Soziosemantik auf der Wortebene: stilistische Index-Leistung lexikalischer Elemente an Beispielen aus der Umgangssprache von Graz ; 1973 - 1978 3484301023, 9783484301023

Die Buchreihe Linguistische Arbeiten hat mit über 500 Bänden zur linguistischen Theoriebildung der letzten Jahrzehnte in

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Table of contents :
Captatio Benevolentiae
1. VORBEMERKUNGEN UND GRUNDSÄTZLICHE ÜBERLEGUNGEN
1.0. Ordinäre Wörter
1.1. Stilistische Planung im sog. zweiten Enkodierungsschritt
1.2. Interview-Problematik
1.2.1. Glaubwürdigkeit und Verständlichkeit der Informanten Selbstbeurteilung
1.2.2. Homogenität soziosemantischer Komponenten
1.2.3. Das Wort als linguistische Einheit
1.3. Die Informanten und deren metakommunikative Kompetenz
1.4. Metalinguistische Etiketten und deren Verstehbarkeit und Praktikabilität
1.4.1. Paraphrasierung von Parameter-Etiketten
1.5. Verstehen und Mißverstehen
1.6. Stadtsprache
1.7. Ziel der Untersuchung, erwartete Differenzierungen
1.8. Testanordnung und Datengewinnung
1.8.1. Haupttest und Wiederholungstest
1.8.2. Notation
1.8.3. Hörtest
1.8.4. Vor-und Wiederholungstest
1.8.5. Parameter (N T I) und Skalierung (1-5)
1.8.6. Kollokabilität und Kontextualisierung
1.8.7. Informanten
1.9. Text und Wortliste des Haupttests
1.9.1. Text und Inhalt des Wiederholungstests
1.9.2. Auswertungsvokabular
1.9.3. Das sog. "Tabuvokabular"
1.9.4. "Übersetzung" einiger Slangausdrücke
2. DIE WORTLISTEN
2.0. Lexik als soziolinguistischer Indikator
2.0.1. Vermutungen zur Eigenart lexikalischer Repertoire - Elemente: das Lexikon ist eine offene Liste
2.0.2. Verschiedene phonologische Variabilität und Paraphrasierbarkeit lexikalischer Elemente (Fachwort vs. Funktionswort)
2.0.3. Größere Bewußtheit der lexikalischen Enkcdierung
2.0.4. Identität und Kontextabhängigkeit der Wortbedeutung
2.0.5. Lexikalische Entscheidungen sind wiederholbar
2.1. Gibt es das "Wort" als sprachliche Einheit?
2.1.1. Formales: Lexem, Vifortform, Wort
2.1.2. Referenzsemantische Kriterien
2.1.3. Pragmatische Kriterien: a) Paraphrasierungsintuition, b) Satzwörter, c) Eigennamen und Interjektionen, d) Zurufe im Spracherwerb, e) Kammentierung
2.2. Phonologische und syntaktische Indikatoren
2.2.1. Stufenlosigkeit phonetischer Variation
2.2.2. Stigmatisiertheit der Phonologie
2.2.3. Phonetische Variierbarkeit der Lexik
2.2.4. Das Problem der kontextunabhängigen Wortbedeutung
2.3. Die drei Beweise für das Wort: Zuruf, Zitat und Wortverbot
2.3.1. Zitateinbettungen
2.4. Gruppierung des Vokabulars
2.4.1. Fremdwörter
2.4.2. Klassenbedeutung
2.4.3. Notations- und Zitierformen
2.4.4. Offene und geschlossene Listen
2.5. Sachgegenden
2.5.1. Synonyme Reihen
2.5.2. Unvollständigkeit und Ergähzbarkeit der Listen
2.5.3. Konnotative Abgrenzung innerhalb der Sachgegend
2.5.4. Listenumfang
2.5.5. Teillisten, Interessengegenden und "Thema eins"
2.6. Einfluß des Referenten
2.7. Die evaluative Komponente der Wortbedeutung
2.8. Anhang über Neologismen
3. SOZIOSEMAMTISCHE BEDEUTUNGSKOMPONENTEN
3.0. Konnotationen
3.0.1. Konnotationen können ausgeklammert werden
3.0.2. Konnotationen im Gegensatz zur Denotation
3.0.3. Konnotation, eine private Sprachfunktion
3.0.4. Logische und psychologische Auffassung des Begriffs Konnotation
3.1. Versuch eines pragmalinguistischen Ansatzes: Sprecherbedeutung/Hörerbedeutung
3.1.1. Orientierung auf den Verwender
3.1.2. Wirkungsorientiertheit
3.1.3. Interpretationsanweisungen
3.1.4. Enkodierung auf einer zweiten semiotischen Ebene (second encoding)
3.1.5. Dialogischer Bedeutungsaspekt
3.1.6. Gesamtbedeutung
3.2. Vagheit konnotativer Inhalte
3.2.1. Tradierte Vagheiten, erlernte Vagheiten
3.2.2. Konventionen über Vagheiten
3.3. Unerläßlichkeit bestimmter Vagheiten
3.3.1. Evaluative Bedeutungskomponenten
3.4. Verschiedene konnotative Dimensionen
3.4.1. Die Parameter N,T,I
3.5. Stilistische Bedeutung
3.5.1. Komponentenfokussierung
3.6. Meßbarkeit unerläßlicher Vagheiten
3.7. Darstellung von Konnotationen
3.8. Beobachtbarkeit perlokutiver Phänomene
3.9. Unterschiede der Markiertheit bzw. der Stilempfindlichkeit
4. METAKOMMUNIKATIVE KOMPETENZ
4.0. Gibt es metakommnunikative Kompetenz?
4.0.1. Metagrammatische Kompetenz
4.0.2. "Eigentliche" metakommunikative Kompetenz
4.1. Metasprachliche Kompetenz, Verbalisierungsproblematik und die Tücken des self-assessment
4.2. Das Interview als metakommunikativer Akt
4.3. Konvergenz und Varianz
4.4. Sensibilität
4.5. Ergebnisse des Wiederholungstests
4.6. Wie redet man über Sprache?
4.6.1. Informanten und Interviewer
4.7. Verschiedene Dimensionen
4.7.1. Grazerisch
4.7.2. Status und Schicht
4.7.3. Situation statt Schicht
4.7.4. Skalierungsversuche
4.8. Parameter und deren Etiketten (S,N,I,E,T)
4.8.1. Etikettierungen durch die Informanten
4.9. Geeichte Parameter, Leitwörter und Stichwörter
5. DIE INEORMÄNTEN, DEREN TESTVERHALTEN UND TEST-EVALUATION
5.0.1. Gebrauch und Meinung
5.0.2. Teilnehmende Befragung
5.1. Grazer
5.2. Anzahl der Informanten
5.2.1. Auswahl der Informanten
5.2.2. Verweigerungen
5.3. Geschlecht
5.4. Altersgruppen
5.5. Berufsgruppen
5.6. Kommunikationsradien: Freundeskreis, Mediengewohnheiten, Hobbies etc.
5.6.1. Beruf der Freunde
5.6.2. Freizeitbeschäftigung
5.6.3. Mediengewohnheiten
5.7. Testverhalten und Testbeurteilung
5.7.1. Auswahl von spontanen Äußerungen der Informanten zur Befragung
5.8. Der sog. Stilquotient und die Abweichler
5.9. Bewertungsdurchschnitte einzelner Personengruppen
6. DAS TABUVOKABULAR: EINDRÜCKE UND VERMUTUNGEN
6.1. Tendenzen zu Rigidität bzw. Toleranz im "alkoholischen" und im Sexualwortschatz
6.2. Alkoholica und Sexualwortschatz im einzelnen
7. ERKENNTNISSE UND IRRTÜMER
7.1. Die Wörter, d.h. das Phänomen der pragmatischen (konnotativen) Bedeutungskomponenten, der sog. Stilwert und die Leitwörter
7.2. Die Fragen, d.h. die Parameter und die Skalen
7.2.1. Trennschärfe und Konvergenz
7.3. Die Leute und ihre metakommunikative Kompetenz
7.3.1. Geschlechtsunterschiede
7.3.2. Alterspezifik
7.3.3. Berufsspezifik
7.4. Konventionalisiertheit und Konventionalisierung
7.5. Schlüsselwörter und Schlußwort
8. TABELLEN
A: Mittlere Stilwerte unter den einzelnen Parametern
B: Gruppierung konvergierender Stilwerte nach N,T,I (Clusteranalyse)
C: Gruppierung konvergierender Stilwerte nach dem Parameter N (Clusteranalyse)
D: Gruppierung konvergierender Stilwerte nach dem Parameter T (Clusteranalyse)
E: Gruppierung konvergierender Stilwerte nach dem Parameter I (Clusteranalyse)
F: Reihung des Vokabulars nach den Stilwerten unter den einzelnen Parametern
G: Stilwörter
H: Stereotyp bewertete Wörter: Konvergenzvokabular
J: Geschlechtsspezifische Stichwörter
K: Altersspezifische Stichwörter
L: Berufsspezifische Stichwörter
M: Rückprüfung der Ergebnisse der 2I-Analyse in einer Varianzanalyse trennscharfer Lexeme
N: Trennschärfe der Lexeme aus M
O: Tabuvokabular: Geschlechtsspezifische Stichwörter (2I-Analyse)
P: Tabuvokabular: Altersspezifische Stichwörter (2I-Analyse)
Q: Tabuvokabular: Berufsspezifische Stichwörter (2I-Analyse)
BIBLIOGRAPHIE
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Linguistische Arbeiten

102

Herausgegeben von Herbert E. Brekle, Hans Jürgen Heringer, Christian Rohrer, Heinz Vater und Otmar Werner

Sornig

Soziosemantik auf der Wortebene Stilistische Index-Leistung lexikalischer Elemente an Beispielen aus der Umgangssprache von Graz. 1973-1978

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1981

CIP-Kurztilelaufnahmeder Deutschen Bibliothek Sornig, Karl:

Soziosemantik auf der Wortebene : Stilist. Index-Leistung lexikal. Elemente an Beispielen aus d. Umgangssprache von Graz ; ,1973- 1978 / Karl Sornig. - Tübingen Niemeyer, 1981. (Linguistische Arbeiten ; 102) ISBN 3-484-30102-3 NE:GT

ISBN 3-484-30102-3

ISSN 0344-6727

> Max Niemeyer Verlag Tübingen 1981 Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege zu vervielfältigen. Printed in Germany. Druck: fotokop Wilhelm weihen KG, Darmstadt.

INHALTSVERZEICHNIS

Captatio Benevolentiae

3

1.

5

1.0. 1.1. 1.2. 1.2.1.

VORBEMERKÜNOW UND GHJNDSfiTZLICHE ÜBERLEGUNGEN

Ordinäre Wörter Stilistische Planung im sog. zweiten Enkodierungsschritt Interview-Problematik Glaubwürdigkeit und Verständlichkeit der InformantenSelbstbeurteilung 1.2.2. Homogenität soziosemantischer Komponenten 1.2.3. Das Wort als linguistische Einheit 1.3. Die Informanten und deren metakonnunikative Kompetenz 1.4. Metalinguistische Etiketten und deren Verstehbarkeit und Praktikabilität 1.4.1. Paraphrasierung von Parameter-Etiketten 1.5. Verstehen und Mißverstehen 1.6. Stadtsprache 1.7. Ziel der Untersuchung, erwartete Differenzierungen 1.8. Testanordnung und Datengewinnung 1.8.1. Haupttest und Wiederholungstest 1.8.2. Notation 1.8.3. Hörtest 1.8.4. Vor- und Wiederholungstest 1.8.5. Parameter ( N T I) und Skalierung (1-5) 1.8.6. Kollokabilität und Kontextualisierung 1.8.6.1. Listeneinfluß 1.8.7. Informanten 1.8.7.1. Aufrichtigkeit 1.9. Text und Wortliste des Haupttests 1.9.1. Text und Inhalt des Wiederholungstests 1.9.2. Auswertungsvokabular

5 6 7 8 9 1O 1O 11 12 12 14 14 16 16 17 18 18 19 2O 2O 21 21 22 27 28

1.9.3. 1.9.4.

Das sog. "Tabuvokabular" "Übersetzung" einiger Slangausdrücke

28 29

2.

DIE WORTLISTEN

31

2.0. 2.0.1.

Lexik als soziolinguistischer Indikator Vermutungen zur Eigenart lexikalischer RepertoireElemente: das Lexikon ist eine offene Liste Verschiedene phonologische Variabilität und Paraphrasierbarkeit lexikalischer Elemente (Fachwort vs. Funktionswort) Größere Bewußtheit der lexikalischen Enkodierung Identität und Kontextabhängigkeit der Wortbedeutung Lexikalische Entscheidungen sind wiederholbar Gibt es das "Wort" als sprachliche Einheit? Formales: Lexem, Wortform, Wort Referenzsemantische Kriterien Pragmatische Kriterien: a) Paraphrasierungsintuition, b) Satzwörter, c) Eigennamen und Interjektionen, d) Zurufe im Spracherwerb, e) Konmentierung Wortvermeidung und Wortverbote Phonologische und syntaktische Indikatoren Stufenlosigkeit phonetischer Variation Stigmatisiertheit der Phonologie Phonetische Variierbarkeit der Lexik Phonetische und lexikalische Enkodierung Morphematische Paraphrasen Das Problem der kontextunabhängigen Wortbedeutung "Das Wort nennt, der Satz teilt mit" (Das Wort setzt keine Existenzurteile, wohl aber evaluative) Syntagmatische Einbettungen Wortlisten zu Sachbereichen

31

2.0.2. 2.O.3. 2.0.4. 2.O.5. 2.1. 2.1.1. 2.1.2. 2.1.3. 2.1.3.1. 2.2. 2.2.1. 2.2.2. 2.2.3. 2.2.3.1. 2.2.3.2. 2.2.4. 2.2.4.1. 2.2.4.2. 2.2.4.3.

31 32 33 34 35 36 39 41 42 45 46 46 47 48 49 50 5O 51 52 52

2.2.4.4. Hörproben

52

2.2.4.5. 2.3. 2.3.1. 2.4. 2.4.1. 2.4.2. 2.4.3.

53 55 56 58 58 58 59

Grobe Konvergenzprobe über kontrastierte Lexempaare Die drei Beweise für das Wort: Zuruf, Zitat und Wörtverbot Z itateinbettungen Gruppierung des Vokabulars Fremdwörter Klassenbedeutung Notations- und Zitierformen

vii

2.4.4. 2.5. 2.5.1. 2.5.2. 2.5.3. 2.5.4. 2.5.5.

Offene und geschlossene Listen Sachgegenden Synonyme Reihen Unvollständigkeit und Ergänzbarkeit der Listen Konnotative Abgrenzung innerhalb der Sachgegend Listenumfang Teillisten, Interessengegenden und "Thana eins"

60 61 61 62 62 62 63

2.6.

Einfluß des Referenten

64

2.7. 2.8.

Die evaluative Komponente der Wortbedeutung Anhang über Neologismen

66 67

3.

SOZIOSEMftNTISCHE BEDEUTUNGSKOMPOSENTEN

71

3.0. 3.0.1. 3.0.2. 3.0.3. 3.0.4.

Konnotationen Konnotationen können ausgeklammert werden Konnotationen M Gegensatz zur Denotation Konnotation, eine private Sparachfunktion Logische und psychologische Auffassung des Begriffs Konnotation 3.1. Versuch eines pragmalinguistischen Ansatzes: Sprecherbedeutung/Hörerbedeutung 3.1.1. Orientierung auf den Verwender 3.1.2. Wirkungsorientiertheit 3.1.3. Interpretationsanweisungen 3.1.4. Enkodierung auf einer zweiten saniotischen Ebene (second encoding) 3.1.5. Dialogischer Bedeutungsaspekt 3.1.6. Gesamtbedeutung 3.2. Vagheit konnotativer Inhalte 3.2.1. Tradierte Vagheiten, erlernte Vagheiten 3.2.2. Konventionen über Vagheiten 3.3. Unerläßlichkeit bestinnrter Vagheiten 3.3.1. Evaluative Bedeutungskomponenten 3.3.1.1. Rollendistanz und evaluative Komponenten 3.4. Verschiedene konnotative Dimensionen 3.4.1. Die Parameter , , 3.5. Stilistische Bedeutung 3.5.1. Komponentenfokussierung 3.6. Meßbarkeit unerläßlicher Vagheiten

71 71 73 73 75 78 79 79 81 82 84 85 86 88 89 91 93 96 97 100 100 101 1O3

viii

3.7. 3.8. 3.9.

Darstellung von Konnotationen Beobachtbarkeit perlokutiver Phänomene Unterschiede der Markiertheit bzw. der Stilempfindlichkeit

105 106

4.

METAKOWUNIKATIVE KOMPETENZ

11O

4.0. 4.0.1. 4.0.2. 4.1.

11O 113 114

4.2. 4.3. 4.4. 4.5. 4.6. 4.6.1. 4.7. 4.7.1. 4.7.2. 4.7.3. 4.7.4. 4.8. 4.8.1. 4.9.

Gibt es metakatmunikative Kompetenz? Metagranmatische Kompetenz "Eigentliche" metakcnnunikative Kompetenz Metasprachliche Kompetenz, Verbalisierungsproblanatik und die Tücken des self-assessment Das Interview als metakcmnunikativer Akt Konvergenz und Varianz Sensibilität Ergebnisse des Wiederholungstests Wie redet man über Sprache? Informanten und Interviewer Verschiedene Dimensionen Grazerisch Status und Schicht Situation statt Schicht Skalierungsversuche Parameter und deren Etiketten (S,N,I,E,T) Etikettierungen durch die Informanten Geeichte Parameter, Leitwörter und Stichwörter

5.

DIE INFORMANTEN, DEREN TESTVERHALTEN UND TEST-EVALUATION

139

5.0.1.

Gebrauch und Meinung

139

5.0.2.

Teilnehmende Befragung

139

5.1. 5.2. 5.2.1. 5.2.2. 5.3. 5.4. 5.5. 5.6.

Grazer Anzahl der Informanten Auswahl der Informanten Verweigerungen Geschlecht Altersgruppen Berufsgruppen Kcranunikationsradien: Freundeskreis, Mediengewohnheiten, Hobbies etc.

14O 142 144 145 146 15O 151

108

115 117 12O 121 121 122 123 125 126 126 127 127 129 134 137

157

5.6.1. 5.6.2. 5.6.3. 5.7.

Beruf der Freunde Freizeitbeschäftigung Mediengewohnheiten Testverhalten und Testbeurteilung

158 158 158 158

5.7.1. 5.8. 5.9.

Auswahl von spontanen Äußerungen der Informanten zur Befragung Der sog. Stilquotient und die Abweichler Bewertungsdurchschnitte einzelner Personengruppen

159 161 162

6.

DAS TABUVOKABULAR: EINDRUCKE UND VERMUTUNGEN

167

6.1.

Tendenzen zu Rigidität bzw. Toleranz im "alkoholischen" und im Sexualwortschatz

167

6.2.

Alkoholica und Sexualwortschatz im einzelnen

169

7.

ERKENNTNISSE UND IRRTÜMER

179

7.1.

Die Wörter, d.h. das Phäncmen der pragmatischen (konnotativen) Bedeutungskcrnponenten, der sog. Stilwert und die Leitwörter Die Fragen, d.h. die Parameter und die Skalen Trennschärfe und Konvergenz Die Leute und ihre metakattnunikative Kompetenz Geschlechtsunterschiede Alterspezifik Berufsspezifik Konventionalisiertheit und Konventionalisierung Schlüsselwörter und Schlußwort

7.2. 7.2.1. 7.3. 7.3.1. 7.3.2. 7.3.3. 7.4. 7.5. 8. A: B: C: D: E:

TABELLEN Mittlere Stilwerte unter den einzelnen Parametern Gruppierung konvergierender Stilwerte nach , , (Clusteranalyse) Gruppierung konvergierender Stilwerte nach dem Parameter N (Clusteranalyse)

179 181 182 183 185 186 186 187 187 192 192 197 199

Gruppierung konvergierender Stilwerte nach dem Parameter T (Clusteranalyse)

2O1

Gruppierung konvergierender Stilwerte nach dem Parameter I (Clusteranalyse)

2O3

Gruppierung nach den einzelnen Parametern Tolerantere und rigidere Bewertungsgruppen

F: G: H: J: K: L: M: N: O: P: Q:

Reihung des Vokabulars nach dan Stilwert: Stilwörter Reihung des Vokabulars nach den Stilwerten unter den einzelnen Parametern Stilwörter Stereotyp bewertete Wörter: Konvergenzvokabular Geschlechtsspezifische Stichwörter Altersspezifische Stichwörter Berufsspezifische Stichwörter RUckprüfung der Ergebnisse der 21-Analyse in einer Varianzanalyse trennscharfer Lexeme Trennschärfe der Lexeme aus M Tabuvokabular: Geschlechtsspezifische Stichwörter (21-Analyse) Tabuvokabular: Altersspezifische Stichwörter (21-Analyse) Tabuvokabular: Berufsspezifische Stichwörter (2l-Analyse)

BIBLIOGRAPHIE

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Für ND, Xp und KS, sowie alle Thekenbrüder, die übers Reden reden mögen.

"Hat die Sprache nicht auch ihre Diskant- und Baß- und Tenortöne? Nicht ihren Takt - nicht einen Grundton - nicht mannigfaltige Stimmen und Geschwindigkeiten? Sind die verschiedenen Arten des Stils nicht verschiedene Instrumente?" Novalis 1943 111:598 (2296)

CAPTATIO BENEVOLENTIAE

Die Im folgenden beschriebene Untersuchung ging von der Annahme aus, daß sich - wie in der Lautgebung und in syntaktischen Verkettungsmustern - im Vfortgebrauch und seiner Variation gruppenspezifisches Sprachverhalten manifestiert, und versuchte, diese Annahme mit Hilfe einer schriftlichen Befragung unter der Grazer Stadtbevölkerung (Laufzeit 5 Jahre) zu verifizieren. Dazu war es nötig, sowohl die Berechtigung einer solchen Informantenbefragung über den stilistischen Ort von isolierten Lexikon-Anteilen als auch die semantischen Elemente stilistischer Bedeutung, und schließlich die Befähigung der Befragten zu stilistischen Auskünften zu hinterfragen. Die Ergebnisse zeigen stark konvergierende Informantenbeurteilung für einen Teil des Lexikons, gruppenspezifische Markiertheit bestimmter anderer Lexikon-Anteile und setzen insgesamt neue Überlegungen zu Fragen der stilistischen Konventionen im Wortschatzbereich, besonders seinen umgangssprachlichen und innovatorischen Elementen, in Gang. Vielen Detailbeobachtungen wäre im einzelnen noch nachzugehen, was auch im Rahmen der Arbeiten an der Grazer Umgangssprache geplant ist. Ich lege hiemit die vorläufigen Ergebnisse der Befragung vor und danke allen Freunden, die mir geholfen haben, vor allem aber Prof. N. Denison, von dem die Idee stammt, jeder Linguist solle sich sein eigenes Dorf suchen (und wäre es auch eine mittlere Großstadt), und von dem ich neben vielem anderen gelernt habe, Kleinigkeiten ernst zu nehmen, außer mich selbst.

Graz, 25. September 1979

1. Vorbemerkungen und grundsätzliche Überlegungen Aus deinen Worten nämlich wirst du für gerecht erklärt, aus deinen Worten ai>er auch verurteilt werden. Matth. 12:37. " ... so werden wir das eigentliche Wesen der Sprache in der Mitteilung finden und dann zur Erkenntnis kommen, daß es Mitteilung nicht nur von Gedachtem, sondern ebenso von Gefühltem und Gewelltem gibt, ohne daß das zugleich Gedachtes wäre", Schuchardt 1922:208.

1.0.

Ordinäre Wörter

Es gibt die Behauptung - seitens sog. kompetenter Sprecher/Hörer - ein bestirntes Wort sei ordinär-, wogegen andere als gepflegt, wieder andere als geschraubt u.a. taxiert werden. Derartige Äußerungen sind metasprachliche Urteile bezüglich der Registerzugehörigkeit, d.h. der soziosenvantisch funktionalen Gewichtung lexikalischer Elemente. Daß es derartige Äußerungen überhaupt gibt, bedeutet mindestens folgendes: a) Diese Urteile ergehen über den soziosemantischen Gehalt isolierter Lexikoneinträge. b) Es sind Werturteile, die lexikalische Elemente einer Stilebene zuweisen, wobei diese nicht nur den bezeichneten Gegenstand einer Bewertung unterziehen: auch der Sprecher setzt sich durch die Verwendung bestimmter lexikalischer Mittel einer Bewertung aus. In weiterer Konsequenz wird auch der Zuhörer einer Bewertung unterworfen, dadurch nämlich, daß die vom Sprecher vorgenommene Wertung der Realität dem Zuhörer zum Nachvollzug angeboten wird. 1 c) Die Fähigkeit, Urteile über den stilistischen Rang, die soziosemantische Besetzung lexikalischer Einheiten, zu fällen, ist offensichtlich ein Teil Sornig 1969:5

der sog. (kcmunikativen) Kompetenz des Sprechers, genauer: seiner metakomrunikativen Kompetenz. Der kompetente Sprecher ist imstande, Wörter nach ihren soziosemantischen Komponenten, d.h. nach ihrer vermutbaren Wirkung zu taxieren, weil er nämlich selbst auch imstande ist, sie auf diese Wirkung hin kotinunikativ einzusetzen. d) Diese Art metakommunikativen Urteils wird gefällt angesichts von alternativen Wahlmöglichkeiten innerhalb eines bestimmten lexikalischen Repertoires. e) Solche Urteile werden möglich auf dem Hintergrund von Erfahrungen, u.zw. im kommunikativen Verkehr mit lexikalischen Mitteln. f) Es muß daher auch angenommen werden, daß es im Bereich lexikalischer Entscheidungen soziosemantische (konnotative) Konventionen gibt. Es fragt sich, wie rigid diese sind und, woran sie festgemacht sind. g) Man kann vermuten, daß die meisten Wörter solche soziosemantischen Komponenten enthalten; es folgt daraus allerdings nicht, daß diese Komponenten iitmer denselben Rang in der Funktionspalette eines Wortes haben werden. Die soziosemantische Markiertheit ist möglicherweise je Wort verschieden. Ausgehend von der Annahme, jeder kompetente Sprecher sei imstande, aus seinem lexikalischen Repertoire die einer bestimmten Sprechhandlung angemessene Wahl zu treffen, muß man sich dennoch fragen, ob der Sprecher auch über die Motive dieser Wahl befragt werden kann oder darf. Die vorliegende Untersuchung berichtet über einen solchen Versuch, durch Vorgabe einzelner lexikalischer Einheiten den Sprecher/Hörer zu metasprachlichen soziosemantischen Urteilen zu veranlassen. Die Befragung erfolgte in Form eines Questionnaires mit nach Sachgruppen geordneten Wörtern, die nach ihrem soziosemantischen Stilwert anhand einer Skala von 5 Werten taxiert werden sollten. 1.1.

Stilistische Planung im sog. zweiten Enkodierungsschritt

Die soziosemantische Enkodierung erfolgt im sog. zweiten, stilistischen Enkodierungsschritt: es werden lexikalische Varianten für die stilistische Planung von Oberflächenstrukturen eingesetzt. Inwieweit im Zusammenhang mit der lexikalischen Variation auch Variierungen der phonologischen, syntaktischen und textlichen Oberflächengestaltung einhergehen, dieser Frage kann hier nicht weiter nachgegangen werden. Die weiteren Interpretationsversuche an den Aufnahmen zur

Grazer Ungangssprache ("Grazer Protokollen") könnten mehr Licht in diese Frage bringen. Jedenfalls bringt der zweite Enkodierungsgang die konnotativ-evaluativen Bedeutungskomponenten (s.Abschnitt 3) ins Spiel. Der Terminus "Konnotation" ist zugegebenermaßen schwierig zu handhaben. Es sind jedenfalls - neben denotativ referentiellen Bedeutungskomponenten - auch solche anzusetzen und aufzusuchen, die situative (partner- und themenbezogene) Relevanz haben. Derartige Komponenten nennen wir hier soziosemantische Komponenten. Soziosemantische Komponenten sind nicht bloß assoziativ besetzt, insofern sie Komponenten sind, die dem Sprecher zusätzlich zu der sog. "Kernbedeutung" bewußt werden. Sie zielen auch und vor allem auf eine Wirkung des Gesagten beim Hörer. Weshalb sie auch aus dieser Wirkung auf den Hörer erschließbar und beschreibbar sein könnten. Sind diese konnotativ soziosemantischen Komponenten - etwa mit Hilfe eines semantischen Differentials (im Osgoodschen Sinne) - meßbar? Wenn sie gezielt auf Wirkung einsetzbar sind, müßte diese Wirkung wenigstens abschätzbar sein. Sie ist jedenfalls (als Wirkung) feststellbar, u.zw. auch und vor allem im Falle von Mißverständnissen, wenn also etwas "nicht so gemeint" war. Was mindestens beweist, daß sie planbar sind. Wenn trivialerweise gelten muß, was Labov (1972:297) sagt: "Variables closer to surface structure frequently are the focus of social affect", dann sei hier vermutet, daß die lexikalische - ähnlich der phonetischen - Enkodierung ziemlich nahe der Oberflache erfolgen dürfte (vgl. 2.02, 2.23.1). Die Wahl der sprachlichen Ausdrucksmittel, u.zw. aus den für den betreffenden Sprecher markierten Strukturmengen, für bestimmte Inhalte erfolgt plausiblerweise nach der Einschätzung der Kcrnmunikationssituation, vor allem der in ihr herrschenden Rollenkonstellation. 1.2.

Interview-Problematik (s.Abschnitt 4)

Wenn der Sprecher die Wahl unter verschiedenen lexikalischen rütteln hat und ihm Kriterien für diese Entscheidung zur Verfügung stehen, dann dürfen und zwar an den Sprecher selbst - die Modellfragen gestellt werden: Ist das Wort X ordinär oder gewählt? Vie ordinär/gepflegt

ist das Wort X, verglichen mit dem Wort Y?

Man vergleiche hiezu unseren Gedanken von der Ensemble-Wirkung (Sornig 1977d:26); s. auch Wahrig 1973:XV u.4; und Dogil 1979.

8

1.2.1. Es fragt sich bloß, inwieweit seinen Antworten Glauben und Gewicht beizumessen sein werden. Auf die Problematik einer solchen Fragestellung deutet die Bemerkung Denisons (1977:229): " . . . everybody evaluates everybody else, including himself, and this means that empirical observations will not lead to conclusions which entirely agree with self-report and interview results."

Hier sind also Bedenken gegen die störenden Einflüsse der Interview-Situation anzumelden. Wir komnen darauf in Abschnitt 4 und 5 noch zu sprechen. Die Interview-Situation weist eigene Pedekonstellationsmerkmale auf, besonders dann, wenn es sich um ein sprachwissenschaftliches Interview handelt, und zwar aufgrund der eigentümlichen und einmaligen selbstreflektorischen Verquickung von Gesagtem und Gemeintem. Ein weiteres Problem stellt sich für den Befrager selbst, wenn er nämlich die sprachlichen Mittel wählen soll, um sich mit seinem Informanten zu verständigen, d.h. es erhebt sich die Frage: wie Umgangs sprach lieh soll/kann eine Befragung über Umgangssprache sein? Die Frage nach der Äquivalenz des Sprachgebrauchs zwischen Interviewer und Informanten stößt auf die grundsätzliche Uhhintergehbarkeit und Unhinterfragbarkeit der Umgangssprache, an der nach einer richtigen und wichtigen Erkenntnis Wittgensteins jede Diskussion sprachlicher Funktionen ihr Ende finden muß. Es handelt sich also um das "Problem, daß alltagssprachliche Konventionen als Ausgangspunkt der Analyse angesetzt werden, ohne daß klar wird, wie dann diese schon in der Bestimmung der Analysebegriffe vorausgesetzten alltagssprachlichen Konventionen noch in ihrer Entstehung analysierbar sein sollen", Presch/Gloy 1976a:12f.

Jedenfalls darf nicht ohne weiteres ungestörte Verständigung zwischen Interviewer und Informanten auf der Basis des Vertrauens in die auch sonst funktionstüchtige Umgangssprache angenommen werden. Wie sollen darüberhinaus die metakcmnunikativen Etiketten aussehen, mit Hilfe derer sich der Linguist mit seinem Informanten über die Registerzugehörigkeit von sprachlichen Mitteln - in unserem Fall von Einzelwörtern - verständigen kann? - Einfacher: wir wissen nicht, was der Zuhörer versteht, wenn wir ihn fragen, ob er ein bestimmtes Wort für "ordinär" hält. VJas, wenn "ordinär" für ihn gar nicht so ordinär klingt?

1.2.2. Homogenität soziosemantischer Komponenten (s.Abschnitt 3) Die Frage nach dem soziosemantischen Stellenwert lexikalischer Einheiten impliziert oder insinuiert eine Homogenität der soziofunktionalen Besetzung von Lexikoneinträgen, die nicht ohne weiteres angenommen werden darf. Es ist dies eine Frage des Grades der Konventionalisiertheit. Die Diskussion erbringt dementsprechend verschiedene Meinungen: Lewis (1969) versucht Begriff und Tatbestand der Konvention zu fassen, ohne auf den prozessualen Aspekt Abmachung zu rekurrieren, indem er Genese und Funktion von Konventionen innerhalb der Interaktionen selbst ansiedelt. Schnelle 1973:293ff "wendet sich ... gegen Lewis' Auffassung der gleichen Koordination, die dieser aus der Spieltheorie übernommen hat ... Demgegenüber betont Wunderlich (1974a:24) die "Intersubjektivität und auch Relativität der Konventionen" ... ", Sandig 1978:65.

Wenn es in unserer Befragung auf die stilistische Interpretation der Lexik durch den Benutzer ankcmiiL, dann muß gesagt werden, daß wahrscheinlich nicht alle Lexeme gleichermaßen einer soziosemantischen Taxierung verfügbar sind, etwa, weil deren konnotative Gewichtung noch nicht genugsam kollektiv fixiert ist. Der Konsens über die soziosemantische Besetzung und deren Gewichtung bei bestimmten Lexemen ist vermutlich verschieden groß: Einige Wörter aus unserer Liste wurden von den meisten Personen fast stereotyp gleichartig gewertet, bei anderen treten anscheinend starke idiolektale Schwankungen auf, die nicht immer sauber von gruppenspezifischen zu unterscheiden sind. Was die Verständigung zwischen Sprecher und Hörer, u.zw. innerhalb des im System zugelassenen Variantenspektrums, anlangt, so setzen wir keinen Konsens 4 voraus, vermuten aber Konvergenz zwischen den Sprachbenutzern. Es ist feststellbar, daß jedermann, d.h. jeder sog. kompetente Sprecher, in einem ungefähren, aber genügenden Ausmaß weiß, was er mit bestimmten Wörtern "anrichten" kann. Es gibt außerdem vielleicht eher intuitive Einmütigkeit über das "treffende" als über das sog. "unpassende" Wort. Für Hgg Gelingen kommunikativer Handlungen ist nicht nur die Geltung oder quasi-Geltung sozial intersubjektiver Regeln verantwortlich (vgl. Streeck 1975: 260), sondern auch ein Bewußtsein vom Wagnis jedes Verständigungsaktes und das Vertrauen auf die Verständigungsbereitschaft des anderen.

3

Zum Begriff der Interpretation vgl.

Streeck 1975:260.

4

Hiezu vgl. man Presch/Gloy 1976a:26; vor allem aber Quasthoff 1975:1-22 zur Diskussion über Heterogenität und Homogenität von Gebrauchssprachen.

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1.2.3. Das Wort als linguistische Einheit (s. Abschnitt 2) "Während die Junggrammatiker die Ausnahmslosigkeit der Lautgesetze von einer Gleichheit der lautlichen Bedingungen abhängig machen, wie sie meines Erachtens überhaupt nicht besteht, halten sie die unmittelbar gegebene Verschiedenheit der Wörter dabei für gleichgültig", Schuchardt 1922:63f.

Die Frage nach der soziosemantischen Besetztheit eines Wörtinhaltes setzt voraus, daß für den Informanten das "Wort" als sprachliche Entität existiert. Weiters nimmt der Fragende an, für den Befragten sei ein Wort ohne Ko-Text und Kontext funktional bestiimtoar und als solches aus dem Planungspotential abhebbar. Auch die Annahme, die konnotativen Komponenten der Wortbedeutung seien von ihren denotativen trennbar oder unterscheidbar, jedenfalls getrennt diskutierbar, ist zu reflektieren (s. dazu Abschnitt 2 und 3). Problematisch ist außerdem folgendes: die angenommenen soziosemantischen (evaluativen) Bedeutungskomponenten sind u.U. keine konstanten Größen. Ihre Wirksamkeit könnte durchaus von Stellenwert des getesteten Wortes innerhalb des Gesamtvokabulars des Sprechers abhängen (falls er etwa nicht viel anderes zur Verfügung hätte als das, was ein anderer Sprecher "ordinäre Wörter" nennen würde). Noch mehr: möglicherweise erhält das Einzelwort verschiedenes Gewicht schon innerhalb des Ttestsamples, u.zw. je nach seiner Lasten-Nachbarschaft (1.86.1). Unser Material stanrmt aus der österreichischen, speziell in Graz verwendeten Umgangssprache. Es geht zurück auf die Mitarbeit des Verfassers an H. Küppers "Wörterbuch der deutschen Umgangssprache" (1955ff.) und auf die Aufnahmen des Grazer Instituts für Sprachwissenschaft zur Grazer Umgangssprache (GUS). Graz, eine Stadt mittlerer Größe mit etwas unter 1/4 Mill. Einwohnern, im Südosten des deutschen Sprachraums, bildet eine Sprachlandschaft städtischer Ausprägung, eingebettet in ein Zuzugsgebiet immer noch stark lebendiger mundartlicher Prägung. Die Grazer Stadtsprache weist zudem Züge auf, die eine Trennung von der Umgangssprache der Bundeshauptstadt Wien berechtigt erscheinen lassen. 1.3.

Die Informanten und deren metakcmrunikative Kompetenz (s.Abschnitt 4 und 5 )

Es steht aber nicht eigentlich der Begriff "Grazerisch" zur Debatte, sondern die soziosemantische Besetzung von Lexemen aus dem Repertoire der Grazer Stadt-

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bevölkerung. Die Frage ist also nicht: Was ist (typisch) Grazerisch? , sondern: Gibt es innerhalb einer Sprechergemeinschaft wie der Grazer Stadtbevölkerung, die trotz ihrer Heterogenität dennoch aus Leuten besteht, die virtuell miteinander in sprachlichen Kontakt können können oder gekommen sind, Wörter mit eindeutiger überindividueller soziosemantischer Register-Markierung? Die "Modellfragen" (s.o.) richten sich an den sog. kompetenten Sprecher, von dem angenommen wird, daß sich diese seine kommunikative Kompetenz gerade in der Fähigkeit zur Auswahl situationswirksamer Elemente aus seinem sprachlichen Repertoire, z.B. seinem Lexikon, manifestiert. Die Gruppierung der Informanten erfolgt nicht nach einkommens- oder bildungsstatistischen Kriterien, sondern nach dem von uns seinerzeit ausgearbeiteten Schema (Grassegger/Sornig 1975:39-46), das die Befragten danach gruppiert, ob Sprache in ihren Berufs-(und Freizeit)Aktivitäten eine (und welche) Rolle spielt; also nach dem Kriterium der Verbalintensität bestimmter vorrangiger Aktionsbereiche (s. dazu Abschnitt 5). 1.4.

Metalinguistische Etiketten und deren Verstehbarkeit und Praktikabilität (Abschnitt 4)

Die Informanten sollen ausgewählte in Listen vorgegebene Wörter nach einer stilistisch-soziosemantisch etikettierten Skala einstufen. Dies setzt nicht nur die muttersprachliche kommunikative Kompetenz des Informanten voraus, sondern eine metakomrtunikative Kompetenz zur Bewertung seiner eigenen Wahl, sowie außerdem die Fähigkeit zu deren Verbalisierung. Mehr noch: es setzt voraus, daß Interviewer und Informant im Einverständnis sind über die Bedeutung der vorgeschlagenen Etiketten (1.21), was einem meta-^netasprachlichen Prozeß gleichkommt, durch den der Informant möglicherweise überfordert ist. Die Annahme, daß der Informant die "Modellfragen" (1.2) beantworten kann, setzt eine Fähigkeit bei ihm voraus, metakommunikative Bezeichnungen entweder selbst zu "erfinden" oder wenigstens zuzuordnen, nachdem er sie im gemeinten Sinne verstanden hat, d.h.: was er sprachlich tut oder tun hört, sprachlich (u.zw. in derselben Weise wie der Interviewer) zu beschreiben und zu besprechen. Zudem muß ja auch noch die Frage problematisiert werden, wie bewußt dem Sprachbenutzer seine eigenen Wahlentscheidungen eigentlich sind. Die soziosemantische Etikettierung erfolgt nach folgenden Parametern (1.85): nach der Distanz zu einer überregionalen Norm (N), nach der themenspezifisohen Angemessenheit der Wortwahl (T) und nach dem Grad der Intimität (I) oder

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Itollendistanz zwischen den angenotmenen Kontrahenten einer kommunikativen Interaktion. (Zwei weitere Parameter, der Status der Benutzer (S) und der Grad der Enotionalisiertheit der Wortwahl (E), wurden im ersten Drittel der Befragungsrunden verwendet und dann fallengelassen.) Die Befragung besteht aus drei (ursprünglich fünf) gesonderten Fragebogen, u.zw. über ein und dasselbe Vokabular. Es stellt sich die Frage, wie sich die einzelnen Befragungsmodi (Parameter) zueinander verhalten, ob wesentliche Unterschiede zu verzeichnen sind, je nachdem, ob man den stilistischen Stellenwert eines Wortes auf seine Nornmähe (N), den Intimitätsgrad der Interaktion (I) oder das besprochene Thema (T) bezieht. Leider war es aus Gründen der Belastbarkeit der Befragten (und wir wollten aus ersichtlichen prinzipiellen Gründen nicht die stets befragungswilligen und -gewohnten studentischen Informanten heranziehen) nicht möglich, die verschiedenen Befragungsmodi an ein und denselben Personen "auszuprobieren". 1.4.1.

Paraphrasierung von Parameter-Etiketten (s. 4.7.)

Es fragt sich aber nicht nur, ob der Befragte imstande ist, die verlangten Parameterzuordnungen vorzunehmen, sondern auch, ob er, wenn es ihm freigestellt wäre, andere Etikettierungen verwenden würde, was er aber unter dan Einfluß der vorgegebenen Bezeichnungen vielleicht nicht mehr vollziehen kann. Ist also die Hoffnung berechtigt, die von uns vorgeschlagenen Parameter-Etiketten könnten durch den Informanten selbst modifiziert, seinem eigenen metasprachlichen Gebrauch angepaßt werden? Gibt es einen solchen überhaupt? Oder ist ohnedies - ungeachtet der Flexibilität und Mehrdeutigkeit des gesamten Wortschatzes (auch des metasprachlichen, und vor allem dessen) - über Interpretationsunterschiede hinweg, zwischen Interviewer und Informanten Verständigung, u.zw. metasprachliche, möglich? Daß sich alle linguistische Feldforschung mit dieser Hoffnung trägt, ist uns bewußt. Wir wissen auch, daß es eben eine Hoffnung ist. 1.5.

Verstehen und Mißverstehen

Wie klaglos und störungsfrei funktioniert eigentlich dieser angenommene Vorgang der lexikalischen, situationsadäquaten Repertoire-Entscheidungen? Es gibt zwar Verständigung - und darüber ist manchenorts gehandelt - aber wäre nicht auch das Ausmaß an Miß/Verständigungen in kommunikativen Interaktionen ein Augenmerk wert? (Hiezu vgl. Candlin 1978.)

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Denn aus den Aufklärungsstrategien für Mißverständnisse ließe sich vielleicht eine Handhabe dafür finden, daß iretakommunikative Kompetenz als unabdinglicher integrierender Bestandteil sprachlicher Kompetenz überhaupt angesetzt werden muß. Es ist aus der Fixiertheit der zuständigen Wissenschaft auf das Ideal der Konpetenz, u.zw. unter Vernachlässigung der "echten Ereignisse", nachgerade nicht mehr verwunderlich, wie selten etwas registriert worden ist, das eigentlich auf der Hand liegt und das jedermann schon genugsam erlebt hat: daß die Leute aneinander vorbeireden, miteinander nicht "zurecht können" - und daß sie dann letzten Endes, um Kotinunikationsabbruch zu verhindern, auf metasprachliche Wbrtdefinitionsversuche und Funktionsabgrenzungen rekurrieren! Die Ursache für manche Mißverständnisse ist vielleicht u.a. in der verschiedenen Reihung und Gewichtung der Bedeutungskomponenten sogenannter "unterer" Hierarchiestufen zu suchen. Mit anderen Worten: die Leute sind sich meist über den referentiellen "Bedeutungskern" von Wörtern einig, nicht aber und vor allem nicht immer über Komponenten assoziativer oder emotiver Natur. Diese und ähnliche Aspekte der Wortbedeutung fassen wir hier, wie gesagt, unter der Bezeichnung "soziosemantische Komponenten" zusammen. Es sind dies jene Komponenten, die wir auch evaluative Komponenten nennen, weil sie weniger den Gegenstand denotativ und designativ näher bestürmen, als vielmehr die Attitüde des Sprechers zum Signifikat und/oder zu seinem Partner ausdrücken. Verständigung im landläufigen Sinne verläuft über die denotativen Elemente der Bedeutung - Verständnis und Einverständnis zwischen Redepartnern hängt ab von der Kongruenz der konnotativen Komponenten. Es gibt also Akte des Bezeichnens vielleicht gar nicht (d.h. nicht im vollen kommunikationstüchtigen Sinne)3 ohne daß alles Bezeichnete und jeder Bezeichnende (eben durch diesen Akt des Bewertena) und auch der "Zeiohenempfänger" (durch dieses Bewertung s-Angebot) dabei auch und immer mit-bewertet würde.

Zum Wagnis-Charakter von Interaktionen s. Presch/Gloy 1976a:19 u. 33. "Voraussetzung dafür (daß man den Prozeß rückgängig machen kann) scheint jedoch zumindest die Erfahrung zu sein, daß man sich mißversteht ... " (ebd. 3 2 ) .

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1.6.

Stadtsprache

Zur Frage, warum gerade eine städtische Umgangssprache (wir vermeiden den Ausdruck "Stadtmundart") als Untersuchungsgegenstand gewählt wurde, genüge der Hinweis darauf, daß städtische Umgangssprachen wahrscheinlich deutlicher als andere Gebrauchsnormen ein Geflecht aus mehreren, zueinander sehr beweglichen Normgefügen darstellen, in denen die Variabilität der Sprachmittel und daher ihre funktionale Besetzbarkeit größer ist als in eher rigiden Normsystemen, wie sie die Einzelmundarten darstellen. Ganz zu schweigen von der situativen, besonders aber der sozialen Mobilität und (notwendigen) Flexibilität des Städters, die ja wohl als Ursache seiner sprachlichen Innovationslust zu betrachten sein wird (vgl. Sornig 1977b). Daß man bis vor kurzem den aussterbenden Mundarten mehr Beachtung schenkte als dem ohnehin "Alltäglichen", erklärt sich Zwirner (1964:2Of.) aus den "romantischen Ursprüngen der Sprachwissenschaft und der Dialektologie: aus einer Überschätzung der Mundart, die sich daraus ergab, daß man erst damals ihren Eigenwert für die Wissenschaft entdeckte; ... und wohl auch aus dem Seltenheitswert, den für den städtischen Linguisten und Dialektologen die auf dem Land gesprochene Mundart gegenüber der von ihm selbst und seiner Sprachumgebung gesprochenen Hoch- und Umgangssprache hat."

Die Uberbetonung des Slang-Vokabulars im Test-Sample ist absichtlich. Das Nannvokabular war ohnehin vorauszusetzen; erst innerhalb des "unkonventionellen" Wartschatzes kcnmen vermutlich stilistische Stellenwerte eher zum Vorschein. 1.7.

Ziel der Untersuchung, erwartete Differenzierungen

Unter der Annahme, jeder kompetente Sprecher müßte imstande sein, aus seinem lexikalischen Repertoire im sog. zweiten (soziosemantischen) Enkodierungsgang die einer bestimmten kommunikativen Absicht angemessenen Auswahlentscheidungen zu treffen, und unter Berücksichtigung der skizzierten Problematik (s. auch Abschnitt 2,3 und 4), können von einer solchen Untersuchung Teilantworten auf Fragen wie die folgenden erwartet werden: Ist der Wortschatz unterschiedlich stilistisch markiert? Wie stabil ist diese Markierung? Ist für verschiedene Sprecherkategorien eine verschiedene Markierung bzw.

Zur Diskussion um das Heterogenitätsproblem vgl. man: Hartig/Kurz 1971:11; Coseriu 1973a:ll; Rossipal 1973:29; Finke 1975:24ff. u.a.

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eine verschieden starke Markierung anzusetzen? Sind Sprecherkategorien anhand dieser stilistischen Markierung voneinander unterscheidbar? Etwa nach Alter, Beruf oder Geschlecht? Alters- und geschlechtsspezifische Unterschiede könnten jedenfalls schon deshalb auftreten, weil der Sprecher oder die Sprecherin ihre Sprache in einem gewissen Alter und unter bestimtiten Konnunikationspartnern erlernen, und weil, obgleich der Sprachbenutzer sein Vokabular immer weiter vermehrt (natürlich auch einbüßt), bestimmte nuancierte Inhalte nur im intensiven, gewohnten und partnerspezifizierten Rahnen gestiftet und weiterentwickelt werden, während andere Vokabular-Elenente weitgehend fremd, wenigstens unvertraut bleiben werden. Möglicherweise wird sich zeigen lassen, daß nicht trivialerweise die Jungen Wörter kennen, die den Älteren unvertraut oder unbekannt sind, sondern auch, daß der stilistische Wert bestimmter Wörter für verschiedene Generationen nicht derselbe bleibt. Ist damit zu rechnen, daß die "besseren Leute" bestimmte Wörter mit allgemein niederem Stilwert gar nicht kennen, oder nicht zu kennen vorgeben werden? (Wo also die Taxierung "unbekannt" zu lesen wäre als: "unmöglich!") Es können sich aber auch die "sprachbewußteren Kreise" als toleranter erweisen, was auch tatsächlich z.T. der Fall ist. Die Informantengruppen können sich je nach der Saohgruppe, der ein Testwort zugehört, in ihren Taxierungen unterscheiden. So sind etwa geschlechtsspezifische unterscheide, aber nicht für alle Wörter gleichermaßen, zu erwarten. Z.B. hat sich die Vermutung, daß Frauen in ihrer Wortwahl für Bereiche des sog. Intirnlebens vorsichtiger sind als Männer, bestätigt. Nach unserer Beobachtung gilt dieselbe frauliche lexikalische Behutsamkeit für die Bereiche "Polizei, Behörden", ün Bereich "Beruf, arbeiten" jedoch sind eher die Männer "zimperlicher". D.h., daß das Maloche-Vokabular für Frauen auffallend urmarkiert ist, wogegen das Alkohol- und Sex-Vokabular für sie, wenn auch nur als Zuhörer, von Kind auf perhorresziert sein dürfte. Für einzelne Wörter fällt auf, daß sie Männern bekannt, Frauen aber weitgehend unbekannt sind, daß es sich also um Elemente einer sog. "Männersprache" handelt. Weitere Frage: Wie verständlich (besser: verläßlich) sind die Informantenauskünfte? Gibt es metakanmunikative Aufrichtigkeit zwischen Interviewer und Informanten? Wird die metakcnniunikative Kompetenz der Informanten durch die (schriftliche) Interviewsituation beeinträchtigt - ist eine Verständigung zwischen Interviewer und Probanden überhaupt möglich? (Abschnitt 4)

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Schließlich die zentralen Fragen: Gibt es Stilindikatoren auf der unkontextualisierten lexikalischen Ebene? (Abschnitt 2) Inwieweit konvergieren die Infontiantenurteile? Inwieweit bilden sich in den metasprachlichen Urteilen über die isolierte Lexik gruppenspezifische Urteilsähnlichkeiten, oder gar gruppenspezifische Gebrauchsgewohnheiten ab? Das Ziel der Untersuchung ist es, die Existenz soziosemantisch besetzter lexikalischer Einheiten (Indikatoren) festzustellen und Konvergenz oder Divergenz dieser Besetzung bei verschiedenen Personengruppen zu eruieren.

1.8.

Testanordnung und Datengewinnung Die Daten stammen aus einer Befragung mittels Fragebogens, in dem die

Meinung verschiedener Sprecher zum stilistischen Rang bzw. der stilistischen Funktion bestimmter in Listen vorgegebener Wörter erfragt wird.

1.8.1.

Haupttest und Wiederholungstest

Der Haupttest (Fragebogen) enthält eine Wortliste von 218 (urspr. 452) Wörtern in 11 (urspr. 2O) Sachgruppen. Die endgültige Fassung des Fragebogens entstand nach Befragung von etwa 200 Personen, u.zw. durch eine Kürzung der ursprünglichen Wortliste und eine Reduktion der Befragungsmodi, als nämlich zwei der gewählten Befragungsparameter ("Status" und "Emotionalisiertheit") ihre Problematik gezeigt hatten und außerdem klar war, daß auch ein weniger umfangreiches Sample denselben Zweck erfüllen und dabei die Informanten weniger beanspruchen würde. Der Haupttest wurde über 2000 Personen vorgegeben, von den rückgemittelten etwa 400 (mit den Vortests etwa 600) Fragebogen wurden 285 in die Endauswertung aufgenommen. Der Fragebogen wurde per Post versandt, wobei die Rücksenderate beWer sich mit der Konstruktion von Tests beschäftigt hat, wird erfahren haben, daß Anordnung und Gestaltung eines Tests erst bei der Vorgabe (und Auswertung) seine Tücken und Schwächen, vor allem aber die mehr oder weniger naiven VorAnnahmen des Testkonstrukteurs offenbaren. Der von uns erstellte Fragebogen bildet hier keine Ausnahme. Hinzu kommt, daß in einer questionnaire-gestützten Untersuchung, die über einen längeren Zeitraum läuft, auf halbem Weg keine Änderungen mehr vorgenommen werden können, ohne die schon eingegangenen Daten unbrauchbar zu machen.

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greiflicherweise sehr niedrig war. Ein Teil der Fragebogen wurde auch - wegen der geringen Reaktion - von Tür zu Tür wieder eingesammelt. Interessanterweise ergab der Wiederholungstes t (s.u. 1.84) eine Rücksenderate von fast 5O%, was aber nicht nur darauf zurückzuführen war, daß er wesentlich kürzer war, sondern auch darauf, daß er an Personen verschickt wurde, die den Haupttest schon beantwortet und so ihre Kooperationsbereitschaft dokumentiert hatten. 19 treten kungen bringt

Wörter (urspr. 44; nämlich: 28 (=39), 84 (=88), 196 (=199), 203-218) im Haupttest je zwei Mal auf. Sie sollen Aufschluß geben über Schwanin der Taxierung. Eine verläßlichere Absicherung von Doppelbewertungen o der Wiederholungstest.

1.8.2. Notation Die schriftliche Vorgabe des Vokabulars mußte zum größten Teil in der Nonnorthographie erfolgen, obwohl es eine ganze Menge "nicht-schriftlicher" Lexeme enthält. Für diese wurde eine Art "Peter-Rosegger-Transkription" gewählt: eine Methode, Mundart oder Umgangssprache anzudeuten, die den Befragten aus ihren Tageszeitungen oder anderer Lektüre geläufig sein dürfte. Es ergaben sich bezüglich des Leseverständnisses für unser Vokabular bis auf wenige Ausnahmen (so wurde Pudenda nicht als Fremdwort erkannt, sondern als Partizip Präsens mißverstanden; modern dürfte als modern verlesen worden sein) keine größeren Schwierigkeiten. (Zum unterschied zwischen orthographischem und phonologischem Wortbegriff vgl. man Swaminathan 1973:36.) Eine Andeutung der besonderen (mundart-nahen) Lautung umgangssprachlicher VJörter wäre an sich natürlich nötig, man müßte aber andererseits vermeiden, unverständlich, d.h. unleserlich zu werden, oder aber, den Vförtern zu starken mundartlichen ("bäuerlichen") Charakter zu verleihen. So zeigte sich hier schon, wie problematisch eine Trennung phonetisch-phonalogischer und lexikalischer Enkodierungsvorgänge ist. Die exakte individuelle phonetische Realisierung mußte (was ja auch sonst bei Transkriptionen jeglicher Art, und seien sie noch so penibel ("narrow"), nötig ist) dem Leser überlassen bleiben. Wir meinen keineswegs, daß die phonetisch-phonologische Komponente der lexikalischen 8

Es ist klar, daß bei einer schriftlichen Durchführung der Befragung der Informant seine Bewertung überprüfen und divergierende Doppelwertungen (im Haupttest) korrigieren kann. Bei weitem nicht alle Informanten haben diese naheliegende Möglichkeit benützt bzw. sich die Mühe dazu genommen. Ich werte dies als ein Zeichen für die spontane Taxierungsreaktion der Befragten.

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Enkodierung ohne soziosenantische Relevanz sei; sie mußte aber bei unserer Versuchsanordnung notgedrungen unberücksichtigt bleiben. Die geringe Anzahl von Lese-Mißverständnissen (bei HE und Schlei etwa) war bei einer schriftlichen Vorgabe unvermeidbar und mußte in Kauf gencmnen werden. 1.8.3.

Hörtest

Die sog. "Hörprcben" boten Ausschnitte aus echten Gesprächen von Tonband, wobei zuerst der "Gesamteindruck", bei einem zeiten Durchlauf einzelne lexikalische Elanente stilistisch zu beurteilen waren. Die Taxierungsskala blieb dieselbe wie dm Haupttest, die Befragungsmodi wechselten. Der Hörtest sollte dazu dienen, die Hypothese von der Konvergenz des Hörerurteils mit dem des "Lesers" zu stützen, außerdem, um den Einfluß der Kontextualisierung auf die soziosemantische Bewertung lexikalischer Items nachzuprüfen. (Die komplexe Problematik um schriftlich/visuelle bzw. auditive Dekodierungsvorgänge kann o hier allerdings nicht weiterverfolgt werden.) Der Hörtest ergab deutliche Informanten-übereinstininung in den oberen und unteren Stilkategorien. 1.8.4. Vor- und Wiederholungstest (4.5.) Mit einigen lexikalischen Items wurde ein Probelauf (Vortest) vorgenonnen. (Auswahl und Anordnung des Wortmaterials geschah naturgemäß schon anhand einer Vor-Ordnung und Vor-Bewertung durch den Test-Ersteller. Auch eine Vor-Skalierung wurde, nach Vorschlägen der Versuchspersonen in den Vortests, durchgeführt.) Der sog. Wiederholungstest enthält eine kleinere Menge (41) des Gesamtvokabulars, u.zw. in anderer Relhung und Verteilung (das normnahe Vokabular überwiegt hier). Angeschlossen an einen Teil der Wiederholungstestbogen ist eine Anzahl von Wortgruppen und Sätzen sowie ein Kurztext, in die stilistisch divergentes Wortmaterial "verpackt" ist.

Solche tatsächlich echten Textfragmente, wie sie der Hörtest verwendet, sind natürlich näher der sprachlichen Wirklichkeit, dadurch aber auch nicht so ohne weiteres auf ein vorgegebenes Kompetenzmodell abbildbar, gegen unwägbare Nebeneinflüsse schwerer abgrenzbar. Vor allem muß man damit rechnen, daß die phonetische Realisation durch den Originalsprecher (mit so bedeutsamen Kriterien wie Betonung, Intionationsverlauf, Phonation etc.) die Bewertung der Passagen und Lexeme durch die Versuchspersonen merklich beeinflussen wird.

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Der Wiederholungstest wurde den Informanten entweder unter Anwesenheit des Interviewers vorgegeben oder zugeschickt, nachdem sie den Haupttest beantwortet zurückgesandt hatten. Er soll Einflüsse der Tagesform, der Listennachbarschaft etc. feststellen und damit die allgemeine Verläßlichkeit der Auskünfte überprüfen bzw. absichern. Gleiche Testwörter müßten ja nach einer gewissen Vergessenszeit und der Regenerierung des (möglicherweise durch den Haupttest verunsicherten) "Stilgefühls" gleiche oder annähernd gleiche Bewertungen seitens derselben Person erhalten. 1.8.5. Parameter (N.T.I) und Skalierung (1-5) Die Informanten sollen die soziosemantische Besetzung des angebotenen Wortmaterials unter Anwendung einer 5-stufigen Skala nach folgenden Beurteilungskriterien taxieren: M = danach, inwieweit ein Wort in seinem stilistischen Gebrauchswert von der überregionalen Standardnorm abweicht oder ihr entspricht; T = danach, für welche thematischen Bereiche, z.B. Textsorten, ein Wort dem Befragten angemessen erscheint; I = danach, inwiefern der Gebrauch bestimmter Wörter Rückschlüsse auf die Rollenkonstellation, den Intimitätsgrad zwischen dem Sprecher und seinem Partner, zuläßt. Der (von N nach I) zunehmende Anteil subjektiver Beurteilungskriterien in den einzelnen Befragungsparametern ist augenscheinlich. Die Vortests haben zudem gezeigt, daß die Antworten auf den (fallengelassenen) Befragungsparameter E (^3rad der Emotionalisiertheit) noch weiter divergieren, also am meisten individuellen Spielraum und Toleranz zulassen. Die Wörter sollen auch nach anderen Gesichtspunkten beurteilt werden, nänlich danach, ob es sich um veraltetes (+) oder fremdes (x) Wortgut handelt. Wörter, die dem Informanten nicht bekannt sind, werden als solche (0) gekennzeichnet ("Null-Antworten").(Den (+)- und (x)-Antworten wird hier nicht nachgegangen, obwohl davon Aufschlüsse zur Popularisierungsfrage zu erwarten sind.) Ich habe mich für eine Bewertungsskale von 5 Stufen entschieden, weil ich annehme, daß diese Art der Skalierung aufgrund des (schulorganisatorischen) Bildungshintergrunds unserer Informanten ihnen am ehesten geläufig und einsichtig sein würde. Daß eine Skala mit 5 Vierten, also einer ungeraden Anzahl von Stufen, die Versuchung, unmarkierte "mittlere" Bewertungen zu verteilen, fördert, ist uns bewußt.

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1.8.6. Kollokabilität und Kontextualisierung Der Wiederholungstest bringt eine Reihe von Syntagmen und einen kurzen Textabschnitt. Die stilistische Kollokabilität der in ihnen enthaltenen lexikalischen Elemente ist zu beurteilen. Das intuitive Gefühl für Stilbrüche innerhalb von satz- oder textsemantisch konsistenten Ketten ist ja als Teil der konmunikativen Kompetenz des Sprachbenutzers anzusetzen. Diese Kollokabilitätsprobe soll nun zeigen, ob Wörter isoliert anders als in syntagmatischen Einbettungen taxiert werden. 1.8.6.1.Listeneinfluß Es gibt aber jedenfalls einen Ko-Text, der auch für Befragungen über isolierte Wörter nicht zu umgehen ist (mag ihn auch die Dialektologie unbeachtet gelassen haben): Der Einfluß der Listennaahbarn in Wortlisten ist vielleicht so stark, daß die Antworten der Informanten nur für die eine Liste und ihre Reihung Gültigkeit haben. Eine Aporie, die, jedenfalls mit unseren Mitteln, nicht aufzulösen ist, deren Bewußthaltung aber nicht schaden kann. Der Wiederholungstest enthält deshalb Wörter aus dan Haupttest, die nun andere Verteilungen aufweisen. Das Nonnvokabular überwiegt quantitativ, und die einzelnen Wörter haben durch die neue Reihung andere Listennachbarn. Dadurch könnten Einflüsse der Materialanordnung des Haupttests offenbar gemacht werden. Es fragt sich ja, ob die starke Norm-Ferne des Gesamtangebots die Entscheidungen der Informanten beeinflußt, und inwiefern die Listennachbarn das Urteil über Einzelwörter beeinflussen. Anders ausgedrückt: es ist zu fürchten, daß der Informant, wenn er erkannt hätte, daß seine Wertungen vorwiegend unter die neutrale Marke (3), also gegen (4) und (5), zu liegen kommen, möglicherweise versucht, dies dadurch auszugleichen, daß er seine Bewertungen "korrigiert", um auch Werte über (3), gegen (2) und (1), anbieten zu können. Auch der umgekehrte Fall ist denkbar, so nämlich, daß die Wertungen den am häufigsten vorkommenden angeglichen werden.

1O

Die Rückmeldungen der Befragten bestätigten sowohl die Annahme/ es bestehe einigermaßen Konvergenz bezüglich der metasprachlichen Bezeichnungsversuche, als auch die kritisch-vorsichtige Vermutung, daß bezüglich dieser metakommunikativen Benennungen erhebliche Ungenauigkeiten in Kauf zu nehmen sein würden.

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Der Mittelwert aller Antworten liegt allerdings deutlich unter der Mittelmarke (3), d.h. der slang-nahe Charakter wurde erkannt und jedenfalls nicht allzu stark verwischt (5.9). 1.3.7.

Informanten

Die Informanten werden nach Geschlecht, Alter und Berufsausübung gruppiert. Der Haupttest enthält einige Fragen über den Informanten selbst, so u.a. über seine Mediengewohnheiten (Zeitungslektüre, Radio- und Fernsehsendungen), d.h. seine kotitunikativen Kontakte mit überregionalen Sprachformen, und über seinen Freizeit-Komunikationsradius. Weiters wird die Stellungnahme des Befragten zu unseren Parameter-Vorschlägen und zum Testaufbau erfragt. 1.8.7.1. Aufrichtigkeit Einige Wörter stanmen aus anderen lexikalischen Systemen (z.B. dem Rotwelschen) , sie müßten von Normalsprecher als unbekannt (0) gewertet werden. Diese Null-Antworten lassen Schlüsse auf die Aufrichtigkeit und Verläßlichkeit der übrigen Auskünfte zu. Ein Wort, das dem Großteil der Informanten unbekannt ist, von einigen aber die Marke (5) erhält, ist als Element einer Quasi-Geheimsprache zu betrachten. Wer andererseits bestürmte "ordinäre" Wörter mit "unbekannt" (O) - statt mit (5), wie der Großteil der Informanten - taxiert, ist u.U. eher als "unaufrichtig" oder gewollt überempfindlich zu betrachten als derjenige, der Wörter, die vom Gros der Befragten mit (3) bis (4) beurteilt wurden, mit (5) taxiert. Der umgekehrte Fall, daß nämlich jemand "Ordinäres" als "normal" deklariert, also statt (5) eine Marke zwischen (3) und (4) vergibt, tritt wesentlich seltener auf. Intellektuelle leisten sich gelegentlich solchen Luxus. 12

11 Diesen Antworten konnte hier nicht weiter nachgegangen werden. 12 Das Informantenverhalten soll in Abschnitt 5 besprochen werden. Hier genüge eine Bemerkung: Die Schlüssigkeit der sonst gerne praktizierten Studentenbefragungen (Versuchspersonen, die nichts anderes auszeichnet als ihre bequeme Verfügbarkeit) wird im Lichte der beobachteten metasprachlichen Entscheidungsunsicherheit derer, die sprachliches Verhalten gewohnheitsmäßig stark reflektieren, mindestens fragwürdig.

22

1.9.

Text und Wortliste des Haupttests

Liebe Grazerin, lieber Grazer! Wir bitten Sie um Ihre Mithilfe bei einer sprachwissenschaftlichen Untersuchung. Es geht darum, festzustellen, wie bestiitmte Wörter in der Grazer Umgangssprache gebraucht werden. (Variante N ; ) Sie wissen, daß Ausdrücke vorkommen, die aus der Hochsprache stammen, daneben aber auch solche, die man Slang nennt. Sie sollen die Wörter in unserer Liste danach sortieren, ob sie eher der gehobenen oder mehr der handfesten, gröberen Umgangssprache angehören, also, welchen stilistischen Wert sie haben. Jedes Wort bekommt eine Nummer von 1-5. Was die Nummern bedeuten, versuchen wir unten anzudeuten, aber das ist nur ein Vorschlag, wir werden Sie später bitten, selbst ungefähr anzugeben, was sie meinen, wenn Sie z.B. die Nummer 5, 4 oder 2 verteilen. Sie können auch Zwischennummern benützen, also 2/3 oder 4/5. fein, gewählt, rhetorisch, geziert, geschwollen etc J eher gehoben, recht bemüht, gepflegt etc 2 normal, natürlich, ungeziert, wie einem der Schnabel gewachsen ist.3 eher nachlässig, ziemlich formlos, schlampig etc 4 sehr schlampig, derb, ordinär, unanständig, unmöglich etc 5 Wenn Sie wollen, .können Sie neben dem einen oder anderen Wort notieren, welches unserer Stichwörter (von "fein" bis "unmöglich") am besten paßt. (Variante T:) Sie wissen, daß verschiedene Wörter verwendet werden, je nachdem wovon man spricht, ob das Gesprächsthema mehr sachlicher oder mehr privater Natur

ist.

Sie sollen die Wörter in unserer Liste danach sortieren, für welches Thema sie am ehesten passen, für saohlich-nüehterne Formulierungen oder private Plauderei. Jedes Wort bekommt eine Nummer von 1-5. Was die Nummern bedeuten, versuchen wir unten anzudeuten, aber das ist nur ein Vorschlag, wir werden Sie später bitten, selbst ungefähr anzugeben, was sie meinen, wenn Sie z.B. die Nummer 5, 4 oder 2 verteilen. Sie können auch Zwischennummern benützen, also 2/3 oder 4/5. feierliche Ansprachen, wissenschaftliche Formulierungen Vorträge, ernstgemeinte Diskussion etc öffentliche Berichte, sachliche Mitteilung, Debatten

normales Gesprächsthema wenn man vor anderen von sich redet, plaudert, im Spaß etc unter vier Augen, Privatangelegenheiten, Tratsch, Beschimpfungen, wenn einem egal ist, wer zuhört

l 2

3 .4 5

Wenn Sie wollen, können Sie neben dem einen oder anderen Wort notieren, welches unserer Stichwörter (von "feierliche Ansprachen" bis "wenn einem egal ist, wer zuhört") am besten paßt.

23 (Variante I:) Sie wissen, daß verschiedene Wörter verwendet werden, je nachdem, zu wem man spricht, d.h., je nachdem, wie vertraut oder förmlich zwei Leute miteinander verkehren. Sie sollen die Wörter in unserer Liste danach sortieren, wie förmlich oder intim das Verhältnis zwischen den Leuten, die sie zueinander benützen, Ihnen scheint. Jedes Wort bekommt eine Nummer von 1-5. Was die Nummern bedeuten, versuchen wir unten anzudeuten, aber das ist nur ein Vorschlag, wir werden Sie später bitten, selbst ungefähr anzugeben, was Sie meinen, wenn Sie z.B. die Nummer 5, 4 oder 2 verteilen. Sie können auch Zwischennummern benützen, also 2/3 oder 4/5. arrogant, distanziert, steif, förmlich, sehr höflich taktvoll, höflich, sachlich etc ungezwungenes, normales Verhältnis gemütlich, vertraulich, ziemlich offen etc sehr freimütig, intim, indiskret, roh, brutal etc

l 2 3 4 5

Wenn Sie wollen, können Sie neben dem einen oder anderen Wort notieren, welches unserer Stichwörter (von "arrogant" bis "brutal") am besten paßt. (Für

alle Varianten:)

Kümmern Sie sich nicht darum, wie die Wörter hier geschrieben werden, es sind natürlich Wörter darunter, die gar nie geschrieben auftreten. Sagen Sie sich die Wörter so vor, wie Sie sie aussprechen würden oder gehört haben. Das paßt dann schon. Wenn Ihnen ein Wort veraltet erscheint, bekommt es ein Kreuzerl Wenn es Ihrer Meinung nach nicht grazerisch ist (z.B. wienerisch, ländlicher Dialekt, piefkinesisch), bekommt es ein Sternderl Kennen Sie das Wort nicht, dann setzen Sie Null

+ * O

Könnten Sie bitte versuchen, statt der Wörter, die Sie nicht kennen, ein paar hinzuzuschreiben, die in dieselbe Liste passen ("Essen und Trinken" oder "Auto") und das wir vielleicht noch nicht kennen. Wir wären Ihnen dankbar für jedes neue Grazer-Wort. Geben Sie auch diesen Wörtern eine Nummer nach dem gleichen System. Bitte zurückschicken!

essen 1 2 3 4> 5 6 7 8 9 10 11 12 13

zwicken essen jausnen .. * ·, würfeln zu sich nehmen , , achein fressen buttnen speisen habern verzehren nachtmahlen sich verpflegen

Besten Dank!

Essen 14 Diner 15 Brot 16 Nachtmahl i-, Bims „· 17 18 Abendessen » Menü ., 19 2O Imbiß 21 Jause 22 Verpflegung 23 Fressalien 24 Kitt 25 Zwick 26 Stau

trinken P7

foio.

28 blasen t, v einen heben .

·>· 29

,. . *T 31 bechern 32 s e ' · genehmigen 33 ^rinken 34 biberin 35 schlotzen 36 kübeln 37 bügeln 38 Blasern

24 39 40 41 42 43 44 45

blasen zwitschern picheln tschechern saufen zischen schwemmen

85 86 87 88

Wasch Selbstbinder Brocken Kulturstrick

Von Geld und Geldverdienen, Zahlen u. Nicht-Zahlen-Rönnen

Getränke 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58

ein Röhrl Gschlader Beistrich Getränke Sekt Erfrischungen Plempe Schampus Tschapperlwasser Spirituosen Branntwein Weinbrand Stange

Zigaretten u. rauchen 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73

Sargnagel Kippe Tschick Leo plotzen Lärcherl Span Beuschlreißer Stummel Glimmstengel Filterzigarette Orthopädische Kastrierte täbern Spreizen

89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 HO 111 112 113 114 115 116

zahlungsunfähig flüssig stellen mittellos Kies Keks würzen blechen entrichten vergebühren Gehalt Bezug Netsch Vorschuß brennen stier Fleck Gerstl Zaster Schuß Eier Schlei wohlhabend abheben Entgelt Marie neger buttern Flieder

Beruf, arbeiten und Nichtstun

Kleider

117 Chef 118 pfuschen

74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84

119 12O 121 122 123 124 125 126 127 128 129 130

Anzug Hadern Gewand Sakko BH Staude Schale Bock Himmerlhalter Herrenbekleidung Kulturstrick

beschäftigungslos Haken Löhnung Arbeitnehmer schuften arbeitslos stempeln blau machen Job Lose schöpfen backen

131 132 133 134 135 136 137 138 139

Lenz ruhige Kugel teilbeschäftigt Bude der Alte faulenzen Tschoch knuffen wuchern

Polizei 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150 151 152 153 154

Exekutive Polizist Polyp Putz Lerof Schmier Inspektor Wachmann Kieberer Polente Teckel Bulle die HE Auge des Gesetzes Ordnungsorgan

Schnelle Bewegung, Geschwindigkeit 155 156 157 158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168 169 170 171 172 173 174 175 176

brausen abhauen hetzen rasen einplärren Zoten beschleunigen abreißen abzittern persen schwartein bügeln Hadern düsen leibern wuchern pl eddern modern multiplizieren hasten blitzen starten

Körperteile 177 178 179 180 181 182 183 184 185 186 187 188 189 190 191

Gliedmaßen Pratzen Kleberln Wampen Batterie Schlauch Kompressen Scherzi Hirnschale Latte Kopf Bauch Nasenbein Birn Kniest

199 Kürbis 2OO Nagelbett 2O1 Schlurf 2O2 Biber Gemischtes 2O3 würfeln 2O4 zwicken 2O5 biberin 2O6 Lenz 2O7 Kies 2O8 Putz 2O9 Span 21O Arbeitnehmer 211 zwitschern 212 Weinbrand

192 Stockerl

213 HE

193 194 195 196 197 198

214 215 216 217 218

Sprudler Gesäß Finger Kürbis Gumpus Plutzer

Gesäß entrichten Zoten modern Wasch

Geburtsjahr: In welchen Jahren haben Sie in Graz gelebt: Erlernte Berufe: Ausgeübte Berufe: Derzeitiger Beruf: Welchen Beruf haben die meisten Ihrer Freunde? 1. 2. Lesen Sie Zeitungen viel mittel Hören Sie Radio viel mittel Fernsehen viel mittel Lieblingszeitung oder Illustrierte: Lieblingsradiosendung: Lieblingsfernsehsendung: Was tun Sie gern in Ihrer Freizeit (Hobbies)?

Geschlecht:

wenig wenig wenig

(abhaken!)

Meine Numerierung bedeutet etwa folgendes, was den stilistischen Wert der Wörter in den Listen angeht: 1= 2= 3= 4= 5= Meine Numerierung bedeutet etwa folgendes, was die Themen angeht, für welche die Wörter in den Listen verwendet werden können: 1= 2= 3= 4= 5= Meine Numerierung für das Verhältnis zu den Leuten, mit denen man diese •Wörter verwendet, bedeutet etwa folgendes: 1= 2= 3= 4= 5=

26 (Für alle Varianten:)

Was halten Sie von dem Fragebogen: (Sie können einfach das "nicht" durchstreichen I) Er ist (nicht) zu lang. Es ist (nicht) zu viel Slang drin. Man kann ein Wort ohne Satz (nicht) beurteilen. Man könnt (nicht) zum Lachen. Die vorgeschlagenen Stichwörter helfen einem beim Ausfüllen (nicht). Wortlaut der ausgeschiedenen Fragebogen zu den Parametern S und E: Sie wissen als Grazer(in), welche Wörter eher von bestürmten Personen(gruppen) in bestiitmten Situationen oder Rollen, die sie gerade spielen, verwendet werden. Sie sollen die Wörter In unserer Liste danach sortieren, welche Personen sie wahrscheinlich verwenden. feine Gesellschaft,

Prominenz, hochoffizielle

Stellen,

Akademiker, Gebildete etc Behörden, Vorgesetzte, Beamte etc

l 2

normal, meine Bekannten, eigentlich jeder Arbeiter, der "Mann von der Straße", sog. einfache Leute Hilfsarbeiter, Unterschicht, Plattenbrüder, Unterwelt, Verbrecher etc

3 4 5

Sie wissen, daß verschiedene Wörter verwendet werden, je nachdem, ob man TdM, und beherrscht oder gereizt (oder auch zärtlich) zu jemandem spricht, sich also gehen läßt. Sie sollen die Wörter in unserer Liste danach sortieren, ob sie eher gefühlsgeladen sind oder nicht. distanziert, kühl, reserviert, beherrscht, trocken etc zurückhaltend, gemäßigt, sachlich etc normal, gleichgültig einigermaßen gereizt, ärgerlich, heftig etc verärgert, aggressiv, bissig, grob, brutal etc

l 2 3 4 5

Die ursprüngliche Fassung enthielt außerdem noch Teillisten mit Vokabular zu folgenden Themenbereichen: viel essen/alkoholische Zustände/Auto, Motorrad, Moped, Fahrrad etc./Körperfunktionen/Geschlechtsteile/Erotisches, Sex und dergl./Zustände, körperliche und geistige; Gefühlszustände, Stimmungen/ vom Reden mit den Leuten und was man sonst mit den Leuten tun kann/Zwischenrufe des Erstaunens und Gemischtes.

27 1.9.1. Text und Inhalt des Wiederholungstests Fragen zu dem Fragebogen Können Sie aus dem Gedächtnis sagen, welche "Note" Sie den folgenden Wörtern gegeben haben: speisen habern verzehren nachtmahlen Imbiß Jause Kitt trinken blasen Sargnagel Span Stummel Anzug

Schale mittellos Bezug stier Fleck wohlhabend beschäftigungslos Haken arbeitslos schöpfen Tschoch Exekutive Polizist

Gewand

Putz

abhauen rasen Gliedmaßen Scherzi düsen Bauch Birn pleddern hasten Finger Teckel Ordnungsorgan »achmann

Bewerten Sie die herausgehobenen Wörter nach derselben Methode: Beispiel: er ist von Kognak (2) betrunken (2) kein Wunder, dap er eine Seuche (5) hat, bläsert (4) ja genug es wurde nur Seit (2/3) getschechert (5) er genehmigte sich ( ) einen Weinbrand ( ) Sie bläsern ( ) SeJct ( )

das Fahrzeug ( ) zittert ab ( ) seine Reibn ( ) fuhr mit mäßiger Geschwindigkeit ( ) ihr Pudel ( ) hat einen anständigen Zoten ( ) drauf ich verzehre ( ) den Kitt ( ) sie nimmt ( ) ihr Abendessen ( ) zu sich es gelingt schwer, einen Kieberer ( ) zu betäuben ( )

die Behörde ( ) erhebt Einspruch ( ) das Ordnungsorgan

( ) pudelt sich auf

( )

Der Arbeitnehmer ( ) ist heute so, daß er weniger schöpfen ( ) , vielleicht sogar nur in Teilbeschäftigung ( ) , oder gar von der Lose ( ) und von stempeln ( ) seinen FlecA ( ) beziehen ( ) möchte, wo das Gerstl ( ) herkommt, ob der Arbeitgeber ( ) überhaupt zahlungsfähig ( ) ist und die Marie ( ) flüssig stellen ( ) kann, ist ihm scheißegal ( ) , der soll nur brennen ( ) , der Rubel ( ) ist wichtig, wenn die Eier ( ) da sind, ist auch das ökonomische Gleichgewichtsgefühl ( ) sichergestellt.

28

1.9.2. Auswertungsvokabular Für die erste Auswertung wurden vor allen die Wörter aus dan Wiederholungstest, sowie die meisten Doppelnennungen dm Haupttest herangezogen (78 Wörter; die Nummern beziehen sich auf die Liste 1.9). zwicken würfeln zu sich nehmen speisen habern verzehren nachtmahlen Diner Abendessen Imbiß Jause Kitt blasen sich einen genehmigen trinken biberin zwi tschern Cschlader Meinbrand Sargnagel Span Stummel Anzug

=1, 204

=4, 203 =5 =9 =10 =11 =12 =14 =18 =20 =21 =24

=28, 39 =32 =33

=34, =40,

205 211

=47

=57,

212

=59

=65, 209 =67 =74

Gewand =76 Schale =80 Wasch =85, 218 flüssig stellen =90 mittellos =91 =92, 2O7 Kies =96, 215 entrichten Bezug =99 brennen =102 stier =103 Fleck =1O4 Gers t 1 =105 Eier =108 wohlhabend =110 beschäftigungslos =119 Haken =120 Löhnung =121 Arbeitnehmer=122, 210 =124 arbeitslos =125 stempeln schöpfen =129 Lenz =131, 2O6 teilbeschäftigt =133

Tschoch Exekutive Polizist Putz Wachmann HE Ordnun gs organ abhauen rasen Zoten abzittern düsen pleddern modern hasten Gliedmaßen Scherzi Bauch Birn Gesäß Finger

=137 =14O =141 =143, =147 =152, =154 =156

2O8 213

=158 =160, 216

=163 =168 =171 =172, 217 =174 =177 =184 =188 =190 =194, 214 =195

Dazu kommen jene (Kontroll-)Wörter, für die eine Null-Antwort zu erwarten ist: acheln Stau schlotzen Plempe

1.9.3.

= 6 =26 =35 =52

Leo = 62 plotzen. = 63 Brocken =87 knuffen =138

Lerof =144 Teckel =15O Kniest =191

Das sog. "Tabuvokabular"

Ein Teil der ursprünglich delikaterweise zurückgezogenen Wortliste wurde versuchsweise ausgewertet, um eventuelle stärkere Trennschärfe zwischen den Personenkategorien (bes. zwischen weiblichen und männlichen Informanten) zu erbringen, enttäuschte aber statistisch wegen des zu geringen Datenmaterials. Es bietet sich aber eine Interpretation intuitiverer Art an (s. Abschnitt 6). Wir lassen diese Zusatzliste folgen:

29 Alkoholische Zustände

Geschlechtsteile

Erotisches, Sex u. dergl.

1 2 3 4 5 6 7 8 9 IO II 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22

23 24 25 26 27 28

Penis Pinsel Cunnus Kikeriki Vulva Nudel

40 41 42 43 44

29 Buschkawedl

46 47 48 49 50 51 52

alkoholisiert Affe Schwips benebelt Welle im Öl beknüllt blau Schwips Spitz Kegel Seuche fett molum volltrunken betrunken Besäufnis Rausch besäuselt angestreut zugedeckt besoffen

1.9.4.

30 31 32 33 34 35 36 37 38 39

Pimperl Fotze Pitschka Sexualorgan Mittelfleisch Fuimnel Mintsch Feige Pudenda Fut

anreißen anmeiern balzen Gspusi Liebschaft

45 vögeln Has Hendl Kelef Baby schustern Buhle geil

53 Orgasmus 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74

Geschäft titschgerln Flirt pudern Biene Liebchen Geliebte schlafen lüstern Selbstbefriedigung Geschieht hofieren Verhältnis gamperig Massel bumsen Puppe koitieren Freundin Verkehr glücklich machen

"Übersetzung" einiger Slangausdrücke

Im Haupttest: 1,4,8,10 haben insgesamt die Kernbedeutung "essen" 17, 24 = Brot, 25 = Nahrung, Speise 28,34,36,38,40,41,42,44,45 = Kernbedeutung "trinken" (vor allen Alkoholica) 46, 58 = Glas Bier, 47 = schlechtes Getränk, 48 = Schnaps zum Bier, 53 = Champagner, 54 = alkoholfreies Getränk 59,65,73 = Zigarette, 60,61,64 = Zigarettensturtmel, 71 = Filterzigarette, 72 = rauchen 75,79,80,85 = Kernbedeutung "Bekleidung", 78,82 = Büstenhalter, 81 = Schuhe, 84, 88 = Krawatte

30

92,93,100,104,105,106,107,108,113,116 = Geld, 94 = jemandem das Geld aus der Tasche ziehen, 95,1O2 = zahlen, 103,114 = mittellos, 1O9 = Schillinge, 115 = bezahlen 118 = schlecht arbeiten, 120 = Arbeit, 125 = die Arbeitslosenunterstützung beziehen, 126 = nicht arbeiten, 128 = Arbeitslosenunterstützung, 129 = arbeiten, 131,132 = leichte oder keine Arbeit zu tun haben, 134 = Arbeitsplatz (Fabrik), 137 = schwere Arbeit, 138, 139 = schwer arbeiten 142,143,145,148,151 = Polizist, 149,152 = Polizei 159 = geräuschvoll ankönnen, 162,163 = starten, 160 = Geschwindigkeit, 164, 165 = rasch laufen, 166,168,169,170 = sich rasch fortbewegen, bes. motorisch, 167 = Geschwindigkeit, 171,172,173,175 = schnell fahren 178, 179 = Hände, 18O = Bauch, 181, 183 = Gesicht, 182,193 = Beine, 184 = Hinterteil, 186 = Kopf, auch Körper, 190,196,197,198 = Kopf, 192 = Zähne, 201,202 = langes Haupthaar. Im Tabuvokabular: Alkoholica: alle Substantiva bedeuten "Alkoholisiertheit"; alle Adjektiva: "alkoholisiert". Erotica: Bezeichnungen für das membrum virile: 23,24,26,28,30; für die weiblichen Geschlechtsorgane: 25,27,29,31,35,36,39; Balzmanöver: 40,41,42,65; Begattungsakt: 45,50,54,55,57,61,69,73,74; erotische Beziehung: 43,44,66; weibliches Sexualobjekt: 46,47,43,49,58; menses: 64; 67 = 52.

31

2. Die Wortlisten " ... the linguistic markers of such roles occur at the lexical rather than the syntactical level", White 1974:133

2.0.

Lexik als soziolinguistischer Indikator

Es wäre unzulässig, wenn auch verständlich, wollte man einen Fragen- und Hexenkreis, wie das die Probleratik um den Wbrtbegriff ist, umgehen, u.zw. deshalb, weil es ein so vielfach beredetes Problem ist, daß es nachgerade scheinen muß, es gebe keine Lösung, oder aber - noch schlimmer - es handle sich um ein Scheinproblem. Es kann allerdings gar nicht der Ehrgeiz einer empirischen Untersuchung wie der vorliegenden sein, auf solche Fragen Antwort zu geben. Was in aller erlaubten Simplizität versucht werden soll, ist, zu begründen, warum für eine Befragung der versuchten Art das "Vtart" als Ausgangspunkt angesetzt wurde. Dazu wäre u.a. auf einige schon seinerzeit (Sornig 1977d) geäußerte Überlegungen hinzuweisen, wonach im Bereich des Lexikons echte "Stilwörter" vermutet werden dürfen, auch, daß lexikalische Strukturen am ehesten isoliert auf Wirkung hin eingesetzt werden können, weil lexikalische Entscheidungen durch ihre übergangslosigkeit von alternativen Wahlmöglichkeiten leichter abgrenzbar sind als etwa Entscheidungen im phonetisch/phonologischen Bereich. Jedenfalls läßt sich beobachten, daß eine Veränderung relevanter situativer Elemente lexikalische Paraphrasen nach sich ziehen kann (vgl. Sornig 1977d:41). 2.0.1. Vermutungen zur Eigenart lexikalischer Repertoire-Elemente: das Lexikon ist eine offene Liste Die Lexik einer Sprache ist, verglichen mit anderen Struktunnengen (etwa l

Zur paraphrastischen Relation s. Ungeheuer 1974:8.

32

den phonologischen, suprasegmentalen und syntaktischen Inventaren), eine (we2 nigstens zum Teil) offene Liste relativ selbständiger Bauelemente, Für offene Listen gelten andere Abrufverfahren als für Repertoire-Mengen mit einer endlichen Anzahl von Elementen. Offene Listen, die ja dem Sprecherwunsch nach einer 1:1-Relation zwischen Elementen der außersprachlichen Wirklichkeit und den sprachlichen Ausdrucksmitteln entgegenzukommen versuchen, bieten neben dem Bedürfnis nach Erweiterung die Möglichkeit der Wahl, vor allem aber Hag Bewußtsein einer - soziosemantisch bedeutsamen - Austauschbarkeit der Elemente des lexikalischen Arsenals. 2.O.2. Das könnte bedeuten, daß der Sprecher aus seinem (individuellen) Lexikon wählen kann (auch sog. "Fremdwörter"), ohne unbedingt auch andere Ebenen des Systems mitverändem zu müssen. Was die phonetische Variabilität von Wortschatzelementen anlangt, so fällt auf, daß bestimmte Lexeme nur in einer einzigen phonologischen Realisation auftreten, andere wiederum phonologische Variation zulassen. Das richtet sich möglicherweise nach dem Grad der "oontent-ness" des einzelnen Lexikoneintrags. Sog. Fachwörter (mit einem hohen Grad an "content-ness", d.h. einem deutlichen Realitätsbezug, sozusagen stärkerer "Nämenhaftigkeit") haben fast durchwegs nur eine Lautung, dagegen weisen sog. Funktionswörter (Adverbien wie herauf-.aufa; Pronomina wie dies:dtfs u.a.) sehr häufig mehrere, auch soziosemantisch-stilistisch besetzte Lautvarianten auf. Auf diese Weise wird sozusagen die Unmöglichkeit, Funktionswörter zu paraphrasieren, kompensiert. Sicher hängt die geringere Variationsfreudigkeit von spezifischem referentiellen Vokabular, wie etwa von Fachwörtern, auch mit ihrer geringeren Sprechakt-Variobilität und -flexibilität zusammen, d.h. Fachvokabular ist thematisch, und damit funktional, auf ganz bestimttte, oft sogar stereotype Sprachhandlungen beschränkt und bezogen.

Phonologische und Intonationsrepertoire werden u.U. nur einmal erworben. (Daß z.B. der I^-Erwerbende deshalb dazu tendiert, fremde Phoneme als "bloße" Allophone der L j zu betrachten, ist eine Tatsache, derer sich nicht nur der Fremdsprachunterricht, sondern auch die Fremdsprachlehrerschulung bewußt sein muß.) Der Erwerb (und Verlust) der Lexik indes geht permanent vor sich, was ja u.a. auch Zweifel an der sog. "Strukturiertheit" des Wortschatzes verständlich erscheinen läßt. Das Phoneminventar seiner Sprache "besitzt" schließlich jeder Einheimische, dasselbe gilt aber nicht für "den" Wortschatz. vgl. Wierzchowski l976:XVII.

33

In diesem Zusammenhang wäre die Präge überlegenswert, wie nahe der sog. Oberfläche die lexikalische (nicht die semantische) Enkodierung erfolgt, d.h., 4 wie nahe dem aktuellen Perfontianzereignis, dem Sinn (1.1; 2.23.1). Es muß nämlich die phonetisch-phonologische Enkodierung nicht unbedingt die letzte Etappe der Realisation sein. Wie, wenn erst aus der Wahl der Artikulationsbasis als eines generelleren kode-eigentümlichen Systemfaktors sich bestimmte Wörter in ihrer entsprechenden Lautung anböten, andere wiederum aus demselben Grund sich ausschlössen? Wie, wenn - falls bestimmte Wörter nur eine phonologische Gestalt haben - die lexikalische zugleich auch eine phonologische Wahl sein müßte? Je näher jedenfalls der Oberfläche, dem aktuellen Sprechereignis,

dem

sogenannten "second encoding" - also dem endgültigen, weil nunmehr auch stilistisch markierten Lexikon-Abruf - desto größer ist die Freiheit des Sprechers und desto deutlicher trägt es die eigentliche Verantwortung für die aktuelle, situationsbedingte, persönliche Wahl seiner Ausdrucksinittel für das von ihm Gemeinte.

2.0.3.

Man muß sich auch - ohne daraus schon einen zu verfechtenden Standpunkt

machen zu wollen - überlegen, ob etwa die lexikalische Enkodierung bewußter erfolgt als etwa die phonologische. Das Kriterium der Angemessenheit lexikalischer Wahlentscheidungen, ihrer konnotativen und stilistischen Adäquatheit, gilt zwar auch für phonologische Entscheidungen: nur meinen wir, daß die lexikalischen Wahlentscheidungen nicht in dem Maße automatisiert erfolgen wie phonetische Realisierungen (eben aus einer sog. Artikulations"basis" heraus). Man vgl. zu dieser Frage Komlev 1976: 106f.: "Of the three main components of the content of the word, the phonetic form of the sign appears to be the most stable. The denotatum is subject to the greatest lability. Denotata associated with social life undergo especially great changes."

Ich neige also eher dazu, anzunehmen, daß bewußt andersartige phonologische Entscheidungen starker bewußter Anstrengungen gegen den Sog einer gewohnten, un-

4

Zum Begriff "Sinn" vgl. Benzen 1954:187: "Sinn kommt in das Wort dadurch, daß etwas mit diesem gemeint wird." Zur Wahlfreiheit im Lexikon s.Sornig 1977d:41.

5

Hiezu vgl. Butzkamm 1977.

6

Vgl. hiezu Coseriu 1973a:2O.

34

markierten Artikulationsbasis bedürfen, weswegen sie eben nur, solange nötig, 7 erfolgen und aufrechterhalten werden, wohingegen es bei lexikalischen Entnahmen aus dem Repertoire so ist, daß in jedem Falle bewußt(er) gewählt werden muß. Laute sind "beyond the conscious control", sagt Fantini 1978:11, "less linked to environmental factors"; demgegenüber heißt es vom Lexikon (ebd.: 14): "the open lexical system is developed in accordance to immediate situational needs." Und für den speziellen Fall der lexikalischen Entlehnung aus einem anderen Kode gilt der empirische Befund: "lexical borrowing was frequently influenced by social circumstances", (Fantini, ebd.: 11) und ders. (ebd.: 15): "vocabulary ... seemed to involve the most conscious act of borrowing and, as such, was also most succeptible to influence from the social context."

Lexikalische Entscheidungen sind außerdem - verglichen mit den meist stufenund übergangslosen phonetisch-phonologischen - unversohwomnen und eindeutig. Weshalb hier auch grundsätzlich zwischen lexikalischen Paraphrasen (tfegmacher: Stroßnkramperl) und phonetisoh-phonologischer Variation (ja, danke : jo, daunge) unterschieden wird (2.23). Es scheint überhaupt ein wesensmäßiger Unterschied zu bestehen zwischen phonologischen oder syntaktischen Enkodierungen einerseits, die nach jedenfalls endlichen Mengen von Strukturierungsschemata ablaufen, und sog. Entnahmen aus dem Lexikon, bei denen jeweils eine unautomatisierte Auswahl aus einer (theoretisch) unendlichen Mange von Alternativen zu treffen ist. Deshalb tritt ja auch ein, was für phonologisch-syntaktische Muster nicht in diesem Ausmaß gilt: das Bewußtsein beim Sprecher, für seine (Wort)Wahl verantuortlieh zu sein. Lexikalische Variation - zum Unterschied von phonologischer oder syntaktischer - bedeutet in jedem Fall etwas. 2.O.4. Wörter werden erlernt und verwendet in bestimmten und bestimmbaren kcm-

7

Es fragt sich überhaupt, wie frei, nämlich wählbar, eigentlich phonetischphonologische Entscheidungen sind; und, falls sie vorkommen, wie lange sie durchgehalten werden können, d.h., wieviel Planungsaufmerksamkeit und -konzentration sie absorbieren. Erfahrungen aus der Fremdsprachdidaktik und Interferenzforschung dürften hier Fingerzeige geben können für das, was dem sog. "ungeübten Sprecher" widerfährt, wenn ihn sein unmarkierter Stammdialekt verrät.

35

munikativen Situationen. Man vergleiche hiezu S.J.Schmidt (1974:110), der ein Lexem als "Handlungsschema" sieht, es als "Anweisung zu einem bestimmten, in einer Sprechergemeinschaft durch Rekurrenz stabilisierten (und daher erwartbaren) Handeln. Oder, anders ausgedrückt, als linguistischer Ort (Lexem) für alle sinnvollen Verwendungsmöglichkeiten eines Semkomplexes"

definiert. Im Weiteren ist bei Schmidt die Rede von. der "Verwendungsgeschichte des Lexems in Vertextungsklassen ... eines Integrals kompatibler (familienähnlicher) Verwendungsgeschichten." Das Problem der Identität· des Wortes (hiezu vgl. Menne 1973), ob nämlich ein einzelnes Wortereignis mit einem zweiten, wenn schon nicht identisch, so doch vergleichbar ist, muß uns hier wenigstens am Rande beschäftigen, weil sich schon bei mehrmaligem Durchlesen unseres Fragebogens für den Befragten, z.B. dadurch, daß er sich eine andere Kontextualisierung vorstellt, Unsicherheit über den konnotativen Funktionswert eines Wortes einstellen könnte. D.h., daß dem naiven Alltagssprecher, sobald er über den Gebrauch eines Wortes befragt wird, die Wittgensteinsche Erkenntnis von den unscharfen Rändern sprachlicher Strukturen bewußt wird. Solche Zweifel äußern sich häufig in Zusatzbemerkungen, die die Informanten an den Rand der Fragebogen notieren. Schlieben-Lange stellt sich mit Recht die Frage (1973:SO): "Welches Ausmaß hat eigentlich die semantische Kompetenz des einzelnen Sprechers?"

2.O.5. Zentral für die Bevorzugung lexikalischer Elemente für eine questionnairegestützte Untersuchung des Sprachgebrauchs ist die Tatsache, daß lexikalische Entscheidungen wiederholbar sind. Man kann Informanten auffordern, zu wiederholen, was sie gerade gesagt haben - falls es sich um Wörter und Sätze handelt, nicht, wenn es um lautliche Eigentümlichkeiten geht. Lautlich identische Reproduktion läßt sich nicht evozieren. Was die syntaktische und lexematische Enkodierung anlangt, so kann der Befragte paraphrasieren bzw. variieren, oder aber tatsächlich "wiederholen". Wenn also die Aufforderung "Sagen Sie das bitte noch einmal" gerechtfertigt, weil befolgbar ist, so fragt sich dennoch, ob auch die andere Frage "Was wollen Sie damit sagen?" (im Sinne von: "Finden Sie, daß dieser Ausdruck der Situation angemessen ist?") stellbar ist. Ob also - wenn lexikalische Wahlentscheidungen erfragbar sind - sie auch hinterfragt werden können, ob sie metakorrmmikativ kormentißrbar sind (s. Abschnitt 5).

36

2.1.

Gibt es das "Wort" als sprachliche Einheit? "... denn das Wort ist, trotz der Schwierigkeit, es zu definieren, eine Einheit, die sich dem Geist aufdrängt, etwas Zentrales im Mechanismus der Sprache," Saussure 1967:132.

Vorweggencmnen sei, daß hier dem Wort (definierbar oder nicht) jedenfalls als Arbeitsbegriff ein eigener Status zuerkannt werden soll. "In der Tat können die Deskriptivisten, indem sie im Prinzip auf die Aussonderung des Wortes als Einheit der sprachlichen Realität verzichten, . .. in ihren Forschungen Operationen mit dem Begriff des Wortes nicht vermeiden," Stepanowa 1973:12f. "Only linguists with a naive psychological viewpoint can deny the intrinsic meaning of a word ... , claiming that it has at each instance a distinctive value which pertains, in fact, only to the word as a type," Stankiewicz 1972:243.

Die - zugegeben methodisch motivierte - Annahme scheint berechtigt, es gebe das Wort, jedenfalls als Faktor oder Faktum der sog. Sprecher-Intuition, einer Instanz, die nachgerade im Gerüche der Unfehlbarkeit steht - und ich habe vor, mich letzten Endes vor allem auf das Vfort-Bewußtsein des Sprechers abzustützen. Ganz banal deshalb, weil man, sobald man daran geht, "Einheimische" zu befragen, von dem ausgehen muß, was die Befragten sozusagen selber als Analyseeinheit verwenden (können). Sprecher reden von Wörtern: womit sie implizit behaupten, es gebe diese als segmentierbare und bewertbare Einheit. Auch wenn es sich um ein "vorwissenschaftlich lexikosemantisches Urteil" handelt, wenn einer sagt: "mind your words!", so ist dies doch ein Rat, der sich befolgen läßt. Man vergleiche hiezu Stepanowa: "Der Mensch denkt und drückt seine Gedanken mit Wörtern aus, nicht mit Teilen, die sie konstituieren; insofern sind die ... Wörter ... untrennbar mit der Widerspiegelung der Gegenstände und Erscheinungen der Realität im Bewußtsein des Menschen verbunden", (1973:15). Noch zentraler ist die Stellung, die Komlev dem Wort zuweist: " . . . it is the word and not the sentence that was formed as the semantic unit", (1976: 71). Das definitorisohe

Dilemma im den Wortbegriff

ist also anscheinend eines

des Linguisten, nicht des Sprachbenutzers und Sprachinhabers.

Vorweg sei der vielerwähnten Tatsache (s. Stepanowa 1973:27) gedacht, daß auch bei naivster Wbrtgläubigkeit diese knapp nach Überschreitung der Grenzen des Heimischen zusammenbricht. Denn, was ein Wort ist, das halten die Sprecher je nach Muttersprache anders. Man vergleiche etwa Schlieben-Lange (1975:205, Anm. 68):

37 "Bei all diesen Bestimmungen darf nie aus den Augen verloren werden, daß das Sprecherbewußtsein historisch geworden ist und in einer ganz bestimmten jeweiligen Tradition steht. Kenn im Französischen der Artikel als Wort gilt, im Rumänischen dagegen eine Einheit mit dem Nomen bildet, so hat das historische Gründe, ist aber kein Argument gegen die Existenz einer Einheit 'Hort'."

Es sei hiezu die Bemerkung erlaubt, daß es sich ja gar nicht darum handeln kann, endlich sicherzustellen, ob der Artikel ein Wort ist oder nicht. Es kann sehr wohl geschehen sein, daß etymologisch Verwandtes, funktional aber Verschiedenes, unzulässigerweise mit derselben Bezeichnung ("Artikel") ausgestattet worden ist. Könnte es sein, daß, was die Grammatiker durchaus vereinfachend "Artikel" nennen möchten, in der einen Sprache funktional anders besetzt ist als in der anderen, in der einen Wbrtstatus hat, in einer anderen nicht? Weil es eben einen anderen Funktionsradius hat. Weil, Artikel zu sein, Q eine Funktion ist, kein (formales) Element? Auch für Lyons (1977:75) ist der Wortbegriff sprachspezifisoh verschieden, die Kriterien für die Abgrenzung von Wörtern sind nicht in allen Sprachen dieselben (Betonungsschemata, Vokalharmonie und andere Grenzsignale). Bei dem Versuch, je nach Fall und verfügbarem System, die Einheit Wort abzugrenzen, treten für den Linguisten die ersten Schwierigkeiten auf: Elemente treten in den Gesichtskreis, die noch keine Wörter, oder keine mehr zu sein scheinen - je nachdem die vorhergehende Abgrenzung ausgefallen war. Wozu vorläufig zweierlei zu sagen wäre: Es könnte Beschreibbarkeit einer Erscheinung nicht dasselbe sein wie deren Abgrenzbarkeit. Dazu Sandig (1978:66): "Ein Lexem hat ... keine Bedeutung mit scharfen Abgrenzungen. Demgegenüber wird in den strukturalistischen Bedeutungsbeschreibungen ... die Abgrenzbarkeit ... zur Grundlage der Bedeutungsbeschreibungen gemacht."

Die Diskussion um den Wbrtbegriff ist gekennzeichnet von Wortgläubigkeit o einer- und Wortskepsis andererseits. Befürworter des Wortbegriffs sind u.a.:

Zum Artikel als textuellem Signal, als Handlungsanweisung, s. Weinrich (1976:136ff. u . a . ) Möglicherweise ist auch der Tatsache zu wenig Beachtung geschenkt worden, daß nicht nur der Wortbegriff ein "natürliches", intuitives Faktum ist, sondern auch der der Wortart, sodaß die Wortdefinition anders ausfallen kann, je nachdem, von welcher Klasse von Wörtern man ausgegangen ist. Hiezu vgl. man auch Schmid 197O, der vorschlägt, "erst einmal die Wortarten zu definieren und erst dann den Terminus ' W o r t ' " (nach Wahrig 1973:39).

38

Leisi ( 4 1971), Wahrig (1973), Luther (1970:29ff). Wahrig (1973) nennt das Wort eine "Grundeinheit der langue"; man vgl. auch seine Kritik an der verschiedentlich (so bei Hockett 1958) geübten Abstinenz von Wortbegriff und dem Rekurs auf das MDrphem als Analyseeinheit (ebd.: 35); Stepanowa (1973:46f.) spricht in ihrer Kritik extremer formalistischer Bemühungen von der "untrennbaren Einheit des Wortes". Darstellungen der Problem- und Diskussionslage finden sich u.a. bei Schmid 197O, Swaminathan 1973, Stepanowa 1973, Korolev 1976, Sampson 1979 und bei Wierzchowski (1976:iiff.), der auf die ungenügende Aufmerksamkeit hinweist, die der Frage bei Saussure gewidmet wird, zur Wbrtfeldtheorie kritisch vermerkt, sie habe den Wbrtinhalt zu sehr isoliert von größeren sprachlichen Einheiten gesehen, und letzten Endes einen Standpunkt für den Versuch der Aussonderung des Wortes auf der langue-Ebene bezieht, der zwischen dem Begriff des phanemisoh einheitlichen Wortes (wie bei B. de Gourtenay), wo also den Flexionsformen Selbständigkeit zuerkannt wird, und dem auf einer höheren Ebene der Abstraktion stehenden Begriff des Lexems liegt, wonach alle Formen eines Flexionsparadigmas einerseits selbständig sind, und doch zugleich - über die sog. Benennungsrelation - miteinander in Beziehung stehen. Die Gliederung nach Benennungsrelationen wäre eine, die zu den üblichen (ebd.: xvi) nach Wortfamilien, onomasiologischen Gruppen u.a. hinzukäme. Hoffmann (1972:39ff.) gibt einen überblick über die Diskussion des Wortbegriffs unter starker Berücksichtigung vor allem der osteuropäischen Forschung, die man hier nicht vernachlässigen sollte, haben sich doch namhafte sowjetische Linguisten mit der Wortfrage, u.zw. vielleicht eingehender beschäftigt, als das von westlichen Wissenschaftlern gesagt werden kann, die unter distributionalistischem Einfluß eher dem Morphembegriff den Vorzug gaben und das, was für die Einheit "Wort" sprechen hätte können, nämlich die Intuition, eher unberücksichtigt ließen.

9

"Martinet has argued that to the notion "word" not too much importance should be attached, as - in the sense of 'unite grammatical^ ponctuelle 1 - it is actually a fiction. I now fully agree with this view ... I still, however, am convinced that there is an important difference between the togetherness, say, of the monemes in "worked 1 , and those in On the table' ... ", Mulder 1971:97f.

10

Vgl. Lyons (1977:37ff. u. 9 7 ) , wonach das Lexem tt/pe-Charakter hat; Wahrig 1973:41; Komlev 1976:21; Stankiewicz 1972:243, u.a.

weiters:

39

Eine unter vielen brauchbaren Wbrtdefinitionen ist die Lehnerts (1969:12; zitiert nach Wahrig 1973:38f.): "Das Wort stellt als kleinster, selbständig funktionierender, isolier-, umstell- und vertauschbarer Redeteil eine ... morphologisch und morphemisch gestaltete untrennbare lexikalische Einheit eines Lautkörpers oder einer phonetischen Form mit einer Bedeutung oder Funktion dar, die vor und hinter sich eine graphemische und phonemische Pause zuläßt und sich in die höheren linguistischen Einheiten des Syntagmas und des Satzes grammatisch sinn- und beziehungsvoll einordnet. Abgesehen von der kleinen Gruppe der Funktions- und Strukturwörter können von allen anderen Wörtern unter Zuhilfenahme der Intonation und des Kontextes Einwortsätze gebildet werden."

2.1.1.

Formales: Lexem, Wbrtform, Wort. "It is arguable, however, whether the modern grammarian can set up rigorous formal criteria that will definitively identify the WORD as a language universal", Swaminathan 1973:3O.

Wer Einzelwörter für eine Befragung auflisten will, kann die Notwendigkeit einer Notations-Konvention nicht übersehen. Wenn ich mich für die Zitierung unseres Samples im Fragebogen für eine sozusagen lexematische Notierung entschlossen habe, so hat das seinen Grund z.T. in der wörterbuchgerechten, daher •vertrauten Art und Stufe lexikologischer Abstraktion, von der man annehmen darf, daß sie auch den Informanten geläufig sein müßte; also nach dem Vorschlag Wanrigs (1973:41): " . . . für das Substantiv den Nominativ Singular, für das Verb den Infinitiv, für das Adjektiv die unflektierte Form, — des Nominativs Singular". Allerdings ist diese konventionelle Abstraktion, das Lexem, für den Informanten einer Befragung nicht ohne weiters eine Selbverständlichkeit. Vor allem ist die Gleichrangigkeit von Flexionsformen in symptctn- und appellfunktionaler Hinsicht keineswegs so problemlos gegeben, wie Henzen (1954:183) das darstellt: "Wörter sind, von außen her besehen, zunächst einheitlich-klanghafte Zeichen für etwas, ... Sie werden zu Klangbildern in uns, die imstande sind, die mit ihnen verknüpften begrifflichen Assoziationen wieder hervorzurufen, und die in dieser oder jener Region des Bewußtseins zweifellos

v

11 Zum Begriff "Nennform" bei Zirmunskij 1963 als "angemessene Vertreter des Systems" vergl. man Stepanowa (1973:32): "Ein solches Verständnis der Ausgangsform ist umstritten".

40 auch gestalthaft sind; sie besitzen ihre Gestalt dermaßen, daß sie nicht angetastet wird durch die formale Abwandlung Haus-Hauses-Häuser-Häusern." Denn: "Wie es sich zeigt, muß man zur Wortbildung, d.h. zu den lexikalischen Kategorien, alle Fälle der Veränderung der lexikalischen Bedeutung der Wörter rechnen, einschließlich der Verkleinerungsformen und der subjektiven Bewertungen, folglich auch die Bildung von Diminutiva, von Kosenamen usw."/ Stepanowa (1973:31).

Daß ich mich hier um eine Wortproblematik bemühe, die für manche Sprachwissenschaftler als erledigt oder gar nicht existent gelten nag (sogar bei Sampson 1979:47 liest man: "I hold that the semantic atoms of our language are the same as the items listed in an ordinary dictionary"), liegt daran, daß für eine enpirische Untersuchung des Wbrtgebrauchs nur das als Wort gelten kann, was der Benutzer als solches bewußt hält, u.zw. derart ausgrenzbar, daß darüber metakonmunikative Urteile ergehen können. Der Wortbegriff ist für meinen Fall zwar eine methodische Notwendigkeit, aber man kann natürlich nicht damit rechnen, der Informant werde einen ähnlichen Lexem-Begriff besitzen wie die Wörterbuchautoren. Eher naheliegend ist die Annahme - und sie bestätigt sich auch einigermaßen -, daß bestimmte Funktionswörter aus dem intuitiven Wbrtbegriff ausgeklammert bleiben. Das hat wahrscheinlich Palmer im Auge, wenn er (1976:37f.) von nicht-lexikalischen Wörtern ("form words") sagt: "Firstly, not all words seem to have the same kind of meaning ... we should not ... wish to look for the meaning of such words in isolation."

Der Lexembegriff abstrahiert wie gesagt von den sog. Wbrtformen (auch Suppletivformen werden meist zum selben "Wort" gerechnet!). Für die Ziele der vorliegenden Untersuchung der soziosemantischen Relevanz konnotativer Bedeutungskomponenten ist u.U. die oben angedeutete Überlegung nicht unwichtig: Es ist ohne weiteres möglich und darf daher nicht unbeachtet bleiben, daß verschiedene Flexions-, Derivations- oder Tempusfonnen u.a. eines Lexems konnotativ verschieden besetzt sind: man vergleiche {freund} mit {freunderl} (etwa in FreunderIwirtschaft) oder {fand} mit [hab gfunden] ; {ging} kann soziosemantisch keineswegs mit {bin gangen] gleichgesetzt werden. Wir kommen um diese Schwierigkeit nicht herum, solange eine Untersuchung sich auf Wortlisten stützt, wo die Notwendigkeit, irgendeine Nbtationsform zu wählen, unausweichlich ist, wollen aber darauf aufmerksam gemacht haben, daß es die "nackte" lexematische Wortbedeutung (für den aktiven Sprecher) wohl ebensowenig gibt wie die "bloße" propositionale Bedeutung einer Äußerung. Zwischen der Partikel (etwa im Sinne der arabischen Grammatiker) und dem Satz oder dem Teilsatz gibt es eine psychisch erlebbare, als Planungsdetail

41

handhabbare, also ausgrenzbare, funktionale Größe: eben das Wort. Es zeigt sich allerdings auch, rfaß für den Sprecher hinsichtlich deren Abgrenzbarkeit zwischen Wörtern und gebundenen Morphemen (Ableitungsmorphemen, Kasusindikatoren u.a.) kein prinzipieller, sondern eher ein gradueller, fast stufenfreier Unterschied besteht. Das muß aber trotzdem so verstanden werden, daß weiterhin gilt: die Zerreißbarkeit von Ketten ist für den Benutzer· an verschiedenen Stellen verschieden. Sodaß man mit Swaminathan (1973:35: zu den Kombinationen devilmaycarish und abso-bloody-lutely) von "various degrees of separability" sprechen kann. Danach darf dem Wort auf der Skala von Kohärenz und Zerreißbarkeit ein (ungefährer) Ort zugewiesen werden. Es ist nicht der kleinste, wohl aber der häufigst "vertauschbare Redeteil" (Lehnert 1969:12). Ein spezieller Fall dieser Vertauschbarkeit, nämlich die Paraphrasierbarkeit (s. Sampson 1979:39), bringt uns auf ein anderes Kriterium des VJbrtstatus: die referenzsemantische Funktion. 2.1.2. Referenzsemantische Kriterien Betrachten wir die Entität Wort als (referentiellen) Bedeutungsträger, so tritt uns nochmals das Form :Inhalt-Problem an, dergestalt, daß es nachgerade ungerechtfertigt erscheint, die formale Seite der Wortdefinition von ihrer semantisch-inhaltlichen zu trennen, als handle es sich tatsächlich um die zwei klar unterscheidbaren Fragen: "wie lang ist ein Wort; wo hört es auf?" und: "wozu dient es; was drückt es aus?" So gibt es neben mehr oder weniger intralingual-strukturellen Wortdefinitionen wie der bei Hoffmann (1972:44f; nach Zirmunskij und Jancova) solche, die vom Wortinhalt reden (Leisi 1971) und semantische Aspekte in den Vordergrund stellen. Das beginnt mit Unterscheidungen wie der zwischen transparent und opaque words bei Palmer (1976:39f. doorman vs. porter) und führt zu Definitionen, denen man wie den folgenden die vorsichtige Bemerkung vorausschicken möchte: die Frage, was man unter "Wirklichkeit" versteht, sei eine philosophische (wenn nicht gar ideologische) Entscheidung. "Das Wort ist eine auf bestimmte Weise - entsprechend den strukturellen Besonderheiten dieser oder jener Sprache - materiell geformte Einheit von Lautung und Bedeutung, die durch ihre semantische Seite irgendwelche Elemente der realen Wirklichkeit widerspiegelt ...", Levskovskaja K. A. teorija slova, Moskva 1962:3 und 11; zitiert nach Hoffmann 1972:45.

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Noch deutlicher inhaltlich, u.zw. referentiell, bestimmt ist der bei Stepanowa (1973:25) thematisierte Wortbegriff (durch dessen Definition sich nebenbei gesagt Funktionswörter deutlich ausschließen würden): " ... die Bedeutung, ... existiert nicht außerhalb der Gegenstände und Erscheinungen der realen Wirklichkeit und ist nicht ablösbar von dem Gegenstand oder der Erscheinung, auf die das Hort bezogen ist." " ... seine Bedeutung ist die Nennung eines Gegenstandes oder einer Erscheinung. Dadurch unterscheidet sich das Wort von benachbarten Einheiten: vom Morphem, das außerhalb des Wortes nicht über ein solches reales Korrelat verfügt . .. und von der Wortgruppe, die ... nicht weniger als zwei von ihr bezeichnete (genannte) Gegenstände oder Erscheinungen einschließt" (ebd.: 35). 12

Ähnlich, wenn auch mit gegenläufiger Argumentationsstrategie, liest man bei Komlev (1976:67f.): "So the word is the minimal linear unit of language ... , which consists of a short series of distinctive sound-types of speech ... and which can be pronounced in the language ... separately from other units, while retaining the referent function known to every speaker of the language ... there are no referentially meaningful units with specified independence in the language smaller than the word." Und schließlich die Definition des semantischen Wortbegriffs bei Swaminathan (1973:38): "The point to remember here is that many forms that are separable and can be set up as words orthographically and phonologically would not qualify as semantic words, i.e. the semantic word and the phonological/orthographic words are not necessarily coterminous ..."

2.1.3. Pragmatische Kriterien Wenn das Wort in einem bestimmten Sinn sich aus seinem Gegenstand definieren läßt, so darf man es auch aus seiner (Zeige-)Funktion verstehen wollen, u.zw. als etwas, mit Hilfe dessen oder entlang dessen Handlungen gesetzt werden können. Wenn es Wörter gibt und ihnen Struktur zugesprochen wird, so auch darum, weil sie von den Wortbenützern bewußt· eingesetzt werden, um miteinander über Wirklichkeit zu verhandeln. All Hag steht nicht in Frage. Der Versuch, keinen der relevanten Aspekte - also auch nicht diesen pragmalinguistischen - aus dem Auge zu verlieren, ist wahrscheinlich lohnend. Man sollte also durchaus

12

Um die Autorin vor dem Verdacht eines naiven Realismus zu schützen, sei auf ihre Unterscheidung zwischen denotativer und designativer Bedeutung "als verschiedenen Aspekten des Signifikats" hingewiesen (ebd.: 4 7 ) .

43

versuchen, auch der pragmatisch-funktionalen Seite des Wörtbegriffs gerecht zu werden. Die Wbrtdefinition Lehnerts (1969:12, siehe 2.1) enthält einiges, worauf wir bei dem Versuch, dem Wortbegriff seinen JanmurLUcativ^funktionalen Hintergrund hinzuzufügen, zurückgreifen möchten, denn wir halten es für natürlich und plausibel, wenn von Wörtern die Rede ist, jene nicht unberücksichtigt zu lassen, die sie verwenden. Schlieben-Lange (1975:198) ist unbedingt recht zu geben, wenn sie sagt: "Qualvoll muten die verschiedenen Versuche an, das Wort ohne auf die Sprecherintuition zu bestimmen ".

Rückgriff

Neuerdings findet die auslösende Funktion der Wortbedeutung mehr und mehr Beachtung; vgl. z.B. Komlev (1976:26): "The word in the speech event imposes on the hearer a definite pattern of behavior ".

Andere Autoren fassen das Wort sozusagen als Werkzeug auf: "Black vergleicht den Gebrauch von Wörtern mit dem Gebrauch von Werkzeugen, der einem Laien anfangs unbekannt ist, das Werkzeug hat für ihn keine Bedeutung; er findet sie erst dann heraus, wenn er erlernt, mit dem Werkzeug umzugehen", Wahr ig 1973:8.

Und auch wenn der Wortbegriff sprachspezifisch und strukturell anders gefüllt ist, gilt, daß diese je und je anders umgrenzte Entität "Wort" als die kleinste sinn—tragende Einheit in Sprachhandlungen erlebt und aufgefaßt wird. Vorwiegend funktionale Kriterien für den Wortbegriff wären u.a. etwa die folgenden: a) Teil der Intuition des kompetenten Sprechers ist das Gefühl, an einem bestimmten Punkt des Redekontinuums "sei etwas passiert" (weil etwas ausgesprochen wurde), das u.U. wegen seiner Unpassendheit gegen ein anderes Element (desselben Systembereichs) ausgetauscht werden müßte. Dieser funktional definierte "Paraphrasierungsrahmen" fällt nicht zu selten mit dem zusammen, was in der Sprachwissenschaft als "Wort" ausgegrenzt wird. Und diese - benützte Möglichkeit zu paraphrasieren, d.h., ein sog. Wort gegen ein anderes auszutauschen, ist es, womit der kompetente Sprecher den Beweis für die sozusagen psycholinguistische Entität "Wort" liefert, der Beweis auch, daß es eine sog. Wortgrenze gibt, nämlich dort, wo der Sprecher solche Vevsatzstücke einbaut. In 2.3 wird nochmals darauf zurückzukommen sein.

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b) Es gibt die weitere empirische Tatsache mit funktionalem Aussagewert, daß nämlich bestimmte Wörter als Sätze, genauer: als Äußerungen fungieren, d.h. dieselben Oberflächenstrukturen, die auch Teile von Sätzen (also teil-bar) sind, treten isoliert auf und tragen die vollen (?) Funktionen von Äußerungen. Die Diskussion des Wortbegriffs (oder auch des Satzbegriffs) läßt - im Zuge der allgemeinen Vernachlässigung einer Beobachtung der "bloßen" Performanz außer acht, daß es darüberhinaus Elemente gibt, die sozusagen Nur-Satz-Wörter sind (den Status des Wortes wird man ihnen wohl oder übel zugestehen müssen), d.h. Äußerungen, die immer nur aus einem (einzigen) Wort bestehen (ja, nein, naja, na, gell, Tsohüs etc.), also Wörter mit kcmnunikationsfördernder und dialoggliedernder Funktion. Man beachte auch, daß hier die Pause tatsächlich 14 als wortdefinierend wirkt und gilt. c) Satzsemantische Funktion ist auch noch drei anderen funktional definierten Gruppen von Wörtern zuzusprechen: allen Eigennamen, Schimpfwörtern und Interjektionen. Auf die Fakten unter a), b ) , c) sei hier nur hingewiesen, ein näheres Eingehen würde den Rahmen der geplanten Erörterung überschreiten. d) Wörter fungieren vor allem im Bereich des Spracherwerbs als Zurufe und Losungsworte, falls sie nicht überhaupt die Einheit des Erstspracherwerbs sind. Was für Zuruf, Name, Losungswort und Sahimpfwort - lauter Beispiele für reine Funktionswörter, freilich in einem anderen Sinne - gilt, stimmt für das Wort in der Kindersprache schlechthin und überhaupt. Sodaß man vielleicht von daher sagen kann, Begriff und Konzept des Lexems, als umgrenzbarer abstrahier-

13

"Diese potentielle syntaktische Doppelfunktion unterscheidet den bedeutungstragenden Redeteil vom Hilfsteil", Stepanowa 1973:34;(Swaminathan 1973:36).

14

Eine der Schwierigkeiten für den Wortbegriff liegt vielleicht darin, daß man die Möglichkeit, vor und hinter einem Wort eine Sprechpause zu setzen, als Kriterium unreflektierterweise überfordert hat. Der Begriff der Pause dürfte sich nämlich als mehrdeutig erweisen, wenn man die äußerungslosen Passagen hinter Sprechhandlungen und Einzelsätzen, oder andererseits Wortgruppen etc. voneinander zu unterscheiden versucht.

15

Zur Funktion von Eigennamen als Zurufen vgl. Sornig 1978b.

16

Zum isolierten Gebrauch "microscopic sentences" perience is composed of glee, and our commands, 1973:38.

sog. ideophones vgl. Diffcloth 1972:440-447, zu ebd.: 441; " ... the language of first-order exemotional grunts, curses, weepings, ejaculations of what B.F.Skinner calls mands ...", Brown/Keller

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barer und abstrahierter Stammform eines Bedeutungsträgers, stammt aus dessen Designat-Status. Dieses aus der damit gemeinten Klasse von Phänomenen abstrahierte Lexem ist in seiner äußerlichen, scheinbaren Unflektiertheit (Semitisten würden vom status absolutus oder emphaticus sprechen) dennoch in gewisser Weise (z.B. mit Hilfe bestürmter Intonationsmuster) sozusagen in sich syntagmatisiert, d.h. es fungiert als Äußerung mit Satzfunktion. Bei Zurufen nämlich tritt die unflektierte Wortform in Satzfunktion auf und ist genau umgrenzbar, u.zw. durch die Sprechaktgrenzen: Ruf - Antwort. e) Ein Unstand, der für unseren Interessenradius besondere Bedeutung hat ist folgender: Wörter werden von Sprechern - zwecks metakonmunikativer Kommentierung - ausgegrenzt (s. Abschnitt 4 ) . Den meisten Definitionsversuchen geht es also - jedenfalls an der Oberfläche - um das Isolationskriterium (s. Palmer 1976:38f): "We learn to utter in isolation just those items that we have learnt to recognise as words ..."

Das Isolations-Kriterium ist zwar naiv, hat aber einerseits eine beachtliche Tradition (die hinter Bloomfield zurückgeht) und kann sich auf die Informanten stützen, weshalb wir es als pragmatisches Kriterium betrachten. Das Wort ist allerdings nicht das kleinste Element, das isoliert beurteilt werden kann, es ist das häufigst beurteilte Element.

Wenn allerdings das Wort - unter anderen - ein Element der naiven metakoninunikativen Kompetenz ist, dann darf es auch eines der Linguistik sein. 2.1.3.1. Wortvermeidung und Wortverbote Das Phänomen der Wortvermeidung, also von Sprach-, eigentlich Wort-Tabu, zeigt die oben erwähnten Eigenheiten bzw. Strategien: Segmentierung des Einzelwortes aus einem Kontinuum, Konroentierung bzw. Verurteilung, und Ersatz, d.h. Paraphrasierung oder Tilgung. Auch diese "Ein- und Ausbettungen" vollziehen sich meist entlang der Wortgrenze. Eine der bekannteren Tabuierungsstrategien ist der Wortersatz, vor allem durch bestinmte PRO-Formen (PRD-Nomina wie das Ding oder auch es, sie, er; PRO-Verba, wie tun und machen). Das ist - durch die fingierte Anaphorik - sozusagen Flucht in einen Ko-Text, den es nicht an der Oberfläche, wohl aber in der Planungsvorstellung von Sprecher und Hörer gibt. Dies ist eine strengere Form der Tabuierung als die Paraphrasierung, weil

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die senantische Struktur so weit verwischt wird, daß das Sem-Repertoire bis auf wenige Klassenmerkmale getilgt ist, wie das der klassische Fall in Shakespeares "Othello" (Baudissin-Ubersetzung IV/2, Zeile 116f.) zeigt: Desdemona: Am I that name, Jagro ? Jago, bin ich das Wort? Bei H. Böll (1960:177): "Leo hatte von Martins Mutter gesprochen und von ihr gesagt, daß sie mit Männern das Wort tat ..."

2.2.

Phonologische und syntaktische Indikatoren

Sie sind die meist benützten Indizien, an denen sprachliche Variation gemessen zu werden pflegt. Ihre Brauchbarkeit als solche kann auf ihre Handhabbarkeit zurückgehen, was nicht unbedingt dasselbe sein muß wie Aussagepotenz. Man beachte, was Schlieben-Lange (1973:128, Anm. 34) in diesem Zusammenhang zu sagen hat: "In den bisherigen Untersuchungen wurden fast ausschließlich phonetische und syntaktische Variablen untersucht. Dabei hatten die phonetischen Züge vor allem Symbolwert, die syntaktischen Unterschiede sollten Unterschiede der kognitiven Fähigkeit vermitteln. Semantische Unterschiede aber bewirken die primären Ungleichheiten, so daß der Schritt zur Syntax und ihrer möglichen Vermittlungsfunktion eigentlich erst sekundär wäre, da dort die Verhältnisse womöglich noch schwieriger liegen, was allerdings nicht gesehen worden ist ".

2.2.1. Stufenlosigkeit phonetischer Variation Wie gesagt halten wir lexikalische Entscheidungen für bewußter, jedenfalls wiederholbar und deshalb reflektierbarer und daher vielleicht befragbarer als phonetisch/phonologische. Soziophonologische Varianten sind zwar quantitativ einfacher zu überblicken, sie sind aber auch ephemerer, weil der Sprecher seine phonetisch/phonologischen Wahlschritte anhand eines zwar stets präsenten, aber stufenlosen Repertoires von ineinander übergehenden Realisationsvarianten und -gewohnheiten vornditittt. Die Unabgegrenztheit und Stufenlosigkeit, in der diese Skalenwerte zueinander stehen, bedingt, daß deren Unterscheidung (die Frage, was ist nun "wirklich anders", was "eigentlich gleich") dem Sprecher aus der Hand genommen und vom Interpreten (Linguisten) beantwortet wird, 17 weil die Auswahl des Sprechers 17

Zur Überschätzung phonetischer Elemente vgl.Schnorrenberg 1974 und Labov 1972.

47

aus seinem Repertoire weitgehend unre flektiert erfolgt, vor allem aber, weil sie nicht wiederholbar ist (2.O5).

2.2.2.

Stigmatisiertheit der Phonologie

Ein anderes ist die "Unausweichlichkeit", mit der phonologische Varianten benützt und aus der sie beurteilt und verurteilt werden. Da es sich bei pnonematischen Artikulationsentscheidungen

um eine geringere Anzahl von Alterna-

tiven handelt, automatisieren sie sich dementsprechend leichter, laufen also

18 "unbewußter" ab, woraus sich auch erklärt, weswegen lautliche Enkodierungsgewohnheiten etwas sind, was sich der Benutzer kaum jemals "abgewöhnen" kann. 19 "If in constructing sentences and selecting words we have a relatively free choice and are in a position to avoid the lexical and syntactic difficulties that we way encounter in speech, then this cannot be done with pronunciation", Komlev (1976:78f.).

Der stigmatisierten Phonologie kann der Mundartsprecher noch am ehesten innerhalb von Fachvokabular ausweichen (2.23), wogegen der Versuch, z.B. prestigehöhere Lautung für Alltagsvokabular zu verwenden, meist nach kürzester Laufzeit zum Scheitern verurteilt ist.

Verglichen mit den phonologischen

Variablen (zu ihrer statusspezifizierenden Rolle vgl. Trudgill 1974:9Off.) ist die Lexik dem Benutzer eher frei verfügbar, sodaß sie sich für eine Soziolinguistik eignet, die statt der unablegbaren Schichtzugehörigkeit und Klassengefangenschaft den situationsspezifischen Verhaltensmustern ihr Augeimerk zuwendet.

18

Warum hier die wünschenswerte klare Unterscheidung zwischen phonetischen und phonologischen Vorgängen nicht getroffen werden kann, drückt Mel'nicuk (1964: 139; zitiert nach Stepanowa 1973:24) besser aus, als ich es könnte: "Die Lautform bleibt ein sprachliches Zeichen nur in dem Falle, wenn sie Zeichenfunktion gewinnt, d.h. zu einer gesellschaftlich bewußt werdenden Verbindung mit bestimmten Gegenständen und Erscheinungen der Realität und ihren gedanklichen Abbildern im Bewußtsein des Menschen führt ..." Womit m.E. der Zufallsanfälligkeit lautlicher Gestalten Rechnung getragen ist. Die Frage, ob eine lautliche Variation als Zufall oder als soziosemantisch bedeutsame Allophonie gewertet werden soll, ist jeweils von Perfonnanz zu Performanz zu entscheiden. Bei Entnahmen aus dem Lexikon gibt es demgegenüber keine Ungenauigkeiten dieser Art.

19

"It was thus established that class is reliably predicted, and may be finely stratified, on minimal linguistic evidence. The authors believed that phonological features which are most distinctive of class are most resistent to change. The sociological conclusion was that persons who grow to adulthood

48

Das alles kann also bedeuten - und unsere Untersuchungsergebnisse bestätigen z.T. diesen Verdacht - daß sich im Wortschatz gruppenspezifische (unablegbare} Eigenheiten nicht in dem Maße abbilden werden wie auf anderen Enkodierungsebenen. D.h.: der Wortschatz wäre nicht in erster Linie als schichtspezifischer, sondern eher als situat-ionsspezifischev Indikator verwendbar. 2.2.3.

Phonetische Variierbarkeit der Lexik

Entgegen der Behauptung und Anweisung Wahrigs ist die Lexik phonetisch variierbar, und möglicherweise ist dies nicht ohne Bedeutsamkeit, besser: Bedeutung (im semantischen Sinne): "Phonologische Varianten müssen von der Phonologie untersucht werden und dürfen nicht auf andere Ebenen der Sprachbeschreibung 'verschleppt' werden," Wahrig 1973:39.

Verglichen mit der Stufenlosigkeit der Artikulationsgewohnheiten und ihrer Variation zeigen sich schon auf der morphologischen Ebene deutlich abgrenzbare Konturiertheiten, hinter denen "beweisbarer" eine Wahl des Sprechers vermutet werden darf, also ein stärker bewußt regelgeleitetes Verhalten, als hinter den phonetischen Relay-Verschiebungsstrategien zu stehen scheint. Ob der Sprecher zwischen Allophonen, besonders aber zwischen sog. freien Varianten bewußt wählt, steht in Frage; allomorphische Entscheidungen dürften hingegen eher bewußt getroffen werden (die Entscheidung etwa zwischen gwen .· , 2 gwest : gwesn; gwinkt : gwunJcn).

Auch Selbstkorrekturen u.a. scheinen die obigen Annahmen zu bestätigen. Man muß (s. 2.02) verschiedene Grade der lautlichen Variierbarkeit von Wörtern ansetzen. Bei den meisten Wörtern mit referentieller Bedeutung, den sog. content-words, gibt es viel weniger lautliche Verschiebungsmöglichkeiten: die

as members of an underprivileged group are likely to carry the marks of their origin through their lives, and consequently suffer the discriminations which society imposes on the lower socio-economic groups", Wright (1966:242). 2O

Wenn nicht schon bei phonologischer Variation, kommt hier sicher der m.W. von N. Denison geprägte Begriff der Lex-ikolisierung (z.B.von Flexionsformen) zum Tragen (Denison 1977a, b ) .

49

meisten dieser Wörter scheinen phonologisch fixiert, was sich bei sog. Fachvokabular besonders deutlich zeigt. Sog. function-words hingegen haben eine deutlich reichere Palette an lautlichen Erscheinungsvarianten. Es fragt sich somit, ob für lexikalische Morpheme "bloße" phonetische Variation überhaupt in Frage könnt; genauer: ob diese nicht inner auch schon lexikalisierte Variationen sind, so nämlich, daß auch semantisch, ja sogar referentiell ein Unterschied anzusetzen ist zwischen Schwa:f und Schwoaf, zwischen li:b und Hab, sys und sias, der etwa so distinktiv wäre wie der zwischen bub und knabe.

2.2.3.1. Phonetische und lexikalische Enkodierung Zur Frage, ob bei der Generierung von Äußerungen zuerst eine semantische Tiefenstruktur anzunehmen ist, die erst nach Auswahl der Lexik ihre phonetische Realisation erfährt, ob es also phonetische und lexikalische Entscheidungen/Abrufe getrennt voneinander gibt,deutet sich mir eine Vermutung an, als ob die beiden Vorgänge, phonetische und lexikalische Auswahl und Enkodierung, zum selben Selektionsprozeß gehörten, wenn sie nicht überhaupt (gleichzeitig und) gleichrangig vor sich gehen. Möglicherweise ist das nicht für alle Lexikonteile gleichartig zu entscheiden. Es gibt wie gesagt Lexikoneinträge, die nur eine einzige phonetische Realisation zulassen, sodaß phonetische Variationen und Mischformen gekünstelt bis unmöglich wirken. Jedenfalls gilt dies für die Sondergruppen der Fachwörter und Eigennamen.

Ich möchte also vermuten: Der Wortschatz wird in situativen Einbettungen erlernt. Je invariabler im Hinblick auf die situative Einbettung und Verwendbarkeit ein Lexem ist, desto eher wird sein Lautstand fixiert sein, weil 'Bedeutungsnuancen eben (auch) von der Lautgestalt abhängen. Deshalb also sind Fachwörter phonetisch weitgehend invariabel, sog. general nouns eher variierbar, und sog. function words haben sogar mehrere suppletivartige Formen. Und wenn gilt, daß die Phonetik stigmatisiert ist, so gilt auch, daß der Gebrauch bestimmter Wörter schon dadurch und deshalb stigmatisiert sein wird, wenn und weil sie eine nicht-austauschbare und stigmatisierte Phonologie enthalten. Nur mit dem Unterschied (s.o.), daß man der stigmatisierten Lexik ausweichen kann, z.B. durch Paraphrase - der Phonetik aber nicht (vgl. auch Komlev 1976:78f.).

50

2.2.3.2. Morphenatische Paraphrasen Es gibt Variierungen auch unterhalb der Wörtgrenze, 21 also im Bereich etwa der Derivations- und Flexionsmorpheme, wie sich das in den Paaren {brauchat} : {brauchte} / {ainlog} : {ainloge} manifestiert.

Morphenatische Variationen sind, ebenso wie phonetische, stilistische Varianten, 22 die auf Partnereinschätzung und Selbstdarstellung zurückgehen und abzielen (Abschnitt 3). 2.2.4. Das Problem der kontextunabhängigen Wortbedeutung Man muß sich die Frage stellen, ob es ko-text- und kontextfreie Wortbedeutung überhaupt gibt, denn "Gegen die Auffassung, daß lexikalische Bedeutung in einem kontextunabhängigen ... Inhalt besteht, hat bereits Hjelmslev (····) argumentiert, daß kein Zeichen für sich eine Bedeutung habe, sondern diese erst im situativen oder expliziten Kontext entstehe", Gloy (1976:149). (Vgl. auch die Diskussion des Problemkreises bei Wahrig (1973:74) und bei Engelen 1971.)

Andererseits ist, insbesondere für Lexikologen und Lexikographen, gerade die isolierte Wortbedeutung von Interesse (Stepanowa 1973:43). Man behilft sich dann etwa damit, daß man die potentielle, reduzierte Bedeutung eines Lexikoneintrags von der aktuellen kontextualisierten Bedeutung (wobei die Zweideutigkeit des Kontextbegriffs eventuell offen bleibt) unterscheidet: "Krämsky (1967:16) argumentiert: 'The word as lexical unit is usually only a potential sign, whereas the word in context is an actual sign (...). Words as lexical units possess a different degree of "signness"', Wahrig 1973:75.

Vielleicht ist es aber doch nicht so absurd, sich selbst oder einen Informanten danach zu fragen, welches (einzelne) Wort man wann oder für welchen 23 Zweck verwendet, ohne den textlichen Zusammenhang anzugeben, in den das be-

21

Code-switching erfolgt nicht nur auf der Satzebene, sondern bis herab zum "phonological detail" (Fantini 1977:8).

22

Vgl. Fedorov 1958:53: " . . . lexikalische Varianten gehören zu den ... Mitteln, deren sich die Sprache bedient, um mehr oder weniger verwandte Inhalte auszudrücken und die als stilistische Mittel erscheinen" (zitiert nach Wahrig 1973:40).

23

Unter "total context" versteht Gumperz/Herasimchuk 1975 den gesamten Vorund Nachtext. Zum weiteren Kontext (in einem anderen Sinne) gehört natürlich

51

treffende Wort funktional eingebettet ist, u.zw., weil ja die Rolle des lexikalischen Einzelelanents für die Realisierung dessen, was Texte und Sprechaktfolgen soziosexnantisch leisten, nicht zu leugnen ist. Das Wort erfüllt offensichtlich innerhalb solcher größerer Strukturen eine Funktion: diese größeren oder höheren Einheiten beziehen ihre Wirkung aus bestimmten Merkmalen ihrer Einzelkomponenten - wenn dies auch nicht naiv additiv, sondern eher in irgendeiner Weise final zu verstehen sein wird. Mit anderen Worten, es muß das Einzelwort (markierte) Elemente dessen enthalten, was auf der Satz- und Textebene als die Wirkung dieser Großeinheiten an die Oberfläche gelangt. Das heißt weiter: wenn ein Text soziosemantisch relevante Merkmale enthält, könnten/ müßten sie auch auf der Wortebene wieder auffindbar sein. 2.2.4.1. "Das Wort nennt, der Satz teilt mit"

24

Wenn es das Wort als linguistische Einheit gibt, besteht noch ein weiterer Grund dafür, aus der Not eine Tugend zu machen und für eine Untersuchung soziosemantischer Komponenten von einer Liste unkontextualisierter Wörter auszugehen: Das Wort gibt keine expliziten Existenzurteile ab wie der sog. Aussagesatz: "Die These: Wir sprechen in Sätzen und nicht in Wörtern, schließt also die Eigenexistenz des Wortes nicht aus. Wohl führt das Wort als solches noch keine Verständigung herbei, die erst die Sprache ausmacht, ... Seine Rolle ist zu nennen, nicht auszusagen und abzuwägen. Es steht gleichsam noch 'jenseits von wahr und falsch'", Henzen 1954:182. Man ist versucht, hinzuzufügen: das Wort steht zwar jenseits von wahr und falsch, nicht aber jenseits von gut und bös (gemeint). Die brauchbaren und gebräuchlichen soziolinguistischen Indikatorensysteme waren seit je die Phänologie und die Lexik - wenn es eben um die Frage ging: "was ist gepflegt, gewählt - was vulgär und hinterwäldlerisch?"

auch die situative Interaktionswirklichkeit und es ist anzunehmen, daß der Informant sich - wenn auch einigermaßen vage - Einzelwörter als solcherart situativ, nicht nur ko-textuell eingebettet vorstellt, wenn er sie stilistisch beurteilen soll. 24

Isacenko 1958, zitiert nach Stepanowa 1973:17.

25

Daß darüberhinaus soziolinguistische Kompetenzabgrenzungen auf der Ebene der Sprechakte, also mit Hilfe der Fragestellung: wer darf zu wem was sagen? erreichbar wären, ist uns bewußt !

52

2.2.4.2. Von syntagmatischen Einbettungen, so etwa, daß Verben in einer Verbphrase, die Mjektiva im Verband einer Nominalphrase aufgetreten wären, wurde bei der Textvorgabe abgesehen, weil die Einflüße der Ko-Textelemente, vor allem auf konnotative Bedeutungskomponenten, nicht unter Kontrolle gehalten werden können. So koiuuL notgedrungen eine komnunikativ sterile Liste von Nur-Bezeichnungen zustande, zu denen sich der Informant jeweils angemessene Konmunikationssituationen vorstellen muß, wobei peinlicherweise vermerkt werden muß, daß auch und vor allem diese vorgestellten Situationen ganz außerhalb unserer Kenntnis und Kontrolle liegen (müssen). Trotz all dieser Reservationen erweist sich - und zwar daran, daß die Informanten sich dazu bereitfinden, weil sie sich dazu imstande fühlen - daß es möglich ist, den stilistischen Rang von Einzelwörtern zu beurteilen. Noch mehr: auch innerhalb von Syntagmen (Wiederholungstest, s. 1.84) wurden Einzelwörter als isolierte Bestandteile beurteilt. 2.2.4.3. Die Wortlisten des Fragebogens (1.9) stellen Wörter zusammen, die demselben Saehbereish angehören, die also sozusagen ein lockeres "Feld" bilden (s.u.). Dadurch kann erreicht werden, daß der Informant sein Augenmerk nicht so sehr der referentiellen Bedeutung (die ja durch den "Bereich" angedeutet und umrissen ist), sondern eher den konnotativen Nuancen zuwendet. 2.2.4.4. Hörproben Der sog. Hörtest (1.83) bietet echte Gesprächsausschnitte aus den Grazer Protokollen, wobei kontextuelle und ko-textuelle Aufschlußmöglichkeiten durch starkes Rauschen auf den Bandausschnitten abgeschirmt werden sollten. Die Probanden, Teilnehmer an Seminaren des Grazer Instituts für Linguistik (SS 1977), sollten aus dem in den Ausschnitten verwendeten Vokabular die Sprecher nach ihrer Schichtzugehörigkeit etc. taxieren. Es zeigten sich wie gesagt deutliche Übereinstimmungen besonders in den obersten und untersten Stilkategorien.

26

Es ist zu beachten, daß es Unterschiede in den Wortkategorien gibt, was ihr kontextfreies Auftreten (und im Zusammenhang damit ihre kontextfreie Beurteilbarkeit) anlangt. So sind etwa vor allem Nomina eher kontextfrei gespeichert. Dies könnte (unreflektierterweise?) zum Überwiegen der nominalen Lexik in den Tests des Semantic Differential geführt haben.

53 2.2.4.5. Grobe Konvergenzprobe über kontrastierte Lexempaare (vgl. auch 1.86)

An einen Teil der Informanten wurden im Vortest (1.84) die folgenden Fragen gestellt, die vorerst einmal ganz grob prüfen sollten, ob der Informant imstande ist, zwischen zwei Diatypen, nämlich Schriftsprache (S) und Umgangssprache (U) zu unterscheiden, und inwiefern hier Konsens unter verschiedenen Informanten wirksam ist. Das vorgegebene Vokabular kann insofern als "ko-textualisiert" betrachtet werden, als die Wörtpaare jeweils einem gemeinsamen Sachbereich angehören. Text des Subtests zur Kollokabilität: Passen die Wörter zusammen?

Sortieren Sie die unpassenden Paare aus.

Wenn ja - haken Sie das Paar einfach ab = "paßt

zusammen"

Wenn nicht - geben Sie dem Wort, das umgangssprachlich ist, anderen, das eher Schriftsprache ist, ein S· Beispiel: Kognak : betrunken ·" Spirituosen : voll fett Diner .· zwicken verzehren .· Kitt Abendessen : zu sich nehmen Weinbrand : sich genehmigen bläsern : Sekt Gschlader : nippen Arbeitnehmer : schöpfen teilbeschäftigt ·. Löhnung stempeln : Gerstl

ein U, dem

S :U zahlungsunfähig : Fleck flüssig stellen : brennen beläuft sich auf : Eier Gebühr : entrichten Fahrzeug : abzittern Reibn : fahren Pudel : Zoten Limousine : pleddern

Die Ergebnisse waren folgende: Berufsgruppe I: Von insgesamt 357 Antworten (21 Befragte) waren abweichend: 31 = 8,6%. Die Abweichungen konzentrierten sich auf: stempeln .· Gerstl (15 Antworten mit S : U) und flüssig stellen : brennen (8 Antworten mit S : U ) . Wir hatten gemeint, stempeln und Gerstl würden beide als U taxiert werden, es zeigte sich aber, daß die Probanden hier feinere Unterschiede machten, als verlangt war. Bei dem Paar flüssig stellen : brennen verhielt es sich anders: das Fachvokabel aus dem Finanzwesen (flüssig stellen) war den meisten Befragten unbekannt, wurde daher (!) als Slang mißverstanden, wohingegen das Slangvokabel· brennen (="zahlen"), weil unkontextualisiert, als stilistisch unmarkiertes Lexikonelement verstanden und mit S taxiert wurde. Berufsgruppe II: Von 714 Antworten (42 Befragte) waren abweichend: 86 = 12%. Die Abweichungen konzentrierten sich auf stempeln : Gerstl (21 S : U);

54 flüssig stellen : brennen (14 U : S); Reibn : fahren (8 S : U ) ; Weinbrand ·' sich genehmigen (9 S : U ) .

(7 S : U); Pudel .· Zoten

Auch hier wurde das Slangwort Reibn (="Eahrrad") als nonnnahes Verb "reiben" mißverstanden, ebenso wie Pudel (="MDtorrad") als "Hunderasse" aufgefaßt wurde. Berufsgruppe III: Von 731 Antworten (43 Befragte) waren abweichend: 74 = 1O%, konzentriert auf: stempeln : Gerstl (22 S : U); flüssig stellen : brennen (7 U : S); Pudel : Zoten (7 S : U).

Berufsgruppe IV: Von 592 Antworten (36 Befragte) waren abweichend: 8O = 13%, konzentriert auf: stempeln : Gerstl (27! S : U); flüssig stellen : brennen (9 U : S); Pudel : Zoten ( 8 S : U ) ; Weinbrand : sich genehmigen (9 S : U).

Berufsgruppe V: Von 1O71 Antworten (63 Befragte) waren abweichend: 127 = 1O%, konzentriert auf: stempeln : Gerstl (29 S : U ) ; flüssig stellen : brennen (23 U : S); Reibn : fahren (16 S : U).

Wenn man diese auffallend häufig auftretenden Abweichungen, die eindeutig auf Fehler in der Testkonstruktion zurückgehen, abrechnet, ergibt sich eine Gesamtabweichung bei 2O5 Befragten, das sind 3485 Antworten, von 398 Antworten = 11,5%. Zieht man noch davon jene 185 konvergierenden Abweichungen - in denen also die von uns erwartete Antwort von den Probanden als falsch angesehen worden wäre - ab, verbleiben 213 "echte" Abweichungen, das sind 6,1% aller Antworten. Die Konvergenz der Auskünfte bezüglich der Zugehörigkeit von Einzelwörtern zu entweder der schriftsprachlichen überregionalen Norm oder der umgangssprachlichen Sub- oder Gebrauchsnorm ist also sehr hoch: 94% der Antworten stimmen - über die Berufsgruppierungen hinweg - überein. Es ist den Informanten also gut und gleichartig möglich, den Kontrast der unkontextualisierten Lexik zu taxieren. Allerdings ergeben sich sofort Unstimmgkeiten, wenn ein Wort nicht in dem beabsichtigten Sachbereich gesehen wird: feldextern ist Pudel eine Hunderasse oder aber unbekannt; zwicken (="essen") ist stilistisch unmarkiert, sobald es nicht zum Feld "Nahrungsaufnahme" gerechnet wird; dasselbe gilt für schöpfen außerhalb des Wortfelds "Arbeit". Offensichtlich machte den Informanten etwas Schwierigkeiten, was wir nicht erwartet hatten und hier auch nicht beantwortet haben wollten, wofür aber die Informanten von Haus aus sensibilisiert waren: Wir meinten stempeln und Gerstl (gemeinsames Wortfeld "Lohnempfang, Geldverdienen") seien gleicherweise als umgangssprachlich zu bewerten; die Informanten, u.zw. fast die Hälfte der Befragten, machten einen feineren Unterschied zwischen stempeln (einer schrieb

55

dazu "eher S") und cerstl (für sie war dies deutlich U), d.h. es gibt eine deutliche Sensibilität für Abstufungen in der "Umgangssprachlichkeit" von Lexemen! Die Gruppe IV, vor allem aber V zeigte deutliche Unkenntnis bestimmter Wörter: Gerstl, Eier (beide ="Geld"), Pudel; es wurde vielfach das Zeichen 0 (="unbekannt") gesetzt, manchmal auch ein Fragezeichen (?). Das ironischhochsprachliche sich (einen) genehmigen (="trinken") wird vielfach als U, also als Slang gestuft, u. zw., weil auch die Normsprache als metaphorische "Fremdwortspenderin" für Slangbildungen fungieren kann. Die Mißverständnisse mit Pudel und Eier zeigen, daß Metaphorik nur im Feld-Kontext funktioniert und wirksam ist.

Außerhalb des Feldkontexts "Arbeit"

ist schöpfen ein "normales Zeitwort", ebenso wie stempeln. Das Amts-Verb flüssig stellen ist vielen - auch aus der Gruppe V - unbekannt und wird daher (?!) als Slangvokabel verdächtigt und mißverstanden, und, da es neu ist,

hält

man es für "schlimmer" als trennen! Dasselbe, allerdings seltener, ereignet sich mit beläuft sich auf. Es gibt also Konsens auch über isolierte, syntagmatisch unverbundene lexikalische Elemente. Bei Wörtern mit metaphorischen Zusatzbedeutungen - (falls das nicht für den Großteil des Vokabulars gilt) - ist für eine stilistische Taxierung allerdings wenigstens der Feldkontext (sodaß das Denotat sozusagen schon "gegeben" ist)

nötig.

Darüberhinaus scheint es, als ob es gerade die unbekannten oder neuen Wörter sind, die Mißtrauen hervorrufen und so zu einer abschätzigen stilistischen Bewertung verleiten (s. 2.7 und Abschnitt 3).

2.3.

Die drei Beweise für das Wort: Zuruf, Zitat und Wortverbot Es gibt wenigstens drei Kriterien, die besonders überzeugend für die An-

nahme einer sprachlichen Entität "Wort" sprechen: Die Tatsache, daß das vokativische Wort, der Zuruf, als Einheit mit sog. Satzwert im Erstspracherwerb (und wohl auch im natürlichen Zweitspracherwerb) fungiert, kann hier nicht weiterverfolgt werden, bringt aber die Erkenntnis, daß das isolierte Wort Spreohoktfunktion

übernehmen kann.

Zitateinbettungen und Tabuiemngen (also sog. "Ausbettungen") sind zwei weitere Erscheinungen, in denen das Einzelwort eine Rolle spielt und sich als abgrenzbar erweist.

56

Gumperz (1976) 27 stellt dankenswerterweise klar, daß code-switching und Zitieren, wie ich dgg nenne, also die Übernahme einzelner Ausdrücke oder ganzer Passagen aus einem anderen System, nichts Außergewöhnliches ist, sondern eigentlich zum normalen Sprachalltag gehört, auch dort, wo es sich nicht um zwei aufgrund irgendeiner Typologie "verschiedene" Sprachen handelt. Vor allem nimmt Gumperz an, daß der Kodewechsel bewußt und bezweckt vor sich geht: "That code switching serves to convey semantically significant information in verbal interaction has not been systematically considered" (ebd.: 5).

Und daß diese Strategie des Kodewechsels erlernt werden muß (weil Diglossie 28 zum Bestand der vielberufenen kommunikativen Kompetenz gehört): " . . . juxtaposition of styles: the awareness that his own mode of behavior is only one of several possible modes ... that there are others, ... which must not only be taken into account but can also be imitated or mimicked for special communicative effect", (ebd.: 7).

Einige Beispiele offensichtlich rhetorisch motivierter Paraphrasen aus Gesprächen in den Grazer Protokollen: zahlen : bluten : blechen : brennen Mangerl : Menge : Rauber brüll : schrei : plärr nachlassen : obasteign : Kassenskonto : billiger kriegn wirklich bylli : äußerst günstig Stroßnkramperl : Wegmocher Bruch : Leibschadn

2.3.1.

Zitateinbettungen

(Beispiele aus den Grazer Protokollen)

Elemente, zu denen es (jedenfalls für den Sprecher) keine Varianten gibt, wirken oft absichtlicher, als sie sind. Dazu zählt vor allem jegliches Fachvokabular, das wie gesagt kaum paraphrastische oder phonetische Manipulationen zuläßt. Es kann neben der referentiellen Designierung auch der Selbstdarstellung und der Hörerbeeinflussung dienstbar gemacht werden. Phonetische Varianten sind konnotativ verschieden besetzt, wenn sie nicht

27

Zu dem Fragenkomplex um code-switching und Zitateinbettung vgl. man auch Haugen 1977:92 und Kern 1975.

28

Vgl. auch Fantini 1978:12.

57 überhaupt getrennt lexikalisiert sind wie in den folgenden Beispielen: do woa net ä Einheit drin, wo offensichtlich das Kompositionsglied {ein} und das (betonte) Zahlwort {a} nicht als semantisch verwandt,geschweige denn synonym empfunden werden. Ähnlich im enttäuschten Bericht eines Fernsehteilnehmers (Krimi-Serie "Der Alte"): schau i ma "de Alte" aun - woa's ölte progranm!

Wenn andererseits ein Mittelschuldirektor, der einem lokalen Verein "vorsteht", was die Entlohnung von Hilfskräften angeht, u.zw. in seiner Rolle als Obmann, nicht von Geld spricht, sondern Lexeme verwendet, wie Salaire, Zuwendung, Etat, sind diese Entlehnungen aus dem finanztechnischen Fachwortschatz schlicht eine rhetorische Maßnahme. Code-Switching, wie es hier verstanden wird, kommt nicht nur (s. Svejcer 1978:164) in bilingualen Gemeinschaften vor; es ist auch kein schicht-spezi29 fisches Stigma oder Prestige-Merkmal. Aus dem Dialogverlauf ist unschwer zu erweisen, daß Kodewechsel, sei es auf der phonologischen, irorphematischen oder lexikalischen Ebene, immer auch und wahrscheinlich wesentlich von situativen, thematischen und rollenspezifischen 3O Überlegungen gesteuert wird. Zur Illustration ein Gesprächsausschnitt mit dem Paraphrasen-Paar { tsoln} .· {hinten} (die Sprecherin versucht, sich gegen die Zumutung, eine Runde ausgeben zu müssen, zur Wehr zu setzen): ... visou - i tsol haja ka runde - va:l i pin furiks joa sou ainigfoin - do hobi kamparirundn tsoln miasn ... do horns mi aintalt tsu kamparirundn - do hob ic geblu:tet - fraliq geblu:tet — jo do hobi jo geblu:tet ...

Nie sind Paraphrasen und Wörtersätze ohne Motiv und Bedeutung, und Zitatformen als rhetorische Schachzüge gehören zum Sprachalltag. Die Segmentierungs-

29

Natürlich gibt es Gruppen, die aufgrund ihrer sozialen Stellung oder Erziehung mehr oder, weniger restringiert auf die Benützung eingelernter Stereotype angewiesen und dadurch stigmatisiert sind, nämlich z . B . Gymnasiasten und Studenten. Sie benützen die meisten Zitatformen. Zum Stereotyp tendieren naturgemäß auch Politiker, Wissenschaftler und Angehörige ähnlicher Berufe, die mit festen vorformulierten (sprachlichen) Lösungen befaßt sind.

30

Vgl. Zwirner 1964:34.

31

Vgl. Fantini 1978:22, der "transference" als einen Prozeß sieht "always in response to changing contexts".

58

verfahren des Zitierenden zeigen uns dabei immerhin die Fugen und Fügemöglichkeiten. Die Switch-Grenze kann zusammenfallen mit der Aktgrenze. Das zeigt sich schön bei leicht umgrenzbaren Sprechakten, wie Begrüßungen und ähnlich ritualisierten Sprachhandlungen: grrys dif Stefan - wos mochstn sou ...

(Auf Erscheinungen der beschriebenen Art soll im Rahmen der Interpretation der Grazer Protokolle weiter eingegangen werden.) 2.4.

Gruppierung des Vokabulars

2.4.1. Sog. Fremdwörter sollten eigentlich aus den Listen ausgeklammert sein.32 Die Liste enthält allerdings unbekannte Wörter, sog. Null-Vförter, die der Kontrolle dienen sollen (1.87.1). 2.4.2. Klassenbedeutung Die Liste enthält vorwiegend Nomina und Verba, nur wenige Mjektiva. Zur Frage der Wortklassen wäre einiges zu bemerken: Es gibt offenbar eine sog. Klassenbedeutung, wonach sich auch isolierte Phonernkotibinationen, u.zw. auf34 grund ihrer potentiellen Verbindbarkeit in syntaktischen Ketten, als Elemente bestimmbarer Kategorien ausweisen. Es fragt sich allerdings, ob die übliche granroatikalische Kategorisierung, etwa in Nomina, Verba etc., und wieviel psycholinguistische Berechtigung sie

32

Die Entscheidung darüber, was ein Fremdwort ist, muß natürlich letzten Endes dem Informanten überlassen bleiben, sie dürfte nicht vom etymologisch geschulten Analysesubjekt entschieden werden.

33

Deshalb halte ich die oben (s. 2.1, Anm.8) erwähnte Forderung Schmids für beachtenswert, man solle zuerst die Wortarten definieren, ehe man daran geht, den Terminus Wort zu erklären. Vgl. dazu : "Was die Funktionen der Wortarten im Inhalt betrifft, so herrscht darüber keine Einigkeit. Meist wird die Frage nicht gestellt. Ich schließe mich der Meinung von A. Hoppe an, daß sie eine Funktion haben", Wahrig 1973:44.

34

Wie hoch rein grammatikalische Komponenten, wie etwa Genus, auch konnotativ rangieren, hat Ervin 1962 nachgewiesen; bezüglich von quasi (Nonsens)Wörtern, die trotz ihrer offensichtlichen referentiellen Bedeutungsfreiheit deutlich fühlbar Diminutiva sind, vgl. man Pisarkowa 1973.

59

hat. Es muß für den Sprachbenutzer nicht alles ähnlich sein, was der Grammatiker in dieselbe Schublade verweist: " ... die Struktur unseres im Gedächtnis verfügbaren Wortschatzes ist keine logische Struktur; ... Damit wird der Klassen- oder Kategorienbegriff fragwürdig, der ex definitione impliziert, daß alle Angehörigen einer bestimmten Klasse als solche gleich-gültig sind". Hörmann 1976:158.

2.4.3. Notations- und Zitierformen Dazu kennt bei der Aufnahme in Listen, daß es notwendig ist, Klassenmitglieder in einer bestinntten Nenn-Porm zu zitieren. Diese Nenn-Porm hat aber daneben auch syntaktische Bedeutung. Werden Wörter isoliert zitiert, so ist das ja nicht in einer absolut isolierten Form möglich, sondern man rekurriert auf Konventionen, wonach bestimmte, syntaktisch aber markierte Formen zu neutralen Zitierformeln deklariert werden: ein wenigstens problematischer Abstraktionsprozeß - vor allem und immer wieder im Hinblick auf die möglicherweise andersartige Intuition der Probanden in einer empirischen Untersuchung (vgl. Wahrig 1973:41 und Hoffmann 1972:43). Weil unsere Listen keine Lexikonteile zum Gebrauch durch den abstraktionsgewohnten Fachmann sind, sondern Befragungsgrundlage für kooperative, aber nach Möglichkeit naive Ungangssprecher, sollte die scheinbare UnverfSnglichkeit solcher Befragungsgrundlagen wenigstens einmal kurz hinterfragt werden. Die Wortklassen treten in unserem Sample gemischt auf, sie können aber nicht gleichrangig nebeneinander gestellt werden, was die Besetzung mit konnotativen Bedeutungselementen angeht: Verglichen mit Adjektiven, die immer schon eine starke evaluative Komponente, sozusagen von Haus aus mit sich führen, und Verben, deren Senantisierung viel stärkere kontextuelle Abstützung erfordert, sind

35

Die Schwierigkeit der Abgrenzung kategorialer, klassematischer, von anderen semantischen Merkmalen hat Kotschi (1974:113,118) aufgezeigt.

36

"Trotzdem ist es ... zweckmäßiger,die hier vorgeschlagenen Formen einzutragen weil durch sie am wenigsten die pragmatischen und konnotativen Aspekte und die Redesituation ausgedrückt werden", Wahrig 1973:41; vgl. auch Menne (1973:6). Daß die Konventionen der Notation sprachtypisch verschiedene sein werden, ist zu vermuten; die Semitistik kennt z.B. andere, ebenso plausible Notationsformen für Nomina und Verba, abgesehen davon, daß die Abgrenzung der Wortarten ebenfalls eine andere ist, als sie für die idg. Sprachen Gültigkeit zugesprochen erhalten hat.

60

Substantiva, nämlich solche mit konkretem Inhalt, deren Denotat also an der empirischen Oberflächenwirklichkeit rückgeprüft werden kann, in ihrer Bedeutung kontextunabhängiger. Daß Infinitive vorkontnen (müssen), zeigt am deutlichsten die starke Wirklichkeitsferne des Samples. Es gibt ja kommunikativ diese Formen nicht außerhalb von syntaktischen Valenz-Zusammenhängen. Sie werden so (d.h. unverkettet) weder erlebt noch geplant. Es ist aber bei der gewählten Form der Befragung den Probanden dieser Grad an Abstrahierung nicht zu ersparen. übrigens ist damit zu rechnen, daß der Konsens bzw. die Konvergenz der Informantenmeinungen nicht gleich stark sein werden, was die einzelnen Wortkategorien anlangt. Vgl. hiezu die Vermutung von LaPorte (1965:264): "Jt is this author's belief that verbs, for example, are defined people in a similar manner than are any nouns".

by more

Man könnte dieser Vermutung (auch auf der Basis unserer Daten) nachgehen und sie zu verifizieren versuchen. Wir stellen dies aber für den Augenblick zurück. 2.4.4. Offene und geschlossene Listen Daß es innerhalb des Wortschatzes offene und geschlossene Listen gibt, hat methodische Konsequenzen, die hier am Rande Erwähnung finden sollen: Geschlossene Listen wie die der Pronomina oder Numeralia etc. können in ihrem Gebrauch durch versteckte oder teilnehmende Beobachtung taxiert werden; eine Befragung von Informanten scheint hier gar nicht nötig, weil man weiß, wieviel Varianten es - auch für den Sprecher - gibt. Auch wenn er sie nicht benützt, darf seine passive Kenntnis vorausgesetzt werden; was für die Einträge der offenen Listen sicher nicht gelten kann. Elemente offener Listen können nur abgefragt werden. Man weiß nie, wieviele und welche Elemente ein Feld für einen bestimmten Sprecher enthält. Das ist ja mit ein Grund dafür, daß die Informantenauskünfte über konnotative Komponenten verschieden ausfallen müssen, nämlich schon aus der Tatsache, daß, je nach der individuellen idiolektalen Bestückung des Feldes, verschiedene Ab- und Ausgrenzungsbereiche vorliegen werden.

61

2.5.

Sachgegenden "Im Zusammenwirken von Horizont, Situation und Kontext entstehen je nach interessegeleiteter Aktivierung gewisser Variablen bestimmte pragmadifferentielle Konnotationen", Rössler 1979:118.

Wir bieten die Auswahllexik in Listen, die - zwar nicht orthodox feldartig so doch als quasi-synonyme Reihen geordnet sind. Also nach Eberhard (!) (s. Henne 1972:72) eine "Wörterfamilie" bilden. Die Grundbedeutung der Listenmitglieder ist in den Ubertiteln der Listenabschnitte angedeutet ("Essen und Trinken", "Geld" u.a.). Was darunter aufgereiht ist, sind Wörter verschiedener Kategorien, die locker, aber deutlich einem gleichartigen referentiellen Sachbereich angehören. Ich nenne dies mit zweckentsprechender Vagheit eine Sachgegend. Die Teillisten enthalten darüberhinaus keine anderen Homogenitätsmerkmale, wie etwa Gleichheit der Wortklasse, Ähnlichkeit des Derivationsstatus (Simplex:Kompositum etc.) usw. Gruppenbildend ist allein die Sachorientierung. Die Listen enthalten Wörter, die feldextern andere Bedeutungen tragen (stempeln, Pudel, tigern) und dadurch für den Probanden die Gruppierung unter der Sachgegend konsolidieren, dem Einzelwort einen Listen-Kb-Text bieten, 37 der - da seine denotativ-referentielle Bedeutung abgesichert ist - die Möglichkeit bietet, den konnotativen Bedeutungskomponenten besonderes Augenmerk zu widmen. 38 2.5.1. Natürlich könnten die Listen auch strikter synonym geordnet sein, sodaß tatsächlich nur mehr die konnotativen Markmale als Unterschiede aufträten: Sakko : Rock : Röckl .· Sackl .· Staudn er ist verrückt : übergeschnappt

: spinnt ·. hin im Schädl

Die Schwierigkeit, die hier auftritt, liegt darin, daß sich kaum genug gleichrangige Synonyme finden lassen, um die Listen gleichermaßen zu bestücken.

37

Ihre Verständlichkeit ist am Archilexem rückprüfbar. Kotschi (1974:74) kritisiert übrigens die Behauptung Coserius ( 1 9 6 7 : 2 9 4 ) , die Elemente des Wortfeldes stünden zueinander in unmittelbarer Opposition, u . z w . , ohne daß auf die nächsthöhere Stufe, das sog. Archilexem rekurriert werden müsse.

38

Vgl. hiezu die interessante Beobachtung Ervins (1962:256), wonach auch denotativ bedeutungsleere Elemente konnotativ besetzt sein können. Der sog. nonsense-words-test "permits assessment of connotations when the influence of denotations is completely removed" (vgl. hiezu Halliday/Hasan 1976:276).

62

2.5.2. Die Sachbereiche sind natürlich auch nicht in dem Sinne als Felder zu betrachten, daß sie - wenn auch nur versuchsweise - Vollständigkeit anstreben. Sie stellen in ihrer Offenheit eine Einladung an die Informanten dar, die Listen zu ergänzen. Diese Möglichkeit wird auch, u.zw. von etwa 50% unserer Informanten, wahrgenommen. 39 Der Status etwa der einer malrepertoire, kommunikativer

unserer Stanm-Lexeme, der Titelwörter für die Sublisten, ist konnotativ nicht markierten Merkmalmenge mit reduziertem Merkund dadurch größerer Generalisierbarkeit, aber auch geringerer Profiliertheit.

2.5.3. Es ist wohl nicht nötig, extra zu betonen, daß es Synonyma im strengen, semasiologischen Sinne nicht gibt (Leech 1974:17: "true synonyms do not exist ... If we understand synonymy as complete equivalence of communicative effect „) 41

Es fragt sich aber, ob diese Tatsache auch dem naiven Sprachbenutzer in dieser Deutlichkeit bewußt ist. Wenn nicht, dann muß dieser umstand der FastBedeutungsgleichheit zuerst bewußt gemacht werden, bevor nach möglichen Dennoch-Unterschieden gefragt werden kann. Dazu dienen unsere Listenzusammenstellungen von denotativ benachbarten Worten. 2.5.4.

Listenumfang

Die Listen bzw. Sublisten sind ungleich groß (die Anzahl der vorzugebenden Wörter scheint sich sozusagen von selbst anzubieten). Das Material stammt z.T. aus den Grazer Protokollen, zum anderen Teil aus eigenen Sammlungen. Nach Befragung von etwa 20O Personen wurde, wie erwähnt, eine Revision des Fragebogens vorgenommen: es wurden nicht nur die Befragungsmodi reduziert, auch

39

Es ist fraglich, ob dem an sich so schönen Gedanken von der Geschlossenheit und Stimmigkeit des Wortfeldes psychische Realität zuzubilligen sein wird. Zur Vorstellung von der logischen Hierarchisierbarkeit von Feldstrukturen äußert sich kritisch Hörmann (1976:156f.).

40

Vgl. auch Körner 1977:56f.

41

Wörter, die nicht identisch sind, sondern nur gleich, haben nicht alle Eigenschaften gemeinsam (Menne 1973:3).

63

die Wortliste selbst wurde gekürzt, u.zw. nicht nur aus Delikatheitserwägungen, sondern auch, weil nan auch noch aus einem reduzierten Sample Schlüsse auf die soziosemantische Kompetenz der Probanden ziehen können nüßte. 2.5.5. Teillisten, Interessengegenden und "Thema eins" "Wie heutzutage, richtete sich von jeher das Wachstum des Hortschatzes nach dem Wachstum der Bedürfnisse", Schuchardt 1922:204.

Zum Gedanken onomasiologisch fruchtbarer Bereiche habe ich mich seinerzeit geäußert. 42 Es geht im Grunde darum, daß bestimmte referentielle Bereiche wegen ihres hohen existentiellen Interessenwerts durch ihre reichhaltige Synonymenproduktion auffallen. Nur geht es dabei anscheinend nicht so sehr um eine tenninologische Benennungspräzisierung, sondern um die Befriedigung eines Mitteilungs- und Appellbedürfnisses seitens der Sprachbenutzer. Eben um das "Thema eins". Ganz kurz und trivial gesagt: Wenn der Mensch spricht, dann von dem, was ihn bewegt. Alle nach Sachgebieten geordneten Wörterbücher, vor allem die Slangwörterbücher, geben davon ein deutliches Zeugnis: "Die wichtigsten Dinge, z.B. das Gold tragen zehnerlei verschiedene Namen", Huizinga 1956:132. Es scheint zudem, als ob gerade von jenen Dingen, von denen man nioht reden sollte oder dürfte, am meisten und vielfältigsten geredet würde. Unser sprachliches, speziell lexikalisches Interesse funktioniert offensichtlich nach anderen Motiven als denen der Wohlanständigkeit. Wenn dies eine triviale Feststellung sein sollte, so ist es die nächste (der hier nicht weiter nachgegangen werden kann) vermutlich auch, daß nämlich zwar nicht alles Bedeutsame unanständig, aber alles Unanständige bedeutsam zu sein scheint.

42

Sornig 1969:9. Die Besetztheit bestimmter lexikalischer Bereiche und deren Produktivität ist mehrmals vermerkt worden, so bei Bökemann (19O4:7Off.), Sperber (1923), Kronasser (1952), der (ebd.: 66) von der sogartigen Wirkung spricht, die affektbetonte Vorstellungen ausüben. Es handelt sich dabei eben um Bereiche, in denen die persönliche Begegnung des Menschen mit den Dingen und Phänomenen (Eros, Leben, Tod) auch lexikographisch ihren Niederschlag findet, weil diese Begegnungen eben mit dem Wort bewältigt werden müssen.

64

Die Entscheidung, welche Teillisten, d.h. welche Interessensbereiche (Sachgegenden) in das Gesamtsample eingehen sollten, wurde durch frühere Überlegungen zu umgangssprachlicher (Slang)-Lexik erleichtert 43 und durch die Rückmeldefreudigkeit für ganz bestinmte Bereiche bestätigt. 2.6.

Einfluß des Referenten "La relation entre connotations linguistiques et extralinguistiques est dialectique", Kerbrat-Orecchioni 1978:73.

Referentielle und konnotative Bedeutungselemente sind nicht ohne weiters getrennt betrachtbar. Ein Aspekt der Gebundenheit konnotativer Bedeutungsanteile koitint in der z.B. von Blanke (1973:122f.) erwähnten Tatsache zum Ausdruck, daß affektive Bedeutungskomponenten ohne referentielle Vorstellungen gar nicht erlernt werden können. Die referentielle Bedeutung scheint der "Aufhänger" der Konnotationen zu sein. (Vgl. aber Ervin 1962:256; s. 2.5, Anm. 38.) Vor allem besteht die Möglichkeit, daß aufgrund bestimmter soziokultureller 44 Präsuppositionen bestimmte Referenten schon negativ besetzt sind, sodaß ihre "normalen" Bezeichnungen konnotativ bereits stark markiert sind, und sog. "neutrale" Bezeichnungen gar nicht in Gebrauch stehen. " ... la valeur (connotative) attachee au signifiant linguistique et la valeur (denotative) attachee au referent ont tendance a s'influencer mutuellement, ... les termes stylistiquement 'normaux' qui designent des realites sexuelles ou scatologiques ont tendance a etre percus comme 'bas' dans la mesure la devalorisation qui s 'attache au depart au seul denote finit par rejaillir sur le mot lui-meme", Kerbrat-Orecchioni 1978:101; vgl. auch Keller 1977:33.

So könnte also etwa übermäßige Nahrungsaufnahme (fressen)

oder schäbige

Kleidung (Zoten) an sich schon, nämlich als gesellschaftliches Verhaltens45 muster, stigmatisiert sein. Wie die Durchsicht des Tabu-Vokabulars ausweist,

43

Nicht zuletzt durch meine seinerzeitige Mitarbeit, besser: Mitsammlertätigkeit am Wörterbuch der deutschen Umgangssprache, hgg. v. H. Küpper 1955 ff.

44

Vgl. Palmer 1976:63: "... emotive or evaluative meaning, which ... is not usefully distinguished from cognitive meaning ... it is sometimes suggested that words become associated with certain characteristics of the items to which they refer"; s. auch Rössler 1979:71.

45

Gewisse Beobachtungen an dem obszönen Vokabular verleiten zu der Frage, ob

65 hat sich aber die Befürchtung, die Informanten könnten versucht sein, um den Anschein der Wohlanständigkeit zu wahren, all dies als ganz und gar übel und unmöglich zu taxieren, nicht bestätigt (wer Penis mit 1,5, Pinsel hingegen mit 4,5 "bewertet", ist ganz offensichtlich nicht vom sog. Referenten ausgegangen] ) . Dennoch wird bei der Interpretation der Ergebnisse ein gewisses Augenmerk der Grundsemantik des Listenvokabulars zu schenken sein. Denn, wenn für die Auswahl der Teillisten der Gedanke des fruchtbaren onomasiologischen Feldes nützlich war, so ist dieselbe Tatsache, nämlich die des stigmatisierten Inhalts, für eine empirische Felduntersuchung eher hinderlich. Man muß sich dessen wenigstens bewußt sein, auch wenn man nichts dagegen tun kann. Jedenfalls ist unser (und jedes andere) Sample gegen solche Einflüsse stigmatisierter Inhalte nicht abgesichert. Es fragt sich ja wohl auch, ob und wie eine solche Absicherung eigentlich hätte geschehen können. Wenn nämlich Konnotationen so wie wir Hjelmslev verstanden wissen möchten - einer anderen Semiotik angehören und die soziokulturelle Mächtigkeit der Dinge von den ihnen anhängenden Assoziationen schwerlich zu trennen sein werden. So sind etwa Bereiche, wie behördliche Autorität, Sterben, Ausscheidungsfunktionen etc. von vornherein tabuiert, werden also ungleichen Stellenwert in evaluativer Hinsicht haben als beispielsweise Bezeichnungen für Geld, Arbeit, Bekleidung oder anderer Gegenstandsbereiche, die der Sprecher als doch weniger "hautnah" empfindet und erlebt. Einige vielleicht referentiell bedingte Unterschiede im Informantenurteil sind im Folgenden skizziert: die weiblichen Informanten zeigten deutliche Vorsicht bei den Wörtern, die "fressen" bedeuten.

(Durchschnittsbewertungen weiblich-männlich): w

zwicken würfeln habern

m

3, 84 - 3. 77 4.11 - 3.98 4.OB - 3.81

essen zu sich nehmen

Diner Menü

w 2.46 1.43 1.30 2.19

-

m 2.29 1.43 1.30 2.19

es etwa verschieden starke Tabuierung gibt abhängig davon, ob es Bezeichnungen für Dinge oder für Handlungen sind. Nun würde man vermuten, daß jegliches Tun eher gesperrt sein müßte; es zeigt sich aber, daß Bezeichnungen tabuierter Objekte, z.B. von Körperteilen, eher tabuiert sind als Verben aus demselben Sachbereichen ( z . B . Körperfunktionen).

66

Ähnliches gilt für die Sachgegend "trinken": zischen schwemmen

w m 4.2O - 3.44 4.12 - 3.91

Bei den "nobleren" Getränken scheint sich der Trend umzukehren: w

m

Sekt

1.82 - 1.9O

Weinbrand

2.O7 - 2.17

Bei den Bezeichnungen "alkoholischer Zustände" sind Frauen deutlich empfindlicher: benebelt betrunken besoffen

w m 3.23 - 2.87 2.29 - 2.O4 3. 78 - 3. 55

Umgekehrt verhält es sich bei den Bezeichnungen für Geld und Bargeldlosigkeit, hier sind offenbar die Männer "empfindlicher": w m stier

3. 74 - 4.OO

Oder aber Frauen kennen bestimmte Bezeichnungen überhaupt nicht (dies gilt auch für andere Sachbereiche): Schuß

2.7.

w m 0.00 - 3.65

w m buttern O.OO - 3.5O

Die evaluative Komponente der Wortbedeutung (s. Abschnitt 3)

Etwas, worauf in Abschnitt 3 einzugehen sein wird, soll jedenfalls hier schon Erwähnung finden, weil es die zentrale Hypothese der gegenwärtigen Untersuchung betrifft: die in jeder sprachlichen Äußerung mitschwingende evaluative Bedeutungskomponente (" ... aura of feelings, pleasant or unpleasant, that surrounds practically all words", Hayakawa 1973:9O): "Jede Vokabel führt uns ein Ding vor, das heißt, sie sagt und präsentiert es uns bereits als etwas Ausgedeutetes und Bewertetes", Ortega y Gasset 1961:152.

Dieser wertende Faktor tritt vor allem in Erscheinung in dem, was Nehring (1966:130) den "Sinn" nennt. Weil Sprache eben nicht oder nicht bloß ein Mittel der Mitteilung, sondern auch eines des Handelns (etwa im Sinne Malinowskis) ist: "Die Bewertung ist eine aktive Betätigung des Sprechenden bzw. Hörenden der Vorstellung gegenüber", Gamillscheg 1951:94, zit. nach Dieckmann 1964: 39.

Dies gilt auch dann, wenn man für bestimmte Bereiche des Wortschatzes dieser evaluativen Funktion verschiedenen Stellenwert wird einräumen müssen. So ist es

67

eine bekannte Tatsache oder häufige Annahme (s. Kerbrat-Orecchioni 1978:101), daß Slang-Vokabular am ehesten und stärksten (negativ) wertorientierte Bedeutungskomponenten enthält. Eben deshalb besteht unser Sample zu einem Gutteil aus Material, dessen soziosemantisch-konnotative, d.h. also evaluative Implikationen vordergründig zu sein scheinen. Die vielleicht allgemein vorhandene, dan Slang aber in erhöhtem Maße zukommende evaluative Tendenz sollte in der vorliegenden Untersuchung - und zwar mit Hilfe der Überhöhung durch die Zusanmenrückung von Slang-Vokabular - bemerkbar, erfragbar und vielleicht meßbar gemacht werden. Die normsprachlichen Vokabularanteile dienen als Vergleichshintergrund. Die Ephemerität dieser evaluativen Bedeutungsanteile ist ein weiterer Faktor, der nicht unbeachtet bleiben darf. 47 2.8.

Anhang über Neologismen

Es ist zwar nicht Zweck dieser Arbeit, sozusagen lexikographischerweise neues Material zur Erstellung eines Slangwörterbuches zu sammeln. Weswegen dennoch eine Auswahl der in den Fragebogen auf die Aufforderung "Könnten Sie bitte versuchen, statt der Wörter, die Sie nicht kennen, ein paar hinzuschreiben, die in diese Liste passen ... und die wir vielleicht noch nicht kennen ..." angebotenen Zusatzwörter gebracht wird, erklärt sich so: das metalinguistische und metakoninunikative Interesse der kcoperationswilligen Informanten dokumentiert sich in dieser freiwilligen Zusatzleistung besonders deutlich; die angebotenen lexikalischen Gustostückerln sind, weil so angefordert, isolierte Einzelwörter (recht selten Kombinationen von VP + NP); zudem ist die Zusatznotierung in die jeweils angebotene Teilliste ein Beweis, daß die "Archilexeme", d.h. die über-

46

Wenn man sieht, daß jene Informanten, die unserer Aufforderung gefolgt sind, uns "neue" Wörter einzusenden, durchwegs (mit einer einzigen Ausnahme; sog. Slangwörter anboten, darf man behaupten, daß wir richtig verstanden worden sind.

47

"Die Konstanz des lautlichen Wortkleides darf uns nicht täuschen über die Wandelbarkeit des Inhalts und besonders seines wandelbarsten Teils, des Gefühlswerts. Dieser Wandel ... steht in intimster Beziehung zur Fortentwicklung der öffentlichen Meinungen", Sieberer 1954:15; " ... change being fairly fast in sociolinguistic conventions in our day ...", Denison 1976:294.

68 geordneten lexematischen Begriffe verstanden wurden; weiters ist natürlich die Tatsache sehr interessant, daß durchwegs Slang-Vokabular angeboten wurde, d.h., daß sich die Informanten dessen bewußt sind, daß neu nur sein kann, was von der präskriptiven Standardnorm abweicht, und daß es eben deshalb "interessant" ist. Dies zeigt ein Mal mehr, daß die fruchtbaren, innovatorischen Bereiche jene der sog. "unteren" Stilbereiche sind (dazu vgl. man meinen Beitrag zum Grazer Schuchardt-Symposium, Sornig 1977b). Auf etwa 30O Fragebogen wurden an die 300 verschiedene Wörter notiert, von denen die Informanten annahmen, sie seien uns unbekannt. Die einzelnen Personen zeigten zwar unterschiedliche Grade der Kooperativität, ein gruppenspezifischer Trend zeichnet sich jedoch nicht ab. Beispiele (nach Sachbereichen (auch aus den ausgeschiedenen) gruppiert, z.T. mit Wertungen nach unserer Skalierung versehen; die Orthographie wurde zum Großteil beibehalten; "etymologische" Bemerkungen stammen von den Informanten): essen: äsen 3/4; hinter die Binde hauen 4; beißen einbauen 4; hineinstopfen 4; Kohldampf; Kohle 4; mampfen; nachlegen 5; pampfen 4; einräumen schieben 5; einschießen; schlemmen; spachteln; 3/4.

4; dinieren; futtern 4; 3; lutschein; einmaischen 4; runterlassen 5; eineinwerfen 3/4; wickeln

Essen: Brikett; Fraß 4/5; Fressen 5; Haveritis; Mahlzeit 2. viel essen: habern; pampfen;

einschneiden 4; wickeln etc.

trinken: gießen; piperln ("von Pipe"); schütten 5; abziehen; zuzeln.

rotzen; schlürfen;

süffeln

4;

Getränk: Gsiff 4; Gsüfferl 3; Schaumrolle ("Bier"); Schaumtüte; Schlurre 4; Schwemme 5; Schwenze 4. alkoholische Zustände: angeblasen; angedonnert; angeflaschelt; angesäuselt; angestochen 3/4; ausgeflippt; beduselt; Dampf 3/4, 5; eingedeckt 2/3; eingespritzt 3; Fetzen 3/4; Glut; Granate; Kante 4/5; Radierer; Rakete; Schweigl 4/5; schwindlig; Seichn 4; Sieder 4; einen sitzen haben 3/4; streichfähig sein 3/4; vollaufen lassen; Ziegel; Zoten; zu sein; zugenagelt. Zigaretten und rauchen: eine Abgerissene heizen; Clint; Flurin 4; Glut 4; Havana 4; heizen 4/5; joint 3; Karl schachter; Lungenbrötchen 5; Lungentorpedo; Lurch; Nagel; nebeln 4; Nikotinnudel 5; paffen; pofeln 3; puffen 3; Raucherl 4; Schmaucherl; schmökern 4; Schnuderl 3; Staberl 4; Stummel 3/4; tschiken; Zigarette 3. Kleider: Brustgeschirr 4; Decke; Fassade 4; Fetzen 5; Hopperlkraxn; Hülse; Hupferspreizn; Janker 3/4; Kittel 3; Klamotten 4; Kleidung 3; Kluft 5; Kotze; Lumpn; Maskerade 4; Panier; Röhrlsalatstecher 4; Ansa (Einser) Schaln (Anzug) 5; Schneuztüchel 3/4; Seil; Tau. Vom Geld und Geldverdienen, Zahlen und Nicht-zahlen-können: abgebrannt sein 3/4; ausbluten; blank 4; blechen 4; Blüten 4; Fetzen 4; Flak; gstopft 3/4; Ischlinge 3/4; Knöpf 4; Kohle 4; Monetten 4/5; Plärrer 4; pleite 3;

69 Rebbach 3/4; Rubel 3/4; schaufeln

4.

Beruf, arbeiten u. Nichtstun: Boß 3; bremsen; buckeln 4; häkeln; Hakn 4; haknstad; knausern 3; malochn; obizarn; putteln 3; rackern 3; sandeln; schnorren 4; am Seil hängen bzw. sich abseilen; tachinieren 3; Zucker 3. Auto, Motorrad, MDped, Fahrrad etc.: Affenschaukel 4; Asphaltblase; Düsi 3; Flitzen 4; Flitzer 3; Flieger 3; Flugzeug; Furzerl; Glühi 3; Gockerl 4; Hupferl; Karren 4; Kracherl 3/4; Kraxn; Kübel 3; Kutsche 3/4; Leibschüssel; Maschine 3/4; Moperl 3/4; Mopf; Mühle 3; Murl 4; Pfitschipfeil; Plutokratentraktor; Raketen; Rennsessel 4; Scherberl; Scherbn; Schießer 4; Schnitzl; Seifenkiste 3; Spuckerl 3/4; Stinkerl; Straßenkreuzer; Tschessn 3; Vierradier; Wanzn; Windn 3; Zweiradier. Polizei: Gendarmerzeipolenz; Gorilla; Grüner Heinrich 4; Gschmierter 4; Gschupfter 5; Keks; weiße Maus 3; Mistelbacher 5; Schani 3/4; Schanti 3/4; Schaß; Schupo 4. Schnelle Bewegung, Geschwindigkeit: abdampfen 4; abfliegen,· abrauschen 3/4; abreißen 4; abziehen 3; abzischen 3/4; abzwitschern 4; ausspuren 4; blitzscheißen; dahinschießen 3/4; dahintuschen; davonrauschen 2/3; davonzischen; düsen 3; fliegen 3; flitzen 3/4; glühen 3/4; heben 5; hinreiten 5; holzen 5; hudeln 3; an Karacho drauf hom; modeln 5; preschen 3; radieren; rauschen 4; sausen 3; schweißen 4; sprinten 3; tigern 4; trixen 3/4; wetzen 3/4; Zapfen; zaubern 5; zischen 4; zwitschern 3/4. Körperteile: Beuschl 4; BMW 4/5; Brotladen; vier Buchstaben 3; verlängerter Buckel 4; Elfer (Bein); Flossen (Hände) 5; Fotz 4; Fresse 5; Frnak (Hermper-Nase); Geher; Geigenkästen 3/4; Gestell 4; Gfrieß 5; Glasbatzen (Augen); Globus; Gnack 4; Coder 3/4; Goschn; Grampein 4; Gspaßlaberln 4; Hammer 5; Hauer (Zähne); Haxn 3/4; Heft 4; Hintern 3/4; Kupferdachl 3/4; Latschn 5; Lawurpappen 4; Lecker 4; Mähne 4; Marille 3/4; Ohrwaschel 3/4; Pfoten 3/4; Propeller 4; Pumpe 5; Quadratschädel 4; Riechdippl; Röhrl 5; Schädl 3/4; Schweißler 4; Schwimmreifen 4; Stampfer 4/5; Stange 5; Merkzeuge 3/4; Körperfunktionen: AA machen 3; brechen 3/4; Bröckerlhusten (erbrechen); Dünnpfiff 3/4; Dünnschiß 4/5; entleeren 1/2; der freie Fall 4; Friedhofsjodler (husten) 3/4; gacken 4; Herzerl 3/4; Kaktus; knoazn; ludein 4/5; mufferln 3/4; pforzen 4/5; pinkeln 4; Pipi machen 3; Scheißhaus 4/5; Schließmuskeldefekt 3/4; die Schnelle 4; schwitzen 1/2; stinken 2; wischerin 4.

Geschlechtsteile: drittes Bein; Beutl 5; Bohrer 5; Brodel 5; Bretzenständer; Brunzbuschn 5; Brunzerl; Büchsn 3/4; Daheim; Dose 3/4; Dreieck; Eier; Gerät 5; Geschirr; Gschäft; Kipfl; Lapperl; Latte 4; Lumumba; Lupo; Mieze 3; Möse 2/3; Muschi 2/3; Nußn 4/5; Paradiesgärtlein; Pixn 4; Press 3/4; Prinzchen 4; Pröl 5; Prügl; Rohr 4/5; Rosette; Samenschleuder 2; Schwanz 3/5; Schweif 3/4; Schwenkel 4; Spalt; Speer 4/5; Spule; Ständer; Stengel; Wunde; Zelt. Erotisches, Sex u. dergl.: anbandeln 3/4; anbohren 4; anfahren; anfüllen; anschweißen 4/5; anspringen; aufmachen 4; belegen; befriedigen 3; Beischläfer 3; blasen; bleddern; ficken 4/5; fixen 5; flicken; Geilspecht 3/4; Glocken; Herz (weibl. Brust); hobeln; Hülserl ziehen; huren 3; körpern; aufs Kreuz legen; lieben 2/3; Liebhaber 3; Lustmolch 3/4; naß sein 4/5; negern; niedermachen; niederpracken; niederreißen; schieben; schmauchen; schopln; Spikes (weibl. Brust); stoßen 3/5; Tiefflug anreißen; tschastern; tupfen; wixen; eine ziehen; einen zupfen.

70 Zustände, körperliche und geistige Gefühlszustände, St Innungen: angerührt 4,· angespeist; angefressen 4; anzipfen 3/4; Anzipf; arg; geht mir auf die Eier; fertig sein 3; mir geht das Hammerl 4; Hammer; high sein 4/5; mir fallen die Keks obi 4; hat kein Leiberl 4; öd; einen Pecker haben 3/4; bei dir piepts wohl 3; hell auf der Platte sein 3/4; ihm geht der Reis 3/4; mir geht die Reißn 4; Reisgang 4; mir geht (rennt) das Sieberl 3/4; nicht alle Tassen im Schrank haben 3/4. Von Reden mit den Leuten, und was man sonst mit den Leuten tun kann: eine Snow abziehen 4; anmeiern 4; auf den Arm nehmen 3; aufbaun; aufbinden 3/4; sich aufregen 3; aufschneiden 3; jem. aufsitzen 3; bescheißen 5; filmen; flunkern 3; jem. frozeln 3; glunzen 3/4; jem. umiheben 3; hussen 3/4; Kohl 3; an Kren reißen; jem. hineinlegen; maulen 3; plappern 3; einisäuseln 4; jem. schälen 3/4; scherbeln 3/4; sekkieren 3; sprechen 3; tischgerieren 4; tratzen 3/4. Zwischenrufe des Erstaunens und Gemischtes: bist bled 4/5; ja bist du blöd 3; Boa l 4; mir geht einer ab 5; um Gottes Willen 3; habe die Ehre 3; i hau mih ob 3/4; des haltst net aus 4; mih hauts um 4; dih hots wohl 3/4; i schiff an Igel 5; Jössasna 3; da legst dih nieder 3/4; Leck Arsch 5; Leck Buckel 4/5; ich mach mich an 3; i man i tram 4/5; Menschenskind 3; bist du Moped; bist du narrisch 3/4; ih werd a Schwammerl 4; bist du teppert 4/5; ih werd verrückt 3. ^8

48

Die Orthographie läßt spezifische Merkmale der Grazer Aussprache (gacken, Pixn, Zopfn) erkennen, vor allem auch bestimmte phonologische, aber schon lexikalisierte Stilunterschiede, wie etwa bei "Büchse" und "Pixn". Das obszöne Vokabular, tendiert sehr stark gegen die Wertung 5, man vgl. dazu, was zum Einfluß des Referenten gesagt wurde ( 2 . 6 ) . Interessant, daß überhaupt Wertungen vergeben wurden, was indirekt die Kommunikabilität unserer Skalenwerte beweist. Nebenbei interessant, daß Wörter, die im sog. gesamtdeutschen Sprachraum sicher andere, nämlich höhere Stilwerte haben dürften (Schupo, pinkeln) in Graz auffallend niedrig bewertet werden.

71

3. Soziosemantische Bedeutungskcmponenten

3.0.

Konnotationen " ... on ne peut se passer de la connotation", Kerbrat-Orecchioni 1978:6.

Die obstinate Insistenz, mit der das Thema der Konnotation(en) in der semantischen Diskussion ininer wieder auftaucht, und irtroer wieder beiseite geschoben wird, zeigt einerseits, daß es doch kein marginales Phänomen sein dürfte, und daß andererseits die befugte und zünftige Wissenschaft damit noch nicht zu Rande gekommen zu sein scheint. Abgesehen davon, daß der Terminus berüchtigt zweideutig ist, weicht man einer Erörterung entweder tunlichst überhaupt aus, oder räumt den sog. Konnotationen (es folgt meist die Aufzählung verschiedener auch im Schwang befindlicher Bezeichnungen ) den Status einer Nebenbedeutung ein, wobei man sich beeilt, die Unversehrtheit des Wesentlichen zu beteuern; daß man nämlich " ... in einer Sprache synonyme Einheiten austauschen kann, ohne den Sinn wesentlich zu verändern, abgesehen von stilistischen Feinheiten", Mahrig 1973:5f.

3.0.1.

Eine Auffassung von Bedeutung, deren erstes Anliegen Systematisierbar-

keit ist, wird trachten, schwer kategorisierbare Phänomene auszuklammern, oder ihnen eine Randstellung zuzuweisen:

Vgl. etwa die Verzeichnisse einschlägiger Titel bei Ullmann 1973:162, Anm.48 und Geckeier 1971:7Off., vor allem in den neuesten Monographien zum Thema: Kerbrat-Orecchioni 1978 und Rössler 1979. Vgl. Schneider 1976:391 und Martinet 1967:1288.

72 "Bei der semantischen Beschreibung lexikalischer Systeme müssen wir versuchen, uns von emotionalen und anderen Begleitumständen des Sprachsignals freizumachen und nur dort Konnotationen zu verzeichnen, wo sie obligatorisch oder mit einer gewissen Regelmäßigkeit auftreten; z.B. bei Schimpfwörtern oder vulgären Ausdrücken ...", Wahrig 1973:78.

Eine derart beschränkte, nur teilweise Anerkennung der Konnotationen durch den Lexikographen finde ich allerdings - für seinen Standpunkt - durchaus zu rechtfertigen; daß es dem Zweck einer Kodifizierung des Vfortschatzes dienlich ist, muß allerdings nicht heißen, daß es die Sprach-Wirklichkeit in irgendeinem ihrer Systeitatisierbarkeit parallelen Grad abbildet. Und daß dies nicht der Fall ist, liegt vielleicht daran, daß "im Anschluß an de Saussure das System der longue zu eng gefaßt und Redewendungen, Metaphern etc. in den Bereich der parole verwiesen wurden", Wahrig 1973:8,

woraus folgt, daß " ... Konnotationen nicht als Teil der Bedeutung betrachtet werden", Buddemeier 1973:97, " ... wertende emotionale, voluntative Komponenten, Konnotationen und stilistische Verwendung ... ausgespart werden", Schentke 1977:157.

Konnotationen als "Neben-Er scheinungen ", die "mitschwingen" (vgl. den Untertitel bei Rössler 1979), werden als akzidentielle, jedenfalls als Begleitumstände gesehen: "valeurs additionelles, secondes, peripheriques" , Kerbrat-Orecchioni 1978:12.

Vielleicht ist Bedeutung - Hag Eigentliche und Wesentliche an Sprache - doch komplexer, als man vielfach anzunehmen versucht, um durch Vereinfachung, d.h. in diesem Fall durch Entfernung des Nebensächlichen, z.B. der (zu diesem Zweck so genannten) Nebenbedeutung, klarere Verhältnisse zu schaffen. Der analytisch bequemere Standpunkt: "The symbolic use of words is statement ... The emotive use of words is a more simple matter, it is the use of words to express or excite feelings and attitudes. It is probably more primitive", Ogden/Richards 1969:149,

wird aber keineswegs von allen Autoren geteilt: "Absence of adequate description is, as we know, not always determined by inaccessibility of empirical data; it is often the result of disinterest or of inadequacy of prevailing theories ... a reductionism of all elements of language to a single, cognitive level ...", Stankiewicz 1972:247.

73 3.0.2.

Wenn man das Phänomen der Konnotationen nicht ignoriert, kann seine

Abgrenzung Schwierigkeiten machen.

Es bietet sich dann an, Konnotation im

Gegensatz zur denotativen Bedeutung zu sehen ("il s Oppose, on Je salt, ä denotation", Martinet

1967:1290):

Konnotation gilt als Bedeutungsaspekt "ehe si oppone alia componente centrale, stilisticamente neutra", Stati 1978:116 ( vgl. KerbratOrecchioni (1978:13), die statt von einer Dichotomie von den "connotations semantiques, qui sont indissolublement liees aux valeurs denotatives ..." und dem "caractere diasystematique des contenus denotatifs" (ebd.:168), spricht. 3.0.3. " man talks out of a private world of his own', (Schlauch, as quoted in I.J.Lee - The Language of Wisdom and Folly, NY. Harper Bros. 1949:1O", LaPorte 1965:258. Die sog. assoziativen und emotiven Bedeutungsanteile müssen wenigstens ihrer Herkunft und Entstehung nach - als durchaus private Sprachfunktionen gesehen werden: "Ideas are subjective prictures of reality which depend on individual features: experience, age, formal education, and others. Hence it follows that the semantic content of words in the mouths of different speakers does not always coincide", Komlev 1976:129. Es besteht, je stärker die konnotative Besetzbarkeit eines Inhalts ist (und zwar aus privaten Erfahrungen und deren Interpretationen), desto weniger Konsens bzw. Konvergenz. Das zeigt z.B. die Untersuchung LaPortes 1965. Dies liegt daran, daß Bedeutungen in jeweils (auch vom Sprecher und Hörer verschieden erlebten) andersgearteten situativen Kontexten

3

4

erlebt, erlernt und erprobt worden sind.

5

Zur Untrennbarkeit von referential und emotional vgl. man Hewson 1977, Hörraann 1976:1OO und Kerbrat-Orecchioni 1978:168. "Failure to distinguish between the symbolic and emotive uses is the source of much confusion in discussion and research", Ogden/Richards 1969:247. "The harmfulness of this approach was voiced early by Hjelmslev: ' I I est, selon nous, dangereux d'etablir d'avance une distinction ... entre un langage intellectuel et un langage affectif ...'/Principes de grammaire generale, Copenhagen 1928:24O/", zit. nach Stankiewicz 1972:241.

4

"Werden die so restringierten Lexeme abweichend in anderen Handlungsbereichen gebraucht, so wirkt sich die regelhafte Restringierung in dem anderen Kontext als 'Konnotation 1 aus (Rossipal)", Sandig 1978:72. Vgl. auch Rössler 1979:117

5

"It is quite conceivable that different classes of people (scientists,

74

Weshalb man vorsichtshalber die konnotativen Komponenten im Wortschatz einer Sprechergemeinschaft für jeden einzelnen Sprecher vorerst als mehr oder weniger verschieden ansetzen sollte (vgl. Schneider 1976:39, und Martinet 1967:1290), sodaß sich Konvergenz dieser Elemente erst aus den interaktiven Sprachspiel-Erfahrungen ergäbe. Mindestens insofern scheinen also Konnotationen (als psychische Daten) ein "Eigenleben" zu haben, als sie von Denotationen verschiedene Schicksale, besser: Entwicklungstendenzen und -geschwindigkeiten aufweisen, was vor allem im Bereich der konnotativ besetzten Elemente der Alltags- oder "niederen" Ungangssprache und ähnlichen, kommunikativ stark beanspruchten Inventaren zu beobachten ist (zu "last year's slang" vgl. man Salomon 1966:30): Hier irgendwo liegt der Ausgangspunkt für die berüchtigte Ephemerität und Wccndelbax>keit gerade der Konnotationen, wenn nicht der Inhaltsseite überhaupt: "As for sense, it is a constantly changing thing, since it is the result of the application of meaning ... to object (denotatum)", Komlev 1976:111.

Wenn allerdings nur oder vor allem die denotativen Komponenten den Sprechern eines Idioms wirklich gemeinsam wären, nicht aber register- und situationsspezifisch aktivierbare konnotative Elemente, dann gäbe es realistischerweise kaum "vollständige" oder "vollkomnene" Verständigung. 7 Das heißt, daß für unsere Befragung nicht einmal damit zu rechnen wäre, daß die Null-Antworten g konvergieren würden. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung zeigen, daß die Wahrheit etwa in der Mitte liegt. Insgesamt und grundsätzlich darf festgestellt werden, daß 'Bedeutimg sicher nichts Einheitliches, ein für alle Mal Fixiertes, darstellt, sondern eher ein Ensemble verschieden markierter, verschieden aktivierbarer Merkmals- und Wirkmechanismenbündel (s.u.). Vor allem aber, daß der einzelne Sprachbenutzer mehr

ministers, etc.) have somewhat varied semantic structures, differing in the emphasis upon certain factors and interrelationships among them. In fact, a significant source of individual difference may lie there", Osgood 1972:35; vgl. auch ebd.: 8. 6

Über wechselnde assoziative Besetzungen vgl. Leech 1974:14. "The generalization results indicate that meaningful or semantic similarities (synonym and antonym relations) increase in importance as the individual matures while the importance of physical similarities (homonym relation) decreases", Osgood 1972:15.

7

Mißverstehen stammt (nach Ungeheuer 1974:4f.) aus der mangelnden Konformität

75

oder minder effektiv damit umzugehen weiß: "De facon generale, les sujets parlants ont une conscience particulierement aigue de ces faits de connotation ... Je sentiment de l' affinite connotative est au moins aussi fort gue celui de la parente denotative", Kerbxat-Orecchioni 1978:98.

3.0.4. Eine der Schwierigkeiten der Beschäftigung mit dem Phänomen, vor allem mit dem Begriff der Konnotation liegt darin, daß der Eindruck, man wisse nicht so recht, womit man es eigentlich zu tun hat, dadurch verstärkt - oder erzeugt wird, daß die Literatur zum Gegenstand, die, obgleich immer einigermaßen marginal, dennoch reichhaltig ist, ein auffallend chaotisches Gelände zur Schau stellt. Dabei zeigt sich die Zweideutigkeit oder Zwielichtigkeit des Begriffs noch am durchschaubarsten in der alten Diskussion der Positionen J.St.Mills und O.Jespersens, die darauf beruht und hinausläuft, daß der Begriff einmal als logischer (Konnotation=Intension), das andere Mal als psychologischer Terminus g gefaßt und gefüllt wird (Konnotation = assoziativ-emotiver Bedeutungsanteil). Daß die logisch motivierte und definierte Auffassung des Begriffs für unsere Zwecke auszuklammern sein wird, ist klar. Aber auch die sog. psychologische Bedeutung des Terminus "Konnotation" hat ihre verwirrenden Facetten. Man vgl. die einigermaßen simplifizierende Bemerkung Rapoports (1972:130) : "Man sollte den psychologischen Beiklang von der logischen Konnotation unterscheiden"

mit dem Versuch Salomons (1966:14), beide Positionen nutzbar zu machen: "The connotation of a word is subdivided into two parts: the defining qualities of the category or class it names, and the emotive or affective responses it arouses in the minds of its users."

Aber auch wenn man die logischpsychologische Zwei-Deutigkeit als zu Ende diskutiert betrachtet, ist die Fülle und Divergenz der Terminologie, die ja immer schon auch Interpretation ist, verwirrend und erkenntnisverhütend.

der individuellen Welttheorien. Tatsächlich gibt es eine Anzahl items in unserem Sample, für die mehr Nullantworten von Frauen als von Männern vorliegen. Vgl. Lyons 1977:176, wonach bei Mill denotation mit Extension, connotation mit Intension korreliert. Warum Mill connotation nennt, was "additionell", weil "akzidentiell" als Attribut zu den Subjekten, die diese Eigenschaften "besitzen" hinzukommt, erklärt sich aus der logistischen Tradition.

76

Für den vielstrapazierten Terminus bleiben mehrsinnige Definitionen die Menge, etwa bei Schneider 1976:39, der für "Konnotation" folgende Bedeutungen aufzählt: die konventionellen Nebenbedeutungen, die individuellen (idiolektalen) Nebenbedeutungen, weiters die Suttme aller Bedeutungen eines Vfortes; den Vfortinhalt unter Einschluß der Denotation und (bei Bühler) die "Leerstellen"; und schließlich steht in der Feldtheorie "Konnotation" synonym für Kompatibilität. Einige der meistverwendeten Bezeichnungen für den in Rede stehenden Komplex sind (nach Rapoport 1972:151): assoziative, emotive, affektive ("Gefühlswert" bei Sieberer 1954) und stilistische Bedeutung. Man kann auch die Liste bei Blanke 1973:114ff. vergleichen, um feststellen zu müssen, daß man sich manchmal damit begnügt, eine Liste der gängigsten Bezeichnungen für bestimmte Erscheinungen aufzuzählen, und damit (ungewollt oder nicht) den Eindruck zu erzeugen, es handle sich um verschiedene Seiten eines vielseitigen Komplexes, die durch ihre Namen hinlänglich in ihrer Besonderheit (eben dadurch, daß sie einen besonderen Namen erhalten haben) gekennzeichnet - wenn nicht gar schon interpretiert sind. 11 Man kann vorderhand einmal eines sagen, d.h., wenn man die logische Bedeutung des Terminus ausklammert: Die Unterscheidung zwischen Denotation und Konnotation wird vollzogen, u.zw. von den jeweiligen Analysesubjekten, im Bereich zwischen Kompetenz und Performanz, oder - nach einer anderen Terminologie, die ich für diesen Fall für synonym halte: zwischen langue und parole. So nämlich, daß die denotativen Bedeutungselemente zu jenen gehören, die, allgemein durch Konvention akzeptiert und zementiert, dem Sprachsystem als fixer verläßlicher Bestandteil zugerechnet werden können - wohingegen Konnotationen von Situation zu Situation, weil von Sprecher zu Sprecher, schwanken. Dies obendrein mehr oder weniger stark. Was eben typische Merkmale von sog. Performanzereignissen sind: "Occorre insistere sul fatto ehe questa specie di alone ehe circonda le

10

Vgl. Sandig 1978:55, Anm. 44 zu Riesel/Schendels' ('Deutsche Stilistik 1 , 1975, Moskau) Unterscheidung 'expressiv/nicht-expressiv': "Hiermit scheint die in der Stilistik häufige Unterscheidung in Denotation und Konnotation übernommen zu sein".

11

"Nichts wird dadurch erreicht, daß man die zweifellos wesentliche Kategorie der 'emotiven 1 (oder 'effektiven 1 ) Konnotationen auf alles anwendet, was nicht im Rahmen der 'kognitiven' Bedeutung liegt", Lyons 1978:283.

77 paroJe, rendendole sgradevoli, piacevoli o particolarmente suggestive, si produce nel discorso, e doe nel momento del loro impiego, e non e sempre e necessariamente una proprieta in se, delle parole in guanto element! del sistema linguistico astratto", Stati 1978:114. "Es gibt darüber hinaus Faktoren, die man wohl als 'semantisch' beschreiben kann, die aber eher mit der stilistischen oder Situationellen Zulässigkeit bestimmter Formen zu tun haben als mit ihrem Sinn oder ihrer Referenz", Lyons 1978:283.

Meine eigene Auffassung vom Verhältnis Kompetenz:Performanz (Sornig 1977b) ninmt keine eigentliche, vor allem keine klare Trennbarkeit an (3.31). Danach ist Performanz das, was von der Kompetenz stattfindet; oder besser umgekehrt: Kompetenz ist, was man aus den Performanzereignissen abstrahiert hat. Und da nun Performanz nicht nur das ist,

was sich von der Kompetenz ereignet, sondern

inner ein wenig mehr, nämlich jener kreative, innovatorische Überschuß, der die Verantwortung für Sprachwandel u. dergl. trägt, ist Kompetenz nicht das sog. Eigentliche, sondern eher das jeweils überholte, das eigentlich Veränderliche, besser: Veränderbare. Unter jeweils anderen Beschreibungsinteressen kommen auch andere Beschreibungen, Gruppierungen der Untermengen eines Begriffs zustande. Man vergleiche dazu die durchaus plausible Liste bei Candlin (1974), wonach vier Arten von Bedeutung zu unterscheiden wären: notional, logical, pragmatic-soeiolinguistic (affective)

und discoursal. Dabei ist der wichtigste Gedanke inmer-

hin der, da» erst aus dem Zusammenwirken verschiedener Bedeutungsaspekte die Gesamtbedeutung (3.3), d.h. die "eigentliche" semantische Funktion einer Äußerung zustande kommt! Hier könnte man den mehrmals tentativ geäußerten Gedanken (etwa bei Hörmann 1976:114) anschließen, daß nämlich die Merkmale eines Bedeutungsträgers u.U. oder immer -verschieden gewichtet sind. Das muß nicht zum Anlaß für Hierarchisierungsversuche genommen werden, es zeigt lediglich auf einfachste Weise, warum einige Wörter (fast) nur denotative, andere wieder ausgeprägte konnotative Bedeutung haben, und dies wiederum in den verschiedensten Schattierungen (assoziativ, emotiv usw.). Konnotative Komponenten sind angeblich auch insofern bloße Teile einer "Neben"-Bedeutung, als sie selbständig nicht auftreten können. Wer darauf geachtet hat, kennt aber zahlreiche Fälle, in denen sich die Nebenbedeutungen "selbständig gemacht" haben - weil es sich dabei um einen wahrscheinlich uralten und sehr natürlichen Prozeß, den des Überganges von einer Bedeutungsfunktion zu einer anderen, von der sog. konnotativen zur denotativen (von der 12 privaten zur generellen), handelt.

78

Damit wäre auch die Auffassung relativiert, wonach die denotative Bedeutung die Kernbedeutung, und die Kbnnotationen die Nebenbedeutungen sind. Bei Salomon 1966 umfaßt der Begriff Konnotation beide, die logische und die psychologische Verwendung des Terminus', was die Angeigenheit zwar nicht vereinfacht, jedoch eventuell einen neuen Gesichtspunkt eröffnet: den der Gesamt-Bedeutung (s.u.). Jedenfalls klingt der Gedanke, die Konnotation sei keine Nebenbedeutung, sondern zur vollen Erfassung der Inhaltsseite nötig, hier an: "All parts of the meaning of a word are there only because the users of the word Impute them; denotation and connotation (both kinds of connotation) are equally respectable, equally important ..."; (ebd.: 14).

Zu der Annahme, Denotation und Konnotation seien nicht nur insofern verschieden, als sie aufgrund verschiedener Beschreibungsstrategien und -verfahren zustande kommen, vgl. man schließlich Ullmann 1973:94, der sehr richtig bemerkt, daß hier wohl langue mit parole verwechselt worden sind, also etwa systembedingte Definition und funktionale Betrachtung. 3.1.

Versuch eines pragmalinguistischen Ansatzes: Sprecherbedeutung/Hörerbedeutung "Unter dem neuen Blickwinkel [daß die semantische Komponente nicht autonom von der pragmatischen Komponente ist] kommt die 'Bedeutung' unseren intuitiven Vorstellungen viel näher. Sie ist eine komplexe, gemischte Sache, die aus einer eingeschränkten Semantik einerseits, und einer weitreichenden Pragmatik andererseits besteht", Gazdar 1978:16.

12

"We encounter cases, ... in which the connotation of feeling suppresses its LC (lexical content) and by itself assumes primary importance ..., in the so-called expressive vocabulary feeling is not the connotation but the lexical concept (for example, darling, fool, gawk, and the like). The emotional nuance of this type is the same and common to the entire linguistic community", Komlev 1976:135. "Auf analoge Weise läßt sich von einem evaluativen Ausdruck gegebenenfalls deskriptiver Gebrauch machen. Allerdings müssen die Gesprächspartner dann schon sehr gut vorverständigt sein", Keller 1977:37 Der Prozeß verläuft u . U . auch umgekehrt: " ... in the narrow social context the linguistic form relinquishes its denotational value to become a private form of affection, an emotive form of address", Stankiewicz 1972:243.

79

3.1.1. Orientierung auf den Verwender Ich schicke voraus, was bei Rape-port (1972:151) vage genug zur sog. "inneren Bedeutung" gesagt wird: " . . . Bedeutung [kann] untersucht und erörtert werden, ohne daß man sich Rechenschaft gibt, was in dem Kopf eines bestimmtes Sprechers oder Hörers vorgeht. Andererseits ergeben die psychologische Konnotation und Absicht innere Bedeutungen, und diese stehen in Verbindung mit dem, was im Kopf eines bestimmten Sprechers oder Hörers vorgeht, ... mit den Wünschen, die er empfindet, mit den Handlungen, die er beabsichtigt, mit den Absichten, die daraus folgen, usw.".

Der Passus scheint mix nicht deshalb von Interesse, weil er eine neue Art der Bedeutung entdeckt zu haben scheint, die "innere Bedeutung", sondern, weil er absieht von systeminternen Definitionsversuchen und sich stattdessen einer verwend&r-orientierten Betrachtungsweise zuwendet. Nur selten wird nämlich in der einschlägigen Literatur darauf Bedacht und Bezug genommen, daß die Bedeutungsrealisierung, der Semioseprozeß, sowohl ein Akt des Redenden als auch einer des Zuhörenden ist.

Und daß demgemäß die Definition des Bedeuteten, des

Inhalts, verschieden ausfallen kann und wird, je nachdem, ob von dem die Rede ist,

was der Redende gemeint hat, oder von dem, was der· Zuhörer verstanden hat

(" ...

Je sont aussi les effects

1978:45).

3.1.2.

produits sur l'auditeur", Kerbrat-Orecchioni

13

Wirkungsorientiertheit

An der Bemerkung Rapoports ist vor allem interessant, daß sich der Gedanke andeutet, Bedeutung (vor allem konnotative) habe etwas zu tun mit der Wirkung, die bestimmte Äußerungen bezwecken und/oder erreichen. Man darf sich fragen, ob der Versuch lohnt, Konnotationen von einem pragmalinguistischen Ansatz, genauer: von der bezweckten Wirkung einer bestürmten Eormulierungsentscheidung her zu verstehen; was u.a. auch die sog. Nuancen weniger nebensächlich erscheinen lassen würde: "Differences in 'nuance' have to do, not with communicating different messages, but with communicating the same message in 'strategically'

13

Zum Mangel an Konformität in semantischen Urteilen vgl. Ungeheuer 1974:3 und Bayer 1976, sowie Rössler 1979:102f. u. 124. " ... meaning is outside of the statements to which it belongs". Brown/ Keller 1973:37.

80 different

ways", Hervey

(1971:34).

Es müßte eigentlich erstaunen, daß z.B. der Tatsache so wenig Augenmerk geschenkt worden ist, daß bei der Ausstattung von Wortfeldern, wie etotfa ABLEBEN (von verscheiden bis abkratzen), neben referentiellen Kriterien (ertrinken/ verhungern) eine beträchtliche Anzahl konnotativer, nämlich vor allem evaluativer Merkmale Begrenzungshilfe leisten (Pferd .· Gaul), Kriterien also, die sich aus bezweckten oder erfahrenen, jedenfalls erprobten stilistischen Wirkungen definieren. Dies gilt für vorwiegend referentiell bestimmte Wortfelder, die nicht vordergründig konnotativ gegliedert sind. Daneben gibt es den Begriff des "affektiven Bezeichnungsfeldes", wenn er auch nicht häufig thematisiert wurde; ganz deutlich wirkungsbezogen faßt ihn Blanke (1973:129): "In stärkerem Maße als das begrifflich gegliederte Wortfeld ist das affektive Bezeichnungsfeld nach allen Seiten hin offen und kann leicht erweitert werden, wenn ein Gesprächsteilnehmer ein Wort beharrlich genug als ein Signal der Zustimmung oder der Mißbilligung verwendet".

Konnotationen sind zwar u.U. "bloß" subjektiv,

14

aber dieses Subjektive

strebt nach Objektivierung innerhalb der Verständigungsgesellschaft

von Sprecher

und (seinem) Zuhörer. Was der eine subjektiv in seine Äußerung hineinlegt, kann und soll der andere heraushören und darauf reagieren, d.h. es objektivieren, falls er den Erwartungen seines Partners gerecht werden will. Das wäre die allererste Stufe der Objektivierung, und damit der Konventionalisierung subjektiver Bedeutungssetzungen in kommunikativen Interaktionen. Ich finde das angedeutet bei Ziff (1960:95):

15

"To talk about what is meant by a certain element is to talk from a speaker's point of view. To talk about what is connoted by the element is talk from a hearer's point of view. But to talk about what an element means is, as it were, to be in between speakers and hearers". Auch bei Rapoport (1972:134) findet sich ein ähnlicher Ansatz: "Die Konnotation hat ... mit dem Empfinden zu tun, die das Wort in dem

14

Was Eichler (1972:84) "subjektive Implikate" nennt. Vgl. aber Komlev ( 1 9 7 6 : 1 2 7 ) : "Indeed, connotations are to a considerable extent subjective in nature, but they possess social significance".

15

Dem vernachlässigten Aspekt der Perlokution (Schlieben-Lange 1976, Coulmas 1977) und der Frage ihrer Konventionalisiertheit hat in letzter Zeit Holly (1979b) dankenswerterweise größere Aufmerksamkeit gewidmet.

81 Hörer auslöst, ... Somit ist die psychologische Konnotation ein Bindeglied zwischen der Semantik und der Pragmatik".

3.1.3.

Interpretationsanweisungen

Man sollte beachten, daß imner wieder von Konnotationen so die Rede ist, als ob es sich um ein Etwas handle, das ausschließlich in der berüchtigten "black box"

(nämlich des Sprechers) seinen Sitz hat (weshalb es nicht anders

als vage und umschweifig zu beschreiben ist, falls es nicht überhaupt jedermanns Privatangelegenheit ist), statt - wenn schon von auslösenden Wirkungen die Rede war - Konnotation in Korrelation zu setzen zu dem, was ausgelöst wurde: der Reaktion des Angesprochenen: "Hence the term 'evocative value', sometimes employed to denote the overtunes", Ullmann 1971:141, zit. nach Sandig 1978:32, Anm. 24. ^

Itofür ich also hier plädiere, ist, dem Bedeutungsbegriff einen perlokutiven Aspekt (s. 3.5) zuzuordnen, d.h., Bedeutung nicht als etwas aufzufassen, was "im Kopf" des Sprechenden als Gruppierung von Inhaltsmerkmalen seinen Sitz (oder gar im objektiven Sprachsystem seinen Platz) hat, sondern als etwas3 das sich ereignet, u.zw. als Botschaft, die nicht nur Information über eine mögliche Interpretation der Welt anbietet, sondern auch als Handlungsanweisung an den Adressaten gemeint ist und verstanden werden muß, nämlich: diese Interpretation - einschließlich aller evaluativen Perspektiven - zu der seinen zu machen. Bedeutung als etwas, das glücken muß zwischen dem Redenden und seinem Zuhörer. Womit sog. stilistische Effekte nicht mehr als "bloß" ästhetische, sondern mit Sandig (1978) von einem handlungstheoretischen Gesichtspunkt wesentliche gesehen werden müßten. Daß der perlokutive Aspekt aller Sprechakte, dessen, was auf der Hörerseite in der Bedeutungsübermittlung vor sich geht, so schwer faßbar ist, liegt einmal

16

Man vgl. hiezu die Kritik Hörmanns (1976:1OO, Anm.) an Brekle (1963:31).

17

Vgl. Ullmann (1973:161), der sagt, "daß die Sprache kein bloßes Verständigungsmittel ist, sondern auch dazu dient, Gefühle auszudrücken und in anderen Menschen solche auszulösen". Hiezu wäre zu vermerken, daß diese evokative Funktion beiden Seiten der Bedeutungsfunktion, der denotativen und konnotativen, zukommt. Im Falle der denotativen Komponenten hat die Evokation kognitive, im Falle der konnotativen emotive Folgen.

82

daran, ffop am Konmunikationsablauf, d.h. an Enkodierung und Dechiffrierung zwei· Sprachbenutzer beteiligt sind: auch der "andere" plant und setzt seine 18 Regeln ein, zum ändern liegt es daran, daß die Regelrepertoire nicht als fixe Mengen, sondern als strategische Potentiale, zu sehen sind die sich einander anpassen, u.zw., weil alle Verständigung vor sich geht als Vermeidung von (absehbaren oder unvorhergesehenen) Mißverständnissen! Semit sind Bedeuten und Verstehen innerhalb einer kEmmunikativ-funktionalen Semantik gleichrangige Handlungen. 3.1.4. Enkodierung auf einer zweiten semiotischen Ebene (second encoding) Wenn die Glossematik die Konnotationen auf einer anderen semiotischen Ebene ansiedelt als deskriptive Bedeutungsanteile, so hat das in ihrem Sprachmodell 19 natürlich keinerlei soziolinguistische Relevanz. Ich nehme einen Ansatz auf, der mir sehr fruchtbar scheint und der m.W. zuerst von Denison (1971 und 1977) in die Diskussion gebracht worden ist: den des second encoding. In der Soziosemantik ist, wie ich Denison verstehe, wichtig, wie ein und dasselbe Zeichen auf verschiedene Hörer wirkt, vor allem, weil im "zweiten Enkodierungsschritt" für ein und denselben Inhalt verschiedene Zeichen oo in verschiedener Wirkabsicht verwendet werden, und auch als solcherart motiviert entziffert werden müssen. So haben die denotativen Bedeutungskomponenten vorwiegend referentielle, oft geradezu ostensive, deiktische Funktion, sie de-notieren, zielen auf Bewußt-

18

Vgl. Schlieben-Lange 1973:8O.

19

Zur "konnotativen Semiotik" zweiten Grades in der Glossematik vgl. man Hjelmslev (1943/1961, 1 1 4 f f . ; nach Gülich/Raible 1977:94) und Stepanowa 1973:21: "Die künstlichen Sprachen, wie z.B. die symbolischen Systeme der Mathematik, Chemie, Biologie und anderer abstrakter Wissenschaften, kommen nur mit Zeichen aus, während in den natürlichen Sprachen auf dem System der Zeichen ein sekundäres semiotisches System von diakritischen Elementen aufgestockt ist ... Der prinzipielle Unterschied zwischen künstlichen und natürlichen Sprachen besteht darin/ daß die ersten einschichtige, die zweiten zweischichtige semiotische Systeme darstellen".

20

Am deutlichsten zeigt sich diese Wirkkomponente der Wortbedeutung in Fällen übersteigerter konnotativer Besetzung, die zu sprachmagischen Syndromen führt. Vgl. Komlev (1976:136): "Words carrying an emotional charge are frequently said to possess magic and supernatural power".

83

Seinsinhalte, die man, wenn man will, als Tiiderspiegelungen der referentiellen (allerdings einer individuell erlebten) Wirklichkeit verstehen kann - die konnotativen Komponenten hingegen drücken aus, was der Sprecher von Besprochenen hält (nicht, wofür er es hält) und wovon er meint, der Zuhörer solle diese Evaluation der in einer bestimmten Kcmmunikationssituation besprochenen Gegenstände nachvollziehen, u.zw. einschließlich der Evaluation des Zuhörers selbst! Alles Gesagte bewertet die besprochene Welt, zugleich aber auch den Adressaten (2.7). Im sog. second encoding erfolgt die Wahl lexematischer Einheiten nach situationsadäquaten, also stilistischen Kriterien, die sich nach wenigstens drei semantischen Dimensionen untergliedern lassen (es soll davon noch in 3.4 die Rede sein): neben einer referentiell-eualwat-iven Bedeutungsintention stehen Bedeutungselemente, die der Selbstdarstellung des Benutzers dienen, und schließlich jene, die durch die Partnereinschätzung eine Rollenzuueisung insinuieren. Das jedenfalls ist der Ausschnitt aus der Mehrdimensionalität der (konnotativen) Bedeutung, den wir hier ins Auge fassen möchten. Daß diese konnotativen Merkmale einen deskriptiv-denotativen Hintergrund brauchen, auf dem sie zur Wirkung gelangen, daran sei hier erinnert (s. 2.6). Das jedenfalls ist das Verständnis, das hier dem Hjelmslevschen Gedanken von der "anderen Semiotik" unterlegt wird. Nicht im Zeichensystem des denotativen Benennens, sondern im Bereich des sozialen, appellierenden und evozierenden Handelns hat die Konnotation ihren Platz und ist ihr Stellenwert abschätzbar. Im Ereignisbereich der Performanz also - was aber so viel heißen kann wie: auf der dialog- und textsemantischen Ebene. Das kann erklären, warum die Konnotation für den Wortsemantiker aus dem Blickfeld verschwinden kann, als unerheblicher nuancenhafter Unterschied erscheint, den man vernachlässigen kann - und warum dieselbe Erscheinung dem Soziolinguisten hinwiederum von zentraler Bedeutung sich darstellt. Und warum beide recht haben. Nach Morris (1975:63) trägt ein Zeichen - "von Standpunkt eines höheren Zeichenprozesses aus" auch Information über den Interpreten, es gewinnt dann "diagnostischen Wert für Individuun und Gesellschaft und wird auf diese Weise ein neues Zeichen auf einer höheren semiotischen Ebene" (ebd.: 64), weil Zeichen mehr als eine Funktion haben: "Selbst sprachliche Zeichen haben viele andere Zwecke als den, überprüfbare Aussagen mitzuteilen: Sie können auf vielfältige Weise dazu benützt werden, das eigene Verhalten oder das der anderen Zeichenbenutzer durch die Erzeugung bestimmter Interpretanten zu steuern", ebd.: 31.

84

Das Phänomen der Mehrschichtigkeit sprachlicher Bedeutung wurde in letzter Zeit (nicht nur bei K. Pike und K. Heger) mehrfach gebührend beachtet, wobei man unerwartet auf Erwähnungen bei älteren obskuren Autoren stößt: "Somit wird unmittelbar verständlich, was Eberhard meint, wenn er diese Signeme als 'gleichbedeutend' aber nicht 'gleichgültig' beschreibt. Es soll heißen: sie haben dieselben darstellungsfunktionalen Merkmale, stehen aber symptom- und signalfunktional in Opposition. Die diachronischen, diastratischen und diatopischen Signeme innerhalb eines funktionierenden Sprachsystems sind dann insgesamt als diaphasisch oppositiv zu bezeichnen. Daß die Zuordnung diaphasischer Merkmale zu bestimmten Signemen von Sprachkompetenz zu Sprachkompetenz mehr variiert als die Zuordnung darstellungsfunktionaler Merkmale, kann dabei als Hypothese gesetzt werden; denn diese semantischen Merkmale sind per definitionem als sender- und empfängerspezifisch ausgewiesen", Henne 1972:124.

3.1.5.

Dialogischer Bedeutungsaspekt

Mit der Zuweisung der Konnotation zu einer anderen semiotisch-semantischen Ebene, nämlich nicht der der Expression, sondern der Impression, was soviel heißt wie, statt vom Sprecher, vom Hörer auszugehen; mit dieser Zuweisung der Konnotation zum Bereich der Wirkung würde sich die Tatsache erklären, warum Konnotationen einerseits - und für eine Sprecher-orientierte denotativ/referentielle Semantik zurecht - ausgeklammert, andererseits als stets gegenwärtig bezeichnet werden. Wenn man will, kann man sich bei dieser sozusagen funktionalen Auffassung der konnotativen Bedeutungsanteile an die Bühlerschen Kategorien Ausdruck und Appell (vis a vis der Darstellungsfunktion) erinnern, einem Konzept, das nicht nur ehrwürdiges Alter und noble Herkunft, sondern auch viel allgemeine Plausibilität für sich beanspruchen darf. Im übrigen haben auch "bloße" Mitteilungen etwas Appellatives an sich, weil sie eben insofern Handlungsanweisungen sind, als sie Interpretationsvorschläge enthalten: "Die Struktur der Sprache ist aufgrund ihrer kommunikativen Konstitution und der damit gegebenen Reflexivität imperativisoh ... Jede sprachliche Äußerung enthält implizit ein Interpretationsangebot. Das heißt: jede sprachliche Äußerung ist in sich gedoppelt: Sie sagt sich selbst und stellt sich zur Debatte, ... Damit ist auch die prinzipielle Zurückweisbarkeit der Äußerung mitgegeben", Schlieben-Lange 1975:194.

Interessant ist der Prozeß-, oder besser: Vollzugscharakter, den SchliebenLange der Semiose hier zuschreibt, daß nämlich der Rezipient maßgeblich am Zustandekommen von Bedeutung im katmunikativ-funktionalen Sinne beteiligt ist.

85

Schlieben-Lange führt damit einen pragmatischen Aspekt in das Bedeutungskonzept ein: die dialogische Möglichkeit, auf Ausgedrücktes, Enkodiertes zu reagieren: Selbstdarstellung, Referenzevaluation und Rollenzuweisung zu akzeptieren oder zurückzuweisen. Der Rekurs auf ein mehrschichtiges Bedeutungsmodell ist nicht nur methodisch zulässig, er ist unerläßlich, wenn man verstehen will, was sich in sprachlicher Interaktion eigentlich ereignet. 3.1.6. Gesamtbedeutung Zusarmengencntnen erst ergeben die denotativen, den Gegenstand und dessen Identifikation betreffenden, und die konnotativen, die Bewertung von Gegenstand und Gesprächspartner sowie die Selbsteinschätzung 21 und Selbstschau verbalisierenden Elemente, u.zw. im Ensemble ihres in der parole ungeteilten Auftretens (als Planungsdetails und Rezeptionsangebot), die potentiell volle, weil kommunikativ funktionale Bedeutung 22 eines Sprachelements. Die Erkenntnis, daß die Konnotationen Teil der Gesamtbedeutung sind, ist nicht so unverbreitet: 23 "In einem konkreten Kommunikationsvorgang stellen die pragmatischen Konnotationen ein Differenzierungsprogramm dar auf Seiten des Empfängers und ein Steuerungsprogranm auf seiten des Senders in Bezug auf die Selektion einer Bestimmten Explikativmenge einer gegebenen Denotation unter gewissen pragmatischen Bedingungen", Rössler 1979:63.

21

"In the content of human speech ... besides the fundamental information the thought - one can nearly always find social information as well, an indication of the social position of the speaker, and ... emotional information", Stepanov Ju. S. 1965:21, Francuzskaja stilistika, Moskva (zitiert nach Komlev 1976:128).

22

Vgl. Ungeheuer 1974:2O.

23

"Daß aber eine auch (nur im Bereich der Grundbedeutungen) nach Vollständigkeit und über eine Bezeichnungssemantik hinausstrebende lexikalische Semantik nicht ohne diese dritte Sem-Kategorie auskommen kann, geht daraus hervor, daß das Verhältnis zwischen Semantem (als "Denotation") und Virtuem (als "Konnotation") bei den Zeichen sehr verschieden ist ...", Körner 1977:90.

86

Empirische Tatsache - jenseits von Analyse- und Systematisierungsbemühungen - ist, daß denotative und konnotative Bedeutungsaspekte im sprachlichen Gebrauchsalltag als Einheit, vielleicht als dialektische Einheit empfunden werden, wie auch Sieberer 1954:16 letzten Endes betont, daß die Bedeutung mit ihrem "Beiwert" als Einheit empfunden wird und der Gefühlswert keine bloße Zutat sei. Ähnlich, wie wir die Entität "Vfört" aus dem Verhalten der Benutzer, nämlich aus der Tatsache der Paraphrasierungen zu konstituieren versuchten, und sich die metakcmnunikative Kompetenz des Normalsprechers aus seinen Reaktionen auf Stimuli wie unsere Fragebogen manifestiert (Abschn. 4 ) , so möchten wir die konnotative Seite der Wortbedeutung statt einer Beschreibung dessen, was "dm Kopf" des Sprachbenutzers vor sich geht, an der (tatsächlichen oder antizipierten) Wirkung auf den Rezipienten festzumachen versuchen (s. auch 3.5). 3.2.

Vagheit konnotativer Inhalte "i/n root, Outre sa signification distincte, ... en a encore une confuse, gu'on pent appeler connotation'" (la Gronmzire de Port-Royal, pp. 25-26,· zitiert nach KerJbrat-Orecchioni 1978:6, Anw. 5).

Es fällt auf, daß für Konnotationen so häufig das Kriterium der Vagheit in Anspruch genommen wird. Das beginnt und endet dort, wo traditionellerweise von emotioneilen Tatbeständen die Legende geht, sie seien nicht genau faßbar, weil nicht quantifizier— und/oder meßbar. Nun ist emotive Aktivierung etwas, das die oben erwähnte Wirkung konnota24 tiver Besetzungen mit ausmacht. Mit der angeronmenen Vagheit von Gefühlsdaten erhält auch der Begriff der Konnotation dieses Charakteristikum zugeschrieben, wohl, weil, auch wenn konnotative Bedeutungselemente aus ihrer Wirkung definiert sind, diese - weithin unkonventionalisierten - Wirkungen deshalb keineswegs präzise abschätzbar werden. Konnotative Wirkungen sind möglicherweise nicht an sich vage, sondern von Fall zu Fall verschieden.

24

Bemerkungen wie der bei Leech (1974:15) begegnet man sozusagen auf Schritt und Tritt: " ... connotations are relatively unstable ... according to culture, historical period, and the experience of the individual ... connotative meaning is indeterminate and open-ended . . . "

87

Empiriegestütze Untersuchungen wie die LaPortes (1965) sind allerdings relativ selten. Sie stellt (ebd.: 259) fest, daß ein Wortinhalt desto mehr Konsens unter seinen Benutzern erbringt, je konkreter er ist. Die höchsten Abweichungen erzielen unter LaPortes Probanden die semantischen Gruppen "abstract-emotional" und "abstract-intellectual", die niedrigsten die Gruppe "concrete-specific-cultural" (ebd.: 262), das ist also dort, wo der kulturelle Hintergrund am meisten konventionalisierten Voraus-Konsens gewährleistet. Eine Bemerkung wie die Sieberers (1954:5), die ebenfalls die Schwerfaßlichkeit emotiver Inhalte thematisiert, ist nachgerade doch nicht so entmutigend, wenn man beachtet, daß immerhin zugleich auch behauptet wird, anhand der Konnotationen könne man etwas "erfahren": "Nebenvorstellungen und Gefühlswerte hingegen präsentieren sich als mehr periphere und fluktuierende Teile des Hortinhalts, aus denen wir eher etwas über das, was im hörenden Menschen vor sich geht, erfahren als über die besprochenen Dinge und Vorgänge".

Das alles könnte wie gesagt zusattmenhängen mit der angeblichen Unkonventionalisiertheit der· Perlokution. Nach unserer Auffassung steht die perlokutive Seite von Sprechakten nicht außerhalb von Konventionen, sondern unter einer anderen Art von Konvention. Entgegen der Wunschvorstellung der Linguistik, es könne ein Modell des Sprachhandelns geben, das mit nur einem Handelnden das Auslangen findet: dem Sprecher (im Jargon heißt er: ideal speaker/hearer), gibt es in jedem Redeakt tatsächlich einen zweiten Konpetenzinhaber, den Zuhörer, der ein zweites, vom sog. Analysesubjekt und vom Sprecher nie ganz durchschaubares Planungspotential darstellt, wodurch sich der Semioseprozeß "vervielfältigt"; jedenfalls um den Dekodierungsprozeß erweitert, der, wie wir wissen, andere Ergebnisse haben kann als der Enkodierungsvorgang, u.zw. je nach den (u.U. anderen) Regelmengen, die für die Dekodierung eingesetzt werden. Weil Reden und Sich-Äußern gewissermaßen ein-fache Prozesse sind, sind sie so viel eher systematisierbar und formalisierbar. Weil Verstehen und Verstandenwerden mindestens ein Prozeß "zu zweit" ist, begegnet man der Behauptung, Konventionen reichten nicht bis dahin. " - Dans la denotation, le sens est pose explicitement, de maniere irrefutable; son decodage est general - sauf en cas de divergence idiolectale entre l'emetteur et le recepteur. - Dans la connotation, le sens est suggere, et son decodage est plus aleatoire. Les contenus connotatifs sont des valeurs semantigues floues, timides —", Kerbrat-Orecchioni 1978:17f.

88

3.2.1. Tradierte Vagheiten, erlernte Vagheiten Daß man dm konnotativen Bereich einerseits von assoziativen, andererseits oder zugleich von emotiven Komponenten spricht, liegt wohl darin, daß man eine Abgrenzimg aktueller (ephemerer) emotioneller Besetzung von andersartigen Bedeutungselementen versucht, die man den "cultural components" (Kcmlev 1976:136) zurechnen muß, die also "gemeinsame Erinnerungen", Meinungen und Gefühlsgewohnheiten verbalisieren. Eine solche Trennung von assoziativen und emotiven Bedeutungskomponenten scheint schwierig, wenn nicht überflüssig. Wenn man nämlich unter assoziativen Bedeutungsanteilen jene von Sprecher beabsichtigten Dekcdierungsreaktionen versteht, die unter bestimmten zwischen Sprecher und Hörer parallelen kulturspezifischen Bedingungen erwartbar sind, emotive Bedeutungskomponenten hingegen von individuellen Erlebensbedingungen abhängig sieht, 25 dann wäre der Unterschied zwischen assoziativen und emotiven Bedeutungsaspekten - Im Hinblick auf deren Konventionalisiertheit - nur graduell. Der angeblichen Unbeschreibbarkeit von Gefühlsdaten steht die Tatsache gegenüber, daß es zweifellos Gefühls-Erfahrungen gibt, also auch beobachtete und objektivierbare Gefühlsreaktionen. Aufgrund wiederholter und erinnerter Reaktionen kann sich für Gefühlsreaktionen auf bestimmte Reize eine Art Konventionalisierung einstellen, sodaß also die sonst so schwer faßbaren emotionalen Reaktionen voraussehbar werden, und damit auch emotives Bedeutungspotential geplant auf Wirkung einsetzbar wird. Es erübrigt sich vielleicht nicht, als einziges, aber plausibles Beispiel Schimpf- und Kosewörter zu erwähnen, bei denen der konnotative Bedeutungsgehalt übermäßig hoch, vor allem aber fixiert ist, sodaß ihr gezielter Einsatz jedenfalls möglich ist und auch versucht wird. Mehr noch: der Einsatz dieser Gattung Vokabular wird auch (nach bestimmten Konventionen) sanktioniert bzw. honoriert. Die Divergenz der bei Sprecher und Hörer anzusetzenden konnotativ-semantischen Regelmengen kann ihren Ursprung haben in spracherwerbsbiographischen Fakten:

25

"Words possess two-fold meanings", meint LaPorte (1965:25f)" ... the second meaning of a word is the individualistic and unique one which is determined by an individual's personal response(s) to it ... This is the "emotional" meaning".

26

Vgl. Wahrig 1973:78.

89 " ... it is impossible for any two persons to ever have learned the word under precisely the same circumstances ...", LaPorte 1965:258.

Bei näherem Zusehen wird offenbar, daß diese Bedeutungsnuancen, diese keineswegs nebensächlichen Neben-Bedeutungen, unerläßlich sind für den Spracherwerb, auch den Erwerb einer Zweitsprache: "Perhaps this kaleidoscopic shiftiness becomes most painfully apparent when you try to acquire a real working knowledge of a foreign language, that is, a mastery of the subtle nuances that make one phrase courteous and another, perhaps only slightly different, offensive. Even in your own language you may run into problems enough, particularly if you move from one social or cultural milieu to another ...", Salomon 1966:3O.

3.2.2. Konventionen über Vagheiten Wenn Sieberer (1954:15) die effektiven Gehalte den "wandelbarsten Teil des Inhalts" nennt, so ist dies nur eine Stirme im Chor derer, die von der Wandelbarkeit und Fluktuation von Bedeutung überhaupt, insonderheit aber ihrer konnotativen Anteile reden. Solchen Feststellungen steht eine andere, kaum reflektierte Beobachtung gegenüber, daß nämlich die Konventionalisiertheit gewisser stilistisch funktional besetzter Konnotationen (genauer: evaluativer Bedeutungselemente) so selbverständlich zu sein scheint, daß sich niemand fragt, warum eigentlich Gaul - u.zw. für jedermann - abwertiger "klingt" als Pferd. Nur gibt es diese Einmütigkeit nicht für alle konnotativ besetzten Äußerungsmuster und sie wirkt nicht überall in gleicher Stärke. Möglich also, daß es sich dabei um Konventionen in verschiedenen Stadien ihrer Entstehung und Verfestigung handelt (s. 3.12, 3.13, 3.21). Darüberhinaus gilt dieses Faktum der unabgeschlossenen Konventionalisierung auch für denotative Elemente:

27

"Zeichen können nach diesem Autor[Stevenson C . L . , 1945 r Ethics and Language, Yale U . P , ] emotionale und gleichzeitig kognitive Bedeutung haben, denn beide Bedeutungsarten entwickeln sich gleichzeitig. Sie können sich allerdings relativ unabhängig voneinander verändern", Fuchs 1975:58. " ... every speech-form has its own connotative flavor ... and this, in turn, is modified ... in the case of each speaker, by the connotation which the form has acquired for him through his special experience", Bloomfield 1967:

155.

90 " . . . parmi les connotations, certaines sont institutionalises, d'autres sont idiosyncrasiques. Inversement, la valeur denotative d'un terme peut varier d'un idiolecte a l'autre. L Opposition denotation/connotation ne saura.it done etre superposee a 1 Opposition collectif/individual", Kerbrat-Orecchioni 1978:14.

Die Frage, die man sich stellen muß, wenn man die relativ fixe Konventionalisiertheit wenigstens bestimmter konnotativer Besetzungen anerkannt hat, ist natürlich die: an welchen Steuerungsmechanismen ist diese Konvention festgemacht? Einer jedenfalls könnte der situative Kontext sein, der den in ihn verwendeten Zeichenmengen ihren Sinn verleiht, außerdem dafür verantwortlich ist, daß diese Zeichenmengen durch die ständige Wandlung eben dieses situativen Kontexts, besser: durch dessen ständig wechselnde Interpretation durch die Kontrahenten, als "schillernd" und "schwerfaßlich" erlebt werden. Natürlich ist der Gefühlswert der "wandelbarste Teil des Inhalts", weil er "in intimster Beziehung zur Portentwicklung der öffentlichen Meinung" steht, wie Sieberer (1954:15) sagt. Das Interessante an dieser Bemerkung Sieberers ist, daß Konnotationen sich entwickeln, u.zw. sozusagen öffentlich, d.h. im Bereich der sich bildenden und festigenden Konvergenz des Sprachgebrauchs. So erklärt sich die ansonsten widersinnige Tatsache, daß gerade dieses scheinbar unwägbare und unkonventionalisierte als Rollen- oder Gruppermerhnal fungieren kann. Gerade diese halböffentlichen, noch nicht verfestigten, sozusagen "intimen Konventionen" konstituieren das inst^ier-Selbstverständnis bestürmter Interaktanten. Aus dem Überschreiten des Nur—Individuellen in der Intim-Gruppe gehen dann die stärker konventionalisierten Gebrauchsbedingungen für konnotative Besetzungen und deren diatypische Funktionen hervor: "Jt is the development of social symbolism, that is, of social connotations independent of individual speakers or individual members of groups, which enables certain linguistic variants to be felt appropriate for, and to evoke situations, or situation-components such as roles, age- and sex-affiliations, formality, informality, authority, seriousness, playfulness, intimacy, affection, deference, insolence - and all this independently of (and sometimes in conflict with) the "basic" meanings of the variants concerned", Denison 1976:293.

So darf man tatsächlich sagen, die volle Bedeutung einer Äußerung, auch eines Wortes sei eben sein/ihr Gebrauch. Ich befürworte keinen schrankenlosen semasiologischen und onomasiologischen Relativismus, wie das vielleicht scheinen mag, sondern bloß einen eher hermeneutischen Standpunkt, der eben kein "Stand"-Punkt sein will.

91

Das heißt, daß Bedeutung als etwas gesehen wird, das nicht besteht, sondern sich ereignet, das gestiftet werden muß und Iraner wieder neu und anders 28 gestiftet wird, u.zw. unter Rücksichtnahme auf die Vorerfahrungen des Partners, vor allem auf jene Vorerfahrungen, die beiden Kontrahenten des Kamunikationsakts 29 gemeinsam sind. Konventionen der Verständigung bestehen nicht vor jeder Verständigung, sie werden im Akt des Sich-Verständigens gestiftet und ausgehandelt. 3.3.

Unerläßlichkeit bestimmter Vagheiten

Die situative Variabilität der Bedeutungsfunktionen, der Bedeutungsnuancen, die sich aus je nach Situation aktivierten konnotativen Bedeutungsbestandteilen herleiten, ihre "mangelnde" Konventionalisiertheit, ist nötig, ja unverzichtbar für Konstituierung und Fortführung geglückter kommunikativer Interaktionen. Weil eben mit ihrer Hilfe Kcranunikation als Interpretationsangebot pro Situation stattfindet. Konnotationen sind infolgedessen keine ephemeren Zufälligkeiten, sondern funktionale, expressive Elemente, und höchstwahrscheinlich essentielle Instrumente sprachlicher Kompetenz überhaupt, der Fähigkeit nämlich, sich der Varia3O bilität und Flexibilität situativer Kontexte zweckentsprechend anzupassen. Und so gelangt man zu einer anderen Auffassung, nänlich der von der grundsätzlichen, wenn auch nicht durchgehenden oder gleichmäßigen Geregeltheit der konnotativen Bedeutungsfunktionen. Und zur Kenntnisnahme ihrer fast durchgehenden, wenn auch nicht iraner gleich starken Präsenz.

28

" . . . wie aus den grundsätzlich vagen Interaktionszusammenhängen stabile Produkte der Bedeutungsproduktion und -interpretation werden, ist von Garfinkel und Cicourel ... erforscht worden", Kallmeyer/Schütze 1976:23.

29

" . . . If there is great variance among the emotional meanings for a word, then ... successful communication is less likely to take place or does not occur, depending upon the degree of variance present", LaPorte 1965:258.

30

" . . . pour un aphasique qui a perdu la capacite de "communication de code1 (code-switching), son "idiolecte 1 devient, a la verite, la seule realite linguistique", Jakobson 1963:54f. f zit. nach Schlieben-Lange 1975:203, Anm. 25. "Figurative Konnotationen sind auf die interpretatorische Fähigkeit der Sprecher zurückzuführen, semantische Einheiten ganz oder teilweise auf neue Referenzebenen zu projizieren ...", Rössler 1979:84.

92

Erst aus dem Zusamnenwirken der denotativen und konnotativ-evaluativen Bedeutungskonponenten entsteht die vo 1le, "funktionierende" Bedeutung (s. 3.16): "Tout mot est appris et utilise de teile facon gu'il n'est, ä aucun moment, possible de distingruer fonction symbolique et fonction emotive", Molino 1971:19.

Die konnotativ-evaluativen Bedeutungskomponenten sind nötig (üllmann 1971: 141), um das Register zu signalisieren; sie sind unerläßlich, weil ohne diese "Neben"-Elemente, sozusagen ohne Register, gar nicht geredet werden kann. Reden ist nie bloßes Bezeichnen: es bezeichnet imner mit einem bestimmten (interpretativen) Zweck: "Die Sprache kann niemals zur Photographic der Welt werden, weil das Gehirn des Menschen keine ehrliche Camera obscura ist, weil im Gehirn des Menschen Zwecke wohnen und die Sprache nach Nützlichkeitsgründen geformt haben", Mauthner 19O6:48.

Durch diese interpretative Bezeichnungsabsicht werden "die meisten Dinge der Außenwelt und ihre Eigenschaften nicht nur nüchtern erkennend aufgefaßt, sondem darüber hinaus anteilnehmend erlebt" (Sieberer 1954:8), 32 was den Mitgliedern einer Kulturgemeinschaft zu jenem Identifikationserlebnis und Zusanmengehörigkeitsgefühl verhilft, von dem Martinet (1967:1292) sagt: "Mais on pourrait le paraphraser en disant que la culture n'est pas dans les denotations, mais dans les connotations".

Wunderlich (1974b:799) geht noch weiter, wenn er behauptet, Bezeichnen und Referieren finde erst statt innerhalb bzw. unterhalb der Stiftung interper-

31

" . . . notre conditionnement culture! qui nous a dresses ä n'admettre comme inter-communication veritable que I'exchange denotatif rationnel, alors que notre experience quotidienne dement l'importance de ce type d 1 exchange et demontre que les regies effectives du jeu verbal sont d'une tout autre nature ...", Kerbrat-Orecchioni 1978:45f. " ... nuch of what we say is not a statement of fact but an evaluation", Palmer 1976:35.

32

Konnotative Besetzungen tragen bei zum Aufbau der Werthierarchien: "Unter den Beiwerten der Wörter einer Sprache finden wir also u.a. alle in der betreffenden Zeit gültigen Wertungen", Sieberer 1954:14; vgl. auch KerbratOrecchioni 1978:6, Anm. 6 und Hartig/Kurz 1971:31.

93

sonaler Beziehungen (mit Hilfe von Bedeutungsnuancierungen), sodaß also "die sog. referierenden Akte eines Sprechers den interpersonale Beziehungen herstellenden Akten stets untergeordnet sind, also unabhängig von diesen überhaupt nicht möglich sind". 3.3.1. Evaluative Bedeutungskomponenten "Linguistic intercourse commonly does not deal with things as they are, but as they are esteemed to be, as they are felt and appraised", Pos 1950:284. "An 'evaluative factor' accounts for by far the largest portion of the variance", Osgood 1972:32.

Wenn der sprachbesitzende Mensch den Mund auftut, urteilt er, bewertet er die Welt, lobt und tadelt er, d.h.: die Welt, seinen Zuhörer, und insgeheim sich selbst. "Vielleicht ist D. Hume mit der grundsätzlichen Unterscheidung von Erkenntnis und Wertung ... als Ahnherr des auf dieser Unterscheidung basierenden, besonders von Ogden & Richards (1923) propagierten sprachphilosophischen Dualismus zu betrachten", Fuchs 1975:53. "Hjelmslevt dans Powf une s&manti,que stvuoturale (in: Essais linguistiques, 1959:109, Copenhague), souligne gue la signification d'un mot n'est pas a rechercher dans la description scientifigue des choses evoguees, mais dans 'les evaluations adoptees par cette communaute, les appreciations collectives, l'opinion sociale' ...", Molino 1971:13f.

Eine umfassende semasiologische Betrachtung muß auch diese evaluativen Elemente (Coseriu spricht von Wertungen, die den Lexemen "einverleibt" seien, 1973b/1978:207) des semantischen Lustrumentariums berücksichtigen, also "alle Begleit- und Nebenvorstellungen, die ein Wort gewohnheitsmäßig und unwillkürlich bei uns auslöst", Erdmann 1925 (zit. nach Debus 1977-.2O), d.h.

33

" ... il contenuto di una parola puö comprendere una valutazione etica o estetica ehe il locutore da alle 'cose' di cui parla", Stati 1978:114f ..." "'Patate 1 apporte des informations differentes de 'pomme de terre", mais ces informations sont etrangeres au referent du terme: elles portent sur le locuteur et sur la situation de communication", Kerbret-Orecchioni 1978:15f.

34

Neuerdings beginnen im Zuge pragmalinguistischer Überlegungen die konnotativen Bedeutungsaspekte wieder neues Interesse zu finden, ein Beispiel ist die Untersuchung von Keller (1977), ein Versuch, "das, was man traditionell 'konnotative Bedeutung' genannt hat, zu explizieren" (ebd.: 5 ) .

94 "a!2e reaktiven Gefühle und Stimmungen, die es erzeugt", Kronasser 1952: §26.

Die evaluativ-konnotative Besetzung der Redemittel ist als strategischer Akt sowohl bewußt als auch (potentiell) konventionalisiert. Denn konventionalisiert müßten diese Elanente ja wohl sein, wenn sie in strategischen Zügen als solche überhaupt bemerkt werden sollen, ohne im Wittgensteinschen Sinne Privatsprache zu bleiben. Meine Annahme ist nun folgende: Die Konventionalisiertheit konnotativer Bedeutungselemente istj

da sie u.U. jeweils gerade erst gestiftet

wird oder sich

weiter bestätigt, graduell. Das scheint mir hinter der Forderung KerbratOrecchionis (1978:110: "Jl convient done, tout en signalant leurs äffinitos, maintenir une distinction entre connotation affective

de

et connotation

axiologigue") zu liegen; nämlich die allmähliche Installierung von Konventionen im Zusammenspiel zwischen Individualsprache und dem ihr zum Hintergrund dienen-

den iSprachsystem den

("les rapports entre Systeme et un individu", Molino 1971:

13): "Es handelt sich um Lexeme, die ein Urteil einschließen", Rössler 1979:89; "dabei ist die Grenze zwischen individuellen und kollektiven resp. habituellen Konnotationen schwer zu ziehen, da der 'Grad der Konventionalisiertheit für eine Sprachgruppe' (R. Kloepfer, 1975, S. 91) schwer bestimmbar ist", dies. 1979:41.

Graduelle Konventionalisiertheit reicht vom Einverständnis zwischen zwei Konmunikationspartnern 37 über eine Zwischenstufe 38 bis zu nationalen Auto-

35

"Die Bewertung ist eine aktive Tätigkeit des Sprechenden bzw. Hörenden"/ Gamillscheg 1951:94.

36

" . . . whenever the users of a language evince a fairly uniform emotional response to a given word, that response becomes part of the ... standard meaning of the word in that language", Salomon 1966:27.

37

"Aber weil die Sprache immer etwas zwischen den Menschen ist, sozial ist, so kann sie wieder bei einem Einzigen nicht sein. Wer nur darauf achtet, wird bald bemerken, daß man außer von Individualsprachen auch von Individualsprachen zwischen je zwei Menschen reden könnte", Mauthner 19O6:29,

38

" . . . c'est que bien des connotations appartiennent au code trans-textuel et/ou trans-individuel; que par consequent I'axe langue/parole n'est pas pertinent pour fonder 1 Opposition denotation/connotation", KerbratOrecchioni 1978:14.

95

matisiertheiten, etwa in Sympathie- und Antiwörtem. 39 Wörter laden sich konnotativ auf, u.zw. nicht so sehr am Qngang mit ihren Referenten (wie noch in Sornig 1969 behauptet wurde), sondern dadurch, daß ihre Benutzer mit ihnen umgehen, d.h. eher an der Hörerreaktion. Wenn es kein Bedeuten ohne Bewerten 40 gibt, dann gibt es auch kein Bewerten ohne Wirken, ohne die Beeindruckung des Rezipienten, geplant oder nicht. Die evaluative Seite aller Sprachbenützung ist unausweichlich, scdaß die Werturteile, mit denen lexikalische Elemente befrachtet sind, bei deren Gebrauch unbedingt mitvollzogen werden. Man darf das Bedürfnis, die Welt zu bewerten, als ein anthropologisches, die Strategien zu dieser Evaluation als ein linguistisches Universale betrachten: 41 " ... it is these pervasive affective features which dominate much of our behavior; ... what is important to us now, as it was way back in the age of Neanderthal Man, about the sign of a thing is: First, does it refer to something good or bad for me? ... Second, does it refer to something which is strong or weak with respect to me? ... And third, for behavioral purposes, does it refer to something which is active or passive? ... These 'gut' reactions to things and their signs ... have the properties of semantic features ...", so begründet Osgood (1971a-.37f.) seine E'-P-A-Faktoren (zit. nach Hörmann 1976:101).

Das Wechselspiel zwischen Ephemerität und Konventionalisiertheit konnotativer Besetzungen ist durch die situative Angesiedeltheit von Kommunikation

39

"Man kann hier bei der Reaktion auf Wörter durch die jeweils traditionsunterworfenen Menschen in der Tat von Gefühlsautomatismen sprechen, die von einer abweichenden persönlichen Erfahrung des Hörers oder Lesers kaum beeinflußt werden", Dieckmann 1964:31; vgl. auch Sieberer 1954:11.

40

" . . . der Interaktionsprozeß, wie jeder Verhaltensprozeß, hat einen dynamischen Aspekt der Bewertung", de Grada 1972:119 (zit. nach Bielefeld 1975b:4).

41

Vgl. auch Ortega 1961:152 ( s . 2 . 7 ) ; Die wesentliche Rolle affektiver Inhalte ließe sich durch die Stimmen zahlreicher weiterer Autoren unterstreichen: "Die Klassen der Nomina sind ebenso ursprünglich Wertklassen, als sie Sachklassen sind: es prägt sich in ihnen nicht sowohl die objektive Beschaffenheit des Gegenstandes als die gefühlsmäßige und affektive Stellung, die das Ich ihm gegenüber einnimmt, aus", Cassirer 1956:16; " ... die Vorstellung, daß sich individuelle und soziale Vorgänge mit Hilfe eines nichtmoralischen Vokabulars angemessen beschreiben und erklären

96

überhaupt begründet, sie ist es, was konnotative Nuancierungen zugleich erforderlich und fluktuierend macht: weil "Situation" erst durch die Interpretation der Interaktanten entsteht. Jede Situation enthält neben den Dingen, dem, was durch die sog. referentiellen Bedeutungsanteile abgedeckt wird, auch noch ihre Kontrahenten, die Kollenträger der konmunikativen Situation, die, u.zw. mit Hilfe der sog. assoziativen, vor allem der emotiven, d.h. dessen also, was wir hier die soziosemantischen Komponenten der Bedeutung nennen, ihr Verhältnis zu den besprochenen Dingen und zum Interaktionspartner signalisieren. Die "Vagheit" soziosemantischer Bedeutungsanteile beruht darauf, daß sie nicht auf eine objektive Wirklichkeit Bezug haben, an der ihre Gültigkeit rückprüfbar wäre, sondern eben auf deren Interpretation durch jeweils andere Individuen; und hier gehört ein gewisses Maß an Divergenz zum Wesentlichen von Komnunikation überhaupt. Daß Konsens nicht besteht über die Wirklichkeit und deren Interpretation kann niemand wunder nehmen, ebensowenig also auch die Tatsache, daß interpretative Sprachmittel die gewünschte Konvergenz vorläufig vermissen lassen. Denn gerade dieser angestrebte, aber immer zweifelhafte und jedenfalls regenerationsbedürftige Konsens über die Wirklichkeit ist das eigentliche Motiv für Sprache! Man würde gar nicht reden zueinander, wenn nicht Unsicherheit bestünde über das Wirklichkeitsverständnis des Partners, ja bezüglich der eigenen Wirklichkeitsschau, die durch die Verbalisierung erst geklärt, gefestigt oder korrigiert werden soll. (Vgl. H.v. Kleist, Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden.) Die Subjektivität konnotativer Besetzungen wirkt umso ephemerer und gleitender, je eher ihr der Faktor der gemeinsamen Benützung abgeht. Sobald der Rezipient der vom Sprecher insinuierten Bewertung Folge leistet, d.h. sie wiederholt, wandelt sich die subjektiv-tentative Wertung zu einer objektiven, weil kollektiven, bis sie sich schließlich u.U. zu einer geradezu denotativen Bedeutungskomponente verfestigt. 3.3.1.1. Wie weit ein Sprecher geht bei dem Versuch, seinem Zuhörer bestimmte Meinungen und Wertungen zu insinuieren, das hängt von der Rollendistanz zum Partner ab, d.h. vom Intimitätsgrad der Kommunikation.

lassen, daß die Erkenntnis überhaupt ein nichtmoralischer Akt sei", Burke (1967:141) in Zweifel.

zieht

97

Je geringer die Distanz, je tiefer die Intimität und die identischen Verstehensgewohnheiten sind, desto eher können nuancierte, kleinste Bedeutungsverschiebungen beim Hörer ankamen und auf Verständnis, ja Nachahmung rechnen. Weshalb sich die Vermutung nahelegt, Sprachwandel ereigne sich zuerst im Intiitibereich der Kcmnunikation zwischen zwei einmütigen Partnern, sozusagen 42 unter vier Ohren.

3.4.

Verschiedene konnotative Dimensionen Es gibt, abgesehen von Osgood, verschiedene Versuche, zwischen den - immer

im Plural gedachten - Konnotationen zu unterscheiden: Rossipal hat 1973 eine Studie zu Konnotationsbereichen vorgelegt, in der er im wesentlichen 3 Kategorien von Konnotationen, vor allem solchen mit

sti-

listisch-strategischer Relevanz, unterscheidet: von Standpunkt der Partnerzugewandtheit setzt er eine Komponente ± emotiv an (1973:36); den Normungsgrad unterscheidet die Komponente * elaboriert und die Sprechereinstellung markiert die Komponente ± expressiv (ebd.: 4 2 ) . Ähnlich bei Ogden/Richards: "Ogden et Richards distinguent guatre fonctions supplementaires gui viennent s'ajouter a la premiere et faire perdre au mot signification son caractere univogue: ce sont l 'expression de l'attitude du locuteur a l'egard de ses auditeurs, de l'attitude du locuteur ä l'egard du referent, le resultat des intentions du locuteur et des effets gu'il cherche ä provoguer cnez l'auditeur, enfin la tonalite gui caracterise la pensee, sous la forme de sentiments d'agrement ou de difficultes gui l'accompagnent (Ogden-Richards, I960, 223-227)", Molino 1971:18.

Die Dimensionen bei Ogden/Richards deuten m.E. auf Etappen eines Prozesses, des Übergangs von der rein privaten, ephemeren, weil einmaligen Stellungnahme über als idiolektale Gewohnheit konstituierte Selbstdarstellungsmittel zur Übertragung evaluativer Intentionen auf den Interaktanten; u.zw. so, daß durch

42

Auf die im Rahmen der Diskussion um Normbewußtsein und Kreativität sehr eindrucksvollen Überlegungen Finkes (1975, bes.: 28) zum Unterschied zwischen grammatischer und pragmatischer Toleranz sei hier ausdrücklich verwiesen.

43

" . . . la connotation subvertit, dans une certaine mesure, le fonctionnement 'normal 1 - denotatif - de la designation: pour eile, un "chat" n'est pas necessairement un chat . . . " , Kerbrat-Orecchioni 1978:205.

98

"persuasive Gewöhnung" der Hörer immer adäquater die Haltung des Sprechers mitund nachvollzieht - diese Übergänge ereignen sich allerorten und zeigen, daß Sprach-Gebrauch inner unterwegs ist vom Versuch zum Brauch. Wenn man versucht, einen unterschied zu machen zwischen a) assoziativen, dem Denotat anhängenden und auch kollektiv konventionali44 sierten, geradezu lexikonreifen konnotativen Bedeutungsbesetzungen (3.21), b) hörergezielt funktionalen Konnotierungen eher privaten Ursprungs, die den spezifischen Zuhörer zum Nachvollzug einer Sprecherintention einladen sollen, und eventuell c) solchen Konnotierungen, die lediglich eine Sprechermeinung signalisieren, ohne ausdrücklich auf die Beeinflussung des Rezipienten abzuzielen, wohl aber die Selbstdarstellung des Sprechers in den Vordergrund stellen, so erhalten wir eine Palette konnotativer Wirkelemente in verschiedenen Graden der Konventions-verfestigung, die man etwa in 3 Bereiche (nunmehr in umgekehrter Reihenfolge: vom Ich über das Du zum Wir) aufgliedern darf. Etwa so: EMOT = Komponenten, die die emotioneile Beteiligung des Sprechers an dem Gesagten ausdrücken und die seiner Selbstdarstellung dienen; man könnte auch vom illokutiven Aspekt der Konnotierung sprechen: EHJT drückt die Sprecherbedeutung aus; PERL = perlokutiv-appellative Aspekte der Konnotierung, solche, die auf eine Wirkung beim Zuhörer abzielen: PERL bezieht sich auf die Hörerbedeutung; EVAL = konnotative Assoziationen, die objektivierbare Wertungen von Referenten ausdrücken: EVAL stiftet kollektive evaluative Konventionen. Wörter transportieren inner auch den Ausdruck subjektiver Meinung und Wertung: 7 also die emotive Anteilnahme des Redenden. Jeder Äußerungsakt gibt außerdem Gelegenheit, die Wirkung des Mitgeteilten (also auch des emotiven Gehalts) auf den Zuhörer zu beobachten. Aus diesen Beobachtungen und Hypothesen

44

Die Auffassung Rösslers (1979:81) halte ich - trotz der verschiedenen Terminologie - für ähnlich: " ... zwischen sensitiven, emotiven, imaginativen und assoziativen Konnotationen besteht ein abnehmendes Verhältnis der Kontiguität, eine reduzierte Referenzbeziehung".

99

zur Partnerreaktion geht allmählich die Komponente PERL hervor, die bewußt und gezielt auf Wirkung beim Rezipienten eingesetzt werden kann. PERL ist zu verstehen als Interpretationsinsinuation und Handlungsanweisung am Abbild der subjektiven ETCT-Komponente. 45 EVAL schließlich bewertet den Gegenstand "an sich" (also "objektiv"), es handelt sich um Interpretationen von Wirklichkeit, die durch kollektive kulturspezifische Konventionen abgesichert sind. Die Abgrenzung zu PERL, wo solche kollektive Wertungen erst gestiftet werden sollen, ist nicht reinlich zu vollziehen: " . . . it is not always possible to draw a sharp distinction between utterances expressive of the speaker's whishes and utterances which serve as directives imposing upon the addressee some obligation. But we may leave this particular point for the present, noting only that what Jakobson and others have referred to as the conative function of language merges with the expressive function, on the one hand, and the instrumental, on the other", Lyons 1977:53.

U.a. ist es Palmer (1976), der auf den ganzen Fragenzusarmenhang einigermaßen detailliert und hellsichtig eingeht, wenn er (ebd.: 34f.) zu den (denotativen) Bedeutungskategorien "cognitive", "ideational", "denotational" und "propositional" sagt: "But it is l>y no means the only kind of meaning and it is not even clear that it is the most important — A great deal of our meaning is not 'ideational' at all, but is 'inter-personal' or 'social', relating ourselves to others".

Noch direkter auf das, was wir hier soziosemantische, perlokutive Bedeutungsanteile nennen, könnt er (ebd.: 36) zu sprechen: " ... language is often deeply concerned with a variety of social relations. We can be rude or polite, and the decision to be one or the other may depend

45

" . . . to communicate metaphoric information about how they intend their words to be understood", Gumperz 1976:3.

46

"Le trait axiologique a un Statut hybride: il releve ä la fois de la denotation (information sur la bonne/mauvaise qualite de l Objet designe) et de la connotation (information sur la disposition favorable/defavorable du locuteur ä son egard) - mais a degres divers ... " Kerbrat-Orecchioni 1978:110. Beachtenswert ist bei Rössler (1979:12Of.) die Unterscheidung der Konnotationen danach, ob die Interessenrichtung ihrer Intentionen auf den Sprecher, das Partnerverhältnis oder sachbezogen ist.

100 upon the social relationship with the person to whom we are speaking ... Some parts of language are wholly social and carry no information ... at

all." 47

Es ist gerade der Zwischenbereich zwischen den privaten emotiven, performanz-orientierten Selbstdarstellungsmitteln und den konventionalisierten evaluativen Bedeutungsbesetzungen, in dem anhand der Partnerreaktion konnotative Konventionen gestiftet werden, was hier interessiert; denn aus derartigen Bräuchen zwischen Sprachbenutzer und Adressat geht wahrscheinlich das hervor, was unter (konventionalisierter) stilistischer Bedeutung verstanden zu werden pflegt. 3.4.1. In der vorliegenden Untersuchung wird u.a. der Frage nachgegangen, welche Beziehungen bestehen zwischen der Standardnähe (±N) eines lexikalischen Elements und seiner (individuellen) konnotativen Besetzbarkeit und Beweglichkeit, sodaß etwa Divergenz der Informantenurteile unter N bzw. I und E auftreten würden, d.h. es stellt sich überhaupt die Frage, wie stark die Konvergenz stilistischer Urteile unter jeweils verschiedenen pragmatischen Gesichtspunkten variiert. Die Parameter , , versuchen einen anderen perspektivischen Ausschnitt aus dem konnotativen Spektrum, das oben mit den Etiketten EMDT, PERL und EVAL skizziert wurde, auszuleuchten. 3.5.

Stilistische Bedeutung " gue la semantique et la stylistique sont deux phases d'une meme description", Lipschitz 1977:XXX.

Stil ist das Zusammenwirken von Elementen der Partnerbedachtnahme und der Text-(d.h. thematischen)-Angemessenheit. Die verfügbaren Mittel werden auf den zu vermittelnden Inhalt (Text) und den Adressaten abgestimmt. Was die Kon-

47

Ähnlich Salomon 1966:28: "When someone says 'Watch your language!' he is usually not attacking your right to refer to the thing(s) you are referring to, but only urging you to abstain from an expression that vn itself', quite apart from its denotation and linguistic connotation, is offensive to his ear or eye. There are, as Professor Hayakawa puts it, words that snarl and words that purr ..."

101

ventionalisiertheit der Mattel angeht, so kann man vorderhand eines sagen: je sachlicher (d.h. ich-ferner) der Inhalt und je fremder der Adressat, desto fixer konventionalisiert (d.h. auch ent-emotionalisiert) und ent-individualisiert müssen die Mittel sein, damit mit ihrer Verwendung kein Risiko verbunden ist. In der vorliegenden Untersuchung wird die Auffassung vertreten, daß die Begriffe "Stil" und "stilistische Variation" für die Interpretation sprachlicher Unterschiede mehr hergeben als etwa die allzu orthodoxe Korrelation der Schichtzugehörigkeit eines Sprechers mit seinen sprachlichen Wahlentscheidungen. Vgl. Quasthoff 1975:13: "Mit Sicherheit hat der Sprecher Vorstellungen von der Korrelation zwischen sozialer Schicht und bestimmten Sprachformen. In seine eigene verbale Planung werden diese Vorstellungen jedoch allenfalls in Form von situationsadäquat zu seiegierenden stilistischen Merkmalen Eingang finden".

Der kreative Spielraum, der dem kompetenten Sprecher so gerne und freizügig zugesprochen wird, liegt nicht im Bereich der referentiell-denotativen sog. Kernbedeutungen, sondern im Bereich des individuell-effektiven und des partnerbezogenen perlokutiv-appellativen Konnotierungsrepertoires. Diese Elemente machen die Äußerungen des kompetenten Sprechers registerfähig und registertransparent. Hier enkodiert er seine Selbstdarstellung, seine Mutmaßungen und Erwartungen bezüglich seines Zuhörers, hier verwirklicht er - mehr oder weniger kompetent - Stil. Stil ist eine funktionale Größe; ein praktisches Instrument: Stil ist etwas, das wirkt: "Wenn ich z.B. Jargon spreche, so signalisiere ich dadurch, daß meine Rede nicht an eine Allgemeinheit gerichtet ist; oder wenn das letztere trotzdem der Fall ist ..., so signalisiere ich mit dem Jargon meinen Veracht vor dem Publikum ...", Rossipal 1973:27.

Deshalb müßte Stil beschreibbar, wenn schon nicht meßbar sein an der Reaktion des Rezipienten eher als an den Absichten des Verfertigers einer Äußerung (sogar dann, wenn diese deklariert sind). Der Rezipient ist der Maßstab für stattgehabte (nicht bloß geplante) stilistische Wirkung. 3.5.1. Komponenten-Fokussierung Bn Anschluß an das oben Gesagte kann man stilistische Bedeutung polyfunktional betrachten, u.zw. wenigstens von den drei genannten Aspekten her: der

102

emotiven Selbstdarstellung, der perlokutiven Beeindruckungsintention, und der referentiellen Saohbewertung. Inwiefern stilistisches Bedeutungspotential wohl nicht als "zusätzlich" anzusehen ist (wie bei Fischer 1965:147), sondern in vielen Fällen als obligatorisch (nämlich im zweiten Enkodierungsgang), ist schon erörtert worden. Darüberhinaus wäre zu bedenken, ob nicht die Einbeziehung der konnotativen Komponenten in die semantische Enkcdierung auch im Hinblick auf die denotativen Komponenten insofern einen Einfluß ausübt, als bestürmte denotative Elemente in einem gegebenen konnotativ besetzten Rahmen gar nicht erst zum Tragen 49 kennten. Semit fügen konnotative Bedeutungselemente nicht nur etwas zur sog. Kernbedeutung hinzu, sondern sie reduzieren und modifizieren diese und die gesamte Bedeutungskonstellation. Im aktuellen Be-deuten werden Äißerungselemente jeweils mit einem bestürmten Anteil ihres Bedeutungspotentials eingesetzt, d.h. durch ko-textuelle Kombinatorik werden bestimmte Merkmale (unter Ausblendung anderer) fokussiert. 5O Stilistische Enkcdierung stellt ab auf den perlokutiven Aspekt und erreicht ihren Zweck durch !-fertanal-TJmreihung und Um-Gewichtung. Und es scheint, als ob

48

It "becomes a resource, which can be built on to lend subtlety to what is said", Gumperz 1976:7. Vgl. auch Alinei 1975, wo die Vermutung wieder einmal verlautbart wird, daß semantische Strukturen vielleicht doch keine "unique hierarchy" darstellen, "but may be dominated by each distinctive feature occurring within the structure" (zit. nach LTA: 76-3).

49

Dazu vergleiche man z.B. Kerbrat-Orecchioni 1978:163: "Le mecanisme est done analogue a celui qui caracterise la metaphore et l'ironie: le decodage du sens litteral etant bloque par certains facteurs contextuels ou situationnelsi il nous renvoie directement ä une interpretation seconde plus vraisemblable" und Rössler 1979:62, Anm. 35: "Nur aus der Zusairanenordnung der semantischen Einheiten und der Aktualisierung von Konnotationen ..., und indem nicht die denotative, sondern die konnotative Bedeutung einen neuen semantischen Raum eröffnet, erhalten Phraseologien ihren Sinn".

50

"Mikrosemantische Konnotationen sind Aktualisierungen oder Projektionen von Explikativen einer bestimmten Denotation auf weitere Referenzebenen. Das heißt, daß mikrosemantische Konnotationen als aus der Explikativmenge eines Bezeichnungsinhalts bzw. einer Denotation aufgrund pragmatischer Bedingungen selektierte Mitbedeutungskomponenten aufzufassen sind", Rössler 1979:81.

103

derartige Umreihungen und Un^ewichtungen semantischer Merkmale - entgegen einer Lieblingshypothese wissenschaftlicher Semantik von der Hierarchisiertheit semantischer Merkmalmengen - ein Ingrediens der Planungs- und Dekodierungsstrategien von Sprecher und Hörer sind. Was die Anzahl und Erweiterungsfähigkeit der semantischen Merkmale angeht, so gilt jedenfalls die Schlußfolgerung Hennes (1972:127): "Die Lexik innerhalb eines individuellen (Sprachkompetenz) oder kollektiven Sprachsystems ist unter synchronisehen Aspekten als offenes lexikalisches System zu definieren ... Im Gegensatz zu dem prinzipiell geschlossenen System der die Ausdrucksseite konstituierenden Phoneme und ihrer distinktiven Merkmale ist auf der Inhaltsseite ein exhaustiver Katalog semantischer Merkmale vorerst nur innerhalb lexikalischer Paradigmen feststellbar".

3.6.

Meßbarkeit unerläßlicher Vagheiten

Sicher muß man nicht gleich alles messen wollen. Dennoch darf man die Frage stellen, ob, wenn Konnotationen weder zufällig noch nebensächlich, sondern bewußt eingesetzte funktionale Größen sind, sie auch in irgendeiner Form quantifiziert sichtbar gemacht werden können. Ob, wenn ein bestimmtes Wort einen familiären Klang hat, es vielleicht ein anderes gibt, das noch familiärer "klingt", u.zw. eingestandenermaßen; und, "um wieviel" dieses zweite Wort familiärer wirkt. Ein Wort zu dem bekanntesten, wenn nicht gar einzig brauchbaren Versuch, Konnotationen meßbar, besser: sichtbar zu machen: dem Semantischen Differential (SD) Osgcodscher Provenienz: Das SD ist jedenfalls eine Methode, u.zw. unter Zuhilfenahme des Rezipienten - und das ist das Entscheidende daran -, Wortschatzelemente sozusagen intralingual (wenn nicht feldintern) miteinander in Relation zu setzen, statt referentiell verortete Bedeutungsanteile zu lokalisieren; ein Versuch, die konnotativen Besetzungen von Vergleichswörtern zueinander quasi-poradigmatisoh (bei Fischer 1965 auch syntagmatisch) in Relation zu setzen. Diese systeminterne, intralinguale Skalierung von konnotativen Inhalten ist mehrfach kritisch besprochen worden: "But clearly this tells us little about meaning in general. It may say something about 'emotive' or 'connotational' meaning ...", Palmer 1976:17; vgl. auch Fink 1975.

1O4

M.E. leistet das SD nicht einmal intiver dies : die Messung der konnotativen Bedeutung. Was das SD tut, ist im wesentlichen nicht mehr als, Kbnnotationen mit anderen Konnotationen zu vergleichen. Es leistet keine Beschreibung von Kbnnotation an sich. (Insofern unterscheidet sich das Erkenntnisziel der vorliegenden Untersuchung von dem des Sanantischen Differentials.) In der Frage, wie überindividuell das von Osgood thematisierte "Gefühl" (mit seinen Facetten E, P und A) ist, berührt sich die Fragestellung des SD mit der unseren, nämlich nach der Konvergenz konnotativer Besetzungen innerhalb von Sprechergemeinschaften. Denn, wenn auch konnotative Besetzungen als solche universal sind, kann Art und Grad dieser Besetzung ebenso variieren wie deren Konventionalisiertheit. Konventionen sind aber nicht einfach vorhanden oder werden gestiftet, sondern sie werden erprobt, u.zw. sozusagen aneinander, zwischen Sprecher und Zuhörer. Was das Konnotationsverständnis anlangt, so handelt es sich bei Osgood um Sprachsystem-inhärente assoziative Konnotationen, wo der Proband sein "Gefühl" befragt, um festzustellen, ob ein Wart einen anderen "ähnlich" ist; dagegen sollen unsere Probanden ihre kommunikative Erfahrung in die Bearbeitung

51

Weil mit einem derartigen systeminternen Assoziationsverfahren - wie die bei Osgood 1972:22 erwähnten Untersuchungen von Karwoski und Berthold (Psychological studies in semantics: II Reliability of free association tests, J. soc. Psychol. 1945:22, 87-1O2) gezeigt haben - auch Antonyme assoziert werden.

52

"E, P und A sind also Dimensionen der Bedeutung, die wie kaum andere als Universalien der Sprache angesehen werden können - wobei völlig offen bleibt, ob sie als 'angeboren 1 im strengen Sinne anzusehen sind oder ob nur die Unvermeidbarkeit angeboren ist, sie im Laufe tti-ö/zt-kulturspezifischer Lernprozesse zu erwerben", Hörmann 1976:99.

53

Erwähnenswert ist ein anderer Ansatz zur Erstellung eines semantischen Differentials (auch mit anderer Skalierung) bei Fischer 1965, der auch syntagmatische Assoziationen einbezieht, vom Osgoodschen SD sich aber vor allem darin unterscheidet, daß dem Semantisierungsprozeß eben dieser prozessuate Charakter zugestanden und belassen wird, der Bedeutung zwar notorischerweise schwer meßbar macht, dessen Außerachtsetzung aber immer und unausweichlich eine Verfälschung der Tatsachen mit sich bringen muß: "Eine Einstufung auf dem Semantic Differential zeigt nichts über die Situationsvariabilität eines Begriffes auf einer Dimension an", Fischer 1965:140.

105

des Questionnaires einbringen, ihre Beobachtungen der geplanten möglichen Wirkung des Wbrtgebrauchs. D.h., daß die sog. soziosemantische Komponente sozusagen sozial ostentativ verifizierbar gemacht werden soll. Der Proband assoziert nicht etwas Eckiges oder Bewegtes, Weiches oder Hartes, wenn er ein bestirrmtes Wort rezipiert, sondern er stellt sich eine konkrete Kamunikationssituation vor und schätzt ab, welche (stilistische) Wirkung der Gebrauch eines bestimmten Wortes bei den Beteiligten auslösen würde. Der Informant zieht seine komnunikative Erfahrung zu Rate. 3.7.

Darstellung von Konnotationen

Die Versuche, konnotative Phänomene zu beschreiben, haben, von Erdmann bis Rössler gezeigt, daß eine Darstellung nur unter einem mehrdimensionalen Gesichtspunkt fruchtbringend unternommen werden kann - was nicht ausschließt, daß man die Facetten konnotativer Bedeutungsbesetzung auf einen gemeinsamen Orientierungspunkt, wenn nicht gar Ursprung hin zu interpretieren versuchen dürfte. Dies geschieht etwa in Rössler 1979. Auch Rössler unterscheidet (wie Rossipal und andere) verschiedene Schattierungen von konnotativen Elementen, so etwa indikatorische, interpretative, figurative, imaginative, emotive, assoziative und pragmadifferentielle Konnotationen (1979:62f). Wichtig scheint mir aber vor allem folgendes:

54

" . . . good like male, is somewhat stronger, rougher, more angular, and larger than is nice, which like female shifts toward the weak, smooth, rounded, and small directions of the space", Osgood 1972:34. Vgl. hiezu auch Molino 1971:22: "Les couples d'adjectifs antonymiques qui constituent les echelles associees obligatoirement ä un mot-stimulus, jouent un role ambigu: d ' u n cote, ils sont des mots doues de signification et de l'autre, ils servent d'etalon de mesure pour la signification d'autres mots. Ainsi, les trois facteurs fondamentaux distingues par Osgood qui se retrouvent dans les diverses echelles, evaluation (bon-mauvais), puissance (fort-faible), activite (rapide-lent), montrent-ils que 1'association est orientee, par les conditions et les intentions de 1"experience, dans une perspective de 'jugement de valeur a f f e c t i f , qui se superpose ä une perspective d'analyse semantique fondee sur la synonymie: I 1 association de 'courtois' ä ' t r e s bon 1 et un jugement de valeur, 1'association de Oourtois 1 ä 'tres detendu' et une analyse semantique fondee sur une synonymie plus ou moins lointaine et metaphorique".

106

3.8.

1)

dem Modell Rösslers liegt ein lexematischer, kein syntaktischer Ansatz zugrunde;

2)

die Erkenntnis von der graduell verschiedenen Konventionalisiertheit;

3)

die (heutzutage nachgerade pflichtgemäße, dennoch nicht überflüssige) Thematisierung der mannigfaltigen Ideologisierungsmöglichkeiten durch die Handhabung von Konnotationen;

4)

der Versuch, die Herkunft von Konnotationen aus dem situativen Bedingungs-Umraum der jeweiligen Interaktion zu erklären (wenn dieses pragmasemiotische Komnunikations- und Konnotationsmodell (Pössler 1979:127ff.) einigermaßen komplex ausfällt, so gilt mir dies nicht als mangelnde Einfachheit, sondern als Abbild der kommunikativen Wirklichkeit);

5)

auch, und dies sei besonders betont, erklärt sich diese (durchaus erhöhbare) Komplexität des Modells nicht zuletzt aus der Erkenntnis, die Rössler einzubringen versucht, daß Semiosevorgänge durch ihren pvozessualen Charakter gekennzeichnet sind. Beobachtbarkeit perlokutiver Phänomene "II n'Importe pas seulement de reconnaitre les categories stylistigues, mais il faut savoir les motiver", Lipschitz 1977:XXIX.

Abgesehen davon, daß denotative Bedeutungsanteile - weil diese nichts Graduelles enthalten - vielleicht gar nicht in dem Sinne meßbar sind, daß ihre Inhalte auf eine lineare Skala abbildbar wären (ein Verfahren, das also für evaluative Bedeutungsinhalte viel eher plausibel erscheint), muß bei der "Messung" von Konnotationen beachtet werden, daß sie nicht an der gegenständlichen Wirklichkeit - wie allenfalls die referentielle Bedeutung - rückprüfbar sind, sondern an den Absichten des Sprechers, und, da diese nicht

55

"By pragmatic understanding of a word-meaning I mean that through it a perspective of action is opened to the mind. There is some analogy with the understanding of a tool ...", Pos 1950:286.

56

Bei Rössler 1979:116ff. ist die Rede von den "divergierenden Konnotationsrepertoires" einzelner Kommunikationspartner.

107 sichtbar, höchstens erfragbar sind, an der Wirkung auf den Rezipienten, deret-

wegen sie ja gesetzt werden, also an der kcmnunikativ-interaktionellen Wirk57 lichkeit, d.h. an ihrem perlokutiven Effekt aufgezeigt werden müssen/können. An Stelle des "Gefühlswerts" tritt die antizipierte bzw. angezielte - weil anzielbare - Reaktion des Komiunikationspartners in den zentralen Blickpunkt des Konnotationsbegriffs. Wobei die Wirkungsmöglichkeiten von Konnotationen inner 58 wieder neu zur Erprobung gestellt sind, d.h. perlokutive Aspekte sind unter dem Gesichtspunkt permanenter Konventionalisierung zu sehen. An der kaum zu leugnenden Tatsache, daß es mißglückte Konnotationsverwendung gibt (sodaß als Zynismus verstanden wird, was als Spaß gemeint war), daß 59 also illokutiver und perlokutiver Aspekt einer Äußerung nicht kongruieren, weil entweder die Einschätzung der Situation mangelhaft erfolgt ist, oder aber der Zuhörer in seinem semantischen, vor allem konnotativen Potential falsch diagnostiziert wurde, seine Konventionen nicht die des Sprechers sind, zeigt sich nochmals die Relevanz des Phänomens "Mißverständnis" für alle konrnunikativen Akte. Wenn man Sprache als Mittel zu Handlungsanweisungen betrachtet ("directive function" bei Leech 1974:48), " . . . daß Lexeme nicht als Zeichen für außersprachliche Korrelate aufgefaßt werden dürfen, sondern als Anweisungen an den Kommunikationspartner, bestimmte sprachliche und/oder nicht-sprachliche (kognitive, emotive etc.) Operationen im Rahmen kommunikativer Handlungsspiele zu vollziehen", Schmidt 1972:63,

so darf nicht übersehen werden, daß Handlungsanweisungen in jeweils verschiedener situativer Einbettung auf den jeweiligen Partner hin enkodiert werden

57

"Pragmatische Konnotationen sind ... durch adäquates Verstehen oder durch beabsichtigtes oder unbewußtes Mißverstehen seitens der beteiligten Kommunikatoren von konnotationsbeladenen Denotationen ausgelöste Handlungen", Rössler 1979:111.

58

Zum Begriff der Konnotation als einer Verwendungsrestriktion vgl. Rossipal 1973.

59

So betont u.a. Salomon (1966:35) " ... a) that emotive connotation is indeed part of meaning; b) that, like the other components of meaning, it is not inherent in any given verbal symbol but is imputed by the users of the symbol; and c) that the speaker's intention and the hearer's inference do not necessarily coincide".

108

müssen. Deshalb können sie gar nicht in dem Sinne Allgemeingut sein, flaß sie ohne Rücksicht auf das Ambiente "gleich-gültig" eingesetzt werden können. Damit ist auch klar, warum die konnotative Seite der Bedeutung derart unscharfe Ränder zeigt: weil die Klarheit semantischer Inhalte abhängt von der "Einverständnis-Übung" unter Kotiraanikationsgenossen, von der Gleichartigkeit dessen, was man mit und an einem sprachlichen Zeichen gemeinsam erlebt hat. Bedeutungsfixierung ist eine Sache der Erprobung. Die Gefahr des Mißlingens konnotativer Botschaften ist dem Sprachbenutzer auch viel bewußter als bei denotativen Inhalten. Weil er weiß, daß das Merkmalrepertoire dieser Kategorie beim Zuhörer wahrscheinlich nie ganz dasselbe sein wird wie das des Sprechers. 3.9.

Unterschiede der Markiertheit bzw. der Stilempfindlichkeit

Man kann nicht damit rechnen, Haß die konnotative, soziosemantische Besetzung, auch nicht für ein und dasselbe Wort, konstant ist, sondern man muß annehmen, daß sie - auch im Falle sog. obligatorischer konnotativer Markierungen je nach dem Ko-Text, in den ein Lexem eingebettet ist, variieren wird. Schon aus dem Grund war eine starke Divergenz der Informantenurteile über unkontextualisierte Lexik wie in unserem Fragebogen zu erwarten. Eine andere Frage ist die nach der soziosemantischen Sensibilität bestimmter Sprachbenutzer. Möglicherweise ist auch diese gestuft oder variabel, d.h., daß sie idiolektal oder schichtenspezifisch unterschiedlich besetzt sein kann, oder daß diese Sensibilität situationsabhängig schwankt. Markiertheit ist jedenfalls nicht etoras, das den Wortschatzelementen inhäriert, sondern ihnen von den Benutzern zugeschrieben wird. Diese Zuschreibbarkeit wiederum kann von dem Maß abhängen, in dem der Sprachbenutzer für solche Markierungen empfindlich ist, oder aber von der Situation, die eine solche Besetzung nötig erscheinen läßt/lassen könnte. Wenn die Informanten in bestürmten Fällen in ihren Urteilen über Wörter weitgehend übereinstirnnen (ähnliche Ergebnisse brachte die Untersuchung von

60

Rossipal (1973:28) unterscheidet obligatorische, fakultative und kontextuelle Markierungen.

109

LaPorte 1965), so bedeutet dies, daß sie sich mit diesen und über diese Wörter ohne Sest verständigen können. Daß andere lexikalische Elemente keine stark konvergenten Bewertungen erfahren, zeigt uns, daß nicht der gesamte Wortschatz gleichermaßen und auch nicht gleichartig konnotativ besetzt ist, daß also nicht jedes Wort den gleichen Verständigungs- und Verständnisradius hat, weil eben der Konsens über S3ine (volle, soziosemantische) Bedeutung sich über ungleiche Personengruppen erstreckt. (Vor allem dürfte es Lexikon-Elemente geben, die in Kleingruppen anders besetzt sind und anders verstanden werden als in der Gesamtsprechergemeinschaft. ) Die Auswertung zeigt, daß die einzelnen Befragungsparameter zwar jeweils Gruppen von Wörtern mit ähnlichen Stilwerten erbringen, daß diese Gruppen aber je nach dem erfragten Parameter teilweise verschieden zusammengesetzt sind (Tabellen B- ) . Auch die Konvergenz der Meinungen ist je nach Parameter verschieden: I zeigt am meisten, N die geringste Konvergenz der Taxierungen. Das ist eigentlich ein unerwartetes Ergebnis. Die Parameter sollten - da sie nach dem Kriterium der Ich-Distanz (s. Sornig 1977e) gestuft sind - bei I (und vor allem E) eine höhere Quote subjektiver Urteile erbringen. Das Urteil der Befragten würde danach von N nach T und von T nach I immer mehr auseinandergehen. Hinter dieser Annahme stand die unüberprüfte Voraussetzung, daß die Bewußtheit der konnotativen Besetzung des hochsprachlichen Standardvokabulars am verläßlichsten sei. Nun zeigt sich, daß die Urteile in der "sachlichsten" Frage, der nach der Nonnnähe (N), am stärksten divergieren, dagegen die nach der strategischen Verwendbarkeit (I), am ehesten konvergieren! Heißt das, daß die Meinung darüber, ob ein Wort noch der Schriftsprache oder schon der lockeren Umgangssprache angehört, daß also das präskriptive Nonnbewußtsein unschärfer ist als die Meinung darüber, was sich im Verkehr mit Konversationspartnern eignet oder nicht? Offensichtlich ist den Befragten der jeweilige Standardnorm-Hintergrund weit weniger bewußt als strategische Überlegungen, die sich auf den interkatmunikativen Verwendungsradius beziehen: Präskriptive Standardnorm ist weniger bewußt als strategische Gebrauchsnorm. Normierend wirkt also nicht die überregional und anonym von Bildungsautoritäten gesetzte präskriptive Norm, sondern viel eher die aus authentischen Textmustern gewonnene strategische Gebrauchsnorm, der Brauch. Die Informanten orientieren sich am Gebrauch, nicht an der sog. Norm!

110

4. Metakommunikative Kompetenz "Then you should say what you mean", the March Hare went on. "I do Alice hastily replied; "at least - at least I mean what I say - that's the same thing, you know." "Not the same thing a bit!" said the Hatter. (L. Carrol 1965:95) "Sprache ist als Forschungsgegenstand nie mehr in ihrem ganzen Wesen da", Jaspers 1947:440.

4.0.

Gibt es metakonnumkative Kompetenz?

Obschon es sich dm Vorliegenden um eine empirische Untersuchung handelt, ist es nötig, einige der dahinter liegenden theoretischen Fragestellungen nicht unberücksichtigt zu lassen. Und so scheint es angebracht, noch eine der in den Ansatz eingegangenen Vorannahmen zu reflektieren: die Annahme nämlich, der kompetente Sprecher könne über diese seine Kompetenz befragt werden und seine Auskünfte könnten als Datenmaterial einer wissenschaftlichen Sprachbetrachtung Verwendung finden. Wenn wir das Vorhandensein soziosemantischer Funktionen der Lexik, d.h. von soziosemantisch distinktiven Merkmalen, annehmen, so impliziert dies, daß der kompetente Sprecher diese soziosemantisch besetzten lexikalischen Mittel (mehr oder weniger bewußt) auswählt, wenn er eine bestürmte Kommunikationssituation nach ihren partnertaktischen Ingredienzen abgeschätzt hat und entsprechende sprachliche Mittel zu ihrer Bewältigung aus seinem Repertoire einsetzt. Es bedeutet weiter, daß angenommen wird, der Sprachbenutzer, diesmal der Hörer, sei imstande, aus bestimmten in einer Situation verwendeten sprachlichen liLtteln, u.zw. aufgrund seiner passiven Kompetenz als Mit-Sprecher, diese Situation aus der Sicht des Partners (des Sprechers) zu taxieren. Mit anderen Worten: kommunikative Kompetenz besteht darin, Sprechabsichten zu erkennen und/oder zu verwirklichen, situationsadäquate Sprachmittel sowohl zu erkennen als auch zu verwenden.

111

Die kommunikative Kompetenz des Sprechers/Hörers steht aber gar nicht in Frage. Was eine empirische Untersuchung der vorliegenden Art als Hypothese ihrer Methodik unterstellt und was hier zu diskutieren wäre, ist die Annahme, es existiere eine metakommunikative Kompetenz seitens des Sprechers/Hörers und - wirklich darüberhinausgehend - es stünden dem iretakcrtinunikativ kompetenten Sprachbenutzer auch metaspraohliohe Mittel zur Verfügung, um diese seine metakcmnunikative Kompetenz und seine ihrzufolge getroffenen»Entscheidungen zu verbalisieren und zu explizieren. Es wird zu zeigen sein, warum auf eine Unterscheidung zwischen Metakcnrnunikation und Metasprache besonderer Wert zu legen ist - vielleicht, um nicht dem Dogma von der Unfehlbarkeit des KompetenzInhabers und alles dessen, "was aus seinem Munde kontnt", zuviel Raum zuzubilligen: "'The linguist's gospel', it was said (Allen 1957:14), 'comprises every word that proceeds from his informant's mouth - which cannot, by definition, be wrong; but ... as a matter of principle, whatever the informant volunteers about his language (as opposed to in it) must be assumed to be wrong", Weinreich 1972a:13.

Im einzelnen soll auf die Problematik der Interview-Situation (im weiteren Sinne) und die Brauchbarkeit metasprachlicher Etikettierungen näher eingegangen werden. Denn, wie Schlieben-Lange 1975:195 sagt: "Das Problem linguistischer Datengewinnung ist letztlich ein metasprachliches Problem". Die Erkenntnis von der Existenz von Metasprachen - lang verschüttet und seit der Scholastik nie wieder so detailliert diskutiert - ist neuerdings wieder stärker präsent. Bei Jakobson (1963) ist die Rede von den zwei Seiten der Sprache, von ihren zwei Typen; und in der Leiterparabel Wittgensteins (diskutiert bei Schlieben-Lange 1975:190f.) spielt dieses Phänomen eine Rolle. Unter Metasprache versteht man zum Unterschied von der Objektsprache (suppositio formalis), was die Scholastik suppositio materialis genannt hat. Man erkennt nachgerade die eminent wichtige Rolle sprachlicher Mittel für die Thematisierung sprachlicher Wirkungen: "Einige Sprachwissenschaftler gehen so weit, die metasprachliche Funktion als Grundfunktion der Sprache zu bezeichnen, und zwar vor allem aufgrund ihrer Bedeutung in sprachlichen 'Grenzsituationen', bei Spracherwerb und

Vgl. etwa Schlieben-Lange

1975; Coseriu 197O:lO7ff.; Weinrich 1976:9Off.

112 Sprachverlust", SchlieJben-Lange 1975:192. "Die Sprachtheorie und die Methodologie der Sprachwissenschaft müssen davon ausgehen, daß das Sprechen reflexiv und zumindest bewußtseinsfähig und daß Sprache gerade mit dadurch definiert ist", Schlieben-Lange, ebd.: 196.

Es muß metakonrnunikati-ve Kompetenz geben, denn: " . . . die Reflexivität der Sprache auf ihre eigenen Bedingungen ... muß ... für jede Kommunikation angenommen werden ...", Weinrich 1976:109.

So und ähnlich klingen die Argumente für die elementare Bedeutsamkeit Metasprache. Metakonmunikative Kompetenz und ihre Handhabung (wenn schon nicht die metasprachliche Fertigkeit) ist so rudimentär, fundamental und allseits gepflogen, daß die Gefahr besteht, ihre Existenz so selbverständlich zu nehmen, Haß man sie aus den Augen verliert: "Das Wissen über die Sprache ist also unmittelbar und primär, ähnlich dem Alltagswissen, das die symbolischen Interaktionisten als ' taken- for-gr anted' bezeichnen", Schlieben-Lange 1975:194.

Es ist diese Tatsache des bewußten, gezielten Einsatzes der verfügbaren sprachlichen Mittel (deren Gameint-Sein zwischen den Kcmrnunikationspartnern nicht unbedingt bekannt und bewußt sein muß, sondern eventuell erst ausgehandelt wird) , was die Annahme einer metakcranunikativen Kompetenz zwingend nahelegt. Alle Souveränität des Sprachinhabers äußert sich in der Fähigkeit zur Reflexion über Sprache, zur Kritik und zur Erneuerung. Wer diese Verfügungsgewalt über seine Sprache einbüßt (oder sie nie besessen hat) , dessen Kompetenz 4 ist unvollständig.

"II est evident que de telles operations qualifiees de metalinguistiques par les logiciencs, ne sont pas de leur invention: loin d'etre reservees ä la sphere de la science, elles s'averent etre partie integrante de nos activites linguistiques usuelles", Jakobson 1963:53. "Die Kcnventionalität der Zeichen ist gebunden an ihre Selbstreflexivität. Bei jedem Gebrauch wird der 'Kontrakt' neu zur Diskussion gestellt", Schlieben-Lange 1975:194. "Die metasprachliche Fähigkeit liegt am Schnittpunkt von Kreativität und Sozialisation. Dieser Schnittpunkt beim Spracherwerb des Kleinkindes ist gekennzeichnet durch eine Phase ausgeprägter sprachkritischer Aktivität. Sprachverlust kann in einem bestimmten Fall Verlust der Fähigkeit zur Metasprache sein. Der Aphasiker nimmt in diesem Fall nicht mehr wahr, daß

113

Meinungen, wie etwa der Heideggers (1959), Sprache sei sozusagen unbewußt gegeben und unhintergehbar (vgl. Schlieben-Lange 1975:191), wäre entgegenzuhalten, daß Bewußtsein, vor allem wirkungsgeschichtliches Bewußtsein, "seinen Ort in der Sprache hat" (Gadamer, zitiert nach Schlieben-Lange 1975:191) und, daß die reflexive Struktur des Bewußtseins der der Verständigung ähnlich bzw. adäquat sein muß. Was ist und worin besteht dieses anzusetzende metasprachliche Bewußtsein? Was weiß der Sprecher, wenn er über seine Sprache Bescheid weiß? SchliebenLange trifft eine dreifache Unterteilung (1975:196). Ich greife davon zwei heraus. 4.0.1. Metagraimatische Kompetenz Darunter versteht die Autorin das "Wissen über sprachliche Einheiten, die als systembildend gegenwärtig sind" (Schlieben-Lange 1975:196), das Wissen um die sprachlichen Nonnen und ihren Ort im System. Diesen Aspekt der metakormunikativen Kompetenz hat unsere Fragebogenvariante N (=4formzugehörigkeit) zum Thema. Die Vermutung, daß der Parameter N konstantere

andere Menschen Sprache anders verwenden als er. Er setzt seinen Sprachgebrauch, seinen Idiolekt, absolut und kann ihn nicht mehr in der Kommunikation reflektieren, und das heißt: relativieren und modifizieren", SchliebenLange 1975:192. Man vgl. auch Watzlawick et al. 1972 und Helmer 1972:9: "What was missing was the capacity to use words to refer to or label other words, the capacity for metalanguage". Ein Musterbeispiel kreativer Sprachbeherrschung ist im Phänomen der Metaphorisierung zu sehen: " ... ability to use metaphor is closely associated, correlated with metalingual ability ... Metaphor is an example of metalingual competence", Helmer 1972:12. "Das Wissen über die eigene Sprache ist dynamisch. Co ist es dem Sprecher möglich, Archaismen und Neologismen zu unterscheiden als zu einer anderen geschichtlichen Phase seiner Sprache gehörig. Weiterhin macht das Bewußtsein der sprachlichen Identität den Unterschied zwischen Norm und System, zwischen dem, was bereits gesagt worden ist und üblicherweise gesagt wird, und dem, was möglich ist. Nur so sind Sprachschöpfungen und Wirkungen solcher Sprachschöpfungen als ' n e u ' , 'gewagt 1 usw. möglich", Schlieben-Lange 1975:198.

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Antworten bringen würde als die anderen, hat sich interessanterweise nur zum Teil bestätigt (s. Tabelle E und H). 4.0.2.

"Eigentliche" metakcranLmikative Kompetenz

Ist es möglich, das Wissen um die Kormunikationssituation von dem Wissen um die sprachlichen Einheiten abzugrenzen? Man ist geneigt, diese Frage zu bejahen - entgegen einem skeptischen Altmeister wie Mauthner (1906:78): " . . . die wenigsten die telegraphieren oder telephonieren, verstehen den Apparat. Der lebendige Apparat, welcher das Sachgedächtnis an Schallempfindungen knüpft und welcher gar das Beziehungsgedächtnis an Laute bindet, wird noch seltener von den Menschen verstanden, die ihn ererbt haben und ihn täglich gebrauchen";

und in Anlehnung an eine Autorin, die in diesem Zusairmenhang schon so oft - mit Recht, wie wir meinen - zitiert worden ist: "Die Kompetenz des Sprechers ist wesentlich multilingual in dem Sinne, daß er aufgrund der reflexiven Struktur der Sprache, die in der metasprachlichen Funktion festgemacht ist und in metakommunikativen Äußerungen explizit gemacht wird, andere Sprachspiele erkennen und erlernen kann", SchliebenLange 1975:193. "Alles Sprechen enthält bereits die Möglichkeit, zum Gegenstand des Sprechens und damit bewußtseins- und theoriefähig zu werden", Schlieben-Lange 1975: 196 f.

Der Sprachbenutzer hat die Aufgabe, sich darzustellen und den Partner zu identifizieren, sich ihm anzupassen, oder sich gegebenenfalls von ihm abzusetzen. Diese Fähigkeit, sich selbst durch Sprache auszudrücken bzw. den anderen an seiner Sprache zu erkennen, ist unabdinglich für den Ablauf komnunikativer Akte. Eine der Schwierigkeiten, die sich ergeben, wenn man eine Kompetenz der Situationseinschätzung ansetzt (was man ja muß) und nachweisen will, ist die, daß der Sprecher nicht alle Merkmale einer Situation zu ihrer Taxierung heranziehen kann und wird, sondern von einem Auswahlensemble distinktiver Situationsmerkmale ausgehen und diesen die von ihm für effektvollst erachteten sprach-

Bei Henne 1975:6f. steht "metakommunikativ-reflexives Handeln" dem "metakommunikativ-deskriptiven Handeln" gegenüber, man vgl. auch seine Unterscheidung zwischen "interkommunikativer" und "extrakommunikativer" Kommunikation .

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liehen Bewältigungsmittel zuteilen wird. Diese Auswahlstrategien verhelfen der jeweiligen Kombination konzertiert eingesetzter KarmunUcationsmittel dazu, bestimmte Situationskonstellationen zu bewältigen. Und diese Auswahlstrategien müssen als Funktion der metakcrrnunikativen Kompetenz betrachtet werden. Ich meine, man muß sich - wenigstens am Rande - über das oben Erörtete hinausgehend fragen, was eigentlich im Sprecher vor sich geht, wenn er metakatnuniziert, d.h. wenn er sich nicht über referentielle Objekte und Tatbestände der Außenwelt, sondern selbstreflektierend über seine eigenen Mittel referentieller und soziosemantischer Art äußern soll (vgl. Schaff 1973; MaasWunderlich 1972:73) . Es muß diese Umorientierung der Aufmerksamkeit Konsequenzen haben, die nicht ohne weiteres absehbar sind. Das Denken und Planen der Sprechenden ist auf die Außenwelt und auf Ihre Partner gerichtet, nicht aber vornehmlich auf die Elemente des Kotmunikationssystems. Eben diese vorerst unreflektierte Benützung der Sprachmittel, ihre Automatisierung, ist Voraussetzung unbehinderter Kommunikation. Werden dem Sprecher selbstreflektorische Korinunikationsaufgaben gestellt, muß seine Aufmerksamkeit zuerst von den Dingen ab und den Wörtern zugewendet werden. 4.1.

Metasprachliche Kompetenz, Verbalisierungsproblematik und die Tücke des self-assessment

Wenn außer Zweifel steht, daß der Sprecher Sprache reflektieren kann, dann heißt das aber noch nicht, daß er seine Reflexion auch verlautbaren muß oder wird. Wenn auch die sog. metakctnnunikative Kompetenz immer an Konnunikationsinteraktionen beteiligt ist, so sind metasprachliche Äußerungen davon als das Nicht-Alltägliche zu unterscheiden. Denn: normalerweise ist Sprache Objektsprache. Die Fähigkeit zur Verbalisierung der metakcmmunikativen Kompetenz des Sprachbenutzers und ihr Stellenwert in einer empirischen Untersuchung des Sprachgebrauchs wären also gesondert zu besprechen (s. 4.6).

Metakommunikative Kompetenz, u.zw. auch für den Einsatz von isolierten lexikalischen Elementen, tritt sogar, was hier besonders interessieren muß, institutionalisiert und kodifiziert auf: es gibt Listen von Schimpfwörtern, die danach gruppiert sind, ob sie als beleidigend einklagbar sind oder nicht.

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Womit wir also hier konfrontiert sind, ist nicht nur die vieldiskutierte o "Unhintergehbarkeit" und "Unhinterfragbarkeit" der (Umgangs)Sprache, sondern die eher vordergründigere Frage: inwiefern ist der Sprecher ein anderer, wenn er zum sog. "Probanden" wird und über seine Sprache redet, noch dazu zu einem Partner, der normalerweise kein Partner ist, dem Linguisten. D.h., die Annahme einer soziosemantischen Kompetenz für den Sprecher ist keineswegs gleichbedeutend damit, daß er auch imstande, oder gewillt sei, diese seine Taxierung von Situation und Sprachmitteln zu vevbalisieren, d.h., sich metakcninunikativ g und metasprachlich über seine Handlungen sprachlicher Natur zu äußern. Psychische Kapazität ist nicht ohne weiteres in soziales Verhalten übertragbar, besser: nicht ohne weiteres in sozialem Verhalten realisierbar. In Anlehnung an Leibniz nennt Coseriu (1958:33 Sincronia, diacronia e historia.,Montevideo.) das Wissen des Sprechbenützers über seine Sprache "klar konfus" (nach Schlieben-Lange 1975:193), aber: "Dieses Wissen ist jederzeit bewußtseinsfähig, d.h. in Explikationen abrufbar, sei es in einfachen Ja-Nein-Entscheidungen (auf Fragen nach Grammatikalität usw.), sei es in der Weiterentwicklung zum distinkt-adäguaten Wissen des Linguisten. ... Das implizite Wissen um die Sprache Jcann prinzipiell explizit werden in metasprachlichen Äußerungen", Schlieben-Lange 1975:194.

Prinzipiell ist der Autorin wohl recht zu geben. Wir werden zu zeigen versuchen, wie diese BewußtseinsfMhigkeit sprachlicher Strategien sich darstellt, wenn sie in einer empirischen Untersuchung tatsächlich abgefragt wird. Allerdings: es geht hier nicht um Urteile hinsichtlich Grammatikalität, also das "Wie" des Gesagten, sondern um das Wozu und Weshalb des Gemeinten. Gemeintes gibt es aber nur im Hinblick auf einen Partner und eine Wirklichkeit, also in

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Vgl. Schnelle 1973 bzw. Candlin 1974; Maas-Wunderlich 1972:83.

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Wittgenstein kann sich auf Augustinus berufen, wenn er meint (1969:§89), daß, ein umgangssprachliches Wort richtig gebrauchen zu können, nicht bedeute, daß man die durch die Frage "was ist das?" vergegenständlichte Bedeutung darstellen könne. "Das implizite Wissen des Sprechers, das allem Sprechen zugrunde liegt, ist sicher. Wo aber sind die Grenzen der Explizierbarkeit? Was geschieht auf dem Weg zwischen oognitio olava oonfusa und cognitio distineta adaequata? ... Welche anderen Normensysteme beeinflussen hier die Explizierung des Wissens ...?", Schlieben-Lange 1975:194. Vgl.auch Gumperz 1976:4 zu "significant discrepancies between speakers' descriptions of their usage and empirical studies of tape recorded texts" (s. auch Stötzl 1974).

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genuinen Situationen mit echten Rollenträgern. Wccnit nochmals die Fragwürdigkeit der linguistischen Interviewsituation (4.2) anklingt. Es handelt sich dabei aber sozusagen nicht um eine Fachsprache, auch nicht zum Unterschied von (echter) Metakanraunikation im umgangssprachlichen Sinne: " . . . Dann wäre die Metasprache im Grunde eine Objektsprache wie jede andere auch, aber eben eine fachgebundene Objektsprache ... Es bliebe nämlich, wenn wir die Metasprache einfach als die Fachsprache des Linguisten ... analysieren würden, das ... Phänomen der Reflexivität unberücksichtigt . ...", Heinrich 1976:103.

4.2.

Das Interview als metakarmunikativer Akt "Even the concurring conscious value-judgements of test groups on exposure to alternatives are not quite the same thing as their unconscious reactions in natural situations ... and this both colours and in part results from their conscious sociolinguistic value-judgements of such forms in other speakers", Denison 1976:294.

Auch wenn der Sprecher kann oder könnte, muß er nicht über seinen Gebrauch sprachlicher Mittel reden, z.B. zu einem Interviewer. Es kann vorkommen, daß ihn etwas überkommt, was Faris (1966:247) "discomfort" und "wariness of a stranger's becoming so familiar" genannt hat. unter der Anzahl derer, die unseren Fragebogen nicht retourniert haben, ist die "schweigende Mehrheit" jener zu suchen, die nicht "gemocht" haben. Die andere Gruppe von kooperativen Informanten, die sogar eigene metakcm12 munikative Etikettierungen anbieten, besteht aus Leuten, die über "solche Dinge" reden wollen. Ob sie es auch können, ist damit ebensowenig gesagt, als

10

Man vgl. zu dem Problemkreis um metakommunikative Kompetenz und metakommunikative Performanz Weinrichs Bemerkung (1976:110), die direkt auf die Interview-Situation ( 4 . 2 ) übertragen werden kann: "Es gehört zu den Bedingungen des Gelingens (Austins happiness conditions), daß in einem Sprachspiel um so mehr metasprachliche Mittel eingesetzt werden müssen, je größer das Kompetenzgefälle ist, das überwunden werden soll".

11

Auswahlbibliographie zum Interview-Problem u.a. bei Cicourel 1974.

12

Von den rückgemittelten Fragebogen enthielten über die Hälfte eigene Vorschläge der Informanten bezüglich Parameter-Skalierungs-Etiketten. Das ist eine Etikettier- und Mitgestaltungsfreudigkeit, die unerwartet hoch ist und deshalb erstaunt, weil die damit verglichen niedrige Rücksenderate starkes Desinteresse zu dokumentieren schien. Es wird so sein, daß man nicht ein gleichmäßig verteiltes Interesse bzw. Desinteresse an sprachlichen Fragen in einer Sprechergemeinschaft annehmen darf, genauer: die Bereitschaft zu

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behauptet werden darf, jene, die nicht geantwortet haben (fast drei Viertel der Befragten), seien dazu nicht imstande gewesen. Ich weiß nicht, ob die Tatsache genügend Beachtung gefunden hat, daß das Verhältnis zum Metakcmnunikations-Partner, 14 für die Generierung metasprachlicher Äußerungen ein anderes sein muß als in Dialogen, die sich mit der referentiellen Wirklichkeit beschäftigen. Bielefeld (1975a, b) hat herausgearbeitet, daß für Metakommuni] Nationen ein besonders vertrautes Verhältnis der Kontrahenten nötig ist (vgl. dazu auch Betten 1974b). Stereotype (also automatisierte und verständnisgesicherte) Metakcnrnunikation ist nach Bielefeld nur unter Freunden möglich. (Zur Maxime der Schicklichkeit vgl. MeyerHermann 1976b:19.) Die Verständigung zwischen Interviewer und Informanten ist also alles weniger als selbverständlich und gesichert. Es wäre nämlich außerdem nötig, sich zu fragen, ob der Fragende und sein Partner imstande sind - aufgrund einer metakcmnunikativen Kodegleichheit - sich über die verwendeten metasprachlichen Mittel zu verständigen (sozusagen meta-meta-kommunikativ); einfacher ausgedrückt: sind wir sicher, daß der Informant dasselbe versteht, wenn er von Interviewer gefragt wird/ ob er einen bestaunten Ausdruck für "ordinär" hält? " . . . the social analyst must decide on the relevance of the vocabulary he uses for asking questions and the language used by the actor for responding. The empirical question here is how do observer and actor interpret each other's verbal and nonverbal behavior and the context-restricted setting?", Cicourel 1972:231.

metakommunikativen und metasprachlichen Äußerungen ist, zumindest gegenüber "wild"fremden Personen, verschieden ausgeprägt. Die Verteilung scheint weder mit dem Alter der Befragten noch mit ihrer Berufszugehörigkeit zu korrelieren, wohl aber anscheinend mit dem Geschlecht: weibliche Informanten sind, wenn sie sich dazu entschließen, mitteilungsfreudiger. 13

Es muß aber hier vermerkt werden, daß bei einer schriftlichen Befragung, die außerdem eine starke zeitliche Belastung der Befragten mit sich bringt, eine positive Rücksenderate von 2O% noch als hoch bezeichnet werden müßte.

14

"Was die Sprecher sagen, meinen sie auch. Das gilt nicht für die Aufnahmesituation, so daß sie mit dem, was sie sagen, keinen existentiellen Zweck verfolgen und es also irrelevant ist, ob sie meinen, was sie sagen", Zwirner 1964:26. Es wäre zudem nützlich, mit Wunderlich (197O:19, Anm.8) zu unterscheiden zwischen Metakommunikation über solche kommunikativen Akte, an denen der Metakommunizierende beteiligt ist oder war, und dem "Reden übers Reden", über Sprache "an sich", weil dies die Künstlichkeit der Redesituation noch weiter erhöht. (Ähnlich unterscheidet auch Boettcher 1975:392.)

119

Zur Komplexität metakcmnunikativer Akte ist neuerdings zu vergleichen Meyer-Hermann 1976b, 1978, wobei allerdings, dies sei vorweg festgehalten, nach Ansicht des Verfassers das Interview nicht als Metakcmnunikation zählt. Meyer-Hermann betont sowohl den Ilangel eines Instrumentariums zur Analyse metakotniunikativer Akte wie die Vielfalt solcher Sprachhandlungen. Was aber besonders festzuhalten ist, sind die zwei folgenden Feststellungen: metakcw munikative Akte müssen sich auf Sprechhandlungen beziehen, die vor oder nach dem metakcmnunikativen Sprachakt vollzogen werden; Äußerungen, über die metakonnuniziert wird, müssen von denjenigen produziert sein, die über sie metakoninuniz ieren. Keine der beiden Bedingungen für - nach Meyer-Hermann - echte Metakommunikation trifft für unsere Befragung zu: die Interviewsituation ist weder auf erfolgtes noch auf geplantes Interagieren bezogen; in der Befragung beurteilt der Befragte nicht eigenes Verhalten, sondern Verhalten "an sich", sozusagen, indem der Handelnde aus der Handlung ausgeklammert gedacht wird. Auch nach der Definition Boettchers (1975:392) stellt unsere Interviewsituation etwas dar, was jedenfalls nicht als der Alltags-Fall von Metakommunikation angesehen werden darf: "Metakommunikation ist die Thematisierung der vorausgegangenen oder erwarteten Kommunikation durch die an dieser Kommunikation beteiligten Personen mit dem Ziel der Wiederherstellung oder der prophylaktischen Aufrechterhaltung der Übereinstimmung zwischen ihnen".

Sinne Ungeheuers und VJunderlichs wäre in unserem Fall also eher vqp extrakonrnunikativer statt von metakommunikativer Kompetenz zu reden. Am ehee^en kann noch die Bezeichnung "Metakommunikation" im strengen, von den zitierten

15

Nach Schlieben-Lange 1975:195 können auf diesen Urteilsprozeß andere Systeme einwirken, "so daß gesellschaftliche Stereotype oder sprachwissenschaftliche Traditionen an die Stelle von Aussagen über die Sprache treten".

16

"Mit dem Terminus extrakommunikativ hat Ungeheuer 1968 [197O K.S.] eine Weise des sprachlichen Verhaltens bezeichnet, das über Kommunikation spricfet» ohne selbst in dieser Kommunikation zu stehen. Jeder Bericht oder jede Beschreibung von Kommunikationsakten ist in diesem Sinne extrakommunikativ . . . Metakommunikativ wäre hingegen ein sprachliches Verhalten, das über eine Kommunikation spricht, während es zugleich in dieser Kommunikation steht", Wunderlich 197O:19.

120 Autoren ganeinten Sinne in Anspruch gencmmen werden für jene freiwilligen Bemerkungen, in denen die Befragten die Befragung selbst kommentieren und deren Sinn in Frage stellen, wohl z.Teil, weil hier zwischen den Zeilen auch ein Itollenverhältnis, nämlich das zwischen Frager und Antworter, kritisch beleuchtet wird (s.5.71).

4.3.

Konvergenz und Varianz

Hinter diesem Versuch, durch die Befragung mehrerer Informanten den ihnen gemeinsamen soziosemantischen Stilwert eines einzelnen Wortschatzelements festzustellen, steht die Annahme, es bestünde ein Konsens oder wenigstens Konvergenz zwischen den Urteilen bestimmter Informanten. Diese Annahme scheint zunächst berechtigt, da man sagen darf, daß ohne eine gewisse Konvergenz im Verständnis von stilistischen Bedeutungsnuancen keine echte Verständigung zustande kernen kann. Andererseits weiß man, daß es echte Verständigung, nämlich vollkormen deckungsgleiche, selten gibt. Das nun läßt daran denken, daß diese Präzision der Verständigung von Grad der Ubereinstirmtung der individuellen Bedeutungsinhalte abhängen dürfte, daß diese Inhalte also bei einzelnen Sprechern verschieden stark konvergieren oder divergieren werden. Die Annahme einer gewissen Konvergenz ist also nach wie vor berechtigt, es fragt sich nunmehr, wie groß oder wie gering sie bei einzelnen Personen oder Personengruppen ist. Die Sprecher unterscheiden sich - man sollte das versuchsweise einmal annehmen - nicht, weil sie von der Zugehörigkeit zu einer Schicht schicksalhaft zu einem ihnen wie ein Rassenmerkmal angestammten Kode dazu verurteilt sind, sondern, weil sie mit Hilfe dieses "Kodes" willkürlich und gezielt eine bestimmte Situations- und Partnereinschätzung ausdrücken. Die Aporie zwischen als allgemeingültig anzusetzenden Verständigungsnormen und der Tatsache, daß sprachliche, u.U. absichtliche Varianz besteht, u.zw. vielleicht, damit verschiedene Weltsichten, d.h. Enkodierungen der Wirklichkeitserfahrung symptomatisch abgebildet sein sollen, diese Aporie scheint unauflöslich - oder aber es ist keine, weil es sich nicht um ein Entweder-Oder, sondern um ein Sowohl-Als-Auch, von Konvergenz und Varianz, handelt.

121

4.4.

Sensibilität

Nicht nur das Testvokabular zeigt unterschiedliche Sensibilität im soziosemantischen Sinn, auch im Entscheidungsverhalten der Testpersonen treten erhebliche Unterschiede auf: es gibt Informanten mit sehr selbstsicheren Entscheidungen, andere schwanken in ihren Wertungen um mehrere Skalenstufen (1-3, 3-5). Möglicherweise sind das Personen mit vermutlich starken switch-Gewohnheiten, mit jedenfalls größerer stilistischer, u.zw. reflektierter Erfahrung ("sophisticatedness") bzw. solche Personen, denen die semantischen Merkmale von Einzelwörtern erst in jeweils verschiedenen Kontextualisierungen bewußt werden. Es handelt sich vor allem um Personen aus der Berufsgruppe V. 4.5.

Ergebnisse des Wiederholungstests

29 Personen, also etwa 1O% der Befragten der verschiedenen Alters- und Berufskategorien, wurde ein Auswahlvokabular ein zweites Mal vorgegeben, um Schwankungen in der Taxierung, die auf die Tagesform des Informanten zurückgehen, festzustellen (s. 1.84). Ganz allgemein: über 5O% der Zweitantworten sind identisch mit der ursprünglichen Taxierung, Schwankungen umfassen selten mehr als einen Skalenwert (etwa statt 2-*·!). Eine Tendenz, in der Zweitvorgabe "strenger" zu bewerten, ist ganz deutlich; ob dies auf die Dekontextualisierung des Samples im Wiederholungstest zurückgeht, kann hier nicht geklärt werden. Was im Haupttest unbekannt war, wird auch hier meist so taxiert, jedoch nicht immer. Es gibt Fälle (so bei Teckel, das im Rotwelschen einen Polizisten bezeichnet), wo die Isolierung (d.h. das Fehlen des Archilexems) Hypothesen begünstigt, die das zunächst unbekannte Wort einem neuen Feldkontext zuweisen (Deckel = "schlechte Note in der Schule"). Die einzelnen Personenkategorien zeigen keine für diese Kategorien spezifischen Schwankungsähnlichkeiten. Die rückgetesteten Personen wurden praktisch ausschließlich zum Parameter N befragt. Danach sieht die "Verläßlichkeit" unserer Informanten etwa so aus: Identisch mit der Erstbefragung waren im Niederholungstest: 57%; eine strengere Wertung als im Haupttest ergaben sich in 26% der Zweitantworten; eine mildere Wertung als im Haupttest erfolgte bei 17% der Zweitantworten;

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4.6.

Wie redet man über Sprache?

Man muß sich fragen, ob es neben der anzunehmenden metakonmunikativen Kompetenz eine metalinguale Kompetenz (4.1) gibt. Und, wenn es sie gibt, welche Ausdrucksmittel ihr zur Verfügung stehen. Wie sehen die Termini, die Etiketten aus, nach denen die Parameter perlokutiver Bedeutungskomponenten faßbar werden, u.zw. nicht fachsprachlich, sondern in der AlltagskomnunikationP 17 Darf man oder muß man annehmen, daß die metakommunikative Verständigung zwischen Interviewer und Informanten selbverständlich und in erhöhtem Maße das Risiko jeder Interaktion auf sich nehmen muß: das Risiko des Mißverständnisses? Jedenfalls vorläufig, und begreiflicherweise auch deshalb, weil es sich ja um eine kcrmiunikative Interaktion handelt, die dem einen der Kontrahenten unvertraut sein muß, weil er in ihr ungeübt ist. Von allen anderen Aspekten der Künstlichkeit und Uhnatürlichkeit einmal abgesehen. Nun muß jede Verständigung von der vorerst unbestätigten Annahme ausgehen, es bestehe eine Äquivalenz der sprachlichen Mittel. Sie nimmt damit das Risiko auf sich, rfoR eventuell Dinge gesagt, erwähnt, gestreift werden (oder worden zu sein scheinen), die nicht gemeint waren. Verständigungsakte gehen von dieser un-bewiesenen und irtmer teilweise falschen Annahme aus, nicht, weil sie es

17

Zum (u.U. infiniten) jedenfalls notwendigen Regreß auf die Umgangssprache ist manches gesagt worden, so bei Heger 1971:9 und Apel 1976:45f. Eine nicht nebensächliche Frage betrifft den evaluativ-semantischen Gehalt der zu verwendenden Etiketten. Sollen solche Marken wertungsfrei sein, können sie wertungsfrei sein? Es geht ganz einfach um die einfache, aber wichtige Frage, ob es statt Slang, fein, gepflegt, hochoffiziell u.a. "neutrale" Bezeichnungen gibt. Viel zu wenig, so will mir scheinen, wird der metaphorische Charakter aller Metasprachen beachtet und in Rechnung gestellt. Osgood wenigstens ist sich dieser Tatsache bewußt, sieht sie allerdings als Parallele zum psychologischen Phänomen der Synaesthesie (1972:27): "Whereas fast, exciting music might be pictured by the synesthete as sharply etched, bright red forms, his less imaginative brethren would merely agree that term» like 'red-hot 1 , 'bright 1 , and 'fiery 1 , as verbal metaphors adequately described the music; ... The relation of this phenomenon to ordinary verbal metaphor is evident ... The process of metaphor in language as well as in color-music synesthesia can be described as the parallel alignment of two or more dimensions of experience, defined verbally by pairs of polar opposites, with translations occurring between equivalent portions of the continue ...".

123

nicht besser wüßten, sondern, weil es gar keine andere Möglichkeit gibt, Verständigung einzuleiten. Notebene: normale Kaimunikation hat zur Entschärfung dieser Schwierigkeiten das Mittel der Rückneldung. Eine linguistische Befragung, besonders schriftlicher Art, kann sich kaum auf dieses Mittel der Abklärung des "Eigentlichen" stützen. Das läßt die Frage Meyer-Hermanns (1978:124) berechtigt erscheinen: "Ist Kcranunizieren über wiedergegebene Rotinunikation auch zur Metakoiirunikation zu zählen?" 4.6.1. Informanten und Interviewer "Wie kommt der Sprachwissenschaftler zu seinen metasprachlichen Termini? Bildet er sie neu, oder verwendet er Alltagstermini und definiert sie neu?" Schlieben-Lange 1975:204 (Anm. 53).

Daß es Unterschiede zwischen der Metasprache des naiven Sprachbenutzers und der des Sprachwissenschaftlers gibt, ist oft genug geäußert worden. Dabei wäre zweierlei festzuhalten: erstens impliziert die Erwähnung eines solchen Unterschiedes die Annahme von metasprachlichen Pedanitteln auch für den nichtwissenschaftlichen Meta-Sprachgebrauch. Dem Alltagssprecher wird die grundsätzliche Fähigkeit zur Metasprache also nicht aberkannt: metasprachliche Pede "kann durchaus jederzeit in einer Sphäre der Alltagsrede vorkommen", Rettig 1976:61,

zum anderen wird dieser Unterschied von einigen Autoren, deren Meinung ich zuneige, als eher graduell statt prinzipiell angesehen: "Beide Typen der metasprachlichen Rede sind nicht grundsätzlich voneinander verschieden. Man kann sich einen stufenlosen Übergang von der leicht hingeworfenen Bemerkung ... bis hin zur Schulgrammatik ... und zum Linguistenkongreß denken ... sie unterscheiden sich wesentlich in Bezug auf Aktualität und den Grad der Institutionalisierung", Rettig 1976:62. ^

Ein Rückblick auf unsere eigenen alten Ansätze und ein Umblick über ähnliche Versuche, sich metasprachlich mit dem Alltagssprecher zu verstandigen, zeigt, daß man vorsichtigerweise annehmen sollte, daß man vorläufig nicht weiß, was die Probanden meinen, wenn sie metasprachliche Bezeichnungen vergeben, daß der Umweg

18

Ähnlich Lyons 1977:11; vgl. auch Leech 1976:81.

124

über die Intuition und den Formulierungsstil des Analysesubjekts, in unserem Falle des Testerstellers, unverzichtbar ist, weil es eben einen geben muß, der beginnt, für metakonmunikative Tatbestände sprachliche Etiketten zu vergeben. Das kann und darf auch der Interviewer selbst sein, vorausgesetzt, daß er selbst weitgehend insofern ein "native speaker" ist, als er der Sprechergemeinschaft oder einer der Untergruppen der Sprechergemeinschaft derer, die befragt werden sollen, angehört. Die Schwierigkeit, dem Informanten klar zu machen, was er eigentlich beurteilen soll, d.h., was die vorgeschlagenen Etiketten bedeuten, ist auch nicht dadurch behebbar, daß der Informant aufgefordert wird, selbst Bewertungsparameter vorzuschlagen, u.zw. deshalb, weil sich die Verständigungsschwierigkeiten zwischen Informanten und Interviewer bloß umkehren: nun weiß der Analysator nicht, was der Informant mit seinen metasprachlichen Etikettierungen meint. Es dürfte auch nicht egal sein, ob man metasprachlich mit Hilfe von Adjektiven 19 ("ordinär") oder Substantiven ("Schriftsprache"), oder etwa in metasprachlichen Sätzen ("so sagt man, wenn man unter sich ist") mit dem Informanten redet. Für alle metasprachlichen Äußerungen (vor allem über die soziosemantische Markierung lexikalischer Elemente) muß sich zeigen, daß es wertungsfreie Äußerungen über Sprache kaum gibt, jedenfalls, sobald Sprache nicht als System, sondern als Funktionsgefüge des eigenen oder fremden Gebrauchs (dessen Subjekt oder Objekt man selbst sein kann) in Rede steht, d.h., wozu sie dient, wodurch sie wie wirkt, wenn also Kriterien wie "abschätzig"/"schmeichelnd" etc. zum Tragen kamen. Notgedrungener- und zugegebenermaßen war eine gewisse Vagheit der Formulierung, d.h. der Etikettierung, von Anfang an beabsichtigt. Aus dem Grund wurde

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Osgood ist sich durchaus der Problematik, die in der kategorialen Bedeutung des Adjektivs liegt, bewußt, wenn er sagt (1972:34f.): "Is the method limited to the differentiation of nouns against adjective scales? The structure of our language is such that 'adjectives' typically reflect abstracted qualities of experience and 'nouns' the concepts and things dealt with". "Osgood (1971b) (konnte) ... zeigen, daß unter nicht-konnotativem Aspekt attributives and prädikatives Adjektiv keineswegs äquivalent sind ...", Hörmann 1976:443.

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ja grundsätzlich mehr als nur eine Bezeichnung pro Bewertungsstufe angeboten, u.zw., um eine Fixierung der Informanten auf eines unserer Meta-Stich^_ zu verhindern. ,_· * 20 worte Die mangelnde Systematisierung unseres Angebots an Parameteretiketten blieb trotz mehrerer Korrekturversuche unbehoben. Mir zeigt dies, daß - vor allem für die Verständigung mit dem Sprachbenutzer selbst - die Schwierigkeiten einer Systematisierung metasprachlicher Kodes den Beteiligten (und das sind vor allem die Linguisten) noch gar nicht voll bewußt geworden sind; vielleicht, weil dieser Aufgabe vorläufig lieber ausgewichen wird: "Eine interessante Frage soll hier ausgeklammert werden, nämlich welche besonderen Regeln die Metasprache - oder besser das metasprachliche Reden, der "discours metalinguistique' - enthält ...", Schlieben-Lange 1975:202 (Anm. 2).

4.7.

Verschiedene Dimensionen

Es muß sich zeigen, ob unser Ansatz, der versucht, mehrere Aspekte der soziosemantischen Bedeutung zu berücksichtigen, der Forderung Osgoods 21 nach einer mehrdimensionalen AufSchließung des semantischen Raumes gerecht werden kann.

20

Als besonders irreführend - weil wahrscheinlich eigentlich einem anderen Parameter zugehörig auffaßbar - stellten sich die folgenden heraus: (I): indiskret, roh, brutal; (N): rhetorisch, derb, ordinär, unanständig; (T): im Spaß, unter vier Augen, wenn einem egal ist, wer zuhört. Die Auswahl der Etiketten für die Parameter stützte sich u.a. auf die Vorschläge von Informanten in den Vortests. Die Vagheit der Skalen-Etikettierungen hat zwei Ursachen: sie bildet in etwa die Unbestimmtheit der Vorschläge aus den Vorversuchen ab, außerdem ist diese Vagheit absichtlich beibehalten worden, um die Informanten nicht zu rigid auf eine oder die andere metalinguistische Marke zu fixieren, deren genaue Bedeutung für den Informanten ja nicht von vornherein (quasi-terminologisch) eindeutig war. Der Zwiespalt zwischen einer präjudizierenden Gängelung von Probanden, deren metalinguistische Kompetenz es ja zu eruieren galt, und der Notwendigkeit, sie mit allzu schwach abgegrenzten Entscheidungsanhalten allein lassen zu müssen, war nicht zu überwinden.

21

" . . . we know that meanings vary multidimensional", Osgood 1972:25f.

126

4.7.1. Grazerisch Eine Überlegung, die in die ersten Skalierungsansätze einging, war die nach regionalen Merkmalen. 22 Es ging um die Frage, ob ein Wort grazeriseh ist oder nicht (also etwa wienerisch oder "piefkinesisch"). Gesucht war damals das stigmatisierende Schibboleth, an dan man den "echten Grazer" erkennen hätte können, wobei das gesamte paradigmatische und syntagmatische Umfeld (Kollokationen, Mörtfeldeinbettungen, Kolligationen) weggelassen werden sollte, 23 was die in Abschnitt 2 besprochene Problematik mit sich bringen mußte. Inzwischen ist klar, daß es das Grazerische als Mmdart (jedenfalls lexikalisch gesehen) nicht derart umgrenzbar gibt, daß es lohnen würde, diesen Grenzen nachzugehen. Weder Kleinstadt noch Großstadt, ist Graz allen Einflüssen - denen des dialektalen Erbes und der überregionalen Mediennorm - offen. (Dieser Fragestellung nach regionalen Merkmalen ist allerdings der Parameter der Normdistanz (N) einigermaßen verwandt.) 4.7.2. .Status und Schicht Die Frage, inwieweit ein Lexikonelement Teil einer bestimmten soziolektalen Sprachvariante ist, einer statuseigentümliohen Gebrauchsnorm (Parameter S), ätammt aus einer Sprachauffassung, die umgrenzbare, systematisierbare Kodierungssysteme als nebeneinander bestehend und bestimmten Sprecherschichten eigentümlich ansieht. Die erste Fassung der Befragung zeigte, daß man, wenn man nach dem statusund schichtspezifischen Sprachgebrauch fragt, einen Unterschied machen muß zwischen dem passiven Hörerverständnis des Befragten und seinem aktiven Gebrauchsradius. Außerdem scheint es den Befragten, obgleich sie versucht sind, bestürmte Sprechstile mit sozialen Gruppierungen zu korrelieren, schwer zu fallen, sich selbst als Sprecher einer dieser sozialen Gruppierungen zuzuordnen.

22

Was Rossipal 1973:17ff. den "geographischen Konnotationsbereich" nennt.

23

"J.D.ApresJan betrachtet die 'strukturelle Bedeutung' ... nur in Opposition zu anderen oder jenem Feld", Stepanowa

24

Gumperz 1976:7 unterscheidet we aode und they aode.

Beziehung der Zeichen zu anderen Zeichen als Das bedeutet, daß jedes Zeichen seine Bedeutung Zeichen erhält, zu seinem Nachbarn in diesem 1973:36.

127

4.7.3.

Situation statt Schicht

Bei der Auswahl und Erprobung der Befragungskriterien rückte dann ein dynamisch-funktionaler Gesichtspunkt mehr und mehr in den Vordergrund. Es ging nunmehr nicht um die Frage, inwiefern ein Sprecher seinen Sprachgebrauch einem bestimmten Soziolekt zuordnet, sondern darum, was er glaubt, damit bezwecken und erreichen zu können. Es waren also interessant vor allem Sprecher- und hörerorientierte Funktionsmerkmale: Sprecherabsicht und Hörerantizipation, Situations- und Rolleneinschätzung, vor allem der Intimitätsgrad, unter dem eine bestimmte Interaktion abläuft, und die textsortenspezifische Angemessenheit, d.h. die prognostizierbare Wirkung der eingesetzten sprachlichen Mittel. Mir scheint das bei Rössler (1979:123) schon angedeutet: " ... so eröffnet sich vom konnotationsemiotischen Gesichtspunkt die Möglichkeit einer Situationstypologie: das Zeichen liefert Konnotationen über Sender und Empfänger und über die Erscheinungswelt; der angesprochene Kommunikationspartner ist ja auch für den Sprechenden ein Teil der ihm disponiblen Welt. Das heißt, daß man Situationen entsprechend den Konnotationsballungen an bestimmbaren Transformationsgliedern klassifizieren könnte nach der Zeichendominanz, nach der Orientierung auf die Kommunikationspartner, auf die Denotata usf.".

4.7.4. Ein Umblick über die Skalierungsversuche bei Autoren mit ähnlichen Fragestellungen und Untersuchungszielen (außer und nach Osgcod und den Seinen) zeigt die Vielfalt der möglichen Ansätze: Leech 1974, Hinds 1972, Streeck 1975, Ornstein 1978 u.a. Vergleichen wir kurz, wie Leech 1974:16f. den Bereich "stylistic meaning" zu fassen versucht: "Stylistic meaning is that which a piece of language conveys about the social circumstances of its use ...".

Er unterscheidet relativ permanente Stilmerkmale: Individuality

(d.i.

idiolektale Züge); Dialect (regionale Varianten); Time (etwa historische Dialekteigentümlichkeiten, was bei Rossipal (1973:23) "diachronischer Konnotationsbereich" heißt. Unter die Elemente des Discourse reiht er folgendes: Medium (schriftlich/ mündlich); Participation (Partneranzahl). Relativ temporäre Stilmerkmale sind die folgenden: Province (was wir Thema nennen würden); Status (mit Kategorien, wie höflich, slang); Modality

(Text-

sorten wie Vortrag, Witz etc.); Singularity (darunter fallen idiolektale,

128 privatsprachliche Züge, etwa der Stil Dickens1). Die am meisten gemischte Kategorie bei Leech scheint die des sog. Status zu sein, hier treten Merkmale auf, die in unserer Befragung teils unter "Intimitätsgrad", teils unter "Normdistanz" aufgeteilt sind. Modality entspricht unserem "Thema" (T); demselben Kriterium scheint bei Leech aber auch die Etikette Province zugeordnet. Zweifellos gibt es so etwas wie "social meaning", ebenso steht au3er Frage, daß dieser semantische Bereich mehr als einen Aspekt aufweist (was den Status anlangt, sagt Hinds 1972:339: "All languages have to mark it somewhere"; s. auch Streeck 1975:262; zu den Versuchen, ein soziolinguistisches (metasprachliches) Beschreibungsvokabular zu standardisieren, siehe neuerdings: Ornstein 1978 u.a.). Man gewinnt den Eindruck einer Vielfalt der Beschreibungsversuche, wird aber dabei das Gefühl nicht los, es müsse dahinter eine einfachere, generalisierbare Wirklichkeit zu entdecken sein. Ein Gefühl, das auch die einzelnen Autoren geleitet haben muß, und dem Denison Ausdruck verleiht, wenn er (1977a: 226) sagt, es gebe eine " . . . relatively small number of social meanings compared with the large (potentially infinite) number of 'basic' (e.g. lexical) meanings of the first encoding, and compared, also, with the number of formal items and patterns which serve to convey the social meaning; ...".

Die Etikettierungen semantischer Differential-Modelle Osgoodscher Provenienz (s.3.6) nach dem Schlüssel (E) (P) (A) zielen auf eine Sprachsysteminterne Abwägung von Lexikonmengen gegeneinander, u.zw. unter Zuhilfenahme metaphorischer, d.h. systeminterner, u.U. selbst konnotativ besetzter, also nicht bloß deskriptiv metasprachlich zu verstehender Bezeichnungsbehelfe, denen metasprachlicher Status zugeschrieben wird, weil sie sich innerhalb des 25 semantischen Raumes berühren. Unsere Absicht ist es dagegen, jedenfalls letzten Endes, ohne Zuhilfenahme

25

"If the plethora of descriptive terms we utilize were in truth unique and independent of one another, as most philosophers of meaning seem to have assumed, then measurement would be impossible.

. .. A limited number of such continua can be used to define a semantic space within which the meaning of any concept can be specified"3 Osgood 1972:31; vgl. dazu auch LaPorte 1965:260.

129

einer metasprachlichen Nomenklatur auszukörnen, d.h., eine semantisch-deskriptive Relation nicht zwischen Objekt- und irgendeiner Metasprache aufzusuchen, sondern -innerhalb der Objekt spräche selbst und ihrer funktionalen Möglichkeiten (Ist X ein ähnliches Wort wie Y; dient es ähnlichen Zwecken?): Die anfangs verwendeten Parameteretiketten sollen sich erübrigen, an ihre Stelle tritt das sog. "geeichte Vokabular" (s. 4.9 und Tabelle H ) .

4.8.

Parameter und deren Etiketten

?fi

"Soziolinguistische bzw. indikatorische Konnotationen sind variable Explikative innerhalb ein und desselben Kodes und/oder interferierende Explikativsysteme verschiedener Kodes. Sie sind diastratische Markierungen von sprachlichen Äußerungen und in diesem Sinne Hinweise auf die soziale Stellung, die Einstellung, Erwartung und Antizipation von Situationen der jeweils "möglichen" Welt der interagierenden Kommunikationspartner", Rössler 1979:59 f.

Für unsere Befragung ergab sich letzten Endes die in 1.9 vorgestellte Auswahlliste von Etiketten für die drei Befragungsmodi bzw. Parameter (N), (T) und (I). Dem ersten Durchgang der Befragung lagen darüberhinaus noch die zwei Parameter (S) und (E) zugrunde. (N) scheint am leichtesten zu fassen, weil jeder Befragte wenigstens ungefähr weiß, was sicher zur Standardnorm gehört. Divergenzen treten aber auf, was die Abschätzung der graduellen Distanz zur Mediennorm anlangt. Es könnte sein, daß für den einen noch innerhalb der (unmarkierten) Norm zu liegen scheint, was der andere schon als Subnorm taxiert. Im unteren Bereich (4-5) konvergieren die Meinungen wieder stärker.

26

Chiu 1973:53 unterscheidet recht geschickt zwischen "Dialect, or variety according to user" und "Register, or variety according to use", wobei in dem Register-BeStimmungsmode11 Chius (im Anschluß an Joos 1962; Gregory 1967; Halliday et al. 1964; Spencer/Gregory 1964; u . a . ) die Kategorien "Mode of Discourse" und "Field of Discourse" in etwa unserem Parameter T entsprechen, während der Parameter I unserer Fragebogen eher auf die Kategorie "Manner of Discourse" abstellt. "It has been observed that this dimension [manner of discourse] is not likely ever to yield clearly defined, discrete 'registers'. It is best treated as a 'dine 1 with categories such as 'casual 1 , 'intimate 1 or 'polite 1 . Until we know more about how linguistic features vary with 'manner of discourse', such categories are arbitrary and provisional",sagt die Autorin an einer Stelle (ebd. 58) - eine beherzigenswerte Bemerkung.

130

Bei den in unserem Sample stark vertretenen normfernen Wörtern war mit einer stärkeren Divergenz der Antworten, vor allem, was die nicht-normgerediten Wörter anlangt, zu rechnen. Ähnliches gilt mutatis mutandis für den Parameter (T) (=textsortenspezif ische Angemessenheit), der nebenbei auch auf den Aspekt des Öffentlichkeitsgrades einer kommunikativen Situation abstellt. Stilurteile bezüglich (T) waren deutlich die strengsten. (N) stellt die Frage nach der "Distanz" einer bestimmten vorgegebenen lexikalischen Einheit zu einer überregionalen (Medien)Norm. Die Ausrichtung an einem Ideal der Hoch-, Schriftoder Mediensprache macht natürlich bestimmte metasprachliche Reflexionen nötig, die allerdings durch die Bildungsinstitutionen vorbereitet sein dürften, wenn auch in verschiedenem Maße. unsere Befragung ergibt keine Unterschiede schichtspezifischer oder anderer Art, die mit der Ungeübtheit oder Fixigkeit (sog. gebildeter Schichten) im Verhandeln über Sprache zu tun haben könnten. Die Etikettierungen waren, wie auch sonst, auch für diesen Bereich absichtlich oder notgedrungen vage, manchmal erwiesen sie sich auch als mißverständlich 27 (s.o. £nm. 2O). (S) stellte die Frage nach der Legitimität des sprachlichen Herrschaftsanspruches, d.h. der Autorität bestimmter Sprachbenutzer, stellt also ab auf eine Korrelation von Normnähe des Vokabulars und sozialer Rangstufe des Benutzers. Die Etiketten reichten von hoahoffizielle

Stellen bis Unterwelt.

2R

Die Parameter (N) und (S) versetzen den Probanden sozusagen in die Rolle des Beobachters: er soll beurteilen, wer derartige Wörter verwendet (Akademiker, Plattenbrüder) bzw. fungiert er in der Rolle des Stilbewerters: er schätzt ab, wie weit der Gebrauch eines Wortes von der Standardnorm abweicht. (N) wäre somit der am ehesten "statisch" zu bewertende Beurteilungsfaktor. Der sachlichste sozusagen. Er brachte dennoch nicht die konvergentesten Auskünfte (s. Tabelle C und H).

27

Zum Auskunftsmittel der "stretching adverbs" s. Cliff 1972:144.

28

"Auch nur aus städtischer Sicht ist die Meinung zu verstehen, daß Mundart gegenüber Umgangssprache und Hochsprache - von den unteren sozialen Schichten gesprochen wird. Das kann auf Dörfern gelegentlich gerade umgekehrt sein", Zwirner 1964:21.

131

Die dem Parameter (S) zugrundeliegende Annahme einer Gebundenheit des Sprachgebrauchs an die soziale Herkunft

29

ist m.E. nicht so rigid und un-

ausweichlich zu sehen. Weiters könnte derartiges schichtspezifisches Sprachverhalten am ehesten für den phonetisch-phonologischen Bereich zutreffen, nicht aber unbedingt auch für den Bereich der Lexik! Es könnte sein, daß der Sprecher zwar in der Wahl seiner phonologischen Realisierungen an seine Stamm-Aussprache gebunden ist, nicht aber in der Wahl seiner Wörter. Daß also die lexikalischen Enkodierungen viel stärker situationsspezifisch und rollenabhängig verlaufen. Der Befragungsmodus (S) wurde schließlich fallengelassen, eben weil die Grenzen zwischen Status und Rolle nicht klar zu ziehen sind: Möglicherweise ist unter Status die Bündelung der gewohnten, vor allem der von den Partnern antizipierten, ja auferlegten Rollen zu verstehen. Wcmit sog. status- und schichtspezifisches Verhalten nicht viel mehr wäre als Aas Bündel der petrifizierten Stammrollen. An die Stelle des Verhaltensbegriffs (mit seiner einfachen Kausalität) tritt der (finale) Begriff der Strategie. ^° Manches erscheint anders, wenn man von der jeweils pro Situation zu planenden Konnunikationsstrategie ausgeht, und einen situativen Rollenbegriff in den Mittelpunkt stellt, d.h., wenn man statt system- und feldinterner Abgrenzungskriterien eher pragmatische, d.h. in unserem Fall z.B. hörerorientierte Faktoren, u.zw. außerdem etwas differenzierter, als es der

formell:informell-SctüüsseL

zuläßt, als funktionale Stilcharakteristika ansetzt.

Aus dieser Sicht sind

die anderen angesetzten Parameter zu verstehen. (I) stellt die Frage nach dem Vertrautheitsgrad zwischen Sprecher und Zuhörer und ist gereiht nach den Etiketten distanziert bis intim. (E) betrifft die emotionale Beteiligung des Sprechers am Besprochenen oder an seinem Gegenüber, gereiht von beherrscht, kühl bis bissig, grob. (T) schließlich fragt nach der besprochenen Sache selbst, vor allem aber nach dem öffentliohkeitsgrad

der Textsorte und den diesem Öffentlichkeitsgrad

29

Vgl. Schnorrenberg 1974:345.

30

Weitere Erörterungen des Rollenbegriffs finden sich u . a . bei Bielefeld 1975a, b.

31

Zur Unterscheidung zwischen Situationen, die durch den "Inhaltsaspekt" und solchen, die durch den "Beziehungsaspekt" charakterisiert sind (was etwa unseres Parametern T bzw. I entsprechen würde), vgl.man auch Rössler 1979:123

132

angemessenen Sprachmitteln. (T) ist gereiht von wissenschaftlich-sachlich Privatangelegenheiten.

bis

Die Parameter (I), (E) und (T) verlangen von Befragten, sich in eine selbstgewählte Rolle bzw. Situation zu versetzen, sich eine (erst einzuschätzende) Interaktion vorzustellen, in der er aus dan angebotenen lexikalischen Material zu wählen haben würde. Die Dimension "Intimitätsgrad" konstituiert sich u.U. erst innerhalb der kommunikativen Interaktion und kann sich in deren Verlauf verändern. Dies läßt (I) dem von uns gemeinten Begriff der "Polle" benachbart erscheinen. Für alle gewählten Befragungsmodi/Parameter gilt, daß die vorliegende Untersuchung aufzuzeigen oder nachzuweisen sucht, inwiefern und inwieweit eine Korrelation besteht zwischen der formalen Unterscheidung in überregionale sprachliche Standardnorm und mundartnahe Umgangssprache (bis "herab" zum Slang) und den interaktionsspezifischen Kriterien, wie eben "Intimitätsgrad", "Emotionalität" oder "Thematik". Bei stärkeren subjektiven Anteilen an der Urteilsfindung sind größere Divergenzen in den Sprecherurteilen zu erwarten. 32 Es ist zu beachten, daß (I) sowohl ich- als auch partnerorientiert ist, (E) dagegen zwar nicht nur, aber vorwiegend ich-bezogene Kriterien der Sprachmittelwahl anspricht. Für (T) ist wiederum ein größeres Maß an Objektivität, wie es eben für die Planung von wirkungsorientierter Textgestaltung vonnöten ist, anzunehmen (s. 5.9 und Tabelle H). 33 Mit der Kategorie "Emotionalität" beschäftigt sich Volek 1977. Sie sagt, Ausdrucksmittel der Emotion seien "typische Mittel der Umgangssprache, vor allem der gesprochenen Form der Umgangssprache" (ebd.: 129).

Die oft angenamiene Marginalität des Emotionalitätskriteriums ist allerdings eines durch die zuständige Nissenschaft verursachte, sie ist nicht dem Phänomen inhärent: "Auffassungen, die die emotionalen Elemente aus der lexikalischen Bedeu-

32

LaPorte 1965:263 stellt fest, daß die Informantenurteile der Kategorie "abstract-emotional" auseinandergehen.

am weitesten bei

33

"Casual speech, the least formal style, was the pattern used in excited, emotionally charged utterances", Wright 1966:245.

133 tungL34Jdes Wortes ausschließen (V. . Zvegincev 1957:167f., O.S. Achmanova 1957:238, E.B. Agajan 1959:2O7f.r S. Potter 1966:51, L.A. Novikov 1972: 15), leugnen damit den semantischen Charakter des Phänomens der Emotionalität und verweisen es meist in das Gebiet der Stilistik. Diese Auffassungen gehen von der Voraussetzung aus, daß die Bedeutung des Wortes gleich einem Begriff ist", Volek 1977:127.

Bemerkenswert scheint nur im übrigen Voleks (1977:133) Interpretation konnotativer Bedeutungselemente als Mittel der Evaluation der besprochenen Wirklichkeit seitens des Sprechers mit Hilfe seiner Lexikonentnahmen, was sich mit der hier vertretenen Auffassung trifft. (E) fiel als Befragungsparameter aus, weil sich gezeigt hat, daß der Grad der Eaotionalisiertheit nicht linear auf den Grad der Abweichung von oder Konformität mit der Standardnorm abzubilden ist. Stärkere Etnotionalisiertheit kann Konvergenz oder Divergenz hinsichtlich der Standardnorm auslösen, das richtet sich u.U. nach dem Grad der Intimität zwischen den Partnern. Aus den Ergebnissen der vorliegenden Befragung, d.h. aus den Daten der ausgeschiedenen Fragebogen der Gruppe (E) läßt sich mindestens eine deutlich größere stilistische Toleranz der Befragten gegenüber dem Wortgebrauch in emotionalisierten Äußerungen ablesen: die Divergenz der Urteile war hier außerdem am größten. Von den Parametern ergaben E und I die tolerantesten Bewertungen. Unter T und S erfolgten die strengsten (s. Tabelle H). Schwerer zu taxieren, aber sicherer markierbar scheint der Parameter (T), der nach der themenspezifischen Ausgestaltung von Äußerungen fragt. D.h., es geht um die Frage, ob man sich je nach Textsorte, also je nach der Art, in der

34

Härtung 1977:5 spricht von der Notwendigkeit, "einer emotionalisierenden, institutionelle Einbindungen relativierenden Redeweise". Vgl. auch Walther 1975.

35

Vgl. Sornig 1978a:142ff./ wonach sich der kommunikative Faktor Emotionalisiertheit für negative, autoritative Gefühlsausdrucksnotwendigkeiten eher der Standardnorm, dagegen für positive, intime, zärtliche Formen eher der Individualsprache (diese kann natürlich standardnahe oder -ferne sein!) bedient. Zur verschiedenartigen emotionalen Besetzung sprachlicher Varianten vgl. man Rössler 1979:9O und Stankiewicz 1972:243.

36

Lipschitz (1977:XXIII) spricht von der "faculte du mot de traduire notre attitude personelle envers le referent ... mais surtout pour traduire une appreciation (favorable ou defavorable) du destinateur".

134

ein Besprochenes besprochen wird, anders ausdrückt. Die Antwort auf diese Frage scheint, wohl nur zunächst, geradezu trivial. Zwirner (1964:34) stellt dazu fest, "daß die Sprachschicht bei einer Unterhaltung, ja bei ein und derselben Erzählung keineswegs durchgehalten zu werden pflegt, sondern nicht selten mit dem Thema der Unterhaltung oder Erzählung wechselt, sich also als Funktion des Gesprächsgegenstandes erweist".

Die Ungrenzung bestaunter bestiititibarer Textsorten ist zugegebenermaßen schwierig, 37 andererseits ist es Teil der Intuition des Sprechers, daß es für bestimmte Formulierungsmuster Regelungen gibt, die sich auch auf die Wahl der Lexik (standardsprachlich vs. regional) beziehen. Wenn letztlich die Befragungsmcdi (N), (I) und (T) in die Auswertung eingegangen sind, die Informanten also aufgefordert werden, einerseits die Normdistanz t zum anderen die situativ bedingte Rollendistanz (I), und schließlich die thematische Angemessenheit des vorgegebenen Vokabulars zu taxieren, so ist dabei durchaus noch fraglich, ob die einzelnen Funktionsaspekte (Intimitätsgrad, Normnähe, thematische Angemessenheit) so trennscharf sind, daß sie von den Informanten bewußt auseinandergehalten werden könnten, sodaß sie einem bestimmten Wort verschiedene Wertungen zuteilen würden, je nachdem, nach welchem der verschiedenen Kriterien gefragt worden wäre. Diese Frage könnte nur beantwortet werden, wenn man denselben Informanten mehr als eine unserer Fragebogenvarianten vorgeben würde, was mit Rücksicht auf die Belastbarkeit unserer Informanten (bisher) unterbleiben mußte. 4.8.1. Etikettierungen durch die Informanten Unser Vorhaben, die vorgeschlagenen Etikettierungen für die Skalen der Bewertungsmodi zu korrigieren bzw. zu koordinieren, indem man die von den Informanten selbst gewählten metasprachlichen Bezeichnungen in das metasprachliche Repertoire des Analysesubjekts integriert, um so zu einem geeichten, auch für den Probanden akzeptablen metaspraohliahen Instrumentarium zu kommen, darf getrost als gescheitert angesehen werden.

38

37

Vgl. Sornig 1977e, 1978d.

38

Zur Frage der Ausdrückbarkeit s. Finke 1975:36; vgl. auch Weinreich 1972b. 127.

135

Es lag aber nicht an der mangelnden Keoperativität der Befragten. Wir waren davon ausgegangen, daß grundsätzlich den Informanten das Recht zustehen müsse, die Bewertungsskalen zu etikettieren. Von diesem Recht haben die Befragten wider Erwarten großen und ausgiebigen Gebrauch gemacht: die Bereitwilligkeit, inetakommunikativ - auch mit dem unbekannten Interviewer einer schriftlichen Befragung - zu kommunizieren, bedarf keines Nachweises mehr. Die Etikettierungen der Informanten schließen sich entweder paraphrastiech denen des Fragebogens an oder sie bringen freie, eigene Vorschläge. Das Merkwürdige an den "freien" Vorschlägen ist, daß die Befragten - ohne von unseren anderen Befragungsmodi ((N), (I), (T)) zu wissen - diese recht freizügig miteinander in ihren Vorschlägen vermischt habenl Je selbständiger die Vorschläge, desto eher überschreiten sie auch die Parametergrenze. Wenn die Informanten unserem Angebot gefolgt sind, haben sie eine Aaswahl aus dem Mehrfachangebot getroffen, was doch wohl eine gewisse Bevorzugung bestinriter metasprachlicher Ausdrücke dokumentiert. Eine andere Gruppe von Befragten paraphrasierte und schlug etwa für höflich vor: zuvorkommend. Eine beachtenswerte Gruppe Eigenwilliger aber "überschritt den Parameterbereich", indem sie für die Stufe, die bei uns die Etikette höflich trägt, etwa einsetzte: gepflegt (N), oder sachliche Mitteilung (T), oder gar: Vorgesetzte (S)i Dies ist deshalb so bedeutsam, weil es die Trennschärfe der angesetzten Parameter/Befragungsmodi erheblich relativiert. Wir erklären uns die Reaktion der Informanten daraus, daß für den aktiven Sprecher jede kommunikative Interaktion immer alle jene Aspekte enthält (u.zw. gemischt und gewichtet), die sich mit Hilfe einer (unrealistischen) Abstraktionsmanipulation in unseren sog. Parametern getrennt abbilden lassen. Jede Kommunikationssituation ist auf vielfältigen strategischen Ebenen funktional zu planen. Das wissen die Probanden auch dann, wenn sie "bloß" über einen der funktionalen Aspekte eines bestimmten Einzelwortes Auskunft geben sollen (s. Tabelle A und F). Die erwartete Divergenz der Meinungen je nach vorgegebenem Befragungsmodus ist also nicht so groß. Dies berechtigt zwar noch nicht dazu, die Werte der einzelnen Fragebogenarten zusammenzurechnen, wohl aber legitimiert es die mehrfach angestellten Vergleiche quer zu den Befragungsmodi. Noch interessanter ist aber folgendes: Obwohl es Überschreitungen hinsichtlich der parameterspezlfiechen Etiketten gibt, so konmen Überschreitungen der Bewertungsstufe praktisch nie vor (daß etwa das mit dem Stilwert "2" angesetzte höflich gegen förmlich (=1) ausge-

136

tauscht würde). Das bedeutet, daß die Stilhöhe ein bewußter und konstanter Faktor ist, neben dem die Frage, wie man dies (metasprachlich) nennt3 nebensächlich ist. Die Stilhöhe ist im rnetakotinunikativen Bewußtsein der Informanten 39 fest verortet, nicht aber die einzelnen Funktionsfacetten und -aspekte. Die sog. metakcmnunikative Kompetenz gibt es also. Auch eine metasprachliche Kompetenz dokumentiert sich zweifellos in den Zusatzbemerkungen, nur darf man für sie keinen allzugroßen Grad an Normiertheit oder Normierungsfähigkeit ansetzen. Im einzelnen ergeben die Zusatzbemerkungen folgendes Bild: Von 3O2 rückgemittelten Fragebogen aller 5 Parameter enthielten 165 (das sind 55%!) eigene Etikettierungsvorschläge der Informanten. Von den verbleibenden 45% darf man annehmen, daß sie sich an unsere Etikettierungen gehalten haben. Konvergenz und Divergenz der Etikettierungsvorschläge von 165 Informanten: Parameter: identisch mit dem Fragebogenangebot: konvergierend und paraphrastisch: abweichend

S

N

I

E

T

38%

66%

39%

40%

34%

46%

17%

26%

30%

15%

16%

18%

35%

30%

51%

9%

69%

davon nach S: nach N: nach I:

28%

25% 7%

15% 88%

57% 17%

nach E: nach T:

39

8%

16%

Eine Beobachtung aus Testsituationen, wo den Probanden der Haupttest direkt (unter Anwesenheit des Testerstellers) vorgegeben wurde, soll hier Erwähnung finden (s. 5 . 7 ) : die Probanden informieren sich an der Etikettenliste, um ihre Bewertungen danach abzustimmen. Zu diesem Zweck müssen sie immer wieder zurückblättern auf die erste Seite des Fragebogens. Dieses Zurückblättern hört nach einiger Zeit auf. Das muß nicht bedeuten, daß sich die Informanten die Etikettenstichwörter nun auswendig gemerkt haben, bei der Mehrfachauswahl ist dies kaum anzunehmen, sondern, daß sie sich für ein bevorzugtes Stichwort' entschieden haben, das sie vielleicht inzwischen schon nach eigenem Gutdünken paraphrasiert haben.

137

Die stabilsten Parameter scheinen (N) und (S), damit verglichen sind (I), (E) und (T) weitaus flexibler. Im Bewußtsein derer, die "parameter überschreitende" Paraphrasen versucht haben, stehen die "statischen" Parameter (N) und (S) im Vordergrund. Am meisten Schwierigkeiten haben den Probanden textsortenspezifische Stilunterscheidungen gemacht, hier weichen sie am stärksten auf andere Etikettierungen, und damit auf andere Aspekte kommunikativer Interaktionen aus. Interessant ist auch die Beziehung, die anscheinend zwischen der Emotionalisiertheit einer Äußerung und der Normnähe ihrer Lexik zu bestehen scheint. 4.9.

Geeichte Parameter, Konvergenzwörter und Stichwörter (Tabelle G und H)

40

Möglicherweise war die gesonderte Befragung nach N, I und T nicht berechtigt, weil jede Sprechsituation immer mindestens alle drei Aspekte (Sprachnorm, Rolle des Sprechers und Thematik) enthält, die sich naturgemäß im Bewußtsein des Befragten vermischen werden. Vförter, die deutliche Bewertungsunterschiede je nach soziosemantischem Parameter (N, T, I) erfahren, nenne ich StilWörter. Vor allem aber zeigt sich, daß mit einer Befragung der vorliegenden Art weniger der gruppenspezifische Sprachgebrauch festgestellt werden kann als die Meinung der Leute über Elemente des (ihres) Lexikons. Es zeigt sich, daß viele unserer Testwörter einen auffallend ähnlichen Stilwert zugesprochen bekommen, u.zw..wahrscheinlich unabhängig von den eigenen stilistischen Gewohnheiten des Beurteilenden, daß es also ein konvergierendes lexikalisches Stilbewußtsein bei den Mitgliedern einer Sprechergemeinschaft gibt. Vor dieser vorrangigen Tatsache, nämlich der Konvergenz der Informanten-Urteile, treten die Beurteilungsunterschiede - die Folgen eines unterschiedlichen Gebrauchs sind - so stark in den Hintergrund, daß sie sich einer statistischen Erfassung z.T. entziehen. Das heißt aber anderseits, daß bestirnrtte einhellig bewertete Vförter als Richtmaß, als geeichtes Vokabular, verwendet werden könnten, das die metasprachlichen Etiketten ersetzen könnte, im Sinne eines semantischen Differentials ohne Metasprache. Durch die Feststellung der intralingualen soziosenantischen

4O

Zur Frage der Anzahl der Parameter vgl. Weinreich 1972b: 127f. ,· zur Korrelation der Parameter: Rossipal 1973:47f. und Keller 1 9 7 7 : 2 2 .

138

Position bestinjrtter Lexikonteile Im semantlschen Raum könnte die weitere Taxierung des Wortschatzes sozusagen innerhalb der Objektsprache verbleiben. D.h. man hätte aus dem etischen Material ein emisches Vergleichsmodell gewonnen, ohne Formen einer anderen semiotischen Ebene heranzuziehen, obgleich natürlich jedes Reden über Sprache - auch wenn sich die Verwendung metasprachlicher Zeichen erübrigt - ein semiotisch anderer Akt ist als jedes Raden mit Hilfe von Sprache. Daneben gibt es Wörter (obzwar weniger), die zwischen den einzelnen Personengruppen trennen. Auch sie können zur Taxierung des Vokabulars herangezogen werden, u.zw., um gruppenspezifische Stilunterschiede festzustellen. Der Wortschatz unserer Listen und der gesamte Wortschatz eines Sprechers läßt sich von Gesichtspunkt der soziosemantischen Markiertheit in wenigstens vier Gruppen untergliedern: Unmarkiertes Wortmaterial, 41 Lexikonteile, die bestimmte Sprechergruppen trennscharf charakterisieren, 42 also stilistische Stiohäörter, sodann Wörter, deren Stilwart in allen Gruppen ähnlich bzw. unmarkiert ist, sozusagen stilistische Leitüörter, besser: Korrvergenzwörter, und schließlich Wörter, die nach N, T, I trennscharfe Ergebnisse bringen, sog. Stilwörter (s. Tabelle G und H).

41

Zur Frage der unmarkierten Lexik vgl. Rossipal 1973:14 u. 27, sowie Greimas 1978:320.

42

Der Versuch, die befragten Personen nach der Ähnlichkeit ihrer Wertungen in einer Cluster-Analyse (ähnlich Tabelle B- ) in Untergruppen zu fassen, ist, jedenfalls mit dem angewendeten Computerprogramm, erfolglos geblieben. Für einzelne Wörter allerdings ergibt die statistische Analyse signifikante Unterschiede für die von uns angesetzten Personengruppen. Die Trennschärfe wird naturgemäß mit der Delikatheit und Schwerfaßlichkeit der Unterschiede in der Parameterformulierung, sowie mit der abnehmenden Anzahl der Informanten geringer (s. Tabelle J,K, L und M ) .

139

5. Die Informanten, deren Testverhalten und Test-Evaluation "Die kräftigste, wahrste, täuschungsloseste Sprache ist die unwillkürliche, die sich ergibt, wenn wir ganz wir selbst und ganz bei der Sache sind ...", Jaspers 1947:439. "The stability of any empirical finding cannot, in any event, be established by a single study", Zimmermann/ffest 1975:113.

5.0.1. Gebrauch land Meinung Im Lauf der Befragung und der Auswertung ist klar geworden, daß unsere Befragung weniger den spezifischen Sprachgebrauch bestürmter Alters- und Berufsgruppen testet, sondern deren stilistische Meinung, und diese scheint nun doch ziemlich konvergent, wenn auch der Sprachgebrauch des einzelnen von dem eines anderen Informanten abweichen nag. Das kann bedeuten: der Gebrauch ist nicht so schicksalhaft unbewußt und schichten-fixiert, sondern viel reflektierter, als man bequemerweise gemeinhin anzunehmen pflegt. Wir wollen trotzdem und darüber hinaus der Frage nachgehen, inwieweit Gruppierungen nach Alter, Beruf etc. Unterschiede in der metakanrunikativen Reaktion der Informanten ergeben, und welche Unterschiede dies sind. Weiters rtuß man sich fragen, welche der angesetzten Untergruppierungen trennschärfer sind als andere. 5.0.2. Teilnehmende Befragung Es sei an den Grundsatz erinnert, die Informanten selbst zu Wort kommen zu lassen, sowohl, was die stilistische Evaluation des Vokabulars anlangt als auch bezüglich der Etikettierung der stilistischen Varianten, sogar, was die Gestaltung der Befragung selbst angeht. Somit scheint eine Bezeichnung unseres Vorgehens als "teilnehmende Befragung" gerechtfertigt. Mag dies auch so viel heißen wie, aus der Not (weder den Beobachter noch den Beobachteten aus der Beobachtung aueschließen zu können) eine Tugend zu machen.

140

Die altbekannte Paradoxie der deskriptiven Linguistik überhaupt (nicht nur der Soziolinguistik) besteht nicht bloß in der Frage, was der Beobachtete eigentlich tut, wenn er nicht beobachtet wird, sondern und vor allen darin, 2 daß der Beobachter schon weiß, was er wird beobachten wollen. 5.1.

Grazer

Vorsichtigerweise ist zu beachten, was bei Denison et al. (1977:4) vermerkt ist: " ... Jt goes without saying that German speakers from outside Graz (and especially from outside Austria) may be expected to make considerably different evaluations of speech in Graz from those made by Graz speakers themselves".

Die Möglichkeit, daß ein und dasselbe hcnpphone Lexem außerhalb von Graz (etwa in Wien) einen anderen soziosemantischen Funktionsradius hat (daß also z.B. ein Wort für das Ohr der Grazer "gröber" klingt als für den Wiener (auch dann, falls Pudel auch in Wien für "Motorrad" steht), ist durchaus im'Auge zu behalten. Wir halten sie aber für gering, zudem sehen wir keine einfach zu handhabende Möglichkeit, einen solchen Faktor unter Kontrolle zu bringen. Außerdem ist zu hoffen, daß die Informanten, wenn sie nach dem Gebrauchswert von Wörtern "in Graz" gefragt werden, auch dann, wenn sie das betreffende Wort mit regional verschiedener Besetzung kennen, ihre Antwort darauf einstellen werden, wie sie es in Graz verwendet gefunden haben. Was wir unter "Grazer" verstehen, ist weniger eine regional-mundartliche als eine Sprach-Verkehrs-Gruppe, d.h. eine Anzahl von Leuten, die eines gemeinsam haben: nicht das sog. Sprachsystem, sondern vorderhand nur die Tatsache, daß sie miteinander zu tun, d.h. zu reden haben. (Zur sog. kategorialen Konnotation vgl. Henne 1975:11.) Aus dieser Verkehrsgruppe konstituiert sich die Informantengruppe der "Grazer".

Zum hermeneutischen und psychoanalytischen Ausweg, der den Zirkel zu einer Tugend macht, indem das beobachtende Ich bewußt in den Mittelpunkt der Analyse gestellt wird, vgl. man Bühler et al. 1972, bes. 1.121.4, p.7. "What is important to note in this connection is that no increase in the gross size of the sample will eliminate any bias which has been introduced in its original design", Wright 1966:238f.

141

Anzumerken wäre, daß keiner der Informanten angibt, er sei außerstande, die gestellte Aufgabe, seine Meinung zu "grazerischen -förtern" abzugeben, zu erfüllen, weil er eben "nicht von hier" sei. Möglicherweise befinden sich jene Personen, die von sich selber wissen, daß sie die Umgangssprache dieser Stadt nicht voll beherrschen, und sich deshalb nicht an einer Befragung darüber beteiligen wollen, unter jenen, die den Fragebogen nicht beantwortet haben. Wir nehmen also an, daß jene Personen, die unseren Fragebogen bearbeitet haben, "Österreichisch" können und daß sie Graz und die Grazer kennen, daß heißt so viel wie, daß sie bei sprachlichen Interaktionen in dieser Stadt "mitreden können", aktiv und/oder passiv. Als "Grazer" werden demnach jene Personen betrachtet, die in Graz leben, u. zw. so lange, daß sie wenigstens passiv mit den spezifischen zu erwartenden Effekten von Wortschatzelementen der Grazer Umgangssprache vertraut sind. Wir nehmen an, daß bei Personen, die (vielleicht, ohne es selbst zu wissen) weniger mit dem typischen Wortgebrauch der Grazer Umgangssprache (GUS) vertraut sind, die Antworten mit (x) und (O) zahlreicher sein werden bzw., daß ihre Antworten eher gegen den Mittelwert (3) tendieren werden, was dann auf ihre Unkenntnis der sog. feineren, d.h. konnotativen stilistischen Nuancen der Wortbedeutung zurückzuführen wäre. Eine Bemerkung, die wir nicht unterlassen wollen, bezieht sich auf den Unterschied unseres Ansatzes zu dialektologischen Fragestellungen, die ja darauf hinauslaufen, Antwort auf die Frage zu finden: Was ist noch echt? Wo sind die Reste des Echten? Wogegen unsere Frage lauten müßte: Was ist derzeit gerade normal?

Das wirkt sich natürlich auch auf die Informantenauswahl aus, vor allem auf deren Alter: die ältere Generation, interessant für die Dialektologie im üblichen diachronen Verstande, ist für unsere Fragestellung am wenigsten relevant. Auch die Wohngegend der Informanten spielt eine geringere Rolle. Dazu vergleiche man Wright 1966:233: " ...

it can Jbe demonstrated

that such factors as geographical

distribution.

Dazu gehört auch Trudgills Studie (1974), abgesehen davon, daß sie wie andere ähnliche eher phonologischen Fragen nachgeht als lexikalischen.

142 critical for delimiting rural dialects, need not necessarily be the most potent influence in establishing the relativities of urban dialects".

Ob es handlicher gewesen wäre, nur einen kleineren Wohnbereich, z.B. ein Stadtviertel einer Untersuchung zu unterziehen, ist eine Frage. Man hätte andererseits nicht umhin können, diese bezirksspezifischen Ergebnisse in eine Vergleichsrelation mit dem Gesamtrepertoire der Grazer Umgangssprache zu stellen, wofür aber die Daten vorderhand gefehlt hätten - sodaß die vorliegende Untersuchung eher die Ausgangsbasis für eine ins Detail gehende "stadt-regio4 nale" Studie abgeben könnte, nicht aber umgekehrt. Wir plädieren also mit Wright und auch mit Trudgill (1974:25) für eine zufallsgestreute, möglichst umfassende und nicht vorsortierte Auswahl der Informanten: "The starting point for the linguist in this situation is the whole population. Partial selectiveness will yield information restricted to the groups or individuals chosen, precluding a final synthesis to account for the overall inter-action of the speech community", Wright 1966:236.

Nach Ausscheidung von 129 Fragebogen der Parameter S und E ergibt sich folgende Verteilung der 285 Fragebogen der Endauswertung auf die verschiedenen Alters- und Berufskategorien: Gesamtanzahl der Informanten: 285 = 146 w : 139 m Verteilung auf die Parameter: N = 124; T = 32; I = 79 Verteilung nach Altersgruppen: 1 = 56; 2 = 96; 3 = 73; 4 = 6O Verteilung auf die Berufsgruppen: I = 46; II = 65; III = 55; IV = 57; V = 62 5.2.

Anzahl der Informanten

Es kamen 285 Fragebogen in die Endauswertung. Fast ebensoviele mußten aus den einen oder anderen Grund ausgeschieden werden, die Anzahl der Personen, die

Unsere Vermutung, das Informanten-Verhalten würde sich nach Wohngegenden unterscheiden, hat sich allerdings bestätigt. Wir halten dies aber eher für eine Angelegenheit, die die Sozialpsychologie interessieren dürfte; was jedoch die Relevanz von Kooperationsbereitschaft, Selbsteinschätzungsvermögen u . a . für die soziolinguistische Feldforschung keineswegs bagatellisieren soll.

143

angeschrieben wurden, beläuft sich etwa auf das Fünffache. Das heißt, daß etwa jeder tausendste Grazer (bei einer Einwohnerzahl von rund 28O.OOO) in den Ergebnissen repräsentiert ist, fast jeder hundertste irgendwann mit der Befragung konfrontiert war. Das hat schon deshalb nichts mit Oberrepräsentation zu tun, weil die große Anzahl der Variablen iitmerhin die statistische Auswertung stark beeinträchtigt. Außerdem sei angemerkt, daß wir nicht von einer homogenen, gleichmäßigen Verteilung lexikalisch-semantischer Gebrauchsregeln in der Umgangssprache einer Verkehrsgemeinschaft ausgehen dürfen, sondern von dem realistischen Ansatz einer teilweisen, aber ins Gewicht fallenden Heterogenität, wie sie für jegliche Umgangssprache angesetzt werden muß. Dies nur, damit uns nicht der Vorwurf trifft, den Labov 1972 (zitiert nach Schnorrenberg 1974:241) erhebt: " . . . they /the linguists/ work with one or two informants in their or examine their own knowledge of language". 5

offices,

Auf die Gesamtbevölkerung umgelegt, ist unsere Informantenzahl sicher repräsentativ, nicht aber, was ihre Aussagekraft für die einzelnen Sub-Gruppen anlangt. Andererseits hätte, bei den bestehenden keineswegs euphorischen Kboperationsbedingungen und den beschränkten personellen und technischen Möglichkeiten für Befragung und Auswertung, die Befragung über einen längeren Zeit-

Trudgill (1974:26) interviewte letztlich 5O Informanten: von den 72 Personen, die er in die Schlußauswahl aufnahm, verweigerten 15 die Mitarbeit, 7 weitere konnten nicht kontaktiert werden. Dazu meint Trudgill (ebd.: 2 6 ) : "This refusal and no-contact rate is high for a social survey". In der Grazer Befragung, die ja schriftlich erfolgte, war - schon aus diesem Grunde - die Mißerfolgsrate noch höher, sie lag über 75%. DeCamps Analyse der Sprache von San Francisco benützte 25 Informanten aus verschiedenen sozialen Schichten und Wohngegenden, wobei er von 3 Kategorien der Schulbildung ausging, um eine Unterteilung zu treffen (nach Wright 1966:242). In meiner eigentlich unerlaubten Naivität, was statistische Fakten und Möglichkeiten angeht, frage ich mich angesichts solcherart gewonnener Daten nach ihrer Repräsentativ!tat. Interessant ist die Bemerkung Wrights (ebd.: 242) zu DeCamps Ergebnissen, was die P.elevanz der Wohngegend, verglichen mit dem Kommunikationsnetz, anlangt: "He selected three basic types on grounds of education, corresponding to elementary, secondary and college or prefessional training. Phonological distributions are listed according to education, sex, age, race, marital status, occupation and provenance. In general he found that the influence of the community outweighed that of the home, but that identification with a sub-community could prevail over the pressures from a larger unit".

144

räum ausgedehnt werden müssen, was die Befürchtung nicht unberechtigt erscheinen lassen könnte, unser Auswahlvokabular würde inzwischen veraltet sein, genauer: die ersten Auskünfte seien mit den zuletzt eingelangten nicht mehr ohne weiteres vergleichbar. Aus diesem Grund lassen sich die aufgrund bestinmter Trends berechtigten Differenzierungserwartungen statistisch nicht immer verifizieren. 5.2.1. Auswahl der Informanten Die Auswahl der Informanten geschah anfangs nach bestimmten Wohnbereichen. Später gingen wir anhand des Wählerverzeichnisses (was von vornherein nichtösterreichische Staatsbürger ausschließen würde) vor, also nach einem "quasirandom" sampling (Trudgill 1974:21). Das Wählerverzeichnis schließt allerdings neben Ausländern und nur vorübergehend in Graz wohnhaften Personen auch Minderjährige aus, was wir allerdings als Nachteil verbuchen müssen. Vgl. hiezu Wright (1966:239). Hiezu wäre außerdem zu bemerken, daß die Haushaltslisten des Grazer Wahlamts so alte Eintragungen enthalten, daß die Informanten, wenn sie von uns angeschrieben werden, wenigstens schon 2-4 Jahre in Graz wohnhaft gewesen sind. Ob diese Aufenthaltszeit hinreicht, um spezifische Eigenheiten einer Stadtmundart zu erwerben, ist - was aktive Beherrschung anlangt - zwar mehr als fraglich; sie reicht allerdings m.E. aus, um solche Eigenheiten kennenzulernen. Wir verweisen im übrigen auf unsere Annahme, daß nicht-kcmpetente Personen sich einer Befragung nicht zu stellen brauchen; die hohe Ausfallsrate scheint wie gesagt zu gewährleisten, daß alle sog. Nicht-Grazer sich darunter befinden dürften. Nicht zielführend ist der gern beschrittene Weg, eine Auswahlgruppe zur Zielgruppe zu ernennen, u.zw. deshalb, weil sie sich durch ihre Bereitschaft

Bei Durchsicht der Verteilung der Untergruppen (alters- und berufsspezifisch) zeigt sich eine deutlich ungleiche Verteilung auf die verschiedenen Wohnbereiche. So finden sich z.B. in der Augasse vorwiegend Leute der Altersgruppen 3,4 und der Berufsgruppe I. Vgl. Wright (1966:238f.): "Random sampling has the virtue that the investigator can regulate the size of his sample according to time available and other resources".

145

zur Mitarbeit und ihre Verfügbarkeit statt durch andere, allerdings für den Zweck einer Untersuchung relevante Eigenschaften auszeichnet. (Vgl. aber die Studentengruppe in 1.83; 2.24.4) 5.2.2. Verweigerungen Ein anderer Nachteil schriftlicher Befragungen besteht in der Möglichkeit, den Fragebogen mißzuverstehen, was allerdings dadurch z.T. neutralisiert wird, daß Informanten, die nicht wissen, was sie mit dem Fragebogen anfangen sollen, ihn einfach nicht abschicken. Bei mündlichen Interviews steht der Informant eher im Zugzwang und kann genötigt sein, irgendwelche, z.B. fingierte Auskünfte zu geben. Es ist also zu hoffen, was auch durch die Kontrollwörter (sichere Null-Antworten) rückgesichert werden kann, daß die Antworten, die tatsächlich eingehen, nach "bestem Wissen und Gewissen" erfolgen. Wenn eine schriftliche Befragung wie die unsere dem Informanten mehr Freiheit läßt, nicht zu antworten, so vermindert sie dadurch also auch den Grad der "intimidation" (Trudgill, 1974:26), den eine mündliche Befragung mit Mikrophon und Notizblock naturgemäß gerade bei nicht interview-gewohnten Personen hervorrufen muß. Die Anzahl der Auskunftsverweigerungen ist wie erwähnt in unserer Befragung aus verschiedenen hier nicht zu erörternden oder nicht zu erklärenden Gründen (worunter auch die Formulierung des Begleitschreibens und des Fragebogens selbst sein könnten) ziemlich hoch. Ein überblick über die einzelnen Personenkategorien ergibt keinen deutlichen Trend, der einer Vermutung, bestinnrte Berufs- oder Altersgruppen seien besonders kooperativ oder besonders zurückhaltend mit ihren metakottinunikativen Urteilen, Nahrung geben könnte. Eine Frage, die man sich stellen muß, auch wenn man sie nicht beantworten kann, ist die folgende: Sind jene, die zu unseren Fragebogen geschwiegen haben, eine andere Art Grazer als "unsere" Informanten, und sei es nur, insofern ihnen die nötige metakomtunikative und metalinguistische Kompetenz abgeht? Es fragt sich auch, ob durch die Verweigerungen nicht gerade die gewünschte Zufallsverteilung beeinträchtigt wird, weil die Nicht-Kooperativen eine eigene, für sich interessante Gruppe bilden. Es mußte auch vermutet werden, daß eine Befragung, die sich mit dem Stilwert der - u. U. vom Befragten verwendeten - Lexix befaßt, eher Hemnungen bei den

146

Interviewten auslösen würde als eine Untersuchung, die sich "bloß" für (dialektologisch interessante) phonolcgische Eigenheiten interessiert. Dies hängt mit dem soziosanantischen Prestigewert der einzelnen sprachlichen Realisierungsebenen zusanmen, der ja nicht gleichartig sein muß. In diesen Fragenbereich könnten weitere Detailuntersuchungen zu den Grazer Protokollen mehr Licht bringen. Vorläufig müssen wir uns mit Trudgill (1974:26) damit trösten, daß wir hoffen, das Schweigen der Informanten (die es nicht sein wollten) sei nicht als Aussage, sondern als Zufall zu werten: " ... it was thought that linguistic behaviour was unlikely to show significant differences of this type. Labov (1966) has shown, in fact, that those informants who refused him interviews or could not be contacted, and whose linguistic behaviour was later studied by other means, were in no way different from the other informants in their language characteristics".

5.3.

Geschlecht " ... speakers can be productively grouped by the only universally standardized, cross-culturally recognized, and biologically predetermined distinction available - that is, by sex", Swacker 1975:76f.

Für die Gruppierung von Interaktanten in Kotinunikationssituaticnen sollte man trivialerweise von den offensichtlichsten Kriterien ausgehen, und sich zu den weniger leicht faßbaren vortasten. Wir gehen jedenfalls von der Annahme aus, daß, was der Interviewer an einem Gesprächspartner zweifelsfrei oder eindeutig oder auch einigermaßen deutlich feststellen kann, auch dem Alltagspartner dieser Person zuerst bewußt werden wird und - vielleicht - sein sprachliches Verhalten beeinflussen wird, möglicherweise in erster Linie. Obgleich davor gewarnt werden muß, die Erkennbarkeit eines Kriteriums mit seiner Relevanz ineins zu setzen. Oberflächlichstes und offensichtlichstes Kriterium für die Andersheit von Gesprächspartnern, das nicht nur dem Analysesubjekt, sondern auch jedem Gesprächspartner auffallen und bewußt bleiben wird, sodaß er vermutlich sein sprachliches Handeln auch danach orientieren wird, ist die Geschlechtszugehörigkeit. Dies, nicht etwa, weil Geschlechtsunterschiede sozial so bedeutsam sind, sondern schon aus den biologisch bedingten unterschieden in der Rederealisation, wie Stimmlage u.a.

147

Ob diese Offensichtlichkeit auch im Hinblick auf die Steuerung des Sprachverhaltens vorrangig sein mß, ist damit wie gesagt nicht gegeben. Geschlechtsunterschiede sind vorerst, aber dies unabweislich, von der Rezeption her vorrangig. Jedenfalls gilt: der Sprecher variiert sein sprachliches Verhalten nach situativen Kriterien. Dazu müssen ihm diese aber bewußt sein. Ganz siirpel gesagt: der Sprecher miß, um sich auf seinen Partner einstellen zu können, wissen, mit wem er es zu tun hat. Er muß dies in der kürzest möglichen Zeit in Erfahrung bringen. Aus dieser Überlegung leiten wir vorläufig ab, daß die Reihenfolge, in der partnerbeschreibende Kriterien relevant werden können inner vorausgesetzt, der Sprecher kennt seinen Partner noch nicht, weil sonst natürlich andere Kriterien Vorrang gewonnen haben könnten (so z.B. der Beruf, das Alter etc.) - die folgende sein könnte: Geschlecht - Alter - (vermutlicher) Beruf. Daneben (zuvor oder danach) dürften auf das sprachliche Verhalten bestlinnenden Einfluß haben: das vom Sprecher ins Auge gefaßte oder vom Partner angeschlagene Thema; der Grad der Bekanntheit, d.h. der Intimität, zwischen den Kontrahenten; sowie die Öffentlichkeit der Interaktion, und deren emotionelle Besetztheit.(Ich halte das oft angezogene Kriterium der Formalität einer Interaktion für ein Resultat des Zusanmenspiels von Kriterien der oben angeführten Art, also für ein konplexes, nicht aber für ein rudimentäres Ingrediens von Kotinunikationssituationen.) Die Vorrangigkeit des Geschlechtsunterschiedes für sprachliches Verhalten ist vielenorts vermerkt und erörtert worden: " ... those speakers who would not normally be classified as non-standard do display sex-specific speech patterns. This argues strongly for the adoption of speaker sex as a separate sociolinguistic variable - a variable as important, as methodologically necessary, and as valid as education or region or socioeconomic level", Swacker 1975:82. Auch wenn Swackers Befürchtungen, dieser Unterschied in der Sprachverwendung der Geschlechter könnte unbeachtet bleiben (ebd.: 76), nicht todernst zu nehmen sein dürfte, so ist Swackers Artikel doch ein Hinweis darauf, daß Geechlechtsunterschiede etwas sind, das den Interaktanten sicher bewußt sein dürfte (auch wenn der Grad dieser Bewußtheit von anderen Variablen, wie etwa dan Thema des Gesprächs, abhängig sein mag). Für Dialektuntersuchungen ist die Relevanz der Geschlechtsunterschiede jedenfalls bekannt und beachtet, wenn es also um das verlorengehende "Echte"

148

geht; man vgl. hiezu Wright (1966:233, Anm. 4, zu Orton/Dieth, 1962:15): "(the informants) were mostly men; in this country men speak vernacular more frequently, more consistently and more genuinely than women". °

Es gibt - das ist nun wohl allgemein bemerkt und anerkannt, wenn auch nicht sehr spezifiziert - unterschiede zwischen Frauen und Männern, wofür die neuere linguistische Literatur Zeugnis ablegen kann. Vor allem für das Englische liegt 9 eine Reihe von Untersuchungen vor. Im einzelnen stellt z.B. Trudgill (1974) einerseits die Richtigkeit der durch ähnliche Untersuchungen postulierten Vermutung, daß Frauen sich eher der Standardnorm anschließen, fest, gibt aber zu bedenken, daß, was für das amerikanische Englisch gilt, nicht auch für andere Sprachen, auch nicht für britische Varianten des Englischen, Gültigkeit haben muß, und stellt schließlich interessanterweise fest, daß Frauen an bestimmten mit männlichem Prestige besetzten Innovationen -Loht teilnehmen, oder nicht teilzunehmen meinen. Die wichtige Erkenntnis hinsichtlich der sog. Frauensprache, die die Arbeit Trudgills gebracht hat, ist, daß weibliche und männliche Auskünfte über den eigenen Sprachgebrauch verschieden verläßlich sind, daß Frauen und Männer sich

8

Dialektuntersuchungen, die sich mit Fragen des Sprachwandels beschäftigen, stoßen natürlich auch auf die häufig beachtete Tatsache, daß Frauen Neuerungen entweder weniger oder eher zugänglich sind als Männer. Hiezu vgl. man etwa Schlieben-Lange ( 1 9 7 7 : 2 4 3 ) , wonach der Wechsel von Okzitanisch zu Französisch bei Frauen eine Generation früher eintritt als bei Männern. Ein Beispiel, das^die Legende von den fraulich-bewahrenden Kräften u.a. in Zweifel stellt.

9

"For the most part, the work that has been published on this topic is based on sociolinguistic investigations that have been carried out into varieties of urban American English. Shuy, Wolfram & Riley (1967), Wolfram (1969), and Fasold (1968), for example, have all discussed sex differentiation in the speech of Detroit, while Labov (1966) and Levine & Crockett (1966) have investigated the same phenomenon in other varieties of American English. This means that, for the first time, we have evidence not only to show that this type of variation actually does occur, if only for a restricted number of varieties of one language, but also to illustrate the exact form that this variation takes", Trudgill 1972:179f.

1O

Beachtenswert sind die Befunde Wintermantels (1973:76): "Interessanterweise haben die Mädchen, vor allem die jüngeren, große Schwierigkeiten bei der Reproduktion "männlicher" Texte, während Jungen über die Sprache der Mädchen ebensogut oder besser (Altersstufe 2) verfügen als über die des Abgelehnten" .

149

(jedenfalls in Norwich) vor allem metakatmunikativ unterscheiden: "Male informants, it will be noted, are strikingly more accurate in their self-assessment than are female informants ... there are more male speakers who claim to use a less prestigious variant than they actually do than there are who over-report ...", Trudgill 1972:186,

Trudgills Beobachtungen beziehen sich auf phonologische Varianten. Es ist ohne weiteres denkbar, wenn nicht sogar wahrscheinlich, daß sich Ähnliches auch im lexikalischen Bereich beobachten lassen müßte. Die Untersuchung Wintermantels (1973) versucht am Parameter der Diktionsdistanz (DD) schichtspezifische unterschiede im Sprachgebrauch der Geschlechter (auf verschiedenen Altersstufen) aufzuzeigen. Sie kennt zu der Feststellung (1973:69): "Mährend die geschlechtsspezifische Variable für die Diktionsdistanzwerte der Mittelschicht-Gruppe weniger relevant ist, liegen die DD-Werte der Jungen in der Unterschicht-Gruppe sehr viel höher als die der Mädchen", um schließlich zu dem Schluß zu kommen (ebd.: 77f), "daß der Einfluß der geschlechtsspezifischen Variablen auf Diktionsdistanz nur für die Unterschicht-Gruppe gilt".

Für unsere Untersuchung ist im allgemeinen und vorläufig etwa folgendes zu sagen: Die vermutete höhere Stilempfindlichkeit der Frauen bestätigt sich für unser Sample - allerdings nicht für alle Sachbereiche. So scheint die sprichwörtliche frauliche Empfindlichkeit bezüglich von Körperfunktionen nicht so groß zu sein wie hinsichtlich der Bezeichnungen für Körperteile. Eine andere Beobachtung, die sich aufdrängt, ist die, daß Männer offensichtlich überhaupt über ein reichhaltigeres Slang-Vokabular verfügen als Frauen, d.h. die Taxierung eines Wortes mit (5) durch einen männlichen Informanten steht oft einer weiblichen Taxierung mit (O) gegenüber. Zur Frage, ob sich die Geschlechter hinsichtlich der Neologismenfreudigkeit unterscheiden, bietet unser Material keine unmittelbar auswertbare Handhabe, weil

11

Mit Swackers Bemerkung (1975:78) zu einer Publikation Th. Reiks aus dem Jahre 1954: "He further proposed that the same words sometimes carry different notations depending on the sex of the speaker ..."

con-

ist eigentlich nur wiederholt, was Jespersen schon 3O Jahre davor (1922:237254) recht beiläufig erwähnt hatte; und er war nicht der erste.

150

die Notierung zusätzlicher Lexeme völlig von Belieben des einzelnen Informanten abhängt; innerhalb dieses Freiraums sind weibliche und männliche Beiträge gleichmäßig verteilt. Auch hinsichtlich der inetakarntunikativen bzw. metalinguistischen Kompetenz zeigen die Resultate keine geschlechtsspezifischen Unterschiede (4.81). Die Sprachfähigkeit ist also nicht von Geschlecht abhängig, der Sprachgebrauch ist sicher z.T. geschlechtsmarkiert. 5.4.

Altersgruppen

Das Alter der Sprachbenutzer ist nicht ohne Einfluß auf ihr sprachliches Verhalten. Wenn für die konservierende Dialektologie alte Mütterchen und Greise mit Erinnerungen an die Marokkokrise als Orakel Unfehlbarkeitswert haben, so gelten für die Beschäftigung mit städtischen Umgangssprachen andere Auswahlkriterien: vor allem interessant ist hier der kleine "Mann von der Straße", der mit einer Vielzahl von Leuten zusammen und ins Reden kommt, und das ist vermutlich der (männliche) Stadtbürger zwischen 20 und 45. Zur Frage der Relevanz der Altersgruppenzugehörigkeit als eines situativen Interaktionskriteriums mit Steuerungsfunktion für das sprachliche Verhalten sei vermerkt: Geschlechtszugehörigkeit kann man sehen und muß sie bemerken und beachten (es gehört geradezu zum guten Ton, daß man das tut); das Alter seines Gesprächspartners kann man jedenfalls schätzen und darf es selten unberücksichtigt lassen. Wenn Swacker klagt, daß geschlechtsspezifische Sprachvarianten zu wenig Beachtung gefunden haben, so gilt dies für altersspezifische Unterschiede und ihre Thematisierung seitens der Linguistik in verstärktem Maße. Eine sog. Gerontolinguistik. ist erst im Entstehen (vgl. dazu Lütjen 1978). Daß die hier getroffene Aufteilung der Informanten in Altersgruppen notgedrungen ziemlich willkürlich ist, soll nicht bestritten werden. Wir gingen zuerst intuitiv davon aus, daß es vermutlich Zeitspannen im individuellen und

12

Zwirner (1964:23) erwähnt die Beachtung, die Altersunterschiede in der Dialektologie etwa durch die Frings'sche Schule erfahren haben: " ... daß die verschiedenen Altersklassen einer begrenzten Sprachgemeinschaft, etwa eines Dorfes, Träger verschiedener sprachlicher Zustände sein können".

151

kcmnunalen Leben geben wird, die sprach- und gewohnheitsprägend sein dürften, so z.B. Zeiten mit stärkerer Mobilität, Innovationsfreude, mehr fremden Einflüssen u.a., wie es beispielsweise die beiden Weltkriege sein dürften, die jeweiligen dazugehörigen Nachkriegszeitläufte nicht zu vergessen. Die Stabilisierung und Fossilierung sprachlicher Gewohnheiten, sowie das Nachlassen der Innovationsfreudigkeit mit zunehmendem Alter verdient Berücksichtigung, schon deshalb kann unsere Altersgruppeneinteilung nicht von gleich großen Zeiträumen ausgehen. Wir teilen unsere Informanten nach dem Alter folgendermaßen ein: Gruppe 4 = Jahrgang 1930 und älter, also Personen über 45, die einen oder beide Weltkriege miterlebt haben, die "Alten" ; Gruppe 3 = die Jahrgänge zwischen 193O und 1945, Personen zwischen 3O und 45, die den zweiten Weltkrieg am Fände miterlebt haben, die "Älteren"; Gruppe 2 = die Jahrgänge zwischen 1945 und 1955, die Nachkriegsgeneration, sie sind die "Erwachsenen"; Gruppe 1 = Jahrgang 1955 und jünger, Personen unter und um die Zwanzig, die sich als Twens oder Teenager fühlen, die "Jungen". 14 Die Resultate zeigen ganz allgemein einen Trend zu größerer Konservativität bzw. Intoleranz der mit dem zunehmenden Alter korreliert: je älter die befragten Personen, desto strenger fallen die Bewertungen unseres Vokabulars aus. Dieser Trend zur stilistischen Strenge ist bei Frauen stärker als bei Männern (s. Abschn. 6). 5.5.

Berufsgruppen Das Faktum der Gruppenzugehörigkeit und dessen Relevanz für sprachliche

13

Daß Implikationen hinsichtlich eines permanenten ('lexikalischen) Spracherwerbs und die Frage der Umgewichtung der Merkmalkombination innerhalb individueller und kommunaler Biographien hier unbesprochen und unreflektiert bleiben müssen, ist uns bewußt.

14

Die Einteilung folgt dem Ansatz der Fremdwort-Untersuchung von 1974 (s. Grassegger/Sornig 1975, Grassegger 1975).

152

Verhaltensvariation ist fester Bestandteil soziolinguistischer Überlegungen. Vielleicht ist der Begriff "Gruppenzugehörigkeit" zu wenig reflektiert worden, sodaß man bei der Kriterienfindung für die Zuweisung zu einer Gruppe auf so divergente und letztlich höchstens indirekt verhaltenssteuernde Merkmallisten verfällt, wie Einkommen, Schulbildung u.a.m. Vor allem auffällig ist, wie stark die Analyse sog. gruppenspezifischer Sprachvarianten fixiert bleibt an ökonomische Gruppierungskriterien. Auch Trudgill bildet hier keine Ausnahme. Ohne die Wichtigkeit solcher Faktoren, wie Schulbildung, sozioökoncmischer Status, Wohnkomfort etc. für die Entwicklung und Stabilisierung bestimmter Wertvorstellungen und eventuell entsprechender sprachlicher Gewohnheiten von Grund auf in Zweifel ziehen zu wollen, seien hier dennoch einige Aspekte zu bedenken gegeben: a) Die sog. "Zugehörigkeit" zu einer Klasse ist eine ebenso rigide und tlw. unrealistische Annahme wie die zweier getrennter und unvereinbarer "Codes". Ein solcher Standpunkt läßt z.B. jegliche soziale Mobilität außer acht. Hier wäre wenigstens so viel Vorsicht geboten, wie es die Bemerkung Wrights (1966:238) nahelegt: "If social groups were entirely exclusive, representative samples could £>e made".

In unserem soziolinguistischen Konzept tritt die fixe Klassenzugehörigkeit des Sprechers etwas in den Hintergrund, um einem anderen Aspekt Raum zu geben, wonach jeder Sprecher mehreren Gruppen angehört, besser: in ihnen "mitspielt". Mit welcher Gruppe er es jeweils zu tun hat und mit welcher er sich in der jeweiligen Situation identifiziert - danach wird sich sein Verhalten orientieren. b) Das Einkommen steuert Konsumgewohnheiten und Lebensstil. Ob es auch den Sprachstil so direkt beeinflußt, ist zumindest fraglich (die nicht nur literarische) Figur des Neureichen,den seine Sprache verrät, ist nur ein anekdotischer

15

"Daß Menschen, welche zwar der gleichen Sprachgemeinschaft, aber verschiedenen sozialen Gruppen angehören, recht unterschiedliche sprachliche Gewohnheiten haben können", hat Hörmann 197O (in der 1. A u f l . 1967:135) betont (zitiert nach Gloy 1976:151, Anm. 1 1 ) .

16

Zum ISC (Index of Status Characteristics), der die vier Faktoren: occupation, source of income, house type, und dwelling area enthält, vgl. man Wright 1966:241.

153

Umstand, der sich dazu aufdrängt. 17 Uns scheint demgegenüber nicht nur oder nicht so sehr der Zugang zu den Konsumgütern wichtig, sondern die Kontakte mit anderen Sprechern. Nicht, wieviel jemand verdient, sondern mit wem und wieviel er redet, scheint uns für die Ausbildung sprachlicher Gewohnheiten ausschlaggebend. Die Wirkungen - auch sprachlicher Natur - von sozialen Zugängen und Barrieren sollen mit dieser Auffassung nicht in Abrede gestellt werden. 1R c) Wir leugnen keineswegs, daß es z.B. den so charakteristischen Gymnasiasten-Tonfall gibt, oder die Plauderstrategien der Arztensgattinnen unter sich. Es muß aber nicht direkt die Schulbildung sein, die solche Charakteristika bewirkt. Demgegenüber wäre der Bekannten- und Freundeskreis (sog. social networks) ein Faktor, der Sprachvarianten bedingt und steuert, obgleich man zugeben wird müssen, daß diese Sprachverwendungsbereiche der privaten, freiwilligen (im Gegensatz zur notgedrungenen) Kcmnunikation recht schwer beobachtbar gemacht werden können. Ist zu hoffen, daß viele (sicher aber nicht alle) Personen auch im Privatleben Umgang mit Leuten derselben Berufsbereiche oder Berufsinteressen pflegen werden? Unser Befragungsergebnis bestätigt dies mindestens zum Teil (5.61). d) Der Kommunikationsradius der Berufstätigkeiten umfaßt sicher ein Drittel

17

Wirtschaftliche Lage und sprachliches Verhalten korrelieren nicht so unproblematisch, wie Trudgill (1974:32) es erscheinen lassen möchte. (Dem Autor scheint bei seiner Auffassung selbst nicht ganz wohl zu s e i n . ) : "The difference between classes in income and wealth are expressed in different types of consumption, education, manners, dress, taste, speech and so on (Mayer, 1955, chs. 3 and 5 ) . The exact nature of the mechanism leading to this differential expression of wealth is not clear".

18

"In other words, social barriers are as effective as geographical barriers in halting or slowing down the diffusion of fashions, ideas, values and speech forms which have originated in a particular social group, from one section of the community to another", Trudgill 1974:32; vgl. aber auch Wintermantel (1973:86): "Ob ein restringierter oder elaborierter Code gesprochen wird, dies scheint uns vor allem auch situationsspezifisch mitbedingt zu sein".

154

des wach und sprechend zugebrachten Lebens der meisten Menschen, u.zw. zweckbe19 dingt. e) Der Versuch, in die Personengruppierung eine feinere Unterscheidung einzubringen, ist verlockend: etwa nach den Möglichkeiten, die bestinmte Personen haben, gewisse partnerbezogene Sprechakte zu vollziehen (Bestellen, Befehlen, Rügen), also sozusagen nach der Sprechaktkompetens; oder wenigstens nach der Befähigung und Befugnis zu bestürmten zweckgerichteten Sprechakten, wie Benennen, Bereden, Beschwatzen. Ich folge bei meiner Gruppierung der seinerzeit für unsere FremdwörterUntersuchung (Grassegger-Sornig 1975) verwendeten Gruppierung von Berufen nach dem Kriterium der Verbalintensität und Akt-Gerichtetheit. (Es bleibt, wie man bemerken wird, ein Gutteil Willkürlichkeit unreflektiert und unaufgelöst.) Ich halte unsere seinerzeit als vorläufige, impressionistische ArbeitsEtiketten erfundenen Bezeichnungen der Berufe nach dem Grad ihrer verbalen Beanspruchung für handlich genug, um sie hier zu wiederholen: die 5 Berufsgruppen charakterisieren sich demnach folgendermaßen: I "Schweiger und Zuhörer" (Berufe mit "bloß" konversationeller Sprachfunktion) . Sprechstrategien spielen keine allzu gewichtige Rolle in der Berufsausübung (was nicht ohne weiteres auch für die Freizeit gelten muß). Die Rolle der Sprachverwendung kann für diese Berufe z.T. überhaupt nicht festgelegt werden, sodaß Informanten im Zweifelsfalle hierher zu gruppieren waren. Somit ist sie wahrscheinlich die heterogenste Gruppe, ein "waste-basket". Diese Schweiger und Zuhörer reden (eventuell auch im Berufsbereich) von sich, der Welt und Gott und allem übrigen; Sprachfunktionen sind bei ihnen ich-orientiert, an zweiter Stelle steht die besprochene Sache, häufig ein konkreter Sachverhalt.

19

Trudgill gruppiert Informanten nach folgenden Berufskategorien: professional workers; employers and managers; other non-manual workers; foreman, skilled manual workers, and own account workers; personal service, semi-skilled and agricultural workers (1974:38). Ob Trudgill (1974:38) mit der Zuteilung des weiblichen "Rests" seiner Informanten recht hat, steht dahin: "Married women and widows were rated on their husbands' occupation, and unmarried women on their fathers'. This was done because ... Occupation is not a satisfactory index of social status for women in our society 1 , (Glass D.V.&Hall J.R. 1954 - Social mobility in Britain, London:Arnold, p. 8 3 ) " .

155 JJ "Bezeiahner und Benennen" (deskriptive Sprachfunktion). Beruflich fällt ihnen die Aufgabe zu, Elemente der Außenwirklichkeit, meist mit Hilfe einer genormten Terminologie, präzis zu bezeichnen. In ihrer beruflichen Sprachverwendung überwiegen die sachlichen Inhalte, für sog. "Persönliches" ist weniger Platz. III "VorSchreiber" (präskriptive Sprachfunktion). In diesen Berufen doniniert sachlich-autoritative Beeinflussung und Steuerrung des Partnerverhaltens, wobei sich der Sprecher auf eine gewisse Normsicherheit (sprachlich und gesellschaftlich) abstützen kann. Die gesetzten Sprachfunktionen sind sach- und partnerorientiert. IV "Aufschwatzer und Zuredner" (persuasive Sprachfunktion). In den Berufen dieser Untergruppe doniniert der Partner und die auf ihn hin berechnete Wirkung alles zu Sagenden. V "Seiltänzer und Akrobaten" (artistische Sprachfunktion). In diesen Berufen dominiert, was die Akt-Gerichtetheit der Sprachhandlungen anlangt, weder die Sache noch der Partner, auch das Ich des Sprechers ist nur indirekt tangiert. Im Mittelpunkt des strategischen Interesses steht das Medium, die Sprache selbst (was Jakobson die poetische Sprachfunktion genannt hat). Der Sprachgebrauch dieser Berufe ist kode-orientiert. Es ist zu erwarten, daß die Stilempf indlichkeit (und damit die vergebenen Wertungen) zwischen den einzelnen Berufsgruppen oder Bündelungen solcher Gruppen unterscheiden wird. Es ist allerdings nicht sicher, daß mit dan Ansteigen der Kreativität und des Normbewußtseins (von I nach V) auch Dinge wie die Selbstsicherheit und Experimentierfreudigkeit bzw. Toleranz der Befragten sich vergrößern werden. Tatsächlich erweisen sich die Gruppen I und V als die tolerantesten, II und III als die intolerantesten, IV nimmt eine (konziliante) Mittelstellung ein. Natürlich ist die dahinterliegende Hypothese einer "Charakterisierung von Berufstätigkeiten nach dem Grad ihrer sprachlichen Intensität" recht naiv und unreflektiert, sie scheint mir trotzdem für soziolinguistische Zwecke relevanter als die Einteilung von Personen nach ihrem Einkommen oder eventuell nach der Art ihrer Berufstätigkeit anhand des Kriteriums "manuell - nicht-manuell". Unsere Einteilung wird auch aus den Ergebnissen bestätigt (s. 6.1 sowie Tabelle L und Q).

156

Auszugehen war naturgemäß von ausgeübten, nicht von erlernten Beruf. Unsere Fragebogen stammen u.a. von folgenden Berufsausübenden (nach der vom Informanten gewählten Selbstbezeichnung): Gruppe I enthält alle "unqualifizierten" Arbeitskräfte (Arbeiter, Gehilfen, Hausfrauen), alle, deren Arbeit ohne Partner vor sich geht oder den Beschäftigten in eine befehlsempfangende Rolle verweist. Aufräumerin, Bauer, Brauereiarbeiter, Bürogehilfin, Direktionsbote, Eisenbieger, Forstarbeiter, Galvanisierhelferin, Garagenarbeiter, Gärtner, Hausfrau, Hilfsarbeiter, Industriearbeiter, Jäger, Kesselwärter, Köchin, Küchenhilfe, Lagerarbeiter, Lehrling, Magistratsarbeiter, Malergehilfe, Mannequin, Maschinenarbeiter, Nachtwächter, Näherin, Packer, Redaktionsarbeiter, Soldat, Stationsgehilfe, Streckenhelfer, Theaterarbeiter.

Gruppe II: wenn auch befehlsenpfangend, gibt es für diese Berufe einen souveränen Kompetenzbereich, wo mit ihresgleichen syitmetrische Kcmnunikation möglich ist: Autospengler, Bäcker, Brunnenbauer, Buchbinder, Buchhalter, Bundesbahnbediensteter, Bürokaufmann, Chemiegrafiker, Dachdecker, Diplomingenieur, Drechsler, Dreher, Drogist, Elektriker, Elektromonteur, Elektroschweißer, Fleischer, Grafiker, Handwerker, Ingenieur, Installateur, Kfz-Mechaniker, Kontorist, Kraftfahrer, Kranführer, Laborant, Lackierer, Landesangestellter, Lokführer, Luftbildauswerter, Maler, Maschinenbau, Maschinenschlosser, Mechaniker, Metallgraveur, Mineur, Offsetdrucker, Orgelbauer, Prägerin, Röntgenassistentin, Sachbearbeiter, Schaffner, Schleifer, Schlosser, Schreibkraft, Schweißer, Spengler, Stenotypistin, techn. Angestellter, Techniker, Tischler, Vermesser, Walzendreher, Werkzeugmacher.

Gruppe III: ihr obliegt der Verkehr mit verschiedensten, meist unterlegenen Partnern, meist in Situationen, die mit Hilfe sprachlicher Handlungen zu bewältigen sind (nicht nur Benennungen wie bei II). Die sprachlichen Lösungswege sind aber durch verliehene Autorität und Kcdif izierung abgestützt. Abteilungsleiter, Amtsrat, Assistentin, Bankbeamter, Beamter, Billeteurin, Bundesangestellter, Depotinspektor, Fachinspektor, Finanzbeamter, Gendarm, Geschäftsführer, Hauswart, Heeresangestellter, Inkasso, Justizbeamter, Kontorist, Kontrollhelfer, Kontrollor, Lagerhalter, Magazineur, Magistratsangestellter, Platzmeister, Polizeibeamter, Postbeamter, Referent, Senatsrat, Sozialversicherungsangestellter, Steuerberater, Versicherungsangestellter, Werkmeister, Zollbeamter.

Gruppe IV: die perlokutive Kunstfertigkeit der Einflußnahme auf den Partner steht im Vordergrund. Arieitslehrerin, Arzt, Buchhändler, Diplomkrankenschwester, Elektrohändler, Erzieher(in), Feinkostleiter, Friseur, Friseurin, Fürsorgerin, Gastgewerbetreibender, Gastwirt, Holzhändler, Kaufmann, kfm. Angestellter,

157 Kindergärtnerin, Kindermädchen, Kleiderbranche, Kosmetikerin, Krankenfürsorge, Krankenpflegerin, Lebensmittelbranche, med.techn. Assistentin, OB-Gehilfe, Ordinationshilfe, Photograph, Reisender, Säuglingsschwester, Schneider, Schneiderin, Tankwart, Taxifahrer, Verkaufer(in), Wärterin, Zusteller.

Gruppe V: Bibliothekar, Geistlicher, Gymnasiast, Journalist, Künstler, Lehrer, Linguist, Modistin, Pädagoge, Priester, Professor, Sänger, Student, Telephonist, Übersetzer, Wissenschaftler.

Der Vorwurf, es seien trotz des vermutlich feinen Differenzierungskriteriums der verbalen Intensiät - das aber nicht so leicht zu handhaben ist - divergente Personen in dieselbe Gruppe verwiesen worden, hat einige Berechtigung. Vermutlich ist die Berufsausübung nur einer unter mehreren Faktoren, die Sprachgebrauch und Sprachbeurteilung beeinflussen, vor allem aber nicht so ohne weiteres unter Bezeichnungen wie "Angestellter" in seiner Verbalintensität zu erfassen. Was ohnehin klar war.

5.6.

Konmunikationsradien: Freundeskreis, Mediengewohnheiten, Hobbies etc. Was die Angaben der Informanten über ihren Freundeskreis und dessen be-

rufliche Zuordnung anlangt, zeigt sich ein interessanter Faktor der Selbsteinschätzung: wenn das nämlich stimmt, was unsere Informanten fast insgesamt behaupten, dann haben die Träger adakemischer Berufe die meisten Freunde - oder sie wissen es eben nicht, weil sie diese Leute, die sich ihre Freunde nennen, nicht zu ihron Bekanntenkreis zählen. Die überwiegende Mehrzahl der Befragten gibt nämlich auf die Frage, welchen Beruf die meisten ihrer Freunde haben, Berufskategorien an, die im Sozialprestige über dem eigenen stehen. Auch die Art, wie die einzelnen Berufsgruppen den Beruf ihrer Freunde bezeichnen, war charakteristisch für sie (was unsere Gruppierung einigermaßen, wenn auch auf einer anderen Ebene, rechtfertigt): am korrektesten waren die Bezeichnungen in Gruppe II, am deckungsgleichsten in Gruppe III (ein "Kontrollorgan" hat als Freunde "Kontrollorgane"I). Ganz allganein ist der Trend zu prestigestärkeren Berufen: jeder hat Freunde, die sozial über ihm stehen. Gruppe V und Gruppe II sind am stärksten von ihresgleichen angezogen; Gruppe III und II scheinen am nächsten miteinander verwandt. Am stärksten gestreut sind die Affinitäten in Gruppe IV. All das gibt unserer Gruppierung der Befragten auf eine unbeweisbare aber plausible Art recht. Vor allem bedeutsam erscheint uns die Tatsache, daß die

158

Leute auch in ihrer Freizeit mit ihresgleichen verkehren, und ffon dieses "ihresgleichen" nicht nur von Einkarmen, sondern vor allem auch von Interessens- und Berufskategorien abhängt. 5.6.1. Beruf der Freunde ("Welchen Beruf haben die meisten Ihrer Freunde?") (I-V geben die Berufsgruppen an, m = männlich, w = weiblich, die umrandeten Werte sind als Schwerpunksbereiche zu betrachten; 435 Antworten.) Sruppe Im

lim IL·) Ulm

HL·? IVm IVw

Vm

Vjj

5.6.2.

"verschiedene" Freunde

I

II

III

IV

V

"keine Freunde"

keine Angaben

4 6 12 11

1

5

1

6 9 5 6 5 3

3

8 8

1

0

8

6

4 0 2 0 0 3 0 1

7 3 2 2 0 1 3 4

28

2 3

13

1

16 11

7 10

10

3

2 2 2 4 2 4 4

5

4 2 2

U] 1 0

4

3

O O

13

o o

9

0

12

3

36 41

O

9 5

1

4

8

Freizeitbeschäftigung

Dem Trend zum Prestigeträchtigeren folgten auch die Antworten auf die Frage nach der Freizeitbeschäftigung. Fast jeder zweite gab "Lesen" als sein Hobby an, nur einer schrieb, um dem Interviewer auch einen Scherz zukommen zu lassen "pudern" und zwei gaben offen zu: "saufen" (auch eine Art der Verständigung zwischen Interviewer und Informanten) . 5.6.3 Die Antworten der Informanten auf die Frage nach ihren Mediengewohnheiten wurden vorläufig nicht ausgewertet, sie sind einigermaßen divergent und könnten Thema einer Nachuntersuchung sein. 5.7.

Testverhalten und Testbeurteilung "Es wird vielmehr wichtig, daß unter dem schon etwas verbrauchten

159 Topos der Interdisziplinarität auch niohtwissenschaftliche Partner bzw. Erfahrungsträger ernstgenommen und berücksichtigt werden". Hartmann 1976:29.

Unsere Fragen zum Fragebogen wurden von 3O8 Informanten der Gruppen I-IV folgend beantwortet: Der Fragebogen war zu lang:

I 5:5

II 5:8

III 4:6

IV O:2 insg. 14:21

Es war zuviel Slang drin:

I 3:7

II 3:11 III 4:6

IV 1:1

insg. 11:25

Satz beurteilen:

I 2:8

II 4:1O III 4:6

IV 0:2

insg. 1O:26

Man kommt zum Lachen:

I 6:4

II 5:9

III 2:8

IV 1:1

insg. 14:22

Die vorgeschlagenen Stichwörter helfen einem beim Ausfüllen:

I 3:7

II 8:6

III 6:4

IV 4:5

insg. 21:22

Man kann ein Wort ohne

Das heißt also: der Fragebogen war nicht zu lang; es war auch nicht zu viel Slang enthalten; man kann (nach Meinung der Befragten) ein Wort schwer ohne Satzkontext beurteilen; zum Lachen kommt man eher nicht (was eine Lieblingsidee des Testerstellers enttäuscht, wonach Slangformen einen gewissen humoristischen Effekt haben, hier wären die fehlenden Auskünfte der Gruppe V interessant) ; die Rolle, die die Parameteretiketten der einzelnen Befragungsmodi in der Steuerung der Auskünfte spielen, bleibt unbestinirrt, es scheinen sich die einen daran gehalten zu haben, andere wiederum nicht. 5.7.1. Auswahl von spontanen Äußerungen der Informanten zur Befragung Von einigen Informanten wurden bei der Abholung der Fragebogen Tonbandaufnahmen gemacht, um eine Dokumentation der Informantenreaktionen zu erhalten, leider bestehen solche Aufnahmen nur für einen bestürmten Wohnbereich (Augasse), sodaß sie in dieser Form zu keinen Aussagen oder Mutmaßungen berechtigen. (Ein Informant gab seinen Fragebogen unausgefüllt zurück, u.zw. mit der Bemerkung: weil da sind ja solche Wörter drin ...) Auf die Fragebogen selbst notierten die Informanten sehr häufig ihre Eindrücke und Einfalle. Ich gebe im folgenden eine Auswahl aus diesen Informantenreaktionen, die - wenn sonst nichts - ein Beweis für die Kcoperationswilligkeit

2O

Die zweite Zahl bezieht sich jeweils auf die "Nein-Antworten" (Der Fragebogen war (nicht) zu lang).

160

eines Teils der Befragten sind. Daß diese Reaktionen zum größten Teil nicht "positiv", sondern eher kritisch ausfallen, liegt daran, daß die Informanten sich durch die Befragung tatsächlich belästigt und überfordert fühlen mußten. Die kritische Haltung der Informanten nötigt dazu, ihre Bemerkungen um so eher ernst zu nehmen. (Formulierungen und Orthographie sind beibehalten.) (I-V bezeichnen die Berufsgruppen, 1-4 die Altersstufen, m/w das Geschlecht.) Von Gruppe I liegen fast keine, von II nur spärliche Zusatzbemerkungen vor. Es fragt sich, inwiefern dies auf die geringe Verbalintensität dieser Berufsgruppen zurückzuführen ist. III/2w

(zu den Parametern) Warum nur negative Werte?

III/2m

Eine gleichzeitige Beurteilung von intim und brutal ist

III/2m

(zu dem obszönen Vokabular) Die hier mit O angeführten Wörter sind mir teilweise bekannt, ich pflege sie aber nicht zu verwenden. Diesen Fragen spreche ich einen wissenschaftlichen Hintergrund ab.

IV/1m

(zu den Skalenwerten) Die »orte, die ich kenne und zum Teil verwende, haben die Nummer 3. Nummer 4-5 sind subjektive Vermutung, die nicht stimmen müssen, weil ich die Kreise nicht kenne.

TV/4w

Gesamt gesehen müßte die Fragestellung und Erläuterung so formuliert sein, daß sie allgemein verständlicher und als Folge richtiger ausgefüllt und daher verwertbarer sein könnte. Es ist möglich. (Unterschrift, leserlich).

V/1w

J. Das Vokabular scheint altersspezifisch zu sein, d.h. der Großteil der Wörter dürfte hauptsächlich (o.nur) von Schülern/Studenten verwendet werden. 2. Bei einigen Wörtern weiß man nicht, ob sie in der ursprünglichen oder in umgangssprachlicher Bedeutung gemeint sind! Z.B. Federn=Art Daunen, o. "Federn haben"?? Kies=kl. Steine o. Geld? Kontext wäre notwendig!

V/2m

Vieles, das ich mit 3/4 bezeichnet habe, ist in der Umgangssprache des Mittelstandes nicht möglich (z.B. beim Einkaufen, wenn man einen Besuch bei entfernteren Bekannten macht usw.), aber in Schüler- und Studentenkreisen durchaus üblich.

V/2m

Der eigene Standort in der Skala bereitet Schwierigkeiten: ich stelle fest, daß ich fast alle Wörter selber verwende bzw. ironisch "zitiere", ohne damit genau eine Schichtzugehörigkeit zu imitieren, sondern, um "Heiterkeit zu erzielen" (sowohl bei Abweichungen ins obere wie auch ins untere Register). Slang erscheint quer durch alle (die meisten) Schichten, läßt sich kaum einteilen. Slang ist in diesem Fall gleich: nicht geschriebene Sprache.

V/2m

unmöglich.

(Anmerkung zu scheinbarer Diskrepanz z.B. bei fressen 4/5 und bumsen 3/4) ... dadurch zu erklären, daß einem das Wort "fressen" von klein auf von den Eltern verboten wird; das Wort "bumsen" aber erst viel später auf "natürliche" Weise in den Sprachschatz integriert wird.

161

5.8.

Der sog. Stilquotient und die Abweichler

Die Hoffnung, die Befragung werde das schichtspezifische Sprachverhalten bestimmter Personengruppen in ihrem Urteil über bestimmte Lexikonelemente abbilden, sodaß sich pro Informanten eine Zahl ("Stilquotient") errechnen ließe, die seine (niedrigen oder gehobenen) Stilgewohnheiten ausdrückt, hat sich in dieser naiven Form nicht erfüllt. Der systembedürftige Linguist ist immer so sehr auf Gleichheiten und Ähnlichkeiten aus, daß er den idiolektalen persönlichen Stilgewohnheiten wahrscheinlich zu wenig Bedeutung beimißt. Ein Standpunkt, der sich in der Soziolinguistik vielleicht am verhängnisvollsten auswirkt(e). Für unser Material sieht es jedenfalls so aus, als ob in manchen oder vielen Fällen die idiolektalen Unterschiede diejenigen gruppenspezifischer Provenienz überwiegen. Das gilt jedenfalls im allgemeinen. Daneben und darüberhinaus erweisen sich einzelne Wörter als trennschärfere gruppenspezifische Indikatoren als andere. Man wird also zukünftig, ob man nun gruppenspezifisches oder idiolektales Urteils- und Gebrauchsverhalten feststellen will, die Elemente des Wortschatzes einzeln oder in Gruppen, nicht aber als sog. gesamten "Wortschatz " unter die Lupe nehmen müssen. Durch die verschiedenartige idiolektale (u.U. gegenläufige) Bewertung einzelner lexikalischer Items ergibt sich, wenn man den Gesamtdurchschnitt der Taxierungen in den einzelnen Fragebogen heranzieht, eine scheinbar starke Nivellierung der Informantenmeinungen. Die meisten Leute haben - insgesamt gesehen - dieselbe Meinung. Hier kann andeutungsweise nur auf Divergenzen im Gesamtbewertungsdurchschnitt bestimmter Personen, die sich aus Kriterien der Personsbeschreibung herleiten lassen könnten, hingewiesen werden. Berufsangehörige mit stark manueller Tätigkeit und sog. restringiertem Kcmmunikationsradius vergeben u.U. auffallend strenge Wertungen: III I I IV I I

3w N 3w S 4m S 2w I 3w S 3m T

3,937 3,779 3,745 3,714 3,7O1 3,674

Hauswart Hausfrau Hilfsarbeiter Friseurin (keine Freunde) Raumpflegerin Hilfsarbeiter

162

II I I I

2m I 3w T 3w S 4w I

3,622 3,5O4 3,496 3,470

Stahlbauschlosser Hausmeisterin, Raumpflegerin Hausfrau Hausfrau

Ein Vergleich mit Personen aus denselben Gruppen zeigt aber, daß jedenfalls auch die größere oder geringere berufliche Mobilität mitberücksichtigt werden muß. I 2w S 2,499 Landwirtin, Büro I 3w T 2,665 kaufmännische Angestellte, Hausfrau 5.9.

Bewertungsdurchschnitte einzelner Personengruppen

Die Verteilung der durchschnittlichen Gesamtbewertungen ergibt ein ziemlich normales Gauß'sches Bild: die meisten Personen bewerten das Testvokabular zwischen 2,9 und 3,4, d.h. es bildet sich auch der leichte Überhang an Slangwörtern im Gesamturteil ab. DurclisciTnittsbewertungen von 329 Personen (über die Parameter S N T I E)

40

30

Ü l

20

10

1

2

3

4

Gesamtdurchschnitt der Bewertungen

163

Im einzelnen sieht die Verteilung der Durchschnittswerte folgend aus: Berufsgruppe I insg. = 3,07 w = 3,1505 m = 2,9946 Alter: 1 = 2,8223 2 = 3,111 3 = 3,123 4 = 3,2137 Parameter: S = 3,274 I = 3,117 E = 2,759 N = 3,119

T = 3,140

Zu beobachten ist ein leichter Anstieg der Rigidität entlang der Altersstufen, ausgeprägtere Befindlichkeit der weiblichen Informanten, geringste Toleranz bei S und T, größte bei E. Berufsgruppe II insg. = 3,167 w = 3,182 m = 3,1O6 Alter: 1 = 3,0811 2 = 3,O652 3 = 3,2841 Parameter: S = 3,194 I = 3,164 E = 3,117

4 = 3,3047 N = 3,0428

T = 3,364

Der Anstieg der Rigidität entlang der Altersstufen ist deutlich, der Geschlechtsunterschied scheint ausgeglichen, T ist der strengste Bewertungsparameter. Dies würde zur Charakterisierung der Gruppe II als "Benenner" (deskriptive Sprachfunktion) stimtien. Berufsgruppe III insg. = 3,1669 w = 3,O833 m = 3,2337 Alter: 1 = 3,1466 2 = 3,1162 3 = 3,216 4 = 3,26O8 Parameter: S = 3,228 I = 3,279 E = 3,O777 N = 3,O57

T = 3,1488

Die altersspezifischen Unterschiede sind auch hier sichtbar, nicht aber die geschlechtsspezifischen, die sich eher umgekehrt darstellen, die Toleranz bei E drückt sich aus, nicht aber die Strenge bei T, eher zeigt sich die Berücksichtigung des sozialen Status (S) und des Intämitätsgrades (I) in einer rigideren Bewertung, was zu der Charakterisierung der Gruppe ('Vorschreiber" = präskriptive Sprachfunktion) passen würde. Berufsgruppe IV insg. = 3,200 w = 3,1944 m = 3,329 Alter: 1 = 3,1968 2 = 3,1984 3 = 3,1882 Parameter: S = 3,090 I = 3,219 E = 3,176

4 = 3,O894 N = 3,1677

T = 3,2205

Für die Personen, deren beruflicher Sprachgebrauch seinen Schwerpunkt in der persuasiven Sprachfunktion hat, zeigt sich (bei Betonung des Intimitätsgrades und der thematischen Komponente) die gleichrangige Beachtung mehrerer sozio-

164

senantischer Aspekte der sprachlichen Interaktion. Offenbar gilt für männliche Ausübende dieser Berufsarten erhöhte Sensibilität für Konnotationen verschiedener Art. Altersspezifische Unterschiede sind nicht zu verzeichnen, was auch Beachtung verdient. Berufsgruppe V insg. = 3,1616

w = 3,O714

Alter: 1 = 3,0575

m = 3,1931

2 = 3,1667

Parameter: S = 3,1744

3 = 3,1935

I = 3,0426

4 = 3,341

E = 3,1063

N = 3,1812

T = 3,315

Die starke Betonung der thematischen Stilkanponenten ist für diese Gruppe (artistische Sprachfunktion) ebenso kennzeichnend wie das deutliche Ansteigen der stilistischen Empfindlichkeit entlang der Altersstufen. Insgesamt kann man - ohne Berücksichtigung statistischer Signifikanzwerte sagen, daß sich die geschlechtsspezifischen Unterschiede nicht auf alle Beruf sgruppen erstrecken, wohl aber die altersspezifischen Unterschiede: Gesamtwerte der Altersstufen (über alle Fragebogen): 1 = 3,061

2 = 3,1314

3 = 3,193

4 = 3,245

Was die Berufsgruppen anlangt, scheint IV die stilempfindlichste zu sein (3,200), II, III und V ähneln einander (3,167, 3,167, 3,162), während die Gruppe I mit einem Wertungsdurchschnitt von 3,O70 die geringste Stilempfindlichkeit zeigt. Die Parameter werden von den einzelnen Gruppen nicht gleichartig gewichtet. Insgesamt läßt sich sagen, daß E (mit 3,047) am tolerantesten gehandhabt wurde, während die, verglichen mit der Frage nach dem Emotionalitätsgrad (E), so viel weniger private Frage nach der Textsortenangemessenheit der Wortwahl (T) mit einem Bewertungsdurchschnitt von 3,237 eindeutig am strengsten beantwortet wurde. Eine weitere Untergruppierung der Personen ergibt Kleingruppen, gereiht nach ihren Durchschnittsbewertungen: Tolerante Gruppen: III 3 w N = 2,785

(ältere weibliche Personen der Gruppe III bezüglich der Normnähe des Listenvokabulars)

III 2 w E = 2,7855

(jüngere weibliche Personen der Gruppe III bezüglich der Ettotionalisiertheit)

V

(junge Frauen der Berufsgruppe V, befragt nach der Zu-

1 w E = 2,7860

165

lässigkeit von Vförtern bezogen auf die Emotionalisiertheit der Konrnunikationssituation) IV

1 w E = 2,79O3

II

1 m E = 2,806

V II

(junge weibliche Personen der Gruppe IV bezüglich des Emotionalisiertheitsgrades)

(junge männliche Personen der Gruppe II bezüglich des Emotionalisiertheitsgrades) 1 w I = 2,8438 (junge weibliche Personen der Gruppe V bezüglich des Intimitätsgrades) 4 m N = 2,8572 (alte männliche Personen der Gruppe II bezüglich der Normnähe des Vokabulars)

IV 3 m N = 2,9299

(ältere männliche Personen der Gruppe IV bezüglich der Normnähe des Vokabulars) III 2 w I = 2,9407 (jüngere weibliche Personen der Gruppe III bezüglich des Intimitätsgrades) IV 2 w N = 2,9481

V

(jüngere weibliche Personen der Gruppe IV bezüglich der Nonnnähe des Vokabulars) 2 m I = 2,9494 (jüngere männliche Personen der Gruppe V bezüglich des Intimitätsgrades der Kcmraunikationsinteraktion)

Es zeigt sich eine Zunahme der Toleranz bei den sog. "qualifizierteren" Berufen, ein Ansteigen der Intoleranz mit dem Lebensalter. Geschlechtsspezifisch gesehen scheinen die jüngeren weiblichen Informanten toleranter. Intolerante Gruppen: IV 2 w T = 3,2793

(jüngere weibliche Personen der Gruppe IV bezüglich der thematischen Angemessenheit des Vokabulars)

V

2 m T = 3,3382

II

3 m S = 3,346

(jüngere männliche Personen der Gruppe V bezüglich der Themenangemessenheit) (ältere männliche Personen der Gruppe II bezüglich der Statusgerechtheit des Vokabulars)

IV 4 w S = 3,3778

(alte weibliche Personen der Gruppe IV bezüglich der Statusgerechtheit des Vokabulars)

IV 1 m S = 3,381

(junge männliche Personen der Gruppe IV bezüglich der Statusanganessenheit des Vokabulars)

IV 4 w I = 3,4O83

(alte weibliche Personen der Gruppe IV bezüglich des Intimitätsgrades und dem dazupassenden Vokabular) (ältere weibliche Personen der Gruppe III bezüglich der Statusangemessenheit des Vokabulars) (alte weibliche Personen der Gruppe I bezüglich des Intimitätsgrades)

III 3 w S = 3,417 I

4 w I = 3,460

III 3 w I = 3,515 I

1 w I = 3,554

(ältere weibliche Personen der Gruppe III bezüglich des Intimitätsgrades) (junge weibliche Personen der Gruppe I bezüglich des Intimitätsgrades)

166

II

4 m I = 3,7188

(alte männliche Personen der Gruppe II bezüglich des Intimitätsgrades)

Die Repräsentanz der einzelnen Gruppierungskriterien wiederholt den Trend, der sich in den "toleranten" Gruppen abgezeichnet hat: die Intoleranz steigt mit dem Lebensalter; dieser Trend ist bei den weiblichen Informanten stärker ausgeprägt. Btotionalisiertes Sprechen wird wieder am tolerantesten bewertet. Die Gruppe IV (persuasive Sprachfunktion) zeigt insgesamt die größte Stilempfindlichkeit, genauer: die Gruppe IV zeigt sich tolerant bei den Parametern E und N, intolerant bei S, T und I. Im allgemeinen scheint es, daß "höhere Bildung" toleranter macht; die berufliche Notwendigkeit, seine "Worte zu wählen" (persuasive Sprachfunktion), bewirkt größere Stilempfindlichkeit. Die Zunahme der Qnpfindlichkeit mit höherem Alter ist bei Frauen größer. Zwar bringt die Gruppierung der Informanten nach Berufs- und Altersgruppen Unterschiede, aber es ist nicht gesichert, inwiefern idiolektale Sprachgewohnheiten und welche Rolle sie dabei spielen. Was nicht weiter wunder nehmen sollte, wenn man neben der Verhaftetheit des Sprechers in seinem gruppenspezifischen Code die Notwendigkeit in Rechnung stellt, jeweils andere Situationen sprachlich bewältigen zu müssen, was einerseits ein konvergentes (Gebrauchs-) Normbewußtsein voraussetzt, andererseits aber den individuellen Strategien und Normerwartungen weitgehend freies Spiel läßt.

167

6. Das Tabuvokabular: Eindrücke und Vermutungen 6.0. Die Enttäuschung aller Geisteswissenschaft über die wenig sensationelle Art, wie sich Trends und Resultate von Untersuchungen oft darstellen, wenn sie quantifiziert ausgedrückt werden sollen, verleitete auch bei der vorliegenden Untersuchung, sozusagen zu "stärkeren Mitteln" zu greifen, d.h., das vorerst ausgeschiedene Tabuvokabular (zu den Sinnbezirken "alkoholische Zustände", "Geschlechtsteile ", "Erotisches") einer ähnlichen Analyse zu unterziehen wie das "Normalvokabular" der Liste 1.9. Dahinter stand die Hoffnung, daß die "besseren Leute" und die "einfachen Menschen" bzw. die Frauen und die Männer, die Alten und die Jungen sich hier voneinander stärker unterscheiden würden, als wenn sie über zwar umgangssprachlich ausgedrücktes; gesellschaftlich aber nicht stigmatisiertes semantisches Vorstellungsgut befragt würden. Wir bieten hier allgemeine Beobachtungen - die bei umfangreicherem Datenmaterial auch quantitativ/statistisch zu untermauern sein müßten. Daß die statistischen Ergebnisse in den Tabellen O, P, Q unseren Vermutungen nicht geradezu widersprechen, das sei hier vermerkt. Das Material umfaßt die Auskünfte von 14O Informanten über die 74 items der Liste 1.93. 6.1.

Tendenzen zu Rigidität bzw. Toleranz im "alkoholischen" und Sexualwortschatz

Alkoholioa: Das Alter der Informanten streut weniger als bei den Erotica; am tolerantesten gegen die Bezeichnung alkoholischer Zustände sind die alten Männer, bei Frauen hingegen steigt mit dem Alter auch die Empfindlichkeit (gegen die Wörter, weil die Empfindlichkeit gegen die Referenten gestiegen ist): dies gilt nur für die Alkoholica,nicht für die Erotical Offenbar haben wir es mit dem Einfluß des Denotats (2.6) zu tun.

168

Zur Gruppe der Erotica: Das Alter der Informanten streut besser, u.zw. bei den weiblichen Informanten; die Berufsgruppe I scheint empfindlicher, III am objektivsten. Es könnt zu Umkehrungen des sonstigen Verteilungsbildes, sodaß die Mittelwerte etwa folgend aussehen können: m II 4,44 : m III 4,90 - w III 4,23 : w II 4,80. Die Frauen reagieren in der Altersstufe 3 am empfindlichsten, die Männer in den jüngeren Kategorien 1 und 2. Die Alten, bes. die Männer, sind am unempfindlichsten, also am stärksten gegen tabuierte sexuelle Konnotationen abgestumpft. Im allgemeinen bestätigt sich die Beobachtung, daß, je slang-näher ein Lexem ist, sich die geschlechtsspezifischen Unterschiede verdeutlichen. Die allermeisten der Tabu-Wörter werden von Frauen "ärger" empfunden als von Männern. Wenn man die anderen Subgruppierungen danach ordnet, welche Gruppe jeweils die strengste bzw. toleranteste Wertung vergibt, erhält man etwa folgendes Bild: Die Alkoholiaa werden rigid bewertet: unter dem Parameter T, von den Beruf sgruppen III (und II); tolerante Bewertungen vergaben: die Altersgruppen 3 und 4, die Informanten mit den Parametern S und E und die Berufsgruppe I. Die Erotica wurden rigid bewertet: von den Altersgruppen 3 und 4, unter dem Parameter T und den Berufsgruppen II und III; tolerante Bewertungen erfolgten: von der Altersgruppe 4, unter dem Parameter E und von der Berufsgruppe I. Die Trennschärfe der Parameter stellt sich folgendermaßen dar: I zeigt geschlechtsspezifische Unterschiede bei den Alkoholica am deutlichsten, bei den Erotica ist es I und N; Altersunterschiede werden deutlich: bei den Alkoholica unter N, bei den Erotica unter N und T; Unterschiede der Berufsausübung erbringen: für die Alkoholica der Parameter I, für die Erotica der Parameter N. Man kann sagen, daß der Parameter I (2I-Analyse) in der geschlechtsspezifischen Trennschärfe das Übergewicht im Tabuwortschatz hat. Der Intimitätsgrad ist also für Frauen relevanter als andere Parameter. Altersunterschiede treten unter N und T zutage, d.h., die älteren Personen urteilen eher nach dem Normabstand eines Lexems und nach dessen textsortenspezi-

169

fischen (ritualisierten) Aspekten als nach der Rücksicht auf das "persönliche Verhältnis" der Kcmrurtikationspartner. Auffallend ist, daß sich die Parameter T und E - aufgrund ihrer sachlicheren bzw. privateren Blickrichtung - am stärksten voneinander unterscheiden. Ein ähnlicher Kontrast ist bei den Berufsgruppen I und III zu beobachten, während sich IV und V im Mittelfeld bewegen. 6.2.

"Alkoholica" und Sexualwortschatz im einzelnen:

Mittelwerte der Berufsgruppen (über alle Parameter): I = 2,921

II = 3,154

III = 3,291

IV = 3,233

V = 3,231

(Die Gruppe der "Vorschreiber" (III = präskriptive Sprachverwendung im Beruf) zeigt die strengste Beurteilungstendenz.) Mittelwerte der Befragungsparameter: S = 3,450

N = 3,173

T = 3,794

I = 3,3O1

E = 2,974

(Am intolerantesten fällt die Beurteilung unter statusspezifischem (=S) und textsortenspezifischem (=T) Befragungsmodus aus; die Toleranz steigt mit dem Grad der Subjektivität des Sprachverwendungsaspekts (z.B. bei E ) ) . Ausweis divergenter Mittelwerte bei einzelnen Vtörtern: (Wörter mit zu starken Null-Antworten sind weggelassen, w = weiblich, m = männlich; A = Altersstufe; B = Berufsgruppe.) Alkoholioa: w

A1 4 B I III

alkoholisiert

=1,51 = 2,32 = 1,69 = 2,06

N w 2,O2 : m 1,79 T w 1,93 : m 2,18 I w 1 , 6 7 : m 1,98

A4 2 B III I,IV

=1,5O =1,97 = 1,42 = 1,81

Affe

A 2 4 B I II

=3,60 = 3,80 = 3,46 = 3,89

N w 3,60 : m 3,6O T w 3,91 : m 4,55 I w 3,95 : m 3,75

A4 2 BI III

=3,41 = 3,78 = 3,37 = 3,82

170 w

Schwips

A 1 3 B I III

= = = =

2,69 3,42 2,65 3,20

N w 2,18 : m 2,77 T w 3,38 : m 3,9O I w 2,89 : m 2,91

m

A1 3 BI II

= 2,60 = 2,68 = 2,58 = 3,03

benebelt

N w 3,27 : m 2,88 T w 3,78 : m 3,34 I w 3,10 : m 2,85

A4 1 BI III

= 2,66 = 2,70 = 2,70 = 3,02

A 1 = 3,78

A1

= 3,81

4 = 4,75 B I = 3,75 (III,V) IV = 4,40

3 = 4,15 B IV = 3,5O III = 4,55

A 2 4 B I III

= 3,0 = 3,63 = 2,79 =3,46

Welle

N w 4,34 : m 3,91 T w 3,87 : m 4,58 I w 4,00 : m 4,O8

A 2 4

= 4,09 = 4,40

B I

= 3,93

im l N w 4,22 : m 4,O2 T w 4,31 : m 4,58 I w 4,23 : m 4,56

II,IV = 4,37

A1 3

= 3,70 = 4,31

BI

= 3,68

III = 4,73 bekn llt

A3 I B Ι,ΙΙΙ II

=3,75 = 4,75 = 3,6O = 4,40

N w 3,66 : m 4,33 T w 4,75 : m 4,5O I w 4 , 1 6 : m 4,0

A 2 1 BI II

=3,89 = 4,87 = 2,66 = 4,70

blau

A 2 = 4 = B I = IV-=

3,19 4,35 3,12 3,47

N w 3,17 : m 3,O1 T w 3,67 : m 3,96 I w 3,64 : m 3,11

A1 2 BI III

= 2,88 = 3,20 = 2,79 = 3,44

Spitz

A 2 4 B I IV

= = = =

3,17 3,52 3,15 3,61

N w 3,54 : m 2,96 T w 4,O2 : m 3,66 I w 3,25 : m 3,18

A 3 = 2,78 2 = 3,29 B I = 2,61 V = 3,39

171 Kegel

w

m

N w 3,87 : m 3,94 T w 4,28 : m 4,5O A 1,2 3 B V IV

= = = =

3,70 3,97 3,56 4,21

I w 4,0

: m 4,0

A4 2 BI III

=3,50 = 3,93 = 3,31 = 4,23

A1 3 B II III

= 4,09 = 4,67 = 4,O6 = 4,88

A1 4 BV III

= 3,95 = 4,66 = 4,02 = 4,64

A4 1 B III I

=1,16 = 2,07 = 1,41 = 2,12

A4 2 B III II

=1,75 = 2,10 = 1,57 = 2,70

A2 4 B III I

= 2,54 = 3,16 = 2,35 =3,0

A1 4 B III I

= 2,15 = 2,83 = 2,33 = 2,75

Seuche

A 2 3 B III I

= = = =

4,10 4,80 4,21 4,56

N w 4,26 : m 4,57 T w 4,68 : m 5,O I w 4,50 : m 4,71

fett

A 2 4 B III IV

= = = =

4,12 4,70 3,88 4,59

N w 4,04 : m 4,O6 T w 4,46 : m 4,62 I w 4,46 : m 4,47

volltrunken

AI 3 B II III

=1,81 = 2,16 = 1,63 = 2,23

N w 1,72 : m 1,87 T w 2,47 : m 1,84 I w 1,71 : m 1,87

betrunken

A1 3,4 B I,IV III

=2,12 = 2,34 = 2,14 = 2,48

N w 2,46 : m 2,O5 T w 2,59 : m 2,62 I w 1 , 9 6 : m 2,05

Besäufnis

A 2 3 B I II

= 2,78 = 3,35 = 2,68 = 3,18

N w 2,37 : m 2,43 T w 3,12 : m 2,45 I W 3,3O : m 2,78

Rausch

A 1 4 B I II

= = = =

2,70 3,17 2,65 3,18

N w 2,75 : m 2,48 T w 3,18 : m 3,53 I w 3,O3 : m 2,33

.besäuselt

N w 3,27 : m 2,78

172 A 1 4 B I IV

= = = =

2,71 3,57 2,63 3,20

T w 3,66 : m 3,62 I w 2,88 : m 2,66

A3 1 BI II

= 2,43 = 2,63 =2,0 = 3,11

angrestreut

A 1 4 B I IV

= = = =

3,47 3,66 2,72 4,O

N w 3,38 : m 3,98 T w 3,87 : m 4,37 I w 3,50 : m 3,96

= 2,91 = 4,O6 = 2,85 = 4,19

A4 3 BI III

zugedeckt

= 3,55

A 2

N w 3,26 : m 3,66 T w 4,25 : m 4,70 I w 3,91 : m 4,09

A 4 = 3,3O

1,4 = 3,95

3 = 3,56

= 3,04 = 4,12

B I = 3,12 V = 3,93

B I II

besoffen

A 4 3 B I IV

= = = =

3,63 3,97 3,56 4,0

N w 3,57 : m 3,69 T w 3,93 : m 4,5O I w 4,28 : m 3,14

= 3,38 = 3,66 = 3,25 = 3,65

A2 4 BI II

Erotica: v

A4 2 B I II

Penis

=1,25 = 2,08 = 1,15 = 2,38

N w 2,09 : m 1,51 T w 1,69 : m 1,96 I w 1,71 : m 2,13

m

A4 1 B III II

=1,33 = 2,27 = 1,22 =1,90

A3 4 BV

= 3,24 = 4,33 = 3,74

II

= 3,78

Pinsel

A3 1 B III

= 3,50 = 4,35 =4,0

N w 4,14 : m 3,94 T w 4,67 : m 4,55 I w 3,55 : m 4,11

II,V = 4,46/4,44

I = 4,10 IV = 4,14 III = 4,19 Vulva

A1 2

=1,52 = 2,08

N w 2,4O : m 1,68 T w 1,33 : m 2,50 I w 1,38 : m 2,17

A3 1

=1,4O = 2,15

173 Β Ι = 1,33 II = 2,20

B III II

= 1,11 = 2,12

Nudel

A 2 3 B II I

= = = =

4,60 5,0 4,67 4,86

N w 4,60 : m 4,17 T w 4,66 : m 4,55 I w 4,95 : m 4,69

A4 = 3,5O 1 4,40 BI = 3,89 III = 4,6O

Buschkawedl

= 4,30 = 4,5O

A 2 4

N w 4,49 : m 3,79 T w 4,50 : m 4,88 I w 4,86 : m 4,33

B Ι,ΙΙΙ = 4,25

= 4,59

IV

A4 1

= 3,17 = 4,63

B I

= 2,44

III = 4,39 Pimperl

A 3 4 B V IV

= = = =

3,47 4,66 3,78 3,94

N w 3,83 : m 3,85 T w 4,19 : m 4,75 I w 4,O8 : m 3,5O

A3 1 BI II

= = = =

3,47 3,86 3,3O 3,9O

Fotze

N w 4,37 : m 4,65 T w 4,33 : m 5,O A 4 3 B III

II

= 4,5 = 4,64

I w 4,86 : m 4,81

= 4,23

A1 4

= 4,18 = 5,0

B II,V = 4,44/4,42

= 4,8O

III

= 4,90

Sexualorgan

A4 3 B II III

=1,33 = 1,95 = 1,42, V = 1,46 =1,95

N w 1,5 : m 1,83 T w 2,O8 : m 1,38 I w 1 , 5 9 : m 1,87

A4 1 B III I

=1,50 = 1,81 = 1,50 = 2,13

Fummel

A 2 3 B III II

= = = =

4,61 5,0 3,92 4,92

N w 4,79 : m 4,44 T w 5,O : m 4,66 I w 4,96 : m 4,O

A1 4,01 4 = 4,66 BI = 4,06 III = 4,73

Feige

A 4 3 B III IV

= = = =

4,5 4,57 4,41, V = 4,48 4,61, I = 4,66

N w 4,43 : m 4,36 T w 5,O : m 5,O I w 4,77 : m 4,56

A1 4 B II III

=3,8 = 4,83 = 4,02 = 4,5O

174 m

Fut

A 1 3 B I IV

= 4,11 = 4,77 = 4,06 = 4,71

N w 4,41 : m 4,43 T w 4/6O : m 5,0 I w 4,91 : m 4,77

A4 2 B I III

= 3,50 = 4,45 = 3,66 = 4,59

A3 4 B V III

= 3,64 = 4,66 = 3,47 = 4,44

A4 3 B I III

=3,0 = 3,52 = 3,02 = 3,81

A4 2 B I III

= 2,33 = 3,30 = 2,62 = 3,47

A3 I B III V II

=1,93 = 2,18 = 1,80 =1,87 = 2,28

A 1 4 BV II III

= 3,30 = 4,33 = 3,70 = 3,83 = 4,70

A4 3 B I III

=3,0 = 3,82 = 3,33 = 3,96

anrei en

A 1 4 B V IV

= = = =

4,18 4,50 4,O4, Ι,ΙΙΙ = 4,1 4,50

N w 3,96 : m 4,18 T w 4,62 : m 4,50 I w 4,25 : m 3,54

balzen

A 1 4 B V IV

= = = =

3,33 3,83 3,19 3,72, III = 3,75

N w 3,81 : m 3,57 T w 3,83 : m 3,79 I w 3,75 : m 3,25

Gspusi

A 2 4 B V IV

= 3,16 = 3,66 = 3,14, I = 3,16 = 3,55

N w 3,34 : m 3,44 T w 3,6O : m 3,33 I W 3,47 :m 3,08

Liebschaft

A 1 4 B V I

= 2,10 = 2,58 = 1,78 = 2,52

N w 1,96 : m 2,31 T w 2,36 : m 2,16 I W 2,5O :m 2,25

v geln

A 4 3 B IV II

= 4,16 = 4,45 = 4,O7 = 4,64

N w 4,18 : m 4,3O T w 4,33 : m 4,O I w 4,65 : m 4,47

Has

A 2 4 B III II

= 3,71 = 4,0 = 3,62 = 4,04

N w 3,82 : m 3,56 T w 3,73 : m 3,77 I w 4,O : m 3,50

Hendl

N w 4,15 : m 4,O

175 A 3 = 4 = B V= I =

4,05, 2 = 4,07 4,5 4,O3 4,5

T w 4,37 : m 3,77 I w 4,18 : m 3,58

A2 3 BI III

= 3,86 = 4,03 =3,O = 4,2

A3 2 BI V

2,57 3,03 1,90 3,19

Baby

A 2 3 B IV V

=3,19 = 3,71 = 3,11 = 3,38

N w 3,16 : m 3,0 T w 2,94 : m 3,66 I w 3,16 : m 2,80

= = = =

schustern

A 2 1 B I V

= = = =

4,2 4,58 3,62 4,57

N w 4,32 : m 4,42 T w 4,66 : m 4,5O I w 4,61 : m 4,25

A1 4 BV II I

= 4,14 = 4,66 = 4,O3 = 4,59 = 4,52

Suhle

A 4 1 B IV I

= = = =

2,41 3,68 2,06 4,0

N w 3,15 : m 2,5 T w 3,O : m 3,5 I w 3,14 : m 2,O

geil

A 2 1 B I II

= = = =

3,5O 3,97 3,05 4,14

-

N w 3,49 : m 3,17 T w 3,77 : m 3,7O I w 4,18 : m 3,6O

Orgasmus

A 4 = 1,58 2 = 2,21 B I = 1,47

N w 2,1 : m 1,93 T w 1,86 : m 2,O4 I w 2,O4 : m 2,O4

II = 2,52

2,40 2,51 3,5 1,63

A3= 2 = 1 = BV=

I = 3,25

A 4 =2,5 1 = 3.55 2 = 3,50 B IV = 3,16 III

=

3,19

II = 3 9

A4 =1,66 2 = 2,17 B III = 1,47 IV,V= 2,13

II

=2,15

Geschäft

A3 4 B III IV

= = = =

3,50 4,15 3,77 4,16

N w 4,04 : m 3,56 T w 3,90 : m 3,O8 I w 4,13 : m 3,68

Flirt

N w 2,25 : m 2,22 T w 2,41 : m 1,87

A4 3 BI IV

= = = =

2,66 3,43 2,35 3,91

176

A4

= 2,O

I w 2,31 : m 2,16

3 = 2,69 Β Ι,IV = 2,22 III = 2,54

= = = =

4,42 4,62 4,46 4,71

=1,90

2 =1,92 1 = 2,33 B III = 1,7O pudern

A 2 I B I,IV II

A3

N w 4,34 : m 4,49 T w 4,66 : m 4,66 I w 4,77 : m 4,76

V

=2,32

A1 4 BV III

= 4,11 = 4,33 = 4,04 = 4,63

A4 2 BI III

= 2,16 = 3,43 = 2,85 = 3,6O

A 1,3 2 BV III

= 2,07 = 2,36 =1,99 = 2,65

A2 4 B III IV

=1,92 = 2,16 = 1,57 = 2,25

A4 1 B III IV

=2,0 = 2,75 = 2,16 = 2,43

A4

=1,83

Biene

A 4 = 3,5O 3 = 3,62 B V = 3,28 1 = 3,77

N w 3,5 : m 3,7 T w 3,80 : m 3,33 I w 3,45 : m 3,02

Liebchen

A4 3 B IV III

= = = =

2,33 2,94 2,16 3,15

N w 2,4O : m 2,11 T w 2,66 : m 2,55 I w 2,77 : m 2,45

Geliebte

A 1 2 B IV III

=1,62 = 1,97 = 1,54 = 2,27

N w 1,85 : m 2,12 T w 2,19 : m 1,7 I w 1,45 : m 2,20

schlafen

A4 2 B I II

=1,66 = 2,67 = 2,16 = 2,78

N w 2,63 : m 2,35 T w 2,O2 : m 2,66 I w 2,63 : m 2,66

l stern

N w 2,3O : m 2,35 T w 3,11 : m 3,08 A3

=2,55

I w 3,25 : m 2,79

1 = 3,19 B I = 2,25 III = 3,22

1 = 2,85 B III = 2,O2 II = 2,69 Selbstbefriedi gung

A 1 3

= 2,12 = 2,45

N w 2,15 : m 2,43 T w 1,97 : m 1,83 I w 2,72 : m 2,37

A 2,3 = 2,31 1 = 2,75

177 B I = 1,66 III = 2,67

B III = 2,O9 V = 2,95

Gscnicnt

A 2 1 B V 1,11

= = = =

3,70 3,97 3,67 3,88

N w 3,87 : m 3,68 T w 3,85 : m 4,18 I w 4,O2 : m 3,41

A3 2 BI III,IV

= 3,27 = 3,62 = 2,60 = 3,77

hofieren

= 1,54 = 2,25

A 2 3

N w 2,18 : m 1,66 T w 2,43 : m 3,O I w 1,67 : m 1,66

B V = 1,54 III = 2,33

A3 = 1 , 3 0 1 = 2,37 B III = 1,37 IV = 1 , 8 3

Verh ltnis

A 1 2 B I II

= = = =

2,31 2,45 1,72 2,66

N w 2,33 : m 2,36 T w 2,16 : m 2,87 I w 2,45 : m 2,25

A1 3 B III V

= 2,05 = 2,36 = 1,79 = 2,43

bumsen

A 2 3 B I IV

= = = =

3,79 4,70 3,88 4,41

N w 3,80 : m 3,65 T w 4,58 : m 4,05 I w 4,54 : m 4,O5

A3 1 BI II

= 2,94 = 4,25 = 3,16 = 3,89

Puppe

A 3,4 2 B I II

= = = =

3,50 3,91 3,50 4,14

N w 3,57 : m 3,67 T w.3,66 : m 3,33 I w 3,81 : m 3,68

A2 1 BI III

= 3,38 = 3,73 = 2,36 = 3,86

koitieren

A 1 3 B I III

= = = =

1,38 2,35 1,33 2,27

N w 1,76 : m 1,68 T w 1,62 : m 2,58 I w 2,22 : m 1,7O

A3 1 BI II

= 1,4O = 2,27 = 1,60 = 2,45

A3 1 BI IV

= 2,16 = 2,48 = 2,02 = 2,45

Freundin

N w 2,57 : m 2,22 T w 2,33 : m 2,58 A 1 = 2,21 2 = 2,59 B I = 1,97 III = 2,60

Tl τη 2,29 O OQ I w 2,31 :. m

T i.. 9

178 Vermehr

A1 2 B I II

=1,98 = 2,56 = 2,02 = 2,47

N w 2,30 : m 2,16 T w 2,25 : m 2,62 I w 2,27 : m 2,25

A3 1 B Ι,ΙΙΙ IV

=2,05 = 2,84 = 1,97 = 2,55

gl cklich machen

N w 2,18 : m 2,19 A 1 3 B I III

= = = =

2,27 2,50 2,0 2,68

T w 2,37 : m 2,25 I w 2,04 : m 2,14

A 3 = 2,13 1 = 2,73 B V = 1,92 II = 2,44

179

7. Erkenntnisse und Irrtümer 7.1.

Die Wörter: das Phänomen der pragmatischen (konnotativen) Bedeutungskomponenten, der sog. Stilwart und das Konvergenzvokabular

218 Einzelwörter wurden dm zweiten Durchgang der Befragung vorgegeben, 78 kamen in die Endauswertung (1.92), dazu könnt das sog. Tabuvokabular (1.93) mit 74 Wörtern. Die Konvergenzprobe (2.24.5) ergab eine hohe Übereinstimmung (93%). Es erweist sich, daß über gruppenspezifische Unterschiede hinweg in der Lexik, d.h. ihrer Beurteilung, situationsspezifische Rücksichten stärkeres Gewicht haben als gruppenspezifische. Die Frage nach dem Stilwert kontext- und ko-textfreier Lexik ist also erlaubt. Außerdem zeigt sich, daß Neues im lexikalischen Bereich u.U. Verdacht erregt und dementsprechend abgewertet wird (2.24.5). Der Stilwert basiert auf konnotativen Bedeutungs-Anteilen, und die Untersuchung hat gezeigt, daß der Stilwert verschieden stark konventionalisiert sein kann. Bedeutung - und der Stilwert ist Teil der Gesamtbedeutung - enthält auch Elemente, die sich auf das Verhältnis des Sprechers zu seinem Hörer beziehen. Nicht nur, daß etwa Frauen überhaupt (grundsätzlich und überall) über manche (aber nicht alle) referentiellen Belange anders denken als Männer, sondern es gilt überhaupt: was einer denkt - und auch sagt - von den Sachen, «fog hängt mit dem zusammen, was er hält von seinem Gegenüber. Die Stilwerte der Lexik scheinen wie gesagt nicht so sehr gruppen- und Schicht-, als vielmehr situationsspezifisch geordnet und bereitgestellt zu sein. Die situationsadäquate Bedeutungsbesetzung und Wortwahl erscheint in einem anderen Licht und nimmt einen anderen Pang ein, sobald man, statt der Meinung des Lexikographen, die des Sprachbenutzers einholt. Die unteren Stilwerte streuen stärker als die fester konventionalisierten

180

oberen. Um den vermutlich weniger konventionalisierten Bedeutungsanteilen genauer nachgehen zu können, enthält das Testangebot einen Überhang an Slangwörtern (Gesamtdurchschnitt aller Fragebogenwertungen gegen 3,4; die Durchschnittswertungen gibt die Tabelle A). Nicht alle Wörter erbringen unter verschiedenen konnotativen Gesichtspunkten, d.h. Befragungsmodi, dieselben Bewertungen. Wörter, deren konnotative Komponenten unter (N), (I) und (T) (3.41) gleichrangig gewichtet sind (was nicht heißen muß, daß sie stilistisch unmarkiert sind), nennen wir Konvergenzvokabular (Tabelle H), solche, deren konnotative Komponenten verschiedenen Rang einnehmen, die also unter N, T oder I verschiedene Bewertungen ergeben, werden hier Stilwörter genannt (Tabelle G). Die Konvergenz der Beurteilungen korreliert aber nicht mit dem Stilwert, etwa so, daß "ordinäre" Wörter divergent bewertet würden, und "noble" konvergent. Eher ist ausschlaggebend, wie geläufig ein Wort ist, damit es gleichartig bewertet wird (man vergleiche die divergenten Auffassungen zu weniger bekannten Slang-Wörtern wie etwa "Pudel"): fressen steht unter allen Parametern an letzter Stelle und zeigt die hohe Konvergenz der Meinung über von alters her stigmatisiertes Wortgut. Metaphern funktionieren nur im Feldkontext. Dort können allerdings neue metaphorische Experimente Ablehnung erzeugen, der u.U. auch unbekannte Wörter zum Opfer fallen, wenn sie verdächtigt werden, eine (Slang-)Metapher zu sein (2.24.5). Die Verläßlichkeit der Auskünfte schwankte mit ± 12%. Daß "konnotative Synonyma" (also verschiedene Lexeme mit ähnlichem Stilwert) oft gleichartiger beurteilt werden als echte Wiederholungen desselben Wortes, zeigt das Ausmaß der Streuung, die möglich ist und derer man gewärtig sein muß, wenn man sich auf Informantenauskünfte stützen will (4.5). Die Frage nach der Homogenität der stilistischen Bedeutungsnuancen ist falsch gestellt. Stilistische Be-Deutung bedient sich aller Stufen der Homogenisiertheit, weil sich Bedeutung inmer in einem Prozeß der Homogenisierung befindet, weil Konventionalisierung ununterbrochen vor sich geht. Dementsprechend gehen auch die Urteile in unserer Befragung am meisten dort auseinander, wo ein Wort verdächtig neu ist (die HE, Meile, im öl). Konventionalisierung beginnt im Intimbereich., unter vier Ohren, zwischen einem Sprecher und seinem Vertrauten, in ihrem gemeinsamen Einverständnis über

181

ihre Welttheorie. Dieses Einverständnis ist.es auch, was dann die Nicht-Eingeweihten u.U. zu aggressiven Abwertungen verleitet. Zum Phänomen der Neuheit wäre noch zu sagen: Es kann ein Wort neu und kaum bekannt sein, dennoch aber nicht konnotativ wirksam werden, wenn es nämlich ein sog. Fachwort ist, wenn also seine Existenz aus der Notwendigkeit stammt, etwas, das noch keinen Namen hat, zu benennen, nicht aber aus dem Übermut, etwas, das schon bekannt ist, neu zu werten! (Aber auch Fachwörter lassen u.U. den nichteingeweihten Partner im Ungewissen über die Konnotationen und Evaluationen, die der Sprecher-Erfinder im Sinne hat und im Schilde führt.) Die pragmatisch-konnotative Bedeutungsseite ist nicht ein-schichtig: in der Untersuchung werden drei der möglichen Facetten dieser Bedeutung hervorgehoben: die Nähe zur überregionalen und überindividuellen Norm (N), die strategische Rücksichtnahme auf den Vertrautheitsgrad mit dem Partner (I) und die Bedachtnahme auf die textsortenspezifische Wahl der Wörter (T). Die stilistischen Urteile der Informanten zeigen Unterschiede, je nachdem, welche dieser konnotativen Facetten in den Fokus ihrer Aufmerksamkeit gerückt wird. Unterschiede zeigen sich aber auch innerhalb des Testvokabulars bezüglich der Rigidität und Konformität der Informantenurteile. Es gibt Itörter mit fixem stilistischen Gewicht (sog."Leitwörter", Tabelle H) und solche, die durch gruppenspezifische (Stichwörter, Tabelle J,K,L,O,P,Q) oder parameterabhängige (Stilwörter Tabelle G) Urteilsschwankungen gekennzeichnet sind. 7.2.

Die Fragen: Parameter und Skalen; Toleranz und Rigidität

Die unterschiedliche Bewertung einzelner Wörter unter den verschiedenen Befragungsarten (Tabellen F und G) zeigt, daß es (für den Sprachbenutzer) mehr als nur eine pragmatische, soziosemantische Komponente gibt (3.4), und daß diese Komponenten - für verschiedene Sprechergruppen - verschieden hoch in der Merkmalhierarchie rangieren (Tabelle J,K,L,0,P,Q). Pragmatische Bedeutungskcmponenten lassen sich u.a. gruppieren nach ihrer Ich-Distanz CT= sachlich: privat), nach der Partnerdistanz (I=förmlich:intim) oder nach der Distanz zur überregionalen Medien-Norm (N=gewählt: schlampig); eventuell nach dem Emotionalisiertheitsgrad der komtunikativen Interaktion (E) oder der Rollen- oder Statushöhe (S) des Sprechers. Daß nach N insgesamt weniger empfindliche Bewertungen erfolgen als nach T, zeigt, daß für die perlokutive Seite der lexikalischen Planung mehr Sorgfalt

182

aufgewendet wird als für die Anpassung an eine abstrakte überregionale Norm. Die präskriptive Norm ist also weniger bewußt als die strategische (s. 3.8 und 3.9 bzw. Tabelle B-F) . Die Wertung unter I ist dagegen deshalb so viel toleranter als unter T, weil es hier um die individuelle Situationseinschätzung geht, allerdings unter Bedachtnahme auf den Partner. E erlaubt demgegenüber noch mehr Freiheit in der Taxierung der Wörtwahl, weil es weitgehend nur die emotive Selbstdarstellung im Auge hat. Die Berücksichtigung des Öffentlichkeitsgrades und bestimnter konventionalisierter Textsortenerfordernisse erbringt unter T die strengsten Wertungen (s. 5.9, Tabelle F) . Was die Unterschiede unter den Personengruppen angeht, so erfolgen bei Männern die strengeren Wertungen unter N, bei Frauen unter I (Tabellen J,O) ; die Altersgruppen tendieren mit zunehmendem Alter zu größerer Empf indlichkeit unter I, während Jüngere die größere Strenge unter N zeigen. 7.2.1. Trennschärfe und Konvergenz Man sollte meinen, daß, je subjektbezogener (was nicht gleichzusetzen ist mit "subjektiver") die Fragestellung, desto divergierender die Antworten sein würden. Es ist aber nicht so, daß unter N, der ich-distanziertesten Fragestellung, die konstantesten, konvergentesten Auskünfte erfolgen. Es ist im Gegenteil I, das die stärkste Meinungskonvergenz erbringt (Tabelle E). Man kann dies dahingehend interpretieren, daß die Planung der Wortwahl im rollenspezifischen Blickwinkel am ehesten und feinsten konventionalisiert wird (4.3 und 4.73). Nach der Häufigkeit, mit der die Parameter , , gruppentrennend wirken bzw. nach der Niedrigkeit der Zufallswahrscheinlichkeit ergibt sich folgendes Bild: Bei der Variable Geschlecht fällt das Übergewicht von I als geschlechtsspezifischer Indikator auf (auch in der 2I-Analyse des Tabuvokabulars reagiert der Parameter I in 28 Fällen geschlechtsspezifisch trennscharf (gegenüber 19 für N und 22 für T; ähnliches gilt für die Variable Berufszugehörigkeit) . Es muß aber gesagt werden, Hgp unsere Parameter insgesamt nicht so trennscharf sind, wie wir gehofft hatten (Divergenz sollte nicht mit Trennschärfe verwechselt werden) . Das zeigt sich am besten in der Divergenz bzw. Konvergenz

183

der Infornanten in ihren eigenen Etikettierungen (4.81): 50% der Befragten vergaben eigene Etiketten; die Parameter werden vertauscht, die Skalenwerte aber konvergent vergeben! Hier zeigen sich N und S stabiler, während sich die größte Unsicherheit unter T ergibt, wofür nicht zuletzt die Formulierungen im Fragebogen selbst verantwortlich zu machen sind. Die eigenen Etikettierungen der Informanten wichen zwar in der Parameterzugehörigkeit ab, nie aber bezüglich der Bewertungsstu/e (4.81). D.h.: die Bewertung an sich war stabiler als Ihre Bezeichnung! Oder anders: die metalinguistischen Etiketten haben in ihrer eigenen semantischen Beschreibung ein Merkmal für die Stilhöhe (wie "arg" oder "nobel" ein Lexem wirkt), und ein Merkmal, das den pragmatischen Bereich angibt, in dem dieses Stilmerkmal zur Wirkung kamt (öffentlich, intim, sachlich). Diese beiden Merkmalgruppen sind ungleich stark präsent bzw. konventionalisiert. Das alles darf so verstanden werden, daß es so etwas wie aktive und passive metalinguistische Kompetenz gibt, d.h. der Proband kann auf Befragen ein Wort einem metalinguistisch etikettierten Skalenwert zuweisen. Was seine eigene Fähigkeit anlangt, solche Skalenwerte zu etikettieren, so ist er mit den Bezeichnungen für Hoch- und Umgangssprachliches vertraut, nicht so sehr aber mit solchen für sog. Textsorten oder für rollenspezifisches sprachliches Verhalten. Das heißt natürlich aber auch, daß nicht jeder Proband gleich gut weiß, was der Testersteller unter den Etiketten für N, T oder I ganeint hat. Die Konvergenz dieses metalinguistischen Einverständnisses zwischen Testee und Interviewer war jedenfalls unter N am größten. Der Fragebogen und die Art der Befragung wurden von den kooperativen Probanden zwar kritisch beurteilt, aber durchwegs ernst genommen. Die Leitüörter gibt die Tabelle H, sie zeigt auch die stärkere Konvergenz unter dem Parameter I. Wenn man der Frage nachgeht, wie oft jeweils die einzelnen Parameter als trennscharf für die Personengruppen fungieren, zeigen die Stilwörtev ein deutliches überwiegen von N: das bedeutet, daß das Normbewußtsein gruppenspezifisch variiert. 7.3.

Die Leute und ihre metaketnnunikative Kompetenz

285 Personen und deren Antworten kamen in die Endauswertung (139 männliche

184

und 146 weibliche Informanten). Die Rücksenderate der Fragebogen lag bei 2O % (s. 5.2 und 4.2 Anm. 13). Die Untergruppierung ist in 5.3ff. erörtert. Die Etikettierfreudigkeit und Kooperativität derer, die den Fragebogen tatsächlich bearbeiteten, war hoch, sie lag bei 5O%. Die Verläßlichkeit der Antworten (s. 4.5) zeigt der Wiederholungstest: 5O% der Zweitantworten war identisch mit der ersten Auskunft. Die zweite Befragungsrunde zeigt eine leichte Tendenz zur Rigidität. Es stimmt, daß "die Leute" verschiedene Sprachen reden - es stirtmt aber auch, daß sie alle, wenn sie auch nicht alle Teile davon und gleich oft benützen, dieselbe Sprache kennen. Wenn sie wollen, verständigen sie sich - auch mit Mitgliedern anderer "Klassen" (auch Bernstein konnte mit seinen Informanten reden). Die Untersuchung hat wenigstens eines gezeigt (auch wenn es einer stillschweigenden Vorannahme widersprach): die Leute urteilen über ihre Sprache ähnlich (zu den "Abweichlern" s.5.8), auch wenn sie verschieden handeln. Aber aus ihren Urteilen kann, wenn schon nicht der aktuelle Gebrauch der Befragten, eine sich anbahnende Normierung des Stilwerts bestimmter Wörter abgelesen werden. Der Gebrauch selbst sollte nicht durch eine Befragung, sondern durch (teilnehmende) Beobachtung eruiert werden. Übrigens berechtigt auch passive Kompetenz zu stilistischen Urteilen (5.1). Wenn die Leute über Stilwerte strenger urteilen, als man aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit angenannen hätte (die Berufsgruppen I und V sind übrigens deutlich toleranter), so heißt das ja nicht, daß sie - höchstens indirekt sich selber beurteilen: sie sind eben strenger mit den Sprachgebrauch aller anderen Sprecher. Höchstens der Parameter I verleitet dazu, auch den eigenen Sprachgebrauch des Informanten in die Beurteilung miteinzubezeihen (ähnlich verhält es sich bei E). Auch wenn sie sich nur auf phonologische Indikatoren beziehen, sind die Bemerkungen Trudgills (1972:184) hier beherzigenswert und werden durch unsere Ergebnisse bestätigt: "Labov has produced evidence to show that almost all speakers in New York City share a common set of linguistic norms, whatever their actual linguis-

185 tic performance ... It also began to appear, however, that, as suggested above, there were other, deeper motivations for their [Norwich informants'] actual linguistic behaviour ... For example, many informants who initially stated that they did not speak properly, and would like to do so, admitted, if pressed, that they perhaps would not really like to, and that they would almost certainly be considered foolish, arrogant or disloyal by their friends and family if they did. This is our first p^ece of evidence".

Hiezu sei nochmals banerkt, daß unsere Informanten uns nicht eigentlich mitteilen, wie sie selber reden, sondern, was sie von Leuten halten, die so reden, oder, wie sie Situationen einschätzen würden, in denen bestimmte Wörter verwendet werden. Das kann heißen, daß - im Rahmen soziolinguistischer Unaufrichtigkeit - etwa Frauen behaupten, bestimmte Wörter gar nicht zu kennen, weil für sie die Vergabe der Note "4" schon bedeuten könnte, daß der Interviewer die Befragte selbst mit "5" einstuft. 7.3.1. Geschlechtsunterschiede Geschlechtsspezifische Unterschiede sind nicht gleichmäßig verteilt, vor allem spielen referentielle Unterschiede eine beachtenswerte Rolle (s. 2.6 und Tabelle J,O): die Variable Geschlecht unterscheidet z.B. in den Feldbereichen "Kleider" trennschärfer, die Variable Alter in den Bereichen "Geld" und "Arbeit". Was den Unterschied in der Bewertung des Vokabularbereichs "Arbeit" anlangt, so urteilen Frauen hier toleranter (ebenso wie die jüngeren Informanten), was daran liegen mag, daß es sich für Frauen um bloßes "Mitteilungs"-Vokabular handelt, nicht um "Wirk"-Wörter, d.h. sie sind sich weniger der konnotativen Brisanz eines Wortes wie schöpfen bewußt als jene, für die dieses Wort ein Repertoireelement ihres Daseinsausdrucks ist, und tendieren daher dazu, es eher mit "3" zu taxieren. Das erotische Wortmaterial ist für Frauen insgesamt stärker konnotativ besetzt als für Männer (wobei die älteren Männer die toleranteste Gruppe bilden, s. 7.32). Frauen urteilen im allgemeinen etwas strenger (beim Tabuvokabular durchaus) als Männer, bei älteren Frauen verstärkt sich dieser Trend. Frauen sind auch für den Parameter I sensibler als Männer. Sie sind auch empfindlicher für NeuWörter als Männer bzw. reicht ihre Kenntnis für Neu-Wörter nicht so weit (d.h., es gibt mehr weibliche Null-Antworten), oder jedenfalls geben Männer eher die Kenntnis von Slangvokabular zu, während Frauen lieber Unkenntnis vorschützen.

186

Andererseits stehen Frauen, wenn sie unserer Aufforderung, neues Wortnaterial zu liefern, Folge leisten, in ihrem ("ordinären") Angebot nicht hinter den Männern zurück. In der metalinguistischen Ausdrucksfähigkeit und Bereitwilligkeit zeigt sich kein Unterschied in den Geschlechtern, bei den Etikettierungen sind Frauen sogar wortreicher als die männlichen Informanten.

7.3.2. Altersspezifik Das Alter differenziert eindeutig am schwächsten. Im allgemeinen tendieren ältere Leute (besonders ältere Frauen) dazu, unser Testmaterial strenger zu bewerten als jüngere (5.4).

7.3.3. Berufsspezifik Unsere Untergruppierung nach Berufen war insofern nicht im erwarteten Ausmaß zielführend, als die (fünf) Untergruppen doch zu eng benachbart waren, als daß sie (vor allem bei der beschränkten Population) statistisch signifikante Unterschiede deutlich genug abgebildet hätten. Dennoch glaube ich nicht, daß man hätte auf die herkänmliche Einteilung in manuelle und nicht-manuelle Beschäftigungen zurückgreifen sollen. Eine Nachfolgeuntersuchung mit deutlicherer und besserer Spezifikation der Berufstätigkeit könnte die Triftigkeit unserer Einteilung nach der Verbalintensität und deren Gewichtetheit für bestimmte Berufe in: konversationeil (I), deskriptiv (II), präskriptiv (III), persuasiv (IV) und artistisch (V) erweisen helfen. I und V waren die toleranteren, II und III die strengeren Beurteiler, IV blieb (gemäß seiner größeren Anpassungsbereitschaft) im Mittelfeld. Daß bei V am häufigsten Unsicherheiten (oder auch Übergenauigkeit) in der Bewertung auftreten, was sich in Zwischenmarken (2/3, sogar 3-5) ausdrückt, sollte bei der Charakterisierung der Untergruppe als "artistisch" nicht weiter wunder nehmen. Das Tabuvokabular zeigt die Trends des Haupttests einerseits deutlicher, andererseits kehren sich diese Trends auch im: die Toleranz nimmt mit zunehmendem Alter für die Alkoholica bei Frauen ab, umgekehrt verhält es sich bei den erotischen Tabuwörtern (s. Abschn. 6 und 5.9). Nicht ausgewertet wurden die Mitteilungen zum Rcmtunikationsradius (Freundeskreis 5.61): am meisten Streuung zeigt naturgemäß die Gruppe V. (Zur Testbeurteilung vgl. 5.7.)

187

Die Sprecher unterscheiden sich insgesamt gar nicht so stark in ihrer Wortwahl bzw. ihren urteilen darüber, höchstens in jeweils charakteristischen Detailbereichen, was nicht heißen muß (s.o. 7.32), daß sie sich in ihrem tatsächlichen Sprachverhalten nicht erheblich - dies immer pro Situation - unterscheiden würden. Es nag vielleicht keine von vornherein ordinären Menschen geben, aber es gibt Situationen, in denen sich die Leute ordinär benehmen. Mag sein, daß die einen öfter in solche Situationen geraten, weswegen sie auch geschickter darin zu agieren erlernt haben dürften - indem sie z.B. "ordinäre" Wörter verwenden oder vermeiden. Daß es diese gibt, u.zw. für die Benutzer, das hat die Befragung allerdings ergeben. Das heißt: Den Sprachgebrauch kann man nur eruieren, indem man den Gebrauch beobachtet, d.h., indem man zuhört, statt zu fragen. Den Abkürzungsweg über das Hörer- und Sprecher-Selbsturteil gibt es nicht. Die Meinung eines befragten Sprecher-Hörers gibt im Höchstfall Einblicke in seine Redestrategien, allerdings gebrochen und geschwächt durch jene Tatsachen, die unter "InterviewProblematik" genugsam bekannt sind.

7.4.

Konventionalisiertheit und Konventionalisierung

Die Frage nach der strategischen Korrelation der Komponenten unter N, I und T, d.h. zwischen überregionaler Norm und den Rücksichten auf Partnerverhältnis und Themenspezifik scheint eine Antwort zu erhalten, die darauf hindeutet, daß Konventionalisierung im Bereich der partnerspezifischen Planung beginnt und sich in den textsortenspezifischen Strategien verfestigt, bevor es zu überregionaler Normierung könnt. Es gibt für bestimmte (Leit-) Wörter feste gruppenr· transzendierende Stilwerte, und es gibt Wörter, die pro Benützergruppe andere Stilwerte haben (Stichwörter), deren Stilwert (Tabellen J,K,L,O,P,Q) also noch nicht gruppenübergreifend konventionalisiert ist.

7.5.

Schlüsselwörter und Schlußwort

"Schlüsselwörter" sind jene, die für alle (oder wenigstens zwei) der Personengruppen statistisch signifikante Unterschiede in der Taxierung erbrachten. Sie können dazu dienen, festzustellen, inwieweit ein Sprecher mit dem in dieser Untersuchung festgestellten stilistischen Urteilen konform geht.

188

Schlüsselwörter (geeichtes Vokabular): l zwicken 4 würfeln 34 biberin zwitschern 57 Weinbrand 65 Span 8O Schale 85 Wasch

143 Putz 16O Zoten 168 düsen 172 modern 194 Gesäß 195 Finger Besäufnis Schwips

1O4 Fleck

Das Tabu-Vokabular erbrachte noch Stichwörter, die für zwei der drei angesetzten Personenvariablen (G,A,B) statistisch signifikante Bewertungsunterschiede ergaben: blau (G,B)

bumsen (G,B)

Seuche (G,PL) anmeiern (G,A) Geschäft (G,B)

besoffen (A,B) Liebschaft (A,B) kontieren (G,R)

Die Schlüsselwörter im einzelnen (mit Angabe der Extremwerte): w

zwicken

3,0 (N/III/3) 4,6 (N/IV /3) 5,0 (I/III/3)

N = 3,85 T = 4,07 I = 4,01

m

3,0 (N/II/4) 4,6 (N/II/3) 4,6 (I/III/4)

würfeln

3,0 (N/III/3)

N = 3,86 T = 4,06 I = 4,17

3,5 (N/II/4)

5,0 (T/V /2)

5,0 (I/IV /2) biberin

3,0 3,0 4,12 4,33

(N/I /3) (I/III/3) (T/V /2) (I/IV /4)

N = 3,47 T = 3,69 I = 3,62

3,O (N/II/4) 4,87 (T/V/2)

zwitschern

N = 3,67 T = 3,81

3,33 (N/II/3) 4,75 (I/II/2)

I = 3,93

3,5 (N/V/2) 5,0 (T/V/2)

Weinbrand

1,33 (I/IV/2)

N = 2,13 T = 2,15 1=2,05

1,33 (N/II/3)

189 1,33 (I/III/2) 2,75 (N/V /2)

3,0 (N/III/3) 3,0 (T/II /3) Span

3,83 (N/V /1) 4,75 (I/II/2) 5,O (T/IV/4)

N = 3,72 T = 3,97 I = 4,02

3,5 (N/II /2) 4,75 (T/II/2) 5,0 (I/III/4) 5,0 (T/V /2)

Schale

3,33 (I/IV/2) (I/V /1) 4,33 (I/IV/4) (N/V /2)

N = 3,4O T = 3,83 I = 3,50

3,22 (N/II/2) (N/V /2) 3,87 (T/II/2) 4,75 (T/V /2)

Wasch

3,0 (N/I /4) 4,33 (I/IV/4) 5,0 (T/II/3)

N = 3,47 T = 3,82 I = 3,72

3,0 3,0 4,O 4,3 5,0

(I/V /2) (N/II /4) (N/III/3) (I/III/2) (T/V /2)

Fleck

4,33 (N/II/1) 4,66 (I/I /2) (I/IV/2) (I/V /2)

3,7 (N/III/2) 4,3 (T/II /3) 4,7 (I/I /2)

N = 3,93 T = 4,O4 I = 4,14

Putz N = 3,74 T = 3,95 I = 4,O4

3,75 (N/II/4) (N/II/2) 4,87 (N/V /2)

3,5 (I/V /2) 3,5 (N/III/3) 3,7 (N/II /3) (N/IV /4) 4,5 (T/II /2) (T/V /2) 5,0 (I/II /4)

Zoten

3,3 (N/IV/2) 4,5 (I/II/2) (N/V /2) 4,7 (N/I /3) (N/II/3) (I/W/4)

N = 3,75 T = 3,68 I = 3,88

3,5 (N/II /2) (T/III/3) 4,3 (N/II /4) 5,0 (T/V /2) (I/II

190 diisen

3,0 (I/II /D (N/III/2) (N/IV /2) (I/V /2) 4,7 (I/III/3)

3,3 (N/I /4) 4,3 (I/V /2) (N/V (T/V

N = 3,37 T = 3,81 I = 3,63

modern N = 3,52 T = 3,85 I = 3,79

3,0 (I/V /2) (N/II/4) 4,3 (I/II/4) (T/V /2)

3,5 (N/II /2) (N/III/3) 4,0 (T/III/3) 5,0 (I/II /4) (T/V /2)

Gesäß

1,16 (I/V /1) 1,3 (N/III/2) (I/IV 2,7 (N/I (N/II (I/IV 3,0 (T/IV

N = 2,0 T = 2,22 I = 1,92

1,0 (N/III/3) 1,5 (I/II /2) (N/II /2) 2,4 (T/II /2)

Finger

1,3 2,16 2,83 3,0

(I/IV/2) (T/I /3) (T/IV/2) (N/I/3,4) (T/II/3)

N = 2,31 T = 2,20 I = 2,07

1,5 (N/III/3) 2,75 (N/V /2)

(Werte für die restlichen Schlüsselwörter s. 6.2.) Der gewähnte Gebrauch, der ja tatsächlich - pro Situation und pro Partnerverhältnis (weil sich die Situation mit der Veränderung der Personenbestückung ändert) - verschieden ist, bildet sich Im metakcmnunikativen Urteil nur in Spuren ab. Wir haben also nicht feststellen können, was die einzelnen Personengruppen tun/ sondern zur Kenntnis nehmen müssen, dgP sie weitgehend ähnlich darüber urteilen, was etwa andere Leute tun. Dabei trat allerdings die verschieden starke Konventionalisiertheit soziosemantischer Komponenten zutage. Man kann Leute über Sprache befragen - Zuhören ist besser. Beobachtungen oder Auskünfte zu systematisieren, ist etwas, das von Erkenntnisinteresse des

191

Systematisierenden ebenso abhängt wie von dem ihm zur Verfügung stehenden Datenmaterial. Mit dem Vorhersagen hat es hingegen seine liebe Not; und der Wunsch Schuchardts, der Sprachwissenschaftler möge sich nicht nur damit befassen, woher die Wörter kamen, sondern auch damit, wohin sie gehen (1922:133), bleibt offen. Weil das Wesen der Sprache nicht ist, daß sie Geschichte hat was allerdings leichter zu einer Wissenschaft zu machen ist - sondern darin liegt, daß Sprache auch Zukunft hat. Heißt das, ffop Spracherwerb und Sprachstudium nicht so sehr dazu dienen sollen, zu verstehen, was einer gestern sagen wollte, sondern, ein Mittel zur Hand zu haben, morgen damit zu handeln, x\ zu verhandeln, dieses Morgen zu verändern? Auch seine Sprache zu verändern? ' Die größte Schwäche der Untersuchung - vermeidbar oder nicht - lag in den Formulierungen der Fragebogen und ihrer Etikettierungen, also in der Kommunikation zwischen dem Alltagssprecher und dem Linguisten.

)

"Es war ihm unmöglich die Wörter nicht in dem Besitz ihrer Bedeutungen zu stören", Lichtenberg, Heft C 1972:49.

192

8. Tabellen TABELLE A: Mittlere Stilwerte unter den einzelnen Parametern:

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33

34 35 36

37

zwicken essen jausnen würfeln zu sich nehmen achein fressen buttnen speisen habern verzehren nachtmahlen sich verpflegen Diner Brot Nachtmahl Bims Abendessen Menü Imbiß Jause Verpflegung Fressalien Kitt , Zwick Stau feiern blasen einen heben kippen bechern s. einen genehmigen trinken biberin schlotzen kübeln bügeln

3.8548387 2.4153226 2.8O24193 3.8669355 1.4919355 3.1774193 4.6774193 3.516129O 1.4879O32 3.9637097 1.9032258 2.1OO8O64 2.1572581 1.2379032 2.5322581 2.516129O 3.9193548 2.2782258 2.O766129 2.O927419 2.5967742 2.3830645 4.0161290 4.1129O32 4.O604838 3.2661290 2.5OOOOOO 3.9959677 3.1088710 3.4798387 3.5403226 2.3064516 2.2943548 3.4717742 3.3225806 3.633O645 3.2701613

4.0731707 2.4146341 2.9207317 4.O6O9756 1.9634146 3.1097561 4.4878O48 3.5426829 1.8170732 4.152439O 2.5121951 2.5609756 2.4695122 1.6829268 2.439O244 2.4573171 4.2134146 2.3658536 2.29878O5 2.3292683 2.6036585 2.3353658 4.2073171 4.0975609 4.2378O48 3.1829268 2.6829268 4.1951219 3.5548780 3.7682927 3.9756097 2.9451219 2.4329268 3.6951219 3.2378O49 3.4390244 3.1341463

4.0126582 2.2215190 2.8544304 4.1772152 1.4177215 3.2911392 4.7468354 3.5189873 1.4936709 4.1898734 2.O822785 2.1835443 2.2341772 1.5443038 2.4746835 2.3860759 4.1518987 2.2468354 2.1329114 2.1582278 2.6329114 2.3417721 4.2278481 4.3544304 4.2468354 3.2658228 2.5759493 4.1645569 3.2974683 3.6708861 3.6455696 2.2405063 2.2278481 3.6265823 3.3670886 3.5443038 3.2911392

193 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 6O 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77

78 79 8O 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91

bläsern blasen zwi tschern picheln tschechern saufen zischen schwemmen ein Röhrl Gschlader Beistrich Getränke Sekt Erfrischungen Plempe Schampus Tschapperlwasser Spirituosen Branntwein Weinbrand Stange Sargnagel Kippe Tschick Leo plotzen Lärche! Span Beuschlreißer Stummel Gl imms tengel Filterzigarette Orthopädische Kastrierte täbern Spreizen Anzug Hadern Gewand Sakko BH Staude Schale Bock Wirnmerlhal ter Herrenbekleidung Kulturstrick Wasch Selbstbinder Brocken Kulturstrick zahlungsunfähig flüssig stellen mittellos

3.8790323 3.8508064 3.6733871 3.1895161 3.9112903 4.282258O 3.6774193 3.9798387 3.3427419 3.6733871 3.1O8871O 2.1814516 1.9959677 2.1129032 3.1612903 2.8830645 3.3508064 1.91129O3 2.1491935 2.1330645 3.1411290 3.6814156 3.4717742 4.0846774 3.1209677 3.1370968 3.3024193 3.7217742 3.9758064 3.6895161 3.5403226 1.9435484 3.2056451 3.4798387 3.3185484 3.2540323 2.1572581 4.O6O4838 2.5040323 1.9959677 2.4959677 3.2741935 3.4435484 3.4556451 3.9072581 1.766129O 3.4516129 3.4758064 2.4274193 3.1653226 3.3629032 1.9475806 2.4919355 2.0967742

4.1158536 4.0548780 3.8170732 3.1402439 4.0365853 4.2439024 3.7621951 3.9O2439O 3.3841463 3.6524390 3.1707317 2.O853658 1.8292683 2.0792683 3.1219512 3.2439O24 3.7621951 2.1280488 2.25OOOOO 2.1585366 3.1585366 3.8O4878O 3.6219512 4.1829268 3.O609756 3.0853658 3.3963414 3.9756097 4.1524390 3.8536585 3.8353658 2.0304878 3.2073171 3.378O488 3.3109756 3.1341463 2.0731707 4.189O244 2.8292683 2.2378049 2.7926829 3.2439024 3.8292683 3.4024390 3.689O244 1.9573171 3.4634146 3.8231707 2.5914634 3.1768292 3.5O6O976 1.9268293 2.6036585 2.1463414

4.1645569 4.0632911 3.9303797 3 . 2405063 4.1265823 4.4810126 3.7151898 4.O443O38 3.4556962 3.9430380 3.1518987 2.0379747 1.8227848 2.1329114 3.1518987 2.8860759 3.5OOOOOO 1.8037975 2.1265823 2.0506329 3.2341772 3.962O253 3.6962O25 4.2531645 3.1645570 3.1518987 3.3417721 4.0253164 4.0886075 3.7531645 3.6329114 1.7658228 3.2025316 3.4746835 3.4113924 3.1772152 1.9746835 4.2278481 2.5316456 1.9683544 2.3860759 3.3417721 3.5OOOOOO 3.5316456 3.9746835 1 . 7405063 3.5759493 3.7278481 2.3797468 3.2468354 3.5126582 1.7658228 2.5126582 2.0063291

194 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 12O 121 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145

Kies Keks würzen blechen entrichten vergebühren Gehalt Bezug Netsch Vorschuß brennen stier Fleck Gerstl Zaster Schuß Eier Schlei wohlhabend abheben Entgelt Marie neger buttern Flieder Chef pfuschen beschäfti gungs 1 os Haken Löhnung Arbeitnehmer schuften arbeitslos stempeln blau machen Job Lose schöpfen backen Lenz ruhige Kugel teilbeschäftigt Bude der Alte faulenzen Tschoch knuffen wuchern Exekutive Polizist Polyp Putz Lerof Schmier

3.8991935 3.6370968 3.5766129 3.7741935 1.9233871 1.8669355 2.2056451 2.1048387 3.754O323 2.3709677 3.7782258 3.6774193 3.9354838 3.6854838 3.9516129 3.6048387 3.9758O64 3.4838710 1.8427419 2.3709677 2.0201613 3.7862903 3.8629032 3.4233871 3.9153226 2.2903226 3.2016129 2.1653226 3.8870968 2.1935484 2.0725806 3.25OOOOO 2.4838710 2.8629032 3.2782258 2.8185484 3.1209677 3.6693548 3.1290323 3.5725806 3.4879032 2.3306451 3.6370968 3.8185484 2.7782258 3.8346774 3.1451613 3.3387097 1.5927419 2.25OOOOO 3.9193548 3.7419355 3.1935484 4.0927419

4.OOOOOOO 3.6951219 3.8353658 4.1585366 2.1463414 2.1585366 2.1036585 1.9451219 3.9146341 2.4390244 3.9573171 4.1768292 4.0426829 3.7134146 4.0304878 3.6646341 3.8963414 3.4939024 1.8109756 2.2987805 1.9634146 4.0487804 4.1158536 3.6524390 4.1768292 2.2134146 3.4207317 2.2012195 3.9390244 2.5426829 1.8780488 3.4878049 2.3048780 2.7743902 3.3963414 3.0121951 3.0426829 3.8719512 3.0609756 3.7073171 3.6707317 2.1585366 3.8658536 3.9939024 3.1951219 4.0609756 3.1463414 3.6341463 1.5548780 2.0426829 4.OOOOOOO 3.9512195 3.0853658 4.1585366

4.1645569 3.8670886 3.8797468 4.0886075 1.9556962 1.8227848 2.1012658 1.9683544 3.9050633 2.1898734 3.8670886 3.9620253 4.1392405 3.8101266 4.1835443 3.7151898 4.2658228 3.4683544 1.5822785 2.2721519 1.8734177 4.0253164 4.1075949 3.6139240 4.1392405 2.1265823 3.4810126 2.1202531 4.0632911 2.1O12658 1.9303797 3.5OOOOOO 2.3417721 2.6962025 3.4873418 2.9050633 3.0822785 3.8164557 3.2151898 3.5632911 3.5696203 2.1708861 3.9303797 4.0506329 2.9873418 4.0822784 3.2658228 3.7531645 1.5759494 2.O886O76 4.1075949 4.0443038 3.2151898 4.3924050

195 146 147 148 149 150 151 152

153 154 155 156 157 158

159 160 161 162 163

164 165 166 167 168 169 170

171 172 173 174 175 176 177 178 179

ISO 181 182

183 184 185 186

187 188 189 190 191 192

193 194 195 196 197 198 199 2OO

Inspektor Wachmann Kleber er Polente Teckel Bulle die HE Auge des Gesetzes Ordnungsorgan brausen abhauen hetzen rasen einplärren Zoten beschleunigen abreißen abzittern persen schwartein bügeln Hadern düsen

1 eibern wuchern pleddern modern multiplizieren hasten blitzen starten Gliedmaßen Pratzen Kleber In Wampen Batterie Schlauch Kompressen Scherzi Hirnschale Latte Kopf Bauch Nasenbein Birn Kniest Stockerl Sprudler Gesäß Finger Kürbis Gumpus Plutzer Kürbis Nagelbett

2.1612903

2.2865854

1.9177215

2.3024193

2.4146341

2.1962025

3.9B79032 3.8709677 3.2580645 3.9314516

4.0670732 3.9939024 3.250OOOO

4.2784810 4.0189873 3.2911392

4.0792683 3.6463414

4.1392405 3.85443O4

2.1768292 1.8841463 3.1524390 3.5304878 3.1646341 2.8109756 3.2743902 3.6890244

3.3790323 3.1572581 3.2741935 3.8185484

3.5548780 3.8109756 3.628O488 3.3109756 3.7073171 3.817O732 3.2439024 3.3475610 4.0792683

1.7341772 1.664557O 2.8354430 3.5379747 3.0126582 2.6645570 3.3291139 3.8860759 1.9746835 3.8227848 3.5379747 3.8227848 3.7594936 3.481O126 3.7974683 3.63924O5 3.2594936 3.3987342 4.0189873

3.5282258

3.8597561

3.7911392

3.0080645 2.1653226 3.2379O32 2.7459677

3.0853658 2.5487805

3.1139240 2.2088608 3.2658228 2.5632911

3.7O96774 1.6411290

1.7137097 2.8467742 3.3104838 2.7419355 2.6209677 3.2741935 3.7580645 2.1129032 3.5645161 3.5443548 3.4153226 3.53629O3

3.3548387 3.633O645

1.7379032 4.1209677

2.2195122 3.7317073

3.6341463

2.8780488 1 . 8292683

1.6329114

4.1585366 3.92O7317

4.1329114 3.6772152

4.2177419 3.8911290

4.2926829

4.2O25316

3.8536585

4.0967742 3.2419355 3.8790323 2.7258064 3.5927419 2.3104838

3.7926829

2.7378049 3.7926829

3.8987342 4.1075949 3.2215190 3.9240506 2.6329114 3.5316456

2.189O244

2.O886O76

2.3536585 2.0975610

2.2088608 1.9303797 3.8734177 3.1835443 3.7721519 4.0379747 1.92405O6

3.7540323

2.4032258

2.3185484 3.7459677

3.0967742 3.5161290 3.91129O3 2.OO4O323

2.3104838 3.8185484 3.5685484 4.1OO8O64

3.8588710 2.3O64516

3.3475610 4.OOOOOOO

4.O792683 3.1951219

3.7621951 4.1158536 2.2256O97 2.2073171

2.0759493

4.0670732 3.7195122

3.9620253

4.2560976 4.0243902 2.39O2439

4.2151898

3.778481O 4.0632911

2.1835443

196 201 202

Schlurf Biber

203 204 205 206

würfeln zwicken biberin Lenz

207

Kies

208 209 210 211 212 213

Putz Span Arbeitnehmer zwitschern Weinbrand HE

214

Gesäß

215 216 217 218

entrichten Zoten modern Wasch

3.5806451 3.4274193 3.5120968 3.6411290 3.4516129 3.2943548 3.758O645 3.4233871 3.6048387 2.1814516 3.4233871 2.2096774 3.6693548 2.1733871 2.0887097 3.7056451 3.1491935 3.4274193

3.6O97561 3.4O2439O 3.6829268 3.8292683 3.6341463 3.4878049 3.9512195 3.8475610 3.7987805 2.0731707 3.7743902 2.2682927 3.6341463 2.2560976 2.1768292 3.7317073 3.1829268 3.5670732

3.6772152 3.3924O51 3.6835443 3.7658228 3.6329114 3.3037975 3.8924O51 3.7151898 3.7721519 2.0063291 3.721519O 2.0443038 3.6582278 2.1202531 2.1075949 3.835443O 3.1518987 3.5759493

197

TABELLE B: Gruppierung konvergierender Stilwerte (nach N/T/I, ungetrennt) Eine Cluster-Analyse, die die Itörter in Gruppen mit konvergenten Bewertungen zusanmenfaßte/ ergab (ohne Berücksichtigung der einzelnen Parameter-Unterschiede) folgende Gruppen, wobei jeweils 1 und 2, 3 und 4, 5 und 6 wegen ihrer Ähnlichkeit wieder zu einer Gruppe vereinigt werden können. Die Gruppen 1-8 sind nach absteigenden Stilwerten gereiht (gilt auch für Tabellen C,D,E).

5 9 11 15 18 SO 55 69 97 14O 161 177 194

z.s.nehmen 2 speisen 3 verzehren 16 Brot 20 Abendessen 33 Sekt 49 Spirituosen 51 Filterzigarette56 vergebühren 57 Exekutive 74 beschleunigen 83 Gliedmaßen Gesäß 86

214 Gesäß

99 110 112 117 121 122 141 154 187 189 195 2OO 210 212 215

essen jausnen Nachtmahl Imbiß trinken Getränke Erfrischungen Branntwein Weinbrand Anzug Herrenbekleidung Selbstbinder Bezug wohlhabend Entgelt Chef Löhnung Arbeitnehmer Polizist Ordnungsorgan Kopf Nasenbein Finger Nagelbett Arbeitnehmer Weinbrand entrichten

12 13 14 19 21 22 27 32 77 78 89 91 96 98 l Öl 111 119 124 133 146 147 153 l 74 188

nachtmahlen 53 76 s.verpflegen Diner 9O Menü 125 Jause 127 Verpflegung 136 feiern 155 s.e.genehmigen 157 158 Sakko BH 176 185 zahlungsunfähig mittellos entrichten Gehalt Vorschuß abheben beschäftigungslos arbeitslos teilbeschäftigt Inspektor Wachmann Auge d. Gesetzes hasten Bauch

Schampus Gewand flüssig stellen stempeln Job faulenzen brausen hetzen rasen starten Hirnschale

8

8 31 36 4O 44 54 59 65 67 68

buttnen bechern kübeln zwitschern zischen Tschapperlwasser Sargnagel Span Stummel Glimmstengel

4 würfeln l O habern 23 Fressalien 25 Zwick 28 blasen 42 tschechern 45 schwemmen 61 Tschick 66 Beuschelreißer 92 Kies 95 blechen

l 29 3O 34 47 93 94 109 115 123 126

zwicken e. heben kippen biberin Gschlader Keks würzen Schlei buttern schuften blau machen

7 17 24 38 39 43 6O 75 82 105 106

fressen Bims Kitt bläsern blasen saufen Kippe Hadern Wiimnerlhalter Gerstl Zaster

198 SO 81 84 85 88 118 131 134 135 139 l6O 162 164 165 166 167 172 179 186 192 201 202 203 2O5 208 209 211 216 217

6 26 35 37 41 46 48 52

Schale Bock Kulturstrick Wasch Kulturstrick pfuschen Lern Bude der Alte wuchern Zoten abreißen persen schwartein bügeln Hadern modern Kleberln Latte Stockerln Schlurf Biber würfeln biberin Putz Span zwitschern Zoten modern

1OO 102 103 104 113 116 l2O 129 137 142 143 145 148 149 151 171 178 150 181 182 184 193 196 198 199 2O7

achein Stau schlotzen bügeln picheln Röhrl Beistrich Plempe

58 62 63 64 70 71 72

Netsch brennen stier Fleck Marie Flieder Haken schöpfen Tschoch Polyp Putz Schmier Kieberer Polente Bulle pleddern Pratzen Wampen Batterie Schlauch Scherzi Sprudler Kürbis Plutzer Kürbis Kies

Stange Leo plotzen Lärcherl Orthopädische Kastrierte täbern

132 156 163 168 175 19O 197 2O4 2O6 218

ruhige Kugel abhauen abzittern düsen blitzen Birn Gumpus zwicken Lenz Wasch

107 108 114 152 213

Schuß Eier neger die HE die HE

73 79 87 128 13O 138 144

Spreizen Staude Brocken Lose backen knuffen Lerof

ISO 159 169 17O 173 183 191

Teckel einplärren leibern wuchern multiplizieren Kompressen Kniest

199

TABELLE C: Gruppierung konvergierender Stilwerte nach dem Parameter N (Abweichungstoleranz bei 9 Gruppen: 174.6684; 1,2 und 3, sowie 5 und 6, 7 und 8 können jeweils wieder in eine Gruppe zusanmengefaßt werden).

5 9 14 97 153

z.s.nehmen speisen Diner vergebühren Auge d. Gesetzes 154 Ordnungsorgan

11 12 13 32 55 69

verzehren nachtmahlen s. verpflegen s.e.genehmigen Spirituosen Filterzigarette 83 Herrenbekleidung 89 zahlungsunfähig

96 HO 14O 177 194 2OO 21O 212 214

entrichten wohlhabend Exekutive Gliedmaßen Gesäß Nagelbett Arbeitnehmer »einbrand Gesäß

215 entrichten

18 19 20 33 49 50 51 56 57 74 77 91 98

Abendessen Menü Imbiß trinken Getränke Sekt Erfrischungen Branntwein Weinbrand Anzug Sakko mittellos Gehalt

99 1O1 112 117 119

Bezug Vorschuß Entgelt Chef beschäftigungslos

121 122 124 133

Löhnung Arbeitnehmer arbeitslos teilbeschäftigt Polizist Inspektor Wachmann beschleunigen hasten Kopf Bauch Nasenbein Finger

141 146 147 161 174 187 188 189 195

2 3 15 16 21 22 27 53 76 78 86 9O 111 125 127 136 155 157 158 176 185

essen jausnen Brot Nachtmahl Jause Verpflegung feiern Schampus Gewand BH Selbstbinder flüssig stellen abheben stempeln Job faulenzen brausen hetzen rasen starten Hirnschale

8

8 4O 65 94 1OO 1O3 1O5 1O7 131 143

buttnen zwitschern Span würzen Netsch stier Gerstl Schuß Lenz Putz

29 30 31 34 36 44 47 54

e. heben kippen bechern biberin kübeln zischen Gschlader Tschapperlwasser 6O Kippe

l zwicken 4 würfeln l O habern 17 Bims 28 blasen 38 blasern 39 blasen 42 tschechern 45 schwemmen 59 Sargnagel

7 fressen 23 Fressalien 24 Kitt

25 43 82 1O8 181 182

Zwick saufen Kimmerlhalter Eier Batterie Schlauch

2QO 152 16O 167 179 192 197 201 202 208 209 213 216

6 26 35 37 41 46 48 52

die HE Zoten Hadern Kleberln Stockerl Gumpus Schlurf Biber Putz Span die HE Zoten

achein Stau schlotzen bügeln picheln Röhrl Beistrich Plempe

67 68 70 71 8O 84 85 88 93 118 123 126 132 139 156 159 162 163 164 165 166 168 172 173 175 183 186 203 204 205 206 211 217 218

58 62 63 64 72 73 79 81

Stummel Glimmstengel Orthopädische Kastrierte Schale Kulturstrick Hasch Kulturstrick Keks pfuschen schuften blau machen ruhige Kugel wuchern abhauen einplärren abreißen abzittern persen schwartein bügeln düsen modern multiplizieren blitzen Kompressen Latte würfeln zwicken biberin Lenz zwitschern modern Wasch

61 Tschick 66 Beuschelreißer 75 Hadern 92 Kies 95 blechen lO2 brennen 1O4 Fleck 1O6 Zaster 113 Marie 114 neger 116 Flieder l2O Haken 129 schöpfen 134 Bude 135 der Alte 137 Tschoch 142 Polyp 145 Schmier 148 Kieberer 149 Polente 151 Bulle 171 pleddern 178 Pratzen 18O Wampen 184 Scherzi 19O Birn 193 Sprudler 196 Kürbis 198 Plutzer 199 Kürbis 2O7 Kies

Stange Leo plotzen Lärcherl täbern Spreizen Staude Bock

87 1O9 115 128 13O 138 144 150

Brocken Schlei buttern Lose backen knuffen Lerof Teckel

169 leibe rn 1 7O wuchern 191 Kniest

201

TABELLE D: Gruppierung konvergierender Stilwerte nach dem Parameter T (Verwandtschaft der Gruppen 1,2,3 und 5,6,7 Abweichungstoleranz bei 9 Gruppen: 175.5355):

11 verzehren 9O flüssig stellen 96 entrichten 97 vergebühren 121 Löhnung 185 Hirnschale 2OO Nagelbett

5 z.s.nehmen 14 Diner 69 Filterzigarette 74 Anzug 77 Sakko 83 Herrenbekleidung 89 zahlungsunfähig 91 mittellos

98 Gehalt 99 Bezug

l Öl Vorschuß HO wohlhabend 111 abheben 112 Entgelt 117 Chef 119 beschäftigungslos 122 Arbeitnehmer 124 arbeitslos 133 teilbeschäftigt 140 Exekutive 141 Polizist

146 Inspektor 147 Wachmann 153 Auge des Gesetzes 154 Ordnungsorgan 161 beschleunigen 174 hasten 177 Gliedmaßen

29 30 34 54 8O 85 118 123

einen heben kippen biberin Tschapperlwasser Schale Wasch pfuschen schuften

36 kübeln 46 ein Röhrl 47 Gschlader 81 Bock

82 84 88 93 105

Wimmerlhalter Kulturstrick Kulturstrick Keks Gerstl

2 essen 9 speisen

12 nachtmahlen 13 sich verpflegen 15 Brot 16 Nachtmahl 18 Abendessen 19 Menü 20 Imbiß 21 Jause 22 Verpflegung 33 trinken 49 Getränke 50 Sekt 51 Erfrischungen 55 Spirituosen 56 Branntwein 57 Weinbrand 187 Kopf 188 Bauch 189 Nasenbein 194 Gesäß

3 27 32 76 78 86 125 127 128 13O 157 158 176

jausnen feiern s.e.genehmigen Gewand BH Selbstbinder stempeln Job Lose backen hetzen rasen starten

195 Finger 21O Arbeitnehmer 212 Weinbrand 214 Gesäß 215 entrichten

j l O habern 4O zwitschern 42 tschechern 44 zischen 45 schwemmen 59 Sargnagel 60 Kippe 65 Span 67 Stummel

8 l 4 7 17 23 24 25 28 31

zwicken würfeln fressen Bims Fressalien Kitt Zwick blasen bechern

202 126 129 131 132 136 139 155 156 162 175 205 206 211

blau machen schöpfen Lenz ruhige Kugel faulenzen wuchern brausen abhauen abreißen blitzen biberin Lenz zwitschern

107 Schuß 108 Eier 109 115 163 173

Schlei buttern abzittern multiplizieren 183 Kompressen 201 Schlurf 202 Biber

217 modern 218 Wasch

6 8 26 35 37 41 48

achein buttnen Stau schlotzen bügeln picheln Beistrich

52 53 58 62 63 64 7O

68 Glimmstengel 152 die HE 16O Zoten

165 schwartein 166 167 168 172 179 181 182 184 186 197 192 203 204 207 208 209 213 216

71 Plempe 72 Schampus 73 Stange 79 Leo plotzen 87 Lärcherl 138 Orthopädische

bügeln Hadern düsen modern Kleberln Batterie Schlauch Scherzi Latte Gumpus Stockerl würfeln zwicken Kies Putz Span HE Zoten

Kastrierte täbern Spreizen Staude Brocken knuffen

38 bläsern 39 blasen 43 saufen 61 Tschick 66 Beuschlreißer 75 Hadern 92 Kies 94 würzen 95 blechen 1OO Netsch l O2 brennen 103 stier 104 Fleck 1O6 Zaster 113 Marie 114 neger 116 Flieder l2O Haken 134 Bude 135 der Alte 137 Tschoch 142 Polyp 143 Putz 145 Schmier 148 Kieberer 149 Polente 151 Bulle 164 persen 171 pl eddern 178 Pratzen 18O Wampen 19O Birn 193 Sprudler 196 Kürbis 198 Plutzer 199 Kürbis

144 15O 159 169 170 191

Lerof Teckel einplärren leibern wuchern Kniest

203

TABELLE E: Gruppierung konvergierender Stilwerte nach dem Parameter I. Während die Gruppierung unter N und T einigermaßen ähnlich bzw. vergleichbar erfolgt, gruppiert der Parameter I jedenfalls viel rascher (Abweichungstoleranz bei 6 Gruppen 168.9376), d.h. die Informanten sind unter dem Befragungsmodus I in ihren Auskünften konvergenter. Es ergeben sich folgende Gruppen, die mit den Gruppen unter N und T noch vergleichbar sind. Die Gruppen 1-7 sind nach absteigenden Stilwerten gereiht, Gruppe 8 enthält die unbekannten (Rotwelsch-) Wörter (Null-Antworten); die Gruppe 9 ist am divergentesten, enthält allerdings einige unverständliche Wörter (wie in Gruppe 8) und einige offenbar unter dem Parameter I mißverstandene Wörter bzw. Wörter mit unter I mißverstandenen Konnotationen. (D 2

5 9 14 SO 55 56 57 69 74 77 83 96 97 HO 121 14O 153 154 177 215

z.s.nehmen speisen Diner Sekt Spirituosen Branntwein tfeinbrand Filterzigarette Anzug Sakko Herrenbekleidung entrichten vergebühren wohlhabend Löhnung Exekutive Auge des Gesetzes Ordnungsorgan Gliedmaßen entrichten

3 (4) 11 33 49 51 89 91 98 99 1O1 111 112 117 119 122 124 133 141 146 147 161 187 188 189 194 195 2OO 21O 212 214

verzehren trinken Getränke Erfrischungen zahlungsunfähig mittellos Gehalt Bezug Vorschuß abheben Entgelt Chef beschäftigungslos Arbeitnehmer arbeitslos teilbeschäftigt Polizist Inspektor Wachmann beschleunigen Kopf Bauch Nasenbein Gesäß Finger Nagelbett Arbeitnehmer Weinbrand Gesäß

2 12 13 15 16 18 19 20 21 22 27 32 76 78 86 9O 125 174 176 185

essen nachtmahlen sich verpflegen Brot Nachtmahl Abendessen Menü Imbiß Jause Verpflegung feiern sich einen genehmigen Gewand BH Selbstbinder flüssig stellen stempeln hasten starten Hirnschale

2O4

44 zischen 71 Kastrierte 82 Nimmer1halter 84 Kulturstrick 88 Kulturstrick 93 Keks 94 würzen 1O5 Gerstl 1O7 Schuß 115 buttern 163 abzittern 2O1 Schlurf

34 biberin 8O Schale 85 Hasch 139 wuchern 152 die HE 16O Zoten 164 persen 165 schwartein 166 bügeln 168 düsen l 71 pleddern 179 Kleberin 184 Scherzi 197 Gumpus 203 würfeln 204 zwicken 205 biberin 207 Kies 208 Putz 209 Span 211 zwitschern 213 HE 216 Zoten 218 Wasch

29 30 31 54 6O 67 68 118 123 126 131 132 156 175 2O6

e. heben kippen bechern Tschapperlwasser Kippe Stummel Glimmstengel pfuschen schuften blau machen Lenz ruhige Kugel abhauen blitzen Lenz

134 135 137 142 143 145 148 149 151 162 167 1 72 178 ISO 181 182 19O 192 193 196 198 199

Bude der Alte Tschoch Polyp Putz Schmier Kieberer Polente Bulle abreißen Hadern modern Pratzen Wampen Batterie Schlauch Birn Stockerl Sprudler Kürbis Plutzer Kürbis

(6) 7 1 4 7 1O 17 23 24 25 28 43 61 75

zwicken würfeln fressen habern Bims Fressalien Kitt Zwick blasen saufen Tschick Hadern

38 39 4O 42 45 47 59 65 66 92 95 1OO 1O2 1O3 1O4 1O6 1O8 113 114 116 12O 129

bläsern blasen zwitschern tschechern schwemmen Gschlader Sargnagel Span Beuschlreißer Kies blechen Netsch brennen stier Fleck Zaster Eier Marie neger Flieder Haken schöpfen

205

8 6 8 26 35 36 37 41 46 52 58 62 63 64 72 79 81 87 1O9 13O 138 144 ISO 159 169 17O 186 191 2O2

9 achein buttnen Stau schlotzen kübeln bügeln picheln ein Röhrl Plempe Stange Leo plotzen Lärcherl tabern Staude Bock Brocken Schlei backen knuffen Lerof Teckel einplärren leibern wuchern Latte Kniest Biber

3 jausnen 48 Beistrich 53 Schampus 7O Orthopädische 73 Spreizen 127 Job 128 Lose 136 faulenzen 155 brausen 157 hetzen 158 rasen 173 multiplizieren 183 Kompressen 217 modern

206

TABELLE F: Reihung der Wörter nach dan durchschnittlichen Stilwert unter den einzelnen Parametern (ohne die Null-Wörter bzw. die Doppelnennungen). Zu Vergleichsmöglichkeiten sind jeweils Stilstufen angegeben, die in den einzelnen Parametern einigermaßen übereinstimmen. N

Stilviert: 1.2379O32 14 9 5 14O 153 154 83 177 HO 97 11 55 96 69 89 50 77

Diner speisen z.s,nehmen Exekutive Auge d. Gesetzes Ordnungsorgan Herrenbekleidung Gliedmaßen wohlhabend vergebühren verzehren Spirituosen entrichten Filterzigarette zahlungsunfähig Sekt Sakko

Stilwert: 2.0O40323 194 112 122 19 20 91 12 99 51 161 57 56 13 74 146

Gesäß Entgelt Arbeitnehmer Menü Imbiß mittellos nachtmahlen Bezug Erfrischungen beschleunigen Meinbrand Branntwein s. verpflegen Anzug Inspektor

Stilwert: 1.5548780 14O 14 HO 9 5O 177 122 154 89 99 83 5 112

Exekutive Diner wohlhabend speisen Sekt Gliedmaßen Arbeitnehmer Ordnungsorgan zahlungsunfähig Bezug Herrenbekleidung zu sich nehmen Entgelt

Stilwert: 2.O3O4878 69 141 74 51 49 189

Filterzigarette Polizist Anzug Erfrischungen Getränke Nasenbein

Stilwert: 1.4177215 5 9 14 14O HO 177 154 153 83 69 89 55 5O 97 112 146 194 122 189 96 77 99 74 161

zu sich nehmen speisen Diner Exekutive wohlhabend Gliedmaßen Ordnungsorgan Auge des Gesetzes Herrenbekleidung Filterzigarette zahlungsunfähig Spirituosen Sekt vergebühren Entgelt Inspektor Gesäß Arbeitnehmer Nasenbein entrichten Sakko Bezug Anzug beschleunigen

Stilwert: 2.0O63291 91 21O 49 57 195 11 141 187

mittellos Arbeitnehmer Getränke Weinbrand Finger verzehren Polizist Kopf

207 119 beschäftigungslos 174 hasten 49 Getränke 121 Löhnung

Stilwert: 2.1012658

Stilwert: 2.1O36585

Stilwert: 2.1012658

98 141 18 117 33 147 32 2OO 187 189 195 133 l Öl 111 22 188 2 86 124 9O 78

98 55 91 96 57 97 133 153

98 Gehalt 121 Löhnung 119 beschäftigungslos 56 Branntwein 117 Chef 51 Erfrischungen 19 Menü 20 Imbiß 133 teilbeschäftigt 12 nachtmahlen 2OO Nagelbett l Öl Vorschuß 147 Wachmann 174 hasten 188 Bauch 2 essen 33 trinken 13 sich verpflegen 32 s.e.genehmigen 18 Abendessen 111 abheben 22 Verpflegung 124 arbeitslos 86 Selbstbinder 16 Nachtmahl 78 BH 15 Brot

Gehalt Polizist Abendessen Chef trinken Wachmann s. e. genehmigen Nagelbett Kopf Nasenbein Finger teilbeschäftigt Vorschuß abheben Verpflegung Bauch essen Selbstbinder arbeitslos flüssig stellen BH

Gehalt Spirituosen mittellos entrichten Weinbrand vergebühren teilbeschäftigt Auge d. Gesetzes

187 Kopf

119 beschäftigungslos 195 Finger 117 Chef 161 beschleunigen 194 Gesäß 77 Sakko 56 Branntwein 19 Menü 146 Inspektor 111 abheben 124 arbeitslos 20 Imbiß 22 Verpflegung 188 Bauch 18 Abendessen 200 Nagelbett 2 essen 147 Wachmann 33 trinken 15 Brot l Öl Vorschuß 16 Nachtmahl

Stilwert: 2.5O

Stilwert: 2.5121951

Stilwert: 2.5126582

27 76 16 15 21 158 185 157 176 136 3 127 155

11 verzehren 121 Löhnung

9O flüssig stellen 76 Gewand l 76 starten 27 feiern 21 Jause 185 Hirnschale 158 rasen 125 stempeln 155 brausen 3 jausnen 53 Schampus 127 Job 136 faulenzen

feiern Gewand Nachtmahl Brot Jause rasen Hirnschale hetzen starten faulenzen jausnen Job brausen

l 74 hasten

12 nachtmahlen 86 Selbstbinder 21 Jause 9O flüssig stellen 27 feiern 185 Hirnschale

125 78 158 76

stempeln BH rasen Gewand

2O8 125 stempeln 53 Schampus

176 3 32 127 128

Stilwert: 3.0O80645

Stilwert: 3.0853658

Stilwert: 3.0822785

173 48 29 128 118 70 175 183 123 37 79 159 l7O 126 64 156 72 139 46 54

multiplizieren Beistrich einen heben Lose pfuschen Orthopädische blitzen Kompressen schuften bügeln Staude einplärren wuchern blau machen Lärcherl abhauen täbern wuchern Röhrl Tschapperlwasser 8 buttnen 166 bügeln 88 Kulturstrick 168 düsen 164 persen 115 buttern 2O2 Biber 80 Schale 81 Bock 34 biberin 6O Kippe 85 Wasch 3 O kippen 71 Kastrierte 1O9 Schlei 132 ruhige Kugel

l 73 multiplizieren 37 bügeln 73 Spreizen 155 brausen 157 hetzen 48 Beistrich 136 faulenzen 0O Orthopädische 53 Schampus 79 Staude 159 einplärren 72 täbern 166 bügeln l7O wuchern 183 Kompressen 71 Kastrierte 46 Röhrl 64 Lärcherl 126 blau machen 81 Bock 2O2 Biber 118 pfuschen 36 kübeln 84 Kulturstrick 123 schuften 109 Schlei

128 173 48 73 70 183 175 37 29 159 79 64 2O2 17O 72 46 109 71 118 166 126 54 80

Stilwert: 3.516129O

Stilwert: 3.53O4878

Stilwert: 3.50

192 172 165 31 68 163

156 8 29 163 201 6O

123 8 81 186 156 163

Stockerl modern schwartein bechern Glimmstengel abzittern

starten jausnen s.e.genehmigen Job Lose

abhauen buttnen einen heben abzittern Schlurf Kippe

157 hetzen

Lose multiplizieren Beistrich Spreizen Orthopädische Kompressen blitzen bügeln einen heben einplärren Staude Lärcherl Biber wuchern täbern ein Röhrl Schlei Kastrierte pfuschen bügeln blau machen Tschapperlwasser Schale

schuften buttnen Bock Latte abhauen abzittern

209 162 197 131 94 2Öl 186 1O7 36 167 93 134 129 4O 47 1O3 44 59 1O5 67 152 65 19O 143 95

abreißen Gumpus Lenz würzen Schlurf Latte Schuß kübeln Hadern Keks Bude schöpfen zwitschern Gschlader stier zischen Sargnagel Gerst l Stummel HE Span Birn Putz blechen

165 139 175 152 47 115 1O7 132 82 16O 34 93 131 167 1O5 197 162

schwartein wuchern blitzen die HE Gschlader buttern Schuß ruhige Kugel Wimmerlhalter Zoten biberin Keks Lenz Hadern Gers 11 Gumpus abreißen

36 131 132 84 115 68 168 34 31 3O 179 2O1 6O 44 1O7 85

kübeln Lenz ruhige Kugel Kulturstrick buttern Glimmstengel düsen biberin bechern kippen Kleberin Schlurf Kippe zischen Schuß Wasch

Stilwert: 3.7540323

Stilwert: 3.7621951

Stilwert: 3.7531645

1OO 179 1O2 16O 2O7 113 135 171 196 137 l 199 114 4 149 38 184 l2O 181

44 zischen 54 Tschapperlwasser 192 Stocker l 3 O kippen 182 Schlauch 186 Latte 59 Sargnagel 164 persen 4O zwitschern 168 düsen 85 Wasch 80 Schale 68 Glimmstengel 94 würzen 67 Stummel 181 Batterie 172 modern 134 Bude 129 schöpfen 1O8 Eier 45 schwemmen 1OO Netsch l 79 wuchern l2O Haken 143 Putz lO2 brennen 31 bechern

67 Stummel 139 wuchern 165 schwartein 192 Stockerl 197 Gumpus l 72 modern 167 Hadern 1O5 Gerst l 129 schöpfen 162 abreißen 164 persen 152 die HE 0O2 brennen 93 Keks 190 Birn 94 würzen 16O Zoten 181 Batterie 1OO Netsch 184 Scherzi 4O zwitschern 134 Bude 47 Gschlader 59 Sargnagel 103 stier 196 Kürbis 82 Wimmerlhalter

Netsch wuchern brennen Zoten Kies Marie der Alte pleddern Kürbis Tschoch zwicken Kürbis neger würfeln Polente bläsern Scherzi Haken Batterie

210 65 135 149 92 142 184

Span der Alte Polente Kies Polyp Scherzi

Stilwert: 3.39910

Stilwert: 4.00

Stilwert: 4.0126582

92 Kies 82 Schale 42 tschechern 193 Sprudler 116 Flieder 17 Bims 142 Polyp 151 Bulle 1O4 Fleck 1O6 Zaster l O habern 66 Beuschlreißer 1O8 Eier 45 schwemmen 148 Kieberer 28 blasen

199 Kürbis 1O6 Zaster 42 tschechern 1O4 Fleck 113 Marie 4 würfeln 137 Tschoch 148 Kieberer 196 Kürbis l zwicken 151 Bulle 171 pleddern 19O Birn 24 Kitt 38 bläsern 114 neger 193 Sprudler l O habern 66 Beuschlreißer 95 blechen 145 Schmier 178 Pratzen 1O3 stier 116 Flieder 61 Tschick 75 Hadern 28 blasen 23 Fressalien 17 Bims 25 Zwick 43 saufen 198 Plutzer 18O Wampen 7 fressen

l zwicken 149 Polente 171 pleddern 65 Span 113 Marie 193 Sprudler 45 schwemmen 143 Putz 135 der Alte l2O Haken 199 Kürbis 137 Tschoch 66 Beuschlreißer 95 blechen 114 neger 142 Polyp 182 Schlauch 42 tschechern 178 Pratzen 104 Fleck 116 Flieder 151 Bulle 17 Bims 28 blasen 38 bläsern 92 Kies 4 würfeln 1O6 Zaster l O habern 18O Wampen 198 Plutzer 23 Fressalien 75 Hadern 25 Zwick 61 Tschick 1O8 Eier 148 Kieberer 24 Kitt 145 Schmier 43 saufen 7 fressen

Stilwert: 4.0161290 23 25 75 61 145 182 198 24 178 18O 43 7

Fressalien Zwick Hadern Tschick Schmier Schlauch Plutzer Kitt Pratzen Wampen saufen fressen

211

TABELLE G: Stilwörter Die folgende Liste gibt jene Wörter aus dem Auswahlvokabular, die statistisch signifikant zwischen den Parametern N, T und I unterscheiden (Zufallswahrscheinlichkeit * .o5), deren konnotative Komponenten also nach N, T oder I verschieden gewichtet sind: N

4 5 9 10 11 12 14 18 2O 32 76 80 85 92 96 102 103 125 131 143 168 171 174 188 19O

würfeln z.s.nehmen speisen habern verzehren nachtmahlen Diner Abendessen Imbiß s.e.genehmigen Gewand Schale Wasch Kies entrichten brennen stier stempeln Lenz Putz düsen pleddern hasten Bauch Birn

3,87 1,49 1,49 3,96 1,9O 2,1O 1,24 2,28 2,O9 2,31 2,SO 3,44 3,47 3,9O 1,92 3,78 3,68 2,86 3,57 3,74 3,38 3,82 2,16 2,4O 3,74

T

4,O6 1,96 1,82 4,15 2,51 2,56 1,68 2,36 2,33 2,95 2,83 3,83 3,82 4,OO 2,15 3,96 4,18 2,77 3,71 3,95 3,82 4,O8 2,55 2,35 4,O8

I

4,18 1,42 1,49 4,19 2,O8 2,18 1,54 2,24 2,16 2,24 2,53 3,5O 3,73 4,16 1,95 3,87 3,96 2,7O 3,56 4,O4 3,64 4,O2 2,21 2,21 3,87

194 Gesäß

2,00

2,22

1,92

195 2O5 2O8 210 211 212 213

2,31 3,45 3,42 2,18 3,42 2,21 3,67

2,21 3,63 3,85 2,O7 3,77 2,27 3,63

2,O7 3,63 3,71 2,O1 3,72 2,O4 3,66

2,17

2,26

2,12

Finger biberin Putz Arbeitnehmer zwitschern Weinbrand die HE

214 Gesäß

Gruppierungstendenzen nach den einzelnen Parametern (Tabellen B,C,D,E): Die einzelnen Parameter (N, T, I) zeigen bezüglich der Kontrollgruppe der Null-Antworten (Gruppe 9) vollständige Konvergenz. Was die Bewertungen auf der Skala von 1-5 anlangt (s. Tabelle F), so zeigt

212

sich bei N und T ein deutlicher Trend zu strengeren Bewertungen, während I - neben der schon erwähnten stärkeren Konvergenz der Meinungen - größere Toleranz zuzulassen scheint.

213

Vermutbare Gründe für diese verschiedene Reaktion der Befragten auf die Parameter T und N bzw. I: 1. Ablehnung nicht schrift-fähiger umgangssprachlicher Ausdrücke (54 Tschapperlwasser=N: 3,351; T: 3,762; 205 büerln=N: 3,452; T: 3,634), wobei die Slang-Metaphern mit scheinbarem schriftsprachlichen Habitus besonders verpönt sein dürften: 59 Sargnagel = N: 3,681; T: 3,8O5 80 Schale = N: 3,444; T: 3,829 I: 3,5O 211 zwitschern = N: 3,423; T: 3,774 2. Die Höherwertung des behördlichen Vokabulars zuungunsten der auch in Gebrauch stehenden alltagssprachlichen Synonyma, die demgegenüber unterwertet werden: 99 112 122 141

Bezug = N: 2,1O5; T: 1,945; I: 1,968 Entgelt = N: 2,O2O; T: 1,963; I: 1,873 Arbeitnehmer = N: 2,073; T: 1,878; I: 1,93O Polizist = N: 2,500; T: 2,O43; I: 2,089

3. Die größere Qnpfindlichkeit der Interaktionspartner in tatsächlichen Konversationen gegenüber Slangbildungen (17 Bims = N: 3,919; T: 4,213; I: 4,152) und die größere Toleranz für das "gewöhnliche" umgangssprachliche Gebrauchsvokabular: 74 Anzug = N: 2,157; I: 1,975 176 starten = T: 2,878; I: 2,563 188 Bauch = N: 2,4O3; I: 2,2O9

214

TABELLE H: Stereotyp bewertete Wörter unter den einzelnen Parametern: Konvergenzvokabular ("Leitwörter") Einzelne Wörter und Gruppen von Wörtern zeigen eine besonders starke, für einzelne Parameter gültige Fixierung der Bewertung. Es handelt sich fast durchwegs um Lexeme mit schwacher soziosemantischer Besetzung, sie haben unter den einzelnen Befragungsmodi hochkonventionalisierte Stilwerte (in der folgenden Liste sind sie nach der Dichte dieser durch die cluster-Analyse (Tabellen C,D,E) ausgewiesenen Gruppierbarkeit (=Kbnventionalisiertheit) gereiht, d.h. die Wörter mit den konvergentesten Stilwerten stehen in der Liste voran: Für N: 188 195 187 189 84 56 57 196 141 147

Bauch Finger Kopf Nasenbein Kulturstrick Branntwein Weinbrand Kürbis Polizist Wachmann

Für T:

2.4032258 2.31O4838 2..31O4838 2.,3185484 1..7661290 2.1491935 2.1330645 3.8185484 2.25OOOOO 2.3024193

56 57 187 188 195 189 119 133 124 19 20

Branntwein Weinbrand Kopf Bauch Finger Nasenbein beschäftigungslos teilbeschäftigt arbeitslos Menü Imbiß

2.,2500000 2.,1585366 2.,1890244 2.,3536585 2.2073171 2.O97561O 2.2O12195 2.1585366 2.3O4878O 2.2987805 2.3292683

Für I:

187 195 188 189 56 57 55

Kopf Finger Bauch Nasenbein Branntwein Weinbrand Spirituosen

98 Gehalt

99 112 122 117 124 49 l Öl 51 133

Bezug Entgelt Arbeitnehmer Chef arbeitslos Getränke Vorschuß Erfrischungen teilbeschäftigt

2.0886076 2.0759493 2.2088608 1.9303797 2.1265823 2.O5O6329 l,,8037975 2..1012658 1..9683544 1.,8734177 1..9303797 2..1265823 2.3417721 2.0379747 2.1898734 2.1329114 2.17 8 61

Nur mehr innerhalb des Parameters I weisen die folgenden Wörter konvergente Bewertungen auf. Hier zeichnet sich auch für niedrigere Stilwerte eine merkbare Konventionalisierung ab. Dies gilt aber nur für den Bereich rollenspezifischer

215

Strategien, also den Parameter (I), nicht aber bis in die Konventionalisiertheit textsortenspezifischer Gebrauchsnormen (T) hinein: Konventionalisierung beginnt im Intimbereioh. 77 83 74 16 158 1O3 113 102

Sakko Herrenbekleidung Anzug Nachtmahl rasen stier Marie brennen

1.9683544 1.74O5O63 1.9746835 2.386O759 2.664557O 3.962O253 4.O253164 3.867O886

114 95 43 61 92 148 152

neger blechen saufen Tschick Kies Kieberer die HE

4.1O75949 4.O886O75 4.481O126 4.2531645 4.1645569 4.278481O 3.85443O4

Die Liste der konvergierenden Items bestätigt einige unserer Annähten: die höhere Konvergenz der Bewertungen unter dem Parameter I ist oben schon erwähnt; die Tatsache, daß es sich (außer bei I) um Wörter mit Stilwerten bis 2.4 handelt (die altehrwürdige Körperschelte Kürbis ist kein Widerspruch, sondern eine willkommene löiterStützung), beweist die Richtigkeit unserer Behauptung, daß sich konnotative Besetzungen erst allmählich, u.U. nach Abklingen der effektiven Intensität (=EMOT) konventionell festigen. Es muß jetzt schon bemerkt werden, daß, da ja unsere Befragung nicht auf den tatsächlichen Gebrauch abzielen konnte, sondern lediglich auf die Benutzer-Urteile, sich tatsächliche Stilunterschiede im echten Gebrauch dadurch einebnen werden, daß der Informant durch die Befragung zu einer Bemühung um "objektive" Beurteilung evoziert wird. Wenn sich dennoch gruppenspezifische Unterschiede in der Beurteilung zeigen, dann sind sie mit umso größerer Sicherheit als relevant anzusehen, insofern sich nämlich im Urteil der Informanten abbildet, was sie im Gebrauch praktizieren und sich diese Gepflogenheiten bis in ein explizites (gebrauchsfernes) Stilurteil hinein bewußt erhalten und in der Taxierung verbalisiert darstellen (s. 7.3). Zu den Tabellen F und H, in denen die Wörter des Fragebogens nach ihren Stilwerten pro Parameter gereiht sind, ist allgemein folgendes zu sagen: Stärkere Konvergenz, d.h. höhere Konventionalisiertheit, zeigt sich in den oberen Stilbereichen, so finden sich im Skalenbereich zwischen 1.23 und 2.O 18 Wörter unter N, 14 unter T, 25 unter I, was wiederum die größere Toleranz von I beweist. Je tiefer der Stilwert, desto eher divergieren die Urteile. Sie divergieren bei N stärker als bei T und bei T stärker als bei I, I ist am konvergentesten. Dies weist m.E. nochmals darauf hin, daß das erlernte Stilbewußtsein, d.h. die Zuordnung von Lexikonelementen zu einer überregionalen

216

Sprachnorm weniger fixiert ist als das privatsprachlich erworbene Strategiebewußtsein bezüglich der textsortenspezifischen und der partnerorientierten Bedeutungsinhalte. N tendiert außerdem eher zur Mitte der Skala, d.h. zur Unmarkiertheit unter Vermeidung expressiver Werte: im Skalenbereich zwischen 3.0 und 3.5 finden sich unter N: 36 Wörter, unter T: 26 und unter I: 23. Im unteren Stilbereich, also zwischen 3.5 und 4.0 ist I wiederum toleranter, N wird strenger: es finden sich unter N: 64, unter T: 56 und unter I: 49 Wörter.

217

TABELLE J: Geschlechtsspezifische Stichwörter: Ergebnisse einer 21-Analyse, Zufallswahrscheinlichkeit