auszugehen ist von der — auch weit überwiegend betonten — Feststellung 5 8 , daß die Prüfung wesentlich eine nachgängige zu sein hat, also nicht „begleiten , noch weniger gai vorgängig erfolgen darf. „Prüfen" läßt sich, nach dem anders gar nicht auslegungsfähigen Wortinhalt, nur etwas, das bereits erfolgt und das auch — soweit es eben den Gegenstand der Prüfung darstellt — in sich abgeschlossen ist. Dies gilt sowohl für die „Rechnung", welche sich eben auf derartige Vorgänge der Vergangenheit bezieht, als auch auf die „Wirtschaftsführung", denn auch sie wird ja „geprüft", muß also insoweit bereits stattgefunden haben, was natürlich nicht bedeutet, daß diese bereits vorgenommenen Operationen zu einem rechtlichen oder gar wirtschaftlichen Abschluß einer, unter juristischen und ökonomischen Gesichtspunkten auch „weiter" zu definierenden, „Angelegenheit" geführt haben müßten; wenn auch gewisse abgrenzbare Phasen eines weiterlaufenden Vorganges geprüft werden, so sind dies begrifflich nicht „vorgängige Prüfungen". Die Prüfung bezieht sich vielmehr wesentlich und immer nur auf die Vergangenheit. Dies und nur dies ergibt sich mit Sicherheit aus der Verfassung. Eine „begleitende", „mitlaufende" Prüfung 59 kann es also begrifflich nicht geben, sie wäre nichts als eine Einmischung in die allein der Verwaltung zustehenden Administrationsbefugnisse (vgl. oben aa); noch gefährlicher müßte sie sich gegenüber Privaten auswirken, die dadurch i m Zentrum ihrer Freiheit, dem Recht, für die Zukunft selbst verantwortlich zu gestalten, getroffen würden. Dem zu kontrollierenden Beamten — und erst recht Bürger — ist also nicht nur der Vorsprung eines gedanklichen Augenblicks zu gönnen, er muß hinreichend Zeit haben, etwas zu Prüfendes überhaupt zu produzieren, „Verwaltungs-Atem holen und diesen auch einmal länger anhalten" dürfen. Daraus ergibt sich bereits eine für den vorliegenden Zusammenhang wichtige Folgerung: Die Rechnungsprüfung darf — jedenfalls mit ihren 58 Siehe etwa Reger (FN 13) S. 248; Krebs, W , Kontrolle in staatl. Entscheidungsprozessen, 1984, S. 204; Hansmeyer, u. a. (FN 48) S. 53; Grupp (FN 35) S. 160/161. 59
Dazu Bank (FN 43) S. 530.
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rechnungsunabhängigen Feststellungen zur Wirtschaftlichkeit — zeitlich nicht allzu nahe an ihren Prüfungsgegenstand heranrücken; sie muß vielmehr grundsätzlich hier die Vorgänge in einem größeren, insbesondere zeitlichen, Rahmen betrachten. So darf sie etwa nicht rasch aus einzelnen Vorfällen darauf schließen, diese oder jene Verwaltungsveranstaltung sei „nicht notwendig", hier würden Mittel unnötig eingesetzt, an Private vergeben. Der geprüften Stelle obliegt es nämlich grundsätzlich, den jeweiligen zeitlichen Rahmen eines „Vorganges" selbst zu bestimmen, sie braucht sich diesen nicht von der Rechnungsprüfung aufzwingen zu lassen, die nur bei evidentem Mißbrauch den Rahmen enger ziehen darf. Anderenfalls würde die Rechnungskontrolle das Ende jedes größeren Experimentes und damit der Entscheidungsfreudigkeit überhaupt bedeuten. Dies ist also nicht nur aus der Sicht der Rechtsbegrifflichkeit zu betonen, der Verfassungsauslegung, sondern auch aus der der Verwaltungslehre: Es widerspricht dem Wesen der Verwaltungsentscheidung, des Verwaltens überhaupt, „ständig einen Kontrolleur danebenzusetzen". Dies wäre wirklich i m schlimmsten Sinn der „totale Rechtsstaat" (Karl August Bettermann) in der Form des Prüfungsstaates. Daß die Prüfung dennoch gegenwartsnah erfolgen muß 6 0 , steht dazu vielleicht in einer gewissen Spannung, nicht aber im Gegensatz: überholte, lang vergangene Vorgänge können schon gar nicht „wirklich geprüft" werden. Überdies geht von solchen Kontrollen auch jene Orientierung für die Zukunft gar nicht mehr aus (vgl. dazu i m folgenden), welche die Rechnungsprüfung doch auch leisten muß und auf welche Verwaltung und Private ein Recht haben im Rechtsstaat. Es gilt eben, die in der Praxis sicher nicht immer leicht zu bestimmende Mitte zu halten zwischen der Freiheit der Entscheidung einer-, dieser Rechtssicherheit und daher der Kontinuität andererseits; doch dieses Problem ist der Staatlichkeit allenthalben vor- und aufgegeben, es darf nicht allein i m Sinne einer einmischungsgeneigten Kontrolle gelöst werden. Nochmals: Eine vorgängige oder mitschreitende Kontrolle darf es überhaupt nicht geben 61 , sie hat nicht nur „die Ausnahme zu bleiben" 62 . Sie rechtfertigt sich insbesondere auch nicht aus folgenden Gesichtspunkten: —
Aus den sehr bedeutsamen Orientierungswirkungen, die von den Feststellungen der Rechnungshöfe ausgehen und aus ihnen auch kommen sollen 63 . Der Gesetzgeber hat diese zukunftsgewendete Begutachtungs-
60 Was mit Recht häufig betont wird, vgl. etwa Grupp, K., DÖV 1983, S. 661 (664); Kirchhol P., N V w Z 1983, S. 505 (515); Tiemann, S., DVB1 1976, S. 323 (328); Heuer/ Dommach (FN 18) Art. 114 GG, 108. 61 62
Zutr. Stern, K., Staatsrecht II, 1980, S. 432 m. Nachw. W i e Reger (FN 13) S. 249/250 meint.
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funktion (vgl. § § 42 Abs. 5 HGrG, 88 Abs. 2 BHO) vorgesehen und den Rechnungshöfen auch das Recht der „Empfehlung von Maßnahmen für die Zukunft" (§ 97 Abs. 2 Ziffer 4 BHO) einräumen dürfen, anderenfalls wäre die Rechungsprüfung ihrerseits — eine unwirtschaftliche Einrichtung. Darüber darf aber auch eine Rechnungsprüfung nirgends hinausgehen, und auch dabei muß sie „in größeren Räumen" stets denken können und den Entscheidungsspielraum der Exekutive achten, gerade weil solchen „Empfehlungen" ein besonderes praktisch-politisches Gewicht zukommt. Zu fordern ist daher mit Nachdruck: Solche „Empfehlungen" können nur zur Abstellung abschließend zu beurteilender Mängel erfolgen, welche eine gewisse Evidenz aufweisen; es ist nicht Sache des Rechnungshofs, seinerseits zu experimentieren oder zu Experimenten anzuregen. Prüfungsfeststellungen, die da meinen, es „solle überlegt werden", es „werde anheimgestellt", liegen außerhalb dieses rechtlichen Rahmens: Entweder sie zeigen unangebrachte Höflichkeit gegenüber den Geprüften — oder sie bedeuten Einmischung in den Bereich der Exekutive. Diese sollte daher nicht noch durch von ihr ausgehende BeratungsInitiativen beim Rechnungshof absichern wollen; das Risiko, daß sie nachher beanstandet, muß sie politisch tragen. Eine solche „unheilige Allianz" von Verwaltung und Rechnungsprüfung gibt es wohl ohnehin in der Praxis nur allzu häufig; ihre Verallgemeinerung könnte der Institution der Rechnungsprüfung schweren Schaden zufügen. Noch weit strenger ist Privaten gegenüber darauf zu achten, daß die „Zukunftsratschläge" nicht ausufern zur Fremdbestimmung i m Raum grundrechtsgeschützter Freiheit. Diese private Freiheit besteht aus Risiko, aus Initiative zum Unvorhersehbaren. Und wenn der Staat dies nicht akzeptiert, so soller nicht fördern, sondern selbst alles erledigen; denn allein die Tatsache, daß der Private es „besser kann", weil ihm eben „die Zukunft freier gehört", ohne die — notwendigen aber lastenden — Auflagen der Staatlichkeit, rechtfertigt ja überhaupt die staatliche Förderung. —
63
„Verwaltung nach Planung" — heute eine zunehmende Notwendigkeit, legitimiert auch nicht eine „begleitende Kontrolle", darf sich erst recht nicht zu einer „vorgängigen Kontrolle" des geplanten Verhaltens entwickeln. Sobald über eine solche Planung endgültig von der Verwaltung entschieden ist, unterliegt sie der Rechnungsprüfung, insbesondere der
Kirchhof, P, N V w Z 1983, S. 505 (515); Krebs, W. (FN 58) S. 197; Birk, D., DVB1 1983, S. 865 (873).
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in ihrem Rahmen vorzunehmenden Wirtschaftlichkeitskontrolle, soweit haushaltsmäßige Auswirkungen zu erwarten sind, mögen diese auch noch nicht eingetreten sein; eine Ins-Werk-Setzung muß insoweit nicht abgewartet werden, wohl aber die „definitive Planung", welche alles nun Folgende als eine selbständig zu beurteilende Vollzugsphase erscheinen läßt, die dann auch wiederum gesonderten Prüfungskriterien unterliegt. Darin liegt sicher eine gewisse „Zukunftswirkung", ebenso wie eben die planende Verwaltung damit bereits eine „Entscheidung" getroffen hat; daß diese auch Auswirkungen für die Zukunft hat, ist ihr letztlich mit allen anderen Verwaltungsentscheidungen gemeinsam, darin liegt dogmatisch noch keine „Prüfung zukünftigen Verwaltungshandelns", also auch keine „vorgängige Prüfung". W o h l aber mahnt dies die Rechnungsprüfung zur Vorsicht: Nur soweit Planung eine gewisse Definitivität erreicht hat, so daß sie in Vollzugsentscheidungen lediglich „umgesetzt" wird, unterliegt sie auch schon der Prüfung des „Abgeschlossenen". Dabei wird ein wesentliches Abgrenzungskriterium darin liegen, ob die Planung bereits eine Rechtsaktqualität aufweist, die sie rechtlich — durch wen auch immer — anfechtbar macht. Dafür kann auch genügen, daß die Verwaltung deutlich zu erkennen gibt, sie werde sich von nun an daranhalten, Ermessen in der Praxis nur i m Sinn der Planung zu gebrauchen; insoweit kann ja dann auch, über Ermessensreduktion auf Null, eine Anfechtungsmöglichkeit eröffnet sein 64 . Bei Maßnahmen ohne Außenwirkung kommt es auf die Bindungswirkung der ausführenden Staatsorgane an; ergibt sie sich nicht eindeutig aus der Planung, so ist diese noch keine „prüfbare Entscheidung". Ein „Schon diese Planung zeigt . . .", oder „Diese Planung muß geändert werden . . . " darf es nur in diesen Grenzen geben. Privaten gegenüber ist von einer demgegenüber noch erheblich gesteigerten Planungsflexibilität auszugehen; gerade sie ist ja in der Regel der Grund, weshalb sie mit öffentlichen Aufgaben i m weiteren Sinne betraut werden. Sie unterliegen grundsätzlich nicht dem Gleichheitssatz i m Verhältnis zu Dritten, binden sich diesen gegenüber also auch nicht durch Planung, eine „Planungsanfechtung" gibt es ihnen gegenüber nicht, sie sind nur den — sehr weiten — Bindungen aus vorangegangenem Tun i m Sinne der § § 138, 242 BGB unterworfen. In dubio sind hier also Planungen nur nachprüfbare Experiment-Ankündigungen, prüfbar ist stets erst die Umsetzung. 64
Maurer, H.. Allg. Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 1988, S. 105, 515; Ossenbühl, F., in: Erichsen/Martens, Allg. Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 1988, S. 97 iL·, Mayer/Kopp, Allg. Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 1985, S. 163.
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—
Programmierende Verwaltung und Private unterliegen, mutatis mutandis, eben diesen Grundsätzen. Ist davon auszugehen, daß diese Programme bereits eine Vorabentscheidung, und nicht nur eine Entscheidung „dem Grunde nach" darstellen, so ist Prüfung geboten — und dahin bewegt sich wohl das Verwaltungsrecht, die Mitwirkungsrechte und -forderungen der Personalräte und Betriebsräte zeigen es 65 . Doch auch dies hat nichts mit „vorgängiger Prüfung" zu tun — die „zukünftige Entscheidung" ist eben keine solche mehr, sie ist dann bereits gefallen, wenn nurmehr eine „reine Umsetzung" bleibt, nichts mehr als Zeitablauf.
—
„Der Bericht des Rechnungshofes dient der Regierung als Unterlage für die Kontrolle der Verwaltung." Diese Kontrolle „gegenüber den nachgeordneten Behörden ist nicht politischer, sondern administrativer Natur: Sie beruht auf dem Weisungsrecht der Regierung" 66 . Die Rechnungsprüfung wird damit zu einem wichtigen, heute angesichts des verbreiteten Autoritätsverlustes geradezu entscheidenden Instrument der Durchsetzung der Hierarchie innerhalb der Exekutive 67 . Doch daraus kann nicht auf die Möglichkeit oder gar Notwendigkeit anderer als nachgängiger Kontrollen geschlossen werden. Dem Vorgesetzten im hierarchischen Verhältnis mag sowohl der begleitende als auch der nachträglich-korrigierende Einfluß auf laufende Verwaltungstätigkeit gestattet sein 68 . Dem widerspricht es aber nicht, daß sich die „Vorgesetzten-Unterstützungsfunktion" des Rechnungshofs auf wesentlich nachgängige Bemerkungen beschränken. Anderenfalls würde sich die Rechnungsprüfung praktisch in eine Mit-Vorgesetzten-Position bringen, wodurch ein klarer Aufbau des Über-Unterordnungsverhältnisses i m Staatsorganisationsrecht verwirrt werden müßte. Auf die Prüfung Privater übertragen zeigen sich solche Gefahren noch deutlicher: Hier müßten „begleitende Kontrolle" etwas wie eine nicht mehr nur Kontrolle, sondern geradezu hierarchische Uber-Unterordnung zwischen zuwendender Verwaltung und Zuwendungsnehmer zur
65 BVerwG N J W 1986, S. 1360 ff.; BAG DB 1982, S. 2358 f.; BAG AP Nr. 10 zu § 111 BetrVG 1972; Moll, W , ZIP 1982, S. 889 ff. ; Heß, H., DB 1982, S. 2241 ff. ; Denck, J., RdA 1982, S. 279 ff.; Bolwin, R., DB 1983, S. 827 ff.; Löwisch, M., Die PersV 1987, S. 360 ff.; Widmaier, U., Die PersV 1985, S. 305 ff.; Wahlers, W., Die PersV 1985, S. 217 ff. 66
Grupp (FN 35), S. 143. Jenes Über-Unterordnungsverhältnis, in dem das BVerfG schon früh auch die wesentliche Struktur des Beamtentums gesehen hat, vgl. BVerfGE 9, S. 286 f. 68 Wobei sich etwa, über die „Führungsstile" der „Dezentralisierung" und des „Teamworks" der Akzent auch dort immer mehr auf nachträgliche Korrekturen verlagert, vgl. etwa v. Münch, I., in: Erichsen, H.-U., M a r i ens, W., Allg. Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 1988, S. 9 ff. ; Bull, H.-P, Allg. Verwaltungsrecht, 2. Aufl. 1986, Rdnr. 172 ff. 67
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Folge haben — es läge in ihnen also ganz wesentlich eine mit der Privatautonomie unvereinbare überschießende Hierarchietendenz. ee) „Vorgängige" oder „begleitende" Prüfung — ein Mitbestimmungs-Problem Daß sich eine antizipierte oder auch nur laufend begleitende Rechnungsprüfung nicht mit den Grundstrukturen der gewaltenteilenden Demokratie vereinbaren läßt, zeigt auch ein Blick auf das Personalvertretungsrecht. Vorgängige oder begleitende Rechnungskontrolle bedeutet im Ergebnis nichts anderes als die Einschaltung einer „externen" Instanz in den Willensbildungsprozeß der Exekutive auf Behördenebene, wobei übrigens diese Instanz ihrerseits in ihrer Prüfungstätigkeit als solcher einer Mitbestimmung nicht unterliegt. Es darf also nicht dahin kommen, daß dadurch die Rechte des Personalrats auf Mitbestimmung und Mitwirkung unterlaufen werden. Klar müßte daher vor allem sein, in welcher Phase der behördlichen Willensbildung eine solche vorgängige oder begleitende Prüfung erfolgt Ist sie eine vorgängige, so setzt sie Vorgaben, die dann der Personalrat i m Ergebnis nurmehr ratifizieren kann — er wird in seiner Entscheidungsfreiheit ebenso beeinträchtigt wie die der politisch verantwortlichen Exekutivspitze unterstehende Behördenleitung. Selbst wenn ihm aber das Recht bliebe, eine derart vom Rechnungshof programmierte Aktivität nicht zu ratifizieren, damit praktisch zu blockieren, so geriete der Personalrat dadurch jedenfalls unter einen Druck, welcher der Grundidee seiner Zusammenarbeit und Konsenssuche mit der Behördenleitung nicht entsprechen kann: Dieser wären Kontakte mit den Rechnungsprüfern praktisch vorbehalten; sie würde diese in aller Regel alsbald in Vorgaben verwandeln, von denen dann auch der Personalrat nicht abrücken könnte, würde ihm doch sogleich vorgehalten, er beschwöre damit die Gefahr von Beanstandungen herauf. Leicht könnte es überdies dahin kommen, daß sich die Behördenleitung hier ein A l i b i für sonst kaum durchzusetzende Entscheidungen gegenüber dem Personalrat schafft, welches dieser kaum entkräften könnte. Jedenfalls müßte dann der Personalrat in diese vorgängige Prüfung bereits einbezogen sein und auch seinerseits programmierende Vorstellungen mit den Prüfern diskutieren dürfen — anderenfalls wäre die von den Mitbestimmungsgesetzen (etwa §§ 68 ff. BPersVG) geforderte rechtzeitige und umfassende Unterrichtung des Personalrats praktisch nicht sicherzustellen. Damit aber würde sich wiederum die Personalratsarbeit und die behördliche Willensbildung unerträglich komplizieren. Nichts anderes ergibt sich auch i m Fall einer „begleitenden Rechnungskontrolle'Auch hier wäre dann zu klären, ob diese „Begleitung" eine solche der Behördenleitung oder der „Exekutiventscheidung als solcher" sein solle,
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Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
einschließlich also der Dezision des Personalrates. Nur letzteres könnte befriedigen, soll sich nicht auch hier die „begleitende Kontrolle" in Vorgaben verwandeln, welche dem Personalrat „die Hand führen". W i e dies praktisch vermieden werden sollte — etwa durch Anwesenheit von Rechnungsprüfern in Personalratssitzungen (?), ist schwer vorstellbar. Die schon kritisch erwähnte Komplikation der Personalratstätigkeit würde sich hier noch weiter steigern. A n dieser Stelle mag es genügen, auf dieses Problem aufmerksam zu machen, das offenbar bisher nicht in seiner ganzen Tragweite gesehen worden ist 6 9 . W o bisher — vor allem faktisch — derartige „vorgängige" oder „begleitende" Kontrollen stattfinden, bleibt all dies wohl i m Bereich der Willensbildung der Behördenleitung — gerade dies aber widerspricht der Grundidee einer Mitbestimmung, welche diese Willensbildung als kombinierten Vorgang sieht. Die Gefahr, daß Rechte des Personalrats hier unterlaufen werden, ist also „theoretisch" nicht zu vernachlässigen, „praktisch" wohl noch erheblich größer. All dies spricht wiederum dafür: Geprüft kann nur werden, was abgeschlossen ist — im Dialog von Behördenleitung und Personalrat — nicht auch noch mit der Rechnungsprüfung — oder deren Position müßte hier gesetzlich anderweitig bestimmt werden. Derartige Probleme tauchen erst recht dort auf, wo Private, wenn auch „indirekt", wie im folgenden zu vertiefen sein wird, der Kontrolle der staatlichen Rechnungsprüfung unterworfen werden. Was diese durch vorgängige Kontrolle vorgibt, durch begleitende „lenkt", müßte dann von Betriebsräten der Zuwendungsempfänger schlechthin akzeptiert werden, wollten sie nicht die meist lebenswichtigen Staatshilfen für ihr Unternehmen gefährden. Damit ginge ein wesentliches Stück privater Mitbestimmung verloren, die heute als ein entscheidender Bereich der Privatautonomie besonderen Schutz verdient. ff) „Beratung" — bedenkliche „Vor-Kontrollen" Im Zusammenhang mit der Problematik der vorgängigen oder begleitenden Kontrollen ist auch die häufig erörterte 70 Frage der Beratung der Exekutive durch den Rechnungshof entsprechend seiner Prüfungserfahrungen zu sehen. Eine solche Möglichkeit ist dem Rechnungshof durch § 42 Abs. 5 HGrG, § 88 Abs.2 H O eröffnet, allerdings ist er dazu nicht verpflichtet. In der Beurteilung der Beratungstätigkeit sind die Meinungen geteilt: Die einen begrüßen eine solche Befugnis und möchten sie eher dann noch in 69 So findet sich etwa i m Kommentar zum BPersVG von Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmayer, 1986 kein Hinweis auf „Rechnungskontrolle und Personalvertretung". 70 Vgl. dazu Maunz/Dürig, GG, Art. 114, Rdnr. 30; Grupp, (FN 35), S. 147 m. Nachw.; Krebs (FN 58), S. 207.
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der Praxis, vielleicht sogar durch gesetzliche Bestimmungen, ausgeweitet sehen 71 : Der Rechnungshof sei nach dem Willen des Gesetzgebers ohnehin frühzeitig in den finanzpolitischen Willensbildungsprozeß einzuschalten (§§ 27 Abs. 2, 102, 103 HO), die H O sehe ausdrücklich pro futuro wirkende Bemerkungen der Berichte vor (§ 97 Abs. 2, 3 HO). Auch hier finde ja nichts anderes statt als Beratung, die schon aus dieser Sicht insgesamt zu bejahen und in einem solchen größeren Zusammenhang zu sehen und zu begrüßen sei. In die Bemerkungen sollten jedenfalls, so heißt es, eher noch mehr „positive", zukunftswirksame Feststellungen aufgenommen werden 72 . Andere Stimmen dagegen raten zur Zurückhaltung: Die Rechnungsprüfung dürfe dadurch nicht von ihrer Kernaufgabe der nachträglichen Kontrolle abgelenkt werden 7 3 ; auch drohe hier eine vorgängige Festlegung der Rechnungsprüfung gegenüber einer sich in diesem grünen General-Licht dann recht frei bewegenden Exekutive 7 4 ; und eine Beratung hat ja notwendig einen gewissen zukunftsplanerischen Charakter, damit aber häufig auch eine Allgemeinheit, die nicht nur zur Selbsteinengung der Rechnungsprüfung führen, sondern sogar zum Blankoscheck für die geprüfte Exekutive werden kann. Dieses einschränkende Verständnis aller Beratungstätigkeit seitens der Rechnungshöfe ist berechtigt — einerseits zum Schutz dieser wichtigen Institution in ihrer Unabhängigkeit, „vor sich selbst", zum anderen aber auch, und dies ist hier entscheidend, weil anderenfalls eine Zementierung der handelnden, verantwortlichen Verwaltung droht, aufgrund von „Erfahrungen", die diese selbst sammeln muß, die sie sich nicht „durch eine Kontrollinstanz oktroyieren" lassen darf. Denn i m letzteren Fall müßte die „Beratung" notwendig zur vorgehenden Kontrolle sich ausweiten, noch dazu mit der flächendeckenden Tendenz der vorprogrammierten Verwaltungszukunft — und zugleich mit dem nicht minder bedenklichen Zug zur „rückgewendeten Zukunftsbetrachtung" : Die Rechnungsprüfung würde die Exekutive ausschließlich aufgrund früherer, vielleicht lang zurückliegender Erfahrungen festlegen. Noch weit schwerer wiegen diese Bedenken, wenn solche Beratungen der Rechnungshöfe auf Private durchschlagen oder sich gar unmittelbar mit diesen beschäftigen (§ 104 HO): Bei diesen droht dann ein entscheidender Autonomieverlust; durch staatsplanerische Festlegungen, die überdies sogar aufgrund eines völlig anderen Buchführungsdenkens erfolgen, würde gerade jene Privatinitiative „einzementiert", um derentwil71
In diesem Sinne vor allem von Arnim, H. H. r DVB11983, S. 664 (668) ; Heuer (FN 18), Art. 114, Rdnr. 54. 72 Grupp, K., DÖV 1983, S. 661 (667). 73 Reger (FN 13), S. 252; krit. auch Stern, K., Staatsrecht, Staatsrecht II, 1980, S. 132. 74 Dazu Grupp, aaO., S. 664.
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Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
len der Staat die Kooperation mit dem Bürger und dessen freigestalteten Einrichtungen gesucht hat. Diese Degeneration der Beratung zur „vorgängigen Kontrolle" läßt sich nur vermeiden, wenn zweierlei stets bedacht wird: — Die gleichzeitige oder gar vorgängige Einschaltung der Rechnungsprüfung (vgl. oben) ist einerseits auf „Großanlässe" (Haushaltsplanaufstellung, bedeutsame organisatorische Veränderungen), andererseits auf Bemerkungen gegenüber den Exekutivspitzen vom Gesetzgeber beschränkt. Daraus ergibt sich schon, daß sie sich nicht zur festlegenden Einzelberatung gegenüber bestimmten Behörden ausweiten darf, sich vielmehr immer nur auf große direkte Zusammenhänge beziehen kann. Überdies sind das so eindeutige Ausnahmen, daß sie restriktiv zu interpretieren sind. Erst recht ist alles zu vermeiden, was zu einem „Durchschlagen solcher Statuseffekte" auf Private führen könnte. — Streng muß diese — eng zu begrenzende — „selbständige" von jener „unselbständigen Beratung" geschieden werden 75 , die notwendig mit der nachträglichen Prüfung des Finanzverhaltens der Verwaltung verbunden ist. Sie läßt sich in ihrer Zukunftswirkung gar nicht ausschließen — anderenfalls könnte es überhaupt keine Prüfung geben — und kann ohnehin in ihren Vorwirkungen kaum hoch genug veranschlagt werden 7 6 , wobei es gleich bleibt, ob man hier einen rechtlichen oder einen faktischen Druck feststellen will 7 7 . Gerade weil die Rechnungsprüfung darin eine „stille Wirksamkeit" entfaltet, lautlos und reibungslos 78 , dürfen Beratungsbemerkungen nicht etwa forciert, sie müssen in den engen Grenzen von vielleicht auch zukunftswirksamen Feststellungen bleiben, die aber eindeutig für die Vergangenheit getroffen wurden. Wer hier glaubt, den Staat disziplinieren zu können 7 9 , der sollte bedenken, daß er dieselbe Schlinge auch um alle Zuwendungsempfänger und deren private Freiheit legt. Die Verantwortungsscheu einer Verwaltung, die sich vor allem „abdecken" will, wird ohnehin immer mehr zum Problem. Dieses darf nicht noch durch die beratende Einbindung des Kontrolleurs in die Willensbildung des Kontrollierten verschärft werden; die Verwaltungen werden jedenfalls noch genug nach dieser „Sicherheit" greifen. Private aber würden durch eine solche Gestaltung der Rechnungsprüfung laufend eingeschüchtert, verunsichert. 75
Vgl. Vogel/Kirchhof,
76
Siehe Kirchhof, N V w Z 1983, S. 515 (525); Birk, D. f DVB1 1983, S. 865 (873). In letzterem Sinne Krebs, W , VerwArch 1980, S. 77 (81); Sigg (FN 20), S. 76.
77 78
Bonner Kommentar, Art. 114, Rdnr. 199.
Reger (FN 13), S. 356. Ein an sich durchaus billigenswertes Anliegen, das etwa bei von Arnim (FN 71) hervortritt. 79
I. Die Rechnungshöfe — Grundstrukturen und Aufgaben
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Dieses Kapitel stand unter der These: „Rechnungsprüfung ist nicht Verwaltung", sie darf es in keiner Form werden; dies steht i m öffentlichen Interesse der Exekutive, noch mehr in dem der Bürger, ihrer Freiheit. Soviel war hier zur allgemeinen Stellung der Rechnungsprüfung gegenüber der Exekutive zu sagen — und damit eben rahmenmäßig auch gegenüber den von dieser geförderten Privaten. Eine weitere Eingrenzung der Rechnungsprüfung in diesen Richtungen, insbesondere mit Blick auf wirtschaftliche oder politische Vorgaben, erfolgt i m Kapitel über die Kontrolle der Wirtschaftlichkeit (unten II).
Ergebnis Der Rechnungshof ist ein Exekutivorgan, eine Selbstkontrollinstanz der Verwaltung, mag er auch „zwischen Erster und Zweiter Gewalt", als ein Kontaktorgan der beiden, funktionieren. Im Rechtsstaat darf also ein solches Exekutivorgan nur höchst zurückhaltend und unter Beachtung aller Garantien der Freiheit zur Überprüfung Privater eingesetzt werden. Der Rechnungshof ist Kontrolleur der Verwaltung — aber nur im Rahmen von deren Befugnissen. Lediglich was die Verwaltung hätte bewirken oder ändern können, müssen, ist Gegenstand der Überprüfung, nie das Bürgerverhalten als solches. Sowenig wie der Rechnungshof das sicherheits- oder umweltrelevante Verhalten Privater mit der Begründung untersuchen darf, es gehe ihm nur um die Feststellung, was die Verwaltung hätte anders machen und billigen oder (miß-)billigen können, dürfen Wirtschaftsaktivitäten Privater als solche Prüfungsgegenstand sein. Daß „Verwaltung" nicht primäres, sondern ausschließliches Prüfungsobjekt ist, muß ganz ernst genommen werden. Immer muß auf die Befugnisse, Möglichkeiten, Versäumnisse der Verwaltungen hingewiesen werden, welche den Prüfungsrahmen ausschließlich bestimmen. Der Rechnungshof ist keine Verwaltungsinstanz sui generis für das Staatsvermögen, „Schutz dieses Staatsvermögens" ist eine zu weite Aufgabenumschreibung, daraus kann keine Legitimation zum Vorgehen gegen Private abgeleitet werden; handlungsbefugt zur Sicherung der Staatsfinanzen sind ausschließlich die anderen, geprüften Staatsinstanzen. Der Rechnungshof hat keinerlei Sozialgestaltungsauftrag gegenüber dem Bürger. Grundsatz der Rechnungsprüfung ist die nachträgliche Kontrolle, dies ergibt sich aus Art. 114 GG. Eine „begleitende Prüfung" ist nicht zulässig; deshalb darf die Rechnungskontrolle auch, bei aller Wahrung zeitlicheffektiver Überprüfung, „zeitlich nicht zu nahe an den Prüfungsgegenstand
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Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
heranrücken". Die geprüften Stellen entscheiden vielmehr, wann ein Vorgang „abgeschlossen" und daher auch prüfbar ist — bis zur Mißbrauchsgrenze; dabei dürfen auch nicht einzelne Vorgänge herausgegriffen, aus ihnen nicht Kurz-Schlüsse gezogen werden. Erst recht gilt dies für Feststellungen über privates Verhalten. Dem stehen die — sehr bedeutsamen und vom Gesetzgeber auch gewollten — Orientierungswirkungen der Rechnungskontrolle gegenüber der geprüften Verwaltung nicht entgegen. Gerade wegen deren Gewicht müssen sich aber zukunftswirksame Feststellungen auf evidente Komplexe stützen, sie dürfen nicht zur Fremdbestimmung gegenüber den Verwaltungsinstanzen ausufern, erst recht nicht gegenüber dem Bürger und dessen Freiheit. Der Rechnungshof hat immer zu kontrollieren, nicht zu argumentieren oder gar zu experimentieren. „Verwaltung nach Programm" muß geprüft werden, die Programmierung aber nur insoweit, als sie definitiv abgeschlossen ist; Programmkontrolle darf nicht zur begleitenden oder gar vorgängigen Kontrolle sich entwickeln. Die Rechnungsprüfung erleichtert wesentlich die Kontrolle Vorgesetzter und übergeordneter Behörden, doch nur in deren nachgängigem Aspekt; insoweit ist sie ein wichtiges Durchsetzungsinstrument der exekutivwesentlichen Hierarchie. Doch der Rechnungshof wird damit nicht etwa zum vorgängig oder begleitend kontrollierenden und korrigierenden (Mit-)Vorgesetzten. Noch weniger darf er über seine Kontrollen eine A r t von staatlicher Hierarchie bis in den privaten Raum Geförderter hinein erstrecken. Vorgängige oder begleitende Kontrollen des Rechnungshofs müßten kaum lösbare Probleme der Mitbestimmung aufwerfen; durch Vorgaben aus einer Kooperation von Behördenleitung und Rechnungsprüfung darf die Entscheidung des Personalrats nicht unterlaufen werden; dieser müßte — was praktisch kaum möglich ist — in einen solchen laufenden Vorgang einbezogen werden. „Beratung durch den Rechnungshof" darf nicht ausgebaut, sie muß in engsten Grenzen gehalten werden, unter restriktiver Auslegung der HO, anderenfalls degeneriert sie zur vorgängigen Kontrolle, versteinert eine „Verwaltung nach Erfahrungswerten", legt den Rechnungshof selbst für die Zukunft fest, oder versieht die Verwaltung mit bedenklichen Blankoschecks. Festlegende Detailberatungen sind daher unzulässig. Die nicht auszuschaltenden Effekte einer „unzuständigen" Beratung, die aus jeder Rechnungsprüfung der Vergangenheit in die Zukunft hineinwirken, sind bedenklich genug in einer immer mehr präzedenzgeneigten, auf „Sich-Abdecken" bedachten Verwaltung.
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b) Der Rechnungshof — Berichterstatter an die Volksvertretung, nicht Entlaster der Regierung oder Beiaster der Bürger Die Stellung des Rechnungshofs, vor allem auch gegenüber von ihm überprüften Privaten, ist auch danach zu beurteilen, in welchem Verhältnis diese Instanz zum Parlament steht. Denn immerhin ist es ja dieses oberste Verfassungsorgan, das, vor allem als Gesetzgeber, den primären Auftrag zur Sozialgestaltung in der Demokratie erhalten hat. Wäre also die Rechnungsprüfung schlechthin dem Parlament zuzuordnen, so könnten daraus Befugnisse auch gegenüber dem Bürger abgeleitet werden, der eben in der Volksherrschaft weitestgehend dem Zugriff der Vertreter des Volkssouveräns ausgesetzt ist. Gerade hier fällt es leichter, sich auf, meist traditionelle, Formen zu verständigen, als diese dann ganz ernst zu nehmen und aus ihnen die notwendigen kompetenzmäßigen Folgerungen abzuleiten. aa) Prüfungsberichte — gesetzlich vorgesehene Gutachten Der Rechnungshof übt keinerlei Gesetzgebungsaufgaben aus, wie immer man diesen Begriff verstehen mag 80 . Legislativentscheidungen, Dezisionen i m Bereich der Ersten Gewalt sind ausschließlich dem Parlament vorbehalten 8 1 . Diesem allein obliegt auch die Wertung der Feststellungen des Rechnungshofs. Daran ändert es auch nichts, daß die Änderung des Art. 114 GG den Rechnungshof sicher näher hat an das Parlament heranführen und damit dessen Kontrollkompetenzen gegenüber der Administration hat stärken sollen 82 . Daraus allein ergibt sich noch keine organrechtliche Zuordnung zum parlamentarischen Bereich. Vielmehr müssen die beiden Kernbegriffe der Rechnungshofstätigkeit — „Bemerkungen" und „Berichterstattung" — ernster genommen werden als bisher. Organe der Rechnungsprüfung sind zu keinerlei „Entscheidung" befugt, die vielmehr beim Parlament ausschließlich liegt 8 3 — im Verhältnis zu der Regierung — während bei der Exekutive eher von „Folgerungen" aus diesen berichtenden Bemerkungen die Rede sein sollte. Selbst von einem „Wert80
Dazu Grupp (FN 35), S. 141 f., 148 m. Nachw. Grupp, aaO., S. 142; Tiemann (FN 54), S. 112. 82 Zu den Gesetzgebungsarbeiten in diesem Sinn vgl. BT-Drucks V/3605; Krebs (FN 77), S. 82; Haverkate, G., AöR 1982, S. 538 (543); Maunz/Dürig, GG, Art. 114, Rdnr. 24; Hansmeyer, u. a. (FN 48), S. 68. 81
83
Ganz h. L., vgl. etwa Bank, B., DÖV1962, S. 526 (530) ; Kirchhof, P., N V w Z 1983, S. 505 (515); Reger (FN 13), S. 249; Tiemann (FN 54), S. 112; Hansmeyer u. a. (FN 48), S. 152 f. 4*
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Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
vorrang" der Entscheidungsorgane zu sprechen 84 , könnte dazu verleiten, doch auch die Tätigkeit der Rechnungsprüfung als eine Entscheidung anzusehen, und sei es auch eine solche minderen Rechts. Mißverständlich ist es ebenfalls, die „Sanktionslosigkeit" der Ergebnisse des Rechnungshofs zu betonen oder gar zu bedauern 85 — in all dem zeigt sich ein unzutreffendes Verständnis des Wesens einer Rechnungsprüfung, sei es einer rechnungsabhängigen oder rechnungsunabhängigen: Da gibt es gar nichts zu sanktionieren, weil Sanktionen Entscheidungen voraussetzen, die aber dann erst i m Parlament fallen, daraufhin auch durchaus sanktionsbewehrt sind, in vielfacher Art. Die staatliche Rechnungsprüfungstätigkeit entspricht der der Wirtschaftsprüfer gegenüber privaten Unternehmen, wo niemand von einem „Wertnachrang" gegenüber den Entscheidungen der Unternehmensleitung oder von „Sanktionslosigkeit" sprechen würde. Hier wie dort handelt es sich um nichts anderes als um gesetzlich vorgesehene Faktenfeststellungen, über die eben dann — berichtet wird, aber einer völlig anderen Instanz, beim Parlament sogar einer anderen Gewalt. Selbst eine Analogie zur gerichtlichen Beweiserhebung ist unangebracht, denn dort wird das Entscheidungsorgan selbst tätig, durch die Beweiserhebung trifft es wirkliche „Vorentscheidungen", und es ist an deren Ergebnisse, so wie es sie eben gewonnen oder festgestellt hat, sodann gebunden. Eine davon „abweichende", dies nicht berücksichtigende Entscheidung verfällt der Aufhebung. Völlig anders ist die Lage der Rechnungsprüfung: Sie erstellt ein gesetzlich vorgesehenes, notwendig einzuholendes amtliches Sachverständigengutachten 86, wofür ihr die geprüften Stellen ihre Bücher öffnen und Auskünfte erteilen müssen, so wie dies auch bei anderen Gutachten, freiwillig oder kraft behördlicher oder gerichtlicher Anordnung geschieht. Die Feststellungen sind also nicht — aufgrund irgendeiner bedauerlichen lex imperfecta — „nicht bindend", sie können aus ihrem Wesen heraus gar nicht bindend sein, weil es sich eben um „reine Konstatierungen" handelt. Alles was darüber hinausgeht, ist faktische, nicht rechtliche Macht der Rechnungshöfe und kann leicht zum Machtmißbrauch führen. Es geht auch nicht an, die in sich wesentlich befugnisneutralen Begriffe „Bericht", „Bemerkungen", „Feststellungen" nur deshalb, weil sie sich etwa auch in Normen finden, mit unterschwelligen Entscheidungskräften aufzuladen. Im Rechtsstaat ist der Schluß von Aufgabe auf Befugnis schlechthin unzulässig, noch weniger ein solcher von Organisation auf Befugnis; und letztlich liegt dieser meist dogmatisch unklaren Beschreibung der Berichtstätigkeit nichts ande84
So Battis, U., DÖV 1976, S., 721 (726). Grupp, K., D Ö V 1983, S. 661 (664); ders., (FN 35), S. 120 (158); Kisker, G., N J W 1983, S. 2167 (2169); Tiemann, S., DVB1 1976, S. 323 (325). 86 Von Maunz, in: Maunz/Dürig, GG., Art. 114, Rdnr. 59, wird sie ausdrücklich als solche bezeichnet. 85
I. Die Rechnungshöfe — Grundstrukturen und Aufgaben
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res zugrunde als eine Argumentation aus der — in der Tat beeindruckenden — Organisation der Rechnungsprüfung. Auch aus dem Begriff „Entlastung" der Regierung durch das Parlament, welche auf der Grundlage der Rechnungsprüfung zu erfolgen hat, ergibt sich keine Aufwertung der Rechnungsprüfung zu einer wie immer gearteten para-parlamentarischen Entscheidungsbefugnis. Das Verfassungsinstitut der Entlastung 87 ist an sich höchst problematisch 88 , denn sanktionierte rechtliche Folgerungen hat deren (endgültige) Verweigerung nicht 8 9 , weshalb es auch fraglich sein mag, ob darum ein Verfassungsstreit geführt werden kann 9 0 . Immerhin — hier könnte von einer sanktionslosen Feststellungsentscheidung eines Aufsichtsgremiums gesprochen werden, das doch Zwangswirkungen politischer A r t zur Folge habe (Ansehen der Regierung in der Öffentlichkeit). Dies ändert aber nichts daran, daß der Rechnungsprüfungsbericht nichts anderes ist als Material zur Berücksichtigung für diese — ohnehin ihrerseits sanktionslose und damit „entscheidungsschwache" — Entscheidung.
bb) Keine „entscheidenden Bemerkungen" Daraus ergibt sich für den vorliegenden Zusammenhang das strikte Verbot „entscheidender Feststellungen", ja sogar das der „entscheidenden äußeren Form" der Rechnungshofberichte. Der Rechnungshof mag Feststellungen treffen, welche für die Geprüften disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen haben können oder gar müssen. Es wäre aber eine erhebliche Überschreitung des Prüfungsrahmens, wollte man ihn dazu berechtigen oder gar verpflichten, selbst Strafanzeige zu erstatten 91 . Die Ahndung von Verstößen hat mit der Rechnungsprüfung nichts zu tun, sie gehört zu den Folgerungen, welche die geprüfte Stelle selbst zu ziehen hat. Der Rechnungshof ist keine Fahndungsbehörde. Daß die Rechnungsprüfer unverzüglich Mitteilung machen, wenn sie glauben, die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs seien erfüllt (vgl. § 98 HO) 9 2 , wird man zu ihren Aufgaben schon deshalb rechnen können, weil darin die Feststellung liegt, über welche Vermögenswerte (Forderungen) der Staat verfügt. Dazu gehören auch Forderungen gegenüber Privaten, 87
Die umfangreiche Literatur aus früherer Zeit ist zusammengestellt bei Reger (FN 13), S. 335; siehe ferner Maunz/Dürig, GG., Art. 114, Rdnr. 64 f. 88 89 90
Krit. Krebs (FN 58), S. 192 f.; vgl. auch Tiemann, DVB1 1976, S. 323 (326). Maunz/Dürig, GG., Art. 114, Rdnr. 63. Maunz/Dürig, aaO., Rdnr. 62.
91
Ablehnend auch Reger (FN 13), S. 246/247.
92
Reger, aaO.; Tiemann (FN 54), S. 123.
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Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
etwa Empfängern von Förderungsmitteln. Doch der Wortlaut des Gesetzes bereits mahnt zur Vorsicht — der Rechnungshof kann nur bemerken, nach seiner Ansicht lägen die Voraussetzungen für die Geltendmachung des Anspruchs vor. Allein entscheidungsbefugt ist aber auch hier die geprüfte Instanz, welche den BRH nur hören muß, will sie die in den Prüfungsmitteilungen erwähnten Ansprüche nicht geltend machen (§ 96 Abs. 3 HO). Diese Normen dürfen nicht etwa — aus Sorge vor der Schwäche einer „sanktionslosen Rechnungsprüfung" — extensiv ausgelegt werden, sondern stets hat dies mit Blick auf den Berichtscharakter der Bemerkungen zu geschehen. Sie müssen also immer die Form der Finanzfeststellungen wahren, niemals darf, in Form oder Inhalt, etwas Anklägerisches durchschlagen, so verständlich dies menschlich auch sein mag, wenn ein Prüfer zu Recht aufgebracht ist. Das Gesetz muß auch darin streng beachtet werden, daß jeder Anschein vermieden wird, der Rechnungshof behaupte — gerichtsähnlich — „so sei es", nicht „es sei seine Ansicht". Das mag sich in Nuancen nur unterscheiden, gerade sie aber sind praktisch meist entscheidend. Die Autorität des Rechnungshofs kann leicht den Eindruck einer Vorverurteilung hervorbringen — er bleibt aber immer ein Gutachter, der nur seine Meinung „berichtet", und nur, soweit diese finanzrelevant ist. In besonderem Maß ist auf all dies bei der Prüfung Privater zu achten, die ja nicht als solche Prüfungsobjekte der Rechnungshöfe sind. Eine Rüge ihres Verhaltens steht dem Rechnungshof nicht zu, der sich vielmehr auf kritische Feststellungen gegenüber der fördernden Verwaltung zu beschränken hat. Den Schwerpunkt seines Berichts wird er insoweit darauf legen müssen, ob nicht die Nachlässigkeit der Verwaltung die Privaten erst zu dem den Schadensersatz begründenden Verhalten gebracht hat, oder inwieweit gar eine A r t von Kollision zwischen Verwaltung und Privaten vorliegt. Gerade hier droht die Schwerpunktverlagerung laufend: Bemerkungen an Regierung und Parlament über privates (Fehl-)Verhalten unter dem Vorwand, es müsse festgestellt werden, ob sich der Staat nicht schadlos halten könne. Ginge man diesen Weg zu Ende, so müßte der Rechnungshof zu Steuerfahndungen und Betriebsprüfungen übergehen, vielleicht gar Radaranlagen aufstellen, um festzustellen, ob die Polizei nicht mehr Bußgeld hätte einnehmen können . . . Dieses Absurdum zeigt, in welchen Grenzen allein die „Feststellungen" des Rechnungshofs noch „Bericht" bleiben, insbesondere an das Parlament: Wenn evident die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches sich schon aus der Prüfung der Behörden ergeben, sind sie vor allem anzuregen, solchen Fällen — strenger — nachzugehen. Es geht hier nicht um selfrestraint 93, sondern um normative Grenzen der Rechnungsprüfung. In sei93
Der dem Rechnungshof immer wieder in diesem und in anderem Zusammen-
I. Die Rechnungshöfe — Grundstrukturen und Aufgaben
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nem Bericht darf der Rechnungshof nicht als Bürgerankläger vor dem Parlament auftreten. Kritik von Exekutive und Privaten mag häufig unausscheidbar i m Gemenge liegen — um so wichtiger ist es, daß die Form der Bemerkungen die Akzente setzt, in der Kühle der Finanzkonstatierungen, nicht in der Aggressivität eines Skandalrechercheurs.
cc) Der Rechnungshof — kein „negativer Ombudsmann" für den Bürger Gelegentlich wird der Rechnungshof als „Hilfsorgan" des Parlaments oder von Parlament und Regierung zugleich bezeichnet 94 : Er arbeitet beiden Gewalten zu, wenn auch „in kritischer Distanz", und schon früher liefen Reformüberlegungen darauf hinaus, ihn gerade dem Parlament als Hilfsorgan zuzuordnen 95 . Daraus könnten sich denn spezielle Rechte auch gegenüber dem Bürger ergeben. Von anderen 96 wird dies mit Recht abgelehnt, und dies gilt auch nach der Änderung des Art. 114 GG. Abgesehen davon, daß die Rechnungsprüfung nicht in ein Gewaltenteilungs-Schema eingezwängt werden muß 9 7 , und sich die Institution übrigens insoweit zwanglos auch der Exekutive zuordnen läßt — gerade als Hilfsorgan des Parlaments würde ihr Standort unrichtig bestimmt: Der Begriff verliert bei einer mit solcher Unabhängigkeit ausgestalteten Institution jede Kontur — oder er „degradiert" diese gutachterlichsachverständige Instanz in der Ausübung einer politischen Hilfsfunktion. Niemand würde einen Wirtschaftsprüfer als „Hilfsorgan" des Vorstands oder des „Aufsichtsrats" eines Unternehmens bezeichnen — er verlöre seinen Sinn als eine beiden gegenüber externe und völlig unabhängige Instanz. Der Rechnungshof ist gerade nicht ein „verlängerter A r m des Parlaments", er gehört diesem in keiner Weise statusrechtlich an und unterscheihang empfohlen wird, siehe etwa Kisker, N J W 1983, S. 2167 (2169); Krebs (FN 58), S. 199; Tiemann (FN 54), S. 110; Vogel, K., DVB11970, S. 193 (196 ff.); Battis f DÖV 1976, S. 721 (726); Stern, K., Staatsrecht II, 1980, S. 432; von Mutius, in: Die Kontrolle der Staatsfinanzen, hgg. von Zavelberg, 1989, S. 305 (319 f.). 94
So etwa F röhler/Kormann, GewArch 1984, S. 1 (3 m. Nachw.); anklingend auch bei Kisker, G., N J W 1983, S. 2167 (2170). 95 Siehe m. Nachw. Tiemann, S., DVB1 1976, S. 323 (329); Nachw. auch bei Grupp (FN 35), S. 141. 96 Grupp, aaO., S. 141, 145 f.; Schäfer, H., Festschr. für Geiger, 1974, S. 621 (634); Tiemann, S., DVB1 1976, S. 323 (329); krit. auch Krebs, W., VerwArch 1980, S. 77 (82/ 83). 97 Krebs, aaO., vgl. auch Maunz/Dürig, GG, Art. 114, Rdnr. 24.
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Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
det sich dadurch bereits grundlegend etwa vom Wehrbeauftragten 98 oder auch von einem Bürgerbeauftragten der Volksvertretung 99 . Er hat nicht die Beziehungen zum Bürger zu pflegen, nicht dem Parlament über seine Feststellungen i m Bürgerbereich zu berichten, sondern ausschließlich aus dem Staatsbereich. Die Rechnungsprüfer dürfen sich nicht zu einer A r t von negativem Ombudsmann der Bürger entwickeln. Das Parlament ist nach heutigem Demokratieverständnis auch, ja vielleicht in erster Linie, ein Bürgerforum, ein Diskussions- und Entscheidungsraum für Bürgerbelange. Wäre der Rechnungshof sein „Hilfsorgan", so könnte es (auch) als seine Aufgabe angesehen werden, die Beziehungen zwischen Volksvertretung und Volk durch Feststellungen i m Bürgerbereich zu vertiefen. Da er diese Organstellung nicht innehat, darf er über Bürgergeschehen als solches nicht berichten, sondern immer nur über Staatsgeschehen. Durch entsprechende Akzentsetzungen und Anonymisierungen, durch bereits verbale „Umschaltung der Verantwortung auf die Verwaltung", wo sie für ihn allein zu liegen hat, muß und kann auch der Rechnungshof dem Odium entgehen, als Skandalrechercheur des Parlaments unter Bürgern aufzutreten. Soweit also in den Anlaßfällen dieser Untersuchung der Finger der Rechnungsprüfung auf Private zeigt, deren Verfehlungen anprangert, ihre Förderungsunwürdigkeit als solche unterstreicht, überschreitet der Rechnungshof von vorneherein seine Kompetenzen als Berichterstatter gegenüber dem Parlament. Er darf nur das Verhalten der Verwaltung kritisieren — daß sie zu unrecht gefördert, nicht hinreichend kontrolliert habe. Es ist ja auch, wenn auch nicht rechtlich zulässig, so doch politisch plausibel — und darum allein geht es dem Parlament — daß der Bürger seinen Vorteil wahrnimmt, wenn eine nachlässige Verwaltung ihm dies gestattet. Und der Schwerpunkt der Rechnungsprüfung wie des Parlamentsinteresses liegt darauf: Ist nicht die Verwaltung verantwortlich für solche Bürgermißbräuche, die sie toleriert, damit fördert? Muß der Bürger gerade hier mehr tun und wissen als die kompetente Administration? Mit dieser Fragestellung sollte die Rechnungsprüfung in vielen Fällen letztlich zum Anwalt, nicht zum Ankläger der Bürger werden — aber immer in Form eines ruhigen Berichts.
dd) Das parlamentarische Kontrolldefizit — Grund der Ausweitung der Rechnungsprüfung A n diesem Ende der Betrachtung der Rechnungsprüfung in ihrem Verhältnis zur Volksvertretung soll eine grundsätzliche Feststellung stehen, die 98 99
Zutr. Grupp (FN 35), S. 145; von Mutius (FN 93), S. 305 (319 f.) Kisker, G., N J W 1983, S. 2167 (2170).
I. Die Rechnungshöfe — Grundstrukturen und Aufgaben
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den Hintergrund der gesamten Problematik der Grenzziehung der Rechnungsprüfung als solcher und insbesondere der Rechnungsprüfung Privater beleuchten kann: Die Parlamente von Bund und Ländern haben — von jeher — ihre Rechnungsprüfungsverantwortung so gut wie gar nicht wahrgenommen, die Rechnungshöfe berichten Gremien, die daraus nicht nur schwer politisch bedeutsame Folgerungen gegenüber der Exekutive ziehen könnten — die vielmehr dies meist nicht einmal versuchen 100 . Debatten i m Plenum finden über Rechnungsprüfung kaum statt, der Rechnungsprüfungsausschuß, ein Untergremium des Haushaltsausschusses, verrichtet ohne durchgreifende Kontrollkompetenz „Abhak-Arbeit", mit Hang zum Detail, dabei oft sklavisch den Bemerkungen des Rechnungshofs folgend; das Parlament ist chronisch überlastet und an der „Vergangenheitsbewältigung" an sich schon uninteressiert, die parlamentarische Mehrheit deckt ohnehin die Regierung. Kurz: Wir stehen vor einem schweren, grundsätzlichen Defekt des parlamentarischen Systems überhaupt. Die parlamentarische Kontrolle über die Verwaltung beschränkt sich weitgehend auf Skandalrecherchen und politische, aber punktuelle Einwirkungen. Jene Hausvater-Kontrolle über das öffentliche, dem Staat vom Bürger anvertraute Geld, aus dem die Parlamente entstanden sind, findet in ihm kaum mehr statt — und wenn, dann allenfalls an der Eisbergspitze politischer Skandale; deshalb interessieren auch „Bürgerreporte" seitens des Rechnungshofs die Abgeordneten oft mehr als Regierungsrapport, weil gerade sie politisch besonders wirksam berichten können, worüber sich sogar Mehrheit und Opposition oft leichter zusammenfinden als gegenüber der Regierung. Das Problem ist: Der Ruf nach mehr Rechnungshofskontrolle soll ganz allgemein traditionelle Defizite der Staatsform überdecken, sogar mehr Kontrolle der Bürger durch die staatliche Rechnungskontrolle ist eine plausible Forderung, wenn die Exekutive sich mit ihnen allzu leicht arrangiert, das Parlament nicht interveniert. Die parlamentarischen Kontrolldefizite werden sich auch durch radikale Parlamentsreformen nicht voll beseitigen, sie könnten sich aber doch entscheidend mindern lassen, wenn der Rechnungsprüfungsausschuß zu einem echten Machtzentrum des Parlaments würde. Solange dies nicht geschieht, läuft jede vertiefte Kritik am Rechnungshof in Politik und Rechtswissenschaft letztlich leer: Stopft nicht er heute ein großes Leck i m Staatsschiff? Dies ist der Grund für das extensive Verständnis der Kompetenzen der Rechnungsprüfung i m Schrifttum, für eine meist wohlwollende Zurückhal100 Gute Zusammenstellung dieser Defizite neuerdings bei von Mutius (FN 93), S. 308 ff. m. Nachw.; besonders krit. etwa schon früher Tiemann, S., DVB1 1976, S. 323 (324 ff.) ; Sigg (FN 20), S. 78 ff.
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Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
tung in der Kritik dieser Einrichtung: Die Rechnungsprüfer erfüllen eben, wenn sie auch „etwas am Rande der Legalität operieren sollten", doch eine staatssichernde Pflicht; heilen sie nicht geradezu einen immanenten Fehler des Regimes? Sollte nicht gerade der Bürger eine solche Grenzüberschreitung in Kauf nehmen, ad maiorem Rei publicae — et suae pecuniae — gloriam? Davon wird i m folgenden nicht ausgegangen; es sei auch vor einer unterschwelligen Grundstimmung gewarnt, extensive Rechnungskontrollen gut zu heißen, bis in den Privatbereich hinein, oder gar Reformen in jenem Sinne zu fordern 101 , nur weil das Parlament versagt. Denn hier drohen schwere Gefahren für die demokratische Staatsform, die weit über die Rechnungsprüfungsproblematik hinausreichen: Versuche, Defekte bei Verfassungsspitzenorganen durch Kompetenzen nachgeordneter Institutionen zu kompensieren, Defekte der Ersten durch Instanzen der Zweiten Gewalt, Verlagerung schließlich von Entscheidungen aus der parlamentarischen Verantwortlichkeit in rechtliche und faktische Unverantwortlichkeit einer „Technokratie" 102 . Wer „effizientere" Rechnungsprüfung will, muß das Parlament reformieren, nicht Rechnungshofkompetenzen extendieren.
Ergebnis Der Rechnungshof hat dem Parlament durch Berichterstattung über die Exekutive zuzuarbeiten; Kontrollkompetenzen gegenüber Privaten ergeben sich daraus nicht. Die Rechnungsprüfung erledigt keinerlei Gesetzgebungsaufgaben, das Parlament allein entscheidet, aufgrund der gesetzlich vorgesehenen Sachverständigenerhebung seitens des Rechnungshofs, die aber nur „Material zur Berücksichtigung" bietet. Die oft beklagte Sanktionslosigkeit der Feststellungen des Rechnungshofs ist selbstverständliche Folge dieses Berichtscharakters. Aus dem — in sich problematischen — Begriff der „Entlastung" läßt sich keine Aufwertung der Rechnungshof-Kompetenzen gewinnen. Feststellungen mit Entscheidungs-, Beurteilungs- oder gar Verurteilungscharakter darf der Rechnungshof überhaupt nicht abgeben, disziplinar- oder gar strafrechtliche Verfolgung ist, vor allem gegenüber Privaten, nicht seine Aufgabe. Nie dürfen seine Bemerkungen die Form von Anklagen gegenüber Bürgern annehmen, schwerpunktmäßig müssen sie 101
So früher Tiemann, S., DVB11976, S. 323 (329 ff.) ; vgl. auch Sigg (FN 20), S. 78 ff. Früher schon hat H. G. Dahlgrün darauf aufmerksam gemacht, daß der Rechnungshof parlamentarische Verantwortung auch gar nicht übernehmen kann, Staats- und verwaltungswissenschaftl. Beiträge, hgg. von der Verwaltungshochschule Speyer, 1957, S. 227 (234/235). 102
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sich stets auf den Berichtsgegenstand, das Behördenverhalten, beziehen. A l l dies sind normative Schranken der Rechnungsprüfung, nicht Aufforderungen zu irgendeinem self-restraint. Rechnungshöfe sind nicht „Hilfsorgane der Parlamente", mit denen sie institutionell überhaupt nicht verbunden sind, deren Aufgaben sie in keiner Weise erfüllen. Hier wird kein „negativer Bürger-Ombudsmann" tätig, eine Grundlage für die Beurteilung privaten Verhaltens ergibt sich aus der Berichtspflicht gegenüber dem Parlament nicht. Bei fehlerhaftem Verhalten der Geförderten hat die Rechnungsprüfung die Gründe primär immer bei den Staatsinstanzen zu suchen und festzustellen, was die Bürger meist entlasten wird. Die weitgehend wohlwollend beurteilte, nicht selten offen geforderte Erweiterung der Rechnungshofs-Zuständigkeiten soll letztlich nur gravierende, allerdings traditionelle, Fehlentwicklungen des parlamentarischen Systems kompensieren: Die Volksvertretung wird in keiner Weise ihrer Rechnungsprüfungs-Verantwortung gerecht. Nur eine durchgreifende Parlamentsreform könnte dem abhelfen. Eine extensivem Verständnis der Rechnungsprüfung günstige Grundstimmung wäre gefährlich, in der Demokratie dürfen Parlamentsdefekte nicht durch Entscheidungsverlagerungen zu unverantwortlichen Prüfungs-Technokratien kompensiert werden; nicht geprüfte Private haben die Mängel von Fehlentwicklungen im Bereich der Verfassungsorgane zu tragen. Wer wirksamere Prüfung will, muß das Parlament reformieren, nicht Rechnungshofkompetenzen extendieren. c) Der Rechnungshof — ein Gericht? aa) Die herrschende Lehre: keine gerichtliche Instanz Wäre der Rechnungshof eine gerichtsähnliche Instanz, so hätte dies für die Verwaltung wie für die überprüften Privaten eine schwerwiegende Folge: Eingriffen — auch stark belastender A r t — in ihre Interessenbereiche könnten sie nicht entgegentreten, ebensowenig einer gerichtsüblichen Publizität der Prüfungsvorgänge oder den Feststellungen der Ergebnisse (vgl. im folgenden 3). Andererseits könnte allerdings ein gerichtsförmiges rechtliches Verfahren zweifelsfrei verlangt werden, und die Prüfung wäre auf strikte Rechtskontrolle zu beschränken. Nach ganz herrschender Lehre ist Rechnungsprüfung weder gerichtliche 1 0 3 noch auch nur gerichtsähnliche Tätigkeit 1 0 4 . Der Rechnungshof hat zu 103
Zum Begriff der Gerichtsbarkeit in diesem Zusammenhang vgl. Grupp (FN 35), S. 152 ff. 104
Grupp, aaO.; Krebs (FN 58), S. 213 ff.; Reger (FN 13), S. 245.
Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
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informieren, nicht zu entscheiden 105 , vor ihm läuft kein Rechtsstreit ab 1 0 6 , an seinen Äußerungen ist nichts, was vollstreckungsfähig wäre 1 0 7 . Bedenklich sind andere Begründungsversuche derselben — richtigen — Auffassung: Der Rechnungshof beurteile (auch) nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten 108 — davon kann, wie nähere Betrachtung (unten II) erweisen wird, nicht die Rede sein, und in gewissen Grenzen könnte, wie das frühere „Rekurssystem" in der Verwaltungsgerichtsbarkeit zeigt, auch eine solche Zweckmäßigkeitskontrolle noch mit dem Begriff der Gerichtsbarkeit vereinbar sein, wenn man die Gewaltenteilung nicht überspannen w i l l 1 0 9 . Daß die Rechnungshofprüfung zu keiner gerichtlichen Verfassungsentscheidung führt 1 1 0 , hebt sie allenfalls von der Verfassungsgerichtsbarkeit ab, nicht von der Judikative als solcher. Klar ist jedenfalls: Die Ablehnung des Gerichtscharakters der Rechnungsprüfung bestätigt das zentrale bisherige Ergebnis: Hier gibt es nichts zu entscheiden; dies ist keine Instanz, vor der Verwaltung und Bürger zu stehen, ihr Recht zu nehmen hätten, keine Institution, deren Status bereits von der Einhaltung der strengen Regeln der Rechtsstaatlichkeit dispensieren könnte, welchen die Exekutive allgemein unterworfen ist. Richter dürfen, i m Namen der Rechtsfindung und -entwicklung, in die Privatsphäre tief eindringen, ohne Sanktionen erwarten zu müssen — für Rechnungsprüfer gilt ein solches Privileg nicht; dies sollte allgemein, gerade bei der Problematik der Prüfung Privater, sorgfältig bedacht werden.
bb) Die Unabhängigkeit der Rechnungshöfe — doch Grundlage eines erweiternden Verständnisses der Rechnungsprüfungskompetenzen? Die Mitglieder der Rechnungshöfe genießen richterliche Unabhängigk e i t 1 1 1 ; weithin, etwa in Nordrhein-Westfalen, sind die Rechnungshöfe auch organisatorisch in gerichtsförmiger Weise ausgestaltet, in Senate gegliedert.
105
Kisker, G., N J W 1983, S. 2167 (2169). BayVerfGH Bay VB1 1968, S. 314 (315). 107 Dreßler, K., in: 250 Jahre Rechnungsprüfung, 1964, S. 157 (171); Tiemann, S., D Ö V 1975, S. 405 (409); Thomsen, H., DÖV 1981, S. 117 (121). 108 Grupp, aaO., S. 157. 109 Was gerade bei der Beurteilung der Rechnungsprüfung gefordert wird, vgl. von Mutius (FN 93), S. 318 ff. m. Nachw. 110 BVerfGE 20, S. 56 (95/96). 106
111 Dazu für viele näher von Arnim, H. H., DVB1 1983, S. 664 (669) ff. ; Vogel/ Kirchhof, BK, Art. 114, Rdnr. 182 ff. ; Keller, D., DÖV 1979, S. 705 (706) f. ; Bank, B., D Ö V 1962, S. 526 (530 f.); Klein, F., in: 250 Jahre Rechnungsprüfung, 1964, S. 133 (150 f.).
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Mag auch wahre Unabhängigkeit vor allem ein Privileg der Prüferpersönlichkeit sein 1 1 2 — ihre institutionelle Sicherung ist entscheidend, ihre höchstrangige Wichtigkeit ergibt sich aus der Natur der Prüfungstätigkeit selbst 1 1 3 : Nur aus solcher Unabhängigkeit heraus läßt sich überhaupt objektiv prüfen, kann der Rechnungshof den Pressionen der Geprüften widerstehen. Deshalb muß sie auch gegenüber dem Parlament gesichert sein 1 1 4 , und immer wieder werden Forderungen laut, sie noch stärker zu schützen 115 . Doch der Sinn der Unabhängigkeit der Rechnungshöfe liegt ausschließlich in der Sicherung der Objektivität der Prüfungstätigkeit vor den nur allzu naheliegenden, ja verständlichen administrativen, parlamentarischen, (part e i p o l i t i s c h e n und „gesellschaftlichen" Pressionen, die anderenfalls eine Prüfung schlechthin illusorisch machen würden. Richterliche Unabhängigkeit ist ihnen ausschließlich deshalb zugestanden, und weil eben „Unabhängigkeit" i m Rechtsstaat wirksam, persönlich und sachlich, nur nach richterlichem Vorbild gesichert werden kann. In keiner Weise ist damit eine Erweiterung der Kompetenzen der Rechnungsprüfung verbunden 116. Der Rechnungshof kann sich in keiner Hinsicht — wie es etwa i m vorliegenden Zusammenhang gerügt wird — auf seine Unabhängigkeit berufen, wenn er Private prüft und diesen dabei ein rechtliches Gehör nicht gewährt. Eine unabhängige Gewalt darf in der Demokratie gerade nicht zur Arkangewalt werden. Richtig ist vielmehr die Umkehrung: Weil Unabhängigkeit — deshalb besonders strenge Beachtung der Kompetenzschrariken, speziell formalisiertes Verfahren bei den damit ausgestatteten Organen. Denn die Unabhängigkeit stellt in der volkssouveränen Mehrheitsdemokratie die enge Ausnahme dar, sie ist hier ein „Privileg", das durch andere Bindungen kompensiert werden muß, nicht etwa, in extensiver Interpretation, von noch weiteren Bindungen freistellen darf. W e i l dies i m vorliegenden Zusammenhang noch nicht klar erkannt worden ist, muß es hier besonders betont werden: Die Unabhängigkeit der Rechnungshöfe ist ohne strenge, geradezu gerichtsähnliche Ausgestaltung ihrer Kompetenzen und ihres Verfahrens nicht zu begründen, nicht zu halten, insbesondere nicht gegenüber Privaten, die nicht schon, kraft allgemeinen Grundsätzen des Staatsorganisationsrechts, (anderen) Exekutivorganen in besonderer Weise zugeordnet sind. Die i m folgenden noch zu untersuchende Weite der rechnungsprüferischen Kompetenz (vgl. unten II) wird für den Bürger durch Rechnungsprüfungs112 113 114 115 116
S. 65.
Bank, aaO., S. 531. Grupp (FN 35), S. 162 f. Keller, D., DÖV 1979, S. 705 (707). Kisker, G., N J W 1983, S. 2167 (2173); von Arnim, H. H. f DVB1 1983, S. 664 (670). Zutr. betont von Ossenbühl, F., Rundfunkfreiheit und Rechnungsprüfung, 1984,
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Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
Unabhängigkeit nicht kompensiert, sondern nur noch belastender, besonders wenn ein solcher Areopag, infolge parlamentarischer Defizite, immer mehr Befugnisse der Volksvertretung — faktisch — ausübt (vgl. b am Ende). Nur das Parlament darf unabhängig, in weiten Kompetenzschranken, agieren, weil es sich der laufenden Wählerkontrolle zu stellen hat. Die Unabhängigkeit gibt also, i m vorliegenden Zusammenhang, nur den Privaten Rechte, nicht den Rechnungsprüfern ihnen gegenüber, sie ist „rein staatsgewendet". Diese Betrachtung der Stellung der Rechnungshöfe „zwischen Parlament und Regierung" hat diese Instanz schon deshalb nicht als „4. Gewalt" erwiesen 117, weil sie — gar keine „Gewalt" darstellt, i m Sinne staatsrechtlicher Spitzen- und Endentscheidungsbefugnis. Ihre Kompetenz ist, solchen Zuständigkeiten gegenüber, ein völliges aliud — weil sie eine Sachverständigenaufgabe erfüllen. Die faktische Macht solcher Sachverständigengremien darf nicht unterschätzt werden, überall verstärkt sie sich laufend. Doch zu einer Staatsgewalt darf sie in der Demokratie nie emporwachsen, soll das Wort noch einen Sinn behalten. In diesem Zusammenhang ist der Rechnungshof zu würdigen, will man seine eigentliche Tätigkeit nach ihrem rechtlichen Wesen erfassen, sie nicht immer aus den Befugnissen der Berichtsempfänger definieren, was schon ein allgemeinmethodischer Fehler ist.
Ergebnis Die Rechnungshöfe sind nach ganz herrschender Lehre keine Gerichte, trotz ihrer gerichtsgleich garantierten Unabhängigkeit und ihrer gerichtsähnlichen Organisation (Senate); Rechnungshöfe haben nichts richterlich zu entscheiden, i m Rahmen solcher Kompetenz dürfen sie nie in die Privacy tiefer eindringen. Die Unabhängigkeit ist den Rechnungshöfen nur zur Sicherung gegen staatliche, politische und gesellschaftliche Pressionen verliehen, nicht als Grundlage einer Kompetenzerweiterung. Die Unabhängigkeit muß vielmehr durch restriktives Verständnis der Kompetenzen, durch besondere verfahrensrechtliche Bindungen kompensiert werden. Der Rechnungshof darf sich darauf nicht berufen, u m rechtliches Gehör zu versagen. Er ist auch keine „4. Gewalt", sondern eine — wichtige — Instanz von Staatsgutachtern, eine „Institution staatlicher Technokratie". Daraus ergeben sich bereits Antworten zum Thema „Rechnungsprüfung und Private", aus dem Wesen der Rechnungsprüfung heraus: 117
So die h. L., vgl. Maunz/Dürig,
GG, Art. 114, Rdnr. 24; vonMutius
(FN 93), S. 300.
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— Eine echte Rechnungsprüfung muß stets durchgeführt werden, nicht eine Inquisition in aggressiven äußeren Formen. Selbst für die französische Cour des Comptes, das Vorbild aller Rechnungsprüfung, mit ihren weitergehenden Befugnissen gilt, daß sie „juge les comptes, non les comptables." — Der Rechnungshof hat Bemerkungen in Form sachlicher Feststellungen abzugeben, nicht Personen zu be- oder zu verurteilen; auch in der äußeren Form seiner Berichte dürfen nie „vorweggenommene Entscheidungen" liegen. — Die Rechnungsprüfung sollte nicht — außer in engen Grenzen — rechnungsprüferische Evidenz-Festlegungen für die Zukunft erzwingen; der Handlungsspielraum, das Experimentierrecht der Geprüften muß voll erhalten bleiben. Diese Zurückhaltung ist vor allem Privaten und deren Autonomie gegenüber zu wahren. — Andererseits können auch Vermutungen nie genügen — Feststellungen sind stets vom Rechnungshof gefordert; Rechnungsprüfung hat nicht zu experimentieren. — Der Rechnungshof kann sich nicht auf seine Unabhängigkeit berufen, um seine Kompetenzen zu erweitern, sich von Verfahrensbindungen zu befreien. Dies gilt insbesondere gegenüber Privaten. Im Gegenteil: Die Unabhängigkeit gerade verbietet jede extensive Interpretation der Kompetenzen.
3. Die Rechnungshöfe — Berichterstatter für die Öffentlichkeit? a) Publizität der Rechnungsprüfung über die Berichtsempfänger Das Verhältnis der Rechnungsprüfung zur Öffentlichkeit, die „Publizität der Rechnungskontrolle", ist seit langen ein vielerörtertes Thema von staatsgrundsätzlicher Bedeutung 118 . Im vorliegenden Zusammenhang ist dies von besonderem Gewicht, weil ja Privaten gerade durch Publizität der Bemerkungen Nachteile drohen und sich dies bei verstärkter Öffentlichkeitsarbeit seitens der Rechnungshöfe — Stichwort: „Vorverurteilung in der Öffentlichkeit" — noch belastender auswirken könnte. Zu einer Publizität der Prüfungsergebnisse über die Berichtsempfänger kann es in mehrfacher Hinsicht kommen 1 1 9 : 118
Neueste zusammenfassende Behandlung mit zahlr. Nachw. bei von Mutius (FN 93), S. 305 ff. 119 Siehe von Mutius, aaO, S. 314.
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Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
aa) Die Prüfungsberichte werden den geprüften Dienststellen zur Äußerung vorgelegt, sind sie von grundsätzlicher oder erheblicher finanzieller Bedeutung, so wird sogar der Finanzminister informiert (§ 96 Abs. 2 HO). In dieser Phase ist Publizität völlig ausgeschlossen: Einerseits handelt es sich um rein verwaltungsinterne Vorgänge 120 , zum anderen und vor allem ist die Äußerung der Geprüften, zu welcher diese verpflichtet sind 1 2 1 , noch gar nicht erfolgt, das Prüfungsverfahren „schwebt" also noch 1 2 2 . Weder einer der geprüften Instanzen noch der jeweiligen Regierung oder dem Finanzminister kann es also daher gestattet sein, hier eine wie immer geartete Publizität zu veranstalten: Sie dürfen die Medien nicht einschalten und auch dem Parlament nicht in einer Weise „vorberichten", welche zur — an sich üblichen — „Parlaments-Publizität" schon in diesem Zeitpunkt führen könnte. Selbst Private müssen in dieser Phase strenge Diskretion bewahren, denn eine Publizität ihrerseits würde zugleich Amtsinteressen der sie fördernden Exekutive preisgeben. Eine „Verfahrenspublizität" kann es nicht geben. bb) Die Ergebnisse werden, im Prüfungsbericht zusammengefaßt, der Regierung und dem Parlament übergeben. Bei der Regierung — die sich ihrerseits mit den geförderten Privaten in Verbindung setzen wird — sind sie mit jener Publizität zu behandeln, welche auch sonst für derartige administrative Vorgänge gilt, insbesondere sind die Grenzen zu beachten, welche der Öffentlichkeitsanspruch der Presse hier allgemein oder speziell findet 1 2 3 ; generell sind die Grundsätze über die Öffentlichkeitsarbeit der Regierung i m Rechtsstaat anzuwenden 124 . Probleme der Geheimhaltung werden hier praktisch kaum auftreten, weil die Exekutive eben zur diskreten Behandlung von Rügen neigen wird. Eine „Administrativpublizität" kann also im folgenden vernachlässigt werden. cc) Der Bericht an die Volksvertretung führt nun allerdings zur „Parlamentspublizität" der Prüfungsergebnisse. Tritt sie zu früh ein, erzeugt also der Rechnungshof, wie hier gerügt, „Verfahrenspublizität", so liegt darin ein rechtlicher Verstoß gegen (implizite) Grundsätze der HO, mit allen Rechtsfolgen, die dies, insbesondere Privaten gegenüber, haben kann. 120
Vgl. Schäfer, H., Festschrift für Geiger, 1974, S.623 (630/631); Stern, K., Staatsrecht II, 1980, S. 440, unter Berufung auf ein in DÖV 1979, S. 682 ff. allerdings nicht vollständig wiedergegebenes Urteil des OVG Münster. 121
Vgl. Tiemann (FN 54), S. 123. 122 W i e Aufbau der H O beweist: Erst nach diesen Mitteilungen und Rückäußerungen faßt der Rechnungshof das Ergebnis zusammen (§ 97 Abs. 1 HO). 123 Jerschke, H.-U., Öffentlichkeitspflicht der Exekutive und Informationsrecht der Presse, 1971, S. 145ft (150); Löffler, M., N J W 1964, S.2277 (2280). 124 Leisner, W., Öffentlichkeitsarbeit der Regierung im Rechtsstaat, 1966, passim; Stern, K., Staatsrecht I, 2. Aufl., 1984, S. 310 f.
I. Die Rechnungshöfe — Grundstrukturen und A u f g a b n
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Gegen die Parlamentspublizität i m übrigen ist jedoch nichts einzuwenden, sie ergibt sich aus Art. 114 GG in Verbindung mit den Öffentlichkeitsbestimmungen über die Arbeit des Parlaments und seiner Ausschüsse (Verfassungen und Geschäftsordnungen). Daß dort besonders streng auf Diskretion zu achten ist, wo Öffentlichkeit nicht vorgesehen ist, ergibt sich aus dem Wesen der finanzrelevanten Vorgänge und ihrem möglichen Gewicht für die Geprüften persönlich. Geheimhaltungs-Sonderregelungen 1 2 5 gibt es hier, soweit ersichtlich, nicht. Die Ergebnisse können also, auch i m einzelnen, in den grundsätzlich öffentlichen Sitzungen des Parlamentsplenums behandelt werden (§ 19 GeschOBT) — damit erlangen sie rechtliche Publizität. Die Ausschußsitzungen dagegen sind grundsätzlich nicht-öffentlich (§69 GeschOBT), Medienpublizität über Einzelheiten der Beratungen darf also, nach ausdrücklicher Bestimmung der Geschäftsordnung, auch nicht über Pressekonferenzen hergestellt werden, es sei denn, die Öffentlichkeit der Sitzung werde beschlossen, was zulässig ist. Nun wird es zwar in den allermeisten Fällen zu einer Plenarpublizität bei einzelnen Prüfungsbemerkungen nicht kommen, sie ist aber, insbesondere bei „Skandalträchtigkeit", praktisch nie ganz zu vermeiden und darf auch rechtlich in keinem Punkt ausgeschlossen werden, ohne daß das demokratische Grundprinzip der Öffentlichkeit 1 2 6 verletzt würde. Die NichtÖffentlichkeit der Ausschußarbeit muß allerdings beim Haushaltsausschuß und beim Rechnungsprüfungs(Unter-)ausschuß rechtlich sehr ernst genommen werden, was eigentlich rechtlich die Prüfungspublizität entscheidend einschränken müßte. Der Parlamentsgesetzgeber hat diese Einschränkung der Öffentlichkeit gewollt, der HO-Gesetzgeber hat diese Beschränkungen nicht aufgelockert. Alles was hier „aus den Ausschüssen hinaus in die Öffentlichkeit läuft", stellt einen rechtswidrigen Vorgang dar, einer Rechtfertigung aus einer angeblich zu verstärkenden Effizienz der Rechnungsprüfung ist derartiges, angesichts der klaren Gesetzeslage, in keiner Weise zugänglich. Öffentliche Sitzungen kann ja der Rechnungsprüfungsausschuß beschließen, wenn er dies wünscht. Er wird dabei aber, den Grundprinzipien der Öffentlichkeit entsprechend, darauf Rücksicht zu nehmen haben, ob die Belange des Staates oder der Privaten nicht schwerer wiegen als das Interesse der Öffentlichkeit. Diese Abwägung ist keine politische, sie ist rechtlich zu treffen.
125
Vgl. etwa die Geheimschutzordnung, GeschOBT § 17. Über deren grundlegende Bedeutung in diesem Zusammenhang von Mutius (FN 93), S. 312 ff. 126
5 Leisner
Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
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b) Die „parlamentsunabhängige" Publizität der Rechnungsprüfung — direkter Zugang der Rechnungshöfe zur Öffentlichkeit? aa) Fragestellung Die eigentliche Problematik „Rechnungsprüfung und Öffentlichkeit" wird jedoch nicht auf diesen Stufen erreicht, die sozusagen „rechnungsprüfungsimmanent" sind, bei denen aus dem Verfahren selbst heraus die Publizität zu prüfen und zu begrenzen ist. Vielmehr fragt es sich, ob der Rechnungshof „nur über das Parlament", oder auch „direkt" an die Öffentlichkeit, insbesondere an die Medien, herantreten darf. Gegenwärtig geschieht dies in der Form einer Pressekonferenz, welche bei Übergabe des Prüfungsberichts abgehalten wird. Es fragt sich, ob dies zulässig ist; darüber hinaus wird, vor allem von einer Seite 1 2 7 , ein allgemeiner direkter Zugang des Rechnungshofs zur Öffentlichkeit gefordert, eine Steigerung der Rechnungsprüfungspublizität. Für die geförderten Privaten würde dies bedeuten, daß sie sich auf eine Anklägerrolle des Rechnungshofs ihnen gegenüber in der Öffentlichkeit einzustellen hätten, die mit einer Parlamentspublizität weder nach der Intensität, noch nach der A r t der Behandlung vergleichbar wäre: Im heterogen zusammengesetzten Parlament weckt Kritik stets sogleich auch Gegenkritik, die Bürger haben dort in ihren Vertretern erwartete — oft auch durchaus unerwartete — „Anwälte". bb) Zugang zur Öffentlichkeit bei Berichtsabgabe Der Zeitpunkt ist entscheidend: Infolge der Defizite der parlamentarischen Prüfung (vgl. oben 1, b, dd) soll gerade durch den Zugang zur Öffentlichkeit die Wirksamkeit einer Rechnungshoftätigkeit gesteigert werden 1 2 8 , welche die Parlamentsschwächen dann kompensieren soll; daß dies dazu geeignet ist, mag politisch unterstellt werden. Die erwähnte Pressekonferenz 129 wird nun aber gleichzeitig mit der Berichtsübergabe abgehalten, noch bevor also Parlament und Regierung die Möglichkeit einer Stellungnahme haben, das Parlament damit auch nur befaßt werden kann. Dagegen bestehen von vorneherein grundsätzliche Bedenken 130. Auf diese Weise überrollt die Rechnungshof-Publizität die Parlamentspublizität, 127
von Arnim, vgl. Nachw. bei von Mutius (FN 93), S. 315. Siehe etwa Bank, B., DÖH1963, S. 18 (25 f.); Reger (FN 13), S. 246; vgl. auch Sigg (FN 20), S. 77; Tiemann, S., D Ö V 1975, S. 405 (409); Battis, U., D Ö V 1976, S. 721. 128
129
Vgl. dazu Korff, H.-Ch., ZParl 1981, S.399 (403); Krebs (FN 58), S. 214; von Arnim, H.H., insbes. DVB1 1983, S.664 (674). 130 So auch Bank, aaO., S. 28, der auf ein entsprechendes Verbot in Österreich hinweist, aaO, S. 24.
I. Die Rechnungshöfe — Grundstrukturen und Aufgaben
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die stets die erste, zentrale i m demokratischen Staat sein muß; das Parlament hat dann wirklich nurmehr „Schnee vom vergangenen Jahr" herumzuschaufeln, es wird nicht aktiviert, sondern passiviert. Vor allem aber führt damit die Rechnungsprüfung der Volksvertretung die Hand, sie zwingt diese in einer Weise praktisch zum Handeln, die aber gesetzlich nicht vorgegeben ist. Ganz allgemein, in der Politik wie i m Bürgerleben, würde es als schwerer Verstoß gegen elementare Grundsätze des fairen Verfahrens erscheinen, wenn sachverständige Gutachter ihre Ergebnisse veröffentlichten oder gar auf Pressekonferenzen erläuterten, bevor noch der Berichtsadressat sie überhaupt hat zur Kenntnis nehmen können — insbesondere wenn sie Vorwürfe enthalten. Eingewendet könnte werden, das Parlament habe „diese Praxis sich entwickeln lassenes sehe darin also doch wohl eine Effizienzsteigerung der ihm zu gewährenden Hilfe seitens der Rechnungsprüfung. Insbesondere habe man damit wohl die Stellung der Opposition stärken wollen 131. Dem steht entgegen, daß eine politische Duldung, vielleicht aus Parlamentsschwäche, normative, ja verfassungsrechtliche Bedenken aus dem Prüfungs- und Berichterstattungsbegriff des GG nicht ausräumen kann. Es ist Sache der Opposition selbst 132 , volle Parlamentspublizität im Plenum herzustellen. Parlamentarische Nachlässigkeit rechtfertigt nicht rechtliche Kompetenzerweiterungen der Rechnungshöfe, welche diesen den politischen „Donnerschlag des ersten Worts" zubilligt, dem dann in der Sache vielleicht nie ein „letztes Wort" in der Öffentlichkeit mehr folgen wird, weil das Parlament einfach schweigend ratifiziert. Gleichzeitige Pressekonferenzen bei Berichtsübergabe erscheinen daher als eine schwerwiegende Pervertierung der Rechnungsprüfung des parlamentarischen Systems überhaupt: Sie stärken nicht, sie schwächen immer weiter die Volksvertretung. Aus Effizienzsteigerung heraus können Kompetenzen, ganz allgemein, nicht ungemessen erweitert werden. cc) Grundsätzliche Unzulässigkeit eines direkten Zugangs der Rechnungshöfe zur Öffentlichkeit Eine herrschende Auffassung dahin, daß die Publizität der Rechnungsprüfung verstärkt werden sollte, gibt es nicht 1 3 3 . Die Bedeutung einer solchen Öffentlichkeitswirkung wird zwar gesehen 134 , überwiegend wird jedoch hier 131 Zu der Stellung zur Rechnungsprüfung vgl. Mann, G., ZParl 1978, S. 7 (14 f.); Tiemann, S., DVB1 1976, S.323 (328, 331); von Arnim, H . H . (FN 129), S. 673. 132
Krit. zu deren Verhalten Reger (FN 13), S. 334.
133
Zutr. Krebs (FN 58), S. 214 m. Nachw. Siehe etwa Schäfer (FN 120), S. 636; Heuer (FN 18), Art. 114, Rdnr. 108.
134
5*
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Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
vor Übersteigerungen gewarnt, ein direkter Zugang abgelehnt 135 . Dem schließt sich diese Untersuchung an: Schon die bisherige Praxis ist rechtlich bedenklich (vgl. oben bb), sie darf nicht noch ausgeweitet werden. Die Gründe für mehr Publizität überzeugen nicht: — Der Rechnungshof ist kein Bürger-Treuhänder 136 und auch keine allgemeine Staatsvermögensschutz-Instanz mit außenwirksamen Kompetenzen 1 3 7 . — Von einer so tiefgreifenden Veränderung der Gewaltenteilung, daß dies zu einer derartigen Aufwertung des Rechnungshofs führen müßte, kann keine Rede sein 1 3 8 . — Rechnungshöfe besitzen keine repräsentativ-demokratische Legitimation 139, ihre Stellung kann also nicht, bis in Parlamentshöhe hinauf, aufgewertet werden; die Ernennung durch ein demokratisch legitimiertes Organ 1 4 0 reicht dazu nicht aus. — Aus der Unabhängigkeit des Organs ergibt sich kein selbständiges Publizitätsrecht: Sie ist nicht, wie etwa bei Universitäten, zur autonomen Aufgabenerledigung zugestanden, sondern allein zur Abwehr sonst drohender Pressionen 141 . Soweit ersichtlich, gibt es also kein rechtlich überzeugendes Argument für eine derartige These; der Hinweis auf allgemeine Änderungen der Verfassungsrealität genügt nicht, politische Wünschbarkeiten vermögen rechtliche Sperren nicht zu überschreiten. Umgekehrt sprechen überzeugende Gründe dafür, eine eigenständige Publizität der Rechnungsprüfung nicht zuzulassen. Zwar genügt nicht der Hinweis darauf, der Rechnungshof sei nicht als außenwirksamer Faktor politischer Meinungsbildung bestellt 1 4 2 — dann könnte man jede Öffentlichkeitsarbeit von Staatsorganen verbieten. Auch sollte hier nicht zu sehr auf die weiten Prüfungsmöglichkeiten hingewiesen werden 1 4 3 — es gilt ja eher, sie rechtsstaatlich zu begrenzen (dazu unten II). 135 Krebs (FN 58), S. 214/215; Birk, D., DVB1 1983, S.865 (873); Kisker, G., N J W 1983, S. 2167 (2169); Grupp, K., DÖV 1983, S.661 (664); neuerdings i m Ergebnis überzeugend von Mutius (FN 93), S. 319 ff.; vor einer Überbewertung einer Notwendigkeit dazu warnt auch Reger (FN 13), S. 336. 136 137 138 139 140 141 142 143
Überzeugend widerlegt bei von Mutius (FN 93), S. 316. Vgl. näher dazu oben 2 a, cc. Zutr. von Mutius, aaO, S. 315, sowie oben I, 1, c, oben 1 am Ende. Siehe oben I, 1, d. Auf die von Mutius sich hier stützen möchte, aaO, S. 318. Vgl. oben 1, c am Ende. von Mutius, aaO, S. 319. von Mutius (FN 93), S. 320.
I. Die Rechnungshöfe — Grundstrukturen und Aufgaben
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Voll überzeugend ist jedoch der Hinweis auf Art. 114 GG: Der Rechnungshof hat Parlament und Regierung zu berichten, nicht der Öffentlichkeit 1 4 4 — und damit etwa gar noch den Berichtsempfängern die Entscheidung „aus der Hand zu nehmen". Und nicht zuletzt: Der Gesetzgeber hat solche Aktivitäten ersichtlich auch nicht gewollt. Das Verfahren der Rechnungshofkontrolle hat er, phasenmäßig streng geordnet, im einzelnen geregelt (§§ 88 ff. HO). Ein „Gang an die Öffentlichkeit" kommt darin auch nicht andeutungsweise vor. Erfahrene Rechnungsprüfer werden hier selbst zurückhaltend reagieren, sich nicht in eine unberechenbare Publizität hineinbegeben wollen, wo sie unter einen sehr gefährlichen Druck geraten könnten — den der Erwartung der Öffentlichkeit. c) Folgerungen für die Rechnungsprüfung Privater Dieses Ergebnis — Rechnungsprüfungspublizität nur als Parlamentspublizität, denn Verwaltungspublizität wird hier kaum eigenständig zur Belastung werden — ist für in welcher Form immer geprüfte Private von großer Bedeutung: — Sie können gerade aus diesem Grund auf strenge Einhaltung des Prüfungsverfahrens dringen, damit eben die Öffentlichkeit nicht vorzeitig, in unzulässiger Form, also doch rechtswidrig, informiert werde. Bemerkungen, die, in welcher Weise immer, von der Rechnungsprüfung an Parlament oder Regierung vorbei in die Öffentlichkeit lanciert werden, stellen schwere und bewußte, rechtswidrige und schuldhafte Pflichtverletzungen der Prüfungsbeamten dar. Dasselbe gilt in besonderem Maße für vorzeitige Weitergabe, und nicht nur an die Medien, sondern auch an einzelne politische Persönlichkeiten, Abgeordnete oder Fraktionen. Bis zur Abgabe des Berichts an dessen Adressaten trägt der Rechnungshof hier die ausschließliche Verantwortung. Die Verpflichtung zu strengster Diskretion ergibt sich, schon ganz allgemein, aus dem Wesen der Rechnungsprüfung. — Soweit der Rechnungshof weiterhin unmittelbare Äußerungen gegenüber den Medien abgibt — was nach der hier vertretenen Auffassung allenfalls in gebührendem zeitlichen Abstand zur Vorlage des Berichts geschehen darf — dürfen Bemerkungen zum Bereich Privater grundsätzlich überhaupt nicht, sondern nur solche zum Verhalten von Staatsorganen publiziert werden. Feststellungen zu privatem Verhalten, die damit etwa untrennbar verbunden sind, müssen anonymisiert werden und sind i m übrigen so zu formulieren, daß auf ihnen nie der Primärakzent liegt, 144
von Mutius (FN 93), S. 322.
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Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
und daß sie schon gar nicht „als Anklage Privater vor der Öffentlichkeit" erscheinen. Praktisch wird dies vor allem eine sehr allgemeine Fassung der Feststellungen gegenüber Privaten verlangen, deren Erwähnung allenfalls in ganz evidenten, allgemeiner bekannten Fällen. — Private sollten, als solche, in derartigen Publizitätsveranstaltungen schon deshalb grundsätzlich nicht genannt werden, weil sich diese allenfalls auf den Druck der Öffentlichkeit gegenüber Staatsorganen berufen könnten, der in der Demokratie legitim ist. Eine publizitätsmäßige Aktivierung des Druckes der Öffentlichkeit gegenüber einzelnen Bürgern oder Gruppen von solchen durch Staatsorgane läßt sich dadurch nicht legitimieren.
Ergebnis Öffentlichkeitswirksamkeit kann die Rechnungsprüfung auf mehreren Stufen erlangen: Zwar darf es eine „Verfahrenspublizität" in dem Sinne nicht geben, daß vor Abschluß des Prüfungsberichts dessen Adressaten oder der Rechnungshof „an die Öffentlichkeit gehen" dürften. Nach Berichtsübergabe ist mit besonderer Publizität seitens der Exekutive ohnehin kaum zu rechnen. Parlamentspublizität besteht nur durch die Öffentlichkeit der Plenarsitzungen — faktisch in sehr geringem Umfang. Die grundsätzliche NichtÖffentlichkeit der Rechnungsprüfungsausschuß-Tätigkeit muß ernst genommen werden. Direktzugang des Rechnungshofs zur Öffentlichkeit soll, so meinen manche, die geringe Parlamentspublizität kompensieren. Hier ist jedoch allgemein Vorsicht geboten, schon jetzt, wenn etwa Pressekonferenzen bei Berichtsübergabe abgehalten werden. Vor Berichtsübergabe ist jede Publizität seitens der Rechnungshöfe unzulässig, gleichzeitig mit ihr ist sie ebenfalls bedenklich, weil dem Berichtscharakter eine öffentliche Diskussion überhaupt widerspricht, bevor der Adressat ohne Druck über Folgerungen hat entscheiden können. So aber wird ihm eben doch „die Hand geführt". Generell begegnet ein direktes Zugangsrecht des Rechnungshofs zur Öffentlichkeit entscheidenden verfassungsrechtlichen Bedenken, die auch überwiegend geteilt werden. Es läßt sich weder mit einer „BürgertreuhänderStellung" des Rechnungshofs, noch aus dessen Unabhängigkeit ableiten, die nur Pressionsfreiheit sichern will. Es widerspricht Art. 114 GG — dem Parlament ist zu berichten, nicht der Öffentlichkeit — und war nie in der H O vorgesehen. Für die Rechnungsprüfung Privater folgt daraus: Gerade zur Vermeidung für sie besonders belastender Öffentlichkeitswirkungen können sie eine strenge Einhaltung der Diskretion i m Verfahren, dessen strikte Beachtung,
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verlangen. Äußerungen über Private müssen bei jeder Publizität der Rechnungshöfe jedenfalls völlig zurücktreten, Private sollten gar nicht genannt werden. Der Rechnungshof darf nicht als „Ankläger Privater vor der Öffentlichkeit" auftreten.
II. Die Prüfungsmaßstäbe der Rechnungsprüfung, insbesondere die „Wirtschaftlichkeit" 1. Die Kritik an der übermäßigen Prüfungsintensität — die Weite der Prüfungsmaßstäbe, Notwendigkeit ihrer Begrenzung Die Kritik der Geprüften an der Rechnungsprüfung — soweit sie überhaupt geäußert wird, angesichts der Sorge, eigenes Verhalten in die öffentliche Diskussion zu bringen und dann gar noch weitergehender Prüfung unterworfen zu werden — richtet sich vor allem gegen eine zu tief in die Sachentscheidung eindringende Kontrolle der Rechnungshöfe : Diese träfen Zweckmäßigkeitsbeurteilungen, die ihnen nicht zustünden, zu Fragen, in denen sie nicht kompetent seien, bis hin zu personalpolitischen Beurteilungen. Gerade im Anlaßfall dieser Untersuchung werden derartige Rügen erhoben. Der Grund für solche Über-Prüfungen wird vor allem in der Konturschwäche der Prüfungsmaßstäbe gesehen, welche die Rechnungsprüfung anlegt, in erster Linie der „Wirtschaftlichkeit". Gelingt es nicht, diese Maßstäbe rechtsstaatlich zu bestimmen, so droht in der Tat eine Totalüberprüfung der Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Handelns der Überwachten, wobei die Kontrolleure in vollem Umfang ihr Ermessen an die Stelle des Ermessens der Exekutive, ja des Parlaments setzen würden. Eine derart ausufernde „Kontrolle" — in Wahrheit eine nachträgliche oder gar begleitende Umgestaltung — widerspricht den verfassungsrechtlichen Grundlagen der parlamentarischen Demokratie : Nicht einmal dem BVerfG steht dies zu, das auf maßstabmäßig begrenzte, rechtliche, nachfolgende Überwachung begrenzt ist. Die allgemeine politische Kontrolle des Parlaments über die Regierung 145 legitimiert sich nur aus der staatsrechtlichen Spitzenstellung und der herausgehobenen demokratischen Legitimation der Vertretung des Volkssouveräns. Sie sogar muß dabei aber einen „Bereich der Regierung" achten 1 4 6 , und die Ausübung ihrer Befugnisse wird nicht nur 145 Maunz/Dürig, GG, Art. 62, Rdnr. 87,90 ff. ; Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, 6. Aufl. 1983, Art. 38, Rdnr. 2; Stern, K., Staatsrecht I, 2. Aufl. 1984, S. 973 f., 988 f. 146 Maunz/Dürig, GG, Art. 62, Rdnr. 1 ; Stern, K., aaO, S. 966 ff.
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Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
politisch-faktisch, sondern rechtlich-institutionell wesentlich abgeschwächt durch das Prinzip der von der Parlamentsmehrheit getragenen Regierung — jene wirkt hier als Schutzschild, und das ist keine Fehlentwicklung, sondern eine Grundentscheidung der heutigen parlamentarischen Staatsordnung.
a) Bestimmte Maßstäbe — sonst willkürliche Rechnungsprüfung Eine maßstablose oder auch nur -schwache Rechnungshofskontrolle wäre also, in dieser Staatlichkeit, an sich schon ein monstro simile, erst recht gegenüber geprüften Privaten: Eine derartige „Totalprüfung" wäre dem Rechnungshof flächendeckend gar nicht möglich, wenn er dann etwa gar noch das wirtschaftliche Gesamtverhalten aller geförderten Privaten kontrollieren wollte; angesichts des heutigen Umfangs der Subventionen würde dies eine Staatskontrolle über das ökonomische Verhalten eines großen Teiles der privaten Wirtschaft verlangen. Dazu sind die Rechnungshöfe völlig außerstande, sie haben weder zahlenmäßig noch hinsichtlich der Kompetenz ausreichendes Personal zur Erfüllung von solchen, völlig heterogenen Aufgaben. Selbst bei Verstärkung der verwaltungsinternen Vorprüfung 1 4 7 reicht die schwache personelle Besetzung 148 ohnehin kaum aus, sie bedeutet schon jetzt eine entscheidende tatsächliche Grenze der Prüfung 149 . Da die Rechnungsprüfung ja auch selbst einigermaßen wirtschaftlich und sparsam geführt werden muß150, bliebe bei einer grundsätzlich flächendeckenden, kaum an Maßstäbe gebundenen Prüfung nur eine Lösung: Im Namen seiner Verfahrensautonomie 151 (§ 94 HO) müßte der Rechnungshof seine Prüfungen ganz eklektisch gestalten. Dazu hat er sicher einen gewissen Spielraum, insbesondere auch zur Prüfungsbeschränkung (vgl. § 89 Abs. 2 HO), zu Teilprüfungen 152 , Setzung von Prüfungsschwerpunkten 153 , 147
Dazu Grupp (FN 35), S. 118f.; Kirchhof, P., N V w Z 1983, S. 505 (515); Tiemann (FN 54), S. 110/111, 120; von Arnim, H. H., DVB11983, S. 664 (673). Ihre zunehmende Bedeutung betont Korff, H. Cl., ZParl 1981, S. 399 (406 f.); krit. Stern, K., Staatsrecht II, 1980, S. 439. 148
Krit. betont etwa von Krebs (FN 58), S. 217; von Arnim, H. H., aaO, S. 669. Krebs (FN 58), S. 182 f. 150 Zutr. betont von Reger (FN 13), S. 253 f.; Krebs, aaO; Sauer/Blasius, DÖV 1986, S. 554 (555). 151 Dazu Grupp (FN 35), S. 167; Tiemann (FN 54), S. 120; Haverkate, G., AöR 107, S. 537 (547). 152 Auf die sich der Rechnungshof ja praktisch seit langem beschränken muß, vgl. Dreßler (FN 104), S. 170. 153 § 89 Abs. 2 HO, dazu Tiemann (FN 54), S. 120. 149
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Prüfungsverzicht 154 . Niemals darf es dabei aber zu willkürlichen Prüfungsfreistellungen kommen, ist doch grundsätzlich nach § 88 Abs. 1 HO die gesamte Haushalts- und Wirtschaftsführung des Staates zu überprüfen. Gerade wenn der Rechnungshof hier zumindest repräsentative Feststellungen treffen will und nicht nur in Einzelfällen menschlichem Versagen nachgehen darf 1 5 5 — was ihm allerdings gerade i m Anlaßfall dieser Untersuchung vorgehalten wird — muß dies doch notwendig zu einer Forderung führen: Die Prüfungsmaßstäbe müssen streng determiniert, sie dürfen nicht „offen" oder gar unbestimmt bleiben, nur damit „höhere Effizienz" der Rechnungsprüfung gewährleistet sei. Dies verbieten an sich schon Rechtsstaatlichkeit und Rechtssicherheit, ein Schluß von der (Notwendigkeit der) Aufgabe und deren effizienter Erfüllung auf erweiterte Befugnisse ist unzulässig. W i e dargelegt, ergibt sich dies hier auch aus dem Wesen der Rechnungsprüfung, die eben sonst notwendig zur willkürlichen „Herausgreif-Prüfung" degenerieren müßte. Das wäre zwar ein Machtgewinn, aber ein entscheidender Rechtsverlust für die Rechnungsprüfung. Aus Rechtsgründen darf also nicht — zur Effektivierung der Rechnungsprüfung — „Flexibilisierung u der Maßstäbe gefordert werden, sondern gerade und nachdrücklich das Gegenteil: deren klare rechtlich faßbare Determinierung. Dies ist erst recht dann unabdingbar, wenn der Rechnungshof sein Verfahren weitgehend selbst bestimmen kann — dann dürfen nicht auch noch Maßstäbe zu seiner Disposition stehen. b) Weite des Prüfungsgegenstandes — und damit nicht Weite, sondern Bestimmtheit der Maßstäbe Die Rechnungsprüfung hat sich heute über ihren Ausgangspunkt, die „Prüfung der Rechnungen", weit hinausentwickelt, sie ist zur Wirtschaftlichkeitskontrolle geworden, die „rechnungsunabhängige Prüfung" 156 ist jetzt praktisch bedeutsamer und für die Rechnungshöfe meist belastender. Art. 114 GG verlangt für das gesamte finanzrelevante Verhalten des Staates die einheitliche Beachtung derselben Maßstäbe 157 . Gerade dann aber bedürfen diese in besonderer Weise der Präzisierung, weil sich eine solche bei der rechnungsunabhängigen Wirtschaftlichkeitsprüfung, anders als bei der Rechnungsprüfung i m engeren Sinn, nicht schon aus herkömmlichen, anerkannten (Buchführungs-)Grundsätzen ergibt. Wenn an einen derart erweiterten Gegenstand auch noch flexibilisierte Maßstäbe angelegt werden, so 154
Krebs (FN 58), S. 207, sieht darin auch eine notwendige Kompensation der mit der rechnungsunabhängigen Prüfung verbundenen Belastungen. 155 156 157
Heuer (FN 18), Nr. 108. Dazu Krebs (FN 58), S. 182, 197, 206. Vogel/Kirchhof, Bonner Kommentar, Art. 114, Rdnr. 106.
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Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
droht die Ausuferung zur rechtsstaatswidrigen, willkürlichen Total- oder zur Herausgreifprüfung. Man hätte also nach der Änderung des Art. 114 GG erwarten müssen, daß nun intensive Bemühungen um Maßstabdeterminierung einsetzen — eher ist das Gegenteil feststellbar: Die Weite des Gegenstands droht, vor allem bei der Wirtschaftlichkeit, die Maßstäbe verschwimmen zu lassen (vgl. unten 3 zur Wirtschaftlichkeit) Durch die Ausweitung der Subventionen hat sich eine zusätzliche Ausdehnung des Prüfungsgegenstandes vollzogen, der nun auch qualitativ verändert erscheint, weil es ja gelte, auch privates Verhalten zu überprüfen. Angesichts der vielbeschworenen höheren Flexibilität privater Wirtschaftlichkeitsvorstellungen mag es naheliegen, dem durch „flexiblere Wirtschaftlichkeitsprüfung" entsprechen zu wollen, diesen Maßstab also eben „noch offener" zu gestalten. Auch hier ist, schon aus grundsätzlichen Erwägungen, gerade das Gegenteil zu fordern: Die Rechnungsprüfung bleibt Staatskontrolle, daher streng der Rechtsstaatlichkeit verpflichtet, ihre Maßstäbe dürfen nicht, mit Blick auf autonome Privatfreiheit, flexibilisiert, immer weiter vom Bestimmtheitsgebot abgesetzt werden. Die Weite des Gegenstandes ruft auch hier die Präzision des Maßstabes.
Ergebnis Der Rechnungsprüfung wird vorgehalten, die bis zur Konturlosigkeit reichende Bestimmungsschwäche von ihr angelegter Maßstäbe führe nicht selten zu einer „Totalüberprüfung", die mit ihren Beurteilungen viel zu tief in das Wirtschaftsverhalten der Geprüften eindringe. Dazu aber sei der Rechnungshof auch gar nicht kompetent. Eine solche flächendeckende und zugleich tief eindringende Überprüfung ist den Rechnungshöfen schon nach ihrer personellen und sachlichen Ausstattung und nach der Kompetenz ihrer Mitarbeiter nicht möglich. Damit es also nicht zu einer willkürlichen „Herausgreif-Prüfung" kommt, müssen die Prüfungsmaßstäbe streng begrenzt, sie dürfen nicht „offen" oder gar unbestimmt werden. Effektivierung der Rechnungsprüfung verlangt nicht Flexibilisierung, sondern Determinierimg der Maßstäbe. Der neuerdings durch rechnungsunabhängige Wirtschaftlichkeitsprüfung allgemein wesentlich erweiterte Prüfungsgegenstand darf nicht unbestimmte Maßstäbe, er muß deren klarere Bestimmtheit zur Folge haben. Dasselbe gilt für die infolge der Subventionspraxis zunehmende Prüfung bei Privaten oder gar
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dieser selbst; sie bleibt stets staatliche Prüfung und darf daher nicht zur Flexibilisierung der Prüfungsmaßstäbe mit Blick auf die Freiheit der Privatautonomie führen.
2. Normative Prüfungsmaßstäbe a) Beachtung aller Normen — „OrdnungsmäßigkeW
als Maßstab
aa) Als staatliches Organ der Exekutive ist der Rechnungshof streng an Gesetz und Recht, vor allem an alle Rechtsnormen gebunden (Art. 20 Abs. 3 GG). Dies wird nicht hinreichend betont, weil die Haushaltsordnung es nicht — in § 90 — hervorhebt 1 5 8 . Der Rechnungshof hat jedoch jedes staatliche Verhalten zu beanstanden, das der Verfassung, den Gesetzen, den geltenden Verordnungs- oder Satzungsnormen widerspricht, Prüfungsmaßstab ist vor allem, aber nicht ausschließlich, das allgemeine Haushaltsrecht, das Haushaltsgesetz und der Haushaltsplan. Ein Verhalten der Verwaltung, welches normativen Intentionen widerspricht, die sich aus anderen Rechtsbestimmungen ergeben, ist zu beanstanden, selbst wenn es dem Haushaltsplan entspricht. Das Haushaltsrecht entfaltet materiell-rechtlichen Regelungen gegenüber grundsätzlich keine Wirksamkeit, „weil es einen sachspezifischen Normenkomplex staatsorganisatorisch-verfahrensrechtlicher Natur darstellt 11159 . bb) Grundsätze der ordnungsmäßigen Haushalts- und Wirtschaftsführung 160 sind heute, durch Rezeption vieler Regeln der Bilanz- und Buchungstechnik in Gesetze 161 , weitgehend bereits ausdrücklich geregelter normativer Maßstab, doch kann daraus (und aus der allgemeinen Erwähnung in § 90 Ziff. 2 HO) geschlossen werden, daß derartige Regeln auch dann Maßstab sind, wenn sie nicht ausdrücklich normativiert sind 1 6 2 , einer dogmatischen Unterscheidung zwischen „Normen" und „Ordnungsmäßigkeitsgrundsätzen" bedarf es also nicht. Eine Problematik tritt bei der Prüfung Privater — oder der „bei" ihnen — insoweit auf, als die Regeln der Ordnungsmäßigkeit beim Staat sich nicht voll mit denen decken müssen, welche von Privaten angewendet werden (dürfen). Die wohlbekannte Problematik der Erstreckung kameralistischer Grundsätze auf Private hat die H O ausdrücklich nur bei der Betätigung des Bundes „bei privatrechtlichen Unternehmen" Rechnung getragen — hier 158
Deutlich aber bei Stern, K., Staatsrecht II, 1980, S. 434.
159
Grupp, K., D Ö V 1983, S.661 (663). Dazu u. a. Krebs (FN 58), S. 184. Vgl. etwa §§34 ff. HO; §§ 19 ff. HGrG.
160 161 162
Vogel/Kirchhof,
BK, Art. 114, Rdnr. 86.
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Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
sind kaufmännische Grundsätze zu beachten (§ 92 Abs. 1 HO). Bei der Prüfung Privater selbst (§104 HO) oder „bei Privaten" (§91 Abs. 1 HO) f welche sich auch auf die Prüfung der sonstigen Haushalts- und Wirtschaftsführung des Empfängers erstrecken kann (§91 Abs. 2 HO), ist dies nicht vorgesehen. Hier müßte mit einer — allerdings nicht unbedenklichen — Analogie aus § 92 Abs. 2 H O geholfen werden, jedenfalls soweit privates Verhalten als solches Feststellungsgegenstand ist. Denn anderenfalls wäre der Prüfungsmaßstab „ungeeignet", soweit es sich um spezifisch staatshaushaltsangepaßte Normen handelt. Ein ungeeignetes Gesetz aber widerspricht der Verfassung. Es könnte nur eine verfassungskonforme Interpretation dieser Ordnungsmäßigkeitsvorschriften eingreifen, welche restriktiv die Anwendung auf das Verhalten der staatlichen Stelle beschränkt. Denn unzulässig wäre sicher eine andere Lösung: Verpflichtung privater Zuwendungsempfänger zur Beachtung der gesamten Ordnungsmäßigkeitsregeln — nach Gesellschafts- und Steuerrecht dürfen sie nach wie vor allgemein die für ein privatwirtschaftliches Unternehmen geltenden Vorschriften anwenden. A n diesem materiell-rechtlichen Zustand ändert ein Haushaltsrecht nichts, das sie lediglich „indirekt" der Rechnungsprüfung aussetzt (sieht man von dem problematischen (vgl. unten III) § 104 H O ab). Lehnt man solche — gewagte — Analogien ab, so ergibt sich: Dies sollte wiederum eine Mahnung sein, privates Verhalten als solches darf nicht geprüft werden, schon weil dafür gar keine sachgerechten Maßstäbe der Ordnungsmäßigkeit zur Verfügung stehen — oder sie müßten durch Gesetzesergänzung i m Sinne von § 92 H O erst geschaffen werden. b) Normenhierarchie Der Rechnungshof hat keine Normaufhebungs- oder -Verwerfungskompetenz, schon weil er ja nicht bindende Entscheidungen trifft 1 6 3 . Dennoch hat er die Normenhierarchie bei seiner Tätigkeit in vollem Umfang zu beachten: Er kann daher Haushaltsansätze und deren Verwendung als verfassungswidrig beanstanden 164 . Ferner muß ihm das Recht zustehen, finanzwirksames Verhalten der Staatsorgane zu rügen, das sich auf eine Verordnung oder Satzung stützt, wenn diese nach seiner Auffassung rechtswidrig sind. Er hat auch Ausgaben zu beanstanden, die zwar auf den Haushaltsplan gestützt werden können, jedoch anderen, materiellrechtlichen Normen widersprechen (vgl. oben a, aa am Ende), denn der Haushaltsplan beinhaltet nur eine Ausgabenermächtigung i m Rahmen der Rechtsordnung. Allerdings wird damit die normative Geltung gesetzlicher Bestimmungen nicht aufgehoben, welche unter Umständen die Exekutive auch 163
Stem (FN 158).
164
BVerfGE 20, S. 56 (96).
II. Die Prüfungsmaßstäbe, insbes. die „Wirtschaftlichkeit"
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weiterhin binden, soweit sie sie nicht, wie i m Falle der Verordnungen, selbst aufheben kann. Dennoch ist der Rechnungshof als Sachverständiger gehalten, auf die Rechts- oder Verfassungswidrigkeit hinzuweisen; es ist dann Sache der Berichtsempfänger, daraus die möglichen Konsequenzen zu ziehen (Normaufhebung, Normenkontrollklage). c) Verwaltungsvorschriften aa) Eine besondere Problematik ergibt sich bei Verwaltungsvorschriften — sie ist gerade i m Subventionsbereich von spezieller Bedeutung, wird doch die Vergabe im einzelnen, nach den materiellen Voraussetzungen wie hinsichtlich des Verfahrens, zumeist sehr weitgehend durch solche Vorschriften geregelt. Im Anlaßfall der Untersuchung wird dem Rechnungshof auch u. a. ein unrichtiges Verständnis dieser Verwaltungsvorschriften vorgehalten. Diese Verwaltungsvorschriften 165 wirken wie allgemeine Dienstanweisungen innerhalb der Exekutive, jeder Bedienstete hat ihnen, wie einer dienstlichen Anordnung, nachzukommen. Allenfalls kann er gegen ihre Mängel remonstrieren 166 , ein Normprüfungs- und Verwerfungsrecht steht ihm aber nicht zu. Der Rechnungshof wird also den Bediensteten im Zuge seiner Prüfung dann entlasten, wenn sich dieser verwaltungs-vorschriftengemäß verhält, ebenso die gesamte der Anordnung unterworfene Behörde. Ist er jedoch der Auffassung, die Verwaltungsvorschriften seien mit Normen — und mit der normativ wirkenden Wirtschaftlichkeit, vgl. i m folgenden 3 — nicht vereinbar, so muß er dies feststellen und die Änderung oder Aufhebung der Vorschriften anregen. Zu dieser ist der Berichtsempfänger auch in der Lage. Auch hier hat der Rechnungshof also von der organisations-dienstrechtlichen Gültigkeit auszugehen — eine normative Außenwirkung liegt, von gewissen Ausnahmen abgesehen, nicht vor — darf aber ebenso verfahren wie bei „Bedenken innerhalb der Normenhierarchie" (vgl. oben b): Er muß Änderungen anregen. Sicher ist es nicht Aufgabe des Rechnungshofs, Rechtsnormen oder Verwaltungsvorschriften leichthin anzuzweifeln, durch überrigorose Prüfungsbedenken hier ständig perfektionistisch auf Veränderungen hinzuwirken. Zunächst wird die Rechnungsprüfung also versuchen, i m Wege bewahrender Interpretationen Normen und vor allem auch Verwaltungsvorschrif165
Zum Wesen der Verwaltungsvorschriften Leisner, W., Verwaltungsvorschriften als „Nebengesetze" i m Steuerrecht, 1982; Ossenbühl, F., Verwaltungsvorschriften und GG, 1968. 166 Schütz, E., Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Stand 1989, Teil C, Rdnr. 7, 8 zu § 58; Wolff/ Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl. 1987, § 114, Rdnr. 16; V G H Ba-Wü, DöD 1982, S. 286 ff. (288).
Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
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ten zu salvieren. Ein favor legis i m weiteren Sinn verpflichtet sie sicher auch, Behörden wie Privaten gegenüber, zu einer Zurückhaltung, welche Verstöße nur annimmt, wenn sie evident sind, i m Verhältnis zwischen Verwaltungsvorschriften und Normen. Andererseits ist es aber nicht Aufgabe des Rechnungshofs, die Verwaltungsvorschriften rigoros gegen Verwaltung und Private durchzusetzen und dabei sein Verständnis an die Stelle des Administratiwerständnisses zu setzen, soweit die Verwaltungsvorschriften auch anders, zu Gunsten der Verwaltung und der Privaten, interpretierbar sind. Hier muß auch der Grundsatz der authentischen Interpretation 167 gelten: Die Verwaltungspitze) kann durch ihr (duldendes oder nachträglich rechtfertigendes) Verhalten ihre eigenen Verwaltungsvorschriften authentisch interpretieren, soweit der Wortlaut dies noch zuläßt. Die Rechnungsprüfung muß dies hinnehmen und insoweit ihre Rügen fallen lassen. Dem Rechnungshof ist es verwehrt, eine andere, ebenfalls mögliche Interpretation an die Stelle des Verwaltungsverständnisses zu setzen. bb) Ganz allgemein ergeben sich hier besondere Schwierigkeiten für Private aus der oft mangelhaften Bestimmtheit dieser Verwaltungsvorschriften, insbesondere der Förderrichtlinien. Nicht selten lassen diese letztlich offen, unter welchen Voraussetzungen die Förderung steht. Die Privaten wollen dann — verständlicherweise — nicht in jedem Fall mit der Verwaltung in eine klärende Erörterung eintreten, welche ihnen gewährte oder in Aussicht gestellte Hilfen gefährden könnte. Es wird daher — einverständlich — in einem bestimmten Sinne verfahren; erheblich später beanstandet der Rechnungshof dies dann nicht selten, weil er die Frage in einem anderen Sinne „geklärt" wissen will. Die Verwaltung aber, welche, seinerzeit möglicherweise befaßt, die Frage offengelassen hat, tritt nicht, in „authentischer Interpretation" für die Privaten ein, um die Spannungen zum Rechnungshof nicht zu verschärfen — der Private bleibt dann am Ende der Leidtragende, möglicherweise wird er sogar ausdrücklich vom Rechnungshof gerügt. Hier kann nur ein Doppeltes Abhilfe schaffen: — Die Verwaltungsvorschriften, die ja auch Rechtsvorschriften sind, stehen, wie die außenwirksamen Normen, unter dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot, vor allem wenn sie „Lenkungsauflagen" festlegen 168 . Sie sollten also in einer Präzision, von vornherein, gefaßt werden, welche später die eindeutige Überprüfbarkeit und Auslegung gestattet, damit nicht erst die Rechnungsprüfung „die Verwaltungsvorschriften wirklich schafft". Sind Verwaltungsvorschriften nicht klar, werden sie auch nicht 167 Schneider, Η., Ζ ur authentischen Interpretation von Gesetzen, Festschr. für H. Mosler, 1983, S. 849ff.; Engisch, K., Einführung in das juristische Denken, 6. Aufl. 1975, S. 94. 168
Dazu Leisner, W., Die Lenkungsauflage, 1982, insbes. S. 36 ff.
II. Die Prüfungsmaßstäbe, insbes. die „Wirtschaftlichkeit"
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durch „authentische Interpretation" der Verwaltung geklärt, so hat der Rechnungshof diese Rechtswidrigkeit beanstandend festzustellen und umgehend Abhilfe anzumahnen. Dies sind nun wirklich „Wirtschaftlichkeitsvorschläge für die Zukunft", wie er sie machen sollte. — In der Zwischenzeit aber dürfen Zweifel nicht zu Lasten der Privaten gehen, sondern zu Lasten jener Verwaltung(sspitze), die ja Herr der Verwaltungsvorschriften ist. In dubio hat also der Rechnungshof ein Verhalten Privater nicht zu beanstanden, das auch nur irgendwie noch von den Verwaltungsvorschriften gedeckt ist. Eines muß jedenfalls vermieden werden: Die nachträgliche „faktische" Ergänzung oder Korrektur der Vorschriften durch die Wirkungen der Rechnungsprüfung, zu Lasten Privater, bei Untätigkeit der Exekutive.
Ergebnis Prüfungsmaßstäbe der Rechtsprechung sind alle Normen, von der Verfassung bis zur Verordnung, insbesondere aber Haushaltsgesetz und Haushaltsplan. Ihnen gegenüber schlagen jedoch die materiellrechtlichen Normen durch. Die „Grundsätze der ordnungsmäßigen Haushalts- und Wirtschaftsführung" sind heute weitgehend normativiert; auch wenn dies nicht ausdrücklich geschehen ist, bilden sie einen Maßstab der Rechnungsprüfung. Auf Private sind die für den Staat geltenden Grundsätze weitgehend faktisch unanwendbar, hier könnte allenfalls — in nicht unbedenklicher Analogie zu § 92 Abs. 2 H O — nach kaufmännischen Grundsätzen geprüft werden. Dies spricht dafür, daß Private selbst gar nicht geprüft werden können. Die Normenhierarchie — Verfassung, Gesetz, Verordnung/Satzung — hat die Rechnungsprüfung zu beachten und ein Verwaltungsverhalten zu beanstanden, das durch niederrangige Normen gedeckt, mit höherrangigen aber unvereinbar ist. Die Normgeltung berührt dies nicht; es wirkt als Anregung an Regierung und Parlament zur Änderung der Normlage oder des Verwaltungsverhaltens. Verwaltungsvorschriften binden, als generalisierende dienstliche Anordnung, die Instanzen der Exekutive. Der Rechnungshof hat zu beanstanden, wenn sie nach seiner Auffassung gegen Rechtsnormen verstoßen. Der Exekutive steht jedoch, in Zweifelsfällen, ein Recht zur authentischen Interpretation zu. Für Private wird nicht selten die Unklarheit der Förderbedingungen zum Problem; sie darf nicht i m Ergebnis zu ihren Lasten gehen. Der Rechnungshof sollte die Exekutive zu klarer Fassung der Bestimmungen anhalten. In
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dubio hat hier der Rechnungshof auch nicht indirekt Private zu rügen, allenfalls die Exekutive, zu deren Disposition die Richtlinien stehen.
3. Der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz als Maßstab der Rechnungsprüfung a) Zentralbegriff der Rechnungsprüfung, wichtigster Prüfungsmaßstab „Wirtschaftlichkeit" bedeutet, daß die eingesetzten Mittel zu dem erzielten oder noch angestrebten Erfolg in einem angemessenen, eben in einem ökonomisch vertretbaren Verhältnis stehen müssen, Aufwand und Ertrag müssen ein optimales Verhältnis zueinander aufweisen 169 . Wirtschaftlichkeit wird als Maßstab der gesamten Rechnungsprüfungstätigkeit i m GG genannt, er findet zahlreiche Einzelausprägungen in der BHO 1 7 0 , die aber nicht erschöpfend sind. Dieser von jeher geltende Maßstab 1 7 1 wird von den Rechnungshöfen laufend angelegt und ist von ihnen weiterentwickelt worden 1 7 2 . Zwar greift er nur gegenüber einem Verhalten ein, das unmittelbar finanzielle Auswirkungen hat 1 7 3 , doch dann gilt er gegenüber aller Leistungs- wie Eingriffsverwaltung 174 , ist also „universal" gegenüber solcher Staatstätigkeit einsetzbar 175 . Der Maßstab der Wirtschaftlichkeit wird bei der Rechnungsprüfung ganz allgemein deshalb zum Problem, weil er, i m Gegensatz zu (anderen) normativen Maßstäben, in Anspruch genommen werden kann, um fast alles zu beanstanden, Ratschläge für die Zukunft i m Namen derselben Wirtschaftlichkeit zu geben, welche den Entscheidungsraum der handelnden Verwaltung oft bis auf Null verengen. Der Begriff wird von nicht wenigen Prüfern so weit gefaßt, daß damit nahezu alles nicht nur kontrollierbar wird 1 7 6 , sondern tatsächlich auch beanstandet werden kann. Schon dadurch, daß hier eine 169 Dies liegt, i m einzelnen in unterschiedlichen Formulierungen, sämtlichen Bestimmungsversuchen zugrunde, vgl. f. viele Grupp (FN 35), S. 155; Kisker, G., N J W 1983, S. 2167 (2168); Piduch, E., Komm, ζ u m Bundeshaushaltsrecht II, 1988, § 7 BHO, 2; Vogel/Kirchhof, BK, Art. 114, Rdnr. 68, neuestens von Arnim, Η .Η., in: Die Kontrolle der Staatsfinanzen, hrsg. von Zavelberg, 1989, S. 259 ff., m. Nachw. 170 Aufgezählt bei Piduch, aaO, 3. 171 172 173 174 175 176
Vgl. Stern, K., Staatsrecht II, 1980, S. 433. Dazu Krebs (FN 58), S. 141 (190). Grupp, Κ., DÖV 1983, S. 661 (663). Grupp, aaO. Krebs (FN 58), S. 190, 215; von Arnim, H . H., DVB1 1983, S. 664. Krebs, aaO, S. 190.
II. Die Prüfungsmaßstäbe, insbes. die „Wirtschaftlichkeit"
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Optimierung 1 7 7 der Mittel-Zweck-Relation i m Namen der Wirtschaftlichkeit erreicht werden soll, gestattet eine Kontrolle anhand dieses Prinzips ein immer noch tieferes Eindringen in den Handlungsspielraum der Exekutive — eben um nicht Besseres, sondern das Beste schlechthin zu erreichen. Private sind dem in besonderer Weise ausgesetzt. Ihre — private — „Wirtschaftlichkeit" sollen sie doch an sich, grundsätzlich, selbst finden; gerade um das vielbeschworene „wirtschaftliche Verhalten Privater" zu nutzen, bedient sich der fördernde Staat ja auch ihrer Hilfe. Wenn ihnen dann aber über die Rechnungsprüfung doch wieder staatsbehördliche Optimierungsvorstellungen aufgezwungen werden sollen, bedroht sie dies i m Zentrum ihrer Privatautonomie. Besonders leicht wird der subventionierende Staat dazu dann bereit sein, wenn er nicht auf ein formiertes profitorientiertes Denken bei den Privaten stößt, das etwa im Falle der Freien Wohlfahrtspflege grundsätzlich fehlt. Gerade dann wird die Rechnungprüfung sich leicht für berechtigt halten, staatliche Wirtschaftlichkeitsvorstellungen auch hier zum Tragen zu bringen. Die meisten Rügen i m Ausgangsfall dieser Untersuchung wird die Rechnungsprüfung also unter Berufung auf das von ihr anzuwendende Wirtschaftlichkeitsprinzip zu entkräften versuchen. Dies gilt vor allem dann, wenn dieser Grundsatz rangmäßig sogar noch über die anderen Maßstäbe der Rechnungsprüfung, als Konkretisierung der Verhältnismäßigkeit 178 etwa, auf die Höhe des unabänderlichen Verfassungsgrundsatzes der Rechtsstaatlichkeit, gehoben werden kann. Aus diesen Gründen ist es — gerade mit Blick auf Private — eine Zentralfrage dieser Untersuchung, ob der Maßstab der Wirtschaftlichkeit sachgerechter Determinierung zugänglich ist. b) Verhältnismäßigkeit — ein unbestimmter, „offener u Maßstab — oder gar ein Ermessensbegriff? aa) Unisono geradezu, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung, wird die Wirtschaftlichkeit als ein schwer bestimmbarer Maßstab bezeichnet: Die Meßbarkeit der Relationen sei problematisch 179 , schon weil im staatlichen Bereich ein „Ertrag" nicht quantifizierbar sei 1 8 0 , es handle sich um einen naturgemäß unbestimmten Maßstab 181 . Die Wirtschaftlichkeit könne „nicht 177
Zu diesem Begriff als abschätzendes Urteil der Bewertung von Alternativen von Arnim (FN 169), S. 264. 178
Kirchhof,
179
Grupp, Κ , D Ö V 1983, S. 661 (665). Vogel/Kirchhof, BK, Art. 114, Rdnr. 88. Kirchhof, P., N V w Z 1983, S.505 (515); vgl. auch Battis, U., DÖV 1976, S.721
180 181
(723).
6 Leisner
P., N V w Z 1983, S. 505 (514).
Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
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rein rechtlich", sondern i m Einzelfall „nur i m Durchgriff auf die zugrundeliegende Sachentscheidung wertend beurteilt werden" 1 8 2 ; das vage Kriter i u m 1 8 3 sei inhaltsarm 1 8 4 , ja es wird geradezu als ein „offenes Prinzip" bezeichnet 185 — was immer dies i m Einzelfall bedeuten mag. Daraus werden sogar grundlegende dogmatische Folgerungen gezogen: Hier sei nicht mehr die — herkömmliche — juristische Subsumtion möglich, es gehe bei solcher Kontrolle um andersartige, um Optimierungsentscheidungen 186 . Versuche, diese Unbestimmtheiten unter Hinweis auf eine Abwägungsnotwendigkeit zu mildern 1 8 7 , wie sie gerade Wirtschaftlichkeit als Konkretisierung der Verhältnismäßigkeit nahezulegen scheint, bleiben problematisch 1 8 8 . bb) Folgerichtig nehmen, angesichts solcher Unbestimmtheit, nicht wenige an, „Wirtschaftlichkeit" sei i m Recht der Rechnungsprüfung eben ein Zweckmäßigkeitsbegriff 189, der Rechnungshof habe das Verhalten der Verwaltung — also auch das der Privaten — nach von ihm entwickelten Zweckmäßigkeitsvorstellungen zu beurteilen. Selbst das BSG scheint dem folgen zu wollen 1 9 0 . Es fragt sich, ob den Vertretern dieser Auffassung, die, soweit ersichtlich, nirgends vertiefend begründet wird, die wahrhaft umstürzenden Folgen bewußt sind: „Wirtschaftlichkeit" verwandelt sich dann allgemein in einen Zweckmäßigkeitsbegriff, die Wirtschaftlichkeitskontrolle wird, in allen Fällen staatlicher Wirtschaftlichkeits-Aufsicht, zur Zweckmäßigkeitsprüfung, von der Kommunal- bis zur Stiftungsaufsicht. Vor allem aber: Neben die handelnde Exekutive wird, in voller ZweckmäßigkeitsGleichberechtigung, eine kontrollierende Instanz gesetzt, welche auch nicht eine Zweckmäßigkeits-Wertung der politisch verantwortlichen HandlungsExekutive oder von irgendwelchen Privaten mehr hinzunehmen braucht, vielmehr alles zur Disposition stellen und in die politische Diskussion werfen darf — geschützt durch richterliche Unabhängigkeit und ohne die Legitimation und die Öffentlichkeits- und Diskutabilitätskautelen der parla182 183 184 185 186
Ossenbühl( FN 116), S. 64. von Arnim, H. H., DVB1 1983, S. 664 (670); Krebs (FN 58), S. 186 f. Stern, K., Staatsrecht II, 1980, S. 436/437. Krebs, aaO, S.215. von Arnim (FN 169), S. 264.
187
Vogel/Kirchhof, BK, Art. 114, Rdnr. 91. Wenn auf der einen Seite „das Gemeinwohl" steht (vgl. Vogel/Kirchhof, aaO, Rdnr. 90), so kommt damit schon erhebliche Unsicherheit in die Abwägung. Krit. zur Verhältnismäßigkeit" Krebs (FN 58), S. 188/189. 188
189
Grupp (FN 35), S. 156, der vom Haushaltsermessen auf das Haushaltskontrollermessen schließt, vgl. auch S. 160; Reger (FN 13), S. 251/252; Battis, U., DÖV 1976, S. 721 (276); Hansmeyer u. a. (FN 48), S. 33/34; Tiemann, S., D Ö V 1975, S. 405 (511); dies. (FN 54), S. 137; Oppermann (FN 6), S. 98; Heuer, E., DÖV 1986, S. 516 (518). 190 BSGE 52, S. 294 (298).
II. Die Prüfungsmaßstäbe, insbes. die „Wirtschaftlichkeit"
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mentarischen Überprüfung. Die staatlichen Rechnungsprüfer würden sich damit grundlegend — als Prüfungssachverständige — von jenen Wirtschaftsprüfern der Privatwirtschaft unterscheiden, die sich auf strikte Rechnungskontrolle zu beschränken haben 1 9 1 . Die vorliegende Untersuchung aber könnte hier schließen: Dem Rechnungshof wäre dann alles und jedes erlaubt, denn niemand dürfte ja sein Zweckmäßigkeits-Ermessen wiederum an die Stelle des seinigen setzen ... cc) Die dargestellte Folgerung ist nicht hinnehmbar, sie wird auch — wohl doch überwiegend — nicht hingenommen. Der Rechnungshof darf nicht sein Ermessen an die Stelle des Ermessens der Exekutive setzen 1913 , „Wirtschaftlichkeit" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, die Kontrolle des Rechnungshofs also doch eine Rechtmäßigkeitskontrolle 192, wenn auch in einem weiten Sinn. Dies schließt die Annahme eines Beurteilungsspielraums nicht aus 1 9 3 , der ebenfalls weit gefaßt werden mag 1 9 4 . Es wird nicht leicht sein, diese Wirtschaftlichkeit rechtlich zu operationalisieren 1 9 5 , dies muß jedoch gelingen, anderenfalls würde die gesamte Rechnungskontrolle wegen Verletzung der Rechtsstaatlichkeit, wenn nicht der Gewaltenteilung, verfassungswidrig. Denn wie weit man auch ihre Verbindlichkeit, ihre Gutachterbefugnisse herunterspielen mag — eine von der Verfassung selbst eingesetzte, in „Haupt- und Staatsaktionen" recherchierende, feststellende, berichtende Instanz, mit richterlicher Unabhängigkeit begabt, darf in einem Rechtsstaat auch nur nach rechtlichen Maßstäben entscheiden, sonst wird sie zum Neben-Vorgesetzten aller Behörden, zum Neben-Entscheidungsträger aller geförderten Privaten. Statt Formeln wie die von der „offenen" Wirtschaftlichkeit immer weiter zu tradieren und immer weiter zu öffnen, sollten Versuche möglichst klarer Bestimmung des Maßstabs der Wirtschaftlichkeit unternommen werden. Ein solcher wird hier angestellt. Anderenfalls wären Private schrankenlos dem Belieben, ja der Willkür der Rechnungsprüfer ausgesetzt. c) Der „Zweck" — Vorgabe für den Rechnungshof aa) Es genügt nicht, vor einer grenzenlosen Erweiterung des Wirtschaftlichkeitsbegriffs zu warnen 1 9 6 , die Rüge der UnWirtschaftlichkeit nur bei 191 191a
Zutr. betont von Oppermann, aaO. Vogel/Kirchhof, BK, Art. 114 GG, Rdnr. 105.
192 Kisker, G., N W 1983, S.2167 (2168); Stern, K., Staatsrecht II, 1980, S. 439; Masson/ Samper, Bayer. Kommunalgesetze, Art. 61 GO, Rdnr. 5; Piduch (FN 169), § 7 BHO, 2; Seewald, O., SGb 1985, S. 51 ff.; Hailbroruier, K., JZ 1985, S. 864 (868). 193
Zutr. Kisker, G., N J W 1983, S. 2167 (2168, 2171); Heuer (FN 18), 32 m. Nachw.
194
Sigg (FN 20), S. 87. Sigg, aaO. Krebs (FN 58), S. 217; so auch Grupp, K., DÖV 1983, S. 661 (663).
195 196
6*
Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
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„offensichtlicher Unzweckmäßigkeit" zuzulassen 197 , die Rechnungsprüfer zur Zurückhaltung zu ermahnen 1 9 8 und sich damit zufrieden zu geben, daß sie diese ja auch bisher beobachteten 199 . W i e gerade der Anlaß dieser Untersuchung zeigt, entsteht doch immer wieder Streit darüber, ob ein solcher self-restraint auch wirklich geübt wird. Wenn die Rechnungsprüfung ein rechtliches Problem ist, können solche Appelle nicht genügen. Gerade richterähnlichen Staatsorganen gegenüber muß auf strenger Bindung an Gesetz und Recht bestanden, also dessen Maßstab bestimmt werden. Dies ist nur möglich, wenn eines akzeptiert wird: Die Vorgabe der Ziele ist als solche ausschließlich Sache der handelnden Staatsgewalt, insbesondere der Exekutive, im Rahmen der Bewilligungsvorgaben Sache der geförderten Privaten. Nie darf die Rechtsprechung die Zwecke als solche rügen, immer nur das Verhältnis der zu ihrer Erreichung eingesetzten Mittel, also deren Einsatz überprüfen. Nun stehen allerdings die Zwecke zueinander häufig, wenn nicht in der Regel, in vertikalem Verhältnis: Höhere Zwecksetzungen sind den „SubZwecken" übergeordnet, letztere werden zur Erreichung jener formuliert. Schwangerschaftsberatung dient zunächst der Verhinderung des konkreten Schwangerschaftsabbruchs, dies wieder ist auf das höhere Ziel der Bewahrung des werdenden Lebens, der Gesundheit der Mutter und schließlich der Volksgesundheit insgesamt ausgerichtet. Steuerliche Prüfungen sollen zunächst konkret Geld einbringen, aber auch das Abgabenverhalten insoweit allgemein verbessern usw. usf. Diese Zweckpyramiden sind von rechtlicher Bedeutung, ebenso wie die Normpyramiden; sie entsprechen diesen letzteren insoweit, als sich die Zwecke aus höher- und niederrangigen Normen jeweils ergeben, deshalb einander auch über- und untergeordnet sind. Diese „Normativität der Zwecke", ihre normgleiche Behandlung durch Gerichte und Verwaltungbehörden, welche stets niederrangige Zwecke auf höherrangige hin zu verfolgen, sie i m Rahmen jener zu realiseren haben, ist dem Verwaltungsrecht seit langem geläufig — „Zwecke" erscheinen etwa als Norminhalte bei der „inneren Ermessensprüfung", indem die diskretionäre Betätigung der Administration einem bestimmten „Ziel als normativer Vorgabe" entsprechen, diese Vorgabe wiederum im Rahmen höherrangiger Vorgaben bleiben muß 2 0 0 . bb) Der Rechnungshof hat bei seiner Prüfungstätigkeit die Normenhierarchie zu beachten (vgl. oben 2, b), also auch die Hierarchie der normativen 197
Battis, U., DÖV 1976, S.721 (724). Reger (FN 13), S. 252; Tiemann (FN 54), S. 110. 199 Was Kisker, G., N J W 1983, S. 2167 (2169) festgestellt. 200 Maurer, H., Allg. Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 1988, § 7, Rdnrn. 8 iL·, Mayer/Kopp, Allg. Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 1985, §9 I, 2, 3. 198
II. Die Prüfungsmaßstäbe, insbes. die „Wirtschaftlichkeit"
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Ziele. Widerspricht eine Zwecksetzung des Haushaltsplanes ersichtlich den Zwecksetzungen der materiellen Parlamentsgesetzgebung, diese den Zwecken, welche die Verfassung setzt, so hat er dies, und damit auch eine darauf gestützte Betätigung der Exekutive, zu beanstanden. Die Zwecksetzungen der Exekutive müssen im Rahmen des Haushaltsplanes bleiben, insbesondere müssen die Verwaltungsvorschriften über die Vergabe von Fördermitteln an jenem und seinen Zwecksetzungen von der Rechnungsprüfung gemessen werden, die Einzelentscheidungen wieder an den Verwaltungsvorschriften. Bei der letzteren Prüfung ist allerdings zu berücksichtigen, daß die Exekutive das Recht zur authentischen Interpretation ihrer eigenen Sub-Zwecksetzungen besitzt, insbesondere ihrer Verwaltungsvorschriften (vgl. oben 2, b, bb). Daraus ergibt sich: Die Rechnungsprüfung darf Zwecksetzungen an höherrangigen Zwecken messen; insoweit ist die niederrangige Zwecksetzung eine Art von Mittel zur Erreichung des höheren Zieles, ein Mittel, das zu diesem in einem wirtschaftlichen Verhältnis stehen muß. Es bleibt aber bei der oben erwähnten Grundthese: Die Zwecksetzung als solche ist für die Rechnungsprüfung unverrückbare Vorgabe, sie ist „an sich", „als solche", nie Gegenstand der Wirtschaftlichkeitsprüfung. In deren Rahmen findet also der befürchtete „unendliche Zweckregreß" nicht statt 2 0 1 . Neben der Zweck-Pyramide hat die Rechnungsprüfung auch, ja vor allem die Bestimmtheit der Zwecksetzungen stets zu überprüfen, einen Abfall von ihr, ihre Verfehlung zu rügen. Denn insoweit verstößt dann die Zwecksetzung, auf welcher Ebene immer sie erfolgt, gegen das übergeordnete Verfassungsprinzip der Rechtsstaatlichkeit. Gerade bei Vergabebestimmungen von Förderungsmitteln an Private spielt dies praktisch eine besondere Rolle. cc) Die Vorgabe-Setzung der Verwaltung bindet auch die von dieser geförderten Privaten, deren Verhalten ist an jener von der Rechnungsprüfung zu messen, auf die Wirtschaftlichkeit des Mitteleinsatzes. Im Rahmen der exekutivischen Vorgaben dürfen sich die Privaten aber selbst allgemeine Sub-Zwecke setzen. Deren Ausrichtung auf die staatsgesetzten Zwecke kann der Rechnungshof prüfen, etwa die Frage, ob gewisse private Organisationsstrukturen generell dem Ziel der Verhütung des Schwangerschaftsabbruchs dienen können. Das Einzelverhalten Privater aber kann nur an diesen selben staatsgesetzten Zielen, nicht an den von den geförderten Privaten selbst gesetzten Sub-Zwecken gemessen werden. Diese letzteren Beziehungen liegen voll in der Sphäre der Privatautonomie, der Rechnungshof hat Private als solche nicht zu prüfen (vgl. dazu näher unten III). Entscheidend bleibt: Die Zwecke sind unverrückbare Vorgaben für die Rechnungsprüfung; sie sind nur innerhalb der Zweck-Hierarchie überprüf 201
Krebs (FN 58), S. 191.
86
Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
bar, darüber hinaus auf ihre Bestimmtheit, dies alles nach den allgemeinen Grundregeln der normativen Subsumtion 202 . Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß die Zwecksetzungen meist recht weit sind, daß sie also nur äußerste Grenzkorrekturen bei niederrangigen Sub-Zweck-Formulierungen ermöglichen. Praktisch bedeutet dies: In aller Regel, und mit Ausnahme offensichtlicher Zweckabweichungen 203, hat der Rechnungshof sämtliche Zwecksetzungen der Exekutive und der von diesen geförderten Privaten zu ratifizieren, die Weite der Zwecksetzung gibt ihm nicht zusätzliche Befugnisse, sie beschränkt diese vielmehr. d) Die Diskussion um die „Kontrollen politischer Vorgaben 0 — ein Mißverständnis Dem Rechnungshof wird i m Schrifttum „Politikangst" vorgehalten 204 : „Politische" Entscheidungen der Exekutive insbesondere nehme er allzuweitgehend hin, obwohl sie grundsätzlich auch für ihn Prüfungsgegenstand seien 205 . Der Bundesrechnungshof selbst meint, politische Bewertungen und Entscheidungen unterlägen nicht seiner Beurteilung, über Voraussetzungen oder Auswirkungen derartiger Entscheidungen dürfe jedoch berichtet werden 2 0 6 . Hier findet aber — die Ausführungen oben c zeigen es — eine Diskussion über ein Mißverständnis statt, weil es an dogmatischer Klarheit fehlt. Ein Begriff „rein politischer Entscheidungen", bei dem eine Rechnungsprüfung etwa ausschiede 207 , ist dem deutschen öffentlichen Recht fremd, es gibt ihn dort nur für eng begrenzte Normbereiche 208 , wo er aber jedesmal einen speziellen, auf andere Gebiete nicht übertragbaren Norminhalt aufweist. Dazu gehört das Recht der Rechnungsprüfung nicht. Eine Abgrenzung von „politischen" und „nicht politischen" Entscheidungen ist nicht nur schwierig 2 0 9 , sondern schlechthin unmöglich: „Politische" Entscheidungen sind, wie alle anderen, an ihren normativen Vorgaben zu prüfen 2 1 0 , insbesondere an Zwecksetzungen, die sich aus höherrangigem Gesetzesrecht ergeben 211 , 202
Die hier — i m Gegensatz zur Auffassung von von Arnim (FN 169), S. 264 — voll anwendbar bleibt. 203 Insoweit zutreffend Battis, U., DÖV 1976, S. 721 (726). 204 205 206 207
von Arnim, H. H., DVB1 1983, S. 664 m. Nachw. Ausführliche Darstellung bei Battis, U., D Ö V 1976, S. 721 (722) m. Nachw. BT-Drucks. 10/4367.
Sauer/Blasius, D Ö V 1986, S.554 (558). So etwa bei den „politischen Verträgen" nach Art. 59 GG; Stern, K., Staatsrecht I, 1984, S. 503; Maunz/Dürig, GG, Art. 59, Rdnr. 14, 15. 209 Zugegeben etwa von Reger (FN 13), S. 251 ; Tiemann (FN 54), S. 113. 210 Krebs (FN 58), S. 191. 211 Krebs, aaO, S. 196/197. 208
II. Die Prüfungsmaßstäbe, insbes. die „Wirtschaftlichkeit"
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und auch daraufhin, ob der Rahmen der ermächtigenden Norm eingehalten worden ist 2 1 2 . Doch eine Zweckkontrolle als solche wird dadurch nicht gerechtfertigt 213 . Dies läßt sich auch nicht aus der Unabhängigkeit der Rechnungshöfe begründen 214 . Durch die „politische" — wie jede andere — Vorgabe wird das Programm gesetzt, nur seinen Vollzug hat die Rechnungsprüfung zu überwachen 215 . Die herrschende Lehre, nach welcher eine Kontrolle politischer Vorgaben nicht stattfindet 216 , geht also ebenfalls zu weit: Sie ist nur berechtigt, soweit es sich um völlig „normfreie" politische Entscheidungen handelt 2 1 7 . Die ganze Diskussion ist also dogmatisch ohne Nutzen, sie findet um ein Mißverständnis statt. Gerade für Private ist aber die hier unternommene dogmatische Klärung auch praktisch von entscheidender Bedeutung: Obliegt dem Rechnungshof auch die Wirtschaftlichkeitskontrolle sämtlicher Vorgaben, so wird ihre Lage gänzlich unsicher, denn sie können sich auch auf klare VergabeVorgaben seitens des Staates nicht mehr verlassen. Unter dem Vorwand der Kontrolle „politischer" Entscheidungen insbesondere könnte die Rechnungsprüfung tief auch in ihre Zweckmäßigkeitsentscheidungen eindringen, welche sich etwa an den politischen Vorgaben des Staates orientieren. Schließlich müßte bei einer allgemeinen Kontrolle der Zielvorgaben die Rechnungsprüfung auch nicht vor den privaten Sub-Zwecksetzungen Halt machen, könnte sie als solche, als die „Politik der Privaten" in vollem Umfang, überprüfen. Die Folgen wären unabsehbar. Die Beschränkung der Rechtsprüfung auf die Kontrolle des zweckentsprechenden Mitteleinsatzes ist also auch hier von entscheidendem Gewicht.
Ergebnis „Wirtschaftlichkeit" ist der zentrale, der wichtigste Prüfungsmaßstab der Rechnungsprüfung, der auch in Einzelbestimmungen der Haushaltsordnung konkretisiert wird. Er verlangt ein ökonomisch angemessenes Verhältnis zwischen Zweck und eingesetzten Mitteln. In der Praxis wird i m Namen der Wirtschaftlichkeit die Verwaltung oft einer tief eindringenden Kontrolle unterworfen. Noch stärker könnten dadurch vom Staat geförderte Private 212
Heuer (FN 18), S. 80. Zu weit also neuerdings wieder von Arnim (FN 169), S. 271 f. 214 Der von Arnim (FN 204) hier offenbar entscheidende Bedeutung zumißt. 215 Battis, aaO, S.732. 216 Kisker, G., N J W 1983, S. 2167 (2168); Krebs, W.,aaO,S. 192,198,203; Reger (FN 13), S. 250; Tiemann (FN 54), S. 112; Blasius/Sauer, DÖV 1986, S. 554 (555) m. weit. Nachw. 213
217
Sauer/Blasius, aaO, S. 558.
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Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
beeinträchtigt werden, denen hier staatsbehördliche Optimierungsvorstellungen aufgezwungen würden. Sehr häufig wird die „Wirtschaftlichkeit" als ein schwer bestimmbarer, inhaltsarmer, ja „offener" Maßstab bezeichnet, was auch durch Betonung einer Abwägungsnotwendigkeit nicht ausgeräumt werden kann. Viele verstehen daher Wirtschaftlichkeit als Zweckmäßigkeitsbegriff, er gestatte es dem Rechnungshof, sein Ermessen anstelle des Ermessens der handelnden Verwaltung, ja des Parlaments zu setzen. Die Folgen wären umstürzend: Sämtliche staatlichen Wirtschaftskontrollen würden von Rechts- zu Zweckmäßigkeitsüberprüfungen, der Rechnungshof zu einem durchgehenden Neben-Vorgesetzten der Bediensteten der Exekutive. Überwiegend wird denn auch Wirtschaftlichkeit als unbestimmter Rechtsbegriff aufgefaßt, verbunden mit einem gewissen Beurteilungsspielraum. Um eine „Totalprüfung" von Parlament, Verwaltungen und Privaten zu verhindern, muß der Wirtschaftlichkeitsbegriff rechtsstaatlich eingegrenzt werden. Dies geschieht durch die auch für die Rechnungsprüfung verbindliche Zweckfestlegung durch die handelnde Staatsgewalt, i m Rahmen der Bewilligungsvorgaben durch die geförderten Privaten. Die Zwecke stehen allerdings häufig in einem Über-Unterordnungs-Verhältnis, entsprechend der Hierarchie der Normen, aus denen sie sich ergeben. Der Rechnungshof hat dies zu beachten, einen Verstoß gegen höhere Zwecksetzungen zu beanstanden, denn die niederrangige Zwecksetzung ist eine A r t von Mittel zur Verwirklichung der höherrangigen Zwecke. Darüber hinaus muß er über die Bestimmtheit der Zwecksetzungen wachen. Setzungen von Sub-Zwecken in Verwaltungsvorschriften müssen den höheren normativen Zwecksetzungen und denen des Haushaltsplans entsprechen, die der geförderten Privaten auch noch denen der staatlichen Verwaltungsvorschriften. Da die Zwecksetzungen meist sehr weit sind, hat der Rechnungshof in der Regel, mit Ausnahme offensichtlicher Zweckabweichungen, die Zielbestimmungen von Exekutive und Privaten bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung zugrunde zu legen. Die Diskussion u m die „Kontrolle politischer Vorgaben" durch den Rechnungshof beruht auf einem Mißverständnis. Nicht um den — in klarer dogmatischer Begrifflichkeit gar nicht feststellbaren — politischen Charakter einer Staatsentscheidung geht es, sondern allein darum, ob hier legitim Zwecke gesetzt werden; sie sind dann unverrückbare Vorgaben für die Rechnungsprüfung. Private insbesondere dürfen durch eine Kontrolle „politischer Zwecksetzungen" seitens der Rechnungshöfe nicht noch zusätzlich verunsichert werden.
II. Die Prüfungsmaßstäbe, insbes. die „Wirtschaftlichkeit"
e) Kostenminimierung oder auch Nutzenmaximierung? Zwecksetzung durch den Standard der eingesetzten Mittel
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218
aa) Wenn die Zweckvorgabe festliegt, allein durch die handelnde Exekutive, in keiner Weise durch die Rechnungsprüfung bestimmt wird, so obliegt dieser jedenfalls die Aufgabe, „auf Kostenminimierung" hin zu prüfen, also jeden Mitteleinsatz zu beanstanden, dessen Nutzen auch mit geringerem Aufwand hätte erreicht werden können 2 1 9 . „Weniger Kosten" — das ist allerdings ein recht dehnbarer Begriff, der nur dann für die Rechnungskontrolle faßbar wird, wenn die Zweck-Vorgabe als solche einigermaßen klar bleibt. Geht es etwa um die Berechtigung des Einsatzes einer bestimmten Maschine, eines Instruments für wissenschaftliche Untersuchungen, so verschwimmt hier die Grenze zwischen Mittel und Zweck völlig, die Mittelkontrolle führt also zugleich zu voller Zweckkontrolle, wenn der Zweck lediglich darin gesehen wird, „möglichst viel zu produzieren", „besonders wichtige Forschungsergebnisse" zu erzielen. Dann geht es in der Tat um eine Optimierung 2 2 0 , um eine völlig neue Beurteilung der Tätigkeit des Rechnungshofs. Dieser hätte dann auch zu prüfen, was „guter", „besserer", „optimaler" Nutzen des Einsatzes von Instrument oder Maschine ist. Er könnte dann nicht mehr nur rügen, dasselbe Instrument gebe es billiger auf dem Markt — dies wäre die eindeutige Kostenminimierungsprüfung; er könnte zugleich auch den Einsatz eines anderen Instruments vorschlagen, mit dem „verhältnismäßig mehr" zu erreichen, die Kosten-Nutzen-Relation als solche also zu verbessern wäre. Dasselbe würde bei dem im Anlaßfall auch beanstandeten Personaleinsatz gelten: Die Rechnungsprüfung könnte dann nicht nur beanstanden, daß hier überqualifiziertes Personal eingesetzt werde, oder daß gleichqualifiziertes Personal zu günstigeren Bedingungen zur Verfügung stehe, daß also „zuviel aufgewendet werde" — sie dürfte dann auch vorschlagen, weniger qualifizierte Mitarbeiter einzusetzen und damit zwar insgesamt weniger Nutzen, dafür aber eine günstigere Nutzen-Aufwand-Relation zu erzielen. bb) Diese Fälle stellen die Frage scharf: Wenn dem Rechnungshof nicht ein „fester Nutzen" vorgegeben wird, sondern ein „optimierungsoffen-beweglicher Nutzen", so ist die Totalkontrolle der gesamten Staatstätigkeit die notwendige Folge. Daher bleibt nur eine Lösung: Zweckvorgabe durch Bestimmung des angestrebten Nutzens allein durch die handelnde Behörde, und dies wieder heißt: Die Behörde — und auch der von ihr geförderte Private — dürfen den erstrebten Nutzenstandard, soweit er nicht durch 218
Allg. dazu als Konkretisierung des Maßstabes der Wirtschaftlichkeit, von Arnim, H. H., DVB1 1983, S. 664; Krebs (FN 58), S. 185; Piduch (FN 169), 2. 219
Hier setzt mit Recht den Akzent Grupp, K., DÖV 1983, S. 661 (666).
220
Im Sinne von von Arnim (FN 169), S. 264.
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Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
übergeordnete Normen oder durch den Haushaltsplan klar bestimmt ist, auch aus den eingesetzten Mitteln definieren: Forschungsziel sind dann (auch) die Ergebnisse, welche eben unter Einsatz des Instruments X zu erzielen sind. Nur wenn der Rechnungshof nachweisen kann, daß dieselben oder gar bessere Ergebnisse mit dem billigeren Instrument Y erzielt werden können — oder daß das Instrument X billiger zu haben wäre —, darf eine Beanstandung erfolgen. Die Geprüften dürfen also den Nutzenstandard durch Bezeichnung eines bestimmten Instruments bestimmen. Nicht selten wird es dem Rechnungshof gelingen, dessen billigere Beschaffungsmöglichkeit nachzuweisen, kaum je kann er aber den Nachweis erbringen, daß ein anderes Instrument ebenso leistungsfähig oder von höherem Nutzen sei, denn dazu fehlt ihm eben in der Regel die fachliche Qualifikation. Er darf auch weder anmerken, die Verwaltung habe sich eben mit weniger Nutzen zufrieden zu geben, als es dem Standard des Nutzens entspricht, den sie durch Einsatz eines bestimmten, von ihr gewählten Instruments aufgestellt hat, noch kann er vorschlagen, man solle doch höheren Nutzen anstreben, was mit nur unwesentlich mehr an Mitteleinsatz zu erzielen sei. Dasselbe gilt für den Fall des Personaleinsatzes: Setzen die Verwaltung oder Private akademisch Vorgebildete oder in bestimmter Höhe Besoldete ein, so bestimmen sie damit jeweils gewisse Leistungsstandards. Daß die Beschäftigten diese nicht erfüllen, kann der Rechnungshof nur dann nachweisen, wenn er feststellt, sie seien nicht sachgerecht eingesetzt oder überwacht worden. Er ist hier also auf rein äußerliche Kriterien beschränkt. Die Qualität der Leistung selbst kann er nicht beurteilen, also darf er dazu auch keine Feststellungen treffen, insbesondere nicht rügen, dieselbe Leistung hätte auch durch einen weniger Qualifizierten erbracht werden können. Der Zweck/Nutzenstandard ist eben durch den Einsatz einer in bestimmter Weise — durch Prüfungsqualifikation oder „Qualifikation durch den Markt" — ausgewiesenen Person seitens der Handelnden gesetzt worden; dies bleibt für die Rechnungsprüfung unverrückbare Vorgabe. Nur wenn sie nachweisen kann, daß völlig gleich qualifizierte auf dem Arbeitsmarkt günstiger zu haben seien, darf sie — kostenminimierend — beanstanden. Zweckvorgabe durch Verwaltung und Private — das wird ausgehöhlt, die Prüfungstätigkeit wird zur maßstablosen Totalprüfung, wenn nicht auch der erwartete Nutzen durch den Einsatz der Mittel seitens der Fachverwaltungen vorgegeben wird. Daß dabei stets eine letzte rule of reason gelten muß, daß für einen Fahrer nicht etwa ein akademisches Diplom verlangt werden darf, versteht sich von selbst. Doch es ist, das sei nochmals betont, in keiner Weise Aufgabe der Rechnungshöfe, eine „optimale Zweck-Mittel-Relation zu finden" und damit die „Staatszwecke nach unten zu korrigieren!\ Staats-
II. Die Prüfungsmaßstäbe, insbes. die „Wirtschaftlichkeit"
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zwecksetzung durch einen unabhängigen Aeropag — das wäre mit der demokratischen Staatsform unvereinbar. cc) Es bedarf also, etwa im Fall der Universitäten, hier nicht der Berufung auf die Wissenschaftsireiheii (Art. 5 Abs. 3 GG), um dem Rechnungshof die Rüge des Einsatzes gewisser Forschungsinstrumente zu verbieten 2 2 1 , und auch nicht des Hinweises auf die Rundfunk- und Fernsehfreiheit 222, um eine Übersteigerung der Rechnungshofkontrollen, etwa bei der Programmgestaltung, abzuwehren: Die Standards werden hier allein von den Wissenschaftlern der Hochschulen und von den Programmgestaltern der Anstalten gesetzt, sie entscheiden dann auch ausschließlich, ob der „Einsatz anderer Mittel" diesen selben „mittelbestimmenden Standard" erreichen kann. Nur wenn dies „nach äußeren Kriterien", d. h. solchen, nach denen jedermann oder doch jeder gute Kaufmann prüfen könnte, der Fall ist, mag die Rüge berechtigt sein. Mit Ausnahme seltenster Einzelfälle hat also der Rechnungshof diese Zweck/Nutzen-Setzung durch Mittel-Standardbestimmung hinzunehmen. Dies gilt auch zugunsten der i m Rahmen der Staats-Zwecksetzung ihrerseits zwecksetzenden Privaten. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung ist also beim Staat nicht etwa schlechthin unmöglich, weil es an der Bestimmtheit der Nutzen-Ertrags-Relation dort fehlte 2 2 3 — die Vergleichsgröße „Nutzen" setzt eben die handelnde Verwaltung, wenn man will in „politischer" Weise, in dem von ihr bestimmten Rahmen auch Private. Wer davon nicht streng ausgeht, kann das Auswuchern der Rechnungsprüfung nicht verhindern. dd) Daraus folgt schließlich auch: Der Rechnungshof hat lediglich Kostenminimierung anzustreben, nicht Nutzerunaximierung, jedenfalls bei Rechnungsprüfung für die Vergangenheit. Im letzteren Sinne mag er dann unverbindliche Vorschläge für die Zukunft machen, wenn sich aus den Entscheidungen von Parlament oder Regierung bereits ein grundsätzliches Programm intendierter Nutzenverstärkung ergibt und es nur gilt, dieses noch zu entfalten. Nicht nur allein entscheidungsbefugt, sondern schon authentische Interpreten solcher Intentionen sind aber die handelnden Staatsgewalten selbst. Zur Bestimmung der Wirtschaftlichkeit sind vier Fragen gestellt worden 2 2 4 : 221 Dazu etwa Heuer (FN 18), Art. 114; 82; Sauer, H. D Ö V 1986, S. 941 ff. ; Redeker, K., DÖV 1986, S. 946ff.; Reger (FN 13), S. 251 ; Tiemann (FN 54), S. 115f.; Brunner, G., in: Feschrift für Hans Schäfer, 1975, S. 169 (172 f.). 222 Grundlegend Ossenbühl, F., Rundfunkfreiheit und Rechnungsprüfung, 1984, S. 44 ff. 223 Dies verkennt, schon i m Ansatz, Luhmarui, N , VerwArch 51 (1960), S. 97 f. ; dazu Grupp, K., DÖV 1983,S. 661 (665); Vogel/Kirchhof, Art. 114, Rdnr. 89, zur Kritik Luhmanns vgl. von Arnim (FN 169), S. 269 f. 224 von Arnim (FN 169), unter Hinw. auf Reinermann, H., Messungsprobleme der
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Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
1. Wäre mit den aufgewendeten Kosten mehr zu erreichen gewesen? 2. Wäre das Erreichte auch mit weniger Kosten erreichbar gewesen? 3. Sollte man eine Aktivität einschränken, also weniger Nutzen mit weniger Kosten anstreben? 4. Sollte man eine Aktivität ausdehnen, also mehr Nutzen mit mehr Kosten anstreben? Der Rechnungshof hat stets die zweite Frage zu beantworten, die erste nur in besonderen Fällen i m Wege der Zukunftsanregung. Wenn im übrigen zuviel an Mitteln zur Verfügung stand, müssen diese zurückgegeben werden, der Rechnungshof hat nicht darüber nachzudenken, wie man sie, unter Zwecksteigerung, nutzbringend auch hätte ausgeben können. Die Fragen 3 und 4 stellen sich dem Rechnungshof überhaupt nicht, sondern, in erster Linie, dem Parlament, unter Umständen noch der Exekutive. Durch eindeutige Beschränkung auf Kostenminimierung, unter klarer Zwecksetzung durch die handelnde Staatsgewalt, welche die Zwecke auch durch den Standard eingesetzter Mittel bestimmen darf, bleibt die Wirtschaftlichkeit ein praktikabler Prüfungsmaßstab, die verantwortliche Handlungsfreiheit der Exekutive ist ebenso gesichert wie die Privatautonomie der Geförderten.
Ergebnis Die Rechnungsprüfung hat auf Kostenminimierung, bei vorgegebenem Zweck, hin zu prüfen, Zwecksetzungen darf sie nur bei Abweichung von höheren Zwecken beanstanden. Der „Zweck" wird jedoch, von Verwaltung und Privaten, nicht immer nur verbal, er wird sehr häufig auch durch den Einsatz gewisser Instrumente, Organisationsmodelle oder Beschäftigten standardmäßig bestimmt. Die Rechnungsprüfung hat dann nicht zu rügen, bei Einsatz anderer Mittel hätte der Zweck „besser" erfüllt werden können; den Zweckstandard bestimmen i m einzelnen die Handelnden, auch durch den Einsatz gewisser Mittel, die Beschäftigung bestimmt qualifizierter Mitarbeiter. Der Rechnungshof hat dies schon deshalb in aller Regel hinzunehmen, weil er zur fachlichen Überprüfung gar nicht kompetent ist. Er darf dann nur die Kostenminimierungsprüfung durchführen — ob das Instrument, oder ein ganz gleichwertiges, etwa billiger auf dem Markt hätte beschafft werden können. Die Rechnungsprüfung hat auf wirtschaftliche, d.h. vor allem billigste, Erfüllung vorgegebener Zwecke hinzuwirken, nicht auf ein „optimales Verhältnis von Mittel und Zweck", in dessen Namen darf sie die Rechnungskontrolle, in: Letzelter/Reinermann (Hrsg.), Wissenschaft, Forschung und Rechnungshöfe, Wirtschaftlichkeit und ihre Kontrolle, 1981, S. 225 (230).
II. Die Prüfungsmaßstäbe, insbes. die „Wirtschaftlichkeit"
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Zwecke nicht verändern wollen; Zwecksetzung durch eine politisch unverantwortliche Instanz ist in der Demokratie nicht hinnehmbar. Bei Hochschulen etwa und Rundfunkgesellschaften bedarf es nicht des Rückgriffs auf Grundrechte, um dieses einengende Verständnis der Wirtschaftlichkeit zu begründen und eine Zweckbeurteilung durch die Rechnungsprüfung auszuschließen. Gleiches gilt auch für die i m Rahmen der Staats-Zwecksetzungen zweckbestimmenden Privaten. Die Rechnungsprüfung hat also lediglich Kostenminimierung anzustreben, grundsätzlich nicht Nutzenmaximierung, noch weniger ist es ihre Aufgabe, höheren/niedrigeren Nutzen und damit mehr oder weniger Ausgaben zu fordern.
4. Sparsamkeit als selbständiger Prüfungsmaßstab? Nach ganz herrschender Lehre ist die regelmäßig zusammen mit der Wirtschaftlichkeit genannte Sparsamkeit kein selbständiger Prüfungsmaßstab der Rechnungsprüfung. Sie dürfe nicht isoliert als solcher angelegt werden 2 2 5 , sondern nur in Verbindung mit der Wirtschaftlichkeit, als deren Aspekt sie gemeinhin angesehen w i r d 2 2 6 : Bei ihr gehe es gerade um jene Kostenminderung, welche in der Tat (vgl. oben 3, e, dd) der eigentliche, der einzig faßbare Maßstab der Rechnungsprüfung ist. Eine solche „Tautologie" von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit 227 mag dann den letzteren Begriff überhaupt entbehrlich erscheinen lassen. Dennoch ist hier Vorsicht geboten; eine Beschränkung der Sparsamkeit auf kostenminimierende Wirtschaftlichkeit ist keineswegs zwingend, zumindest liegt sie nicht i m Begriff. „Sparen" bedeutet nicht notwendig — nur — ökonomisch sinnvoll ausgeben, mag dies auch der beste Weg der Sparsamkeit sein — zunächst ist damit gemeint, es solle an sich, unabhängig von der Nutzenlage, wenig ausgegeben werden. Dann aber könnte im Namen der Sparsamkeit auch eine Zweckeinschrärikung gefordert werden 226. Eine solche zweckverändernde Kontrolle ist aber dem Rechnungshof verwehrt. Für Verwaltung wie Private wäre sie, auch praktisch, besonders belastend: Unter Berufung auf Sparsamkeit könnten ihre sämtlichen Zwecksetzungen reduziert, damit aber entscheidend in ihr Handlungsermessen 225
Für viele Stern, K., Staatsrecht II, 1980, S. 434/435, 439. Vgl. u . a. Stern, aaO; von Arnim, H. H., DVB1.1983, S. 664 (665) ; Hansmeyer u. a. (FN 48), S. 34; Piduch (FN 169), § 7 b HO, 2; Prandi/ Zimmermann, Gemeinderecht in Bayern, 1983, Art. 61 GO, 5; Krebs (FN 58), S. 185 m. weit. Nachw. 226
227 228
Grupp (FN 35), S. 156. Im Sinne der 3. oben 4 am Ende behandelten Fragestellung von Reinermann.
Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
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eingegriffen werden. Überdies würde das dann noch in pauschalierender, ja flächendeckend-schematisierender Form gelten, mit wahrhaft verheerenden Folgen. „Reichssparkommissar" in einem solchen Sinne ist heute nur eine Instanz: der Finanzminister, und dies belastet schon schwer genug. Immerhin ist er aber ein Entscheidungsträger, demgegenüber man sich (auch) mit politischen Mitteln durchsetzen kann. Die Erzwingung solcher Sparsamkeit durch ein gerichtsähnliches Gremium wäre als entscheidender Eingriff in zentrale Regierungsfunktionen in der Demokratie nicht möglich. Der Rechnungshof tut also gut daran, unter Berufung auf die Sparsamkeit weiterhin Kostenminimierung, nicht Erfolgsmaximierung anzustreben 229 . Jeder Berufung auf „Sparsamkeit an sich" können Verwaltung wie Private entgegentreten.
Ergebnis Nach ganz herrschender Lehre ist die oft zusammen mit der Wirtschaftlichkeit genannte Sparsamkeit kein selbständiger Maßstab der Rechnungsprüfung; sie betont nur — aus der Sicht dieser Untersuchung sachgerecht — die Aufgabe des Rechnungshofs, auf Kostenminimierung hinzuwirken. Auszuschließen ist allerdings nicht, daß Sparsamkeit als Verpflichtung verstanden wird, „an sich weniger auszugeben". Dies hat aber allenfalls der Finanzminister, nicht der Rechnungshof anzumahnen, der dadurch die Zwecksetzung durch Verwaltung und Private mitbestimmen würde. Sparsamkeit an sich ist also überhaupt kein Prüfungsmaßstab für ihn.
I I I . Die Überprüfung Privater — Grundlagen und Schranken im einzelnen I . Rechnungsprüfung Privater — bisher kaum vertiefend behandelt — die Fragestellung Die nähere Betrachtung der Grenzen staatlicher Rechnungsprüfung i m allgemeinen, nach dem institutionellen Status der Rechnungshöfe wie mit Blick auf deren Prüfungsmaßstäbe, hat, wie oben in I und II dargelegt, eine Reihe von wichtigen Ergebnissen auch zum Problem der „staatlichen Rechnungskontrolle Privater" gebracht. Sie war notwendig, um die dogmatischen 229
Zu Unrecht gerügt von Grupp, K., D Ö V 1983, S. 661 (666).
III. Die Überprüfung Privater
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Grundlagen der Behandlung dieses Gegenstandes zu legen. Dies folgt bereits daraus, daß es eine vertiefende Untersuchung dazu, soweit ersichtlich, nicht gibt. Die naheliegenden, aber zu diesem Gegenstand nicht voll analogiefähigen Gebiete der Rechnungsprüfung öffentlich-rechtlicher, autonomer Rechtsträger sind zwar neuerdings eingehend behandelt worden 2 3 0 , ebenso liegen speziellere Untersuchungen zur Rechnungsprüfung in den Bereichen besonders verfassungsgeschützter Autonomien, etwa von Forschung und Medien, vor 2 3 1 . Die Streitfrage, ob die Stiftung Volkswagenwerk der Kontrolle des Rechnungshofes unterliege, hat, vor einiger Zeit, Anlaß zu Überlegungen zur Rechnungsprüfung Privater in allgemeinerer Form gegeben 2 3 2 . Doch hier, wie vor allem in dem abschließenden Urteil des BVerwG 2 3 3 , stand i m Mittelpunkt der Teilaspekt der Zuweisbarkeit solcher Prüfungen nach Art. 114 GG sowie die Spezialfrage, ob sich die Stiftung hier der Prüfung unterworfen habe. Die hier i m Mittelpunkt stehende Doppelfrage, ob eine Rechnungsprüfung Privater überhaupt zulässig sei, und, wenn dies bejaht werden muß, welchen Schranken sie dann unterliege, ist bisher, von einzelnen Ausnahmen abgesehen 234 , i m Zusammenhang mit der allgemeinen Rechnungsprüfung, geradezu als Annex solcher Betrachtungen, untersucht worden. Deutlich i m Vordergrund stehen dabei kommentierende Darstellungen der HO, insbesondere zu deren §§23, 44, 91, 92, 104 235 (vgl. dazu näher unten 4). Damit aber verengt sich meist der Blick auf Einzelfragen der gesetzlichen Regelungen, das Problem von deren Berechtigung und ihren grundsätzlichen Grenzen, spezifisch gerade für Private, kann dann als solches kaum mehr vertieft im Zusammenhang, sondern meist nur noch in Randbemerkungen, behandelt werden. Vor allem geht man dann notwendig von der Zulässigkeit derartiger Prüfungen aus 2 3 6 . Sie und ihre Schranken sollen hier jedoch als solche, grundsätzlich, zur Diskussion gestellt werden.
230 Knöpf le, F., Die Zuständigkeit der Rechnungshöfe für die Prüfung der Körperschaften des öffentlichen Rechts, 1989. 231 Siehe dazu die Nachw. oben (FN 221, 222). 232 Vor allem Oppermann (FN 6), vgl. auch Hansmeyer u. a. (FN 48). 233 BVerwGE 74, S. 58 ff. 234
A m tiefsten dringt hier noch, soweit ersichtlich, ein die Untersuchung von Fröhler/Kormann (FN 94); vgl. aus früherer Zeit auch Schäfer (FN 120). 235 Deutlich zeigt dies die neueste zusammenfassende Darstellung von Klaus Lange, Die Prüfung staatlicher Zuwendungen durch den Bundesrechnungshof, in: Die Kontrolle der Staatsfinanzen, hrsg. von Zavelberg, 1989, S. 279 ff., sowohl beim zitierten Schrifttum wie i m Aufbau der Darstellung selbst. 236 Vgl. etwa Lange, aaO, S. 279/280.
Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
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2. Staatliche Rechnungsprüfung privaten Verhaltens — notwendig, zulässig? a) Der Ausgangspunkt:
Kontrolle des Staates, nicht der Privaten
Gegenstand der staatlichen Rechnungsprüfung ist das haushaltsrelevante Verhalten des Staates, nicht das der Privaten — dies ist die „Grundnorm" dieses gesamten Bereichs, sie darf nie aus den Augen verloren werden, muß stets ernst genommen werden. Sie ergibt sich aus der Verfassung selbst, nach welcher der Bundesrechnungshof die „Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes" prüft, aus den Normen der HO, welche daraufhin orientiert sind, nicht zuletzt aber aus dem Primärzweck dieser gesamten Kontrolltätigkeit, die Entlastung der Exekutive durch das Parlament vorzubereiten — eine Entlastung Privater vor Parlamentarischen Gremien ist der parlamentarischen Staatsform fremd, in welcher Form immer. Daß der Rechnungshof „stets die Verwaltung" zu prüfen habe, auch im Bereich der Subventionen i m weiteren Sinne, ist denn auch ganz herrschende Lehre 2 3 7 . Private können hier allenfalls „notwendige Teilnehmer an Sachverhalten" sein 2 3 8 . Eine Aufsicht über Private ist als solche durch die Verfassung jedenfalls nicht vorgesehen, i m Schrifttum wird entschieden behauptet, es könne sie gar nicht geben 239 . Private unterliegen als solche ganz anderen, ebenfalls gesetzlich vorgesehenen Kontrollen, die sich aber, wie etwa die nach dem AktG, wesentlich von der staatlichen Rechnungskontrolle unterscheiden 240 . Daß schon früher auch privates Verhalten Gegenstand der Rechnungsprüfung war 2 4 1 , wenn auch stets nur punktuell, hat, der klaren grundgesetzlichen Aussage gegenüber, keinerlei „Legitimationsbedeutung aus Tradition". Jede A r t von staatlichen Ermittlungen gegenüber Privaten bedarf also, soweit ein Eingriff vorliegt, der klaren gesetzlichen Grundlage, i m übrigen muß sie sich zumindest i m Rahmen der Gesetze halten. Da die Verfassung (Art. 114 GG) hier ausdrücklich nur die Prüfung des Staates vorsieht, bedürfen Prüfungsveranstaltungen, welcher A r t immer, die Private betreffen, der speziellen Legitimation durch Gesetze, welche mit der Verfassung vereinbar sind. Derartige Grundlagen stellen hier die §§ 23, 44, 91, 92 und 104 H O zur Verfügung. Bevor sie im einzelnen 237 Siehe für viele Hansmeyer u. a. (FN 48), S. 29, 31, 50, 59; Vogel/Kirchhof, BK, Art. 114, Rdnr. 110; Oppermann (FN 6), S. 69, 105. 238 So Schäfer H. (FN. 120), S. 641, der zugleich fordert, weder ihre Namen, noch die sie betreffenden Vorgänge dyrften offengelegt werden; eine bemerkenswerte Feststellung eines der bedeutenden Vertreter deutscher Rechnungsprüfung. 239 So etwa Fröhler/Kormann (FN 94), S. 4, 7. 240
Oppermann (FN 6), S. 98. Dazu Oppermann (FN 6), S. 69; siehe auch Viaion, F. K., Haushaltsrecht, 1959, § 64a RHO, der auch auf Unternehmen privatrechtlicher Natur mit eigener Rechtspersönlichkeit anwendbar war. 241
III. Die Überprüfung Privater
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untersucht werden (im folgenden 4), ist hier allgemein zu untersuchen, ob sie sich überhaupt in den Verfassungsrahmen des Art. 114 GG einfügen. b) Notwendigkeit der Prüfung privaten Verhaltens für die Prüfung des Staatsverhaltens? aa) Rechnungsprüfung bei Privaten oder dieser selbst 2 4 2 kann sich nur dann rechtfertigen, wenn sie entweder zur Feststellung des staatlichen Verhaltens erforderlich ist oder eine nach Art. 114 GG dem Rechnungshof zuweisbare Materie vorliegt (im folgenden 3). Fest steht: „Wenn der Bund Zuweisungen an Sonder- und Treuhandvermögen, an Körperschaften des öffentlichen Rechts oder juristischen Personen des Privatrechts vornimmt, so müssen jedenfalls diese „Ausgaben" vom Bundesrechnungshof geprüft werden. Ebenso unterliegen die von diesen Einrichtungen dem Bund zur Verfügung gestellten Ablieferungen als „Einnahmen" der Prüfungszuständigkeit des Bundesrechnungshofs" 243 . Dies deckt jedoch, aus dem Begriff der Rechnungsprüfung und des Staates selbst heraus, nur das, was hinsichtlich der Ausgaben und Einnahmen beim Zuwendenden selbst geschieht, ob er also die Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen der Zuwendung vorgenommen habe. Nicht gedeckt wird dadurch, schon begrifflich, die Feststellung, ob diese Voraussetzungen auch tatsächlich vorgelegen haben — im Bereich der geförderten Privaten. Es ist an sich, insbesondere formal-verfahrensmäßig, ohne weiteres vorstellbar, daß sich die Prüfung auf den Verwaltungsbereich beschränkt. Ergeben sich von ihm aus keine Anhaltspunkte dafür, daß erforderliche Vorkehrungen unterblieben sind, so wird der Privatbereich gar nicht geprüft. Aus dem Begriff der Kontrolle staatlicher Mittelvergabe ergibt sich begrifflich nicht notwendig ein Prüfungsrecht der Privaten oder auch nur bei diesen. bb) Nicht analogiefähig ist dazu auch der vielerörterte Fall der privatwirtschaftlichen Unternehmen, an denen der Staat sich beteiligt, oder die auf solchem Weg sogar weitgehend, ja vollständig von ihm abhängig sind 2 4 4 . Allgemein wird dabei angenommen, daß nur die staatliche Tätigkeit im Rahmen der Beteiligung selbst geprüft werden darf 145, eine allgemeine 242
Diese — wie sich zeigen wird problematische — Unterscheidung der H O wird hier noch nicht zugrunde gelegt, sondern erst unten (4) vertiefend behandelt. 243 Vogel/Kirchhof, BK, Art. 114, Rdnr. 113. 244 Dazu f. viele Tiemann (FN 54), S. 95f., 121 f.; Vogel, K., DVB1 1970, S. 193 (198); Vogel/Kirchhof, aaO, Rdnr. 133; Piduch (FN 169), vor §66 BHO, 5f.; Soldner, in: Heuer/Dommach, Handbuch der Finanzkontrolle, § 53 HGrG, 2; Lohl, R., D Ö H 1967, S. 24 ff. ; Hansmeyer u. a. (FN 48), S. 47 f. 245
Vogel/Kirchhof, BK, Art. 114, Rdnr. 133; Bank, B., AöR 1955/1956, S. 261 (268); Hansmeyer, aaO, S. 46; Lohl, aaO, S. 35; Tiemann, aaO, S. 95; vgl. auch die Komm, zu §92 BHO, etwa Piduch, aaO, Soldner, aaO.
7 Leisner
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Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
Wirtschaftlichkeitsprüfung des Unternehmens i m ganzen sei unzulässig 246 . Abgesehen davon, daß der Unterschied zur Mittelhingabe an Private hier schon darin liegt, daß im einen Fall gesellschaftsrechtliche Beteiligungen, damit aber in der Regel Miteigentumsverhältnisse vorliegen, in welcher Form immer, i m anderen lediglich schuldrechtliche Subventionsbeziehungen — die Betätigung eines Gesellschafters u. a., erst recht eines Mehrheitsoder gar des ausschließlichen Gesellschafters, läßt sich als solche überhaupt nur überprüfen, wenn die Gesellschaft als ganze auch Gegenstand der Prüfung wenigstens insoweit sein kann, als dem Staats-Gesellschafter hier wesentliche Einwirkungsmöglichkeiten offenstehen. Denn was er hätte tun sollen oder unterlassen hat, kann doch nur mit Blick auf Verhalten und (Miß-) Erfolge der Gesamtgesellschaft festgestellt werden. Jene „(Teil-)Identität der Rechtspersönlichkeiten" zwischen Staat und privatrechtlicher Gesellschaft, die der Staat durch seine Beteiligung geschaffen hat, muß er sich bei der Prüfung auch entgegenhalten lassen. Diese ist also nicht deshalb schon legitim, weil „anderenfalls nicht wirksam geprüft werden könnte", sondern allein bereits wegen der rechtlichen Konstruktion, die hier zu der erwähnten („Teil-)Identität" führt. Die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Beteiligungsgesellschaft ist eben insoweit zugleich die „des Bundes\ über die formalen Abgrenzungen der Rechtspersönlichkeiten hinweg. Anzumerken bleibt übrigens, daß das Gesetz ja ausdrücklich eine Prüfung nach „kaufmännischen Grundsätzen" vorsieht (§§ 44 HGrG, 92 BHO), also nach „Grundsätzen, die für das Tätigwerden des Kaufmanns entsprechend seinem Erfolgsstreben gelten" 2 4 7 . cc) Aus dem Begriff der „Rechnungskontrolle des Staates selbst" könnte also eine Kontrolle privaten Verhaltens — ob „bei" Privaten oder „der" Privaten — nur dann abgeleitet werden, wenn dies zum „Schutz des staatlichen Vermögens erforderlich wäre" 248. Dem steht aber bereits §44 HO entgegen: Die zuwendende Exekutive selbst hat für Kontrollen durch ihre Bediensteten zu sorgen — diese prüft dann wieder die Rechnungsprüfung. Letztere hat nicht zu leisten, was die Zuwendungsinstanzen kontrollieren können und müssen. Durch Druck auf sie kann die Rechnungsprüfung ohne weiteres feststellen, „wo die öffentlichen Gelder geblieben sind". Warum sollte also der Rechnungshof selbst bei Privaten prüfen; dies kann doch gerade zu dem sicher nicht gewünschten Ergebnis führen, daß die Zuwendungsinstanzen selbst weniger streng prüfen, weil sie sich auf den Rechnungshof verlassen, der „schon die Privaten prüfen" werde.
246
Hansmeyer, u. a., aaO, S. 50. Begründung des Regierungsentwurfs zur Haushaltsreform, BT-Drucks. 5/3040, Tz 253. 247
248
Vgl. dazu Vogel, K., DVB1 1970, S. 200.
III. Die Überprüfung Privater
99
Ferner ergibt sich hier ein dogmatischer Einwand: In der Rechnungsprüfung wird, schon nach deren allgemeinerer Stellung, nicht etwa eine besondere Verwaltungsinstanz zum Schutz des Staatsvermögens tätig (vgl. oben 2, a, bb). Selbst wenn man dem aber folgen wollte, so bliebe fraglich, ob die Erreichung optimaler wirtschaftlicher Mittelverwendung in der Tätigkeit Privater überhaupt mit einem solchen „Schutz des staatlichen Vermögens" in Zusammenhang gebracht werden könnte; dieses wäre allenfalls dadurch ja beeinträchtigt, daß ein bei nichtoptimaler Verwendung begründeter Rückforderungsanspruch hinsichtlich der Subventionen dem staatlichen Vermögen verloren ginge — eine doch recht umständliche Konstruktion. Überhaupt: Wer sein Vermögen schützen darf, der hat es entweder selbst zu verwalten oder es anderen zur Verwaltung zu überlassen. Davon kann hier nicht die Rede sein; der Private macht sich strafrechtlich nicht wegen Untreue verantwortlich, wenn er Förderungsmittel zweckwidrig verwendet, die H O selbst unterscheidet klar zwischen der „Verwaltung von Bundesmitteln oder Vermögensgegenständen des Bundes" einerseits, Zuwendungen an „Private" oder „Zuschüsse" auf der anderen Seite (§91 Abs. 1 Ziff. 2, 3, § 104 HO). Bleibt dafür eine mögliche Begründung aus der Rechnungsprüfung des Staates selbst: Wenn auf Überprüfung i m privaten Bereich verzichtet werde, drohe eine „Flucht des Staates in den Privatbereich" 249 . Zu einer „Flucht aus dem Budget" 2 5 0 dürfe es auf diese Weise nicht kommen, zu einer Verlagerung der Erfüllung staatlicher Aufgaben auf nichtstaatliche Träger, die dann der staatlichen Rechnungskontrolle aber nicht unterlägen 251 . „Schattenhaushalte" dürften nicht entstehen. Dies letztere ist sicher ein durchgreifendes Argument. Formenmißbrauch im Finanzrecht durch „Flucht in das Privatrecht" darf es nicht geben, solche „Schattenhaushalte" müssen der Rechnungsprüfung unterworfen werden. Bei näherer Betrachtung fragt sich aber doch, ob dies bis zu einer Kontrolle des Verhaltens privater Zuwendungsempfänger tragen kann. Dort wird ja — anders als bei den Beteiligungsformen (vgl. oben bb) — ein „staatlicher Schattenhaushalt" weder eingerichtet noch auch nur gespeist, es handelt auch gar nicht der Staat „in einer anderen Person" — sondern eben ein von ihm völlig getrennter Privater. Der Staat entgeht nicht durch „Formenmißbrauch" der Rechnungsprüfung; sein Fehler könnte allenfalls darin liegen, daß er selbst die Zuwendungsempfänger nicht sorgfältig genug ausgewählt hat oder daß er ihnen weiterhin etwas zukommen läßt, obwohl 249 Betont insbes. bei Vogel/Kirchhof, BK, Art. 114 GG, Rdnr. 115, anklingend auch schon bei Battis, U., D Ö V 1976, S. 721 (727), sowie bei Piduch (FN 169), § 104 BHO, 1. 250 251
r
Vogel/Kirchhof, aaO. Soldner (FN 244).
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Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
er erkennen müßte, daß die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt sind. Dies kann mit solcher Begründung geprüft werden, mehr aber nicht. Insofern macht es eben einen entscheidenden Unterschied, ob der Staat selbst sich in privaten Rechtsformen organisiert — hier muß er sich Prüfung auch in diesen gefallen lassen — oder ob er die „Erfüllung seiner Aufgaben anderen anvertraut" — genauer: sie ihnen übeiläßt, und dies ist der entscheidende dogmatische Unterschied: Die Privaten führen unstreitig keine „staatliche Auftragsverwaltung" durch, sie erfüllen nicht einmal „übertragene Aufgaben" i m Sinne des Verwaltungsrechts, sie nehmen nur ihre eigenen Aufgaben wahr und werden darin vom Staate legitimierterweise unterstützt, weil diese Aufgaben, welche ihre eigenen bleiben, Interessenparallelität mit dem Staat, nicht Interessenidentität mit seinen Belangen, aufweisen. Bei dogmatisch präziser Betrachtung liegt also insoweit weder die Schaffung von Schattenhaushalten noch eine finanzrechtliche Flucht aus dem Budget vor. Zu prüfen ist nur — und dies aber beim Staat allein —, ob er selbst hinreichend die Zuwendungswürdigkeit der Privaten überprüft habe. dd) Nur in einem Fall wäre also, aus dem Wesen staatlicher Rechnungsprüfung, überhaupt eine Prüfungstätigkeit bei Privaten zulässig: Wenn sich erweisen ließe, daß das staatliche Verhalten ohne Feststellungen bei Privaten oder gar deren voller Überprüfung, seinerseits nicht feststellbar wäre. Dies ist denn wohl auch der — erstaunlicherweise unausgesprochene, weil irgendwie als selbstverständlich unterstellte — Ausgangspunkt für alle Rechnungsprüfung Privater. Er ist nicht selbstverständlich, er überzeugt nicht einmal. Sicher läßt sich auf diese Weise ein höherer Sicherungsgrad öffentlicher Investitionen in private Tätigkeiten erreichen 2 5 2 — denn darum geht es im Grunde allein. Dies aber rechtfertigt Überprüfungen bei den Zuwendungsnehmem nicht, wie die naheliegende Parallele zu privater Investitionstätigkeit bei anderen Privaten beweist. Die Prüfung ihres Wirtschaftlichkeitsverhaltens wird sich sicher auch darauf erstrecken, unter welchen Voraussetzungen sie die Überprüfung ihrer Darlehensnehmer durchgeführt haben, wie genau diese war. Eine solche Prüfung bleibt aber stets auf den Bereich der Darlehensgeber beschränkt, wenn nicht außergewöhnliche Umstände vorliegen, insbesondere der Verdacht krimineller (gemeinsamer) Machenschaften. Die Wirtschaftsprüfer von Banken dürfen und werden doch nie auf den Gedanken kommen, das wirtschaftliche Verhalten, vielleicht gar die gesamte Wirtschaftsführung, aller Darlehensnehmer der Bank zu überprüfen — obwohl dann selbstverständlich „viel besser", vollständig überhaupt nur dann, die Wirtschaftlichkeit des Verhaltens auch der darlehengebenden Bank festgestellt werden könnte. Dabei 252
Vogel, K., DVB1 1970, S. 193 (199).
III. Die Überprüfung Privater
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geht es hier in aller Regel um rückzahlbare Beträge, so daß nicht weniger, sondern eher mehr an Sicherungsbedürfnis besteht als bei den meist „verlorenen" Subventions-Zuwendungen an Private im Staatsbereich. — Rückzahlbare Staatsförderung darf also, nach dieser evidenten Parallele, in ihrer Verwendung beim Empfänger nicht mit der ohnehin fragwürdigen Begründung geprüft werden, „nur daraus" lasse sich auf ordnungsmäßige Wirtschaftsführung beim Staat schließen. Sehr oft wird sich doch in der Praxis ergeben, daß die Gelder in den privaten Kanälen versickert sind, ohne daß die Vergabestelle dies vorhersehen oder gar hätte verhindern können. Dann bleibt von der ganzen negativen Feststellung der Rechnungsprüfung nur der Vorwurf gegenüber dem Privaten, kein Urteil über die Wirtschaftsführung des Staates. Da der Private aber, auch nach dieser Legitimation, nicht „eigentliches" Prüfungsobjekt ist, wäre die gesamte Prüfung umsonst gewesen. Ihr wohnt damit jedenfalls eine praktisch nicht zu verhindernde, überschießende und damit rechtswidrige Tendenz inne. — Bei nicht rückzahlbaren Zuschüssen ist eine solche Überprüfung Privater aus dem Begriff der Rechnungskontrolle der Staatstätigkeit noch weniger berechtigt. Hier fehlt sogar die Legitimation der Feststellung eines etwaigen Verlustes des staatlichen Rückforderungsanspruchs. Wenn hier aber eine Gefährdung der Staatsfinanzen durch hemmungslose „Subventionsgeschenke" verhindert werden soll, so hat die Rechtsprechung nur an einem Punkt einzusetzen, und dies kann effizient geschehen: Bei den staatlichen Vergabebedingungen, ihrer Beachtung durch die Vergabeinstanz. Sie muß nachweisen, daß sie geprüft hat, als sachnahe, in der Regel weit fachkundigere Behörde ist sie dazu jedenfalls besser in der Lage als der Rechnungshof. Sie hat durch Nachprüfung die sinnvolle Verwendung sicherzustellen; geschieht dies nicht, so ist sie zur Verantwortung zu ziehen, nicht der Zuwendungsnehmer zu prüfen. Die gegenwärtige Praxis führt oft zum Gegenteil dessen, was Art. 114 GG sicherstellen will: Private werden belastet, eben dadurch aber die Behörden entlastet — nachdem ja ohnehin der Rechnungshof auch die Privaten prüfen wird, können doch die Vergabebestimmungen allgemeiner, die Zwecke weniger bestimmt sein, ihre Erreichung darf dann weniger streng von der Vergabestelle überprüft werden. Offen wird denn auch zugegeben, gerade wenn Zwecke nicht hinreichend bestimmt seien, müsse um so weitergehend bei Privaten geprüft werden, bis hin zur Überwachung von deren gesamtem wirtschaftlichen Gebaren. 253 Richtig ist eine ganz andere Konsequenz: Derart allgemeine Förderungen sind an sich schon zu beanstanden, sie können sachgerecht weder von der Vergabe-, noch von einer späteren staatlichen 253 Grupp (FN 35), S. 118; Tiemann (FN 54), S. 93; Piduch (FN 169), § 91 HO, Rdnr. 8, unter Hinw. auf den Regierungsentwurf.
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Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
Rechnungsprüfungsinstanz überwacht werden. Rechnungsprüfung darf nicht zum A l i b i für unbestimmte Vergabebestimmungen werden. Je strenger aber etwa der Projektbezug i m einzelnen ist, desto leichter kann die Vergabestelle auch selbst die Verwendung nachprüfen, diese ihre Nachprüfung bei ihr — nicht beim Privaten — auch von der Rechnungsprüfung festgestellt oder beanstandet werden 2 5 4 . Das Fazit dieser Untersuchung kann nur sein: Eine Untersuchung des Verhaltens Privater durch die staatliche Rechnungsprüfung wird nicht durch den Verfassungsauftrag der Rechnungshöfe gedeckt. Ihre Zulässigkeit könnte sich lediglich aus einer — angeblichen, aber durchaus fragwürdigen — höheren Effizienz der Rechnungsprüfung ergeben, die sich auf solchen Wegen zeigen würde; für die Mittelverwendung mag dies wichtig sein, was die Zentralaufgabe der Rechnungshöfe, die Überwachung der Verwaltung, anlangt, so sprechen überwiegende Gründe gerade für die generelle Ungeeignetheit solcher Maßnahmen, damit wiederum für deren Rechtswidrigkeit. Vor allem aber: Aus höherer Effizienz allein können Befugnisse im Rechtsstaat nie abgeleitet werden, dieser würde damit zum „Durchgreifstaat" degenerieren.
Ergebnis Der Problemkreis „Rechnungsprüfung Privater" ist bisher, soweit ersichtlich, als solcher noch nicht vertiefend behandelt worden, insbesondere nicht hinsichtlich ihrer verfassungsrechtlichen Zulässigkeit. Weithin beschränkt sich das Schrifttum auf Darstellung der Rechnungsprüfung autonomer öffentlicher Rechtsträger, i m übrigen auf Kommentierung der HO, die solche Prüfungen zuläßt. Gegenstand der staatlichen Rechnungsprüfung ist allein das haushaltsrelevante Verhalten von Staatsinstanzen, nicht von Privaten, welche der Entlastung durch das Parlament nicht bedürfen (Art. 114 GG). Eine „Tradition" der Rechnungsprüfung Privater legitimiert diese nicht. Eine Rechnungsprüfung privater Zuwendungsempfänger kann nicht in Analogie zur Prüfung staatlicher Beteiligungen und von Staatstätigkeit in deren Rahmen „in privaten Rechtsformen" begründet werden: Hier ist immer noch „der zu prüfende Staat selbst" tätig, als Mit- oder gar Alleineigentümer der privaten, gemischtwirtschaftlichen Gesellschaften — als Zuwendunggeber reicht er aber nur Geld aus, hier droht keine „Flucht des Staates selbst ins Privatrecht". Die privaten Zuwendungsempfänger führen 254
Zutr. in diesem Sinn F röhler/Kormann
(FN 94), S. 8 ff.
III. Die Überprüfung Privater
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keine Auftragsverwaltung für den Staat durch, dieser überläßt ihnen lediglich Mittel, die in diesem Augenblick aus seinem Vermögen ausscheiden. Der geeignete, in §44 H O auch vorgezeichnete Weg der Sicherung zweckentsprechender Zuwendungsverwendung ist deren Prüfung durch die Vergabebehörden, deren Prüfung wiederum durch die Rechnungsprüfung. Durch deren Druck kann ausreichende Zuwendungsüberwachung ohne Rechnungsprüfung Privater sichergestellt werden. Legitim wäre als Rechnungsprüfimg Privater nur, wenn ohne sie Rechnungsprüfung beim Staat unmöglich wäre. Dies trifft ebensowenig zu, wie unter Berufung darauf der Wirtschaftsprüfer einer Bank deren sämtliche Darlehensnehmer i m einzelnen überprüfen dürfte. Die Feststellung des Fehlverhaltens Privater ist gar nicht wesentlich, sondern nur die eines Fehlers der Staatsinstanzen, die dies vorhersehen oder verhindern hätten können. Dies ist bei ihnen allein, nicht bei den Zuwendungsempfängern festzustellen. Rechnungsprüfung Privater dient sogar weniger dem Aufspüren staatlicher Fehler in der Praxis, als sie vielmehr als A l i b i für diese wirkt: Die Vergabebehörden beruhigen sich nicht selten bei mangelnder Vergabeklarheit damit, daß nachher ja die Rechnungsprüfung Fehlleitungen aufdecken werde. Durch den Verfassungsauftrag zur Rechnungsprüfung des Staates wird also eine solche bei Privaten nicht gedeckt. W i l l man nicht allein aus ihrer „Wirksamkeit" argumentieren, rechtsstaatswidrig die Mittel durch das Ziel rechtfertigen. Damit würde einem „Durchgreifstaat" das Wort geredet.
3. Zuweisung der Befugnisse zur Prüfung Privater durch Gesetz? a) Fragestellung — die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im VW-Fall aa) Die Befugnis, Private zu prüfen und darüber zu berichten, kann nach den bisherigen Ergebnissen dem Rechnungshof nur durch Gesetz zugewiesen werden. Nach der Festlegung der Prüfungs- und Berichtspflicht der Rechnungshöfe fährt Art. 114 Abs. 2 S. 3 fort: „Im übrigen werden die Befugnisse des Bundesrechnungshofs durch Bundesgesetz geregelt". Es fragt sich, ob dadurch gedeckt w i r d 2 5 5 — die Prüfung „bei" Zuwendungsempfängern (§91 Abs. 1 Ziff. 3 HO), — die Prüfung „der" Zuschußempfänger (§ 104 Abs. 1 Ziff. 1 HO). 255
Siehe dazu Heuer (FN 18), Art. 114, 52.
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Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
Ganz allgemein und lediglich unter Hinweis auf die Erforderlichkeit wird damit etwa das Prüfungsrecht nach §91 H O gerechtfertigt 256 . bb) Das BVerwG hat in der Entscheidung zur VW-Stiftung deren Prüfung damit gerechtfertigt 257 , daß Art. 114 Abs. 2 S. 3 GG zweifelsfrei sicherstellen wollte, „daß dem Rechnungshof durch einfaches Bundesgesetz Zuständigkeiten und Aufgaben übertragen werden können, die er bis dahin entweder aus Tradition, kraft Übertragung durch einfache Gesetze oder aufgrund von Vereinbarungen selbst oder durch seinen Präsidenten ausgeübt hatte 2 5 8 . Daraus folgt zugleich, daß die Prüfungsbefugnisse des Bundesrechnungshofs nicht auf die Vorbereitung der parlamentarischen Finanzkontrolle zur Entlastung der Bundesregierung begrenzt sind ... Wegen des notwendigen Zusammenhangs mit dem in Art. 114 Abs. 2 S. 1 und 2 GG umschriebenen Kernbereich der Aufgaben des Bundesrechnungshofs kann es sich bei dieser Rechnungsprüfung nur um eine Kontrolle von Finanzabläufen mit haushaltsmäßigem Bezug handeln. Eine solche Finanzkontrolle dient dem Schutz des öffentlichen Vermögens und darf sich i m Rahmen dieses Schutzzwecks auch auf Stellen außerhalb der staatlichen Verwaltung erstrecken, denen Verantwortung für das öffentliche Vermögen obliegt.... Ein berechtigtes Kontrollinteresse des Bundes ist i m Rahmen von Art. 104 Abs. 1 Nr. 4 BHO (allerdings) nur dort anzuerkennen, wo öffentliche Mittel im öffentlichen Interesse auf juristische Personen übertragen worden sind." b) Kritik
— Unzulässigkeit so allgemeiner Aufgabenübertragungen
Gegen eine Rechtfertigung der oben genannten Bestimmungen bestehen jedoch entscheidende Bedenken: aa) Fraglich ist schon, ob sich daraus auch ein Nachprüfungsrecht für alle Arten von Zuwendungen und Zuschüssen ergibt. Das BVerwG hatte über die Prüfung einer Instanz zu entscheiden, bei der wesentliche Teile des Bundesvermögens, in privatrechtlicher Form verselbständigt, auf Dauer verwaltet werden sollten; die VW-Stiftung war Eigentümerin dieser Mittel auf Dauer, ihr gesamter Haushalt funktionierte wesentlich über diese, insoweit konnte man sogar von einem „Schattenhaushalt des Bundes" sprechen. Wenn gegen Prüfung der Beteiligungen des Bundes nicht die gleichen Einwendungen bestehen wie gegen Zuwendungsprüfungen (vgl. dazu b, bb) bei Privaten oder gar hinsichtlich deren wirtschaftlichen Verhaltens, so mag einiges auch für 256 257
Piduch (FN 169), Art. 114, 22.
BVerwGE 74, S. 58 (60/61). Hinw. auf den schriftl. Bericht des Rechtsausschusses des BT, BT-Drucks 5/ 3605, S. 13. 258
III. Die Überprüfung Privater
105
die Zulässigkeit solcher Prüfungsunterwerfungen bei einer Institution sprechen, die insoweit eine volle, wenn auch autonome, „Tochter des Fiskus" ist. Ganz anders ist die Lage bei Empfängern von Zuschüssen oder Zuwendungen: Hier werden nicht öffentliche Mittel verwaltet, sondern ausgegeben. „Es entsteht keinerlei öffentlicher Schattenhaushalt". Die Entscheidung des BVerwG betrifft also die hier gestellte Frage gar nicht i m Kern. bb) Die Formulierungen der zitierten tragenden Gründe sind allerdings so weit, daß sie, aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit, nicht hingenommen werden können, wenn nicht eine wesentlich einschränkende Auslegung erfolgt. Der Begriff „Finanzabläufe mit wesentlichem haushaltsrechtlichem Bezug" kann an sich jedes Verhalten umfassen, das sich irgendwie in öffentlichen Haushalten niederschlägt. Das ist auch dort der Fall, wo privates Handeln oder Unterlassen irgendein Handeln oder Unterlassen von Staatsorganen zur Folge haben kann, das Kosten verursacht oder einspart. Vom Sicherheits- und Umweltverhalten der Bürger bis zu deren steuerrelevanten Betätigungen — es gibt kaum eine private Wirtschaftstätigkeit, die nicht für die öffentlichen Haushalte von Bedeutung wäre, man denke nur an die Tätigung von Umsätzen, bei welchen dann Mehrwertsteuer anfällt. Der Rechnungshof kann — natürlich — nicht alle diese „Finanzabläufe mit haushaltsmäßigem Bezug" bei Privaten kontrollieren. Dieser Begriff muß also einschränkend i m Sinne des „Schattenhaushalts" ausgelegt werden. Dasselbe gilt für die „Übertragung öffentlicher Mittel zu öffentlichen Zwecken auf Private". Ergibt sich bei einem bestimmten Verhalten eines Privaten für die Umwelt-, Polizei- oder Steuerinstanzen die Notwendigkeit, diesen Bürger zu beraten oder ihm zu helfen, werden ihm aber dabei, wie sehr oft, nicht alle entstehenden Kosten auferlegt, so sind damit „öffentliche Mittel i m öffentlichen Interesse auf ihn übertragen worden", sachliche wie persönliche, beim Staat sind Ausgaben angefallen, deren Wirtschaftlichkeit bei ihm zu prüfen ist — also dann, nach so weiter Auslegung, auch das Verhalten dieser Privaten, das dazu geführt hat, mithin das gesamte Bürgerverhalten — ein Absurdum! Wenn der Rechnungshof wirtschaftliches Verhalten, nicht nur wirtschaftliches Geldausgeben, prüfen soll, so kann für seine Prüfung Privater die Hingabe von Geldern als solche nicht befugnisbegründend wirken. Dann aber läßt auch die Entscheidung des BVerwG offen, nach welchen Kriterien hier allgemein abgegrenzt werden soll — es sei denn, man interpretiere den Begriff der „Finanzabläufe mit haushaltsrechtlichem Bezug" einschränkend i m Sinne einer „Verwaltung öffentlicher Mittel in Schattenhaushalten" — dann aber deckt sie die Prüfung Privater nach den §§91,104 BHO nicht mehr. cc) Der vom BVerwG erwähnte „Wille des Gesetzgebers u ist nur dann beachtlich, wenn er in Art. 114 Abs. 2S.3 GG schließlich Ausdruck gefunden
1 0 6 Β .
Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
hat. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Verfassung spricht nur von „Befugnissen", nicht von „Aufgaben". Zusätzliche Befugnisse können dem Rechnungshof nur i m Rahmen verfassungsrechtlicher Aufgabenstellung zugewiesen werden. Die Aufgabe ist aber klar — Prüfung staatlicher Instanzen, Berichterstattung an Regierung und Parlament, gerade nicht Prüfung Privater als solcher. Dies wäre eine neue Aufgabe, sie kann nicht durch Gesetz zugewiesen werden; denn gerade im Verfassungsgesetzgebungsverfahren wurde die Übertragung neuer Aufgaben ausdrücklich abgelehnt 259 . §103 H O ist also, als Zuweisung einer neuen Aufgabe, von der Verfassung nicht gedeckt. Dasselbe gilt für §91 (Prüfung „bei Privaten"): Zwar könnte man dies als ein reines Instrument zur Prüfung des Staates, damit also als eine „Befugnis" im Rahmen von Art. 114 Abs. 2 GG ansehen; doch eine solche ist, wie oben 2 ausführlich begründet, zur Erfüllung der Aufgabe gar nicht erforderlich — daher bleibt ihre Einräumung rechts-, verfassungswidrig. Art. 114 Abs. 2 GG zieht der Befugniseinräumung durch den Gesetzgeber einen rechtsstaatlichen Rahmen — Ausrichtung auf die Prüfung des Staates selbst. Nicht beliebige Zuständigkeiten dürfen also dem Rechnungshof zugewiesen werden, sondern nur solche, die seiner verfassungsrechtlichen Funktion entsprechen 260 , die Verwaltung der Bundesfinanzen und deren Wirtschaftlichkeit zu kontrollieren. dd) Daß der Verfassungsgesetzgeber nicht soviel an Kompetenzübertragung an den Rechnungshof ermöglichen wollte, wie es das BVerwG annahm, ergibt sich schließlich eindeutig aus der — ernst zu nehmenden! — redaktionellen Fassung. In Art. 114 Abs. 2 S. 3 GG heißt es nicht: „Weitere Zuständigkeiten können dem Rechnungshof durch Gesetz zugewiesen werden." Nur dann wären so weite Kompetenzen gedeckt. Vielmehr beschränkt er „im übrigen" den Gesetzgeber auf die Regelung dessen, was die vorhergehenden Sätze noch offenlassen — Prüfung Privater gehört gerade nicht dazu. Entscheidend ist endlich redaktionell, daß S. 3 noch zu Abs. 2 des Art. 114 GG gehört, nicht etwa einen selbständigen Absatz dieser Bestimmung darstellt. Angesichts der außerordentlich großen Bedeutung der Möglichkeit einer Rechnungskontrolle Privater — theoretisch/dogmatisch wie vor allem praktisch — könnte eine Befugnis zur Rechnungsprüfung Privater oder „bei Privaten" nicht einfach als „Annex der Prüfung der Wirtschaftlichkeit des Staatsverhaltens" geregelt werden — und dies hat auch ersichtlich nicht geschehen sollen.
259 Siehe Reger (FN 13), S. 345, der die Begründung der Regierungsvorlage als „ziemlich salopp" bezeichnet und ausdrücklich Zweifel anmeldet, ob dem Rechnungshof noch weitere Aufgaben zugewiesen werden dürfen. 260 Vogel/Kirchhof, Art. 114 GG, Rdnr. 111.
III. Die Überprüfung Privater
107
§ 91 Abs. 1 Ziff. 3 HO und § 104 Abs. 1 Zill. 1 HO sind also mit dem GG (Art. 114 Abs. 2 GG) nicht zu vereinbaren. Eine Prüfung „bei" Privaten ist ebensoweriig zulässig wie eine solche „der" Privaten.
Ergebnis Die Prüfung Privater durfte der Rechnungsprüfung auch nicht durch Gesetz (Art. 114 Abs. 2 S. 3 GG) gestattet werden (§§91,104 HO). Das BVerwG hat auf diesem Weg die Rechnungsprüfung bei der VW-Stiftung gerechtfertigt, weil der Verfassunggeber weitere Kompetenzzuweisungen an die Rechnungshöfe legitimiert habe („Kontrolle von Finanzabläufen mit haushaltsrechtlichen Bezügen"). Gegen eine solche Rechtfertigung der Rechnungsprüfung Privater vor der Verfassung bestehen jedoch entscheidende Bedenken. In dem vom BVerwG entschiedenen Fall lag die Sondergestaltung einer Stiftung vor, welche auf Dauer erhebliche Teile des Bundesvermögens zu verwalten hatte — hier mochte in der Tat etwas wie ein kontrollbedürftiger öffentlicher Nebenhaushalt entstanden sein. Bei Zuwendungen und Zuschüssen an Private allgemein gilt dies jedoch nicht. Wollte man diese „Legitimation" nicht, wesentlich einschränkend, nur auf solche Fälle beziehen, so könnte jedes private Verhalten grundsätzlich von der staatlichen Rechnungsprüfung kontrolliert werden, das Rückschlüsse auf (erforderliche oder unnötige) öffentliche Ausgaben zuläßt — das Sicherheits-, Umwelt-, Steuer- und ähnliches Verhalten der Bürger. Der vom BVerwG aufgrund eines wenig befriedigend formulierten Regierungsentwurfs angenommene „Wille des Gesetzgebers" ist so in der Neufassung des Art. 114 GG nicht zum Ausdruck gekommen. Danach dürfen nur „weitere Befugnisse" zugewiesen werden — Prüfung Privater wäre eine neue Aufgabe, Prüfung bei ihnen eine zur Prüfung des Staates nicht erforderliche Befugnis. Nur was der Staats-Prüfung dienen kann, darf dem Rechnungshof an Kompetenz überhaupt zugewiesen werden, das zeigt auch eindeutig die redaktionelle Fassung: Art. 114 Abs. 2 S. 3 GG ist nicht ein Abs. 3 dieser Vorschrift. § 91 Abs. 1 Ziff. 3 HO, § 104 Abs. 1 Ziff. 1 H O sind also mit Art. 114 Abs. 2 GG nicht vereinbar.
108
Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
4. Die Auffassungen zu den „Privatprüfungsbestimmungen" der H O — eher eine Begründung für deren Unzulässigkeit Dieses Ergebnis bestätigt eine Untersuchung der zu den HO-Bestimmungen über die Prüfung Privater vertretenen Auffassungen. a) Allgemeines
— Appelle zur Zurückhaltung
Bei der Behandlung der Prüfung Privater durch die Rechnungshöfe wird ganz allgemein das Bestreben deutlich, diese Prüfung in engeren Grenzen zu halten als bei staatlichen Behörden, ja sogar dort etwas wie besondere Prüfungsformen, Ziele und Maßstäbe zu entwickeln. Darin zeigt sich, ganz allgemein, nicht geringe Unsicherheit, ob dies denn überhaupt gerechtfertigt sei, aber auch der Versuch, die Problematik durch Berücksichtigung privater Besonderheiten wenigstens zu entschärfen. Ganz allgemein wird, gerade seitens der Rechnungsprüfer selbst, anerkannt, daß hier das Recht der privaten Sphäre besondere Fragen aufwerfe 261 , daß eine Geschäftsschädigung drohe 2 6 2 . Die früher gelegentlich anklingende Auffassung, wer sich nicht prüfen lassen wolle, solle eben keine Subventionen annehmen263, wird heute, soweit ersichtlich, nicht mehr vertreten, obwohl sie politisch noch immer effektvoll sein mag: Sie ist schon deshalb abwegig, weil nach ihr i m gesamten Bereich gewährender Verwaltung die Legalität durch den ordre de moufti ersetzt würde; und der Subventionsempfänger braucht nicht „Geld zu jedem Preis" aufzunehmen, sondern nur unter gesetz- und verfassungsmäßigen Auflagen. Mit bedenkenswerten Gründen wird, i m Zusammenhang mit der Prüfung autonomer öffentlicher Einrichtungen, betont, die Rechnungsprüfung dürfe nicht zu einer Denaturierung der Selbstverwaltung in der Wirtschaft führen 2 6 4 . Grundsätzlich könne es überhaupt die Rechnungsprüfung Privater nicht geben, denn Private seien nur Helfer der allein zu prüfenden Verwaltung, als solche unterlägen sie keinerlei Aufsicht 2 6 5 . Wenn aber schon geprüft werden solle, so seien Private nicht der für Staatsinstanzen verbindlichen Wirtschaftlichkeitskontrolle zu unterwerfen 266. (Diese) „wäre i m übrigen i m höchsten Maße dysfunktional, weil Grenze und Systemunterschied 261
Siehe etwa Hansmeyer u. a. (FN 48), S. 57/58, unter Berufung auf Schäfer; Sauer/Blasius, D Ö V 1986, S. 554 (556). 262 Soldner (FN 244), § 92, BHO, 34. 263 Etwa Bank, AöR 1955/1956, S. 261 (270). 264 Fröhler/Kormann (FN 94), S. 5 f. 265 266
Fröhler/Kormann, Fröhler/Kormann,
aaO., S. 4, 7. aaO., S. 7; Hansmeyer, u. a. (FN 48), S. 6.
III. Die Überprüfung Privater
109
zwischen privatem und öffentlichem Wirtschaften verwischt und private Entscheidungsprozesse und Geschäftsgebarungen nach Kriterien und Normen öffentlicher Finanzgebarungen beurteilt würden. Nicht ausgeschlossen ist damit freilich die Möglichkeit, zur Kontrolle der Verwaltung und der von ihr empfangenen und verwendeten Mittel sozusagen hilfsweise und ergänzend Unterlagen auch bei externen Empfängern öffentlicher Mittel einzusehen und zu prüfen" 267 . W o hier aber die Grenzen liegen, bleibt offen, auch dann, wenn man nur „punktuelle Überprüfungen" 268 zulassen will oder lediglich „in bestimmtem Umfang, z.B. als Quelle örtlicher Unterrichtung" 2 6 9 . Wenn schon bei gemischtwirtschaftlichen Unternehmen der Grundsatz gelten soll: Keine Wirtschaftsaufsicht 270 , so muß das für private Zuwendungsnehmer erst recht gelten. Die Forderung nach einer „gewissen Beschränkung" der Prüfung aber bleibt vage 2 7 1 , ebenso dann, wenn man zu einer Interessenabwägung zwischen Staat und Privaten raten w i l l 2 7 2 — hier würde überdies schwer Vergleichbares abgewogen. All dies sind Mahnungen zur Zurückhaltung bei der Rechnungsprüfung Privater, die dieser zwar keine dogmatisch klaren Grenzen ziehen, immerhin aber deutlich ein verbreitetes Unbehagen gegenüber solchen Prüfungsformen erkennen lassen. b) Voraussetzung der Gewährung von Zuwendungen (§§ 23, 44 HO, § 43 HGrG) — „institutionelle Förderung" und „Prüfung der gesamten Wirtschaftsführung" des Privaten aa) Die öffentlichen Mittel, welche die Geförderten im Ausgangsfall der Untersuchung erhalten haben, sind i m wesentlichen Zuwendungen i m Sinne von § 23 HO, da sie „Leistungen zur Erfüllung bestimmter Zwecke an Stellen außerhalb der Bundesverwaltung" betreffen. Die Zweckbindung ist hier begriffsnotwendig 273. Die sogenannte „institutionelle Förderung", d. h. die Überlassung von Mitteln an den Geförderten für dessen allgemeinen Haushalt, damit er etwa seine Organisation verbessere, wobei er aber selbst die Zwecke i m einzelnen zu bestimmen hat, kann „Zuwendung" im Sinne 267
Hansmeyer, u. a., aaO. So die Tradition nach Oppermann (FN 6), S. 69. 269 Schäfer (FN 120), S. 627. 270 Kirchhof, P., N V w Z 1983, S. 505 (514). 271 Menzel, E., D Ö V 1968, S. 593 (603); Gotham, R., Der Umfang der Prüfungskompetenz der Rechnungshöfe, 1969, S. 132. 268
272
Gotham, aaO. Zutr. Lange (FN 235), S. 284 m. Nachw.; vgl. auch Dommach (FN 18), § 23 BHO, 2;Piduch (FN 169), § 23 BHO, 4; zum Verhältnis von „Zuwendungen" und „Subventionen" siehe Piduch, aaO., 1 ; von Köckritz/Ermisch/Lamm, BHO, § 23, 3.7 — die begrifflichen Abgrenzungen i m einzelnen sind hier ohne Belang. 273
110
Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
der H O sein 2 7 4 ; dies ist aber nur dann anzunehmen, wenn eine „bestimmte Zweckbindung" auch hier ersichtlich ist, diese sich insbesondere aus den Zwecksetzungen des Geförderten selbst ergibt. Anderenfalls kommt nur eine Überprüfung des Geförderten durch den Rechnungshof nach § 104 H O in Betracht 275 . Damit kommt aber in die einfach-gesetzliche Ausformung der Rechnungsprüfung Privater von vorneherein eine erhebliche Unsicherheit Es ist nur schwer und durchaus nicht in allen Fällen absehbar, ob nun die Bindung an „bestimmte Zwecke", aus den Zielsetzungen des Geförderten mit solcher Eindeutigkeit abzuleiten ist, daß es sich um „Zuwendungen" handelt, eine Prüfung also nach §91 HO, nicht etwa nach § 104 H O zu erfolgen hat. Die Rechnungshöfe selbst legen nicht immer eindeutig klar, aufgrund welcher Bestimmung sie tätig werden wollen. Die Unterscheidung ist aber zumindest insoweit von Bedeutung, als man die „Prüfung bei" und die „Prüfung der" Empfänger nicht gleichsetzt (vgl. dazu allerdings krit. unten c, d), jedenfalls insoweit aber, als nach § 104 H O grundsätzlich, nach § 91 H O nur unter den Voraussetzungen von dessen Abs. 2, eine Prüfung der gesamten Haushaltsund Wirtschaftsführung zulässig ist — also dann, wenn der Rechnungshof sie für erforderlich hält. bb) Verständlich ist es also, daß die Geförderten auf die Annahme von Zuwendungen drängen, daher möglichst strenge Zweckbindungen der Leistungen fordern. Nur dann können sie erreichen, daß der Rechnungshof bei ihnen lediglich den Einsatz der Mittel zu diesen Zielen überprüft. Dennoch ist — jedenfalls nach dem geltenden Recht der H O — festzuhalten: Einen Rechtsanspruch auf derartige Zweckkonkretisierungen haben sie nicht; wenn sie ihnen ungenügend erscheinen, so können sie nur in Verhandlungen mit der Vergabegewalt eine strengere Zweckbindung zu erreichen suchen — oder die Zuwendungen ablehnen, was ihnen häufig gar nicht möglich sein wird. Auch liegt es oft gar nicht in ihrem Interesse, eine allzu weitgehende Zweckbindung selbst vorzuschlagen, weil ihnen dies gerade jene Flexibilität nimmt, welche sie aber zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen — wegen deren sie übrigens gerade auch vom Staat gefördert werden. Sie haben also hier nur die höchst problematische Wahl zwischen entweder einer eng zweckgebundenen Förderung, mit der Folge strenger Überprüfung durch den Rechnungshof, bis in die Einzelheiten der Verwendung hinein — damit wird sicher der eigentliche Grund ihrer Förderung beeinträchtigt, die private Tätigkeit; oder einer allgemeineren institutionellen Förderung ohne nähere Zweckbindung — dann erhalten sie sich zwar mehr Freiheit, müssen aber mit einer Totalüberprüfung ihrer gesamten Tätigkeit rechnen. In aller 274 275
Hansmeyer, u. a. (FN 48), S. 56; Piduch, aaO., S. 23 H O 2.2; Lange, aaO., S. 287. Lange, aaO.
III. Die Überprüfung Privater
111
Regel werden sie daher eine Piojektförderurig vorziehen, nicht ihre „allgemeinen Kosten" vom Staat bezuschussen lassen. Ganz entgehen sie damit allerdings nicht der Gefahr einer Prüfung ihrer gesamten Wirtschaftstätigkeit, denn nach der H O ist diese bei allen Zuwendungen, also auch bei der Projektförderung, zulässig (§91 Abs. 2 HO, vgl. i m folgenden c). Dies alles zeigt die Problematik Prüfung Privater:
des §91 HO überhaupt im Falle der
— Die Privaten haben keine rechtliche Möglichkeit, nähere Zweckbestimmung zu erzwingen, können eine solche nur anregen; — selbst wenn ihnen dieses gelänge, wären sie vor einer Totalüberprüfung nicht sicher. Das System der HO gibt also den Privaten keinerlei Sicherheit hinsichtlich des Ausmaßes der Überprüfung, sie müssen stets mit Totalkontrolle rechnen. Jeder Versuch rechtsstaatlicher, d. h. zwingender und voraussehbarer Begrenzung des Prüfungsgegenstandes, muß nach diesem System fehlschlagen. c) Prüfungsgegenstand bei Zuwendungen — „nach Entscheidung des Rechnungshofs" (§91 Abs. 2 HO) Der Prüfungsgegenstand wird bei Zuwendungen durch § 91 Abs. 2 H O umschrieben. Nach ihm „erstreckt" sich die Prüfung auf die bestimmungsmäßige und wirtschaftliche Verwaltung jedenfalls; sie kann sich darüber hinaus aber auch auf „die sonstige Haushalts- und Wirtschaftsführung des Empfängers erstrecken, soweit es der Bundesrechnungshof für seine Prüfung für notwendig hält" 2 7 6 . Es fragt sich, ob damit nach dem „Dammbruch" 2 7 7 des §91 Abs. 1 Nr. 3 HO, der ohne Beschränkung Private der staatlichen Rechnungsprüfung unterwirft, noch eine „Kanalisierung" erreicht werden kann. Nach dem klaren Wortlaut der Bestimmung ist dies nicht der Fall. § 91 Abs. 2 HO ermöglicht es dem Rechnungshof, den Prüfungsgegenstand immer dann auf das gesamte Wirtschaftsgebaren der Privaten auszudehnen, wenn er dies selbst „für erforderlich hält". W i l l man darin einen — sehr — allgemeinen Rechtsbegriff sehen 278 , so ist dieser eindeutig mit einem gerichtlich nicht nachprüfbaren Beurteilungsspielraum verbunden. Diese Weite des Prüfungsgegenstands (der Prüfungsvoraussetzungen) trifft hier überdies mit einer extre276
Allg. dazu Oppermann (FN 6), S. 69 ff. sowie die Kommentare zu § 91 BHO; zu Vorläuferbestimmungen Peucker, H. r Grundfragen neuzeitlicher Finanzkontrolle, 1952, S. 47 ff. 277 278
Hansmeyer, u. a. (FN 48), S. 62. Lange, aaO., S. 295.
112
Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
men Weite des Prüfungsmaßstabs (Wirtschaftlichkeit, vgl. oben II) zusammen und mit dem Ermessen, welches es dem Rechnungshof gestattet (vgl. § 89 Abs. 2 HO), von Prüfungen überhaupt abzusehen oder diese zu beschränken. Bei derartiger Weite des Norminhalts, nach Voraussetzungen wie Rechtsfolgen, sind an sich schon erhebliche Zweifel an dessen rechtsstaatlicher Bestimmtheit begründet. Es wird hier denn auch bereits nachdrücklich die Frage der Verfassungswidrigkeit gestellt 279 . aa) Eine Einschränkung der Prüfung soll sich nun daraus ergeben, daß nur bei institutioneller Förderung, wo eben die Zweckbindung nicht konkretisiert sei, auch die gesamte Haushalts- und Wirtschaftsführung des Privaten überprüft werden dürfe 2 8 0 , nicht aber bei Projektförderung. Würden Zuwendungen zur Deckung der Generalkosten vom Staat vergeben, so müsse eben auch die gesamte Wirtschaftsführung des Zuwendungsnehmers überprüft werden, weil sonst die bestimmungsgemäße Verwendung nicht festgestellt werden könne. Dies überzeugt nicht Im Rahmen von §91 HO dürfen überhaupt nur Zuwendungen geprüft werden. Dafür ist aber stets, begrifflich, Voraussetzung, daß die Zwecke bestimmt sind, und sei es auch nur in rahmenmäßiger, wenig konkretisierter Form (vgl. oben b, aa). Eine Mitfinanzierung von Generalkosten kann es also nur geben, soweit solche Zwecke sich aus den statutarischen oder wenigstens aus den organisatorischen Zwecksetzungen bei den Privaten mit hinreichender Bestimmtheit ablesen lassen. Dann aber darf auch wiederum nur nachgeprüft werden — nach der Systematik der H O selbst — ob die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Privaten auf diese Zwecke gerichtet war, sie kann also nicht „als solche" ohne diesen Zweckbezug, überprüft werden. Eine „volle" Prüfung wäre dann jedenfalls unzulässig. M a n kann jedoch §91 Abs. 2 HO nicht so weit einschränkend auslegen. Aus dieser Bestimmung ergibt sich keinerlei Anhaltspunkt für eine Beschränkung. § 91 Abs. 2 S. 1 H O verlangt an sich schon — also auch bei institutioneller Förderung — eine solche Zweckprüfung; sie ist dort auch, wenn auch in einem weiteren Sinn, grundsätzlich möglich. S. 2 wollte jedoch eindeutig darüber hinausgehen, nur dies kann der Sinn dieser Norm sein — also ist hier doch die zweckunabhängige Totalüberprüfung gemeint, anderenfalls wäre dieser Satz inhaltslos. Damit aber ergibt sich ein unlösbarer Widerspruch innerhalb der Norm des §91 HO selbst — einerseits Zuwendungsprüfung, also nur Zweckprüfung — andererseits Totalüberprüfung. Man könnte diesen Widerspruch nun so aufzulösen versuchen, daß man liest „soweit dies der Rechnungshof für diese seine Prüfung (nämlich die 279
Fröhler/Kormann (FN 94), S. 126. Häufig im Schrifttum vertretene Auffassung, vgl. etwa Hansmeyer, u. a. (FN 48), S. 63; Tiemann (FN 54), S. 93; vonKöckritz (FN 273), § 1 BHO, 3; Grupp (FN 35), S. 118. 280
III. Die Überprüfung Privater
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Zweckprüfung nach S. 1) für erforderlich hält." Dem steht aber entgegen, daß sich aus der Bestimmung selbst keinerlei Anhaltspunkt für eine solche Beschränkung ergibt, und daß die Hinzufügung des Satzes, der dann kaum Sinn hätte, eben doch für das Gegenteil spricht. Eine solche Einschränkung müßte also contra legem erfolgen, eine Ergänzung der H O wäre unumgänglich. Daß sich der Rechnungshof selbst praktisch so verhält, ändert daran nichts, er ist zwar der Norm unterworfen, könnte sie aber jederzeit zu voller Prüfung in Anspruch nehmen. Selbst eine solche Einschränkung auf Zweckprüfung wäre übrigens praktisch schwer möglich, wenn man die Zwecke so weit faßt, wie dies aber bei institutioneller Förderung erforderlich wäre; in ihrem Fall würde es also praktisch doch zu einer Totalprüfung bei den Privaten kommen. Nicht nur im Falle der Projektförderung kann Wirtschaftsführung der des §91 Abs. 2 HO kann tiert werden.
institutionellen Förderung, sondern auch bei jeder also der Rechnungshof die gesamte Haushalts- und Zuwendungsempfänger stets überprüfen, die Norm nur geändert, nicht aber einschränkend interpre-
bb) Die grundsätzliche Ausweitung der Rechnungsprüfung in §91 HO zur Totalprüfung Privater läßt sich nicht aus der „Verfahrensautonomie" des Rechnungshofs (§ 94 Abs. 1 HO) begründen 281. Diese beschränkt sich auf die Gestaltung des Verfahrens 282, hier aber geht es um die Bestimmung des Verfahrensgegenstandes, nämlich der zu prüfenden Vorgänge, weder um „Zeit" noch um „Art" der Prüfung; dies bedarf keiner Vertiefung, ergibt sich vielmehr aus allgemeinen Grundsätzen: Bei Beschlagnahmen etwa muß selbstverständlich zwischen dem unterschieden werden, was beschlagnahmt werden darf und der A r t und Weise, wie dies zu geschehen hat. Nun könnte man einwenden, „Gegenstand" sei bei §91 HO stets „das Verhalten der Staatsorgane", der zuwendunggebenden Stellen, also sei alles andere, auch bei Überprüfung des gesamten Wirtschaftsgebarens, doch nur ein „Instrument" dafür. Dem steht jedoch der Wortlaut entgegen: „Erstrecken" bezeichnet den Prüfungsraum, den Gegenstand, nicht die A r t der Kontrolle. Die Unterscheidung von „Prüfung bei" und „Prüfung der" Privaten ist ohnehin problematisch (vgl. im folgenden d). Rechtsbeeinträchtigungen bei diesen Privaten sind keineswegs auszuschließen (vgl. unten IV) ; sie erfolgen durch die Feststellungen bei ihnen, nicht dadurch, daß sie in einem gegen andere (die Staatsinstanzen) gerichteten Verfahren in Mitleidenschaft gezogen werden. Der Verfahrensbegriff würde anderenfalls überdehnt, die Grenze zwischen „Prüfungsverfahren" und „Prüfungsgegenstand" völlig verwischt, durch Anwendung eines dogmatischen Kunstgriffs. 281 282
8 Leisner
Zu dieser vgl. Tiemann (FN 54), S. 120; Grupp (FN 35), S. 167. Siehe Haverkate, G., AöR 107, 1982, S. 539 (547).
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Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
Damit bleibt es bei der Feststellung, daß nach geltendem Recht der Rechnungshof nicht nur sein Verfahren, sondern auch seinen Prüfungsgegenstand weitgehend frei bestimmen kann. Damit aber ist er „Herr seiner Kompetenz u, Privaten gegenüber, niemand kann ihn hier wirksam beschränken. Dieses Ergebnis ist rechtsstaatlich unerträglich: Die Legalität verbietet es, daß ein Staatsorgan, und dazu noch ein so wichtiges, mit richterlicher Unabhängigkeit ausgestattetes, seine eigenen Kompetenzen in derartigem Umfang selbst bestimmt, denn um nichts anderes handelt es sich 263. d) Prüfung „bei" Privaten — Prüfung „der" Privaten Eine Legitimation der Prüfung Privater nach § 91 H O könnte sich daraus ergeben, daß nach wie vor nur das staatliche Verhalten festgestellt werden dürfe, aber eben „bei" den Privaten 284 . Die Prüfung Privater wäre dann nur ein „Erkenntnismmittel" gegenüber dem Staat. Wenn dem so wäre, Private also als solche hier gar nicht geprüft werden dürften, darin müßte daraus eine Folgerung gezogen werden: Private dürften dann als solche in den Feststellungen der Rechnungshöfe überhaupt nicht vorkommen, völlige Anonymisierung der Prüfungsergebnisse bei ihnen wäre zwingend geboten. Die gesamten Formulierungen eines solchen Berichts müßten durchgehend sicherstellen, daß allein das Fehlverhalten der Verwaltung recherchiert und gerügt würde. Daran aber halten sich die Rechnungsprüfer, wie gerade die Anlaßfälle zeigen, offenbar nicht; und es wäre dann ja nicht nur self-restraint, Zurückhaltung nötig — „Private müßten völlig aus den Berichten verschwinden". Es ist aber fraglich, ob dies praktisch überhaupt möglich ist. Sicher könnte die Rechnungsprüfung stärker anonymisieren, sich der naheliegenden Versuchung entziehen, „skandalöses privates Verhalten" als solches, in welcher Form immer, anzuprangern. Und dies wäre der einzige Weg, auf dem §91 HO vor dem Verdikt der Verfassungswidrigkeit wegen Verstoßes gegen Art. 114 GG überhaupt zu retten wäre. Doch damit wäre gerade wieder — unterstellt eine solche Prüfung sei erforderlich, um den Staat zu kontrollieren — weithin der Sinn der Prüfung „bei" Privaten in Frage gestellt: Die geprüften Staatsinstanzen würden diese Feststellungen anzweifeln, der Rechnungshof könnte sie nicht beweisen.
283 Dies zeigt schon etwa ein Umkehrschluß aus der Verfassungsautonomie des BVerfG, vgl. dazu Zembsch, G., Verfahrensautonomie des BVerfG, Diss., Erlangen 1971. 284 So etwa Hansmeyer, u. a. (FN 48), S. 50,69 f.; Tiemann (FN 54), S. 92; siehe auch Haverkate, G., AöR 107 (1982), S. 539 (545 ff.).
III. Die Überprüfung Privater
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„Bei Privaten" kann also i m Ergebnis nur bedeuten, daß eben diese Privaten doch genauso im Bericht vorkommen wie der Staat, mögen Rügen ihnen gegenüber auch „zurückhaltender" ausfallen. Die entscheidenden Nachteile, der Geschäftsschädigung insbesondere (vgl. dazu unten IV, 2) hätten sie dennoch zu tragen. Die Unterscheidung „bei" Privaten und „der" Privaten ist künstlich, praktisch völlig sinnlos. Sie erweist sich als ein — weiterer — juristischer Kunstgriff, als dogmatische Fiktion ohne jede Realitätsgehalt. Bezeichnenderweise ist es denn auch nirgends gelungen, daraus klare rechtliche Folgerungen zu Gunsten der Privaten abzuleiten. § 91 H O ermöglicht also eine Prüfung der Privaten, nicht nur „bei" ihnen, und zwar in vollem Umfang, nach der unnachprüfbaren Beurteilung seitens des Rechnungshofs selbst. Dies widerspricht in eklatanter Weise der Rechtsstaatlichkeit und kann auch, wegen Verschiebung des Prüfungsgegegenstandes, vor Art. 114 GG nicht bestehen. Es bestätigt sich daher das Ergebnis zu 3: § 91 H O ist nicht verfassungskonform einschränkbar und daher verfassungswidrig. e) § 104 HO — Prüfung von juristischen Personen des Privatrechts bei Zuschußgewährung — ebenfalls problematisch § 104 H O bezieht sich nicht auf Zuwendungen, d. h. auf zweckgerichtete Zuschüsse; seine Anwendung in den Anlaßfällen wird also in aller Regel ausscheiden. Hier soll eine Prüfung „der Privaten" stattfinden, weil offenbar der Exekutive mißtraut wird, daß sie die Staatsinteressen hinreichend durch privatrechtliche Gestaltungen wahrnehme, es soll hier eine Flucht des Staates selbst in privatrechtliche Formen verhindert werden 2 8 5 . Die systematische Stellung der Vorschrift ist unklar 2 8 6 , sie ist einerseits nur auf juristische Personen anwendbar, andererseits sollen die Prüfungsbefugnisse hier doch wieder kumuliert mit anderen (etwa § 92 HO) wahrgenommen werden dürfen. Es fragt sich, ob es jenseits der grundsätzlich gerechtfertigten Überprüfung staatlicher Betätigung bei privatrechtlichen Unternehmen (§ 92 HO) einer solchen zusätzlichen Bestimmung überhaupt noch bedarf, um die „Lückenlosigkeit" der Rechnungsprüfung sicherzustellen: Hier kann dann nicht nur „die staatliche Betätigung", sondern das gesamte Verhalten der Gesellschaft überprüft werden. Dies ist sicher noch eher zulässig als eine Totalprüfung nach § 91 Abs. 2 HO, denn immerhin ist in diesem Falle ja „der Staat dort selbst tätig", schafft etwas wie „Schattenhaushalte" mit seinen Finanzmitteln (vgl. dazu oben 2, b, bb), hat als solcher Einfluß auf die Gesellschaft, die eben in diesem Sinn „gemischt"-wirtschaftlich ist, nicht schlechthin als „Private" dem Staat gegenübersteht. 285 286
8*
Hansmeyer, u. a., aaO., S. 65. Soldner (FN 244), § 92 BHO, 36.
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Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
Dennoch könnte auch hier eingewendet werden, alles Erforderliche könne i m Wege der „Betätigungsprüfung" festgestellt werden, § 104 H O gehe darüber, in unnötiger und verfassungswidriger Prüfung Privater, hinaus. Die gegen diese Norm geäußerten Bedenken — gerade aus einer Ablehnung der Rechnungsprüfung „der" Privaten heraus 287 , sind aber durchaus bedenkenswert. Dann gilt dies jedoch erst recht für die Prüfung „bei" Privaten, an deren Tätigkeit sich der Staat nicht in solcher Weise beteiligt, die aber, wie dargelegt (oben d), eben doch nach § 91 H O i m Ergebnis ebenso erfolgt. f) Subventionszweck: auch Förderung der Autonomiekräfte
der Privaten
Eine staatliche Rechnungsprüfung Privater ist nicht zulässig. Sie wird auch nicht allein durch die Höhe der hier ausgereichten Mittel schon begründet, die dabei nicht selten betont wird 2 8 8 . Die H O sieht zwar, grundsätzlich durchaus sachgerecht — eine Nachweisverpflichtung und ein Prüfungsrecht der Vergabestelle vor (§ 44 Abs. 1 HO). Dieses muß dann aber auch, nach Art. 114 GG, alleiniger Prüfungsgegenstand der H O sein. Sollte es nun aber einmal nicht gelingen, die Zweckerreichung genau zu überprüfen, so darf dies nicht sogleich als eine haushaltspolitische Katastrophe, als ein Abfall von der „lückenlos zu gewährleistenden Rechnungsprüfung" angeprangert werden. Vielmehr sollte man sich auf den Subventionsbegriff selbst besinnen 2 8 9 : Hier werden Mittel ohne marktwirtschaftliche Gegenleistung vergeben. A n deren Stelle tritt in der Regel die Förderung bestimmter Verhaltensweisen beim Geförderten. Gewiß hat sich dahin der Subventionsbegriff immer mehr entwickelt; es mag darin allerdings auch das tiefe Mißtrauen ordnungspolitisch orientierter Ökonomen gegen alle Subventionen mitschwingen, die so eben doch noch „etwas wie eine Gegenleistung", damit aber ein Minimum an Marktkonformität bei den Subventionierungen sichern wollen. Dies darf jedoch nicht übersteigert werden, und solche Auffassungen binden auch den demokratischen Subventionsgeber nicht, schon gar nicht i m Bereich jener sozialen Leistungen, die sich ohnehin marktökonomischer Beurteilung weithin entziehen. Es muß, gerade hier, auch eine andere Seite des Subventionsbegriffs gesehen werden: Staatliche Förderung der Privatheit an sich, privater Autonomie; dies fügt sich ja auch nahtlos in den ordnungspolitischen Rahmen der Ökonomie ein. Wenn der Staat-Grenzland- oder Berlinförderung gewährt, so verlangt er zwar auch die Beachtung 287
Oppermann (FN 6), S. 73 f.; Vogel/Kirchhof, BK, Art. 114 GG, Rdnr. 134; Hansmeyer, u. a. (FN 48), S. 71 f.; Piduch (FN 169), § 104 HO, 1 c. 288 Siehe etwa Heuer (FN 18), § 91 HO, 6. 289 Vgl. Hansmeyer, u. a. (FN 48), S. 53.
III. Die Überprüfung Privater
117
von Vorgaben; aber nicht die Verhaltenslenkung der Privaten ist sein primärer Zweck, sondern — einfach — die Stärkung privater Wirtschaftseinheiten in diesen Bereichen. Dies darf nicht aus den Augen verloren, es muß bei öffentlich-rechtlichen Trägern 290 , erst recht bei Privaten beachtet werden: Wenn der Staat sie, etwa in der freien Wohlfahrtspflege, stärkt, so darf es ihm genügen, rahmenmäßig den sinnvollen Einsatz der Mittel zu überwachen, weil er i m übrigen ein gewisses „Subventionsvertrauen" walten lassen darf, und nicht mit der Prüfungshand wieder nehmen sollte, was er mit der Subventionshand gegeben hat. Geht man davon aus, so rechtfertigt sich das hier gewonnene Ergebnis — keine staatliche Rechnungsprüfung Privater — auch aus allgemeinen Grundsätzen des Subventionsrechts. Und es muß stets gelten: Lieber gar keine Subventionen, als Subventionsdirigismus.
Ergebnis Nähere Betrachtung der HO-Bestimmungen über die staatliche Rechnungsprüfung Privater bestätigt deren grundsätzliche Unzulässigkeit. Verbreitet zeigt sich Unsicherheit und das Bestreben, diese Kontrollen in engen Grenzen zu halten; die Besonderheiten privaten Wirtschaftens werden betont, klare Schranken der Rechnungskontrolle aber nicht entwickelt. „Zuwendungen" an Private dürfen nur zu „bestimmten Zwecken" gegeben werden (§91 HO); dennoch sollen hier auch globale Zuschüsse, im Sinne „institutioneller Förderung", zulässig sein, wenn sich die Zwecke aus den Zielen oder gar allein aus der Organisation der Geförderten ergeben. Dies führt zu erheblicher Unsicherheit, ob eine „Zuwendung" vorliegt, und ob nach § 91 H O — oder etwa nur im Rahmen von § 104 HO — geprüft werden darf. Die Zuwendungsnehmer versuchen verständlicherweise, Projektförderung statt institutioneller Förderung, unter möglichst klarer Zwecksetzung, zu erreichen, haben aber keine rechtliche Möglichkeit, dies durchzusetzen. Praktisch bleibt ihnen nur die problematische Wahl zwischen einengender Zweckfestlegung und „Totalprüfung" ihres ganzen Wirtschaftsgebarens. M i t letzterer müssen sie aber immer rechnen. Nach § 91 Abs. 2 H O kann der Rechnungshof die Prüfung auf die gesamte Haushalts- und Wirtschaftsführung der Privaten erstrecken. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist dies stets möglich. Eine Beschränkung dieser Erweiterung auf nicht streng zweckgebundene, insbesondere „institutionelle" Förderung mag praktiziert werden, wird aber durch den Wortlaut des Gesetzes nicht gedeckt. Auch institutionelle Förderung über Zuwendungen 290 Fröhler/Kormann cher Träger.
(FN 94), S. 34 ff. zur „Autonomiestärkung" öffentlich-rechtli-
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Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
ist ja nur bei Zweckbestimmtheit überhaupt möglich, die also stets zu prüfen ist (§ 91 Abs. 2 S. 1 HO). S. 2 wollte darüber ersichtlich hinausgehen; insoweit ist übrigens die Vorschrift in sich widersprüchlich (Zuwendungsprüfung begrifflich nur als Zweckprüfung — und doch in ihrem Rahmen „zweckgelöste Totalprüfung"?). Die Prüfungserstreckung auf das ökonomische Gesamtverhalten des Privaten (§91 Abs. 2 HO) läßt sich nicht aus einer Verfahrensautonomie des Rechnungshofs (vgl. §94 Abs. 1 HO) begründen: Hier wird der Prüfungsgegenstand erweitert („erstrecken"). Dies kann auch nicht nur als ein „Mittel zur Prüfung des Staates" gesehen werden; die Privaten sind hier — ebenfalls — die „eigentlich Geprüften". Dies darf nicht durch einen juristischen Kunstgriff verunklart werden. Nach geltendem Recht kann also der Rechnungshof Prüfungsverfahren, wie sogar Prüfungsgegenstand, weitestgehend selbst bestimmen. Dies ist mit der Rechtsstaatlichkeit unvereinbar. Prüfung „bei" Privaten (§91 HO) und „der Privaten" (§ 104 HO) sind, nach den Wirkungen auf diese, identisch, die Unterscheidung ist künstlich, eine realitätsferne Fiktion — es sei denn, die Privaten „kämen in den Berichten der Rechnungshöfe nicht vor" ; dann aber hätte es auch kaum Sinn „bei ihnen" zu prüfen. § 104 H O bezieht sich wesentlich auf die Tätigkeit des Staates in juristischen Personen, ist also i m Bereich der Freien Wohlfahrtspflege gegenüber den privaten Trägern nicht anwendbar. Gegen die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift bestehen aber ebenfalls begründete Bedenken, weil sie über die — berechtigte — Prüfung der staatlichen Beteiligungstätigkeit (§92 HO) hinausgeht und daher mit Art. 114 GG unvereinbar ist. Jedenfalls aber ist § 91 Abs. 1 Ziff. 3 H O in Verbindung mit Abs. 2 H O aus demselben Grund sowie wegen Verstoßes gegen die Rechtsstaatlichkeit (Verletzung des Bestimmtheitsgebots, innere Widersprüchlichkeit) verfassungswidrig. Eine staatliche Rechnungsprüfung im privaten Bereich ist generell unzulässig. Dieses Ergebnis widerspricht auch nicht dem Subventionsbegriff. Dieser verlangt nicht in jedem Fall dirigistische Wirkungen als Ersatz fehlender Gegenleistungen. Vielmehr kann der berechtigte Sinn — in einem gewissen „Subventionsvertrauen" — bei den Zuwendungen durchaus darin liegen, Autonomie, private Leistungsfähigkeit, allgemein bei den Geförderten zu stärken.
III. Die Überprüfung Privater
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5. Schranken von Aufsicht und Rechnungsprüfung im Sachbereich Wohlfahrtspflege Beschränkte Staatsaufsicht Die Träger der Freien Wohlfahrtspflege erfüllen keine Staatsaufgaben, sie üben vielmehr eigenständige gesellschaftliche Tätigkeit in privater Freiheit aus. Dies ist ihnen grundsätzlich durch die Verfassung gewährleistet 291 . Dadurch wird eine Staatsverantwortung im Sachbereich „Wohlfahrtspflege" allerdings nicht ausgeschlossen 292 . Nach einem — bereits sehr weitgehenden — Verständnis dieser staatlichen Verantwortung, wie es aber wohl der sozialrechtlichen Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte zugrunde liegt und vor allem in der Krankenhausgesetzgebung zum Ausdruck gekommen ist, hat der Staat ein funktionierendes System der gesellschaftlich-staatlichen Wohlfahrtspflege insgesamt zu gewährleisten; er darf nur dort selbst eingreifen, wo dies nach seiner pflichtgemäßen Beurteilung geboten ist. Für die Zusammenarbeit Staat — Private gilt das Subsidiaritätsprinzip und der bedingte Vorrang der Freien Wohlfahrtspflege (vgl. etwa § 17 Abs. 3 SGB I, §§ 10, 93 BSHG). Darüber hinaus hat er das Recht und sogar die sozialstaatliche Pflicht, die Aktivitäten der Freien Wohlfahrtspflege durch Planung, Förderung, Strukturregelungen und Aufsicht so zu orientieren, daß er damit seine Garantieverpflichtung erfüllen kann 2 9 3 . Dies erlegt ihm gerade bei der Aufsicht, welche ja die Voraussetzung jeder Rechnungsprüfung ist — sie darf nur überprüfen, was der Staat auch zu verantworten hat — besondere Beschränkungen auf: „Im Unterschied zu den Fällen der Übertragung von staatlichen Aufgaben, bei denen wegen ihres hoheitlichen Charakters oder kraft Gesetzes die Durchführungsverantwortung beim Staat liegt, so daß das Erfordernis demokratischer Legitimation notwendig eine gestaltende Aufsicht fordert, ist bei der Überlassung öffentlicher Aufgaben, deren Wahrnehmung dem Staat gerade von Verfassungs wegen entzogen bleiben muß, die Aufsicht eine nur verantwortende, die die Verwirklichung dieser Aufgabe lediglich sichern soll; soweit dies durch die staatliche Einflußnahme gefährdet wird, ist das Ausmaß staatlicher Aufsicht eingeschränkt" 294 . Mit überzeugender Begründung wird die Ansicht vertreten 2 9 5 , daß diese Staatsaufsicht über die Freie Wohlfahrtspflege daher nur in gesetzlich besonders geregelten Fällen zulässig ist. Dies kann für eine Verwendungs291 292
BVerfGE 22, S. 186 (203 f.).
Grundsätzlich dazu m. Nachw. Wegener, R., Staat und Kirche i m Sachbereich Wohlfahrtspflege, 1978, S. 289. 293 Wegener, aaO., S. 289. 294 Wegener, aaO., S. 290. 295 Wegener, aaO., S. 291.
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Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
kontrolle nach § 44 H O insoweit angenommen werden, als bei der Vergabe zu bestimmten Zwecken eine entsprechende Kontrolle der Verwaltung über die Mittelverwendung vorzusehen ist. Die Verwaltung darf aber nicht diese Aufsicht zu einer faktischen 296 oder gar rechtlichen Staatsaufsicht über die gesamte Betriebsführung der Wohlfahrtseinrichtung ausweiten. Dies könnte auch bei institutioneller Förderung nicht mit der Begründung geschehen, es sei eben die zweckentsprechende Verwendung der öffentlichen Mittel seitens der Verwaltung nur zu überprüfen, wenn festgestellt werde, daß jene Gesamtorganisation, der sie ja zugute komme, zweckentsprechend arbeite — also müsse diese in vollem Umfang überwacht werden; denn Mittel, welche von Privaten für eine unwirtschaftlich arbeitende Organisation eingesetzt würden, könnten nie selbst wirtschaftlich verwendet werden. Das ist ein Kurzschluß, der auch der H O widerspricht. W i r d eine institutionelle Förderung einem freien Träger der Wohlfahrtspflege zur Verbesserung seiner Organisation gewährt, so setzt dies voraus, daß hier der Zweck die vom Geförderten geschaffene Organisation selbst ist, daß der Private jedenfalls die von ihm verfolgten wohltätigen Zwecke durch diese seine Organisationsstrukturen selbst bereits konkretisieren darf und dies auch getan hat. Hier kann nur evidente Zweckverfehlung, welche auf eine Setzung von Scheinzielen hinausläuft, zu Lasten der Geförderten berücksichtigt werden — ihnen ist dann eben die Förderungswürdigkeit abzusprechen. Im übrigen aber ist die Zuwendung nurmehr daran zu messen, ob sie dieser Organisation sachgerecht zugeführt wird, allenfalls noch daran, ob sie deren Wirtschaftlichkeit gesteigert hat. Die Wirtschaftlichkeit der Organisation als solcher, die Frage also, ob diese auf den Wohlfahrtszweck ausgerichtet arbeite, kann die Verwaltung nicht i m einzelnen in ihre Prüfung einbeziehen, da sonst die Freiheit des Trägers verloren ginge. Es würde damit eine A r t von „besonderem Gewaltverhältnis zwischen Zuwendunggeber und Geförderten geschaffen" 297 . Überdies würde hier die Verwendungskontrolle als Instrument der Leistungsverwaltung zur Aufsicht als Mittel der Eingriffsverwaltung; die Wirtschaftlichkeitsüberprüfung der gesamten freigemeinnützigen Tätigkeit würde zur allgemeinen, flächendeckenden Lenkungsauflage 298 . Die H O selbst geht davon aus, daß die Prüfung der gesamten Haushalts- und Wirtschaftsführung ein Mehr und ein A l i u d ist gegenüber der Zweckprüfung, wie weit immer diese ausgedehnt werden mag — dies ergibt sich gerade aus § 91 Abs. 2 S. 1 H O (vgl. dazu oben 4, c, bb). Wenn aber — und dies ist nun die wesentliche Folgerung — die Überprüfung der freigemeinnützigen Träger sich seitens der Verwaltung, nach § 44 HO, schon nie auf die gesamte Haushalts- und Wirtschaftsführung er296 297 298
Wegener, aaO. Siehe dazu Ipsen, H. P., W D S t R L 25 (1967), S. 300. Zu diesem Begriff Leisner, W., Die Lenkungsauflage, 1982.
IV. Grundrechtsverletzung durch Rechnungsprüfung
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strecken darf, so kann diese auch nicht dem Rechnungshof überlassen werden: Seine Befugnisse können nirgends weiter gehen als die der von ihm primär, nach dem vorstehenden Ergebnis allein, geprüften Vergabeinstanz 299. Ergebnis Speziell für die Freien Wohlfahrtseinrichtungen ergibt sich aus deren grundsätzlichem Standort i m Sozialstaat, daß sie aus eigenem Recht und in eigener Zwecksetzung tätig werden. Der Staat hat lediglich eine Gesamtverantwortung für das Funktionieren der Wohlfahrtspflege. Diese ermächtigt ihn auch zu einer Aufsicht, die sich aber auf Gewährleistung der Aufgabenerfüllung beschränkt, in letztere nicht i m Detail eingreifen darf. Dies sind auch Schranken für ein nach § 44 H O vorzusehendes Überprüfungsrecht der Vergabebehörde selbst: Sie darf vor allem nie die gesamte Haushalts- und Wirtschaftsführung des Geförderten Freien Trägers überwachen, weil sonst Förderung zum lenkenden Eingriff, „Wirtschaftlichkeit" zur übermäßigen Lenkungsauflage denaturiert würde. Insbesondere ist dies auch bei institutioneller Förderung nicht zulässig, etwa mit der Begründung, Zuwendungen für „unwirtschaftlich arbeitende Organisationen" seien stets unwirtschaftlich verwendet — die Wirtschaftlichkeitsrelation der privaten Organisation zu eigenen Zwecken beurteilt grundsätzlich der Freie Träger selbst; verfolgt er ersichtlich nur scheinbar den vorgegebenen Zweck, so ist ihm ohnehin die Förderungswürdigkeit abzuerkennen. Nachdem die Vergabebehörde schon nicht die gesamte Wirtschaftstätigkeit der freien Träger überprüfen kann, darf dies der Rechnungsprüfung auch, erst recht, nicht gestattet sein. Gerade wenn sie beim Staat prüft, nicht beim Privaten, sind die Voraussetzungen für eine streng zweckgerichtete Überprüfung des staatlichen Mitteleinsatzes gegeben.
I V . Grundrechtsverletzung durch Rechnungsprüfung — Ansehensschädigung 1. Bisherige Ergebnisse — Fragestellung Bisher hat sich ergeben: — Aus der institutionellen Betrachtung: Der Rechnungshof hat die Verwaltung zu prüfen, den Parlamenten zu berichten; dies darf nicht in „ent299 Dies wurde oben I, 2 a, bb bereits allg. aus der Stellung der Rechnungshöfe abgeleitet; hier bestätigt es sich mit Blick auf die Einzelbestimmungen der HO. § 91 H O kann nicht so wesentlich ausweiten, was § 44 H O sachgerecht eingegrenzt hat.
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Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
scheidender", es muß in gutachterlich-zurückhaltender Form geschehen. Private als solche „gehen die staatliche Rechnungsprüfung nichts an" (I). — Bei der Untersuchung des Wirtschaftlichkeitsmaßstabes: Der Rechnungshof kann niederrangige Zwecksetzungen an höherrangigen messen, auf jeder Stufe unklare Zwecke beanstanden. Die Zwecksetzung selbst ist, in diesem Rahmen, für ihn unverrückbare Vorgabe. Private haben das Recht, im Rahmen der Staatszwecksetzungen eigene Ziele zu bestimmen; nie darf es, i m Namen der Wirtschaftlichkeit, zur Totalüberprüfung privaten Verhaltens kommen (II). — Eine Prüfung bei Privaten, wie sie die HO vorsieht (§ 91), ist generell verfassungswidrig, weil durch den Auftrag des Rechnungshofs (Art. 114 GG) nicht gedeckt, eine Rechnungsprüfung „der Privaten" (§ 104 HO) ist verfassungsrechtlich bedenklich und nur in den Grenzen der Prüfung staatlicher Beteiligung zulässig. Eine Prüfung der gesamten Haushaltsund Wirtschaftsführung der Privaten verstößt jedenfalls gegen das GG. Dies gilt insbesondere für freigemeinnützige Träger der Wohlfahrtspflege, die nicht durch eine solche Wirtschaftlichkeits-Total-Kontrolle aus ihrer verfassungsrechtlich gesicherten Eigenständigkeit heraus in einen „verlängerten A r m des Förderstaats" umgeformt werden dürfen. (III). Geht man davon aus, so lassen sich die eingangs gestellten Fragen dahin beantworten, daß der Rechnungshof hier deshalb rechtswidrig gehandelt hat, weil er aufgrund einer verfassungswidrigen Norm tätig geworden ist. Da ihm aber ein Verwerfungsrecht gegen verfassungswidrige Gesetze nicht zusteht, müssen die Betroffenen in Zukunft Prüfungsverlangen widersprechen und i m anschließenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren (vgl. unten C) die Vorlage beim BVerfG (Art. 100 GG) anregen. Schließt man sich dieser Rechtsauffassung nicht an, so ergeben doch die bisherigen Untersuchungen, daß der Rechnungshof aus rechtlichen Gründen zu einer wesentlich größeren Zurückhaltung bei der Prüfung verpflichtet ist. Er darf insbesondere nicht in einer — wie immer gearteten — „entscheidenden Form" seine Feststellungen treffen, muß die privaten Zwecksetzungen bei seiner Wirtschaftlichkeitsprüfung achten, darf Private überhaupt immer nur subsidiär prüfen, lediglich soweit dies zur Prüfung der Vergabebehörde unerläßlich ist, und er muß schließlich jeden „Alleingang in die Öffentlichkeit" vermeiden. Im einzelnen wird dann von ihm eine — gewiß nicht leichte, aber immer zu leistende — Abwägung verlangt zwischen den Belangen Privater 3 0 0 und denen einer wie immer verstandenen Sicherung der Staatsfinanzen. Diese 300 Vogel/Kirchhof, BK, Art. 114, Rdnr. 91; Kirchhof, N V w Z 1983, S. 505 (514); Schäfer (FN 117), S. 634.
IV. Grundrechtsverletzung durch Rechnungsprüfung
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kann nur sachgerecht geleistet werden, wenn insbesondere auch die Belange der Privaten, vor allem hier der freigemeinnützigen Träger der Wohlfahrtspflege, sachgerecht bestimmt werden, daher werden i m folgenden einerseits die durch Rechnungsprüfung Privater unter Umständen beeinträchtigten Grundrechte (im folgenden 2), sodann die drohenden Beeinträchtigungen selbst, insbesondere die in den Feststellungen der Rechnungshöfe liegenden Ansehensschädigungen, näher untersucht (im folgenden 3).
2. Grundrechte der Privaten als Maßstäbe der Rechnungsprüfung a) Grundrechtsträgerschaft der freigemeinnützigen privaten Träger der Wohlfahrtspflege Die Träger der Freien Wohlfahrtspflege, welche sich i m Anlaßfall durch die Prüfungstätigkeit der Rechnungshöfe beeinträchtigt fühlen, sind Träger von Grundrechten und können daher in diesen auch verletzt werden. Dies ergibt sich bei juristischen Personen aus Art. 19 Abs. 3 GG, für die bei diesen tätigen privaten Personen oder Gesellschafter derselben aus deren natürlicher Grundrechtsfähigkeit. Diese Grundrechtsträgerschaft wird hier auch nicht durch ihre Gemeinnützigkeit ausgeschlossen, wie in anderem Zusammenhang bereits ausführlich begründet wurde 3 0 1 . Sie stehen in jeder Hinsicht insoweit anderen Privaten gleich, werden also durch die Gemeinnützigkeit dem Rechnungshof gegenüber als Zuwendungsnehmer in keiner Weise in eine A r t von „innerbehördlichen Bereich" transformiert, der erweiterter oder gesteigerter Prüfung unterläge. Durch die Annahme von Zuwendungen erklären sie auch nicht implizit einen Grundrechtsverzicht, der schon nach allgemeinen Grundsätzen unzulässig wäre 3 0 2 — jedenfalls in solcher Allgemeinheit. b) Möglicherweise beeinträchtigte Grundrechts-Schutzbereiche Die Beeinträchtigung von Grundrechten kann sich für die Freien Träger der Wohlfahrtspflege zunächst schon daraus ergeben, daß ihnen durch die Prüfung Aufwendungen, Belastungen personeller und sachlicher A r t entstehen. Sie können i m folgenden vernachlässigt werden. Wenn die Rechnungs301
Leisner (FN 298), S. 13 ff. m. Nachw. Vogel/Kirchhof, BK, Art. 13 GG, Rdnr. 54; Maunz, ThJZippelius, R., Deutsches Staatsrecht, 27. Aufl. 1988, § 20 II 2. 302
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Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
prüfung grundsätzlich zulässig ist und nicht verfahrensmäßig „übermäßig" durchgeführt wird (vgl. dazu unten C f I), so kann eine Grundrechtsbeeinträchtigung, schon nach erstem Anschein, nicht in Betracht kommen, denn anderenfalls würde ja die Zulässigkeit eben doch wieder grundsätzlich geleugnet werden. Auch würde es jedenfalls an der notwendigen Schwere der Belastung fehlen. Diese liegt daher ausschließlich in der mit dem Bekanntwerden der Feststellung verbundenen Beeinträchtigung des Ansehens der geprüften Privaten. Eine solche tritt ein —
gegenüber der mittelvergebenden Verwaltung — mit der Folge, daß sie nichts mehr bewilligen oder besonders belastende Auflagen machen wird;
—
gegenüber dem Parlament, das unter Umständen nicht mehr bereit ist, überhaupt derartige Zuwendungen in den Haushaltsplan aufzunehmen oder sie entsprechend eng beschränken wird;
—
gegenüber Dritten, die entweder gleichfalls an sich zur Förderung bereit wären, oder sich in die Betreuung der in den Prüfungsberichten Kritisierten begeben würden;
—
gegenüber der Öffentlichkeit, von den Medien bis zur „allgemeinen Meinung", auf welche die Träger der Freien Wohlfahrtspflege angewiesen sind, zur Gewinnung zusätzlicher Mittel und zu Betreuender, aber auch in vielfachen anderen Beziehungen, etwa um die erforderliche Publizität zu sichern, bei Ermessensentscheidungen anderer Verwaltungen Wohlwollen zu genießen usw. ;
—
nicht zuletzt gegenüber den eigenen Mitarbeitern und auf dem Beschäftigungsmarkt: Nur bei hohem Ansehen können die Träger Personal zu günstigeren Bedingungen gewinnen, gewiß nicht dann, wenn infolge von Rechnungsprüfungs-Kritik zu erwarten ist, daß Förderungsmittel gekürzt werden. Eine Ansehensschwächung wirkt sich daher unmittelbar kostenbelastend aus, unter Umständen, bei engen Kalkulationsmargen, in erheblichem, entscheidendem Umfang — ganz abgesehen von den vielfachen, i m einzelnen gar nicht abzusehenden Belastungen des Betriebsklimas, welche das zur Folge haben muß, unter weiterer Erschwerung der Aktivitäten.
Eine Ansehensbeeinträchtigung im weiteren Sinne mit all diesen notwendigen Folgen berührt die Schutzbereiche folgender Grundrechte: aa) Berufs- und Gewerbefreiheit (Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG) ist das sachnächste Grundrecht, welches durch die Subventionsgewalt verletzt werden kann; denn durch die Einschränkung der zur Verfügung stehenden Mittel wird gerade jene Leistungsfähigkeit für die Zukunft beschränkt, welche
IV. Grundrechtsverletzung durch Rechnungsprüfung
125
nach dem BVerfG in erster Linie nicht über das Privateigentum am Betriebe, sondern über die Betätigungsfreiheit des Art. 12 GG gesichert wird 3 0 3 . Daß es den Beruf eines Trägers Freier Wohlfahrtspflege als solchen gibt, folgt bereits aus spezifischen Tätigkeitsformen; dies wird bestätigt durch die spezielle verbandliche Organisation, welche vom Staat in zahlreichen Zusammenhängen (Besetzungen von Gremien, Hearings uam.) anerkannt ist. Daß eine Ansehensminderung die Berufsfreiheit schmälern kann, welche durch Erklärungen von Behörden bewirkt wird, ist anerkannt 304 . Der Rechnungshof genießt als Gutachter so hohes Ansehen, daß seinen Rügen ohne weiteres eine solche Bedeutung zukommen kann. Eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG ist in doppelter Hinsicht denkbar: — Durch die Intensität einer Einwirkung, welche den Betroffenen nicht mehr „genug Berufsfreiheit läßt" (absolute Schranke), oder —
durch die Unverhältnismäßigkeit der Einwirkung, deren Gewicht der Bedeutung der Rechnungsprüfung nicht entspricht (relative Schranke) 3 0 5 . Die Ansehensminderung kann durchaus hier so weit gehen, daß dem betreffenden Träger eine Tätigkeit überhaupt nicht mehr möglch ist; sie wirkt dann berufssperrend, ist also an der Berufswahlfreiheit zu messen, nicht nur, wie in der Regel, als Beeinträchtigung der Berufsausübung zu werten 3 0 6 . Im einzelnen ist diese Einwirkungstiefe Tatfrage. bb) Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 S.l GG) schützt das Recht der Freien Träger an ihrem „Wohlfahrtsbetrieb", ihr Schutzbereich ist nicht auf den „eingerichteten und ausgeübten Gewerbe betrieb" beschränkt 307 . Das „Ansehen" eines Betriebs, sein „good will" im weiteren Sinn, gehört zu den eigentumsrechtlich geschützten Rechtspositionen des Betriebsinhabers 308 , gerade die Notwendigkeit, dies zu sichern, jenseits der Rechte an den einzelnen Betriebsmitteln, hat zur Anerkennung eines Eigentumsschutzes des „Rechts am Betrieb" geführt. Daß hier auch gegenüber der Rechnungsprüfung Art. 14 Abs. 1 GG Prüfungsmaßstab sein kann, ist grundsätzlich anerkannt 309 . 303
BVerfGE 30, S. 292. So hat etwa das BVerwG einem Unterlassungsanspruch gegen die Veröffentlichung einer sog. „Transparenzliste" stattgegeben, BVerwGE 71, S. 183 (189). 305 Vgl. zu den entsprechenden Kategorien bei „Eingriffen" Leisner (FN 298), S. 16. 304
306 307
Im Sinne der Stufenlehre des BVerfG, E 7, S. 377 (405 ff.).
Nähere Begründung m. Nachw. bei Leisner (FN 298), S. 16/17. Maunz/Dürig, GG, Art. 14, Rdnr. 96; Nüßgens, ΚJBoujong, K , Eigentum, Sozialbindung, Enteignung, 1987, Rdnr. 77; BGHZ 45, S. 150 (155). 309 Vgl. Vogel/Kirchhof, BK, Art. 114, Rdnr. 123; Tiemann, S., DÖV 1975, S. 405 (411). 308
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Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
Wiederum kommt eine Verletzung des Grundrechts entweder dann in Frage, wenn die Wirkungen dieser Ansehensminderungen „an sich" schon den Betrieb zu schwer treffen 310 (absolute Schranke), oder wenn die Beeinträchtigungen außer Verhältnis stehen zu den mit der Rechnungsprüfung legitimerweise verfolgten staatlichen Finanzsicherungsinteressen (relative Schranke). Im einzelnen ist dies wiederum Tatfrage. cc) Das Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG), ein Grundrecht, das auch juristischen Personen zustehen kann 3 1 1 , ist hier von besonderer Bedeutung, es wird auch nicht (voll) durch die sonst i m Verhältnis der Art. 12,14 GG zu ihm bestehenden Subsidiarität 312 ausgeschlossen. Dies mag noch insoweit eine selbständige Berufung auf Art. 2 Abs. 1 GG ausschließen, als eine Ansehensminderung etwa eine Beeinträchtigung der Freiheit und Gleichh e i t 3 1 3 des Kritisierten i m Verhältnis zu seinen „Konkurrenten" zur Folge haben könnte — und solche gibt es ja durchaus auch hier. Wenn dieses Wettbewerbsgrundrecht nicht bereits in Art. 12 GG enthalten ist, so betrifft es jedenfalls jenen durch Art. 12 GG geschützten „beruflichen Bereich" 314 , der bereits Grundrechtsschutz nach Art. 12 Abs. 1 GG genießt (vgl. oben aa). Ein anderes gilt jedoch für Art. 2 Abs. 1 GG als spezieller Schutznorm für den „Persönlichkeitsbereich' des Grundrechtsträgers, seien Privacy, der in spezieller Weise Schutzgegenstand des Art. 2 Abs. 1 GG ist 3 1 5 . Gerade dieser besondere Aspekt wird aber durch Veröffentlichung seitens des Rechnungshofs bedroht. Es geht dabei um Geschäftsinteressen der Träger der Wohlfahrtspflege, welche diese durchaus geheimhalten dürfen und auch zu wahren pflegen — eben als „private Unternehmen". Bei ihnen, wie bei anderen Privaten, greift hier der allgemeine Schutz kommerzieller Geschäftsgeheimnisse ein. Seine Bedeutung ist nicht mit der des Art. 12 Abs. 1 GG voll identisch, denn hier geht es um jene allgemeine Intimsphäre, welche auch dann, bei den Gesellschaften wie ihren Gesellschaftern und Mitarbeitern, geschützt ist, wenn die Beeinträchtigung nicht sogleich zu greifbaren beruflich nachteiligen Folgen führt. M i t Recht wird also auch dieser Grundrechts-Maßstab ganz allgemein bei der Abwehr herabsetzender Feststellungen seitens des Staates regelmäßig 310
Im Anschluß an die zur Enteignung entwickelte „Schweretheorie", vgl. BVerwGE 5, S. 143 (145) und öfter, siehe dazu m. Nachw. Leisner, W., Sozialbindung des Eigentums, 1972, S. 151 ff. 311
Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, 6. Aufl. 1983, Art. 19, Rdnr. 14; BVerfGE 10, S. 221 (225); 19, S. 206 (215); 29, S. 260 (265 f.); 50, S. 290 (319). 312 BVerfGE 4, S. 52 (57); 6, 32 (37); 10, S. 55 (58); 23,f S. 50 (55 f.); 30, S. 173 (192). 313 Dazu vgl. Leisner (FN 298), S. 18/19. 314 315
(372 f.).
Dazu Scholz, Maunz/Dürig, Art. 12, Rdnr. 115, 136/137. BVerfGE 6, S. 32 (41); 27, S. 1 (6 f.), S. 344 (350 f.); 32, S. 373 (379); 44, S. 353
IV. Grundrechtsverletzung durch Rechnungsprüfung
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an erster Stelle genannt 3 1 6 , in Verbindung mit der das Recht der Privatheit letztlich tragenden Menschenwürde, dem Recht auf „Einsamkeit vom Staat" 317 . Gerade als Schranke der Rechnungsprüfung wird dieses Recht genannt 318 . Die Schutzwirkung dieses Grundrechts wird gegenüber Veröffentlichung von Geschäftsinterna der Freien Träger durch die staatliche Rechnungsprüfung in der Regel wohl stärker sein als die der anderen erwähnten Grundrechte — sie greift gegenüber jeder unbefugten Veröffentlichung derartiger Interessen ein, ohne daß es erforderlich wäre, daß eine besondere Einwirkungstiefe erreicht würde. Allerdings wird man auch hier, i m Einzelfall, in Abwägung zwischen privaten und öffentlichen Belangen die Verhältnismäßigkeit der Beeinträchtigung zu beurteilen haben: c) Die Verhältnismäßigkeit — grundsätzliches Überwiegen staatlicher Veröffentlichungsbelange? Entscheidend wird bei der Prüfung einer etwaigen Grundrechtsverletzung durch Veröffentlichung von Interna der Privaten sein, wie weite Kreise dies zieht und welche staatlichen Belange den privaten Interessen gegenüberstehen. aa) Das Gewicht solcher Feststellungen kann, angesichts des unbestreitbaren Prestiges der Rechungshöfe, kaum hoch genug veranschlagt werden. Es darf auch nicht angenommen werden, daß die Publizität derartiger Feststellungen deshalb gering bleiben werde, weil ja das Parlament sie nur in Ausnahmefällen behandle. Insbesondere wenn der Rechnungshof noch selbst zur Unterrichtung der Öffentlichkeit übergeht (vgl. dazu oben I, 2), muß stets von einer erheblichen virtuellen Publizität der Berichte ausgegangen werden, es sei denn, die Daten Privater würden bis zur Unkenntlichkeit anonymisiert. Gerade Vorgänge, welche die Privaten durch ihre Veröffentlichung besonders treffen werden, sind zugleich auch, und in aller Regel, solche, denen gesteigerte Publizität, selbst im Parlament, zukommen wird. Sobald also eine erheblich benachteiligende Feststellung über einen Privaten vom Rechnungshof getroffen wird, ist damit zu rechnen, daß sie bald auch ein Maß an Veröffentlichung erreichen wird, das dann zur Grundrechtsverletzung führen könnte. 316
BVerwGE 59, S. 319 (326); OVG Lüneburg, N J W 1984, S. 2653 (2654); OVG Münster, N J W 1988, S. 2636. 317 Vgl. BVerfGE 27, S. 1 (6 m. Nachw.). 318 Sauer/Blasius, D Ö V 1986, S. 554 (556); siehe auch Schäfer (FN 120), S. 633 (637). Zur herabsetzenden Wirkung der Bemerkungen des Rechnungshofs vgl. allg. VG Düsseldorf, N J W 1981, S. 1396; Haverkate, AöR 107 (1982), S. 539 (552 f.).
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Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
bb) Grundrechtsverletzungen sind nicht schon immer dann ausgeschlossen, wenn die Kritik des Rechnungshofs im Kern oder insgesamt den Tatsachen entspricht Das Persönlichkeitsrecht insbesondere kann auch durch die Verbreitung wahrer Tatsachen verletzt werden, wenn diese durch keinerlei berechtigte Interessen des Verbreitenden gedeckt ist 3 1 9 , sich insoweit also als unverhältnismäßig erweist, was ja letztlich auch das Schikaneverbot nicht zuläßt. cc) Stets wird es also vor allem auf die Abwägung zwischen den staatlichen Finanzsicherungsinteressen und den geschäftlichen und persönlichen Belangen der Privaten ankommen. Hier kann nicht von vorneherein 3 2 0 das öffentliche Interesse generell oder auch nur im Zweifel höher bewertet werden — i m Gegenteil. In aller Regel werden durch solche Enthüllungen dem Staat nur — für ihn vergleichsweise unbedeutende — Vorteile entstehen, während sie den Zuwendungsnehmer leicht wirtschaftlich geradezu vernichten können. Dann ist, schon nach allgemeinen Abwägungskriterien, von einer Veröffentlichung solcher Rügen unter Nennung der Privaten abzusehen. Im übrigen muß bei der Abwägung stets bedacht werden, daß sich nicht die Finanzinteressen „des Staates" und „der Privaten" gegenüberstehen — wobei übrigens erstere generell auch nicht höher bewertet werden dürften — sondern die des Staates an einem „ordnungsgemäßen und wirtschaftlichen Verhalten* seiner Vergabebehörden einer-, die privaten Belange andererseits. Es darf mit anderen Worten nie aus den Augen verloren werden, daß grundsätzliches Prüfungsobjekt stets der Staat ist — das gilt auch dann, wenn entgegen oben III auch „bei" Privaten geprüft werden darf, daß also die Prüfung bei Privaten immer nur unterstützenden Charakter hat. Dies muß, angesichts der Stellung dieser Geprüften als „Außenstehender", zu besonderer Zurückhaltung und in dubio zu einem Durchschlagen ihrer Interessen führen. d) „Indirekte" Grundrechtsbeeinträchtigung — dennoch mögliche Grundrechtsverletzungen Gegen die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung kann schließlich nicht generell eingewendet werden, hier liege ja gar kein „Eingriff" der Staatsgewalt vor, sondern nur eine Tathandlung derselben, wenn sie Ergebnisse veröffentliche. Diese „tatsächlichen Einwirkungen" auf Grundrechte stehen, nach ganz herrschender Lehre, generell den „Eingriffen", etwa in Form von Verwaltungsakten, gleich 3 2 1 , was auch in der Zulassung von 319
Dazu etwa V G H München, N V w Z 1986, S. 327. 320 e s n e u e i (FN 18), § 95 BHO, 6 i m Zusammenhang mit der Auskunftspflicht, unter Berufung auf ein Schreiben des BMF annimmt. 321 Siehe dazu für viele m. Nachw. Fiotschei, W., JuS 1978, S. 505 (508); Berg, W., JuS 1984, S. 521 ff. ; BVerwGE 71, S. 183 (190).
IV. Grundrechtsverletzung durch Rechnungsprüfung
129
verwaltungsgerichtlichen Leistungsklagen (vgl. dazu unten C, III) zum Ausdruck kommt. Der Eingriffsbegriff als solcher muß übrigens hier generell, der Rechnungsprüfung gegenüber, weit gefaßt werden 322: „Geht man von einem solchen weiten Eingriffs-Begriff aus, so läßt sich nicht bezweifeln, daß die staatliche Finanzkontrolle unter den EingriffsBegriff zu subsumieren ist. Der Rechnungshof ist eine staatliche Institution. Im Rahmen einer staatlichen Finanzkontrolle wird er auch . . . als staatliche Behörde tätig. Als solche hat der Rechnungshof Befugnisse, wie beispielsweise Auskunftsrechte, Anspruch auf Aktenvorlage, Aufforderung zur Verfolgung von Schadensersatzansprüchen usw., die je für sich den Tatbestand eines Eingriffs erfüllen. Darüber hinaus ist aber auch die Rechnungsprüfung insgesamt als „Eingriff" zu werten, weil sie geeignet ist, das Gebaren der Selbstverwaltungsorgane der Rundfunkanstalten zu beeinflussen und zu lenken." Dies muß dann — erst recht — gegenüber Privaten gelten. Auf diesem oder jenem Weg gelangt man daher zur Grundrechtsrelevanz von Prüfungsfeststellungen und deren Veröffentlichungen.
Ergebnis Aus der Untersuchung der institutionellen Stellung der Rechnungshöfe und der von ihnen anzulegenden Maßstäbe, insbesondere der Wirtschaftlichkeit, hat sich ergeben, daß eine Prüfung Privater allenfalls in engen Grenzen und nie „primär" erfolgen darf, und daß die Veröffentlichung ihrer Ergebnisse keinesfalls über die allgemeine Parlamentspublizität hinausgehen kann. Nähere Überprüfung der HO-Bestimmungen, am Maßstab des Art. 114 GG, hat ferner erwiesen, daß eine Prüfung privaten Verhaltens durch staatliche Rechnungsprüfung überhaupt nicht zulässig ist; keinesfalls darf die gesamte Haushalts- und Wirtschaftsführung Privater überprüft werden. Wenn man eine Prüfung zumindest der zweckgerichteten Verwendung von Zuwendungen durch Private, abweichend davon, den Rechnungshöfen gestattet, sind dabei die Belange Privater gegenüber der „Sicherung der Staatsfinanzen durch Rechnungsprüfung" gegeneinander abzuwägen. Dazu sind die Grundrechtspositionen der Privaten näher zu bestimmen, die durch staatliche Rechtsprechung verletzt werden können. Die freigemeinnützigen Träger der privaten Wohlfahrtspflege sind grundrechtsfähig. 322
So für Eingriffe in die Rundfunkfreiheit durch Kontrolle der Anstalten Ossen-
bühl (FN 116), S. 44/45. .
9 Leisner
130
Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
Eine Grundrechtsverletzung kommt hier vor allem durch die mit kritischen Rechnungshofbemerkungen verbundene Ansehensminderung in Betracht, die gegenüber der mittelvergebenden Exekutive, dem mittelbewilligenden Parlament, spendenwilligen und betreuungsbedürftigen Dritten, der Öffentlichkeit und den eigenen Mitarbeitern zu sehr schweren Belastungen führen kann, bis zur Zerstörung des guten Rufs der Kritisierten. Dadurch kann die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) beeinträchtigt werden — einen Beruf der in diesem Bereich Tätigen gibt es — je nach Schwere durch Verletzung der Berufsausübungs- oder gar der Berufswahlfreiheit. Das Eigentumsrecht der Träger der Wohlfahrtspflege (Art 14 Abs. 1 GG) kann unter solchen Äußerungen leiden, welche den good will des aufgebauten Betriebs wesentlich mindern. Vor allem aber kommt eine Verletzung des Art. 2 Abs. 1 GG, zwar nicht unter dem Gesichtspunkt der Wettbewerbsfreiheit, wohl aber unter dem des Schutzes einer Intimsphäre in Betracht, der Veröffentlichung von Geschäftsdaten und -Vorgängen Privater durch den Staat verbietet. Bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung und der Abwägung staatlicher und privater Belange ist von einer Virtualität bedeutsamer Verbreitungswirkungen bei allen Rechnungshof-Feststellungen auszugehen. Die Richtigkeit der Bemerkungen rechtfertigt nicht als solche schon ihre allgemeine Verbreitung. Die staatlichen Finanzsicherungsinteressen schlagen nicht grundsätzlich oder auch nur in der Regel durch; vielmehr wird meist ein einzelner Privater durch die Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse weit härter getroffen als der Staat dann, wenn sie nicht erfolgte. Auch „indirekte Beeinträchtigungen" durch solche nichtverwaltungsaktliche Tathandlungen der Staatsgewalt kann Grundrechte beeinträchtigen.
3. Rechtsverletzung Privater durch herabsetzende Kritik seitens einer Behörde Der Rechnungshof ist der Exekutive zuzurechnen (vgl. oben I, 2, a, aa); es geht hier also zunächst um die allgemeine Problematik der ansehensmindernden Äußerungen von Behörden. Ob eine solche im Einzelfall vorliegt, ist Tatfrage. W o h l aber sind hier die allgemeinen Prüfungskategorien näher zu bestimmen.
IV. Grundrechtsverletzung durch Rechnungsprüfung
131
a) Die Zivilrechtsprechung zur Problematik des allgemeinen Persönlichkeitsrechts — Vergleich mit den Medienprivilegien Die Rechtsprechung des BGH geht davon aus, daß gegen herabsetzende Äußerungen aus dem Behördenbereich mit negatorischen Klagen (§§ 823, 1004 BGB) vorgegangen werden kann 3 2 3 , ebenso wie auch gegen solche von anderen Privaten. Ein besonderes „Behördenprivileg" ist insoweit nicht anerkannt worden. W o h l aber könnten zu Gunsten des Rechnungshofs jene Grundsätze eingreifen, welche der BGH zum Recht der Medien entwickelt hat, über geschäftliche Vorgänge zu berichten. Die Rechtsprechung unterscheidet hier ersichtlich zwischen Vorgängen in der persönlichen Intimsphäre der Bürger und solchen, die i m Zusammenhang stehen mit der Betätigung einer Gesellschaft im Wirtschaftsleben allgemein. „Es geht nicht an, Grundsätze, die für die Respektierung der sogenannten Intimsphäre entwickelt wurden, auf den Fall zu übertragen, daß über die Betätigung von Personen i m Wirtschaftsleben wahrheitsgemäß berichtet wird. Wer aktiv handelnd im Wirtschaftsleben steht, setzt sich in einem demokratischen Gemeinwesen auch der Kritik seiner Betätigung aus, der er nicht unter Berufung auf einen persönlichen Geheimbereich ausweichen kann. Die Entfaltung der Persönlichkeit i m Wirtschaftsleben bringt naturgemäß mit sich, daß sie sich der Kritik stellen muß" 3 2 4 . Ein solches Kritikrecht könnte sinngemäß neben den Medien auch der Rechnungshof für sich in Anspruch nehmen, denn auch er informiert hier ja die „demokratische Öffentlichkeit", das Parlament. Allerdings ist im Falle der Träger der Wohlfahrtspflege davon auszugehen, daß es sich nicht einfach um Wirtschaftsunternehmen handelt, die sich mit ihrer ökonomischen Betätigung an die Öffentlichkeit wenden. Es liegt i m Gegensatz dazu gerade i m Wesen solcher Einrichtungen, daß sie in einer gewissen Zurückhaltung, ja Diskretion tätig werden. Die Grundsätze der „Öffentlichkeit wirtschaftlichen Verhaltens" können also nicht unbesehen auf diesen Bereich übertragen werden. Im übrigen decken die erwähnten Grundsätze lediglich eine Kritik von an sich öffentlichem Wirtschaftsgebaren, nicht aber eine Veröffentlichung von Geschäftsgeheimnissen. Darüber hinaus muß die besondere Stellung des Rechnungshofes gesehen werden. Er ist eben gerade nicht dazu berufen, die Öffentlichkeit generell zu informieren (vgl. oben 1, 2). Wenn es den Medien erlaubt ist, auch dann zu informieren, wenn dies nicht unbedingt erforderlich ist 3 2 5 , und umgekehrt Gegendarstellungen der Kritisierten speziell erforderlich sein müssen 326 , die 323 324 325 326
9*
Vgl. etwa BGHZ 34, S. 99 (102 ff.). BGHZ 36, S. 77 (80). BGH, aaO., S. 82. BGHZ 66, S. 182 (192 f.).
132
Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
Gerügten nur in besonderen Fällen auf Kosten der kritisierten Instanzen eine Anzeigenaktion durchführen dürfen, um der Ansehensschmälerung zu begegnen 327 , so gilt dies alles für den Rechnungshof nicht, denn: — Der Rechnungshof gehört nicht zu den Medien im Sinne von Art. 5 Abs. 1 GG. Informiert er die Öffentlichkeit, so kann er nicht die erwähnten weitreichenden Privilegien der Medienfreiheit für sich in Anspruch nehmen. Diese beruhen gerade auf dem nicht-amtlichen Charakter der Äußerungen der Medien, die deshalb eben nicht zu eng beschränkt werden dürfen, weil darunter wiederum ihre Privatheit leiden würde. Die Lage ist dann, von vorneherein, eine völlig andere, wenn der Staat Privaten gegenübersteht. Überdies ist es primär Sache der Medien, die für die Demokratie wesentliche Öffentlichkeit herzustellen, nicht aber Aufgabe des Rechnungshofs. — Der Rechnungshof wird in der Öffentlichkeit, gerade als Staatsinstanz, als besonders sachkundig angesehen. Die Feststellungen dieses richterähnlichen Gremiums lassen sich mit Medienäußerungen daher überhaupt nicht vergleichen. Gegendarstellungen mögen auch hier verlangt werden können — sie haben nie dieselbe Wirksamkeit wie i m Falle der Medien. Gegenaktionen der Betroffenen, mit auch nur vergleichbarem Gewicht, zur Wiederherstellung von deren Ansehen, gibt es überhaupt nicht. Medienprivilegien sind also schon deshalb auf den Rechnungshof auch nicht analog anwendbar. Die Rechtsprechung zeigt sich übrigens auch Privaten gegenüber hier streng: Der Stiftung Warentest wird vorgehalten, ihre Bemerkungen „können für die betroffenen Unternehmen einschneidende Folgen haben". „Die Beklagte nimmt in der Öffentlichkeit das Vertrauen als staatliche Einrichtung in Anspruch, die . . . verpflichtet ist, ihre Untersuchungen nach wissenschaftlichen Methoden durchzuführen und unparteiisch darzustellen. Ihre Veröffentlichungen finden eine weite Verbreitung. Das legt den Mitarbeitern der Beklagten eine hohe Verantwortung auf" 3 2 8 . Das ernsthafte Informationsinteresse der Öffentlichkeit, das hier erfüllt wird, schließt die Güter- und Interessenabwägung keineswegs aus 3 2 9 . Nach der Rechtsprechung des BGH ist also bei dieser Abwägung ein strenger Maßstab an die Sorgfalt des Rechnungshofs, die Richtigkeit seiner Ergebnisse und die Notwendigkeit anzulegen, Kritik an Privaten in seine Bemerkungen aufzunehmen.
327 328 329
BGH N J W 1986, S. 981 (982). BGH N J W 1986, S. 981. BGH, aaO., S. 982.
IV. Grundrechtsverletzung durch Rechnungsprüfung
133
b) Die öffentlich-rechtliche Judikatur zu den Maßstäben im Falle der Ansehensminderung durch Behörden Widerruf herabsetzender Äußerung kann, so die ganz herrschende öffentlich-rechtliche Rechtsprechung, vom Staat verlangt werden 3 3 0 . Sowohl der fiskalisch handelnde 3 3 1 als auch der Hoheitsstaat 332 kann hier in Anspruch genommen werden. Wahrnehmung berechtigter Interessen kommt auch zu Gunsten der Behörde in Betracht 333 , doch wird mit Recht betont, Staatsäußerungen seien immer etwas anderes als Bürgeräußerungen 334 . Soweit ein Grundrechtseingriff in Betracht kommt, liege die objektive Beweislast beim Staat 335 . Im Gegensatz zur zivilrechtlichen Judikatur ist hier sogar angenommen worden, zu Lasten des Staates finde dabei etwas wie eine Beweislastumkehr statt 3 3 6 . Materiell-rechtlich ist jedenfalls anerkannt, daß der hoheitlich handelnde Staat besonderen Beschränkungen unterliegt. Bei Wahrnehmung eines Äußerungsrechts unterliegen die Staatsorgane stets speziellen Schranken. Die Staatsgewalt ist zum Schutz der Würde und Freiheit des Bürgers verliehen. Herabsetzende Werturteile gegenüber dem Bürger müssen daher das für alles staatliche Handeln geltende Übermaßverbot achten und dürfen nicht willkürlich, besonders aggressiv und unsachlich sein. Das schließt nicht aus, daß die Behörden auch deutliche Worte gebrauchen. Die Grenze liegt aber in der willkürlichen, auch bei Zugrundelegung des Standpunkts des Äußernden, unnötigen Herabsetzung. Soweit die Zivilgerichte großzügigere Maßstäbe anlegen, sind ihre Überlegungen nicht übertragbar 337 . Dies gilt auch dann, wenn allgemein interessierende Fragen angesprochen werden 3 3 8 , und selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die politischen Auseinandersetzungen mit einer gewissen Härte geführt werden 3 3 9 . Regie330
Siehe dazu Berg, W., N J W 1982, S. 521 ff. m. N a c h w F rotscher, W., JuS 1978, S. 505 (508 f.); vgl. auch BGHZ 34, S. 99 (108). 331
Dazu Frotscher, aaO., S. 505 f.; BGH N J W 1978, S. 1860 (1861).
332
Siehe etwa OLG Düsseldorf, AfP 1980, S. 46 (47), vgl. auch BVerwG DVB1 1970, S. 576 (577). 333
Siehe V G H München, N V w Z 1986, S. 327.
334
Berg (FN 330), S. 523. 335 Berg, aaO. 336 V G Düsseldorf, N J W 1982, S. 2333, i m Gegensatz zu BGHZ 37, S. 187; 69, S. 181. 337 OVG Münster, N V w Z 1985, S. 123 ( 124), unter Hinw. auf BVerfGE 1, S. 7 (8) ; 40, S. 287 (293) und in Ablehnung der Grundsätze von BGHZ 45, S. 296. 338
V G H München, N V w Z 1986, S. 327 (328). Siehe OVG Münster, N J W 1983, S. 2402 (2403); OVG Münster, N V w Z 1985, S. 123 (124). 339
134
Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
rungsäußerungen sind hier voll justiziabel 3 4 0 ; die erwähnten Grundsätze gelten auch für die Beantwortung von Anfragen i m Parlament 341 . Erst recht müssen sie daher auf den dem Parlament und der Regierung berichtenden Rechnungshof Anwendung finden, der jedenfalls zu noch größerer Sorgfalt als der politisch agierende Minister verpflichtet ist. Für die Bemerkungen der Rechnungshöfe allgemein, über Private i m besonderen, bedeutet das: Sie sind an einem strengen Erforderlichkeitskriterium zu messen: Prüfungen bei Privaten sind überhaupt nur zulässig, soweit sie zur „Kontrolle der Staatsüberwachung der Privaten" nötig erscheinen. Nur insoweit können sodann Bemerkungen über Private in den Bericht aufgenommen werden, als dies zur Kritik an den Vergabebehörden erforderlich ist Nicht „die Wirtschaftlichkeit der letztendlichen Verwendung der Staatsgelder" begründet die Prüfung der Privaten, sondern allein die Überwachung der Tätigkeit der Staatsorgane ihnen gegenüber — dies ist ein großer, entscheidender Unterschied. Alle darüber hinausgehende Kritik ist von vorneherein eine rechtswidrige Herabsetzung der Privaten in der Öffentlichkeit Sie bleibt auch dann rechtswidrig, wenn die erhobenen Tatsachen zutreffen, denn ihre Bekanntgabe als solche ist unnötig: Staatsorgane sind nicht dazu da, Wahres unnötig zu verbreiten. Dazu sind die Medien aufgerufen, die einer solchen Erforderlichkeitsbegrenzung nicht unterliegen. In der Form muß der Rechnungshof, nicht nur bereits angesichts seiner institutionellen Stellung, sondern mit Blick auf die Grundrechtsschranken, welche er gegenüber Privaten zu beachten hat, nicht nur jede Aggressivität vermeiden, sondern schon jede „Verurteilungsform\ Eine solche wirkt eo ipso herabsetzend, ist in sich schon rechtswidrig, weil dies dem Rechnungshof generell nicht zusteht, selbst dann nicht, wenn „an sich" ein hartes Urteil gerechtfertigt wäre. Praktisch wird die notwendige, strenge Beachtung dieser Grundsätze den Rechnungshof so weitgehend einengen, daß er kaum mehr Bemerkungen über konkrete Private in seine Berichte aufnehmen darf. Die Unterschiede zwischen einem generellen Prüfungsverbot Privater (Ergebnis von oben III) und der grundrechtlichen Beschränkung des Prüfungsrechts sind also praktisch kaum bedeutsam. c) Die „richterähnlichen Rechnungshöfe" — Vergleich mit herabsetzenden Äußerungen in Gerichtsentscheidungen Rechnungshöfe sind keine Gerichte (I, 1, c); ihre richtergleiche Unabhängigkeit soll sie lediglich vor Pressionen seitens der Geprüften schützen. 340 341
Vgl. Frotscher (FN 330), S. 508. OVG Münster, DVB1 1967, S. 51 (57).
IV. Grundrechtsverletzung durch Rechnungsprüfung
135
Dennoch legt es diese „judikative Sicherung" nahe, eine Analogie zu ziehen zwischen den Berichten der Rechnungshöfe und Gerichtsurteilen, um so mehr als die Berichte nicht selten in der Öffentlichkeit geradezu als (Vor-) Verurteilungen der Geprüften aufgefaßt werden, allgemein wirken. Für herabsetzende Äußerungen der Gerichte in den Entscheidungen gelten folgende Grundsätze: — Nur Feststellungen i m Tenor der Entscheidung können in der Regel in Betracht kommen 3 4 2 ; „in einzelnen Ausführungen der Entscheidungsgründe kann nur dann eine Grundrechtsverletzung erblickt werden, wenn sie — für sich genommen — den Angeklagten so belasten, daß eine erhebliche, ihm nicht zumutbare Beeinträchtigung eines grundrechtlich geschützten Bereichs festzustellen ist .. ." 3 4 3 . Diese Unterscheidung ist bei Rechnungshöfen ohne Belang. Ihre Feststellungen sind nicht in „Tenor und Gründe" unterteilt, jede einzelne Bemerkung muß daher als „Tenor" gegenüber demjenigen erscheinen, den sie kritisiert. — Zu Grundrechtsverletzungen jedenfalls darf es, auch durch Gerichtsentscheidungen, nicht kommen, hierzu genügt sogar eine Bemerkung in den Gründen 3 4 4 , was zeigt, daß es Grundrechtspositionen gegenüber überhaupt kein „Richterprivileg zu herabsetzenden Äußerungen" gibt. — Verfassungsmaßstab ist insbesondere das Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG), vor allem in der Form des Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung der Privaten 345 . Dies gilt allerdings nur, soweit juristische Personen eine „Privatsphäre" haben können 3 4 6 und diese auch — insbesondere bei wirtschaftlicher Betätigung — als schutzwürdig erscheint. Im Falle der Träger der Freien Wohlfahrtspflege wird man vom Vorliegen einer solchen geschützten Sphäre, wie bereits angedeutet, um so mehr auszugehen haben, als sie es ja laufend mit inneren, ja innersten Bereichen der menschlichen Persönlichkeit der Betreuten zu tun haben und daher schon aus diesem Grund auch selbst zu besonderer Diskretion verpflichtet sind (etwa in den Fällen der Schwangerschaftsberatung). Dies muß die Rechnungsprüfung durch besondere Zurückhaltung achten, wie sie ja hier nicht einmal ein Gericht aufgeben dürfte. — Einzelfälle herabsetzender Äußerungen in den Urteilen sind bereits von der Judikative gerügt worden, so etwa eine Ehrverletzung durch die 342
BVerfGE 28r S. 151 (160/161).
343
Siehe dazu Bloy, R., JuS 1986, S. 585 (586 f.) m. Nachw., allein auf den Tenor stellen ab Kleinknecht /Meyer, StPO, 38. Aufl. 1987, vor § 296, Rdnr. 11 m. weit. Nachw.; KMR-Komm. zur StPO II, 1988, vor § 296, Rdnr. 46. 344
aaO., m. Nachw.; vgl. auch Jakobs,
345
Dazu BVerfG BayVBl 1988, S. 431 f.; vgl. auch OLG Frankfurt, N J W 1988, S. 423. Vgl. Hirte, H., N J W 1988, S. 1698 (1704).
Vgl. BVerfG (FN 342); Kleinknecht/Meyer, O.-W., JZ 1971, S. 279 (282). 346
Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
136
Bezeichnung als Ehebrecher 347 , die Bekanntgabe einer Entmündigung 3 4 8 oder die Feststellung, jemand sei geisteskrank, in den Gründen eines Urteils 3 4 9 . Rügen des Rechnungshofs können noch sehr viel weitergehend herabsetzendes Gewicht haben, insbesondere, wenn ausdrücklich der Vorwurf strafbarer Handlungen erhoben wird. Dieser ist, gerade in Analogie zur erwähnten Judikatur, wohl generell übermäßig, damit aber rechtswidrig. — Bei überwiegendem öffentlichen Interesse sind allerdings derartige herabsetzende Bemerkungen zulässig, so etwa bei der Weiterleitung der persönlichen Daten aus dem Schuldnerverzeichnis 350 — doch ein vergleichbares öffentliches Interesse des „Verkehrs" an der Kenntnis des Fehlverhaltens von Subventionsnehmern besteht nicht. Allgemein gilt, daß Bemerkungen in Urteilen zulässig sind, die sich, als Feststellungen, Würdigungen, Bewertungen i m „funktionalen Rahmen des konkreten Verfahrens" halten 3 5 1 — doch dieses ist bei Rechnungshöfen auf etwas wie eine „Beurteilung der Verwaltung", nicht des Bürgers gerichtet, so daß herabsetzende Kritik diesen gegenüber als generell unzulässig erscheint, so wie es eben auch der Fall bei der Herabwürdigung von Dritten in einem Zivil- oder Strafurteil wäre. — Die Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen — auch dies ist schließlich i m vorliegenden Zusammenhang zu berücksichtigen — ist grundsätzlich unzulässig, es sei denn, sie werde durch berechtigte Interessen legitimiert 3 5 2 . Die Feststellungen des Rechnungshofs dagegen erlangen als solche in aller Regel eine erhebliche Publizität, bei deren Herstellung die berechtigten Interessen der dort genannten Privaten gar nicht mehr i m einzelnen abwägend gewürdigt werden können. Dies spricht dafür, daß jene dort „generell gar nicht vorkommen dürfen", weil es an dem erwähnten Veröffentlichungskorrektiv überhaupt fehlt. Insgesamt zeigt ein Vergleich zwischen herabsetzenden Judikativund Rechnungshofs-Äußerungen, daß erstere viel weitergehend eingeschränkt sind als bei der Rechnungsprüfung, läßt man dieser die Freiheit der Prüfung Privater. Da nun aber das Prestige des Rechnungshofs keineswegs geringer ist als das irgendeines, etwa erstinstanzlichen, Gerichts, sondern eher größer, da ferner die Interessen, welche der Rechnungshof zu wahren hat, sicher nicht generell höher bewertet werden dürfen als die an einer 347 348 349 350 351 352
BVerfGE 15, S. 283 (286/287). BVerfG BayVBl 1988, S. 431. Bloy (FN 343), S. 587. LG Frankfurt, N J W 1988, S. 423. Jakobs (FN 344), S. 283. Siehe dazu Erdsiek, G., N J W 1962, S. 1047 (1048).
IV. Grundrechtsverletzung durch Rechnungsprüfung
137
funktionierenden Gerichtsbarkeit 353 , da schließlich die Publizität bei der Rechnungsprüfung jedenfalls unvergleichlich viel weiter wirkt, kann daraus nur eines geschlossen werden: Droht eine Grundrechtsverletzung, so muß jede Bemerkung unterbleiben. Da dies schon bei Gefährdung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung zu befürchten steht, haben möglicherweise herabsetzend wirkende Bemerkungen über Private in den Berichten grundsätzlich zu unterbleiben. Insgesamt ergibt sich: Nimmt man den Grundrechtsschutz Privater gegenüber der Rechnungsprüfung ernst, so darf es in aller Regel nicht zu herabsetzenden Äußerungen über Private in den Bemerkungen der Rechnungshöfe kommen. Diese dürfen dann allenfalls bei den Privaten über den Staat recherchieren, nie aber über die Privaten rapportieren. Damit wird im Ergebnis weitgehend dasselbe erreicht wie durch das oben begründete generelle Prüfungsverbot bei Privaten. In beiden Alternativen sind die herabsetzenden Feststellungen des Rechnungshofs NRW im Ausgangsfall der Untersuchung rechtswidrig.
Ergebnis Ob und mit welchem belastenden Gewicht von einer herabsetzenden Äußerung gegenüber Privaten in den Bemerkungen eines Rechnungshofs gesprochen werden kann, ist i m einzelnen meist Tatfrage. Folgende allgemeinen Grundsätze sind jedoch bei dieser Beurteilung zu beachten: Nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte gilt das Verbot herabsetzender Äußerungen auch für Behörden. Die privilegierte Stellung, welche hier den Medien eingeräumt wird, kann der Rechnungshof für sich nicht in Anspruch nehmen, da er sich nicht auf das Grundrecht des Art. 5 Abs. 1 GG berufen kann und als Behörde zu ganz anderer Sorgfalt, entsprechend seiner besonderen Sachkunde und seiner allgemeinen Stellung, verpflichtet ist. Die Rechtsprechung der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeit läßt in weitem Umfang Klagen gegen herabsetzende Äußerungen der Exekutive zu, welcher der Rechnungshof zuzuordnen ist. Wahrnehmung berechtigter (öffentlicher) Interessen ist zwar möglich, doch unterliegt der hoheitlich handelnde Staat hier — wie auch sonst — besonderen, insbesondere grundrechtlichen Beschränkungen. Die Rechnungshof-Bemerkungen sind daher inhaltlich an einem strengen Erforderlichkeitskriterium zu messen: Sie dürfen nur der Aufdeckung von Mängeln beim Staat dienen, nicht der Sicherstellung „zweckmäßiger Verwendung öffentlicher Mittel als solcher". 353
Und in beiden Fällen betreffen ja die Feststellungen immer nur „isolierte Einzelfälle", beim Rechnungshof etwa auch nicht „die Staatsfinanzen als solche".
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Β. Prüfungsgegenstand und -umfang der Rechnungskontrolle
Alle Kritik Privater, die nicht jenem Ziel dient, ist von vorneherein rechtswidrig, selbst wenn die Tatsachenfeststellungen zutreffen, schon weil sie nicht erforderlich war. Formell muß jede „Verurteilungsform" vermieden werden, sie ist an sich rechtswidrig. Praktisch sind bereits nach diesen Grundsätzen dem Rechnungshof herabsetzende Bemerkungen über Private weitestgehend verwehrt. Der Rechnungshof ist kein Gericht, erscheint jedoch in seiner Unabhängigkeit weithin als gerichtsähnliche Instanz. Dann aber können seine Befugnisse zu herabsetzenden Äußerungen keinesfalls weitergehen als die der Gerichte in deren Urteilen. Jede seiner „Bemerkungen" steht einer Feststellung i m Tenor eines Urteils nach ihren praktischen Wirkungen gegenüber der Grundrechtssphäre der Kritisierten gleich. Dadurch dürfen Grundrechte nicht verletzt werden, insbesondere nicht das Grundrecht Privater auf informationelle Selbstbestimmung. Fälle solcher Grundrechtsverstöße sind bereits vom BVerfG gerügt worden. Ein überwiegendes öffentliches Interesse, welches judikative Herabsetzungen i m Einzelfall legitimieren könnte, besteht in der Regel zu Gunsten der Rechnungsprüfung nicht. Die regelmäßige Nichtveröffentlichung von Gerichtsurteilen schwächt die Gefahr der Herabsetzung hier ab — bei der Rechnungsprüfung fehlt ein vergleichbares Korrektiv. Nachdem der Garantiebedarf Privater gegenüber der Rechnungsprüfung praktisch eher größer ist als gegenüber der Gerichtsbarkeit, haben möglicherweise herabsetzend wirkende Beurkundungen der Rechnungshöfe über Private grundsätzlich zu unterbleiben. Nimmt man den Grundrechtsschutz Privater ernst, so gelangt man daher zu ähnlichen Ergebnissen wie aufgrund eines generellen Verbots ihrer Überprüfung. In den Anlaßfällen sind daher die herabsetzenden Feststellungen des Rechnungshofs in jedem Falle rechtswidrig.
C. Verfahrensrechtliche Probleme Dieses Kapitel behandelt die durch den Anlaßfall aufgeworfenen verfahrensrechtlichen Fragen in einem weiteren Sinn. Geprüft wird zunächst, welche verfahrensmäßigen Schranken die staatliche Rechnungsprüfung bei der Kontrolle Privater zu beachten hat (im folgenden I). Dabei wird davon ausgegangen, daß sie nicht schon — wie oben B, III begründet — an sich unzulässig ist. Sodann ist das Spezialproblem des rechtlichen Gehörs in diesem „Verwaltungsverfahren der Rechnungsprüfung Privater" zu erörtern (im folgenden II). Schließlich werden die Rechtsbehelfe Privater gegen eine etwaige — materiell- oder verfahrensrechtlich rechtswidrige — Prüfung dargestellt (im folgenden III). Auszugehen ist bei I und II davon, daß Grundrechte Privater (vgl. oben B, IV, 2) auch durch verfahrensrechtliche Verstöße verletzt werden können 3 5 4 .
I. Verfahrensrechtliche Bindungen des Rechnungshofs bei seiner Prüfung P r i v a t e r 3 5 5 Im folgenden werden die wichtigsten Aspekte des RechnungsprüfungsVerfahrensrechts untersucht, die insbesondere für die Prüfung Privater von Bedeutung sind. Sie beziehen sich auch auf die Ausgangsfälle der Untersuchung. 1. Die Verfahrensautonomie Das Rechnungsprüfungsverfahren ist Verwaltungsverfahren i m weiteren Sinn, weil der Rechnungshof der Exekutive zuzurechnen ist 3 5 6 . Dennoch 354 355
Vgl. BVerfGE 52, S. 380 (389 f.).
Dieser Begriff wird i m folgenden in einem weiteren Sinn gebraucht, schließt also Prüfungen nach § 91 wie § 104 H O ein. 356 Zu weit gehen die Auslegungen des BRHG bei Eickenboom/Heuer, DÖV 1985, S. 997 (1000), die daraus die Entscheidung für eine 4. Gewalt ableiten wollen, „zwischen Exekutive und Legislative" (§ 1) — diese verfassungsrechtlichen Wirkun-
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C. Verfahrensrechtliche Probleme
werden hier die Grundsätze des VwVfG nicht angewendet — mit Ausnahme von § 20 Abs. 5 (§ 17 Abs. 2 BRHG). Dies ist grundsätzlich zulässig, denn der Gesetzgeber kann für jede Exekutivinstanz, erst recht für eine „zwischen Exekutive und Legislative" angesiedelte, spezielles Verfahrensrecht schaffen. Dabei muß allerdings die Rechtsstaatlichkeit gewahrt werden — streng, angesichts des besonderen Gewichts der Rechnungsprüfung. Für die Rechnungsprüfung sind jedoch nur einzelne Komplexe in den Gesetzen über die Rechnungshöfe und in der Haushaltsordnung normiert, insbesondere nicht das Verfahren der Prüfung Privater in seinen Einzelheiten. Eine derartige Verfahrensregelung läßt sich nicht aus den Maßstäben ableiten, welche der Rechnungshof anzulegen hat; dies wäre ein dogmatischer Fehlschluß. Ebensowenig wie etwa das Verfahren vor dem BVerfG sich bereits aus den Verfassungsmaßstäben ergibt, welche das Gericht anlegt, kann aus den Maßstäben der Ordnungsmäßigkeit und der Wirtschaftlichkeit abgelesen werden, wie die Rechnungsprüfung bei der Auslegung dieser Maßstäbe zu verfahren hat. Die großen, ja entscheidenden Lücken i m gesetzlich normierten Verfahrensrecht der Rechnungsprüfung lassen sich also nur durch jene Verfahrensautonomie schließen (§ 94 HO), nach welcher der Rechnungshof „Zeit und Art" seiner Prüfung selbst bestimmt 3 5 7 . „Nach allgemeiner Ansicht bedeutet dies, daß der Rechnungshof grundsätzlich in vollem Umfang A r t und Weise des Prüfungsverfahrens regelt. Der Gesetzgeber der Haushaltsordnungen hat von jeder Formalisierung des Prüfungsverfahrens abgesehen. Es gibt weder einen „Prüfungsrechtsweg" noch einen förmlichen „Prüfungsprozeß", weder Beweislastregelungen noch in Rechtskraft erwachsende Entscheidungen. Die Wahl einer bestimmten Prüfungsart ist in jedem Falle eine Frage der Zweckmäßigkeit, die der Rechnungshof ausschließlich nach den Gesichtspunkten entscheidet, wie er die ihm obliegenden Aufgaben der Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung am wirksamsten erfüllen kann" 3 5 8 — die allerdings kein Verfahrensrecht beinhalten. Dies mag in der Tat „allgemeine Meinung" sein, vor allem im Kommentarschrifttum zur H O 3 5 9 . Erstaunlich ist es aber schon, daß diese Frage, soweit ersichtlich, bisher noch nie vertiefend problematisiert worden ist. Angesichts der besonders hohen, von der Verfassungsgegen kann das Gesetz nicht hervorbringen, auch nicht nach Art. 114 GG, vgl. oben B, 11,1. 357 Dazu Grupp (FN 35), S. 167; Tiemann (FN 54), S. 120. 358 Haverkate, G., AöR 107 (1982). S. 539 (547). 359 Auf das sich Haverkate ja auch aaO. stützt; diese Literatur macht es sich ja auch i m allgemeinen nicht zur Aufgabe, das kommentierte Recht vertiefend auf seine Verfassungsmäßigkeit zu untersuchen.
I. Verfahrensbindungen der Rechnungsprüfung
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richtsbarkeit immer wieder hervorgehobenen Bedeutung des „rechtsstaatlichen Verfahrens" 360 müßte doch erwartet werden, daß der weitestgehend „verfahrensrechtsfreie Raum" der Rechnungsprüfung darauf kritisch geprüft wird, ob er nicht zum rechtsfreien Raum wird. Diese „normative Verdünnung", welche so vieles einfach einer i m einzelnen gar nicht vorherzusehenden, nicht publizierten Praxis überläßt, kann auch nicht unter Hinweis auf die richterliche Stellung der Rechnungshöfe legitimiert werden — i m Gegenteil: Gerade wenn Beamte auch noch von den Kontrollen der Hierarchie freigestellt sind, muß erst recht eine strenge Verfahrensordnung ihrer Freiheit Grenzen ziehen, damit sie nicht zur Willkür entartet — die streng normierten Prozeßordnungen beweisen es von jeher 3 6 1 . Die eigentliche Begründung für die „Verfahrensrechtsfreiheit" mag darin gefunden werden, daß es hier nicht zu wesentlichen Eingriffen in Rechtssphären der Geprüften kommen könne — wie dargelegt (oben Β, IV) ist auch dies unrichtig: Prestige des Rechnungshofs und Bedeutung seiner Bemerkungen sind so groß, können, ja werden in der Regel so einschneidende Folgen für die Geprüften haben, daß die verfahrensrechtlichen Sicherungen von deren Rechten — und vor allem bei Privaten: Grundrechten! — eine durchgehende Normierung des Prüfungsverfahrens erforderlich machen, insbesondere eine nähere Ausgestaltung der meist nur allgemein in der H O angesprochenen Grundsätze (vgl. i m folgenden). Hier schleppt sich bisher nur „früheres Recht" in die Rechtsstaatlichkeit hinein fort, das dieser aber nicht genügt. W i e gefährlich diese „Rechtslage", bei Betrachtung unter dogmatischen Gesichtspunkten, für die Betroffenen werden kann, zeigt gerade das oben angeführte Zitat: Hier sollen die Rechnungshöfe aus der „Notwendigkeit", der Effizienz der Prüfung alles Wesentliche zum Verfahren ableiten dürfen — dies ist (noch) ein, wenn auch sehr allgemeiner, Rechtsbegriff. Doch dann wird daraus die Folgerung gezogen, dies dürfe nach ihrem „Ermessen" geschehen — eine doch auch der Gerichtsbarkeit nur ganz ausnahmsweise eingeräumte Befugnis (vgl. etwa § 286 ZPO). Die „Verfahrensautonomie" des Rechnungshofs muß also durch eine rechtsstaatliche Verfahrensordnung abgelöst werden. Diese allein kann etwaige Prüfungen bei Privaten legalitätsentsprechend eingrenzen.
360 361
BVerfGE 38, S. 105 (111); 49, S. 220 (225); 51, S. 150 (156).
Aus der Organisation der Behörde läßt sich zwar nicht auf deren Funktion schließen, Grupp (FN 35), S. 159. Die Funktion (besser: das Verfahren) muß aber organisationskonform sein.
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C. Verfahrensrechtliche Probleme
2. „Herausgreif-Prüfungen 11? Der Rechnungshof muß nicht „flächendeckend' 1 prüfen, er kann dies, angesichts seiner begrenzten Möglichkeiten, auch nicht i m entferntesten. Er darf daher seine Prüfungen beschränken (vgl. § 89 Abs. 2 H O ) 3 6 2 , Teilprüfungen durchführen 363 , auf Prüfungen verzichten 364 . Da er stets selbst die Initiative ergreift 365 , in voller Unabhängigkeit 366 , kann aus diesem „Aufgreifen" leicht ein „Herausgreifen" werden. Dieses alles unterliegt aber — jedenfalls — dem Willkürverbot 367, die häufigen punktuellen Kontrollen 3 6 8 — oft, wenn nicht meist, werden nur solche durchgeführt — müssen immerhin etwas wie „repräsentative Ergebnisse" zeitigen 369. Hier nun werden sich, für Behörden wie, vor allem, für Private, häufig recht unerfreuliche Vorgänge ergeben. Sie werden nicht selten den Eindruck gewinnen müssen, es werde „nur so irgendetwas herausgegriffen", von dieser Basis aus dann „hochgerechnet" auf allgemeine Fehlleistungen — und so muß es die Öffentlichkeit in der Regel ja dann verstehen. Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren, haben die Geprüften praktisch nicht, die „Herausgreif-Prüfung" macht die Rechnungsprüfung überhaupt erst praktikabel. Wenden sie sich gegen das Aufgreifen gewisser Vorgänge, so geraten sie gerade dadurch in den Verdacht, hier sei etwas nicht in Ordnung. Dennoch sollte der Gesetzgeber ein Doppeltes in Zukunft regeln, wenn auch nur rahmenmäßig, die Rechnungsprüfung dies heute schon streng beachten: — Die Auswahl bestimmter Bereiche sollte in nachprüfbarer Weise erfolgen und daher i m Bericht selbst überprüfbar begründet werden. Anderenfalls muß, bei den Berichtsempfängern, der Eindruck entstehen, „wo man auch hingreife", könne man derartige Unregelmäßigkeiten feststellen. Dies führt dann notwendig zu einem globalen Hochrechnen von Verantwortlichkeiten, bei Privaten in besonderer Weise zu einer — durchaus vermeidbaren — allgemeinen Ansehensminderung in der Öffentlichkeit. — Wenn ein bestimmter Bereich geprüft wird und dort Unregelmäßigkeiten festzustellen sind, so darf die Rechnungsprüfung unter keinen Um362 363 364 365 366 367 368 369
Vogel/Kirchhof, BK, Art. 114, Rdnr. 125. Tiemann (FN 54), S. 120. Krebs, (FN 58), S. 207. Krebs, aaO., S. 206. Betont von Keller, D., DÖV 1979, S. 705 (706). Vgl. Vogel/Kirchhof (FN 362). Krebs, aaO., S. 210, 218/219; Tiemann, aaO. Heuer (FN 18), Art. 114 GG, 108, siehe auch Bank, B., D Ö H 1965, S. 18 (26).
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ständen von diesen Ergebnissen aus leichthin darauf schließen, „dies zeige, daß auch in anderen Bereichen", bei Geprüften oder Dritten, Ähnliches vorkomme. Diesem „Hochrechnen" muß durch strenge Beschränkung auf Einzelbemerkungen begegnet werden. Daß dann die Berichtsempfänger und die Öffentlichkeit daraus weitergehende Schlüsse ziehen können, ja in der Regel ziehen werden, läßt sich ohnehin kaum verhindern, die Rechnungsprüfung ist aber verpflichtet, dem soweit wie möglich vorzubeugen. Dies bedeutet: Die Rechnungsprüfung steht unter dem strengen Verbot der „Vermutungsfeststellungen', ihr ganzes Verfahren muß darauf gerichtet sein, daß solche ausgeschlossen werden. Dies hat auch Bedeutung für die Anlaßfälle der Untersuchung — von einzelnen Schwangerschaftsberatungsstellen oder auch von der Gesamtaktivität in diesem Bereich darf nicht auf die Tätigkeit des betreffenden Trägers i m ganzen geschlossen werden.
3. Das Informationsrecht Der Bundesrechnungshof bestimmt (nach § 95 HO), nach seinem „subjektiven Ermessen", welche Unterlagen oder Auskünfte er zur Erfüllung seiner Aufgaben für erforderlich hält. Die i m Regierungsentwurf ursprünglich enthaltene objektive Fassung („Unterlagen, die für die Prüfung erforderlich sind...") ist i m Gesetzgebungsverfahren aufgegeben worden. Der BRH muß allerdings deutlich machen, für welche Prüfungen er die Unterlagen oder Auskünfte benötigt. Eine Begründung im einzelnen braucht er nicht zu geben 370 . Dieses völlig uneingeschränkte Enqueterecht 371 , das nicht einmal mehr durch objektive Notwendigkeit oder in anderer Weise begrenzt ist 3 7 2 , kann auch noch zu einer Intensität der Information nach Ermessen des Rechnungshofs führen 373 . Ein solches Informationsrecht nach Ermessen, praktisch nach freiem Belieben des Rechnungshofs, ist mit der Rechtsstaatlichkeit nicht vereinbar. Angefordert und eingesehen, an Ort und Stelle recherchiert kann immer nur werden, was objektiv erforderlich ist. Dies ist ohnehin ein sehr weiter unbestimmter Rechtsbegriff. Wollte man ein Ermessen hier noch zulassen, so müßte dies auch bei allen anderen Informationsrechten im Staatsbereich 370
Heuer (FN 18), § 95 HO, 5. Reger (FN 13), S. 245; Tiemann (FN 54), S. 121; Krebs (FN 58), S. 209; Piduch (FN 169), § 95 HO, 1. 372 Bei Privaten bedeuten hier die „Voraussetzungen" der §§91,104 H O praktisch überhaupt keine Beschränkung. 373 Vgl. Krebs, aaO., S. 217. 371
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C. Verfahrensrechtliche Probleme
gelten, mit unabsehbaren und unerträglichen Ergebnissen, vom Gemeinderecht bis zum Stiftungsrecht. A m Ende stünde der Inquisitionsstaat, der sich durch völlig zweckgelöste „Recherchen auf Verdacht" erst einmal die Grundlagen seiner Eingriffe beschaffen dürfte. In allen Prozeßordnungen, auch in denen des öffentlichen Rechts, gilt der allgemeine Grundsatz, daß reine ,Ausforschungsbeweise 0 nicht erhoben werden dürfen 374 . Dieses Prinzip muß auch hier, mutatis mutandis, gewahrt werden. Zwar können gezielte Überprüfungen oft erst aufgrund vorgängiger Informationen durchgeführt werden, letztere mögen also auch zunächst „weit", nicht konkret zielgerichtet, zu erheben sein 3 7 5 . Doch dies „erste", noch weite Informationsverlangen muß sich bereits auf gute, rational nachprüfbare Gründe stützen können. Wäre der Rechnungshof in der Lage, flächendeckend alles zu prüfen, so bedürfte sein Informationsbegehren keinerlei Begründung. Da er aber eine Auswahl vornimmt, muß er zwar nicht i m einzelnen darlegen, warum er dies oder jenes nachprüfen will, Gründe dafür muß es aber geben — und seien sie auch allgemeiner Art; jeder Betroffene hat auch ein Recht, sie auf Nachfrage zu erfahren, vor allem wenn sie nicht auf der Hand liegen. Dies gilt insbesondere und, in erheblich engeren Grenzen, bei einer Rechnungsprüfung Privater Nicht nur jede Prüfung und die Mitteilung von deren Ergebnissen, sondern bereits jedes Informationsverlangen greift in das Grundrecht der Bürger auf informationelle Selbstbestimmung ein. W i e die so festgestellten Daten dann etwa festgehalten, ja gespeichert werden, entzieht sich der Kenntnis des Geprüften. Selbst wenn hier die gesetzlichen Datenschutzbestimmungen streng beachtet werden, so bleibt doch die Tatsache, daß Daten und Vorgänge, welche die Privaten als Geschäftsgeheimnis streng hätten hüten dürfen, welche die Träger der Freien Wohlfahrtspflege unter Umständen sogar besonders streng wahren müssen — vor allem i m Intimbereich der Schwangerschaftsberatung — von „völlig externen Beamten" recherchiert werden. Zunächst müßten also für diese Beamten besonders strenge gesetzliche Geheimhaltungsvorschriften erlassen, unter Umständen spezielle Straftatbestände geschaffen werden, eine dem Steuerrecht entsprechende Regelung wäre erforderlich („Rechnungsprüfungsgeheimnis"). Private müssen jedenfalls, schon angesichts ihrer Grundrechtspositionen, das Recht haben, näher zu erfahren, warum gerade bei ihnen diese oder jene Information verlangt wird. Dies folgt schon daraus, daß sie ja, nach Art. 374 Dunz, W., Der unzulässige Ausforschungsbeweis, N J W 1956, S. 769 ff. ; Baumbach/Lauterbach, ZPO, 47. Aufl., 1989, Einf. § 284, 6. 375
So kann oft erst nach Einsichtnahme in A k t e n festgestellt werden, daß deren Vorlage verlangt werden muß, vgl. OVG Lüneburg, N J W 1984, S. 2652 (2653).
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114 GG, nie als solche, sondern stets nur als Informationsquelle über das Verhalten der staatlichen Behörden untersucht werden dürfen. Bereits aus diesem Grund muß also bei ihnen eine strenge Notwendigkeitsprüfung durchgeführt werden, die Informationsbegehren ihnen gegenüber bedürfen der Begründung. Dies folgt nicht zuletzt daraus, daß eine Überprüfung ihrer gesamten Haushalts- und Wirtschaftsführung nach Ermessen des Rechnungshofs unzulässig, § 91 Abs. 2 H O bei solchem Verständnis verfassungswidrig wäre. Dann aber kann es auch nicht zulässig sein, dies durch praktisch schrankenlose Informationsrechte vorwegzunehmen. Auf „Notwendigkeit" — als objektiven Prüfungsmaßstab — ist auch i m übrigen Verfahren der „Informationsgewinnung" stets streng zu achten. Die Prüfer können nicht „auf Verdacht Beliebiges einsehen", derartige Anforderungen in einer ihnen gerade beliebenden Form vorbringen. Abgesehen davon, daß hier selbstverständlich jede Unsachlichkeit und Aggressivität das Vorlageverlangen rechtswidrig macht — die Rechtsstaatlichkeit verlangt die normativ nähere Regelung des Informationsverfahrens, wenigstens gegenüber den zu prüfenden Privaten, wenn diese überhaupt kontrolliert werden dürfen. Dabei ist die Beachtung der Subsidiarität dieser Prüfung, gegenüber der Prüfung seitens der Vergabebehörde, zu betonen, und besonders den Prüfern ihre Beachtung zur Pflicht zu machen. Gäbe es derartige normative Verfahrensregelungen — interne Dienstanweisungen können hier nicht genügen — so wäre es sicher zu manchen Problemen, auch in den Anlaßfällen der Untersuchung, nicht gekommen.
4. Die von der Rechnungsprüfung zu wahrende Diskretion a) Amtsverschwiegenheit Beachtung der Verschwiegenheitspflicht seitens der Rechnungsprüfer muß gesichert sein 3 7 6 . Dies muß allgemein und nicht nur hinsichtlich des Informationsverfahrens (siehe oben 3) betont werden, weil es, erstaunlicherweise, soweit ersichtlich bisher i m Schrifttum nicht hervorgehoben wird. Mehr noch: Vor einiger Zeit wurde sogar die Auffassung vertreten, eine Weitergabe so erlangter Kenntnisse könne nicht nur mit den „Notwendigkeiten der Rechnungsprüfung" gerechtfertigt werden, sondern auch aus „übergeordneten gesamtstaatlichen Interessen" 377 . In solcher Weite ist die Relativierung der Amtsverschwiegenheit nicht zulässig, vor allem nicht Privaten gegenüber. In Fällen eines besonderen 376
Betont etwa von Schäfer (FN 120), S. 628/629; vgl. auch Sauer, H., D Ö H 1968,
S. 98 ff. 377
10 Leisner
Sauer, aaO., S. 101.
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Notstandes, außergewöhnlicher, anders nicht zu bekämpfender Gefahren, etwa bei drohenden schweren Straftaten, bei der Gefährdung höherrangiger Rechtsgüter überhaupt, folgt ein Recht, ja eine Pflicht zum Bruch der Amtsverschwiegenheit schon aus allgemeinen Grundsätzen. Doch darüber hinaus ist sie, bei der Rechnungsprüfung generell, insbesondere bei einer Prüfung Privater, strikt abzulehnen. Keine Rede kann hier von einem allgemeinen Auskunftsrecht gegenüber der Presse sein, weder v o r 3 7 8 noch nach Abgabe des Prüfungsberichts. Dies folgt schon aus dem Wesen der Berichtsaulgabe: Der Bericht darf nicht antizipiert werden, ist er erstattet, so „gehört er nicht mehr dem Rechnungshof". Überdies unterliegt der Rechnungshof, was gerade bei Schwangerschaftsberatungen bedeutsam ist, auch den speziellen Verschwiegenheitspflichten, denen die Geprüften (etwa Ärzte) unterworfen sind 3 7 9 . b) Anonymisierung der Private betreffenden Prüfungsergebnisse Prüfungsergebnisse, welche Verwaltungsinstanzen betreffen, dürfen in der Regel schon deshalb nicht anonymisiert werden, weil sonst die Berichtsempfänger daraus nicht die erforderlichen, von der Verfassung aber gewollten Forderungen ziehen können. Anders ist die Rechtslage gegenüber Privaten. Sie dürfen nur zur Feststellung des Verhaltens staatlicher Stellen geprüft werden — wenn man dies überhaupt für zulässig halten will (vgl. oben B, III). In aller Regel ist es dazu nicht erforderlich, in dem Prüfungsbericht anzugeben, in welchen Fällen, welchen Privaten gegenüber sie es selbst an der erforderlichen Bewilligungs- oder Überwachungssorgfalt haben fehlen lassen. Insoweit ist also die Anonymisierung privater Daten in Rechnungshofberichten eine streng zu beachtende Pflicht der staatlichen Rechnungsprüfung. Es ist „nicht vertretbar, Dritte ... nunmehr gegenüber der Öffentlichkeit so zu nennen, daß ihre persönlichen und geschäftlichen Verhältnisse offengelegt würden" 3 8 0 . Die schutzwürdigen Belange einzelner Personen und Unternehmen müssen hier, wie auch nach Aktienrecht (vgl. § 395 AktG), beachtet werden 3 8 1 . Es muß daher auch jede Formulierung vermieden werden, aus der die Identität des nicht namentlich Genannten erschlossen werden könnte. Nun mag eine völlige Anonymisierung nicht durchgehend möglich sein. Geht es ζ. B. um Prüfungsfeststellungen, die ein besonders großes, bekanntes Unternehmen betreffen, so würde unter Umständen eine Feststellung gra378 379 380 381
Kirchhof, P., N V w Z 1983, S. 505 (515). Vgl. OVG Lüneburg, N J W 1984, S. 2653 (2654). Schäfer (FN 120), S. 633 (637). Vgl. Vogel/Kirchhof, BK, Art. 114 GG, Rdnr. 143.
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vierender Behördenverfehlungen unmöglich, würde man, auch ohne Namensnennung, den Betrieb nicht so beschreiben, daß eben doch bekannt wird, um welches Unternehmen es sich handelt. Das aber liegt dann in der Risikosphäre eines solchen Betriebes, er muß die Folgen seiner Größe, seines Bekanntheitsgrades tragen; anderenfalls käme es zu seiner — unberechtigten — Privilegierung. Doch in den meisten Fällen läßt sich die Anonymisierung durch die Wortwahl bereits erreichen. Es darf dann eben nicht von „einem OLGPräsidenten", es muß von „einem hohen Richter" gesprochen werden 3 8 2 . Viele Probleme können in der Praxis, jenseits von aller Grundsatzproblematik der Rechnungsprüfung Privater, entschärft werden, würden diese Anonymisierungspflichten streng beachtet. Von dem Berichtsverfahren selbst und von dem dabei zu beachtenden Ausschluß der Öffentlichkeit war bereits (oben Β, I, 2) die Rede.
Ergebnis Durch Verfahrensfehler kann der Rechnungshof seine Befugnisse überschreiten, insbesondere können auch dadurch Grundrechte Privater verletzt werden. Der Rechnungshof genießt sehr weitgehende Verfahrensautonomie, nur wenige Verfahrensgrundsätze sind hier gesetzlich geregelt. Diese Autonomie wird nicht durch die von der Rechnungsprüfung anzulegenden Maßstäbe beschränkt, die nicht das Verfahren betreffen. Da die Verfahrensautonomie kaum kritisch betrachtet wird, droht dieser weitgehend „verfahrensfreie" zu einem rechtsfreien Raum zu werden. Die Verfahrensautonomie wird weder durch die Unabhängigkeit der Rechnungsprüfer legitimiert — sie würde erst recht eine strenge Verfahrensordnung, wie für die Gerichte, erfordern — noch dadurch, daß es hier ja nicht zu schwerwiegenden Rechtsbeeinträchtigungen kommen könne. W i e dargelegt sind diese vielmehr möglich, ja naheliegend. Die „Verfahrensautonomie" muß also durch eine rechtsstaatliche Verfahrensordnung abgelöst werden, eine solche allein kann etwaige Prüfungen bei Privaten legalitätsentsprechend eingrenzen. Der Rechnungshof ist frei darin, wie weit er seine Prüfung beschränkt, konzentriert, auf sie verzichtet. Es darf dabei aber nicht zu einer willkürli382
Ein Wahlrecht, wie es offenbar Haverkate, unterstellt, kann nicht anerkannt werden.
10*
AöR 107 (1982), S. 539 (555)
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chen „Herausgreif-Prüfung" kommen. Es ist daher gesetzlich sicherzustellen, daß die Auswahl der Prüfungsbereiche in nachprüfbarer, begründbarer Weise geschieht und daß repräsentative Ergebnisse, nicht Zufallsresultate, dabei erzielt werden. Jedes „Hochrechnen" auf allgemein fehlerhaftes Verhalten, über die getroffenen Erhebungen hinaus, muß in den Berichten vermieden werden. „Vermutungsfeststellungen 11 sind rechtsstaatswidrig. Den Rechnungshöfen steht ein sehr allgemeines Informationsrecht zu. „Information nach Ermessen" darf ihnen aber nicht gestattet sein, eine solche Befugnis gibt es auch sonst i m öffentlichen Recht nicht. Etwas wie ein „Ausforschungsbeweis" ist auch hier unzulässig. Dies zwingt vor allem zur Zurückhaltung bei Informationsbegehren gegenüber Privaten, weil schon ein Auskunftsverlangen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung beeinträchtigen kann. Sie haben das Recht, zu erfahren, warum man gerade von ihnen dies oder jenes wissen will. Würde hier nicht ein strenger Notwendigkeitsmaßstab angelegt, so käme es auf einem verfahrensrechtlichen Weg zur Totalprüfung des wirtschaftlichen Verhaltens. Erforderlich ist daher eine nähere normative Regelung des Informationsverfahrens. Die Rechnungsprüfer unterliegen einer streng zu wahrenden Amtsverschwiegenheitspflicht. Diese darf auch der Presse gegenüber nicht durchbrochen werden; das würde der Aufgabe der Erstattung eines Berichts widersprechen. Die Prüfungsergebnisse müssen in den Berichten, soweit diese Private betreffen, völlig anonymisiert werden, schon weil nicht das Verhalten der Privaten als solches Prüfungsgegenstand ist, soweit derartiges nach Sachlage nur irgend möglich ist. Würde dies i m Verhältnis der Rechnungsprüfung zu den Privaten beachtet, so käme es in den meisten Fällen nicht zu größeren Schwierigkeiten.
I L Recht auf Gehör gegenüber den Instanzen der Rechnungsprüfung
1. Fragestellung — Rechtliches Gehör: in welcher Phase? — § 96 H O Von großer, nicht selten entscheidender Bedeutung ist es für die Behörden, die dort verantwortlichen öffentlichen Bediensteten, vor allem aber für die geprüften Privaten (§ § 91,104 HO), ob ihnen ein Recht auf Gehör zusteht. Ein solches kommt in Betracht:
II. Recht auf Gehör
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—
nach Fertigstellung des Rechnungshofberichtes, jedoch noch vor dessen Weiterleitung an die Berichtsempfänger oder
—
bereits vor Abschluß des Berichts, insbesondere bei den einzelnen Erhebungen, welche sodann zu Bemerkungen führen sollen. Haben die Geprüften ein Recht, zu diesen Prüfungsergebnissen von den Rechnungsprüfern gehört zu werden, bevor diese ihre Erhebungen bei ihnen abschließen? Muß ihnen mitgeteilt werden, welche Feststellungen die Prüfer i m einzelnen getroffen haben und zu welchen Schlußfolgerungen sie gelangt sind, voraussichtlich oder auch nur möglicherweise kommen werden, damit die Betroffenen davon nicht überrascht werden und schon „im Vorfeld" ihre Stellungnahmen dazu abgeben können? a) Zuleitung des Berichts zur Äußerung (§96 HO)
Den zuständigen — nicht den geprüften — Dienststellen hat der Rechnungshof vor Abgabe des Berichts diesen „zur Äußerung" zuzuleiten (§96 Abs. 1 HO). Es ist davon auszugehen, daß diese Behörden ihn, i m Rahmen der Staatsorganisation, auch den ihnen nachgeordneten Behörden, welche konkret geprüft wurden, zugänglich machen. Eine Verpflichtung, insbesondere die verantwortlichen Bediensteten in dieser Phase zu unterrichten, für welche dies ja disziplinar-, haftungs-, sogar strafrechtliche Konsequenzen haben kann, ergibt sich schon aus der Für Sorgepflicht der öffentlichen Dienstherrn bzw. Arbeitgeber. Die Frage, ob damit den geprüften Dienststellen gegenüber Gehör hinreichend gewährt wird, stellt sich nicht, denn diesen steht, als solchen, als Behörden eben, ein Recht auf rechtliches Gehör gar nicht zu, da sie — jedenfalls insoweit — nicht selbständige Rechtsträger sind 3 8 3 . Auch die Frage des rechtlichen Gehörs etwa betroffener Bediensteter braucht hier nicht vertieft zu werden, weil diesen, wie erwähnt, schon aus dienstrechtlichen Gründen i m Rahmen von § 96 H O ein solches zu gewähren ist. Dies mag als „recht spät" erscheinen und ihnen eine Rechtfertigung nicht so leicht werden lassen, wie wenn sie bereits bei den Erhebungen selbst gehört worden wären. Es dürfte aber wohl noch i m Ermessen des Gesetzgebers der H O stehen, in welcher Weise er ein „Recht auf Gehör" ihnen gegenüber wenn nicht gewährt, so doch dessen Grundlagen schafft, wobei es hier gleichgültig bleibt, ob er dies über § 96 H O auch hat bewirken wollen. Jedenfalls wirkt die Vorschrift zugleich zu Gunsten der Bediensteten, in Verbindung mit dem öffentlichen Dienstrecht.
383
Haverkate, AöR 107 (1982), S. 539 (545).
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C. Verfahrensrechtliche Probleme
b) Keine Anhörung Privater
nach der HO
Völlig anders ist die Lage Privater: In der — späten — Phase der Unterrichtung nach § 96 H O ist eine Unterrichtung Privater in der HO überhaupt nicht vorgesehen, nicht einmal i m Falle „ihrer" Prüfung (§ 104 HO). Da diese Unterrichtung jedoch in § 96 H O ersichtlich eingehend geregelt ist, muß davon ausgegangen werden, daß sie vom Gesetz nicht gewollt ist, jedenfalls nicht i m Wege eines speziell geregelten Verwaltungsverfahrens. Dies schließt allerdings nicht aus, daß eine solche Zuleitung zur Stellungnahme nach anderen verfahrensrechtlichen Grundsätzen in dieser Phase oder bereits früher zulässig oder gar erforderlich ist. Nicht möglich erscheint es jedenfalls, § 96 H O ausdehnend auch auf Private zu beziehen und anzunehmen, damit sei auch deren Recht auf Gehör Genüge getan. Eine derartige, späte Unterrichtung würde übrigens gerade der spezifischen Interessenlage Privater in der Regel nicht entsprechen, ihnen zur Wahrung ihrer Recht kaum genügen können. Denn wenn erst einmal die Bemerkungen zu einem Berichtsentwurf zusammengefaßt sind, wird es praktisch unverhältnismäßig schwer sein, sich gegen solche Erhebungen zu verwahren, welche nach Ansicht der Privaten aber unzutreffend sind, solche etwa gar noch zu verhindern. Die Frage stellt sich also für Private dahin: Können sie, i m Namen eines sich nicht aus der H O ergebenden Rechts auf rechtliches Gehör, verlangen, daß sie bei der Erhebung von Tatsachen gehört werden müssen, bei denen der Prüfer davon auszugehen hat, daß deren Einfügung in den Bericht erfolgen wird, daß sie Rückschlüsse auf die Privaten zuläßt oder sie gar ausdrücklich nennt? Daß sich ein unter Umständen persönlich zu belangender Bediensteter in vergleichbarer Lage befindet, kann nach dem oben a Ausgeführten außer Betracht bleiben; denn immerhin ist seine Tätigkeit „primärer Gegenstand der Rechnungsprüfung", nicht aber das Verhalten Privater, und der Dienststelle gegenüber hat der Gesetzgeber eine bestimmte Regelung getroffen, Privaten gegenüber nicht. Im Falle geprüfter Privater ist also nach allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsätzen über ein Recht auf Gehör zu entscheiden. Aus § 96 H O kann nicht geschlossen werden, die H O habe dies ihnen gegenüber ausschließen wollen, denn sie hat nur eine konkrete Verpflichtung in einer bestimmten Phase der Prüfung normiert, alles andere bleibt, da es zur „Art der Prüfung" gehört (§ 94), der Verfahrensautonomie des Rechnungshofs überlassen. Es fragt sich nun jedoch, ob diese nicht, mit Blick auf andere Normen, in einem Sinn notwendig zu konkretisieren ist, der ein Recht auf Gehör schon zu einem Zeitpunkt sichert, welcher den Privaten eine wirksa-
II. Recht auf Gehör
151
me Verteidigung ihrer Rechte ermöglicht, nämlich bei den Erhebungen selbst. Durch die H O jedenfalls ist diese Fragestellung nicht präjudiziert. c) Die besondere Bedeutung des Rechts auf Gehör Das Recht auf Gehör, welches „Art. 103 Abs. 1 GG für das Gerichtsverfahren ausdrücklich normiert, ist wesentliche Konsequenz des Rechtsstaatsprinzips und letztlich eine Ausformung des Art. 1 Abs. 1 GG. Rechtsstaatlichkeit verlangt faires Verfahren und damit Gehör für den Betroffenen. Art. 1 Abs. 1 GG enthält das Prinzip, daß der Einzelne nicht nur als Objekt der staatlichen Gewalt angesehen werden darf; dies erfordert die Möglichkeit für den von der staatlichen Gewalt Betroffenen, seine Interessen und Gesichtspunkte zur Geltung zu bringen" 384 . DasBVerfG hat dem Grundrecht des Art. 103 Abs. 1 GG eine herausragende Bedeutung zugemessen 385, es findet seine Grundlage in unabänderlichen Verfassungsnormen (Art. 1, 20 GG). Infolge von Rechnungsprüfungen bei Privaten kann es bei diesen zu schwerwiegenden Grundrechtsverletzungen kommen (oben Β, IV) 3 8 6 . In einem speziellen Prüfungsverfahren wird hier recherchiert, sodann veröffentlicht, wieder in besonders gesetzlich vorgesehener Form. Schon vom ersten Anschein her leuchtet es nicht ein, daß dabei durchgehend oder auch nur in der Regel rechtliches Gehör nicht gewährt werden soll. Die außerordentliche Bedeutung dieses verfassungsmäßigen Rechts, der Grundlage der gesamten Rechtsstaatlichkeit, spricht vielmehr für rechtliches Gehör bei allen Prüfungen im privaten Raum, wenn dem nicht überzeugende Gründe entgegenstehen. Diese können sicher nicht in der Besorgnis liegen, das Verfahren könnte dadurch zu schwerfällig werden 3 8 7 — derartige „Reibungsverluste" nimmt die Rechtsstaatlichkeit eben in Kauf; ohne rechtliches Gehör könnte auch die Gerichtsbarkeit wohl ein Vielfaches von Rechtssachen erledigen.
384
So in diesem Zusammenhang zum Recht auf Gehör Haverkate, aaO., S. 545, der die Frage vertiefend behandelt hat. Vgl. dazu auch Kopp, Komm, zum VwVfG, 4. Aufl. 1986, § 28, 2. 385 BVerfGE 9, S. 89 (95); 63, S. 334 (337); 67, S. 208 (211). 386 In solchen Fällen wird auch angenommen, es sei dann die betreffende Firma „unabhängig von Wortlaut des § 96 H O zu hören", Eickenboom/Heuer, DÖV 1985, S. 997, ähnlich auch Haverkate, aaO., S. 552 f., nur läßt sich dies in so allgemeiner, wenig präziser Weise nicht begründen. 387
So aber Haverkate, aaO., 551.
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C. Verfahrensrechtliche Probleme
2. Gründe gegen rechtliches Gehör im Rechnungsprüfungsverfahren Die grundsätzliche Ablehnung eines rechtlichen Gehörs 388 kann auf folgende Argumente gestützt werden: a) Kein rechtliches Gehör vor dem Parlament? Die Prüfungstätigkeit des Rechnungshofs ist in erster Linie auf Unterstützung der parlamentarischen Kontrolle gerichtet (siehe oben Β, I, 1, b). Von selbständigen Gängen des Rechnungshofs an die Öffentlichkeit abgesehen — denen an sich schon entscheidende Bedenken entgegenstehen (vgl. oben B f I, 2) — kann es zu Rechtsverletzungen Privater vor allem durch Parlamentspublizität kommen sowie dadurch, daß die Volksvertretung rechtlich ungünstige Folgerungen aus dem Bericht zieht. Gegenüber dem Parlament gibt es aber grundsätzlich kein Recht auf Gehör; will die Volksvertretung derartiges vorsehen, etwa in Hearings, so hat dies nicht die Qualität der „Gewährung rechtlichen Gehörs", das Parlament ist dazu auch nicht verpflichtet. Also könnte auch gegenüber einer „Hilfstätigkeit für das Parlament allein" ein Recht auf Gehör ausscheiden. Es mag dahinstehen, ob dies so allgemein gilt, ob insbesondere bei „Hilfstätigkeit für das Parlament" i m eigentlichen Sinn, etwa Tätigkeiten eines Ombudsmanns, dieselben Grundsätze gelten können. Die Rechnungsprüfung wird dadurch schon deshalb nicht aus der Verpflichtung zur Gewährung des Gehörs entlassen, weil ihre Tätigkeit sich auch, in einer insoweit untrennbaren Gemengelage, als Untersuchung zur Vorbereitung von Exekutivtätigkeit darstellt (oben Β, I, 1). Der Exekutive gegenüber besteht grundsätzlich ein Recht auf Gehör; es wird daher auch nicht durch die — gleichzeitige — Berichtsfunktion gegenüber dem Parlament ausgeschlossen. b) Keine Außenwirkung? Das Hauptargument gegen rechtliches Gehör kommt aus dem Hinweis, die Feststellungen der Rechnungshöfe hätten keine Außenwirkung, daher könnten Belange der Privaten auch nicht durch sie verletzt werden 3 8 9 . Verbindliche Regelungen würden hier nicht getroffen 390 , Anordnungen ergingen nicht 3 9 1 , von einem „Eingriff" in Rechtspositionen könne nicht 388 Bei Haverkate, aaO., S. 545 ff. m. Nachw.; siehe dazu auch Heuer (FN 18), § 91 HO, 10; Kopp, F., JuS 1981, S. 426; Kirchhof, P., N V w Z 1983, S. 505 (515). 389 Haverkate, aaO., insbes. S. 550/551; Tiemann (FN 54), S. 245; Belemann, G., D Ö V 1979, S. 684 (685); vgl. auch Kirchhof (FN 388). 390 391
Reger (FN 13), S. 245. Heuer, E., D Ö V 1986, S. 516.
II. Recht auf Gehör
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gesprochen werden 3 9 2 , dieses Verfahren sei, nach geltendem Recht, nicht (auch) „gegen den Bürger gerichtet" 393 . Dies letztere trifft allerdings wenigstens im Falle des § 104 H O nicht zu, bei einer Prüfung nach § 91 H O nur, wenn es gelingen sollte, „Prüfung bei" und „Prüfung der" Privaten sachgerecht zu unterscheiden, was aber, wie oben (B, IV, 4, d) nachgewiesen, nicht möglich ist. Bleibt der Einwand, die Prüfung als solche bringe keinen hoheitlichen „Eingriff", ihre Durchführung verändere ebensowenig die Rechtslage Privater wie die auf ihrer Grundlage erstatteten Berichte. Gegen diese Begründung einer Ablehnung des Äußerungsrechts bestehen bereits entscheidende Bedenken. Wenn ein Privater sich von Rechnungshöfen prüfen lassen muß, so wird durch diese Rechtsverpflichtung seine Rechtssphäre bereits umgestaltet: Er muß den Beamten Zutritt gewähren, ihnen seine Bücher öffnen, es hinnehmen, daß sie über ihn berichten. Ob und inwieweit dies mit Hoheitsgewalt durchgesetzt werden kann, bleibt gleich, die rechtliche Auswirkung als solche steht außer Frage; der Private verhält sich rechtswidrig — mit allen Folgen die das haben kann — will er sich nicht prüfen lassen. Die Aufforderung, die Prüfung zuzulassen, die Anforderung von Unterlagen, alle Anordnungen, welche die Prüfer an die Privaten bei der Durchführung ihrer Arbeit richten — all dies kann durchaus als „Eingriff" qualifiziert werden 3 9 4 , damit hat aber die Rechnungsprüfung „auch Außenwirkung" gegenüber den Geprüften. Die auf solcher Grundlage getroffenen Feststellungen schließlich sind Untersuchungen, die auch darauf zielen, Verwaltungsentscheidungen gegenüber Privaten vorzubereiten und zu begründen, etwa die Einstellung der Förderung. Selbst wenn sie nicht die Berichtsempfänger binden, stellen sie diesen doch Grundlagen — und zwar in der Praxis die wichtigsten und kaum zu verrückenden — für ihre Entscheidungen zur Verfügung, welche jedenfalls berücksichtigt werden müssen. Wollte man hier das rechtliche Gehör ausschließen, so müßte es auch etwa nicht von der Polizei gewährt werden, welche Ermittlungen anstellt (vgl. § 163 Abs. 1 StPO) — auch deren Ermittlungsergebnisse binden weder Staatsanwaltschaft noch gar Gerichte. Das rechtliche Gehör würde völlig ausgehöhlt, grundlegende Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit würden verletzt, wollte man hier die Anhörung grundsätzlich ausschließen, nur weil „Außenwirkung nicht bestehe". Eingewendet kann auch nicht werden, die „Außenwirkung" trete allenfalls ein, wenn Exekutive und Parlament den Bericht erhielten und veröffentlich392 393 394
Haverkate, aaO., S. 552. Haverkate, aaO., S. 551. So auch Ossenbühl (FN 322); Redeker, K., DÖV 1986, S. 946 (947).
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ten; sie sollten dann anhören. Das Recht auf Gehör soll dem Betroffenen die wirksame Verfolgung seiner Rechte ermöglichen 395 , es muß also stets vor allem rechtzeitig gewährt werden. Die Außenwirkung muß nicht bereits eingetreten sein, es genügt, daß das Staatshandeln (auch) auf Außenwirkung gerichtet ist; das ist hier zu bejahen. Schließlich könnte gesagt werden, hier werde allein aus der (möglichen) Wirkung (Grundrechts-Verletzung) argumentiert, dann aber dürften Staatsorgane überhaupt keine Äußerungen mehr abgeben, welche irgendwelche Privaten verletzten könnten, bevor sie nicht mit diesen gesprochen hätten, dies aber sei unzumutbar. Selbst wenn dem grundsätzlich zugestimmt würde — hier liegt nicht eine so allgemeine Äußerung vor, sondern es geht um Ermittlungen, die in einem dazu besonders vorgesehenen Verfahren und zu einem normativ bestimmten Ziel gerade gezielt gegenüber Privaten durchgeführt werden. Dies ist in sich eben ein „Verwaltungsverfahren", wenn auch vielleicht in einem weiteren Sinne. Mit irgendwelchen Äußerungen in der Öffentlichkeitsarbeit der Exekutive, welche „Private auch belasten" könnten, läßt sich das nicht vergleichen, es handelt sich vielmehr um eine aus dem Verfahren der Rechnungsprüfung sich ergebende, eindeutige Außenwirkung gegenüber Privaten. c) Nur vorbereitende Tätigkeit Ì In der These, hier erfolgten keine „Eingriffe", könnte auch die Ansicht zum Ausdruck kommen, rechtliches Gehör sei schon deshalb nicht zu gewähren, weil es hier nur um Vorbereitung von Entscheidungen anderer Instanzen, insbesondere der mittelvergebenden Exekutive gehe (Einstellung der Förderung, schärfere Auflagen). Bei der Ausarbeitung solcher „VorbereitungsGutachten" bestehe aber kein Anspruch auf Gehör, in ihnen liege keine „Entscheidung", weil sie ja Bindungswirkung nicht entfalteten. Auch dem kann nicht gefolgt werden. Zwar handelt es sich um eine A r t von „amtlicher Gutachtertätigkeit", deren Ergebnisse als solche die Berichtsempfänger nicht binden, zugleich ist dies jedoch auch als eine Form von Ermittlungen anzusehen, nicht als „irgendein Gutachten", neben dem andere, beliebig viele, eingeholt würden. Was der Rechnungshof ermittelt hat, kann zwar auch „nach-ermittelt" werden, aber es stellt jedenfalls eine, oft die einzige wichtige Grundlage der Entscheidungen der Exekutive über die Förderung dar. Wenn sich die Betroffenen dazu nicht äußern können, ist es ihnen meist gar nicht, jedenfalls aber nur spät, möglich, ihre Belange sachgerecht zu vertreten. Sollte dies erst in dem nachfolgenden Überprüfungsverfahren durch die Exekutive möglich werden, das etwa durch die Rechnungsprüfung ausgelöst wird, so ist der Rechnungshof daran wiederum 395
BVerfGE 6, S. 12 (14); 7, S. 239 (240), 275 (278); 55, S. 95 (98).
II. Recht auf Gehör
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nicht beteiligt, es wäre ganz untunlich, ihn hier erneut einzuschalten; also bleiben seine „Feststellungen in aller Regel stehen", ohne daß zu ihnen Äußerungsmöglichkeit bestand, als sie ausgearbeitet wurden. Und sie lösen ein Verwaltungsverfahren aus, das an sich schon belastet, damit seinerseits einen Eingriff darstellt, ohne daß die Betroffenen sich rechtzeitig dazu haben äußern können, ob dies denn notwendig sei. Dies alles geschieht, obwohl ein formalisiertes, selbständiges Prüfungsverfahren vorgeschaltet worden ist; dies kann nicht rechtens sein, hier würde der Vorbereitungs-Begriff überdehnt. Die gegen ein Recht auf Gehör vorgebrachten Argumente überzeugen also nicht Sie würden dazu führen, daß die Privaten — i m eigentlichen Sinne des Wortes — zu stummen Objekten staatlichen Handelns würden.
3. Begründung des rechtlichen Gehörs für Private Der Rechnungshof hat, nach den bisherigen Ergebnissen, seine Verfahrensautonomie (§ 94 HO) entsprechend dem rechtsstaatlichen Grundsatz des rechtlichen Gehörs zu konkretisieren — es sei denn, man halte diese Bestimmung für verfassungsrechtlich bedenklich (vgl. oben I, 1); dann müßte u. U. der Gesetzgeber eingreifen und das rechtliche Gehör hier ausdrücklich regeln. Daß gerade bei der Rechnungsprüfung Privater ein Recht auf Gehör besteht, in allen wesentlichen Phasen der Ermittlungen, jedenfalls aber vor deren Abschluß, ergibt sich aus folgenden Überlegungen: a) Grundsätze des Verwaltungsverfahrensrechts Der Rechnungshof ist als Staatsorgan der Exekutive zuzuordnen (vgl. oben Β, I, 1). Selbst wenn davon ausgegangen wird, daß die Normen des VwVfG nicht unmittelbar auf die Rechnungsprüfung anzuwenden sind (dazu oben I, 1), so steht das einer analogen Anwendung nicht im Wege 3 9 6 , insbesondere, wenn man dies auf allgemeine Grundsätze beschränkt; darum aber geht es: ob rechtliches Gehör gewährt werden muß, nämlich um die Anwendung eines Grundprinzips des VwVfG (§ 28). Voraussetzung ist jedoch, daß es sich um ein e Art von Verwaltungsverfahren im Sinne von § 9 VwVfG handelt Nach dieser Bestimmung muß eine „nach außen wirkende Tätigkeit der Behörde" vorliegen, die auf „die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlaß eines Verwaltungs396 Eickenboom/Heuer, DÖV 1985, S. 997 (1000); Kopp, F., JuS 1981, S. 419 (426); in diesem Sinn wohl auch Heuer (FN 18), § 91 BHO, 10.
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C. Verfahrensrechtliche Probleme
akts gerichtet" ist. Der Erlaß des Verwaltungsakts wird ebenfalls dadurch erfaßt, es genügt aber die vorbereitende Tätigkeit, nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes. Daß bei der Rechnungsprüfung eine solche „vorbereitende Tätigkeit" für den Erlaß von Verwaltungsakten entfaltet wird, kann nach dem bereits Ausgeführten nicht zweifelhaft sein (vgl. oben 2 b): Hier wird geprüft, ob die Verwaltung unter den bisherigen Bedingungen weiterhin Förderung gewähren soll — dies aber erfolgt, jedenfalls soweit es um die „Zulassung zum Subventionsverhältnis" geht, nach der Zweistufentheorie von Ipsen durch Verwaltungsakt. Ferner wird geprüft, ob die Auflagen ausreichen, ob sie durch neue ersetzt oder verschärft werden müssen. Auch im einzelnen ergibt sich, daß hier die Voraussetzungen des § 9 VwV/G erfüllt sind. Verlangt man, die in Frage stehenden (Verfahrens-) Rechtssätze der Rechnungsprüfung müßten (zumindest auch) dem Schutz von Individualinteressen zu dienen bestimmt sein 3 9 7 , so ist dies bei Subventionsüberprüfungen zu bejahen; denn Subventionen werden zugleich im öffentlichen und i m privaten Interesse vergeben, ihre Überprüfung muß also schon deshalb stets beide Komplexe von Belangen im Auge haben. W i r d die Förderung aufgrund der Prüfungsergebnisse nicht mehr gewährt, so berührt dies öffentliche wie private Interessen. Erst recht gilt das, wenn man der Auffassung folgt, es komme nicht auf den Schutzzweck der Norm, sondern allein auf die tatsächliche Betroffenheit der Privaten an 3 9 8 . Wenn ein Bürger schon ein Verwaltungsverfahren als gegen sich gerichtet ansehen darf, in dem einem Konkurrenten unter Außerachtlassung seiner schutzwürdigen Interessen willkürlich eine Subvention gewährt wird 3 9 9 , so könnten sogar noch Konkurrenten eines Geprüften Verfahrensbetroffene sein, dem aufgrund der Prüfung die Subvention nicht entzogen wird. Auswirkungen eines Verwaltungshandelns auf einen Betroffenen genügen zur Anwendung von § 9 VwVfG, wenn sie die Rechtslage in wichtigen Punkten faktisch präjudizieren 4 0 0 , selbst wenn sie weder ihn noch eine Behörde binden. Die Rechnungsprüfung muß überdies, hinsichtlich des (späteren) Handelns der Bewilligungsbehörde, behandelt werden wie eine Mitwirkungshandlung einer anderen Behörde. Für diese ist aber anerkannt: Soweit sie nicht verbindlich ist, ist sie i m Verfahren, je nach ihrer Art, als Ermittlungsergebnis, Beweismittel oder als einfache Verfahrenshandlung zu behandeln, sie ist insoweit auch Gegenstand des rechtlichen Gehörs. Das BVerwG hat dieses rechtliche Gehör sogar dann eingeräumt, wenn die Behörde im Wege der Amtshilfe um 397 398
So die wohl h. L., vgl. BVerwGE 30, S. 191; 39, S. 237; 41, S. 63 und öfter. So etwa Henke, W., DVB1 1975, S. 272; Bartlsperger, R., VerwArch 1969, S. 35
(49). 399 400
BVerwGE 30, S. 191 (197). Vgl. Kopp, F., VwVfG, § 9, Rdnr. 2.
II. Recht auf Gehör
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eine Auskunft gebeten wurde, also an sich ein „reines Verwaltungsinternum" vorzuliegen scheint 4 0 1 . Erst recht muß dies dann gelten, wenn diese auskunftgebende Behörde „beim Privaten selbst" Untersuchungen durchführt — wie hier die Rechnungsprüfung. Nach den Grundsätzen des VwVfG sind also die Voraussetzungen eines Verwaltungshandelns erfüllt. Dann aber muß § 28 VwVfG zur Anwendung kommen: Es ist Gelegenheit zur Äußerung zu geben, in angemessener Frist, die Einwendungen sind ernsthaft in Erwägung zu ziehen, was sich in der Begründung niederschlagen muß402. Der Geprüfte muß wissen, was „gegen ihn verwendet werden" soll, gerade zu diesen Vorgängen darf er sich den Rechnungsprüfern gegenüber äußern. W i e in allen anderen Verwaltungsverfahren auch, ist natürlich hier das Anhörungsrecht durch Sinn und Zweck der Rechnungsprüfung begrenzt. Wenn bei Privaten überhaupt geprüft werden darf (vgl. oben B, III), so muß der Private nicht bei der Prüfung jeder Akte, bei jedem Prüfungsschritt i m einzelnen angehört werden. Doch diese sachgerechte Begrenzung hat die Exekutive allenthalben zu leisten. Es mag auch genügen, erst vor Abschluß der Prüfungstätigkeit dieses Gehör in einem Abschlußgespräch zu gewähren, vor dem jedoch nichts präjudiziert sein darf. Dies aber ist in allen Fällen zwingend erforderlich, die Weitergabe von Prüfungsergebnissen ohne diese Anhörungen, ihre Verwendung in welcher Form auch immer, ist rechtswidrig. b) Begründung aus dem Wesen der Rechnungsprüfung Die Argumentation gegen ein Anhörungsrecht stützt sich vor allem letztlich auf die dann angeblich nicht mehr zu gewährleistende, aber besonders zu sichernde „Effizienz der Rechnungsprüfung" — sie ist ja, wie sich mehrfach ergeben hat, im Recht der Rechnungsprüfung zu einer A r t von „Superprinzip" aufgewertet worden, welches auch Einschränkungen der Rechtsstaatlichkeit legitimieren soll. Daß dies nicht zulässig ist, wurde bereits dargetan. Im Falle des rechtlichen Gehörs zeigt sich nun aber, daß sich aus der zu sichernden Effizienz gerade ein entscheidendes Argument für dieses Recht auf Gehör ergibt. Die Effizienz kann ja immer nur auf richtige Ergebnisse, sie darf nie auf ein „Durchgreifen auf unrichtige Ergebnisse" gerichtet sein. Das rechtliche Gehör dient jedoch nicht nur dem Schutz des Bürgers, sondern auch, mindestens gleichrangig, der Wahrheitsfindung. Wenn also Feststellungen bei der Rechnungsprüfung getroffen werden, die mit dem Betroffenen gar nicht erörtert wurden, so ist dies zumindest ein Indiz, wenn nicht ein Beweis dafür, daß die Behörde die 401
BVerwGE 38, S. 336 (339).
402
Kopp, F., VwVfG, § 28, Rdnr. 5.
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C. Verfahrensrechtliche Probleme
Wahrheit gar nicht hinreichend erforscht hat. Dann aber ist hierdurch allein schon das Verfahren fehlerhaft geworden, denn selbstverständlich hat der Rechnungshof durch seine Verfahrensautonomie in erster Linie eine Prüfungsart zu garantieren, die zu richtigen Ergebnissen führt 403. Soweit die Verwaltung nicht zu erwarten hat, daß die Stellungnahme Betroffener die Richtigkeit beeinträchtigen könne, mag sie zur Anhörung nicht verpflichtet sein. In einem formalisierten Verfahren wie dem der Rechnungsprüfung trifft dies aber in aller Regel nicht zu. Gerade aus dem Wesen der streng objektivierten Rechnungsprüfung ergibt sich also, mehr als bei den meisten anderen Verfahren im Bereich der Exekutive, die zwingende Notwendigkeit der Anhörung Betroffener. Und wenn gar auf die richterähnliche Stellung der Mitglieder der Rechnungshöfe hingewiesen wird, verstärkt sich diese Beweisführung noch: Vor Richtern ist das rechtliche Gehör entwickelt worden. Wollte man dem nicht folgen, so wäre es vollends unverständlich, daß ein Rechungshof sogar verpflichtet sein sollte, Strafverfahren anzuregen, der bei den Recherchen, die ihn dazu bewogen haben, die Betroffenen gar nicht gehört hat. Hier müßte man ja in völlig überlebte Inquisitionspraktiken von Geheimverfahren zurückfallen. Eine Rechnungsprüfung Privater ist überhaupt nur rechtsstaatlich erträglich, wenn — zumindest — rechtliches Gehör ausreichend den Privaten gewährt wird.
Ergebnis „Rechtliches Gehör" wird der geprüften Exekutive i m Rahmen von § 96 Abs. 1 H O nach Abschluß des Berichts gewährt. Dienststellen haben darauf keinen Anspruch. Den betroffenen Bediensteten ist i m Rahmen der Fürsorgepflicht von der Exekutive, aufgrund der Mitteilungen nach § 96 H O seitens des Rechnungshofs, Gehör zu gewähren. Zu Gunsten Privater sieht die H O ein Recht auf Gehör nicht vor. Es kann auch nicht aus § 96 H O (analog) abgeleitet werden; es könnte, ohne Gesetzesänderung, nur durch eine verfassungskonforme Ausgestaltung des Verfahrens i m Wege der prozessualen Autonomie (§94 HO) vorgesehen werden. 403
Zutr. also Kopp, F., JuS 1981, S. 419 (426), dem Haverkate, aaO., S. 553, zu Unrecht vorhält, er vermenge sachliche Richtigkeit und rechtliches Gehör — ohne dessen Gewährung ist die Prüfung rechtswidrig, weil sie dann leicht zu unrichtigen Ergebnissen führen kann.
II. Recht auf Gehör
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Das rechtliche Gehör ist eine Verfassungsgarantie von besonderem Rang, eine der Grundlagen der Rechtsstaatlichkeit, Ausdruck der Menschenwürde — der stumme Bürger würde zum Objekt staatlichen Verfahrens. Nichtgewährung des Gehörs muß also eng begrenzt, zwingend notwendige Ausnahme bleiben. Die Anhörung der Privaten durch die Rechnungsprüfer darf nicht deshalb unterbleiben, weil der Bericht ja dem Parlament erstattet wird, vor dem rechtliches Gehör nicht verlangt werden kann; er wird auch der Exekutive zugeleitet, bildet eine Grundlage von deren Entscheidungen über künftige Fördertätigkeiten und die Abwicklung der bisherigen. Außenwirkung wird der Rechnungsprüfung abgesprochen, weil hier nichts entschieden, sondern nur gutachterlich Feststellungen getroffen würden — zu Unrecht: Allein schon die Verpflichtung, sich der Prüfung zu unterwerfen, verändert die Rechtsstellung des Geprüften, der seine Privatsphäre dem Staat öffnen muß. Darin kann sogar ein Eingriff gesehen werden. Die Prüfung zielt auf Vorbereitung von Verwaltungsentscheidungen; soweit sie dafür feststellende Voraussetzungen schafft, wirkt sie nach außen, weil dies — zumindest auch — Grundlage der Entscheidung sein wird. Ermittlungen — etwa der Polizei — können doch auch nicht generell von der Anhörungsverpflichtung freigestellt werden, nur weil sie Verwaltungen, Staatsanwaltschaften und Gerichte nicht binden. Die Rechnungsprüfung erfolgt überdies in einem besonders geregelten Verfahren, in das Anhörung ohne weiteres eingebaut werden kann. Rechnungsprüfung ist zwar wesentlich entscheidungsvorbereitende Tätigkeit, doch dies gilt auch für alle anderen Ermittlungen i m Bereich der Exekutive. Da das Prüfungsverfahren den Exekutiventscheidungen vorgeschaltet und in aller Regel bei diesen zugrundegelegt wird, würde eine Anhörung durch die Vergabebehörde meist zu spät kommen. Recht auf Gehör läßt sich gegenüber der Rechtsprechung daraus begründen, daß hier zwar das VwVfG nicht unmittelbar, wohl aber seine tragenden Grundsätze anzuwenden sind, welche die Rechtsstaatlichkeit im Bereich der Exekutive konkretisieren. Danach ergibt sich, daß hier im einzelnen die Voraussetzung eines Verwaltungshandelns im Sinne von § 9 VwVfG vorliegen und daher auch die Prinzipien des § 28 VwVfG gelten müssen — rechtzeitige, vollständige Anhörung — selbstverständlich unter Wahrung von Sinn und Zweck der Rechnungsprüfung, die dadurch nicht blockiert werden darf. Die Effizienz der Rechnungsprüfung verlangt nicht die Verweigerung, sie fordert umgekehrt die Gewährung rechtlichen Gehörs. Die Rechnungsprüfung muß in erster Linie zu richtigen Ergebnissen führen. Hier wie auch in anderen Bereichen, etwa i m gerichtlichen Verfahren, dient aber das Recht
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C. Verfahrensrechtliche Probleme
auf Gehör nicht nur dem Schutz der Betroffenen, sondern auch der Wahrheitsfindung. Wollten die Rechnungsprüfer Äußerungen der Betroffenen nicht einholen, so ließen sie es am erforderlichen Wahrheitserforschungswillen fehlen und würden rechtswidrig handeln. Nur wenn volles rechtliches Gehör gewährt wird, kann eine Prüfung Privater überhaupt in Betracht kommen.
I I I . D e r gerichtliche Rechtsschutz Privater Die Frage des gerichtlichen Rechtsschutzes Privater gegen Prüfungstätigkeit des Staates, vor allem aber gegen ehr- und ansehensschädigende Äußerungen von Rechnungshöfen, ist in Literatur- und Rechtsprechung nur selten vertiefend behandelt worden 4 0 4 . Zu unterscheiden sind hier Klagen gegen den Bericht selbst oder in ihm enthaltene Feststellungen, Klagen auf Schadenersatz wegen derartiger Bemerkungen sowie Verfassungsbeschwerden. Strafrechtliches Vorgehen 4 0 5 bleibt hier außer Betracht.
1. Streitigkeiten über den Inhalt des Prüfungsberichts a) Klage auf Rücknahme eines Rechnungshofberichts Verlangt ein Privater die Rücknahme eines i m Rahmen der Rechtsbeziehungen zwischen Parlament, Regierung und Rechnungshof erstellten Prüfungsberichts des Rechnungshofs, so soll nach einer Ansicht der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten — und auch zu den ordentlichen Gerichten — nicht eröffnet sein, sondern eine verfassungsrechtliche Streitigkeit vorliegen 4 0 6 . Dagegen könnte eingewendet werden, der Rechnungshof sei kein Verfassungsorgan 407 ; deshalb sei bei Klagen, welche seine Prüfungstätigkeit beträfen, stets der verwaltungsgerichtliche Rechtsweg eröffnet. Das Problem liegt im Begriff der „verfassungsrechtlichen Streitigkeiten" i m Sinne von § 40 VwGO. Dieser ist nicht identisch mit dem des verfassungs404 Vgl. Nachw. bei Sigg (FN 20), S. 84 ; ferner noch Krebs, W., VeiwArch 1980, S. 77 (78 f.); Tiemann, D Ö V 1975, S. 405; siehe auch Weber, H., JuS 1980, S. 62; Haverkate, G., AöR 107 (1982), S. 539 (546). 405 Etwa wegen ungerechtfertigter Ehrverletzungen, vgl. Heuer (FN 18), Art. 114 GG, 33. 406 V g l V G Düsseldorf, N J W 1981, S. 1396; Haverkate, aaO., S. 558 ff., dazu auch eingehend Krebs, aaO. 407
S. 62.
OVG Münster, D Ö V 1979, S. 683, so auch oben Β. I; dazu Weber, H., JuS 1980,
III. Der gerichtliche Rechtsschutz Privater
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rechtlichen „Organstreits" vor dem BVerfG (Art. 93 Abs. 1 Ziff. 1 GG). Daraus also, daß der Rechnungshof etwa nicht Partei in einem verfassungsrechtlichen Organstreit sein kann (vgl. Β, 1,1) folgt noch nicht zwingend, daß es bei dem Verlangen, er solle seinen Bericht zurücknehmen, nicht um eine verfassungsrechtliche Streitigkeit geht 4 0 8 . Die Frage kann hier jedoch offen bleiben. Verfassungsrechtliche Qualifikation des Rechtsstreits ist ja nur angenommen worden, wenn der Rechnungshof zur Rücknahme des Berichts insgesamt verpflichtet werden soll, nicht wenn es um Kritik an einzelnen Bemerkungen geht. Ein Rücknahmeantrag i m ganzen würde aber wohl jedenfalls unzulässig sein: Fühlt sich ein Privater beeinträchtigt, so kann dies nie durch den Gesamtbericht, stets allein durch einzelne Bemerkungen geschehen, die ihn herabsetzen. Nur gegen diese kann er i m Klageweg vorgehen. Sie aber sind als solche nicht eingebettet in einen Verfassungsbezug, der den Rechtsstreit über sie zur verfassungsrechtlichen Streitigkeit machen könnte. Abgesehen davon, daß der Rechnungshof gar nicht dazu berufen ist, herabsetzende Äußerungen über Private zu verbreiten oder diese überhaupt zu beurteilen — einzelne Äußerungen des Rechnungshofs können nicht anders beurteilt werden als solche von Regierungsvertretern i m Parlament. Diese führen aber auch nicht zu verfassungsrechtlichen Streitigkeiten 409 . Für die Rücknahme des Berichts fehlt also in aller Regel schon das Rechtsschutzbedürfnis; einer Klage, die sich auf einzelne Äußerungen bezieht, steht ein verfassungsrechtlicher Charakter der Beziehungen nicht i m Wege. b) Klage gegen einzelne Feststellungen oder Bewertungen in Prüfungsberichten Derartige Klagen sind nach herrschender Lehre zulässig, für sie ist der verwaltungsgerichtliche Rechtsweg eröffnet 410 . Der Rechnungshof handelt hier in Erfüllung öffentlicher Aufgaben, ausgestattet mit hoheitlichen Befugnissen 411 . Verwaltungsakte setzt er jedoch durch seine Bemerkungen nicht, daher scheiden Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 42 VwGO) aus. Vielmehr liegt, i m Verhältnis zu den Beurteilten, schlicht-hoheitliches Handel vor 4 1 2 . Richtige Klageart ist hier die allgemeine Leistungsklage 413, 408
Zutr. Haverkate, aaO. Frotscher, W., JuS 1978, S. 505 (509). 410 Vgl. etwa Sigg (FN 20), S. 85 ff., sowie die in F N 404 Genannten; Grupp (FN 35), S. 162; Redeker, Κ., D Ö V 1986, S. 946 (947); Heuer (FN 18), Art. 114 GG, 29; Maunz/ Dürig, GG, Art. 114, Rdnr. 59; a.A. Tiemann, S., D Ö V 1975, S. 405 (411). 409
411
BayVerfGH BayVBl 1968, S. 314 (315).
412
OVG Münster, DÖV 1979, S. 682 (683/684).
413
Sigg, aaO., S. 86/87; Kopp, F., JuS 1981, S. 419 (424).
11 Leisner
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C. Verfahrensrechtliche Probleme
der gegenüber die Feststellungsklage (§ 43 Abs. 2 VwGO) zurücktritt. Die Leistungsklage richtet sich darauf, daß unrichtige Tatsachenbehauptungen — sie werden in aller Regel i m Vordergrund stehen — widerrufen und daß herabsetzende Bewertungen unterlassen werden 4 1 4 . Im wesentlichen läuft dies darauf hinaus, daß der zu Unrecht Herabgesetzte vom Rechnungshof verlangen kann, dieser müsse in jener Öffentlichkeit seine Bemerkungen richtigstellen, die bereits durch den Bericht hergestellt worden oder in absehbarer Zeit zu erwarten ist. c) Feststellungsklage Nach § 43 VwGO kann die Feststellung des (Nicht-)Bestehens eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses verlangt werden. Um ein solches — und zwar in der hier erforderlichen „globalen", nicht auf verwaltungsaktliche Beziehungen beschränkten A r t — handelt es sich bei der „Prüfungsbeziehung" zwischen Privaten und Rechnungshof. Es kann daher Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Jedoch muß der verwaltungsgerichtliche Rechtsweg (oben 1) erschöpft sein (§ 90 Abs. 2 BVerfGG).
2. Klage gegen Anordnungen der Rechnungsprüfer Gegen Einzelanordnungen von Rechnungsprüfern i m Rahmen einer etwa nach §§ 91,104 H O zulässigen Rechnungsprüfung Privater (etwa auf Zugang zu Räumlichkeiten, Vorlage von Akten uäm.) ist Anfechtungsklage nach §§40, 42 VwGO zulässig, da es sich insoweit um Einzeleingriffe durch Verwaltungsakte handelt 4 1 5 .
3. Schadensersatzklage Im Wege der Amtshaftungsklage (§ 839 BGB, Art. 34 GG) kann eine Amtspflichtverletzung seitens der Rechnungsprüfung gerügt werden. „Ein414 Zu dieser auch i m öffentlichen Recht geltenden Unterscheidung vgl. OVG Münster, N V w Z 1985, S. 123; BayVGH N V w Z 1984, S. 327; OLG Zweibrücken, N V w Z 1982, S. 332. 415 Dagegen spricht nicht, daß die Prüfungsfeststellungen des Rechnungshofes als solche nicht durchsetzbar sind; dies ergibt sich bereits aus ihrem rein berichtenden, feststellenden Charakter. W e n n eine Rechnungsprüfung überhaupt bei Privaten soll durchgeführt werden können, so müssen dem Rechnungshof Befugnisse zu Einzelanordnungen zustehen, die dann i m Wege von Verwaltungsakten ausgeübt werden. Dies entspricht auch der i m Schrifttum vertretenen Auffassung, vgl. die in F N 394 Genannten, sowie, wenn auch nicht ganz klar, Heuer, E., DÖV 1986, S. 516 (517).
III. Der gerichtliche Rechtsschutz Privater
163
griffe in Rechtsgüter (Persönlichkeitsrechte, Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb) eines Dritten durch Äußerungen in Prüfungsfeststellungen sind als unerlaubte Handlungen nach den §§ 823,826 BGB an sich bereits Amtspflichtverletzungen, ebenso wie die Pflicht der Bundesrechnungshofs-Mitglieder jedem Dritten gegenüber besteht, dessen Rechtskreis durch die Kontrollfeststellungen möglichst nicht anzutasten" 416 . Insbesondere kann auch unterlassene Anhörung der Betroffenen (vgl. oben II, 3) eine Amtspflichtverletzung begründen 417 .
4. Verfassungsbeschwerde Wegen Verletzung von Grundrechten (vgl. oben Β, IV, 1) kann, nach Erschöpfung des Rechtswegs (vgl. 2), Verfassungsbeschwerde zum BVerfG 418 erhoben werden (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG, §§ 90 ff. BVerfGG) 419 . Der Gegenstand der Verfassungsbeschwerde ist ein (schlicht) hoheitliches Handeln einer staatlichen Instanz oder ein Eingriff seitens derselben in Form einer verwaltungsaktlichen Anordnung.
Ergebnis Rechtsschutz gegen herabsetzende Äußerungen in einem Prüfungsbericht ist im Wege der allgemeinen verwaltungsgerichtlichen Leistungsklage auf Widerruf oder Unterlassung zulässig; für eine Klage auf Rücknahme des Gesamtberichts fehlt es in der Regel schon am Rechtsschutzbedürfnis. Das (Nicht-)Bestehen eines Prüfungsrechtsverhältnisses zwischen Privaten und Rechnungshof kann durch verwaltungsgerichtliche Feststellungsklage festgestellt werden (§ 43 VwGO). Gegen Einzelanordnungen der Rechnungsprüfer i m Zusammenhang mit der Durchführung der Prüfung ist Anfechtungsklage (§§ 40, 42 VwGO) zulässig. Möglich sind auch Schadensersatzklagen wegen Amtspflichtverletzung, seitens der Rechnungsprüfung sowie, nach Erschöpfung des Rechtswegs, Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung eines Grundrechts (etwa Art. 2 Abs. 1, 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 GG). 416 417 418
Tiemann (FN 410), S. 411. Eickenboom/Heuer, DÖV 1985, S. 997 (1000).
W o h l auch zum BayVerfGH vgl. BayVBl 1968, S. 314 (315). Tiemann (FN 410); Heuer (FN 18), Art. 114 GG, 33; Haverkate, G., AöR 107 (1982), S. 539 (561). 419
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Gesamtergebnis Prüfungen der Rechnungshöfe bei Privaten geben Anlaß zur Untersuchung der Frage, welche Grenze hier, nach der allgemeinen Aufgabenstellung der staatlichen Rechnungsprüfung wie aus den (Grund-)Rechten Privater, zu beachten sind. Grundlage staatlicher Rechnungskontrolle ist Art. 114 GG. Die Rechnungshöfe, welche nicht „Verfassungsorgane" sind, üben dabei aber keine Verfassungskontrolle aus. Der Bürger steht hier nicht einem demokratisch legitimierten Staatsorgan gegenüber. Rechnungshöfe sind Exekutivorgane, Selbstkontrollinstanzen der Verwaltung, aber nur i m Rahmen von deren Befugnissen. Verwaltungshandeln — nicht Aktivitäten Privater — ist Gegenstand dieser Rechnungsprüfung, die nicht etwa eine „Verwaltungsinstanz sui generis" für das Staatsvermögen darstellt. Rechnungsprüfung ist nachträgliche Kontrolle, „begleitende Prüfung" ist nicht zulässig. Orientierungswirkungen dieser Prüfung dürfen nicht zur Fremdbestimmung künftigen Verhaltens werden, vor allem nicht bei Privaten. „Beratung" durch Rechnungshöfe muß in engsten Grenzen bleiben. Die Rechnungshöfe haben dem Parlament über die Verwaltung zu berichten; Befugnisse gegenüber Privaten folgen daraus nicht. Feststellungen mit Entscheidungs- oder gar Verurteilungscharakter gegenüber diesen sind damit unvereinbar. Die Forderung der Erweiterung von Rechnungsprüfungszuständigkeiten soll Defizite der parlamentarischen Rechnungskontrolle kompensieren, darf aber in einer Demokratie nicht zur Entscheidungsverlagerung vom Parlament auf eine nicht verantwortliche Kontroll-Bürokratie führen. Rechnungshöfe sind keine Gerichte; ihre Unabhängigkeit, die Pressionen der Exekutive und der Politik verhindern soll, muß durch strenge verfahrensrechtliche Bindungen kompensiert werden. Für die Prüfung privaten Verhaltens folgt daraus das Verbot von „Inquisitionen in aggressiver Form", von verurteilenden Feststellungen, von „vorweggenommenen Exekutiventscheidungen". Das Experimentierrecht der Geprüften muß erhalten bleiben. Für Vermutungen ist kein Raum. Rechnungshöfe dürfen grundsätzlich nicht selbst an die Öffentlichkeit gehen; die Publizität haben sie der geprüften Exekutive und dem Parlament
Gesamtergebnis
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zu überlassen, bei dem ohnehin eine begrenzte faktische Öffentlichkeit besteht. Die Rechnungsprüfung muß Öffentlichkeitswirkung ihrer Feststellungen über Private vermeiden; sie dürfen nicht genannt werden und, soweit wie irgend möglich, nicht identifiziert werden können. Die Maßstäbe der Rechnungsprüfung müssen, vor allem gegenüber Privaten, streng rechtsstaatlich bestimmt sein und vorhersehbare Prüfung ermöglichen. „Herausgreif-Prüfung" ist unzulässig. Effektivierung der Rechnungsprüfung darf nicht zur Flexibilisierung der Maßstäbe („Wirtschaftlichkeit") bis zur Konturlosigkeit führen. Die Prüfung Privater nach Grundsätzen, die für die staatliche Verwaltung gelten, ist problematisch. Sie müßten nach privatwirtschaftlich-kaufmännischen Grundsätzen geprüft werden. Verwaltungs-(Vergabe-)Vorschriften hat die Rechnungsprüfung zu beanstanden, wenn sie gegen Normen verstoßen; in Zweifelsfällen kann jedoch die Verwaltung ihre Vorschriften authentisch auslegen. Nicht selten wird die Unklarheit der Vergabungsrichtlinien zum Problem; der Rechnungshof hat die Exekutive zu eindeutiger Fassung anzuhalten, nicht Privaten die Folgen der Unklarheit anzulasten. „Wirtschaftlichkeit", der wichtigste Prüfungsmaßstab, ist ein unbestimmter Rechts-, nicht ein Ermessensbegriff. Eine „Totalprüfung Privater" in seinem Namen darf es nicht geben, ihnen dürfen nicht staatsbehördliche Optimierungsvorschriften aufgezwungen werden. Wirtschaftlichkeit verlangt ökonomisch optimale Zweck- und Mittelrelation. Die Zwecke werden jedoch allein von der Exekutive, in diesem Rahmen von den geförderten Privaten bestimmt. Die Rechnungsprüfung muß dies hinnehmen. Zwecksetzungen darf sie nur bei Abweichung von „höheren Zwecken" beanstanden. Der Rechnungshof hat lediglich eine Kostenminierung anzustreben; Zweckveränderung darf die Rechnungsprüfung auch dort nicht verlangen, wo der Zweckstandard durch Organisationsmodelle oder Einsatz bestimmt qualifizierter Beschäftigter bestimmt ist, von der Exekutive, oder, nach deren Vorgaben, von Privaten. Nutzungsmaximierung ist nicht Aufgabe der Rechnungsprüfung. „Sparsamkeit" ist ein Aspekt der Wirtschaftlichkeit, kein selbständiger Prüfungsmaßstab. Die staatliche Rechnungsprüfung hat nach Art. 114 GG allein das haushaltsrelevante Verhalten von Staatsinstanzen, nicht von Privaten zu prüfen. Diese dürfen auch nicht in Analogie zur Kontrolle staatlichen BeteiligungsVerhaltens bei privaten Gesellschaften kontrolliert werden — hier steht immer noch Staatsverhalten i m Mittelpunkt. Private werden durch die Vergabebehörde, diese wird durch die Rechnungsprüfung kontrolliert. Rechnungsprüfung des Staates verlangt nicht allgemein, sondern nur in engen Grenzen, Überprüfungen bei Privaten, nie eine Prüfung derselben. Letztere dient eher den Vergabebehörden als A l i b i für ihre Untätigkeit.
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Allein aus „Effizienz" kann Rechnungsprüfung Privater sich nicht legitimieren — am Ende stünde der „Durchgreif-Staat". Die Befugnis, Private zu prüfen, darf den Rechnungshöfen nicht allgemein durch Gesetz (Art. 114 Abs. 2 S. 3 GG) zugewiesen werden. Allenfalls ist dies zur Verhinderung von ungeprüften staatlichen „Nebenhaushalten" zulässig. § 91 Abs. 1 Ziff. 3 und § 104 Abs. 1 Ziff. 1 H O sind insoweit mit Art. 114 GG nicht vereinbar. Bei „institutioneller Förderung" müssen die Privaten, nach heutiger Praxis, mit einer Totalprüfung ihres gesamten wirtschaftlichen Verhaltens rechnen (§ 91 Abs. 2 HO), deshalb streben sie häufig Projektförderung an; doch auch hier ist Totalprüfung, nach dem Wortlaut des Gesetzes, nicht ausgeschlossen. Die Prüfung des ökonomischen Gesamtverhaltens der Privaten erweitert die Aufgabe der Rechnungsprüfung, ist also nicht aus der Verfahrungsautonomie der Rechnungshöfe zu rechtfertigen. Die Unterscheidung von Prüfung „der Privaten" (§ 104) und „bei Privaten" (§91 HO) ist künstlich und mit Art. 114 GG nicht zu vereinbaren. Eine staatliche Rechnungsprüfung der Privaten selbst ist also generell unzulässig; sie rechtfertigt sich auch nicht aus dem Subventionsbegriff, der eben ein gewisses „Subventionsvertrauen" voraussetzt. Die Freie Wohlfahrtspflege wird aus eigenem Recht und in eigener Zwecksetzung tätig. Die Gesamtverantwortung des Staates für das Funktionieren der Sozialstaatlichkeit ermächtigt ihn nur zu einer gewährleistenden Aufsicht. „Wirtschaftlichkeit" darf nicht, durch Überwachung der gesamten Haushalts- und Wirtschaftsführung der Geförderten, zur übermäßigen Lenkungsauflage denaturiert werden, auch nicht bei institutioneller Förderung, mit dem Vorwurf, die private Organisation arbeite „als solche unwirtschaftlich". Darüber steht dem Staat, von evidenten, schwerwiegenden Mißbrauchsfällen abgesehen, welche Förderungswürdigkeit ausschließen mögen, kein Urteil zu. Das gilt für die Vergabebehörde wie — erst recht — für die Rechnungsprüfung. Wollte man dennoch eine Rechnungsprüfung Privater nicht vollends ausschließen, so müßten jedenfalls „Sicherung der Staatsfinanzen durch Rechnungsprüfung" und die Grundrechtspositionen Privater gegeneinander abgewogen werden. Die freigemeinnützigen Träger der privaten Wohlfahrtspflege sind grundrechtsfähig. Kritische Rechnungshof-Bemerkungen können das Ansehen Privater entscheidend mindern, sie führen dann zu schwerwiegenden Finanzierungsund Spendeneinbußen, ja zur Zerstörung des Vertrauens in diese Träger überhaupt. Dadurch kann deren Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und
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Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG) verletzt werden, aber auch ihre Intimsphäre (durch Veröffentlichungen, Art. 2 Abs. 1 GG). Das Gewicht der Rechnungsprüfungskritik ist angesichts der Autorität der Rechnungshöfe sehr bedeutsam. Die Richtigkeit der Bemerkungen rechtfertigt nicht in jedem Fall die Verbreitung von Feststellungen, die, als hoheitliche Tathandlungen, Grundrechte verletzen können. Im einzelnen ist das belastende Gewicht der Rechnungshof-Kritik Tatfrage. Zu beachten ist jedoch: Das Verbot herabsetzender Äußerungen gilt auch für Behörden; ein Medienprivileg steht dem Rechnungshof hier nicht zu. Die öffentlich-rechtliche Gerichtsbarkeit läßt in weitem Umfang Klagen gegen solche herabsetzende Äußerungen zu. Wahrnehmung berechtigter öffentlicher Interessen gestattet nur die Aufdeckung von Mängeln in der Staatsverwaltung, nicht die „Sicherstellung zweckmäßiger Verwendung öffentlicher Mittel als solcher". Herabsetzende Bemerkungen über Private sind schon deshalb der Rechnungsprüfung weitgehend verwehrt. Da der Rechnungshof kein Gericht ist, darf er in seinen kritischen Äußerungen nicht weiter gehen als Gerichte. Diesen ist es nicht gestattet, durch Bemerkungen in ihren Entscheidungen das Grundrecht Privater auf informationelle Selbstbestimmung zu verletzen. Ein überwiegendes öffentliches Interesse, welches „judikative Herabsetzung" ausnahmsweise legitimieren mag, besteht in der Regel zugunsten der Rechnungsprüfung nicht. Auch durch Verfahrensfehler kann der Rechnungshof Grundrechte Privater verletzen. Angesichts der weiten Verfahrensautonomie der Rechnungsprüfung droht sich hier ein rechtsfreier Raum zu entwickeln; es muß daher eine rechtsstaatliche Verfahrensordnung geschaffen werden. Zur Vermeidung einer willkürlichen „Herausgreif-Prüfung" muß die Auswahl der Prüfungsbereiche in begründeter, nachprüfbarer Weise erfolgen, es darf nicht zu „Zufallsresultaten" kommen. „Hochrechnen" der Kritik und „Vermutungsfeststellungen" sind rechtsstaatswidrig. „Information nach Ermessen" steht dem Rechnungshof nicht zu, etwas wie ein „Ausforschungsbeweis" ist auch hier unzulässig. Bei Informationsbegehren gegenüber Privaten ist ein strenger Notwendigkeitsmaßstab anzulegen, die Amtsverschwiegenheit ist unbedingt zu wahren. Prüfungsbemerkungen, die Private betreffen, sind, soweit irgend möglich, zu anonymisieren. Rechtliches Gehör Privater sieht die H O gegenüber der Rechnungsprüfung nicht vor. Es könnte allenfalls durch verfassungskonforme Gestaltung i m Rahmen der Verfahrensautonomie vorgesehen werden. Angesichts des hohen Verfassungsrangs des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) als Ausdruck der Menschenwürde, muß dieses i m Rechnungsprüfungsverfahren ausreichend gewährt werden. Dem steht nicht entgegen, daß hier „nur ermittelt, dann berichtet", nicht aber entschieden wird — dies gilt auch in
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vielen anderen Fällen (etwa gegenüber der Polizei); Gehörgewährung ist stets selbstverständlich, wo die Ermittlungen Voraussetzung für hoheitliche Entscheidung (über die Förderung) ist. Effizienz der Prüfung verbietet nicht, sie fordert vielmehr die Anhörung privater Betroffener, wenn man schon deren Prüfung zulassen will. Rechtsschutz gegen hoheitliche Einzelanordnungen der Prüfer im Prüfungsverfahren ist durch verwaltungsgerichtliche Anfechtungsklage, Schutz gegen herabsetzende Äußerungen in einem Prüfungsbericht im Wege der allgemeinen verwaltungsgerichtlichen Leistungsklage auf Widerruf oder Unterlassung der Äußerung zu gewähren. Das (Nicht-)Bestehen eines „Prüfungsrechtsverhältnisses" zwischen Privaten und Rechnungshof kann durch verwaltungsgerichtliche Feststellungsklage konstatiert werden. Schadensersatzklagen wegen Amtspflichtverletzungen sind zulässig. Nach Erschöpfung des Rechtsweges kann Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung eines Grundrechts (Art. 2 Abs. 1,12 Abs. 1, 14 Abs. 1 GG) erhoben werden.