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German Pages 262 Year 2011
Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen Abteilung B: Rechtswissenschaft Herausgegeben von Mathias Habersack, Peter O. Mülbert und Uwe H. Schneider
Band 188
Sponsored American Depositary Shares: Umfang und Grenzen der Gleichstellung mit Aktien
Von
Johannes Weber
Duncker & Humblot · Berlin
JOHANNES WEBER
Sponsored American Depositary Shares: Umfang und Grenzen der Gleichstellung mit Aktien
Un t e r s u c h u n g e n ü b e r d a s Spar-, Giro- und Kreditwes en Abteilung B: Rechtswissenschaft Schriften des Instituts für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Herausgegeben von
Prof. Dr. Mathias Habersack, Prof. Dr. Peter O. Mülbert und Prof. Dr. Dr. h. c. Uwe H. Schneider
Band 188
Sponsored American Depositary Shares: Umfang und Grenzen der Gleichstellung mit Aktien
Von
Johannes Weber
Duncker & Humblot · Berlin
Der Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz hat diese Arbeit im Wintersemester 2010/2011 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
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© 2011 Duncker & Humblot GmbH, Berlin
Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7352 ISBN 978-3-428-13620-9 (Print) ISBN 978-3-428-53620-7 (E-Book) ISBN 978-3-428-83620-8 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706
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Geleitwort Der Anziehungskraft des organisierten amerikanischen Kapitalmarkts sind in der Vergangenheit auch zahlreiche deutsche Unternehmen erlegen. Als Instrument für die Börsennotierung an einer amerikanischen Börse standen bis zum Jahre 1998 ausschließlich American Depositary Shares (ADS) – in jenem Jahr wurde erstmals die damalige DaimlerChrysler AG mit Global Shares an der New York Stock Exchange notiert – zur Verfügung und noch immer bilden ADS das Instrument der Wahl für deutsche Aktienemittenten beim Gang an den amerikanischen Eigenkapitalmarkt. Inhaber von ADS sind im Unterschied zu Aktionären nur mittelbar an einem Aktienemittenten beteiligt, da ADS von einer US-amerikanischen Depotbank emittiert und am amerikanischen Markt vertrieben werden. Hierbei wird die Depotbank im Regelfall auf der Grundlage eines entsprechenden Vertrags mit dem deutschen Aktienemittenten tätig. Hinzu kommt eine Vereinbarung der Depotbank mit einem deutschen Verwahrer dergestalt, dass dieser zur Deckung der ADS eine entsprechende Anzahl von Aktien verwahrt. Die Depotverträge suchen diese Zwischenschaltung der Depotbank freilich mit der Maßgabe zu relativieren, dass die Erwerber von ADS zur Partei des zwischen dem Aktienemittenten und der Depotbank geschlossenen Vertrags werden sollen. Weitere bemerkenswerte Konsequenzen dieser Zwischenschaltung bestehen darin, dass ADS in der Vergangenheit vielfach in einer kleineren Stückelung als die zugrunde liegenden Aktien begeben wurden und dass Depotbanken vereinzelt ADS begeben, bevor eine korrespondierende Anzahl von Aktien beim Verwahrer zu ihren Gunsten hinterlegt ist. Während der erste Umstand sich auch aus Sicht des deutschen Rechts ohne weiteres daraus erklärt, dass die Depotbank eigene Wertpapiere emittiert, verweisen pre-release ADS konzeptionell auf die Figur des Securities Entitlement des Art. 8 Uniform Commercial Code. Denn danach bestehen bei kontenverwahrten Wertpapieren lediglich Ansprüche innerhalb der Verwahrkette, so dass der letztendliche Wertpapierinhaber nur Ansprüche gegen sein kontoführendes Institut hat, nicht aber unmittelbar gegen den Emittenten Die vorliegende Untersuchung zu den Möglichkeiten und Grenzen einer aktienrechtlichen Gleichstellung der Inhaber von ADS mit Aktionären beginnt vor dem skizzierten Hintergrund mit einer zentralen Frage: wer ist Inhaber der hinterlegten Aktien? Der Verfasser geht aufgrund einer kenntnisreichen Analyse zahlreicher Vertragswerke für seine weiteren Überlegungen davon aus, dass die Inhaber der ADS in keinem Fall zugleich auch Inhaber der hierfür verwahrten
6
Geleitwort
Aktien sind, sondern dass diese Position der US-amerikanischen Depotbank und ADS-Emittentin zukommt. Hierauf aufbauend untersucht der Verfasser dann zunächst, inwieweit die aktienrechtlichen Vorschriften über die mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten von Aktionären für die Inhaber von ADS zumindest entsprechend gelten können. Als Ergebnis einer sorgfältigen Erörterung der verschiedenen denkbaren Begründungsansätze kann er zunächst feststellen, dass eine solche Gleichstellung überhaupt nur aufgrund wirtschaftlich-normativer Erwägungen in Betracht kommt. Die weitere Entfaltung dieses Ansatzes mündet für den Komplex der mitgliedschaftlichen Vermögens- und Verwaltungsrechte in die nüchtern-überzeugende Feststellung, dass Inhaber von ADS als rein wirtschaftliche „Aktionäre“ diese Rechte unter keinen Umständen als eigene innehaben. Differenzierter sei die Rechtlage hinsichtlich der mitgliedschaftlichen Pflichten zu beurteilen. Neben dem Verbot der Einlagenrückgewähr könnten Inhaber von ADS im Einzelfall etwa auch der Treuepflicht und einem Stimmverbot unterliegen. Der zweite große Teil der Untersuchung ist der aktienrechtlichen Gleichstellung von solchen („eigenen“) ADS, die von der Gesellschaft selbst gehalten werden, mit eigenen Aktien gewidmet. Hierbei erörtert der Verfasser das ganze Spektrum der in Betracht kommenden Vorgänge und deren rechtliche Bewertung anhand der Vorschriften über eigene Aktien sorgfältig und souverän, aber zugleich auch mit Gespür für mögliche künftige Praxisfragen. ADS, so lässt sich resümierend festhalten, sind ein faszinierendes Konstrukt, das sich in die deutsche Dichotomie von Aktien(verbands)recht und Vertragsrecht nicht ohne weiteres einfügt. Es ist ein besonderes Verdienst der vorliegenden, überaus klar geschriebenen Untersuchung, die Schwierigkeiten einer auch nur punktuellen aktienrechtlichen Verortung der ADS präzise herauszuarbeiten und zugleich stets überzeugende oder jedenfalls überaus diskussionswürdige Lösungen anzubieten. In diesem Sinne ist das Werk für Wissenschaft und Praxis gleichermaßen von hohem Wert. Mainz, im Juli 2011
Peter O. Mülbert
Vorwort Diese Arbeit lag dem Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz im Wintersemester 2010/2011 als Dissertation vor. Mein erster Dank gilt meinem Doktorvater Prof. Dr. Peter O. Mülbert, der diese Arbeit betreute und durch zahlreiche wertvolle Hinweise förderte. Prof. Dr. Jürgen Oechsler bin ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens verbunden. Prof. Dr. Peter O. Mülbert, Prof. Dr. Mathias Habersack und Prof. Dr. Dr. h.c. Uwe H. Schneider danke ich für die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe. Dr. Cornelius Götze, LL.M., Partner der international tätigen Anwaltssozietät Gleiss Lutz in Frankfurt am Main, gebührt ebenfalls mein Dank. Er machte mich auf das Rechtsgebilde der American Depositary Shares aufmerksam und bestärkte mich wesentlich in dem Entschluss zu vorliegender Untersuchung. In besonderem Maße danke ich schließlich meinem Vater für die vielfältige Unterstützung während der Promotionszeit und meiner Ehefrau Elke für ihren Beistand und die Geduld, welche die Arbeit auch ihr abverlangte. Hersbruck, im März 2011
Johannes Weber
Inhaltsübersicht 1. Teil Einführung
19
2. Teil Grundlagen
25
A. Grundbegriffe und Präzisierungen des Untersuchungsgegenstands . . . . . . . . . . . .
25
B. Inhaberschaft der Aktionärsstellung aus den hinterlegten Aktien . . . . . . . . . . . . .
33
C. Die depotvertragliche Teilnahme der ADS-Inhaber an den Aktionärsrechten . . .
40
3. Teil Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern mit Aktionären
46
A. Unbehelfliche Ansatzpunkte für die mitgliedschaftliche Gleichstellung . . . . . . .
46
B. Gleichstellung in Bezug auf mitgliedschaftliche Rechtspositionen gegenüber der AG aufgrund wirtschaftlich-normativer Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
54
C. Gleichstellung in Bezug auf mitgliedschaftliche Pflichten gegenüber der AG . .
84
4. Teil Gleichstellung von „eigenen“ ADSs mit eigenen Aktien
146
A. Derivativer ADS-Erwerb der AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 B. Originärer ADS-Erwerb der AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 C. Umtausch eigener Aktien in „eigene“ ADSs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 D. ADS-Erwerb vom Dritten im Sinne des § 71d Satz 1, 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . 197 E. Das Halten „eigener“ ADSs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 F. Veräußerung „eigener“ ADSs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222
10
Inhaltsübersicht
G. Umtausch „eigener“ ADSs in eigene Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 H. ADS-Übertragung auf Tochterunternehmen im Sinne des § 71d Satz 2 AktG . . 234 I. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237
5. Teil Schlussbetrachtung
241
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258
Inhaltsverzeichnis 1. Teil Einführung
19
2. Teil Grundlagen
25
A. Grundbegriffe und Präzisierungen des Untersuchungsgegenstands . . . . . . . . . . . . I. Sponsored ADS-Programm in Abgrenzung zum unsponsored ADS-Programm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. American Depositary Shares . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. American Depositary Receipts und Uncertificated ADSs . . . . . . . . . . . . . . . IV. ADS-Inhaber in Abgrenzung zum beneficial owner of ADSs . . . . . . . . . . . .
25 25 28 30 31
B. Inhaberschaft der Aktionärsstellung aus den hinterlegten Aktien . . . . . . . . . . . . . I. Keine Aktionärsstellung der ADS-Inhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Aktionärsstellung von Depotbank, Custodian oder nominee . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Besonderheiten im Falle von ADSs für Namensaktien . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
33 34 36 37 39 40
C. Die depotvertragliche Teilnahme der ADS-Inhaber an den Aktionärsrechten . . . I. Vermögensrechtliche Teilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Teilnahme an den Verwaltungsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40 41 43
3. Teil Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern mit Aktionären A. Unbehelfliche Ansatzpunkte für die mitgliedschaftliche Gleichstellung . . . . . . . I. Gleichstellung kraft Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. § 20 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Keine weiteren Gleichstellungsnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gleichstellung aufgrund der Entstehungsgeschichte der Programme . . . . . . III. Gleichstellung aufgrund der Programmbeteiligung der AG . . . . . . . . . . . . . .
46 46 47 47 47 50 50
12
Inhaltsverzeichnis IV. Gleichstellung kraft Vereinbarung im Depotvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Gleichstellung aufgrund zeitlich versetzter Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . .
B. Gleichstellung in Bezug auf mitgliedschaftliche Rechtspositionen gegenüber der AG aufgrund wirtschaftlich-normativer Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gleichstellung aufgrund wirtschaftlich-normativer Aspekte als Ansatzpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wirtschaftliche Betrachtungsweisen im Kapitalgesellschaftsrecht . . . . . 2. Die wirtschaftliche Aktionärsstellung der ADS-Inhaber . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsmethoden zur Durchsetzung wirtschaftlicher Aspekte . . . . . . . . . . a) Gesetzesanalogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsanalogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Grundsätze der Gesetzesumgehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die denkbaren Anwendungsfelder im Überblick: Vermögens- und Verwaltungsrechte, Treubindung der AG und Gleichbehandlungsgrundsatz . . . . . . III. Möglichkeit der Programmbeendigung kein zwingendes Hindernis für Gleichstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Keine Gleichstellung bei pre-release ADSs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Allgemein keine normative Rechtfertigung der Gleichstellung . . . . . . . . . . . 1. Vermögens- und Verwaltungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Treugeber, Unterbeteiligter, Nießbraucher und Pfandgläubiger: Das Meinungsbild im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vermögensrechtliche Seite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verwaltungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gesetzesanalogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Grundsätze der Gesetzesumgehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Schlussfolgerungen für die ADS-Inhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Treubindung der AG gegenüber den ADS-Inhabern . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Schutz durch den Gleichbehandlungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gleichbehandlung der ADS-Inhaber mit Aktionären . . . . . . . . . . . . . . aa) Das Meinungsbild in vergleichbaren Fällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Gesetzesanalogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Rechtsanalogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Grundsätze der Gesetzesumgehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung . . . . . . . . . . . . . . . b) Gleichbehandlung der ADS-Inhaber untereinander . . . . . . . . . . . . . . . VI. Exkurs: Weitere Fragen zu Treubindung und Gleichbehandlungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51 53 54 54 54 56 56 56 57 57 58 58 60 61 62 62 63 63 65 66 67 68 69 69 70 71 71 71 72 72 73 74 74 74 75
Inhaltsverzeichnis
13
1. Treubindung der Aktionäre gegenüber den ADS-Inhabern . . . . . . . . . . . . 2. Gleichbehandlung der Aktionäre mit den ADS-Inhabern . . . . . . . . . . . . . a) Das Meinungsbild in vergleichbaren Fällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gesetzesanalogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtsanalogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Grundsätze der Gesetzesumgehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Gleichbehandlung der Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Gleichbehandlung der Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Schlussfolgerungen für die ADS-Inhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
75 75 76 77 77 77 79 80 82 83 84
C. Gleichstellung in Bezug auf mitgliedschaftliche Pflichten gegenüber der AG . . I. Gleichstellung kraft Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gleichstellung aufgrund wirtschaftlich-normativer Aspekte . . . . . . . . . . . . . 1. Die Problemfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Generell nicht zielführende Methoden: Gesetzes- und Rechtsanalogie . . a) Gesetzesanalogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsanalogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kapitalaufbringungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Meinungsbild in vergleichbaren Fällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundsätze der Gesetzesumgehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Schlussfolgerungen für die ADS-Inhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Das Verbot des § 57 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Treugeber, Pfandgläubiger und Nießbraucher als Adressaten des § 57 AktG: Das Meinungsbild im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Umgehungsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Überschreiten der Toleranzschwelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Schlussfolgerungen für die ADS-Inhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die Rückgewährpflicht des § 62 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Treugeber, Nießbraucher und Pfandgläubiger als Adressaten des § 62 AktG: Das Meinungsbild im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundsätze der Gesetzesumgehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Schlussfolgerungen für die ADS-Inhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Treubindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Treubindung des Treugebers: Das Meinungsbild im Überblick . . . . .
84 84 88 88 92 92 94 97 98 101 101 103 105 106 106 109 109 113 115 115 116 119 119 122 124 125 125
14
Inhaltsverzeichnis b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Umgehungsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Überschreiten der Toleranzschwelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Schlussfolgerungen für die ADS-Inhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Unterlassungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Schadensersatzpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Zurechenbarkeit von Rechtsausübungen zum ADS-Inhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Exkurs: Treubindung des ADS-Inhabers gegenüber den Aktionären 7. Stimmverbot des § 136 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der befangene Treugeber: Das Meinungsbild im Überblick . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Umgehungsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Überschreiten der Toleranzschwelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Schlussfolgerungen für die ADS-Inhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Exkurs: Das Stimmrecht des (Register-)Aktionärs . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Exkurs: Mitgliedspflichten und Gleichbehandlungsgrundsatz . . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
127 127 131 133 133 133 134 136 136 136 138 138 140 140 141 143 144
4. Teil Gleichstellung von „eigenen“ ADSs mit eigenen Aktien A. Derivativer ADS-Erwerb der AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vertrag mit ADS-Inhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erwerbsvoraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) § 71 Abs. 1, 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) § 71d Satz 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Rechnungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Das Meinungsbild im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Ergebnisse für den vorliegenden Fall . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Voraussetzungen des § 71 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Nichtvorliegen der Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erwerbspreiskontrolle nach § 57 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anwendbarkeit von § 57 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kriterien der Preiskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
146 147 147 147 147 148 148 148 150 151 152 157 157 158 160 161 161 161 164
Inhaltsverzeichnis
15
3. Gleichbehandlungsgrundsatz und Andienungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) ADS-Erwerb über die Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Auswirkung auf Andienungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Grundsatz: Beeinträchtigung von Andienungsrechten . . . . . (2) Ausnahme: Ausschluss der Andienungsrechte im Einzelfall kraft Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Voraussetzungen des Rechtsausschlusses bei drohender Beeinträchtigung von Andienungsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) ADS-Erwerb über öffentliches Erwerbsangebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) ADS-Erwerb im Wege des negotiated repurchase . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Rechtsbeziehung zur Depotbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erwerbsvoraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) § 71 Abs. 1, 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) § 71d Satz 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. § 57 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gleichbehandlungsgrundsatz und Andienungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
166 166 168 168 169
B. Originärer ADS-Erwerb der AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vertrag mit Aktionär . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erwerbsvoraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erwerbspreiskontrolle nach § 57 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gleichbehandlungsgrundsatz und Andienungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Rechtsbeziehung zur Depotbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erwerbsverbot des § 56 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erwerbsvoraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. § 57 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gleichbehandlungsgrundsatz und Andienungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
186 187 187 187 188 189 189 190 190 191 191
C. Umtausch eigener Aktien in „eigene“ ADSs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Hinterlegung der eigenen Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Voraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. § 57 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gleichbehandlungsgrundsatz und Vorerwerbsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Rechtsbeziehung zur Depotbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
191 192 192 192 193 196 197
171 172 174 176 177 177 177 178 181 184 185
D. ADS-Erwerb vom Dritten im Sinne des § 71d Satz 1, 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . 197 I. Vertrag mit Tochterunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 1. Erwerbsvoraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198
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Inhaltsverzeichnis 2. Erwerbspreiskontrolle nach § 57 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gleichbehandlungsgrundsatz und Andienungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Rechtsbeziehung zur Depotbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
198 200 201 201
E. Das Halten „eigener“ ADSs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zurechnungsnorm des § 71d Satz 3 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verweisungsnorm des § 71d Satz 4 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. § 71 Abs. 3 Satz 1 AktG (Unterrichtungspflicht) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. § 71 Abs. 3 Satz 2 AktG (Ausgabegebot) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. § 71 Abs. 4 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. § 71a Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. § 71a Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. § 71b AktG (Mitgliedsrechte) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Exkurs: Mitgliedspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. § 71c Abs. 1 AktG (Veräußerungspflicht) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. § 71c Abs. 2, 3 AktG (Veräußerungs- und Einziehungspflicht) . . . . . . . . III. Verschaffungsanspruch des § 71d Satz 5 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Erstattungsanspruch des § 71d Satz 6 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Berichtspflicht des § 160 Abs. 1 Nr. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Angaben zum Bestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Angaben zum Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. § 57 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
202 202 203 204 206 208 209 209 210 213 214 214 216 217 218 218 220 221 222
F. Veräußerung „eigener“ ADSs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Rechtsbeziehung zum Erwerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Voraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Preiskontrolle anhand von § 57 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gleichbehandlungsgrundsatz und Vorerwerbsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) ADS-Veräußerung über die Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) ADS-Veräußerung außerhalb der Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Veräußerung an Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Gleichmäßiges Angebot an alle Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . (2) Angebot an ausgewählte Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Veräußerung an ADS-Inhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Veräußerung an Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Rechtsbeziehung zur Depotbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Exkurs: Informationspflichten der §§ 160 Abs. 1 Nr. 2, 71 Abs. 3 Satz 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
222 223 223 223 225 225 226 227 227 227 228 229 230 230 230 231
Inhaltsverzeichnis
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G. Umtausch „eigener“ ADSs in eigene Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Voraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. § 57 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Gleichbehandlungsgrundsatz und Andienungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Exkurs: Informationspflichten der §§ 160 Abs. 1 Nr. 2, 71 Abs. 3 Satz 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
232 232 232 233
H. ADS-Übertragung auf Tochterunternehmen im Sinne des § 71d Satz 2 AktG . . I. Die Rechtsbeziehung zum Tochterunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Voraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Preiskontrolle anhand von § 57 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gleichbehandlungsgrundsatz und Vorerwerbsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Rechtsbeziehung zur Depotbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Exkurs: Berichtspflichten der §§ 160 Abs. 1 Nr. 2, 71 Abs. 3 Satz 1 AktG IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
234 235 235 235 236 237 237 237
234 234
I. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 5. Teil Schlussbetrachtung
241
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258
1. Teil
Einführung American Depositary Shares1 sind Instrumente zum Handel von Anteilen an ausländischen Unternehmen auf dem US-Kapitalmarkt. Sie wurden in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts entwickelt und erstmals 1927 in standardisierter Form eingesetzt, als die US-Bank Guaranty Trust Company of New York für die Platzierung der Anteile am englischen Kaufhaus Selfridge in den USA ein ADS-Programm auflegte. Die ganz auf die US-Anlegerschaft zugeschnittenen Namenspapiere (registered shares)2 waren damals die Antwort auf handfeste Hindernisse beim Direkthandel von Anteilen an europäischen Gesellschaften in den USA.3 Zu diesen Hindernissen zählte die fehlende Vertrautheit von US-Anlegern mit den fremden Papieren. Nicht vorhandene Fremdsprachenkenntnisse sowie Unkenntnis des ausländischen Rechts und der ausländischen Handelsgewohnheiten trugen zu diesem Umstand wesentlich bei. Die mangelnden Kenntnisse wogen umso schwerer, als Aktien in Europa ganz üblich als Inhaberaktien ausgegeben wurden, infolgedessen keine individualisierte Verbindung der Gesellschaft zu ihren Gesellschaftern bestand und so der US-Investor selbst darauf achten musste, wann Dividenden gezahlt oder Bezugsrechte begeben wurden. Weiter hatte die Dominanz der Inhaberaktien in Europa zur Folge, dass die Anteile nicht an US-Börsen gehandelt werden konnten, weil dort bis zum heutigen Tage ausschließlich Namenspapiere zugelassen werden.4 Ein signifikantes Hindernis bedeutete schließlich der kosten- und insbesondere zeitintensive Transport der Anteilsurkunden in die USA. Der Transatlantikverkehr verlief noch unregelmäßig und war fast ausnahmslos mit dem Schiff zu bewältigen. Angemessene Reaktionen auf wechselnde Marktverhältnisse waren kaum möglich.
1
In der Folge auch in der Kurzform „ADSs“. Die ADSs sind US-Recht unterstellt, in englischer Sprache abgefasst, an US-Börsen und anderen US-Handelsplätzen in US-Währung handelbar. Dividenden werden an die ADS-Inhaber in US-Dollar ausgezahlt. Die ausländische (Inhaber-)Aktie wird so in ein inländisches Namenspapier transformiert (Bungert/Paschos, DZWiR 1995, 221, 223). 3 Zu den Handelshindernissen etwa Röhler, S. 53; Böckenhoff/Ross, WM 1993, 1781, 1782; Assmann, RIW 1982, 69. 4 Etwa Gätsch, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 4 Rn. 37; Stupp, S. 13 ff.; Röhler, S. 40. Der Grund sind steuerliche Bestimmungen, die eine ordnungsgemäße Besteuerung von Dividenden sicherstellen sollen (Preissler, WM 2001, 113 Fn. 6). 2
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1. Teil: Einführung
Im Jahr 1955 trug die US-Wertpapieraufsichtsbehörde Securities and Exchange Commission (SEC) der zunehmenden Bedeutung von American Depositary Shares Rechnung, indem sie für diese erstmals ein besonderes Registrierungsformblatt (form S-12) schuf. Sie löste damit einen sprunghaften Anstieg von ADS-Programmen aus. In den 80er Jahren gerieten American Depositary Shares endgültig ins Blickfeld der internationalen Finanzwelt, als eine Reihe staatlicher britischer Unternehmen – darunter British Telecom, British Gas und British Petroleum – privatisiert und umfangreiche Aktienpakete in Gestalt von ADSs auf dem US-Kapitalmarkt eingeführt wurden.5 In den Folgejahren nahm der Stellenwert von American Depositary Shares weiter zu. Allein im Zeitraum von 1990 bis 1997 stieg die Anzahl der ADS-Programme von 836 auf annähernd 1400 an.6 Gegenwärtig liegt die Gesamtzahl von (sponsored und unsponsored) ADS-Programmen nach Angaben der US-Depotbank The Bank of New York Mellon bei mehr als 3000. Die Palette der Unternehmen ist vielfältig. Sie stammen aus allen Teilen der Welt; ihre operativen Geschäftsfelder sind höchst unterschiedlich und reichen von der Lebensmittelindustrie über den Maschinenbau, den Telekommunikationssektor und das Bankengewerbe bis hin zum Touristikbereich. Prominente Beispiele sind der chinesische Öl- und Gasriese PetroChina, der australische Brauereikonzern Foster’s, das südamerikanische Telekommunikationsunternehmen Brasil Telecom und der russische Erdgas- und Erdölgigant Gazprom. Weltweit bekannte europäische Unternehmen mit ADS-Programmen sind die britischen Großbanken HSBC, Barclays Bank und Royal Bank of Scotland, der weltgrößte Lebensmittelkonzern Nestlé aus der Schweiz, die französische Fluggesellschaft Air France, der italienische Automobilkonzern Fiat und der schwedische Automobilhersteller Volvo. Die Liste ließe sich nahezu beliebig fortsetzen. Auch die deutsche Unternehmerlandschaft ließ sich, wenn auch mit einiger zeitlicher Verzögerung, infizieren. In den 80er Jahren wurden erstmals ADS-Programme mit Aktien deutscher Gesellschaften, allen voran Dresdner Bank, SGL Carbon, Merck, Adidas, Commerzbank und Schwarz Pharma, aufgelegt. Einen Meilenstein markierte der 5. Oktober 1993, als American Depositary Shares der damaligen Daimler Benz AG in den Börsenhandel an der New York Stock Exchange (NYSE) eingeführt und damit erstmals Anteile an einer deutschen Aktiengesellschaft an einer US-amerikanischen Börse gehandelt wurden. Diesem Beispiel folgten im Jahr 1996 die Deutsche Telekom AG und die SGL Carbon AG. Bekanntester Fall im neuen Jahrhundert ist die Erstnotierung von ADSs der Siemens AG an der NYSE im Jahr 2001. Als vorerst letzte deutsche Unternehmen wagten 2006 die Qimonda AG, 2007 die Fresenius Medical Care SE & Co. 5 Zur Entwicklungsgeschichte Deutsche Bank Depositary Receipts Handbook, S. 2; JP Morgan Depositary Receipts Reference Guide, S. 3; Böckenhoff/Ross, WM 1993, 1781, 1782. 6 Stanger, in: von Rosen/Seifert, US-Kapitalmarkt, S. 32.
1. Teil: Einführung
21
KGaA und 2010 die Elster Group SE den Gang an die New Yorker Börse. Zwar folgten weitere ADS-Programme für Anteile an deutschen Unternehmen wie etwa der Deutschen Post AG oder der K+S AG7. Diese ADSs werden indes nur im NASDAQ beziehungsweise auf dem over-the-counter market (OTC market) gehandelt. Die Vorteile, die sich für deutsche Unternehmen aus der Präsenz auf dem USKapitalmarkt ergeben, sind bekannt.8 Zu nennen sind insbesondere die Erhöhung des internationalen Bekanntheitsgrads und die Förderung des Images des Unternehmens. Mit der Ausdehnung der Anteilsemission auf den US-Kapitalmarkt erhöhen sich zudem die Erfolgsaussichten einer Kapitalaufnahme der Gesellschaft insgesamt, da ein weitaus größerer Kreis potentieller Investoren angesprochen wird und US-Anleger gegenüber Investments in Unternehmen tendenziell aufgeschlossen reagieren. Zur Durchsetzung der Präsenz auf dem US-Kapitalmarkt bieten sich auch heute noch in allererster Linie American Depositary Shares an, auch wenn sich die Rahmenbedingungen für den Direkthandel deutscher Aktien in den USA mittlerweile grundlegend verbessert haben. Die Entwicklung des Direkthandels gipfelte darin, dass im Oktober 1998 mit den Aktien der damaligen DaimlerChrysler AG erstmals Aktien einer deutschen Gesellschaft direkt als sog. global registered shares9 an der NYSE notiert wurden. Wesentliche Beiträge der deutschen Seite auf dem Weg dorthin waren eine neue Aufgeschlossenheit deutscher Gesellschaften gegenüber Namensaktien10 und die Einführung nennwertloser Stückaktien11. Der entscheidende Beitrag auf US-Seite war, dass deutsche Aktien seit 1998 in das Buchungssystem der DTC und damit in den US-Effektengiroverkehr einbezogen werden können, ohne dass diese Aktien in den USA verwahrt sein müssen. Es genügt nunmehr, dass die Aktien bei Clearstream in Frankfurt zur Verwahrung liegen und der DTC auf ihrem Konto bei Clearstream gutgeschrieben sind.12 Der physische Transport deutscher (Globalsammel-)Urkunden 7
Vormals Kali und Salz AG. Siehe, auch zu weiteren Vorteilen, Wieneke, AG 2001, 504. 9 Global shares sind Aktien von Nicht-US-Gesellschaften, die in einheitlicher Form und einheitlicher Art und Weise auf Aktienmärkten weltweit in der Währung des jeweiligen Markts gehandelt und in einer weltweiten Registrierungsstelle erfasst werden, siehe Gätsch, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 4 Rn. 33; Gruson, AG 2004, 358 ff. 10 Mehrere Großunternehmen (zB Siemens AG, DaimlerChrysler AG) stellten damals ihre Inhaber- auf Namensaktien um; Entwicklung unterstützt durch Reformen, insbesondere später NaStraG (BGBl. 2001 I 123 ff.). Die Umstellung ist auch wichtig, weil zur DTC-Sammelverwahrung ebenfalls nur registered shares zugelassen sind. 11 § 8 Abs. 1, 3, 4 AktG (StückAG, BGBl. 1998 I 590). 12 Erst anlässlich der Direktnotierung der DaimlerChrysler-Aktien an der NYSE wurde für die DTC ein Konto bei Clearstream eröffnet (siehe nur Dittrich, S. 142 f.). Zu den früheren US-rechtlichen Hindernissen Stupp, S. 15. Umgekehrt unterhielten Vorgänger von Clearstream dagegen bereits seit 1985 Konten bei der DTC für die in Deutschland gehandelten Anteile von US-Gesellschaften, siehe Stupp, S. 12 f. 8
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1. Teil: Einführung
in die USA ist somit jetzt entbehrlich. Dennoch haben die ADSs Vorzüge, die dem Durchbruch des Direkthandels deutscher Aktien bislang entgegenstanden.13 Zu nennen sind die geringeren Kosten für die Unternehmen, die höhere Akzeptanz von ADSs bei den Anlegern aufgrund ihrer weiten Verbreitung, die Möglichkeit speziell auf den US-Markt zugeschnittener Handelswerte und die Tatsache, dass es vielen institutionellen US-Anlegern satzungsbedingt bis heute nicht gestattet ist, ausländische Wertpapiere zu erwerben. American Depositary Shares können zudem als „einheimische Währung“ ideal für die Akquisition von USUnternehmen und die Unternehmensbeteiligung von Mitarbeitern in den USA verwendet werden.14 Gleichwohl soll nicht verschwiegen werden, dass die Anziehungskraft des USKapitalmarktes und damit auch der American Depositary Shares auf deutsche Unternehmen sich gegenwärtig deutlich verringert hat. Ursächlich hierfür sind neben oftmals überhöhten Erwartungen an das Handelsvolumen der Papiere all die zeit- und kostenintensiven Registrierungs- und Berichtspflichten, die USWertpapiergesetze und Börsenvorschriften statuieren, und die durch den Sarbanes-Oxley Act von 2002 nochmals verschärften Haftungsbestimmungen.15 Als Konsequenz kam es in den letzten Jahren auch zur Beendigung16 von ADS-Programmen deutscher Unternehmen.17 Dennoch behalten der US-Kapitalmarkt und hier speziell ADSs für deutsche Unternehmen mit internationaler Ausrichtung 13
Aktuell bestehen global registered shares nur für die Deutsche Bank AG. Eingehender zu den Vor- und Nachteilen von ADSs gegenüber global registered shares etwa BeckHdbAG-Harrer, § 20 Rn. 127 f.; Gätsch, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 4 Rn. 29 ff.; Strauch, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 10 Rn. 29 ff.; Meyer-Sparenberg, WM 1996, 1117 ff. 15 Ausführlicher von Rosen, Delisting und Deregistrierung, S. 14 ff.; siehe auch Smolka/Grass, FTD v. 27.10.2006 unter der Überschrift „Firmen forcieren Rückzug von US-Börse“. 16 Rechtstechnisch läuft die Programmbeendigung wie folgt ab: Die Depotbank hat nach allen Verträgen bei entsprechender Weisung der AG den Depotvertrag durch ein Schreiben an alle ADS-Inhaber zu kündigen. Das Schreiben muss regelmäßig 30 Tage vor dem Beendigungstermin zugehen und bedarf keiner Angabe von Gründen. Für nach dem Beendigungstermin noch nicht in Aktien umgetauschte ADSs ist die Tätigkeit der Depotbank darauf beschränkt, Dividenden und Ausschüttungen einzuziehen und an die verbliebenen ADS-Inhaber auszukehren; die ADSs können weiterhin in die zugehörigen Aktien umgetauscht werden. Üblicherweise ein Jahr nach dem Beendigungstermin darf die Depotbank die Aktien verkaufen und die Erlöse – zinslos – für die noch verbliebenen ADS-Inhaber bereithalten. Die Depotbank kann den Depotvertrag auch aus eigenem Antrieb kündigen. Zur Beendigung des ADS-Programms führt dies jedoch nur dann, wenn die AG keine Nachfolgerin einsetzt. 17 Etwa Altana AG, GPC Biotech AG und Incam AG in 2009; Ceyoniq AG, New York Broker Deutschland AG und die mittlerweile insolvente Escada AG in 2008 sowie Realax Software AG, Dialog Semiconductor AG, PrimaCom AG und Deutsche Beteiligungs AG in 2007. Andere Unternehmen, etwa die BASF SE in 2007, hielten zwar an ihrem ADS-Programm fest, veranlassten aber die Einstellung der Börsennotierung, sog. Delisting (zu den Rechtsproblemen von Delisting und Deregistrierung Böswald/Figlin AG 2006, 66 ff.; von Rosen, Delisting und Deregistrierung, 21 ff.). 14
1. Teil: Einführung
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weit über den heutigen Tag hinaus Bedeutung. Es kam nicht nur zu Programmbeendigungen, sondern im selben Zeitraum, wie erwähnt, auch zur Einrichtung neuer ADS-Programme. Aktuell bestehen nach den Angaben einer US-Depotbank mehr als 70 ADS-Programme mit Aktien deutscher Unternehmen.18 Deutschland liegt damit im europäischen Vergleich mit an der Spitze, (erwartungsgemäß) nur übertroffen von Großbritannien mit rund 300 ADS-Programmen.19 Einige Unternehmen sind im DAX 30, dem wichtigsten deutschen Aktienindex, vertreten. Mit zunehmender Überwindung der Weltwirtschaftskrise ist die Auflage weiterer Programme zu erwarten. In der öffentlichen Wahrnehmung in Deutschland spiegelt sich die Bedeutung von American Depositary Shares für die deutsche Unternehmenslandschaft nicht wider. Selbst die betroffenen Unternehmen gehen in ihrer Öffentlichkeitsarbeit, soweit ersichtlich, kaum ausdrücklich auf American Depositary Shares ein. Nicht einmal in der medial intensiv begleiteten Siemens-Korruptionsaffäre wurde einer breiten Öffentlichkeit vermittelt, was der von der Siemens AG lange Zeit gefürchteten Untersuchungs- und Strafbefugnis der SEC zugrunde lag, nämlich dass Wertpapiere der Siemens AG in den USA in den börslichen Handel einbezogen sind und dass es sich bei diesen Wertpapieren um American Depositary Shares handelt. Aber auch das Interesse, welches das rechtswissenschaftliche Schrifttum hierzulande dem Rechtsmodell der American Depositary Shares bislang entgegenbringt, ist vergleichsweise gering. Selbst zeitnah zu den ersten USBörsengängen deutscher Unternehmen mit ADSs in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts erfolgten – mit Ausnahme der Dissertation von Röhler20 – lediglich Kurzveröffentlichungen in gehäufter Form, die sich im Wesentlichen darin erschöpften, einen Überblick über die verschiedenen Arten von ADS-Programmen zu geben, Vor- und Nachteile gegenüber alternativen Zugangsformen zum US-Eigenkapitalmarkt abzuwägen und die für die deutschen Unternehmen relevanten U.S. Securities Laws in Grundzügen darzustellen. Die vorliegende Arbeit geht als Ausschnitt aus dem umfangreichen Problembereich, der mit American Depositary Shares verbunden ist, der Frage nach, wie das US-Rechtsmodell der sponsored American Depositary Shares nach deutschem Aktienrecht einzuordnen ist. Thema der Untersuchung ist der Umfang der aktienrechtlichen Vergleichbarkeit/Gleichstellung von sponsored American Depositary Shares mit Aktien (ordinary shares) der AG. Inwieweit die ADS-Inhaberschaft für die Zwecke des deutschen Aktienrechts wie die Aktieninhaberschaft 18 Die Unternehmen bestehen dabei in den Rechtsformen der AG, SE und der KGaA. 19 Das Ergebnis ist nachvollziehbar anhand der Darstellungen unter www.adrbny. com. Für chinesische Unternehmen bestehen – ein weiterer Vergleichswert – rund 300 ADS-Programme. 20 „American Depositary Shares: Zugang deutscher Gesellschaften zum US-amerikanischen Eigenkapitalmarkt, Rechnungslegung und das rechtliche Verhältnis zur Aktie.“
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1. Teil: Einführung
zu behandeln ist, steht im Mittelpunkt der Erörterungen. Was die kollisionsrechtliche Beurteilung angeht – einerseits sind nach deutschem Recht gegründete und in Deutschland ansässige Unternehmen an den ADS-Programmen beteiligt, andererseits sind die Depotverträge dem Recht des US-Bundesstaats New York unterstellt und die Investoren regelmäßig nicht in Deutschland ansässig – wird davon ausgegangen, dass das deutsche Aktienrecht nach den Grundsätzen des deutschen Internationalen Privatrechts beziehungsweise des US-amerikanischen conflict of laws21 zur Anwendung berufen ist. Basis der Untersuchung sind 20 Depotverträge (deposit agreements), die von deutschen Gesellschaften für eine Auswertung zur Verfügung gestellt wurden. Achtzehn dieser Verträge wurden nach der Jahrtausendwende erstmals beziehungsweise in überarbeiteter Form neu abgeschlossen. Elf der Gesellschaften werden gegenwärtig im DAX 30 geführt.22 Die Untersuchung ist in fünf Teile gegliedert. Der der Einführung folgende zweite Teil führt in Grundlagen ein. Neben terminologischen Erläuterungen, die zugleich den Untersuchungsgegenstand weiter präzisieren, geht es dort um die für den gesamten weiteren Prüfungsverlauf wesentliche Frage, wer nach den ausgewerteten Depotverträgen der Inhaber der Aktien sein soll, die den American Depositary Shares zugrunde liegen, und um eine Bestandsaufnahme hinsichtlich der den ADS-Inhabern in den Depotverträgen zugewiesenen Rechtspositionen. Der dritte Teil der Untersuchung ist der Gleichstellung von American Depositary Shares mit Aktien im mitgliedschaftlichen Bereich gegenüber der AG gewidmet. In Rede steht damit, inwieweit der Inhaber von American Depositary Shares wie ein Aktionär originärer Inhaber von mitgliedschaftlichen Rechtspositionen gegenüber der AG, wie stellenweise behauptet wird, und originärer Träger von mitgliedschaftlichen Pflichten gegenüber der AG ist. Im vierten Teil der Untersuchung geht es um Umfang und Grenzen der Gleichstellung von „eigenen“ ADSs mit eigenen Aktien. Zu prüfen ist, ob die aktienrechtlichen Vorgaben für den Erwerb, das Halten und die Veräußerung eigener Aktien durch die AG auch gelten, wenn die AG ADSs erwirbt, hält und veräußert, denen Aktien dieser AG zugrunde liegen. Gerade der Umgang mit „eigenen“ ADSs blieb in der rechtswissenschaftlichen Diskussion bislang nahezu unbeachtet, obwohl in diesem Punkt in der Rechtspraxis noch vieles im Unklaren ist. Am Ende der Arbeit ist im fünften Teil ein Fazit zu ziehen. 21 Ob deutsches IPR oder US-amerikanisches conflict of laws über das anwendbare Sachrecht entscheiden, hängt grundsätzlich davon ab, ob ein deutsches oder ein US-Gericht die Rechtsstreitigkeit zur Entscheidung angenommen hat. Der lex fori-Grundsatz, wonach das Gericht zur Ermittlung des anwendbaren Sachrechts das Kollisionsrecht seiner eigenen Rechtsordnung anwendet, gilt nämlich sowohl in Deutschland (etwa Heldrich, in: Palandt, BGB, Einl v Art. 3 Rn. 27) als auch in den USA (Restatement, Second, Conflict of Laws § 5 comment b: „A court applies the law of its own state, as it understands it, including its own conception of Conflict of Laws.“). 22 Die Depotverträge sind teilweise über die Homepage der SEC frei zugänglich.
2. Teil
Grundlagen Eine Erläuterung von ADS-spezifischen Fachbegriffen führt in die Grundstruktur von ADS-Programmen ein und präzisiert zugleich den Untersuchungsgegenstand (A.). Anschließend ist anhand der verfügbaren Depotverträge – wegweisend für den gesamten Prüfungsverlauf – zu bestimmen, wer der rechtliche Inhaber der deutschen Aktien sein soll, die den emittierten American Depositary Shares zugrunde liegen (B.). Eine Bestandsaufnahme hinsichtlich der den ADSInhabern in den Depotverträgen konkret eingeräumten Rechtspositionen folgt (C.).
A. Grundbegriffe und Präzisierungen des Untersuchungsgegenstands Klärungsbedürftige Grundbegriffe sind „sponsored ADS-Programm“ (in Abgrenzung zum „unsponsored ADS-Programm“), „American Depositary Shares“, „American Depositary Receipts“, „uncertificated ADSs“ und „ADS-Inhaber“ (in Abgrenzung zum „beneficial owner of ADSs“).
I. Sponsored ADS-Programm in Abgrenzung zum unsponsored ADS-Programm Ein sponsored ADS-Programm ist ein von einer US-amerikanischen Depotbank, dem sogenannten Depositary, aufgelegtes und betriebenes Programm zum Handel von American Depositary Shares. Herzstück und vertragliches Fundament des sponsored ADS-Programms ist der Depotvertrag (deposit agreement), der zwischen der deutschen Gesellschaft und der Depotbank geschlossen wird. Der Vertrag unterliegt dem Recht des US-Bundesstaates New York1 und legt die Bedingungen für das Betreiben des ADS-Programms fest. Namentlich enthält der Vertrag Bestimmungen über den rechtstechnischen Ablauf von ADS-Emission, ADS-Transfer und ADS-Rückgabe, über die Rechte und Pflichten der Vertrags1 Beispiel: „This Agreement and the ADRs shall be governed by and construed in accordance with the laws of the State of New York.“ Ausführlich zu Reichweite, Zulässigkeit, Zustandekommen und Wirksamkeit der Rechtswahl aus deutsch- und US-rechtlicher Sicht Röhler, S. 169–193.
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2. Teil: Grundlagen
parteien, über die Kostentragung sowie über die Änderung beziehungsweise Beendigung des ADS-Programms; ergänzende Regelungen enthalten sogenannte Musterurkunden (forms of face and reverse of AD Receipts), die als Anhang (exhibit) Vertragsbestandteile sind. Auf diesen Programminhalt kann die AG in ihrer Eigenschaft als Partei des Depotvertrags Einfluss nehmen, im Gegenzug hat sie aber auch die Kosten des Programms mitzutragen.2 Jeder Erwerber von American Depositary Shares soll ausweislich sämtlicher Depotverträge mit der Entgegennahme der ADSs Partei des Depotvertrags werden.3 Keine Vertragspartei wird dagegen der in Deutschland ansässige, von der Depotbank eingeschaltete Custodian, bei dem die den ADSs zugrunde liegenden Aktien hinterlegt sind. Die Rechtsbeziehung der Depotbank zum Custodian wird durch eine separate Vereinbarung, dem sog. operating agreement, ausgeformt.4 Sponsored ADS-Programme werden von der SEC in drei levels unterteilt.5 Das level I-Programm ermöglicht der Gesellschaft, den Sekundärhandel mit Aktien auf dem US-Kapitalmarkt zu eröffnen beziehungsweise zu unterstützen. Es ist als Einstieg der ausländischen Gesellschaft auf dem US-Kapitalmarkt geeignet, weil die US-amerikanischen Registrierungsvorschriften hier wenig belastend sind und die Bilanzierung der Gesellschaft nicht nach US-amerikanischen Rechnungsregeln erfolgen muss. Als Marktsegment steht allerdings nur der außerbörsliche OTC market offen. Rund zwei Drittel der ADSs deutscher Unternehmen werden aktuell dort gehandelt. Der Sekundärhandel von ADSs an einer US-amerikanischen Börse, insbesondere an der NYSE oder im NASDAQ, ist dagegen erst mit einem level II-Programm möglich. Diese Marktsegmente tragen, nicht zuletzt wegen der erhöhten Aufmerksamkeit der Analysten, dazu bei, das Unternehmen einer breiteren Anlegeröffentlichkeit bekannt zu machen. Dies kann ein wichtiger Faktor im Hinblick auf erhöhte Produktabsatzzahlen auf dem US-Markt und für den Erfolg einer bereits ins Auge gefassten echten Kapitalaufnahme auf dem USKapitalmarkt sein. Kehrseite der Medaille ist allerdings, dass die Gesellschaft im Vergleich zu einem level 1-Programm wesentlich umfangreichere US-gesetzliche 2
So bereits Böckenhoff/Ross, WM 1993, 1781, 1786. Exemplarische Bestimmung auf form of face of AD Receipt: „This ADR is issued pursuant to the Deposit Agreement [. . .] among the Company, the Depositary and all Holders from time to time of American Depositary Receipts issued thereunder, each of whom by accepting an ADR agrees to become a party thereto and to be bound by all of the terms and conditions thereto and hereto.“ 4 So schon Röhler, S. 199 Fn. 28. 5 Die Terminologie wurde von der US-Depotbank The Bank of New York eingeführt, Böckenhoff/Ross, WM 1993, 1781, 1786. Zu den verschiedenen Programmarten BeckHdbAG-Harrer, § 20 Rn. 125 ff.; Gätsch, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 4 Rn. 28 ff.; Butzke, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 5 Rn. 50; Strauch, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 10 Rn. 23 ff.; Röhler, S. 53 ff.; Bungert/Paschos, DZWiR 1995, 221, 225; Norton, ZBB 1995, 366 ff.; Martin, Euromoney 1995, 101 ff.; Roquette/Stanger, WM 1994, 137–147; Tabil/Giersberg, ZKredW 1994, 694 ff.; Zachert, ZIP 1993, 1426; Küting/ Hayn, WPg 1993, 401 ff.; von Dryander/Martin, RIW 1989, 541 ff. 3
A. Grundbegriffe und Präzisierungen des Untersuchungsgegenstands
27
Registrierungs- und Berichtspflichten erfüllen muss, zusätzlich die listing requirements des fraglichen Handelsplatzes zu beachten sind und die Rechnungslegung zwingend US-amerikanischem Standard entsprechen muss. Ein level IIIProgramm ist schließlich sogar erforderlich, wenn die Gesellschaft auf dem frei zugänglichen US-Kapitalmarkt neues Kapital aufnehmen will. Die neuen Aktien aus einer Kapitalerhöhung der Gesellschaft werden dabei über ein öffentliches Wertpapierverkaufsangebot oder Wertpapierzeichnungsangebot (public offering) der US-amerikanischen Öffentlichkeit in Gestalt von ADSs zum Erwerb angeboten und gleichzeitig werden die Shares regelmäßig auch an einer US-Börse oder im NASDAQ notiert. Da mit einem level III-Programm die umfangreichsten Publizitätspflichten verbunden sind, die auch entsprechende Kosten verursachen, kommt diese Stufe regelmäßig nur für Großunternehmen in Betracht.6 Daneben gibt es noch restricted ADS-Programme. Ein solches kann eingerichtet werden, wenn der Zugang zum US-Kapitalmarkt im Wege eines private placement nach Maßgabe der SEC Rule 144-A erfolgen soll, das sich an Qualified Institutional Buyers (QIB) richtet. Dieses Vorgehen erfordert weder ein aufwändiges Registrierungsverfahren noch die Einhaltung der US-amerikanischen Rechnungslegungsstandards, da dieser kapitalmarkterfahrene Anlegerkreis keiner auf seinen Schutz ausgerichteten Vorkehrungen bedarf.7 Einige deutsche Gesellschaften machten davon bereits Gebrauch, da es sich um eine sehr effektive Methode zur echten Kapitalaufnahme am US-Kapitalmarkt handelt.8 Restricted ADS-Programme können ferner auf Grundlage der SEC Regulation S aufgelegt werden, wenn sich das Angebot nicht an US-Staatsangehörige richtet. Von Bedeutung ist, dass die Programmart ohne Einfluss auf die vorliegend interessierenden Regelungen der Depotverträge ist. Level II- und level III-Verträge enthalten lediglich zusätzliche Bestimmungen, die vornehmlich US-amerikanischen Kapitalmarkt- und Börsenvorschriften Rechnung tragen. Das sponsored ADS-Programm ist vom unsponsored ADS-Programm zu unterscheiden, welches lange praktisch bedeutungslos war9 und nicht Gegenstand der Untersuchung ist. Anders als das sponsored Programm wird das unsponsored Programm allein von der Depotbank initiiert; nur die Depotbank und die Erwerber der ADSs sind Parteien des Depotvertrages, nicht die AG.10 Die fehlende 6
Beispielsweise Deutsche Telekom AG, Siemens AG. Röhler, S. 95. 8 von Rosen, in: von Rosen/Seifert, US-Kapitalmarkt, S. 24. 9 So auch Bungert/Paschos, DZWiR 1995, 221, 224; Löwe, in: von Rosen/Seifert, US-Kapitalmarkt, S. 60 („praktisch keine Bedeutung“). Röhler, S. 58 blendete unsponsored ADSs mangels Praxisrelevanz aus. 10 Aus geschäftlichen Erwägungen fragt die Bank aber regelmäßig bei der AG zumindest nach, ob Einwände gegen die Auflage des unsponsored Programms bestehen, siehe von Dryander, in: von Rosen/Seifert, US-Kapitalmarkt, S. 84. Röhler, S. 55 f. weist zutreffend darauf hin, dass sogar rechtlich wegen der Erfüllung von US-Registrie7
28
2. Teil: Grundlagen
Attraktivität des unsponsored Programms gründet unter anderem darauf, dass sponsored ADSs von bestimmten US-amerikanischen institutional investors bevorzugt werden und nur diese an einer US-Börse notiert oder in Verbindung mit einer öffentlichen Emission verwendet werden können.11 Seit Ende 2008 wurden nun einige unsponsored Programme für Anteile an deutschen Unternehmen aufgelegt. Ob damit ein nachhaltiger Bedeutungszuwachs für unsponsored ADSs eingeleitet wurde, wird sich erst noch erweisen müssen.
II. American Depositary Shares Die American Depositary Shares werden von der in New York geschäftsansässigen Depotbank emittiert. Alle ausgewerteten Depotverträge geben eingangs eine erste Umschreibung von deren Wesen und Inhalt. Die Definitionen sind uneinheitlich. Nach der Mehrzahl der Verträge repräsentieren American Depositary Shares „the interests in the Deposited Securities granted to the Holders of Receipts pursuant to the terms and conditions of this Deposit Agreement“. Nach anderen gewähren ADSs die nach Maßgabe des Depotvertrags eingeräumten „rights and interests in the Deposited Securities“. Andernorts ist schlicht bestimmt: „each ADS [. . .] represents the right to receive one Share“. Zu der zunächst vordringlichen Frage, ob die ADSs damit auch die Mitgliedschaft im Gesellschaftsverband in dem Sinne repräsentieren, dass der ADS-Inhaber zugleich auch die Verbandsmitgliedschaft aus den den ADSs zugrunde liegenden Aktien innehat, oder ob die ADSs nur schuldrechtliche Ansprüche hinsichtlich der hinterlegten Aktien gewähren, liefern nur sehr wenige Verträge einen ersten Anhaltspunkt, wenn dort bestimmt ist, dass ADSs „beneficial interests in the Deposited Securities“12 vermitteln. Die Frage wird erst unter Berücksichtigung auch aller übrigen vertraglichen Bestimmungen endgültig zu beantworten sein.13 Schon an dieser Stelle lässt sich dagegen festhalten, dass ein American Depositary Share nicht notwendig eine ganze deutsche Aktie repräsentiert. Bei rund einem Drittel der ADS-Programme deutscher Unternehmen repräsentiert ein American Depositary Share nur einen Bruchteil einer hinterlegten Aktie (Bruchteil-ADSs). Die Anzahl der ADSs pro Aktie variiert dabei zum Teil erheblich. Üblich ist ein Verhältnis von 2:1 bis 5:1, in einem Fall beträgt das Verhältnis rungsvorschriften ein gewisser Grad an Kooperation zwischen der Bank und der AG nötig ist. Die AG wird ein unsponsored Programm ablehnen, wenn sie ein sponsored Programm plant, weil die SEC kein Nebeneinander von sponsored und unsponsored ADSs mit Aktien derselben Gattung erlaubt, Böckenhoff/Ross, WM 1993, 1781, 1786; von Dryander, in: von Rosen/Seifert, US-Kapitalmarkt, S. 85. 11 Etwa Bungert/Paschos, DZWiR 1995, 221, 224 mwN; Röhler, S. 58. 12 Hervorhebung vom Verfasser dieser Arbeit. 13 Sogleich unter 2. Teil B.
A. Grundbegriffe und Präzisierungen des Untersuchungsgegenstands
29
aber sogar 30:1. Hintergrund ist die größere Beliebtheit kleinerer Handelswerte bei den US-Anlegern. Durch die Zerstückelung der Aktie in mehrere ADSs werden die zum Teil erheblichen Handelswerte einer deutschen Aktie maßgeschneidert in vertraute Einheiten aufgeteilt. Ein in allen untersuchten Depotverträgen unter ganz ähnlichen Rahmenbedingungen vorgesehener Sonderfall sind sog. pre-release ADSs.14 Diese ADSs zeichnen sich dadurch aus, dass sie von der Depotbank bereits emittiert werden, bevor die entsprechenden Aktien vom Hinterleger (sog. depositor15) beim Custodian hinterlegt sind. Sie repräsentieren also zunächst keine Aktien. Die Aktien müssen jedoch nach den Verträgen unverzüglich, spätestens innerhalb von – regelmäßig – fünf Geschäftstagen nach einem entsprechenden Verlangen der Depotbank, hinterlegt werden. Den im Umlauf befindlichen pre-release ADSs ist nicht anzusehen, dass für sie Aktien noch nicht hinterlegt sind.16 Der Vorteil von pre-release ADSs liegt auf Investorenseite im Zeitgewinn. Die ADS-Emission kann bereits vorgenommen werden, wenn der Abschluss eines Kaufvertrags über eine entsprechende Anzahl von Aktien oder eine entsprechende anderweitige Lieferungsverpflichtung eines Dritten vom zukünftigen ADS-Inhaber nachgewiesen ist. Zeitliche Verzögerungen bis zur Lieferung der gekauften Aktien und deren Hinterlegung beim Custodian werden so eliminiert. Zur Absicherung der Depotbank ist die vorgezogene ADS-Emission nach den Verträgen jedoch von der Erfüllung zusätzlicher Bedingungen abhängig. So verlangt die Depotbank vom zukünftigen ADS-Inhaber die Stellung von Sicherheiten in Form von Bareinlagen oder Effekten in Höhe des Marktwertes der im Rahmen des pre-release herausgegebenen Papiere, die fiduziarische Übertragung aller bereits bestehenden Rechte an diesen Aktien auf die Depotbank zugunsten der ADS-Inhaber und das Halten dieser Aktien bis zur Hinterlegung für Rechnung der Depotbank.17 14
Vgl. zu pre-release ADSs auch Röhler, S. 213 ff. Als Hinterleger kommen der Vertragspartner des ersten ADS-Erwerbers – regelmäßig eine in den USA operierende Bank oder ein broker – beziehungsweise ein Gehilfe dieses Vertragspartners oder – ebenfalls denkbar – der erste ADS-Erwerber selbst in Betracht. 16 Röhler, S. 215. 17 Auszug aus einer ganz üblichen Vertragsklausel: „[. . .] the Depositary may issue ADRs pursuant to Pre-release transactions only if (i) such Pre-released ADRs are fully collateralized (marked to market daily) with cash or U.S. government securities held by the Depositary for the benefit of the Holders (not including any earnings thereon) until such Shares are deposited (but such collateral shall not constitute „Deposited Securities“), (ii) each recipient of Pre-released ADRs represents and agrees in writing with the Depositary that such recipient or its customer (a) beneficially owns such Shares as of the time of such transaction, (b) transfers all beneficial right, title and interest therein to the Depositary for the benefit of the Holders, (c) will hold such Shares in trust for the account of the Depositary until such Pre-release transaction is otherwise closed, (d) will deliver such Shares to the Custodian as soon as practicable and promptly but in no 15
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2. Teil: Grundlagen
Der wirtschaftliche Nutzen von pre-release ADSs besteht für die Depotbank in der Generierung zusätzlicher Gebühren (sog. pre-release fee) und darin, dass sie die zur Sicherheit erhaltenen Barmittel für eigene Rechnung anlegt.18 Die Emission von pre-release ADSs ist kontingentiert. Ihr Anteil darf nach den untersuchten Verträgen 15–30 Prozent des gesamten ADSs-Emissionsvolumens nicht überschreiten. Auf pre-release ADSs ist in der nachfolgenden Untersuchung einzugehen, soweit deren Besonderheiten eine ausdrückliche Erörterung gebieten.
III. American Depositary Receipts und Uncertificated ADSs American Depositary Receipts sind Urkunden, die American Depositary Shares verbriefen und in ihrem äußeren Erscheinungsbild einer in den Depotverträgen näher bestimmten Form entsprechen müssen. Unzutreffend wäre daher, die Begriffe „American Depositary Shares“ und „American Depositary Receipts“, wie stellenweise zu beobachten, gleichsam synonym zu verwenden. American Depositary Receipts werden als Namenspapiere ausgegeben. Ihre Verkehrsfähigkeit richtet sich nach dem Recht des US-Bundesstaates New York.19 Durch ein American Depositary Receipt können ein, mehrere oder sogar alle emittierten American Depositary Shares verbrieft sein. Letzteres wird relevant, wenn die ADSs in den US-amerikanischen stückelosen Effektengiroverkehr einbezogen und im Rahmen des indirect holding system beim US-amerikanischen Zentralverwahrer DTC20 verwahrt sind.21 Ein solches single receipt erinnert in seiner Funktion an die deutschrechtliche Globalsammelurkunde22. event more than five business days after demand therefor, and (e) will not take any action with respect to such Shares that is inconsistent with the Depositary’s transfer of the beneficial ownership thereof [. . .].“ 18 Röhler, S. 214. 19 § 8 Part 3, 4 New York Uniform Commercial Code (NY-UCC) für transfer und registration of certificated securities. 20 Auszug: „,DTC‘ shall mean The Depository Trust Company, a national clearinghouse and the central book-entry settlement system for securities traded in the United States“. 21 Auszug: „All ADSs held through DTC will be registered in the name of the nominee for DTC (currently „Cede & Co.“). [. . .] the ADSs registered in the name of Cede & Co. will be evidenced by a single ADR in the form of a „Balance Certificate“, which will provide that it represents the aggregate number of ADSs from time to time indicated in the records of the Depositary as being issued hereunder and that the aggregate number of ADSs represented thereby may from time to time be increased or decreased by making adjustments on such records of the Depositary and of DTC or its nominee as hereinafter provided.“ Ziel dieses indirect holding system ist die „Immobilisierung“ der Wertpapiere in einer zentralen Wertpapiersammelbank, um buchmäßige Übertragungen zwischen Depotkonten – anstatt eigentlicher Lieferungen der Wertpapiere – ausführen zu können (Donald, WM 2008, 526, 527 Fn. 6; vgl. zu diesem Verwahrungsmodell ferner Röhler, S. 206 und Preissler, WM 2001, 113, 115).
A. Grundbegriffe und Präzisierungen des Untersuchungsgegenstands
31
Die praktische Bedeutung von American Depositary Receipts ist rückläufig. Certificated ADSs erfahren seit der Einführung des Direct Registration System im Jahr 1996 durch sog. uncertificated ADSs23 starke Konkurrenz. Nach einigen neueren Verträgen werden certificated ADSs nur noch auf ausdrückliches Verlangen des ADS-Inhabers ausgegeben.24 Ab 01.01.2008 mussten die Wertpapiernotierungen an der NYSE und im NASDAQ auch DRS-geeignet sein.25 Uncertificated ADSs werden im Unterschied zu certificated ADSs nicht durch Urkunden verkörpert, nicht einmal durch eine Globalurkunde.26 Sie sind nach deutschrechtlichem Verständnis keine Wertpapiere, sondern bloße Wertrechte. Die rechtliche Existenz der uncertificated ADSs ergibt sich allein aus den Büchern beziehungsweise dem ADS-Register der Depotbank; die Rechtsinhaberschaft an uncertificated ADSs wird den ADS-Inhabern durch sog. periodic statements der Depotbank bescheinigt.27 Auch die Verkehrsfähigkeit der uncertificated ADSs richtet sich nach dem Recht des US-Bundesstaates New York.28 Für die vorliegende Untersuchung ist zu beachten, dass es, wie in einigen Verträgen ausdrücklich klargestellt, auf den Rechtsinhalt der ADSs keinen Einfluss hat, ob sie als certificated ADSs oder als uncertificated ADSs bestehen.29
IV. ADS-Inhaber in Abgrenzung zum beneficial owner of ADSs Als Inhaber von American Depositary Shares – in den Depotverträgen „holder of American Depositary Shares“ beziehungsweise „(legal) owner of American Depositary Shares“ genannt – gilt im Verhältnis zur Depotbank und zur AG ausschließlich derjenige, der im ADS-Register der Depotbank beziehungsweise in 22
§ 9 Abs. 3 Satz 2 DepotG. Die Terminologie ist (noch) uneinheitlich. Teils werden auch die Begriffe „Direct Registration ADRs“ und „ADSs issued through DRS/Profile“ verwendet. 24 Teilweise wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der ADS-Inhaber auch nach der ADS-Emission jederzeit von uncertificated ADSs zu certificated ADSs (und umgekehrt) wechseln kann. Technisch wird der Wechsel, wenn die certificated ADSs bei der DTC verwahrt werden, mit dem sog. Profile Modification System der DTC umgesetzt. 25 Donald, WM 2008, 526, 532. 26 Auszug: „Uncertificated ADSs shall not be represented by any instruments but shall be evidenced by registration in the books of the Depositary maintained for such purpose.“ 27 Auszug: „The ownership of Uncertificated ADSs shall be recorded on the books of the Depositary maintained for such purpose and evidence of such ownership shall be reflected in periodic statements provided by the Depositary to the Holder(s) in accordance with applicable New York law.“ 28 § 8 Part 3, 4 NY-UCC für transfer und registration of uncertificated securities. 29 Auszug: „Holders [. . .] shall be bound by the terms and conditions of this Deposit Agreement and of the form of Receipt, regardless of whether their Receipts are certificated or issued through DRS/Profile.“ 23
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2. Teil: Grundlagen
deren Büchern als ADS-Inhaber geführt wird30, und zwar unabhängig von der tatsächlichen materiellen Rechtslage31 und entsprechender positiver Kenntnis der Depotbank.32 Die Situation erinnert an die bei deutschen Namensaktien, bei denen gemäß § 67 Abs. 2 AktG im Verhältnis zur AG – unabhängig von der materiellen Rechtslage und vom Wissen der AG33 – als Aktionär nur gilt, wer als solcher im Aktienregister eingetragen ist. Das ADS-Register beziehungsweise die Bücher sind von der Depotbank in New York einzurichten und von ihr oder einem von ihr eingesetzten registrar zu führen. Es sind dort alle ADS-relevanten Vorgänge wie emission, transfer, surrender, combination und split-up zu registrieren. Der ADS-Inhaber – nach den Depotverträgen „holder of ADSs“ beziehungsweise „(legal) owner of ADSs“ – ist nicht mit dem rein wirtschaftlichen Inhaber von ADSs (sog. beneficial owner of ADSs34) zu verwechseln, dessen Rechtsstellung angesichts der Ausgangsfrage – Umfang und Grenzen der aktienrechtlichen Vergleichbarkeit/Gleichstellung der ADS-Inhaberschaft mit der Aktieninhaberschaft – außerhalb des Untersuchungsprogramms liegt, sich jedoch bei Bedarf anhand der hier zu entwickelnden Grundsätze erschließen lässt. Anders als der ADS-Inhaber erscheint der rein wirtschaftliche ADS-Inhaber nur bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise der Rechtsbeziehung zwischen ihm und dem ihm vorgeschalteten ADS-Inhaber als der Rechtsinhaber. Unmittelbar gegenüber der Depotbank und der AG kann der rein wirtschaftliche ADS-Inhaber die depotvertraglichen Rechte aus den ADSs nicht geltend machen. Er ist insoweit auf seinen ADS-Inhaber angewiesen.35 Die lediglich wirtschaftliche ADS-Inhaberschaft war 30 Beispiel: „,Holder(s)‘ shall mean the person(s) in whose name the ADSs are registered on the books of the Depositary (or the Registrar, if any) maintained for such purpose.“ 31 Eine Diskrepanz zwischen materieller Rechts- und Registerlage kann namentlich bei certificated ADSs auftreten, weil die Eintragung dort ausweislich § 8-301 (a) NYUCC keine Voraussetzung des wirksamen ADS-Transfers ist. 32 Beispiel: „[. . .] provided, however, that the Depositary and the Company, notwithstanding any notice to the contrary, may treat the Holder thereof as the absolute owner thereof for the purpose of determining the person entitled to distribution of dividends or other distributions or to any notice provided for in this Deposit Agreement and for all other purposes and neither the Depositary nor the Company will have any obligation or be subject to any liability under the Deposit Agreement to any holder of a Receipt, unless such holder is the Holder thereof.“ 33 MünchKommAktG-Bayer § 67 Rn. 39 f., 43; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 67 Rn. 26; GHEK-Bungeroth, § 67 Rn. 22, 33. 34 Exemplarische depotvertragliche Definition: „,Beneficial Owner‘ shall mean, as to any ADS, any person or entity having a beneficial interest deriving from the ownership of such ADS. A Beneficial Owner of ADSs may or may not be the Holder of such ADSs.“ 35 Exemplarisch folgender gebräuchliche Vertragsauszug: „A Beneficial Owner shall be able to exercise any right or receive any benefit hereunder solely through the person who is the Holder of the ADSs owned by such Beneficial Owner.“
B. Inhaberschaft der Aktionärsstellung aus den hinterlegten Aktien
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für den Anleger über längere Zeit praktisch nahezu unvermeidbar. Für die bei der DTC girosammelverwahrten ADSs ist im Rahmen des indirect holding system36 stets ein nominee der DTC, Cede & Co., als ADS-Inhaber in den Büchern der Depotbank einzutragen. Von dort verweisen die Buchungskonten (securities accounts) über die DTC und die zwischengeschalteten securities intermediaries37 auf den Endkunden. Innerhalb dieser Depotpyramide ist man hinsichtlich seines Finanzvermögens und Eigentumsinteresses jeweils auf anteilige quasidingliche Rechte an dem Depotkonto beschränkt, das von dem auf der nächst höheren Stufe stehenden Institut gehalten wird (security entitlement).38 Mit der Ausbreitung des Direct Registration System39, dessen Vorteil für den Investor gerade darin besteht, direkt in den Büchern des Emittenten als Rechtsinhaber geführt werden zu können, ist das indirect holding system rückläufig. Gleichwohl bleibt eine rein wirtschaftliche ADS-Inhaberschaft auch im Rahmen des Direct Registration System von Bedeutung, insbesondere im Rahmen einer Parteivereinbarung oder einer sog. street name registration40.
B. Inhaberschaft der Aktionärsstellung aus den hinterlegten Aktien Wegweisend für den gesamten weiteren Untersuchungsverlauf ist die Antwort auf die Frage, wer der Inhaber der beim Custodian hinterlegten deutschen Aktien ist, die den ADSs zugrunde liegen. Ist der ADS-Inhaber zugleich der Aktionär, dann gelten die Regelungen des deutschen Aktienrechts über Aktien und Aktionäre im Grundsatz auch für ADSs und ADS-Inhaber unmittelbar. Die Untersuchung müsste sich darauf konzentrieren, ob ADS-spezifische Umstände der Anwendbarkeit im konkreten Fall entgegenstehen. Umgekehrt sind die aktienrechtlichen Regelungen nicht unmittelbar anwendbar, wenn die ADSs nicht die Inhaberschaft an den deutschen Aktien vermitteln. Als Aktionäre kommen dann insbesondere Depotbank und Custodian in Betracht. Schwerpunkt der Prüfung wäre dann, ob die Regelungen des deutschen Aktienrechts über Aktien und Aktionäre aus bestimmten Gründen für ADSs und ADS-Inhaber entsprechend gelten. 36
Zum indirect holding system bereits 2. Teil A. III. Dazu zählen ausweislich § 8-102 (a) (14) NY-UCC insbesondere Banken und Broker. 38 Vgl. zum Rechtsinhalt des security entitlement § 8 Part 5 NY-UCC sowie etwa Donald, WM 2008, 526, 529 f. und Dittrich, S. 91 ff. 39 Siehe bereits 2. Teil A. III. 40 Banken und Broker halten die Papiere für den Investor, siehe etwa Preissler, WM 2001, 113, 115. Donald weist darauf hin, dass die gegenwärtige Struktur des Direct Registration System dem Endkunden einen starken Anreiz geben kann, die Wertpapiere einfach im Depotkonto des Maklers ruhen zu lassen (WM 2008, 526, 532 f.). 37
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2. Teil: Grundlagen
Die ADS-Definitionen in den Depotverträgen sind zu dieser Frage, wie die Beispiele zeigten41, nur selten ergiebig. Ferner ist die Emission der ADSs durch die Depotbank in den Verträgen nicht, wie zu erwarten wäre, ausdrücklich aufschiebend bedingt durch den Erwerb des Eigentums an den deutschen Aktien durch eine bestimmte Person. Die Verträge sehen insoweit nur vor, dass die Depotbank die ADSs emittiert, wenn sie vom Custodian über die vertragsgemäße Hinterlegung der Aktien durch den sog. depositor42 benachrichtigt und ihm die Person des zukünftigen ADS-Inhabers mitgeteilt wurde. Die Antwort muss daher unter Berücksichtigung auch aller übrigen Vertragsbestimmungen gefunden werden. Hierbei sei betont, dass die Verträge nur Aufschluss geben können, wer nach dem Willen der Vertragsparteien der Inhaber der Aktien sein soll. Als schuldrechtliche Abreden sind die Verträge nicht konstitutiv für die dingliche Eigentumslage an den Aktien. Sie besagen nicht, wer tatsächlich der Inhaber der deutschen Aktien ist. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Parteien im Einzelfall vom Vertrag abweichen und tatsächlich eine andere als die vertraglich anvisierte Person die Aktien hält. Röhler, der insbesondere die Aktionärsstellung der ADS-Inhaber eingehend prüft, kommt zu dem Ergebnis, dass die Depotbank die Inhaberin der den ADSs zugrunde liegenden deutschen Aktien ist.43 Dem ist für die hier untersuchten Depotverträge zu folgen, allerdings mit einer Einschränkung für hinterlegte Namensaktien.
I. Keine Aktionärsstellung der ADS-Inhaber Im Jahr 1997 stellte Röhler für die von ihm eingesehenen Depotverträge fest, diese „erwecken überwiegend den Eindruck, der holder sei gleichzeitig Aktionär“.44 Dies kann für die vorliegend untersuchten Verträge nicht bestätigt werden. Die Vertragsgestaltung hat sich in diesem Punkt offensichtlich – womöglich in Reaktion auf Röhler – geändert. 41
2. Teil A. II. 2. Teil A. II. (Fn. 15). 43 Röhler, S. 195 ff., 217 f. Ebenso (oft ohne nähere Begründung) OLG Celle, WM 1992, 1703, 1706; GroßkommAktG-Mülbert § 118 Rn. 13; BeckHdbAG-Harrer, § 20 Rn. 133; Gätsch, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 4 Rn. 31; Butzke, in: Marsch-Barner/ Schäfer, § 5 Rn. 50; Bärwaldt, in: Semler/Bärwaldt, § 10 Rn. 13; von Dryander, in: von Rosen/Seifert, US-Kapitalmarkt, S. 82, 90, 91, 93; Kullmann, in: von Rosen/Seifert, US-Kapitalmarkt, S. 156 f., 159; Meyer/Bundschuh, WM 2003, 960, 964; Wieneke, AG 2001, 504, 506 ff.; Harrer/King, IStR 1999, 188, 189; von Rosen/Prechtel, Die Bank 1996, 388, 392; Bungert/Paschos DZWiR 1995, 221, 229; Bungert WM 1995, 1, 15; Zachert AG 1994, 207, 221 (zumindest missverständlich aber ders., DB 1993, 1985, 1987 und ZIP 1993, 1426, 1430); unklar Menzel, in: von Rosen/Seifert, US-Kapitalmarkt, S. 72; offen gelassen Fraune, RIW 1994, 126, 135 (Fn. 145a); aA (ADS-Inhaber als Aktionär) Böckenhoff/Ross, WM 1993, 1781, 1783; Assmann, RIW 1982, 69, 70. 44 Röhler, S. 196, 150 f. 42
B. Inhaberschaft der Aktionärsstellung aus den hinterlegten Aktien
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Die zu Recht problematisierte Klausel45, die an eine Verknüpfung des Eigentums an den receipts mit dem Eigentum an den hinterlegten Aktien denken lässt, findet sich nur noch in zwei Verträgen, wobei einer ohnehin noch aus der Zeit vor 1997 stammt.46 Sowohl diese als auch alle übrigen Verträge enthalten an anderer Stelle jeweils unmissverständliche Belege dafür, dass der ADS-Inhaber nicht zugleich der Inhaber der hinterlegten Aktien sein soll. Teilweise ist in den Verträgen, wie bereits beschrieben, festgelegt, dass ein American Depositary Share nur ein „beneficial ownership of the Deposited Securities“ 47 repräsentiert. Teils ist ausdrücklich klargestellt, dass die ADS-Inhaber nicht Aktionäre der Gesellschaft sind.48 Rund die Hälfte der Depotverträge bringt die fehlende Aktionärseigenschaft der ADSInhaber mittelbar (zusätzlich) dadurch zum Ausdruck, dass schon die Depotbank als der „legal owner of all Deposited Securities“ beziehungsweise Depotbank und/oder Custodian als „holders of the Deposited Securities“ herausgestellt werden. Aus weiteren Vertragspassagen ergibt sich gleichfalls unmissverständlich, dass der ADS-Inhaber nicht zugleich Aktionär ist. So heißt es beispielsweise: „There can be no assurance that Holders generally, or any Holder in particular, will be given the opportunity to exercise rights on the same terms and conditions as the holders of the Shares or will be able to exercise such rights.“ „Each Holder agrees that such Holder is bound by and subject to the Articles of Association (Satzung) of the Company as if such Holder were a holder of Shares.“ 49
45 „Title to this Receipt (and to the Deposited Securites represented by the American Depositary Shares evidenced thereby), [. . .], shall be transferable by delivery with the same effect, as in the case of a negotiable instrument.“ Hervorhebung vom Verfasser dieser Arbeit. 46 Die heute gebräuchliche Klausel lautet: „Title to this Receipt and to the American Depositary Shares evidenced thereby, [. . .] shall be transferable by [. . .]“. Hervorhebung vom Verfasser dieser Arbeit. 47 Hervorhebung vom Verfasser dieser Arbeit. 48 „The Parties hereto acknowledge that [. . .] Owners [. . .] may not be considered shareholders of the Company.“ 49 Zu dieser as if-Klausel bereits Bungert/Paschos, DZWiR 1995, 221, 229. Weitere Beispiele: (1) „None [. . .] shall incur any liability to any person [. . .] for the inability by a Holder to benefit from any distribution, offering, right or other benefit, under the terms of this Deposit Agreement which is made available to holders of Deposited Securities but is not, under the terms of this Deposit Agreement, made available to Holders of American Depositary Shares [. . .]“ (2) „The Company reserves the right to instruct Holders [. . .] to deliver their ADSs for cancellation and withdrawal of the Deposited Securities as to permit the Company to deal directly with the Holder thereof as a holder of Shares„. (3) „To the extent that a Holder [. . .] wishes to exercise rights equivalent to those of an ordinary shareholder of the Company that are not available to such Holder [. . .], the Holder may [. . .]“.
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2. Teil: Grundlagen
Kein durchgreifendes Argument für die Aktionärsstellung des ADS-Inhabers ist dagegen die folgende gebräuchliche attorney-Klausel: „Each Holder [. . .], upon acceptance of ADSs represented by an ADR issued in accordance with the terms hereof, hereby appoints the Depositary its attorney-infact, with full power to delegate, to act on its behalf and to take any and all steps or action provided for or contemplated herein with respect to the Deposited Securities, to adopt any and all procedures necessary to comply with applicable law, and to take such further steps or action as the Depositary in its sole discretion may deem necessary or appropriate to carry out the purposes of this Deposit Agreement.“ 50 Die Bevollmächtigung der Depotbank durch den ADS-Inhaber hinsichtlich der hinterlegten Wertpapiere spricht zwar im ersten Moment für die Aktieninhaberschaft des ADS-Inhabers. Zu bedenken ist jedoch, dass diese Bevollmächtigung nur ein Teilaspekt einer inhaltlich sehr weitreichenden Bevollmächtigung ist, die ihre praktische Bedeutung vornehmlich bei der Abwicklung steuerrechtlicher Angelegenheiten durch die Depotbank in den USA im Zusammenhang mit der Weiterleitung von Gewinnausschüttungen erlangt. Der in Rede stehende Klauselausschnitt kann zudem nicht ohne die zuvor erörterten Bestimmungen betrachtet werden. Diese zeigen unmissverständlich, dass der ADS-Inhaber gerade nicht der Inhaber der hinterlegten Aktien sein soll. Angesichts dessen und des praktischen Anwendungsbereichs der Klausel ist stark zu bezweifeln, dass das Klauselfragment eine von den übrigen Vertragsbestimmungen abweichende Eigentumslage hinsichtlich der hinterlegten Aktien beschreiben soll. Dies gilt umso mehr, als ein mit dem übrigen Vertragswerk im Einklang stehender Anwendungsbereich verbleibt, wenn man vergegenwärtigt, dass die gesamte Bevollmächtigungsklausel erkennbar darauf abzielt, der Depotbank alle Rechtsmacht zur Programmdurchführung zu verleihen, soweit dies von Seiten des ADS-Inhabers möglich ist. Die Bevollmächtigung soll verhindern, dass die Depotbank das Programm nicht vertragsgemäß durchführen kann, weil der ADS-Inhaber – im vertragswidrigen Ausnahmefall – der Inhaber der für seine ADSs bestimmten Aktien ist.51
II. Aktionärsstellung von Depotbank, Custodian oder nominee Inhaber der hinterlegten Aktien ist nach den untersuchten Verträgen die Depotbank (1.). Im Verhältnis zur AG gilt dies nicht immer (2.). Gegenüber dieser kann auch der Custodian oder ein nominee von Depotbank oder Custodian als Aktionär gelten. 50 Hervorhebung vom Verfasser dieser Arbeit. Schon Bungert, WM 1995, 1, 15 zeigte sich ob dieser Bestimmung irritiert. 51 Denkbar ist etwa, dass der ADS-Inhaber zugleich der Hinterleger der Aktien war, die Übereignung allerdings (unerkannt) fehlschlug. Vgl. auch Röhler, S. 155.
B. Inhaberschaft der Aktionärsstellung aus den hinterlegten Aktien
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1. Grundsatz In vielen Depotverträgen ist explizit herausgestellt, dass die Depotbank der „legal owner of all Deposited Securities“ beziehungsweise der „holder of the Deposited Securities“ sein soll. Alle Verträge enthalten (zusätzlich) Vorschriften, die die Inhaberschaft der Depotbank, und nicht etwa des Custodian, an den hinterlegten deutschen Aktien implizieren. Nach der Mehrzahl der Verträge fungiert der Custodian bei der Ausübung der Stimmrechte aus den hinterlegten Aktien als „proxy bank in accordance with Sections 128 and 135 of the German Stock Corporation Act (Aktiengesetz)“. Dem Kreditinstitut im Sinne des §§ 128, 135 AktG gehören die Aktien aber gerade nicht selbst.52 Aus den entsprechenden Passagen der übrigen Verträge geht zumindest hervor, dass die Depotbank, und nicht etwa der Custodian, die Ausübung des Stimmrechts federführend in Händen halten soll.53 Ähnlich soll die Depotbank, nicht der Custodian, die nach Beendigung des ADS-Programms nicht fristgemäß abgeholten Aktien verkaufen. Beides legt jeweils für sich den Schluss nahe, dass dann auch der Depotbank, nicht dem Custodian, das stärkste Recht an und aus diesen Aktien – das Eigentumsrecht und die Verbandsmitgliedschaft – zustehen soll. Ferner ist für den Fall, dass bei fortlaufendem ADS-Programm die Depotbank ausgetauscht wird, einheitlich bestimmt, die ausscheidende Depotbank „shall duly assign, transfer and deliver all of its right, title and interest in the Deposited Securities to its successor“ 54. Die Übertragung des legal title, also des Eigentumsrechts, durch die Depotbank bedingt aber, dass die Depotbank dies an den fraglichen Aktien hält. Für den Fall, dass bei fortlaufendem Programm der Custodian ausgewechselt wird, ist dagegen schlicht bestimmt, der „Custodian shall deliver all Deposited Securities held by it and all other books and records maintained by it with respect to its function as a Custodian hereunder to a Custodian continuing to act upon the instruction of the Depositary“. Von der Übertragung des title ist dort nicht die Rede. Endlich ist für den Sonderfall von pre-release ADSs geregelt, dass deren Empfänger vor der Emission schriftlich versichern muss, „[to transfer] all beneficial right, title and interests in such Shares to the Depositary“. Inhaber des legal title an den Aktien soll also beim pre-release lending die Depotbank, nicht der Custodian, werden. Anderes kann auch im Normalfall der ADS-Emission nicht gelten. Denn pre-release ADSs unterscheiden sich von „normalen“ ADSs lediglich dadurch, dass sie nicht von Beginn an mit Aktien unterlegt sind. Nach der Aktienhinterlegung sind die vormaligen pre-release ADSs indes gewöhnliche ADSs ohne rechtskonstruk52 Siehe §§ 128 Abs. 2 Satz 1, 135 Abs. 1 Satz 1, Abs. 7 Satz 1 AktG; ferner etwa Hüffer, AktG, § 135 Rn. 5. 53 Beispiele: „The Depositary shall not vote or attempt to exercise the right to vote that attaches to the Shares [. . .] other than in accordance with such instructions or deemed instructions.“ „[. . .] the Depositary shall endeavor [. . .] to vote or cause to be voted the Deposited Securities [. . .].“ 54 Hervorhebung vom Verfasser dieser Arbeit.
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2. Teil: Grundlagen
tive Besonderheiten gegenüber den ADSs, für die von Anfang an Aktien hinterlegt waren. Die Aktieninhaberschaft der Depotbank bestätigt sich, wenn man den Blick von einzelnen Vertragsbestimmungen weg- und den Rollen zuwendet, die Depotbank und Custodian nach dem ganzen Vertragswerk einnehmen. Die Stellung des Custodian innerhalb des ADS-Programms ist relativ schwach. Er ist nicht selbst Partei des Depotvertrags und so hieraus weder unmittelbar berechtigt noch verpflichtet. Seine Stellung ist nur von der Depotbank abgeleitet. Die Verträge sehen ihn einmütig als „agent“ der Depotbank, der jederzeit und in jeder Hinsicht den Weisungen der Depotbank unterworfen ist.55 Die Depotbank kann den Custodian kurzfristig und ohne triftigen Grund austauschen, sie kann genauso gut auch zusätzliche Custodians engagieren. Der Depotbank kommt demgegenüber eine Schlüsselrolle als Bindeglied56 zwischen der AG und den ADS-Inhabern zu. Sie ist Partei des Depotvertrags. Diese, nicht den Custodian, treffen – und dies ist wichtig – depotvertragliche Pflichten gegenüber den ADS-Inhabern bezüglich der hinterlegten Aktien.57 So ist es nur folgerichtig, wenn die hinsichtlich dieser Aktien zentral verantwortliche Depotbank auch das stärkste Recht an und aus diesen Aktien zugewiesen erhält, um das Geschehen selbst in Händen zu halten und so ihr eigenes Haftungsrisiko zu minimieren. In mehr formaler Hinsicht kommt hinzu, dass der US-rechtliche agent im Regelfall nicht zugleich der Eigentümer des von ihm verwalteten Gegenstands ist.58 Nicht im Widerspruch hierzu stehen Vertragsbestimmungen, nach denen die als ADS-Grundlage bestimmten Aktien nicht bei der Depotbank, sondern beim Custodian abzuliefern beziehungsweise im Rahmen des stückelosen Effektengiroverkehrs auf ein Konto des Custodian bei der Clearstream Banking AG (Clearstream)59 zu verbuchen sind.60 Im (theoretischen) Fall der körperlichen Übergabe von Aktien an den Custodian genügt für den Direkterwerb der Depotbank, dass der mit Vertretungsmacht ausgestattete Custodian offenkundig für die Depotbank auftritt. Auch bei der Hinterlegung girosammelverwahrter Aktien erwirbt die Depotbank direkt, weil der Custodian die auf sein Clearstream-Konto gebuchten Aktien nach den Verträgen „for and to the order of the Depositary“ hält.61 55 Auszug: „A Custodian acting hereunder shall be subject at all times and in all respects to the directions of the Depositary and shall be responsible solely to it.“ 56 So treffend Röhler, S. 217. 57 Zu diesen Pflichten ausführlicher 2. Teil C. 58 Siehe Röhler, S. 223 mwN. 59 Clearstream ist die gegenwärtig einzige deutsche Wertpapiersammelbank im Sinne des § 1 Abs. 3 DepotG. 60 Auszug: „Shares deposited hereunder [. . .] eligible for deposit with CSB shall be held by the Custodian at its account at CSB.“ 61 Ebenso Wieneke, AG 2001, 504, 507. Rechtstechnisch wird dies umgesetzt durch die Buchung der Aktien auf das Konto der Depotbank beim Custodian, Röhler, S. 199
B. Inhaberschaft der Aktionärsstellung aus den hinterlegten Aktien
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Der Aktionärsstellung der Depotbank steht schließlich nicht zwingend entgegen, wenn sinngemäß mehrfach – gleichermaßen in Verträgen mit Inhaber- und solchen mit Namensaktien – bestimmt ist: „Whenever the Custodian or the Depositary shall receive any cash dividend or other cash on any Deposited Securities, the Depositary shall [. . .] distribute [. . .].“ Die dort erwähnte Empfängereigenschaft des Custodian kann auf seiner Aktionärsstellung beruhen. Sie kann aber genausogut schlicht darauf gründen, dass er die Zuwendung der AG als Vertreter der Depotbank rechtstatsächlich in Empfang nimmt. Alle vorangegangenen Argumente gegen die Aktieninhaberschaft des Custodian sprechen für Letzteres. 2. Besonderheiten im Falle von ADSs für Namensaktien Dass die Depotbank nach den untersuchten Depotverträgen die Inhaberin der Mitgliedschaft aus den hinterlegten deutschen Aktien sein soll, trifft aus Sicht der AG jedoch nicht immer zu. Mehrere Verträge sehen vor, dass beim Custodian hinterlegte Namensaktien im Aktienregister der AG im Namen der Depotbank, des Custodian oder eines nominee von Depotbank oder Custodian registriert werden sollen.62 Teils werden sogar nur Custodian oder nominee benannt.63 Ausschließlich der eingetragene Custodian64 oder der nominee65 gelten im Falle einer solchen Eintragung gemäß § 67 Abs. 2 AktG im Verhältnis zur AG als Aktionär, auch wenn die AG positive Kenntnis von der Aktieninhaberschaft der Depotbank hat.66 Die Vermutung der Aktionärsstellung des Eingetragenen ist un(Fn. 28). Die Umbuchung der Aktien an der Spitze der Verwahrpyramide durch Clearstream auf das Konto des Custodian manifestiert lediglich die Umstellung des Besitzmittlungsmittlungsverhältnisses durch Clearstream auf den Custodian (vgl. Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201, 206; kritisch Einsele, WM 2003, 2349, 2353). Ausführlicher zur Eigentumsübertragung innerhalb des Effektengiroverkehrs MünchKommHGB-Einsele, Depotgeschäft, Rn. 92 ff.; Modlich, DB 2002, 671, 674 ff. 62 Beispiel: „The Depositary shall instruct the Custodian upon each Delivery of certificates representing registered Shares being deposited hereunder with the Custodian [. . .] to present such certificate(s) [. . .] to the Share Registrar for transfer and registration of the Shares [. . .] in the name of the Depositary, the Custodian or a nominee of either.“ 63 Selbst Verträge zu ADS-Programmen mit Inhaberaktien enthalten vereinzelt Registrierungsregelungen. Diese erlangen praktische Bedeutung, wenn die Inhaber- in Namensaktien umgewandelt werden. Umgekehrt enthält aber auch ein Vertrag, der sich aktuell auf Namensaktien bezieht, keine entsprechende Bestimmung. 64 Die Eintragung des Custodian kann vorteilhaft sein, weil damit eine in Deutschland ansässige Einheit mitgliedschaftliche Beziehungen zu der in Deutschland ansässigen AG unterhält. 65 Als nominee kommt ausweislich Nr. 46 (2) AGB-Clearstream auch Clearstream in Betracht. 66 Vgl. nur OLG Jena AG 2004, 268, 269 f.; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 67 Rn. 26; Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 67 Rn. 12; MünchKommAktGBayer, § 67 Rn. 39 f., 43. Es ist nicht korrekt, wenn ein Vertrag mit entsprechender Regelung andernorts bestimmt: „Notwithstanding anything herein to the contrary, the
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2. Teil: Grundlagen
widerlegbar.67 Die Eintragungswirkung schützt dabei sowohl den Eingetragenen als auch die AG.68 Nur der Eingetragene ist aus eigenem Recht zur Ausübung der Mitgliedsrechte befugt. Umgekehrt kann der Eingetragene von der AG aber auch in vollem Umfang auf Erfüllung der mitgliedschaftlichen Pflichten in Anspruch genommen werden.69 Folgerichtig, wenn auch nicht stets konsequent durchgehalten, werden in Verträgen, die die Eintragung des Custodian oder nominee vorsehen, Custodian und nominee als mögliche Inhaber der hinterlegten Aktien benannt, soweit(!) es um die mitgliedschaftlichen Rechtsbeziehungen zwischen der AG und ihren Aktionären geht.70 Inwieweit die Registereintragung von Custodian oder nominee Auswirkungen auf das Untersuchungsergebnis hat, ist an den relevanten Stellen mitzuerörtern.
III. Ergebnis Inhaber der Mitgliedschaft aus den hinterlegten deutschen Aktien soll nach den hier untersuchten Depotverträgen nicht der ADS-Inhaber, sondern die Depotbank sein. Im Verhältnis zur AG gelten gleichwohl ausschließlich und unwiderlegbar der Custodian oder ein nominee von Depotbank oder Custodian als Aktionär, soweit diese, wie es mehrere Verträge zulassen, als Inhaber von hinterlegten Namensaktien im Aktienregister der AG geführt werden.
C. Die depotvertragliche Teilnahme der ADS-Inhaber an den Aktionärsrechten Sollen die ADS-Inhaber zwar, so das Ergebnis bis hierhin, nicht die Inhaber der Mitgliedschaft aus den hinterlegten Aktien sein, so nehmen sie nach den Depotverträgen doch wenigstens mittelbar – in vermögens- und verwaltungsrechtlicher Hinsicht, wenn auch in unterschiedlichem Umfang (I. und II.) – an den Rechten aus diesen Aktien teil, wie die nachfolgende Bestandsaufnahme verdeutlicht. Company will, for all purposes, treat the Depositary, in its capacity as such, as the legal owner of all Deposited Securities.“ 67 OLG Hamburg NZG 2004, 45; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 67 Rn. 25; MünchKommAktG-Bayer, § 67 Rn. 39; Hüffer, AktG, § 67 Rn. 13. 68 Vgl. MünchKommAktG-Bayer § 67 Rn. 43; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 67 Rn. 26; GHEK-Bungeroth § 67 Rn. 27. 69 MünchKommAktG-Bayer, § 67 Rn. 43; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 67 Rn. 26; Hüffer, AktG, § 67 Rn. 14 f.; GHEK-Bungeroth, § 67 Rn. 24 f. 70 Beispiel: „The Depositary shall make available for inspection by Owners [. . .] any reports and communications [. . .] received from the Issuer which are both (a) received by the Custodian as the holder of the Deposited Securities and (b) made generally available to the holders of such Deposited Securities by the Issuer.“
C. Die depotvertragliche Teilnahme der ADS-Inhaber
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I. Vermögensrechtliche Teilnahme An vermögensrechtlichen Ansprüchen, die aus den mitgliedschaftlichen Vermögensstammrechten resultieren, ist der ADS-Inhaber in beträchtlichem Umfang beteiligt. Rechtstechnisch ist dies in den Verträgen allenthalben durch Ansprüche des ADS-Inhabers gegen die Depotbank umgesetzt, die allerdings mehrfachen Beschränkungen und Ausnahmen unterliegen können. Berechtigt ist nur, wer an einem von der Depotbank festgelegten Stichtag (record date) bei dieser als ADSInhaber geführt wird. Von der AG ausgeschüttete Bardividenden (cash dividends) muss die Depotbank – abzüglich von expenses, applicable fees, (governmental) charges und Steuern – an den ADS-Inhaber auskehren.71 Dieser ist berechtigt, soweit die seinen ADSs unterlegten Aktien an der Barausschüttung der AG teilnahmen. Die Auszahlung hat grundsätzlich in US-Dollar zu erfolgen.72 Die Depotbank ist nur nicht verpflichtet, soweit die Auskehrung „unlawful or impracticable with respect to certain Holders“ ist.73 Auch an allen anderen Geldausschüttungen der AG – beispielsweise nach §§ 271 Abs. 1, 327a Abs. 1 Satz 1 AktG – nimmt der ADS-Inhaber im Grundsatz nach Maßgabe des durch seine ADSs vermittelten Aktienbesitzes teil. Denn die Regelungen für Bardividenden gelten auch für „other cash distributions“ der AG. An gesetzlichen Bezugsrechten auf neue Aktien aus einer Kapitalerhöhung der AG gegen Einlagen oder aus der Ausnutzung von genehmigtem Kapital74 ist der 71 Die Verträge sehen dagegen keinen Einfluss des ADS-Inhabers auf den dem Dividendenanspruch vorgeschalteten mitgliedschaftlichen Gewinnbeteiligungsanspruch vor. Dieser entsteht mit der Feststellung eines Jahresabschlusses mit Bilanzgewinn und enthält den klagbaren Anspruch auf Herbeiführung des Gewinnverwendungsbeschlusses, sofern dieser nicht in den ersten 8 Monaten des Geschäftsjahres (vgl. § 175 Abs. 1 Satz 2 AktG) gefasst wurde (Hüffer, AktG, § 58 Rn. 26; MünchKommAktG-Bayer, § 58 Rn. 98 f.). 72 Nach einem Vertrag darf schon die AG in US-Dollar ausschütten. In den übrigen Fällen ist die Depotbank zum Umtausch verpflichtet mit den Einschränkungen, dass die etwaig erforderliche staatliche approval or license vorliegt (wobei sie sich aber nur nach manchen Verträgen darum bemühen muss) und dass der Umtausch, insbesondere mit Blick auf den Wechselkurs, „practicable“ ist. Ist dies nicht gewährleistet, darf die Depotbank in Euro auskehren oder die Dividende (ohne Verzinsungspflicht) schlicht für Rechnung der ADS-Inhaber halten. 73 Unterschiedlich geregelt ist, wer befindet, ob die Auskehrung „lawful“ ist: Teils ist dies Sache der Depotbank, teils erfolgt der Nachweis durch von der AG eingeholten Rechtsrat, ohne dass die AG hierzu verpflichtet wäre. 74 §§ 203 Abs. 1, 186 Abs. 1 AktG. Gesetzliche Bezugsrechte bestehen dagegen nicht bei der bedingten Kapitalerhöhung (Hüffer, AktG, § 192 Rn. 3, § 198 Rn. 4, str.) und der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln. Das Bezugsstammrecht, aus dem das selbständig verkehrsfähige Bezugsrecht hervorgeht und das Ausdruck der jedem Aktionär zustehenden Berechtigung ist, im Fall der Kapitalerhöhung nach Maßgabe der bisherigen Kapitalbeteiligung beteiligt zu werden (MünchKommAktG-Peifer, § 186
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2. Teil: Grundlagen
ADS-Inhaber mittelbar durch ADS-Bezugsrechte („rights to acquire additional ADSs“) gegenüber der Depotbank beteiligt. Der Berechtigungsumfang hängt davon ab, in welchem Maß für die seinen ADSs zugrunde liegenden Aktien Bezugsrechte bestehen. Verfahrenstechnisch ist die Ausgabe von sog. warrants (oder „other instruments representing rights to acquire additional shares“) durch die Depotbank wesentlich. Macht der ADS-Inhaber die warrants fristgemäß geltend und überweist er zugleich den Ausgabebetrag für die neuen Aktien (einschließlich bestimmter fees and expenses) an die Depotbank, übt diese das Bezugsrecht gegenüber der AG aus. Die neuen Aktien werden wie üblich beim Custodian hinterlegt. Im Anschluss emittiert die Depotbank die entsprechende Zahl zusätzlicher ADSs. Kommt es dagegen nicht zur Emission von warrants oder droht wegen Desinteresses der ADS-Inhaber der Verfall der Bezugsrechte auf neue Aktien, soll sich die Depotbank um den (öffentlichen) Verkauf der Bezugsrechte bemühen und den Erlös (abzüglich von fees and expenses) an die ADS-Inhaber auskehren. Ist der Verkauf der Bezugsrechte praktisch nicht möglich75, darf die Depotbank die Bezugsrechte auch verfallen lassen. Die ADS-Inhaber gehen dann leer aus. Dass den ADS-Inhabern in der Praxis eher selten warrants eingeräumt werden76, liegt an folgenden Einschränkungen: Die Depotbank darf warrants nur ausgeben, wenn sowohl deren Emission als auch deren Ausübung rechtmäßig77 ist. Damit soll insbesondere einem Verstoß gegen Registrierungspflichten des Securities Act oder eines anderen US-Gesetzes vorgebeugt werden. So ist in vielen Verträgen ausdrücklich klargestellt, dass die Ausgabe von warrants nur zulässig ist, wenn entweder keine Registrierungspflicht besteht oder die erforderliche Registrierung erfolgreich durchgeführt wurde. Eine Pflicht, sich um die Registrierung zu bemühen, ist in keinem Vertrag begründet, mehrheitlich sogar ausdrücklich ausgeschlossen. Nach fast der Hälfte der Verträge ist die Depotbank zudem nur verpflichtet, wenn die AG die Ausgabe von warrants rechtzeitig verlangt.78 Schließlich steht die warrant-Emission zumeist unter dem Vorbehalt, dass sie nach Einschätzung der Depotbank praktisch durchführbar ist. Für Bezugsrechte auf Genussrechte und Wandelschuld- und Gewinnschuldverschreibungen im Sinne des § 221 Abs. 4 AktG gelten die Ausführungen zu den Bezugsrechten auf neue Aktien sinngemäß.79 Rn. 18), hat nur dogmatische („virtuelle“) Bedeutung, weil ein Rechtsanspruch des Aktionärs auf Durchführung der Kapitalerhöhung nicht besteht. 75 Gründe sind etwa „the nontransferability of the Rights“, „limited markets therefor“, „their short duration“. 76 So schon Bungert, WM 1995, 1, 15. 77 Siehe 2. Teil C. I. (Fn. 73). 78 In mehreren Verträgen wird dies dergestalt präzisiert, dass das Verlangen der Depotbank 30–45 Tage vor dem Beginn der Ausübungsfrist für die Bezugsrechte auf neue Aktien zugehen muss. Die Regelung dient dem Schutz der Depotbank, die Zeit benötigt, um die warrant-Emission vorzubereiten. Nach einem Vertrag kann die AG einer warrant-Emission aber auch ausdrücklich widersprechen.
C. Die depotvertragliche Teilnahme der ADS-Inhaber
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An der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln, bei der den Aktionären gemäß § 212 Satz 1 AktG neue Aktien (sog. Gratisaktien) ipso iure80 zugeordnet werden, partizipiert der ADS-Inhaber im Grundsatz ebenfalls. Mehrheitlich hat der ADS-Inhaber gegen die Depotbank einen Anspruch auf Ausgabe von zusätzlichen ADSs in dem Umfang, in dem die seinen ADSs unterlegten Aktien neue Aktien gewährten. Nach den übrigen Verträgen wird der ADS-Inhaber beteiligt, indem seine ADSs fortan neben den „alten“ Aktien auch die Gratisaktien repräsentieren.81 Zusätzliche ADSs werden dort nur auf Verlangen der AG emittiert oder wenn die Depotbank sich hierzu aus eigenem Ermessen entschließt. Dies alles gilt freilich nur, soweit die mittelbare Zuordnung der Gratisaktien zum ADS-Inhaber rechtmäßig82 ist. Andernfalls hat sich die Depotbank um den Verkauf der Aktien zu bemühen und den Erlös (abzüglich der fees, charges etc.) an die ADS-Inhaber auszukehren. Zum Verkauf der Aktien ist die Depotbank ferner berechtigt, soweit dies zum Ausgleich ihrer Gebühren und Auslagen erforderlich ist oder soweit durch die mittelbare Aktienzuordnung Bruchteile von ADSs in Händen eines ADS-Inhabers entstehen83. Von der AG ausgeschüttete Sachdividenden84 (distributions other than cash, rights and shares) muss die Depotbank grundsätzlich – gegen Begleichung von expenses, fees, charges etc. – an den ADS-Inhaber weiterleiten. Ist eine erforderliche Teilung des Gegenstands nicht möglich oder dessen Auskehrung nicht rechtmäßig, soll die Depotbank verkaufen und den (anteiligen) Erlös an den ADS-Inhaber auszahlen.
II. Teilnahme an den Verwaltungsrechten An den mitgliedschaftlichen Verwaltungsrechten ist der ADS-Inhaber im Vergleich zu seiner vermögensrechtlichen Teilhabe in geringerem Umfang beteiligt. Bedeutsam ist, dass der ADS-Inhaber durch ein Weisungsrecht gegenüber der Depotbank auf die Ausübung des Stimmrechts aus den seinen ADSs unterlegten Aktien Einfluss nehmen kann. Die Depotbank setzt den ADS-Inhaber schriftlich über die anstehende Hauptversammlung in Kenntnis.85 Die Mitteilung enthält ne79 Die in Rede stehenden Vertragsbestimmungen gelten nämlich für „rights of any nature available to the Depositary as a result of a distribution on Deposited Securities“. 80 Ohne Wissen und Wollen des Aktionärs, Hüffer, AktG, § 212 Rn. 2. 81 Beispiel: „[. . .], each American Depositary Share shall thenceforth also represent the additional Shares distributed upon the Deposited Securities represented thereby.“ 82 Damit soll wieder Konfliktlagen mit US-rechtlichen Registrierungsvorschriften vorgebeugt werden. 83 Dies ist nur denkbar, wenn (theoretisch) ein ADS mehrere Aktien repräsentiert. 84 § 58 Abs. 5 AktG. 85 Eine Gewähr der Depotbank für den (rechtzeitigen) Zugang der Mitteilung ist in einer Reihe von Verträgen ausdrücklich ausgeschlossen. Wenige Verträge machen die
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2. Teil: Grundlagen
ben der Tagesordnung, teils allerdings nur bei entsprechendem Verlangen der AG verbindlich, einen (nach Maßgabe des § 128 Abs. 2 AktG erstellten) Abstimmungsvorschlag sowie einen Hinweis auf die Modalitäten des Weisungsrechts und die Rechtsfolgen, wenn der ADS-Inhaber sein Weisungsrecht trotz fristgemäßer Benachrichtigung nicht ausübt.86 Die Weisung muss der Depotbank rechtzeitig vor der Hauptversammlung, spätestens bis zu dem von ihr festgelegten sog. Instruction Date, zugehen. Der Weisungsgeber muss die das Weisungsrecht vermittelnden ADSs auch noch am sog. Record Date halten, der mit dem Stichtag für das Stimmrecht aus den Aktien möglichst identisch sein soll.87 In der Hauptversammlung wird die Weisung sodann ausgeführt, soweit geltendes Recht nicht entgegensteht. Eine Gewähr der Depotbank für die weisungsgemäße Rechtsausübung ist manchenorts ausdrücklich ausgeschlossen. Mit Blick auf BruchteilADSs ist zumeist zusätzlich bestimmt, dass dem ADS-Inhaber ein Weisungsrecht nur zusteht, soweit seine ADSs Aktien vollständig vertreten. Auffällig ist, dass den ADS-Inhabern bezüglich weiterer mitgliedschaftlicher Verwaltungsrechte, wie etwa dem Auskunftsrecht in der Hauptversammlung oder dem Anfechtungsrecht, in keinem Vertrag Weisungsrechte eingeräumt werden. Ganz vereinzelt ist dem ADS-Inhaber zumindest eine persönliche Teilnahme an der Hauptversammlung als Bevollmächtigter (einschließlich der Möglichkeit zur Unterbevollmächtigung) in Aussicht gestellt.88 Hinsichtlich der informationellen Beteiligung der ADS-Inhaber ist bestimmt, dass die Depotbank an ihrem Hauptsitz in New York neben der Satzung der AG und dem Depotvertrag alle Mitteilungen und Berichte für die ADS-Inhaber zur Einsicht bereithalten muss, die für die Aktionäre der AG öffentlich gemacht werMitteilungspflicht der Depotbank davon abhängig, dass diese ihrerseits von der AG binnen näher bestimmter Frist vor dem Beginn der Hauptversammlung informiert wurde. 86 Die Depotbank gilt in diesem Fall teilweise als angewiesen, das Stimmrecht nach Maßgabe des mitgeteilten Abstimmungsvorschlags auszuüben oder einer durch die AG bestimmten Person Stimmvollmacht zu erteilen. Mehrheitlich soll das Stimmrecht ohne explizite Weisung des ADS-Inhabers dagegen überhaupt nicht ausgeübt werden. 87 Es soll so vermieden werden, dass Aktien ein doppeltes Stimmrecht gewähren, weil der ADS-Inhaber sein Weisungsrecht ausübt, danach aber die ADSs in Aktien umgetauscht werden und der neue Aktionär ebenfalls abstimmt. Alternativ sehen wenige Verträge die Verbringung der ADSs, für die das Weisungsrecht ausgeübt wurde, in sog. blocked accounts vor, womit sie bis zum Hauptversammlungsende für Transfers gesperrt sind. Kritisch zur früher üblichen Regelung (Anpassung der Anzahl an Weisungen pro rata an die Anzahl der für die Depotbank real verfügbaren Stimmrechte) Röhler, S. 160–162. 88 „Upon the request of a Holder who has not previously given instructions as to the exercise of voting rights pertaining to the Deposited Securities underlying such Holder’s ADRs, and subject to compliance with any reasonable regulations and procedures which the Depositary may establish [. . .], the Depositary will endeavor to provide such Holder (or a person designated by such Holder) with the documentation necessary to enable such Holder to attend a shareholders’ meeting.“ Zur Reichweite einer solchen Bevollmächtigungsklausel Wieneke, AG 2001, 504, 512 f.
C. Die depotvertragliche Teilnahme der ADS-Inhaber
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den.89 Zugleich sind die Mitteilungen nach fast allen Verträgen den ADS-Inhabern in Kopie zuzusenden, nach einigen Verträgen allerdings nur, wenn die AG dies verlangt und die Übermittlung rechtmäßig und praktisch durchführbar ist. Die Unterlagen sind grundsätzlich90 in englischer Sprache abzufassen.91
89 Die Unterlagen sollen teils auch beim Custodian ausliegen. Noch ohne Niederschlag in den Verträgen, gleichwohl von praktischem Interesse, ist, dass Mitteilungen zunehmend auch auf den Homepages der Depotbanken abrufbar sind. 90 Sehr vereinzelt besteht eine Übersetzungspflicht nur, soweit dies schon nach den „rules and regulations of the SEC“ oder nach den „rules and regulations of a securities exchange or market upon which the ADSs may be listed or traded“ erforderlich ist. 91 Uneinheitlich ist geregelt, wer für die Übersetzung ins Englische zu sorgen hat: Manchmal obliegt dies der Depotbank, teils der AG, soweit diese ohnehin nach Rule 12g3-2(b) under the Securities Exchange Act gegenüber der SEC berichtspflichtig ist.
3. Teil
Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern mit Aktionären Im Mittelpunkt des dritten Teils der Arbeit steht die Frage, inwieweit die aktienrechtlichen Bestimmungen, die den Aktionären im Verhältnis zu ihrer AG mitgliedschaftliche Rechtspositionen und Mitgliedspflichten zuweisen, für die ADS-Inhaber wenigstens entsprechend gelten. Hierzu werden im ersten Abschnitt diejenigen Ansätze benannt, die für eine solche mitgliedschaftliche Gleichstellung von vornherein als aussichtslos erscheinen (A.). Die verbleibenden Anknüpfungspunkte, insbesondere die Zugrundelegung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise, sind in den beiden folgenden Abschnitten (B. und C.) einer eingehenden Prüfung zu unterziehen. Die vorstehende Frage stellt sich, weil die ADS-Inhaber nach den Depotverträgen, so der bisherige Befund, nicht als Inhaber der hinterlegten deutschen Aktien Mitglieder des Gesellschaftsverbands sind. Die aktienrechtlichen Bestimmungen, die den Aktionären mitgliedschaftliche Rechtspositionen und Pflichten gegenüber der AG zuweisen1, gelten damit für ADS-Inhaber nicht unmittelbar. Denn dem Aktiengesetz liegt ein formaler Aktionärsbegriff zugrunde. „Aktionär“ ist nur, wer als Inhaber von Aktien formalrechtlich Mitglied des Gesellschaftsverbands ist.2 Schon der Wortsinn steht entgegen, einen (funktional vergleichbaren) Nichtgesellschafter als Gesellschafter, also als Aktionär, zu begreifen.3 Anders wäre auch eine Vorschrift wie § 46 Abs. 5 AktG nicht erklärbar, die auf Aktionäre zugeschnittene Haftungsbestimmungen auf rein wirtschaftliche Aktionäre ausdehnt.
A. Unbehelfliche Ansatzpunkte für die mitgliedschaftliche Gleichstellung Das Gesetz ist für eine weitreichendere mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern mit Aktionären unbehelflich, da außer in § 20 AktG, der nur ak1 Siehe hier nur §§ 53a, 57 Abs. 1 Satz 1, 58 Abs. 4, 62 Abs. 1, 186 Abs. 1 Satz 1, 245 Nr. 1–3 AktG. 2 Siehe nur Rust, S. 138 (zum „Aktionär“ in AktG-Vorschriften über Mitgliedspflichten). 3 Ganz ähnlich Rust, S. 138.
A. Unbehelfliche Ansatzpunkte für die mitgliedschaftliche Gleichstellung
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tienrechtliche Mitteilungspflichten regelt, keine einschlägigen Gleichstellungsnormen ersichtlich sind (I.). Auch die Entstehungsgründe der ADS-Programme (II.), die Beteiligung der AG am ADS-Programm (III.), eine depotvertragliche Gleichstellungsvereinbarung zwischen der AG und den ADS-Inhabern (IV.) oder der Aspekt einer zeitlich versetzten formalen Verbandsmitgliedschaft der ADSInhaber (V.) sind keine aussichtsreichen Ansätze für die erwogene mitgliedschaftliche Gleichstellung.
I. Gleichstellung kraft Gesetzes 1. § 20 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 AktG Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 AktG hat ein Unternehmen einer AG mit Sitz im Inland unverzüglich schriftlich mitzuteilen, sobald ihm mehr als der vierte Teil der Aktien gehört. Weitere Mitteilungspflichten des Unternehmens finden sich in den Absätzen 3 bis 5. In Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 sind hierzu Fälle bestimmt, in denen sich die Mitteilungspflichten auch auf Aktien erstrecken, die sich nicht im rechtlichen Eigentum des Unternehmens befinden. Ob die Mitteilungspflichten damit auch für ADS-Inhaber unmittelbar relevant werden können, wird im dritten Kapitel zu erörtern sein. 2. Keine weiteren Gleichstellungsnormen Neben § 20 AktG finden sich indes weder im deutschen noch im US-amerikanischen Recht unmittelbar anwendbare und hier interessierende4 Vorschriften, die möglicherweise die Gleichstellung von ADS-Inhabern mit Aktionären im mitgliedschaftlichen Bereich anordnen. Namentlich das deutsche Recht hält solche Vorschriften nicht bereit. Es bestehen zwar zwei Normen, die augenscheinlich ADS-Inhabern unmittelbar gegenüber „ihrer“ Gesellschaft Rechte und Pflichten zuweisen. Diese liegen jedoch außerhalb des Aktienrechts, betreffen nicht den mitgliedschaftlichen Bereich: In § 21 Abs. 1 Satz 2, Abs. 1a Satz 2 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) ist bestimmt, dass die kapitalmarktrechtlichen Mitteilungspflichten hinsichtlich der Veränderung des Stimmrechtsanteils an börsennotierten Gesellschaften bei Zertifikaten, die Aktien vertreten, ausschließlich den Inhaber der Zertifikate treffen.5 Ferner stehen nach § 30a Abs. 3 WpHG die Inhaber Aktien vertretender Zertifikate den Inhabern der vertretenen Aktien in Bezug auf die kapitalmarktrechtli4 Die Gleichstellungsnorm des § 46 Abs. 5 AktG ist nicht unmittelbar von Interesse. Eine AG unterhält nicht bereits in ihrem Gründungsstadium ein ADS-Programm. 5 In der Regierungsbegründung (BT-Drucks. 16/2498, S. 34) ist erläutert, dass die Vorschrift auf Art. 2 Abs. 1 lit. e (iii) EG-TransparenzRiLi beruht und bei Depositary Receipts relevant wird.
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
chen Informationspflichten des Emittenten gemäß § 30a Abs. 1 Nr. 1–5 WpHG gleich. Im Bürgerlichen Gesetzbuch finden sich Bestimmungen, nach denen Nichtgesellschaftern aus der Mitgliedschaft resultierende Rechtspositionen gegenüber der AG als eigene zustehen. So ist der Nießbraucher eines Rechts gemäß §§ 1068 Abs. 2, 1030 Abs. 1 BGB berechtigt, die Nutzungen dieses Rechts zu ziehen. Entsprechendes ist in §§ 1273 Abs. 2, 1213 Abs. 1 BGB für den Nutzungspfandgläubiger eines Rechts bestimmt. Es ist unstreitig, dass damit der Nießbraucher der belasteten Aktie6 beziehungsweise der Pfandgläubiger, und nicht der Aktionär, die aus dem mitgliedschaftlichen Gewinnrecht resultierenden Dividendenansprüche originär innehat, weil diese Nutzungen der Aktie im Sinne der §§ 100, 99 Abs. 3 BGB sind.7 Nach sehr umstrittener Ansicht8 kann der Nießbraucher zudem Träger von mitgliedschaftlichen Verwaltungsrechten in der AG sein, wenngleich über die Reichweite der Zuweisung selbst unter den Befürwortern keine Einigkeit besteht.9 Rechtskonstruktiv komme es infolge der vom Gesetz vorgegebenen dinglichen Nutzungsberechtigung zu einer „partielle[n] Über6 Der Nießbrauch an der Aktie ist zu trennen vom Nießbrauch am Dividendenanspruch, der nur die Nutzungen aus dem Anspruch, nicht aber diesen selbst gewährt, und vom (unzulässigen) Nießbrauch am Dividendenstammrecht, Wegmann, in: Bamberger/ Roth, BGB, § 1069 Rn. 18; Eickmann, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 1069 Rn. 11 ff. 7 Zum Nießbrauch etwa MüHdbAG-Wiesner, § 14 Rn. 63; Michalski, in: Erman, BGB, § 1081 Rn. 9; Eickmann, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 1069 Rn. 10; MünchKommBGB-Pohlmann, § 1068 Rn. 62; Scharff, S. 23; Blaurock, S. 139; Wiedemann, S. 403. Zum Nutzungspfand MüHdbAG-Wiesner § 14 Rn. 68; Wiedemann, S. 426. 8 Die wohl hM lehnt eigene mitgliedschaftliche Verwaltungsrechte des Nießbrauchers ab (gegen Stimmrecht u. a. Ziemons, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 12 Rn. 6, MüHdbAG-Wiesner, § 14 Rn. 66, MünchKommAktG-Heider, § 12 Rn. 6, Frank, in: Staudinger, BGB, Anh §§ 1068, 1069 Rn. 118; Yilmaz, S. 27 ff., Schmidt, Karsten, GesR, § 61 II 3, OLG Koblenz NJW 1992, 2163, 2164 f. [GmbH]; gegen Teilnahmerecht Spindler, in: Schmidt/Lutter § 118 Rn. 29, MüHdbAG-Semler, § 36 Rn. 11; gegen Anfechtungsrecht Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 245 Rn. 5; GroßkommAktG-Schmidt, § 245 Rn. 16; MüHdbAG-Semler, § 41 Rn. 57; MünchKommBGB-Pohlmann, § 1068 Rn. 82; gegen Recht gemäß § 122 AktG Teichmann, ZGR 1972, 1, 13). Begründet wird dies vor allem mit dem Fehlen einschlägiger Zuweisungsnormen und dem Abspaltungsverbot. 9 Ausgangspunkt ist vielfach die im Gesetz angelegte Interessenverteilung, wonach die Früchte dem Nießbraucher anfallen, die Substanz dem Rechtsinhaber zugeordnet ist (siehe nur Wiedemann, S. 397 f.). Dennoch bleibt vieles unklar. Teils plädiert man für ein exklusives Stimm- und Teilnahmerecht des Nießbrauchers (etwa Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 100 Rn. 1; GroßkommAktG-Barz, § 134 Rn. 6; diff. MünchKommAktGHüffer, § 245 Rn. 28), teils nur bei Beschlüssen über laufende Angelegenheiten (MünchKommAktG-Bayer, § 16 Rn. 28; Vetter, in: Spindler/Stilz, AktG, § 12 Rn. 4; KonzernR-Emmerich, § 16 Rn. 14). Andere halten beide nur gemeinschaftlich für stimmberechtigt (Gschwendtner NJW 1995, 1875, 1876; einschr. KölnKommAktG-Zöllner, § 134 Rn. 15). Teils erkennt man auch ein Anfechtungsrecht des Nießbrauchers an (MünchKommAktG-Hüffer, § 245 Rn. 28), sogar Autoren, die ein Stimmrecht ablehnen (Scharff, S. 111 ff.; Wiedemann, S. 420; Murray, S. 105 ff. [GmbH]).
A. Unbehelfliche Ansatzpunkte für die mitgliedschaftliche Gleichstellung
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nahme der Mitgliedschaft“ 10 durch den Nießbraucher. Auch für das Nutzungspfand an einer Aktie wird eine sachliche Aufteilung der Mitgliedschaft vertreten.11 Beide Problemkreise bedürfen hier keiner Vertiefung. Alle in Rede stehenden Vorschriften sind unter keinen Umständen auf ADS-Inhaber direkt anwendbar. Der in seiner Rechtsbeziehung zur Depotbank dem US-Recht unterstellte ADS-Inhaber ist weder Nießbraucher noch Nutzungspfandgläubiger im deutschrechtlichen Sinn. Die Tatsache, dass dem ADS-Inhaber – anders als dem Nießbraucher und dem Nutzungspfandgläubiger – zu jedem Zeitpunkt auch die Substanz der unterlegten Aktie gebührt, weil der Erlös aus der ADS-Veräußerung stets allein ihm (und nicht der Depotbank) zusteht, unterstreicht dies anschaulich.12 Eine Norm des US-amerikanischen Rechts, die auf das dem Recht des USBundesstaates New York unterstellte Vertragsverhältnis zwischen der Depotbank und dem ADS-Inhaber anwendbar ist und dem ADS-Inhaber mitgliedschaftliche Rechtspositionen an den hinterlegten Aktien als eigene zuweist, ist ebenso nicht ersichtlich. Dies gilt selbst dann, wenn man die Beziehung zwischen der Depotbank und dem ADS-Inhaber nach US-Recht als trust oder agency-trust13 einordnet. Das equitable ownership am trust-Vermögen, das das trust-Recht der meisten US-Bundesstaaten dem beneficiary – welcher hier der ADS-Inhaber wäre – gibt, führt nicht zu einer originären (Mit-)Berechtigung des beneficiary an den Rechten aus dem trust-Gut.14 Ohnehin weicht gerade das auf den Depotvertrag anwendbare New Yorker Recht ab, indem es dem beneficiary anstelle des equitable 10 Sojka, S. 66; siehe ferner ders., S. 19 f., 68, 148; Wiedemann, S. 397 f.; vgl. auch Meyer, S. 198. Das Abspaltungsverbot stehe der dinglichen Aufteilung der Mitgliedschaft nicht entgegen. Dieses verbiete nur, Herrschaftsrechte Dritten zuzuordnen. Der Nießbraucher sei als Teil der dinglichen Rechtsgemeinschaft nicht Dritter (vgl. auch Schön, ZHR 158 (1994), 229, 251 ff., 269, wonach der Nießbraucher kraft der Zustimmung der Gesellschaft(er) selbst Mitglied der Gesellschaftergruppe ist). 11 Sojka, S. 69, 149, 156 (eigenes Teilnahme-, Frage- und Anfechtungsrecht des Pfandgläubigers). 12 So sind auch bei Anpassung und Umdeutung, die beide im Rahmen des IPR das Auseinandergehen von fremden und ausländischen Rechtsbegriffen und -normen beheben sollen, der Nießbrauch und das Nutzungspand keine funktionsäquivalenten deutsche Rechtsinstitute; ausführlich zum Nießbrauch Röhler, S. 233 ff. 13 So Röhler, S. 221 ff. mwN. Der wesentliche Unterschied zwischen agency und trust liegt im Einfluss (control) des principal, der für die agency konstitutiv ist (Röhler, S. 222). Jedenfalls ein reines agency-Verhältnis ist hier fragwürdig, da der principal, welcher hier der ADS-Inhaber wäre, regelmäßig der Eigentümer des fraglichen Gegenstands ist (so auch Röhler, S. 223.; aA van Ryn, S. 124; wohl auch Terry, S. 662 f.; dagegen – entgegen Röhler, S. 221 – nicht aussagekräftig Tegethoff, S. 215). 14 Näher Röhler, S. 224, 255 ff.; Kötz, IPRax 1985, 205. Das equitable ownership am trust-Vermögen belastet zwar das formalrechtliche Eigentum (legal title) des trustee – hier die Depotbank – unmittelbar, weswegen von „gespaltenem Eigentum“ am trust-Gut die Rede ist (siehe Röhler, S. 224; ganz ähnlich BGH, IPRax 1985, 221, 224). Es gewährt dem beneficiary nur Schutz gegen treuwidrige Verfügungen des trustee über das trust-Gut und gegen Vollstreckungsversuche von persönlichen Gläubigern des trustee in das trust-Gut.
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
ownership nur das obligatorische Recht verleiht, die Einhaltung der trust-Bestimmungen gerichtlich durchzusetzen.15
II. Gleichstellung aufgrund der Entstehungsgeschichte der Programme Die Entstehungsgeschichte der ADS-Programme liefert keine eigenständig tragfähige Grundlage für eine mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern mit Aktionären. Die Entwicklung von ADSs in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts sollte handfeste Hindernisse beim Direkthandel von Aktien ausländischer Gesellschaften in den USA beseitigen.16 Zielsetzung war nicht, US-amerikanische Investoren durch Vorenthaltung des Aktionärsstatus in diesen Gesellschaften zu benachteiligen. Die Schlechterstellung von ADS-Inhabern gegenüber den Aktionären war nur Nebenfolge des gewählten Problemlösungsansatzes. Allein dieser Aspekt vermag indes nicht, die rechtliche Gleichstellung von ADS-Inhabern mit Aktionären zu begründen. Denn mit der Entscheidung für das Rechtsmodell der American Depositary Shares nahm man auch in Kauf, dass die Erwerber dieser Papiere nicht Mitglieder des Gesellschaftsverbandes werden. Es handelt sich um eine bewusst hingenommene Rechtsfolge, die im Rahmen der rechtlichen Würdigung nicht allein dadurch vollständig überlagert und sogar in das Gegenteil verkehrt werden kann, dass damals keine praktikable Alternative für den Handel ausländischer Gesellschaftsanteile in den USA zur Verfügung stand, die es den US-amerikanischen Investoren erlaubt hätte, selbst Verbandsmitglied zu werden.
III. Gleichstellung aufgrund der Programmbeteiligung der AG Die Tatsache, dass die AG als Partei des Depotvertrags selbst am sponsored ADS-Programm unmittelbar beteiligt ist, kann eine Gleichstellung von ADS-Inhabern mit Aktionären im mitgliedschaftlichen Bereich nicht per se rechtfertigen. Eine Gleichstellung der ADS-Inhaber mit Aktionären kann sich insofern allenfalls aus entsprechenden Abreden der programmmbeteiligten Parteien ergeben.
15 § 7-2.1 (a) New York Estates Powers and Trust Law: „[. . .] and the beneficiary does not take any legal estate in the property but may enforce the trust.“ Siehe ferner Röhler, S. 225. 16 Hierzu bereits 1. Teil.
A. Unbehelfliche Ansatzpunkte für die mitgliedschaftliche Gleichstellung
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IV. Gleichstellung kraft Vereinbarung im Depotvertrag Kein Depotvertrag enthält eine rechtsbegründende Vereinbarung zwischen der AG und dem ADS-Inhaber, nach der der ADS-Inhaber bestimmte Rechtspositionen oder Pflichten gegenüber der AG gleich einem Aktionär innehat.17 Eine solche Abrede hätte ohnehin nur schuldrechtliche Wirkung. Der ADS-Inhaber würde durch eine solche Gleichstellungsvereinbarung weder Mitglied des Gesellschaftsverbands noch in sonstiger Weise originärer Träger mitgliedschaftlicher Positionen.18 Fast alle Verträge enthalten nur eine Regelung, hinsichtlich der (kapitalmarktrechtlichen) Mitteilungspflichten des ADS-Inhabers, die man voreilig als Gleichstellungsvereinbarung begreifen könnte. Eine typische, vergleichsweise kurze Bestimmung lautet auszugsweise: „Disclosure of Interests. Each Holder [. . .] agrees to comply with all applicable provisions of German law and the Company’s Articles of Association regarding the notification of such person’s interest in Shares, which provisions at the date of the Deposit Agreement include Sections 21 and 22 of the Securities Trading Act (Wertpapierhandelsgesetz).“ Dass die Bestimmung letztlich keine rechtsbegründende Bedeutung haben kann, sondern nur deklaratorisch wirkt, zeigt neben dem Wortlaut („applicable provisions“), dass nur auf die Mitteilungspflichten des § 21 WpHG ausdrücklich verwiesen wird, gerade diese aber für den ADS-Inhaber über den gleichfalls benannten § 22 WpHG schon unmittelbar, also ohne Vereinbarung, gelten.19
17 Denkbar wäre beispielsweise gewesen, dass dem ADS-Inhaber ein aktionärsgleiches Teilnahme- und Auskunftsrecht in der AG eingeräumt wird, dass der ADS-Inhaber sich im Hinblick auf Zuwendungen der AG dem strengen Haftungsregime der §§ 62, 57 AktG unterwirft oder dass sich der ADS-Inhaber zur Zahlung noch offener Einlagen verpflichtet. Schon mangels Gleichstellungsabrede ist im Übrigen die zum Personengesellschafts- und GmbH-Recht entwickelte Rechtsfigur der „offenen Treuhand“ nicht zu erörtern, nach der der Treugeber originär berechtigtes Mitglied des Gesellschaftsverbands werden kann, soweit die Treuhandbeziehung gegenüber den Gesellschaftern offen gelegt wird und diese der Einbeziehung des Treugebers in den Gesellschaftsverband zustimmen (siehe nur Ulmer, in: FS Odersky, 873 ff.; ZHR 156 (1992), 377 ff., 388 ff.; grundlegende Kritik etwa von Armbrüster, S. 430). 18 Folge wäre weiter gewesen, dass die Mitgliedsrechte und -pflichten des dem ADSInhaber vorgeschalteten Aktionärs von der Vereinbarung unberührt geblieben wären. Im Übrigen wäre auch eine statutarische Zuweisung eigener Mitgliedsrechte zum gesellschaftsfremden ADS-Inhaber wegen § 23 Abs. 5 AktG nicht möglich (vgl. Tebben, S. 154; Röhler, S. 333 f.; Singhof/Seiler, S. 247; Beuthien, ZGR 1974, 26, 81; aA Sojka, S. 34 f.). 19 ADS-Inhaber sind nun in § 21 Abs. 1 Satz 2 WpHG sogar direkt adressiert, siehe 3. Teil A. I. 2.
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
Zu weiteren Ausführungen geben allein zwei Sätze aus einem Depotvertrag Anlass. Hinsichtlich der Rechte des ADS-Inhabers ist dort im ersten Satz bestimmt: „The Company intends that the rights and obligations of the Holders [. . .] of ADSs representing Shares [. . .] shall be, in all respects, as nearly identical as legally and practically possible to those rights and obligations of the registered holders of Shares arising out of the Stock Corporation Act (Aktiengesetz).“ Eine genauere Analyse der Wortwahl lässt keinen Zweifel aufkommen, dass es sich nur um einen Programmsatz ohne rechtsbegründende Wirkung handelt. Die AG verpflichtet sich nicht, sondern erklärt lediglich die „Absicht“ zur Gleichstellung, und auch dies nur im Rahmen des rechtlich und praktisch(!) Möglichen. Man verabredet mithin keine rechtliche Gleichstellung, sondern nur das Bemühen um eine möglichst weitreichende Gleichstellung im wirtschaftlichen Ergebnis. Hinsichtlich der Pflichten des ADS-Inhabers ist im zweiten Satz bestimmt: „Notwithstanding any other provision of this Deposit Agreement, the Receipts, the Company’s Articles of Association and applicable law, each Holder [. . .] agrees to be bound by and subject to applicable provisions of the laws of Germany, the Company’s Articles of Association [. . .], to the same extent as if such Holder [. . .] was a registered holder of Shares.“ Gerade das Satzende lässt auf den ersten Blick vermuten, dass damit auf vertraglichem Weg aktionärsgleiche Pflichten des ADS-Inhabers gegenüber der AG begründet werden. Der zweite Blick bestätigt dies jedoch nicht. Gegen eine pflichtbegründende Funktion spricht bei genauer Analyse wiederum der Wortlaut der Bestimmung. Auch hier wird nur auf „applicable provisions“ Bezug genommen. Weiter ist zu vergegenwärtigen, dass die vertragliche Zuweisung aktionärsgleicher Pflichten eine empfindliche Belastung für den ADS-Inhaber bedeuten kann. In einem solchen Fall wäre eine wesentlich deutlichere Herausstellung des pflichtbegründenden Charakters einschließlich einer präzisen Benennung zumindest der wichtigsten Pflichten, die dem ADS-Inhaber drohen, und deren Erläuterung zu erwarten gewesen. Dies gilt umso mehr, als auch der deklaratorische Hinweis auf die deutschrechtlichen Mitteilungspflichten des ADS-Inhabers im Sinne des § 21 WpHG gerade in diesem Vertrag vergleichsweise lang ausfällt. Schließlich macht die Klausel auch dann Sinn, wenn man ihr keine pflichtbegründende Wirkung zumisst. Die Bestimmung weist den ADS-Inhaber darauf hin, dass das Gesellschaftsstatut der AG nicht dadurch außer Kraft gesetzt wird, dass seine ADSs US-amerikanischem Recht unterliegen. So können beispielsweise die Vorschriften der §§ 243 ff. AktG, in denen Bedingungen für das erfolgreiche gerichtliche Vorgehen gegen Hauptversammlungsbeschlüsse der AG festgelegt sind, für die durch ADSs repräsentierten Aktien nicht dadurch umgangen werden, dass man sich auf „US“-Gesellschaftsrecht beruft, wenn dort für ähn-
A. Unbehelfliche Ansatzpunkte für die mitgliedschaftliche Gleichstellung
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liche Fälle weitreichendere Klagemöglichkeiten der Gesellschafter vorgesehen sind.
V. Gleichstellung aufgrund zeitlich versetzter Mitgliedschaft Unter dem Aspekt einer zeitlich versetzten eigenen Mitgliedschaft der ADSInhaber kommt deren Gleichstellung mit Aktionären nicht in Betracht. Die Ausdehnung von Aktionärsrechten und -pflichten wird zwar stellenweise unter dem Gesichtspunkt erwogen, dass der Betroffene früher selbst Aktionär war oder in naher Zukunft selbst Aktionär sein wird. Die Gleichstellung gründet also letztlich auf den Nachwirkungen einer ehemaligen Verbandsmitgliedschaft des Nichtaktionärs beziehungsweise auf den Vorwirkungen seiner zukünftigen Verbandsmitgliedschaft. So wird weithin befürwortet, dass die §§ 57, 62 AktG für einen Nichtaktionär entsprechend gelten, wenn zwischen der Leistung der AG und der früheren oder künftigen Aktionärsstellung des Empfängers ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht.20 Andernorts bejaht man die Existenz spezieller vormitgliedschaftlicher Treubindungen des künftigen Gesellschafters, die Vorauswirkungen der gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten sind.21 Auch wird erörtert, ob zwischen der Gesellschaft und dem Nichtgesellschafter aufgrund einer ehemaligen oder zukünftigen Gesellschafterstellung des Nichtgesellschafters eine Sonderbeziehung besteht, aus der eigene mitgliedschaftliche Rechtspositionen zuwachsen können.22 Jedenfalls mit Blick auf die ADS-Inhaber versagt der Aspekt der zeitlich versetzten formalen Mitgliedschaft als generell tauglicher Ansatz für die Gleichstellung mit Aktionären. Es ist zwar theoretisch denkbar, dass ein ADS-Inhaber durch den Umtausch seiner ADSs in die Aktionärsstellung wechselt (und umgekehrt). Die Regelungen in den Depotverträgen stehen einem solchen Vorgehen nicht grundsätzlich entgegen. Zwei Verträge weisen auf die Möglichkeit des vorübergehenden Wechsels in die Aktionärsstellung sogar ausdrücklich für den Fall hin, dass der ADS-Inhaber selbst in der Hauptversammlung ordinary shareholder rights ausüben will. Die Realität sieht dennoch anders aus. Der durchschnittliche Investor erwirbt und veräußert ADSs, ohne je die Gesellschafterstellung eingenommen zu haben.
20 Siehe nur MünchKommAktG-Bayer, § 57 Rn. 51, § 62 Rn. 13; Hüffer, AktG, § 57 Rn. 14, § 62 Rn. 5; AnwKAktienR-Drinhausen, § 57 Rn. 39, § 62 Rn. 10; Raiser/Veil, KapGesR, § 19 Rn. 7; Johannsen-Roth/Goslar, AG 2007, 573, 580. 21 Weber, S. 178 ff. mwN. 22 Sojka, S. 8, 20 ff. (im Ergebnis aber weitgehend ablehnend).
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
B. Gleichstellung in Bezug auf mitgliedschaftliche Rechtspositionen gegenüber der AG aufgrund wirtschaftlich-normativer Aspekte Eine Gleichstellung von ADS-Inhabern mit Aktionären im mitgliedschaftlichen Bereich kommt bei Hervorhebung wirtschaftlich-normativer Aspekte in Betracht (I.). Bei einer solchen Sichtweise stellt der Rechtsanwender im Zuge der rechtlichen Bewertung eines Sachverhalts die formale Rechtslage aus normativen Gründen zugunsten der aus dem Sachverhalt hervorgehenden wirtschaftlichen Verhältnisse hintan. Der Blick ist in diesem Kapitel auf die mitgliedschaftlichen Rechtspositionen gegenüber der AG23 beschränkt; die Aktionärspflichten werden im dritten Kapitel behandelt. Die denkbaren Anwendungsfelder für eine aktionärsgleiche Berechtigung werden überblicksmäßig umrissen (II.). Die Möglichkeit der AG und der Depotbank, das ADS-Programm jederzeit durch Kündigung zu beenden, ist kein Hindernis (III.), sehr wohl aber das Innehaben von pre-release ADSs (IV.). Ob in den übrigen Fällen eine aktionärsgleiche Berechtigung rechtsmethodisch tatsächlich positiv begründbar ist, wird sich im Anschluss zeigen (V.). Exkursmäßig sind schließlich weitere Fragen rund um die Treubindung der AG beziehungsweise zum aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz im Zusammenhang mit ADS-Inhabern zu beleuchten (VI.).
I. Gleichstellung aufgrund wirtschaftlich-normativer Aspekte als Ansatzpunkt Die Gleichstellung von ADS-Inhabern mit Aktionären aufgrund wirtschaftlichnormativer Gesichtspunkte ist aussichtsreich, weil Gesetzgeber, Rechtsprechung und Schrifttum im Kapitalgesellschaftsrecht des Öfteren eine wirtschaftliche Sichtweise anstellen (1.) und die ADS-Inhaber die Aktionärsstellung aus den Aktien, die ihren ADSs zugrunde liegen und formalrechtlich der Depotbank gehören, nach wirtschaftlichen Maßstäben in wesentlichen Ausschnitten innehaben (2.). Über das normative Element, die für die Durchsetzung einer wirtschaftlichen Sichtweise allgemein zur Verfügung stehenden Rechtsmethoden, gibt ein Überblick Aufschluss (3.). 1. Wirtschaftliche Betrachtungsweisen im Kapitalgesellschaftsrecht In mehreren Vorschriften des Aktiengesetzes trägt der Gesetzgeber den der formalen Rechtslage zugrunde liegenden wirtschaftlichen Verhältnissen Rech23 Dies sind die mitgliedschaftlichen Vermögensrechte und die daraus resultierenden Ansprüche sowie die mitgliedschaftlichen Verwaltungsrechte, ferner die Rechtspositionen aus der aktienrechtlichen Treupflichtbindung der AG und aus dem aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, welche die Vermögens- und Verwaltungsrechte „überwölben“ (so anschaulich MünchKommAktG-Bungeroth, 19 vor § 53a zur Treupflicht).
B. Gleichstellung in Bezug auf mitgliedschaftliche Rechtspositionen
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nung. Beispielsweise ist in § 56 Abs. 2 Satz 1 AktG in Ergänzung zum Zeichnungsverbot für die Mutter-AG bestimmt, dass auch ein abhängiges oder im Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen Aktien ihrer Mutter nicht als Gründer oder Zeichner übernehmen darf. Hinter diesem Verbot steht der Gedanke einer wirtschaftlichen Einheit von Muttergesellschaft und Tochterunternehmen. Die Zeichnung der Aktien durch die Tochter steht wirtschaftlich einer Zeichnung durch die Mutter selbst gleich und wird daher auch rechtlich als Zeichnung der Mutter behandelt. Aus denselben Erwägungen sind in § 71d Sätze 1, 2 AktG dem Direkterwerb eigener Aktien durch die AG die Fälle rechtlich gleichgesetzt, in denen ein im eigenen Namen, jedoch für Rechnung der AG handelnder Dritter oder ein Tochterunternehmen der AG Aktien dieser AG erwirbt. Auch in der Rechtsprechung wurde für die rechtliche Bewertung eines Sachverhalts bereits wiederholt auf die wirtschaftlichen Verhältnisse abgestellt. Schon das Reichsgericht stellte fest, dass es für den Richter gilt, „vor der juristischen Konstruktion die Wirklichkeiten des Lebens und die Macht der Tatsachen zu berücksichtigen.“ 24 Ein Beispiel für die wirtschaftliche Betrachtungsweise ist etwa die Rechtsprechung des BGH zur Vorrats-AG25 beziehungsweise zur Vorrats-GmbH 26. Demnach stellt die Verwendung des Mantels einer zunächst „auf Vorrat“ gegründeten AG beziehungsweise GmbH bei wirtschaftlicher Sichtweise eine Neugründung dar, auf die die Gründungsvorschriften sinngemäß anzuwenden sind.27 Von besonderem Interesse ist, dass es auch für eine in den wirtschaftlichen Verhältnissen gründende Gleichstellung von Nichtgesellschaftern mit Gesellschaftern Beispiele gibt. So sind nach § 46 Abs. 5 Satz 1 AktG neben den Gründern in gleicher Weise Personen verantwortlich, für deren Rechnung die Gründer Aktien übernommen haben.28 Ein solcher Hintermann ist bei wirtschaftlicher Sicht der Dinge selbst Gründer und wird so vom Gesetzgeber für die Gründerhaftung wie ein Gründer behandelt. Aus der Rechtsprechung sei das viel beachtete und später nochmals anzusprechende Lufttaxi-Urteil 29 erwähnt. Der BGH stellte dort für die Gleichstellung des Treugebers mit einem Gesellschafter im Rahmen der Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsvorschriften darauf ab, dass der Treugeber, formalrechtlich nie Gesellschafter, „wirtschaftlich von Anfang an der alleinige Gesellschafter“ war. Die wirkliche Sachlage sei von Anfang an verdeckt 24 RGZ 99, 232, 234 (zur Frage, ob der Alleingesellschafter einer GmbH zur Vorlage von Bilanzen verurteilt werden kann). Der BGH griff die Formel mehrfach auf, siehe etwa BGHZ 22, 226, 230; BGHZ 78, 318, 333. 25 BGHZ 117, 323, 331. 26 BGH, BB 2003, 324. 27 Nach BGH, NJW 2003, 3198 gilt dies auch für die Verwendung des Mantels einer existenten, im Rahmen ihres früheren Unternehmensgegenstands tätig gewesenen, jetzt aber unternehmenslosen GmbH („alter“/gebrauchter Mantel). 28 Siehe auch § 9a Abs. 4 Satz 1 GmbHG. 29 BGHZ 31, 258–279 (GmbH); siehe zudem 3. Teil C. II. 3. a).
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
gewesen.30 In einem späteren Urteil bezeichnete der BGH einen Treugeber, für den von allen Gesellschaftern die Anteile gehalten wurden, als den „wirtschaftlichen Alleingesellschafter“ 31. Auch im Schrifttum ist die rechtliche Gleichstellung von rein wirtschaftlichen mit rechtlichen Gesellschaftern seit Jahrzehnten Gegenstand lebhafter Diskussion.32 2. Die wirtschaftliche Aktionärsstellung der ADS-Inhaber Auch für ADS-Inhaber erscheint die Gleichstellung von Nichtgesellschaftern mit Gesellschaftern aus wirtschaftlich-normativen Gesichtspunkten als ein behelflicher Anknüpfungspunkt, weil diese – dem eben erwähnten Treugeber ganz ähnlich33 – wirtschaftlich in nicht unerheblichem Umfang an den Mitgliedsrechten aus den Aktien beteiligt sind, die ihren ADSs zugrunde liegen. Für Einzelheiten sei auf die Darstellung im zweiten Teil der Arbeit verwiesen.34 Aus wirtschaftlicher Sicht, so heißt es stellenweise, sei der ADS-Inhaber Aktionär.35 Er sei der wirtschaftliche Eigentümer der Aktien36 beziehungsweise ein US-amerikanischer Aktionär37. 3. Rechtsmethoden zur Durchsetzung wirtschaftlicher Aspekte Als Rechtsmethoden zur Durchsetzung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise hinsichtlich der Rechtstellung der ADS-Inhaber gegenüber der AG kommen die Gesetzesanalogie [a)], die Rechtsanalogie [b)], die Grundsätze der Gesetzesumgehung [c)] sowie eine gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung [d)] in Betracht. a) Gesetzesanalogie Die Gesetzesanalogie ist die Rechtsmethode zur Füllung von Regelungslücken unter dem Aspekt der Ähnlichkeit. Der Anwendungsbereich einer Norm wird auf 30
BGHZ 31, 258, 264. BGH, BB 1992, 2384 (GmbH). 32 Nachweise ab 3. Teil C. II. 3. a). 33 Die Ähnlichkeit mit der fiduziarischen Verwaltungstreuhand (zu den verschiedenen Treuhandarten etwa MüHdbAG-Wiesner, § 14 Rn. 70), bei der der Treuhänder Eigentümer der Aktie ist und diese ausschließlich im Interesse des Treugebers hält, ist nicht zu übersehen. Nicht ganz korrekt, da zu undifferenziert, wäre es jedoch, den ADS-Inhaber als Treugeber anzusehen. Das dem US-Recht unterstellte Rechtsverhältnis des ADS-Inhabers zur Depotbank ist kein Treuhandverhältnis im deutschrechtlichen Sinn. Zugleich würde das Erscheinungsbild der ADSs als eigenständiges Rechtsmodell verkannt. 34 2. Teil C. 35 von Dryander, in: von Rosen/Seifert, US-Kapitalmarkt, S. 90. 36 von Dryander, in: von Rosen/Seifert, US-Kapitalmarkt, S. 82. 37 Zachert, DB 1993, 1985, 1987. 31
B. Gleichstellung in Bezug auf mitgliedschaftliche Rechtspositionen
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der Grundlage des Gebots der Gerechtigkeit, Gleichartiges gleich zu behandeln, auf normativ ähnliche Fallgestaltungen ausgedehnt (sog. Ausdehnungsfunktion).38 Eine Gesetzesanalogie setzt voraus, dass der Gesetzgeber den in Rede stehenden Sachverhalt nicht bewusst ungeregelt ließ (sog. Regelungslücke) und dass dieser Sachverhalt einem geregelten Sachverhalt wertungsmäßig derart ähnlich ist, dass es als einzig vertretbare Lösung erscheint, auch den ungeregelten Sachverhalt dieser Regelung zu unterwerfen (sog. normative Vergleichbarkeit). b) Rechtsanalogie Bei der Rechtsanalogie überträgt man – anders als bei der Gesetzesanalogie, bei der ein konkreter Rechtssatz auf einen ungeregelten Sachverhalt übertragen wird – einen Rechtsgedanken, der sich seinerseits erst aus einem oder mehreren Rechtssätzen ergibt, auf einen ungeregelten Sachverhalt.39 Voraussetzung der Rechtsanalogie ist neben einer entsprechenden Regelungslücke, dass der Rechtsgedanke überhaupt verallgemeinerungsfähig ist und zudem wertungsmäßig auf den konkreten Fall passt. c) Grundsätze der Gesetzesumgehung Die Grundsätze der Gesetzesumgehung sollen dem materialen Zweck einer Norm über ihren Wortlaut hinaus Geltung verschaffen.40 Grundlage der entsprechenden Normgeltung ist also nicht wie bei der Gesetzesanalogie die normative Ähnlichkeit zweier Sachverhalte, sondern das mit einer Norm verfolgte Regelungsziel. Die Grundsätze der Gesetzesumgehung tragen dem Spannungsverhältnis zwischen dem Wortlaut der Norm und ihrem über diesen Wortlaut hinausgehenden Regelungsziel Rechnung. Ein Umgehungsfall liegt vor, wenn der in Rede stehende Sachverhalt zwar nicht in den unmittelbaren Anwendungsbereich der Norm fällt, der Sachverhalt aber ein Regelungsziel berührt, das der Gesetzgeber mit der Norm zum Ausdruck bringen will, dem das Gesetz selbst aber nicht vollständig dienen kann, weil der abstrakte, am typischen Sachverhalt orientierte Wortlaut der Norm nicht alle konkreten Lebensvorgänge erfasst (sog. überschießendes Regelungsziel). Ist nach diesen Maßgaben ein Umgehungsfall festgestellt, ist die Norm nach den Grundsätzen der Gesetzesumgehung auf den ungeregelten Fall entsprechend anwendbar, wenn – als zweite Voraussetzung – die Gesetzes38
Siehe insbesondere Benecke, S. 167 ff., 211 f. Zur Rechtsanalogie etwa Larenz, Methodenlehre, S. 383 ff. 40 Benecke, S. 111, 118. Die Grundsätze der Gesetzesumgehung sind nach zutreffender Ansicht kein Unterfall der Analogie, sondern insbesondere hinsichtlich der Anwendungsvoraussetzungen gegenüber der Analogie selbständig (Benecke, S. 211 f.; aA Rust, S. 138). 39
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
umgehung ein Ausmaß erreicht, das von der Rechtsordnung nicht toleriert werden kann (sog. Überschreiten der Toleranzschwelle)41. d) Gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung Ansatzpunkt einer gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung sind Rechtsgedanken jenseits des in Rede stehenden Gesetzes, des ihm zugrunde liegenden Regelungsplans und der ihm immanenten Wertungen, wie etwa dringende Bedürfnisse des Rechtsverkehrs oder ein rechtsethisches Prinzip.42 Die Hürden für eine gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung sind wegen des Gewaltenteilungsgrundsatzes sehr hoch. Als Faustformel kann gelten, dass das Rechtsgefühl des verständigen Betrachters ohne die Rechtsfortbildung in gröblicher Art und Weise verletzt sein muss.
II. Die denkbaren Anwendungsfelder im Überblick: Vermögens- und Verwaltungsrechte, Treubindung der AG und Gleichbehandlungsgrundsatz In welchen Konstellationen eine Gleichstellung der ADS-Inhaber mit Aktionären aufgrund wirtschaftlich-normativer Aspekte bezüglich mitgliedschaftlicher Rechtspositionen gegenüber der AG von Interesse sein kann, wird nachfolgend dargestellt. Die erste Frage ist, inwieweit dem ADS-Inhaber aufgrund seiner wirtschaftlichen Aktionärsstellung (ergänzend) eigene Vermögens- und Verwaltungsrechte gegenüber der AG zustehen.43 In Bezug auf die vermögensrechtliche Seite erscheint dies zunächst schon deswegen als fraglich, weil diese in den Verträgen ziemlich umfassend geregelt ist und zwar ausnahmslos in Form einer nur mittelbaren Berechtigung des ADS-Inhabers gegenüber der Depotbank. Andererseits schließen solche einfachvertraglichen Vereinbarungen eine normativ begründete aktionärsgleiche Berechtigung des ADS-Inhabers nicht zwingend von Anfang an aus, zumal die mittelbare Berechtigung durchaus nicht lückenlos ausgestaltet
41 Ausführlich zu dieser zweiten Wertungsebene Benecke, S. 120 ff. Hintergrund ist, dass die Grundsätze der Gesetzesumgehung nur ein „letzter Rettungsanker“ sind. Es muss tatsächlich ein Bedürfnis dafür bestehen, einer Norm über ihren unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus Geltung zu verschaffen. Wegweisende Bedeutung kommt dabei der Schutzbedürftigkeit des von der Normausdehnung profitierenden Personenkreises zu. Dem ist in einer Abwägung das Interesse des Normunterworfenen gegenüberzustellen, sich im Sinne der Rechtsklarheit und Rechtsicherheit darauf verlassen zu können, dass eine Norm nicht über ihren Geltungsbereich ausgedehnt wird. 42 Ausführlich Larenz, Methodenlehre, S. 413 ff. 43 3. Teil B. V. 1.
B. Gleichstellung in Bezug auf mitgliedschaftliche Rechtspositionen
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ist.44 Vorstellbar ist beispielsweise, dass dem ADS-Inhaber bei einer Kapitalerhöhung doch eigene Bezugsrechte zustehen, um effektiv aus eigener Kraft seine wirtschaftliche Aktionärsposition, namentlich sein Dividendenrecht und seinen Stimmrechtseinfluss, vor der drohenden Verwässerung zu schützen.45 Von noch größerem Interesse ist indes, ob der ADS-Inhaber mitgliedschaftliche Verwaltungsrechte originär innehat. Die Verträge sehen nämlich – abgesehen vom Weisungsrecht für das Stimmrecht und dem vereinzelten Bevollmächtigungsanspruch für die Teilnahme an der Hauptversammlung – keine Teilnahme des ADS-Inhabers vor. So ist etwa überlegenswert, ob der ADS-Inhaber aus eigenem Recht an der Hauptversammlung teilnehmen darf, um sich ohne Abhängigkeit von der Depotbank jederzeit vor Ort aus eigener Wahrnehmung ein Bild von den Verhältnissen in der AG machen und Anliegen persönlich vortragen zu können. Vereinzelt wird ein solches eigenes Teilnahmerecht des ADS-Inhabers bejaht.46 Aus ähnlichen Erwägungen ist auch ein eigenes Auskunftsrecht des ADSInhabers im Sinne des § 131 AktG denkbar.47 Mit einem eigenen Anfechtungsrecht könnte der ADS-Inhaber sich aus eigener Macht gegen rechtswidrige Beschlüsse der Hauptversammlung zur Wehr setzen, von denen Gefahr für sein wirtschaftliches Aktieneigentum ausgeht.48 Vereinzelt tritt man schließlich sogar für ein eigenes Stimmrecht des ADS-Inhabers ein.49 Eine weitere Frage ist, ob auch der ADS-Inhaber aufgrund seiner wirtschaftlichen Aktionärsstellung aus der Treubindung der AG originär berechtigt ist50 und er sich so aus eigenem Recht gegen ein – ihm selbst oder seinem Aktionär – drohendes oder bereits widerfahrenes rücksichtsloses Verhalten der AG wehren kann.51 44 Auch § 23 Abs. 5 AktG steht der Gleichstellung nicht entgegen. Die Vorschrift schränkt die Gestaltungsfreiheit der Parteien im Gesellschaftsverband ein, trifft aber keine Aussage zu einer entsprechenden Normgeltung aus normativen Gründen, also aus Gründen, die letztlich im Gesetz selbst wurzeln. 45 Ablehnend Harrer/King, IStR 1999, 188, 191; Röhler, S. 272 f. 46 Steiner, S. 41; aA GroßkommAktG-Mülbert, § 118 Rn. 73; Röhler, S. 260; Butzke, S. 94; Wieneke, AG 2001, 504, 510; Bungert/Paschos, DZWiR 1995, 221, 235; entgegen manchem Zitat auch Bärwaldt, in: Semler/Bärwaldt, § 10 Rn. 13. 47 Ablehnend Wieneke, AG 2001, 504, 512; Röhler, S. 271 f. 48 Ablehnend Wieneke, AG 2001, 504, 512; Röhler, S. 270, 339. 49 Steiner, S. 41; wohl auch Zachert, DB 1993, 1985, 1987; aA Wieneke, AG 2001, 504, 511; Röhler, S. 260; Kullmann, in: von Rosen/Seifert, US-Kapitalmarkt, S. 161; Bungert/Paschos, DZWiR 1995, 221, 234. 50 Im Verhältnis zu den Aktionären ist die Treubindung der AG allgemein anerkannt, siehe u. a. BGHZ 127, 107, 111; BGH, ZIP 1991, 1584, 1585 (GmbH); MünchKommAktG-Bungeroth, 30 vor § 53a; Henze, S. 399; Wastl, NZG 2005, 17, 23; Lutter, AG 2000, 342, 344. 51 Denkbar ist, dass die AG treuwidrig dem Aktionär die Ausübung eines Vermögens- oder Verwaltungsrechts verwehrt oder dass sie dem Hintermann die Ausübung eines solchen vom Aktionär überlassenen Rechts vereitelt. Siehe 3. Teil B. V. 2.
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
Schließlich ist zu klären, ob auch der ADS-Inhaber als wirtschaftlicher Aktionär aus dem Gleichbehandlungsgebot des § 53a AktG52 eigene Rechte gegenüber der AG herleiten kann.53 Denkbar ist etwa, dass die AG bei einer Vorteilsgewähr den Aktionär des ADS-Inhabers im Vergleich mit den übrigen Aktionären diskriminiert54 oder dass sie allen Aktionären gleichermaßen Vorteile gewährt, diese aber den ADS-Inhabern vorenthält.55 Eine vereinzelte Stellungnahme im Schrifttum erwägt zumindest für den Ausschluss der Bezugsrechte aus den den ADSs unterlegten Aktien, einen Verstoß gegen § 53a AktG schon allein deshalb zu verneinen, weil die ADS-Inhaber gerade keine Aktionäre im Sinne des § 53a AktG sind, denen die Mitgliedschaftsrechte originär zustehen.56 Daneben steht in Rede, ob der ADS-Inhaber auf Grundlage des § 53a AktG einer Begünstigung anderer ADS-Inhaber durch die AG entgegentreten kann.
III. Möglichkeit der Programmbeendigung kein zwingendes Hindernis für Gleichstellung Die Gleichstellung von ADS-Inhabern mit Aktionären hinsichtlich mitgliedschaftlicher Rechtspositionen erweist sich nicht von vornherein als aussichtslos, weil nach allen Verträgen die AG oder die Depotbank den Depotvertrag mit der Folge kündigen können, dass die Tätigkeit der Depotbank ab dem Beendigungstermin auf die Weiterleitung von Gesellschaftsausschüttungen beschränkt ist und die Depotbank ein Jahr nach dem Beendigungstermin die Aktien, die den noch verbliebenen ADSs zugrunde liegen, veräußern darf.57 Bis zu der rechtswirksamen Vertragskündigung ist dem ADS-Inhaber seine im Depotvertrag eingeräumte wirtschaftliche Aktionärsposition uneingeschränkt zu gewähren und damit die Grundlage für die hier erwogene Gleichstellung aufgrund einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise existent.
52 Die Normierung trug Art. 42 EG-KapitalRiLi 1976 Rechnung. Eine eigenständige Bedeutung des Gleichbehandlungsgrundsatzes neben der Treupflicht der AG wird zum Teil in Abrede gestellt. Der Grundsatz gehe im umfassenden Treupflichtprinzip auf und sei deshalb nur normierter spezieller Ausdruck der Treupflicht (Hüffer, AktG, § 53a Rn. 2; MünchKommAktG-Bungeroth, § 53a Rn. 4; aA etwa Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 12). 53 Siehe 3. Teil B. V. 3. 54 Unmittelbar nach dem Gesetz kann sich nur der betroffene Aktionär selbst auf § 53a AktG berufen. 55 Zur Gleichbehandlung bei der Inanspruchnahme von Mitgliedspflichten unten S. 131. 56 Bungert, WM 1995, 1, 14 f. Dabei bleibt unerwähnt, dass sich jedenfalls der Aktionär der hinterlegten Aktien auf sein Bezugsrecht und den Gleichbehandlungsgrundsatz berufen kann. 57 Zu den depotvertraglichen Bestimmungen zur Kündigung des Depotvertrags 1. Teil (Fn. 16).
B. Gleichstellung in Bezug auf mitgliedschaftliche Rechtspositionen
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IV. Keine Gleichstellung bei pre-release ADSs Für die Inhaber von pre-release ADSs scheidet eine aktionärsgleiche Berechtigung allerdings schon ohne nähere Untersuchung aus. Pre-release ADSs gewähren unter keinen Umständen mitgliedschaftliche Rechtspositionen in und gegenüber der AG. Der entscheidende Unterschied zu „normalen“ ADSs ist, dass für pre-release ADSs keine Aktien hinterlegt sind. Sie repräsentieren so keine Aktien. Die Aktien befinden sich noch im Rechtsverkehr. Die Zuordnung der Aktien zu den ADSs als Quelle der wirtschaftlichen Aktionärsstellung des ADS-Inhabers und unabdingbare Grundlage für eine wirtschaftliche Betrachtungsweise ist damit noch nicht hergestellt. Eine wirtschaftliche Betrachtungsweise ohne vollzogene Aktienzuordnung führte zu einer nicht begründbaren vollständigen Entkoppelung der Mitgliedsrechte von der – in Gestalt der Aktie – noch im Rechtsverkehr befindlichen Mitgliedschaft. Dass schon eine verfestigte Nähebeziehung der Depotbank zu den für die Hinterlegung vorgesehenen Aktien besteht58, weil diese nach den Depotverträgen bis zur Hinterlegung schon für Rechnung der Depotbank zu halten sind und die Depotbank deren unverzügliche Hinterlegung fordern kann, ändert die Bewertung nicht. Aus deutschrechtlicher Sicht ruft es freilich ein gewisses Unbehagen hervor, dass damit der Inhaber von pre-release ADSs generell ohne eigene aktienrechtliche Berechtigung in und gegenüber der AG ist, seine Berechtigung aus den erworbenen Gesellschaftsbeteiligungen sich stattdessen in vertraglichen Ansprüchen gegen die Depotbank erschöpft, ohne dass diese Ansprüche schon durch hinterlegte Aktien gedeckt sind. Denn den im Umlauf befindlichen pre-release ADSs ist nicht anzusehen, dass für sie Aktien noch nicht hinterlegt sind.59 Der Erwerber von ADSs kann also nicht erkennen, ob er „normale“, also schon mit Aktien unterlegte ADSs oder (nur) pre-release ADSs erwirbt, bei denen die Hinterlegung der Aktien noch aussteht. Aus US-Sicht ist dieses erste Ergebnis dagegen nicht allzu überraschend. Der US-Anleger ist es in der Tradition des herkömmlichen indirect holding system für Kapitalmarktpapiere gewohnt, im Falle einer Gesellschaftsinvestition keine direkten rechtsbegründenden Beziehungen zu dieser Gesellschaft zu unterhalten. Seine Berechtigung erschöpft sich in einem sog. securities entitlement, das ihm grundsätzlich allein ein anteiliges quasidingliches Eigentumsrecht am Depotkonto des in der Verwahrungspyramide auf der nächst höheren Stufe stehenden Instituts sichert (vgl. Art. 8 NY-UCC).60 Der US-Anleger ist somit bei interme58
Hierzu 2. Teil A. II. Röhler, S. 215. 60 Siehe zu indirect holding system, securities entitlement und Neuerungen durch das Direct Registration System bereits 2. Teil A. III. und IV. 59
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
diär verwahrten Wertpapieren von Anfang an auf Ansprüche gegenüber seinem Vertragspartner beschränkt, der nicht selbst der Inhaber der zugehörigen Gesellschaftsanteile ist und sich daher seinerseits zur Wertpapierdeckung für die Erfüllung seiner Verpflichtungen gegenüber dem Anleger an die nächsthöhere Verwahrungsebene halten muss.
V. Allgemein keine normative Rechtfertigung der Gleichstellung Ob eine Gleichstellung von ADS-Inhabern mit Aktionären in Bezug auf mitgliedschaftliche Rechtspositionen gegenüber der AG zumindest dann normativ begründbar ist, wenn Aktien bereits hinterlegt sind, steht nachfolgend im Mittelpunkt der Erörterungen. Nach den Vermögens- und Verwaltungsrechten (1.) geht es um die Treubindung der AG (2.) und den Gleichbehandlungsgrundsatz (3.). 1. Vermögens- und Verwaltungsrechte In die Untersuchung zu einer Vermögens- und Verwaltungsrechtszuweisung führt ein Überblick über den Diskussionsstand zur entsprechenden Frage bei deutschrechtlichen Formen der mittelbaren Gesellschaftsbeteiligung ein, bei denen der Hintermann ein eigenes wirtschaftliches Interesse an den Aktien unterhält [a)]. Dazu zählt neben der fremdnützigen Verwaltungstreuhand, bei der der Treuhänder die Aktie im ausschließlichen Interesse des Treugebers hält, die eng verwandte Unterbeteiligung an einer Aktie, die vom Hauptbeteiligten im Rahmen einer GbR-Innengesellschaft im eigenen und im Interesse des Unterbeteiligten gehalten wird.61 Umfasst sind des Weiteren der Nießbrauch an der Aktie, der dem Hintermann ein dingliches Nutzungsrecht an der Aktie gewährt, und das Pfandrecht an der Aktie, das ein dingliches Verwertungsrecht sichert. Angesichts der Fülle von Stellungnahmen beschränkt sich die Darstellung vorrangig auf die praktisch bedeutsamsten Rechte und auf Stellungnahmen aus neuerer Zeit. Nach einer eigenen Stellungnahme [b)] sind Schlüsse für die Rechtsstellung der ADSInhaber zu ziehen [c)].
61 Zur Abgrenzung BGH, NJW-RR 1995, 165, 166; OLG Bamberg, NZG 2001, 509, 510. Eine stille Gesellschaft im Sinne des § 230 HGB ist am einzelnen Anteil nicht möglich (BeckHdbAG-Göckeler § 19 Rn. 159; Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 230 Rn. 5; Holzborn, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 51 Rn. 28).
B. Gleichstellung in Bezug auf mitgliedschaftliche Rechtspositionen
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a) Treugeber, Unterbeteiligter, Nießbraucher und Pfandgläubiger: Das Meinungsbild im Überblick aa) Vermögensrechtliche Seite Dass – im Aktien- und GmbH-Recht gleichermaßen – stets der Treuhänder die mitgliedschaftlichen Vermögensrechte und daraus resultierende verkehrsfähige Ansprüche originär innehat, ist in Rechtsprechung und Schrifttum einhellige Meinung. Dies gilt namentlich für das Gewinnstammrecht, das Gewinnbeteiligungsrecht und den konkreten Dividendenanspruch.62 Auch Bezugsrechte auf neue Anteile63, neue Anteile aus einer nominellen Kapitalerhöhung64 und der Liquidationsanspruch65 sind allein dem Treuhänder als eigene zugewiesen. Zur Begründung wird allenthalben darauf verwiesen, dass der Treuhänder der Vollrechtsinhaber und der Träger der Mitgliedschaft sei, wogegen der Treugeber nur schuldrechtliche Beziehungen zu diesem Treuhänder unterhalte. Aus diesen Gründen soll auch der Unterbeteiligte nicht originär berechtigt sein. Dem Unterbeteiligten, der nicht selbst der Inhaber der Mitgliedschaft ist, sollen namentlich Gesellschaftsgewinne und Liquidationsüberschüsse nicht als eigene zustehen.66 Auch beim pfandrechtsbelasteten Gesellschaftsanteil sind nach allgemeiner Meinung im Grundsatz nur dem Besteller eigene Rechte zugewiesen. Dieser als der Vollrechtsinhaber, und nicht der Pfandgläubiger, ist der Inhaber der Gewinnbeteiligungsrechte67, der Bezugsrechte68, der „Gratisanteile“ aus einer Kapitaler62 Siehe nur BGH, ZIP 1998, 1836, 1837 (GmbH); MünchKommAktG-Bayer, § 58 Rn. 100, 113; AnwKAktienR-Rebmann, § 58 Rn. 39; GHEK-Hefermehl, § 58 Rn. 129; KölnKommAktG-Lutter, § 58 Rn. 95, 99 f.; Armbrüster, S. 224; Beuthien, ZGR 1974, 26, 81; Schaub, DStR 1995, 1634 (GmbH). 63 Etwa Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 186 Rn. 6; Hüffer, AktG, § 186 Rn. 12; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rn. 10; AnwKAktienR-Rebmann, § 186 Rn. 17; MüHdbAG-Kraft/Krieger, § 56 Rn. 70; MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rn. 26, 35; KölnKommAktG-Lutter, § 186 Rn. 17, 22; GroßkommAktG-Wiedemann, § 186 Rn. 82 (alle zum Sicherungseigentum); Eden, S. 55; Guntz, AG 1958, 177, 181; zu § 221 Abs. 4 AktG Hüffer, AktG, § 221 Rn. 38. 64 Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 212 Rn. 1; Marsch-Barner, in: Bürgers/Körber, AktG, § 212 Rn. 4; Hüffer, AktG, § 212 Rn. 2; MüHdbAG-Krieger, § 59 Rn. 41; GroßkommAktG-Hirte, § 212 Rn. 12; KölnKommAktG-Lutter, § 212 Rn. 4; Eden, S. 55; Apfelbaum, S. 163. 65 Armbrüster, S. 224 und ders., GmbHR 2001, 1021, 1022 (GmbH); Tebben, S. 283. 66 Tebben, S. 283; Roth/Thöni, in: FS GmbHG, 245, 252 f. (GmbH). 67 MüHdbAG-Wiesner, § 14 Rn. 68. Strittig ist nur, ob sich das Verwertungsrecht automatisch auch auf den Dividendenanspruch erstreckt, siehe Apfelbaum, S. 140 ff., 195 mwN. 68 Etwa Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 186 Rn. 6; Marsch-Barner, in: Bürgers/ Körber, AktG, § 186 Rn. 10; Hüffer, AktG, § 186 Rn. 11; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rn. 10; MüHdbAG-Wiesner, § 14 Rn. 68; MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rn. 34; GroßkommAktG-Wiedemann, § 186 Rn. 77; KölnKommAktG-Lutter, § 186 Rn. 21; Apfelbaum, S. 150; Wiedemann, S. 428. Strittig ist, ob die Bezugsrechtsaus-
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
höhung aus Gesellschaftsmitteln69 und der Liquidationsüberschüsse70. Auch hier argumentiert man formal, und zwar dergestalt, dass das Gesetz dem Pfandgläubiger nur ein dingliches Verwertungsrecht zubillige. Nur eine Ausnahme ist anerkannt. Der Nutzungspfandgläubiger ist der Inhaber der Dividendenansprüche.71 Diese Zuweisung fußt jedoch nicht auf einer wirtschaftlichen Sichtweise, sondern unmittelbar auf dem Gesetz (§§ 1273 Abs. 3, 1213 Abs. 1 BGB). Wie der Nutzungspfandgläubiger ist auch der Nießbraucher nach einhelliger Meinung der Inhaber der Dividendenansprüche aus dem belasteten Anteil.72 Auch diese Zuweisung ergibt sich indes unmittelbar aus dem Gesetz (§§ 1068 Abs. 2, 1030 Abs. 1 BGB). Im Übrigen wird auch dem Nießbraucher keine originäre Berechtigung zuerkannt. So stehen Bezugsrechte allein dem Gesellschafter zu.73 Die Begründung orientiert sich wiederum streng an den gesetzlichen Vorschriften. Der Nießbraucher wird nicht zum Inhaber der Mitgliedschaft. Die Zuweisungsnorm des § 1030 Abs. 1 BGB ist nicht anwendbar, weil die Bezugsrechte nicht Nutzungen der Gesellschaftsbeteiligung sind, sondern Ausgleich für den Substanzverlust, den der Gesellschafter ansonsten an seinen Altanteilen erleiden würde. Genauso werden neue Anteile aus einer nominellen Kapitalerhöhung exklusiv dem Gesellschafter zugewiesen. Der Nießbrauch bestehe nicht unmittelbar am Gesellschaftsvermögen, sondern nur an der gesellschaftlichen Beteiligung.74
übung der Gläubigerzustimmung bedarf (vgl. Apfelbaum, S. 150) und ob sich das Pfandrecht ipso iure auf das Surrogat (Verkaufserlös/junge Aktien) erstreckt (vgl. Hüffer, AktG, § 186 Rn. 11). 69 U. a. Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 212 Rn. 1; Hüffer, AktG, § 212 Rn. 2; MüHdbAG-Wiesner, § 14 Rn. 68; MünchKommBGB-Damrau, § 1293 Rn. 8; BeckHdbAG-Gotthardt, § 9 Rn. 109; GroßkommAktG-Hirte, § 212 Rn. 12; KölnKommAktG-Lutter, § 212 Rn. 4; Wiedemann, S. 428. Das Pfandrecht erstreckt sich jedoch nach hM (u. a. Apfelbaum, S. 162; Hüffer, AktG, § 212 Rn. 2; BeckHdbAG-Gotthardt, § 9 Rn. 109) automatisch auf die neuen Aktien. 70 MüHdbAG-Wiesner, § 14 Rn. 68; Wiedemann, S. 426 f. 71 Nachweise oben 3. Teil A. I. 2. 72 Nachweise oben 3. Teil A. I. 2. 73 OLG Bremen, AG 1970, 335; BGHZ 58, 316, 319 (obiter dictum für Kapitalges.); Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 186 Rn. 6; Marsch-Barner, in: Bürgers/Körber, AktG, § 186 Rn. 9; AnwKAktienR-Rebmann, § 186 Rn. 14; MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rn. 32; MüHdbAG-Wiesner, § 14 Rn. 64; Eickmann, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 1069 Rn. 10; Scharff, S. 50–52. Strittig ist, ob Nießbraucher der Ausübung/Veräußerung des Bezugsrechts zustimmen muss und ob sich Nießbrauch ipso iure auf die neuen Aktien/den Veräußerungserlös erstreckt (jeweils ablehnend Hüffer, AktG, § 186 Rn. 10 mwN). 74 U. a. BGHZ 58, 316, 320 (KG); Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 212 Rn. 1; Hüffer, AktG, § 212 Rn. 2; BeckHdbAG-Gotthardt, § 9 Rn. 109; MüHdbAG-Wiesner, § 14 Rn. 64; GroßkommAktG-Hirte, § 212 Rn. 12; KölnKommAktG-Lutter, § 212 Rn. 4. Der Nießbrauch an den Altaktien erstreckt sich jedoch nach hM (siehe nur Eickmann, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 1069 Rn. 10, GroßkommAktG-Hirte, § 212 Rn. 12) automatisch auch auf die neuen Aktien.
B. Gleichstellung in Bezug auf mitgliedschaftliche Rechtspositionen
65
Auch Liquidationsüberschüsse75 und das Einziehungsentgelt im Sinne des § 237 AktG76 werden dem Gesellschafter zugewiesen, weil diese nicht Früchte der Anteile, sondern Surrogate für die Anteile selbst sind. bb) Verwaltungsrechte Hinsichtlich der Zuordnung der mitgliedschaftlichen Verwaltungsrechte ergibt sich für die Treuhandbeteiligung gleichfalls ein eindeutiges Meinungsbild.77 Allein der Treuhänder ist der originäre Träger der mitgliedschaftlichen Verwaltungsrechte, weil nur er das Eigentum an den Anteilen und die Mitgliedschaft in der Gesellschaft hält. Hier stellt man also gleichfalls allein auf die formale Rechtslage ab. Dies gilt namentlich für das Recht zur Teilnahme an der Hauptversammlung78, das Auskunftsrecht79, das Stimmrecht80, das Recht zur Erhebung von Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage81 sowie das Einberufungsrecht und weitere Minderheitenrechte82. Bei der Unterbeteiligung verhält es sich 75 MüHdbAG-Wiesner, § 14 Rn. 63; MünchKommBGB-Pohlmann, § 1068 Rn. 65; Eickmann, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 1069 Rn. 10; Michalski, in: Erman, BGB, § 1081 Rn. 11; Stürner, in: Soergel, BGB, § 1068 Rn. 9b; Scharff, S. 81 ff. Strittig ist nur, ob der Nießbrauch auch diesen Anspruch erfasst und, wenn ja, ob er automatisch entsteht (so Scharff, S. 86–89; aA Bassenge, in: Palandt, BGB, § 1068 Rn. 3). 76 MünchKommBGB-Pohlmann, § 1068 Rn. 66; Stürner, in: Soergel, BGB, § 1068 Rn. 9b. 77 Die originäre Zuordnung der Verwaltungsrechte ist zu trennen von der zunehmend diskutierten Frage, ob der Treuhänder – wegen des Gleichklangs der wirtschaftlichen Interessen von Treugeber und Gesellschaft(ern) – Verwaltungsrechte an den Treugeber abtreten oder diesen insoweit unwiderruflich bevollmächtigen kann (bejahend etwa Gruber, S. 163 ff. für GmbH und Personenges. mwN). 78 Etwa GroßkommAktG-Mülbert, § 118 Rn. 50; Hüffer, AktG, § 118 Rn. 15; Hoffmann, in: Spindler/Stilz, AktG, § 118 Rn. 11; AnwKAktienR-Pluta, § 118 Rn. 18; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 118 Rn. 29; MünchKommAktG-Kubis, § 118 Rn. 62; KölnKommAktG-Zöllner, § 118 Rn. 20; MüHdbAG-Semler, § 36 Rn. 21; Singhof/Seiler, S. 246. 79 Siehe nur Reger, in: Bürgers/Körber, AktG, § 131 Rn. 4; Spindler, in: Schmidt/ Lutter, AktG, § 131 Rn. 4; Hüffer, AktG, § 131 Rn. 3; MünchKommAktG-Kubis, § 131 Rn. 9, 11; MüHdbAG-Wiesner, § 14 Rn. 66; Singhof/Seiler, S. 249 f. Zu einem nicht auf § 131 AktG gründenden „außerordentlichen“ Informationsanspruch des Treugebers Singhof/Seiler, S. 250 f., Armbrüster, S. 301 ff.; ders., GmbHR 2001, 1021, 1026 und Blaurock, S. 180. 80 U. a. BGHZ 104, 66, 74 f. (GmbH); Ziemons, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 12 Rn. 6; Westermann, in: Bürgers/Körber, AktG, § 12 Rn. 1; Hüffer, AktG, § 16 Rn. 7; MünchKommAktG-Heider, § 12 Rn. 6; G/H/E/K-Eckardt, § 12 Rn. 21; Yilmaz, S. 25 f.; Butzke, S. 161; Saenger, S. 28, 107. 81 U. a. BGH, NJW 1957, 951; WM 1962, 419 f. (GmbH); BGH, NJW 1966, 1458, 1459 (GmbH); MünchKommAktG-Hüffer, § 245 Rn. 26; MüHdbAG-Wiesner, § 14 Rn. 72; AnwKAktienR-Heidel, § 245 Rn. 6; GroßkommAktG-K. Schmidt, § 245 Rn. 15; Ebermann, S. 106 (GmbH). 82 Hüffer, AktG, § 122 Rn. 2, § 118 Rn. 15; Armbrüster, S. 311; Beuthien, ZGR 1974, 26, 81 (§ 142 Abs. 2 AktG).
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
ebenso. Ausschließlich dem Hauptbeteiligten als dem Anteilseigentümer und Mitgliedschaftsinhaber stehen das Teilnahme- und Auskunftsrecht, das Stimmrecht und das Anfechtungsrecht als eigene zu.83 Bei einem pfandrechtsbelasteten Gesellschaftsanteil stehen die mitgliedschaftlichen Verwaltungsrechte nach einhelliger Meinung grundsätzlich ebenfalls dem Gesellschafter zu, weil die gesetzlichen Vorschriften dem Pfandgläubiger lediglich eine der Forderungsbefriedigung dienende Verwertungsbefugnis zuschreiben. Der Pfandgläubiger hat namentlich kein eigenes Einberufungs-, kein eigenes Teilnahme- und kein eigenes Auskunftsrecht.84 Auch das Stimmrecht85 und das Anfechtungsrecht86 stehen dem Gesellschafter zu. Denkbar ist allein, dass dem Pfandgläubiger im Sonderfall des Nutzungspfandrechts eigene Verwaltungsrechte zustehen. Die Probleme sind dabei gleich gelagert wie beim Nießbrauch am Gesellschaftsanteil, für den manche – heftig bestritten87 – dem Nießbraucher eigene Verwaltungsrechte zusprechen. Einer weiteren Vertiefung bedürfen beide Problemkreise nicht. Denn die Befürworter stützen die Rechtszuweisung letztlich allesamt auf die gesetzlichen Vorschriften zum Nießbrauch, genauer auf die im Gesetz vorgegebene dingliche Nutzungsberechtigung des Nießbrauchers, und nicht auf eine rein wirtschaftliche Betrachtungsweise des Sachverhalts. b) Stellungnahme Der Überblick lässt klare Konturen erkennen. Ein Hintermann wird nicht allein aufgrund seiner wirtschaftlichen Gesellschafterstellung oder eines wirtschaftlichen Eigeninteresses am Gesellschaftsanteil zum Träger bestimmter Vermögens83 BGHZ 104, 66, 74 f. (GmbH); Vetter, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 16 Rn. 5; Tebben, S. 272; Blaurock, S. 180; Henn, S. 34 ff. (GmbH); Roth/Thöni, in: FS GmbHG, 245, 252 f., 276 (GmbH). 84 GroßkommAktG-Mülbert, § 118 Rn. 50; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 118 Rn. 29, § 131 Rn. 4; Reger, in: Bürgers/Körber, AktG, § 118 Rn. 7, § 131 Rn. 4; Hüffer, AktG, § 118 Rn. 15, § 122 Rn. 2; Münch-KommAktG-Kubis, § 118 Rn. 61, § 131 Rn. 9; MüHdbAG-Wiesner, § 14 Rn. 69; Bärwaldt, in: Semler/Bärwaldt, § 10 Rn. 13; Butzke, S. 233; Roth, ZGR 2000, 187, 219 f. (GmbH). 85 Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 134 Rn. 7; Fett, in: Bürgers/Körber, § 16 Rn. 22; Hüffer, AktG, § 16 Rn. 7; Vatter, in: Spindler/Stilz, AktG, § 12 Rn. 4; AnwKAktienR-Pluta, § 118 Rn. 18; MünchKommAktG-Heider, § 12 Rn. 6; MüHdbAG-Semler, § 38 Rn. 2; KonzernR-Emmerich, § 16 Rn. 14; G/H/E/K-Eckardt, § 12 Rn. 17; KölnKommAktG-Zöllner, § 134 Rn. 14; Apfelbaum, S. 109; Yilmaz, S. 26; Meyer/Bundschuh, WM 2003, 960, 965. Strittig ist nur, ob die Ausübung der Pfandgläubigerzustimmung bedarf, siehe Apfelbaum, S. 110 ff. mwN. 86 U. a. Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 245 Rn. 5; MünchKommAktG-Hüffer, § 245 Rn. 27; MüHdbAG-Semler, § 41 Rn. 57; Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 245 Rn. 15; Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 37 Rn. 78; GroßkommAktG-K. Schmidt, § 245 Rn. 16. Diskutiert wird nur ein Anfechtungsrecht des Pfandgläubigers, das auf § 1276 BGB gründet, siehe Apfelbaum, S. 129 f. 87 Siehe bereits 3. Teil A. I. 2.
B. Gleichstellung in Bezug auf mitgliedschaftliche Rechtspositionen
67
oder Verwaltungsrechte in der Gesellschaft. Die Zuordnungsfrage wird in Rechtsprechung und Schrifttum allein nach der formalen Rechtslage entschieden. Eine Kohärenz zwischen wirtschaftlichem Anteilseigentum und gesellschaftsrechtlicher Berechtigung stellt man nicht her. Diese streng formale Betrachtungsweise bei der Zuweisung von Mitgliedsrechten gegenüber der AG verdient Zustimmung. Einer wirtschaftlichen Sichtweise ist nicht mit den für eine Rechtsfortbildung zur Verfügung stehenden Methoden – Gesetzesanalogie [aa)], Grundsätze der Gesetzesumgehung [bb)] und gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung [cc)] – Geltung zu verschaffen. aa) Gesetzesanalogie Eine Gesetzesanalogie scheidet für die Zuweisung von mitgliedschaftlichen Vermögens- und Verwaltungsrechten zu einem Aktionärhintermann aus, weil erstens gute Gründe für die Annahme streiten, dass der Gesetzgeber diesen bewusst keine Vermögens- und Verwaltungsrechte zuwies und so keine Regelungslücke besteht. Die Vorschrift des § 46 Abs. 5 AktG, nach der für die Gründerhaftung neben den Gründern in gleicher Weise die Personen verantwortlich sind, für deren Rechnung die Gründer Aktien übernommen haben, belegt, dass dem Gesetzgeber die Figur des bloß wirtschaftlichen Aktionärs bekannt ist und er nicht zögert, auf diesen eine primär für Aktionäre geltende Regelung anzuwenden, wenn er dies für geboten hält. In Bezug auf die Vermögens- und Verwaltungsrechte hielt er indes – im Umkehrschluss – ein solches Vorgehen augenscheinlich bislang nicht für geboten. Zweitens sind die in Rede stehenden Sachverhalte auch wertungsmäßig nicht derart ähnlich, dass – vor dem Hintergrund des Gebots der Gleichbehandlung von Gleichartigem – nur ihre rechtliche Gleichbehandlung als vertretbar erscheint. Der im Hinblick auf die Zuweisung der Mitgliedsrechte wertungsmäßig beachtliche Unterschied besteht darin, dass der Aktionärhintermann, anders als der Aktionär, keine eigene Mitgliedschaft im Gesellschaftsverband hält. Die Relevanz dieses Unterschieds gründet in der besonderen Rechtsnatur der Mitgliedsrechte, die sich darin äußert, dass die Mitgliedsrechte auf die Mitgliedschaft bezogen sind88. Die Mitgliedsrechte verhalten sich akzessorisch zur Mitgliedschaft: Keine Mitgliedsrechte ohne Mitgliedschaft. In Rechtsprechung und Schrifttum wird dies für gewöhnlich mit den Worten umschrieben, dass die Mitgliedsrechte mit der Mitgliedschaft untrennbar verbunden sind.89 Diese besondere Rechts88
Tebben, S. 129. Etwa MüHdbAG-Hoffmann-Becking, § 46 Rn. 22; GHEK-Hefermehl/Bungeroth, § 58 Rn. 118. Die Rechtsnatur der Mitgliedsrechte erinnert damit an den dinglichen Herausgabeanspruch des § 985 BGB, der sich unmittelbar aus dem Eigentum ableitet und nicht abtretbar ist (siehe nur Bassenge, in: Palandt, BGB, § 985 Rn. 1), und weiter an die Gestaltungsrechte, bei denen eine zwingende Zusammengehörigkeit zwischen 89
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
natur der Mitgliedsrechte ist in ihrer ganz speziellen Funktion angelegt. Die Mitgliedsrechte sind ganz und allein auf die Mitgliedschaft zugeschnitten. Ihre Funktion besteht darin, die Mitgliedschaft im Gesellschaftsverband mit Inhalten zu füllen, der Mitgliedschaft quasi „Leben einzuhauchen“. Erst durch die Mitgliedsrechte erlangt die Rechtshülse „Mitgliedschaft“ ihren charakteristischen Eigenwert als vermögens- und herrschaftsrechtliche Beteiligung an einem Personenverbund. Erst die Mitgliedsrechte versetzen den Inhaber der Mitgliedschaft in die Lage, an der Vermögensentwicklung des Verbands zu partizipieren und auf die Abläufe im Verband Einfluss zu nehmen. Dieser „funktionsgebundene Charakter“90 ist es, der die Mitgliedsrechte von gewöhnlichen Forderungsrechten unterscheidet, die grundsätzlich jedermann zustehen können.91 Dies hat auch für die verkehrsfähigen Vermögensansprüche Folgen. Diese können auch von jedem Dritten gehalten werden. Da sich aber die vermögensrechtliche Beteiligung des Mitglieds erst durch sie vollständig realisiert und da sie sich – rechtskonstruktiv – unmittelbar aus den Vermögensstammrechten des Mitglieds entwickeln, stehen auch sie originär stets nur einem Mitglied zu.92 Endlich würde durch einen Analogieschluss mit Blick auf die nach der Kapitalbeteiligung bemessenen Rechte der gerade im Aktienrecht bedeutsamen Rechtsklarheit93 empfindlicher Schaden drohen. Um eine Verdoppelung der Rechte aus der fraglichen Aktie zu verhindern, müsste – rechtskonstruktiv allenfalls unter größten Schwierigkeiten zu bewältigen – bei der originären Zuweisung eines zahlenmäßig abstufbaren Rechts zum Hintermann ipso iure das entsprechende gesetzliche Recht seines Aktionärs entfallen. Permanente Unklarheiten über die Person des Berechtigten scheinen unausweichlich. bb) Grundsätze der Gesetzesumgehung Aus den Grundsätzen der Gesetzesumgehung lässt sich eine originäre Berechtigung des Aktionärhintermanns in Bezug auf mitgliedschaftliche Vermögensund Verwaltungsrechte nicht ableiten, weil angesichts der ganz auf die Mitgliedschaft bezogenen Funktion der Vermögens- und Verwaltungsrechte kein Raum für die Annahme ist, dass nach dem Plan des Gesetzgebers auch wirtschaftliche Aktionäre bestimmte Mitgliedsrechte originär innehaben sollen und die Nichterfassung dieses Regelungsziels in den Normen lediglich einer unvollkommenen Umsetzung des Ziels durch den Gesetzgeber geschuldet ist. der Inhaberschaft am Gestaltungsrecht und der Teilhabe am zu gestaltenden Rechtsverhältnis besteht (siehe Tebben, S. 129; Larenz, BGB, § 15 Rn. 78; Habersack, Mitgliedschaft, S. 81). 90 Tebben, S. 129; Habersack, Mitgliedschaft, S. 81. 91 Vgl. Tebben, S. 129; Habersack, Mitgliedschaft, S. 83. 92 Was allerdings nicht ausschließt, dass das Mitglied über sie schon im voraus verfügt. 93 Vgl. nur § 23 Abs. 5 AktG.
B. Gleichstellung in Bezug auf mitgliedschaftliche Rechtspositionen
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cc) Gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung Mit den Mitteln einer gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung ist die Zuweisung eigener Vermögens- und Verwaltungsrechte nicht zu begründen, da es nicht Ausdruck grober Unbilligkeit ist, dass dem Hintermann diese Rechte nicht originär zustehen. Der Hintermann muss sich an seiner Entscheidung für eine nur mittelbare Gesellschaftsbeteiligung und gegen eine eigene Aktionärsstellung messen lassen.94 Es liegt an ihm selbst, durch entsprechende Vereinbarungen im Innenverhältnis zu dem von ihm ausgewählten Aktionär sicherzustellen, dass seine Teilhabe im wirtschaftlichen Ergebnis einer originären Beteiligung – im Rahmen der durch das Abspaltungsverbot95 gesteckten Grenzen – möglichst nahekommt.96 Insbesondere die vermögensrechtlichen Ansprüche kann er sich schon im voraus abtreten lassen. c) Schlussfolgerungen für die ADS-Inhaber Der ADS-Inhaber als rein wirtschaftlicher Aktionär ist niemals originärer Träger von mitgliedschaftlichen Vermögens- und Verwaltungsrechten in und gegenüber der AG, weil Nichtmitglieder – so das Ergebnis – diese Rechte unter keinen Umständen als eigene innehaben. Dies gilt unabhängig davon, ob die Depotbank aus Sicht der AG als Inhaberin der durch ADSs repräsentierten Aktien gilt oder – wegen § 67 Abs. 2 AktG – nicht. Für die Teilnahme an diesen Rechten ist der ADS-Inhaber vollumfänglich auf depotvertraglich begründete Ansprüche gegen die Depotbank angewiesen. Aus US-Sicht ist dieses Ergebnis nicht befremdlich. Der US-Anleger ist es in der Tradition des herkömmlichen indirect holding system für Kapitalmarktpapiere gewohnt, im Falle einer Gesellschaftsinvestition keine direkten rechtsbegründenden Beziehungen zu dieser Gesellschaft zu unterhalten. Seine Berechtigung erschöpft sich bei intermediär verwahrten Wertpapieren in einem sog. securities entitlement, das ihm grundsätzlich allein ein anteiliges quasidingliches Eigentumsrecht am Depotkonto des in der Verwahrungspyramide auf der nächsthöheren Stufe stehenden Instituts sichert (vgl. Art. 8 NY-UCC).97 Der US-Anleger ist somit von Anfang an auf Ansprüche gegenüber seinem Vertragspartner beschränkt.
94 Vgl. zu diesem in der Privatautonomie gründenden Gedanken auch Mülbert/ Leuschner, ZHR 170 (2006), 615, 641 f. 95 Zum Abspaltungsverbot etwa Gruber, S. 159 ff., Tebben, S. 99 f., 115 ff., Sojka, S. 59 ff., Wiedemann, S. 274 ff. 96 Zu den Gestaltungsmöglichkeiten etwa Singhof/Seiler, S. 246 ff., Armbrüster, S. 229 ff. 97 Zu indirect holding system, securities entitlement und Neuerungen durch das Direct Registration System siehe bereits 2. Teil A. III. und IV.
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
2. Treubindung der AG gegenüber den ADS-Inhabern Aus der aktienrechtlichen Treupflichtbindung der AG sind die ADS-Inhaber ebenfalls nicht originär berechtigt. Die Frage, ob neben dem Aktionär auch dessen Hintermann aus der Treubindung der AG originär berechtigt ist und er sich so aus eigenem Recht gegen – ihm selbst oder seinem Aktionär – drohendes oder widerfahrenes rücksichtsloses Verhalten der AG wehren kann, findet kaum Beachtung. Nur in einer Stellungnahme98, soweit ersichtlich99, wird ausgeführt, dass eine Person aus der Treupflicht nur berechtigt sein kann, soweit sie Trägerin der mitgliedschaftlichen Interessen ist. Eine originäre Berechtigung des an der Gesellschaft nur mittelbar Beteiligten lehnt man folgerichtig ab. Dem ist aus folgenden Gründen zuzustimmen, eine originäre Berechtigung der ADS-Inhaber aus der Treubindung der AG also zu verneinen: Ein Analogieschluss zu dem Fall der Treubindung der AG gegenüber ihren Aktionären versagt, weil der ADS-Inhaber, anders als der Aktionär, nicht originärer Träger von Mitgliedsrechten ist. Dieser Unterschied ist angesichts der ganz auf die Mitgliedsrechte zugeschnittenen Funktion der Treupflicht der AG normativ beachtlich. Denn die Treupflicht begründet für die AG die Verpflichtung, eine ungehinderte und sachgemäße Wahrnehmung der Mitgliedsrechte zu ermöglichen und alles zu unterlassen, was diese Rechte beeinträchtigen könnte.100 Es geht somit allein um den Schutz der Mitgliedschaft101; die Treupflicht schützt ausschließlich mitgliedschaftliche Interessen102. Der ADS-Inhaber unterhält solche mitgliedschaftlichen Interessen aber gerade nicht selbst. Für die Anwendung der Grundsätze zur Gesetzesumgehung ist kein Raum, weil in Anbetracht der ganz auf mitgliedschaftliche Interessen konzentrierten Funktion der Treupflicht kein überschießendes Geltungsziel103 feststellbar ist, nach dem aus der Treubindung der AG auch Personen berechtigt sein sollen, die nicht Träger mitgliedschaftlicher Interessen sind. Eine gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung scheidet aus, weil die fehlende eigene Berechtigung des ADS-Inhabers nicht grob unbillig ist. Den wirtschaft98
Sojka, 138 f. (zur Treubindung der Gesellschafter gegenüber einem Hintermann). Namentlich bei den von Armbrüster, S. 366 f. erörterten Fällen ergibt sich die Treubindung der GmbH (zB Anspruch des Treugebers auf Anhörung bei Ausschlussverfahren gegen Treuhänder) wohl aus § 242 BGB und nicht aus gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen. 100 BGHZ 127, 107, 111; MünchKommAktG-Bungeroth, 30 vor 53a. 101 Hüffer, AktG, § 53a Rn. 17 (zur Treupflicht der Aktionäre untereinander). 102 Sojka, S. 138 mwN (zur Treupflicht der Gesellschafter untereinander). 103 Die Grundsätze der Gesetzesumgehung können auch bei unkodifiziertem Recht Anwendung finden, Benecke, S. 95. Der Begriff „Geltungsziel“ ist dort dann aber dem Begriff „Regelungsziel“ überlegen. 99
B. Gleichstellung in Bezug auf mitgliedschaftliche Rechtspositionen
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lichen Interessen des ADS-Inhabers kann durch entsprechende Vereinbarungen im Innenverhältnis zur Depotbank Rechnung getragen werden.104 3. Schutz durch den Gleichbehandlungsgrundsatz Ob die ADS-Inhaber aus dem Gleichbehandlungsgebot des § 53a AktG unmittelbar gegenüber der AG eigene Rechte herleiten können, ist nun zu untersuchen. Denkbare Konstellationen sind, dass die AG allen Aktionären gleichermaßen, allerdings mit Ausnahme des dem ADS-Inhaber vorgeschalteten Aktionärs, einen Vorteil gewährt oder dass sie allen Aktionären gleichermaßen Vorteile gewährt, diese aber den ADS-Inhabern vorenthält [a)].105 Daneben steht in Rede, ob der ADS-Inhaber auf Grundlage des § 53a AktG einer Bevorteilung anderer ADSInhaber durch die AG entgegentreten kann [b)]. a) Gleichbehandlung der ADS-Inhaber mit Aktionären Eine originäre Berechtigung des ADS-Inhabers aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG können diejenigen zwanglos ablehnen, die den Gleichbehandlungsgrundsatz lediglich als Spezialfall der Treupflicht ansehen106. Da der ADS-Inhaber, wie eben gesehen, aus der aktienrechtlichen Treupflicht der AG nicht originär berechtigt ist, muss dies auch für deren spezielle Ausformung gelten. Aber auch mit der Gegenansicht, die dem Gleichbehandlungsgrundsatz eigenständige Bedeutung zumisst, wird man nachfolgend zu dem Ergebnis kommen, dass der ADS-Inhaber nicht selbst aus § 53a AktG berechtigt ist; eine eigene Berechtigung versagt insbesondere auch bei der Veräußerung eigener Aktien durch die AG und bei der Ausgabe neuer Aktien im Rahmen einer Kapitalerhöhung.107. aa) Das Meinungsbild in vergleichbaren Fällen Der Frage, ob dem Hintermann aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz eine eigene Rechtsposition zusteht, wenn die AG seinem Aktionär oder ihm selbst 104 Beispielsweise Weisungsrecht des ADS-Inhabers hinsichtlich der Vorgehensweise bei Treupflichtverstößen der AG; Bevollmächtigungsanspruch des ADS-Inhabers für persönliches Vorgehen gegen AG; evtl. auch Vorausabtretung von Schadensersatzansprüchen gegen AG. 105 Zur umgekehrten Frage, inwieweit der Gleichbehandlungsgrundsatz berührt ist, wenn die AG exklusiv einem Nichtmitglied einen Vorteil gewährt, 3. Teil B. VI. 2. Zur Gleichbehandlung bei der Inanspruchnahme von Mitgliedspflichten 3. Teil C. II. 8. 106 Nachweise 3. Teil B. II. (Fn. 52). 107 Die fehlende Befugnis des ADS-Inhabers aus § 53a AktG wirkt sich auch auf § 131 Abs. 4 AktG aus, wenn man die Vorschrift als spezielle Regelung der gleichmäßigen Behandlung der Aktionäre ansieht (so Begr. RegE bei Kropff, S. 187; Henn, AG 1985, 240, 244; aA etwa Hüffer, AktG, § 131 Rn. 36, 42).
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
bestimmte Vorteile nicht gewährt, wird eher geringe Aufmerksamkeit entgegengebracht. Nach einer Ansicht108 ist für den Verband mit Blick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz allein entscheidend, ob eine Ungleichbehandlung des Gesellschafters vorliegt, weil schlichte mittelbare Beteiligungen nur im Verhältnis zwischen dem Verbandsmitglied und dessen Hintermann Rechtswirkungen entfalten. In dieselbe Richtung weist eine weitere Stellungnahme109, wonach § 53a AktG nach seinem eindeutigen Wortlaut nur gegenüber den Aktionären Schutzwirkungen entfaltet. Dritte, insbesondere auch Inhaber von Wandel- und Optionsanleihen oder von Genussrechten, könnten sich nicht auf den Grundsatz der Gleichbehandlung berufen. bb) Stellungnahme Die originäre Berechtigung eines Hintermanns, insbesondere eines ADS-Inhabers, aus § 53a AktG lässt sich rechtsmethodisch nicht verwirklichen. (1) Gesetzesanalogie Einer Gesetzesanalogie steht entgegen, dass der Hintermann, anders als ein benachteiligter Aktionär, nicht selbst Mitglied des Gesellschaftsverbands ist und damit nicht selbst mitgliedschaftliche Interessen, sondern nur vertragliche Beziehungen zur Depotbank unterhält. Die Relevanz dieses Unterschieds ergibt sich aus der Funktion des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Dieser dient dem Schutz der Mitgliedschaft.110 Er ist ein Abwehrrecht für Ungleichbehandlungen im mitgliedschaftlichen Bereich111, so dass dem Gleichbehandlungsgrundsatz selbst im Verhältnis der AG zu ihren Aktionären nur diejenigen Handlungen unterfallen, die das Gesellschaftsverhältnis betreffen112. Der Hintermann, namentlich der ADS-Inhaber, ist in den mitgliedschaftlichen Bereich aber gerade nicht selbst einbezogen.
108
Sojka, S. 136. Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 17. 110 Siehe nur Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a Rn. 6; Hüffer, AktG, § 53a Rn. 4; ähnlich KölnKommAktG-Lutter/Zöllner, § 53a Rn. 19; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 14 (integraler Bestandteil der Mitgliedschaft). 111 Allg. Meinung, etwa BGH AG 1997, 414; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 14; Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a Rn. 6; MünchKommAktGBungeroth, § 53a Rn. 7; AnwKAktienR-Janssen, § 53a Rn. 3; GroßkommAktG-Henze/ Notz, § 53a Rn. 31; KölnKommAktG-Lutter/Zöllner, § 53a Rn. 17. 112 U. a. Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a Rn. 6; AnwKAktienR-Janssen, § 53a Rn. 3; MünchKommAktG-Bungeroth, § 53a Rn. 7 f.; G/H/E/K-Hefermehl/Bungeroth, § 53a Rn. 4. 109
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(2) Rechtsanalogie Über die Rechtsanalogie ist eine eigene Berechtigung des Hintermanns aus § 53a AktG mangels eines inhaltlich relevanten und verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedankens nicht zu bewirken. Namentlich der Gleichstellungsgedanke des § 30a Abs. 3 WpHG lässt sich auf die hier interessierenden Fälle nicht übertragen. Nach § 30a Abs. 1 Nr. 1 WpHG müssen Emittenten, für die die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, in Bezug auf Informationen für die Wahrnehmung von Rechten aus Wertpapieren sicherstellen, dass alle Inhaber der zugelassenen Wertpapiere unter gleichen Voraussetzungen gleich behandelt werden. Nach Absatz 3 stehen die Inhaber Aktien vertretender Zertifikate insoweit den Inhabern der vertretenen Aktien gleich. Damit kommt der Rechtsgedanke einer von der AG geschuldeten Gleichbehandlung von ADS-Inhabern mit Aktionären zum Ausdruck.113 Dass dieser Rechtsgedanke nicht auf die hier interessierenden Fälle übertragbar ist, verdeutlicht schon ein Blick auf das Ergebnis einer solchen Übertragung. Mit der Einbeziehung der ADS-Inhaber in den Anwendungsbereich des § 53a AktG müsste die AG in demselben Umfang, in dem sie den Mitgliedsrechten der Aktionäre entspricht, die Rechte zugleich auch den ADS-Inhabern einräumen. Damit wäre aber nicht nur das bisherige Untersuchungsergebnis in das Gegenteil verkehrt, wonach die ADS-Inhaber Mitgliedsrechte nicht originär innehaben. Bei den zahlenmäßig abstufbaren Mitgliedsrechten käme es sogar zu einer ungerechtfertigten Verdoppelung der Rechte für die Aktien, die durch ADSs repräsentiert werden, da sowohl der Aktionär als auch der ADS-Inhaber berechtigt wären. Der als Abwehrrecht gegen Ungleichbehandlungen im mitgliedschaftlichen Bereich konzipierte Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG würde – sinnwidrig – zu einer Rechtsgrundlage für eine Ausdehnung des mitgliedschaftlichen Bereichs auf ADS-Inhaber. Diese unhaltbaren Ergebnisse beruhen auf der fehlenden gemeinsamen Basis, die für die Übertragung eines Rechtsgedankens unverzichtbar ist. Dem kapitalmarktrechtlichen Gleichbehandlungsgebot des § 30a Abs. 1 Nr. 1 WpHG liegt ein ganz anderer Regelungszweck zugrunde als dem aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgebot des § 53a AktG.114 Dies lässt sich mit den Schlagworten „Aktionärsschutz“ und „Anlegerschutz“ auf den Punkt bringen. Der aktienrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist Schranke der Verbandsmacht und soll als solcher die mitgliedschaftlichen Vermögens- und Mitverwaltungsinteressen vor diskriminierenden Handlungen von Hauptversammlung und Verwaltung schützen. Er wirkt im verbandsinternen Bereich. Das kapitalmarktrechtliche Gleichbehandlungsgebot soll im Gegensatz dazu das Anlegervertrauen und die 113
Vgl. auch Begr. RegE BT-Drucks. 16/2498, S. 34, 40. Zu den Unterschieden Verse, S. 57–63 mwN; Leuering, AG 2007, 435, 436; Nießen, NZG 2007, 41, 45. 114
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes schützen. Er gilt für kapitalmarktbezogene Verhaltensweisen und ist nicht auf den mitgliedschaftlichen Bereich ausgerichtet.115 (3) Grundsätze der Gesetzesumgehung Die Grundsätze der Gesetzesumgehung sind nicht anwendbar, weil der ganz auf den Schutz der Mitgliedschaft ausgerichtete Gleichbehandlungsgrundsatz, aber auch sein EG-rechtlicher Hintergrund, keinen belastbaren Anhaltspunkt für die Annahme erkennen lassen, dass rein wirtschaftliche Aktionäre nur wegen der Unvollkommenheit des Normtexts in der Vorschrift des § 53a AktG als Berechtigte nicht benannt sind. (4) Gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung Eine aktionärsgleiche Berechtigung des ADS-Inhabers aus § 53a AktG lässt sich über eine gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung nicht herstellen, weil die fehlende eigene Berechtigung des ADS-Inhabers nicht grob unbillig ist. Bei einer ihm (oder seinem ADS-Inhaber als Aktionärsvertreter) widerfahrenen Diskriminierung im mitgliedschaftlichen Bereich obliegt es dem dem ADS-Inhaber vorgeschalteten Aktionär, sich aus eigenem Recht gegenüber der AG zur Wehr zu setzen und so auch die wirtschaftlichen Interessen des ADS-Inhabers zu schützen. Erfolgt eine AG-Zuwendung an alle Aktionäre gleichermaßen, jedoch unter Ausschluss der ADS-Inhaber, so ist das Partizipationsinteresse des ADS-Inhabers mangels einer eigenen mitgliedschaftlichen Rechtsposition nicht schutzwürdig. b) Gleichbehandlung der ADS-Inhaber untereinander Wenn die AG einen ADS-Inhaber im Verhältnis zu anderen ADS-Inhabern diskriminiert, weil sie nur Letzteren bestimmte Vorteile – etwa Informationen, Geldzuwendungen, Erwerbschancen bei der Veräußerung eigener oder der Ausgabe neuer Aktien – gewährt, kann der Benachteiligte sich gleichfalls nicht aus eigenem Recht auf den Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG berufen. Ob Aktionäre oder ADS-Inhaber von der AG bevorteilt werden, macht keinen Unterschied. Den Schutz des Gleichbehandlungsgrundsatzes kann immer nur in Anspruch nehmen, wer als Mitglied des Gesellschaftsverbands eigene mitgliedschaftliche Interessen unterhält.116 115 Folgerichtig zählen zu den Wertpapieren im Sinne des § 30a Abs. 1 Nr. 1 WpHG nicht nur Aktien, sondern gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 WpHG auch „mit Aktien vergleichbare Anlagewerte“ (Investmentanteile). 116 Eine andere Frage ist, ob auch die Aktionäre mit Blick auf § 53a AktG die Privilegierung bestimmter ADS-Inhaber hinnehmen müssen, dazu sogleich 3. Teil B. VI. 2.
B. Gleichstellung in Bezug auf mitgliedschaftliche Rechtspositionen
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VI. Exkurs: Weitere Fragen zu Treubindung und Gleichbehandlungsgrundsatz Exkursförmig sind zwei weitere Fragen zu erörtern, die sich für ADS-Inhaber im Zusammenhang mit der aktienrechtlichen Treupflicht und dem Gleichbehandlungsgrundsatz stellen. Einmal geht es um eine etwaige Treupflichtbindung der Aktionäre gegenüber den ADS-Inhabern (1.). Zum anderen ist zu prüfen, ob der Gleichbehandlungsgrundsatz den Aktionären Schutz bietet, wenn die Gesellschaft – bestimmte oder alle – ADS-Inhaber bevorzugt (2.). 1. Treubindung der Aktionäre gegenüber den ADS-Inhabern ADS-Inhaber können den Aktionären nicht aus eigenem Recht den Vorwurf treupflichtwidrigen Verhaltens entgegensetzen. Die aktienrechtliche Treupflichtbindung der Aktionäre untereinander117 ist mittlerweile allgemein anerkannt.118 Im Verhältnis zu den ADS-Inhabern bindet die Aktionäre dagegen keine gesellschaftsrechtlich begründete Treupflicht. Der ausschlaggebende Aspekt ist auch hier, dass der ADS-Inhaber nicht in den Gesellschaftsverband integriert ist und damit keine eigenen mitgliedschaftlichen Interessen hält. Die Treupflicht hält nämlich den Aktionär dazu an, bei der Ausübung der eigenen Aktionärsrechte auf die gesellschaftsbezogenen Interessen der Mitgesellschafter Rücksicht zu nehmen.119 Auch die Treupflicht des Aktionärs dient damit allein dem Schutz der Mitgliedschaft und der mitgliedschaftlichen Interessen. Es gilt also hier nichts anderes als im Verhältnis der AG zu den ADSInhabern, für welches die originäre Berechtigung des ADS-Inhabers aus der Treupflicht bereits abgelehnt wurde. Der Schutz der wirtschaftlichen Aktionärsstellung des ADS-Inhabers ist wiederum über „seinen“ Aktionär umzusetzen, der sich aus eigenem Recht gegen treuwidriges Verhalten von Mitaktionären verteidigen kann. 2. Gleichbehandlung der Aktionäre mit den ADS-Inhabern Ob der aktienrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz den Aktionären Schutz bietet, wenn die AG ADS-Inhabern bestimmte Vorteile – etwa Informationen, Geldzuwendungen, Erwerbschancen bei der Veräußerung eigener oder bei der Ausgabe neuer Aktien – exklusiv gewährt, ist weniger eindeutig zu beantworten.
117 Daneben besteht eine Treubindung der Aktionäre auch gegenüber der AG (allgem. Meinung, siehe etwa Hüffer, AktG, § 53a Rn. 2). 118 Grundlegend BGHZ 103, 184, 195 (Linotype). 119 BGHZ 103, 184, 195; 129, 136, 142 (Girmes).
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
Röhler120 vertritt die Ansicht, dass es in Bezug auf § 53a AktG unproblematisch ist, wenn ADS-Inhaber aufgrund der US-amerikanischen Anlegerschutzvorschriften von der AG weitergehende Informationen erhalten als Aktionäre, da dieses Pflichtenverhältnis außerhalb des Gesellschaftsrechts und außerhalb individualvertraglicher Abmachungen der AG mit ihren Aktionären steht. Diese Einschätzung wird sich als zutreffend erweisen; sie gilt jedoch nicht für jede Vorteilsgewähr der AG. a) Das Meinungsbild in vergleichbaren Fällen In Rechtsprechung und Schrifttum wird die entsprechende Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes in dem Fall, dass ein Aktionärshintermann von der Gesellschaft eine Leistung erhält und für sich behält121, nur vereinzelt näher erörtert. Zumeist findet sich nur der Hinweis, dass § 53a AktG grundsätzlich nur für die Beziehungen zwischen der AG und ihren Aktionären gelte und daher eine Begünstigung Dritter nicht unter § 53a AktG falle, aber eine Schadensersatzpflicht des Vorstands gemäß § 93 AktG auslösen könne.122 Nach einer weiterführenden Stellungnahme dürfe die Beurteilung, ob Mitglieder bevorzugt beziehungsweise benachteiligt werden, nicht formal gehandhabt werden. Es seien gewisse Identitäts-, Zurechnungs- oder Durchgriffsregeln zu entwickeln, die einen Gleichbehandlungsverstoß auch dort begründen, wo rechtlich ein Vorteil einem Nichtmitglied zugewendet wird.123 Andere präzisieren, dass der Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes eröffnet ist, wenn die AG den Vorteil einem Dritten gewährt, der die Rechtsstellung als Gesellschafter zwar nicht formal, aber bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise innehat („faktischer Gesellschafter“). Der Rechtsgedanke des § 46 Abs. 5 AktG sei übertragbar.124 Nach einer Ansicht sind die Zurechnungsregeln heranzuziehen, die man für § 57 AktG oder für die Erstreckung des Stimmverbots des § 136 AktG auf gesellschaftergleiche Dritte entwickelt hat.125
120
Röhler, S. 346. Zum häufiger diskutierten Fall, dass der von der AG einem Dritten gewährte Vorteil mittelbar einem Aktionär zufließt, siehe nur MünchKommAktG-Bungeroth, § 53a Rn. 5; KölnKommAktG-Lutter/Zöllner, § 53a Rn. 20; LG Kassel, AG 1989, 218, 219. 122 U. a. MünchKommAktG-Bungeroth, § 53a Rn. 6; Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a Rn. 5; Füchsel, BB 1972, 1533, 1535. 123 KölnKommAktG-Zöllner, § 243 Rn. 156; siehe auch KölnKommAktG-Lutter/ Zöllner § 53a Rn. 20. 124 Verse, S. 244 ff., 250; ebenso GroßkommAktG-Henze/Notz, § 53a Rn. 39 f.; aA RGZ 122, 159, 163. 125 Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 19. 121
B. Gleichstellung in Bezug auf mitgliedschaftliche Rechtspositionen
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b) Stellungnahme Die Stellungnahmen weisen in die richtige Richtung. Die Vorschrift des § 53a AktG gilt nach bestimmten Maßgaben – nicht im Wege der Gesetzes- und Rechtsanalogie, doch nach den Grundsätzen der Gesetzesumgehung – entsprechend, wenn die AG einen Aktionärhintermann begünstigt. aa) Gesetzesanalogie Aus einer Gesetzesanalogie lässt sich die entsprechende Anwendung von § 53a AktG nicht ableiten, weil der notwendigen normativen Ähnlichkeit des vorliegenden Falles mit dem durch § 53a AktG geregelten Sachverhalt entgegensteht, dass der begünstigte Hintermann – anders als der begünstigte Aktionär im Fall des § 53a AktG – nicht selbst Mitglied des Gesellschaftsverbands ist. Dieser Unterschied ist wesentlich vor dem Hintergrund, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nur im verbandsinternen, mitgliedschaftlichen Bereich wirkt und so der Aktionär in § 53a AktG jeweils gerade in seiner Eigenschaft als Inhaber der Mitgliedschaft benannt ist. bb) Rechtsanalogie Im Wege einer Rechtsanalogie kommt § 53a AktG bei der Bevorzugung eines Aktionärhintermanns durch die AG nicht zur Anwendung, weil ein inhaltlich einschlägiger Rechtsgedanke, der verallgemeinerungsfähig wäre, nicht ersichtlich ist. Dass der Gleichstellungsgedanke des § 30a Abs. 3 WpHG nicht auf Fälle übertragbar ist, in denen der aktienrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz in Rede steht, wurde bereits dargelegt.126 Ein zusätzliches Argument ergibt sich speziell für die vorliegende Variante daraus, dass die in § 30a Abs. 3 WpHG angeordnete Gleichstellung dem Schutz des Zertifikateinhabers dient, wogegen es hier – gerade umgekehrt – um den Schutz der Aktionäre geht. Der Rechtsgedanke einer rechtlichen Gleichstellung von wirtschaftlichen Aktionären mit juristischen Aktionären kommt ferner in § 46 Abs. 5 AktG zum Ausdruck, wonach bezüglich der Gründerhaftung neben den Gründern in gleicher Weise die Personen verantwortlich sind, für deren Rechnung die Gründer Aktien übernommen haben. Dieser Gleichstellungsgedanke ist jedoch – entgegen stellenweise vertretener Ansicht – generell nicht verallgemeinerungsfähig. Die Vorschrift des § 46 Abs. 5 AktG ist eine besondere gründungsrechtliche Regelung.127 126
3. Teil B. V. 3. a) bb) (2). Siehe etwa Marsch-Barner, WuB II A. § 54 AktG 2.89 (§ 46 Abs. 5 AktG als eine „auf den Gründungsvorgang beschränkte Sondervorschrift“). Kritisch gegenüber 127
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
Gegen die Verallgemeinerungsfähigkeit des Gleichstellungsgedankens spricht die besondere Stellung des Gründerhintermanns im Vergleich zum Hintermann des „normalen“ Aktionärs: Gründer der Gesellschaft sind gemäß § 28 AktG die Aktionäre, die die Satzung festgestellt haben. Die Rechtsstellung des Gründers ist, anders als die des normalen Anlegeraktionärs, organähnlich.128 So erinnern die in § 46 AktG normierten Verantwortlichkeiten der Gründer auch mehr an die Verwaltungspflichten des die AG leitenden Vorstands als an das Pflichtenprogramm eines „normalen“ Aktionärs.129 Insbesondere der Sorgfaltsmaßstab des § 46 Abs. 3 AktG zeigt die besondere Verantwortung der Gründer. Es genügt nicht, wenn die Gründer die verkehrsübliche Sorgfalt eines durchschnittlichen und verständigen Anlegeraktionärs anwenden. Der Gründer schuldet die „Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes“.130 Hintergrund dieser besonderen Verantwortlichkeit sind die besonderen Einfluss- und Schädigungsmöglichkeiten des Gründers in der werdenden AG. Aus den besonderen Einflussmöglichkeiten des Gründers folgt zugleich, dass der Hintermann über den Gründer Einwirkungspotential hat, die der Hintermann eines „normalen“ Aktionärs nicht hat. Dies legt nahe, dass auch die besondere Verantwortlichkeit des Gründerhintermanns im Sinne des § 46 Abs. 5 AktG gerade und nur auf diesen durch seinen Gründer vermittelten besonderen Möglichkeiten beruht.131 Den singulären Charakter von § 46 Abs. 5 AktG unterstreicht die Gesetzesgeschichte. Diese lässt nur den Schluss zu, dass sowohl § 39 Abs. 5 AktG 1937 als auch die Nachfolgenorm des § 46 Abs. 5 AktG nicht als Grundsatzentscheidung für den gesamten Bereich des Aktienrechts zu verstehen sind.132 Der Gesetzgeber des AktG 1937 begnügte sich damit, die Gleichstellung exklusiv für den Bereich der Gründerhaftung anzuordnen. Wäre er indes der Ansicht gewesen, dass der wirtschaftliche Aktionär dem juristischen Aktionär generell oder zumindest in weiteren Bereichen rechtlich gleichstehen soll, hätte es nahe gelegen, dies in einer Generalnorm festzuschreiben beziehungsweise die fraglichen Vorschriften
der Verallgemeinerungsfähigkeit von § 46 Abs. 5 AktG ferner (teils auch aus GmbHrechtlichen Gründen) Hach-Ulmer, GmbHG, § 2 Rn. 62; Kuhn, S. 94–102; Singhof/Seiler, S. 241 f.; Gruber, S. 235 ff.; Ehlke, DB 1985, 795. 128 OLG Köln, ZIP 1992, 1478, 1479 (IBH/Lemmerz); Körber, in: Bürgers/Körber, AktG, § 46 Rn. 3; MünchKommAktG-Peifer, § 183 Rn. 76; GroßkommAktG-Ehricke, § 46 Rn. 106; GHEK-Hefermehl/Bungeroth, § 183 Rn. 112; Schöne, EWiR 1992, 1151, 1152. 129 Vgl. GHEK-Hefermehl/Bungeroth, § 183 Rn. 112 („umfassende Fürsorgepflicht“ der Gründer). 130 So bereits in Art. 213a Abs. 2 ADHGB 1884. 131 Vgl. auch OLG Köln, ZIP 1992, 1478, 1479 und LG Mainz, WM 1989, 1053, 1060, die die entsprechende Anwendung von § 46 Abs. 5 AktG für offene Einlagen aus einer Kapitalerhöhung ablehnen, weil der Aktionär dort keine den Gründern vergleichbare organähnliche Stellung innehat. 132 So bereits Lehmann, S. 48; Kuhn, S. 98; vgl. ferner Gruber, S. 235.
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jeweils entsprechend zu ergänzen.133 Der Gesetzgeber brachte zudem selbst zum Ausdruck, dass es ihm mit der Gleichstellungsnorm allein um die Verstärkung des Gründungsschutzes geht: „Es soll durch diese Vorschrift den Versuchen, die Vorschriften über die Gründerhaftung durch Vorschiebung von Strohmännern zu umgehen, entgegengetreten werden.“134 Auch bei späteren Gesetzesnovellen, insbesondere bei der grundlegenden Neugestaltung des Aktiengesetzes durch das AktG 1965, sah der Gesetzgeber sich nicht zur Ausdehnung der Gleichstellung des wirtschaftlichen Aktionärs mit dem formalrechtlichen Aktionär auf weitere Bereiche veranlasst, obwohl die Verallgemeinerung des in § 46 Abs. 5 AktG normierten Gleichstellungsgedankens in der Rechtspraxis zunehmend Ablehnung erfuhr135. cc) Grundsätze der Gesetzesumgehung Mittels der Grundsätze der Gesetzesumgehung kommt die entsprechende Geltung von § 53a AktG in Betracht, wenn die AG dem Hintermann einen Vorteil zuwendet, der gesellschaftsintern an die Aktionäre nach dem Maß der jeweiligen Kapitalbeteiligung 136 zugeteilt wird137 [(1)]. Die Vorschrift bleibt indes unanwendbar, wenn die AG Vorteile gewährt, die unter Aktionären nach Köpfen zugewiesen werden [(2)].
133
Hier also durch eine entsprechende Ergänzung des § 53a AktG. Amtl. Begr. § 39 AktG 1937 bei Quassowski, S. 174; Klausing, S. 37; Ritter § 39 Rn. 9. Insbesondere wird dort auch nicht, wie andernorts (zB Begr. RegE § 136 AktG 1965 bei Kropff, S. 201), ausdrücklich der Klärung durch Wissenschaft und Rechtsprechung überlassen, ob die Norm ausdehnungsfähig ist. 135 Vgl. nicht zuletzt BGHZ 118, 107 ff. (Thyssen/Rheinstahl [GmbH]), wo die Haftung des Treugebers für offene Einlagen – anders als noch in BGHZ 31, 258 ff. (Lufttaxi) – nicht mehr auf § 46 Abs. 5 AktG gestützt wurde. 136 Die Kapitalbeteiligung bemisst sich grundsätzlich nach dem nominalen Umfang des Aktienbesitzes des Aktionärs (MünchKommAktG-Bungeroth, § 53a Rn. 10; Cahn/ Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a Rn. 10), also bei Nennbetragsaktien nach dem Verhältnis der Summe seiner Nennbeträge zum Gesamtnennwert des Grundkapitals, bei Stückaktien nach dem Verhältnis der Summe seiner Aktien zur Gesamtzahl der Aktien in der AG. Das Gesetz stellt teilweise aber auf den tatsächlich erbrachten Kapitaleinsatz ab, wenn die Einlagen in unterschiedlichem Maße geleistet sind, siehe §§ 60 Abs. 2, 134 Abs. 2, 271 Abs. 3 AktG. 137 Sog. zahlenmäßig abstufbare Rechte. Diese Rechte bilden, dem Charakter der AG als Kapitalgesellschaft entsprechend, den Hauptfall. Zu ihnen zählen neben dem Stimmrecht die Vermögensrechte wie etwa der Dividendenanspruch, der Anspruch auf den Liquidationsüberschuss (§ 271 AktG), das Bezugsrecht, das Andienungsrecht [siehe 4. Teil A. I. 3. a)] beim Erwerb und das Vorerwerbsrecht (siehe 4. Teil C. I. 3.) bei der Veräußerung eigener Aktien durch die AG. 134
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(1) Gleichbehandlung der Aktien Der Gleichbehandlungsgrundsatz gilt entsprechend, wenn die AG dem Hintermann eine Bar- oder Sachzuwendung macht und die dem Hintermann vorgeschaltete Aktie die causa dieser Zuwendung ist. Es liegt dann in Bezug auf § 53a AktG ein Umgehungssachverhalt vor; zugleich ist die Toleranzschwelle bei dieser Gesetzesumgehung überschritten. Hinsichtlich der zahlenmäßig abstufbaren Rechte erschöpft sich das mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz verfolgte Regelungsziel nicht in der Gleichbehandlung der Aktionäre durch die AG. Als „überschießendes“ – weil im Normtext des § 53a AktG unvollkommen zum Ausdruck gebrachtes – Regelungsziel besteht die Gleichbehandlung der Aktien durch die AG oder, wie stellenweise formuliert, die „Gleichheit der Aktien“138 vor der AG. Der zentrale Aspekt ist, dass die Aktie, nicht der Aktionär, das Objekt ist, auf das die zahlenmäßig abstufbaren Rechte zugeteilt werden. Für die quantitative Berechtigung des Aktionärs kommt es allein auf die Summe der von ihm gehaltenen, insoweit berechtigten139 Aktien an. Am deutlichsten kommt diese Zuteilungstechnik in § 12 Abs. 1 Satz 1 AktG für das Stimmrecht zum Ausdruck: „Jede Aktie gewährt das Stimmrecht.“ Die in § 53a AktG benannten Aktionäre sind somit nur mittelbar als die Inhaber der rechtsgewährenden Aktien von Bedeutung. Sind aber die Aktien die Bezugspunkte für die Zuweisung der zahlenmäßig abstufbaren Rechte, können auch allein die Aktien den tauglichen Maßstab, also die Richtschnur bilden, wenn es darum geht, ob die AG den Grundsatz der Gleichbehandlung hinsichtlich dieser Rechte wahrt. Diese Gleichbehandlung der Aktien ist nicht mehr gewahrt und ein Umgehungsfall gegeben, wenn die AG einem Hintermann mit Rücksicht auf die ihm vorgeschaltete Aktie einen Vorteil gewährt, der den Aktionären nach dem jeweiligen Maß der Kapitalbeteiligung zugewiesen wird. Im wirtschaftlichen Ergebnis gewährt dann nämlich diese Aktie einen Vorteil, den alle übrigen Aktien nicht gewähren. Die Gesellschaft behandelt die Aktien ungleich. Selbst bei einem Umgehungsfall kommt es aber nur dann zur Normausdehnung, wenn – als zweite Voraussetzung – die Gesetzesumgehung die Toleranzschwelle überschreitet. Es muss ein tatsächliches Bedürfnis dafür bestehen, der Norm über ihren unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus Geltung zu verschaffen. 138 MünchKommAktG-Bungeroth, § 53a Rn. 11; G/H/E/K-Hefermehl/Bungeroth, § 53a Rn. 8; Wiethölter, S. 120. 139 Die fehlende Berechtigung einer Aktie kann sich etwa daraus ergeben, dass die Einlagen auf die Aktie noch ausstehen oder sie – als Vorzugsaktie – generell kein Stimmrecht gewährt.
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Nach dieser Maßgabe ist die Toleranzschwelle nicht überschritten, wenn die AG einem Hintermann bei der Ausgabe neuer Aktien aus einer Kapitalerhöhung exklusive Erwerbschancen einräumt. Der Schutz der zurückgesetzten Aktien wird bereits durch unmittelbar anwendbares Recht sichergestellt: Die Einräumung exklusiver Erwerbschancen für den Hintermann macht für die AG einen Ausschluss des Bezugsrechts aus den zurückgesetzten Aktien erforderlich. Dieser Rechtsausschluss bedarf aber – neben eines entsprechenden Hauptversammlungsbeschlusses (§ 186 Abs. 3 AktG) – insbesondere auch der sachlichen Rechtfertigung140, die in ihren Anforderungen nicht hinter denen der sachlichen Rechtfertigung im Sinne des § 53a AktG zurückbleibt.141 Aus denselben Gründen ist die entsprechende Anwendung von § 53a AktG auch dann nicht geboten, wenn die AG den Hintermann bei der Ausgabe von Wandel-, Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechten bevorzugt (§§ 221 Abs. 4, 186 AktG). Auch bei einer Hintermannbegünstigung im Zuge der außerbörslichen Veräußerung eigener Aktien ist die Toleranzschwelle nicht überschritten, wenn man mit der vorzugswürdigen Ansicht sog. Vorerwerbsrechte der Aktionäre anerkennt, deren Ausschluss grundsätzlich ebenfalls nur nach Maßgabe des § 186 Abs. 3, 4 AktG entsprechend (einschließlich der zugehörigen Auslegungsgrundsätze) zulässig ist142. Überschritten ist die Toleranzschwelle dagegen, wenn die AG dem Hintermann mit Rücksicht auf die ihm vorgeschaltete Aktie eine Bar- oder Sachzuwendung macht: Schutzwürdige Interessen des Begünstigten, die gegen eine entsprechende Anwendung des § 53a AktG streiten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist sein Vertrauen nicht schutzwürdig, die nur aufgrund seiner mittelbaren Aktienbeteiligung und informell außerhalb des förmlichen Gewinnverteilungsverfahrens erhaltene Zuwendung dauerhaft behalten zu dürfen.143 Zugunsten der diskriminierten Aktien (und der dahinter stehenden Aktionäre) ist demgegenüber als durchgreifender Aspekt in die Abwägung einzustellen, dass der gleichbehand140 Grundlegend BGHZ 71, 40, 45 (Kali & Salz); siehe aber auch § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG. Ausführlich zur sachlichen Rechtfertigung MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rn. 71 ff.; speziell zum Bezugsrechtsausschluss für Aktieneinführung an ausländischen Börsen BGHZ 125, 239, 242 ff.; Bungert, WM 1995, 1 ff. Kritisch zum Maßstab der Sachkontrolle GroßkommAktG-Mülbert, 201 vor §§ 118–147, Mülbert, S. 310 ff. 141 MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rn. 80. 142 Zum Vorerwerbsrecht unten S. 185 ff. Ein Vorerwerbsrecht besteht dagegen nach zutreffender Ansicht unter keinen Umständen bei der börslichen Veräußerung eigener Aktien im Sinne des § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 4 AktG (Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19m; Paefgen, AG 1999, 67, 69). 143 § 53a AktG-widrige Maßnahmen der AG sind – abseits von Hauptversammlungsbeschlüssen, die anfechtbar sind – grundsätzlich unwirksam; nur im Ausnahmefall ist die AG zu aktiver Gleichbehandlung verpflichtet, siehe MünchKommAktG-Bungeroth, § 53a Rn. 28 f.; Hüffer, AktG, § 53a Rn. 12; KölnKommAktG-Lutter/Zöllner, § 53a Rn. 32 ff.
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
lungswidrige Zustand ohne die entsprechende Anwendung von § 53a AktG dauerhaft Bestand hätte.144 Selbst eine Vorstandshaftung gegenüber der AG gemäß § 93 AktG würde nur den Vermögensabfluss bei der AG kompensieren, nicht aber die vermögensmäßige Ungleichbehandlung der Aktien beheben. Die – auch nicht unmittelbar anwendbare – Verbotsnorm des § 57 AktG hat außer Betracht zu bleiben.145 Ansonsten drohte mit Blick auf § 53a AktG und § 57 AktG eine gegenseitige Blockade, die in eine dauerhafte Aufrechterhaltung des gleichbehandlungswidrigen Zustands mündete: In Bezug auf § 53a AktG wäre das Überschreiten der Toleranzschwelle mit Verweis auf eine entsprechende Anwendung von § 57 AktG nach den Grundsätzen der Gesetzesumgehung abzulehnen. Genauso wäre umgekehrt die entsprechende Geltung von § 57 AktG nach den Grundsätzen der Gesetzesumgehung mit einem Verweis auf die entsprechende Anwendbarkeit von § 53a AktG zu verneinen.146 (2) Gleichbehandlung der Aktionäre Wird der Hintermann durch einen Vorteil begünstigt, der in der AG nach Köpfen zugewiesen wird147, gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG nicht entsprechend. Mit Blick auf den Hintermann ist in diesem Zusammenhang wohl nur die Erteilung von Auskünften durch die AG von Bedeutung. Der entscheidende Gesichtspunkt ist, dass sich das mit § 53a AktG für die mitgliedschaftlichen Hilfsrechte verfolgte Regelungsziel in der Tat – wie im Normtext umfassend abgebildet – in der Gleichbehandlung der Aktionäre erschöpft. Hilfsrechte sind den Aktionären, nicht den von ihnen gehaltenen Aktien zugewiesen. Denn die Hilfsrechte stehen jedem Aktionär als Verbandsmitglied ohne Rücksicht auf das Maß seiner Beteiligung zu.148 Sind aber die Aktionäre die Bezugspunkte für die Zuweisung der Hilfsrechte, können auch allein die Aktionäre die Richtschnur bilden, wenn es hinsichtlich dieser Rechte um die Gleichbehandlungspflicht der AG geht. Eine Ungleichbehandlung der Aktionäre ist aber 144 Eine Umgehungsabsicht der Parteien ist nicht zwingende Voraussetzung der Grundsätze der Gesetzesumgehung (Benecke, S. 122, 127 ff.). Sie führt aber zur Aufwertung der Interessen an einer Normausdehnung bei der Frage, ob die Toleranzschwelle für die Umgehung überschritten ist. 145 Zur Anwendung von § 57 AktG nach den Grundsätzen der Gesetzesumgehung 3. Teil C. II. 4. 146 Für hiesiges Vorgehen spricht ferner, dass auch in direkten Anwendungsfällen § 57 AktG nicht durch einen Anwendungsvorrang § 53a AktG verdrängt, sondern Modifikationen sich erst auf der Rechtsfolgenseite des § 53a AktG ergeben (Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a Rn. 35; AnwKAktienR-Janssen, § 53a Rn. 30; MünchKommAktG-Bungeroth, § 53a Rn. 33; KölnKommAktG-Lutter/Zöllner, § 53a Rn. 38). 147 Sog. mitgliedschaftliche Hilfsrechte, etwa Teilnahmerecht, Rederecht (GroßkommAktG-Mülbert 153 vor §§ 118–147; Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a Rn. 17; aA KölnKommAktG-Lutter/Zöllner, § 243 Rn. 60) und Anfechtungsrecht. 148 Hüffer, AktG, § 53a Rn. 7.
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nicht gegeben, wenn ein Hintermann Informationen exklusiv erhält. Alle Aktionäre sind dann gleichermaßen benachteiligt. c) Schlussfolgerungen für die ADS-Inhaber Macht die AG einem ADS-Inhaber eine Bar- oder Sachzuwendung und bilden die dem ADS-Inhaber gemittelten Aktien die causa dieser Zuwendung, so gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG nach den Grundsätzen der Gesetzesumgehung zum Schutz der diskriminierten Aktien (Aktionäre) entsprechend.149 Denkbar ist auf Grundlage der untersuchten Depotverträge, dass die AG die Leistung mit Rücksicht auf das Stimmweisungsrecht des ADS-Inhabers oder auf ein dem ADS-Inhaber als Aktionärsvertreter überlassenes Hauptversammlungsrecht erbringt. Bei der entsprechenden Geltung von § 53a AktG bleibt es auch, wenn die Depotbank bei hinterlegten Namensaktien nicht als deren Inhaberin im Aktienregister geführt wird und so aus Sicht der AG die Aktien dem ADS-Inhaber nicht nur einfach, sondern mehrfach gemittelt werden. Entscheidend ist allein der Bezug der Zuwendung zum wirtschaftlichen Aktieneigentum des ADS-Inhabers. Auch im Fall von pre-release ADSs ist § 53a AktG entsprechend anwendbar, wenn die nach der depotvertraglichen Maßgabe bereits für diese ADSs vorbestimmten Aktien150 die causa der Zuwendung an den ADS-Inhaber sind. Klärungsbedürftig ist damit nur noch, wie in der Praxis der Zusammenhang zwischen der AG-Zuwendung und der wirtschaftlich-rechtlichen Nähe des ADSInhabers zu den Aktien nachgewiesen werden kann. Relativ deutlich zeigt sich der Zusammenhang, wenn die Zuwendung offen – also ohne Einkleidung in ein Verkehrsgeschäft – erfolgt. In diesem Fall dürfte aufgrund der Gesamtumstände eine (von der AG kaum) widerlegbare Vermutung dafür sprechen, dass die Leistung durch das wirtschaftliche Aktieneigentum des ADS-Inhabers motiviert war. Denkbar ist aber auch, dass die Zuwendung verdeckt151 erfolgt, also eingekleidet in ein Verkehrsgeschäft, das ein objektives Missverhältnis zwischen der Leistung der AG und der Gegenleistung des ADS-Inhabers ausweist. In diesem Fall dürfte regelmäßig zumindest noch ein Beweis des ersten Anscheins dafür streiten, dass ein Bezug der Leistung zur mittelbaren Gesellschafterstellung des ADS-Inhabers besteht. Immerhin hatte die AG die ihr im Depotvertrag eingeräumte Möglichkeit, in das ADS-Register Einsicht zu nehmen und sich über die ADS-Inhaber149 Zur parallel gegebenen entsprechenden Anwendbarkeit von § 57 AktG 3. Teil C. II. 4. c). 150 Das wirtschaftliche Eigentum an den fiduziarisch für die Depotbank zu haltenden Aktien ist bereits vor der ADS-Emission an die Depotbank zu übertragen, siehe 2. Teil A. II. 151 Vgl. zu § 57 AktG Hüffer, AktG, § 57 Rn. 8 ff.; GroßkommAktG-Henze, § 57 Rn. 35 ff.; Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 57 Rn. 19 ff.
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
schaft des Vertragspartners zu informieren. Zu ihrer Entlastung müsste die AG Umstände vortragen, die den Anschein erschüttern, dass das unausgewogene Geschäft auf der Aktienbeteiligung des Vertragspartners beruht. Der Einwand, die AG habe um die ADS-Inhaberschaft des Vertragspartners gar nicht gewusst, greift jedoch aufgrund des Einsichtsrechts der AG in das ADS-Register wohl nur durch, wenn die Einsichtnahme schuldlos unterblieb. Unanwendbar ist die Vorschrift des § 53a AktG dagegen, wenn ADS-Inhaber von der AG, etwa auf Grundlage US-amerikanischer Anlegerschutzvorschriften, weitergehende gesellschaftsbezogene Informationen erhalten als die Aktionäre.
VII. Zusammenfassung Der ADS-Inhaber wird entgegen vereinzelter Stimmen im Schrifttum nicht allein aufgrund seiner wirtschaftlichen Aktionärsstellung zum originären Träger bestimmter Vermögens- und Verwaltungsrechte. Er ist auf den ihm vorgeschalteten Aktionär angewiesen, dem diese Rechte stets als eigene zustehen. Auch aus der aktienrechtlichen Treubindung der AG kann der ADS-Inhaber keine eigene Rechtsposition zum Schutz seines wirtschaftlichen Aktieneigentums ableiten. Der ADS-Inhaber kann sich in keinem Fall selbst auf den Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG berufen. Aus der aktienrechtlichen Treubindung der Aktionäre erwachsen dem ADSInhaber keine eigenen Rechte. Der Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG ist zum Schutz der Aktionäre entsprechend anwendbar, wenn die AG einem ADS-Inhaber mit Rücksicht auf dessen mittelbare Gesellschaftsbeteiligung eine Bar- oder Sachzuwendung macht.
C. Gleichstellung in Bezug auf mitgliedschaftliche Pflichten gegenüber der AG Inwieweit der ADS-Inhaber gleich einem Aktionär eigene mitgliedschaftliche Pflichten gegenüber der AG innehat, steht im Mittelpunkt dieses Kapitels. In einem Fall (§ 20 AktG) ergibt sich die Gleichstellung der ADS-Inhaber mit Aktionären unmittelbar aus dem Gesetz (I.). In den übrigen Fällen bleibt nur eine Gleichstellung aus wirtschaftlich-normativen Gesichtspunkten denkbar (II.).
I. Gleichstellung kraft Gesetzes Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 AktG hat ein Unternehmen einer AG mit Sitz im Inland unverzüglich schriftlich mitzuteilen, sobald ihm mehr als der vierte Teil der Aktien dieser AG gehört. Zusätzliche Mitteilungspflichten sind in den Absät-
C. Gleichstellung in Bezug auf mitgliedschaftliche Pflichten
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zen 3 bis 5 bestimmt. Unternehmen im Sinne des § 20 AktG ist dabei auch dasjenige mit Sitz im Ausland.152 Für den ADS-Inhaber, der Unternehmen im Sinne des § 20 AktG ist153, sind zwei gesetzliche Zurechnungstatbestände relevant. Nach §§ 20 Abs. 1 Satz 2, 16 Abs. 4 Var. 2 AktG rechnen zu den Aktien, die dem Unternehmen gehören, auch die Aktien, die einem anderen für Rechnung des Unternehmens gehören.154 Ein solches Rechnungsverhältnis setzt voraus, dass das Unternehmen ein eigenes wirtschaftliches Risiko bezüglich der vom Dritten gehaltenen Aktien trägt.155 Es muss sich an wirtschaftlich nachteiligen Folgen aus den Aktien zum wesentlichen Teil156 beteiligen. Teilweise wird zusätzlich gefordert, dass der Dritte die Aktien für das Unternehmen zur Verfügung hält157 beziehungsweise dass das Unternehmen gegenüber dem Dritten sogar ein förmliches Weisungsrecht in Bezug auf die mitgliedschaftlichen Verwaltungsrechte innehat158. Alle diese Voraussetzungen liegen beim ADS-Inhaber vor.159 Dieser wendet den Erwerbspreis für die ADSs auf. Es geht zu seinen Lasten, wenn der Erlös aus der Veräußerung der ADSs hinter dem Erwerbspreis zurückbleibt und der Verlust auch nicht durch empfangene Dividenden kompensiert wird. Dem ADS-Inhaber steht zudem ein förmliches Stimmweisungsrecht gegenüber der Depotbank zu. Dies gilt auch im Sonderfall von pre-release ADSs, bei denen Aktien noch nicht beim Custodian hinterlegt, jedoch – nach depotvertraglicher Maßgabe160 – bereits für diese ADSs vorbestimmt sind. Denn nach den Verträgen besteht das Stimmweisungsrecht für alle ADSs, also auch für prerelease ADSs.161 Praktisch wird das Weisungsrecht bei pre-release ADSs durch die unbedingte Pflicht gewährleistet, die vorbestimmten Aktien unverzüglich, 152 Hüffer, AktG, § 20 Rn. 2; Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 20 Rn. 14; Nolte, in: Bürgers/Körber, AktG, § 20 Rn. 6; MünchKommAktG-Bayer, § 20 Rn. 6; KölnKommAktG-Koppensteiner, § 20 Rn. 25; Begr. RegE § 20 AktG 1965 bei Kropff, S. 39. 153 Zum Unternehmensbegriff etwa Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 20 Rn. 13 ff. 154 Klassischer Fall sind Treuhandverhältnisse, Hüffer, AktG, § 16 Rn. 12; Vedder, S. 155 f.; Röhler, S. 316. 155 Hüffer, AktG, § 16 Rn. 12; Vetter, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 16 Rn. 26; Fett, in: Bürgers/Körber, AktG, § 16 Rn. 11, 15; MünchKommAktG-Bayer, § 16 Rn. 47; Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, § 16 Rn. 22; GroßKommAktG-Windbichler, § 16 Rn. 27; KölnKommAktG-Koppensteiner, § 16 Rn. 17; MüHdbAG-Krieger, § 68 Rn. 27; Vedder, S. 121 ff., 150 ff. 156 Die vollständige Verlagerung der nachteiligen Folgen auf das Unternehmen ist nicht nötig, LG Hannover, ZIP 1992, 1236, 1240; Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, § 16 Rn. 22; MüHdbAG-Krieger, § 68 Rn. 27; noch großzügiger Vedder, S. 151. 157 Godin/Wilhelmi, AktG, § 16 Rn. 5; Janberg/Schlaus AG 1967, 33, 38. 158 LG Hannover, ZIP 1992, 1236, 1240. 159 Ebenso i. Erg. Röhler, S. 316 ff., Kullmann, in: von Rosen/Seifert, US-Kapitalmarkt, S. 167, Harrer/King, IStR 1999, 188, 191. 160 Siehe 2. Teil A. II. 161 Dies ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund plausibel, dass den im Umlauf befindlichen ADSs überhaupt nicht anzusehen ist, ob ihnen bereits Aktien zugrunde liegen oder nicht, siehe bereits 2. Teil A. II.
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
spätestens jedoch binnen – regelmäßig – 5 Tagen nach Aufforderung durch die Depotbank, zu hinterlegen und so die Grundlage für eine Weisungsausübung zu schaffen. Der sonach bestehenden Mitteilungspflicht des ADS-Inhabers nach § 20 AktG steht dabei weder entgegen, dass er keine Aktien der AG direkt hält162 noch dass schon der ihm vorgeschaltete Aktionär selbst mitteilungspflichtig ist163. Nach dem Zweck des § 20 AktG – der Offenlegung der wahren Machtverhältnisse in der AG164 – ist der ADS-Inhaber auch dann mitteilungspflichtig, wenn für die hinterlegten Aktien ein Legitimationsaktionär im Aktienregister der AG eingetragen ist, obwohl die Aktien dem ADS-Inhaber dann aus Sicht der AG mehrfach gemittelt werden.165 Entscheidend ist allein das Einflusspotential und die Risikotragung des ADS-Inhabers, die im Ergebnis von der Registereintragung unberührt bleiben. Bei Verstößen gegen die Mitteilungspflicht tritt ein zeitweiliger Rechtsverlust bei den Aktien nach Maßgabe des § 20 Abs. 7 AktG ein. Fraglich ist damit nur noch der Beginn des Fristlaufs166 beim schwellenrelevanten ADS-Erwerb. Hält man für ein Rechnungsverhältnis im Sinne des § 16 Abs. 4 AktG ein förmliches Weisungsrecht gegenüber dem Dritten für zwingend erforderlich, läuft die Frist nicht vor der Eintragung des ADS-Inhabers im ADSRegister der Depotbank, weil der ADS-Inhaber vorher im Verhältnis zur Depotbank noch nicht als ADS-Inhaber gilt und ihm so noch kein vertragliches Stimmweisungsrecht zusteht. Hält man dagegen die Übernahme des wirtschaftlichen Risikos durch das Unternehmen für ein Rechnungsverhältnis als ausreichend, beginnt die Frist schon ab dem Zeitpunkt der Übernahme des wirtschaftlichen Risikos durch den ADS-Inhaber. Für Letzteres spricht neben dem Normwortlaut der mit § 20 AktG verfolgte Regelungszweck, die Offenlegung der wahren Machtverhältnisse in der AG.167 Eine Veränderung der wahren Machtverhältnisse ist 162 Vgl. BGH, AG 2001, 47; KonzernR-Emmerich, § 20 Rn. 16; MüHdbAG-Krieger, § 68 Rn. 120. 163 Kullmann, in: von Rosen/Seifert, US-Kapitalmarkt, S. 167 und Harrer/King IStR 1999, 188, 191; vgl. ferner die heute hM (doppelte Mitteilungspflicht) BGHZ 114, 203, 217; BGH, AG 2001, 47; LG Hamburg, AG 2002, 525, 526; LG Berlin, AG 1998, 195, 196; Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 20 Rn. 16; Nolte, in: Bürgers/Körber, AktG, § 20 Rn. 9; Hüffer, AktG, § 20 Rn. 3; KonzernR-Emmerich, § 20 Rn. 16; MünchKommAktG-Bayer, § 20 Rn. 9; Sester, in: Spindler/Stilz, AktG, § 20 Rn. 9; GroßkommAktGWindbichler, § 20 Rn. 28; KölnKommAktG-Koppensteiner, § 20 Rn. 28; aA aus neuerer Zeit (nur Aktionärspflicht) Vonnemann, AG 1991, 352, 354. 164 Begr. RegE § 20 AktG 1965 bei Kropff, S. 38. 165 Vgl. Nolte, in: Bürgers/Körber, AktG, § 20 Rn. 8; MünchKommAktG-Bayer, § 67 Rn. 54 ff. (Mitteilungspflicht von Registeraktionär und materiell Berechtigtem); Sester, in: Spindler/Stilz, AktG, § 67 Rn. 16 (Pflicht nur des materiell Berechtigten). 166 Vgl. § 20 Abs. 1 Satz 1 AktG („unverzüglich“). 167 Im Ergebnis ebenso Vedder, S. 152.
C. Gleichstellung in Bezug auf mitgliedschaftliche Pflichten
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regelmäßig schon dadurch zu erwarten, dass ein Unternehmen das Verlustrisiko aus Aktien Dritter übernimmt. Das Unternehmen wird fortan – unabhängig von einem formalen Einflussrecht – bestrebt sein, sein Verlustrisiko durch Einflussnahme auf den Dritten zu steuern und zu minimieren. Zugleich ist nicht ausgeschlossen, dass der Dritte sich bei seiner Rechtsausübung (in vorauseilendem Gehorsam) faktisch den Interessen des Unternehmens unterordnet. Bei der schwellenrelevanten ADS-Veräußerung im Sinne des § 20 Abs. 5 AktG beginnt der Fristlauf dagegen wohl selbst dann erst mit der Löschung des Unternehmens aus dem ADS-Register, wenn das wirtschaftliche Risiko schon zuvor auf den Erwerber überging. Immerhin hat das Unternehmen bis zur Löschung noch ein eigenes Stimmweisungsrecht inne. Der zweite für ADS-Inhaber relevante Zurechnungstatbestand ist in § 20 Abs. 2 Nr. 1 AktG normiert. Demnach zählen auch diejenigen Aktien, deren Übereignung das Unternehmen verlangen kann, zu den Aktien, die dem Unternehmen gehören.168 Ein schlichter Übereignungsanspruch des Unternehmens, aufgrund dessen es einseitig die Übertragung der Aktien verlangen kann, ist ausreichend.169 Es genügt damit, dass der ADS-Inhaber auf Grundlage des Depotvertrags von der Depotbank die Herausgabe der hinterlegten beziehungsweise – im Fall von pre-release ADSs – für seine ADSs bereits vorbestimmten Aktien verlangen kann. Der Fristlauf bei einem schwellenrelevanten ADS-Erwerb beginnt dabei schon mit der Fälligkeit und Durchsetzbarkeit des ADS-Verschaffungsanspruchs gegenüber dem ADS-Veräußerer. Angesichts des Zwecks von § 20 Abs. 2 AktG, auch schon konkret geplante Beteiligungsverhältnisse an der AG offenzulegen, wenn sie den Umfang einer qualifizierten Schachtelbeteiligung erreichen170, dürfte es kein die Zurechnung störender Zwischenschritt sein, dass das Unternehmen vor der Geltendmachung des Aktienherausgabeanspruchs gegenüber der Depotbank zunächst den ADS-Verschaffungsanspruch gegenüber dem Veräußerer geltend machen muss. Die praktische Bedeutung der Mitteilungspflichten des § 20 AktG ist allerdings wegen der in Absatz 8 angeordneten Subsidiarität gegenüber den Mitteilungspflichten der §§ 21 ff. WpHG gering. Raum bleibt allein bei Gesellschaften, deren Aktien nur außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind.171 Dem Verfasser ist nur ein Fall aus der jüngsten Vergangenheit bekannt, in dem eine AG ein sponsored ADS-Programm unterhielt, ohne dass ihre Aktien zugleich – unmittelbar 168
§ 20 Abs. 2 AktG gilt nicht für die Mitteilungspflichten der Absätze 3 und 4. Nolte, in: Bürgers/Körber, AktG, § 20 Rn. 11; Hüffer, AktG, § 20 Rn. 4. 170 Vedder, S. 148. 171 Nolte, in: Bürgers/Körber, AktG, § 20 Rn. 2; siehe ferner Art. 1 Abs. 1 EG-TransparenzRiLi 2004. 169
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
oder mittelbar (etwa über ADSs) – zum Handel an einem organisierten Markt in Europa zugelassen waren.
II. Gleichstellung aufgrund wirtschaftlich-normativer Aspekte Inwieweit der ADS-Inhaber allein aufgrund seiner wirtschaftlichen Aktionärsstellung gleich einem juristischen Aktionär Mitgliedschaftspflichten gegenüber der AG innehat, ist Gegenstand der folgenden Ausführungen. Hinsichtlich der rechtlichen Grundlagen einer wirtschaftlich-normativen Sichtweise sei auf die bereits erfolgten Ausführungen verwiesen.172 Hier sind zunächst die für ADS-Inhaber relevanten Problemfelder zu bestimmen (1.). Die generelle Untauglichkeit von Gesetzes- und Rechtsanalogie für eine Gleichstellung im Pflichtenbereich ist darzulegen (2.); die nach Pflichtinhalten geordnete Untersuchung, ob die verbleibenden Rechtsmethoden eine Gleichstellung bewirken können, folgt (3.–7.). Am Ende des Abschnitts steht ein Exkurs zum Gleichbehandlungsgrundsatz (8.). 1. Die Problemfelder Im Hinblick auf ein aktionärsgleiches Pflichtenprogramm des ADS-Inhabers gegenüber der Gesellschaft bestehen einige Problemfelder: Die zentrale Pflicht im Rahmen der Kapitalaufbringung der AG ist die Pflicht der Aktionäre zur Erbringung von Einlagen in die Gesellschaft. Deren Existenz wird an mehreren Stellen des Aktiengesetzes, insbesondere in § 54 AktG, vorausgesetzt. An die nicht rechtzeitige Einzahlung der Einlagen anknüpfende Regelungen sind in § 63 Abs. 2, 3 AktG, § 64 Abs. 4 Satz 2 AktG (sog. Ausfallhaftung) und § 65 Abs. 1 Satz 1 AktG (sog. Vormannhaftung) normiert. Mit Blick auf ADS-Programme ist fraglich, ob neben dem (Register-)Aktionär173 auch der ADS-Inhaber direkt gegenüber der AG für noch offene Einlagen und Folgeansprüche aus den Aktien haftet, soweit diese seinen ADSs zugrunde liegen. Für die AG und ihre Gläubiger wäre eine Direkthaftung des ADS-Inhabers einmal bei geringer Finanzkraft des (Register-)Aktionärs von Interesse. Eine direkte Handhabe gegen den ADS-Inhaber hätte für die AG ferner, wenn die Depotbank auch ihr gegenüber als die Inhaberin der hinterlegten Aktien gilt, den Vorteil, dass sie einer direkten Konfrontation mit dem Pflichtigen, zu dem sie im 172
3. Teil B. I. Offene Einlageschulden gehen grundsätzlich auf den Erwerber der Aktien über, die Einlagepflicht des bisherigen Aktionärs endet, siehe nur Hüffer, AktG, § 54 Rn. 2, 4 mwN. Bei Inhaberaktien ist dies allerdings nur relevant, soweit sie unter Verstoß gegen § 10 Abs. 2 AktG ausgegeben wurden. 173
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Rahmen des sponsored Programm intensive Geschäftsbeziehungen unterhält, aus dem Weg gehen könnte. Nach § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG dürfen den Aktionären die Einlagen nicht zurückgewährt werden. In Absatz 3 ist ergänzend bestimmt, dass vor Auflösung der Gesellschaft unter die Aktionäre nur der Bilanzgewinn verteilt werden darf. Für die Aktionäre folgt daraus die Pflicht, eine Zuwendung der AG, die diesen Anforderungen nicht entspricht, zurückzuweisen. Ob auch den ADS-Inhaber in entsprechender Anwendung von § 57 AktG eine Zurückweisungspflicht bei Zuwendungen der AG treffen kann, wird zu klären sein. Röhler bejaht dies unter Heranziehung des Gleichstellungsgedankens des § 46 Abs. 5 AktG.174 Gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 AktG haben die Aktionäre Leistungen, die sie entgegen den Vorschriften dieses Gesetzes von der AG empfangen haben, an diese zurückzugewähren. Eine Befreiung tritt nur im Fall des gutgläubigen Dividendenempfängers (§ 62 Abs. 1 Satz 2 AktG) und nach Ablauf der Verjährungsfrist des § 62 Abs. 3 AktG ein. Insbesondere die Einrede der Entreicherung ist – anders als etwa im Rahmen der Rückabwicklung gemäß §§ 812 ff. BGB – generell nicht statthaft. Die Frage ist, ob auch der ADS-Inhaber dieser strengen Rückgewährpflicht des § 62 AktG unterliegt, wenn er von der AG – direkt oder indirekt (etwa über die Depotbank) – eine aktienrechtswidrige Leistung empfangen hat. Die aktienrechtliche Treupflicht der Aktionäre gegenüber der AG ist heute allgemein anerkannt.175 In ihrer unselbständigen Ausprägung hat die Treupflicht rechtsbegrenzende Funktion176 und äußert sich in der Pflicht des Aktionärs zur Rücksichtnahme auf das gemeinsame Interesse am wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft177. Das Maß der gebotenen Rücksichtnahme hängt in erster Linie davon ab, ob das Recht, um dessen Ausübung es geht, dem Aktionär im eigenen Interesse oder im Interesse der Gesellschaft verliehen ist178. Die AG179 kann vom 174
Röhler, S. 299 f. Grundlegend BGHZ 103, 184, 194 (Linotype) und BGHZ 129, 136, 142 ff. (Girmes); ferner etwa Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a Rn. 49; AnwKAktienRJanssen, § 53a Rn. 21. Die mitgliedschaftliche Treupflicht der Aktionäre ist zu unterscheiden von der organschaftlichen Treupflicht der Verwaltungsmitglieder. 176 Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a Rn. 38. 177 Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a Rn. 49 f. (dort auch zum weitergehenden Inhalt der Treupflicht der Aktionäre untereinander); ähnlich Hüffer, AktG, § 53a Rn. 19. 178 Sog. eigennützige Rechte (insbes. Vermögensrechte, Teilnahme-, Rede, Auskunfts- und Anfechtungsrecht) und gesellschaftsbezogene (uneigennützige) Rechte (insbes. Stimmrecht Hüffer, AktG, § 53a Rn. 16; kritisch Cahn/Senger, in; Spindler/ Stilz, AktG, § 53a Rn. 52; Henze, BB 1996, 489, 492 f.). Zu den Folgen der Differenzierung für das Maß der geschuldeten Rücksichtnahme neben den soeben Genannten etwa auch Armbrüster, S. 311 f. 179 Jedenfalls in Bezug auf treuwidriges Abstimmungsverhalten ist stets die AG aktivlegitimiert. Die Mitgesellschafter können nur unter den Voraussetzungen einer actio pro societate Klage erheben, siehe Mülbert, S. 241 f. 175
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
Aktionär die Unterlassung der treuwidrigen Rechtsausübung verlangen und notfalls auf gerichtlichem Weg durchsetzen, wenn sie rechtzeitig Kenntnis erlangt.180 Eine treuwidrige Rechtsausübung ist grundsätzlich unwirksam.181 Wird aber eine treuwidrige Stimmabgabe bei der Feststellung des Beschlussergebnisses mitgezählt, ist der Beschluss zwar wirksam, aber anfechtbar.182 Daneben kommt eine Schadensersatzpflicht des Aktionärs wegen Treupflichtverletzung in Betracht183, bei treuwidriger Stimmabgabe aber nach bestrittener Ansicht nur, soweit dem Aktionär Vorsatz zur Last fällt184 und der Schaden nicht durch eine Anfechtungsklage abwendbar war185. In seltenen Ausnahmefällen können aus der Treupflicht auch positive Handlungspflichten der Aktionäre folgen (selbständige Ausprägung der Treupflicht).186 Für ADS-Programme folgt daraus: Üben der (Register-)Aktionär der hinterlegten Aktien auf Weisung des ADS-Inhabers oder der ADS-Inhaber selbst als Aktionärsvertreter ein Mitgliedsrecht treuwidrig aus, ist die Handlung unwirksam und bei der mitgezählten treuwidrigen Stimmabgabe der Beschluss der Hauptversammlung anfechtbar. Unterbleibt eine rechtlich gebotene Stimmabgabe, kommt die Anfechtung des Beschlusses in Verbindung mit einer positiven Beschlussfeststellungsklage in Betracht.187 Alle diese Rechtsfolgen treten unabhängig von einer eigenen Treubindung des ADS-Inhabers gegenüber der AG ein. Klärungsbedürftig ist aber einmal, ob die AG aufgrund einer originären Treubindung des ADS-Inhabers direkt von diesem verlangen und gegebenenfalls gerichtlich durchsetzen kann, dass er von einer in einen Treupflichtverstoß mündenden Einflussnahme Abstand nimmt. Zu klären ist weiter, ob die AG nicht nur vom (Register-) Aktionär, sondern auch direkt vom ADS-Inhaber Schadensersatz für eine treu-
180 Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a Rn. 55; Lutter, ZHR 162 (1998), 164, 167. 181 Hüffer, AktG, § 53a Rn. 21. 182 BGHZ 142, 167, 169 f.; 103, 184, 193; Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a Rn. 56; Hüffer, AktG, § 53a Rn. 21. Der Geltungsgrund dieser materiellen Beschlusskontrolle ist organschaftlicher Natur, Mülbert, S. 232 ff. 183 Siehe nur Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a Rn. 57; Hüffer, AktG, § 53a Rn. 21. 184 BGHZ 129, 136, 162; Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a Rn. 58. 185 BGHZ 129, 136, 158 ff.; Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a Rn. 58; Zöllner/Winter, ZHR 158 (1994), 59, 73 f. mwN (Sperrwirkung des § 117 Abs. 7 Nr. 1 AktG). 186 Einzig relevant ist die positive Stimmpflicht des Aktionärs, wenn absehbar ist, dass ein Beschluss, auf den die AG oder Aktionäre dringend angewiesen sind und der seine schutzwürdigen Interessen nicht beeinträchtigt, ohne sein Mitwirken wegen Beschlussfähigkeits-/Mehrheitserfordernissen nicht zustande käme, siehe Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a Rn. 38; MünchKommAktG-Bungeroth, 23 v § 53a; GroßkommAktG-Henze/Notz, Anh § 53a Rn. 2; Henze, BB 1996, 489, 493. 187 Vgl. Volhard, in: Semler/Bärwaldt, § 14 Rn. 24 (Fn. 73).
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widrige Rechtsausübung begehren kann. Röhler kommt zu dem Ergebnis, dass keine eigene Treubindung der ADS-Inhaber besteht.188 Nach § 136 Abs. 1 Satz 1 AktG kann niemand für sich oder für einen anderen das Stimmrecht ausüben, wenn darüber Beschluss gefasst wird, ob er zu entlasten oder von einer Verbindlichkeit zu befreien ist oder ob die AG gegen ihn einen Anspruch geltend machen soll. Für Aktien, aus denen der Aktionär nach Satz 1 das Stimmrecht nicht ausüben kann, kann nach Satz 2 das Stimmrecht auch nicht durch einen anderen ausgeübt werden. Stimmabgaben unter Verstoß gegen § 136 Abs. 1 AktG sind nichtig (§ 134 BGB). Werden die Stimmen dennoch bei der Feststellung des Beschlussergebnisses mitgezählt, ist der Beschluss anfechtbar189 und kann, wenn ein Beschlussantrag abgelehnt wurde, mit einer positiven Beschlussfeststellungsklage verbunden werden190. Daneben kommt eine Schadensersatzpflicht des Abstimmenden gegenüber der AG nach §§ 823 Abs. 2 BGB, 136 AktG und § 826 BGB191 sowie die Ahndung als Ordnungswidrigkeit (§ 405 Abs. 3 Nr. 5 AktG) in Betracht. Weitere Stimmverbote sind in § 142 Abs. 1 AktG – einem Sonderfall des § 136 Abs. 1 AktG192 – normiert. Mit Blick auf ADS-Programme gilt damit: Liegt ein Ausschlussgrund in der Person des (Register-)Aktionärs vor, darf er das Stimmrecht aus den hinterlegten Aktien weder selbst noch durch einen Bevollmächtigten (einschließlich ADS-Inhaber) ausüben, selbst wenn der Bevollmächtigte bei der Abstimmung freie Hand hat.193 Liegt der Ausschlussgrund beim ADS-Inhaber vor, darf er zumindest nicht als Aktionärsvertreter an der Abstimmung teilnehmen (§ 136 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AktG). Fraglich ist aber, ob dem ADS-Inhaber in diesem Fall in entsprechender Anwendung von § 136 Abs. 1 Satz 2 AktG auch untersagt ist, sein Stimmweisungsrecht gegenüber der Depotbank auszuüben. Röhler bejaht dies unter Verweis auf den bestimmenden Einfluss des ADS-Inhabers auf die Ausübung des Stimmrechts.194 Bei schuldhaftem Verstoß wäre der ADS-Inhaber dann nach 188
Röhler, S. 280 ff. Willamowski, in: Spindler/Stilz, AktG, § 136 Rn. 10; AnwKAktienR-Pluta, § 136 Rn. 21; MünchKommAktG-Schröer, § 136 Rn. 53. Unabdingbare Voraussetzung ist die sog. potentielle Kausalität zwischen dem Feststellungsfehler und dem Beschlussergebnis, Hüffer, AktG, § 243 Rn. 19 mwN. 190 BGHZ 76, 191; 97, 28, 30; MünchKommAktG-Schröer, § 136 Rn. 53; MüHdbAG-Semler, § 38 Rn. 37; Schmidt, AG 1980, 169. 191 MünchKommAktG-Schröer, § 136 Rn. 54; Hüffer, AktG, § 136 Rn. 24; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 136 Rn. 32. Ersatzfähiger Schaden der AG sind dabei aber nicht, wie oft behauptet, die Kosten für die erneute Abstimmung, soweit eine mit der Anfechtungsklage verbundene positive Beschlussfeststellungsklage erfolgreich ist. Ersatzfähig können aber die Prozesskosten sein, die die AG als Beklagte dem erfolgreichen Anfechtungskläger zu erstatten hat (so auch MüHdbAG-Semler, § 38 Rn. 37). 192 So etwa Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 34 Rn. 103. 193 Vgl. LG Köln, ZIP 1998, 153, 154; MünchKommAktG-Schröer, § 136 Rn. 27; Fischer, NZG 1999, 192, 193. 194 Röhler, S. 279. 189
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§§ 823 Abs. 2, 826 BGB haftbar.195 Zugleich könnte wegen des Interessenkonflikts des ADS-Inhabers – praktisch mindestens ebenso bedeutsam – auch das Stimmrecht des (Register-)Aktionärs aus den fraglichen Aktien ausgeschlossen sein. 2. Generell nicht zielführende Methoden: Gesetzes- und Rechtsanalogie Mittels einer Gesetzesanalogie [a)] oder einer Rechtsanalogie [b)] lässt sich die erwogene rechtliche Gleichstellung von ADS-Inhabern mit Aktionären aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten in Bezug auf mitgliedschaftliche Pflichten gegenüber der AG generell nicht herstellen. Dies gilt, wie sich sogleich erweisen wird, unabhängig von den Inhalten und Besonderheiten der einzelnen Mitgliedspflichten. a) Gesetzesanalogie Eine Gesetzesanalogie vermag die Gleichstellung nicht zu leisten, weil die hierfür erforderliche normative Ähnlichkeit der zu klärenden Fälle mit den hier interessanten, durch aktienrechtliche Vorschriften196 geregelten Konstellationen zwischen den Aktionären und ihrer AG nicht in hinreichendem Maße gegeben ist. Bei diesem Vergleich ist, da Erörterungsgegenstand die Zuweisung gesellschaftsrechtlich fundierter Pflichten ist, die normative Ähnlichkeit des möglichen Pflichtenträgers – dem ADS-Inhaber – mit dem rechtstatsächlichen Pflichtenträger – dem Aktionär – im Hinblick auf die relevanten Pflichten von zentraler Bedeutung. Dass der ADS-Inhaber als lediglich wirtschaftlicher Aktionär, anders als der juristische Aktionär, formalrechtlich nicht Mitglied des Gesellschaftsverbands ist und damit nicht an der gesellschaftsrechtlichen Sonderverbindung zur AG teilnimmt, erweist sich als das entscheidende Unterscheidungsmerkmal. Die rechtliche Relevanz der Mitgliedstellung folgt zunächst aus den Grundsätzen der Privatautonomie und der mittelbaren Stellvertretung. Die Privatautonomie berechtigt den Einzelnen, Rechte und Pflichten zu begründen, zu ändern und aufzuheben197, beziehungsweise in ihrer negativen Ausprägung, Entsprechendes zu unterlassen. Das Innehaben der Mitgliedschaft ist Resultat ausgeübter Privatautonomie.198 Der Aktionär entschied sich für die Begründung einer Verbands195 Die Ahndung als Ordnungswidrigkeit (§ 405 Abs. 3 Nr. 5 AktG) scheidet dagegen aus (Art. 103 Abs. 2 GG). 196 Eine Ausnahme gilt nur für die nicht kodifizierte aktienrechtliche Treupflicht, die anerkanntes Richterrecht ist. 197 Heinrichs, in: Palandt, BGB, 1 vor § 104. 198 Ebenso Mülbert/Leuschner, ZHR 170 (2006), 615, 642; Habersack, S. 16 f., 20, 53, 110. Verfassungsrechtlich ist die privatautonome Investitionsentscheidung des Gesellschafters durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützt (vgl. überzeugend Mülbert/Leuschner,
C. Gleichstellung in Bezug auf mitgliedschaftliche Pflichten
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zugehörigkeit und für die Wahrnehmung der daraus resultierenden Rechte und Pflichten direkt gegenüber der Gesellschaft. Genauso ist aber auch das Halten einer nur mittelbaren Gesellschafterstellung Resultat ausgeübter Privatautonomie.199 Der Hintermann entschied sich für eine nur mittelbare Teilhabe am Gesellschaftsgeschehen, zugleich aber auch gegen eine unmittelbare Verbandszugehörigkeit und die daraus entspringenden Rechte und Pflichten direkt gegenüber der AG. Somit würde das Prinzip der Privatautonomie unzulässig ignoriert, wenn man den Entschluss des Hintermanns zur nur mittelbaren Gesellschaftsbeteiligung unberücksichtigt ließe, indem man ihn in Bezug auf Mitgliedspflichten allein aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse ohne jegliche Abstufung als stets einem Aktionär gleich erachtet. Zugleich blieben die anerkannten Rechtswirkungen der mittelbaren Stellvertretung außer Acht, wonach zwischen dem Vertretenen und dem Vertragspartner des Vertreters keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen bestehen.200 Dies bedeutet freilich nicht, dass die Privatautonomie und die Rechtswirkungen der mittelbaren Stellvertretung unantastbar sind. Durchbrechungen sind sehr wohl bei sachlicher Rechtfertigung zulässig. Die Frage ist dann allerdings nicht mehr, wie sie sich bei der Gesetzesanalogie stellt, ob der wirtschaftliche Aktionär dem juristischen Aktionär wertungsmäßig gleich ist. Die Frage lautet dann vielmehr, inwieweit ein wirtschaftlicher Aktionär – aus bestimmten Gründen – einem Aktionär gleichzusetzen ist.201 Weiterer Beleg für die normative Relevanz der beim ADS-Inhaber fehlenden Verbandsmitgliedschaft im Hinblick auf die Zuweisung von Mitgliedspflichten im Gesellschaftsverband ist obiges Untersuchungsergebnis, wonach die mitgliedschaftlichen Rechte in und gegenüber der AG – vorbehaltlich einer gesetzlichen Zuweisung – nur den juristischen Aktionären als den Inhabern der Mitgliedschaft als eigene zustehen.202 Hintergrund ist die Funktion der Mitgliedsrechte, die ansonsten leere Rechtshülse „Mitgliedschaft“ inhaltlich mit Leben auszufüllen. Nun wäre zwar der Schluss verfehlt, dass zwangsläufig auch Mitgliedspflichten allein die Aktionäre treffen können. Im Unterschied zu den Mitgliedsrechten dienen die Mitgliedspflichten nämlich nicht der Verwirklichung der Mitgliedschaft, sondern dem Schutz anderer Personengruppen wie etwa der Gruppe der Gesellschaftsgläubiger. Aus der exklusiven Zuordnung der Mitgliedsrechte zum Mitglied lässt sich aber zumindest als Grundausrichtung entnehmen, dass auch die Mitgliedspflichten gegenüber der AG in allererster Linie zu den Angelegenheiten des Mitglieds zählen. Nichts anderes ist wohl gemeint, wenn der BGH die Mitgliedschaft ZHR 170 (2006), 615 ff.; aA BVerfGE 14, 263, 277 f. [Mitgliedschaft als „gesellschaftsrechtlich vermitteltes Eigentum“ im Sinne des Art. 14 GG]). 199 Auch die privatautonome Entscheidung des Gesellschafterhintermanns unterfällt dem Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG. 200 Vgl. zu diesem Aspekt auch Henn, Alexandra, S. 75 f., 79 f.; Kuhn, S. 92 ff. 201 Diese Frage stellt sich bei den Grundsätzen der Gesetzesumgehung. 202 3. Teil B. V. 1. b).
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
als eine „in sich abgestimmte Einheit von Rechten, Pflichten und Verantwortung“ 203 beschreibt. Andernorts ist von der „Relativität des gesellschaftsrechtlichen Zusammenschlusses“ 204 die Rede. Gerade dieses Zusammenspiel von Mitgliedsrechten und Mitgliedspflichten beziehungsweise von Mitgliedschaft und Mitgliedspflichten würde aber grundlegend verkannt, würde man für die Zuweisung von Mitgliedspflichten gegenüber der AG generell dem Umstand keine Bedeutung zumessen, dass der wirtschaftliche Aktionär keine eigene Mitgliedschaft in der AG hält. Endlich würde der dem Aktienrecht zugrunde gelegte formalrechtliche Aktionärsbegriff205 systemwidrig umfunktioniert zu einem wirtschaftlich-funktionalen, wenn man bei der Zuweisung von Mitgliedspflichten gegenüber der AG wertungsmäßig keine Abstufung zwischen einem rechtlichem Verbandsmitglied und einem bloß wirtschaftlichen Aktionär vornähme. Im wirtschaftlichen Ergebnis wäre neben dem rechtlichen stets auch der wirtschaftliche Aktionär tauglicher Adressat der Mitgliedspflichten. Die stellenweise befürchtete Aufweichung der objektiv-rechtlichen Ausprägung des Gesellschaftsrechts206 realisierte sich in breitem Umfang.207 b) Rechtsanalogie Mit einer Rechtsanalogie lässt sich die Gleichstellung von ADS-Inhabern mit Aktionären im Pflichtenprogramm gegenüber der AG generell nicht bewirken, insbesondere nicht unter Rückgriff auf § 46 Abs. 5 AktG, wonach für den Gründungshergang neben den Gründern in gleicher Weise die Personen verantwortlich sind, für deren Rechnung die Gründer Aktien übernommen haben. Den doch recht zahlreichen Stimmen im Schrifttum, die – insbesondere bezüglich § 57 AktG und § 62 AktG – § 46 Abs. 5 AktG zur Begründung der Gleichstellung 203 BGHZ 129, 136, 148 (zur Treupflicht des Stimmrechtsbevollmächtigten). Vgl. ferner Armbrüster, S. 175 („Mitgliedschaft als de[r] Inbegriff der Rechtsbeziehungen eines Gesellschafters“). 204 Armbrüster, S. 378; vgl. auch Tebben, S. 388 (zum sog. Trennungsgrundsatz). 205 Siehe bereits Einleitung 3. Teil. 206 U. a. Köhl, GmbHR 1998, 119, 123–125. 207 Insbesondere mit Blick auf die Kapitalaufbringungspflicht schlägt eine Gesetzesanalogie überdies fehl, weil handfeste Gründe für die Annahme streiten, dass der Gesetzgeber, was vom Rechtsanwender grundsätzlich zu respektieren ist, wirtschaftliche Aktionäre bewusst keiner aktionärsgleichen Verantwortlichkeit für die Kapitalaufbringung der AG unterwarf (sog. „beredtes Schweigen“, Larenz, S. 370). So sind in § 64 Abs. 4 Satz 2 AktG (Kaduziertenhaftung) und in § 65 Abs. 1 Satz 1 AktG (Vormannhaftung) Fälle normiert, in denen Nichtaktionäre direkt gegenüber der AG für ausstehende Einlagen haften. Für wirtschaftliche Aktionäre sah der Gesetzgeber dagegen keine entsprechende Regelung vor, obwohl ihm – was die Norm des § 36 Abs. 5 AktG 1937 (heute § 46 Abs. 5 AktG) belegt, wonach wirtschaftliche Gründer den juristischen Gründern in Bezug auf die Gründerhaftung gleichstehen – das Modell des bloß wirtschaftlichen Aktionärs seit langem durchaus bekannt ist.
C. Gleichstellung in Bezug auf mitgliedschaftliche Pflichten
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von wirtschaftlichen mit rechtlichen Aktionären heranziehen208, ist nicht zu folgen. Der Gleichstellungsgedanke des § 46 Abs. 5 AktG ist generell nicht verallgemeinerungsfähig. Die Vorschrift ist – insbesondere wegen der unterschiedlichen Rechtspositionen, die Gründerhintermann und „normaler“ Aktionärhintermann gegenüber der (noch werdenden) AG einnehmen – eine gründungsspezifische Sonderbestimmung.209 Selbst wenn man entgegen hiesiger Ansicht die Vorschrift grundsätzlich für verallgemeinerungsfähig hielte, so passte der Gleichstellungsgedanke zumindest nicht auf die vorliegenden Fälle. Es fehlte die erforderliche Basis für die Heranziehung des Rechtsgedankens, weil die hier in Rede stehenden mitgliedschaftlichen Pflichten allesamt keine mit der Gründerhaftung des § 46 AktG gemeinsame Schutzrichtung aufweisen. Mit der Gründerhaftung ist entgegen verbreiteter Ansicht210 ausschließlich der Schutz der zukünftigen Aktionäre vor bereits im Gründungsstadium finanzmaroden Schwindelunternehmen bezweckt (Publikumsschutz).211 Insbesondere der Schutz der Gesellschaftsgläubiger ist dort ein bloßer Rechtsreflex. So heißt es in der „Allgemeinen Begründung“ zu Art. 213a ADHGB 1884 zu den Motiven für die Einrichtung der Gründerhaftung: „Die Ansprüche der ersten Aktienerwerber oder Zeichner212 gegen ihre Kontrahenten oder diejenigen, welche man als Gründer, Projektanten oder Emittenten ansehen konnte, bestimmten sich lediglich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Gewährleistung oder über Ersatzpflicht außerkontraktlichen Schadens. Diese ausschließliche Unterwerfung besonders gearteter Verhältnisse unter die Regeln des allgemeinen Rechts hat sich als völlig unzureichend erwiesen.“ 213 208 Zu § 57 AktG MünchKommAktG-Bayer, § 57 Rn. 60; GroßkommAktG-Henze, § 57 Rn. 81; G/H/E/K-Hefermehl/Bungeroth, § 57 Rn. 25; KölnKommAktG-Lutter, § 57 Rn. 42, 73; Bommert, S. 115 f.; Kahlert, S. 194 ff.; Röhler, S. 299 f.; wohl auch Eden, S. 70; Canaris, in: FS R. Fischer, 31, 40 f. Zu § 62 AktG Canaris, in: FS R. Fischer, 31, 40 f.; MünchKommAktG-Bayer, § 62 Rn. 17 f.; Cahn, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 62 Rn. 15; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 62 Rn. 14; KölnKommAktG-Lutter, § 62 Rn. 12 f.; § 57 Rn. 42; GroßkommAktG-Hefermehl/Bungeroth, § 62 Rn. 20; G/H/E/K-Hefermehl/Bungeroth, § 62 Rn. 20; Kahlert, S. 196 ff.; Bommert, S. 115 f.; Riedel, S. 229; Eden, S. 70; zurückhaltender Hüffer, AktG, § 62 Rn. 5. 209 Siehe oben 3. Teil B. VI. 2. b) bb) mwN. 210 Siehe etwa Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 46 Rn. 1; GroßkommAktGEhricke, § 46 Rn. 6; MünchKommAktG-Pentz, § 46 Rn. 5 (Schutz der zukünftigen Aktionäre und der Gesellschaftsgläubiger). 211 So auch Lehmann, S. 45; Gruber, S. 233, vgl. ferner BGHZ 64, 52, 57 (Schutz des Rechtsverkehrs vor Gründungsschwindel). 212 Als „Zeichner“ wurden die Personen bezeichnet, die im Zuge einer Sukzessivgründung die Aktien erwarben, die nicht schon von den Gründern übernommen waren, siehe Allgem. Begr. bei Schubert/Hommelhoff, S. 437. 213 Allgem. Begr. bei Schubert/Hommelhoff, S. 447 f.
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
In demselben Sinn heißt es weiter unten: „In der verflossenen Zeit der Gründungen war der Hauptschaden wesentlich dadurch veranlasst, daß das Publikum durch hochtönende Namen angezogen wurde, deren Träger mit der Gründung keine Verantwortung zu übernehmen glaubten.“ 214 Für die ausschließlich auf das Anlegerpublikum bezogene Schutzrichtung der Gründerhaftung spricht ferner, dass der Gesetzgeber in Art. 213d Satz 1 ADHGB 1884 bestimmte, dass die Gesellschaft erst nach Ablauf von drei Jahren seit Eintragung des Gesellschaftsvertrages in das Handelsregister und nur mit Zustimmung der Generalversammlung auf die Ersatzansprüche verzichten beziehungsweise zum Gegenstand eines Vergleichs machen darf.215 Eine ganz ähnliche Regelung findet sich auch heute noch in § 50 Satz 1 AktG. Lägen Gesellschaftsgläubiger innerhalb des Schutzbereichs der Gründerhaftung, wäre nicht nachvollziehbar, warum die AG überhaupt beziehungsweise ohne Mitsprache ihrer Gläubiger auf Ersatzansprüche im Sinne des § 46 AktG verzichten kann. So hat der Gesetzgeber in § 66 Abs. 1 Satz 1 AktG unmissverständlich zum Schutz der Gesellschaftsgläubiger angeordnet, dass ein Aktionär von seinen Einlagenpflichten nicht befreit werden kann, und zwar auch nicht durch die Zustimmung der übrigen Aktionäre.216 Die hier in Rede stehenden mitgliedschaftlichen Pflichten dienen demgegenüber dem Schutz anderer Personenkreise. Die Kapitalaufbringungspflicht dient dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger.217 Im Rahmen von § 57 AktG ist der Schutz möglicher zukünftiger Aktionäre ein reiner „kapitalmarktrechtlicher Ne214 Allgem. Begr. bei Schubert/Hommelhoff, S. 449 mit weiteren Belegstellen. Nur in einem Satz wird – und dies auch lediglich beiläufig - erwähnt, dass auch Gesellschaftsgläubiger durch Gründungsschwindel geschädigt sein können. 215 § 213d Satz 1 ADHGB 1884: „Vergleiche oder Verzichtsleistungen, welche die der Gesellschaft aus der Gründung zustehenden Ansprüche gegen die in Gemäßheit der Artikel 213a bis 213c verpflichteten Personen betreffen, sind erst nach Ablauf von drei Jahren seit Eintragung des Gesellschaftsvertrages in das Handelsregister und nur mit Zustimmung der Generalversammlung zulässig; sie sind unzulässig, soweit in der Versammlung eine Minderheit, deren Antheile den fünften Theil des Grundkapitals darstellen, Widerspruch erhebt.“ 216 Weiterer Beleg für hiesige Ansicht ist § 93 AktG, der zum Schutz der Gesellschafter und der Gesellschaftsgläubiger die Haftung der Vorstandsmitglieder gegenüber der AG wegen Pflichtverstößen regelt. In § 93 Abs. 4 Satz 1 und 3 AktG ist zwar bestimmt, dass die Ersatzpflicht gegenüber der AG nicht eintritt, wenn die Handlung auf einem gesetzmäßigen Beschluss der Hauptversammlung beruht, und dass die AG mit Zustimmung der Hauptversammlung drei Jahre nach der Entstehung des Anspruchs auf Ersatzansprüche verzichten oder sich über sie vergleichen darf. Zugleich ist aber – zum Schutz der Gesellschaftsgläubiger – in § 93 Abs. 5 Satz 3 AktG geregelt, dass den Gläubigern gegenüber die Ersatzpflicht weder durch einen Verzicht oder Vergleich der AG noch dadurch aufgehoben wird, dass die Handlung auf einem Beschluss der Hauptversammlung beruht. 217 Allgem. Meinung, statt aller Hüffer, AktG, § 1 Rn. 11.
C. Gleichstellung in Bezug auf mitgliedschaftliche Pflichten
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beneffekt“218. Es wird zwar stellenweise vertreten, dass durch § 57 AktG auch potentielle Kapitalanleger geschützt werden.219 Ein Anhaltspunkt im Gesetz oder wenigstens in den Unterlagen der Gesetzgebungsverfahren für einen solch weitreichenden Schutz ist allerdings nicht ersichtlich. Dies wiegt umso schwerer, als Aktienrecht Verbandsrecht ist und sich daher grundsätzlich nur mit der Binnenstruktur der AG befasst.220 Auch die Haftungsnorm des § 62 AktG zielt nicht auf den Schutz zukünftiger Aktionäre ab.221 Die aktienrechtliche Treupflicht und die Stimmverbotsvorschrift des § 136 AktG dienen dem Schutz der gegenwärtig in der AG befindlichen Mitgesellschafter vor treuwidrigem Verhalten und vor der Durchsetzung von Sonderinteressen. Diese Verschiedenheit von Gründerhaftung einerseits und der in Rede stehenden Mitgliedspflichten andererseits hinsichtlich der Schutzrichtungen ist wesentlich. Zöge man dennoch für die Mitgliedspflichten den Gleichstellungsgedanken des § 46 Abs. 5 AktG heran, käme dies der Aussage gleich, dass der wirtschaftliche Aktionär dem juristischen Aktionär zum Schutz der Gesellschaftsgläubiger beziehungsweise der Mitgesellschafter gleichzustellen ist, weil er diesem auch zum Schutz der zukünftigen Aktionäre gleichgestellt ist. Ein solcher Zusammenhang zwischen dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger beziehungsweise der Mitgesellschafter einerseits und dem Schutz zukünftiger Aktionäre andererseits lässt sich aber anhand der Vorschriften und Wertungen des Aktiengesetzes nicht festmachen. 3. Kapitalaufbringungspflicht Die Frage ist zunächst, ob der ADS-Inhaber auf Grundlage der für eine wirtschaftlich-normative Sichtweise verbleibenden Rechtsmethoden wie ein Aktionär für die Kapitalaufbringung der AG haftet.
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So treffend MünchKommAktG-Bayer, § 57 Rn. 3. GroßkommAktG-Henze, § 57 Rn. 7; KölnKommAktG-Lutter, § 57 Rn. 2. 220 Lüken, S. 50 (dort ausführlich zum Spannungsverhältnis zwischen Aktien- und Kapitalmarktrecht). Dem steht nicht entgegen, dass der Aktionär eine hybride, weil sowohl verbands- als auch anlegerbezogene Elemente umfassende, Rechtsstellung innehat (Mülbert, S. 76 ff. und GroßkommAktG-Mülbert, 191 ff. vor §§ 118–147). Mit der Betonung anlegerbezogener Elemente wird zum Ausdruck gebracht, dass sich die aktiengesetzlichen Schutzregeln auf den Schutz der Vermögensposition des gegenwärtigen Aktionärs, nicht seiner Mitverwaltungsrechte, konzentrieren. Damit ist aber nicht gemeint, dass sich die Schutzwirkung der Regelungen auch auf zukünftige Aktionäre erstreckt. 221 Der Schutz des anlagesuchenden Publikums ist hier ebenfalls nur Schutzreflex. Selbst Zimmerling, S. 131, der die Schutzrichtung von § 62 AktG wohl am weitesten ausdehnt, zeigt sich gegenüber einer solch weitreichenden Schutzrichtung von § 62 AktG zurückhaltend. Zu den Schutzzielen des § 62 AktG im Einzelnen unten 3. Teil C. II. 5. b). 219
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
In Rechtsprechung und Schrifttum beurteilt man die Verantwortlichkeit des Hintermanns für die Kapitalaufbringung der Gesellschaft gegensätzlich [a)]. Aus hiesiger Sicht kommt eine Direkthaftung des Aktionärhintermanns nur im engen Ausnahmefall in Betracht [b)]. Eine aktionärsgleiche Verantwortlichkeit des ADS-Inhabers gegenüber der AG scheidet praktisch fast aus [c)]. a) Das Meinungsbild in vergleichbaren Fällen Höchstgerichtliche Entscheidungen zur Direkthaftung von Aktionärhintermännern gegenüber der AG ergingen, soweit ersichtlich, bislang nicht. Instanzgerichte lehnten bereits wiederholt eine Haftung des Treugebers für offene Einlagen aus einer effektiven Kapitalerhöhung ab.222 Die Hintermannverantwortlichkeit für die Kapitalaufbringung der GmbH bejahte der BGH indes bereits mehrfach.223 Wurde die haftungsrechtliche Gleichstellung im Lufttaxi-Urteil224 aus dem Jahr 1959 auch noch mit dem Gleichstellungsgedanken des § 46 Abs. 5 AktG225 begründet, beruft der BGH sich später, im Thyssen Rheinstahl-Urteil, allein noch auf die Notwendigkeit, im Interesse des Gläubigerschutzes für eine wirksame und praktikable Aufbringung und Erhaltung des Haftungsfonds der Gesellschaft zu sorgen. Dieses Interesse wäre wegen der schuldrechtlichen Einwendungen des Treugebers aus dem Treuhandverhältnis sowie der Verdoppelung der Prozesse und Zwangsvollstreckungen nicht in gleich effektiver Weise gewahrt, würden die Gläubiger der Gesellschaft darauf verwiesen, mögliche Befreiungsansprüche des Vordermannes gegen seinen Hintermann geltend zu machen. Wer einen anderen statt seiner formalrechtlich zum Gesellschafter mache, gleichzeitig aber die mit der Gesellschafterstellung verbundenen Rechte und wirtschaftlichen Vorteile für sich reserviere, müsse grundsätzlich auch die mit der Gesellschafterstellung verbundene Verantwortung für eine ordnungsgemäße Finanzierung der Gesellschaft auf sich nehmen. Dies führe nicht dazu, verbandsfremde Personen wie Gesellschafter für die Finanzierung der Gesellschaft verantwortlich zu machen. Es gehe vielmehr darum, bezüglich ganz
222 OLG Köln, ZIP 1992, 1478, 1479; LG Mainz, WM 1989, 1053, 1060 (Haftung der Muttergesellschaft für Einlagenschuld einer 100 %-Tochter). Der Heranziehung des Gleichstellungsgedankens des § 46 Abs. 5 AktG wurde dabei jeweils ausdrücklich eine Absage erteilt. 223 BGHZ 118, 107, 110–116 (Thyssen Rheinstahl; aA Vorinstanz OLG Düsseldorf, GmbHR 1992, 373–375); BGH, WM 1977, 73, 75; BGHZ 75, 334; BGHZ 31, 258, 264–268 (Lufttaxi); für Gleichstellung auch OLG Hamburg, BB 1984, 1253 f. (unter Berufung auf „deutlich gewordene Notwendigkeiten eines Gläubigerschutzes“). 224 Streitgegenständlich war dort ein Erstattungsanspruch der GmbH gegen den Treugeber gemäß § 31 Abs. 1 GmbHG analog nach den Grundsätzen zum eigenkapitalersetzenden Darlehen. 225 Damals § 39 Abs. 5 AktG.
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bestimmter Sachverhalte und Rechtsfolgen das Tatbestandsmerkmal der Gesellschafterstellung nicht nach rein formalrechtlichen Kriterien, sondern nach den innerlich angemessenen funktionalen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bestimmen.226 Im Schrifttum trifft die weitreichende Berücksichtigung wirtschaftlicher Aspekte durch die Rechtsprechung auf geteiltes Echo. In ersten Stellungnahmen zum Lufttaxi-Urteil wurde zwar die Analogie zu § 36 Abs. 5 AktG a. F. äußerst kritisch betrachtet, der Gleichstellung des Hintermanns mit einem GmbH-Gesellschafter stimmte man im Ergebnis aber dennoch wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls227 beziehungsweise mit der Begründung zu, dass im Interesse der materiellen Gerechtigkeit nicht entsprechend dem äußeren Anschein, sondern im Wege der ergänzenden richterlichen Rechtsfortbildung entsprechend den zugrunde liegenden wirklichen Verhältnissen entschieden werden sollte228. Auch im neueren Schrifttum finden sich Befürworter einer Direkthaftung des Treugebers gegenüber der GmbH.229 Hinsichtlich der für die Gleichstellung maßgeblichen Kriterien ist jedoch keine einheitliche Linie erkennbar. Teils wird die Direkthaftung des Treugebers befürwortet, wenn die Stammeinlage vom Treuhänder „nicht ohne weiteres“ zu erlangen ist230, teils dann, wenn der GmbH-Gesellschafter weisungsgebundener Verwaltungstreuhänder ist231. Andernorts erwägt man eine originäre Haftung des mittelbaren Gesellschafters, soweit dieser bei der Zusammenschau von schuldrechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Elementen als wirklicher Gesellschafter erscheint.232 Wieder andere stellen darauf ab, ob der Hintermann die mit der Stellung eines Gesellschafters verbundenen Einfluss- und Gewinnmöglichkeiten innehat.233 Vielfach wird eine eigene Verantwortlichkeit des rein wirtschaftlichen Gesellschafters direkt gegenüber der 226 Vgl. aber auch BGH, DStR 2001, 858 f. m. Anm. Goette, wo keine originäre gesellschaftsrechtliche Verantwortlichkeit des Treugebers bei Scheitern einer EinmannVor-GmbH angenommen wurde. 227 Pleyer, GmbHR 1960, 44 f.; ferner ders., GmbHR 1963, 206, 207. 228 Schönle, GmbHR 1960, 63 f. 229 U. a. Emmerich, in: Scholz, GmbHG, § 2 Rn. 59a; Raiser/Veil, KapGesR, § 30 Rn. 5; Schmidt, Karsten, GesR, S. 1831 f.; Eden, S. 69 f.; Gruber, S. 228 ff., 280 ff.; Henn, Alexandra S. 74 ff., 103 f.; Schiemann, in: FS Zöllner, S. 503, 510 f.; Henssler, AcP 196 (1996), 37, 82 Timm, EWiR 1992, 995, 996; Burgard, WuB II C. § 19 GmbHG 1.92; Breuer, MittRhNotK 1988, 79, 89, 95; wohl auch Schaub, DStR 1996, 65, 67. 230 Emmerich, in: Scholz, GmbHG, § 2 Rn. 59a. 231 Eden, S. 69 f. 232 Schiemann, in: FS Zöllner, 503, 510 f.; ähnlich Schmidt, Karsten, GesR, S. 1831 f. (rechtsformübergreifend). 233 Timm, EWiR 1992, 995, 996; ganz ähnlich Gruber, S. 228 ff., 280 ff.; enger Henn, Alexandra, S. 74 ff., 103 f. (zu § 24 GmbHG, für Treuhand und Unterbeteiligung), der neben dem Einfluss des Hintermanns zusätzlich in subjektiver Hinsicht fordert, dass der Hintermann durch das Vorschieben einer vermögenslosen Person der persönlichen Haftung entgehen will.
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GmbH aber auch abgelehnt.234 Eine haftungsrechtliche Gleichstellung zum Schutz der Gesellschaft und ihrer Gläubiger sei, so die überwiegende Begründung, wegen des Freistellungsanspruchs des Gesellschafters gegen den Hintermann nicht notwendig.235 Durch eine systemfremde wirtschaftliche Betrachtungsweise werde die objektiv-rechtliche Ausprägung des Gesellschaftsrechts aufgeweicht.236 Im Aktienrecht wird eine gesellschaftergleiche Verantwortlichkeit des Hintermanns für die Kapitalaufbringung, soweit ersichtlich, nirgendwo befürwortet, sondern stößt vielfach sogar auf ausdrücklichen Widerspruch.237 Stellenweise hält man einen derartigen Durchgriff auf den nur mittelbar an der AG Beteiligten für schlichtweg weder dogmatisch noch aus Wertungsgesichtspunkten begründbar.238 Nach einer anderen Meinung wird es unter dem Aspekt der „praktischen Konkordanz“ dem Gläubigerschutz bei gleichzeitiger Wahrung der gesetzgeberischen Grundentscheidung für einen gesellschaftsrechtlich fundierten Anspruch am besten gerecht, die Gesellschaft und ihre Gläubiger auf die Pfändung des Freistellungsanspruchs des Treuhänders gegen den Treugeber zu verweisen, dort dem Treugeber aber – unter Heranziehung des Rechtsgedankens aus § 46 Abs. 5 AktG – alle Einwendungen zu versagen, die sich nicht gegen den Bestand des Treuhandverhältnisses an sich richten.239 Auch die Vormannhaftung des § 65 AktG treffe den Treugeber nicht, da auch sie allein an den Erwerb der Gesellschafterstellung anknüpfe.240 Da es eine originäre Verantwortlichkeit des Hintermanns ohne Verbandszugehörigkeit nicht gebe, könne eine Direkthaftung des Hintermanns, so eine weitere Meinung, nur bei der offenen Treuhand bestehen, bei der der Hintermann kraft Zustimmung der Gesellschaft in den Gesellschafts234 U. a. Hueck/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 1 Rn. 44; Singhof/Seiler, S. 241 f.; Kuhn, S. 94 ff.; Köhl, GmbHR 1998, 119, 123–125; Roth/Thöni, in: FS GmbHG, 245, 269; Ehlke, DB 1985, 795, 798–803 (zu § 24 GmbHG); Neflin, GmbHR 1963, 41, 45; Ballerstedt, JZ 1960, 513, 516, 518; offen lassend Roth, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, § 1 Rn. 38; Schmidt-Leithoff, in: Rowedder, GmbHG, § 2 Rn. 31. 235 Ehlke, DB 1985, 795, 798–803 (zu § 24 GmbHG), der dabei Einwendungen des Treugebers aus dem Innenverhältnis zum Gesellschafter nach dem Rechtsgedanken des § 19 Abs. 2 GmbHG grundsätzlich für ausgeschlossen hält. Im Ergebnis ähnlich Ballerstedt, JZ 1960, 513, 516, 518 und Hueck/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 1 Rn. 44. 236 Köhl, GmbHR 1998, 119, 123–125; ganz ähnlich Kuhn, S. 94–102 (Verzicht auf wesentliche Formprinzipien nicht erforderlich). 237 U. a. GHEK-Eckardt, § 2 Rn. 37; Tebben, S. 393–398; Armbrüster, S. 379, 386 f., 411; Blaurock, S. 212; Ulmer, ZHR 156 (1992), 377 ff., 388 ff.; Beuthien, ZGR 1974, 26, 83, 85 (alle zumindest auch für den Aktionärhintermann). Ablehnend gegenüber einer Hintermannhaftung im Rahmen einer Kapitalerhöhung Marsch-Barner, WuB II A. § 54 AktG 2.89; i. Erg. auch GHEK-Hefermehl/Bungeroth, § 183 Rn. 112. 238 Tebben, S. 393–398. 239 Armbrüster, S. 379, 386 f., 411; Armbrüster, GmbHR 2001, 1021, 1027 (zu Treuhand und Unterbeteiligung im GmbH-Recht). 240 Armbrüster, S. 411, 392 f.
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verband einbezogen sei. Zugleich räumt man aber ein, dass dieser Weg bei der AG mangels Flexibilität des Innenverhältnisses zwischen Gesellschaft und Gesellschafter nicht eröffnet ist.241 b) Stellungnahme Die Gleichstellung von wirtschaftlichen Gesellschaftern mit juristischen Gesellschaftern in Bezug auf die Kapitalaufbringungspflicht mag man mit Blick auf die Interessen der Gesellschaftsgläubiger für rechtspolitisch wünschenswert erachten. De lege lata besteht indes im Grundsatz kein Anknüpfungspunkt für eine solche Gleichstellung. Namentlich bieten die Grundsätze der Gesetzesumgehung keine methodisch tragfähige Grundlage für die aktionärsgleiche Verantwortlichkeit der wirtschaftlichen Aktionäre [aa)]. Eine eigene Verantwortlichkeit des wirtschaftlichen Aktionärs gegenüber der AG kommt nur bei Rechtsmissbrauch im Wege einer gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung in Betracht [bb)]. aa) Grundsätze der Gesetzesumgehung Der für eine originäre Kapitalaufbringungsverantwortlichkeit des wirtschaftlichen Aktionärs nach den Grundsätzen der Gesetzesumgehung unabdingbare Umgehungssachverhalt ist nicht feststellbar. Es besteht kein vom Gesetzgeber verfolgtes, aber im Aktiengesetz nur unvollkommen zum Ausdruck gebrachtes Regelungsziel (sog. überschießendes Regelungsziel), nach dem auch ein Aktionärhintermann unter bestimmten Voraussetzungen für die Kapitalaufbringung der AG originär verantwortlich sein soll, der Aktionär also nach dem materialen Zweck der Kapitalaufbringungsregeln nur derjenige ist, der typischerweise die unmittelbare Verantwortung für die Kapitalaufbringung der Gesellschaft trägt. Es verhält sich vielmehr so, dass der für die Kapitalaufbringung der AG originär verantwortliche Personenkreis mit der Benennung der Verbandsmitglieder, also der Aktionäre, abschließend umrissen ist. Die Verantwortung für die Kapitalaufbringung der Gesellschaft korreliert, anders als dies stellenweise anklingt, weder mit gesellschaftsrechtlich vermittelter Einwirkungsmacht noch mit vermögensmäßiger Teilhabe an der Gesellschaftsentwicklung. So ist unstreitig, dass der Aktionär auch bei Vorzugsaktien ohne Stimmrecht Einlagenschuldner ist, obwohl ihm das praktisch wohl bedeutsamste Verwaltungsrecht zu keiner Zeit zusteht. Der Aktionär kann sich ferner nicht dadurch von seiner Einlagenschuld befreien, dass er – im Rahmen des Zulässigen242 – auf seine vermögensrechtlichen Ansprüche gegenüber der AG verzichtet. 241 Ulmer, ZHR 156 (1992), 377 ff., insbes. 388–390; Hach-Ulmer, GmbHG, § 2 Rn. 63. 242 Zum Dividendenverzicht etwa Hüffer, AktG, § 58 Rn. 28.
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
Tragender Grund der Verantwortlichkeit für die Kapitalaufbringung ist vielmehr allein, dass der Aktionär – anders als jeder Hintermann – der Inhaber einer haftungsrechtlich privilegierten Verbandsmitgliedschaft ist. Die Kapitalaufbringungspflichten des Aktionärs sind der Ausgleich für seine mit einem Haftungsprivileg ausgestattete Gesellschafterstellung. Sie sind unverzichtbares Gegenstück zur fehlenden unmittelbaren und persönlichen Haftung der Aktionäre gegenüber den Gläubigern der AG.243 Armbrüster bringt dies treffend auf den Punkt: „Die Einlagenverpflichtung ist gleichsam der Preis, um den sich der Gesellschafter von der persönlichen Haftung loskauft.“ 244 Diese Korrelation zwischen haftungsrechtlich privilegierter Verbandsmitgliedschaft und originärer Verantwortung für die Kapitalaufbringung dieses Verbands zeigt im Personengesellschaftsrecht anschaulich das Beispiel des Kommanditisten. Dieser kann sich gemäß § 171 Abs. 1 2. HS HGB von seiner – auf die Höhe seiner im Handelsregister eingetragenen Haftsumme beschränkten – persönlichen und unmittelbaren Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern befreien und so trotz unverändert fortbestehender Gesellschafterstellung ein Haftungsprivileg erwerben, indem er in Höhe seiner eingetragenen Haftsumme Einlagen in die KG leistet. Ein ähnlicher Zusammenhang zwischen Einlagenschuld und haftungsrechtlich privilegierter Gesellschafterstellung lässt sich für das Aktienrecht nachweisen: Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AktG haftet den Gesellschaftsgläubigern für deren Verbindlichkeiten nur245 das Gesellschaftsvermögen. Als notwendiger Ausgleich für diesen Ausschluss der persönlichen Haftung246 ist dann aber in § 1 Abs. 2 AktG bestimmt, dass die AG ein in Aktien zerlegtes Grundkapital haben muss. Damit allein ist den AG-Gläubigern freilich noch nicht gedient. Die AG muss vielmehr dafür sorgen, dass ein der Grundkapitalziffer entsprechendes Vermögen auch tatsächlich aufgebracht wird.247 Und dies wird dadurch erreicht, dass – nichts liegt näher – die Aktionäre als die unmittelbaren Nutznießer des korporativen Haftungsprivilegs Einlagen in die AG einbringen müssen. Jenen Stimmen ist daher beizutreten, die die fehlende Verbandszugehörigkeit des Hintermanns, also die ihm fehlende haftungsrechtlich privilegierte Gesellschafterstellung, als den entscheidenden Aspekt gegen seine originäre Verantwortlichkeit für die Kapitalaufbringung ausmachen.248 243 MünchKommAktG-Bayer, § 57 Rn. 1; KölnKommAktG-Lutter, § 57 Rn. 2; GroßkommAktG-Henze, § 57 Rn. 5. 244 Armbrüster, S. 284. 245 Hervorhebung vom Verfasser dieser Arbeit. 246 So ausdrücklich Hüffer, AktG, § 1 Rn. 10; Lüken, S. 84 mwN; vgl. ferner Benecke, S. 133 und Timm, EWiR 1992, 995. 247 Hüffer, AktG, § 1 Rn. 11. 248 Insbesondere OLG Düsseldorf, GmbHR 1992, 374; Armbrüster, S. 411, 392 f. und Hach-Ulmer, GmbHG, § 2 Rn. 63.
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Kein im Ergebnis weiterführender Aspekt ist schließlich, dass auch der Hintermann als wirtschaftlicher Inhaber der Gesellschafterstellung vom korporativen Haftungsprivileg profitiert, weil er mangels persönlicher Inanspruchnahme seines Aktionärs durch Gesellschaftsgläubiger nicht Freistellungs- und Regressansprüchen des Aktionärs ausgesetzt ist. Dies hilft nicht über den Umstand hinweg, dass ihm mit der eigenen Gesellschafterstellung der für die Verantwortlichkeit entscheidende Anknüpfungspunkt fehlt. Zudem profitieren streng genommen jeder Schuldner des Aktionärs vom korporativen Haftungsprivileg des Aktionärs, weil er keine eigene Inanspruchnahme durch Gesellschaftsgläubiger fürchten muss, und auch jeder Gläubiger des Aktionärs, der keine Reduzierung des vollstreckungsfähigen Aktionärsvermögens durch Gesellschaftsgläubiger fürchten muss. bb) Gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung Mit den Mitteln der gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung (Rechtsfortbildung extra legem) ist die Gleichstellung des rein wirtschaftlichen Aktionärs mit den formalrechtlichen Aktionären in Bezug auf die Kapitalaufbringungspflichten im Grundsatz nicht begründbar. Das Rechtsgefühl des verständigen Betrachters ist nur, wie es für eine gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung erforderlich ist, massiv gestört und eine aktionärsgleiche Verantwortung des Hintermanns für die Kapitalaufbringung gerechtfertigt, wenn seine nur mittelbare Gesellschafterstellung sich allein als Ergebnis rechtsmissbräuchlicher Absichten darstellt. Bei der Abwägung zwischen den schutzwürdigen Interessen des Hintermanns einerseits und der Gesellschaftsgläubiger andererseits ist ein bedeutsamer Aspekt gegen eine originäre Hintermannverantwortlichkeit, dass die AG-Gläubiger oftmals schon nicht völlig schutzlos gestellt sind, wenn die AG die Einlagen vom Aktionär selbst nicht zu erlangen vermag. Dem Aktionär steht nämlich regelmäßig aus Vertrag oder Gesetz (zum Beispiel aus § 670 BGB) ein Freistellungsanspruch gegen seinen Hintermann zu, wenn er von der AG hinsichtlich der Gesellschaftsbeteiligung in Anspruch genommen wird. Die AG kann diesen Anspruch gegen den Hintermann pfänden und an sich überweisen lassen. Es ist allerdings einzuräumen, dass dieses Vorgehen im Vergleich zur direkten Inanspruchnahme des Hintermanns in zweifacher Hinsicht nachteilig sein kann. So ist die indirekte Inanspruchnahme zeit- und kostenaufwändiger, wenn die AG sowohl gegen den Aktionär als auch gegen dessen Hintermann gerichtliche Verfahren anstrengen muss, um endlich Befriedigung zu erlangen. Zudem läuft die AG Gefahr, dass der Hintermann ihr Einwendungen aus dem Innenverhältnis zum Aktionär entgegenhält.249 249 Der von Armbrüster auf § 46 Abs. 5 AktG gestützte umfassenden Einwendungsausschluss ist aus hiesiger Sicht mangels Verallgemeinerungsfähigkeit der Norm nicht
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Selbst wenn aus genannten Gründen die Befriedigung der AG beim Hintermann fehlschlägt, rechtfertigt dieses Scheitern allein noch nicht das Verdikt der groben Unbilligkeit hinsichtlich der Regel, dass der Hintermann nicht gleich einem Aktionär für die ausstehenden Einlagen haftet. Zu dessen Gunsten ist auch auf dieser Wertungsebene zu berücksichtigen, dass eine nur mittelbare Gesellschaftsbeteiligung ein im Grundsatz nicht zu beanstandendes Rechtsmodell ist und der Entschluss zur nur mittelbaren Gesellschaftsbeteiligung deshalb im Grundsatz von der Rechtsordnung nicht ignoriert werden kann.250 Für den Fall, dass die Gesellschaft vom Aktionär die geschuldeten Geldeinlagen nicht erlangen kann, sieht das Gesetz in §§ 64, 65 AktG zudem schon eine andere Vorgehensweise ausdrücklich vor. Der säumige Aktionär wird seiner Aktien für verlustig erklärt. Für die offenen Einlagen haften gegebenenfalls Vormänner; ansonsten werden die Aktien verkauft. Es ist schließlich zu vergegenwärtigen, dass im Normalfall der Aktionär Aktien für sich erwirbt und keine weitere Person hinter ihm steht, so dass es beim Aktionär als alleinigem Schuldner der Einlagenforderung sein Bewenden hat. Besteht indes ausnahmsweise eine mittelbare Gesellschaftsbeteiligung, erscheint es als ein glücklicher Umstand für die Gesellschaft und ihre Gläubiger, dass dadurch der mittelbare Zugriff auf die Vermögensmasse einer weiteren, verbandsfremden Person in Betracht kommt. Eine hinreichende Grundlage für die Forderung, dass der mittelbare Gesellschafter einem Gesellschafter gleich für die Kapitalaufbringung haftet, bildet schlicht der Umstand, dass eine mittelbare Gesellschaftsbeteiligung existiert, dagegen nicht.251 Eine auf einer gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung gründende aktionärsgleiche Verantwortlichkeit des Hintermanns für die Kapitalaufbringung ist allerdings dann anzunehmen, wenn die nur mittelbare Gesellschaftsbeteiligung des Hintermanns Resultat rechtsmissbräuchlicher Absichten ist. Der Entschluss des Hintermanns zur nur mittelbaren Gesellschaftsbeteiligung muss – auch unter verständiger Würdigung seiner Interessen – nur damit zu erklären sein, dass er sich
zu befürworten. Das Einwendungsrisiko der AG relativiert sich aber dadurch, dass gravierenden Manipulationen im Innenverhältnis (beispielsweise gezielter Ausschluss von Regressansprüchen, nachträglicher Verzicht) nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen (insbesondere § 138 BGB) Grenzen gesetzt sind. Die Abtretung des Freistellungsanspruchs an einen Dritten ist zudem gemäß § 399 BGB ausgeschlossen (BGH, ZIP 2004, 452, 454; BGHZ 41, 203, 205). Mit beziehungsweise gegen den Freistellungsanspruch kann bis zu dessen Umwandlung in einen Zahlungsanspruch nicht aufgerechnet werden (BGHZ 25, 1, 6 f.). Ballerstedt, JZ 1960, 513, 516 hält selbst nach der Umwandlung die Aufrechnung mit einer außerhalb des Auftragsverhältnisses entstandenen Forderung des Hintermanns wegen Treuwidrigkeit für unzulässig. Einwendungen des Hintermanns aus einem anderen Rechtsverhältnis zum Aktionär sind, da nicht dasselbe rechtliche Verhältnis im Sinne des § 273 Abs. 1 BGB, ausgeschlossen. 250 Vgl. Armbrüster, S. 429. 251 Ähnlich schon OLG Düsseldorf, GmbHR 1992, 373 ff. (kein berechtigtes Vertrauen der Gesellschaft[sgläubiger], dass Dritter Kapital der Gesellschaft aufbringt).
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seiner gesellschafterlichen Finanzierungsverantwortung entziehen wollte, indem er eine vermögenslose Person als Aktionär vorschiebt252. Dieser Fall rechtfertigt das Verdikt der groben Unbilligkeit. Für den Hintermann streiten keine schutzwürdigen Belange. Die Kapitalaufbringungsinteressen der Gesellschaftsgläubiger dominieren. Alles andere als eine Direkthaftung des Hintermanns käme einer Belohnung seiner rechtsmissbräuchlichen Absichten gleich. c) Schlussfolgerungen für die ADS-Inhaber Eine aktionärsgleiche Haftung des ADS-Inhabers für die Kapitalaufbringung der AG kommt praktisch wohl kaum in Betracht, weil eine Gleichstellung nur im Falle des Rechtsmissbrauchs vorgenommen werden kann. Aus der Sicht eines verständigen Dritten müsste die Annahme gerechtfertigt sein, dass der ADS-Inhaber das Modell der ADSs als Beteiligungsform anstelle einer direkten Gesellschaftsbeteiligung nur wählte, um – unter Vorschieben einer vermögenslosen Person als Aktionär – seiner Verantwortlichkeit für die Kapitalaufbringung der Gesellschaft zu entgehen. Dieser Nachweis dürfte praktisch ausgeschlossen sein. Der ADS-Inhaber müsste zunächst Kenntnis davon haben, dass die Einlagen aus den seine ADSs betreffenden Aktien noch nicht (vollständig) geleistet sind. Schon hieran wird eine aktionärsgleiche Haftung des ADS-Inhabers in aller Regel scheitern. Der ADS-Inhaber wird in aller Regel, wenn er nicht selbst der Hinterleger dieser Aktien war253, keine Kenntnis von noch ausstehenden Einlagen haben, da er mit den seinen ADSs zugrunde liegenden Aktien nicht unmittelbar konfrontiert ist. Er darf zudem im Grundsatz davon ausgehen, dass die Einlagen vollständig erbracht sind. Denn ausweislich sämtlicher Depotverträge muss der Hinterleger der Aktien (depositor) versichern, dass die Einlagen bereits vollständig erbracht sind. Der ADS-Inhaber müsste ferner wissen, dass der (Register-)Aktionär der seinen ADSs unterlegten Aktien vermögenslos ist und dieser deshalb die noch offenen Einlagen nicht selbst leisten kann. Schließlich dürfte kein plausibler Grund dafür ersichtlich sein, dass der ADS-Inhaber nicht direkt in Aktien investierte. Auch dies ist eine große Hürde für die haftungsrechtliche Gleichstellung des ADS-Inhabers mit einem Aktionär. Denn ADSs sind ein allgemein anerkanntes und bewährtes Instrument zum Handel ausländischer Gesellschaftsanteile in den USA. Der Anleger steht daher nicht per se unter Missbrauchsverdacht, wenn er sich dieses Instruments bedient.
252 Ein solcher Sachverhalt lag offensichtlich dem Lufttaxi-Urteil des BGH zugrunde. 253 Dann wäre aber ohnehin die sog. Vormännerhaftung gemäß § 65 AktG zu beachten.
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4. Das Verbot des § 57 AktG Ob dem ADS-Inhaber in entsprechender Anwendung von § 57 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 AktG untersagt ist, AG-Zuwendungen anzunehmen, ist nachfolgend zu untersuchen. Dem Überblick über das Meinungsbild zur entsprechenden Frage beim Treugeber, Pfandgläubiger und Nießbraucher [a)] schließt sich eine Stellungnahme [b)] an, aus der folgt, dass § 57 AktG bei einer Leistung der AG an einen ADSInhaber unter bestimmten Voraussetzungen nach den Grundsätzen der Gesetzesumgehung entsprechend anwendbar sein kann [c)]. a) Treugeber, Pfandgläubiger und Nießbraucher als Adressaten des § 57 AktG: Das Meinungsbild im Überblick Der BGH entschied, soweit ersichtlich, bislang nicht zur entsprechenden Anwendbarkeit von § 57 AktG auf Leistungen der AG an wirtschaftliche Aktionäre, die diese für sich behalten.254 Das OLG Hamburg wendete in einem solchen Fall § 57 AktG entsprechend an.255 Formalrechtlich seien zwar nur die Vordermänner Aktionäre geworden, wirtschaftlich liege die mitgliedschaftliche Position aber bei den Hintermännern, und eine Rückgewähr an sie müsse bei Betrachtung der Innenbeziehungen einer Zahlung an die Aktionäre insbesondere deshalb gleichgestellt werden, weil die Aktionäre das ihnen Gewährte an ihre Hintermänner abzuführen gehabt hätten. Andernfalls sei die Vorschrift des § 57 AktG leicht in der Weise zu umgehen, dass Aktien durch Strohmänner gezeichnet und erworben werden und sodann der Hintermann, der die Einlagen geleistet hat, sich diese von der AG zurückgewähren lässt. Für die GmbH bejahte der BGH schon wiederholt die entsprechende Anwendung von § 30 Abs. 1 GmbHG auf den wirtschaftlichen Gesellschafter, anfangs auch wegen des Gleichstellungsgedankens des § 46 Abs. 5 AktG256, später allein aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse257. Im Schrifttum erweckt eine gewichtige Stellungnahme den Eindruck, dass AGZuwendungen an Treugeber generell nicht dem Verbot des § 57 AktG unterfal-
254 Von diesem Problemkreis ist die Frage zu trennen, ob eine AG-Zuwendung direkt dem Aktionär zurechenbar ist und § 57 AktG so direkte Anwendung findet, weil die Leistung dem Aktionär mittelbar zugute kommt oder auf seiner Veranlassung beruht; ausführlich etwa Rust, S. 87 ff.; Riedel, S. 160 ff., 209 ff. 255 OLG Hamburg, AG 1980, 275, 278. 256 BGHZ 31, 258, 264 ff. (Lufttaxi). 257 U. a. BGHZ 75, 334, 335 f.; 95, 188, 193; 107, 7, 12; 118, 107, 110 f.; 157, 72, 74 f.
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len, wenn man ohne weitere Erörterung feststellt, dass die Norm in einem solchen Fall tatbestandlich nicht eingreife.258 In den übrigen Stellungnahmen bejaht man, soweit ersichtlich, die entsprechende Anwendbarkeit von § 57 AktG auf AG-Zuwendungen an Treugeber einmütig. Die Begründungsansätze und die Anwendungsvoraussetzungen variieren jedoch zum Teil erheblich.259 Vielfach wird die Ausdehnung des § 57 AktG auf Leistungen der AG an Treugeber auf den Gleichstellungsgedanken des § 46 Abs. 5 AktG gestützt.260 Die Vorschrift sei eine gesetzliche Typisierung des Umgehungsverbots.261 Manche stellen auf die gesellschaftergleiche Stellung des Treugebers ab.262 Entscheidend sei, ob der Treugeber bei der Zusammenschau von schuld- und gesellschaftsrechtlichen Elementen als wirklicher Gesellschafter erscheine.263 Manche erachten für die entsprechende Anwendung von § 57 AktG als entscheidend, ob dem Treugeber kraft der Treuhandvereinbarung die Erträge der Beteiligung zustehen.264 Wieder andere halten im Gegensatz dazu für das ausschlaggebende Kriterium, dass der Treugeber kraft seines Weisungsrechts gegenüber dem Treuhänder die Möglichkeit hat, auf die Geschicke der AG Einfluss zu nehmen. Dies mache den Treugeber im Hinblick auf die Kapitalerhaltung einem Gesellschafter vergleichbar.265 Eine weitere Ansicht stellt Umgehungsgesichtspunkte in den Vordergrund.266 Das Kriterium der Gesellschaftereigenschaft werde bei Zuwendungen an einen mittelbar Beteiligten umgangen, weil dieser trotz Fehlens der formellen Gesellschaftereigenschaft wirtschaftlicher Nutznießer der Mitgliedschaft sei. Es sei für die Anwendbarkeit von § 57 AktG entscheidend, ob die Leistung an den Dritten mit Rücksicht auf seine mittelbare Beteiligung und damit mit Rücksicht auf seine wirtschaftliche Gesellschafterstellung erfolgt, ob also eine Zahlung causa societatis anzunehmen ist.267 Wichtiger Anhaltspunkt für eine solche Zahlung sei die Einflussnahme des Hintermanns, sei es durch Einwirken auf die Gesellschaft oder auf den Treuhänder. Auch bei der 258
Armbrüster, S. 415. Ohne nähere Begründung Hüffer, AktG, § 57 Rn. 15; BeckHdbAG-Müller, § 8 Rn. 52; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 57 Rn. 36; Westermann, in: Bürgers/ Körber, AktG, § 57 Rn. 8; Raiser/Veil, KapGesR, § 19 Rn. 6. 260 Siehe Nachweise 3. Teil C. II. 2. b) (Fn. 208). 261 Röhler, S. 299 f. 262 Gruber, S. 256; ähnlich AnwKAktienR-Drinhausen, § 57 Rn. 37, 40. 263 Schiemann, in: FS Zöllner, 503, 510 f. (rechtsformübergreifend). 264 Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 57 Rn. 65. 265 Rust, S. 146–152; ganz ähnlich Riedel, S. 196–199 (unter Berufung auch auf § 46 Abs. 5 AktG); ähnlich auch Kahlert, S. 196–199 (§ 46 Abs. 5 AktG und Weisungsbefugnis des Treugebers gegenüber Treuhänder, kraft der er die gesellschaftsbezogenen Geschicke lenkt). 266 Tebben, S. 402 f. 267 Ebenso ist nach Ballerstedt, JZ 1960, 513, 517 für die Anwendbarkeit von § 30 GmbHG entscheidend, ob die Leistung der GmbH an den Hintermann mit Rücksicht auf dessen gesellschaftsrechtliche Beteiligung erfolgt. 259
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GmbH bejaht man, soweit ersichtlich, die entsprechende Anwendung von § 30 Abs. 1 GmbHG auf den Treugeber.268 Nach ganz überwiegender Ansicht können auch Zuwendungen der AG an einen Aktiennießbraucher dem Verbot des § 57 AktG unterfallen.269 Dies wird teils damit begründet, dass die dingliche Belastung dem Nießbraucher im Hinblick auf die Nutzung des Anteils partiell die Stellung eines Gesellschafters gewährt.270 Der Nießbraucher, der die vermögensrechtlichen Vorteile der Gesellschafterstellung unmittelbar übernehme, müsse sich auch den vermögensrechtlichen Bindungen dieser Position aussetzen.271 Andere betonen, dass die Leistung der Gesellschaft gerade im Hinblick auf die Berechtigung des Nießbrauchers an der Beteiligung erbracht werden muss.272 Nach einer dritten Ansicht gilt § 57 AktG nur entsprechend für Zuwendungen an einen atypischen Nießbraucher, der, da ihm nicht nur Vermögensrechte zustehen, eine aktionärsgleiche Stellung innehat.273 Auf Zuwendungen an einen Pfandgläubiger ist § 57 AktG nach herrschender Meinung nur entsprechend anwendbar, wenn diesem in atypischer Ausgestaltung des Pfandrechts in der AG ähnliche Einflussmöglichkeiten wie einem Gesellschafter zukommen.274 Entscheidend sei dessen Möglichkeit, die Geschicke der AG mitzubestimmen.275 Stellenweise wird die entsprechende Anwendung von § 57 AktG auf den Pfandgläubiger aber auch vollständig als zu weitgehend abgelehnt.276 268 U. a. Pentz, in: Rowedder, GmbHG, § 30 Rn. 21 f.; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, § 30 Rn. 32 f.; Hach-Goerdeler/Müller, GmbHG, § 30 Rn. 50; Westermann, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 30; wohl auch Emmerich, in: Scholz, GmbHG, § 2 Rn. 59a; Raiser/Veil, KapGesR, § 30 Rn. 5; Dreßel, S. 222; Henn, Alexandra S. 79 f.; Zacher DStR 1996, 1813, 1817; Roth/Thöni, in: FS GmbHG, 245, 269 (auch Unterbet.); Breuer, MittRhNotK 1988, 79, 89; Ehlke, DB 1985, 795, 802 f. (Wortlaut). 269 Ohne nähere Begr. Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 57 Rn. 36 und BeckHdbAG-Müller, § 8 Rn. 52; aA Scharff, S. 45 („mangels vergleichbarer Situation“); ebenso zu § 30 GmbHG etwa Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, § 30 Rn. 70. 270 MünchKommAktG-Bayer, § 57 Rn. 60; GroßkommAktG-Henze, § 57 Rn. 84; i. Erg. Schön, ZHR 158 (1994), 229, 256, 269; zur GmbH Westermann, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 30; Pentz, in: Rowedder, GmbHG, § 30 Rn. 23; Hach-Goerdeler/ Müller, GmbHG, § 30 Rn. 51; Murray, S. 29. 271 Rust, S. 152. 272 Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 57 Rn. 68. 273 Riedel, S. 200–203. 274 AnwKAktienR-Drinhausen, § 57 Rn. 40; MünchKommAktG-Bayer, § 57 Rn. 61; GroßkommAktG-Henze, § 57 Rn. 84; Rust, S. 151; Apfelbaum, S. 201 f. (teils unter Bezugnahme auf BGHZ 119, 191, 194 ff., wo aber nur § 32a Abs. 3 GmbHG streitgegenständlich war). Ohne nähere Begr. BeckHdbAG-Müller, § 8 Rn. 52; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 57 Rn. 36. 275 Riedel, S. 204. 276 Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 57 Rn. 67; ebenso zu § 30 GmbHG etwa Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, § 30 Rn. 72.
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b) Stellungnahme Die in Rechtsprechung und Schrifttum in Bezug auf § 57 AktG vielfach befürwortete Gleichstellung des Aktionärhintermanns mit dem formalrechtlichen Aktionär lässt sich rechtskonstruktiv auf die Grundsätze der Gesetzesumgehung stützen. Wendet die AG einem Aktionärshintermann einen Vermögenswert zu und ist die dem Hintermann vorgeschaltete Aktie der wahre Grund (causa) dieser Zuwendung, so liegt ein Umgehungsfall vor [aa)], der außerhalb des Toleranzbereichs liegt [bb)]. aa) Umgehungsfall Ein Umgehungsfall liegt in Bezug auf § 57 AktG vor, wenn die AG einem Hintermann mit Rücksicht auf dessen mittelbare Gesellschaftsbeteiligung eine Zuwendung macht, weil die Nennung der Aktionäre in § 57 AktG als Leistungsempfänger nicht als abschließend zu verstehen ist, mit den Aktionären also nur der typische Fall abgebildet ist, in dem sich die mit der Norm verfolgten Regelungsziele verwirklichen. Dass in diesem Fall ein mit § 57 AktG verfolgtes Regelungsziel, dem der Normwortlaut nicht vollständig zur Geltung verhilft, berührt ist, ergibt sich zwar nicht daraus, dass die Norm nach allgemeiner Meinung der Kapitalerhaltung in der AG zum Schutz der AG-Gläubiger dient277. Dieses Regelungsziel ist mit der Nennung der Aktionäre in § 57 AktG als zurückweisungsverpflichtet umfassend abgebildet. Denn der Anknüpfungspunkt für die Kapitalerhaltungsverantwortlichkeit ist ein Merkmal, das nur ein Aktionär aufweist. Es ist das Innehaben der haftungsrechtlich privilegierten Gesellschafterstellung in der AG: Der Grundsatz der Kapitalerhaltung beugt der Gefahr vor, dass der Grundsatz der Kapitalaufbringung seiner praktischen Wirksamkeit beraubt wird. Er soll gewährleisten, dass das im Handelsregister ausgewiesene und von den Aktionären in die AG eingebrachte Kapital nicht wieder an diese zurückfließt. Kapitalaufbringung und -erhaltung stehen also in engem sachlichen Zusammenhang. Das Prinzip der realen Kapitalerhaltung ist Fortsetzung und notwendige Absicherung des Prinzips der realen Kapitalaufbringung.278 Sie sind zwei Seiten derselben Medaille. Damit 277 U. a. Erwägungsgründe zu Art. 15 EG-KapitalRiLi 1976; Begr. RegE § 57 AktG 1965 bei Kropff, S. 73; Hüffer, AktG, § 57 Rn. 1; MünchKommAktG-Bayer, § 57 Rn. 1; Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 57 Rn. 4 ff.; AnwKAktienR-Drinhausen, § 57 Rn. 1; GroßkommAktG-Henze, § 57 Rn. 4; G/H/E/K-Hefermehl/Bungeroth, § 57 Rn. 2; KölnKommAktG-Lutter, § 57 Rn. 2; Seibert, ZIP 1994, 914, 915. Gesetzlicher Beleg ist § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG, wonach die Einlagen, die ja zum Schutz der AGGläubiger in die AG eingebracht wurden, nicht zurückgewährt werden dürfen. 278 GroßkommAktG-Henze, § 57 Rn. 5; vgl. ferner Hüffer, AktG, § 1 Rn. 12; MünchKommAktG-Bayer, § 57 Rn. 1; AnwKAktienR-Drinhausen, § 57 Rn. 1; KölnKommAktG-Lutter, § 57 Rn. 2; von Godin/Wilhelmi, AktG, § 57 Rn. 2.
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ist klar, dass nicht nur die Verantwortlichkeit für die Kapitalaufbringung, sondern auch diejenige für die Kapitalerhaltung mit der haftungsrechtlich privilegierten Gesellschafterposition des Aktionärs korreliert.279 Treffend stellt Bezzenberger fest: „Als Gegengewicht für den Ausschluß der persönlichen Aktionärshaftung kennt das Aktienrecht zum Schutz der Gesellschaftsgläubiger den Grundsatz der Kapitalerhaltung.“ 280 Ganz in diesem Sinne ist auch in der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 57 AktG 1965 ausgeführt: „Er281 ist das notwendige Gegenstück zu dem in § 1 enthaltenen Grundsatz, daß den Gesellschaftsgläubigern nur das Gesellschaftsvermögen haftet.“ 282 Das im Wortlaut des § 57 AktG unvollständig abgebildete Regelungsziel wird unter Einbeziehung des Umstands deutlich, dass die Norm nicht nur zugunsten der Gesellschaftsgläubiger im Bereich der gebundenen Eigenmittel der AG wirkt, sondern das gesamte Gesellschaftsvermögen bindet283. Weiteres mit § 57 AktG verfolgtes Regelungsziel ist demnach – neben der Kapitalerhaltung zum Schutze der Gesellschaftsgläubiger – die Durchsetzung der aktienrechtlichen Vorschriften über Vermögensausschüttungen der AG, insbesondere der Vorschriften über die Verteilung von Bilanzgewinn. Der Vorstand soll diese Vorschriften nicht umgehen können, indem er auf informellem Weg, also außerhalb des förmlichen Gewinnverteilungsverfahrens oder einer sonstigen gesetzlichen Grundlage284, Ausschüttungen auf Aktien vornimmt. Bezweckt ist der Schutz der Entscheidungskompetenz der Hauptversammlung hinsichtlich der Bilanzgewinnverwendung (§§ 119 Abs. 1 Nr. 2, 174 Abs. 1 Satz 1 AktG)285, insbesondere aber auch der Schutz der ausgeschlossenen Aktionäre286. Es geht für die Aktionäre im Rahmen 279 Baumbach/Hueck, AktG, § 57 Rn. 2; vgl. ferner GroßkommAktG-Henze, § 57 Rn. 5; Großkomm-AktG-Barz, § 57 Rn. 1; GroßkommAktG-Fischer, § 52 Rn. 1; MünchKommAktG-Bayer, § 57 Rn. 1; AnwKAktienR-Drinhausen, § 57 Rn. 1; KölnKommAktG-Lutter, § 57 Rn. 2. 280 Bezzenberger, Eigene Aktien, S. 152. 281 Gemeint ist § 52 AktG 1937, die Vorgängernorm des heutigen § 57 AktG. 282 Begr. RegE § 57 AktG 1965 bei Kropff, S. 73. 283 Sog. Gesamtvermögensbindung, siehe etwa Bezzenberger, Eigene Aktien, S. 57. 284 Beispielsweise §§ 57 Abs. 1 Satz 2, 271 Abs. 1 AktG. 285 U. a. Hüffer, AktG, § 57 Rn. 1; MünchKommAktG-Bayer, § 57 Rn. 2; Westermann in: Bürgers/Körber, AktG, § 57 Rn. 2; GroßkommAktG-Henze, § 57 Rn. 7; KölnKommAktG-Lutter, § 57 Rn. 2; G/H/E/K-Hefermehl/Bungeroth, § 57 Rn. 2; GroßkommAktG-Barz, § 57 Rn. 3; Baumbach/Hueck, AktG, § 57 Rn. 3; Johannsen-Roth/ Goslar, AG 2007, 573, 580; Schön, in: FS Röhricht, 559, 565; Bitter, ZHR 168 (2004), 303, 310 f.; aA Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 57 Rn. 4 ff.; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 57 Rn. 3 (Schutzreflex); ders., WM 2007, 909, 910. 286 OLG Koblenz, AG 1977, 231; MünchKommAktG-Bayer, § 57 Rn. 2; Hüffer, AktG, § 57 Rn. 1; Westermann, in: Bürgers/Körber, § 57 Rn. 2; GroßkommAktG-
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von § 57 AktG um vermögensmäßige Gleichbehandlung durch die AG nach Maßgabe der gesetzlichen Gewinnverteilungsvorschriften.287 Gesetzlicher Beleg ist § 57 Abs. 3 AktG, wonach vor Auflösung der Gesellschaft unter die Aktionäre nur der Bilanzgewinn verteilt werden darf.288 Vielfach wird das Schutzziel aber auch immer noch – weniger überzeugend – unmittelbar aus § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG entnommen.289 Geht es aber in § 57 AktG um das Verbot informeller Ausschüttungen, wird klar, dass sich das Regelungsziel nicht, wie aus § 57 Abs. 3 AktG hervorgeht, im Verbot informeller Ausschüttungen an Aktionäre und in dem Gebot vermögensmäßiger Gleichbehandlung der Aktionäre nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften erschöpft. Im Wortlaut des § 57 AktG nicht vollständig abgebildetes Regelungsziel ist das Verbot informeller Ausschüttungen auf die Aktien und das Gebot vermögensmäßiger Gleichbehandlung der Aktien im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften. § 57 Abs. 3 AktG erfasst also nach seinem Wortlaut nur den typischen Fall, dass der Aktionär – gleichsam stellvertretend für seine Aktie – von der AG eine informelle Leistung erhält. Die Vorschrift des § 57 Abs. 3 AktG lautete besser: „Vor der Auflösung der Gesellschaft dürfen die Aktien nur den Bilanzgewinn gewähren.“ Dies gründet auf der Überlegung, dass die Aktien, nicht die Aktionäre, die vermögensmäßige Beteiligung an der AG vermitteln. Die Vermögensrechte sind
Henze, § 57 Rn. 7; KölnKommAktG-Lutter, § 57 Rn. 2; G/H/E/K-Hefermehl/Bungeroth, § 57 Rn. 2; GroßkommAktG-Barz, § 57 Rn. 3; Baumbach/Hueck, AktG, § 57 Rn. 3; Fiedler, S. 4 f.; Bednarz, S. 58; Johannsen-Roth/Goslar, AG 2007, 573, 580; Schön, in: FS Röhricht 2005, 559, 564; Bitter, ZHR 168 (2004), 303, 310 f.; aA Cahn/ Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 57 Rn. 4 ff.; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 57 Rn. 3; ders., WM 2007, 909, 910. 287 Nicht ganz korrekt wäre es, schlicht von der „vermögensmäßigen Gleichbehandlung der Aktionäre“ zu sprechen. Cahn/Senger weisen zu Recht darauf hin, dass ein so formulierter Normzweck keine Erklärung dafür böte, dass der AG auch gleichmäßige informelle Zuwendungen an alle Aktionäre oder an einen Alleinaktionär untersagt sind. Besser ist daher von der vermögensmäßigen Gleichbehandlung nach Maßgabe der gesetzlichen Vermögensverteilungsvorschriften die Rede. Es handelt sich um eine verschärfte Form des Gleichbehandlungsgrundsatzes. 288 Hervorhebungen vom Verfasser dieser Arbeit. Mit dieser erst 1994 unverändert aus § 58 Abs. 3 AktG übernommenen Vorschrift wurde erstmals, da § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG nur von den „Einlagen“ spricht, das Prinzip der Gesamtvermögensbindung explizit im Wortlaut des § 57 AktG verankert (ganz ähnlich MüHdbAG-Wiesner, § 16 Rn. 42). Cahn/Senger und Fleischer lassen diese Vorschrift außer Acht, wenn sie (ausgehend vom historischen Gesetzgeber von 1897) nur die Kapitalerhaltung als Normzweck des § 57 AktG erkennen. Instruktiv zum Zusammenspiel von § 57 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 AktG Bezzenberger, Eigene Aktien, S. 57 f. 289 Siehe nur AnwKAktienR-Drinhausen, § 57 Rn. 26; Hüffer, AktG, § 57 Rn. 22. § 57 Abs. 3 AktG wird dort als Wiederholung dessen aufgefasst, was sich bereits aus § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG ergibt.
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
den Aktien, nicht den hinter diesen Aktien stehenden Aktionärspersonen, zugeordnet. Die zahlenmäßig abstufbaren Vermögensrechte bemessen sich nämlich, wie schon erläutert290, nach der Kapitalbeteiligung des Aktionärs. So ist auch in § 60 Abs. 1 AktG bestimmt, dass sich die Anteile der Aktionäre am Gewinn nach ihren Anteilen am Grundkapital bestimmen.291 Dementsprechend können aber auch nur die Aktien, nicht die Aktionäre, die relevante Richtschnur sein, wenn es darum geht, ob die AG die gesetzlichen Vermögensverteilungsvorschriften durch informelle Ausschüttungen umgeht oder ob sie die vermögensmäßige Gleichbehandlung missachtet. Ein Umgehungsfall des § 57 AktG liegt auf Grundlage des beschriebenen überschießenden Regelungsziels vor, wenn die AG einem Hintermann eine informelle Zuwendung macht und die dem Hintermann vorgeschaltete Aktie deren causa ist.292 Die Leistung der AG muss mit Rücksicht auf die mittelbare Gesellschaftsbeteiligung des Empfängers erfolgen.293 Im wirtschaftlichen Ergebnis nimmt die AG dann nämlich eine aktienrechtlich nicht legitimierte Ausschüttung auf die dem Empfänger gemittelte Aktie vor. Die vermögensmäßige Gleichheit der Aktien vor der AG im Rahmen der gesetzlichen Vermögensverteilungsvorschriften ist nicht gewahrt. Hieran fügt sich nahtlos, dass nach herrschender Meinung § 57 AktG auch dann entsprechend anwendbar ist, wenn ein Dritter als (gesetzlicher) Aktionärsvertreter mitgliedschaftliche Rechte ausübt und hierbei, etwa für die Rücknahme einer Anfechtungsklage, Leistungen der AG für sich selbst einfordert.294 Denn bei wirtschaftlicher Sichtweise gewährt die Aktie auch hier einen Vermögensvorteil, der ihr nach dem Gesetz nicht zusteht.295 Die vermögensmäßige Gleichheit der Aktien vor der AG ist durchbrochen.
290
3. Teil B. VI. 2. b) cc) (1). Bei der Zuteilung auf die Aktien bleibt es selbst dann, wenn als Verteilungsschlüssel im Sinne des § 60 Abs. 3 AktG festgelegt ist, dass die Gewinnverteilung nach dem Verhältnis vorzunehmen ist, in dem die einzelnen Aktionäre Leistungen der AG in Anspruch nahmen („Umsatzdividende“, vgl. G/H/E/K-Hefermehl/Bungeroth, § 60 Rn. 22 mwN). 292 In diesem Sinne auch Tebben, S. 402 f.; Ballerstedt, JZ 1960, 513, 517 (GmbH). 293 Auch bei AG-Zuwendungen an Aktionäre (§ 57 AktG direkt) ist nach zutreffender Ansicht die „Mitgliedschaft als Zuwendungsgrund“ Tatbestandsmerkmal, siehe Bezzenberger, Kapital, S. 232 ff. mwN zum Streitstand. 294 U. a. Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 57 Rn. 36; Hüffer, AktG, § 57 Rn. 14; MünchKomm-AktG-Bayer, § 57 Rn. 63; GroßkommAktG-Henze, § 57 Rn. 83; KölnKommAktG-Lutter, § 57 Rn. 40; Riedel, S. 206 f.; einschränkend Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 57 Rn. 66; wohl auch (entgegen mancher Interpretation) BGH, NJW 1992, 2821. 295 Siehe etwa KölnKommAktG-Lutter, § 57 Rn. 40: „Es wäre ganz und gar unangemessen, wenn der ,Vertreter‘ in solchen Fällen wie ein beliebiger Dritter Leistungen der AG entgegennehmen dürfte, obwohl ihm gerade die Aktionärsposition als Droh- und Schädigungspotential zur Verfügung steht.“ 291
C. Gleichstellung in Bezug auf mitgliedschaftliche Pflichten
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So werden auch die in der Person des Hintermanns erforderlichen Merkmale deutlich, damit eine AG-Zuwendung nach § 57 AktG relevant werden kann, weil ein Bezug der Zuwendung zur Aktie denkbar ist. Dem Hintermann müssen entweder Verwaltungsrechte mittelbar zustehen oder er hat, wie etwa der Nießbraucher296, vermögensrechtliche Ansprüche direkt gegenüber der AG inne. Entgegen vereinzelter Ansicht297 reicht es dagegen nicht aus, wenn der Hintermann allein eine mittelbare vermögensmäßige Beteiligung unterhält.298 bb) Überschreiten der Toleranzschwelle Auch die Toleranzschwelle für eine Gesetzesumgehung ist in aller Regel überschritten, wenn die AG einem Hintermann mit Rücksicht auf dessen mittelbare AG-Beteiligung eine informelle Zuwendung macht. Das Interesse an der Ausdehnung des § 57 AktG überwiegt dasjenige des Hintermanns an der Einhaltung des in der Norm festgelegten Anwendungsbereichs. Ein zentraler Aspekt ist, dass die Umgehung der gesetzlichen Ausschüttungsvorschriften regelmäßig nur bei entsprechender Anwendung von § 57 AktG verhindert beziehungsweise korrigiert werden kann. Nur dann ist der Hintermann zur Zurückweisung der Zuwendung verpflichtet. Wird die Zuwendung dennoch vollzogen, ist der Hintermann nach der Wertausgleichslösung299 gemäß §§ 62, 57 AktG zur Rückzahlung der überhöhten Zuwendung beziehungsweise, bei Unteilbarkeit des Gegenstands, zum Wertausgleich in Höhe des zu viel Erlangten verpflichtet. Nach der vorzugswürdigen Nichtigkeitslösung ist im Fall der offenen Zuwendung sowohl das Verpflichtungs- als auch das Erfüllungsgeschäft gemäß § 134 BGB, § 57 AktG entsprechend nichtig300, bei verdeckter Zuwendung 296
AA namentlich Riedel, S. 200 ff. und Scharff, S. 45. Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 57 Rn. 65. 298 Der Hintermann hält dann keine (mittelbare) Rechtsposition aus der Aktie, auf die die AG ihre Leistung beziehen könnte. Insbesondere hätte eine AG-Zuwendung direkt an den Hintermann grundsätzlich keine Erfüllungswirkung hinsichtlich der vom Aktionär gehaltenen vermögensmäßigen Ansprüche. Der Grund für die AG-Leistung wäre abseits der Aktie zu suchen. 299 U. a. MünchKommAktG-Bayer, § 57 Rn. 157 ff.; MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 64; Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 57 Rn. 83 ff.; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 57 Rn. 50 ff.; Rust, S. 60 ff., 73 ff.; Kahlert, S. 97 ff.; Fiedler, S. 14 f.; Riedel, S. 43 ff.; Zimmerling, S. 154 ff.; Bitter, ZHR 168 (2004), 302, 342 ff.; Schmidt, Karsten, GesR, S. 892 f. Ausführliche Kritik bei Bezzenberger, Kapital, S. 238 ff. Eine wesentliche Schwäche ist der starke Eingriff in die Privatautonomie, weil unausgewogene Vereinbarungen ohne Rücksicht auf den Willen der Vertragsparteien von Gesetzes wegen mit ausgewogenem Inhalt nachgefüllt und aufrechterhalten werden. Ferner drohen Schutzlücken, wenn man, wie hier [3. Teil C. II. 5. b)], die entsprechende Anwendung von § 62 AktG auf bloß wirtschaftliche Aktionäre im Grundsatz ablehnt. 300 U. a. OLG München, AG 1980, 272, 273; OLG Düsseldorf, AG 1980, 273, 274; OLG Hamburg, AG 275, 277; OLG Koblenz, AG 1977, 231, 232; LG Düsseldorf, AG 297
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
zumindest das Verpflichtungsgeschäft301. Die AG kann dann wenigstens Rückforderungsansprüche des allgemeinen Zivilrechts (§§ 812 ff., 985 BGB) geltend machen. Im Gegensatz dazu könnte die informelle Ausschüttung der AG ohne die Geltung von § 57 AktG weder unterbunden noch rückgängig gemacht werden: § 62 AktG ist gegen den Hintermann jedenfalls mangels Aktienrechtswidrigkeit der Leistung nicht anwendbar.302 Eine informelle Gesellschaftszuwendung begründet insbesondere keinen Verstoß gegen § 60 AktG. Die Norm gilt nur innerhalb des förmlichen Gewinnverteilungsverfahrens und verbietet dort die maßstabswidrige Verteilung des Betrags, der sich aufgrund des Gewinnverwendungsbeschlusses als Ausschüttungsbetrag ergibt.303 Auch gegen den Aktionär steht der AG kein Anspruch aus § 62 AktG zu. Die Leistung ist weder aktienrechtswidrig noch ist das Tatbestandsmerkmal des „Empfangens“ in der Person des Aktionärs erfüllt, weil diesem die Zuwendung nicht als eigene zugerechnet werden kann304. Ansprüche gegen den Hintermann nach §§ 812 ff., 985 BGB scheiden ebenso regelmäßig aus, weil §§ 134 BGB, 57 AktG nicht gelten. Sollten Rechtsgeschäfte im Ausnahmefall schon nach allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften nichtig305 und so Rückforderungsansprüche des allgemeinen Zivilrechts eröffnet sein, kann dies für das Ergebnis nicht wesentlich sein. Zu feine Differenzierungen wären der Rechtsklarheit hinsichtlich des Geltungsbereichs von § 57 AktG abträglich. Auch rechtssystematisch wäre es fragwürdig, wenn § 57 AktG als aktienrechtliche Spezialnorm durch eine Vorschrift des allgemeinen Zivilrechts verdrängt würde. Gegenüber den aufgezeigten Schutzlücken bleibt das Interesse des Hintermanns an der Beibehaltung des gesetzlich festgelegten Rahmens von § 57 AktG 1979, 290, 291; Hüffer, AktG, § 57 Rn. 23; wohl auch Westermann, in: Bürgers/Körber, AktG, § 57 Rn. 32 ff.; Raiser/Veil, KapGesR, § 19 II Rn. 11 f.; GroßkommAktG-Henze, § 57 Rn. 201, 203; G/H/E/K-Hefermehl/Bungeroth, § 57 Rn. 71; KölnKommAktG-Lutter, § 57 Rn. 62 f.; MüHdbAG-Wiesner, § 16 Rn. 59. Nichtigkeit nur des Verpflichtungsgeschäfts Bezzenberger, Kapital, S. 247 ff.; Bommert, S. 93 ff., 111 f. Zu unterscheiden sind die Fälle, in denen die Zuwendung an den Dritten als Zuwendung an den Aktionär anzusehen sind. Der Aktionär ist dort selbst Verbotsadressat, das Rechtsgeschäft zwischen der AG und dem Dritten ist nur im Ausnahmefall nichtig, siehe etwa GroßkommAktG-Henze, § 57 Rn. 215 ff. 301 Für Nichtigkeit auch des Erfüllungsgeschäfts bei verdeckter Zuwendung u. a. GroßkommAktG-Henze, § 57 Rn. 206 ff.; Sonnenhol/Groß, ZHR 159 (1995), 388, 409; mit Zweifeln Hüffer, AktG, § 57 Rn. 23. 302 Die Möglichkeit einer entsprechenden Anwendung von § 53a AktG hat hierbei außer Betracht zu bleiben, vgl. bereits 3. Teil B. VI. 2. b) cc) (1). 303 Vgl. Hüffer, AktG, § 60 Rn. 1. 304 Vgl. Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 62 Rn. 11; G/H/E/K-Hefermehl/ Bungeroth, § 62 Rn. 20; Kahlert, S. 137 f.; aA (zu weitgehend, da das Tatbestandsmerkmal „Empfangen“ ignorierend) OLG Hamburg, AG 1980, 275, 278; MünchKommAktG-Bayer, § 62 Rn. 16; GroßkommAktG-Henze, § 62 Rn. 28; KölnKommAktG-Lutter, § 62 Rn. 12; Canaris, in: FS R. Fischer, 31, 41; Riedel, S. 224 ff. 305 Etwa §§ 125 Satz 1, 138 BGB.
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deutlich zurück. Es ist ihm zumutbar, ein Gesellschaftsangebot zurückzuweisen, das im inneren Zusammenhang mit seiner mittelbaren Gesellschaftsbeteiligung steht, aktienrechtlich aber nicht legitimiert ist. Ob – und wenn ja, wie weitreichend – dem Hintermann auch aktive Mitwirkung, namentlich die Herausgabe oder Kompensation einer angenommenen Leistung zuzumuten ist, ist erst zu klären, wenn die aktienrechtliche Rückgewährhaftung des § 62 AktG in Rede steht. c) Schlussfolgerungen für die ADS-Inhaber § 57 AktG gilt nach den Grundsätzen der Gesetzesumgehung entsprechend, wenn die AG einem ADS-Inhaber mit Rücksicht auf dessen wirtschaftliche Aktionärsstellung eine Zuwendung unterbreitet, die dem ADS-Inhaber gemittelte Aktie also deren eigentlicher Grund ist. Der ADS-Inhaber ist demnach verpflichtet, eine solche Zuwendung der AG zurückzuweisen. Ohne Auswirkung ist, wenn dem ADS-Programm Namensaktien zugrunde liegen und die Depotbank nicht als deren Inhaber im Aktienregister der AG geführt wird, obwohl die hinterlegten Aktien dem ADS-Inhaber dann aus Sicht der AG gleich mehrfach gemittelt werden. Entscheidend ist allein der Bezug der Gesellschaftszuwendung zu den Aktien, die den ADSs des Empfängers zugrunde liegen. Praktisch kommt auf Grundlage der untersuchten Depotverträge vor allem ein Bezug der AG-Zuwendung zum Stimmweisungsrecht des ADS-Inhabers in Betracht. Denkbar ist aber auch, dass der ADS-Inhaber von der AG eine Zuwendung mit Blick auf mitgliedschaftliche Rechtspositionen erhält, die er dank eines Bevollmächtigungsanspruchs gegenüber der Depotbank als Aktionärsvertreter ausübt. Für den Nachweis in der Praxis, dass eine AG-Zuwendung einen Bezug zu der dem ADS-Inhaber gemittelten Aktie hat, sei auf die Ausführungen beim Gleichbehandlungsgrundsatz verwiesen.306 Bei pre-release ADSs gilt § 57 AktG entsprechend, sofern die nach depotvertraglicher Maßgabe bereits für diese ADSs vorbestimmten307 Aktien die causa der Zuwendung sind. Nimmt der ADS-Inhaber eine AG-Zuwendung unter Verstoß gegen § 57 AktG an, ist nach der vorzugswürdigen Nichtigkeitslösung zumindest das zugrunde liegende obligatorische Geschäft nichtig (§§ 134 BGB, 57 AktG entsprechend). 5. Die Rückgewährpflicht des § 62 AktG Klärungsbedürftig ist jetzt, inwieweit für den ADS-Inhaber die strenge Rückgewährhaftung des § 62 AktG entsprechend gilt, wenn er eine AG-Zuwendung 306
3. Teil B. VI. 2. c). Das wirtschaftliche Eigentum an den fiduziarisch für die Depotbank zu haltenden Aktien ist bereits vor der ADS-Emission an die Depotbank zu übertragen, siehe 2. Teil A. II. 307
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annimmt, die dem soeben erörterten Verbot des § 57 AktG unterfällt, weil ihr wahrer Grund die dem ADS-Inhaber vorgeschalteten Aktien sind. Dem Überblick über das Meinungsbild in Rechtsprechung und Schrifttum zur entsprechenden Frage bei Treugeber, Nießbraucher und Pfandgläubiger [a)] folgt eine Stellungnahme [b)], nach der sich erweisen wird, dass die strenge Rückgewährhaftung des § 62 AktG für den ADS-Inhaber nur im engen Ausnahmefall gilt [c)]. a) Treugeber, Nießbraucher und Pfandgläubiger als Adressaten des § 62 AktG: Das Meinungsbild im Überblick Der BGH hat bislang, soweit ersichtlich, noch nicht zu der Frage entschieden, ob § 62 AktG auf Nichtaktionäre mit wirtschaftlichem Eigeninteresse an Aktien – namentlich Treugeber, Nießbraucher und Pfandgläubiger – entsprechend anwendbar sein kann. Einigen Urteilen lässt sich jedoch zumindest entnehmen, dass der BGH eher zur restriktiven Anwendung von § 62 AktG tendiert. So lehnte er die aktienrechtliche Rückgewährhaftung des Dritten, der von der AG eine Leistung erhält, die mittelbar auch einem Aktionär zugute kommt, unmissverständlich ab: „Die Ansicht der Klägerin, auch ein Fremdgläubiger, dem die AG für dessen Forderung gegen einen Aktionär eine Sicherheit bestellt und der sich daraus befriedigt hat, könne nach § 62 AktG auf Rückgewähr haften, findet weder im Gesetzestext noch in Rechtsprechung und Schrifttum irgendeine Stütze.“ 308 In einem anderen Urteil stellte der BGH fest, dass der Beklagte jedenfalls schon deswegen nicht gemäß § 62 AktG hafte, weil er nicht Aktionär der Klägerin sei.309 Das OLG Hamburg führte in einem obiter dictum aus, dass die spezielle aktienrechtliche Haftung des § 62 AktG nur den Aktionär treffe.310 Zum GmbH-Recht entschied der BGH dagegen schon mehrfach, dass die Erstattungspflicht des § 31 Abs. 1 GmbHG wegen der zugrunde liegenden wirtschaftlichen Verhältnisse auch Hintermänner von GmbH-Gesellschaftern treffen kann.311 Im Schrifttum befürwortet man eine Unterwerfung von Hintermännern unter das Haftungsregime des § 62 AktG vielfach. Insbesondere der Treugeber soll nach § 62 AktG entsprechend auf die Rückgewähr von Leistungen haften, die er selbst von der AG empfing.312 Die Einigkeit endet allerdings bei den Vorausset308 BGH, AG 1981, 227 ff.; im Ergebnis auch Vorinst. OLG Düsseldorf, AG 1980, 273, 274. Eingehender zur Haftung des Sicherungsnehmers Mülbert, ZGR 1995, 578 ff.; Sonnenhol/Stützle, WM 1983, 2 ff.; Barth/Gelsen, DB 1981, 2265 ff. 309 BGH, NJW 1992, 2821. 310 OLG Hamburg, AG 1980, 275, 279. 311 U. a. BGHZ 118, 107, 115 f. (Thyssen Rheinstahl); BGHZ 107, 7, 11 f.; BGHZ 75, 334, 335 f.; BGHZ 31, 258, 263 ff. (Lufttaxi); BGH, WM 1989, 60, 61; ebenso OLG Hamburg, BB 1984, 1253 f. (zur Kapitalerhaltung in einem obiter dictum).
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zungen und der Begründung der Gleichstellung. Nach einer Ansicht entspricht der Anwendungsbereich von § 62 AktG im Wesentlichen demjenigen von § 57 AktG. Es sei nur konsequent, die Rückgewährpflicht des § 62 AktG auf den faktischen Aktionär zu erstrecken, wenn man ihn schon den Restriktionen des § 57 AktG unterwerfe.313 Entgegen der herrschenden Meinung sei die Norm vorrangig ein Mittel zur Wiederherstellung der richtigen Vermögenszuordnung zwischen AG und Gesellschafter. In der mitgliedschaftlichen Bindung des Gesellschafters liege nicht der ausschließliche Grund für seine Schuldnerstellung in § 62 AktG.314 Demnach könnten auch Dritte gemäß § 62 AktG analog haften, soweit an die Stelle der Gesellschaftereigenschaft ein Verschulden des Dritten im Zusammenhang mit seiner Empfängereigenschaft trete.315 Andernorts hebt man die spezifisch gesellschaftsrechtliche Natur von § 62 AktG zwar ausdrücklich hervor. Diese stehe einer Normerstreckung auf gesellschaftsfremde Dritte im Wege der Analogie entgegen.316 Die Gleichstellung wird dann aber auf den Rechtsgedanken des § 46 Abs. 5 AktG gestützt.317 Der wirtschaftliche Aktionär soll selbst dann nach § 62 AktG haften, wenn er die AG-Zuwendung nur mittelbar über seinen Aktionär empfängt318 oder der Treuhänder die Leistung nicht weiterleitet319. Nach einer dritten Meinung sind „Umgehungsgesichtspunkte“ für die haftungsrechtliche Gleichstellung entscheidend. Das Kriterium der Gesellschafterei312 MünchKommAktG-Bayer, § 62 Rn. 17 f.; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 62 Rn. 14; Westermann, in: Bürgers/Körber, AktG, § 62 Rn. 6; Cahn, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 62 Rn. 15; AnwKAktienR-Drinhausen, § 62 Rn. 13; GroßkommAktGHenze, § 62 Rn. 28; MüHdbAG-Wiesner, § 16 Rn. 65; BeckHdbAG-Müller, § 8 Rn. 59; Raiser/Veil, KapGesR, § 19 Rn. 12; GroßkommAktG-Hefermehl/Bungeroth, § 62 Rn. 20; G/H/E/K-Hefermehl/Bungeroth, § 62 Rn. 20; KölnKommAktG-Lutter, § 62 Rn. 12 f., § 57 Rn. 42 (aAVoraufl.); zögernd Hüffer, AktG, § 62 Rn. 5; Eden, S. 70; Rust, S. 164 f.; Tebben, S. 403 f.; Riedel, S. 228 ff.; Kahlert, S. 194 ff.; Zimmerling, S. 117 ff.; Bommert, S. 115 f.; Dreßel, S. 222 f. (GmbH); Bitter, ZHR 168 (2004), 302, 329; Henssler, AcP 196 (1996), 37, 82 f. (GmbH); Canaris, in: FS R. Fischer, 31, 37, 40 f. 313 Riedel, S. 229; ähnlich AnwKAktienR-Drinhausen, § 62 Rn. 13, Rust, S. 164 f. und Bitter, ZHR 168 (2004), 302, 329 (§ 62 AktG auch als Sanktion für die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes). 314 Zimmerling, S. 146. 315 Zimmerling, S. 147. 316 Namentlich Canaris, in: FS R.Fischer, 31, 36 f. Der spezifisch aktienrechtliche Charakter von § 62 AktG wird vorwiegend damit begründet, dass es sich systematisch um einen „Wiedereinlageanspruch“ handelt, der dogmatisch Parallelen zum Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung gemäß § 172 Abs. 4 HGB aufweist (Canaris, in: FS R. Fischer, 31, 37; KölnKommAktG-Lutter, § 62 Rn. 5; G/H/E/K-Hefermehl/Bungeroth, § 62 Rn. 4). 317 Nachweise 3. Teil C. II. 2. b) (Fn. 208). 318 U. a. MünchKommAktG-Bayer, § 62 Rn. 18; GroßkommAktG-Henze, § 62 Rn. 28; wohl auch GroßkommAktG-Hefermehl/Bungeroth, § 62 Rn. 20; G/H/E/K-Hefermehl/ Bungeroth, § 62 Rn. 20; Riedel, S. 231 ff.; Tebben, S. 403 f.; Canaris, in: FS R. Fischer, 31, 41; einschränkend Kahlert, S. 191 ff. (nur bei Veranlassung des Treugebers); aA Rust, S. 167 ff. 319 MünchKommAktG-Bayer, § 62 Rn. 18.
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genschaft werde bei Zuwendungen an einen mittelbar Beteiligten umgangen, weil dieser trotz Fehlens der formellen Gesellschafterstellung wirtschaftlicher Nutznießer der Mitgliedschaft sei.320 Auch Nießbraucher und atypischer Pfandgläubiger werden stellenweise der strengen Rückgewährpflicht des § 62 AktG unterworfen.321 Im Schrifttum zum GmbH-Recht tritt man ebenfalls vielfach – mit unterschiedlichen Begründungsansätzen – für eine gesellschaftsrechtlich fundierte Rückgewährhaftung des Treugebers in entsprechender Anwendung von § 31 Abs. 1 GmbHG ein.322 Die Befürworter der Gleichstellung erfahren nur wenig Kritik. Lediglich eine Stellungnahme erweckt den Eindruck, dass § 62 AktG auf AG-Zuwendungen an Treugeber nicht entsprechend anwendbar ist.323 Eine Stimme lehnt zumindest für den Nießbraucher die entsprechende Geltung von § 62 AktG ab.324 Andere mahnen – ohne unmittelbaren Bezug zu Hintermannvarianten – einen restriktiven Umgang mit § 62 AktG an. Nur die Mitgliedschaft sei der innere Rechtsgrund für die strenge Rückgewährhaftung des § 62 AktG.325 Der Anspruch sei ausweislich seines Wortlauts eine Ausprägung der Mitgliedschaftsstellung und richte sich so lediglich gegen einen Aktionär.326 Im GmbH-Recht ist der Streitstand etwas anders gelagert. Dort stößt die entsprechende Anwendung von § 31 Abs. 1 GmbHG auf Hintermänner von GmbH-Gesellschaftern mehrfach auf ausdrückliche Ablehnung.327 320 Tebben, S. 402 f.; in diesem Sinne wohl auch GroßkommAktG-Henze, § 62 Rn. 28. 321 MünchKommAktG-Bayer, § 62 Rn. 19 (bei „aktionärsgleicher Stellung“); Westermann, in: Bürgers/Körber, AktG, § 62 Rn. 6 (bei schwerwiegenden Gründen wie etwa Umgehungsverdacht); Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG § 62 Rn. 14; Schön, ZHR 158 (1994), 229, 256 (für den Nießbraucher). 322 U. a. Gruber, S. 256; Henssler, AcP 196 (1996), 37, 82 f. (bei Veranlassung der Zuwendung durch Hintermann); Pentz, in: Rowedder, GmbHG, § 31 Rn. 11, § 30 Rn. 21 (Rechtsgedanke des § 46 Abs. 5 AktG); Westermann, in: Scholz, GmbHG, § 31 Rn. 12 (Hintermann als faktischer Gesellschafter, Umgehungsgesichtspunkte); Roth/ Thöni, in: FS GmbHG, 245, 269 (zu Treuhand und Unterbeteiligung); Schiemann, in: FS Zöllner, 503, 510 f. (Hintermann als der „wirkliche Gesellschafter“); Ballerstedt, JZ 1960, 513, 517 (nur bei Leistung direkt an Hintermann); Ehlke, DB 1985, 795, 802 f. (bei Leistung direkt an Treugeber); differenzierend Ulmer, ZHR 156 (1992), 377 ff., insbes. 387–390. 323 Armbrüster, S. 414 f., der feststellt, dass § 62 AktG bei AG-Zuwendungen an Treugeber tatbestandlich nicht eingreift, um sodann mit Anspruchsgrundlagen des allgemeinen Zivilrechts fortzufahren. 324 Scharff, S. 45 (für den Nießbraucher). 325 GroßkommAktG-Barz, § 62 Rn. 2; GroßkommAktG-Fischer, § 56 Rn. 3; ganz ähnlich Baumbach/Hueck, AktG, § 62 Rn. 8. 326 Mülbert, ZGR 1995, 578, 601 (Fn. 75), 603 (Fn. 87), 609; vgl. ferner Sonnenhol/ Groß, ZHR 159 (1995), 388, 409; Meister, WM 1980, 390, 395 Fn. 43. 327 Etwa Armbrüster, GmbHR 2001, 1021, 1029 (wegen einer Einwendungssperre bei Pfändung des Gesellschafteranspruchs gegen den Hintermann für die ganz überwiegende Zahl der Fälle); vorsichtig zustimmend Singhof/Seiler/Schlitt, S. 244; Emmerich,
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b) Stellungnahme Aus folgenden Gründen sind Hintermänner entgegen weit verbreiteter Ansicht nur im engen Ausnahmefall auf Grundlage einer Rechtsfortbildung extra legem der strengen Rückgewährhaftung des § 62 AktG unterworfen: aa) Grundsätze der Gesetzesumgehung Die Grundsätze der Gesetzesumgehung können die entsprechende Geltung des § 62 AktG für den Hintermann, der von der AG (mittelbar) eine aktienrechtswidrige Zuwendung empfing, nicht bewirken, weil der erforderliche Umgehungsfall nicht gegeben ist. Der für die aktienrechtliche Rückgewährhaftung verantwortliche Personenkreis ist mit der Nennung der Aktionäre erschöpfend umschrieben. Es besteht kein im Wortlaut des § 62 AktG nur unvollständig abgebildetes Regelungsziel, das berührt ist und so den Kreis der Verantwortlichen weitet, wenn ein lediglich faktischer Aktionär von der AG aktienrechtswidrige Leistungen erhielt. Das überschießende Regelungsziel ergibt sich nicht daraus, dass § 62 AktG nach einhelliger Meinung328 der Kapitalerhaltung in der AG zum Schutz ihrer Gläubiger dient. Der insoweit verpflichtete Personenkreis ist mit den Aktionären abschließend benannt. Der Hintermann zählt nicht dazu, weil der tragende Grund für diese Verantwortlichkeit das Innehaben der haftungsrechtlich privilegierten Gesellschafterstellung ist. Es besteht, wie bereits dargelegt329, eine Wechselbeziehung zwischen der Verantwortung für die Kapitalerhaltung und dem korporativen Haftungsprivileg des Gesellschafters. Die Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungspflichten sind der Preis, um den sich der Gesellschafter von seiner unmittelbaren und persönlichen Haftung gegenüber den Gläubigern der AG freikauft. Exakt dieser Zusammenhang zwischen Haftungsprivileg und Verantwortlichkeit ist zutreffend beschrieben, wenn es im Schrifttum heißt, dass die Mitgliedschaft der innere Rechtsgrund für die besondere Verantwortlichkeit im Sinne des § 62 AktG ist. Ein hier relevantes überschießendes Regelungsziel existierte indes, wenn es – wie im Schrifttum vertreten330 – zuträfe, dass § 62 AktG vorrangig ein Mittel zur in: Scholz, GmbHG, § 2 Rn. 59a; Köhl, GmbHR 1998, 119, 123–125 (unter Erwägung einer Haftung des Treugebers nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter und nach konzernrechtlichen Voraussetzungen); Kuhn, S. 98 ff. 328 Statt aller MünchKommAktG-Bayer, § 62 Rn. 1; Hüffer, AktG, § 62 Rn. 1; AnwKAktienR-Drinhausen, § 62 Rn. 1; GroßkommAktG-Henze, § 62 Rn. 8; GroßkommAktG-Hefermehl/Bungeroth, § 62 Rn. 1; G/H/E/K-Hefermehl/Bungeroth, § 62 Rn. 1; KölnKommAktG-Lutter, § 62 Rn. 3; Zimmerling, S. 131; siehe auch Erwägungsgründe zu Art. 16 EG-KapitalRiLi 1976. 329 3. Teil C. II. 4. b) aa). 330 Zimmerling, S. 130 f., ganz ähnlich Riedel, S. 229, AnwKAktienR-Drinhausen, § 62 Rn. 13, Rust, S. 164 f.; vgl. auch Bommert, S. 100 ff. (bereicherungsrechtliche Funktion von § 62 AktG); wohl aA KölnKommAktG-Lutter, § 62 Rn. 3, wonach die
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
Wiederherstellung der richtigen Vermögenszuordnung ist. Es bestünde dann eine Deckungsgleichheit mit den Schutzzielen des § 57 AktG. § 62 AktG zielte nicht nur auf den Schutz der AG-Gläubiger ab, sondern darüber hinaus auch auf den Schutz der an der Vermögensverschiebung nicht partizipierenden Aktionäre und auf den Schutz der organschaftlichen Kompetenz der Hauptversammlung. Das mit § 62 AktG verfolgte Regelungsziel erschöpfte sich nicht darin, dass die Aktionäre aktienrechtswidrige Zuwendungen unter den strengen Bedingungen des § 62 AktG zurückgewähren. Im Normwortlaut unvollkommen abgebildetes Regelungsziel wäre weitergehend, dass alle aktienrechtswidrigen Zuwendungen unter den strengen Bedingungen des § 62 AktG zurückgewährt werden. Dementsprechend wäre nicht nur jeder Empfänger nach § 62 AktG verantwortlich, der eine haftungsrechtlich privilegierte Gesellschafterstellung in dieser AG hält. Es wäre schlichtweg jeder, also auch der bloß wirtschaftliche Aktionär, nach § 62 AktG verantwortlich, der von der AG eine aktienrechtswidrige Zuwendung für sich empfing. Die Aktionäre wären in § 62 AktG nur als diejenigen benannt, die typischerweise von der AG aktienrechtswidrige Zuwendungen entgegennehmen. Für diese Ansicht, dass § 62 AktG nicht nur auf den Schutz der AG-Gläubiger abzielt, könnte die Überlegung streiten, dass die Aktionäre auch dann rückgewährpflichtig sind, wenn die Zuwendung aus prinzipiell ausschüttungsfähigem Gesellschaftsvermögen erbracht wurde. Denn das Interesse der AG-Gläubiger ist grundsätzlich auf den Erhalt des Gesellschaftsvermögens bis zur Grundkapitalziffer beschränkt.331 Es stellt sich so in der Tat die Frage, ob bei der darüber hinausgehenden Rückgewährpflicht die mit § 62 AktG verfolgte Zielsetzung nicht doch der Schutz der nicht bedachten Aktionäre und der Entscheidungskompetenz der Hauptversammlung ist, weil das Kapitalerhaltungsinteresse der AG-Gläubiger sich nicht auch hierauf erstreckt. Im Ergebnis verfängt diese Überlegung indes nicht. Der Schutz der nicht bedachten Aktionäre und der Hauptversammlung ist, anders als bei § 57 AktG, schlichter Schutzreflex. Zunächst ist zu vergegenwärtigen, dass die Gesellschaftsgläubiger gleichermaßen wie die ausgeschlossenen Aktionäre und die Hauptversammlung von einer unbeschränkten Rückgewährhaftung profitieren. Davon unabhängig ist eine über den Schutz der AG-Gläubiger hinausgehende Schutzrichtung des § 62 AktG aus den folgenden Gründen abzulehnen: Der Normwortlaut enthält – anders als § 57 AktG332 – keinen belastbaren Anhaltspunkt. Die Tatsache, dass die Aktionäre und damit die Inhaber des korporativen Haftungsprivilegs internen Zuständigkeitsregeln und die Korrektheit der Ertragslage nur „mittelbar“ beschützt werden. 331 Dies zeigt sich gut daran, dass grundsätzlich sämtliches AG-Vermögen oberhalb der Grundkapitalziffer (zuzüglich gebundener Rücklagen) förmlich an die Aktionäre ausgeschüttet und so dem Zugriff der AG-Gläubiger entzogen werden könnte, vgl. Bezzenberger, Eigene Aktien, S. 57 f. 332 Dort § 57 Abs. 3 AktG.
C. Gleichstellung in Bezug auf mitgliedschaftliche Pflichten
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gleich am Anfang der Norm als verantwortlich benannt sind, spricht eher für das Gegenteil.333 In systematischer Hinsicht kommt hinzu, dass in § 62 Abs. 2 Satz 1 AktG nur den AG-Gläubigern ein Verfolgungsrecht zugewiesen wird. Ein – wie im Detail auch immer ausgestaltetes – Verfolgungsrecht benachteiligter Aktionäre besteht dagegen nicht und stand, soweit ersichtlich, auch in keinem Gesetzgebungsverfahren zur Diskussion. Ein sehr wesentlicher Punkt ist ferner die Entwicklungsgeschichte der Norm. Die Vorgängernorm von § 62 AktG 1965, § 56 Abs. 1 Satz 1 AktG 1937334, war als Außenhaftung des Aktionärs gegenüber den AG-Gläubigern ausgestaltet, vergleichbar den heutigen Vorschriften der §§ 171 Abs. 1 1. HS, 172 Abs. 4 HGB, nach denen die persönliche Außenhaftung des Kommanditisten gegenüber den KG-Gläubigern in Höhe der zurückgewährten Einlagen wieder auflebt.335 Diese Konzeption zeigt unmissverständlich eine ausschließlich auf die AG-Gläubiger zugeschnittene Schutzrichtung der Rückgewährhaftung. Schon damals war aber für die Haftungsverantwortlichkeit unerheblich, ob die AG Vermögen von unter- oder oberhalb der Grundkapitalziffer ausgekehrt hatte. Die Rückgewährpflicht bestand also schon zu dieser Zeit allein zum Schutz der Gesellschaftsgläubiger unbeschränkt. Im Zuge der Aktienrechtsreform von 1965 fasste man die aktienrechtliche Rückgewährhaftung in § 62 AktG neu. Gravierendste Neuerung war, dass in § 62 Abs. 1 Satz 1 AktG erstmals ein eigener aktienrechtlicher Rückgewähranspruch der Gesellschaft ausdrücklich normiert336 und den AG-Gläubigern in § 62 Abs. 2 Satz 1 AktG nur noch ein subsidiäres Verfolgungsrecht eingeräumt wurde. Dass der Gesetzgeber dabei aber auch den Schutzbereich der Rückgewährhaftung ausdehnen wollte, findet in den Materialien zum Gesetzgebungsverfahren keinen Rückhalt.337 Durch Art. 16 EG-KapitalRiLi 1976338 wurde § 62 AktG schließlich mit EG333 Es heißt dort nicht etwa: „Von der Gesellschaft entgegen den Vorschriften dieses Gesetzes erbrachte Leistungen sind von den begünstigten Aktionären zurückzugewähren.“ 334 „Die Aktionäre haften den Gläubigern für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, soweit sie entgegen den Vorschriften dieses Gesetzes Zahlungen von der Gesellschaft empfangen haben.“ 335 In der historisch ersten Norm kommt der Zusammenhang zwischen korporativem Haftungsprivileg und Kapitalerhaltung nicht ganz so deutlich zum Ausdruck, wenn es in § 217 Abs. 1 Satz 1 HGB 1897 heißt: „Die Aktionäre haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, soweit sie den Vorschriften dieses Gesetzes entgegen Zahlungen von der Gesellschaft empfangen haben.“ 336 Der Gesetzgeber klärte damit endgültig die Streitfrage, ob auch der AG selbst ein Rückgewähranspruch gegen den Aktionär zusteht. Vorentschieden war der Streit bereits durch § 56 Abs. 3 AktG 1937, in dem neben den AG-Gläubigeransprüchen auch ein Rückgewähranspruch der AG als existent vorausgesetzt wurde (vgl. MünchKommAktG-Bayer, § 62 Rn. 3). 337 Begr. RegE, Stellungnahme Bundesrat, Auffassung der Bundesregierung, Ausschussbericht bei Kropff, S. 81 ff. 338 „Jede Ausschüttung, die entgegen Artikel 15 erfolgt, ist von den Aktionären, die sie empfangen haben, zurückzugewähren, wenn die Gesellschaft beweist, dass diesen
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
Recht unterlegt. In den Erwägungsgründen zur Richtlinie werden aber wieder nur die Gesellschaftsgläubiger als geschützter Personenkreis genannt.339 In seinen Schutzzielen liegt der Rückgewähranspruch des § 62 AktG damit also im Ergebnis näher beim Einlagenanspruch als bei der Verbotsnorm des § 57 AktG.340 Nur dieses Normverständnis steht im Übrigen im Einklang mit der heute nahezu einmütigen Ansicht, dass der Dividendenscheinerwerber, der von der AG zu Unrecht eine auf sein Dividendenrecht bezogene Leistung erhält, nicht der Haftung nach § 62 AktG unterliegt, obwohl die Leistung den Tatbestand von § 57 AktG entsprechend erfüllt341. Zu anderer Bewertung veranlasst schlussendlich auch nicht, dass nach allgemeiner Meinung342 mit dem früheren oder zukünftigen Aktionär auch Personen nach § 62 AktG entsprechend haften können, die im Zeitpunkt des Leistungsempfangs nicht Verbandsmitglieder sind. Die Problematik ist eine andere.343 Während der Hintermann typischerweise nie selbst in die Gesellschafterstellung wechselt, ist dort beim Empfänger die Mitgliedschaft als der tragende Anknüpfungspunkt für die Verantwortlichkeit in jedem Fall gegeben. Mit der entsprechenden Anwendung von § 62 AktG überbrückt man dort nur den zeitlichen Versatz von Leistungsempfang und haftungsrechtlich privilegierte Gesellschafterstellung trotz inneren Zusammenhangs von Zuwendung und Mitgliedschaft. bb) Gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung Auf eine gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung lässt sich die entsprechende Anwendung von § 62 AktG bei Gesellschaftsleistungen – direkt oder indirekt – an einen Aktionärhintermann stützen, allerdings nur im engen Ausnahmefall.
Aktionären die Unzulässigkeit der an sie erfolgten Ausschüttung bekannt war oder sie darüber nach den Umständen nicht in Unkenntnis sein konnten.“ 339 „Die Gemeinschaft muß deshalb Vorschriften erlassen, um das Kapital als Sicherheit für die Gläubiger zu erhalten, indem insbesondere untersagt wird, daß das Kapital durch nicht geschuldete Ausschüttungen an die Aktionäre verringert wird [. . .].“ 340 Vgl. Bezzenberger, Kapital, S. 241 f. zu weiteren Ähnlichkeiten zwischen Einlagen- und Rückgewähranspruch. Teils wird der Rückgewähreinspruch sogar ausdrücklich als „Wiedereinlageanspruch“ qualifiziert (KölnKommAktG-Lutter, § 62 Rn. 4; G/H/E/ K-Hefermehl/Bungeroth, § 62 Rn. 4; MüHdbAG-Wiesner, § 16 Rn. 65 [„systematische Indentität“]; Wiesner, in: FS Raiser, 471, 482; kritisch Bezzenberger, Kapital, S. 241 f.). 341 Etwa Hüffer, AktG, § 62 Rn. 4; MünchKommAktG-Bayer, § 62 Rn. 25; GroßkommAktG-Hefermehl/Bungeroth, § 62 Rn. 7; KölnKommAktG-Lutter, § 62 Rn. 8; GroßkommAktG-Barz, § 62 Rn. 2; Baumbach/Hueck, AktG, § 62 Rn. 8; Canaris, in: FS R. Fischer, 31, 54. 342 U. a. OLG Frankfurt, AG 1996, 324, 325; MünchKommAktG-Bayer, § 62 Rn. 13; Hüffer, AktG, § 62 Rn. 5; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 62 Rn. 11; Riedel, S. 223 ff. 343 In diesem Sinne auch Armbrüster, S. 414 f.
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Im Grundsatz wird das Rechtsgefühl des verständigen Betrachters nicht in gröblicher Weise gestört, wenn es dabei bleibt, dass der Hintermann nicht gleich einem Aktionär nach § 62 AktG auf Rückgewähr von aktienrechtswidrigen AGZuwendungen haftet. Dem Interesse der AG-Gläubiger am Erhalt des Gesellschaftsvermögens können in vielen Fällen schon allgemein-zivilrechtliche Grundsätze Rechnung tragen. Zuwendungen direkt an den Hintermann kann die AG grundsätzlich nach den §§ 812 ff., 985 BGB herausverlangen.344 Bei Zuwendungen über den Aktionär haftet schon dieser der AG direkt nach § 62 AktG. Daneben kann die AG auf das Vermögen des Hintermanns Zugriff nehmen, indem sie etwaige Freistellungsansprüche des Aktionärs pfänden und an sich überweisen lässt.345 Dies bedeutet freilich nicht, dass der Schutz dasselbe Niveau erreicht wie bei einer entsprechenden Anwendung von § 62 AktG. Schutzlücken sind nicht zu leugnen. Die Rückgewährpflicht des § 62 AktG besteht nur im Fall des gutgläubigen Dividendenempfängers (Abs. 1 Satz 2) und nach ergebnislosem Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist (Abs. 3) nicht. Der Vindikationsanspruch des § 812 BGB ist im Gegensatz dazu bei Entreicherung des Empfängers ausgeschlossen (§ 818 Abs. 3 BGB)346, die Verjährungsfrist beträgt nur drei Jahre (§ 195 BGB)347. Beim Vorgehen der AG direkt gegen den Aktionär besteht die Gefahr, dass der Anspruch nach § 62 AktG nicht werthaltig ist, weil die Zuwendung bereits an den Hintermann weitergeleitet wurde und der Aktionär im Übrigen kein nennenswertes Vermögen hat. Geht die AG (dann) mittels des Freistellungsanspruchs des Aktionärs gegen den Hintermann vor, trägt sie – neben dem zusätzlichen Zeit- und Kostenaufwand – auch das Risiko, dass ihr der Hintermann – trotz bestehender Grenzen348 – rechtsbeachtliche Einwendungen aus seinem Innenverhältnis zum Aktionär entgegenhält. Allein diese möglichen Schutzlücken lassen es jedoch nicht als grob unbillig erscheinen, dass der Hintermann nicht aktionärsgleich nach § 62 AktG haftet. 344 In diesem Punkt müssen die Vertreter der Wertausgleichslösung freilich zu einem anderen Ergebnis kommen, weil nach ihnen ein gemäß § 57 AktG tatbestandsmäßiges Rechtsgeschäft nicht gemäß § 134 BGB nichtig sein soll; zur Kritik an der Wertausgleichslösung 3. Teil C. II. 4. b) bb) (Fn. 299). 345 Der AG ist dagegen ein Direktzugriff auf den Hintermann über §§ 812 ff. BGB – vorbehaltlich § 822 BGB – im Grundsatz wegen ihrer vorrangigen Leistungsbeziehung zum Aktionär verwehrt. 346 Siehe aber auch §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4 BGB, wobei für die positive Kenntnis genügt, dass sich dem Empfänger bei einer Parallelwertung in der Laiensphäre aufdrängt, dass das Rechtsgeschäft wegen Gesetzeswidrigkeit keinen Bestand haben kann (BGHZ 133, 246; Sprau, in: Palandt, BGB, § 819 Rn. 2). 347 Siehe ferner die Ausschlussgründe der §§ 814, 817 Satz 2 BGB. Erwägenswert ist aber, diese im Sinne der praktischen Wirksamkeit von § 57 AktG nicht anzuwenden (vgl. AnwKAktienR-Drinhausen, § 62 Rn. 9; GroßkommAktG-Henze, § 62 Rn. 61, § 57 Rn. 212, 225; KölnKommAktG-Lutter, § 57 Rn. 99). 348 Vgl. 3. Teil C. II. 3. b) bb) (Fn. 249).
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
Der Entschluss zur nur mittelbaren Gesellschaftsbeteiligung ist nicht per se zu missbilligen. Es können anerkennenswerte Gründe dafür streiten, dass der Anleger nicht selbst Mitglied des Gesellschaftsverbandes wurde. Die Bewertung ändert sich jedoch grundlegend und die strenge Rückgewährhaftung des § 62 AktG gilt über eine Rechtsfortbildung extra legem auch für den Hintermann, wenn dessen lediglich mittelbare Gesellschaftsbeteiligung von Anfang an ganz überwiegend oder gar ausschließlich darauf abzielte, erbrachte Einlagen zu empfangen und – wegen der Lücken im System der allgemein-zivilrechtlichen Rückforderungsansprüche – dauerhaft zu behalten. Solch rechtsmissbräuchliche Absichten können nicht Anerkennung erfahren, indem man den Hintermann vom strengen Haftungsregime des § 62 AktG ausnimmt. Eine Ausdehnung des strengen Haftungsregimes ist aber auch geboten, wenn der Hintermann, für dessen Erwerb einer nur mittelbaren Gesellschaftsbeteiligung plausible Gründe streiten, eine ihm – als Weisungsgeber oder Aktionärsvertreter – zugängliche mitgliedschaftliche Rechtsposition aktiv als Droh- und Schädigungspotential einsetzt, um von der AG aktienrechtswidrige Leistungen zu erhalten. Bei einer solchen Instrumentalisierung einer mitgliedschaftlichen Rechtsposition ist der Hintermann nicht schutzwürdig. Dem Rechtsgefühl des verständigen Betrachters widerspräche es beträchtlich, wenn dieser Hintermann besser stünde als der Aktionär, dem von der AG ohne eigenes Zutun eine Zuwendung förmlich aufgedrängt wurde oder dem der Erhalt einer AG-Zuwendung zunächst sogar verborgen blieb. Nicht seine Rechtsstellung gegenüber der AG oder ein im Normwortlaut unvollständig abgebildetes Regelungsziel, doch sein Verhalten gegenüber der AG rechtfertigt es, § 62 AktG auf diesen Hintermann entsprechend anzuwenden.349 Dabei ist ohne Relevanz, ob die Zuwendung der AG direkt oder nur indirekt an den Hintermann erfolgte. c) Schlussfolgerungen für die ADS-Inhaber Der ADS-Inhaber als Nichtverbandsmitglied unterliegt grundsätzlich nicht der strengen Rückgewährhaftung des § 62 AktG. Eine Haftung des ADS-Inhabers gemäß § 62 AktG kann praktisch relevant werden, wenn eine Gesellschaftszuwendung an ihn darauf beruht, dass er eine ihm zugängliche mitgliedschaftliche Rechtsposition gegenüber der AG als Drohund Schädigungspotential einsetzte. Auf Grundlage der untersuchten Depotver349 Es ist daher den Stimmen beizupflichten, nach denen auch der Aktionärsvertreter nach § 62 AktG entsprechend haften soll, der die Mitgliedschaft zu seinem Vorteil instrumentalisiert (Hüffer, AktG, § 62 Rn. 5; MünchKommAktG-Bayer, § 62 Rn. 19; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 62 Rn. 14; GroßkommAktG-Henze, § 62 Rn. 28; aA BGH, NJW 1992, 2821), vorausgesetzt, das Verhalten des Vertreters hat den beschriebenen Droh- und Schädigungscharakter.
C. Gleichstellung in Bezug auf mitgliedschaftliche Pflichten
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träge kommt vor allem in Betracht, dass der ADS-Inhaber sein Stimmweisungsrecht in beschriebener Weise gegenüber der AG instrumentalisierte. Denkbar ist auch, dass der ADS-Inhaber ihm als Aktionärsvertreter überlassene Hauptversammlungsrechte entsprechend nutzte. Ohne Belang ist, wenn die Depotbank bei hinterlegten Namensaktien nicht als deren Inhaberin im Aktienregister der AG eingetragen ist. Entscheidend ist allein der Zusammenhang zwischen der Instrumentalisierung von mitgliedschaftlichen Rechtspositionen und der AG-Zuwendung. Auch bei pre-release ADSs ist die Ausdehnung von § 62 AktG – zumindest theoretisch – denkbar. Die AG-Zuwendung muss darauf beruhen, dass der ADSInhaber mitgliedschaftliche Rechtspositionen aus den nach depotvertraglicher Maßgabe bereits für seine ADSs vorbestimmten Aktien350 als Droh- und Schädigungspotential einzusetzen vermochte. 6. Treubindung Ob der ADS-Inhaber einer aktionärsgleichen Treupflichtbindung gegenüber der AG unterliegt, ist nachfolgend zu beantworten. Nach der Darstellung des Meinungsbilds zur entsprechenden Frage beim Treugeber351 [a)] und einer Stellungnahme [b)] wird sich zeigen, dass dies bei einer dem ADS-Inhaber zurechenbaren Mitgliedsrechtsausübung der Fall ist, die praktischen Konsequenzen indes gering sind [c)]. a) Treubindung des Treugebers: Das Meinungsbild im Überblick Der BGH entschied, soweit ersichtlich, noch nicht zu der Frage, ob auch der Treugeber eines Aktionärs originären aktienrechtlichen Treubindungen unterliegt.352 Im viel beachteten Girmes-Urteil353 ging es um die originäre Treubindung eines Stimmrechtsbündlers, der das Stimmrecht für eine Vielzahl von Aktionären als Bevollmächtigter ausübte. Das Schrifttum zeigt sich uneinig bei der Frage, ob sich die aktienrechtliche Treupflicht auf den Treugeber eines Aktionärs erstreckt. Viele lehnen dies ab.354 350 Das wirtschaftliche Eigentum an den fiduziarisch für die Depotbank zu haltenden Aktien ist bereits vor der ADS-Emission an die Depotbank zu übertragen; siehe hierzu 2. Teil A. II. 351 Die aktienrechtliche Treubindung des Nießbrauchers und Pfandgläubigers wurde bislang, soweit ersichtlich, in Rechtsprechung und Schrifttum nicht erörtert. 352 Offen gelassen in BGHZ 107, 7, 14 f. (GmbH) und BGH, BB 1992, 2384, 2385. 353 BGHZ 129, 136, 142 f., siehe auch 3. Teil C. II. 6. b) aa). Streitgegenständlich waren Schadensersatzansprüche von Aktionären gegen den Stimmrechtsbündler. 354 U. a. MünchKommAktG-Bungeroth, 22 f. vor § 53a; wohl auch MüHdbAG-Wiesner, § 17 Rn. 16; Röhler, S. 281 ff.; Gruber, S. 190 ff.; Nehls, S. 72 f., 167; Saenger,
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
Allein der Aktionär als Vollrechtsinhaber sei Adressat der Treupflichten.355 Die Treupflicht entspringe aus der mitgliedschaftlichen Verbundenheit der Aktionäre untereinander und zur AG. Ein Nichtaktionär, der die AG im Wege der Einflussnahme rechtswidrig und vorsätzlich schädige, verletze keine rechtliche Sonderbeziehung, sondern eine viel allgemeinere und anders geartete Verhaltenspflicht, die sich letztlich nur in das Deliktsrecht einordnen lasse.356 Auch sei nicht erklärbar, auf welchem Wege die Treupflicht auf den Hintermann übergehen solle.357 Andere befürworten zwar eine originäre Treubindung des Treugebers im Rahmen einer offenen Treuhand, weil und soweit ihm Mitgliedsrechte unmittelbar eingeräumt sind und er so in den Mitgliederverband integriert ist.358 Man räumt aber ein, dass die offene Treuhand im Aktienrecht kein gangbarer Weg ist.359 Auch bei der GmbH stößt eine Treupflichterstreckung auf den Treugeber auf Ablehnung.360 Nach der Gegenansicht ist der Treugeber durchaus tauglicher Adressat der gesellschaftsrechtlichen Treupflicht.361 Über den Anknüpfungspunkt für die Treupflichterstreckung besteht, soweit sie näher begründet wird, im Ergebnis weitgehend Einigkeit. Die gesellschaftsrechtliche Treupflicht sei Korrelat zur Einwirkungsmacht. Anknüpfungspunkt für die der Treupflicht zugrunde liegende Sonderverbindung sei demnach die aufgrund des Treuhandverhältnisses bestehende, durch den Treuhänder als Gesellschafter vermittelte Möglichkeit des Treugebers zur Einwirkung auf das Gesellschaftsgeschehen (sog. qualifizierte gesellschaftsbezogene Einwirkungsmacht). Gerade diese Möglichkeit, aufgrund seiner Stellung über einem Gesellschafter auf die Interessen der Gesellschaft und ihrer Mitglieder einwirken zu können, hebe den Treugeber von anderen Nicht-
S. 151 f.; Wiedemann, S. 291; implizit Witte, WiB 1995, 549, 550 und Henssler, DZWiR 1995, 430, 432; wohl auch Heermann, ZIP 1994, 1243, 1245; Hammen, ZBB 1993, 239, 243; Dreher, ZHR 157 (1993), 150, 164 f.; Ulmer, ZHR 156 (1992), 377, 388–390; Beuthien, ZGR 1974, 26, 83, 58 f. 355 Dreher, ZHR 157 (1993), 150, 164 f. 356 Bezzenberger, Kapital, S. 303. 357 Röhler, S. 285. 358 Gruber, S. 190 ff.; Tebben, S. 415 ff.; Röhler, S. 285; Dreher, ZHR 157 (1993), 165; Ulmer, ZHR 156 (1992), 377, 388–390. 359 Dreher, ZHR 157 (1993), 165 (Fn. 53); Ulmer, ZHR 156 (1992), 377, 388–390. 360 Etwa Tebben, S. 415 ff., insbes. S. 417 (Fn. 299) (kein Bedürfnis wegen des für die Gesellschaft pfändbaren Freistellungsanspruchs des Gesellschafters gegen den Hintermann). 361 U. a. Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 51; Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a Rn. 47; GroßkommAktG-Henze/Notz, § 53a Rn. 39 f.; Eden, S. 121 f.; Armbrüster, S. 330 ff., 344 ff.; Weber, S. 154; Bommert, S. 216 ff.; implizit Schmidt, Karsten, GesR, S. 1872 (für Unterbeteiligung); Liebscher, ZIP 2003, 825, 827 ff. Auch Becker, ZGR 1986, 383, 401 (Fn. 51) konstatiert allgemeiner, dass die Treupflicht nicht notwendig durch die Mitgliedschaft vermittelt wird.
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gesellschaftern ab.362 Mit denselben Erwägungen findet auch im GmbH-Recht die Treupflichterstreckung auf den Treugeber Befürworter.363 b) Stellungnahme Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche der AG gegen den Hintermann, gestützt auf dessen eigene aktienrechtliche Treubindung, kommen bei einer ihm zurechenbaren Ausübung von Mitgliedsrechten nach den Grundsätzen der Gesetzesumgehung prinzipiell in Betracht, weil insoweit ein Umgehungssachverhalt gegeben ist [aa)]. Da die Umgehung oftmals aber noch innerhalb des Toleranzbereichs liegt, sind den Ansprüchen im Ergebnis enge Grenzen gesetzt [bb)]. aa) Umgehungsfall Dass hinsichtlich der aktienrechtlichen Treupflicht ein Umgehungsfall vorliegt, wenn Mitgliedsrechte in der AG treuwidrig ausgeübt werden (sollen) und diese (bevorstehende) Einflussnahme dem Aktionärhintermann als eigene zurechenbar ist, weil er sie nach den tatsächlichen Verhältnissen als Urheber und Zentralfigur steuernd in Händen hält, gründet auf der Überlegung, dass die Funktion der Treupflicht oder – in den Worten des BGH – der „Kern des Treupflichtgedankens“ 364 abgesehen von den Verbandsmitgliedern durch jede weitere Person berührt wird, die in der AG in zurechenbarer Weise gesellschaftsrechtlich fundierten Einfluss ausübt365. Die Adressaten der Treupflicht sind mit den Aktionären nicht abschließend benannt; die Treupflicht trifft sie nur typischerweise. Denn es ist – unbeschadet der Diskussionen über Rechtsgrundlage und Entstehungsgrund der Treupflicht366 – weithin anerkannt, dass die Treupflicht (auch367) Gegenge362 Armbrüster, S. 360; ganz ähnlich etwa Weber, S. 154 (Treupflichterstreckung bei qualifiziertem Gesellschaftsbezug aufgrund Gebrauchs mitgliedschaftlicher Rechte des Aktionärs); Eden, S. 121 f. (Treupflichterstreckung bei Weisungsbefugnis des Treugebers hinsichtlich der Ausübung der Mitgliedsrechte); Bommert, S. 217 (Einflussnahme auf Mitgliedstellung des Aktionärs). 363 Etwa Roth/Thöni, in: FS GmbHG, 245, 282; Armbrüster, GmbHR 2001, 1021, 1031; Ebermann, S. 107 f. 364 BGHZ 129, 136, 143. 365 Sehr ähnlich Armbrüster, S. 359. Der Anwendbarkeit der Grundsätze der Gesetzesumgehung steht nicht entgegen, dass die Treupflicht der Aktionäre selbst nicht normiert ist. Diese Grundsätze können auch bei nichtkodifizierten Regelungen Anwendung finden, siehe Benecke, S. 95. 366 Überblick etwa bei Cahn/Senger in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a Rn. 39 ff.; Hüffer, AktG, § 53a Rn. 15. 367 Weitere, zumeist sogar gleichrangig benannte Grundlagen der Treupflicht sollen der „Schutz des legitimen gegenseitigen Vertrauens der Aktionäre“, die mitgliedschaftliche Zweckförderungspflicht bzw. das mitgliedschaftliche Gemeinschaftsverhältnis sein, etwa Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 45; Hüffer, in: FS Steindorff, 59, 61, 73 ff.; Lutter, ZHR 162 (1998), 164, 167; Kort, ZIP 1990, 294, 295 f.; überzeugend aA Mülbert, S. 226 ff.
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
wicht zur Rechtsmacht der Aktionäre ist.368 Sie dient der Verwirklichung der Korrelation zwischen Rechtsmacht und Verantwortung.369 Die Möglichkeit, durch Einflussnahme die gesellschaftsbezogenen Interessen der Mitgesellschafter zu beeinträchtigen, verlange als gesellschaftsrechtliche Pflicht, auf diese Interessen Rücksicht zu nehmen.370 Damit ist namentlich Armbrüster zu folgen, wenn er schreibt, dass die Mitgliedschaft kein geeignetes Kriterium für die abschließende Festlegung des Personenkreises ist, von dem der AG gesteigerte Gefahren drohen, denen durch die Treupflicht gegenzusteuern ist371. Nach dem materialen Zweck der Treupflicht ist ihr jeder – unabhängig von einer eigenen Verbandsmitgliedschaft – unterworfen und so zur Rücksichtnahme auf die Gesellschaftsbelange berufen, der in zurechenbarer Weise von den durch die Mitgliedsrechte eröffneten Handlungsspielräumen in der AG Gebrauch macht.372 Dass ein Nichtaktionär für die ihm zurechenbare Ausübung von Mitgliedsrechten selbst gegenüber der AG verantwortlich sein kann, findet auch im Gesetz Rückhalt373, obwohl die Treupflicht selbst nicht normiert ist. Im konzernrechtlichen Teil des Aktiengesetzes erschließt sich die Schadensersatzpflicht eines Nichtaktionärs gegenüber der AG für nachteiligen, ihm zurechenbaren (Stimmrechts-)Einfluss. Nach § 311 Abs. 1 AktG darf ein herrschendes Unternehmen, wenn kein Beherrschungsvertrag besteht, seinen Einfluss nicht dazu benutzen, eine abhängige AG zu veranlassen, ein für sie nachteiliges Rechtsgeschäft vorzunehmen oder Maßnahmen zu ihrem Nachteil zu treffen oder zu unterlassen, es sei denn, dass die Nachteile ausgeglichen werden. Bei Verstößen besteht eine Schadensersatzpflicht des herrschenden Unternehmens gegenüber der geschädigten AG (§ 317 Abs. 1 Satz 1 AktG). Das Schädigungsverbot gilt dabei umfassend. Im Regierungsentwurf ist ausdrücklich erwähnt, dass es auch für die Ausübung 368 Dreher, ZHR 157 (1993), 150, 154 ff. (Treupflicht zwischen Aktionären); ferner u..a. Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 45; Cahn/Senger, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 53a Rn. 43; Mülbert, S. 226 ff., 241; Armbrüster, S. 337; Nehls, S. 32 ff.; Winter, S. 69 f. (GmbH); Zöllner, S. 342 f.; Wiedemann, S. 35 f.; Lutter, ZHR 162 (1998), 164, 167; Hennrichs, AcP 195 (1995), 221, 235 ff.; Henssler, ZHR 157 (1993), 91, 114; Zöllner, AG 1993, 574, 575; Schöne, WM 1992, 209, 212; Ders, EWiR 1992, 951, 952; Kort, ZIP 1990, 294, 296; Hüffer, in: FS Steindorff, 59, 74; Steindorff, in: FS Rittner, 675, 688; im Ansatz auch Bezzenberger, Kapital, S. 277 f. 369 Mülbert, S. 226. 370 BGHZ 129, 136, 144; ähnlich LG Düsseldorf, ZIP 1993, 350, 356. Zuvor nannte der BGH nur die Möglichkeit des Mehrheitsaktionärs zur Einflussnahme auf die Geschäftsführung (BGHZ 103, 184, 195). 371 Armbrüster, S. 356; ganz ähnlich Bommert, S. 217. 372 Den Treugeber hält Armbrüster, S. 357 dabei zutreffend für treugebunden, wenn er den Treuhänder gleichsam als Instrument zu nutzen vermag, um selbst beispielsweise auf die Willensbildung der AG einzuwirken. Er zieht dabei anschaulich eine Parallele zur strafrechtlichen Figur der mittelbaren Täterschaft, bei der dem Hintermann eine nicht selbst ausgeführte Tat kraft überlegener Tatherrschaft als eigene zuzurechnen ist. 373 Vgl. auch Bommert, S. 217.
C. Gleichstellung in Bezug auf mitgliedschaftliche Pflichten
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des Stimmrechts in der Hauptversammlung gilt.374 Für die vorliegende Untersuchung ist weiter wesentlich, dass herrschendes Unternehmen im Sinne der §§ 311, 317 AktG auch das Unternehmen ist, das mittelbar beherrschenden Einfluss ausüben kann (§ 17 Abs. 1 AktG), also nicht selbst Aktionär der geschädigten AG ist.375 Dies stellt nach zutreffender Ansicht eine treupflichtgestützte Haftung kraft gesetzlich angeordneten Haftungsdurchgriffs dar.376 Mit der Zuweisung eigener Treupflichten zum Hintermann entsteht auch kein Konflikt mit den im Girmes-Urteil entwickelten Grundsätzen, in dem der BGH eine originäre Treupflichtbindung des Stimmrechtsvertreters, der ebenso wie der Hintermann nicht selbst Verbandsmitglied ist, wegen „gewichtige[r] Gründe“ ablehnte377. Schon vom Ergebnis her betrachtet liegt die hier vertretene Auffassung auf einer Linie mit dem Girmes-Urteil. Eine originäre Treubindung des Stimmrechtsbündlers kommt auch aus hiesiger Sicht nicht in Betracht. Ein Umgehungsfall der Treupflicht liegt nicht vor, weil die treuwidrige Stimmabgabe dem Vertreter nicht als eigene zurechenbar ist. Der entscheidende Punkt ist, dass die Aktionäre den Beklagten aus freien Stücken zur Abstimmung gegen die geplante Kapitalherabsetzung der Girmes AG bevollmächtigten.378 Genauso hätten die 374
Begr. RegE § 311 AktG 1965 bei Kropff, S. 408. Siehe ferner den deliktischen (Raiser/Veil, KapGesR, § 12 Rn. 43) Tatbestand des § 117 Abs. 1 AktG, nach dem ebenfalls auch gesellschaftsfremde Personen für schädigende Einflussnahmen auf die Gesellschaft verantwortlich sein können. 376 MünchKommHGB-Mülbert, KonzernR, Rn. 209. Das Verhältnis der §§ 311 ff. AktG zur gesellschaftsrechtlichen Treupflicht ist umstritten. Nach überwiegender Ansicht ist der Normkomplex in seinem Anwendungsbereich eine abschließende Spezialregelung (etwa Müller, in: Spindler/Stilz, AktG, § 311 Rn. 67; MünchKommAktG-Kropff, § 317 Rn. 112; Vetter, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 311 Rn. 111; Bachmann, NZG 2001, 969, 970), nach anderer Ansicht ist der Rückgriff auf die Treupflicht neben §§ 311 ff. AktG zulässig (grundlegend Zöllner, ZHR 162 (1998), 235 ff.; Burgard, in: FS Lutter, 1033, 1043 f.). Streitig ist in der Folge auch, ob auch außerhalb des Aktienkonzernrechts die Haftung eines mittelbar herrschenden Unternehmens nach §§ 311, 317 AktG entsprechend in Betracht kommt (zum Streitstand etwa MünchKommHGB-Mülbert, KonzernR, Rn. 206 ff.). 377 BGHZ 129, 136, 148 f.; zustimmend Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a Rn. 47; MünchKommAktG-Volhard, § 134 Rn. 61; grds. auch MünchKommAktG-Schröer, § 135 Rn. 110 f.; MünchKommAktG-Bungeroth, 23 vor § 53a; Hüffer, AktG, § 53a Rn. 20b; MüHdbAG-Wiesner, § 17 Rn. 16; Hennrichs, AcP 195 (1995), 221, 262 ff.; Bungert, DB 1995, 1749, 1752; Henssler, DZWiR 1995, 430, 432; Witte, WiB 1995, 549, 550; Rittner, EWiR 1995, 525, 526; zuvor bereits OLG Düsseldorf, ZIP 1994, 878; LG Düsseldorf, ZIP 1993, 350, 357 f.; AG Düsseldorf, ZIP 1992, 1155, 1156; Dreher, ZHR 157 (1993), 150, 165–170; ders., ZIP 1993, 332, 334; aA (Treubindung des Vertreters): LG Düsseldorf, ZIP 1991, 932, 935 f.; Timm, WM 1991, 481, 487 f.; Schöne, WM 1992, 209, 212 f.; ders., EWiR 1992, 951, 952; Marsch-Barner, ZHR 157 (1993), 172, 182 ff.; Lutter, JZ 1995, 1053, 1056 (für institutionellen Stimmrechtsvertreter); unklar ders., EWiR § 135 AktG 1/91, 849, 850. 378 Vgl. auch MünchKommAktG-Volhard, § 134 Rn. 61, der feststellt, dass das eigenverantwortliche(!) Handeln des Aktionärs (die Übertragung des Stimmrechts auf den Vertreter) auch das Einstehenmüssen für dessen Rechtsfolgen umfasst. 375
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
Aktionäre es aber auch in der Hand gehabt, (selbst) für die Beschlussvorlage zu stimmen oder sich der Stimmabgabe vollständig zu enthalten. Selbst nach der Bevollmächtigung hätten die Aktionäre das Geschehen durch Widerruf der Stimmvollmacht wieder an sich reißen können. Die Aktionäre erschienen damit als die Herren über das Abstimmungsverhalten. Für den Stimmrechtsbündler blieb nur die Rolle des Ausführungsgehilfen. Aber auch inhaltlich ergibt sich kein Widerspruch zu der hier vertretenen Ansicht. Vordergründig entsteht der Eindruck, dass eine Treubindung von Nichtaktionären nach der Auffassung des BGH generell nicht in Betracht kommt, wenn dieser betont, dass die Treupflicht Ausfluss der mitgliedschaftlichen Beteiligung in der AG ist und von diesem Recht ebenso wenig getrennt und ohne Übertragung des Anteilsbesitzes auf Dritte übertragen werden kann wie andere aus der Mitgliedschaft folgende Rechte379. Zu einer so weitreichenden Aussage bestand jedoch aus Sicht des BGH mangels Entscheidungsrelevanz kein Anlass. Als wahrscheinlicher erscheint demnach die Interpretation, dass der BGH mit seinen Ausführungen den zwingenden Gleichlauf von gesellschaftsrechtlich vermittelter Rechtsmacht und gesellschaftsrechtlicher Verantwortlichkeit herausstellen wollte: „Da das von den Bevollmächtigten ausgeübte Stimmrecht jedoch nur von dem Vollmachtgeber abgeleitet ist, bei dem es rechtlich verbleibt, gilt das gleiche für die das Stimmrecht beschränkende Treupflicht [. . .]. Denn beide sind Bestandteil der Mitgliedschaft, die nach der bestehenden Rechtsordnung auf eine in sich abgestimmte Einheit von Rechten, Pflichten und Verantwortung hin angelegt ist [. . .]. Es würde diesem Prinzip widersprechen, die Treupflicht zu verselbständigen und sie unabhängig von dem Mitgliedschaftsrecht und den aus ihr folgenden, von ihr eingeschränkten Verwaltungsrechten auf Dritte zu übertragen. Genau das würde aber geschehen, wenn man der aufgrund der Stimmrechtsbündelung bei dem Bevollmächtigten konzentrierten Stimmrechtsmacht als Ausgleich eine Treupflicht gegenüberstellen würde, die von dem Vollmachtgeber und seiner Mitgliedschaft losgelöst als erhöhte Pflichtenbindung eigenständig in der Person des Bevollmächtigten bestünde.“ 380 Der Gleichlauf von Rechtsmacht und Verantwortung ist in dem hier festgestellten Umgehungsfall aber gewahrt, weil unabdingbare Voraussetzung ist, dass die gesellschaftsrechtlich fundierte Einflussnahme dem Hintermann als eigene zurechenbar ist. Dies erfordert eine wirtschaftliche Sichtweise der Dinge. Nur um eine solche, nicht um eine formale Sichtweise, kann es aber gleichwie naturgemäß bei den Grundsätzen der Gesetzesumgehung, die auf ein Spannungsverhältnis zwischen der formalen Rechtslage und den tatsächlichen Verhältnissen reagieren, gehen.
379 380
BGHZ 129, 136, 148. BGHZ 129, 136, 148 f. Hervorhebungen vom Verfasser dieser Arbeit.
C. Gleichstellung in Bezug auf mitgliedschaftliche Pflichten
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bb) Überschreiten der Toleranzschwelle Weil der festgestellte Umgehungsfall oftmals noch tolerabel ist, ist die AG trotz einer dem Hintermann zurechenbaren, treuwidrigen (bevorstehenden) Einflussnahme in der überwiegenden Zahl der Fälle nicht (sofort) unmittelbar gegenüber dem Hintermann wegen (drohender) Treupflichtverletzung berechtigt. Denn das Interesse der AG und ihrer Aktionäre an der Ausdehnung des Geltungsbereichs der Treupflicht unterliegt dem gegenteiligen Interesse des Hintermanns, soweit der Schutz der AG und ihrer Aktionäre bereits durch unmittelbar anwendbares Recht gewahrt ist. In der Folge ist zwischen Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen zu differenzieren. Auf die Treupflicht gestützte Unterlassungsansprüche der AG gegen den Hintermann im Hinblick auf eine bevorstehende Rechtsausübung, deren Urheber der Hintermann ist und die einen Treupflichtverstoß befürchten lässt, bestehen in aller Regel nicht. Die AG kann nicht vom Hintermann unter Berufung auf die Treupflicht verlangen, dass er die drohende Einflussnahme auf seinen Aktionär unterlässt oder bereits getroffene Vorbereitungen rückgängig macht. Der Schutz der AG und ihrer Aktionäre ist regelmäßig bereits durch das unmittelbar anwendbare Recht gewährleistet, weil die AG direkt gegen den Aktionär im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens (des vorläufigen Rechtsschutzes) einen auf die Treupflicht gestützten Unterlassungsanspruch geltend machen kann.381 Der Aktionär wird sich für gewöhnlich einer gerichtlichen Entscheidung fügen, die ihn unmittelbar adressiert, die treuwidrige Einflussnahme des Hintermanns als unbeachtlich herausstellt und für den Fall der Zuwiderhandlung Sanktionen androht.382 Es verbleibt ein wohl rein theoretischer Fall: Für einen eigenen Unterlassungsanspruch der AG direkt gegen den Hintermann spricht viel, wenn der Aktionär (im gerichtlichen Verfahren) unmissverständlich zu erkennen gibt, dass für ihn generell allein der Wille des Hintermanns verbindlich ist und ebenso unmissverständlich auch der Hintermann kundtut, dass er eine lediglich den Aktionär betreffende gerichtliche Entscheidung für sich nicht als verbindlich erachtet. Die 381 Die formalrechtliche Treubindung des Aktionärs entfällt nicht dadurch, dass die Maßnahme faktisch dem Hintermann als eigene zurechenbar ist. Die Grundsätze der Gesetzesumgehung sollen nicht die formale Rechtslage vollständig verdrängen. Sie sollen nur die der formalen Rechtslage zugrunde liegenden tatsächlichen Verhältnisse ergänzend zur Geltung bringen, soweit ein Regelungsziel dies erfordert. Im Übrigen würde, wenn die Verantwortlichkeit des Aktionärs kraft teleologischer Reduktion entfiele, der formalrechtliche Aktionärsbegriff des Aktiengesetzes dann doch systemwidrig in eine funktionalen Aktionärsbegriff umgewandelt. Auch die Rechtsklarheit nähme Schaden. 382 Vgl. etwa Armbrüster, S. 241 ff.; Tebben, S. 268 f., Blaurock, S. 134 zum Vorrang der Gesellschaftsbindung des Treuhänders gegenüber der Bindung an das Treuhandverhältnis bzw. zur rechtlichen Unverbindlichkeit einer Weisung, die einen Treupflichtverstoß begründen würde.
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
Wahrscheinlichkeit, dass die drohende Rechtsausübung dennoch unterbleibt, würde in einem solchen Fall erhöht, wenn der Hintermann selbst mit einer gerichtlichen Entscheidung konfrontiert ist. Schutzwürdige Belange des Hintermanns stehen jedenfalls nicht entgegen. Eine mit der Schadensersatzpflicht des Aktionärs gleichrangige Schadensersatzpflicht des Hintermanns aus § 280 Abs. 1 BGB wegen Treupflichtverletzung383 ist nur angezeigt, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vom Aktionär keine nennenswerte Befriedigung zu erlangen ist.384 Der AG ist nicht zumutbar, einen objektiv ex ante erfolglosen und womöglich auch wichtige Zeit raubenden Umweg zu gehen. Bei nachweisbarer Schädigungsabsicht des Hintermanns dürfte sogar genügen, dass wahrscheinlich keine vollständige Befriedigung beim Aktionär zu erwarten ist. Bei der Bewertung des Aktionärvermögens hat dabei die Möglichkeit einer Pfändung des Freistellungsanspruchs gegen den Hintermann außer Betracht zu bleiben.385 Die nur mittelbare Inanspruchnahme des Hintermanns ist für die AG nachteilig, weil sie mit dem Risiko belastet ist, dass der Hintermann rechtswirksam Einwendungen aus dem Innenverhältnis zu seinem Aktionär geltend macht. Angesichts der Gesamtumstände wäre es nicht überzeugend, dem Hintermann auf Kosten der AG und ihrer Aktionäre diese Chance zu gewähren. Immerhin wirkte der Hintermann objektiv treuwidrig und womöglich sogar in Schädigungsabsicht auf das Gesellschaftsgeschehen ein.386 Der direkten Inanspruchnahme des Hintermanns wegen Treupflichtverletzung stünde nicht entgegen, wenn seine Direkthaftung gegenüber der AG schon nach allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften begründet wäre.387 Es kann für die AG, insbesondere mit Blick auf die strengen Voraussetzungen des § 826 383 Die Sonderverbindung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB zwischen Treugeber und AG wird durch die qualifizierte gesellschaftsbezogene Einwirkungsmacht des Treugebers begründet, Armbrüster, S. 360. 384 Nach Armbrüster, S. 417, 410 haftet der Treugeber dagegen offensichtlich generell nur subsidiär. 385 Vgl. auch Armbrüster, S. 417, 410, wonach der Treugeber zwar nur subsidiär haftet, bei der Bewertung des vom Aktionär zu erlangenden Schadensersatzes aber – wegen des Einwendungsrisikos – Freistellungsansprüche dieses Aktionärs gegen den Treugeber außer Betracht bleiben. 386 Dies steht nicht in Widerspruch zur Bewertung des Einwendungsrisikos bei den Kapitalaufbringungspflichten. Die Beurteilungsmaßstäbe sind unterschiedlich. Dort ging es um eine etwaige gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung, für die die Messlatte wesentlich höher liegt. 387 Namentlich kommt eine Haftung gemäß § 826 BGB in Betracht, wenn sich das Verhalten des Hintermanns als eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der AG erweist (MünchKommAktG-Schröer, § 135 Rn. 116). Ferner ist eine cic-Haftung wegen Verfolgung besonderer wirtschaftlicher Eigeninteressen denkbar, wenn der Hintermann als Bevollmächtigter auftritt (MünchKommAktG-Schröer, § 135 Rn. 115). Ein Direktanspruch der AG ist dagegen nicht nach den Grundsätzen zum Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter begründbar, da das der mittelbaren Beteiligung zugrunde liegende Rechtsverhältnis keine entsprechende Schutzrichtung aufweist.
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BGB, beweistechnisch von Vorteil sein, die Klage (auch) auf eine Treupflichtverletzung stützen zu können. Tragfähige Gründe, der AG diesen Vorteil zu versagen, sind nicht ersichtlich, zumal der Hintermann im Falle einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung in keiner Hinsicht schutzwürdig wäre. In den übrigen Fällen muss die AG dagegen zunächst beim Aktionär Befriedigung suchen. Ein sofortiger Direktzugriff der AG auf den Hintermann erscheint für den Schutz der AG und ihrer Aktionäre als nicht erforderlich. Der Hintermann bleibt jedoch subsidiär wegen Treupflichtverletzung ersatzpflichtig, soweit vom Aktionär Befriedigung nicht zu erlangen ist. Die Möglichkeit der Pfändung des Freistellungsanspruchs des Aktionärs gegen den Hintermann ist dabei wiederum wegen des der AG nicht zumutbaren Einwendungsrisikos außer Acht zu lassen.388 c) Schlussfolgerungen für die ADS-Inhaber aa) Unterlassungspflicht Ein auf eine drohende Treupflichtverletzung gestützter Unterlassungsanspruch der AG direkt gegen den Inhaber von (pre-release) ADSs ist rein theoretisch. Der ADS-Inhaber müsste kundtun, dass er selbst bei einer gerichtlichen Entscheidung gegen den Aktionär von der beabsichtigten Einflussnahme nicht Abstand nehmen wird. Zusätzlich müsste der (Register-)Aktionär der den ADSs unterlegten Aktien (im gerichtlichen Verfahren) zu erkennen geben, dass für ihn allein der Wille des ADS-Inhabers verbindlich ist. Dass die Depotbank, die im Rahmen des laufenden sponsored ADS-Programms intensive geschäftliche Verbindungen zur AG unterhält, oder ein Registeraktionär in einer solchen Form mit einem ADS-Inhaber zu Lasten der AG kooperiert, dürfte indes ohne reellen Hintergrund sein. bb) Schadensersatzpflicht Eine Schadensersatzpflicht des Inhabers von (pre-release) ADSs gegenüber der AG wegen Treupflichtverletzung kommt in Betracht, wenn die schädigende Rechtsausübung dem ADS-Inhaber nach den tatsächlichen Verhältnissen als eigene zuzurechnen ist. Auf Grundlage der untersuchten Verträge ist dies (wegen des Weisungsrechts des ADS-Inhabers) bezüglich des Stimmrechts sowie (im Falle eines entsprechenden Bevollmächtigungsanspruchs des ADS-Inhabers) hinsichtlich der weiteren Hauptversammlungsrechte denkbar. Die Verantwortlichkeit des ADS-Inhabers büßt praktisch beträchtlich an Bedeutung ein, weil ein Direktzugriff der AG voraussetzt, dass entweder vom (Register-)Aktionär objektiv ex 388
Ebenso Armbrüster, S. 417, 410.
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ante mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine nennenswerte Befriedigung zu erlangen ist oder man die Befriedigung bei diesem bereits (teilweise) erfolglos suchte. Ohne Einfluss auf die beschriebene Verantwortlichkeit des ADS-Inhabers ist, wenn die Depotbank bei einem ADS-Programm mit Namensaktien nicht als deren Inhaberin im Aktienregister der AG geführt wird, obwohl diese Aktien dann aus Sicht der AG dem ADS-Inhaber von mehreren hintereinander geschalteten Personen gemittelt werden. Die AG muss nicht vorrangig bei dem dem ADS-Inhaber vorgeschalteten Nichtaktionär unter Berufung auf die Treupflicht Befriedigung suchen. Es ist schon fraglich, ob diesem die Einflussnahme überhaupt als eigene zuzurechnen ist, wie es für dessen Treubindung erforderlich wäre.389 Obendrein wäre nicht recht zu verstehen, warum es den ADS-Inhaber entlasten sollte, dass ihm hier – aus rechtstechnischen Gründen – die Aktie mehrfach gemittelt wird, obwohl die Intensität seines Einflusspotentials unvermindert ist. cc) Die Zurechenbarkeit von Rechtsausübungen zum ADS-Inhaber Zum Abschluss ist – mit Gültigkeit für Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche gleichermaßen – zu bestimmen, in welchen Fällen dem ADS-Inhaber die Rechtsausübung nach den tatsächlichen Verhältnissen als eigene zuzurechnen ist, weil er als der Herr des Geschehens erscheint und dem Aktionär nach der Verkehrsanschauung nur die Rolle des Ausführungsgehilfen für den Willen des ADS-Inhabers bleibt. Eine Stimmabgabe muss sich der ADS-Inhaber als eigene zurechnen lassen, wenn er hierzu Weisung erteilte und der (Register-)Aktionär sich hieran rechtlich gebunden fühlte und fühlen durfte.390 Dabei verfängt der Einwand nicht, die Depotbank habe dem ADS-Inhaber das Weisungsrecht im Depotvertrag aus freien Stücken eingeräumt und sich bereits dadurch als die zentrale Figur erwiesen. Die Frage nach einem Treupflichtverstoß stellt sich immer nur für eine konkrete Maßnahme. Umstände im (weiten) Vorfeld einer solchen Maßnahme bleiben außer Betracht. Im Sonderfall von pre-release ADSs ist eine dem ADS-Inhaber zurechenbare Stimmabgabe nur für den (theoretischen) Fall denkbar, dass die Depotbank ihrerseits den Aktionär über ein im Rahmen ihres fiduziarischen Rechtsverhältnisses391 bestehendes Weisungsrecht zur Stimmabgabe nach der Weisung 389 Die zwischen ADS-Inhaber und Registeraktionär geschaltete Person erschiene nur als die wahre Inhaberin des Mitgliedsrechts, wenn man nicht auf den gesamten Ablauf der Einflussnahme, sondern isoliert auf das Verhältnis dieser Person zu der ihr vorgeschalteten Person abstellte, gegenüber der sie eine überlegene Rechtsmacht innehat. 390 Vgl. Hüffer, AktG, § 311 Rn. 16, wonach für die Veranlassung im Sinne des § 311 AktG nur relevant ist, ob sich die abhängige AG aus ihrer Sicht(!) zur Vornahme der nachteiligen Handlung veranlasst sehen durfte. 391 Siehe 2. Teil A. II.
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des ADS-Inhabers befehlen konnte und dieser sich weisungsgebunden fühlte und fühlen durfte.392 Dagegen schlägt die Zurechnung des Stimmverhaltens zum ADS-Inhaber immer fehl, wenn der Aktionär im Zuge einer Parallelwertung in der Laiensphäre erkennt, dass Weisungsgehorsam in einen Treupflichtverstoß münden würde und die Weisung deshalb nicht bindet. Kommt es dennoch zur Stimmabgabe in der angewiesenen Form, erweist sich nicht mehr der ADS-Inhaber als der wahre Inhaber des Stimmrechts. Vielmehr dominierte dann der mit dem Willen des ADS-Inhabers deckungsgleiche Wille des Aktionärs die Stimmabgabe. Erst recht schlägt die Zurechnung der Stimmabgabe zum ADS-Inhaber fehl, wenn sich der Aktionär bei der Stimmabgabe eigenmächtig über die Weisung hinwegsetzte, wenn der ADS-Inhaber nur einen rechtlich unverbindlichen Abstimmungs-„Wunsch“ äußerte oder überhaupt keine Weisung erteilte. Letzteres gilt jedoch nur mit einer Ausnahme. Wurde der ADS-Inhaber vertragsgemäß, insbesondere rechtzeitig vor der Abstimmung, über sein Weisungsrecht informiert und darauf hingewiesen, dass, wie in Depotverträgen zu lesen, sein Schweigen als Zustimmung zu dem ihm unterbreiteten Abstimmungsvorschlag gilt, und bleibt sodann eine Reaktion des ADS-Inhabers aus, so ist ihm die vorschlagsgemäße Stimmabgabe als eigene zuzurechnen. Sein Schweigen kommt in diesem speziellen Fall einer ausdrücklich erteilten Stimmweisung gleich. Besteht ganz ausnahmsweise eine positive Stimmpflicht, muss sich der ADSInhaber das Unterlassen der rechtlich gebotenen Stimmabgabe zurechnen lassen, wenn eine dieser Abstimmung entgegenstehende ausdrückliche/fingierte Weisung des ADS-Inhabers vorliegt und der Aktionär sich an diese Weisung rechtlich gebunden fühlte und fühlen durfte. Dasselbe gilt, wenn das Stimmrecht aus den hinterlegten Aktien, wie in einigen Verträgen bestimmt, ohne Weisung des ADS-Inhabers überhaupt nicht ausgeübt werden soll, eine Weisung des ADS-Inhabers trotz vertragsgemäßer Benachrichtigung über die Abstimmung tatsächlich ausbleibt und der Aktionär sich deshalb zu Recht zur Stimmenthaltung veranlasst sah. Im Fall von pre-release ADSs erfolgt die Zurechnung nur, wenn – theoretisch393 – der Aktionär sich an eine angewiesene Stimmenthaltung rechtlich gebunden fühlte und fühlen durfte. Tritt der ADS-Inhaber als Bevollmächtigter in der Hauptversammlung auf, ist ihm seine Rechtsausübung dort, obwohl formalrechtlich nur aus abgeleitetem Recht, als eigene zuzurechnen, wenn die Depotbank depotvertraglich verpflichtet gewesen sein sollte, dem ADS-Inhaber Vollmacht für die Teilnahme an der Hauptversammlung zu erteilen. Es lag dann ganz in Händen des ADS-Inhabers, das Geschehen an sich zu reißen und über das „ob“ und „wie“ der Rechtsaus392 Der Fall ist schon allein deshalb theoretisch, weil die Depotbank vor einer anstehenden Rechtsausübung in aller Regel die Übertragung der in Rede stehenden Aktien verlangen wird. 393 Siehe vorstehende Fußnote.
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
übung zu entscheiden. Die Depotbank hatte rechtlich keine andere Wahl.394 Dem ADS-Inhaber ist demnach auch das Unterlassen einer in der Hauptversammlung gebotenen Rechtsausübung zuzurechnen, wenn er dank eines Bevollmächtigungsanspruchs teilnahm. Bei pre-release ADSs ist die Zurechnung der Rechtsausübung zum bevollmächtigten ADS-Inhaber denkbar, wenn – theoretisch – die Depotbank den Aktionär rechtsverbindlich zur Bevollmächtigung des ADS-Inhabers anweisen konnte. d) Exkurs: Treubindung des ADS-Inhabers gegenüber den Aktionären Dass die aktienrechtliche Treupflichtbindung des Aktionärs nicht nur gegenüber der AG, sondern auch gegenüber den übrigen Aktionären besteht, ist mittlerweile einhellig anerkannt.395 Grundlegend war neben dem Linotype-Urteil396, in dem die aktienrechtliche Treubindung gegenüber den Mitaktionären erstmals für den Mehrheitsaktionär bejaht wurde, das Girmes-Urteil, in dem der BGH aussprach, dass auch ein Minderheitsaktionär im Verhältnis zu den übrigen Aktionären einer gesellschaftsrechtlichen Treubindung unterworfen ist397. Für die vorliegende Untersuchung ist wesentlich, dass auch der ADS-Inhaber gegenüber den Aktionären treupflichtgebunden sein kann. Die Ausführungen zur Treubindung des ADS-Inhabers gegenüber der AG gelten sinngemäß. 7. Stimmverbot des § 136 Abs. 1 AktG Die Frage ist zuletzt, inwieweit das Stimmverbot des § 136 Abs. 1 AktG Auswirkungen auf das depotvertragliche Weisungsrecht des ADS-Inhabers hinsichtlich der Stimmrechtsausübung haben kann. a) Der befangene Treugeber: Das Meinungsbild im Überblick In Rechtsprechung und Schrifttum – sowohl zum Aktien- als auch zum GmbHRecht – findet die Geltung des Stimmverbots für den Fall breite Zustimmung, dass ein Gesellschaftsanteil zur Umgehung des Stimmverbots auf einen anderen 394 In der Rechtspflicht des Aktionärs zur Vollmachtserteilung liegt der entscheidende Unterschied zum Girmes-Fall. Dort erfolgte die Bevollmächtigung aus freien Stücken. In solchen Fällen ist eine Zurechnung der Stimmabgabe zum Bevollmächtigten – in Anlehnung an die Grundsätze zum Missbrauch der Vertretungsmacht – allenfalls erwägenswert, wenn die Vollmacht im Innenverhältnis beschränkt ist und der Missbrauch des Bevollmächtigten, also das Ignorieren der internen Vorgaben, evident ist. 395 Siehe nur Hüffer, AktG, § 53a Rn. 2, 20 ff.; MünchKommAktG-Bungeroth, 19 v § 53a (mwN). 396 BGHZ 103, 184, 194 f. 397 BGHZ 184, 194 f.
C. Gleichstellung in Bezug auf mitgliedschaftliche Pflichten
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Gesellschafter oder Treuhänder übertragen wird.398 Es könne bereits genügen, wenn der Gesellschafter die Anteile in der sicheren und zutreffenden Erwartung auf den Dritten übertrage, dass dieser in seinem Sinne abstimmen werde.399 Die Stimmverbotsregeln seien unter dem Gesichtspunkt der Umgehung analog heranzuziehen.400 Die Abtretung sei nur Mittel, um die dem Gesellschafter persönlich verbotene Mitwirkung zu erschleichen.401 Dolose Rechtsausübung werde aber nirgends geschützt.402 Namentlich Zöllner wandte sich zunächst gegen ein Stimmverbot in Fällen ohne Umgehungsabsicht.403 Es sei unabdingbar, dass der Anteilsinhaber als Strohmann vorgeschoben wird, um die Identität des wahren Gesellschafters im Dunkeln zu lassen. Heute ist er anderer Ansicht.404 Das Stimmverbot solle immer schon dann eingreifen, wenn der Tatbestand der verdeckten Stellvertretung erfüllt sei. Der Aktionär müsse die Aktie wirtschaftlich in vollem Umfang für den Befangenen halten. Auch im übrigen Schrifttum und in der Rechtsprechung zum Aktien- und GmbH-Recht besteht mittlerweile große Einigkeit darüber, dass das Stimmverbot unabhängig von nachweisbarer Umgehungsabsicht eingreifen kann, wenn in der Person des Hintermanns ein Ausschlussgrund vorliegt.405 Die Voraussetzungen werden jedoch unterschiedlich benannt. Manche differenzieren 398 Etwa BGH, NJW 1976, 713, 714 (GmbH); OLG Düsseldorf, NZG 2001, 991, 992 f. (GmbH); OLG München, GmbHR 1995, 231 (GmbH); OLG Hamm, DB 1989, 168 (GmbH); MünchKommAktG-Schröer, § 136 Rn. 24; KölnKommAktG-Zöllner, § 136 Rn. 54 f.; Raiser/Veil, KapGesR, § 33 Rn. 63; Eden, S. 88 f.; Armbrüster, S. 265 ff.; Zöllner, S. 284 f.; Wiedemann, S. 353; Ebermann, S. 38 (GmbH); Roth/ Thöni, in: FS GmbHG, 245, 272 f. (GmbH); Müller-Graff, JZ 1976, 686, 688; Henssler, AcP 196 (1996), 37, 80 (GmbH). Auch bei Verwandtschaft/enger persönlicher Verbundenheit des Aktionärs mit dem Befangenen soll ein Stimmverbot eingreifen, wenn Umgehungsabsicht nachweisbar ist, u. a. Hüffer, AktG, § 136 Rn. 16; AnwKAktienR-Pluta, § 136 Rn. 20; Willamowski, in: Spindler/Stilz, AktG, § 136 Rn. 5; Fischer, NZG 1999, 192, 194. 399 OLG Hamm, DB 1989, 168 (GmbH); MünchKommAktG-Schröer, § 136 Rn. 24. 400 Armbrüster, S. 265. 401 BGH, NJW 1976, 713, 714 (GmbH). 402 Wiedemann, S. 353; Ebermann, S. 38 (GmbH). 403 Zöllner, S. 284; ganz ähnlich Müller-Graff, JZ 1976, 686, 688 und womöglich auch Ulmer, in: FS Odersky, 873, 891, nach dem bei verdeckter Treuhand besondere Zurechnungsgründe erforderlich sind, damit das Treuhandverhältnis auf die Wahrnehmung des Stimmrechts durch den Treuhänder „ausstrahlt“. 404 KölnKommAktG-Zöllner (2. Aufl.), § 136 Rn. 54. Hervorhebung vom Verfasser dieser Arbeit. 405 U. a. OLG München, GmbHR 1995, 231 (GmbH); Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 136 Rn. 9; MünchKommAktG-Schröer, § 136 Rn. 27; MüHdbAG-Semler, § 38 Rn. 30 (fremdnützige Treuhand); Eden, S. 89; Armbrüster, S. 265 ff.; Butzke, S. 341; Röhler, S. 279. Entgegen teils erwecktem Anschein betreffen die Ausführungen in G/H/ E/K-Eckardt, § 136 Rn. 36 nur den Fall einer Ermächtigungstreuhand, bei der der Treugeber Aktionär bleibt. Zur GmbH etwa Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG, § 47 Rn. 129; Schmidt, Karsten in: Scholz, GmbHG, § 47 Rn. 157 f.; Ebermann, S. 51 ff.; wohl auch Henssler, AcP 196 (1996), 37, 80; Roth/Thöni, in: FS GmbHG, 245, 273.
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
zwischen fremd- und eigennütziger Treuhand. Das Stimmverbot gelte nur, wenn die Treuhandstellung fremdnützig, also überwiegend im Interesse des Treugebers, eingeräumt wurde. Bei der eigennützigen Sicherungstreuhand sei dagegen typischerweise nicht von einer Interessenkollision auszugehen.406 Andere halten für entscheidend, ob dem Treugeber ein bestimmender Einfluss auf die Ausübung des Stimmrechts zukommt, ob also die Interessen und Weisungen des Treugebers die Abstimmung des Treuhänders determinieren.407 Nach einer weiteren Ansicht greift das Stimmverbot erst, wenn – bis auf die Gesellschafterstellung – alle Voraussetzungen eines Ausschlusstatbestandes in der Person des Treugebers verwirklicht sind.408 b) Stellungnahme Nach hiesiger Ansicht kann es einem Hintermann in entsprechender Anwendung des § 136 Abs. 1 Satz 2 AktG nach den Grundsätzen der Gesetzesumgehung untersagt sein, von seinem mittelbaren Stimmrechtseinfluss Gebrauch zu machen. aa) Umgehungsfall Ein Umgehungsfall liegt in Bezug auf § 136 Abs. 1 Satz 2 AktG vor, wenn in der Person eines Hintermanns ein in Satz 1 normierter Ausschlussgrund vorliegt und dieser bestimmenden Einfluss auf das Abstimmungsverhalten seines Aktionärs hat. Die Vorschrift soll nach ihrem materialen Zweck jeden von der mittelbaren Stimmrechtsausübung ausschließen, bei dem maßgebender Stimmrechtseinfluss und die unerwünschte Konfliktlage zwischen Sonderinteresse und Verbandsinteresse zusammentreffen. Die Aktionäre sind in § 136 Abs. 1 AktG nur benannt, weil sie es sind, die typischerweise diese beiden Komponenten in ihrer Person vereinigen. Das Stimmverbot des § 136 Abs. 1 Satz 1 AktG soll den Verbandswillen von Sonderinteressen Einzelner freihalten.409 In den dort normierten Fällen überwiegt das persönliche Interesse am Abstimmungsergebnis das mitgliedschaftliche Interesse derart, dass eine auf das mitgliedschaftliche Interesse ausgerichtete Stimmabgabe nicht erwartet werden kann.410 Die Erweiterung der Norm um 406 MüHdbAG-Semler, § 38 Rn. 22; GroßkommAktG-Barz, § 136 Rn. 5; Ebermann, S. 51 ff. (GmbH). Vgl. ferner Engfer, S. 143, der für das Stimmverbot beim organschaftlichen Stimmrecht darauf abstellt, ob der Verwalter vertraglich oder gesetzlich verpflichtet ist, die Belange des vom Verbot betroffenen Dritten zu wahren. 407 Röhler, S. 279; Roth/Thöni, in: FS GmbHG, 245, 273 (GmbH). 408 Armbrüster, S. 269; Eden, S. 89. 409 Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 136 Rn. 1 mwN; ähnlich Willamowski, in: Spindler/Stilz, AktG, § 136 Rn. 1. 410 Begr. RegE § 136 AktG 1965 bei Kropff, S. 200.
C. Gleichstellung in Bezug auf mitgliedschaftliche Pflichten
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Satz 2 im Jahre 1965 soll verhindern, dass ein Aktionär, für den die Stimmrechtsbeschränkung nach Satz 1 gilt, diese umgeht, indem er sein Stimmrecht durch einen anderen ausüben lässt.411 Die mittelbare Durchsetzung von gesellschaftsschädlichen Sonderinteressen bei der Abstimmung wurde so sanktioniert. Damit wird deutlich, dass sich das mit § 136 Abs. 1 Satz 2 AktG verfolgte Regelungsziel nicht im Verbot der mittelbaren Stimmrechtsausübung für befangene Aktionäre erschöpfen kann. Denn hinsichtlich der Auswirkungen auf den zu bildenden Verbandswillen und das Verbandsinteresse macht es keinen Unterschied, ob ein befangener Aktionär über einen Mittelsmann oder ein befangener Hintermann über seinen Aktionär Sonderinteressen bei der Abstimmung zur Geltung bringt. Das Regelungsziel muss umfassender darin bestehen, jegliches mittelbare Durchsetzen von Sonderinteressen bei der Abstimmung zu unterbinden. Der Beleg, dass auch der Gesetzgeber § 136 Abs. 1 Satz 2 AktG nicht als abschließend versteht und die mittelbare Einflussnahme von befangenen Nichtaktionären missbilligt, ist folgende Passage zu § 136 AktG 1965 aus der Begründung zum Regierungsentwurf: „Wie schon das geltende Recht regelt auch der Entwurf nicht ausdrücklich die Ausübung des Stimmrechts für Aktien einer juristischen Person oder Personengesellschaft, wenn die Person, die entlastet oder von einer Verbindlichkeit befreit oder gegen die ein Anspruch geltend gemacht werden soll, gesetzlicher Vertreter dieser juristischen Person oder Gesellschafter dieser Personengesellschaft ist. In der Rechtsprechung und im Schrifttum ist anerkannt, daß unter bestimmten Voraussetzungen in diesen Fällen die Ausübung des Stimmrechts aus den Aktien der juristischen Person und der Personengesellschaft ausgeschlossen ist. Eine gesetzliche Regelung scheint nicht notwendig. Die Entscheidung dieser Fälle kann auch künftig der Rechtsprechung überlassen werden.“ 412 So ist auch heute noch anerkannt, dass das Stimmrecht der Drittgesellschaft aus den von ihr gehaltenen Aktien ausgeschlossen ist, wenn bei einem ihrer Gesellschafter beziehungsweise bei einem ihrer Organmitglieder ein Ausschlussgrund im Sinne des § 136 Abs. 1 AktG vorliegt und dieser maßgeblichen Einfluss auf das Abstimmungsverhalten ausüben kann.413
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Begr. RegE § 136 AktG 1965 bei Kropff, S. 201. Begr. RegE § 136 AktG 1965 bei Kropff, S. 201. 413 Siehe nur MünchKommAktG-Schröer, § 136 Rn. 39 f., 42; Hüffer, AktG, § 136 Rn. 10 f., 14; Willamowski, in: Spindler/Stilz, AktG, § 136 Rn. 3 f.; AnwKAktienRPluta, § 136 Rn. 17 ff. jeweils mwN auch zu abweichenden Ansichten. Davon zu unterscheiden sind die Fälle des § 136 Abs. 1 Satz 1 AktG, in denen der Ausschlussgrund bei der Drittgesellschaft vorliegt und dessen Ausstrahlen auf ein (Organ-)Mitglied der Drittgesellschaft, das zugleich Aktionär der AG ist, bejaht wird, soweit zwischen dem Aktionär und der Drittgesellschaft eine gesellschaftsrechtlich fundierte „nachhaltige Interessenverknüpfung“ besteht, siehe etwa MünchKommAktG-Schröer, § 136 Rn. 35 ff., 41; Hüffer, AktG, § 136 Rn. 12 ff. 412
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
bb) Überschreiten der Toleranzschwelle Liegt ein Umgehungsfall vor, weil ein Hintermann bestimmenden Stimmrechtseinfluss hat und in seiner Person ein gesetzlicher Ausschlussgrund vorliegt, so ist – unabhängig von Umgehungsabsicht im konkreten Fall – die Toleranzschwelle überschritten. Das schutzwürdige Interesse der AG und ihrer Aktionäre an der Normausdehnung überwiegt das gegenläufige Interesse des Hintermanns. Ohne die entsprechende Anwendung von § 136 Abs. 1 Satz 2 AktG wäre es dem Hintermann gestattet, über seinen Aktionär an der Abstimmung teilzunehmen. Die unerwünschte Konfliktlage und damit die Gefahr, dass das Sonderinteresse des Hintermanns das Abstimmungsverhalten seines Aktionärs dominiert, kämen voll zur Entfaltung. Ohne entscheidendes Gewicht ist, wenn die vom Hintermann beeinflusste Stimmabgabe des Aktionärs womöglich wegen Treupflichtverletzung unwirksam ist. Das Regelungsziel des § 136 Abs. 1 AktG reicht weiter, sein Schutz ist umfassender. Die Treupflicht verbietet inhaltlich rücksichtsloses Abstimmungsverhalten.414 § 136 Abs. 1 AktG hat dagegen präventiven Charakter und setzt deshalb früher an. Er soll verhindern, dass man überhaupt an der Abstimmung teilnimmt und dort, womöglich unbemerkt und sanktionslos, ohne Rücksicht auf das Verbandsinteresse abstimmt. Auf eine Umgehungsabsicht des Hintermanns kommt es angesichts der Schutzbedürftigkeit der AG und ihrer Aktionäre nicht an.415 c) Schlussfolgerungen für die ADS-Inhaber Der ADS-Inhaber ist in entsprechender Anwendung von § 136 Abs. 1 Satz 2 AktG verpflichtet, von seinem Stimmweisungsrecht gegenüber der Depotbank keinen Gebrauch zu machen, soweit in seiner Person ein normierter Ausschlussgrund vorliegt. Dies gilt auch dann, wenn dem ADS-Programm Namensaktien zugrunde liegen und die Depotbank nicht als die Inhaberin der hinterlegten Aktien im Aktienregister der AG geführt wird, obwohl die fraglichen Aktien dem ADS-Inhaber dann aus Sicht der AG mehrfach gemittelt werden. Auf den allein maßgeblichen Stimmrechtseinfluss des ADS-Inhabers ist dies ohne Auswirkung. Selbst bei pre-release ADSs besteht das Weisungsverbot, obwohl die Aktien dann noch nicht beim Custodian hinterlegt und damit den ADSs noch nicht unmittelbar zugrunde gelegt sind. Das Verbot rechtfertigt sich durch die zumindest abstrakte Gefahr, dass das Sonderinteresse des ADS-Inhabers mittelbar über die 414 Vgl. MünchKommAktG-Schröer, § 136 Rn. 2; Hüffer, AktG, § 136 Rn. 1; Willamowski, in: Spindler/Stilz, AktG, § 136 Rn. 1. 415 Umgehungsabsicht ist keine zwingende Voraussetzung für eine Normausdehnung nach den Grundsätzen der Gesetzesumgehung. Sie führt aber zur Aufwertung des Interesses an einer Normausdehnung bei der Frage, ob die Umgehung tolerabel ist, ausführlicher Benecke, S. 122, 127 ff.
C. Gleichstellung in Bezug auf mitgliedschaftliche Pflichten
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Depotbank und dem nach den Depotverträgen fiduziarisch gebundenen Aktionär zur Geltung gebracht wird.416 Bei einem schuldhaften Verstoß des ADS-Inhabers kommt eine Schadensersatzpflicht gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Betracht. d) Exkurs: Das Stimmrecht des (Register-)Aktionärs Liegt ein Ausschlussgrund im Sinne des § 136 Abs. 1 AktG in der Person des ADS-Inhabers vor, trifft nicht nur diesen die Pflicht, von seinem Stimmweisungsrecht keinen Gebrauch zu machen. Praktisch mindestens ebenso bedeutsam ist, dass in einem solchen Fall auch das Stimmrecht des (Register-)Aktionärs aus den Aktien ausgeschlossen ist, die den ADSs des befangenen ADS-Inhabers zugrunde liegen. Der Aktionär ist der „andere“ im Sinne des § 136 Abs. 1 Satz 2 AktG analog. Der Stimmrechtsausschluss gilt auch dann, wenn der ADS-Inhaber pflichtgemäß sein Stimmweisungsrecht nicht ausüben will. Die Vorschrift des § 136 Abs. 1 AktG ist eine typisierende Regelung, die – zugunsten der Rechtssicherheit417 und der praktischen Wirksamkeit des Normzwecks – Einschränkungen nicht vorsieht. Auf die Umstände des konkreten Einzelfalls kommt es nicht an. So gilt das Stimmverbot auch für den Treuhänder unabhängig davon, ob er weisungsgebunden oder ausdrücklich weisungsfrei abstimmen soll.418 Gleichermaßen darf auch ein Bevollmächtigter an der Abstimmung selbst dann nicht teilnehmen, wenn ihm der Aktionär bei der Stimmrechtsausübung völlig freie Hand lässt.419 Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass der Abstimmende auch ohne Vorgabe des Befangenen – quasi in vorauseilendem Gehorsam – dessen Interessen Rechnung trägt und so letztlich doch das Sonderinteresse bei der Abstimmung zur Geltung kommt. Dementsprechend ist das Stimmrecht aus der Aktie auch dann ausgeschlossen, wenn im Fall von pre-release ADSs – eher theoretisch420 – die Aktie vor einer anstehenden Rechtsausübung nicht hinterlegt wird. Es ist nicht völlig ausgeschlossen, dass dem Sonderinteresse des ADS-Inhabers – selbst bei dessen Zurückhaltung – mittelbar über die Depotbank und dem nach den Depotverträgen fiduziarisch gebundenen Aktionär421 Rechnung getragen wird. 416 Da die Depotbank bei einer anstehenden Rechtsausübung in aller Regel die Hinterlegung der für die pre-release ADSs bereits vorbestimmten Aktien verlangen wird, dürfte der Fall theoretisch bleiben. 417 Vgl. zu deren unbestritten hohen Stellenwert bei § 136 Abs. 1 AktG u. a. BGHZ 56, 47, 54 (GmbH); 80, 69, 71 (GmbH); OLG Hamburg, AG 2001, 91; Armbrüster, S. 268; MünchKommAktG-Schröer, § 136 Rn. 40; Willamowski, in: Spindler/Stilz, AktG, § 136 Rn. 3. 418 Butzke, S. 341; G/H/E/K-Eckardt, § 136 Rn. 36. 419 Etwa Holzborn, in: Bürgers/Körber, AktG, § 136 Rn. 11; G/H/E/K-Eckardt, § 136 Rn. 36. 420 Siehe 3. Teil C. II. 6. c) cc) (Fn. 392). 421 Siehe 2. Teil A. II.
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
Der Stimmrechtsausschluss bezieht sich aber nur auf die Aktien, die der (Register-)Aktionär dem mit Sonderinteresse belasteten ADS-Inhaber mittelt. Die übrigen Aktien werden weder im Interesse des belasteten ADS-Inhabers gehalten noch hat dieser im Normalfall einen rechtlich relevanten Einfluss auf diese Aktien. Dass allgemein allein die persönliche Nähebeziehung des Aktionärs zum Befangenen ohne Hinzutreten weiterer Umstände für das Stimmverbot nicht genügt422, unterstreicht dies. Um späterem Streit vorzubeugen, ist es für die Depotbank ratsam, dem Notar zu Beginn der Hauptversammlung mitzuteilen, wieviele mit Sonderinteresse belastete Aktien präsent sind und an welchen Beschlussfassungen diese nicht teilnehmen werden.423 Wird eine hinterlegte Aktie durch ADSs verschiedener ADS-Inhaber repräsentiert (sog. Bruchteil-ADSs), ist das Stimmrecht aus dieser Aktie wohl nur dann ausgeschlossen, wenn dem mit dem Sonderinteresse belasteten ADS-Inhaber die „Mehrheit“ an dieser Aktie zusteht beziehungsweise sein Einfluss im konkreten Fall – mangels Teilnahme aller ADS-Inhaber – das interne Abstimmungsergebnis dominiert. Es bestehen Parallelen zu der Konstellation der „gemeinschaftlichen Berechtigung“ an einer Aktie, bei der das Stimmrecht der übrigen Aktionäre nicht ausgeschlossen sein soll, es sei denn, der mit Sonderinteresse Belastete kann die Stimmabgabe maßgeblich beeinflussen.424 Die praktische Relevanz ist freilich gering, weil die Depotverträge zumeist vorsehen, dass das Stimmrecht nur aus Aktien ausgeübt wird, die vollständig durch ADSs eines einzigen ADSInhabers repräsentiert werden. Nimmt die Depotbank beziehungsweise der (Register-)Aktionär trotz Stimmrechtsausschlusses an der Abstimmung teil, ist die Stimmabgabe nichtig (§ 134 BGB). Die Stimmen sind bei der förmlichen Feststellung des Beschlussergebnisses nicht mitzuzählen.425 Werden sie dennoch mitgezählt, was in Zweifelsfällen empfehlenswert sein kann426, ist die Feststellung fehlerhaft und der Beschluss
422 Siehe nur BGHZ 56, 47, 54; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 136 Rn. 18; Hüffer, AktG, § 136 Rn. 16; MünchKommAktG-Schröer, § 136 Rn. 30; aA Schneider, ZHR 150 (1986), 609, 615 f. (GmbH). 423 Die belasteten Aktien lassen sich dann bei der Beschlussfassung von der Präsenz absetzen, was freilich nicht davon entbindet sicherzustellen, dass diese Aktien tatsächlich nicht mitstimmen. Hierzu und zu weiteren Möglichkeiten, die Einhaltung des Stimmverbots sicherzustellen, Butzke, S. 175 f. 424 Siehe nur BGHZ 49, 183, 194 (GmbH); 51, 209, 219 (GmbH); Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 136 Rn. 17; MünchKommAktG-Schröer, § 136 Rn. 47; Hüffer, AktG, § 136 Rn. 15. 425 Vgl. Hüffer, AktG, § 136 Rn. 24; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 136 Rn. 31; MünchKommAktG-Schröer, § 136 Rn. 53. Vgl. ferner zu einem „vorbeugenden Anspruch auf Ausspruch des Stimmverbots“ Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 136 Rn. 32. 426 Vgl. Hüffer, AktG, § 136 Rn. 24; Grunsky, ZIP 1991, 778, 780 f.; kritischer Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 136 Rn. 31.
C. Gleichstellung in Bezug auf mitgliedschaftliche Pflichten
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unterliegt der Anfechtung gemäß § 243 Abs. 1 AktG427, die bei einem abgelehnten Antrag gegebenenfalls mit einer positiven Beschlussfeststellungsklage verbunden werden kann. 8. Exkurs: Mitgliedspflichten und Gleichbehandlungsgrundsatz Exkursmäßig ist zu beleuchten, ob sich der ADS-Inhaber wenigstens bei einer Konfrontation mit mitgliedschaftlichen Pflichten gegenüber der AG auf den aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz berufen kann. Aktionäre sind gemäß § 53a AktG unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln. Dies gilt nicht nur für die Art und Weise, wie die AG den mitgliedschaftlich fundierten Rechten und Ansprüchen der Aktionäre entspricht. Da sich die Schutzwirkung des Gleichbehandlungsgrundsatzes auf den gesamten mitgliedschaftlichen Bereich erstreckt, bindet er die AG auch bei der Inanspruchnahme von mitgliedschaftlichen Pflichten der Aktionäre.428 So kann der Aktionär sich beispielsweise bei sachgrundlos ungleicher Einforderung von Einlagen gegenüber der AG auf den Gleichbehandlungsgrundsatz berufen.429 Zugunsten des ADS-Inhabers gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG entsprechend, soweit er originärer Träger von Mitgliedspflichten gegenüber der AG ist und sich damit in einer „partiellen“ Aktionärsposition befindet. Diese rechtfertigt es, ihn insoweit vollumfänglich einem Aktionär gleichzusetzen. Der ADS-Inhaber kann sich damit kraft eigenen Rechts aus § 53a AktG gegenüber der AG zur Wehr setzen, wenn diese ihn bei der Inanspruchnahme von Mitgliedspflichten sachgrundlos schlechter als Aktionäre oder gleichermaßen verpflichtete andere ADS-Inhaber behandelt. Die Situation unterscheidet sich damit von der Rechtslage bei der ungleichmäßigen Vorteilsgewähr der AG, bei der eine originäre Berechtigung des ADS-Inhabers aus § 53a AktG generell nicht besteht.430 Die praktische Bedeutung darf freilich nicht überschätzt werden. Beispielsweise könnte der ADS-Inhaber sich auf den Gleichbehandlungsgrundsatz berufen, wenn neben ihm auch andere ADS-Inhaber und Aktionäre zur Rückgewähr von aktienrechtswidrigen Gesellschaftszuwendungen gemäß § 62 AktG (analog) verpflichtet sind, die AG indes sachgrundlos bislang allein gegen ihn vorgeht.
427 Vgl. OLG Frankfurt, NJW-RR 2001, 466, 467; Hüffer, AktG, § 136 Rn. 24; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 136 Rn. 31; MünchKommAktG-Schröer, § 136 Rn. 53. 428 MünchKommAktG-Bungeroth, § 53a Rn. 3. 429 Dem benachteiligten Aktionär steht ein Leistungsverweigerungsrecht zu, welches das Entstehen der AG-Ansprüche gemäß § 63 Abs. 2 und 3 AktG verhindert, siehe mwN MünchKommAktG-Bungeroth, § 53a Rn. 3, 28; Hüffer, AktG, § 53a Rn. 12; KölnKommAktG-Zöllner, § 53a Rn. 37. 430 Siehe 3. Teil B. V. 3.
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3. Teil: Mitgliedschaftliche Gleichstellung von ADS-Inhabern
III. Zusammenfassung Unmittelbar aus dem Gesetz ergibt sich die rechtliche Gleichstellung des ADS-Inhabers mit den Aktionären für die Mitteilungspflichten des § 20 AktG. Einer größeren praktischen Relevanz dieser Gleichstellung steht allerdings insbesondere die in § 20 Abs. 8 AktG angeordnete Subsidiarität der Norm gegenüber den kapitalmarktrechtlichen Mitteilungspflichten der §§ 21 f. WpHG entgegen. Aus wirtschaftlich-normativen Aspekten, also aufgrund der wirtschaftlichen Aktionärsstellung des ADS-Inhabers, kommt eine rechtliche Gleichstellung des ADS-Inhabers mit Aktionären hinsichtlich der mitgliedschaftlichen Pflichten gegenüber der AG nach folgenden Maßgaben in Betracht: Da die originäre Zuweisung von Kapitalaufbringungspflichten zu einem Aktionärhintermann voraussetzt, dass die nur mittelbare Gesellschaftsbeteiligung des Hintermanns Ergebnis rechtsmissbräuchlicher Absichten hinsichtlich der Einlagenpflicht ist, scheidet eine entsprechende eigene Verantwortlichkeit des ADSInhabers gegenüber der AG praktisch wohl aus. Der ADS-Inhaber ist in entsprechender Anwendung von § 57 AktG verpflichtet, eine ihm von der AG angebotene Zuwendung zurückzuweisen, deren causa die dem ADS-Inhaber gemittelte Aktie ist und die nicht aktienrechtlich, etwa durch § 57 Abs. 1 Satz 2 AktG, legitimiert ist. Auf Grundlage der untersuchten Depotverträge kann sich der erforderliche aktienrechtliche Bezug der AG-Zuwendung aus dem Stimmweisungsrecht des ADS-Inhabers oder aus ihm als Aktionärsvertreter überlassenen Hauptversammlungsrechten ergeben. Für die Rückforderung verbotswidriger AG-Zuwendungen unterliegt der ADSInhaber nur dann dem strengen Haftungsregime des § 62 AktG, wenn er eine ihm – namentlich über das Stimmweisungsrecht oder als Aktionärsvertreter – zugängliche mitgliedschaftliche Rechtsposition aus den Aktien aktiv gegenüber der AG als Drohpotential zur Erbringung der Leistung einsetzte. Ohne Relevanz ist dabei, ob die AG die erpresste Zuwendung direkt oder indirekt, etwa über die Depotbank, an den ADS-Inhaber erbrachte. In allen übrigen Fällen haftet der ADSInhaber nur nach allgemein-zivilrechtlichen Vorschriften auf Rückgewähr. Ein auf die Treupflicht gestützter Unterlassungsanspruch der AG direkt gegen den ADS-Inhaber dürfte rein theoretisch sein. Eine Schadensersatzpflicht des ADS-Inhabers direkt gegenüber der AG wegen Treupflichtverletzung ist grundsätzlich denkbar, wenn ihm eine treuwidrige Rechtsausübung nach den tatsächlichen Verhältnissen als eigene zuzurechnen ist. Eine solche Zurechnung ist auf Grundlage der untersuchten Depotverträge denkbar, wenn das treuwidrige Abstimmungsverhalten auf einer Weisung des ADS-Inhabers beruht oder wenn der ADS-Inhaber selbst den Verstoß in einer Hauptversammlung begeht, an der er aufgrund eines Bevollmächtigungsanspruchs gegenüber der Depotbank als Aktionärsvertreter teilnimmt. Diese Direkthaftung des ADS-Inhabers ist praktisch je-
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doch nur in seltenen Fällen von Relevanz, weil sie im Grundsatz gegenüber der Ersatzpflicht des Aktionärs subsidiär ist und deshalb nur eingreift, soweit die AG vom Aktionär nicht vollständige Befriedigung erlangen konnte. Nur wenn objektiv ex ante mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass vom Aktionär keine nennenswerte Befriedigung zu erlangen ist, darf die AG sofort den ADS-Inhaber in Anspruch nehmen. Für die Treupflichtverantwortung des ADS-Inhabers gegenüber den Aktionären gelten die vorstehenden Grundsätze entsprechend. In entsprechender Anwendung von § 136 Abs. 1 Satz 2, 142 Abs. 1 Satz 3 AktG ist der ADS-Inhaber verpflichtet, sein vertragliches Stimmweisungsrecht gegenüber der Depotbank nicht auszuüben, wenn in seiner Person ein normierter Ausschlussgrund vorliegt. Zugleich ist das Stimmrecht des (Register-)Aktionärs aus den Aktien ausgeschlossen, die den ADSs des belasteten ADS-Inhabers zugrunde liegen. Dies gilt auch, wenn der ADS-Inhaber vom Weisungsrecht ausdrücklich Abstand nimmt. Der Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG gilt zugunsten des ADS-Inhabers entsprechend, soweit die AG ihn in Bezug auf Mitgliedschaftspflichten in Anspruch nimmt.
4. Teil
Gleichstellung von „eigenen“ ADSs mit eigenen Aktien Der vierte Teil der Untersuchung ist der aktienrechtlichen Gleichstellung von „eigenen“ ADSs mit eigenen Aktien gewidmet. „Eigene“ ADSs sind American Depositary Shares, die von einer AG gehalten werden und denen eigene Aktien dieser Gesellschaft zugrunde liegen. Die Frage ist, inwieweit die für eigene Aktien geltenden aktienrechtlichen Vorschriften auch für solche „eigenen“ ADSs zu beachten sind. Röhler1 befasste sich, soweit ersichtlich, als bislang Einziger in einer öffentlich zugänglichen Stellungnahme ansatzweise mit dieser Problematik. Welche aktienrechtlichen Beschränkungen von der AG beim derivativen und originären Erwerb „eigener“ ADSs zu beachten sind, ist Gegenstand des ersten und zweiten Abschnitts (A. und B.). Derivativer ADS-Erwerb meint den Fall, dass die AG von einem ADS-Inhaber von diesem gehaltene ADSs erwirbt. Beim originären ADS-Erwerb erwirbt die AG demgegenüber von einem Aktionär, der die von ihm gehaltenen Aktien der AG in Gestalt von ADSs verschaffen soll. Der Umtausch eigener Aktien durch die AG in „eigene“ ADSs und der Sonderfall, dass der AG die „eigenen“ ADSs von einer nahestehenden Einheit im Sinne des § 71d Satz 1, 2 AktG – mittelbarer Stellvertreter oder Tochterunternehmen – übertragen werden, sind in den Abschnitten C. und D. zu beleuchten. Anschließend ist zu klären, inwieweit die aktienrechtlichen Vorgaben für das Halten eigener Aktien auch für das Halten „eigener“ ADSs durch die AG gelten (E.). Die Veräußerung „eigener“ ADSs durch die Gesellschaft sowie der Umtausch „eigener“ ADSs durch die AG in eigene Aktien rücken in den Abschnitten F. und G. in den Mittelpunkt, ehe sodann untersucht wird, unter welchen Voraussetzungen die AG ihre „eigenen“ ADSs an einen mittelbaren Stellvertreter oder an ein Tochterunternehmen im Sinne des § 71d Satz 1, 2 AktG übertragen kann (H.). Eine Zusammenfassung der Ergebnisse (I.) schließt den vierten Teil.
1
Röhler, S. 297–306.
A. Derivativer ADS-Erwerb der AG
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A. Derivativer ADS-Erwerb der AG Der derivative Erwerb „eigener“ ADSs durch die AG läuft rechtstechnisch wie folgt ab: Die AG schließt mit dem veräußernden ADS-Inhaber den Vertrag über den ADS-Erwerb (I.). Im Rahmen der anschließenden Vertragsdurchführung ist dann die Umschreibung der ADSs im ADS-Register der Depotbank auf den Namen der AG der zweite wesentliche Verfahrensschritt (II.).2 Eine Person gilt nämlich nach allen Depotverträgen im Verhältnis zur Depotbank in jedem Fall – unabhängig von der materiellen Rechtslage3 – erst und nur dann als ADS-Inhaber, wenn sie als solcher im ADS-Register eingetragen ist. Erst mit der Eintragung der AG entsteht also die depotvertragliche Rechtsbeziehung zwischen ihr und der Depotbank. Vor der Umschreibung gilt gegenüber der Depotbank allein der Veräußerer als aus dem Depotvertrag berechtigter ADS-Inhaber.
I. Vertrag mit ADS-Inhaber Schließt die AG mit einem ADS-Inhaber einen ADS-Erwerbsvertrag ab, muss sie darauf achten, dass die Erwerbsvoraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG erfüllt sind (1.). Ein Erwerbspreis für die ADSs muss einer Kontrolle anhand der Vorgaben des § 57 AktG standhalten (2.). Bei der Auswahl des Vertragspartners hat die AG aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG resultierende Vorgaben zu beachten (3.). 1. Erwerbsvoraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG Die Bestimmungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG finden über die Brückennorm des § 71d Satz 1 AktG Anwendung, wenn die AG den ADS-Erwerbsvertrag abschließt. a) § 71 Abs. 1, 2 AktG Die Vorschrift des § 71 Abs. 1, 2 AktG gilt selbst dann nicht unmittelbar, wenn man mit der vorzugswürdigen Ansicht davon ausgeht, dass der „Erwerb“ im Sinne des § 71 AktG nicht nur jedes dingliche Rechtsgeschäft erfasst, das die AG 2 Die Umschreibung kann vom Veräußerer initiiert werden, indem er nach Vertragsschluss (gegebenenfalls unter Rückgabe der auf seinen Namen lautenden AD Receipts) die Depotbank anweist, fortan die AG als neue ADS-Inhaberin im ADS-Register zu führen. Aber auch die AG kann die Umschreibung bei entsprechender Legitimation veranlassen. 3 Nur bei uncertificated securities, also uncertificated ADSs, ist die Registereintragung konstitutives Übertragungsmerkmal (vgl. § 8-301(a) NY-UCC), nicht dagegen bei certificated ADSs (vgl. § 8-301(b) NY-UCC). Bei Letzteren ist die Eintragung nur deklaratorisch und die Situation mit der bei Namensaktien (§ 67 AktG) vergleichbar.
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
wenigstens kurzzeitig mindestens zum Mitinhaber der Aktie macht, sondern auch schon das schuldrechtliche Geschäft, das Rechte und Pflichten in Bezug auf ein solches dingliches Geschäft begründet (sog. weiter Erwerbsbegriff)4. Der ADSErwerbsvertrag sieht nicht den unmittelbaren Erwerb der den ADSs zugrunde liegenden Aktien durch die AG vor. Die Gesellschaft verpflichtet sich dort (nur) zum Erwerb der mittelbaren Gesellschafterposition an den fraglichen Aktien. § 71 Abs. 1, 2 AktG ist auch nicht im Wege eines Analogieschlusses entsprechend anwendbar. Für den mittelbaren Aktienerwerb der AG schuf der Gesetzgeber die Spezialvorschrift des § 71d Satz 1 AktG. b) § 71d Satz 1 AktG Nach § 71d Satz 1 AktG darf ein im eigenen Namen, jedoch für Rechnung der AG handelnder Dritter Aktien der AG nur erwerben oder besitzen, soweit dies der AG selbst nach § 71 Abs. 1 Nr. 1 bis 5, 7 und 8 und Abs. 2 gestattet wäre. Die Norm ist direkt anwendbar, wenn die AG mit einem ADS-Inhaber einen Erwerbsvertrag über „eigene“ ADSs abschließt [aa)]. Der ADS-Erwerbsvertrag der AG ist demnach aktienrechtlich nur wirksam, wenn bei Vertragsschluss die Erwerbsvoraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG erfüllt sind [bb)]. aa) Tatbestand Der veräußernde ADS-Inhaber besitzt die Aktie im Sinne des § 71d Satz 1 AktG [(1)]. Zudem lässt sich der ADS-Erwerbsvertrag der AG mit diesem ADSInhaber als Rechnungsvertrag gemäß § 71d Satz 1 AktG qualifizieren [(2)]. (1) Besitz Der veräußernde Inhaber von (pre-release) ADSs besitzt die zugehörigen Aktien im Sinne des § 71d Satz 1 AktG, weil ihm über die Depotbank der Besitz an diesen Aktien gemittelt wird.5 Dabei ist unschädlich, dass der Veräußerer nicht 4 U. a. MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 73 ff.; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 4; Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71 Rn. 1; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rn. 35; MüHdbAG-Wiesner, § 15 Rn. 9; KölnKommAktG-Lutter, § 71 Rn. 18; G/H/E/ K-Hefermehl/Bungeroth, § 71 Rn. 16 ff.; Seidler, S. 20; Benckendorff, S. 211; HdbAGNirk, Rn. 400; aA (Erwerb ist nur das dingliche Erwerbsgeschäft) Kniehase, S. 222 ff.; Wiederholt, S. 34 ff.; Lüken, S. 165; Johannsen-Roth, S. 12 f.; wohl auch Bosse, S. 13; Schmid/Mühlhäuser, AG 2001, 493, 494; Mick, DB 1999, 1201, 1203. Für den weiten Erwerbsbegriff sprechen neben einem Umkehrschluss zu § 71 Abs. 4 Satz 2 AktG die Tatsache, dass die für die Auslegung der Norm maßgebliche EG-KapitalRiLi 1976 den Begriff „Erwerb“ nicht im Sinne des deutschen Abstraktionsprinzips gebraucht und insbesondere auch die teleologische Erwägung, dass sich die AG bereits durch den Abschluss des Kaufvertrags auf ein späteres dingliches Rechtsgeschäft festlegt, weshalb es bereits in diesem Zeitpunkt angezeigt erscheint, die Rechtmäßigkeit des Erwerbs zu prüfen, siehe MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 68.
A. Derivativer ADS-Erwerb der AG
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auch der Eigentümer dieser Aktien ist. Entgegen vereinzelter Stimmen6 ist das Tatbestandsmerkmal des „Besitzes“ nicht nur erfüllt, wenn der Dritte – hier der veräußernde ADS-Inhaber – zugleich der rechtliche Eigentümer der fraglichen Aktien ist. Nach dem allgemeinen juristischen Wortsinn beschreibt „Besitz“ nur die tatsächliche Herrschaftsgewalt einer Person über ein Objekt ohne Aussage zur rechtlichen Eigentumslage an diesem Objekt. Dass hier anderes gelten soll, ist nicht ersichtlich. Die hier befürwortete Auslegung hat unabhängig vom systematischen Verständnis der §§ 71ff. AktG Bestand: Nach einer Ansicht folgt das prinzipielle Erwerbsverbot der AG bereits unmittelbar aus § 57 AktG, so dass § 71 AktG nur als Ausnahmevorschrift mit Gestattungsfunktion fungiert.7 Die Anwendbarkeit von § 71 AktG, folgerichtig auch die von § 71d Satz 1 AktG, setzt demnach gesetzessystematisch voraus, dass der Anwendungsbereich des § 57 AktG eröffnet ist. Dies ist hier aber gerade der Fall. § 57 AktG gilt entsprechend, wenn sich die AG im Erwerbsvertrag zur Zahlung eines Erwerbspreises für die ADSs verpflichtet.8 Das Leistungsversprechen der AG erfolgt nämlich im Gegenzug für den mittelbaren Erwerb der hinterlegten Aktien und damit letztlich mit Rücksicht auf diese Aktien. Es wäre auch wertungsmäßig nicht nachvollziehbar, worin der rechtlich beachtliche Unterschied liegt, dass der AG das mittelbare Erwerbsgeschäft ohne Aktieneigentum des Dritten ausnahmslos untersagt sein soll9, wogegen es mit Aktieneigentum des Dritten – trotz identischen Risikos der AG hinsichtlich der Aktien – nach Maßgabe des § 71 Abs. 1, 2 AktG gestattet ist. Nach der Gegenansicht setzt § 71 AktG das prinzipielle Erwerbsverbot der AG nicht als existent voraus, sondern konstituiert es selbst.10 Die §§ 71, 71d AktG fungieren demnach 5 Für den Sonderfall von pre-release ADSs ergibt sich der mittelbare Besitz des Veräußerers daraus, dass der Depotbank, die für den ADS-Inhaber handelt, nach den Depotverträgen bereits für ein fiduziarisches Rechtsverhältnis das wirtschaftliche Eigentum an den für die pre-release ADSs vorbestimmten Aktien zu übertragen war (siehe bereits oben 2. Teil A. II.). 6 AnwKAktienR-Block, § 71d Rn. 3; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 71d Rn. 3 (jeweils ohne Begründung); aA namentlich Vedder, S. 84, nach der die „Besitz“Variante eine eigenständige Tatbestandsalternative im Sinne eines Auffangtatbestands ist, die Fälle erfasst, in denen die Besitzerlangung durch den Dritten einem Erwerb oder einer Inpfandnahme vergleichbar ist; vgl. ferner MünchKommAktG-Oechsler, § 71a Rn. 53 zur Tatbestandsmäßigkeit des „gestuften Erwerbs“. 7 Für dieses systematische Verständnis von § 71 AktG etwa MünchKommAktGOechsler, § 71 Rn. 66; wohl auch Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 71 Rn. 1 f.; Lüken, S. 134 f. 8 Vgl. zu den Voraussetzungen der entsprechenden Anwendung von § 57 AktG 3. Teil C. II. 4. c). 9 Wegen Tatbestandsmäßigkeit nach § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG. 10 U. a. Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71 Rn. 1; AnwKAktienR-Block, § 71 Rn. 1; BeckHdbAG-Zätzsch/Maul, § 4 Rn. 143; MüHdbAG-Wiesner, § 15 Rn. 9; Schäfer, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 47 Rn. 4; wohl auch HdbAG-Nirk, Rn. 400; G/
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
als ein gegenüber § 57 AktG eigenständiger Regelungskomplex. Die Eigenständigkeit interpretiert man teils so weit, dass im Ergebnis neben § 71 AktG kein Raum mehr für die Anwendbarkeit von § 57 AktG sein soll.11 Für den eigenständigen Charakter der §§ 71, 71d AktG und gegen eine rein gestattende Funktion dürfte deren EG-rechtlicher Hintergrund sprechen. Der Erwerb eigener Aktien ist in sich geschlossen in Art. 19 ff. EG-KapitalRiLi 1976/ÄnderungsRiLi 2006 geregelt. In den Erwägungsgründen zur EG-KapitalRiLi 1976 ist hierzu niedergelegt, dass die Gemeinschaft Vorschriften erlassen muss, um das Kapital als Sicherheit für die Gläubiger zu erhalten, indem die Möglichkeit einer Gesellschaft, eigene Aktien zu erwerben, begrenzt wird.12 Die Ausführungen zeigen zugleich, dass es auf formalrechtliches Aktieneigentum des Dritten nicht entscheidend ankommen kann. Die Gefahrenintensität für die Kapitalgrundlage der AG hängt nicht wesentlich davon ab, ob der Vertragspartner der AG oder erst dessen Partner der Eigentümer der Aktien ist. Entscheidend ist, dass die AG das wirtschaftliche Risiko aus den Aktien – egal, ob sie nun dem „Dritten“ oder einem Vierten rechtlich gehören – (partiell) übernimmt. Zu der Ansicht, dass Aktieneigentum des Dritten nicht zwingend erforderlich ist, passt schließlich, dass von § 71a Abs. 2 AktG auch die Fälle des Equity Swap erfasst sein sollen, bei denen der Swap-Partner der AG seinerseits kein Aktionär ist, sondern erst derjenige, gegenüber dem der Swap-Partner sein Risiko absichert13. Durch eine noch so tief verschachtelte Unter„vertretung“ sei der Anwendungsbereich des § 71a Abs. 2 AktG nicht umgehbar; am Ende der Kette oder Verschachtelungen würden Aktien für Rechnung der AG gehalten.14 Es wäre nicht einsichtig, wenn für die verwandte Norm des § 71d Satz 1 AktG anderes gelten sollte. (2) Rechnungsvertrag Dass die für einen Rechnungsvertrag im Sinne des § 71d Satz 1 AktG („für Rechung der Gesellschaft“) konstitutiven Merkmale streitig sind und die unterschiedlichen Ansichten vorliegend zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, verH/E/K-Hefermehl/Bungeroth, § 71 Rn. 1; KölnKommAktG-Lutter, § 71 Rn. 3; Johannsen-Roth, S. 9, 12, 139; Kopp, S. 19; wohl auch Wiederholt, S. 14; vermittelnd Möller, S. 6 ff. 11 Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71 Rn. 8; ders., Eigene Aktien, Rz. 44 ff., 67; ähnlich bereits zuvor Hillebrandt/Schremper, BB 2001, 533, 536; Huber, in: FS Kropff, 101, 114 f. Zur Kritik an einer vollständigen Verdrängung von § 57 AktG durch § 71 AktG etwa Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rn. 45, Bednarz, S. 68 ff. und unten 4. Teil A. I. 2. 12 Hervorhebung vom Verfasser dieser Arbeit. 13 MünchKommAktG-Oechsler, § 71a Rn. 60; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71a Rn. 68. 14 MünchKommAktG-Oechsler, § 71a Rn. 60.
A. Derivativer ADS-Erwerb der AG
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deutlicht der Überblick über das Meinungsbild im Schrifttum [(a)]. Nach hiesiger Auffassung ist die (partielle) Zuordnung des wirtschaftlichen Risikos aus den Aktien zur AG ein hinreichendes Merkmal für einen Rechnungsvertrag im Sinne des § 71d Satz 1 AktG [(b)]. Ein entgeltlicher ADS-Erwerbsvertrag zwischen der AG und einem ADS-Inhaber lässt sich demnach als Rechnungsvertrag qualifizieren [(c)]. (a) Das Meinungsbild im Überblick Für einen Rechnungsvertrag im Sinne des § 71d Satz 1 AktG ist nach einer Ansicht unverzichtbar, dass die AG gegenüber dem Dritten hinsichtlich der Rechtsausübung aus den Aktien sowie der Verfügung darüber weisungsbefugt ist.15 Nach diesem Maßstab ist der ADS-Erwerbsvertrag kein Rechnungsvertrag. Der AG steht gegen den ADS-Inhaber ein (fälliger) Verschaffungsanspruch hinsichtlich der erwerbsgegenständlichen ADSs zu. Ein Weisungsrecht der AG gegenüber dem ADS-Inhaber hinsichtlich der weiteren Verwendung der den ADSs unterlegten eigenen Aktien besteht dagegen nicht. Andere lehnen ein Weisungsrecht als konstitutives Merkmal des Rechnungsvertrags zwar ausdrücklich ab, verlangen aber ein „Zur-Verfügung-Halten“ der Aktien für die AG.16 Es darf bezweifelt werden, ob dafür genügt, dass die ADSs einschließlich der unterlegten Aktien der AG kraft der Verschaffungspflicht des ADS-Inhabers bereits „versprochen“ sind. Nach der Gegenansicht ist für die Qualifizierung als Rechnungsvertrag allein die (partielle) Übernahme des wirtschaftlichen Risikos aus den Aktien durch die AG entscheidend. Ein Rechnungsvertrag liege immer bereits vor, wenn die mit einem Erwerb des Dritten unmittelbar verbundenen wirtschaftlich nachteiligen Folgen ganz oder teilweise auf die AG verlagert werden sollen.17 Nach dem Normzweck der Kapitalerhaltung sei ausschließlich das von der AG übernommene, mit den Aktien verbundene Wirtschafts- oder Verlustrisiko maßgeblich.18 Nach dieser Maßgabe ist ein Rechnungsvertrag hier unproblematisch gegeben, weil die AG mit der Verpflichtung zur Zahlung eines Erwerbspreises für die ADSs (sofort) das wirtschaftliche Risiko der „eigenen“ ADSs und der ihnen zugrunde liegenden Aktien übernimmt. 15 Johannsen-Roth, S. 233, 236; ähnlich KölnKommAktG-Lutter, § 71a Rn. 19; Kniehase, S. 182 f.; Luther, S. 110; Schroeder, S. 154 ff. (Weisungsbindung des Erwerbers zumindest hinsichtlich Umfang, Zeitpunkt und Dauer des Erwerbs). 16 G/H/E/K-Hefermehl/Bungeroth § 71a Rn. 27 f. 17 Vedder, S. 64 ff., 96; ganz ähnlich ([partielle] Übernahme des wirtschaftlichen Ergebnisses bzw. Risikos) Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71a Rn. 24, Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 71a Rn. 13, 15; AnwKAktienR-Block, § 71a Rn. 20 und GroßkommAktG-Barz, § 71 Rn. 37 (§ 71 Abs. 5 AktG 1965). 18 Martens, AG 1993, 495, 500.
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
Andere Stimmen vermitteln zwischen beiden Lagern, indem sie für die Einordnung als Rechnungsvertrag nicht zwingend auf das Vorliegen eines bestimmten Merkmals abstellen. So ist beispielsweise nach einer Stellungnahme ein „dominierendes Element der Interessenwahrung“ zugunsten der AG für die von §§ 71d Satz 1, 71a Abs. 2 AktG erfassten Vertragstypen charakteristisch.19 Der Erwerber müsse die Interessen der AG bei Erwerb und späterer Verwaltung der Aktien in den Mittelpunkt seiner Überlegungen stellen. Für die Abgrenzung zu § 71a Abs. 1 AktG sei neben der Federführung beim Erwerb die Zuordnung des Erwerbsrisikos und die wirtschaftliche Verfügungsgewalt über die erworbenen Gesellschaftsanteile entscheidend. Es wird dabei betont, dass diese Kriterien einander nicht ausschließen. Das nach § 71a Abs. 1 AktG verbotene Geschäft entspreche einem gesetzlichen Typus, der im Einzelfall durch den Nachweis eines oder mehrerer dieser Merkmale nachgewiesen werden kann.20 Ähnlich fordert man andernorts für einen Rechnungsvertrag im Sinne des § 71d Satz 1 AktG, dass die AG im Verhältnis zum Dritten das Sagen haben muss. Dies sei der Fall, wenn die AG dem Dritten Weisungen erteilen darf oder die AG das wirtschaftliche Ergebnis des Erwerbs ganz oder zum Teil übernimmt.21 (b) Stellungnahme Die (partielle) Zuordnung des wirtschaftlichen Risikos aus den Aktien zur AG ist aus hiesiger Sicht ein hinreichendes Merkmal für einen Rechnungsvertrag im Sinne des § 71d Satz 1 AktG.22 Ein zusätzliches Merkmal, wie etwa ein Weisungsrecht der AG hinsichtlich der in Rede stehenden Aktien, ist entgegen stellenweise vertretener Ansicht nicht erforderlich. Der erste Beleg ist der Wortlaut des § 71d Satz 1 AktG. Dort heißt es nicht, dass der Dritte „für Rechnung und auf Weisung der AG“ handeln muss. Es ist nur davon die Rede, dass der Dritte „für Rechnung der Gesellschaft“ handelt. „Für Rechnung“ weist aber allein einen Vermögensbezug auf und bedeutet nach dem allgemeinen Sprachgebrauch „auf Kosten“.23 Kostentragung bedeutet seinerseits eine vermögensbezogene Gefahrtragung und damit das Tragen von wirtschaftlichen Risiken. (Wirtschaftliche) Risiken können sich aber sowohl in nega-
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MünchKommAktG-Oechsler, § 71a Rn. 12, 54, § 71d Rn. 5. Siehe auch Seidler, S. 192 f. (Weisungsbefugnis und Übernahme des wirtschaftlichen Risikos als „Indizien“ für einen Rechnungsvertrag im Sinne des § 71d Satz 1 AktG). 21 Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71d Rn. 6, § 71a Rn. 13, 65. Hervorhebung vom Verfasser dieser Arbeit. 22 Damit ist aber nicht gesagt, dass die (partielle) Übernahme des wirtschaftlichen Risikos durch die AG stets unabdingbare Voraussetzung für den Rechnungsvertrag im Sinne des § 71d Satz 1 AktG ist, siehe auch Fn. 26. 23 Vgl. zur Wortlautauslegung Vedder, S. 7 mwN. 20
A. Derivativer ADS-Erwerb der AG
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tiver als auch in positiver Form realisieren. Nach dem Wortlaut erfasst damit der Begriff „für Rechnung“ sowohl die vermögensmäßig nachteiligen Konsequenzen (Risiken i. e. S.) als auch die vermögensmäßig vorteilhaften Auswirkungen (Chancen). Übertragen auf § 71d Satz 1 AktG bezeichnet daher das Handeln des Dritten „für Rechnung“ der AG nach dem allgemeinen Wortsinn allein die Übernahme der aus den betrefflichen Aktien resultierenden wirtschaftlichen Chancen und Risiken durch die AG, also die Chancen und Risiken aus der künftigen Wertentwicklung der Aktien. Der Risikotragung der AG als hinreichendem Merkmal des Rechnungsvertrags steht nicht entgegen, wenn man §§ 71, 71d AktG als Ausnahmetatbestände zur Verbotsnorm des § 57 AktG einordnet und die Anwendbarkeit des § 71d Satz 1 AktG so in systematischer Hinsicht die Eröffnung des Anwendungsbereichs von § 57 AktG voraussetzt. § 57 AktG gilt nämlich entsprechend, wenn sich die AG zur Zahlung eines Erwerbspreises für die ADSs verpflichtet, weil die dem Veräußerer gemittelte Aktie die causa der Zuwendung ist. Unter diesem systematischen Aspekt würde es sogar genügen, wenn die AG in Bezug auf eigene Aktien eine finanzielle Verpflichtung eingehen würde, ohne zugleich das wirtschaftliche Risiko aus den fraglichen Aktien zu übernehmen. Ein Vorteil der hier vertretenen Ansicht ist zudem der systematische Gleichlauf mit dem Aktiendirekterwerb der AG: Die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG sind beim Direkterwerb nach dem vorzugswürdigen weiten Erwerbsbegriff 24 in dem Moment zu beachten, in dem die spätere Übernahme der Aktien und des wirtschaftlichen Risikos aus diesen Aktien für die AG dem Grunde nach rechtlich bindend wird, ohne dass diese schon über eine Einflussposition hinsichtlich dieser Aktien verfügen müsste.25 Es liegt nahe, dass auch beim mittelbaren Aktienerwerb die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG bereits zu beachten sind, wenn die Übernahme des wirtschaftlichen Risikos aus den fraglichen Aktien für die AG rechtlich bindend wird, ohne dass es auf eine Verfügungsgewalt der AG hinsichtlich der Aktien ankäme. Auch in teleologischer Hinsicht ist die Übernahme des wirtschaftlichen Risikos ein hinreichendes Merkmal für einen Rechnungsvertrag im Sinne des § 71d Satz 1 AktG. Nach den Erwägungsgründen zu Art. 19 ff. EG-KapitalRiLi 1976 sah die Gemeinschaft sich zum Erlass der Vorschriften veranlasst, um das Kapital der Gesellschaft als Sicherheit für die Gläubiger zu erhalten, indem die Möglichkeit einer Gesellschaft, eigene Aktien zu erwerben, begrenzt wird. Dieses Re-
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4. Teil A. I. 1. a). So gilt § 71 Abs. 1, 2 AktG bereits beim Abschluss des dem dinglichen Erwerb vorgeschalteten Kaufvertrags und schon, wenn die AG eine Option begibt, in der sie sich verpflichtet, eine bestimmte Menge Aktien im Termin zu einem festliegenden Basispreis zu erwerben (Put-Option als Stillhalterin), siehe nur MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 81. 25
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
gelungsziel – der Schutz der Kapitalgrundlage der Gesellschaft im Zusammenhang mit dem (mittelbaren) Aktienerwerb – ist aber immer schon dann berührt, wenn die AG in Bezug auf eigene Aktien das wirtschaftliche Risiko übernimmt, und zwar unabhängig davon, ob sie über diese Aktien schon die volle tatsächliche Verfügungsgewalt hat. Die Auslegung von §§ 71d Satz 1, 71a Abs. 2 AktG erfordert stets auch eine sorgfältige Abgrenzung zum Finanzierungsverbot des § 71a Abs. 1 AktG, weil die AG in beiden Fällen im Hinblick auf eigene Aktien finanzielle Mittel bereit stellt. Zum Abrücken von der Ansicht, dass für einen Rechnungsvertrag die Übernahme des Kursrisikos aus den eigenen Aktien hinreichend ist, zwingt dies jedoch nicht:26 Nach § 71a Abs. 1 Satz 1 AktG ist ein Rechtsgeschäft nichtig, das die Gewährung eines Vorschusses oder eines Darlehens oder die Leistung einer Sicherheit durch die AG an einen anderen zum Zweck des Erwerbs von Aktien dieser AG zum Gegenstand hat. Die Norm geht auf Art. 23 EG-KapitalRili 1976 zurück. Der Normzweck ist umstritten.27 Nach traditioneller Ansicht, die sich auf die gesetzliche Überschrift und die Begründung des Regierungsentwurfs28 berufen kann, verhindert die Norm Umgehungen des Verbots des Erwerbs eigener Aktien. Dagegen spricht, dass das Finanzierungsverbot selbst dann gilt, wenn der Erwerb der AG nach § 71 Abs. 1 AktG zulässig wäre29. Zudem geht der persönliche Anwendungsbereich der Norm über den der §§ 57, 71 ff. AktG hinaus.30 Das Finanzierungsverbot des § 71a Abs. 1 AktG ist daher besser als eigenständige Kapitalschutzregelung zu erfassen.31 Im Blickfeld steht insbesondere der aus dem englischen Recht32 herrührende, im europäischen Recht fortwirkende Zweck der Verhinderung von Unternehmensübernahmen unter Verwendung des Vermögens der Zielgesellschaft 33 (sog. Take-Over-Bezug34). Die Norm gewährt 26 Es sei nochmals betont, dass damit nicht entschieden ist und hier auch nicht entschieden werden muss, ob die (partielle) Risikotragung der AG für einen Rechnungsvertrag unabdingbar ist. So sollen etwa bloße Zuschüsse zum Dritterwerb oder Kursgarantiegeschäfte, obwohl die AG dort kein wirtschaftliches Risiko trägt, Fälle des § 71a Abs. 2 AktG sein, wenn der AG ein Weisungsrecht zusteht (Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71a Rn. 67; KölnKommAktG-Lutter, § 71a Rn. 19; vgl. auch MünchKommAktG-Oechsler, § 71a Rn. 12 zu sog. verlorenen Zuschüssen). 27 Ausführlich Schroeder, S. 105 ff. 28 Begr. RegE BT-Drucks. 8/1678, S. 14. 29 Hüffer, AktG, § 71a Rn. 1, 3; Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71a Rn. 6; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71a Rn. 8 f.; AnwKAktienR-Block, § 71a Rn. 1; Schroeder, S. 109. 30 Die Rechtsfolgen des § 71a Abs. 1 AktG treffen auch Nichtaktionäre, MünchKommAktG-Oechsler, § 71a Rn. 10. 31 Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71a Rn. 9; Hüffer, AktG, § 71a Rn. 3. 32 Sec. 54 CA 1948. 33 Siehe Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71a Rn. 9; Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71a Rn. 2; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 71a Rn. 5; Schroeder, S. 111 f.; Fleischer, AG 1996, 494, 506.
A. Derivativer ADS-Erwerb der AG
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aber auch in sonstigen Fällen absoluten Vermögensschutz gegen finanzielle Unterstützungshandlungen (financial assistance) der AG. Jeder35 Aktienerwerb eines Dritten für eigene Rechnung, aber mit Mitteln aus dem AG-Vermögen, ist im Grundsatz verboten.36 Es ist damit für die Fälle des § 71a Abs. 1 AktG kennzeichnend, dass die AG für den Erwerb eigener Aktien finanzielle Mittel bereitstellt, ohne ein unmittelbares Eigeninteresse an diesen Aktien zu unterhalten.37 Die Aktien stehen rechtlich und wirtschaftlich allein dem Dritten zu. Damit erweist sich aber die Risikoübernahme der AG als taugliches Abgrenzungskriterium, weil die AG in diesem Fall immer unmittelbares Eigeninteresse an den Aktien, nämlich an deren künftiger Wertentwicklung, hat und damit kein Fall des § 71a Abs. 1 AktG vorliegen kann. Dagegen verfängt der teils erhobene Einwand nicht, ein Weisungsrecht der AG sei für die Abgrenzung unentbehrlich. Es reiche nicht aus, wenn allein das wirtschaftliche Ergebnis des Erwerbs zugunsten und zu Lasten der AG gehe, weil beide Tatbestände des § 71a AktG voraussetzten, dass die AG das wirtschaftliche Risiko des Aktienerwerbs trage.38 Dem ist zuzugeben, dass die Intensität der Risiken und ihre Auswirkungen im praktischen Ergebnis vergleichbar sein können.39 Die Qualität der wirtschaftlichen Risiken, und nur darauf kann es angesichts der unterschiedlichen Regelungszwecke der Vorschriften ankommen, bleibt aber unterschiedlich40 und beide Risiken sind auch gut voneinander abgrenzbar. Bei der vertraglich vereinbarten Ergebnisübernahme wirkt sich die Wertentwicklung der Aktie direkt auf das Vermögen der AG aus. Im Fall des § 71a Abs. 1 AktG trägt die AG dagegen, wenn überhaupt41, (nur) das allgemeine Kredit- und Insolvenzrisiko des Dritten, also das Risiko, dass die Rückzahlung der financial assistance am Vermögensverfall des Dritten scheitert. An der Wertentwicklung der Aktien besteht nur ein mittelbares Interesse in dem Sinn, dass die AG hofft, dass diese nicht derart negativ verläuft, dass der Dritte 34
So MünchKommAktG-Oechsler, § 71a Rn. 3 ff. § 71a Abs. 1 AktG ist ein offener Tatbestand mit Regelbeispielen, MünchKommAktG-Oechsler, § 71a Rn. 19 mwN. 36 Vgl. Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 71a Rn. 2. Verbotsausnahmen sind in § 71a Abs. 1 Satz 2 AktG normiert. 37 Vgl. MünchKommAktG-Oechsler, § 71a Rn. 12, wonach es ein Fall des § 71a Abs. 2 AktG ist, wenn dem Dritten ein erkennbares Eigeninteresse an der Verwaltung der erworbenen Aktien fehlt. 38 Kniehase, S. 182 (Fn. 108); in diesem Sinne auch Schroeder, S. 155. 39 Vgl. MünchKommAktG-Oechsler, § 71a Rn. 12, der betont, dass die AG auch bei § 71a Abs. 1 AktG ein erhebliches Ausfallrisiko trägt, wenn der Erwerb scheitert, weil dann der Erwerber womöglich in Vermögensverfall gerät und die gegen ihn gerichtete Rückzahlungsforderung der AG gefährdet ist. 40 Vgl. auch Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71a Rn. 13; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 71a Rn. 2. 41 Manchmal besteht von vornherein kein Rückzahlungsanspruch der AG, namentlich bei verlorenen Zuschüssen. Ob diese aber überhaupt § 71a Abs. 1 AktG unterfallen, ist umstritten, zutreffend dafür MünchKommAktG-Oechsler, § 71a Rn. 21 mwN zum Streitstand. 35
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
insgesamt in Vermögensverfall gerät und so die Rückzahlungsansprüche der AG nicht mehr bedienen kann.42 Für die hier vertretene Auffassung streitet schlussendlich ein speziell den ADS-Erwerbvorgang betreffendes Argument. Es dürfte allgemeiner Meinung entsprechen, dass der ADS-Erwerb sich nicht außerhalb des Regelungskomplexes der §§ 71d, 71 AktG vollzieht. Denn am Ende hält die AG eine treugeberähnliche Rechtsposition an eigenen Aktien einschließlich des vollständigen Kursrisikos. Die Situation unterscheidet sich vom klassischen Fall des § 71d Satz 1 AktG nur darin, dass der AG die umfassende wirtschaftliche Verfügungsgewalt über die Aktien nicht von der Person gemittelt wird, von der sie das Kursrisiko der Aktien übernommen hat. Lehnte man nun aber die Anwendbarkeit von § 71d Satz 1 AktG in der Rechtsbeziehung der AG zum veräußernden ADS-Inhaber ab, verbliebe nur noch die Möglichkeit, § 71d Satz 1 AktG im Verhältnis der AG zur Depotbank (entsprechend43) anzuwenden. Dies würde aber nachhaltigen Bedenken begegnen. Probleme treten auf, wenn im Zeitpunkt der Umschreibung der ADSs auf die AG die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG erfüllt sind. Da die Rechtsbeziehung der AG zum Veräußerer außerhalb der §§ 71 ff. AktG läge, wäre die entsprechende Anwendung von § 57 AktG infolge der Zahlungspflicht der AG gegenüber einem wirtschaftlichem Aktionär weder, wie vereinzelt vertreten, aufgrund Spezialität der §§ 71, 71d AktG ausgeschlossen noch wäre die Zahlung dem Grunde nach gemäß § 57 Abs. 1 Satz 2 AktG entsprechend legitimiert. Der ADS-Erwerbsvertrag wäre demnach zunächst gemäß § 134 BGB nichtig oder zumindest, nach der Wertausgleichslösung44, die Zahlungspflicht der AG gehemmt. Merkwürdige Konsequenz wäre, dass die Parteien erst einen nichtigen oder zumindest einseitig gehemmten Vertrag durchführen müssten, damit dieser mit der Umschreibung der ADSs auf die AG rückwirkend(?) seine volle Rechtswirkung entfaltet. Zudem würden die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG, die im Verhältnis der AG zur Depotbank vorliegen müssten, Rechtswirkung in einem ganz anderen Rechtsverhältnis entfalten, nämlich in dem der AG zum Veräußerer. Diese rechtskonstruktiv höchst fragwürdige Vermengung der Rechtsverhältnisse zeigt sich noch deutlicher, wenn im Zeitpunkt der ADS-Umschreibung die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG im Verhältnis der AG zur Depotbank nicht vorliegen: Sind die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG nicht erfüllt, ist das Rechtsgeschäft gemäß § 71a Abs. 2 AktG nichtig. Nach der Normsystematik kann damit aber nur die Rechtsbeziehung der AG zur Depotbank ge-
42 Die AG trägt zwar auch im Fall der §§ 71a Abs. 2, 71d Satz 1 AktG das Insolvenzrisiko des Dritten. Dort ist es aber dem Kursrisiko der Aktien nur nachgeschaltet, weil dessen Realisierung voraussetzt, dass sich das Kursrisiko zugunsten der AG entwickelt hat und dieser infolgedessen überhaupt ein Anspruch gegen den Dritten zusteht. 43 So Röhler, S. 301. 44 Zum Streit über die Rechtsfolge des § 57 AktG 3. Teil C. II. 4. b) bb).
A. Derivativer ADS-Erwerb der AG
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meint sein. Das Regelungsziel der §§ 71, 71d AktG – der Schutz der Kapitalgrundlage der AG – wäre damit freilich verfehlt. Die nach dem telos relevante Zahlungspflicht der AG ist im Verhältnis zum ADS-Inhaber begründet. Der einzige Ausweg bestünde darin, den Tatbestand des § 71d Satz 1 AktG im Verhältnis der AG zur Depotbank anzuwenden, die Rechtsfolgen aber auf das Verhältnis zum ADS-Inhaber zu erstrecken.45 Dies ist aus hiesiger Sicht nicht nur rechtskonstruktiv unhaltbar, sondern auch nicht nötig. (c) Ergebnisse für den vorliegenden Fall Der entgeltliche ADS-Erwerbsvertrag zwischen der AG und dem veräußernden ADS-Inhaber ist als Rechnungsvertrag im Sinne des § 71d Satz 1 AktG zu qualifizieren. Es genügt, dass die AG mit der Verpflichtung zur Zahlung eines Erwerbspreises für die ADSs (sofort) das wirtschaftliche Risiko der „eigenen“ ADSs und der unterlegten eigenen Aktien rechtlich bindend übernimmt und es so allein zu ihren Lasten und Gunsten geht, wenn der bei der Veräußerung der „eigenen“ ADSs/Aktien erzielbare Erlös unter/über dem von ihr gezahlten Erwerbspreis liegt. Ein Rechnungsvertrag liegt selbst insoweit vor, als ADSs Vertragsgegenstand sind, die keine ganze hinterlegte Aktie, sondern nur Bruchteile einer solchen Aktie repräsentieren (Bruchteil-ADSs). Für einen Rechnungsvertrag ist nicht erforderlich, dass die AG das wirtschaftliche Risiko der Aktien vollständig übernimmt.46 Auch ein entgeltlicher Erwerbsvertrag, bei dem pre-release ADSs Vertragsgegenstand sind, ist ein Rechnungsverhältnis im Sinne des § 71d Satz 1 AktG, weil die AG auch in diesem Sonderfall mit dem Vertragsschluss das wirtschaftliche Risiko der ADSs und der für diese ADSs unbedingt und unverzüglich47 zu hinterlegenden Aktien rechtlich bindend übernimmt. bb) Rechtsfolgen Schließt die AG mit einem ADS-Inhaber einen Erwerbsvertrag über „eigene“ ADSs ab, müssen gemäß § 71d Satz 1 Alt. 2 AktG die Voraussetzungen des § 71 45 Röhler, S. 304 verfährt in diesem Sinn, lässt aber zugleich Zweifel an dieser Lösung erkennen: „Hingegen ist bei Überschreiten der Schranken aus § 71 Abs. 1 und Abs. 2 AktG die Nichtigkeitsfolge nicht, wie es vielleicht entsprechend dem gesetzlich geregelten Fall der mittelbaren Stellvertretung zu erwarten wäre, auf die Übertragung der Treugeberrechte aus dem Geschäftsbesorgungsverhältnis zu beziehen, sondern auf das Verpflichtungsgeschäft zwischen Gesellschaft und dem verkaufenden holder über den Erwerb der ADSs . . .“. 46 Allg. Meinung, siehe nur Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71d Rn. 6. 47 Siehe 2. Teil A. II.
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
Abs. 1 Nr. 1 bis 5, 7 und 8 und Abs. 2 AktG vorliegen.48 Die Anforderungen, die sich daraus im Einzelnen ergeben, sind nun unter Differenzierung zwischen § 71 Abs. 1 AktG [(1)] und § 71 Abs. 2 AktG [(2)] zu erläutern. Sind die Voraussetzungen nicht erfüllt, ist der ADS-Erwerbsvertrag nichtig [(3)]. (1) Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 AktG Aufgrund der rechtlichen Gleichstellung von „eigenen“ ADSs mit eigenen Aktien darf die AG in den folgenden Konstellationen einen ADS-Erwerbsvertrag abschließen: – Der ADS-Erwerb ist notwendig, um von der Gesellschaft einen schweren, unmittelbar bevorstehenden Schaden abzuwenden (§ 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG). – Die AG erwirbt „eigene“ ADSs, um die durch diese ADSs repräsentierten Aktien Personen zum Erwerb anzubieten, die im Arbeitsverhältnis zu ihr oder einem mit ihr verbundenen Unternehmen stehen oder standen (§ 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG)49. Genauso darf die AG „eigene“ ADSs erwerben, um sie direkt – also ohne vorausgehenden Umtausch in eigene Aktien – anzubieten.50 – Die AG erwirbt, um mit den unterlegten Aktien Aktionäre nach §§ 305 Abs. 2, 320b AktG oder nach § 29 Abs. 1, § 125 Satz 1 iVm §§ 29 Abs. 1, 207 Abs. 1 Satz 1 UmwG abzufinden (§ 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG). Ein Erwerb zur Abfindung unmittelbar mit ADSs ist ebenso zulässig, setzt jedoch voraus, dass die ADSs bezüglich der jeweiligen Abfindungspflicht erfüllungstauglich sind. – Die AG, die selbst ein Kreditinstitut ist51, kauft „eigene“ ADSs zur Ausführung einer Einkaufskommission über eigene Aktien oder „eigene“ ADSs52 (§ 71 Abs. 1 Nr. 4 Alt. 2 AktG).53 48 § 71 Abs. 1 Nr. 6 AktG ist trotz Erwähnung in § 71a Abs. 2 AktG nicht anwendbar. § 71d Satz 1 AktG ist die speziellere Regelung, u. a. MünchKommAktG-Oechsler, § 71d Rn. 5, § 71a Rn. 51; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71d Rn. 8, § 71a Rn. 62; Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71d Rn. 5; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 71d Rn. 7; AnwKAktienR-Block, § 71d Rn. 5, 19; Hüffer, AktG, § 71d Rn. 3; aA G/H/E/K-Hefermehl/Bungeroth, § 71d Rn. 72 (Redaktionsversehen). 49 Dabei wäre es im Hinblick auf §§ 71d Satz 1, 71 AktG unerheblich, wenn der marktkonforme Erwerbspreis der ADSs über dem Marktpreis der Aktien läge. § 71 AktG enthält keine Vorgaben hinsichtlich der zulässigen Erwerbspreishöhe, sondern beschränkt sich darauf, den Erwerbszweck dem Grunde nach für zulässig zu erklären (vgl. nur Johannsen-Roth, S. 75). Anderes kann dagegen mit Blick auf § 53a AktG gelten, dazu sogleich unten 4. Teil A. I. 3. 50 Unter teleologischen Aspekten – dem Schutz der Kapitalgrundlage der AG – fällt es nicht ins Gewicht, ob der (ehemalige) Arbeitnehmer direkt Aktien oder an Aktien in Gestalt von ADSs nur eine treugeberähnliche Rechtsposition erwirbt, die er sodann selbst in Aktieneigentum umwandeln kann. 51 Vgl. Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71d Rn. 5; AnwKAktienR-Block, § 71d Rn. 9; MüHdbAG-Wiesner, § 15 Rn. 26; KölnKommAktG-Lutter, § 71d Rn. 65;
A. Derivativer ADS-Erwerb der AG
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– Die AG erhält die „eigenen“ ADSs unentgeltlich. Die Zulässigkeit des unentgeltlichen Erwerbs folgt jedoch nicht erst aus der Verweisung in § 71d Satz 1 AktG auf § 71 Abs. 1 Nr. 4 Alt. 1 AktG, sondern schon daraus, dass im Falle eines unentgeltlichen Erwerbs die Vorschrift des § 71d Satz 1 AktG überhaupt nicht anwendbar ist. Denn die Übernahme einer finanziellen Belastung durch die AG ist zwingende Voraussetzung eines Rechungsvertrags im Sinne des § 71d Satz 1 AktG.54 – Dass die AG zum Erwerb „eigener“ ADSs im Wege der Gesamtrechtsnachfolge berechtigt ist (§ 71 Abs. 1 Nr. 5 AktG), ist hier, da der rechtsgeschäftliche ADS-Erwerb in Rede steht, nicht von Bedeutung. – Die AG stützt den Erwerb „eigener“ ADSs auf einen Ermächtigungsbeschluss der Hauptversammlung zum Erwerb eigener Aktien (§ 71 Abs. 1 Nr. 7, 8 AktG). Im Fall von Nummer 7 muss die AG ein Kredit-, Finanzdienstleistungsinstitut oder ein Finanzunternehmen sein. Nicht erforderlich ist, dass der Beschluss ausdrücklich zum Erwerb „eigener“ ADSs ermächtigt.55 Ein solcher Erwerb darf nur nicht expressis verbis ausgeschlossen sein.56 Der ADS-Erwerb muss sich jedoch innerhalb der Grenzen des Ermächtigungsbeschlusses bewegen. Insbesondere müssen etwaige dort festgesetzte Zweckvorgaben und der dort festgelegte Preisrahmen, der das Ermessen des Vorstands beschränkt, eingehalten werden. Eines zusätzlichen Sonderbeschlusses gemäß § 138 AktG bedarf es selbst dann nicht, wenn die den „eigenen“ ADSs zugrunde liegenden eigenen Aktien aufgrund einer mit dem Ermächtigungsbeschluss verbundenen
weitergehend MünchKommAktG-Oechsler, § 71d Rn. 39; aA Hüffer, AktG, § 71d Rn. 3 (Dritter als Kreditinstitut). 52 Mit § 71 Abs. 1 Nr. 4 Alt. 2 AktG soll der bloße Durchgangserwerb eigener Aktien durch die AG legalisiert werden (MünchKommAktG-Oechsler, § 71d Rn. 39). Diesbezüglich ist es aber kein rechtlich beachtlicher Unterschied, ob der Kommitent von der AG eigene Aktien oder nur eine treugeberähnliche Rechtsposition hieran erwirbt. Entscheidend ist allein der reine Durchgangserwerb der AG. 53 Es wäre dabei mit Blick auf §§ 71d, 71 AktG wiederum unbeachtlich, wenn der ADS-Erwerbspreis über dem Marktpreis der Aktien läge. 54 Vgl. etwa Vedder, S. 93 f.; Benckendorff, S. 260; Röhler, S. 301. Konsequenz ist dann freilich, dass § 71 Abs. 2 Satz 3 AktG und § 71d Satz 3 ff. AktG nur entsprechend anwendbar sind. 55 Deshalb ist § 71 Abs. 3 Satz 3 AktG, der nur für börsennotierte AGs gilt (MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 337; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 23a; Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71 Rn. 85; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rn. 230) im Rahmen von § 71d Satz 1 AktG ohne eigenständige Bedeutung. 56 Insofern kann nichts anderes gelten als in anderen Fällen des § 71d Satz 1, 2 AktG, bei denen zwar stets ein Ermächtigungsbeschluss der (Mutter-)AG vorliegen muss (AnwKAktienR-Block, § 71d Rn. 11 f., 29 f.; MünchKommAktG-Oechsler, § 71d Rn. 43), dieser aber nicht ausdrücklich die Möglichkeit des Erwerbs durch einen Dritten oder ein Tochterunternehmen vorsehen muss (Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 71d Rn. 7; AnwKAktienR-Block, § 71d Rn. 11 f., 29 f.).
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
Vorstandsermächtigung nach Satz 6 ohne weiteren Hauptversammlungsbeschluss gemäß § 237 Abs. 3 AktG eingezogen werden sollen.57 (2) Voraussetzungen des § 71 Abs. 2 AktG In den Erwerbsfällen des § 71 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 7 und 8 AktG ist gemäß §§ 71d Satz 1, 71 Abs. 2 Satz 1 AktG darauf zu achten, dass durch die eigenen Aktien, die den erwerbsgegenständlichen ADSs zugrunde liegen, die dort normierte 10 %-Grenze nicht überschritten wird.58 Die AG muss ferner gemäß §§ 71d Satz 1, 71 Abs. 2 Satz 2 AktG darauf achten, dass im Moment des Abschlusses des ADS-Erwerbsvertrags59 die nach § 272 Abs. 4 HGB vorgeschriebene Rücklage aus freien Mitteln der AG gebildet werden könnte. Die Vorschrift stellt sicher, dass der Erwerb nur aus ausschüttungsfähigem Kapital der AG finanziert wird. Anzusetzen sind damit die Anschaffungskosten der AG für die ADSs.60 Ein echter Zwischenabschluss ist nicht erforderlich. Ob die Rücklage später tatsächlich in ähnlicher Weise im Jahresabschluss gebildet werden kann, ist unerheblich.61 Nach §§ 71d Satz 1, 71 Abs. 2 Satz 3 AktG muss in den Erwerbsfällen des § 71 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 7 und 8 AktG auf die Aktien, die den erwerbsgegenständlichen ADSs zugrunde liegen, der Ausgabebetrag voll geleistet sein. Die Vorschrift des § 71 Abs. 2 Satz 3 AktG dient der Kapitalaufbringung der AG, indem sie verhindert, dass beim Aktiendirekterwerb der AG noch offene Einlagenpflichten wegen Personenidentität von Schuldner und Gläubiger durch Konfusion untergehen.62 Vorliegend ist die effektive Kapitalaufbringung immerhin mittelbar in der Weise gefährdet, dass die AG – wenn sie den (Register-)Aktionär überhaupt 57 Selbst bei mehreren Aktiengattungen ist ein Sonderbeschluss nicht notwendig, wenn der Vorstand zum Erwerb und zur Einziehung von eigenen Aktien einer bestimmten Gattung ermächtigt wird. Insbesondere § 222 Abs. 2 AktG gilt nicht entsprechend (MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 280; Hillebrandt/Schremper, BB 2001, 533, 536; wohl aA Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19n [Sonderbeschluss wegen § 222 Abs. 2 AktG „empfehlenswert“]). Die Fälle erforderlicher Sondervoten sind im Gesetz abschließend aufgeführt (Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 138 Rn. 4). Zudem führt die Einziehung der der AG freiwillig zur Verfügung gestellten Aktien zu keiner mit einer Kapitalherabsetzung gemäß § 222 AktG vergleichbaren nominalen Anteilsbeeinträchtigung. 58 Zur rechtspolitischen Kritik an der 10 %-Grenze Oechsler, ZHR 170 (2006), 72, 73 ff. Zu der Frage, inwieweit die Aktien, die den von der AG bereits gehaltenen „eigenen“ ADSs zugrunde liegen, zum Altbestand der AG im Sinne des § 71 Abs. 2 Satz 1 AktG zählen, unten 4. Teil E. I. 59 Vgl. MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 320, wonach der Erwerbszeitpunkt im Sinne des § 71 AktG der maßgebliche Stichtag ist. 60 Vgl. zum Aktiendirekterwerb MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 319. 61 Vgl. zum Aktiendirekterwerb MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 320; KölnKommAktG-Lutter, § 71 Rn. 57. 62 Siehe nur MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 326.
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in Anspruch nimmt – Regressforderungen der Depotbank gegen sich als ADSInhaberin fürchten muss. (3) Nichtvorliegen der Voraussetzungen Liegen bei Abschluss des ADS-Erwerbsvertrags zwischen der AG und dem veräußernden ADS-Inhaber die gemäß § 71d Satz 1 AktG zu beachtenden Voraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG nicht vor, ist der Vertrag gemäß § 71a Abs. 2 AktG nichtig.63 Der AG steht dann kein ADS-Verschaffungsanspruch zu, dem Veräußerer kein Erwerbspreiszahlungsanspruch. Bereits erbrachte Leistungen sind zurückzugewähren. Insbesondere wäre auch eine bereits erfolgte Umschreibung der ADSs auf die AG wieder rückgängig zu machen. Die Rechte aus den Aktien, die den fraglichen ADSs zugrunde liegen, ruhen gemäß § 71b AktG (entsprechend), bis die Parteien vom nichtigen Rechtsgeschäft Abstand genommen haben und die ADSs sich wieder in Händen des Veräußerers befinden, wenn man mit der zutreffenden Ansicht64 davon ausgeht, dass § 71b AktG auch bei einem nichtigen Rechtsverhältnis anwendbar sein kann. 2. Erwerbspreiskontrolle nach § 57 AktG Ein für die „eigenen“ ADSs vereinbarter Erwerbspreis muss einer Kontrolle anhand von § 57 AktG standhalten. a) Anwendbarkeit von § 57 AktG Der Anwendungsbereich des Leistungsverbots nach § 57 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 AktG entsprechend ist eröffnet, wenn die AG sich gegenüber dem ADS-Inhaber zur Zahlung eines Erwerbspreises für die ADSs verpflichtet.65 Es ist damit die 63 Vgl. u. a. Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71d Rn. 9; MünchKommAktG-Oechsler, § 71d Rn. 4; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 71d Rn. 9; AnwKAktienR-Block, § 71d Rn. 17; Hüffer, AktG, § 71d Rn. 9; im Ergebnis auch Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71d Rn. 23. 64 U. a. MünchKommAktG-Oechsler, § 71d Rn. 15; Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71d Rn. 9; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 71d Rn. 9, 18; KölnKommAktG-Lutter, § 71d Rn. 63, 66; Hüffer, AktG, § 71d Rn. 10; aA G/H/E/K-Hefermehl/ Bungeroth, § 71d Rn. 82 f.; AnwKAktienR-Block, § 71d Rn. 18; Cahn, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 71d Rn. 30. 65 Vgl. MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 66, wonach beim Aktiendirekterwerb der AG die Zahlung eines Kaufpreises an den Aktionär eine verbotene Ausschüttung außerhalb der Verteilung des Bilanzgewinns bedeutet. Vgl. ferner zur Tatbestandsmäßigkeit der Erwerbspreiszahlung gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG u. a. Begr. RegE § 71 AktG 1965 bei Kropff, S. 90; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 1; Westermann, in: Bürgers/Körber, AktG, § 57 Rn. 27; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rn. 45; AnwKAktienR-Block, § 71 Rn. 3; KölnKommAktG-Lutter, § 71 Rn. 10; GHEK-Hefermehl/Bungeroth, § 57
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
Grundlage für eine Zuwendung der AG an einen wirtschaftlichen Aktionär außerhalb des förmlichen Gewinnverteilungsverfahrens gelegt, deren causa ganz offensichtlich allein die dem ADS-Inhaber gemittelte Aktie ist und der auch im Übrigen keine objektiv gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht.66 Dabei bleibt es auch, wenn die Depotbank bei hinterlegten Namensaktien nicht als deren Inhaber im Aktienregister der AG geführt wird. Entscheidend ist allein der Bezug der Zuwendung zur in Rede stehenden Aktie, so dass bei wirtschaftlicher Sichtweise eine Zuteilung auf diese Aktie vorliegt. § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG ist so auch dann entsprechend anwendbar, wenn die AG im Sonderfall von pre-release ADSs einen Erwerbspreis entrichtet. Denn die nach depotvertraglicher Maßgabe für die ADSs des Veräußerers bereits vorbestimmten Aktien sind letztlich die causa dieser AG-Zahlung. Abgelehnt ist damit eine bislang vereinzelt gebliebene Ansicht, nach der die §§ 71 ff. AktG nicht nur ein gegenüber § 57 AktG eigenständiger Regelungskomplex sind, sondern auch ein abschließender in dem Sinne, dass für die Anwendung von § 57 AktG und so für eine Erwerbspreiskontrolle kein Raum bleibt67. Zur Begründung wird im Wesentlichen angeführt: Der Tatbestand des § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG sei bei der Kaufpreiszahlung im Rahmen des zulässigen Erwerbs eigener Aktien in keinem Fall erfüllt. Von einer Einlagenrückgewähr könne keine Rede sein, da durch die Regelung des § 71 Abs. 2 Satz 2 AktG sichergestellt sei, dass das Rückkaufentgelt nicht zu Lasten des Eigenkapitals gehe, sondern immer nur zu Lasten des freien, ausschüttungsfähigen AG-Vermögens. Unter dem Gesichtspunkt der Kapitalerhaltung zum Schutze der AG-Gläubiger könne es daher nicht auf die Höhe des Entgelts ankommen. In der Sache gehe es um eine mit einer Dividendenausschüttung vergleichbare Ausschüttung an Aktionäre. Die Höhe des Rückkaufentgelts sei so eine reine Angelegenheit der Aktionäre, da die AG den veräußernden Aktionären einen Vorteil zu Lasten der verbleibenden Aktionäre zuwende, wenn sie die Aktien zu teuer zurückkaufe. Zum Schutz der Aktionäre genüge es aber, wenn alle Aktionäre die gleiche Möglichkeit hätten, ihre Aktien an die AG zurückzuveräußern.
Rn. 36; Lüken, S. 131 f., 171; Hirsch, S. 112; Bednarz, S. 69 ff.; Johannsen-Roth, S. 75; Saria, NZG 2000, 458; Piepenburg, BB 1996, 2582. 66 Vgl. Bezzenberger, Eigene Aktien, S. 47 f. (eigene Aktien als „ein für die Gesellschaft in Wahrheit wertloses Aktivum“; Bednarz, S. 76 f. (fehlende Krisenfestigkeit eigener Aktien und Gefahr des „Doppelschadens“); Seidler, S. 26 ff. aA Bosse, S. 69 (unter Berufung auf handels- und steuerrechtliche Vorschriften). 67 So Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71 Rn. 8; ders., Eigene Aktien, Rz. 44 ff., 67; mit ähnlicher Tendenz bereits zuvor Huber, in: FS Kropff, 101, 114 f.; Hillebrandt/Schremper, BB 2001, 533, 536. Kritik bei Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rn. 45 und Bednarz, S. 68 ff. Zum streitigen systematischen Verhältnis von § 71 AktG (Ausnahmevorschrift zu § 57 AktG mit Gestattungsfunktion oder eigenständiger Regelungskomplex mit/ohne verdrängender Funktion gegenüber § 57 AktG) bereits 4. Teil A. I. 1. b) aa) (1).
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Aus folgenden Gründen ist die noch immer herrschende Gegenauffassung68, wonach § 57 AktG auch beim zulässigen Erwerb eigener Aktien gilt, selbst dann vorzugswürdig, wenn man § 71 AktG gesetzessystematisch als eine gegenüber § 57 AktG eigenständige Regelung begreift:69 Den Vorschriften der §§ 71 ff. AktG liegen die EG-Rahmenvorgaben der Art. 19 f. EG-KapitalRiLi 1976 zugrunde. Vor diesem Hintergrund ist es merkwürdig, der AG letztlich unter Berufung auf §§ 71 ff. AktG Erwerbspreiszahlungen zu gestatten, die weit über den aktuellen Handelspreisen liegen. Ausweislich der Erwägungsgründe soll mit Art. 19 f. EG-KapitalRiLi 1976 nämlich eine Schmälerung der Kapitalgrundlage der Gesellschaft im Zusammenhang mit (mittelbarem) Aktienerwerb gerade verhindert und nicht auch noch gefördert werden, wenn auch zugegebenermaßen zum Schutz der Gesellschaftsgläubiger.70 Ohne Erwerbspreiskontrolle ist zudem der Schutz der Aktionäre in nicht gerechtfertigter Weise verkürzt:71 § 57 AktG dient nicht nur dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger, sondern auch dem Schutz der Aktionäre.72 Es geht insoweit aber nicht nur um vermögensmäßige Chancengleichheit, sondern im Grundsatz – unbeschadet der Möglichkeit des Dividendenverzichts durch ausdrückliche Erklärung73 – um tatsächliche vermögensmäßige Gleichheit. Übertragen auf den Erwerb eigener Aktien kann dies aber nur bedeuten, dass gleiche Andienungschancen aller Aktionäre dem Regelungsziel des § 57 AktG nicht gerecht werden. Erforderlich ist vielmehr, dass der veräußernde Aktionär tatsächlich für seine Aktien nicht mehr von der AG erhält als objektiv geboten. Auch im Übrigen vermag es nicht zu überzeugen, dass die veräußernden Aktionäre zu Lasten der verbleibenden Aktionäre von der AG theoretisch ein Vielfaches von dem erlangen könnten, was ihre Leistung an die AG – die Verschaffung der eigenen Aktien – nach den Marktverhältnissen tatsächlich 68 U. a. MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 69, 225; MünchKommAktG-Bayer, § 57 Rn. 76, 117; Hüffer, AktG, § 57 Rn. 20; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rn. 45; AnwKAktienR-Drinhausen, § 57 Rn. 28; Raiser/Veil, KapGesR, § 19 Rn. 15; Westermann, in: Bürgers/Körber, AktG, § 57 Rn. 27; GroßkommAktG-Henze, § 57 Rn. 65, 183; KölnKommAktG-Lutter, § 57 Rn. 33; G/H/E/K-Hefermehl/Bungeroth, § 57 Rn. 38; Bednarz, S. 68 ff., 83; Hirsch, S. 113; Benckendorff, S. 87; Lüken, S. 92; Johannsen-Roth, S. 75 f.; Baum, ZHR 167 (2003), 580, 593; Kiem, ZIP 2000, 209, 211; Kessler/Suchan, BB 2000, 2529, 2530; Saria, NZG 2000, 458, 459, 462; Peltzer, WM 1998, 322, 329. 69 Sieht man § 71 AktG als Ausnahme zu § 57 AktG, ist die Geltung von § 57 AktG schon unproblematisch, weil § 71 AktG gerade die Eröffnung des Anwendungsbereichs von § 57 AktG voraussetzt. 70 Vgl. auch Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rn. 45, wonach die 10 %-Grenzen von § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 AktG nicht zuletzt dazu dienten, übermäßig große Investitionen in eigene Aktien zu unterbinden, dieser Zweck aber gerade vereitelt würde, wenn die AG ungehindert theoretisch alle ausschüttungsfähigen Reserven für den Erwerb eines sehr geringen Prozentsatzes an eigenen Aktien verwenden könnte. 71 In diese Richtung auch Bednarz, S. 73. 72 Oben 3. Teil C. II. 4. b) aa). 73 Zum Dividendenverzicht etwa Hüffer, AktG, § 60 Rn. 11 mwN.
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
wert ist. Unbillige Ergebnisse sind – trotz formaler Chancengleichheit – vorprogrammiert. Problematisch ist schließlich der ohne Preiskontrolle eröffnete Einfluss des Vorstands auf die Beteiligungsstruktur der AG. Dieser kann durch deutlich überhöhte Erwerbsangebote unnatürlich großen Verkaufsdruck bei den Aktionären erzeugen, ohne dass sich für diese immer sogleich die Gelegenheit ergeben muss, am freien Markt entsprechende Aktienpakete wieder nachzukaufen. Es erscheint demnach als die weit überlegene Lösung, die AG, die über den objektiv erforderlichen Erwerbspreis hinausgehende Ausschüttungen an ihre Aktionäre vornehmen will, auf das förmliche Gewinnverteilungsverfahren zu verweisen. Dort ist tatsächliche vermögensmäßige Gleichbehandlung im Rahmen der gesetzlichen/statutarischen Verteilungsmaßstäbe gewährleistet. Der Aktionär muss dabei nicht von sich aus aktiv werden. Der (mehr oder weniger freiwillige) Verlust der Gesellschafterstellung wird nicht erforderlich. b) Kriterien der Preiskontrolle Da also bei einer Erwerbspreiszahlung der AG für die ADSs der Anwendungsbereich von § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG entsprechend eröffnet ist und die Erlaubniswirkung des Satzes 2 sich nur auf den Erwerbsanlass und nicht auch auf die Preisgestaltung bezieht74, hat eine Erwerbspreiskontrolle zu erfolgen. Beim Aktiendirekterwerb lautet die maßgebliche Frage, zu welchem Preis ein Dritter anstelle der AG die Aktien von dem jeweiligen Aktionär erworben hätte (sog. umgekehrter Drittvergleich).75 Leitlinie ist damit bei börsennotierten Aktien der jeweils aktuelle, unter regulären Bedingungen gebildete Börsenpreis, auch wenn dieser gerade nicht den „wirklichen“ Wert der Aktien und damit des 74 Hüffer, AktG, § 57 Rn. 20. Vgl. auch etwa MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 69 und Joost, ZHR 149 (1985), 419, 431, wonach die §§ 71 ff. AktG nur den Erwerb der Aktien regeln, ohne eine Regelung darüber zu treffen, welchen Kaufpreis die AG vereinbaren muss. 75 So zutreffend Bednarz, S. 176 f. Die beim direkten Drittvergleich maßgebliche, für den Aktienerwerb der AG aber untaugliche Kontrollfrage lautet, ob die AG das Rechtsgeschäft zu denselben Konditionen auch mit einem gesellschaftsfremden Dritten abgeschlossen hätte. Denn der AG ist es erlaubt, mit Aktionären drittgleiche Geschäfte zu tätigen, bei denen die Leistungsgegenstände zu marktüblichen Bedingungen ausgetauscht werden („at arm’s length“; ausführlicher hierzu etwa GroßkommAktG-Henze, § 57 Rn. 35). Hintergrund dieser teleologischen Reduktion des Anwendungsbereichs von § 57 AktG ist, dass in einem solchen Fall das Regelungsziel des § 57 AktG, die Bindung des AG-Vermögens, nicht berührt ist. Durch die Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung ist gerade sichergestellt, dass im Gesellschaftsvermögen rechnerisch keine Minderung eintritt (zu der von § 57 AktG bezweckten rechnerischen – im Gegensatz zur gegenständlichen – Kapitalerhaltung GroßkommAktG-Henze, § 57 Rn. 5; Kniehase, S. 169; Joost, ZHR 149 (1989), 419, 420). Zugleich steht fest, dass causa der AGZuwendung nicht mitgliedschaftliche Rechtspositionen des Empfängers, sondern die Gesetzmäßigkeiten des freien Marktes sind, die für die beanspruchte Leistung eine entsprechende Gegenleistung verlangen.
A. Derivativer ADS-Erwerb der AG
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Unternehmens widerspiegelt. Bei nicht-börsennotierten Aktien kommt es auf den an einem anderen Markt gebildeten Preis beziehungsweise hilfsweise auf den nach wirtschaftswissenschaftlichen Grundsätzen ermittelten „richtigen“ Marktpreis an.76 Für die „eigenen“ ADSs folgt daraus: Bei Börsennotierung der ADSs ist der jeweils aktuelle Börsenpreis der angemessene Erwerbspreis, sofern dieser nicht unter irregulären Handelsbedingungen zustande kam. Der aktuelle Börsenpreis der unterlegten Aktien ist dagegen nicht maßgeblich, da Kaufgegenstand ADSs und eben nicht Aktien sind.77 Bei nicht-börsennotierten ADSs ist der an einem anderen Markt (zum Beispiel over-the-counter market) unter regulären Bedingungen ermittelte aktuelle Referenzwert maßgeblich beziehungsweise, wenn auch dies ausscheidet, der nach wirtschaftswissenschaftlichen Grundsätzen ermittelte „richtige“ innere Wert. Ein erster Richtwert dürfte dann aber auch der aktuelle Handelswert der Aktien der AG sein. Über den sonach festgestellten Marktwert der ADSs hinausgehende „Erwerbsprämien“ und „Paketzuschläge“ im Rahmen eines öffentlichen Erwerbsangebots oder eines negotiated repurchase sind entsprechend den für den Aktiendirekterwerb geltenden Grundsätzen zulässig. Als Grundlinie lässt sich dort festhalten, dass die genannten Zuschläge nicht per se nach § 57 AktG unzulässig sind. Für die Zulässigkeit der Erwerbsprämie spricht insbesondere, dass sich der Börsenpreis als Index eines anonymisierten Marktes nicht auf den Preis für öffentliche Rückkaufangebote übertragen lässt, bei denen die AG aus der Anonymität des Marktes gerade heraustritt und Faktoren wie die Menge der zu erwerbenden Stücke und der dafür vorgesehene Zeitraum eine entscheidende Rolle spielen. Je größer die Menge und je kürzer der Zeitraum ausfallen, desto höher wird der Preis liegen.78 Dies gilt indes nicht schrankenlos. Der Erwerbspreis darf nicht völlig vom marktüblichen Preis abgekoppelt werden. Entscheidend ist vielmehr, ob dem überhöhten Kaufpreis ein erkennbarer Werterwerb durch die AG zugrunde liegt.79 Dementsprechend ist auch beim individuellen Erwerbsangebot ein „Paketzuschlag“ mit Blick auf § 57 AktG nicht zu beanstanden, soweit er für den Erwerb erforderlich ist.80 76
Lüken, S. 172 f.; Bednarz, S. 177; KölnKommAktG-Lutter, § 57 Rn. 17, 19. Zur Relevanz unterschiedlicher Handelspreise für ADSs und Aktien sogleich 4. Teil A. I. 3. 78 MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 70; ferner etwa Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rn. 46; Bednarz, S. 182 ff.; Bosse, S. 71; Bosse, NZG 2000, 16, 18; Saria, NZG 2000, 458 ff.; Lüken, S. 173 ff.; Hirsch, S. 115 f.; Benckendorff, S. 238; aA Martens, AG 1996, 337, 340 (Ablehnung des Tenderverfahrens gerade wegen möglicher Aufschläge). 79 MünchKommAktG-Oechsler § 71 Rn. 70; vgl. ferner Bednarz, S. 188 (Erwerbsprämie bis zu 10 Prozent des Referenzwerts); ebenso Lüken, S. 175 und Hirsch, S. 116; sehr großzügig Benckendorff, S. 238 (bis zu 30 Prozent). 80 MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 61; in diesem Sinn auch Benckendorff, S. 238 f.; Hirsch, S. 117; Lüken, S. 173 ff. 77
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
3. Gleichbehandlungsgrundsatz und Andienungsrechte Welche Vorgaben die AG aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG bei der Auswahl der Methode zu beachten hat, die zur Anbahnung des ADS-Erwerbsvertrags führen soll, ist nun zu beleuchten. Eingangs sind Grundlagen zu legen, die beim Aktiendirekterwerb gelten und auch beim ADS-Erwerb relevant werden [a)], ehe es um die Beschränkungen der AG geht, die „eigene“ ADSs über die Börse erwerben will [b)]. Denkbar ist mittlerweile neben dem Kauf der ADSs an einer US-amerikanischen Börse, insbesondere an der NYSE, auch deren Kauf an einer Börse außerhalb der USA, etwa an der Frankfurter Börse.81 Daneben ist zu untersuchen, was von der AG zu beachten ist, wenn sie „eigene“ ADSs über ein öffentliches Angebot oder im Wege eines individuellen Erwerbsangebots (negotiated repurchase) erwerben will [c), d)]. a) Grundlagen Ausweislich § 53a AktG sind die Aktionäre unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln. Nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 3 AktG ist § 53a AktG beim Erwerb eigener Aktien durch die AG unter Ausnutzung eines Ermächtigungsbeschlusses der Hauptversammlung anzuwenden. Dieser Verweis ist indes nur deklaratorisch.82 Auch beim Aktienerwerb unter Inanspruchnahme der anderen Erwerbstatbestände hat die AG dem Gleichbehandlungsgrundsatz Rechnung zu tragen.83 Nach verbreiteter, zutreffender Ansicht bildet der Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG nicht nur ein objektives Ordnungsprinzip. Beim Aktienerwerb der AG besteht vielmehr sogar ein auf dem Gleichbehandlungsgrundsatz basierender Andienungsanspruch des Aktionärs gegenüber der AG dergestalt, dass die AG von ihm so viele Aktien im Verhältnis zur nachgefragten Gesamtmenge abnimmt, wie sein Anteil im Verhältnis zum Grundkapital der AG ausmacht.84 Die81
Noch anders die Rechtslage bei Böckenhoff/Ross, WM 1993, 1825, 1829. Siehe nur Begr. RegE BT-Drucks. 13/9712, S. 13; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 71 Rn. 36; Hirsch, S. 105. 83 Leuering, AG 2007, 435, 436; MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 221; vgl. auch Art. 19 Abs. 1 EG-Kapital-ÄnderungsRiLi 2006 („Unbeschadet des Grundsatzes der Gleichbehandlung aller Aktionäre [. . .]“). 84 U. a. MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 223; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19k; AnwKAktienR-Block, § 71 Rn. 67; BeckHdbAG-Zätzsch/Maul, § 4 Rn. 162; Seidler, S. 235 f.; Bosse, S. 92 ff.; Oechsler, ZHR 170 (2006), 72, 86; Habersack, ZIP 2004, 1121, 1122 ff., 1125; Paefgen, ZIP 2002, 1509, 1510 f.; Bosse, NZG 2000, 16, 19 (§ 186 AktG analog); ders., AG 1999, 67, 68 f.; Peltzer, WM 1998, 322, 329 (Fn. 119); aA (kein Andienungsanspruch, teils aber ausdrückliche Bejahung der Möglichkeit zur Ausgabe von übertragbaren Veräußerungsrechten [transferable put rights]) Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71 Rn. 29 f.; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71 82
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ses mitgliedschaftliche Andienungsrecht existiert nicht nur beim Rückerwerb eigener Aktien auf Grundlage von § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG, sondern auch beim Rückerwerb nach den übrigen Tatbeständen des § 71 Abs. 1 AktG.85 Es entsteht grundsätzlich86 mit dem Beschluss des Vorstands, ein Aktienrückkaufprogramm außerhalb der Börse einzuleiten87, und ist nach §§ 413, 398 BGB übertragbar88. Der Nachweis des Andienungsrechts kann von der Vorlage von Dividendenscheinen abhängig gemacht werden.89 Das Andienungsrecht kann rechtswirksam ausgeschlossen werden.90 In formeller Hinsicht ist ein Beschluss der Hauptversammlung mit einfacher Stimmenmehrheit im Sinne des § 133 Abs. 1 AktG erforderlich91, ein zusätzlicher Sonderbeschluss gemäß § 138 AktG hingegen selbst dann nicht, wenn Andienungsrechte aus Aktien einer von mehreren Gattungen vollständig ausgeschlossen werden92. In materieller Hinsicht ist eine sachliche Rechtfertigung des Rechtsausschlusses notwendig.93 Ein Ausschluss von Andienungsrechten wird grundsätzlich erforderlich, wenn die AG im Wege eines negotiated repurchase nur von bestimmten Aktionären erwerben will. Bei einem an
Rn. 121; wohl auch Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 71 Rn. 38; Möller, S. 117 f.; Bezzenberger, Eigene Aktien, S. 119 f.; Lüken, S. 153 ff.; Benckendorff, S. 247 ff.; implizit Johannsen-Roth, S. 179 ff., Hirsch, S. 110 f. und Kiem, ZIP 2000, 209, 214; Baums, ZHR 167 (2003), 580, 590 ff.; Kindl, DStR 1999, 1276, 1279; Huber, in: FS Kropff, 103, 115 f.; Wastl, DB 1997, 461, 464 f.; von Rosen/Helm, AG 1996, 434, 439 f. (de lege ferenda). 85 MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 223. 86 Zu Ausnahmen MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 97 ff.; Hirsch, S. 181 f. 87 MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 223; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19k; Seidler, S. 236, 242; Paefgen, AG 1999, 67, 69; aA Habersack, ZIP 2004, 1121, 1126 (Existenz des Andienungsrechts auch bei börslichem Erwerb, allerdings rechtswirksamer Ausschluss schon durch die Entscheidung des Vorstands, über die Börse zu erwerben). 88 MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 223; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19k; Seidler, S. 236. 89 MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 223. 90 Zu den Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 250. 91 MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 224; Habersack, ZIP 2004, 1121, 1126; aA Paefgen, AG 1999, 67, 70; ders., ZIP 2002, 1509, 1511 (3/4-Mehrheit, § 186 Abs. 3 Satz 2 AktG analog); gegen Beschlusserfordernis Seidler, S. 237 f. 92 Es liegt kein Fall der im Gesetz abschließend (vgl. etwa Spindler, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 138 Rn. 4) aufgezählten Sondervoten vor. Namentlich § 141 Abs. 1 AktG gilt nicht, weil der Ausschluss von Andienungsrechten für einen bestimmten Erwerbsvorgang keine Satzungsänderung bedeutet und das Andienungsrecht kein Vorzugsrecht ist, sondern grundsätzlich aus allen Aktien gleichermaßen resultiert. Auch eine satzungsändernde Benachteiligung einer Gattung im Sinne des § 179 Abs. 3 AktG liegt nicht vor. Hierzu passt, dass selbst im Sonderfall eines Ermächtigungsbeschlusses mit einer Ermächtigung des Vorstands gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 6 AktG, eigene Aktien einer bestimmten Gattung zu erwerben und sogleich ohne weiteren Hauptversammlungsbeschluss gemäß § 237 Abs. 3 AktG einzuziehen, ein Sonderbeschluss nicht notwendig ist [siehe oben 4. Teil A. I. 1. b) bb) (1)]. 93 MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 224; Seidler, S. 237.
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
alle Aktionäre gerichteten öffentlichen Erwerbsangebot der AG werden die Andienungsrechte dagegen nach zutreffender Ansicht94 nicht beeinträchtigt, weil es dem Aktionär unbenommen bleibt, seine Andienungsrechte einem anderen Aktionär zur Verfügung zu stellen. Bei einem Preisspannenangebot (insbesondere Dutch Auction) reduziert sich das Andienungsrecht des Aktionärs auf den Anspruch, im Verhältnis zu gleich bietenden Gesellschaftern anteilsmäßig in Höhe der eigenen Beteiligungsquote an die AG zu veräußern.95 Im Wesentlichen streiten folgende Gründe für die Anerkennung mitgliedschaftlicher Andienungsrechte: Die Beschränkung des Gleichbehandlungsgebots auf die Forderung, dass ein Rückkaufangebot sich an alle Aktionäre richten muss, wird dessen Schutzzweck nicht voll gerecht. Genauso wie der Aktionär nicht gezwungen werden kann, an Kapitalerhöhungen teilzunehmen, um eine Wertaushöhlung seiner Anlage zu vermeiden, darf er auch nicht gezwungen werden, an einem Aktienrückkauf pro rata zu partizipieren, um einer Aushöhlung des Wertes seines Investments durch Zahlung überhöhter Rückkaufpreise an andere Aktionäre zu entgehen.96 Dem Aktionär muss es möglich sein, den wirtschaftlichen Wert des Andienungsrechts zu realisieren und dadurch die mit dem Rückkauf und einer Prämienausschüttung einhergehende Schmälerung des AGVermögens mittels eines Veräußerungsgeschäfts zu kompensieren, ohne seine Beteiligung preisgeben zu müssen.97 Dem Gleichbehandlungsgebot als reinem Ordnungsprinzip steht zudem in rechtssystematischer Hinsicht entgegen, dass das subjektive Recht das prägende Element der Zivilrechtsordnung bildet. § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 3 AktG bildet hiervon keine Ausnahme.98 b) ADS-Erwerb über die Börse Will die AG „eigene“ ADSs über die Börse erwerben, stellt sich die Frage, ob dadurch die Beeinträchtigung von mitgliedschaftlichen Andienungsrechten droht [aa)]. Soweit dies der Fall ist, müssen die betroffenen Andienungsrechte vor dem Börsenerwerb rechtswirksam ausgeschlossen werden [bb)]. aa) Auswirkung auf Andienungsrechte Der börsliche ADS-Erwerb der AG bringt in der Regel einen Eingriff in die Andienungsrechte aus Aktien mit sich, die nicht durch (pre-release) ADSs reprä94 MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 228; Seidler, S. 247 (Fn. 1272); aA Paefgen, ZIP 2002, 1509, 1512 (ohne Begründung). 95 MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 241; vgl. ferner Seidler, S. 249 f. 96 Paefgen, AG 1999, 67, 69; MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 223. 97 Habersack, ZIP 2004, 1121, 1125. 98 Zu den rechtssystematischen Erwägungen MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 223; Seidler, S. 235.
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sentiert werden [(1)]. Diese Rechtsbeeinträchtigung droht praktisch nur dann nicht, wenn Andienungsrechte im Einzelfall bereits von Gesetzes wegen nicht bestehen [(2)]. (1) Grundsatz: Beeinträchtigung von Andienungsrechten Aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz resultierende Andienungsrechte ergeben sich nicht unmittelbar aus § 53a AktG. Die dort normierte Gleichbehandlung der Aktionäre ist gewahrt, weil alle Aktionäre gleichermaßen vom Erwerbsvorgang ausgeschlossen sind. Allein die ADS-Inhaber haben die Gelegenheit, sich ihrer (mittelbaren) Gesellschafterstellung und damit dem Risiko ihrer Investition zu entledigen. Andienungsrechte ergeben sich jedoch aus der entsprechenden Anwendung von § 53a AktG. Denn bei den zahlenmäßig abstufbaren Rechten erschöpft sich, wie bereits ausgeführt99, das mit § 53a AktG verfolgte Regelungsziel nicht in der Gleichbehandlung der Aktionäre. Überschießendes Regelungsziel ist die Gleichbehandlung der Aktien, weil die zahlenmäßig abstufbaren Rechte unmittelbar den Aktien, nicht den dahinter stehenden Aktionären, zugeordnet sind, so dass auch nur diese Aktien der Maßstab sein können, wenn sich für die AG die Frage nach der Gleichbehandlung stellt. Zu diesen zahlenmäßig abstufbaren Rechten zählen auch die mitgliedschaftlichen Andienungsrechte. Der Andienungsanspruch des einzelnen Aktionärs besteht nach Maßgabe seiner Beteiligung am Grundkapital.100 Bei Überzeichnung eines öffentlichen Rückkaufangebots ist pro rata, also nach Maßgabe der Kapitalbeteiligung der Aktionäre, zuzuteilen.101 Eine Ungleichbehandlung der Aktien und im Grundsatz ein Eingriff in Andienungsrechte aus Aktien sind gegeben, wenn die AG über die Börse „eigene“ ADSs erwirbt. Es kommt zu einer Ungleichbehandlung der nicht durch ADSs repräsentierten Aktien mit den durch (pre-release) ADSs vertretenen Aktien: Die AG erwirbt „eigene“ ADSs, um letztlich die treugeberähnliche Rechtsposition an den eigenen Aktien zu erlangen. Nach den tatsächlichen Verhältnissen gewähren damit im Ergebnis die durch die ADSs vertretenen Aktien und die bei pre-release ADSs nach depotvertraglicher Maßgabe bereits für diese ADSs vorbestimmten Aktien gleichermaßen Andienungschancen, weil den ADSs im Rechtsverkehr nicht anzusehen ist, ob ihnen aktuell Aktien bereits zugrunde liegen oder nicht. Die „normalen“, nicht durch ADSs repräsentierten Aktien vermitteln solche
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3. Teil B. VI. 2. b) cc) (1). Siehe nur MünchKommAktG-Oechsler § 71 Rn. 223. 101 Siehe nur Begr. RegE BT-Drucks. 13/9712, 13; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19k; Seidler, S. 248; Leuering, AG 2007, 435, 437; Habersack, ZIP 2004, 1121, 1125; Kiem, ZIP 2000, 209, 213; aA Bezzenberger, Eigene Aktien, S. 117 f., der alternativ auch die Repartierung nach dem Umfang des Angebots zulässt. 100
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
Chancen hingegen von vornherein nicht, weil die AG am Direkterwerb eigener Aktien kein Interesse zeigt. Diese Ungleichbehandlung der Aktien ist auch, wie im Rahmen des (mittelbaren) Aktienerwerbs der AG maßgeblich102, formaler Natur, da sie am äußeren Erscheinungsbild – Repräsentation durch ADSs oder nicht – anknüpft.103 Dass ein Grund für die Anerkennung von Andienungsrechten ist, dass der Aktionär den wirtschaftlichen Wert dieses Rechts realisieren können muss, um eine mit dem Rückkauf verbundene „Prämien“-Ausschüttung der AG zu kompensieren104, spricht nicht gegen deren prinzipielle Anerkennung im vorliegenden Fall. Beim börslichen (ADS-)Erwerb droht zwar keine solche Prämienzahlung, weil dort der aktuelle Börsenpreis zu zahlen ist. Hiervon bleibt aber die rechtssystematische Erwägung unberührt, dass das subjektive Recht das prägende Element der Zivilrechtsordnung ist. Dies ist auch hier zu beachten. Die Vorschrift des § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 4 AktG, wonach der Aktienerwerb über die Börse dem Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG genügt, ist nach zutreffender Ansicht ein gesetzlich geregelter Fall des Ausschlusses der Andienungsrechte105, gilt beim börslichen ADS-Erwerb jedoch nicht entsprechend und kann so nicht bewirken, dass es dort generell nicht zu einer Beeinträchtigung von bereits gesetzlich ausgeschlossenen Andienungsrechten kommen kann. Die Unanwendbarkeit der Norm beruht darauf, dass die formale Gleichheit der Aktien beim börslichen ADS-Erwerb, wie beschrieben, nicht hergestellt ist. Denn § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 4 AktG entbindet die AG nicht von ihrer Pflicht zur formalen Gleichbehandlung der Aktionäre (beziehungsweise der von ihnen gehaltenen Aktien). Nach der unmissverständlichen Begründung des Regierungsentwurfs begreift man den Börsenerwerb vielmehr gerade als die Vorgehensweise, die formale Gleichheit sicherstellt:106 „Die Verwaltung hat sich bei Erwerb und Veräußerung der Aktien grundsätzlich strikt neutral zu verhalten und Chancengleichheit zu gewährleisten. Die Geltung des § 53a (Gleichbehandlung der Aktionäre) wird deshalb klarstellend hervorgehoben. Die strikte Geltung des Gleichbehandlungsgebots macht ausdrückliche gesetzliche Verfahrensvorschriften zum An- und Verkauf entbehrlich. Ein Rückkauf- oder Wiederverkaufsangebot hat sich daher an alle Aktionäre zu richten. Werden die Aktien an einer Börse gehandelt, so sind Erwerb und Veräuße102
Etwa Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19k. Daraus ergibt sich zugleich der einzige (rein theoretische) Fall, in dem der börsliche ADS-Erwerb keine Andienungsrechte beeinträchtigt: Alle(!) Aktien der AG müssen durch ADSs vertreten sein. 104 4. Teil A. I. 3. a). 105 Seidler, S. 242; MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 223; Paefgen, AG 1999, 67, 69. 106 In diesem Sinne auch Leuering, AG 2007, 435, 436; Möller, S. 106 f. 103
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rung über die Börse die Methode der Wahl zur Wahrung der Gleichbehandlung.“ 107 Dementsprechend bedarf es auch eines Sachgrundes, wenn die AG bei der Börsennotierung mehrerer Aktiengattungen den Erwerb auf eine Gattung beschränkt108, weil die formale Gleichheit der Aktien nicht hergestellt ist.109 (2) Ausnahme: Ausschluss der Andienungsrechte im Einzelfall kraft Gesetzes Ausnahmsweise droht beim börslichen ADS-Erwerb keine Beeinträchtigung von mitgliedschaftlichen Andienungsrechten, wenn Andienungsrechte im Einzelfall bereits von Gesetzes wegen nicht bestehen, weil die Ungleichbehandlung im Gesetz selbst angelegt ist.110 Die Realisierung des Erwerbszwecks im Sinne des § 71 Abs. 1 AktG muss es unabweisbar machen, dass die AG „eigene“ ADSs über die Börse erwirbt. So verhält es sich etwa, wenn der Erfolg einer Schadensabwehr im Sinne des § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG gerade davon abhängt, dass die AG „eigene“ ADSs über die Börse erwirbt. Genauso verhält es sich, wenn ein Ermächtigungsbeschluss im Sinne des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG eine positive Zweckvorgabe vorsieht, die nur durch den börslichen Erwerb „eigener“ ADSs erreicht werden kann. Die Ungleichbehandlung ist in diesem Fall mittelbar im Gesetz und unmittelbar im Beschluss selbst angelegt. Ist dabei der Beschluss selbst wegen Gesetzesverstoßes anfechtbar, ist dies ohne Belang, solange keine rechtswirksame Anfechtung erfolgt. Vorstellbar ist ferner, dass ein Erwerbszweck im Sinne des § 71 Abs. 1 AktG, der sich nicht im Erwerb erschöpft, nur realisiert werden kann, wenn sich die AG über die Börse ADSs zur Weiterverwendung beschafft. So ist möglich, dass die AG ihren US-Arbeitnehmern ADSs als Belegschafts„aktien“ im Sinne des § 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG zum Erwerb anbieten oder dass sie als Kreditinstitut mit dem ADS-Erwerb eine Einkaufskommission über „eigene“ ADSs ausführen will. Besonderes Augenmerk gilt dabei aber stets der Frage, ob der ADS-Erwerb und die damit verbundene Ungleichbehandlung für die Realisierung des Erwerbszwecks tatsächlich unabdingbar ist. Dies ist namentlich nicht der Fall, wenn sich die AG die erforderlichen Aktien über die Börse oder über ein öffentliches Erwerbsange107
Begr. RegE BT-Drucks. 13/9712, S. 13. Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rn. 128; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19k; Hillebrandt/Schremper, BB 2001, 533, 535; anders Seidel, S. 255. 109 § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 4 AktG gilt indes für die durch (pre-release) ADSs repräsentierten Aktien entsprechend, weil die formale Gleichheit innerhalb dieser Gruppe besteht. Folge ist, dass für die durch ADSs repräsentierten Aktien Andienungsrechte beim börslichen Erwerb von vornherein nicht bestehen. 110 Vgl. MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 97 ff.; Hirsch, S. 181 f. 108
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
bot beschaffen und im Anschluss zur Realisierung des Erwerbszwecks in „eigene“ ADSs umtauschen könnte. Diese Alternative scheidet dann aus, wenn allgemein Engpässe bei der Beschaffung der Aktien am Markt bestehen oder wenn der organisatorische und zeitliche Mehraufwand, den der Umtausch der eigenen Aktien in „eigene“ ADSs erfordert, die Realisierung des Erwerbszwecks vereiteln sollte. bb) Voraussetzungen des Rechtsausschlusses bei drohender Beeinträchtigung von Andienungsrechten Soweit beim börslichen ADS-Erwerb der AG mangels gesetzlichen Ausschlusses der Andienungsrechte ein Eingriff in die Andienungsrechte aus den „normalen“, nicht (pre-release) ADSs zugeordneten Aktien droht, muss die AG diese Andienungsrechte zuvor förmlich ausschließen. In formeller Hinsicht bedarf es eines mit einfacher Stimmenmehrheit gefassten Beschlusses der Hauptversammlung, der den Ausschluss der Andienungsrechte aus den „normalen“ Aktien zum Gegenstand hat. Ein Sonderbeschluss im Sinne des § 138 AktG der Inhaber der vom Andienungsrechtsausschluss betroffenen „normalen“ Aktien ist nicht zusätzlich erforderlich.111 In materieller Hinsicht bedarf der Ausschluss der Andienungsrechte aus den „normalen“ Aktien der sachlichen Rechtfertigung. Es muss sachlich gerechtfertigt sein, dass die AG anstelle von eigenen Aktien „eigene“ ADSs erwerben will. Der Eingriff in die Andienungsrechte aus den nicht durch ADSs repräsentierten Aktien muss geeignet und erforderlich sein, um ein bestimmtes Interesse der AG zu wahren, und muss auch unter Berücksichtigung der Interessen der ausgeschlossenen Aktionäre als verhältnismäßig erscheinen.112 Eine verbindliche Bewertung kann letztlich immer nur unter Berücksichtigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls erfolgen. Folgende Leitlinien lassen sich formulieren: Der exklusive Erwerb von ADSs kann einmal sachlich gerechtfertigt sein, wenn der Direkterwerb eigener Aktien nicht zweckdienlich ist, weil das Erreichen des von der AG verfolgten, nicht gesetzlich verankerten Zwecks zwingend den Erwerb „eigener“ ADSs erfordert. So muss es der AG etwa prinzipiell gestat111 § 141 Abs. 1 AktG gilt nicht entsprechend, weil der Ausschluss von Andienungsrechten für einen bestimmten Erwerbsvorgang keine Satzungsänderung bedeutet und das Andienungsrecht kein Vorzugsrecht ist, sondern grundsätzlich aus allen Aktien gleichermaßen resultiert. Eine satzungsändernde Benachteiligung im Sinne des § 179 Abs. 3 AktG der nicht durch ADSs repräsentierten Aktien liegt gleichfalls nicht vor. Hiermit steht im Einklang, dass auch bei mehreren Aktiengattungen der Ausschluss der Andienungsrechte aus den Aktien einer Gattung keinen Sonderbeschluss erfordert [4. Teil A. I. 3. a)]. 112 Vgl. Hüffer, AktG, § 53a Rn. 10 (allgemein zur sachlichen Rechtfertigung im Rahmen von § 53a AktG).
A. Derivativer ADS-Erwerb der AG
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tet sein, durch Erwerbsmaßnahmen im Rahmen der durch § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 2 AktG gesteckten Grenzen113 auf den Börsenkurs der ADSs einzuwirken. Ein besonderes Augenmerk ist jedoch stets darauf zu richten, dass der Erwerbszweck der AG im angemessenen Verhältnis zu den Interessen der ausgeschlossenen Aktionäre steht. Dabei kann, wenn das Interesse am ADS-Erwerb ohnehin als eher schwach zu bewerten ist, auch der Umstand von Relevanz werden, dass der ADS-Börsenpreis – theoretisch – (deutlich) über dem der Aktien liegt. Die ausgeschlossenen Aktionäre haben dann nämlich nicht nur keine Desinvestitionsmöglichkeit, sondern müssen zusätzlich auch noch eine im Vergleich zum Aktiendirekterwerb (deutlich) stärkere Schmälerung des ausschüttungsfähigen Gesellschaftsvermögens hinnehmen. Umgekehrt stellt sich die Frage, ob auch allein das Ausnutzen günstiger Marktbedingungen gerade für ADSs ein anerkennenswerter Belang der AG sein und den Rechtsverlust bei den „normalen“ Aktionären rechtfertigen kann. Es geht um den Fall, dass die AG – insbesondere ohne unzulässige Absichten im Sinne des § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 2 AktG – im Vergleich zu eigenen Aktien preisgünstige „eigene“ ADSs erwerben will, um den eigenen Aktienbestand aufzustocken. Es steht dabei schon fest, dass die AG diese ADSs nicht in Gestalt von ADSs weiterverwendet. Für die prinzipielle Zulässigkeit spricht, dass auch die „normalen“ Aktionäre davon profitieren, wenn für den Erwerb weniger ausschüttungsfähiges Gesellschaftsvermögen aufgewendet werden muss als bei einem vergleichbaren Aktiendirekterwerb.114 Dies führt freilich nicht an der Tatsache vorbei, dass diesen Aktionären keine eigene Desinvestitionsmöglichkeit eingeräumt wird. Nimmt man diese und das mitgliedschaftliche Andienungsrecht ernst, ist daher Zurückhaltung geboten. Die finanziellen Ersparnisse der AG müssen von einigem Gewicht sein. Als Richtwert wäre etwa eine Ersparnis von nicht weniger als 20–30 % im Vergleich zum Aktiendirekterwerb denkbar. Der exklusive ADS-Erwerb der AG über die Börse kann ferner sachlich gerechtfertigt sein, wenn die AG die Weiterverwendung eigener Aktien gerade in Gestalt von ADSs plant. Besondere Prüfungssorgfalt erfordert hier, ob der ADSErwerb und der damit verbundene Eingriff in die Andienungsrechte der „normalen“ Aktionäre erforderlich ist. Dies ist nicht der Fall, wenn der AG ein gleichwertiger, aber weniger einschneidender Weg zur Zweckerreichung offen steht. Als ein solcher Weg kommt im Grundsatz stets in Betracht, dass die AG über die Börse oder über ein öffentliches Erwerbsangebot direkt eigene Aktien erwirbt 113 Vgl. zu der immer noch weitgehend unklaren Auslegung von § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 2 AktG MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 212 ff. und insbesondere die ausführliche Erörterung bei Bednarz, S. 221 ff. 114 Vgl. Benckendorff, S. 246, wonach der Erwerb eines Aktienpaketes von einem Großaktionär in Betracht kommt, wenn die AG hierdurch kostengünstig Aktien für einen Zweck erwerben kann, der zu seiner Durchführung einen größeren Bestand an eigenen Aktien erfordert. Hervorhebung vom Verfasser dieser Arbeit.
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
und diese im Anschluss zur Weiterverwendung in „eigene“ ADSs umtauscht.115 Diese Vorgehensweise ist weniger einschneidend, weil sie bei der Erwerbsmaßnahme die formale Gleichbehandlung der Aktionäre wahrt. Die Vorgehensweise ist jedoch dann nicht gleichwertig, wenn mit ihr nicht genauso gut das für die Zweckerreichung erforderliche ADS-Volumen innerhalb des maßgeblichen Zeitfensters bereit gestellt werden kann. Neben generellen Schwierigkeiten bei der Beschaffung eigener Aktien am offenen Markt kann sich ein relevanter Umstand auch speziell aus dem organisatorischen und zeitlichen Mehraufwand ergeben, den der Umtausch der eigenen Aktien in „eigene“ (pre-release) ADSs erfordert. Die Kombination aus Aktiendirekterwerb und Umtausch dürfte endlich keine gleichwertige Alternative sein, wenn die Marktpreise der ADSs unter denen der Aktien der AG liegen, weil dann der Zweck unter Einsatz geringerer finanzieller Mittel erreicht werden kann. Im Rahmen der stets erforderlichen Angemessenheitsprüfung stellt sich dann jedoch wieder die Frage, ob die Kostenersparnis im angemessenen Verhältnis zum Rechtsverlust der „normalen“ Aktionäre steht. Daneben ist der Ausschluss der Andienungsrechte stets gerechtfertigt, wenn – theoretisch – alle Aktionäre, denen die Beeinträchtigung von Andienungsrechten droht, im Vorfeld der konkreten Maßnahme auf ihre Rechte verzichten.116 Der Verzicht kann auch durch Zustimmung zum Ausschlussbeschluss dokumentiert werden. c) ADS-Erwerb über öffentliches Erwerbsangebot Welche Vorgaben sich aus § 53a AktG und den daraus resultierenden Andienungsrechten für den ADS-Erwerb über ein öffentliches Erwerbsangebot ergeben, ist nachfolgend zu erörtern. Der Direkterwerb eigener Aktien im Wege des öffentlichen Rückkaufangebots ist für börsennotierte und nicht-börsennotierte AGs gleichermaßen eine mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbare Erwerbsmethode.117 Innerhalb der öffentlichen Angebote ist zwischen dem Festpreisangebot (sog. fixed price tender offer) und dem Preisspannenangebot (sog. Dutch Auction) zu unterscheiden. Beim Festpreisangebot richtet die AG an alle Aktionäre das Angebot, einen be-
115 Zum Umtausch eigener Aktien in „eigene“ ADSs 4. Teil C. Auf den Einsatz vorhandener, noch nicht zweckgebundener Aktienbestände kann die AG dagegen wohl nicht verwiesen werden, weil damit faktisch über die gesetzlichen Vorschriften (insbesondere §§ 71 Abs. 3 Satz 2, 71c Abs. 1, 2 AktG) hinausgehende Veräußerungspflichten der AG begründet würden. 116 Vgl. nur Bezzenberger, Eigene Aktien, S. 121; Seidler, S. 253 (jeweils zum Paketerwerb eigener Aktien). 117 U. a. Begr. RegE BT-Drucks. 13/9712, S. 13 f.; Paefgen, ZIP 2002, 1509, 1510; Bosse, NZG 2000, 16, 19; Peltzer, WM 1998, 322, 329; Wastl, DB 1997, 461, 463; Kindl, DStR 1999, 1276, 1279; aA u. a. Martens, AG 1996, 337 f., 339 f.
A. Derivativer ADS-Erwerb der AG
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stimmten Prozentsatz oder eine bestimmte Anzahl eigener Aktien zu einem in der Angebotsunterlage festgesetzten, für alle Aktionäre gleichen Preis zu erwerben. Bei Überzeichnung des Angebots ist nach Beteiligungsquoten zuzuteilen.118 Beim Preisspannenangebot legt die AG neben der Zahl der zu erwerbenden Aktien und der Angebotsdauer die Preisspanne fest, innerhalb der sich die Angebote der Aktionäre bewegen müssen. Nach Ablauf der Angebotsfrist wird anhand der abgegebenen Angebote der niedrigste Preis bestimmt, zu dem die AG das angestrebte Volumen erwerben kann.119 Diesen Grenzpreis erhalten auch die Aktionäre, die ein niedrigeres Gebot abgegeben haben120, während Aktionäre, deren Angebot über dem Grenzpreis liegt, an dem Erwerb nicht teilnehmen. Eine Repartierung kann dabei nur in dem Ausnahmefall erforderlich werden, dass so viele Aktien zum Grenzpreis angeboten werden, dass das angestrebte Volumen überschritten wird. Mitgliedschaftliche Andienungsrechte werden bei dem an alle Aktionäre gerichteten Erwerbsangebot – egal, ob Festpreis- oder Preisspannenangebot – nicht beeinträchtigt.121 Vorbehaltlich der Nichtexistenz von Andienungsrechten kraft Gesetzes (§ 71 Abs. 1 AktG)122 droht bei einem auf den Erwerb „eigener“ ADSs gerichteten öffentlichen Angebot der AG an alle ADS-Inhaber stets die Beeinträchtigung der Andienungsrechte aus den Aktien, die nicht durch ADSs repräsentiert werden und die nicht – wie im Fall von pre-release ADSs – für ADSs zumindest schon vorbestimmt sind. Dies gilt sowohl bei einem Festpreis- als auch bei einem Preisspannenangebot. Während nämlich die durch (pre-release) ADSs vertretenen Aktien nach den tatsächlichen Verhältnissen Andienungschancen gewähren, sind die „normalen“ Aktien vom Erwerbsvorgang von vornherein aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbilds ausgeschlossen, weil die AG an nicht durch (pre-release) ADSs repräsentierten Aktien kein Interesse zeigt. Ein öffentliches ADS-Erwerbsangebot der AG ist daher nur zulässig, wenn die AG die Andienungsrechte aus den „normalen“ Aktien zuvor förmlich ausschloss. Für die Voraussetzungen des Rechtsausschlusses gelten die Ausführungen beim börslichen ADS-Erwerb sinngemäß.123 Die Andienungsrechte aus den Aktien, die (pre-release) ADSs zugeordnet sind, müssen dagegen nicht ausgeschlossen werden. Diese Andienungsrechte werden
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Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rn. 123. Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rn. 124; Leuering, AG 2007, 435 ff. 120 Dies ist das Charakteristikum der Dutch Auction, siehe Leuering, AG 2007, 435, 438. Es ist aber auch möglich, dass die Aktien zum individuellen Aktionärsgebot erworben werden. MünchKomm-AktG-Oechsler, § 71 Rn. 236, 240 f. hält die Dutch Auction mit Blick auf § 17 WpÜG für zumindest problematisch. 121 4. Teil A. I. 3. a). 122 Vgl. 4. Teil A. I. 3. b) aa) (2). 123 4. Teil A. I. 3. b) bb). 119
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
nicht beeinträchtigt, weil alle diese Aktien über die (pre-release) ADSs gleichermaßen am Erwerbsvorgang der AG teilnehmen können.124 d) ADS-Erwerb im Wege des negotiated repurchase Abschließend sind die Anforderungen aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz beim ADS-Erwerb im Wege des negotiated repurchase zu beleuchten. Beim negotiated repurchase erwirbt die AG eigene Aktien auf Grund individueller Vereinbarung mit einzelnen Gesellschaftern. Erwerbende AG und veräußernder Aktionär sitzen sich – bildlich gesprochen – einander gegenüber und handeln die Erwerbsmodalitäten aus.125 Auch diese Erwerbsform ist mit Blick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz nach zutreffender Ansicht prinzipiell zulässig.126 Eine formale Ungleichbehandlung ist nicht per se mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz unvereinbar, sondern nur dann, wenn sie nicht sachlich gerechtfertigt ist. Ein förmlicher Ausschluss der Andienungsrechte der Aktionäre, die nicht am Erwerb teilnehmen, ist jedoch – vorbehaltlich ihres Ausschlusses kraft Gesetzes im Einzelfall (§ 71 Abs. 1 AktG) – unumgänglich.127 Auch beim ADS-Paketerwerb der AG von einem bestimmten ADS-Inhaber ist der förmliche Ausschluss von Andienungsrechten durch die AG – vorbehaltlich des gesetzlichen Ausschlusses im Einzelfall (§ 71 Abs. 1 AktG)128 – unverzichtbar. Die Andienungsrechte aus den „normalen“ Aktien, die von vornherein keine Andienungschance vermitteln, müssen ausgeschlossen werden, weil sonst deren Beeinträchtigung droht. Für die Voraussetzungen des Rechtsausschlusses gelten die Ausführungen zum börslichen ADS-Erwerb sinngemäß.129 Daneben müssen auch die Andienungsrechte aus den Aktien förmlich ausgeschlossen werden, die nicht-teilnehmenden (pre-release) ADSs zugeordnet sind. Für die materielle Seite des Rechtsausschlusses bedeutet dies, dass es nicht nur eines Sachgrundes dafür 124 Wird aber ein bestimmter ADS-Inhaber von der AG vom öffentlichen Erwerbsangebot ausgeschlossen, ist das Andienungsrecht aus den Aktien, die seinen ADSs zugrunde liegen, beeinträchtigt. Fraglich ist dann, wer sich gegenüber der AG auf die Beeinträchtigung berufen kann, der ADS-Inhaber oder der (Register-)Aktionär. Alles spricht für Letzteren, weil ADS-Inhabern auch sonst keine mitgliedschaftlichen Rechtspositionen gegenüber/in der AG als eigene zustehen (3. Teil B. VII.). 125 Zum negotiated repurchase etwa Leuering, AG 2007, 435, 437 f. 126 U. a. MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 242 f.; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rn. 127; Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71 Rn. 31; Benckendorff, S. 245; Paefgen, AG 1999, 67, 70; Wastl, DB 1997, 461, 463; Martens, AG 1996, 337, 344; aA Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19k; Peltzer, WM 1998, 322, 329; von Rosen/ Helm, AG 1996, 434, 439. 127 MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 242. 128 Vgl. 4. Teil A. I. 3. b) aa) (2). 129 4. Teil A. I. 3. b) bb). Etwa im Fall des unentgeltlichen Erwerbs ist kein förmlicher Rechtsausschluss erforderlich, weil die Ungleichbehandlung insoweit bereits im gesetzlichen Erwerbsgrund selbst angelegt ist (§ 71 Abs. 1 Nr. 4 Alt. 1 AktG).
A. Derivativer ADS-Erwerb der AG
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bedarf, dass die „normalen“ Aktien keine Andienungschancen vermitteln. Es bedarf zusätzlich der Rechtfertigung, dass selbst innerhalb der Gruppe der durch ADSs repräsentierten Aktien nur bestimmte Aktien zum Zug kommen sollen. Hierbei gelten strenge Anforderungen.130
II. Die Rechtsbeziehung zur Depotbank Im Verhältnis zur Depotbank gilt die AG in jedem Fall erst mit der Umschreibung der ADSs auf ihren Namen im ADS-Register der Depotbank als ADS-Inhaberin. Sie rückt mit der Umschreibung in die durch den Depotvertrag ausgeformte treugeberähnliche Rechtsposition an den eigenen Aktien ein, die ihren ADSs zugrunde liegen. Ob die AG im Zusammenhang mit diesem Erwerb der treugeberähnlichen Rechtsposition ebenfalls Vorgaben aus § 71 Abs. 1, 2 AktG (1.), aus § 57 AktG (2.) oder aus § 53a AktG (3.) zu beachten hat, ist nachfolgend zu untersuchen. 1. Erwerbsvoraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG Die Erwerbsvoraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG gelten weder direkt noch über die Gleichstellungsnorm des § 71d Satz 1 AktG, wenn die Depotbank der AG durch die Umschreibung die ADS-Inhaberstellung einräumt. a) § 71 Abs. 1, 2 AktG Die Vorschrift des § 71 Abs. 1, 2 AktG gilt nicht unmittelbar. Die AG wird mit der Umschreibung im ADS-Register nur ADS-Inhaberin, nicht aber zugleich Inhaberin der den ADSs zugeordneten Aktien. Anderes ergibt sich selbst unter Zugrundelegung des sog. weiten Erwerbsbegriffs nicht daraus, dass die AG als ADS-Inhaberin kraft eines depotvertraglichen Anspruchs von der Depotbank die Herausgabe der hinterlegten Aktien verlangen kann. Die entscheidenden Aspekte sind, dass die AG zum Direkterwerb der Aktien nicht verpflichtet, sondern nur berechtigt ist131, und dass die Herausgabe nicht an eine nach dem Normzweck des § 71 AktG relevante Erwerbspreiszahlungspflicht der AG gekoppelt ist. 130 Vgl. zum Aktienpaketerwerb Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rn. 127; Möller, S. 135; Benckendorff, S. 245 f. 131 Ähnlich ist der Fall, dass die AG Inhaberin einer call option auf Lieferung eigener Aktien wird, wo selbst nach Vertretern des weiten Erwerbsbegriffs § 71 Abs. 1 AktG unanwendbar ist, weil es an einer Erwerbspflicht der AG fehlt. Diese hat es noch in der Hand, die Rechte aus der Option auszuüben oder die Option vor Ausübung auf Dritte zu übertragen (Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rn. 187; MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 82, 94; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 5; Mick, DB 1999, 1201, 1203). Erst die Ausübung der Option unterliegt § 71 AktG, MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 82.
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
b) § 71d Satz 1 AktG Die Bestimmungen des § 71 Abs. 1 und 2 AktG gelten auch nicht über § 71d Satz 1 AktG. Die Verweisungsnorm ist unanwendbar, obwohl die AG mit der Umschreibung der „eigenen“ ADSs auf ihren Namen die vollständige wirtschaftliche Verfügungsgewalt über die zugrunde liegenden eigenen Aktien dergestalt erlangt, dass sie fortan kraft ihrer depotvertraglichen Rechte die Depotbank grundsätzlich jederzeit zur Herausgabe der hinterlegten Aktien oder zur Umschreibung der ADSs auf einen neuen Erwerber anweisen kann. Fraglich ist schon, ob die AG im Zuge der ADS-Umschreibung überhaupt gegenüber der Depotbank eine gemäß § 71d Satz 1 AktG relevante Zahlungspflicht eingeht. Die meisten Verträge sehen nur vor, dass der neue ADS-Inhaber der Depotbank entstandene Auslagen wie Börsen-, Post- und Telefongebühren oder sog. governmental charges zu erstatten hat. Daneben ist nach zwei Verträgen für den Transfer der ADSs an die Depotbank eine sog. transfer fee zu entrichten.132 Nicht ganz deutlich wird dabei allerdings die Person des Gebührenschuldners, wenn insoweit nur der ADS-Inhaber benannt ist. Damit kann sowohl der übertragende ADS-Inhaber als auch der ADS Erwerber gemeint sein. Die AG zahlt aber in jedem Fall keinen Erwerbspreis für die „eigenen“ ADSs an die Depotbank. Zur Erwerbspreiszahlung verpflichtete sich die AG bereits gegenüber dem veräußernden ADS-Inhaber. Die Frage lautet damit, ob ein Rechnungsvertrag im Sinne des § 71d Satz 1 AktG zwingend erfordert, dass sich die finanzielle Belastung der AG unmittelbar auf den Gegenwert der Aktien bezieht, oder ob es genügt, wenn sich die AG an Erwerbsnebenkosten beteiligt. Für Letzteres dürfte der EG-rechtliche Zweck der §§ 71d Satz 1, 71 AktG, der Schutz der Kapitalgrundlage der AG, sprechen. In dieser Hinsicht macht es keinen nennenswerten Unterschied, ob sich die AG unmittelbar am Erwerbspreis oder an Erwerbsnebenkosten beteiligt. In beiden Fällen besteht die Gefahr, dass die Schmälerung des Gesellschaftsvermögens durch den Erlös aus der Weiterveräußerung der Aktien nicht kompensiert werden kann.133 Letztlich muss die Frage hier nicht weiter vertieft werden. Selbst wenn die Zahlungspflichten der AG gegenüber der Depotbank grundsätzlich nach § 71d Satz 1 AktG relevant sein sollten, ist die Vorschrift nicht anwendbar, wenn die AG in die ADS-Inhaberstellung einrückt. Der Erwerb der 132
Die Gebührenhöhe wird mit 1.50 US-Dollar pro übertragene ADS angegeben. Vgl. ferner Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71d Rn. 5, wonach bei §§ 71d Satz 1, 71 Abs. 1 Nr. 4 Alt. 1 AktG nicht notwendig der Dritte unentgeltlich handeln muss, aber der AG durch den Erwerb keine Entgelt- oder Erstattungspflicht entstehen darf. Zur Tatbestandsmäßigkeit der Zahlungen gemäß § 57 AktG sogleich 4. Teil A. II. 2. Bedenken bestehen aber dagegen, allein aus einer etwaigen Tabestandsmäßigkeit nach § 57 AktG zu folgern, dass auch § 71d AktG anwendbar sein muss. Dies birgt die Gefahr, der Gestattungswirkung des § 57 Abs. 1 Satz 2 AktG infolge zu extensiver Anwendung der §§ 71, 71d Satz 1 AktG zu weit reichende Bedeutung einzuräumen. 133
A. Derivativer ADS-Erwerb der AG
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treugeberähnlichen Rechtsposition an den eigenen Aktien ist kein gemäß §§ 71 ff. AktG relevanter Erwerbsvorgang, sondern eine schlichte Verschiebung der Aktien innerhalb der Sphäre der AG. Denn der Umschreibungsvorgang kann nicht isoliert betrachtet werden. Er ist ein Teil des einheitlichen Lebenssachverhalts „ADS-Erwerb“. Ohne Einfluss ist dabei, wenn die Depotbank gegenüber der AG mangels Eintragung im Aktienregister nicht als die Inhaberin der Aktien gilt. Hierhin führen folgende Überlegungen: Bezüglich derselben Aktien, die nun den „eigenen“ ADSs der AG zugrunde liegen, werden die Erwerbshürden des § 71 Abs. 1, 2 AktG bereits für die Situation geprüft, dass die AG den ADS-Erwerbsvertrag mit dem veräußernden ADS-Inhaber abschließt. Kraft der Gleichstellungsnorm des § 71d Satz 1 AktG findet bereits zu diesem Zeitpunkt, wenn die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG erfüllt sind, ein Aktienerwerb der AG statt. Die Aktien, die nun den „eigenen“ ADSs der AG zugrunde liegen, werden der AG bereits ab Abschluss des ADS-Erwerbsvertrags gemäß § 71d Satz 3 AktG als eigene zugerechnet.134 Eine erneute Anwendung von § 71d Satz 1 AktG im Zeitpunkt der ADS-Umschreibung bedeutete eine doppelte Zurechnung der Aktien zur AG. Man nähme – wenig sinnstiftend – einen Erwerb von Aktien an, welche die AG bereits erworben hat und die ihr deshalb im Moment der Umschreibung bereits als eigene zugerechnet werden. Schon rein begrifflich kann daher der Empfang der ADSs durch die AG nicht als „Erwerb“ bezeichnet werden. Es handelt sich lediglich um einen „internen Umsatz“ 135 der Aktien, um einen „innerbetrieblichen Erwerb“ 136 der Aktien oder, mit anderen Worten, um eine bloße Verschiebung der Aktien innerhalb der Sphäre der AG, die außerhalb des Regelungsgefüges der §§ 71 ff. AktG liegt. Da zudem die Zurechnung von Aktien gemäß §§ 71d Satz 3, 71 Abs. 2 Satz 1 AktG eine Einschränkung des Handlungsspielraums der AG für spätere Erwerbsvorhaben bewirkt, ist es auch sachlich gerechtfertigt, der AG fortan – quasi im Gegenzug – eine von den Erwerbshürden des § 71 Abs. 1, 2 AktG befreite Verfügungsmacht über diese Ak134 § 71d Satz 3 AktG ist dort direkt anwendbar, weil § 71d Satz 1 AktG, an den die Norm anknüpft, im Verhältnis der AG zum veräußernden ADS-Inhaber unmittelbar gilt. Diese frühe Zurechnung überzeugt auch in der Sache: Der Veräußerer ist mit dem Vertragsschluss gegenüber der AG zur Verschaffung der ADSs verpflichtet; davon kann er sich nicht mehr einseitig lossagen (vgl. auch MünchKommAktG-Oechsler, § 71d Rn. 7, wonach die Zurechnung im Sinne des § 71d Satz 3 AktG entscheidend davon abhängt, ob für die Aktien ein schuldrechtlicher Herausgabeanspruch der AG besteht; aA Hüffer, AktG, § 71d Rn. 11, der die Weisungsgebundenheit des Dritten betont). Auch beim Direkterwerb sind die Aktien nach Vertretern des weiten Erwerbsbegriffs schon ab Vertragsschluss im Rahmen von § 71 Abs. 2 Satz 1 AktG zu berücksichtigen (Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rn. 221; aA aber für § 71c Abs. 2 AktG Cahn, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 71c Rn. 10). 135 Vgl. MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 89 (zum AG-Direkterwerb nach vorherigem Erwerb im Sinne des § 71d Satz 1, 2 AktG). 136 Vgl. KölnKommAktG-Lutter, § 71d Rn. 13.
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
tien zu eröffnen.137 Dementsprechend ist anerkannt, dass eine erneute Prüfung von §§ 71, 71d AktG unterbleibt, wenn ein Tochterunternehmen Aktien der Mutter-AG auf eine andere Tochter der Mutter-AG überträgt138 oder wenn die AG selbst von einem Dritten im Sinne des § 71d Satz 1, 2 AktG eigene Aktien erwirbt139. Vorliegend kann nichts anderes gelten. Allen Fällen ist der zentrale Aspekt gemein, dass eine Zurechnung der Aktien zur AG bereits stattfand. Der Gedanke, dass für bereits zugerechnete Aktien eine erneute Erwerbskontrolle entfällt, klingt im Übrigen auch im Aktiengesetz an.140 Nach § 71d Satz 5 AktG hat der Dritte oder das Unternehmen der AG auf ihr Verlangen das Eigentum an den Aktien zu verschaffen. Eine erneute Erwerbskontrolle anhand von § 71 Abs. 1, 2 AktG erfolgt dabei nicht.141 Die Regelung soll die AG in die Lage versetzen, ihrer Veräußerungs- und Einziehungspflicht aus § 71c AktG zu entsprechen.142 Es ist aber gefestigte Meinung, dass der Verschaffungsanspruch der AG auch in allen anderen Fällen zusteht, in denen ihr die Aktien bereits als eigene zugerechnet werden. Der Regelung liegt nämlich – viel weitergehend – der allgemeine Gedanke zugrunde, dass die AG auf die Aktien Zugriff nehmen können muss, die ihr zugerechnet werden143, und zwar gerade auch ungeachtet der Voraussetzungen des § 71 AktG. Zugleich zeigt § 71d Satz 5 AktG, dass es für die Unanwendbarkeit von § 71 Abs. 1, 2 AktG unschädlich ist, wenn die AG, wie hier, durch die Verschiebung der zugerechneten Aktien innerhalb der Gesellschaftssphäre eine stärkere Rechtsposition an den Aktien, hier eine treugeberähnliche Rechtsposition, erlangt, als sie zuvor innehatte. Schließlich streitet noch folgende Erwägung gegen eine erneute Prüfung von § 71 Abs. 1, 2 AktG: Die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG müssen nach allgemeiner Meinung nur einmalig, und zwar zum Erwerbszeitpunkt, vorliegen. Deutlich zeigt sich dies etwa anhand von § 71 Abs. 2 Satz 2 AktG, wonach die AG im Zeitpunkt des Erwerbs144 in der Lage sein muss, eine frei verfügbare Rücklage für die eigenen Aktien zu bilden, es diesbezüglich aber unschädlich ist, 137 Vgl. zu diesem Aspekt u. a. Hüffer, AktG, § 71d Rn. 20; AnwKAktienR-Block, § 71d Rn. 61. 138 KölnKommAktG-Lutter, § 71d Rn. 13. 139 MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 89; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rn. 37; G/H/E/K-Hefermehl/Bungeroth, § 71 Rn. 27; KölnKommAktG-Lutter, § 71 Rn. 28; Zilias/Lanfermann, WPg 1980, 61, 67. 140 Ähnlich MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 89. 141 MünchKommAktG-Oechsler, § 71d Rn. 68; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 71d Rn. 23; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71d Rn. 57; KölnKommAktG-Lutter, § 71d Rn. 54; AnwKAktienR-Block, § 71d Rn. 61; G/H/E/K-Hefermehl/Bungeroth, § 71d Rn. 57. 142 Begr. RegE BT-Drucks. 8/1678, S. 17; ferner etwa Hüffer, AktG, § 71d Rn. 20. 143 MünchKommAktG-Oechsler, § 71d Rn. 63; Hüffer, AktG, § 71d Rn. 20; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 71d Rn. 23; KölnKommAktG-Lutter, § 71d Rn. 21; AnwKAktienR-Block, § 71d Rn. 61; GHEK-Hefermehl/Bungeroth, § 71d Rn. 54. 144 Begr. RegE BT-Drucks. 8/1678, S. 15.
A. Derivativer ADS-Erwerb der AG
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wenn die Rücklage im ersten Jahresabschluss nach dem Erwerb infolge Aufzehrung des AG-Vermögens tatsächlich nicht gebildet werden kann.145 Ferner ist zu der im Ermächtigungsbeschluss des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG festgelegten Ermächtigungsfrist anerkannt, dass diese nur für den Erwerb der Aktien gilt, wogegen die AG die Aktien auch noch nach Ablauf der Geltungsdauer der Ermächtigung halten darf.146 Hielte man nun vorliegend eine zweite Prüfung der Voraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG für geboten, würden diese im Ergebnis entgegen der gesetzlichen Konzeption als punktuell relevante Merkmale zu einem Dauertatbestand ausgeweitet, der sowohl beim Abschluss des ADS-Erwerbsvertrags mit dem ADS-Inhaber als auch (noch) im Moment der ADS-Umschreibung erfüllt sein müsste. 2. § 57 AktG Mit Blick auf das Zuwendungsverbot des § 57 AktG bestehen, wie aufzuzeigen sein wird, nur in dem Fall grundsätzliche Bedenken, dass die AG sich, wie auf Grundlage untersuchter Depotverträge denkbar, mit dem Einrücken in die ADS-Inhaberstellung gegenüber der Depotbank zur Zahlung einer sog. transfer fee verpflichtet. Keine grundlegenden Probleme stellen sich, wenn die AG nach dem Depotvertrag gegenüber der Depotbank zur Erstattung von Auslagen verpflichtet ist, die bei dieser – wie etwa Börsen-, Post- und Telefongebühren oder governmental charges – im Zuge des ADS-Transfers gegenüber einem Dritten angefallen sind. Nach dem Wortlaut ist der Tatbestand des § 57 AktG erfüllt. Es ist die Grundlage für eine Zahlung der AG an einen Aktionär außerhalb des förmlichen Gewinnverteilungsverfahrens gelegt. Gleichwohl ist die Norm unanwendbar, wenn und soweit die Grundsätze zum drittgleichen Umsatzgeschäft eingreifen, nach denen es der AG gestattet ist, mit Aktionären drittgleiche Geschäfte zu tätigen, bei denen die Leistungsgegenstände zu marktüblichen Bedingungen ausgetauscht werden („at arm’s length“)147. Demnach wäre es nicht zu beanstanden, wenn die Verträge vorsähen, dass fremde Dritte die von ihnen im Zusammenhang mit dem ADS-Erwerb der AG erbrachten Leistungen direkt mit der AG als der ADS-Erwerberin, und nicht mit der Depotbank, in einer dem Grunde und der Höhe nach marktüblichen Weise abrechnen; dasselbe gilt für gesetzlich belegbare Gebührenforderungen des Staates. Es käme nicht der Verdacht auf, dass diese Leistungen der AG im inneren Zusammenhang mit einer Gesellschaftsbeteiligung des Dritten stünden. Dann kann es aber in der Sache keinen wesentlichen Unterschied ma145
Zilias/Lanfermann, WPg 1980, 61, 65. Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rn. 108; MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 197. 147 Zu den Grundsätzen des drittgleichen Umsatzgeschäfts bereits 4. Teil A. I. 2. b) (Fn. 75). 146
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
chen und es muss daher zulässig sein, wenn die Verträge vorsehen, dass die Depotbank insoweit als Mittlerin fungiert, indem sie zunächst die marktgerechten Forderungen des Dritten begleicht und anschließend beim ADS-Erwerber Rückgriff nimmt. Dabei dürfte es der Depotbank aus Gründen der Praktikabilität nicht einmal verwehrt sein, dass sie, wie in den Verträgen vorgesehen, bestimmte Posten wie etwa Telekommunikationsgebühren in Form von Pauschalen abrechnet, solange nur diese einen (markt-)realistischen Hintergrund aufweisen. Diese Zahlungsverpflichtungen der AG sind auch dann nicht zu beanstanden, wenn die Depotbank bei hinterlegten Namensaktien nicht als deren Inhaberin im Aktienregister der AG geführt wird. Die Vorschrift des § 57 AktG ist nicht entsprechend anwendbar, weil die Leistungen der AG nicht mit Rücksicht auf die der Depotbank zugänglichen mitgliedschaftlichen Rechtspositionen aus den hinterlegten Aktien erfolgen. Sie beruhen auf den Gesetzmäßigkeiten des Marktes. Problematischer ist dagegen, wenn, wie auf Grundlage untersuchter Depotverträge denkbar, die AG als ADS-Erwerberin im Zuge des ADS-Transfers gegenüber der Depotbank zur Zahlung einer sog. transfer fee verpflichtet sein sollte. Der Gebührenschuldner ist zum Teil nicht eindeutig bestimmt, wenn insoweit der „holder“ benannt ist. Damit kann sowohl der veräußernde ADS-Inhaber als auch, was wahrscheinlicher ist, der ADS-Erwerber – vorliegend die AG – gemeint sein. Die Gebühr fällt an „for the transfer of ADSs“. Eine präzisere Bestimmung der Leistung der Depotbank, die mit der Gebühr abgegolten werden soll, erfolgt nicht. Ist die AG als ADS-Erwerberin die Gebührenschuldnerin, so ist deren Zahlung der transfer fee mit Blick auf § 57 AktG (entsprechend) nicht zu beanstanden, wenn die Grundsätze zum drittgleichen Umsatzgeschäft eingreifen148. So verhält es sich, wenn mit der transfer fee ausschließlich Dienstleistungen der Depotbank abgegolten werden, die diese selbst im Rahmen des ADS-Transfer für die AG erbringt, welche aber auch von jedem beliebigen Dritten ohne (mittelbare) Aktionärsstellung hätten erbracht und der AG als neuer ADS-Inhaberin in dieser marktüblichen Höhe in Rechnung gestellt werden können. Das AG-Vermögen ist dann nämlich rechnerisch nicht gemindert. Die AG-Zuwendung steht nicht im inneren Zusammenhang mit dem Aktienbesitz der Depotbank. Der Grund der Zuwendung sind die Gesetzmäßigkeiten des Marktes, auf dem der fraglichen Dienstleistung ein entsprechender Geldwert zugemessen wird. Als solche Dienstleistungen sind Tätigkeiten der Depotbank im Rahmen der Umschreibung der ADSs auf den Erwerber im ADS-Register oder im Rahmen der Anfertigung von auf den Namen des Erwerbers lautenden AD Receipts denkbar. Diese Leistungen könnten grundsätzlich auch von einem beliebigen Dritten ohne (mittelbare) Gesellschafterstellung in der AG erbracht werden.149 Der Marktüblichkeit einer solchen transfer fee dürfte nicht entgegenstehen, dass diese Gebühr nur in vereinzel148
Zu diesen Grundsätzen bereits 4. Teil A. I. 2. b) (Fn. 75).
A. Derivativer ADS-Erwerb der AG
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ten Verträgen vorgesehen ist. Entscheidend ist wohl allein, dass die Abgeltung der Dienstleistungen in Bezug auf die ADSs im konkreten ADS-Programm marktüblich ist und daher jeder Derivativerwerber von ADSs aus diesem Programm transfer fee-pflichtig ist. Soll mit der transfer fee dagegen, was sich nach dem Wortlaut des Gebührentatbestandes nicht mit Sicherheit ausschließen lässt, in irgendeiner Weise (auch) die Bereitschaft der Depotbank abgegolten werden, dass sie fortan dem Erwerber der ADSs die tatsächliche Verfügungsgewalt über die den ADSs unterlegten Aktien einräumt, unterfällt die Zahlung der transfer fee durch die AG dem Verbotstatbestand des § 57 AktG (entsprechend). Die Grundsätze zum drittgleichen Umsatzgeschäft sind nicht anwendbar, weil die Leistung – das Zur-Verfügung-Stellen der mittelbaren Gesellschafterstellung – nicht von jedem beliebigen Dritten erbracht werden kann. Auch im Übrigen steht dem Vermögensabfluss bei der AG keine objektiv gleichwertige Gegenleistung gegenüber.150 Der Gestattungstatbestand des § 57 Abs. 1 Satz 2 AktG gilt gleichfalls nicht (entsprechend), weil kein gemäß §§ 71 ff. AktG relevanter Erwerbsvorgang vorliegt. Unter der Annahme, dass die Parteien gesetzeskonform handeln wollen, ist der Gebührentatbestand in diesem Fall einschränkend in dem Sinn auszulegen, dass die AG, auf deren Aktien das ADS-Programm basiert, nicht Schuldnerin der transfer fee sein kann.151 Eine entsprechende Einschränkung des Gebührentatbestandes sehen vereinzelte Depotverträge – auch solche, in denen keine transfer fee erhoben wird – ausdrücklich vor.152 149 Viele Verträge sehen etwa explizit die Möglichkeit vor, dass die Depotbank für die Registertätigkeit einen registrar, also einen Dritten ohne zwingend eigenen Aktienbesitz in der AG, einsetzt. 150 Selbst wenn man der flexiblen Möglichkeit zur Wiederausgabe der eigenen Aktien, die im Vergleich zur Kapitalerhöhung zeit- und kostengünstiger ist, einen gewissen eigenen Vermögenswert beimisst (hierzu etwa Bezzenberger, Eigene Aktien, S. 44 ff.), kann dies hier nicht zur Geltung kommen. Diese wäre bereits mit der Zahlung des ADS-Erwerbspreises an den Veräußerer abgegolten. 151 Ansonsten wäre Nichtigkeit gemäß § 57 AktG (entsprechend), § 134 BGB die Folge. Diese erfasst in der Regel das gesamte Rechtsgeschäft (Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 134 Rn. 13). Zu überlegen wäre aber, ob die Gesamtnichtigkeit hier angesichts der sehr umfassenden Regelungsbreite der Verträge noch verhältnismäßig ist. Denkbar wäre, die Gebührenregelung als „selbständigen Vertrag im Vertrag“ zu begreifen. Dem ausdrücklichen Willlen der Parteien, auch dem der Depotbank, entspräche jedenfalls eine nur partielle Unwirksamkeit: „In case any one or more of the provisions contained in this Deposit Agreement or in the Receipts should be or become invalid, illegal or unforceable in any respect, the validity, legality and enforceability of the remaining provisions contained herein or therein shall in no way be affected, prejudiced or disturbed thereby.“ Nach der Wertausgleichslösung stellte sich das Problem ohnehin nicht: Der Zahlungsanspruch der Depotbank wäre gehemmt. Zahlte die AG dennoch, stünde ihr ein Rückgewähranspruch gemäß §§ 62, 57 AktG (entsprechend) zu. 152 Zum Beispiel: „The Company will not pay any fees, expenses or other charges to the Depositary or any agent of the Depositary except in accordance with written agreements entered into between the Company and the Depositary from time to time.“
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
Auch im Sonderfall von pre-release ADSs gelten die vorstehenden Grundsätze. Für die Relevanz des § 57 AktG genügt der mittelbare Aktienbesitz der Depotbank, der darauf beruht, dass das wirtschaftliche Eigentum an den für die prerelease ADSs bereits vorbestimmten Aktien nach den Depotverträgen153 schon vor der Emission dieser ADSs auf die Depotbank zu übertragen war. 3. Gleichbehandlungsgrundsatz und Andienungsrechte Auf mitgliedschaftliche Andienungsrechte muss die AG nicht Rücksicht nehmen, wenn ihr die Depotbank durch die ADS-Umschreibung die durch die ADSs ausgeformte treugeberähnliche Rechtsposition an den eigenen Aktien zuweist. Andienungsrechte existieren bei diesem Vorgang von vornherein nicht. Der Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG, auf dem die Andienungsrechte fundieren, gilt hier aus teleologischen Erwägungen nicht (entsprechend), obwohl die übrigen Aktionäre keine Gelegenheit erhalten, der AG eine mittelbare Gesellschaftsbeteiligung anzudienen. Ob im Verhältnis zur AG die Depotbank oder eine andere Person als der Inhaber der hinterlegten Aktien gilt, ist hierbei unerheblich. Die mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz beim (mittelbaren) Aktienerwerb der AG verfolgten Schutzzwecke sind vorliegend allesamt nicht berührt: Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbürgt mittelbar, dass der Rückerwerb eigener Aktien nicht zu einem Eingriff des Vorstands in die Beteiligungsstruktur der AG führt. Ist der Vorstand nämlich verpflichtet, alle Aktionäre gleich zu behandeln, verbleibt ihm kein Handlungsspielraum, über Verbleib oder Ausscheiden der Aktionäre nach eigenem Gutdünken zu entscheiden.154 Diese Gefahr besteht nicht, wenn die Depotbank der AG die treugeberähnliche Rechtsposition an den eigenen Aktien einräumt. Die Beteiligungsstruktur der AG bleibt von diesem Vorgang unberührt. Die fraglichen Aktien werden der AG nicht erst mit der Umschreibung der ADSs, sondern bereits ab dem Abschluss des ADS-Erwerbsvertrags mit dem veräußernden ADS-Inhaber gemäß § 71d Satz 1, 3 AktG als eigene zugerechnet.155 Mit der Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes beim Erwerb eigener Aktien soll ferner ein von der Verwaltung gesteuerter Wohlstandstransfer von einem Teil der Aktionäre auf den anderen unterbunden werden. Der Gleichbehandlungsgrundsatz verhindert insoweit, dass in einer kritischen Unternehmenssituation die ausgekauften Aktionäre ihre Einlage nebst Prämie zurückerhalten und die bestehenden Risiken dem verbleibenden Teil aufgebürdet werden. Alle Aktionäre sollen die gleiche Desinvestitionsmöglichkeit erhalten.156 Auch diese Gefahr be153 154 155 156
Siehe 2. Teil A. II. MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 221. Zu dieser Zurechnung nochmals unter 4. Teil E. I., insbesondere Fn. 212. MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 221.
A. Derivativer ADS-Erwerb der AG
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steht nicht, wenn die Depotbank der AG die ADS-Inhaberschaft an den eigenen Aktien einräumt. Einmal bestand zu keinem Zeitpunkt ein eigenes Investitionsrisiko der Depotbank hinsichtlich der den ADSs unterlegten Aktien, von dem sie nun willkürlich befreit werden könnte. Die Depotbank leistete weder Einlagen auf die fraglichen Aktien noch in sonstiger Weise einen Erwerbspreis. Der Hinterleger (depositor) hinterlegte die Aktien für die Depotbank unentgeltlich. Eine drohende negative Wertentwicklung der Aktien ginge damit nicht zu Lasten der Depotbank. Obendrein erhält bei diesem Vorgang niemand eine Desinvestitionsmöglichkeit, auch nicht die Depotbank. Die AG zahlt der Depotbank keinen Erwerbspreis. Den Erwerbspreis zahlte die AG an den veräußernden ADS-Inhaber. Umgekehrt soll der Gleichbehandlungsgrundsatz auch gewährleisten, dass in einer Wachstumsphase nicht bestimmte Aktionäre, möglicherweise sogar unter Ausnutzung ihrer Unkenntnis, durch Rückerwerb von der weiteren Wertentwicklung der AG ausgeschlossen werden.157 Eine solche Benachteiligung der Depotbank droht nicht, wenn sie die Aktien in die Verfügungsgewalt der AG stellt. Die Depotbank partizipiert nicht selbst an einer positiven Unternehmensentwicklung. An Kurssteigerungen der ADSs/Aktien nimmt sie nicht teil. Die ADS-Veräußerungserlöse gebühren ausschließlich den veräußernden ADS-Inhabern. Auch Dividendenausschüttungen auf die hinterlegten Aktien stehen wirtschaftlich den ADS-Inhabern, nicht der Depotbank, zu. Endlich soll der Gleichbehandlungsgrundsatz sichern, dass der Vorstand sich am Marktpreis orientieren muss. Da der Vorstand von allen Aktionären pro rata zurück erwerben müsse, könne er die Aktien nicht zu einem besonders hohen oder niedrigen, sondern in aller Regel nur zu einem Durchschnittspreis aufnehmen.158 Da die AG aber für die Rechtseinräumung an die Depotbank überhaupt keinen Erwerbspreis zahlt, besteht auch nicht die Gefahr eines besonders hohen oder niedrigen Preises.
III. Ergebnis Wenn die AG mit einem ADS-Inhaber einen Vertrag über den Erwerb „eigener“ ADSs abschließt, müssen die Erwerbsvoraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG gegeben sein (§ 71d Satz 1 AktG). Ein für diese ADSs vereinbarter Erwerbspreis muss einer Kontrolle anhand der entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 57 AktG standhalten. Will die AG die „eigenen“ ADSs über die Börse erwerben, sind die mitgliedschaftlichen Andienungsrechte – anders als für gewöhnlich beim Aktienerwerb – infolge Unanwendbarkeit von § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 4 AktG nicht generell von 157 158
MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 221. MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 221.
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
Gesetzes wegen ausgeschlossen. Eines förmlichen Ausschlusses von Andienungsrechten bedarf es nur dann nicht, wenn die Andienungsrechte im Einzelfall schon kraft Gesetzes ausgeschlossen sind, weil die Realisierung des Erwerbszwecks im Sinne des § 71 Abs. 1 AktG gerade den börslichen Erwerb „eigener“ ADSs erfordert. Auch ein angestrebter Erwerb der „eigenen“ ADSs über ein öffentliches Angebot oder von ausgesuchten ADS-Inhabern erfordert im Grundsatz stets den förmlichen Ausschluss von Andienungsrechten, es sei denn, der gesetzliche Erwerbszweck bedingt im Einzelfall gerade den Erwerb von ADSs (und gerade von bestimmten ADS-Inhabern). Räumt die Depotbank der AG durch die Umschreibung der ADSs im ADSRegister die durch die ADSs ausgeformte treugeberähnliche Rechtsposition an den eigenen Aktien ein, sind die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG nicht erneut zu beachten. Im Hinblick auf § 57 AktG (entsprechend) ist auf Grundlage der untersuchten Depotverträge problematisch, wenn die AG im Zuge der ADS-Umschreibung gegenüber der Depotbank zur Zahlung einer sog. transfer fee verpflichtet sein sollte. Aus den übrigen Aktien resultierende Andienungsrechte, auf die Rücksicht zu nehmen wäre, bestehen nicht, wenn die AG durch die Umschreibung in die ADS Holder-Stellung einrückt.
B. Originärer ADS-Erwerb der AG Der rechtstechnische Ablauf eines originären ADS-Erwerbs der AG wäre wie folgt: Die AG schließt mit einem Aktionär, nicht mit einem ADS-Inhaber, einen Erwerbsvertrag ab (I.). Vertragsgegenstand sind nicht unmittelbar die vom Aktionär gehaltenen Aktien der AG159, sondern ADSs. Im Anschluss erfüllt der Aktionär seine ADS-Verschaffungspflicht, indem er seine Aktien beim Custodian hinterlegen und zugleich die Depotbank anweisen lässt, für die hinterlegten Aktien eine entsprechende Anzahl von „eigenen“ ADSs an die AG zu emittieren. Die AG wird mit der Eintragung im ADS-Register der Depotbank die erste Inhaberin der neu geschaffenen ADSs (II.). Für die AG, die den Einsatz „eigener“ ADSs plant, ist es von Interesse, ob ein solcher originärer ADS-Erwerb eine ernst zu nehmende Alternative zum derivativen ADS-Erwerb ist, da dieser, wie bereits erörtert, vielschichtigen aktienrechtlichen Vorgaben unterliegt und in seinen Anforderungen nicht nur hinter denen eines derivativen Aktienerwerbs nicht zurückbleibt, sondern hinsichtlich der mitgliedschaftlichen Andienungsrechte sogar zusätzliche Probleme aufwirft. 159 Zu dem Fall, dass die AG direkt eigene Aktien erwirbt und diese im Anschluss selbst in „eigene“ ADSs umtauscht, sogleich unter 4. Teil C.
B. Originärer ADS-Erwerb der AG
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I. Vertrag mit Aktionär Auch beim originären ADS-Erwerb sind die Erwerbsvoraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG zu beachten, wenn die AG den ADS-Erwerbsvertrag abschließt (1.). Ein für die „eigenen“ ADSs vereinbarter Erwerbspreis muss einer Kontrolle nach Maßgabe des § 57 AktG standhalten (2.). Ein förmlicher Ausschluss von Andienungsrechten ist jedenfalls dann generell nicht erforderlich, wenn sich das ADS-Erwerbsangebot der AG an alle Aktionäre gleichermaßen richtet (3.). 1. Erwerbsvoraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG Die Erwerbsvoraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG gelten selbst nach dem sog. weiten Erwerbsbegriff160 nicht unmittelbar, wenn die AG mit einem Aktionär einen ADS-Erwerbsvertrag abschließt. Die AG verpflichtet sich nicht zum Direkterwerb eigener Aktien, sondern (nur) zum Erwerb einer treugeberähnlichen Rechtsposition an eigenen Aktien. Die Erwerbsvoraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG gelten aber mittelbar über die Gleichstellungsnorm des § 71d Satz 1 AktG, wenn die AG mit einem Aktionär einen ADS-Erwerbsvertrag abschließt. Der veräußernde Aktionär besitzt die Aktien im Sinne des § 71d Satz 1 Alt. 2 AktG. Der Erwerbsvertrag ist als Rechnungsvertrag161 zu qualifizieren. Es genügt insofern, dass die AG mit der Erwerbspreiszahlungspflicht das wirtschaftliche Risiko aus den eigenen Aktien übernimmt. Für die Rechtsfolgen der §§ 71d Satz 1, 71 Abs. 1, 2 AktG gelten die Ausführungen beim derivativen ADS-Erwerb162 sinngemäß. 2. Erwerbspreiskontrolle nach § 57 AktG Ein für die „eigenen“ ADSs vereinbarter Erwerbspreis muss den aus § 57 AktG resultierenden Anforderungen genügen. § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG ist beim originären Erwerb direkt anwendbar, wenn sich die AG zur Zahlung eines Erwerbspreises für die „eigenen“ ADSs verpflichtet. Es wird damit die Grundlage gelegt für eine Leistung der AG an einen Aktionär außerhalb des förmlichen Gewinnverteilungsverfahrens. Die Erwerbspreiszahlung ist zwar dem Grunde nach gestattet (§ 57 Abs. 1 Satz 2 AktG). Die Gestattungswirkung bezieht sich jedoch nicht auf die Erwerbspreishöhe. Die §§ 71d Satz 1, 71 Abs. 1, 2 AktG bilden nach hiesiger Ansicht keine ab160 161 162
4. Teil A. I. 1. a). Zu den Voraussetzungen eines Rechnungsvertrags 4. Teil A. I. 1. b) aa) (2). 4. Teil A. I. 1. b) bb).
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
schließende Spezialregelung für den zulässigen (mittelbaren) Aktienerwerb, neben denen für die Anwendung von § 57 AktG kein Raum wäre.163 Für den zulässigen Erwerbspreis bleibt es bei der Grundregel des § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG. Es ist der sog. umgekehrte Drittvergleich164 vorzunehmen. Die Kontrollfrage lautet, ob auch ein beliebiger Dritter anstelle der AG zu denselben Konditionen erworben hätte. Maßgeblich ist damit hier, ob auch ein beliebiger Dritter anstelle der AG die ADSs zu diesem Preis erworben hätte.165 Obergrenze ist demnach grundsätzlich der aktuelle Handelswert der ADSs, also der aktuelle und unter regulären Bedingungen zustande gekommene Börsenkurs der ADSs oder, wenn ein (aussagekräftiger) Börsenkurs fehlt, der an einem anderen Markt gebildete Handelspreis beziehungsweise hilfsweise der nach wirtschaftswissenschaftlichen Grundsätzen ermittelte innere Wert der ADSs. Daraus kann ein (gravierendes) faktisches Erwerbshindernis für die AG resultieren, wenn der maßgebliche ADSReferenzwert (deutlich) unter dem aktuellen Handelswert der Aktien der AG liegt. Kein Aktionär würde seine Aktien in Gestalt von ADSs „unter Wert“ an die AG abgeben.166 Ein Prämien- oder Paketzuschlag auf den ADS-Referenzwert beim öffentlichen Erwerbsangebot oder Paketerwerb ist der AG nach den zum derivativen ADS-Erwerb dargelegten Grundsätzen167 gestattet. 3. Gleichbehandlungsgrundsatz und Andienungsrechte Bei einem auf originären ADS-Erwerb gerichteten öffentlichen Angebot der AG168 bestehen mitgliedschaftliche Andienungsrechte der Aktionäre. Die Vorschrift des § 53a AktG gilt hier unmittelbar. Der Anspruch des Aktionärs geht auf Andienung seiner Aktien in Gestalt von ADSs nach Maßgabe seiner Beteiligungsquote im Verhältnis zu der von der AG nachgefragten Menge an ADSs.169 163
Streitig, siehe 4. Teil A. I. 2. a). Siehe 4. Teil A. I. 2. b). 165 Nicht unmittelbar maßgeblich ist dagegen der aktuelle Handelswert der Aktien der AG, da Vertragsgegenstand eben nicht diese Aktien, sondern ADSs sind. 166 Umgekehrt, wenn auch ohne direkte Folgen für die Erwerbszulässigkeit, kann es problematisch sein, wenn der ADS-Handelswert (deutlich) über dem Aktien-Referenzwert liegt: Der Vorstand setzt sich der Gefahr einer persönlichen Haftung gemäß § 93 AktG aus, wenn er grundlos einen originären ADS-Erwerb anstrengt, obwohl er mindestens genauso gut, aber zu einem (wesentlich) niedrigeren Preis eigene Aktien erwerben und diese in „eigene“ ADSs umtauschen könnte (vgl. Hirsch, S. 168, wonach der Vorstand durch § 93 AktG verpflichtet ist, die eigenen Aktien nicht oder jedenfalls nicht wesentlich unter dem Börsenpreis zu verkaufen). Als unproblematisch erweist sich so nur der Fall, dass sich die Marktwerte von ADSs und Aktien (in etwa) entsprechen. 167 4. Teil A. I. 2. b). 168 Über die Börse kommt ein originärer ADS-Erwerb nicht in Betracht. Dort können entweder Aktien vom Aktionär oder ADSs vom ADS-Inhaber erworben werden, nicht jedoch ADSs vom Aktionär. 169 Bei der Dutch Auction reduziert sich der Anspruch darauf, im Verhältnis zu gleichbietenden Gesellschaftern anteilsmäßig in Höhe der eigenen Beteiligungsquote 164
B. Originärer ADS-Erwerb der AG
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Der wesentliche Punkt ist, dass ein solches Angebot der AG nicht in Andienungsrechte eingreift, sofern es sich an alle Aktionäre richtet. Anders als beim derivativen ADS-Erwerb kann also die AG beim originären ADS-Erwerb ein öffentliches Angebot unterbreiten, ohne dass es des förmlichen Ausschlusses von Andienungsrechten bedarf. Beim originären ADS-Erwerb von ausgesuchten Aktionären bestehen Andienungsrechte kraft Gesetzes nicht, wenn es nach dem Erwerbszweck im Sinne des § 71 Abs. 1 AktG unabweislich ist, von diesen Aktionären zu erwerben.170 Im Übrigen ist stets ein förmlicher Ausschluss der Andienungsrechte der ausgeschlossenen Aktionäre geboten, der in formeller Hinsicht eines mit einfacher Stimmenmehrheit gefassten Ausschlussbeschlusses der Hauptversammlung und in materieller Hinsicht der sachlichen Rechtfertigung bedarf, dass die AG von vornherein nur von ausgewählten Aktionären unter Ausschluss aller übrigen Aktionäre erwerben will. Ähnlich wie beim Paketerwerb von Aktien dürften hinreichende Gründe nur sehr selten vorliegen.
II. Die Rechtsbeziehung zur Depotbank Mit der Eintragung im ADS-Register der Depotbank rückt die AG als die erste Inhaberin der neu geschaffenen ADSs in die durch die ADSs ausgeformte treugeberähnliche Rechtsposition an den hinterlegten eigenen Aktien ein. Aktienrechtlich ist dabei nur problematisch, und zwar mit Blick auf § 57 AktG, dass die Depotverträge einmütig bestimmen, dass „for the issuance of ADSs“ an die Depotbank eine sog. issuance fee zu entrichten ist. 1. Erwerbsverbot des § 56 Abs. 1 AktG In § 56 Abs. 1 AktG ist für die AG das Verbot des originären Erwerbs eigener Aktien normiert. Dort heißt es, dass die Gesellschaft keine eigenen Aktien zeichnen darf. Für den originären Erwerb „eigener“ ADSs gilt dieses Verbot nicht entsprechend. Das Zeichnungsverbot soll die reale Kapitalaufbringung in der AG sicherstellen.171 Es verhindert, dass der AG keine neuen Mittel in Form von Einlagen zugeführt werden, weil die AG mit der Zeichnung eigener Aktien generell sowohl Gläubigerin als auch Schuldnerin der Einlagen wird. Diese Gefahr besteht nicht, wenn die AG erste Inhaberin von „eigenen“ ADSs wird. Eine Personenidentität von Gläubigerin und Schuldnerin des Einlagenanspruchs ist ausgeAktien in Gestalt von ADSs an die AG zu veräußern (vgl. MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 241 zum Aktienerwerb mittels einer Dutch Auction). 170 Vgl. MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 97 ff.; Hirsch, S. 181 f. 171 Allgem. Meinung, siehe nur Hüffer, AktG, § 56 Rn. 1; G/H/E/K-Hefermehl/Bungeroth, § 56 Rn. 1.
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
schlossen, weil die AG mit den ADSs nicht zugleich auch die Inhaberin der zugrunde liegenden Aktien wird. Auch im Übrigen ist die Gefährdungslage für die Kapitalaufbringung der AG nicht annähernd vergleichbar, weil der Hinterleger nach allen Verträgen bei der Hinterlegung der Aktien versichern muss, dass die Einlagen geleistet sind. Bei vertragsgemäßem Verlauf ist damit die Kapitalaufbringung schon realisiert, wenn die AG die ADSs erhält. 2. Erwerbsvoraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG Die Erwerbsvoraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG sind nicht zu beachten, wenn die AG von der Depotbank die treugeberähnliche Rechtsposition an den eigenen Aktien erhält. Es handelt sich um eine schlichte Verschiebung der Aktien innerhalb der Sphäre der AG und damit nicht um einen nach §§ 71d Satz 1, 71 Abs. 1 AktG relevanten Erwerbsvorgang. Der AG werden die Aktien schon ab Abschluss des Erwerbsvertrags mit dem Aktionär gemäß § 71d Satz 1, 3 AktG als eigene zugerechnet.172 3. § 57 AktG Mit Blick auf § 57 AktG bestehen keine Bedenken, wenn der erste ADS-Inhaber, hier also die AG, gegenüber der Depotbank zur Erstattung von Auslagen verpflichtet ist, welche bei dieser im Zuge der ADS-Emission gegenüber Dritten angefallen und dem Grunde und der Höhe nach marktüblich sind.173 Problematischer ist dagegen, dass die Depotverträge einmütig vorsehen, dass an die Depotbank „for the issuance of ADSs“ eine sog. issuance fee zu zahlen ist. Der Gebühreninhalt wird nicht näher erläutert. Der AG ist die Zahlung einer solchen issuance fee nach § 57 AktG (entsprechend) untersagt, wenn mit der Gebühr in irgendeiner Weise auch die Bereitschaft der Depotbank abgegolten werden soll, dass sie dem Erwerber der ADSs, hier also der AG, die wirtschaftliche Verfügungsgewalt an den hinterlegten Aktien einräumt und auch zukünftig gewährt. In diesem Fall wäre der depotvertragliche Gebührentatbestand einschränkend in dem Sinn auszulegen, dass die AG, auf deren Aktien das konkrete ADSProgramm basiert, keine taugliche Schuldnerin der issuance fee ist. Eine entsprechende Einschränkung sehen die Gebührentatbestände vereinzelter Depotverträge explizit vor.174 Für weitere Einzelheiten sei auf die Erläuterungen zur transfer fee verwiesen, die hier sinngemäß gelten.175 172
Siehe 4. Teil E. I., insbesondere Fn. 212. Zu Einzelheiten 4. Teil A. II. 2. 174 Zum Beispiel: „The Company will not pay any fees, expenses or other charges of the Depositary or any agent of the Depositary except in accordance with written agreements entered into between the Depositary and the Company from time to time.“ 175 4. Teil A. II. 2. 173
C. Umtausch eigener Aktien in „eigene‘‘ ADSs
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4. Gleichbehandlungsgrundsatz und Andienungsrechte Mitgliedschaftliche Andienungsrechte der übrigen Aktionäre bestehen nicht, wenn die Depotbank der AG die durch die ADSs ausgeformte treugeberähnliche Rechtsposition an den eigenen Aktien überträgt. Der Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG, in dem die Andienungsrechte gründen, gilt aufgrund der teleologischen Erwägung, dass die beim (mittelbaren) Aktienerwerb mit ihm verfolgten Schutzzwecke bei diesem Vorgang allesamt nicht berührt sind, nicht. Die Ausführungen zum derivativen ADS-Erwerb gelten entsprechend.176
III. Ergebnis Für die AG, die „eigene“ ADSs verwenden will, ist der originäre ADS-Erwerb – unabhängig von möglicher Skepsis der Aktionäre gegenüber dieser ungewöhnlichen Vorgehensweise – nur sehr bedingt eine Alternative zum derivativen ADSErwerb. Auch beim originären ADS-Erwerb müssen beim Abschluss des Erwerbsvertrags die Erwerbsvoraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG erfüllt sein. Ein für die ADSs vereinbarter Erwerbspreis unterliegt auch hier der Kontrolle nach Maßgabe des § 57 AktG. Da der aktuelle Handelswert der ADSs, nicht der Handelswert der Aktien, der Referenzwert ist, kann daraus für die AG ein faktisches Erwerbshindernis resultieren, wenn der Handelswert der ADSs (deutlich) unter dem der Aktien liegt. Für den Vorstand ist nur der Fall völlig unproblematisch, dass sich die Marktwerte von ADSs und Aktien nahezu entsprechen. Der förmliche Ausschluss von mitgliedschaftlichen Andienungsrechten ist zwar beim originären ADS-Erwerb, anders als beim derivativen, in einer Variante generell vermeidbar. Die AG ist dann aber auf ein öffentliches Erwerbsangebot festgelegt, das sich an alle Aktionäre gleichermaßen richtet. Im Rechtsverhältnis der AG zur Depotbank ist nur problematisch, wenn die AG im Zuge der Emission der „eigenen“ ADSs zur Zahlung einer sog. issuance fee verpflichtet sein sollte.
C. Umtausch eigener Aktien in „eigene“ ADSs Der rechtstechnische Ablauf des Umtauschs eigener Aktien durch die AG in „eigene“ ADSs stellt sich anhand der depotvertraglichen Regelungen in groben Zügen wie folgt dar: Die AG überträgt im Zuge der Hinterlegung der eigenen Aktien beim Custodian das rechtliche Eigentum an diesen Aktien auf die Depotbank (I.). Nach Erhalt einer entsprechenden Anweisung trägt die Depotbank die Gesellschaft entsprechend der Anzahl der hinterlegten Aktien als ADS-Inhaberin 176
4. Teil A. II. 3.
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
in das ADS-Register ein (II.). Die AG ist die erste Inhaberin der neu geschaffenen ADSs. Angesichts der ADS-spezifischen Hürden, die sowohl beim derivativen als auch beim originären ADS-Erwerb bestehen, könnte es für die AG, die „eigene“ ADSs verwenden will, eine sinnvolle Option sein, eigene Aktien (über die Börse) zu erwerben, diese anschließend in „eigene“ ADSs umzutauschen und diese ADSs ihrer angedachten Verwendung zuzuführen. Ähnlich könnte es für die AG, die sich gegenwärtig aufgrund der Vorgaben des § 71 Abs. 1, 2 AktG, etwa aufgrund der Kapitalgrenze des § 71 Abs. 2 Satz 2 AktG, am Hinzuerwerb weiterer Aktien/ADSs gehindert sieht, interessant sein, einen anvisierten ADS-Einsatz zu realisieren, indem sie auf eigene Aktien in ihren Beständen zurückgreift und diese in „eigene“ ADSs umtauscht.
I. Hinterlegung der eigenen Aktien Aktienrechtlich fundierte Beschränkungen bestehen nicht, wenn die AG die eigenen Aktien auf die Depotbank überträgt. 1. Voraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG Die Vorgaben des § 71 Abs. 1 und 2 AktG gelten nur für den (mittelbaren) Aktienerwerb der AG. Sie sind somit nicht von unmittelbarer Relevanz, wenn die AG eigene Aktien auf eine andere Person überträgt. Die AG sollte jedoch schon bei der Hinterlegung vergegenwärtigen, dass sie bei der Wiederausgabe der Aktien an einen (gesetzlichen) Erwerbszweck, auf den der frühere Aktienerwerb gestützt wurde, grundsätzlich gebunden ist. Durch die geplante Verwendung der Aktien in Gestalt von ADSs darf der ursprüngliche Erwerbszweck nicht vereitelt werden.177 Dringend ist diese Problematik bei der Hinterlegung der Aktien freilich noch nicht, da der AG bis zur Veräußerung der „eigenen“ ADSs hinsichtlich der hinterlegten Aktien ein vertraglicher Wiederherausgabeanspruch zusteht, mit dessen Hilfe eine drohende Zweckvereitelung noch korrigiert werden könnte. 2. § 57 AktG Der Anwendungsbereich von § 57 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 AktG (entsprechend) ist nicht eröffnet, wenn die AG die eigenen Aktien unentgeltlich auf die Depotbank überträgt, obwohl die Depotbank regelmäßig schon Aktien der AG hält und 177 Vgl. Hirsch, S. 181 f. mwN zur Bindung des Vorstands an den Erwerbszweck und den Ausnahmefällen, in denen die Zweckbindung entfallen kann.
C. Umtausch eigener Aktien in „eigene‘‘ ADSs
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so bereits Aktionärin der AG ist. Der Grund ist, dass die Aktienübertragung zu keinem nach § 57 AktG relevanten Vermögensabfluss bei der AG führt. Dies beruht aber nicht auf der namentlich von Bezzenberger angestellten Erwägung, dass eigene Aktien in den Händen der AG im Grunde nur „wertlose Rechtshülsen“ seien178. Einmal räumt dieser selbst zutreffend ein, dass eigenen Aktien auch in den Händen der AG ein gewisser Vermögenswert zuzumessen ist, weil die Veräußerung eigener Aktien im Vergleich zur Ausgabe neuer Aktien im Rahmen einer Kapitalerhöhung weniger zeit- und kostenaufwändig ist. Zudem kommt es bei der Ermittlung eines Vermögensabflusses nicht auf den Wert des Gegenstandes in Händen der AG an. Den allein maßgeblichen Preis bestimmt der Markt.179 Demnach ist entscheidend, dass ein verständiger Dritter bereit wäre, der AG für die Übertragung der eigenen Aktien eine Gegenleistung – den Erwerbspreis – zu erbringen. Die Übertragung der Aktien auf die Depotbank führt jedoch aus einem anderen Grund nicht zu einem Vermögensabfluss bei der AG. Die Aktien verlassen mit ihrer Übertragung auf die Depotbank – trotz des damit verbundenen formalen Inhaberwechsels – nicht die Sphäre der AG. Die Depotbank besitzt die übertragenen Aktien von Anfang an nicht für sich, sondern ausschließlich für den zukünftigen ADS-Inhaber; der AG steht ein ADS-Emissionsanspruch zu. Nach der Emission der ADSs hat die AG umfassende wirtschaftliche Verfügungsgewalt über die Aktien inne (einschließlich eines depotvertraglichen Wiederherausgabeanspruchs bezüglich der Aktien). Ein nach dem Schutzzweck des § 57 AktG – Bindung des Gesellschaftsvermögens – relevanter Vermögensabfluss erfolgt erst, wenn die AG die treugeberähnliche Rechtsposition an den eigenen Aktien an einen fremden Dritten veräußert und ihr fortan der Zugriff auf die eigenen Aktien versperrt ist.180 3. Gleichbehandlungsgrundsatz und Vorerwerbsrechte Wenn die AG eigene Aktien auf die Depotbank überträgt, gilt, wie nachfolgend deutlich wird, aus teleologischen Erwägungen weder der Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG noch bestehen mitgliedschaftliche Vorerwerbs-/ Bezugsrechte der ausgeschlossenen Aktionäre. Nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 3 AktG ist bei der Veräußerung eigener Aktien, die mithilfe eines Ermächtigungsbeschlusses der Hauptversammlung erworben 178
Bezzenberger, Eigene Aktien, S. 44 ff. GroßkommAktG-Henze, § 57 Rn. 57 (zur Tatbestandsmäßigkeit von Zuwendungen zum Selbstkostenpreis). 180 Der Vorstand sollte dennoch schon in diesem Stadium auf § 93 AktG für den Fall achten, dass der Marktpreis der ADSs deutlich unter dem der Aktien liegt und kein hinreichender Grund dafür besteht, anstelle der ertragreicheren Aktien die ADSs zu veräußern, dazu nochmals 4. Teil F. I. 2. (Fn. 311). 179
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
wurden, der Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG anwendbar. Dass dies zumindest missverständlich ist, weil die Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für alle Veräußerungsvorgänge selbstverständlich ist, entspricht allgemeiner Meinung. Umstritten ist dagegen die Existenz von mitgliedschaftlichen Vorerwerbsrechten bei der Veräußerung eigener Aktien.181 Die überwiegende, zutreffende Ansicht bejaht die Existenz solcher Rechte für den Fall, dass die AG eigene Aktien außerhalb der Börse veräußert.182 Der Anspruch des Aktionärs ist darauf gerichtet, von der AG entsprechend seinem Aktienbesitz die zur Veräußerung gestellten eigenen Aktien zu erwerben. Gesetzlicher Beleg für Vorerwerbsrechte der Aktionäre ist die Bestimmung des § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 5 HS 2 AktG, die § 186 Abs. 3, 4 AktG – Regelungen zum Ausschluss des mitgliedschaftlichen Bezugsrechts bei Kapitalerhöhungen gegen Einlagen – für die Veräußerung eigener Aktien für anwendbar erklärt. Der Verweis darf als implizite Anerkennung eines Vorerwerbs-/Bezugsrechts der Aktionäre gedeutet werden.183 Vorerwerbsrechte bestehen nach zutreffender Meinung grundsätzlich auch bei der Veräußerung eigener Aktien, welche die AG nicht mithilfe eines Ermächtigungsbeschlusses der Hauptversammlung erwarb.184 Mit dem Vorerwerbsrecht des Aktionärs wird der Gleichbehandlungsgrundsatz umgesetzt, indem man der Pflicht der AG zur Gleichbehandlung der Aktionäre ein subjektives Erwerbsrecht des Aktionärs gegenüberstellt. Dies darf indes nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Vorerwerbsrecht eine eigenständige Rechtsposition ist.185 Es geht in seiner Reichweite über den Gleichbehandlungsgrundsatz hinaus, weil es dem Aktionär gerade auch dann zur Seite steht, wenn die AG durch eine Veräußerung der Aktien an Dritte alle Aktionäre gleichermaßen ausschließen will.186 181 Dagegen u. a. Lüken, S. 205 f.; Johannsen-Roth, S. 199 ff.; Benckendorff, S. 196 f., 281 f.; Piepenburg, BB 1996, 2582, 2584. 182 U. a. MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 247; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19m; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rn. 130 ff.; Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71 Rn. 40; wohl auch Schäfer, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 47 Rn. 54; Volhard, in: Semler/Bärwaldt, § 35 Rn. 10 f.; Bezzenberger, Eigene Aktien, S. 127 ff.; Seidler, S. 271 f.; Hirsch, S. 172 ff.; Bosse, S. 123 ff.; Möller, S. 139 ff.; Baldamus, S. 185; Wilsing/Siebmann, DB 2006, 881, 883; Habersack, ZIP 2004, 1121 ff.; Markwardt, DB 2006, 1108, 1110; Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1441, 1442; Kiem, ZIP 2000, 209, 214; Huber, in: FS Kropff, 101, 118; DAV ZIP 1997, 163, 172; Martens, AG 1996, 337, 342 f. Im Fall börslicher Veräußerung existieren dagegen generell von Gesetzes wegen (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 4 AktG) keine Vorerwerbsrechte, Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19m; Paefgen, AG 1999, 67, 69 f. 183 Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rn. 134. Bedenken bestehen indes, die Vergleichbarkeit des Vorerwerbsrechts mit dem gesetzlichen Bezugsrecht zu sehr in den Vordergrund zu stellen (so aber namentlich Bosse, S. 127), weil beide Rechte funktional nur sehr eingeschränkt vergleichbar sind (hierzu MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 247). 184 MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 96 ff., 247. 185 Bosse, S. 127.
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Ähnlich wie der Gleichbehandlungsgrundsatz und darauf gründende Andienungsrechte beim Erwerb eigener Aktien sollen der Gleichbehandlungsgrundsatz und die Vorerwerbsrechte bei der Veräußerung eigener Aktien verhindern, dass der Vorstand willkürlich in die Beteiligungsstruktur eingreift, indem sie die Einflussmöglichkeiten des Vorstands bei der Auswahl der Aktienerwerber einschränken.187 Eine Verwässerung der Beteiligungsquote bei den neuen Aktionären, die ihre Anteile erst nach dem Aktienerwerb der AG erworben haben und nun bei der Veräußerung nicht zum Zuge kommen sollen, ist zu unterbinden.188 Ferner bringt die Veräußerung eigener Aktien die Gefahr einer Verwässerung des Handelswertes der Aktien durch Ausgabe der Aktien zu einem unter ihrem inneren Wert liegenden Preis mit sich.189 Der Vorstand wird diszipliniert, indem er im Grundsatz allen Aktionären, nicht nur einem ausgesuchten Aktionär, zu einem viel zu niedrigen Preis anbieten müsste. Wird der Preis dennoch zu niedrig angesetzt, hätten alle Aktionäre immerhin noch die Chance, selbst von den günstigen Konditionen durch entsprechende Hinzuerwerbsmöglichkeiten zu profitieren. Eine wesentliche Funktion des Vorerwerbsrechts besteht schließlich darin sicherzustellen, dass den Aktionären im Verhältnis ihrer Beteiligungsquote der erste Zugriff auf die zur Veräußerung stehenden Aktien zusteht. Denn zutreffend ist der Hinweis, dass der Zugriff auf diese Werte niemand anderem als den Aktionären im Verhältnis ihrer Beteiligungsquote zustehen kann. Das AG-Vermögen steht den Aktionären nach Maßgabe ihrer Kapitalbeteiligung zu. Die erworbenen Aktien zählen zu diesem Vermögen. Die Realisierung von deren Wert tritt indes wegen § 71b AktG erst mit der Veräußerung der eigenen Aktien ein.190 Wenn die AG für den Erhalt „eigener“ ADSs eigene Aktien auf die Depotbank überträgt, sind die von Gleichbehandlungsgrundsatz und Vorerwerbsrechten bei der Veräußerung eigener Aktien eingenommenen Funktionen allesamt nicht berührt. Weder ein willkürlicher Eingriff des Vorstands in die Beteiligungsstruktur der AG noch eine Quotenverwässerung bei neuen Aktionären drohen. Die Übertragung der Aktien auf die Depotbank ist ohne Einfluss auf die Beteiligungsstruktur der AG und die einzelnen Beteiligungsquoten. Die Aktien verlassen mit der Übertragung nicht die Sphäre der AG. Bei einem derivativen/originären ADS-Erwerb werden die Aktien ab dem Abschluss des ADS-Erwerbsvertrags der AG 186 Nach der Gegenansicht ist der fehlende Verweis in § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 5 AktG auf § 186 Abs. 1 AktG und der Wortlaut des zweiten Halbsatzes („in diesem Fall“) Beleg dafür, dass die Normen über das Bezugsrecht nur bei einer vom Gleichbehandlungsgrundsatz abweichenden Art der Veräußerung Anwendung finden. 187 MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 247. 188 Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rn. 132; aA (ohne Differenzierung zwischen Alt- und Neuaktionären) MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 247. 189 Hierzu etwa Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rn. 132. 190 MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 247.
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aufgrund der Anwendbarkeit der Gleichstellungsnorm des § 71d Satz 1 AktG im Rahmen von § 71d Satz 3 AktG als eigene zugerechnet. Erst recht müssen die Aktien gemäß § 71d Satz 3 AktG entsprechend der AG als eigene zugerechnet werden, wenn sie als ADS-Inhaberin umfassende wirtschaftliche Verfügungsgewalt über diese Aktien hat.191 Zugleich ruhen auch die Mitgliedsrechte gemäß §§ 71d Satz 4, 71b AktG entsprechend, wenn die AG ADS-Inhaberin ist. Auch dann droht nämlich mittelbar die Aushöhlung der Kompetenzverteilung zwischen Vorstand und Hauptversammlung. Zudem wurde auch für diese Aktien von der AG vormals und ohne bisherige Kompensation ein Erwerbspreis ausgeschüttet, der die erhöhte Vermögensquote der alten Aktionäre weiter rechtfertigt.192 Beteiligungsstruktur- und Quotenrelevanz treten erst ein, wenn die Aktien im Zuge der Veräußerung des ADS-Vehikels an einen fremden Dritten die Sphäre der AG verlassen. Auch eine Verwässerung des Marktpreises der Aktien durch zu niedrige Festsetzung des Veräußerungspreises droht nicht. Im Zuge der Übertragung der Aktien auf die Depotbank wird ein Veräußerungspreis nicht festgesetzt. Endlich wird mit der Aktienübertragung auf die Depotbank auch noch nicht das Recht der Aktionäre auf den ersten Zugriff auf diese Aktien dringlich. Die Aktien verlassen noch nicht die Sphäre der AG, die Realisierung des Werts dieser Aktien tritt noch nicht ein. Beides geschieht erst, wenn die AG die Aktien über das ADS-Vehikel an Dritte veräußert.
II. Die Rechtsbeziehung zur Depotbank Für den Erwerb der durch die ADSs ausgeformten treugeberähnlichen Rechtsposition an den eigenen Aktien von der Depotbank gilt im Prinzip das Gleiche wie beim derivativen und originären ADS-Erwerb. Für Einzelheiten sei auf die Ausführungen dort verwiesen.193 Die Erwerbsvoraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG sind nicht zu beachten, wenn die AG von der Depotbank die „eigenen“ ADSs in Empfang nimmt. Es liegt kein nach §§ 71d Satz 1, 71 Abs. 1, 2 AktG relevanter Erwerbsvorgang vor. Mit Blick auf § 57 AktG ist problematisch, wenn die AG als erste Erwerberin der ADSs gegenüber der Depotbank zur Zahlung einer sog. issuance fee verpflichtet sein sollte. Aus teleologischen Erwägungen bestehen weder Andienungsrechte der ausgeschlossenen Aktionäre noch ist der Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG anwendbar, wenn die AG die „eigenen“ ADSs erhält.
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Eingehend zu § 71d Satz 3 AktG (entsprechend) 4. Teil E. I. Eingehend zu § 71d Satz 4, 71b AktG (entsprechend) 4. Teil E. II. 6. 4. Teil A. II., 4. Teil B. II.
D. ADS-Erwerb vom Dritten im Sinne des § 71d Satz 1, 2 AktG
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III. Ergebnis Wenn die AG im Zuge der Hinterlegung eigener Aktien beim Custodian diese auf die Depotbank überträgt, bestehen keine unmittelbaren aktienrechtlich fundierten Beschränkungen. Bei der ADS-Emission ist nur der Fall problematisch, dass die AG als erste ADS-Inhaberin zur Zahlung einer sog. issuance fee an die Depotbank verpflichtet sein sollte. Ein kombiniertes Vorgehen aus Aktienerwerb und anschließendem Umtausch in „eigene“ ADSs erweist sich damit für die AG, die „eigene“ ADSs einsetzen will, als ernsthafte und teils sogar rechtlich gebotene194 Alternative zum derivativen oder originären Erwerb „eigener“ ADSs.
D. ADS-Erwerb vom Dritten im Sinne des § 71d Satz 1, 2 AktG Welche aktienrechtlichen Vorgaben in dem Sonderfall bestehen, dass die AG die „eigenen“ ADSs von einem Dritten im Sinne des § 71d Satz 1, 2 AktG – mittelbarer Stellvertreter oder Tochterunternehmen – erwirbt, ist nun zu untersuchen. Rechtstechnisch sind folgende Abläufe denkbar: Mittelbarer Stellvertreter oder Tochterunternehmen sind Inhaber von ADSs oder Aktien der (Mutter-)AG. Letztere schließt mit dem Tochterunternehmen einen Vertrag über den (derivativen/ originären) Erwerb „eigener“ ADSs ab (I.) oder sie veranlasst schlicht, dass Stellvertreter oder Tochter die gehaltenen ADSs beziehungsweise die gehaltenen Aktien in Gestalt von ADSs auf die (Mutter-)AG übertragen.195 Nach entsprechender Anweisung schreibt die Depotbank die ADSs im ADS-Register auf die (Mutter-)AG um beziehungsweise sie trägt die (Mutter-)AG dort als erste Inhaberin der neu geschaffenen ADSs ein (II.).
I. Vertrag mit Tochterunternehmen Schließt die AG mit einem Tochterunternehmen im Sinne des § 71d Satz 2 AktG einen Erwerbsvertrag über „eigene“ ADSs ab, muss sie nur darauf achten, dass in vielen Fällen der für die ADSs vereinbarte Erwerbspreis einer Kontrolle anhand von § 57 AktG standhalten muss.
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4. Teil A. I. 3. b) bb). Ein selbständiger Erwerbsvertrag der AG mit dem Vertreter ist dagegen kaum denkbar, weil bereits dem ADS-/Aktienerwerb des Vertreters ein Vertragsverhältnis zwischen ihm und der AG zugrunde lag, aus dem der AG schon ein Herausgabeanspruch bezüglich der ADSs/Aktien (etwa § 667 BGB) zusteht. 195
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
1. Erwerbsvoraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG Die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG sind nicht zu beachten, wenn die Mutter-AG mit einer Tochter einen ADS-Erwerbsvertrag abschließt. Es wird damit nicht die Grundlage für einen nach §§ 71 ff. AktG relevanten Erwerb gelegt. Denn der Mutter-AG werden die fraglichen Aktien bereits ab dem Erwerb des Tochterunternehmens als eigene zugerechnet (§§ 71d Satz 2 Alt. 1 oder 2, 71d Satz 3 AktG).196 Der Erwerbsvertrag ist somit nur die Basis für eine Verschiebung der Aktien innerhalb der Sphäre der Mutter-AG.197 2. Erwerbspreiskontrolle nach § 57 AktG Soweit eine Erwerbspreiskontrolle anhand von § 57 AktG erfolgt, muss die Mutter-AG darauf achten, dass der für die „eigenen“ ADSs vereinbarte Erwerbspreis die historischen Anschaffungskosten des Tochterunternehmens nicht übersteigt. § 57 AktG ist infolge teleologischer Reduktion unanwendbar, wenn die Mutter-AG 100 Prozent der Anteile des Tochterunternehmens hält (wirtschaftliche Vollidentität). In diesem Fall ist der Schutzzweck des § 57 AktG – der Erhalt des AG-Vermögens – nicht berührt, weil bei wirtschaftlicher Sicht eine das Gesellschaftsvermögen nicht mindernde Leistung der Mutter-AG an sich selbst vorliegt. Im Übrigen ist der Tatbestand von § 57 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 AktG (entsprechend) erfüllt, wenn die Mutter-AG sich gegenüber der Tochter zur Zahlung eines Erwerbspreises für die ADSs verpflichtet. Es wird die Basis für eine AGZuwendung an einen (wirtschaftlichen) Aktionär geschaffen, die nur mit dessen (mittelbarer) Gesellschaftsbeteiligung erklärbar ist und nicht nach § 57 Abs. 1 Satz 2 AktG (entsprechend) gestattet ist, weil der ADS-Erwerb der Mutter-AG sich außerhalb des Regelungskomplexes der §§ 71d Satz 1, 71 Abs. 1, 2 AktG vollzieht198. 196 Eingehend zu § 71d Satz 3 AktG 4. Teil E. I. Beim Erwerb der Tochter im Sinne des § 71d Satz 2 Alt. 1 AktG (Aktienerwerb) ist für die Zurechnung gemäß § 71d Satz 3 AktG nicht einmal erforderlich, dass die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG eingehalten wurden, weil das Erwerbsgeschäft auch bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen wirksam wird (Hüffer, AktG, § 71d Rn. 13, 16, 20). 197 Zur fehlenden Tatbestandsmäßigkeit rein sphäreninterner Verschiebungen im Rahmen von §§ 71, 71d AktG 4. Teil A. II. 1. 198 Aus dem Rechtsgedanken der §§ 56 Abs. 2, 71d Satz 2 AktG, wonach MutterAG und Tochter auch als rechtliche Einheit gelten, folgt keine teleologische Reduktion des § 57 AktG. Der Rechtsgedanke dient dem Schutz der Gläubiger der Mutter-AG vor mittelbaren Vermögensabflüssen durch Tochterzuwendungen. Hier ginge die Anwendung gerade zu Lasten dieser Gläubiger. Es bliebe unberücksichtigt, dass ein mittelbarer Vermögensabfluss bei der Mutter-AG dergestalt nicht ausgeschlossen ist, dass die Zuwendung als förmliche Ausschüttung auch an außenstehende Minderheitsgesellschafter der Tochter abfließt.
D. ADS-Erwerb vom Dritten im Sinne des § 71d Satz 1, 2 AktG
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Nach dem Rechtsgedanken des § 71d Satz 6 AktG sind der Mutter-AG jedoch Erwerbspreiszahlungen in Höhe der historischen Anschaffungskosten der Tochter für die ADSs/Aktien gestattet: Die AG hat dem Dritten, welcher der AG bereits als eigene zugerechnete Aktien hält, den Gegenwert dieser Aktien zu erstatten, wenn sie die Aktien nach Maßgabe des § 71d Satz 5 AktG herausverlangt (§ 71d Satz 6 AktG). Mit dieser Erstattungspflicht geht aber zugleich eine Erlaubnis für die AG einher, eine entsprechende Zuwendung ohne Rücksicht auf die Verbotsnorm des § 57 AktG zu erbringen. § 71d Satz 6 AktG fungiert so als lex specialis gegenüber § 57 AktG. Hintergrund der Erstattungspflicht ist ganz offensichtlich der Schutz des Dritten. Der bei ihm eintretende Rechtsverlust soll durch die Erstattung des „Gegenwerts“ kompensiert werden. Dieser Schutzgedanke kommt auch hier zum Tragen, wenn die Mutter-AG mit der Tochter den Übergang von „eigenen“ ADSs vereinbart. Der Mutter-AG muss es erlaubt sein, der Tochter den „Gegenwert“ zu erstatten. Im Hinblick auf die schutzwürdige Interessenlage der Tochter macht es keinen Unterschied, ob die Mutter-AG die Herausgabe der eigenen Aktien/ADSs, wie im Fall des § 71d Satz 5 AktG, einseitig durchsetzen oder ob sie die Herausgabe auf dem Verhandlungsweg einvernehmlich herbeiführen will. Allein entscheidend ist, dass die Tochter in beiden Fällen für die Aktien Geld investierte und ihr daher nun ein kompensationsloser Rechtsverlust nicht zugemutet werden kann. Streitig ist allerdings, was mit dem „Gegenwert“ im Sinne des § 71d Satz 6 AktG gemeint ist. Nach verbreiteter Ansicht bezeichnet „Gegenwert“ den Marktwert der Aktien zum Zeitpunkt der Übertragung auf die Mutter-AG.199 Der für die „eigenen“ ADSs vereinbarte Erwerbspreis dürfte demnach den aktuellen Marktwert der ADSs nicht übersteigen.200 Nach anderen Stimmen sind mit „Gegenwert“ die historischen Anschaffungskosten der Tochter gemeint, also der seinerzeit von der Tochter beim (mittelbaren) Aktienerwerb entrichtete Geldbetrag.201 Diese Ansicht erscheint vorzugswürdig. Die Tochter nimmt zwar nicht an einer zwischenzeitlichen Marktwertsteigerung der Aktien teil. Dennoch entspricht diese Ansicht besser dem Schutz des ursprünglichen Aktienerwerbers. Es 199 U. a. Hüffer, AktG, § 71d Rn. 22; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71d Rn. 58; AnwKAktienR-Block, § 71d Rn. 67; wohl auch Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 71d Rn. 26; KölnKommAktG-Lutter, § 71d Rn. 56; G/H/E/K-Hefermehl/Bungeroth, § 71d Rn. 63 ff.; Müller, WPg 1978, 565, 572. 200 Eine andere Frage ist, ob es aus Sicht der Tochter bezüglich § 57 AktG zulässig ist, wenn der ADS-Erwerbspreis unter deren aktuellen Verkehrswert liegt: Vorbehaltlich konzernrechtlicher Spezialbestimmungen (zu deren Reichweite AnwKAktienR-Drinhausen, § 57 Rn. 34; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 57 Rn. 76; Hüffer, AktG, § 311 Rn. 49) gilt § 57 AktG, wenn die Tochter-AG sich zur Übertragung von ADSs auf die Mutter-AG verpflichtet. Für den Mindestpreis dürfte auch hier § 71d Satz 6 AktG Spezialregelung sein, so dass der Erwerbspreis aus Sicht der Tochter nicht unter dem „Gegenwert“ liegen darf. 201 Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71d Rn. 16; MünchKommAktG-Oechsler, § 71d Rn. 69; Zilias/Lanfermann, WPg 1980, 61, 67.
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
ist immerhin sichergestellt, dass die Tochter in jedem Fall, also auch bei einem Kurseinbruch, ihre tatsächlich entstandenen Aufwendungen ersetzt bekommt.202 Da die erworbenen Aktien von Anfang an der Mutter-AG als eigene zugerechnet werden, müssen auch die finanziellen Folgen dieses Erwerbs bei der Mutter, und nicht bei der Tochter, anfallen.203 Darf demnach der ADS-Erwerbspreis die historischen Anschaffungskosten der Tochter für die Aktien/ADSs nicht übersteigen, können praktische Probleme auftreten, wenn der aktuelle Marktwert der ADSs (deutlich) über den historischen Anschaffungskosten liegt. Die Tochter könnte den Vertragsschluss ob der für sie ungünstigen Bedingungen ablehnen. Die Mutter-AG ist indes nicht schutzlos. Sie muss dann ihren Verschaffungsanspruch im Sinne des § 71d Satz 5 AktG (entsprechend) hinsichtlich der ihr bereits zugerechneten Aktien/ADSs gegen die Tochter durchsetzen und ihr dann den „Gegenwert“ gemäß § 71d Satz 6 AktG erstatten. 3. Gleichbehandlungsgrundsatz und Andienungsrechte Auf den Gleichbehandlungsgrundsatz und mitgliedschaftliche Andienungsrechte ausgeschlossener Aktionäre muss die Mutter-AG keine Rücksicht nehmen, wenn sie mit der Tochter den ADS-Erwerbsvertrag abschließt. Ein Eingriff des Vorstands in die Beteiligungsstruktur droht nicht, wenn die AG von einer Tochter „eigene“ ADSs erwirbt. Die Aktien werden der Mutter ab dem Erwerb durch die Tochter gemäß § 71d Satz 2, 3 AktG als eigene zugerechnet. Durch den Abschluss des ADS-Erwerbsvertrages mit der Tochter und dem Einrücken der Mutter-AG in die ADS-Inhaberstellung wird die Zurechnung nicht unterbrochen.204 Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbürgt daneben, dass die AG mit dem Erwerb nicht willkürlich bestimmte Aktionäre vom Risiko ihrer Investition entbindet oder von der zukünftigen Wertentwicklung der AG abschneidet.205 Diese Gefahren sind hier zwar nicht gänzlich von der Hand zu weisen, wenn die Mutter von der Tochter gegen Entgelt „eigene“ ADSs erwirbt. Sie befreit letztlich mit der Tochter mittelbar auch deren mögliche Minderheitsgesellschafter vom Risiko der Investition beziehungsweise schneidet diese von der zukünftigen Wertentwicklung der Aktien ab. Gleichwohl verfängt dies im Ergebnis nicht. Der Dritte oder das Unternehmen haben der AG gemäß § 71d Satz 5 AktG auf ihr Verlangen das Eigentum an den nach § 71d Satz 1, 2 AktG erworbenen Aktien zu verschaffen. Dieser Verschaffungsanspruch gilt vorbehaltlos; aktienrechtliche Be202
Ähnlich MünchKommAktG-Oechsler, § 71d Rn. 66. Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71d Rn. 16; in diesem Sinne auch MünchKommAktG-Oechsler, § 71d Rn. 66 („Gerechtigkeitsgehalt des § 670 BGB“). 204 Eingehender zu § 71d Satz 3 AktG (entsprechend) sogleich 4. Teil E. I. 205 MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 221. 203
D. ADS-Erwerb vom Dritten im Sinne des § 71d Satz 1, 2 AktG
201
schränkungen, etwa aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz, bestehen nicht.206 Er verschafft dem Gedanken Geltung, dass die AG auf diejenigen Aktien Zugriff haben muss, die ihr als eigene zugerechnet werden.207 Dieser Gedanke ist gleichermaßen einschlägig, wenn eine Mutter-AG, wie hier, mit einer Tochter einen Erwerbsvertrag über „eigene“ ADSs abschließt. Die von der Tochter (mittelbar) gehaltenen Aktien werden der Mutter-AG von Anfang an als eigene zugerechnet. Dementsprechend muss die Mutter-AG die „eigenen“ ADSs ohne Beschränkungen aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz erwerben können. Dass dabei die Mutter-AG, anders als im Fall des § 71d Satz 5 AktG, den (mittelbaren) Erwerb nicht einseitig durchsetzt, sondern den einvernehmlichen Weg über ein vertragliches Erwerbsgeschäft wählt, kann nicht entscheidend ins Gewicht fallen.
II. Die Rechtsbeziehung zur Depotbank Für die Erlangung der durch die ADSs ausgeformten treugeberähnlichen Rechtsposition an den eigenen Aktien von der Depotbank gilt im Prinzip das Gleiche wie beim derivativen/originären ADS-Erwerb von einem fremden Dritten. Für Einzelheiten sei daher auf die dortigen Ausführungen verwiesen.208 Die Erwerbsvoraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG sind nicht zu beachten, wenn die AG von der Depotbank die „eigenen“ ADSs erhält. Es liegt kein nach §§ 71d Satz 1, 71 Abs. 1, 2 AktG relevanter Erwerbsvorgang vor. Mit Blick auf § 57 AktG ist problematisch, wenn die AG im Zuge der Umschreibung oder Emission der ADSs gegenüber der Depotbank zur Zahlung einer transfer fee oder issuance fee verpflichtet sein sollte. Aus teleologischen Erwägungen bestehen weder Andienungsrechte der ausgeschlossenen Aktionäre noch ist der Gleichbehandlungsgrundsatz anwendbar, wenn die AG die „eigenen“ ADSs erhält.
III. Ergebnis Der originäre/derivative ADS-Erwerb der (Mutter-)AG von einem Dritten im Sinne des § 71d Satz 1, 2 AktG – mittelbarer Stellvertreter oder Tochterunternehmen – ist von Beschränkungen weitgehend frei.
206 MünchKommAktG-Oechsler, § 71d Rn. 68; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 71d Rn. 23; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71d Rn. 57; AnwKAktienR-Block, § 71d Rn. 61; G/H/E/K-Hefermehl/Bungeroth, § 71d Rn. 57; KölnKommAktG-Lutter, § 71d Rn. 54. 207 MünchKommAktG-Oechsler, § 71d Rn. 63; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71d Rn. 55; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 71d Rn. 23; Hüffer, AktG, § 71d Rn. 20. 208 4. Teil A. II., 4. Teil B. II.
202
4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
Schließt die AG mit einem Tochterunternehmen eigens einen Erwerbsvertrag über „eigene“ ADSs ab, ist nur zu beachten, dass in vielen Fällen eine Erwerbspreiskontrolle anhand von § 57 AktG erfolgt. Der Erwerbspreis darf nicht über den historischen Anschaffungskosten der Tochter liegen. In der Rechtsbeziehung der AG zur Depotbank ist allein der Fall problematisch, dass die AG im Zuge der Umschreibung oder Emission der „eigenen“ ADSs zur Zahlung einer transfer fee oder einer issuance fee verpflichtet sein sollte.
E. Das Halten „eigener“ ADSs Hat die AG „eigene“ ADSs erworben, drängt sich sogleich die im vorliegenden Kapitel zu beantwortende Frage auf, inwieweit für das Halten der „eigenen“ ADSs dieselben aktienrechtlich fundierten Beschränkungen und Pflichten wie für das Halten eigener Aktien gelten. Der Prüfungsschwerpunkt liegt auf den Regelungen des § 71d Sätze 3–6 AktG (I.–IV.). Daneben geht es aber auch um die Berichtspflicht des § 160 AktG (V.) und um die Vereinbarkeit einer in Depotverträgen vereinzelt anzutreffenden „service fee“ mit § 57 AktG (VI.). Eine Zusammenfassung der Ergebnisse steht am Ende des Kapitels (VII.).
I. Zurechnungsnorm des § 71d Satz 3 AktG Gemäß § 71d Satz 3 AktG gelten für die Berechnung des Anteils eigener Aktien am Grundkapital nach § 71 Abs. 2 Satz 1 und § 71c Abs. 2 die Aktien, die gemäß § 71d Satz 1, 2 AktG erworben wurden, als Aktien der Gesellschaft.209 Bei diesen Anteilsberechnungen sind auch die Aktien hinzuzuzählen, die den von der AG gehaltenen „eigenen“ ADSs zuzurechnen sind. Dies gilt unabhängig davon, ob die Depotbank als Mittlerin dieser Aktien auch aus der Sicht der AG als Aktionär gilt oder nicht. Die Zurechnungsnorm des § 71d Satz 3 AktG gilt zwar nicht direkt. Nach Wortlaut und systematischer Stellung baut sie auf den Tatbeständen des § 71d Sätze 1, 2 AktG auf, die im Verhältnis der AG zur Depotbank gerade nicht anwendbar sind210. § 71d Satz 3 AktG gilt indes wegen vergleichbarer Interessenlage im Wege eines Analogieschlusses entsprechend. Die Aktienzurechnung rechtfertigt, dass 209 Auf die zu den Zwecken nach Absatz 1 Nr. 1 bis 3, 7 und 8 erworbenen Aktien dürfen zusammen mit anderen Aktien der AG, welche diese bereits erworben hat und noch besitzt, nicht mehr als zehn vom Hundert des Grundkapitals entfallen (§ 71 Abs. 2 Satz 1 AktG). Entfallen auf die Aktien, welche die AG nach § 71 Abs. 1 in zulässiger Weise erworben hat und noch besitzt, mehr als zehn vom Hundert des Grundkapitals, so muß der Teil der Aktien, der diesen Satz übersteigt, innerhalb von drei Jahren nach dem Erwerb der Aktien veräußert werden (§ 71c Abs. 2 AktG). 210 4. Teil A. II. 1., 4. Teil B. II. 2., 4. Teil C. II., 4. Teil D. II.
E. Das Halten „eigener‘‘ ADSs
203
die Aktien schon beim Erwerb gemäß § 71d Satz 1, 2 AktG Aktien der AG gleichgestellt wurden.211 Diesen zentralen Aspekt erfüllen auch die Aktien, die den ADSs der AG zugrunde liegen. Diese Aktien wurden bereits beim Abschluss des ADS-Erwerbsvertrags zwischen der AG und dem Veräußerer infolge der Anwendung von § 71d Satz 1 AktG Aktien der AG gleichgestellt. Sie verließen die Sphäre der AG seitdem nicht mehr. Die Rechtsposition der AG an den Aktien verstärkte sich sogar noch. Seit dem Einrücken in die ADS-Inhaberstellung hat die AG weitreichende Verfügungsgewalt über diese Aktien (einschließlich eines depotvertraglichen Herausgabeanspruchs gegen die Depotbank). Das derart qualifizierte und verfestigte Näheverhältnis der AG zu den Aktien lässt ernsthafte Zweifel an deren Zurechenbarkeit nicht entstehen. Dass im Verhältnis der AG zur Depotbank kein Erwerbsvorgang im Sinne des § 71d Satz 1 AktG erfolgte, bleibt nach dem materialen Zweck des § 71d Satz 3 AktG ohne Belang.212 Auch Aktien, die im Fall von pre-release ADSs noch nicht beim Custodian hinterlegt sind, aber nach depotvertraglicher Maßgabe213 für „eigene“ ADSs der AG bereits vorbestimmt sind, zählen in entsprechender Anwendung des § 71d Satz 3 AktG bereits zum Bestand der AG. Denn auch diese Aktien wurden bereits beim Abschluss des ADS-Erwerbsvertrags nach § 71d Satz 1 AktG Aktien der AG gleichgestellt.214 Anschaulich wird die Zurechnung dadurch bestätigt, dass die AG die Hinterlegung der Aktien beim Custodian nicht verhindern kann. Der erste ADS-Inhaber übernahm die unbedingte Pflicht zur unverzüglichen Hinterlegung. Die Zurechnungsnorm des § 71d Satz 3 AktG dürfte im Übrigen auch für Aktien gelten, an denen der AG insgesamt, also unter Berücksichtigung ihres gesamten ADS-Bestands, nur Bruchteile zustehen (Bruchteil-ADSs). Entscheidend ist, dass auch diese Aktien-„Bruchteile“ Aktien der AG gleichgestellt wurden, weil auch für sie beim Abschluss des ADS-Erwerbsvertrags § 71d Satz 1 AktG zu beachten war.
II. Verweisungsnorm des § 71d Satz 4 AktG Die Vorschriften der §§ 71 Abs. 3, 4, 71a bis 71c AktG gelten gemäß § 71d Satz 4 AktG sinngemäß für die Aktien, die nach § 71d Satz 1 oder 2 AktG erworben wurden. Für die von der AG erworbenen „eigenen“ ADSs folgt daraus im Einzelnen: 211
Begr. RegE BT-Drucks. 8/1678, S. 17. Im Verhältnis der AG zum Veräußerer gilt die Zurechnungsnorm des § 71d Satz 3 AktG ab Abschluss des ADS-Erwerbsvertrags – infolge unmittelbarer Anwendbarkeit von § 71d Satz 1 AktG – sogar direkt. Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer teleologischen Reduktion von § 71d Satz 3 AktG sind nicht ersichtlich. 213 2. Teil A. II. 214 4. Teil A. I. 1. b) aa) (2) (c). 212
204
4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
1. § 71 Abs. 3 Satz 1 AktG (Unterrichtungspflicht) Die Unterrichtungspflicht nach § 71 Abs. 3 Satz 1 AktG kann bei „eigenen“ ADSs der AG von Bedeutung sein. Gemäß § 71 Abs. 3 Satz 1 AktG hat der Vorstand beim Direkterwerb eigener Aktien im Sinne des § 71 Abs. 1 Nr. 1, 8 AktG die nächste Hauptversammlung über die Gründe und den Zweck des Erwerbs, über die Zahl der erworbenen Aktien und den auf sie entfallenden Betrag des Grundkapitals, über deren Anteil am Grundkapital sowie über den Gegenwert der Aktien zu unterrichten. Bei größeren Rückkäufen dürfte indes im Grundsatz, um die Hauptversammlung nicht zu überfrachten, anstelle der Darlegung aller einzelnen Erwerbsvorgänge eine Darstellung der Erwerbsaktivitäten in groben Zügen genügen.215 Selbst beim Aktienerwerb im Sinne des § 71d Satz 1, 2 AktG ist die Unterrichtung allein vom Vorstand der (Mutter-)AG gegenüber ihrer Hauptversammlung geschuldet.216 Sinn der Unterrichtungspflicht ist, den Aktionären eine selbständige Beurteilung der Zulässigkeit des Erwerbs zu erlauben.217 Auch auf die Aktien, die „eigenen“ ADSs der AG (einschließlich BruchteilADSs) zugrunde liegen und von der AG im Berichtszeitraum derivativ oder originär von einem fremden Dritten unter Berufung auf § 71 Abs. 1 Nr. 1 oder 8 AktG erworben wurden, erstreckt sich die Unterrichtungspflicht gemäß §§ 71d Satz 4, 71 Abs. 3 Satz 1 AktG entsprechend.218 Ausschlaggebend ist, dass für diese Aktien beim Abschluss des Erwerbsvertrags die Vorgaben des § 71 Abs. 1, 2 AktG zu beachten waren, so dass der Hauptversammlung im Gegenzug auch eine entsprechende Kontrollmöglichkeit eröffnet sein muss.219 Die Unterrichtungspflicht besteht auch, wenn die erworbenen ADSs vor der Hauptversammlung bereits wieder veräußert wurden. Das Kontrollbedürfnis hinsichtlich der Erwerbsaktivitäten des Vorstands bleibt davon unberührt. Sollte die AG pre-release ADSs unter Berufung auf § 71 Abs. 1 Nr. 1 oder 8 AktG erwerben, trifft sie gleichfalls schon 215
Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 71 Rn. 48. MünchKommAktG-Oechsler, § 71d Rn. 9, 52; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71d Rn. 12, 46. 217 Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 71 Rn. 48. Kritisch MünchKommAktGOechsler, § 71 Rn. 328 zu der in Begr. RegE BT-Drucks. 8/1678, S. 15 genannten Funktion (Unterrichtungspflicht als Gegenstück zur HV-Ermächtigung im Sinne des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG). 218 Im Ergebnis ebenso Röhler, S. 304 (§§ 71d Satz 4, 71 Abs. 3 Satz 1 AktG direkt). 219 Die Unterrichtungspflicht erstreckt sich im Übrigen auch auf Aktien, über die bereits ein ADS-Erwerbsvertrag unter Berufung auf § 71 Abs. 1 Nr. 1, 8 AktG abgeschlossen wurde, für die aber noch keine „eigenen“ ADSs ausgegeben wurden. §§ 71d Satz 4, 71 Abs. 3 Satz 1 AktG gelten im Verhältnis zum Veräußerer unmittelbar. Dies überzeugt auch in der Sache. Die Vorgaben des § 71 Abs. 1, 2 AktG waren bereits zu beachten, so dass die Hauptversammlung auch schon ihre Kontrollfunktion wahrnehmen können muss. 216
E. Das Halten „eigener‘‘ ADSs
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die Unterrichtungspflicht der §§ 71d Satz 4, 71 Abs. 3 Satz 1 AktG, obwohl die zugehörigen Aktien noch nicht beim Custodian hinterlegt sind, sondern bislang lediglich nach depotvertraglicher Maßgabe220 für die in Rede stehenden ADSs vorbestimmt sind. Das Kontrollbedürfnis besteht, weil die Voraussetzungen des § 71 AktG gleichfalls schon beim Abschluss des Erwerbsvertrags zu beachten waren.221 Keine Unterrichtungspflicht besteht demgegenüber für Aktien, die „eigenen“ ADSs der AG zuzurechnen sind und die von der AG im Berichtszeitraum durch einen Umtausch eigener Aktien oder von einem Dritten im Sinne des § 71d Satz 1, 2 AktG erworben wurden. Bei diesen ADS-Erwerbsvorgängen waren Vorgaben des § 71 AktG nicht zu beachten, so dass der Anknüpfungspunkt der Unterrichtungspflicht nicht gegeben ist. Inhaltlich muss die Unterrichtung folgenden Anforderungen genügen: Der Vorstand hat über die Zahl der Aktien, die den erworbenen „eigenen“ ADSs zuzurechnen sind, und über den auf sie entfallenden Betrag des Grundkapitals zu berichten. Als „Gegenwert“ ist das aufgewendete Entgelt222 für die ADSs anzugeben. Die Angaben über Gründe und den Zweck des Erwerbs müssen substantiiert sein, besonders in den Fällen des § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG. Ein bloßer Hinweis auf gesetzliche Vorschriften genügt nicht.223 Die Aktionäre müssen anhand der vom Vorstand dargelegten Gründe in die Lage versetzt sein, nachzuprüfen und selbständig zu beurteilen, ob der Erwerb als zulässig anzusehen ist oder nicht.224 Einer expliziten Erwähnung, dass die eigenen Aktien in Gestalt „eigener“ ADSs erworben wurden, bedarf es damit jedenfalls, soweit dies für die plausible Darstellung des Erwerbsmotivs erforderlich ist. Offen ist indes noch, ob der Vorstand generell darauf hinweisen muss, dass der mittelbare Aktienerwerb über das ADS-Vehikel erfolgte. Dafür spricht, dass insbesondere der derivative ADS-Erwerb spezielle Zulässigkeitsprobleme, namentlich hinsichtlich des Gleichbehandlungsgrundsatzes und der daraus resultierenden Andienungsrechte, aufwirft. Es erscheint demnach durchaus als wünschenswert, die Aktionäre durch die ausdrückliche Bezeichnung als ADS-Erwerb auf die Möglichkeit ADS-spezifischer Erwerbsprobleme aufmerksam zu machen, so dass diese gezielt kontrollieren können. Im Ergebnis dürfte eine entsprechende Mitteilungspflicht gleichwohl zu weit gehen. Der Wortlaut des § 71 Abs. 3 Satz 1 AktG gibt eine so umfassende Kontrollmöglichkeit nicht her. Nach diesem ist über die Gründe und den Zweck des Erwerbs zu berichten, nicht aber über den Ablauf des Erwerbs beziehungsweise die angewendete Erwerbsme220
2. Teil A. II. 4. Teil A. I. 1. b) aa) (2) (c). 222 Vgl. etwa Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71 Rn. 84; AnwKAktRBlock, § 71 Rn. 88; KölnKommAktG-Lutter, § 71 Rn. 33. 223 Vgl. BGHZ 101, 1, 17; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 22; Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71 Rn. 84; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rn. 228. 224 BGHZ 101, 1, 17 (zu § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG). 221
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
thode. Dazu passt, dass die Vorschrift systematisch auf § 71 Abs. 1, 2 AktG aufbaut. Dort ist aber ganz überwiegend nur das „ob“ des Erwerbs geregelt, ob also etwa der Erwerb zur Schadensabwehr im Sinne des § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG notwendig war beziehungsweise ob der Ermächtigungsbeschluss im Sinne des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG eine tragfähige Grundlage für den Erwerb war, weil er sich in den Grenzen dieser Ermächtigung bewegte. Anderes ergibt sich wohl auch nicht daraus, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz, der das „wie“ des Erwerbs betrifft, in § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 3 AktG ausdrücklich für anwendbar erklärt wird. Dessen Verortung in Nummer 8 gilt weithin als redaktionell verunglückt225, so dass der Bestimmung wohl auch vorliegend keine zu große Bedeutung zukommt. Endlich liefert auch Art. 19 Abs. 2 Satz 2 EG-KapitalRiLi 1976, der EG-rechtliche Hintergrund des § 71 Abs. 3 Satz 1 AktG, keinen Beleg für eine über das „ob“ des Erwerbs hinausgehende Kontrollmöglichkeit der Aktionäre. Praktisch hat die Unterrichtungspflicht des § 71 Abs. 3 Satz 1 AktG nur sehr eingeschränkte Bedeutung. Die Unterrichtung der Hauptversammlung darf nach allgemeiner Meinung unterbleiben, wenn die nächste Hauptversammlung diejenige ist, die auch den Jahresabschluss mit den Pflichtangaben über eigene Aktien gemäß § 160 Abs. 1 Nr. 2 AktG entgegennimmt, und diese Angaben so genau sind, dass sie den Anforderungen des § 71 Abs. 3 Satz 1 AktG entsprechen.226 2. § 71 Abs. 3 Satz 2 AktG (Ausgabegebot) Das Ausgabegebot des § 71 Abs. 3 Satz 2 AktG hat der AG-Vorstand im Falle „eigener“ ADSs zu beachten. In § 71 Abs. 3 Satz 2 AktG ist festgelegt, dass die Aktien im Falle des Erwerbs nach Absatz 1 Nr. 2 von der AG innerhalb eines Jahres nach ihrem Erwerb an die Arbeitnehmer auszugeben sind. Da die Verwaltung dabei aber auf die Abnahmebereitschaft ihrer Arbeitnehmer angewiesen ist, kann von ihr sinnvoll kein Abnahmeerfolg, sondern nur die ernsthafte Anstrengung zur Erreichung des Abnahmeerfolgs binnen Jahresfrist verlangt werden.227 Nach erfolglosem Fristablauf bleibt der Erwerb dieser Aktien wirksam, es entsteht jedoch eine Veräußerungspflicht gemäß § 71c Abs. 1 AktG analog, die auch durch nachträgliche Unterbrin225 So etwa Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rn. 116; MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 221; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19j. 226 Etwa Begr. RegE BT-Drucks. 8/1678, S. 15; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 22; MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 332; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rn. 227. Die Anforderungen der beiden Vorschriften sind aber nur ähnlich, nicht identisch, siehe AnwKAktienR-Block, § 71 Rn. 85. § 71 Abs. 3 Satz 1 AktG findet so praktisch nur Anwendung, wenn die nächste Hauptversammlung außerordentlich stattfindet oder wenn die Aktien in der Zeit zwischen dem Bilanzstichtag und der nächsten ordentlichen Hauptversammlung erworben werden (MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 328; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rn. 227). 227 MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 334; KölnKommAktG-Lutter, § 71 Rn. 46.
E. Das Halten „eigener‘‘ ADSs
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gung der Aktien bei der Belegschaft erfüllt werden kann.228 Das Ausgabegebot soll verhindern, dass unter dem Vorwand eines Aktienerwerbs zum Zwecke der Ausgabe an Arbeitnehmer sonstige unerwünschte Zwecke, insbesondere eine Kurspflege, verfolgt werden.229 Auch beim Aktienerwerb im Sinne des § 71d Satz 1, 2 AktG ist allein die (Mutter-)AG verantwortlich.230 Für die Aktien, die durch „eigene“ ADSs der AG repräsentiert werden und von dieser unter Berufung auf § 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG (mittelbar) erworben wurden, gilt das Ausgabegebot der §§ 71d Satz 4, 71 Abs. 3 Satz 2 AktG entsprechend.231 Entscheidend ist, dass auch diese Aktien (mittelbar) unter Berufung auf Nummer 2 erworben wurden. Es ist so auch hier der Gefahr entgegenzuwirken, dass der Erwerb nur unter dem Deckmantel der Arbeitnehmerbeteiligung erfolgte. Das Ausgabegebot gilt damit auch, wenn die AG den Erwerb von prerelease ADSs auf § 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG stützte, auch wenn in diesem Fall die zugehörigen Aktien noch nicht beim Custodian hinterlegt, sondern bislang lediglich nach depotvertraglicher Maßgabe232 für die in Rede stehenden ADSs vorbestimmt sind. Ein spezielles Problem ist der Beginn der Jahresfrist, wenn die AG (derivativ/ originär) „eigene“ ADSs unter Berufung auf § 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG erwirbt. Es kommen zwei Zeitpunkte in Betracht, der Moment des Vertragsschlusses mit dem Dritten und derjenige, zu dem die AG erstmals im ADS-Register als ADSInhaberin geführt wird. Für den frühen Zeitpunkt spricht, dass schon beim Abschluss des ADS-Erwerbsvertrags gemäß § 71d Satz 1 AktG die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG zu prüfen sind und die Aktien damit bereits schon in diesem Moment eigenen Aktien der AG gleichgestellt werden. Es liegt daher nicht fern, der AG auch schon von da an die Verantwortung für die weitere Verwendung der Aktien aufzuerlegen. Dagegen ließe sich einwenden, der Zeitpunkt sei zu früh, es käme zu einer faktischen Verkürzung der für die Absatzbemühungen gesetzlich zugebilligten Zeit, weil die AG erst mit der Eintragung im ADSRegister in die ADS-Inhaberstellung einrückt und so die weitreichende Verfügungsgewalt über die Aktien erlangt. Dieser Einwand dürfte im Ergebnis gleich228 MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 335; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 23; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 71 Rn. 49; KölnKommAktG-Lutter, § 71 Rn. 46. 229 BT-Drucks. 8/1678, S. 15; vgl. auch MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 333. 230 Insbesondere soll auch beim Erwerb der Tochter im Sinne des § 71d Satz 2 AktG die Mutter verantwortlich sein, weil sie – vor allem bei drohendem Fristablauf – die Aktien mittels des Verschaffungsanspruchs nach § 71d Satz 5 AktG an sich ziehen kann, MünchKommAktG-Oechsler, § 71d Rn. 53; Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71 Rn. 14; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 71d Rn. 12; Zilias/Lanfermann, WPg 1980, 61, 66; differenzierend Hüffer, AktG, § 71d Rn. 15 (Verantwortung der Mutter nur, wenn sie Tochtererwerb veranlasste), Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71d Rn. 47 und KölnKommAktG-Lutter, § 71d Rn. 18. 231 Im Ergebnis auch Röhler, S. 304 (§§ 71d Satz 4, 71 Abs. 3 Satz 2 AktG direkt). 232 Siehe 2. Teil A. II.
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
wohl nicht verfangen. Den Zeitraum zwischen Vertragsschluss und ADS-Erwerb kann die AG bereits nutzen. Mit dem Vertragsschluss hat die AG Gewissheit über das für die Arbeitnehmer bereit stehende ADS-Volumen, zugleich lässt sich der Lieferzeitraum zumindest in groben Zügen bereits bestimmen. Die AG kann damit schon ab Vertragsschluss wesentliche Vorkehrungen treffen, um die ADSs nach Lieferung den angeworbenen Arbeitnehmern zur Verfügung zu stellen. Ein wichtiger Aspekt ist ferner, dass der AG gegen den Veräußerer neben dem vertraglichen Anspruch auch der Verschaffungsanspruch des § 71d Satz 5 AktG zusteht, um bei gravierenden Verzögerungen doch noch fristgerecht die ADSs/Aktien zu erlangen233. Beim Tochtererwerb im Sinne des § 71d Satz 2 AktG stützt man die Verantwortlichkeit der Mutter-AG jedenfalls maßgeblich auf diesen Verschaffungsanspruch.234 Endlich ist der AG der frühe Fristlauf zumutbar, weil die Rechtsfolgen des erfolglosen Fristablaufs nicht allzu gravierend sind. Insbesondere verbleibt noch immer die Möglichkeit, die ADSs an die Belegschaft weiterzugeben. Ohnehin dürfte sich die praktische Bedeutung der Frage nach dem Fristlauf in engen Grenzen halten, weil typischerweise nur kurze Zeit zwischen dem Abschluss des ADS-Erwerbsvertrags und den Registeraktivitäten der Depotbank liegt. Auch bei pre-release ADSs beginnt der Fristlauf demnach nicht erst mit der ADS-Umschreibung im ADS-Register beziehungsweise der Hinterlegung der vorbestimmten Aktien, sondern schon mit dem Abschluss des Erwerbsvertrags. 3. § 71 Abs. 4 AktG Die Vorschrift des § 71 Abs. 4 AktG, wonach ein Verstoß gegen § 71 Abs. 1 und 2 AktG den Erwerb eigener Aktien zwar nicht unwirksam macht, ein entsprechendes schuldrechtliches Geschäft jedoch nichtig ist, ist bezüglich „eigener“ ADSs ohne Bedeutung. Der tragende Grund dieser Nichtigkeitssanktion – der Verstoß gegen die Erwerbsvoraussetzungen des § 71 Abs. 1 und 2 AktG – ist im Verhältnis der AG zur Depotbank schon deshalb niemals einschlägig, weil die 233 Im Verhältnis der AG zum Veräußerer gilt § 71d Satz 5 AktG direkt. Die Verschaffungspflicht dürfte sich aber nur auf „eigene“ ADSs, nicht auf eigene Aktien, beziehen. Es soll nur das Zugriffsrecht der AG gewährleistet sein, es soll aber nicht die gesamte Erwerbsabrede einseitig zu Lasten des Veräußerers ausgehebelt werden (vgl. zu diesem Aspekt beim „Gegenwert“ im Sinne des § 71d Satz 6 AktG Cahn, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 71d Rn. 58). (Theoretische) Bedeutung dürfte der Anspruch nur vor Fälligkeit des vertraglichen Anspruchs erlangen. Dann aber obsiegt trotz Abrede das Verschaffungsinteresse der AG: Die Aktien wurden der AG bereits bei Vertragsschluss eigenen Aktien gleichgestellt (§ 71d Satz 1 AktG), so dass sie Zugriff haben muss. Die Erwerbspreishöhe bleibt von der verfrühten Herausgabe unberührt; § 71d Satz 6 AktG ist entsprechend zu modifizieren [4. Teil E. IV. (Fn. 283)]. Mitgliedsrechte des Veräußerers bestehen ohnehin ab Vertragschluss nicht mehr [§§ 71d Satz 4, 71b AktG, 4. Teil E. II. 6. (Fn. 248)]. 234 Fn. 230.
E. Das Halten „eigener‘‘ ADSs
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Erwerbsvoraussetzungen in dieser Beziehung überhaupt nicht zu beachten sind.235 Nur am Rande sei deshalb erwähnt, dass der Verweis in § 71d Satz 4 AktG auf die Nichtigkeitsfolge des § 71 Abs. 4 Satz 2 AktG nach zutreffender Ansicht für den mittelbaren Aktienerwerb im Sinne des § 71d Satz 1 AktG236 ohnehin generell ins Leere geht.237 4. § 71a Abs. 1 AktG Die Norm des § 71a Abs. 1 AktG entfaltet bei „eigenen“ ADSs keine Wirkung. Gemäß § 71a Abs. 1 Satz 1 AktG ist ein Rechtsgeschäft nichtig, das die Gewährung eines Vorschusses oder eines Darlehens oder die Leistung einer Sicherheit durch die AG an einen anderen zum Zweck des Erwerbs von Aktien dieser AG zum Gegenstand hat. Wie der AG ist es gemäß §§ 71d Satz 4, 71a Abs. 1 AktG auch dem mittelbaren Stellvertreter und dem Tochterunternehmen verboten, mit einem Dritten ein entsprechendes Finanzierungsgeschäft, das den Erwerb von Aktien der (Mutter-) AG durch den Dritten ermöglichen soll, abzuschließen.238 Vorliegend ist dieses Verbot gleichwohl ohne Bedeutung. Die Depotbank leistet niemandem eine nach § 71a Abs. 1 AktG relevante finanzielle Unterstützung (financial assistance). 5. § 71a Abs. 2 AktG Die Vorschrift des § 71a Abs. 2 AktG, wonach ein Rechtsgeschäft zwischen der AG und einem anderen nichtig ist, nach dem dieser berechtigt oder verpflichtet sein soll, Aktien für Rechnung der AG zu erwerben, soweit der Erwerb durch die AG gegen § 71 Abs. 1 oder 2 AktG verstößt, ist im Verhältnis der AG zur 235 Auch im Verhältnis AG-Veräußerer ist der Verweis des § 71d Satz 4 AktG ohne Bedeutung: Sind die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG eingehalten, liegt gerade kein Fall des § 71 Abs. 4 AktG vor. Liegt ein Verstoß vor, ergibt sich nach zutreffender Ansicht (siehe Fn. 237) die Nichtigkeit schon unmittelbar aus § 71a Abs. 2 AktG. 236 Anders im Fall des § 71d Satz 2 Alt. 1 AktG, MünchKommAktG-Oechsler, § 71d Rn. 55; Hüffer, AktG, § 71d Rn. 16. 237 U. a. MünchKommAktG-Oechsler, § 71d Rn. 12; Hüffer, AktG, § 71d Rn. 12; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 71d Rn. 14; AnwKAktienR-Block, § 71d Rn. 17; KölnKommAktG-Lutter, § 71d Rn. 63; aA Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71d Rn. 16 ff. (§§ 71d Satz 4, 71 Abs. 4 Satz 1 AktG als mit § 71a Abs. 2 AktG weitgehend identische Regelung); Zilias/Lanfermann, WPg 1980, 61, 66 f. Die Nichtigkeitsfolge kann nur wirken, wenn der Aktienerwerb für die AG zunächst einmal rechtsgültig ist. Dies ist beim Aktienerwerb im Sinne des § 71d Satz 1 AktG aber nur der Fall, wenn das Rechtsverhältnis zwischen der AG und dem Dritten nicht schon gemäß § 71a Abs. 2 AktG nichtig ist, was aber wiederum voraussetzt, dass die Erwerbsvoraussetzungen des § 71 Abs. 1 und 2 AktG – gerade gegensätzlich zu § 71 Abs. 4 AktG – erfüllt sind. 238 Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 71d Rn. 16; Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71d Rn. 10, 18.
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
Depotbank allein deshalb bedeutungslos, weil die Erwerbsvoraussetzungen des § 71 Abs. 1 und 2 AktG in dieser Beziehung nicht zu beachten sind. Der tragende Grund des § 71a Abs. 2 AktG – die Durchsetzung der Erwerbsvoraussetzungen – liegt so niemals vor. Keine eigenständige Bedeutung erlangt deshalb, dass der Verweis in § 71d Satz 4 AktG auf § 71a Abs. 2 AktG, ähnlich wie der auf § 71 Abs. 4 AktG, beim mittelbaren Stellvertreter generell ohne Anwendungsbereich ist: Werden bei dessen Aktienerwerb die Erwerbsvoraussetzungen nicht eingehalten, ergibt sich die Nichtigkeit des Rechtsverhältnisses zwischen der AG und dem Vertreter schon unmittelbar aus § 71a Abs. 2 AktG.239 Werden die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 und 2 AktG beachtet, fehlt es an dem für die Nichtigkeitssanktion des § 71a Abs. 2 AktG essentiellen Verstoß.240 6. § 71b AktG (Mitgliedsrechte) Die §§ 71d Satz 4, 71b AktG gelten für „eigene“ ADSs der AG entsprechend.241 Gemäß § 71b AktG stehen der AG aus eigenen Aktien keine Rechte zu. Die einzige Ausnahme bildet § 215 Abs. 1 AktG, wonach eigene Aktien an der Erhöhung des Grundkapitals im Zuge einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln teilnehmen.242 Der Vorschrift des § 71b AktG liegt Art. 22 Abs. 1 lit. a EG-KapitalRiLi 1976 zugrunde, soweit das Ruhen des Stimmrechts aus eigenen Aktien angeordnet ist. Die Suspendierung der Verwaltungsrechte verhindert eine Aushöhlung der Kompetenzverteilung zwischen Vorstand und Hauptversammlung. Der Vorstand soll nicht auf die Beschlüsse der eigenen Hauptversammlung Einfluss nehmen können.243 Mit Blick auf die mitgliedschaftlichen Vermögensrechte trägt die Norm einmal dem Umstand Rechnung, dass die Rechtsordnung Ansprüche gegen sich selbst nicht zulässt.244 Weiter ist zu beachten, dass der entgeltliche Erwerb eigener Aktien zu einer Minderung des Vermögens führt, das der AG für die Ausschüttungen an die verbliebenen Aktionäre zur Verfügung steht. Diesen Nachteil soll ein Quotenzuwachs der verbliebenen Aktionäre kompensie239 Siehe nur Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 71d Rn. 17; MünchKommAktGOechsler, § 71d Rn. 4; Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71d Rn. 9; Benckendorff, S. 261. 240 Auch im Verhältnis der AG zum Veräußerer ist der Verweis in § 71d Satz 4 AktG auf § 71a Abs. 2 AktG dementsprechend ohne Bedeutung. 241 Im Ergebnis auch Röhler, S. 304 (§§ 71d Satz 4, 71b AktG direkt). 242 Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71b Rn. 3; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71b Rn. 10; Hüffer, AktG, § 71b Rn. 5. 243 Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71b Rn. 2; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 71b Rn. 1; AnwKAktienR-Block, § 71b Rn. 1; KölnKommAktG-Lutter, § 71b Rn. 2; MünchKommAktG-Oechsler, § 71b Rn. 2. 244 Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71b Rn. 2; ähnlich Bezzenberger, in: Schmidt/ Lutter, AktG, § 71b Rn. 2 und Münch-KommAktG-Oechsler, § 71b Rn. 2.
E. Das Halten „eigener‘‘ ADSs
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ren, der mit dem Ausschluss der Vermögensrechte aus eigenen Aktien einhergeht.245 Auch beim zulässigen Aktienerwerb im Sinne des § 71d Satz 1 AktG gewähren die Aktien anerkanntermaßen keine Mitgliedsrechte (§§ 71d Satz 4, 71b AktG).246 Auf die „eigenen“ ADSs zuzurechnenden Aktien sind die §§ 71d Satz 4, 71b AktG entsprechend anzuwenden, so dass diese Aktien während des ADS-Besitzes der AG keine Mitgliedsrechte gewähren und bei Beschlussfassungen nicht zum vertretenen Kapital zählen247. Dies gilt auch, wenn Namensaktien unterlegt sind und die Depotbank nicht als deren Inhaberin im Aktienregister der AG geführt wird. Im Hinblick auf das Ruhen der Verwaltungsrechte ist wesentlich, dass jedem ADS-Inhaber ein vertragliches Stimmweisungsrecht gegenüber der Depotbank zusteht. Ist die AG ADS-Inhaberin, droht genau die nach § 71b AktG relevante Aushöhlung der Kompetenzverteilung zwischen Vorstand und Hauptversammlung, weil der Vorstand über das Weisungsrecht auf die Abstimmung Einfluss nehmen könnte. Hinsichtlich des Ruhens der Vermögensrechte ist wichtig, dass die AG für die „eigenen“ ADSs für gewöhnlich einen Erwerbspreis zahlte. Die damit verbundene Minderung des ausschüttungsfähigen AG-Vermögens rechtfertigt, wie im Fall von § 71b AktG beziehungsweise §§ 71d Satz 4, 71b AktG direkt, einen quotalen Zuwachs der Vermögensrechte der verbliebenen Aktionäre.248 245
Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71b Rn. 2. U. a. Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71d Rn. 7; Hüffer, AktG, § 71d Rn. 12; AnwKAktienR-Block, § 71d Rn. 16; MünchKommAktG-Oechsler, § 71d Rn. 15 (einschränkend nur für Satz 2, Rn. 58); Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71d Rn. 14 (einschränkend nur für Satz 2, Rn. 51); implizit Benckendorff, S. 261; KölnKommAktG-Lutter, § 71d Rn. 66, § 71b Rn. 2. 247 Vgl. Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71b Rn. 3; MünchKommAktGOechsler, § 71b Rn. 10. 248 Im Verhältnis der AG zum Veräußerer gelten die §§ 71d Satz 4, 71b AktG sogar direkt. Folge ist, dass Mitgliedsrechte aus den Aktien ab Vertragsschluss nicht bestehen. Dies hält insbesondere mit Blick auf die Verwaltungsrechte einer teleologischen Überprüfung stand: Mit Vertragsschluss steht der AG ein ADS-Verschaffungsanspruch zu. Die ADSs (einschließlich der Aktien) sind der AG schon versprochen, es besteht bereits eine verfestigte Nähebeziehung zu den Aktien. Es ist dann die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, dass der Veräußerer ein etwaig zur Ausübung anstehendes Stimm(weisungs)-recht – in „vorauseilendem Gehorsam“ oder auf Druck – schon im Sinne des AG-Vorstands ausübt und man so bereits – auf informellem Wege – in die Kompetenzverteilung zwischen Vorstand und Hauptversammlung eingreift. Die Situation ähnelt dem Fall, dass das Rechtsverhältnis der AG zum Dritten nach § 71a Abs. 2 AktG nichtig ist, wo nach überzeugender Ansicht – wegen der Gefahr der faktischen Durchführung des Geschäfts – §§ 71d Satz 4, 71b AktG gelten sollen, solange sich der Dritte nicht endgültig vom Geschäft lossagt (u. a. MünchKommAktG-Oechsler, § 71d Rn. 15; Hüffer, AktG, § 71d Rn. 10; Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71d Rn. 9; KölnKommAktG-Lutter, § 71d Rn. 63; aA AnwKAktienR-Block, § 71d Rn. 18; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71d Rn. 30). 246
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
Bezüglich Bruchteil-ADSs stellt sich die sehr spezielle Frage, ob die Mitgliedsrechte aus der Aktie vollständig ruhen, an der neben der AG noch weitere ADS-Inhaber berechtigt sind. Dagegen spricht, dass alle von Rechten aus dieser Aktie vollständig abgeschnitten wären. Im Ergebnis dürfte dies gleichwohl nicht verfangen. Die Beeinträchtigung wäre geringfügig, weil die Problematik sich nur bei vereinzelten Aktien stellt, an denen jeder von vornherein nur teilberechtigt ist. Bei einem auf die AG beschränkten Rechtsausschluss wäre die Gefahr nicht ganz von der Hand zu weisen, dass der Vorstand dennoch, unter Missachtung seines Ausschlusses, auf das Stimmrecht aus der Aktie Einfluss nehmen kann.249 Dass die Gefahr praktisch äußerst gering ist, weil die meisten Verträge aktuell ohnehin vorsehen, dass Stimmweisungsrechte in einem solchen Fall nicht bestehen, ist ohne Gewicht. Die Vertragspraxis kann sich ändern. Als erwägenswert erscheint zwar im ersten Moment, wenigstens die Vermögensrechte aus der Aktie aufrechtzuerhalten, die AG aber bei deren interner Verteilung unter den ADS-Inhabern auszuschließen. Dann bliebe aber mangels Neutralisierung der Aktie der Quotenzuwachs bei allen übrigen Aktionären aus.250 Auch bekämen die übrigen Bruchteils-ADS-Inhaber mehr, als ihnen nach der Beteiligungsquote zustünde. Ohnehin kann man den bei Bruchteil-ADSs drohenden Rechtsausschluss zwanglos vermeiden, indem man ADSs in einer solchen Anzahl erwirbt, dass diese die zugehörigen Aktien vollständig repräsentieren. Im Sonderfall von pre-release ADSs ruhen die Mitgliedsrechte aus den Aktien, die zwar noch nicht beim Custodian hinterlegt sind, jedoch nach depotvertraglicher Maßgabe251 bereits für diese ADSs vorbestimmt sind. Denn dass der AGVorstand über die fiduziarische Rechtsbeziehung zwischen der Depotbank und dem Aktionär insbesondere auf die Ausübung des Stimmrechts aus den vorbestimmten Aktien Einfluss nehmen kann, ist nicht ausgeschlossen. Bezüglich der mitgliedschaftlichen Vermögensrechte ist zu vergegenwärtigen, dass die AG sich zur Zahlung eines ADS-Erwerbspreises zumindest schon verpflichtete und die Aktien bereits – über die Depotbank als Mittlerin – für Rechnung der AG gehalten werden. Der Quotenzuwachs bei den übrigen Aktionären als Ausgleich für die Schmälerung des ausschüttungsfähigen Gesellschaftsvermögens bliebe aus, wenn die Vermögensrechte dennoch nicht bereits ruhten.
249 Die Situation ist ebenso mit dem Fall vergleichbar, dass der Vertrag der AG mit dem Dritten nach § 71a Abs. 2 AktG nichtig ist, die Rechte aus den Aktien dennoch zunächst ruhen, vgl. vorstehende Fußnote. 250 Vgl. aber auch MünchKommAktG-Oechsler, § 71d Rn. 58, wonach im Fall von § 71d Satz 2 Alt. 1 AktG der Tochter zum Schutz ihrer Minderheitsgesellschafter die Vermögensrechte aus den Aktien zustehen. 251 Siehe 2. Teil A. II.
E. Das Halten „eigener‘‘ ADSs
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7. Exkurs: Mitgliedspflichten Exkursmäßig ist – als Gegenstück zu den eben erörterten Mitgliedsrechten – das rechtliche Schicksal der mitgliedschaftlichen Pflichten aus den Aktien zu behandeln, die „eigenen“ ADSs der AG zugrunde liegen oder – im Fall von prerelease ADSs – für solche ADSs nach depotvertraglicher Maßgabe bereits vorbestimmt sind. Dass aus eigenen Aktien wegen der Personenidentität von Anspuchsschuldner und Anspruchsgläubiger mitgliedschaftliche Pflichten der AG nicht bestehen, ist nicht normiert, jedoch allgemein anerkannt.252 Anders verhält es sich indes, wenn die Aktien von Dritten im Sinne des § 71d Satz 1, 2 AktG gehalten werden. Die Mitgliedspflichten bestehen nach allgemeiner Meinung mangels Personenidentität von Schuldner und Gläubiger fort.253 Die rechtliche Selbständigkeit des Dritten bleibt insoweit aufrechterhalten. Aus den beim Custodian hinterlegten Aktien bleiben die mitgliedschaftlichen Pflichten mangels Personenidentität von Schuldner und Gläubiger bestehen, während die zugehörigen ADSs von der AG gehalten werden. Verpflichtet ist der (Register-)Aktionär dieser Aktien.254 Die praktische Relevanz dieser Pflichtbindung hält sich freilich in Grenzen, namentlich weil die Einlagepflichten nach den Depotverträgen schon bei der Hinterlegung der Aktien erfüllt sein müssen und eine aktienrechtliche Treubindung wegen fehlender Rechtsausübungskompetenzen aus den Aktien (§§ 71d Satz 4, 71b AktG entsprechend)255 nur theoretisch ist. Bedeutsam bleibt aber etwa die in § 57 AktG normierte Zurückweisungspflicht des Aktionärs bei aktienrechtswidrigen AG-Zuwendungen. Eine Besonderheit ist zu beachten, wenn die AG „eigene“ ADSs durch den Umtausch eigener Aktien erwarb. Diejenigen Mitgliedspflichten aus den Aktien gingen durch Konfusion endgültig unter, die während der Aktienbesitzzeit der AG fällig wurden.256 Auch im Sonderfall von pre-release ADSs bestehen mangels Personenidentität von Schuldner und Gläubiger die Mitgliedspflichten aus den Aktien fort, die nach depotvertraglicher Maßgabe bereits für diese ADSs vorbestimmt sind.
252 Hüffer, AktG, § 71b Rn. 6; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71b Rn. 11; Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71b Rn. 3; AnwKAktienR-Block, § 71b Rn. 13. 253 AnwKAktienR-Block, § 71b Rn. 14, § 71d Rn. 52; MüHdbAG-Wiesner, § 15 Rn. 27; G/H/E/K-Hefermehl/Bungeroth, § 71d Rn. 85; KölnKommAktG-Lutter, § 71d Rn. 67. 254 Auch der Abschluss des ADS-Erwerbsvertrags hat demnach keinen Einfluss auf die Pflichtbindung des Aktionärs der in Rede stehenden Aktien. 255 Siehe 4. Teil E. II. 6. 256 Vgl. Hüffer, AktG, § 71b Rn. 6; KölnKommAktG-Lutter, § 71b Rn. 13, 21; aA (Plichten leben generell in Händen des Erwerbers wieder auf) u. a. Cahn, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 71b Rn. 11.
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
8. § 71c Abs. 1 AktG (Veräußerungspflicht) Die Vorschrift des § 71c Abs. 1 AktG, wonach die unter Verstoß gegen § 71 Abs. 1 und 2 AktG erworbenen eigenen Aktien von der AG innerhalb eines Jahres nach dem Erwerb zu veräußern sind, gilt für die „eigenen“ ADSs zuzurechnenden Aktien nicht. Deren Regelungsziel – die Durchsetzung der Erwerbsvoraussetzungen des § 71 Abs. 1 und 2 AktG – ist nicht berührt, weil die Erwerbsvoraussetzungen im Verhältnis der AG zur Depotbank nicht zu beachten sind. Diese müssen schon zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit dem Veräußerer vorliegen. Dass die §§ 71d Satz 4, 71c Abs. 1 AktG beim Aktienerwerb durch einen mittelbaren Stellvertreter generell ohne Anwendungsbereich sind257, erlangt deshalb keine eigenständige Bedeutung.258 9. § 71c Abs. 2, 3 AktG (Veräußerungs- und Einziehungspflicht) Einer Veräußerungs- und Einziehungspflicht nach § 71c Abs. 2 und 3 AktG kann die AG auch unter Verwendung „eigener“ ADSs entsprechen. Entfallen auf die Aktien, welche die AG nach § 71 Abs. 1 in zulässiger Weise erworben hat und noch besitzt, mehr als zehn vom Hundert des Grundkapitals, so muß gemäß § 71c Abs. 2 AktG der Teil der Aktien, der diesen Satz übersteigt, innerhalb von drei Jahren nach dem Erwerb der Aktien veräußert werden.259 Soweit innerhalb dieser Frist nicht entsprechend veräußert wurde, sind eigene Aktien nach § 237 AktG einzuziehen (§ 71c Abs. 3 AktG).260 Bei der Ermittlung des Aktienbestands sind auch die Aktien der AG zu berücksichtigen, die ein Dritter im Sinne des § 71d Satz 1, 2 AktG hält (§ 71d Satz 3 AktG). Verantwortlich ist gleichwohl in jedem Fall nur die (Mutter-)AG, nicht der Dritte.261 Da die Veräußerungspflicht sicherstellen soll, dass auch der an sich zulässige Bestand an eigenen Aktien wegen der generell für die AG mit eigenen Aktien verbundenen 257 MünchKommAktG-Oechsler, § 71d Rn. 16; Hüffer, AktG, § 71d Rn. 12; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 71d Rn. 21; KölnKommAktG-Lutter, § 71d Rn. 68; implizit Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71d Rn. 7 und AnwKAktienR-Block, § 71d Rn. 16; aA Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71d Rn. 28. Die Ausführungen zum Verweis in § 71d Satz 4 AktG auf § 71 Abs. 4 AktG (4. Teil E. II. 3.) gelten sinngemäß. 258 Auch im Verhältnis AG-Veräußerer sind §§ 71d Satz 4, 71c Abs. 1 AktG demnach ohne Bedeutung. 259 Es besteht Einigkeit, dass der Aktienerwerb auch nach Absatz 2 des § 71 AktG zulässig gewesen sein muss, siehe Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71c Rn. 4 (Redaktionsversehen); MünchKomm-AktG-Oechsler, § 71c Rn. 9. 260 Zu den Rechtsfolgen gescheiterter Einziehungen Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 71c Rn. 13; Hüffer, AktG, § 71c Rn. 8. 261 Begr. RegE BT-Drucks. 8/1678, S. 17; MünchKommAktG-Oechsler, § 71d Rn. 17, 61; Hüffer, AktG, § 71d Rn. 19; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 71d Rn. 22; AnwKAktienR-Block, § 71d Rn. 56 f.; KölnKommAktG-Lutter, § 71d Rn. 41, 68; G/H/-E/K-Hefermehl/Bungeroth, § 71d Rn. 51, 88; Zilias/Lanfermann, WPg 1980, 61, 66; aA Müller, WPg 1978, 572.
E. Das Halten „eigener‘‘ ADSs
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Risiken dauerhaft ein bestimmtes Volumen nicht überschreitet262 und es so nur darauf ankommt, die 10 %-Grenze wiederherzustellen, ist der Vorstand grundsätzlich263 bei der Auswahl der Stücke frei, die er veräußern will.264 Nicht erforderlich ist, gerade die Aktien zu veräußern, mit deren Erwerb die 10 %-Grenze überschritten wurde. Die Veräußerung einer entsprechenden Menge anderer Aktien genügt.265 Auch durch die Veräußerung „eigener“ ADSs kann die AG eine Veräußerungspflicht nach § 71c Abs. 2 AktG erfüllen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Depotbank – bei Namensaktien – aus Sicht der AG als Inhaberin der zugrunde liegenden Aktien gilt oder nicht. Entscheidend ist, dass die durch die ADSs vertretenen Aktien bei der Ermittlung des AG-Aktienbestands nach § 71d Satz 3 AktG als eigene Aktien der AG gelten.266 Dementsprechend muss es möglich sein, durch die Veräußerung dieser Aktien (unter Zuhilfenahme des ADS-Vehikels) die durch sie mitverursachte Veräußerungspflicht zu erfüllen. Dass die Erwerbsvoraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG im Verhältnis der AG zur Depotbank nicht zu beachten waren, ist ohne Belang, weil deren Durchsetzung bei § 71c Abs. 2 AktG – anders als bei Absatz 1 – nicht der tragende Grund ist. Die Norm setzt im Gegenteil gerade voraus, dass gegen Erwerbsvorgaben nicht verstoßen wurde. Auch mit pre-release ADSs kann die AG die Veräußerungspflicht erfüllen. Denn auch die für diese ADSs nach depotvertraglicher Maßgabe bereits vorbestimmten Aktien gelten, obwohl sie noch nicht beim Custodian hinterlegt sind, als Aktien der AG (§ 71d Satz 3 AktG entsprechend).267 Für die AG ist bedeutsam, dass sie selbst dann nicht „eigene“ ADSs veräußern muss, wenn die 10 %-Grenze des § 71c Abs. 2 AktG gerade durch einen ADSErwerb überschritten wurde. Der Vorstand hat grundsätzlich freie Wahl. Die AG kann umgekehrt die Veräußerungspflicht auch mittels „eigener“ ADSs erfüllen, wenn die Obergrenze durch andere Erwerbsvorgänge überschritten wurde. Genauso darf die AG grundsätzlich auch „eigene“ ADSs in eigene Aktien umtauschen und diese veräußern. Will die AG dagegen für eine Einziehungspflicht entsprechend §§ 71d Satz 4, 71c Abs. 3 AktG „eigene“ ADSs heranziehen, muss sie diese zunächst in eigene Aktien umtauschen. Denn die Einziehung im Sinne des 262
Hüffer, AktG, § 71c Rn. 1. Zu möglichen Bindungen siehe AnwKAktienR-Block, § 71c Rn. 17 mwN. 264 Begr. RegE BT-Drucks. 8/1678, 16; MünchKommAktG-Oechsler, § 71d Rn. 61; Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71c Rn. 8; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71c Rn. 12. 265 Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71c Rn. 8. Nach dem Zweck des § 71c Abs. 2 AktG genügt im Übrigen auch, wenn die Einhaltung der 10 %-Grenze auf anderem Wege als durch Veräußerung erreicht wird (zB Kapitalerhöhung, damit die Zahl eigener Aktien unterhalb der dann erhöhten 10 %-Grenze liegt), siehe Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 71c Rn. 8. 266 4. Teil E. I. 267 4. Teil E. I. 263
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
§ 237 Abs. 1 Alt. 2 AktG setzt zwingend das rechtliche Eigentum der AG an diesen Aktien voraus.268 Eine spezielle Frage ist schließlich der Beginn der Dreijahresfrist des § 71c Abs. 2 AktG, wenn die AG von einem fremden Dritten „eigene“ (pre-release) ADSs erwirbt und mit diesem Erwerb die 10 %-Grenze überschritten wird.269 Zwei Zeitpunkte kommen prinzipiell in Betracht, der Abschluss des ADS-Erwerbsvertrags mit dem Veräußerer und die Eintragung der AG in das ADS-Register der Depotbank. Die Frage dürfte genauso zu beantworten sein wie bei den §§ 71d Satz 4, 71 Abs. 3 Satz 2 AktG.270 Für die erste Alternative271 spricht, dass die Aktien bereits zu diesem Zeitpunkt als eigene Aktien gelten (§ 71d Satz 1, 3 AktG)272 und der AG schon Verschaffungsansprüche zustehen.273
III. Verschaffungsanspruch des § 71d Satz 5 AktG Für eine entsprechende Geltung des Verschaffungsanspruchs gemäß § 71d Satz 5 AktG besteht bei „eigenen“ ADSs der AG kein Bedürfnis.274 Gemäß § 71d Satz 5 AktG hat der Dritte beziehungsweise das Unternehmen der AG auf deren Verlangen das Eigentum an den Aktien zu verschaffen, die nach Maßgabe von § 71d Satz 1, 2 AktG erworben wurden. Die Norm soll den Vorstand in die Lage versetzen, die für seine Mitglieder mit Buß- und Zwangsgeld275 bewehrten Veräußerungspflichten nach § 71c Abs. 1 und 2 AktG tatsächlich durchführen zu können.276 Sie trägt zudem ganz allgemein dem Umstand Rechnung, dass die AG auf diejenigen Aktien Zugriff haben muss, die ihr als eigene zugerechnet werden.277 268
Hüffer, AktG, § 237 Rn. 20. Da § 71 Abs. 2 Satz 1 AktG bei § 71c Abs. 2 AktG mitzulesen ist, kann es nur um einen Erwerb im Sinne des § 71 Abs. 1 Nr. 4–6 AktG gehen, vgl. Hüffer, AktG, § 71c Rn. 4; MünchKommAktG-Oechsler, § 71c Rn. 9. 270 4. Teil E. II. 2. 271 Vgl. aber auch MünchKommAktG-Oechsler, § 71c Rn. 12 und Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71c Rn. 10, die, obwohl Vertreter des weiten Erwerbsbegriffs, beim Aktiendirekterwerb für den Fristlauf auf den dinglichen Erwerb der Aktie, nicht auf das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft, abstellen. 272 4. Teil E. I. 273 Neben dem vertraglichen besteht auch ein gesetzlicher Verschaffungsanspruch, weil § 71d Satz 5 AktG im Verhältnis der AG zum Veräußerer unmittelbar gilt, siehe 4. Teil E. II. 2. (Fn. 233). 274 AA Röhler, S. 304 (§ 71d Satz 5 AktG direkt). Im Verhältnis der AG zum Veräußerer gilt § 71d Satz 5 AktG indes unmittelbar [4. Teil E. II. 2. (Fn. 233)]. 275 § 405 Abs. 1 Nr. 4b AktG und § 407 Abs. 1 Satz 1 AktG. 276 Begr. RegE BT-Drucks. 8/1678, S. 17; MünchKommAktG-Oechsler, § 71d Rn. 63. 277 MünchKommAktG-Oechsler, § 71d Rn. 63; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71d Rn. 55; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 71d Rn. 23; Hüffer, AktG, § 71d Rn. 20. 269
E. Das Halten „eigener‘‘ ADSs
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Zur Durchsetzung dieser Regelungsziele ist kein gesetzlicher Anspruch der AG gegen die Bank auf Herausgabe der ihren ADSs zugrunde liegenden Aktien erforderlich, obwohl diese Aktien der AG als eigene zugerechnet werden (§ 71d Satz 3 AktG entsprechend).278 Die im Falle von ADSs einzig relevante Veräußerungspflicht des § 71c Abs. 2 AktG kann die AG durch die Veräußerung „eigener“ ADSs erfüllen.279 Es bedarf also keines Direktzugriffs auf die hinterlegten Aktien. Aber auch ein solcher Zugriff ist möglich, indem die AG auf depotvertraglicher Grundlage von der Depotbank die Herausgabe der hinterlegten Aktien verlangt.280 Raum für eine entsprechende Anwendung von § 71d Satz 5 AktG ist selbst dann nicht, wenn kein depotvertraglicher Herausgabeanspruch besteht, weil die AG – im Falle von Bruchteil-ADSs – die Berechtigung an einer Aktie mit anderen ADS-Inhabern teilen muss (Bruchteil-ADSs). Da die rechtliche Teilung der Aktie nicht möglich ist, müsste die Depotbank die ganze Aktie auf die AG übertragen. Diese erhielte dann aber mehr, als ihr nach ADS-Lage zustünde. Noch schwerer wiegt, dass die Aktie den mitberechtigten ADS-Inhabern endgültig und vollständig als Grundlage ihrer ADS-Berechtigung entzogen würde. Schließlich bleibt der AG unbenommen, die Bruchteil-ADSs zu eräußern. Das Interesse der AG am Direktzugriff auf den Aktien-„Bruchteil“ erscheint demnach als nachrangig.
IV. Erstattungsanspruch des § 71d Satz 6 AktG Gemäß § 71d Satz 6 AktG hat die AG dem Dritten beziehungsweise dem Tochterunternehmen – im Gegenzug für eine Aktienverschaffung nach § 71d Satz 5 AktG – den Gegenwert dieser Aktien zu erstatten. Die Norm dient dem Schutz des ursprünglichen Aktienerwerbers.281 Dieser soll nicht Gefahr laufen, die finanziellen Lasten des Erwerbs zu tragen, weil die AG von ihm die Verschaffung der Aktien verlangen kann, ohne deren Gegenwert erstatten zu wollen. Wenn die AG von der Depotbank auf depotvertraglicher Grundlage die Herausgabe hinterlegter Aktien verlangt, gilt § 71d Satz 6 AktG nicht entsprechend.282 Die Depotbank ist nicht im beschriebenen Sinne schutzbedürftig. Sie 278 Die entsprechende Geltung von § 71d Satz 5 AktG kann indes gerechtfertigt sein, wenn ein Tochterunternehmen „eigene“ ADSs hält, etwa in dem im 4. Teil D. I. 2. am Ende beschriebenen Fall; vgl. auch 4. Teil H. I. 2. 279 Siehe 4. Teil E. II. 9. 280 Zum Umtausch „eigener“ ADSs in eigene Aktien 4. Teil G. Im Falle von prerelease ADSs kann die Depotbank die Hinterlegung der bereits nach depotvertraglicher Maßgabe (2. Teil A. II.) vorbestimmten Akten verlangen und sie anschließend an die AG weiterleiten. 281 MünchKommAktG-Oechsler, § 71d Rn. 69; ähnlich Benckendorff, S. 277, G/H/ E/K-Hefermehl/Bungeroth, § 71d Rn. 65. 282 AA offenbar Röhler, S. 304.
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
selbst tätigte keine Investitionen in die in Rede stehenden Aktien, die nun von der AG zu kompensieren wären. Die Aktieninhaberschaft wurde im Zuge der Aktienhinterlegung ohne Gegenleistung auf die Depotbank übertragen.283
V. Berichtspflicht des § 160 Abs. 1 Nr. 2 AktG Die Vorschrift des § 160 Abs. 1 Nr. 2 AktG legt Pflichtangaben im Anhang des HGB-Jahresabschlusses der AG über eigene Aktien fest. Sie dient der Offenlegung von Informationen, um die Einhaltung der Bestimmungen der §§ 71 ff. AktG, insbesondere auch bezüglich der Veräußerungspflichten nach § 71c AktG, kontrollieren zu können.284 Auch für kapitalmarktorientierte Gesellschaften hat diese Berichtspflicht Bedeutung, weil deren Einzelabschlüsse weiterhin nach den HGB-Rechnungsregeln aufzustellen sind. Nur die konsolidierten Abschlüsse, also die Konzernabschlüsse, müssen ausweislich Art. 4 EG-IAS-VO nach den dort genannten internationalen Rechnungslegungsstandards aufgestellt werden.285 Hinsichtlich der Vorgaben, die sich aus § 160 AktG für „eigene“ ADSs ergeben, ist zwischen den Angaben zum Aktienbestand (1.) und den Angaben zu dem im abgelaufenen Geschäftsjahr angefallenen Aktienerwerb (2.) zu unterscheiden: 1. Angaben zum Bestand In jedem Anhang des Jahresabschlusses sind gemäß § 160 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AktG Angaben über den Bestand an eigenen Aktien der Gesellschaft zu machen, die sie, ein abhängiges oder ein im Mehrheitsbesitz der Gesellschaft stehendes Unternehmen oder ein anderer für Rechnung der Gesellschaft oder eines abhängigen oder eines im Mehrheitsbesitz der Gesellschaft stehenden Unternehmens erworben oder als Pfand genommen hat; dabei sind die Zahl dieser Aktien und der auf sie entfallende Betrag des Grundkapitals sowie deren Anteil am Grundkapital, für erworbene Aktien ferner der Zeitpunkt des Erwerbs und die Gründe 283 Wenn die AG vor der ADS-Einräumung den Verschaffungsanspruch des § 71d Satz 5 AktG geltend machen sollte, gilt § 71d Satz 6 AktG direkt. Die Höhe richtet sich nach dem zulässig vereinbarten Erwerbspreis (vgl. Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71d Rn. 58, wonach sich in den Fällen des § 71d Satz 1, 2 Alt. 2 AktG der maßgebliche Gegenwert aus der Vereinbarung mit dem Vertreter ergibt und § 71d Satz 6 AktG insoweit neben vertragliche Erstattungsansprüche tritt, ohne deren Inhalt zu verändern). 284 Begr. RegE BT-Drucks. 8/1678, S. 17 f.; Hüffer, AktG, § 160 Rn. 7; GroßkommAktG-Brönner, § 160 Rn. 12, 14; Schulz, in: Bürgers/Körber, AktG, § 160 Rn. 4. 285 Der Gesetzgeber machte vom Wahlrecht des Art. 5 EG-IAS-VO für Einzelabschlüsse nur insofern Gebrauch, als gemäß § 325 Abs. 2a HGB anstelle des HGB-Jahresabschlusses ein Einzelabschluss offengelegt werden kann, der nach den in § 315a Abs. 1 HGB benannten internationalen Standards aufgestellt wurde. Für die Zwecke des Gesellschafts- und Steuerrechts ist aber in jedem Fall ein HGB-Einzelabschluss aufzustellen, Begr. RegE BT-Drucks. 15/3419, S. 23.
E. Das Halten „eigener‘‘ ADSs
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für den Erwerb anzugeben. Nur im engen Ausnahmefall, namentlich bei der Ausführung einer Einkaufskommission, können Aktien angabebefreit sein.286 Die Bestandsangabe hat zwischen den drei verschiedenen Erwerbsformen – Direkterwerb, Erwerb durch Dritten, Erwerb durch Tochterunternehmen – zu unterscheiden.287 Die durch „eigene“ ADSs der AG vertretenen Aktien sind in der zweiten Kategorie zu erfassen.288 Dabei kann es zu Umschichtungen innerhalb der Kategorien kommen, wenn die den ADSs zugrunde liegenden Aktien vor dem Berichtszeitraum noch direkt von der AG gehalten wurden oder die Aktien/ADSs zuvor noch von einem Tochterunternehmen gehalten wurden. Die mengenmäßigen und grundkapitalbezogenen Angaben haben sich direkt auf die Aktien zu beziehen, die den ADSs zugrunde liegen. Bei der Angabe der Erwerbszeitpunkte ist beim originären und derivativen ADS-Erwerb der AG auf den Abschluss des Erwerbsvertrags abzustellen, weil bereits in diesem Moment die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG zu beachten waren (§ 71d Satz 1 AktG) und nach der hier vertretenen Auffassung die Fristen der §§ 71 Abs. 3 Satz 2, 71c Abs. 2 AktG (iVm § 71d Satz 4 AktG) zu laufen begannen289. Es ist dabei grundsätzlich eine chronologische Auflistung geboten, umfangbedingt kommen aber auch zeitliche Zusammenfassungen in Frage.290 Die Gründe für den Erwerb sind in einer Weise darzulegen, die es dem Aktionär ermöglicht, die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften hinsichtlich der Zulässigkeit des Erwerbs zu prüfen und zu beurteilen.291 Vielfach wird zusätzlich gefordert, dass bei von Dritten für Rechnung der AG gehaltenen Aktien auch über die getroffenen Abreden (Rücknahme, Refinanzierung, Dividendenrecht, Abstimmungsverhalten) zu berichten ist.292 Soweit man dies – über den Wortlaut der Vorschrift hinaus – für erforderlich hält, dürfte insoweit für „eigene“ ADSs der AG eine Bezugnahme auf den Depotvertrag ge286
Vgl. hierzu etwa Schulz, in: Bürgers/Körber, AktG, § 160 Rn. 4. MünchKomm-Kessler, § 285 HGB/§ 160 AktG Rn. 256; GroßkommAktG-Brönner, § 160 Rn. 15; Euler/Wirth, in: Spindler/Stilz, AktG, § 160 Rn. 11. 288 Angabepflichtig sind auch Aktien, über die bereits ein ADS-Erwerbsvertrag abgeschlossen wurde, für welche die AG aber noch nicht als ADS-Inhaberin im ADS-Register geführt wird. Für diese Aktien waren bereits die Erwerbsvoraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG zu prüfen (§ 71d Satz 1 AktG), so dass den Aktionären insoweit eine Kontrollmöglichkeit eröffnet sein muss. 289 4. Teil E. II. 2., 4. Teil E. II. 9. 290 Vgl. Schulz, in: Bürgers/Körber, AktG, § 160 Rn. 5; Zilias/Lanfermann, WPg 1980, 89, 96; Euler/Wirth, in: Spindler/Stilz, AktG, § 160 Rn. 11; MünchKomm-Kessler, § 285 HGB/§ 160 AktG Rn. 259; GroßkommAktG-Brönner, § 160 Rn. 15; KölnKommAktG-Claussen/Korth, § 285 HGB/§ 160 AktG Rn. 150. 291 BGHZ 101, 1, 17 f.; MünchKomm-Kessler, § 285 HGB/§ 160 AktG Rn. 259; Euler/Wirth, in: Spindler/Stilz, AktG, § 160 Rn. 11. 292 KölnKommAktG-Claussen/Korth, § 284–288 HGB/§ 160 AktG Rn. 151; GroßkommAktG-Brönner, § 160 Rn. 17; Schulz, in: Bürgers/Körber, AktG, § 160 Rn. 5; MünchKommAktG-Kessler, § 285 HGB/§ 160 AktG Rn. 262. 287
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
nügen, wenn dieser öffentlich zugänglich ist. Im Übrigen wären die Eckdaten des Vertrags in knapper Form zusammenzufassen. Auch die bei pre-release ADSs nach depotvertraglicher Maßgabe293 für diese ADSs bereits vorbestimmten Aktien sind nach den beschriebenen Grundsätzen in der zweiten Kategorie zu erfassen. Da die Vorschriften der §§ 71 ff. AktG auch bei diesen ADSs zu beachten sind, besteht gleichfalls ein Kontrollbedürfnis. 2. Angaben zum Erwerb Wurden im abgelaufenen Geschäftsjahr von der AG eigene Aktien direkt oder über einen Dritten im Sinne des § 71d Satz 1, 2 AktG erworben, so ist nach § 160 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AktG auch über diesen Erwerb unter Angabe der Zahl der Aktien, des auf sie entfallenden Betrags des Grundkapitals, des Anteils am Grundkapital und des Erwerbspreises zu berichten. Die Angabe der Erwerbsvorgänge hat getrennt von den Angaben über den Aktienbestand zu erfolgen.294 Sie sind auch getrennt von Veräußerungsvorgängen darzustellen und auch dann zu machen, wenn die Aktien im Geschäftsjahr bereits wieder veräußert werden.295 Wiederum ist zwischen Direkterwerb, Erwerb durch Dritte und Erwerb durch Tochterunternehmen zu differenzieren.296 Dabei sind die einzelnen Erwerbsvorgänge im Grundsatz getrennt darzustellen.297 Mengenbedingte Zusammenfassungen erachtet man indes für zulässig, soweit dadurch keine bedeutenden Informationen unterdrückt werden.298 Auch auf Aktien aus „eigenen“ ADSs, die von der AG im abgelaufenen Geschäftsjahr derivativ oder originär erworben wurden, erstreckt sich die Angabepflicht des § 160 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AktG.299 Sie sind in der zweitgenannten Kategorie zu erfassen. Die mengenmäßigen und grundkapitalbezogenen Angaben beziehen sich direkt auf die den ADSs zugrunde liegenden Aktien. Als Erwerbspreis ist der für die ADSs gezahlte Kaufpreis anzugeben. Um eine Überprüfung der Erwerbspreishöhe zu ermöglichen, erscheint die ausdrückliche Bezeichnung als durch ADSs repräsentierte Aktien als geboten. Nicht von der Angabepflicht sind dagegen die Aktien aus „eigenen“ ADSs erfasst, welche die AG im abgelau293
Siehe 2. Teil A. II. GroßkommAktG-Brönner, § 160 Rn. 15; MünchKomm-Kessler, § 285 HGB/§ 160 AktG Rn. 260; Hüffer, AktG, § 160 Rn. 9. 295 MünchKomm-Kessler, § 285 HGB/§ 160 AktG Rn. 261. 296 GroßkommAktG-Brönner, § 160 Rn. 15. 297 Euler/Wirth, in: Spindler/Stilz, AktG, § 160 Rn. 13. 298 OLG Frankfurt, AG 1984, 25; Euler/Wirth, in: Spindler/Stilz, AktG, § 160 Rn. 13; Hüffer, AktG, § 160 Rn. 9 (Monatszusammenfassungen ausreichend). 299 Die Angabepflicht erstreckt sich auch auf Aktien aus ADSs, über die am Stichtag bereits ein Erwerbsvertrag abgeschlossen, die ADS-Umschreibung auf die AG aber noch nicht vollzogen war. 294
E. Das Halten „eigener‘‘ ADSs
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fenen Geschäftsjahr selbst in „eigene“ ADSs umtauschte oder welche sie von einem Dritten im Sinne des § 71d Satz 1, 2 AktG in Empfang nahm. Denn die Berichtspflicht des § 160 Abs. 1 Nr. 2 AktG baut auf dem Regelungskomplex der §§ 71 ff. AktG auf.300 Die geschilderten Vorgänge vollziehen sich aber als reine Verschiebungen der Aktien innerhalb der AG-Sphäre allesamt außerhalb dieses Regelungskomplexes. Auch auf Aktien, die im Sonderfall von pre-release ADSs nach depotvertraglicher Maßgabe301 bereits für diese ADSs vorbestimmt sind, erstreckt sich die Angabepflicht, soweit die pre-release ADSs im abgelaufenen Geschäftsjahr im Rahmen eines nach §§ 71 ff. AktG relevanten Vorgangs erworben wurden.
VI. § 57 AktG Mit Blick auf § 57 AktG und die AG als Inhaberin von ADSs beziehungsweise pre-release ADSs ist problematisch, wenn zwei Depotverträge vorsehen, dass der ADS-Inhaber an die Depotbank für jede gehaltene ADS eine in regelmäßigen Abständen anfallende sog. service fee zu entrichten hat. Nicht näher ist erläutert, welche Dienstleistungen der Depotbank im Einzelnen mit dieser Gebühr abgegolten werden. Die Problematik ist im Kern dieselbe wie bei der transfer fee im Rahmen des derivativen ADS-Erwerbs oder bei der issuance fee im Rahmen des originären ADS-Erwerbs.302 Die service fee ist in Bezug auf § 57 AktG nur dann nicht zu beanstanden, wenn mit ihr Dienstleistungen der Depotbank abgegolten werden, die nicht im inneren Zusammenhang mit deren Aktienbesitz stehen, weil sie auch ein fremder Dritter ohne (mittelbare) Gesellschaftsbeteiligung gegenüber der AG hätte erbringen und in dieser Höhe in Rechnung stellen können. Solche Fälle sind hier noch weniger denkbar als bei transfer fee und issuance fee. Receipt-Anfertigungen oder nennenswerte Registeraktivitäten fallen während des Haltens der ADSs nicht an. Denkbar wäre die Vergütung von Dienstleistungen der Depotbank im Zusammenhang mit dem Mitteln von Mitgliedsrechten, etwa für die Durchführung einer Stimmrechtsweisung, oder für Übersetzungsarbeiten in Bezug auf Aktionärsmitteilungen, die nicht schon von der AG selbst ins Englische zu übersetzen waren. Diese Dienstleistungen stünden wohl allesamt schon in innerem Zusammenhang mit der mittelbaren Gesellschaftsbeteiligung der ADSInhaber. Jedenfalls speziell für die AG hätten sie keinen eigenständigen Wert, der den Vermögensabfluss kompensieren könnte. Denn Mitgliedsrechte bestehen nicht (§§ 71d Satz 4, 71b AktG entsprechend). Auch Übersetzungsarbeiten wären für die AG ohne praktischen Wert. Die AG als Urheberin der Aktionärsmit300 301 302
Hüffer, AktG, § 160 Rn. 7. Siehe 2. Teil A. II. 4. Teil A. II. 2., 4. Teil B. II. 3.
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
teilungen ist über deren Inhalt in Kenntnis. Einen fremden Dritten hätte sie nicht mit der entgeltlichen Übersetzung beauftragt. Damit ist die Annahme wohl unausweichlich, dass die Entrichtung einer service fee durch die AG im inneren Zusammenhang mit den gemittelten Aktien stünde und so dem Zuwendungsverbot des § 57 AktG (entsprechend) unterfiele. Der vertragliche Gebührentatbestand ist demnach einschränkend in dem Sinne auszulegen, dass die service fee für alle ADS-Inhaber anfällt mit Ausnahme der AG, deren Aktien dem ADS-Programm zugrunde liegen.
VII. Ergebnis Aktien, die „eigenen“ ADSs zuzurechnen sind, zählen für die Zwecke der §§ 71 Abs. 2 Satz 1, 71c Abs. 2 AktG zum Aktienbestand der AG (§ 71d Satz 3 AktG entsprechend). Aus der entsprechenden Anwendung von § 71d Satz 4 AktG folgt: Die Vorstandspflichten des § 71 Abs. 3 Satz 1 und 2 AktG gelten auch für die zu „eigenen“ ADSs zugehörigen Aktien. Diese Aktien gewähren keine Mitgliedsrechte (§ 71b AktG). Auf die Mitgliedspflichten des (Register-)Aktionärs aus den Aktien hat die ADS-Inhaberstellung der AG dagegen keinen Einfluss. Zur Erfüllung von Veräußerungs- und Einziehungspflichten nach § 71c Abs. 2, 3 AktG kann der Vorstand auch auf „eigene“ ADSs beziehungsweise die zugrunde liegenden Aktien zurückgreifen. Die Berichtspflicht des § 160 Abs. 1 Nr. 2 AktG erstreckt sich auf die den „eigenen“ ADSs zugehörigen Aktien. Mit Blick auf § 57 AktG ist sehr problematisch, wenn die AG während des Haltens „eigener“ ADSs gegenüber der Depotbank zur Zahlung einer sog. service fee verpflichtet sein sollte.
F. Veräußerung „eigener“ ADSs Inwieweit die Veräußerung „eigener“ ADSs durch die AG aktienrechtlich der Veräußerung eigener Aktien gleich steht, ist nachfolgend zu beantworten. Rechtstechnisch hat man sich die Veräußerung „eigener“ ADSs im Wesentlichen wie folgt vorzustellen: Die AG schließt mit dem Erwerber einen Vertrag über die Veräußerung „eigener“ ADSs (I.). Nach entsprechender Anweisung durch die AG schreibt die Depotbank die ADSs im ADS-Register auf den Erwerber um (II.). In einem Exkurs ist die Berichtspflicht des Vorstands hinsichtlich veräußerter „eigener“ ADSs darzustellen (III.).
F. Veräußerung „eigener‘‘ ADSs
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I. Die Rechtsbeziehung zum Erwerber In ihren Veräußerungsmöglichkeiten kann die AG durch Vorgaben beschränkt sein, die auf § 71 Abs. 1 AktG basieren (1.). Der Veräußerungspreis für die „eigenen“ ADSs muss einer Kontrolle anhand von § 57 AktG standhalten (2.). Bei der Auswahl des Erwerbers können mitgliedschaftliche Vorerwerbsrechte der Aktionäre zu berücksichtigen sein (3.). 1. Voraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG § 71 Abs. 1, 2 AktG gilt weder unmittelbar noch über die Gleichstellungsnorm des § 71d Satz 1 AktG, wenn die AG „eigene“ ADSs veräußert. Dennoch können sich aus dieser Vorschrift, namentlich aus den gesetzlichen Erwerbszwecken des Absatzes 1, mittelbar Beschränkungen für die Veräußerungsmöglichkeiten der AG ergeben. So sind etwa „eigene“ ADSs, die als Aktien oder ADSs unter Berufung auf Nummer 4 Alt. 2 erworben wurden, für Einkaufskommissionen zu verwenden, wenn die Zweckbindung noch besteht.303 Vorgaben für die Wiederveräußerung, wie beispielsweise ein Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrats oder die Ausgabe der Aktien im Wege von Aktienoptionsprogrammen oder als Akquisitionswährung, können sich auch aus einem Ermächtigungsbeschluss im Sinne des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG ergeben.304 2. Preiskontrolle anhand von § 57 AktG Mit Blick auf § 57 AktG muss die AG darauf achten, dass der Veräußerungspreis der „eigenen“ ADSs nicht unter dem aktuellen Handelswert der ADSs liegt. Dies gilt zunächst für den Fall, dass der Erwerber bereits Aktien beziehungsweise (pre-release) ADSs der AG hält.305 Denn die Übertragung der (pre-release) ADSs durch die AG auf den Erwerber ist eine AG-Zuwendung an einen (wirtschaftlichen) Aktionär außerhalb des förmlichen Ausschüttungsverfahrens. Der Normzweck des § 57 AktG – die Bindung des Gesellschaftsvermögens – ist nur dann nicht berührt, wenn eine rechnerische Vermögensminderung nicht eintritt. Dies erfordert, dass die Gegenleistung des AG-Vertragspartners nicht unter dem 303
Siehe zu Fällen der Zweckentbindung Hirsch, S. 181 f. Bednarz, S. 202. Die Wiederveräußerung der nach Nr. 8 erworbenen Aktien hängt nach zutreffender Ansicht nicht generell von einer ausdrücklichen Wiederveräußerungsermächtigung der Hauptversammlung ab (zum Streitstand Bednarz, S. 202 ff.). Der Vorstand ist bei fehlenden Vorgaben in seiner Vorgehensweise im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen frei. Die Wiederveräußerung kann aber, wie § 272 Abs. 1 Satz 5 HGB zeigt, von einem entsprechenden Hauptversammlungsbeschluss abhängig gemacht werden, MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 248. 305 Vgl. Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rn. 45; Saria, NZG 2000, 458, 461 (jeweils zur Aktienveräußerung). 304
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
Marktüblichen liegt. Die AG müsste das Geschäft mit einem fremden Dritten zu denselben Konditionen abschließen (sog. Drittvergleich306). Für den Veräußerungspreis ist damit, da ADSs Vertragsgegenstand sind, der aktuelle Handelspreis für diese ADSs der maßgebliche Wert.307 Eine Abweichung nach unten kommt – spiegelbildlich zu den Ausführungen zum Erwerb308 – nur im Rahmen eines öffentlichen Verkaufsangebots beziehungsweise eines Paketverkaufs in Betracht, soweit der Abschlag für den Erfolg der Maßnahme erforderlich ist. Der Veräußerungspreis der „eigenen“ (pre-release) ADSs darf auch dann grundsätzlich nicht unter dem aktuellen Handelswert der ADSs liegen, wenn der Erwerber bislang noch keine Aktien oder (pre-release) ADSs der AG hält309. Es liegt so zwar keine AG-Zuwendung an einen (wirtschaftlichen) Aktionär vor, sondern eine Vorteilsgewähr an einen zukünftigen wirtschaftlichen Aktionär. Nach dem mit § 57 AktG verfolgten Regelungsziel, informelle Ausschüttungen der AG auf Aktien zu unterbinden, kann es im Grunde nicht entscheidend darauf ankommen, ob eine AG-Zuwendung mit Rücksicht auf eine gegenwärtige (mittelbare) Gesellschaftsbeteiligung oder mit Rücksicht auf eine zwar noch nicht existente, aber sachlich und zeitlich unmittelbar bevorstehende mittelbare Gesellschaftsbeteiligung erfolgt. Schon eine der mittelbaren Gesellschafterstellung „vorauseilende“ Gesellschaftsleistung ist nach § 57 AktG relevant.310 Dass die mittelbare Gesellschafterstellung selbst der Zuwendungsgegenstand ist, dürfte nicht hindern. Entscheidend ist, dass Gesellschaftsvermögen abfließt und mangels einer im Markt gründenden Rechtfertigung nur die künftige wirtschaftliche Aktionärsstellung des Empfängers als Erklärungsansatz für das Ausbleiben der adäquaten Gegenleistung bleibt.311 306
Siehe bereits 4. Teil A. I. 2. b) (Fn. 75). Für den Fall, dass der Handelspreis der ADSs (deutlich) unter dem der Aktien liegt, sollte der Vorstand gleichwohl wegen der persönlichen Haftung nach § 93 AktG darauf achten, dass ein hinreichender Sachgrund dafür besteht, dass anstelle eigener Aktien „eigene“ ADSs veräußert werden und so die Erzielung eines höheren Verkaufserlöses unterbleibt (vgl. zu § 93 AktG bei der Veräußerung eigener Aktien wesentlich unter ihrem Börsenpreis Hirsch, S. 168; Lüken, S. 194; Markwardt, BB 2002, 1108, 1109; DAV ZIP 1997, 163, 172; Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1441, 1442; ähnlich Benckendorff, S. 281). 308 4. Teil A. I. 2. b). 309 Vgl. Saria, NZG 2000, 458, 461; offenlassend Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rn. 45 (jeweils zur Aktienveräußerung). 310 Vgl. zur entsprechenden Anwendung des § 57 AktG auf Leistungen an den zukünftigen Aktionär Hüffer, AktG, § 57 Rn. 14; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 57 Rn. 51; MüHdbAG-Wiesner, § 16 Rn. 49. 311 Lehnte man die entsprechende Anwendung des § 57 AktG ab, verbliebe noch eine indirekte Beschränkung, weil dem Vorstand die persönliche Haftung gemäß § 93 AktG droht, wenn er ADSs sachgrundlos deutlich unter ihrem Handelswert veräußert (vgl. zu § 93 AktG bei der Veräußerung eigener Aktien wesentlich unter ihrem Börsenpreis Hirsch, S. 168; Lüken, S. 194; Markwardt, BB 2002, 1108, 1109; DAV ZIP 1997, 163, 172; Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1441, 1442; ähnlich Benckendorff, S. 281). 307
F. Veräußerung „eigener‘‘ ADSs
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3. Gleichbehandlungsgrundsatz und Vorerwerbsrechte Bei der Auswahl der Veräußerungsmethode und der Bestimmung des Erwerberkreises für die ADSs kann die AG mitgliedschaftliche Vorerwerbsrechte der Aktionäre zu beachten haben. Für Einzelheiten ist nach einer Einführung in Grundlagen [a)] zwischen der ADS-Veräußerung über die Börse [b)] und der Veräußerung außerhalb der Börse [c)] zu unterscheiden. a) Grundlagen Gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 3 AktG hat die AG bei der Veräußerung von Aktien, die sie mithilfe eines Ermächtigungsbeschlusses der Hauptversammlung erwarb, den Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG zu beachten. Nach allgemeiner Meinung ist dies zumindest missverständlich, weil der Gleichbehandlungsgrundsatz selbstverständlich bei allen Veräußerungsvorgängen gilt. Nach zutreffender Ansicht bestehen bei der Aktienveräußerung durch die AG zudem mitgliedschaftliche Vorerwerbs-/Bezugsrechte der Aktionäre.312 Mit diesen wird der Gleichbehandlungsgrundsatz umgesetzt, indem man der Gleichbehandlungspflicht der AG subjektive Rechtspositionen der Aktionäre gegenübergestellt. Die Vorerwerbsrechte reichen sogar über den Gleichbehandlungsgrundsatz hinaus. Sie bestehen prinzipiell auch, wenn keine Ungleichbehandlung im Sinne des § 53a AktG vorliegt, weil alle Aktionäre gleichermaßen vom Veräußerungsvorgang ausgeschlossen sind. Der Anspruch des Aktionärs ist darauf gerichtet, von der AG entsprechend seiner Beteiligungsquote die zur Veräußerung gestellten eigenen Aktien zu erwerben. Er entsteht mit dem Beschluss des Vorstands, die Aktien zu veräußern.313 Ein Ausschluss von Vorerwerbsrechten muss gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 5 HS 2 AktG den Anforderungen des § 186 Abs. 3, 4 AktG entsprechen. Auch wenn die AG „eigene“ ADSs veräußert, bestehen grundsätzlich Vorerwerbsrechte der Aktionäre. Die mit diesen Rechten verfolgten Schutzzwecke sind tangiert. Der Vorstand kann mit der Veräußerung willkürlich in die Beteiligungsstruktur der AG eingreifen, indem er bestimmte Aktionäre überproportional teilnehmen lässt oder alle Aktionäre zugunsten eines neuen (Groß-)Investors zurücksetzt. Den erst nach dem ADS-/Aktienerwerb der AG eingetretenen Aktionären droht eine Verwässerung der Beteiligungsquote. Schließlich verlassen die Aktien bei einer Veräußerung über das ADS-Vehikel die Sphäre der AG und die Realisierung des Werts der den ADS unterlegten Aktien tritt ein, so dass den Aktionären das Recht des ersten Zugriffs zustehen muss. 312 Zu § 53a AktG und Vorerwerbsrechten bei der Veräußerung eigener Aktien ausführlich 4. Teil C. I. 3. 313 MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 99.
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
Auch in dem Sonderfall, dass die AG „eigene“ pre-release ADSs veräußern will, sind die vorstehenden Schutzzwecke tangiert. b) ADS-Veräußerung über die Börse Die ADS-Veräußerung über die Börse erfordert keinen förmlichen Ausschluss von Vorerwerbsrechten. Gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 4 AktG genügt die Veräußerung eigener Aktien über die Börse dem Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG. Damit ist gesetzlich festgelegt, dass die an der Börse verbürgte formale Gleichbehandlung der Aktionäre, wie schon beim Erwerb eigener Aktien314, auch bei der Veräußerung von eigenen Aktien, die mithilfe eines Ermächtigungsbeschlusses der Hauptversammlung erworben wurden, hinreichend ist315; zugleich sind mitgliedschaftliche Vorerwerbsrechte der Aktionäre generell kraft Gesetzes ausgeschlossen316. Die Norm gilt auch für die börsliche Veräußerung eigener Aktien, welche die AG auf Grundlage der anderen Erwerbstatbestände des § 71 Abs. 1 AktG erwarb. Bei der Veräußerung „eigener“ ADSs über die Börse gilt § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 4 AktG entsprechend. Denkbar ist neben der Veräußerung an der NYSE etwa auch eine Veräußerung an der Börse Frankfurt. Folge ist, dass Vorerwerbsrechte, auf welche die AG Rücksicht nehmen müsste, generell nicht bestehen. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zum börslichen Erwerb „eigener“ ADSs, bei dem die Norm nicht anwendbar ist.317 Der Unterschied ist, dass bei der Veräußerung „eigener“ ADSs formale Gleichheit besteht. Alle Aktionäre haben die gleiche Chance, an der für jeden zugänglichen Börse die von der AG angebotenen ADSs zu erwerben. Demgegenüber gewähren beim börslichen ADS-Erwerb nur die durch ADSs repräsentierten Aktien, nicht dagegen die übrigen Aktien, Andienungschancen. Es erfolgt dort eine Differenzierung zwischen den Aktien nach deren äußerem Erscheinungsbild. Der entsprechenden Anwendung von § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 4 AktG stünde nicht entgegen, wenn die Bereitschaft ausländischer Aktionäre von vornherein gering sein sollte, den von der AG aufgesuchten Börsenplatz, etwa einen USamerikanischen Börsenplatz, zu frequentieren, so dass im Ergebnis die dort einheimischen Aktionäre verstärkt zum Zuge kommen. Dies berücksichtigte der Ge-
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4. Teil A. I. 3. b) aa) (1). Materielle Gleichbehandlung der Aktionäre ist wegen ständig wechselnder Börsenkurse ohnehin rein theoretisch. 316 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19m; MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 252 (zum Erwerbsrecht); Paefgen, AG 1999, 67, 69. 317 4. Teil A. I. 3. b) aa) (1). 315
F. Veräußerung „eigener‘‘ ADSs
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setzgeber, wenn es in der Begründung zum Regierungsentwurf heißt, dass vom Begriff „Börse“ der Handel in allen Marktsegmenten sowohl im Inland als auch im Ausland erfasst ist318. Zudem ist zwischen der Gleichheit der Erwerbschancen, welche die AG einräumt, und der gleichen Bereitschaft der Aktionäre, diese Chancen wahrzunehmen, zu trennen. Demnach fiele ferner nicht entscheidend ins Gewicht, wenn einzelne Aktionäre wegen grundsätzlicher Skepsis gegenüber dem ADS-Modell den (börslichen) Kauf von ADSs für sich persönlich generell ausschließen sollten. c) ADS-Veräußerung außerhalb der Börse Außerhalb der Börse kann die AG die „eigenen“ ADSs an Aktionäre [aa)], an ADS-Inhaber [bb)] oder an außenstehende Dritte [cc)] veräußern. aa) Veräußerung an Aktionäre (1) Gleichmäßiges Angebot an alle Aktionäre Ohne förmlichen Rechtsausschluss darf die AG „eigene“ ADSs veräußern, wenn gewährleistet ist, dass – im Rahmen eines öffentlichen Verkaufsangebots – alle Aktionäre gleichermaßen nach ihrer Beteiligungsquote an der Veräußerung teilnehmen können. Die formale Gleichbehandlung aller Aktionäre ist gegeben, Vorerwerbsrechte werden nicht beeinträchtigt. Anderes ergibt sich entgegen teils geäußerter Ansicht319 auch nicht aus § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 5 AktG, wonach die Hauptversammlung eine „andere Veräußerung“ beschließen kann und §§ 186 Abs. 3, 4, 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG in diesem Fall entsprechend anzuwenden sind. Mit der „anderen Veräußerung“ ist nach richtiger Ansicht nur diejenige gemeint, die den Aktionären keine gleichmäßige Erwerbsmöglichkeit bietet.320 So soll nach der Regierungsbegründung Satz 5 gelten, wenn bei der Veräußerung eigener Aktien eine Situation entsteht, die wirtschaftlich dem Bezugsrechtsausschluss bei neuen Aktien entspricht.321 Eine solche Situation besteht gerade nicht, wenn 318
Begr. RegE BT-Drucks. 13/9712, S. 13. U. a. Huber, in: FS Kropff, 1997, 101, 118 (Fn. 94); DAV, ZIP 1997, 163, 172; wohl auch MüHdbAG-Wiesner, § 15 Rn. 19 und Wilsing/Siebmann, DB 2006, 881, 883. 320 U. a. Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71 Rn. 40; MünchKommAktGOechsler, § 71 Rn. 255; Volhard, in: Semler/Bärwaldt § 35 Rn. 10; Bezzenberger, Eigene Aktien, S. 127; Johannsen-Roth, S. 201; Hirsch, S. 170 ff., 177; Möller, S. 139 ff.; Leithaus, S. 22 f.; Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1441, 1442; Kiem, ZIP 2000, 209, 214; Lingemann/Wasmann, BB 1998, 853, 860. 321 Begr. RegE BT-Drucks. 13/9712, S. 14, in der es weiter zu Satz 5 2. HS. heißt: „Der Einschub ,in diesem Fall‘ macht deutlich, dass die Anwendung von § 186 AktG auf den Fall einer Abweichung von der Gleichbehandlung der Aktionäre beschränkt ist.“ 319
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
alle Aktionäre gleiche Erwerbschancen haben. Ferner wäre es wertungsmäßig nicht haltbar, wenn im Falle eines an alle Aktionäre gerichteten Verkaufsangebots schärfere Anforderungen gelten würden als bei der börslichen Veräußerung, obwohl die Aktionäre besser stehen, weil bei der Veräußerung über die Börse immer die Gefahr besteht, dass bestimmte Aktionäre überproportional oder Dritte zu Lasten aller Aktionäre erwerben.322 (2) Angebot an ausgewählte Aktionäre Anders stellt sich die Lage dar, wenn die AG die „eigenen“ ADSs nur ausgewählten Aktionären zum Erwerb anbieten will. Vorerwerbsrechte beeinträchtigt die AG nur nicht, wenn für die ausgeschlossenen Aktien Vorerwerbsrechte im Einzelfall kraft Gesetzes nicht bestehen, weil die Realisierung eines Erwerbszwecks im Sinne des § 71 Abs. 1 AktG den Ausschluss aller übrigen Aktionäre und damit die formale Ungleichbehandlung erfordert.323 So muss etwa eine AG, die Kreditinstitut ist, ohne Beschränkung eine Einkaufskommission über „eigene“ ADSs ausführen können, auch wenn der Kommitent schon Aktien der AG hält. Genauso ist es der AG gestattet, Arbeitnehmern, die bereits Aktionäre sind, „eigene“ ADSs zum Erwerb anzubieten, ohne das Angebot auf die übrigen Aktionäre zu erstrecken. Soweit die Vorerwerbsrechte nicht gesetzlich ausgeschlossen sind, ist deren förmlicher Ausschluss unumgänglich. In formeller Hinsicht ist ein mit Dreiviertelmehrheit gefasster Beschluss der Hauptversammlung über den Ausschluss der Vorerwerbsrechte erforderlich (§§ 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 5 AktG, 186 Abs. 3 Satz 1, 2 AktG), der im Fall von Nummer 8 zum Schutz der beschließenden Aktionäre schon zusammen mit dem Ermächtigungsbeschluss nach Satz 1 gefasst sein muss.324 Dem Beschluss hat eine Bekanntmachung des anvisierten Rechtsausschlusses (§ 186 Abs. 4 Satz 1 AktG) sowie dessen Erläuterung gegenüber der Hauptversammlung (§ 186 Abs. 4 Satz 2 AktG) vorauszugehen. Ein Sonderbeschluss im Sinne des § 138 AktG der vom Rechtsausschluss betroffenen Aktionäre ist nicht zusätzlich erforderlich.325 322
Ganz ähnlich Bezzenberger, Eigene Aktien, S. 127. Vgl. MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 97 ff.; Kindl, DStR 1999, 1276, 1278. Siehe ferner Hirsch, S. 181, nach dem sich der Erwerbszweck im Sinne des § 71 Abs. 1 AktG auf die Wiederausgabe der Aktien auswirkt und Fragen nach einem Bezugsrecht auf eigene Aktien sowie die Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes entbehrlich macht. 324 Vgl. MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 256 (zur Veräußerung eigener Aktien). 325 § 141 Abs. 1 AktG gilt nicht entsprechend, weil der Ausschluss von Vorerwerbsrechten für einen bestimmten Veräußerungsvorgang keine Satzungsänderung bedeutet und das Vorerwerbsrecht kein Vorzugsrecht ist, sondern grundsätzlich aus allen Aktien gleichermaßen resultiert. Eine satzungsändernde Benachteiligung im Sinne des § 179 323
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In materieller Hinsicht bedarf es, wegen des Verweises in § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 5 AktG auf § 186 Abs. 3 AktG und der mit dieser Norm verbundenen Auslegungsgrundsätze, der sachlichen Rechtfertigung des Ausschlusses.326 Dies ist letztlich wiederum eine Frage des Einzelfalls, bei der das Gesellschaftsinteresse mit dem Interesse der ausgeschlossenen Aktionäre am Erhalt ihrer Vorerwerbsrechte abzuwägen ist. Nach §§ 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 5, 186 Abs. 3 Satz 4 AktG ist ein Ausschluss des Vorerwerbsrechts insbesondere dann zulässig, wenn die zur Veräußerung gestellten eigenen Aktien zehn vom Hundert des Grundkapitals nicht übersteigen und der Veräußerungspreis den Börsenpreis nicht wesentlich unterschreitet.327 Die Interessen der ausgeschlossenen Aktionäre werden damit dem Interesse der AG an kurzfristiger Aufnahme von Eigenkapital untergeordnet. Grund ist, dass der Ausschluss die Aktionäre wirtschaftlich nicht belastet, weil diese eine entsprechende Anzahl von Aktien über die Börse zu ganz ähnlichen Konditionen zukaufen können.328 Dies setzt unabdingbar voraus, dass die ADSs überhaupt börsennotiert und verfügbar sind, der Börsenkurs – so nicht bei marktengen Papieren – aussagekräftig ist329 und der Veräußerungspreis der „eigenen“ ADSs den ADS-Börsenpreis nicht wesentlich unterschreitet. bb) Veräußerung an ADS-Inhaber Die Veräußerung „eigener“ ADSs an ADS-Inhaber, selbst gleichmäßig an alle ADS-Inhaber, ist nur dann ohne förmlichen Rechtsausschluss zulässig, wenn Vorerwerbsrechte im Einzelfall schon von Gesetzes wegen ausgeschlossen sind, weil die Realisierung eines gesetzlichen Erwerbszwecks dieses exklusive Veräußerungsangebot bedingt. Dies bedarf in jedem Einzelfall sorgfältiger Prüfung. Auf die voranstehenden Beispiele sei verwiesen.
Abs. 3 AktG der nicht zum Zuge kommenden Aktien liegt gleichfalls nicht vor. Das Sondervotum des § 182 Abs. 2 AktG bezieht sich inhaltlich auf eine hier nicht gegebene Kapitalerhöhung gegen Einlagen, nicht auf einen Bezugsrechtsausschluss. Das Sonderbeschlusserfordernis lässt sich daher auch nicht daraus ableiten, dass auch ein etwaiger, dem Vorerwerbsrechtsausschluss vergleichbarer Bezugsrechtsausschluss in dem zustimmungspflichtigen Beschluss geregelt ist. Dies hängt allein damit zusammen, dass formalrechtlich zwingend der Bezugsrechtsausschluss Bestandteil des Kapitalerhöhungsbeschlusses sein muss (vgl. etwa Hüffer, AktG, § 186 Rn. 20). Die Rechtslage ist also im Ergebnis mit der beim Ausschluss von Andienungsrechten vergleichbar. Dieser Ausschluss erfordert ebenfalls keinen Sonderbeschluss [4. Teil A. I. 3. a)]. 326 MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 255. 327 Zu grundlegender Kritik an § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG Hüffer, AktG, § 186 Rn. 39b mwN. Die Notwendigkeit eines HV-Beschlusses entfällt auch in diesem Fall nicht, siehe nur Hüffer, § 186 Rn. 39e. 328 Begr. FraktionsE BT-Drucksache 12/6721, S. 10 (zu § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG direkt). 329 Vgl. Hüffer, AktG, § 186 Rn. 39g.
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
cc) Veräußerung an Dritte Die exklusive Veräußerung „eigener“ ADSs an Dritte erfordert einen förmlichen Ausschluss der Vorerwerbsrechte aller Aktien der AG, sofern diese nicht schon im Einzelfall von Gesetzes wegen ausgeschlossen sind.330
II. Die Rechtsbeziehung zur Depotbank Für die Umschreibung der ADSs im ADS-Register der Depotbank ist nach den Depotverträgen an die Depotbank eine sog. transfer fee zu entrichten. Der Gebührenschuldner ist zum Teil nicht eindeutig bestimmt, wenn insoweit der „holder“ benannt ist. Dies kann sowohl der veräußernde ADS-Inhaber – vorliegend die AG – als auch der ADS-Erwerber sein. Eine entsprechende Klarstellung wäre ratsam. Soll der Veräußerer der Gebührenschuldner sein, was wohl unwahrscheinlicher ist, so begegnet die Klausel mit Blick auf § 57 AktG nicht unerheblichen Bedenken.331
III. Exkurs: Informationspflichten der §§ 160 Abs. 1 Nr. 2, 71 Abs. 3 Satz 1 AktG Exkursmäßig sind die Informationspflichten der AG gemäß § 160 AktG und § 71 Abs. 3 AktG in Bezug auf veräußerte „eigene“ ADSs darzustellen. Gemäß § 160 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AktG ist über Aktien, die die Gesellschaft, ein abhängiges oder im Mehrheitsbesitz der Gesellschaft stehendes Unternehmen oder ein anderer für Rechnung der Gesellschaft oder eines abhängigen oder eines im Mehrheitsbesitz der Gesellschaft stehenden Unternehmens erworben hat und die im Geschäftsjahr veräußert worden sind, unter Angabe der Zahl dieser Aktien, des auf sie entfallenden Betrags des Grundkapitals, des Anteils am Grundkapital, des Veräußerungspreises sowie über die Verwendung des Erlöses im Anhang des Jahresabschlusses der AG zu berichten. Auch auf die Aktien, die im Berichtszeitraum über das Vehikel „eigener“ (pre-release) ADSs veräußert wurden, erstreckt sich diese Berichtspflicht. Als Veräußerungspreis ist der für die ADSs vereinbarte Preis anzugeben. Die ausdrückliche Ausweisung als durch ADSs repräsentierte Aktien ist zumindest ratsam. Beim Aktienbestand im Sinne des § 160 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AktG sind die im Berichtszeitraum über „eigene“ (pre-relelase) ADSs veräußerten Aktien herauszunehmen. 330 Lehnt man indes die Existenz von Vorerwerbsrechten der Aktionäre ab (zum Streitstand 4. Teil C. I. 3.), ist die außerbörsliche Veräußerung „eigener“ ADSs an Dritte generell ohne förmlichen Rechtsausschluss zulässig, weil keine nach § 53a AktG (entsprechend) relevante Ungleichbehandlung vorliegt. 331 Zu transfer fee und § 57 AktG bereits 4. Teil A. II. 2.
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Die Unterrichtungspflicht des Vorstands nach § 71 Abs. 3 Satz 1 AktG gegenüber der nächsten Hauptversammlung soll sich nach einer Ansicht auch auf die Veräußerung von Aktien erstrecken, die unter Berufung auf § 71 Abs. 1 Nr. 1 oder 8 AktG erworben wurden.332 Dies ist nicht vom Normwortlaut abgedeckt. Dort ist nur vom Erwerb die Rede. Für die Erstreckung spricht indes, dass der Ermächtigungsbeschluss nach Nummer 8 auch Vorgaben für die Wiederveräußerung der Aktien enthalten kann, deren Einhaltung für die Aktionäre gleichfalls überprüfbar sein muss. Ein Kontrollbedürfnis bestünde zudem, wenn es für den Erfolg der Schadensabwehr (auch) auf die Verwendung der erworbenen Aktien wesentlich ankäme. Gegenüber einer zu sehr auf den Einzelfall abstellenden Differenzierung erscheint es da als vorzugswürdig, die Unterrichtungspflicht in den Fällen des § 71 Abs. 1 Nr. 1 oder 8 AktG generell auch auf die Veräußerungsvorgänge zu erstrecken. Auch auf die in Gestalt von „eigenen“ (pre-release) ADSs veräußerten Aktien, die zuvor – mittelbar oder unmittelbar – auf Grundlage von § 71 Abs. 1 Nr. 1 oder 8 AktG erworben wurden, erstreckt sich die Unterrichtungspflicht des Vorstands gegenüber der nächsten Hauptversammlung (§§ 71d Satz 4, 71 Abs. 3 Satz 1 AktG entsprechend). Dass sich die praktische Bedeutung dieser Unterrichtungspflicht in engen Grenzen hält, liegt daran, dass sie durch die Berichtspflicht des § 160 Abs. 1 Nr. 2 AktG miterfüllt werden kann.333
IV. Ergebnis Bei der Veräußerung „eigener“ ADSs können die Handlungsspielräume der AG durch Zweckbindungen aus § 71 Abs. 1 AktG eingeschränkt sein. Der Veräußerungspreis der „eigenen“ ADSs darf grundsätzlich nicht unter dem aktuellen ADS-Handelswert liegen. Dies gilt auch, wenn der Erwerber bislang noch keine Aktien oder ADSs der AG hält. Mitgliedschaftliche Vorerwerbsrechte der Aktionäre existieren generell nicht, wenn die AG die „eigenen“ ADSs über die Börse veräußert (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 4 AktG entsprechend). Hierin liegt ein bedeutsamer Unterschied zum Erwerb „eigener“ ADSs über die Börse. Ein an alle Aktionäre gerichtetes ADSVerkaufsangebot beeinträchtigt keine Vorerwerbsrechte. In allen übrigen Fällen ist ein förmlicher Rechtsausschluss durch die AG nur vermeidbar, wenn die Realisierung eines Erwerbszwecks im Sinne des § 71 Abs. 1 AktG den Ausschluss der betroffenen Aktionäre konkret erfordert. 332 Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 71 Rn. 84; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 71 Rn. 48; Wilsing/Siebmann, DB 2006, 881, 884; Wastl, DB 1997, 461, 465. 333 Zum Verhältnis von §§ 71d Satz 1, 71 Abs. 3 Satz 1 AktG und § 160 Abs. 1 Nr. 2 AktG 4. Teil E. II. 1.
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
Mit Blick auf § 57 AktG ist problematisch, wenn die AG durch die ADS-Veräußerung zur Zahlung einer transfer fee an die Depotbank verpflichtet sein sollte. Im Anhang des Jahresabschlusses ist über die Aktien zu berichten, die im abgelaufenen Geschäftsjahr über das Vehikel „eigener“ ADSs veräußert wurden (§ 160 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AktG). Die Unterrichtungspflicht der §§ 71d Satz 4, 71 Abs. 3 Satz 1 AktG ist daneben zumeist ohne praktische Bedeutung.
G. Umtausch „eigener“ ADSs in eigene Aktien Der rechtstechnische Ablauf eines Umtauschs „eigener“ ADSs in eigene Aktien wäre etwa wie folgt: Die AG weist die Depotbank (gegebenenfalls gegen Rückgabe von AD Receipts) zur Herausgabe von Aktien an, die durch „eigene“ ADSs repräsentiert werden. Im Anschluss löscht die Depotbank die AG für diese Aktien als ADS-Inhaberin aus dem ADS-Register und veranlasst die Übertragung der Aktien auf die AG. Welche aktienrechtlichen Vorgaben die AG bei einem solchen Umtausch zu vergegenwärtigen hat, ist jetzt zu untersuchen.
I. Voraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG Die Erwerbsvorgaben des § 71 Abs. 1, 2 AktG gelten nicht unmittelbar, wenn die AG im Zuge des Umtauschs die eigenen Aktien erwirbt, die vormals ihren „eigenen“ ADSs zugrunde lagen. Der Erwerb vollzieht sich außerhalb des Regelungskomplexes der §§ 71 ff. AktG. Es handelt sich um eine schlichte Verschiebung der Aktien innerhalb der Sphäre der AG, da dieser die Aktien schon während ihrer ADS-Inhaberschaft als eigene zugerechnet wurden.334
II. § 57 AktG Hinsichtlich des Zuwendungsverbots des § 57 AktG ist die in den meisten Verträgen anzutreffende Bestimmung problematisch, wonach an die Depotbank „for the surrender of ADSs and for the withdrawal of deposited securities“ eine sog. surrender fee zu entrichten ist. Eine Präzisierung der abzugeltenden Leistung erfolgt nicht. Gebührenschuldner ist entweder der ADS-Inhaber, der ADSs zurückgibt, oder der Erwerber der bislang hinterlegten Aktien. Vorliegend ist dies jeweils die AG.
334 Die AG sollte jedoch schon in diesem Stadium darauf achten, dass durch die beabsichtigte Aktienverwendung eine etwaige Zweckbindung der Aktien (vgl. Hirsch, S. 181 mwN) nicht vereitelt wird.
G. Umtausch „eigener‘‘ ADSs in eigene Aktien
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Die Problematik ist im Kern dieselbe wie bei der transfer fee und der issuance fee.335 Eine surrender fee-Schuld der AG ist nicht mit dem Zuwendungsverbot des § 57 AktG (entsprechend) vereinbar, soweit mit ihr Leistungen der Depotbank abgegolten werden sollen, die im inneren Zusammenhang mit deren Aktienbesitz stehen. So wäre denkbar, dass die Depotbank sich mit der Gebühr (auch) die Bereitschaft entlohnen lässt, die Aktien aus der Hinterlegung freizugeben und auf die benannte Person zu übertragen. In diesem Fall wäre der depotvertragliche Gebührentatbestand dahin einzuschränken, dass jeder ADS-Inhaber mit Ausnahme der Gesellschaft gebührenpflichtig ist, auf deren Aktien das ADS-Programm basiert. Der Gebührentatbestand wäre dagegen unbedenklich, wenn mit der surrender fee nur Dienstleistungen abgegolten werden sollen, die – wie etwa Registertätigkeit – im Grunde auch von fremden Dritten erbracht und üblicherweise in entsprechender Höhe in Rechnung gestellt werden könnten.
III. Gleichbehandlungsgrundsatz und Andienungsrechte Aus teleologischen Erwägungen gilt weder der Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG noch existieren mitgliedschaftliche Andienungsrechte der ausgeschlossenen Aktionäre, wenn die AG im Zuge des Umtauschs die eigenen Aktien von der Depotbank erhält. Die beim Aktienerwerb der AG mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz und den Andienungsrechten verfolgten Schutzzwecke sind allesamt nicht berührt. Der Aktienerwerb ist ohne Einfluss auf die Beteiligungsstruktur der AG. Die Aktien wurden der AG bereits vor dem Direkterwerb als eigene zugerechnet. Die Gefahr eines willkürlichen Eingriffs durch den Vorstand in die Beteiligungsstruktur der AG droht erst, wenn die Aktien bei einer späteren Veräußerung die Sphäre der AG verlassen. Außerdem drohen durch den Aktienerwerb von der Depotbank weder eine willkürliche Entbindung der Depotbank von einem Investitionsrisiko noch deren willkürliches Abschneiden von der weiteren Wertentwicklung der AG. Die Depotbank investierte in die Aktien nicht und nimmt bei wirtschaftlicher Betrachtung über diese Aktien nicht an einer positiven Ertragsentwicklung der AG teil (§§ 71d Satz 4, 71b AktG entsprechend). Schlussendlich ist der Rechtsgedanke des § 71d Satz 5 AktG zu beachten, wonach die AG auf diejenigen Aktien unbeschränkten Zugriff haben muss, die ihr schon als eigene zugerechnet werden.
335
4. Teil A. II. 2., 4. Teil B. II. 3.
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
IV. Exkurs: Informationspflichten der §§ 160 Abs. 1 Nr. 2, 71 Abs. 3 Satz 1 AktG Der Berichtspflicht des § 160 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AktG (Angaben zum Aktienerwerb im abgelaufenen Geschäftsjahr) unterliegen die von der Depotbank erworbenen eigenen Aktien nicht. Die Berichtspflicht baut systematisch auf den Vorschriften der §§ 71 ff. AktG auf.336 Der vorliegende Erwerb ist indes eine reine Verschiebung der Aktien innerhalb der Gesellschaftssphäre, die sich außerhalb dieses Normkomplexes vollzieht. Aus diesem Grund kommt auch die Unterrichtungspflicht des § 71 Abs. 3 Satz 1 AktG nicht zur Anwendung. Beim Aktienbestand im Sinne des § 160 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AktG sind die bislang durch „eigene“ ADSs vertretenen Aktien in die erste Kategorie der von der AG direkt gehaltenen Aktien umzutragen.
V. Ergebnis Beim Umtausch „eigener“ ADSs in eigene Aktien ist, und zwar mit Blick auf § 57 AktG, problematisch, wenn die AG durch den Umtausch zur Zahlung einer surrender fee an die Depotbank verpflichtet sein sollte. Im Übrigen ist der Vorgang von unmittelbaren aktienrechtlichen Beschränkungen frei. Für die AG ergeben sich daraus neue Handlungsspielräume. Sie ist nicht allein darauf festgelegt, „eigene“ ADSs in Gestalt von ADSs weiterzuverwenden. Für den Vorstand, dem eine persönliche Haftung nach § 93 AktG droht, kann es rechtlich sogar geboten sein, „eigene“ ADSs direkt als Aktien zu veräußern, namentlich dann, wenn der Handelswert der ADSs deutlich unter dem der Aktien liegt und kein hinreichender Grund dafür streitet, die Aktien gerade in Form von ADSs zu veräußern.337
H. ADS-Übertragung auf Tochterunternehmen im Sinne des § 71d Satz 2 AktG Zum Schluss sind die aktienrechtlichen Hürden in der Variante zu erörtern, dass die AG „eigene“ ADSs auf ein Tochterunternehmen im Sinne des § 71d Satz 2 AktG überträgt. Folgender Ablauf ist denkbar: Die Mutter-AG kommt mit der Tochter überein, dass diese „eigene“ ADSs der Mutter-AG erwirbt (I.). Nach der Weisung der Mutter-AG schreibt die Depotbank die ADSs im ADS-Register auf die Tochter um (II.). 336 337
Hüffer, AktG, § 160 Rn. 7. 4. Teil F. I. 2. (Fn. 311).
H. ADS-Übertragung auf Tochterunternehmen
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Im Anhang des nächsten Jahresabschlusses der Mutter-AG sind die Angaben zum Aktienbestand anzupassen (III.).
I. Die Rechtsbeziehung zum Tochterunternehmen Die Mutter-AG darf die „eigenen“ ADSs vielfach nur im Gegenzug für einen marktüblichen Veräußerungspreis auf das Tochterunternehmen übertragen. 1. Voraussetzungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG Die Erwerbsvorgaben des § 71 Abs. 1, 2 AktG gelten weder direkt noch über die Gleichstellungsnorm des § 71d Satz 2 AktG, wenn die AG „eigene“ ADSs auf ein Tochterunternehmen überträgt. Es liegt kein gemäß § 71d Satz 2 AktG relevanter Erwerb der Tochter vor, weil der Mutter-AG die Aktien auch nach der ADS-Übertragung als eigene zugerechnet werden (§ 71d Satz 3 AktG entsprechend). 2. Preiskontrolle anhand von § 57 AktG Der Anwendungsbereich von § 57 AktG ist nicht eröffnet, wenn die MutterAG die Alleingesellschafterin des Tochterunternehmens ist. Es fehlt an dem nach § 57 AktG entscheidenden Vermögensabfluss bei der Mutter-AG. Die ADSsÜbertragung ist bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Leistung der Mutter-AG an sich selbst. Die Vorschrift erlangt erst Bedeutung, wenn die ADS/Aktien endgültig aus dem Vermögen der Mutter-AG abfließen, weil die Tochter sie an Dritte veräußert.338 Ist die Mutter-AG dagegen nicht die Alleingesellschafterin des Tochterunternehmens, führt die ADS-Übertragung – unabhängig davon, ob das Tochterunternehmen bereits Aktien oder ADSs der Mutter-AG hält339 – zu einem nach § 57 AktG (entsprechend) relevanten Vermögensabfluss bei der Mutter-AG. Denn fortan gehören die übertragenen (pre-release) ADSs (einschließlich der zugehörigen Aktien) auch den Minderheitsgesellschaftern des Tochterunternehmens. Folge ist, dass der Mutter-AG die Übertragung nur gestattet ist, wenn die Tochter eine Gegenleistung erbringt, die nicht unter dem aktuellen Handelswert der ADSs liegt. Die Tochter ist deshalb nicht schutzlos. Entweder sie selbst veräußert die ADSs zu marktüblichen Preisen oder ihr steht, wenn die AG die ADSs/Aktien 338 Die Veräußerung der ADSs durch die Tochter gilt zum Schutz der Gläubiger der Mutter-AG nach dem Rechtsgedanken der §§ 71d Satz 1, 2, 56 Abs. 2 AktG als Veräußerung der Mutter-AG. 339 Vgl. 4. Teil F. I. 2.
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
(nach § 71d Satz 5 AktG) zurückverlangt, ein Erstattungsanspruch nach § 71d Satz 6 AktG (entsprechend) zu. Anderes ergibt auch nicht der Rechtsgedanke der §§ 56 Abs. 2, 71d Satz 2 AktG, nach dem Mutter- und Tochtergesellschaft wegen ihrer wirtschaftlichen Verflechtung auch als rechtliche Einheit gelten. Dieser Rechtsgedanke dient dem Schutz der Gläubiger der Mutter-AG. Die Anwendung auf den vorliegenden Fall erzielte gerade die gegenteilige Wirkung. Zudem ist § 71d Satz 6 AktG zu beachten, wonach die Mutter-AG dem Tochterunternehmen den Gegenwert der Aktien zu erstatten hat, die sie nach § 71d Satz 5 AktG herausverlangt. Die Vorschrift zeigt, dass bei Aktienverschiebungen innerhalb der Gesellschaftssphäre ein Vermögensausgleich zwischen den beteiligten Rechtsträgern nicht generell ausgeschlossen ist. 3. Gleichbehandlungsgrundsatz und Vorerwerbsrechte Der aktienrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist nicht anwendbar und Vorerwerbsrechte der Aktionäre bestehen nicht, wenn die Mutter-AG „eigene“ ADSs auf ein 100 %-iges Tochterunternehmen überträgt. Deren Schutzzwecke sind nicht berührt. Ein willkürlicher Eingriff des Vorstands in die Beteiligungsstruktur der Mutter-AG droht nicht, weil die durch die ADSs repräsentierten Aktien der Mutter-AG weiter als eigene zugerechnet werden (§ 71d Satz 2, 3 AktG entsprechend). Die Beteiligungsstruktur ändert sich erst, wenn die Aktien die Sphäre der Mutter-AG verlassen, weil die Tochter sie (in Gestalt von ADSs) an einen Dritten veräußert. Auch die Gefahr einer Verwässerung der Beteiligungsquote für die Aktionäre, die erst nach dem ADS-Erwerb der Mutter-AG Anteile dieser AG erwarben, besteht nicht. Die Mitgliedsrechte ruhen weiter (§§ 71d Satz 4, 71b AktG entsprechend). Schließlich tritt die Realisierung des Werts dieser Aktien noch nicht ein, so dass den Aktionären der Mutter-AG noch nicht der Zugriff eröffnet sein muss. Die Wertrealisierung tritt erst mit der Veräußerung der ADSs/Aktien durch die Tochter an einen Dritten ein. Das Ergebnis dürfte identisch sein, wenn die Mutter-AG nicht alle Anteile an dem Tochterunternehmen hält. Mitgliedschaftliche Verwaltungsrechte aus den durch die ADSs repräsentierten Aktien bestehen nicht (§§ 71d Satz 2, 4, 71b AktG entsprechend). Die Vermögensrechte sind zwar nach zutreffender Ansicht zum Schutze der außenstehenden Gesellschafter der Tochterunternehmens nicht mehr suspendiert340, so dass sich die Vermögensquote der übrigen Aktionäre der Mutter-AG entsprechend reduziert. Volle Wertrealisierung tritt dennoch erst ein, wenn das Tochterunternehmen diese Aktien (in Gestalt von ADSs) veräußert, so dass die Aktionäre der Mutter-AG erst dann vorrangigen Zugriff haben müssen.
340
Vgl. MünchKommAktG-Oechsler, § 71d Rn. 58 f. mwN.
I. Zusammenfassung
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II. Die Rechtsbeziehung zur Depotbank Mit Blick auf § 57 AktG ist problematisch, wenn Mutter-AG oder Tochterunternehmen341 durch die ADS-Übertragung gegenüber der Depotbank zur Zahlung einer sog. transfer fee verpflichtet sein sollten. Für Einzelheiten sei auf die Ausführungen beim derivativen ADS-Erwerb verwiesen.342
III. Exkurs: Berichtspflichten der §§ 160 Abs. 1 Nr. 2, 71 Abs. 3 Satz 1 AktG Der Berichtspflicht des § 160 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AktG unterfällt der ADS-Erwerb nicht. Die Vorschrift baut auf §§ 71 ff. AktG auf.343 Der Erwerb der Tochter vollzieht sich aber, wie gesehen, als schlichte Verschiebung innerhalb der Sphäre der Mutter-AG außerhalb dieses Regelungskomplexes. Aus diesem Grund besteht auch keine Unterrichtungspflicht gemäß § 71 Abs. 3 Satz 1 AktG. Die Bestandsangaben im Sinne des § 160 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AktG im Anhang des Jahresabschlusses sind anzupassen, indem man die durch ADSs repräsentierten Aktien in die Kategorie der von einem Tochterunternehmen gehaltenen Aktien umträgt.
IV. Ergebnis Die Mutter-AG muss bei der Übertragung „eigener“ ADSs auf ein Tochterunternehmen im Sinne des § 71d Satz 2 AktG, an dem sie nicht alle Anteile hält, darauf achten, dass die Gegenleistung nicht unter dem aktuellen Handelswert der ADSs liegt. Mit Blick auf § 57 AktG ist problematisch, wenn Mutter oder Tochter im Zuge des ADS-Transfers gegenüber der Depotbank zur Zahlung einer sog. transfer fee verpflichtet sein sollten. Die Bestandsangaben im Sinne des § 160 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AktG im Anhang des Jahresabschlusses der Mutter-AG sind anzupassen.
I. Zusammenfassung Wenn die AG mit einem ADS-Inhaber einen Vertrag über den Erwerb „eigener“ ADSs abschließt (derivativer ADS-Erwerb), müssen die Erwerbsvorausset341 Zahlt das Tochterunternehmen, gilt § 57 AktG wegen des Rechtsgedankens der §§ 56 Abs. 2, 71d Satz 2 AktG entsprechend. 342 4. Teil A. II. 2. 343 Hüffer, AktG, § 160 Rn. 7.
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
zungen des § 71 Abs. 1, 2 AktG vorliegen (§ 71d Satz 1 AktG). Ein für die ADSs vereinbarter Erwerbspreis muss der Kontrolle anhand von § 57 AktG standhalten. Maßgeblich ist im Grundsatz der aktuelle Handelswert der ADSs. Will die AG die „eigenen“ ADSs über die Börse erwerben, sind die mitgliedschaftlichen Andienungsrechte – anders als für gewöhnlich beim Aktienerwerb – infolge der Unanwendbarkeit von § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 4 AktG nicht generell gesetzlich ausgeschlossen. Ein förmlicher Rechtsausschluss durch die AG ist nur entbehrlich, wenn die Andienungsrechte im Einzelfall schon kraft Gesetzes nicht bestehen, weil die Realisierung eines Erwerbszwecks im Sinne des § 71 Abs. 1 AktG gerade den börslichen Erwerb „eigener“ ADSs erfordert. Auch ein angestrebter Erwerb „eigener“ ADSs über ein öffentliches Angebot oder von ausgesuchten ADS-Inhabern macht stets den förmlichen Ausschluss von Andienungsrechten notwendig, sofern nicht im Einzelfall der gesetzliche Erwerbszweck gerade den Erwerb von ADSs (und gerade von bestimmten ADS-Inhabern) bedingt. Räumt die Depotbank der AG durch die ADS-Umschreibung im ADS-Register die durch die ADSs ausgeformte treugeberähnliche Rechtsposition an den eigenen Aktien ein, sind die Vorgaben des § 71 Abs. 1, 2 AktG nicht erneut zu beachten. Mit Blick auf § 57 AktG ist nach den untersuchten Verträgen problematisch, wenn die AG durch die ADS-Umschreibung zur Zahlung einer sog. transfer fee an die Depotbank verpflichtet sein sollte. Andienungsrechte der übrigen Aktionäre, auf die Rücksicht zu nehmen wäre, bestehen nicht, wenn die AG in die ADS-Inhaberstellung einrückt. Für die AG, die „eigene“ ADSs verwenden will, ist der originäre ADS-Erwerb nur bedingt eine Alternative zum derivativen ADS-Erwerb. Auch beim originären ADS-Erwerb müssen beim Abschluss des Erwerbsvertrags die Vorgaben des § 71 Abs. 1, 2 AktG erfüllt sein. Ein für die ADSs vereinbarter Erwerbspreis unterliegt auch hier der Kontrolle nach Maßgabe des § 57 AktG. Da der aktuelle Handelswert der ADSs, und nicht der Handelswert der Aktien, der Referenzwert ist, kann für die AG daraus ein faktisches Erwerbshindernis resultieren, wenn der Handelswert der ADSs (deutlich) unter dem der Aktien liegt. Der förmliche Ausschluss von mitgliedschaftlichen Andienungsrechten ist beim originären ADS-Erwerb, anders als beim derivativen ADS-Erwerb, in einer Variante generell vermeidbar. Die AG ist dann aber auf ein öffentliches Erwerbsangebot festgelegt, das sich an alle Aktionäre gleichermaßen richtet. Im Verhältnis der AG zur Depotbank ist rechtlich bedenklich, wenn die AG im Zuge der Emission der „eigenen“ ADSs eine sog. issuance fee zahlen muss. Angesichts der ADS-spezifischen Hürden erweist sich für die AG, die „eigene“ ADSs einsetzen will, ein kombiniertes Vorgehen aus Aktienerwerb und anschließendem Umtausch in „eigene“ ADSs als ernsthafte und teils sogar rechtlich gebotene Alternative zum derivativen oder originären Erwerb „eigener“ ADSs. Unmittelbare aktienrechtlich fundierte Beschränkungen bestehen nicht, wenn die AG die eigenen Aktien hinterlegt. Bei der anschließenden ADS-Emis-
I. Zusammenfassung
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sion ist nur problematisch, wenn die AG als erste ADS-Inhaberin zur Zahlung einer sog. issuance fee an die Depotbank verpflichtet sein sollte. Der originäre/derivative ADS-Erwerb der (Mutter-)AG von einem Tochterunternehmen oder einem mittelbaren Stellvertreter ist von Beschränkungen weitgehend frei. Schließt die AG mit einer Tochter eigens einen Erwerbsvertrag über „eigene“ ADSs ab, ist nur zu beachten, dass in vielen Fällen eine Erwerbspreiskontrolle nach § 57 AktG erfolgt. Der Erwerbspreis darf nicht über den historischen Anschaffungskosten der Tochter liegen. In der Rechtsbeziehung der AG zur Depotbank ist wiederum problematisch, wenn die AG im Zuge der ADS-Umschreibung oder -Emission zur Zahlung einer sog. transfer fee oder issuance fee verpflichtet sein sollte. Während des Haltens „eigener“ ADSs hat die AG Folgendes zu beachten: Die durch die „eigenen“ ADSs repräsentierten Aktien zählen für die Zwecke der §§ 71 Abs. 2 Satz 1, 71c Abs. 2 AktG zum Bestand der AG (§ 71d Satz 3 AktG entsprechend). Aus der entsprechenden Anwendung von § 71d Satz 4 AktG folgt: Die Vorstandspflichten des § 71 Abs. 3 Satz 1, 2 AktG gelten auch für die durch „eigene“ ADSs repräsentierten Aktien. Diese Aktien gewähren keine Mitgliedsrechte (§ 71b AktG). Auf die Mitgliedspflichten des (Register-)Aktionärs aus den Aktien ist die ADS-Inhaberstellung der AG indes ohne Einfluss. Zur Erfüllung der Veräußerungs- und Einziehungspflichten des § 71c Abs. 2, 3 AktG kann der Vorstand auch auf „eigene“ ADSs beziehungsweise die zugehörigen eigenen Aktien zurückgreifen. Die den „eigenen“ ADSs zugeordneten Aktien unterfallen der Berichtspflicht des § 160 Abs. 1 Nr. 2 AktG im Anhang des Jahresabschlusses. Mit Blick auf § 57 AktG ist sehr problematisch, wenn die AG während des Haltens „eigener“ ADSs gegenüber der Depotbank zur Entrichtung einer sog. service fee verpflichtet sein sollte. Bei der Veräußerung „eigener“ ADSs können die Handlungsspielräume der AG durch Zweckbindungen aus § 71 Abs. 1 AktG eingeschränkt sein. Der für die „eigenen“ ADSs vereinbarte Veräußerungspreis darf grundsätzlich nicht unter dem aktuellen ADS-Handelswert liegen. Vorerwerbsrechte der Aktionäre existieren generell kraft Gesetzes nicht, wenn die AG die „eigenen“ ADSs über die Börse veräußert (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 4 AktG entsprechend). Dies ist ein bedeutsamer Unterschied zum Erwerb „eigener“ ADSs über die Börse. Ein an alle Aktionäre gerichtetes ADS-Verkaufsangebot ist ohne förmlichen Ausschluss von Vorerwerbsrechten durch die AG zulässig. In den anderen Fällen ist ein förmlicher Ausschluss nur dann nicht notwendig, wenn die Vorerwerbsrechte im Einzelfall gesetzlich ausgeschlossen sind, weil die Realisierung des ursprünglichen Erwerbszwecks im Sinne des § 71 Abs. 1 AktG den Ausschluss von Aktionären erfordert. Im Verhältnis der AG zur Depotbank ist bezüglich § 57 AktG problematisch, wenn die AG im Zuge der ADS-Veräußerung zur Zahlung einer transfer fee verpflichtet sein sollte. Im Anhang des Jahresabschlusses ist über die ADS-Veräußerung zu berichten (§ 160 Abs. 1 Nr. 2 AktG).
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4. Teil: Gleichstellung von „eigenen‘‘ ADSs mit eigenen Aktien
Beim Umtausch „eigener“ ADSs in eigene Aktien ist mit Blick auf § 57 AktG problematisch, wenn die AG durch den Umtausch zur Zahlung einer sog. surrender fee an die Depotbank verpflichtet sein sollte. Im Übrigen ist der Vorgang von unmittelbaren aktienrechtlichen Beschränkungen frei. Für die AG ergeben sich daraus neue Handlungsspielräume, weil sie nicht zwingend darauf festgelegt ist, erworbene „eigene“ ADSs als ADSs weiterzuverwenden. Bei der Übertragung „eigener“ ADSs auf ein Tochterunternehmen im Sinne des § 71d Satz 2 AktG muss die Mutter-AG darauf achten, dass die Gegenleistung nicht unter dem aktuellen Handelswert der ADSs liegt, wenn sie nicht die Alleingesellschafterin des Tochterunternehmens ist. In Bezug auf § 57 AktG ist problematisch, wenn Mutter- oder Tochtergesellschaft im Zuge des ADS-Transfers an die Depotbank eine sog. transfer fee zahlen müssen.
5. Teil
Schlussbetrachtung Die Ausgangsfrage – Umfang und Grenzen der Gleichstellung von sponsored American Depositary Shares mit Aktien für die Zwecke des deutschen Aktienrechts – wurde eingehend untersucht. Einzelergebnisse sind den Zusammenfassungen am Ende der Abschnitte zu entnehmen.1 An dieser Stelle sind abschließend die Kernaussagen zu formulieren. Die das Gesamtbild prägenden Konturen stehen im Vordergrund. Die aktienrechtliche Gleichstellung von American Depositary Shares mit Aktien kann weder pauschal bejaht noch generell verneint werden. Die Antwort erfordert Differenzierungen. (1) In Bezug auf mitgliedschaftliche Rechtspositionen gegenüber der AG stehen American Depositary Shares und Aktien generell nicht gleich. American Depositary Shares gewähren ausnahmslos keine mitgliedschaftlichen Rechtspositionen gegenüber der AG. Der ADS-Inhaber ist niemals originärer Inhaber von mitgliedschaftlichen Rechten. Er ist darauf angewiesen, dass er für die Zeit der gewünschten Rechtsausübung selbst Aktionär wird oder dass ihm die Depotbank als seine Vertragspartnerin die mittelbare Teilhabe an den Mitgliedsrechten ermöglicht. Gerade die Teilhabe des ADS-Inhabers an den mitgliedschaftlichen Verwaltungsrechten ist aber – unbeschadet des allerorts gewährten Stimmweisungsrechts gegenüber der Depotbank – (noch) schwach ausgeformt. (2) In Bezug auf mitgliedschaftliche Pflichten gegenüber der AG kommt eine Gleichstellung von American Depositary Shares mit Aktien immerhin stellenweise in Betracht. Der ADS-Inhaber kann in relativ engen Ausnahmefällen originärer Träger von Mitgliedspflichten gegenüber der AG sein. (3) Bei „eigenen“ American Depositary Shares der AG ist die aktienrechtliche Gleichstellung mit eigenen Aktien der AG schließlich sehr umfassend. Die aktienrechtlichen Vorgaben für den Erwerb, das Halten und die Veräußerung eigener Aktien gelten im Grunde auch für den Erwerb, das Halten und die Veräußerung „eigener“ American Depositary Shares durch die AG. Für den ADS-Erwerb können aus der Gleichstellung sogar zusätzliche, ADS-spezifische Hürden entstehen. Andererseits können sich aus einer Kombination von Aktienerwerb und anschließendem Umtausch in „eigene“ ADSs (und umgekehrt) für die AG auch 1
3. Teil B. VII., 3. Teil C. III., 4. Teil I.
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5. Teil: Schlussbetrachtung
neue Handlungsspielräume bei der Verwendung eigener Aktien dies- und jenseits des Atlantiks ergeben. Diese sehr unterschiedliche Reaktion des deutschen Aktienrechts auf das USBeteiligungsmodell der American Depositary Shares mag auf den ersten Blick überraschen. Sie ist indes die zwingende Folge des Befunds, dass American Depositary Shares Aktien nur gleich stehen, soweit dies das Gesetz – etwa § 20 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 AktG oder § 71d Satz 1 AktG – anordnet oder aus normativen Gründen – zum Schutz bestimmter Personengruppen wie insbesondere der Aktionäre – eine wirtschaftliche Sichtweise der Dinge geboten ist. Die Untersuchung bekräftigt damit bisherige Erkenntnisse und liefert neue Erkenntnisse zu der Frage, wie sich deutsches Aktienrecht und American Depositary Shares zueinander verhalten. Die Ergebnisse können zur Sicherheit im rechtlichen Umgang mit ADSs – sei es bei der Neueinrichtung oder Überarbeitung eines ADS-Programms, sei es im alltäglichen Umgang mit ADSs – beitragen. Das Verhältnis zwischen dem ADS-Modell und dem deutschem Recht ist gleichwohl noch nicht in seiner vollen Breite ausgeleuchtet. Weiter ungeklärte Fragen wie etwa die kollisionsrechtliche Dimension des Untersuchungsthemas2 geben der Rechtswissenschaft Raum für weitere Untersuchungen auf dem Gebiet der American Depositary Shares.
2
Siehe 1. Teil.
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Sachwortverzeichnis Abspaltungsverbot 48, 49, 69 ADS-Inhaber 31, 33, 34, 40, 44, 46, 56, 70, 71, 74, 75, 83, 84, 85, 87, 105, 115, 124, 133, 134, 136, 140, 143, 144, 147, 157, 185, 222, 229, 237, 241 – Teilnahme an Verwaltungsrechten 43 – Vermögensrechtliche Teilnahme 41 – wirtschaftlicher Aktionär 60, 69, 92, 93 – wirtschaftlicher Eigentümer der Aktien 56 ADS-Programm 23, 25, 27, 47 – level I-Programm 26 – level II-Programm 26 – level III-Programm 27 – restricted ADS-Programm 27 – sponsored ADS-Programm 25, 26 – unsponsored ADS-Programm 27 ADS-Register 31, 83, 86, 87, 147, 177, 182, 186, 189, 192, 197, 207, 216, 222, 230, 232, 234, 238 ADS-Umschreibung 156, 178, 179, 181, 184, 186, 208, 220, 238, 239 Aktiengattungen 160, 171, 172 Aktienregister 32, 39, 40, 83, 86, 115, 125, 134, 140, 162, 179, 182, 211 Aktionärsbegriff 46, 94, 131 American Depositary Receipts 25, 26, 30, 31 American Depositary Shares (ADSs) 28 – Bruchteil-ADSs 28, 44, 142, 157, 203, 204, 212, 217 – certificated/uncertificated ADSs 30 – eigene ADSs 24 – pre-release ADSs 29, 37, 61, 83, 85, 87, 115, 125, 134, 136, 140, 141, 157, 162, 169, 175, 184, 203, 204, 207, 208, 212, 213, 215, 220, 221, 226
– sponsored ADSs 23, 241 – unsponsored ADSs 27 Andienungsrechte 166, 167, 168, 172, 174, 175, 184, 186, 188, 191, 195, 200, 233, 238 Anfechtungsrecht 44, 59, 66 Ausgabegebot 206, 207 Auskunftsrecht 44, 51, 59, 65, 66 Beneficial Owner of ADSs 32 Berichtspflicht gemäß § 160 AktG 218, 230, 234, 237 Bezugsrechte 19, 41, 42, 59, 60, 63, 64, 193, 225 Börse 20, 26, 28, 166, 167, 168, 171, 185, 188, 192, 194, 225, 226, 227, 229, 231, 238, 239 – NASDAQ 21, 26, 31 – New York Stock Exchange (NYSE) 20, 166, 226 Chancengleichheit 163, 170 Clearstream 21, 38, 39 conflict of laws 24 Custodian 26, 29, 33, 36, 39, 40, 186, 191, 197, 203, 207, 212, 213, 215 depositor 29, 34, 105, 185 Depotbank 25, 27, 28, 33, 36, 40, 56, 177, 186, 189, 191, 196, 197, 201, 202, 222, 230, 232, 234, 237 Depotvertrag 22, 25, 40, 44, 51, 60, 147 Direct Registration System 31, 33 Dividende 19, 22, 41, 43, 48, 59, 63, 64, 85, 89, 112, 122, 123, 162, 163, 167, 185, 219 DTC 21, 30, 33
Sachwortverzeichnis Effektengiroverkehr 21, 30 Eigene ADSs 24 – ADS-Erwerb von Dritten im Sinne des § 71d Satz 1, 2 AktG 197 – Derivativer Erwerb eigener ADSs 147 – Halten eigener ADSs 202 – Originärer Erwerb eigener ADSs 186 – Übertragung auf Dritten im Sinne des § 71d Satz 1,2 AktG 234 – Umtausch in eigene ADSs 191 – Umtausch in eigene Aktien 232 – Veräußerung eigener ADSs 222 Einziehungspflicht gemäß § 71c AktG 180, 214, 222, 239 Erstattungsanspruch gemäß § 71d Satz 6 AktG 199, 217, 236 Erwerb eigener Aktien/ADSs 55, 150, 163, 184, 210 – Besitz 148 – Ermächtigungsbeschluss 159, 166, 171, 181, 193, 194, 206, 223, 225, 226, 228, 231 – Erwerbsbegriff 148, 153, 187 – Erwerbsverbot 149, 189 – Erwerbsvertrag 147, 148, 151, 156, 157, 158, 179, 186, 187, 197, 198, 200, 201, 202, 239 – Erwerbsvoraussetzungen 147, 177, 185, 187, 190, 191, 196, 198, 201, 208, 210, 214, 215, 238 – Rechnungsvertrag 150 fees – issuance fee 190, 191, 196, 197, 201, 202, 233, 238, 239 – pre-release fee 30 – surrender fee 232, 233, 234, 240 – transfer fee 178, 181, 182, 186, 201, 202, 230, 232, 233, 237, 238, 239, 240 Finanzierungsverbot gemäß § 71a Abs. 1 AktG 154 Freistellungsanspruch 100, 103, 104, 123, 132, 133
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Gesetzesanalogie 56, 67, 72, 77, 92 Gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung 58, 69, 74, 103, 122 Gleichbehandlungsgrundsatz 58, 71, 72, 73, 74, 75, 77, 82, 83, 84, 115, 143, 145, 166, 167, 169, 170, 174, 176, 184, 185, 188, 191, 193, 194, 195, 196, 200, 201, 206, 225, 226, 233, 236 – formale Gleichbehandlung 170, 171, 174, 176, 226, 227, 228 – Gleichbehandlung der Aktien 80, 82, 111, 169, 170 – Gleichbehandlung der Aktionäre 75, 80, 82, 111, 169, 170, 174, 194, 226, 227 – Gleichheit der Aktien 80, 112, 170, 171 – materielle Gleichbehandlung 226 Gleichstellung 23, 24, 32, 46, 50, 52, 53, 54, 55, 56, 58, 60, 61, 62, 77, 84, 88, 92, 94, 98, 99, 101, 103, 105, 109, 117, 118, 144, 146, 158, 241 – Gleichstellung aufgrund der Entstehungsgeschichte 50 – Gleichstellung aufgrund der Programmbeteiligung 50 – Gleichstellung aufgrund wirtschaftlichnormativer Aspekte 54 – Gleichstellung aufgrund zeitlich versetzter Mitgliedschaft 53 – Gleichstellung kraft Gesetzes 47, 84 – Gleichstellung kraft Vereinbarung 51 Gleichstellungsgedanke 73, 77, 95 Gründerhaftung 55, 67, 77, 78, 79, 94, 95, 96, 97 Grundsätze der Gesetzesumgehung 57, 68, 74, 79, 101, 109, 119 – Überschreiten der Toleranzschwelle 58, 82, 113, 131, 140 – Umgehungsfall 57, 80, 109, 112, 119, 127, 129, 130, 131, 138 Haftungsprivileg 102, 103, 119, 121 indirect holding system 30, 33, 61, 69 Inhaberaktien 19, 39, 88
260
Sachwortverzeichnis
Kapitalaufbringung 88, 94, 97, 98, 100, 101, 102, 103, 104, 105, 109, 160, 189 Kapitalaufbringungspflicht 96, 97 Kapitalerhaltung 107, 109, 110, 111, 116, 119, 121, 151, 162, 164 Mitgliedschaft 28, 39, 40, 48, 49, 53, 61, 63, 64, 65, 67, 68, 70, 72, 74, 75, 77, 92, 93, 107, 112, 118, 119, 122, 124, 126, 128, 130 Mitgliedsrechte 40, 51, 61, 67, 68, 70, 73, 93, 126, 127, 196, 208, 210, 211, 212, 221, 222, 236, 239 – Ruhen 161, 196, 210, 236 Mitteilungspflicht gemäß § 20 AktG 47, 84, 144 Mitteilungspflicht gemäß § 21 WpHG 51, 52 Namensaktien 21, 32, 34, 39, 40, 83, 115, 125, 134, 140, 147, 162, 182, 211, 215 negotiated repurchase 165, 166, 167, 176 New York Uniform Commercial Code (NY-UCC) 30, 31, 32, 33, 61, 69, 147 Nießbrauch 62, 64, 65, 66 Nießbraucher 48, 63, 66, 106, 108, 113, 116, 118 nominee 30, 33, 36, 39, 40 öffentliches Erwerbsangebot 172, 174, 191, 238 ordinary shares 23 periodic statements 31 Pfandgläubiger 48, 63, 66, 106, 108, 116, 118 Pfandrecht 62, 64 Privatautonomie 69, 92, 113 Rechtsanalogie 57, 73, 77, 92, 94 Regelungsziel 57, 70, 80, 82, 101, 109, 110, 111, 119, 124, 139, 140, 154, 157, 163, 164, 169, 214, 224
registered shares 19, 21, 22 Rückgewährhaftung gemäß § 62 AktG 89, 94, 97, 114, 115, 119, 124, 143, 144 Sarbanes-Oxley Act 22 Securities Act 42 security entitlement 33, 61, 69 Stimmrecht 44, 65, 66, 80, 91, 125, 130, 135, 139, 141, 142, 145, 212 Stimmverbot gemäß § 136 AktG 76, 97, 136 Stimmweisungsrecht 83, 85, 86, 87, 91, 115, 125, 140, 141, 144, 145, 211 Tochterunternehmen 55, 146, 159, 180, 197, 201, 202, 209, 217, 219, 220, 234, 235, 236, 237, 239, 240 Trennungsgrundsatz 94 Treubindung 54, 58, 59, 70, 75, 84, 90, 125, 126, 127, 129, 130, 134, 136, 213 Treugeber 51, 55, 56, 63, 98, 100, 106, 107, 116, 118, 125, 126, 136, 137, 138, 257 Treuhand 51, 99, 100, 126, 137, 138, 254 Treupflicht 54, 70, 71, 75, 97, 125, 126, 127, 128, 129, 130, 131, 134, 140, 144 trust 49 Unterbeteiligter 63 Unterbeteiligung 62, 65, 99, 100 Unterrichtungspflicht gemäß § 71 Abs. 3 AktG 204, 231, 232, 234, 237 US-Kapitalmarkt 19, 21, 22, 26, 27 Veräußerung eigener Aktien/ADSs 24, 71, 74, 81, 170, 193, 194, 195, 222, 241 Veräußerungspflicht gemäß § 71c AktG 206, 214 Verbandsrecht 97 Verbandszugehörigkeit 93, 100, 102 Vermögensrechte 63, 108, 111, 210, 211, 212, 236
Sachwortverzeichnis Verschaffungsanspruch gemäß § 71d Satz 5 AktG 180, 208, 216, 233, 236 Verwaltungsrechte 44, 58, 62, 65, 66, 67, 68, 69, 84, 85, 113, 210, 211, 236 Vorerwerbsrechte 81, 193, 194, 195, 223, 225, 226, 227, 228, 229, 230, 231, 236, 239 warrants 42 Weisungsrecht 43, 44, 59, 85, 86, 134, 136, 145, 151, 152, 154, 155, 211 Wirtschaftliche Betrachtungsweise 54 Zurechnung 76, 85, 87, 135
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– gemäß § 71d Satz 3 AktG 179, 196, 198, 202, 203, 214, 217, 222, 235, 239 Zuwendungsverbot gemäß § 57 AktG 82, 89, 94, 96, 106, 181, 190, 192, 198, 221, 232, 233, 238 – at arm’s length 181 – Drittvergleich 164, 188, 224 – Einlagenrückgewähr 162 – Erwerbspreiskontrolle 161, 187, 198, 239 – Nichtigkeitslösung 113, 115 – Preiskontrolle 164, 223, 235 – Wertausgleichslösung 113, 123, 156, 183